Proliferation und Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit: Grundzüge einer transnationalen judikativen Legitimitätskonzeption [1 ed.] 9783428547319, 9783428147311

Das Investitionsschutzrecht gestattet es ausländischen Investoren nicht erst seit TTIP und CETA, die jeweiligen Gaststaa

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Proliferation und Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit: Grundzüge einer transnationalen judikativen Legitimitätskonzeption [1 ed.]
 9783428547319, 9783428147311

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Schriften zum Internationalen Recht Band 208

Proliferation und Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Grundzüge einer transnationalen judikativen Legitimitätskonzeption

Von

Philipp B. Donath

Duncker & Humblot · Berlin

PHILIPP B. DONATH

Proliferation und Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Schriften zum Internationalen Recht Band 208

Proliferation und Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Grundzüge einer transnationalen judikativen Legitimitätskonzeption

Von

Philipp B. Donath

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D30 Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-14731-1 (Print) ISBN 978-3-428-54731-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84731-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2014 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main als Disser­ tation angenommen. Rechtsentwicklungen konnten bis Dezember 2015 berücksichtigt werden. Ich danke meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann, in besonderer Weise. Die Achtung, die er mir und meiner Tätigkeit sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Lehrstuhl entgegenbrachte, und die akademische Freiheit, die er stets gewährte, waren für mich bedeutsame Werte. Er war es auch, der mir in der Frühphase meiner Promotion eine Reise in die USA ermöglicht hatte, auf der bereits entscheidende Weichenstellungen für die spätere Dissertation gesetzt werden konnten. Herrn Prof. Dr. Armin von Bogdandy danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Für besonders anregende Gespräche und Diskussionen in Boston möchte ich mich bedanken bei Prof. Dan Danielsen, in New York bei Prof. Dres. h. c. George A. Bermann, Prof. Dr. Joseph H. H. Weiler und Prof. José E. Alvarez sowie in Frankfurt am Main bei Dr. Thomas Kleinlein. Weiterhin möchte ich meinen guten Freunden Dr. Jakob Kadelbach und Dr. Hagen Bomberg danken. Ohne den akademischen Austausch und die fortdauernde gegenseitige Unterstützung hätte meine Arbeit nicht in dieser Form gelingen können. Ein angenehmes und produktives Arbeitsumfeld verdanke ich meiner mitfühlenden Freundin sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lehrstuhls von Professor Hofmann, denen ich sehr verbunden bin. Für die Durchsicht des Manuskripts und hilfreiche Anmerkungen danke ich zudem herzlich Frau Katja Priebe. Ich widme das vorliegende Buch meinen Eltern, deren unbedingte Zuneigung immer unerlässliche Stütze für mich war. Frankfurt am Main, im Dezember 2015

Philipp B. Donath

Inhaltsverzeichnis A. Prolog – Innovative Konzeptionalisierung des völkerrechtlichen ­Investitionsschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . 14 I. Funktionsweise der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 15 II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren  . . . . . . . . . . 20 III. Legitimitätsrelevante Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 IV. Machtausübung jenseits des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 C. Ein Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit  . . . . 46 I. Einführung – Ein Legitimitätskonzept als Rechtsprinzip . . . . . . . . . . . . 46 II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs – strukturbildende Grundlagen für die Entwicklung eines neuen ­Legitimitätsmodells mit Fokus auf die Investitionsschiedsgerichte . . . . 52 1. Etymologie und Entwicklungsgeschichte des Legitimitätsbegriffs in Antike und Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Das Aufkommen des Legitimitätsbegriffs als staatsrechtlicher Terminus in der frühen Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3. Aufklärung und französische Denker  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Ausfüllung des Begriffs von der Französischen Revolution bis zum Rechtspositivismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 5. Soziologisch-deskriptiver Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 6. Diskurstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 7. Systemtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 8. Egalitärer Liberalismus und Verfahrensgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . 71 9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht – die Debatte im übergreifenden Ordnungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Voraussetzungen einer völkerrechtlichen Legitimitätskonzeption . . . . 78 2. Der Staatswille als primärer Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3. Konstitutionalisierungs- und Fragmentierungsprozesse . . . . . . . . . . . . 88 4. Normenhierarchische Systeme und „geologische Schichten“ . . . . . . . 93 5. Global Governance und Kooperationsvölkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 96 6. Deliberative Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7. Gehorsamsmotivationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 8. Individuelle Verpflichtung gegenüber völkerrechtlichen Normen . . . 112 9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

8 Inhaltsverzeichnis IV. Grundlagen einer Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht und Konturierung des Rechtsprinzips der Legitimität . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Legitimität im Investitionsschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 2. Prämissen einer Prinzipientheorie des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Zur Ermittlung des Inhalts von Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4. Die Antwort auf die „Grundfrage“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5. Eine neue Legitimitätskonzeption als Rechtsprinzip im Investitionsschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Das subjektivierbare Allgemeinwohl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Proportionalität als dynamisches Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6. Zur Ausgestaltung eines völkerrechtlichen subjektivierbaren Allgemeinwohlbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 7. Nutzbarkeit der Konzeption in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit  151 V. Zusammenfassung: Gestaltung eines Rechtsprinzips der Legitimität für Investitionsschiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 D. Konkretisierende Wirkung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie in den Verfahren der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 I. Einführung in die Problematik – der grundlegende materielle Inte­ ressenkonflikt und die Normdeterminierung durch ein ausgearbeitetes Legitimitätskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen anhand der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie . . . . 167 1. Definition der Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschieds­ gerichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Lösungsvorschlag: Prüfung eines Elements der Gemeinwohl­ förderung bei der betreffenden Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Schutz vor Enteignungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschieds­ gerichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Lösungsvorschlag: Integration eines Proportionalitätsmoments . . 189 3. FET-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 a) Einführung in die Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschieds­ gerichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 c) Lösungsvorschlag: Einführung eines Elements der Gemeinwohlförderung bei der Bewertung der Eingriffsschwelle oder der Schadensersatzhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 III. Konkretisierung von Verfahrensnormen anhand der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie durch Transparenz und Beteiligung Dritter in der Verfahrensausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Inhaltsverzeichnis9 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Zur Kritik an vermeintlich fehlender Offenheit von Investitionsschiedsverfahren und zum s­pezifisch-transparenzrelevanten öffent­ lichen Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 a) Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 b) Vorläuferentwicklungen der Verfahrensöffnung . . . . . . . . . . . . . . . 219 c) Implikationen eines besonderen öffentlichen Interesses . . . . . . . . 222 d) Kollidierende Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 e) Der Fall Saipem und das spezifische öffentliche Interesse als Grundlage von Transparenzvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 3. Bereits erfolgte Änderungen transparenzrelevanter Normen des Investitionsschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Verfahrensordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 aa) ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) UNCITRAL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 b) Internationale Investitionsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 4. Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschiedsgerichte  . 241 a) Aguas del Tunari S. A. gegen Bolivien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Methanex gegen die USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Glamis Gold gegen die USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 d) Weitere Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 5. Zu den Anforderungen, die die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie an die Verfahrensausgestaltung stellt – der Amicus Causae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 a) Grundlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Maßgaben der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 c) Umsetzung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie im Verfahrensbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 d) Weitere Auswirkungen einer entsprechenden Verfahrensöffnung  . 268 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 E. Epilog – Ein konkretisiertes Rechtsprinzip der Legitimität im Inves­ titionsschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

„Only to the extent that international law is legitimate is there a moral duty to obey international law.“1

A. Prolog – Innovative Konzeptionalisierung des völkerrechtlichen Investitionsschutzes Der grenzüberschreitende Investitionsfluss hat im Laufe der letzten Dekaden ein enormes Ausmaß angenommen und eine Stagnation oder gar eine entgegengesetzte Entwicklung sind zumindest derzeit nicht absehbar. Selbst die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat nur für einen zeitlich begrenzten Rückgang der Kapitalströme gesorgt, welcher inzwischen bereits wieder weitgehend aufgeholt zu sein scheint. Flankiert werden diese Bewegungen nicht zuletzt vom internationalen Investitionsschutzrecht, das heißt, dem völkerrechtlichen Schutz von ausländischen Investitionen. Dieser Schutz wird insbesondere durch zwischenstaatliche Investitionsabkommen (IIAs) – bilaterale Investitionsschutzabkommen (BITs) sowie einige wenige regionale Abkommen wie das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) oder sektorale Abkommen wie den Energiechartavertrag (ECT) – gewährleistet. Die weitaus meisten dieser Abkommen sehen – insofern im Völkerrecht signifikant neuartig – die Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem privaten ausländischen Investor und seinem Gaststaat durch Schiedsgerichte vor, die zumeist aus drei Personen bestehen und die institutionell an verschiedene Schiedsordnungen wie an die des internationalen Zentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) oder der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law, UNCITRAL) angebunden sein können. In den letzten 20 Jahren fand rechtstatsächlich ein nahezu exponentieller Zuwachs an solchen Prozessen zwischen Gaststaaten und Investoren statt. Dieser Proliferation an Verfahren steht eine zunehmende wissenschaftliche Durchdringung der Materie des Investitionsschutzrechts gegenüber, im Rahmen derer vermehrt auch Problemfelder und Kritik an diesem System deutlich geäußert werden. Es zeigt sich dabei, dass das Rechtsregime der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit an einem Mangel an theoretischer Fundierung und konzeptioneller Umrahmung leidet, welcher nicht zuletzt auch zu heterogenen Entscheidungen von Schiedsgerichten und Inkonsistenzen führt. Noch immer 1  Kumm,

Legitimacy, S. 908.

12

A. Prolog

ist das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit von einem hohen Stellenwert an Fallpraxis, an Spontaneität und uneinheitlichen Entscheidungen von ad hoc-Tribunalen geprägt und die Wissenschaft begleitet noch viel zu sehr die rechtspraktischen Entwicklungen der Entscheidungen der Investitionstribunale und der Staatenpraxis, anstatt diesen auch Vorgaben und Konzeptionen zur Seite zu stellen. Eine umfassende und übergreifende Konzeption eines entsprechend komplexen transnationalen Systems zu erstellen, ist auch keine leichte Aufgabe und kann nur theoretisch fundiert sowie prinzipiengelenkt erfolgen. Als konturengebender Rahmen könnte hierbei das Prinzip der Legitimität dienen, wobei tatsächlich schon jetzt vielfach Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oder an einzelnen Entscheidungen von Schiedsgerichten mit dem Begriff der Legitimität versehen wird. Was aber eine geeignete Konzeption für das Investitionsrecht, die auf dem Legitimitätsbegriff fußt, beinhalten muss, wurde bis heute nicht ermittelt und stellt eine besondere Herausforderung dar, der sich diese Arbeit widmet. Zwar gibt es in der Diskussion um die Verbesserung der Investor-StaatSchiedsgerichtsbarkeit bereits erste Ansätze einer Konzeptionalisierung des Rechtsgebietes, die teilweise auch mit dem Begriff der Legitimität assoziiert werden, doch ist es völlig neuartig, den Versuch zu unternehmen, aus dem Begriff der Legitimität selbst ein Rechtsprinzip zu entwickeln und dieses im Investitionsschutzrecht nachzuweisen. Es wird im Folgenden für das komplexe System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ein solches eigenständiges und kohärentes Legitimitätskonzept erstellt werden, aus dem sich wiederum konkrete Handlungsanweisungen für die Tribunale, aber auch für die Staaten und Investoren ableiten lassen. Es wird hierbei dargelegt werden, dass eine solche prinzipiengestützte konzeptionelle Lösung möglich ist, und auch, wie eine Legitimitätskonzeption mit dem Ziel einer schlüssigen dogmatischen Ordnung des Investitionsschutzsystems verankert und inhaltlich ausgefüllt werden kann. Weiterhin soll auch aufgezeigt werden, welche kohärenzstiftenden Implikationen sich aus der entwickelten und übergeordneten Konzeption für konkrete Falllösungen ableiten lassen können. Ein kohärenzgenerierender Anspruch ist insofern auch ein Beiprodukt effektiver Prinzipienkonkretisierung. Die konzeptionelle und legitimitätstheoretische Auseinandersetzung mit der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit besitzt dabei gerade derzeit eine erhebliche Aktualität. Denn seit Mitte des Jahres 2013 finden intensive Verhandlungen über eine Transatlantische Handels- und Investi­ tionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union statt, welche auf heftige



A. Prolog13

Kritik stoßen. Ein wesentlicher Bestandteil des geplanten Abkommens soll die Möglichkeit der Einrichtung von internationalen Schiedsgerichten sein, wie sie bereits im Rahmen von NAFTA und den meisten BITs etabliert wurden und auch im europäisch-kanadischen Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) vorgesehen sind und deren Tätigkeit die Grundlage der folgenden Untersuchung bildet. Größere Wellen der Kritik von Nichtregierungsorganisationen (NonGovernmental Organizations, NGOs) an dem geplanten TTIP-Abkommen entfalteten sich bereits und werfen demselben unter anderem vor, dass es die Demokratie und den Rechtsstaat aushöhle, indem ausländische Konzerne die Staaten künftig vor nicht öffentlich tagenden Schiedsgerichten auf hohe Schadensersatzzahlungen verklagen könnten. Seit sich die Kritik aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit im Rahmen der Verhandlungen zum EU-USA-Abkommen mehrt und besonders in Deutschland auf weite Teile der Bevölkerung überträgt, werden erstmals auch in der deutschen und europäischen Politik Änderungen am bisherigen System diskutiert, die bis hin zu einem Investitionsschieds­ gerichtshof oder einem neuen Investitionsschiedssystem reichen.2 Vor diesem Hintergrund höchster Aktualität erscheint es besonders geboten, sich den grundlegenden Fragen der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu stellen und mit dogmatisch sowie rechtsphilosophisch fundierten Vorgaben die Tätigkeit zukünftiger Schiedsgerichte zu begleiten und partiell zu determinieren. Die vorliegende Arbeit wird sich demgemäß in verschiedene Teile gliedern. Nach einer Darstellung des Betrachtungsgegenstandes, des internationalen Investitionsschutzrechts sowie seiner Proliferation und wesentlicher Kritikpunkte an diesem, wird der Fokus auf Legitimität gerichtet werden. Hierbei sind drei große Rahmenbereiche der relevanten Herrschaftsausübung zu unterscheiden. Während sich der Legitimitätsbegriff zunächst in der staatsrechtlichen und staatsphilosophischen Sphäre entwickelte, wurden auch wichtige Impulse in der Diskussion im allgemeinen Völkerrecht mit seiner ganz eigenen Struktur geliefert, die darzustellen und nutzbar zu machen sind, bevor auf den erlangten Erkenntnissen eine selbstständige und neu entwickelte Legitimitätskonzeption als Rechtsprinzip für das Investitionsschutzrecht erarbeitet werden wird. Diese soll schließlich hinsichtlich ihrer Praxistauglichkeit überprüft werden und konkrete Empfehlungen sollen für deren Nutzbarmachung durch Investitionsschiedsgerichte vorgelegt werden. 2  Europäische Kommission, Draft Proposal vom 16.09.2015: „Investitionsgericht“ („Tribunal of First Instance“) und „Berufungsgericht“ („permanent Appeal Tribunal“), begrüßt vom Rat der EU am 27.11.2015, Doc 14708/15, Rn 11.

B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem Es erscheint dringend geboten, eine umspannende und tragfähige Rechtskonzeption für den zunehmend wichtiger werdenden Bereich des völkerrechtlichen Investitionsschutzrechts als Teilbereich des internationalen Wirtschaftsrechts zu liefern.1 In den letzten Jahren und Jahrzehnten, insbesondere seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des sozialistischen Systems in vielen Staaten, hat die Zahl der abgeschlossenen internationalen Investitionsschutzabkommen, aber auch der darauf basierenden Investitionsschutzverfahren zwischen Investoren – Privatleuten oder Unternehmen – und Gaststaaten (InvestorState-Dispute-Settlement, ISDS) geradezu sprunghaft zugenommen. Je mehr Verfahren aber vor internationalen Investitionsschutztribunalen anhängig gemacht werden, desto zwingender ist eine theoretisch fundierte Umklammerung derselben. Sie kann nicht zuletzt gewährleisten, dass nicht nur ein Grundmaß an Homogenität und Konsistenz in den Entscheidungen der Tribunale, sondern auch Vorhersagbarkeit und Verlässlichkeit ermöglicht werden, was zu Rechtssicherheit und einem angemessenen Vertrauen in das 1  Grundlegend zum Investitionsschutzrecht Dolzer/Stevens, Bilateral Investment Treaties (1995) und Sacerdoti, Bilateral Treaties and Multilateral Instruments on Investment Protection (1997); Sornarajah, The International Law of Foreign Investment (3.  Aufl. 2010); Bishop/Crawford/Reisman, Foreign Investment Disputes: ­Cases, Materials and Commentary (2005); McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration – Substantive Principles (2007); Griebel, Internationales Investitionsrecht (2008); Tietje (Hg.), International Investment Protection and Arbitration (2008); Dolzer/Schreuer, Principles of International Investment Law (2008); Muchlinski/Ortino/Schreuer (Hg.), The Oxford Handbook of International Investment Law (2008); Dugan/Wallace/Rubins/Sabashi, Investor-State Arbitration (2008); Newcombe/Paradell, Law and Practice of Investment Treaties (2009); Happ/Rubins, Digest of ICSID Awards and Decisions: 2003–2007 (2009); Sauvant (Hg.), Appeals Mechanism in International Investment Disputes (2008); Douglas, The International Law of Investment Claims (2009); Bungenberg/Griebel/Hobe/Reinisch (Hg.), International Investment Law (2015). Rechtsvergleichende Konzeptionalisierungsansätze finden sich insbesondere bei Santiago Montt, State Liability in Investment Treaty Arbitration – Global Constitutional and Administrative Law in the BIT Generation, Oxford 2009, sowie bei Stephan W. Schill (Hg.), International Investment Law and Comparative Public Law, Oxford 2010, sowie ders., Enhancing International Investment Law’s Legitimacy: Conceptual and Methodological Foundations of a New Public Law Approach, in: 52 Virginia Journal of International Law (2011), S. 57 ff.



I. Funktionsweise der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit15

System führen kann. Dass eine solche Konzeptionalisierung auf Grundlage des Legitimitätsbegriffs sinnvoll und geboten ist, wird im Folgenden aufgezeigt werden.

I. Funktionsweise der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit In modernen Investitionsschiedsverfahren klagt ein ausländischer Investor vor einem internationalen Schiedsgericht, das in der Regel aus drei Schiedsrichtern besteht, gegen den Gaststaat, auf dessen Territorium er Investitionen getätigt hat, auf Zahlung von Schadensersatz, da er seine Investition von diesem als falsch behandelt ansieht.2 Es handelt sich also regelmäßig um die Ersuchung um Sekundärrechtsschutz nach einem behaupteten Fehlverhalten des Gaststaates. Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit findet dabei regelmäßig auf einer ad hoc-Basis statt und fußt entweder auf einem Vertrag zwischen einem konkreten ausländischen Investor und dem aufnehmenden Gaststaat (State Contract, Investitionsvertrag) oder aber auf einem Abkommen zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Gaststaat beziehungsweise weiteren Staaten (International-Investment-Agreement, Internationales Investitionsschutzabkommen, IIA). Klauseln für Schiedsverfahren gibt es mithin sowohl in zahlreichen Investitionsverträgen mit Investorenbeteiligung als auch in den internationalen Investitionsabkommen zwischen Staaten.3 Die Streitbeilegung im modernen Investitionsschutzrecht ist somit weitgehend verlagert worden auf internationale Schiedsgerichte, die zur friedlichen Konfliktlösung herangezogen werden und die über Ansprüche von Investoren urteilen.4 Die Investoren treten hierbei den Gaststaaten auf Augenhöhe in einem internationalen Verfahren gegenüber. Interventionen oder Vertretung durch den Heimatstaat des Investors sind daher nicht mehr erforderlich.5 In den Investitionsverträgen und den Investitionsabkommen sind dabei die materiellen Schutzstandards für die ausländischen Investitionen niedergelegt und es wird in ihnen auf die Verfahrensordnung verwiesen, nach der 2  Auch wenn aus Gründen der flüssigeren Lesbarkeit im Text bisweilen lediglich die männliche Form gewählt wurde, beziehen sich die Angaben auch dann auf Angehörige beider Geschlechter. 3  Vgl. Drahozal/Naimark, Science of International Arbitration, S. 59 f. 4  Anderer, Bilateral Investment Treaties and the EU Legal Order, S. 851 f. m. w. N. 5  Die Möglichkeit der selbstständigen Einleitung von Schiedsverfahren durch ausländische Investoren wurde als Bestandteil einer wesentlichen Änderung in der völkerrechtlichen Streitbeilegung wahrgenommen, die zu gänzlich neuen Fragestellungen und auch Problemen führte, vgl. Romano, The Shift, S. 794 f., 798.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

die auf dem jeweiligen Vertrag fußenden Prozesse ablaufen sollen. Diese prozedurale Verfahrensordnung kann sich neben den Bestimmungen des ICSID oder der UNCITRAL zum Beispiel auch nach den Regeln des London Court of International Arbitration (LCIA), der International Chamber of Commerce in Paris (ICC) oder der Stockholm Chamber of Commerce (SCC) richten. Auch in Frankfurt am Main gibt es mit dem Frankfurt International Arbitration Center (FIAC) eine Institution, vor der solche internationalen Schiedsverfahren zwischen ausländischem Investor und Gaststaat durchgeführt werden können. Bislang wurde sie jedoch noch nicht dafür genutzt. Die für Investor-Staat-Schiedsverfahren am weitaus häufigsten genutzten Verfahrensregelungen, auf die auch viele Investitionsschutzabkommen verweisen, sind diejenigen des ICSID. Dieses wurde auf Grundlage der entsprechenden ICSID-Konvention im Jahre 1965 unter der Schirmherrschaft der Weltbank (World Bank bzw. International Bank for Reconstruction and Development, IBRD) in Washington D.C. eingerichtet und ist nach seinem Mandat ausdrücklich auf die Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Staat und einem ausländischen Investor zugeschnitten.6 Aus diesem konkret gefassten Mandat rührt wohl auch der Erfolg des Zentrums hinsichtlich der Wahrnehmung als Konfliktlösungsinstitution in Investitionsschutzverfahren und es bildet die Grundlage dafür, dass seine Zuständigkeit in vielen Investitionsschutzabkommen vorgesehen wurde. 1978 wurde mit der Additional Facility zusätzlich ein Set an Vorschriften geschaffen, nach denen ein Verfahren auch dann geführt werden kann, wenn entweder der Heimatstaat des ausländischen Investors oder der Gaststaat selbst kein Mitgliedstaat der ICSID-Konvention ist. Voraussetzung für die Durchführung eines solchen Verfahrens, das ähnlich abläuft wie ein Verfahren nach der Konvention selbst, ist dann, dass beide Streitparteien sich diesen Regeln ausdrücklich unterwerfen. Unabhängig von der einschlägigen Verfahrensordnung sollen lediglich diejenigen Verfahren Gegenstand der folgenden Untersuchung sein, die auf Basis von Investitionsschutzabkommen, also Verträgen zwischen Staaten, eingeleitet werden. Denn deren materielle Grundlage unterscheidet sich maßgeblich von Verfahren auf Basis von Investitionsverträgen (State Contracts). Während bei letzteren der Gaststaat mit einem individuellen Investor einen Vertrag geschlossen und die jeweiligen Bedingungen ausgehandelt hatte, handelt es sich bei Investitionsschutzabkommen um völkerrechtliche 6  Das Mandat von ICSID ergibt sich aus der ICSID-Konvention in Art. 1 (2): „The purpose of the Centre shall be to provide facilities for conciliation and arbi­ tration of investment disputes between Contracting States and nationals of other Contracting States in accordance with the provisions of this Convention.“.



I. Funktionsweise der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit17

Verträge zwischen zwei oder mehr klassischen Völkerrechtssubjekten durch die in abstracto einer noch unbestimmten Vielzahl von Investoren aus dem jeweils anderen Staat das Recht gewährt wird, bei Zweifeln über die Rechtmäßigkeit der Behandlung von Investitionen ein Verfahren vor einem internationalen Tribunal einzuleiten.7 Im materiellen Bereich stellen Investitionsschutzabkommen regelmäßig nicht auf völkergewohnheitsrechtliche Standards ab, sondern formulieren spezielle Standards zur Behandlung von Investitionen. Damit wird folglich von Gaststaaten ein konkretes und internationalrechtlich bindendes Versprechen gegeben, dass sie ausländische Investoren und deren Investitionen nicht unangemessenen Risiken aussetzen.8 Eine besondere Innovation, wenn nicht gar Revolution im Völkerrecht bestand jedoch darin, dass in diesen Abkommen neben dem genannten Versprechen eine direkte Klagemöglichkeit für die Investoren gewährt wurde, um die eingerichteten materiellen Schutzstandards eigenständig durchzusetzen. Investoren sind dadurch nicht mehr auf die klassischen völkerrechtlichen Mittel wie diplomatischen Schutz durch ihren Heimatstaat angewiesen, sondern können ihre Ansprüche selbstständig einfordern. Damit sollten Investitionsstreitigkeiten auch insofern entpolitisiert werden, als Staaten nicht mehr direkt gegeneinander auftreten müssen, um ihre Staatsangehörigen oder staatszugehörigen Unternehmen bei der Rechtsdurchsetzung zu unterstützen, auch wenn viele BITs noch immer auch Staat-Staat-Schiedsverfahren vorsehen. Gerade diese Entpolitisierung, bei der ein Staat nicht mehr gegen einen anderen zum Schutze von Investoren aus seinem Hoheitsbereich vorgehen muss, war eine wichtige Intention beim Aufbau des heutigen Investitionsschutzsystems. In Investitionsschutzabkommen findet sich daher regelmäßig ein bedingtes Angebot des Gaststaates an die ausländischen Investoren zur internationalen Streitbeilegung, das letztere durch Einleitung eines Schiedsverfahrens vor einer neutralen Instanz annehmen können.9 Damit sollte auch die Furcht von Investoren genommen werden, zur Rechtsdurchsetzung auf die Gerichte des Gaststaates angewiesen zu sein, die gegebenenfalls als parteiisch empfunden werden könnten. Dies erschien den Staaten ebenso ansprechend für Investoren, wie die grundsätzliche Zusicherung, dass das, was während 7  Als solche sind sie dem Völkerrecht zuzuordnen, weshalb zu ihrer Auslegung zunächst die allemeinen Regeln der Wiener Vertragsrechtskonvention zugrunde zu legen sind, Gardiner, Treaty Interpretation, S. 20 ff. 8  S. Franck, Rule of Law, S. 342. 9  S. Franck, Rule of Law, S. 343; zur personellen Reichweite von bilateralen Investitionsschutzabkommen eingehend Franke, Anwendungsbereich, S.  133 ff.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

der Verfahren geklärt würde, absolut vertraulich bleiben würde.10 Die dahinter stehende Idee wiederum war, dass Staaten, die solche Abkommen mit entsprechenden Streitschlichtungsklauseln unterzeichnen, für ausländische Investoren attraktiver seien, weil durch die Gewährung einer gesicherten Rechtsposition für ausländische Investoren die Anziehung von ausländischem Kapital wahrscheinlicher erschien.11 Zur Konstituierung eines investitionsrechtlichen Tribunals benennt regelmäßig der Investor einen Schiedsrichter und der Gaststaat einen weiteren, wobei sich die Streitparteien oder die zwei bereits benannten Schiedsrichter auf einen dritten Schiedsrichter einigen müssen, der dann dem Tribunal als Präsident vorsitzt.12 Die schließlich gefällten Schiedssprüche sind regelmäßig durch einen Verweis der Schiedsordnungen oder im anzuwendenden zwischenstaatlichen IIA auf die New Yorker Konvention von 1958,13 welche die Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche regelt, leicht vollstreckbar. Nicht zuletzt das Zusammenspiel mit dieser Konvention hat wohl nicht unwesentlich zum späteren Erfolg der Schiedsgerichtsbarkeit beigetragen. Die sehr offene und vielfach vage Formulierung der Behandlungsstandards in den Investitionsschutzabkommen gibt aber den Tribunalen einen großen Spielraum bei der Auslegung derselben und bei der Subsumtion der Lebenssachverhalte unter die einschlägigen Bestimmungen. Entsprechend sind konfligierende Entscheidungen von Schiedsgerichten nicht selten auf diese weiten Klauseln zurück zu führen.14 Hinzu kommt, dass es keine übergeordnete Berufungs- oder Revisions­ instanz gibt.15 Widerspruch gegen die Entscheidungen ist wiederum aus10  Mistelis, Confidentiality and Third-Party Participation, S. 169; zu diesem Konzept, das ursprünglich aus der Handelsschiedsgerichtsbarkeit stammt, ausführlich Buys, Tensions, S.  121 ff. 11  Vgl. Polanco Lazo, International Arbitration in Times of Change, S. 592. 12  Nach der ICSID Convention können sich die Streitparteien auf den vorsitzenden Schiedsrichter einigen, Art. 37 (2) (b) Convention on the Settlement of Investment Disputes Between States and Nationals of Other States of March 18, 1965, 4 I.L.M. 524 (1966). Im Gegensatz dazu bestimmen nach den Regeln der UNCITRAL Arbitration Rules vom 1976 die benannten Schiedsrichter den Vorsitzenden, United Nations Commission on International Trade Law Arbitration Rules vom 28. April 1976, 15 I.L.M. 701 (1976), Art. 7 (1). 13  New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, NYC), in Kraft getreten am 7. Juni 1959. 14  Schill, Multilateralization, S. 339–355. 15  Vgl. z. B. Art. 53 ICSID-Konvention: „The award shall be binding on the parties and shall not be subject to any appeal or to any other remedy except those



I. Funktionsweise der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit19

schließlich auf ad hoc-Basis und nur hinsichtlich sehr begrenzter und offensichtlicher Verfahrens- oder Rechtsanwendungsfehler möglich.16 Dies wirft im Zusammenspiel mit der erleichterten Durchsetzbarkeit der Schiedssprüche bereits Fragen auf, die zu konkreter Kritik führen können. Denn ein relativ großer Entscheidungsspielraum für die Tribunale wird hierdurch sowohl mit mangelnder systemimmanenter Kontrollierbarkeit kombiniert als auch mit recht starken Durchsetzungsmechanismen. Ein besonderes Phänomen der bilateralen Investitionsschutzabkommen aber ist, dass sie nicht wie übliche bilaterale Abkommen unabhängig voneinander bestehen, sondern durch weitgehende inhaltliche und strukturelle Überschneidungen ein relativ einheitliches System basierend auf gleichartigen Prinzipien und Standards bilden. Damit funktioniert die Schiedsgerichtsbarkeit weitgehend analog zu einem multilateralen System.17 Schiedsgerichte müssen sich gerade auch mit vorherigen Schiedssprüchen auseinandersetzen, da dies einer berechtigten Erwartung von Staaten und Investoren gerade vor dem Hintergrund einer gewünschten Rechtssicherheit entspricht.18 Trotz einer fehlenden einheitlichen materiellen Rechtsgrundlage haben die Tribunale so inzwischen einen übergreifenden Rechtskorpus erzeugt,19 dem jedoch ein theoretischer Überbau fehlt. Die Vielseitigkeit der rechtlichen Grundlagen im materiellen Bereich durch eine hohe Zahl an jeweils individuell verhandelten bilateralen Abkommen sowie im prozes­ sualen Bereich durch unterschiedliche einschlägige Schiedsordnungen verdeutlicht ein rechtliches und normatives Gewirr, dem ein theoretisch fundierter Rahmen deutliche Vorteile bringen kann. Gerade bei einem relativ jungen System wie dem des Investitionsschutzrechts sollte vermieden werden, dass sich idiosynkratische Subsysteme bilden, die zum Auseinanderbrechen des Gesamtsystems führen können. Daher ist eine Definition und Spezifizierung von materiellen Standards, aber ebenso von Verfahrensnormen des Investitionsrechts vor dem Hintergrund stützender Konzeptionen notwendig.

provided for in this Convention. Each party shall abide by and comply with the terms of the award except to the extent that enforcement shall have been stayed pursuant to the relevant provisions of this Convention.“. 16  Siehe Art. 52, 53 der ICSID-Konvention. 17  Schill, Emergence, S. 61. 18  Vgl. Schill, System-Building, S. 170–174. 19  Schill, Multilateralization, S. 278–361.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren Der Investitionsschutz durch internationale Investitionsabkommen, wie er uns heute begegnet, entwickelte sich insbesondere seit 1959.20 In diesem Jahr wurde das weltweit erste bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Pakistan abgeschlossen.21 Überstaatliche Investitionsschutzmechanismen sind insofern als notwendig angesehen worden, als ausländische Investoren sich nicht selten willkürlichen und diskriminierenden Handlungen von Regierungen von Gaststaaten, besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, ausgesetzt fühlten.22 Daher ist nachvollziehbar, warum die eigentliche Grundlage moderner BITs mit dem in ihnen vorgesehenen Schutz privater Investitionen auch aus dem privatwirtschaftlichen Sektor kam. So gilt die Abs-Shawcross Draft Convention on Investments Abroad von 1958 als solche.23 Hermann Joseph Abs war zu jener Zeit Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank und Lord Hartley Shawcross, ehemaliger britischer Chefankläger beim Nürnberger Kriegsverbrechertribunal, war Direktor des Ölkonzerns Shell. Allerdings empfanden aber ebenfalls Regierungen, dass sie durch die Gewährung von mehr Schutz für Investoren auch ausländisches Kapital und technisches Know-How anziehen könnten. So waren gerade bei solchen Entwicklungsländern, in denen zwar die natürlichen und bevölkerungstechnischen Voraussetzungen für Prosperität vorlagen, jedoch Fähigkeiten und Wissen sowie Verfahrenstechnik und ausreichend Kapital fehlten, die Akquise von ausländischen Investitionen offen erklärte Zielsetzungen.24 Durch den Abschluss bilateraler Investitionsschutzabkommen sollten letztlich ausländische Investoren angezogen werden und zur Weiterentwicklung sowie zum Wohlstand der Menschen im betreffenden Gaststaat beitragen. Dies war durchaus eine wesentliche, wenn nicht die entscheidende Triebfeder für eine Vielzahl von Staaten, BITs abzuschließen. Solche zwischen20  Zu den Anfängen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im ausgehenden 19. Jahrhundert von Bogdandy/Venzke, In Whose Name?, S. 10 ff. 21  Abkommen vom 25. November 1959 (UNTS Nr. 6575). Weitere Abkommen angeregt von kapitalexportierenden Staaten wie Schweiz, Niederlande, Italien, der Belgisch-Luxemburgischen Wirtschaftsunion, Schweden, Dänemark, Norwegen, Frankreich und dem Vereinigten Königreich folgten schnell, siehe Newcombe/Paradell, Law and Practice S. 42 f. 22  VanDuzer, Enhancing, S. 688. 23  Abrufbar unter: www.international-arbitration-attorney.com/wp-content/uploads/ 137-volume-5.pdf. 24  Dazu Kinyua, Assessing the Benefits.



II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren 21

staatlichen Verträge sahen zunächst lediglich materielle Behandlungsstandards für ausländische Investitionen vor. Hierzu zählen zum Beispiel Meistbegünstigungs- und Inländerbehandlungsklauseln sowie ein Gebot der fairen und gerechten Behandlung (Fair and Equitable Treatment, FET) sowie Regelungen zur Höhe von Schadensersatzleistungen bei Nichtbeachtung der niedergelegten materiellen Vorschriften. Die Einräumung von materiellen Behandlungsstandards für Investoren ist denn auch bis heute ein grundlegender Pfeiler des zwischenstaatlichen Investitionsschutzrechts. Aber bereits im Anglo-Iranian Oil Company-Fall des IGH25 zeigte sich, dass der herkömmliche diplomatische Schutz durch den Heimatstaat des Investors oftmals nicht genügte, um diesen wirksam vor Maßnahmen des Gaststaates zu schützen. Neben den gewährten materiellen Schutzstandards ist daher ein Schwerpunkt des modernen Investitionsschutzrechts gerade die schiedsgerichtliche Streitbeilegung, die heute in nahezu allen BITs vorgesehen ist.26 Sie erlaubt eine verbindliche Rechtsprechung über entstehende Dispute hinsichtlich der materiellen Behandlungsstandards auf Initiative der Investoren. Das heißt, dass den Investoren eine direkte Klagemöglichkeit gegen den Gaststaat eingeräumt wird, ohne dass sie auf diplomatischen Schutz oder sonstige Unterstützung durch ihren Heimatstaat angewiesen sind. Als Vorläufer moderner BITs kann daher durchaus der Jay-Vertrag vom 19.11.1794 zwischen Großbritannien und den USA gelten, der unter anderem die Einrichtung einer gemischten Schiedsgerichtsbarkeit vorsah, die über mögliche Entschädigungen im Zusammenhang mit Geschehnissen im Rahmen des nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges zu entscheiden hatte.27 Bereits diese Schiedsinstanz setzte sich, ähnlich wie die modernen Schiedsgerichte, aus zwei von den Parteien benannten Vertretern sowie einem dritten Schiedsrichter zusammen, auf den sich die Parteien einigen mussten und der dem Tribunal vorsaß.28 Heute findet sich in den Abkommen regelmäßig noch eine zusätzliche Regelung bezüglich einer Appointing Authority, die tätig wird, wenn sich die Beteiligten nicht einigen können.29 25  United

Kingdom v. Iran, ICJ Reports 152, 93–171. Anglo-Iranian Oil Company-Fall war dann auch ein Hauptimpuls für die Ausarbeitung der ICSID-Konvention, dazu ausführlich Tietje/Nawroth/Wackernagel, Once and Forever?, S. 15 ff. 27  Vertragstext abrufbar unter: www.earlyamerica.com/earlyamerica/milestones/ jaytreaty/text.html; grundlegend hierzu Bemis, Samuel Flagg. Jay’s Treaty: A Study in Commerce and Diplomacy, New York 1923. 28  Zur Einrichtung moderner Schiedsgerichte vgl. Tietje/Finke in: Ehlers/Schoch (Hg.), Rechtsschutz im öffentlichen Recht, § 4 Rn. 39 ff. 29  Zu den damit verbundenen Fragestellungen siehe van Harten, Investment Treaty Arbitration, Procedural Fairness, and the Rule of Law, S. 643–656. 26  Der

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

Moderner Investitionsschutz hat seine geschichtlichen Wurzeln als Konzept übernationaler Sicherung grenzüberschreitender Investitionen Privater jedoch bereits weit früher.30 Ein solches Schutzinteresse, auch als Sicherung von Handelswegen und des Kapitalflusses, war nicht zuletzt Grundlage der Hanse im späten Mittelalter. Den Kaufleuten wurden von den Hansestädten zentrale Rechte gewährt, die reziprok auch jeweils in der anderen Stadt galten. Es kann daher mit guten Argumenten auch vertreten werden, dass der Investitionsschutz viel älter ist und dass gerade mit Blick auf ihre wirtschaftliche Komponente auch die Hanse des 13. und 14. Jahrhunderts einen Vorläufer des heutigen Investitionsschutzrechts bildete.31 Diese Sicherungen zugunsten Privater setzten sich dann über die Herausbildung des völkerrechtlichen fremdenrechtlichen Mindeststandards über die Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträge des 19. Jahrhunderts bis hin zum modernen Investitionsschutzrecht fort.32 In den Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsverträgen fanden sich erstmals auf völkerrecht­ licher Ebene kodifizierte Bestimmungen zur Meistbegünstigung und zum Schutz vor entschädigungsloser Enteignung. Unbedingte Meistbegünstigung als Vorläufer eines zentralen Moments des Investitionsschutzrechts ist im Völkerrecht etwa seit dem Cobden-Vertrag zwischen Frankreich und Großbritannien von 1860 nachweisbar.33 Im 20. Jahrhundert waren es ursprünglich Entwicklungsländer, die ein besonderes Bedürfnis nach Anziehung ausländischen Kapitals hatten, da sie zwar die natürlichen Rohstoffressourcen und Arbeitskräfte besaßen, jedoch an einem Mangel an Kapital und technologischem Know-How litten.34 Andererseits suchten die Industriestaaten Planungssicherheit für Investoren aus ihrem Hoheitsgebiet in jenen Staaten. Gerade bei der Tätigung von Investitionen im Ausland steht Verlässlichkeit und Berechenbarkeit an vorderster Stelle bei der Investitionsplanung, wobei Investitionsschutzabkommen aus Sicht vieler Investoren dazu beitragen können, diese zu schaffen.35 Die wechselseitig erwarteten Vorteile führten viele Entwicklungsländer und Industriestaaten zueinander und zum Abschluss einer Vielzahl bilatera30  Tietje,

Spannungsverhältnis, S. 6 ff. Grewe, Epochen, S.  81 f. m. w. N. 32  Zur Herkunft des modernen Investitionsschutzrechts und seiner Grundlage in den Freundschafts-, Schifffahrts- und Handelsverträgen siehe Ohler, Schutz privaten Eigentums, S.  875 ff. 33  Zu den FSH-Verträgen ausfürlich Blumenwitz, Treaties, S. 953 ff.; zur Meistbegünstigung Bayer, System der deutschen Handelsverträge, S. 139; zum Schutz vor entschädigungsloser Enteignung Ustor, Most-Favoured-Nation Clause, S. 469 f. 34  Kinyua, Assessing the Benefits. 35  Vgl. S. Franck, Legitimacy Crisis, S. 1529. 31  Vgl.



II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren 23

ler Verträge, die inzwischen auch mehrere ökonomisch ähnlich aufgestellte Staaten miteinander schlossen. Bis heute gibt es jedoch kein multilaterales Investitionsabkommen und es deutet im Moment auch wenig darauf hin, dass dieses in absehbarer Zeit abgeschlossen würde. Die heute zu findende eklektische Sammlung bilateraler und regionaler Investitionsschutzabkommen ist nicht zuletzt eine Folge des Scheiterns eines multilateralen Investitionsschutzabkommens (Multi­ lateral Agreement on Investment, MAI) Ende der 1990er Jahre. Die im MAI vorgesehenen weitgehenden Rechte für private ausländische Investoren entsprachen nicht dem Willen vieler kapitalimportierender Staaten.36 Dahinter stand insbesondere die Befürchtung, dass private Investoren durch ein MAI in die Lage versetzt würden, die ökonomischen und politischen Bedingungen in den Entwicklungsländern zu bestimmen. Nicht erst das Scheitern der Bemühungen um ein multilaterales Investitionsschutzabkommen führte aber dazu, dass die kapitalexportierenden Staaten sich um Alternativen bemühten. Als sich nach dem Zusammenbruch des Kolonialsystems nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit die neu entstandenen Staaten miteinander in Konkurrenz um ausländische Investitionen befanden, wurde die Lösung darin gesucht, dass einzelne kapitalexportierende Staaten jeweils mit einzelnen kapitalimportierenden Staaten Verträge schlossen, welche ein gewünschtes Maß an Schutz für die ausländischen Investitionen vorsahen. Aus diesem Grund schlossen die Staaten insbesondere bilaterale Investitionsschutzabkommen, die entsprechend zunächst hauptsächlich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern vereinbart worden waren.37 Auch wenn die Verpflichtungen zwischen den Staaten auf dem Gegenseitigkeitsprinzip beruhten, lag doch der Schwerpunkt der Motive für den Vertragsabschluss auf dem Schutz der Investitionen aus den kapitalexportierenden Staaten. Moderne BITs entwickelten sich in der Folge seit 1959 im Wesentlichen in drei Generationen.38 Während in der ersten Generation inhaltlich lediglich der Schutz vor entschädigungslosen Enteignungen eine Rolle spielte und zur Beilegung von Streitigkeiten aus solchen Abkommen nur zwischenstaatliche Verfahren vorgesehen waren, wurden bereits in der zweiten Generation von BITs ab Ende der 1960er Jahre individuelle Klagerechte für ausländische In36  Vgl. Vandevelde, A Brief History, S. 157 ff.; Dattu, A Journey, S. 275 ff.; bezüglich der International Convention for the Mutual Protection of Private Property Rights bereits Miller, Protection, S. 374. 37  Subedi, International Investment Law, S. 83. 38  Zur Darstellung der Entwicklung der BITs ausführlich: Dolzer/Schreuer, Principles of International Investment Law, S. 17 ff. sowie Braun, Investitionsschutz durch Internationale Schiedsgerichte.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

vestoren vorgesehen, die sich allerdings zunächst nur auf die Höhe von bereits festgestellten Enteignungen bezogen. Parallel dazu wurde 1965 unter den Auspizien der Weltbank das bereits erwähnte Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsschiedsverfahren (International Centre for Settlement of Investment Disputes, ICSID) gegründet, das als Anlaufstelle für Investoren und für prozessuale Zwecke dienen sollte, indem es Räume, eine Verfahrensordnung sowie Unterstützung bei der Findung und Auswahl der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter zur Verfügung stellte. Die dritte Generation von BITs lässt sich etwa ab Mitte der 1980er Jahre ausmachen und beinhaltete nunmehr ein umfassendes Klagerecht für ausländische Investoren hinsichtlich aller in dem jeweiligen BIT vorgesehenen materiellen Verbürgungen.39 Der qualitativen Zunahme der materiellen und prozessualen Bestimmungen zugunsten der Investoren stand aber auch ein quantitativ zunehmender Abschluss einer Vielzahl von bilateralen sowie regionalen und sektoralen Abkommen gegenüber40 und die Investoren begannen, verstärkt seit Beginn der 1990er Jahre, die in ihnen gewährten materiellen Verbürgungen auch prozessual durchzusetzen. Die weitaus meisten Investitionsschiedsverfahren beruhten dabei auf BITs, sodann auf dem ECT, NAFTA und schließlich CAFTA. Der ECT löste im Jahre 2014 das NAFTA-Abkommen als am meisten für diese Verfahren genutztes einzelnes Vertragswerk ab.41 In den letzten zwei Jahrzehnten vollzieht das System des Investitionsschutzes einen wohl unvergleichlichen Prozess der Proliferation und internationalen Verrechtlichung durch den Abschluss immer neuer Abkommen, deren Zahl sprunghaft anstieg.42 Während bis 1992 etwa 700 BITs abgeschlossen worden waren, gab es keine drei Jahre später, Mitte 1995, bereits über 900 BITs zwischen 150 Staaten.43 Am Ende des Jahres 2014 bestanden bereits 2.923 BITs sowie 345 weitere IIAs. Die Zahl aller Investitionsschutzabkommen lag Ende 2014 bei 3.268 Abkommen.44 Wichtig ist ebenfalls, zu berücksichtigen, dass die Staaten der Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 die Zuständigkeit für ausländi39  Siehe dazu Braun, Investitionsschutz durch internationale Schiedsgerichte, S. 2 ff., 9 ff., der dabei insbesondere die Frage aufwirft, ob dem Individuum dadurch der Status als Völkerrechtssubjekt eingeräumt wird. 40  Zu den regionalen Abkommen zählt das NAFTA mit seinem Investitionskapitel, zu den sektoralen Abkommen beispielsweise der Energiechartavertrag (ECT). 41  UNCTAD, Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 1. 42  Buergenthal, Proliferation, S. 267 ff.; hierzu auch Guillame, Advantages and Risks, S.  300 ff. 43  Omalu, NAFTA and the Energy Charter Treaty, S. 2 Fn 10. 44  UNCTAD, Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 2.



II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren 25

Abbildung 1: Anzahl der jährlich abgeschlossenen IIAs untergliedert in BITs (dunkelgraue Balken) und sonstige IIAs (hellgraue Balken) sowie Gesamtzahl der abgeschlossenen IIAs (schwarze Linie) im Zeitraum 1980–2014.45

sche Direktinvestitionen auf die EU übertragen haben. Die EU verhandelt derzeit mehrere Abkommen, welche diese Direktinvestitionen betreffen, von denen das TTIP-Abkommen mit den USA als das wohl prominenteste gelten kann. 45

Dennoch gibt es inzwischen auch Gegenbewegungen. So wurden inzwischen bereits einige BITs gekündigt, die nicht durch neue ersetzt wurden. Dies betraf zum Beispiel im Jahr 2013 insgesamt 43 BITs.46 Hierunter fällt auch die einseitige Kündigung des mit Deutschland bestehenden BITs durch Südafrika, welche zum 22. Oktober 2014 rechtswirksam wurde. Aufgrund einer üblichen Auslaufklausel gelten jedoch die Regelungen des BITs für bereits getätigte Investitionen noch weitere 20 Jahre fort. Zusammen mit den Doppelbesteuerungsabkommen belief sich die Gesamtzahl von Abkommen mit Investitionsbezug bereits Ende 2010 auf über 6.000 Abkommen.47 Mit der Zahl der Abkommen nahm auch die Zahl der anhängig gemachten Fälle seit Mitte der neunziger Jahre signifikant zu. Vor 1995 wurden 45  UNCTAD,

Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 2. World Investment Report 2014, S. 133, Fn 55. 47  UNCTAD, World Investment Report 2011, S. 100; Zur Proliferation von BITs allgemein, UNCTAD, Bilateral Investment Treaties 1959–1999, S. 25–123, U.N. Doc. UNCTAD/ITE/IIA/2 (Dec. 2000); Elkins/Guzman/Simmons, Competing for Capital, S.  811 ff.; Salacuse/Sullivan, Do BITs Really Work?, S. 75. 46  UNCTAD,

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

Abbildung 2: Anzahl der jährlich eingeleiteten Investitionsschiedsverfahren auf Grundlage von IIAs (dunkelgraue Balken: ICSID, hellgraue Balken: außerhalb von ICSID) sowie Gesamtzahl der eingeleiteten Investitionsschiedsverfahren auf Grundlage von IIAs (schwarze Linie) im Zeitraum 1987–2014.48

lediglich drei Verfahren auf Grundlage eines Investitionsschutzabkommens nach den ICSID-Regeln durchgeführt. Am Ende des Jahres 2014 lag die Gesamtzahl der auf IIAs beruhenden Verfahren bereits bei 568.49 48

Allein im Jahr 2013 wurden 59 neue Investitionsschutzverfahren auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen eingeleitet, die mit Abstand höchste Zahl an Verfahren, die jemals erreicht wurde. Jährlich kommen etwa 30–50 neue Verfahren hinzu. Die Gründe für diesen nahezu exponentiellen Anstieg sind vielschichtig und sollen an dieser Stelle nicht Gegenstand einer ausführlichen Untersuchung sein. Sie sind jedoch wohl insbesondere in einem zunehmenden Bekanntheitsgrad dieser Rechtsschutzmöglichkeit, aber auch in einem immer größer werdenden Kreis geschützter Rechtssubjekte zu suchen. Das jüngste Absinken der Anzahl eingeleiteter Verfahren im Jahre 2014 könnte aber für ein Ende des in den Vorjahren zu verzeichnenden Prozesses immer höherer Steigerungsraten der Verfahrenseinleitungen sprechen. Hinsichtlich der Gesamtzahl der auf Grundlage von IIAs eingeleiteten Verfahren wurden bis einschließlich 2013 prozessual die meisten den ICSID48  UNCTAD,

Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 5. IIA Issues Note, Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement (ISDS) 2014, Nr. 1, S. 1. 49  UNCTAD,



II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren 27

Regelungen unterworfen (353)50, dann folgen die UNCITRAL-Regelungen (158) sowie die Schiedsnormen der Handelskammern von Stockholm (28) und Paris (6).51 Gleichzeitig wurden im Jahr 2014 insgesamt 42 öffentlich bekannt gewordene Entscheidungen von Investitionsschiedsgerichten gefällt.52 In einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 wurde zudem erstmalig akzeptiert, dass ICSID-Tribunale berechtigt sind, über Mass Claims zu entscheiden, also über verbundene Klagen einer Vielzahl von Investoren.53 Diese Angaben machen zweifelsohne eine hohe quantitative Relevanz des Investitionsschutzsystems deutlich und besonders für das Völkerrecht erzeugte es eine verblüffend große Anzahl an Fällen, insbesondere im Vergleich zu Entscheidungen des IGH. Allenfalls die Streitbeilegungsorgane der WTO können ähnliche Zahlen aufweisen. Inzwischen sind es auch längst nicht mehr nur Entwicklungsländer und Schwellenländer, die sich Investitionsschiedsverfahren ausgesetzt sehen. Die Anzahl der beklagten Staaten betrug Ende 2014 insgesamt 101. Den meisten Klagen musste Argentinien begegnen, gefolgt von Venezuela und Tschechien. Auch Deutschland muss sich wegen des beschlossenen Atomausstiegs in einem Verfahren auf Grundlage des ECT erneut gegen den schwedischen Investor und Energiekonzern Vattenfall in Washington D.C. einem Verfahren stellen.54 Die klagenden Investoren kamen dabei zum Großteil aus den USA, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Deutschland. Einschließlich des Jahres 2014 wurden insgesamt 356 Schiedsverfahren auf Grundlage von IIAs abgeschlossen, davon etwa 37 % zugunsten des Gaststaates, 25 % zugunsten des Investors und ca. 28 % endeten mit einem Vergleich. In etwa 2 % der Fälle wurde vom Tribunal zwar eine Verletzung des Abkommens durch den Gaststaat festgestellt, aber keine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem klagenden Investor ausgesprochen. 8 % der Fälle wurden aus anderen Gründen nicht fortgeführt. Die Verfahrensdauer variiert dabei nicht unerheblich. So dauerte das 2011 abgeschlossene Verfahren in White Industries gegen Indien nur 16 Mo­ 50  Einschließlich

der ICSID Facility Rules. Recent Developments 2014, S. 9. 52  UNCTAD, Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 7. 53  Abaclat et al. v. Argentina, Decision on Jurisdiction vom 4. August 2011, Rn. 551. 54  Vattenfall AB and others v. Federal Republic of Germany, ICSID Case No. ARB/12/12. 51  UNCTAD,

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

­nate,55 jedoch brauchte das im gleichen Jahr beendete Verfahren im Fall El Paso gegen Argentinien über acht Jahre.56 Ansonsten dauerten die im Vergleichsjahr 2011 abgeschlossenen Verfahren, die zugunsten des Investors beschieden worden waren, jeweils etwa vier Jahre.57 Große, rechtlich umstrittene Themen, die derzeit in den Investitionsschutzverfahren eine Rolle spielen, sind die für die Zuständigkeit des Tribunals unter anderem entscheidende Staatszugehörigkeit des Klägers, die Reichweite der Meistbegünstigungsklausel (Most favoured nation-clause, MFN-Klausel) und ihre Erstreckung auch auf prozessuale Fragen,58 die Klausel bezüglich der fairen und gerechten Behandlung (Fair and equitable treatment-clause, FET-Klausel) sowie indirekte bzw. regulative Enteignungen, aber auch der mögliche Schutz von „illegalen Investitionen“, was beispielsweise durch Korruption zustande gekommene Investitionen betrifft.59 Im Jahre 2012 ist in neun bisher bekannten Fällen den Investoren Schadensersatz zugesprochen worden. Die Höhe des Schadensersatzes variiert dabei ebenfalls beachtlich. So wurde im Fall der US-Firma Occidental Petroleum gegen Ecuador, der auf dem US-Ecuador-BIT beruhte und der nach den ICSID-Verfahrensregeln ablief, der bis dahin höchste jemals in einem Investitionsschutzverfahren ermittelte Schadensersatz zugesprochen. Der 55  27. Juli 2010 (Notice of arbitration); 9. November 2010 (Tribunal konstituiert); September 2011 (Anhörung); 30. November 2011 (Entscheidung über Jurisdiction, Liability und Damages). 56  12. Juni 2003 (ICSID Registration); 6. Februar 2004 (Tribunal konstituiert); 8. April 2005 (Anhörung bezüglich Jurisdiction); 27. April 2006 (Entscheidung über Zuständigkeit); Juni 2007 (Anhörungen zur Sache); Juni 2009 (Benennung eines unabhängigen Experten zur Bewertung der Schadenshöhe); 31. Oktober 2011 (Award). 57  Impregilo v. Argentina: 25 Juli 2007 (ICSID Registration); 27 Mai 2008 (Tribunal konstituiert); Mai 2009 (Verhandlung zur Zuständigkeit); März 2010 (Verhandlung bzgl. der materiellen Fragen); 21. Juni 2011 (Award).; Lemire v. Ukraine: 8. Dezember 2006 (ICSID Registration); 14 Juni 2007 (Tribunal konstituiert); Dezember 2008 (Verhandlung); 14 Jan 2010 (Decision on Jurisdiction and Liability); 28. März 2011 (Decision on Damages); Tza Yap Shum v. Peru: 12. Februar 2007 (ICSID Registration); 1. Oktober 2007 (Tribunal konstituiert); Oktober 2008 (Verhandlung bzgl. Zuständigkeit); 19. Juni 2009 (Decision on Jurisdiction); Juni 2010; (Verhandlung bzgl. der materiellen Fragen); 7. Juli 2011 (Award); Chevron & Texaco v. Ecuador: 2006 (Notice of Arbitration); 1. Dezember 2008 (Interim Award on Jurisdiction); 30. März 2010 (Partial Awards on the Merits); 31. August 2011 (Final Award). 58  Vgl. Dolzer/Schreuer, Principles, S. 253 ff. 59  Hierzu Kreindler, Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit und die Korruption, S.  3 ff.



II. Ursprung und Proliferation der Abkommen und Verfahren 29

Betrag beläuft sich auf die Summe von etwa 1,77 Mrd. US-Dollar (zuzüglich Zinsen).60 Weitere Tribunale verurteilten die Gaststaaten im Vergleichsjahr 2012 ebenfalls zu hohen Zahlungen, auch wenn sie diese Summe nicht erreichten. So wurden dem Kläger im Verfahren EDF gegen Argentinien 136,13 Mio. US-Dollar plus Zinsen zugesprochen, im Fall Deutsche Bank gegen Sri Lanka 60,36 Mio. US-Dollar plus Zinsen. Es gab aber auch weniger hohe Beträge. So wurde im Verfahren Marion und Reinhard Unglaube gegen Costa Rica 3,1 Mio. US-Dollar plus Zinsen, im Verfahren Renta 4 gegen Russland und im Verfahren Antoine Goetz gegen Burundi 2 Mio. US-Dollar plus Zinsen und im Verfahren Swisslion gegen die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien 350.000 US-Dollar plus Zinsen zugesprochen.61 In den Jahren 2013 und 2014 wurden Investoren jeweils wiederum e­ x­trem hohe Schadensersatzssummen zugesprochen. In dem Fall Mohamed Abdulmohsen Al-Kharafi & Sons Co. gegen Libyen and others stellte das Tribunal eine Schadensersatzpflicht der Beklagten in Höhe von 935 Mio. US-Dollar zuzüglich Zinsen fest. Dies erfolgte obwohl der Investor lediglich 5 Mio. US-Dollar investiert hatte.62 Der Großteil der Summe ergab sich aus der Berechnung vermeintlich entgangenen Gewinns. Ein Rekord, der die bis dahin in Investitionsschiedsverfahren zugesprochenen Schadensersatzsummen um ein Vielfaches übersteigt, erfolgte schließlich 2014. Dabei wurde Russland in kombiniert zu betrachtenden drei Schiedssprüchen verurteilt, an die Kläger – Eigner des ehemaligen Konzerns Yukos Oil Company – insgesamt etwa 50 Mrd. US-Dollar zu zahlen.63 60  Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company v. Republic of Ecuador (ICSID Case No. ARB/06/11), hierzu Bankside Chambers, Largest Award Ever in Bilateral Investment Treaty Case at ICSID, abrufbar unter: www.bankside.co.nz/Latest/tabid/87/id/43/title/largest-award-ever-in-bila teral-investment-treaty-case-at-icsid/Default.aspx; zu den schwierigen Berechnungen des zugesprochenen Schadensersatzes und neuen Berechnungsmodellen siehe ­Ripinsky/Williams, Damages in International Investment Law, 2008. 61  Zu den Zahlen UNCTAD, IIA Issues Note, Recent Developments in InvestorState Dispute Settlement (ISDS) 2013, Nr. 1, S. 18. 62  Mohamed Abdulmohsen Al-Kharafi & Sons Co. v. Libya and others, Final Award vom 22. März 2013. Rechtsgrundlage dieses Schiedsverfahrens war das Unified Agreement for the Investment of Arab Capital in the Arab States von 1980, ein regionales Investitionsschutzabkommen zwischen den Staaten der Arabischen Liga. 63  Hulley Enterprises Limited (Cyprus) v. The Russian Federation, UNCITRAL, PCA Case No. AA 226, Award vom 18. Juli 2014; Yukos Universal Limited (Isle of Man) v. The Russian Federation, UNCITRAL, PCA Case No. AA 227, Award vom 18. Juli 2014; Veteran Petroleum Limited (Cyprus) v. The Russian Federation, ­UNCITRAL, PCA Case No. AA 228, Award vom 18. Juli 2014.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

Ob die Investitionsschutzabkommen andererseits tatsächlich zu dem gewünschten Anstieg der Investitionsflüsse in die Gaststaaten führen, die solche Abkommen abgeschlossen haben, ist eine in der Wissenschaft noch immer sehr umstrittene Frage.64 Dagegen spricht zum Beispiel, dass Brasilien als ein Hauptempfänger ausländischer Direktinvestitionen noch kein einziges bilaterales Investitionsschutzabkommen ratifiziert hat.65 Auch gibt es noch immer kein BIT zwischen den USA und China, dem Hauptempfänger von Investitionen aus den USA.66 UNCTAD stellt ebenfalls fest, dass „(a)n aggregate statistical analysis does not reveal a significant independent impact of BITs in determining FDI flows“.67 Zudem können Staaten, die eine Vielzahl von Investitionsschutzverträgen abgeschlossen haben, im Verhältnis zu ökonomisch vergleichbaren anderen Staaten keinen signifikant höheren Investitionsfluss nachweisen.68 Es ist wohl eher ein gesundes politisches und wirtschaftliches Klima, das Investitionen befördert, welches sich jedoch durchaus auch im Abschluss von Investitionsabkommen manifestieren kann.69

64  Hierzu Hallward-Dreimeier, Do BITs attract foreign direct investment?; Tobin/ Rose-Ackermann, Foreign Direct Investment and the Business Environment in Developing Countries: the Impact of Bilateral Investment Treaties; bejahend: Neumayer/Spess, Do Bilateral Investment Treaties Increase Foreign Direct Investment to Developing Countries?; Egger/Merlo, The Impact of Bilateral Investment Treaties on FDI Dynamics; Büthe/Milner, Bilateral Investment Treaties and Foreign Direct Investment; Sauvant/Sachs (Hg.), The Effect of Bilateral Investment Treaties and Double Taxation Treaties on Foreign Investment Flows; Tobin/Rose-Ackermann, When BITs Have Some Bite. 65  Hallward-Driemeier, Do BITs attract foreign direct investment?, S. 9, 12; hierzu und zu den Gründen ausführlich Lemos/Campello, Non-Ratification of Bilateral Investment Treaties, S.  5 ff. 66  Verhandlungen sind aber derzeit im Gange, vgl. www.vcc.columbia.edu/con tent/china-us-bilateral-investment-treaty-template-multilateral-framework-investment. 67  UNCTAD, World Investment Report 2003, S. 89. 68  Ceyssens/Sekler, Bilaterale Investitionsabkommen, S. 52  f.; vgl. World Bank, Global Economic Prospects and the Developing Countries. S. 129: „countries that had concluded a BIT were no more likely to receive additional FDI than were countries without such a pact“. 69  Siehe Ceyssens/Sekler, Bilaterale Investitionsabkommen, S. 53, die auf Faktoren wie wie Marktgröße und -struktur, Vernetzung zu anderen wichtigen Märkten, Infrastruktur, Kostenfaktor, Arbeitskräfteangebot und politische Stabilität verweisen.



III. Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit31

III. Legitimitätsrelevante Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Die dargestellte Proliferation der Abkommen und Verfahren des internationalen Investitionsrechts ist durchaus ungleich bewertet worden und sah sich von Beginn an mit wesentlichen Kritikpunkten konfrontiert, wobei die öffentliche Debatte um den Nutzen und die Defizite, aber ebenso um die Legitimität der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit zuzunehmen scheint.70 Der steigenden Zahl der Investitionsschiedsprozesse steht eine Ausweitung der in ihnen behandelten Themenbereiche gegenüber. Die inhaltlichen Gebiete haben sich längst gelöst von rein technischen Problemstellungen oder Fragen klassischer Enteignungen. Vielmehr wird in heutigen Investi­ tionsverfahren nicht selten das Ausmaß der regulatorischen Möglichkeiten der Gaststaaten überprüft und determiniert. Dies kann Fragen der öffent­ lichen Lebensmittel- und Gesundheitsgrundversorgung betreffen oder auch staatliche Schritte zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Allein die vielen Verfahren, die gegen Argentinien in der Folge seiner Wirtschaftskrise von 2001 / 2002 angestrengt wurden und in denen staatliche Maßnahmen als Reaktion auf diese tiefe ökonomische Krise und somit auch wesentliche und grundsätzliche staatliche Regulierungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung beziehungsweise Wiederherstellung der staatlichen Handlungsfähigkeit überprüft wurden, machen diese inhaltliche Auffächerung deutlich. In jüngster Zeit ist wohl auch eine Zunahme an Verfahren zu erkennen, die um entscheidende Aspekte der Staatstätigkeit im Rahmen öffentlicher Belange kreisen. So strengte im Jahre 2011 der Tabakkonzern Philip Morris ein Verfahren gegen Australien an, das die Politik des Landes hinsichtlich der Tabakprodukte grundlegend in Frage stellte. Es betraf staatliche Maßnahmen, die zur Förderung der öffentlichen Gesundheit unter anderem Verpflichtungen aus der WHO Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) umzusetzen suchten.71 Im gleichen Jahr hatte auch der schwedische Investor Vattenfall, der in Deutschland zwei Atomkraftwerke betreibt, ein Verfahren eingeleitet, das 70  UNCTAD, World Investment Report 2012, S. XXI; siehe auch die Liste von Kritikpunkten unter: www.osgoode.yorku.ca/public_statement. 71  Ein ähnliches Verfahren hatte Philip Morris 2010 gegen Uruguay in Gang gesetzt. Die Fälle basierten auf dem Switzerland-Uruguay bzw. dem Australia-Hong Kong BIT: Philip Morris v. Australia (Philip Morris Asia Limited v. The Commonwealth of Australia, UNCITRAL, PCA Case No. 2012-12) und Philip Morris Brand Sàrl (Switzerland), Philip Morris Products S. A. (Switzerland) and Abal Hermanos S. A. (Uruguay) v. Oriental Republic of Uruguay (ICSID Case No. ARB/10/7).

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

die Auswirkungen des Atomausstiegs in Deutschland überprüfen sollte, welcher seit Jahrzehnten in der politischen Debatte stand.72 Gerade aber die nicht zuletzt mit dieser inhaltlichen Ausweitung verbundene weit verbreitete Wahrnehmung, dass der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Entscheidungsbefugnisse übertragen wurden, die üblicherweise den Nationalstaaten zustehen und damit Bereiche der staatlichen Souveränität tangieren, hat zu besonders ausgeprägter Kritik geführt.73 In diese Kritik fließt möglicherweise auch die Empfindung ein, dass dieses völkerrechtliche System abzulehnen sei, weil sich überhaupt nur große Unternehmen die hohen Kosten der Einleitung eines Verfahrens leisten könnten und sie damit gleichsam die einzigen Nutznießer des Systems seien, woraus sich insofern auch ein wesentlicher Unterschied zum Menschenrechtsschutz beispielsweise vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ergibt, an den sich alle individuell Benachteiligten unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen wenden könnten. Während also im System der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) letztlich weitestgehend die Schwachen Schutz genössen, seien es in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit die Starken und regelmäßig weniger Beliebten, wodurch Akzeptanzprobleme des Systems in der Breitenwahrnehmung hervorgerufen werden können. Ob jedoch tatsächlich eine Bevorzugung von Investoren gegenüber den verklagten Gaststaaten durch Investitionsschiedsgerichte erfolgt, ist vor dem Hintergrund empirischer Forschung zumindest fraglich,74 auch wenn in der Tat der Großteil der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sowie Schlichterinnen und Schlichter aus den Industriestaaten kommt, aus denen auch die Mehrzahl der klagenden Investoren stammt.75 Neben diesen womöglich unterschwellig vorhandenen Wahrnehmungen finden sich aber auch zunehmend grundlegende und systematische Kritik72  Vattenfall AB, Vattenfall Europe AG, Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH, Kernkraftwerk Brunsbüttel GmbH und Co. oHG, Kernkraftwerk Krümmel GmbH und Co. oHG v. Federal Republic of Germany. Das Verfahren beruht auf dem Energiechartavertrag. 73  Mistelis, Confidentiality and Third-Party Participation, S. 178. 74  Siehe S. Franck, Empirically Evaluating, S. 50. 75  S. Franck, Empirically Evaluating, S. 76; so waren bis zum 31.12.2010 48 % der von ICSID berufenen Schiedsrichter und Schlichter aus Westeuropa und weitere 23 % aus Nordamerika und nur 29 % aus anderen Regionen, zu denen Süd- und Mittelamerika, der Mittlere Osten und Nordafrika sowie Osteuropa zählen, Greimann, The Public/Private Conundrum, S. 416 m. w. N. wie z. B. Salacuse, Emerging Global Regime, S. 467 (der feststellt, dass „arbitrators are very much a part of an international epistemic community with similar training and, in many cases, com­ parable backgrounds.“).



III. Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit33

punkte am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. So gibt es derzeit auch im akademischen Bereich eine hitzige Debatte um die Legitimität dieser Institution und ihrer Funktionsweise, die sich an empirischen und rechtlichen Gesichtspunkten orientiert.76 Einerseits wurde zwar regelmäßig gelobt, dass durch die Proliferation der Abkommen und Verfahren Anreize für Investitionen gesetzt worden seien und dass dadurch sowohl Good Governance-Strukturen verbreitet würden als auch die Entwicklung in den Gaststaaten gefördert würde.77 Andererseits wurde von Seiten der Kritiker aber insbesondere angeführt, dass durch das heutige System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit unangemessene Eingriffe in die souveräne Handlungsfreiheit der Gaststaaten ermöglicht würden, die es letzteren schließlich unmöglich machten, im öffentlichen Interesse tätig zu werden.78 Aufgrund der weitgehenden Handlungs- und Überprüfungsspielräume für die Investitionsschiedsgerichte sind diese nach Ansicht einiger Kritiker zu Institutionen herangewachsen, die verwaltungsgerichtliche Aufgaben wahrnehmen, welche traditionell aber den Staaten zugewiesen sind.79 Insofern werde der nationale Rechtsweg im Gaststaat umgangen und Schiedsgerichte träten vielfach an die Stelle nationaler Gerichte. So überprüften nunmehr private Individuen, die fern jeglicher demokratischer Legitimation seien, die Rechtmäßigkeit staatlicher Handlungen.80 Der Grundvorwurf besteht also bei dieser Argumentation darin, dass in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zwei unterschiedlich ausgestaltete Ebenen aufeinander träfen, bei denen die übernationale nicht in die nationale hineinwirken sollte. So werde durch dieses System ermöglicht, dass eine schwer greifbare internationale Institution Entscheidungen der oftmals demokratisch gewählten Regierung oder Verwaltung im Gaststaat überprüft, die als staatliche Organe anders als ein Schiedsgericht ihren Bürgern Rechenschaft schuldeten sowie regelmäßig mit demokratischen Mitteln absetzbar und in angemessenem Maße steuerbar seien. Die überstaatlich agierenden, kontrollierenden und eingreifenden Schiedsgerichte hätten durch sehr weit gefasste Klauseln in den Abkommen zudem einen weiten Einschät76  Vgl. S. Franck, Legitimacy Crisis; Burke-White, The Argentine Financial Crisis; Odumso, Antinomies. 77  Vgl. Wälde, Tool of Good Governance, S. 475. 78  Vgl. Sornarajah, Law for Need or a Law for Greed?, S. 329 ff. 79  Siehe Harten/Loughlin, Investment Treaty Arbitration as a Species of Global Administrative Law, S. 133. 80  Kirchner/Recker, Risk in Law, S. 564 f.; ausführlich hierzu Schill, Erodierung des Öffentlichen Rechts, S. 265 ff.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

zungs- und Entscheidungsspielraum, um über die Maßnahmen der Regierungen und Verwaltungen in den Gaststaaten zu urteilen. Hierbei ist zudem eine systemisch angelegte Inländerdiskriminierung offensichtlich, da nur ausländische Investoren sich auf die materiellen Verbürgungen und das Recht, ein Schiedsverfahren einzuleiten, berufen können, nicht jedoch nationale Unternehmen und Private, sodass auch dies zu wachsender Kritik geführt haben könnte. Investitionsschiedsgerichte übernehmen in der Tat vermehrt Kompetenzen und Verantwortung.81 Insofern können sie aber auch dazu beitragen, die weltweiten Veränderungen, die sich durch die zunehmende Globalisierung vollziehen, teilweise zu verarbeiten und rechtlich zu fassen.82 Kritikmildernd kann auch angeführt werden, dass im internationalen Investitionsschutzrecht von Tribunalen grundsätzlich nur Sekundärrechtsschutz gewährt wird, bei dem die Gaststaaten bei Unterliegen im Rechtsstreit lediglich zu Schadensersatzzahlungen an Investoren verurteilt werden.83 Der Vorteil, der hinter dieser Konzeption steht, ist die leichtere Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen im Gegensatz zum Beispiel zur Verurteilung nationaler Behörden zu bestimmten Handlungen. Es könnte daher jedenfalls angenommen werden, dass der Gaststaat schließlich noch immer frei sei, Regelungen nach eigenen Vorstellungen zu erlassen, da er dann lediglich die betroffenen Investoren finanziell kompensieren muss. Dennoch ist diesem System gerade innewohnend, dass dieser „Kompensationsdruck“ dazu führen soll, dass Gaststaaten bestimmte Handlungen gerade nicht durchführen und insofern ihre Regulierungsfreiheit naturgemäß eingeschränkt wird. Dies ist gerade für ärmere Staaten relevant und kann mithin in nicht unerheblichem Maß souveränitätbeschränkend wirken. Dies gilt mit besonderer Schärfe, wenn sehr hohe Schadensersatzsummen zugesprochen werden. Denn die Dimension der Auswirkungen, welche die Entscheidungen der Schiedsgerichte haben, darf nicht vernachlässigt werden. Die den Investoren zugesprochenen Beträge erreichten bisweilen ein enormes Ausmaß.84 Wie bereits im Rahmen der Ausführungen bezüglich der zuerkannten Schadensersatzhöhen angesprochen, gestand am 5. Oktober 2012 ein Investitionsschiedsgericht, das auf Grundlage der ICSID-Kon­ vention angerufen worden war, einem US-amerikanischen Ölkonzern den 81  Borgen,

Transnational Tribunals, S. 685 ff. Private Actors, S. 235 f. 83  Hierzu vertiefend Marboe, Berechnung von Entschädigung und Schadenersatz, S.  9 ff. 84  UNCTAD, IIA Issues Note, Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement (ISDS) 2013, Nr. 1, S. 25. 82  Hollis,



III. Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit35

höchsten Betrag zu, der bis dahin in einem Investitionsschutzverfahren zugesprochen worden war.85 Der Betrag belief sich auf 1.769.625.000 USDollar zuzüglich 4,18 % Zinsen. Diese Zahlungsverpflichtung, die gegen Ecuador verhängt worden war, entspricht gemessen am Bruttoinlandsprodukt des südamerikanischen Staates in etwa so viel, wie wenn gegen Deutschland ein Betrag von 95,359 Mrd. US-Dollar oder gegen die USA ein Betrag von 402,249 Mrd. US-Dollar jeweils zuzüglich Zinsen verhängt worden wäre.86 Die Entscheidungen gegen Russland im Fall Yukos mit insgesamt etwa 50 Mrd. US-Dollar aus dem Jahr 2014 betreffen einen Betrag, der mehr als zehn Prozent der Währungsreserven der russischen Föderation ausmachen.87 Diese immensen Größenordnungen machen deutlich, welche Folgen das Unterliegen in einem Investitionsschiedsverfahren für die Volkswirtschaften der Gaststaaten haben kann. Aber auch wenn am Ende die Klage eines Investors nicht erfolgreich sein sollte, können die zur Verteidigung aufzuwendenden Kosten für den betroffenen Gaststaat erheblich sein, werden doch anders als im deutschen Recht die Verfahrenskosten selten der unterlegenen Partei auferlegt, sondern geteilt oder gänzlich anders verteilt. Von Kritikern wurde zudem gerügt, dass ein Fehlen von systematischen Ansätzen zur Vermeidung von Inkonsistenz in der Schiedsrechtsprechung hinsichtlich substantieller Vorgaben in Investitionsschutzabkommen sowie mangelnde Transparenz der Verfahren und unzureichende Fairness gegenüber betroffenen Nicht-Streitparteien zu großen Problemen führen könnten, wobei auch die dann vorgeschlagenen Lösungen oftmals selbst Probleme in sich bargen.88 Ein entscheidender Kritikpunkt ist jedoch in der Tat die fehlende Konsistenz und Kontinuität in den Entscheidungen der verschiedenen Schiedsgerichte. Durch die oftmals weiten Formulierungen in den materiellen Schutzstandards und mangels einer Berufungsinstanz oder einer übergreifenden prinzipiengestützten Systematik der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit 85  Occidental Petroleum Corporation, Occidental Exploration and Production Company v. The Republic of Ecuador, ein Verfahren auf Grundlage des U.S.-Ecuador BIT, ICSID Case No. ARB/06/11, abrufbar unter: http://italaw.com/sites/default/files/ case-documents/italaw1094.pdf. 86  Bei einem BIP Ecuador von 66,38 Mrd. US-Dollar, Deutschland 3.577 Mrd. US-Dollar und USA 15.094 Mrd. US-Dollar im Jahre 2011. 87  Süddeutsche Zeitung online vom 28. Juli 2014, abrufbar unter: www.sueddeut sche.de/wirtschaft/schiedsgericht-zur-zerschlagung-von-oel-konzern-russland-mussyukos-aktionaeren-milliarden-dollar-zahlen-1.2066188. 88  Polanco Lazo, International Arbitration in Times of Change, S. 591.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

werden bisweilen bei nahezu völlig gleich gelagerten Fällen hinsichtlich der Sachlage und der zugrunde liegenden Normen diametral unterschiedliche Entscheidungen gefällt. Sehr deutliche Beispiele dafür sind die Entscheidungen der Tribunale in den Verfahren CME gegen die Tschechische Republik und Lauder gegen die Tschechische Republik.89 Während das Tribunal im ersten Fall wegen bestimmter Maßnahmen der tschechischen Behörden gegenüber einem Medienkonzern einen Schadensersatz von ca. 270 Mio. USDollar zusprach,90 versagte das Schiedsgericht im vergleichbaren Fall Lauder letztlich einen Schadensersatzanspruch völlig.91 Durch die expansiven und bisweilen widersprüchlichen Interpretationen von Investitionsschutzabkommen rückten Forderungen nach Transparenz der Verfahren, Vorhersehbarkeit von Entscheidungen und die Bewahrung von regulativen Gestaltungsspielräumen für die Gaststaaten mehr und mehr in den Vordergrund. Auch die Anträge sowohl von Investoren als auch von Gaststaaten auf Abberufung von Schiedsrichtern haben merklich zugenommen und deuten auf eine Unzufriedenheit mit dem bestehenden System hin.92 Bei aller Expertise und Integrität der Schiedsrichter besteht auch durch personelle Überschneidungen in den verschiedenen Verfahren die Gefahr einer strukturellen Befangenheit, bei der es insofern zu Interessenkonflikten kommen kann, als dieselbe Person in mehreren Verfahren entscheidet und so geneigt sein könnte, eine Fortentwicklung der Rechtsprechung zugunsten ihrer Mandanten voranzutreiben.93 Es kann im Übrigen aus soziologisch-normativer Perspektive durchaus als kritikwürdig angesehen werden, dass nur ein Bruchteil der Schiedsrichter in Investitionsschutzverfahren Frauen sind. So waren bis 2009 nur neun Prozent der Schiedsrichter in ICSID-Verfahren weiblichen Geschlechts.94 Kahn, How to Avoid Conflicting Awards, S. 7 ff. Czech Republic B.V. (The Netherlands) v. The Czech Republic, 9 ICSID Reports 121 (Sep. 13, 2001), Final Award vom 14. März 2003. 91  Lauder v. Czech Republic, Final Award vom 3. September 2001, Rn. 235. 92  Bis vor kurzem wurden diese Anträge stets abgelehnt, siehe UNCTAD, World Investment Report 2012, S. 87; nunmehr sind jedoch erste Fälle bekannt geworden, in denen Anträge schließlich zur Abberufung von Schiedsrichtern führten, vgl. die Entscheidung des nach dem BIT zwischen Indien und Mauritius für die Abberufung von Schiedsrichtern zuständigen Präsidenten des IGH Tomka im Fall CC/Devas gegen Indien bezüglich der Abberufung des Schiedsrichters Francisco Orrego Vicuña, hierzu kritisch Schill, Occasional Comment, S. 4 f. 93  Ceyssens/Sekler, Bilaterale Investitionsabkommen, S. 91. 94  Grossman, Sex on the Bench, S. 649, die in der Folge auch auf damit verbundene normative und soziologische Aspekte von Legitimität eingeht; andere Studien zeigten einen noch geringeren Anteil an Frauen in Investitionsschutzverfahren, vgl. 89  Vgl.

90  CME



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Zudem sei, so wird von vielen NGOs und auch Wissenschaftlern kritisiert, inzwischen systemisch angelegt, dass das heutige Investitionsschutzregime keinen angemessenen Wert auf eine ausgewogene Berücksichtigung der Rechte der Investoren einerseits und der Gaststaaten andererseits lege.95 Diese Kritik nahm wohl im beginnenden 21. Jahrhundert besonders zu, als innerhalb der großen Industriestaaten realisiert wurde, dass bereits die re­ gio­nalen Handelsregime wie NAFTA mit ihren Investitionskapiteln ähnliche Defizite aufweisen können.96 Vollends zur Debatte wandelte sich diese Kritik dann bei dem weitgehend bilateral ausgestalteten System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit.97 Mit der Zunahme der Abkommen und Verfahren stieg auch die Relevanz des Investitionsschutzrechts und mit ihr die Welle der sie begleitenden Kritik. Wenn dieser Gegenwind gegen die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit anhält, könnte im schlimmsten Fall das gesamte Investitionsschutzsystem in eine Vielzahl von Subsystemen erodieren oder sich gar völlig auflösen,98 was zu Instabilitäten im internationalen Handels- und Investitionssystem führen könnte. Tatsächlich sind nunmehr auch in der Staatenwelt zumindest teilweise Entwicklungen erkennbar, die auf ein Zurückweichen aus dem bisherigen System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit hindeuten. So ziehen sich einige Staaten aus dem Vertrags- und Streitschlichtungssystem zurück. Kürzlich hat es Venezuela den Staaten Bolivien und Ecuador gleich getan und angekündigt, die ICSID-Konvention zu kündigen.99 Auch Nicaragua hat damit gedroht.100 Zudem gibt es Staaten, deren Regierungen planen, auf die Integration der Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Staat und Investor in zukünftigen Investitionsschutzabkommen zu verzichten und zur Staat-StaatSchiedsgerichtsbarkeit zurückzukehren. Die australische Regierung beispielsweise begründete diesen Schritt im April 2011 ausdrücklich mit der Ansicht, dass die Investor-Staat-Schiedsgerichsbarkeit ausländische Investoren gegenS. Franck, Empirically Evaluating, S. 81; vgl. auch Bautista, International Arbitra­ tion, der feststellt, dass nur 14 von 279 ICSID Schiedsrichtern Frauen waren. 95  Zu einer ausfürlichen Besprechung verschiedener Kritikpunkte am Investitionsschutzregime siehe die Beiträge in Zarsky, Balancing Rights and Rewards, passim. 96  Zu einer Analyse der frühen Gegenstimmen hinsichtlich NAFTAs Investitionskapitels siehe C. H. Brower II, Investor States Disputes Under NAFTA, S. 43 ff. 97  Blyschak, State Consent, S. 99. 98  Vgl. Cremades/Cairns, S. 188. 99  Ripinsky, Venezuela’s Withdrawal From ICSID; bezüglich Bolivien und Ecuador siehe UNCTAD, Denunciation of the ICSID Convention and BITs. 100  Braun, Investitionsschutz durch Internationale Schiedsgerichte, S. 17; zu den Folgen siehe Tietje/Nowrot/Wackernagel, Once and Forever? The Legal Effects of a Denunciation of ICSID.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

über den heimischen Betrieben bevorzuge und dass sie die Freiräume der Regierung zur Regelung öffentlicher Angelegenheiten wie beispielsweise im sozialen, ökologischen und ökonomischen Bereich einschränke.101 Neben diese verfahrensrechtlichen Aspekte tritt die Aufkündigung bereits bestehender Investitionsschutzabkommen durch Staaten wie Venezuela und Ecuador.102 Einen besonderen Fall bildet wiederum Argentinien, das sich nach seiner schweren Wirtschaftskrise um die Jahrtausendwende einer Vielzahl von Verfahren gegenüber ausländischen Investoren ausgesetzt sah. Argentinien weigert sich fortgesetzt, Schadensersatzzahlungen in Höhe von mehr als 300 Mio. US-Dollar an US-amerikanische Investoren nach mehreren verlorenen ICSID-Verfahren zu leisten und besteht darauf, dass diese zunächst vor nationalen Gerichten in Argentinien durchgesetzt werden müssten.103 Da­ raufhin haben die USA im März 2012 im Gegenzug Argentinien vom ­Generalized System of Preferences suspendiert, welches Exporteuren aus bestimmten ärmeren Ländern gestattet, geringere Zölle bei der Einfuhr in die USA zu zahlen.104 Dies wirft die Frage auf, ob das Investitionsschutzsystem sich wieder zurück entwickelt und letztlich doch wieder politisiert werden könnte. Vielfach wird diese mannigfaltige Kritik an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit unter den Begriff der Legitimität gefasst und es gibt zurzeit gerade im englischsprachigen Raum eine heftige Debatte über die Legitimität beziehungsweise die Legitimation der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Unter einer vagen Verwendung des Terminus wird eine Vielzahl von Reformen für das System vorgeschlagen, die von einer zentralen Berufungsinstanz für Entscheidungen der Investitionsschiedsgerichte105 101  Dabei wurde insbesondere auf den Bereich der Regulierung von Tabakprodukten abgestellt, vgl. Australian Government, Gillard Government Trade Policy Statement, S. 13. Ins Freihandelsabkommen zwischen Australien und Südkorea wurde jedoch im Dezember 2013 nach dem Regierungswechsel in Australien wieder eine Investor-Staat-Schiedsklausel aufgenommen. Eine solche ist jedoch im Freihandelsabkommen zwischen Australien und Japan vom April 2014 wiederum nicht vorgesehen. 102  Vgl. Braun, Investitionsschutz durch Internationale Schiedsgerichte, S. 17. 103  UNCTAD, World Investment Report 2012, S. 87. 104  President of the United States of America, Presidential Proclamation vom 26. März 2012. 105  Vgl. S. Franck, Legitimacy Crisis, S. 1524: „independent, permanent appel­ late body with the authority to review awards rendered under a variety of investment treaties“ als Maßnahme, um Legitimität zu steigern, sowie S. 1587–1610 bezüglich weiterer Maßnahmen zur Legitimitätssteigerung; Burke-White/von Staden, Investment Protection in Extraordinary Times S. 373.



III. Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit39

bis hin zu Vorschlägen zur Vermeidung institutioneller Befangenheit reichen.106 Neben der lebendigen Erörterung in der Literatur über die Verbesserung des Systems vor dem Hintergrund von Legitimitätswahrnehmungen gibt es immer mehr Tribunale, die diesbezüglich selbst Stellung beziehen. So hat ein ICSID Annulment Comittee bei der Überprüfung eines Schiedsspruchs den rechtlichen Ansatz des ursprünglichen Tribunals hart kritisiert und insbesondere weiter reichende Fragen hinsichtlich der Legitimität des gesamten Systems als solches aufgeworfen.107 Es scheint dabei, als hätten viele Autoren und auch einige Schiedsgerichte ein bestimmtes Bild von Legitimität, an dem sie ihre Kritik am bestehenden System ausrichten. Dieses wird jedoch selten offengelegt oder methodisch verankert. Dahingehend soll die vorliegende Arbeit grundlegend anders angelegt werden. Eine differenziertere Betrachtung ermöglicht es, zunächst die vielfältigen Kritikpunkte an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu systematisieren und zu gliedern. Hierbei erscheint eine Unterscheidung zwischen fundamentalen, also grundlegenden Kritikpunkten und technischen Kritikpunkten sinnvoll. Technische Kritikpunkte sollen dabei solche sein, die zum Beispiel eine einzelne Entscheidung oder eine bestimmte Auslegung von Normen betreffen, deren Ausmaß aber regelmäßig nicht offensichtlich das Potential birgt, das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit an sich in Frage zu stellen. Dazu könnten beispielsweise eine recht weite Auslegung des Begriffs der Nationalität des Investors, die das sogenannte „Forum Shopping“ ermöglicht, oder auch die umstrittene Erstreckung der Meistbegünstigungsklausel auch auf prozessuale Vorschriften gezählt werden.108 106  Vgl. z. B. S. Franck, Legitimacy Crisis, S. 1617–1625; Burke-White, The Argentine Financial Crisis; Odumosu, Antinomies; C. N. Brower/Sharpe, The Coming Crisis in the Global Adjudicative System; Werner, Making Investment Arbitration More Certain; bisweilen wird auch ein permanenter Investitionsschiedsgerichtshof vorgeschlagen, vgl. van Harten, Investment Treaty Arbitration and Public Law, S. 180-84. 107  Vgl. CMS Gas Transmission Co. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/01/08, Decision on Annulment (25. September 2007), Rn. 95, 96–97, 125, 136, 146, 158. 108  Natürlich kann eine regelmäßig divergierende Rechtsprechung zu bestimmten Klauseln auf lange Sicht dazu führen, dass keine Homogenität und Stringenz in der Rechtsprechung vorliegt und sich damit ein ursprünglich technischer Kritikpunkt zu einem fundamentalen Kritikpunkt wandelt, indem er Bestandteil der Kritik an fehlender Homogenität in Entscheidungen wird.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

Fundamentale Kritikpunkte seien in Abgrenzung dazu hingegen solche, die offensichtlich das Potential bergen, das System als solches in Frage zu stellen. Hierzu könnten mangelnde Transparenz der Verfahren oder eine andauernde und regelmäßige Bevorzugung der klagenden Investoren gehören. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Kritikpunkte, die von Autoren und Tribunalen mit dem Begriff der Legitimität assoziiert werden, solche sind, die regelmäßig von grundlegender Natur sind. Sie gehen über das übliche Maß an Kritik an einzelnen Normen oder bestimmten Auswirkungen eines Rechtssystems hinaus und betreffen das System als solches und vermögen es, dieses insgesamt in Frage zu stellen. Somit ist der Begriff der Legitimität im Rahmen der Kritik an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit verknüpft mit fundamentalen Kritikpunkten. Eine Verbindung von grundlegenden Kritikpunkten mit dem Begriff der Legitimität überrascht kaum, denn im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet Legitimität ein Maß an Anerkennungswürdigkeit. So weist Legitimität regelmäßig auf die Rechtfertigung und Anerkennung von Autorität hin.109 Insofern wird mit der Einbeziehung des Legitimitätsbegriffs in die Diskussion um die Verbesserung der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit der Blick über den jeweils maßgeblichen Kritikpunkt hinaus auf die Anerkennungswürdigkeit des Investitionsrechtssystems als Ganzes gerichtet. UNCTAD fasst diese wesentlichen und nach obiger Differenzierung mithin fundamentalen Kritikpunkte an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit wie folgt zusammen110: – eine überbordende Nutzung der Investitionsschutzabkommen, die über ihre ursprüngliche Intention weit hinaus reicht, – widersprüchliche Interpretationen wesentlicher Vorschriften in Investi­ tionsschutzabkommen durch die ad hoc konstituierten Schiedsgerichte, die zu einer Unsicherheit bezüglich des Gehalts der Vorschriften führe, – Unzulänglichkeit der rechtlichen Überprüfungsmöglichkeiten der Entscheidungen der Tribunale hinsichtlich eines möglichen Fehlverständnisses über den Gehalt der materiellen Normen, – Entstehen eines geschlossenen Kreises von Individuen, die mehrfach sowohl als Parteivertreter als auch als Schiedsrichter in Verfahren auftreten, was zu Interessenkonflikten führen könne sowie deren Nominierungspraxis ausgerichtet an ihren inhaltlichen Positionen, – Vertraulichkeit vieler Verfahren, 109  Bodansky, 110  UNCTAD,

The Concept of Legitimacy, S. 310; näheres hierzu sogleich unter C. World Investment Report 2012, S. 88.



III. Kritik am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit41

– hohe Kosten und lange Verfahrensdauer, – übergreifende Grundfragen bezüglich der Legitimität und Fairness des Systems.111 Für jeden dieser Kritikpunkte gibt es in der Literatur verschiedene Lösungsvorschläge. Dennoch bietet keine der angebotenen Lösungen ein umfassendes und grundlegendes Konzept zur Behebung der innewohnenden Widersprüche und Kritikpunkte. Vielmehr wirken die Vorschläge meist eklektisch und selektiv. Möglicherweise können sich aber gerade aus einem Legitimitätskonzept langfristig individuelle Lösungen und letztlich eine Konsolidierung des Systems ergeben. Dieses muss dann jedenfalls in der Lage dazu sein, Antworten auf die grundlegenden, beziehungsweise fundamentalen Kritikpunkte zu liefern.112 Das internationale Investitionsschutzrecht ist ein recht junges Rechtsgebiet und hat daher noch immer eine gewisse Berechtigung für noch bestehende Unzulänglichkeiten in einer quasi-experimentellen Phase.113 Aber gerade um langfristigen Bestand haben zu können, ist ein ausrichtendes und übergreifendes Konzept, das von den Schiedsgerichten gut umgesetzt werden kann, hilfreich, wenn nicht gar erforderlich. Es ist mithin sinnvoll zu prüfen, ob sich aus Legitimität, die so oft als Argument in der Debatte um die internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit angeführt wird, ein konsistentes Konzept oder gar Rechtsprinzip ableiten lässt, das geeignet ist, in stringenter und nachvollziehbarer Form den Kritikpunkten an diesem Streitbeilegungssystem zu begegnen und damit langfristig Lösungen bereit zu stellen, die über die bloße Korrektur einzelner Punkte hinausgehen. Eine nachhaltige und systeminterne Konzeptionalisierung kann auch dazu beitragen, dass das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nicht als Ganzes abgelehnt und mittelfristig gänzlich aufgegeben wird. Eine solche Veränderung von innen heraus erscheint aber auch möglich,114 wie im Folgenden vor dem Hintergrund eines speziellen Legitimitätskonzepts gezeigt werden wird.

111  Es wird hier deutlich, dass auch UNCTAD den Begriff der Legitimität aufgreift ohne ihn näher zu konkretisieren. Er wird jedoch entsprechend der hier dargelegten Ausführungen im Gesamtzusammenhang von UNCTAD mit „übergreifenden Grundfragen“ des Systems genutzt und assoziiert. 112  So kann ein Regime auch langfristig aufrecht erhalten werden. Zur „regime maintainance“ Shany, No longer, S. 81 f. 113  Vgl. Griebel, Internationales Investitionsrecht, S. 58. 114  Vgl. Schill, Enhancing, S. 70.

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

IV. Machtausübung jenseits des Staates Die Anerkennungswürdigkeit einer Herrschaft ist der Fluchtpunkt jeglicher legitimitätstheoretischer Betrachtung.115 Wesentlich für die diesbezügliche Untersuchung des Investitionsschutzrechts muss daher zunächst die Erkenntnis sein, dass durch die internationalen Investitionsschiedsgerichte eine Form von Macht oder Herrschaft ausgeübt wird, die sich auf einer überstaatlichen Ebene entfaltet. Macht oder Herrschaft im rechtlichen Sinne ist als Fähigkeit zu verstehen, über andere zu bestimmen und ihre Freiheit beeinflussen zu können, indem ihre rechtliche oder faktische Situation festgelegt wird.116 Nicht wenige internationale Spruchkörper haben sich zu Institutionen entwickelt, die eine solche Art der Herrschaftsausübung wahrnehmen,117 wobei diese weitgehend unabhängig von einem sie determinierenden politischen System im Sinne eines demokratischen Rechtsstaats agieren.118 Die Investitionsschiedsgerichte stellen insofern besonders eigentümliche Einrichtungen dar, üben sie doch eine nahezu unmittelbare Gewalt in den beklagten Staaten aus. So sind nach Art. 54 der ICSID-Konvention Schiedssprüche von ICSID-Tribunalen von den Vertragsstaaten so zu behandeln und zu vollstrecken, als handele es sich um rechtskräftige inländische Urteile. Auch Entscheidungen anderer Schiedsinstanzen wie derer, die auf Grundlage der Schiedsregeln der UNCITRAL oder der ICC in Paris Recht sprechen, sind über die New York Konvention von 1958, auf welche die meisten Investitionsschutzabkommen zur Durchsetzung der Schiedssprüche verweisen, leicht innerstaatlich anzuerkennen und vollstreckbar. Bereits durch die so intendierte bindende und durchaus einfach zu vollstreckende Rechtsprechung im Einzelfall wird also von den Schiedsgerichten eine Form von Gewalt ausgeübt, die einen Legitimationsbedarf nach sich zieht. Investitionsschiedsgerichte üben mit ihrer Entscheidungstätigkeit demnach eine Autorität aus, die der von Staaten beziehungsweise staatlichen Gerichten ähnelt. Die Verlagerung bindender rechtsprechender Gewalt von 115  Dies gilt auch vice versa: „Any significant exercise of power in the public sphere raises demands that the exercise of that power be legitimate.“, Schill, International Arbitrators as System-Builders, S. 296. 116  So von Bogdandy/Dann/Goldmann, Developing the Publicness, S. 1381  f.; Bogdandy/Venzke, In wessen Namen?, S. 151; von Bogdandy/Dann/Goldmann, Völkerrecht als öffentliches Recht, S. 30 f. 117  Treves, Judicial Lawmaking, S. 587 ff.; Zangl, Entstehen, S. 123 ff. 118  „Not embedded in a responsive political system“, von Bogdandy/Venzke, In Whose Name?, S. 19.



IV. Machtausübung jenseits des Staates43

Staaten auf solche internationale Instanzen bedeutet einen nicht unerheb­ lichen Schritt zur Loslösung vom staatlichen Gewaltmonopol hin zu einem Element der Entstaatlichung im internationalen Wirtschaftsrecht. Die meisten Investitionsschutzabkommen geben auch vor dem Hintergrund der mannigfaltigen Kritik an der Praxis der Investitionsschiedsgerichte keine konkreten Anweisungen, wie mit umweltrechtlichen, arbeitsrechtlichen, menschenrechtlichen Standards oder auch sozialen Fragestellungen umgegangen werden soll, wenn sie mit Interessen von ausländischen Investoren in konkreten Fällen kollidieren.119 Umso größer sind die Freiheit und die daraus resultierende Herrschaftsmacht der Tribunale selbst. Ein spannender Aspekt bei der Rolle internationaler Spruchkörper ist zudem, dass sie nicht nur das Recht anwenden, das ihnen vorgegeben wird, sondern dass sie auch aktiv Einfluss nehmen auf die Schaffung neuen Rechts.120 Insofern gehen sie wesentlich über nationale Gerichtsinstanzen hinaus, die weit mehr eingebunden sind in das sie umgebende, oftmals im demokratischen Prozess über Parlamente entstandene Recht.121 So wird das Rechtsregime des internationalen Investitionsschutzes enorm von (schieds-)gerichtlichen Entscheidungen beeinflusst, und zwar anders als durch gesetzte Normen. Denn Urteile wirken auch als Argumente im rechtswissenschaftlichen Diskurs. Auf diese Weise wird ebenfalls rechtfertigungsbedürftige Gewalt ausgeübt.122 Neben der Entfaltung einer rechtserzeugenden Wirkung für die Gestaltung des Rechtsverhältnisses in einem individuellen Einzelfall zwischen zwei Streitparteien wirken gerichtliche Entscheidungen demnach als wesentliches normatives Element in darauf folgenden Rechtsdiskursen.123 Selbst wenn Normen wie Art. 53 ICSID, der die Bindung des Schiedsspruchs für die jeweiligen Streitparteien bestimmt, die Geltungswirkung einzelner Entscheidungen zu beschränken suchen, spricht allein die Praxis der Investitionsschiedsgerichte, die sich erkennbar häufig auf Vorentscheidungen in vergleichbaren Fällen berufen, dafür, dass vorhergehende Schiedsgerichtsentscheidungen eine nicht unerhebliche Bindungswirkung entfalten, die sich zumindest in einer faktischen Pflicht zur argumentativen Berück119  Mann,

Howard, International Investment Agreements, S. 7 ff. The Role of International Courts, S. 115 ff.; Schill, System-Building; von Bogdandy/Venzke, Beyond Dispute, S. 995 m. w. N. 121  Della Cananea, Themis and Dike, S. 2069. 122  Hierzu ausführlich von Bogdandy/Venzke, Zur Herrschaft internationaler Gerichte, S. 18 ff.; eingehend zum Phänomen der Global Governance als Ausübung öffentlicher Herrschaft: von Bogdandy/Wolfrum/Bernstorff/Dann/Goldmann (Hg.), The Exercise of Public Authority by International Institutions: Advancing Interna­ tional Institutional Law, Heidelberg 2010. 123  von Bogdandy/Venzke, In wessen Namen?, S. 143 m. w. N. 120  Venzke,

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B. Proliferation und Kritik am Investitionsschutzsystem

sichtigung äußert.124 Durch die für folgende Tribunale quasi bindende oder zumindest faktisch zu berücksichtigende Auslegung von weiten Klauseln der Investitionsschutzabkommen erfüllen Investitionstribunale eine signifikante Rechtsfindungs- oder -schaffungsfunktion, indem sie diesen Klauseln erst „Leben verleihen“ und damit zu deren Wirksamkeit beitragen.125 Indem einerseits die Entscheidungen der Schiedsgerichte über Art. 54 ICSID entweder direkt oder über die die New York Konvention oder andere Mechanismen erleichtert durchgesetzt werden können, und sie andererseits durch ihre Entscheidungen und deren Begründungen den juristischen Diskurs beeinflussen und nachfolgende Schiedsgerichte zur Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen zumindest faktisch zwingen, beschränken sie sowohl die Freiheit der Staaten als auch die späterer Schiedsgerichte. So lässt sich feststellen, dass internationale Investitionsschiedsgerichte eine öffentliche Gewalt ausüben. Gewaltausübung aber ist zu rechtfertigen, soll sie nicht auf bloßer Willkür oder der Macht des Stärkeren fußen. Dieser Willkür stellt sich jegliche Rechtskonzeption entgegen. Machtsausübung orientiert sich aber nicht immer an Legalität, an gesetztem Recht. Carl Schmitt hat schon in den 1920er Jahren auf eine Diskrepanz zwischen den Ansprüchen des Rechts und den faktischen Gegebenheiten der Macht im internationalen System aufmerksam gemacht.126 Daher muss besonders der Bereich der Machtausübung nicht zuletzt auch mit überlegalen Maßstäben fassbar gemacht werden. Dafür eignet sich die Legitimität in distinkter Weise. Ein ausgearbeitetes Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu erstellen, ist entsprechend kein Selbstzweck, sondern vermag es nicht nur, einen konturengebenden Rahmen für ein Rechtsgebiet zu stiften, sondern auch, Antworten auf Fragen der Ausübung hoheitlicher Gewalt außerhalb des Nationalstaates zu geben. Beim Legitimitätsbegriff, der sich regelmäßig mit der Rechtfertigung von Gewaltausübung auseinandersetzt, ist das Heraustreten aus einem staatszentrierten Umfeld hin zum überstaatlichen Bereich erforderlich, welches aber dessen staatsphilosophische Herkunft nicht vernachlässigen darf. Ausübung von Gewalt durch Gerichte unterliegt gerade im Völkerrecht eigenständigen Anforderungen an Legitimation oder Legitimierung, die sich auch Commission, Precedent, S. 148. wird besonders bei der FET-Klausel deutlich, siehe unten S. 194 ff. Zudem entwickeln Investitionsschiedsgerichte ein nicht zu unterschätzendes System von Präzedenzfällen mit einer entsprechend wirksamen Bindung, siehe Gabrielle Kaufmann-Kohler, Arbitral Precedent, S. 357 ff. 126  Schmitt, Die Kernfrage des Völkerbundes, S. 124 f. 124  Siehe 125  Dies



IV. Machtausübung jenseits des Staates45

unterscheiden von denen des innerstaatlichen Rechts, insbesondere durch eine fehlende zwingende Anbindung an Demokratie, verstanden als die Rückführbarkeit auf den Wahlakt mündiger Bürger im Rahmen einer ununterbrochenen Legitimationskette. Dies folgt daraus, dass im internationalen Recht eine besondere Abkopplung der Gerichte von nationalen politischen Einrichtungen besteht. Eine einmal gegebene Zustimmung zu einem völkerrechtlichen Vertrag, der die Einrichtung von Spruchkörpern vorsieht, entzieht deren Tätigkeit weitgehend der Einflussnahme späterer Mehrheiten. Für die Ausübung von Herrschaft durch internationale Spruchkörper müssen daher eigenständige Legitmationsbegründungen geliefert und gegebenenfalls erst entwickelt werden. Legitimität bezeichnet einen Begriff, der eng mit dem der Herrschaft, insbesondere der Herrschaft innerhalb eines Gemeinwesens, typischerweise eines Staates, korrespondiert, wobei sie diese Herrschaft hinterfragt.127 Da solch eine Herrschaft in einem weiteren Sinne nicht nur von Regierungen, sondern auch von anderen Rechtssubjekten und nicht zuletzt von Gerichten wahrgenommen werden kann, erscheint es bereits unter diesem Gesichtspunkt naheliegend, auch judikative Herrschaftsausübung an Legitimitätsmaßstäben zu messen. Gerade Investitionsschiedsgerichte können als wirtschaftsrechtliche Tribunale durch die Anwendung von allgemeinen Prinzipien dazu beitragen, im Bereich des fragmentierten internationalen Wirtschaftsrechts Konflikte aufgrund der Kollision verschiedener Normen oder Normregime zu vermeiden.128 Um langfristig eine Autorität innezuhaben, welche die argumentative Kraft liefert, solche Anforderungen zu erfüllen, aber auch um die eigene Machtausübung dauerhaft rechtfertigen zu können, ist eine Tätigkeit der Tribunale innerhalb eines abgesteckten Legitimitätsrahmens erforderlich. Legitimität muss dafür aber eingehend für das Investitionsschutzrecht konkretisiert und auch konzeptionell neu entworfen werden. Hierzu sind zunächst eine Klärung der Herkunft des Begriffs und eine Darstellung seiner Nutzung im Laufe der Geschichte und der völkerrechtlichen Debatte um ihn erforderlich, welche als breite Basis den Ausgangspunkt für weiterführende Gedanken vor dem Hintergrund einer prinzipiengestützten Konzipierung des Rechtsgebiets bilden sollen. Erst eine umfassende Beleuchtung der Herkunft des Begriffs kann es ermöglichen, die wirklich verbindenden Aspekte im Legitimitätsbegriff zu finden, um aus ihnen und ihrer Weiterentwicklung einen neuen Begriff zu formen. 127  „Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hat dem Regime Baschar al Assads in Syrien am Freitag seine Legitimität abgesprochen.“, FAZ online vom 07.08.2011, abrufbar unter: http://m.faz.net/aktuell/politik/arabische-welt/syriens-prae sident-baschar-al-assad-vom-hoffnungstraeger-zur-hassfigur-11113086.html. 128  Vgl. Petersmann, International Rule of Law, S. 522 f.

C. Ein Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit I. Einführung – Ein Legitimitätskonzept als Rechtsprinzip Legitimität spielt im internationalen Recht und bei Betrachtungen neuerer Entwicklungen im Völkerrecht eine zunehmend wichtige Rolle.1 Daher verwundert es, dass es kaum präzise Analysen zu diesem grundlegenden Begriff gibt und sich beiläufige Verweise auf Legitimität weit häufiger finden als systematische Annäherungen. So führen nicht wenige wissenschaftliche Bearbeitungen mehr zu Konfusion denn zur Klärung.2 Auch Diskussionen um die Legitimität des Systems der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit erschöpfen sich leider vielfach in ungenauen oder unspezifizierten Aussagen. Selten werden hingegen Definitionen für Legitimation oder Legitimität geliefert, auf deren Grundlage eine Argumentation aufbauen kann. Gerade der Begriff der Legitimität wird in der Debatte um die Schiedsgerichtsbarkeit aber so oft und von so vielen Seiten ins Spiel gebracht, dass es scheint, als gäbe es einen übergeordneten Kernbereich, an den anzuknüpfen gesucht wird. Nur dann wird nachvollziehbar, dass sich so viele Autoren auf den Begriff der Legitimität im Zusammenhang mit Systemkritik berufen. Dieser Kern muss aber umrissen und akzentuiert werden, um daraus konkrete Aussagen ableiten zu können. Es bedarf also der Überprüfung, was Legitimation und Legitimität im Recht bedeuten und inwieweit diese Begriffe auf das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit anwendbar sind. Während die Legitimation oder Legitimität von einigen internationalen Institutionen sowie von nationalen Gerichten und insbesondere vom US1  Steffek, Why IR Needs Legitimacy, S. 485: „Currently there is hardly an essay on international or global governance that does not at least mention the issue of legitimacy.“. Gerade im internationalen Recht wird von unterschiedlichen Autoren vielfach die Abhängigkeit rechtlicher Regime und Institutionen von Legitimität beschrieben. Siehe nur Caron, The Legitimacy of the Collective Authority of the Security Council, S. 554, 566 f.; Charney, Third Party Dispute Settlement, S. 66, 84; T. Franck, Fairness in the International Legal and Institutional System, S. 26, 41; T. Franck, Legitimacy in the International System, S. 705 f.; vgl. auch Okafor, The Global Process, S. 127; Alan Hyde, The Concept of Legitimation, S. 401. 2  Bernstein, Legitimacy, S. 140.



I. Einführung – Ein Legitimitätskonzept als Rechtsprinzip47

amerikanischen Supreme Court bereits vielfältig von wissenschaftlicher Seite beleuchtet wurden,3 fehlt eine solche Darstellung hinsichtlich internationaler Spruchkörper noch immer weitgehend.4 So ermangelt es für die Tätigkeit internationaler Gerichte und Tribunale bisher an einem legitimitätstheoretischen Fundament.5 Das gesamte Feld steckt im Grunde noch in seinen Kinderschuhen.6 Eine erste vorsichtige Annäherung könnte über den allgemeinen Sprachgebrauch erfolgen. Dabei wird deutlich, dass Individuen eher geneigt scheinen, Entscheidungen von Instanzen bei der Ausübung von Autorität zu folgen, wenn diese von ihnen als legitim wahrgenommen werden.7 So kennzeichnet die Legitimität einer Institution zumindest auch eine diffuse und abstrakte Unterstützung für die Institution – ein Gewilltsein, die fortgesetzte Funktion derselben auch dann zu unterstützen, wenn mit deren Entscheidungen nicht in jedem Fall übereingestimmt wird.8 Das Innehaben von Legitimität kann eine Institution somit stärken und nicht nur vor Abschaffung, sondern auch vor grundlegenden Änderungen ihrer Funktion und Tätigkeit schützen. Die Akteure des internationalen Systems – Staaten, Individuen und NGOs – könnten so den Fortbestand einer bestimmten Institution befördern, wenn sie von den materiellen Normen oder dem Rechtsregime, welche diese Institution determinieren, überzeugt sind. Die Anerkennung und Bejahung einer Institution oder eines Rechtsregimes ist jedoch nur eine, nämlich die empirisch-soziologische Komponente von Legitimität, die oftmals am Ende einer Kette anderer Faktoren steht. Für eine solche rechtstatsächliche Anerkennung des Investitionsschutzregimes spricht sicher die bereits dargestellte vermehrte Übertragung internationaler Streitbeilegung auf die entsprechenden Spruchkörper und die zunehmende „Judizialisierung“ des internationalen Systems, welche eine Prä3  Vgl. Richard H. Fallon, Jr., Legitimacy and the Constitution, S. 1790, der beschreibt, dass selbst im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Debatte „[t]hose who appeal to legitimacy frequently fail to explain what they mean or the criteria that they employ“; Gibson, Understandings of Justice, S. 470. 4  Dies verwundert nicht zuletzt, weil Annahmen von Legitimität vielfach als Grundlage für das längerfristige Überleben eines (Rechts-)Regimes oder einer Institution angesehen werden: „Such widespread perceptions of illegitimacy pose a serious threat to the long-term survival of NAFTA’s investment chapter and its suitability as a model for other multilateral investment treaties.“, C. H. Brower II, Structure, S. 93. 5  Caron, Towards a Political Theory, S. 401. 6  Martinez, Towards an International judicial System, S. 432. 7  Tyler, et al., Legitimacy and Criminal justice, S. 10. 8  Gibson/Caldeira, The Legitimacy of Transnational Legal Institutions, S. 460, 471.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

ferenz dafür reflektieren, Konflikte eher im Gerichtssaal zu lösen, als sie auf dem Schlachtfeld oder am Verhandlungstisch zu entscheiden.9 Die Kernaufgabe internationaler Spruchkörper ist die Streitbeilegung im Einzelfall, über die sie aber regelmäßig hinaustreten.10 So können sie durch ihre Rechtsprechungstätigkeit dazu beitragen, dass Beteiligte ihre Erwartungen an ein bestehendes Rechtsregime oder ihre Anforderungen daran bestätigt sehen und können so dessen Auseinanderbrechen vermeiden. Damit begründen oder bestärken sie normative Erwartungen.11 Die Suche nach Legitimität ist bereits aus diesem Grund nicht abstrakt, sondern kann in einem Rechtsregime wie dem der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit dazu beisteuern oder gar die Grundlage dafür bilden, dass bei ihrem Vorliegen eine Steigerung des Vertrauens der Betroffenen – sowohl der Staaten als auch der Investoren, ebenso wie bestimmter NGOs – im Sinne eines „System-Vertrauens“12 erzeugt wird.13 Insofern trägt Legitimität zur Verfestigung und Konstanz sowie dauerhafter Anerkennung des Systems bei und betrifft nicht nur eine rechtsphilosophische, sondern eine auch politische und ganz praktische Fragestellung. Ein wohl konturiertes Legitimitätskonzept als übergeordneter Ordnungsrahmen für ein transnationales Jurisdiktionssystem kann dabei sowohl Konsistenz der Entscheidungen als auch anhaltende Akzeptanz des Systems fördern.14 Den Entwurf eines neuen Legitimitätskonzepts als Rechtsprinzip im internationalen Investitionsschutzrecht anzufertigen, stellt dabei eine besondere Aufgabe dar, die aber bereits deswegen unternommen werden sollte, weil Prinzipien regelmäßig gerade bei sehr ausdifferenzierten oder fragmentierten Rechtsgebieten eine strukturelle und übersichtliche Betrachtung ermöglichen können.15 Diese systematische Herangehensweise muss auch teleolo9  Romano, The Shift, S. 797  f.; vgl. allgemein Schneider, Not Quite a World, S. 119. 10  Zur Multifunktionalität internationaler Gerichte: von Bogdandy/Venzke, In wessen Namen?, S 16 ff. 11  von Bogdandy/Ventzke, In wessen Namen?, S. 11 f. 12  Luhmann, Vertrauen, S. 57 ff.; vgl. auch Kaufmann, Sicherheit als soziologisches und sozialpolitisches Problem, 2. Aufl. Stuttgart 1973. 13  Zu übergreifenden Ansätzen der Strukturgebung im Völkerrecht einführend Johns, International Legal Theory, S. 5 f. 14  C. N. Brower, Keynote Address, S. 1: „Though arbitral tribunals almost are universally ad hoc adjudicating mechanisms, arbitrators and arbitral institutions also have an interest in maintaining legitimacy, both for the mutual acceptance of their awards by the parties before them and for broad public acceptance of the entire law-based system of which they are a part.“. 15  von Bogdandy, General Principles, S. 1911.



I. Einführung – Ein Legitimitätskonzept als Rechtsprinzip49

gische Gesichtspunkte berücksichtigen, die für das Investitionsschutzrecht tragend sind, wobei aus einer solchen Systematik letztlich die inneren Zusammenhänge der gesamten Rechtsordnung deutlich werden können.16 Aber es soll zudem möglich sein, Legitimität als solch ein Rechtsprinzip zu ermitteln, aus dem sich individuelle Handlungsanweisungen ergeben können. Durch Erkenntnis der Grundstruktur und des Telos des Investitionsschutzrechts sollen sich Maßgaben für eine fallbezogene Subsumtion ableiten lassen. Gerade in diesem Rechtsgebiet, in dem bisweilen verschiedene Schiedsgerichte ad hoc zu analogen oder zumindest sehr ähnlichen Fragen Stellung nehmen müssen, ohne jedoch auf eine kodifizierte Präzedenzstruktur oder eine übergeordnete Berufungsinstanz zurückgreifen zu können, kann eine rechtstheoretische Systematisierung wichtige Beiträge leisten. Zudem wird durch sie eine Betrachtung des Themas als Ganzes sowie eine Gestaltung desselben ermöglicht, was Grundlage für dogmatische Konsistenz ist.17 So wird sowohl für die Tribunale als Rechtsanwender als auch für Investoren und Staaten das Rechtsgebiet fassbarer. Weiterhin können mögliche Widersprüche in Wertungen und Gewichtungen verhindert und Erkenntnisse hinsichtlich einer übergreifenden teleologischen Interpretation gewonnen und wiederum für den Einzelfall abgeleitet werden.18 Eine dadurch erlangte Kohärenz in den Entscheidungen der Tribunale kann auf längere Sicht zum Fortbestand und auch zu andauernder Verlässlichkeit des Systems und letztlich zu Anerkennung durch die Betroffenen führen.19 Der Vorteil von Legitimitätswahrnehmungen ganz unabhängig von ihrer Qualität als Rechtsprinzip, besteht auch darin, dass sie nützlich sind, um die Fehlerstellen an einem System aufzudecken und zu korrigieren und sie vermögen es, das Verständnis für die Funktionalität von Institutionen zu vertiefen. Mithin kann die Wahrnehmung von Legitimität dazu beitragen, dass eine Institution nicht aufgelöst oder grundlegende Änderungen an ihrer Rolle vorgenommen werden.20 16  Engisch, Sinn und Tragweite, S. 188; ausführlich dazu Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, passim; Dias, Rechtspositivismus und Rechtstheorie, S.  63 ff. 17  Larenz, Methodenlehre in der Rechtswissenschaft, S. 166 ff.; Tietje, Normative Grundstrukturen, S.  26 f. m. w. N. 18  Vgl. Tietje, Normative Grundstrukturen, S. 27. 19  Wells/Ahmed, Making Foreign Investment Safe, S. 288 f., die davon ausgehen, dass „[i]nconsistent standards and poorly applied methodologies undermine the credibility of dispute settlement“ und damit führten sie auch zu mehr Verfahren, die die Entscheidungen angreifen. 20  Hierzu Gibson/Caldeira, The Legitimacy of Transnational Legal Institutions, S. 460, 471.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Tragende Prinzipien stehen hinter jeder Rechtsordnung21 und Rechtsprinzipien können besonders dann zu Kohärenz beitragen, wenn sie angemessen konkretisiert werden können. Wenn Legitimität als Rechtsprinzip verstanden werden und zu einer schlüssigen Dogmatik führen soll, muss sie also inhaltlich determiniert werden. Hinsichtlich einer solchen Annäherung an ein Ideal scheint der Begriff der Legitimität durchaus geeignet. Voraussetzung muss dann aber sein, ihn als objektiven Bewertungsmaßstab hinreichend zu konturieren. Erst dann wird sich entscheiden lassen können, ob ein Rechtsprinzip der Legitimität auch für das Investitionsschutzrecht als völkerrechtliches Subregime nutzbar ist. Wenn dem so ist, was zu prüfen sein wird, kann Legitimität als Rechtsprinzip zur Konkretisierung von Normen und zur Lösung von Fragen in vielen Einzelfällen beitragen. Entgegen der Lehre von Herbert. L. A. Hart (1907– 1992), nach der bei der Auslegung von offenen Normen der Richter frei sei, im eigenen Ermessen und nach eigenen Moralvorstellungen zu entscheiden,22 ging Ronald Dworkin (1931–2013) zu Recht davon aus, dass der Richter auch bei Situationen rechtlich gebunden ist, in denen sich aus einer Rechtsnorm (Regel) keine eindeutige Entscheidung ableiten lässt.23 Denn auch Rechtsprinzipien entfalten nach Dworkins Ansicht bindende Wirkungen und Rechtspflichten für den Rechtsanwender und vermögen es, die Rechtsunsicherheit zu beseitigen.24 Sie funktionieren nicht wie Rechtsregeln nach einer Tatbestand-Rechtsfolge-Struktur, sondern können, wie darzustellen sein wird, im Einzelfall mit abwechselnder Intensität in die Entscheidung einfließen.25 Somit gehen Rechtsprinzipien über ein rein positivistisches Verständnis hinaus und erheben ihre approximative Realisierung zur Rechtspflicht.26 Besondere Umstände bei dieser Betrachtung eines Rechtsprinzips der Legitimität ergeben sich zudem daraus, dass es für ein Subsystem des internationalen Rechts nachgewiesen werden soll. Im Völkerrecht treffen aber mehrere Entwicklungen aufeinander und bilden ein immer komplexer werdendes Geflecht: Globalisierung, Global Governance, Expansion, Ausdifferenzierung und Fragmentierung des Völkerrechts sind Schlagworte, die Bezug nehmen auf grundlegende Umwälzungen der letzten Dekaden. Dies 21  Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251; Koch, Das Kooperationsprinzip, S. 548; Penski, Rechtsgrundsätze und Rechtsregeln, S. 105 ff.; Tietje, Normative Grundstrukturen, S. 175; Göttsche, Anwendung von Rechtsprinzipien, S. 103 m. w. N. 22  Hart, The Concept of Law, S. 79 ff. 23  Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 17. 24  Ebd., S.  30 ff. 25  Ebd., S.  22 ff. 26  Zoellner, Transparenzprinzip, S. 87 mit Verweis auf Dreier, Der Begriff des Rechts, in: NJW 1986, 890 (892).



I. Einführung – Ein Legitimitätskonzept als Rechtsprinzip51

macht es zunehmend schwieriger, die systemische Einheit des Gesamtsystems zu bewahren und Ableitungen für Subsysteme wie beispielsweise dasjenige des Investitionsschutzrechts ziehen zu können.27 Genau dazu können konkretisierbare Prinzipien jedoch hilfreich sein. Es soll daher im Folgenden untersucht werden, ob sich Legitimität als Rechtsprinzip zur Beschreibung und dogmatischen Grundordnung des modernen Investitionsschutzrechts eignet und falls ja, welche Auswirkungen sich daraus auf konkrete inhaltliche Entscheidungen von Tribunalen beziehungsweise deren Verfahrensordnungen ergeben könnten. Eine solche umfassende Untersuchung der Nutzbarmachung des Legitimitätsbegriffs für ein transnationales judikatives System erfordert eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Legitimitätsbegriff, der sich zunächst als staatsrechtlicher Begriff entwickelte, bevor er zunehmend Eingang in die völkerrechtliche Debatte fand. Meist erfolgt in der völkerrechtlichen Debatte um Legitimität kein Bezug auf die historischen Merkmale des Begriffs, was eine Beliebigkeit seiner Auslegung befördert. Dies gilt es jedoch zu verhindern. Um ihn für das Investitionsschutzrecht konturieren zu können, müssen daher die historischen und staatsphilosophischen Grundlagen des Legitimitätsbegriffs herausgearbeitet werden, von denen ausgehend erst fundiert ein neues Konzept erstellt werden kann. Berücksichtigung müssen sodann aber auch die völkerrechtliche Diskussion um den Legitimitätsbegriff sowie der das Investitionsrecht gegenwärtig umgebende rechtliche Rahmen finden, soll doch letztlich kein staatsrecht­ liches, sondern ein für transnationale Spruchkörper anwendbares Konzept entwickelt werden. Die Auseinandersetzung mit möglichst verschiedenen in der Rechtsphilosophie angebotenen Legitimitätsaspekten vermag es erst, ein tertium comparationis zu finden, das sich nicht vorwerfen lassen kann, aus einer einseitigen Perspektive zu erwachsen. Die Kombination aus beiden Strängen – der historisch-staatsrechtlichen Konturierung und der völkerrechtlichen Diskussion um den Begriff der Legitimität – schließlich verbunden mit einer modernen Prinzipienkonstruktion kann es dann ermöglichen, ein tragfähiges Rechtsprinzip der Legitimität für internationale Investitionsschiedsgerichte zu liefern.

27  Es wird auch vertreten, dass Globalisierung letztlich das Ende des Völkerrechts bedeuten könnte, vgl. Zumbansen, Die vergangene Zukunft, 59 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs – strukturbildende Grundlagen für die Entwicklung eines neuen Legitimitätsmodells mit Fokus auf die Investitionsschiedsgerichte Der Begriff der Legitimität ist durchaus schillernd und wird oftmals in politischen oder moralischen Debatten genutzt, woraus eine Gefahr der Beliebigkeit seiner inhaltlichen Ausfüllung ebenso wie der Uferlosigkeit seiner Verwendung erwächst.28 Gerade dies muss aber verhindert werden, soll er als Rechtsprinzip fruchtbar gemacht werden. Die Betrachtung der historischen und philosophischen Entwicklung des Legitimitätsbegriffs kann es schaffen, grundlegende Konturen herauszuarbeiten und Strukturen aufzudecken, die Maßstäbe für eine inhaltliche Determinierung liefern. Eine erste Klärung ist hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Begriffen Legitimität und Legitimation vorzunehmen, welche nicht selten gleichgesetzt werden. Diese Gleichsetzung ist nicht überraschend, beschäftigen sich beide doch grundsätzlich mit einer „dialektischen Wechselbeziehung zwischen Herrschaft und Herrschaftsunterworfenen“29. Eine solche unlösliche Verbindung ist jedoch nicht unbedingt zwingend. Vielmehr sollte klar differenziert und Legitimation eher als prozeduraler Kontextbegriff zur Legitimität verstanden werden. So kann Legitimation als Prozess der Erlangung von Legitimität gelten.30 In dieser Relation sollen die Begriffe auch im Folgenden verstanden werden. Das heißt, dass Legitimität eine Eigenschaft beschreibt, Legitimation hingegen einen prozesshaften Vorgang, der Legitimität zu bewirken vermag.31 In der politischen und juristischen Diskussion wird Legitimität oftmals als übergeordneter Anknüpfungspunkt für Forderungen herangezogen, als externer Maßstab für Legalität, das positiv gesetzte Recht. Mit Hilfe von Legitimität hinterfragen einige Autoren ganze Rechtsordnungen und überprüfen diese moralisch.32 Dabei wird sie als Schlagwort dafür genutzt, Handlungen zu rechtfertigen, die vor dem geschriebenen Recht als illegal gelten würden. Während sich Legalität auf die derzeitige und absolute Geltung einer Regel bezieht und insofern einen statischen Begriff darstellt, spielen bei der 28  Greiffenhagen,

Politische Legitimität, S. 50. Legitimation staatlicher Herrschaft, S. 18. 30  Vgl. S. Kadelbach, Demokratische Legitimation, S. 154. 31  So auch Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 150 f. m. w. N. 32  Vgl. Petersen, Demokratie als teleologisches Prinzip, S. 5. 29  Menzel,



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs53

Legitimität Werturteile eine nicht unbedeutende Rolle, wodurch der Begriff bereits Dynamik erhält. Wegen der grundlegenden Differenzierung zwischen legal und illegal ist auch eine eindeutige Positionierung, ob ein Verhalten dem einen oder dem anderen zugeordnet wird, erforderlich. Bei Legitimität ist dieser Zwiespalt hingegen gerade nicht zwingend. Schon hier werden Parallelen zu der später darzustellenden Problematik der Differenzierung zwischen Regeln und Prinzipien deutlich. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird erkennbar, dass Legitimität eine Bedeutung haben muss, die über die von Legalität hinausgeht, welche von Kant als bloße Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung einer Handlung mit dem Gesetz beschrieben wurde.33 Fraglich ist daher aber, ob Legitimität mit ihrer inhaltlichen Weite überhaupt geeignet sein kann, als Rechtsprinzip zu fungieren, aus dem heraus sich Antworten für die konkrete Rechtsanwendung oder auch letztlich eine Bewertung des gesamten Investitionsschutzregimes ableiten lassen. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Problemen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit werden die angenommenen Fehler des Systems bekanntlich nicht selten unter die Begriffe Legitimität oder Legitimation subsumiert, wobei dies oftmals äußerst unreflektiert und ohne die Begriffe klar zu definieren geschieht. Dies ist kein neues Phänomen. Bereits in der Debatte um Legitimität und Legitimation im Staatsrecht wurden die Begriffe von Autoren oft unumrissen verwendet, wobei hinzukommt, dass sie Eingang in den alltäglichen Sprachgebrauch gefunden haben und dadurch eine immer weiter gehende Nutzung erfahren. Eine Konturierung des Legitimitätsbegriffs vorzunehmen, stellt keine leichte Aufgabe dar, können doch verschiedenste Aspekte mit durchaus höchst subjektiven Implikationen in ihn einfließen. Dennoch erscheint es möglich, aus einer etymologischen und staatsphilosophisch-historischen Perspektive heraus, wesentliche Entwicklungslinien der Begriffsgeschichte nachzuzeichnen, aus welchen abgeleitet werden kann, was ein Legitimitätskonzept hinsichtlich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ausmachen sollte, um dann Maßgaben für eine Prinzipientheorie der Legitimität im interna­ tionalen Investitionsschutzrecht herausarbeiten zu können. Es wird sich dabei zeigen, dass ein essentieller Bezug zum Gemeinwohl ein wesentlicher Aspekt von Legitimität ist, welcher bei einer späteren Konzeptionsbildung mit entsprechendem Gewicht zu berücksichtigen sein wird.

33  Kant, Einleitung in die Rechtslehre, S. 318; ders., Metaphysik der Sitten, S. 219.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

1. Etymologie und Entwicklungsgeschichte des Legitimitätsbegriffs in Antike und Mittelalter Einer grundsätzlich gemeinsamen Etymologie, nämlich hinsichtlich des lateinischen Wortes lex, entspringen sowohl der Begriff der Legalität als auch derjenige der Legitimität, die somit eine Übereinstimmung mit dem Gesetz vorauszusetzen suggerieren. Bereits die frühe Entwicklung des Wortes legitim deutet jedoch schon auf den Verweis auf etwas Höherrangiges hin. Wir finden den Begriff wohl erstmalig bei Sallust (86 –35 oder 34 v. Chr.), wo er in einer grundpositiven und über das geschriebene Recht hinausgehenden Bedeutung genutzt wird, wenn Sallust davon sprach, dass in der Anfangszeit Roms galt: „[Romani] imperium legitimum […] habebant.“34

Als Gegenbegriff zu einer Tyrannis oder einer sonstigen Willkürherrschaft nutzt er hier das Adjektiv legitimus, um zu verdeutlichen, dass die organisierte Herrschaft rechtmäßig war. Eine positive Konnotation von legitim findet somit bereits vor der Zeitenwende ihren Ursprung und setzt sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus bis heute fort. Auch eine Anlehnung an höheres Recht und damit ein übergeordneter Maßstab sind bereits zeitig belegbar. So verweist der Terminus in mehreren Quellen auf die altrömische Zwölftafelgesetzgebung aus den Jahren um 450 v. Chr. Wohl bei Ulpian (ca. 170–223 n. Chr.) wird ausgeführt: „Legitimi tutores sunt, qui ex lege aliqua descenderunt: per eminentiam autem legitimi dicuntur, qui ex lege duodecim tabularum introducuntur […].“35

Somit wurde bereits in römischer Zeit mit dem Verweis auf „Legitimität“ eine Kopplung mit dem quasi ersten Recht der Römer vorgenommen, was als eine Art Anbindung an eine Ur-Verfassung, an ein „Über-Recht“ angesehen werden kann. Die positive Konnotation setzte sich gleichsam in Annahmen von Tugendhaftigkeit um. So kam in der Vorstellung der Stoa dem Herrscher Legitimität in seiner Machausübung zu, weil er über einen ethischen Vorrang 34  Sallust, De coniuratione Catilinae – Kapitel VI, 6: „Sie [die Römer] hatten eine legitime Herrschaft.“, Übersetzung des Verfassers. 35  Ulpian, Liber singularis regularum, Kapitel XI, 3: „Legitime Vormünder sind solche, die sich aus irgendeinem Gesetz ableiten: besonders aber werden diejenigen legitim genannt, die durch eine Vorschrift der Zwölf Tafeln eingesetzt werden.“, Übersetzung des Verfassers. Ob dieser Text wirklich Ulpian zugeschrieben werden kann, ist in der Forschung umstritten, vgl. hierzu Avenarius, liber singularis regularum, S.  59 ff.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs55

und somit durch seine Tugenden über eine moralische Überlegenheit verfügte, welche die Grundlage seiner Herrschaft bildete.36 Durch sein Alter, auch in der Nutzung als Adjektiv der Rechtskopplung, erlangt der Begriff der Legitimität somit bereits früh eine große Kraft, auf die sich jene stützen, die ihn in ihrer Argumentation nutzen. Wichtig ist hier festzustellen, dass es in der Antike noch kein Substantiv wie zum Beispiel „legitimitas“ oder ähnliches gab, sondern der Begriff sich lediglich als Adjektiv, sozusagen als Präzisierungsvehikel findet. Doch ist auch zu erkennen, dass in römischer Zeit Legitimität noch mit dem später auftauchenden Begriff der Legalität inhaltlich weitgehend zusammen zu fallen scheint, da „legitim“ bei Ulpian bedeutet, dass eine Anbindung an das Gesetz vorliegt und lediglich „besonders legitim“ dasjenige sei, welches sich auf die Zwölf Tafeln stützen kann. Auch im Mittelalter ist zunächst keine inhaltliche Trennung zwischen Legitimität und Legalität zu erkennen, das als eigenständiges Wort („legalitas“) in jener Zeit erstmals Verwendung fand. Niedergelegtes Recht war im Wesentlichen die Widerspiegelung gelebter und als richtig („Recht“) empfundener Sitte. Wenn sich der Mensch im Einklang mit den Gesetzen verhielt, stand er mithin im Einklang mit der Gemeinschaft. Insofern bedeutete eine Ächtung wegen Nichteinhaltung von Gesetzen gleichzeitig ein Ausscheiden aus der Gemeinschaft. Bereits bei Thomas von Aquin (ca. 1225–1274) wurde die Ausübung der weltlichen Herrschaft näher gekennzeichnet und dann als recht und gerecht angesehen, wenn sie das Gemeinwohl in der Gesellschaft anstrebe und nicht eigennützig agiere: „Si igitur liberorum multitudo a regente ad bonum commune multitudinis ordinetur, erit regimen rectum et iustum, quale convenit liberis.“37

Es kommen bereits im Mittelalter Vorstellungen einer auch so bezeichneten legitimen Ausübung der Herrschaft auf. Nach dem wichtigen Werk des Thomas „Über die Herrschaft der Fürsten“, dessen spätere Teile dem Tholomäus von Lucca (ca. 1236–1327) zugeschrieben werden, sei das „dominum legitimum“ von Vaterlandsliebe, gerechten Gesetzen und dem Bemühen um eine humanitäre Wahrnehmung der Herrschaft geprägt.38 Gerade das

36  Fenske/Mertens/Reinhard/Rosen,

Geschichte der politischen Ideen, S. 102. von Aquin, De regno ad regem Cypri, I 2: „Wenn also die Gemeinschaft der Freien vom Herrscher gemeinwohlorientiert regiert wird, so gilt diese Herrschaft als recht und gerecht, wodurch die Herrschaft den Freien nützt.“, Übersetzung des Verfassers. 38  Würtenberger, Legitimität, Legalität, S. 683 m. w. N. 37  Thomas

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

letztere, das zelus civilis benevolentiae, der Eifer nach dem Wohlwollen des Bürgers, deutet ebenfalls auf einen frühen Gemeinwohlbezug hin. Das Beiwort legitim wird aber bei Karl IV. in der von ihm erlassenen Goldenen Bulle aus dem Jahr 1356 mit einer weiteren, für die Herrschaftsausübung im Staate relevanten und durchaus prägenden Bedeutung versehen. Im Rahmen der so genannten Primogeniturerbfolge sollen demnach die Herrschaft und das Kurrecht auf den ersten legitim geborenen Sohn übergehen.39 „Legitim geboren“ bedeutet in diesem Falle ehelich geboren. Die Ehe wurde durch den Priester vor Gott geschlossen. Durch die Erzeugung von Ordnung beim Übergang von Herrschaft, die gottgewollt ist, schafft gleichsam Gott eine ruhestiftende translatio imperii. Dennoch klang bei bestimmten Autoren auch bereits ein säkularer Gedanke an. So arbeitete Ockham (1285–1347) die Anforderungen an die weltliche Herrschaft heraus, die er dem Kaiser zuerkannte, wohingegen die geistliche dem Papst zukommen sollte. Dabei anerkannte er schon früh einen „legitimierenden“ Effekt der Zustimmung oder einer Akzeptierung durch die Gewaltunterworfenen, wenn die Macht zuvor durch Usurpation oder Tyrannis und somit „legitimationswidrig“ ergriffen worden war.40 2. Das Aufkommen des Legitimitätsbegriffs als staatsrechtlicher Terminus in der frühen Neuzeit Bei vielen Theoretikern der frühen Neuzeit wurde die Wahrung von Ordnung und Frieden zunächst zum zentralen Anknüpfungspunkt für Legitimität. Der gelegentlich noch zu den Monarchomachen gezählte Althusius (um 1563–1638)41 bezeichnete dann aber als „legitime Verwaltung“ (legitima […] administratio) ganz konkret eine solche, die sich um das Wohl und das Vorteilhafte bemüht.42 Hier wurde also erstmals auch das gemeine Wohl unmittelbar und explizit mit der wörtlich „legitimen“ Ausübung der Macht verbunden. 39  Goldene Bulle, Cap. VII. De successione principum: „Vox et potestas electionis huiusmodi ad filium primogenitum legitimum“, („Stimme und Wahlrecht auf den legitim erstgeborenen Sohn“, Übersetzung des Verfassers), siehe hierzu Altmann/ Bernheim, S. 58.  40  Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 187 m. w. N. 41  Zur Debatte um seine Einordnung siehe Wyduckel, Althusius und die Monarchomachen, S.  133 ff. 42  Althusius, Politica, Cap. XXXVIII, zum Gesellschaftsbild im Werk des Althusius Scupin, S. 641–651.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs57

Die Neustoiker verlangten dann eine auch ethische Anbindung des Fürsten an das Gemeinwohl. Diese Denkrichtung, die auf den flämischen Humanisten Justus Lipsius (1547–1616) zurückging, suchte eine synkretische Verbindung von Stoizismus und Christentum herzustellen. Ein legitimer Herrscher war nach Lipsius durch Wahl oder Erbfolge bestimmt und leistete Dienst an seinen Untertanen.43 Auch bei dem zur gleichen Zeit wirkenden Naturrechtler Samuel von Pufendorf (1632–1694) findet sich zwar zunächst der Schwerpunkt auf der ordnungstiftenden Funktion eines legitimen Herrschers beziehungsweise einer legitimen Autorität, aber dann auch wiederum auf der Verpflichtung der Staatsgewalt zur Förderung des gemeinen Nutzens. So obliege dem civis eine Gehorsamspflicht lediglich gegenüber der potestas regi legitima, die wiederum an Maximen des Naturrechts gebunden sei,44 und keine Herrschaftsgewalt, selbst die Gottes, könne nach Pufendorf nur mit Macht gerechtfertigt werden.45 3. Aufklärung und französische Denker Interessant ist zu erkennen, wie sich der Gebrauch des Wortes légitime in Frankreich entwickelte, denn in der französischen Sprache gewann der Terminus neue Wandlungen und Impulse. Nachdem sich der Lexikograph Antoine Furetière (1619–1688) von den Arbeiten der Académie française zunehmend entfernt hatte und er sogar von der Akademie ausgeschlossen wurde, erschien 1690 sein eigenes Universalwörterbuch, welches aufgrund der Wiedergabe der alltagsfranzösischen Sprache seiner Zeit einen linguistischen Schatz darstellt. Beim Eintrag Legitime (Adj.) finden sich dort folgende Angaben: „Qui est selon les loix divines & humaines. Un Prince legitime est celuy qui est venu par ellection ou succession. Une autorité legitime, celle qui est emanée de celui qui a le pouvoir de la donner. Un enfant legitime, qui est né en legitime mariage celebré selon les loix du pays. Une action legitime, qui est faite selon les loix, le droit & la raison. Un interest legitime est celuy qui est au taux du Roy. Les Medecins appellent un enfantement legitime celuy qui vient justement à son terme, & illegitime, celuy qui vient ou plustost, ou plus tard, comme celuy de 8. mois.“46

Man kann also wahrnehmen, dass das Adjektiv legitime aus dem zivilrechtlichen Bereich, der Erbfolge und dem Erbrecht und demgemäß insbe43  Würtenberger,

Die Legitimität staatlicher Herrschaft, S. 60 ff., 63 ff. Legitimität, Legalität, S. 687 m. w. N. 45  Tschentscher, Recht und Macht, S. 630 m. w. N. 46  Furetière, Dictionnaire, „Legitime adj.“. 44  Würtenberger,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

sondere mit Blick auf die Thronfolge zu entstammen scheint, jedoch bereits in jener Zeit als Beiwort zu anderen Substantiven wie Handlung (action) eine erweiterte Bedeutung fand. So sei eine Herrschaft dann legitim, wenn sie Gesetz und Recht entspricht, aber auch der Vernunft. Hier finden sich also bereits früh-aufklärerische Gedanken. Diese Analyse ist umso interessanter, als sich solch ein übergeordneter Bezug auf Vernunft bei dem Adjektiv „légal“ und dem Substantiv „Légalité“ im gleichen Wörterbuch gerade nicht findet: „Legal (Adj.): Qui vit bien & selon les loix, qui ne fait tort à personne. Ce Marchand est franc & legal, il ne trompe point, il vend de bonne marchandise, il est de bon compte. On dit au Palais, qu’il y a des peines legales qui sont les loix & imposées par les loix; d’autres arbitraires qui dependent d l’opinion des Juges. Legalité: Qualité de l’action qui est faite selon la loy. Les Suiffes sont de bonnes gens ennemis de la chicane, qui vivent entre eux avec une grande legalité & justice.“47

„Legal“ bezog sich somit auf eine Übereinstimmung mit dem positiv gesetzten Recht, während „legitim“ darüber hinaus auch noch auf weitere Aspekte verwies. Bemerkenswert ist ebenfalls zu beobachten, dass es zu jener Zeit dem Wörterbuch folgend noch immer kein Substantiv „Legitimität“ (légitimité) gab. Hingegen war bereits das Wort Legitimation nachweisbar, welches ausdrücklich einen (erbrechtlichen) Prozess beschreibt. Im Denken französischer Philosophen erlangte der Terminus légitime jedoch schon zuvor, von der Zeit des ausgehenden 16. Jahrhunderts und bis hinein ins 19. Jahrhundert, eine weitreichende Bedeutung sowie unterschiedliche Ausfüllung und entwickelte sich zunehmend auch zu einem Kampfbegriff, der in der politischen Debatte genutzt wurde. Wohl auch wegen der schwierigen Lage Frankreichs mit konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Hugenotten und Spannungen zwischen König und Papst finden wir bei Jean Bodin (1529 / 30–1596) einen nicht-religiösen und pragmatischen Ansatz. Bodin sieht die vorrangige Aufgabe des monarchischen Herrschers in der Herstellung und Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Gegenüber dieser als Monarchie ­Royale bezeichneten und dem Naturrecht, zu dem Bodin insbesondere Freiheit und Eigentum zählt, unterworfenen Macht gebühre die Gehorsamspflicht der Bürger und nur eine solche dürfe sich als legitim bezeichnen.48 47  Furetière,

Dictionnaire, „Legal, -ale, adj.“, „Legalité“. Bodin, Les six livres de la République, 2, 2, S. 273. Dieser Beschränkung der Macht des Herrschers stand dann das Fehlen eines Widerstandsrechts ge48  Vgl.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs59

Der geforderte Schutz der Freiheit und des Eigentums der Bürger bringt also bereits erste vorsichtige Ansätze von Aspekten eines Individualrechtsschutzes in den Legitimitätsbegriff ein. Eine dagegen wieder religiös gekoppelte Vorstellung von legitimer Herrschaft bringt der Kleriker und langjährige Prinzenerzieher am Hofe Ludwigs XIV. Jacques-Bénigne Bossuet (1627–1704) auf, indem er annimmt, die souveräne Herrschaft des Monarchen sei ebenso wie dieser selbst göttlichen Ursprungs. Der Souverän müsse sich bei seinem Tun auf die Bibel stützen und seine Macht zum öffentlichen Wohl einsetzen, wobei unter dieser legitimen Befehlsgewalt (commandement légitime) ein dem göttlichen Wille entsprechender Staat gebildet werden solle.49 Während bisher die tatsächliche Ausübung der Herrschaft noch religiös begründet worden war, wurde im Zuge der beginnenden Aufklärung eine religiöse Anbindung von Legitimitätsvorstellungen mehr und mehr verworfen und die Wohlfahrt eines politisch fähigen Volkes in den Mittelpunkt gerückt.50 Durch neuere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen wurden heteronome und religiös-transzendentale Legitimitätsmodelle vermehrt hinterfragt und genügten immer seltener dazu, die Autorität eines Fürsten zu rechtfertigen. Zwar blieb das Beiwort „legitim“ oftmals noch immer erhalten, um den Unterschied zwischen einem Usurpator und einem „berechtigten“ Herrscher51 zu kennzeichnen, jedoch ­kamen nun auch Überlegungen zum Ausdruck, die eine gemeinsame Verantwortung aller Bürger beinhalten, kraft ihrer Vernunft die gewünschte Erlangung des Gemeinwohls zu überwachen und auf die Verfolgung desselben hinzuarbeiten.52 Auch bei John Locke (1632–1704) begründen die Herrschaftszwecke Legitimität, wobei die Herrschaftsgewalt nicht weiter reichen dürfe, als es zur Wahrung des gemeinsamen Wohls notwendig ist.53 Sicherheit, Freiheit und Eigentum der Untertanen seien dabei entscheidend, was wiederum auch eine frühe Fokussierung auf Individuen im Rahmen des Gemeinwohls zeigt.54 gen diesen gegenüber, da das System zu einer Eintracht zwischen König und Volk (amitié mutuelle) führe, vgl. Zippelius Geschichte der Staatsideen, S. 90. 49  Bossuet, Politique, 4,3, S. 94. 50  Vgl. Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 15. 51  Regelmäßig gestützt auf Wahl oder Erbfolge. 52  Vgl. mit dem Verweis auf das damit verbundene Streben nach Glück Mauzi, L’idée du bonheur, S. 153 ff. 53  Locke, Zwei Abhandlungen, IX 131; Graf Kielmansegg, Volkssouveränität, S. 145, 148. 54  Graf Kielmansegg, Volkssouveränität, S. 143.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Im staatsphilosophischen Bereich erfolgten schließlich eine zunehmende Loslösung von der Person des Herrschers und ein postulatorischer Charakter des Attributs „legitim“ durch die Verbindung mit dem Souveränitätsbegriff. Claude Adrien Helvétius (1715–1771) beschreibt, dass die legitime Souveränität durch die freie Wahl des Volkes erreicht werden könne und dass der erste Mann im Staate, wie auch immer er genannt würde, lediglich erster Diener der Nation sei: „Un Monarque n’est jamais qu’au droit de ses ancêtres. Or, toute souveraineté légitime prend son origine dans l’élection & le choix libre du Peuple. Il est donc évident que le Magistrat suprême, quelque nom qu’on lui donne, n’est que le premier commis de sa Nation.“55

Es kamen in jener aufklärerischen Zeit auch Forderungen an die Einsetzung und Ausgestaltung staatlicher Herrschaft auf. Die traditionelle Herrschaft war nicht mehr bereits durch sich selbst legitim, vielmehr wich sie einer souveraineté légitime, in der das Gemeinwohl im Vordergrund aller Bemühungen steht. Das Gemeinwohl und eine gute Staatsführung wurden wohl nicht zuletzt deshalb als entscheidend eingestuft, weil sie eine dauerhafte Zustimmung des individuell vernunftbegabten Volkes zur Staatsgewalt beförderten. Diese Gedanken fanden, wenn man es so annehmen will, einen ersten Höhepunkt bei Jean-Jacques Rousseau (1712–1778), in dessen Hauptwerk Contrat Social die aufklärerischen Legitimitätsansichten auf volle Konfrontation mit den Legitimitätsvorstellungen des Absolutismus trafen. Nicht ungewöhnlich ist daher, dass es unmittelbar nach seinem Erscheinen in Frankreich, den Niederlanden, Genf und Bern verboten wurde. Rousseau stellte sich bereits auf der ersten Seite des Werkes die Frage, ob es legitime und sichere Regierungsprinzipien gibt (si dans l’ordre civil il peut y avoir quelque regle d’administration légitime et sûre).56 Nur die aus einem Sozialvertrag (contrat social) aller Bürger entstehende Herrschaftsordnung sei legitim, weil durch den Allgemeinwillen (volonté générale) ein Ausgleich zwischen Herrschaft und Freiheit geschaffen werde. Der Allgemeinwille werde dabei nämlich letztlich von allen einzelnen getragen und führe so zu einer legitimen Regierung (gouvernement légitime): „Il faudroit donc pour qu’un gouvernement arbitraire fût légitime, qu’à chaque génération le peuple fût le maître de l’admettre ou de le rejetter: mais alors ce gouvernement ne seroit plus arbitraire.“57 55  Helvétius,

De l’homme, S. 469. Du Contrat Social, S. 1. 57  Rousseau, Du Contrat Social, S. 17. 56  Rousseau,



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs61

Durch das Aufgehen im Sozialvertrag entstehe ein Souverän, dessen einzige Bindung der Gemeinwillen sei, wobei dabei jedoch Individualrechte nicht Berücksichtigung finden.58 Sie gehen im Gemeinwillen auf. 4. Ausfüllung des Begriffs von der Französischen Revolution bis zum Rechtspositivismus Mit der Französischen Revolution entwickelte sich denn auch der Begriff der légitimité als Substantiv und wurde zu einem politischen Kampfbegriff. Er verwies auf die Rechtmäßigkeit staatlicher Herrschaft und wurde vermehrt in Flugschriften genutzt. Auch Lafayette (1757–1834) und Maximilien de Robespierre (1758–1794) griffen ihn in seiner adjektivischen Form legitim auf, um eine Gesellschaft von Freien und Gleichen sowie die Rechtmäßigkeit der Nationalversammlung als gesetzgebende Instanz zu kennzeichnen.59 Mit freilich theologischer und erbmonarchistischer Stoßrichtung war auch Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald (1754–1840) gewillt, Legalität und Legitimität in Einklang zu bringen. Eine zentrale Stellung wurde dem Schlagwort Legitimität jedoch erst mit der Zeit der Restauration gegeben. Der Begriff wurde insbesondere von Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (1754–1838) intensiv bemüht, um eine Wiedereinsetzung der Bourbonen sowie ein solides zwischenstaatliches System in Europa zu erwirken.60 Dies begründete er mit der althergebrachten Würde des Adelsgeschlechts. Seine Legitimitätsidee wurde dabei zum Ordnungsprinzip im innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Bereich für eine ganze Epoche. Für Talleyrand war der Legitimitätsbegriff ein solcher, dessen Inhalt sich daran messen lassen muss, ob er zu Frieden und Ruhe beiträgt, insoweit also aber auch durch Realpolitik ausgefüllt werden kann. Die Ausfüllbarkeit des Begriffs zeigte sich in der gesamten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in welchem die verschiedenen Autoren, Politiker und Staatsmänner ihn mit ihren jeweiligen Vorstellungen erfüllten. Traditionalismus und reaktionäre Restaurationspolitik mit einem unerschütterlichen Glauben daran, dass Gott legitime Herrscherdynastien einsetzt, standen einem liberalen Legitimitätsverständnis gegenüber. 58  Schliesky,

Souveränität und Legitimität, S. 216. Legitimität, Legalität, S. 694 ff. m. w. N. 60  Zu Talleyrands Legitimitätsprinzip ausführlich Brockhaus, Hand-Encyklopädie, Bd. 5, S. 11 ff. 59  Würtenberger,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Im Spektrum der traditionalistischen Autoren, beziehungsweise derer, deren Gedankengang noch auf religiös-absolutistischen Vorstellungen fußte, wurden aber bereits Ansätze deutlich, die auf eine Debatte über die Legitimität von Institutionen hindeuten, welche für die vorliegende Untersuchung der Legitimität von internationalen Schiedsinstanzen Relevanz erlangt. So ging Conrad Malte-Brun (1775–1826) davon aus, dass allein die wiedereingesetzten Fürstenhäuser nicht ausreichen, sondern, dass darüber hinaus auch legitime Institutionen vorhanden sein müssten, welche die angeborenen und erworbenen Rechte der Bürger zu schützen in der Lage sind und zu denen er auch eine unabhängige Rechtsprechung zählte.61 Insbesondere ist aber bemerkenswert, dass der Begriff der Legitimität in seiner Nutzung nicht auf bestimmte politische Lager beschränkt war, sondern vielerorts genutzt und jeweils mit einem spezifischen Inhalt versehen wurde, der jedoch stets gewissen Entwicklungslinien folgte. Auch im deutschen Sprachraum entfaltete sich nach 1789 eine Debatte um Herrschaftsrechtfertigung auch vor dem Hintergrund des Legitimitätsbegriffs. Dies stellte eine Neuheit dar, denn bis dahin ist Legitimität nicht in der deutschsprachigen politisch-staatsrechtlichen Diskussion zu finden. So nutzen weder Immanuel Kant (1724–1804) noch Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) den Begriff der Legitimität in Abgrenzung zur Legalität. Bei ihnen finden wir hingegen eine Differenzierung zwischen Moralität und Legalität,62 beziehungsweise zwischen Sittlichkeit und Gesetzmäßigkeit, die Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) dann wiederum in der objektiven Sittlichkeit zu vereinigen suchte.63 Kant sah in der Legalität die bloße Übereinstimmung einer Handlung mit dem Gesetz, wobei die innere Triebfeder keine Rolle spiele.64 Wenn sich eine Handlung hingegen aus der Pflichtidee selbst ableite, dann nannte er dies Moralität, wobei sich Legalität und Moralität entsprechend nicht ausschließen müssten. Für Kant stellte die Legalität denn auch lediglich die minimale Moral des Zusammenlebens dar. Moralität gehe demnach über Legalität hinaus, jedoch sei Legalität wegen ihrer Durchsetzbarkeit eine notwendige Bedingung der individuellen Freiheit. Kant nutzte zwar nicht ausdrücklich den Begriff der Legitimität aber die hinter seinen Vorstellungen von Moralität stehenden Gesichtspunkte verliefen somit parallel zu denen der zeitgenössischen Legitimitätsdiskussion. 61  Malte-Brun, 62  Kant,

Traité de la légitimité, S. 5, 24 f. Die Metaphysik der Sitten, S. 209; Fichte, Grundlage des Naturrechts,

S. 140. 63  Hegel, Rechtsphilosophie, § 141. 64  Kant, Rechtslehre, S. 318; ders., Metaphysik der Sitten, S. 219.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs63

Es war wohl der einflussreiche Schriftsteller und Politiker Friedrich von Gentz (1764–1832), der bereits in seinem Werk „Die Moralität und Legitimität politischer Totalrevolutionen“ von 1793 den Begriff der Legitimität in die deutschsprachige politisch-staatsrechtliche Debatte einführte.65 Endgültig wurden nach den Niederlagen bei Austerlitz und Jena-Auerstedt gerade auch im Zuge der sich anschließenden Rheinbund-Zeit ab 1806 staatsrechtliche Begriffe aus dem Französischen rezipiert. Insbesondere setzen sich die deutschsprachigen Autoren der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen mit den vorangegangenen französischen Autoren und deren Debatte um die Begriffe Légitimité beziehungsweise légitime auseinander.66 Im Zuge der Aufklärung und des beginnenden Konstitutionalisierungsprozesses stellen sich auch in deutschen Gebieten die gleichen Fragen wie in Frankreich. Bei einer starken Gesetzgebungsgewalt können sich zwangsläufig Gräben zwischen der Rechtsordnung einerseits und den als sittlich oder vernünftig geltenden Werten andererseits auftun. Dadurch können Legalität, als das, welches mit dem positiven Recht übereinstimmt, und Legitimität, als das, welches als „Überrecht“ mit einem wie auch immer gefärbten Gehalt über dem gesetzten Recht steht, letztlich entsprechend verschiedene Inhalte haben. Insofern muss sich der Gesetzgeber daran messen lassen, ob das von ihm gesetzte Recht der Legitimität – mit dem jeweiligen Inhalt – entspricht oder nicht. Tut es das nicht, so muss es entsprechend angepasst werden, damit es selbst und auch der Gesetzgeber sowie mit ihm das Staats- und Rechtssystem nicht an Legitimität einbüßen. Legitimitätsvorstellungen gehen somit der Normbildung voran, insofern kann man eine gewisse Zugfunktion der Legitimität erkennen. Nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) gebühre dem Monarchen, als übergeordnete „legitimierte“ Persönlichkeit oder Institution, das Privileg, aber auch die Pflicht, über den einzelnen widerstreitenden Interessen zu stehen. Hegel unterschied von dieser Idee der Legitimität die sogenannte „gesalbte Legitimität“, die er kritisch sah und die sich auf die absolutistische Theorie stützte, dass die von Gott eingesetzten Monarchen alle Befugnisse innehätten. Vielmehr werde nach Hegel bei Monarchen: „ihr Wille […] nur für ehrwürdig gehalten, insoweit er mit Weisheit das Recht, die Gerechtigkeit und das Wohl des Ganzen will.“67

65  Gentz,

Moralität und Legitimität, S. 49. Legitimität, Legalität, S. 710. 67  Hegel, Philosophie der Geschichte, S. 533. 66  Würtenberger,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Auch wenn immer wieder von liberaler Seite Legitimität gerade wegen ihrer Vereinnahmung durch Monarchisten und Konservative als Gegenbegriff zu neueren Entwicklungen angesehen wurde,68 ist bemerkenswert, dass im Vormärz nicht nur der offensichtlich erbmonarchisch geprägte Legitimitätsbegriff der Konservativen kritisiert wurde, sondern dass auch jeweils eigenständige Legitimitätsbegriffe geprägt worden waren. Von den Liberalen wurden ein engerer und ein weiterer Legitimitätsbegriff angenommen. Der engere bezeichnete dabei den konservativen, das erbmonarchische System kennzeichnenden Begriff. Insofern wurden gerade die Verfechter der erbmonarchischen und theologisch fundierten Restaura­ tionspolitik oftmals als „Legitimisten“ bezeichnet.69 Der weitere Legitimitätsbegriff sollte hingegen „die in einem Staat überhaupt bestehende und gesetzlich bestätigte Ordnung, die durch das Gesetz, welches in der Idee nicht anderes als den allgemeinen Willen oder den Willen des Volkes ausdrückt, bestätigt ist“,70 kennzeichnen. Johann von Türckheim (1778–1847) ging sogar davon aus, dass Legitimität ein Prinzip der Stabilität sei, das jeder Institution wesenseigen, aber gleichsam flexibel wäre. So sagt er: „Das Princip der Legitimität läßt sich vor dem Richterstuhl der Vernunft nicht behaupten, wenn es das positive überlieferte Recht als eine eherne Mauer aufstellt, welche die große Mehrheit eines Volkes zum Vortheil einer Minderzahl in den obligaten Banden einmal bestehenden Institutionen gefangen halten soll, aber es stellt sich auf festen Grund, wenn es dieses positive Recht als den nothwendigen Ausgangspunkt für jede fortschreitende Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft betrachtet […].“71

Es fand also ein offener Widerstreit um den Inhalt des Legitimitätsbegriffs statt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ergaben sich mit den Rechtspositivisten um Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) neue Umbrüche. Sie betrachteten das Naturrecht als nichtig und trieben die Ablösung vom Vernunftrecht der Aufklärung voran und fungierten gleichzeitig als Vorläufer der später aufkommenden Verfahrenslegitimation. Gustav Radbruch (1878–1949) ging später davon aus, dass „vermag niemand festzustellen, was gerecht ist, so muß jemand festsetzen, was rechtens sein soll“.72 So fielen Legitimität und Legalität systemisch wieder zusammen und erste Murhard, Volkssouveränität, S.  193 ff. „Memoiren eines Legitimisten von 1770 bis 1836: nach handschriftlichen Tagebüchern, Briefen und Aufzeichnungen aus dem Nachlasse des Marquis Henri Gaston de B. …“, hrsg. v. Julius v. Wickede, Potsdam 1858. 70  Brockhaus, Conversations-Lexikon, Bd. 5, S. 597. 71  Türckheim, Betrachtungen, S. 71 f. 72  Radbruch, Grundzüge der Rechtsphilosophie, S. 162. 68  Vgl. 69  Vgl.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs65

Ansatzpunkte einer Verfahrensgerechtigkeit oder einer Legitimation durch rechtsförmige Verfahren kamen auf. Im Rechtspositivismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlor der Legitimitätsbegriff also zunehmend an Bedeutung, als Legitimität und Legalität vermehrt gleichgesetzt wurden. In der Rechtswissenschaft ersetzten Theorien über Gesetzessystematik und -analysen eine Reflexion der bestehenden und werdenden Machtverhältnisse. Dieses Feld wurde nunmehr der Philosophie und der entstehenden Soziologie überlassen. Möglicherweise auch wegen der relativen Stabilität der innereuropäischen Verhältnisse bis 1914 spielte die Frage der Legitimität der Herrschaftsausübung in den Staaten nur eine untergeordnete Rolle. Dies änderte sich erst wieder mit den großen Umwälzungen nach dem Ersten Weltkrieg. Der dann offensichtliche Wegfall der Legitimität vieler Fürstenhäuser, die sich noch auf göttlichen Ursprung stützten, erlaubte die Entstehung neuer Staatsformen. Gerade in Deutschland wurde in der Weimarer Republik eine Gleichsetzung von Legalität und Legitimität gelebt, die sich in einem ausgeprägten, aber umstrittenen und nicht gefestigten Parlamentarismus äußerte. In Carl Schmitt (1888–1985) fand sich dann bereits ein Antipode, der einen bloßen Formalismus stark kritisierte, wenn dieser Legitimität entweder gar nicht berücksichtigt oder als gleichgesetzt mit Legalität behandelt. Schmitt griff die bloße Ausrichtung an Legalität, an positiv gesetztem Recht und eine damit verbundene inhaltliche Leere als eine „wert- und qualitätsfreie, inhaltslos formalistisch-funktionalistische Legalitätsvorstellung“ an.73 Dennoch gab er keine inhaltlichen Anhaltspunkte für eine Ausfüllung eines etwaigen Legitimitätsbegriffs. Vielmehr bevorzugt er eine plebiszitär-demokratische Legitimität“74 als Basis für einen totalen Staat.75 5. Soziologisch-deskriptiver Ansatz Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Untersuchung und die Determinierung des Legitimitätsbegriffs hatte Max Weber (1864–1920) aus soziologisch-deskriptiver Perspektive ausgeübt. Dabei hat er in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ und mit dem darin entwickelten Konzept einer Sozialökonomik den Versuch einer umfassenden Gesellschaftstheorie unternommen.76 73  Schmitt,

Legalität und Legitimität, S. 10, 25. S. 85. 75  Ebd., S. 87. 76  Dazu Erlei, Neoklassik, Institutionenökonomik und Max Weber, S. 69. 74  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Auch seine Perspektive auf die Legitimität ist eine der Herrschaftsrechtfertigung. Herrschaft war für Weber ein zentraler Begriff und durchzog viele seiner grundlegenden Schriften, da er für ihn eines der entscheidenden Momente innerhalb sozialer Interaktion sei.77 Der Versuch Webers, die Herrschaftslegitimität zu ergründen, beleuchtet die Gehorsamsmotivationen derer, die der Herrschaftsgewalt unterworfen sind. Seiner Ansicht nach stelle Legitimität die Anerkennung eines Anspruchs auf Gehorsam dar.78 Es war Weber, der dem Begriff der Legitimität damit wieder neuen Inhalt verschaffte. Ohne eine erneute Debatte mit politischem Inhalt wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts anzustoßen, systematisierte Weber soziologisch-deskriptiv bestehende Legitimitätsvorstellungen. Er bewegte sich dabei durchaus gerade zwischen den Kontrahenten des Methodenstreits von 1883 und verfocht drei methodologische Konzepte: die verstehende Methode, das Konzept des Idealtypus und das Postulat der Werturteilsfreiheit. Während das Konzept des Verstehens das menschliche Handeln in den Mittelpunkt setzte und es in einen Sinnzusammenhang stellte, um es letztlich intuitiv verstehbar zu machen, sollte der Idealtypus dazu genutzt werden, um Erscheinungen auf wesentliche, präzise Eigenschaften herunter zu brechen und damit zu klaren Begriffsbildungen beizutragen. Dabei dürfe der Forscher nur solche Elemente in seiner Theorie berücksichtigen, die er unabhängig von eigenen Werturteilsvorstellungen festgestellt hat.79 Weber kategorisierte die möglichen Beweggründe, aus denen Unterwor­ fene eine Herrschaft anerkennen mögen80: 1. Legitimität kraft Glaubens an die Legalität der gesetzten Ordnung (rational – rational gesetzte Regeln), 2. Legitimität kraft Glaubens an die rechtfertigende Wirkung der Tradition (traditional – tradierte Ordnungsvorstellungen), 3. Legitimität kraft Glaubens an die Sendung des Herrschers (charismatisch – charismatische Persönlichkeit)81. Dieser neue Ansatz ermöglichte erstmals eine empirische Messbarkeit von Legitimität82 und beeinflusste seither die Staatslehre nicht unerheblich.83 77  Ausführlich zum Machtbegriff bei Weber Bayer/Mordt, Konflikt, Macht und Herrschaft, S.  94 ff. 78  Sternberger, Max Webers Lehre von der Legitimität, S. 111–126, differenziert darauf aufbauend zwischen numinoser (heiliger) und bürgerlicher Legitimation (auf Vereinbarung beruhend). 79  Erlei, Neoklassik, Institutionenökonomik und Max Weber, S. 81. 80  Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 122 ff., S. 19 ff. 81  Weber, Die drei Typen der legitimen Herrschaft, S. 151–166. 82  Vgl. Thome, Legitimitätstheorien, S. 5 ff., 54 ff.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs67

Weber ging dabei von „Motiven der Fügsamkeit“ aus, welche materiellen, zweckrationalen, affektualen oder wertrationalen Charakter haben könnten und die jeweils gekoppelt mit einem Legitimitätsglauben sein müssten.84 Es ist dabei aber zu beachten, dass die Handlungsmotivationen bei Weber analytische Ideal- und keine Realtypen sind.85 83

Gerade für das spätere Investitionsrecht durchaus wichtige Komponenten erkannte auch Weber. So setzte er nicht zuletzt im Rahmen der rationalen beziehungsweise legalen Herrschaft ein allgemein berechenbares und verlässliches Rechtssystem voraus. Dieses sollte sicherstellen, dass der einzelne einerseits Schutz vor der Willkür seiner Mitbürger, andererseits aber auch vor der der Politik, der Verwaltung und des Militärs genoss. Entscheidend dafür seien unter anderem ein kalkulierbar-verlässliches Privatrecht und ein kalkulierbar-verlässliches öffentliches Recht: „was er [der Kapitalismus] braucht, ist ein Recht, das sich ähnlich berechnen läßt wie eine Maschine“.86 Ein Unternehmer, der seine Rechte vor Zugriffen geschützt sehe, sei regelmäßig erst bereit, Investitionen in nennenswertem Umfang zu tätigen.87 Bei den Komponenten der Weberschen Legitimitätsausprägung ist ein Fehlen jeglicher normativer Orientierung erkennbar.88 Dies betrifft den rationalen, den traditionalen aber auch den charismatischen Strang seiner Typenbildung. Die Legitimitätskonzeption Webers ist dabei weniger eine solche, aus der sich anwendbare Postulate für eine Veränderung beziehungsweise Anpassung und Verbesserung von Systemen ableiten lassen, als vielmehr eine solche zur Erklärung und Messung bestehender (Herrschafts-)Verhältnisse. Der Wert des Weberschen Ansatzes liegt darin, den Blick auf eine präzise Analyse zu lenken, aus der heraus neue fundierte Konzeptionen ableitbar sind. Seine Analysen und Idealtypen ermöglichen, „aus dem realen Chaos undurchdringbarer, vielfältiger Interdependenzen eine vereinfachende Ordnung der Zusammenhänge herauszufiltern. So kann der objektiv-rationale Idealtypus menschlichen Verhaltens mit dem vorliegenden Realtypus menschlichen Verhaltens verglichen werden.“89 83  Westle,

Politische Legitimität, S. 25. Wirtschaft und Gesellschaft, S. 122; ausführlicher zum Legitimitätsglauben Heins, Strategien der Legitimation, S. 24 ff. 85  Bayer/Mordt, Konflikt, Macht und Herrschaft, S. 88. 86  Weber, Abriß, S. 293. 87  Erlei, Neoklassik, Institutionenökonomik und Max Weber, S. 84. 88  Vgl. Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 154. 89  Erlei, Neoklassik, Institutionenökonomik und Max Weber, S. 88. 84  Weber,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Die Begriffe Legitimität und Legitimation verschwimmen in der Rezep­ tion Webers jedoch oftmals und werden auch von Theoretikern nicht scharf analysiert. Eine breite Konsensbasis innerhalb der Gesellschaft durch eine Vielzahl von Einzelentscheidungen der rechtsunterworfenen Individuen bildet aber für viele ebenfalls die Grundlage der Anerkennungswürdigkeit staatlicher Rechtsakte.90 Diese deskriptive Methode beleuchtet also die Motive einer faktischen Billigung von Herrschaft.91 Auch Seymour Martin Lipset (1922–2006) erkannte in Legitimität „die Fähigkeit eines Systems, die Überzeugung herzustellen und aufrechtzuerhalten, dass die existierenden politischen Institutionen die für die Gesellschaft angemessensten sind.“92 Hiernach hätten Systeme also grundsätzlich die Fähigkeit, selbst für ihre Anerkennung als legitime Systeme zu sorgen. Dementsprechend könne nach Lipset Legitimität nur ein dynamisches und gerade kein normativ-statisches Konzept sein. Ob es aber im Rahmen von Legitimitätsüberlegungen allein auf Akzeptanz der Herrschaft durch die Herrschaftsunterworfenen ankommen kann,93 erscheint mehr als fraglich. Rein soziologisch und abstrakt betrachtet, findet sich Legitimität nicht zuletzt in einer gemeinsamen Ansicht der Rechtsunterworfenen, dass die Handlungen eines Rechtssubjektes wünschenswert, passend und angemessen innerhalb eines sozial konstruierten Systems von Normen, Werten, Ansichten und Definitionen sind.94 Es geht dabei also um Normen und Regeln, die von den Adressaten als bindend angesehen werden. Das gilt zunächst unabhängig davon, ob sie ihnen im konkreten Falle folgen. Dies ist bekanntlich auch eine Komponente der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht. Die Untersuchungen bezüglich der Soziologie von Organisationen stellen mithin darauf ab, dass Regeln oder Institutionen dann Legitimität beanspruchen, wenn sie in der Lage sind, sich an bereits bestehende Normen und Regeln sowie Institutionen einzufügen, die bereits von einer Gesellschaft anerkannt sind.95 Das heißt aber auch, dass eine bloß empirische Messung der Zustimmung zu einer Regel oder Institution noch nichts Endgültiges über deren Legitimität auszusagen vermag, auch wenn dies zweifelsohne eine Komponente sein kann. 90  Bei Herrmann Heller (1891–1933) als „Rechtsgewissen“ bezeichnet, vgl. Heller, Staatslehre, S. 224. 91  von Bogdandy, Supranationale Union, S. 220. 92  Lipset, Soziologie der Demokratie, S. 64. 93  Zu diesem Aspekt ausführlich Lucke, Akzeptanz, S.  74 ff. 94  Suchman, Managing Legitimacy, S. 574. 95  Finnemore, Norms, Culture, and World Politics, S. 325.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs69

6. Diskurstheorie In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde regelmäßig davon ausgegangen, dass in hochkomplexen Gesellschaften nicht ein unterstelltes Naturrecht oder eine Moral Ausgangspunkt für Legitimität sein können, sondern dass die Legitimation politischer Macht im politischen System dynamisch selbst erwirkt werden müsse.96 Auch bei Jürgen Habermas (*1929) gilt Legitimität zwar recht normativ als die „Anerkennungswürdigkeit einer politischen Ordnung“.97 Seine ebenfalls sehr von Kant beeinflusste Diskurstheorie geht aber von einer Loslösung von moralisch-theologischen Heteronomien aus und setzt an ihre Stelle das „argumentierende Erwägen“ in Gestalt eines herrschaftsfreien Dialoges.98 So sollen sowohl die Selbstbestimmung der Individuen als auch die Allgemeinheit der Normen gesichert werden. Habermas formuliert: „[…] da letzte Gründe theoretisch nicht mehr plausibel gemacht werden können, erhalten die formalen Bedingungen der Rechtfertigung selbst legitimierende Kraft.“99

Mithin sollten nach Habermas Diskurse und Verfahren institutionalisiert werden und zwar „mit Hilfe von Kommunikationsformen […], die für alle verfahrenskonform erzielten Ergebnisse die Vermutung der Vernünftigkeit begründen sollen“.100 Das heißt, dass sich die Legitimität der Normen daraus speisen müsse, dass sich die Rechtssubjekte ohne Einwirkung von Zwang auf ihre Gültigkeit geeinigt haben. Dabei trennt Habermas nicht wie Kant zwischen Moralität und Recht, bei der das Recht gleichsam unter der Moral steht, sondern sieht die beiden Faktoren ineinander verschränkt.101 Habermas füllt seinen Moralbegriff jedoch nicht inhaltlich aus, sondern versteht unter ihm eine ausschließlich prozedurale Konstruktion, die frei von bestimmten Norminhalten ist. Dieses offene, rationale und deliberative Verfahren bewirke letztlich die Legitimation des Rechtssystems. 96  Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 30; ders., Selbstlegitimation des Staates, S. 72 f., 79 ff., wobei er Webers Kategorien von Herrschaft und Gehorsam ablehnt; Hennis, Legitimität, S. 22, 26; Habermas, Legitimationsprobleme im modernen Staat, S. 43 ff. 97  Habermas, Legitimationsprobleme im modernen Staat, S. 39. 98  Vgl. Zippelius, Reinhold, Geschichte der Staatsideen, S. 152. 99  Habermas, Legitimationsprobleme im modernen Staat, S. 43. 100  Habermas, Faktizität und Geltung, S. 368. 101  Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 46.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Nach Reinhold Zippelius (*1928) ist dafür aber Voraussetzung, dass die Vorstellungen der Individuen in einem offenen und demokratischen Meinungsbildungsprozess in neutralen Verfahren geltend gemacht werden können.102 Man könnte von einer Legitimität kraft Verfahrensstruktur sprechen.103 So sei nach Richard Münch (*1945) ein Vertrauen in die Offenheit der Normsetzung die taktische Legitimitätsgrundlage von Normen.104 Entsprechend sieht Peter Graf Kielmansegg (*1937) Legitimation als einen Prozess, einen Vorgang an, der sich ununterbrochen vollziehe.105 Die Legitimitätsfragen, die sich aus der Globalisierung und den Verlagerungsprozessen des politischen Diskurses von der nationalen Ebene auf überstaatliche Bereiche ergeben, werden nunmehr auch international zunehmend problematisiert.106 Habermas nimmt dabei an, dass die Rekonfigurierung der politischen Machtausübung von der nationalstaatlichen auf die supra- und internationalen Ebenen nicht Schritt hält mit den Zwängen der Globalisierung.107 7. Systemtheorie Niklas Luhmann (1927–1998) hingegen beurteilte Legitimität unter dem Blickwinkel der Systemtheorie nach ihrem Nutzen für den Fortbestand gesellschaftlicher Systeme und verwies darauf, dass Verfahrensstrukturen nicht nur zur Legitimität einzelner Entscheidungen beitragen, sondern dafür sorgen könnten, dass eine (Staats-)Gewalt insgesamt legitimiert wird.108 Dann geht es bei Legitimität nicht mehr um die individuell geglaubte Richtigkeit von Entscheidungen, sondern darum, dass das vorgefundene System geeignete Verfahren zur Entscheidungsfindung bereitstellt. Legitimität müsse nach Luhmann also „institutionalisiert“ werden, damit sich in rationalen 102  Zippelius, Legitimation im demokratischen Verfassungsstaat, S. 90  ff.; vgl. ders., Wesen des Rechts, S. 72 ff., 121 ff. 103  Ähnlich Hennis, Legitimität, S. 22. 104  Münch, Legitimität und politische Macht, S. 108. 105  Kielmansegg, Volkssouveränität, S.  255 ff. 106  Vgl. nur Coicaud/Heiskanen, Legitimacy of International Organizations; Porter et al., Efficiency, Equity and Legitimacy; Steffek, The Legitimation of Interna­ tional Governance, S. 249 ff.; Hurd, Legitimacy and Authority, S. 379 ff.; Cashore, Legitimacy and the Privatization of Environmental Governance, S. 502 ff. 107  Habermas, Citizenship and National Identity, S.  491; vgl. auch für das ­Umweltrecht, Bodansky, The Legitimacy of International Governance, S. 596, der Legitimität als das kommende Kernproblem im internationalen Umweltrecht ansieht. 108  Zur Fruchtbarmachung dieses Ansatzes auch für supranationale Herrschaftsgewalt, von Bogdandy, Supranationale Union, S. 221.



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs71

Verfahren ein gesellschaftlicher Lernprozess entwickeln kann, der letztlich soziale Erwartungen umstrukturiert.109 Luhmann formalisierte das Legitimitätskonzept somit durch Verfahrensannahmen. Er begründete dies mit dem Ziel der Überwindung einer bestehenden Kluft zwischen Sein und Sollen, mithin zwischen Rechtsgeltung und Legitimität, wobei jedoch ebenfalls jegliche Bindung an Normativität durch Beschränkung auf bloße Verfahrensaspekte vollständig abgelehnt wird.110 Legitimitätsvorstellungen der Gesellschaft werden empirisch aber eher unformalisiert angeknüpft an die Erwartungshorizonte gegenüber der Institutionen(ordnung),111 insofern sind sie wohl niemals rein prozedural, sondern haben oft auch inhärente output-Elemente.112 Die Legitimation des Rechts entwickelt Luhmann hingegen aus der Funktion des Rechts selbst. So diene das Recht dazu, Orientierungssicherheit und grundlegende Regeln zu schaffen, die die verschiedenen Subsysteme in komplexen Gemeinwesen zu binden vermögen.113 Ziel müsse dann aber sein, dass ein gesellschaftliches System regelmäßig und wiederkehrend in der Lage ist, konsensfähige Konfliktlösungen zu erzeugen. Dieses Legitimitätsverständnis bezüglich des Rechts erscheint tragfähig und auf andere Systeme übertragbar. So kann auch Legalität durch praktikable Regeln ein Grundmaß an Legitimität erzeugen, insbesondere wenn ein Primat des Rechts gestützt auf Unparteilichkeit und Unverbrüchlichkeit angenommen wird. Die konsensfähigen Konfliktlösungen stehen mithin im Vordergrund. 8. Egalitärer Liberalismus und Verfahrensgerechtigkeit John Rawls (1921–2002) stellte das Individuum in den Mittelpunkt seiner Argumentation und ließ es nicht hinter das gesamtgesellschaftliche Wohlergehen treten. Die jeweiligen Selbstinteressen der Individuen seien entscheidend und müssten mit den gesellschaftlichen Gerechtigkeitsgrundsätzen abgestimmt werden. Dabei sollten die Individuen unter einem „Schleier des Nichtwissens“ um ihre eigenen Fähigkeiten und sozialen Stellungen Verfassungsprinzipien wählen und die Güter so verteilen, dass jeder in die Lage versetzt wird, die Verwirklichung seiner Ziele erreichen zu können.114 Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 27 ff. Souveränität und Legitimität, S. 157. 111  So auch Nohlen, Legitimität, S. 341. 112  Zur Kritik an der Legitimitätsperspektive Luhmanns siehe u. a. Kopp/Müller, Herrschaft und Legitimität, S. 107. 113  Vgl. Zippelius, Reinhold, Geschichte der Staatsideen, S. 178 ff. 114  Rawls, A Theory of Justice, S. 118. 109  Vgl.

110  Schliesky,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Dadurch, dass die Individuen dann nicht wüssten, wo sie selbst stehen, seien sie dazu gedrängt, allgemeine Prinzipien zu entwickeln, die letztlich dem Vorteil aller dienen, indem sie völlige Gerechtigkeit erzeugen. Was dahinter steht, ist absolute Unparteilichkeit, die zu gerechten und fairen Lösungen führe.115 Verfahrensgerechtigkeit steht also neben normativen Wertungen. Je nach Perspektive kann man also nach einer Output- oder Input-Legitimation unterscheiden, in Abhängigkeit davon, ob die Ergebnisse des Prozesses im Vordergrund stehen („Output“, z. B. Gemeinwohl) oder die Verfahren, die zu den Ergebnissen führen („Input“, z. B. demokratische Verfahren).116 Während als Input-Legitimität der Beteiligungsaspekt der Herrschaftsunterworfenen thematisiert wird, die sich in modernen westlichen Staaten regelmäßig als Demokratieausprägungen manifestieren,117 betrifft Output-Legitimität einen Zielaspekt, der sich an Leistungsmerkmalen einer ausgeübten Herrschaft in Hinblick auf Vorstellungen und Bedürfnisse der Herrschaftsunterworfenen festmacht.118 Fraglich ist aber, ob nicht bereits bei Verfahrenslegitimationen (InputPerspektive) auch stets Output-Erwartungen mitschwingen, oder gar diese Input-Verfahren schon selbst einen gewollten Output darstellen. Selbst bei der Diskurstheorie die sehr auf Entscheidungsverfahren ausgerichtet ist, ist die demokratische Beteiligung der Bürger nicht das Hauptziel des Systems, sondern „ein Mittel zur Steigerung der Entscheidungsqualität“.119 Konsequenter erscheint der Ansatz von Otfried Höffe (*1943), der die Notwendigkeit einer minimalen Moral des Zusammenlebens akzeptiert und daraus die Idee einer gerechten Herrschaft und Zwangsbefugnis ableitet.120 Denn auch innerstaatlich ist Legitimität nicht zwangsläufig verbunden mit Demokratie wie beispielsweise im Rahmen von demokratischer Legitima­ tion beziehungsweise demokratischer Legitimität.121 Dies bezeichnet insbesondere eine machtbegrenzende und konsenssichernde Komponente von ausführlich Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 91 ff. Abromeit, Wozu braucht man Demokratie?, S. 15; Böhner, Integration und Legitimität, S. 20 f. 117  Höreth, Die Europäische Union im Legitimationstrilemma, S. 82 f. 118  Höreth, ebd. S. 85 f.; die Unterscheidung zwischen Input- und Output-Legitimität geht auf Fritz W. Scharpf zurück, siehe ders., Economic integration, democracy and the welfare state, in: Journal of European Public Policy, vol. 4, no. 1 (1997), S. 18–36 sowie ders., Governing in Europe: effective and democratic?, Oxford 1999. 119  Petersen, Demokratie als teleologisches Prinzip, S. 21. 120  Höffe, Politische Gerechtigkeit; ders., Demokratie im Zeitalter der Globalisierung. 121  Zu demokratischer Legitimität siehe von Bogdandy/Dellavalle, Universalism and Particularism, S. 14 ff. 115  Dazu

116  Hierzu



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs73

Legitimation oder Legitimität, die sich auf eine bestimmte Art der Herrschaftsherleitung bezieht. Die effektive Konfliktlösung und die Daseinsvorsorge sind aber ebenfalls relevante Aspekte einer Anerkennungswürdigkeit von Herrschaft. So sollten sie zumindest einfließen in die Auslegung und inhaltliche Bestimmung von Legitimität. Dabei können sich Verfahrenselemente und Output-Elemente zu einem legitimatorischen Gesamtbild mit einem besonderen Fokus auf Gemeinwohlorientierung ergänzen, das als Optimierungsgebot fungiert.122 9. Zusammenfassung Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte erhielt der Legitimitätsbegriff eine immer konkretere Gestalt, wobei sich mehrere Wandlungen, jedoch auch verbindende Elemente feststellen ließen. Im Neustoizismus und bei den Theoretikern des rationalen Naturrechts wurde mit dem Epitheton „legitim“ eine Berufung des Herrschers durch Wahl oder Erbfolge im Gegensatz zu einer Usurpation ausgedrückt sowie eine Verpflichtung zur guten Herrschaftsausübung gegenüber dem Volk im Sinne einer Förderung des Gemeinwohls. Seit der beginnenden Neuzeit finden sich wiederum zwei vergleichbare Merkmale, die bis in das 19. Jahrhundert dem Begriff „legitim“ in der Debatte zugrunde lagen, und die sich aus zwei gegensätzlichen Richtungen speisten: einerseits eine gottgegebene Rückführbarkeit des Herrschers auf seine tradierte Macht und andererseits eine ganz weltliche Rückkopplung an Gemeinwohlinteressen. Vor der Französischen Revolution wurde der Begriff der Legitimität mit heteronomen Maßstäben und Moralvorstellungen angefüllt. Ab 1789 wurde die parlamentarische Demokratie hingegen innerstaatlich zunehmend als entscheidender Anknüpfungspunkt für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsideals herausgearbeitet und die politische Autonomie hatte einen hohen Stellenwert, der nunmehr auch dem Gesetz als Ausdruck derselben zukam. Somit wurde die Legalität zunächst wichtigste Legitimationsquelle im Kampf gegen althergebrachte Zustände, die es zu überwinden galt. Mit dem Entstehen des souveränen Staates trat dann auch der Begriff der Legitimität aus der Sphäre einer staatsphilosophischen Reflexion hinein in konkrete politische Debatten und wurde mit dem beginnenden 19. Jahrhundert zu einem politischen Kampfbegriff, als welcher er noch heute unter anderem in der Diskussion um die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit genutzt wird. 122  Vgl.

Zoellner, Transparenzprinzip, S. 448.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Ebenso wie Kant eine strikte Trennung von Recht (Gesetzmäßigkeit) und Moralität (Sittlichkeit) angenommen und dabei auch bereits die Trennung von Legalität und Legitimität befördert hatte, ging Legitimität stets über bloße Legalität hinaus. Dabei ist der Legitimitätsbegriff zunächst durchaus inhaltlich offen und von verschiedenen politischen Lagern genutzt worden. Dennoch waren aber stets gewisse Konturen erkennbar. So wurde deutlich, dass unabänderliche minimale Konditionen der Vernunft sowie sittliche Prinzipien trotz der historischen Dependenz des Begriffs oftmals als Inhalt der Legitimität angesehen wurden. Weitere wiederkehrende Elemente von Legitimität waren seine Fähigkeit, Ruhe zu stiften, das heißt, sowohl beim Machtwechsel als auch im Alltag der Rechtsanwendung. Aber auch eine gewisse Kraft der Zeit, der Erstarkung von Institutionen und geltenden Normen durch Dauerhaftigkeit und Tradition prägten den Umgang mit dem Begriff. Insofern kam der „hergebrachten Ordnung“ ein nicht unerhebliches Gewicht zu. Begründungsstränge im Rahmen von Legitimität waren daher insbesondere die theologische Herleitung, die ordnung- und friedenstiftende Wirkung der monarchischen Erbfolge, die rechtfertigende Komponente der Zeitdauer oder auch natio­nale Tradition. So wie in den Jahrhunderten die Rückführbarkeit von Normen und Gegebenheiten auf göttliches Maß schwand, so schwand auch dessen Anteil an der Begründung legitimer (Herrschafts-)Ordnungen. An seine Stelle traten mehr und mehr der bereits seit dem Mittelalter nachweisbare Aspekt der Allgemeinwohlförderung beziehungsweise die Förderung des öffentlichen Wohls sowie eine Verantwortung des Herrschers und des Herrschaft determinierenden Systems für die Allgemeinheit. Damit diente fast jede Legitimitätskonzeption spätestens seit der Aufklärung letztlich der Förderung des Gemeinwohls, auch wenn sich Ansätze dessen bereits früher finden ließen. Auch die erbliche Sukzession auf einen monarchischen Thron diente nicht primär dem nachfolgenden Monarchen, sondern sollte eine geordnete Übergabe der Staatsgewalt bewirken, die Unruhen verhindern und damit der Allgemeinheit dienen sollte. Im Rechtspositivismus erfolgten dann eine zunehmende Loslösung von Vernunftsgesichtspunkten und eine Gleichsetzung von Legalität und Legitimität. Letztere entfaltete und erschöpfte sich mithin zunächst in den Normen des positiven Rechts. Ohne politische Maßgaben oder Anbindung an positiv-rechtliche Gesichtspunkte systematisierte Weber dann soziologisch-deskriptiv. Dabei wurde Legitimität als breite Konsensbasis innerhalb der Gesellschaft durch eine Vielzahl von Einzelentscheidungen der rechtsunterworfenen Individuen



II. Historisch-staatsrechtliche Konturierung des Legitimitätsbegriffs75

angesehen. Hierbei hinterfragte Weber jedoch auch die Gründe für die Anerkennung von Normen und sah sie einerseits durch Zeitdauer (Tradition), aber andererseits auch durch ein diffuses Charisma begründet. Legitimität wurde aber auch zunehmend als dynamisches und nicht als statisches Konzept wahrgenommen. Bei Luhmann wurde dies besonders deutlich, ging es ihm doch letztlich darum, dass ein gesellschaftliches System regelmäßig und wiederkehrend in der Lage dazu ist, konsensfähige Konfliktlösungen zu erzeugen. Wenn Legitimität ein Messen an übergeordneten Prinzipien bedeutet, dann ist nahe liegend, dass die ethisch-rechtliche Kategorie der Legitimität in nicht unerheblichem Ausmaß zeitbedingt und relativ ist. Dies könnte man als Dynamik der Legitimität bezeichnen. Legitimität ist demnach also stets unter Berücksichtigung des jeweiligen zeitlichen und rechtlichen Umfelds zu ermitteln und gegebenenfalls definierbar. Wegen des dynamischen Charakters der Legitimität können historische Ereignisse, politische Auseinandersetzungen und auch soziale Veränderungen große Implikationen auf deren inhaltliche Bestimmung haben, wobei jedoch bis auf die rein verfahrenslegitimatorischen Ansätze bei jeglicher Legitimitätskonzeption seit der Aufklärung eine stete Anbindung an die Förderung des Allgemeinwohls erkennbar blieb. In der Betrachtung der Geschichte des Legitimitäts- bzw. Legitimationsbegriffs in der staatsrechtlichen Debatte zeigte sich eine inhaltliche Offenheit und Ausfüllungsbedürftigkeit desselben mit dem wesentlichen Ankerpunkt der Förderung des Gemeinwohls. In der historisch-etymologischen Untersuchung offenbarte sich, dass Legitimität einen großen Zusammenhang zur Erbschaft (la Légitime) und zum göttlichen Willen hatte, der sich in der Konzeption der monarchischen Erbfolge offen manifestierte. Darin wurde ein Moment der Tradition deutlich, wobei das Ewige, das Althergebrachte, eine große Rolle bei der Legitima­ tion spielte. Beim Blick auf die dahinter liegenden Gründe, wird jedoch erkennbar, dass auch Tradition in den Diskussionen um Legitimität gerade auch dazu dient, Ordnung zu stiften und vor gewaltsamen Umbrüchen zu schützen und damit wiederum dem Allgemeinwohl zu dienen. In der Folge und mit der Loslösung von heteronomen Anknüpfungspunkten traten neue Aspekte wie Wohlfahrt der Untertanen oder deren Zustimmung bei nicht legitimationsgenügendem Zustandekommen einer Herrschaft sowie eine offen ordnung- und friedenstiftende Funktion hervor, die ihrerseits auf dem Telos der bisherigen Konzeption von Legitimität aufbauten.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Im Widerspruch zu einem heteronomen Legitimitätsentwurf entwickelte sich Legalität zunehmend als eine freiheits- und rechtssichernde, ebenfalls allgemeinwohlfördernde Idee, die der monarchisch-absolutistischen Legitimität zunächst entgegenstehen sollte. Sie diente als positives Recht dem Schutz gegen Willkür und bestimmte Ausübung von Macht. Rechtsförmige Formalismen bildeten den Gegenentwurf zu politischer Willkür. Dieser kantische Rechtsformalismus stellte demnach bereits einen Wert als solchen dar. Diese Ansicht ist auch heute nicht obsolet.123 Verfassungen erhoben schließlich nicht nur formelle, sondern insbesondere materielle Werte zu grundlegenden Gütern und positivem Recht und machten sie zum Maßstab allen weiteren Rechts im Staat. Durch diesen Geltungsanspruch wurde Legalität zur Quelle der Legitimität, es entstand „Legitimität durch Legalität“.124 Wenn aber Legalität auf dem Willen der Rechtssubjekte beruht und Legalität die Quelle der Legitimität ist, dann sind auch der Wille und die Interessen der unterworfenen Rechtssubjekte Grundlage der Legitimität. Dies ist zunächst eine wichtige Feststellung, die es bei weiteren Entwicklungen der Legitimitätsannahmen zu berücksichtigen gilt, welche sich von Bindungen der Legitimität an die Legalität wieder lösen.

III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht – die Debatte im übergreifenden Ordnungsrahmen Im Völkerrecht wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vermehrt seit dem Ende des Kalten Krieges ebenfalls eine Debatte um Legitimität aufgeworfen und bisweilen wurde gar die Legitimität des gesamten Rechtsgebiets hinterfragt.125 Dabei steht mangels einer übergeordneten Gewalt oder Herrschaft die Problematik des Gehorsams in besonderer Weise im Fokus und es ist zu klären, unter welchen Bedingungen und warum Normen des internationalen Rechts zu folgen ist. Gerade im Völkerrecht, welches keinen dem innerstaatlichen Recht vergleichbaren Durchsetzungs- und Zwangsmechanismus besitzt, stellt sich diese Frage mit besonderer Relevanz und gibt Gelegenheit, ganz neue Überlegungen anzustellen. 123  „Law is binding because it is the law.“, T. Franck, The Power of Legitimacy and the Legitimacy of Power, S. 91. 124  Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 170. 125  Weiler, The Geology of International Law; vertiefend Clark, Legitimacy in the International Society, der die Präsenz des Legitimitätsbegriffs im internationalen Diskurs („legitimacy talk“) vor dem Hintergrund des Konzepts einer internationalen Gesellschaft von Staaten („international society“) untersucht.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht77

Wie kritisch und unterschiedlich entsprechende Maßstäbe betrachtet werden können, zeigte sich deutlich bei Operationen im Kosovo-Krieg 1999, die von der NATO ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats durchgeführt worden waren. Ohne ein solches Mandat waren diese Maßnahmen nach bloßen Legalitätsmaßstäben völkerrechtswidrig, jedoch sind sie von vielen Autoren und Regierungen beteiligter Staaten zur Verhütung von Völkermord als erforderlich und mithin legitim angesehen worden. Diese als Allied Force bezeichneten Operationen galten zwar verbreitet als illegal, jedoch oftmals als „morally justified, in other words legitimate“.126 Moralische Gesichtspunkte wurden insofern über Legalität gestellt und es wird deutlich, dass beide Begründungskonzepte des Völkerrechts entgegengesetzt verliefen.127 Es ist aber höchst fraglich, ob es richtig sein kann, dass bestimmte Staaten entscheiden, sich über kodifiziertes Völkerrecht hinwegzusetzen, wenn sie sich in Ausübung legitimer Mittel wähnen. Gerade der Bruch kodifizierten Völkerrechts im Rahmen des Kosovo-Konflikts 1999 wurde vom russischen Präsidenten Putin im März 2014 als Präzedenzfall für die Herauslösung der Halbinsel Krim aus dem ukrainischen Staatsverband herangezogen.128 Die Missachtung von Legalität darf aber grundsätzlich nicht als vorzugswürdig angesehen werden, weil dies die Errungenschaften des Völkerrechts als Friedensordnung ad absurdum führen würde. Dies gilt umso mehr, wenn jedes Rechtssubjekt so handelt, wie es dies selbst für angebracht hält. Daher können nur solche Maßstäbe legitimierend wirken, die im Vorhinein ermittelt und geklärt worden sind. Denn eine ruhestiftende Funktion der Legitimität – opus iustitiae pax – sollte auch im Völkerrecht Geltung beanspruchen. Insofern gebietet Legitimität auch eine Friedensordnung. Es ist daher zunächst zu untersuchen, inwieweit bereits eine Diskussion um Legitimität im Völkerrecht fortgeschritten ist, wobei eine Betrachtung der Struktur und Funktionsweise des modernen Völkerrechts unerlässlich erscheint, auch um das Investitionsschutzrecht und schließlich die legitimitätstheoretischen Ansprüche an dieses Rechtsgebiet einordnen zu können. In einem weiteren Schritt wird dann untersucht werden, welche Merkmale aus der staatsrechtlichen und der völkerrechtlichen Debatte um Legitimität zu einer symbiotischen Einheit verschmolzen werden können, um für das Investitionsschutzrecht maßgebende Grundlagen einer Rechtsprinzipientheorie von Legitimität zu liefern. 126  Neuhold,

Legitimacy, S. 338. erkennt insofern einen „Ethisierungsprozess“ des Völkerrechts. 128  Schulte von Drach, Welches Völkerrecht, S. 1. 127  Koskenniemi

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

1. Voraussetzungen einer völkerrechtlichen Legitimitätskonzeption Der Begriff der Legitimität ist im Völkerrecht nicht nur inhaltlich umstritten, sondern wird nicht selten gänzlich abgelehnt. Wegen der schon beschriebenen Trennung von Legalität und Legitimität wurde bisweilen dem Begriff der Legitimität aus positivistischer Perspektive auch die Qualität als Rechtsbegriff teilweise129 oder gar ganz130 versagt. Dennoch wurde er für das Völkerrecht besonders im ausgehenden 20. Jahrhundert zunehmend fruchtbar gemacht. In den völkerrechtlichen Überlegungen zu Legalitäts- und Legitimitätskonzeptionen treffen insbesondere zwei wesentliche rechtsstrukturelle Entwicklungen seit der Aufklärung aufeinander: zum einen eine kontinentaleuropäische, republikanische Tradition, die mit Rousseau auf eine volonté générale der Bürger eines Staates bezüglich der allgemeinen Wohlfahrt zurückführbar ist, und zum anderen eine angloamerikanische Entwicklungslinie, bei der die Individuen bereits ohne den Staat gewisse unveräußerliche Rechte innehaben.131 Das Völkerrecht speist sich nicht unwesentlich aus diesen beiden Rechtskreisen. Insofern ist es nicht unangebracht anzunehmen, dass Völkerrechtler und Staatslenker diesen jeweiligen Rechtstraditionen verbunden waren und somit ein System des internationalen Rechts erschufen, das zumindest eine Vergleichbarkeit insofern reflektiert, als die Staaten auf internationaler Ebene miteinander in Rechtsbeziehungen treten, die den Individuen im Staate vergleichbar sind. Es ist aber höchst fraglich, ob die Theorien über Legitimität einem einheitlichen Verständnis folgen und Vergleichbares aus nationalstaatlichen Legitimitätstheorien auf das Völkerrecht übertragen werden kann. So ist zunächst zu prüfen, ob es im Völkerrecht überhaupt die Voraussetzungen gibt, um ein Legitimitätsverständnis zu entwickeln. Dazu muss eine kurze Betrachtung der Struktur des gegenwärtigen Völkerrechts erfolgen. Obwohl inzwischen weiteren Akteuren wie internationalen Organisationen, Individuen und – so wird vielfach argumentiert – transnationalen Unternehmen ein Status als partielle Völkerrechtssubjekte zuerkannt wird, ist Völker129  Pellet,

Legislative and Executive Actions, S. 67. die Aussagen von Dinstein, Yoram am „Round Table“, in: Wolfrum/Röben (Hg.), Legitimacy in International Law, S. 381. 131  Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 168. Auf diese beiden Aspekte wird im Rahmen der Konzipierung eines Rechtsprinzips der Legitimität im Investitionsschutzrecht zurückzugreifen sein. 130  Vgl.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht79

recht noch immer vornehmlich Staatenrecht und als solches muss es zunächst verstanden werden. Eine Außerachtlassung der Staaten als immer noch wesentliche Akteure des internationalen Rechts, auch zugunsten von Individuen, würde dem gegenwärtigen Völkerrecht nicht gerecht werden.132 In den Staaten finden noch immer die entscheidenden politischen Prozesse statt und es sind die Staaten, die als organisierter Herrschaftsverband die Interessen der Vertretenen nach außen wahrnehmen und wahrnehmen müssen.133 Staaten legen die wesentlichen Rechtsregeln im Völkerrecht fest und sie sind regelmäßig die primären Normadressaten. Mithin sind sie als „geborene“ Völkerrechtssubjekte im Gegensatz zu den „gekorenen“ Völkerrechtssubjekten als einzige unbeschränkt in ihrer Völkerrechtssubjektivität. Während Individuen und Unternehmen noch weitgehend mediatisiert sind, sind die Staaten als Souveräne einzig dem Völkerrecht untergeordnet. Dementsprechend können auch nur Staaten Mitglieder der Vereinten Nationen werden (Art. 3 f. UN-Charta) und als Partei vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) auftreten (Art. 34 IGH-Statut).134 Völkerrecht ist in diesem Bild zunächst Koexistenz- und Koordinationsrecht zwischen den Staaten. Es gibt anders als innerhalb der Staaten keine zentrale übergeordnete Durchsetzungsgewalt und grundsätzlich keine Subordinationsbeziehungen zwischen Staaten.135 In dieser Struktur hatte sich das klassische Völkerrecht insbesondere seit dem Westfälischen Frieden 1648 entwickelt. Wesentliche Bestandteile dieses Völkerrechtsverständnisses sind das Konsensprinzip und das Prinzip der Koexistenz. Völkerrecht sollte lediglich einen rechtlichen Rahmen zur Durchsetzung der Interessen der souveränen Staaten bilden.136 Staatsphilosphische Aspekte können hierbei bereits mit dem Völkerrecht verflochten werden. Die Gesellschaftsvertragstheorien hatten sich bekanntlich aus der staatstheoretischen Perspektive mit Blick auf die Rechtfertigungsbedürftigkeit innerstaatlicher Machtverhältnisse entwickelt137 und suchten einen Ausgleich zwischen individueller Freiheit und Gemeinschafts132  Parlett,

The Individual, S. 372. Alternativen Krehoff, Legitimate Political Authority, S. 283 ff. 134  Die Frage nach der Legitimität eines entsprechenden Rechtsgebiets darf auch nicht beschränkt werden, auf die Frage, wann Regierungen von Staaten in legitimer Weise für einen Staat sprechen und handeln können. Hierzu ausführlich, auch zum Konzept der „illiberalen Demokratien“ d’Aspremont, Legitimacy of Governments, S. 878 ff.; siehe auch Bobbio, Sur le Principe de Légitimité, S. 148 ff. sowie Roth, Governmental Illegitimacy in International Law, Oxford 1999. 135  „Pars in parem non habet imperium“. 136  Nettesheim, Das kommunitäre Völkerrecht, S. 570. 137  Höffe, Otfried, Ethik und Politik, S. 197. 133  Zu

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

interessen zu finden, wobei der gesetzlose Urzustand des Naturrechts, in dem nur individuelle Kraft und Durchsetzung gegen andere herrschten, als zu überwindender Gegenpol angesehen wurde. So schafft auch das Völkerrecht eine Friedensordnung zwischen den Staaten. Kants Gedanken zu Legalität und Moralität aus dem innerstaatlichen Rechtsbereich lassen sich so auf das Völkerrecht übertragen. Wie die frieden- und ordnungstiftende Komponente im zwischenmenschlichen Raum relevant ist, gilt nach Kant auch im Völkerrecht, dass Moralität verlangt, eine internationale Rechts- und Friedensordnung (Legalität) zu begründen, welche die Staaten aus einem Zustand des latenten Krieges herausführt. Der zwischen den Staaten bestehende Quasi-Naturzustand müsse überwunden werden, hin zu einer internationalen Rechtsordnung mit einer erzwingbaren Durchsetzbarkeit.138 Im Rahmen seines universellen Anspruchs einer Rechtsordnung im Dienste des Friedens legte Kant eine philosophische Grundlage für ein ius cosmopoliticum.139 Stets betonte er einen fundamentalen Widerspruch zwischen Krieg und Recht, die sich gegenseitig ausschlössen. Sein Vorschlag eines Völkerbundes, der seiner Zeit noch weit vorausging und der den Krieg als Mittel der Politik obsolet machen sollte, ist in diesem Zusammenhang essentiell. Letztlich muss ein Ziel jeglicher Gewaltausübung, auch wenn sie überstaatlich erfolgt, die Schaffung von Frieden, ebenso im Sinne von Ordnung sein, selbst wenn sie sich vom staatlichen Gewaltmonopol löst.140 So ergibt sich auch die funktionale Rechtfertigung der Herrschaftsausübung interna­ tionaler Spruchkörper nicht zuletzt zumindest auch aus der Zielsetzung der Erreichung internationalen Friedens.141 Eine wesentliche Funktion des Rechts ist es, der Willkür Grenzen zu setzen. In diesem Sinne stellt es Bedingungen zur Verfügung, wie das friedliche Zusammenleben und Kooperation arrangiert und im Konfliktfalle möglichst friedvolle Lösungen angeboten werden können. Dies gilt auch für das Völkerrecht. Nicht selten werden in Diskursen über Legitimität und Legitimation aber politische und moralische Vorstellungen als Anknüpfungselemente gewählt, um bestehende geltende Normen der Legalität zu relativieren. Es sollte daher jegliche Legitimitätskonstruktion im Völkerrecht wegen ihrer legalitätsrelativierenden Effekte mit Vorsicht verwendet werden. Denn das Völkerrecht ist dazu auch Höffe, Otfried, Immanuel Kant, S. 244. Zum ewigen Frieden, S. 125–139. 140  von Trotha, Jenseits des Staates, S. 46. 141  Kelsen, Law and Peace, S. 165; „international courts are the handmaidens of peace“; von Bogdandy/Venzke, In Whose Name?, S. 12. 138  Siehe 139  Kant,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht81

gerade auf den bilateralen oder multilateralen Konsens, wie er sich insbesondere in Abkommen widerspiegelt, angewiesen. Folglich enthält hier das Prinzip der „Legitimität durch Legalität“ besondere Bedeutung. Dennoch muss die Legitimität auch im Völkerrecht zwangsläufig über den Rahmen der Legalität hinausgehen, wie schon Inis Claude Jr. 1966 monierte: „Legitimacy gets surprisingly short-shrift in the IL scholarship, which perhaps accounts for the caricature of international lawyers as tending simply to translate legitimacy as legality.“142

Recht, und gerade auch kodifiziertes Recht, schafft zunächst einen Koexistenzrahmen, in dem verschiedene, auch sich gegenüberstehende Vorstellungen friedlich nebeneinander beziehungsweise miteinander herrschen können. Auch im Völkerrecht ist Legalität Ausdruck des Willens der Rechtssubjekte. Im Verfassungsstaat wird der Wille der Rechtssubjekte durch verfahrensrechtliche Bestimmungen zu einer Norm kanalisiert. Ähnlich verhält es sich im Völkerrecht, wo dieser Wille in Abkommen und Verträgen zuvörderst zu Tage tritt. Die Legalitätskonzeption des Völkerrechts entstammt zudem ebenfalls den Theorien, welche die Entstehung des modernen Staates begleiteten und befruchteten. Diese Konzeptionen wurden sodann durch eine Analogie auf das Völkerrecht abgebildet.143 Die Übertragung der Vorstellung der friedlichen und organisierten Koexistenz der Individuen innerhalb der Staaten auf die Staaten, die sich auf internationaler Ebene begegnen, beruht dabei auf der Rechtsfigur der so genannten „domestic analogy“, welche wiederum den kant ischen Imperativ „exeundum est“ auf das internationale Recht abbildet. Ebenso wie die Individuen aus dem Naturzustand heraustreten und einen rechtlichen und friedlichen Zustand errichten sollen, sollten dies auch die souveränen Staaten tun. Das Völkerrecht unterscheidet sich jedoch wesentlich von nationalen Rechtsordnungen. Dies liegt nicht nur an einer fehlenden Durchsetzungsinstanz, sondern auch daran, dass sich im Völkerrecht noch immer Staaten als primäre Völkerrechtssubjekte gegenüberstehen, welche anders agieren als einzelne Individuen. In den Willensäußerungen der Staaten treffen auf von der Bevölkerung oft weit entfernter, höchst abstrakter Ebene Ansichten von Regierungen beziehungsweise Regierungsvertretern aufeinander, die sich unter Umständen sehr stark vom Willensbildungsprozess des von ihnen 142  Claude, 143  Hierzu

Collective Legitimization, S. 368. ausführlich Koskenniemi, From Apology To Utopia, S. 90 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

vertretenen Staatsvolks unterscheiden können. So muss Legitimität in dieser Betrachtung über klassische demokratietheoretische Ansätze und Diskussionen hinausgehen und es müssen auch andere Aspekte wie Menschenrechte oder der effektive Umgang mit sozialen Fragestellungen wie Frieden, Umweltschutz und Wohlstand als legitimitätstiftend angesehen werden können.144 Neuere Entwicklungen im Völkerrecht wie Konstitutionalisierungsund Fragmentierungsprozesse, aber auch kooperative Ansätze und Global Governance, auf die noch einzugehen sein wird, bringen dabei ebenso ganz neue Komponenten ins Spiel, welche die Interessen- und Gemengelage, aber auch die Struktur des Völkerrechts sehr weitgehend von der eines nationalen Rechtsregimes unterscheiden lassen. In der Legitimitätsdebatte liegt dennoch oft ein Schwerpunkt auf demokratischer Legitimität. Dies erscheint zunächst auch sinnvoll, beruht es doch auf der nachvollziehbaren Voraussetzung, dass jegliche Machtausübung auf das Volk zurückgeführt werden muss und nur von diesem ausgehen kann. Einen solchen Anspruch zu haben, ist seinerseits anerkennungswürdig und letztlich erstrebenswert. Fraglich ist jedoch, ob er der gegenwärtigen Situation im Völkerrecht gerecht wird, in dem noch immer Staaten beziehungsweise diese vertretende Regierungen aufeinander treffen.145 Bevorzugungswürdig erscheint vielmehr, auch bei einem normativen Anspruch auf demokratische Legitimität, ein flexibler Ansatz, der einerseits dem gegenwärtigen Völkerrechtssystem gerecht wird, gleichzeitig aber Bestandteile einer demokratischen Rechtskultur übernimmt. Das heißt, dass Elemente wie gerechte Teilhabe an Entscheidungen und Transparenz, aber ebenso Zurechenbarkeit und Fairness zunehmend in das gegenwärtige System progressiv integriert werden.146 So können auch Gerichtsentscheidungen Bestandteil eines normativen Diskurses und damit Aspekt einer demokratischen Kultur sein. Daher ist es angebracht, für völkerrechtliche Systeme und Subsysteme wie das des Investitionsschutzrechts Ansätze für ein Rechtsprinzip der Legitimität zu finden, das entweder völlig selbstständig existieren kann oder 144  von Bogdandy, Demokratie, Globalisierung, Zukunft des Völkerrechts, S. 865 f. Zur demokratischen Legimation und zur Vorbildfunktion der Art. 9–12 EUV ist auch der Ansatz von von Bogdandy in The Democratic Legitimacy of Internatio­nal Courts erwähnenswert, S. 364 ff., bei dem versucht wird, die Anbindung demokratischer Rechtfertigung von Herrschaftsausübung vom Begriff des (Staats-)Volkes zu lösen und Bürgerschaftlichkeit unabhängig von einem Konstitutionalismus zu konstruieren. 145  Staatliche Grenzen werden so auch in einer zunehmend globalisierten Welt noch längst nicht überflüssig, vgl. Möllers, Globalisierte Jurisprudenz, S. 46 ff. 146  Demokratie umfasst wohl nicht nur Repräsentanz, sondern auch Transparenz, Partizipation Betroffener, Abwägungen und Flexibilität, vgl. von Bogdandy, The Democratic Legitimacy of International Courts, S. 375.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht83

welches so strukturiert ist, dass es geeignet ist, sowohl Entwicklungen im nationalen Bereich wie auch im Völkerrecht abzudecken. 2. Der Staatswille als primärer Anknüpfungspunkt Ein erster Ansatzpunkt sollte der Wille der Staaten sein, wie er sich nicht zuletzt in zwischenstaatlichen Verträgen ausdrückt. Zu beachten ist dabei zunächst, dass sowohl die Charta der Vereinten Nationen147 als auch die Friendly-Relations-Declaration148 durch das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten nicht nur den Staaten formelle Gleichheit zusprechen, sondern auch jedem Staat äußere Souveränität und Völkerrechtsunmittelbarkeit gewähren. Dadurch werden jegliche Subordinationsbeziehungen einerseits zwischen den Staaten selbst und andererseits zwischen den Staaten und etwaiger, wenngleich hypothetischer, über den Staaten stehender Hoheitsgewalt ausgeschlossen.149 Staaten schränken im Völkerrecht freiwillig ihre grundsätzliche Handlungsfreiheit, die aus ihrer inneren und äußeren Souveränität folgt, insbesondere durch Abkommen ein. Sie sehen sich weitgehend dazu verpflichtet und veranlasst, Freiheitsbeschränkungen einzugehen und hinzunehmen, nicht zuletzt, um gemeinsame Aufgaben kooperativ meistern, aber auch grundsätzlich koexistieren zu können. Die Ablehnung des Krieges als Mittel der Politik, die erstmals umfänglich im Briand-Kellog-Pakt von 1928 ihren Ausdruck fand, ist dabei wohl das prominenteste Beispiel dieser freiwilligen Einschränkung der Souveränität,150 die nach dem Zweiten Weltkrieg und der Verankerung in Art. 2 Nr. 4 der Charta der Vereinten Nationen auch zu Völkergewohnheitsrecht erwachsen ist. Bei Projektion des Konzepts einer demokratischen Legitimation auf das Völkerrecht ergibt sich wegen des Charakters der Staaten als zentrale und souveräne Handlungssubjekte des internationalen Rechts sowie der Systematisierung des Völkerrechts als Staatenrecht eine Zustimmung der Staaten zum geltenden Recht als primärer Anknüpfungspunkt für Legitimität. Folglich könnte aus soziologischer Perspektive hinsichtlich von Legitimitätsanforderungen auf die Zustimmung der Staaten zu einem bestimmten System oder einer speziellen Norm oder Verpflichtung als einzige Grundlage ihrer Legitimität abgestellt werden. 147  Siehe

Art. 2 Nr. 1 UN-Charta vom 26.6.1945. on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-operation among States in Accordance with the Charter of the United Nations, United Nations General Assembly Resolution 2625 vom 24.10.1970. 149  Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 85. 150  Habermas, Der gespaltene Westen, S. 131. 148  Declaration

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Es reicht aber heute nicht mehr aus, die Legitimität internationaler Spruchkörper allein aus dem sie tragenden Staatswillen herzuleiten.151 Denn oftmals ist fraglich, ob das tatsächlich Vorliegende noch von einer ursprünglichen Zustimmung der Staaten abgedeckt ist. Dies wird in Bereichen besonders relevant, in denen durch vorhergehende Zustimmung der Staaten eigene Entscheidungsstrukturen geschaffen werden, wie dies oftmals in internationalen Organisationen oder Spruchkörpern vorzufinden ist. Gerade im Bereich des Streitbeilegungsmechanismus der WTO ist dies diskutiert worden.152 Die internationale Investitionsschiedsgerichtsbarkeit betrifft entsprechend auch nicht die einzigen internationalen Spruchkörper, deren Legitimität hinterfragt wird.153 Internationale Gerichte und gerade internationale Investitionsschiedsgerichte gehören nicht zuletzt zu den Funktionsträgern einer solchen neuen Global Governance,154 einer neuen Herrschaftsform im internationalen Recht, weil sie normativ wirken und zur Rechtsetzung beitragen.155 Die reine Zustimmung der Staaten kann aber auch deswegen nicht allein entscheidend sein für Legitimitätswahrnehmungen, weil sie eher der Legalität zuzuordnen ist, bei der sich in Abkommen oder im Gewohnheitsrecht übereinstimmende Ansichten von Staaten in positivem Recht ausdrücken. Legitimität muss über diese hinausgehen. Wenn man die Legitimität auf internationaler Ebene untersuchen möchte, ergeben sich für Rüdiger Wolfrum (*1941) unterschiedliche Blickwinkel. So sei zunächst strittig, ob die Legitimitätsfrage das gesamte internationale Recht betreffe, oder nur bestimmte Rechtsgebiete. Auf jeden Fall stelle sie sich dort, wo Governance und mithin Herrschaft in einer Weise ausgeübt wird, die zumindest teilweise derjenigen in Nationalstaaten nahe kommen kann.156 Wolfrum lenkt seinen Blick bei der völkerrechtlichen Legitimitätsdiskussion entsprechend zwar zunächst auf das Vertragsrecht, da es die erste 151  So noch Lauterpacht, Principles of Procedure, S. 445 f., 453 f.; Merrils, International Dispute Settlements, S. 116–119. 152  Nicolaidis/Howse, Legitimacy and Global Governance, S. 227 ff. 153  Reusch, Die Legitimation des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, S.  125  ff.; Swart, Tadic Revisited: Some Critical Comments on the Legacy and the Legitimacy of the ICTY, S. 985 ff. 154  Vgl. Dolzer/Schreuer, Principles of International Investment Law, S. 18. 155  Zum Rechtsetzungsprozess durch Tribunale als Legitimitätsproblem Ioannidis, A Procedural Approach, S. 1178 ff. Dies gilt aber auch für den Rechtsanwendungsprozess. Denn es ist nicht nachzuvollziehen, worin ein legitmatorischer Unterschied bestehen sollte, wenn die Auswirkungen für Betroffene von ähnlicher oder gar stärkerer Intensität durch bloße Rechtsanwendung wären. 156  Wolfrum, Legitimacy of International Law, S. 12.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht85

Quelle des Völkerrechts darstellt, vgl. Art. 38 I lit. a) IGH-Statut. Er unterscheidet beim diesbezüglichen staatlichen Einverständnis dann aber in sinnvoller Weise zwischen einem statischen und einem dynamischen Inhalt, respektive zwischen statischen und dynamischen Verpflichtungen.157 Denn Staaten hätten verschiedenen internationalen Regimes zugestimmt, die ihrerseits auf dynamisch auszulegenden Gründungsverträgen beruhen und die teilweise über weitreichende Rechtsetzungskompetenzen verfügen. Dabei sei der ursprüngliche Staatswillen immer weniger erkennbar. Wolfrum zeigt auf, dass die Expansion des personellen und des materiellen Geltungsbereichs des Völkerrechts somit zu einer bestimmten Art von International Governance geführt habe.158 Zu dieser ist auch das Investi­ tionsschutzrecht zu zählen. So ist die Entkopplung vom ursprünglichen Staatswillen, wie er sich in internationalen Investitionsschutzabkommen manifestierte, auch ein großes Problem der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit, in welcher selbstständig agierende Tribunale auf Grundlage sehr weit formulierter positiver Normen Entscheidungen fällen. Aus einem demokratietheoretischen Blickwinkel heraus erkennt man, dass dann, wenn die Herrschaftsausübung nicht mehr genügend auf die gleichsam unterworfenen Rechtssubjekte zurückgeführt werden kann, ein umso stärkerer Legitimationsdrang entsteht. Dies ist aus der nationalstaat­ lichen Perspektive mit der Rückführbarkeit politischer Herrschaft auf den demokratischen Souverän bekannt. Im Völkerrecht bilden denn auch die souveränen Staaten einen entsprechenden Korpus von Rechtssubjekten. Insofern entsteht dann ein verstärkter Legitimationsdrang, der durch andere Aspekte als bloße Zustimmung erfüllt werden muss, wenn Herrschaftsausübung nicht mehr genügend auf diese Rechtssubjekte zurückgeführt werden kann. Herrschaft kann dabei im oben dargelegten Sinne durchaus weit verstanden werden. Dies wird bestätigt durch die große Debatte der letzten Jahre um die Legitimation der Welthandelsorganisation (WTO), obwohl diese über keine exekutiven oder legislativen Befugnisse verfügt. Allein ihr indirekter Einfluss auf die Lebenswelten in den Staaten reichte aus, um eine große Welle der Kritik hervorzurufen.159 Dabei ist zu beachten, dass die Tätigkeit von vielen dieser neuen, auf dynamischen Verpflichtungen beruhenden Institutionen der Global Govern­ ance das Wohlergehen von vielen Menschen unabhängig von staatlichen Grenzen betrifft, wobei andererseits die „Legitimationskette“ zwischen den 157  Ebd.,

S. 9. S. 10. 159  Dazu ausführlich Reusch, Die Legitimation des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, S.  26 ff. 158  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Akteuren in den internationalen Organisationen und den betroffenen Menschen immer schwächer geworden ist.160 Nach Wolfrum sei neben der Kompetenzverschiebung bezüglich der Rechtsetzung auf die internationale Ebene und der Erstreckung des Geltungsbereichs des Völkerrechts auf Individuen und Unternehmen gerade die Zunahme der gerichtlichen Streitbeilegung entscheidend für die Schwächung dieser Legitimationskette gewesen.161 Die Beobachtung Wolfrums stützt sich insbesondere darauf, dass die gegebene staatliche Zustimmung zu einer internationalen Organisation regelmäßig statisch erfolge und die oftmals damit verbundene dynamische Komponente unbeachtet gelassen werde. Wenn dann die Normproduktionsverfahren der internationalen Organisationen für die oftmals hochkomplexen Regelungsgegenstände auch nicht transparent ausgestaltet seien, erscheine legitimitätsbezogene Kritik besonders angebracht. Es wird dabei erkennbar, dass Wolfrum seine legitimitätsrelevante Kritik auf ausgewählte Gebiete des Völkerrechts und nicht ganz allgemein auf das internationale Recht bezieht. Diese Konkretisierung des zu legitimierenden Anwendungsgegenstandes ist insofern zu begrüßen, als sie eine flexible und auf den jeweiligen Bereich angemessene Legitimitätskonzeption ermöglicht, wie sie für das Investitionsschutzrecht, in welchem sich entsprechende Entwicklungen vollziehen, erstellt werden soll. Für Wolfrum ist Legitimität grundsätzlich mit zwei Komponenten ausgestattet: einerseits einer ausreichend starken Legitimationskette, die von den Bürgern der Staaten bis hin zu den Normsetzungsinstanzen auf der völkerrechtlichen Ebene reicht, und andererseits dürften internationale Organisationen nicht die Wohlfahrt der Menschen beeinträchtigen. Er anerkennt somit grundsätzlich die Zwischenschaltung von Staaten zwischen völkerrechtliche Normen oder Institutionen auf der einen Seite und den Bürgern auf der anderen Seite, hat dabei jedoch bereits eine demokratisierende Legitimitätsvorstellung vor Augen. Wichtig ist aber, dass nicht zuletzt um der Rechtssicherheit Willen der bestehende völkerrechtliche Legalitätsrahmen nicht durch eine „Ethisierung der Weltpolitik“ zerstört werden darf.162 Insofern müssen Demokratisierungsforderungen im Völkerrecht stets rücksichtsvoll behandelt werden, auch wenn im Völkerrecht die Entwicklung wohl mehr und mehr in Richtung einer dem Nationalstaat entsprechenden Herrschaftsausübung verläuft.163 160  Wolfrum,

Legitimacy of International Law, S. 7. S.  19 f. 162  Habermas, Der gespaltene Westen, S. 115. 163  Siehe Wolfrum, Legitimacy of International Law, S. 5; vgl. J. Weiler, The Geology of International Law, S. 548. 161  Ebd.,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht87

Grundlage des geltenden Völkerrechts ist noch immer das Konsensprinzip, welches besagt, dass alle Staaten grundsätzlich gleichberechtigte und allseitige Normgeber sein müssen, da es keine übergeordnete Instanz gibt und sich die Staaten als Gleiche unter Gleichen im Normsetzungsprozess begegnen. Wenn eine Durchbrechung des völkerrechtlichen Souveränitätsschildes der Staaten durch eine wie auch immer geartete Herrschaftsausübung erfolgt, erfordert dies entsprechend eine geeignete Rechtfertigungsquelle. Während das Naturrecht Normen ob ihres Inhalts Geltung oder Qualität zusprach, kommt im Konsensprinzip ein grundsätzlich positivistisches, an die Aufklärung angelehntes Moment zum Ausdruck. Denn in ihm werden grundlegende Elemente wie Selbstbestimmung und Autonomie aufgegriffen. Es darf somit nicht willkürlich geschwächt werden. Eine Relativierung des Konsensprinzips erfolgte aber inzwischen in nicht unerheblichem Ausmaß und nicht erst in den letzten Dekaden. Vielmehr wurden bereits seit langem in der Völkerrechtswissenschaft Institute wie das Völkergewohnheitsrecht oder das ius cogens genutzt, um die nicht vorliegende explizite Zustimmung eines Staates, der gleichzeitig Adressat der entsprechenden Norm war, zu überwinden oder diese Zustimmung zu fingieren. Ebenso kann der UN-Sicherheitsrat nach Maßgabe des Art. 39 der UN-Charta auch für Nicht-Mitgliedstaaten bindende Resolutionen erlassen. Insofern findet also ein Kompetenzübergang auf völkerrechtliche Instanzen statt, die einen quasi-legislativen oder quasi-judikativen Charakter haben.164 Es fragt sich aber aus legitimitätstheoretischer Sicht, ob Staaten überhaupt in legitimer Weise bestimmten Handlungsweisen zustimmen können, die nicht nur ihr Verhältnis zu anderen Staaten betreffen, sondern auch nationales, gegebenenfalls kommunales Recht oder in direkter Weise Unternehmen und Privatbürger.165 Eben dies ist gleichsam im Investitionsschutzrecht zu beobachten, indem es durchaus über bloße zwischenstaatliche Verbindlichkeiten und Abmachungen hinausgeht und nicht zuletzt Private und Bürger in den Gaststaaten betreffen kann. Auch entstand eine Art der Herrschaftsausübung durch internationale Instanzen – hier Tribunale – welche auf Grundlage weiter Behandlungsstandards und mithin dynamischer Normen agieren können. Gerade bei sehr weitgehenden dynamischen Verpflichtungen erscheint der Staatswille als Ausdruck der Absichten der völkerrechtlich zur Vertretung eines Staates berufenen Regierung zur Feststellung von Legitimität nicht mehr ausreichend zu sein. Insofern gelangt die Zustimmung zu einem Investitions164  Vgl.

Kumm, The Legitimacy of International Law, S. 914. Legitimacy, S. 154.

165  Bernstein,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

schutzabkommen und einer Verfahrensordnung als geäußerter Wille der beteiligten Staaten zur Begründung von Legitimität an ihre Grenzen. 3. Konstitutionalisierungs- und Fragmentierungsprozesse Möglicherweise haben jedoch Konstitutionalisierungsprozesse und insbesondere durch dynamische Verpflichtungen hervorgerufene Subregime wie das Investitionsschutzrecht Ordnungen geschaffen, die eigenständige Legitimitätsanforderungen implizieren.166 Denn in den letzten Jahrzehnten ist ein Wandlungs- und Ausdehnungsprozess im Völkerrecht sowohl hinsichtlich der Völkerrechtssubjekte als auch bezüglich der erfassten Rechtsmaterien zu erkennen. Obwohl zunächst durch den Kalten Krieg behindert, schien sich ab den 1960er Jahren eine Ansicht zu etablieren, die das Völkerrecht nicht mehr als bloßes Koexistenzoder Koordinationsvölkerrecht, sondern als Kooperationsvölkerrecht wahrnahm. Insofern erscheint es auch aus diesem Grund nicht unangemessen, das bilaterale oder multilaterale Konsensprinzip des hergebrachten Staatenrechts zu hinterfragen. Es ist zwar noch immer die wesentliche Grundlage für die nach außen tretende Gültigkeit und mithin die Existenz internationalrechtlicher Normen.167 Der Konsens, der auf Staatswillen basiert, relativierte sich inzwischen aber merklich durch Entwicklungen der Hierarchiebildung innerhalb völkerrechtlicher Normbeziehungen durch Überordnung und Herausbildung von ius cogens- und erga omnes-Regeln sowie durch den Primat der UN-Charta. Die zunehmende Verrechtlichung im internationalen Bereich führte insbesondere zu zwei neueren Großentwicklungen im Völkerrecht: der Konstitutionalisierung einerseits und der Fragmentierung andererseits. Während eine Konstitutionalisierung des Völkerrechts durch die immer weitergehende rechtliche Verdichtung und Einbeziehung des Individuums in das Völkerrecht – sowohl mit Rechten als auch mit Pflichten – vorangetrieben wurde, haben insbesondere internationale Organisationen mit ihren eigenen Regelungen zu self-contained regimes geführt, die ihrerseits eine Aufspaltung, eine Fragmentierung des Völkerrechts in eigenständige Teilbereiche mit eige­nen Regelungen bedingen. Die Staaten sehen sich nunmehr einer Vielzahl von Verpflichtungen aus einem immer größer werdenden Korpus an internationalen Normen konfron166  Zur

Herausbildung normativer Ordnungen Forst/Günther, S.  2 ff. Politics or Rule of Law, S. 8.

167  Georgiev,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht89

tiert.168 Die Auffächerung der Themenbereiche, denen sich das internationale Recht heute widmet, ist beeindruckend und betrifft nahezu alle Felder, in denen bisher nur die Staaten selbstständig tätig waren.169 Mit der Ausdehnung der vom Völkerrecht erfassten Bereiche des menschlichen Lebens gingen auch eine zunehmende Spezialisierung und eine Verselbstständigung, mithin die Entstehung von Regimen einher, die eine globale Herrschaft, eine Governance ausüben. Wie sich diese völkerrechtlich ausdifferenzierten Bereiche oder Regime zueinander und zum allgemeinen Völkerrecht verhalten, welche Wechselwirkungen oder Spannungsfelder es gibt, ist derzeit ein höchst umstrittener Gegenstand der völkerrechtlichen Diskussion.170 In jedem Fall ist dies eine Entwicklung, die nicht unvorhersehbar war, wenn bereits Hans Kelsen (1881–1973) vom Völkerrecht als einer normativen Ordnung sprach, deren Wirkungsbereiche durch keine sonstigen Normen beschränkt seien.171 Insofern wohnt dem Völkerrecht nicht von ungefähr eine gewisse Expansionsfähigkeit inne, die sich nicht nur auf die Regu­lierungsgegenstände, sondern auch auf die Rechtssubjekte erstreckt. Trotz aller Expansion sind und bleiben zunächst die Staaten die Herren des Völkerrechts. Ihnen obliegt es, Regelungen zu setzen sowie sie zurückzunehmen und Gegenentwicklungen zu initiieren. Dennoch sind irreversible Auswirkungen von Entwicklungen nicht ausgeschlossen und in manchen Bereichen Gegenentwicklungen schwer denkbar, beispielsweise bei ius cogens-Normen oder im Menschenrechtsregime. In Bereichen, die sich weniger technischen Fragen widmen, wie es hingegen das Konsular- und Diplomatenrecht, oder auch das frühe Fernmelderecht des ausgehenden 19. Jahrhunderts taten, sondern in neueren, erdübergreifenden und aktuellen Belangen, wie dem internationalen Finanzrecht, dem Handelsrecht, dem Klima- und Naturschutzrecht, dem Recht des Welterbes oder auch der internationalen Sicherheit und der Menschenrechte, sind die Staaten auf umfassende Kooperation angewiesen und die Souveränität der einzelnen Staaten erscheint weniger berücksichtigungsfähig. Vielmehr gerät nunmehr die Dienlichkeit für die individuellen Menschen in den Mittelpunkt, zu deren Nutzen letztlich auch Staaten geschaffen worden waren. Wenn nun aber bestimmte Regelungsgebiete im Sinne einer nützlichen Entwicklung für die Menschen auf internationaler Ebene effektiver als auf Staatenebene geregelt werden können, sprechen letztlich auch Vernunft168  Zoellner,

Third Party Participation, S. 181. Study Group of the International Law Commission, Fragmentation, S. 3 ff. 170  Vgl. hierzu Kleinlein, Konstitutionalisierung im Völkerrecht, S. 676 ff. 171  Kelsen, Principles of International Law, S. 177 ff. 169  Vgl.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

überlegungen dafür, sie dorthin zu verlegen und nicht an tradierten Souveränitätsdogmen festzuhalten. Dabei können sich aber auf internationaler Ebene einzelne Institutionen zu in sich abgeschlossenen (self-contained) Regimen entwickeln, die miteinander konkurrieren können,172 zum Beispiel wenn bestimmte Fallkonstellationen die Einschlägigkeit mehrerer Regime begründen.173 In eher verbindender Stoßrichtung hat sich im Rahmen von Querschnittsthemen, die nahezu alle Staaten betreffen, im Zusammenhang mit der zunehmenden Verdichtung der Beziehungen zwischen den Staaten und einer entstehenden quasi-verfassungsrechtlichen Normenhierarchie im Völkerrecht der Gedanke der Konstitutionalisierung des Völkerrechts entwickelt.174 Nicht zuletzt durch das UN-System entstand ein neuer formeller, aber auch materieller Legalitätsrahmen im internationalen Recht. Ein konstitutionalisiertes System vermag es, materielle Werte zur Verfügung zu stellen und diese Werte wiederum in Frage zu stellen und zu überdenken. So können grundsätzliche Maßgaben der UN-Charta wie das Interventions- und das Gewaltverbot mehr und mehr mit anderen Werten wie dem Menschenrechtsschutz, welcher ebenfalls in der UN-Charta angelegt ist, abgewogen werden. Die Legalität im Völkerrecht ergibt somit bereits ein Normsystem, das von bestimmten Grundwerten und Entwicklungen geprägt ist. Der nicht unumstrittene Konstitutionalisierungsprozess ist dabei einer, der auch auf das Investitionsschutzregime zurückwirken kann. Er kennzeichnet, dass bestimmte Grundannahmen nicht mehr Gegenstand politischer Auseinandersetzung sind, sondern zu deren Grundlage werden. Wenn also beispielsweise bestimmte Behandlungsstandards im Investitionsschutzrecht als solche Grundannahmen angesehen würden, könnte dies zu einer Konstitu­ tionalisierung innerhalb dieses Rechtsregimes selbst führen, die wiederum in Rückkopplung mit dem allgemeinen Völkerrecht agiert.175 Denn die unterschiedlichen Rechtsregime stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern korrespondieren mit dem allgemeinen Völkerrecht, und sei es nur dadurch, dass dessen Normen subsidiär angewendet werden. Problematisch erscheint aber, dass das Völkerrecht für Regimekonflikte keine klaren Normen vorgibt. Vielmehr bestimmt es oft nur einen höchst prozeduralen und 172  S. Roberts,

After Government, S. 1 ff. dieser Fragmentierung und der Kollision von Regimen siehe insbesondere Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Collisions, S. 1004. 174  Dazu ausführlich Kleinlein, Konstitutionalisierung des Völkerrechts, S. 5 ff. 175  Zu dieser Kopplung Koskenniemi, The Fate of Public International Law: Constitutional Utopia or Fragmentation?, S. 26. 173  Zu



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht91

institutionellen Rahmen. In bestimmten Fällen kann aber gerade entscheidend sein, welche materielle Norm aus welchem Regime anwendbar ist. Auch im Investitionsschutzrecht ist zu beobachten, wie sich Strukturen von Governance anstelle von Government entwickeln.176 Das heißt zum Beispiel, dass sich ohne klassisch-staatliche oder rechtsstaatliche Regierung eine quasi-autonome Verwaltung bildet, in der ausschließlich pragmatische Prinzipien herrschen. In solchen Systemen besteht stets die Gefahr, dass im gleichen Maße die rechtliche Methodologie zugunsten von Argumenten aus dem politischen oder wirtschaftlichen Bereich verdrängt wird. Damit verbunden sei nach Martti Koskenniemi (*1953) ein Übergang von Legalität zu Legitimität in der argumentativen Betrachtung. Legalität habe mit ihrer ausdrücklichen Differenzierung zwischen legal und illegal ein hartes Urteil zur Folge, das auf diese kaum fassbaren Bereiche nicht passe.177 Argumentiert werde im Kritikfalle demnach in solchen Governance-Strukturen wegen der offensichtlich größeren Offenheit des Begriffs eher mit fehlender Legitimität als mit mangelnder Legalität. Ein Grundproblem dieser Fragmentierung ist weiterhin, dass eine einheitliche Rechtsgemeinschaft durch eigenständige, sich überlappende Rechtsgemeinschaften ersetzt wird, die wiederum eigenständige Rechtsauffassungen vertreten können.178 Diese können sich in den fundamentalsten Rechtsansichten über die Quellen der Normbildungen unterscheiden. So haben sich, obwohl Art. 38 des IGH-Statuts einen numerus clausus an Rechtsquellen vorgibt, in vielen Bereichen des internationalen Rechts neue Methoden und Rechtsquellensysteme herausgebildet, die kaum noch auf Art. 38 des IGHStatuts zurückgeführt werden können.179 Dies betrifft zum Beispiel die Begründungsmuster in Urteilen sowie Normen hinsichtlich Transparenz oder Verhältnismäßigkeit, die in Tribunal-basierten Konfliktlösungssystemen eher auf einer Doctrine of Precedent beruhen können. Um Freiräume zu füllen und Konflikte zu lösen, können aber auch legitimitätsrelevante Aspekte eingreifen. Diese müssen jedoch einen Rechtscharakter besitzen und dürfen sich nicht auf politische, wirtschaftliche oder Effizienzargumente beschränken. Daher treten die Grundlagen der Normentstehung in den Fokus. Die entsprechenden Bedingungen müssen nicht unbedingt demokratischen Vorga176  Insofern hat gerade die Proliferation der Abkommen und Verfahren im Investitionsschutzrecht zu einer Fragmentierung des Völkerrechts beigetragen, Ten Cate, International Arbitration and the Ends of Appellate Review, S. 1173. 177  Vgl. Koskenniemi, Formalism, Fragmentation, Freedom, S. 14. 178  Cohen, Fragmentation of Legitimacy, S. 49. 179  Ebd.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

ben entsprechen, wie sie uns auf nationalstaatlicher Ebene begegnen und wie sie bisweilen für supranationale Institutionen wie die EU angestrebt werden. Vielmehr müssen die Bedingungen der Normkreierung den speziellen Konditionen des Völkerrechts beziehungsweise des jeweiligen Rechtsregimes im Konkreten angepasst sein. Im nationalen Recht wird die Ausübung hoheitlicher Gewalt regelmäßig über ihren Ursprung legitimiert, das heißt in einem demokratischen Sinne über die Zustimmung der Mehrheit des jeweiligen Staatsvolks zu einer Regierung, die wiederum staatliche Befugnisse verteilen kann. Vergleichbar kann im Völkerrecht der Staatenkonsens herangezogen werden. Hier legitimierte dieser dann grundsätzlich rechtliche Bestimmungen in Abkommen. Diese völkerrechtliche Legalität nimmt in jedem Fall auch weiterhin eine nicht zu unterschätzende Funktion ein. Denn durch positivierte Rechte sehen die Rechtssubjekte ihre Interessen manifestiert und gewährleistet. Insofern entsteht Rechtssicherheit, unter anderem gestützt auf Vertrauensaufbau durch Vorhersagbarkeit und Kooperation zwischen den Rechtssubjekten. Dieses ist auch entscheidend für die Differenzierung zwischen Recht und Unrecht. Auch wenn es keinen abgeschlossenen konstitutionellen numerus clausus an Rechtsquellen und auch keine zentrale Entscheidungs- oder Durchsetzungsinstanz im Völkerrecht gibt, besteht ein dem Recht üblicherweise eigener Anspruch auf Objektivität ebenfalls im Völkerrecht. Als grundsätzlich noch immer zwischenstaatliches Recht ist erkennbar, dass dem Staatswillen als Ausdruck der prinzipiell gleichen Souveränität der Staaten ein wesentliches Gewicht zukommen muss. Die positiv-rechtlichen völkerrechtlichen Normen und mithin die Legalität haben insofern auch auch eine Garantiefunktion. Der Staatenkonsens war damit lange Zeit entscheidender Geltungsgrund des Völkerrechts. Allein die Zunahme des Kreises der Völkerrechtssubjekte und weitere Entwicklungen – wie eine Hierarchisierung der internationalen Normen – haben dazu beigetragen, dass dies nicht mehr einzig entscheidend sein kann. Dass der Staatswille zur Herrschaftsrechtfertigung in ausdifferenzierten und weitgehend autonom funktionierenden Rechtsregimen nicht mehr ausreicht, ist bereits skizziert worden. Somit ist ein Umbruch im Völkerrecht erkennbar. Das ursprünglich als Staatenrecht konzipierte und auf Konsens gegründete System wird seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch neuere Entwicklungen in seinen Grundfesten erschüttert und bedarf somit auch in seinen rechtsphilosophischen Begründungsansätzen neuer Fundamentierung, die unter dem Stichwort Legitimität hinterfragt werden kann. Ein solcher Begründungsprozess würde dann als Legitimation betrachtet werden können.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht93

Durch den vielfältigen Kompetenzzuwachs internationaler Organisationen und das Erscheinen neuer Akteure auf dem internationalen Parkett entsteht ein neuer Charakter des internationalen Rechts. Während das hergebrachte Völkerrecht eine Koexistenzordnung erschuf, die widersprechende Rechtsund Moralvorstellungen der beteiligten Staaten insbesondere durch die Errichtung von formalisierten Legalitätsmaßstäben auf einen Nenner zu bringen suchte, verlangt Legitimität im Völkerrecht mehr als das und könnte es vermögen, dem modernen Völkerrecht eine angemessene Rechtskonzeption zur Seite zu stellen. Der tradierte Grundsatz, dass der Staatenkonsens entscheidend sei – und mithin die Annahme „Legitimität ist gleich Legalität“ – kann bei einem inzwischen so hochkomplexen und ausdifferenzierten Völkerrecht, wie wir es heute vorfinden, nicht mehr ausreichen, um Legitimität zu begründen. Folglich müssen andere Ansätze gefunden werden, um Maßstabsbildungen für völkerrechtliche Systeme zu ermöglichen. 4. Normenhierarchische Systeme und „geologische Schichten“ Legalität tritt aber auch bei neuer Maßstabsetzung nicht völlig hinter Interpretationen einer vageren Legitimität zurück. Denn neben der Garantiefunktion völkerrechtlicher Abkommen und des Gewohnheitsrechts können auch rechtslogische Prinzipien, die ebenfalls zur Legalität gehören, durchaus dazu beitragen, Konflikte im Einzelfall zu lösen.180 Dazu zählen nicht zuletzt die Prinzipien lex specialis derogat legi generali und lex posterior derogat legi priori (Art. 30 WVK) und das der systemischen Integration (Art. 31 Abs. 3 lit. c) WVK) sowie Prinzipien der Vereinten Nationen, wie sie sich aus der Charta und der Friendly-Relations-Declaration ergeben.181 Zudem können Normenhierarchien zur Lösung von Rechtsproblemen beitragen. So besteht zwar im Völkerrecht grundsätzlich kein striktes Normenüberordnungsverhältnis, dennoch haben sich bestimmte Regeln als unverzichtbar erwiesen.182 Dies sind zunächst Normen des zwingenden Völkerrechts (ius cogens, vgl. Art. 53 WVK), aber auch Verpflichtungen, die gegenüber allen (erga omnes) wirken, sowie Art. 103 UN-Charta, der bestimmt, dass bei Widersprüchen zwischen den Verpflichtungen von Mitglie180  Kleinlein,

Konstitutionalisierung im Völkerrecht, S. 620. diesen Prinzipien Muñoz Hernández, Legitimität und Legalität, S. 155 ff. 182  „Drawing analogies from the hierarchical nature of domestic legal system is not generally appropriate owing to the differences between the two systems. Nevertheless, some rules of international law are more important than other rules and for this reason enjoy a superior position or special status in the international legal system.“, Study Group of the International Law Commission, Fragmentation, S. 20. 181  Zu

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

dern der Vereinten Nationen aus der UN-Charta und ihren Verpflichtungen aus anderen internationalen Übereinkünften die Verpflichtungen aus der Charta Vorrang haben. Heute gelten einige materielle Werte wie das Sklavereiverbot und das Folterverbot als zwingendes Völkerrecht, also Recht, welches selbst durch anderslautende Vereinbarungen oder Erklärungen nicht abbedungen werden darf. Die völkerrechtliche Gemeinschaft anerkennt damit bestimmte Mindeststandards an materiellen Werten und verleiht ihnen Rechtswirkung. Darin kann ein sich in der internationalen Gemeinschaft entwickelnder „überlappender Konsens“ hinsichtlich der bindenden Anerkennung bestimmter Normen erkannt werden.183 Wenn dem so ist, dann heißt das, dass die völkerrechtliche Gemeinschaft in der Lage ist, solche Werte und Normen anzunehmen und sie in folgenden Entwicklungen vorauszusetzen. Dies ist eine wichtige Feststellung, die für eine konzeptionelle Rechtsprinzipien­ ermittlung hilfreich ist. Denn sie könnte auch bei Normen geringerer Intensität und Wirkung als denen des ius cogens nutzbar gemacht werden und auch zur Konfliktlösung im internationalen Investitionsschutzrecht beitragen, wenn beispielsweise Investoren auf die uneingeschränkte Geltung von Behandlungsstandards verweisen, diese jedoch gegen andere, im Investitionsschutzrecht oder auch im allgemeinen Völkerrecht anerkannte Werte abgewogen werden könnten. Auch wenn bei vielen positiv-rechtlichen Normen des Investitionsschutzrechts, wie den materiellen Standards oder dem In-der-Lage-Sein von Investoren, ein Verfahren einzuleiten, noch nicht von einer solchen gemeinschaftlichen Überzeugung ihrer Gültigkeit ausgegangen werden kann, so zeigt sich dennoch, dass es grundsätzlich möglich ist, dass die Staaten solche Standards allgemein anerkennen könnten, was wiederum zu einer Hierarchie innerhalb dieses Normsystems führen würde. Auf Ebene der Legalität könnte in einem normhierarchischen Sinn bereits das Prinzip der Zusammenarbeit der Staaten aus Art. 56 in Verbindung mit Art. 1.3, Art. 13 und Art. 55 der UN-Charta dazu führen, dass industrialisierte Staaten Entwicklungsländer nicht mit Mitteln von Investitionsschutzabkommen dazu zwingen können dürfen, bestimmte Verhaltensweisen zu dulden, die zum Beispiel mit menschenrechtlichen Standards in Konflikt stehen können. Eine vertikale Strukturierung des Völkerrechts nimmt ebenfalls Joseph H. H. Weiler (*1951) wahr, wenn auch mit einer anderen Ausprägung. Bezüglich der Debatte um die Legitimität im Völkerrecht untergliedert er zunächst den Entwicklungsprozess des Völkerrechts im 20. Jahrhundert in drei 183  Paulus,

Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, S. 284.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht95

sich ergänzende Bereiche: transaction, community und governance.184 Obwohl die Bereiche unterschiedlich seien und erst in ihrer Gesamtheit den Expansionsprozess des Völkerrechts umfassend beschreiben könnten, stünden sie nach Weiler zueinander in einem Schichtenverhältnis, bei dem jeweils der eine das Fundament des anderen bilde. Für jeden dieser drei Bereiche seien aber jeweils eigene Legitimationsquellen einschlägig. Nach Weiler arbeite das Völkerrecht also als Koordinationsrecht auf Grundlage dieser drei „command modes“, die man als geologische Schichten betrachten könne und die sich gegenseitig ergänzten und stützten („Geology of International Law“).185 Jeder dieser „Schichten“ oder Regulierungsarten komme dabei eine eigene Legitimationsform zu. Die erste und früher herrschende Schicht bezeichnet Weiler als „Trans­ action“. Sie sei im Rahmen der bilateralen Staatsbeziehungen besonders dann relevant, wenn im Völkerrecht die souveränen Staaten gleichrangig aufeinander treffen, um ihre jeweiligen nationalen Interessen durchzusetzen. Hierbei diene das Völkerrecht zur Effektivierung der ohnehin bestehenden zwischenstaatlichen Zusammenarbeit. Klassische Internationale Organisationen wie der Weltpostverein seien diesem „command mode“ zuzuordnen.186 In einer quasi-legislativen und verfassungsrechtähnlichen Schicht des Völkerrechts, die Weiler „Community“ nennt, seien neue Formen interna­ tionaler Organisationen aufgetreten, die aus multilateralen Staatenbeziehungen hervorgingen. Diese internationalen Organisationen beruhten auf internationalen Verträgen („rechtsetzende Kollektivverträge“) und könnten unabhängig von ihren Mitgliedstaaten eigene Ziele festlegen und beträfen Bereiche, die einer staatenübergreifenden Regelung bedürfen. Dies seien zum Beispiel Umwelt- oder Menschenrechtsbelange.187 Im Rahmen einer dritten Schicht, die Weiler die regulatorische nennt – „International Law as Governance“ – kämen internationale Rechtsregime in Betracht, die zu einer weitreichenden Normierung geführt hätten. Hier bildeten sich Organisationen, die Staaten neue Pflichten auferlegen könnten, auf die diese immer weniger Einfluss hätten und die sogar Bereiche beträfen, die nach innerstaatlichen Maßstäben in den freien Verfügungsraum der Individuen fielen und die sich von den ursprünglich normierten Bereichen weit entfernten.188 184  J.

Weiler, The Geology of International Law, S. 551. S. 548. 186  Ebd., S. 553. 187  Ebd., S. 556. 188  Ebd., S. 559. 185  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Das internationale Investitionsschutzrecht würde zu dieser dritten Kategorie zu zählen sein. Hinsichtlich dieser Schicht erachtet Weiler als Legimitätsanforderung Demokratie für notwendig.189 Gleichzeitig bezweifelt Weiler aber das Vorliegen eines Demos im völkerrechtlichen Bereich und zweifelt auch am Sinn, im Meso- und Mikrobereich internationaler Regulierung klassische, aus dem staatlichen Bereich bekannte Demokratieanforderungen anzuwenden. Letztlich weist er darauf hin, dass Netzwerktheorie und Konstruktivismus zwar hilfreich seien, um das Bestehen und Funktionieren internationaler Governance zu beschreiben, dass sie aber zur Lösung von normativen und Legitimitätsfragen nicht beitragen könnten, sondern sie hingegen noch verkomplizierten.190 Vielmehr seien Mechanismen zu finden, wie diese modernen Strukturen zu legitimieren sind, wenn die Grundlagen für Demokratie gerade fehlen.191 Dem ist zuzustimmen. Denn das Völkerrecht, das wesentlich auf Staatenkonsens beruht, benötigt weniger demokratietheoretische Komponenten, als es auf einen ersten Blick erscheinen mag, welcher Legitimität allein aus einer staatstheoretischen Perspektive beleuchtet.192 Dies schließt aber nicht aus, dass eine Stärkung der nationalen Parlamente mit einer Erhöhung der Legitimität von investitionsschutzrechtlichen Institutionen und Entscheidungen einhergehen kann. Wenn das internationale Investitionsschutzrecht in sinnvoller Weise als eine moderne Form von Global Governance betrachtet wird, kann ein erhöhter Einfluss nationaler Parlamente zu einer „Auflockerung des Systems“ und einer stärkeren Verankerung demokratietheoretischer Vorstellungen beitragen. Aber gerade im Völkerrecht können und sollten Legitimierungsansätze zur Geltung kommen, die über die nationalstaatlichen Begründungsmuster hinausgehen. Dazu bedarf es zunächst einer weiter gehenden Analyse seiner funktionalen Strukturen. 5. Global Governance und Kooperationsvölkerrecht Durch die Fortentwicklung multilateraler Verträge und internationaler Organisationen, in denen das Mehrheitsprinzip anstelle des Konsenses im Vordergrund steht, zeichnete sich im 20. Jahrhundert im Völkerrecht bekanntlich eine Entwicklung zum Kooperationsvölkerrecht ab, bei dem Staaten zusammenarbeiten, um gemeinsam gesetzte Ziele zu erreichen.193 189  „When 190  Ebd.

there is governance it should be legitimated democratically.“, Ebd., S. 560.

191  Ebd., S. 561 f.; zu weiteren alternativen Legitimationsansätzen, die nicht auf Demokratiemodellen basieren, Zoellner, Transparenzprinzip, S. 445. 192  Für eine grundlegende Kritik an demokratietheoretisch verankerten oder zumindest angelehnten Konzeptionen siehe Reisman, The Democratization, S. 15. 193  Nettesheim, Das kommunitäre Völkerrecht, S. 571.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht97

Die Herausbildung einer Herrschaftsart mit hoher Reichweite, wie sie nunmehr bei vielen internationalen Organisationen oder Institutionen mit Global-Governance-Strukturen auftritt, bedingt aber höhere Legitimationsmaßstäbe, als bei Institutionen, die auf dem reinen Konsensprinzip basieren. Dies hat nachvollziehbare Gründe. So sind die materiellen Normen, welche die zwischenstaatliche Kooperation ermöglichen sollen, oftmals unbestimmt und erlauben den Verantwortungsträgern weite Handlungsspielräume, auch können in bestimmten Bereichen wie im Menschenrechtsschutz oder im Welthandelsrecht Regelungsdichten und Präzision erreicht werden, die mit staatlichen Rechtsordnungen vergleichbar sind.194 Mangels weltumspannender Wertvorstellungen war es aber durchaus schwierig, Völkerrecht als Werteordnung wahrzunehmen, obwohl gerade hier eine Art der Herrschaft entstand, die in besonderer Weise legitimationsbedürftig erscheint. Dies liegt auch daran, dass aus westlicher, verfassungsstaatlicher und demokratischer Perspektive eine umgekehrt proportionale Entwicklung zwischen dem Anwachsen der gubernativen und administrativen Befugnisse internationaler Instanzen einerseits und dem Schrumpfen des Einflusses nationaler demokratisch legitimierter Instanzen andererseits Kritik hervorruft. Überspitzt könnte man formulieren, dass die in vielen Nationalstaaten errungene Verbindung von Demokratie und Herrschaft des Rechts zerstört wurde, ohne dass auf der substituierenden völkerrechtlichen Ebene ein äquivalentes Surrogat geschaffen wurde. Dies alles geschah unter weit verbreitetem Nichtwissen des innerstaat­ lichen Souveräns, des Volkes, welches internationalrechtliche Entwicklungen weniger beobachtet als innerstaatliche und dadurch den Verlust seiner Rege­ lungsbefugnisse weniger realisiert. Insofern müssten aus dieser Perspektive die Anstrengungen der Erlangung der Regelungsgewalt durch das Volk teilweise erneut beginnen. Anzuzweifeln ist, ob die Loslösung von materiellen Werten, um Spielräume für verschiedenartige Wertvorstellungen und deren Umsetzung auf dem Weg zu Endzielen zu ermöglichen,195 wirklich zielführend sein kann. Denn wenn Normen sogar ermöglichen, dass entgegengesetzte Werte unter sie subsumierbar sind, kann ihre Kraft stark bezweifelt werden. Koskenniemi beobachtet bereits ein Nachlassen der normativen Kraft des klassischen Völkerrechts,196 vermeidet es aber, hinsichtlich der E ­ ntwicklungen Herdegen, Völkerrecht, § 2, Rn. 24. Lücken im Völkerrecht, S. 42. 196  Koskenniemi, The Fate of Public International Law: BetweenTechnique and Politics, S. 2. 194  Vgl.

195  Fastenrath,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

im Völkerrecht von einer Legitimitätsproblematik zu sprechen. Die Begründung für das Schwinden der normativen Kraft des Völkerrechts sieht er in einer „Technisierung“ desselben. Bereits seit dem 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit habe es Bemühungen gegeben, das Völkerrecht zu objektivieren und von seiner politischen Komponente zu lösen.197 Koskenniemi kennzeichnet dabei mit managerialism eine Einstellung, die komplexe politische Konflikte auf strategische Vereinfachungen reduziert.198 Eine solche Global Governance bezeichne zwar einerseits eine zunehmende Verrechtlichung auf internationaler Ebene, aber andererseits eine Schwächung traditioneller Grundprinzipien des Völkerrechts und letztlich auch des traditionellen Zustandekommens völkerrechtlicher Normen, nämlich als Ergebnis eines Staatenkonsenses. Bei der Nutzung des Begriffs der Global Governance oder der Govern­ ance without Government beziehe man sich auf Regelungsbereiche, die ohne zentrale Institutionen auskommen. Wenn das Völkerrecht oder Teile dessen als ein solcher Herrschaftsbereich begriffen werden, dann verlangen gerade diese nach eigenständigen Legitimationsmaßstäben. Inzwischen zeigt sich aber eine Verschränkung verschiedener internationaler Rechtsgebiete, wie zum Beispiel des WTO-Rechts mit dem Menschenrechtsschutz oder dem internationalen Umweltrecht.199 Hier entstehen für beteiligte Staaten verknüpfte Drucksituationen, die zu individuellen staat­ lichen Verpflichtungen ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung der Staaten führen können. So kann das Fernbleiben von derartigen Regimes solch schwerwiegende Beeinträchtigungen nach sich ziehen, dass letztlich nicht mehr von Freiwilligkeit gesprochen werden kann.200 Gerade auf dem Gebiet des Investitionsschutzrechts zeigt sich, dass ebendies gelten könnte. So ist es möglich, dass benachbarte Staaten der Dritten Welt, die sich miteinander in einer Konkurrenzsituation um die Anziehung ausländischer Investitionen empfinden, einen Zwang verspüren, Investitionsschutzabkommen abzuschließen, um den Investoren aus Indus­ triestaaten zu vermitteln, dass im jeweiligen Staat ein gutes Investitions­ klima herrscht, um gegenüber den konkurrierenden Staaten als attraktiver zu erscheinen. Dies schränkt ebenso die Freiheit und Souveränität der Staaten ein, wie die spätere Auslegung der oftmals weiten Klauseln in Koskenniemi, The Politics of International Law, S. 6. The Politics of International Law – 20 Years Later, S. 16. 199  Kumm, Legitimacy of International Law, S. 913. 200  s. Buchanan/Keohane, The Legitimacy of Global Governance Institutions, S.  27 f. 197  s. dafür

198  Koskenniemi,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht99

Investitionsschutzab­kommen durch die internationalen Schiedsgerichte, deren Entscheidungen erheblichen Einfluss auf viele Menschen im Gaststaat haben können. Auch Alain Pellet (*1947) nimmt diese Ungleichgewichte innerhalb solcher Institutionen der Global Governance wahr, die zwar formell den Willen der Staaten respektieren, jedoch einen nicht unerheblichen Druck ausüben. Er geht jedoch davon aus, dass selbst wenn die Machtungleichgewichte in diesen Institutionen zwar unfair sein mögen, deshalb noch nicht zwangsläufig an der Legitimität der entsprechenden Institution gezweifelt werden müsse.201 Dem ist auch zuzustimmen, wenn sich Legitimität wesentlich als Legalität darstellt. Dann beruht sie einzig auf der formellen Zustimmung der Staaten zu dem System oder der jeweiligen Institution. Doch ist ebenso nachvollziehbar, dass in demokratischen Rechtsstaaten ein Unbehagen entstehen kann, wenn der Staatswille, der sich in Form der Zustimmung zu einer internationalen Institution äußerte und sich in einem demokratischen Prozess entwickelt hat oder haben musste, letztlich keinen oder kaum Einfluss auf das tatsächliche Handeln der internationalen Institution ausübt, wenn diese einmal installiert wurde. Bei Abschluss eines jeden Abkommens, das einer Institution quasi-hoheitliche Rechte einräumt, seien sie legislativ, exekutiv oder im Wesentlichen judikativ, wie bei investitionsschutzrechtlichen ad hoc-Tribunalen, sollte daher darauf geachtet werden, ob die Möglichkeit des Abweichens oder einer weitreichenden Interpretation des ursprünglichen Staatswillens besteht. Sollte dies der Fall sein, erscheinen prophylaktische Eingrenzungen der Handlungsmacht der jeweiligen Institution im Vorhinein angebracht, ohne den dynamischen Charakter des zugrunde liegenden staatlichen Einverständnisses aufzugeben. Dieses staatliche Einverständnis, wie es sich zuvörderst in Abkommen widerspiegelt, und mithin die Legalität des internationalen Rechts, muss als Kompromiss zwischen den Ansichten verschiedener Staaten immer Ausgangspunkt aller Betrachtungen sein. Bei einer Materie wie dem Völkerrecht, bei der es noch weit mehr auf Koexistenz und Kompromiss ankommt als in anderen Rechtsgebieten, kann aber dennoch Legalität weniger wichtig werden, falls legitime Ziele verfolgt werden. Dies gilt umso mehr, wenn Blockaden aufzulösen sind. Denn Legitimität übt eine Zugfunktion für Legalität aus. Wenn die Rechtsetzung schwerfälliger als nötig ist, kann es erforderlich sein, Legalität zu umgehen, um wichtige Ziele durchzusetzen. Es erfolgt dann eine Abwägung, zwischen „gegossener“ Legalität einerseits 201  Pellet,

Legislative and Executive Actions, S. 71 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

und Durchsetzung und Umsetzung der Legitimität im Völkerrecht andererseits, das heißt also Umsetzung legitimer Ziele ohne Legalität.202 Legitimität stellt dann eine Ausprägung des Rechts dar, die sich im konkreten Fall äußert und über Legalität hinwegsetzt. Dies ist bei nicht mehr zeitgemäßer oder fehlerhafter Legalität auch erforderlich. Nur so kann das Recht als solches Fortbestand haben. Denn die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts bilden einen wesentlichen Grundstein für dessen Geltung.203 So wird die Rechtspraxis durch Anwendung überlegaler, legitimer Maßstäbe verändert und zwingt die Legalität, sich ihr mittelfristig anzupassen (Zugfunktion). Insofern kann ein Zustand, bei dem Legalität und Legitimität auseinanderklaffen, nicht über einen längeren Zeitraum bestehen. Beide Aspekte bedingen einander. Es besteht aber durchaus eine große Gefahr durch Eigendefinition von Legitimität. Dabei ist Koskenniemi jedoch nicht vollständig zu folgen, wenn er in der Einführung des Legitimitätsbegriffs im Völkerrecht eine Art „Ersatznormativität“ sieht.204 Für ihn ist die Legitimität im Völkerrecht mehr ein „Gefühl“ oder eine „psychologische Sache“.205 Dies verkennt jedoch die oben dargelegten, nicht zu unterschätzenden Funktionen von Legitimität und Legitimation. Zwar darf das geltende legale Recht nicht zu einer zweitrangigen Betrachtungsgröße degradiert werden. Insofern muss der Legalität im Völkerrecht stets ein nicht unbedeutendes Gewicht zukommen, da sie bei allen Legitimitätsvorstellungen zumindest ein wichtiges Element bildet. Denn gerade wenn ein normativer Dissens herrscht, wie er zwischen Staaten regelmäßig vorliegen kann, erlangen formelle Normen eine herausragende Rolle. Positives Recht muss trotz oder gerade auch wegen seines Formalismus stets die Oberhand gegenüber technischen und politischen Überlegungen haben. So hat das positive Recht zwar einen entscheidenden Geltungsanspruch, darf sich jedoch auch nicht neuen Entwicklungen verschließen und muss sich als anpassungsfähig erweisen, um auf längere Sicht nicht seinen Geltungsanspruch 202  Wegen der friedenssichernden Funktion der Legalität darf dies aber bei bestimmten Verstößen gegen die Legalität, wie bei schweren Souveränitätsverletzungen der Staaten, nur unter der Voraussetzung der Abwägung mit höchsten Rechtsgütern erfolgen, wie zum Beispiel bei schwersten Bedrohungen für Leib und Leben von Menschen. Für bestimmte Fälle wurde dabei auch in der Völkerrechtswissenschaft die umstrittene Figur der humanitären Intervention entwickelt. Eine Relation zwischen der Schwere des Eingriffs und den zu schützenden Interessen Dritter ist bereits hier erkennbar und wird später noch unter dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen der neu erarbeiteten Legimitätskonzeption näher skizziert werden. 203  Vgl. Gessner/Winter, Empiricism and Legal Practice, S. 168. 204  Koskenniemi, Formalism, Fragmentation, Freedom, S. 16. 205  Ebd., S. 15.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht101

einzubüßen. Die Zugfunktion der Legitimität wirkt dann effektiv auf die Legalität ein. Es mag paradox klingen, doch trägt die Veränderung des positiven Rechts damit zu dessen Überleben auch als geltendes Recht bei. Man befindet sich bei der Legitimitätsdiskussion jedoch auf einer Gratwanderung zwischen der Setzung von Zielen für das positive Recht einerseits und willkürlicher Missachtung des positiven Rechts andererseits, wenn es den gewünschten Zielen nicht entspricht. Daher sollte das positive Recht stets besondere Berücksichtigung erfahren. Der politische Liberalismus führte ursprünglich dazu, dass er den Staat darauf beschränkte, einen Koexistenzrahmen zu bilden, in welchem auch entgegengesetzte Wertvorstellungen neben- und miteinander existieren können. Das Recht wird dabei zum Mittel, diesen Zustand zu erhalten und kommt mithin nach liberalem Verständnis des 19. Jahrhunderts ohne eine zusätzliche normative Begründung aus. Auch die Grundrechte bildeten dementsprechend zunächst keine materiellen Wertvorstellungen, sondern dienten zum Erhalt der individuellen Freiheitssicherung, um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen, in dem einander widersprechende Ansichten bestehen können. Ähnliches hat sich im Völkerrecht vollzogen. Aufgrund der Prinzipien der Souveränität und der Gleichrangigkeit der Staaten sowie ihrer normativen Maßgaben gründet der traditionelle Völkerrechtsrahmen nicht nur auf Kompromissen, sondern auch auf der Intention, der Willkür Schranken zu setzen und mithin auf der unbedingten Gültigkeit des gesetzten Rechts, der Legalität, als zunächst einziger Quelle der Verbindlichkeit. Gegebenenfalls kann man gerade diese Unparteilichkeit der Rechtsordnung als entscheidenden materiellen Wert betrachten. Legitim wäre damit, was legal ist, was folglich insbesondere in völkerrechtlichen Verträgen vereinbart worden war. Normen sind somit gerade deshalb legitim, weil sie legal sind. Übergeordnete Legitimitätsmuster sind dem traditionellen Völkerrechtsrahmen entsprechend fremd. Die Staaten erschufen aber Institutionen, die sich von solch starren Maßgaben lösten und mit denen umgegangen werden muss. Zur Einordnung von Abkommen, die Institutionen der Global Governance zugrunde liegen, und den Legitimitätsanforderungen an diese ist möglicherweise Heinrich Popitz’ (1925–2002) Theorie vom Investitionswert der bestehenden Ordnung hilfreich. Demnach ist jeder am Bestehen der Ordnung interessiert, in die er gegebenenfalls nicht unerhebliche Handlungen und Aufwand investiert hat, um sich den möglichen Ertrag aus diesen Handlungen zu si-

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

chern.206 Eine Bejahung dieser Ordnung ist dabei nicht erforderlich.207 Das Prinzip do ut des spielt in solchen zwei- oder mehrseitigen Konstellationen eine besondere Rolle. Ein Vertrag wird somit geschlossen, weil sich alle Seiten Vorteile davon versprechen und seine Einhaltung vermittelt Rechtsfrieden. Die bloß formale Betrachtung des Zustandekommens eines solchen Vertrages lässt jedoch außer Acht, dass Verträge unter Druck zustande kommen können und ein stärkerer Vertragspartner anderen Vertragspartnern seinen Willen aufzwingen kann. Der einzige Vorteil für den schwächeren Vertragspartner ergibt sich dann daraus, dass er bei Einhaltung des Vertrags keine oder weniger Übel vom stärkeren Vertragspartner erwartet. Ein solches System, das auf dem Recht des Stärkeren fußt, macht aber letztlich den jeweiligen Vertrag insofern überflüssig, als die gleiche Situation auch ohne Vertragsschluss bereits durch die Äußerung des Willens des stärkeren Vertragspartners bestünde. Der Vertrag existierte somit lediglich ob der Einhaltung formaler Kriterien. Bereits aus diesem Grund sollten im Völkerrecht formale Gesichtspunkte für Legitimität nicht genügen. Entsprechend ist fraglich, ob es noch zeitgemäß ist, Legitimität im Völkerrecht nur in Legalität zu erblicken. Die zunehmende Aufklärung der Bürger und die Öffnung des Kreises der Völkerrechtssubjekte lässt den Souveränitätspanzer der Staaten zunehmend löchriger erscheinen, ohne freilich die Vormachtstellung der Staaten im Völkerrecht aufzuheben.208 In den Staaten finden regelmäßig die wesentlichen gesellschaftlichen Entwicklungen statt. Dort entfaltet sich das Potential einer nationalen Sprache, einer nationalen Kunst und Literatur oder auch Wissenschaft sowie politischer Prozesse.209 Entsprechend wichtig erweist sich noch immer der traditionelle völkerrechtliche Schutzrahmen dieser Nationalstaaten, namentlich das Konzept der staatlichen Souveränität, welches jedoch zunehmend von Aspekten der Globalisierung durchstoßen wird. Der technologische Fortschritt, gerade hinsichtlich Kommunikations- und Transportmitteln ermöglicht grenzüberschreitende Verbindungen und einen wissenschaftlichen Austausch sowie die Diskussion und Weitergabe normativer Werte und philosophischer Grundannahmen. 206  Popitz, 207  Ebd.

Phänomene der Macht, S. 224 f.

208  Zur Frage, ob ein prinzipiell exklusiver Anspruch souveräner staatlicher Exklusion angesichts gegenwärtiger politischer, ökologischer und demographischer Entwicklungen weiterhin haltbar ist siehe Müller-Hennig, Unsere Demokratie – unser Territorium, S. 76 ff., vgl.: „Eine prinzipielle, unhintergehbare Legitimität von territorialstaatlicher Exklusion lässt sich nicht begründen.“, ebd. S. 89. 209  Vgl. von Bogdandy/Dellavalle, Universalism and Particularism as Paradigms of International Law, S. 12.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht103

Zwar gibt es bereits mangels einer gemeinsamen politischen Öffentlichkeit – auch wenn sich viele Menschen durch neue Kommunikationsmittel zunehmend in den Stand versetzen, eine solche zu bilden – im Moment noch nicht die Möglichkeiten, eine Weltdemokratie oder eine Weltrepublik zu erschaffen, aber einige Grundwerte können bereits als auf internationale Ebene gehoben gelten. Dazu zählen grundlegende Menschenrechte, wie es die ius cogens-Geltung des Sklaverei- und des Folterverbots zeigt. Die materielle Normsetzung in völkerrechtlichen Subsystemen und Institutionen der Global Governance vollzieht sich jedoch bisweilen auf ganz eigene Art und Weise, deren Abkopplung von übergeordneten Anknüpfungspunkten aber verhindert werden muss. Gerade im Bereich des Investitionsschutzrechts mit seinen vielfach offen gehaltenen und unbestimmten Regelungen sind solche eigenständigen Entwicklungen erkennbar. Wenn die grundlegende Definition von Normen erst durch die Investitionsschutztribunale erfolgt, und damit neue Formen der Setzung internationaler Normen210 auftreten, betrifft das den Kern aktueller Debatten zur Legitimität im internationalen Recht. Die Tribunale sind nicht mehr bloße Streitschlichter auf der Grundlage von auf dem Konsensprinzip zustande gekommenen Nomen, wie viele sonstige internationale Gerichte, sondern sie schwingen sich zu Normgebern auf und müssen dies ob der Unbestimmtheit der Regelungen in Investitionsschutzabkommen auch tun, um ihrem Grundzweck, der bindenden Streitent­ scheidung, gerecht zu werden. Institutionelle oder verfahrenstechnische Elemente können helfen, eine solche Normbestimmung zu verhindern, um auszuschließen, dass interna­ tionale Gerichte ihr eigenes Recht komplett neu schaffen,211 jedoch können sie kaum helfen, die Schaffung materieller Normen ausreichend zu determinieren. Insofern ist eine Art materieller Normprägung im Völkerrecht erforderlich, die Martin Nettesheim (*1964) bereits wahrnimmt. Nach Nettesheim seien es zwei wesentliche Aspekte, die das Kooperationsvölkerrecht auszeichnen, nämlich Materialisierung und Institutionalisierung.212 Unter Materialisierung soll dabei die Einigung der Staaten auf bestimmte Grundwerte der Gemeinschaft wie Menschenrechte oder Umweltschutz verstanden werden. Institutionalisierung betreffe mehrere Komponenten der Schaffung oder Stärkung von Institutionen, wie den Bedeutungszuwachs des Sicher210  Vgl.

S. 1.

Wolfrum, Legitimacy of International Law from a Legal Perspective,

211  Vgl. Zur unilateralen Normbestimmung T. Franck, The Power of Legitimacy and the Legitimacy of Power, S. 102. 212  Hierzu ausführlich Nettesheim, Das kommunitäre Völkerrecht, S. 569 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

heitsrates nach dem Ende des Kalten Krieges oder die Einrichtung von internationalen Gerichtsinstanzen. Auch würden nunmehr Private und NGOs vermehrt in die Erzeugung völkerrechtlicher Normen einbezogen, das Konsensprinzip trete mehr und mehr zurück und Normen des internationalen Rechts würden vielfach nicht mehr unter Berücksichtigung des Willens der Staaten interpretiert, sondern mit Blick auf die angestrebten Gemeinschaftswerte. Durch diese neuen Entwicklungen verändere sich die Staatenwelt zu einer Rechtsgemeinschaft mit einer stetig zunehmenden institutionellen Verflechtung und das Völkerrecht stelle inzwischen nicht mehr nur eine bloße Koordinationsrechtsordnung dar, sondern es zeigten sich Ansätze einer „überstaatlich-konstitutionalisierten Weltherrschaft“.213 Das traditionelle koexistenzrechtliche Völkerrecht ist wegen seines Formalismus und seiner Starrheit auch nicht mehr in der Lage dazu, die Probleme einer globalisierten Welt zu managen und den regulatorischen Bedürfnissen gerecht zu werden.214 Es beruht auf der Vorstellung von Staaten, die als systemische und rechtliche Einheit nach außen gegenüber anderen Staaten auftreten, wobei das Völkerrecht die Bedingungen und Beziehungen zwischen den Staaten untereinander sowie internationale Organisationen regelt.215 Eine neue Art von Governance stellt aber ursprüngliche Konzepte eines alles regulierenden Staates in Frage und kann damit auch eher den Anforderungen der Globalisierung genügen. Sie muss aber gewissen Maßstäben genügen, welche die Grenzen des bloßen Staatenkonsenses als Geltungsgrundlage verlassen und legitimitätstheoretisch ermittelt werden müssen. 6. Deliberative Ansätze Die Zustimmung der Staaten ist die Basis für die Geltung auch der völkerrechtlichen Verträge, welche die Grundlage für das Entstehen von Institutionen der Global Governance bilden. Gerade weil hinter den jeweiligen völkerrechtlichen Vertragspartnern aber komplexe Gemeinwesen stehen, lässt sich nicht immer sicherstellen, dass diskurstheoretischen Anforderungen genügende Entscheidungsprozesse hinter den Zustimmungen zu den Verträgen stehen. Dies erfordert das Völkerrecht zunächst aber auch nicht. Es verlangt beim Vertragsschluss nur einen Ansprechpartner. Nach welchen politischen Maßstäben dieser innerstaatlich dazu berufen wurde, kann weit213  Nettesheim,

a. a. O., S.  571. Constitutionalism as a Mindset, S. 13. 215  Slaughter, A New World Order, S. 12. 214  Koskenniemi,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht105

gehend offen bleiben, selbst wenn demokratische Mechanismen inzwischen auch in der Völkerrechtstheorie vermehrt gefordert werden. Das diskurstheo­ retische Konzept von Habermas, das auf Entscheidungsprozesse innerhalb eines komplexen politischen Systems zugeschnitten ist, lässt sich daher ebenso wie Luhmanns Systemtheorie auf das Völkerrecht nicht unmittelbar projizieren. Vielmehr kommen für Maßgaben von Legitimität im Völkerrecht unter anderem historisch gewachsene Werte, Ziele und Bräuche in Betracht, die aber auch neuere Entwicklungen und grundsätzliche Umwälzungen reflektieren können. Solche Maßstäbe können international anerkannte Menschenrechte, Umweltschutzbelange oder auch Minderheitenschutz sowie den Schutz der von einer Investition negativ Betroffenen umfassen. Die Umsetzung dieser Wertvorstellungen könnte durch Einbindung weiterer Akteure in das bestehende Investitionsschutzsystem durchaus global verwirklicht werden.216 Die Integration weiterer Akteure in Entscheidungen im Rahmen einer Governance kennzeichnet bereits eine Veränderung in der Art der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit.217 Sie anerkennt die Berücksichtigung anderer im Rechts- und Normbildungsprozess mit ihren jeweiligen verschiedenen Ansichten und Wahrnehmungen. Es ist auch zielführend, nicht nur auf die verschiedenen Staaten abzustellen, sondern ebenfalls auf gemeinsame Ansichten der Beteiligten in den verschiedenen völkerrechtlichen Subsystemen. Und auch im Rahmen einer normativen Deliberationshypothese kann man annehmen, dass es desto weniger zu Normverstößen kommt, je mehr Akteure in den Normbildungsprozess eingebunden werden. Ausgehend von einer soziologischen Betrachtung gibt es ein stetes Zusammenspiel von Regeln mit den sozialen und normativen Zielvorstellungen in einer Gesellschaft. Die unterschiedlichen Akteure, die von staatlichen Regierungen über Nichtregierungsorganisationen bis hin zu Unternehmen und Privatleuten reichen, können durchaus mannigfaltige Kriterien oder auch Gewichtungen hinsichtlich eines Inputs (Verfahren) oder Outputs (Leistung, Effizienz) sowie auch materieller Werte (z. B. Gerechtigkeit und Fairness) bei der Festlegung von Legitimitätsmaßstäben an ein System anlegen.218 Dies macht es aber schwierig, darauf aufbauend Ansichten von Legitimität konkret zu definieren oder sie auch nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammenschmelzen zu lassen. Ruggie, Reconstituting the Global Public Domain, S. 519. Lobel, The Renew Deal, S. 373. 218  Bernstein, Legitimacy, S. 157. 216  Vgl. 217  Vgl.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Allen Buchanan (*1948) und Robert O. Keohane (*1941) stellen fest, dass es jedenfalls nicht Selbstinteresse sein könne, was Legitimität ausmacht.219 Vielmehr muss ihrer Ansicht nach unterschieden werden, ob Normen aus Selbstinteresse erfüllt werden oder hingegen aus normativen Gründen. Die Staaten seien dazu in der Lage, bestimmte normative Werte anzustreben, die nicht nur Eigeninteresse repräsentieren. Jene Werte bestünden trotz eines starken normativen Dissenses zwischen den Staaten in Bezug auf gemeinsame Vorstellungen von Gerechtigkeit oder von Strategien und könnten dann in die Unterstützung oder Ablehnung einer bestimmten internationalen Organisation münden. Dieser Ansatz ist damit auf Institutionen der Global Governance zugeschnitten und wählt den Weg, demokratische Werte wie Gleichwertigkeit und gegenseitigen Respekt aller Menschen sowie kollektive Deliberationsmechanismen auf völkerrechtlicher Ebene zu verankern.220 Ausgangspunkt ist wiederum die Annahme, dass das Konsensprinzip nicht geeignet sei, Global Governance-Institutionen zu legitimieren, auch dann nicht, wenn die Zustimmung von demokratischen Staaten mit den dabei vorgesehenen Verfahren erfolgte. Buchanan und Keohane gehen daher einen Mittelweg und lehnen einerseits das Konsensprinzip ab, verlangen andererseits aber auch keine Weltdemokratie als Legitimationsquelle. Insbesondere könne Legitimität nicht aus dem Nichts heraus entstehen, nur weil die richtigen Verfahren angewendet worden seien. Nach Ansicht von Buchanan und Keohane könnten nicht-demokratische Staaten, die zum Beispiel Menschenrechte verletzen, sogar überhaupt keine Legitimität auf eine internationale Organisation oder Institutionen der Global Governance übertragen, weil sie selbst nicht legitim seien.221 Das heißt, dass diese Legitimitätskonzeption hauptsächlich von der Qualität der Staaten abhängt. Folglich gestehen Buchanan und Keohane dem Einverständnis der demokratischen Staaten zu Institutionen der Global Governance eine Legitima­ tionsleistung zu, die zwar notwendiges, aber nicht hinreichendes Element für die Legitimation von Global Governance-Institutionen sei.222 Neben der Unterstützung durch demokratische, den Menschenrechten verpflichtete Staaten müssten Institutionen der Global Governance nach 219  Buchanan/Keohane, The Legitimacy of Global Governance Institutions, S.  30 ff. 220  Ebd., S. 60. 221  Ebd., S. 35. 222  Ebd., S. 36.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht107

Buchanan und Keohane noch weitere Kriterien erfüllen, um als legitim gelten zu können. Dies seien die Anerkennung eines grundlegenden (und somit minimalen) Menschenrechtsschutzes,223 das Behaupten der jeweiligen Institution im Wettbewerb mit anderen Institutionen hinsichtlich der Aufgabenerfüllung und Effektivität sowie eine tatsächliche Übereinstimmung der Tätigkeiten der Institution mit den anerkannten und von ihr selbst bestimmten Zielsetzungen. Um die Überprüfung des Vorliegens dieser Kriterien zu gewährleisten, seien zwei weitere Maßgaben erforderlich, namentlich Zurechenbarkeit (accountability) und Transparenz (transparency), die Buchanan und Keohane auch weiter konkretisieren. Das Legitimationsverständnis von Buchanan und Keohane ist somit sehr traditionell demokratisch verankert, beziehungsweise demokratietheoretisch verhaftet, und stellt eine Projizierung staatsphilosophischer Ansprüche auf eine höhere Ebene dar. Es berücksichtigt aber nicht ausreichend, dass ganz grundsätzlich im Völkerrecht andere Maßstäbe und Ansätze gewählt werden müssen. Insofern ist es mit seiner Fixierung auf Demokratie zu eng. Letztlich komme es nach Buchanan und Keohane auf das fortgesetzte Einverständnis der demokratischen Staaten mit der jeweiligen Institution an.224 Nur wenn dieses vorliege, sei eine Zurechnung der Handlungen der Global Governance-Institutionen zumindest an die Wahlberechtigten dieser demokratischen Staaten möglich.225 Buchanan und Keohane legen jedoch nicht dar, wie dieses Einverständnis aussehen und überprüft werden soll. Dies macht ihre Theorie schwer praktikabel. Dieser Ansatz lässt aber auch die Bevölkerungen in anderen als den demokratischen Staaten bewusst außer Acht und dadurch die Stringenz hinsichtlich seiner eigenen demokratischen Ansprüche fraglich erscheinen. In seiner strengen Normativität ist die Theorie von Buchanan und Keohane zudem weit entfernt von der historischen Entwicklung des Legitimitätsbegriffs, aber ebenso von der geltenden Legalitätskonzeption, mit der dieser Begriff regelmäßig korreliert. Zu befürworten ist aber, dass Buchanan und Keohane einen offenen, komplexen und anpassungsfähigen Legitimationsstandard für das Völkerrecht vorsehen und sich andererseits von bloß formellen Normen im Sinne eines Legalitätsparadigmas entfernen.226 223  Darunter fielen wegen des sonst herrschenden normativen Dissenses derzeit zumindest das Recht auf Freiheit und Unversehrtheit sowie das Existenzminimum. Dieses Kriterium soll aber offen und anpassungsfähig für neue Rechte bleiben. 224  Buchanan/Keohane, The Legitimacy of Global Governance Institutions, S. 38. 225  Ebd., S. 39: „the democratic channel of accountability“. 226  Ebd., S. 28.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Hilfreich an diesem Gedanken ist zudem, normative Legitimität als ein Minus gegenüber den unterschiedlichen Gerechtigkeitsvorstellungen innerhalb der verschiedenen Staaten anzusehen, die es ermöglicht, zwischenstaatliche Kooperation durchzuführen und sich dabei lediglich auf ein Minimum an Werten festzulegen, welche für das gemeinsame Fortkommen erforderlich sind. Legitimität bleibt insofern offen und inhaltlich ausfüllbar. Als Mittelweg zwischen festen moralischen Gerechtigkeitsvorstellungen und politisch-pragmatischen Ansichten ist es eine Idee, die jedoch noch immer recht beliebig erscheint. So ist schwer denkbar, welche Werte es sein sollen, die noch vom Legitimitätsbegriff, noch nicht jedoch von dem der Gerechtigkeit erfasst sind. Legitimität wird dadurch zu einem Arbeitsbegriff, der stark an tagespolitischen Erfordernissen ausgerichtet werden kann und somit nicht tragfähig wird. Daher ist der Legitimitätsbegriff von Buchanan und Keohane im Ergebnis abzulehnen. Andererseits können aber auch rein prozedurale Ansätze, die lediglich auf einmalige formale Zustimmung zu einem System abstellen, ebenfalls nicht ausreichen. Legitimität stellt in seiner geschichtlichen Entwicklung immer auch auf Inhalte ab. Ein rein formales und prozedurales Verständnis von Legitimität würde dem nicht gerecht werden und ist daher unvollständig. Jegliche Herrschaftsausübung hat sich daher heute ebenso an ihren Handlungen und Ergebnissen messen zu lassen.227 Daher müssen sich im Legitimitätsbegriff Verfahren und Resultate zusammenführen lassen können. 7. Gehorsamsmotivationsmodelle Ein solches legitimitätsrelevantes Resultat könnte die soziologisch und empirisch zu betrachtende rechtstatsächliche Anerkennung von Normen durch die Herrschaftsunterworfenen sein, verbunden mit der Suche nach den Gründen, warum ebendiese Anerkennung erfolgt. Der New Yorker Rechtswissenschaftler Thomas M. Franck (1931–2009) widmete sich ab 1987 mit dieser Maßgabe vertieft der Frage der Legitimität im Völkerrecht228 und führte die früheren soziologischen Gedanken Webers weiter. Legitimität ist für Franck ähnlich wie für Weber die Eigenschaft einer Norm oder rechtsetzenden Institution, selbst einen Drang hin zur Befolgung bei den Normadressaten auszulösen, nunmehr weil die Normanwender glauben, dass die Norm oder Institution in Übereinstimmung mit allgemein akzeptierten Grundsätzen und Verfahren zustande kam und wirkt.229 Franck Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 639. Franck, Why a Quest for Legitimacy?, S. 542. 229  T. Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, S. 24. 227  Vgl. 228  T.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht109

legt dar, dass Staaten auch solche internationale Normen befolgen, die nicht mit Durchsetzungsmechanismen versehen sind, wenn und weil die Staaten diese Normen als legitim erachten.230 Die Kraft des Völkerrechts zeige sich sogar dadurch, dass sich Staaten an bestimmte völkerrechtliche Normen halten, auch wenn sie ihren Interessen im konkreten Fall oder auch im Allgemeinen nicht dienlich waren.231 Darin ist eine Abkehr von Bindungen an Legalität zu sehen. Das heißt, dass auch andere Gründe ursächlich dafür sein sollen, dass sich Staaten gezwungen sehen, eine Norm oder Institution zu akzeptieren. Insofern ist es nur folgerichtig, dass Franck zwischen rules und law unterscheidet.232 Während law auf Legalität rekurriere, die mit Zwang durchgesetzt werden kann, beziehe sich der Terminus rule auf jegliche Grundsätze, die eine Bindungswirkung entfalten können. Im Völkerrecht, in dem es keine übergeordnete Durchsetzungsinstanz gibt, herrschten somit rules, deren Bindungswirkung von ihrer Legitimität abhänge. Franck sieht die Beschaffenheit der Normen und der Verfahren, die zu ihrer Bildung führten, als entscheidend für Wahrnehmungen von Legitimität an.233 Sie müssten nach Franck nicht positiv im Sinne einer Legalität niedergelegt sein. Vielmehr seien sie unabhängig von Rechtsquellen oder Regulierungen und sind diesen wie auch der gesamten Legalität vorgelagert. Im Völkerrecht stünden die Staaten in einem steten normativen Dissens, was dazu führe, dass Legitimität nur in vollends formellen Kriterien bestehen kann. Denn nur solche Kriterien könnten dazu führen, dass sich Staaten dann noch an Normen halten, wenn es einerseits keine zentrale Durchsetzungsinstanz und andererseits inhaltliche Differenzen gibt. Gerechtigkeit sei nach Franck kein konstitutives Merkmal für Legitimität. Er kritisiert mithin auch die Anwendung von Rawls’ Gerechtigkeitstheorie auf das Völkerrecht.234 Für ihn seien lediglich Menschen einzige Adressaten für Gerechtigkeitsüberlegungen, nicht jedoch Staaten. Auch wenn sich Legitimität und Gerechtigkeit nicht ausschließen müssten, sei Gerechtigkeit für Legitimität im Völkerrecht nachrangig.235 Franck ermittelte vier Kriterien, nach denen sich bemessen lasse, ob einer Norm Legitimität zukommt: Bestimmtheit (determinancy), symboli230  Ebd.,

S. 25. Franck, The Power of Legitimacy and The Legitimacy of Power, S. 92. 232  T. Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, S. 3, 27 ff. 233  Ebd., S. 235. 234  Ebd., S. 233. 235  Ebd., S. 210. 231  T.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

sche Anerkennung (symbolic validation), Kohärenz in Bezug auf andere Regeln (coherence) sowie Einpassung in das umgebende Rechtssystem (adherence). Das heißt, dass die Legitimität von Normen zunehme, je klarer eine Norm ist,236 je mehr sich die Anerkennung der Norm im tatsächlichen Verhalten der Normanwender zeigt,237 je besser sie mit anderen Normen verknüpft ist238 und wie gut sie sich in das umgebende System von Normen einpasst.239 Im Völkerrecht käme nach Franck der Legitimität ein besonderes Gewicht zu, da sie dort durch das Fehlen von zentralen Instanzen und Durchsetzungsmechanismen eine Funktion erfüllen könne, wie Legalität im Staatsrecht, weil erst sie zwischenstaatliche Kooperation ermögliche.240 Diese „Ersetzung“ der Legalität durch Legitimität im Völkerrecht sollte aber skeptisch betrachtet werden, denn in der Tat sind dies grundlegend verschiedene Konzepte. Zwar meint Franck wohl mehr eine funktionelle Substituierbarkeit, dennoch bestehen diese Konzepte auch im Völkerrecht nebeneinander und Legitimität darf kein unangemessenes Gewicht zugesprochen werden. Sie ist wichtig und relevant in bestimmten, umrissenen Grenzen. Francks Kriterien sind sehr formell und auch geeignet, Legitimität fassbarer zu machen. Dennoch darf mit Blick auf die Geschichte des Legitimitätsbegriffs nicht außer Acht gelassen werden, dass sein Anspruch auch immer war, inhaltliche und mithin substantielle Werte wie die Allgemeinwohlförderung zu benennen. Es ist zu beachten, dass die Staaten nicht nur koexistieren, sondern auch kooperieren und verschränkte Abhängigkeiten bestehen. Staaten sind in der Lage, auch ihre eigenen Interessen in vernünftiger Weise zu beschränken, um eine funktionierende Gemeinschaft zu erzeugen. Diese Annahmen können nur mit einer Legitimitätsvorstellung korrelieren, die mit inhaltlichen Gesichtspunkten versehen ist. Insofern greift es zu kurz, Legitimität nur auf formelle Kriterien zu stützen. Auch Franck selbst hat wohl in seiner Legitimitätstheorie eine entsprechende Entwicklung erfahren. So verließ er nach dem Ende des Kalten Krieges seine nur auf formelle Kriterien gestützte Legitimitätsvorstellung und gelangte bereits 1995 zu einem materiellen, auf Fairness gerichteten 236  Ebd.,

S. 94. ebd., S. 91 ff. 238  Ebd., S. 135 ff.; dazu auch Paulus, Die internationale. Gemeinschaft im Völkerrecht, S. 92. 239  Vgl. T. Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, S. 183 ff. 240  Vgl. ebd., S. 210. 237  Vgl.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht111

Legitimitätsbegriff.241 In diesem Fairnessbegriff vereinte Franck formelle und materielle Gesichtspunkte. Auch Franck sah nach dem Zusammenbruch des Ostblocks eine stärker werdende Entwicklung hin zu gemeinsamen Werten zwischen den Staaten in der internationalen Gemeinschaft. Zu diesen Werten zählten die Unverletzlichkeit des Lebens, ein Recht auf Demokratie, Beteiligungsrechte, Religions- und Meinungsfreiheit, das Recht auf ein Existenzminimum und die Gleichwertigkeit aller Personen. In „The Power of Legitimacy and the Legitimacy of Power“ von 2006 stellte Franck dann nochmals den Begriff der determinancy in den Vordergrund.242 Er machte deutlich, dass die Bestimmtheit von Normen entscheidend sei für die Empfindung (perception), dass Normen legitim sind.243 Dies wiederum sei äußerst relevant für die freiwillige Einhaltung von Normen durch die Staaten der internationalen Rechtsgemeinschaft. Am Beispiel des Grundsatzes pacta sunt servanda zeigte Franck auf, dass Staaten auch ein gewisses Maß an Eigeninteresse zur Einhaltung von Bestimmungen führe, da alle Staaten auch im Sinne der Vorhersagbarkeit ein Interesse an der Effektivität des internationalen Rechts hätten. Es handele sich also bei der Einhaltung legitimer Normen auch um einen rational choice.244 Es ist auch nicht sicher, ob die von Franck zunächst erkannte eindeutige Positionierung von Rawls zutreffend ist, denn auch Rawls hat zwischen Regierungen beziehungsweise Staaten und Völkern unterschieden und hielt dennoch Gerechtigkeitsvorstellungen im Völkerrecht für zielführend.245 Die Berücksichtigung materieller Aspekte erscheint jedenfalls sinntragend. Denn zwar gilt die von Franck für das Völkerrecht beschriebene fehlende Adressatenstellung von Individuen im klassischen Völkerrecht, aber durch die Zunahme der Regelungsgegenstände völkerrechtlicher Institutionen und gerade auch der Investitionsschiedsgerichte mit unmittelbarer Wirkung auf Individuen erscheint es nicht ausgeschlossen, auch Gerechtigkeits- und Werteüberlegungen in die Annahmen von Legitimität zu integrieren. Die Einhaltung internationaler Normen und Vorgaben sowie von abgeleiteten administrativen und judiziellen Entscheidungen basiert auf einer Vielzahl von Aspekten und stellt einen komplexen Prozess dar, zu dem die 241  T. Franck, Fairness in International Law and Institutions, S. 25 ff.; vgl. Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, S. 91 ff. und 198 ff. 242  T. Franck, The Power of Legitimacy and the Legitimacy of Power, S. 93. 243  Ebd., S. 94. 244  Ebd., S. 106. 245  Rawls, Das Recht der Völker, S. 26 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Legitimität dieser Normen und Entscheidungen dazugehört.246 Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist dabei ein guter Bereich, um die Theorien von Franck anzuwenden. Denn hier einigten sich die Staaten durch die Einsetzung von Tribunalen zur Streitschlichtung gerade auf formelle Kriterien. Dennoch sind es gerade die weitreichenden Befugnisse dieser Schiedsgerichte, die sich aus den oftmals sehr vagen materiellen Bestimmungen in den Investitionsschutzabkommen herleiten, welche Anlass zur Debatte geben, ob sich nicht auch gewisse inhaltliche Maßgaben aus Annahmen von Legitimität herleiten lassen können und müssen. Dies gilt besonders, wenn die von Franck für Legitimität geforderte determinancy so wenig ausgeprägt ist. 8. Individuelle Verpflichtung gegenüber völkerrechtlichen Normen Welche inhaltlichen Maßgaben aber aus dem Legitimitätsbegriff abzuleiten sind, muss eingehend herausgearbeitet werden. Nicht selten wird der Begriff mit Demokratie in Verbindung gebracht,247 jedoch ist nicht zwingend, dass dies im Völkerrecht so gilt. Der Staatswille spiegelt in Verfassungsstaaten durch die Nutzung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahren der staatlichen Entscheidungsbildung den Willen der Staatsbürger wider. So können auch völkerrechtliche Normen bereits teilhaben an den aus Nationalstaaten bekannten demokratischen Legitimationsvorstellungen und Legitimitätstheorien, so wie es auch Bucha­nan und Keohane aufgezeigt haben. Die demokratische Legitimationskette erstreckt sich dann über den Nationalstaat hinaus auf die internationale Ebene. Dies ist jedoch völkerrechtlich keine Voraussetzung der Gültigkeit einer Norm. Ob sich die Findung des Staatswillens in einem demokratischen Prozess oder auf andere Weise vollzog, ist zunächst eine innerstaatlich relevante Frage. Geändert und völkerrechtlich etabliert werden können demokratische Maßstäbe insbesondere durch die Auflösung des Einflusses von Staaten und direkte Bürgerbeteiligung bei der völkerrechtlichen Normerzeugung. Eine solche Entwicklung kann wünschenswert sein, noch immer sind aber die Staaten die entscheidenden Normsetzer und die Bürger insofern auf ihren Staat angewiesen. Auch wenn die Einigung auf Normen auf der internationalen Ebene das Ergebnis eines Prozesses von Beteiligungen im innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Bereich oder in internationalen Organisatio246  Biukovic, 247  Vgl.

International Law Interrupted, S. 176. nur Petersen, Demokratie als teleologisches Prinzip, S. 28 ff.



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht113

nen ist, müssen die Bürger zur Normbeeinflussung auf internationaler Ebene noch immer bevorzugt auf die Verantwortlichen im eigenen Staat Einfluss nehmen. Wenn aber Legitimität im Völkerrecht noch immer auch auf Legalität basiert, dann kann es kein entscheidendes Merkmal für die Legitimität einer Norm sein, dass die relevanten Abkommen von einem Staat mit oder ohne demokratische Rechtsordnung unterzeichnet und ratifiziert worden sind. Andere passende Maßstäbe müssen daher herausgearbeitet werden. Diese könnten sich in einer gewandelten Perspektive entfernen von der Beteiligung des Individuums im völkerrechtlichen Normentstehungsprozess hin zu der Unterworfenheit unter dasselbe. Einen solchen Ansatz wählt Matthias Kumm (*1967). Kumm geht davon aus, dass es die moralische Kraft des Völkerrechts sei, die dazu zwingt, seine Regeln zu befolgen, die das Wesen der Legitimität ausmache. Dabei seien es aber insbesondere nicht nur die Staaten, sondern nunmehr auch die einzelnen Individuen, die sich diesen Normen verpflichtet fühlen müssten. Er stützt seine Ansicht darauf, dass nach dem Ende des Kalten Krieges von den Bürgern demokratischer Staaten das Völkerrecht nicht mehr als ineffektiv und unzuverlässig in der Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit wahrgenommen worden sei.248 Dem entspreche auch ein Bewusstseinswandel hin zu einer unmittelbaren Betroffenheit und Adressatenstellung der Individuen. Zunächst weist Kumm darauf hin, dass das Völkerrecht einen Anspruch auf Einhaltung erhebe. Weder fehlendes demokratisches Einverständnis auf nationaler Ebene oder innerstaatliche Prioritäten dürften ins Feld geführt werden, wenn eine Norm des internationalen Rechts ein bestimmtes Verhalten vorschreibt.249 Bis zum Ende des Kalten Krieges habe es für Bürger kaum ernste Bedrohungen durch internationales Recht gegeben. Vielmehr postulierte Völkerrecht lediglich sehr enge und spezifische Verpflichtungen für Staaten aus internationalen Abkommen, wie in Bereichen der Telekommunikation, des Flug- und Postwesens sowie der diplomatischen Beziehungen. Dies seien alles Bereiche, die aus der Perspektive der Bürger keiner besonderen Rechtfertigung bedurft hätten.250 248  Kumm,

Legitimacy, S. 910. S. 911 mit Verweis auf StIGH Polish Nationals in Danzig (1931), PCIJ Ser. A/B, Nr. 44, bei 24: „It should … be observed that … a State cannot adduce as against another State its own Constitution with a view to evading obligations incumbent upon it under international law […]“. 250  Kumm, Legitimacy, S. 912. 249  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Nach dem Ende des Kalten Krieges und der weitergehenden Durchsetzung des Modells des liberalen demokratischen Rechtsstaats habe sich aber ein neues internationales System herausgebildet, das mehr und mehr Ansprüche auf individuelle Befolgung seiner Normen stelle, aber auch auf die Rechts- und Politiksysteme der Staaten einwirke. So befänden sich die Bürger nunmehr in einer doppelten Verbindlichkeit – einerseits gegenüber dem nationalen Rechtssystem ihres Heimatstaates und andererseits gegenüber den Verpflichtungen, die sich aus den Bestimmungen des Völkerrechts ergeben – wobei die demokratische Teilhabe, die im innerstaatlichen Recht gegebenenfalls noch vorliegend sei, dadurch unterlaufen werde, dass im Nationalstaat immer weniger Bereiche existierten, die allein der staatlichen Selbstbestimmung unterliegen. Hinzu käme, dass auf internationaler Ebene keine vergleichbar demokratischen Institu­ tionen anzutreffen seien.251 Konkret heiße das, dass sich Fragestellungen, die nach traditioneller Weise in demokratischen Prozessen auf der nationalen Ebene entschieden wurden, nunmehr vermehrt vom internationalen Recht entschieden würden. Als Beispiele nennt Kumm Bestimmungen zum freien Waren- und Kapitalverkehr im Rahmen der WTO, welche dazu führten, dass Staaten auch ihr sonstiges Recht daran anpassen müssten, um die international bestimmten Normen zu erfüllen, wodurch Überschneidungen mit umweltrechtlichen Normen und Individualrechten entstehen könnten.252 Hinzu komme nach Kumm eine Delegierung von Macht durch viele Abkommen auf Institutionen mit quasi-legislativem oder quasi-judikativem Charakter. Innerhalb ihres umgrenzten Bereiches obliege es diesen, den speziellen Sinngehalt der staatlichen Verpflichtungen zu umreißen oder fortzuentwickeln. Sobald also Staaten ein solches Abkommen abgeschlossen haben, verschiebe sich die Determinierung der konkreten Rechte und Pflichten aus diesem Abkommen auf diese Institutionen. Durch eine weite Auslegung ihrer Jurisdiktion entfernten sich letztere immer mehr von der ursprünglich gegebenen Zustimmung der Staaten, die wiederum selbst schon durch politischen oder ökonomischen Druck zweifelhaft gewesen sein könne. Verbunden mit immer höheren Kosten bei Nicht-Einhaltung der aufgestellten Regeln habe das Völkerrecht somit in vielen Bereichen ernste Zwänge für nationale (rechts-)politische Prozesse entwickelt.253 Die Grenzen zwischen nationalem und internationalem Recht verschwömmen damit zunehmend. Die abgedeckten Rechtsbereiche seien überlappend 251  Ebd.,

S.  912 f. S. 913. 253  Ebd., S. 915. 252  Ebd.,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht115

oder gar deckungsgleich mit dem wichtigen Unterschied, dass das internationale Recht nicht im institutionellen Rahmen eines liberalen Verfassungsstaates entstanden sei.254 Daher könnten demokratische Ansprüche an Legitimität im Völkerrecht auch nicht zielführend sein, solange auf internationaler Ebene keine einem Staat vergleichbaren Strukturen bestehen. Kumm entwickelt sodann ein konstitutionalistisches Modell von Legitimität des internationalen Rechts gestützt auf vier Pfeiler. Er verwirft dabei zunächst bezüglich Legitimitätsfragen im Völkerrecht die Demokratie als alleinigen Maßstab und stellt Kriterien auf. Legitimität völkerrechtlicher Normen soll erst in der Gesamtschau dieser Kriterien ermittelt werden können.255 Dies seien formale Belange (betrifft Legalität), Jurisdiktionsbelange (insbesondere Subsidiarität), prozedurale Belange (wie Mitwirkung und Zurechenbarkeit) sowie substantielle Belange (Schutz individueller Rechte und vernünftige Ergebnisse). Legalität ist für Kumm zunächst entscheidend und stelle eine gewichtige Vermutung dafür dar, dass die jeweilige Norm eingehalten werden sollte.256 Diese Annahme könne jedoch erschüttert werden, wenn größere Bedenken hinsichtlich anderer Kriterien auftreten. Grundsätzlich sollten sich Bürger an das Völkerrecht gebunden sehen und ihre nationalen Institutionen dementsprechend anpassen, solange das einschlägige Völkerrecht nicht judikative, prozessuale oder ergebnisbezogene Prinzipien so weit verletzt, dass die Vermutung zugunsten der Legitimität desselben aufgelöst sei.257 Positives Völkerrecht sei demnach prima facie legitim und entfalte bereits dadurch einen Anspruch auf Beachtung durch die Bürger liberaler konstitutioneller Demokratien, dass es das Recht der internationalen Gemeinschaft sei.258 Legalität sei allein schon deshalb wichtig, weil sie vertrauenstiftend unter den Rechtsunterworfenen wirke und Vorhersehbarkeit schaffe. Zudem könne sie dazu beitragen, Machtmissbrauch zu verhindern. Die Rule of Law dürfe insofern nicht unterschätzt werden, trage sie doch durchaus zur Zähmung der mächtigen Beteiligten bei. Legalität spiele daher eine wichtige, jedoch nicht die einzige Rolle.259 254  Ebd.,

S. 915. S. 909. 256  Vgl. auch Kumm, International Law in National Courts, S. 24 ff. 257  Kumm, Legitimacy, S. 917. 258  Ebd., S. 918. 259  Ebd., S. 920. 255  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Sie könne zum Beispiel widerlegt werden durch die obigen Aspekte. So benötige nach dem Grundsatz der Subsidiarität jede Norm des Völkerrechts in ihrer Existenz eine Rechtfertigung besonderer Art.260 Entsprechend müsse es bei Normen des internationalen Rechts einen Zwei-Stufen-Test geben, nach dem in einem ersten Schritt die Gründe für ein gemeinschaftliches Tätigwerden gefunden werden müssten und dann in einem zweiten Schritt das Gewicht dieser Gründe ins Verhältnis gesetzt werden müsse zu entgegenstehenden Bedenken im konkreten Fall. Das hieße, dass beispielsweise im internationalen Investitionsschutzrecht im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen sein müsste, ob internationale Normen zum Beispiel zum Schutz des Privateigentums höher wiegen als kollektiver Schutz der Umwelt oder andere, im konkreten Fall kollidierende Maßstäbe. Ein großes Problem sieht Kumm darin, dass – anders als regelmäßig auf nationaler Ebene – keine durch Wahlen zur Rechenschaft zu ziehende Körperschaften tätig würden. Vielmehr entscheide über Völkerrecht ein Ensemble aus demokratisch legitimierten und nicht demokratisch legitimierten Regierungen, nicht gewählten Beamten internationaler Organisationen sowie Richtern und Schiedsrichtern. Während Abkommen regelmäßig noch insofern legitimiert werden könnten, als sie meist in der einen oder anderen Form durch legislative Akte national umgesetzt werden müssten, entstünden Probleme dann, wenn diese Abkommen Institutionen hervorbrächten, in denen ungewählte Offizielle neue Verpflichtungen erschaffen können, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch gar nicht absehbar waren.261 Diese Verlagerung von Regulierungsbefugnissen, die sich im Übrigen auch im demokratischen Verfassungsstaat des 20. Jahrhunderts bereits ergeben habe, sei grundsätzlich durch verschiedene Gründe zu rechtfertigen, die von höherer Expertise der Entscheidungsträger bis hin zu einer größeren Beteiligung der Betroffenen reichten.262 Dies gelte auch und insbesondere innerstaatlich für Verfassungsgerichte, die Parlamentsgesetze aufgrund von Verfassungsprinzipien für ungültig erklären können.263 Nicht zuletzt deshalb könnten die betreffenden Verantwortlichen als politische Akteure gelten, wenn sie in ausführlichen und grundsätzlichen Argumentationsketten darlegten, warum in einem bestimmten Kontext den einen 260  Ebd.,

S. 921. S. 924. 262  Ebd., S. 924; weiterführend Stewart, The Reformation of American Administrative Law, S. 1760–1790. 263  Vgl. Tate/Vallinder, The Global Expansion of Judicial Power, S. 5. 261  Ebd.,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht117

Überlegungen Vorzug gegenüber den anderen gewährt werden solle.264 Der Grund, warum es solche Akteure gebe und warum sie so oft in Anspruch genommen würden, könne nur darin liegen, dass sie gegenüber dem normalen politischen Prozess Vorteile hätten. Was Kumm als prozedurale Legitimität bezeichnet, bezieht sich auf die prozessuale Qualität des Rechtsetzungsverfahrens. Die entscheidenden Fragen seien, ob die Verfahren ausreichend transparent und beteiligungsoffen sind und ob Zurechnungsmechanismen bestehen, die sicherstellen, dass die Entscheidungsträger tatsächlich auf die Bedenken der Vollmachtgebenden reagieren.265 Ein letzter Punkt in Kumms Legitimitätskonzeption ist ergebnisbezogen. Schlechte Ergebnisse beträfen die Legitimität einer Entscheidung und könnten dazu führen, dass die Autorität des Entscheidungsträgers unterlaufen wird.266 Daher sollten alle materiellen Prinzipien der Vernunft in angemessener Weise angewandt werden, um eine gute Entscheidung zu fällen.267 Schließlich weist Kumm darauf hin, dass die Legitimität des Völkerrechts nicht vom Aufbau direkt repräsentativer Institutionen auf der transnationalen Ebene abhänge. Dies seien staatsbezogene oder nationale Konzeptionen eines demokratischen Konstitutionalismus.268 Sein konstitutionalistisches Modell entspreche nicht einem internationalen Verfassungsrecht, sondern einem Konstitutionalismus unabhängig vom Staat.269 Die Gegenstände des Völkerrechts beträfen nunmehr vermehrt Bereiche, die verfassungsmäßige Elemente eines Rechtsstaates berühren und somit im Wege einer „Entstaatlichung“ (denationalization)270 von diesen losgelöst werden könnten.271 In dieser Globalisierungsentwicklung zeige sich eine Auflösung der starren Grenzen zwischen nationalem und internationalem Recht.272 Dies geschehe zudem bei gleichzeitiger Loslösung von Einflussmöglichkeiten der Individuen, da klassische innerstaatliche Demokratiemaßstäbe nicht in vergleichbarer Intensität Anwendung finden könnten wie auf 264  Kumm,

Legitimacy, S. 925. S. 926. 266  Insofern skeptisch T. Franck, The Power of Legitimacy Among Nations, S. 208. 267  Kumm, Legitimacy, S. 927. 268  Ebd., S. 929. 269  Ebd., S. 931. 270  Ebd., S. 913. 271  Zum Begriff der „Entnationalstaatlichung“ sowie dem der wohl umfassenderen Globalisierung ausführlich von Bogdandy, Demokratie, Globalisierung, Zukunft des Völkerrechts, S. 857; s. auch Hobe, Die Zukunft des Völkerrechts, S. 254 ff. 272  Kumm, Legitimacy, S. 912. 265  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

nationaler Ebene, jedoch bei vergleichbarer Verpflichtungswirkung gegenüber dem Einzelnen. Insofern beobachtet Kumm ein Demokratiedefizit. Seine Legitimitätskritik an völkerrechtlichen Normen fußt also zunächst ebenfalls auf formellen Anknüpfungspunkten. Klassische rechtsstaatliche Normbildungsprozesse fänden auf internationaler Ebene nicht statt. Sein Lösungsvorschlag besteht denn auch in einem ausgeweiteten konstitutionalistischen Rahmen für das Völkerrecht, welcher aber dann auch für jede Norm verlangt, dass sie „jurisdictional, procedural and outcome-related principles“273 genügt. Dieser konstitutionalistische Rahmen könne dann als Maßstab und Leitfaden für die institutionelle Ausgestaltung dienen und zur echten Alternative für ein konsensbasiertes Völkerrecht werden, mit dem Ziel einer adäquaten Bürgerbeteiligung und Zurechnung.274 Der Blickwinkel Kumms zeichnet recht klar die gegenwärtigen Entwicklungen im Völkerrecht nach, denn heute bestimmen nicht mehr heteronome naturrechtliche Vorstellungen unser Bild des Rechts. Vielmehr wird die Errichtung einer gerechten Rechtsordnung angestrebt. Für das Völkerrecht könnte die Widerspieglung gemeinsamer Wertvorstellungen der Staaten dieses Ziel bewirken, jedoch ist es wegen der kulturellen und rechtshistorischen Vielfalt zwischen den Staaten äußerst schwierig, solche auszumachen, selbst wenn es hilfreiche Versuche gibt, Gemeinschaftsideen wie die des „übergreifenden Konsens“ oder des „vernünftigen Pluralismus“ in das Völkerrecht zu verlegen.275 Die sogenannte New Haven School mit ihrem am Völkerrecht entwickelten New Haven Approach sieht die Gemeinschaft der Individuen und nicht nur der Staaten dazu befähigt, Entscheidungen unter Anleitung von Juristen herbeizuführen, wobei stets die Menschenwürde ultimativer Maßstab sein soll.276 Dieser Ansatz ist jedoch wiederum zu ausufernd, da die Grenzen zwischen Recht und Politik, zwischen sozialem Verhalten und normativ bindender, exakter Regelung verschwimmen. Das Recht wird dabei eher zu einem politischen Moment, ebenso wie die Bestimmung konkreter Normen und der Grad der ihr entgegengebrachten Zustimmung einerseits undeutlich und andererseits zum Maßstab wird. 273  Ebd.,

S. 928. S. 930. 275  Siehe Rawls, Das Recht der Völker, S. 35, 156. 276  Vgl. Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, S. 194 f.; „goal values of international human dignity“, McDougal, S. 168, 190–191. Ausführlich zum New Haven Approach: Harold D. Lasswell/Myres S. McDougal, Jurisprudence for a Free Society: Studies in Law, Science and Policy, New Haven 1992; W. Michael Reisman/Siegfried Wiessner/Andrew R. Willard, The New Haven School: A Brief Introduction, Yale Journal of International Law 32 (2007), S. 575 ff. 274  Ebd.,



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht119

Dieser Ansatz hilft aber erneut, den Blick nicht nur auf die Staaten zu beschränken, sondern zu berücksichtigen, dass in diesem sozialen Prozess der Erzeugung von Normen, jedoch gerade auch bei ihrer Anwendung, stets auch andere Akteure beteiligt und betroffen sind. 9. Zusammenfassung Es zeigte sich, dass auch im Völkerrecht mehrere Versuche unternommen worden sind, Legitimität fassbar und nutzbar zu machen. Dabei erfolgte regelmäßig keine direkte Übernahme von staatsrechtlichen Ansätzen und Ideen ins internationale Recht, da hier durchaus distinkte Umstände gelten, weil noch immer hauptsächlich Staaten aufeinander treffen und grundlegendes Prinzip im Normbildungsprozess der Konsens der Staaten ist. Insofern fungiert Völkerrecht noch immer wesentlich als Koordinationsrecht zwischen Staaten und eine klassische domestic analogy scheint nicht angemessen. Allerdings lassen sich zunehmend neue Strukturen im Völkerrecht deutlich beobachten. Das heißt, dass Entwicklungen wie Konstitutionalisierungs-, aber auch Fragmentierungsprozesse, jedoch insbesondere auch kooperative Ansätze und Global Governance neue Faktoren in die Völkerrechtsordnung einbringen, die ganz eigenständige Prinzipien und Begründungsmuster sowohl im Normschaffungs- als auch im Normanwendungsprozess bedingen. Wenn man den Begriff der Legitimität für diese Bereiche nutzbar machen will, wird deutlich, dass er als Strukturmerkmal auf jeden Fall dort hilfreich sein kann, wo Governance in einer Weise ausgeübt wird, die der Herrschaftsausübung in Nationalstaaten nahe kommt und Bürger durch Handlungen oder Entscheidungen internationaler Institutionen oder Organe unmittelbar oder mittelbar betroffen werden. Es scheint demnach angebracht, für verschiedene Völkerrechtsregime eigenständige Legitimitätskonzeptionen zu erstellen, die sich von denen für das allgemeine Völkerrecht durchaus unterscheiden können, da auch die Intensität der Einwirkung auf Dritte variieren kann. Offensichtlich reicht in vielen Bereichen, die eine sehr fortentwickelte und eigenständige Struktur aufweisen, bloßer Staatenkonsens zur Legitimierung von Herrschaftsausübung bei Betroffenheit individueller Menschen nicht mehr aus. Formalismus war zwar im Völkerrecht zunächst entscheidend, um eine Universalität herzustellen, in der eine Vielzahl von materiellen Vorstellungen friedvoll nebeneinander und miteinander koexistieren konnten und noch immer können. Die Legalitätskonzeption des Völkerrechts war dementspre-

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

chend durchaus vergleichbar mit dem Rechtssystem eines liberalen Verfassungsstaates, indem zunächst feste Rahmen für die Koexistenz gebildet wurden, bei welchen Verfahren im Vordergrund stehen, um das Nebeneinander verschiedener Ansichten zu ermöglichen. Diesbezüglich hat Legalität auch einen Wert an sich. Das positive Recht hat daher auch für Ansprüche an Legitimität im internationalen Recht und innerhalb seiner Subregime stets einen hohen Stellenwert einzunehmen. Gerade im Völkerrecht muss positives Recht, wie es sich in Abkommen und Verträgen, aber auch im Gewohnheitsrecht äußert, einen besonderen primären Status genießen, der sich über technische, politische, effizienzbezogene aber auch normative Erwägungen regelmäßig erhebt, um ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit zur Verfügung stellen zu können. Dennoch muss das Recht angemessene Grundzüge an Flexibilität beinhalten, die es ermöglichen, andere und neue Komponenten und Entwicklungen wirksam zu berücksichtigen, und sich damit in gewisser Weise als anpassungsfähig zu erweisen, um auch in längerer Perspektive seinen Geltungsanspruch aufrecht erhalten zu können. Ebenso können Verfahren legitimitätstiftend wirken. So können Herrschaft und Normanwendung auch dadurch legitimiert werden, dass sie sich schließlich durch klare und faire Verfahren auszeichnen. Verfahren allein reichen aber wegen des enormen inhaltlichen Kompetenzzuwachses für überstaat­ liche Akteure, besonders in völkerrechtlichen Subsystemen und ausdifferenzierten Rechtsregimen, ebenfalls nicht mehr aus, um angemessen Legitimitätswahrnehmungen zu reflektieren. Neue Herausforderungen für das Völkerrecht nach dem Zusammenbruch des Kommunismus stellten insbesondere ebendiese sich stets weiter entwickelnden hoch spezialisierten und immer selbstständiger werdenden Rechts­ regime auf internationaler Ebene dar. Rechtsprinzipien können dazu beitragen, ein Auseinanderbrechen und Regimekollisionen im Zusammenhang mit der Fragmentierung der gesamten Völkerrechtsordnung zu verhindern, wobei gerade Legitimität ein solches Prinzip sein kann, wenn es vermag, sich sinnvoll den aktuellen Herausforderungen zu stellen und progressiv zu wirken, auch um Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Völkerrechtssystem sowie seinen neueren Entwicklungen zu befördern. Während Menschenrechts- und Umweltschutzregimes von der Öffentlichkeit in den Staaten weitgehend wohlwollend wahrgenommen werden, empfinden viele Menschen Unbehagen bei den Institutionen des wirtschaftlichen Aspekts der Globalisierung, zu denen auch das internationale Investitions-



III. Zur Diskussion um Legitimität im Völkerrecht121

schutzregime zählt. Es ist Teil jener übergeordneten Expansions- und Differenzierungsentwicklung im internationalrechtlichen Bereich, die vermehrt auf Kritik stößt. Staatsbürger werden dabei durch das moderne Völkerrecht zunehmend betroffen, indem Regelungen sie entweder unmittelbar oder über nationale Umsetzungsakte berühren, in jedem Fall ohne direkte, häufig aber auch ohne indirekte eigene Einflussnahmemöglichkeit auf Normbildungs- und -setzungsprozesse oder Entscheidungen internationaler Organe und Instanzen. Die Suche nach Legitimitätsanforderungen führt zu einer Gratwanderung. Einerseits reichen Formalität und Verfahren allein nicht mehr aus, um die aktuellen Entwicklungen im internationalen Recht noch angemessen abzudecken, andererseits erscheint es höchst schwierig, materielle oder gar demokratische Werte auf überstaatlicher Ebene zu finden oder zu etablieren. Vielseitigkeit und teils diametrale Unterschiede in den Staaten der Erde machen allumfassende, weltweit Geltung beanspruchende Annahmen von Gerechtigkeit zumindest derzeit schwer vorstellbar. Insofern ist es auch eine wichtige Aufgabe des Völkerrechts, Bedingungen zu schaffen, unter denen auch unterschiedliche Wertvorstellungen bestehen können und entsprechende Spielräume müssen erhalten bleiben. Vorzugswürdig erscheint daher ein flexibler Legitimitätsansatz, der einerseits Rücksicht nimmt auf die gegenwärtige Struktur und das System des geltenden Völkerrechts und gleichsam Bestandteile einer rechtsstaatlichen Kultur progressiv integriert. So könnten Elemente wie gerechte Teilhabe an Entscheidungen und Transparenz, aber auch Zurechenbarkeit und Fairness in angemessenem Umfang aufgenommen werden. Dies würde auch dem Ziel entsprechen, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herzustellen, indem die Regeln des Miteinanders klar definiert, Verhaltensweisen für alle Seiten vorhersagbarer und Betroffene in hinreichendem Maß in den Normbildungs- oder -anwendungsprozess integriert werden. Das Prinzip der Legitimität könnte dafür sogar der Schlüssel sein. Seit der Loslösung von heteronomen Gesichtspunkten in der rechtsphilosophischen Debatte um den Legitimitätsbegriff waren es insbesondere zwei Momente, die seine Struktur kennzeichneten: eine gewisse Dynamik und Anpassungsfähigkeit sowie der Anspruch auf Förderung des Allgemeinwohls. Dies sollte man für die völkerrechtliche Debatte nutzbar machen und einen Mittelweg finden zwischen bloßem Formalismus, der sich auf Legalität und einzuhaltende Verfahren stützt, und andererseits konkreten materiellen Werten, die unter dem Stichwort der Legitimität auch im Völkerrecht gefordert werden, sich aber erheblich voneinander unterscheiden können.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

So erscheint es sinnvoll, kein konkretes Ziel zu formulieren, sondern Einrichtungen der Global Governance oder anderen völkerrechtlichen Institutionen und Organen, die den Staaten vergleichbare Befugnisse oder Auswirkungen auf Menschen haben, die Vorgabe zu machen, dass sie die Rechte der von ihren Handlungen und Entscheidungen betroffenen Indivi­ duen angemessen zu berücksichtigen haben. Letztere werden so zwar nicht in den Normbildungs- und -anwendungsprozess aktiv integriert, aber als passiv Betroffene können ihnen Berücksichtigungsvorgaben mit Schutzfunktion zur Seite gestellt werden. Wie eine angemessene Berücksichtigung ausgestaltet sein soll, muss dann für jedes Rechtsregime individuell ermittelt werden und wird im Folgenden für das Investitionsschutzrecht erfolgen. Diese Konzeption von Legitimität geht jedenfalls auch über soziologischdeskriptive Ansätze hinaus und erhebt bewusst einen normativen Anspruch ohne jedoch Werte zu fordern, die von den verschiedenen Akteuren nicht geteilt werden können. Legitimität wird demnach als dynamisch-proportionale Schutzfunktion konstruiert. So erhebt sie durch einen protektiven Charakter einen normativen Anspruch ohne gleichsam konkretisierte Gerechtigkeitspostulate aufzustellen, auch wenn die Berücksichtigungspflicht Dritter einen Wert an sich darstellen kann. Ob ein so gestaltetes Legitimitätsprinzip aber grundsätzlich auch als Rechtsprinzip im Investitionsschutzrecht Geltung entfalten kann und ob es angemessen konkretisierbar ist, wird sich im Folgenden zeigen.

IV. Grundlagen einer Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht und Konturierung des Rechtsprinzips der Legitimität Bevor auf die obigen Grundsätze einer völkerrechtlichen Legitimitätskonzeption aufbauend eine Konturierung eines Rechtsprinzips der Legitimität für das Investitionsschutzrecht vorgenommen wird, soll zunächst untersucht werden, was die wesentlichen Merkmale eines Rechtsprinzips sind und wie es rechtssystematisch verankert wird, um Wirkungen zu entfalten. Legitimität wird also als Rechtsprinzipienentwurf ausgearbeitet werden und gerade nicht als Rechtsnorm. Diese Maßgabe ist grundlegend, da zum Nachweis von Prinzipien andere Methoden erforderlich sind und sich deren Funktionen essentiell von Rechtsnormen in Form von Regeln unterscheiden.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht123

Es soll daher nicht versucht werden, Legitimität als allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz und mithin als klassische Völkerrechtsquelle nach Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGH-Statut zu konstruieren, obwohl Ausführungen zu ihr von Rechtsgelehrten in vielen nationalen Rechtsordnungen zu finden sind.277 Vielmehr soll eine eigenständige Prinzipientheorie des Rechts dafür nutzbar gemacht werden. Um als Rechtsprinzip fungieren zu können, muss sich Legitimität streng an juristischen Maßgaben messen lassen und darf nicht, wie es hingegen eine politische Forderung oder Konstruktion dürfte, den Blick auf den rechtlichen Rahmen vernachlässigen, da dies der Normativität des Rechts letztlich schaden würde.278 1. Legitimität im Investitionsschutzrecht Alle völkerrechtlichen Regime müssen an die ihnen zugrunde liegenden Verträge angekoppelt bleiben. Diese sind Grundlage der völkerrechtlichen Legalität und damit auch zumindest der formellen Komponente der Legi­ timität. Problematisch wird somit eine schrittweise Abkopplung oder Verselbstständigung von internationalen Institutionen, wie sie in vielen internationalen Organisationen vorkommt. Im Investitionsschutzrecht ist diese Gefahr nicht im gleichen Maße virulent wie in dauerhaft verfassten internationalen Organisationen, da sich die Investitionsschiedstribunale stets neu konstituieren und immer wieder das jeweils entscheidungsrelevante Abkommen neu prüfen müssen. Insofern besteht hier eine engere Ankopplung an die zugrunde liegenden Verträge. Die Abkommen sollen den Staatswillen widerspiegeln. Dies ist der Grundgedanke aller völkerrechtlichen Verträge und Basis des Konsensprinzips im internationalen Recht. Daher ist es problematisch, wenn die Abkommen diesen Staatswillen nicht ausreichend erkennbar machen. Dazu sind hinreichend bestimmte Vereinbarungen nötig, die durch offene und teilweise sehr vage Formulierungen bei Normen der Investitionsschutzabkommen zumindest zweifelhaft sind. Gerade wenn von der Tätigkeit der Investitionsschiedsgerichte Bereiche betroffen werden, die zur klassischen domaine reservé der Staaten gehören, ist Klarheit erforderlich. 277  Wenn auf klassische Rechtsquellen zum Nachweis von Legitimität im Völkerrecht abgezielt würde, könnte auch über Art. 38 I lit. d) IGH-Statut diskutiert werden, der auf richterliche Entscheidungen und die Lehrmeinungen der fähigsten Völkerrechtler rekurriert, da heute auch zunehmend Investitionsschiedsgerichte in ihren Entscheidungen auf Legitimität abstellen. Dies ist jedoch nicht Ziel dieser Untersuchung. 278  von Bogdandy, General Principles, S. 1913.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Legalität schränkt die Handlungsfreiheit der Rechtssubjekte ein. Dies tut sie aber gerade auch deshalb, um ihre Handlungsfreiheit auf der anderen Seite zu schützen. Denn die Freiheit eines jeden, alles tun zu können, würde letztlich zu Willkür und Beschränkung vieler führen. Ebenso darf es folglich nicht sein, dass Legalität als obsolet angesehen und zugunsten eigener Legitimitätsvorstellungen geopfert wird. Legalität ist und bleibt zunächst das entscheidende und das das Rechtssubjekt konkret betreffende Kriterium mit seiner grundlegenden Unterscheidung zwischen legal und illegal. Legitimität fungiert dabei als ein übergeordneter Anknüpfungspunkt, der es der Legalität ermöglicht, sich an ihr auszurichten, um aktuell zu bleiben und nicht überflüssig zu werden (Zugfunktion der Legitimität). Somit ist es auch möglich, bei der Kennzeichnung des Inhalts von Legitimität in Bezug auf einen bestimmten Bereich höchst vielseitige, komplexe und auch kontroverse Diskussionen zu führen, die noch weit über die Diskurse hinausgehen, die sich bei der Bildung von positivem Recht, der Legalität, vollziehen. Dies ist deshalb möglich, weil Legitimität regelmäßig nicht unmittelbar auf die betroffenen Rechtssubjekte, Staaten und Individuen, durchschlägt. Vielmehr wird sie prozesshaft ermittelt und in ihrer Wirkung erst durch die Umsetzung in geltendes Recht noch einmal kanalisiert, wenn sie nicht in bestimmten Fällen schon als Rechtsprinzip unmittelbare Geltung erlangt. Legalität ermöglicht demnach mittels ihrer Durchsetzungskraft auch eine Schutzfunktion und mithin friedliche Koexistenz, deren Aufweichung eines hohen Begründungsaufwandes bedarf. Legitimität hingegen betrifft zunächst oftmals subjektive und normative Urteile, welche aber insbesondere zur Änderung des positiven Rechts führen können. Sie kann auch dann eingreifen, wenn es zur Kollision positiv niedergelegter Normen kommt und kann eine Tendenz für eine Entscheidung vorgeben. Wenn ein Rechtsgebiet gefestigt ist, können zum Beispiel auch grundlegende tragende Prinzipien, wie im Völkerrecht das Gewaltverbot oder das Nicht-Einmischungsgebot in innere Angelegenheiten der Staaten, mithin das Prinzip der staatlichen Souveränität, bei Abwägung mit anderen grundlegenden Werten eingeschränkt werden, auch wenn dies in jedem Einzelfall höchster Sorgfalt und Prüfung bedarf und im Zweifel abgelehnt werden sollte. Ein Beispiel dafür bildet der NATO-Einsatz in Serbien im Jahr 1999, flankiert durch Ausführungen des damaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan:



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht125 „State sovereignty, in its most basic sense, is being redefined by the forces of globalization and international cooperation. […] [M]assive and systematic violations of human rights – wherever they may take place – should not be allowed to stand […]“ und „The Charter requires the Council to be the defender of the common interest, and unless it is seen to be so – in an era of human rights, interdependence, and globalization – there is a danger that others could seek to take its place.“279

Es handelt sich dabei nicht um die Relativierung von Prinzipien, sondern um deren Bestätigung als grundlegende Hauptbestandteile der völkerrecht­ lichen Rechtsordnung in Abwägung zu anderen Prinzipien. Somit zeigt sich, dass selbst grundlegende Prinzipien zumindest auch als Abwägungsfaktoren eingestellt werden können, wenn fundamentale Werte wie die Unversehrtheit von Menschen auf dem Spiel stehen. Aber allein dass ein Streit darüber besteht und vielleicht sogar eine Mehrheitsmeinung die sogenannte humanitäre Intervention in engen Grenzen anerkennt, macht deutlich, dass die formelle Legalität des Völkerrechts für bestimmte materielle Werte geöffnet werden kann, die gegen sie abgewogen werden können.280 Es kommt dann zum Paradoxon der illegalen Legitimität. So lässt sich feststellen, dass Legitimität durchaus auf materielle Werte verweisen kann. Nun bestehen im Investitionsschutzrecht durch Entscheidungen von Investitionsschiedsgerichten in den seltensten Fällen ernsthafte und schwerwiegende Bedrohungen für Menschenleben, obgleich dies nicht ausgeschlossen ist. Folglich könnte angenommen werden, dass eine Öffnung des Legalitätsrahmens hier nicht angemessen sei und daher Legitimität in diesem Bereich einzig Legalität bedeute. Ebenso wenig wie hier schwerste Verletzungen grundlegender Werte auf dem Spiel stehen, müssen aber auch nicht Abweichungen von solch grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts wie dem Interventions- oder Gewaltverbot gerechtfertigt werden. Daher kann man argumentieren, dass sich hier hinsichtlich der Gegenüberstellung von formeller Legalität mit substantiellen Werten die gleichen Probleme stellen wie bei der humanitären Intervention, lediglich auf einem weniger intensiven Niveau. Mithin kann auch der investitionsschutzrechtliche Legalitätsrahmen, der in materiellen Bestimmungen in Investitionsschutzabkommen geprägt wird, für die Abwägung mit materiellen Werten geöffnet werden. 279  UN Press Release SG/SM/7136, GA/9596 vom 20. September 1999, „Secretary-General Presents His Annual Report to the General Assembly“. 280  Zu einer tiefgründigen Kritik hieran: Rotte, „… a general loosing of the ties of civilized society …“ – Democratic Interventionism als legales oder legitimes außenpolitisches Instrument im 21. Jahrhundert?, S. 248 ff., der dies mit einer „Doktrin eines Demokratischen Interventionismus“ erklärt, welche sich unter anderem darauf stütze, dass demokratische Staaten ein höheres Maß an Legitimität für sich beanspruchten als autoritäre Systeme.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Somit könnte der „Legalitätspanzer“ des Investitionsschutzregimes quasi durch Injektion von materiellen Werten oder eben Berücksichtigungsgrundsätzen überwunden werden. Dies ist eine Form der Interpretation von Legitimität im Verhältnis zu Legalität und sollte keine Bestätigung der von Koskenniemi beobachteten „Deformalization“ oder eines „Turn to Ethics in International Law“ sein, bei dem gilt, dass einfach ungenügende oder als unvernünftig empfundene Regeln überwunden werden.281 Einer der entscheidenden Zwecke der Legalität und des damit verbundenen Rechtsformalismus ist, der Willkür Grenzen zu setzen. Genau dies aber bezweckt auch ein strukturiertes und konturiertes Legitimitätskonzept im Investitionsschutzrecht, indem es helfen kann, die weiten Formulierungen in Investitionsschutzabkommen zu konkretisieren. Das heißt, um ein Gesamtkonzept von Legitimität zu entwickeln, an der sich die Legalität ausrichten kann, dürfen formelle Aspekte nicht einfach aufgegeben werden. Eine bloße Ausrichtung an ethisch-moralischen Gesichtspunkten kann wegen deren häufig strittigen Charakters zur Willkür führen, bei der sich schließlich die Mächtigeren durchsetzen. Recht darf jedoch nicht zu einem bloßen Instrument degradiert werden, bestimmte selbst gesetzte Ziele durchzusetzen. Das Völkerrecht und insbesondere das Investitionsschutzrecht widerspiegeln in besonderer Art und Weise Entwicklungen der Globalisierung.282 Dass die Förderung und der Schutz ausländischer Investitionen dazu geeignet sei, den Wohlstand der beteiligten Völker zu mehren, geht aus den Präambeln vieler BITs hervor. Dennoch finden sich in den formellen und materiellen Regelungen vieler Investitionsschutzabkommen keine expliziten Angaben, wie dies von den Schiedsgerichten sinnvoll umgesetzt werden kann. Vielmehr können einige Regelungen gar als Einschränkungen für die Staaten hinsichtlich der Förderung des Allgemeinwohls verstanden werden.283 Es ergibt sich zudem eine asymmetrische Struktur im Investitionsschutzrecht dadurch, dass Staaten auf der internationalen Ebene rechtlich bindende Verpflichtungen haben, private Investoren hingegen nicht.284 Koskenniemi, ‚The Lady Doth Protest Too Much‘, S. 160. zur Globalisierung Hobe, Die Zukunft des Völkerrechts S. 253 ff.; Delbrück, Structural Changes, S. 14 ff.; ders., Das Staatsbild im Zeitalter der Globalisierung, S.  9 ff. 283  Vgl. Ceyssens/Sekler, Bilaterale Investitionsabkommen, S. 52. 284  Overly, When Private Stakeholders Fail, S. 373. 281  Vgl.

282  Grundlegend



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht127

Eine graduelle Bewertung und Abwägung des Eigentumsrechts von Investoren gegenüber anderen Rechten wirkt aus dieser Perspektive tragfähig. Das Eigentum dient insbesondere als eine Art akkumuliertes Potential der Handlungsfähigkeit einer Person.285 Insofern hat es als Recht einen deontologischen Charakter. Aber im Vergleich zu anderen deontologischen Größen wie dem Recht auf körperliche Integrität ist es wohl weniger abwägungsresistent. Demzufolge scheint es auch aus diesem Blickwinkel sinnvoll, es im Rahmen einer Legitimitätskonzeption gegen andere Güter abwägen zu können, gerade wenn investitionsschutzrechtliche Normen eine gewisse inhaltliche Weite haben. Bereits den Entwicklern der ICSID-Konvention war klar, dass es sich bei Investitionsschutzverhandlungen um mehr handeln muss, als lediglich kommerzielle Dispute: „The Drafters of the Convention felt it important to limit ICSID jurisdiction […]. […] An ICSID Arbitrator […] does not have jurisdiction over […] purely commercial disputes.“286

Investitionsschiedsverfahren unterscheiden sich durch die Beteiligung von Staaten und den in den Abkommen vorgesehenen Vorgaben fundamental von bloßer Handelsschiedsgerichtsbarkeit.287 Dies sollte sich auch in den Prinzipien manifestieren, die auf bestimmte Weise nur in diesem Rechtsbereich gelten und zu denen Legitimität, gegebenenfalls in einer diesbezüglich eigenen Ausprägung, zu zählen sein könnte. Daher soll im Folgenden ermittelt werden, wie solche Prinzipien wirken und in einem Rechtssystem verankert sind und wie ein Legitimitätsprinzip im Investitionsschutzrecht ausgestaltet werden kann. 2. Prämissen einer Prinzipientheorie des Rechts Neben den meist explizit positiv niedergelegten Regeln eines Rechtssystems kommt Rechtsprinzipien eine grundlegende Bedeutung zu, die ihm eine Struktur zu geben vermögen.288 Die Existenz solcher Prinzipien in jeglicher Rechtsordnung kann inzwischen wohl als nahezu umfassend anerkannt gelten.289 Prinzipien besitzen strukturgebende und strukturwiderspie285  Sourlas,

Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 152, Fn 130. Jurisdiction, S. 474. 287  Dies folgt bereits aus dem zugrunde liegenden Rechtsregime, das bei der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, s. A. Roberts, Divergence, S. 298. 288  Canaris, Systemdenken und Systembegriff, 25 f.; Larenz, Methodenlehre, 481. 289  Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, S. 251; Koch, Das Kooperationsprinzip, S. 548; Penski, Rechtsgrundsätze und Rechtsregeln, S. 105 ff.; Tietje, Normative Grundstrukturen, S. 175; Göttsche, Anwendung von Rechtsprinzipien, S. 103 m. w. N. 286  Lamm,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

gelnde Eigenschaften, doch gehen sie darüber hinaus. So können sie sogar als ein Vokabular im juristischen Diskurs betrachtet werden.290 Oftmals wurden Rechtsprinzipien oder „allgemeine Rechtsgrundsätze“ aber sehr positivistisch betrachtet. Ihnen kam insbesondere Wirkung für die Füllung von Gesetzeslücken zu291 und sie selbst sollten wiederum regelmäßig induktiv aus einzelnen oder mehreren Normen oder durch Richterrecht hergeleitet werden können, quasi als „Offenbarung“ geltenden Rechts. Diese Verhaftung am Gesetzespositivismus, aus dem allein alles Rechtliche deduziert werden könne, erweist sich jedoch der Öffnung gegenüber anderen Geltungsgrundlagen und Möglichkeiten einer modernen Prinzipienkonstruktion als zu abgeschlossen.292 Das ius erschöpft sich denn auch nicht im lex.293 So können nicht zuletzt auch einzelne Regeln des positiven Rechts bei Unklarheiten durch Prinzipien konkretisiert werden.294 Prinzipien wurden regelmäßig zunächst von den Regeln abgegrenzt. Während Regeln sich durch eine binäre „Wenn-dann-Struktur“,295 gegliedert in Tatbestand und Rechtsfolge, auszeichnen und in klassischen Subsumtionsschritten bearbeitet werden können,296 ist dies bei Prinzipien nicht der Fall. Insofern hat die besonders auf richterliche Rechtsfortbildung und die durch Spruchpraxis gebildete „Realität des Rechts“, auf die Josef Esser (1910 –1999) vor allem zur Ermittlung des Inhalts von Rechtsprinzipien abstellte,297 gerade im adjudikativ geprägten Investitionsschutzrecht hohe Bedeutung. Prinzipien sollten aber nicht nur auf bereits erfolgte richterliche Anerkennung zurückgeführt werden können. Sie müssen durchaus auch normativ auf die Interpretation bestehenden Rechts oder die Ausfüllung planwidriger Regelungslücken einwirken. Eine angemessene Analytik und systematische Herangehensweise darf jedoch nicht fehlen, auch wenn Prinzipien für eine direkte deduktive Anwendung nicht geeignet sein sollten, weil sie gerade nicht in jedem Fall und konkret in bestimmte Tatbestände gegossen werden können.298 290  von Bogdandy, bezeichnet solche Prinzipien als „guiding principles“, von Bogdandy, General Principles, S. 1912. 291  Vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 235 ff.; Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, S. 220 ff.; zu diesen „open texture situations“ auch Hart, The Concept of Law, 124 ff. 292  Dazu grundlegend mit der Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien bereits Esser, Grundsatz und Norm, insbesondere S. 50 ff. 293  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 99. 294  Weinberger, Revision, S. 63; T. Weiler, NAFTA Art. 1105, S. 44. 295  Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 76. 296  Alexy, Rechtssystem und praktische Vernunft, S. 407 f. 297  Vgl. Esser, Grundsatz und Norm, S. 252 ff. 298  Ebd., S.  49 ff.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht129

Mit seiner Monographie „Taking Rights Seriously“ von 1977 schuf Ronald Dworkin (1931–2013) dann auch die Grundlage für eine prinzipienbasierte Rechtstheorie, die sich vom vorherrschenden Gesetzespositivismus,299 aber auch von der Interpretation durch autoritativ entscheidende Rechtsausleger löste.300 Dworkin zufolge haben Rechtsprinzipien stets einen einheitlich moralischen Charakter. Dieser sei zunächst völlig abstrakt von seiner Anerkennung durch Legislativ- oder Judikativorgane und insofern auch von einer etwaigen rechtsquellenbezogenen Herleitung.301 Vielmehr tragen bei Dworkin die Prinzipien selbst die Normativität. Sie seien allein durch ihre moralische Überzeugungskraft Bestandteil des Rechts, ohne dass es einer wie auch immer gearteten positivistischen oder rechtsquellenbasierten Herleitung bedürfe.302 Dennoch fungieren Rechtsprinzipien als tragende Säulen jeder Urteilsbegründung und wirken auf diese Weise auf die Rechtsordnung zurück und können bei Meinungsverschiedenheiten in der Rechtsgemeinschaft Antworten geben.303 Das Recht hingegen wird gerade erst durch interpretative Prinzipien und Gründe fassbar und entfaltet dadurch normative Bindungskraft.304 Prinzipien wirken daher nicht imperativ sondern als Gründe. Insofern sind sie auch mehr als Optimierungsgebote, deren Erfüllung in möglichst angemessener Abwägung erfolgt.305 Schwierig ist dabei sicher, die Trennung zwischen bloß moralischen Prinzipien und Rechtsprinzipien vorzunehmen. Moral erfasst einen weiteren Spielraum als Recht. Während Moral auf alle zwischenmenschlichen Beziehungen abzielt, beziehe sich Recht nach Dworkin nur auf solche Beziehungen, bei denen letztlich staatlich organisierter Zwang gerechtfertigt sei. Weiterhin sieht Dworkin Rechtsprinzipien nur dann als gegeben an, wenn 299  Als Vertreter des Rechtspositivismus Prinzipien anerkennend Koller, Meilensteine, S. 178. 300  Dworkin, Taking Rights Seriously, Cambridge, Mass. 1977; weiterführend ders., Law’s Empire, Cambridge, Mass. 1986. 301  Zu dieser Herangehensweise Dworkins siehe Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 104. 302  Zu positivistischen Ansätzen grundlegend Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. Wien 1960, S. 45  ff., 219; Göttsche, Anwendung von Rechtsprinzipien, S. 105, Fn. 10. 303  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 104 f. 304  Sieckmann, Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 211 ff. 305  Vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75 f.; Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, S.  202 ff.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

die gefundenen Prinzipien mit der institutionellen Geschichte des relevanten Rechtssystems faktisch in Verbindung gebracht werden können. Maßgebend könnte dabei zunächst die klare terminologische Trennung zwischen Regeln und Prinzipien sein.306 Während erste in Tatbestände und Rechtsfolgen gegliedert sind, fehlt bei letzteren eine solche grundlegende Struktur. Ob eine solche begriffslogische Unterscheidung zwischen Regeln und Prinzipien aber wirklich zwingend erscheint, ist unter Berücksichtigung der Einheitlichkeit der Rechtsordnung und der bestimmenden Verflechtung von Regeln und Prinzipien zumindest fraglich. Gerade das Postulat einer Rückführbarkeit jeglichen Rechts auf moralische Prinzipien und Grundannahmen macht eine solche Trennung zwischen Rechtsregeln und Rechtsprinzipien weniger relevant. Eine lediglich andere Normstruktur gibt zu einer obligatorischen Differenzierung wohl noch nicht genügenden Anlass. Zumindest dient eine solche Unterscheidung aber zu einer Kontrastierung, um die Eigenarten von Rechtsprinzipien gegenüber den positivistischen Regeln des gesetzten Rechts hervorzuheben. Diese Eigenarten von Rechtsprinzipien bestehen insbesondere in einer eigentümlichen Funktionsweise, welche juristischen Formalismus und Positivismus klar hinter sich lässt.307 Prinzipien können zur Lösung von Fällen beitragen, für die gerade noch keine Regel erstellt worden war.308 Diese durch Gründe erzeugte Falllösung verlangt keine Alles-oder-Nichts-Entscheidung, sondern vermag es, argumentative Spielräume zu eröffnen, auch wenn letztlich nur ein Ergebnis bzw. eine Entscheidung am Ende stehen kann. Darunter ist gerade keine metaphysische Interpretation eines übergeordneten, bereits im Vorfeld feststehenden Ergebnisses zu erblicken.309 Es ist aber eben auch nicht so, dass da „wo die Abwägung beginnt, das Recht aufhört“.310 Vielmehr ist auch ein Richter in solchen Fällen rechtlich gebunden.311 Dworkin stellte dazu eine Theorie des Gewichts der Prinzipien auf, das heißt, der Intensität der Beeinflussung des Rechtsanwenders durch sie.312 Hierbei handelt es sich insbesondere um ein komparatives Element. Dies kann insofern verstanden werden, als die Prinzipien einen zu erfüllenden 306  Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 24; so auch Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 72, 77. 307  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 107 f. 308  Vgl. Raz, Legal Principles and the Limits of Law, S. 828. 309  Vgl. Neumann, Wahrheit im Recht, S. 37 ff. 310  Vgl. Dreier, Begriff des Rechts, S. 892. 311  Dworkin, Taking Rights Seriously, S. 30 ff. 312  Ebd., S. 26.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht131

Idealzustand bilden, der insbesondere bei konfligierenden Prinzipien die Frage nach ihrer graduellen Erfüllbarkeit aufwirft.313 Dies ist bei Regeln mit ihrer klaren Unterscheidung von Recht und Unrecht so nicht denkbar. Gerade im Investitionsschutzrecht und bei dortigen unklaren und komplizierten Fällen gelangt eine positivistisch-formalistische Lehre durch den sehr hohen Grad an Unbestimmtheit der anzuwendenden Regeln in den Investitionsschutzverträgen an ihre Grenzen. Dadurch besteht hier Raum und Bedarf für eine prinzipienorientierte Anwendung des Rechts, die darüber hinausgeht, lediglich dort Lücken zu füllen, wo Normen unklar sind. Hier sind die normativen Begründungen gefragt, die hinter einer Rechtsregel stehen und die ihrer Entstehung Sinn verleihen. Aber Rechtsprinzipien ermöglichen mehr. Sie können als Ziel- und Wertnormen anders als bloße Verhaltensnormen normativ angestrebt und stufenweise erfüllt werden.314 Sie fungieren insofern als Maximierungs- oder Optimierungsgebote.315 So kann ein Urteil bei einer unklaren Regel nicht nur aus Rechtsquellen durch Auslegung oder Rechtsfortbildung gewonnen werden, sondern insbesondere durch Anknüpfung an zugrunde liegende Prinzipien. Solche Prinzipien müssen selbstverständlich begründet werden und entfalten durch ihre besondere Beachtung und regelmäßige Hinterfragung eine enorme argumentative Kraft. Sie sind somit in der Begründungslehre einzelfallbezogenen und formalistisch-norminterpretativen Ansätzen überlegen. Sie vermögen es, der Rechtfertigung eines juristischen Urteils Fundament zu geben. Rechtsprinzipien gehen jedoch auch darüber hinaus und geben einem Rechtsgebiet Rahmen sowie Struktur und durchdringen es sowohl vertikal (im Sinne einer Normenhierarchie) als auch horizontal (indem sie vorgeben, welche gleichrangigen Normen zur Lösung einer juristischen Frage herangezogen werden müssen – insofern können sie auch prozessuale Vorschriften mit materiellen Normen verknüpfen). Somit durchziehen Prinzipien ein Rechtsgebiet in vertikaler und horizontaler Richtung und geben in ihrer Gerüststruktur diesem dabei Stabilität, indem sie jederzeit geeignet sind, genutzt zu werden. Daher erscheint es angemessen, Rechtsprinzipien als inhärente Gitter innerhalb eines Rechtssystems zu betrachten. Denn es wäre sicher zu kurz gegriffen zu behaupten, Prinzipien seien nur dann heranzuziehen, wenn sich konkrete Regeln nicht vollständig aus den 313  Sieckmann,

Regelmodelle und Prinzipienmodelle, S. 60 f. Vergleichbarkeit von Prinzipien und Werten, bei denen sich ähnliche Fragen stellen Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 125 ff. 315  Siehe dazu Poscher, Theorie eines Phantoms, S. 351 ff. 314  Zur

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Rechtsquellen entnehmen lassen. So sehen auch positivistische Ansätze es als gerechtfertigt an, in schwierigen Fällen auf Prinzipien zurückzugreifen. Vielmehr durchdringen daher Rechtsprinzipien als übergeordneter Rahmen oder eben inhärentes Gitter stets Quellen und Regeln. Man kann sich also auch von der zwingenden deduktiv-positivistischen oder quelleninterpreta­ tiven Sorge lösen, dass eine Lösung nur im Zusammenspiel oder in der Auslegung von Regeln herzuleiten sei und anders nicht gefunden werden kann. Erforderlich ist jedenfalls stets eine angemessene Prinzipienkonkretisierung, die auch auf die Lösung des konkreten Falls, gegebenenfalls in Beeinflussung einer Regel, einwirken kann. Dies erscheint auch insofern logisch, als eine sehr positivistisch geprägte Herangehensweise ebenfalls zulässt, dass eine Norm, die nicht unmittelbar der Lösung einer juristischen Frage dient, im Wege der Interpretation und Auslegung zu einer entsprechenden oder gewünschten Lösung geführt wird. Es erscheint aber transparenter und vor allem auch stringenter, eine offen prinzipiengesteuerte Herangehensweise vorzuziehen, die es ermöglicht, eine Norm so in eine Richtung zu lenken, dass sie entsprechend dem Rechtsprinzip Lösungen bereitstellt. Denn insofern können auch ähnliche Normen desselben Rechtsgebiets zu entsprechenden Lösungen geführt werden und eine Kohärenz innerhalb des Systems würde auf Basis der zugrundeliegenden Prinzipien befördert. Denn ebenso deutlich ist auch, dass ein rein positivistischer Ansatz, der quasi nur als Nothilfsmittel auf Prinzipien zurückgreift, wenn sich schwierige Fälle ergeben, an begründungstheoretische Grenzen stoßen muss. Er kann kaum erklären, dass Prinzipien lediglich in solchen Fällen im Rahmen von Auslegungen des positiven Rechts Anwendung finden. Ein alleiniger Rückgriff auf Prinzipien in beschränkten Einzelfällen erscheint nicht tragfähig. Vielmehr müssen grundlegende Prinzipien immanent als auch im positiven Recht befindlich angesehen werden. Ihre Gitterstruktur tritt lediglich besonders deutlich in komplizierten Fällen hervor, in denen der zu entscheidende Sachverhalt bar relevanten positiven Rechts ist und insofern ein direkter Rückgriff auf tragende Prinzipien des Rechts zwingend wird. Allgemeine Prinzipien können so in gewisser Weise auch als eine ErsatzKonstitutionalisierung für ein noch nicht verfasstes internationales System wirken.316 Was vermieden werden muss, ist aber in jedem Fall ein zu weit gehender Positivismus, der dazu führt, juristisch relevante Prinzipien nur aus dem positiven Recht zu deduzieren.317 Dies führte zu Beschränkungen und Abhierzu auch Mockle, Le débat, S. 17 ff. der Pfordten, Rechtsethik, S. 212 ff.; für eine absolute Priorität der Prinzipien Nicos Stavropoulos, Why Principles?, S. 2 ff. 316  Siehe 317  von



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht133

lehnung systematisch und gegebenenfalls moralisch durchaus attraktiver Modelle. Andererseits darf aber auch nicht die Positivität des Rechts unterschlagen oder missachtet werden. So wie das Recht Verhaltensweisen regelt, sie missbilligt oder zulässt, wirken auch Handlungen auf das Recht zurück.318 Menschliche Verhaltensweisen vermögen es, in historisch-soziologischer, und durchaus kulturell distinkter Weise, Recht zu generieren. Es erscheint insofern auch unbillig, Recht rein auf Faktizität und positivrechtliche Niederlegung zu begrenzen. Vielmehr müssen sich normative Elemente mit faktischen eng verflechten. So kann ein geistiges, intentionistisches Element stets auf die Entstehung von Handlungsweisen einwirken. Zwar ist richtig, dass normative Vorstellungen von Recht sich insbesondere aus faktischen Wahrnehmungen speisen. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass sich die normative, intentionistische Perspektive vom Faktischen löst und eigene Elemente beinhaltet, die dann wiederum auf die Faktizität und Positivität einzuwirken vermögen. Jeder Rechtsinhalt ist somit erfüllt von normativen Elementen, die freigelegt und zu juristischer Begründung herangezogen werden können. Dies manifestiert sich in mittlerer Ebene – einerseits nicht völlig grundlegend, aber andererseits regelmäßig noch nicht so weit konkretisiert wie positiv gesetztes Recht – in Form von Rechtsprinzipien, welche das Recht durchdringen und stets erneut befruchten und mithin die Rechtsordnung nicht nur als moralische Argumente stützen. 3. Zur Ermittlung des Inhalts von Prinzipien Wie aber solche wesentlich normativ geprägten Rechtsprinzipien herausgefiltert werden können, stellt sich als nicht unkompliziert dar. Es sollte zunächst zwischen Rechtsprinzipien (im engeren Sinne) und bloß politischen oder moralischen prinzipiellen Zielsetzungen differenziert werden,319 denn in einer juristischen Begründungslehre können nur erstere herangezogen werden, um rechtlich verbindliche Urteile auszusprechen. Wesentlich ist zunächst, dass Rechtsprinzipien bloß politische Ziele an normativer Kraft übertreffen und übertrumpfen.320 Während nach Dworkin politische Ziele in Mehrheitsentscheidungen getroffen werden könnten, ent318  Greenberg,

How Facts Make Law, S. 162 f. Taking Rights Seriously, S. 22, 82 ff., 90 ff. 320  Dworkin, Rights as Trumps, S. 153  ff.; bejahend Habermas, Faktizität und Geltung, 255 f. 319  Dworkin,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

zögen sich Rechtsprinzipien solcher Möglichkeiten, da sie insbesondere mit der Gewährung subjektiver Rechte in engem Zusammenhang stünden, deren Grundlegendes der Gleichheitssatz sei.321 So wird bestimmten politischen oder moralischen Argumenten die Schlagkraft entzogen, wenn sie sich gegen subjektive Individualverbürgungen richten. Letztere treten insofern als Trümpfe auf. Es stellt sich also die Frage, warum bestimmte Rechte gewährt werden. Dieser Überlegung stehen ultimativ normative Überlegungen voran. Denn jedes Rechtsgut, jede Rechts- und Gemeinschaftsordnung speist sich aus solchen. Diese bilden die Grundlage für das Recht. Sie sind rechtskonstitutiv.322 Insofern sind sie in jede vertiefte Rechtsüberlegung einzubeziehen und es kann gefragt werden, ob auch bei der Gewährung von individuellen Schutzrechten eine Abwägung mit Gemeinwohlinteressen möglich sein kann.323 Rechtsprinzipien setzen sich jedenfalls über sporadische und auf den Einzelfall bezogene moralische und rechtliche Überlegungen hinweg und geben eine übergreifende, universelle Struktur. Moralische Überlegungen prägen stets menschliches Verhalten. Umso schwieriger ist es, innerhalb derselben zwischen lediglich politischen Wahrnehmungen und rechtlich relevanten Gesichtspunkten zu differenzieren. Eine Unterscheidung zwischen bloß moralischen Prinzipien und Rechtsprinzipien besteht darin, dass letztere zwingend und in jedem denkbaren Anwendungsfall zwischen subjektiven Rechten abwägen. Das heißt, dass dann lediglich politische Vorstellungen oder Moralansichten außen vor bleiben müssen. Wo subjektive Interessen den Grad überschritten haben, um bereits als subjektive Rechte zu gelten, kann im Einzelfall schwierig festzustellen sein. Unter subjektiven Rechten sollen daher zuvörderst die individuellen Abwehrrechte zum Schutze privater Interessen angesehen werden, zu denen auch beispielsweise soziale Schutzstandards im Arbeitsrecht oder Rechte zum Schutz der Ausübung kultureller oder religiöser Handlungen gezählt werden müssen, da diese letztlich auch der Abwehr von staatlichen oder privaten Eingriffen in die Sphäre von Individuen dienen. Nur diese Rechte haben einen unbestrittenen Anspruch auf Erzwingbarkeit, wie sie auch Dworkin in seiner Grundfrage fordert.324 Dies ist damit zu rechtfertigen, 321  Dworkin,

Taking Rights Seriously, S. 83; ders., Law’s Empire, S. 221 f. Lücken im Völkerrecht, S. 125. 323  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 135. 324  Zur methodentheoretischen Maßgeblichkeit des subjektiven Rechts als Entscheidungskategorie Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, S.  59 f. 322  Fastenrath,



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht135

dass solchen individuellen Abwehrrechten ein besonders hoher Grad an Schutzwürdigkeit zuteil wird. Zu diesen gehört insbesondere die Integrität der Person, die sich aus seiner menschlichen Würde ergibt. Daher ist ein Rechtsprinzip nur ein solches, das hinsichtlich eines bewussten Ausgleichs zwischen widerstreitenden subjektiven Rechten, das heißt primär privaten Abwehrrechten, Lösungen bereitstellt. Dies kann auch für prima facie objektive Wertungen gelten, so sie auf subjektive Rechte einzelner oder Gruppen zurückzuführen sind. Nach Dworkin muss jedes Rechtsurteil weiterhin zum einen übereinstimmen („fit“) mit der institutionellen Geschichte der Rechtsgemeinschaft und zum anderen insofern gerechtfertigt („justified“) werden können, als es sich entsprechend der moralischen Handlungsgründe in das Gesamtbild der Rechtsordnung einfügen lässt.325 Diese zwei Voraussetzungen Dworkins sind dabei komplementär und nicht in einem Stufenverhältnis stehend anzusehen.326 Die die Gesamtheit der Rechtsordnung konstituierenden Fakten sollen damit stets in ihrer moralischen Bedeutung reflektiert werden, ebenso wie sich die Relevanz der anzuwendenden Prinzipien erst aus der Ansehung der zu beurteilenden Fakten ergibt. Dies führt zu einer komplexen Verschränkung von Fakten und Prinzipien. Dazu hat Dworkin den Begriff der Integrität der Rechtsordnung entwickelt. Nach ihr braucht das Recht einen anfänglichen normativen Gesichtspunkt („point“), der sich aus der Frage ergibt, in Hinblick auf welche Handlungen und mit Bezug auf welche vorhergehenden Entscheidungen innerhalb einer politischen Gemeinschaft die Anwendung staatlichen Zwanges gerechtfertigt sei.327 Folglich hat jede Rechtsposition ihren Ausgangspunkt in dieser Grundfrage. Rechtsprinzipien sind demnach als partielle Antworten auf diese Frage zu verstehen.328 Dies ist auch insofern richtig, als auch jegliche Regulierung nur erfolgen kann, wenn klar ist, zu welchem Zweck sie geschieht und wem sie zugute kommen soll. Dworkin legt den Schwerpunkt im Rahmen der Prinzipienbildung auf die Rechtfertigung staatlichen Zwanges. Dahinter steht der Gedanke, dass besondere zwischenmenschliche Verhältnisse und deren Regelung so essentiell 325  Dworkin,

A Matter of Principle, S. 146 ff. Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 126 f.; a. A. Poscher, Insights, Errors and Self-Misconceptions, S. 431. 327  Dworkin, Law’s Empire, 93 f., 96, 109; dazu Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 128, sowie Stavropoulos, The Relevance of Coercion, S. 339 ff. 328  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 128. 326  Sourlas,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

sind, dass zu deren Bestätigung im gegebenen Fall Gewalt von höherer neutraler Instanz ausgeübt werden können soll. 4. Die Antwort auf die „Grundfrage“ Ein Rechtsprinzip der Legitimität im internationalen Investitionsschutzrecht ist demnach dann nachweisbar, wenn erstens die Antwort auf die Dworkin’sche Grundfrage an das Rechtsgebiet mit dem Angebot, das ein strukturiertes Legitimitätskonzept liefert, zusammenfällt und zweitens dieses Legitimitätskonzept für das Investitionsschutzrecht hinreichend konkretisierbar ist, um als inhärentes Gitter bei Rechtsurteilen benötigte Antworten geben zu können. Prinzipien erwachsen aus einer Grundfrage an das umgebende Rechtssystem, welche darauf gerichtet ist festzustellen, aus welchem Grund Normen erzwingbar sein sollen. Rechtsprinzipien sind aber nur solche normativen Prinzipien, die letztlich einen bewussten Ausgleich subjektiver Individualrechte suchen. Aus diesem Grund soll Legitimität nicht als allgemein anerkanntes völkerrechtliches Prinzip hergeleitet werden, sondern Ansätze dargelegt werden, was Legitimität nach der geschichtlichen Entwicklung beim Weiterdenken sowie Projizieren auf das Investitionsschutzrecht beinhalten muss und aufzuzeigen, dass Rechtsprinzipien nicht nur deduziert werden müssen, sondern auch auf anderer Grundlage ermittelt werden können. Für die Ausübung von judikativer Gewalt durch internationale Investi­ tionsschutzgerichte und -tribunale ergeben sich entsprechende Fragestellungen verbunden mit der Problematik der Grundfrage im Investitionsschutzrecht. Sie kreist im Kern darum, warum ein völkerrechtliches System mit einem solch starken Durchsetzungsmechanismus ausgestattet sein soll, dass Investitionsschutzgerichte bindende Urteile in transnationalen InvestorStaat-Schiedsverfahren fällen sollen dürfen. Die wohl primäre Replik bestünde darin, dass die individuellen Interessen des ausländischen Investors, die aus seinem Eigentumsrecht erwachsen, geschützt werden sollen. Aber an diesem Punkt sollte noch nicht verweilt werden, denn eine weitergehende, sich anschließende Fragestellung muss dann lauten, warum gerade die Investorenrechte so stark geschützt werden sollen. Hierbei wird zum einen deutlich, dass die Heimatstaaten dadurch ihre Staatsangehörigen schützen wollen, aber zumindest ebenso wichtig, dass die Gaststaaten mit diesem Schutz schließlich Kapital und Know-How für ihr Land zu akquirieren wünschen.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht137

Grenzüberschreitende Investitionen gehören zu einem Gemeinschaftsprojekt des weltweiten Zuwachses des Lebensstandards aller Menschen, das nicht mehr allein oder bilateral gelöst werden kann. Auf den ersten Blick wirkt der Wunsch nach Erhöhung der eingehenden Auslandsinvestitionen zunächst rein egoistisch begründet. Wenn man aber die wirtschaftsliberale Theorie zu Ende denkt, und akzeptiert, dass ein offener und unbeschränkter internationaler Handel allen zugute kommen soll, dann handelt es sich bei der damit verbundenen Wirtschaftsliberalisierung vielmehr um ein Gemeinschaftsprojekt, dem sich alle Staaten verbunden fühlen müssen, die dieses Konzept anerkennen. Eine indirekte Anerkennung dessen kann im Abschluss von Investitionsschutzabkommen gesehen werden. Dann ergeben sich aber auch Verpflichtungen und Kooperationsbindungen, die über die in den tatsächlich abgeschlossenen Abkommen hinausgehen und Staaten könnten sich nicht mehr durch eine „Flucht in die Bilateralität“ gemeinschaftlichen Werten entziehen.329 Denn letztlich steht hinter dem Abschluss der Investitionsschutzabkommen, dass das Gemeinwohl sowohl im Heimatstaat des Investors, aber insbesondere auch im aufnehmenden Gaststaat gefördert werden soll. Dies erfolgt durch das Mittel, dass Investoren Schutz ihrer Rechte genießen können um dadurch dazu gebracht zu werden, durch ein gewisses Maß an Sicherheit in dem Gaststaat langfristige Investitionen zu tätigen. Dies soll wiederum dazu führen, dass Kapital und technisches Know-How in den Gaststaat transferiert werden, um damit dort zum Wohl der Allgemeinheit beizutragen.330 Das heißt, dass letztlich die Befugnis zu bindender Rechtsprechung durch Investitionstribunale aus dem Interesse der Förderung des Allgemeinwohls heraus geschieht. Dies ist eine wichtige Feststellung, aus der heraus sich in der Verbindung mit der Entwicklungsgeschichte des Legitimitätsbegriffs sowohl im Staatsrecht als auch im Völkerrecht ein Prinzip der Legitimität auch für das Investitionsschutzrecht ausweisen lässt. Denn wie bereits festgestellt wurde, liefen spätestens mit der beginnenden Aufklärung und der dabei erfolgenden Ablösung von heteronomen Anknüpfungspunkten alle klassischen staatsrechtlich-philosophischen Legitimitätskonzeptionen letztlich auf eine Förderung des Allgemeinwohls hinaus. 329  Bilateralismus im Gegensatz zu Multilateralismus kann gerade arme Staaten besonders negativ treffen, vgl. Alvarez, The Once and Future Foreign Investment Regime, S. 612: BITs als Knebelverträge, die durch die reichen auf die willigen armen Staaten aufgezwungen worden waren. 330  Dies ergibt sich auch aus den Päambeln vieler Investitionsschutzabkommen, die nicht nur auf die ökonomische Entwicklung im Gaststaat abstellen, siehe dazu auch Gehne, Nachhaltige Entwicklung, S. 13 f.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Insofern laufen das internationale Investitionsschutzrecht und die ermittelten staatsrechtlichen Legitimitätskonzeptionen konform. Mithin ist ein Legitimitätsprinzip im Investitionsschutzrecht anwendbar. Als Rechtsprinzip kann dies aber nur dann der Fall sein, wenn dieses Allgemeinwohl auf subjektive Rechte Dritter zurückgeführt werden kann. Hier kommt zudem die hergeleitete völkerrechtliche Legitimitätskonzeption zum Tragen, nach der die völkerrechtlichen Institutionen und Organe, die den Staaten vergleichbare Befugnisse oder Auswirkungen auf Menschen haben, die durch ihre Handlungen und Entscheidungen betroffenen Individuen angemessen zu beachten haben. Dies erscheint möglich und charakterisiert gerade ein Rechtsprinzip, indem es subjektive Rechte Dritter berücksichtigt. Habermas wies zwar darauf hin, dass die Begründung einer universellen Bürgerschaft, die Beteiligung und Berücksichtigung im internationalen Recht zu etablieren sucht, auch eine Dimension von politischer Partizipation nach sich ziehen sollte.331 Dennoch schließt eine solche, wenn auch demokratietheoretisch wünschenswerte, Beteiligung nicht aus, dass auch ohne die Annahme einer universellen Bürgerschaft eine Berücksichtigung von Individualinteressen vor dem Hintergrund einer Förderung des Allgemeinwohls ebenfalls im zwischenstaatlichen Bereich sowie in der Urteilsfindung internationaler Spruchkörper erfolgen kann.332 Dies muss besonders gelten, wenn individuelle Investoren gegen Staaten im Investitionsschutzrecht auftreten, weil dadurch bereits eine Durchbrechung des rein zwischenstaatlichen Zusammentreffens stattfindet. Ein solches Berücksichtigungselement setzt dann auch weniger auf politische oder direkt-rechtliche Beteiligung von Betroffenen, sondern in abstrakterer Form auf Mechanismen der Inklusion.333 Fehlende demokratische Anbindung an einen etwaigen demokratietheoretisch fundierten Normgeber ist denn auch nicht als Schwäche internationaler Spruchkörper zu begreifen, sondern Ausprägung ihrer Andersartigkeit gegenüber staatlichen Gerichten. So sind mithin auch andere Begründungsansätze für deren Herrschaftsausübung denkbar, die sich ebenso wie im innerstaatlichen Bereich an einem Rechtsprinzip der Legitimität festmachen lassen können. Während Legitimität vor dem Hintergrund eines modernen westlichen rechtsstaatlichen Verständnisses weitgehend mit demokratischer Legitimität gleichgesetzt werden könnte, müssen im anders strukturierten 331  Habermas,

Die postnationale Konstellation, S. 91, 142–156. steht bei den klassischen Herrschaftszwecken stets im Vordergrund, wobei inzwischen eine Fokussierung des Individuums zu erkennen ist, s. Schliesky, Souveränität und Legitimität, S. 626 f. 333  Vgl. andererseits Habermas, The Crisis of the European Union, S. 348: „a po­ li­tical integration backed by social welfare is necessary“. 332  Gemeinwohlverwirklichung



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht139

Völkerrecht im Allgemeinen und im Investitionsschutzrecht im Besonderen andere, eigene Maßstäbe gelten.334 5. Eine neue Legitimitätskonzeption als Rechtsprinzip im Investitionsschutzrecht Die Möglichkeit der Nutzbarmachung von Rechtsprinzipien wie dem der Legitimität durch eine entsprechende Konkretisierung gibt solchen Prinzi­ pien besondere Kraft, da sie insofern nicht entrückt wie „weit entfernte Sterne“335 stehen, sondern unmittelbare Auswirkungen entfalten können. Normative Wichtungen sind stets ausschlaggebend bei menschlichen Entscheidungen. Sie treten dann besonders hervor, wenn das positive Recht an seine Grenzen stößt. Rechtsprinzipien vermögen es unter anderem, unklare Normen stimmig zu interpretieren und etwaige Lücken zu füllen.336 Im Investitionsschutzrecht mit seinen offenen und vagen Formulierungen in den Normen muss auch bei einer positivistischen Grundannahme zur Füllung der Lücken des positiven Rechts auf Prinzipien zurückgegriffen werden. Auch Art. 42 der ICSID-Konvention verlangt von den Tribunalen, Regelungslücken im materiellen Recht zu schließen. Dem können sie aber nur mit einem umfassenden zugrunde liegenden Konzept angemessen gerecht werden. Hierfür ist die Wahrnehmung der Struktur von Prinzipien als inhärente Gitter hilfreich. So stützen sie das System und stellen Abwägungsgesichtspunkte für Einzelfallentscheidungen zur Verfügung, die zur Konsistenz beitragen können. Eine übergreifende neue Theorie der Legitimität, die als Rechtsprinzip im Investitionsschutzrecht fungiert, trägt dann zur Konkretisierung von prozessualen und materiellen Normen bei und muss daher sowohl die Interessen der Investoren als auch die der Gaststaaten und der betroffenen Menschen in den Gaststaaten berücksichtigen.337 Bei dieser Konzeption treffen Legitimität und Prinzipientheorie des Rechts aufeinander und befördern symbiotisch entscheidende Entwicklungen. 334  Zur kulturellen Abhängigkeit im Rahmen der Legitimität von Gerichten Rustemeyer, Symbolische Welten, S. 126, der auch innerhalb der Rechtskulturen der west­lichen Welt zu differenzieren sucht. 335  von Bogdandy, General Principles, S. 1909 mit Verweis auf Francis Bacons „On the Advancement of Learning“ (1605). 336  Zoellner, Transparenzprinzip, S. 91. 337  Zur Berücksichtigung von betroffenen Individuen in Entscheidungen internationaler Spruchkörper vor dem Hintergrund des Konzepts einer „transnational citizenship“ von Bogdandy, The Democratic Legitimacy of International Courts, S. 368.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Es gibt ein „potential of being legal“, das kritischen Moralüberlegungen anhaften kann.338 Dies kennzeichnet, dass bestimmte Moralitäts- oder Legitimitätsüberlegungen nicht nur Bedeutung erlangen können, positiv geltendes Recht zu rechtfertigen, sondern auch auf solches hinwirken können, welches noch nicht angenommen wurde. So kann einerseits durch Legitimitätserwägungen ein gesamtes Rechtssystem modifiziert werden (Zugfunktion der Legitimität) oder es kann andererseits ein bestehendes Rechtsregime neu fundamentiert und somit den neuen Maßstäben angepasst werden (Dynamik der Legitimität). Legitimität könnte insofern sogar als das platonische Urbild aller Rechtsprinzipien gelten. Durch sie werden, über die Lückenfüllung bei unbestimmten Rechtsbegriffen hinausgehend, Forderungen an die Änderung bestehenden Rechts geknüpft. Aus ihr erwächst somit eine große normative Kraft. Es sollte zudem gewährleistet bleiben, dass Recht als positiver Beitrag für ein soziales System angesehen wird. Legitimitätskonzeptionen können dazu beitragen oder sogar als Korrektiv für positiv gesetztes Recht wirken. Insbesondere kommt solchen Konzeptionen zunächst die Funktion als Lückenfüller bei fehlenden oder unklaren positiven Rechtsregeln zu. In Einzelfällen können sie aber sogar dazu führen, dass entgegenstehendes positives Recht nicht angewendet werden darf oder gar nichtig wäre. Eine solche Folge bedarf aber in jedem Fall eines hohen Maßes an ausführlicher Begründung und ein Zustand von entgegenstehenden Normen darf auch kein dauerhafter Zustand sein, sondern das positive Recht muss dann an die entsprechenden Konzeptionen angepasst werden. Denn gerade Rechtssicherheit ist ein entscheidendes Moment für soziale Systeme. Ihr dient auch die Übertragung der Streitschlichtung auf Tribunale. Wenn positives Recht aber nicht dazu in der Lage ist, in ausreichendem Maße für Rechtssicherheit zu sorgen, dann müssen dahinter stehende Konzeptionen in konkreten Anwendungsfällen die Lösung liefern. Es erscheint sinnvoll, den globalen Entwicklungen hin zu immer mehr Liberalität und Offenheit, besonders im ökonomischen Bereich, auch gesellschaftliche Normen und Werte in angemessenem Maße gegenüber zu stellen. In Investitionsschiedsverfahren treffen genau diese Gesichtspunkte in einzelnen Fällen aufeinander. Unverkennbar ist aber auch, dass die Legitimitätsvorstellungen, die im Rahmen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit diskutiert werden, nicht unabhängig gesehen werden können von der grundlegenden Debatte um eine Neuausrichtung der globalen Herrschaftsausübung.339 338  Georgiev,

Politics or Rule of Law, S. 12.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht141

Nichtstaatliche Machtausübung nimmt in den letzten Jahrzehnten sichtlich zu. Diese Machtdiversifikation verlangt durchaus neue Begründungsmuster.340 Je mehr Handlungen und Vorgaben überstaatlicher und transnationaler Institutionen unmittelbare Auswirkungen auf die Staatsbürger der Gaststaaten haben, gerade im Umwelt- oder sozialen Bereich, desto mehr erscheinen diese daher rechtfertigungsbedürftig.341 Wenn die Institutionen solche Auswirkungen haben, erheben Bürger Ansprüche darauf, dass diese Machtausübungen begründet werden. Diese Begründungen, die sich gerade außerhalb der Legalität verorten lassen, sind Bestandteil dessen, was üblicherweise als Legitimität wahrgenommen wird. Ebendiese Legitimitätswahrnehmungen können aber auch Ursprung neuer Dynamik und Stabilität sein. Die Investitionsschiedsgerichte sind angesiedelt in einem eigenständigen Rechtsgebiet, in dem auch einer zunehmenden Fragmentierung entsprechend separate Legitimitätsvorstellungen gelten können.342 Es ist inzwischen auch immer mehr Schiedsgerichten deutlich, dass der Primärzweck von Investitionsschutzabkommen nicht der allumfassende Schutz von ausländischen Investitionen und Investoren ist, sondern dass der Schutz von Auslandsinvestitionen einem übergeordneten Zweck dient und dienen muss und daher nur ein Vehikel zur Erreichung desselben ist. So führte das Tribunal im Verfahren Lemire gegen die Ukraine aus, dass 339

„… this main purpose is not sought in the abstract; it is inserted in a wider context, the economic development for both signatory countries.“

und dass daher „[e]conomic development is an objective which must benefit all, primarily national citizens and national companies, and secondarily foreign investors. Thus, the object and purpose of the Treaty is not to protect foreign investments per se, but as an aid to the development of the domestic economy.“.343

Legitimität ist mithin in jedem Bereich anders auszuprägen. Für die Legitimation innerstaatlicher Herrschaftsausübung müssen andere Maßstäbe 339  Hierzu ausführlich Miles Kahler/David Lake, (Hg.), Governance in a Global Economy: Political Authority in Transition (Princeton, 2003); Edgar Grande/Louis W. Pauly, Complex Sovereignty and the Foundations of Global Governance (Toronto, 2005). 340  Zu diesen Verpflichtungen mit Blick auf die Ausdehnung der Tätigkeit von Staaten Connolly, Legitimacy and Modernity, S. 13. 341  Mit dem Ruf nach Ausgleich zwischen innerstaatlichen sozio-politischen Vorgaben und der Verpflichtung zu einer offenen und liberalen internationalen Wirtschaftsordnung Devetak/Higgott, Justice Unbound, S. 497 f. 342  Vgl. Cohen, Fragmentation of Legitimacy, S. 50: „The legal community can be thought of as that group which shares a certain set of ‚legitimacy rules.‘ “. 343  Lemire v. Ukraine, Decision on Jurisdiction and Liability, 14. Januar 2010, Rn. 273.

142

C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

gelten als im allgemeinen Völkerrecht oder in völkerrechtlichen Subsystemen. Dies gilt gerade dann, wenn es um die Legitimitätsanforderungen an ein judikatives System geht. Es zeigte sich in der Untersuchung, dass sich Legitimität letztlich an einer Allgemeinwohlanbindung ausrichtet und dass sie als Rechtsprinzip an subjektive Rechte von Individuen angekoppelt sein muss. Dabei wurde Legitimität auch zunehmend als dynamisches und nicht als statisches Konzept wahrgenommen, das eine Zugfunktion gegenüber der Legalität ausüben kann, indem sie bei unklarer Rechtslage zur Entscheidungsfindung beitragen oder auch die Änderung positiven Rechts bewirken kann. Auf diese Ergebnisse gestützt soll daher eine dynamisch-gemeinwohl­ orientierte Legitimitätstheorie für das internationale Investitionsschutzrecht angenommen werden. a) Das subjektivierbare Allgemeinwohl Wie in der Analyse der staatsrechtlich-philosophischen Debatte zum Legitimitätsbegriff festgestellt, ist dessen wohl entscheidendes legitimitätstiftendes Kriterium das Allgemeinwohl oder auch das öffentliche Interesse, das sich als ultimatives Ziel nahezu aller Konzeptionen fand. Auch Dworkin stellt den Allgemeinwohlbegriff an zentrale Stelle normativer Überlegungen. Für ihn könne neben den legislativen Instanzen auch der Richter auf diese Überlegungen zurückgreifen, wenn er mit der Heranziehung dieser eine Antwort auf die Frage erhofft, was die Integrität der Rechtsordnung hinsichtlich des zu entscheidenden Einzelfalls verlangt.344 Natürlich ist es nicht einfach, letztverbindlich das Gemeinwohl oder ein öffentliches Interesse als unbestimmten Rechtsbegriff345 beispielsweise anhand spezifischer Kataloge zu definieren. Dies ist zunächst auch nicht erforderlich. Vielmehr obliegt es den Schiedsgerichten, im Lichte des Charakters des öffentlichen Interesses beziehungsweise des Gemeinwohls, dieses anhand der individuellen Entscheidungen näher zu konkretisieren. Hierbei können insbesondere auch teleologische Gesichtspunkte zur Geltung kommen. Man könnte gegebenenfalls trennen zwischen einerseits dem Interesse, das einen vermeintlich eher subjektiven Charakter hat, und andererseits dem 344  Dworkin,

Law’s Empire, S. 276 ff. grundlegend Peter Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, Bad Homburg v. d. H. 1970, 2., erg. Aufl., Berlin 2006. 345  Hierzu



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht143

Begriff des Wohls, welches einen eher objektiven Charakter und Anspruch bezeichnen könnte. So könnte der Begriff des Interesses stets mit einem konkreten materiellen und wirtschaftlichen Zusammenhang korrelieren, wohingegen dem Wohl der Allgemeinheit daneben auch immaterielle Güter wie Gerechtigkeit und Frieden zugeordnet werden könnten.346 Jedoch lässt sich eine solche Differenzierung weder dem natürlichen noch dem juristischen Wortsinn entnehmen.347 Dass diese Begriffe auch in der deutschen Rechtssprache kongruent verlaufen, zeigen Urteile des Bundesgerichtshofs („Wohl der Allgemeinheit“, „Interessen der Allgemeinheit“)348 und des Bundesverfassungsgerichts („Interessen des Gemeinwohls“).349 Es erscheint daher nicht sinnvoll, diese getrennt zu nutzen.350 Da die Begriffe des öffentlichen Interesses, des öffentlichen Belangs oder auch des Gemeinwohls regelmäßig eine gleiche Stoßrichtung mit Bezug auf eine Vielzahl an Individuen oder auch Gruppen zukommt, soll hier keine nähere Auseinandersetzung mit den am besten geeigneten Begrifflichkeiten erfolgen, sondern vielmehr der Blick auf das gerichtet werden, wozu dieser Aspekt bei der Konkretisierung des Legitimitätskonzepts dient und was er inhaltlich bedeuten kann. Gerade erst die Verbindung von subjektiven Rechten mit Interessen und Werten macht die Idee des Wohls zur entscheidenden Komponente des Rechts.351 Das Recht muss also abwägen, was dem Allgemeinwohl in der Konzeption der rechtsetzenden Gewalt am meisten dient, das heißt, zur Verwirklichung der quantitativ wie qualitativ besten Wertkonstellation unter Berücksichtigung von Individualinteressen beiträgt.352 Gemeinwohl soll daher für das Investitionsschutzrecht zunächst allgemein verstanden werden als Wohlergehen einer Vielzahl von Menschen, vorrangig im Gaststaat, in dem die Investition getätigt wird. Daher ist das Allgemeinwohl dann nicht berührt, wenn nur bestimmte einzelne Individuen wie Nachbarn oder Anlieger durch eine Investition negativ betroffen sind. Vielmehr muss eine gewisse Menge an Menschen betroffen sein, die entweder als Vielzahl oder als Gruppe gekennzeichnet werden können. 346  Külz,

Das „Wohl der Allgemeinheit“, S. 197 f. auch Uerpmann, Das Öffentliche Interesse, S. 24. 348  BGHZ, 131, 247 (254 f.). 349  BVerfGE 23, 50 (56); 26, 259 (264); 32, 1 (34). 350  Vgl. die Nutzung bei Dürig, „Bedürfnis“ und „öffentliches Interesse“ als Rechtsbegriffe, S. 536. 351  Sourlas, Rechtsprinzipien als Handlungsgründe, S. 140. 352  Ebd. 347  So

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

Eine Investition muss also größere Auswirkungen auf mehrere Menschen haben, um unter dem Gesichtspunkt des Legitimitätsprinzips behandelt werden zu können. Aber, wie oben beschrieben, kann nur ein solcher Gemeinwohlaspekt als berücksichtigungswürdig im Rahmen eines Rechtsprinzips Legitimität gelten, der den Ausgleich subjektiver Rechte sucht. Dies ist zumindest dann der Fall, wenn arbeits- oder menschenrechtliche Schutzstandards sowie kulturelle oder religiöse Schutzrechte gegen die Eigentumsrechte von Investoren abgewogen werden sollen.353 Naturschutz würde also zum Beispiel erst dann darunter fallen, wenn durch eine Umweltbelastung subjektive Schutzrechte von Menschen, wie beispielsweise das Recht auf Gesundheit, konkret bedroht werden. Es darf also nicht nur um die Ansicht einer übergeordneten Autorität hinsichtlich ihrer Entscheidung für eine bestimmte Gemeinwohlkonzeption gehen, da dies eher politischen Kategorien zuzuordnen ist, sondern darum, wovor Menschen regelmäßig rechtlich geschützt sind. Daher wird hier grundlegend auf einen engeren Kernbereich des Gemeinwohls abgestellt, nämlich den der persönlichen Integrität anderer Individuen als Grundlage eines gleichheitsrechtlichen, moralischen und existentiellen Moments jeglicher Gemeinschafts- und Rechtsordnung. Hierbei handelt es sich um ein grundlegendes synallagmatisches Rücksichtnahmegebot. Das heißt letztlich, dass sich Legitimität als Rechtsprinzip im internationalen Investitionsrecht auf die Förderung des Allgemeinwohls mit einem konkretisierbaren Bezug auf eine bestimmbare Vielzahl von Menschen sowie auf die individualisierbaren betroffenen Rechte dieser Menschen bezieht. b) Proportionalität als dynamisches Element Wie bereits festgestellt wurde, ist Legitimität aber auch ein offener und flexibler Begriff und insofern können auch Legitimitätsanforderungen graduell zunehmen oder abnehmen. Weiterhin steht Legitimität in einem direkt proportionalen Verhältnis zum öffentlichen Interesse oder dem Gemeinwohlbelang an einer Sache. Das heißt, wenn ein hohes öffentliches Interesse beziehungsweise ein hoher Gemeinwohlbelang an einem System oder einem individuellen Verhalten besteht, gelten für dieses System oder das individuelle Verhalten höhere Maßstäbe an Legitimität und somit höhere Legitimationsanforderungen. 353  Zur

Konkretisierung des anzuwendenden Gemeinwohlbegriffs sogleich unter 6.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht145

Diese sind aber wegen des Charakters der Legitimität als Rechtsprinzip nur dann relevant, wenn hinter dem zu fördernden konkreten Interesse eine individualisierbare Gruppe von Betroffenen steht, deren subjektive Rechte konkret gefährdet sein können. In der Projektion auf Investitionsschiedsverfahren hat dies Folgen für den Aufbau, die Struktur und die materielle Grundlage von Streitverfahren zwischen privaten Investoren und Gaststaaten. Grundsätzlich muss dabei also eine gemeinwohlorientierte Auslegung der streitentscheidenden Normen als kohärenzgenerierendes teleologisches Element in dynamischer Art und Weise in Form einer gestuften Kontrolle und eine Berücksichtigung des Gemeinwohls im Verfahren erfolgen. Der Inhalt und die Tragweite der Betroffenheit des öffentlichen Interesses können sich also nur durch eine umfassende Beurteilung des konkreten Falles erschließen. Dadurch, dass in Investitionsschutzverfahren ein Staat beteiligt ist, sollte regelmäßig eine Vermutung dafür bestehen, dass ein solches öffentliches Interesse betroffen ist.354 Erst in einem zweiten Schritt sollte vom Tribunal der Grad seiner tatsächlichen Betroffenheit unter Berücksichtigung der Gefährdung subjektiver Rechte potentiell Betroffener bemessen werden. In einem dritten Schritt sollten die Implikationen des Ergebnisses des zweiten Schrittes auf den Ablauf des konkreten Prozesses sowie schließlich der Einfluss auf die Auslegung der materiellen Normen vom Gericht ermittelt werden.355 Dabei wird zur Bestimmung des Gewichts des betroffenen öffentlichen Interesses kein klassischer Weg gewählt, bei dem ein öffentliches Interesse zwingend ein gemeinsames Wertesystem voraussetzt. Dieses im internationalen Recht grundlegende Problem kann dadurch überwunden werden, dass man das öffentliche Interesse, wie oben dargelegt, zunächst offener definiert, namentlich als potentielle oder reale Betroffenheit einer Vielzahl von Menschen. Man könnte ergänzend bei Verfahren, die auf bilateralen Investitionsschutzabkommen beruhen und bei denen der Gaststaat sich auf eine Handlung im öffentlichen Interesse beruft und der Investor dies bestreitet, den Heimatstaat des Investors einschalten, ohne das Verfahren übermäßig zu 354  Dies gilt unter der Maßgabe, dass die Intensität auch in Abhängigkeit von der Art der Investition durchaus erheblich variieren kann. 355  Wie eine solche mögliche Konkretisierung bezüglich der materiellen und prozeduralen Normen in Investitionsschutzverfahren ausgestaltet werden kann, wird in Teil D. anhand konkreter Bestimmungen beleuchtet werden.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

politisieren. Hierbei könnte das Tribunal zum Beispiel den Heimatstaat des Investors als Beteiligten am jeweiligen BIT zur Vertragsauslegung hinsichtlich des speziellen Aspekts befragen, ob der Heimatstaat unter den gegebenen Umständen eine Handlung, die der des Gaststaates entspricht, als im öffentlichen Interesse erfolgt ansehen würde. Die Antwort könnte das Tribunal sodann in seiner Bewertung berücksichtigen. Auch kann aufgrund der obigen Konkretisierung des subjektivierbaren Gemeinwohls durch entsprechende Konventionen der UN davon ausgegangen werden, dass im internationalen Recht Handlungen zum öffentlichen Interesse gehörig anzusehen sind, die zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung sowie zum Arbeitsschutz und der nationalen Sicherheit erfolgen. Solche allgemeine Grundsätze werden auch heute schon in Entscheidungen von Schiedsgerichten regelmäßig herangezogen.356 6. Zur Ausgestaltung eines völkerrechtlichen subjektivierbaren Allgemeinwohlbegriffs Ein so entwickeltes Legitimitätsprinzip für das Investitionsschutzrecht mit seinem subjektivierbaren Allgemeinwohlbezug könnte jedoch nicht nur in diesem besonderen Rechtsgebiet verankert sein, sondern mit seiner Fokussierung auf Individualverbürgungen könnte es sogar das Urbild eines völkerrechtlichen Rechtsprinzips darstellen, das über das Investitionsschutzrecht hinaus Geltung entfalten könnte. So sind seine strukturellen Bezüge auf das Gemeinwohl mit einem spezifischen Inhalt auch anderweitig im interna­ tionalen Recht nachweisbar und stellen letztlich einen Ausfluss der bereits skizzierten übergreifenden Umwälzungen im Völkerrecht dar. Denn die Debatte um den Gemeinwohlbegriff oder das öffentliche Interesse im internationalen Recht kann als eine Kernfrage des geltenden Völkerrechts als normativer Ordnung angesehen werden. Das vom Koexistenzzum Kooperationsvölkerrecht gewandelte internationale Recht hat sich inzwischen auch mehr und mehr neuen Entwicklungen geöffnet und berücksichtigt zunehmend auch Gemeinschaftsinteressen. Dabei wird vermehrt deutlich, dass das verbindende Merkmal heutiger völkerrechtlicher gemeinwohlorientierter Normen gerade der Schutz des Individuums ist.357 356  Vgl. nur den Fall World Duty Free v. Kenya, Award vom 4. Oktober 2006, Rn. 143, mit Verweis auf mehrere Anti-Korruptionsabkommen. 357  Fassbender, Zwischen Staatsräson und Gemeinschaftsbindung, S. 232. So wird die Anwendung von menschenrechtlichen Prinzipien auf internationale Institutionen oftmals gerade als unabhängig vom nationalstaatlichen Recht angesehen, vgl. Simma/Alston, The Sources of Human Rights Law, S. 87 ff.; Petersen, Customary Law without Custom?, S. 305.



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht147

Bereits die Präambel der Charta der Vereinten Nationen vom 25. Juni 1945 formuliert als materielle Ziele Frieden, Menschenrechte und Menschenwürde, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Gerechtigkeit, sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt sowie Toleranz. In Art. 1 Nr. 3 benennt sie zudem als Ziel „To achieve international co-operation in solving international problems of an economic, social, cultural, or humanitarian character, and in promoting and encouraging respect for human rights and for fundamental freedoms for all without distinction as to race, sex, language, or religion; […].“

Letztlich dient auch das große Ziel des Weltfriedens gerade dazu, körperliche Verletzungen und Leid von Menschen abzuhalten, was daher in jedem denkbaren Fall einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen betrifft. Die Charta der Vereinten Nationen wurde bisweilen sogar als „a ­complete welfare programme for mankind“ beschrieben und auch die grundlegenden Menschenrechtsverträge als weiteres substantielles Element gemeinsamer Werte gekennzeichnet.358 Dabei wurden die der Völkerrechtsgemeinschaft angehörenden Staaten als Instrumente charakterisiert, die zum Wohle der Menschen, die ihrer Jurisdiktion unterliegen, beitragen müssen.359 Es lässt sich zwar regelmäßig keine explizite Niederlegung eines „Gemeinwohls“ in den positiv-rechtlichen Normen des Völkerrechts finden, doch benannte schon die „Friendly Relations Declaration“ der UN-Generalversammlung von 1970 als ein Ziel der internationalen Kooperation neben Weltfrieden und wirtschaftlichem Fortschritt bereits die allgemeine Wohlfahrt der Völker.360 Zudem reflektieren zwei Arten von völkerrechtlichen Normen in besonderer Weise die Ansichten der Nationen, auch weil sie wegen ihrer starken Wirkungsmacht spezifische Entstehungsvoraussetzungen haben. Es sind dies die Normen des ius cogens und Verpflichtungen erga omnes und es zeigt sich, dass gerade diese Rechtsvorschriften eine besonders gemeinwohlorientierte Tendenz haben. So zählen zum ius cogens, also dem zwingenden Völkerrecht, welches über dem Vertragsrecht und dem sonstigen Gewohnheitsrecht steht und gegen das sich kein Staat stellen darf, selbst wenn er die jeweilige Norm nicht anerkennt, neben dem Gewaltverbot (Art. 2 Nr. 4 UN-Charta) grund358  Tomuschat,

Obligations, S. 237 f. S. 300. 360  Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-operation among States in accordance with the Charter of the United Nations, Anhang zu Resolution 2625 (XXV) der UN-Generalversammlung vom 24. Oktober 1970, 4. Prinzip, 1. Abs. 359  Ebd.,

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

legende Menschenrechte, wie das Recht auf Leben und der Schutz vor Folter und erniedrigender Behandlung, aber auch Normen des humanitären Völkerrechts, die bestimmte Behandlungen von Individuen verbieten,361 sowie das Sklaverei- und das Völkermordverbot. Gerade beim ius cogens geht es darum, dass Gemeinschaftswerte geschützt werden, die insbesondere Individuen und Gruppen von Individuen zugute kommen sollen.362 Aber auch bestimmte erga omnes-Verpflichtungen, also Normen, deren Einhaltung die Staaten nicht einzelnen anderen Staaten, sondern der gesamten Staatengemeinschaft schulden, können als gemeinwohlorientiert aufgefasst werden. Zu diesen Normen zählte der Internationale Gerichtshof (IGH) unter anderem das Verbot des Angriffskrieges und das Verbot des Völkermordes, aber ebenso „Prinzipien und Regeln betreffend die grundlegenden Rechte der menschlichen Person“363. Diese Normen wurden bisweilen in der Völkerrechtslehre sogar als „public interest“-Normen364 bezeichnet: „There are international legal norms which are designed to protect the public interest of the international community and which, therefore, are binding upon all states because these norms are ‚necessary‘ – not in an empirical, but in a normative sense as they are based on a universally shared value judgement.“365

Das Völkerstrafrecht ist ebenfalls von einer solchen Gemeinwohlorientierung geprägt, die auf Schutzrechten für Individuen aufbaut. So sieht das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) von 1998 vor, dass die zur Aburteilung vorgesehenen Verbrechen den Frieden, die Sicherheit und das Wohl der Welt bedrohten und dass sie Verbrechen seien, die die internationale Gemeinschaft als Ganzes beträfen.366 Hierbei ist erkennbar, dass sich insofern eine Entwicklung abzeichnet. Denn während Frieden und Sicherheit bereits in der Charta der Vereinten 361  Siehe Art. 50 des ILC-Entwurfs zur Staatenverantwortlichkeit über unzulässige Gegenmaßnahmen: Draft articles on the responsibility of States for internationally wrongful acts vom 26. Juli 2001, UN-Dok. A/CN.4/L.602/Rev.1. 362  Paulus, Die internationale Gemeinschaft im Völkerrecht, S. 358; vergleichbar Tomuschat, International Law, S. 81; vgl. auch Kolb, Théorie du ius cogens international, S. 18–186. 363  Siehe Reports of the International Court of Justice 1970, S. 3, 32, Abs. 33 f. 364  Delbrück, Allocation of Law Enforcement Authority in the lnternational System, S. 174, 194. 365  Delbrück, New Trends in International Lawmaking, S. 18 f. 366  UN Dok. A/CONF. 183/9; International Legal Materials Bd.  37 (1998), S. 1002 (englische Fassung); Bundesgesetzblatt 2000 II, S. 1394 (englische und französische Fassung, deutsche Übersetzung).



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht149

Nationen von 1945 niedergelegt worden waren (Art. 1 Nr. 1 UN-Charta), ist nunmehr das Wohl der Welt in das Römische Statut aufgenommen worden, welches offensichtlich weit über die ersten beiden Punkte hinausgeht. Es gibt also gewisse Normen und Normkategorien, die auf ein Wohl abstellen, das die Völkergemeinschaft als Ganzes betrifft und gleichzeitig über das traditionelle konsensbasierte Schema der staatlichen Zustimmung zu bestimmten Regelungen hinausgeht. Bei der Untersuchung der Frage, worauf diese gemeinwohlorientierten Normen abzielen, zeigt sich, dass ein Individualbezug durchaus erkennbar ist und somit eine dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie für das Investitionsschutzrecht nichts völlig Neues im Völkerrecht wäre, sondern sich einreihen würde in eine Entwicklungslinie, die den Individualschutz hervorhebt, und diese Entwicklung zu verstärken und zu festigen vermag. Vor dem Hintergrund, dass sie als Gemeinwohlziele bereits auf höherer Ebene Anerkennung gefunden haben, ist es durchaus angebracht, individuelle Verbürgungen, die dem Schutz einzelner Personen oder Gruppen von Menschen dienen, progressiver und akzentuierter in völkerrechtliche Systeme oder Subsysteme zu integrieren, wie es die hier vorgeschlagene Legitimitätstheorie für das Investitionsschutzrecht anstrebt. Diese Anerkennung von Individualrechten hat ihren Niederschlag nicht zuletzt auch in den großen Menschenrechtsverträgen gefunden. Bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 statuiert: „The General Assembly proclaims this Universal Declaration of Human Rights as a common standard of achievement for all peoples and all nations“.367

Die Menschenrechte sind also ein gemeinsames Ziel der Völkerrechtsgemeinschaft und daher als wesentlicher Bestandteil eines völkerrechtlichen Gemeinwohlbegriffs anzusehen. Bardo Fassbender (*1963) sieht den Schutz des Individuums sogar als verbindendes und zentrales Merkmal eines Gemeinwohlbegriffs der internationalen Gemeinschaft an.368 Er konkretisiert ihn als den Schutz vor kriegerischer Gewalt, vor Verletzungen des Lebens, der Gesundheit, der Freiheit und der Würde im Frieden und im Krieg sowie vor schweren Gefährdungen der natürlichen Umwelt.369 In diesen Gemeinwohlbegriff, der auch im Investitionsschutzrecht einen Anspruch auf Geltung erheben darf, sollten daher zumindest die individuel367  Resolution der Generalversammlung 217 A (III) vom 10. Dezember 1948, in: United Nations Year Book 1948–49, S. 535. 368  Fassbender, Zwischen Staatsräson und Gemeinschaftsbindung, S. 261 ff. 369  Ebd., S. 261.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

len Schutz- und Abwehrrechte von Individuen aufgenommen werden, die weniger intensiv und mithin nicht so abwägungsresistent sind wie die Normen, die erga omnes oder als ius cogens gelten. Dies entspricht den Verbürgungen, deren Berücksichtigung die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie für das Investitionsschutzrecht verlangt, und betrifft zuvörderst diejenigen Rechtstitel, die jedem Menschen kraft seines Menschseins zukommen, wie Leben, Gesundheit und Freiheit, und sich nicht als Eigenbelange einzelner Individuen gegen ein wie auch immer geartetes Wohl des gesamten Gemeinwesens stellen, sondern vielmehr eine Grundlage desselben bilden, da sie in jedem Fall trotz aller Unterschiede zwischen den Menschen verbindende Wirkung entfalten.370 Ein völkerrechtlicher Gemeinwohlbegriff kann daher viel bewirken, auch in­ dem er als Substitut hinter nationalstaatliche Konstruktionen tritt und besonders dann Wirkung entfalten kann, wenn staatliche Institutionen es nicht vermö­ gen, Individuen hinreichenden Schutz zu gewähren. Die in diesem Gemeinwohlbegriff enthaltenen Konzepte sind insbesondere als Leitideen zu betrachten, die regelmäßig eine Konkretisierung oder auch Abwägung erfordern.371 Die Verfahren vor internationalen Investitionsschiedsgerichten erscheinen dabei durchaus geeignet, eine solche Konkretisierung oder Abwägung in konkreten Einzelfällen vorzunehmen und die Tribunale sind dabei in besonderer Pflicht, diese Aufgabe wahrzunehmen, welche Auswirkungen haben kann, die weit über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgehen.372 Eine allzu strenge Fragmentierung des Rechts muss ebenfalls vermieden werden. Insbesondere sollte ein Völkerrechtssubjekt sich keinen einander widersprechenden Pflichten ausgesetzt sehen, vielmehr sind diese in einen harmonischen Ausgleich zu bringen.373 370  Ebd.,

S. 262. S. 265; zur Gemeinwohlkonkretisierung allgemein Häberle, Die Gemeinwohlproblematik, S. 272–276. 372  So auch Petersmann, International Rule of Law, S. 522 f.: „Economic courts – by interpreting and clarifying indeterminate investment rules and incomplete treaty regulations with due regard to customary rules, general principles of law, judicial precedents, inherent powers of courts, and human rights obligations of governments – may enable avoidance of conflicts among fragmented jurisdictions, treaty regimes, conflicting governmental interpretations, and domestic implementing rules. Judicial clarification of an overlapping consensus on a limited political conception of justice-as reflected in the core guarantees of U.N. human rights law-can help justify, maintain, and adapt international order endorsed by citizens and governments with competing worldviews, provided that the principles respect and protect basic human rights and remain compatible with the enduring reality of diverse and partially conflicting moral, religious, and other worldviews.“. 373  Siehe auch Simma/Kill, Harmonizing Investment Protection and International Human Rights, S. 686–691. 371  Ebd.,



IV. Grundlagen der Rechtsprinzipientheorie im Investitionsschutzrecht151

Durch die Berücksichtigung von Individualrechten in den Investitionsschiedsverfahren erfolgen somit auch Ansätze einer sektorübergreifenden Rechtsprechung und Perspektivenerweiterung, die geeignet sind, partiell ungewünschte Fragmentierungen im internationalen Recht zu überwinden und ein verbindendes, ganzheitliches Moment im Völkerrecht zu etablieren. Gerade der Gemeinwohlbegriff ist ein Idealbegriff, welcher der faktischen Umsetzung und näheren Bestimmung bedarf. Insofern zeigt sich auch an dieser Stelle eine Parallelität zum Legitimitätsbegriff. Ihre Verzahnung ist daher durchaus passend. So wenig wie Gemeinwohl im ius cogens und aus Verpflichtungen erga omnes durch fehlende Anwendung dieser Normen in der Rechtspraxis bisher evoziert wurde, desto mehr sollten die regelmäßig praktisch angewendeten Normen des Investitionsschutzrechts gemeinwohlorientiert ausgelegt werden, auch um den Ansprüchen eines veränderten Völkerrechts gerecht zu werden. 7. Nutzbarkeit der Konzeption in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses in Investitionsschutzverfahren ist in Ansätzen bereits heute feststellbar. Ein gutes Beispiel dafür ist der Fall Aguas Argentinas gegen Argentinien, ein ICSID-Verfahren, in dem es um Wasser- und Abfalleinrichtungen in Buenos Aires ging. In diesem Verfahren stellte das Tribunal fest, dass die Zulassung von Eingaben von Dritten und damit Nicht-Streitparteien deswegen angebracht sei, weil das Verfahren Themen von öffentlichem Interesse betreffen könne. Das besondere Interesse bestehe in diesem Verfahren darin, dass der Ausgang desselben das Funktionieren von grundlegenden öffent­ lichen Dienstleistungen für Millionen von Menschen betreffen könne.374 Aber auch in anderen aktuellen Entscheidungen wurde deutlich, dass Aspekte eines subjektivierbaren Allgemeinwohls integriert werden können, indem grundlegende Rechte von Individuen Berücksichtigung f­inden. Während das Tribunal im Fall von Pezold gegen Zimbabwe und Border Timbers gegen Zimbabwe bei der Frage, ob das internationale Menschenrechtssystem bezüglich der Rechte indigener Völker im Verfahren eine Rolle spielen kann, noch davon ausging, dass der Verweis im anzuwendenden BIT auf „such rules of general international law as may be applicable“ gerade nicht das „universe of international law into the BITs or into dis­ 374  Aguas Argentinas v. Argentina, ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005, Rn. 19 f.

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C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

putes arising under the BITs“ integrieren würde,375 stellten andere Schiedsgerichte gerade auf Menschenrechte als abwägungsfähige Aspekte ab. So wurde im Fall EDF gegen Argentinien im Juni 2012 vom Tribunal ausgeführt, dass das Schiedsgericht selbst international anerkannte ius cogens-Normen einschließlich grundlegender Prinzipien der Menschenrechte berücksichtigen müsse,376 auch wenn die Handlungen der argentinischen Behörden im konkreten Fall als nicht notwendig zum Schutz von Menschenrechten erachtet worden waren.377 Im Fall SAUR gegen Argentinien bestätigte das Schiedsgericht ebenfalls, dass Menschenrechte im Allgemeinen und das Recht auf Wasser im Besonderen eine der zur Falllösung heranzuziehenden Rechtsquellen darstellten und dass diese zum Ausgleich mit den Rechten des Investors aus dem BIT gebracht werden müssten. Dies geschah aus der Perspektive, dass das Recht von Menschen auf Wasser von den argentinischen Behörden wiederum nicht in einer absoluten Art und Weise gegen die Investorenrechte aus dem BIT gestellt werden dürften.378 Sehr zu loben sind daher die Modell-BITs von Kanada und den USA, die entsprechende Regelungen nun explizit vorsehen. So findet sich im aktuellen Modell-BIT der USA von 2012 bereits in der Präambel die Formulierung: „[…] Desiring to achieve these objectives in a manner consistent with the protection of health, safety, and the environment, and the promotion of internationally recognized labor rights; […]“

Weitere Auslegungshinweise bezüglich konkreter Bestimmungen sind dann im Annex des US-Modell-BIT niedergelegt, worauf später noch einzugehen sein wird.

375  Vgl. Bernhard von Pezold and others v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, und Border Timbers Limited and others v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/25, Procedural Order No. 2 vom 26. Juni 2012, Rn. 57. 376  EDF International S. A., SAUR International S. A. and León Participaciones Argentinas S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/23, Award vom 11. Juni 2012, Rn. 909. 377  Ebd., Rn. 914. 378  SAUR International SA v. Republic of Argentina, ICSID Case No. ARB/04/4, Decision on Jurisdiction and Liability vom 6. Juni 2012, Rn. 330–332.



V. Zusammenfassung153

V. Zusammenfassung: Gestaltung eines Rechtsprinzips der Legitimität für Investitionsschiedsgerichte Legitimität kann und muss als Grundkondition verstanden werden, die Berechtigung von Handlungen und Normen vermittelt. Nur als solche allseitig anerkannte Grundbedingung kommt sie durch ihre Unumstrittenheit den Anforderungen an Befriedung und Ruhestiftung nach. Diese Grundbedingung muss vergleichbar mit modernen verfassungstheoretischen Grundsätzen einerseits auf einer quasi-demokratisch determinierten Rechtsfindung, deren Inhalt dem Willen der Mehrheit der Rechtsunterworfenen folgt (Allgemeinwohlaspekt), und andererseits aber besonders gewissen indiskutablen Rechten, die einem jeden Individuum der Gemeinschaft verbürgt sind (subjektiv-rechtliches Element), fußen. Nicht nur durch die Vielseitigkeit der möglichen Fallgestaltungen erscheint ein dynamisches Moment erforderlich. Daher erweist sich als sinnvoll, eine dynamisch-gemeinwohlorientierte Theorie der Legitimität anzuwenden. Diese muss aber gleichsam versehen sein mit einem distinkten Allgemeinwohlbegriff, der sich unterscheidet von dem im Staatsrecht relevanten Terminus. Denn während sich letzterer auf die Rechtfertigung der allumfassenden Staatsgewalt im Gemeinwesen bezieht, ist ersterer lediglich relevant für die Jurisdiktion eines Schiedsgerichts in einem konkreten Einzelfall. Er muss also gesondert definiert werden und sollte zunächst recht offen verstanden werden, insofern, dass er als berührt gilt, wenn eine hinreichend große Zahl von Menschen in einem Gemeinwesen von der Entscheidung nicht unerheblich betroffen ist. Das Gemeinwohl kann gerade auch in einem investorfreundlichen System wie dem Investitionsschutzrecht im Vordergrund stehen, weil dieses dazu geschaffen worden war, um durch wechselseitige Investitionen in den Staaten letztlich das Gemeinwohl zu fördern. Das Gemeinwohl steht somit am Anfang und am Ende des Systems und muss es in seiner gesamten Struktur und also auch in den Verfahren durchziehen. Es ist damit Dreh- und Angelpunkt des Rechtsregimes und Material des inhärenten Gitters eines Rechtsprinzips der Legitimität im Investitionsschutzrecht. Zusätzlich muss als zweite Limitierung der Theorie eines Rechtsprinzips der Legitimität gelten, dass eine solche nur mit einem Allgemeinwohlaspekt versehen sein kann, der beschränkt wird auf die Subjektivierbarkeit seines konkreten Inhalts. Das heißt, geschützte Güter im Rahmen dieser Legitimitätskonzeption sind solche, die erstens Relevanz für eine Vielzahl von Menschen haben,

154

C. Legitimitätskonzept für die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

und die zweitens dazu dienen, konkrete subjektive Individualrechte zu schützen. Legitimität ist also zwingend mit dem öffentlichen Interesse verbunden. Um aber als Rechtsprinzip Gültigkeit zu erlangen und nicht nur in der politischen Diskussion relevant zu sein, muss sie sich auf Rechte beziehen. Diese Rechte sind zuvörderst bereits national oder international verbürgte Individualrechte und insbesondere die individuellen Abwehrrechte und mithin Menschenrechte der ersten Generation. Die Feststellung, ob und mit welcher Intensität das so verstandene Allgemeinwohl oder öffentliche Interesse betroffen ist, ist vom jeweiligen Tribunal zu treffen. Es ist ein judizierbarer Rechtsbegriff, der gerade nicht im freien Ermessen steht. Kernelement jeglicher Rechtsprechung ist, dass die grundsätzliche tryptichale Struktur aus zwei widerstreitenden Parteien und einem neutralen und rechtsprechenden Dritten aufrechterhalten bleibt.379 Aber wegen der Schutzpflicht des Gaststaates hinsichtlich der subjektiven Rechte seiner Bürger, sollte dem beklagten Gaststaat auch im Investitionsschutzverfahren eine etwas gestärkte Position zukommen. Denn durch den Charakter als Staat, mit einer Verpflichtung, zum Schutz seiner Bürger tätig zu werden, und unter Berücksichtigung davon, dass in ausdifferenzierten Gemeinwesen regelmäßig wirtschaftliche Entscheidungen komplexe Fragestellungen und Interdependenzen aufwerfen, sollte eine gewisse Einschätzungsprärogative für nationale Regierungen und Behörden eingeräumt werden, ob sie ihren Handlungen den Charakter der Förderung des Gemeinwohls zusprechen. Daher besteht zunächst eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass Staaten im öffentlichen ­Interesse handeln, und Tribunale sollten nur in evidenten Fällen gegen die Relevanz des öffentlichen Interesses im Verfahren entscheiden.380 In jedem Fall sollte eine gestufte Kontrolle und Berücksichtigung des Gemeinwohls im Verfahren erfolgen, die nach folgendem Schema ablaufen könnte: 1. Feststellung der Betroffenheit des öffentlichen Interesses, welches dem Schutz von Individualrechten dient, 379  Insofern sind Fairness und fehlende Befangenheit eines Spruchkörpers Grundvoraussetzungen jeglicher Rechtsprechung und damit unausgesprochene Elemente der Legitimität judikativer Instanzen, vgl. Grossman, Legitimacy and International Adjudicative Bodies, S. 121 f. 380  An dieser Stelle könnte durchaus auch die Möglichkeit der Berücksichtigung der Regierungsform im Gaststaat bestehen und zwar insofern, als in Demokratien ein größerer Spielraum für die Regierung gewährt werden könnte, da durch die (Ab-)Wählbarkeit der Verantwortlichen eine höhere Vermutung dafür besteht, dass sie im öffentlichen Interesse handelt, als beispielsweise in Diktaturen.



V. Zusammenfassung155

2. Bestimmung der Intensität der Betroffenheit einer Vielzahl von Individuen durch die jeweilige Investition aufgrund einer umfassenden Beurteilung des konkreten Falles unter besonderer Beachtung der Gefährdung subjektiver Rechte potentiell betroffener Dritter, 3. Feststellung der Implikationen des Ergebnisses des zweiten Schrittes auf den Ablauf des konkreten Prozesses sowie schließlich auf die Auslegung der materiellen Normen des zugrunde liegenden Investitionsschutzabkommens. Daraus ergeben sich konkrete Handlungsanweisungen an Investitionsschutztribunale, die direkt aus einem transnationalen judikativen Legitimitätsprinzip abgeleitet werden konnten. Wie dies im Rahmen der materiellen Normen der Investitionsschutzabkommen sowie der prozessualen Normen der relevanten Schiedsregeln in den Schiedsverfahren konkretisiert werden kann, wird im Folgenden aufgezeigt werden.

D. Konkretisierende Wirkung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie in den Verfahren der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit Eine dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie soll nicht nur abstrakt auf Ebenen der Rechtsdogmatik erarbeitet und eingesetzt werden, wo sie zur Weiterentwicklung der Völkerrechtsphilosophie beitragen könnte, indem ein konkretisierbares, subjektiv-rechtlich verankertes Gemeinwohlelement vermehrt in den Fokus genommen wird. Vielmehr soll von vornherein auch der Anspruch an sie angelegt werden, dass sie individuelle Handlungsanweisungen an Investitionsschiedsgerichte zur Auslegung der prozessualen und materiellen Normen des Investitionsschutzrechts zur Verfügung stellen kann. Sie trüge damit dazu bei, einen grundlegenden Interessenkonflikt zwischen dem Regulierungsinteresse der Gaststaaten und den betroffenen Investoren zu lösen.

I. Einführung in die Problematik – der grundlegende materielle Interessenkonflikt und die Normdeterminierung durch ein ausgearbeitetes Legitimitätskonzept Eine Vielzahl von Kritikpunkten am System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit betrifft das geeignete Funktionieren des Streitbeilegungsmechanismus und führte letztlich dazu, dass dessen Legitimität in hohem Maße bezweifelt wurde.1 Bisweilen wurde und wird ganz grundsätzlich in Frage gestellt, ob es überhaupt passend sei, internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Konflikten einzusetzen, die Bereiche staatlicher Tätigkeit betreffen, ohne andererseits die gleichen Maßstäbe, zum Beispiel an Transparenz und Zurechenbarkeit, bereitzustellen, die sich sonst in Verfahren des nationalen Rechts finden.2 Ein wesentlicher Vorwurf an die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit lautet zudem, dass dieses System ein Rechtsregime sei, das 1  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, 2007, S. 92. 2  Ebd.



I. Einführung in die Problematik157

Eigentum, Investitionen und ausländische Investoren schütze, ohne in ausreichendem Maße nicht-investitionsbezogene Interessen des Gaststaates zu berücksichtigen. Es wurde auch vertreten, dass durch die weitgehende Überprüfung staatlicher Regulierungsmaßnahmen die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit weit über ihre ursprüngliche Konzeption und Intention hinausgreife.3 Viele Bereiche, die früher allein staatlicher Regulierung oblagen, überschreiten heute in ihrem Wirkungskreis, aber in auch ihrer Normierungsweite, längst territoriale Grenzen. Dies betrifft nicht zuletzt die Wirtschaft und die Umwelt sowie auch die Menschenrechte. Die Überschreitung der staatlichen Grenzen macht es den Staaten zunehmend schwerer, in der Lage dazu zu sein, selbst einen wirksamen Ausgleich zwischen widerstreitenden Interessen und Werten herzustellen.4 Häufig läuft es somit auch in Investitionsschiedsverfahren auf einen Konflikt zwischen Investorinteressen und dem Souveränitätsanspruch der Gaststaaten hinaus, der sich im Regulierungswillen derselben manifestiert.5 Dabei treten die Staaten regelmäßig bereits durch ihren Charakter als Repräsentanten des Gemeinwesens und des öffentlichen Interesses auf. Denn viele Investitionsverfahren und die von den Investoren angegriffenen staatlichen Regulierungsmaßnahmen betreffen essentielle öffentliche Güter der Daseinsvorsorge wie Wasser- und Abwassereinrichtungen, Kraftwerke oder den Abbau und die Versorgung mit grundlegenden Rohstoffen.6 Die Berücksichtigung staatlicher Interessen wird auch zunehmend von Schiedsgerichten akzeptiert. Im Jahre 2012 hat sogar zum ersten Mal ein ICSID-Schiedsgericht, das auf Grundlage eines Investitionsschutzabkommens tätig wurde, seine Zuständigkeit bezüglich einer Gegenklage eines Gaststaates gegen den klagenden Investor erklärt.7 Die Ausgewogenheit zwischen staatlichen Interessen und denen des ausländischen Investors vor dem Hintergrund möglicher Beeinträchtigungen der Souveränität der Staaten ist aber keine neue Idee. Diese Fronten standen 3  So UNCTAD, IIA Issues Note, Latest Developments in Investor-State Dispute Settlement 2012, S. 14. 4  Paulus, From Territoriality to Functionality?, S. 59. Staaten finden sich so nicht selten in einer nicht unerheblichen Pflichtenkollision wieder, bei der sie Normen aus verschiedenen völkerrechtlichen, fragmentierten Gebieten (z. B. aus dem Wirtschaftsrecht und dem Menschenrechtsregime) einhalten müssen, die sich sogar widersprechen können, vgl. Biukovic, International Law Interrupted, S. 161 f. 5  Hierzu Tietje, Spannungsverhältnis, S. 8 ff. 6  Greiman, The Public/Private Conundrum, S. 406. 7  Antoine Goetz & Others and S. A. Affinage des Metaux v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB/01/2, Award vom 21. Juni 2012, Rn. 267–287.

158

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

sich vielmehr bereits in ihren Grundzügen im 19. Jahrhundert gegenüber, als der argentinische Jurist Carlos Calvo (1824–1906) seine Theorie der Inländergleichbehandlung bei Investitionen durch Ausländer im Inland entwi­ ckelte.8 Als ein wichtiger Faktor in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit sollte denn auch seit Mitte der 1960er Jahre das ICSID-System ein Gleichgewicht zwischen den Interessen der Investoren einerseits und denen der Gaststaaten andererseits schaffen: „While the broad objective of the Convention is to encourage a larger flow of private international investment, the provisions of the Convention maintain a care­ ful balance between the interests of investors and those of host States.“9

Insofern kann sogar durch den Schutz des Regulierungsinteresses der Staaten in einem modernen Investitionsschutzrecht eine partielle „Gegenglobalisierung“ stattfinden, die es ermöglicht, dass bestimmte Bereiche wieder verstärkt staatlichem Zugriff und damit internationalrechtlich seiner schützenden Wirkung zugeführt werden können. Gerade weil der einzelne Staat nicht mehr in der Lage ist, diese Bereiche wirksam allein zu steuern, ist es an den internationalen Spruchkörpern, hier ausgleichend tätig zu werden und gegebenenfalls durch Bestätigung von administrativen Handlungen von Staaten zugunsten von Individuen, die sich unter Umständen zu Lasten von ausländischen Investoren auswirken können, die Staaten zu unterstützen. Insofern haben internationale Schiedsgerichte bei Bestätigung der Rechtmäßigkeit einer staatlichen Maßnahme diesbezüglich eine internationalisierende und eine affirmative Funktion hinsichtlich der staatlichen Maßnahme. Deren normative Kraft wird dadurch auf eine höhere Ebene gehoben. Eine genaue Wortwahl in den Investitionsschutzabkommen kann dazu führen, dass Staaten freier in bestimmten Rechtsgebieten handeln können. So kann einerseits völkerrechtlich verbindlich festgestellt werden, welche Bereiche staatlicher Regulierung von der Entscheidungsbefugnis von Schiedsgerichten auszunehmen sind.10 Andererseits kann eine klare Be8  Grundlegend Carlos Calvo, Le droit international théorique et pratique, précédé d’un exposé historique des progrès de la science du droit des gens (Paris 1870). 9  Report of the Executive Directors on the Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States, in: ICSID Convention, Regulation and Rules, ICSID/15, April 2006, S. 41, Rn. 13 (1). 10  Hierbei ist in jüngster Zeit ein Trend beim Abschluss neuer IIAs zu erkennen, bei dem die vertragsschließenden Staaten Maßnahmen in bestimmten Bereichen wie Schutz von menschlichem, tierischem und pflanzlichem Leben sowie der Gesundheit oder erschöpflicher natürlicher Ressourcen ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Abkommen ausnehmen oder progressive Klauseln zum Schutz bestimmter Standards beim Schutz der Gesundheit und Sicherheit, der Arbeitsrechte, der Um-



I. Einführung in die Problematik159

stimmung der materiellrechtlichen Klauseln zu Rechtssicherheit führen, indem Staaten im Vorfeld sicher wissen, wie weit ihre Befugnis zur Regulierung geht. Insofern beugte dies Rechtsunsicherheiten und Furcht vor einer überraschenden schadensersatzzusprechenden Entscheidung eines Schiedsgerichts vor.11 Nicht immer muss aber eine detailliertere Formulierung materieller Vorschriften in Investitionsabkommen unbedingt im Interesse der Staaten sein. Um die Regulierungsmöglichkeiten der Staaten zu bewahren, sollten nach einigen Autoren daher sogar weite Formulierungen bevorzugt verwendet werden, wobei dann aber bei engen Entscheidungen der Grundsatz „im Zweifel für den beklagten Staat“ gelten müsse.12 Dies würde aber weit weniger zu einem angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen beitragen als es eine übergreifende Konzeption vermag. Bisweilen wurde angeführt, dass das völkerrechtliche Institut des Staatsnotstands geeignet sei, das Regulierungsinteresse der Staaten zu schützen. Aber auch wenn der Staatsnotstand in vielen Investitionsschutzabkommen vorgesehen ist, kann er regelmäßig nicht zu einem angemessenen Ausgleich zwischen Rechten des Investors und solchen des Staates dienen. Denn neben der Umstrittenheit seiner inhaltlichen Reichweite und des jeweiligen Verhältnisses zwischen einer Staatsnotstandsklausel und dem völkergewohnheitsrechtlichen Institut des Staatsnotstands, ist die Berufung auf Staatsnotstand immer als ein Ausnahme- und Sonderfall zu betrachten, der nur in äußersten Notsituationen („essential security interests“) einzugreifen geeignet ist.13 Der Staatsnotstand ist daher nicht tauglich, in den regelmäßig auftretenden Fallkonstellationen, in denen der Staat sich gerade nicht in einer Notstandslage befindet, zu angemessenen Lösungen zu führen. Spannend ist zu sehen, dass viele multilaterale Abkommen und auch Investitionsinstrumente der OECD die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen des Staatsnotstandes vorliegen, den Staaten selbst überlassen. Dies wurde von Investitionsschiedsgerichten, welche die Auslegung von welt oder der nachhaltigen Entwicklung beinhalten. Vgl. hierzu die Übersicht in UNCTAD, Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 4. 11  Eine klare und bestimmte Interpretation von IIA-Bestimmungen trägt jedoch ebenfalls zur Rechtssicherheit bei und kann die Erwartung von Staaten hinsichtlich der Auslegung weiterer Klauseln in IIAs absichern. Eingehend hierzu Arsanjani/ Reisman, Interpreting Treaties for the Benefit of Third Parties, S. 598. 12  Vgl. C. H. Brower II, Mitsubishi, Investor-State Arbitration, and the Law of State Immunity, S. 917 f. 13  OECD, Essential Security Interests under International Investment Law, S. 105.

160

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Notstandsklauseln in BITs zu beurteilen hatten, jedoch regelmäßig nicht in diesem Sinne interpretiert.14 Immerhin gestehen einige Schiedsgerichte den Staaten zumindest eine Wahlmöglichkeit zwischen mehreren in Frage kommenden „erforderlichen und legitimen“ Maßnahmen zu.15 Eine gewisse Einschätzungsprärogative für die Gaststaaten ist daher in diesem Bereich durchaus zu erkennen.16 Letztlich ändert dies aber nichts an dem Ausnahmecharakter von Notstandsklauseln und daran, dass sie nicht für die Fälle geeignet sind, über die in Schiedsverfahren regelmäßig zu entscheiden ist. Notstandsklauseln können kein fundiertes Konzept ersetzen. Eher kann es eine ausgewogene Legitimitätskonzeption bewirken, diesem Interessenkonflikt angemessen zu begegnen, in der das öffentliche Interesse in den Mittelpunkt gestellt sowie verhältnismäßig berücksichtigt wird und dabei eine gewisse Einschätzungsprärogative der nationalstaatlichen Organe beachtet wird. In den letzten Jahren ist zwar erkennbar, dass Investitionsschutzabkommen vermehrt aktualisiert wurden, um den modernen Anforderungen gerecht zu werden.17 Dies kann im positiven Recht dadurch erfolgen, dass die materiellen Schutzstandards textlich konkretisiert oder auch Transparenzvorgaben integriert werden, die auch die Zivilgesellschaft zunehmend durch Informationen und Beteiligungsrechte an den Verfahren teilhaben lassen.18 Solange dies jedoch noch nicht ausreichend kodifiziert ist, können Rechtsprinzipien einen notwendigen Rahmen zur Normkonkretisierung bereitstellen. Dies unterstützt letztlich alle Betroffenen – Staaten, Investoren und die Zivilgesellschaft. Zurzeit herrscht eine Vielzahl an widersprüchlichen Entscheidungen von Tribunalen oftmals sogar auf Grundlage der gleichen Norm aus einem bestimmten Investitionsschutzabkommen bei vergleichbaren Sachverhalten. Es gibt im Investitionsschutzrecht kein Präzedenzfallsystem im Sinne eines strengen stare decisis-Prinzips,19 auch wenn sich wohl immer mehr Tribunale 14  Ebd.

15  LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp., LG&E International Inc. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/02/1, Award vom 3.10.2006, Rn. 240. 16  Schill, Staatsnotstand, S. 183; begrüßend ebenso van Aaken, Zwischen Scylla und Charybdis, S. 561 f. 17  UNCTAD, Recent Trends in IIAs and ISDS 2015, S. 3. 18  Hierzu UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, 2007, S. 71 ff. 19  Amco v. Indonesia, Decision on Annulment, 16.05.1986, 1 ICSID Reports 509, 521, Rn. 44; LETCO v. Liberia, Award, 31.03.1986, 2 ICSID Reports 346, 352; Enron Corp. And Ponderosa Assets, L.P. v. Argentina, ICSID Case No. ARB/01/3, Decision on Jurisdiction, 14.01.2004, Rn. 25; AES Corporation v. Argentina, ICSID Case No. ARB/02/17, Decision on Jurisdiction, 26.04.2005, Rn. 23; El Paso Energy



I. Einführung in die Problematik161

an Präjudizien ausrichten.20 So besteht in der Schiedsgerichtsbarkeit, die stets einzelfallbezogen ist und deren Entscheidungen grundsätzlich nur inter partes Wirkung entfalten, eine besondere Neigung zur Uneinheitlichkeit. Ein Mindestmaß an Homogenität der Entscheidungen erscheint jedoch geboten.21 Ohne eine solche minimale Stringenz in den Entscheidungen werden Urteile unvorhersehbar und können letztlich zur Ablehnung des Systems der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit führen. Die Herstellung eines Grundmaßes an Homogenität kann zum Beispiel durch institutionelle Reformen wie die Einrichtung einer Berufungsinstanz erfolgen.22 Ähnliches wurde schon mehrfach vorgeschlagen, jedoch bisher aus rechtspolitischen, praktischen, aber auch aus systematischen Gründen meist abgelehnt, da die Schiedsgerichte auf Grundlage verschiedenster Investitionsschutzabkommen tätig werden. Solange institutionelle Reformen nicht als Lösung herangezogen werden, sind aber bereits rechtswissenschaftliche Konzeptionen dazu in der Lage, den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern in Investitionsrechtsverfahren zur Auslegung und Konkretisierung der weit gefassten Normen Hilfestellung zu leisten. Wie im Folgenden gezeigt werden wird, eignet sich die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie dazu in besonderer Weise. Es gibt in der investitionsschutzrechtlichen Literatur bereits Beiträge, die nicht auf institutionelle Reformen, sondern auf die konzeptionelle Fassbarmachung der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit setzen und die bisweilen unter dem Gesichtspunkt der Legitimität diskutiert werden. Hierzu zählt der rechtsvergleichende Ansatz von Santiago Montt. Er betrachtet die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit als ein öffentlich-rechtliches Streitbeilegungssystem, das heißt eine Form von globalem Verfassungs- und Verwaltungsrecht.23 Um dessen Schwachstellen zu begegnen, schlägt Montt für das Investitionsschutzrecht einen „global administrative law approach“ International Co. v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/15, Decision on Jurisdiction, 27.04.2006, Rn. 39. 20  McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S. 18  f.; zu dieser Entstehung von Präjudizien ausführlich Kaufmann-Kohler, Is Consistency a Myth?, S.  143 ff. 21  Vgl. Dolzer, The Notion of Investment in Recent Practice, S. 275; KaufmannKohler, Is Consistency a Myth?, S. 142 f., 146 f.; Laird, A Distinction without a Difference?, S. 201; Schreuer/Weiniger, A Doctrine of Precedent?, S. 1196. 22  Vgl. bzgl. des Abkommens TTIP zwischen der EU und den USA: Süddeutsche Zeitung online vom 1. Mai 2015, „Gabriel plädiert für ständigen TTIP-Gerichtshof“, abrufbar unter: www.sueddeutsche.de/politik/handelsabkommen-ttip-rausaus-dem-hinterzimmer-1.2460532. 23  Montt, State Liability, S. 4, 13 ff.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

vor, wobei er unterschiedliche öffentlich-rechtliche Maßstäbe aus verschiedenen westlichen Rechtsordnungen näher beleuchtet. Aus dieser rechtsvergleichenden Perspektive heraus leitet Montt Anforderungen an die inhaltliche Bestimmung von investitionsschutzrechtlichen Klauseln ab, insbesondere für die FET-Klausel und den Standard „keine Enteignung ohne Entschädigung“. Letztlich kommt Montt zu dem Ergebnis, dass diese Standards in internationalen Investitionsschutzabkommen kein höheres Schutzniveau gewährten, als es bereits das allgemeine Völkerrecht bietet.24 Auch Stephan W. Schill stellt die Rechtsvergleichung zwischen dem internationalen Investitionsschutzrecht und anderen öffentlich-rechtlichen Gebieten in den Mittelpunkt einer entsprechenden Konzeption.25 Schill entwickelt einen konzeptionellen Rahmen für das Investitionsschutzrecht, der ebenfalls auf vergleichendem öffentlichem Recht fußt.26 Sein Ansatz ist es, die öffentlich-rechtlichen Aspekte des Investitionsschutzrechts offen zu legen, um sodann auf rechtsvergleichender Basis in den öffentlich-rechtlichen nationalen, verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Ebenen Lösungsansätze für die Fragestellungen zu finden, die sich aus den internationalen Investitionsschutzabkommen ergeben.27 Dadurch soll dazu beigetragen werden, das Rechtsgebiet „legitimer“ und „akzeptabler“ für Staaten, Investoren und die Zivilgesellschaft zu machen, indem es vorhersehbarer wird.28 Die Möglichkeit der Überschreitung der Grenzen von Rechtsregimes, die im Rahmen des rechtsvergleichenden Ansatzes von Schill bereits angedeutet wurde,29 wurde in besonders klarer Form von Jakob Kadelbach als „re­ gimeübergreifende Konkretisierung“ herausgearbeitet. 24  Montt,

State Liability, S. 369. (Hg.), International Investment Law and Comparative Public Law, Oxford 2010, sowie ders., Enhancing International Investment Law’s Legitimacy: Conceptual and Methodological Foundations of a New Public Law Approach, in: Virginia Journal of International Law 52 (2011–2012), S. 57 ff. Andere Beiträge, die den Begriff der Legitimität mit investitionsschutzrechtlicher Zielsetzung betreffen, sind zu finden bei David Schneiderman, Constitutionalizing Economic Globalization: Investment Rules and Democracy’s Promise, Cambridge 2008 (demokratische Legitimität); Roland Kläger, Fair and Equitable Treatment in International Investment Law, Cambridge 2008 (speziell zum Grundsatz der fairen und gerechten Behandlung) oder auch Andreas Kulick, Global Public Interest in International Investment Law, Cambridge 2012. 26  Schill, International Investment Law and Comparative Public Law – An Intro­ duction, S. 3. 27  Ebd., S. 4. 28  Ebd., S. 4. 29  Vgl. Kingsbury/Schill, Public Law Concepts S.  101: „how proportionality ­reasoning can effectively migrate from one international legal regime to another, here from WTO law to investment treaty arbitration“. 25  Schill



I. Einführung in die Problematik163

Kadelbach sucht damit ebenfalls Lösungen, um die weit gefassten Normen des Investitionsschutzrechts greifbarer zu machen. Das Investitionsrechtsregime sei geprägt von den generalklauselartigen Formulierungen in den Schutzstandards.30 Der daraus folgenden Rechtsunsicherheit sei mit einer Konkretisierung der regimeinternen Vorschriften durch regimeexterne Vorschriften zu begegnen, welche nur auf Basis einer Handlungsgrundlage erfolgen könne.31 Letztlich sei nach Kadelbach die völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Auslegungsmethode des Art. 31 Abs. 3 lit. c) WVK dazu geeignet, Vorschriften des Investitionsschutzrechts durch im Einzelfall zu ermittelnde und passende regimeexterne Vorschriften zu konkretisieren.32 Dass dieser Ansatz einer regimeübergreifenden Konkretisierung tragfähig ist, weist Kadelbach am Schutzstandard der gerechten und billigen Behandlung nach.33 Die Ansätze von Montt, Schill und Kadelbach sind darauf angewiesen, zur Lösung von Problemen des Systems der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit und insbesondere zur Konkretisierung von Normen des Investitionsschutzrechts auf Vorschriften aus anderen Rechtsbereichen zurück zu greifen. Montt gibt an, dass der Hauptzweck eines Rückgriffs auf Rechtsvergleichung sei, dass der Spielraum für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter eingeschränkt wird.34 Gerade dies ist aber auch auf rechtsphilosophischer Grundlage mit der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie möglich, wodurch ein Rückgriff auf Rechtsvergleichung nicht mehr notwendig ist. Die im Folgenden zu konkretisierende dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie bietet gegenüber den bisher diskutierten Ansätzen insbesondere zwei wesentliche Vorteile. Einerseits bringt dieser neue Ansatz eine wirklich anhand des Legitimitätsbegriffs entwickelte Legitimitätstheorie hervor und nicht lediglich eine Theorie, deren Nebenprodukt eine vermeintliche Legitimitätssteigerung ist. Andererseits wird mit dieser Theorie ein leicht fassbares Portfolio an Handlungsanweisungen für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter geliefert, das sich unmittelbar aus dem Investitionsschutzrecht selbst ergibt, wodurch die Recherche nach Lösungen für Rechtsfragen nicht in anderen Rechtsregimen gesucht werden muss. So stellt die oben entwickelte Theorie anders als andere, teils als Legitimitätstheorien bezeichnete Lösungsansätze auf den Legitimitätsbegriff als 30  J.

Kadelbach, Regimeübergreifende Konkretisierung, S. 73–75. S.  114 f. 32  Ebd., S. 365–372. 33  Ebd., S.  412 ff. 34  Montt, State Liability, S. 344. 31  Ebd.,

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

solchen ab, aus dem heraus sie eine Konzeption erbringt. Mithin kann sie als wirkliche „Legitimitätstheorie“ bezeichnet werden. Der dieser Arbeit zugrunde liegenden Fragestellung, nämlich ob sich aus dem Legitimitätsbegriff ein Rechtsprinzip ableiten lässt, aus dem heraus sich individuelle Handlungsanweisungen an Schiedsrichterinnen und Schieds­ richter im Investitionsschutzrecht geben lassen können, widmen sich andere Beiträge bisher nicht. Ansätze, die sich lediglich auf spezielle Ausprägungen von Legitimität stützen, sollten der Klarheit wegen mithin nicht als Legitimitätstheorien gekennzeichnet werden, sondern mit dem bezeichnet werden, was sie anstreben, so zum Beispiel als Demokratietheorien, wenn sie Aspekte demokratischer Legitimität verlangen. Eine echte Legitimitätstheorie zu entwickeln, erfordert aber das Beschreiten einer höheren Abstraktionsebene, die das tertium comparationis sucht, welches möglichst viele der verschiedenen, in der Rechtsphilosophie der vergangenen Jahrhunderte entwickelten Ausprägungen von Legitimität bündelt.35 Dazu war die oben durchgeführte Analyse einer Vielzahl von Autoren notwendig, um das Fundament für die Herausarbeitung des übergeordneten Anknüpfungspunktes aller Autoren zu finden und möglichst stark auszugestalten, damit eine Antwort darauf gegeben werden kann, was Legitimität im eigentlichen Sinne bedeutet. Wie oben beschrieben, konnte dabei die Förderung des Gemeinwohls als das verbindende Element ausgemacht werden, welches somit als ein „Anfangsgrund“ im kantischen Sinne angesehen werden kann.36 Dieser Anfangsgrund muss nun nach den Maßgaben der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie konkretisiert werden. Erst dann kann er den Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern in Investitionsschutzverfahren hilfreiche Handlungsanweisungen geben. 35  Viele Annäherungen an den Legitimitätsbegriff beziehen sich hingegen regelmäßig lediglich auf eine bestimmte Ausprägung des Begriffs. Dies ist oftmals der soziologische Legitimitätsbegriff, vgl. Schill, Enhancing: „As part of an endeavor to provide a conceptual framework for international investment law, and to increase its acceptance by states, investors, and civil society – and hence, its legitimacy – this Article will outline a third approach to international investment law that stresses the differences between commercial arbitration and public international law approaches.“ oder auch Leonhardsen, Looking for Legitimacy, S. 95 ff.: „By ‚legitimacy‘, I mean here a concept relating to the ‚justification and acceptance‘ of the authority exercised by arbitral tribunals by virtue of an international investment treaty between states.“. Andere beziehen sich auf den Begriff der demokratischen Legitimität, vgl. Treves/ Seatzu/Trevisanut, Foreign Investment, International Law and Common Concerns, S. 23. 36  Kant, Die Metaphysik der Sitten. Erster Teil: Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, Vorrede sowie Einleitung in die Rechtslehre, welche sich mit den allgemeinen Prinzipien des Rechts beschäftigt.



I. Einführung in die Problematik165

Dies führt zum zweiten Vorteil, den die oben entwickelte Legitimitätstheorie liefert. Denn anders als zum Beispiel bei rechtsvergleichenden oder regimeübergreifenden Ansätzen finden die Entscheidungsträgerinnen und -träger in Investitionsschutzverfahren bei konsequenter Anwendung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie die Lösungen für ­ Rechtsfragen unmittelbar in der Rechtsordnung des Investitionsschutzrechts selbst. Denn das Rechtsprinzip der Legitimität bildet, wie dargelegt, eine Grundlage der Rechtsordnung des Investitionsschutzrechts und durch seine einfache Konkretisierbarkeit ist es leichter zu handhaben als rechtsvergleichende Ansätze im Investitionsschutzrecht, bei denen die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter erst andere Rechtssysteme vertieft prüfen müssen, wobei dann die Anwendbarkeit vergleichbarer Regeln bisweilen mit erheblichem Aufwand begründet werden muss. Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sind hingegen bei Anwendung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie nicht darauf angewiesen, in nationalen Rechtsordnungen, anderen Rechtsregimen oder Abkommen nach vergleichbaren Regelungen sowie deren Auslegung zu fahnden. Die Antworten finden sich vor dem Hintergrund einer konkretisierten Gemeinwohlförderung im Investitionsschutzrecht selbst. Dieser Vorteil ist gerade bei einem durch tausende Abkommen zergliederten Rechtsgebiet nicht zu unterschätzen und kann auf besondere Weise weltweit und unabhängig davon, ob Staaten das eine oder andere weitere Abkommen unterzeichnet haben, kohärente Entscheidungen bewirken. Es ist auch entscheidend, die Regeln für die Urteile von Investitionsschiedsgerichten im Vorfeld klar zu definieren. Nur dies vermeidet, dass aus internationalen Tribunalen auf Basis des Völkerrechts, dem in einem ursprünglichen Sinne „law without courts“, keine „courts without law“ werden.37 Es hilft Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern auch wenig, nur eine hochkomplexe Systematik zu entwerfen oder einen komplizierten Ansatz zu entwickeln. Diese Entscheidungsträgerinnen und -träger benötigen etwas Handhabbares, das auf Anhieb verständlich ist. Die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie bietet ein solches, indem sie lediglich verlangt, dass der Grundsatz der Allgemeinwohlförderung in seiner besonderen Ausprägung in jede Norm des Investitionsschutzrechts gelesen und als konkreter Maßstab genutzt wird. Daraus können individuelle Forderungen abgeleitet werden. Dies wiederum kann das System nicht nur zusammenhalten, sondern auch im Disput mit anderen Akteuren und der interessierten Öffentlichkeit zur Verteidigung des Investitionsschutzregimes beitragen, indem aufgezeigt wird, dass in 37  Vgl. Besson, International Judges as Dispute-Settlers and Law-Enforcers, S. 48, 52.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

diesem Rechtsregime auch und insbesondere allgemeinwohlorientierte Standards herrschen. Dieser letztlich einfach zu pointierende Ansatz musste zwar komplex hergeleitet werden, jedoch war dies erforderlich, um sich über Ansätze zu erheben, die lediglich Postulate aufstellen. Dabei wurde einem Rechtsgebiet ein ganz neues Fundament geliefert und nicht nur aus bestehenden Modellen oder Ansätzen eine klarere Dogmatik gebaut. Es ging beim Abstellen auf die Grundfrage einer Rechtsordnung um die grundlegenden Fragen der juristischen Methodenlehre, bei der die Begründungsproblematik an zentrale Stelle gesetzt wurde. Bei dieser nicht-formalistischen Herangehensweise treten Rechtsprinzipien als juristische Begründungen in den Vordergrund und lassen tiefere Einsichten in das Recht selbst und die tragenden Gründe für eine Rechtsordnung zu, welche dann in konkrete Handlungsanweisungen umgesetzt werden können. Stringenz in den Entscheidungen kann damit durch eine übergreifende Rechtsprinzipienkonzeption erlangt werden, die auf die Auslegung und Anwendung investitionsschutzrechtlicher Normen im formellen, aber insbesondere auch im materiellen Bereich einwirkt. Die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie bietet eine solche Konzeption durch eine spezifische Auslegung der streitentscheidenden Normen als kohärenzgenerierendes teleologisches Element fußend zum einen auf der Betroffenheit des Gemeinwohls einer bestimmbaren Gruppe von Menschen, deren subjektive Rechte berührt werden, oder deren Betroffenheit droht, und zum anderen auf Proportionalität als dynamischem Element. Dass dies ein Rechtsprinzip kennzeichnet, welches geeignet ist, eine übergreifende Struktur zur Verfügung zu stellen, aus der heraus sich konsistenzstiftende Konkretisierungen für Einzelfälle der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ableiten lassen können, die auch dem grundlegenden Interessenkonflikt zwischen staatlicher Regulierungsfreiheit und Investoreninteressen angemessen begegnen, wird im Folgenden aufgezeigt werden. Hierzu werden den zukünftigen Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern konkrete und handhabbare Hinweise gegeben werden, wie diese neue dynamisch-gemeinwohlorientierte Idee in der Praxis Anwendung finden kann. Es wird zunächst anhand materieller Normen in Investitionsschutzabkommen sowie dem Begriff der Investition selbst, sodann aber auch vor dem Hintergrund von Verfahrensregelungen erfolgen. Dabei werden diese Anregungen auf bereits gefällten Entscheidungen der Investitionsschiedsgerichte aufbauen, welche entsprechend fortgeführt und weitergedacht werden sollen. Hinsichtlich der konkreten Klauseln und Verfahrensregelungen erscheint es angemessen, darauf hinzuweisen, dass es im folgenden Teil der Arbeit darum geht, die Anwendbarkeit der neu entwickelten Theorie aufzuzeigen.



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen167

Insbesondere wird daher keine erschöpfende Auseinandersetzung mit der umfassenden Literatur zu einzelnen Klauseln erfolgen. Dies würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Vielmehr soll nach einer kurzen Einführung zu jedem zu prüfenden Aspekt und dem Aufzeigen der bisherigen Entwicklung der entsprechenden Rechtsprechung dargelegt werden, wie die oben entwickelte Theorie die Auslegung der Klauseln durch die Schiedsgerichte sinnvoll beeinflussen kann.

II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen anhand der dynamischgemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie Das System der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist geprägt von einem konstanten Zusammenspiel zwischen den Normen der Investitionsschutzabkommen und deren praktischer Auslegung durch die Investitionsschiedsgerichte. Dabei ist es ist aber wichtig, Trends in der Rechtsprechung der Investitions­ schiedsgerichte mit großer Vorsicht zu betrachten, da ihre Rechtsprechung regelmäßig auf Normen verschiedener Investitionsschutzabkommen beruht, die zwar im Großen und Ganzen sehr ähnlich sind, die jedoch im Detail durchaus variieren können. Die weite Formulierung vieler Standardklauseln in Investitionsschutzabkommen hat zu einer Vielfalt an Auslegungen derselben durch Tribunale beigetragen. Gerade im Interesse der Investoren, die auf Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit bei Auslandsinvestitionen Wert legen, jedoch auch aus Sicht der Gaststaaten hat es daher Sinn, die Normen in Investitionsschutzabkommen zukünftig so konkret wie möglich zu fassen. Solange dies aber nicht der Fall ist, können nicht zuletzt inhärente Rechtsprinzipien Kohärenz generieren. Sinn und Zweck der Erarbeitung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie ist gerade auch in konkreten Investitionsschutzverfahren leicht erkennbare und praktisch gut umsetzbare Handlungsanweisungen für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter liefern zu können. Dies soll daher durch die Auslegung von konkreten und regelmäßig zu findenden Bestimmungen in Investitionsschutzabkommen beispielhaft dargestellt werden. Dazu wird im Folgenden geprüft werden, inwieweit die materiellen Normen in Investitionsschutzabkommen, aber auch der Begriff der Investition selbst, Spielräume ermöglichen und vor dem Hintergrund der Entwicklung der Auslegung durch Schiedsgerichte geeignet sind, die Theorie sinnvoll und praktisch umzusetzen und wie sich dies auf die jeweilige Bestimmung auswirken könnte.

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1. Definition der Investition a) Einführung in die Problematik Ob eine Investition vorliegt, welche mithin von den materiellen Normen in Investitionsschutzabkommen geschützt wird, ist eine der Kernfragen jeglicher Jurisdiktion im Investitionsschutzrecht. Hier sollte wegen der besonderen Relevanz von ICSID für das Investi­ tionsschutzrecht zunächst auf die Vorgaben der ICSID-Konvention abgestellt werden. Nach Art. 25 (1) der ICSID-Konvention38 erstreckt sich die Zuständigkeit von ICSID-Tribunalen nur auf „unmittelbar mit einer Investition zusammenhängende Rechtsstreitigkeiten“. Der Begriff der Investition, der ratione materiae so Grundlage jeder Zuständigkeit von Investitionsschutztribunalen ist, wird in den Normen der Konvention aber nicht definiert. Entsprechend ist er offen angelegt und wurde von den Tribunalen unterschiedlich ausgelegt. Bereits bei einem zentralen Begriff des gesamten Rechtssystems scheiden sich somit die Geister.39 Diese Offenheit begann schon bei Erarbeitung des ICSID-Übereinkommens.40 So wurde in den Vorarbeiten wie auch im ersten Entwurf des Abkommens der Begriff als jede Einbringung von Geld oder sonstigen wirtschaftlichen Werten für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren verstanden.41 Letztlich konnte man sich aber nicht auf eine Definition für diesen wichtigen Terminus einigen.42 Insbesondere wollten die kapitalexportierenden Staaten den Begriff nicht limitiert sehen.43 Dennoch findet sich der Ausdruck in Art. 25 ICSID-Konvention an zentraler Stelle. Er ist mithin auslegungsbedürftig. Über viele Jahre hinweg haben sich Tribunale mit dem Begriff der Investition nicht ausführlich befasst oder befassen müssen, weil die zugrunde liegenden Sachverhalte dies nicht verlangten.44 38  BGBl. 1969

II, S. 371. ausführlich Johannsen, Der Investitionsbegriff, S. 6 ff. 40  Yala, The Notion of „Investment“, S. 105 f. 41  Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and National of Other States, Analysis of Documents Concerning the Origin and the Formulation of the Convention, Vol. I, Washington D.C., 1970, S. 116. Zur erforderlichen Dauer einer Investition Dugan/Wallace/Rubins/Sabahi, Investor-State Arbitra­ tion, S. 256, 258; Endicott, The Definition of Investment in ICSID Arbitration, S. 384; Rubins, The Notion of Investment, S. 287. 42  Schreuer, ICSID Convention, S. 124, Rn. 86; Yala, The Notion of „Investment“, S. 106. 43  Belling, Die Jurisdiktion rationae materiae, S. 192. 39  Hierzu



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Die Auslegung des Begriffs stellt sich als schwierig dar, auch wenn einige wenige Anhaltspunkte gegeben sind. So ist man sich einig, dass eine Investition nicht in „ordinary commercial transactions“ bestehen kann, wie sich aus einem systematischen Vergleich mit Art. 4 Abs. 3 der ICSID Facility Rules ergibt.45 44

Inzwischen wird aber eine Vielzahl grenzübergreifender Transaktionen von ICSID-Tribunalen unter den Begriff gefasst, die von klassischen Tätigkeiten wie der Ausbeutung von Ressourcen über Hotel- und Industrieanlagenbau bis hin zu neueren Geschäften wie Managementverträgen oder Lizenzvereinbarungen über die Herstellung von Waffen reichen können.46 Durch die Offenheit der institutionellen Vorschriften gelangen die regionalen, sektoralen oder bilateralen Abkommen näher ins Blickfeld. Sie machen in der Regel konkretere Vorgaben über die Definition der Investition.47 Seit dem Verfahren Lanco International gegen Argentinien48 haben Schiedsgerichte oftmals auf den zwischenstaatlichen Konsens, wie er sich in den Investitionsschutzabkommen äußert, abgestellt.49 Auch der deutsche Mustervertrag sieht in Artikel 1 vor: Im Sinne dieses Vertrags 1.  umfasst der Begriff „Kapitalanlagen“ Vermögenswerte jeder Art, die von Investoren des einen Vertragsstaats direkt oder indirekt im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats angelegt werden. Zu den Kapitalanlagen zählen insbesondere: 44  Vgl. Dolzer, The Notion of Investment, S. 267; vgl. aber auch Nathan, Submissions, S. 31, der darauf hinweist, dass dies damit zusammen hängen könnte, dass ICSID gezwungen war, solche Fälle nicht näher zu beleuchten, um seine Etablierung nicht zu gefährden. 45  „Features which distinguish it from an ordinary commercial transaction“. Die ICSID Facility Rules sind abrufbar unter: https://icsid.worldbank.org/ICSID/StaticFiles/facility/AFR_English-final.pdf; vgl. hierzu auch Lamm, Jurisdiction, S. 474: „The drafters of the Convention felt it important to limit ICSID jurisdiction so that investors would not pressure States to submit every dispute to the Centre. Thus, for instance, an ICSID arbitrator or tribunal does not have jurisdiction over political, economic or purely commercial disputes.“. 46  Mihaly International Corpotation v. Democratic Socialis Republic of Sri Lanka, ICSID Cas No. ARB/00/2, Award vom 15.03.2002, Rn. 33; Tsatsos, Rechtsprechung der ICSID-Schiedsgerichte, S. 69; Delaume, ICSID Arbitration, S. 118. 47  In deutschen IIAs wird dafür regelmäßig der Begriff der „Kapitalanlage“ ­synonym verwendet. 48  Lanco International v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/97/6, Preliminary Decisions: Jurisdiction of the Arbitral Tribunal vom 08.12.1998, S. 470, Rn. 48: „[…] the term „investment“ is not defined in the ICSID Convention, but it is defined in the […] Treaty, which sets the bounds within which we operate in this case.“. 49  Ähnliche Entscheidungen sind Generation Ukraine v. Ukraine, Azurix Corp. v. Argentina, Camuzzi v. Argentina sowie Fraport v. Philippines.

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a)  Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie sonstige dingliche Rechte wie Hypotheken und Pfandrechte; b)  Anteilsrechte an Gesellschaften und andere Arten von Beteiligungen an Gesellschaften; c) Ansprüche auf Geld, das verwendet wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen, oder Ansprüche auf Leistungen, die einen wirtschaftlichen Wert haben; d)  Rechte des geistigen Eigentums, wie insbesondere Urheberrechte und verwandte Schutzrechte, Patente, Gebrauchsmuster, gewerbliche Muster und Modelle, Marken, Sortenschutzrechte; e) Handelsnamen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, technische Verfahren sowie Know-how und Goodwill; f) öffentlich-rechtliche Konzessionen einschließlich Aufsuchungs- und Gewinnungskonzessionen für natürliche Ressourcen; eine Änderung der Form, in der Vermögenswerte angelegt werden, lässt ihre Eigenschaft als Kapitalanlage unberührt. Im Falle der indirekten Investitionen sollen grundsätzlich nur solche indirekten Investitionen erfasst werden, die der Investor über eine in dem anderen Vertragsstaat belegene Gesellschaft durchführt.50

Diese Kategorisierung fasst also ebenfalls eine Vielzahl von Tätigkeiten unter den Investitions- beziehungsweise Kapitalanlagebegriff. Als spannend sind daher insbesondere Entwürfe für ein zukünftiges Modell-BIT anzusehen, das versucht, die Rechte von Gaststaat und Investor bereits durch die positiv-rechtliche Definition des Investitionsbegriffs im Abkommen selbst zu einem Ausgleich zu führen, indem zum Beispiel eine gewisse Qualität von Investitionen verlangt wird.51 Schiedsgerichte haben aber auf vielfältige Weise eigene Kriterien entwickelt, um das Vorliegen einer Investition zu bestimmen. Oftmals wurde dabei von ihnen auch ein objektiver, also von der zwischenstaatlichen Vereinbarung in einem IIA unabhängiger Investitionsbegriff angenommen.52 Der im Rahmen der Zuständigkeit zu prüfende Punkt der Investition obliege dann im Rahmen der Jurisdiktion allein dem zur Entscheidung berufenen Tribunal.53

50  Abrufbar unter: www.iilcc.uni-koeln.de/fileadmin/institute/iilcc/Dokumente/mat rechtinvest/VIS_Mustervertrag.pdf. 51  Vgl. das „Model International Investment Agreement for the Promotion of Sustainable Development“ des Umwelt- und Politikwissenschaftlers Konrad von Moltke (1942–2005), abrufbar unter: www.iisd.org/pdf/2004/trade_model_inv.pdf. 52  Siehe dazu auch Pirrung, Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten, S. 60. 53  Johannsen, Der Investitionsbegriff, S. 10.



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b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschiedsgerichte Während in den Investitionsschutzabkommen regelmäßig zunächst jede denkbare Anlageform als Investition angesehen wird („every kind of asset“), wird dieser weiten Formulierung oftmals eine beispielhafte Liste von Anlageformen beiseite gestellt, die davon abgedeckt sein sollen. Dazu gehören oftmals folgende Bereiche: movable and immovable property, shares and other participation in companies, claims to money or to any performance having a financial value, intellectual property rights, know-how sowie business concessions.54 Wie oben beschrieben, gibt die ICSID-Konvention keine eigenständige Definition. In den letzten Jahren ist daraufhin eine Vielzahl von Entscheidungen von Schiedsgerichten ergangen, die es weitgehend ins Belieben der Parteien stellten, was sie als geschützte Investition ansehen und was nicht.55 Dies kann jedoch nicht heißen, dass die Parteien völlig frei in ihrer Entscheidung sein sollten. So haben Schiedsgerichte gerade in den letzten Jahren vermehrt auch objektive Kriterien für die Prüfung angenommen, ob eine Investition im Sinne des Art. 25 Abs. 1 ICSID vorliegt oder nicht. Nach Aussagen des Schiedsgerichts selbst, sei das Verfahren FEDAX gegen Venezuela das erste ICSID-Verfahren gewesen, in dem die Zuständigkeit mangels Vorliegens einer Investition angezweifelt worden war.56 FEDAX war ein Unternehmen, das in Curaçao auf den Niederländischen Antillen gegründet worden war und dadurch in den Anwendungsbereich des BIT zwischen den Niederlanden und Venezuela von 1991 fiel. Es war fraglich, ob sechs Schuldverschreibungen, die von Venezuela ausgestellt worden waren und die durch Vertrag mit einem venezolanischen Unternehmen auf FEDAX übergegangen waren, als Investition im Sinne von Art. 25 Abs. 1 ICSID gelten konnten. Das Tribunal bejahte seine Zuständigkeit und stützte sich in seiner Argumentation auf fünf wesentliche Punkte. Erstens definiere die Konvention den Terminus „Investment“ nicht und überlasse dies damit den Streitparteien. Zweitens seien schon viele Anlagen wie Anleihen, ausstehende Zahlungen oder Unternehmensanteile als Investitionen qualifiziert worden. Drittens seien Schuldverschreibungen wie Anleihen zu behandeln, da sie als Beweis einer Anleihe gelten würden. Viertens 54  Schreuer,

Investments, International Protection, Rn. 38. wurde festgestellt, dass „[i]n agreeing to ICSID arbitration, the parties would be left to determine the kinds of activity which could give rise to a dispute contemplated in Article 25(1). In other words, consent of the parties in a particular case implied their recognition that the investment criteria had been met.“, Hamida, The Mihaly v. Sri Lanka case, S. 53. 56  ICSID Case No. ARB/96/3(1), Decision on Jurisdiction vom 11. Juli 1997. 55  Diesbezüglich

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sei auch die Formulierung im BIT zwischen den Niederlanden und Venezuela sehr weit gefasst und umfasse „every kind of asset“, zu denen auch „titles to money, to other assets or to any performance having an economic value“ gehörten. Und fünftens stellte das Tribunal fest, dass „[…] A promissory note is by definition an instrument of credit, a written recognition that a loan has been made. In this particular case the six promissory notes in question were issued by the Republic of Venezuela in order to acknowledge its debt for the provision of services under a contract […] Venezuela had simply received a loan for the amount of the notes for the time period specified therein and with the corresponding obligation to pay interest.“57

sowie dass: „[t]he status of the promissory notes under the Law of Public Credit is also important as evidence that the type of investment involved is not merely a shortterm, occasional financial arrangement, such as could happen with investments that come in for quick gains and leave immediately after – i. e. „volatile capital“. The basic features of an investment have been described as involving a certain duration, a certain regularity of profit and return, assumption of risk, a substan­tial commitment and a significance for the host State development. […]“

Einerseits wurde in FEDAX gegen Venezuela somit noch immer den Streitparteien ein entscheidender Spielraum gewährt, was als Investition angesehen werden sollte, andererseits wurden aber auch bereits objektive Maßstäbe angelegt, an die folgende Tribunale anknüpfen konnten. Diese Ansätze wurden dann im Verfahren Salini Costruttori S. p. A. and Italstrade S. p. A. gegen Marokko58 fortgeführt und strukturiert. In diesem Verfahren wurde eindeutig der Schwerpunkt auf objektive Gesichtspunkte für die Ermittlung gelegt, ob es sich um eine Investition handelt, die von Art. 25 Abs. 1 ICSID abgedeckt ist. Es ging darin um ein Verfahren zwischen zwei italienischen Unternehmen und einer marokkanischen Firma, die vom marokkanischen Staat kontrolliert wurde, betreffend den Bau einer Schnellstraße. Marokko wendete ein, dass es sich bei diesem Vertrag nicht um eine Investition im Sinne des Art. 25 ICSID handelte. Das Tribunal im Salini-Verfahren stellte fest, dass es nur dann Zuständigkeit für das Verfahren habe, wenn der betreffende Vertrag sowohl nach dem zugrunde liegenden IIA59 als auch nach der ICSID-Konvention eine Investition darstellen würde. Hinsichtlich letzterer seien nach Ansicht des Tribunals aber bestimmte objektive Kriterien zu erfüllen, die erst in ihrer Gesamtschau eine Investition im Sinne der ICSID-Konvention konstituierten 57  Ebd.,

Rn. 37. Case No. ARB/00/4, Decision on Jurisdiction vom 23. Juli 2001. 59  BIT zwischen Italien und Marokko von 1990. 58  ICSID



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und die aus den bisherigen Urteilen zu gewinnen seien. Es stehe somit nicht im freien Ermessen der Streitparteien, die Zuständigkeit eines Tribunals durch übereinstimmende Annahme einer Investition zu begründen. Diese objektiven Kriterien benannte das Tribunal wie folgt: „The doctrine generally considers that investment infers: contributions, a certain duration of performance of the contract and a participation in the risks of the transaction. In reading the Convention’s preamble, one may add the contribution to the economic development of the host State of the investment as an additional condition.“60

Das heißt also in der Gesamtschau, dass eine Investition folgende Aspekte erfüllen müsse, um Schutz unter dem BIT zu genießen: 1. Das Projekt ist auf eine gewisse Zeitdauer angelegt. 2. Der Investor geht ein Risiko ein. 3. Der Investor leistet einen erheblichen Einsatz. 4. Das Projekt trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung im Gaststaat bei. 5. Intention des Investors ist die regelmäßige Abschöpfung von Gewinnen und Renditen.61 Auf diese Kriterien soll an dieser Stelle nicht ausführlich eingegangen werden.62 Letztlich bejahte das Salini-Tribunal das Vorliegen dieser Kriterien bezüglich des in Frage stehenden Vertrages. Wesentlich ist aber, dass diese Entscheidung mit ihrer Fokussierung auf den objektiven Charakter der Merkmale einer Investition einen besonderen Fortschritt in der Rechtsprechung der Investitionsschiedsgerichte darstellte. Der objektivierte Ansatz wurde von nachfolgenden Schiedsgerichten auch aufgegriffen. So beispielsweise im Fall Joy Mining gegen Ägypten, in dem das Tribunal ausführte: „The parties to a dispute cannot by contract or treaty define as investment, for the purpose of ICSID jurisdiction, something which does not satisfy the objective requirements of Article 25 of the Convention. Otherwise Article 25 and its reliance on the concept of investment, even if not specifically defined, would be turned into a meaningless provision.“63 60  ICSID

Case No. ARB/00/4, Decision on Jurisdiction vom 23. Juli 2001, Rn. 52. letzte Kriterium der Abschöpfung von Gewinnen und Renditen wird von einigen Tribunalen als redundant eingestuft, vgl. Malaysian Historical Salvors, SDN, BHD v. Malaysia, ICSID Case No. ARB/05/10, Award on Jurisdiction vom 17. Mai 2007, Rn. 108. 62  Zu diesen Kriterien im Einzelnen ausführlich Johannsen, Der Investitionsbegriff, S.  14 ff. 63  ICSID Case No.  ARB/03/11, Award on Jurisdiction vom 6. August 2004, Rn. 50. 61  Das

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Auch wurden wieder die Kriterien certain duration, a regularity of profit and return, an element of risk, a substantial commitment and that it should constitute a significant contribution to the host State’s development genutzt, die im Salini-Urteil benannt worden waren.64 Deutlich ist damit auch, dass Staaten, die Investitionsschutzabkommen miteinander schließen, die zur Streitbeilegung auf ICSID verweisen, sich bewusst sein müssen, dass die in den Investitionsschutzabkommen aufgenommenen Definitionen von Investitionen möglicherweise nicht ausreichen, um die Zuständigkeit der ICSID-Tribunale und möglicherweise auch anderer Investitionsschiedsgerichte zu begründen. Insbesondere das Kriterium der Entwicklungsförderung nimmt dabei eine Sonderstellung ein, da es nicht aus klassischen, rein ökonomischen Ansätzen zur Begründung von Investitionen gewonnen wird, sondern aus der Präambel der ICSID-Konvention beziehungsweise aus der Betrachtung des mit dem Investitionsschutzrecht zu erreichenden Zwecks.65 In der Folge entwickelte sich eine höchst divergierende Rechtsprechung der Tribunale bezüglich der Anwendung der Salini-Kriterien, oftmals sogar bei Entscheidungen von Schiedsgerichten, die im gleichen Jahr ergingen. Während 2007 im Fall Saipem S. p. A. gegen Bangladesch66 das Tribunal die Salini-Kriterien abprüfte, um das Vorliegen einer Investition bejahen zu können67, wurden im gleichen Jahr im Fall M.C.I. Power Group L.C. gegen Ecuador68 diese Kriterien als bloße Anhaltspunkte bezeichnet.69 Einen eher ganzheitlichen Ansatz wählte wiederum 2007 das Tribunal im Fall Malaysian Historical Salvors Sdn, Bhd v. Malaysia70. In diesem Fall lehnte das Tribunal das Vorliegen einer Investition gemäß Art. 25 Abs. 1 ICSID aus dem Grund ab, dass das unterseeische Bergungsprojekt keinen ausreichenden Beitrag zur Entwicklung im Gaststaat leiste. So trage das Projekt weder wesentlich zur Förderung des öffentlichen Interesses bei, 64  Ebd.

Rn. 53. Herleitung des Entwicklungsmoments von Breitenstein, Entwicklungsorientierte Auslegung, S.  131 ff. 66  Saipem S. p. A. v. The People’s Republic of Bangladesh, ICSID Case No. ARB/ 05/07 (Bangladesh-Italy BIT), Decision on Jurisdiction and Recommendation on Provisional Measures vom 21. März 2007. 67  Ebd. Rn. 99. 68  M.C.I. Power Group L.C. and New Turbine, Inc. v. Ecuador, ICSID Case No. ARB/03/6 (Ecuador-United States BIT), Award vom 31. Juli 2007. 69  Ebd. Rn. 165. 70  Malaysian Historical Salvors, SDN, BHD v. Malaysia, ICSID Case No. ARB/05/10 (Malaysia-United Kingdom BIT), Decision on Jurisdiction vom 17. Mai 2007. 65  Zur



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noch fördere es die malaysische Wirtschaft in dem Sinne, wie es die Rechtsprechung der ICSID-Schiedsgerichte verlange, insbesondere nicht im Sinne von signifikanten Beiträgen.71 Dieses Entwicklungskriterium sei aber als einziges von besonderer Bedeutung, da die anderen Kriterien entweder nicht entscheidungserheblich oder nur oberflächlich erfüllt seien.72 In einer Annulment-Entscheidung hob ein ad hoc-Tribunal jedoch später dieses Urteil wieder auf, indem es kritisierte, dass die Kriterien aus dem Salini-Verfahren zu streng als zwingende Zuständigkeitskriterien angewendet worden seien. Dieses ad hoc-Tribunal stellte in seiner Entscheidung vielmehr auf den zwischenzeitlich entschiedenen Fall Biwater Gauff Ltd. gegen Tansania ab, in welchem das Tribunal einen anderen Ansatz verfolgte. So nahm im Jahre 2008 das Tribunal im Fall Biwater Gauff Ltd gegen Tansania73 zur Thematik der Definition der Investition Stellung. Das Schiedsgericht plädierte dafür, die Kriterien, die im Salini-Urteil aufgestellt worden waren, nicht als strenge und starre Merkmale zu betrachten, sondern vielmehr einen flexiblen und pragmatischen Ansatz anzulegen, bei dem auch alle Umstände des konkreten Einzelfalls Berücksichtigung finden sollten und die Kriterien aus der Salini-Entscheidung lediglich als Maßgabe zu verstehen sind.74 Dennoch nahm bereits ein Dreivierteljahr später in einem AnnulmentVerfahren gegen Malaysia ein Schiedsrichter eine explizite Gegenposition ein, indem er statuierte, dass der signifikante Beitrag zur Entwicklung im Gaststaat ein zwingendes Kriterium für die Annahme einer Investition sei.75 Bemerkenswert ist auch, dass im Jahr 2009 das Schiedsgericht im Fall Romak gegen Usbekistan, welches nach den UNCITRAL-Regeln arbeitete, ausführte, dass der Terminus Investition, der in BITs vorgesehen ist, eine inhärente Bedeutung innehabe, die unabhängig davon sei, ob sich ein Tribunal aufgrund von ICSID- oder UNCITRAL-Schiedsregeln konstituiert.76 71  Ebd.

Rn. 131. Rn. 130. 73  Biwater Gauff Ltd v. Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22 (United KingdomTanzania BIT), Award vom 18. Juli 2008, Rn. 314. 74  Ebd. Rn. 316. 75  Malaysian Historical Salvors Sdn, Bhd v. Malaysia, ICSID Case No. ARB/ 05/10, Decision on the Application for Annulment vom 16. April 2009, Dissenting Opinion of Judge Mohamed Shahabuddeen, Rn. 4. Hinsichtlich eines ähnlich flexiblen und pragmatischen Ansatzes siehe auch Toto Costruzioni Generali S. p. A. v. Republic of Lebanon, ICSID Case No. ARB/07/12, Decision on Jurisdiction vom 11. September 2009, Rn. 81–86, und auch bezüglich der Schiedsrechtsprechung auf Grundlage eines State Contracts siehe RMS Production Corporation v. Grenada, ICSID Case No ARB/05/14, Award vom 11. März 2009, Rn. 240 f. 76  Romak S.A v. Uzbekistan, PCA Case No. AA280, Award vom 26. November 2009, Rn. 207. 72  Ebd.

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Somit schränkte das Schiedsgericht den im Schweiz-Usbekistan-BIT enthaltenen, offensichtlich weitestmöglich gefassten Investitionsbegriff („every kind of asset“) signifikant ein. Dies bezog sich zwar nur auf die Kriterien Zuwendung beziehungsweise erheblicher Einsatz, Zeitdauer und Risiko, zeigt aber doch die Verbundenheit der verschiedenen Streitbeilegungsregeln, die beide im gleichen Metier herrschen und somit vergleichbare Bedingungen stellen. Es machte aber insbesondere auch deutlich, dass in Investitionsschutzverfahren eigenständige Maßstäbe angelegt werden können, die über die konkreten Vereinbarungen zwischen den Staaten hinausgehen können. So könnte es wohl auch kaum überzeugen, ein Entwicklungskriterium nur dann als erforderlich anzunehmen, wenn sich ein Schiedsgericht nach der ICSID-Konvention bildet und nicht, wenn es sich nach anderen Schiedsregeln zusammensetzt. Vielmehr fließen auch die weiteren von Schiedsgerichten entwickelten Definitionskriterien offensichtlich aus Prinzipien, die dem gesamten System der Schiedsgerichtsbarkeit innewohnen und sich sowohl in Präambeln, positiven Normen oder Entscheidungen von Schiedsgerichten manifestieren. Eine Weiterentwicklung im Bereich der zu prüfenden Kriterien brachte auch die Entscheidung im Fall Phoenix gegen die Tschechische Republik aus dem Jahr 2009. In diesem Fall präferierte das Schiedsgericht wiederum eine strengere Anwendung zu bestimmender Kriterien. Es legte dabei auch wieder die Salini-Kriterien zugrunde, wandelte sie jedoch ab. Dem Tribunal war das umstrittene Kriterium des Beitrags zur Entwicklung im Gaststaat zu wenig greifbar,77 daher ersetzte das Tribunal dieses Kriterium durch eine zweigeteilte Voraussetzung. So müsse die ausländische Kapitalanlage erstens im guten Glauben und zweitens in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Gaststaates getätigt worden sein.78 Dem Tribunal ist insofern zu folgen, als es das Entwicklungskriterium als zu wenig fassbar ansah. Ein Ersetzen mit einem anderen, präziseren Merkmal, welches den Legitimitätsanforderungen genügt, erscheint somit durchaus sinnvoll, auch wenn noch immer manche Schiedsgerichte eine zusätz­ liche Voraussetzung, die über die drei ersten Kriterien (erheblicher Beitrag, gewisse Zeitdauer und gewisses Risiko) hinausgeht, ablehnen.79 Interessant ist dabei, dass viele Tribunale auch in sich selbst gespalten zu sein scheinen. Während 2011 ein Schiedsrichter im Fall Abaclat et al. gegen 77  „Impossible

to ascertain“. Action, Ltd v. The Czech Republic, ICSID Case No. ARB/06/5, Award vom 15. April 2009, Rn. 114. 79  So das Schiedsgericht im Fall Saba Fakes v. Republic of Turkey, ICSID Case No. ARB/07/20, Award vom 14. Juli 2010, Rn. 121. 78  Phoenix



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Argentinien annahm, dass ein Beitrag zur ökonomischen Entwicklung im Gaststaat zum „harten Kern“ der Definition einer Investition gemäß Art. 25 ICSID zählte,80 verweigerte die Mehrheit des Tribunals diese Annahme und konstatierte, dass die Salini-Kriterien nirgendwo aus der ICSID-Konvention zu gewinnen seien.81 Andererseits nahm die Mehrheit des Tribunals an, dass hinsichtlich der Frage, ob eine Investition vorliegt oder nicht, darauf abgestellt werden müsse, ob der Antragsteller einen Beitrag geleistet hat, der zu einem Wert führte, den die vertragschließenden Staaten (hier Argentinien und Italien) intendiert hatten.82 Fraglich muss dann aber sein, ob der Wille der vertragschließenden Staaten nicht der gleiche ist, der hinter dem gesamten System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit steht. Denn schließlich konstituieren verschiedene, aber kongruent verlaufende Willen der Staaten ein eigenständiges Rechtssystem, das von ähnlichen Interessen der Staaten gespeist wird. Insofern ist es durchaus gerechtfertigt anzunehmen, dass dann die von den Schiedsgerichten entwickelten allgemeinen Kriterien in ihrer besonderen prinzipiengestützten Ausprägung berücksichtigt werden sollten. Dies kann auch bei der Beurteilung helfen, wie Investitionen zu behandeln sind, die unter Bedingungen der Korruption getätigt worden waren. Auch dies ist ein Themenbereich, der in den letzten Jahren zunehmend Relevanz in der Rechtsprechung der Schiedsgerichte entwickelte. Hierbei war oftmals der Tenor, dass bei grundlegenden Verstößen gegen die nationale Rechtsordnung des Gaststaates kein Schutz aus dem jeweiligen BIT für die entsprechende Investition gelten sollte.83 Beachtenswert ist hier insbesondere, dass das Tribunal im Fall SAUR gegen Argentinien im Jahr 2012 zwar annahm, dass auch in dem Fall, in dem das zugrunde liegende BIT (hier zwischen Argentinien und Frankreich) keine explizite Bestimmung vorsieht, Investitionen nur in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Gaststaates erfolgen dürften, um den 80  Abaclat et al. v. Argentina, Decision on Jurisdiction vom 4. August 2011, Dissenting Opinion Georges Abi-Saab vom 28. Oktober 2011, Rn. 47–51. 81  Abaclat et al. v. Argentina, Decision on Jurisdiction vom 4. August 2011, Rn. 364. 82  Ebd., Rn. 365. 83  Vgl. Fraport AG v. Republic of the Philippines, ICSID Case No. ARB/03/25, Award vom 16. August 2007; Inceysa Vallisoletane, SL v. El Salvador, ICSID Case No. ARB/03/26, Award vom 2. August 2006; Plama Consortium Limited v. Republic of Bulgaria, ICSID Case No. ARB/03/24, Award vom 27. August 2008; World Duty Free Company Limited v. The Republic of Kenya, ICSID Case No. ARB/00/7, Award vom 4. Oktober 2006.

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Schutz des BIT zu genießen und dass dieses Erfordernis bestehe, weil das Prinzip der Legalität und des guten Glaubens unabhängig davon gelte, ob das Abkommen dies vorsieht oder nicht. Ausgeschlossen seien damit Investitionen, die unter „schwerer Verletzung der Rechtsordnung des Gaststaates getätigt“ werden.84 Im Jahr 2012 ergingen jedoch wiederum drei Entscheidungen, die bezüglich der Definition einer Investition lediglich die ersten drei Merkmale des Salini-Tests, also bedeutender Einsatz von Ressourcen, wirtschaftliches Risiko und gewisse Zeitdauer als konstitutiv für eine Investition annahmen, nicht hingegen eine Förderung der Entwicklung im Gaststaat.85 c) Lösungsvorschlag: Prüfung eines Elements der Gemeinwohlförderung bei der betreffenden Investition Es zeigte sich, dass in der Rechtsprechung der Schiedsgerichte durchaus Tendenzen bestehen, das weitgefasste, die Jurisdiktion von Tribunalen begründende Merkmal der Investition einzuschränken und diese Einschränkung auch aus übergeordneten Prinzipien abzuleiten. Dabei wurde ebenfalls deutlich, dass dies unabhängig von der jeweils einschlägigen Verfahrensordnung möglich sein kann. Insbesondere ist eine Herausnahme bestimmter Investitionen vom Schutzbereich von Investitionsabkommen denkbar. Ansätze hierzu finden sich sowohl in Abkommen als auch in Entscheidungen von Tribunalen. So schließt Artikel 10.1 des Free Trade Agreement zwischen Chile und der Republik Korea von 2003 bestimmte Arten von Anlagen aus dem Begriff der Investition aus. Eine solche Entwicklung ist aber gerade auch in den Schiedsentscheidungen eröffnet worden. Denn nach vorangegangenen ähnlichen Urteilen in Inceysa gegen El Salvador86 und World Duty Free gegen Kenia87 stellte das Tribunal im Fall Plama Consortium gegen Bulga84  SAUR International SA v. Republic of Argentina, ICSID Case No. ARB/04/4, Decision on Jurisdiction and Liability vom 6. Juni 2012, Rn. 308. 85  Electrabel S. A. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability vom 30. November 2012, Rn. 5.43; Deutsche Bank AG v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka, ICSID Case No. ARB/09/2, Award vom 31. Oktober 2012, Rn. 295; Quiborax S. A., Non Metallic Minerals S. A. and Allan Fosk Kaplún v. Plurinational State of Bolivia, ICSID Case No. ARB/06/2, Decision on Jurisdiction vom 27. September 2012, Rn. 219. 86  Inceysa Vallisoletana S.L. v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/03/26, Award vom 2. August 2006. 87  World Duty Free Company Limited v. The Republic of Kenya, ICSID Case No. ARB/00/7, Award vom 4. Oktober 2006.



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen179

rien fest, dass der Investor sich nicht auf die materiellen Rechte, die er aus dem Energiechartavertrag geltend machte, stützen dürfe, weil er gegen drei Prinzipien des internationalen Rechts verstoßen habe, nämlich den Grundsatz von Treu und Glauben und das Prinzip nemo auditor propriam turpitudinem allegans, hier verstanden als das Verbot, nicht davon profitieren zu dürfen, dass man eine Investition erst durch eine oder mehrere illegale Handlungen tätigen konnte, sowie das Prinzip der internationalen öffent­ lichen Ordnung.88 Es wäre in jedem Falle hilfreich, den Entscheidungen der Schiedsgerichte im Vorhinein klar strukturierte Prinzipien zugrunde zu legen, die mithin auch zu einer Einheitlichkeit in der Rechtsprechung führen könnten. Die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie liefert ein solches Rechtsprinzip der Legitimität, das auf die Anwendung in einer Vielzahl von Fällen angelegt ist und sich an einer Förderung des Gemeinwohls orientiert, wie es aus den Rechten von Individuen fließt. Wenn man eine umfassende Förderung des Gemeinwohls forderte, könnte man gegebenenfalls verlangen, Portfolioinvestitionen völlig aus dem Schutzbereich der Investitionen herauszunehmen.89 Dies könnte damit begründet werden, dass Portfolioinvestitionen schneller wieder abgezogen werden könnten und dadurch ein geringerer Beitrag für das Gemeinwohl oder die Entwicklung im Gastland geschaffen würde.90 Dies ist aber nicht zwingend erforderlich, denn sowohl Kapitalanleger, die lediglich Gewinne und Renditen durch ihre Geldanlage im Ausland anstreben, als auch ein Unternehmer, der die Kontrolle einer Gesellschaft im Gastland zu erreichen sucht, stellen der Ökonomie des Gastlandes in vergleichbarer Weise Kapital zur Verfügung91 und tragen somit grundsätzlich vergleichbar zur Prosperität im Gaststaat bei.92 Daher ist die Differen88  Plama Consortium Limited v. Bulgaria, ICSID Case No. ARB/03/24, Award vom 27. August 2008, Rn. 146: „In consideration of the above and in light of the ex turpi causa defence, this Tribunal cannot lend its support to Claimant’s request and cannot, therefore, grant the substantive protections of the ECT.“. 89  So ein Schiedsrichter im Verfahren Ambiente Ufficio S. p. A. and others v. Argentine Republic (formerly Giordano Alpi and others v. Argentine Republic), ICSID Case No. ARB/08/9, Decision on Jurisdiction and Admissibility vom 8. Februar 2013, Dissenting Opinion of Santiago Torres Bernárdez vom 2. Mai 2013, Rn. 262 f. 90  Vgl. Amarasinha/Kokott, Multilateral Investment Rules Revisited, S.  139; Belling, Die Jurisdiktion rationae materiae, S. 241 f.; Karl, Das Multilaterale Investitionsabkommen, S. 434. 91  Vgl. Pirrung, Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten, S. 58. 92  Abs, Die rechtliche Problematik privater Auslandsinvestitionen, S. 5; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 2 Rn. 2 f. m. w. N.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

zierung zwischen Portfolio- und Direktinvestitionen kaum zielführend,93 wenn auch beachtet werden muss, dass eine berücksichtigungsfähige Portfolio­ investition nach Entscheidungen der Schiedsgerichte regelmäßig zumindest 1 Mio. US-Dollar betragen müsse.94 An der Konkretisierung des Investitionsbegriffs durch die Schiedsgerichte sollte man jedoch ansetzen, um das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit entsprechend den Vorgaben der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie zu modernisieren. So könnte der Salini-Test weiterentwickelt werden. Ansatzpunkt dafür könnte das umstrittene Entwicklungskriterium aus dem Salini-Test sein. Dieses ist das wohl am meisten diskutierte Merkmal des Salini-Tests und verlangt bekanntlich, dass die Kapitalanlage zur Förderung der Entwicklung des Gaststaates beiträgt.95 Es ist in der Regel erfüllt, wenn durch den Investor Aufgaben übernommen werden, die üblicherweise in staatlicher Hand liegen oder allgemein dem öffentlichen Interesse dienen. Dies betrifft zum Beispiel Infrastrukturprojekte oder Daseinsvorsorge,96 aber auch TourismusProjekte wie zum Beispiel Hotel-Bauten.97 Auch können Förderungen und Übertragungen von Know-How in das Gastland berücksichtigt werden.98 Aber es muss beachtet werden, dass es schwierig ist, entwicklungsökonomische Auswirkungen als Prognoseentscheidungen zu ermitteln. Die Beibringung eines Entwicklungsbeitrags durch eine Investition ist schwer messbar, jedoch sind ebenso positive Auswirkungen auf das Gemeinwohl schwer feststellbar. Es ist vielleicht auch zu weit gegriffen, stets eine Förderung der Entwicklung im Gastland zu verlangen. Unter Berücksichtigung der oben hergeleiteten Legitimitätstheorie ist es hingegen sinnvoll, entweder das Entwicklungskriterium lediglich allgemeinwohlfördernd auszulegen oder im Rahmen eines Kompromisses zwischen den Extremen ein eigenes Merkmal anstelle 93  Dugan/Wallace/Rubins/Sabahi, 94  Johannsen, 95  Ebd.,

Investor-State-Arbitration, S. 249 m. w. N. Der Investitionsbegriff, S. 18 m. w. N.

S. 19. Costrattori v. Morocco, ICSID Case No. ARB/00/4, Decision on Jurisdiction vom 23. Juli 2001, Rn. 57; Joy Mining v. Egypt, ICSID Case No. ARB/03/11, Award on Jurisdiction vom 06. August 2004, Rn. 57; Bayindir v. Pakistan, ICSID Case No. ARB/03/29, Decision on Jurisdiction vom 14. November 2005, Rn. 137. 97  Helnan v. Egypt, ICSID Case No. ARB/05/19, Decision of the Tribunal on Objection to Jurisdiction vom 17. Oktober 2006, Rn. 77; Malaysian Historical Salvors, SDN, BHD v. Malaysia, ICSID Case No. ARB/05/10, Award on Jurisdiction vom 17.05.2007, Rn. 144. 98  Salini Costrattori S.  p.  A. and Italstrade S.  p.  A. v. Morocco, ICSID Case No. ARB/00/4, Decision on Jurisdiction, 23.07.2001, ILM 42 (2003), Rn. 57. 96  Salini



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen181

der schwer zu messenden Förderung der Entwicklung aufzunehmen. Hier kommt dafür das Kriterium einer nicht vorliegenden evidenten Gemeinwohlschädigung in Betracht. Das Ergebnis sollte daher vermittelnd sein: Nur solche Investitionen sollten nach der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie als geschützt im Investitionsschutzrecht gelten, die zumindest keine offensichtlich negativen Auswirkungen auf das Gemeinwohl haben. Der Begriff des Gemeinwohls sollte hier wiederum verstanden werden als Wohlergehen einer Vielzahl von Menschen im Gaststaat, das heißt, ein Freisein von Einschränkungen ihrer grundlegenden, in ihrem Menschsein begründeten Rechte. In Betracht kommen hier zuallererst die in den großen Menschenrechtsabkommen verbürgten subjektiven Abwehrrechte wie insbesondere das Recht auf Leben99 oder das Recht eines jeden auf das für ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit.100 Dieser Ausschluss von bestimmten Investitionen könnte auch anhand von Fallgruppen konkretisiert werden. Solche könnten zum Beispiel Investitionen betreffen, die offensichtlich schädliche Auswirkungen hinsichtlich der Umwelt und der Arbeitskräfte (z. B. durch Verletzung grundlegender anerkannter Standards in diesem Bereich) haben.101 Jedoch sollte kein numerus clausus geschaffen werden, sondern eine dynamische Flexibilität, insbesondere bei neu aufkommenden Bedrohungen für Individualrechte, sollte gewährleistet sein. Es spricht viel dafür, eine grundlegende, aber widerlegliche Vermutung für das Vorliegen einer schützenswürdigen Investition gelten zu lassen, sofern die übrigen Kriterien aus dem Salini-Test erfüllt sind102 und dies auch anzunehmen, wenn Projekte ins Land kommen, die nicht üblicherweise von der öffentlichen Hand getragen werden. Denn auch private Investitionen sind grundsätzlich geeignet, positive Auswirkungen auf den Gaststaat zu besitzen.103 Dies ist auch eine der grundlegenden Ideen der Investitionsschiedsge99  Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Art. 6 Abs. 1, BGBl. 1973 II S. 1533, 1534. 100  Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Art. 12 Abs. 1, BGBl. 1973 II S. 1569. 101  Siehe auch zur möglichen Verletzung solcher Standards durch Investitionen Endicott, The Definition of Investment, S. 386 ff., 409. 102  So auch Consorzio Groupement L.E.S.I.-DIPENTA v. Algeria, ICSID Case No. ARB/03/08, Award vom 10. Januar 2005, Rn. 13, sowie L.E.S.I. S. p.  A. et ASTALDI S. p. A. v. Algeria, ICSID Case No. ARB/05/3, Decision vom 12. Juli 2006, Rn. 72; Gaillard, Centre International pour le Règlement des Différends Relatifs aux Investissements, S. 290 ff. 103  Krishan, A Notion, S. 16.

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richtsbarkeit. Entsprechend der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie muss aber eine Kapitalanlage als umso weniger geschützt gelten, je wahrscheinlicher negative Auswirkungen auf die Allgemeinheit sind. Sollten solche Auswirkungen jedoch offensichtlich sein, dürfen der Investition nicht die Schutzmechanismen des Investitionsschutzrechts zugute kommen. Es kann durchaus angebracht werden, dass es vorteilhaft sei, solche Kriterien eher bei der Untersuchung materieller Schutzstandards zu prüfen, als direkt die Jurisdiktion auszuschließen. Durch die nunmehr zwar noch umstrittene, aber dennoch von der wohl überwiegenden Zahl der Tribunale anerkannten Salini-Prüfungsreihenfolge, die mit der Förderung der Entwicklung des Gaststaates ein ähnliches Kriterium beinhaltet, erscheint es aber durchaus tragfähig, solche Fragen bereits im Rahmen von Zuständigkeitserwägungen zu prüfen. Die Schiedsgerichte legen die Normen des Investitionsrechts entsprechend ihrem Sinn und Zweck und gemäß Art. 31 WVK aus.104 Dabei scheint es, als bestehe trotz der weiten Formulierungen in Investitionsschutzabkommen und der ICSID-Konvention ein Interesse der Tribunale an teleologischer Selbstbeschränkung. Wenn man das Legitimitätsprinzip systematisch anwendet, erscheint daher die oben entwickelte Lösung zielführend. Der Begriff der Kapitalanlage soll somit also durchaus weit gefasst bleiben, aber bei offensichtlicher Gefahr der Verletzung subjektiver Rechte (z. B. religiöse Rechte oder körperliche Unversehrtheit) einer Vielzahl von Menschen im Gaststaat, darf es sich nicht mehr um eine geschützte Investition handeln. Mithin sollte hier im Rahmen der Zulässigkeit eine Evidenzkontrolle erfolgen. Bezüglich der Verletzung religiöser Rechte wäre an die Sprengung von weltweit bekannten religiösen Stätten einer nationalen Minderheit mit Zustimmung der Regierung des Gaststaates zu denken, um Raum für Immobilienprojekte zu schaffen. Eine solche Einschränkung wegen offensichtlicher Gemeinwohlschädigung könnte sich aber beispielsweise auch durch den Bau einer Giftmülldeponie oder einer Fabrik ergeben, die jeweils äußerst stark Schadstoffe emittieren und so offensichtlich die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen negativ betreffen würden. Hierbei werden also evident gemeinwohlschädliche Investitionen unmittelbar aus dem Schutzbereich eines Investitionsschutzabkommens herausgenommen. Auch nationale Erlaubnisse sollten diese Exklusion aus dem An104  Malaysian Historical Salvors v. Malaysia, Award on Jurisdiction vom 17. Mai 2007, Rn. 65.



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wendungsbereich des einschlägigen Abkommens nicht überwinden können, sondern objektive Maßstäbe sollten entscheidend sein. Denn damit wird auch eine Schutzfunktion von Individualrechten auf internationaler Ebene konstruiert. Es wird dadurch im Übrigen dazu beigetragen, dass sich Gaststaat und Investor nicht auf eine Schädigung Dritter einigen können und der Investor noch darüber hinaus weitere Rechte aus einem internationalen Abkommen herleiten kann. Der Investor muss sich bei Umsetzung der beschriebenen Legitimitätstheo­ rie also vor Tätigung einer evident gemeinwohlschädlichen Investition bewusst sein, dass eine solche keinen internationalrechtlichen Schutz aus einem Investitionsabkommen genießen wird, selbst wenn die nationalen ­ Regelungen im Gaststaat dies erlauben würden. Diese Belastung des Investors mit der Prüfung einer evidenten Gemeinwohlschädigung im Vorfeld der Tätigung einer Investiton legt ihm auch keine unangemessenen Zusatzbemühungen auf, sondern sollte vielmehr selbstverständlich sein. Kriterien für Evidenz können zum Beispiel bereits eingetretene Verletzungen der Rechte einer Vielzahl Dritter sein. Die Herausnahme einer offensichtlich gemeinwohlschädlichen Investition aus dem Schutzbereich eines Investitionsschutzabkommens macht die Investition auch nicht insgesamt wertlos. Dem Investor wird dadurch auch nicht unmittelbar seine Investition entzogen. Vielmehr kann er weiter in dem Gaststaat investieren und Vorteile aus seiner getätigten Investition ziehen. Er kann auch bei Beeinträchtigungen über den nationalen Rechtsweg oder andere Instrumente Schutz suchen. Ihm würde durch eine entsprechende Herausnahme lediglich der Schutz aus dem jeweiligen Investitionsschutzabkommen verwehrt, was aber bei einem Überschreiten eines offensichtlichen Maßes an Gemeinwohlschädlichkeit auch angemessen erscheint. Wenn es jedoch nicht offensichtlich ist, dass die in Frage stehende Investition allgemeinwohlschädigend ist, sollte diese Investition aber im Gegenschluss auch nicht direkt aus dem Anwendungsbereich von Investitionsabkommen herausgefiltert werden. Vielmehr kann dann in einem ersten Schritt auf Zuständigkeitsebene eine geschützte Investition angenommen werden und in einem zweiten Schritt bei der Prüfung einer möglichen Verletzung materieller Standards kann bemessen werden, wie mit einer möglichen Gefahr umgegangen wird.105 Folglich bietet die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie hier bereits einen sehr tragfähigen Ansatz zur praktischen Anwendbarkeit und Herbeiführung von Homogenität in den Schiedsgerichtsentscheidungen mit Blick auf die Konturierung des anzuwendenden Investitionsbegriffs. 105  Näheres

dazu unten bezüglich der FET-Klausel.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

2. Schutz vor Enteignungen a) Einführung in die Problematik Das internationale Enteignungsrecht bildet noch immer den Kern des internationalen Investitionsschutzrechts. Der Schutz ausländischer Investoren und ihrer Kapitalanlagen vor willkürlichen Enteignungen ist auch die Grundlage präziserer und weiter reichender Behandlungsstandards. An dieser Stelle treffen aber deutlich die grundlegenden Interessenkonflikte zwischen privaten Investoren einerseits und nationaler Regulierungssouveränität der Gaststaaten andererseits aufeinander. Auch die Gemeinwohlinteressen spielen in dieser Auseinandersetzung eine zunehmende Rolle und dürfen gerade bei Interessenparallelität zwischen Investor und Gaststaat nicht untergeordnet oder gar unberücksichtigt bleiben. Eine typische Enteignungsklausel bildet Art. 4 Abs. 2 Satz 1 des deutschen Muster-BIT106 von 2009, der bestimmt: „Kapitalanlagen von Investoren eines Vertragsstaats dürfen im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats nur zum allgemeinen Wohl und gegen Entschädigung direkt oder indirekt enteignet, verstaatlicht oder anderen Maßnahmen unterworfen werden, die in ihren Auswirkungen einer Enteignung oder Verstaatlichung gleichkommen.“

Als Enteignung werden Entziehungen des Eigentums in Form von Beschränkungen der Nutzungs- und Verfügungsgewalt bezeichnet.107 Verstaatlichungen hingegen betreffen Enteignungen mit Auswirkungen auf einen ganzen Wirtschaftssektor.108 Jede andere Form mit den Folgen einer Enteignung, die keine unmittelbare Entziehung des Eigentums darstellt, fällt unter den Begriff der indirekten Enteignung.109 Heutzutage stellen die BITs hinsichtlich der zu zahlenden Entschädigung bei entsprechenden Maßnahmen auf den Standard der sogenannten HullFormel110 ab, das heißt, Zahlung von „prompter, adäquater und effektiver Entschädigung“, die sich am Marktwert der Investition orientiert. Grund106  Abrufbar unter: www.iilcc.uni-koeln.de/fileadmin/institute/iilcc/Dokumente/mat rechtinvest/VIS_Mustervertrag.pdf. 107  Siehe Muchlinski, Multinational Enterprises and the Law, S. 501; Sornarajah, International Law on Foreign Investment, S. 364 ff. 108  „Nationalisation“, Sornarajah, International Law on Foreign Investment, S.  364, 366 f. 109  Vgl. Ceyssens/Sekler, Bilaterale Investitionsschutzabkommen, S. 32. 110  Benannt nach dem US-amerikanischen Außenminister von 1933–1944 Cordell Hull (1871–1955).



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sätzlich sind davon sowohl die direkte als auch die indirekte Enteignung erfasst. So sieht beispielsweise das deutsche Muster-BIT in Art. 4 Abs. 2 weiter vor: „Die Entschädigung muss dem Wert der enteigneten Kapitalanlage unmittelbar vor dem Zeitpunkt entsprechen, in dem die tatsächliche oder drohende Enteignung, Verstaatlichung oder andere Maßnahme öffentlich bekannt wurde. Die Entschädigung muss unverzüglich geleistet werden und ist bis zum Zeitpunkt der Zahlung mit dem üblichen bankmäßigen Zinssatz zu verzinsen; sie muss tatsächlich verwertbar und frei transferierbar sein. […]“

Auch der aktuelle US-Mustervertrag111 von 2012 gestaltet dies ähnlich: Article 6: Expropriation and Compensation 1. Neither Party may expropriate or nationalize a covered investment either directly or indirectly through measures equivalent to expropriation or nationalization („expropriation“), except: (a)  for a public purpose; (b)  in a non-discriminatory manner; (c)  on payment of prompt, adequate, and effective compensation; and (d)  in accordance with due process of law and Article 5 [Minimum Standard of Treatment](1) through (3). 2.  The compensation referred to in paragraph 1(c) shall: (a)  be paid without delay; (b)  be equivalent to the fair market value of the expropriated investment immediately before the expropriation took place („the date of expropriation“); (c)  not reflect any change in value occurring because the intended expropriation had become known earlier; and (d)  be fully realizable and freely transferable.

Die Enteignungsproblematik stellte seit dem 19. Jahrhundert im internatio­ nalen Recht der Investitionen eines der umstrittensten Themen dar. Der Streit bewegte sich meist um die Frage, wann eine Enteignung als rechtmäßig angesehen werden konnte. Heute erscheint es jedoch weitgehend anerkannt, dass dies nur gilt, wenn vier Bedingungen erfüllt sind. So muss die Enteignung erstens im öffentlichen Interesse getätigt werden, zweitens in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht und den anwendbaren Verfahren stattfinden, drittens in einer nicht-diskriminierenden Art und Weise vorgenommen werden und sie darf viertens nur gegen Entschädigung erfolgen.112 111  Abrufbar

unter: www.bilaterals.org/IMG/pdf/BIT_text_for_ACIEP_Meeting.pdf. Antoine Goetz v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB/95/3, Award vom 10. Februar 1999. 112  Vgl.

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Während die Meinungen in diesem Bereich noch weitgehend übereinstimmen, hat sich in den letzten Jahren im Investitionsschutzrecht die Debatte verschoben auf die Frage, in welchen Fällen von einer sogenannten indirekten Enteignung gesprochen werden kann. Solche werden in den Investitionsschutzabkommen regelmäßig nicht definiert, was in der Schiedsrechtsprechung zu einer vielfältigen Debatte und Kontroverse führte. Eine direkte Enteignung bezeichnet die tatsächliche Wegnahme („taking“) von Eigentumswerten beziehungsweise den weitgehenden oder völligen Kontrollverlust über das Eigentum. Indirekte Enteignungen („indirect tak­ ing“) beziehen sich hingegen auf den Verlust der substantiellen und maßgeblichen Vorteile aus dem Eigentum ohne dieses formal zu enteignen.113 Die sogenannte regulatorische Enteignung („regulatory expropriation“), bei der eine Maßnahme mit Regelungscharakter solche Auswirkungen auf den ökonomischen Wert der Investition hat, dass sie einer Enteignung gleichkommt,114 bildet wiederum einen Unterfall der indirekten Enteignung und war vielfach Gegenstand von Schiedsverfahren.115 Dabei war insbesondere häufig strittig, wann ein staatlicher regulierender Eingriff als entschädigungspflichtige Enteignung anzusehen ist.116 Während einige der Auffassung sind, dass eine regulative Maßnahme, wenn sie nicht-diskriminierenden Charakter hat und bona fide erfolgt, niemals als Enteignung zu qualifizieren sei (radikale Police Powers-Doktrin), wird von anderer Seite vertreten, dass dies an den Auswirkungen der Maßnahme auf die Investition zu bemessen sei (Sole Effect-Doktrin). Ein vermittelnder Ansatz strebt eine Abwägung zwischen den Interessen des Investors und denen des Staates auf Regulierung an (Gemäßigte Police PowersDoktrin).117

113  Glamis Gold, Ltd. v. The United States of America, UNCITRAL, Award vom 8. Juni 2009, Rn. 356; ebd. Rn. 358: „To determine whether Claimant’s investment in the Imperial Project has been so radically deprived of its economic value to Claimant as to potentially constitute an expropriation and violation of Article 1110 of the NAFTA, the Tribunal must assess the impact of the complained of measures on the value of the Project.“. 114  Siehe dazu UNCTAD, Taking of Property, S. 12. 115  Subedi, International Investment Law, S. 76 f. 116  Zu den verschieden Ansätzen siehe Griebel, Internationales Investitionsrecht, S.  77 f. 117  Dolzer/Stevens, Bilateral Investment Treaties, S. 98. Die Police Powers-Dok­ trin findet insbesondere Anwendung bei der Überprüfung, ob eine direkte Enteignung vorliegt, vgl. Burlington Resources Inc. v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/08/5, Decision on Liability vom 14. Dezember 2012, Rn. 506.



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b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschiedsgerichte Da Staaten einen angemessen großen regulatorischen Spielraum benötigen, um die gesetzten Ziele in einer Vielzahl von Politikbereichen zu erreichen, geraten sie durchaus oft in Konflikt mit den Eigentumswerten Privater. Die Grenzziehung zwischen noch „legitimer“ Ausübung staatlicher regulativer Hoheitsgewalt und regulativer Enteignung stellt sich somit zwangsläufig als schwierig dar und bedarf nicht zuletzt deshalb schiedsrichterlicher Konturierung, weil letztere zur Kompensationspflicht führt.118 Die Komplexität der damit verbundenen Fragen hat zu einer Vielzahl von durchaus divergierenden Entscheidungen geführt, die eine klare Methodologie kaum erkennen lassen. Dennoch lassen sich einige Elemente herausfiltern, auf welche die Schiedsgerichte bezüglich der Beantwortung der Frage abstellen, ob eine Schadensersatzpflicht für die Staaten besteht oder nicht. Ansatzpunkt ist zunächst, dass nicht jede staatliche Regulierung zu einer Schadensersatzpflicht für negativ davon betroffene Unternehmen führen darf.119 Vielmehr müssen zusätzliche Kriterien hinzutreten. Eine Schadensersatzpflicht wurde von Schiedsgerichten insbesondere angenommen, wenn eine andauernde und wesentliche negative Beeinflussung der Eigentumswerte gegeben war,120 oder wenn es vernünftige Erwartungen durch die Tätigung der Investition gab, die dann wesentlich vereitelt wurden.121 Auf die meist schwierigen und uneinheitlichen Berechnungen, ob sich Eigentumsrechte von Investoren verringert haben, soll an dieser Stelle nicht 118  UNCTAD,

Dispute Settlement, S. 111. Feldman v. Mexico, ICSID Case No. ARB(AF)/99/1, Award on the Merits vom 16. Dezember 2002, Rn. 103: „[…] governments must be free to act in the broader public interest through the protection of the environment, new or modified tax regimes, the granting or withdrawal of government subsidies, reductions or increases in tariff levels, imposition of zoning restrictions and the like. Reasonable government regulation of this type cannot be achieved if any business that is adversely affected may seek compensation, and it is safe to say that customary interna­ tional law recognizes this.“. 120  Vgl. Pope&Talbot v. Canada, UNCITRAL, Interim Award on the Merits vom 26. Juni 2000, Rn. 102; Saipem v. Bangladesh: „ ‚substantive‘ and ‚irreversible‘ deprivation of the benefit of a protected investment“, Saipem S. p. A. v. Bangladesh, ICSID Case No. ARB/05/07, Award vom 30. Juni 2009, Rn. 127–129; vgl. auch Bayindir Insaat Turizm Ticaret Ve Sanayi v. Pakistan, ICSID Case No. ARB/03/29, Award vom 27. August 2009, Rn. 443 . 121  Vgl. Grand River Enterprises v. USA, Award vom 12. Januar 2011, insbesondere Rn. 142. 119  Marvin

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eingegangen werden.122 Zwar nehmen immer mehr Gerichte an, dass ein wesentlicher Entzug der Eigentumsposition („substantial deprivation test“) erforderlich sei,123 dennoch bleiben gerade die Kriterien „wesentlich“ und „Eigentum“ nicht selten selbst im Unklaren.124 Zudem wird auch diskutiert, ob nicht weniger der Wertverlust der Investition, sondern vielmehr in Ermangelung einer physischen Wegnahme bei indirekten Enteignungen der Kontrollverlust des Investors entscheidendes Kriterium sein sollte.125 Festgestellt werden kann aber durchaus eine graduelle Entwicklung hinsichtlich des Umgangs der Schiedsgerichte mit regulatorischen Enteignungen. Die Gerichte gaben sich Mühe, Kriterien zu finden, die die Differenzierung zwischen zulässigen staatlichen Maßnahmen und schadensersatzpflichtigen Handlungen konkretisieren. Im Fall Metalclad gegen Mexiko wandte sich der klagende Investor gegen die Ausweisung eines Geländes als Naturschutzgebiet, welches der Investor als Giftmülldeponie nutzen wollte. Während in diesem Fall festgestellt wurde, dass trotz legitimer verfolgter Ziele wie Umweltschutz die staatliche Maßnahme eine Enteignung darstelle,126 weil die Folgen für den Investor entscheidend sein müssten, änderte sich die Betrachtung bei anderen Schiedsgerichten. Im Fall Burlington gegen Ecuador wurde Ende 2012 vom zuständigen Tribunal unter anderem festgestellt, dass die vom Investor bemängelte Steuer des Gaststaates auf unerwartete Gewinne sich schon per definitionem nicht auf die gesamte Investition auswirke und daher keine Enteignung der Investition darstelle, obwohl die Folgen für den Investor zumindest bezüglich eines Teils der Investition als vergleichbar gelten konnten.127 122  Vgl dazu Methanex v. USA, UNCITRAL, Final Award vom 3. August 2005, Rn. 16–18. 123  Spyridon Roussalis v. Romania, Award vom 7. Dezember 2011, Rn. 328: „In order to determine whether an indirect expropriation has taken place, the determination of the effect of the measure is the key question. Acts that create impediments to business do not by themselves constitute expropriation. In order to qualify as indirect expropriation, the measure must constitute a deprivation of the economic use and enjoyment, as if the rights related thereto, such as the income or benefits, had ceased to exist.“. 124  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 60. 125  So El Paso Energy International Company v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/15, Award vom 31. Oktober 2011, Rn. 245, 249. 126  Metalclad Corporation v. The United Mexican States, ICSID Case No. ARB(AF)/97/1, Award vom 30. August 2000, Rn. 111. 127  Burlington Resources Inc. v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/08/5, Decision on Liability vom 14. Dezember 2012, Rn. 404.



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Besonders in den letzten Jahren wurden aber feine Differenzierungen in den Schiedgerichtsentscheidungen herausgearbeitet. So suchte das Tribunal im Fall Continental Casualty gegen Argentinien durch Kategorienbildung eine Trennlinie zu ziehen zwischen „certain types of measures or state conduct that are considered a form of expropriation because of their material impact on property“ und „limitations to the use of property in the public interest that fall within typical government regulations of property entailing mostly inevitable limitations imposed in order to ensure the rights of others or of the general public“, wobei erstere eine Schadensersatzpflicht begründen würden, letztere jedoch nicht.128 Ähnlich ging das Schiedsgericht im Fall S.D. Myers gegen Kanada vor, das die Trennung zwischen Enteignung und Regulierung als zielführend ansah, um den Großteil der möglichen Beschwerden bezüglich „legitimer staatlicher Eingriffe“ abweisen zu können, um damit Regulierungen im Dienste öffentlicher Angelegenheiten zu ermöglichen.129 Das in Frage stehende Verbot des Exports von Giftmüll sah es somit auch nicht als Enteignung an. Nach diesem Ansatz stellten nicht-diskriminierende staatliche Akte, die mit dem Ziel der ökologischen oder sozialen Regulierung erfolgen, keine entschädigungspflichtige Enteignung dar. Dies lässt aber die teils schwerwiegenden Folgen für individuelle Investoren außer Acht und greift wohl zu kurz. Es ist daher fraglich, ob der „typical government regulations“-Ansatz zielführend ist, da darunter eine Vielzahl von staatlichen Handlungen fallen kann. Vorzugswürdiger erscheint, auf eine geeignete Proportionalitätswürdigung betreffender staatlicher Handlungen abzustellen, die auf einem gemeinwohlorientierten Ansatz basiert und auf die im Folgenden näher eingegangen wird. c) Lösungsvorschlag: Integration eines Proportionalitätsmoments Beachtenswert ist die Entscheidung im Fall LG&E gegen Argentinien, in der bezüglich der Frage einer indirekten Enteignung das Tribunal wie im Fall Tecmed gegen Mexiko konstatierte, dass eine Abwägung vergleichbar einer Verhältnismäßigkeitsprüfung stattzufinden habe, die auch das Recht des Gaststaates anerkennt, im öffentlichen Interesse Inhalts- und Schranken128  Continental Casualty Company v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/ 03/9, Award vom 5. September 2008, Rn. 276. 129  S.D. Myers, Inc. v. Government of Canada, UNCITRAL, Award on Damages vom 21. Oktober 2002, Rn. 232.

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bestimmungen des Eigentumsrechts des ausländischen Investors vorzunehmen und wo insofern schon Ansätze einer Proportionalität zu erkennen sind.130 Zunehmend hat sich somit in den Entscheidungen der Schiedsgerichte eine weitere Kategorie herauskristallisiert, die eine regulatorische Enteignung nur dann begründet, wenn keine Verhältnismäßigkeit zwischen den Zielen der Regulierung im öffentlichen Interesse und den Auswirkungen auf die Eigentumsrechte des Investors bestand.131 In der Tat kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets hilfreich sein, um private und öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.132 Wenn ein Investor eine individuelle Last zu tragen hat, die im Vergleich zu dem mit der regulativen Maßnahme des Gaststaates zu erreichenden Ziel als zu schwer gilt, dann liege es nach diesem Ansatz nahe, darin eine schadensersatzpflichtbegründende Maßnahme zu erkennen.133 Auch nach der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie sollte ein Proportionalitätskriterium bei indirekten Enteignungen in den Mittelpunkt gestellt werden, welches an negativ betroffene Individualrechte einer Vielzahl von Individuen anknüpft. So wurde es auch im Fall Tecmed vorgesehen und sollte nunmehr zum Standard werden.134 Im Verfahren Tecmed gegen Mexiko stellte das zuständige Tribunal zunächst einen faktisch völligen Entzug der Eigentumsposition des Investors fest, prüfte dann jedoch zusätzlich, ob die betreffenden Maßnahmen des Gaststaates dennoch verhältnismäßig waren, weil nur bei Fehlen von Ver130  LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp., LG&E International Inc. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/02/1, Decision on Liability vom 3. Oktober 2006, Rn. 194, unter Bezugnahme auf Tecmed v. Mexico, ICSID Case No. ARB (AF)/00/2, Award vom 29. Mai 2003, Rn. 115; Schill, Staatsnotstand, S. 181; vertieft zum Ansatz in Tecmed v. Mexico siehe ders., Völkerrechtlicher Investitions- und Eigentumsschutz, S. 330. 131  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 57. 132  Fortier/Drymer, Indirect Expropriation in the Law of International Investment, S. 326; aus rechtsvergleichender Perspektive Perkams, Indirect Expropriation, S.  109 ff. 133  Vgl. Coe/Rubins, Regulatory Expropriation, S. 625. 134  Zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Fall Tecmed siehe Han, The Application of the Principle of Proportionality, S. 641 ff.; grundlegend zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Investitionsschutzrecht Sweet, Investor-State Arbitration: Proportionality’s New Frontier, S. 1 ff.; Kingsbury/Schill, Public Law Concepts to Balance Investor’s Rights with State Regulatory Actions in the Public Interest – The Concept of Proportionality, S. 75 ff.



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hältnismäßigkeit ein Enteignungscharakter derselben angenommen werden könne: „After establishing that regulatory actions and measures will not be initially excluded from the definition of expropriatory acts, in addition to the negative financial impact of such actions or measures, the Arbitral Tribunal will consider, in order to determine if they are to be characterized as expropriatory, whether such actions or measures are proportional to the public interest presumably protected thereby and to the protection legally granted to investments, taking into account that the significance of such impact has a key role upon deciding the pro­ por­ tionality.“135

Für die Interpretation von Enteignungsklauseln nach der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie durch Investitionsschiedsgerichte ist insbesondere das letzte Kriterium von maßgeblicher Bedeutung, da es bereits ohne systematische und analytische Methodologie die Grundlagen dieser Theorie praktisch umsetzt. Der Proportionalitäts-Test wurde ebenfalls von anderen Tribunalen herangezogen, wenn auch nicht in angemessen ausführlicher Art und Weise.136 So stellte das Tribunal im Verfahren Total gegen Argentinien fest, dass die Auflösung der Dollar-Bindung des argentinischen Pesos, welche zu einer massiven Abwertung desselben führte („pesification“), eine allgemeine Maßnahme des argentinischen Staates war, die im guten Glauben geschah und vor dem Hintergrund des ökonomischen und monetären Notstands in Argentinien vernünftig und „proportionate to the aim of facing such an emergency“ war.137 Diese Proportionalität muss aber nach der oben hergeleiteten Prinzipientheorie zwingend an Individualrechte anknüpfen, sodass nicht jegliche staatliche Zielvorgabe in die Abwägung integriert werden kann. Dies würde auch die Einzelfallprüfung schärfen und damit den Spielraum der Tribunale hinsichtlich des Ermessens bezüglich der Verhältnismäßigkeit einschränken. Damit wird zu mehr Vorhersehbarkeit sowohl für die Gaststaaten als auch für die Investoren beigetragen, die sich darauf einstellen können, welche staat­ lichen Maßnahmen eine gestufte geringere Schadensersatzpflicht auslösen können. Dadurch können Investoren aber andererseits auch wissen, dass, wenn sie durch ihre Investition keine international anerkannten Individual135  Tecmed v. Mexico, ICSID Case No. ARB(AF)/00/2, Award vom 29. Mai 2003, Rn. 121. 136  Zu einer Proportionalitätsanalyse auf rechtsvergleichender Grundlage Kingsbury/Schill, Public Law Concepts, S. 79 ff. 137  Total S. A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/04/01, Decision on Liability vom 27. Dezember 2010, Rn. 19; vgl. auch El Paso Energy International Company v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/15, Award vom 31. Oktober 2011, Rn. 241.

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rechte beeinträchtigen, ihre Investition vollen Schutz genießt und Eingriffe darin eine volle Kompensationspflicht für Gaststaaten auslösen wird. Dass die Integration solcher Individualrechte auch bereits von Schiedsgerichten aufgegriffen werden konnte, zeigt beispielsweise der Fall AWG gegen Argentinien, in dem das Schiedsgericht feststellte, dass „[i]n the circumstances of these cases, Argentina’s human rights obligations and its investment treaty obligations are not inconsistent, contradictory, or mutually exclusive.“138 Folglich konnte und musste Argentinien nach Ansicht des Schiedsgerichts beide Arten von Verpflichtungen beachten. Um also den Anforderungen eines Rechtsprinzips der Legitimität gerecht zu werden, müssen zwei bereits in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit angelegte Entwicklungslinien zusammengeführt werden – einerseits Proportionalität und andererseits die Beachtung von Individualrechten. Eine weitere Möglichkeit wäre es, diese Proportionalität nicht bei der Eingriffsschwelle der Enteignung, sondern bei der Höhe des Schadensersatzes einfließen zu lassen. So könnte eine prozentuale Aufteilung zwischen Gaststaat und Investor sinnvoll sein, die weg führt von der bis heute vorgesehenen Alles-oder-Nichts-Lösung. Denn noch immer gilt, dass „under general international law as well as under the BIT, investors have a right to indemnities corresponding to the value of their investment, independently of the origin and past success of their investment, as well as of the number and aim of the expropriations done“139 und dass somit bei Feststellung einer Vertragsverletzung durch den Gaststaat stets voller Schadensersatz zu leisten ist. Hier könnten aber bei der Berechnung der Höhe des Schadensersatzes die negativen Auswirkungen der Investition selbst, aber auch Fehlverhalten der Investoren berücksichtigt werden und das Proportionalitätsmoment würde auf eine andere und gegebenenfalls noch flexiblere Ebene verlagert werden. Bisher gilt auch im deutschen Muster-BIT, dass die Entschädigung dem Wert der enteigneten Kapitalanlage zeitlich unmittelbar vor der Enteignungsmaßnahme entsprechen muss. Eine Anbindung an ein besonderes öffentliches Interesse beziehungsweise Allgemeinwohl im Rahmen der Entschädigungszahlung ist dabei ebenso wenig vorgesehen, wie ein Abstufungsmoment. Die diesbezüglich klaren Formulierungen in den BITs binden Schiedsgerichte sehr starr an eine solche Alles-oder-Nichts-Lösung. Dies 138  AWG Group Ltd. v. The Argentine Republic, UNCITRAL, Decision on Liability vom 30. Juli 2010, Rn. 262. 139  Bernardus Henricus Funnekotter and others v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/05/6, Award vom 22. April 2009, Rn. 124.



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sollte jedoch einer Überarbeitung und Anpassung an die dargestellte Legitimitätstheorie unterliegen. So könnte man die Formulierung einer „angemessenen Entschädigung“ unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aufnehmen. Ansätze dafür sind in der Schiedsrechtsprechung bereits zu erkennen. So zog 2012 das Tribunal im Fall Occidental gegen Ecuador wegen eines „material and significant wrongful act“ des Investors 25 % vom kompletten belegbaren Verlust der Investition ab. Dieser unrechtmäßige Akt habe in der nicht völlig offengelegten Zessionsvereinbarung des Investors an einen Dritten bestanden. Das Tribunal stellte zur Begründung dieses Abzugs darauf ab, dass „the resulting apportionment of responsibility as between the claimants and the respondent, to wit 25 % and 75 %, is fair and reasonable in the circumstances of the present case“.140 Auch wenn dabei auf Mitverschulden (contributory negligence) abgestellt wurde, erscheint es hier bereits angelegt, dass „circumstances of the present case“ geeignet ist, weiterführende Aspekte und Gesamtumstände einzubeziehen und gerade auch die subjektiven Rechte betroffener Dritter und somit die legitimitätstheoretischen Proportionalitätsmomente effektiv zu integrieren. Sehr oft kann es auch sein, dass es Investoren primär um eine „Satisfaction“ geht, wie sie auch in den ILC-Articles on State Responsibility vorgesehen ist. Das heißt, die Bestätigung einer neutralen Instanz, dass sie Recht haben. Insofern könnten durch eine Flexibilität in der Schadensersatzhöhe möglicherweise entscheidende Vorteile erzielt werden. Sehr fortschrittlich sind daher die aktuellen Modell-BITs von Kanada und den USA.141 So sieht Annex B.13 (1) des kanadischen Modell-BITs142 von 2004 bezüglich Enteignungen vor: „[…] c) Except in rare circumstances, such as when a measure or series of measures are so severe in the light of their purpose that they cannot be reasonably viewed as having been adopted and applied in good faith, non-discriminatory measures of a Party that are designed and applied to protect legitimate public welfare objectives, such as health, safety and the environment, do not constitute indirect expropriation.“ 140  Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company v. The Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/06/11, Award vom 5. Oktober 2012, Rn. 687. 141  Zur Neugestaltung von IIAs („treaty design“) siehe auch Meg Kinnears Ausführungen in Caron, ICSID in the Twenty-First Century, S. 425. 142  Abrufbar unter: http://italaw.com/documents/Canadian2004-FIPA-model-en. pdf.

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Und wiederum in Annex B bezüglich Enteignungen im Modell-BIT der USA von 2012 unter Punkt 4. (b): „Except in rare circumstances, non-discriminatory regulatory actions by a Party that are designed and applied to protect legitimate public welfare objectives, such as public health, safety, and the environment, do not constitute indirect expropriations.“

Eine solch radikale komplette Ablehnung des Vorliegens einer Enteignung würde die oben entwickelte Legitimitätstheorie nicht fordern, sondern ein Einfließen der genannten Gesichtspunkte – insbesondere Gesundheitsschutz und Sicherheit, da sie auf subjektive Rechte einzelner zurückzuführen sind – in eine umfassende Gesamtabwägung. So könnte beispielsweise in Betracht gezogen werden, keine volle wert­ entsprechende Entschädigung für Verluste bei der Investition in bestimmte Atomkraftwerke zuzusprechen, wenn nachweisbar ist, dass durch solche oder alle Atomkraftwerke mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Vielzahl von Menschenleben gefährdet würde. Dies könnte auch dann gelten, wenn neuere wissenschaftliche Erkenntnisse erst dazu geführt haben, eine solche Gefahrenprognose zu stellen. Die Einschränkung der Investorenrechte darf sich daher niemals allein aus politischen Erwägungen oder geänderten Ansichten in der Bevölkerung und regulativen Interessen des Gaststaates herleiten, sondern nur daraus, dass eine hinreichend große Zahl von Menschen durch die Investition in individuellen Rechten, wie dem Recht auf Gesundheit und körperlicher Unversehrtheit, betroffen wird. Sie darf aber auch dann nur dynamisch in angemessener Art und Weise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erfolgen. 3. FET-Klausel Die wesentlichen und grundlegenden Rechtsfragen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit werden seit einigen Jahren aber oftmals nicht mehr unter den Enteignungsklauseln bearbeitet, sondern unter anderen Vorschriften. 2008 wurden beispielsweise von den sieben Entscheidungen, bei denen die Klagen auf Enteignungsklauseln gestützt waren, nur zwei zugunsten des Investors entschieden, wobei wiederum in lediglich einer dieser Klagen dem Investor tatsächlich ein Schadensersatz zugesprochen worden war.143 Weil nur wenige Klagen, die auf Enteignungsklauseln gestützt sind, erfolgreich 143  UNCTAD, Latest Developments in Investor-State Dispute Settlement 2009, S. 8 f., Schadensersatz wurde nur im Fall Rumeli Telekom v. Kazakhstan zugesprochen.



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sind, aber dann oftmals auf andere Vorschriften abgestellt wird, insbesondere die Klausel hinsichtlich der gerechten und billigen Behandlung von Investitionen (Fair and Equitable Treatment, FET), müssen die aufgestellten Legitimitätsanforderungen gerade auch in diese Klausel einfließen. Insbesondere die FET-Klausel nimmt also einen besonderen Stellenwert ein und fungiert bisweilen wie ein Auffangtatbestand. So haben zum Beispiel im Jahr 2007 drei der fünf Tribunale, welche die Verletzung von Enteignungsklauseln in den jeweiligen Schiedsverfahren abgelehnt haben, festgestellt, dass andere Vorschriften wie die FET-Klausel des jeweiligen Investitionsschutzabkommens verletzt wurden.144 Und im Jahr 2013 wurden von den sieben bekannten Entscheidungen, die eine IIA-Verletzung durch den jeweils beklagten Gaststaat feststellten, zwei auf die jeweilige Enteignungsklausel gestützt und fünf Entscheidungen auf die FET-Klausel.145 Die Wichtigkeit dieser Klausel auch im Übrigen ergibt sich zudem daraus, dass die FET-Klausel heute die am meisten genutzte sowie die am häufigsten erfolgreiche Grundlage für einen Anspruch aus einem Investi­ tionsschutzabkommen darstellt. So hatten sich zum Beispiel im Jahr 2008 alle bekannten Verfahren vor Schiedsgerichten, die in die materiell-rechtliche Beurteilung vordrangen, mit einer möglichen Verletzung der FET-Klausel zu beschäftigen.146 a) Einführung in die Problematik Eine typische FET-Klausel findet sich im deutschen Muster-BIT von 2008 in Art. 2 Abs. 2: „Jeder Vertragsstaat behandelt in seinem Hoheitsgebiet Kapitalanlagen von Investoren des anderen Vertragsstaats in jedem Fall gerecht und billig und gewährt ihnen den vollen Schutz dieses Vertrags“.

Die Begriffe „gerecht“ und „billig“ machen kaum deutlich, welche spezifischen Pflichten für den Gaststaat sich daraus ableiten lassen. Die Klausel 144  Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic; Sempra Energy v. Argentine Republic; PSEG Global et al. v. Republic of Turkey. 145  UNCTAD, Recent Developments in Investor-State Dispute Settlement (ISDS) 2014, S. 10. 146  UNCTAD, Latest Developments in Investor-State Dispute Settlement 2009, S. 8; erfolgreich waren sieben der dreizehn Verfahren: National Grid v. Argentina, Continental Casualty v. Argentina, Duke Energy v. Ecuador, Rumeli Telekom v. Ka­ zakhstan, Biwater Gauff v. Tanzania, Pey Casado v. Chile, und Desert Line Projects v. Yemen, abgewiesen wurden letztlich sechs: LESI v. Algeria, Jan de Nul v. Egypt, Plama Consortium v. Bulgaria, Helnan International Hotels v. Egypt, Metalpar v. Argentina und AMTO v. Ukraine.

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ist also offensichtlich unbestimmt, inhaltlich weit und bietet die Möglichkeit einer Vielzahl von potentiellen Anwendungsfällen. Gerade diese Vielgestaltigkeit war es wohl auch, welche die FET-Klausel bis heute zu einer der wichtigsten im gesamten Investitionsschutzrecht gemacht hat. Aus der bisherigen Rechtsprechung der Schiedsgerichte sind inzwischen regelmäßig vier wesentliche Schutzrichtungen der Behandlung der ausländischen Investition aus FET ableitbar: 1. faires Verfahren und Transparenz in der Behandlung, 2. keine willkürlichen oder diskriminierenden Maßnahmen gegenüber dem Investor, 3. keine Ausübung von Zwang gegenüber dem Investor, sowie 4. keine Frustration legitimer Erwartungen des Investors hinsichtlich der Stabilität der Rechtsordnung des Gaststaates.147 Gerade die letzte Komponente scheint geeignet, den Gaststaat in seinen Regulierungsinteressen sehr zu beeinträchtigen, bezieht sie sich doch darauf, dass der Investor auf den Bestand eines gewissen Zustands der gaststaatlichen Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Tätigens der Investition vertrauen darf. Dies erscheint gerade hinsichtlich Änderungen der Innen-, Umwelt- und Energiepolitik des Gaststaates problematisch, wie am Beispiel des deutschen Atomausstiegs und den daraufhin eingeleiteten Verfahren des Energiekonzerns Vattenfall deutlich wurde. Hinsichtlich der Stabilisierungsklauseln in individuellen Investitionsverträgen zwischen einem ausländischen Investor und seinem Gaststaat (State Contracts) ist ein solches Vorgehen weitgehend anerkannt. Hier ist der Gaststaat ebenfalls noch frei, seine Politik zu ändern, macht sich aber dann gegenüber dem ausländischen Investor schadensersatzpflichtig, wenn er seine Rechtsordnung oder sein Verhalten gegenüber einem Investor so ändert, dass dies dessen Kapitalanlage beeinträchtigt und gegen den Investi­ tionsvertrag mit dem Investor verstößt. Dies erscheint auch gerecht, da sich der Staat bewusst und individuell gegenüber einem bestimmten Investor verpflichtet. Die Folgen einer solchen Verpflichtung sind für den Gaststaat dann abgegrenzt und berechenbar. Ebenfalls wurde es von Schiedsgerichten und Literatur weitgehend akzeptiert, dass die Verletzung einer spezifisch abgegebenen Verpflichtung gegenüber dem Investor, zum Beispiel in Form von Tarifgarantien, als weitgehen147  Bayindir Insaat Turizm Ticaret Ve Sanayi A.S.  v. Pakistan, ICSID Case No. ARB/03/29, Award vom 27. August 2009, Rn. 178 m. w. N.; Tietje, Spannungsverhältnis, S. 12.



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de Änderung des rechtlichen Rahmenfeldes angesehen wird, die mithin eine Verletzung der FET-Klausel darstellt.148 Der Unterschied zwischen einem State Contract, den der Gaststaat mit einem bestimmten Investor eingeht, und einem BIT oder einem sonstigen IIA besteht aber in der fehlenden Überschaubarkeit bei letzteren. Sind dem Gaststaat im ersten Fall alle potentiellen Gläubiger durch den Abschluss der jeweiligen Investitionsverträge numerus-clausus-artig bekannt, würde er sich bei der Interpretation des FET-Standards als Stabilisierungsklausel aber einer unüberschaubaren Vielzahl an potentiellen Schadensersatzgläubigern gegenüber sehen, wenn er seine Rechtsordnung oder sein Verhalten ändert. Dass dies nicht immer der Fall sein darf, ist naheliegend. Hingegen kann gerade der FET-Standard Gelegenheit dazu bieten, in einem konkreten Verfahren die konkurrierenden Interessen von Gaststaat und Investor unter Berücksichtigung eines Legitimitätsprinzips sinnvoll zu einem Ausgleich zu bringen. Bezüglich des Kriteriums „keine Frustration legitimer Erwartungen des Investors hinsichtlich der Stabilität der Rechtsordnung des Gaststaates“ sollte zunächst eine distinkte Definition des Wortes „legitim“ verwendet werden, die hier vorerst nur investorbezogen zu sein braucht und vorab nicht mehr bedeutet als vertrauenswürdig. Es muss sich also um Erwartungen handeln, auf die der Investor zu Recht Vertrauen durfte.149 Es kann wohl zumindest angenommen werden, dass der FET-Standard Good Governance, die ihrerseits bereits seit Jahren in der Diskussion steht, und mithin rechtsstaatliche Strukturen in den Gaststaaten verlangt. Insofern kann dieser Standard und somit das gesamte Investitionsschutzrecht zur Ausbreitung und Etablierung von rechtsstaatlichen Strukturen in den meisten Staaten der Erde beitragen.150 Die Herstellung moderner und funktionierender administrativer Strukturen, die auch ein Grundmaß an Transparenz in der Behandlung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Investitionen beinhalten, sind aber nicht nur für ein gesundes wirtschaftliches Klima notwendig, sondern liegen auch im Interesse der Bevölkerung in den Gaststaaten.151 148  Schill,

Staatsnotstand, S. 180. Spannungsverhältnis, S. 13. 150  Schill, betrachtet FET entsprechend als eine Verkörperung der „Rule of Law“ und gibt Denkanstöße, daraus wiederum auf rechtsvergleichender Grundlage Standards für die FET-Klausel selbst zu entwickeln, siehe Schill, Fair and Equitable Treatment, S.  155 ff. 151  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, 2007, S. 79. 149  Tietje,

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Darüber hinausgehende und universell geltende Kriterien zu finden, erweist sich aber mehr als schwierig. Ganz offensichtlich ist dieser Standard von einer ungeheuren inhaltlichen Weite geprägt, die es andererseits aber auch ermöglicht, dass in jedem konkreten Fall ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Gaststaates und denen des Investors gefunden werden kann. Dass aufgrund dieses Befundes hinsichtlich der Vorhersagbarkeit von Entscheidungen nicht unerhebliche Probleme aufgetreten sind und noch immer auftreten, erscheint jedoch nachvollziehbar. b) Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschiedsgerichte Der Grundsatz der gerechten und billigen Behandlung entstammt dem Völkergewohnheitsrecht über den Schutz des Eigentums von Ausländern. Er wird in modernen Investitionsschutzabkommen oftmals mit anderen Standards wie dem präziser definierten Standard der „Full Protection and Security“ und der „Non-discrimination“-Klausel kombiniert, kann aber auch selbstständig vorgesehen sein.152 Mangels einer genauen inhaltlichen Konturierung führte der FET-Standard zu grundlegenden Fragestellungen im Investitionsschutzrecht, beziehungsweise bildete den Ort, an dem versucht wurde, solche grundlegenden Fragen zu klären. Zwei wesentliche Argumentationsrichtungen der Investitionsschiedsgerichte haben sich dabei herauskristallisiert.153 Nach einer Ansicht stellt der FET-Standard lediglich auf den völkergewohnheitsrechtlichen Mindeststandard (international minimum standard) ab, nach einer anderen Ansicht hingegen bezeichnet er einen eigenständigen Grundsatz.154 Er findet sich heute in den meisten Investitionsschutzabkommen. Im NAFTA-Abkommen ist die FET-Klausel in Art. 1105 niedergelegt und lautet dort wie folgt: Article 1105: Minimum Standard of Treatment 1.  Each Party shall accord to investments of investors of another Party treatment in accordance with international law, including fair and equitable treatment and full protection and security. 152  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, 2007, S. 40 f. 153  Dazu ausführlich UNCTAD, Fair and Equitable Treatment, S. 37–41; UNCTAD, Bilateral Investment Treaties 1995–2006: Trends in Investment Rulemaking, S. 28 ff. 154  Zur Entwicklung des Standards eingehend Paparinskis, The international Mini­mum Standard and Fair and Equitable Treatment, S. 13 ff.



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen199 2. Without prejudice to paragraph 1 and notwithstanding Article 1108(7)(b), each Party shall accord to investors of another Party, and to investments of investors of another Party, non-discriminatory treatment with respect to measures it adopts or maintains relating to losses suffered by investments in its territory owing to armed conflict or civil strife. 3. Paragraph 2 does not apply to existing measures relating to subsidies or grants that would be inconsistent with Article 1102 but for Article 1108(7)(b).

Im Jahre 2001 nahm die NAFTA Free Trade Commission, die sich aus den Handelsministern von Kanada, den USA und Mexiko zusammensetzt, zur FET-Klausel, wie sie sich in Art. 1105 NAFTA findet, Stellung. Zunächst wurde von der Kommission festgestellt, dass der FET-Standard den völkergewohnheitsrechtlichen Mindeststandard zur Behandlung ausländischer Investitionen widerspiegele. Weiterhin gingen sowohl der FETStandard als auch der Standard der „Full Protection and Security“ nicht über jenen völkergewohnheitsrechtlichen Mindeststandard hinaus oder darunter. Zudem stellte die Kommission klar, dass eine Verletzung eines sonstigen Artikels des NAFTA-Übereinkommens oder eines sonstigen Abkommens per se noch keine Verletzung des FET-Standards darstelle.155 Nach der Richtlinie der NAFTA-Free Trade Commission vom 31. Juli 2001 stellten die NAFTA-Schiedsgerichte regelmäßig fest, dass sie keinen freien Spielraum hinsichtlich der Beurteilung des FET-Standards hätten, sondern ihn vielmehr an den einschlägigen Quellen des Völkerrechts zu messen hätten.156 Dabei haben die Schiedsgerichte seitdem aber verstärkt deutlich gemacht, dass sich der Minimalstandard seit dem Neer-Fall von 1926, in dem der völkerrechtliche Mindeststandard maßgeblich konturiert wurde,157 entscheidend weiterentwickelt habe und dass ein Bruch des modernen FET-Standards kein Handeln der staatlichen Stellen im Gaststaat in böser Absicht voraussetze.158 155  NAFTA Free Trade Commission, Note of Interpretation vom 31. Juli 2001, Absatz B. Minimum Standard of Treatment in Accordance with International Law, Nr. 1–3. 156  Vgl. Mondev International Ltd. v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)/99/2, Award vom 11. Oktober 2002, Rn. 119; ADF Group v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)/00/1, Final Award vom 9. Januar 2003, Rn.  184 f. 157  L. F. H. Neer and Pauline Neer (U.S.A.) v. United Mexican States. Entscheidung der Commission vom 15. Oktober 1926. Reports of International Arbitral Awards, IV, S. 60–66. 158  Vgl. Mondev International Inc v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/99/2, Award vom 11. Oktober 2002, dort Rn. 116, 123 und 125; ähnlich ADF Group v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/00/1, Final Award vom 9. Januar 2003, Rn. 179 sowie Loewen Group, Inc. and Raymond Loewen v. United States, ICSID Case No. ARB(AF)/98/3, Award on the Merits vom 26. Juni 2003, Rn. 132.

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Nähere Konkretisierung erfuhr der Standard dann im Fall Waste Management Inc. gegen Mexiko, in dem das Schiedsgericht ausführte: „[…] that the minimum standard of treatment of fair and equitable treatment is infringed by conduct attributable to the State and harmful to the claimant if the conduct is arbitrary, grossly unfair, unjust or idiosyncratic, is discriminatory and exposes the claimant to sectional or racial prejudice, or involves a lack of due process leading to an outcome which offends judicial propriety – as might be the case with a manifest failure of natural justice in judicial proceedings or a complete lack of transparency and candour in an administrative process. In applying this standard it is relevant that the treatment is in breach of representations made by the host State which were reasonably relied on by the claimant. […] Evidently the standard is to some extent a flexible one which must be adapted to the circumstances of each case.“159

Das heißt, nach dem FET-Standard sollten schwere Verletzungen der Rechtsposition des Klägers vermieden werden. Dabei machte das Schiedsgericht aber gerade auch deutlich, dass der Standard recht flexibel sei und die Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigt werden müssten. Die FET-Klauseln in vielen anderen Investitionsschutzabkommen unterscheiden sich jedoch teils sehr von den Vorgaben im NAFTA. Während oftmals ebenfalls eine Verbindung zu den Gewährungen in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Völkerrechts vorgesehen ist,160 gibt es auch „blanko“-FET-Standards ohne jeglichen Verweis auf das Völkerrecht oder andere Maßstäbe zur inhaltlichen Konturierung.161 Vergleiche können dabei in vielen Fällen auch zu Enteignungsvorschriften gezogen werden. So ging das Schiedsgericht im Fall El Paso gegen Argentinien davon aus, dass jede individuelle Maßnahme des argentinischen Staates seit 2001 für sich genommen jeweils noch keine Verletzung der FET-Klausel darstellte, dass aber der kumulative Effekt dies bewirkte. Ganz bewusst zog das Tribunal dabei Vergleiche zur schleichenden Enteig159  Waste Management, Inc. v. United Mexican States („Number 2“), ICSID Case No. ARB(AF)/00/3, Final Award vom 30. April 2004, Rn. 98 f. 160  Vgl. BIT Argentinien-USA von 1992: Article II […] 2. a) Investment shall at all times be accorded fair and equitable treatment, shall enjoy full protection and security and shall in no case be accorded treatment less than that required by international law.“ 161  Vgl. BIT Indonesien-Algerien von 2000: Article III […] 2. Investments of investors of either Contracting Party shall at all times be accorded fair and equitable treatment and shall enjoy adequate protection and security in the territory of the other Contracting Party.



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nung („creeping expropriation“ bzw. „creeping violation of the FET stan­ dard“162). In der Regel haben Tribunale klargestellt, dass die FET-Klausel eine gleichmäßige und gerechte Behandlung von Investitionen verlangt, die damit auch private Initiativen befördert.163 Diese Verpflichtung des Gaststaates zur Unterhaltung eines vorhersehbaren und relativ stabilen Umfelds für die Investition entsprechend den „legitimen Erwartungen“ des Investors stellt wohl die inhaltliche Grundbedingung der FET-Klausel dar. So wurde zum Beispiel im Verfahren PSEG gegen die Türkei festgestellt, dass sowohl die gesetzgeberischen als auch die legislativen Änderungen nicht dem stabilen und vorhersehbaren wirtschaftlichen Umfeld für Investitionen entsprächen.164 Diese noch extrem vagen Aussagen bezüglich der Gleichmäßigkeit des rechtlichen und wirtschaftlichen Umfelds wurden von einigen Schiedsgerichten versucht, näher zu konkretisieren. Im Verfahren Rumeli Telekom A.S. and Telsim Mobil Telekomikasyon Hizmetleri A.S. gegen Kasachstan, benannte das Schiedsgericht die folgenden Grundsätze des staatlichen Handelns als Inhalte des FET-Standards: 1. Der Staat muss in transparenter Weise handeln. 2. Der Staat muss in gutem Glauben handeln. 3. Das Verhalten des Staates darf nicht willkürlich, in schwerem Maße unfair, ungerecht, eigenwillig oder diskriminierend sein oder die Grundsätze eines geordneten Verwaltungsverfahrens verletzen. 4. Schließlich muss der Gaststaat auch prozessual ordentlich handeln und die Grundsätze eines geordneten Verfahrens sicherstellen.165 Dies alles sollte unter Berücksichtigung der legitimen Erwartungen des Investors erfolgen. 162  El Paso Energy International Company v. Argentina, ICSID Case No. ARB/03/15, Award vom 31. Oktober 2011, Rn. 518: „a process extending over time and comprising a succession or an accumulation of measures which, taken separately, would not breach that standard but, when taken together, do lead to such a result.“. 163  So das Tribunal in Siemens A.G. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/02/08, Award vom 6. Februar 2007, Rn. 290. 164  PSEG Global et al. v. Republic of Turkey, ICSID Case No. ARB/02/5, Award vom 19. Januar 2007, Rn. 252 f.; ähnlich Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/01/3, Award vom 22. Mai 2007, Rn. 267; vgl. auch Sempra Energy v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/02/16, Award vom 28. September 2007, Rn. 303. 165  Rumeli Telekom A.S. and Telsim Mobil Telekomunikasyon Hizmetleri A.S. v. Republic of Kazakhstan, ICSID Case No. ARB/05/16, Award vom 29. Juli 2008.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Neben diese Grundbedingungen des stabilen Umfelds tritt somit einschränkend auch die „Legitimität der Erwartungen“166 des Investors bezüglich einer angemessenen Behandlung der Investition durch den Gaststaat.167 Kriterien für die Beurteilung, ob solche Erwartungen des Investors „legitim“ sind, stellte unter anderem das Tribunal im Verfahren ParkeringsCompagniet AS gegen Litauen auf. Hierzu zählte es: (a)  explicit promise or guarantee from the host State; (b)  implicit assurances or representation from the host State that the investor took into account in making the investment; (c)  where the host State made no assurance or representation, the circumstances surrounding the conclusion of the agreement; and (d)  the conduct of the State at the time of the investment.168

In diesem Fall lehnte das Tribunal eine Verletzung der FET-Klausel im Ergebnis ab, indem es klarstellte, dass Staaten weiterhin das Recht hätten, souverän ihre gesetzgebende Gewalt zu entfalten, wenn auch in vernünftiger und fairer Art und Weise. Insofern müsse sich der Investor auch auf Änderungen der rechtlichen Lage einstellen, gerade auch in Transitionsstaaten. Im vorliegenden Fall habe aber Litauen keine ausdrückliche oder implizite Zusage gegeben, dass sich das rechtliche Umfeld mit Blick auf die Investition nicht ändern würde. Daher könne keine Verletzung der FET-Klausel angenommen werden.169 Andererseits wurden im Verfahren Biwater gegen Tansania bereits die Kenntlichmachung von Schlechtleistungen des Investors und die Ankündigung der Übernahme seiner Aufgaben durch ein öffentlich-rechtliches Unternehmen als Verletzung der FET-Klausel angesehen, da dem Investor, auch wenn er den von ihm übernommenen Verpflichtungen nicht nachkomme, weiterhin eine ungehinderte Möglichkeit erhalten werden müsse, um diese Verpflichtungen erfüllen zu können.170 Jedoch werden auch mehr und mehr Einschränkungen für das umfassende Recht des Investors auf ein stabiles rechtliches und wirtschaftliches Umfeld von Schiedsgerichten anerkannt. 166  M.C.I. Power Group L.C. and New Turbine, Inc. v. Ecuador, ICSID Case No. ARB/03/6, Award vom 31. Juli 2007, Rn. 278. 167  Vgl. Lemire v.Ukraine, Decision on Jurisdiction and Liability vom 14. Januar 2010, Rn. 264. 168  Parkerings-Compagniet AS v. Lithuania, ICSID Case No. ARB/05/8, Award vom 11. September 2007, Rn. 331. 169  Ebd., Rn. 334–338. 170  Biwater Gauff Ltd v. Tanzania, ICSID Case No.  ARB/05/22, Award vom 18. Juli 2008, Rn. 627.



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen203

So müssten nach dem Tribunal im Verfahren Duke Energy et al. gegen Ecuador die „Vernünftigkeit und Legitimität der Erwartungen des Investors“ auch alle politischen, sozioökonomischen, kulturellen und historischen Bedingungen im Gaststaat und nicht lediglich die seiner Investition berücksichtigen.171 Insbesondere wurden aber auch den „legitimen Erwartungen“ des Investors durch Schiedsgerichte „legitime Rechte“ des Gaststaates zur Seite gestellt. So führte das Tribunal im Fall Lemire gegen die Ukraine 2010 aus, dass der Schutz des Investors in Einklang gebracht werden müsse „against the legitimate right of Ukraine to pass legislation and adopt measures for the protection of what as a sovereign it perceives to be its public interest.“172 Insofern treffen unter dem Gesichtspunkt der Legitimität die entscheidenden Momente, Gesichtspunkte und Fragestellungen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit aufeinander. Auch im Verfahren AWG gegen Argentinien stellte das Schiedsgericht fest, dass es bei „legitimate expectations“ nicht nur um die subjektiven Empfindungen und Erwartungen des jeweiligen Investors geht, sondern dass diese eingeordnet werden müssten in ein größeres objektiviertes Gesamtbild vor dem Hintergrund der Ziele des BIT, namentlich der Förderung ökonomischer Zusammenarbeit und Prosperität.173 Hierbei statuierte das Schiedsgericht ebenfalls: „[I]n interpreting the meaning of fair and equitable treatment to be accorded to investors, the Tribunal must balance the legitimate and reasonable expectations of the Claimants with Argentina’s right to regulate the provision of a vital public service.“174 In der schon benannten Entscheidung im Fall Occidental gegen Ecuador wurde ausdrücklich festgestellt, dass „the obligation for fair and equitable treatment has on several occasions been interpreted to import an obligation of proportionality.“175 In diesem Fall wandte sich der Investor gegen die Kündigung der Konzession durch den Gaststaat, die erfolgt war, nachdem der Investor unter Verstoß gegen die Konzessionsvereinbarung die Regierung nicht über die teilweise Abtretung von Rechten unterrichtet hatte. Das Tribunal untersuch171  Duke Energy Electroquil Partners & Electroquil S. A. v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/04/19, Award vom 18. August 2008, Rn. 340. 172  Lemire v.Ukraine, Decision on Jurisdiction and Liability vom 14. Januar 2010, Rn. 273. 173  AWG v. Argentina, Decision on Liability vom 30. Juli 2010, Rn. 228. 174  Ebd., Rn. 336. 175  Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company v. The Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB/06/11, Award vom 5. Oktober 2012, Rn. 404.

204

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

te detailliert die Umstände des Falles und kam zu dem Schluss, dass der Preis, den die Kläger zu zahlen hatten und der im völligen Verlust der Investition bestand, in keinem Verhältnis zu seinem Fehlverhalten und der beabsichtigten Abschreckungswirkung gegenüber anderen Investoren stand und dass dadurch der FET-Standard verletzt worden sei.176 Auch das Schiedsgericht im Fall Electrabel gegen Ungarn stellte 2012 fest, dass zwar die wichtigste Funktion des FET-Standards im Schutz der vernünftigen und legitimen Erwartungen des Investors bestünde,177 dass jedoch anerkannt sei, dass es die Aufgabe des Gaststaates ist, ein vernünftiges Maß an regulativer Flexibilität aufrecht zu erhalten, um auf sich wandelnde Umstände im Sinne des öffentlichen Interesses reagieren zu können.178 Diese aktuellen Fälle gehen bereits in eine Richtung, die den Lösungsansätzen entspricht, welche die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie bietet und die im Folgenden näher dargelegt werden. c) Lösungsvorschlag: Einführung eines Elements der Gemeinwohlförderung bei der Bewertung der Eingriffsschwelle oder der Schadensersatzhöhe Es ist nach der oben hergeleiteten Legitimitätstheorie nicht tragfähig, dass der alleinige Zweck der FET-Klauseln in der Gewährleistung eines angenehmen Umfelds für Investoren besteht. Vielmehr müssen dessen berechtigte Interessen und Erwartungen mit anderen Kriterien abgewogen werden. Diese Abwägung obliegt den Schiedsgerichten. Insofern werden unter dem Gesichtspunkt der weitgehend sehr offenen FET-Klauseln die ganz grundlegenden Fragen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit hinsichtlich des Verhältnisses von Investoren zu ihren Gaststaaten erörtert werden müssen. Wie oben gesehen, sollten sich diese Fragen an Proportionalität und subjektivierbarem Gemeinwohl orientieren. Einige Schiedsgerichte haben begonnen, Verhältnismäßigkeitsprüfungen vorzunehmen. Dies sollte nach der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie zwingend sein. Denn durch sie wird eine effektive Berücksichtigung der Allgemeinwohlinteressen gewährleistet. Es könnte eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen werden, wie sie beispielsweise vom deutschen Bundesverfassungsgericht entwickelt wur176  Ebd.,

Rn. 450. S. A. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/19, Deci­sion on Jurisdiction, Applicable Law and Liability vom 30. November 2012, Rn. 7.75. 178  Ebd., Rn. 7.77. 177  Electrabel



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen205

de, die sich aber auch beim EGMR unter dem Stichwort der Margin of Appreciation abzeichnet. Diese Prüfung könnte wie folgt ausgestaltet sein: 1.  Verfolgung eines legitimen Zwecks, 2.  Notwendigkeit der Maßnahme.179 Einziger legitimer Zweck ist nach der erarbeiteten Theorie eine Förderung des Gemeinwohls, das sich aus subjektiven Individualrechten ergibt.180 Auch hier sollte eine Einschätzungsprärogative der nationalen Behörden berücksichtigt werden. Sodann sollte geprüft werden, ob die staatliche Maßnahme notwendig ist. Dabei sollte eruiert werden, ob sie geeignet ist, den ermittelten Zweck zu fördern und ob sie insofern erforderlich ist, als kein milderes Mittel ersichtlich ist, das den gleichen Erfolg verspricht. Gerade beim Punkt der Notwendigkeit sollte dann aber umfassend und entsprechend der durch die Legitimitätstheorie konstruierten Vorgaben abgewogen werden und es könnten graduelle Abstufungen berücksichtigt werden. Dieser Ansatz ermöglicht auch eine flexible Herangehensweise unter Berücksichtigung aller Betroffenen und eine einseitige Bevorzugung von Investoren oder Gaststaaten kann vermieden werden. Im Übrigen gibt es viele Anknüpfungsstellen für die Anwendung von Legitimitätsmaßstäben. So könnten diese nicht zuletzt auch bei den legitimen Erwartungen der Investoren einfließen, selbst wenn diese auf den ersten Blick zugunsten des Investors fungieren. Denn möglicherweise sind gerade sie auch ein geeigneter Ort, um Beschränkungen der Weite des Tatbestandes der FET-Klausel vorzunehmen. Durch die Formulierung dieser Einschränkung als „legitime Erwartungen“ erscheint die Inklusion von Legitimitätserwägungen an dieser Stelle zudem besonders angebracht. Alternativ könnte wiederum eine flexiblere Gestaltung der Schadensersatzhöhe erfolgen, die beispielsweise eine anteilsmäßige Aufteilung des entstandenen Schadens zwischen Gaststaat und Investor vorsieht. Denn auch hier sind Entschädigungszahlungen bisher regelmäßig nur ganz oder gar nicht zu zahlen. Gerade diese Klausel kann aber mit ihrer Weite dazu beitragen, einen flexiblen Standard der Entschädigungshöhe zu etablieren. 179  Vgl. EGMR, Barthold v. FRG, EuGRZ 1985, 170 (174 f.); EGMR, Groppera Radio AG et al. v. Switzerland, EuGRZ 1990, 255 (258); EGMR, Moustaquim v. Belgium, EuGRZ 1993, 552 (554); vgl. zur Notwendigkeitsprüfung insbesondere auch EGMR, Pedersen & Baadsgaard v. Denmark, NJW 2006, S. 1645; siehe auch EGMR, Süß v. Germany, NJW 2006, 2241. 180  Zu dessen Ausprägungen insbesondere auch mit seiner Schutzwirkung für betroffene Gruppen oder Minderheiten bereits oben unter C. IV.

206

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Dies würde auch wegen ihrer häufigen Nutzung und Geltendmachung vor den Schiedsgerichten sinnvoll erscheinen.181 Eine andere Möglichkeit wäre eine Neukonzeption der Urteile von Schiedsgerichten, indem nicht mehr nur Schadensersatz zugesprochen, sondern in einem ersten Schritt ein Primärrechtsschutz gewährt werden könnte. Ansätze dazu sind im Fall Goetz gegen Burundi zu erkennen, in dem sich Burundi neben der Zahlung von Schadensersatz auch zur Wiederherstellung der Lizenz verpflichtet hatte.182 Problematisch wäre daran jedoch, dass sich damit eine grundlegende Änderung des völkerrechtlichen Investitionsschutzregimes ergeben würde, in dem bisher regelmäßig ausschließlich Schadensersatz und damit Sekundärrechtsschutz zugesprochen wird. Denn abgesehen davon, dass die Verurteilung von nationalen Behörden zu Handlungen außerhalb von Schadensersatzzahlungen vergleichbar mit einer Anfechtungsklage im deutschen Recht auch Fragestellungen bezüglich der Gewaltenteilung aufwirft, leiden Schiedsgerichte bis heute an einem grundsätzlichen Akzeptanzproblem, welches vielfältig mit dem Begriff der Legitimität assoziiert wurde. So werden beispielsweise Entscheidungen der multilateral installierten WTO-Streitbeilegungsorgane bezüglich Fragen der Gentechnik scheinbar eher akzeptiert als in der Investor-Staat-Streitbei­ legung, bei der jedoch nur Schadensersatz zugesprochen wird. Möglicherweise hätten viele Regierungen auch Probleme damit, vor einem Parlament und ihrer Bevölkerung rechtfertigen zu müssen, dass ihr ein solches Tribunal bestimmte Handlungen des Primärrechtsschutzes vorschreibt. Gegebenenfalls wäre dies eher bei einem multilateralen Abkommen denkbar, das nicht unmittelbar mit den Problemen des heutigen Investitionsschutzrechts verbunden und in dem – wie im Recht der WTO – vorgesehen ist, dass die Nationalstaaten ihr Recht entsprechend ergangener Entscheidungen anzupassen haben. Oftmals wird es allerdings so sein, dass mit Einreichen der Klage beim Schiedsgericht das Verhältnis zwischen Staat und Investor ebenso beschädigt ist wie die Investition. Auch insofern scheint es also zielführend, es beim Sekundärrechtsschutz als regelmäßiges Klageziel zu belassen. Die Einführung eines Elements der Gemeinwohlförderung in der Bewertung der Eingriffsschwelle oder der Schadensersatzhöhe erscheint hier ver181  Siehe hierzu die obigen Ausführungen bezüglich der Enteignungsproblematik unter D. II. 2. c). 182  Antoine Goetz and others v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB/95/3; siehe hierzu Obadia, Introductory Note, S. 456.



II. Konkretisierung des Investitionsbegriffs sowie materieller Normen207

gleichbar mit den oben genannten Ausführungen zu Enteignungsklauseln durchaus sinnvoll. Dabei sollte das öffentliche Interesse beziehungsweise Gemeinwohl mit Bezug auf die subjektiven Rechte betroffener Dritter in die Entscheidungen der Tribunale einbezogen werden. Vorausgesetzt werden muss zusätzlich immer, dass der Gaststaat bona fide und nicht-diskriminierend sowie angemessen transparent gehandelt hat. Dem sollte sich eine umfassende Interessenabwägung mit dem objektiven Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung anschließen. Es sollte also geprüft werden, ob der Eingriff in die Rechtsposition des Investors einem subjektivierbaren Gemeinwohl und mithin einem legitimen Ziel diente und notwendig, mithin auch im Übrigen angemessen war. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung sollte explizit geschehen, muss aber nicht zwingend in die Abkommen positiv-rechtlich integriert werden – auch wenn dies wünschenswert wäre – da sie sich aus einer Gesamtschau des Investitionsrechtsregimes im Rahmen einer Legitimitätskonzeption bereits ergibt. In dieser Prüfung kann dann aber dementsprechend nur das als ein legitimer Zweck gelten, was im öffentlichen Interesse steht und was auf subjektive Rechte einzelner zurückgeführt werden kann. Wenn beispielsweise eine Fabrik, die ein ausländischer Investor betreibt, solche Umweltschäden verursacht, dass dadurch die Bedrohung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen erfolgt, dann sollte nach der dynamischgemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie in angemessener Weise eine Abstufung des Schutzniveaus erfolgen, die sich entweder in der Eingriffsschwelle zeigen könnte, sodass die jeweilige staatliche Handlung zum Schutze der Gesundheit der betroffenen Menschen gar nicht erst eine Verletzung der FET-Klausel darstellt, oder die in flexibler Weise bei der Bestimmung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes einfließt und im äußersten Fall dazu führen könnte, dass keine Entschädigung erfolgt. Ähnlich sollte es sich verhalten, wenn sich – gegebenenfalls durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse – zeigt, dass die Arbeitsbedingungen in einer von einem ausländischen Investor betriebenen größeren Fabrik für die dort arbeitenden Menschen gesundheitsschädlich sind. Denn dann kann dies unter Umständen ab einer gewissen Zahl an betroffenen Menschen als gemeinwohlschädigend gelten, wobei diese Gemeinwohlschädigung auf der Verletzung von subjektiven Individualrechten, namentlich dem Recht auf körperliche Unversehrtheit beruht. So kann zum Beispiel der Entzug der Konzession für den Betrieb dieser Fabrik unter Abwägung aller Umstände dazu führen, dass vom Gaststaat schließlich nur ein Scha-

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

densersatz gezahlt werden muss, der geringer ist, als der volle Wert der betreffenden Investition. Eine solche Einschränkung könnte auch bei der Bebauung eines Gebietes gelten, bei dem der Investor nicht berücksichtigen wollte, dass es sich für die indigene Bevölkerung um heiliges Land handelte, das für die Ausübung religiöser Handlungen von signifikanter Bedeutung ist. Auch hier sollte eine Abstufung des Schutzniveaus in angemessener Weise erfolgen, weil dabei eine hinreichend große Gruppe von Menschen betroffen ist und diese Betroffenheit auf den Rechten auf Religionsausübung basiert. Dies sollte wegen des objektiv zu prüfenden Allgemeinwohlbezugs der Konzeption selbst dann gelten, wenn die Behörden des Gaststaates mit der Bebauung und mithin der Rechtsverletzung der indigenen Bevölkerung einverstanden waren. Dies erscheint zudem besonders gerecht, wenn im Vorfeld für den Investor eine solche Verletzung der Rechte Dritter absehbar war. In eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sollte also insbesondere auch einfließen, ob der Investor in positiver Kenntnis einer möglichen Verletzung von subjektiven Rechten einer Vielzahl von Menschen handelte oder nicht. Letztlich muss also in jedem Fall eine präzise Abwägung unter Prüfung aller Umstände des Einzelfalles erfolgen, die auch auf Sonderfälle Rücksicht nehmen kann, so dass auch für Staaten bei plötzlichem Sinneswandel ein Entschädigungsdruck aufrecht erhalten bleibt. Das bloße Betroffensein des öffentlichen Interesses sollte daher noch nicht zum Freiwerden von Entschädigungspflichten führen, aber es muss angemessen berücksichtigt werden.

III. Konkretisierung von Verfahrensnormen anhand der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie durch Transparenz und Beteiligung Dritter in der Verfahrensausgestaltung Die Ausgestaltung der Verfahren ist ein entscheidendes Moment in der legitimitätsrelevanten Reformierung des Investitionsschutzsystems. Daher ist es nicht erstaunlich, dass gerade sie regelmäßig in Debatten um die Legitimität des Systems als Ganzes fokussiert wird.183 Dies ist nicht zu Unrecht erfolgt, da ein Schiedsgerichtssystem, in dem in jedem denkbaren Anwendungsfall ein Staat Beklagter ist, zum Beispiel 183  Zur Kritik an der Legitimität an NAFTAs Kapitel 11 siehe Tollefson, Games, S.  163, 184 f.; C. H. Brower II., Structure, S. 37; Gurudevan, An Evaluation, S. 399 ff.; Atik, Repenser, S.  215 ff.; C. N. Brower, Crisis of Legitimacy, S. B9 ff.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen209

anderen Anforderungen an Transparenz genügen sollte als ein rein kommerzielles Schiedswesen, in dem nur Private aufeinander treffen. Hier geht es also um Fragen der Legitimität in seiner prozeduralen Ausprägung.184 Mithin wird im Folgenden ein Schwerpunkt auf die Ausgestaltung der Investitionsschutzverfahren gesetzt werden, wobei ein Fokus auf die Transparenzvorgaben sowie die Beteiligung von Nicht-Streitparteien gelegt werden wird. Transparenz ist für Annahmen von Legitimität zunehmend als wichtige Größe wahrgenommen worden.185 Dabei hat sich das Maß der Beteiligung der Öffentlichkeit sowie Dritter am Verfahren zu einem Kern legitimitäts­ relevanter Kritik am Investor-Staat-Schiedsgerichtssystem entwickelt.186 Nicht selten wird die Antwort auf die Frage nach Transparenz und der Beteiligung Dritter sogar als ausschlaggebend dafür angesehen, ob das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit auf lange Sicht bestehen bleiben kann oder nicht.187 Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit oder auch betroffener Dritter sind auch unter Berücksichtigung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie als höchst relevante Faktoren anzusehen und sollen daher ausführlicher beleuchtet werden. Die Reform der Verfahrensgestaltung sollte sich schließlich an den oben entwickelten Maßstäben eines Rechtsprinzips der Legitimität ausrichten. 1. Einführung Eine Grundfrage in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist somit diejenige nach dem Ausgleich zwischen Vertraulichkeit und Transparenz in den Verfahren.188 Transparenz und Beteiligung Dritter sollte nach Ansicht einiger Autoren dabei einen wesentlichen Stellenwert einnehmen. Zwar wurde die Vertraulichkeit in Schiedsverfahren gerade als ein entscheidender Vorteil gegenüber üblichen Verfahren vor Gerichten angesehen.189 Doch selbst das geringste Maß an Transparenz, zum Beispiel durch die Veröffentlichung von Urteilen, kann bereits ein erhebliches Maß an Kohärenz und Vorhersagbar184  Hierzu mit einem Schwerpunkt auf NAFTA-Verfahren VanDuzer, Enhancing S.  681 ff. 185  Zoellner, Transparenzprinzip, S. 28. 186  Norris/Metzidakis, Public Protests, S. 33, 62. 187  Vgl. Sabater, Towards Transparency, S. 50. 188  Asteriti/Tams, Transparency and Representation of the Public Interest, S. 1; ausführlich hierzu Knahr/Reinisch, Transparency versus Confidentiality, S. 97 ff. 189  Zoellner, Third Party Participation, S. 180.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

keit der Entscheidungen schaffen, die gerade für die Anerkennungswürdigkeit eines Streitschlichtungssystems essentiell sein und damit einen Großteil legitimitätsrelevanter Kritik zunichte machen können.190 Die Repräsentanz lediglich der Interessen des klagenden Unternehmens und des Gaststaates beziehungsweise seiner Regierung oder Administration ohne die Berücksichtigung eines möglichen weiteren öffentlichen Interesses oder der Rechte Dritter kann dauerhaft zu einem Anerkennungsverlust beim gesamten System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit führen. Gerade die Bezogenheit auf lediglich die staatlichen Interessen im zwischenstaatlichen WTO-Streitschlichtungssystem und die vermeintliche Blindheit gegenüber weiter gefassten öffentlichen Interessen hat letztlich auch zur hitzigen Debatte um die Legitimität der WTO beigetragen.191 Transparenz ist gerade im Investitionsschutzrecht ein weites Feld, das sich vom Zugang zu Informationen über Investitionsbedingungen im Gaststaat und offene Verwaltungs- und Entscheidungsverfahren von Behörden192 bis hin zu den Transparenzbedingungen in konkreten Investitionsschutzverfahren erstreckt.193 Der ursprüngliche Schwerpunkt bei Diskussionen um Transparenz war in der Regel bezogen auf den Schutz von Investoren und mithin auf Verpflichtungen für Staaten zur Transparenz bei der Behandlung von ausländischen Investitionen vor dem Hintergrund, dass damit letztlich mehr Kapital angezogen werden könnte. Transparenz ist inzwischen aber ein Bereich, der nicht mehr nur auf Verpflichtungen von Staaten beschränkt ist, sondern gleichsam in den Verantwortungsbereich von Investoren fallen kann.194 So könnten BITs in Zukunft entsprechend so aufgebaut werden, dass die Heimatstaaten der Investoren sicherstellen müssen, dass die Investoren auch im Ausland die Umweltschutzbestimmungen des Heimatstaates extraterritorial beachten müssen.195 190  Vgl. dazu allgemein Rogers, Emerging Dilemmas, S. 999 ff.; vgl. auch Carbonneau, The Ballad of Transborder Arbitration, S. 773 f.: internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit als eine „vital engine in the creation of a trans-border rule of law“. 191  DeBrabandere, NGOs and the Public Interest, S. 103; hierzu Reusch, Die Legitimation des WTO-Streitbeilegungsverfahrens, S. 30 ff.; siehe auch Sutherland, Future of the WTO, S. 58, Rn. 261: „damaging the WTO as an institution“; Krajewski, Democratic Legitimacy and Constitutional Perspectives of WTO Law, S. 167; Esty, NonGovernmental Organizations at the World Trade Organization, S. 131. 192  Vgl. Art. X GATT 94. 193  Zum Begriff der Transparenz Zoellner, Transparenzprinzip, S. 36. 194  UNCTAD, Transparency, S. 6, 30 ff. 195  Collins, Environmental Impact Statements, S. 21; vgl. dazu auch Sornarajah, The International Law on Foreign Investment, S. 144 ff.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen211

Wenn im Folgenden aber von Transparenz und Maßgaben für Transparenz gesprochen wird, bezieht sich dies stets auf Transparenz in den Investitionsschiedsverfahren, nicht jedoch auf transparenzrelevante investitionsschutzrechtliche Vorgaben im Bereich der Behandlung der Investition selbst, wie sie in bestimmten materiellen Schutzstandards vorgesehen sind. Wichtig ist hier also die Festlegung, dass es sich um Fragen der prozeduralen Transparenz, also der Öffentlichkeit des Schiedsverfahrens selbst und der Beteiligung weiterer an diesem handelt. Hingegen geht es nicht um „regulative Transparenz“196, wie sie sich entweder als selbständiger Behandlungsstandard für Investitionen in Investitionsschutzabkommen findet oder als ein Element der FET-Klausel. Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ähnelt in ihrem Verfahrensablauf noch immer stark der Handelsschiedsgerichtsbarkeit, auf deren Schiedsnormen sie aufbaute und die sie zunächst determinierten.197 Diese noch immer enge Verbindung zeigt sich zum Beispiel daran, dass die in Investitionsschiedsverfahren am zweithäufigsten genutzten Schiedsnormen, nämlich die UNCITRAL-Schiedsregeln, sowohl auf kommerzielle Schiedsverfahren als auch auf Investitionsschiedsverfahren angewendet werden können und angewendet werden. Die Handelsschiedsgerichtsbarkeit ist geprägt von großer Parteiautonomie. Es stehen sich dabei im Verfahren regelmäßig Private gegenüber und streiten über Probleme, die sich aus ihren privatwirtschaftlichen Beziehungen ergeben. Sicherlich gilt auch eine weitgehende Vertraulichkeit der Verfahren als besonderer Vorteil der kommerziellen Schiedsgerichtsbarkeit gegenüber öffentlichen Verfahren vor Gerichten.198 Diese Vertraulichkeit ist ein Vorzug, den ein nationales Gericht regelmäßig nicht bieten kann.199 Schiedsgerichtsverfahren sind in ihrem Grundsatz immer zweiseitig angelegt, um eine Lösung für einen bilateralen Konflikt zu finden. Dritte sollten dabei weitgehend außen vor gehalten bleiben. Diese Vertraulichkeit dient auch zum Schaffen von Vertrauen, indem zwischen den Streitparteien untereinander und mit dem Gericht ein freierer Informationsfluss ermöglicht wird.200 Ein besonderes öffentliches Interesse am Bekanntwerden dieser Verfahren oder gar ihres Inhalts ist daher per se nicht zwingend zu erkennen. Folglich hierzu Kotera, Regulatory Transparency, S. 617 ff. McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S. 46: „[S]uch arbitrations resemble closely international commercial arbitrations.“; C. H. Brower II., Structure, Legitimacy, and NAFTA’s Investment Chapter, S. 65. 198  Tahyar, Confidentiality in ICSID Arbitration, S. 93. 199  Siehe Prujiner, L’arbitrage unilateral, S. 83. 200  Norris/Metzidakis, Public Protests, S. 59. 196  Vgl. 197  Vgl.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

spiegeln auch die relevanten Verfahrensordnungen ein hohes Maß an Vertraulichkeit der Prozesse wider und mithin sind auch die darauf basierenden Verfahrensvorschriften für Investitionsschiedsverfahren noch immer davon geprägt. Vertraulichkeit der Verfahren waren also auch zunächst der Standard und Transparenzvorgaben nicht vorgesehen. In den Investitionsschiedsverfahren auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen, die vorliegend den Gegenstand der Betrachtung bilden, waren aber nunmehr stets Staaten beteiligt und zwar zunächst immer als Beklagte. Dies kann aus legitimitätstheoretischer Perspektive bereits eigene Implikationen nach sich ziehen. Denn wie oben beschrieben, lässt sich ein Rechtsprinzip der Legitimität in proportionaler Weise zur Betroffenheit des öffentlichen Interesses beschreiben, wobei das öffentliche Interesse als Gemeinwohlaspekt nur insofern Relevanz hat, als es auf subjektiven Rechten Dritter fußt. Wenn also im Investitionsschutzrecht staatliche Maßnahmen und Handlungen überprüft werden, erscheint es unmittelbar naheliegend, dass diese Überprüfung öffentlich bekannt und angemessen transparent ausgestaltet wird, aber auch, dass möglicherweise betroffene Dritte, die nicht Streitparteien sind, gewisse Beteiligungsrechte erhalten. Zwei wesentliche Bereiche sind somit zu unterscheiden: einerseits die Öffnung der Verfahren bezüglich der Zugänglichkeit zu den Anhörungen und den relevanten Dokumenten und andererseits die unmittelbare Beteiligung Dritter an den Verfahren selbst. Denn neben der Öffnung der Anhörungen für die interessierte Öffentlichkeit und dem öffentlichen Zugang zu den entsprechenden Informationen und Materialien ist auch Beteiligung eine weitere Möglichkeit der Verfahrensöffnung.201 Dabei geht es zum Beispiel darum, dass Dritte, die keiner Partei – Kläger oder Beklagtem – zugeordnet werden können, zum Beispiel als sogenannte Amici Curiae dem Tribunal Dokumente unterbreiten202 oder gegebenenfalls als weitere Verfahrensbeteiligte auftreten. Die Beteiligung Dritter als Amici Curiae wurde oftmals als ein wesentliches Element der Herbeiführung von Transparenz und damit der Steigerung der Legitimität von Schiedsverfahren angesehen.203 Dahinter steht unter anderem der Gedanke, dass Dritte in bestimmten Fällen das Schiedsgericht in seiner Entscheidungsfindung insofern unterstützen können, als Zoellner/Tams, Amici Curiae, S. 233: „aktive Transparenz“. zum Konzept des Amicus Curiae Sands/Mackenzie, International Courts and Tribunals, „Amicus Curiae“. 203  Sackmann, Transparenz im völkerrechtlichen Investitionsverfahren, S.  135 m. w. N. 201  Vgl.

202  Ausführlich



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sie ihm Informationen und Argumente liefern, die von den beteiligten Parteien nicht vorgebracht worden waren.204 Dabei erhielten klassische Amici Curiae keine Stellung vergleichbar einem Intervenienten oder gar einer Partei im Verfahren.205 In anders gelagerten Rechtsbereichen, aber auch in verschiedenen Verfahren innerhalb desselben Rechtsgebietes wurden die Zulassung oder die Aus­ gestaltung von Amici-Beteiligungen durchaus unterschiedlich gehandhabt.206 Eine generelle, prinzipiengebundene Aussage bezüglich deren Beteiligung wurde im Völkerrecht bisher noch nicht abgegeben.207 Insgesamt wurde speziell im Investitionsschutzrecht eine zunehmende Beteiligung von Amici weitgehend positiv aufgefasst und Gegenargumente, wie höhere Verfahrenskosten oder der Vorwurf der fehlenden Zustimmung der Streitparteien, regelmäßig verworfen.208 Auf ähnliche Weise wie Amici Curiae könnten aber auch Gruppen beteiligt werden und eigene Interessen artikulieren, die von dem Verfahren und seinem Gegenstand betroffen werden, insbesondere wenn sie nicht vom beklagten Gaststaat in angemessener Weise repräsentiert werden. In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit gibt es bereis entsprechende Entwicklungen, welche im Folgenden näher beleuchtet werden. Insbesondere soll aber auch aufgezeigt werden, welche Implikationen die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie auf diese Bereiche der Verfahrensausgestaltung haben kann. 2. Zur Kritik an vermeintlich fehlender Offenheit von Investitionsschiedsverfahren und zum ­spezifisch-transparenzrelevanten öffentlichen Interesse a) Grundlagen Bereits früh wurden Rufe nach mehr Transparenz in den Verfahren laut. Schon von Beginn an wurde an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit kriti204  Ausführlich zu nichtstaatlichen Akteuren im internationalen Recht allgemein Jean d’Aspremont, Introduction, S. 1 ff. sowie Vierucci, NGOs Before International Courts and Tribunals, S. 158 f. 205  Bartholomeusz, The Amicus Curiae, S. 273, 278; Umbricht, An „Amicus Curiae Brief“, S. 780; Zoellner/Tams, Amici Curiae, S. 220. 206  Zur Stellung von Amici Curiae im Bereich der WTO siehe zum Beispiel Mavroidis, Amicus Curiae Briefs before the WTO, S. 317 ff.; zu einer vergleichenden Analyse Bartholomeusz, The Amicus Curiae, S. 209 ff. 207  Bastin, The Amicus Curiae in Investor-State Arbitration, S. 208. 208  Siehe zum Beispiel Ishikawa, Third party Participation, S. 391–401.

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siert, dass zu wenig Zugang für die Öffentlichkeit in und nach den Verfahren vorgesehen sei.209 Kritik an mangelnder Transparenz gerade unter dem Stichwort Legitimität begleitet die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit somit schon seit ihren Anfängen.210 Transparenz in diesem Bereich wurde teilweise sogar als essentiell angesehen.211 Der Begriff der Transparenz ist aber gerade inhaltlich in der Literatur keinesfalls einheitlich aufgefasst worden und hat zu langen Auseinandersetzungen geführt.212 Er soll hier in einer weiten Form verstanden werden als die Öffnung des Verfahrens über die Streitparteien und das Schiedsgericht hinaus. Es gibt gerade im Investitionsschutzrecht viele Gesichtspunkte, die gegen eine Beteiligung Dritter an den Verfahren sprechen. Neben effektiver Streitbeilegung betrifft dies vor allem die damit eher wegfallende Möglichkeit der Absprachen zwischen den Parteien zur Lösung des unmittelbaren Konflikts, aber auch den Schutz von Geschäftsgeheimnissen im wirtschaftlichen Bereich. Üblicherweise waren Transparenzvorgaben in Investitionsschutzabkommen überhaupt nicht vorgesehen. Doch mehrte sich die Kritik an der Vertraulichkeit zunehmend und gerade deshalb, weil ein öffentliches Interesse, das in diesen Verfahren eine Rolle spiele, wahrgenommen wurde und man davon ausging, dass mithin ein Zugang für die Öffentlichkeit während und nach den Verfahren erforderlich sei.213 Diese Kritik folgte wohl nicht zuletzt daraus, dass regelmäßig in allen nationalen Rechtssystemen die Streitschlichtung zwischen Staaten und Individuen vor nationalen Gerichten in einem relativ öffentlichen Prozess verläuft, an dem oftmals diejenigen beteiligtenfähig sein können, die ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben.214 209  Vgl. Park, Private Adjudicators, S. 630; weiterführend Brower/Brower/Sharpe, The Coming Crisis, S. 415 ff.; Zoellner, Third-Party Participation, S. 179 ff.; McLachlan/Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S. 57, Rn. 3.40. 210  Vgl. Park, Private Adjudicators, S. 630 (mit dem Ruf nach mehr Transparenz im Verfahren und einheitlicheren Verfahrensregeln sowie der Veröffentlichung von Urteilen als Mittel, um Legitimität der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zu bewirken). Vgl auch Buxbaum, Introduction, S. 208; Carbonneau, Arbitral Adjudication, S. 39. 211  Prujiner, L’arbitrage unilateral, S. 84 f.; zur Debatte um Transparenz in der Legitimitätsdiskussion Zoellner, Third Party Participation, S. 182 f. m. w. N. sowie zur Erhöhung von Legitimität durch Verfahrensbeteiligung Dritter Marshall/Mann, Revision, S.  2 f. 212  Ausführlicher dazu Sutcliffe/Sabater, UNCITRAL Arbitration, S. 32 ff.; Zoellner, Transparenzprinzip, S.  203 ff. 213  Siehe dazu Tienhaara, Third-Party Participation, S. 230 ff. 214  Lazo, International Arbitration in Times of Change, S. 593.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen215

Nicht zuletzt ist es auch so, dass mangelnde Transparenz der Investitionsschutzverfahren die Schiedsrichter und ihre Arbeit vor der Begutachtung durch die Öffentlichkeit schützen.215 Dies verhindert aber gleichsam, dass sich zukünftige Schiedsgerichte mit den Entscheidungen vertieft auseinandersetzen und somit zu Konsistenz und Berechenbarkeit der Entscheidungen beitragen können,216 was aber wiederum auch den Investoren zugute kommen würde, die auf ein verlässliches Investitionsklima angewiesen sind.217 Natürlich können transparente Verfahren zudem dazu beitragen, einen Vorwurf der Nähe zur Korruption zu entkräften. Einige Autoren gingen so weit zu sagen, dass „conducting arbitrations implicating the public interest in conditions of secrecy is unacceptable.“218 Die grundlegenden Aussagen der teilweise harschen Kritik sind somit, dass es ein öffentliches Interesse an der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit gebe und dass diese daher transparenter ausgestaltet werden müsse, indem ein weitgehender Zugang zu Dokumenten und zu den Verfahren selbst ermöglicht wird.219 Dieses öffentliche Interesse ergab sich für Kommentatoren insbesondere daraus, dass die Investitionsschutzverfahren oftmals Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge betrafen und die hohen Beträge, die eingeklagt werden, letztlich vom Steueraufkommen im Gaststaat zu stemmen sind.220 Gerade in Entwicklungsländern – aber keinesfalls nur dort – kann dies zu empfindlichen Einbußen im Staatshaushalt führen. Die fehlende Berücksichtigung der Betroffenheit der lokalen Bevölkerung, der mit der konkreten Investition nah in Kontakt stehenden Menschen, in den Investitionsschieds215  Norris/Metzidakis, Public Protests, S. 60; zu einer solchen „Mystifikation“ von ICSID bereits Tahyar, Confidentiality, S. 116 f.; vgl. auch Gopal, International Centre for Settlement of Investment Disputes, S. 597. 216  Cremades/Plehn, The New Lex Mercatoria, S. 336  f. Sie meinen, dass die Bildung von Institutionen, die Schiedsrichtern Zugang zu Urteilen vorheriger Schiedsgerichte ermöglichen, auch dazu führe, dass diese eine mehr oder weniger strenge Anwendung des stare decisis-Grundsatzes praktizieren würden. 217  Zur Macht der Schiedsrichter und zu ihrer Wichtigkeit für das Verständnis des Investitionsschutzrechts als System siehe Schill, International Arbitrators as SystemBuilders, S. 295: „[…] arbitrators as a group are the key institution for the emergence, persistence, transformation, and hence existence, of international arbitration as a system.“. 218  Blackaby, Public Interest, S. 358, zitiert Barton Legum, den damaligen Legal Adviser des U.S. Department of State. 219  Vgl. Caruba, Resolving, S.  148; Choudhury, Recapturing, S.  784–87; S. Franck, Legitimacy Crisis, S. 1545; VanDuzer, Enhancing, S. 681; Dougherty, Note, S. 752; Teitelbaum, A Look, S. 55. 220  UNCTAD, Transparency, S. 36; Choudhury, Recapturing, S. 809.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

verfahren und dass diese ihre Interessen dort nicht selbst artikulieren können, ist ebenfalls kritisiert worden.221 Sogar die OECD nimmt an, dass „especially insofar as proceedings raise important issues of public interest, it may also be desirable to allow third party participation, subject however to clear and specific regulations“.222 Es wird entsprechend auch nicht selten angenommen, dass Regierungen die Pflicht hätten, ihre Handlungen und Entscheidungen der Öffentlichkeit bekannt zu machen.223 Dies sei außerdem insofern wichtig, als es ermögliche, eine Regierung für ihr Verhalten vom Volk zur Verantwortung zu ziehen. Dies sei aber dann nicht möglich, wenn die Entscheidungen der Regierung sowie nationaler Behörden durch ein Investitionsschiedsgericht für unvereinbar mit einem Investitionsschutzabkommen gehalten werden und dies nicht bekannt gemacht wird. Dadurch würden staatliche Maßnahmen nicht mehr nachvollziehbar. Zwei weitere Aspekte sind jedoch ebenfalls in der Forderung nach mehr Transparenz enthalten. So ermöglicht die Öffnung der Verfahren zum einen die wissenschaftliche und gesellschaftliche Durchdringung und Reflexion der zu entscheidenden Problematiken, was zu Veränderungen und Korrekturen an Normen und dem Aufbau des Systems führen kann. Zum anderen kann Transparenz aber gerade zur Kohärenz der Entscheidungen beitragen, indem Anwälte der beteiligten Parteien und die Tribunale selbst vorhergehende Entscheidungen anderer Tribunale zu vergleichbaren Fällen zitieren und beachten können. Die vielleicht deutlichste Kritik wird in etwa wie folgt begründet: Schiedsverfahren, die Investoren gegen Staaten auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen einleiten, unterschieden sich signifikant von kommerzieller Schiedsgerichtsbarkeit, die nur zwischen privaten Parteien stattfindet. Dies gelte deshalb, weil die bloße Präsenz eines Staates als Partei in einem Schiedsverfahren ein öffentliches Interesse begründe und die Bürger und Bewohner dieses Staates ein Interesse daran hätten, zu wissen, wie sich die Regierung während des Verfahrens verhält und wie das Verfahren ausgeht. Dies leite sich unter anderem aus Prinzipien des Menschenrechtsschutzes und Good Governance ab.224 Zudem stützten sich eingeleitete Verfahren auf Vorwürfe staatlichen Fehlverhaltens, die der Öffentlichkeit des Gaststaates 221  Dies gilt besonders für die Situation in Entwicklungsländern, Magraw/ Amerasinghe, Transparency and Public Participation, S. 349 f. 222  OECD, Transparency and Third Party Participation, S. 1. 223  Sabater, Towards Transparency, S. 50 mit Verweis auf das Claims Resolution Tribunal for Dormant Accounts in Switzerland. 224  CIEL/IISD, Revising, S. 4.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen217

deutlich werden müssten, damit gegebenenfalls sinnvoll auf diese reagiert werden kann. Anders als in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit, in der es regelmäßig um einen Streit und die Interessen zweier Privater geht, spielen in Investitionsschutzverfahren in der Tat regelmäßig größere Projekte im öffentlichen Bereich die entscheidende Rolle, wie im Abfallsektor oder der Versorgung mit Öl und Gas oder auch mit Wasser und Telekommunikationseinrichtungen, wobei die Gaststaaten nicht selten Regulierungen mit der Zielsetzung des Schutzes der öffentlichen Gesundheit oder der Daseinsvorsorge und zur Einhaltung grundlegender Rechte im Bereich des Arbeitsrechts, des Gesundheitsschutzes und weiterer menschenrechtlicher Verbürgungen oder zum Umweltschutz getroffen haben, die dann vor einem Tribunal überprüft werden.225 Zudem stehen in Verfahren der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oftmals hohe Beträge zur Debatte, die potentiell den Haushalten der jeweiligen Gaststaaten auferlegt werden können, was ein öffentliches Interesse per se begründe.226 Wie schon weiter oben bei den materiellen Kritikpunkten dargestellt, beziehen sich viele Verfahren überdies auf entscheidende Bereiche der öffentlichen Politik und mögliche Einschränkungen nationaler Entscheidungsprozesse. Insofern kann auch behauptet werden, dass durch die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zumindest partiell eine Verschiebung von Entscheidungen von der nationalen auf die überstaatliche Ebene stattfindet.227 Ersichtlich stützen sich diese Kritiken auch auf demokratietheoretische Gedanken und gerade diese Verschiebung von Kompetenzen in Bereichen mit hoher Bedeutung für die Öffentlichkeit hat wiederum zu Kritik geführt, die mit dem Legitimitätsbegriff assoziiert wurde.228 Während Teilfragen und Begründungen noch immer durchaus umstritten sind, kann diese Kritik an zu wenig Transparenz in IIA-Verfahren als weitgehend akzeptiert gelten und es ist zu beobachten, dass man sich mehr und mehr darauf konzentriert, wie die Umsetzungen dieser Forderungen sinnvoll in das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit integriert werden können.229 Manche Autoren beobachten dabei kritisch, dass die „Transparenz-Bewegung“ regelmäßig versuche, ihre Bemühungen darauf zu fokussieren, in das 225  Tienhaara, 226  Ebd.

Third Party Participation, S. 230.

227  Choudhury,

Recapturing, S. 775. Amicus Curiae, S. 205. 229  Vgl. das ABILA/ASIL joint project on Transparency in Commercial Arbitra­ tion, beschrieben in ASIL Newsletter, Vol. 24, Issue 3 (Juli/Sept. 2008). 228  Levine,

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

bestehende System einzudringen und es von innen heraus zu verändern.230 Insofern trage diese Bewegung aber unbeabsichtigt dazu bei, das Investi­ tionsschutzregime zu festigen und zu „legitimieren“, indem vage Kriterien des Transparenzzuwachses in das System integriert würden. Somit werde aber ungewollt die Trennlinie der Schiedsfähigkeit bestimmter Fragestellungen aufgehoben und damit würden IIA-Tribunale erst in die Lage dazu versetzt, über die umstrittenen Fragen öffentlicher Regulierung zu urteilen.231 Andere lehnen insofern das System der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit grundlegend ab. So bilde die „Arbitrability“ beziehungsweise Schiedsfähigkeit eines Anspruchs die Grenze zwischen „öffentlicher“ und „privater“ (Schieds-)Gerichtsbarkeit.232 Wenn also die Regelungsfähigkeiten eines Staates, wie zum Beispiel im Bereich des Umweltschutzes, nicht vor Schiedsgerichten verhandelt werden sollen, dann sollte das Recht, darüber zu urteilen, den Schiedsrichtern eher ganz entzogen werden, als es darüber zu „legitimieren“, dass Transparenzkriterien in das bestehende System eingeführt werden. Es besteht mithin in der Literatur die nicht unbegründete Annahme, dass, indem Transparenzgesichtspunkte in die Investitionsschutzverfahren aufgenommen werden, die wesentlichen Fragen überdeckt würden, wie zum Beispiel die schwierige Problematik, wo die Grenze zwischen der öffent­ lichen, gerichtlichen oder zwischenstaatlichen, und der privaten beziehungsweise privatförmig ausgestalteten Gerichtsbarkeit zu ziehen sind.233 Ein Beispiel für Änderungen der transparenzrelevanten Normen gab die Nichtregierungsorganisation International Institute for Sustainable Development (IISD), welche mit Blick auf das Investitionskapitel im Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) ausführte: „[T]he investor protections provided in Chapter 11 of NAFTA have been used repeatedly to challenge new environmental laws, or applications of existing laws, that have negative economic impacts for the foreign investors. The link between the investor protections and their use to challenge environmental laws and regulations is the investor-state dispute resolution process. This NAFTA process is the first one in any multilateral trade or investment agreement to give foreign private investors the capacity to directly challenge host governments on their compliance with the Agreement. It is the unexpectedly broad and aggressive use of this process to challenge public policy and public welfare measures that has caught governments and observers off guard.“234 230  Teitelbaum, 231  Ebd.

A Look, S. 60.

232  Carbonneau,

Liberal Rules, S. 143. Teitelbaum, A Look, S. 62. 234  Mann/von Moltke, NAFTA’s Chapter 11 and the Environment, S. 3 f. 233  Vgl.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen219

Gegen eine zunehmende Transparenz in den Verfahren, die in ihrer Grundkonzeption auf eine Zweiseitigkeit durch Kläger und Beklagten sowie eine weitgehende Dispositionsbefugnis durch die Streitparteien geprägt ist, sprechen zum Beispiel unter anderem höhere Verfahrenskosten für die Beteiligten, höherer administrativer Aufwand sowie die Gefahr der Veröffentlichung hoch vertraulicher Informationen der betroffenen Wirtschaftssubjekte oder mit Relevanz für die Gefahrenabwehr.235 Auch wollen manche Streitparteien weder das Verfahren selbst, noch Details des Prozesses öffentlich machen. Dies kann sowohl vom klagenden Investor als auch vom beklagten Gaststaat ausgehen. b) Vorläuferentwicklungen der Verfahrensöffnung Eine mögliche Verfahrensöffnung bei internationalen Spruchkörpern gegenüber betroffenen Dritten ist aber nichts völlig Neues. Die Implikationen transparenzrelevanter Einwirkungen auf Verfahren und insbesondere die Öffnung von Verfahren für Dritte wurden nicht nur im Rahmen der In­ vestitionsschiedsgerichtsbarkeit diskutiert. Vielmehr zeigte sich eine ähnliche Problemlage auch bei Verfahren vor konstituierten internationalen Gerichten. Bei Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag und dem Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg ist grundsätzlich keine Beteiligung von Amici Curiae vorgesehen.236 Dennoch gibt es auch hier Tendenzen zur Öffnung.237 So ist beispielsweise beim IGH über das Institut der Nebenintervention auch verfahrensrechtlich die Öffnung gegenüber betroffenen Dritten möglich. Art. 62 IGH-Statut lautet: 1. Glaubt ein Staat, ein rechtliches Interesse zu haben, das durch die Entscheidung der Sache berührt werden könnte, so kann er beim Gerichtshof einen Antrag auf Beitritt zu dem Verfahren stellen. 2.  Der Gerichtshof entscheidet über diesen Antrag.

Andere Staaten haben weiterhin gemäß Art. 63 IGH-Statut ein Recht zur Nebenintervention, wenn die Streitparteien sich über eine Übereinkunft streiten, an welcher der Antragsteller beteiligt ist.238 Dies betrifft in der Regel multilaterale Verträge. Die mit der Situation im Investitionsschutz235  Buys,

Tensions, S. 137. Intervention, S. 429. 237  Vgl. Case concerning the Gabcíkovo-Nagymaros Project (Hungary/Slovakia), Judgment vom 25. September 1997, ICJ Reports 1997, S. 7. 238  Schweisfurth, Völkerrecht, S. 263, Rn. 26. 236  Wolfrum,

220

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

recht am ehesten vergleichbare Lage ist jedoch der oben dargestellte Fall des Art. 62 IGH-Statut, der das rechtliche Interesse von Dritten anbelangt.239 Im richtungweisenden Fall Pulau Ligitan hat der IGH im Jahr 2001 die Intervention einer Partei zugelassen, obwohl sie keine Verbindung zu den am Streit beteiligten Parteien hatte.240 Voraussetzung dafür war, dass sie die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Streitfall ebenfalls darlegen konnte.241 Dabei ist aber zunächst zu bemerken, dass beim IGH Parteifähigkeit nur auf Staaten beschränkt ist, was auch die Beteiligung in Form von Nebeninterventionen betrifft, jedoch die potentiell von Investitionsschiedsverfahren Betroffenen regelmäßig Private sind.242 Ein Unterschied zu den im IGH-Statut normierten Fällen besteht somit darin, dass die in Frage kommenden Antragsteller in den Investitionsschutzverfahren grundsätzlich gar nicht parteifähig vor den jeweiligen Investi­ tionsschiedsgerichten wären. Insofern geht die Ausweitung ihrer Interventionsrechte auch über die im IGH-Statut vorgesehenen Möglichkeiten für grundsätzlich Parteifähige hinaus und der Kreis der möglichen Intervenienten würde wesentlich weiter ausgedehnt als dies bei der Nebenintervention vor dem IGH der Fall ist. Zudem stellt sich die Situation vor dem IGH auch in anderer Weise abweichend dar. Während trotz der Auswirkungen, die ein IGH-Urteil nach sich zieht, ein solches immer noch stets allein zwischen den Streitparteien Bindungswirkung entfaltet (Art. 59 IGH-Statut)243 und ein dritter betroffener Staat diese Norm anderen Staaten entgegenhalten kann,244 entfällt diese 239  Wichtige Fälle des IGH hierzu sind insbesondere Land, Island and Maritime Frontier Dispute between El Salvador and Honduras, Application by Nicaragua for Permission to Intervene, ICJ Reports 1990, S. 92 ff. sowie Continental Shelf Dispute between Libyan Arab Jamahiriya and Malta, Application by Italy for Permission to Intervene, ICJ Reports 1984, S. 3 ff. 240  Case concerning Sovereignty over Pulau Ligitan and Pulau Sipadan (Indonesien/Malaysia), Urteil vom 23.10.2001, Application by the Philippines for Permis­ sion to Intervene, ICJ Reports (2001), 575, Rn. 35 f. 241  Hierin wird bisweilen ein Hinweis dafür gesehen, dass auch der IGH anerkennt, dass regelmäßig eine Wirkung der Rechtsprechung über die Parteien hinaus erfolgt, vgl. Zimmermann, International Courts and Tribunals, Intervention in Proceedings, Rn. 4. 242  Schweisfurth, Völkerrecht, S. 263, Rn. 26. 243  Zu den Auswirkungen auf dritte Staaten siehe Zimmermann, Die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofes zur Entscheidung über Ansprüche gegen am Verfahren nicht beteiligte Staaten, in: ZaöRV 71 (1995), S. 1051 ff. 244  Zu der Schwäche, die diese Norm unter Berücksichtigung der rule of precedent hat, siehe Palchetti, Opening the International Court of Justice, S. 140.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen221

Möglichkeit für betroffene Dritte in Investitionsschutzverfahren regelmäßig. Denn zwar gelten auch in Investitionsschiedsverfahren die Entscheidungen der Schiedsgerichte auch nur inter partes, aber die Auswirkungen auf betroffene Dritte können dennoch erheblich sein, wenn es zum Beispiel um die Genehmigung der Nutzung und Ausbeutung von Bodenschätzen in für indigene Bevölkerungsteile heiligem Land geht. Diesen Betroffenen stehen die rechtlichen Möglichkeiten von betroffenen Staaten vor dem IGH nicht zur Verfügung, sie können keine Klage auf internationaler Ebene gegen die Entscheidung eines Schiedsgerichtes einreichen. Das geltende Recht der Nebenintervention vor dem IGH sieht grundsätzlich eine sehr starre Lösung vor, insofern als es sich bei der Nebenintervention vor dem IGH nach Art. 62 und 63 IGH-Statut regelmäßig um einen vollständigen Verfahrensbeitritt handelt, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Eine dynamische rechtsprinzipiengestützte Herangehensweise böte hingegen einen flexiblen Ansatz. Daher ist auch bezüglich der Verfahren vor dem IGH inzwischen fraglich, ob Art. 62 und 63 des IGH-Statuts heute noch angemessene Möglichkeiten bieten, die Interessen dritter Staaten in geeigneter Form zu berücksichtigen. Auch hier entfaltete sich eine Debatte, in der eine Öffnung der Verfahren vor dem IGH bezüglich dritter Staaten gefordert wurde, welche über die Wege der Art. 62 f. IGH-Statut hinauswies und insbesondere auch Amicus Curiae-Eingaben vorsah.245 So stellte sich hier ebenfalls die Frage, wann ein rechtliches Interesse gemäß Art. 62 IGH-Statut weitgehend genug ist, um die Zulässigkeit einer Intervention zu begründen und wie weit diese Interven­tionsrechte dann reichen sollten.246 Insofern bildeten sich hier in der Tat vergleichbare Konfliktlinien wie in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Zu diesen zählen der Umfang von Interventionsmöglichkeiten, einschließlich der Abstufungskomponente, sowie die grundlegenden Fragestellungen der Zulassung von Amicus CuriaeEingaben mit den damit möglicherweise verbundenen Belastungen für die Streitparteien. Die Debatte bezüglich der Öffnung der Verfahren vor dem IGH hat jedoch nicht den Umfang und die Härte der Auseinandersetzung nach sich gezogen, die sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit entwickelte und bis heute anhält und anders als in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit konnte bis heute kein Individuum als Amicus Curiae vor dem IGH auftreten 245  Siehe bereits die Ansätze zu Art. 63 IGH-Statut bei Günther, Zulässigkeit und Grenzen der Intervention, S. 287. 246  Hierzu ausführlich Palchetti, Opening the International Court of Justice, S.  144 ff.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

und es gibt auch keine Hinweise dafür, dass sich beim IGH entsprechende Änderungen zu einer tatsächlichen weiteren Öffnung abzeichnen würden.247 In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist diese Debatte jedoch nahezu allgegenwärtig. Dies könnte damit zusammenhängen, dass sich hier ein ganz neues, noch sehr in Bewegung befindliches Rechtsgebiet konstituiert, das wegen des Spannungsverhältnisses zwischen der verfahrenstechnischen Herkunft dieses Rechtsregimes aus der Handelsschiedsgerichtsbarkeit und den spezifischen Implikationen und Auswirkungen des Tätigwerdens in Bereichen der grundlegenden staatlichen Regulierungsräume mit anderen Anforderungen konfrontiert wird. c) Implikationen eines besonderen öffentlichen Interesses Während einige Kommentatoren in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit bereits per definitionem ein hohes öffentliches Interesse als gegeben ansehen,248 ist es dennoch sinnvoll, dieses näher zu untersuchen, um daraus Implikationen für mögliche Änderungen der Verfahrensausgestaltung ableiten zu können. Wie oben bereits angedeutet, entspringt die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in wesentlichen Zügen im Verfahrensbereich der Handelsschiedsgerichtsbarkeit, also der Streitbeilegung zwischen Privaten. Dabei standen oftmals technische Fragestellungen im Vordergrund und nicht solche des öffentlichen Bereichs. Bereits dadurch, dass aber im Investitionsschutzrecht ein Staat in jedem denkbaren Anwendungsfall Beklagter ist, könnte sich auch aus dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses bezüglich der Vertraulichkeitsanforderungen etwas anderes ergeben.249 Zu Recht wird aber auch darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichen könne, dass ein Staat Verfahrensbeteiligter ist und das öffentliche Interesse lediglich behauptet, um dadurch zu ermöglichen, dass selbst vertraulichste sensible betriebswirtschaftliche Informationen aus einem Verfahren veröffentlicht werden.250 Dennoch spricht wohl eine grundsätzliche prima facie247  Bastin,

The Amicus Curiae, S. 209. NGOs and the Public Interest, S. 102. 249  Hobér, Arbitration Involving States, S. 151; vgl. auch Australia v. Cockatoo Dockyard Pty Ltd., Federal Law Reports 120 81995), 171 ff., 189 f.: „Where one of th[e] parties is a government, or an organ of government, neither the arbitral ­agreement nor the general procedural powers of the arbitrator will extend so far as to stamp on the government litigant a regime of confidentiality or secrecy which effectively destroys or limits the general governmental duty to pursue the public interest.“. 250  Weixia, Confidentiality Revisited, S. 623. 248  DeBrabandere,



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen223

Vermutung dafür, dass bei Beteiligung eines Staates an einem Verfahren, in dem ein privater Investor Rechte aus einem internationalen zwischenstaat­ lichen Abkommen wahrnimmt, ein bestimmtes öffentliches Interesse nicht nur am Ausgang, sondern auch an der Ausgestaltung des Verfahrens besteht.251 Daneben kann es zudem spezielle Gruppen geben, die ein besonderes Interesse an den Verfahren haben können,252 und die somit ein spezifisches Verlangen danach haben, dass die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit transparenter wird, indem ein weiter gehender Zugang zu Dokumenten und zu den Verfahren selbst ermöglicht wird.253 Während Vertraulichkeit auf Gebieten des Handelsrechts geradezu naheliegend ist, erscheint sie dann, wenn Gegenstände mit breitem öffentlichen Interesse eine Rolle spielen, weniger bis gar nicht angebracht. Letzteres kann gerade dann relevant werden, wenn ein größeres Investitionsprojekt in einem Gaststaat umgesetzt werden soll. Dies ist in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit jedoch regelmäßig der Fall.254 In modernen Investitionsschiedsverfahren geht es häufig um Bereiche, die ein starkes öffentliches Interesse beinhalten, da sie eine Vielzahl von Menschen betreffen, wie beispielsweise Bereiche der öffentlichen Gesundheit und Daseinsvorsorge wie Wasser- und Elektrizitätsversorgung und Abfallmanagement oder Umweltschutzbelange, aber auch Finanzregulierungen.255 Die Investitionen selbst können dann Auswirkungen auf eine Mehrzahl von Menschen und damit die Öffentlichkeit im Gaststaat haben. Aber auch allein dadurch, dass Handlungen des Gaststaates überprüft werden, besteht eine grundsätzliche Vermutung für ein öffentliches Interesse an dem Verfahren.256 251  Mistelis,

Confidentiality and Third Party Participation, S. 213. die Argumente bei Gruner, Accounting, S. 951–959. 253  Teitelbaum, A Look, S. 55. 254  Das Methanex Tribunal stellte fest, dass es im Verfahren um Bereiche des öffentlichen Interesses ginge, da es sich um Vorschriften hinsichtlich der öffent­ lichen Daseinsvorsorge handelte und Gegenstände, die sich mit Gesundheitsschutz befassten, welches daher weit über die Interessen hinaus ginge, die von der üblichen transnationalen Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Privaten aufgeworfen würden, Methanex v. USA, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001, Rn. 49. 255  Vgl. VanHarten/Loughlin, Investment Treaty Arbitration as a Species of Global Administrative Law, S. 122  f.; Zoellner, Third Party Participation, S. 200  f.; Schill/Kingsbury, Investor-State Arbitration as Governance, S. 5 ff.; Coe, Transparency, S. 1343. Vgl. auch Bjorklund, Building the Civilization, S. 1271 f., die feststellt, dass Schiedsrechtsprechung nach der ICSID Convention „adds a public international law dimension even to contract-based investment disputes“. 256  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 34, in NAFTA-Staaten besteht oftmals sogar ein Recht auf Information 252  Vgl.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Dennoch werden Investitionsschiedsverfahren noch immer oftmals unter Grundsätzen der Vertraulichkeit und ohne die Möglichkeit der Beteiligung Dritter durchgeführt.257 Aber insbesondere in den letzten Jahren kamen in den Schiedsverfahren selbst mehrere Faktoren zusammen, die ein spezifisches öffentliches Interesse begründet haben. Dazu zählen unter anderem:258 – die Betroffenheit im weitesten Sinne menschenrechtlicher Standards,259 – die Betroffenheit wesentlicher Bereiche staatlicher Regulierung wie Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzstandards, und – hohe Beträge, die den Investoren in den Verfahren zugesprochen worden sind.260 Es ist daher zu prüfen, ob sich daraus Änderungen in der Verfahrensausgestaltung ergeben haben oder noch ergeben sollten. d) Kollidierende Entwicklungslinien Es ist heute bereits erkennbar, dass Investitionsschiedsverfahren im Vergleich zu ähnlich konstituierten Verfahren der Handelsschiedsgerichtsbarkeit immer transparenter verlaufen. Bei letzterer ist gerade ein entscheidender Grundsatz derjenige der Vertraulichkeit. Dies ist nicht verwunderlich, werden doch häufig Firmengeheimnisse, die durchaus den Wert von Unternehmen ausmachen können, in ebensolchen Verfahren herangezogen, um angemessene Entscheidungen fällen zu können. der Bevölkerung über das Handeln der Regierung, das sich auch in Verhalten in Investitionsschutzverfahren widerspiegelte: So wurde in den USA 1966 der Freedom of Information Act verabschiedet und Kanada setzte einen Access to Information Act im Jahr 1985 um. Mexiko war diesbezüglich etwas zurückhaltender: Im März 2007 wurde die mexikanische Verfassung insofern geändert, als ein Recht für die Öffentlichkeit auf Zugang zu Informationen über Regierungshandeln aufgenommen wurde. 257  Choudhury, Recapturing, S. 812; Tienhaara, Third-Party Participation, S. 231. 258  UNCTAD, Transparency, S. 8. 259  Vgl. z. B. Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award vom 24. Juli 2008, Rn. 366, 379, 380 und 387. Vgl. auch Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S. A. and Interagua Servicios Integrales de Agua S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/17, Order in Response for Participation as Amicus Curiae vom 17. März 2006, Rn. 18. 260  Occidental Petroleum v. Ecuador, ICSID Case No. ARB/06/11, Final Award vom 5. Oktober 2012, Betrag: $ 1,769,625,000 (US); CME Czech Republic B.V. (The Netherlands) v. The Czech Republic, UNCITRAL, Final Award vom 14. März 2003 ($ 353 Millionen); vgl. auch Azurix Corp. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/01/12, Award vom 14. Juli 2006 ($ 165 Millionen); CMS Gas Transmission Company v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/01/08, Award vom 12. Mai 2005 ($ 133 Millionen).



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen225

Es ist weiterhin nicht erstaunlich, dass im Investitionsschutzrecht die Debatte um Transparenz zu den am hitzigst geführten überhaupt gehört. Hier treffen verschiedene Entwicklungslinien aufeinander und der Wert an Vertraulichkeit, Transparenz, Privatsphäre und Öffentlichkeit der Verfahren wurde mehrfach jeweils mit verschiedenem Schwerpunkt in den Vordergrund gerückt. Natürlich finden sich auch hier die grundsätzlichen Fragestellungen um die Interpretation des Status der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit als öffentliches Recht oder seine Nähe und ursprüngliche Verbundenheit zur Handelsschiedsgerichtsbarkeit wieder. So wurden zwar zum Beispiel im Jahr 2011 offiziell 46 Investitionsschiedsverfahren nach den verschiedenen Schiedsregeln anhängig gemacht. Hinzu kommt jedoch, dass noch immer eine Vielzahl von Fällen regelmäßig nicht bekannt gemacht wird, sodass die 46 gemeldeten Verfahren, die allein schon einen neuen Rekord markierten, wohl nur einen Teil der in 2011 tatsächlich durchgeführten Verfahren darstellen.261 Auch waren im Jahr 2011 von den 26 bekannten entschiedenen Verfahren sechs Urteile nicht einsehbar: „Of the 26 arbitral decisions rendered in 2011, eight decisions dealt exclusively with jurisdictional matters, 11 were awards on the merits, and one dealt with an application for annulment. Six decisions are known to have been issued but their text is not publicly available.“262

Transparenz der Verfahren ermöglicht es aber erst einer breiten interessierten oder wissenschaftlichen Öffentlichkeit, von den zu beurteilenden Aspekten des jeweiligen Rechtsstreits zu erfahren. Erst dadurch können oftmals betroffene Rechte erkannt und wahrgenommen werden. Transparenz beginnt bereits bei der öffentlichen Bekanntgabe der Verfahren. Im Rahmen von ICSID ist dies daher anders als in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit nunmehr stets ebenso erforderlich, wie dass die Parteien des Rechtsstreits publiziert werden.263 Weiterhin müssen inzwischen auch die tragenden Entscheidungsgründe öffentlich bekannt gegeben werden. Allein schon dadurch, dass ein Staat Beklagter ist und eine Entscheidung regelmäßig signifikante Auswirkungen über die beiden Streitparteien hinaus haben kann, unterscheiden sich Investitionsschiedsverfahren von denen der 261  Dies wird durch die Maßnahme von Ecuador bestätigt, das die IIA-Klagen veröffentlicht hatte, denen es sich stellen muss. So wurden dort bisher unbekannte Verfahren deutlich, vgl. Investment Arbitation Reporter, März 2012, Ecuador publishes list of arbitral claims, abrufbar unter: www.iareporter.com/articles/2012 0302_2. 262  UNCTAD, Latest Developments 2012, S. 1. 263  Dazu näher unter 4.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Handelsschiedsgerichtsbarkeit.264 Die systematische Trennung von kommerzieller und investitionsrechtlicher Schiedsgerichtsbarkeit erscheint inzwischen auch als allseitig anerkannt, selbst wenn Überschneidungen, insbesondere personeller, aber ebenso normativer Natur, unverkennbar sind. Ob jedoch das öffentliche Interesse bei kommerziellen Streitverfahren wirklich immer geringer ist als bei IIA-Verfahren, ist fraglich. So können beispielsweise bei einem Patentrechtsstreit die Implikationen für die Öffentlichkeit ausgesprochen groß sein, wenn zum Beispiel der Zugang der Öffentlichkeit zu generischen Medikamenten auf dem Spiel steht. Insofern können Fragen der Rechte von Menschen im Allgemeinen, von Arbeitern im Speziellen oder Fragen der Politik in einem Staat sowohl in einem kommerziellen als auch in einem investitionsrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen. Das Interesse der Öffentlichkeit an einem IIA-Verfahren könnte aber deshalb größer sein, weil ein Staat in das Verfahren als Beklagter involviert ist. Genau dies ist aber ebenso in Schiedsverfahren möglich, die auf Grundlage eines State Contract eingeleitet worden waren. Fraglich ist daher, ob das öffentliche Interesse in IIA-Verfahren wirklich ein anderes ist. Womöglich ergeben sich daraus besondere Anforderungen an potentielle Verfahrensgrundsätze wie den der Transparenz. Möglicherweise ist das öffentliche Interesse in solchen Verfahren besonders, weil die Zustimmung des Staates zum Verfahren im Vorfeld auf gewissem bilateralem oder multilateralem Druck basiert haben könnte, was bei State Contracts in der Regel nicht der Fall ist. Dies ist nicht auszuschließen. Jedoch wäre dann das öffentliche Interesse in Entwicklungsländern ein anderes als in Industriestaaten, wenn angenommen wird, dass letztere Druck auf erstere bei der Unterzeichnung der Investitionsschutzabkommes ausgeübt hatten. Die grundsätzlich gleiche Ausgangslage für beklagte Staaten, ob sie nun Entwicklungsländer oder Industriestaaten sind, spricht hingegen dafür, dass der Druck im Vorfeld des Vertragsschlusses nicht entscheidendes Kriterium dafür sein sollte, das öffentliche Interesse in IIA-Verfahren als ein besonderes anzusehen. e) Der Fall Saipem und das spezifische öffentliche Interesse als Grundlage von Transparenzvorgaben In dem spannenden Fall Saipem gegen Bangladesch wird möglicherweise deutlich, worin das spezifische öffentliche Interesse im Rahmen eines IIA264  Methanex Corp. v. USA, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as Amici Curiae vom 15. Januar 2001, Rn. 17.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen227

Verfahrens liegen könnte. Der Fall ist durch seine Verfahrensstruktur und -geschichte sehr illustrativ, da er vor verschiedenen Instanzen beziehungsweise Institutionen verhandelt wurde. Die italienische Firma Saipem schloss mit dem bangladeschischen Staatsunternehmen Petrobangla einen Vertrag nach bangladeschischem Recht, in dem eine ICC-Schiedsklausel mit Dhaka als Ort des Schiedsverfahrens vorgesehen war. Als sich Petrobangla weigerte, die Sicherheitssumme zurückzuzahlen, die in dem Vertrag vorgesehen war, obwohl Saipem zuvor eine entsprechende Gewährleistungssumme abgelöst hatte, entstand ein Rechtsstreit.265 Wie im Vertrag vorgesehen, leitete Saipem ein ICC-Verfahren266 mit Anhörungen in Dhaka ein. Nachdem Petrobangla dort mit einigen prozeduralen Anträgen abgewiesen worden war, entschied es sich, das Verfahren auf die staatlichen Gerichte von Bangladesch zu verlegen. Daraufhin beschied ein bangladeschisches Gericht, dass das ICC-Tribunal nicht entscheidungsbefugt sei, da es im Rahmen der Beweisfindung falsch vorgegangen sei. Dennoch setzte das ICC-Tribunal sein Verfahren fort, während Petrobangla versuchte, vor bangladeschischen Gerichten die Vorgaben des ICC-Tribunals außer Kraft zu setzen.267 Als das ICC-Tribunal schließlich einen Schiedsspruch fällte, in dem Petrobangla zur Zahlung verpflichtet wurde, bemühte sich Petrobangla schließlich darum, dieses Urteil aufzuheben. Die High Court Division des Obersten Gerichtshofs von Bangladesch erklärte dann die Unanwendbarkeit des Schiedsspruches des ICC-Tribunals. Letzterer beruhe auf falschen Annahmen und sei insofern bereits von vornherein nicht anwendbar, weil es keinen auf dem Recht basierenden Schiedsspruch gäbe. Ein nicht existierender Schiedsspruch könne weder aufgehoben noch durchgesetzt werden. Daraufhin leitete Saipem ein ICSID-Verfahren auf Grundlage des BIT zwischen Italien und Bangladesch268 ein, in dem Saipem insbesondere eine Verletzung der Art. 5 (Enteignung) und Art. 9 Abs. 1 (ICSID-Zuständigkeit) 265  Zum Verfahren und dessen Vorlauf, auf dem die folgenden Ausführungen beruhen, siehe Saipem S. p. A. v. Bangladesh, ICSID Case No. ARB/05/07, Decision on Jurisdiction and Recommendation on Provisional Measures vom 21. März 2007; siehe auch die Analyse der Entscheidung bei Park, Respecting the New York Convention, S.  65 ff. 266  International Chamber of Commerce mit Sitz in Paris. 267  Saipem S. p. A. v. Bangladesh, ICSID Case No. ARB/05/07, Award vom 30. Juni 2009, Rn. 11–24. 268  Agreement between the Government of the Republic of Italy and the Government of the People’s Republic of Bangladesh on the Promotion and Protection of Investments vom 20. März 1990.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

des BIT geltend machte.269 Das BIT sah jedoch vor, dass ein Investor-StaatSchiedsverfahren nur bei Klagen auf „Enteignung“ (expropriation) eingeleitet werden kann. Saipem brachte nunmehr vor, dass ihm sein Recht auf Schiedsrechtsprechung entzogen worden sei. Dieses Recht wurde vom ICSID-Tribunal wie eine Eigentumsposition behandelt und es kam zu dem Ergebnis, dass Bangladesch das BIT verletzt habe, indem es Saipem unrechtmäßig enteignet hätte. So hätten die Rechte Saipems aus dem Investitionsvertrag („contract rights“), wie sie sich im ICC-Urteil konkretisiert hatten, das Eigentum von Saipem dargestellt und Saipem sei diesbezüglich vom Staat Bangladesch enteignet worden, als er sie nicht anerkannte.270 Weiterhin entschied das ICSID-Tribunal, dass die Handlungen der bangladeschischen Gerichte, die im Wesentlichen Saipem vorenthielten, Nutzen aus dem ICC-Schiedsspruch zu ziehen, gleichbedeutend waren mit einer Wegnahme („taking“) der investitionsvertraglichen Rechte von Saipem, was einer illegalen Enteignung im Sinne von Art. 5 des BIT entspreche.271 Mithin habe sich Bangladesch völkerrechtlich rechtsmissbräuchlich verhalten272 und gegen die New York-Konvention verstoßen.273 Schließlich wurde daraufhin Saipem der Betrag zugesprochen, der ihm auch vom ICC-Tribunal zuerkannt worden war. Das Verfahren im Falle Saipem – auch wenn es wohl wegen seines ausufernden Eigentumsbegriffs kritisiert werden könnte – zeigte, dass Staaten bei Entscheidungen von Tribunalen auf Grundlage von State Contracts regelmäßig noch ihre Regelungsgewalt so einsetzen können, dass die Rechte eines Investors nicht zu einem Schiedsspruch führen oder dass dieser nicht durchgesetzt wird. Er zeigte aber auch, dass dies bei Tribunalen, die auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen entscheiden, weniger der Fall ist. Dies kann damit zusammenhängen, dass es bei einem Investitionsschutzabkommen auch immer zumindest einen weiteren beteiligten Staat gibt, auf den Rücksicht genommen wird. Daher haben die IIA-Tribunale die Möglichkeit, besonders stark wirkende Urteile zu verhängen, die sich insofern von denen anderer Tribunale unterscheiden. So wie sich die Urteile in ihrer Intensität unterscheiden, so unterscheiden sich auch die Interessen der Öffentlichkeit an den Verfahren. 269  Saipem S. p. A. v. Bangladesh, ICSID Case No. ARB/05/07, Award vom 30. Juni 2009, Rn. 95–97. 270  Ebd. Rn. 128, 202. 271  Ebd. Rn. 129, 201 f. 272  Ebd. Rn.  161 f. 273  Ebd. Rn.  167 f.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen229

Es handelt sich also um grundlegende und nicht nur graduelle Unterschiede, die nicht zuletzt auch die Anforderungen an Transparenz und Beteiligung Dritter in den Verfahren determinieren. Bevor auf Änderungen in der Verfahrensausgestaltung, die aus der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie abgeleitet werden können, näher eingegangen wird, sollen jedoch zunächst die bereits erfolgten Änderungen transparenzrelevanter Normen in der Investitionsschiedsgerichts­ barkeit und die Entwicklung ihrer Anwendung durch Investitionsschiedsgerichte beleuchtet werden. 3. Bereits erfolgte Änderungen transparenzrelevanter Normen des Investitionsschutzrechts In der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zeigen sich bereits nicht unerhebliche Änderungen der prozeduralen und materiellen einschlägigen Rechtsnormen, welche nunmehr kurz umrissen werden sollen, bevor geprüft werden wird, ob sich aus der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie noch andere Implikationen ergeben können, welche Eingang in die positiven Normen oder in deren Auslegung durch Investitionsschiedsgerichte finden könnten. Zunächst bauten die Investitionsverfahren nahezu gänzlich auf den handelsschiedsgerichtlichen Konstruktionen mit ihrem Schwerpunkt auf Vertraulichkeit auf.274 Durch die weiter gefassten Themenbereiche, die sich in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit auftaten, wurden jedoch recht bald auch Änderungen der Verfahrensausgestaltung umgesetzt, die sich insbesondere auf die Gewährung von öffentlichem Zugang zu den Anhörungen, aber auch auf die Teilnahme Dritter durch Amicus Curiae-Eingaben erstreckten.275 274  VanHarten, Investment Treaty Arbitration and Public Law, S. 159; Sornarajah, The Clash of Globalizations, S. 13–17. 275  Zum Begriff Bartholomeusz, The Amicus Curiae, S. 211. Während der IGH insofern sehr restriktiv vorgeht, berücksichtigt beispielsweise der EGMR recht konkrete und offenere Bestimmungen zu Beteiligung Dritter, vgl. European Convention on Human Rights vom 4. November 1950, 213 U.N.T.S. 222, Art. 36(2): „The President of the Court may, in the interest of the proper administration of justice, in­vite any High Contracting Party which is not a party to the proceedings or any person concerned who is not the applicant to submit written comments or take part in hearings.“. Zur Amicus-Praxis in der WTO: WTO, Understanding on Rules and Procedures Governing the Settlement of Disputes, Art. 17(9), abrufbar unter: www. wto.org/english/tratop_e/dispu_e/dispu_e.htm; siehe auch mit einem Schwerpunkt auf der WTO Mavroidis, Amicus Curiae Briefs, S. 2 ff.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Amicus Curiae Briefs erfolgen in der Regel durch schriftliche Eingaben gerichtet an das Tribunal. Sie sind jedoch begrifflich nicht darauf beschränkt, sondern können verschiedene Formen annehmen. a) Verfahrensordnungen Auf die Kritiken an zu großer Vertraulichkeit der Verfahren ist in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit bereits in nicht unerheblichem Ausmaß durch Neunormierung reagiert worden.276 Dies betraf insbesondere die prozessualen Vorschriften der beiden wichtigsten Verfahrensordnungen, die Arbitration Rules von ICSID und UNCITRAL, während andere Institutionen, vor denen Schiedsverfahren durchgeführt werden können, teils noch immer explizite Vertraulichkeitsanforderungen bestimmen, sowohl hinsichtlich der Durchführung von Verfahren277 als auch bezüglich der Veröffent­ lichung von Dokumenten und Urteilen.278 276  Auch wenn insbesondere einige Entwicklungsländer dem Trend zu mehr Transparenz skeptisch gegenüber stehen, erscheint dieser inzwischen weitgehend anerkannt und unumkehrbar, C. N. Brower, The Ethics of Arbitration, S. 28. 277  ICC Rules Art. 21(3): „Save with the approval of the Arbitral Tribunal and the parties, persons not involved in the proceedings shall not be admitted.“; LCIA Rules Art. 19.4: „All meetings and hearings shall be in private unless the parties agree otherwise in writing or the Arbitral Tribunal directs otherwise.“; SCC Rules Art. 27(3): „Unless otherwise agreed by the parties, hearings will be held in private.“. 278  LCIA Rules Art. 30.1 gibt an, dass „[u]nless the parties expressly agree in writing to the contrary, the parties undertake as a general principle to keep confidential all awards in their arbitration, together with all materials in the proceedings created for the purpose of the arbitration and all other documents produced by another party in the proceedings not otherwise in the public domain – save and to the extent that disclosure may be required of a party by legal duty, to protect or pursue a legal right or to enforce or challenge an award in bona fide legal proceed­ ings before a state court or other judicial authority.“. Ähnlich, Art. 30.2: „The deliberations of the Arbitral Tribunal are likewise confidential to its members, save and to the extent that disclosure of an arbitrator’s refusal to participate in the arbitration is required of the other members of the Arbitral Tribunal under Articles 10, 12 and 26.“ Zudem darf ein LCIA Court gemäß Rule 30.3 „not publish any award or any part of an award without the prior written consent of all parties and the Arbitral Tribunal.“. Siehe auch SCC Rules Art. 46: „Unless otherwise agreed by the parties, the SCC and the Arbitral Tribunal shall maintain the confidentiality of the arbitration and the award.“. Die Regeln der ICC sagen hingegen nichts zur Veröffentlichung von Awards und überlassen dies entweder dem anwendbaren Recht oder der Parteivereinbarung. Jedoch gestattet ICC Rules Art. 20(7), dass das Tribunal „may take measures for protecting trade secrets and confidential information“, aber statuiert damit gleichsam keine generelle Pflicht zur Vertraulichkeit.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen231

aa) ICSID ICSID wurde von Kommentatoren oftmals als Maßstab in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit angesehen, da die ICSID-Konvention von Beginn an die Interessen sowohl der Staaten als auch der Investoren weitgehend auszugleichen suchte.279 In der Tat war ICSID auch ein Vorreiter in der Veröffentlichung von eingeleiteten Schiedsverfahren, was als ein Minimalstandard der Transparenz angesehen werden könnte.280 Ein sichtbares Zeichen dieser Entwicklung zu mehr Transparenz sind aber insbesondere die Änderungen der ICSID Arbitration Rules von 2006.281 Nach Art. 44 der ICSID-Konvention werden die Verfahren gemäß den Arbitration Rules durchgeführt, wenn die Streitparteien nichts anderes vereinbaren. Die Änderungen in 2006 betrafen die Artikel 6, 32, 37, 39, 41 und 48 und damit auch wesentliche Transparenzvorschriften. In ICSID Arbitration Rule 48 (4) findet sich bezüglich der Veröffent­ lichung des Urteils nun folgende Bestimmung: „The Centre shall not publish the award without the consent of the parties. The Centre shall, however, promptly include in its publications excerpts of the legal reasoning of the Tribunal.“

ICSID führt Register und jährliche Reports über abgeschlossene Fälle, die auch auf der ICSID-Internetseite zugänglich sind. Neben der Regel, dass ICSID Urteile nur dann veröffentlicht, wenn beide Streitparteien zustimmen, ist es aber nicht unüblich, dass einzelne Streitparteien von sich aus die Entscheidungen publizieren. Während die ursprüngliche Arbitration Rule 32 vorsah, dass das Tribunal dritten Personen die Teilnahme an einer Verhandlung, Zeugenvernehmung oder Sachverständigenbefragung nur mit Zustimmung beider Streitparteien gestatten konnte, kann das Tribunal nunmehr Dritte zulassen, wenn der ICSID-Generalsekretär angehört wurde und keine Streitpartei widerspricht. So sieht zum Beispiel die neue Rule 32 (2) der ICSID Arbitration Rules von 2006 vor, dass Zugänge für weitere Beteiligte erfolgen können: „[…] 2)  Unless either party objects, the Tribunal, after consultation with the SecretaryGeneral, may allow other persons, besides the parties, their agents, counsel and 279  Caruba,

Resolving, S. 141. Third Party Participation, S. 187. 281  Zu den Änderungen der ICSID-Verfahrensordnung ausführlich McLachlan/ Shore/Weiniger, International Investment Arbitration, S. 57–60. Die Regeln sind abrufbar unter: https://icsid.worldbank.org/ICSID/StaticFiles/basicdoc/CRR_English-fi nal.pdf. 280  Zoellner,

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

advocates, witnesses and experts during their testimony, and officers of the Tribunal, to attend or observe all or part of the hearings, subject to appropriate logistical arrangements. The Tribunal shall for such cases establish procedures for the protection of proprietary or privileged information. […]“

Zudem werden die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses und nunmehr explizit auch die Annahme von Amicus Curiae-Briefs in Form schriftlicher Eingaben an das Schiedsgericht vorgesehen, selbst wenn die Streitparteien nicht zugestimmt haben sollten: ICSID Arbitration Rule 37: Visits and Inquiries; Submissions of Nondisputing Parties […] (2) After consulting both parties, the Tribunal may allow a person or entity that is not a party to the dispute (in this Rule called the „non-disputing party“) to file a written submission with the Tribunal regarding a matter within the scope of the dispute. In determining whether to allow such a filing, the Tribunal shall consider, among other things, the extent to which: (a)  the non-disputing party submission would assist the Tribunal in the determination of a factual or legal issue related to the proceeding by bringing a perspective, particular knowledge or insight that is different from that of the disputing parties; (b) the non-disputing party submission would address a matter within the scope of the dispute; (c)  the non-disputing party has a significant interest in the proceeding. The Tribunal shall ensure that the non-disputing party submission does not disrupt the proceeding or unduly burden or unfairly prejudice either party, and that both parties are given an opportunity to present their observations on the non-disputing party submission.

Hier kann festgestellt werden, dass das Tribunal bei der Frage der Zulassung von schriftlichen Eingaben zwar die Parteien konsultieren soll, deren Meinung aber überstimmen kann. Anders verhält es sich jedoch bei der Zulassung zu den mündlichen Anhörungen nach Rule 32. Hier steht die Zustimmung der Streitparteien über der Ansicht des Tribunals. Ohne deren explizite Zustimmung darf keine Nicht-Streitpartei zugelassen werden.282 Insofern bleibt auch nach den Amendments von 2006 noch immer ein de facto-Vetorecht für die Streitparteien.283 So soll durch die Regelungen der ICSID-Arbitration Rules sehr offensichtlich ein Ausgleich zwischen dem Interesse der Öffentlichkeit an Trans282  Vgl.

hierzu Newcombe, Sustainable Development, S. 357 ff. Third Party Participation, S. 196.

283  Zoellner,



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen233

parenz und den Interessen der Streitparteien an Fairness und Effizienz in der Streitschlichtung gefunden werden.284 Maßgebend ist daher die Formulierung in Rule 37 (2) lit. c), dass die antragstellende Nicht-Streitpartei ein erhebliches Interesse am Verfahren haben muss. Zusätzlich hat ICSID eine im Internet abrufbare Liste von laufenden und abgeschlossenen Verfahren erstellt285 und jede ICSID-Streitpartei hat das Recht, einen Schiedsspruch oder Beschlüsse des Tribunals zu veröffent­ lichen, wenn es keine entgegen stehende Vereinbarung zwischen den Streitparteien gibt.286 Hierbei wird aber deutlich, dass es noch immer weitgehend die Streitparteien sind, die bei ICSID-Verfahren über den Grad der anzuwendenden Transparenz entscheiden können. bb) UNCITRAL Auch die UNCITRAL-Regeln, die bis vor Kurzem im Wesentlichen seit 1976 unverändert waren287 und die ursprünglich für die Handelsschiedsgerichtsbarkeit entworfen worden waren und dort auch noch regelmäßig angewendet werden, wurden in den Jahren von 2006 bis 2010 überarbeitet.288 Die Revised Rules von 2010 (zuletzt um einen Absatz ergänzt im Jahr 2013) versuchen, einige Themen sehr präzise zu regeln, anstatt nur Richtlinien zu geben. Dazu gehören die Veröffentlichung der Einleitung des Verfahrens sowie bestimmter Dokumente, Eingaben von Nicht-Streitparteien, offene Anhörungen und die Veröffentlichung von Schiedssprüchen. In der Anwendung der UNCITRAL-Regelungen durch Schiedsgerichte wurde aber bereits vor Erstellung der Revised Rules hinsichtlich der Transparenz ein Element der Berücksichtigung des öffentlichen Interesses aufgenommen. Die zur Überarbeitung eingesetzte Working Group II, die sich mit Arbitration und Conciliation beschäftigte und die sich aus Vertretern aller UNCITRAL-Mitgliedstaaten zusammensetzte, versuchte eine rechtliche Grundlage für Transparenz in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zu entwi­ 284  UNCTAD,

Transparency, S. 45. unter: www.worldbank.org/icsid/cases/cases.htm. 286  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 35. 287  UN General Assembly, UNCITRAL Arbitration Rules, GA Res 31/98 vom 15. Dezember 1976, angenommen von UNCITRAL am 28. April 1976. 288  Die aktuelle Version ist abrufbar unter: www.uncitral.org/pdf/english/texts/ar bitration/arb-rules-revised/pre-arb-rules-revised.pdf. 285  Abrufbar

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

ckeln,289 wobei auch Draft rules on transparency in treaty-based investorState arbitration erstellt wurden.290 Die UNCITRAL-Kommission unterstrich in ihren Sitzungen der Jahre 2008291 sowie 2011292 und 2012293 ebenfalls stets die Wichtigkeit von Transparenz in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Transparenzbezogene Änderungen befanden sich somit lange Zeit im Stadium der Planung,294 wobei stets der Grundsatz galt, dass Anhörungen öffentlich durchgeführt werden sollten. Bezüglich der Beteiligung Dritter am Verfahren erschien es aber zunächst, als sollten diese auf schriftliche Eingaben beschränkt sein. Zudem wurde eine umfassende Kriterienbildung für diese beschränkte Beteiligung vorgesehen.295 Eine wohl nötige Differenzierung zwischen Handelsschiedsgerichtsbarkeit und Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in den UNCITRAL-­ Rules sollte dabei ebenfalls noch nicht installiert werden.296 Im Februar 2013 hatte sich die Arbeitsgruppe auf Ergebnisse hinsichtlich einer verstärkten Transparenz geeinigt, die vom UNCITRAL-Sekretariat in einen Final Draft gegossen und von der UNCITRAL-Kommission im Juli 2013 in Wien angenommen worden sind. Artikel 6 der neuen UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration sieht nunmehr Folgendes vor:

289  Die Unterlagen der Working Group sind abrufbar unter: www.uncitral.org/ uncitral/en/commission/working_groups/2Arbitration.html. 290  United Nations Commission on International Trade Law (2012), Settlement of Commercial Disputes: Preparation of a Legal Standard on Transparency in Treatybased Investor-State Arbitration (58th session, 4.–8. Februar 2013, New York). 291  United Nations Commission on International Trade Law (2008), Report of the United Nations Commission on International Trade Law (New York, 16. Juni–3. Juli 2008), UN General Assembly Document No. A/63/17 and Corrigendum. 292  United Nations Commission on International Trade Law (2011), Report of the United Nations Commission on International Trade Law (Wien, 27. Juni–8. Juli 2011), UN General Assembly Document No. A/66/17. 293  United Nations Commission on International Trade Law (2012), Report of Working Group II (Arbitration and Conciliation), Fifty-sixth Session (New York, 6.–10. Februar 2012), UN General Assembly Document No. A/CN.9/741. 294  United Nations Commission on International Trade Law (2012), Settlement of Commercial Disputes: Preparation of a Legal Standard on Transparency in Treatybased Investor-State Arbitration (New York, 6.–10. Februar und Wien, 1.–5. Oktober 2012), UN General Assembly Documents No. A/CN.9/WG.II/WP.169 and Addendum and A/CN.9/WG.II/WP.172. 295  Hierzu Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 221; Tienhaara, Third Party Participation, S. 238; VanDuzer, Enhancing, S. 688. 296  Vgl. Marshall/Mann, Revision, S. 14.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen235 Article 6. Hearings 1.  Subject to article 6, paragraphs 2 and 3, hearings for the presentation of evidence or for oral argument („hearings“) shall be public. 2.  Where there is a need to protect confidential information or the integrity of the arbitral process pursuant to article 7, the arbitral tribunal shall make arrangements to hold in private that part of the hearing requiring such protection. 3.  The arbitral tribunal shall make logistical arrangements to facilitate the public access to hearings (including where appropriate by organizing attendance through video links or such other means as it deems appropriate). However, the arbitral tribunal may, after consultation with the disputing parties, decide to hold all or part of the hearings in private where this becomes necessary for logistical reasons, such as when the circumstances render any original arrangement for public access to a hearing infeasible.297

Die mündlichen Verhandlungen sollen demnach grundsätzlich öffentlich stattfinden, unabhängig davon, ob die Streitparteien zustimmen. Lediglich nach Konsultation und nur, wenn es sich um vertrauliche Bereiche handelt, die es erforderlich machen, die Öffentlichkeit auszuschließen, solle dies ausnahmsweise geschehen. Weiterhin sollen alle relevanten Dokumente, wie die Ankündigung des Verfahrens, die Verhandlungen und die Urteile, veröffentlicht und bei einer Stelle, möglichst beim UNCITRAL-Sekretariat, hinterlegt werden. Auch wurde klar definiert, welche Ausnahmen vom Transparenzgebot gelten sollen. Dazu gehören vertrauliche Betriebsinformationen, Informationen, die nach dem Abkommen oder nach dem Recht des Gaststaates oder nach dem Recht, welches das Tribunal für anwendbar hält, als geschützt vor Veröffentlichung gelten, oder auch Informationen, welche die Rechtsdurchsetzung erschweren oder die grundlegenden Sicherheitsinteressen des Gaststaates gefährden können.298 Die neuen UNCITRAL-Transparenzregeln sind am 1. April 2014 in Kraft getreten und sollen ausschließlich auf Investitionsschiedsverfahren zwischen Staaten und Investoren auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen anwendbar sein.299 Sie sind ebenso wie die aktualisierten UNCITRAL Arbitration Rules 2013 gerade auch dazu bestimmt, einen Ausgleich 297  UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration, abrufbar unter: www.uncitral.org/pdf/english/texts/arbitration/rules-on-transparency/ Rules-on-Transparency-E.pdf. 298  IISD, Investment Treaty News, Issue 3, Volume 3, März 2013, S. 19, abrufbar unter: www.iisd.org/pdf/2013/iisd_itn_march_2013_en.pdf. 299  United Nations Information Service, Press Release vom 12. Juli 2013, UNIS/L/186, „UNCITRAL adopts Transparency Rules for treaty-based investorState arbitration and amends the UNCITRAL Arbitration Rules“, abrufbar unter: www.unis.unvienna.org/unis/en/pressrels/2013/unisl186.html.

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zwischen den Interessen der Streitparteien und dem öffentlichen Interesse zu finden.300 Eine neue Konvention der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 2014 (Convention on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitration, „Mauritius Convention on Transparency“) flankiert die neuen UNCITRAL-Transparenzregeln. Die Mauritius-Konvention ermöglicht die Anwendbarkeit dieser Transparenzregeln auf Schiedsverfahren auf Grundlage von Investitionsschutzabkommen, die bereits vor dem InKraft-Treten der Regeln am 1. April 2014 bestanden hatten, und zwar unabhängig davon, nach welchen Schiedsregeln die Verfahren durchgeführt werden.301 Sie liegt seit dem 17. März 2015 zur Unterzeichnung aus und tritt in Kraft, wenn mindestens drei Parteien sie ratifiziert haben. Zu den Unterzeichnerstaaten des ersten Tages zählten Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Finnland, Schweden, Mauritius, Kanada und die USA.302 Die neuen UNCITRAL-Transparenzregeln sind nach der Mauritius-Konvention anwendbar, wenn entweder sowohl der Gaststaat als auch der Heimatstaat des Investors Vertragsstaaten der Konvention sind (Art. 2 Nr. 1) oder wenn nur der Gaststaat Vertragsstaat der Konvention ist und der klagende Investor sich den neuen UNCITRAL-Transparenzregeln unterwirft (Art. 2 Nr. 2). Dieser Opt-In-Ansatz der Konvention sowie die weitreichenden Möglichkeiten für Vertragsstaaten, Vorbehalte zu erklären, scheint ein gangbarer und flexibler Weg der Änderung des positiven Investitionsschutzrechts hin zu mehr Transparenz in den Schiedsverfahren. Es kann damit auch als ein Beispiel für den Nachweis der Zugfunktion der Legitimität gelten, indem eine völlige Intransparenz von Investor-Staat-Schiedsverfahren nahezu einhellig als illegitim aufgefasst wurde und sich das positive Recht, die Legaltität, dieser Legitimitätswahrnehmung nunmehr anpasst. b) Internationale Investitionsabkommen Nach den Erfahrungen mit vorherigen Investitionsschutzverfahren, die auf Grundlage von NAFTA stattfanden, und um eigenen verfassungsrechtlichen 300  United Nations Information Service, Press Release vom 2. Juli 2013, UNIS/L/185, „UN Commission on International Trade Law to Hold 46 th Session in Vienna, 8–26 July 2013“, abrufbar unter: www.unis.unvienna.org/unis/en/press rels/2013/unisl185.html. 301  Also neben UNCITRAL insbesondere auch die ICSID-, ICC- und SCCSchiedsregeln. Hierzu Schill, The Mauritius Convention on Transparency. 302  Siehe www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/2014Transparency_ Convention_status.html.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen237

Anforderungen zu genügen, hatten Kanada und die USA zudem Selbstverpflichtungen zur Öffnung der NAFTA-Investitionsschutzverfahren abgegeben: „Having reviewed the operation of arbitration proceedings conducted under Chapter Eleven of the North American Free Trade Agreement, Canada affirms that it will consent, and will request the consent of disputing investors and, as applicable, tribunals, that hearings in Chapter Eleven disputes to which it is a party be open to the public, except to ensure the protection of confidential information, including business confidential information. Canada recommends that tribunals determine the appropriate logistical arrangements for open hearings in consultation with disputing parties. These arrangements may include, for example, use of closed-circuit television systems, Internet webcasting, or other forms of access.“303

Sehr deutliche Beispiele für die Aufnahme transparenzgenerierender Vorschriften in Investitionsschutzbkommen sind denn auch die Modell-BITs von Kanada und den USA.304 Sie bestimmen eine sehr weitgehende Öffnung der Verfahren, die sich auch auf die Veröffentlichung von relevanten Dokumenten bezieht.305 So sehen die Modell-BITs der USA von 2004 und 2012 vor: Article 29: Transparency of Arbitral Proceedings 1. […] the respondent shall, after receiving the following documents, promptly transmit them to the non-disputing Party and make them available to the public: (a)  the notice of intent […]; (b)  the notice of arbitration […]; (c)  pleadings, memorials, and briefs submitted to the tribunal by a disputing party and any written submissions submitted pursuant to Article 28(2) (Non-Disputing Party submissions) and (3) (Amicus Submissions) and Article 33 (Consolidation); (d)  minutes or transcripts of hearings of the tribunal, where available; and (e)  orders, awards, and decisions of the tribunal. 303  Für Kanada: www.international.gc.ca/trade-agreements-accords-commerciaux/ topics-domaines/disp-diff/nafta-transparency-alena-transparence.aspx?lang=eng. Das entsprechende US Statement findet sich unter: www.ustr.gov/archive/assets/Trade_ Agreements/Regional/NAFTA/asset_upload_file143_3602.pdf. Vgl. auch die Procedural Order Nr. 1 im UNCITRAL-Verfahren Glamis Gold v. USA, vom 3. März 2005, S. 2, Punkt 5(d): „the hearings may be made available for public viewing via closed circuit television broadcast into some room other than the room in which the hearings are held“. 304  Der Text des US-Modell-BITs von 2012 ist abrufbar unter: www.state.gov/ documents/organization/188371.pdf. Das kanadische Modell-BIT von 2004 (dort sind insbesondere Art. 34, 35, 38 und 39 relevant) findet sich unter: http://italaw. com/documents/Canadian2004-FIPA-model-en.pdf. 305  Bezüglich Transparenz in NAFTA und dem US-Modell-BIT siehe Coe, Transparency, S.  1339 ff.

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2.  The tribunal shall conduct hearings open to the public and shall determine, in consultation with the disputing parties, the appropriate logistical arrangements. However, any disputing party that intends to use information designated as protected information in a hearing shall so advise the tribunal. The tribunal shall make appropriate arrangements to protect the information from disclosure.306

Es gibt es auch neuere, in jüngerer Zeit bereits tatsächlich in Kraft getretene, Investitionsschutzabkommen, in die transparenzfördernde Vorschriften aufgenommen worden sind, wie beispielsweise das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Singapur vom 6. Mai 2002,307 das einen Abschnitt über „Transparency of Arbitral Proceedings“ enthält. In seinem Art. 15.20 Abs. 2 sieht es vor, dass [t]he tribunal shall conduct hearings open to the public and shall determine, in consultation with the disputing parties, the appropriate logistical arrangements. However, any disputing party that intends to use information designated as protected information in a hearing shall so advise the tribunal. The tribunal shall make appropriate arrangements to protect the information from disclosure.

Vergleichbare Vorschriften finden sich auch in weiteren Investitionsschutzabkommen zwischen den USA einerseits und Chile und Peru andererseits. Stets wird in diesen vorgesehen, dass der beklagte Gaststaat bestimmte Dokumente veröffentlichen muss und dass die Anhörungen öffentlich stattfinden sollen, wobei stets Bestimmungen für den Schutz vertraulicher Informationen vorgesehen sind. Ähnlich geht das Freihandelsabkommen zwischen Australien und Chile von 2008 vor, das in seinem Kapitel 10 sogar bestimmt, dass zusätzlich sehr spezielle Dokumente wie Pleadings, Briefs, Transcripts, Anordnungen des Tribunals und der abschließende Award veröffentlicht werden sollen: Chapter 10: Investment Article 10.22: Transparency of Arbitral Proceedings 1.  […] the respondent shall, after receiving the following documents, make them available to the public at their cost: (a)  the notice of intent […]; (b)  the notice of arbitration […]; (c) pleadings, memorials, and briefs submitted to the tribunal by a disputing party and any written submissions submitted pursuant to paragraphs 2 and 3 of Article 10.20, Article 10.21.2 and Article 10.26; (d)  minutes or transcripts of hearings of the tribunal, where available; and (e)  orders, awards, and decisions of the tribunal. 2. The tribunal shall conduct hearings open to the public […] 306  Hervorhebungen

durch den Autor. unter: www.ustr.gov/trade-agreements/free-trade-agreements/singa pore-fta/final-text. 307  Abrufbar



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen239

Eine solche Verfahrensöffnung sieht auch das geplante EU-Kanada-Abkommen CETA vor, das in seinem Art. X. 33 die Beteiligten zur Anwendung der UNCITRAL Transparenzregeln verpflichtet. Neuere technische Entwicklungen begünstigen die Öffnung der Verfahren ebenfalls zunehmend. So sind mit Zustimmung der beteiligten Parteien bereits ab 2002 ICSID-Verfahren in einen bestimmten Raum im Gebäude der Weltbank übertragen worden.308 Die Live-Übertragung über das Internet stellt eine neue Möglichkeit der Öffnung dar, die eine weit größere Zahl an Zuschauern erreichen kann. So wurde auf Grundlage von Artikel 10.21 des Dominican Republic – Central American Free Trade Agreement (DRCAFTA)309 im Mai und Juli 2010 die erste Live-Übertragung der Anhörungen im Verfahren Pac Rim Cayman LLC gegen El Salvador durchgeführt.310 Vergleichbares wurde später in den Verfahren Railroad Development Corporation gegen Guatemala311 und Commerce Group Corp. and San Sebastian Gold Mines, Inc. gegen El Salvador312 umgesetzt.313 Zusätzlich dazu kam es auch zur Aufnahme von Vorschrifen in Investitions­ schutzabkommen, die explizit auf die Integration Dritter, regelmäßig durch schriftliche Eingaben, eingehen. Auch hier waren die Modell-BITs von Kanada und den USA Vorreiter. So sehen die Modell-BITs der USA von 2004 und 2012 vor: Article 28: Conduct of the Arbitration […] 2.  The non-disputing Party may make oral and written submissions to the tribunal regarding the interpretation of this Treaty. 3. The tribunal shall have the authority to accept and consider amicus curiae submissions from a person or entity that is not a disputing party.

Näher konkretisiert, unter welchen Bedingungen ein Schiedsgericht Eingaben von nichtbeteiligten Dritten akzeptieren sollte, gibt zum Beispiel das BIT zwischen Kanada und Jordanien314 von 2009: 308  Dazu zählen unter anderem folgende NAFTA-Fälle: United Parcel Service of America, Inc. v. Government of Canada, UNCITRAL Arbitration Rules Proceeding, Award on Jurisdiction vom 22. November 2002 und Methanex Corporation v. U ­ nited States of America, UNCITRAL Arbitration Rules Proceeding, Final Award of the Tribunal on Jurisdiction and Merits vom 3. August 2005. 309  Text abrufbar unter: www.sice.oas.org/trade/cafta/caftadr_e/chapter1_5.asp. 310  Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/12, Decision on the Respondent’s Preliminary Objections Under CAFTA Articles 10.20.4 and 10.20.5 vom 2. August 2010. 311  Railroad Development Corporation (RDC) v. Republic of Guatemala, ICSID Case No. ARB/07/23, Award vom 29. Juni 2012. 312  Commerce Group Corp. and San Sebastian Gold Mines, Inc. v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB/09/17, Award vom 14. März 2011. 313  UNCTAD, Transparency, S. 40.

240

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Article 39: Submissions by a Non-disputing Party 1. Any non-disputing party that is a person of a Party, or has a significant presence in the territory of a Party, that wishes to file a written submission with a Tribunal („the applicant“) shall apply for leave from the Tribunal to file such a submission […] 2.–3. […] 4.  In determining whether to grant leave to file a non-disputing party submission, the Tribunal shall consider, among other things, the extent to which: (a)  the non-disputing party submission would assist the Tribunal in the determination of a factual or legal issue related to the arbitration by bringing a perspective, particular knowledge or insight that is different from that of the disputing parties; (b) the non-disputing party submission would address a matter within the scope of the dispute; (c)  the non-disputing party has a significant interest in the arbitration; and (d)  there is a public interest in the subject-matter of the arbitration. 5.  The Tribunal shall ensure that: (a)  any non-disputing party submission does not disrupt the proceedings; and (b)  no disputing party is unduly burdened or unfairly prejudiced by such submissions. […] 314

Diese Konkretisierungen kommen bereits den Bedingungen nahe, die die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie stellt und auf die weiter unten noch eingegangen werden wird. Eine ähnlich weitgehende Entwicklung ist aber insbesondere im Kontext des 1994 in Kraft getretenen NAFTA zu erkennen. Es kann dabei auch festgestellt werden, dass es insbesondere der Bereich des NAFTA war, in dem im Laufe der letzten Jahre wesentliche Fortschritte hin zu mehr Transparenz und Beteiligung der Zivilgesellschaft erkennbar und Maßstäbe gesetzt wurden.315 Am 31. Juli 2001 gaben die NAFTA-Parteien USA, Kanada und Mexiko vertreten durch die Free Trade-Kommission bekanntlich „Notes of Interpretation“ bezüglich der Bestimmungen des NAFTA-Investitionskapitels (Kapitel 11) heraus, die unter anderem weit mehr Transparenz in den Verfahren vorsahen. Dies betraf beispielsweise die Veröffentlichung der Verfahren, geltend gemachter Ansprüche, Schriftstücke, prozeduraler und materieller Beschlüsse der Schiedsgerichte sowie der Urteile selbst.316 314  Abrufbar unter: www.sice.oas.org/TPD/CAN_JOR/Text_CAN_JOR_e/CanadaJordanFIPA-eng.pdf. 315  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 34. 316  Statement of the NAFTA Free Trade Commission vom 31. Juli 2001 abrufbar unter: www.sice.oas.org/tpd/nafta/Commission/CH11understanding_e.asp.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen241

Jedoch wurden bereits zuvor durch NAFTA-Schiedsgerichte extensivere Interpretationen hinsichtlich der Transparenzvorgaben vorgenommen. Zu nennen sind hier die Urteile in den Verfahren Metalclad gegen Mexiko317, Loewen gegen die USA318 und insbesondere Methanex gegen die USA.319 4. Entwicklung der Anwendung durch die Investitionsschiedsgerichte In der Rechtsprechung der Investitionsschiedsgerichte gibt es einen Trend hin zu mehr Transparenz und Beteiligung Dritter in den Verfahren, der sich schon vor den Änderungen der prozeduralen Vorschriften abzeichnete.320 Zuvor hatte sich bereits in der WTO-Rechtsprechung mehr und mehr eine entsprechende Entwicklung vollzogen,321 wobei dort bereits seit 1994 im Appendix 3 zum WTO Dispute Settlement Understanding recht präzise Regelungen zur Zulassung von Dritten zu den Verfahren bestanden.322 Die 317  ICSID Case No. ARB(AF)/97/1, Award vom 30. August 2000, Rn. 13 (keine Restriktionen hinsichtlich der Transparenz, wenn die Streitparteien es wünschen). 318  ICSID Case No. ARB(AF)/98/3, Award on Jurisdiction vom 5. Januar 2001, Rn. 26 (Grundsatz der Vertraulichkeit in Investitionsschiedsverfahren nicht wünschenswert, da er den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über Regierungshandeln beschränken würde). 319  Dazu unten D. III. 4. b). 320  Dafür, dass es sich dabei um einen klaren Trend handelt, auch VanDuzer, Enhancing, S 686. 321  Vgl. z. B., United States – Import Prohibition of Certain Shrimp and Shrimp Products, WT/DS58/AB/R, 12. Oktober 1998. Siehe auch Dunoff, International Economic Disputes, S. 1224 ff. sowie Davey, The World Trade Organization’s Dispute Settlement System, S. 1206 ff.; zur Entwicklung der Transparenzrelevanten WTONormen siehe Charnovitz, Transparency and Participation in the World Trade ­Organization, S.  938  ff. 322  Vgl. Appendix 3 zum WTO Dispute Settlement Understanding: „6.  All third parties which have notified their interest in the dispute to the DSB shall be invited in writing to present their views during a session of the first substantive meeting of the panel set aside for that purpose. All such third parties may be present during the entirety of this session. […] 9. The parties to the dispute and any third party invited to present its views in accordance with Article 10 shall make available to the panel a written version of their oral statements. 10.  In the interest of full transparency, the presentations, rebuttals and statements referred to in paragraphs 5 to 9 shall be made in the presence of the parties. More­ over, each party’s written submissions, including any comments on the descriptive part of the report and responses to questions put by the panel, shall be made available to the other party or parties.“; siehe zu der gewollten Transparenz auch die Singapore Ministerial Declaration vom 13.12.1996, WT/MIN(96)/DEC vom 18. Dezember 1996, Rn. 9.

242

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Investitionsschiedsgerichte scheinen dieser Richtung zu folgen.323 Insofern bahnt sich eine Verschiebung weg von der grundsätzlichen Vertraulichkeit der Schiedsverfahren hin zu mehr Offenheit an.324 a) Aguas del Tunari S. A. gegen Bolivien Eine große Protestwelle setzte sich mit dem sogenannten Bechtel-Verfahren in Bewegung, benannt nach einem US-amerikanischen Großinvestor und Anteilseigner des Konsortiums Aguas del Tunari S. A. Dabei kam es bereits im Vorfeld zu weiten Protesten in der Öffentlichkeit. In diesem ICSID-Verfahren ging es um einen Vertrag aus dem Jahr 1999 zwischen der bolivianischen Stadt Cochabamba und dem genannten Konsortium Aguas del Tunari über die Wasserversorgung in der Stadt.325 In der Folge kam es in der Bevölkerung zu massiven Protesten gegen die Privatisierungsentscheidung. Das Konsortium warf daraufhin Bolivien mehrere Verletzungen des BIT zwischen Bolivien und den Niederlanden (1992) vor, die in der Rücknahme des Vertrages schon nach fünf Monaten gegipfelt hätten, und strengte ein Verfahren vor einem ICSID-Schiedsgericht an. Bereits früh ersuchten Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organizations, NGOs) das angerufene ICSID-Tribunal um Teilnahme am Verfahren. So erbaten sie die Gewährung aller Rechte, die den Streitparteien zustanden, wozu neben Zugang zu allen relevanten Dokumenten auch Eingaben zu jurisdiktionellen, prozeduralen und materiellen Fragen sowie die Teilnahme an den Anhörungen gehörten, verbunden mit dem Recht, dort sprechen zu dürfen. Darüber hinaus regten die NGOs an, alle Dokumente des Verfahrens sowie die Anhörungen öffentlich zu machen.326 Der Präsident des Schiedsgerichts antwortete darauf wie folgt: „[T]he Tribunal’s unanimous opinion [is] that your core requests are beyond the power of the authority of the Tribunal to grant. The interplay of the two treaties involved (the Convention on the Settlement of Investment Disputes and the 1992 Bilateral Agreement on Encouragement and Reciprocal Protection of Investments between the Kingdom of the Netherlands and Bolivia) and the consensual nature 323  Mistelis,

Third Party Participation, S. 217 ff. Legum, Trends, S.  143 ff. 325  ICSID Case No. ARB/02/3, Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction vom 21. Oktober 2005. 326  Petition of La Coordinadora para la Defensa del Agua y Vida, La Federacion Departamental Cochabambina de Organizaciones Regantes, Semapa Sur, Friends of the Earth-Netherlands, Oscar Olivera, Omar Fernandez, Father Luis Sanchez, and Congressman Jorge Alvarado to the Arbitral Tribunal, Tunari, ICSID Rev. Foreign Investment Law Journal 20 (2005), S. 450, 457 f., Rn. 15. 324  Vgl.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen243 of arbitration places the control of the issues you raise with the parties, not the Tribunal. In particular, it is manifestly clear to the Tribunal that it does not, absent the agreement of the Parties, have the power to join a nonparty to the proceedings; to provide access to hearings to non parties and, a fortiori, to the public generally; or to make the documents of the proceedings public.“327

Hinsichtlich möglicher Amicus Curiae-Briefs gab das Tribnal an, dass es zur Zeit der Anfrage noch keinen Bedarf dafür sah, dieses aber für spätere Zeitpunkte in Betracht zog.328 Das heißt also, dass das Tribunal selbst dann, wenn die Streitparteien solch eine Eingabe nicht befürworteten, es zur Informationsbeschaffung auf Dritte durch Amicus Curiae-Briefs oder im Rahmen von Zeugenvernehmungen zurückzukommen gedachte. Dabei stützte sich das Schiedsgericht womöglich bereits auf eine Praxis der zwischenstaatlichen WTO-Streitbeilegung, bei der zunehmend Amicus Curiae-Briefs von NGOs von den zuständigen Panels akzeptiert werden.329 b) Methanex gegen die USA Eine einschneidende Zäsur in der Schiedsrechtsprechung bezüglich Transparenz und Beteiligung Dritter bildete das Verfahren im Fall Methanex gegen die USA. Der kanadische Investor Methanex, der Methanol produzierte, das insbesondere in der Herstellung von Kraftstoffen Verwendung fand, wandte sich im Jahr 1999 gegen Gesundheits- und Umweltvorschriften des Staates Kalifornien, welche die Nichtverwendung von Methanol in Kraftstoffen vorsahen, da eine Gesundheits- und Umweltgefährdung nach Angaben einer wissenschaftlichen Studie möglich schien (MTBE Public Health and Environment Protection Act von 1997). Dieses Verbot soll nach Ansicht von Methanex unter anderem enteignenden und diskriminierenden Charakter gehabt haben, weil der kalifornische Staat Ethanol anstelle von Methanol für die Treibstoffherstellung verwendet sehen wollte, wie es viele US-ame­ rikanische Firmen produzierten.330 Methanex leitete daher gegen die USA 327  Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction vom 21. Oktober 2005, Rn. 17. 328  Ebd. 329  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 36. Das Shrimp/Turtle-Verfahren war das erste WTO-Verfahren mit Beteiligung von NGOs durch Amicus Curiae Briefs. Dazu ausführlich, De Brabandere, NGOs and the „Public Interest“, S. 96 f. Ein Überblick zur NGO-Beteiligung in WTO-Verfahren bietet Van den Bossche, NGO Involvement in the WTO, S.  717 ff. 330  Dougherty, Note, S. 749.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

ein Verfahren nach dem NAFTA-Abkommen und den noch unmodifizierten UNCITRAL-Rules von 1976 ein. Mehrere NGOs ersuchten dabei das Schiedsgericht um die Zulassung der Unterbreitung von schriftlichen Eingaben, die Zur-Verfügung-Stellung der Stellungnahmen und Dokumente der Streitparteien und um die Teilnahme an den Anhörungen, bei denen sie auch auftreten wollten.331 Die NGO International Institute for Sustainable Development (IISD) ging davon aus, dass sie ein Recht auf Intervention im Methanex-Verfahren habe, weil die Entscheidung des Tribunals von „öffentlicher Wichtigkeit“ wegen der Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit sei. Auch würde das Fehlen einer Berufungsinstanz dafür sprechen, eine größere öffentliche Beteiligung herstellen zu müssen.332 Während die USA und Kanada dem Tribunal weitgehend Freiraum in seiner Entscheidung bezüglich der Zulassung von schriftlichen Eingaben dieser NGOs gewährten und die Zulassung derselben unter anderem explizit mit dem Argument unterstützten, dass mehr Transparenz zu einer steigenden prozeduralen Legitimität führen würde,333 wies Mexiko auf damit verbundene Gefahren hin. So könnten die Streitparteien den Inhalt der Eingaben nicht auf Richtigkeit hinsichtlich der dort genannten Fakten überprüfen, zum anderen seien die Auswirkungen, die eine Zulassung von Dritten haben kann, nicht absehbar, insbesondere könnten Investoren abgeschreckt werden.334 Durch innovative Interpretation von Artikel 15 der UNCITRAL-Regeln von 1976 gestattete das Schiedsgericht schließlich die Eingabe von schriftlichen Stellungnahmen.335 Artikel 15 der damaligen UNCITRAL-Rules lautet: Subject to these Rules, the arbitral tribunal may conduct the arbitration in such manner as it considers appropriate, provided that the parties are treated with equa331  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001; vgl. die Diskussion in Viñuales, Amicus Intervention, S. 72 ff. 332  Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001, Rn. 5 f. 333  Ebd., Rn. 49. Hier wurde neben hoher Kosten unter anderem angeführt, dass die Amici an der Seite der USA und zu Lasten des Investors in das Verfahren eintreten würden. 334  Ebd., Rn. 14. 335  Ebd., Rn. 32: „[T]he receipt of written submissions from a non-party third person does not necessarily offend the philosophy of international arbitration in­ volving states and non-state parties.“; vgl. hierzu die Ausführungen bei Dumberry, Admissibility, S.  208 ff.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen245 lity and that at any stage of the proceedings each party is given a full opportunity of presenting his case. […]336

Das Schiedsgericht ging davon aus, dass der weite Spielraum, den ihm Art. 15 gewährte, auch die Annahme von Amicus-Eingaben gestattete, wenn es dies wollte, und führte dazu aus: „[The] arbitral process could benefit from being perceived as more open or transparent; or conversely be harmed if seen as unduly secretive. In this regard, the Tribunal’s willingness to receive amicus submissions might support the process in general and this arbitration in particular; whereas a blanket refusal could do positive harm.“337

Es war dem Tribunal dabei insbesondere wichtig, dass dadurch Aspekte des „öffentlichen Interesses“ in das Verfahren integriert werden könnten.338 Hinsichtlich der Teilnahme an den Anhörungen und der Gewährung eines Status ähnlich der Streitparteien statuierte es hingegen: „Article 15(1) is intended to provide the broadest procedural flexibility within fundamental safeguards, to be applied by the arbitration tribunal to fit the par­ ticular needs of the particular arbitration. As procedural provision, however, it cannot grant the Tribunal any power to add further disputing parties to the arbitration, nor to accord to persons who are non-parties the substantive status, rights or privileges of a Disputing Party. Likewise, the Tribunal can have no power to accord to any third person the substantive rights of NAFTA Parties under Article 1128 of NAFTA. The issue is whether Article 15(1) grants the Tribunal any lesser procedural power in regard to non-party third persons, such as the Petitioners here.“339

Somit fühlte sich das Tribunal frei in seiner Entscheidung, klassische Amicus Curiae-Eingaben zuzulassen, und tat dies auch. Hingegen lehnte das Tribunal ab, den ersuchenden NGOs Verfahrensdokumente zur Verfügung zu stellen oder sie an den Anhörungen teilnehmen zu lassen, da die Streitparteien dies nicht gestatteten. Ähnlich sah sich das Tribunal wegen der In-Camera-Bestimmung des Art. 25 (4) der damaligen UNCITRAL-Rules bezüglich der Durchführung von öffentlichen Anhörungen an den Parteiwillen gebunden. Solche Anhörungen wurden von den Parteien jedoch zugelassen. 336  Arbitration Rules of the United Nations Commission on International Trade Law, G.A. Res. 31/98, at Art. 15(1), U.N. GAOR, 31st Sess., Supp. No. 17, U.N. Doc. A/31/17 (Dec. 15, 1976). 337  Methanex Corporation v. United States of America, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001, S. 22, Rn. 49. 338  Ebd. 339  Ebd., Rn. 27.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Das Tribunal stellte jedenfalls fest, dass der Fall einen Gegenstand mit besonderem öffentlichem Interesse betroffen habe und dieses nicht nur, weil eine der Streitparteien ein Staat sei, sondern weil es sich um Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge und Themen der Gesundheit gehandelt habe.340 Das heißt also, dass auch hier das Gericht untersuchte, inwieweit das öffentliche Interesse betroffen war, da es an diesem Maßstab festmachte, ob im konkreten Fall schriftliche Stellungnahmen zulässig sein können oder nicht. Dies unterstützt also die oben dargelegte Annahme, dass das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Verfahren nachweisbar sein kann. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Intervenienten in der gemeinsamen schriftlichen Eingabe zunächst darauf abstellten, dass das Tribunal die hergebrachten Prinzipien des Völkerrechts anwenden solle.341 Gleichsam verwiesen die Amici das Tribunal sodann auf Legitimität als einen entscheidenden zu berücksichtigenden Faktor,342 wobei mit diesem Prinzip aber wohl eher die Legitimität der Handlungen der kalifornischen Behörden angesprochen wurde. Aber auch das Vorsorgeprinzip wurde erwähnt, welches weitgehend im internationalen Recht anerkannt sei und nach welchem Kalifornien das Recht und die Pflicht gehabt habe, das Trinkwasser seiner Bürger zu schützen, was sich aus dem UN-Zivilpakt ergebe.343 Hier stellten also die NGOs direkt auf subjektive Rechte von Menschen ab. Die spätere Entscheidung im Fall UPS gegen Kanada folgte im Wesentlichen der Argumentation des Schiedsgerichts im Fall Methanex bezüglich dieser Transparenzvorgaben.344 Sogar das ICSID-Tribunal im Verfahren 340  Ebd.,

Rn. 49. of Non-Disputing Parties Bluewater Network, Communities for a better Environment and Center for International Environmental Law in the Arbitration under Chapter Eleven of the North American Free Trade Agreement and the UNCITRAL Arbitration Rules between Methanex Corporation and the United States of America vom 9. März 2004, Rn. 2, abrufbar unter: www.ciel.org/Publications/ MethanexAmicusSubmission_Mar04.pdf. 342  Ebd. 343  Ebd. Rn. 15. 344  Im UPS-Verfahren hat United Parcel Service behauptet, dass Canada Post seine Briefmonopol-Infrastruktur in wettbewerbswidriger Weise mit dem Ziel ausnutzte, die Kosten für die Brief- und Paketzustellung zu minimieren. Vgl. dazu United Parcel Service of America v. Canada, Award on the Merits vom 24. Mai 2007, Rn. 32. Es gingen mehrere Anträge auf Beteiligung von Nichtstreitparteien ein, darunter der Canadian Union of Postal Workers, die etwa 90.000 aktuelle und ehemalige Beschäftigte der Canada Post repräsentierte, und des Council of Canadians, einer NGO mit 100.000 Mitgliedern. Diese Organisationen stellten einen gemeinsamen Antrag und machten „direct interests“ am Verfahren geltend, vgl. Canadian Union of Postal Workers and The Council of Canadians, Petition to the Arbitral Tribunal, Rn. 24–34, 77. 341  Submission



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen247

Suez / Vivendi gegen Argentinien stützte die Annahme von klassischen Amicus Curiae-Eingaben auf Art. 44 der ICSID-Konvention und die Argumentation, die das Tribunal im Methanex-Fall bezüglich Art. 15 der UN­CITRALRules von 1976 angewendet hatte.345 c) Glamis Gold gegen die USA Ein weiteres NAFTA-Verfahren, das nach den UNCITRAL-Regeln durchgeführt worden war, ist der Fall Glamis Gold gegen die USA. In diesem Verfahren ging es um den bergmännischen Abbau von Rohstoffen in einem Gebiet, das für ein indigenes Volk, die Quechan Indian Nation, hohe reli­ giöse Bedeutung hat. Neben bestimmten NGOs, meist aus dem Umweltschutzbereich, hat auch dieser Indianerstamm darum ersucht, schriftliche Stellungnahmen unterbreiten zu dürfen, unter anderem, weil sich dessen Mitglieder von den USA in dem Verfahren nicht angemessen vertreten fühlten.346 Die Vertreter des Stammes führten an, dass sie eine eigene neue Perspektive in das NAFTAVerfahren einbringen würden, indem sie die Kompetenz bezüglich der sozialen, kulturellen und religiösen Bedeutung der Region um die Mine hätten und wiesen auch auf die Schwere der Verletzung des Landes und des Stammes hin, welche die vom Konzern betriebenen Minen bewirkten. Das Glamis-Tribunal nahm hier erstmals eine deutliche Differenzierung zwischen den verschiedenen Antragstellern vor. Während auf die Anträge und Eingaben von vier Umweltorganisationen und die der nationalen Minengesellschaft der USA vom Gericht nicht eingegangen wurde, wurde die Unterbreitung von klassischen Amicus Curiae-Eingaben durch den Indianerstamm hingegen zugelassen.347 Dabei ist auch interessant zu sehen, dass das Tribunal seine Autorität, Amicus Curiae-Eingaben zuzulassen, explizit auf das Statement der NAFTAFree Trade Commission bezüglich Non-Disputing Party Participation stützDie Canadian Union of Postal Workers war besorgt um potentielle Auswirkungen auf die Beschäftigten, die von Umstrukturierungen und Kurzarbeit bis zu dauerhaftem Jobverlust reichen konnten, vgl. ebd. Rn. 27–29. Der Council of Canadians war besorgt wegen möglicher höherer Kosten und weniger Serviceleistungen, gerade auch für ländliche Regionen oder ältere Menschen, ebd. Rn. 30–34. 345  Vgl. Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S. A., and Vivendi Universal S. A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005, Rn. 13. 346  Zur Problematik der Einbeziehung solcher Gruppen auch vor dem Hintergrund des Glamis-Falles ausführlich Bjorklund, The Participation, S. 298 ff. 347  Vgl. zur Zulassung von indigenen Bevölkerungen in WTO-Verfahren auch Davis, New Developments, S.  15 f.

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te und nicht auf die UNCITRAL-Regelungen. Auch im Statement wurde es als erforderlich erachtet, dass geprüft werden müsse, ob eine Nicht-Streitpartei „ein signifikantes Interesse an dem Verfahren hat und ob es ein öffentliches Interesse am Gegenstand des Verfahrens“ gibt.348 Diese Differenzierung zwischen den verschiedenen Antragstellern, die vom Tribunal im Glamis Gold-Fall vorgenommen wurde, könnte eine zielführende Maßnahme gewesen sein, die dazu beitragen kann, eine dynamische Komponente auch in der Zulassung der Beteiligung Dritter in Verfahren zu installieren. d) Weitere Verfahren Auch im Verfahren Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. gegen die Vereinigte Republik von Tansania, in dem es um die Privatisierung der Wasserversorgung in Dar-es-Salaam ging und das nach den ICSID-Vorschriften durchgeführt worden war, wurde der unterschiedliche Ansatz der ICSID Arbitration Rules 32 und 37 deutlich. So wurden unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses349 letztlich schriftliche Eingaben von Dritten zugelassen, diesen jedoch Zugang zu den relevanten Dokumenten und Anhörungen verweigert.350 Dabei wurden die Stellungnahmen der Dritten vom Schiedsgericht insofern als besonders hilfreich eingestuft, als sie Perspektiven aufgezeigt hätten, die von denen beider Streitparteien grundlegend abwichen.351 Das öffentliche Interesse wurde von den Amici unter anderem mit der großen Betroffenheit der lokalen Bevölkerung in Tansania begründet352 und vom Tribunal bestätigt.353 Die Intervenienten begründeten ihren Antrag auf Zulassung der Eingaben aber auch damit, dass die Beteiligung von Amici Curiae heutzutage die Norm in Investitionsschutzverfahren sei, in denen ein öffentliches Interesse eine Rolle spielte, wobei eine Nichtzulassung die Legitimität der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit in Frage stellen würde.354 348  Statement of the Free Trade Commission on Non-Disputing Party Participation, B.6(c)–(d). 349  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Rn. 51–52. 350  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award vom 24. Juli 2008, Rn. 62–72; siehe dazu auch McDougall/ Santens, ICSID Tribunals Apply New Rules on Amicus Curiae, S. 69 ff. 351  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Award vom 24. Juli 2008, Award, Rn. 359. 352  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Rn. 12. 353  Ebd., Rn. 50. 354  Vgl. hierzu Overly, When Private Stakeholders Fail, S. 376.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen249

Insbesondere unterstrich das Tribunal, dass die Antragsteller ein langdauerndes genuines Interesse an den zu verhandelnden Themen wie nachhaltige Entwicklung, vertreten durch das Center for International Environmental Law (CIEL) und das International Institute for Sustainable Devel­opment (IISD), besäßen, wodurch diese auch eine ausgewiesene Expertise innehätten. Ebenfalls durfte das Legal and Human Rights Centre (LHRC) Eingaben machen. Nachdem das Tribunal feststellte, dass es im Rahmen von ICSID keinen allgemeinen „Amicus-Status“ gebe und dass daher die Zulassungsentscheidungen auf einer ad hoc-Basis zu fällen seien, bejahte es das Vorliegen der Kriterien aus der ICSID Arbitration Rule 37 und forderte die Intervenienten auf, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.355 Dies zeigt, wie hilfreich explizite Normierungen und Maßstäbe sein können. Denn während im Methanex-Fall das UNCITRAL-Tribunal noch einen hohen Begründungsaufwand betreiben musste, um Amicus Curiae-Eingaben zulassen zu können, genügte es dem Schiedsgericht im Biwater-Fall, auf die ICSID Arbitration Rule 37 abzustellen.356 Sehr bemerkenswert ist dabei, dass beide prozeduralen Beschlüsse in hohem Maße auf öffentliches Interesse als entscheidendes Element abgestellt hatten.357 Ein weiteres für die Entwicklung von Transparenz- und Drittbeteiligungsmaßstäben wichtiges Verfahren war Suez, Sociedad General de Agua de Barcelona S.A. and Vivendi Universal S. A. gegen die Argentinische Republik, in dem ebenfalls die Unterbreitung von klassischen Amicus-CuriaeBriefs gestattet wurde, aber nicht der Zugang zu Dokumenten und Teilnahme an den Anhörungen.358 In einem ICSID-Verfahren gegen Ungarn aus dem Jahr 2009 auf Grundlage des ECT wurde auch der EU-Kommission gemäß der neuen Rule 37 355  Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Rn. 12. Ebd., Rn. 55. 356  Overly, When Private Stakeholders Fail, S. 375. 357  Vgl. Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB/05/22, Procedural Order Nr. 5 vom 2. Februar 2007, Rn. 51; Methanex Corp. v. United States, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Persons to Intervene as Amicus Curiae vom 15. Januar 2001, Rn. 49; Overly, When Private Stakeholders Fail, S. 375, sieht darin eine direkte Verbindung zur Legitimität. 358  Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, S. A. and Vivendi Universal, S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition by Five Non-Governmental Organizations for Permission to make an amicus curiae Submission vom 12. Februar 2007, Rn. 27.

250

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

(2) erlaubt, in das Verfahren einzugreifen und insbesondere die Relevanz des Europarechts für dieses Verfahren darzulegen.359 Dies zeigt, dass einige Tribunale bereit sind, ihre Verfahren mehr und mehr zu öffnen und damit gewachsenen Anforderungen an Transparenz und Beteiligung Dritter gerecht zu werden.360 Während es zuvor hauptsächlich NGOs waren, welche die Zulassung zu den Verfahren oder die Eingabe schriftlicher Stellungnahmen beantragten, ist heute auch eine Vielzahl anderer Antragsteller tätig geworden, wie zum Beispiel die Quechan-Indianer oder auch die National Mining Association, eine Vertretung US-amerikanischer Minenarbeiter,361 im Glamis Gold-Fall.362 Viele Tribunale ließen also klassische Amicus Curiae-Eingaben von Nicht-Streiparteien zu,363 nicht jedoch die Teilnahme an den Anhörungen selbst. Inwieweit die Amicus Curiae-Eingaben Einfluss auf die Entscheidung der Tribunale hatten, kann derzeit jedoch noch kaum eruiert werden.364 359  AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Erömü Kft. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB/07/22, Procedural order concerning the application of a non-disputing party to file a written submission pursuant to ICSID Arbitration Rule 37(2) vom 26. November 2008 (nicht veröffentlicht); siehe auch Electrabel v. Republic of Hungary, ICSID Case No. Arb/07/19 in dem das Tribunal zuließ, dass die EU-Kommission Zugang zu den Anhörungen erhielt, damit sie ihre rechtlichen Eingaben auf die Argumente der Parteien in den Verfahren abstimmen konnte. Siehe hierzu Peterson, European Commission seeks to intervene. 360  Vgl. Kinnear, Transparency and Third Party Participation in Investor-State Dispute Settlement, sowie Triantafilou, A More Expansive Role for Amici Curiae in Investment Arbitration? 361  Tienhaara, Third Party Participation, S. 238 f. 362  Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 209. 363  Vgl. die Ausführungen in Aguas Argentinas S. A. Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, S. A. and Vivendi Universal S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005, Rn. 10–16; siehe auch ICSID-Konvention Art. 44: „If any question of procedure arises which is not covered by this Section or the Arbitration Rules or any rules agreed by the parties, the Tribunal shall decide the question.“. Das Tribunal in Aguas Argentinas ging ähnlich wie das Methanex-Tribunal vor. Insbesondere stellte es darauf ab, welche Kriterien in den NAFTAVerfahren aufgestellt wurden, ob die Antragsteller angemessenen Input geben könnten und ob ihre Eingaben Relevanz für das öffentlichte Interesse hätten. Das gleiche Tribunal ließ in einem anderen Verfahren ebenfalls Amicus Curiae-Eingaben zu, vgl. Aguas Provinciales de Santa Fe S. A. v. Argentina, ICSID Case No. ARB/ 03/17, Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 17. März 2006, Rn. 11–16. 364  Vgl. UNCTAD, Transparency, S. 10; De Brabandere, NGOs and the „Public Interest“, S. 111. So wurde im Methanex-Award zwar die sorgfältige Begründung der Eingaben unterstrichen, letztlich aber nicht deutlich gemacht, ob und wenn ja, inwiefern sie die Entscheidung des Tribunals beeinflusst haben, Methanex, Final



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen251

Dennoch bleibt festzustellen, dass es in den letzten Jahren einen spürbaren und nachweisbaren Trend hin zu mehr Transparenz und Beteiligung Dritter in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit gibt.365 Diese Praxis der Schiedsgerichte erscheint aber in weiten Teilen unformalisiert und ungeordnet sowie mit einem weiten Spielraum für die Tribunale versehen.366 Dies führte wohl auch dazu, dass ein Schiedsgericht in einem neueren Fall wiederum einen ganz anderen Weg einschlug. Das Tribunal in den verbundenen Verfahren von Pezold gegen Simbabwe und Border Timbers gegen Simbabwe lehnte zum einen den Antrag auf Eingabe einer schrift­ lichen Stellungnahme vom European Center of Constitutional and Human Rights (ECCHR) ab, zum anderen aber auch von vier indigenen Gemeinschaften, den Chikukwa, Ngorima, Chinyai und Nyaruwa, da sie die Anforderungen aus Art. 37 (2) der ICSID Arbitration Rules nicht erfüllten. Die indigenen Gemeinschaften hatten angegeben, dass sie eine besondere kulturelle Identität und Sozialgeschichte hätten, welche untrennbar mit dem Land ihrer Vorfahren in Verbindung stünde. Der Ausgang des Verfahrens betreffe nicht nur die künftigen Rechte und Pflichten der Streitparteien, sondern hätte auch potentiell Auswirkungen auf die kollektiven und individuellen Rechte der indigenen Gemeinschaften bezüglich des betreffenden Areals in Simbabwe, dem bis jetzt genutzten Land ihrer Vorfahren.367 Die Ablehnung aller Eingaben und sonstiger Beteiligungsrechte begründete das Tribunal unter anderem damit, dass es zum einen „legitime Zweifel“ an der Unabhängigkeit beziehungsweise der Neutralität der Amici gebe,368 zum anderen sei die Berücksichtigung der Rechte indigener Völker nicht Bestandteil des Mandats des Tribunals nach der ICSID-Konvention und den anwendbaren BITs.369 Award vom 3. August 2005, Rn. 27. Als besonders deutliche Ausnahme kann hierbei der Biwater Gauff-Fall gelten, in dem das Tribunal ausführlich die Eingaben der Amici wiedergegeben und zusammengefasst hat und die Eingaben als „hilfreich“ einstufte: Biwater Gauff, ICSID Case No ARB/05/22, Award vom 24. Juli 2008, Rn. 356–391, 392, wobei auch hier nicht deutlich gemacht wurde, welche Auswirkung die Eingaben letztlich tatsächlich auf die Entscheidung des Schiedsgerichts hatten. 365  VanDuzer, Enhancing, S. 681. 366  Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 214. 367  Bernhard von Pezold et al. v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/15, and Border Timbers Limited et al. v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB/10/25, Procedural Order No. 2 vom 26. Juni 2012, Rn. 21. 368  Ebd., Rn. 56. 369  Ebd., Rn. 59.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Eine Systematisierung der Beteiligung von Dritten in den Investitionsschutzverfahren erscheint daher angebracht und erforderlich.370 Um aber einen systematischen und ganzheitlichen Ansatz zu erreichen, sind übergreifende Maßstäbe notwendig, welche die Anwendung der noch sehr weit gefassten Verfahrensnormen determinieren. 5. Zu den Anforderungen, die die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie an die Verfahrensausgestaltung stellt – der Amicus Causae a) Grundlagen Selbst wenn, wie dargestellt, inzwischen von vielen Schiedsgerichten mehr und mehr Beteiligungsrechte für Dritte gewährt werden, bleibt die Akzeptanz und Berücksichtigung solcher noch immer beschränkt371 und die Umsetzung weitgehend unformalisiert sowie kaum vorhersehbar.372 Auch ob der Gaststaat in der Lage dazu ist, die betroffenen Bürger in einem konkreten Verfahren angemessen zu repräsentieren, hängt viel zu oft von den Umständen im jeweiligen Staat und seinem Verhältnis zu den Betroffenen ab.373 Gerade deren Beteiligung kann aber dazu führen, dass erst die relevanten und für den Investitionsrechtsstreit entscheidenden Gesichtspunkte angemessen in das jeweilige Verfahren integriert werden können.374 Die Inklu­ sion von betroffenen Individuen oder Gruppen würde auch einen Trend hin zu einer polyzentrischeren Rechtsordnung reflektieren. Zunehmende Transparenz und Verfahrensöffnung stellen in der Tat eine Richtung dar, die geradezu unaufhaltsam scheint.375 Daher erscheint es sinnvoll, dieser Entwicklung einen dogmatischen Rahmen zur Seite zu stellen, der geeignet ist, gewisse Bahnen vorzuzeichnen. In dem Maße, in dem der Staat den an ihn angelegten Repräsentationsansprüchen nicht mehr gerecht wird, kann sich so aus dem zweiseitigen Verhältnis zwischen ausländischem Investor und Gaststaat ein DreiecksverDe Brabandere, NGOs and the „Public Interest“, S. 112 f. Brabandere, NGOs and the „Public Interest“, S. 87. 372  Zur Repräsentanz eines öffentlichen Interesses in ausgewählten nationalen Rechtsordnungen Asteriti/Tams, Transparency and Representation, S. 795 ff. 373  Caron, Investor-State Arbitration: Strategic and Tactical Perspectives on Legitimacy, S. 520. 374  Newcombe/Lemaire, Should Amici Curiae Participate, S. 30. 375  Zoellner, Third Party Participation, S. 205. 370  Vgl. 371  De



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen253

hältnis entwickeln, welches die betroffenen Individuen oder Gruppen mit umfasst.376 Es geht sodann nicht mehr nur um die Abwägung von Interessen des Gaststaates und des Investors in einem dualen System, in welchem lediglich diese zu einer weitestmöglichen Entfaltung gelangen können. Vielmehr sind alle Beteiligten in einem solchen Investitionsprozess zu berücksichtigen.377 Grundsätzlich sind es noch immer die beteiligten Streitparteien, die im Wesentlichen die Herren des Verfahrens sind und bleiben müssen. Dadurch, dass aber ein Staat beteiligt ist, eröffnen sich andere Anforderungen und Möglichkeiten der Öffentlichkeitsbeteiligung, was im Grundsatz inzwischen als anerkannt gelten kann.378 Der Vorteil, den Dritte durch Verfahrensöffnung und Beteiligungsrechte erlangen können, ist zunächst eine Einbringungsmöglichkeit, ohne selbst Streitpartei zu sein. Gleichzeitig sind sie aber insofern benachteiligt, als sie noch immer keinen verbürgten Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Eingaben im Entscheidungsfindungsprozess haben. Es herrscht zudem unter Völkerrechtlern noch weitgehend die Ansicht vor, dass die meisten nichtstaatlichen Akteure mit Ausnahme internationaler Organisationen keine Völkerrechtssubjekte sind,379 selbst wenn diese Vorstellung möglicherweise als überholt angesehen werden könnte,380 was gerade durch Entwicklungen im Investitionsschutzrecht mit dem zunehmenden 376  Leader,

Human Rights, Risks, and New Strategies, S. 664. kann es schwierig, wenn nicht gar ausgeschlossen sein, alle zu integrieren, die potentiell von einer Entscheidung betroffen sind, vgl. Besson, International Judges as Dispute-Settlers and Law-Enforcers, S. 36. Doch sollten durch Transparenzmechanismen zunächst die Möglichkeiten dafür geschaffen werden, dass potentiell Betroffene überhaupt in die Lage versetzt werden können, das Maß ihrer Betroffenheit abschätzen und etwaige Interventionen initiieren zu können. 378  Mistelis, Confidentiality and Third Party Participation, S.  213 m. w. N. 379  Vgl. Reinisch, The changing international legal framework, S. 70  f.; siehe auch Brownlie, Principles, S. 65, der feststellt, dass Unternehmen heute keine anerkannte Völkerrechtssubjektivität haben. 380  Higgins geht davon aus, dass die Unterscheidung von „Subjekten“ und „Objekten“ keine glaubwürdige Verbindung zur Realität und keinen funktionellen Sinn habe, vgl. Higgins, Problems and Process, S. 49. Auch andere Autoren haben eine konzeptuelle Loslösung von diesen starren Kriterien vorgeschlagen und Partizipation und Inklusion anstelle von Exklusion in den Vordergrund gerückt, vgl. z. B. McCorquodale, An Inclusive International Legal System, S. 497: „In reality non-state actors have a direct, influential, and independent participation in the international legal system. This participation is currently ignored by the adherents to the tradi­ tional doctrine.“. Siehe dazu auch Kamminga, The Evolving Status, S. 109. Zu der Rolle von nichtstaatlichen Akteuren in internationalen Streitbeilegungsverfahren De Brabandere, Non-State Actors in International Dispute Settlement, S. 342 377  Sicher

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Einfluss von nichtstaatlichen Akteuren wie Unternehmen und NGOs begründet werden könnte.381 Die zu fördernde Inklusion Dritter in Investi­ tionsschiedsverfahren muss aber ihren Blickwinkel von NGOs lösen,382 um einer konsistenten Legitimitätskonzeption zu genügen. Denn es können auch einfachen Bürgern oder Gruppen von Bürgern in Investitionsschutzverfahren Rechte zugesprochen werden. Neben der Einbringung neuer Fakten oder Blickwinkel können solche Amici ferner dazu beitragen, den Schiedsgerichten neue Rechtsprinzipien näher zu bringen und damit die Rechtswissenschaft insgesamt voran zu bringen.383 Daher sollte in einer Gegenrichtung die Beteiligung von NGOs auf solche beschränkt werden, die tatsächlich im konkreten Fall die Interessen von Betroffenen repräsentieren können.384 Gegebenenfalls haben die eigentlichen Streitparteien – Staat und Investor – überhaupt kein Interesse, alle Fakten des Verfahrens bekannt zu machen. Das heißt, beide Parteien können Fakten geheim halten, die ihnen unangenehm sein können. Dies könnte zum Beispiel in Fällen geschehen, in denen die Investition durch Bestechungen zustande kam, oder aber auch in den Fällen, in denen sich die Streitparteien im Übrigen einig sind über die Rechtsverletzung eines Dritten. Insofern kann ein Investitionsschutzverfahren auch dazu dienen, obwohl es als Streitgegenstand etwas anderes hat, sonstige Rechtsverletzungen abzumildern oder abzuwenden. Eingaben von Amici sollten also vermehrt zugelassen werden, wenn einerseits ein öffentliches Interesse am Verfahren besteht und die Antragsteller von der Investition, der staatlichen Maßnahme oder dem Ausgang des Verfahrens unmittelbar betroffen sind oder eine Betroffenheit droht. Dabei sollte aber immer auch eine Abwägung mit den zusätzlichen Belastungen für die Streitparteien erfolgen. Denn es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jegliche Transparenzvorgaben zusätzlichen Mehraufsowie ders., Non-State Actors and the Proliferation and Individualization of International Dispute Settlement, S. 347. 381  Romano, The Proliferation, S. 710 f. 382  Zu den Argumenten für und gegen NGO-Beteiligung und den verschiedenen Formen, die diese annehmen kann Van den Bossche, NGO Involvement, S. 717 ff. 383  Overly, When Private Stakeholders Fail, S. 379. 384  Anders als Regierungen und multilaterale Organisationen sind NGOs regelmäßig nur gegenüber ihren Spendern verantwortlich. Auch können ihre Tätigkeitsbereiche teils weit voneinander abweichen. So differenziert die Weltbank zwischen drei Typen von NGOs: „community-based organizations“ (die einer besonderen Bevölkerungsgruppe innerhalb eines abgegrenzten geographischen Bereichs zuzuordnen sind), „national organizations“ (welche in einzelnen Entwicklungsländern tätig sind) und „international organizations“ (die Tätigkeiten in mehr als einem Entwicklungsland durchführen), vgl. Gibbs/Fumo/Kuby, Nongovernmental Organizations, S. 61.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen255

wand für die Streitparteien und eine Einschränkung ihrer Entscheidungsfreiheit bedeuten, sind sie es doch, die in Schiedsgerichtsverfahren mit ihren Vorstellungen und Interessen regelmäßig die Verfahrensausgestaltung prägen.385 Ebenso ist ein gewisses Maß an Parteiautonomie und Vertraulichkeit der Schiedsgerichtsbarkeit wesenseigen, was sicher zu einem gewissen Grad die Attraktivität des Systems für Investoren ausmacht.386 Die Gewährung von Beteiligungsrechten für Dritte korreliert zwangsläufig mit der Einschränkung von Vertraulichkeitsrechten für die klagenden Investoren. Dies kann aber im Rahmen einer Prüfung durchaus als angemessen gelten, werden doch die Investoren allein dadurch in hohem Maße privilegiert, als ihnen die besonderen Klagerechte auf internationaler Ebene eingeräumt werden.387 So sollten Tribunale einen Ausgleich finden zwischen Parteiautonomie hinsichtlich des Verfahrens, Effizienz und strikter Kostenbegrenzung einerseits und Berücksichtigung des öffentlichen Interesses und Dritter andererseits. Die Herrschaft der Parteien von Investitionsschiedsverfahren darf folglich nicht grenzenlos sein. b) Maßgaben der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie Gemeinwohlorientierung als wesentliches Element von Legitimität kann sich als Optimierungsgebot auch auf die Verfahrensausgestaltung auswirken.388 Die Transparenzdiskussion darf sich aber, um in rechtlich fassbaren Kategorien zu bleiben, nicht ins Politische verlagern. Vielmehr muss Maßgabe sein, dass ein rechtliches Verfahren dann als intransparent gilt, wenn ein öffentliches Interesse am Verfahren besteht und Dritten, die konkret und unmittelbar vom Ausgang des Verfahrens betroffen sind, keine angemessene Beteiligung zuteil wird.389 So verlangt Transparenz auch ein gewisses Maß an Inklusivität.390 Für die Öffnung der Verfahren und die Beteiligung Dritter müssen dann aber klar definierte Vorgaben gelten. So muss die Beteiligung Dritter weiterhin die Ausnahme vom Grundsatz sein, dass nur die Streitparteien Verfahrensbeteiligte sind. Es kann also nicht sein, dass ein Intervenient zugelassen wird, der lediglich daran interessiert ist, dass grundlegende ökonomische, ökologische oder kulturelle Fragen diesem Charakter Hosking, Non-Signatories, S. 289 ff. Amicus Intervention, S. 72. 387  Atik, Legitimacy, Transparency and NGO Participation, S. 140. 388  Zoellner, Transparenzprinzip, S. 449. 389  Vgl. Sabater, Towards Transparency, S. 47. 390  Zoellner, Transparenzprinzip, S. 451. 385  Zu

386  Viñuales,

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

öffentlich ausdiskutiert werden.391 Vielmehr muss eine Selbstbetroffenheit vorliegen oder der Intervenient muss die Interessen einer Vielzahl von konkret und unmittelbar Betroffenen deutlich repräsentieren. Daher sollten NGOs nur im Ausnahmefall zugelassen werden, hingegen betroffene Völker oder Bevölkerungsgruppen im Regelfall. Die verschiedenen Interessen müssen daher auch angemessen und umsichtig vor dem Hintergrund der erarbeiteten Legitimitätstheorie gegeneinander abgewogen werden. Es geht daher also eher um einen partizipativen Prozess als weniger um auf Rechten fußende Verhandlungen. Die interna­ tional verbürgten Individualrechte vermitteln daher lediglich die Berücksichtigungsfähigkeit innerhalb eines grundsätzlich auf Interessen von Betroffenen fokussierten Abwägungsprozesses. Partizipative und auf Interessen Betroffener basierende Prozesse bieten auf lange Sicht die größte Gewähr dafür, beständige, aber auch effektive Methoden zur individuellen Konfliktlösung zur Verfügung zu stellen.392 Ein Proportionalitätsmoment erscheint auch vor diesem Hintergrund als besonders hilfreich. Ein dynamisches Verfahren der Integration von Betroffenen brächte zum Beispiel im Vergleich zu dem völligen Verfahrensbeitritt, den Art. 62 IGHStatut in seiner geltenden Form für Nebeninterventionen rechtlich Betroffener vorsieht, insofern auch eine Einschränkung. Denn ein solcher umfänglicher Verfahrensbeitritt wäre nach dem flexiblen Ansatz der dynamischgemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie für Investitionsschutzverfahren gerade nicht zwingend vorgesehen, sondern sollte vielmehr vermieden werden. Staat und ausländischer Investor müssen noch immer die relevanten Streitparteien bleiben und betroffenen Dritten würde in Abhängigkeit von den oben dargestellten Kriterien lediglich ein Recht zur Einflussnahme auf die Entscheidung des Tribunals gewährt werden.393 Der Lösungsansatz der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie, um den vielfältigen Kritiken an der prozeduralen Ausgestaltung von Investitionsschiedsverfahren zu begegnen und Legitimitätsanforderungen umzusetzen, besteht somit in der Implementierung von angemessenen Beteiligungsrechten, welche formalisierter und vorhersehbarer sind und sich nach festeren Kriterien richten. 391  Sabater,

Towards Transparency, S. 52. Designing Conflict Management Systems, S. 51, 56. 393  Dies schließt freilich nicht aus, dass ihnen bei hoher Betroffenheit Beteiligungsrechte gewährt werden können, die denen eines völligen Beitritts zum Verfahren nahe kommen können und somit in Ausnahmefällen eine Vergleichbarkeit zur Nebenintervention vor dem IGH wahrgenommen werden kann. 392  Costantino/Merchant,



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen257

Wegen der flexiblen Berücksichtigung des Gemeinwohls, welches sich aus subjektiven Rechten Privater ergibt, erscheint eine Beachtung von dessen Implikationen im konkreten Einzelfall, verbunden mit einer gestuften Gewährung von Beteiligungsrechten für betroffene Dritte zielführend. c) Umsetzung der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie im Verfahrensbereich Bei der Beantwortung der Frage, warum Dritte beteiligt werden sollten, muss zunächst festgestellt werden, dass es Grenzen der Möglichkeiten der Staaten gibt, verschiedene Interessen und Rechte angemessen im Verfahren zu repräsentieren.394 Dies gilt gerade auch im Bereich kultureller Rechte, der Menschenrechte und bestimmter Bereiche des öffentlichen Interesses.395 Es kann aber auch aus politischen Gründen oder Opportunitätsgründen der Fall sein, wobei sich zum Beispiel letztlich eine Gruppe von Individuen von ihrer staatlichen Regierung im Verfahren nicht angemessen vertreten fühlen kann. Generell sollte daher eine Grundvoraussetzung sein, dass die Einleitung aller Investitionsschutzverfahren stets publik gemacht wird, was bisher lediglich unter ICSID und im Rahmen von NAFTA zwingend vorgeschrieben ist. Nur wenn dies geschieht, können weitere Beteiligungsrechte Dritter sinnvoll angemeldet werden. Daher müssen die legitimitätsrelevanten Anforderungen grundsätzlich zwiegespalten sein: A. Bekanntmachung des Verfahrens mit seinem wesentlichen Gegenstand B. Determinierung, inwieweit wegen eines öffentlichen Interesses Beteiligungsrechte für diejenigen gewährt werden können, die Interesse an Verfahrensbeteiligung gezeigt haben. Das Statement der NAFTA-Free Trade Commission und das kanadische Modell-BIT verweisen das Tribunal ebenfalls darauf zu eruieren, inwieweit ein „öffentliches Interesse“ am Rechtsstreit besteht.396 Dies ist der richtige Ansatz. Zunächst sollte eine Prüfung des betroffenen öffentlichen Interesses am Verfahren vorgenommen werden und dann in einem zweiten Schritt die konkrete Betroffenheit des Dritten ermittelt werden. Das heißt also, dass im 394  Craik,

International Law of Environmental Impact Statements, S. 259 f. Collins, Environmental Impact Statements, S. 23. 396  Vgl. Statement of the NAFTA Free Trade Commission vom 31. Juli 2001 A. 2.; kanadisches Modell-BIT von 2004, Art. 39 Nr. 4. (d). 395  Vgl.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

gleichen Verfahren verschiedenen Betroffenen unterschiedlich starke Beteiligungsrechte gewährt werden können.397 All dies muss verbunden sein mit einem angemessenen Zugang zu den notwendigen Dokumenten, wobei dies ebenfalls in Abhängigkeit der Betroffenheit variieren kann. Bezüglich der Veröffentlichung von Dokumenten und Informationen sollte aber stets beachtet werden, dass Vertraulichkeit auch dem Schutz intellektuellen Eigentums und von Betriebsgeheimnissen dient, an welchem die Kläger ein besonderes Interesse haben.398 Eine Schutzklausel für betriebswirtschaftlich hochsensible Informationen erscheint ebenfalls denkbar oder auch die Integration bestimmter Schutzmaßgaben in den Abwägungsprozess des Tribunals. Wichtig ist bei schriftlichen Eingaben und sonstiger Beteiligung Dritter aber, dass der sonstige Mehraufwand für die Streitparteien berücksichtigt wird. Dies gilt insbesondere für zusätzlichen Zeitaufwand, aber ebenso für weitere Kosten und betrifft damit die Verfahrenseffizienz insgesamt. So muss auch die überflüssige Dopplung von Argumenten vermieden werden. Das heißt, dass Amici nur das darstellen dürfen, was sie im Speziellen betrifft und was noch nicht von den Streitparteien oder weiteren Amici dargelegt worden war. Insofern soll und muss vermieden werden, dass sich die Streitparteien einer unüberschaubaren Menge von Eingaben gegenüber sehen, auf die sie sämtlich einzugehen haben. Im Übrigen können Begrenzungen in der Länge der schriftlichen Eingaben sowie zeitliche Limitierungen der Befragungen in den Verhandlungen zu Verfahrenseffizienz beitragen, um die Mehrbelastung für die Streitparteien durch die Beteiligung Dritter in Grenzen zu halten. Um aber vernünftig argumentieren zu können, erscheint es dann aus Effektivitäts- und Transparenzgründen sinnvoll, nach Prüfung des spezifischen Interesses des möglichen Amicus, ihm bei entsprechend nachgewiesener Wahrscheinlichkeit der rechtlichen Betroffenheit zunächst die wesentlichen Dokumente zur Verfügung zu stellen, damit er angemessen darauf eingehen kann.399 397  Solche Ansätze finden sich schon in der ICSID Arbitration Rule 37(2), Art. 39 des kanadischen Modell-BITs sowie Art. 28(3) des US-Modell-BITs, wo jeweils darauf abgestellt wird, dass die Amicus Briefs dem Tribunal helfen sollen und dass die jeweiligen Dritten ein „erhebliches Interesse“ am Prozess haben müssen. 398  Forrestal, Examples of and Reasons, S. 15, 55. 399  Vgl. den innovativen und insofern ausgezeichnet passenden Ansatz in Piero Foresti, Laure de Carli and Others v. South Africa, ICSID Case No. ARB(AF)/07/1, Letter from the Tribunal to the Parties vom 5. Oktober 2009: „[T]he Tribunal has taken the view that the NDPs must be allowed access to those papers submitted to the Tribunal by the Parties that are necessary to enable the NDPs to focus their submissions upon the issues arising in the case and to see what positions the Parties



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen259

Es muss auch vermieden werden, dass durch die Beteiligung Dritter eine ungewollte Re-Politisierung der Verfahren einsetzt indem hier das Verfahren zum Austauschort öffentlicher Meinungen wird. Legitimität als Rechtsprinzip vermeidet genau dies, indem sie nur diejenigen zu Wort kommen lässt, die ein rechtliches Interesse geltend machen können, was in der Regel bei Verletzung anerkannter Individualrechte der Fall sein wird. Besonders entscheidend und legitimitätsrelevant wird die Beteiligung Dritter entsprechend dann, wenn diese unmittelbar von den Auswirkungen des Schiedsspruchs betroffen sind. So hatten die Quechan-Indianer im Fall Glamis Gold ein besonderes und signifikant höheres Interesse am Verfahren als andere Antragsteller wie NGOs, da sie eigene Rechte geltend machen konnten, die unmittelbar mit dem Land in Verbindung standen, in dem die Minen lagen.400 Ein ebensolches besonderes und durch das internationale Recht zum Schutz indigener Völker teilweise kodifiziertes Interesse hatten wohl auch die antragstellenden indigenen Gemeinschaften in den verbundenen Verfahren von Pezold gegen Simbabwe und Border Timbers gegen Simbabwe.401 Sie hätten dann gerade deshalb zugelassen werden müssen und nicht, wie vom Tribunal in diametraler Weise geschehen, wegen eines besonderen eigenen Interesses und mangelnder Neutralität abgelehnt werden dürfen. Es ist in solchen Fällen sinnvoll, eine gesonderte Prüfung der Betroffenheit vorzunehmen und es in unsicheren Fällen ausreichen zu lassen, dass die Möglichkeit der Betroffenheit besteht, um grundlegende Beteiligungsrechte zu gewähren.402 Bei gesteigertem öffentlichen Interesse muss also mehr Transparenz im Sinne einer höheren Beteiligung betroffener Dritter vorliegen, diese kann dann aber auch andere Beteiligte umfassen, die nicht lediglich das öffent­ have taken on those issues. The NDPs must also be given adequate opportunity to prepare and deliver their submissions in sufficient time before the hearing for the Parties to be able to respond to those submissions.“. 400  Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 213. 401  Siehe oben D. III. 4. d). 402  Gerade wenn sich eine NGO um Beteiligung an einem Verfahren bewirbt, muss aber stets sichergestellt werden, dass sie wirksam für wirklich betroffene Dritte auftritt, vgl. Odumosu, The Law and Politics of Engaging Resistance in Investment Dispute Settlement, S. 264, die feststellt, dass die NGO-Beteiligung in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit meist elitär sei und dass die Menschen in den Entwicklungsländern gelernt hätten, bei Gruppierungen vorsichtig zu sein, die vorgeben, ihre Interessen zu schützen und wahrnehmen zu wollen. Siehe auch Charnovitz, Two Centuries of Participation, S. 189 f. sowie Lakhani, The Role of Citizens and the Future of International Law, S. 207, die auf die größere Nähe der Betroffenen zu den wirklichen Auswirkungen einer Investition verweist.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

liche Interesse repräsentieren. Dies sind Möglichkeiten, die sich durch die breitere Öffnung des Verfahrens ergeben. Es können dann unter Umständen auch Privatparteien partizipieren, die nicht unmittelbar das öffentliche Interesse vertreten. Dieses muss aber in einem ersten Schritt festgestellt werden. Die zugelassene Beteiligung der EU-Kommission als Amica Curiae im Verfahren AES gegen Ungarn, um zu erreichen, dass entgegenstehendes EU-Recht berücksichtigt wird, erscheint dagegen legitimitätstheoretisch nicht zwingend, sondern vielmehr effektivitätssteigernd, auch um Folgeverfahren zu verhindern. Folglich wird deutlich, dass realisiert und verarbeitet werden muss, dass verschiedene Beteiligte ein unterschiedlich hohes rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben können, womit auch ungleiche Beteiligungsrechte korrelieren sollten.403 Eine kontextabhängige Lösung, die anerkennt, dass die Repräsentation von Interessen allein durch Staaten einerseits und Investoren andererseits nicht in allen Fällen adäquat ist und hingegen ergänzende Möglichkeiten vorsieht, ist unbedingt zu präferieren. Dies kann gerade durch Stellungnahmen von Amici geschehen, die das Tribunal auch auf Argumente aufmerksam machen können, die der beklagte Staat – aus welchen Gründen auch immer – nicht einbringt.404 Dafür müssen aber konkrete Vorgaben bestehen, die nach dem Legitimitätsprinzip proportional zum bestehenden öffentlichen Interesse mit Schwerpunkt auf den Rechten betroffener Dritter sein müssen. Dass eine solche Lösung, die auf den konkreten Einzelfall und die jeweilige Betroffenheit des Dritten abstellt, möglich ist, wird dadurch gezeigt, dass mehrere Tribunale von Anfang an zwischen der grundsätzlichen Möglichkeit der Beteiligung von Dritten und der Angemessenheit von Amicus Curiae-Eingaben im jeweiligen Fall unterschieden haben.405 Bei einem besonderen öffentlichen Interesse fungieren die Dritten dann aber nicht mehr nur als „Freunde des Tribunals“, sondern dienen auch einem übergeordneten, legitimitätsrelevanten Zweck. Sie gehen in ihrer besonderen proportional-legitimitätstheoretisch fundierten Verankerung mit gestuften Beteiligungsrechten über die klassischen Amici Curiae hinaus. Sie dienen nicht mehr lediglich mit Expertise in einer neutralen Position dem Tribunal quasi als besonderer Ausfluss einer öffentlich zugänglichen Infor403  Vgl. auch Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 215. 404  So auch Caron, Investor State Arbitration: Strategic and Tactical Perspectives on Legitimacy, S. 520 ff. 405  Ausführlich dazu De Brabandere, NGOs and the „Public Interest“, S. 102 ff.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen261

mation, sondern dürfen eigene Beteiligungsrechte wahrnehmen, weil sie neben dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses auch individuell betroffen sind oder Betroffene vertreten. Zwar konnte aufgezeigt werden, dass im Konzept des Amicus Curiae sogar angelegt ist, dass diesem weiter reichende Rechte zugesprochen werden können. Denn wie im Statement der NAFTA-Free Trade Commission bestätigt, sollte bereits bei der Zulassung von Amicus Curiae-Eingaben geprüft werden, ob eine Nicht-Streitpartei „ein signifikantes Interesse an dem Verfahren hat und ob es ein öffentliches Interesse am Gegenstand des Verfahrens“ gibt. Somit war bereits die Amicus Curiae-Konzeption darauf angelegt, dass diese wegen eines öffentlichen Interesses tätig werden dürften, das heißt in Fällen in denen das Potential besteht, dass andere als die am Rechtsstreit Beteiligten direkt oder indirekt betroffen werden können.406 Es wirkt aber fraglich, ob Betroffene, die ein eigenes signifikantes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, unabhängig und neutral agieren, wie es von klassischen Amici Curiae als Unterstützern des Tribunals aber regelmäßig gerade erwartet wird.407 Insofern erscheint es nur konsequent, dieses Eigeninteresse von Betroffenen anzuerkennen und sie nicht – wie vielfach geschehen – in eine nahezu künstlich konstruierte Amicus Curiae-Rolle zu verbannen, sondern ihnen einen eigenen Status zuzugestehen, der ihnen erlaubt, offen die Neutralität zu verlassen und eigene oder vertretene Interessen angemessen zu artikulieren. Dennoch, das zeigten auch die genannten Verfahren gegen Simbabwe deutlich, verstehen die Tribunale unter einem Amicus Curiae primär neutrale Assistenten des Gerichts und lehnen die Schriftsätze betroffener Dritter als Amicus Curiae-Eingaben dann ab, wenn sie nicht neutral erscheinen und sie offensichtlich eigene Interessen am Verfahren und dessen Ausgang haben. Eine solche Herangehensweise ist aber, wie gezeigt, aus legitimitätstheoretischer Perspektive der falsche Weg. Vielmehr verlangt die dynamischproportionale Legitimitätstheorie gerade solchen individuell Betroffenen angemessene Beteiligungsrechte im Verfahren zu gewähren, die von schriftlichen Eingaben bis hin zu Fragerechten oder der Benennung von Zeugen reichen können. 406  Zoellner, Third Party Participation, S. 190, mit Verweis auf die Entscheidungen in Aguas Argentinas, Rn. 19, 22, sowie Aguas Provinciales, Rn. 18, 21, und der Feststellung, dass mit der Berücksichtigung eines solchen öffentlichen Interesses durch mehr Transparenz auch Legitimität gesteigert würde. Insofern ist es aus Legitimitätsperspektive nur konsequent, stärker Betroffenen mehr Beteiligungsrechte zuzugestehen. 407  Zu dieser Erwartungshaltung als Aspekt eines Amicus Curiae Zoellner, ebd., S.  190 f.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Dies stellt gegenüber der klassischen Amicus Curiae-Konzeption einen qualitativen Sprung dar, auch wenn dies bereits in der Entwicklung der Rechtsprechung der Schiedsgerichte und der in Investitionsabkommen zunehmenden Transparenzvorgaben angelegt war. Daher aber sollte eine solche Konzeption mit gestuften Beteiligungsrechten, die zwar auf den klassischen Amici Curiae aufbaut, aber neuere Entwicklungen progressiv integriert und nach legitimitätstheoretischen Gesichtspunkten weiter ausgefüllt hat, eine eigene Benennung erhalten, nämlich die des Amicus Causae, Freund des Verfahrens. Dies reflektiert, dass diese Betroffenen über die Neutralität eines klassischen Amicus Curiae hinausgehend ein eigenes Interesse am Prozess haben und dass sie durch ihre Beteiligung als Freunde des Verfahrens zur Verbesserung des Prozesses bereits aus dem Blickwinkel der Legitimität beitragen, und vermeidet insbesondere auch Verwirrung in der Terminologie. Die Amici Causae treten offen aus der Rolle der Unterstützung des Tribunals durch Expertise heraus und helfen dem Verfahren insgesamt, indem sie zu einem höheren Maß an Legitimität beitragen. Die Konzeption des Amicus Causae sieht somit vor, dass die Dritten aus einem besonderen öffentlichen Interesse heraus – das heißt, es existiert eine Vielzahl von potentiell betroffenen Menschen – ein spezifisch eigenes Vorbringen haben, welches nicht vom klagenden Unternehmen oder dem beklagten Gaststaat angemessen repräsentiert wird. Daraus folgt dann, dass je nach Intensität der Betroffenheit verschieden gestufte Beteiligungsrechte wahrgenommen werden können müssen. Dies kann sich in klassischen Amicus Curiae-Eingaben erschöpfen oder auch bis hin zur tatsächlichen Präsenz in den Anhörungen reichen, gegebenenfalls sogar mit einem eigenen Fragerecht und Zugang zu den entscheidenden Dokumenten. Diese Strukturansätze können dabei auch durch spezifische Regelungen oder Guidelines oder als Annexe zu den Verfahrensordnungen umgesetzt werden. Auch eigenständige Arbitration Rules oder optionale Klauseln für die Aufnahme in Investitionsschutzabkommen wären denkbar,408 ebenso wie eine Überarbeitung der über die Mauritius-Konvention auf weitere Verfahrensordnungen anwendbaren UNCITRAL-Transparenzregeln. Zudem kann aber bereits durch Weiterentwicklung der Rechtsprechung der Schiedsgerichte auf Grundlage der bestehenden Verfahrensregeln und legitimitätsbezogene Auslegung dieser Vorschriften die Figur des Amicus Causae sofort eingeführt werden. 408  Vgl.

auch S. Franck, Legitimacy Crisis, S. 1602-04, 1616 f.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen263

Dabei muss stets berücksichtigt werden, dass das Schiedsverfahrenssystem noch immer den Streitparteien angemessen nutzen muss, aber gleichzeitig nichtbeteiligte Dritte, die vom Verfahren betroffen werden, ausreichenden Schutz und Interaktionsmöglichkeiten erhalten sollen. Denn nicht immer werden durch Investitionen beziehungsweise die dagegen oder dafür getätigten Maßnahmen von Staaten Individuen direkt betroffen. So lag es im Methanex-Fall. Hier wurden erst Studien herangezogen, die zeigten, dass bestimmte Stoffe, in die investiert wurde, gefährlich sind oder sein können. Dabei sind Individuen noch nicht nachweisbar direkt betroffen. An ihre Stelle können dann aber Interessengruppen treten, wie beispiels­ weise Umweltschutzverbände, die eine Vielzahl von Einzelinteressen oder -rechten bündeln. Da die Betroffenheit hier weniger groß ist, sollten solche Amici Causae auch nicht die gleichen prozessualen Rechte wie direkt betroffene Individuen haben. Es reicht daher aus, ihnen die Eingabe schriftlicher Stellungnahmen zuzugestehen um so ihren Einfluss auf das Tribunal und seine Entscheidung einzubringen. Sie haben dann zwar in etwa die gleichen Rechte wie klassische Amici Curiae, unterscheiden sich von diesen aber insofern, als es ihnen nicht versagt ist, auch eigene Interessen offen wahrzunehmen. Anders verhält es sich aber, wenn nachweislich Individuen oder Gruppen vom Verfahren beziehungsweise den Handlungen des Investors oder des Gaststaates direkt betroffen sind, wie beispielsweise im Fall Glamis Gold. Diesen Individuen dürfen nach der Konzeption des Amicus Causae weiter reichende prozedurale Rechte zugesprochen werden, wie das Recht, vor Gericht aufzutreten oder ein Recht auf Akteneinsicht, gegebenenfalls im In Camera-Verfahren, um kommerzielle Rechte der Investoren zu schützen. Eine solche Systematisierung, die sich aus einer legitimitätstheoretischen, dynamischen Gemeinwohlorientierung ergibt und welche sich verfahrensrechtlich im Konzept des Amicus Causae manifestiert, ist zielführend und könnte von den Tribunalen auch gut umgesetzt werden. So ergibt sich ein beispielhaftes Prüfungsverfahren für Tribunale: 1. Prüfung durch das Tribunal, ob ein öffentliches Interesse gegeben ist und ob dieses öffentliche Interesse auf ein subjektivierbares Allgemeinwohl, mithin subjektive Rechte einer Vielzahl von Menschen zurückzuführen ist; –  Bei Bejahung: Bekanntmachung des Verfahrens und Erlaubnis, dass sich potentiell Betroffene an das Tribunal wenden können; – Daraufhin: Zulassung und Annahme von Anträgen von potentiell Betroffenen oder deren Vertretern an das Tribunal auf Beteiligung am Verfahren mit Begründung, warum sie sich oder die Vertretenen betroffen fühlen;

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

2. Entscheidung des Tribunals, ob und inwieweit jeweiligen Antragstellern Dokumente und Parteivorbringen zu Verfügung gestellt werden müssen, damit von den Antragstellern eine substantiierte Stellungnahme vorgenommen werden kann; – Daraufhin: schriftliche substantiierte Stellungnahme der Antragsteller zum tatsächlichen Grad ihrer Betroffenheit; 3. Entscheidung des Tribunals über den Grad der Beteiligung der antragstellenden Dritten im Verfahren als Amici Causae in Abhängigkeit von der jeweiligen Intensität der Betroffenheit und unter Abwägung mit den Interessen der Streitparteien. Hier sollte dann als dynamisches Proportionalitätsmoment stufenweise vorgegangen werden. In Abhängigkeit von den obigen Maßgaben sollten für die unterschiedlich intensiv betroffenen Amici Causae somit gestufte Beteiligungsbefugnisse vorgesehen werden, die sich nach folgendem Schema richten können: 1. Zulassung schriftlicher Eingaben 2. Anwesenheit in der Verhandlung 3. Erlaubnis zu mündlichem Vorbringen 4. Befugnis zu Befragungen von Zeugen und Sachverständigen. Der Inhalt und die Tragweite der Betroffenheit des öffentlichen Interesses erschließen sich dabei nur durch eine umfassende Beurteilung des konkreten Falles. Dadurch, dass ein Staat beteiligt ist, besteht zunächst eine widerlegliche Vermutung dafür, dass das öffentliche Interesse und mithin das Gemeinwohl betroffen ist. Erst in einem zweiten Schritt wird vom Tribunal der Grad seiner Betroffenheit bemessen. In einem weiteren Schritt werden die Implikationen des Ergebnisses des zweiten Schrittes auf den Ablauf des konkreten Prozesses ermittelt und vom Gericht festgelegt. Für Transparenzvorgaben bedeutet dies, dass der Grad an Offenheit des Verfahrens proportional mit dem Maß der Betroffenheit des öffentlichen Interesses steigt und mithin die Anforderungen an die Zulassung von schriftlichen Eingaben oder sonstiger Beteiligungsrechte für Dritte sinken. Dies hat das Tribunal im Falle Methanex implizit genau so gemacht.409 Aber auch der Biwater-Fall ist ein gutes Exempel dafür, dass die Pflicht zur Annahme von schriftlichen Eingaben umso zwingender ist, je stärker 409  Methanex Corp. v. United States, UNCITRAL, Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001, Rn. 49.



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen265

das öffentliche Interesse, das auf Individualrechte zurückzuführen ist – und damit das subjektivierbare Gemeinwohl – betroffen wird.410 Wichtig ist aber dabei immer auch die Anforderung, dass es eine Berücksichtigungspflicht in den Entscheidungen geben muss, wenn schriftliche Eingaben einmal zugelassen wurden. Dies darf nicht versäumt werden, da nur dann die Eingaben sinnvoll sind. Wie die konkrete Berücksichtigung ausgestaltet sein sollte, könnte wiederum vom Grad der Betroffenheit der Nicht-Streitparteien abhängig gemacht werden. Folglich muss es nach der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie stets eine Notifika­ tionspflicht über das Verfahren und seine wesentlichen Gegenstände geben, damit betroffene Dritte auch effektiv die Möglichkeit erhalten, zu intervenieren. Daraufhin muss vom Tribunal nach Eingang von Anträgen stets eine Abwägungsentscheidung gefällt werden, nach der die Streitparteien nicht übermäßig mit einer zu großen Öffentlichkeitsbeteiligung belastet werden. Daher sollten regelmäßig lediglich schriftliche Eingaben vorgesehen werden, jedoch gegebenenfalls eben auch stärkere Beteiligungsrechte. Dies gilt, wie oben festgestellt, aus legitimitätstheoretischen Gründen nur, wenn potentiell eine Vielzahl von Menschen von negativen Auswirkungen der Investition individuell betroffen ist oder sein kann. Einfache Nachbarschaftsklagen sind daher beispielsweise ausgeschlossen. Daraus folgt aber auch, dass eine allgemeinere Aussage zur Beteiligung von NGOs stattfinden kann. Diese sollen nur dann ein gewisses Maß an Beteiligung erhalten, wenn sie wesentlich auch dem Individualrechtsschutz Einzelner dienen. Dies ist regelmäßig der Fall bei Gewerkschaften und Gesundheitsschutzvereinigungen, jedoch eher weniger bei Umweltschutzorganisationen – dort kann dies nur dann angenommen werden, wenn sie im jeweiligen Verfahren auf hinreichend konkretisierbare Gesundheitsrisiken für eine Vielzahl von Menschen durch Umweltschutzverletzungen rekurrieren können. So nimmt der dynamisch konzipierte Amicus Causae in der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit eine Mittelstellung ein zwischen den starren Formen des klassischen Amicus Curiae einerseits, der lediglich Fachwissen und Expertise zu Sach- und Rechtsfragen liefern soll, welche von den Parteien noch nicht aufgeworfen wurden, der aber kein gesteigertes Eigeninteresse 410  Dies entspricht auch dem Statement der OECD bzgl. Amicus-Beteiligung: „Members of the Investment Committee generally share the view that, especially insofar as proceedings raise important issues of public interest, it may also be ­desirable to allow third party participation, subject however to clear and specific guidelines“, OECD, Transparency and Third Party Participation, S. 1.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

am Verfahren hat,411 und dem voll integrierten Intervenienten andererseits.412 Umgesetzt werden können diese Maßgaben, die sich als Weiterentwicklung und Konkretisierung bereits bestehender Ansätze bei der Zulassung von Amicus Curiae-Eingaben darstellen, nicht zuletzt durch Auslegung der weiten Vorschriften in Investitionsschutzabkommen und den Verfahrensordnungen. Art. 44 der ICSID-Konvention gibt den Tribunalen einen Spielraum, solche neuen Fragen der Beteiligung Dritter zu beantworten: […] If any question of procedure arises which is not covered by this Section or the Arbitration Rules or any rules agreed by the parties, the Tribunal shall decide the question.

Es war insofern bemerkenswert, dass sich bereits einige ICSID-Tribunale zur Beteiligung von Dritten entschlossen hatten, obwohl eine Streitpartei sich dagegen ausgesprochen hatte.413 Art. 41 der ICSID Additional Facility Rules sieht vor: Evidence: General Principles […] (3) After consulting both parties, the Tribunal may allow a person or entity that is not a party to the dispute (in this Article called the „non-disputing party“) to file a written submission with the Tribunal regarding a matter within the scope of the dispute. In determining whether to allow such a filing, the Tribunal shall consider, among other things, the extent to which: (a)  the non-disputing party submission would assist the Tribunal in the determination of a factual or legal issue related to the proceeding by bringing a perspective, particular knowledge or insight that is different from that of the disputing parties; (b) the non-disputing party submission would address a matter within the scope of the dispute; (c)  the non-disputing party has a significant interest in the proceeding.

Art. 41 (3) lit. c) der Rules muss daher entsprechend der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie so ausgelegt werden, dass „interest“ ein rechtliches Interesse bedeutet. Das heißt aber auch, dass das Ermessen des Tribunals insofern eingeschränkt wird, als wenn ein solches rechtliches Interesse vorliegt, die betroffene Partei zumindest gehört werden muss. In Abhängigkeit vom Grad der Betroffenheit, sollten dann nunmehr nicht nur schriftliche Eingaben, sondern auch darüber hinausgehende Rechte gewährt werden. Shelton, The Participation of Non-Government Organizations, S. 612. An „Amicus Curiae Brief“, S. 780. 413  Zoellner, Third Party Participation, S. 193. 411  Vgl.

412  Umbricht,



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen267

Nur dies ist die logische Weiterentwicklung der Forderung nach einem „signifikanten Interesse“ des betreffenden Antragstellers im Verfahren. Denn bereits durch diese Forderung eines signifikanten Interesses wird über die Grenzen der klassischen Amici Curiae hinausgewiesen, welche im Rahmen größtmöglicher Neutralität nur Expertise zur Verfügung stellen sollten. Jedoch schließen sich ein signifikantes Interesse und wahre Neutralität wohl regelmäßig aus. Denn warum sollten Dritte mit einem „significant interest in the proceedings“ darauf beschränkt sein, nur als neutrale „Freunde des Tribunals“ aufzutreten. Vielmehr erscheint es folgerichtig, diese ihre Interessen frei artikulieren zu lassen. So ist es nur konsequent, durch eine Berücksichtigungspflicht rechtlicher Interessen betroffener Dritter eine dieser Betroffenheit angemessene Beteiligungsmöglichkeit zu gewähren, wie sie sich in der Figur des Amicus Causae ausdrückt. Kriterien für größeren Einfluss und mehr Beteiligungsrechte wie Anwesenheitsrechte sind dabei eine direkte eigene rechtliche Betroffenheit oder auch schwere Bedrohungen oder bereits eingetretene Verletzungen von Individualrechten. Auch die Betroffenheit einer sehr hohen Zahl an Menschen kann als Indiz dafür gelten, dass ein großes öffentliches Interesse besteht und Vertretern der Betroffenen stärkere Verfahrensrechte gewährt werden sollten. Es könnte behauptet werden, dass durch ein solch verstärktes Maß an Drittbeteiligung das Prinzip der Freiheit der Streitparteien, das eine Grundlage der Schiedsgerichtsbarkeit bildet,414 zu weitgehend eingeschränkt wird. Genau dies wird aber durch die entsprechend schwere Betroffenheit Dritter angemessen ausgeglichen und gerechtfertigt und gilt gerade vor dem Hintergrund, dass für einen Staat als Streitpartei und als Partei des zugrundeliegenden Investitionsabkommens aus Legitimitätsgründen höhere Rücksichtnahmepflichten gelten können als für Private. Dies spiegelt sich auch in Rücksichtnahmepflichten des Tribunals wider. Hinzu kommt die Maßgabe, dass jede Zulassung der Beteiligung Dritter verhältnismäßig unter Berücksichtigung der Rechte der Streitparteien zu erfolgen hat. Um die Umsetzung dieser Systematisierung in der Praxis zu gewährleisten und Kontinuität in der fallbezogenen Kriteriendeterminierung zu ermöglichen, erscheint es auch geboten, eine Pflicht zur Veröffentlichung sämtlicher ergangener Schiedsurteile und Beschlüsse von Tribunalen hinsichtlich der Transparenz und der Beteiligung Dritter vorzusehen. Bisher war dies bei ICSID und UNCITRAL nur mit Zustimmung der Parteien möglich, wobei auch bei der International Chamber of Commerce ähnliche Vorgaben gelten.415 414  Zoellner, 415  Lazo,

Third Party Participation, S. 198. International Arbitration in Times of Change, S. 594.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

Die Veröffentlichung sollte bei einer Beteiligung von Staaten in Verfahren jedoch eher Grundsatz als die Ausnahme sein. Insgesamt sollten die oben herausgearbeiteten legitimatorischen Vorgaben im besten Fall in konkrete positiv-rechtliche Normen gefasst werden, um Unklarheiten zu vermeiden und abweichende Tendenzen rechtzeitig einzugrenzen sowie die noch bestehende Unsicherheit in der Auslegung der noch immer relativ weiten Normen zu beseitigen und damit zu Konsistenz auch in der Verfahrensgestaltung beizutragen. Insofern erscheint eine dementsprechende Änderung und Präzisierung der Verfahrensnormen sinnvoll, da sie im Gegensatz zu den Entscheidungen einzelner Tribunale folgende Schiedsgerichte stärker binden können. Dies würde auch eine Garantie für die Umsetzung der wichtigen und inzwischen weitgehend anerkannten Forderung nach mehr Transparenz und Beteiligung Dritter in den Investitionsschiedsverfahren auf rechtlich bindender Grundlage und in Konkordanz mit den Anforderungen des Rechtsprinzips der Legitimität schaffen. Solange diese positiv-rechtliche Umsetzung noch nicht erfolgt ist, kann es aber eine entsprechende Auslegung des Rechtsprinzips der Legitimität, welches als inhärentes Gitter das Rechtsgebiet durchzieht, vermögen, die notwendigen Richtlinien vorzugeben. Diese progressive Anwendung des legitimatorischen Rechtsprinzips ist auch insofern erforderlich, als es im Investitionsschutzrecht keine klare Bindungswirkung von Entscheidungen über den einzelnen Fall hinaus gibt. Es muss selbstverständlich sein, dass die Investitionsschiedstribunale weiterhin zuvörderst gehalten sind, Neutralität zu wahren und einseitige unangemessene Belastungen für eine Streitpartei auszuschließen. Hier ist stets eine Gesamtschau aller Umstände vorzunehmen, die aber auch wesentlich das Gemeinwohl und die Betroffenheit Dritter in grundlegenden Rechten berücksichtigt. Eine systematische Neuordnung der Verfahrensgestaltung hinsichtlich einer Öffnung gegenüber Dritten in bestimmten Fällen und nach den oben genannten Kriterien einer Amicus Causae-Konzeption erscheint somit sinnvoll und entspräche den Vorgaben eines konkretisierten Rechtsprinzips der Legitimität. d) Weitere Auswirkungen einer entsprechenden Verfahrensöffnung Es kann noch weitere Auswirkungen einer solchen pinzipiengestützten Beteiligung Dritter an Verfahren geben. So kann angeführt werden, dass der gewünschten Proliferation von Good-Governance-Strukturen gedient ist, indem durch die Beteiligung Betroffener in den Investitionsschiedsverfahren auch Verfahrensfehler aus der Establishment-Phase einer Investition gegebe-



III. Konkretisierung von Verfahrensnormen269

nenfalls korrigiert werden können, indem mangelnde Partizipation im Nachhinein noch sinnvoll nachgeholt wird.416 Dies gilt gerade in Entwicklungsländern, die oftmals um ausländische Investitionen ringen und eher geneigt sein können, bestimmte Standards bei Zulassungsverfahren zu senken.417 Dabei können auch NGOs helfen und damit zu einem höheren Maß an Legitimität der Tribunale als außerstaat­ liche Regulierungsinstanzen beitragen.418 Relevanz kann dies also insbesondere bei Investitionen mit Auswirkungen auf die Natur erlangen. Sowohl NAFTA419 als auch DR-CAFTA420 verlangen – zwar auf verschiedenen Wegen und in unterschiedlichem Ausmaß – „Public Participation“ in Umweltbelangen. Ebenso sieht der ECT neben umfänglichem Schutz von Investi­ tionen auch die Verpflichtung vor, Umweltschäden zu minimieren, wobei bereits in einem frühen Stadium nicht geringe Transparenzauflagen beachtet werden müssen.421 Gerade bei solchen Verfahren müssen und dürfen die Amici über ihre klassische Rolle als Assistenten des Tribunals hinauswachsen, als die sie vielfach noch angesehen werden.422 Die Amicus-Eingaben sind dann entsprechend auch mehr als konkretisierte, öffentlich zugängliche Informationen.423 Das Konzept des Amicus Curiae schließt bekanntlich eine solche Erweiterung des Inhalts nicht aus,424 jedoch erscheint es angemessen, die qualitative Erweiterung des Konzepts des Amicus Causae zu nutzen und somit Missverständnisse zu vermeiden. 416  So verpflichtet zum Beispiel Article 9(2) der Aarhus Convention on Access to Information, Public Participation in Decision-making and Access to Justice in Environmental Matters vom 25. Juni 1998 (38 ILM [1999] 517) die Mitgliedstaaten dazu sicherzustellen, dass „members of the public concerned having a sufficient interest have access to a review procedure.“. 417  Collins, Environmental Impact Statements, S. 6. 418  Reiser/Kelly, Linking NGO Accountability and the Legitimacy of Global Governance, S. 1012. 419  Art. I (h). 420  Art. 17.4. 421  Dort Art. 19. 422  Vgl. Suez/Vivendi v. Argentina, ICSID Case No ARB/03/19, Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005, Rn. 24. 423  So aber der IGH: „[s]uch statements … shall be treated as publications read­ ily available and may accordingly be referred to by States and intergovernmental organizations presenting written and oral statements in the case in the same manner as publications in the public domain“, ICJ Practice Directions vom Oktober 2001, zuletzt ergänzt am 21. März 2013, Practice Direction XII(2), online abrufbar unter: www.icj-cij.org. 424  Levine, Amicus Curiae in International Investment Arbitration, S. 208 m. w. N.

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

So kann nicht nur die Öffentlichkeit durch Expertise und Interesse bezüglich sozialer und technisch-wissenschaftlicher Fragen einbezogen wer­ den,425 sondern gerade auch selbst betroffene Bürger, die damit wiederum zur Steigerung der Qualität der Verfahren und letztlich auch zur interna­ tionalen Durchsetzung elementarer Schutzrechte von Menschen beitragen. Daher kann bereits das Argument des Tribunals in den Fällen von Pezold gegen Simbabwe und Border Timbers gegen Simbabwe, dass begründete Zweifel an der Neutralität der Antragsteller bestehen, nicht dazu beitragen, um Betroffenen die Beteiligung zu versagen. Neutralität ist bei solchen Dritten gerade nicht erforderlich, sondern die eigenen Ansichten und Gesichtspunkte, die Dritte einbringen, können bereits für sich wichtig sein. Die Proliferation der Investitionsschutzabkommen und Investitionsschutzverfahren gibt aber nicht nur positive Impulse für Investoren, sondern kann durch das Fördern von Transparenz in den Vergabe- und Abwicklungsverfahren in den Gaststaaten zur Verbreitung rechtsstaatlicher Grundsätze beitragen. Denn gerade durch die Anwendung solcher Grundsätze werden in Zukunft Investitionsschutzverfahren bisweilen bereits im Vorfeld sogar verhindert werden. Es zeigte sich in der Praxis insbesondere auch, dass eine verstärkte öffentliche Beteiligung in den Verfahren nicht dazu führte, dass Unternehmen signifikant ihre internationalen Investitionstätigkeiten einschränkten. So hatte sich das Unternehmen Bechtel, das einen hohen Anteil am Konsortium im Aguas del Tunari gegen Bolivien-Verfahren hatte, nach diesem Verfahren erfolgreich um weitere Wasserprivatisierungsprojekte, wenn auch außerhalb Boliviens, bemüht.426 Zwar können höhere Kosten, die durch die Beteiligung von Amici Causae für individuelle Investoren und Staaten in den Investitionsschiedsverfahren entstehen, zu zusätzlichen Belastungen für einzelne Streitparteien führen, jedoch sind diese in einer Gesamtschau wohl weit geringer als die Kosten, die bei Weiterbestehen eines zunehmend als illegitim empfundenen Systems der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit oder gar bei dessen Zusammenbruch für alle Beteiligten auftreten würden. Sie werden zudem im Rahmen der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt. 425  Francioni, Access to Justice, Denial of Justice, S. 742 f.; Boisson de Chazournes, Transparency and Amicus Curiae Briefs, S. 335 f. 426  Nämlich eine 30jährige Konzession für die Hafenstadt Guayaquil in Ecuador sowie eine Kontrollmehrheit in der Wasserversorgungsgesellschaft in Tallinn in Estland, Norris/Metzidakis, Public Protests, S. 71.



IV. Zusammenfassung271

Gleichsam sind Befürchtungen einer Re-Politisierung der Investitionsschiedsverfahren427 bei einer konsequenten Anwendung der hergeleiteten Grundsätze zur Beteiligung Dritter insofern unbegründet, als nur diejenigen beteiligt werden, welche ein besonderes eigenes und rechtlich fundiertes Interesse am Verfahren geltend machen können. Somit liefert die dynamisch-proportionale Legitimitätstheorie wesentliche strukturgebende Grundlagen für eine präzise prinzipiengestützte Modellierung der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit auch im verfahrensrechtlichen Bereich.

IV. Zusammenfassung Bisher fehlte eine theoretische, aber gleichsam effektiv anwendbare sowie kohärenzgenerierende Legitimitätskonzeption für die Streitbeilegung im Investitionsschutzrecht vor dem Hintergrund der vielfältig geäußerten Kritik an ihr.428 Die Rückkehr zu einer Staat-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Investitionsschutzrecht erscheint aber weder sinnvoll noch notwendig.429 Zum einen würde eine solche Entwicklung den Investoren ihr wohl wesentlichstes Recht entziehen, nämlich die Möglichkeit, eigenständig Investitionsschiedsverfahren einzuleiten und Staaten für die Verletzung von Normen eines Investitionsschutzabkommens zu belangen,430 zum anderen sind die Anforderungen der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie klar und geeignet, wesentliche Verbesserungen des Systems der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit zu ermöglichen. Sie verlangen eine Berücksichtigung des Gemeinwohls, das aus den subjektiven Rechten einer Vielzahl von durch die Investition betroffenen Individuen fließt. Damit hilft diese Theorie, Struktur zu geben und erhebt einen normativen Anspruch ohne etwaige Gerechtigkeitszielsetzungen zu postulieren. Gleichzeitig ist sie äußert praxistauglich, indem sie den Investitionsschiedsgerichten handhabbare Vorgaben macht, ihnen aber gleichsam einen angemessenen Spielraum zum Ausgleich der im Widerstreit stehenden rechtlichen Interessen der Beteiligten belässt. Solange die positiven Rechtsnormen des Investitionsschutzrechts diese Vorgaben noch nicht umgesetzt haben, vermag es diese Legitimitätskonzep427  Rubins,

Opening the Investment Arbitration Process, S. 8. Greiman, The Public/Private Conundrum, S. 399. 429  Dass dies dennoch keinesfalls ausgeschlossen ist, zeigte das Freihandels­ abkommen zwischen den USA und Australien von 2004, das in seinem Investitions­ kapitel nur noch Staat-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und keine Klagemöglichkeit für individuelle Investoren vorsah, vgl. Dodge, Investor-State Dispute Settlement Between Developed Countries, S. 2, 23. 430  Schill, Private Enforcement of International Investment Law, S. 29. 428  Siehe

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D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

tion, als inhärentes Gitter das Rechtsregime zu durchdringen und zu modellieren. Zu Recht stellen neuere Investitionsschutzabkommen auch auf andere Gesichtspunkte als den bloßen Eigentumsschutz der ausländischen Investoren ab, sodass Raum für mehr Regulierung durch die Gaststaaten in wichtigen Bereichen geschaffen wird. Dies betrifft nicht nur den Umweltschutz, sondern auch Maßgaben für Arbeitsschutz und Rechte von Beschäftigten sowie Regelungen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung. So kann klargestellt werden, dass Liberalisierung und die Förderung von Investitionen nicht zu Lasten anderer wichtiger Güter und staatlicher Betätigungsfelder geschehen.431 Solche Änderungen der Formulierungen in den Abkommen können als Signal an die Zivilgesellschaft sowie an die Schiedsgerichte und kritische Kommentatoren gewertet werden, dass auch die Staaten einen Wert darauf legen, dass durch die Schiedsgerichtsbarkeit kein „regulatory chill“-Effekt eintreten soll, bei dem die Staaten daran gehindert sind, angemessene Regulierungen im Interesse ihrer Bürger vorzunehmen. Zudem könnten neuere Investitionsschutzabkommen Vorschriften für ausländische Unternehmen aufnehmen, die letztere zum Beispiel zur Einhaltung bestimmter Sozial- und Gesundheitsstandards verpflichten.432 Insofern würde die staatliche Regulierungsebene verlassen und bestimmte Verpflichtungen für Individuen im Völkerrecht kodifiziert werden, welche das Recht, selbstständig Schiedsverfahren einzuleiten, teilweise kompensieren. Damit würden unter Umständen auch Gegenklagen in Investitionsschutzverfahren ermöglicht, die sich gegen die Investoren selbst richten.433 Auch ist denkbar, die Schiedsordnungen so zu erweitern, dass sie die in Frage stehenden Aspekte wirksam berücksichtigen, insbesondere die Ge431  UNCTAD, Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 71, 77. 432  Insofern ist auch die Selbstverpflichtung einiger Textilunternehmen nach mehreren katastrophalen Ereignissen im Zusammenhang mit Fabriken in Bangladesch zu begrüßen, vgl. www.spiegel.de/wirtschaft/service/bangladesch-textilkonzerne-verspre­ chen-mehr-sicherheit-a-900237.html. 433  Dies ist gerade nach Art. 46 ICSID möglich. Im Jahr 2012 erging auch die erste Entscheidung über eine solche Gegenklage im Verfahren Goetz gegen Burundi, siehe Antoine Goetz & Others and S. A. Affinage des Metaux v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB/01/2, Award vom 21. Juni 2012, Rn. 267–287. In diesem Fall bejahte das Schiedsgericht seine Kompetenz, obwohl das einschlägige BIT zu solchen Problematiken keine Stellung nahm. Dies geschah wohl aber insbesondere, weil beide Streitparteien die Zuständigkeit des Tribunals hierzu akzeptierten und die Gegenklage in unmittelbarem Zusammenhang zur Investition stand. Zweifelhaft aber ist, ob dies nach dem bisherigen Stand des positiven Rechts möglich wäre, wenn der Kläger als Gegenbeklagter nicht zustimmt.



IV. Zusammenfassung273

sundheit der Bevölkerung und den Arbeitsschutz, jedoch gegebenenfalls auch Umweltschutzgesichtspunkte.434 Zudem sehen bereits viele neue Investitionsschutzabkommen präzisere Vorschriften für den Verfahrensablauf vor Schiedsgerichten vor, die nicht zuletzt mehr Transparenz mit öffentlich zugänglichen Anhörungen, die Veröffentlichung relevanter Dokumente und die Möglichkeit der Unterbreitung von Amicus Curiae-Schriftsätzen umfassen.435 Auch die jüngsten Änderungen der Schiedsverfahrensordnungen sind insofern zu begrüßen. Solange solche Vorschriften jedoch nicht überall und explizit bestehen, sollten sich Schiedsgerichte durch das Rechtsprinzip der Legitimität verpflichtet fühlen, in jeglichen Entscheidungen einen solchen angemessenen Ausgleich durch Auslegung der vielfach weiten materiellen Vorschriften in Investitionsschutzabkommen zu suchen. Investitionsschutzverfahren sind von hohen Kosten geprägt, die dazu führen, dass bisher fast ausschließlich große transnationale Unternehmen in der Lage dazu sind, sich den Kosten dieser Verfahren auszusetzen beziehungsweise die Gefahr des Unterliegens zu tragen. Kleine und mittelständische Unternehmen sind insofern verwundbarer für Handlungen der Gaststaaten. Eine legitimitätstheoretische Fundierung der Arbeit der Investitionsschiedsgerichte kann aber auch ihnen helfen. So kann einerseits die daraus fließende Klarheit in den Normen und Verfahren zu einer Vorhersehbarkeit von Entscheidungen beitragen, andererseits können dadurch kleinere und mittelständische Unternehmen, nicht zuletzt aus Entwicklungsländern, besser in die Lage versetzt werden, Verfahren einzuleiten, da sie dann eher absehen könnten, wann eine Klage erfolgreich verlaufen sollte. Wenn die oben hergeleiteten Abläufe entsprechend der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie umgesetzt und eingehalten werden, besteht auch kein Grund und keine moralische Rechtfertigung für Staaten mehr, ihren Zahlungsverpflichtungen aus Urteilen von Investitionsschiedsgerichten nicht nachzukommen. Auch wenn die Verlagerung von Hoheitsgewalt auf internationale Schiedsgerichte eine geliehene ist, bei der die Staaten im äußersten Fall durch Anpassung oder gar Kündigung der Abkommen die delegierten Kompetenzen wieder an sich ziehen können,436 hat das Investitionsschutzrecht doch sehr starke und schwer umkehrbare Auswirkungen, wobei sogar fraglich ist, ob eine Loslösung von diesem System für viele Staaten aus politischen oder bzgl. ICSID Supnik, Making Amends, S. 375 f. Investor-State Dispute Settlement and Impact on Investment Rulemaking, S. 71; siehe auch CETA Art. X. 33. 436  Braun, Investitionsschutz durch Internationale Schiedsgerichte, S. 20. 434  Vgl.

435  UNCTAD,

274

D. Wirkung dynamisch-gemeinwohlorientierter Legitimitätstheorie

wirtschaftlichen Gründen überhaupt noch möglich ist. Dies macht es besonders erforderlich, dass das System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit als solches verändert und den Erfordernissen einer modernen Rechtsprinzipienkonzeption angepasst wird. Denn es stehen sich in Investitionsschutzverfahren nicht nur der ausländische Investor und der Gaststaat im freien Raum gegenüber, in dem sie sich unter nahezu völliger Parteiautonomie wie in kommerziellen Schiedsverfahren frei entfalten könnten, sondern diese Verfahren sind in einen übergeordneten völkerrechtlichen Rahmen eingegliedert, der es nicht erlaubt, ohne die Berücksichtigung anderer zu agieren. Hier setzt die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie mit einer Schutzfunktion für betroffene Dritte an und ermöglicht gleichsam, konkrete Handlungsanweisungen an Schiedsgerichte abzuleiten. Dadurch werden nicht nur weitere Entwicklungen angestoßen und neue Rechtsfiguren wie der Amicus Causae entworfen, sondern es werden auch bereits in der Diskussion befindliche Aspekte wie Verhältnismäßigkeit oder Gemeinwohlausrichtung in den Entscheidungen der Schiedsgerichte sinvoll gebündelt und strukturiert. Es wird dabei deutlich, dass die gegebenen Beispiele für eine zukunftsweisende Rechtsdogmatik und die praktische Anwendung und Nutzbarmachung der Theorie jeweils Ableitungen aus einem zusammenhängenden Konzept darstellen, welches Lösungen für verschiedenste Fälle bietet. Dadurch können diese Fälle besser und kohärenter zu einer Entscheidung geführt werden. Mit einer solch stringenten und systemstützenden Konzeptionalisierung des gesamten Rechtsgebiets des Investitionsschutzrechts auf Grundlage der Legitimität wird den Beteiligten zudem ermöglicht, gegenüber der immer breiter werdenden gesellschaftlichen Kritik argumentativ überzeugend aufzutreten und mit ihr umzugehen. Denn letztlich kann eine Zuwendung zum Allgemeinwohl und zum Schutz der von einer Investition betroffenen Individuen auch einer breiten Öffentlichkeit gut vermittelt werden. Dadurch wiederum kann das Investitionsschutzrecht selbst wehrfähig und langfristig überlebensfähig werden. Andererseits wird durch diesen dogmatischen Überbau für ein ganzes Rechtsgebiet auch der Raum geöffnet für eine weiterführende wissenschaftliche Debatte um den Inhalt des Legitimitätsbegriffs sowie die Grundlagen des Rechts. Er ermöglicht, dass auch in der rechtstheoretischen Diskussion die starre Dualität von Legitimität und Legalität überwunden wird und Verbindungslinien zwischen diesen zwei grundlegenden Konzeptionen aufgezeigt werden. So weist die dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie über das Investitionsschutzrecht hinaus und lässt die Loslösung von



IV. Zusammenfassung275

rechtspositivistischen Maßstäben und das Stellen von Grundfragen an ein Rechtssystem auch in anderen Gebieten denkbar erscheinen. Gleichsam werden aber bereits jetzt konkrete Anhaltspunkte für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter bei ihrer Entscheidungsfindung im Investitionsschutzrecht geliefert. Ihnen wird ein übergeordnetes Konzept zur Verfügung gestellt, an das sie bei der Auslegung jeglicher interpretationsoffener Klausel im Investitionsschutzrecht eine Frage stellen können und das ihnen unmittelbare Antworten zur Normkonkretisierung liefert, ohne dass sie andere Normen oder Verträge zur Auslegung heranziehen müssen. Insofern ist das Konzept gut handhabbar. Es konnte anhand der Theorie beispielhaft aufgezeigt werden, welche Maßstäbe, die teilweise bereits diskutiert werden, angewendet werden könnten, um der subjektivierbaren Allgemeinwohlförderung entgegen zu kommen. Zudem wurde aber auch aufgezeigt, dass diese Konzeption dazu dienlich ist, aus ihr heraus ganz neue Maßstäbe und Grundsätze zu entwickeln, die – wie die Figur des Amicus Causae – für sich genommen geeignet sind, die Rechtsdogmatik zu befruchten. Insofern wird deutlich, dass die dynamisch-gemeinwohlorientierte Theorie auch inspirierend wirken kann. Dies macht Hoffnung, dass solche Ideen auf der Grundlage der Berücksichtigung der Rechte aller von einer Investition betroffenen Menschen auch von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern angewendet und weiterentwickelt werden.

E. Epilog – Ein konkretisiertes Rechtsprinzip der Legitimität im Investitionsschutzrecht Die kritische Würdigung der weiterhin proliferierenden Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zeigte, dass einige fundamentale Kritikpunkte geeignet sind, das gesamte System der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit langfristig in Frage zu stellen. Dies liegt insbesondere an den weiten und oftmals vagen Formulierungen in Investitionsschutzabkommen, die den Schiedsgerichten sehr große Spielräume zur Entscheidungsfindung einräumen, was Inkonsistenzen sowie fehlende Vorhersagbarkeit und mithin Rechtsunsicherheit befördert. Hinzu kommt, dass durch bestimmte ausländische Investitionen auch eine Vielzahl von Menschen im jeweiligen Gaststaat negativ betroffen werden kann, ohne dass diese Individuen Berücksichtigung in den Verfahren der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit finden, wenn der Gaststaat zu ihrem Schutz Handlungen ergriffen hat, welche die ausländische Investition beeinträchtigt haben und für die der betreffende ausländische Investor vor einem Schiedsgericht Kompensation sucht. Die offene Ausgestaltung der positiv-rechtlichen Normen bietet aber gleichzeitig die Chance, tragende Rechtsprinzipien effektiv zur Geltung zu bringen und hervortreten zu lassen. Ziel der Auseinandersetzung mit der Problematik der Legitimität der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit war es gerade nicht, in einer positivistisch-deduktiven Weise, sondern in einer abstrakteren und dennoch wirksam konkretisierbaren Art die Grundlagen für eine angemessene Legitimitätskonzeption dieses Rechtsgebiets zu schaffen. Legitimität, so zeigte sich in der Untersuchung, ist nicht nur im Recht das Vehikel oder die Hülle für grundlegende staats- oder systemtragende Ideen. Nur mit einem Inhalt erfüllt kann sie die ihr zukommende Zugfunktion gegenüber der Legalität wahrnehmen. Fehlt dieser Inhalt, so führt dies mittelfristig zum Sturz einer Ordnung. Aber auch wenn ein Inhalt existiert, begründet dies allein jedoch ebenfalls noch keine Gewähr für deren Fortbestand. Ein System, sei es ein politisches oder ein rechtliches, kann auch mit Macht nicht langfristig bestehen, wenn es sich nicht argumentativ vor dem Hintergrund der menschlichen Vernunft behaupten kann.



E. Epilog277

Ein konkretisiertes Rechtsprinzip der Legitimität für ein völkerrechtliches Regime musste also argumentativ und rechtsphilosophisch hergeleitet und nachgewiesen werden, bevor sein Inhalt determiniert werden konnte. Dabei wurde deutlich, dass Legitimität kein willkürlich ausfüllbarer Begriff ist. Nach einer Betrachtung der Etymologie sowie einer tieferen Analyse der staatsrechtlich-philosophischen Geschichte des Begriffs sowie seiner Anwendung und Nutzung in der völkerrechtlichen Diskussion konnte gezeigt werden, dass Legitimität durch eine moderne Prinzipientheorie als Rechtsprinzip im internationalen Investitionsschutzrecht nachweisbar und auch so konkretisierbar ist, dass sich aus ihr greifbare Handlungsanweisungen an Investitionsschiedsgerichte ableiten lassen. So fordert ein Rechtsprinzip der Legitimität im Investitionsschutzrecht auf Grundlage der in dieser Arbeit entwickelten dynamisch-gemeinwohl­ orientierten Legitimitätstheorie letztlich in jedem Anwendungsfall eine Berücksichtigung des Gemeinwohls in den Entscheidungen der Investitionsschiedsgerichte, soweit dieses auf subjektive Rechte von Individuen zurückführbar ist. Je stärker diese Individualrechte einer Vielzahl Dritter berührt sind, desto intensiver müssen sie in der Auslegung der Normen des Investitionsschutzrechts durch die Tribunale berücksichtigt werden. Dieses Rechtsprinzip der Legitimität fungiert also nicht formalistisch, sondern wirkt normativ ohne streitbare Gerechtigkeitspostulate aufzustellen. Es konstruiert vielmehr einen Schutz für von einer Investition negativ berührte Dritte und für den Staatshaushalt desjenigen Staates, der zum Schutz von Betroffenen tätig wurde. Die so hergeleitete Theorie gestattet es, durch vielfältige Anwendungsmöglichkeiten nicht nur Antworten auf die grundsätzlichen Fragen und Problemstellungen im Investitionsschutzrecht zu liefern, sondern kann durch den Nachweis eines Rechtsprinzips der Legitimität dem System als inhärentes Gitter Halt und Struktur geben und damit langfristig zum Fortbestehen dieses Rechtsregimes beitragen. Es weist aber auch über dieses hinaus. Seine Tauglichkeit zur Konkretisierung des positiven Rechts konnte beispielhaft sowohl an materiellen Normen als auch an Normen zur Ausgestaltung der Verfahren des Investitionsschutzrechts aufgezeigt werden, wobei unter anderem auf ihm fußend die Rechtsfigur des Amicus Causae entwickelt wurde. Mit Hilfe der dynamisch-gemeinwohlorientierten Legitimitätstheorie, die auf eine stete Abwägung zwischen dem Schutzinteresse der Investoren und dem effektiven Schutz der von einer Investition betroffenen Individuen abstellt, ist es möglich, die bisher oftmals sehr weit gefassten Normen des Investitionsschutzrechts in angemessener Weise präzise und einzelfallbezogen auslegen zu können. Letztlich können damit Möglichkeiten für eine

278

E. Epilog

ganzheitliche Reform der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit von innen heraus aufgezeigt werden, die sich über stückhafte Lösungsansätze für einzelne Probleme erhebt. Damit kann einerseits die Fähigkeit der Gaststaaten erhalten bleiben, im ausreichenden Maße Regulierungen im parlamentarischen und exekutiven Weg vornehmen zu können, und andererseits den ausländischen Investitionen ein angemessener und moderner völkerrechtlicher Schutz gewährt werden. Ohne sich ihnen zu verschließen, stellt dieser rechtstheoretische und gleichsam pragmatische Ansatz zur Steigerung von Legitimität somit nicht auf demokratiebezogene Reformen internationaler Institutionen oder auf die rechtsvergleichende Heranziehung positiv-rechtlicher Regeln ab. Er setzt vielmehr auf die prinzipiengestützte Ausfüllung von Norminhalten, um die Anerkennungswürdigkeit eines Rechtsregimes zu fördern, und möchte dadurch auch neue Impulse für eine übergreifende Debatte um Legitimität im internationalen Recht geben.

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Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen Abaclat and Others v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 07 / 5, zuvor Giovanna a Beccara and Others v. The Argentine Republic, – Decision on Jurisdiction vom 4. August 2011, – Dissenting Opinion Georges Abi-Saab vom 28. Oktober 2011. ADF Group v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF) / 00 / 1, – Final Award vom 9. Januar 2003. AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Erömü Kft. v. Republic of Hungary, ICSID Case No. ARB / 07 / 22, – Procedural order concerning the application of a non-disputing party to file a written submission pursuant to ICSID Arbitration Rule 37(2) vom 26. November 2008 (nicht veröffentlicht). Aguas Argentinas v. Argentina, ICSID Case No. ARB / 03 / 19, – Order in Response to a Petition for Transparency and Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005. Aguas del Tunari, S. A. v. Republic of Bolivia, ICSID Case No. ARB / 02 / 3, – Decision on Respondent’s Objections to Jurisdiction vom 21. Oktober 2005. Aguas Provinciales de Santa Fe S. A. v. Argentina, ICSID Case No. ARB / 03 / 17, –  Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 17. März 2006. Ambiente Ufficio S. p. A. and others v. Argentine Republic (formerly Giordano Alpi and others v. Argentine Republic), ICSID Case No. ARB / 08 / 9, – Decision on Jurisdiction and Admissibility vom 8. Februar 2013, – Dissenting Opinion of Santiago Torres Bernárdez vom 2. Mai 2013. Amco v Indonesia, ICSID Case No. ARB / 81 / 1 – Decision on Jurisdiction vom 25. September 1983, ICSID Reports 1, S. 393 ff., – Decision on Annulment vom 16.05.1986, ICSID Reports 1, S. 509 ff. Limited Liability Company Amto v. Ukraine, SCC Case No. 080 / 2005, – Award vom 26. März 2008. Antoine Goetz v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB / 95 / 3, – Award vom 10. Februar 1999. Antoine Goetz & Others and S. A. Affinage des Metaux v. Republic of Burundi, ICSID Case No. ARB / 01 / 2, – Award vom 21. Juni 2012. AWG Group Ltd. v. The Argentine Republic, UNCITRAL, – Decision on Liability vom 30. Juli 2010.

312

Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen

Azurix Corp. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 01 / 12, – Award vom 14. Juli 2006. Bayindir Insaat Turizm Ticaret Ve Sanayi A.S. v. Pakistan, ICSID Case No. ARB /  03 / 29, – Decision on Jurisdiction vom 14. November 2005, – Award vom 27. August 2009. Bernardus Henricus Funnekotter and others v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB / 05 / 6, – Award vom 22 April 2009. Bernhard von Pezold et al. v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB / 10 / 15, and Border Timbers Limited et al. v. Zimbabwe, ICSID Case No. ARB / 10 / 25, – Procedural Order No. 2 vom 26. Juni 2012. Biwater Gauff (Tanzania) Ltd. v. United Republic of Tanzania, ICSID Case No. ARB / 05 / 22, – Procedural Order No. 5 vom 2. Februar 2007, – Award vom 24. Juli 2008. Burlington Resources Inc. v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB / 08 / 5, – Decision on Liability vom 14. Dezember 2012. Camuzzi International S. A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 2, – Decision on Objections to Jurisdiction vom 11. Mai 2005. Ceskoslovenska Obchoni Banka A.S.  (CSOB) v. Slovak Republic, ICSID-Case No. ARB /  97 / 4, – Decision on Jurisdiction vom 24. Mai 1999. Chevron Corporation (USA) and Texaco Petroleum Company (USA) v. The Republic of Ecuador, UNCITRAL, PCA Case No. 34877, – Final Award vom 31. August 2011. CME Czech Republic B.V. (The Netherlands) v. The Czech Republic, UNCITRAL, – Final Award vom 14. März 2003. CMS Gas Transmission Co. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 01 / 08, – Decision on Jurisdiction vom 17. Juli 2003, – Award vom 12. Mai 2005, – Decision on Annulment, 25.09.2007. Commerce Group Corp. and San Sebastian Gold Mines, Inc. v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB / 09 / 17, – Award vom 14. März 2011. Consorzio Groupement L.E.S.I.-DIPENTA v. Algeria, ICSID Case No. ARB / 03 / 08, – Award vom 10. Januar 2005 Continental Casualty Company v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 9, – Award vom 5. September 2008. Desert Line Projects LLC v. The Republic of Yemen, ICSID Case No. ARB / 05 / 17, – Award vom 6. Februar 2008.



Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen313

Deutsche Bank AG v. Democratic Socialist Republic of Sri Lanka, ICSID Case No. ARB / 09 / 2, – Award vom 31. Oktober 2012. Duke Energy Electroquil Partners & Electroquil S. A. v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB / 04 / 19, – Award vom 18. August 2008. EDF International S. A., SAUR International S. A. and León Participaciones Argentinas S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 23, – Award vom 11. Juni 2012. SAUR International SA v. Republic of Argentina, ICSID Case No. ARB / 04 / 4, – Decision on Jurisdiction and Liability vom 6. Juni 2012. Electrabel S. A. v. the Republic of Hungary, ICSID Case No. Arb / 07 / 19, –  Decision on Jurisdiction, Applicable Law and Liability vom 30. November 2012. El Paso Energy International Company v. Argentina, ICSID Case No. ARB / 03 / 15 – Decision on Jurisdiction vom 27. April 2006, – Award vom 31. Oktober 2011. Enron Corporation and Ponderosa Assets, L.P. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 01 / 3, – Decision on Jurisdiction vom 14. Januar 2004, – Award vom 22. Mai 2007. Fedax v. Venezuela, ICSID Case No. ARB / 96 / 3, – Decision on Jurisdiction vom 11. Juli 1997, ILM 37 (1998), S. 1378 ff. Marvin Roy Feldman Karpa v. United Mexican States, ICSID Case No. ARB(AF) / 99 / 1, – Award on the Merits vom 16. Dezember 2002. Fraport AG Frankfurt Airport Services Worldwide v. Republic of the Philippines, ICSID Case No. ARB / 03 / 25, – Award vom 16. August 2007. Generation Ukraine, Inc. v. Ukraine, ICSID Case No. ARB / 00 / 9, – Award vom 16. September 2003. Glamis Gold, Ltd. v. The United States of America, UNCITRAL, – Award vom 8. Juni 2009. Grand River Enterprises Six Nations, Ltd., et al. v. United States of America, UNCITRAL, – Award vom 12. Januar 2011. Helnan v. Egypt, ICSID Case No. ARB / 05 / 19, – Decision of the Tribunal on Objection to Jurisdiction vom 17. Oktober 2006, – Award vom 3. Juli 2008. Holiday Inns v. Morocco, ICSID Case No. ARB / 72 / 1, unveröffentlicht.

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Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen

Hulley Enterprises Limited (Cyprus) v. The Russian Federation, UNCITRAL, PCA Case No. AA 226, Award vom 18. Juli 2014. Impregilo S. p. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 07 / 17, – Award vom 21. Juni 2011. Inceysa Vallisoletana S.L. v. Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB / 03 / 26, – Award vom 2. August 2006. Jan de Nul N.V. and Dredging International N.V. v. Arab Republic of Egypt, ICSID Case No. ARB / 04 / 13, – Award vom 6. November 2008. Joy Mining v. Arab Republic of Egypt, ICSID Case No. ARB / 03 / 11, – Award on Jurisdiction vom 06. August 2004. Lanco International v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 97 / 6, – Preliminary Decisions: Jurisdiction of the Arbitral Tribunal vom 08.12.1998, ILM 40 (2001), S. 457 ff. Lauder v. The Czech Republic, UNCITRAL, – Final Award vom 3. September 2001. Joseph Charles Lemire v. Ukraine, ICSID Case No. ARB / 06 / 18, – Decision on Jurisdiction and Liability vom 14. Januar 2010. L.E.S.I. S. p. A. and ASTALDI S. p. A. v. République Algérienne Démocratique et ­Populaire, ICSID Case No. ARB / 05 / 3, – Decision vom 12. Juli 2006. LETCO v. Liberia, ICSID Case No. ARB / 83 / 2, – Award vom 31. März 1986, 2 ICSID Reports 346, 352 L. F. H. Neer and Pauline Neer (U.S.A.) v. United Mexican States. – Decision of the Commission vom 15. Oktober 1926. Reports of International Arbitral Awards, IV, S. 60–66. LG&E Energy Corp., LG&E Capital Corp., LG&E International Inc. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 02 / 1, – Decision on Liability vom 3. Oktober 2006. Loewen Group, Inc. and Raymond Loewen v. United States, ICSID Case No. ARB(AF) / 98 / 3 – Award on Jurisdiction vom 5. Januar 2001, – Award on the Merits vom 26. Juni 2003. Malaysian Historical Salvors, SDN, BHD v. Malaysia, ICSID Case No. ARB / 05 / 10, – Award on Jurisdiction vom 17. Mai 2007, – Decision on the Application for Annulment vom 16. April 2009. M.C.I. Power Group L.C. and New Turbine, Inc. v. Ecuador, ICSID Case No. ARB / 03 / 6, – Award vom 31. Juli 2007.



Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen315

Marion Unglaube and Reinhard Unglaube v. Republic of Costa Rica, ICSID Case No. ARB / 08 / 1 und ICSID Case No. ARB / 09 / 20, – Award vom 16. Mai 2012. Metalclad Corporation v. The United Mexican States, ICSID Case No. ARB(AF) / 97 / 1 – Award vom 30. August 2000. Metalpar S.  A. and Buen Aire S.  A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 5, – Award vom 6. Juni 2008. Methanex Corp. v. United States, UNCITRAL, –  Decision of the Tribunal on Petitions from Third Parties to Intervene as „Amici Curiae“ vom 15. Januar 2001, – Submission of Non-Disputing Parties, Bluewater Network, Communities for a Better Environment, and Center for International Environmental Law vom 9. März 2004, – Final Award of the Tribunal on Jurisdiction and Merits vom 3. August 2005. Mihaly International Corpotation v. Democratic Socialis Republic of Sri Lanka, ICSID Cas No. ARB / 00 / 2, – Award vom 15. März 2002. Mohamed Abdulmohsen Al-Kharafi & Sons Co. v. Libya and others, – Final Award vom 22. März 2013. Mondev International Ltd. v. United States of America, ICSID Case No. ARB(AF)99 / 2, – Award vom 11. Oktober 2002. National Grid plc v. The Argentine Republic, UNCITRAL, – Award vom 3. November 2008. Occidental Petroleum Corporation and Occidental Exploration and Production Company v. Republic of Ecuador, ICSID Case No. ARB / 06 / 11, – Final Award vom 5. Oktober 2012. Pac Rim Cayman LLC v. The Republic of El Salvador, ICSID Case No. ARB / 09 / 12, – Decision on the Respondent’s Preliminary Objections under CAFTA Articles 10.20.4 and 10.20.5 vom 2. August 2010. Pantechniki S. A. Contractors & Engineers (Greece) v. The Republic of Albania, ICSID Case No. ARB / 07 / 21, – Award vom 30. Juli 2009.

Parkerings-Compagniet AS v. Lithuania, ICSID Case No. ARB / 05 / 8, – Award vom 11. September 2007.

Philip Morris Asia Limited v. The Commonwealth of Australia, UNCITRAL, PCA Case No. 2012-12, – Notice of Claim vom 22. Juni 2011.

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Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen

Philip Morris Brand Sàrl (Switzerland), Philip Morris Products S. A. (Switzerland) and Abal Hermanos S. A. (Uruguay) v. Oriental Republic of Uruguay, ICSID Case No. ARB / 10 / 7, – Decision on Jurisdiction vom 2. Juli 2013. Phoenix Action, Ltd v. The Czech Republic, ICSID Case No. ARB / 06 / 5, – Award vom 15. April 2009. Piero Foresti, Laure de Carli and Others v. South Africa, ICSID Case No. ARB(AF) / 07 / 1, – Letter from the Tribunal to the Parties vom 5. Oktober 2009. Plama Consortium Limited v. Republic of Bulgaria, ICSID Case No. ARB / 03 / 24, – Award vom 27. August 2008. Pope & Talbot Inc. v. The Government of Canada, UNCITRAL, – Interim Award on the Merits vom 26. Juni 2000. PSEG Global et al. v. Republic of Turkey, ICSID Case No. ARB / 02 / 5, – Award 19 January 2007. Quiborax S. A., Non Metallic Minerals S. A. and Allan Fosk Kaplún v. Plurinational State of Bolivia, ICSID Case No. ARB / 06 / 2, – Decision on Jurisdiction vom 27. September 2012. Railroad Development Corporation (RDC) v. Republic of Guatemala, ICSID Case No. ARB / 07 / 23, – Award vom 29. Juni 2012. Renta 4 S.V.S.A., et al. v. The Russian Federation, SCC Case No. 24 / 2007, – Award vom 20. Juli 2012. RMS Production Corporation v. Grenada, ICSID Case No ARB / 05 / 14, – Award vom 11. März 2009. Romak S.A v. Uzbekistan, PCA Case No. AA280, – Award vom 26. November 2009. Rumeli Telekom A.S. and Telsim Mobil Telekomunikasyon Hizmetleri A. S. v. Republic of Kazakhstan, ICSID Case No. ARB / 05 / 16, – Award vom 29. Juli 2008. Saba Fakes v. Republic of Turkey, ICSID Case No. ARB / 07 / 20, – Award vom 14. Juli 2010. Saipem S. p. A. v. Bangladesh, ICSID Case No. ARB / 05 / 07, – Decision on Jurisdiction and Recommendation on Provisional Measures vom 21. März 2007, – Award vom 30. Juni 2009. Salini Costrattori S.  p.  A. and Italstrade S.  p.  A. v. Morocco, ICSID Case No. ARB / 00 / 4, – Decision on Jurisdiction vom 23. Juli 2001, ILM 42 (2003), S. 609 ff.



Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen317

SAUR International SA v. Republic of Argentina, ICSID Case No. ARB / 04 / 4, – Decision on Jurisdiction and Liability vom 6. Juni 2012. Sempra Energy v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 02 / 16, – Award vom 28. September 2007. S.D. Myers, Inc. v. Government of Canada, UNCITRAL, – Award on Damages vom 21. Oktober 2002. Siemens A.G. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 02 / 08, – Award vom 6. Februar 2007. Spyridon Roussalis v. Romania, ICSID Case No. ARB / 06 / 1, – Award vom 7. Dezember 2011. Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona S. A., and InterAguas Servicios Integrales del Agua S. A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 17 (zuvor Aguas Provinciales de Santa Fe S.A, Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, S. A., and InterAguas Servicios Integrales del Agua, S. A.), –  Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 17. März 2006. Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, S. A. and Vivendi Universal, S. A. v. Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 03 / 19 (zuvor Aguas Argentinas, S. A., Suez, Sociedad General de Aguas de Barcelona, S. A. and Vivendi Universal, S. A. v. Argentine Republic) –  Order in Response to a Petition for Participation as Amicus Curiae vom 19. Mai 2005, – Order in Response to a Petition by Five Non-Governmental Organizations for Permission to make an amicus curiae Submission vom 12. Februar 2007. Swisslion DOO Skopje v. The Former Yugoslav Republic of Macedonia, ICSID Case No. ARB / 09 / 16, – Award vom 6. Juli 2012. Técnicas Medioambientales Tecmed, S. A. v. The United Mexican States, ICSID Case No. ARB (AF) / 00 / 2, – Award vom 29. Mai 2003. Tokios Tokeles v. Ukraine, Case No. ARB / 02 / 18, – Decision on Jurisdiction vom 29. April 2004 Total S. A. v. The Argentine Republic, ICSID Case No. ARB / 04 / 01, – Decision on Liability vom 27. Dezember 2010. Toto Costruzioni Generali S. p. A. v. Republic of Lebanon, ICSID Case No. ARB / 07 / 12, – Decision on Jurisdiction vom 11. September 2009. Tza Yap Shum v. The Republic of Peru, ICSID Case No. ARB / 07 / 6, – Award vom 7. Juli 2011. United Parcel Service of America, Inc. v. Government of Canada, NAFTA / UNCITRAL Arbitration Rules,

318

Verzeichnis der zitierten Schiedsgerichtsentscheidungen

– Award on Jurisdiction vom 22. November 2002, – Award on the Merits vom 24. Mai 2007. Vattenfall AB and others v. Federal Republic of Germany, ICSID Case No. ARB / 12 / 12, – Notice of Arbitration vom 31. Mai 2012 (nicht veröffentlicht). Veteran Petroleum Limited (Cyprus) v. The Russian Federation, UNCITRAL, PCA Case No. AA 228, – Award vom 18. Juli 2014. Victor Pey Casado and President Allende Foundation v. Republic of Chile, ICSID Case No. ARB / 98 / 2, – Award vom 8. Mai 2008. Waste Management, Inc. v. United Mexican States („Number 2“), ICSID Case No. ARB(AF) / 00 / 3, – Final Award, vom 30. April 2004. White Industries Australia Limited v. India, UNCITRAL, – Final Award vom 30. November 2011. World Duty Free Company Limited v. The Republic of Kenya, ICSID Case No. ARB / 00 / 7 (Jurisdiktion basierte auf einem State Contract), – Award vom 4. Oktober 2006. Yukos Universal Limited (Isle of Man) v. The Russian Federation, UNCITRAL, PCA Case No. AA 227, Award vom 18. Juli 2014.

Stichwortverzeichnis Abs-Shawcross Draft Convention on Investments Abroad  20 Abwägung  124 ff., 150, 189 ff., 204 ff., 253 ff., Akzeptanz  68, 108 f., 120, 206 Amicus causae  262 ff. Amicus curiae  212 f., 221 ff., 229 ff. Ausgleich  135 f., 144, 158, 197 f., 209, 255 Behörden  154, 205 f., 210 Berücksichtigung  122, 126, 138 f., 145, 150 ff., 204 f., 256 ff., 267 ff. Beteiligung Dritter  151, 208 ff., 255 ff. Betroffenheit  119 ff., 139, 144 f., 154 ff., 207 f., 252 ff. Biwater Gauff-Fall  175, 202, 248 f. Buchanan / Keohane  106 ff. Calvo, Carlos  158 CETA  13, 239 Charta der Vereinten Nationen  83, 88, 93 f., 147 ff. Cobden-Vertrag  22 Daseinsvorsorge  73, 157, 180, 223 Demokratie  33, 43, 70, 72, 82 f., 86, 91 f., 96, 105 ff., 112 ff. Diskriminierung  20, 34, 185, 196, 207 Domestic Analogy  81, 119 Durchsetzung  17, 19, 34, 42, 92, 110, 136 Dworkin, Ronald   50, 129 ff. Dynamik  75, 121, 140 f., Dynamisch-gemeinwohlorientierte Legitimitätstheorie  142 ff., 153 ff., 165 f., 167 ff., 181 f., 190 f., 204, 255 ff., 274, 277

Effektivität  100, 107, 111, 214, 256, 258 Einzelfall  48 ff., 93, 116, 124, 131 f., 134, 135, 140, 150, 161, 166, 191, 193 f., 208, 257 Enteignung  22 f., 184 ff. Entschädigung  23, 184 ff., 192 f., 194, 205, 207, Entscheidung  11 f., 18 f., 27, 32 ff., 42 ff., 47, 68, 70 ff., 105, 117 ff., 138 f., 142, 153 f., 160 f., 166, 207, 210, 215 f., 221, 256, 263 ff., 273 f. Entwicklungsländer  20, 22 f., 94, 215 f., 269, Erwartungen  19, 48, 71 f., 187, 196 f., 201 ff. Faire und gerechte Behandlung  21, 194 ff. Fedax-Fall  171 f. Fragmentierung  48, 88 ff., 120, 141, 150 f. Franck, Thomas M.   108 ff. Garantie  92 f., Gemeinwohl  55 ff., 73 f., 121, 137 f., 142 ff., 146 ff., 153 ff., 162, 179 ff., 204 ff., 257, 263 ff. Gerechtigkeit  71 f., 106, 108 f., 111, 143, 147, Gesundheitsschutz  31, 144, 146, 149 f., 181 f., 194, 207, 223 f., 243 f., 246, 265, 272, Gewerkschaften  265 Glamis Gold-Fall  247 ff., 259, 263 Global Governance  50, 82, 84 f., 96 ff., 104 ff., 122, Globalisierung  34, 50, 70, 102, 104, 117, 120, 126, 158, Goetz-Fall  29, 206

320 Stichwortverzeichnis Good Governance  33, 197, 216, 268 Grundfrage  134 f., 136 ff., 166, 275 Habermas, Jürgen  69 f., 105, 138 Handelsschiedsgerichtsbarkeit  127, 211, 217, 222, 225 f., 229, 233 f., 274 Hanse  22 Herrschaft  42 ff., 52, 54 ff., 80, 84 ff., 97 f., 108, 119 f., 138 ff. Höffe, Otfried  72 f. Homogenität  14, 161, 183 Hull-Formel  184 f. ICC  16, 42, 227 f., 230 ICSID  11, 16, 24, 26 ff., 37, 42 ff., 127, 139, 168 ff., 225, 230 ff., 266 ICSID Arbitration Rules  230 ff., 248 ff. IGH  21, 79, 148, 219 ff. Indirekte Enteignung  28, 184 ff., 189 f., 193 f. Individuum  33, 47, 59, 68 ff., 78 ff., 88 f., 111, 112 ff., 122, 134 f., 138, 143 f., 148 ff., 158, 181, 183, 190 ff., 207, 221, 251, 252 ff., 263, 267 Inhärente Gitter  131 f., 136, 139, 153, 268, 272, 277 Inkonsistenz  11, 35, 276 Inländerdiskriminierung  34 Interessen  36, 43, 71, 76, 79 f., 109 f., 134, 139, 143, 156 ff., 184, 204, 207, 217, 236, 253 ff., 263 f. Internationale Organisationen  86, 88, 106 Investition  11, 17, 20, 22 f., 30, 105, 137, 143 f., 168 ff., 178 ff., 194, 254, 271 Investitionsschiedsgerichtbarkeit   11 ff., 15 ff., 24 ff., 33 ff., 39 ff., 84 f., 145 f., 150 f., 156 ff., 208 ff., 252 ff., 271 ff. Investitionsschutzabkommen  11, 14 f., 18 f., 20 ff., 44, 85, 94, 99, 112, 123, 126 f., 141, 158, 167, 183, 238 Investor  11, 14, 15 ff., 20 ff., 27 ff., 32, 37, 127, 136 f., 141, 157 f., 183, 191 ff., 203 ff., 253 Ius cogens  87 f., 93 f., 103, 147 f., 150 ff.

Jay-Vertrag  21 Kant, Immanuel  53, 62, 80 f., 164, Kapitalanlage  siehe Investition Klage  17, 27 ff., 35, 157, 194, 206, 221, 265, 272 Klausel  15, 18, 25, 28, 33, 39, 44, 99, 159 ff., 184 ff., 194 ff., Kohärenz  12, 49 f., 110, 132, 145, 165 ff., 209, 216, 271 Konkretisierung   45, 50 f., 132 f., 144, 154 f., 156 ff., 178 ff., 189 ff., 204 ff., 252 ff. Konsensprinzip  79, 81, 87 f., 92 f., 96 f., 104, 118, 149 Konstitutionalisierung  63, 88 ff., 104, 115, 117 f., 132 Konzeption  12, 41, 74 f., 78 ff., 137 f., 139 ff., 153 f., 161, 166, 261 ff., 271 ff. Kooperationsvölkerrecht  83, 88 f., 96 ff., 103, 110, 119, 137, 146 f. Koskenniemi, Martti  91, 97 f., 100, 126, Kosten  13, 32, 35, 114, 213, 219, 255, 258, 270, 273 Kritik  12 f., 14 ff., 31 ff., 39 ff., 213 ff. Kumm, Matthias  113 ff. Legalität  52 ff., 62 ff., 76 ff., 92 f., 99 ff., 115, 124 Legitimation  46, 52 f., 58, 64 f., 69 ff., 85 f., Legitimität  38 ff., 45, 46 ff., 52 ff., 76 ff., 122 ff., 136 ff., 142 ff., 153 ff., 167 ff., 190 ff., 204 ff., 255 ff. LG&E-Fall  160, 189 f. Luhmann, Niklas  69, 70 f., 75 Margin of Appreciation  205 Meistbegünstigung  22, 28, 39 Menschenrechte  32, 82, 89 f., 94, 97 f., 103, 105, 106 f., 144, 146 ff., 149, 151 f., 154, 181, 217, 224 Metalclat-Fall  188, 241 Methanex-Fall  223, 241, 243 ff., 263 f.

Stichwortverzeichnis321 Modell-BIT  152, 170, 193 f., 237 ff. Moral  50, 52, 55, 62, 69, 72, 77, 80, 93, 108, 113, 126, 129 f., 133 ff. Multilateral Agreement Investment (MAI)  23 NAFTA  11, 24, 37, 198 ff., 218, 236 f., 240 f., 245, 247, 257, 269 Nebenintervention  219 ff., 256 Neer-Fall  199 Neutralität  17, 70, 136, 154, 193, 251, 259 ff., 267 f., 270 New York-Konvention  18, 42, 44, 228 Nichtregierungsorganisationen (NGOs)  13, 37, 47 f., 104, 242 ff., 250, 254, 256, 259, 265, 269 Occidental-Fall  28 f., 35, 193, 203 Öffentliches Interesse  33, 59, 142 ff., 145 f., 154, 157, 174, 180, 190, 207 f., 210 ff., 213 ff., 222 ff., 232 f., 245 f., 249, 254 f., 257, 259 ff., 263 ff. Öffentlichkeit  103, 120, 165, 209, 211 f., 214 ff., 225 f., 235, 265, 270, 274 Parkerings-Kompagniet-Fall  202 Parlament  43, 65, 73, 96, 116, 206, 278 Phoenix-Fall  176 Plama-Fall  178 f. Police-Powers Doktrin  186 Politik  30, 45, 58, 61, 67 ff., 79, 83, 86, 102, 114, 118, 133 ff., 144, 187, 194, 196, 217, 226, 255 Politisierung  17, 38, 145 f., 259, 271 Positivismus  50, 64 f., 78, 87, 128 ff. Prinzip  siehe Rechtsprinzip Proliferation  11, 24 ff., 31 ff., 270 Rawls, John  71 f., 109, 111 Rechtsprinzip  48 ff., 82, 120, 122 ff., 127 ff., 133 ff., 136 ff., 139 ff., 144 f., 154, 166, 179, 192, 212, 254, 268 , 276 f. Rechtsquelle  54, 84 f., 91 f., 101, 109, 123, 129, 131 f., 152, 199

Rechtsstaatlichkeit  13, 42, 91, 99, 114, 117 f., 121, 138, 197, 270 Rechtsvergleichung  161 ff., 278 Regel  50, 52 f., 66, 68, 71, 105, 110, 122, 126 f., 128, 130 ff., 140, 165, 278 Regulierung  31, 34, 36, 89, 95 f., 104, 116, 135, 156 ff., 184, 187 f., 190, 196, 272, 278 Romak-Fall  175 Rousseau, Jean Jacques   60 f., 78 Rumeli Telekom-Fall  194, 201 Saipem-Fall  226 ff. Salini-Fall  172 ff., 180 ff. Sallust  54 Saur-Fall  152, 177 f. Schadensersatz  15, 21, 27 ff., 34, 36, 38, 159, 187 ff., 192 f., 197, 205 ff., Schiedsrichter  15, 18, 21, 24, 32, 36, 40, 161, 163 ff., 215, 275 Schmitt, Carl  44, 65 Schutz  11, 17, 20 f., 32, 59, 67, 105, 116, 122, 124, 134, 144, 146 ff., 154 f., 181 ff., 207, 259, 265, 270, 277 Schutzfunktion  122, 124, 183, 274 Schutzrechte  134, 144, 148, 270 Self-Contained Regime  88, 90 Souveränität  32 ff., 59 ff., 79, 81, 83, 87, 89 f., 92, 101 f., 124, 157, 184, 202 Soziologie  36, 65 ff., 105, 108 ff. Staat  11 ff., 15 ff., 31 ff., 42 ff., 78 ff., 83 ff., 88 ff., 98, 106, 117, 135, 137, 145, 154, 156 ff., 177, 184 ff., 194 ff., 216, 253, 270, 271 ff. Staatsnotstand  159 f., 191 Stabilisierungsklausel  196 f. State Contracts  15 f., 196 f., 226, 228 Stellungnahmen / Eingaben  232 f., 242 ff., 247 ff., 263 f., Streitparteien  16, 18, 35, 43, 151, 154, 171 ff., 211 ff., 219 ff., 225, 231 ff., 243 ff., 253 ff., 263 ff., 267 f. Subjektive Rechte  134 f., 135. 138, 142 ff., 153 ff., 166, 181 f., 193 f., 207 f., 246, 265, 277

322 Stichwortverzeichnis Subjektivierbares Allgemeinwohl  142 ff., 146, 151, 181, 204 f., 207, 212, 257, 263, 265, 271, 275, 277 Tecmed-Fall  189, 190 f. Thomas von Aquin  55 f. Transparenz  35 f., 40, 82, 91, 107, 117, 121, 160, 196 f., 207, 208–275 Tribunal  12, 14, 17 ff., 27, 34, 36, 39, 42 ff., 87, 99, 103, 136, 139, 150, 154 f., 160, 216, 228, 231 ff., 250, 263 ff. Trümpfe  133 f. TTIP  12 f., 25 Ulpian  54 f. Umweltschutz  43, 82, 95, 98, 103, 105, 114, 120, 141, 144, 149, 157, 181, 188, 196, 207, 210, 217 f., 223 f., 243, 247, 263, 265, 269, 272 f. UNCITRAL  11, 27, 175, 211, 233 ff., 244 f., 267 UNCITRAL Rules on Transparency in Treaty-based Investor-State Arbitra­ tion  233 ff., 236

Verfahrensordnung  15 f., 24, 212, 230 ff., 262, 266 Verhältnismäßigkeit / Proportionalität  91, 144 ff., 160, 166, 189 ff., 203 f., 207 f., 212, 256, 260, 264, 267, 270, 274 Vertraulichkeit  17 f., 40, 209, 211 f., 214, 219, 222 ff., 229 f., 235, 238, 242, 255, 258 Völkerrecht  11, 16 f., 22, 27, 44 f., 50 f., 76–122, 123 ff., 136, 138, 146 ff., 199, 213, 253, 272 Vorhersehbarkeit  14, 36, 92, 111, 115, 121, 161 f., 167, 191, 198, 201, 209 f., 252, 256, 273, 276 Weber, Max  65 ff., 74 f. Weiler, J. H. H.  94 ff. Wert der Investition  168 f., 183, 184 ff., 188, 192, 194, 207 f., 224 Werte  63, 68, 76, 90, 94, 97, 102 ff., 106, 108, 110 f., 121 f., 124 ff., 140, 143, 145, 147 f., 157 Wolfrum, Rüdiger  84 ff. WTO  27, 84 f., 98, 114, 206, 210, 241, 243

Urteil  siehe Entscheidung

Yukos-Fall  29, 35

Verfahren  15 ff., 23 ff., 31 ff., 64 f., 69 ff., 72 f., 108 f., 120 f., 145, 208–275

Zivilgesellschaft  160, 162, 240, 272 Zugfunktion der Legitimität  63, 99 ff., 124, 140, 142, 236, 276