Privatisierung und Regulierung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika [1 ed.] 9783428522514, 9783428122516

Der deutsche Wasserversorgungssektor wurde bislang von wettbewerblichen und regulatorischen Veränderungen, so wie sie si

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Privatisierung und Regulierung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika [1 ed.]
 9783428522514, 9783428122516

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Schriften zum Internationalen Recht Band 166

Privatisierung und Regulierung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika Von

Frank Forster

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

FRANK FORSTER

Privatisierung und Regulierung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika

Schriften zum Internationalen Recht Band 166

Privatisierung und Regulierung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika Von

Frank Forster

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Augsburg hat diese Arbeit im Wintersemester 2005/2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-12251-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005 / 2006 von der Juristischen Fakultät der Universität Augsburg als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im August 2005 abgeschlossen. Für die Druckfassung konnten für den deutschen Teil noch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Schrifttum bis Juli 2006 berücksichtigt werden. Mein größter Dank gilt Herrn Prof. Dr. Ulrich M. Gassner für die engagierte Betreuung des Promotionsvorhabens und seine wertvollen und hilfreichen Hinweise. Herrn Prof. Dr. Christoph Vedder danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dem Georgetown University Law Center unter der damaligen Leitung von Dean Judith Areen danke ich für die gewährte Gastfreundschaft. Mein Dank gilt ebenfalls Frau Darlene Sustaita für Ihre Hinweise zur Arbeitsweise der California Public Utilities Commission, sowie den Verantwortlichen in den Kommunalverwaltungen der Städte Atlanta, Franklin, Indianapolis, New Jersey, New Orleans und Seattle für die Möglichkeit der Untersuchung der jeweiligen Privatisierungsverträge. Ich danke der Gelsenwasser AG für die großzügige Unterstützung des Vorhabens. Insbesondere die Hinweise von Herrn Dr. Mathias Dierkes waren für mich äußerst wertvoll. Ich danke zudem Herrn Rechtsanwalt Michael Knitter für seine Anmerkungen und Korrekturen. Meinen Eltern, Dr. Brigitte Forster und Dr. Karl-Dieter Forster sowie meinem Bruder Nicholas Forster danke ich herzlich für ihre Unterstützung und Ratschläge. Ihnen und meiner Verlobten Dr. Claudia Gonnermann, der ich insbesondere für ihre Korrekturen danke, widme ich diese Arbeit. München, August 2006

Frank Forster

Inhaltsübersicht Erster Abschnitt Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

31

A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

B. Verlauf der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

C. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

E. Die Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung . . . . . . . . . .

47

F. Der Paradigmenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

G. Die Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes zur Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

Zweiter Abschnitt Privatisierung

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

87

B. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 D. Kommunal- und Wasserrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 E. Die Steuerung der Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen durch sektorenspezifische Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

10

Inhaltsübersicht

F. Determinanten für Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . 156 G. Sektorenspezifische Regelungen in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Dritter Abschnitt Wettbewerb im Markt

180

A. Determinanten für die Einführung eines Wettbewerbs im Markt in Deutschland . . . . . 181 B. Wettbewerb im Markt in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Vierter Abschnitt Wettbewerb um den Markt

195

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 B. Die Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Fünfter Abschnitt Gesetzliche Regulierung

243

A. Die wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 B. Die Regulierung der Wasserversorgungsunternehmen durch staatliche Regulierungsbehörden in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 C. Die Auswirkungen des Paradigmenwechsels auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 D. Die wirtschaftliche Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330

Inhaltsübersicht

11

Sechster Abschnitt Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

332

A. Deutsche Privatisierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 B. Amerikanische Privatisierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Siebter Abschnitt Zusammenfassung

377

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404

Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

31

A. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

B. Verlauf der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

C. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

I. Der Begriff der wirtschaftlichen Regulierung und Deregulierung . . . . . . . . . . . . . . .

34

II. Der Begriff der Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

I. Die Geschichte der Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

2. Vereinigte Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

II. Die Struktur der Trinkwasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

2. Vereinigte Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

III. Die Wertschöpfungskette der Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

IV. Die gegenwärtigen Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

E. Die Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung . . . . .

47

I. Wasserversorgung als natürliches Monopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

1. Auswirkung des natürlichen Monopols auf den Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

2. Wegfall des natürlichen Monopols . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

II. Der Schutz vor „ruinösem“ Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

III. Die Verfolgung sozialpolitischer Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

14

Inhaltsverzeichnis IV. Externe Effekte der Trinkwasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

V. Größenvorteile und Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

F. Der Paradigmenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

I. Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

1. Entwicklung der Privatisierung als ordnungspolitisches Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

2. Effizienzgewinne durch Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

3. Privatisierung als Mittel zur Nutzung von Größenvorteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

4. Positionen von Privatisierungskritikern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

II. Wettbewerb im Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

1. Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

2. Freier Leitungsbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

3. Eigenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

4. Die Einschaltung von Zwischenhändlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

III. Wettbewerb um den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

IV. Wettbewerbsorientierte Regulierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

G. Die Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes zur Wasserversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

I. Die europäische Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

1. Die Verantwortung der Gemeinschaft für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

2. Maßnahmen der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

a) Gutachten von WRc / Ecologic . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

b) Weißbuch über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

c) Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

d) GATS-Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

Inhaltsverzeichnis

15

II. Die bundesdeutsche Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

Zweiter Abschnitt Privatisierung

87

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

I. Staatsaufgabe als Privatisierungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

1. Abgrenzung der Begriffe „Öffentliche Aufgabe“ und „Staatsaufgabe“ . . . . . . .

87

2. Privatisierbarkeit von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

3. Die Verwaltungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

II. Privatisierungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Die Organisationsprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

2. Die Aufgabenprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

3. Die funktionale Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

a) Leistung eines Beitrags in funktionalem Zusammenhang mit einer Verwaltungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

b) Die Verschiebung der Verantwortungsstruktur innerhalb der Verwaltungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

c) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

d) Bestimmung des richtigen Maßes der Leitungsverantwortung . . . . . . . . . . . .

98

aa) Gesellschaftsrechtliche und vertragliche Einwirkungsvarianten . . . . . .

98

bb) Demokratieprinzip und funktionale Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Das Mindestmaß der Leitungsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 e) Die unechte funktionale Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 I. Die Neutralität gegenüber der Eigentumsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Die gegenwärtige Struktur der Wasserversorgung als Ausnahme von den Wettbewerbsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Die Wasserversorgung als wirtschaftliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

16

Inhaltsverzeichnis 2. Die Ausnahme von den Wettbewerbsvorschriften nach Art. 86 II EG . . . . . . . . . 106 3. Die Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Die Befugnisse der EG für Marktöffnungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Die Ermächtigungsnormen des EG-Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Art. III-122 der Europäischen Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Die Daseinsvorsorge als Verfassungsdirektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Der Universaldienst als Ausprägung des Sozialstaatsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Das Sozialstaatsprinzip als Handlungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Die Gewährleistung eines Universaldienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 III. Schutzpflicht für Leib und Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 IV. Die Rahmenkompetenz für den Wasserhaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 V. Art. 28 II 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Die Wasserversorgung als örtliche Angelegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Heteronome Privatisierungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Die Selbstverwaltungsgarantie als Privatisierungsschranke . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Das Aufgabenverteilungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 cc) Das Aufgabenzugriffsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 dd) Die Eigenverantwortlichkeitsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Art. 28 II 1 GG als Zuweisungsnorm für pflichtige Staatsaufgaben . . . . . . 132 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 3. Autonome Privatisierungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 4. Art. 28 II 1 GG und Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

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D. Kommunal- und Wasserrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Die Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Aufgabenumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Funktionale Privatisierung bei gesetzlicher Pflichtaufgabenzuweisung . . . . . . . 138 a) Der Inhalt der Aufgabenzuweisungsnormen in Thüringen, MecklenburgVorpommern, Brandenburg, Berlin und Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Die Übertragung der Aufgabendurchführung auf Private als Gestaltungshandlung der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Rechtslage in Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Tatbestandslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4. Privatisierungsnormen in Rheinland-Pfalz und Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5. Privatisierungsnormen in Sachsen-Anhalt und Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 II. Der Private als Träger einer öffentlichen Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Pflicht zur Schaffung öffentlicher Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Private als Träger öffentlicher Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 3. Die privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . 145 a) Privatrechtliche Natur des Verhältnisses zwischen Bürger und privatem Wasserversorgungsunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Kommunaler Verschaffungs- und Einwirkungsanspruch anstelle des Zulassungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. Kommunales Wirtschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 E. Die Steuerung der Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen durch sektorenspezifische Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Veranlassung Privater durch öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Steuerung der Privatisierung in Rheinland-Pfalz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Steuerung der Privatisierung in Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Steuerung der Privatisierung in Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 V. Steuerung der Privatisierung in Hessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2 Forster

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Inhaltsverzeichnis

F. Determinanten für Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . 156 I. Bedeutung des Aufgabenbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 II. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Die verfassungsrechtlichen Schranken der Aufgabenübertragung . . . . . . . . . . . . 158 2. Verfassungsrechtliche Gewährleistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Bestimmung nichtübertragbarer Aufgaben durch Verwaltungsvorschriften . . . 162 III. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken auf Staatenebene . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Ausdrückliche Privatisierungsschranken am Beispiel des Staates Utah . . . . . . . 164 3. Das ,Merit Principle‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Ausdrückliche Aufgabenzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 IV. Kommunalrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Die unterschiedlichen Typen kommunaler Körperschaften in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Der Umfang kommunaler Handlungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Die ,Dillon’s Rule‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Die ,Home Rule‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 c) Die Ermächtigung zur Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Die ,Nondelegation‘-Doktrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 4. Ausdrückliche Aufgabenzuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 V. Die Einrichtung staatlicher Privatisierungskommissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 G. Sektorenspezifische Regelungen in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I. Die Steuerung der Privatisierung in Florida . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Die Steuerung der Privatisierung in Kalifornien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 III. Die Steuerung der Privatisierung in Kentucky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 IV. Die Steuerung der Privatisierung in New Jersey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 H. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Inhaltsverzeichnis

19

Dritter Abschnitt Wettbewerb im Markt

180

A. Determinanten für die Einführung eines Wettbewerbs im Markt in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 I. Art. 28 II 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Eigenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Freier Leitungsbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Zwischenhändlermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 II. Staatszielbestimmung Umweltschutz Art. 20a GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Freier Leitungsbau und gemeinsame Netznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. Modell der Eigenversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 III. Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 IV. Schutzpflicht für Leib und Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 V. Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 B. Wettbewerb im Markt in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Vierter Abschnitt Wettbewerb um den Markt

195

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 I. Art. 28 II 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Anwendbarkeit der europäischen Sektorenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Anwendbarkeit der Sektorenrichtlinie auf staatliche Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Öffentliche Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Öffentliche Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 d) Ausdrücklich bestimmte Unternehmen im Sektorenbereich . . . . . . . . . . . . . . 199 2*

20

Inhaltsverzeichnis 2. Sachlicher Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Arten öffentlicher Aufträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 b) Anwendbarkeit auf vertragliche Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Institutionelle Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 aa) Vergaberechtliche Relevanz der Auftragserteilung an öffentlich-private Mischgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Nachträgliche Übertragung der Kontrolle an kommunale Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 cc) Gemeinschaftliche Unternehmensgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Verfahren der Sektorenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 III. Die Dienstleistungskonzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Definition der Dienstleistungskonzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Anwendungsbereich für einen positiven Konzessionsbegriff . . . . . . . . . . . . . 211 b) Der Konzessionsbegriff der Konzessionsmitteilung und des Grünbuchs zu öffentlich-privaten Partnerschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 aa) Merkmal „Dem Staat zurechenbare Akte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 bb) Merkmal „Nutzungsträgerschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 cc) Merkmal „Übertragung von in die Zuständigkeit der Behörde fallenden Dienstleistungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Vergabeverfahren nach den Grundsätzen des EG-Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 IV. Anwendbarkeit des deutschen Vergaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Öffentliche Auftraggeber i. S. d. §§ 98 Nr. 1 – 3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 4 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 c) Verhältnis von §§ 98 Nr. 2 und Nr. 4 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 aa) Richtlinienkonforme Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 bb) § 98 Nr. 2 GWB als Lex specialis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 cc) Ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4. Das Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Inhaltsverzeichnis

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B. Die Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Bundesstaatlicher Einfluss auf staatliche Wasserprivatisierungen . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Gliedstaatliche Privatisierungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 1. Der ABA Model Procurement Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 a) Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 b) Besonderheiten bei Infrastrukturprojekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 2. Neuere Entwicklungen bei einzelstaatlichen Bieterverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 III. Die ,Franchise‘-Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Die Gewährung des Körperschaftsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 2. Die Trennung der einzelnen ,Franchise‘-Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Die heutige Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Die Kompetenz zur ,Franchise‘-Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 5. Verfahren der ,Franchise‘-Vergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Fünfter Abschnitt Gesetzliche Regulierung

243

A. Die wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 I. Der Begriff der ,Public Utility‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 II. Die geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 1. Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Die richterrechtlichen Vorgaben für die wirtschaftliche Regulierung . . . . . . . . . 247 a) Die ,Common Callings‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Die Entscheidung Munn gegen Illinois . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 c) Die Entscheidung Nebbia gegen New York . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 3. Die Wasserversorgungsunternehmen als ,Public Utilities‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

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Inhaltsverzeichnis

B. Die Regulierung der Wasserversorgungsunternehmen durch staatliche Regulierungsbehörden in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 I. Die Struktur der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Die Gründe für die Schaffung einer staatlichen Regulierungsbehörde . . . . . . . . 254 a) Die Regulierung durch Parlamente der Gliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Die Regulierung durch Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 c) Die Regulierung durch kommunale Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 d) Die Schaffung der staatlichen Regulierungskommissionen . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Unabhängigkeit von Legislative, Exekutive und Judikative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 3. Der Aufbau der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 4. Das Verhältnis zur kartellrechtlichen Wettbewerbsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . 259 5. Die Zuständigkeit für Wasserversorgungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 II. Befugnisse der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Die Steuerung des Marktzugangs und des -austritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 2. Die Regulierung der Wasserentgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Die Rentabilitätsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 aa) Die Verfassungsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 bb) Die Ziele der Wasserpreisregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Die ,Rate Base‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Berechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Bewertung einzelner Aktiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der Bewertungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

268 268 270 270

b) Die betriebsnotwendigen Ausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 c) Die Renditenbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 d) Die Wasserpreise und Tarife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 3. Überwachung der Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Die Pflicht zur Versorgung der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 b) Die Qualität der Versorgungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 III. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 IV. Die Verbrauchervertretung durch die ,Consumer Advocates‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

Inhaltsverzeichnis

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C. Die Auswirkungen des Paradigmenwechsels auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 I. Die Gründe für den Paradigmenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Die Einführung technischer Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Die Veränderung der ökonomischen und politischen Bewertung der wirtschaftlichen Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 a) Neue Entwicklungen in der Wirtschaftswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 b) Die „gekaperte“ Regulierungsbehörde als Wahrerin industrieller Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 c) Die Ineffizienz der Rentabilitätsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 d) Die Theorie von den bestreitbaren Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 II. Deregulierung und Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Neuerungen im Verhältnis zwischen Versorgungsunternehmen und Endkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 a) Die Verstärkung von Leistungsanreizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 aa) Die Höchstpreisfestsetzung (,Price Cap‘) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 bb) Die leistungsorientierte Anpassung der Rendite (,Incentive Rates of Return‘) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 cc) Nachfrageorientierte Anreize (,Demand Management Incentives‘) . . . 294 dd) ,Benchmarking‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 b) Entflechtung (,Unbundling‘) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 c) Abschaffung von verdeckten Quersubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Neuerungen im Verhältnis der Versorgungsunternehmen untereinander . . . . . . 298 a) Zugang und gemeinsame Nutzung von Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 b) Verpflichtung zur Belieferung von Konkurrenten als Zwischenabnehmer

299

c) Regionalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 3. Die Veränderung der Rolle der Regulierungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 a) Die Schaffung von Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 b) Vereinfachung des Regulierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 c) Überwachung der Dienstqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 d) Ressourcenorientierte Wasserversorgung und die CPUC . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308

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Inhaltsverzeichnis

D. Die wirtschaftliche Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 I. Formen der wirtschaftlichen Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen . 309 II. Kartellrechtliche Preismissbrauchsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 1. Freistellungsmissbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 a) Monopolpreisvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 b) Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 2. Missbrauch wegen Verstoßes gegen den Maßstab der Wettbewerbsanalogie nach § 103 V 2 Nr. 1 GWB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 3. Anreize zur Kostensenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 III. Die gerichtliche Preiskontrolle privater Wasserversorgungsunternehmen . . . . . . . . 318 1. Die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts auf private Wasserversorgungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 3. Die Billigkeitskontrolle des § 315 III BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 4. Gewährung eines kalkulatorischen Gewinns für private Unternehmen . . . . . . . . 326 5. Schwierigkeiten der richterlichen Preiskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 IV. Das öffentliche Preisrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Sechster Abschnitt Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

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A. Deutsche Privatisierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 I. Das Betreibermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 1. Inhalt des Betreibervertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 2. Versorgungsverhältnis zwischen Gemeinde und Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 II. Das Betriebsführungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 1. Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 2. Versorgungsverhältnis zwischen Gemeinde und Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 III. Das Kooperationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Inhaltsverzeichnis

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IV. Die Konzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 1. Das Konzessionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 a) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 b) Der Konzessionsvertrag als funktionale Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 2. Die Konzession als Rechtsgrundlage wirtschaftlicher Regulierung durch die Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 a) Klassischer Konzessionsbegriff nach Otto Mayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 aa) Die Bedeutung der Konzession als subjektiv-öffentliches Recht . . . . . 343 bb) Die Formen der Konzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 cc) Wasserunternehmen als Konzessionäre? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 b) Neuere Ansätze für eine Bestimmung der Konzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 aa) Der Investitionsschutzgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 bb) Die Konzession als Regulierungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 cc) Das Kopplungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 dd) Die Versorgungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 ee) Privatisierungssteuerungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 ff) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 B. Amerikanische Privatisierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 1. Die Vertragsdauer und Entgeltberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 2. Risiken der vertraglichen Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 II. Betriebsführungsvertrag (,Operation and Maintenance‘) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 1. Betriebsführungsvertrag der Stadt Indianapolis mit der Firma US Filter Operating Services Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 2. Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 3. Vertragsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4. Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 III. ,Design-Build-Operate‘ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 1. ,Design-Build-Operation Service Agreement‘ der Stadt Seattle mit der Firma CDM PHILIP Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

26

Inhaltsverzeichnis 2. Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 3. Vertragsentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 4. Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364

C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 I. Einwirkungspflichten der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 1. Erfordern kommunale Pflichtaufgaben Kooperationsmodelle? . . . . . . . . . . . . . . . 365 2. Unterscheidung in präventive und nachfolgende Einwirkungspflichten . . . . . . . 366 3. Präventive Einwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 4. Nachfolgende Einwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 II. Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 1. Gesellschaftsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 a) Eingeschränkte Weisungserteilung gegenüber Kooperationsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 b) Die Weisungserteilung gegenüber kommunalen Eigengesellschaften . . . . . 372 2. Vertragliche Einwirkungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 III. Vertragslaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Siebter Abschnitt Zusammenfassung

377

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Unternehmensformen in der öffentlichen Wasserversorgung 2003 . . . . . .

43

Abbildung 2:

Community Water Systems nach Größe und Art der Eigentümer . . . . . . .

44

Abbildung 3:

Anzahl der defizitären Wasserversorgungssysteme nach Größe und Art der Eigentümer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

Abbildung 4:

Betreibermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Abbildung 5:

Betriebsführungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336

Abbildung 6:

Kooperationsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Abbildung 7:

Konzessionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339

Abkürzungsverzeichnis ABA AblEG AG A / KAE AllMBl. Am. Jur. 2d AöR AWWARF BayObLG BayVerfGH Bell J. BerlVerfGH BGH BGW BMWi BVerfG Cal Jur 3d CPUC DÖV DVBl. EG EPA EU EuG EuGH EUVerf EuZW Ew EWG Fn. FS FStrG GAO GmbH GWB HessVGH

American Bar Association Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Aktiengesellschaft Ausführungsanordnung zur Konzessionsabgabenanordnung Allgemeines Ministerialblatt American Jurisprudence, Second Edition Archiv des öffentlichen Rechts American Water Works Association Research Foundation Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bell Journal of Economics and Management Science Berliner Verfassungsgerichtshof Bundesgerichtshof Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e. V. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Bundesverfassungsgericht California Jurisprudence, Third Series California Public Utilities Commission Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Europäische Gemeinschaft U.S. Environmental Protection Agency Europäische Union Europäisches Gericht erster Instanz Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften EU-Verfassung Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Elektrizitätswirtschaft (Zeitschrift) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Fußnote Florida Statutes Bundesfernstraßengesetz U. S. General Accounting Office Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Hessischer Verwaltungsgerichtshof

Abkürzungsverzeichnis i. d. F. IRC KEA

KStZ LSP m. w. N. NGO NJW NVwZ NVwZ-RR Nw. U. L. Rev. N. Y. U. L. Rev. NZBau OFWAT PPP Rdnr. SKR StuGR UA VG VK VKR VVDStRL WuW ZfW ZUR

29

in der Fassung Internal Revenue Code Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindeverbände vom 4. März 1941 Kommunale Steuer-Zeitschrift Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (Anlage zur Verordnung PR Nr. 30 / 53) mit weiteren Nennungen Non Governmental Organization Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht Northwestern University Law Review New York University Law Review Neue Zeitschrift für Baurecht Office of Water Services Public Private Partnership Randnummer Sektorenrichtline Städte- und Gemeinderat Unterabsatz Verwaltungsgericht Vergabekammer Vergabekoordinierungsrichtline Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für Umweltrecht

Im Übrigen wird auf die Abkürzungsverzeichnisse The Bluebook: a Uniform System of Citation, 17. Auflage und Kirchner / Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage verwiesen.

Erster Abschnitt

Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung A. Anlass der Untersuchung Das Europäische Parlament und der Bundestag lehnten im Jahr 2004 im Schulterschluss eine „Liberalisierung der Wasserversorgung“ ab.1 Auch auf Ebene der Bundesländer wird diese Ablehnung geteilt.2 Eine Neuordnung des Wassersektors in Form eines an der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts orientierten „Wasserwirtschaftsgesetzes“ scheint damit in weite Ferne gerückt.3 Angesichts der schwierigen Lage der kommunalen Haushalte kommt es jedoch auf die Zwischentöne an. So wird eine „Modernisierung“ der Wasserwirtschaft auf allen Ebenen begrüßt.4 Diese umfasst ausdrücklich auch die Einbeziehung Privater in die öffentliche Aufgabenerfüllung.5 Wie die europäische Wasserrahmenrichtlinie feststellt, ist Wasser keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.6 Die Aufbereitung und die Weiterleitung und Verteilung des Trinkwassers ist jedoch eine Dienstleistung, die von in privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Rechtsformen organisierten Unternehmen angeboten wird.7

1 Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vom 14. 1. 2004, T5 – 0018 / 2004, Rdnr. 47; Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 14 / 227, 22557 C vom 21. 3. 2002. 2 Etwa Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, Wasserversorgung in Bayern (2001). 3 Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 14. 4. 2005, BR-Drs. 248 / 05. 4 Zuletzt zur Modernisierungsstrategie Bundesregierung, Bericht der Bundesregierung zur Modernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft und für ein stärkeres internationales Engagement der deutschen Wasserwirtschaft, BT-Drs. 16 / 1094 vom 16. 3. 2006. 5 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 15 / 2436 –, BT-Drs.15 / 2529 vom 16. 2. 2004. 6 Erwägungsgrund 1 RL 2000 / 60 / EG, ABlEG L 327, 1 vom 22. 12. 2000. 7 Dabei ist die Zuordnung dieser Unternehmen zum privaten oder öffentlich-rechtlichen Bereich anhand ihrer Gesellschafterstruktur nicht immer einfach. Angesichts der zahlreichen

32

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Wenn sich diese Arbeit mit der Zulässigkeit der Privatisierung der Wasserversorgung befasst, so wird hier angesichts der zunehmenden Verbreitung der öffentlichprivaten Partnerschaften weniger eine Bresche für Neues geschlagen, denn eine anhaltende Entwicklung nachvollzogen. Die rechtlichen Grenzen der Einbeziehung Privater bilden aber nur einen Ausschnitt aus den gegenwärtig im Bereich der Wasserversorgung aufgeworfenen Fragen. In anderen netzgebundenen Industrien wie der Telekommunikation, dem Gasund dem Elektrizitätssektor finden derzeit tief greifende strukturelle Veränderungen statt. Auch die Wasserversorgung muss sich zunehmend an wirtschaftlichen Überlegungen unter dem Gesichtspunkt der Effizienz messen lassen. Aufbauend auf in anderen Bereichen gewonnenen Erkenntnissen sind ebenfalls Vorschläge für eine Neuordnung der Wasserversorgung gemacht worden. Die „Liberalisierung“ im Sinne einer Trennung von Erzeugung, Verteilung und Vertrieb ist nur einer davon. Im Rahmen der öffentlich-privaten Partnerschaften ist dagegen der „Wettbewerb um den Markt“ aufgrund europäischer Vorgaben schon heute Realität. Der vermeintliche Schlussstrich unter die „Liberalisierung“ im Wasserbereich darf dabei nicht mit der noch zu führenden Debatte um eine effiziente „Regulierung“ verwechselt werden. Auch hier wird die Neuordnung des Energiewirtschaftsrechts die Frage aufwerfen, inwieweit im Wasserbereich einem Missbrauch der Marktmacht des monopolistischen Netzbetreibers vorgebeugt wird. Im Hinblick auf die angesprochenen Fragestellungen empfiehlt sich ein Vergleich mit dem Regelungsrahmen für die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Struktur der Wasserversorgung in den USA ist kleinteilig, sie liegt zu einem großen Teil in den Händen der öffentlichen, insbesondere der kommunalen Hand. Private Wasserversorgungsunternehmen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Versorgung der amerikanischen Bevölkerung. Darüber hinaus unterliegen diese Unternehmen schon seit mehr als einhundert Jahren der Aufsicht durch Regulierungsbehörden, deren deutsches Äquivalent, die Bundesnetzagentur, gerade erst im Jahre 2005 aus der Taufe gehoben wurde.

B. Verlauf der Untersuchung Im ersten Abschnitt werden zunächst die Begrifflichkeiten und die Entwicklung der Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten und Deutschland dargestellt. SoVerflechtungen von privatrechtlichen Gesellschaftsformen und kommunalem, Landes- oder Bundesbesitz ist es ohnehin aber nahezu unmöglich geworden, auf letzter Ebene zwischen privatrechtlich und öffentlich-rechtlich klar zu trennen. Gerade die großen Energieversorgungsunternehmen, die im Rahmen der Übernahme und Beteiligung bei Stadtwerken auch die Wasserversorgung mit übernehmen, weisen oftmals staatlichen Beteiligungsbesitz auf. So befanden sich im Jahr 2005 beispielsweise die EnWB AG zu 40,5% in kommunalem Streubesitz und die RWE AG zu 33 % in kommunalem Streubesitz.

C. Begriffsbestimmung

33

dann wird auf die wirtschaftlichen Besonderheiten der Wasserversorgung eingegangen, welche in der Vergangenheit zu einer von anderen Wirtschaftszweigen abweichenden Regulierung führte. Anschließen werden die Vorschläge zur Einführung eines neuen Paradigmas erläutert, welche derzeit Gegenstand der europäischen und deutschen Diskussion sind. Im zweiten Abschnitt werden Schranken einer Privatisierung der Wasserversorgung gesucht. Hierfür wird der Begriff der Staatsaufgabe erläutert und verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Normen hinsichtlich ihres diesbezüglichen Zuweisungsgehalts untersucht. Gegenstand des dritten Abschnitts ist die Frage nach der verfassungsrechtlichen Problematik der Einführung eines Wettbewerbs im Markt. Der vierte Abschnitt befasst sich mit dem Modell des Wettbewerbs um den Markt, wie ihn das gegenwärtige europäische und deutsche Vergaberecht bereits gestaltet. Die Entwicklung des neuen Paradigmas geht in wesentlichen Teilen auf Vorgänge in den Vereinigten Staaten zurück. Am Beispiel der amerikanischen Regulierungsbehörden werden im fünften Abschnitt die Entwicklung der Regulierungsdiskussion und deren derzeitige Auswirkungen auf die dortige Wasserversorgung aufgezeigt. Dem werden die entsprechenden deutschen Regulierungsmaßnahmen entgegengestellt. Die Formen öffentlich-privater Partnerschaften sind Gegenstand der Untersuchung im sechsten Abschnitt. Dabei werden die wesentlichen Modelle der Zusammenarbeit und die gesetzlichen Vorgaben für ihre Vereinbarung dargestellt.

C. Begriffsbestimmung Die international zu beobachtende Veränderung der netzgebundenen Industrien in den letzten Jahrzehnten geht mit dem Aufkommen der Begriffe der Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung und Regulierung einher. Diese stehen aufgrund ihrer mitunter schwer greifbaren Inhalte unter dem Verdacht, „politische Schlagwörter mit marktwirtschaftlichem Pathos“8 zu sein. Insbesondere Begriffe aus dem angloamerikanischen Sprachraum verleihen meist lediglich ein „trügerisches Gefühl der Sicherheit beim Umgang mit der Thematik“.9 Auch mehr als zehn Jahre nach Formulierung dieser Vorwürfe besteht nach wie vor inhaltliche Unklarheit, so dass auf eine Präzisierung für die Verwendung der Begriffe im Rahmen dieser Untersuchung nicht verzichtet werden kann. Isensee, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL, 1995 Bd. 54, 303. Schoch, Privatisierung von Abwasserversorgung und Abfallentsorgung, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 67 (1994). 8 9

3 Forster

34

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

I. Der Begriff der wirtschaftlichen Regulierung und Deregulierung Die „Regulierung“ ist mittlerweile zum Rechtsbegriff geworden. Auch wenn die entsprechende Definition inzwischen wieder aus dem TKG gestrichen wurde, findet der Begriff dort auch in der neuen Fassung noch Verwendung.10 „Regulierung“ umfasst nach § 3 Nr. 13 TKG a. F. insbesondere Maßnahmen, die zur Erreichung bestimmter im TKG genannter Ziele ergriffen werden und durch die das Verhalten von Telekommunikationsunternehmen beim Angebot bestimmter Leistungen geregelt wird. Trotz der Einführung dieses bislang nur für den Telekommunikationssektor geltenden Rechtsbegriffes ist die Entwicklung eines rechtlichen Regulierungsbegriffes noch nicht zu einem Ende gekommen. Der Fortgang der Diskussion um das rechtliche Wesen der Regulierung zeigt, dass die Definition des TKG offenkundig zu vage ist, um dieses abschließend zu beschreiben.11 In den Politik- und Wirtschaftswissenschaften hat sich ein weites und ein engeres Verständnis von Regulierung etabliert. Im weiteren Sinne fällt darunter jede staatliche Einwirkung auf private Wirtschaftssubjekte. Das Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft wird als Nebeneinander von autonomen Marktprozessen und staatlichen Reglementierungen dargestellt.12 In diesem Sinn bedeutet Regulierung nach von Weizsäcker die Gesamtheit des wirtschaftsrechtlichen Instrumentariums zur Steuerung des Verhaltens privater Wirtschaftssubjekte durch Handlungs- und Tätigkeitsverbote.13 Allerdings ist die Beschränkung auf Verbote hier missverständlich, da wohl auch Handlungsgebote erfasst werden sollen. Unter Verzicht auf das Kriterium der Wirtschaft hat die Deregulierungskommission Regulierung noch weiter als jede „staatliche oder staatlich sanktionierte Beschränkung der Verhaltensweisen, der Verfügungsmöglichkeiten des Menschen“ angesehen.14 Die wirtschaftswissenschaftliche Regulierungstheorie beschäftigt sich vor allem mit denjenigen Sektoren der Volkswirtschaft, in die der Staat planend und steuernd eingreift oder in denen er über öffentliche Unternehmen die Produktion selbst übernimmt.15 Am weitesten entwickelt ist hierbei die Theorie der natürlichen Monopolbereiche, zu denen neben dem örtlichen Telefonnetz beispielsweise auch die Elektrizitätsverteilung und die Wasserversorgung über Leitungsnetze gehört. Zu den Instrumenten der wirtschaftlichen Regulierung zählen insbesondere Preis10 § 3 Nr. 13 Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25. 7. 1996; neuerdings §§ 1, 2 TKG (2004). 11 Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, 36 (1998); di Fabio, VVDStRL 56 1997, 237 f.; m. w. N. für die Kritik am § 3 Nr. 13 TKG Berringer, Regulierung als Erscheinungsform der Wirtschaftsaufsicht (2004). 12 R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, 48 (1990). 13 von Weizsäcker, Staatliche Regulierung, Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik 1982, 325, 362. 14 Deregulierungskommission, Marktöffnung und Wettbewerb, Rdnr. 2 (1991). 15 Borrmann / Finsinger, Markt und Regulierung, 8 (1999).

C. Begriffsbestimmung

35

oder Rentabilitätsregelungen bezüglich der Inputs und Outputs wirtschaftlicher Betätigung, Qualitäts- und Konditionenregelungen, Kontrahierungszwänge, Marktzugangs- und -austrittsregelungen.16 Im engeren Sinn hingegen liegt Regulierung vor, wenn die staatliche Politik zielorientiert auf den Marktprozess einwirkt, um den Wettbewerb ganz oder teilweise durch staatliche Eingriffe auszuschalten.17 Ruft man vor diesem Hintergrund noch einmal die Definition des TKG vor Augen, so handelt es sich um eine zielgerichtete staatliche Einwirkung auf wirtschaftliche Tätigkeiten von privaten und öffentlichen Unternehmen zur Begrenzung des Wettbewerbs. Diese Regulierung im engeren Sinne könnte unter den Begriff des öffentlichen Wirtschaftsrechts im Sinne Reiner Schmidts eingeordnet werden, da ihr Rechtssätze zugrunde liegen, die das Wirtschaften regulieren und die dem Staat oder anderen Trägern öffentlicher Gewalt zugeordnet sind.18 Dennoch erfasst die Einordnung entsprechender Maßnahmen unter das öffentliche Recht nicht den gesamten Umfang dieser Maßnahmen. Denn anders als etwa im Bereich der Elektrizität oder der Telekommunikation, in denen mittels besonderer Preisvorschriften die Preise zwischen den einzelnen Wirtschaftsteilnehmern hoheitlich „reguliert“ werden, spielt das Zivilrecht im Rahmen der Preiskontrolle bei der Wasserversorgung in Deutschland eine bedeutende Rolle. Indem der Zivilgerichtsbarkeit die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe übertragen ist, übernimmt diese de facto einen Gutteil der „Preisregulierung“ in Deutschland, da ein Großteil der Versorgungsverträge in Deutschland privatrechtlich ausgestaltet ist. Die Bestimmung zivilrechtlicher Billigkeit etwa im Rahmen des § 315 III BGB kann schwerlich unter das öffentliche Wirtschaftsrecht eingeordnet werden, auch wenn im Rahmen der Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffes öffentlich-rechtliche Normen hinzugezogen werden. Hierbei geht es zwar vorrangig um den Ausgleich von Interessen im Rahmen eines Vertrages, die gerichtlich bestimmt werden. Im Ergebnis handelt es sich aufgrund der erheblichen Auswirkung dieser Urteile für die Gesamtheit der Verbraucher aber um Regulierung im engeren Sinne. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist insbesondere ein Vergleich der US-amerikanischen und deutschen Wasserversorgung. Während der Begriff der Regulierung erst 1994 in einem deutschen Gesetz19 verwendet wurde, gehören Wasserversorgungsunternehmen in den Vereinigten Staaten schon seit über 100 Jahren zu den ,Regulated Industries‘. Diese sind Gegenstand von Maßnahmen, die Vorbild für den im TKG verankerten Regulierungsbegriff waren. Das entspreJ. Müller / Vogelsang, Staatliche Regulierung, 342 (1979). Borrmann / Finsinger, Markt und Regulierung, 8 (1999); König / Benz, in: dies., Privatisierung, 14 Fn. 6 (1997); Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, 36 (1998); R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 48 (1990). 18 R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 56 (1990). 19 Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens, verkündet als Art. 7 des Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation vom 14. 9. 1994, BGBl. I 2325. 16 17

3*

36

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

chende amerikanische Modell ist gekennzeichnet durch eine aus dem ministerialen Verwaltungsapparat herausgelöste, weitgehend unabhängige Regulierungsbehörde. Diese verfolgt bestimmte, ihr gesetzlich vorgegebene Ziele durch Einflussnahme auf Unternehmen mittels Regulierung von Preisen und Konditionen. Insbesondere obliegt ihr der Schutz der Verbraucher im Bereich natürlicher Monopole. Dabei ersetzt die Behörde den Marktprozess und unternehmerisches Handeln durch ihr eigenes Ermessen. Im Unterschied zu den meisten anderen Arten der staatlichen Wirtschaftsaufsicht verbietet die Behörde nicht ein bestimmtes Handeln, sondern schreibt ausdrücklich bestimmte Handlungen vor.20 Die gesetzlichen Grundlagen dieser Regulierungsbehörden sind dabei so weit gefasst, dass den Behörden dabei nicht nur die Durchsetzung von Maßstäben zur Beurteilung des Verhaltens von Privatpersonen, sondern auch die Setzung der ihrer Regulierung zugrunde liegenden Maßstäbe selbst obliegt. Diese Maßnahmen werden in den Vereinigten Staaten als ,Economic Regulation‘ bezeichnet und umfassen die Anordnung von Preisen und Geschäftsbedingungen der Leistungserbringung.21 Die Wasserversorgung gehört zu den natürlichen Monopolen. Wird im Folgenden von Regulierung gesprochen, bezieht sich der Begriff in Anlehnung an die USamerikanische Definition auf die wirtschaftliche Regulierung, mithin die Regulierung von Preisen und Konditionen. Die „Deregulierung“ hingegen kann nicht ohne weiteres als Gegenstück zum weiten oder engen Regulierungsbegriff verstanden werden. Deregulierung im Wortsinn bedeutet Abbau von Regulierungsmaßnahmen, d. h. die Einschränkung der staatlichen Steuerung des Verhaltens der Wirtschaftssubjekte in Bezug auf bestimmte Gruppen oder spezielle Branchen.22 So gilt Deregulierung im weiteren Sinne als ordnungspolitisches Mittel zur Vermeidung und Verringerung von Regelungen, zum Abbau marktwidriger Eingriffe sowie weiterer Maßnahmen, um das Recht einfacher, überschaubarer, effektiver und verständlicher zu machen.23 Im Rahmen der Neuordnung bestimmter Sektoren ist die synonyme Verwendung des Begriffs der Liberalisierung zum Begriff der Deregulierung üblich geworden.24 Mit der Neuordnung kann jedoch die regelungsintensive Neuschaffung von staatlichen Regulierungsinstitutionen und -instrumenten verbunden sein, da Wettbewerb im Bereich natürlicher Monopole staatlicher Aufsicht bedarf. Zu Recht wird daher darauf hingewiesen, dass es sich bei der Übertragung oder Entlassung staatlicher Tätigkeit in private Hände selten um die Übertragung auf die „unsichtFür viele andere Pierce, Regulated Industries, 7 (1999). Für viele andere Pierce, Regulated Industries, 14 (1999). 22 Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge, 4 f. (2000) mit Verweis auf Hartwig, in: Thieme, Privatisierungsstrategien im Systemvergleich, 41; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, 48 (1990). 23 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Band 1, 152 (1999). 24 Die Liberalisierung bezeichnet den Abbau von staatlichen Interventionen in die Marktwirtschaft. Foldvary, Lexikon der freien Marktwirtschaft, Stichwort Liberalisierung (2000). 20 21

C. Begriffsbestimmung

37

bare Hand“ des Marktes handelt.25 Die Schwierigkeit der Einordnung des Deregulierungsbegriffes resultiert aus seiner Übernahme aus dem amerikanischen Sprachraum. Mit Deregulierung wurde dort die Entlassung ganzer (Transport) oder von Teilen (Elektrizität, Telekommunikation) von Sektoren aus der Aufsicht der Regulierungsbehörden bezeichnet. Damit einher geht die Transformation der regulatorischen Aufsicht über die verbleibenden natürlichen Monopole, obwohl hier der regulatorische Aufwand nicht unbedingt vermindert wird. Daher wird die Deregulierung dort auch mitunter als Unterbegriff der Privatisierung angesehen.26 Jedoch hat sich die anfängliche Hoffnung in den Vereinigten Staaten, die entsprechenden Sektoren könnten irgendwann ganz der Selbstregulierung des Marktes überlassen werden, nicht erfüllt.27 Zwanzig Jahre nach der Umsetzung der ersten Deregulierungsvorhaben besitzen die Regulierungsbehörden nach wie vor umfangreiche Befugnisse, mag sich auch ihr Fokus auf andere Zusammenhänge gerichtet haben. Wettbewerb findet in den verbliebenen natürlichen Monopolen, die heute zwar nur noch einen Teil der ehemals voll vertikal integrierten Unternehmen ausmachen, nur aufgrund umfassender Regulierung statt.

II. Der Begriff der Privatisierung Bauer gesteht dem Begriff der Privatisierung lediglich eine heuristische Funktion zu.28 Er solle dazu dienen, die Rechtslehre zur Sichtung, Ordnung und Strukturierung der normativen Direktiven für Privatisierungsvorgänge anzuregen. Sowohl in Deutschland, als auch den Vereinigten Staaten stößt eine Definition des Begriffes der Privatisierung insofern an Grenzen, als dass Privatisierung als Oberbegriff für einen umfassenden Katalog von unterschiedlichsten Maßnahmen dient, die schwer unter einer Definition zusammenzufassen sind.29 Angesichts der Definitionsschwierigkeiten kam Freeman zu dem Schluss: „The word ,Privatization‘ describes nothing in particular so much as it suggests a host of arrangeOsterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 211. Beerman, Privatization and Political Accountability, Fordham Urban Law Journal 2001, 1507, 1532; Cass, Privatization, Politics, Law and Theory, Marquette Law Review 1988, 449, 459. Kritisch Freeman, die Regulierung als Ausdehnung staatlicher Verhaltensweisen in den privaten Sektor hinein ansieht, dies., Public Values in an Era of Privatization, Harvard Law Review 2003, 1285. 27 Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 190 (2000). 28 Bauer, VVDStRL 1995 Bd. 54, 243, 251. 29 Zu Anfang mag der Begriff allein den Verkauf staatlicher Unternehmen bezeichnet haben. Vor allem in Großbritannien wurde der Begriff mit dieser alleinigen Bedeutung verstanden, Cass, Privatization: Politics, Law, and Theory, Marquette Law Review 1988, 449, 452. Mittlerweile werden bis zu 57 verschiedene Varianten von Privatisierung aufgeführt, Baev, Is There a Niche for the State in Corporate Governance?, Houston Journal of International Law 1995, 1, 8. Siehe auch die Aufzählung bei König / Benz, Privatisierung und staatliche Regulierung, 16 (1997). 25 26

38

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

ments.“30 Die verschiedenen Privatisierungsmodelle haben allenfalls den ordnungspolitischen Gedanken der Reduzierung der staatlichen Beteiligung an bestimmten Sachverhalten zugunsten des Marktes gemein31, oder eine Verlagerung von Angelegenheiten, die bisher von der öffentlichen Hand wahrgenommen wurden, in den privaten Bereich.32 Da staatliches Eigentum an Unternehmen auch als Markteingriff und staatliche Wirtschaftsregulierung angesehen werden kann, überschneiden sich hier die Begriffe Privatisierung und Deregulierung.33 Die Rechtslehre in Deutschland macht den Begriff der Privatisierung an der Übertragung der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe fest. Dabei versteht man unter einer Aufgabe einen Tätigkeitsbereich, so dass im Mittelpunkt dieses Privatisierungsbegriffs die Übertragung der Ausübung einer Tätigkeit, bzw. der Möglichkeiten zu ihrer Ausübung, von einem staatlichen Aufgabenträger auf einen Privaten stehen.34 Wird die Aufgabe nicht übertragen, sondern bedient der Staat sich lediglich privater Rechtsformen, liegt eine formelle Privatisierung vor. Wird die Aufgabe übertragen, handelt es sich um eine materielle Privatisierung, wird hingegen lediglich ein Privater in die Aufgabenerfüllung eingeschaltet, so handelt es sich um eine funktionale Privatisierung. Hierauf soll unten noch ausführlicher eingegangen werden.35 Im Vergleich zur Deregulierung, die auf den Abbau der staatlichen Steuerung einer Tätigkeit gerichtet ist, zielt die Privatisierung auf die Übertragung der Ausführung der Tätigkeit selbst. Daher erklärt sich auch die Überschneidung der beiden Begriffe: Eine materielle Privatisierung beinhaltet zwangsläufig den Verlust staatlicher Steuerungsmöglichkeit. Im Zusammenhang mit den netzgebundenen Industrien bezeichnet die Deregulierung folglich den Abbau der staatlichen Steuerung einer Tätigkeit, die Privatisierung hingegen die Übertragung der Wahrnehmung einer Aufgabe. Die Gesamtheit der mit diesen Begriffen verbundenen Theorien und Maßnahmen zur Neuordnung dieser Sektoren sind Ergebnis eines Paradigmenwechsels, der noch zu beschreiben sein wird. Die Vorgänge in den Versorgungssektoren werden damit wohl zutreffender mit der Einführung eines neuen Paradigmas beschrieben, als dass sie mit 30 Freeman, Public Values in an Era of Privatization, Harvard Law Review 2003, 1285, 1287. 31 Savas versteht Privatisierung als Reduzierung der Rolle des Staates zu Gunsten des privaten Sektors bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen sowie als Verminderung staatlichen Eigentums, ders., Privatization and Public-Private-Parterships, 3. 32 Knemeyer, WiVErw 1978, 65, 67; Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 250. 33 Deregulierung als Unterfall der Privatisierung sehen König / Benz, Privatisierung und staatliche Regulierung, 25 (1997); so auch Burgi, der von Privatisierung im weiteren Sinne spricht, ders., Funktionale Privatisierung, 18 (1999). 34 Burgi, Funktionale Privatisierung, 62 (1999). 35 Siehe zweiter Abschnitt, A. II.

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung

39

Begriffen wie Privatisierung oder Liberalisierung allein abgedeckt werden können.36

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung Ein Vergleich der Regelungsrahmen setzt eine zumindest grundsätzliche Übereinstimmung der Regelungsgegenstände voraus. Diese ist zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten im Hinblick auf die Struktur der Wasserversorgung gegeben.

I. Die Geschichte der Wasserversorgung 1. Deutschland Die steigende Seuchen- und Feuergefahr in den Großstädten bedingte die Einrichtung öffentlicher Wasserversorgungssysteme in Deutschland ab der Mitte des 19. Jahrhunderts.37 Im Jahr 1848 baute Hamburg als erste deutsche Stadt eine zentrale Wasserversorgung. Die Finanzierung und der Bau der kommunalen Wasserversorgungen in den deutschen Großstädten unter Zuhilfenahme Privater war Ende des 19. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich.38 Die öffentliche Wasserversorgung ging in Berlin im Jahre 1856 in Betrieb.39 Mit deren Bau und Planung hatte die preußische Regierung die Engländer Fox und Crampton beauftragt, deren in London gegründete Aktiengesellschaft ,Berlin Waterworks Company‘ ab 1855 die Wasserversorgung der Stadt unternahm. 1873 übernahm die Stadt die Wasserversorgung, um diese dem Wachstum der Bevölkerung anzupassen. Die private Gesellschaft hatte sich geweigert, ohne eine weitere Verlängerung ihres auf 25 Jahre begrenzten ,Privilegs‘ zur alleinigen Versorgung der Stadt die nötigen Ausbaumaßnahmen vorzunehmen. Hierdurch kam es zu Versorgungsmängeln und einer Verschlechterung der Qualität des gelieferten Wasser. Nach der Gründung von Groß-Berlin im Jahr 1920 wurde Berlin durch die Eingemeindung von acht Städten, 59 Gemeinden und 27 Gutsbezirken nach Fläche und Einwohnerzahl die zweit- bzw. drittgrößte Stadt der Welt. 1923 gründete die 36 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1325. 37 Hierzu trugen insbesondere die Arbeiten des Hygienikers Max von Pettenkofer bei, Vasold, Sauberes Wasser, gesunde Luft, passim (1987). 38 So etwa auch das Kölner Beispiel, Kluge / Schramm, Wassernöte, 39 ff. (1988). 39 Zu allem Bärthel, Wasser für Berlin, 20 ff., 156, 170 (1997).

40

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Stadt die ,Berliner Städtische Wasserwerke AG‘, an der sie 100 % der Anteile hielt. 1937 wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst und als Eigenbetrieb der Stadt Berlin unter der Bezeichnung ,Berliner Städtische Wasserwerke‘ geführt. Nach der Wiedervereinigung fusionierten die mittlerweile umbenannten ,Berliner WasserBetriebe‘ im Jahr 1992 unter Beibehaltung ihres Namens mit der Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Berlin. Diese erhielten im Jahr 1993 schließlich die Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts. 1998 privatisierte das Land Berlin einen Teil der Wasserversorgung durch Übertragung von 49,9% der Anteile an der Anstalt des öffentlichen Rechts auf eine private Aktiengesellschaft.40 Verbindliche Trinkwasserstandards wurden in Deutschland im Jahr 1976 auf Grundlage des Bundesseuchengesetzes mit der Trinkwasserverordnung eingeführt. Die Standards der Trinkwasserverordnung unterliegen mittlerweile der europäischen Reglementierung und wurden in Deutschland zusätzlich verschärft. Die Qualität der Trinkwasserversorgung sichert der Bund heute durch die u. a. auf § 37 III i.V.m. § 38 I Infektionsschutzgesetz gestützte Trinkwasserverordnung, in der insbesondere Grenzwerte für im Trinkwasser enthaltene Stoffe sowie Anzeige- und Untersuchungspflichten der Wasserversorgungsunternehmen geregelt sind.

2. Vereinigte Staaten Die Vereinigten Staaten verdanken ihre Wassersysteme zu einem wesentlichen Anteil dem Engagement privater Unternehmer. Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts begleitete eine wachsende Verstädterung die industrielle Revolution. Die in der Folge ansteigende Brand- und Seuchengefahr bedingte den Aus- oder Neubau der Wassernetze. Zunehmend nahmen sich dieser Aufgabe die öffentlichen Körperschaften an. 1755 nahmen die ersten öffentlichen Wasserwerke in den Vereinigten Staaten in Bethlehem im Bundesstaat Pennsylvania ihren Dienst auf.41 Der Wasserbedarf der Stadt New York wurde zur gleichen Zeit noch von privaten Brunnen gedeckt.42 Nachdem die Brunnen New Yorks im Zuge des Bevölkerungswachstums durch Überlastung und Verschmutzung unbrauchbar wurden, schuf die Stadt New York die Manhattan Company43, deren Aufgabe in der Erschließung neuer Wasserversorgungsvorkommen bestand. Im Jahr 1842 stand den Einwohnern der Stadt mit dem Croton River eine erste Fernwasserversorgung zur Verfügung. Dieses VorBerlVerfGH, Urteil vom 21. 10. 1999, VerfGH 42 / 99, NVwZ 2000, 794. National Research Council, Privatization of Water Services in the United States, 30 (2002). 42 Hyman, The Water Business, 88 ff. (1998). 43 Gleichzeitig als Bank zu Nutzung ihres Kapitals konzipiert, entstand hieraus die spätere Chase Manhattan Bank. 40 41

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung

41

haben bildete zugleich eine der ersten größeren Erschließungen von Wasservorkommen in den Vereinigten Staaten. Die Stadt Baltimore wurde von 1805 an durch die private Baltimore Water Company versorgt, nachdem anfängliche Versuche der Stadt zur Errichtung eigener Wasserwerke gescheitert waren. Im Jahre 1854 übernahm die Stadt wiederum die Versorgung. Ursache für die Übernahme war eine anhaltende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Versorgung. Die Baltimore Water Company hatte die Versorgung auf Stadtteilen beschränkt, deren Versorgung für das Unternehmen wirtschaftlich war. Der Ausbau des Netzes konnte mit dem wachsenden Versorgungsbedürfnis der Stadt nicht mithalten. Trotz einer Verlängerung der Netze im Zeitraum von 1835 bis 1852 von 28 auf 89 km waren zum Zeitpunkt der Übernahme immer noch 70 Prozent der Stadtbevölkerung unversorgt. 1914 wurden die ersten bundeseinheitlichen Richtwerte für Trinkwasser erlassen (U.S. Public Health Service Drinking Water Standards).44 Diese enthielten bakterielle Grenzwerte zum Schutze von Reisenden. So mussten Städte, die Personentransportunternehmen mit Wasser versorgten, ihre Wasservorräte durch den U.S. Public Health Service untersuchen lassen. Die meisten Gliedstaaten der Vereinigten Staaten übernahmen diese Standards in der Folge. Ab 1915 wurde die Verwendung von Chlor zur Wasserdesinfektion üblich. In der Folge wurde bis 1940 die Menge der im Trinkwasser vorhandenen Krankheitskeime um das Hundertfache reduziert. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte die Bevölkerung ein steigendes Umweltbewusstsein. Insbesondere Rachel Carson sensibilisierte die Öffentlichkeit durch ihr im Jahre 1962 erschienenes Buch ,Silent Spring‘ gegen die Verschmutzung von Trinkwasser durch Chemikalien aus Industrie und Landwirtschaft.45 Neue Untersuchungsverfahren führten zu einer nationalen Regelung der Trinkwasserstandards, dem im Jahr 1974 durch den Kongress erlassenen Safe Drinking Water Act (SDWA). Der SDWA wurde in den Jahren 1977, 1986 und 1996 ergänzt und ermächtigte die Environmental Protecion Agency zum Erlass von Trinkwasserstandards und Überprüfungsmechanismen. Die EPA und die Gliedstaaten teilen sich dabei die Verantwortung der Überwachung der Trinkwasserqualität. Um die Folgen der Verschärfung der Trinkwasserstandards für die Wasserversorgungsunternehmen abzumildern, wurden vom Kongress so genannte ,State Revolving Funds‘ eingeführt, aus denen Modernisierungsmaßnahmen für Wasserversorgungsunternehmen in Höhe von jährlich einer Milliarde US-Dollar bezahlt werden.46

44 45 46

AWWA, 1999. Water Quality and Treatment, Handbook of Community Water Supplies. Carson, Silent Spring (1962). Hyman, The Water Business, 152 (1998).

42

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

II. Die Struktur der Trinkwasserversorgung 1. Deutschland In Deutschland gab es zum Zeitpunkt der letzten Angabe des Statistischen Bundesamtes im Jahr 1995 etwa 6.500 Wasserversorgungsunternehmen, die 17.800 Wasserwerke betrieben.47 Rund 60% der Versorgungsmenge entfiel dabei auf 3,6 % der Unternehmen. Etwa 4.500 Wasserversorgungsunternehmen, die 8,2 % der Wassermenge produzierten, versorgten zwischen 50 und 3.000 Einwohner.48 Nach Angaben der Verbände der Wasserwirtschaft lag die Zahl der Wasserversorgungsunternehmen im Jahr 2005 bei ca. 6000.49 In den Vereinigten Staaten zählte die EPA im Jahr 1999 170.000 öffentliche Trinkwassersysteme (,Public Water Systems‘). Diese in privater und kommunaler Hand befindlichen Unternehmen versorgten über 258 Mio. Personen.50 Davon waren 52.186 so genannte ,Community Water Systems‘, welche mindestens fünfzehn Anschlüsse oder fünfundzwanzig Personen ganzjährig versorgten. Die ,Community Water Systems‘ versorgten mit rund 254 Mio. Personen über 90% der durch öffentliche Trinkwassersysteme versorgten Bevölkerung.51 Ein Vergleich mit der Struktur in England und Wales, wo nur etwa 20 Wasserversorgungsunternehmen die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen, zeigt die kleinteilige Organisation der Wasserversorgung sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Deutschland. Das Eigentum an den Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland liegt überwiegend in der Hand der Kommunen. 85% der Unternehmen werden in öffentlich-rechtlicher Form betrieben, 15% in privatrechtlicher Form. Lediglich 1,6 % der privatrechtlich organisierten Unternehmen befinden sich vollständig in privatem Eigentum.52 Die Grafik zeigt die Verteilung der Wasserversorgungsunternehmen nach ihren Organisationsformen (Abb. 1), wobei die Statistik jedoch nur etwa ein Fünftel der Unternehmen erfasst. Bei den nicht erfassten Unternehmen dürfte es sich vor allem um Regie- und Eigenbetriebe mit einem geringen Wasseraufkommen handeln.53 47 Statistisches Bundesamt, Umwelt – Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung (1995). 48 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 11 (2001). 49 BGW u. a., Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft, 15 (2005). 50 Nicht eingerechnet sind die ,Non-Public Systems‘, die weniger als 25 Personen, bzw. 15 Anschlüsse versorgen. 51 Bei den übrigen handelt es sich um ,Non-transient Non-Community Water Systems‘ (Versorgung von 6 Mio. Personen) bzw. ,Transient Non-Community Water Systems‘ (versorgen 22 Mio. Personen). Erstere beliefern zwar mehr als 25 Personen pro System, dies aber nicht ganzjährig. Letztere versorgen Personen, die sich nicht permanent an demselben Ort aufhalten, wie Tankstellen oder Campingplätze. 52 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 11 (2001).

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung

43

19,9

Eigengesellschaften AG / GmbH

0,4

Regiebetriebe gemischt öffentlich-privatrechtliche Gesellschaften AG / GmbH

28,8

sonstige privatrechtliche Gesellschaften Eigenbetriebe

3,5 14,9

Zweckverbände

15,9

Wasser- und Bodenverbände

6,3

Öffentliche Gesellschaften

10,3 0

10

20

30

40

Quelle: BGW-Wasserstatistik 2003, Basis 1.266 Unternehmen54

Abbildung 1: Unternehmensformen in der öffentlichen Wasserversorgung 2003

2. Vereinigte Staaten In den Vereinigten Staaten gehören 51% der ,Community Water Systems‘ privaten Eigentümern. Obgleich sich damit nur 49 % der Wassersysteme in öffentlicher Hand befinden, produzieren diese 91% des in den Vereinigten Staaten verbrauchten Trinkwassers. Der Großteil der kommunalen und privaten Wasserversorgungsunternehmen versorgt Gebiete mit unter 3.300 Kunden (Abb. 2). Nur noch 10% der Unternehmen versorgen 3.301 bis 10.000 Kunden und unter 1% mehr als 100.000 Kunden. Da die meisten großen Wasserunternehmen kommunalen Körperschaften gehören, versorgen diese den Großteil der Bevölkerung.55 Jedoch schließen die Kommunen in den Vereinigten Staaten verstärkt Verträge über die Betriebsführung ihrer Unternehmen mit privaten Wasserversorgungsunternehmen ab. 1989 wurden in den Vereinigten Staaten etwa 100 bis 200 kommunale Wasserversorgungsunternehmen56 von privaten Vertragsunternehmen geführt. Im Jahr 1997 ergab eine Übersicht über 14 größere private Versorgungsunternehmen, dass die Zahl der von diesen vertraglich betriebenen kommunalen Versorgungseinrichtungen auf über 1.200 angestiegen war. Das Wachstum der Zahl der über Ewers u. a., 12 (2001). BGW u. a., Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2005, 14 (2005). 55 EPA, Community Water System Survey 2000, Vol. I: Overview, 7 ff. 56 Association of Metropolitan Sewerage Agencies (AMSA) and Association of Metropolitan Water Agencies (AMWA), Thinking, Getting, Staying Competitive: A Public Sector Handbook (1998). 53 54

44

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

2734

738

526

46

11282

4315

2967

470

501 - 3.300

3.301 10.000

10.001 100.000

> 100.000

22632

6487 0 - 500

Öffentlich

Privat

Quelle: EPA, Community Water System Survey 2000, Vol. I: Overview, 9

Abbildung 2: Community Water Systems nach Größe und Art der Eigentümer

Dienstleistungsverträge betriebenen Anlagen wurde 1997 für die folgenden fünf Jahre auf 30 Prozent pro Jahr geschätzt.57

III. Die Wertschöpfungskette der Wasserversorgung Die Wertschöpfungskette der Wasserversorgung kann im Wesentlichen in die zwei Elemente „Entnahme und Aufbereitung“ sowie die „Verteilung“ aufgeteilt werden. An erster Stelle steht die Entnahme des Wassers aus der Natur, wobei das Wasser aus Oberflächengewässern oder Grundwasservorkommen entnommen werden kann.58 Im Unterschied etwa zu Energie muss Wasser nicht erzeugt werden, sondern steht durch den Wasserkreislauf als erneuerbare Ressource zur Verfügung. Die Entnahme ist Teil der Gewässerbewirtschaftung. Eine Entnahme ist jedoch nicht grenzenlos möglich. Gerade in städtischen und industriellen Ballungsräumen entsprechen die lokalen Wasserversorgungsvorkommen nach Menge und Qualität nicht mehr den Anforderungen der Trinkwasserversorgung.59 In diesen Fällen muss Wasser aus entfernten Vorkommen abgezweigt 57 Reason Public Policy Institute, Trends in Water and Wastewater Contracting, Privatization Watch Juni 1998. 58 Im Folgenden wird von der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung als Grundfall ausgegangen. 59 Typische Fälle hierfür sind das Ruhrgebiet, der württembergische Ballungsraum und der sächsische Industriegürtel, Breuer, Wasserversorgung und Umweltschutz, in: Ipsen, Wasserversorgung zwischen kommunaler Daseinsvorsorge und marktwirtschaftlichem Wettbewerb, 17, 20 (2003).

D. Die Entwicklung der Wasserversorgung

45

und mittels Fernleitungen in das jeweilige Ballungsgebiet transportiert werden. Im Anschluss daran wird das Wasser nötigenfalls aufbereitet, was von der Qualität des jeweiligen Wassers abhängig ist. Nach der Aufbereitung wird das Wasser über ein Leitungsnetz an die einzelnen Haushalte verteilt. Der Aufbau eines Wasserversorgungsnetzes ist zunächst sehr kostspielig. Um einen Dollar an Einnahmen zu erzielen, müssen in den Vereinigten Staaten zunächst 4 – 5 US-Dollar investiert werden, wohingegen im Elektrizitätssektor nur 1 – 3 US-Dollar erforderlich sind.60 Die Kosten für die Wasserversorgung teilen sich dabei, gemessen anhand eines Betriebsvergleichs in Baden-Württemberg, wie folgt auf: der Transport und die Verteilung mittels des Rohrnetzes verursachen 56% der Kosten, die Gewinnung, Beschaffung und Aufbereitung 33% und die Verwaltungs- und sonstigen Kosten 11%.61 Duque geht dabei für Kalifornien sogar von Verteilungskosten von bis zu 80% aus.62 Somit machen die variablen Kosten mitunter nur einen Anteil von 20% am Preis der gelieferten Wassermenge aus.63

IV. Die gegenwärtigen Herausforderungen Wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird der Großteil der Wasser- und Abwassernetze in den Vereinigten Staaten und in Deutschland von kommunalen Körperschaften mit Hilfe von örtlichen, in Gemeindeeigentum stehenden Wasserunternehmen betrieben. Dieses Modell bewährte sich über einen langen Zeitraum erfolgreich und führte dazu, dass der Großteil der Bevölkerung in den Vereinigten Staaten eine funktionierende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung als Selbstverständlichkeit empfindet.64 Zu Recht wird auch die Trinkwasserqualität in Deutschland gelobt, die insgesamt als eine der besten in der Welt gilt.65 Dennoch stellt die Erneuerung der Rohrleitungen und die Einhaltung neuer Trinkwasserstandards für die Industrie eine enorme Herausforderung dar. Die Anhebung von Umwelt- und Trinkwasserstandards bildet einen gewichtigen Kostenfaktor. Im Jahr 2002 entsprachen 94% der Wasserversorgungsanlagen in den 60 Cowen / Cowen, Deregulated Water Supply: A Policy Option For Developing Countries, Cato Journal 1998, 1, 12; Hyman, The Water Business, 45 (1998). 61 Mehldorn, Liberalisierung der Wasserversorgung, gwf Wasser / Abwasser 2001, 142 (2), 103 ff. 62 Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12. 1999. 63 Hyman, The Water Business, 45 (1998). 64 Seidenstat, America’s Water and Wastewater Industries: Competition and Privatization, 3 ff. (2000). 65 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 3 (2001).

46

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Vereinigten Staaten den gesetzlichen Trinkwasserstandards. Im Vergleich zum Jahr 1993, als nur 79% den Standards entsprachen, hat sich die Qualität der Wasserversorgung deutlich verbessert.66 Solche gesetzlichen Regelungen bedeuten meist immense Investitionen für die betroffenen Wasserversorgungsunternehmen. Allein die Kosten für die Absenkung des Grenzwertes für Arsen von 50 Mikrogramm pro Liter (g / L) auf 10 g / L für öffentliche Wassersysteme werden von der EPA auf 200 Millionen Dollar pro Jahr geschätzt.67 Ein weit größeres Problem stellt aber die Erneuerung der Rohrleitungsnetze dar. Die Überalterung ist in den Vereinigten Staaten meist die Folge einer finanziellen Unterausstattung kommunaler Wasserbetriebe, welche hauptsächlich aus der Abneigung kommunaler Entscheidungsträger gegen Wasserpreiserhöhungen sowie der Finanzierung anderer Haushaltsposten durch Wasserversorgungserträge resultiert.68 Auch führen aufgeschobene Renovierungen zu höheren Langzeitkosten, was die Rentabilität der Anlagen z. B. aufgrund steigender Versickerungsraten zusätzlich mindert. Trinkwasseranlagen haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 20 bis 50 Jahren, Rohrleitungen von 15 bis 100 Jahren. Die Trinkwasserversorgung folgte in ihrem Aufbau vor allem dem Bevölkerungswachstum. Daher nähern sich zahlreiche Versorgungssysteme dem Ende ihrer Lebensdauer und bedürfen der Erneuerung.69 Die EPA hat den finanziellen Bedarf für Unterhalt und Betrieb sowie den Kapitalbedarf der amerikanischen Wassersysteme für den Zeitraum von 2000 bis 2019 geschätzt. Es ergab sich dabei im ungünstigsten Fall eine Finanzierungslücke von 446 Milliarden Dollar.70 Die deutsche Bundesregierung schätzt den Finanzierungsbedarf für die nächsten 15 Jahre auf 150 bis 250 Mrd. Euro.71 Auch wenn es sich hierbei wohl um ungünstige Schätzungen handelt, weisen die Zahlen auf den enormen Finanzbedarf der Branche hin.72 Eine weitere Herausforderung für die Wasserversorgungsunternehmen stellt der insgesamt rückläufige Wasserverbrauch in Deutschland und den Vereinigten Staaten dar.73 Hieraus ergeben sich zusätzliche Probleme, da einerseits aufgrund des EPA, Factoids: Drinking and Ground Water Statistics for 2002 (2003). Burnett / Hahn, EPA’s Arsenic Rule: The Benefits of the Standard Do Not Justify the Costs, 4 (2001). 68 Westerhoff u. a., The Changing Water Utility, 8 f. (1998). 69 Nach der EPA müssen im Jahr 2035 2% der Leitungen ersetzt werden. Bislang liegt dieser Prozentsatz bei etwa 0, 4%, EPA, The Clean Water and Drinking Water Infrastructure Gap Analysis, 16 (2002). 70 EPA, The Clean Water and Drinking Water Infrastructure Gap Analysis, 5 (2002) 71 Fischer / Zwetkow, Systematisierung der derzeitigen Privatisierungsmöglichkeiten auf dem deutschen Wassermarkt – Trennung von Netz und Betrieb als zusätzliche Option?, NVwZ 2003, 281; Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung, 11 (2001). 72 Die Bundesregierung prognostiziert für 2005 im Trinkwasserbereich Ausgaben von 1,85 Mrd. Euro, 2004 Ausgaben von 1,8 Mrd. Euro, Bundesregierung, Zukunft der Wasserwirtschaft in Deutschland, BT-Drs. 15 / 2529 vom 16. 2. 2004. 66 67

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

47

hohen Fixkostenanteils höhere Preise verlangt werden müssen, andererseits aber gewisse Mindestwassermengen zur Spülung der Kanalisation gebraucht werden. Die Wasserpreise in den Vereinigten Staaten steigen seit 20 Jahren kontinuierlich um einen Faktor, der größer ist als das Ansteigen des Verbraucherpreisindexes.74 Hyman verweist auf einen inflationsbereinigten kontinuierlichen Anstieg der durchschnittlichen Wasserpreise seit 1984, wobei die Preise seit 1990 alle zwei Jahre um 10 bis 12% anstiegen. Dieser Anstieg ist aber wohl nur zum Teil auf schärfere gesetzliche Auflagen zurückzuführen. Problematisch ist hierbei insbesondere die lange Zeit in den Vereinigten Staaten verbreitete Praxis, wonach die Wasserpreise subventioniert wurden.75 Auch heute noch arbeiten Wasserversorgungsunternehmen in den Vereinigten Staaten zu einem großen Anteil nicht kostendeckend, wobei sich die öffentliche Hand diese Subventionen offenbar nicht mehr leisten kann oder will.

V. Zusammenfassung Die Entwicklung der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten ist insofern ein Erfolg, als dass heute der überwiegende Teil der Bevölkerung beider Staaten zuverlässig mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser versorgt wird. Dennoch sieht sich die Branche gegenwärtig einem großen Finanzierungsbedarf gegenüber, der die Kommunen als Träger des Großteils der Versorgungsunternehmen zum Überdenken des Status Quo und zur Überprüfung des eigenen Aufgabenbestandes und der Art und Weise seiner Wahrnehmung zwingt.

E. Die Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung Stehen Unternehmen im Wettbewerb miteinander, sorgt der Markt grundsätzlich für ein ökonomisch effizientes Verhalten der Anbieter. Dies äußert sich darin, dass die angebotenen Leistungen den Präferenzen der Nachfrager entsprechen (qualitative Effizienz), die Anbieter ihre Leistungen im Wege von Produkt- und Verfahrensinnovationen an sich verändernde Rahmenbedingungen anpassen (dynamische Effizienz), die Güter zu minimalen Kosten produziert werden (produktive Effi73 In den Vereinigten Staaten verringerte sich der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch von 1980 bis 1990 um etwa 8 Prozent auf 140 Milliarden Liter, Hyman, The Water Business, 61 (1998). In Deutschland ging die jährliche Wasserförderung im Zeitraum von 1990 bis 2001 um 19 Prozent zurück, BGW, Statistik abrufbar unter http: / / www.bundesverband-gas-und-wasser.de / bgw / indexflash.html (Stand 2. 2. 2004). 74 EPA, Community Water System Survey 1995, 19 (1997). 75 Hyman, The Water Business, 154 (1998).

48

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

zienz) und die richtige Menge der nachgefragten Güter produziert wird (allokative Effizienz).76 Voraussetzung für eine marktwirtschaftliche Steuerung ist die Handelbarkeit des Gutes.77 Waren und Dienstleistungen werden danach eingeteilt, ob sie nur von Einzelnen oder von einer unbegrenzten Zahl von Nutzern gebraucht werden und ob Nutzer von der Gebrauchmachung ausgeschlossen werden können.78 Die Kategorisierung eines Gutes kann sich durch zahlreiche Umstände verändern, wie technische Neuerungen oder Änderungen im Verbraucherverhalten. Dabei steht es dem Staat grundsätzlich frei, bestimmt private oder Mautgüter der Allgemeinheit verbilligt verfügbar zu machen.79 Güter eignen sich für den Markt, wenn aufgrund der Möglichkeit des Ausschlusses der Allgemeinheit für die Produktion eine Gegenleistung verlangt werden kann. Wo dies nicht möglich ist, besteht kein Anreiz für den Einzelnen für die Nutzung der Güter zu bezahlen oder sich anderweitig am Produktionsaufwand zu beteiligen (Trittbrettfahrer).80 Die leitungsgebundene Wasserversorgung eignet sich daher zur Erbringung durch Private im Markt. Es besteht insofern Rivalität in der Nutzung, als dass das von einem Endkunden aus dem Leitungsnetz entnommene Wasser einem anderen nicht mehr zur Verfügung steht. Da auch der Einzelne von der Nutzung ausgeschlossen werden kann, liegt grundsätzlich ein handelbares Gut vor. Unter bestimmten Umständen versagt der Markt jedoch als Steuerungsinstrument. Für die Wasserversorgung wurden mehrere Fälle von Marktversagen fest76 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 24 (2002); im Einzelnen zu den jeweiligen Arten der Effizienz Pierce, Regulated Industries, 19 ff. (1999), Harrison, Law and Economics, 29 ff. (2003). 77 Beecher, Regulatory Implication of Water and Wastewater Utility Privatization, 7 (1995). 78 Daraus resultieren vier Grundfälle: ,Private Güter‘, die nur durch einen Einzelnen gebraucht werden können und von deren Gebrauch die Allgemeinheit ausgeschlossen werden kann (Wasser in Flaschen), ,Mautgüter‘, die dagegen von mehreren gleichzeitig gebraucht werden können (Kabelfernsehen), ,Öffentliche Güter‘, die zwar ebenfalls von mehreren gleichzeitig gebraucht werden, von deren Nutzung aber niemand ausgeschlossen werden kann (Nationale Verteidigung) und ,Allmendegüter‘, von deren Nutzung ebenfalls niemand ausgeschlossen werden kann, bei denen ein Gebrauch durch den Einzelnen aber den Gebrauch durch die Allgemeinheit ausschließt (ein Glas Wasser aus einem Gewässer). Auch Zwischenstufen dieser Kategorisierung sind möglich. Dazu Savas, Privatization and Public-PrivatePartnerships, 41 (2000); Scheele, Privatisierung von Infrastruktur, 26 ff. (1993). 79 Diese ,Worthy Goods‘ werden durch den Staat subventioniert oder selbst hergestellt. Dieser Prozess hat in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Die Herstellung von ,Worthy Goods‘ nimmt mit etwa 1,02 Billionen US-Dollar 57% des für das Jahr 2000 geschätzten Bundeshaushaltes der Vereinigten Staaten in Anspruch, verglichen mit 27% im Jahre 1962, U.S. Budget for Fiscal Year 1999 (Washington, D.C., U.S. Government Printing Office, 1998), Grafik 3.2, 50 – 64. in Savas, Privatization and Public-Private-Partnerships, 61 (2000). 80 Zur Trittbrettfahrer-Problematik beispielsweise Harrison, Law and Economics, 43 (2003).

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

49

gestellt, die bestimmend für die heutige Struktur der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten sind.

I. Wasserversorgung als natürliches Monopol Die klassische Rechtfertigung der wirtschaftlichen Regulierung durch die Regulierungstheorie liegt in der Eigenschaft der Wasserversorgung als natürlichem Monopol.81 Grundsätzlich neigen Monopole zur Erzeugung von Ineffizienzen, indem die Unternehmen aufgrund ihrer Marktstellung überhöhte Einnahmen erzielen können (Monopolrenten). Während sich in einem idealen Markt, d. h. einem Modell der vollständigen Konkurrenz82, der Preis einer Leistung aufgrund des Wettbewerbs mehrerer Anbieter nach den Grenzkosten richtet, kann der Monopolist seinen Preis allein nach der Nachfrage im Markt ausrichten und seine Gewinne unter Berücksichtigung der Elastizität der Nachfrage, d. h. der Reaktionen der Kunden auf Preisänderungen, optimieren.83 Die Wahlmöglichkeit des Verbrauchers zwischen mehreren Wettbewerbern entfällt, die im Idealfall dem Monopolmissbrauch Grenzen setzt.

1. Auswirkung des natürlichen Monopols auf den Wettbewerb Der Wettbewerb wird in der Wasserversorgung aber grundsätzlich erst durch die rechtliche Verankerung der Gebietsmonopole ausgeschlossen. Der bestehende rechtliche Rahmen wird in erster Linie mit den Eigenschaften der Wasserversorgung als natürlichem Monopol gerechtfertigt.84 Herrschen die Bedingungen eines natürlichen Monopols, so soll staatliche Regulierung den fehlenden Wettbewerb ersetzen und damit für den effizienten Einsatz von Ressourcen und für den Schutz der Verbraucherinteressen sorgen.85 Eine Industrie besitzt die Eigenschaft eines natürlichen Monopols, wenn die Gesamtnachfrage in einem Markt von einem einzelnen Unternehmen zu geringeren Kosten als durch mehrere Unternehmen befriedigt werden kann (Subadditivitität der Kostenfunktion).86 Auf lange Sicht bleibt in einem solchen Markt nur ein WettBorrman / Finsinger, Markt und Regulierung, 10 ff. (1999). Hierzu Fritsch / Wein / Ewers, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, 26 ff. (2003). 83 Pierce, Regulated Industries, 42 ff. (1999). 84 Schmalensee, The Control of Natural Monopolies, 5 (1979). 85 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 888 (1993). 86 Harrison, Law and Economics, 274 (2003); Baumol / Panzar / Willig, Contestable Markets and the Theory of Industry Structure, 169 ff. (1982); Friedman, Capitalism and Freedom, 28 (1962); die Theorie geht auf John Stuart Mill zurück, der erkannte, dass parallele Durch81 82

4 Forster

50

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

bewerber übrig, da der größte Anbieter im Markt die übrigen aufgrund dieser Größenvorteile verdrängen kann. Somit kann dann in einem solchen Markt dann kein Wettbewerb mehr stattfinden.87 Die Rohrnetze der Wasserversorgung gelten als Vorzeigebeispiel für das Vorliegen eines natürlichen Monopols.88 Dies wird auf die in diesem Markt nachweisbaren Skalen- und Verbundvorteile zurückgeführt.89 Verdoppelt man beispielsweise den Durchmesser einer Rohrleitung, so vervielfacht sich zwar die Menge des transportierbaren Wassers, die Kosten für die Durchleitung verringern sich jedoch pro Einheit. Dies liegt daran, dass die Kosten für eine Durchleitung eher proportional zum Umfang einer Rohrleitung anwachsen, nicht jedoch proportional zur Entwicklung des Durchmessers.90 Die kostengünstigste Versorgung eines Gebietes wird also durch ein Unternehmen mit nur einem einzigen Leitungsnetz erreicht. Wasserunternehmen haben zudem besonders hohe Fixkosten für die Verteilung des Wassers, d. h. Kosten, die nicht in Abhängigkeit von Schwankungen in der Menge der hergestellten Güter variieren.91 Mit dem Erscheinen eines Konkurrenten im Markt können die Wettbewerber die Fixkosten nur noch auf weniger Kunden verteilen, was wiederum durch eine Erhöhung der Wasserpreise ausgeglichen werden müsste. Bestehen keine gesetzlichen Barrieren, kann ein Wasserunternehmen einem anderen durch Verlegen eines eigenen Rohrnetzes in dessen Versorgungsgebiet Konkurrenz machen. Eine andere Frage ist, ob es diese Netze profitabel betreiben kann. Das bereits im Markt bestehende Unternehmen kann seine Größenvorteile zur Abwehr des Konkurrenten bei seiner Preisgestaltung nutzen. Zudem schrecken die hohen irreversiblen Kosten (,Sunk Costs‘), d. h. die bereits für den Aufbau der Infrastruktur getätigten Aufwendungen, mögliche Konkurrenten ab.92 Da das im Markt befindliche Unternehmen seine Preise bis zu seinen Grenzkosten, d. h. die zur Erzeugung einer weiteren Einheit nötigen Kosten, senken kann und der Konkurrent sein Netz vorfinanzieren muss, besteht für einen Konkurrenten wenig Anreiz zum Eintritt in den betreffenden Markt, der dann als nicht bestreitbar gilt. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt für Wasserversorgungsunternehmen. Insbesonleitungsstrukturen im Versorgungssektor unwirtschaftlich sind, Mill, Principles of Political Economy, 132 ff. (1848). 87 Dazu ausführlich Harrison, Law and Economics, 273 ff. (2003); Breyer, Regulation and Its Reform, 15 ff. (1982); Pierce, Regulated Industries, 47 ff. (1999); Müller / Vogelsang, Staatliche Regulierung, 36 ff. (1979). 88 Schmalensee, The Control of Natural Monopolies, 4 f. (1979). 89 Dazu ausführlich Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 26 ff. (2002). 90 Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and the Regulatory Contract, 22 (1998). 91 Sidak / Spulber, 22 (1998). 92 Baumol, Contestable Markets: An Uprising in the Theory of Industry Structure, American Economic Review 1982, 1 ff.; Baumol / Panzar / Willig, Contestable Markets and the Theory of Industry Structure, 4 (1982).

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

51

dere im Bereich der gewerblichen Wasserversorgung und beim Wettbewerb um Kunden im Grenzbereich von Versorgungsgebieten können durchaus die Voraussetzungen für einen funktionierenden Wettbewerb gegeben sein. Denn da die versunkenen Kosten hier wesentlich geringer ausfielen, lägen die Marktzutrittschranken für Wettbewerber wesentlich niedriger.93 Durch die Schaffung eines rechtlichen Monopols wird ein möglicher Wettbewerb jedoch ausgeschlossen.

2. Wegfall des natürlichen Monopols Konkurrenz kann einem Monopolisten auch durch ein substitutives Gut entstehen. Wenn das Gut des Monopolisten leicht durch ein anderes ersetzt werden kann, wie dies beispielsweise bei Kabel- und Satellitenfernsehen der Fall ist, so führt die Preisänderung eines Gutes zu einem Wechsel der Verbraucher auf das andere Gut.94 Die Theorie der natürlichen Monopole hat mit dem Wegfall klassischer Beispiele in jüngster Zeit massive Kritik erfahren.95 So hat die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes – vormals ein Musterbeispiel für ein natürliches Monopol – verdeutlicht, dass natürliche Monopole nicht auf ewig festgeschrieben sind. Zumindest im örtlichen Telefondienst ist Wettbewerb durch den Mobilfunk möglich geworden.96 Die technische Entwicklung hat dort die Kriterien des natürlichen Monopols für die Telekommunikation entfallen lassen. Auch im Wasserbereich werden Veränderungen angedacht. Zwar ist Wasser als lebensnotwendiges Gut nicht substituierbar. Allerdings bestehen möglicherweise Alternativen zur Versorgungsmethode. Bislang herrscht in der Wasserversorgung das Konzept großer Versorgungsanlagen in Verbindung mit ausgedehnten Leitungsnetzwerken vor, die alle Eigenschaften natürlicher Monopole aufweisen. Jedoch werden in jüngerer Zeit technische Neuerungen diskutiert, durch die möglicherweise ein Paradigmenwechsel eintreten könnte.97 Einfachstes Beispiel für die Substitution von Leitungswasser ist Trinkwasser in Flaschen. Zwar kann der Verbraucher hierdurch das Gut ,trinkbares Leitungswasser‘ ersetzen, jedoch ist eine volle Substitution der Leitungsversorgung allein aufgrund der täglich benötigten Menge unpraktikabel.98 93 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 49 f. (2002). 94 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 33 f. (2002). 95 Beispielsweise Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and the Regulatory Contract, 64 ff. (1998). 96 Bereits angedacht von Kahn, The Economics of Regulation, 127 (1971); Breyer, Regulation and Its Reform, 292 (1982). 97 Hiessl u. a., Alternativen der kommunalen Wasserversorgung, 5 ff. (2003). 98 Durchschnittliche Abgabe an private Haushalte pro Kopf im Jahr 2001: 127 Liter, Quelle: Statistisches Bundesamt unter http: / / www.destatis.de.

4*

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Ein denkbarer Konkurrent zur leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung könnte jedoch die dezentrale Installation von Trinkwassergewinnungsanlagen sein. Durch die Verwendung neuer Verfahren in der Wasserversorgung wie der Verwendung von Umkehrosmosefiltern und Nanofiltrationsmembranen wurde bereits die Meerwasserentsalzung grundlegend vereinfacht.99 Eine Verwendung solcher Filtermethoden in dezentralen Aufbereitungsanlagen, etwa in Zusammenhang mit der Aufbereitung von Regenwasser, könnte eine Alternative zur leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung darstellen. Die Aufspaltung der kommunalen Trinkwasserversorgung in eine Versorgung mit Trink- und Brauchwasser ist eine weitere Option. Eine Wassermehrfachnutzung in Nutzungskaskaden und Kreisläufen könnte zumindest beim Brauchwasser das bisherige Durchflusssystem ersetzen, bei dem Trinkwasser für Tätigkeiten verwendet wird, für die Wasser mit geringerem Reinheitsgrad ausreichend wäre.100 Die Gewinnung von Brauchwasser aus Regenwasser wird zudem bereits seit längerem in einzelnen Haushalten praktiziert. Derartige technische Neuerungen könnten zu einem Paradigmenwechsel weg von den bestehenden großen zentralen hin zu dezentralen Strukturen in der Wasserversorgung führen. Jedoch scheint insbesondere in Gebieten mit ausreichenden qualitativ hochwertigen natürlichen Wasservorkommen der Anreiz zur Verwendung neuer Technologien zu fehlen. Dies verwundert nicht, da gegenwärtig der Einzelne den Kostenaufwand der Installation der oben beschriebenen Techniken zu tragen hätte und dies in den meisten deutschen Gebieten teurer als die gegenwärtige Versorgungsmethode wäre.101 In Gebieten mit dichter Besiedelung kann der Bedarf zudem nicht durch diese Alternativen gedeckt werden. Daher werden besagte Techniken momentan allenfalls im industriellen Sektor genutzt. Allerdings könnte eine Bewertung unter dem Kriterium der ,Nachhaltigkeit‘ bzw. des ,Sustainable Development‘ hier zu einem Umdenken führen. Die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung ist jedoch gegenwärtig nicht substituierbar. Die oben genannten Beispiele zeigen jedoch, dass die Wasserversorgung nicht zwangsweise ein natürliches Monopol bleiben muss.

II. Der Schutz vor „ruinösem“ Wettbewerb Ein wesentlicher Grund zur Beschränkung des Marktzugangs durch die rechtliche Sanktionierung von Monopolen der Versorgungswirtschaft ist der Schutz vor „ruinösem“ Wettbewerb.102 99 Friedle, Einsatzmöglichkeiten von Membranverfahren in der Trinkwasseraufbereitung, 153 ff. (2002). 100 Hiessl u. a., Alternativen der kommunalen Wasserversorgung, 6 (2003). 101 Hiessl u. a., haben in einer Studie die Projektkosten dreier Szenarien errechnet, die sowohl ein ,Weiter So!‘ Szenario als auch die Verwendung neuer Versorgungsstrukturen enthielten. Die Kostenunterschiede fielen dabei insgesamt nicht so hoch aus, dass ein Wechsel völlig unverhältnismäßig erschien, dies., Alternativen der kommunalen Wasserversorgung, 6 (2003).

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

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Grundsätzlich erfolgt auf dem Markt die Bestimmung der höchsten allokativen Effizienz anhand der Grenzkosten. Es ist effizient, soviel von einem Gut zu produzieren, wie dieses nachgefragt wird und die Produktion kostendeckend ist. Die Grenzkosten sind dabei die Kosten, die ein Unternehmen zur Erzeugung einer weiteren Einheit aufwenden muss. Dieser Preis reflektiert die Kosten der Gesellschaft zur Produktion einer weiteren Einheit.103 Im Wassermarkt sind nach anfänglichen hohen Investitionskosten die Grenzkosten, d. h. die Kosten zur Produktion weiterer Einheiten, gering. Von einem gesamtwirtschaftlichen Standpunkt aus wäre es sinnvoll, so viele Einheiten zu produzieren, bis der Verkaufspreis den Grenzkosten entspricht. Mit steigender Produktionsmenge würde zugleich das Angebot vergrößert. Damit würde der Preis pro Einheit sinken. Dann aber wäre es dem Unternehmen unmöglich, seine Fixkosten zu decken, da der Preis unter den Betrag der durchschnittlich pro Einheit aufzuwenden Herstellungskosten gesunken wäre.104 Denn obwohl die Herstellungskosten für eine zusätzliche Einheit dem Verkaufspreis entsprächen, wäre damit das Unternehmen gezwungen, langfristig defizitär zu produzieren, da es seine anfänglichen Investitionen nicht mehr erwirtschaften kann. Unter diesen Bedingungen kann ein Unternehmen nur dann langfristig im Markt bleiben, wenn eine Regulierungsbehörde den Preis nicht anhand der Grenzkosten, sondern auch unter Berücksichtigung der Herstellungskosten festsetzt. Versorgungsunternehmen gelten aufgrund ihrer hohen Anfangsinvestitionen als besonders anfällig für „zerstörerischen“ Wettbewerb. Aus den gleichen Gründen kann auch Wettbewerb bei Vorhandensein von Überkapazitäten dazu führen, dass der unter Wettbewerbsbedingungen erzielte Preis dem Unternehmen nicht erlaubt, seine Kosten zu decken.105 Aufgrund der hohen Fixkosten würde der Markteintritt eines weiteren Wettbewerbers die Rentabilität beider Wettbewerber gefährden und zu einer Verdrängung führen, weshalb in der Folge ebenfalls wieder nur ein Wettbewerber im Markt übrig bliebe.106 Bestünde freier Wettbewerb zwischen den Versorgungsunternehmen, so würde sich nach der Preistheorie der Preis pro Einheit in Höhe der Grenzkosten bewegen.107 102 Harrison, Law and Economics, 289 (2003); Kahn, The Economics of Regulation, 5 f. (1971); Müller / Vogelsang, Staatliche Regulierung, 123 (1979). 103 Es ist effizient, so lange Güter zu produzieren, wie die Kosten zur Produktion jeder neuen Einheit nicht den Betrag übersteigen, den die Kunden dafür zu zahlen bereit sind. 104 Die irreversiblen Investitionen werden beispielsweise als Zinsen für Fremdkapital Teil der Fixkosten des Unternehmens, Pierce, Regulated Industries, 54 (1999). 105 Besteht in einem Markt ein Bedarf von 3.000 Einheiten und liegen die Fixkosten bei 1000 A, wohingegen die Grenzkosten bei 1 A liegen, und konkurrieren zwei Unternehmen in diesem Markt, so würde jedes Unternehmen bei Aufwendungen von 2.500 A nur 1.500 A einnehmen. Damit entstünde ein Defizit von 1000 A für jedes Unternehmen, Pierce, Regulation of Public Utilities, 236 (1999). 106 Pierce, Regulated Industries, 234 ff. (1999). 107 Kahn, The Economics of Regulation, 172 ff. (1971).

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

In Deutschland und den Vereinigten Staaten wurde auf diese Problematik mit der Errichtung einer Monopolstellung durch Ausschluss von Konkurrenten reagiert. Die Regulierung des Markteintrittes soll die Investitionen des bereits im Markt vorhandenen Versorgungsunternehmens schützen. Während in anderen Sektoren das Ausscheiden des ineffizientesten Unternehmens als Zeichen der Selbstregulierung des Marktes hingenommen wird, nimmt die Regulierung die Versorgungsunternehmen aufgrund der Bedeutung der Versorgungsleistung durch die Einräumung eines Gebietsmonopols vom Wettbewerb aus. Dadurch soll zugleich der Verbraucher vor den Risiken der Insolvenz eines Versorgungsunternehmens geschützt werden.108 Kritiker der Marktzugangsbegrenzung führen insbesondere an, dass die irreversiblen Kosten ohnehin einen Marktzugang von Unternehmen mit gleichartigen Technologien verhindern würden.109 Denn durch die rechtliche Monopolstellung bleibt die Stellung des Monopolisten auch dann erhalten, wenn die Voraussetzungen für das natürliche Monopol durch beispielsweise technische Neuerungen entfallen sind. Durch die rechtlich sanktionierte Monopolstellung wird jedoch zwangsläufig eine Form der Preisregulierung nötig, um der Gefahr der Erwirtschaftung von Monopolrenten zu begegnen. Als Alternative gegen den Marktmissbrauch privater Unternehmen wurde auch die Wahrnehmung der Wasserversorgung selbst durch eine rein kostendeckend arbeitende staatliche Stelle angesehen. Fraglich ist jedoch, ob diese Lösung effizienter ist.110

III. Die Verfolgung sozialpolitischer Ziele Ein sozialpolitisches Ziel ist die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit kostengünstigem Trinkwasser. Im Rahmen der Tarifstruktur der Monopolunternehmen kommt es zu einer Quersubventionierung wenig profitabler Anschlüsse durch die übrigen Wasserabnehmer, die somit höhere Preise bezahlen als die Kosten der Versorgung ihrer Grundstücke gebieten. Unter Umständen kann eine staatliche Stelle in einem Markt Quersubventionierungen anordnen, indem mit den Einkünften, die das Unternehmen bei der Versorgung einer Verbrauchergruppe im Versorgungsgebiet erzielt, die Versorgung einer anderen Verbrauchergruppe subventioniert wird. Im Rahmen der traditionellen Regulierung werden Quersubventionen oder Risikoumlagen in einem durch ein Gebietsmonopol geschützten Markt angeordnet.111 Das bereits im Markt ansässige Pierce, Regulated Industries, 235 (1999). Ausführlich dazu Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung, 35 ff. (2002). 110 Dazu sogleich unter F. I. 111 Harrison, Law and Economics, 292 (2003). 108 109

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

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Unternehmen würde sonst die „Rosinen“, d. h. die subventionierende Verbrauchergruppe, an konkurrierende Unternehmen verlieren.112 Der Schutz ist deswegen nötig, da die konkurrierenden Unternehmen mangels eigener Subventionsverpflichtung der betreffenden Verbrauchergruppe bessere Versorgungsbedingungen bieten können. Eine solche Quersubventionierung wird insbesondere durch einheitliche Wasserpreise in vor Konkurrenz geschützten Versorgungsgebieten erreicht. In der Wasserversorgung ist eine solche Quersubventionierung auf der Ebene der Wasserverteilung und der Wassererzeugung möglich. Wird in einem Gemeindegebiet nur Trinkwasser gefördert und verteilt, müssen gewerbliche Kunden, die für ihre Zwecke nur Wasser geringerer Qualität benötigen, die Förderung und Verteilung von Wasser in Trinkwasserqualität mit finanzieren. Ausschließlich auf der Ebene der Verteilung wirken Quersubventionen, wenn die Anschluss- und Transportkosten für entlegenere und damit aufwändiger zu versorgende Gebiete auf die Gesamtheit der Verbraucher umgelegt werden. Quersubventionen werden von Ökonomen aufgrund der damit verbundenen Ineffizienzen kritisch beurteilt. Wenn eine Verbrauchergruppe Leistungen zu subventionierten Preisen, d. h. Preisen, die unterhalb der Grenzkosten liegen, in Anspruch nehmen kann, werden zwangsläufig Ressourcen allokativ ineffizient genutzt, da von dem Preis falsche Handlungssignale ausgehen.113 Auch kommt die Quersubventionierung der Besteuerung einer Kundengruppe zugunsten einer anderen gleich. Da im Rahmen der Tariffestsetzung die Regulierungsbehörde über die Verteilung der Quersubventionen entscheidet, wird auch gefordert, die Entscheidung über die Verteilung der quersubventionierten Gelder direkt in die Hände der Politik zu legen und den Regulierungsbehörden allein den Auftrag zur Steigerung der Effizienz der natürlichen Monopole zu übertragen.114 Eine Subventionierung kann dann durch direkte Steuern erfolgen, welche den vormals im Rahmen des Tarifsystems subventionierten Kunden direkt ausgezahlt werden, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung der allokativen Effizienz kommt.115 Hierdurch werden dann die entsprechenden Subventionen zusätzlich transparent.

112 In den Vereinigten Staaten wird diese Praxis Çream-Skimming“ genannt. Die subventionierende Verbrauchergruppe zeichnet sich typischerweise durch eine geringe Elastizität ihrer Nachfrage aus, d. h. die Nachfrage dieser Gruppe verändert sich bei Preisänderungen kaum, Harrison, Law and Economics, 290 (2003). 113 Kahn, The Economics of Regulation: Principles and Institutions, 190 f. (1971); Harrison, Law and Economics, 287 (2003). 114 Mit weiteren Nennungen Schmalensee, Control of Natural Monopoly, 20 (1979). 115 Rossi, The Common Law „Duty to Serve“ and Protection in an Age of Competitive Retail Public Utility Structuring, Vanderbilt Law Review 1998, 1233, 1317.

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

IV. Externe Effekte der Trinkwasserversorgung Unter externen Effekten versteht man negative Effekte eines Handelns, deren Kosten nicht beim Verursacher dieses Handelns entstehen, bzw. positive Effekte, die dem Begünstigten unentgeltlich zukommen. Bei der Trinkwasserversorgung entstehen externe Effekte vor allem bei der Ressourcennutzung.116 Die Wasserversorgungsunternehmen werden in der gegenwärtigen Struktur in Deutschland durch negative Effekte belastet und schaffen selbst positive Effekte. Die Effekte können nach der Kategorie Schadstoffeinträge, Wasserentnahmen und Gewässerschutzleistungen unterschieden werden.117 Die Wasserversorgungsunternehmen werden durch negative Effekte wie Düngung oder Pestizide belastet, da ihnen zusätzliche Kosten für die Aufbereitung des zur Verfügung stehenden Rohwassers entstehen. Wasserversorgungsunternehmen und Kommunalverwaltungen ergreifen daher häufig Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Übernutzung der Ressourcen zu vermeiden oder zu reduzieren.118 Die Wasserversorgungsunternehmen übernehmen heute die Bewältigung dieser Effekte freiwillig. Dies geschieht durch die Gründung von Kooperationen mit Land- und Forstwirten zur Senkung des Nitrat- und Pestizidgehalts im Grundwasser, Flächenkauf und extensive Nutzung, Naturschutzaufgaben in Wasserschutzgebieten, Datenerhebung und -lieferung. Zum einen werden dadurch direkt die Kosten für die Aufbereitung des verwendeten Wassers gesenkt, zum anderen entsteht dadurch aber auch ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen.119 In Deutschland finden solche Projekte schon seit geraumer Zeit Anwendung, wie etwa das Kooperationsmodell in Nordrhein-Westfalen, das 1989 ins Leben gerufen wurde.120 Das Pilotprojekt für die Vereinigten Staaten, das die Verbesserung der Wasserversorgung der Stadt New York durch eine Kooperation aller Anlieger des Catskill / Delaware-Flussgebietes zum Ziel hat, wurde im Jahr 1996 begonnen.121 An diesen Regelungen wird kritisiert, dass die positiven Effekte zwar der Allgemeinheit zugute kommen, die Gewässerschutzmaßnahmen und die Reduzierung 116 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 52 (2001); Umweltbundesamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 46 ff. (2000). 117 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung, 52 ff. (2002). 118 Umweltbundesamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 47 (2000). 119 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 53 (2001). 120 Breuer, Wasserversorgung und Umweltschutz, in: Ipsen, Wasserversorgung zwischen kommunaler Daseinsvorsorge und marktwirtschaftlichem Wettbewerb, 35 (2003) 121 Um den Neubau einer auf 4 bis 8 Milliarden Dollar geschätzten Filteranlage zu umgehen, vereinbarte die Stadt New York 1997 mit der EPA das Kooperationsprogramm. Hierfür stellte die Stadt ungefähr 250 Millionen US-Dollar für Landaufkäufe zur Verfügung, Hyman, The Water Business, 153 (1998); siehe hierzu auch EPA, Assessing New York City’s Watershed Protection Program (2000).

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

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der Schadstoffeinträge jedoch von den Verbrauchern der Wasserunternehmen finanziert werden und damit die eigentlichen Verursacher nicht mit den Auswirkungen ihrer Handlungen konfrontiert werden.122 Die Behandlung der umweltrechtlichen und gewässerwirtschaftlichen Problematiken der externen Effekte wäre jedoch hinsichtlich des Themas dieser Untersuchung zu weit reichend. Insbesondere kann hier nicht auf die Vorschläge zur Neuordnung der Wasserentnahme, beispielsweise durch handelbare Entnahmerechte in Knappheitssituationen, eingegangen werden.123 Relevant im Rahmen einer Anwendung des neuen Paradigmas ist jedoch die gegenwärtige Befassung der Kommunen mit Aufgaben des Umweltschutzes, die im Rahmen einer Kooperation mit den örtlichen Wasserversorgungsunternehmen wahrgenommen werden.

V. Größenvorteile und Transaktionskosten Befürworter der Gebietsmonopole führen an, dass sich die Gebietsmonopole positiv auf die Effizienz der Wasserversorgung auswirken, indem hierdurch eine optimale Unternehmensgröße bewahrt wird. Zudem könnten bei marktgesteuerter Erbringung der Güter anfallende Transaktionskosten vermieden werden.124 Die Wasserversorgungsunternehmen zeichnen sich durch die horizontale Monopolstellung und durch einen hohen Grad an vertikaler Integration ihrer Leistungen aus.125 Während eine horizontale Monopolstellung das Anbieten einer Leistung von einem Anbieter in einem Markt umfasst, bedeutet die vertikale Integration, dass die zur Erzeugung einer Leistung oder eines Produktes erforderlichen Arbeitsschritte in einem Unternehmen ausgeführt werden. Unter Umständen können auch besondere Effizienzgewinne durch solche Strukturen entstehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die effizienteste Leistungserbringung eine bestimmte Größe eines Unternehmens voraussetzt. Insbesondere nehmen Versor122 M. w. N. hierzu Breuer, Wasserversorgung und Umweltschutz, in: Ipsen, Wasserversorgung zwischen kommunaler Daseinsvorsorge und marktwirtschaftlichem Wettbwerb, 17 ff. (2003); Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung, 52 ff. (2002). 123 Grundsätzlich sind jedoch gerade die Vereinigten Staaten hierfür ein geeignetes Untersuchungsobjekt für weitere Untersuchungen, da Wasserentnahmerechte in den Vereinigten Staaten ein handelbares Gut sind, Sax / Thompson / Leshy / Abrams, Legal Control of Water Resources, 226 (2000). So wurde in Kalifornien das Instrument eines Wassermarktes durch die Schaffung der Drought Water Bank mit Erfolg zur Umverteilung von Wasser in Dürreperioden eingesetzt, Andersen / Hill, Water Marketing – The Next Generation (1997); Dixon / Moore / Schechter, California’s Drought Water Bank, Economic Impacts in the Selling Regions (1993). 124 Coase, The Nature of the Firm, Economia 1937, 386; Williamson, Transaction Cost Economics: The Governance of Contractual Relations, Journal of Law and Economics 1979, 223. 125 Rossi, The Common Law „Duty to Serve“, Vanderbilt Law Review 1998, 1233, 1264.

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

gungsunternehmen bei der Produktion ihrer Versorgungsleistung zahlreiche Waren und Dienstleistungen in Anspruch, wobei durch die gemeinsame Beschaffung und Verarbeitung von Informationen über die regionale Entwicklung von Angebot und Nachfrage Kostenersparnisse entstehen können.126 Verbundvorteile allein kennzeichnen zwar einen Markt nicht als natürliches Monopol, können aber den Monopolisten zusätzlich begünstigen. Verbundvorteile liegen vor, wenn in Mehrproduktunternehmen die Herstellung eines Produkts billiger ist als die Summe der Produktionskosten bei der separaten Herstellung dieser Produkte in mehreren Unternehmen.127 Muss sich das Unternehmen Güter auf dem Markt beschaffen, so fallen bestimmte Transaktionskosten an. Hierbei handelt es sich um Kosten, die durch Informationsbeschaffung, Tauschverhandlungen, Vertragsdurchführung und -kontrollen entstehen.128 Durch Unsicherheitsfaktoren wie die Häufigkeit von Transaktionen, die Besonderheit der zu beschaffenden Güter und Opportunismusprobleme können die Kosten für diese Transaktionen variieren.129 Je größer diese Unsicherheitsfaktoren, desto höher sind die Kosten, die bei derartigen Transaktionen anfallen, um sich gegen die damit verbundenen Risiken abzusichern und desto größer die Fehlallokation von Ressourcen. In diesen Fällen kann die Integration der Erzeugung der entsprechenden Ware oder Leistung im eigenen Unternehmen effizienter sein, als die Beschaffung auf dem Markt.130 Danach kann unter Umständen eine Leistung am effizientesten in einem Unternehmen mit einer bestimmten horizontalen und vertikalen Struktur erzeugt werden. Dies könnte durch Bewahrung der Wassergewinnung und die Wasserverteilung in einem Unternehmen erzielt werden. Jedoch ist die ideale Größe für ein Wasserversorgungsunternehmen nicht einfach zu bestimmen und ist offenbar stark von regionalen Gegebenheiten abhängig. Die Auswertung zahlreicher Studien zu diesem Thema brachte keine eindeutigen Ergebnisse.131 Aufgrund der hohen Kosten für die Verteilung des Trinkwassers können offenbar Einsparungen aus zentralisierter Aufbereitung und Förderung schnell aufgebraucht werden, so dass Wasserunternehmen ab einer gewissen Ausdehnung ihre Größenvorteile wieder verlieren.132 Eine in England im Auftrag der dortigen 126 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 93 (2002). 127 Baumol / Panzar / Willig, Contestable Markets and the Theory of Industry Structure, 75 ff. (1982). 128 R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 46 (1990). 129 Williamson, The Mechanisms of Governance, 59 (1996). 130 Williamson, The Mechanisms of Governance, 65 ff., 103 ff. (1996). 131 Beecher, The Regionalization of Water Utilities, 8 (1996); Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 37 ff. (2002). 132 Clark / Stevie, Analytical Cost Model for Urban Water Supply, Journal of Water Resources Planning and Management 1981, 437; dies., A Regional Water Supply Cost Model, Growth and Change 1981, 9.

E. Gründe für die wettbewerbliche Sonderstellung der Wasserversorgung

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Regulierungsbehörde Office of Water Services (OFWAT) erstellte Studie kam zu dem Schluss, dass zwar klare Größenvorteile durch eine vertikale Integration von Wassergewinnung und Verteilung entstünden, jedoch kaum Größenvorteile für eine horizontale Vergrößerung nachweisbar seien.133 Jedoch zeigen die Untersuchungen der EPA, dass wesentlich mehr kleine Wasserversorgungsunternehmen defizitär arbeiten als große (Abb. 3). Obwohl die Gesamtanzahl der Wasserversorgungsunternehmen zwischen 1995 und 2000 anstieg, ging die Anzahl der defizitär arbeitenden Unternehmen zurück. Im Jahr 2000 arbeiteten 30 % der Unternehmen nicht kostendeckend, wohingegen diese Zahl 1995 noch 40% betrug.134 Von den großen Wasserversorgungsunternehmen, d. h. Unternehmen mit mehr als 100.000 Kunden, arbeiteten 20% der in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen defizitär, im Vergleich zu nur 5 % der privaten Unternehmen.135

Öffentliches Eigentum

Privates Eigentum

50%

50%

40%

40%

30%

30%

20%

20%

10%

10% 0%

0% < 500

501 3.300

3.301 - 10.001 > 10.000 100.000 100.000

< 500

501 3.300

3.301 - 10.001 > 10.000 100.000 100.000

Quelle: EPA, Community Water System Survey 2000, IV (2002)

Abbildung 3: Anzahl der defizitären Wasserversorgungssysteme nach Größe und Art der Eigentümer

Die Frage nach der optimalen Betriebsgröße deutscher Wasserversorgungsunternehmen ist bisher mangels vorhandener Studien nicht beantwortet worden.136 Insofern kann allenfalls unterstellt werden, dass die oben genannten Erkenntnisse auf den deutschen Markt übertragbar sind. Insbesondere die in England und Wales ge133 Allerdings beurteilt der Bericht die bereits in England und Wales bestehende, im Vergleich zu Deutschland und den Vereinigten Staaten bereits stark integrierte Industrie, Stone & Webster Consultants, Investigation into evidence for economies of scale in the water and sewerage industry in England and Wales II ff. (2004). 134 EPA, Community Water System Survey 2000, V (2002). 135 EPA, Community Water System Survey 2000, 37 (2002). 136 Oelmann, Neuausrichtung der Preis- und Qualitätsregulierung in der deutschen Wasserwirtschaft, 33 (2005).

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

wonnenen Resultate sind aber aufgrund der wesentlich größeren dortigen Wasserversorgungsunternehmen mit Vorsicht heranzuziehen. Für deutsche Wasserversorgungsunternehmen folgert jedoch Oelmann, dass der größte Teil der Unternehmen noch nicht die für ein Betriebsoptimum erforderliche Größe erreicht hat.137 Es könne nicht angenommen werden, dass die gegenwärtig durch die Gebietsgrenzen bestimmten Größen der Wasserversorgungsunternehmen optimal seien. Angesichts der kaufmännischen Tätigkeiten solcher Unternehmen wie Rechnungsstellung, Kundendienst, aber auch der technischen Aufgaben bei Wartung und Neubau der Anlagen, die einen hohen Ausbildungsstand des technischen Personals voraussetzen, ist dem wohl beizupflichten.

VI. Zusammenfassung Die Entwicklungen in den übrigen netzgebundenen Industrien haben Zweifel hinsichtlich der Effizienz der gegenwärtigen Struktur der Wasserversorgung geweckt. Das natürliche Monopol kann nicht mehr die Ausnahme der gesamten vorund nachgelagerten Glieder der Wertschöpfungskette vom Wettbewerb rechtfertigen. Aber auch dort, wo die Bedingungen des natürlichen Monopols gelten, herrscht mittlerweile Uneinigkeit über die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Durch die rechtliche Bewahrung der Gebietsmonopole wird die Regulierung der Wasserversorgung jedoch unbedingt erforderlich. Die Gebietsmonopole dienen zudem politischen Zwecken wie der Quersubventionierung von Verbrauchern sowie der Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz der örtlichen Wasservorkommen durch die Gebührenzahler. Zwar liegen bislang keine einheitlich gesicherten Erkenntnisse über die optimale Größe von Wasserversorgungsunternehmen vor. Dies mag an den unterschiedlichen geographischen Bedingungen, denen Versorgungsunternehmen begegnen, liegen. Solange aber eine kommunale Struktur durch Bewahrung der auf die jeweiligen Gemeindegebiete beschränkten Gebietsmonopole erhalten wird, wird die Bildung größerer, möglicherweise wettbewerbsfähigerer Einheiten erschwert.

F. Der Paradigmenwechsel Um den gegenwärtigen Herausforderungen der Wasserversorgung, also höheren Qualitätsanforderungen, alternden Rohrnetzen und mitunter Überdimensionierung zu begegnen, werden im Wesentlichen zwei Konzepte vorgeschlagen. Zum einen soll die Einbindung privater Partner bei der Aufgabenerfüllung durch Privatisierun137 Oelmann, Neuausrichtung der Preis- und Qualitätsregulierung in der deutschen Wasserwirtschaft, 36 (2005).

F. Der Paradigmenwechsel

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gen verstärkt werden, zum anderen werden Modelle für eine effizientere Struktur der Wasserversorgung unter wettbewerblichen Gesichtspunkten angedacht, die im Sinne Hayeks den „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ nutzen sollen.138 Als Vorbild dienen dabei Maßnahmen aus anderen Sektoren wie der Telekommunikation oder der Energiewirtschaft, jedoch werden auch im Ausland verwendete Modelle der Wasserversorgung diskutiert. Die in Betracht gezogenen Maßnahmen können unter den Kategorien Privatisierung, Wettbewerb im Markt, Wettbewerb um den Markt und Regulierung unter Verwendung wettbewerblicher Elemente zusammengefasst werden.139

I. Privatisierung „Die Erfahrung hat gelehrt, dass beliehene Unternehmer eine Sache mit Nutzen durchführen, an welcher der Staat verlöre.“140 Trotz dieser Aussage Otto Mayers, die dem privaten Unternehmer eine höhere Effizienz zugesteht, führt die Privatisierung von Aufgaben der Wasserversorgung allein noch nicht zu Wettbewerb auf den Wassermärkten.141 Wettbewerb ist grundsätzlich unabhängig von der Rechtsform, da auch staatliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen können und dort als „erträglich“ gelten, solange sie sich an die Wettbewerbsregeln halten und den Wettbewerb nicht durch Subventionen verfälschen.142 1. Entwicklung der Privatisierung als ordnungspolitisches Ziel Obwohl der Begriff der „Reprivatisierung“ beispielsweise in Deutschland spätestens seit den 50er Jahren gängig ist,143 resultiert die Privatisierung als ordnungsHayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren (1969). Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung (2001); Umweltbundesamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung (2000); WRc, Study on the Application of the Competition rules to the Water Sector in the European Community, 51 ff. (2002); National Research Council, Privatization of Water Services in the United States (2002); Rott (Hrsg.), Liberalisierung – Deregulierung – Privatisierung (2001); Ipsen (Hrsg.), Wasserversorgung zwischen kommunaler Daseinsvorsorge und marktwirtschaftlcihem Wettbewerb (2003). 140 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 434 (1917). 141 Die Problematik war bereits dem Ökonom John Stuart Mill im Jahre 1851 bekannt. Um seine Unterstützung für eine öffentliche Wasserversorgung für London gebeten, befürwortete er deren Aufbau durch die Kommune, da „[ . . . ] the policy of depending on individuals for the supply of the markets assumes the existence of competition.“, Pedro Schwartz, „John Stuart Mill and Laissez Faire: London Water,“ Economics 1966, 80 f., zitiert in Donahue, The Privatization Decision, 74 (1989). 142 Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 272 (1960). 143 Beispielsweise bei Haussmann, Public Utilities und gemischtwirtschaftliche Unternehmungen in nationaler und internationaler Sicht, 43 (1955). Aber schon Weber trat der „kritik138 139

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

politische Zielsetzung aus den siebziger Jahren. Insbesondere die Administration des Präsidenten der Vereinigten Staaten Ronald Reagan bemühte sich um eine Einbindung des privaten Sektors zur Verbesserung der Effizienz staatlicher Aufgabenerfüllung.144 Unterstützung erhielt diese Entwicklung durch die Privatisierung von Staatsunternehmen im Vereinigten Königreich unter Premierministerin Margret Thatcher. Die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hat sowohl in Deutschland wie auch den Vereinigten Staaten eine lange Tradition. Der Aufbau der Infrastruktur, sei es die Wasserversorgung, Elektrizität, Eisenbahnen, Luftverkehr oder Telekommunikation erfolgte in Deutschland wie auch in den der Vereinigten Staaten mit Beteiligung des privaten Sektors.145 Dennoch wird kritisiert, dass es sich bei der Veränderung des staatlichen Aufgabenbestandes im zwanzigsten Jahrhundert hauptsächlich um eine „Einbahnstraße“ gehandelt hat, da dieser beständig erweitert wurde.146 In der Bundesrepublik fand schon Anfang der 50er Jahre eine ordnungspolitische Debatte statt, die vor allem die Privatisierung der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG und des Volkswagenwerks zum Thema hatte.147 Nach ersten Privatisierungen haben in der Bundesrepublik in der Folge vor allem kommunale Funktionsträger aller Parteien Privatisierung diskutiert und praktiziert. Betroffen waren dabei vorrangig Aufgaben aus dem Bereich der Daseinsvorsorge wie Müllabfuhr, Stadtreinigung und Schlachthöfe. In den achtziger Jahren stand der Rückzug des Bundes aus Industriebeteiligungen im Vordergrund, bis die Privatisierung in den neunziger Jahren durch die Großbereiche Post, Telekommunikation, Bahn und Luftverkehr ihren Höhepunkt erreichte.148 Leistungsvergleiche zwischen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung sind mittlerweile üblich geworden.149 Privatisierungsvorgänge haben zu beachtlichen losen Verherrlichung der Bureaukratisierung“ entgegen, indem er behauptete, dass nur ein von „Arbeitgebergesinnung freies Gemeinwesen“ auf Dauer „Sozialpolitik“ betreiben könne, ders., in: Schluchter, Max Weber, Wirtschaft, Staat und Sozialpolitik, Die wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinden, Diskussionsbeitrag auf der Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik am 28. 11. 1909, 365 (1998). 144 Savas, Privatization and Public-Private-Parterships, 14 (2000). 145 Huber spricht 1953 von ,Reprivatisierung‘ als Mittel zum Abbau der wirtschaftlichen Machtstellung der öffentlichen Hand, ders., Wirtschaftsverwaltungsrecht, Band 1, 520 (1953). 146 Ellwein / Hesse, Der überforderte Staat, 24 (1994); Herzog, Der überforderte Staat, in: Badura / Scholz, Festschrift Lerche, 15 ff. (1993); Burmeister, Selbstverwaltungsgarantie und wirtschaftliche Betätigungen der Kommunen, in: Püttner, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Band 5, 3 ff., 5 (1984). 147 Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 35 (1992). 148 König / Benz, Zusammenhänge von Privatisierung und Regulierung, in: König / Benz, Privatisierung und staatliche Regulierung, 17 (1997). 149 Bullinger, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL, 1995 Bd. 54, 301. Die Autoren einer 1995 durchgeführten Studie unter Beteiligung von 66 der größten Städte der

F. Der Paradigmenwechsel

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Einsparungen und zu einer Etablierung der Privatisierung als Mittel zur Reduzierung von Verwaltungskosten durch effizientere Leistungserbringung geführt.150 Als Reaktion auf diese Entwicklung haben viele der öffentlichen Versorgungsunternehmen die Notwendigkeit der Verbesserung der Kosteneffizienz und einer verstärkten Kundenorientierung erkannt.

2. Effizienzgewinne durch Privatisierung Aufgrund der gegenwärtigen Herausforderungen der Wasserversorgung kann die Inanspruchnahme privater Unternehmen und deren Kapitals die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erleichtern. Auf der Hand liegen Einkünfte des Staates durch den Verkaufserlös veräußerter Unternehmen zum Abbau der Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Höchst umstritten ist die Frage, ob in Privateigentum befindliche Unternehmen effizienter sind als solche der öffentlichen Hand. Nach einer Ansicht ist Ineffizienz bereits in der Struktur des öffentlichen Dienstes begründet.151 Fehlende Anreize für effizientes Wirtschaften seien dessen Hauptproblem. Dies beginne bei den Beförderungskriterien, die zumeist vorrangig durch Dienstalter und Kontinuität und weniger nach Leistung geprägt seien. Budgetäre Kontrollen dienten vornehmlich der Ausgabenkontrolle und weniger dem Zweck, eine vernünftige Allokation von Ressourcen zu erzielen. Der Wegfall gewinnorientierter Anreize führt nach Fitch zu Anreizen bei den Führungskräften im öffentlichen Dienst, die Budgets zur Stärkung der eigenen Position zu erhöhen. Auch würden erzielte Einsparungen nicht dem Haushalt zugute komme, sondern in aller Regel innerhalb der jeweiligen Behörde verbleiben und später an anderer Stelle ausgegeben.152 Vereinigten Staaten kamen zu dem Schluss, dass Privatisierung mittlerweile als Alternative zur staatlichen Aufgabenerfüllung in den meisten amerikanischen Großstädten etabliert ist, Dilger u. a., Privatization of Municipal Services in America’s Largest Cities, Public Administration Review 1997, 21 ff. 150 Einsparungen allein auf Bundesebene in Höhe von 696 Millionen Dollar im Zeitraum 1981 – 87, Office of Management and Budget, Commercial Activities Contracting Act of 1987, Hearings before the Senate Committee on Governmental Affairs, 100 Cong. 1. und 2. Sitzungsperiode. 136 f. Nach einer 1998 erschienen Studie hatten 60,1% der befragten Vertreter staatlicher Agenturen in den Vereinigten Staaten während eines der Befragung vorausgehenden Zeitraumes von fünf Jahren ihre Privatisierungsbemühungen verstärkt, Council of State Governments, Private Practices: A Review of Privatization in State Governments, Grafik 4, 7 (1998). 55 % sahen für die folgenden fünf Jahre weitere Steigerungen voraus, Council of State Governments, Private Practices: A Review of Privatization in State Governments, Grafik 5, 7 (1998). 151 Fitch, Increasing the Role of the Private Sector in Providing Public Services, in: Hawley / Rogers, Improving the Quality of Urban Management, 501, 507 (1974); Niskanen, Bureaucracy and Politicians, The Journal of Law and Economics 1975, 617. 152 Fitch, Increasing the Role of the Private Sector in Providing Public Services, in: Hawley / Rogers, Improving the Quality of Urban Management, 501, 505 (1974).

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Die Funktion eines die Unternehmenseffizienz überwachenden Eigentümers kommt nach dieser Ansicht dem Wähler zu. Dessen Kontrolle sei aber unzureichend, da im Rahmen von Wahlen nur über Gesamtprogramme, nicht aber über einzelne politische Entscheidungen abgestimmt werde.153 Der Politik wird vorgeworfen, allgemeine politische Ziele durch öffentliche Unternehmen zu verfolgen, da hierdurch die tatsächlichen Kosten von Maßnahmen verschleiert werden könnten. Tatsächlich führen in der Wasserversorgung politische Zielsetzungen zu Quersubventionen („Tarifeinheit im Raum“) von Kundengruppen, der Bevorzugung von regionalen Zulieferfirmen, der Finanzierung von Maßnahmen des allgemeinen Gewässerschutzes, dem Vorrang regionaler Quellen auch bei kostengünstigerer Versorgung durch Fernwasserleitungen sowie die Sicherung eines hohen Beschäftigungsstandards und überdurchschnittlicher Löhne für die Einwohner der Region.154 Hinzu kommt die Subvention im Allgemeinen defizitärer Geschäftsbereiche wie dem öffentlichen Personennahverkehr durch profitable Geschäftsbereiche wie der Energieversorgung. Private Unternehmen einer gewissen Größenordnung sind selbst dann dem Wettbewerb ausgesetzt, wenn sie in Monopolmärkten operieren. Selbst wenn der Wettbewerb auf Produktmärkten entfällt, verbleibt der Wettbewerb auf den Kapitalmärkten.155 Die Unternehmensführung muss Gewinne erzielen, um die Eigentümer bzw. Anleger zufrieden zu stellen und entsprechende Berichtspflichten erfüllen. Dies führt zu einer größeren Transparenz ihrer Tätigkeit. Auch muss ein privates Unternehmen seine Kreditwürdigkeit erhalten, Wertsteigerungen der Unternehmensanteile erzielen und unterliegt dem Insolvenzrisiko.

3. Privatisierung als Mittel zur Nutzung von Größenvorteilen Über die optimale Größe eines Wasserversorgungsunternehmens ist bislang wenig bekannt, da die Größenvorteile bei der Versorgung offenbar stark von regionalen Beschaffenheiten abhängig sind. Durch die Ergebnisse der EPA hinsichtlich defizitärer Unternehmen und der Entwicklung der Wasserpreise in England und Wales wird aber die Vermutung gestützt, dass eine gewisse Größe effizienteres Wirtschaften ermöglicht. Dies bezieht sich nicht allein auf die Rohrleitungsnetze, deren Eigenschaft als natürliches Monopol relativ unbestritten ist, sondern insbesondere auf plausible Kostenersparnisse durch Zentralisierung kaufmännischer und technischer Aufgaben. Die Integration kommunaler Wasserversorgungsunternehmen findet auf kommunaler und regionaler Ebene bereits statt. Anhand der Wasserverbände, aber auch 153 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung, 64 (2002). 154 Stuchtey, 64 (2002). 155 Stuchtey, 63 (2002).

F. Der Paradigmenwechsel

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anhand kommunaler Zweckvereinbarungen lässt sich die Nutzung von Größenvorteilen und Verbundvorteilen beobachten.156 Da diese Vorteile grundsätzlich losgelöst von der Eigentumsform bestehen, können sie ebenfalls durch die Einbeziehung privater Partner genutzt werden. Jedoch fällt die Einbeziehung privater Unternehmen in der Regel leichter, da das Privatunternehmen nicht durch das Örtlichkeitsprinzip gebunden ist und daher eine bessere Auslastung seiner Ressourcen erreichen kann.157 Ferner werden Finanzierungslücken mehrerer kleiner Gemeinden auch nicht durch den Zusammenschluss zu überörtlichen Einheiten beseitigt.158 Private Partner haben meist bereits eine Größenordnung erreicht, welche kleine Gemeinden auch durch mehrfache Zusammenschlüsse nicht erreichen können. Zudem ist beim Privaten bereits das Wissen vorhanden, das sich ein solcher kommunaler Verband erst erarbeiten muss. Da es dem Privaten allein um die Erwirtschaftung von Gewinnen, nicht aber um die Kontrolle der Aufgabendurchführung geht, entfallen zudem Konfliktpotentiale, die sich aus regionalen Rivalitäten ergeben. Daher kann die Kommune durch eine Kooperation mit einem privaten Vertragspartner ihre Ziele möglicherweise einfacher erreichen, als dies bei einer Kooperation mit mehreren kommunalen Partnern der Fall wäre.

4. Positionen von Privatisierungskritikern Privatisierungskritiker in Deutschland und den USA bestreiten die Annahme, private Unternehmen im Wasserbereich seien grundsätzlich effizienter. Tatsächlich variieren die Ergebnisse entsprechender, allerdings nicht auf Deutschland bezogener Studien stark.159 Die Privatisierungsgegner weisen insbesondere auf die Unver156 Bode, Wasserversorgung und -entsorgung als Aufgabe von Wasserverbänden, in: Ipsen, Wasserversorgung, 63 (2003). 157 Fitch, Increasing the Role of the Private Sector in Providing Public Services, in: Hawley / Rogers, Improving the Quality of Urban Management, 501, 505 (1974). 158 Beispielsweise ergab ein Vergleich von Studien über Çontracting Out‘ in den Vereinigten Staaten, Canada, England, Deutschland, Japan und der Schweiz durchschnittliche Kostenersparnisse von 25% durch Nutzung dieser Privatisierungsmethode, Report of the New York State Senate Advisory Commission on Privatization (Lauder Commission), January 1992, 4 ff., zitiert in Savas, Privatization and Public-Private-Partnerships, 147; eine Untersuchung der 651 Serviceverträge des Los Angeles County ergab im Rahmen einer acht Jahres Periode Einsparungen von 86 Mio. Dollar bei ursprünglichen Gesamtkosten von 268 Mio. Dollar, County of Los Angeles, Report on Contracting Policy in Los Angeles County Government, 1987, 40. 159 Ein Vergleich der entsprechenden Studien bis 1995 findet sich bei Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung, 67 (2002), Donahue, The Privatization Decision, 75 (1989) und Newbery, Privatization, Restructuring, and Regulation of Network Utilities, 95 ff. (2000). Donahue verweist auf 13 Studien im Zeitraum von 1971 bis 1994. 3 Studien stellten eine höhere Effizienz von Unternehmen in Privateigentum fest, 4 beurteilten in öffentlichem Eigentum stehende Wasserversorgungsunternehmen für effizienter, 4 Studien fanden keinen signifikanten Unterschied. Eine neuere Studie hinsichtlich

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

einbarkeit privater und staatlicher Ziele. Ihre Hauptsorge besteht im staatlichen Kontrollverlust. Nach Kettl verdankt der Staat seine Existenz unter anderem dem Umstand, dass der Markt oftmals versagt, wenn es um das öffentliche Interesse geht.160 Das Ziel des Staates, wie es ihm durch die Verfassung, Gesetze und die öffentliche Meinung vorgeschrieben werde, sei nicht das Streben nach Gewinn, sondern die Förderung des Allgemeinwohls.161 Selbst wenn private Unternehmen effizienter wirtschaften würden als entsprechende öffentliche Unternehmen, würde nicht die Allgemeinheit von diesen Gewinnen profitieren. Im Bereich von Monopolen etwa würden Effizienzgewinne Privater unter staatlichem Regulierungszwang an den Verbraucher in Form von Preissenkungen weitergegeben. Die Privatisierungsgegner argumentieren meist losgelöst von Effizienzüberlegungen. Vorrangig wird die hohe Qualität der Wasserversorgung als lebenswichtiges Gut herausgestellt, welches nicht, „nur um das Wettbewerbsprinzip hochzuhalten“, aufs Spiel gesetzt werden dürfe.162 Es bestünde die Gefahr, dass private Wasserversorger die Infrastruktur aus kurzfristigen Überlegungen heraus vernachlässigen könnten und damit sowohl die Wassergewinnung als auch die Wasserversorgung gefährden.163 Diese Argumentation geht davon aus, dass Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen von staatlicher Seite auch im Falle von knappen Haushaltsmitteln Vorrang genießen. Jedoch besteht auch im öffentlichen Sektor die Gefahr, dass solche Maßnahmen aufgrund der Knappheit finanzieller Mittel hinten angestellt werden. Diese Entwicklung zeigte sich insbesondere in den Vereinigten Staaten, wo ein Großteil der Wasserversorgungsunternehmen nicht kostendeckend arbeitet. Die Verwaltungen scheuten hier über lange Zeit die Anpassung der Preise an die tatsächlichen Kosten, was zu einem Verfall zahlreicher Wasserversorgungssysteme führte. Größten Bedenken unter staatlichen Entscheidungsträgern begegnet nach einer Studie von 1992 der Verlust staatlicher Kontrolle.164 Mit Privatisierung ist stets eine Reduzierung des Personals der öffentlichen Körperschaft verbunden. Auch wenn viele dieser Arbeitsplätze möglicherweise beim neuen Eigentümer oder Vertragspartner erhalten bleiben, wird die Zahl der öffentlichen Stellen verrinvon Wasserversorgungsunternehmen in den Vereinigten Staaten stellte ebenfalls keine Effizienzunterschiede fest, ders., Comparing Public and Private Companies, 107 (2000). 160 Kettl, Deregulating at the Boundaries of Government: Would It Help?, in: Dilulio, Deregulating the Public Service: Can Government be Improved?, 180 (1994). 161 Moe, Exploring the Limits of Privatization, Public Administration Law Review 1987, 458; Kettl, Sharing Power: Public Governance and Private Markets, 40 (1993). 162 Bayerischer Städtetag, Informationsbrief 2 / 2001, 4. 163 National Research Council, Privatization of Water Industries in the U.S., 26 (2002); Beispiele hierfür finden sich in Public Citizen, Water Privatization: A Broken Promise, 4 ff. (2001). 164 Apogee Research, State Government Privatization 1992, 10.

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gert.165 Mit dem Personal geht zugleich das entsprechende Fachwissen auf den Privaten über. Wird mit einem Aufgabenbereich zugleich das damit verbundene Fachwissen privatisiert, so kann die Kommune die Möglichkeit der Kontrolle verlieren. Die Konsequenzen werden insbesondere in Fällen relevant, in denen ein Privatisierungsvorhaben scheitert und die Anlagen durch die Kommune wieder übernommen werden müssen.166 Grundsätzlich kann auch in diesen Fällen ein Wissenstransfer während der Vertragslaufzeit durch Weiterbildung kommunaler Angestellter geschehen. Hat die Kommune ihre Wasserversorgung jedoch veräußert, besteht unter Umständen nicht mehr die Möglichkeit einer kommunalen Rücknahme des Unternehmens, da es an ausgebildeten Fachkräften fehlt. Dieses Problem ist vor allem im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge relevant. Jedoch bedingt ein entsprechender Wissensverlust nur, dass die entsprechende Kommune nicht mehr in der Lage ist, die Wasserversorgung selbst durchzuführen. Hingegen sind die fraglichen Leistungen meist marktgängig, d. h. es kann entsprechendes Know-how von Dritten genutzt werden. Um eine solche Situation von vorneherein auszuschließen, ist daher weniger danach zu fragen, ob die Kommune im Falle des Scheiterns des Privaten in der Lage ist, die entsprechende Tätigkeit wieder selbst zu übernehmen, sondern ob sie die vertragsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Privaten dauerhaft überwachen kann. Auch hier kann freilich das Fachwissen Dritter genutzt werden.

5. Zwischenergebnis Obwohl bei Privatisierungsmodellen der Verkaufserlös oder die Finanzierung bestimmter Projekte durch den Privaten meist vorrangig ist, können durch Privatisierungen auch Effizienzgewinne erzielt werden. Zwar wird durch die Privatisierung allein die Wasserversorgung nicht effizienter, durch die Wahl des entsprechenden Partners können jedoch Größen- und Verbundvorteile erzielt werden. Dies gilt ebenfalls, wenn nicht die Gesamtleistung der Wasserversorgung, sondern einzelne Aufgaben oder Projekte auf den Privaten übertragen werden.

II. Wettbewerb im Markt Der Begriff Wettbewerb im Markt umfasst alle Wettbewerbsformen, bei denen Wasserversorgungsunternehmen in den direkten Wettbewerb um den Endverbrau165 Megginson / Nash / van Randenborg kommen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Arbeitsplätze nach einer Privatisierung insgesamt nicht abnimmt, dies., The Privatization Process: A Worldwide Perspective, The Financial and Operating Performance of Newly Privatized Firms: An International Empirical Analysis, Journal of Finance 1994, 403. 166 National Research Council, Privatization of Water Industries in the U.S., 26 (2002).

5*

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

cher treten und die Verbraucher zwischen unterschiedlichen Bezugsquellen für Wasser wählen können.167

1. Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung wurde in anderen Sektoren wie der Telekommunikation, Strom und Gas in Deutschland und den Vereinigten Staaten bereits eingeführt. Im Bereich der Wasserversorgung ist dieses Wettbewerbsmodell jedoch erst kürzlich erstmals in England und Wales verwendet worden. Gegenwärtig sind die einzelnen Elemente der Wertschöpfungskette der Wasserversorgung in einem Unternehmen vertikal integriert. Von der Förderung bis zur Verteilung des Trinkwassers liegen alle Tätigkeiten in der Hand eines einzigen Unternehmens, welches meist durch ein Gebietsmonopol vor Wettbewerb geschützt ist. Durch eine gemeinsame Netznutzung (,Wheeling‘) würde diese Struktur desintegriert (,Unbundling‘) und damit Wettbewerb auf den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette möglich, die nicht die Merkmale natürlicher Monopole aufweisen.168 Der Nutzen einer Durchleitungsregelung ist hoch umstritten. Nach diesem Modell bieten die Wassererzeuger ihr Produkt direkt dem Kunden an und speisen ihr Wasser in die lokalen Verteilernetze der Netzbetreiber ein. Bei der Durchleitung kommt es daher zu einer Vernetzung der Wassersysteme, so dass der Kunde das Endprodukt nur virtuell von dem ausgewählten Vertragspartner erhält. Hierfür müssten Verbindungssysteme gebaut werden, da bislang keine verbundenen deutschlandweiten Netzwerke bestehen. Die Fernwassernetze, in Deutschland bisher Mittel der überregionalen Wasserversorgung, gelten allenfalls als ,Insellösungen‘, deren Kapazität keine großen Reserven aufweist und die nach außen hin immer kleinkalibriger werden.169 Die Durchleitung begegnet technischen Problemen. Im Unterschied zu Strom sind im Wasserbereich die Produktionskosten im Vergleich zu den Transportkosten gering.170 Wasser ist schwer, unkomprimierbar und verderblich. Die Kosteneffizienz erfordert, dass die Kosten für den Transport von Wasser in andere Netzwerke geringer sein müssen als die für die Erschließung örtlicher Ressourcen. Zudem entstehen große gesundheitliche Risiken bei der Durchleitung von Wasser über längere Distanzen durch Verschmutzung oder Verkeimung.171 Als Grenze für die 167 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 68 (2002). 168 WRc, Study on the Application of the Competition rules to the Water Sector in the European Community, 45 ff. (2002); Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and the Regulatory Contract, 66 (1998). 169 Mehldorn, Die Liberalisierung des Wassermarktes, in: Rott, Liberalisierung, 30 (2001).

F. Der Paradigmenwechsel

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Durchleitung von Trinkwasser in Rohrleitungen gilt gegenwärtig eine Distanz von etwa 30 bis 70 km, wobei die Grenze durch Zusatz von Stoffen wie Chlor nach oben verschoben werden kann.172 Wettbewerb wäre daher wohl nur unter benachbarten Trinkwassererzeugern möglich. Zudem bestehen in der Wasserversorgung offenbar deutliche Verbundvorteile (,Economies of Scope‘).173 Die aus der Bündelung von Produktion und Verteilung entstehenden Kostenvorteile könnten daher durch eine zwangsweise Desintegration wieder zunichte gemacht werden.174 Für Wettbewerb auf der Erzeugerstufe sprächen hingegen Erkenntnisse, wonach in Gebieten mit hervorragender Grundwasserqualität kleinere Unternehmen mangels aufwendiger Wasseraufbereitung oftmals effizienter arbeiten als Großunternehmen.175 Insofern wäre ein Wettbewerb zwischen mehreren benachbarten Anbietern denkbar. Kritisch wird vor allem die Vermischung von Wasser unterschiedlicher Qualitäten betrachtet. Eine gewisse Durchmischung von Wasser findet allerdings gerade in Ballungsgebieten, in denen ein Vorkommen nicht für die Versorgung ausreicht, bereits statt. Demnach liegen auch in Deutschland Erfahrungswerte vor, innerhalb derer die Mischung verschiedener Wasserqualitäten unproblematisch ist.176 Hierbei handelt es sich also um ein technisches Problem, das unter Umständen durch eine Angleichung der Wasserqualitäten gelöst werden kann. In England und Wales wurde die Durchleitung von Trinkwasser durch den Water Act 2003177 sanktioniert. Dabei erlangen konkurrierende Unternehmen Zugang zu Endkunden im Gebiet eines Wasserversorgers mittels Einleitung in dessen bereits vorhandenes Wassersystem. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Verweigerung der Einleitung von Wasser gegenüber konkurrierenden Mitbewerbern einen Verstoß gegen den Competition Act 1998178 darstelle, empfahl die Regulierungsbehörde Office of Water Service (OFWAT) die Öffnung der Wassernetzwerke für Konkurrenten.179 Beecher / Rubin, Deregulation!, 202 (2000). WRc, Study on the Application of the Competition rules to the Water Sector in the European Community, 8 (2002). 172 Beecher / Rubin, Deregulation!, 202 (2000). 173 Stone & Webster Consultants, Investigation into evidence for economies of scale in the water and sewerage industry in England and Wales, 52 (2004). 174 Stone & Webster Consultants, Investigation into evidence for economies of scale in the water and sewerage industry in England and Wales, 52 (2004). 175 Mehldorn, Die Liberalisierung des Wassermarktes, in: Rott, Liberalisierung, 25 (2001); Stone & Webster Consultants haben für Wasserunternehmen mittlerer Größe sogar ,Diseconomies of Scale‘ nachgewiesen, dies., Investigation into evidence for economies of scale in the water and sewerage industry in England and Wales, 50 (2004). 176 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 77 f. (2002) mit Verweis auf DVGW-Arbeitsblatt W 216. 177 Water Act 2003, 2003 Chapter 37, Schedule 4 (Vereinigtes Königreich). 170 171

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Jedoch ist auch die Regierung des Vereinigten Königreiches der Ansicht, dass eine Durchleitung bislang nur für Großkunden in Frage kommt.180 Dies läge vor allem an der hierfür erforderlichen komplexen und kostenintensiven Regulierung. Daher hat der Gesetzgeber dort die Durchleitung an andere als Großkunden in Schedule 4 des Water Act 2003 untersagt. Die Erfahrungen im Vereinigten Königreich werden zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit von Durchleitungen in Zukunft hilfreich sein. Die Durchleitung setzt die Erstellung eines aufwendigen Regelwerks zu Berechnung der Durchleitungskosten voraus.181 Zudem ist Konkurrenten der diskriminierungsfreie Netzzugang zu gewährleisten, was ebenfalls staatliche Aufsicht erfordert.182 Angesichts der hohen Leitungskosten in der Wasserversorgung sind die erzielbaren Effizienzgewinne einer solchen Vorgehensweise jedoch fraglich. Letztlich zeigt aber auch der Blick nach England, dass die Durchleitung nicht ausschlaggebend für die Erzielung von Effizienzgewinnen ist. Denn während vor der Umstrukturierung der Wasserversorgung die Wasserpreise in Schottland zu Beginn der 90er Jahre 70% niedriger als in England waren, sind die Preise für Haushalte in Schottland, wo auf eine Neustrukturierung verzichtet wurde, bis 2003 reell um 94% gestiegen. Im gleichen Zeitraum wurden die Preise in England jedoch nur um 22% erhöht.183 Dabei sind die Preise für schottische Geschäftskunden gegenüber englischen mittlerweile um das 16fache erhöht. Die Durchleitung spielt im Rahmen dieser Zahlen keine Rolle, da sie erst später eingeführt wurde.

2. Freier Leitungsbau Beim freien Leitungsbau fällt das Gebietsmonopol des ansässigen Wasserversorgungsunternehmens, ohne dass es zu einer Verbindung von Leitungsnetzen kommt. Der Wettbewerber kann ausgewählte Kunden mit Wasser aus seinem eigenen Leitungsnetz versorgen. Der Wettbewerb entfaltet hier einen Druck zur Preissenkung, ohne dass tatsächlich Versorgungsleitungen gebaut werden müssen. Denn der Markteintritt eines Competition Act 1998, 1998 Chapter 41, in Kraft getreten am 1. 3. 2000. OFWAT, Access Codes for Common Carriage, 3 (2002); WRc, Study on the Application of the Competition rules to the Water Sector in the European Community, 132 (2002); OFWAT, Complaints Considered under the Competition Act 1998, 1 March to 31 March 2002, 7. 180 Department for Environment, Food and Rural Affairs, Extending opportunities for competition in the water industry in England and Wales, 12 (2002); die Schwelle für Großkunden wurde im Water Act 2003 auf einen Jahresverbrauch von 50 Megaliter festgesetzt. 181 Oelmann, Wettbewerbsrahmen für die deutsche Wasserwirtschaft, 18 f. (2003). 182 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 44 (2001); Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 95 (2002). 183 The Economist, Privatisation works, Ausgabe vom 31. 5. 03, 35 f. 178 179

F. Der Paradigmenwechsel

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Wettbewerbers wird nur dann erfolgen, wenn die Preise des eingesessenen Anbieters über denen des benachbarten Wettbewerbers liegen und das Grundstück so nah am Versorgungsgebiet des Konkurrenten liegt, dass eine Stichleitung rentabel ist.184 Der Aufbau paralleler Leitungsnetze ist aufgrund der Bedingungen der natürlichen Monopole nicht zu erwarten. Wahrscheinlicher wird es dabei eher zu einem Wettbewerb bei der Erschließung von Neubaugebieten kommen. Problematisch ist dabei, dass der Wettbewerb um neue Versorgungsgebiete zu Lasten der gebundenen Kunden gehen könnte, die nicht die Möglichkeit eines Anbieterwechsels haben, weswegen hier im Rahmen der Preisaufsicht entgegengesteuert werden muss. 3. Eigenversorgung Beim Wettbewerb durch Eigenversorgung wird dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben, sich selbst durch Anlagen zur Trinkwassergewinnung zu versorgen. Hiermit ist die Aufhebung bzw. Freistellung von Anschluss- und Benutzungszwängen verbunden. In erster Linie entfallen damit die Transportkosten, wenn der Verbraucher Zugang zu eigenen Ressourcen hat. Die Eigenversorgung wird durch die Größenvorteile von Wasserversorgungsunternehmen bei der Aufbereitung von Trinkwasser begrenzt.185 Jedoch kann hierdurch ein Wettbewerbsdruck auf Wasserversorgungsunternehmen erzeugt werden, die Preise solange zu senken, wie die Kosten gedeckt werden. Zusätzlich entsteht ein Anreiz für das Versorgungsunternehmen, die Bewohner außerhalb von Ballungsgebieten dezentral zu versorgen, wenn dies effizienter ist als ein Anschluss an das zentrale Leitungsnetz. 4. Die Einschaltung von Zwischenhändlern Durch die Einschaltung von Zwischenhändlern können Größenvorteile von Unternehmen insbesondere beim Handel und Vertrieb (insbesondere Rechnungsstellung und der Ablesung von Zählern) genutzt werden. Dabei kann der Zwischenhändler aufgrund dieser Größenvorteile Wasser vom örtlichen Versorgungsunternehmen zu günstigeren Konditionen einkaufen und an die Endkunden weitergeben, wobei das ansässige Wasserversorgungsunternehmen oder auch ein benachbartes Unternehmen die Versorgung der Verbraucher unternimmt.186 184 Stuchey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 70 (2002). 185 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 69 (2002). 186 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung, 44 (2001).

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Dabei werden Zwischenhändler unter den gegenwärtigen rechtlichen Bedingungen in Deutschland nur dann Verträge mit dem ansässigen Versorgungsunternehmen abschließen können, wenn dies in dessen Interesse ist.187 Bei rechtlich sanktionierten Gebietsmonopolen mit Anschluss- und Benutzungszwang kann der Verbraucher sein Wasser nur von einem Unternehmen beziehen, weshalb das Versorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, den Zwischenhändler auszuschließen und den Versorgungsvertrag direkt mit dem Verbraucher zu schließen.

III. Wettbewerb um den Markt Wettbewerb um den Markt bedeutet die wettbewerbsmäßige Ausschreibung von Verträgen zur Übernahme der vollständigen oder teilweisen Versorgung in einem bestimmten Gebiet.188 Im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens erhält der Gewinner das ausschließliche Recht zur Versorgung des Marktes. Wettbewerb entsteht bei diesem Modell nur während des Ausschreibungsverfahrens. Nach der Ausschreibungsphase stellt der Markt ein rechtliches oder tatsächliches Gebietsmonopol dar. Dies macht die regelmäßige Neuausschreibung der Leistung erforderlich, um den Effizienzdruck aufrecht zu erhalten. Die ausschreibende Stelle setzt dabei Wettbewerbsanreize durch die Bestimmung der Vergabekriterien. Je nach den zu tätigenden Investitionen kann es sich dabei um Verträge mit langen Laufzeiten handeln. Die besondere Schwierigkeit liegt daher in der Aufrechterhaltung der Leistungsanreize und der Qualität der Leistungserbringung über die Vertragslaufzeit. Insbesondere gegen Ende der Vertragslaufzeit ist eine Vernachlässigung der Investitionen in die Infrastruktur zu befürchten.

IV. Wettbewerbsorientierte Regulierungsverfahren Soll die monopolistische Struktur der Wasserversorgung beibehalten werden, kann ein gewisser Grad an Wettbewerb auch durch die Einbringung entsprechender Elemente in den Preisregulierungsprozess erreicht werden. Die Diskussion um die Einführung zusätzlicher Preiskontrollmechanismen entwickelt sich auch hierzulande.189 Nur einer der als Alternative zur derzeitigen 187 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung, 44 (2001). 188 Zu allem WRc, Study on the Application of the Competition rules to the Water Sector in the European Community, 51 ff. (2002); Beecher / Rubin, Deregulation!, 202 ff. (2000); Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung, 42 ff. (2001). 189 Beispielsweise Clausen / Scheele, Benchmarking und Yardstick Competition, Ansätze vergleichenden Wettbewerbs in der Wasserwirtschaft (2001); Oelmann, Benchmarking-Initia-

F. Der Paradigmenwechsel

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Monopolpreiskontrolle durch die Kartellämter erwogenen Ansätze ist die Einführung einer Kontrolle anhand von Kennzahlen, einem ,Benchmarking‘. Die durchschnittlichen Kosten vergleichbarer Unternehmen sollen dabei als Anhaltspunkt für die Effizienz einzelner Unternehmen herangezogen werden. In Verbindung mit einer verbindlichen Preisregulierung handelt es sich dabei um die so genannte ,Yardstick-Competition‘.190 In Deutschland bestehen bislang nur auf Bundesebene mit den amerikanischen Regulierungsbehörden vergleichbare Institutionen.191 Der Regulierungsaufwand angesichts der großen Fragmentierung des Wassermarktes wäre freilich immens.192 So wären insbesondere die Kosten für die Verifizierung der Daten von über 6.500 Wasserversorgungsunternehmen erheblich, die sowohl auf Seiten der Regulierungsbehörden als auch auf Seiten der Wasserversorgungsunternehmen bei der Zusammenstellung der benötigten Informationen entstehen würden. Daher wird von Oelmann ein differenzierendes Verfahren vorgeschlagen, durch das zunächst nur die größeren Unternehmen reguliert und bei kleineren Unternehmen parallel dazu die Bildung größerer Einheiten erreicht wird.193 Gegenwärtig findet ein Benchmarking-Projekt in Bayern statt.194 Dabei werden die Kennzahlen von etwa 100 bayerischen Wasserversorgungsunternehmen gesammelt und ausgewertet. Grundlage für die Bestimmung der Kennzahlen ist das System der International Water Association. Die Teilnahme an diesem Projekt ist den Wasserversorgungsunternehmen freigestellt. Da zudem die Ergebnisse dieser Studie nicht unternehmensbezogen veröffentlicht werden, so dass kein Vergleich der einzelnen Unternehmen durch die Öffentlichkeit möglich sein wird, ist der Wetttiven und ihre Eignung für die Anwendung in der deutschen Wasserwirtschaft (2004); Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung (2001); Bundesregierung, Zukunft der Wasserwirtschaft in Deutschland, BT-Drs. 15 / 2529 (2004). 190 Dazu Oelmann, Zur Neuausrichtung der Preis- und Qualitätsregulierung in der deutschen Wasserwirtschaft, 187 ff. (2005). 191 Etwa die Bundesnetzagentur. 192 Im Gegensatz zu Deutschland und den Vereinigten Staaten wurden in England und Wales die etwa 20 Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen im Jahre 1989 privatisiert. Dem ging die Restrukturierung der Wasserwirtschaft durch den Water Act im Jahre 1973 voraus, wodurch kommunale Wasserversorgungsunternehmen in zehn große Flussgebietseinheiten integriert wurden, die für alle Aspekte des Wasserkreislaufs innerhalb der jeweiligen Flusseinzugsgebiete zuständig wurden. Daher unterscheidet sich die Struktur der englischen Wasserversorgung aufgrund der Größe der Unternehmen grundlegend von der in Deutschland und den Vereinigten Staaten, Taylor, State Regulation and the Politics of Public Service, 78 (1999). 193 Oelmann, Zur Neuausrichtung der Preis- und Qualitätsregulierung in der deutschen Wasserwirtschaft, 193 (2005). 194 Träger des Projekts ist das Landesamt für Wasserwirtschaft, der Verein der bayerischen Gas- und Wasserversorger und die Unternehmensberatung Rödl & Partner. Informationen zu dem Projekt finden sich unter www.effwb.de.

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

bewerbsanreiz dieses Projektes gering. Das Projekt dient in erster Hinsicht einem Vergleich der Wasserversorgungsunternehmen untereinander zur eigenständigen Leistungsverbesserung, ist aber kein Regulierungsinstrument.

V. Zusammenfassung Die Effizienz von Wasserversorgungsunternehmen könnte durch die Nutzung wettbewerblicher Elemente gesteigert werden. Höchst umstritten ist dabei, ob die Einbeziehung Privater allein bereits zu einer solchen Effizienzsteigerung führen kann, oder ob dies nicht bereits durch eine Umstrukturierung des öffentlichen Sektors, etwa hin zu größeren Einheiten, erzielt werden kann. Dagegen könnten durch eine Privatisierung der Wasserversorgung durch Übertragung der entsprechenden Aufgaben auf ein entsprechend „großes“ Unternehmen die besagten Größenvorteile ebenfalls erreicht werden. Die Verwendung von Leistungsanreizen setzt nicht grundsätzlich eine Restrukturierung der Wasserversorgung voraus. Das Modell des Wettbewerbes um den Markt basiert vielmehr auf der Beibehaltung von Gebietsmonopolen. Auch im Rahmen der regulatorischen Preisaufsicht können wettbewerbliche Elemente in die Regulierung von Gebietsmonopolen eingebracht werden. Geschieht dies mittels vertraglicher Beziehungen, gleichsam einer vertraglichen Regulierung, die nicht auf einem gesetzlichen Regulierungsverhältnis beruht, ist auch nicht die Schaffung einer eigenen Regulierungsbehörde erforderlich, da die kommunale Gebietskörperschaft einen solchen Vertrag abschließen kann. Auch der Wettbewerb im Markt, sofern er sich auf eine Durchleitung beschränkt, kann unter Beibehaltung von Gebietsmonopolen erfolgen, jedoch beschränkt sich dann die Monopolistenstellung auf den Netzbetrieb, wohingegen die Wassergewinnung im Wettbewerb erfolgt. Unvereinbar mit Gebietsmonopolen ist hingegen der Wettbewerb im Markt, wenn ein paralleler Leitungsbau erfolgen soll. Damit verbunden ist zudem die Offenlegung bisher hinter Quersubventionen und vertikaler Unternehmensstruktur verborgener Aufwendungen für soziale und umweltpolitische Ziele.

G. Die Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes zur Wasserversorgung Die Neuordnung der Wasserversorgung ist sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene thematisiert worden.

G. Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes

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I. Die europäische Ebene Die Europäische Kommission sieht eine Anwendbarkeit des neuen Paradigmas in Hinsicht auf die Wasserversorgung. Im Rahmen der Binnenmarktstrategie 2003 – 2006, die eine Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarktes zum Ziel hat, hielt die Kommission Maßnahmen im Wassersektor für erforderlich.195 Bislang ist zwar keine sektorenspezifische Maßnahme hinsichtlich der Wasserversorgung ergangen, jedoch stand gegen Ende 2004 die Veröffentlichung der Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten Bewertung an.196 Die Festsetzung eines Veröffentlichungstermins wurde mittlerweile auf Ende März 2005 verschoben. Eine Veröffentlichung ist bislang nicht erfolgt.

1. Die Verantwortung der Gemeinschaft für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Die Kommission betrachtet Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, zu denen sie die Wasserversorgung zählt, als eine der Grundsäulen des europäischen Gesellschaftsmodells.197 Aus der Unionsbürgerschaft folge das Recht der Bürger auf Zugang zu Dienstleitungen von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preisen. Für Unternehmen sei deren Verfügbarkeit eine unabdingbare Voraussetzung für ihre Wettbewerbsfähigkeit.198 Zwar sei es in erster Linie Sache der Mitgliedsstaaten, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu definieren, organisieren, finanzieren und kontrollieren. Nach Art. 16 EG trügen jedoch die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten die gemeinsame Verantwortung dafür, dass ihre Politik so gestaltet wird, dass die Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ihren Aufgaben gerecht werden können.199 Die Kommission ist zudem der Ansicht, dass die Befugnisse der Gemeinschaft angemessen und ausreichend seien, damit EU-weit ordnungsgemäß funktionierende Dienste beibehalten oder entwickelt werden könnten.200

195 EG-Kommission, Binnenmarktstrategie Vorrangige Aufgaben 2003 – 2006 KOM(2003) 238 endgültig, 13. 196 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen von öffentlichem Interesse, KOM(2004) 374 endgültig, 23. 197 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen KOM(2004) 374 endgültig, 4. 198 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen KOM(2004) 374 endgültig, 5. 199 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen KOM(2004) 374 endgültig, 6. 200 Die Zahl bezieht sich auf die Zeit vor dem Beitritt der neuen Mitgliedsstaaten zur EU, EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen KOM(2004) 374 endgültig, 7.

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

2. Maßnahmen der Europäischen Kommission In der Binnenmarktstrategie beschreibt die Kommission den Wassersektor als fragmentiert, wobei eine Modernisierung positive Effekte mit sich bringen und zu Effizienzgewinnen führen kann. Dabei wies die Kommission darauf hin, dass Wasser mit einem geschätzten Jahresumsatz von 80 Mrd. Euro ein wichtiger Wirtschaftszweig ist, der Wasserpreis bei vergleichbaren Verbrauchern jedoch zwischen 350 Euro in Berlin und 50 Euro in Rom schwankt.201 Als Maßnahme wurde deshalb in der Binnenmarktstrategie angekündigt, dass die Dienststellen der Kommission die rechtliche und administrative Situation im Wassersektor auch unter wettbewerblichen Gesichtspunkten prüfen sollen. Dabei sollten alle Möglichkeiten geprüft werden, auch gesetzgeberische Maßnahmen.202 Aufbauend auf einer Studie externer Berater203 werde die Kommission weitere Informationen einholen, Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen und dann über Folgemaßnahmen entscheiden. Welche Maßnahmen die Gemeinschaft konkret in Hinsicht auf den Wassersektor ergreifen wird, ist bislang nicht entschieden. Vorab stellte die Kommission lediglich klar, dass sie eine neutrale Haltung zum Thema Eigentum der Wasserressourcen und der Wasserversorgung einnehmen wolle.204 Damit werden Maßnahmen zur Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen ausgeschlossen, d. h. die Aufgabe der Wasserversorgung und deren Durchführung werden nicht gegen den Willen der Kommunen auf Private übertragen. Zudem bestimmte die Kommission in der Binnenmarktstrategie, dass in diesem Verfahren dem Grünbuch über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und dem Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften Rechnung getragen werden soll.205 Insbesondere von Liberalisierungsgegnern wird zudem das Verhalten der europäischen Vertreter bei den Verhandlungen bezüglich des General Agreement on Trade in Services der World Trade Organisation (WTO) als Indiz für eine zukünftige Öffnung des Wassermarktes für Wettbewerb betrachtet. a) Gutachten von WRc / Ecologic Mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs ist die Wasserversorgung in allen Mitgliedstaaten Aufgabe der Kommunen.206 Das Gutachten identifiziert zunächst EG-Kommission, Binnenmarktstrategie 2003 – 2006 KOM(2003) 238 endgültig, 14. EG-Kommission, Binnenmarktstrategie, 14. 203 WRc / Ecologic, Study on the Application of the Competition Rules to the Water Sector in the EC (2002). 204 EG-Kommission, Binnenmarktstrategie, 13. 205 EG-Kommission, Binnenmarktstrategie, 50. 206 Das Gutachten bezieht sich auf die Zeit vor der Erweiterung, WRc / Ecologic, Study on the Application of the Competition Rules to the Water Sector in the EC, 93 (2002). 201 202

G. Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes

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den Wettbewerb um den Markt als die relevanteste Möglichkeit zur Einbringung von Wettbewerb, da die höchsten Effizienzgewinne in den Bereichen Verwaltung, Anlagenbau und Betrieb zu erreichen seien.207 Die übrigen oben vorgestellten Wettbewerbsmodelle werden jedoch nicht abgelehnt. Das Gutachten sieht zudem Bedarf bei der Entwicklung der bestehenden Regulierungsbehörden. Diese sollten die Effizienz und Qualität der Diensterbringung gegenüber den Verbrauchern fördern.208 In den meisten Mitgliedstaaten werde Wettbewerb noch als Widerspruch zur Daseinsvorsorge verstanden. Wettbewerb umfasse jedoch auch eine Regulierung, die Effizienz, ein hohes Qualitätsniveau der Dienste und wettbewerbsfähige Preise fördere. Dies beträfe aber nicht nur private, sondern auch öffentliche Wasserversorger, da Monopolmissbrauch unabhängig von der Eigentümerstellung zu besorgen sei.209 Regulierung sei jedoch kein Ersatz für eine Anwendung der Wettbewerbsregeln. Zusätzlich zu Neuregelungen sehen die Gutachter erheblichen Raum für eine Nutzung der bestehenden Vorschriften zur Verstärkung des Wettbewerbs. Die volle Anwendung der bestehenden Wettbewerbsregeln würde eine wichtige Rolle bei der Einbringung von Wettbewerb in den Wassersektor spielen. Daher müssten die gegenwärtig mit der Regulierung betrauten Behörden, insbesondere diejenigen, die die Verbraucherinteressen und die Preisregulierung wahrnähmen, Wettbewerb fördern. Hierfür sei ein Rechtsrahmen erforderlich, der die Rolle und die Verantwortung der Regulierungsbehörde sanktioniere und sie zu Entscheidungen nach den Wettbewerbsvorschriften der EG ermächtige.210 Eine bedeutende Rolle im Wettbewerb käme zudem der Information der Verbraucher zu. Insbesondere in hoch regulierten Sektoren wie der Wasserversorgung sei die Information der Verbraucher durch Verbraucherschutzgruppen ein Mittel zur Überwachung des Monopolisten. Der Zwang zur Berichterstattung über die finanzielle Entwicklung und die erbrachten Dienste eines Wasserversorgungsunternehmens würden innerhalb kurzer Zeit den Wettbewerbsdruck auf die Industrie erhöhen.211 b) Weißbuch über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Im Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, das den im Rahmen des Grünbuches angestoßenen Diskurs vorläufig abschließt, hat die Kommission ihre Vorgehensweise dargelegt und die zentralen Elemente ihrer Strategie vor207 208 209 210 211

WRc / Ecologic, 94. WRc / Ecologic, 96. WRc / Ecologic, 2. WRc / Ecologic, 96. WRc / Ecologic, 96 f.

78

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

gestellt, mit der sie sicherstellen will, dass jeder Bürger und jedes Unternehmen in der Union Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen haben soll.212 Grundsätzlich erkennt die Kommission gemäß dem Subsidiaritätsprinzip die essentielle Rolle der regionalen und lokalen Behörden auf dem Gebiet der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse an. Ein europaweites Konzept würde sie nur insoweit in Betracht ziehen, als dass europaweit ausgerichtete Sektoren betroffen sind, die fundierte Gründe hierfür böten.213 Grundsätzlich hält sie die Ziele eines offenen, wettbewerbsfähigen Binnenmarkts mit der Entwicklung allgemein zugänglicher, hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erschwinglichen Preisen miteinander vereinbar. In diesem Zusammenhang gälten Universaldienste als Schlüsselkonzept, wonach jedermann Anspruch auf Zugang zu bestimmten Diensten habe, die essentielle Leistungen darstellten, und Dienstleister verpflichtet werden, bestimmte Dienstleistungen unter Berücksichtigung spezifischer Bedingungen anzubieten; dazu gehörten auch die Kriterien der flächendeckenden Versorgung und der Erschwinglichkeit.214 Dabei sei es grundwichtig, dass ein hohes Qualitäts-, Versorgungssicherheits- und Schutzniveau gewährleistet werde. Die praktische Verwirklichung dieser Grundsätze setzt nach Ansicht der Kommission unabhängige Regulierungsbehörden mit genau festgelegten Befugnissen und Verpflichtungen voraus. Die Kommission beschreibt eine ihren Vorstellungen entsprechende Regulierungsbehörde: Diese sollte über Sanktionsbefugnisse zur Durchsetzung des Universaldienstkonzepts verfügen und den Verbrauchern und Nutzern Möglichkeiten in Bezug auf Vertretung und aktive Teilnahme bei der Festlegung der Vorgaben für Dienstleistungen und ihrer Bewertung bieten. Zudem sollte sie den Verbrauchern und Nutzern adäquate Rechtsschutz- und Entschädigungsmechanismen verfügbar machen. Durch eine Evolutivklausel soll nach Maßgabe der sich ändernden Bedürfnisse und Anliegen der Nutzer und Verbraucher die Anpassung der Regulierung an ein sich wandelndes wirtschaftliches und technologisches Umfeld ermöglicht werden. Die Regulierungsinstanzen sollten zudem Marktentwicklungen beobachten und für Evaluierungen Datenmaterial bereitstellen.215 Nach Ansicht der Kommission kommt dem Transparenzprinzip bei der Ausgestaltung und Durchführung staatlicher Politik im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eine Schlüsselrolle zu. Das Transparenzprinzip soll sicherstellen, dass die Einrichtungen der öffentlichen Hand ihre Verantwortungen wahrnehmen können und dass Entscheidungen nach demokratischen Grund212 EG-Kommission, Weißbuch zu KOM(2004) 374 endgültig, 4. 213 EG-Kommission, Weißbuch, 8. 214 EG-Kommission, Weißbuch, 9. 215 EG-Kommission, Weißbuch, 11.

Dienstleistungen

von

allgemeinem

Interesse

G. Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes

79

sätzen getroffen und eingehalten werden. Das Transparenzprinzip sollte für sämtliche Aspekte der Erbringung von Dienstleistungen gelten. Hierzu gehörten sowohl die Festlegung von Gemeinwohlaufgaben, als auch die organisatorische Abwicklung, die Finanzierung, die Regulierung der entsprechenden Dienstleistungen, deren Erbringung und ihre Evaluierung sowie Systeme zur Behandlung von Beschwerden.216 Dabei verfügten die Mitgliedstaaten über einen großen Ermessensspielraum bei der Entscheidungsfindung darüber, ob und wie die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse finanziert werden soll. Die Mitgliedstaaten könnten dabei auf unterschiedliche Finanzierungsmechanismen zurückgreifen wie finanzielle Direkthilfen aus dem Staatshaushalt, besondere oder ausschließliche Rechte, Beiträge von Marktteilnehmern, Wasserpreisvereinheitlichung und Finanzierung nach dem Solidarprinzip. In Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene wird dieser Wahlfreiheit hauptsächlich durch das Erfordernis Grenzen gesetzt, dass der gewählte Finanzierungsmechanismus den Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verzerren darf. Die Kommission ist dabei der Ansicht, dass sie dafür Sorge zu tragen hat, dass diese Regel eingehalten werde.217 Auch das Europäische Parlament hat sich Anfang 2004 zum Grünbuch der Kommission mittels einer Entschließung geäußert.218 Darin wurde anerkannt, dass der Wassersektor unterschiedliche regionale Merkmale aufweise und eine örtliche Zuständigkeit für die Bereitstellung von Trinkwasser bestehe. Daher solle keine Liberalisierung der Wasserversorgung vorgenommen und die Wasserdienste nicht Gegenstand einer sektoralen Richtlinie des Binnenmarktes werden. Jedoch fordert das Parlament eine „Modernisierung“, wonach wirtschaftliche Grundsätze mit Qualitäts- und Umweltstandards sowie mit der erforderlichen Effizienz in Einklang stehen müssten. Somit verneint das Parlament eine Marktöffnung, unabhängig davon, wie diese ausgestaltet sei und verlangt gleichzeitig eine effiziente Wasserversorgung und die Geltung wirtschaftlicher Grundsätze. In Rdnr. 48 der Entschließung wird die Beibehaltung der Zuständigkeit hinsichtlich der Qualität und der Umweltschutzstandards erklärt, jedoch die Schaffung eigener Richtlinien für den Wassersektor abgelehnt. c) Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften Mit dem Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften (Public-Private-Partnerships) beabsichtigte die Kommission, eine Diskussion über die Anwendung des EG-Kommission, Weißbuch, 11. WRc / Ecologic, Study on the Application of the Competition Rules to the Water Sector in the EC, 96 f. (2002) 218 Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vom 14. 1. 2004 T5 – 0018 / 2004, Rdnr. 47. 216 217

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

Gemeinschaftsrechts für öffentliche Aufträge und Konzessionen anzustoßen.219 Hierbei soll es um die Regeln gehen, die anwendbar sind, wenn eine staatliche Stelle die Entscheidung getroffen hat, Aufgaben auf Dritte zu übertragen. Auch hier geht es folglich nicht darum, die Entscheidungsfreiheit einer staatlichen Stelle über die Privatisierung von Aufgaben zu beschränken. Im Grünbuch wird der Erlass einer Richtlinie zur einheitlichen Regulierung von Konzessionen und anderen Formen von ÖPP angedacht.220 Die mangelnde Koordinierung der Vergabe von Konzessionen in den Mitgliedstaaten könne einer echten gemeinschaftsweiten Öffnung derartiger Vorhaben im Wege stehen und die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit kostensteigernd wirken. Zudem könnten die Zielsetzungen des Binnenmarktes in bestimmten Situationen aufs Spiel gesetzt werden, wenn auf dem Markt kein effektiver Wettbewerb herrscht.221 In diesem Zusammenhang wird auch gefragt, ob die Richtlinien über öffentliche Aufträge, welche die Transparenz der Verfahren, die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer und den Aufruf einer Mindestzahl von Bewerbern an den Vergabeverfahren sicherstellen sollen, ihren Zweck ausreichend erfüllen. d) GATS-Verhandlungen Die Wasserversorgung rückte 1994 mit der Ablösung des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) durch die World Trade Organisation (WTO) in den Fokus völkerrechtlicher Liberalisierungsvorhaben.222 Durch die Einbeziehung des General Agreements on Trade in Services (GATS) wurde das GATT-WTO System um den Bereich der Dienstleistungen erweitert. Die völkerrechtliche Kompetenz zur Verhandlung im Rahmen der WTO hat die Europäischen Kommission (Art. 133 EG). Die in Art. XIX Abs. 1 GATS vorgesehene Aufnahme weiterer Verhandlungen über die fortschreitende Liberalisierung des Dienstleistungshandels wurde im Februar 2000 auf Beschluss des Allgemeinen Rates der WTO hin begonnen.223 Die weiteren Verhandlungen zum GATS wurden durch die Ministererklärung224 219 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen KOM(2004) 327 endgültig, 8. 220 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, 7. 221 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, 12. 222 Die Natur von Wasser als Handelsware im Sinne des GATT-WTO Abkommens wird diskutiert. Siehe dazu: Girouard, Water Export Restrictions: A Case Study of WTO Dispute Settlement Strategies and Outcomes, Georgetown International Environmental Law Review 2003, 247; Barutciski, Fresh Water: Environment or Trade?, Canada-United States Law Journal 2002, 145. 223 Report of the Special Session of the Council for Trade in Services to the General Council, WTO-Dok. S / CCS / 3 vom 24.11. 2000, para. 1. 224 WTO-Dok. WT / MIN(01) / DEC / 1 vom 20. 11. 2001, paras. 15, 45.

G. Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes

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zum Abschluss der Konferenz in Doha (Katar) im November 2001 in die neue Welthandelsrunde aufgenommen, welche bis zum 1. 1. 2005 abgeschlossen sein sollte. In der Erklärung von Doha wurde der Zeitplan hinsichtlich der Verhandlungen über die fortschreitende Liberalisierung des Dienstleistungshandels dahingehend konkretisiert, dass die ersten Aufforderungen um Hinblick auf Verpflichtungen über sektorspezifische Marktöffnungen (,Drittlandsforderungen‘) zwischen den Mitgliedern der WTO bis zum 30. 6. 2002 ausgetauscht und die ersten Konzessionsangebote bis zum 31. 3. 2003 abgegeben werden sollten.225 In den diesbezüglichen am 1. 7. 2002 überreichten Drittlandsforderungen der EG gegenüber 72 von 109 Staaten ist die Forderung nach einer Marktöffnung der Wasserversorgung enthalten.226 Ob sich aus den Drittlandsforderungen allerdings für die EU-Mitgliedsstaaten konkrete Liberalisierungskonsequenzen ergeben werden, erscheint zweifelhaft. Nach Art. XVI Abs. I GATS unterliegen nur die Dienstleistungen der Marktöffnung, die vom GATS Mitgliedsstaat ausdrücklich den anderen Mitgliedsstaaten zugänglich gemacht worden sind. Die am 29. 4. 2003 überreichten Konzessionsvorschläge der EG enthalten jedoch keinerlei Zugeständnisse hinsichtlich einer Liberalisierung der Wasserversorgung der EG-Mitgliedsstaaten.227 Es ist momentan eher ein Prozess des ,Zurückruderns‘ seitens der europäischen Stellen angesichts des massiven Widerstandes seitens der NGOs und der Mitgliedsstaaten zu beobachten.228 Selbst im Falle einer Einbeziehung der Wasserversorgung in das GATS ist jedoch fraglich, inwieweit dies tatsächlich zu einer Veränderung der gegenwärtigen Struktur führen würde.229 225 Nowrot / Wardin, Liberalisierung der Wasserversorgung in der WTO Rechtsordnung, 30 (2003). 226 Die ursprünglich vertraulichen Verhandlungsvorschläge wurden von zahlreichen NGOs im Internet veröffentlicht, siehe den vollständigen Inhalt der Drittlandforderungen der EU unter http: / / www.gatswatch.org / docs / offreq / EUoffer / EU-draftoffer-2.pdf (20. 10. 2003); Nowrot / Wardin, Liberalisierung der Wasserversorgung in der WTO Rechtsordnung, 31 (2003). 227 Trade in Services, Conditional Offer from the EC and its Member States, 29. 4. 2003, http: / / trade-info.cec.eu.int / doclib / html / 113003.htm (2. 6. 2003). 228 Beispielsweise Deutscher Bundestag, Drucksache 15 / 576 vom 12. 3. 2003, 3 f.: Der Bundestag äußert „schwerwiegende Bedenken und Klärungsbedarf“ und fordert die Bundesregierung auf, „in der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass die Kommission in den Verhandlungen daran festhält, auch künftig keine weiteren Zugeständnisse in den Bereichen [ . . . ] und der Liberalisierung der Wasserversorgung zu machen“. 229 Jedoch stellt sich die Frage nach den Auswirkungen einer Liberalisierung nach den GATS Bestimmungen. Art. XIV (b) GATS erlaubt wie Art. XX GATT 1994 seinen Mitgliedsstaaten Maßnahmen zu ergreifen, die typisch sozialstaatlichen Zielsetzungen wie dem Gesundheitsschutz und der Wahrung der Versorgungssicherheit dienen und damit den WTOMitgliedern ermöglichen, ihre Gewährleistungsverantwortung wahrzunehmen, Langer, Wirtschaftsverfassung, 57 ff. (1995). Die Vertragsstaaten des GATS bleiben somit in der Lage, der Bevölkerung in Ausübung ihrer Gewährleistungsverantwortung den Zugang zu Basisdienstleistungen wie der Wasserversorgung zu garantieren. Zur Gewährleistungsverantwor-

6 Forster

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

II. Die bundesdeutsche Position Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag haben sich im Frühjahr 2004 bzw. im Frühjahr 2002 zur Entwicklung des Wassersektors geäußert. In seinem Beschluss vom 21. 3. 2002 hat der Bundestag den Antrag der Fraktionen der SPD und der Grünen zur nachhaltigen Wasserwirtschaft in Deutschland angenommen.230 Darin wurde festgestellt, dass von einer weiteren Öffnung des Marktes in Richtung auf eine Konkurrenz um Versorgungsgebiete erhebliche Folgen für die Trinkwasserqualität und damit für den Gesundheitsschutz, den Schutz von Wasser als Ressource, die Versorgungssicherheit und das verfassungsrechtlich verankerte kommunale Selbstverwaltungsrechts zu erwarten seien. Eine weitere Öffnung des Wassermarktes sei ein Experiment mit ungewissen Folgen im Hinblick auf Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie für die Preisentwicklung. Zudem sei ein erheblicher Mehraufwand an Bürokratie zu erwarten. Der Bundestag sprach sich gegen eine Streichung des kartellrechtlichen Ausnahmetatbestands nach § 103 GWB a. F. und eine Liberalisierung des deutschen Wassermarktes aus. Gleichwohl gäbe es Modernisierungsbedarf in der Wasserwirtschaft. Der deutschen Wasserwirtschaft böten sich zudem erhebliche Chancen auf den internationalen Märkten. Der Zusammenarbeit von Kommunen und privaten Unternehmen in Public-Private-Partnerships könne in diesem Zusammenhang eine wichtige Funktion zukommen. Jedoch dürften unternehmerische Risiken nicht den Verbrauchern angelastet werden. Mit Ausnahme des § 103 GWB a. F. stand der Bundestag einer Änderung des Ordnungsrahmens nicht grundsätzlich entgegen. Dabei sollte auf die Förderung von Kooperationen bis hin zur Fusion zwischen benachbarten Wasserversorgungssystemen gesetzt werden, die auch durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgezeichnet sei. Weitere Elemente sollten die Einführung eines Verfahrens zum Leistungsvergleich zwischen Unternehmen (,Benchmarking‘) und die Entwicklung neuer Instrumente des Qualitätsmanagements sein. Die Entscheidung über Privatisierungen sollte den Kommunen überlassen bleiben. Das Informationsangebot für kommunale Entscheidungsträger sei diesbezüglich zu verbessern und die Zuverlässigkeit und Fachkunde privater Betreiber sicherzustellen. Ferner beabsichtigte der Bundestag, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wasserwirtschaft durch die Förderung größerer, auch international handlungsfähiger Betriebseinheiten zu stärken. tung als völkerrechtlich anerkannter Rechtsgrundssatz, Nowrot / Wardin, Liberalisierung der Wasserversorgung in der WTO-Rechtsordnung, 42 (2003). 230 Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland, BT-Drs. 14 / 7177 vom 17. 10. 2001; Plenarprotokoll 14 / 227, 22557 C vom 21. 3. 2002.

G. Position der Europäischen Gemeinschaften und des Bundes

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Die Bundesregierung äußerte sich am 16. 2. 2004 auf die Kleine Anfrage zur Zukunft der Wasserwirtschaft in Deutschland.231 Auch die Bundesregierung sah Modernisierungsbedarf. Kernelemente einer Modernisierung sollten sein: die verstärkte Nutzung unterschiedlicher Kooperationsformen in der kommunalen Zusammenarbeit, insbesondere auch die Einbeziehung privater Kooperationspartner, die Einführung eines möglichst flächendeckenden und transparenten Leistungsvergleichs (Benchmarking) zur Ausarbeitung konkreter Handlungsempfehlungen für die untersuchten Tätigkeitsbereiche, die Lockerung des Örtlichkeitsprinzips durch die Länder und ein stärkeres internationales Engagement deutschen Wasserwirtschaft. Die Einbindung privater Investoren sollte nach der Bundesregierung auf Basis einer wettbewerblichen Ausschreibung erfolgen. Ebenso sollte die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an private Konzessionäre unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und im Wettbewerb erfolgen. Eine Änderung des Vergaberechts sei jedoch vom Nachweis der praktischen Relevanz solcher Konzessionsvergaben durch die Länder abhängig.

III. Vergleich Beide Positionen stimmen darin überein, dass in der Wasserversorgung Modernisierungsbedarf herrscht. Während jedoch die Kommission grundsätzlich die Verdienste des Wettbewerbs zur Steigerung der Effizienz in den übrigen Sektoren hervorhebt, lehnt der Bundestag jede weitere Öffnung des Marktes auf Grund zu befürchtender negativer Folgen für das qualitativ hochwertige deutsche System ab. Die Bundesregierung, der Bundestag und das Europäische Parlament lehnen das Modell des Wettbewerbs im Markt eindeutig ab. Anstelle einer Liberalisierung wird eine Modernisierung gefordert. Sowohl auf europäischer als auch auf Bundesebene wurde die zwangsweise Privatisierung von kommunalen Versorgungsunternehmen nicht erwogen. Grundsätzlich war auch die Vergabe ausschließlicher Rechte auf europäischer Ebene als Mittel zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben durch Unternehmen anerkannt.232 Auch herrschte Einigkeit darüber, dass im Rahmen des Wettbewerbs um den Markt Vergabeverfahren Verwendung finden sollten. Jedoch wird auf Bundesebene die Schaffung national und international wettbewerbsfähiger Unternehmen befürwortet. Hierfür soll das Örtlichkeitsprinzip ge231 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 15 / 2436 –, BT-Drs.15 / 2529 vom 16. 2. 2004. 232 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse KOM(2004) 374 endgültig,15.

6*

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1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

lockert werden. Dies wirft die Frage auf, in welchem Maße in einem bestimmten lokalen Markt Einkünfte noch zur Finanzierung von Gemeinwohlaufgaben dienen und ab wann es sich dabei um Monopolrenten handelt, die den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren können, da das Versorgungsunternehmen die Gewinne in wettbewerbsverzerrender Weise zur Versorgung anderer Märkte verwendet. Das Europäische Parlament wünscht zwar ein Recht der Eigenproduktion der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für die lokalen und regionalen Körperschaften; dies solle aber nur gelten, solange der unmittelbar tätige Betreiber den Wettbewerb nicht nach außerhalb des entsprechenden Gebiets trage.233 Je nationaler oder gar internationaler kommunale Unternehmen ausgerichtet werden, desto schwächer wird der Charakter des Unternehmens als kommunales Wasserversorgungsunternehmen, da die politische Regulierung durch die Eigentümerkommune nur das eigene Gemeindegebiet betrifft. Soweit dieses Unternehmen andere Gemeinden versorgt, ist grundsätzlich kein Unterschied zu privaten Versorgungsunternehmen festzustellen. Insofern kann eine Regulierung im Sinne der Kommission nur durch den Abschluss von Verträgen zwischen dem Wasserversorgungsunternehmen und der dritten Gemeinde stattfinden. Die Vereinbarung vertraglicher Befugnisse entspricht jedoch nicht den Anforderungen der Kommission. Die Kommission unterstreicht die Rolle des Staates bei der Überwachung der Einhaltung der Grundsätze des Universaldienstprinzips. So äußert die Kommission bestimmte Vorstellungen hinsichtlich der Organisation und der Befugnisse einer Regulierungsbehörde. Über das Element der Erschwinglichkeit ist auch die Preiskontrolle Bestandteil des Universaldienstprinzips. Hinsichtlich der Erhöhung der Effizienz der Wasserversorgungsunternehmen wird in Deutschland über die Einführung eines Leistungsvergleichsverfahrens nachgedacht, dessen Ziel die Gewinnung von Handlungsempfehlungen sein soll. Die Forderungen der Kommission hinsichtlich des Aufgaben- und Befugnisumfangs der Regulierungsstellen gehen diesbezüglich wesentlich weiter, da eine solche Behörde nicht nur Empfehlungen abgeben, sondern Eingriffsbefugnisse erhalten soll. Die Kommission beabsichtigt durch die Betonung des Transparenzprinzips in allen Bereichen der Organisation und Durchführung der Wasserversorgung die Verstärkung des Wettbewerbs im Wassersektor auf europäischer Ebene. Hierdurch soll ebenfalls die Beteiligung der Verbraucher an den entsprechenden Prozessen verstärkt werden. Nicht zuletzt soll der hierdurch erzeugte politische Druck einer effizienten Organisation der Wasserversorgung bei Geltung des Universaldienstprinzips auch im Wasserbereich zugute kommen. Die Bundesregierung sieht die Möglichkeit der Einführung eines flächendeckenden und transparenten ,Benchmarkings‘ auf freiwilliger Basis. Die Bundesregierung lässt dabei offen, inwieweit die Elemente der Breitenwirksamkeit und der Freiwilligkeit miteinander vereinbar 233 Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vom 14. 1. 2004 T5 – 0018 / 2004, Rdnr. 35.

H. Fazit

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sind, da anzunehmen ist, dass sich gerade die ineffizienteren Unternehmen nicht an den Leistungsvergleichen beteiligen werden. Insgesamt fällt die bundesdeutsche Position wesentlich industriefreundlicher aus als die europäische. Während in Deutschland die größtenteils in öffentlichem Eigentum stehenden Unternehmen vom Wettbewerb ausgenommen werden, gleichzeitig aber ihre Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und der Verbraucherschutz durch ein freiwilliges Benchmarking-Verfahren gewährleistet werden soll, bemüht sich die Kommission um die Einführung von Wettbewerb und strengerer Regulierung auf der Ebene der Mitgliedstaaten. Dabei fällt auf, dass die Beteiligung der Verbraucher nur auf europäischer Ebene Beachtung findet. Inwieweit die durch die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit erzielten Effizienzgewinne an die Verbraucher weitergegeben werden sollen, bleibt bei der deutschen Position offen. Eine Übereinstimmung der deutschen mit der wettbewerbsfreundlicheren europäischen Position der Kommission, aber auch des EU-Parlaments, ist daher in weiten Teilen nicht gegeben.

H. Fazit Im Zusammenhang mit den netzgebundenen Industrien bezeichnen die Deregulierung und Liberalisierung den Abbau der staatlichen Steuerung einer Tätigkeit, die Privatisierung hingegen die Übertragung der Wahrnehmung einer Aufgabe. Der hohe Finanzierungsbedarf der Wasserversorgung und die schwierige Lage der öffentlichen Haushalte stellen die Kommunen vor große Herausforderungen. Gleichzeitig sind Zweifel an der Effizienz der gegenwärtigen Struktur der Wasserversorgung wach geworden, die als natürliches Monopol der staatlichen Regulierung oder sogar der staatlichen Selbstvornahme unterliegt. Obwohl die Entwicklungen in den übrigen Sektoren Zweifel hinsichtlich der Effizienz der gegenwärtigen Struktur der Wasserversorgung geweckt haben, besteht noch weithin Uneinigkeit hinsichtlich der Konsequenzen. Die Uneinheitlichkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse hinsichtlich der optimalen Größe von Wasserversorgungsunternehmen, die offenbar aufgrund örtlicher Verhältnisse stark variieren, lassen das Modell des Wettbewerbs im Markt nicht zwingend als das Beste erscheinen. Zudem dient die Integration der Wasserversorgung gegenwärtig zur Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz der örtlichen Wasservorkommen durch die Gebührenzahler. Nicht zuletzt starke Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen der Durchleitung haben die Bundesregierung dazu bewegt, vorläufig das Vorhaben einer Liberalisierung des Wassermarktes zugunsten einer Modernisierung aufzugeben. Bestandteil dieser Modernisierungsstrategie ist die Einbindung privater Partner in die Wasserversorgung. Aufgrund der Einführung eines zumindest begrenzten Wettbewerbs im Markt in Großbritannien soll aber die Alternative eines Wett-

86

1. Abschn.: Determinanten für eine Weiterentwicklung der Wasserversorgung

bewerbs im Markt weiterhin Gegenstand dieser Untersuchung sein, da nicht ausgeschlossen ist, dass die dortigen Erfahrungen zu einem Umdenken führen werden. Dies gilt umso mehr, als dass der Ausgang des Entscheidungsprozesses der EGKommission nach wie vor offen ist. Die bisherigen Äußerungen der Kommission scheinen aber Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs in diesen Bereichen anzudeuten, die über die bundesdeutschen Modernisierungsvorhaben hinausgehen.

Zweiter Abschnitt

Privatisierung Die Rechtsordnung setzt Privatisierungsvorhaben Grenzen. Insofern lässt sich von Privatisierungsschranken sprechen. In diesem Abschnitt werden die europarechtlichen, verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften auf Privatisierungsschranken hin untersucht. Im Anschluss folgt eine Darstellung der Rechtslage zur Privatisierung in den Vereinigten Staaten.

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik I. Staatsaufgabe als Privatisierungsgegenstand Die Privatisierbarkeit der Wasserversorgung endet dort, wo ihre Erfüllung dem Staat durch Rechtsnormen aufgegeben ist.

1. Abgrenzung der Begriffe ,Öffentliche Aufgabe‘ und ,Staatsaufgabe‘ Obwohl die Staatsaufgabenlehre noch in der Entwicklung ist, haben sich in einer Reihe von in jüngerer Zeit erschienener Arbeiten gemeinsame Begrifflichkeiten etabliert, die auch dieser Untersuchung zugrunde liegen.1 Die Privatisierungsdogmatik beruht insofern auf dem Gegensatz von Staat und Gesellschaft, als der Aufgabenbestand des Staates zugunsten einer privaten Aufgabenwahrnehmung verändert wird. Wird im Folgenden vom ,Privaten‘ gesprochen, ist damit in Abgrenzung zur Verwaltung in Privatrechtsform „der dem Staat gegenüberstehende, grundrechtsgeschützte Bürger außerhalb des institutionalisierten staatlichen Verwaltungsapparates“ gemeint, „eben der Privatmann, und zwar auch soweit er sich in privatrechtlichen Institutionen organisiert“.2 1 Beispielsweise Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 250; Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 222 f.; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung (1998); Burgi, Funktionale Privatisierung (1999); Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung (2000); Kämmerer, Privatisierung (2001); Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung (2001); Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben (2002).

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2. Abschn.: Privatisierung

Die Begriffe ,Staatsaufgabe‘ und ,öffentliche Aufgabe‘ haben eine unterschiedliche Bedeutung. Unter ,Aufgabe‘ versteht man einen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verantwortung für die äußeren Bedingungen des Gemeinwohls, wobei die Verantwortung grundsätzlich bei Staat und Gesellschaft liegt.3 Das Gemeinwohl bezeichnet in diesem Zusammenhang die Summe aller öffentlichen Interessen und damit den Bereich, in dem der Staat überhaupt nur tätig werden soll.4 Da auch Private zugunsten öffentlicher Interessen handeln können, besteht kein Gemeinwohlmonopol des Staates.5 Eine Aufgabe wird durch das öffentliche Interesse an ihrer Wahrnehmung zu einer öffentlichen Aufgabe.6 Die öffentliche Aufgabe kann somit von Staat und Privaten wahrgenommen werden, und ist nicht schon wesenhaft dem Staat vorbehalten.7 Staatsaufgaben sind dagegen öffentliche Aufgaben, die der Staat nach der jeweiligen Verfassungsordnung zulässigerweise für sich in Anspruch nimmt.8 Staatsaufgaben sind also diejenigen Aufgaben, für deren Wahrnehmung der Staat aufgrund der Verfassung kompetent ist.9 Mit der Qualifizierung einer bestimmten Aufgabe als Staatsaufgabe wird somit der legitime Bereich staatlichen Tätigwerdens umschrieben.10 Das Bundesverfassungsgericht unterschied den Begriff der ,Staatsaufgabe‘ von dem der ,öffentlichen Aufgabe‘ bereits im ersten Rundfunkurteil.11 Da öffentliche Aufgaben dadurch zu Staatsaufgaben werden, dass der Staat ihre Erfüllung für sich in Anspruch nimmt, muss im umgekehrten Fall, da der Staat eine Aufgabe abgibt, auch die Staatsaufgabe ihren staatlichen Charakter verlieren. Nimmt der Staat eine öffentliche Aufgabe nicht mehr wahr, indem er sie einem Privaten zuweist, so wird vorgeschlagen, an Stelle von ,Übertragung‘ von einer ,Rückgabe‘ der Staatsaufgabe zu sprechen, um deutlich zu machen, dass eine 2 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 144. 3 Burgi, Funktionale Privatisierung, 27, 41 (1999). 4 Burgi, Funktionale Privatisierung, 43 (1999). 5 BVerfGE 83, 363, 385; Isensee, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 54 (1995), 303, 305. 6 Peters, in: Dietz / Hübner, Festschrift für H. C. Nipperdey, Bd. 2, 877, 878 ff. (1965); Isensee, HStR III, § 57 Rdnr. 136 (1996); ders., Subsidiaritätsprinzip, 174 ff. (1968); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. 1, 535 ff. (1953); Kirmer, Der Begriff der öffentlichen Aufgaben in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 54 (1995); Klein, Zum Begriff der öffentlichen Aufgabe, DÖV 1965, 755, 758; Heimburg, Verwaltungsaufgaben, 14; Bull, Staatsaufgaben, 47 ff. (1973); Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15 (2003). 7 Isensee, HdbStR III, § 57 Rdnr. 136 (1996). 8 Peters, in: Dietz / Hübner, Festschrift für H. C. Nipperdey, Bd. 2, 877 (1965). 9 Burgi, Funktionale Privatisierung, 41 (1999). 10 Ossenbühl, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 150 ff.; Bull, Staatsaufgaben, 16, 47 f. (1973); Isensee, HdbStR III, § 57 Rdnr. 137 (1996). 11 BVerfGE 12, 205, 243; ebenso: BVerfGE 41, 205, 218; BVerfGE 52, 63, 85; BVerfGE 53, 366, 401.

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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Staatsaufgabe nicht auf einen Privaten übertragen werden kann.12 Lediglich dann, wenn hoheitliche Befugnisse dem Privaten zugewiesen würden, und dieser insofern seinen Status als Privater verliert, da eine Beleihung vorliegt und damit das öffentliche Recht auf ihn Anwendung findet, könne man von einer Übertragung von Staatsaufgaben sprechen.13 Ohne Beleihung kann also allenfalls eine öffentliche Aufgabe auf den Privaten übertragen werden. 2. Privatisierbarkeit von Staatsaufgaben Mittlerweile ist wohl auch der Streit entschieden, wie die Bestimmung privatisierbarer Staatsaufgaben zu erfolgen habe. In der Literatur wurde oftmals von einem Kernbereich staatsvorbehaltener Aufgaben ausgegangen, ohne dass die rechtlichen Grundlagen dieses Kernbereiches präzisiert werden.14 Als originäre, genuine oder wesentliche Staatsaufgaben wird ein eng begrenzter Kern öffentlicher Aufgaben bezeichnet, die ausschließlich und zwingend dem Staat vorbehalten sind.15 Die Wahrnehmung dieser Aufgaben dürfe nicht auf Private übertragen werden; sie unterlägen einem umfassenden Privatisierungsverbot.16 Zur nahezu unlösbaren Aufgabe gerät jedoch die Bestimmung dieses Kernbereiches. Die Vertreter dieser Ansicht müssen sich entgegenhalten lassen, dass die Bestimmung des Kreises von Staatsaufgaben meist vom Staatsverständnis des jeweiligen Betrachters bestimmt wird.17 Der Nachweis einer konkreten Staatsfunktion könne dagegen nur aus einer konkreten raumzeitlichen Staatsordnung erbracht werden.18 12 Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 204 Fussnote 77 f., 225; Kämmerer, Privatisierung, 34 (2001). 13 BVerfGE 72, 280, 294. 14 Beispielweise Schuppert, der auf die Aufgabensystematik nach Richard Rose verweist, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 28 (1994); Grünewald, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 14 (1994); als nicht privatisierungsfähig gelten demnach der Schutz der territorialen Integrität, die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und die Sicherung der finanziellen Basis durch Steuern. 15 Grundlegend Jellinek, der von ausschließlichen Staatsaufgaben spricht, ders., Allgemeine Staatslehre, 228 (1900). Jellinek unterscheidet zwischen den wesentlichen und den konkurrierenden Staatsaufgaben. Isensee pflichtet dem bei, indem er die konkurrierenden Staatsaufgaben gleichsetzt mit ,öffentlichen Aufgaben‘, die einem Subsidiaritätsprinzip unterfielen. Der Staat dürfe eine solche Aufgabe nur dann ganz oder teilweise an sich ziehen, wenn er dem öffentlichen Interesse besser genüge als Private, ders., Diskussionsbeitrag, Privatisierung von Staatsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 305. 16 Hengstschläger, VVDStRL 1995 Bd. 54, 165, 174. 17 So zutreffend Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 152. 18 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 153. Die Problematik ähnelt stark der amerikanischen Diskussion um die Abgrenzung eines Bereiches nicht privatisierbarer ,Essential Governmental Functions‘. Siehe unten unter F. I. 1.

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2. Abschn.: Privatisierung

Nach heute überwiegender Ansicht ist der Aufgabenbereich des Staates notwendig offen.19 Der Staat wählt sich mit Hilfe der in der Verfassung festgelegten Entscheidungsprozesse seine Aufgaben selbst, d. h. die Privatisierungsfähigkeit einer Staatsaufgabe ist anhand des positiven Rechts zu ermitteln.20 Im Rahmen der Verfassung und der politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers hängt der Aufgabenbestand des Staates von den jeweiligen politischen Vorstellungen ab, die sich in den staatlichen Entscheidungsinstanzen institutionalisieren und durchsetzen.21 Die Zuordnungsentscheidung, welche Aufgabenerfüllung dem Staat oder dem Privaten zufällt, trifft zunächst das Grundgesetz, kann sich aber auch aus sonstigen Akten staatlicher Gewalt ergeben.22 Bei der Aufgabenzuordnung spielen insbesondere die Grundrechte eine bedeutende Rolle.23 Für diese Ansicht spricht ihre Praktikabilität. Denn ansonsten würde die Privatisierung von Staatsaufgaben anhand von „staatsphilosophischen Spekulationen“24 bestimmt und nicht durch die hierfür kompetenten Staatsorgane. Insofern wird die Entscheidung über die Privatisierbarkeit von Staatsaufgaben im Rahmen der Verfassung dem politischen Prozess überlassen.

3. Die Verwaltungsaufgabe Die Privatisierbarkeit einer Staatsaufgabe ist somit anhand der konkreten verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Aufgabenzuweisungen an die staatlichen Organe zu beurteilen. Für den Bereich der Verwaltung ergibt sich das Vorliegen einer Staatsaufgabe aus der konkreten Aufgabenzuweisung an die Verwaltung. Die Verwaltungsaufgabe ist somit ein Unterfall der Staatsaufgabe und bezeichnet verfassungs- und einfachgesetzlich begründete und begrenzte staatliche Handlungskompetenzen.25 Durch die gesetzliche Zuweisung einer Verwaltungsaufgabe wird die Verwaltung ausschließlich oder in Konkurrenz zu bzw. in Kooperation mit pri19 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 153; zur Privatisierungsoffenheit der Verfassung auch Schoch, DVBl. 1994, 962, 969 ff.; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 401 (2001). 20 Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 255. 21 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 154. 22 G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 336 (1998); R. Hermes, Die grundgesetzliche Zuordnung öffentlicher Angelegenheiten zu ihren originären Trägern in der verfassungsrechtlichen Ordnung von Staat und Gesellschaft, 99 (1996). 23 Eine Aufgabenbegründung durch Art. 2 II 1 GG hinsichtlich einer staatlichen, nicht auf Private übertragbaren Schutzpflicht für das Gemeinschaftsgut Wasser sah das BVerwG gegeben, BVerwGE 106, 64, 79. 24 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 137, 153. 25 So Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 222 f. und Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 250.

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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vaten Grundrechtsträgern zur Ausführung von Tätigkeitsfeldern oder Tätigkeiten ermächtigt oder verpflichtet.26 Bei der Auslegung des Umfangs der gesetzlichen Zuweisung hilft der Begriff der Verwaltungsverantwortung.27 Die von der Verwaltungsaufgabe umfassten Tätigkeiten spiegeln den Grad der selbstgewählten staatlichen Verwaltungsverantwortung wider. Diese kann man sich als Spektrum verschiedener Kooperationsformen von Staat und Bürger vorstellen. Auf der Seite mit der geringsten staatlichen Erfüllungsverantwortung findet sich die staatliche Rahmensetzung für private Aktivitäten, auf der anderen die volle Erfüllungsverantwortung. Dazwischen liegen die Stufen der Beratungs-, der Überwachungs-, der Organisations- und der Einstandsverantwortung in den Fällen gesellschaftlicher Schlechterfüllung.28 Der Grad der Erfüllungsverantwortung, und damit die Rolle des Privaten bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, folgen dabei dem Schema: je wichtiger eine Aufgabe für die Funktionsfähigkeit und das Selbstverständnis des Staates, desto unmittelbarer soll die staatliche Wahrnehmungsverantwortung sein; je unmittelbarer die Verantwortungswahrnehmung, desto weniger soll eine Aufgabenprivatisierung in Betracht kommen.29 Im Rahmen der gesetzlichen oder verfassungsrechtlichen Vorgaben bestimmt die Verwaltung aber selbst über den Grad der von ihr wahrgenommen Verantwortung. Um zu erkennen, welche Art von Verantwortung der Staat wahrnimmt, müssen die von der Verwaltungsaufgabe umfassten Tätigkeiten so genau wie möglich bestimmt werden. Ein aufgrund von Ungenauigkeit zu weit gezogener Umfang kann zu Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Privatisierungsvorhabens führen. Dieser Genauigkeit dient die Unterscheidung in Aufgabenfeld und konkreter Verwaltungsaufgabe.30 Während der Begriff des Aufgabenfeldes den Rahmen für eine Vielzahl von öffentlichen Aufgaben mit gemeinsamem thematischem Bezug bestimmt, bezeichnet die Verwaltungsaufgabe die konkrete der Verwaltung zugewiesene Aufgabe. So bildet die Trinkwasserversorgung einen Ausschnitt aus dem Aufgabenfeld der Wasserversorgung, die wiederum beispielsweise in Überwachung, Organisation oder Durchführung unterteilt werden kann.

Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 223. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem u. a., Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts, 43 f. (1993). Der nicht rechtsdogmatische Begriff der Verwaltungsverantwortung stellt einen Zusammenhang zwischen Aufgabe, Leistungsmöglichkeiten und Einstandspflichten des Aufgabenträgers her, Schmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, 29 (1993). 28 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem u. a., Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts, 44 (1993). 29 Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 28 (1994). 30 Dazu Burgi, Funktionale Privatisierung, 62 (1999). 26 27

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2. Abschn.: Privatisierung

II. Privatisierungsvarianten Anknüpfend an den Begriff der Staats- bzw. Verwaltungsaufgabe wurden drei Hauptvarianten von Privatisierungsvorhaben entwickelt. Diese stellen letztlich Denkhilfen dar, um die Frage zu beantworten, wann im Falle der Einbeziehung Privater noch von staatlicher Aufgabenerfüllung gesprochen werden kann. Daher dienen sie primär zur Prüfung der Zulässigkeit von Privatisierungsvorhaben, also der Beantwortung der Frage nach dem ,Ob‘ einer Privatisierung.31 Da die Wasserversorgung in Deutschland im Allgemeinen von den Städten und Gemeinden wahrgenommen wird, steht hier deren Blickwinkel im Vordergrund. 1. Die Organisationsprivatisierung Das für die Wasserversorgung am häufigsten verwendete Privatisierungsmodell ist die formelle Privatisierung oder Organisationsprivatisierung. Als solche gilt die Einschaltung privater Organisationseinheiten in die staatliche Aufgabenerfüllung.32 Die Aufgaben der Wasserversorgung verbleiben dabei beim Verwaltungsträger, dieser macht lediglich von privatrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch.33 Aufgrund ihrer Selbständigkeit von der Verwaltung als juristische Person des Privatrechts erscheinen diese Gesellschaften zunächst als selbständige Aufgabenträger. Da sie tatsächlich aber von einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger beherrscht werden, der alle Anteile hält, bleibt die Behörde dennoch Aufgabenträgerin.34 Obwohl ein formell privatisiertes Unternehmen nur eine besondere Erscheinungsform darstellen soll, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt wird35, ist die Gesellschaft einem Privaten vergleichbar, der nicht Träger der Verwaltungsaufgabe werden kann.36 Als eigene Kategorie wird die Organisationsprivatisierung jedoch durch den Umstand gerechtfertigt, dass im Gegensatz zum gemischtwirtschaftlichen Unternehmen keine Privaten – und damit den örtlichen Gemeinwohlinteressen möglicherweise entgegenstehende privatwirtschaftliche Interessen – an der Aufgabenwahrnehmung beteiligt sind.37 31 Aus der notwendigen Allgemeinheit dieser Kategorienbildung kann meist nur unter Hinzutreten weiterer Umstände auf konkrete Rechtsfolgen geschlossen werden, etwa in Hinsicht auf das Staatshaftungsrecht. 32 Burgi, Funktionale Privatisierung, 61 (1999). 33 M. w. N. Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 35 (1992); Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 29 (2002). 34 Zum Begriff der Trägerschaft siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 15 (2002). 35 BVerfGE 45, 63, 80; BGH, NJW 1985, 197, 200; insbesondere für die Wasserversorgung, OLG Dresden, NVwZ 1998, 1331. 36 M. w. N. Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung, 230 (2000).

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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Den Gemeinden ist die Aufgabenerledigung durch Art. 28 II 1 GG „in eigener Verantwortung“ verfassungsunmittelbar zuerkannt. Die Eigenverantwortlichkeit umfasst die kommunale Organisationshoheit, worunter das BVerfG die Befugnis der kommunalen Körperschaften zur Einrichtung der Angelegenheiten ihrer eigenen inneren Verwaltungsorganisation nach ihrem eigenen Ermessen versteht.38 Dies soll ein Wahlrecht hinsichtlich der Rechtsform beinhalten, welcher sich die Gemeinde bei der Erledigung ihrer Aufgaben bedient, womit es den Gemeinden freisteht, ein kommunales Unternehmen in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu führen.39 Die Kommunen als Träger der Wasserversorgung können die Rechtsform für ihre Wasserbetriebe frei wählen, sofern nicht besondere gesetzliche Regelungen bestehen, und dabei auch auf Rechtsformen des Privatrechts zurückgreifen.40 Das hieraus abgeleitete grundsätzliche Wahlrecht findet keine Grenze, wenn es sich bei der formell zu privatisierenden Aufgabe um eine Pflichtaufgabe handelt, da zwischen der gewählten Gestaltungsform einerseits und der zu erledigenden Sachaufgabe andererseits strikt zu trennen ist.41 Die Organisationshoheit gilt demnach im Bereich der Pflichtaufgaben ebenso wie im Bereich der freiwilligen Aufgaben.42

2. Die Aufgabenprivatisierung Die materielle Privatisierung oder Aufgabenprivatisierung43 soll actus contrarius zur Konstituierung und Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe sein.44 Im Gegensatz zur formellen Privatisierung verändert sich dabei die Aufgabenträgerschaft, so dass die vormals mit der Verwaltungsaufgabe betraute Verwaltung nicht mehr Träger der mit der Aufgabe verbundenen Rechte und Pflichten ist.45 Die Aufgabe verliert somit ihren Charakter als Staats- bzw. Verwaltungsaufgabe, bleibt 37 Gemischtwirtschaftliche Unternehmen sind solche, an denen die Gemeinde und mindestens ein Privater beteiligt sind. Dabei handelt es sich meist um Gesellschaften in Privatrechtsform, wobei Private auch an öffentlich-rechtlichen Rechtsformen beteiligt sein können, Storr, Der Staat als Unternehmer, 49 (2001). 38 BVerfG, BayVBl. 1987, 556 f. 39 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Band 1, § 23 Rdnr. 4 (1999); Cronauge / Westermann, Kommunale Unternehmen, 32 (2003); Storr, Der Staat als Unternehmer, 473 (2001). 40 Löwer, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 28 Rdnr. 70 (2001); Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 43 (1992). 41 OVG Lüneburg Urt. V. 21. 02. 1984 – 2 OVG A 23 / 80 – DNG 1984, 270. 42 Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 44 (1992). 43 Um den Aufgabenübergang auf echte Private zu verdeutlichen, schlägt Kämmerer den Begriff ,Popularprivatisierung‘ vor, ders., Privatisierung, 44 (2001). 44 Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 223. 45 Zum Begriff der Verwaltungsträgerschaft, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 21 Rdnr. 2 (2002).

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2. Abschn.: Privatisierung

aber öffentliche Aufgabe.46 Die Aufgabe wird dabei aus dem Organisations- und Verantwortungsbereich des Staates entlassen und dem wettbewerblich organisierten ökonomischen System anvertraut, sofern der Staat nicht eine neue Aufgabe in Form der Regulierung des betreffenden Aufgabenbereiches übernimmt.47 Die Gemeinde ist zur Aufgabenprivatisierung in der Lage, wo eine gesetzliche Aufgabenzuordnung aufgrund des Vorrangs des Gesetzes keine Hinderungsgründe aufstellt.48 Handelt es sich dagegen um freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben, liegt die Privatisierungskompetenz im Rahmen der Ermächtigung beim Verwaltungsträger. Eine Aufgabenprivatisierung soll hier vorbehaltlich einer ermessensreduzierenden Steuerung durch übergeordnetes Recht prinzipiell möglich sein.49 Dabei ist zu beachten, dass die Gemeinde sich unter Umständen nicht gänzlich aus dem Aufgabenfeld zurückziehen kann, wenn aus der Aufgabenübertragung durch die Gemeinde diese in eine Garantenstellung durch höherrangiges Recht hineinwächst.50 Ordnen nicht besondere Übertragungsgesetze die Garantenstellung an, kämen hierfür insbesondere das Sozialstaatsprinzip oder der objektive Grundrechtsgehalt in Frage.51 Mitunter existieren besondere Übertragungstatbestände, die bei Übertragung zu einer Aufgabenbefreiung führen. Zu den Vorbildern solcher Normen gehört § 16 II, IV Krw- / AbfG. Die Norm gestattet es, die Pflichten der öffentlichrechtlichen Versorgungsträger befristet ganz oder teilweise auf einen Privaten zu übertragen.52 Ob es sich hierbei um eine Aufgabenprivatisierung handelt, ist zweifelhaft, da die Verwaltungsaufgabe aufgrund der Befristung nicht endgültig dem Privaten überlassen wird. Für derartige Fälle wird daher auch der Begriff der Aufgabensuspendierung vorgeschlagen, da durch den Übergang der Pflicht diese ihre öffentlichrechtliche Natur verliere und das Staatsaufgabenregime während dieser Zeit suspendiert sei.53

Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 37 (1992). Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 29 (2002); Schoch, Der Beitrag des kommunalen Wirtschaftsrechts zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1993, 378; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung, 3 (2000); Burgi, Funktionale Privatisierung, 61 (1999); Osterloh, VVDStRL 1995 Bd. 54, 204, 210. 48 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 740 (1982). 49 Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 272. 50 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, 248 (1982). 51 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 100 (1982). 52 Dazu Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 271. 53 Burgi, Privatisierung der Abwasserversorgung und Abwasserbeseitigung, in: Hendler u. a., Umweltschutz, 130 (2001). 46 47

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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3. Die funktionale Privatisierung Die funktionale Privatisierung bezeichnet die verschiedenen Formen der Einschaltung Privater in den Vollzug einer in der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit, d. h. in der Trägerschaft der öffentlichen Verwaltung verbleibenden Aufgabe.54

a) Leistung eines Beitrags in funktionalem Zusammenhang mit einer Verwaltungsaufgabe Die funktionale Privatisierung unterscheidet sich von der Organisations- und Aufgabenprivatisierung dadurch, dass das Tätigwerden des Verwaltungshelfers weder als Fall der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Private oder in privater Rechtsform noch als Übertragung einer öffentlichen Aufgabe auf den privaten Sektor eingestuft werden kann. Denn durch das Einschalten eines Verwaltungshelfers in die Aufgabenerfüllung soll die öffentliche Aufgabe eine Verwaltungsaufgabe des kommunalen Trägers bleiben.55 Trotz der Einbeziehung Privater bleibt die Gemeinde der zur Erfüllung staatlicher Aufgaben durch das Volk legitimierte Aufgabenträger.56 Die Gemeinde ist weiterhin verantwortlich für die Aufgabenerfüllung, während der Private eine in funktionalen Zusammenhang zur Verwaltungsaufgabe stehende Leistung erbringt.57 Entscheidend für das Vorliegen einer funktionalen Privatisierung ist somit der funktionale Zusammenhang der Tätigkeit des Privaten mit der Verwaltungsaufgabe. Dabei spielt es keine Rolle, ob der private Helfer im eigenen Namen auftritt oder nicht oder ob er unmittelbar gegenüber dem Aufgabenbetroffenen zur Entgelterhebung berechtigt sein soll, denn diese Merkmale sind nicht identitätsstiftend. 58 54 Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung, 4 (2000); die Monopolkommission spricht im vergleichbaren Zusammenhang von Çontracting Out‘, worunter sie Fremdbezug, Submissionssystem (privater Anbieter erbringt gegen Bezahlung durch den Hoheitsträger Leistungen, die dem Bürger zugute kommen), Konzessionssystem (privater Betreiber leistet direkt an den Nutzer gegen Entgelt) und Voucher-System (öffentliche Hand vergibt steuerfinanzierte Gutscheine), Monopolkommission, Neuntes Hauptgutachten 1990 / 1991, BT-Drs. 12 / 3031, Rdnr. 44. Dies kann als Argument für eine funktionale Privatisierung gelten. 55 Tiedemann, Privatisierung öffentlicher Verwaltungstätigkeit, BayVbl. 1976, 261, 265; Burgi, Funktionale Privatisierung, 145 (1999). 56 Nach dem BVerfG bedarf die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben einer Legitimation, die sich auf das Volk selbst zurückführen lässt, BVerfGE 93, 37, 66 ff. 57 Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL Bd. 54, 223 (1995). Siehe hierzu auch schon Gallwas, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 1971 Bd. 29, 211, 222. 58 Burgi, Funktionale Privatisierung, 168 f. (1999).

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2. Abschn.: Privatisierung

Die Kategorie umfasst Rechtsfiguren wie den privaten Verwaltungshelfer59 oder den kommunalen Erfüllungsgehilfen.60 Im Vergleich zum relativ unselbstständigen Verwaltungshelfer ist der Anwendungsbereich jedoch weiter gezogen.61 Denn im Gegensatz zum Verwaltungshelfer im herkömmlichen Sinne, den die Unselbständigkeit der Aufgabenerfüllung auszeichnet, der also weisungsabhängig ist, kann der im Rahmen der funktionalen Privatisierung einbezogene Private auch selbständig handeln. Wenn ein Privater im Zusammenhang mit der funktionalen Privatisierung als Verwaltungshelfer bezeichnet wird, dann wird damit also keine Aussage über dessen Fähigkeit zu selbständigem Handeln getroffen. b) Die Verschiebung der Verantwortungsstruktur innerhalb der Verwaltungsaufgabe Voraussetzung für eine funktionale Privatisierung ist die Möglichkeit der Unterteilung einer Verwaltungsaufgabe in einzelne Teilbeiträge. Die Struktur einer funktionalen Privatisierung lässt sich durch die Darstellung der Verantwortung für diese Teilbeträge verdeutlichen. Ordnet das Gesetz der Kommune eine Pflichtaufgabe zu, hat diese die Erfüllungsverantwortung gegenüber der Allgemeinheit. Im Rahmen einer funktionalen Privatisierung wird die Erfüllungsverantwortung je nach Teilbeitrag in verschiedene Verantwortungstypen unterteilt. Mögliche Bezeichnungen für diese Verantwortungstypen sind Leitungs-, Vorbereitungs- und Durchführungsverantwortung.62 Diese sind Teile der Erfüllungsverantwortung und beziehen sich auf die vormals in Erfüllungsverantwortung befindliche Staatsaufgabe. Nach einer funktionalen Privatisierung bleibt dem Staat die Leitungsverantwortung, auf den Privaten kann die Durchführungsverantwortung (durch die Einschaltung privater Betreiber, Überwacher, etc.) und / oder die Vorbereitungsverantwortung (Einschaltung privater Vorplaner und Berater, etc.) übertragen werden.63 Der Private leistet somit auf Veranlassung der Gemeinde Teilbeträge in funktionaler Stufung der Verantwortung innerhalb der Aufgabe.64 Diese Stufung ist so gestaltet, dass vor und nach der Durchführung einer funktionalen Privatisierung die Trägerschaft der Verwaltungsaufgabe bei der Gemeinde 59 Der Verwaltungshelfer unterscheidet sich vom Beliehenen dadurch, dass er im Unterschied zum Beliehenen nicht selbständig bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben tätig wird, sondern Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahrnimmt, dazu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 618 (2002). 60 BGH, NJW 1985,197, 200. 61 Schoch, Der Beitrag des kommunalen Wirtschaftsrechts, DÖV 1993, 377, 378. 62 Burgi, Funktionale Privatisierung, 160 (1999). 63 Burgi, Funktionale Privatisierung, 160 (1999). 64 Burgi, Funktionale Privatisierung, 100 (1999).

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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liegt. Durch die Leitungsverantwortung sichert sich der Staat die Möglichkeit zur Gewährleistung seiner Aufgabenverantwortung nach Außen.65 Erst wenn der Staat auch die Leitungsverantwortung abgibt, wird die Grenze zur Aufgabenprivatisierung überschritten. Obwohl diese Konstruktion mitunter als Teilprivatisierung hinsichtlich der Aufgabendurchführung bzw. -vorbereitung bezeichnet wird66, bleibt die Gemeinde vollständig für die Aufgabenerfüllung verantwortlich.

c) Rechtsgrundlage Die Organisationshoheit des Art. 28 II GG schließt nach allgemeiner Ansicht das Recht ein, unter Beachtung der aus der allgemeinen Rechtsordnung folgenden Grenzen bei der Erfüllung der örtlichen Aufgaben die Organisationsform zu wählen.67 Da die funktionale Privatisierung aber keine Änderung der Organisationsform, sondern eine Änderung der Verantwortungsstruktur mit sich bringt, stellt sich die Frage, ob diese auch von der Organisationshoheit gedeckt ist. Durch die funktionale Privatisierung tritt aber in jedem Fall eine Veränderung der Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der kommunalen Leitungsorgane ein, die nunmehr anstatt auf Weisungen auf vertragliche Instrumente zurückgreifen muss. Diese Veränderung wird insofern von der Organisationshoheit gedeckt.68 Hinsichtlich der Zulässigkeit der Einbindung eines Verwaltungshelfers soll es nach Burgi neben der Bedeutung des privatisierten Teilbetrags und seinem Anteil an der Gesamtaufgabe vor allem auf den mit der Begründung der Pflichtaufgabe vom Gesetzgeber verfolgten Zweck ankommen.69 Auf die funktionale Privatisierung erstrecke sich eine gesetzlich begründete Aufgabenwahrnehmungspflicht nicht ohne weiteres, da hier lediglich ein Teilbeitrag übertragen wird.70 Ein Verstoß gegen die Aufgabenzuweisung liegt jedoch dann vor, wenn die zwingend zu erfüllende Aufgabe nach der funktionalen Privatisierung nicht mehr erfolgreich wahrgenommen werden kann. Entscheidend für die Möglichkeit der funktionalen Privatisierung ist demnach das durch die Pflichtaufgabe gebotene Maß kommunaler Leitung. Ob eine funktionale Privatisierung möglich ist, kann daher nur eine Auslegung der jeweiligen Pflichtaufgabennorm ergeben. Ergibt die Auslegung, dass 65 Schoch spricht in diesem Zusammenhang von der Privatisierung der Aufgabenerledigung; ders., Privatisierung von Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 69 (1994). 66 Beispielsweise Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL1995 Bd. 54, 243, 252. 67 Burgi, Funktionale Privatisierung, 302 (1999); Ehlers, Interkommunale Zusammenarbeit in Gesellschaftsform, DVBl. 1997, 137, 141. 68 Burgi, Funktionale Privatisierung, 303 ff. (1999); dazu für den Bereich der Löschwasserversorgung BGH, NJW 1985, 197; BGH, NVwZ-RR 1989, 388. 69 Burgi, Funktionale Privatisierung, 288 f. (1999). 70 Burgi, Funktionale Privatisierung, 288 (1990).

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2. Abschn.: Privatisierung

die Norm einer Übertragung der Durchführungs- oder Vorbereitungsverantwortung auf Private nicht entgegensteht, ist die Übertragung zulässig.71 d) Bestimmung des richtigen Maßes der Leitungsverantwortung Kommt die Prüfung einer Aufgabenzuweisung zu dem Ergebnis, dass keine oder nur bestimmte Tätigkeiten zur Erfüllung bei der Gemeinde verbleiben müssen, bleibt die Bestimmung des Umfangs der Leitungsverantwortung im Einzelfall. Dabei darf man nicht aus den Augen verlieren, dass der Begriff der Leitungsverantwortung lediglich zur Verdeutlichung der Problematik geeignet ist, aber kein Rechtsbegriff ist. Die Leitungsverantwortung, die der Staat unmittelbar durch seine eigenen Bediensteten wahrzunehmen hat, soll das Treffen der zentralen Entscheidungen sowie die Determination und Kontrolle des Verhaltens des privaten Verwaltungshelfers umfassen.72 Das Tätigwerden des Privaten soll nach „staatlichem Programm“ erfolgen.73 Diese Formeln können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie die privatisierungswillige Gemeinde bei der Konstruktion entsprechender Privatisierungsvereinbarungen im Einzelfall alleine lassen. Weder besteht eine allgemeingültige Definition für „zentrale Entscheidungen“, noch ist allgemeingültig bestimmt, welche Handlungen einer staatlichen Kontrolle zu unterliegen haben. aa) Gesellschaftsrechtliche und vertragliche Einwirkungsvarianten Vorweg muss sich die Gemeinde entscheiden, inwieweit sie die Wahrnehmung ihrer Leitungsverantwortung gesellschaftsrechtlich oder vertragsrechtlich vornehmen will. Für den diesbezüglichen Rahmenvertrag hat sich der Begriff des Konsortialvertrags etabliert.74 Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass die gesellschaftsrechtliche Lösung einen Schwerpunkt auf die Steuerung der Abläufe setzt, wohingegen eine vertragliche Lösung eher ergebnisorientiert ist. Gründet die Gemeinde mit einem privaten Partner eigens eine Gesellschaft zur Aufgabenwahrnehmung75, so sichert sich die Gemeinde über ihre Repräsentanten in der Geschäftsführung oder über ihre An71 So auch Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 54, 231 (1995). 72 Burgi, Funktionale Privatisierung, 161 (1999). 73 Gallwass, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 29 (1971), 216 in Fn. 24. 74 BGH, Beschluss vom 15. 7. 1997 – KVR 33 – 96 (KG); BHG, Beschluss vom 15. 7. 1997 – KVR 21 – 96 (KG). 75 Will man den Begriff „Public-Private-Partnership“ (PPP) aufgrund seiner Unbestimmtheit überhaupt verwenden, würde er auf eine solche Konstruktion wohl am ehesten passen.

A. Überblick über die deutsche Privatisierungsdogmatik

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teilsstimmrechte dauerhaft den Einfluss auf Entscheidungen dieser Gesellschaft. Schließt sie hingegen einen Vertrag, der die private Gesellschaft zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichtet, sichert sie sich bei Vertragsschluss gewisse Ziele, die die Privatgesellschaft in Eigenverantwortung zu erreichen hat. Wird hier auch die gesellschaftsrechtliche Lösung unter die funktionale Privatisierung gezählt, so stellt sich sofort die Frage, wo der Unterschied zur Organisationsprivatisierung liegt, da hier ebenfalls mittels einer Privatgesellschaft staatliche Aufgabenwahrnehmung erfolgt.76 Die Organisationsprivatisierung hingegen wird als „öffentliche Verwaltung in Privatrechtsform“ betrachtet.77 Dass die Verwaltung trotz Einschaltung einer privaten Gesellschaft Aufgabenträger bleibt, begründet sich damit, dass hier nach wie vor die Verwaltung handelt, wenn auch in privater Form.78 Nimmt die Verwaltung nun einen Privaten in eine solche Eigengesellschaft hinein, so bleibt die ,Form‘ der Aufgabenwahrnehmung weiterhin privatrechtlich. 79 Durch das Hinzutreten des Privaten ändert sich jetzt aber die ,Natur‘ des Handelnden, da die grundsätzlich kommunalen Weisungen unterworfenen Gemeindevertreter mit privaten Unternehmern gemeinsam die Gesellschaft führen oder die Geschäftsführung beeinflussen. Dies wird durch die Zuordnung zu den einzelnen Privatisierungskategorien von vorneherein deutlich gemacht. Der Gesellschaftsvertrag ist ein Mittel der Gemeinde zur Steuerung der Potentiale des Privaten und die Gemeinde bleibt Aufgabenträger. Diesen Unterschied zwischen Organisations- und funktionaler Privatisierung verdeutlichen Normen wie § 124 I 1 HessGO, wonach die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen als Verminderung des kommunalen Einflusses nur dann zulässig ist, wenn dadurch die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde nicht beeinträchtigt wird. Hierdurch werden Gesellschaftsanteile ausdrücklich als Mittel zur Wahrung des kommunalen Einflusses bei der Aufgabenerfüllung bezeichnet. Die Natur des Gesellschaftsvertrages als Mittel zur Steuerung Privater in Privatisierungszusammenhängen wird deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass die umfassende Übertragung der Aufgabenerfüllung im Scharnier zwischen Verwaltungsaufgaben und Verwaltungsverantwortung schon bei der Organisationsprivatisierung einen gewissen Riss hinterlässt.80 Denn die Gemeinwohlverpflichtung 76 Die hier vorgenommene Kategorisierung dient vorrangig der Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit der staatlichen Aufgabenerfüllung unter Hinzuziehung von Privaten. Die aus der Beteiligung privater entstehenden Rechtsfolgen können unter Umständen anders ausfallen. Wenn das BVerfG gemischten privatrechtlichen Gesellschaften beispielsweise die Grundrechtsfähigkeit abspricht, da es diese zum staatlichen Bereich zählt, so behandelt diese Problematik nicht das ,Ob‘ der Aufgabenerfüllung durch Private, dazu BVerfG, NJW 1990, 1783. 77 BVerfGE 45, 63, 80; BGH, NJW 1985, 197, 200. 78 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Band 1, § 23 Rdnr. 4 (1999); Cronauge / Westermann, Kommunale Unternehmen, 32 (2003); Storr, Der Staat als Unternehmer, 473 (2001). 79 Es sein denn, die private Gesellschaft wurde irgendwann gesetzlich mit Hoheitsbefugnissen beliehen.

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des Staates, die mit dem verwaltungsrechtlichen Ermessen einhergeht, lässt sich trotz präzisester Vertragskonstruktionen nicht völlig auf Private übertragen. Dieses Problem tritt ebenso bei der Organisationsprivatisierung auf, da die Organe einer privatrechtlichen, wenn auch verwaltungskontrollierten Gesellschaft, primär den Verhaltensregeln des Gesellschaftsrechts zu genügen haben.81 Dies ist hinnehmbar, da die Trägerschaft der Verwaltungsaufgabe und damit die Letztverantwortung ohnehin nicht auf die private Gesellschaft übertragen wird. bb) Demokratieprinzip und funktionale Privatisierung Das Demokratieprinzip fordert für die Ausübung staatlicher Gewalt eine ununterbrochene Legitimationskette, die sich vom Volk bis hin zu den handelnden Organen erstrecken muss.82 Solange eine Kommunalverwaltung selbst Träger der Wasserversorgung bleibt, obliegt ihren Organen als demokratisch legitimierten Amtswaltern die Kontrolle und Steuerung der ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgaben aufgrund des in Art. 20 II 2 GG verankerten Demokratieprinzips, das über Art. 28 I 1 GG auch für die Länderverfassungen gilt.83 Hieran hat auch das Urteil des BVerfG zur Emschergenossenschaft nichts geändert. Auch nach diesem Urteil ergibt sich für die Gemeinden das Erfordernis personeller demokratischer Legitimation (Legitimationskette) wegen des sachlich-gegenständlich nicht weiter eingegrenzten, umfassenden Aufgabenkreises ihrer Selbstverwaltung.84 Fraglich ist nun, ob das Demokratieprinzip gebietet, dass zur Sicherung des hinreichenden Einflusses auf die Aufgabendurchführung eine Gesellschaft gegründet werden muss, an der die Kommune die Mehrheit der Anteile hält.85 Der BerlVerfGH hat eine ausreichende Sicherung dieses Einflusses durch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung angenommen, wenn die öffentliche Hand einen Anteil und 50,1 Prozent behält.86 Bei den Berliner Wasserbetrieben handelt es sich jedoch um eine Anstalt des öffentlichen Rechts, der die Aufgabe der Wasserversorgung in § 37a I 2 BerlWG gesetzlich zugewiesen ist.87 Insofern kommt es hier zur Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 235 f. Dazu ausführlich Kämmerer, Privatisierung, 232 ff. (2001); Cronauge / Westermann, Kommunale Unternehmen, 120 (2003); Schmidt-Aßmann, Kommunen und örtliche Energieversorgung, in: Hüffer / Ipsen / Tettinger, Festschrift für Fritz Fabricius, 255 (1989). 82 Dazu BVerfGE 93, 37, 67. 83 Löwer, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 17 (2001) 84 BVerfG, Beschluss vom 5. 12. 2002, 2 BvL 5 / 98, 6 / 98 Rdnr. 160. 85 So wohl Frenz, der diese Variante als einziges Beispiel für eine zulässige Einflusssicherung nennt und offen lässt, ob noch weitere zulässig sind, ders., Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung, 322 (2002). 86 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794 f.; zum Modell auch Wolfers, Privatisierung unter Wahrung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform: Der Modellfall Berliner Wasserbetriebe, NVwZ 2000, 765. 80 81

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gesetzlichen Übertragung einer Verwaltungsaufgabe, womit sich die Aufgabenträgerschaft verändert und das Bedürfnis für eine demokratische Legitimation des Aufgabenträgers entsteht. Daher handelt es sich hier insoweit nicht um eine funktionale Privatisierung, als die Aufgabenübertragung betroffen ist.88 Bei der Beteiligung der öffentlichen Hand an privatrechtlichen Gesellschaften kommt es nicht zu einer Übertragung der Aufgabe und die Gemeinde bleibt für die Erfüllung der Verwaltungsaufgabe verantwortlich. Das Demokratieprinzip erfordert aber nur die demokratische Legitimierung des Aufgabenträgers. Bleibt die Aufgabenträgerschaft und damit die Letztverantwortung für die Aufgabenerfüllung bei der Gemeinde, fehlt es nicht an der demokratischen Legitimation bei der Aufgabenerfüllung. Hinsichtlich der Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung ist die Beteiligung an einer privatrechtlichen Durchführungsgesellschaft demnach als eine Methode der Einflussnahme auf das Handeln des privaten Mitgesellschafters mittels gemeindlicher Einflussrechte anzusehen. Die Ausübung der Verwaltungsaufgabe reduziert sich bei Beteiligung einer Kommune an einer privatrechtlichen Gesellschaft auf die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte. Hierauf muss sich das dem Demokratieprinzip unterliegende Verwaltungshandeln beschränken. Eine Einstufung aller Handlungen des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens lässt die ebenso vorhandenen, möglicherweise bisweilen konkurrierenden Interessen des privaten Gesellschafters außer Betracht. Abzulehnen ist daher die Auffassung, auch die Tätigkeit gemischtwirtschaftlicher Unternehmen sei öffentliche Verwaltung.89 cc) Das Mindestmaß der Leitungsverantwortung Das Mindestmaß der Leitungsverantwortung bezeichnet den Umfang der staatlichen Einwirkung auf den Privaten, innerhalb dessen man noch von einer staatlichen Steuerung des Privaten, und damit einer staatlichen Aufgabenwahrnehmung, sprechen kann. Aufgaben wie die Wasserversorgung erfordern komplexe Strukturen mit technischem, wirtschaftlichem und administrativem Entscheidungs- und Steuerungsbedarf. Diese setzen in der Regel eine umfassende Delegation an den Privaten voraus. Eine detaillierte Steuerung des Verwaltungshelfers wie dies beispielsweise in der dogmatischen Begründung der „Abschleppfälle“ mit dem Abschleppunternehmer durch die Polizei geschieht, ist in der Wasserversorgung nicht denkbar. Dies 87 v. Bechtolsheim / Abend: Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, LKV 2000, 337, 338. 88 Allerdings liegt in der Einschaltung des Privaten durch die Beteiligung an der öffentlichen Anstalt eine funktionale Privatisierung, da hierdurch ein Privater in die Erledigung einer Verwaltungsaufgabe eingeschaltet wird. 89 So auch Hellermann m. w. N., Örtliche Daseinsvorsorge, 230 (2000); a.A., Storr, Der Staat als Unternehmer, 88 (2001).

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2. Abschn.: Privatisierung

ist zudem auch nicht gewollt, da eine zu enge Bindung an die Verwaltung die unternehmerische Freiheit und den Einsatz des Know-how unterbindet, von der man sich in Privatisierungssituationen Effizienzgewinne erwartet. Für die Kommune bedeutet die Suche nach dem richtigen Maß der Ausgestaltung ihrer Leitungsverantwortung eine Gratwanderung. Einerseits muss sie (bereits um ein Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörde abzuwehren) ihre Pflichtaufgabe erfüllen, andererseits verbietet die zu privatisierende Tätigkeit aus faktischen Gründen eine zu starke Einmischung in die Aufgabendurchführung. Der Ausgangspunkt für die Bestimmung des angemessenen Maßes der Leitungsverantwortung liegt in der gesetzlichen Anordnung der Pflichtaufgabe. Da die Leitungsverantwortung dort nur selten bestimmt sein wird, ist der im Gesetz gewährleistete Mindeststandard der Aufgabenerfüllung mittels Auslegung festzustellen. Der Mindeststandard besteht aus Einflussrechten zur Gewährleistung der Erfüllung der gesetzlichen Pflichten, aus denen sich subjektiv-öffentliche Rechte der Bürger ergeben, sowie Pflichten gegenüber der Allgemeinheit. Nicht zuletzt kommen noch die Amtspflichten in Betracht, die auf der Staatshaftungsebene relevant werden können. Bei der Einbeziehung der privaten Verwaltungshelfer muss sich die Gemeinde letztlich stets bewusst sein, dass sie im Fall der Nichtdurchführung durch den Privaten selbst für die Aufgabenerfüllung einzustehen hat. Auch dann, wenn die Gemeinde sich hinreichenden Einfluss auf den Privaten gesichert hat, von diesem aber nicht ordnungsgemäß Gebrauch macht, besteht nach wie vor ihre eigene Erfüllungspflicht aus der Pflichtaufgabe fort. e) Die unechte funktionale Privatisierung Von einer unechten funktionalen Privatisierung wird gesprochen, wenn Beliehene oder dem Staat zurechenbare private Organisationseinheiten einen Teilbeitrag mit funktionalem Bezug erbringen.90 Dann liegt eine Organisationsprivatisierung mit Abspaltung funktionaler Teilbeiträge vor, mangels Beteiligung von Privaten aber keine echte funktionale Privatisierung.91 Der Verwaltungshelfer der echten funktionalen Privatisierung kann im Gegensatz zum Beliehenen nur privatrechtlich handeln. Da bei der unechten funktionalen Privatisierung das Staatsorganisationsrecht im Vordergrund steht, ist diese Variante nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

III. Zusammenfassung Anhand der Untersuchung des Begriffs der Staatsaufgabe wird deutlich, dass die Frage nach der Privatisierbarkeit von öffentlichen Aufgaben nicht mittels abstrak90 91

Burgi, Funktionale Privatisierung, 161 (1999). Burgi, Funktionale Privatisierung. 161 f. (1999).

B. Europarechtliche Vorgaben

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ter Staatsvorstellungen, sondern allein anhand der (verfassungs-)gesetzlichen Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung zu beantworten ist. Der Staat entscheidet über die Ausführung einer öffentlichen Aufgabe als Staatsaufgabe oder über deren Privatisierung nach Maßgabe der formellen und materiellen Verfassungsvorschriften. Die Entscheidung über die Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe liegt insbesondere in deren Zuweisung an einen Verwaltungsträger. Je nachdem, wie viel Freiheit die Gestaltung der Verwaltungsaufgabe als freiwillige oder Pflichtaufgabe einräumt, kann der einzelne Verwaltungsträger darüber entscheiden, ob und wie er die Aufgabe selbst oder unter Einbeziehung Privater wahrnimmt.

B. Europarechtliche Vorgaben Bevor auf die Frage der Privatisierung der Aufgabe der Wasserversorgung eingegangen wird, ist festzustellen, ob die gegenwärtige Struktur der Wasserversorgung in Form der Gebietsmonopole mit den Wettbewerbsregeln vereinbar ist. Gegenwärtig besteht kein umfassendes Regelwerk hinsichtlich der Wasserversorgung auf europäischer Ebene.92 Nach Ansicht der Kommission unterliegt ihre Bereitstellung und organisatorische Abwicklung im Allgemeinen den für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und die staatlichen Beihilfen geltenden Vorschriften, sofern diese Dienstleistungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigten. 93 Wasser ist im Rahmen des Sekundärrechts Gegenstand europäischer Gesetzgebung.94

I. Die Neutralität gegenüber der Eigentumsform Der EG-Vertrag bevorzugt grundsätzlich weder die öffentlich-rechtliche noch die privatrechtliche Organisationsform. Die Privatisierungsneutralität des EG-Vertrages ergibt sich aus Art. 295 EG, wonach der Vertrag die Eigentumsordnungen in den einzelnen Mitgliedstaaten unberührt lässt.95 Wenn auch somit den Mitgliedsstaaten nicht ihre Kompetenz zur Bestimmung ihrer Staatsaufgaben streitig gemacht wird, entfaltet das Europarecht doch starke Impulse zugunsten einer Stärkung privater unternehmerischer Verantwortung und der Schaffung wettbewerb92 EG-Kommission, Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endgültig, 12 (2003). 93 EG-Kommission, Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endgültig, 12 (2003). 94 Beispielsweise die Wasserrahmenrichtlinie (2000 / 60 / EG), die Trinkwasserrichtlinie (80 / 778 / EWG, ABlEG L 229, 11 vom 30. 8. 1980) und im Rahmen des Vergaberechts die Sektorenrichtlinie (2004 / 17 / EWG). 95 EG-Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, ABlEG C 281, 3 (1996).

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2. Abschn.: Privatisierung

licher Strukturen, die einen wirtschaftlichen Privatisierungsdruck entfalten.96 So hat die Erkenntnis der Gemeinschaftsorgane, dass Leistungen der Daseinsvorsorge im freien Wettbewerb erbracht werden können, umfangreiche Strukturveränderungen mit sich gebracht.97 Die Ungleichbehandlung von Staat und Privaten im Sekundärrecht folgt gerade aus dem Bemühen, die Wettbewerbsbedingungen für den Staat so weit wie möglich denjenigen für Private anzugleichen und so einen chancengleichen Wettbewerb für alle Unternehmen, unabhängig von der Art des Eigentümers, zu ermöglichen.98 Dabei bemüht man sich, die Wettbewerbsvorteile zu begrenzen, die sich aus der besonderen Bonität des Staates und seiner Doppelstellung als Wirtschaftsteilnehmer und als Hoheitsträger ergeben.99 Durch ein Gebot unternehmerischer Separierung und getrennter Rechnungslegung für verschiedene Unternehmenssparten100 sowie durch Beschränkungen bis ihn zum völligen Verbot der Quersubventionierung101 unternimmt das sekundäre Gemeinschaftsrecht auf der Basis von Burgi, Funktionale Privatisierung, 18 (1999). So begann die Liberalisierung der Energiemärkte mit den Richtlinien für den Elektrizitätsbinnenmarkt von 1996 (Richtlinie 96 / 92 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 12. 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABlEG L 27, 20 vom 30. 1. 1997 und ABlEG L 95, 31 vom 10. April 1997 und den Erdgasbinnenmarkt von 1998 (Richtlinie 98 / 30 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 6. 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, ABlEG L 204, 1 vom 21. 7. 1998 und ABlEG L 245, 43 vom 4. 11. 1998). Die Liberalisierung der Abfallwirtschaft betrifft die zur Verwertung vorgesehenen Abfälle (Verordnung (EWG) Nr. 259 / 93 des Rates vom 1. 2. 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABlEG L 30, 1 vom 6. 2. 1993). Es folgten die Transparenz-Richtlinie von 1980 (Richtlinie 80 / 723 / EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABlEG L 193, 75 vom 29. 7. 2000), die Richtlinie zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes Richtlinie 90 / 388 / EWG vom 28. 6. 1990 hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten, ABlEG L 192 vom 24. 7. 1990, 10) und die Richtlinie zur Liberalisierung der Postdienste (Richtlinie 97 / 67 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 12. 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Qualität der Dienste, ABlEG L 15, 14 vom 21. 1. 1998). 98 Fehling, Zu Möglichkeiten und Grenzen identischer Wettbewerbsbedingungen für öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge und private Konkurrenten, in: Schwarze (Hrsg.), Daseinsvorsorge, 198 (2001). 99 Fehling, Zu Möglichkeiten und Grenzen identischer Wettbewerbsbedingungen für öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge und private Konkurrenten, in: Schwarze (Hrsg.), Daseinsvorsorge, 197 (2001). 100 Richtlinie 80 / 723 / EWG, ABlEG 2000 L 193, 75 vom 29. 7. 2000 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, zuletzt geändert durch Richtlinie 2000 / 52 / EG, ABIEG. 1980 L 195, 35 vom 29. 7. 1980. 101 Ein solches vollständiges Verbot von „Transfers von und zu anderen Unternehmensbereichen“ ohne jede Wertungsmöglichkeit gilt nach Art. L V, 2. HS der Verordnung 1191 / 69 / EWG, ABlEG L 156, 1 vom 28. 6. 1969 i. d. F. der Verordnung 1893 / 91 / EWG, ABIEG L 169, 1 vom 29. 6. 1991 für den öffentlichen Personen(nah)verkehr. 96 97

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Art. 86 III EG in anderen Wirtschaftsbereichen erhebliche Anstrengungen zu einer möglichst weiten Neutralisierung struktureller Wettbewerbsvorteile der öffentlichen Hand. Die genannten Regelungen werden daher oftmals als ungleich kritisiert. Einerseits soll es nach Art. 295 EG nicht darauf ankommen, ob Wirtschaftsunternehmen staatlich oder privat geführt und beherrscht werden. Andererseits sucht man Chancengleichheit im Wettbewerb gerade durch besondere Restriktionen für staatlich beherrschte Unternehmen zu erreichen.102 So sind Quersubventionen in der privaten Wirtschaft eine durchaus gängige Markstrategie. Auch die besondere Finanzkraft des Unternehmenseigners stellt bei Privaten einen Wettbewerbsvorteil dar. Erst wenn der Staat beteiligt ist, sollen daraus potentielle Wettbewerbsverzerrungen werden.103 Die Privatisierungsneutralität ist zudem vorgeblich, da Monopole in Europa meist von Staatsunternehmen ausgeübt werden. Der Abbau solcher Monopole trifft daher vorrangig die Staaten, die bei der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben auf das Instrument des monopolistischen Staatsunternehmens gesetzt haben. Bei der gegenwärtigen Eigentümerstruktur im Wasserbereich würde der Wegfall der Wettbewerbsausnahme für örtliche Gebietsmonopole angesichts der Größenvorteile von Wasserversorgungsunternehmen wohl zu einem Konsolidierungsdruck, und damit auch wirtschaftlichem Privatisierungsdruck führen, wenn die Umstrukturierung nicht allein durch den Zusammenschluss öffentlicher Unternehmen erfolgen kann. Von wirtschaftlichen Privatisierungszwängen zu unterscheiden sind jedoch rechtliche Privatisierungszwänge, die insbesondere durch eine Pflicht zur Übertragung öffentlicher Aufgaben auf Private entstehen. Solche Privatisierungszwänge sind aber nicht mit dem Art. 295 EG vereinbar, da die Norm den Mitgliedsstaaten die Freiheit belässt, sich wirtschaftlich durch öffentliche Unternehmen zu betätigen bzw. Unternehmen zu verstaatlichen oder zu privatisieren.

II. Die gegenwärtige Struktur der Wasserversorgung als Ausnahme von den Wettbewerbsbestimmungen Wasserversorgungsunternehmen genießen in Deutschland als Gebietsmonopolisten Schutz vor Wettbewerb auf Grund der Vorschrift des § 103 GWB a. F. Zudem kann die Gemeinde die Eigenversorgung oder sonstigen Wettbewerb im Markt 102 Zwar ist der Anwendungsbereich der Transparenzrichtlinie durch die Änderung auf private Unternehmen erweitert worden und knüpft insoweit nun, Art. 86 EGV vergleichbar, neutral an die Verleihung besonderer Rechte an. Wichtige Bestimmungen wie namentlich Art. L der Richtlinie beziehen sich jedoch weiterhin allein auf öffentliche, d. h. staatlich beherrschte Unternehmen. 103 Zur Vereinbarkeit staatlicher Ausgleichszahlungen an Unternehmen, die Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse erbringen, mit dem EG-Vertrag hat sich zuletzt der EuGH in der Altmark-Entscheidung vom 24. 7. 2003 geäußert und diese grundsätzlich für vereinbar mit Art 87 I EG erklärt, Rs. C-280 / 00; dazu Kämmerer, Strategien zur Daseinsvorsorge, NVwZ 2004, 28.

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2. Abschn.: Privatisierung

durch einen Anschluss- und Benutzungszwang verhindern. Fraglich ist die Vereinbarkeit dieser Wettbewerbsausnahmen mit dem EG-Vertrag. 1. Die Wasserversorgung als wirtschaftliche Tätigkeit In der Regel finden die Wettbewerbsregeln keine Anwendung auf nicht wirtschaftliche Tätigkeiten.104 Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt das Anbieten von Gütern und Dienstleistungen auf einem Markt.105 Im ersten Erwägungsgrund der Wasserrahmenrichtlinie wird festgestellt, dass „Wasser keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut“ ist.106 Im Unterschied zur Ressource Wasser stehen bei der Wasserversorgung jedoch die Dienstleistungen der Aufbereitung, Verteilung und Bereitstellung zur ständigen Verfügbarkeit im Vordergrund. In Deutschland wird die Wasserversorgung zu großen Teilen von privatrechtlich organisierten Stadtwerken und von privaten Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht erbracht; hierzulande ist die Einstufung als wirtschaftliche Tätigkeit eindeutig.107 Für eine Anwendbarkeit der Wettbewerbsregeln muss zudem der Handel zwischen den Mitgliedstaaten betroffen sein, da sonst allenfalls nationale Wettbewerbsvorschriften anwendbar sind. Die Wasserversorgung kann den Handel in mehrerer Hinsicht betreffen: (1) Wasserverbrauch in grenznahen Gebieten könnten von Unternehmen aus dem anderen Mitgliedstaat versorgt werden, (2) der Wasserverbraucher verwendet das Wasser zu Produktion von Handelsgütern, (3) das Wasserversorgungsunternehmen versorgt einen wesentlichen Teil der europäischen Gemeinschaft, (4) mehrere kleine Wassersysteme erzeugen einen gemeinsamen Effekt und (5) Wasserversorgungsunternehmen interessieren sich für eine Ausschreibung von Konzessionen oder sonstigen Versorgungsverträgen in anderen Mitgliedstaaten.108 2. Die Ausnahme von den Wettbewerbsvorschriften nach Art. 86 II EG Eine Ausnahme von den Wettbewerbsvorschriften sieht jedoch Art. 86 II EG vor, wenn ein Unternehmen mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut wurde. 104 EG-Kommission, Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270, 17. 105 Gee, Competition and the water sector, Competition Policy Newsletter 2004, 38, 39. 106 Richtlinie 2000 / 60 / EG vom 23. 10. 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. 107 Eine Ausnahme der Einstufung der Wasserversorgung als wirtschaftliche Tätigkeit stellt Irland da, wo die Wasserversorgung für private Endverbraucher durch das Steueraufkommen und nicht durch individuelle Wasserentgelte finanziert wird, Gee, Competition and the water sector, Competition Policy Newsletter 2004, 38, 39. 108 Gee, Competition and the water sector, Competition Policy Newsletter 2004, 38, 39 f.

B. Europarechtliche Vorgaben

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Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist für die Gebietsmonopole der Wasserversorgung von Bedeutung. Zwar erklärt der EG-Vertrag in Art. 86 I EG die Verleihung ausschließlicher Rechte ausdrücklich für zulässig. Jedoch hat der EuGH im Urteil Corbeau ausgeführt, dass Art. 86 I EG zusammen mit Art. 86 II EG zu lesen sei. Unternehmen, die von den Mitgliedsstaaten mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut worden seien, dürften damit ausschließliche Rechte nur verliehen werden, soweit Wettbewerbsbeschränkungen oder sogar der Ausschluss jeglichen Wettbewerbs von Seiten anderer Wirtschaftsteilnehmer erforderlich sei, um die Erfüllung der den Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe sicherzustellen.109 Damit unterliegt die Verleihung eines Gebietsmonopols bei Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.110 Der Begriff der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse wird im Vertrag nicht näher bestimmt. Durch das Wort „allgemein“ wird zunächst ausgedrückt, dass hierunter keine rein privaten Interessen fallen.111 Das Konzept der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im EG-Vertrag ist als Gegensatz zu Art. 4 I EG zu sehen, wonach die gemeinschaftliche Wirtschaftsordnung dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.112 Die Ausnahmestellung dieser Dienste wird in dem mit dem Vertrag von Amsterdam eingefügten Art. 16 EG betont. Daher wurde im Vertrag einem differenzierten Wirtschaftssystem, in dem der Staat durch eigene Unternehmen oder Vorschriften für private Unternehmen auf bestimmte, für essentiell gehaltene Leistungen Einfluss nehmen kann, der Vorzug vor einem völlig liberalen System gegeben.113 Insofern wird nicht allein auf den Wettbewerb als Regulierungsinstrument vertraut. Die Kommission unterscheidet die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dadurch von einfachen Dienstleistungen, dass erstere in den Augen des Staates auch dann erbracht werden müssen, wenn der Markt unter Umständen nicht genügend Anreize dafür gibt.114 Nach der Kommission sind die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden. Diese Gemeinwohlverpflichtungen wiederum stellen besondere Anforderungen der staatlichen Behörden an den Anbieter des betreffenden Dienstes dar, wie etwa die Leistung eines Universaldienstes.115 Die Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland unterliegen grundsätzlich sowohl einer Anschluss- als auch einer Versorgungspflicht, die auf EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533, Rdnr. 14. Grill, in: Lenz / Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 86 Rdnr. 19 (2003). 111 Grill, in: Lenz / Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 86 Rdnr. 24 (2003). 112 Hatje, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 16, Rdnr. 1 (2000). 113 Schwarze, Einführung, in: Schwarze, Daseinsvorsorge im Lichte des Wettbewerbsrechts, 13 (2001). 114 EG-Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endgültig, 8 (1996). 115 EG-Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge, 9. 109 110

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2. Abschn.: Privatisierung

die Monopolstellung von Wasserversorgungsunternehmen zurückzuführen ist, welche sich wiederum auf die große Bedeutung der Wasserversorgung für das Gemeinwohl stützt.116 Insofern ist die Wasserversorgung auch in Deutschland eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Zudem muss das Unternehmen mit der Erbringung der Dienstleistung betraut werden. Dies ist insofern problematisch, als dass in zahlreichen Bundesländern die Wasserversorgung durch zivilrechtliche Verträge mit privaten Unternehmern, den so genannten Konzessionsverträgen, geregelt wird. Gälten diese Unternehmen demnach allein aufgrund der zivilvertraglichen Grundlage nicht als staatlich betraut, wäre die Garantie von Gebietsmonopolen nicht als Ausnahme i. S. d. Art. 86 II EG zu sehen. Während hier manche fordern, dass nur ein Hoheitsakt der öffentlichen Gewalt eine Betrauung darstellen kann117, kann sich nach anderer Ansicht eine solche Betrauung auch aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung ergeben.118 Im Urteil Albany hat der EuGH konkludent eine Betrauung angenommen, als ein Mitgliedsstaat die Mitgliedschaft in einem Pensionsfonds als zwingend angeordnet hat.119 Wird ein Anschluss- und Benutzungszwang zugunsten eines Wasserversorgungsunternehmens erlassen, liegt daher unproblematisch ein öffentlich-rechtlicher Akt vor. Fraglich ist, ob dies genauso bei bloßem Abschluss eines zivilrechtlichen Konzessionsvertrages gilt. Diese Bestimmung ist aber im Zusammenhang mit § 103 GWB a. F. zu sehen, wonach durch ausschließliche Konzessionsverträge nur ein Wettbewerber im Markt zugelassen werden kann. Insofern beruht die Monopolstellung auf einer gesetzlichen Anordnung, die durch den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags mit der Gemeinde konkretisiert wird. Da die (in den meisten Ländern) privatrechtliche Konzession der Gemeinde keinen Hoheitsakt darstellt, muss zudem in Betracht gezogen werden, dass aufgrund des Nutzungsrechts für die Straßen und Wege für die Marktzulassung eines Wasserunternehmens zwangsweise die Zustimmung der betreffenden Kommune erforderlich ist. Der Zweck der Vorschrift, nämlich die Regelung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, gebietet hier, dass auf das staatliche Handeln, nicht aber auf die Rechtsform des Betrauungsaktes abgestellt wird. Indem eine Gemeinde ein Unternehmen zur Wasserversorgung in ihrem Gebiet zulässt und dieses durch vertragliche Maßnahmen zur Versorgung der Bevölkerung in diesem Gebiet verpflichtet, liegt daher eine Betrauung vor.

116 Ludwig / Odenthal / Hempel / Franke, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Bd. 2, AVBWasserV, Rdnrn. 137 ff. (2003). 117 EuGH, C-393 / 92, Almelo, Slg. 1994 I-1477, Rdnr. 47; Jung, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV-Kommentar, Art. 86 Rdnr 39. (2002). 118 Grill, in: Lenz / Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 86 Rdnr. 25 (2003); auch der Generalanwalt Léger hat in seinem Schlussantrag in der Sache C-309 / 99, Slg. I-1582, Rdnr. 160 auf die Verminderung der Anforderungen des Gerichtshofes an eine Betrauung hingewiesen. 119 EuGH, C-67 / 96, Albany International BV, Slg. 1999, I-5751, Rdnr. 89 ff.

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3. Die Verhältnismäßigkeit Indem Ausnahmen von der Geltung der Vertragsregeln in Art. 86 II EG zugelassen werden, stellt diese Vorschrift den zentralen normativen Ansatzpunkt für die Balance zwischen Liberalisierungspolitik und Gemeinwohlinteressen dar.120 Die tatsächliche Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe soll im Spannungsfall in den Grenzen der Vorschrift Vorrang vor der Anwendung der Regeln des EG-Vertrages haben.121 Welche wirtschaftlichen Tätigkeiten unter den Begriff der Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse fallen, obliegt dabei primär der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedsstaaten, welche die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse definieren, organisieren, finanzieren und kontrollieren.122 Die Kommission achtet darauf, dass die zu dem Zweck eingesetzten Mittel mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.123 Die Mitgliedsstaaten unterliegen dabei nur der Kontrolle auf offenkundige Fehler. Damit die Ausnahme greifen kann, muss der Versorgungsauftrag klar definiert und durch Hoheitsakt, wozu nach dem EuGH auch Verträge zählen, erteilt worden sein.124 Die Grenze für die Ausnahme bildet die dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderlaufende Beeinträchtigung der Entwicklung des Handelsverkehrs in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.125 Der Maßstab für die Erforderlichkeit der Ausnahme wird im Einzelfall bestimmt. Grundsätzlich können Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland vom Wettbewerb ausgenommen werden, indem ihnen Gebietsmonopole nach § 103 GWB a. F. zugesichert werden. Dies gilt freilich nur im Verhältnis der Gemeinde zu Wasserversorgungsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Zudem besteht die Möglichkeit der Errichtung eines Anschluss- und Benutzungszwangs nach den jeweiligen kommunalen Gesetzen. Der EuGH lässt weitgehende Ausnahmen von der Geltung der Vertragsvorschriften zu. Zur Sicherstellung der den Wasserunternehmen übertragenen Aufgaben sind nicht nur Wettbewerbsbeschränkungen, sondern sogar der Ausschluss jeglichen Wettbewerbs zulässig, solange dieser zur Erfüllung der besonderen Aufgabe erforderlich ist.126 Eine solche Ausnahme kann bereits erforderlich sein, Jung, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV-Kommentar, Art. 86 Rdnr.3 (2000). EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse KOM(2004) 374 endgültig, 8. 122 EG-Kommission, Weißbuch, 6. 123 EG-Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endgültig, 11 124 EuGH, C – 158 / 94, EDF, Slg. 1999, I-5815. 125 EG-Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endgültig, 12. 126 Burchard, in: Callies / Ruffert, EUV / EGV-Kommentar, Art. 86, 1023 (2000); EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533. 120 121

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2. Abschn.: Privatisierung

wenn die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtungen durch die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften beeinträchtigt wird, wobei nicht das Überleben des Unternehmens selbst gefährdet sein muss.127 Die Ausnahme greift bereits dann ein, wenn die Anwendung der Vertragsvorschriften die Erfüllung der besonderen Verpflichtungen, die dem betrauten Unternehmen obliegen, sachlich oder rechtlich gefährden würde. Daher können in Art. 86 II EG auch wirtschaftliche Überlegungen und Rentabilitätsaspekte in die Bewertung der Frage einfließen, ob eine Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erfüllt werden kann.128 Auch dann, wenn Gemeinwohlinteressen wie die öffentliche Gesundheit und der Umweltschutz durch private Unternehmen nicht ausreichend erfüllt werden können, kann der Staat anordnen, dass die Tätigkeit durch staatliche Stellen oder durch solche, über die der Staat einen entscheidenden Einfluss ausübt, ausgeübt wird.129 Grundsätzlich kann eine Verpflichtung des Unternehmens zur Schaffung einer gleichmäßigen Preisstruktur, d. h. zu Quersubventionierungen innerhalb eines Marktes, die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen voraussetzen und daher eine Einschränkung des Wettbewerbs von Seiten einzelner Unternehmer in wirtschaftlich rentablen Bereichen rechtfertigen, beispielsweise durch die Verleihung ausschließlicher Rechte.130 Die Grenze der Erforderlichkeit zieht der EuGH dort, wo das wirtschaftliche Gleichgewicht zwischen der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der Wettbewerbsausnahme nicht mehr gegeben ist.131 Dem Unternehmen müsse es ermöglicht werden, seine im allgemeinen Interesse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen.132 Der Ausschluss des Wettbewerbs ist aber dort ungerechtfertigt, wo von den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse abtrennbare Dienstleistungen erbracht werden, die das wirtschaftliche Gleichgewicht der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nicht in Frage stellen.133 Natürlich muss die Einhaltung des wirtschaftlichen Gleichgewichts auch dort beachtet werden, wo die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem Interesse selbst betroffen ist. Beispielsweise, wenn ein mit einer solchen Dienstleistung betrautes Unternehmen im Vergleich zum Aufwand der Dienstleistungserbringung überhöhte Einnahmen verzeichnet. Ein solches Ungleichgewicht stellt dann einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art. 82 EG dar, wenn das Monopolunternehmen seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt.134 EuGH, C-159 / 94, Kommission gegen Frankreich, Slg. 1994, I-5815, Rdnr. 59. Alber, Unternehmen der Daseinsvorsorge im europäischen Wettbewerbsrecht, in: Schwarze (Hrsg.), Daseinsvorsorge, 75 (2001). 129 EuGH, C-360 / 96, BFI Holding, Slg. 1998, I-6821, Rdnr. 52. 130 EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533, Rdnr. 17. 131 EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533, Rdnr. 19. 132 EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533, Rdnr. 16. 133 EuGH, C-320 / 91, Corbeau, Slg. 1993, I-02533, Rdnr. 19. 134 Vergleiche dazu EuGH, C-41 / 90, Elser, Slg. 1991, I-01979, Rdnr. 29. 127 128

B. Europarechtliche Vorgaben

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Die Frage nach der Erforderlichkeit der jeweiligen Struktur im Wassermarkt ist daher anhand des Aufgabenbestandes des jeweiligen beauftragten Unternehmens zu beurteilen. Als Rechtfertigung für die Erforderlichkeit dieser Maßnahmen kommen die mit der gegenwärtigen Struktur verbundene allgemeine Versorgungsverpflichtung und die externen Effekte im Rahmen des Umweltschutzes in Frage. Den deutschen kommunalen Wasserversorgungsunternehmen ist durch ihre allgemeine Versorgungspflicht die Versorgung der Einwohner ihres Versorgungsgebietes mit Wasser in ausreichender Qualität und Menge aufgetragen. Die Ausnahme vom Wettbewerb ist dann gerechtfertigt, wenn die Erfüllung dieser Gemeinwohlverpflichtung beeinträchtigt wird. Dies ist aufgrund der wirtschaftlichen Besonderheit der Wasserversorgung als natürliches Monopol nicht ausgeschlossen. Denn der Schutz vor Wettbewerb kann ein probates Mittel zur Quersubventionierung der Verbraucher sein, deren Versorgung sonst zu einem unangemessen hohen Preis zu erfolgen hätte. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn die Kommune ein fremdes öffentliches Unternehmen oder einen privaten Dritten zur Wasserversorgung heranzieht.135 Insofern kann die Ausnahme vom Wettbewerb nur gerechtfertigt sein, solange ein Unternehmen vor Wettbewerb geschützt werden muss, um seine Investitionen und eine Rendite erwirtschaften zu können.136 Allerdings wird möglicherweise zur Wahrung des wirtschaftlichen Gleichgewichts eine zeitliche Grenze für die Ausnahme vorgegeben, die zwar sicherstellen soll, dass das beauftragte Unternehmen seine im allgemeinen Interesse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen erfüllen kann, andererseits aber eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Wettbewerbs verhindert.137 Hinsichtlich dieses Zeitraums bestehen jedoch noch keine genaueren Vorgaben. Unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen der Wasserversorgung ist die Einräumung der Gebietsmonopole verhältnismäßig, solange die bestehende Struktur der Sicherung ausgeglichener Preisstrukturen innerhalb des Marktes dient.138 Die Ausnahme umfasst jedoch nicht die Auswahl des privaten Partners, so dass die Vergabe der Gebietskonzessionen im Wettbewerb erfolgen muss. Fraglich ist zudem die Berechtigung der Demarkationsvereinbarungen nach § 103 I Nr. 1 GWB a. F. Die Vorschrift gestattet es Wasserversorgungsunternehmen, Gebietsabsprachen untereinander zu treffen. Hierbei findet nicht eine Beauftragung mit einer Gemeinwohlverpflichtung durch eine staatliche Stelle zur Versorgung eines bestimmten Gebietes statt, sondern die Wasserversorgungsunterneh135 Dies gilt nicht für kommunale Zusammenschlüsse und die Organisationsprivatisierung, da die Kommune hier nur die Rechtsform der eigenen Aufgabenwahrnehmung ändert bzw. durch Kooperation mit anderen Kommunen das „Verwaltungsgebiet“ hinsichtlich der einen Aufgabe vergrößert. 136 M. w. N. Weiß, Europarecht und Privatisierung, AöR 2003 Bd. 128, 91, 106. 137 Gee, Competition and the water sector, Competition Policy Newsletter 2004, 38, 40. 138 Im Ergebnis auch Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 126 (2004).

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2. Abschn.: Privatisierung

men bestimmen selbst die Reichweite ihrer Versorgungstätigkeit. Hierdurch organisiert nicht der Staat die Finanzierung der Erfüllung der Gemeinwohlaufgabe, sondern die Unternehmen schützen sich selbst vor Konkurrenz. Man könnte nun dahin argumentieren, dass die Ausübung der Wasserversorgung allein bereits die Wahrnehmung einer Gemeinwohlverpflichtung darstellt, da hieran zahlreiche zivilrechtliche Anforderungen geknüpft sind und eine wettbewerbliche Wasserversorgung in Deutschland aufgrund der erforderlichen Nutzung der kommunalen Wege ohnehin nicht möglich ist. Damit könnten solche Verträge nur der Präzisierung kommunaler Beauftragungen dienen. Dies wäre etwa der Fall, wenn verschiedene Teile eines Gemeindegebietes von unterschiedlichen Unternehmen versorgt werden. Jedoch besteht für Wasser keine Zusatzklausel wie § 103a I 2 GWB a. F. für die Elektrizitätswirtschaft enthielt. Hierdurch wird die Laufzeit eines Demarkationsvertrags an die Laufzeit des für ein Gebiet gültigen Konzessionsvertrages geknüpft, so dass eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs bei einer Neuvergabe nicht ausgeschlossen werden kann. Derartige Demarkationsverträge fallen somit nicht unter die Ausnahme des Art. 86 II EG und verstoßen somit gegen Art. 81 EG. Art. 86 II EG ist vom EuGH als unmittelbar anwendbar eingestuft worden.139 Somit ist jede mitgliedsstaatliche Behörde und jedes Gericht zur Auslegung der Vorschrift befugt und kann unter Beachtung der vom EuGH aufgezeigten Kriterien entscheiden, ob eine Betrauung mit einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse vorliegt und ob deren Erfüllung durch die Anwendung der Wettbewerbsregeln verhindert wird.140

III. Die Befugnisse der EG für Marktöffnungsmaßnahmen Den bisherigen Ermächtigungsgrundlagen für Marktöffnungsmaßnahmen wurde im Verfassungsvertrag eine weitere hinzugefügt.

1. Die Ermächtigungsnormen des EG-Vertrags Durch Art. 86 II EG wird der tatsächlichen Erfüllung einer Gemeinwohlaufgabe im Spannungsfall Vorrang vor der Anwendung der EG-Vertragsregeln eingeräumt. Hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung dieser Aufgaben aber ermöglicht der EG-Vertrag, deren Erfüllung mit den Wettbewerbszielen der Europäischen Union insgesamt zu vereinbaren.141 139 EuGH Rechtssache 66 / 86, Ahmed Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro GmbH, Slg. 1989, 803, 853. 140 Alber, Unternehmen der Daseinsvorsorge im europäischen Wettbewerbsrecht, in: Schwarze, Daseinsvorsorge, 85 (2001). 141 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse KOM(2004) 374 endgültig, 8.

B. Europarechtliche Vorgaben

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Die Anwendung des Art. 86 II EG unterliegt der Überwachung durch die Kommission nach Art. 86 III EG. Zugleich ermächtigt die Regelung die Kommission zum Erlass von Richtlinien und Entscheidungen gegenüber den Mitgliedstaaten. Die Kommission hat hierauf gestützt bereits zahlreiche Liberalisierungsrichtlinien erlassen. So wurde die Liberalisierung des Telekommunikationssektors weitgehend auf dieser Grundlage durchgeführt.142 Mögliche Liberalisierungsmaßnahmen könnten zudem auf Art. 95 EG als Lex specialis zu Art. 94 EG gestützt werden. Die Vorschriften dienen der Vereinheitlichung und insbesondere der Herstellung des Binnenmarktes und sind damit auf Grund ihres wettbewerblichen Schwerpunkts anwendbar.143

2. Art. III-122 der Europäischen Verfassung Eine weitere Rechtsgrundlage für Maßnahmen auf europäischer Ebene enthält der europäische Verfassungsvertrag (EUVerf).144 Der Europäische Konvent fügte mit Art. III-6, der eine Neufassung des Art. 16 EGV darstellt, dem Verfassungsentwurf eine weitere Kompetenznorm hinzu, die in abgewandelter Form als Art. III-122 Teil des noch von den Mitgliedsstaaten zu ratifizierenden Verfassungsentwurfs wurde. Danach können die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch europäische Gesetze festgelegt werden. Diese Festlegung erfolgt unbeschadet der Zuständigkeit der Mitglieder, diese Dienste im Einklang mit der Verfassung zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren. Mit dieser Regelung wird klar gestellt, dass die Mitgliedstaaten nach wie vor die Zuständigkeit für Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse behalten. Dennoch wird hier die Kompetenz für den Erlass eines europäischen Gesetzes geschaffen, welches derzeit einer Verordnung nach Art 249 II EG entspricht und von der Kommission den Rat vorgeschlagen werden muss.145 Nach Ansicht der Kommission sind jedoch schon die im EG-Vertrag verankerten Befugnisse hinsichtlich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse angemessen und ausreichend, um EU-weit ordnungsgemäß funktionierende Dienste beibehalten und entwickeln zu können.146

142 Dohms, Die Vorstellungen der Kommission zur Daseinsvorsorge, in: Schwarze, Daseinsvorsorge, 65 (2001). 143 Dazu m. w. N. Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 129 ff. (2004). 144 Vertrag über eine Verfassung für Europa vom 29. 10. 2004. 145 Deuster, Das Weißbuch zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, EuZW 2004, 526, 528. 146 EG-Kommission, Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse KOM(2004) 374 endgültig, 7.

8 Forster

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2. Abschn.: Privatisierung

Bereits das Ringen um den endgültigen Verfassungstext zeigt aber, dass nach wie vor zwischen der Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips und der ausdrücklichen Anerkennung mitgliedstaatlicher Gestaltungsfreiheit für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ein Konfliktpotenzial besteht.147

IV. Zusammenfassung Das Europarecht trifft keine Aussage darüber, ob die öffentlich-rechtliche oder die private Aufgabenwahrnehmung der Wasserversorgung vorzuziehen ist. Die entsprechenden europäischen Regelungen entfalten einen wirtschaftlichen, nicht aber einen rechtlichen Privatisierungsdruck. Die gegenwärtige Struktur der Wasserversorgung in Deutschland ist als Ausnahme nach Art. 86 II EG mit dem Vertrag grundsätzlich vereinbar, solange ein wirtschaftliches Gleichgewicht zwischen der Erfüllung der jeweiligen Gemeinwohlaufgabe und der Ausnahme von den Wettbewerbsregeln besteht. Die Beurteilung muss für den jeweiligen Einzelfall gesondert erfolgen. Nicht verhältnismäßig sind jedoch überlange Vertragslaufzeiten und Ungleichbehandlungen bei der Auswahl des privaten Partners.

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken Das Grundgesetz erwähnt Wasser – mit Ausnahme der See- und Binnenwasserstraßen, Art. 74 I Nr. 21 GG – ausdrücklich in der Kompetenznorm des Art. 75 I Nr. 4 Alt. 3 GG, worin dem Bund die Rahmenkompetenz für den Wasserhaushalt erteilt wird. Zudem könnten sich Privatisierungsschranken aus dem Sozialstaatsprinzip, der Selbstverwaltungsgarantie, der Daseinsvorsorge und dem Funktionsvorbehalt ergeben.

I. Die Daseinsvorsorge als Verfassungsdirektive Der Begriff der Daseinsvorsorge ist nicht in der Verfassung geregelt. Wenn der Begriff auf seine Eignung zur Privatisierungsschranke an dieser Stelle untersucht wird, so geschieht dies in Beachtung der Tatsache, dass der Begriff in Rechtsprechung und Literatur ein Eigenleben „irgendwie neben der konkreten Normordnung“148 entwickelt hat. Obwohl die Bedeutung des Konzeptes der Daseinsvor147 Schwarze, Das wirtschaftsverfassungsrechtliche Konzept des Verfassungsentwurfs des Europäischen Konvents – zugleich eine Untersuchung der Grundprobleme des europäischen Wirtschaftsrechts, EuZW 2004, 135, 139.

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken

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sorge nach seinem Entwurf mittlerweile stark an Bedeutung verloren hat149 und ihm nur noch deskriptive, nicht aber rechtliche Wirkungen zugestanden werden150, findet der Begriff nach wie vor Verwendung.151 Die Daseinsvorsorge als Rechtsproblem entdeckte Forsthoff im Jahre 1938.152 Seine besondere Leistung bestand darin, auf die jahrzehntelang bestehende Diskrepanz zwischen der Dominanz der Verwaltungsaufgaben der Gefahrenabwehr und Abgabenerhebung im System des Verwaltungsrechts auf der einen Seite und die Vielfalt der von der Verwaltung tatsächlich ausgeübten Aufgaben auf der anderen Seite hinzuweisen.153 Denn seit den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts, also schon 50 Jahre vor Forsthoffs Entdeckung, hatten die Kommunen im Rahmen des Kommunalsozialismus mit der Versorgung der Bevölkerung begonnen.154 Die Daseinsvorsorge dient Forsthoff in der letzten Ausgabe seines Lehrbuches als Leitbegriff zur Zusammenfassung der Funktionen der leistenden Verwaltung. Sie umfasse alles, „was von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen bestimmte Personenkreise in den Genuss nützlicher Leistungen zu versetzen.“155 In früheren, zu Zeiten des Nationalsozialismus verfassten Schriften versuchte Forsthoff mit dem Prinzip der Daseinsvorsorge ein Teilhaberecht des Bürgers an Leistungen des Staates zu begründen, da davon ausgegangen wurde, dass die leistende Verwaltung an die Formen des öffentlichen Rechts und insbesondere die Grundrechte nicht gebunden sei.156 Das Konzept der Daseinsvorsorge diente daher dem Ziel, für die privat148 Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, 109 (1989); Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 351 (2001). 149 Dazu ausführlich Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 353 ff. (2001). 150 M. w. N. G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 116 (1998); Forsthoff reduziert die Daseinsvorsorge in der letzten Auflage des „Lehrbuch des Verwaltungsrechts“ selbst auf einen „Leitbegriff, unter dem die Funktionen der leistenden Verwaltung zusammenzufassen sind“, ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 370 (1973). 151 Siehe beispielsweise die Mitteilung der Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000) 580 endgültig, bei der der Begriff ,Services of General Interest‘ mit Daseinsvorsorge übersetzt wurde. Mittlerweile scheint sich aber auch hier die Übersetzungspraxis wieder geändert zu haben. An Stelle von ,Daseinsvorsorge‘ wird nun der näher an den Wortlaut des Art. 86 II EG angelehnte Begriff der ,Dienstleistungen von allgemeinem Interesse‘ verwendet, siehe EG-Kommission, Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endgültig. 152 Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, 5 (1938). 153 Wahl, Die Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, in: HoffmannRiem u. a., Reform des allgemeinen Verwaltungsrechts, 188 (1993). 154 Wahl, Die Aufgabenabhängigkeit von Verwaltung und Verwaltungsrecht, 189 (1993). 155 Zu allem Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, 370 (1973); Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck der Leistungsverantwortung und der soziale Rechtsstaat, DÖV 1966, 624, 626 ff. 156 Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 10 (1959) sowie sein eigener Hinweis dort im Vorwort, seine Schrift Die Verwaltung als Leistungsträger (1938) enthalte den Satz „die Grundrechte gehörten der Geschichte an“.

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2. Abschn.: Privatisierung

rechtlich handelnde Verwaltung verwaltungsrechtliche Rechtsfolgen zu begründen, indem sie die Gewährung von Leistungen durch die Verwaltung ohne Rücksicht auf die angewandte Rechtsform einheitlich als Ausübung öffentlicher Verwaltung begreift und damit dem Verwaltungs(privat)recht unterstellt.157 Mit der Entwicklung des insbesondere dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 I GG unterliegenden Verwaltungsprivatrechts entfiel somit das Bedürfnis nach dem ein Teilhaberecht begründenden Konzept der Daseinsvorsorge. Bisweilen wird dem Begriff der Daseinsvorsorge jedoch weiterhin Kompetenz begründende und Aufgaben zuweisende Wirkung zuerkannt.158 So vertrat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 1957 die Ansicht, dass die Versorgung mit Wasser, Gas, Licht und Elektrizität sowie die Bereitstellung von Verkehrsmitteln der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse der Bevölkerung diene und in unlösbarem Zusammenhang mit der Erfüllung anderer öffentlicher Aufgaben stehe, insbesondere der Gesundheitspflege, der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der örtlichen Planung.159 Daher handele es sich hierbei um Verwaltungsaufgaben im engeren Sinne, die durch das Moment der Notwendigkeit ausgezeichnet seien, und das Gericht ordnete sie somit dem Funktionskern der Gemeindeverwaltung zu. Diese Ansicht wurde zu Recht kritisiert. Mit diesem Begriffsdenken sei ein Rückfall in vorstaatliche bzw. vorverfassungsrechtliche Überzeugungen von der Existenz natürlicher oder ihrem Wesen nach staatlicher Aufgaben verbunden, der mit der – schließlich auch von Forsthoff selbst erkannten – Gefahr der Entstehung eines omnipotenten Verwaltungsstaates unter Verkehrung der Daseinsvorsorge in ein politisches Machtmittel verbunden sei.160 Folgt man der Ansicht des BayVerfGH, so schließt man aus der Zugehörigkeit einer Tätigkeit zur Daseinsvorsorge auf eine staatliche Aufgabe zur Wahrnehmung dieser Tätigkeit. Mit dem Hinweis auf die Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse der Bevölkerung im Rahmen der Aufgabe der Daseinsvorsorge lässt sich der gemeindliche Aufgabenkreis beliebig erweitern und entzieht sich der Gestaltung durch den Gesetzgeber. Das BVerfG bezeichnet die Wasserversorgung in ständiger Rechtsprechung als typische, die Daseinsvorsorge betreffende Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften.161 Dies könnte man ebenfalls als Zuweisung einer Pflichtaufgabe der Wasserversorgung an die Gemeinden verstehen, wenn mit Daseinsvorsorge ein Kreis staatlicher, hier kommunaler Pflichtaufgaben gemeint wäre. Das Gericht 157 So Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck, DÖV 1966, 624, 627; zur verfassungsrechtlichen Bewältigung der Grundrechtsgebundenheit des gesamten Staatshandelns ausführlich Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 373 ff. (2001). 158 So Friesenhahn, Grundgesetz und Energiewirtschaft, Ew 1957, Sonderdruck Nr. 453, 12; Cronauge, Wasserversorgung als Bestandteil gemeindlicher Daseinsvorsorge, StuGR 1990, 346. 159 BayVerfGH, E. v. 23. 12. 1957 – 107, 114, 117-VII-56. 160 Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 383 (2001). 161 BVerfG, NJW 1990, 1783; BVerfGE 38, 258.

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken

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führt in der Entscheidung aus, dass juristischen Personen des Privatrechts (im Fall eine kommunale Eigengesellschaft) die Grundrechtsfähigkeit fehlt, wenn deren „Funktion in der Wahrnehmung gesetzlich zugewiesener und geregelter öffentlicher Aufgaben der Daseinsvorsorge“ besteht.162 Offensichtlich geht das Gericht davon aus, dass auch Aufgaben der Daseinsvorsorge einer gesetzlichen Zuweisung und Regelungen bedürfen. Der Begriff der Daseinsvorsorge fehlt zudem in den vom BVerfG an dieser Stelle zitierten Entscheidungen.163 Somit legt das Gericht die Betonung darauf, dass es sich um gesetzlich zugewiesene und geregelte Aufgaben handelt. Würde die Zugehörigkeit einer Aufgabe der Daseinsvorsorge deren Charakter als Pflichtaufgabe der Kommune implizieren, wäre der Verweis auf die gesetzliche Zuweisung überflüssig. Daher kann aus der Entscheidung nicht gefolgert werden, dass allein die Zugehörigkeit einer Aufgabe zur Daseinsvorsorge ohne gesetzliche Zuweisung eine kommunale Pflichtaufgabe begründet. Demnach ist Schmidt-Aßmann zuzustimmen, welcher feststellte, dass „der Begriff der Daseinsvorsorge daher eher für die Beschreibung eines soziologischen Sachverhalts als für die Vornahme einer Kompetenzzuweisung“ steht.164 Auch nach Badura interpretiert der Begriff der Daseinsvorsorge lediglich die leistenden Verwaltungstätigkeiten, postuliert aber nicht die Begründung neuer Leistungsfunktionen oder den Bestand der Leistungsfunktionen der Verwaltung.165 Der Begriff der Daseinsvorsorge hat seine Bedeutung als Rechtsbegriff verloren.

II. Der Universaldienst als Ausprägung des Sozialstaatsprinzips Im Rahmen der Privatisierung der Deutschen Bundespost wurde Art. 87 f. I GG in das Grundgesetz aufgenommen, worin das Universaldienstprinzip im Bereich der Post und Telekommunikation normiert wird.166 Art. 87 f. I GG ist eine bereichspezifische Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips. 167 Daher stellt sich die Frage, ob derselbe Rechtsgedanke der Gewährleistungsverantwortung, der in Art. 87 f. GG sanktioniert wurde, nicht ebenso im Sektor der Wasserversorgung gilt.

BVerfG, NJW 1990, 1783. BVerfGE 68, 193, 209, 213; BVerfGE 70, 1, 15. 164 Schmidt-Aßmann, Kommunen und örtliche Energieversorgung, in: Hüffer / Ipsen / Tettinger, Festschrift für Fabricius, 251, 253 (1989). 165 Badura, Die Daseinsvorsorge als Verwaltungszweck, DÖV 1966, 624, 628. 166 Als Synonym für Universaldienst finden auch die Begriffe der Grundversorgung oder der Pflichtleistung Verwendung, G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 393 (1998). 167 M. w. N. Windthorst, Der Universaldienst im Bereich der Telekommunikation, 258 (2000). 162 163

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2. Abschn.: Privatisierung

1. Das Sozialstaatsprinzip als Handlungsauftrag Das Sozialstaatsprinzip ist eine verbindliche Direktive, dem die Schutz- und Vorsorgepflicht des Staates für die Grundlagen menschenwürdigen Lebens entnommen wird.168 Nach dem BVerfG ist der soziale Staat zur aktiven Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung aufgerufen und legitimiert.169 Der soziale Rechtsstaat wird daher als Staat definiert, der aktiv gestaltend die Voraussetzungen für die Freiheitsbetätigung seiner Bürger verbessert, wozu die Daseinsvorsorge gehören soll.170 Nach dem BVerfG stellt das Sozialstaatsprinzip dem Staat „eine Aufgabe, sagt aber nichts darüber, wie diese Aufgabe im einzelnen zu verwirklichen ist – wäre es anders, dann würde das Prinzip mit dem Prinzip der Demokratie in Widerspruch stehen: die demokratische Ordnung der Grundgesetzes würde als Ordnung eines freien politischen Prozesses entscheidend eingeschränkt und verkürzt, wenn der politischen Willensbildung eine so und nicht anders einzulösende verfassungsrechtliche Verpflichtung vorgegeben wäre“.171 Das soziale Prinzip verpflichte den Staat zwar zu sozialer Aktivität, bestimme aber nur das ,Was‘, also das Ziel, die gerechte Sozialordnung und lasse für das ,Wie‘, d. h. für die Erreichung dieses Ziels, alle Wege offen.172 Das Sozialstaatsprinzip kann die Träger öffentlicher Gewalt zur Wahrnehmung lebensnotwendiger Versorgungsaufgaben verpflichten, trifft aber keine Aussage darüber, ob und inwieweit kommunale Körperschaften bestimmte Einrichtungen selbst betreiben müssen.173 Gerade bei Tätigkeiten wie der Wasserversorgung wird aber bisweilen aus dem Sozialstaatsprinzip ein allgemeiner Verfassungsauftrag zu staatlichem Leistungshandeln entnommen. Aus der Zugehörigkeit zum Bereich der Daseinsvorsorge und der Lebensnotwendigkeit für das Wohl der Gemeindeeinwohner wird dann die Verpflichtung zur staatlichen Durchführung der Aufgabe der Wasserversorgung gefolgert.174 Auch der in Erfüllung des Sozialstaatsprinzips handelnde Staat bleibt jedoch dem Rechtsstaatsprinzip und den grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen unterworfen. Zumal sich der Staat auf dem Gebiet der öffentlichen Versorgung in konkurrierender Zuständigkeit mit der freien Wirtschaft bewegt, bedarf auch eine sozi168 Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 482 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerfG seit BVerfGE 1, 97, 105 (2001). 169 BVerfGE, 8, 274, 329. 170 Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 106 (2000). 171 BVerfGE 59, 231, 263. 172 BVerfGE 22, 180, 204. 173 Peine, Grenzen der Privatisierung, DÖV 1997, 353, 356. 174 Cronauge, Wasserversorgung als Bestandteil gemeindlicher Daseinsvorsorge, StuGR 1990, 346; ders., Kommunale Unternehmen, 28 (1997).

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken

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alstaatliche Tätigkeit der erforderlichen Kompetenzen.175 Durch sozialstaatliche Motive können insbesondere nicht Bedenken aus den Art. 2, 12 und 14 GG „von Verfassungs wegen“ ausgeräumt werden, die gegenüber einem staatlichen Selbsteintritt mit Hilfe in öffentlicher Hand befindlicher Unternehmen bestehen.176 Zu Recht kritisiert Löwer diese „nicht näher determinierte Anwendung des Sozialstaatsprinzips als Legitimationsgrundlage staatlicher Initiative.“ Obwohl eine Tätigkeit aus sozialstaatlichen Gründen unternommen werden soll, muss der Staat also seinen ausführenden Organen eine entsprechende Kompetenz schaffen. Mit der Begründung einer Aufgabe als essentiell und einer Berufung auf das Sozialstaatsprinzip wird diese Anforderung noch nicht erfüllt, geschweige denn eine kommunale Pflichtaufgabe begründet. Damit schreibt das Sozialstaatsprinzip nicht vor, dass der Staat selbst die Wasserversorgung durchzuführen hat. Eine verfassungsrechtliche Anordnung bezüglich der Wasserversorgung in Gestalt einer objektiven Gewährleitungsverpflichtung findet sich möglicherweise im verfassungsrechtlichen Kern des Sozialstaatsprinzips. Dieser Kern, der das Sozialstaatsprinzip aus der „intentionalen Weite einer Staatszielbestimmung [ . . . ] auf einen verfassungsrechtlichen Kernbereich zurückführt“ beinhaltet nach Stern zwei Grundmaximen: die soziale Gerechtigkeit und die soziale Sicherheit.177 Hier soll eine im Sozialstaatsprinzip „domestizierte“ staatliche Daseinsvorsorge ihren Platz haben.178 Das Sozialstaatsprinzip schreibt die Sicherung eines Existenzminimums vor.179 Relevant ist aufgrund der Lebensnotwendigkeit der Wasserversorgung der Gesichtspunkt der sozialen Sicherheit, unter dem der Bürger zur Teilhabe an existenzwichtigen Gütern und Versorgungsleistungen berechtigt wird.180 Diese staatliche Verpflichtung muss aufgrund ihrer lebenswichtigen Bedeutung für die Wasserversorgung gelten. Daher hat der Staat die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser zu sichern. Wie er dies ausführt, wird allerdings dem staatlichen Ermessen überlassen. Zur Wahl steht der staatliche Selbsteintritt oder die Regulierung privaten Handelns. Dabei ist der Staat bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung umso freier, je besser die Versorgung mit Wasser durch den freien Markt organisiert wird. Überlässt der Staat die Wasserversorgung dem Markt, zeigt sich der Unterschied des sozialstaatlichen zum oben besprochenen Daseinsvorsorgekonzept Forsthoffs181: Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 485 (2001). Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 487 (2001). 177 Stern, Staatsrecht, Bd. 1, 909 f., 911 (1984). 178 Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 485 (2001); Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 106 (2000); Schnapp, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20, Rdnr. 36 (2001). 179 Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 99 (2000). 180 Das BVerfG spricht von der Gewährung des „Existenzminimums, das ein menschenwürdiges Leben überhaupt erst möglich macht“, BVerfGE 45, 187, 228. 181 Siehe C. I. 175 176

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2. Abschn.: Privatisierung

denn unter das sozialstaatliche Verständnis der Daseinsvorsorge fallen Güter, die nicht allein vom Staat, sondern auch von Privaten erbracht werden.182 Damit ist zugleich die Frage beantwortet, ob hinsichtlich jedes lebensnotwendigen Gutes eine staatliche Gewährleistungsverantwortung bestehen soll. Im Zusammenhang mit der Lebensnotwenigkeit eines Gutes und dem Ruf nach staatlichem Tätigwerden wird oftmals das Beispiel der Bäckerei genannt, hinsichtlich derer niemand nach staatlicher Gewährleistung rufe.183 Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass staatliches Eingreifen in einen Markt aus dem Gesichtspunkt des Sozialstaatsprinzips unnötig ist, wenn der Markt die Versorgung mit existenzwichtigen Gütern besorgt. Es steht dem Staat frei, die Versorgung selbst wahrzunehmen oder Privaten zu überlassen. Er kann die Versorgung durch Quersubventionierungen innerhalb von Versorgungsmonopolen oder durch steuerfinanzierte Subventionen sicherzustellen. Die Organisation der Wasserversorgung kann demnach auch dem Markt überlassen werden. Eine Handlungspflicht ergibt sich nur, wenn der Zugang zur Wasserversorgung als existenzwichtigem Gut gefährdet ist.184

2. Die Gewährleistung eines Universaldienstes Der Begriff der Gewährleistungsverantwortung hinsichtlich der Wasserversorgung bedarf der Konkretisierung. Eine Grundversorgung besteht faktisch aus dreierlei Elementen: Zunächst ist der Zugang zur Wasserversorgung für den Einzelnen zu sichern, d. h. die Leistung darf ein bestimmtes Preisniveau nicht überschreiten. Zudem muss die Qualität und Quantität der Wasserversorgung gewährleistet sein. Diese Bedingungen sind daher die auch in Art. 87 f. I GG normierten Voraussetzungen eines Universaldienstes. Denn es handelt sich hierbei um die insbesondere in den Vereinigten Staaten und der EU anerkannten Prinzipien zum Schutz einzelner Verbraucher beim Umgang mit natürlichen Infrastrukturmonopolen. Dass diese Prinzipien auch in Ländern wie den Vereinigten Staaten Geltung besitzen, in denen ein Sozialstaatsprinzip keinen Verfassungsrang besitzt, spricht nicht gegen die Einordnung des Universaldienstes unter das Sozialstaatsprinzip. Es unterstreicht vielmehr die Bedeutung dieser Prinzipien für das Gemeinwohl, so dass sie in Deutschland, in denen ein sozialstaatlicher Mindeststandard gewährt wird, erst recht gelten müssen. Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 485 ff. (2001). M. w. N. Hellermann, Wasserversorgung als Gegenstand kommunaler Daseinsvorsorge, in: Ipsen, Wasserversorgung, 44 (2003). 184 So kann beispielsweise das Existenzminimum zwar dem Staat ein Handeln aufgeben. Dennoch kann dies so ausgestaltet sein, dass nicht das Wasserversorgungsunternehmen den Bedürftigen durch kostenlose Wasserlieferungen unterstützen muss, sondern der Träger der Sozialhilfe die Zahlung der Wasserrechnungen ermöglicht, BVerfG (Vorprüfungsausschuss), Beschluss vom 30. 9. 1981, NJW 1982, 1511. 182 183

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Der Begriff des Universaldienstes wurde weder in Deutschland noch den Vereinigen Staaten bislang im Zusammenhang mit der Wasserversorgung verwendet. Auf den ersten Blick mag dies verwundern, ist die Wasserversorgung doch der älteste der infrastrukturgebundenen Sektoren. Dies wird jedoch verständlich, wenn man bedenkt, dass der Begriff des ,Universal Service‘ auch in den Vereinigten Staaten erst im Zusammenhang mit der Marktöffnung des Telekommunikationsmarktes in den 90er Jahren bekannt und von dort über den britischen Sprachraum in der europäischen Union verbreitet wurde.185 Unabhängig vom Bereich der Telekommunikation verwendet die Kommission den Begriff mittlerweile als Ausdruck eines Konzeptes, wonach jedermann Zugang zu bestimmten Diensten haben soll, die als essentielle Leistungen gelten.186 Der Universaldienstbegriff findet heute vor allem dort Verwendung, wo Quersubventionen aufgrund der Einbringung von Wettbewerb in ein ehemals geschütztes Monopol nicht mehr möglich sind, um bestimmte soziale Zielsetzungen zu verfolgen. Der Universaldienst beerbt somit dort begrifflich das jahrhundertealte Prinzip der ,Public Utility‘ in den Vereinigten Staaten, wo die monopolistischen Strukturen aufgebrochen und Subventionen direkt erfolgen. In ihren tatsächlichen Auswirkungen sind Universaldienst- und ,Public Utility‘-Konzept jedoch identisch, da eine ,Public Utility‘ ihren Kunden letztlich einen Universaldienst anbieten muss. In Deutschland bietet sich jedoch die Verwendung des Begriffes des Universaldienstes auch in der Wasserversorgung an, da der Begriff der Daseinsvorsorge zu eng ist. Dieser findet zwar aufgrund der meist in öffentlichem Eigentum befindlichen Wasserversorgungsunternehmen immer noch Verwendung, erfasst in seiner Fixierung auf die leistende Verwaltung aber nicht den ein Versorgungsunternehmen betreibenden Privaten. Neuere Versuche, die Daseinsvorsorge als Überbegriff für die gewährleistende und regulierende Verwaltung zu definieren, bedeuten freilich eine Änderung des Begriffsverständnisses Forsthoffs.187 Insofern kann man die Daseinsvorsorge als die Gewährleistung eines Universaldienstes bezeichnen. Die zur Gewährleistung des Universaldienstes erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus der Struktur der jeweiligen Dienste. Aus den besonderen wirtschaftlichen Bedingungen von Infrastruktursektoren wie der Wasserversorgung wird eine 185 Der Begriff fand schon früher Verwendung. Bereits 1993, also vor der Öffnung der Telekommunikationsmärkte in den Vereinigten Staaten im Jahr 1996 hatten 18 Staaten und der District of Columbia Sozialprogramme im Infrastrukturbereich aufgelegt, wie etwa Kaliforniens Universal Lifeline Telephone Service Program, Phillips, The Regulation of Public Utilities, 474 (1993). 186 EG-Kommission, Weißbuch für Dienste von allgemeinem Interesse, KOM(2004) 374 endgültig, 9; EG-Kommission, Grünbuch für Dienste von allgemeinem Interesse, KOM(2003) 270 endgültig, 18. 187 Für eine modifizierte Anwendung des Begriffes der Daseinsvorsorge beispielsweise Weiß, welche die Daseinsvorsorgeaufgabe in die drei Stufen der Leistungsverwaltung, Reglementierung und Subventionierung unterscheidet, dies., Liberalisierung der Wasserversorgung, 100 f. (2004).

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allgemeine Gewährleistungspflicht des Staates abgeleitet, die den Staat zur Ergreifung legislativer und administrativer Maßnahmen zwecks Sicherung des Zugangs zur Wasserversorgung veranlasst.188 Der Staat ist verpflichtet, bei für die Bevölkerung lebenswichtigen Institutionen wie der Wasserversorgung für eine dauerhafte und gleichmäßige Leistungserbringung zu sorgen.189 In der Wasserversorgung muss ein unregulierter Markt zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der sozialen Sicherheit führen, da Wasserversorgungsunternehmen die Wasserversorgung Gewinn maximierend einrichten werden. Unrentable Versorgungsgebiete werden dann überhaupt nicht oder zu so hohen Kosten versorgt, dass einem Teil der Bevölkerung der Zugang zur Wasserversorgung verwehrt bleiben wird. Das Sozialstaatsprinzip sichert insofern die Angemessenheit der Leistung, als dass der Staat Strukturen zu schaffen hat, die dem Bürger einen Zugang gegen angemessenes Entgelt zu diesen lebensnotwendigen Gütern sichert. Eine Möglichkeit stellt hierbei die Errichtung von Gebietsmonopolen dar, innerhalb derer ein einheitliches Preisniveau von Stadt und Land durch Quersubventionen geschaffen wird. Ebenso ist die wettbewerbliche Ausgestaltung möglich, wenn die Ziele des Universaldienstes damit erreicht werden. Gegenwärtig sind die den Universaldienst in Deutschland bestimmenden Vorgaben mangels einheitlicher Regelung auf zahlreiche Gesetze verstreut. Insbesondere die Anschluss- und Versorgungspflicht durch private Unternehmen wird durch einen Flickenteppich gerichtlicher Einzelentscheidungen in bester anglo-amerikanischer ,Case-Law‘-Tradition vorgegeben.190 Die Preiskontrolle erfolgt durch die Kartellbehörden und die Gerichte.191 Die Qualität und Quantität der Trinkwasserversorgung wird hingegen insbesondere durch die TrinkwasserVO, die Modalitäten der Leistungserbringung durch die AVBWasserV ggf. in Verbindung mit entsprechenden Benutzungssatzungen gesichert.

3. Ergebnis Das Sozialstaatsprinzip steht Privatisierungsvorgängen somit nicht entgegen. Jedoch wird im Rahmen der Wasserversorgung dem Staat die Gewährung eines Universaldienstes aufgegeben, wonach der Staat flächendeckend eine angemessene und ausreichende Wasserversorgung zu gewähren hat. Dieses Ergebnis wird auch 188 Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 486 (2001); G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 305 (1998). 189 Bauer, VVDStRL 54 (1995), 204 (Fn. 130), 296; Tiemann, Privatisierung öffentlicher Verwaltungstätigkeit, BayVBl. 1976, 261, 267. 190 Siehe dazu die Aufzählung der unterschiedlichen Begründungen für die Anschlussund Versorgungspflicht, die von §§ 134, 826 BGB über das Konzept der Daseinsvorsorge bis hin zu einer analogen Anwendung des § 10 EnWG reichen bei Ludwig u. a., Recht der Elektrizitäts-, Gas und Wasserversorgung, Band 2, AVBWasserV, 45 (2004). 191 Siehe hierzu fünfter Abschnitt D.

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durch die Praxis bestätigt, da die Wasserversorgung de facto auch in Ländern, in denen sie keine kommunale Pflichtaufgabe ist, als eine solche behandelt wird.192

III. Schutzpflicht für Leib und Leben Das Recht auf Leben enthält eine objektiv-rechtliche Schutzpflicht des Staates, aus der grundrechtliche Ansprüche abgeleitet werden können.193 Die Schutzpflicht für Leib und Leben aus Art. 2 II GG verpflichtet den Staat zum Handeln in zweierlei Richtung: Zum Schutze von Leben und körperlicher Unversehrtheit wird eine staatliche Leistungspflicht und ein Verbots- und Sanktionsgebot begründet.194 Die Wasserversorgung ist eine menschliche Lebensgrundlage. Die sich aus Art. 2 II GG ergebende Schutzpflicht besagt freilich nicht, auf welche Weise der Staat Leib und Leben seiner Bürger zu schützen hat. Die Schutzpflicht räumt dem Staat einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum ein.195 Eine Verletzung dieser Schutzpflicht kann nur in dem Fall festgestellt werden, in welchem die öffentliche Hand überhaupt keine Schutzmaßnahme getroffen hat oder dass sich diese als gänzlich ungeeignet oder jedenfalls unzulänglich erweisen.196 Somit gibt die Norm zwar dem Staat die Aufgabe des Schutzes von Leib und Leben durch die Gewährleistung der Wasserversorgung auf. Solange der Staat demnach ausreichende Maßnahmen zur Kontrolle der Wasserversorgung in qualitativer und quantitativer Hinsicht ergreift und dadurch die Gefahr einer Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung minimiert, erfüllt er diese Aufgabe. Da die privaten Wasserversorgungsunternehmen den gleichen Wasserstandards genügen müssen wie die kommunalen Unternehmen, begründet die Privatisierung der Wasserversorgung grundsätzlich kein erhöhtes Risiko für Leib und Leben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass private Unternehmen grundsätzlich die gleiche Wasserqualität und -quantität gewährleisten können wie kommunale Unternehmen. Art. 2 II GG wirkt demnach nicht als Privatisierungsschranke.

IV. Die Rahmenkompetenz für den Wasserhaushalt Die Rahmengesetzgebungskompetenz des Art. 75 I Nr. 4 Alt. 3 GG wird bisweilen dahin verstanden, dass hierdurch der Verbleib der Wasserversorgung in öffentli192 Bericht der Innenministerkonferenz zur Fortentwicklung der kommunalen Wasserwirtschaft vom 15. 5. 2003, 7.2 193 Beispielsweise BVerfGE 39, 1, 41; 46, 160, 164 und 77, 170, 214. 194 Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Art. 2 II, Rdnr. 192 ff. (2000). 195 BVerfGE 77, 170. 196 Kunig, in: v. Münch / Kunig, Art. 2, Rdnr. 160, 170 (2000).

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cher Regie angeordnet wird.197 Unter bestimmten Voraussetzungen haben auch Kompetenznormen einen materiellen Zuweisungsgehalt.198 Das Wasserrecht beinhaltet das Recht der Wasserwirtschaft bzw. des Wasserhaushaltes sowie das Wasserwegerecht.199 Wasserwirtschafts- bzw. Wasserhaushaltsrecht sind dabei meist synonym verwendete Begriffe für das Gewässerschutzrecht, obwohl sie mit Blick auf die Gewässer begriffsinhaltlich den (Be-)Nutzungsgedanken in den Vordergrund zu stellen scheinen.200 Das Wasserhaushaltsrecht hat die Regelung der Materie Wasser in ihrer Bedeutung für das menschliche Leben, die Wirtschaft und die Industrie „als Wasserspender und Vorfluter“201 zum Inhalt.202 Das BVerfG stellt in seiner Naßauskiesungsentscheidung fest, dass die mengenmäßige Beanspruchung des Wassers und die Gefährdung seiner biologischen, physikalischen und chemischen Beschaffenheit durch menschliche Einwirkungen neben anderen Erwägungen dem Verfassungsgesetzgeber Anlass gegeben haben, das Sachgebiet Wasserhaushalt in den Art. 75 GG aufzunehmen.203 Wasser sei eine der wichtigsten Grundlagen allen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens.204 Es sei nicht vertretbar, „die Nutzung des Grundwassers dem freien Belieben des Einzelnen zu überlassen oder die Nutzung nur mehr durch den – für frühere Verhältnisse ausreichenden – Rechtsgrundsatz der Gemeinverträglichkeit zu begrenzen. Die Bewältigung einer derart umfassenden, dem Gemeinwohl dienenden Aufgabe gehöre zu den typischen Angelegenheiten des öffentlichen Rechts, die mit den Mitteln des Privatrechts kaum erfüllt werden können“.205 Das Gericht hat zudem schon in einer früheren Entscheidung festgestellt, dass eine geordnete Wasserwirtschaft sowohl für die Bevölkerung als auch für die Gesamtwirtschaft lebensnotwendig ist.206 Hieraus lässt sich zweierlei folgern: Zum einen ist nicht die Kompetenznorm des Art. 75 GG Grund für die staatliche Pflichtaufgabe der Bewirtschaftung des Wasserhaushalts, sondern die überragende Bedeutung des Wassers als Lebensgrundlage, wie sie sich in Art. 20a GG oder den Grundrechten widerspiegelt.207 197 Henneke, zitiert von Manegold, Diskussionsbericht zu den Referaten Burgi und Römer, in: Hendler / Marburger / Reinhardt / Schröder, Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, 156 (2001). 198 Beispielsweise Art. 87 I GG a. F., der die Post als Aufgabe der unmittelbaren Bundesverwaltung statuierte. Hieraus wurde geschlossen, dass es eine Art Kern an Postdienstleistungen in staatlicher Hand geben müsse, Manegold, Diskussionsbericht zu den Referaten Burgi und Römer, in: Hendler / Marburger / Reinhardt / Schröder, Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, 159 (2001). 199 Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, 35 (2003). 200 Kotulla, Wasserhaushaltsgesetz, 35 (2003). 201 BVerfGE 21, 312, 325. 202 Kunig, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, Art. 75, 147 (2001). 203 BVerfGE 58, 300, 340. 204 BVerfGE 58, 300, 341. 205 BVerfGE 58, 300, 344. 206 BVerfGE 10, 89, 113.

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Zum anderen umfasst das Wasserhaushaltsrecht die Wassergüte- wie auch die Wassermengenwirtschaft. Von dieser Kompetenz hat der Bund durch das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes (WHG) Gebrauch gemacht, das sich von einem primär auf Bewirtschaftung im Sinne der Quantitätssicherung abzielenden Regelungswerk zunehmend auch zu einem Wasserqualität und Umweltschutz leistenden Regelungswerk entwickelt hat.208 Zur Wasserbewirtschaftung gehört neben der Entnahme von Wasser der Schutz vor Verschmutzungen, die Festsetzung von Wasserschutzgebieten sowie die Planfeststellung.209 Die Ziele der Wasserversorgung, d. h. die Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser sind so auch nicht im Wasserhaushaltsgesetz normiert.210 Die Regelung der die Wasserversorgung betreffenden Bundesgesetze beruht auf anderen Kompetenzgrundlagen. Die Qualität der Trinkwasserversorgung sichert der Bund durch die auf § 37 III i. V. m. § 38 I Infektionsschutzgesetz gestützte Trinkwasserverordnung, in der u. a. Grenzwerte für im Trinkwasser enthaltene Stoffe sowie Anzeige- und Untersuchungspflichten der Wasserversorgungsunternehmen geregelt sind. Ferner hat der Bund von der in § 27 S. 1 AGBG a. F. enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und die AVBWasserV erlassen. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür beruht auf der Kompetenz zur Regelung des Rechtes der Wirtschaft nach Art. 74 Nr. 11 und Nr. 17 GG.211 Die Verteilung von Trink- und Brauchwasser, einem der elementarsten Güter des wirtschaftlichen Bedarfs in einem dicht besiedelten Land, fällt nach Ansicht des BVerfG unter das ,Recht der Wirtschaft‘, da es sich hierbei um die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs handelt. Auch der Betrieb einer örtlichen Wasserversorgung durch eine Gemeinde in öffentlich-rechtlicher Form unter Erhebung von Benutzungsentgelten sei wirtschaftliche Betätigung in diesem weiteren Sinne.212 Auch dies spricht dafür, dass die Wasserversorgung allenfalls insofern unter den Begriff des Wasserhaushalts fällt, als dass die Wasserentnahme seine mengen- und qualitätsmäßige Bewirtschaftung betrifft. Durch eine Privatisierung der Wasserversorgung überträgt der Staat aber nicht die Bewirtschaftung des Wasserhaushalts, wie sie in Form 207 So auch Reinhardt, zitiert von Manegold, Diskussionsbericht zu den Referaten Burgi und Römer, in: Hendler / Marburger / Reinhardt / Schröder, Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, 158 (2001). 208 Kunig, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, Art. 75, S. 148 (2001). 209 Rozek, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Bd. 2, Art. 75 I 1 Nr. 4, 2585 (2000). 210 Die Wasserversorgung ist nur insoweit Gegenstand des WHG, als dieses einen Erlaubnis- bzw. Bewilligungsvorbehalt zur Benutzung der oberirdischen Gewässer und des Grundwassers anordnet, § 3 I Nr. 1 und Nr. 6 WHG. Trinkwasserversorgungsunternehmen haben demnach eine Erlaubnis bzw. Bewilligung i. S. d. §§ 2 i. V. m. 7, 8 WHG zu beantragen. Zudem ist die Trinkwasserversorgung als besonders schützenswerter Belang des Wohls der Allgemeinheit in Art. 6 I WHG erwähnt, bei dessen qualifizierter Beeinträchtigung die Erlaubnis und Bewilligung des § 2 WHG zu versagen sind. 211 BVerfG, DVBl. 1982, 27, 28. 212 BVerfG, DVBl. 1982, 27, 28.

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von Erlaubnissen, Bewilligungen oder Wasserwirtschaftsrahmenplänen stattfindet, sondern privatisiert nur die Wasserversorgung.213 Art. 75 I Nr. 4 Alt. 3 GG trifft somit letztlich keine Aussage über eine private oder öffentliche Trägerschaft der Wasserversorgung.

V. Art. 28 II 1 GG Die Gemeinden haben nach Art. 28 II 1 GG das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Die Wirkung des Art. 28 II 1 GG wird hier in zweierlei Richtung geprüft: als Schranke für (autonome) Privatisierungsvorhaben einer einzelnen Kommune sowie gesetzgeberische (heteronome) Interventionen. Die Vorschrift schützt ein Aufgabenzugriffsrecht für die örtlichen Angelegenheiten und die eigenverantwortliche Wahrnehmung dieser Aufgaben.

1. Die Wasserversorgung als örtliche Angelegenheit Das BVerfG versteht unter den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft die Befugnis zur eigenverantwortlichen Regelung derjenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder die auf sie einen spezifischen Bezug haben.214 Das BVerfG sieht die Wasserversorgung als typische Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften an.215 Das Vorhandensein von Trinkwasser als nicht ersetzbare Lebensgrundlage der Bürger ermöglicht erst vor Ort ein gemeindliches Zusammenleben.216 Bei Betrachtung der Produktionsstufen Gewinnung und Verteilung der Wasserversorgung ist festzustellen, dass nicht alle Gemeinden die Gewinnung des Wassers selbst vornehmen, etwa weil sie möglicherweise keinen Zugang zu verfügbaren Wasservorkommen haben. Es ginge jedoch zu weit, hieraus zu schließen, dass es sich bei der Wassergewinnung um keine örtliche Angelegenheit handelt.217 Zwar erfolgt in Deutschland ein nicht vernachlässigbarer Teil der Wasserversorgung über Fernwasserleitungen, so dass die kommunalen Wasserversorgungsunternehmen ihr Wasser von einem Fernwasserversorger übernehmen. Auch ist die 213 So auch Burgi, zitiert von Manegold, Diskussionsbericht zu den Referaten Burgi und Römer, in: Hendler / Marburger / Reinhardt / Schröder, Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, 157 f. (2001). 214 BVerfGE 79, 127, 151. 215 BVerfG, NJW 1990, 1783; BVerfGE 38, 258. 216 Frenz, Liberalisierung und Privatisierung der Wasserwirtschaft, 319 (2002). Auch die bayerische Verfassung zählt die „Versorgung der Bevölkerung mit Wasser“ zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, Art. 83 I BayVerf. 217 So aber Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 147 ff. (2003).

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Wasserversorgung von geologischen und ökologischen Faktoren abhängig, die Qualität und Quantität der Wasserversorgung beeinflussen und die eine Bewirtschaftung auf regionaler Ebene rechtfertigen. Die lokale Versorgung ist dennoch die Regel.218 So nimmt eine Gemeinde, die ein eigenes Wasserwerk betreibt und sich aus örtlichen Wasservorhaben versorgt, eine örtliche Angelegenheit wahr. Dabei ist zunächst die Entscheidung, wie die Gemeinde Wasser für ihre Bewohner beschaffen will, eine örtliche Angelegenheit. Die Entscheidung, ob die Kommune hierfür eigene Wasserversorgungsvorhaben nutzen will, wird neben den genannten Gegebenheiten auch durch den Willen der Gemeinde zu Investitionen in die Aufbereitungstechnik und den Schutz des örtlichen Wassereinzugsgebiets bestimmt. Die Betonung des Örtlichkeitsprinzips bei der Wassergewinnung und nicht zuletzt die Auswirkungen der Wasserversorgung auf die kommunale Entwicklung machen im Falle einer Eigenförderung diese dann ebenfalls zu einer örtlichen Angelegenheit.219 Die Wasserversorgung ist somit in allen ihren Produktionsstufen, wenn diese von der Gemeinde wahrgenommen werden, eine örtliche Angelegenheit. 2. Heteronome Privatisierungsvorhaben Die Stellung von Art. 28 II 1 GG als Privatisierungsschranke gegenüber staatlichen Privatisierungsvorhaben ist umstritten. Möglicherweise beschränkt die Norm den Gesetzgeber, wenn dieser gesetzlich die Übertragung der Aufgabe der Wasserversorgung auf Private, etwa in Form einer Veräußerungspflicht, anordnen würde. Einen diesbezüglichen Vorschlag enthält das Ewers-Gutachten. Dort wird die Einführung einer Ausschreibungspflicht und damit die Übertragung der Wasserversorgung auf einen Dritten etwa für den Fall vorgeschlagen, dass die Versorgungsstrukturen in einer Gemeinde offensichtlich unwirtschaftlich sind.220 Eine weitere Privatisierungsschranke könnte sich aus der Eigenverantwortlichkeitsgarantie ergeben. Im Rahmen von funktionalen Privatisierungen könnte der Gesetzgeber der Kommune vorschreiben, wie die Einbindung des Privaten in die Aufgabendurchführung zu erfolgen hat. Dies könnte beispielsweise im Rahmen von Wasserprivatisierungsgesetzen erfolgen, die den Kommunen bestimmte Vertragsmodelle oder die Zurückbehaltung bestimmter Aufsichtsbefugnisse auferlegen. 218 Mehldorn, Die Liberalisierung des Wassermarktes – Perspektiven der Fernwasserversorgungsunternehmen, in: Rott: Liberalisierung, 25 ff. (2001). 219 Im Ergebnis auch Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, in: Hendler, Umweltschutz, 125 (2001). 220 Die Unwirtschaftlichkeit der Versorgungsstrukturen kann im Rahmen eines obligatorischen überbetrieblichen Wirtschaftlichkeitsvergleichs (,Benchmarking‘) festgestellt werden. Als Kriterien kämen die dauerhafte Notwendigkeit staatlicher Zuschüsse, die Überschreitung bestimmter Höchstgrenzen für den Wasserpreis unter vergleichbaren Versorgungsbedingungen oder die wiederholte Ablehnung von Anträgen auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang in Betracht, Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 40 (2001).

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2. Abschn.: Privatisierung

Möglicherweise käme die Selbstverwaltungsgarantie auch in Verbindung mit anderen Verfassungsnormen als Privatisierungsschranke in Frage, wenn Art. 28 II 1 GG eine Zuweisungsnorm für verfassungsmäßige Pflichten darstellt. a) Die Selbstverwaltungsgarantie als Privatisierungsschranke Die Selbstverwaltungsgarantie wird nur „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet, weshalb Begrenzungen grundsätzlich zulässig sind. Nach dem BVerfG darf dabei der Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht verletzt werden. Zählt eine Aufgabe nicht zum kommunalen Kernbereich, so kann sie durch einfaches Gesetz grundsätzlich auf andere Stellen übertragen werden. Jedoch schütze die Selbstverwaltungsgarantie den Aufgabenbestand der Kommunen zusätzlich durch ein Aufgabenverteilungsprinzip. Nach diesem Aufgabenverteilungsprinzip könnten nur Gründe des Gemeininteresses Eingriffe in den kommunalen Aufgabenbestand zum Zwecke der Hochzonung auf andere Verwaltungseinheiten rechtfertigen. Die Eigenverantwortlichkeitsgarantie, insbesondere die Organisationshoheit, sichert den Gemeinden die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in ihrem Aufgabenbereich.221 Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung verbietet Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen ersticken würden. Außerhalb des Kernbereichs muss der Kommune jedoch zudem ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der einzelnen Aufgabenbereiche offen gehalten werden. aa) Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung Bisweilen wird die Möglichkeit einer heteronomen materiellen Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung mit dem Argument verneint, dass diese zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehöre.222 Der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung, der trotz der Formulierung „im Rahmen der Gesetze“ in Art. 28 II 1 GG nicht zur Disposition des Gesetzgebers stehen soll, umfasst nach dem BVerfG keinen gegenständlich bestimmten oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbaren Aufgabenkatalog.223 Eine Verletzung des Kernbereichs bedeutet eine verbotene Aushöhlung oder Aufhebung des Prinzips der Selbstverwaltung. Diese liegt nach dem BVerfG erst dann vor, BVerfG, NVwZ 1995, 677. Sterzel, Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen für die Privatisierung öffentlicher Aufgaben im kommunalen Bereich, 184 (1998); a.A., aber mit weiteren Nennungen für den Bereich der Energiewirtschaft Schmidt-Aßmann, Kommunen und örtliche Energieversorgung, in: Hüffer / Ipsen / Tettinger, Festschrift für Fritz Fabricius, 256. 223 BVerfGE 79, 127, 146; Tettinger, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Art. 28 Rdnr. 191 (2000). 221 222

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wenn der den Gemeinden verbleibende Aufgabenbestand einer Betätigung ihrer Selbstverwaltung keinen hinreichenden Raum mehr belässt.224 Daraus folgt, dass der Kernbereich nur durch die Aufgabe sämtlicher oder des Großteils der örtlichen Aufgaben verletzt wird.225 Dagegen ist die Tatsache des (teilweisen) Übergangs einer einzelnen Aufgabe auf Private nicht legitimationsbedürftig.226 Durch die Übertragung der mit der Wasserversorgung verbundenen Aufgaben auf Private wird daher der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht verletzt. bb) Das Aufgabenverteilungsprinzip Die Selbstverwaltungsgarantie bietet folglich keinen absoluten Schutz gegen einen Entzug der Aufgabe der Wasserversorgung. Damit eine örtliche Angelegenheit auf andere Verwaltungseinheiten übertragen werden kann, bedarf es nach der Rastede-Entscheidung einer besonderen Rechtfertigung. Ausreichend für eine Legitimation sind Gründe des Gemeininteresses, weswegen Aufgaben also dann entzogen werden dürfen, wenn anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen ist. Solche Gründe sind nicht schon allein bloße Ziele der Verwaltungsvereinfachung oder der Zuständigkeitskonzentration. Gründe der Wirtschaftlichkeit reichen erst dann zur Rechtfertigung aus, wenn ein Belassen der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde.227 Als ausreichende Gründe für eine solche Maßnahme käme also die grobe Unwirtschaftlichkeit der bestehenden Lösung in den betreffenden Gemeinden in Betracht.228 Frenz hält auch die Sicherstellung einer dauerhaften abgesicherten Versorgung der Bevölkerung in einem zusammenwachsenden europäischen Wassermarkt für ausreichend.229 Die wirtschaftlichen Bewertungen der Wasserversorgung ergaben hinsichtlich der Effizienzgewinne durch Privatisierungen ein gemischtes Bild. Diese sind insbesondere von der Größe des privaten Partners und von den örtlichen Gegebenheiten abhängig. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann daher nicht sicher festgestellt werden, dass die Privatisierung der Wasserversorgung eine Option darstellt, die die bestehende Lösung generell als grob unwirtschaftlich erscheinen lässt. Auch das Argument der dauerhaft abgesicherten Wasserversorgung zählt angesichts der unBVerfGE, 79, 127, 148. Burgi, Funktionale Privatisierung, 307 (1999); Schoch, Privatisierung der Abfallentsorgung, 54 (1992). 226 Burgi, Funktionale Privatisierung, 307 (1999). 227 BVerfGE 79, 127,153. 228 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 40 (2001). 229 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 40 (2001); Burgi, Funktionale Privatisierung, 307 (1999); Frenz, Liberalisierung und Privatisierung der Wasserwirtschaft, 320 (2002). 224 225

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terschiedlichen Bedingungen der kommunalen Wasserversorgung in Deutschland nur wenig, da insbesondere die großen Stadtwerke unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit durchaus in Vergleichen mit großen europäischen privaten Wasserversorgungsunternehmen bestehen können. Die Beschränkung des Aufgabenbestandes kann aber nur dann einen rechtfertigungsbedürftigen „Eingriff“ in die kommunale Selbstverwaltung darstellen, wenn dieses Recht auch im Verhältnis zu Privaten gewährt wird. Nach der heute überwiegenden Ansicht ist das Aufgabenverteilungsprinzip nur auf das Verhältnis Staat und Kommune anwendbar, denn mit der Rechtsinstitutionsgarantie wird ein staatsorganisatorisches Ordnungsprinzip ohne Wirkkraft gegenüber Privaten verwirklicht.230 Hierdurch werde den Gemeinden der im Verhältnis zu Bund und Land bevorzugte Zugriff auf die Angelegenheiten der Ortsebene gewährt. Dies folge aus der systematischen Stellung des Art. 28 GG im Abschnitt ,Der Bund und die Länder‘ des Grundgesetzes, sowie daraus, dass sich in der Vorschrift keinerlei Anhaltspunkte für einen im Verhältnis zu privaten Aufgabenträgern kompetenzrelevanten Aussagegehalt nachweisen ließen.231 Demnach schützt die Selbstverwaltungsgarantie nur vor einer Hochzonung der Aufgabe auf eine andere Verwaltungseinheit, nicht aber der Übertragung einer öffentlichen Aufgabe auf Private. Das Aufgabenverteilungsprinzip gestattet den Entzug einer von einer Kommune wahrgenommenen Aufgabe mit relevantem örtlichem Charakter nur aus Gründen des Gemeininteresses. Für das BVerfG ist der Grund für das Aufgabenverteilungsprinzip, dass die gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen Staat und Kommune im Spannungsverhältnis zwischen Verwaltungseffizienz und Bürgernähe steht.232 Durch den Aufbau einer Demokratie von unten nach oben soll unter Zurückdrängung des bürokratisch-autoritativen Elements dem Gedanken des Selbstbestimmungsrechts der Gemeindebürger wieder erhöhte Geltung verschafft werden.233 Indem das Gericht die Bürgernähe und Bürgerbeteiligung als Ziel des Art. 28 II 1 GG feststellt, zeigt es gleichzeitig dessen Wirkungsrichtung auf: Die betreffende Aufgabe soll bürgernah wahrgenommen werden, wenn sie von der Verwaltung wahrgenommen wird. Wird die Aufgabe aber, beispielsweise nach einer materiellen Privatisierung, nicht mehr von der Verwaltung wahrgenommen, so findet das Aufgabenverteilungsprinzip keine Anwendung. Daher bedarf eine Veränderung des Aufgabenbestandes der Kommunen keiner besonderen Rechtfertigung, wenn sie keine Hochzonung auf andere Verwaltungseinheiten darstellt. 230 RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801, 802; Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, 217 ff. (1998); Burgi, Funktionale Privatisierung, 307 (1999); Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 767 (2003); Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 140 (2002). 231 Löwer, Energieversorgung zwischen Staat, Gemeinde und Wirtschaft, 217 ff. (1998). 232 BVerfGE 79, 127, 148 f., 153. 233 BVerfGE 79, 127, 149.

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cc) Das Aufgabenzugriffsrecht Die Übertragung einer Aufgabe auf Private stellt keine Hochzonung auf andere Verwaltungseinheiten dar. Hieraus jedoch auf eine Unanwendbarkeit der Selbstverwaltungsgarantie auf Aufgabenübertragungen auf Private zu schließen, ginge zu weit. Denn in der Rastede-Entscheidung legt das BVerfG Art. 28 II 1 GG in der Weise aus, dass den Gemeinden das Recht zusteht, ihren Aufgabenbereich selbst zu bestimmen, insbesondere „bislang unbesetzte Aufgaben“ an sich zu ziehen.234 Die Allzuständigkeit sei identitätsbestimmendes Merkmal der gemeindlichen Selbstverwaltung. Indem der jeweilige Landes- oder Bundesgesetzgeber Aufgaben zur Übertragung auf Private bestimmt, greift der Gesetzgeber in den örtlichen Aufgabenbestand der Kommune ein und beschränkt somit das Aufgabenzugriffsrecht der Gemeinde. Zwar ist der Aufgabenübergang auf Private nicht wie die Übertragung auf andere Verwaltungseinheiten besonders rechtfertigungsbedürftig, wohl aber der Umstand des Entzugs der kommunalen Aufgabe.235 Allerdings gilt für die Rechtfertigung des Eingriffs in den Aufgabenbestand nicht der gleiche Maßstab wie für die „Hochzonung“, da das Element der Bürgerbeteiligung entfällt. Somit bedarf die Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private nur der Rechtfertigung, dass die fragliche Regelung von sachgerechten Erwägungen getragen werde und nicht willkürlich sei.236 Dies vorausgesetzt, stellt Art. 28 II 1 GG keine Privatisierungsschranke dar. dd) Die Eigenverantwortlichkeitsgarantie Auch die Eigenverantwortlichkeitsgarantie wird nach der Gleichstellungsbeauftragten-Entscheidung des BVerfG durch den Kernbereich geschützt.237 So darf eine eigene organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen nicht erstickt werden. Als Beispiel nannte das BVerfG insbesondere den Fall, dass die Organisation der Gemeinden durch staatliche Behörden beliebig steuerbar wäre, wenn etwa ein Gesetz den Verwaltungsbehörden im Rahmen der Fachaufsicht ein umfassendes Weisungsrecht hinsichtlich der Organisation ihr unterstehender Gemeinden einräumten würde.238 Eine Vorschrift, welche die Modalitäten einer Privatisierung vorschreibt, greift jedoch nur in den bestimmten Privatisierungsvorgang, also das Verhältnis des Privaten zur kommunalen Körperschaft, nicht aber in die Organisation der Gemeinde an sich ein. Dabei würden nur die Steuerungsmodalitäten gegenüber dem Privaten, nicht aber eine umfassende staatliche Steuerung der OrganiBVerfGE, 79, 127, 147. Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, in: Hendler, Umweltschutz, 124 (2000). 236 RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801, 804; Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, in: Hendler, Umweltschutz, 125 (2001). 237 BVerfG, NVwZ 1995, 667. 238 BVerfG, NVwZ 1995, 667, 678. 234 235

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2. Abschn.: Privatisierung

sation der Gemeinde eingeführt. Eine Verletzung des Kernbereiches wäre auch hier wohl kaum zu befürchten. Auch für die Organisationshoheit wirkt im Vorfeld des Kernbereichs eine Gewährleistung. Hier gilt aber nicht ein Prinzip der Eigenorganisation der Gemeinde, demgegenüber jede staatliche Vorgabe einer spezifischen Rechtfertigung bedürfte.239 Daher sind Organisationsvorhaben auch mit dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung begründbar. Auch die materiellen Auswirkungen der organisationsrechtlichen Entscheidungen sind im Rahmen einer effektiven Aufgabenerledigung gewollt und können Verwaltungsentscheidungen auch inhaltlich beeinflussen. Hinsichtlich jeder einzelnen Aufgabe muss der Gemeinde jedoch hinreichender organisatorischer Spielraum offen gehalten werden, so dass die Gemeinden zumindest im Bereich der inneren Organisation auch selbst noch auf die besonderen Anforderungen vor Ort durch eigene organisatorische Maßnahmen reagieren können. Dies setzt einer Ausgestaltung von Privatisierungsvorschriften bestimmte Grenzen. Privatisierungsmaßnahmen dürfen daher nicht so stark detailliert geregelt sein, dass die Gemeinde keine weiteren Anpassungsmöglichkeiten an örtliche Gegebenheiten vornehmen kann. Wenn jedoch der Staat der Gemeinde nur einen bestimmten Rahmen durch Privatisierungsgesetze vorgibt, ist ein Verstoß gegen die Eigenverantwortlichkeitsgarantie nicht ersichtlich. b) Art. 28 II 1 GG als Zuweisungsnorm für pflichtige Staatsaufgaben Nach der Rastede-Entscheidung verleiht Art. 28 II 1 GG der Gemeinde die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft anzunehmen.240 Dabei trifft die Norm jedoch keine Aussage über Kompetenzen im Verhältnis zu Privaten als Zuständigkeitstitel zur Verdrängung oder Einschränkung privater Grundrechtsinitiative.241 Hierfür ist eine eigene Verleihung durch eine Befugnisnorm erforderlich. Möglicherweise wird durch das Universalitätsprinzip aber eine Zuordnung für verfassungsrechtliche Pflichten begründet. Dies könnte sich aus der Rolle des Art. 28 II 1 GG als Kompetenznorm für die örtlichen Angelegenheiten in Verbindung mit anderen Verfassungsnormen ergeben. Die Gemeinde kann im Rahmen ihres Aufgabenzugriffsrechts grundsätzlich frei über die Wahrnehmung ihrer Aufgaben entscheiden. Das Universalitätsprinzip, also die Allzuständigkeit der Kommunen für die örtlichen Angelegenheiten, ist nach Stern als Recht gegenüber dem Staat und als Kompetenz innerhalb des Systems der Hoheitsträger und gegenüber den Bürgern zu verstehen.242 Die SelbstverBVerfG, NVwZ 1995, 667, 678. BVerfGE 79, 127 2. Leitsatz; so auch RhPfVerfGH, NVwZ 2000, 801, 802. 241 Löwer, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 28 Rdnr. 42 (2001); Ossenbühl, Rechtliche Aspekte der Elektrizitätsversorgung, DÖV 1992, 1, 8. 242 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rdnr. 92 (2004). 239 240

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken

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waltung enthalte daher ein Moment der Pflichtigkeit, wie jede öffentliche Verwaltung innerhalb ihrer Kompetenz die Pflicht zum Tätigwerden treffe. Die scharfe Trennung von Pflichtaufgaben und freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben sei deshalb zum Teil nicht berechtigt und für die Praxis von geringer Bedeutung.243 Nach Schmidt-Jortzig kann manche Selbstverwaltungsaktivität, die nicht per Gesetz der Kommune zugewiesen werde, durch den „Faktendruck“ pflichtig werden, was insbesondere für die Wasserversorgung gilt.244 Dies geschehe dann, wenn die grundsätzliche Entscheidungsfreiheit der Kommunen durch die „zivilisatorisch-tatsächlichen Zwänge“ auf Null reduziert werde, wo eine Aufgabe aus Gründen des öffentlichen Wohls nicht unerledigt bleiben dürfe. Das Umweltbundesamt geht sogar so weit, anzunehmen, dass die in Art. 28 II 1 GG bezeichneten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden wahrgenommen werden müssten.245 Nach dieser Ansicht weist die Selbstverwaltungsgarantie den Gemeindeorganen einen Kreis von Aufgaben zu, deren Durchführung sich die Gemeinde nicht entziehen kann. Die Argumentation hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmungspflicht gleicht bestimmten Auffassungen zum Konzept der Daseinsvorsorge, da auch dort aus der Angewiesenheit der Allgemeinheit auf die Erfüllung einer Aufgabe eine staatliche Pflichtaufgabe gefolgert wird.246 Während die Daseinsvorsorge den Staat zur Erbringung bestimmter Leistungen verpflichten soll, richtet sich diese Ansicht mit den gleichen Gründen nur gegen den zuständigen Teilbereich des Staates, nämlich gegen die Kommunen. Die Behauptung ist jedoch insofern unzutreffend, als dass aus einer Kompetenznorm allein keine Wahrnehmungspflicht entstehen kann.247 Denn dabei wird übersehen, dass das Universalitätsprinzip zwar die Kommune für alle örtlichen Angelegenheiten zuständig macht, jedoch allein noch keine Pflichten begründet. Um eine Pflicht zu begründen, muss eine konkrete verfassungsrechtliche Aufgabenzuweisung hinzutreten. Im Fall der Wasserversorgung liegen nun solche Aufgabenbestimmungen vor, nämlich das Sozialstaatsprinzip und die Schutzpflicht für Leib und Leben. Da Art. 28 II 1 GG den Gemeinden das Recht zur Regelung der örtlichen Angelegenheiten verleiht, trifft die Verfassung hier eine Aussage über die Zuständigkeitsverteilung, d. h. sie richtet die objektive Gewährleistungspflicht für die Wasserversorgung gegen die vom Staat für zuständig erklärten Stellen, nämlich die Kommunen.248 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rdnr. 92 (1984). Schmidt-Jortzig, Gemeinde- und Kreisaufgaben, DÖV 1993, 976. 245 Umweltbundesamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 13 (2000). 246 Siehe dazu oben unter C. I. 247 So auch Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 140 (2002). 248 Im Ergebnis ebenso Weiß, die die Gewährleistungsverantwortung aber mit dem daseinsvorsorgenden / infrastrukturellen Charakter der Wasserversorgung und der Auffangfunktion der Gemeinden für den Fall, dass sich kein Privater finde, begründet, dies., Liberalisierung der Wasserversorgung, 140 (2004). 243 244

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2. Abschn.: Privatisierung

Angesichts der bereits umfangreichen Regulierungsbefugnisse anderer staatlicher Stellen wie den Kartellämtern und den Gerichten stellt sich die Frage nach der verbleibenden Gewährleistungsverantwortung der privatisierenden Kommune. Unabhängig von den Befugnissen anderer staatlicher Stellen trifft auch die Kommunen eine sozialstaatliche Gewährleistungspflicht, die in der Gewährleistung eines Universaldienstes bezüglich der örtlichen Wasserversorgung besteht. Die Kommune hat in ihrem Gemeindegebiet eine flächendeckend angemessene und ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Als Mittel steht ihr aufgrund der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Wegenutzung das Mittel des zivilrechtlichen Vertrags mit dem Wasserversorgungsunternehmen zu Verfügung. Dies bedeutet aber auch, dass die Gemeinde bei Ausfall des Privaten die Wasserversorgung selbst übernehmen muss.249 Die Gewährleistungsverantwortung kann nur schwer, etwa durch die Übertragung aller Belange der Wasserversorgung auf eine regionale Regulierungsbehörde, hochgezont werden. Dies ist zwar denkbar hinsichtlich einzelner Belange wie der Preisregulierung oder des Schutzes der Wasserressourcen. Soweit die Entwicklung der Gemeinde und das Wohl der Gemeindeangehörigen betroffen sind, bedarf die Hochzonung der besonderen Rechtfertigung. Sollten alle Belange der Wasserversorgung auf eine Regulierungsbehörde verlagert werden, müssten daher Gemeinwohlinteressen dies rechtfertigen. Eine solche Konstellation ist aber nur schwer vorstellbar, ohne dass den Kommunen zumindest ein Mitspracherecht hinsichtlich ihrer örtlichen Belange eingeräumt wird. c) Ergebnis Die Wasserversorgung ist durch einfaches Gesetz privatisierbar, da sie weder in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung fällt, noch eine Privatisierung das Aufgabenverteilungsprinzip betrifft. Einer besonderen Rechtfertigung bedarf jedoch eine Verschiebung der Gewährleistungsverantwortung, die nicht privatisierbar ist. Im Fall einer Privatisierung der Wasserversorgung verbleibt der Gemeinde ihre Gewährleistungsverantwortung aus Sozialstaatsprinzip und Schutzpflicht für Leib und Leben, weshalb sich die Gemeinde auch auf den Ausfall des Privaten vorbereiten und im Notfall selbst die Versorgung übernehmen muss. Eine Möglichkeit hierfür ist die Vereinbarung vertraglicher Überwachungsbefugnisse. Die Vereinbarung solcher Überwachungsbefugnisse kann der Gemeinde grundsätzlich auch durch Gesetz vorgegeben werden, wenn der durch die Eigenverantwortlichkeitsgarantie vorgegebene Rahmen eingehalten wird.

249

319.

So auch Frenz, Liberalisierung und Privatisierung der Wasserwirtschaft, in: ZHR 2002,

C. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken

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3. Autonome Privatisierungsvorhaben Die Frage, ob die Selbstverwaltungsgarantie die Kommune auch im Falle eigener Privatisierungsvorhaben begrenzt, entspricht der Frage, ob eine Gemeinde, die ihre Wasserversorgung privatisieren will, vor „sich selbst“ geschützt wird.250 Allenfalls wird diese Frage relevant, wenn die Gemeinde so viele Aufgaben an Private auslagert, dass der Kernbereich berührt wird. Wie oben bereits festgestellt, ist diese Gefahr bei der Privatisierung der Wasserversorgung nicht gegeben. Jedoch begrenzt die bereits oben behandelte Gewährleistungsverantwortung in Verbindung mit Art. 28 II 1 GG auch die Reichweite kommunaler Privatisierungsvorhaben. Die Kommune muss daher bei ihren Privatisierungsvorhaben etwa dafür sorgen, dass sie bei Ausfall des Privaten die Weiterführung der Wasserversorgung garantieren kann.

4. Art. 28 II 1 GG und Europarecht Art. 28 II 1 GG stellt keine Schranke für gemeinschaftsrechtliche Maßnahmen dar. Das Gemeinschaftsrecht nimmt keine Rücksicht auf die innerstaatliche Gliederung der Mitgliedstaaten, da sich keine Garantie kommunaler Selbstverwaltung im Primärrecht der EG findet, weswegen dieser Zustand auch als Länder- und Kommunalblindheit der EU beschrieben wurde.251 Da mehrere Mitgliedsstaaten das Organisationsprinzip der kommunalen Selbstverwaltung völlig entbehren, kann auch nicht von einem allgemeinen Rechtsgrundsatz der kommunalen Selbstverwaltung auf Gemeinschaftsebene ausgegangen werden.252 Insofern ist die Theorie einer europäischen Garantie des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltung widerlegt worden.253 In der Konsequenz kann der Umsetzung eines europäischen Liberalisierungsvorhaben nicht der Art. 28 II 1 GG entgegengehalten werden. Dieser hindert als bundesdeutsches Staatsorganisationsprinzip nicht die unmittelbare Geltung von Verordnungen, bzw. kann vom jeweiligen Bundes- oder Landesgesetzgeber nicht der Umsetzungsverpflichtung europäischer Richtlinien entgegengehalten werden.

Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, in: Hendler, Umweltschutz, 125 (2001). Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge, 46 (2000); Faber, Die Zukunft kommunaler Selbstverwaltung und der Gedanke der Subsidiarität in den Europäischen Gemeinschaften, DVBl. 1991, 1126, 1127. 252 Faber, Die Zukunft kommunaler Selbstverwaltung und der Gedanke der Subsidiarität in den Europäischen Gemeinschaften, DVBl. 1991, 1126, 1127. 253 Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge, 47 (2000). 250 251

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2. Abschn.: Privatisierung

VI. Zusammenfassung Die Wasserversorgung ist gegenwärtig insofern eine Staatsaufgabe, als dass der Staat die öffentlichen Aufgaben Regelung der Wasserqualität und Wasserwirtschaft wahrnimmt. Die Schutzpflicht für Leib und Leben und das Sozialstaatsprinzip begründen eine staatliche Gewährleistungspflicht, die eine pflichtige Staatsaufgabe darstellt. Daher darf der Staat die Wasserversorgung nicht uneingeschränkt der gesellschaftlichen Selbstregulierung überlassen, wenn die Zielerreichung hierdurch gefährdet wird. Dennoch setzt die Verfassung einer Übertragung der Aufgabendurchführung der Wasserversorgung auf Private keine unüberwindbaren Schranken. Der Umfang der staatlichen Gewährleistung wird durch das Universaldienstprinzip bestimmt, das die unterste Grenze der sozialstaatlichen Gewährleistungsverpflichtung bestimmt. Erwägen die Kommunen eine Privatisierung der Wasserversorgung, haben sie die Erfüllung der Universaldienstverpflichtung zu überwachen, solange die Wasserversorgung als örtliche Angelegenheit in ihre Zuständigkeit fällt. Art. 28 II 1 GG bietet den Kommunen einen gewissen Schutz gegen staatliche Aufgabenhochzonungen. Dieser Schutz gilt jedoch nicht hinsichtlich einer Aufgabenübertragung auf Private, so dass die Übertragung der Durchführung der Wasserversorgung ohne weiteres durch den Gesetzgeber angeordnet werden könnte. Anders verhält sich dies jedoch mit der Gewährleistung der Wasserversorgung. Die Gewährleistungsverantwortung ist als pflichtige Staatsaufgabe nicht privatisierbar, sondern kann allenfalls „hochgezont“ werden. Will der Gesetzgeber sämtliche Belange der Wasserversorgung auf eine Regulierungsbehörde übertragen, bedarf es der qualifizierten Rechtfertigung dieses Anliegens, die aufgrund der zahlreichen Verknüpfungen der Wasserversorgung mit örtlichen Angelegenheiten kaum zu erbringen sein wird.

D. Kommunal- und Wasserrecht I. Die Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe Bereits aus dem Verfassungsrecht folgt eine Gewährleistungsverantwortung der Kommunen für die Wasserversorgung, wonach diese aufgrund ihrer Universaldienstverpflichtung die Grundversorgung sicherzustellen haben. Zudem hat etwa die Hälfte der Bundesländer zumindest Teilbereiche der Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe den Gemeinden zugewiesen. Grundsätzlich kann die Gemeinde eine Pflichtaufgabe nicht auf Private übertragen. Im Folgenden wird untersucht, inwieweit eine Einbeziehung Privater in die Erfüllung einer kommunalen Pflichtaufgabe möglich ist.

D. Kommunal- und Wasserrecht

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1. Aufgabenumfang Die Aufgabenzuweisungen sind in den Wassergesetzen, den Feuerschutzgesetzen oder den Gemeindeordnungen der Länder enthalten. Dies gilt für die Pflichtaufgaben und die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, während die Einstufung als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe nicht erwähnt wird. Das Aufgabenfeld der Wasserversorgung wird dabei meist in die Lösch-, Trink- und Brauchwasserversorgung unterteilt. Der Umfang der Aufgabenwahrnehmung wurde ebenfalls unterschiedlich ausgestaltet. In etwa der Hälfte der Bundesländer ist die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser als kommunale Pflichtaufgabe geregelt.254 Die Löschwasserversorgung ist in allen Bundesländern als Pflichtaufgabe, teilweise sogar als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung ausgestaltet.255 In den übrigen Bundesländern handelt es sich um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe. Die Einstufung als Pflichtaufgabe hat zur Folge, dass die vollständige Übertragung auf einen Privaten unter Aufgabe der eigenen Trägerschaft unzulässig ist.256 Die Übertragung einer Aufgabe auf Private gilt als actus contrarius zur Zuweisung und Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe.257 Es gilt der Vorrang des Gesetzes. Kompetent für die Entziehung einer Pflichtaufgabe soll allein der Gesetzgeber sein.258 Mit Ausnahme der Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung soll die Kommune damit lediglich über das ,Wie‘ nicht aber über das ,Ob‘ der Aufgabenwahrnehmung entscheiden können. Manche Bundesländer haben die Einbeziehung Privater in die Aufgabenerfüllung ausdrücklich vorgesehen. Die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz erlauben die Übertragung der Durchführung der Pflichtaufgabe an Private, Sachsen-Anhalt sogar eine Übertragung der gesamten Aufgabe. In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Brandenburg und Berlin ist dagegen eine Einbeziehung Privater nicht ausdrücklich geregelt.

254 So in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und allen neuen Bundesländern einschließlich Berlin. 255 Beispielsweise in NRW, § 4 FSHG NW. Löschwasser- und Trink- bzw. Brauchwassernetze sind nicht identisch, da der bisweilen stark ansteigende Wasserverbrauch bei Löscheinsätzen zu einer Überdimensionierung des Trinkwassernetzes führen würde und damit die Gefahr der Verkeimung mit sich bringt. Dass die Brauch- und Trinkwassernetze mit dem Löschwassernetz dennoch eng verknüpft sind, zeigt Salzwedel, Öffentliche Wasserversorgung und Deckung des Löschwasserbedarfs, in: ZfW 1999, Freundesgabe für Manfred Czychowski, 385 ff. 256 Beispielsweise Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 271. 257 Osterloh, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 223. 258 Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, 970.

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2. Abschn.: Privatisierung

2. Funktionale Privatisierung bei gesetzlicher Pflichtaufgabenzuweisung Ist die Aufgabe der Wasserversorgung als Pflichtaufgabe ausgestaltet und enthalten die entsprechenden Landesgesetze keine ausdrückliche Privatisierungserlaubnis, so entfällt die Möglichkeit der Aufgabenprivatisierung. Fraglich ist, inwieweit dennoch Private in diesen Ländern für die Wasserversorgung herangezogen werden können. a) Der Inhalt der Aufgabenzuweisungsnormen in Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Bayern Beabsichtigt die Gemeinde die Einbeziehung echter Privater in die Erfüllung der Pflichtaufgabe Wasserversorgung, bleibt nur die Option der funktionalen Privatisierung zu prüfen. In Betracht käme diese mangels ausdrücklicher Übertragungsmöglichkeit der Aufgabe zunächst in den Ländern Thüringen, MecklenburgVorpommern, Brandenburg und Berlin. Auf die Rechtslage in Bayern wird weiter unten eingegangen werden. Zur Beurteilung der Zulässigkeit einer funktionalen Privatisierung ist festzustellen, ob die grundsätzliche kommunale Organisationshoheit durch die Aufgabenzuweisung derart eingeschränkt ist, dass sie der Gemeinde untersagt, trotz Beibehaltung der Leitungsverantwortung die Durchführungsverantwortung zumindest teilweise auf Private zu übertragen. Ausgangspunkt der Überlegungen muss der Wortlaut der Zuweisungsnorm sein.259 § 61 ThürWG und § 43 LWaG MV ordnen an, die Bevölkerung und die gewerblichen (und sonstigen) Einrichtungen im Gemeindegebiet ausreichend zu versorgen. § 59 BbgWG bestimmt die öffentliche Wasserversorgung als Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde. Der Wortlaut der Normen enthält außer den Aufgabenzuweisungen keine weiteren Vorgaben, insbesondere, ob Private an der Aufgabenerfüllung beteiligt werden dürfen oder nicht. Anders ist dies in Berlin, wo § 37a I 2 BWG anordnet, dass die Pflicht der öffentlichen Wasserversorgung den Berliner Wasserbetrieben als 259 Nach § 61 ThürWG haben die Gemeinden in ihrem Gebiet die Bevölkerung und die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ausreichend mit Trink- und Betriebswasser zu versorgen. Nach § 43 LWaG MV haben die Gemeinden im Rahmen der Selbstverwaltung in ihrem Gebiet die Bevölkerung und die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ausreichend mit Trink- und Brauchwasser zu versorgen. Nach § 59 BbgWG ist die öffentliche Wasserversorgung eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde. Nach § 37a I BWG hat das Land Berlin auf seinem Gebiet eine geordnete öffentliche Wasserversorgung sicherzustellen. Dabei obliegt den Berliner Wasserbetrieben als Anstalt des öffentlichen Rechts die Pflicht der öffentlichen Wasserversorgung.

D. Kommunal- und Wasserrecht

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Anstalt des öffentlichen Rechts obliegt.260 Damit liegt die vertragliche Ausgestaltung der Aufgabendurchführung aufgrund der Organisationshoheit bei der Gemeinde. Die Gemeinde kann sich dabei der gesellschaftsrechtlichen oder der vertraglichen Lösung zur Sicherung ihres Einflusses bedienen. Der BGH hat die Zulässigkeit der Durchführung kommunaler Pflichtaufgaben durch Private im Bereich der Wasserversorgung ebenfalls bejaht.261 b) Die Übertragung der Aufgabendurchführung auf Private als Gestaltungshandlung der Gemeinde Möglicherweise ergibt eine Auslegung der Pflichtaufgabenzuweisungen weitere Erkenntnisse zur Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zu den Privaten. Aus der Natur der Aufgabe als Pflichtaufgabe ergibt sich zunächst, dass die Kommune sich bestimmte Einflussrechte zurück behalten muss, da man ansonsten nicht von einem „Sorge tragen“ oder „versorgen“ sprechen kann.262 Hierzu muss die Versorgung grundsätzlich nach den Vorstellungen der Gemeinde erfolgen. Weicht das Wasserversorgungsunternehmen von diesen Vorstellungen ab, muss die Gemeinde in der Lage sein, dem Unternehmen entsprechende Anweisungen zu erteilen. Daher ist grundsätzlich eine Möglichkeit zur Vertragsbeendigung im Fall der Schlechterfüllung vorzusehen. Dies bedingt die Vereinbarung zur (Rück-)Übertragung der Versorgungsanlagen, so dass die Kommune oder ein von der Kommune beauftragtes Unternehmen die Versorgung gegebenenfalls nahtlos übernehmen kann. Denn nur wenn die Gemeinde die Möglichkeit hat, die Aufgabendurchführung im Fall der Schlechterfüllung wieder zurückzuerlangen und neu zu ordnen, kann von einer Leitungsverantwortung gesprochen werden. Eine unbegrenzte vertragliche Aufgabendurchführung würde der Leitungsverantwortung nicht gerecht, da der Gemeinde die Vertragsbeendigung als ultima ratio der Eingreifmittel entzogen würde. Da die Gemeinde in einem solchen Fall ansonsten gezwungen wäre, eine eigene Wasserversorgung neu aufzubauen und in der dafür erforderlichen Zeitspanne ihren Einwohnern faktisch keine Wasserversorgung bieten könnte, muss gegebenenfalls eine Rückübertragung der Infrastruktur vereinbart sein. Dies vorausgesetzt steht auch einer Übertragung des Eigentums an den Wasserversorgungsanlagen auf den Privaten nichts im Wege.

260 Allerdings trifft diese Norm wiederum keine Aussage darüber, inwiefern sich Private an dieser Anstalt des öffentlichen Rechts beteiligen dürfen. 261 BGH, NJW 1985, 197; BGH, NVwZ 1989, 388. 262 § 61 ThürWG, § 43 LWaG MV, § 59 BbgWG, § 37a I BWG.

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2. Abschn.: Privatisierung

3. Rechtslage in Bayern Auch Art. 57 II BayGO bestimmt die Trinkwasserversorgung zur kommunalen Pflichtaufgabe. Dennoch wird eine Privatisierung zumindest der Durchführung der Trinkwasserversorgung für zulässig gehalten. a) Tatbestandslösung Das Merkmal der Erforderlichkeit in Art. 57 II BayGO legen die zuständigen bayerischen Ministerien dahin aus, dass bei Vorhandensein von Wasserversorgungsanlagen die Pflicht der Kommunen zu Wasserversorgung entfällt.263 Die Erforderlichkeit sei an den örtlichen Verhältnissen zu messen.264 Wenn die ordnungsgemäße Versorgung durch die Einrichtung eines (auch Privaten) Dritten sichergestellt sei, so müsse die Gemeinde keine eigenen Einrichtungen aufbauen und betreiben.265 Lägen die Bedingungen für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung vor, könne die Pflichtaufgabe auch nachträglich entfallen. Beispielsweise könne die Gemeinde dann ihre Anlagen an einen Privaten veräußern, der die Versorgung im eigenen Namen selbst übernehme.266 Zwar wird eingeräumt, die Pflichtaufgabe der Gemeinde bestünde auch in einem solchen Fall fort, allerdings sei die Pflichtaufgabe nicht mehr unmittelbar auf die Versorgung gerichtet, sondern nur darauf, diese beim Ausfall des Privaten wieder zu übernehmen. Der Gemeinde blieben aber Kontroll- und Vorsorgenotwendigkeiten erhalten, die die vertragliche Absicherung eines hohen Standards der Trinkwasserversorgung erforderlich machten. In Bayern ist es daher nach dieser Ansicht möglich, dass Errichtung und Unterhalt der Trinkwasserversorgung auf einen Privaten übertragen werden.267

263 Widtmann, Bayerische Gemeindeordnung, 426 (1980); Gemeinsame Bekanntmachung der bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023 I, AllMBl. 2001, 148, 158. 264 Widtmann / Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, 426 (1980); diese Regelung kann als Ausdruck der Übermaßverbots gesehen werden, Krieger, Schranken der Zulässigkeit der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, 39 (1981). 265 Widtmann / Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, 426 (1980). 266 So die Gemeinsame Bekanntmachung der bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023 I, AllMBl. 2001, 148, 158. 267 Gemeinsame Bekanntmachung der bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023 I, AllMBl. 2001, 148, 158.

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b) Bewertung Obwohl diese Ansicht mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Erforderlichkeit argumentiert, könnte es sich im Ergebnis auch hier um die bereits besprochene Trennung von Leitungs- und Durchführungsverantwortung handeln. Zunächst scheint die Dogmatik abweichend. Einerseits soll die Aufgabe entfallen, wenn ein Privater die erforderlichen Anlagen herstellt und unterhält, jedoch wiederaufleben, wenn der Private dem nicht nachkommt. Insofern könnte man von einer ,Suspendierung‘ der Aufgabe sprechen, die einer temporären Einstellung der Verwaltungsaufgabe gleichkommt.268 Da sich zugleich aber die Aufgabe nach Einschaltung des Privaten auf dessen Kontrolle und Vorsorge richten soll, verändert sich somit die Aufgabe hin zu einer überwachenden Funktion. Trotz Vorliegens einer „erforderlichen“ Wasserversorgung besteht die Überwachungsaufgabe der Kommunen weiter. Daher liegt auch hier letztlich eine funktionale Privatisierung vor. 4. Privatisierungsnormen in Rheinland-Pfalz und Hessen In Rheinland-Pfalz und Hessen ist die Wasserversorgung ebenfalls als kommunale Pflichtaufgabe (§§ 46 Rh.-Pf. WG, 54 I HessWG) ausgestaltet, jedoch sehen die Wassergesetze beider Länder die Möglichkeit einer funktionalen Privatisierung vor. In Rheinland-Pfalz ist eine Norm zur Erlaubnis der funktionalen Privatisierung erforderlich, da die Pflichtaufgabe dort ausdrücklich den Bau und Betrieb der Trink- und Brauchwasseranlagen umfasst. Obwohl auch hier nur die „erforderlichen“ Anlagen bereitgestellt werden sollen, sah der Gesetzgeber anders als in Bayern die Notwendigkeit gegeben, die Übertragung der Aufgabendurchführung ausdrücklich zu gestatten. § 46a Rh.-Pf. WG regelt die Übertragung der Durchführung der Wasserversorgung auf private Dritte, wobei dies ausdrücklich die Veräußerung der Anlagen umfasst. Die Vorschrift bestimmt zudem Kriterien für die Auswahl der Person des Privaten und ein Genehmigungserfordernis. Ferner ist in § 46a III Rh.Pf. WG die Möglichkeit der Rückübertragung der Aufgabendurchführung und des Rückerwerbs der Anlagen im Fall der Schlechterfüllung vorgesehen. Nach § 54 II HessWG können die zur Wasserversorgung Verpflichteten sich Dritter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bedienen. In einem Gesetzentwurf des hessischen Umweltministeriums ist jedoch bereits die Möglichkeit der Aufgabenprivatisierung enthalten, § 39 II Entwurf HessWG.269 268 Ähnlich Burgi, jedoch in Hinblick auf die Abwasserversorgung, ders., Privatisierung der Wasserversorgung, 130 (2001). 269 Stand 26. 4. 2004, erhältlich im Internet auf der Homepage des hessischen Umweltministeriums.

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2. Abschn.: Privatisierung

5. Privatisierungsnormen in Sachsen-Anhalt und Sachsen Nach § 146a I WG LSA kann die Gemeinde die Aufgabe der Trinkwasserversorgung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag ganz oder teilweise auf Dritte übertragen, die die Anlagen und Versorgungsleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreiben oder erbringen können. Mit der Übertragung geht die Verantwortung für die Trinkwasserversorgung in dem vereinbarten Umfang auf den Dritten über. Hier ist eine allerdings nur befristete Aufgabenübertragung möglich, § 146a I 3 WG LSA. Die näheren Bestimmungen der Übertragung der Aufgabe sollen in einer noch zu erlassenden Verordnung geregelt werden.270 Nach § 57 I SächsWG haben die Gemeinden die Pflicht, in ihrem Gebiet die Bevölkerung und die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ausreichend mit Wasser zu versorgen. Nach § 57 III SächsWG können sich die Kommunen zur Erfüllung der Aufgaben Dritter bedienen und ihre Wasserversorgungspflicht auf juristische Personen des Privatrechts übertragen. Auch hier wird am Entwurf einer Verordnung gearbeitet, welche die Aufgabenübertragungsmodalitäten genauer bestimmen soll.271

II. Der Private als Träger einer öffentlichen Einrichtung Die Gemeindeordnungen aller Länder geben den Gemeinden die Möglichkeit, bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses den Anschluss an die Wasserversorgung anzuordnen und deren Benutzung vorzuschreiben.272 Daher sichert die Möglichkeit der Anordnung eines Anschluss- und Benutzungszwanges den Gemeinden ein örtliches Wasserversorgungsmonopol auch in den Bundesländern, in denen die Wasserversorgung als freiwillige Verwaltungsaufgabe von den Kommunen wahrgenommen werden kann.273 Die Gemeinden können dadurch fremde Unternehmen von der Wasserversorgung in ihrem Gemeindegebiet ausschließen. Der Anschlussund Benutzungszwang wirkt dann als Privatisierungsschranke, wenn ein bestehender Anschluss- und Benutzungszwang zugunsten des privaten Unternehmens aus wirtschaftlichen Gründen weiter bestehen soll, dies aber unzulässig ist.274 270 Telefongespräch mit dem Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. 5. 2004. 271 Telefongespräch mit dem Umweltministerium des Landes Sachsen vom 21. 5. 2004. 272 Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 598. 273 Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, 114. 274 Die wirtschaftliche Abhängigkeit einer Privatisierung vom Weiterbestehen einer entsprechenden Benutzungssatzung wird vor allem dann relevant, wenn zur Versorgung einzelner Grundstücke, beispielsweise von Großkunden, keine Inanspruchnahme des öffentlichen Straßen- und Wegenetzes erforderlich ist und das Versorgungsunternehmen daher keiner straßenrechtlichen Konzession bedarf, d. h. sich anderweitig versorgen könnte. Zur Zulässigkeit des Anschluss- und Benutzungszwangs aus wirtschaftlichen Gründen Hempel, in: Ludwig u. a., Band 2, III. Teil – AVBWasserV, Einführung, Rdnr. 194 (2004).

D. Kommunal- und Wasserrecht

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1. Pflicht zur Schaffung öffentlicher Einrichtungen Möglicherweise könnte sich eine kommunale Pflicht zur Schaffung einer eigenen Wasserversorgung aus den kommunalen Vorschriften betreffend die Schaffung öffentlicher Einrichtungen ergeben. So verpflichtet beispielsweise § 19 I HessGO die Gemeinden, in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen. Der HessVGH hob das Urteil der Vorinstanz auf, welche aus § 19 I HessGO auf eine Pflicht der Gemeinde zur Herstellung einer öffentlichen Wasserversorgung schloss. Nach Ansicht des HessVGH ist eine Wasserversorgungsanlage für die Einwohner aller hessischen Gemeinden „selbstverständlich erforderlich“ im Sinne des § 19 I HessGO.275 Jedoch sei eine Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung einer Gemeinde nur dann erforderlich, wenn der Bedarf der Einwohner nicht bereits auf andere Weise – nämlich durch Wasserlieferung seitens bereits bestehender fremder, d. h. nicht von der Gemeinde eingerichteter Wasserversorgungsunternehmen – befriedigt werde.276 Eine andere Auslegung der Vorschrift brächte eine Pflicht der Gemeinde zur Bereitstellung sämtlicher für ihre Einwohner erforderlichen Einrichtungen mit sich. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird die Gemeinde vor dem Zwang zur Ausgestaltung aller möglichen Tätigkeiten vom Supermarkt bis zur Elektrizitätsversorgung als öffentliche Einrichtungen zu Lasten der Privatwirtschaft bewahrt.

2. Private als Träger öffentlicher Einrichtungen Während der Anschlusszwang zum Inhalt hat, dass jeder, für dessen Grundstück die Pflicht des Anschlusszwangs besteht, die zur Herstellung des Anschlusses notwendigen Vorrichtungen auf seine Kosten treffen muss, berechtigt und verpflichtet der Benutzungszwang zur tatsächlichen Inanspruchnahme und verbietet zugleich die Benutzung anderer ähnlicher Einrichtungen.277 Im Kommunalrecht ist die für die Leistungsverwaltung vorgesehene Form die öffentliche Einrichtung. Der AnHessVGH, RdE 1993, 143, 144. Im Unterschied zur oben unter I. 3. behandelten Ansicht des bayerischen Innenministeriums bezieht sich die Ansicht des HessVGH auf die Frage, ob eine Wasserversorgung in der Form der öffentlichen Einrichtung erforderlich ist. Hierbei handelt es sich nicht um die Zuweisung der Trinkwasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe, die im Übrigen in Hessen in § 54 I 1 HessWG enthalten ist. In Art. 57 II BayGO ist dagegen nur von erforderlichen Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser die Rede, womit nicht nur die für die Nutzung durch die Allgemeinheit gewidmeten öffentlichen Einrichtungen erfasst werden. Dient die Einrichtung der Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern, so spricht zwar die Vermutung für eine öffentliche Einrichtung, es muss aber nicht zwingend eine solche vorliegen, BayVGH, BayVBL. 1955, 59, 61. 277 Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 599 (2003); BVerwGE 62, 224. 275 276

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2. Abschn.: Privatisierung

schluss- und Benutzungszwang kann daher nur für die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung angeordnet werden.278 Öffentliche Einrichtungen der Gemeinden sind jene Personen- und Sachgesamtheiten, welche die Gemeinde der Öffentlichkeit gewidmet, d. h. der gesamten Einwohnerschaft oder dem der Natur der Sache nach dafür in Betracht kommenden Teil derart zur Verfügung gestellt hat, dass dem einzelnen ein öffentlicher Anspruch auf die Zulassung zur Benutzung zusteht.279 Als Folge einer Privatisierung wird der öffentliche Träger der Wasserversorgung gegen einen Privaten ausgetauscht. Grundsätzlich wird ein solches Vorgehen von der Rechtsprechung seit langem als zulässig erachtet. Der Träger kann eine Gesellschaft des privaten Rechts sein, ohne dass es sich um ein Unternehmen handeln muss, das die Gemeinde als Aktionärin oder Gesellschafterin beherrscht.280 Nach Ansicht des HessVGH findet die Möglichkeit, eine öffentliche Einrichtung durch ein Unternehmen außerhalb der Organisation der Gemeinde betreiben zu lassen, ihre Grenze ausschließlich in der durch die Widmung begründeten Zweckbestimmung der Einrichtung. Durch die Einschaltung des fremden Rechtsträgers dürfe nichts geschehen, was dem Einrichtungszweck zuwiderliefe. Daher müsse sich die Gemeinde, wenn Träger der öffentlichen Einrichtung ein Privatunternehmen ist, auf dieses Unternehmen vertraglich oder auf sonstige Weise soweit Einfluss verschaffen, dass das Benutzungsrecht der Einwohner gesichert sei.281 Die Widmung durch die Gemeinde setzt in diesen Fällen die Zustimmung des betroffenen Privaten voraus.282 Ist die Gemeinde nicht in der Lage, die Entscheidung über die Benutzung eines Einwohners treffen zu können, so liegt grundsätzlich keine öffentliche, sondern eine private Einrichtung des jeweiligen privaten Trägers vor. Die Einrichtung eines Anschluss- und Benutzungszwangs für eine solche Einrichtung ist nicht möglich.283 Die Meinungen gehen auseinander, soweit es die Zulässigkeit von direkten Rechtsbeziehungen zwischen Bürger und privatem WasserversorgungsunternehOVG Lüneburg, OVGE 25, 345, 353. HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914. 280 HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914; BayVGH, BayVBl. 1989, 148, 149; OVG RheinlandPfalz, DVBl. 1985, 176, 177; Erichsen, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, JURA 1986, 148, 150. 281 HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914; OVG Schleswig, NVwZ-RR 1997, 47, 48; Wagener, Anschluss- und Benutzungszwang für Fernwärme, 41 (1989). 282 Ossenbühl, Rechtliche Probleme der Zulassung zu öffentlichen Stadthallen, DVBl. 1973, 289, 294. 283 Andererseits unterliegt die Errichtung eines Anschluss- und Benutzungszwanges zugunsten eines privaten Unternehmens nicht dem Vorbehalt des Gesetzes, da alle mit dem Anschluss- und Benutzungszwang verbundenen hoheitlichen Befugnisse bei der Gemeinde verbleiben. Eine Übertragung der mit dem Anschluss- und Benutzungszwang verbundenen hoheitlichen Befugnisse tritt eben nicht ein. Anders noch Krieger, der in einem solchen Fall von einer Beleihung aufgrund der „Übertragung öffentlich-rechtlicher Zuständigkeiten“ ausging, ders., Schranken der Zulässigkeit der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, 52 (1981). 278 279

D. Kommunal- und Wasserrecht

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men betrifft. Ein Auftreten des Versorgungsunternehmers im eigenen Namen gegenüber dem Bürger erfordert die Möglichkeit zum Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages, durch den das satzungsmäßig begründete öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis ausgestaltet wird. Während die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung von der Zulässigkeit einer solchen Konstruktion ausgeht284, hat das OVG Schleswig die Zulässigkeit einer privatrechtlichen Ausgestaltung bei Vorliegen eines Anschluss- und Benutzungszwangs verneint.285 Der öffentlich-rechtliche Zwang zum Eingehen eines privatrechtlichen Nutzungsverhältnisses bei möglicher Beitreibung der privatrechtlichen Nutzungsentgelte im Wege des Verwaltungszwangs nach § 14 SchlHKAG stelle eine einseitige Benachteiligung der Benutzer im alleinigen Interesse der öffentlichen Hand dar.286 Die Vorschrift gestattet die Beitreibung privatrechtlicher Entgelte im Verwaltungsweg, wenn diese für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung von abgabenberechtigten Körperschaften oder deren Eigenbetrieben und Eigengesellschaften erhoben werden. Im vorliegenden Falle wäre daher trotz der privatrechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses eine verwaltungsrechtliche Vollstreckung des Entgelts durch die die Wasserversorgung privatisierende Gebietskörperschaft möglich gewesen. Das Gericht forderte deshalb, dass die Rechtsbeziehungen so ausgestaltet werden müssten, dass die Benutzer der Wasserversorgungseinrichtung nur in Rechtsbeziehungen zur kommunalen Körperschaft stehen dürften, da sonst eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende Überdehnung der Zwei-StufenTheorie vorliege. Allerdings lag im vorliegenden Fall zusätzlich zu der in Frage stehenden privatrechtlichen Vertragsbeziehung eine Gebührensatzung vor. Da aber im Normalfall nur eine Rumpfsatzung ohne Entgeltregelung erlassen wird, erhebt der Private das Nutzungsentgelt, womit der Anwendungsbereich des § 14 SchlHKAG nicht eröffnet ist und somit eine Schlechterstellung des Bürgers nicht eintritt. Da zudem etwaige dem § 14 SchlHKAG entsprechende Vorschriften in anderen Bundesländern fehlen, ist auch nach diesem Urteil von einer Weitergeltung der überwiegenden Meinung auszugehen.

3. Die privatrechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses Aus dem Status der öffentlichen Einrichtung ergibt sich ein öffentlich-rechtlicher Zulassungsanspruch des Bürgers. Daneben führt das direkte Auftreten des privaten Einrichtungsträgers gegenüber dem Bürger zu einer Aufspaltung in ein hoheitliches Grundverhältnis zwischen Bürger und Gemeinde und ein dieses ausfüllendes weiteres Rechtsverhältnis zwischen Bürger und Wasserversorgungsunternehmer.

284 285 286

BGH, NVwZ 1983, 58; OVG Lüneburg, KStZ 1976, 234; HessVGH, DVBl. 1975, 913. OVG Schleswig, NVwZ-RR 1997, 47, 48. OVG Schleswig, NVwZ-RR 1997, 47, 48.

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2. Abschn.: Privatisierung

a) Privatrechtliche Natur des Verhältnisses zwischen Bürger und privatem Wasserversorgungsunternehmer Tritt der private Wasserversorgungsunternehmer gegenüber dem Bürger im eigenen Namen auf, kommt nur eine privatrechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen diesen in Betracht. Ein hoheitliches Auftreten wäre nur im Fall der Beleihung mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen möglich, die jedoch eine besondere Rechtsgrundlage erfordert und die im Fall der Wasserversorgung nicht gegeben ist. Keinesfalls ist daher der Private zur öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses berechtigt.287 b) Kommunaler Verschaffungs- und Einwirkungsanspruch anstelle des Zulassungsanspruches Durch die Widmung als öffentliche Einrichtung erhalten die Bürger einen Anspruch auf Zulassung zur Nutzung dieser Einrichtung aufgrund der entsprechenden Regelungen der Gemeindeordnungen.288 Dieser Zulassungsanspruch ist jedoch gegen die kommunale Körperschaft gerichtet, auf deren Widmung der Status als öffentliche Einrichtung beruht. Adressat des gesetzlichen Zulassungsanspruchs ist stets die Gemeinde. Eine Überleitung dieses Zulassungsanspruches auf den privaten Wasserversorgungsunternehmer ist daher nicht möglich.289 Rechtsdogmatisch ist es hingegen nicht ausgeschlossen, den im öffentlichen Recht wurzelnden Anschluss- und Benutzungszwang des Bürgers inhaltlich als auf den Abschluss eines privatrechtlichen Benutzungsvertrages gerichtet zu verstehen.290 Die Gemeinde kann die Benutzung der Einrichtung so regeln, dass die Benutzungsverhältnisse nicht zwischen ihr und den Benutzern, sondern zwischen dem Dritten, dem der Betrieb der Einrichtung übertragen worden ist, und den Benutzern zustande kommen. Der Erfüllung des öffentlichen Zwecks der Einrichtung steht nicht entgegen, dass der fremde Rechtsträger in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu den Einrichtungsbenutzern tritt.291 Die Gemeinde hat die Möglichkeit, sich durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Unternehmen, das seine Anlagen als öffentliche Einrichtung widmet, den vom Einrichtungszweck her erforderlichen Einfluss auf den Inhalt der Rechtsbeziehungen zwischen Benutzer und Betreiber der Einrichtung zu sichern. Insbesondere kann sie vertraglich durch Festlegung eines Kontrahierungszwanges für das Unternehmen dafür sorgen, dass der aus der Dazu Brüning, Der Private, 222 ff. (1997). Gern, Deutsches Kommunalrecht, Rdnr. 536 f. (2003). 289 Für die Mindermeinung in diesem Fall das OVG Rh.-Pf., das einen Zulassungsanspruch aus dem Verwaltungsprivatrecht für gegeben sieht, DÖV 1986, 153. 290 HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914. 291 HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914. 287 288

D. Kommunal- und Wasserrecht

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Widmung resultierende Anspruch des einzelnen Gemeindebürgers auf Zulassung zur öffentlichen Einrichtung zu angemessenen Bedingungen erfüllt werde.292 Dementsprechend verbleibt dem einzelnen Einwohner anstelle des sonst gegebenen kommunalrechtlichen Benutzungsanspruches ein Verschaffungs- und Einwirkungsanspruch, der dahin geht, dass die Gemeinde seinen Anspruch auf Benutzung der Einrichtung zu angemessenen Bedingungen durch Einwirkung auf den Dritten mit geeigneten Mitteln sicherstellt.293 Zwar wird der Benutzer auch in diesem Fall tatsächlich nicht so gestellt, wie wenn er in einem zur Gemeinde selbst bestehenden Benutzungsverhältnis stehen würde. Etwa darin liegende Nachteile könne die Gemeinde aber nach Ansicht des VGH Kassel dadurch ausgleichen, dass sie ihren Einwohnern angemessene Benutzungsbedingungen gewährleiste und damit einen Anspruch auf Schadloshaltung für den Fall des pflichtwidrigen Verhaltens des Trägers gegen sich begründe.294 Insofern ist eine Aufgabenprivatisierung nur unter der Einschränkung möglich, dass die Gemeinde im Aufgabenfeld der Wasserversorgung weiterhin tätig ist und auf den privaten Wasserunternehmer Einfluss nimmt. Ein völliger Rückzug der Gemeinde aus dem Aufgabenfeld ist bei Vorliegen eines Anschluss- und Benutzungszwangs nicht zulässig.

III. Kommunales Wirtschaftsrecht Die Formenwahlfreiheit zur Gründung einer Eigengesellschaft, auf die sich die Organisationsprivatisierung und die gesellschaftsrechtliche Einwirkungsvariante der funktionalen Privatisierung gründet, kommt mittlerweile in den Kommunalgesetzen aller Bundesländer zum Ausdruck. Mitunter bestehen hier aber entgegenstehende Regelungen in den Gemeindeordnungen. Vor In-Kraft-Treten der Neufassung des Art. 92 BayGO am 1. 9. 1995 gehörte Bayern zu den Ländern, die den Rechtsformen des öffentlichen Rechts den Vorrang für kommunale Unternehmen gaben.295 Art. 91 I Nr. 2 BayGO a. F. wirkte insofern als Privatisierungsschranke für formelle Privatisierungen, als dass die Rechtsformen des Privatrechts für wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden nur zulässig waren, wenn „der öffentliche Zweck nicht ebenso gut in einer Rechtsform des öffentlichen Rechts, insbesondere durch einen Eigenbetrieb der Gemeinde, erfüllt wird oder erfüllt werden kann oder wenn Private an der Erfüllung des öffentlichen Zwecks Erichsen, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen, JURA 1986, 148, 150. OVG Rh.-Pf., DVBl. 1985, 176, 177; Erichsen, Die kommunalen öffentlichen Einrichtungen (Teil II), JURA 1986, 196. 294 HessVGH, DVBl. 1975, 913, 914; im Ergebnis auch Ossenbühl, Rechtliche Probleme der Zulassung zu öffentlichen Stadthallen, DVBl. 1973, 289, 294. 295 Gaß, Die Umwandlung gemeindlicher Unternehmen, 55 (2003). 292 293

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2. Abschn.: Privatisierung

wesentlich beteiligt werden sollen und die Aufgabe hierfür geeignet ist“. Durch Art. 92 BayGO wurde nunmehr in Bayern die Freiheit der Rechtsformenwahl einheitlich für alle kommunalen Unternehmen hergestellt.296 Hingegen schreibt beispielsweise § 117 I Nr. 1 GO SA nach wie vor die Subsidiarität von Privatrechtsformen gegenüber Eigenbetrieben vor.

IV. Zusammenfassung Auch die gesetzliche Ausgestaltung der Wasserversorgung als Pflichtaufgabe schließt eine Einschaltung Privater in die Aufgabenerfüllung nicht aus. Ein Privater kann grundsätzlich die Aufgabenerfüllung übernehmen und sogar Träger einer öffentlichen Einrichtung sein, ohne dass die Aufgabenträgerschaft für die Wasserversorgung auf ihn übergeht. Diese Entwicklung ist den jeweiligen Landesgesetzgebern nicht entgangen und in der Folge haben die Länder entweder ihre bestehenden Vorschriften entsprechend ausgelegt oder neue erlassen, die ausdrücklich die Zulässigkeit der privaten Verwaltungshilfe bestätigen oder eine Aufgabenübertragung zulassen. Die Fälle der Organisationsprivatisierung wurden hingegen in allen Gemeindeordnungen geregelt.

E. Die Steuerung der Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen durch sektorenspezifische Regelungen In den Ländern, welche die Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe ausgestaltet haben, werden unterschiedliche Voraussetzungen für die Aufgabenübertragung aufgestellt. Diese Privatisierungsdirektiven zielen auf die Sicherung der Wasserversorgung im Fall der Einbeziehung Privater.

I. Veranlassung Privater durch öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag Die Bundesländer haben die Privatisierung der Wasserversorgung unterschiedlich ausgestaltet. Nur in § 146a WG LSA ist die Rechtsnatur des Veranlassungsaktes bestimmt, durch welchen dem Privaten die öffentliche Aufgabe überlassen oder die Durchführung der Aufgabe übertragen wird. Sachsen-Anhalt hat den öffentlich-rechtlichen Vertrag ausdrücklich als Mittel zur Übertragung der Aufgabe der Wasserversorgung auf Dritte in § 146a WG LSA vorgesehen. Aufgrund der 296

Bauer / Böhle / Masson / Samper, BayGO Art. 92 Rdnr. 5 f. (2004).

E. Steuerung der Privatisierung

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Neuheit der Privatisierungsnormen ist die Rechtsnatur des Veranlassungsaktes in den anderen Bundesländern jedoch weitgehend unbeschrieben.297 Wie bereits oben ausgeführt, sehen die Wassergesetze der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und der Entwurf der Neufassung des HessWG die „Übertragung der Aufgabe“ der Wasserversorgung vor. In den übrigen Ländern, in denen die Wasserversorgung Pflichtaufgabe ist, wird dagegen nur die „Übertragung der Durchführung der Wasserversorgung“ geregelt; ggf. können die Kommunen sich „Dritter bei der Erfüllung der Aufgabe“ bedienen. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag liegt vor, wenn ein öffentliches Rechtsverhältnis i. S. d. § 54 I 1 VwVfG begründet, geändert oder aufgehoben wird. Nach überwiegender Ansicht ist die Natur des Vertrages als zivilrechtlich oder öffentlichrechtlich objektiv nach dem Vertragsgegenstand zu bestimmen.298 Danach liegt ein verwaltungsrechtlicher Vertrag immer dann vor, wenn durch ihn auf von der gesetzlichen Ordnung verwaltungsrechtlich geregelte Sachverhalte eingewirkt werden soll.299 Die Beurteilung der Rechtsnatur erfolgt somit in drei Schritten: der Ermittlung des Gegenstands, der Zuordnung zu Rechtsnormen und der Qualifizierung der Rechtsnormen, wobei die Zugehörigkeit letzterer zum Privat- oder öffentlichen Recht insbesondere anhand der Sonderrechtstheorie zu bestimmen ist.300 Die bereichsspezifischen Privatisierungsnormen sind bislang nur in den Wassergesetzen einzelner Länder geregelt und richten sich ausschließlich an öffentlichrechtliche Körperschaften. Sie sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Der Gegenstand dieses Vertrages ist die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe an Private, die aber nur befristet und unter bestimmten Bedingungen auf Private übertragen werden darf.301 Die Rechtsfolge des Vertrages ist somit die zeitweilige Suspendierung einer kommunalen Aufgabe, womit durch den Vertrag ein öffentlichrechtlich zu bewertender Sachverhalt geregelt wird.302 Somit handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Fraglich ist jedoch die Natur des Übertragungsaktes in Ländern, in denen die Wasserversorgung nur eine freiwillige Aufgabe der Gemeinde ist oder nur die 297 Zwar wird auch in Sachsen davon ausgegangen, dass die Übertragung nach § 57 III SächsWG durch öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen soll, jedoch wurde dies nicht im Gesetz verankert. Grundsätzlich wäre hier auch die Regelung durch Verwaltungsakt denkbar, jedoch bietet ein öffentlich-rechtlicher Vertrag den Parteien mehr Vorteile, Dallhammer, Ziele und Rechtsfragen der sächsischen Privatisierungsverordnung, in: Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 87 (2001). 298 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rdnr. 11 (2004); BGHZ 32, 214, 216; BVerwGE 42, 331, 332. 299 Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rdnr. 2 (2002). 300 Burgi, Funktionale Privatisierung, 164 (1998). 301 Hierbei handelt es sich nicht um eine Beleihung, da keine für die Beleihung typische hoheitliche Rechtsstellung übertragen wird, Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, in: Hendler, Umweltschutz, Wirtschaft und kommunale Selbstverwaltung, 130 (2000). 302 Dallhammer, Ziele und Rechtsfragen der sächsischen Privatisierungsverordnung, in: Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 87 (2001).

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2. Abschn.: Privatisierung

Übertragung der Aufgabendurchführung (§ 46a WG Rh.-Pf.) der Wasserversorgung gesetzlich geregelt ist. Die Regelung des § 46a I 1 WG Rh.-Pf. erklärt die Übertragung der Aufgabendurchführung unter besonderen Bedingungen für zulässig. Da die funktionale Privatisierung aber ohnehin auch in Ländern mit kommunaler Pflichtaufgabenzuweisung zulässig ist, hat die Norm insofern nur deklaratorische Bedeutung.303 Da mit dem Abschluss des Vertrages somit weder ein öffentliches Rechtsverhältnis i. S. d. § 54 I 1 VwVfG begründet, geändert oder aufgehoben wird, liegt insofern kein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor. Es besteht eine Parallele zu § 16 I KrW / AbfG, der ebenfalls die Durchführung von Verwaltungsaufgaben durch die Beauftragung von Privaten für zulässig erklärt. Der Beauftragungsakt wird hier von der überwiegenden Meinung als zivilrechtlich eingeordnet.304 Tatsächlich entfaltet der Veranlassungsvertrag bei einer funktionalen Privatisierung keine Wirkung auf die Pflichtaufgabe, da es hier nicht zu einer Übertragung der Versorgungspflicht kommt; die Gemeinde bleibt nach wie vor zur Aufgabenerfüllung verpflichtet. Grundsätzlich handelt es sich bei funktionalen Privatisierungen daher um privatrechtliche Verträge. Im Fall des § 46a WG Rh.-Pf. kommt aber eine weitere Besonderheit hinzu. In § 46a III WG Rh.-Pf. wird der Gemeinde das Recht eingeräumt, insbesondere im Falle von groben Pflichtverletzungen die Rückübertragung der Wasserversorgungsanlagen zu verlangen. Zudem wird in § 46a II WG Rh.-Pf. eine Regelung hinsichtlich der Bestimmung des Wertes der Anlagen, die rückzuübertragen sind, getroffen. An die Übertragung der Aufgabendurchführung werden somit öffentlich-rechtliche Sonderrechte der Gemeinde geknüpft, weswegen durch die Übertragung ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet wird. Durch den Vertragsschluss wird das Rechtsverhältnis von öffentlich-rechtlichen Bestimmungen überlagert, die wesentliche Teile des Vertrages regeln. Daher handelt es sich beim Veranlassungsakt um einen subordinationsrechtlichen Vertrag. Ist die Wasserversorgung freiwillige Aufgabe der Gemeinde, liegt es in ihrem Ermessen, die öffentliche Aufgabe an einen Privaten abzugeben. Damit verliert die öffentliche Aufgabe im Rahmen der Übertragung ihren Charakter als Verwaltungsaufgabe, ohne dass ein öffentliches Rechtsverhältnis begründet wird, auch wenn 303 Dann wäre zu fragen, ob hier nicht allein das privatrechtlich zu beurteilende Vergaberecht anwendbar ist, da die Vergabe öffentlicher Aufträge regelmäßig als fiskalisches Hilfsgeschäft eingeordnet wird, BVerwGE 5, 325; BVerwGE 35, 103, 104. 304 BGH, ZfW 1978, 292; OLG Bamberg, BayVBl. 1980, 695; Schink, in: Jarass, KrW- / AbfG, § 16 KrW- / AbfG Rdnr. 47 (2004); Versteyl, in: Kunig u. a., KrW- / AbfG, § 16 KrW- / AbfG Rdnr. 11 (2003); a.A. Burgi, der bei funktionaler Privatisierung generell einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gegeben sieht, ders., Funktionale Privatisierung, 164 ff. (1999). Da auch Burgi die Bedarfsdeckung der öffentlichen Hand als privatrechtliches Geschäft einordnet, unterscheidet er die funktionale Privatisierung von der bloßen Bedarfsdeckung, indem er eine „Zäsur“ zwischen beiden annimmt. Diese „Zäsur“ wird in der Praxis jedoch oftmals nur schwer auszumachen sein.

E. Steuerung der Privatisierung

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die Gemeinde die Verwaltungsaufgabe der Vertragsüberwachung weiterhin durchführt. Die Verwaltungsaufgabe wird durch die rein tatsächliche Übertragung der jeweiligen Tätigkeiten auf den Privaten verändert. Im Gegensatz zur Pflichtaufgabe, deren Umfang von der vertraglichen Vereinbarung mit dem Privaten verändert wird, handelt es sich bei dem Privatisierungsvertrag um ein rein privatrechtlich zu beurteilendes Rechtsgeschäft. Ebenso ist es in Bayern. Dort wird der Umfang nicht durch den Vertrag, sondern durch das tatsächliche Vorliegen einer „erforderlichen“ Wasserversorgung bestimmt. Hier hängt der Aufgabenumfang daher nicht von einer vertraglichen Regelung ab.

II. Steuerung der Privatisierung in Rheinland-Pfalz Eine Aufgabenübertragung auf Private ist in Rheinland-Pfalz derzeit nicht mehr möglich.305 Die funktionale Privatisierung durch Übertragung der Aufgabendurchführung auf Private durch die nach § 46 I 1 WG Rh.-Pf. zur Wasserversorgung verpflichtete Körperschaft wurde hingegen in § 46 a WG Rh.-Pf. geregelt. Die Vorschrift des § 46 a WG Rh.-Pf. enthält Regelungen zur Auswahl des Privaten, einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich der Übertragung von Nutzung oder Veräußerung der Wasserversorgungsanlagen in Absatz 1, ein Weiterübertragungsverbot sowie Bedingungen für den Rückerwerb der Anlagen durch die Gemeinde in Absatz 2 und die Bedingungen für eine außerordentliche Beendigung der Übertragung der Aufgabendurchführung in Absatz 3. Die Gemeinde darf die Aufgabendurchführung auf Private übertragen, soweit und solange diese eine ordnungsgemäße Wasserversorgung gewährleisten und keine Gründe des Allgemeinwohls entgegenstehen. Auf Grundlage dieser unbestimmten Rechtsbegriffe werden die Bedingungen festgelegt, auf deren Einhaltung die Gemeinde zu achten hat. Diese bleiben vage und bedürfen der weiteren Konkretisierung durch die Verwaltungspraxis und die Gerichte. Unter den Begriff der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Wasserversorgung wird aber insbesondere die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften wie der Trinkwasserverordnung und der AVBWasserV zu verstehen sein. Hinsichtlich der Gründe des Allgemeinwohls können Hinweise zur Bestimmung aus der entsprechenden Norm des § 16 I KrW- / AbfG entnommen werden.306 Offensichtlich können nicht alle Aufgaben im Aufgabenfeld der Wasserversorgung privatisiert werden. Die Gemeinde muss die Einhaltung der Vorgaben des Absatz 1 überwachen und gegebenenfalls von dem Rückübertragungsrecht des Ab305 Während § 46a WG Rh.-Pf. a. F. noch von der Unanwendbarkeit des § 46 WG Rh.-Pf. sprach, ist in der Neufassung des Gesetzes vom 22. 1. 2004 (GVBl. Nr. 4 vom 27. 02. 2004, 54) nur noch von der Übertragung der Durchführung auf private Dritte die Rede. 306 Siehe beispielsweise die Aufzählung bei Versteyl, in: Kunig u. a., KrW- / AbfG, § 16 KrW- / AbfG Rdnr. 40 (2003).

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2. Abschn.: Privatisierung

satz 3 Gebrauch machen. Dabei steht es ihr frei, ob sie die Anlagen verkaufen will oder dem Privaten die Nutzung einräumt. Daher wird die Pflichtaufgabe der Wasserversorgung durch § 46 a I WG Rh.-Pf. auf die Überwachung der Durchführung der Aufgabe durch den Privaten reduziert. Der dritte Absatz der Vorschrift betrifft die Rückübertragung der Aufgabendurchführung und den Rückerwerb der von dem Privaten geschaffenen Einrichtungen. Da die Gemeinde die Rückübertragung von fremdem Eigentum gegen Zahlung einer von der oberen Wasserbehörde festzusetzender Entschädigung ermöglicht, besitzt die Norm enteignenden Charakter.

III. Steuerung der Privatisierung in Sachsen Der § 57 III SächsWG ermöglicht den Gemeinden die Übertragung der Wasserversorgungspflicht auf Private. Mit Ausnahme des Verweises auf die Widerrufsvorschrift des § 63 IV SächsWG enthält die Norm zur weiteren Präzisierung nur die Ermächtigung zum Verordnungserlass, wodurch die Voraussetzungen und das Verfahren der Übertragung der Wasserversorgungspflicht auf Private geregelt werden sollte. Hinsichtlich des Inhalts der Privatisierungsverordnung sieht das Gesetz einige in der Verordnung zu regelnde Bestimmungen vor, wonach insbesondere die Auswahl des Privaten und Vorkehrungen zur Sicherung der Aufgabenerfüllung zu regeln sind. Das Sächsische Umweltministerium hat im Februar 2001 einen Entwurf für eine sächsische Privatisierungsverordnung (SPV) vorgelegt.307 In der Verordnung wird die Übertragung der Pflichtaufgabe der Wasserversorgung auf Private geregelt. Dabei wird ein Katalog von Gegenständen aufgestellt, die im öffentlich-rechtlichen Übertragungsvertrag geregelt sein müssen. Hierzu gehört in § 3 SPV die Erstellung eines Verzeichnisses über die auf den Privaten zu übertragenden Gegenstände und eine Regelung über deren Rückübertragung auf die Kommune im Falle der Insolvenz des Privaten oder im Falle der Vertragsauflösung, sowie Regelungen über deren Unterhalt und Entgeltregelungen für den Fall der Rückübertragung. In § 4 SPV wird ferner die Vereinbarung entsprechender Informationsrechte vorgesehen. Durch § 7 SPV wird die Dauer der Übertragung auf 10 bis 30 Jahre begrenzt und eine Nachverhandlungsmöglichkeit vorgesehen, wohingegen § 8 SPV den Vorbehalt eines Kündigungsrechts enthält. In die Überwachung der Vertragserfüllung wird die Wasserbehörde mit einbezogen, die in bestimmten Fällen die Kündigung des Vertrags durch die Kommune verlangen können soll. § 9 SPV enthält hingegen ein Auswahlverfahren, nach dem der Private ermittelt werden soll. In § 10 SPV werden die Auswahlkriterien für den Privaten bestimmt 307 Abgedruckt im Anhang I in Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 205 ff. (2001).

E. Steuerung der Privatisierung

153

und durch § 11 SPV die Rolle der Wasserbehörden bei der Pflichtenvergabe geregelt. Dass die Verordnung bislang noch nicht erlassen wurde, mag vorrangig am Bestreben der Verordnungsgeber liegen, die Wasserversorgung und die Abwasserversorgung in einer Verordnung regeln zu wollen. Aufgrund der Unklarheiten bei der steuerlichen Behandlung der kommunalen Abwasserentsorgung wird die Aufhebung der Steuerbefreiung beim Abwasser befürchtet, wenn durch eine Privatisierungsverordnung der für die Steuerbefreiung erforderliche hoheitliche Charakter der Abwasserentsorgung entfällt.308 Hinsichtlich der Wasserversorgung hat insbesondere Salzwedel kritisiert, dass die Funktion der Gemeinde nicht deutlich genug definiert wurde.309 Denn obgleich die Aufgaben der Wasserbehörde klar bestimmt werden, bleibt die Überwachungsverantwortung der Kommune vage, da diese die Garantenpflicht behält und somit die Aufgabe eben nicht völlig aufgeben kann. Salzwedel stellt heraus, dass im Falle einer Rückübertragung aufgrund der Nichterfüllung der Pflichten durch den Privaten zwar die Gemeinde die Wasserversorgung übernehmen müsste, aber in größeren Fällen wohl das Land eingreifen müsste, wenn auf kommunaler Ebene nicht die nötigen Mittel bereitstehen. Insofern kritisiert er den „Umweg über die Gemeinde, die nicht will und kann“ bei der Rückübertragung der Aufgabe. Auch wenn dem grundsätzlich zuzustimmen ist, wird die Problematik durch die auf kommunaler Ebene bestehende, verfassungsrechtliche Gewährleistungsverantwortung verursacht, so dass die Kommunen die Gewährleistung der Wasserversorgung auch dann nicht abgeben könnten, wenn sie dies wünschten. Um dem abzuhelfen, müsste eine Hochzonung der Gewährleistungsaufgabe auf eine Regulierungsbehörde erfolgen, die in der Lage ist, neben der Überwachung des privaten Wasserversorgers auch den Fall von dessen Schlechterfüllung oder Insolvenz zu regeln. Somit müsste das Land in diesem Fall die alleinige Verantwortung übernehmen. Dem steht aber grundsätzlich die vertragliche Natur der Aufgabenübertragung in der SPV entgegen, wonach die Aufgabe nach Vertragsbeendigung an den Vertragspartner zurück fällt. Insofern ist die Privatisierungsverordnung nicht geeignet, eine wirkliche materielle Privatisierung in dem Sinne zu erreichen, dass die kommunale Gewährleistungsverpflichtung vollends entfällt. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Gemeinden meist ohnehin auch bei privater Aufgabenwahrnehmung ein Mitspracherecht bei der Wasserversorgung behalten wollen, wäre die SPV jedoch zu begrüßen, da sie den Gemeinden Rechtssicherheit brächte und die Wasserbehörde als Kompetenzzentrum in die Vertragsüberwachung mit einbinden würde. Hierdurch würde insbesondere kleinen Kommunen 308 Siehe dazu die Diskussion in Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 93 ff. (2001). 309 Diskussionsbeitrag von Salzwedel, in: Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 99 (2001).

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2. Abschn.: Privatisierung

der Schritt einer Privatisierung erleichtert und damit der Kreis der Lösungsmöglichkeiten erweitert.

IV. Steuerung der Privatisierung in Sachsen-Anhalt Der § 146a I WG LSA sieht für die ganze oder teilweise Übertragung der Aufgabe der Trinkwasserversorgung den öffentlich-rechtlichen Vertrag vor. Die Übertragung darf nur befristet erfolgen, weshalb auch hier eine Aufgabensuspendierung und keine vollständige materielle Privatisierung vorliegt. Die Privaten sollen jedoch in Vertragsverhältnisse mit den Verbrauchern eintreten dürfen, da ihnen § 146a 1 WG LSA den Betrieb auf eigene Rechnung und auf eigenen Namen gestattet. Der Umfang der Aufgabenübertragung ist der Gemeinde freigestellt, die einzige Beschränkung stellt die Befristung der Übertragung dar, für die allerdings keine Höchstdauer angegeben wird. In Absatz zwei der Norm ist festgehalten, dass die Versorgungspflicht mit Beendigung des Vertrages wieder auf die Gemeinde übergeht. Die Norm enthält keine Vorgaben hinsichtlich des Anlageneigentums. Absatz drei enthält ebenfalls eine Verordnungsermächtigung, von dem das Umweltministerium noch keinen Gebrauch gemacht hat. Jedoch können die in der Aufzählung der in der Verordnung zu regelnden Punkte als Hinweise für die eigenen Vertragsverhandlungen privatisierungswilliger Gemeinden verwendet werden.

V. Steuerung der Privatisierung in Hessen Der § 39 III HessWG sieht die Übertragung der Verpflichtung zur Wasserversorgung auf Private vor. Die Privatisierungskriterien des Gesetzentwurfs wurden an § 16 II KrW- / AbfG angelehnt. Demnach hat der Dritte fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig zu sein. Auch hier wird im vierten Absatz der Erlass einer Privatisierungsverordnung vorgesehen.

VI. Zusammenfassung Privatisierungssteuernde Normen finden sich erst seit kurzem in den Kommunal- und Wassergesetzen. Je nachdem, wie man die Aufgabe definiert, kann die Übertragung der Betriebsführung eines Wasserwerkes auf einen Privaten sowohl als Übertragung der Aufgabe der Wasserversorgung als auch nur als Übertragung der Durchführung unter Beibehaltung der Erfüllungsverantwortung verstanden werden. Die Unterscheidung zwischen der Übertragung der Durchführung und der Aufgabenübertragung sollte in diesem Zusammenhang jedoch nicht überbewertet

E. Steuerung der Privatisierung

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werden, da sie letztlich auf unterschiedlichen Begriffsverständnissen beruht. Dies zeigt ein Vergleich der nach der Privatisierung bei der Gemeinde verbleibenden Aufgaben (wenn man wie in Sachsen-Anhalt eine Aufgabenübertragung annimmt) bzw. des Inhalts der Gewährleistungsverantwortung (wenn man wie in RheinlandPfalz eine Übertragung der Aufgabendurchführung annimmt). Sowohl in Ländern, in denen nur die Durchführung der Pflichtaufgabe als auch in Ländern, in denen die Pflichtaufgabe selbst auf den Privaten übertragen werden soll, wird die zukünftige Rolle der übertragenden Kommune mit dem Verb „gewährleisten“ beschrieben.310 In den meisten Bundesländern ist eine widerrufliche Aufgabenübertragung oder Übertragung der Durchführung vorgesehen, wobei die Entscheidung über die Rückübertragung der Gemeinde obliegt. Dies weist auf eine die Gemeinde treffende Gewährleistungsverantwortung hin. Die Gemeinde wird verpflichtet, die Wasserversorgung durch den Privaten zu überwachen und im Schlechterfüllungsfall von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Allein hinsichtlich des Umfangs der Gewährleistung herrscht zumindest bis zum Erlass entsprechender Verordnungen weiter Unklarheit.311 Insofern bleibt der Umfang der Überwachungspflicht grundsätzlich bei beiden Varianten gleich. Die Gemeinde hat die Wasserversorgung zu „gewährleisten“ und damit auf einen Universaldienst hinzuwirken. Da somit bei beiden gesetzlich geregelten Privatisierungsvarianten die Gemeinde im Aufgabenfeld der Wasserversorgung tätig bleibt, ist es konsequenter, einheitlich von einer funktionalen Privatisierung zu sprechen. Denn eine wirkliche Aufgabenprivatisierung läge nur dann vor, wenn die Gemeinde ihre bisherigen Tätigkeiten auf einen Privaten überträgt und die bislang verbleibende Gewährleistungsverantwortung auf eine Regulierungsbehörde des Landes übertragen würde. Für eine funktionale Privatisierung spricht die partnerschaftliche Struktur der untersuchten Regelungen. Die Kommunen bleiben auch nach einer gesetzlich gesteuerten Privatisierung für die Wasserversorgung verantwortlich. Dabei übernimmt die Kommune die überwachende und der Private die ausführende Funktion. Dass der Begriff der funktionalen Privatisierung letztendlich nur heuristische Bedeutung hat, zeigt sich am Aufgabenübertragungsbegriff der Privatisierungssteuerungsnormen. Letztlich behält nach allen Modellen die Gemeinde die Gewährleistungsverantwortung. Völlig unklar ist aber, ab wann eine Aufgabenübertragung oder eine Durchführungsübertragung vorliegen, die einen öffentlichen Vertrag erfordern. Beginnt eine solche schon bei einem jedem Dienstleistungsvertrag eines kommunalen Wasserversorgungsunternehmens, da auch hier schon Teilaufgaben übertragen werden? Fraglich ist daher, ob die (Teil-)Aufgabenübertragung im Rahmen einer funktionalen Privatisierung vom fiskalischen Hilfsgeschäft, also der bloßen staatlichen Bedarfsdeckung, unterscheidbar ist. Etwa §§ 57 III i. V. m. 62 IV SächsWG, § 46a Rh.-Pf. WG. §§ 57 III i. V. m. 62 IV SächsWG verlangt die „dauerhafte Aufgabenerfüllung“; § 46a I Rh.-Pf. WG die Gewährleistung der „ordnungsgemäßen Wasserversorgung“. 310 311

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2. Abschn.: Privatisierung

Nach Burgi liegt der Unterschied im funktionalen Bezug zu einer Staatsaufgabe, der bei der bloßen Bedarfsdeckung nicht vorliegen soll.312 Zwar stelle auch die Bedarfsdeckung eine Staatsaufgabe dar. Zwischen der Staatsaufgabe der Bedarfsdeckung, wenn diese vom Staat mit eigenen Kräften vorbereitet, geleitet und durchgeführt werde, und der entsprechenden finalen Staatsaufgabe fände aber eine Zäsur statt. Durch die private Verschaffung von Gütern soll die Staatsaufgabe, bei der diese Güter zum Einsatz kommen, demnach nicht privatisiert werden. Dienstleistungen ohne funktionalen Zusammenhang zu einer Staatsaufgabe, wie etwa die Personalkantine oder die Gebäudereinigung, aber auch Beratungsleistungen, etwa in Bezug auf die Verwaltungsorganisation, seien demnach keine Privatisierungen. Diesem Ansatz ist aber zu entgegnen, dass die von Burgi behauptete Zäsur nur sehr schwer festzustellen sein wird. Denn bereits die Gebäudereinigung des Wasserversorgungsunternehmens sichert dort die Hygiene, und erfüllt somit eine Aufgabe, die in direktem Zusammenhang mit der Wasserversorgung steht. Dadurch, dass der Staat einen bestimmten Bedarf an Dienstleistungen und Waren hat, zeigt sich bereits deren Zusammenhang zu Staatsaufgaben, da ohne die Staatsaufgaben dieser Bedarf gar nicht bestünde. Da die Beschaffung von Dienstleistungen und in den Privatisierungsbegriff eingeordnete (Teil-)Aufgabenübertragungen kaum zu trennen sind, bedürfte etwa in Sachsen-Anhalt jede Dienstleistung an einen Wasserbetrieb eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Eine Präzisierung dieser Problematiken, etwa dahingehend, welche Tätigkeiten unter den Begriff der (Teil-)Aufgabenprivatisierung fallen, durch die entsprechenden zu erlassenden Privatisierungsverordnungen wäre wünschenswert.

F. Determinanten für Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten Die Frage nach rechtlichen Schranken für Privatisierungsvorhaben führte auch in den Vereinigten Staaten zu einer Diskussion des Staatsaufgabenbegriffs.

I. Bedeutung des Aufgabenbegriffs Der Umstand, dass es in den Vereinigten Staaten überhaupt nur sehr wenige Staatsunternehmen gibt, bedingt den relativen Mangel an Privatisierungen von Bundesunternehmen.313 Dennoch ist die Privatisierungssituation auf der Ebene der Gemeinden und Bundesstaaten der Situation in Deutschland vergleichbar, da insBurgi, Funktionale Privatisierung, 102, 149 (1999). Gillette / Stephan, Constitutional Limitations on Privatization, American Journal of Comparative Law 1998, 481, 482. 312 313

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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besondere die zum Bereich der Daseinsvorsorge zu rechnenden Aufgaben auch dort meistens von den Kommunen erbracht wurden. Die Prüfung der Zulässigkeit von Privatisierungsvorhaben in den Vereinigten Staaten ähnelt der oben dargestellten deutschen Dogmatik. Zu Beginn der Suche nach Privatisierungsschranken steht auch in den Vereinigten Staaten die Frage, inwieweit die Verfassung die Übertragung bestimmter öffentlicher Aufgaben an Private gestattet.314 Auch hier wird demnach die rechtliche Überprüfung von Privatisierungsvorhaben an den Begriff der Aufgabe (,Function‘) gebunden. Es zeigt sich, dass die aufgabenbezogene Zulässigkeitsprüfung, die nach Schranken für die Übertragung einer bisher staatlichen Aufgabe auf Private sucht, ein universell gültiges Prinzip für die Prüfung von Privatisierungsvorhaben ist. Eine weit verbreitete Privatisierungsvariante ist das ,Contracting Out‘, welches als die Übertragung von Verantwortung für die Durchführung von Aufgaben auf private Einrichtungen definiert wird und insofern mit dem Prinzip der funktionalen Privatisierung vergleichbar ist.315 Zwar sind gemischte Gesellschaften mit privaten und staatlichen Anteilseignern auch in den Vereinigten Staaten rechtlich möglich, jedoch wird von diesem Mittel dort nur sehr selten Gebrauch gemacht.316 Dass die Organisationsprivatisierung zumindest im Versorgungsbereich eine nur geringe Rolle in den Vereinigten Staaten spielt, liegt wohl vor allem an den dortigen Regulierungsstrukturen. Die Versorgungsunternehmen, die sich in der Hand von privaten Gesellschaften befinden, unterliegen dort grundsätzlich der Kontrolle der staatlichen Regulierungsbehörden, was für die Kommune einen erheblichen Einflussverlust auf das Versorgungsunternehmen bedeuten würde. Die Übertragung der Aufgabendurchführung auf eine privatrechtliche Gesellschaft, an der die Kommune meist zu 51 % beteiligt ist, soll in 314 Griffith, Local Government Contracts: Escaping from the Governmental / Proprietary Maze, Iowa Law Review 1990, 277, 280; Freeman, Public Values in an Era of Privatization: Extending Public Law Norms through Privatization, Harvard Law Review 2003, 1285, 1288; Trebilcock / Iacobucci, Public Values in an Era of Privatization: Privatization and Accountability, Harvard Law Review, 1422, 1444; Beerman, Privatization and Political Accountability, Fordham Law Journal 2001, 1507, 1513. 315 Miller, Administration by Contract: A New Concern for the Administrative Lawyer, New York University Law Review 1961, 957, 968, zitiert in: Dowling, Civil Service Restrictions on Contracting Out by State Agencies, Washington Law Review 1980, 419 Fn. 3. 316 Die Option der Organisationsprivatisierung erscheint nicht in den Abhandlungen zur Privatisierung der Wasserversorgung, wie etwa: National Research Council, Privatization of Water Services in the United States (2002); Seidenstat / Nadol / Hakim, America’s Water and Wastewater Industries: Competition and Privatization (2000); National Association of Water Companies, A Survey of the Use of Public Private Partnerships in the Drinking Water Utility Sector (1999); Hyman,The Water Business: Understanding the Water Supply and Wastewater Industry (1998); Beecher / Dreese / Stanford, Regulatory Implications of Water and Wastewater Utility Privatization (1995). Dass die Organisationsprivatisierung als Option aber allgemeingrundsätzlich zur Verfügung steht, zeigt beispielsweise Froomkin, Reinventing the Government Corporation, University of Illinois Law Review 1995, 543.

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2. Abschn.: Privatisierung

Deutschland gerade den kommunalen Einfluss auf die Aufgabenerfüllung sichern. In den meisten Gliedstaaten der Vereinigten Staaten würden diese Partnerschaften aber in den Zuständigkeitsbereich der Regulierungsbehörden fallen und somit die kommunale Kontrolle verringern.

II. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken auf Bundesebene Die amerikanische Verfassung trägt Bedenken gegen den Missbrauch staatlicher Gewalt vor allem durch das System der ,Checks and Balances‘ Rechnung. So enthält sie strukturelle Regelungen, also Bestimmungen über die Verteilung, Natur und Beschränkung staatlicher Gewalt.317 Das oberste Bundesgericht, der United States Supreme Court, entscheidet über die Vereinbarkeit der Handlungen aller staatlichen Organe mit der Verfassung der Vereinigten Staaten.

1. Die verfassungsrechtlichen Schranken der Aufgabenübertragung Eine Privatisierungsschranke ist insbesondere eine Verfassungsnorm, die ausdrücklich die Übertragung hoheitlicher Funktionen auf Private untersagt. Eine solche Wirkung könnte die ,Appointments Clause‘ des Art. II, § 2 U.S. Const. haben, wonach Bundesbeamte, die „significant authority pursuant to the laws of the United States“ ausüben, vom Präsidenten ernannt werden müssen. Die Übertragung der Ausübung von Bundesgesetzen auf Private könnte demnach am Ernennungserfordernis scheitern.318 Allerdings gilt dies offenbar nur für solche Bundesbeamte, die hoheitliche Entscheidungen mit Außenwirkung gegenüber dem Bürger treffen können.319 Sofern es um die Durchsetzung von Bundesrecht geht, stellt die Vorschrift aber eine wichtige Privatisierungsschranke dar, da damit Private allenfalls zur Vorbereitung von Entscheidungen befugt sind, diese aber von Bundesbeamten getroffen werden müssen. Die ,Appointments Clause‘ hindert jedoch nicht direkt die Übertragung von Aufgaben. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Übertragung von Staatsaufgaben gehen zahlreiche Meinungen von der Existenz eines Kernbereiches staatlicher Souveränität aus, dessen einzelne Aufgaben nicht auf Private übertragen werden können.320 Je317 Cass, Privatization: Politics, Law, and Theory, Marquette Law Review 1988, 449, 497; allg. zur Verfassung der Vereinigten Staaten Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der Vereinigten Staaten (2001). 318 Beerman, Privatization and Political Accountability, 1511. 319 Ein Verwaltungsrichter der FDIC sei danach kein Bundesbeamter i.s.d. Art. II, § 2 U.S. Const., da er nur Empfehlungen für Entscheidungen erlassen darf, die von anderer Stelle mit Rechtswirkung ergehen, Landry v. Federal Deposit Insurance Corporation, 204 F.3d 1125, 1133 (D.C. Cir. 2000).

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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doch herrscht wie in Deutschland Uneinigkeit darüber, welche Staatsaufgaben letztlich in diesen Kernbereich gehören. Obwohl der Supreme Court die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit als „the most basic function of any government“321 bezeichnet hat, stellt sich angesichts der starken Verbreitung privater Sicherheitsdienste heraus, dass es sich hierbei nicht ausschließlich um eine Staatsaufgabe handeln kann.322 Der in diesem Zusammenhang wichtigste Ansatz zur Entwicklung von Privatisierungsschranken bestand in einer Weiterentwicklung der ,Nondelegation‘-Doktrin zu einem allgemeinen Privatisierungsmaßstab. Die Doktrin verbot grundsätzlich die Übertragung von legislativen Aufgaben des Kongresses auf andere staatliche oder private Stellen.323 Danach lag eine verfassungswidrige Delegation legislativer Gewalt vor, wenn der Kongress Dritte mit legislativen Kompetenzen versah, ohne dass die Ausübung dieser Kompetenzen dem Dritten hinreichend präzise vorgeschrieben wurde.324 Diese wird für die Übertragung auf staatliche Agenturen aus Art. 1 § 1 U.S. Const. hergeleitet.325 In der Übertragung auf Private sah der Supreme Court dagegen einen Verstoß gegen die ,Due Process‘ Klausel des fünften Zusatzartikels.326 Im Urteil Carter v. Carter Coal Co. erklärte das Gericht die gesetzliche Übertragung legislativer Aufgaben an Private als „legislative delegation in its most obnoxious form“ für verfassungswidrig.327 Der Begriff der notwendigen Staatsaufgabe war somit als potentielle Privatisierungsschranke angelegt. Dennoch hält die überwiegende Meinung – zumindest auf Bundesebene – die Doktrin mittlerweile nicht mehr für tragfähig.328 Die Gründe hierfür liegen in der Schwierigkeit zur Bestimmung eines solchen Kernbereiches. Grundsätzlich kann ein solcher Kernbereich auf zwei Arten be320 Moe, Exploring the Limits of Privatization, Public Administration Review 1987, 453, 456; Cass, Privatization: Politics, Law, and Theory, Marquette Law Review, 1988, 449, 502. 321 Miranda v. Arizona, 384 U.S. 436, 539 (1966). 322 Dazu Sklansky, The Private Police, UCLA Law Review 1999, 1165. 323 Field v. Clark, 143 U.S. 649, 692 (1892). 324 J. W. Hampton, Jr., & Co. v. United States, 276 U.S. 394, 409 (1928); Cudahy, The Nondelegation Doctrine: Rumors of its Resurrection Prove Unfounded, St. John’s Journal of Legal Commentary 2002, 1, 2. 325 „[A]ll legislative Powers herein granted shall be vested in a Congress of the United States“. 326 Amend. V U.S. Const.: „No person [ . . . ] [shall] be deprived of life, liberty, or property, without due process of law [ . . . ].“; Robbins, The legal dimensions of incarceration, American University Law Review 1989, 531, 546 ff. 327 Carter v. Carter Coal Co., 298 U.S. 238, 311 (1936). 328 Cudahy, The Nondelegation Doctrine: Rumors of its resurrection prove unfounded, St. John’s Journal of Legal Commentary 2002, 1; „Private exercise of federally delegated power is no longer a federal constitutional issue“, Lawrence, Private Exercise of Governmental Power, Indiana Law Journal 1986, 647, 649; zuletzt Whitman v. American Trucking Association, 531 U.S. 457, 474 (2001): „In short, we have almost never felt qualified to secondguess Congress regarding the permissible degree of policy judgment that can be left to those executing or applying the law.“ Die Gerichte der Gliedstaaten verwenden die ,Nondelegation‘-Doktrin dagegen noch.

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2. Abschn.: Privatisierung

stimmt werden: durch eine geschichtliche Aufzählung der staatlichen Aufgabenbereiche oder durch die Entwicklung einer Definition für Staatsaufgaben. Der historische Ansatz fragt danach, welche Funktionen der Staat gegenwärtig wahrnimmt oder in der Vergangenheit wahrgenommen hat, wohingegen nach dem Definitionsansatz eine allgemeingültige Definition für Aufgaben des Kernbereiches festgelegt werden soll. Die Schwierigkeit des historischen Ansatzes liegt in der Feststellung des zu Grunde liegenden Zeitraumes. Geht man bei der Bestimmung des Zeitpunktes von der Gegenwart aus, so stellen sämtliche Tätigkeiten des Staates staatliche Aufgaben dar. Da sich bei nahezu allen Aufgaben ein Zeitpunkt finden lässt, zu dem ihre Wahrnehmung in privaten Händen oder staatlichen Händen lag, ist die Auswahl des jeweiligen geschichtlichen Zeitraums schon vorentscheidend für die historische Einordnung der jeweiligen Aufgabe als Staatsaufgabe.329 Allenfalls kann daher der geschichtliche Ansatz Informationen über die Rollenaufteilung zwischen Staat und Privatem geben, allein aber noch nicht private von staatlichen Aufgaben unterscheiden.330 Auch der Definitionsansatz begegnet Schwierigkeiten. Die Bestimmung eines Staatsaufgabenbegriffes im Rahmen der Privatisierungsdiskussion kann hier mit der Entwicklung der Rechtsprechung des Supreme Courts in einem anderen Bereich verglichen werden. Das Gericht hatte der Frage nach einem Kernbereich nichtübertragbarer gliedstaatlicher Souveränität mehrmals im Bereich von Kompetenzstreitigkeiten zwischen Gliedstaaten und Bund nachzugehen.331 Trotz zahlreicher Versuche, eine Definition für staatliche Kernaufgaben zu entwickeln, gab der Supreme Court im Jahr 1985 weitere diesbezügliche Bemühungen auf. Im Urteil Garcia bezeichnete das Gericht alle in diese Richtung gehenden Versuche mangels ausreichender Verankerung in der Verfassung als zu unbestimmt. Den entsprechenden Ansatz nannte es nicht praktikabel und unfruchtbar.332 Der Supreme Court verwies als Lösung der Staatsaufgabenproblematik auf den politischen Prozess.333 Das Gericht sah die Verfolgung bestimmter durch die Festlegung eines Kernbereiches zu schützender Ziele eher durch die Beteiligung der jeweiligen Interessengruppen im verfassungsrechtlichen Prozess denn durch die Bestimmung eines unabänderlichen Kernbereichs gewährleistet. Daher wird mitt329 In der Londoner Polizei etwa wurden private Sicherheitskräfte schon vor staatlichen Sicherheitskräften eingesetzt, Cass, Privatization: Politics, Law, and Theory, Marquette Law Review, 1988, 449, 500. 330 So Cass, Privatization: Politics, Law, and Theory, Marquette Law Review, 1988, 449, 500. 331 Beispielsweise Lane County v. Oregon, 7 Wall. 71, 76 (1869), National League of Cities v. Usery, 426 U.S. 833 (1976). 332 „Attempts [ . . . ] to draw guidance from this model have proved it both impracticable and doctrinally barren.“, Garcia v. San Antonio Metropolitan Transit Authority, 469 U.S. 528, 557 (1985). 333 Garcia v. San Antonio Metropolitan Transit Authority, 469 U.S. 528, 552 (1985).

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lerweile von der überwiegenden Ansicht angenommen, dass sich die Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit mangels Privatisierungsschranken vor allem auf die Überwachung der Einhaltung der Verfahrensvorschriften beschränkt. Ihre Aufgabe besteht danach in der Sicherung der politischen Prozesse, an deren Ende Privatisierungsentscheidungen stehen können.334 Die Lösung gleicht der in Deutschland um den Staatsaufgabenbegriff geführten Diskussion. Hier wie dort scheint die überwiegende Meinung der Erkenntnis gekommen zu sein, dass die Bestimmung von Staatsaufgaben, sofern sie nicht bereits durch die Verfassung vorgenommen wurde, dem politischen Prozess überlassen werden muss.335 Aber auch, wenn man der Mindermeinung folgen mag, ergibt sich aus dem Staatsaufgabenbegriff keine Privatisierungsschranke für die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten. Die Wasserversorgung kann weder geschichtlich noch per definitionem in den Kernbereich der staatlichen Aufgabenwahrnehmung eingeordnet werden. Zum einen wird sie seit dem neunzehnten Jahrhundert beständig zu einem wesentlichen Teil von privaten Unternehmen wahrgenommen. Zum anderen hat der Supreme Court in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass es sich bei den Leistungen von Versorgungsunternehmen nicht um notwendige Staatsaufgaben handelt.336

2. Verfassungsrechtliche Gewährleistungspflichten Die Verfassung der Vereinigten Staaten enthält keine dem Sozialstaatsprinzip vergleichbare ausdrückliche Zielsetzung. Dennoch handelt es sich bei der Verfassung nicht nur um eine Charta negativer Freiheiten, die den Bürger gegen Eingriffe von staatlicher Seite schützt, sondern auch hier können unter Umständen positive staatliche Handlungspflichten begründet werden.337 Soziale Zielsetzungen werden insbesondere durch Gleichheitsgarantien verfolgt, vor allem, wenn es sich um eng mit staatlichen Organisationen verbundene Bereiche handelt.338 Dies bringt mit sich, dass durch die amerikanische Verfassungsrechtsprechung kaum eine staatliche Gewährung von Mindeststandards gefordert wird, sondern mehr auf die Gewährung gleichen Zugangs und die Sicherung verfassungsrechtlicher Verfahrensrechte bei staatlicher Organisation von Lebenssach334 Gillette / Stephan, Constitutional Limitations on Privatization, American Journal of Comparative Law 1998, 481, 482. 335 Siehe dazu oben unter A. I. 336 Baily v. Philadelphia, 184 Pa. 594 (1898) zitiert in Jackson v. Metropolitan Edison Co. 419 U.S. 345, 453 (1974). 337 Eaton / Wells, Governmental Inaction as a Constitutional Tort: Deshaney and Its Aftermath, Washington Law Review 1991, 107, 127; in Hinsicht auf polizeiliche Handlungspflichten Krause, Municipal Liability: The Failure to Provide Adequate Police Protection, Wisconsin Law Review 1984, 499, 518. 338 Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der Vereinigten Staaten, 157 (2001).

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verhalten geachtet wird. Die Verfolgung sozialer Ziele wird daher im Allgemeinen dem politischen Prozess und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Stimmungslagen überlassen. Soweit hierbei dann Private eingebunden werden, kann es zur Ausdehnung der Gleichheits- und Verfahrensrechte auf die Handlungen dieser Privaten kommen, indem diese privaten Handlungen dem Staat als eigene ,State Action‘ zugerechnet werden.339 Aus der Bundesverfassung kann grundsätzlich nicht auf eine staatliche Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser geschlossen werden. Aber auch dann, wenn der Staat mittels detaillierter Regulierung in die private Versorgungswirtschaft eingreift und somit selbst organisatorisch tätig wird, neigen die Gerichte nicht zur Anwendung verfassungsrechtlicher Gleichheits- oder Verfahrensmaßstäbe.340 Da die Wasserversorgung stets als privatwirtschaftliche Aufgabe betrachtet wurde, auch wenn ihre Wahrnehmung mittlerweile zu einem Großteil bei kommunalen Körperschaften liegt, wurden soziale Aspekte vor allem durch die Rechtsprechung des ,Common Law‘ berücksichtigt.341 An die Stelle einer allgemeinen staatlichen Gewährleistungspflicht treten hier richterrechtlich entwickelte Grundsätze zur Daseinsvorsorge durch ,Public Utilities‘. Diesen Regelungen unterliegen öffentlich-rechtliche Wasserversorgungsunternehmen im Wesentlichen wie private Unternehmen. Die Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung ist somit Gegenstand von Regelungen des richterrechtlich entwickelten ,Common Law‘ und nicht des Verfassungsrechts.

3. Bestimmung nichtübertragbarer Aufgaben durch Verwaltungsvorschriften Das U. S. General Accounting Office, als Institution mit dem Bundesrechnungshof vergleichbar, hat die Schwierigkeiten bei der Bestimmung nichtübertragbarer Verwaltungstätigkeiten erkannt und die Erstellung einen Kataloges von nichtübertragbaren (,inherently governmental‘) Verwaltungsaufgaben gefordert.342 Diesem Ansatz, Privatisierungsschranken verwaltungsintern festzulegen, entspringt das durch die Office of Management and Budget (OMB) des Präsidenten erlassene Verwaltungsrichtlinie Circular No. A-76.343 Dabei erteilt das OMB den 339 Zur ,State Action‘ Doktrin: Barak-Erez, A State Action Doctrine for an Age of Privatization, Syracuse Law Review 1995, 1175; Buchanan, A Conceptual History of the State Action Doctrine: the Search for Governmental Responsibility, Houston Law Review 1997, 665, 732; Malaska, American Manufacturers Mutual Insurance Company v. Sullivan: ,MetaAnalysis‘ as a Tool to Navigate through the Supreme Courts ,State Action‘ Maze, Journal of Contemporary Health Law & Policy 2001, 619. 340 Jackson v. Metropolitan Edison, 419 U.S. 345, 357 (1974). 341 Rossi, The Common Law ,Duty to Serve‘ and Protection in an Age of Competitive Retail Public Utility Restructuring, Vanderbilt Law Review 1998, 1233, 1244 ff. 342 GAO, Government Contractors, 4, 7 (1991).

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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Bundesbehörden die Weisung, staatliche und wirtschaftliche Aktivitäten in ihrem Aufgabenbereich nach bestimmten Kriterien zuzuordnen und die staatlichen Aufgaben durch Beamte wahrnehmen zu lassen.344 Ähnliche Verwaltungsrichtlinien wurden auch im Bereich der Vertragsüberwachung erlassen, um die Leitungsverantwortung der mit der Vertragsüberwachung beauftragten Beamten zu präzisieren.345 Folgende Tätigkeiten wurden beispielsweise im Bereich der Vertragsüberwachung als nichtübertragbar bezeichnet: die Anordnung von Änderungen der Vertragsleistungen oder Liefermengen, das Ergreifen von Maßnahmen basierend auf Bewertungen der Leistungen des Privaten und die Abnahme oder Ablehnung von Gütern und Diensten.346 Auch wurde die Übertragung von Verwaltungsaufgaben in Fällen untersagt, in denen keine ausreichende Vertragsüberwachung mangels ausgebildeten Personals in der Behörde gewährleistet wird.347 Zweifelsohne stellt der Erlass direkter Verwaltungsrichtlinien die präziseste Variante zur Anleitung der Verwaltung bei Privatisierungsprozessen auch im Wasserbereich dar. Dennoch bleibt auch die nach derartigen Richtlinien operierende Verwaltung an den allgemeinen Gesetzesrahmen gebunden und wird hierdurch nicht vor der Nichtbeachtung gesetzlicher Pflichten geschützt. Die Auffassungen der Gerichte bezüglich der Aufgabenverteilung zwischen Staat und Gesellschaft, wie sie auf der „Rechtsfolgenseite“ von Privatisierungsprozessen eine Rolle spielen (z. B. Gültigkeit von Verträgen, Staatshaftung), sollten daher in den Verwaltungsvorschriften berücksichtigt werden.

III. Verfassungsrechtliche Privatisierungsschranken auf Staatenebene 1. Einleitung Die 50 Staaten348 der Vereinigten Staaten besitzen jeweils eine eigene Verfassung, deren Inhalte mitunter stark differieren. Gemeinsam ist den Verfassungen der 343 Executive Office of the President, Office of Management and Budget (OMB), Circular No. A-76 in der Fassung vom 29. Mai 2003). 344 Executive Office of the President, Office of Management and Budget (OMB), Circular A-76 Nr. 4 b i. V. m. Attachment A, B. 1. Siehe dazu auch Circular No. A-76, Revised Supplemental Handbook (März 1996). 345 Nach den deutschen Begrifflichkeiten betrifft dies nicht den Bereich der Aufgaben-, sondern den der funktionalen Privatisierung. 346 OFPP Policy Letter 92 – 1, 57 Fed. Reg. 45.096; Peckinpaugh, Government Contracts for Services, 8 ff. 347 OFPP Policy Letter 93 – 1, reissued May 18, 1994, Management Oversight of Service Contracting. 348 Ohne Puerto Rico und Washington, D.C., die nicht als Bundesstaaten gelten.

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Bundesstaaten jedoch, dass sie nach dem ,Plenary Power Principle‘, wonach die Bundesstaaten grundsätzlich eine universelle Regelungskompetenz besitzen, Instrumente zur Begrenzung dieser Universalkompetenz sind.349 Lediglich der Bund, der keine eigene Universalkompetenz hat, erhält Einzelkompetenzen aus der Verfassung. Somit sind die Staaten in dem Umfang frei in ihren Unternehmungen, in denen sie nicht durch die Bundes- oder Staatsverfassung begrenzt werden. Der Bund erhält seine Kompetenzen aus der Verfassung, die den Charakter der Vereinigten Staaten als Zusammenschluss ehemals souveräner Staaten widerspiegelt. Während die Staaten grundsätzlich die Allzuständigkeit zur Regelung aller Angelegenheiten des öffentlichen Interesses besitzen, beschränken sich die Kompetenzen des Bundes auf einen Katalog in der Verfassung geregelter Tätigkeiten. Diesem Charakter entspricht es, dass in der Bundesverfassung, anders als in Deutschland, keine Vorschriften betreffend den Staatsaufbau oder Aufgaben der Gliedstaaten enthalten sind. Die Privatisierung staatlicher Aufgaben ist daher den Staaten erlaubt, falls die Verfassungen nicht ausdrücklich ein Verbot aussprechen.

2. Ausdrückliche Privatisierungsschranken am Beispiel des Staates Utah Die Verfassung des Staates Utah enthält eine in Hinsicht auf die Wasserversorgung bestehende ausdrückliche Privatisierungsschranke.350 Die Vorschrift verbietet es kommunalen Körperschaften, ihre Wasserrechte, Wasserwerke und Wasserquellen zu veräußern, zu vermieten oder in anderer Weise darüber zu verfügen. Die Trockenheit des Staates Utah erklärt den besonders sorgfältigen Umgang mit der Wasserversorgung. Dennoch wird auch in Utah die Hilfe privater Wasserversorger in Anspruch genommen, da sich die Vorschrift nicht auf den Bau neuer Infrastruktur, sondern nur auf bestehende Infrastruktur bezieht.

3. Das ,Merit Principle‘ In den Verfassungen der Bundesstaaten finden sich neben den allgemeinen, auch auf Bundesebene gültigen Grundsätzen zahlreiche Vorschriften, die den Umfang und den Prozess der Privatisierung betreffen können. Das ,Merit Principle‘ verlangt, dass die Auswahl, Anstellung und Beförderung von öffentlichen Bediensteten unabhängig von politischer Einstellung mit gleichen 349 Gillette / Stephan, Constitutional Limitations on Privatization, American Journal of Comparative Law 1998, 481, 493. 350 Art. XI, § 6 Utah Const. (2003). § 6. [Municipalities forbidden to sell waterworks or rights.] No municipal corporation, shall directly or indirectly, lease, sell, alien or dispose of any waterworks, water rights, or sources of water supply now, or hereafter to be owned or controlled by it; [ . . . ].

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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Chancen unter Wettbewerbsbedingungen auf der Basis von Leistung und Kompetenz erfolgen soll.351 Dadurch soll die politische Unabhängigkeit des ,Civil Service‘ gesichert und die politische Patronage verhindert werden. Der Supreme Court of Alaska hatte zu untersuchen, ob Privatisierung dazu führt, dass Entlassungen aufgrund politischen Wohlverhaltens vorgenommen werden können und dadurch der Schutz des in Art. XII, § 6 Verfassung des Staates Alaska garantierten „Merit Principles“ untergraben wird.352 Dabei fragte das Gericht danach, ob eine Privatisierung verfassungsrechtlich zulässig sei, wenn vormals durch öffentliche Angestellte erbrachte Leistungen in Zukunft billiger durch private Vertragspartner erbracht werden sollen.353 Das Gericht stellte fest, dass die Verfassung dem Staat traditionell ein weites Ermessen einräume, wenn aus Gründen der Effizienz und Wirtschaftlichkeit Entlassungen vorgenommen werden sollen, vorausgesetzt, diese Entscheidungen seien nicht durch politische Patronage motiviert. Solange die bestehenden Gesetze den Schutz des öffentlichen Bediensteten vor politischer Einflussnahme gewährleisten, erklärte das Gericht diese für zulässig. Es handele sich bei der Privatisierung um eine Maßnahme der Kostenersparnis als besonderer Ausdruck der Befugnis des Staates, Entlassungen aus ökonomischen Gründen vorzunehmen. Hingegen erklärte der Supreme Court of Hawai’i in einem ähnlich gelagerten Fall, der die Privatisierung einer Deponie zum Inhalt hatte, das betreffende Vorhaben für verfassungswidrig.354 Das Gericht definierte drei in den Bundesstaaten der Vereinigten Staaten herrschende Ansätze zur Feststellung der Verfassungsmäßigkeit der Privatisierung von Arbeitsstellen im öffentlichen Dienst. Die Entscheidung bietet einen Überblick über die Rolle des ,Merit Principles‘ bei Privatisierungsvorhaben. Den weitesten Anwendungsbereich hat der ,Nature of the Services‘-Test. Danach könnten Dienste nicht privatisiert werden, die üblicherweise und historisch durch Angehörige des öffentlichen Diensts erbracht wurden, es sei denn, es könne dargelegt werden, dass jene die betreffenden Dienste nicht erbringen könnten.355 351 Alaska Pub. Employees Ass’n v. State, 831 P.2d 1245 (Alaska 1992), 1249; gegen eine Beschränkung der Privatisierung durch das „Merit Principle“: Michigan State Employees Assoc. v. Civil Serv. Comm’n, 141 Mich. App. 288, Carter v. Ohio Dep’t of Health, 504 N.E.2d 1108, 1109 (Ohio 1986); Moncrief v. Tate, 593 W.2d 312; dafür, wenn keine ausreichenden Regelungen zum Schutze des ,Merit Principles‘ bestehen: Colorado Ass’n of Pub. Employees v. Department of Highways, 809 P.2d 988 (Colo. 1991); Jack A. Parker & Assoc., Inc. v. State, 454 So. 2d 162; Washington Fed. Etc. v. Spokane Community College, 585 P.2d 474, 477 f. (Wash. 1978); California State Employees‘ Ass’n v. State, 245 Cal. Rptr. 232 (Ct. App. 1988). 352 „The legislature shall establish a system under which the merit principle will govern the employment of persons by the State“. 353 Peter Moore v. State of Alaska, 875 P.2d 765 (1994), 770. 354 Art. XVI, § 1 Hawai’i Constitution: „The employment of persons in the civil service, as defined by law, of or under the State, shall be governed by the merit principle“. 355 Konno v. County of Hawai’i, 937 P.2d 397 (1997), 405. 356 So auch California State Employees’ Ass’n v. State, 245 Cal. Rptr. 232 (1988), 238.

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2. Abschn.: Privatisierung

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienst zufrieden stellend, adäquat oder kompetent durch öffentliche Bedienstete erbracht werden kann, gelte dabei auch als Indiz, ob er billiger durch private Vertragspartner erbracht werden könne.356 Daher ist dieses Kriterium nicht unüberwindlich. Ein weiterer Ansatz ist der ,Functional Inquiry‘-Test. Es wird hierbei auf das jeweils betroffene staatliche Programm oder die staatliche Aufgabe abgestellt. Geprüft wird, ob durch das neue staatliche Programm Aufgaben hinzugekommen sind, die bis dahin nicht durch öffentliche Angestellte ausgeführt wurden. Diese neuen Programme fallen dann nicht unter den Schutz der ,Civil Service‘-Gesetze.357 Den engsten Ansatz hat der ,Bad Faith‘-Test. Danach werden Gesetze des ,Civil Service‘ nur dann verletzt, wenn der staatliche Arbeitgeber bösgläubig handelt oder die Privatisierung dazu dienen soll, die Vorschriften des ,Civil Service‘ zu umgehen.358 Die Privatisierung zur Kostenersparnis fällt nicht hierunter. Der Supreme Court of Hawai’i entschied zugunsten des ,Nature of the Services‘ Test, da dieser den breitesten Anwendungsbereich besitze und konkret auf die zu erbringenden Leistungen abstelle, also auf eine Untersuchung der Aufgaben und Absichten hinter staatlichen Programmen verzichtet werden könne.359 Das Gericht stellte fest, dass zwischen Privatisierung als Maßnahme zur Steigerung der Effizienz der Verwaltung und Prinzipien des ,Civil Service‘ wie „openness, merit, and independence“ ein Spannungsverhältnis bestünde. Diese politischen Belange und der zwischen ihnen bestehende Konflikt bedürften einer Klärung durch den Gesetzgeber.360 Zwar erklärte das Gericht das zu untersuchende Privatisierungsvorhaben im konkreten Fall für verfassungswidrig, stellte aber in Aussicht, dass im Falle des Erlasses eines entsprechenden Gesetzes die Privatisierung entsprechender Stellen in der Verwaltung zulässig wäre. Das Urteil zeigt, dass in Zusammenhang mit Privatisierung und dem ,Merit Principle‘ noch nicht vom Vorliegen einer gefestigten, allgemeingültigen Doktrin gesprochen werden kann. Wie schon zuvor bei der ,Non-Delegation‘-Doktrin behandelt, bietet die Verwendung historischer Maßstäbe keinen festen Anhaltspunkt zur Bestimmung von Aufgaben, die als staatliche bezeichnet werden können, weshalb das Urteil Konno nicht der Schlusspunkt in einer Reihe von diesbezüglichen

Department of Transp. v. Chavez, 7 Cal. App. 4th 407 (1992), California State Employees‘ Ass’n v. Williams, 7 Cal. App. 3d 390 (1970). 358 Ball v. Board of Trustees of State Colleges, 248 A.2d 650 (1968); Michigan State Employees Ass’n v. Civil Service Comm’n, 367 N.W.2d 850 (1985); University of Nevada v. State Employees Ass’n, Inc., 520 P.2d 602 (1974); Collins v. Manhattan & Bronx Surface Transit Operating Auth., 465 N.E.2d 811 (1984). 359 Konno v. County of Hawai’i, 937 P.2d 397, 408 (1997). 360 Konno v. County of Hawai’i, 937 P.2d 397 (1997), 410; siehe auch Colorado Association of Public Employees v. Department of Highways, 809 P.2d 988 (1991). 357

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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Entscheidungen gewesen sein wird. Jedoch zeigt das Urteil, dass die Gerichte bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Privatisierungsvorhaben auf den politischen Prozess vertrauen und daher auch ein Tätigwerden des Gesetzgebers verlangen.

4. Ausdrückliche Aufgabenzuweisungen Die Verfassungen der Bundesstaaten enthalten regelmäßig Pflichtaufgabenzuweisungen.361 Derartige Aufgabenzuweisungen sind aber generell nicht ausschließlich. Die Verpflichtung des Staates zum Tätigwerden in einem bestimmten Bereich bringt keine automatische Monopolstellung mit sich. Alternativ können die Dienste zusätzlich von Privaten angeboten werden. Solche Aufgabenzuweisungen werden dahingehend verstanden, dass der Staat nur das Vorhandensein der Leistung sicherstellen soll, er sie jedoch nicht zwingend selbst bereitstellen muss.362

IV. Kommunalrecht Im Folgenden wird auf die Struktur der kommunalen Selbstverwaltung in den Vereinigten Staaten und den sich daraus ergebenden Privatisierungsschranken eingegangen.

1. Die unterschiedlichen Typen kommunaler Körperschaften in den Vereinigten Staaten Ausgehend vom ursprünglichen Staatsverständnis der Vereinigten Staaten als Zusammenschluss souveräner Staaten ist der Aufbau der einzelnen Gliedstaaten nicht Teil der dem Bund übertragenen Regelungskompetenz. Die Bundesverfassung und einfaches Bundesrecht gewähren den Kommunen keine Rechte gegenüber den Staaten.363 Der Supreme Court vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass örtliche Verwaltungsstrukturen allein Angelegenheit der Bundesstaaten sind.364

361 Z. B. Art. IX § 1 (a) Florida Constitution: „The education of children is a fundamental value of the people of the State of Florida. It is, therefore, a paramount duty of the state to make adequate provision for the education of all children residing within its border“. 362 Gillette / Stephan, Constitutional Limitations on Privatization, American Journal of Comparative Law 1998, 481, 500. 363 Northwestern School District v. Pittenger, 397 F.Supp. 975 (W.D.Pa. 1975). 364 Hunter v. City of Pittsburgh, 207 U.S. 161, 178 (1907); R.R. Comm’n v. Los Angeles R. Co., 280 U.S. 145, 156 (1929).

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2. Abschn.: Privatisierung

Nimmt der Staat die Wasserversorgung selbst wahr, so geschieht dies in der Regel auf der Ebene der kommunalen Gebietskörperschaften. Innerhalb der Bundesstaaten besteht eine Vielzahl von selbständigen Verwaltungseinheiten, die von ,Local Government‘ bis ,State Government‘ eingeordnet werden können. Der Begriff ,Local Governments‘ umfasst Verwaltungseinheiten, die den deutschen kommunalen Körperschaften vergleichbar sind; sie können nach ihrem Kompetenzumfang kategorisiert werden. Gegenstand der Verwaltungstätigkeit der ,General Jurisdiction Entities‘ ist ein weiter Aufgabenbereich, der nahezu alles umfasst, was die allgemeine Gesundheit und das Allgemeinwohl der Bürger innerhalb ihrer Gemeindegrenzen betrifft. ,Limited Jurisdiction Entities‘ sind dagegen meistens ,Special Districts‘, deren Focus auf die Wahrnehmung spezieller Aufgaben in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich gerichtet ist. Die Erscheinungsformen von ,Local Government‘ sind vielfältig. Den weitesten Kompetenzbereich besitzen im Allgemeinen die ,Cities‘ oder ,Municipalities‘, die den deutschen Gemeinden vergleichbar sind. Die Festlegung der ,Cities‘ als Basiszelle der örtlichen Verwaltung variiert von Staat zu Staat. Insbesondere im Süden der Vereinigten Staaten wird diese Rolle mit von den ,Counties‘, Verwaltungseinheiten mit größerem Einzugsgebiet, übernommen. Diese dagegen bestehen aber in anderen Staaten überhaupt nicht oder aber nicht als ,Local Government‘, sondern als Sachwalter des ,State Government‘.365 Mit der Gründung von ,Special Districts‘ können die verschiedensten Absichten verbunden sein. Man verspricht sich von der Herausnahme bestimmter Tätigkeiten aus dem Bereich traditioneller politischer Einflussnahme beispielsweise die Zuweisung an Körperschaften mit besonderer Fachkompetenz, eine stärkere Bürgerkontrolle oder die Leistungserbringung in Gebieten, die keinen kommunalen Körperschaften zugeordnet sind. Meist nicht von den ,Special Districts‘ zu unterscheiden sind die ,Public‘ oder ,Special Authorities‘, die oft anleihenfinanzierte Anlagen betreiben und meist unter enger Aufsicht der sie durch Statut erschaffenen staatlichen Körperschaft stehen.366 2. Der Umfang kommunaler Handlungskompetenzen a) Die ,Dillon’s Rule‘ Die Bundesstaaten besitzen nach dem ,Plenary Power Principle‘ die Kompetenz zu souveränem Handeln.367 ,Local Governments‘ dagegen fallen nicht unter das ,Plenary Power Principle‘.368 Sie besitzen keine eigene ursprüngliche Allgemein365 366 367 368

McCarthy, Local Government Law, 8 (1995). McCarthy, Local Government Law, 10 (1995). Martinez / Libonati, State and Local Government Law, 6 (2000). Martinez / Libonati, State and Local Government Law, 68 (2000).

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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kompetenz, sondern leiten vielmehr ihre Kompetenz von der Hoheitsgewalt der Bundesstaaten ab, deren Bestandteil sie sind. Die Reichweite der Kompetenz der kommunalen Körperschaften wird auch heute noch nach der ,Dillon’s Rule‘ bestimmt.369 Danach hat eine kommunale Körperschaft nur die folgenden Kompetenzen: (1) ausdrücklich zugestandene; (2) darin notwendig implizierte oder inzident enthaltene Kompetenzen; (3) Kompetenzen, die notwendig und unverzichtbar für das Erreichen der erklärten Ziele und Zwecke der Körperschaft sind. Nach der ,Dillon’s Rule‘ kann der Staat zwar eine kommunale Körperschaft schaffen, ihr Kompetenzen verleihen und sich selbst aus ihrem Handlungsbereich zurückziehen, dennoch wird die kommunale Körperschaft aber nur einen sehr limitierten Kompetenzbereich erhalten. b) Die ,Home Rule‘ Die ,Dillon’s Rule‘ stand lange in der Kritik, den Handlungsspielraum der Kommunen zu sehr einzuschränken. Die Kommunen haben in der Folge die Staaten auf politischem Wege veranlasst, Zusätze in ihre Verfassungen aufzunehmen oder Statuten zu erlassen, die kommunale Körperschaften mit breiteren Kompetenzen versehen, die es ihnen erlauben, auch bei Fehlen spezifischer staatlicher Ermächtigung zu handeln.370 Diese Erweiterung der kommunalen Kompetenzen wird ,Home Rule‘ genannt. Obwohl die ,Home Rule‘ von Staat zu Staat variiert, lassen sich gewisse Gemeinsamkeiten finden: (1) Unter der ,Constitutional Home Rule‘ garantiert die Verfassung des Bundesstaates selbst mittels einer auf ihrer Grundlage erlassenen kommunalen Satzung der Körperschaft alle nötigen Kompetenzen für lokale Angelegenheiten. (2) Unter der ,Constitutional Home Rule‘ kann die betreffende Körperschaft selbst Angelegenheiten von allgemeiner oder staatenweiter Relevanz regeln, wenn dies ihr nicht ausdrücklich untersagt wurde. (3) Unter der ,Legislative Home Rule‘ hat die Kommune mindestens die Kompetenzen, die in den Staatsgesetzen vorgesehen und in ihrer Satzung enthalten sind. (4) Unter beiden vorgenannten Formen genießen kommunale Regelungen Vorrang vor staatlichen Gesetzen, wenn örtliche Angelegenheiten betroffen sind. Handelt es sich dagegen um Angelegenheiten, die den gesamten Staat betreffen, hat das staatliche Recht bei einer Kollision Vorrang. (5) In manchen wenigen Staaten wird der ,Home Rule‘ John F. Dillon in Merriam v. Moody’s Executors, 25 Iowa 163, 170 (1868); „[A] municipal corporation possesses and can exercise the following powers and no others: First, those granted in express words; second, those necessarily implied or necessarily incident to the powers expressly granted; third, those absolutely essential to the declared objects and purposes of the corporation[,] not simply convenient, but indispensable; [and] any fair doubt as to the existence of a power is resolved by the courts against the corporation[,] against the existence of the power“. 370 Valente / McCarthy / Briffault / Reynolds, State and Local Government Law, 253 (2001). 371 Reynolds, Handbook of Local Government Law, 102 (1982). 369

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2. Abschn.: Privatisierung

die Eigenschaft zugestanden, sämtliche staatliche Aktivität auf dem Gebiet kommunaler Angelegenheiten auszuschließen, selbst wenn die Kommunen von ihrer eigenen Regelungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. (6) In anderen Staaten behält die staatliche Legislative eine im Einverständnis mit der Kommune auszuübende, begrenzte Kompetenz zum Erlass von Regelungen im Bereich kommunaler Interessen.371 c) Die Ermächtigung zur Privatisierung Die Entscheidung der kommunalen Körperschaften, ihre Einrichtungen zu privatisieren, fällt nicht in den Kompetenzbereich der Gemeinden nach der ,Dillon’s Rule‘. Untereinheiten des Staates, wie sie die Gemeinden darstellen, bedürfen grundsätzlich zur Aufnahme einer Tätigkeit der ausdrücklichen Ermächtigung der Legislative ihres Bundesstaates.372 Die Entscheidung, mit privaten Unternehmen Verträge über die Erbringung von Versorgungsaufgaben zu schließen, unterliegt der ,Plenary Power‘ der Bundesstaaten.373 Beabsichtigt eine Körperschaft ohne eine solche Ermächtigung Privatisierungsverträge über ihre Wasserversorgung zu schließen, müssen ihr ,Home Rule‘-Kompetenzen verliehen worden sein.374 3. Die ,Nondelegation‘-Doktrin Während der U. S. Supreme Court von der ,Nondelegation‘-Doktrin so lange keinen Gebrauch gemacht hat, dass in diesem Zusammenhang bereits von „Legal Archeology“375 die Rede ist, wenden die Gerichte der Bundesstaaten die Doktrin nach wie vor an.376 Dabei stützen sie sich auch auf die entsprechenden Vorschriften einiger Gliedstaatenverfassungen.377 Der Anwendungsbereich der Doktrin ist je nach Jurisdiktion stark unterschiedlich. Für die Wasserwirtschaft ist dabei besonders der kommunale Bereich von Bedeutung.

372 Dannin, To Market, to Market: Legislating on Privatization and Subcontracting, Maryland Law Review 2001, 249, 257. 373 Dannin, To Market, to Market: Legislating on Privatization and Subcontracting, Maryland Law Review 2001, 249, 257. 374 Gillette / Stephan, Constitutional Limitations on Privatization, American Journal of Comparative Law 1998, 481, 501. 375 Cudahy, The Nondelegation Doctrine: Rumors of its resurrection prove unfounded, St. John’s Journal of Legal Commentary 2002, 1. 376 Beispielsweise Texas Boll Weevil Eradication Foundation, Inc. v. Lewellen, 952 S.W.2d 454 (Tex. 1997), Robinson v. Kansas State High School Activities Ass’n, No. 95C 1064 (18th Judicial District, Sedgwick County, Kansas, July 14, 1995), Robinson v. Kansas State High School Activities Ass’n, 260 Kan. 136 (1996); FM Properties Operating Company v. Austin, 22 S.W. 3d 868 (2000). 377 Wie etwa Art. IV Sec.1 Ill. Const.

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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Die ,Nondelegation‘-Doktrin verbietet es den Kommunen, aufgrund von Verträgen mit Privaten ohne Ermächtigung über eigene hoheitliche Aufgaben zu verfügen.378 Zwar variiert der Katalog der zum Kreis der hoheitlichen Tätigkeiten gehörenden Aufgaben von Jurisdiktion zu Jurisdiktion, jedoch handelt es sich dabei um Tätigkeiten, die von den Gerichten als notwendig für die Verwaltung befunden wurden oder ausschließlich der kommunalen Wahrnehmung vorbehalten sein sollen.379 Hierzu wurden insbesondere die Polizeigewalt380, das Enteignungsrecht381 und die Steuergewalt382 und auch das Recht zur Kontrolle der Wasserpreise383 gezählt. Die Doktrin wirkt in zweierlei Hinsicht: Zum einen sollen die gegenwärtigen Gemeindevertreter nicht ihre Kompetenzen weggeben, zum anderen sollen nachfolgende Gemeindevertreter nicht unangemessen in ihren Entscheidungen gebunden werden. Ein solcher Vertrag, in dem die Legislativ- oder Polizeigewalt der öffentlichen Körperschaft entzogen wird, gilt von Seiten der Körperschaft als ,ultra vires‘ geschlossen und ist von Beginn an nichtig.384 Die Doktrin wird gerade bei Verträgen über längerfristige Projekte wie der Wasserversorgung relevant. Grundsätzlich sollen die Gemeinden sich nicht unbegrenzt oder für unangemessen lange Zeiträume binden.385 Dabei wird zwischen hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Tätigkeiten unterschieden.386 Wo es sich um hoheitliche Kompetenzen handelt, soll sich die Gemeinde bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung nicht länger als die laufende Legislaturperiode binden können.387 Wo die Gemeinde jedoch privatwirtschaftlich tätig wird, sollen im Wesentlichen die gleichen Regeln wie für Private gelten.388 Die Schwierigkeit der Anwendung der Doktrin zeigt sich in der Unterscheidung zwischen hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben, die durch den ,Poprie378 Hartnett v. Austin, 93 So. 2d 86, 89 (Fla. 1956), Pittman v. City of Amarillo, 598 S.W.2d 941, 945 (Tex. Civ. App. 1980). 379 Griffith, Local Government Contracts: Escaping from the Governmental / Proprietary Maze, Iowa Law Review 1990, 277, 284. 380 Pittman v. City of Amarillo, 598 s.W.2d 941, 945 (Tex. Civ. App. 1980). Die ,Police Power‘ umfasst die Kompetenz zum Tätigwerden zum Schutze der öffentlichen Sicherheit, der Gesundheit, der Moral oder des Allgemeinwohls. Sie leitet sich aus der staatlichen Souveränität der Bundesstaaten ab, deren Kompetenzen im Gegensatz zur Bundesregierung nicht auf Delegation beruht. Die kommunalen Körperschaften erhalten ihre Kompetenz in diesem Bereich dagegen vom jeweiligen Bundesstaat. 381 Burke v. Oklahoma City, 350 P.2d 264, 267 (Okla. 1960). 382 City of Louisville v. Fiscal Court, 623 S.W.2d 219, 224 (Ky. 1981). 383 Rogers Park Water Company v. Fergus, 180 U.S. 624, 627; Freeport Water Co. v. Freeport City, 180 U.S. 587, 599 (1900). 384 Byrd v. Martin, Hopkins, Lemon & Carter, P.C., 564 F. Supp. 1425, 1428 (W.D. Va. 1983). 385 Flynn v. Little Falls Electric & Water Co., 74 Minn. 180 (1898), aff ’d 74 Minn. 180. 386 Reynolds, Local Government Law, 154 (1982). 387 Omaha Water Co. v. City of Omaha, 147 F. 1 (8th Cir. 1906), appeal dism’d 207 U.S. 584. 388 City of Walla Walla Water v. Walla Walla Water Co., 172 U.S. 1 (1898).

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2. Abschn.: Privatisierung

tary / Governmental Test‘ getroffen werden soll.389 In der Regel werden zwar Dienste wie die Wasserversorgung als privatwirtschaftlich eingestuft, so dass unter Umständen sogar unbefristete Verträge als wirksam beurteilt werden.390 Dabei ist von Bedeutung, dass es sich um eine Aufgabe handelt, die grundsätzlich durch Private und staatliche Stellen gleichermaßen erledigt werden kann. Angesichts des Umstandes, dass zahlreichen Wasserversorgungsunternehmen das Recht zur Vornahme von Enteignungen verliehen wurde, kann diese Beurteilung nicht darauf gestützt werden, dass die Aufgabe nicht die Übertragung staatlicher Hoheitsbefugnisse und die Möglichkeit zum Eingriff in die Rechte Dritter erfordert. Der Test wurde im Laufe der Zeit zunehmend aufgrund der Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von hoheitlichen und privatwirtschaftlichen Aufgaben als unpraktikabel eingestuft. Wie bereits oben unter II.1. erwähnt, hat auch der Supreme Court im Urteil Garcia den Test abgelehnt. Der Grund für die nach wie vor bedeutende Rolle des Tests im Kommunalrecht ist die hierdurch den Gerichten eingeräumte Möglichkeit zur Abwägung konkurrierender Interessen von Gemeinden und Privaten.391 Denn durch die Einstufung als hoheitlich oder privatwirtschaftlich können die Gerichte relativ frei über die Wirksamkeit von Verträgen zwischen Kommunen und Privaten entscheiden.

4. Ausdrückliche Aufgabenzuweisungen Die meisten Kommunen haben das gesetzliche oder verfassungsmäßige Recht, eine Wasserversorgung aufzubauen und zu betreiben. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass einigen Kommunen in ihren Statuten die Pflicht zum Aufbau und Unterhalt einer Wasserversorgung zugewiesen wurde, scheinen solche Pflichtaufgabenzuweisungen eher selten vorzukommen. Da die Wasserversorgung im Allgemeinen als privatwirtschaftliche Tätigkeit angesehen wird, bestand offenbar insbesondere in den wasserreicheren östlichen Staaten der Vereinigten Staaten kein Bedürfnis zur Schaffung einer kommunalen Pflichtaufgabe. Auch in den trockeneren westlichen Staaten der Vereinigten Staaten ist die Zuweisung einer Wahrnehmungspflicht für die Wasserversorgung an die Gemeinden eher selten. Nur die Verfassung des Staates Utah in Art. XI, § 6 enthält wiederum 389 Der Test findet in zahlreichen anderen Rechtsgebieten ebenso Anwendung, und ist dort ebenso umstritten. Insbesondere diente er als Mittel zur Feststellung von Schadensersatzansprüchen im Staatshaftungsrecht, wobei staatliche Organe dann nicht haften sollten, wenn sie in hoheitlicher Funktion gehandelt hatten. Nur ein Kriterium zur Bestimmung von hoheitlichen Aufgaben ist die Befugnis zu Rechtseingriffen, Robbins, The legal dimensions of private incarceration, The American University Law Review 1989, 531, 558; Lawrence, Private Exercise of Governmental Power, Indiana Law Journal 1986, 647. 390 City of des Moines v. City of West Des Moines, 239 Iowa 1 (1948). 391 Griffith, Local Government Contracts: Escaping from the Governmental / Proprietary Maze, Iowa Law Review 1990, 277, 317.

F. Privatisierungsvorgänge in den Vereinigten Staaten

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eine ausdrückliche Aufgabenzuweisung zur Wahrnehmung der Wasserversorgung. Hier wird Privaten nicht der Betrieb einer Wasserversorgung verboten, sondern lediglich den Gemeinden untersagt, die in ihrem Eigentum oder unter ihre Kontrolle stehende Anlagen oder Wasserrechte zu veräußern. In Kalifornien beispielsweise haben die Städte zwar das Recht zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser nach Art. XI, § 9 Cal. Const. und § 38730 ff. Cal. Gov. Code. Dennoch besteht für die Gemeinden keine Verpflichtung zum Aufbau einer Wasserversorgung.392 Allerdings wurde hier oftmals die Wasserversorgung auf ,Special Districts‘ übertragen, deren alleiniger Satzungszweck die Versorgung mit Wasser ist.393 Diese Wasserdistrikte, die vor allem in den 17 westlichen Bundesstaaten vorkommen, sind kommunale Körperschaften, die mit jeweils stark unterschiedlichen Satzungen versehen wurden und denen im wesentlichen Aufgaben der Wasserwirtschaft, aber auch der Wasserversorgung übertragen wurden.394 Die Schaffung eines Wasserdistrikts kann faktisch der Begründung einer Pflichtaufgabe gleichgesetzt werden, da die Wasserversorgung im betreffenden Gebiet immer durch den Wasserdistrikt wahrgenommen wird.

V. Die Einrichtung staatlicher Privatisierungskommissionen Ein Großteil der Staaten hat in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts zur Unterstützung staatlicher und lokaler Privatisierungsprozesse Privatisierungskommissionen eingerichtet. Zu deren Aufgaben zählen die Untersuchung von Privatisierungsprozessen, der Entwurf von Verfahrensregeln und Richtlinien, die Empfehlung von weiteren Gesetzgebungsvorhaben zur Förderung von Privatisierung oder auch die Überwachung von Privatisierungsprozessen.395 Die Kommissionen werden oftmals mit Vertretern aus Wirtschaft und Staat besetzt, zu denen auch Vertreter von Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gehören.396 Obwohl die unverbindlichen Empfehlungen der Kommissionen vom Gesetzgeber oftmals ignoriert werden397, sind die Kommissionen nach einer Studie des General Accounting Office bedeutender Bestandteil erfolgreicher Privatisierungsprogramme.398 Den Kommissionen wurden oftmals mit Fachleuten besetzte 392 Glenbrook Dev. Co. v. City of Brea, 253 Cal. App. 2d 267, 277 (1967); Jochimsen v. City of Los Angeles, 54 Cal. App. 715, 716 (1921). 393 California Water Law and Policy, § 14.03 Special Districts (1995). 394 Dazu Sax / Thompson / Leshy / Abrams, Legal Control of Water Resources, 599 ff. (2000). 395 Moore, Law and Economics of Privatization, 15 (2000). 396 GAO, Privatization, Lessons Learned by State and Local Government, 10 (1997); siehe insbesondere Kansas State Act 75 – 3739 (1997), Colorado Rev. Stat. Titel 24, Art. 50 Teil 5. 397 Moore, Law and Economics of Privatization, 16 (2000). 398 GAO, Privatization, Lessons Learned by State and Local Government, 11 (1997).

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2. Abschn.: Privatisierung

Abteilungen angegliedert, die Behörden und kommunale Körperschaften bei Privatisierungsprozessen beraten. Die Unterstützung erfolgt zunächst durch die Untersuchung der betreffenden Verwaltungsaufgabe hinsichtlich der Kosten und Effizienz ihrer Erledigung. Daraufhin wird eine Abwägung des mit einer Privatisierung verbundenen Nutzen und Risikos vorgenommen. Dies geschieht unter Verwendung eines festen Katalogs von Bewertungskriterien, dessen Erarbeitung Aufgabe der Kommission ist.399 Im Vergleich zu Gesetzen, die Privatisierungen in das Ermessen der jeweiligen Behörde stellen, führt die Einbeziehung von Privatisierungskommissionen zu mehr Privatisierungsprozessen.400

VI. Zusammenfassung In den Vereinigten Staaten wird bei der Kontrolle von Privatisierungsvorhaben vor allem auf den politischen Prozess vertraut, wie ihn die Verfassungen des Bundes und der Bundesstaaten durch das System der ,Checks and Balances‘ regeln. Vor allem in den Bundesstaaten und den Kommunen unterliegen Privatisierungsverträge aber der richterlichen Kontrolle. Da die Wasserversorgung allgemein auch dann als privatwirtschaftliche Tätigkeit eingestuft wird, wenn sie von den Kommunen wahrgenommen wird, ergeben sich für Privatisierungsvorhaben in diesem Bereich keine wesentlichen verfassungsrechtlichen Schranken. Neben den gesetzlichen Privatisierungsvorschriften werden privatisierungswillige Kommunen in zahlreichen Staaten durch staatliche Behörden unterstützt. Die zentrale Sammlung und Weitergabe von diesbezüglichem Know-how ist eine sinnvolle Ergänzung der entsprechenden gesetzlichen Privatisierungsvorgaben.

G. Sektorenspezifische Regelungen in den Vereinigten Staaten Nur wenige Staaten haben die Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen ausdrücklich geregelt. Die meisten Gesetze sind erst in den 80er und 90er Jahren erlassen worden.

399 400

GAO, Privatization, Lessons Learned by State and Local Government, 11 (1997). Moore, Law and Economics of Privatization, 16 (2000).

G. Sektorenspezifische Regelungen in den Vereinigten Staaten

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I. Die Steuerung der Privatisierung in Florida Die umfangreichen ,Home Rule‘-Kompetenzen der Gemeinden Floridas reichen grundsätzlich zum Abschluss von Privatisierungsverträgen aus.401 Beabsichtigt die Kommune den Abschluss von Dienstleistungsverträgen, gelten auch im Bereich der Wasserversorgung grundsätzlich die regulären Vergabebestimmungen des Kapitels 287 Fla. Stat. Nur wenn die Gemeinde die Veräußerung ihrer Versorgungsanlagen beabsichtigt, sichert ein Gesetz insbesondere die Transparenz der Privatisierungsentscheidung gegenüber den Gemeindebürgern und gibt die bei dieser Entscheidung zu erwägenden Gründe vor. Der Verkauf kommunaler Wasserversorgungsunternehmen unterliegt besonderen Bestimmungen. So hat die Gemeinde eine öffentliche Anhörung durchzuführen und daraufhin zu entscheiden, ob die Veräußerung des Wasserversorgungsunternehmens im öffentlichen Interesse liegt.402 Das öffentliche Interesse ist anhand der folgenden Kriterien zu bestimmen403: (1) die Bilanzen des Unternehmens404, (2) der tatsächliche Zustand der Anlagen, (3) Angemessenheit der Verkaufsbedingungen, insbesondere des Preises, (4) die Vor- und Nachteile für die Verbraucher, (5) die Fähigkeit und der Wille des Käufers zur Vornahme der nötigen Investitionen, (6) die Alternativen zum Verkauf und die möglichen Auswirkungen, wenn der Verkauf nicht stattfindet, (7) die Fähigkeit des Käufers zur Aufrechterhaltung qualitativ hochwertiger und kosteneffektiver Dienste. Ferner regelt die Vorschrift die Zweckbindung der vom Privaten für die Wasserversorgung bezahlten Gelder. Diese müssen insbesondere für die Verringerung der Grundsteuer, den Schuldenabbau bzw. die Verbesserung der Infrastruktur ausgegeben werden.

II. Die Steuerung der Privatisierung in Kalifornien Das kalifornische Kommunalrecht enthält in § 10052 Cal. PUC eine Regelung hinsichtlich des Verkaufs der kommunalen Wasserversorgungsunternehmen. So dürfen kommunale Körperschaften ihre Wasserversorgungsunternehmen veräußern, wenn dies in der Bürgervertretung mit zwei Drittel Mehrheit beschlossen wird und die Gemeindeeinwohner im Rahmen eines Bürgerentscheids zustimmen.405 Im Anschluss muss ein Bieterverfahren durchgeführt werden, wobei die 401 Cowdery, Public-Private Partnerships in Providing Water and Wastewater Utility Service, Florida Bar Journal 2000, 38, 41. 402 § 180.301 Fla. Stat. (2004). 403 § 180.301 Fla. Stat. (2004). 404 Diese ist anhand der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und der für den Regulator zu erstellenden ,Rate Base‘ zu bewerten, §§ 180.301 (1) – (3) (2004). 405 § 10052 Cal. PUC (2004).

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2. Abschn.: Privatisierung

erzielten Erträge einem Zweck zugute kommen müssen, dem die Gemeindeeinwohner im Rahmen des Bürgerentscheids zugestimmt haben. Somit steht hier der Gedanke der Beteiligung der Gemeindebürger, die mit ihren Entgelten letztlich die bestehende Anlage finanziert haben, im Vordergrund.

III. Die Steuerung der Privatisierung in Kentucky Der Staat Kentucky ermächtigt in Kapitel 107 §§ 700, 720 I Ky. Rev. Stat. seine Gemeinden zur Einbindung Privater in die Wasserversorgung, um Kosteneinsparungen zu ermöglichen. Dies kann durch den Abschluss von Dienstleistungsverträgen oder den Verkauf der Wasserversorgungsanlagen geschehen.406 Die Gemeinden haben das Privatisierungsvorhaben zuvor anzukündigen und eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Ob die Gemeinde ein Vergabeverfahren durchführt, überlässt der Staat ihrem eigenen Ermessen. Er stellt aber die Option zur Durchführung eines Vergabeverfahrens zu Verfügung.407 Ist die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen Inhalt der Privatisierungsvereinbarung, so hat die Gemeinde die Zustimmung der Mehrheit der wahlberechtigten Gemeindebürger einzuholen.408

IV. Die Steuerung der Privatisierung in New Jersey Der Staat New Jersey hat die Privatisierung der Wasserversorgung in Titel 58 der New Jersey Permanent Statutes im Jahre 1995 neu geregelt. Bereits 1985 hat New Jersey entsprechende Regulierungsgesetze erlassen. Aufgrund der langen Dauer der im Vorgängergesetz angeordneten Genehmigungsverfahren kam es zu einer Neuregelung. Diese Regelung betreffen alle Privatisierungsvarianten außer der Veräußerung der Wasserversorgungsanlagen. Die Absicht, Privatisierungsverträge hinsichtlich der Wasserversorgung zu schließen, hat die Gemeinde vorher öffentlich bekannt zu machen.409 Anschließend folgt ein eigenes Vergabeverfahren.410 Der in diesem Verfahren bestimmte Vertragspartner und die entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen, insbesondere die Auswirkungen auf die Wasserentgelte, werden daraufhin in einer öffentlichen Anhörung vorgestellt.411 406 407 408 409 410 411

Kapitel 107 §§ 700, 720 I Ky. Rev. Stat. (2004). Kapitel 107 § 720 III Ky. Rev. Stat. (2004). Kapitel 107 § 740 Ky. Rev. Stat. (2004). Titel 58 § 26 – 23 New Jersey Permanent Statutes (2004). Titel 58 § 26 – 23 New Jersey Permanent Statutes (2004). Titel 58 § 26 – 24 New Jersey Permanent Statutes (2004).

G. Sektorenspezifische Regelungen in den Vereinigten Staaten

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Anschließend muss die Zustimmung des Local Finance Board und Public Utility Board zum Privatisierungsvertrag eingeholt werden. Das Local Finance Board hat insbesondere zu prüfen, ob der Vertrag mit den finanziellen Verhältnissen der vergebenden Kommune vereinbar ist.412 Das Board of Public Utilities hat den Vertrag unter folgenden Gesichtspunkten zu prüfen.413 (1) Der Private verfügt über die nötigen finanziellen Mittel und die nötige technische und betriebliche Erfahrung um die zuverlässige Vertragserfüllung zu gewährleisten. (2) Die Vertragsbedingungen müssen hinsichtlich der Wasserpreise und Tarife angemessen sein. (3) Die übrigen Kunden des Privaten müssen hinsichtlich der Folgen des Privatisierungsvertrages geschützt sein und dürfen nicht zu Quersubventionen des Vertrages herangezogen werden. Der Privatisierungsvertrag hat insbesondere folgende Gegenstände zwingend zu regeln.414 Erstens sind die Berechnungsmethoden für die Wasserpreise und Tarife zu bestimmen. Zweitens ist die Risikoverteilung in Hinsicht auf Finanzierung und Bau der Versorgungsanlagen zu regeln sowie (3) das Betriebsrisiko, (4) das Vorkommen von höherer Gewalt, (5) Verzug und die Beendigung des Vertrages, (6) die Frage der gegenwärtig von der Gemeinde in der Wasserversorgung Beschäftigten, (7) der Befugnis des Privaten zum Weiterverkauf überschüssigen Wassers, (8) die Erstellung und Vorlage eines regelmäßig vorzulegenden Berichts. Zuletzt werden die Intervalle zur Wiederverhandlung des Vertrages bestimmt. Schließlich wird der Gemeinde die Verwendung der vom Privaten erhaltenen Mittel zur Reduzierung von Eigentumssteuern vorgeschrieben.415

V. Zusammenfassung Die Aufgabe der Wasserversorgung ist in den meisten Staaten privatisierbar. Übereinstimmungen zu den deutschen Steuerungsnormen bestehen insofern, als dass auch die amerikanischen Vorschriften Kriterien für die Bestimmung der Zuverlässigkeit des privaten Partners vorsehen. Dem örtlichen Charakter der Wasserversorgung wird dadurch Rechnung getragen, dass die meisten Privatisierungsvorschriften einen gewissen Grad an Bürgerbeteiligung vorsehen. Unter dem Gesichtspunkt, dass den Bürgern die Privatisierung der kommunalen Wasserversorgungsanlagen tatsächlich zugute kommen soll, sehen manche Vorschriften bestimmte Verwendungen für erzielte Verkaufserlöse vor und zusätzliche Vertragsbedingungen, die sicherstellen sollen, dass dem öffentlichen Interesse auch nach der Privatisierung der Wasserversorgung durch den privaten Rechnung getragen 412 413 414 415

Titel 58 § 26 – 25 New Jersey Permanent Statutes (2004). Titel 58 § 26 – 25 New Jersey Permanent Statutes (2004). Titel 58 § 26 – 23 New Jersey Permanent Statutes (2004). Titel 58 § 26 – 23 New Jersey Permanent Statutes (2004).

12 Forster

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2. Abschn.: Privatisierung

wird. Dies geschieht in Anerkennung des Umstandes, dass die Gebührenzahler die Anlagen bereits einmal finanziert haben. Behandeln die Regelungen Dienstleistungen wie Betriebsführung oder Bauleistungen, so werden bestimmte Rahmendaten für das Vertragsverhältnis festgelegt. Dies betrifft die Höchstdauer der Verträge und die Beendigungsgründe. Bei Eigentumsübertragungen wird aber grundsätzlich nicht die Vereinbarung von Rückübertragungsklauseln verlangt. Hier liegt der größte Unterschied zu den deutschen Regelungen, die die Übertragung zeitlich begrenzen oder im Falle der Schlechterfüllung durch den Privaten anordnen. Dieser wesentlich höhere Privatisierungsgrad wird durch die Überwachung der privaten Wasserversorgungsunternehmen durch staatliche Regulierungskommissionen ermöglicht. Ein Regelungsbedarf verbleibt jedoch weiterhin hinsichtlich der Nutzung der kommunalen Straßen.

H. Fazit In Deutschland und in den Vereinigten Staaten bestehen nur wenige Privatisierungsverbote. In beiden Staaten verweisen die Verfassungen bei der Bestimmung von Staatsaufgaben auf den demokratischen Prozess. Auch wenn in den Vereinigten Staaten anders als in Deutschland keine Verpflichtungen staatlicher Organe zum Tätigenwerden in der Wasserversorgung erkennbar sind, kann aufgrund des starken öffentlichen Interesses an der Wasserversorgung auf einen entsprechenden politischen Wahrnehmungsdruck geschlossen werden, der die staatlichen Stellen losgelöst von gesetzlichen oder verfassungsmäßigen Bestimmungen zur Gewährleistung der Wasserversorgung zwingt. Der Staat bestimmt seine pflichtigen Staatsaufgaben selbst. Sofern diese in der Verfassung geregelt oder aus dieser ableitbar sind, kann dieser Aufgabenbestand, wenn überhaupt, nur schwer verändert werden. Im Übrigen unterliegt der Aufgabenbestand dem staatlichen Ermessen, da der Staat über den Umfang seines Aufgabenbestands relativ frei entscheiden kann. Das Europarecht trifft in Hinsicht auf die Wasserversorgung keine Vorgaben für den staatlichen Aufgabenbestand. Im Gegenteil folgt aus der im EG-Vertrag ausdrücklich erklärten Neutralität gegenüber den mitgliedstaatlichen Eigentumsordnungen, dass das Europarecht Privatisierungen im Wasserbereich nicht vorschreiben kann. Bezieht der Staat aber Private in seine Aufgabenerfüllung mit ein, gilt grundsätzlich das Wettbewerbsrecht. Die Wahrnehmung einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse rechtfertigt nicht uneingeschränkte Wettbewerbsausnahmen. Die mit der Wasserversorgung in Deutschland und den Vereinigten Staaten verbundenen Aufgaben sind nicht ohne weiteres privatisierbar. Aufgrund der überragenden sozialen und gesundheitsschützenden Bedeutung der Wasserversorgung trifft den Staat eine Gewährleistungsverantwortung. Zur Bestimmung des Umfangs

H. Fazit

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dieser Gewährleistung wird das Konzept des Universaldienstes vorgeschlagen, welches präziser ist als der Begriff der Daseinsvorsorge. Gegenwärtig ist die Gewährleistung der Wasserversorgung den Kommunen zugewiesen. Im Rahmen der staatlichen Aufgabenorganisation kann diese Aufgabe auf andere Stellen, etwa eine Regulierungsbehörde, übertragen werden. Die amerikanischen Gliedstaaten geben ebenso wie die deutschen Bundesländer den Kommunen bestimmte Vorgaben bei der Gestaltung der jeweiligen Privatisierungsverhältnisse. Dabei können die Staaten den Kommunen die endgültige Privatisierung der Wasserversorgung gestatten, da die Sicherung des öffentlichen Interesses an der Wasserversorgung durch eine detaillierte Regulierung seitens staatlicher Regulierungsbehörden verfolgt wird. Hingegen bleibt die Wasserversorgung in Deutschland Verwaltungsaufgabe der Kommunen, was durch die zeitliche Begrenzung von Aufgabenübertragungen in den neueren Privatisierungsregelungen verdeutlicht wird. Die Durchführung von Vergabeverfahren als Mittel zur Erzeugung von Wettbewerbsdruck bei der Aufgabenübertragung wird hier wie dort in den Privatisierungsgesetzen (mit Ausnahme insbesondere des Staates New Jersey) nicht geregelt. Der Vergleich mit den Vereinigten Staaten bestätigt, dass die Wasserversorgung nicht auf eine staatliche Wahrnehmung angewiesen ist. Die in den Vereinigten Staaten aufgrund der wirtschaftlichen Besonderheiten der Wasserversorgung eingerichteten Regulierungsbehörden werfen jedoch gleichzeitig Fragen nach der Preisregulierung von Wasserunternehmen in Deutschland auf.

12*

Dritter Abschnitt

Wettbewerb im Markt Der Wettbewerb im Markt umfasst die Modelle der gemeinsamen Netznutzung, des freien Leitungsbaus, der Eigenversorgung und der Einschaltung von Zwischenhändlern. Wichtigstes Element einer Liberalisierung der Wasserversorgung im Sinne eines ,Wettbewerbs im Markt‘ ist die Schaffung eines Wettbewerbsumfelds, wonach den Kunden die Möglichkeit eingeräumt wird, bei der Inanspruchnahme von Diensten zwischen mehreren Wasserversorgungsanbietern oder der Eigenversorgung zu wählen. Die heutige Struktur in Deutschland räumt der Gemeinde einen Vorrang bei der Erfüllung der Aufgabe der Wasserversorgung ein. Durch den Anschluss- und Benutzungszwang kann die Kommune über den Marktzugang anderer Wasserversorgungsunternehmen entscheiden. Durch § 103 GWB a. F. erhält die Kommune die Möglichkeit, sich aus der tatsächlichen Aufgabenerfüllung zurückzuziehen, ohne dass sie die Steuerung des Marktzugangs aufgeben muss. Damit kann sie den Wettbewerb im Markt weiterhin ausschließen. Durch die Einräumung einer ausschließlichen Marktposition kann die Kommune die Erfüllung von insbesondere sozialstaatlichen und umweltschützenden Aufgaben sicherstellen, die der Private im Gegenzug für die Einräumung der Marktposition übernimmt. Nur wenn die Gemeinde auf die eigene Aufgabenwahrnehmung verzichtet, kann der Private überhaupt zum Markt zugelassen werden. Entscheidet sich die Gemeinde, Private zuzulassen, so ist damit immer auch die Übertragung öffentlicher Aufgaben verbunden, die zumindest einen Teil der kommunalen Pflichtaufgabe ausmachen. Dennoch verbleibt bei der Gemeinde die Pflicht zur Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben, weshalb sie in der Lage sein muss, auf den Privaten Einfluss zu nehmen. Insbesondere durch die Modelle des freien Leitungsbaus und der Eigenversorgung wird dieser kommunale Vorrang aufgehoben. Die Gewährung der Durchleitung ließe zumindest den kommunalen Einfluss auf den Netzbetreiber bestehen, da dieser nach wie vor von der Gewährung der Wegenutzung abhängig ist. Eine Auflösung dieser Struktur wirft die Frage auf, wie und ob die verfassungsrechtlichen Zielvorgaben trotz Wegfall dieser Struktur weiterhin erfüllt werden können. Dabei sind insbesondere die Gewährung des Universaldienstes in der Wasserversorgung und die Wahrung der Belange des Umweltschutzes zu berücksichtigen.

A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

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A. Determinanten für die Einführung eines Wettbewerbs im Markt in Deutschland Nach der gegenwärtigen Rechtslage liegt die Entscheidung über das auf ihrem Gemeindegebiet angewendete Marktmodell bei den Kommunen. Sowohl die Begründung eines Anschluss- und Benutzungszwangs als auch der Abschluss ausschließlicher Konzessionsverträge liegt im Ermessen der Gemeinde. Dabei könnte diese bereits unter der heutigen Rechtslage den Wettbewerb im Markt auf ihrem Gemeindegebiet zulassen, indem sie mehreren Wettbewerbern den freien Leitungsbau oder auch die gemeinsame Netznutzung gestattet. Dass gegenwärtig kein solcher Fall in Deutschland bekannt geworden ist, liegt daran, dass zahlreiche Anreize für die Aufrechterhaltung der monopolistischen Struktur bestehen. Die Kommunen betreiben dabei entweder selbst eine Wasserversorgung und haben daher keinerlei Bestreben, Wettbewerber zuzulassen. Im anderen Fall bedienen die Kommunen sich eines dritten Unternehmens zur Durchführung der Wasserversorgung, gewähren diesem aber die ausschließliche Marktposition, um im Gegenzug dem Unternehmen die Erfüllung von Aufgaben aufzutragen, die im kommunalen Interesse liegen. Die Einführung von Wettbewerb im Markt wird daher ein Tätigwerden des zuständigen Gesetzgebers erfordern. Fraglich ist die Vereinbarung eines solchen Vorhabens mit der Verfassung.

I. Art. 28 II 1 GG Durch Art. 28 II 1 GG wird der Aufgabenbereich und die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenerfüllung der Gemeinde geschützt. 1. Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung Die Durchleitungslösung bedeutet die Trennung von Netzbetrieb und Wassergewinnung. Dabei bleibt die Verteilung des Wassers und der Ausbau des Leitungsnetzes in der Hand eines Netzbetreibers. Dies lässt den Anschluss- und Benutzungszwang und die rechtliche Monopolstellung des Netzbetreibers durch eine ausschließliche Konzession unberührt. Der Kunde bleibt weiterhin verpflichtet, sein Wasser aus dem Netz zu beziehen, das auch von der Gemeinde betrieben werden kann. Jedoch kann die Gemeinde nicht mehr bestimmen, wer Wasser in das Wassersystem einleitet. Damit wird die grundsätzliche Möglichkeit der Kontrolle der Wassergewinnung und die Einleitung in das Wassernetz den Gemeinden entzogen und für den Wettbewerb geöffnet. Für die Gemeinden entfällt die Möglichkeit, direkt auf die einleitenden dritten Versorgungsunternehmen Einfluss zu nehmen, da nur der Netzbetreiber die Gemeindewege nutzt und somit einen Konzessionsvertrag mit der Gemeinde ab-

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

schließen muss. Die unmittelbar mit dem Netzbetrieb zusammenhängenden Aufgaben kann die Gemeinde somit weiterhin mit Hilfe eines Konzessionsvertrags durchsetzen. Insbesondere könnte die Gemeinde dem Netzbetreiber bei Fehlen entsprechender staatlicher Universaldienstanordnungen nach wie vor auferlegen, auch entlegenere Gebiete an das Netz anzuschließen. Unrentable Anschlüsse würden dann wie bisher über Quersubventionen verbilligt, so dass ein Durchgriff auf die durchleitenden Wassererzeuger nicht erforderlich wird. Durch die Öffnung des Netzes verliert die Gemeinde jedoch ihren Einfluss auf die Wassergewinnung. Dies betrifft auch die Wassergewinnung im Gemeindegebiet, wenn diese von einem anderen Unternehmen als dem Netzbetreiber durchgeführt wird, da der kommunale Einfluss über den Konzessionsvertrag nur auf den Netzbetreiber wirkt. Dabei ist fraglich, ob dieser Einflussverlust einen Eingriff in die gemeindliche Selbstverwaltung darstellt. Zunächst ist der Aufgabenbestand der Gemeinde nicht betroffen, da die Gemeinde nach wie vor selbst Wasser gewinnen kann. Auch wird der Gemeinde nicht die Aufgabe der allgemeinen Wahrnehmung des Gewässerschutzes, soweit dies eine örtliche Angelegenheit darstellt, entzogen. Fraglich ist daher, ob ein Eingriff in ihre Eigenverantwortlichkeit vorliegt. Durch die Trennung von Netz und Wassergewinnung kann die Gemeinde aufgrund ihres Wegeeigentums nicht mehr auf die Wassergewinnung, aber auch nicht mehr auf die Zusammensetzung des Wassers in den Netzen Einfluss nehmen, wodurch die Art und Weise ihrer Aufgabenerfüllung betroffen ist. Allerdings ist offensichtlich nicht der Kernbereich berührt, so dass die Eigenverantwortlichkeit im Rahmen der Gesetze gewährleistet wird. Eingriffe in den Randbereich der Eigenverantwortlichkeitsgarantie sind leichter zu rechtfertigen als solche in den Aufgabenbestand, da die Eigenverantwortlichkeitsgarantie nur relativ gewährleistet werden soll.1 Das BVerfG lässt hier schon Ziele der Verwaltungsvereinfachung sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltung ausreichen.2 In Frage käme hierfür zudem die Erleichterung eines fairen Wettbewerbs.3 Die Gemeinde ist im Fall der Eigenversorgung direkt betroffen, da ihre eigene Aufgabendurchführung Konkurrenz durch die Eigenversorgung erhält. Jedoch ergibt sich aus den bereits oben getroffenen Feststellungen zur Wirkungsrichtung des Art. 28 II 1 GG als Staatsorganisationsprinzip ohne Eingriffskompetenz, dass der Norm keine Ausschlusswirkung gegenüber privater Wettbewerbsinitiative zu entnehmen ist. So haben die Gemeinden im Verhältnis zu Privaten wie alle anderen Hoheitsträger die verfassungsrechtlichen Grenzen der Staatstätigkeit zu beachten, wenn sie sich konkurrenzwirtschaftlich und in Privatrechtsform betätigen.4 Soweit BVerfGE 91, 228, 240. BVerfGE 91, 228, 240. 3 Frenz, Liberalisierung und Privatisierung der Wasserwirtschaft, ZHR 2002, 307, der dies auch als Legitimation ausreichen lässt, wenn die Maßnahme einer spezifischen Rechtfertigung i. S. v. BVerfGE 91, 228 Leitsatz Nr. 1 bedürfte. 4 M. w. N. Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 690 (2001). 1 2

A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

183

daher nicht eine Monopolisierung durch gesetzlich legitimierten Anschluss- und Benutzungszwang zulässig ist, genießen die Kommunen keinen Schutz vor privater Konkurrenz.5 2. Eigenversorgung Die Eigenversorgung bedeutet die Ausnahme einzelner Verbraucher vom Anschluss- und Benutzungszwang bzw. die Beschränkung des Verbrauchs auf einzelne Nutzungszwecke. Dabei kann der Verbraucher nur zwischen der Eigenversorgung und der kommunalen Versorgung wählen, da die Versorgung durch Dritte nach wie vor durch ein Gebietsmonopol verhindert wird. Die Eigenversorgung ist gegenwärtig zum Teil bereits in § 3 I 1 AVBWasserV verwirklicht. Aufgrund der Vorschrift kann ein Wasserkunde auf eigene Versorgungsmöglichkeiten zurückgreifen. Dies gilt insbesondere für Industriekunden, die heute nahezu 90% ihres Wasserverbrauchs aus eigenen Anlagen decken. Beziehen Industriekunden dennoch Wasser von öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen, so liegen die Wasserpreise etwa 15 bis 23 % unter denen von Haushaltskunden, was möglicherweise auf die Konkurrenz zwischen Eigenversorgung und kommunaler Versorgung zurückgeführt werden kann.6 Im Fall der Eigenversorgung wird der kommunale Anschluss- und Benutzungszwang entweder für das gesamte Versorgungsgebiet aufgehoben oder eine Ausnahme nach § 3 I 1 AVBWasserV gewährt. Die Ausnahmemöglichkeit nach § 3 I 1 AVBWasserV ist jedoch auf den Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren für das Wasserversorgungsunternehmen begrenzt. Liegen Gründe der Volksgesundheit vor, wenn beispielsweise die erforderlichen Durchsatzmengen nicht erreicht werden können oder den Einwohnern das Wasser nicht mehr zu erträglichen Preisen zur Verfügung gestellt werden kann, muss die Ausnahme nicht gewährt werden.7 Eine andere Auslegung des § 3 I 1 AVBWasserV, wonach die Ausnahme in jedem Fall gewährt werden müsste, widerspräche der gegenwärtigen Auslegung der bundesrechtlichen Vorschrift. Denn würde diese einen nach Kommunalrecht zulässigen Anschluss- und Benutzungszwang aushöhlen oder leer laufen lassen, läge hierin ein Eingriff in den kommunalrechtlichen Zuständigkeitsbereich der Länder, der durch die Rechtsgrundlage der AVBWasserV nicht gedeckt wird.8 Eine solche generelle Freistellungsmöglichkeit, die die Gemeinde der Möglichkeit beraubt, die Freistellung vom Benutzungszwang zu verweigern, wenn Gründe der VolksBayVerfGH, NVwZ 1997, 481. Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 148 (2002) mit Verweis auf eine schriftliche Mitteilung des Bundesverbandes der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) vom 6. 10. 2000. 7 Mit Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung Ludwig / Odenthal, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 3 AVBWasserV, Rdnr. 2 (2004). 8 Dazu Hempel, in: Ludwig / Odenthal / Hempel / Franke, AVBWasserV § 3 Rdnr. 2. 5 6

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

gesundheit dagegen sprächen oder die Trinkwasserversorgung selbst hiervon abhänge, kommt jedoch einer Abschaffung des Anschluss- und Benutzungszwangs gleich.9 Die Regelung der Anschluss- und Benutzungszwänge obliegt auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum Kommunalrecht den Ländern. Würden diese den Kommunen die Möglichkeit zur Errichtung von Anschluss- und Benutzungszwängen nehmen, entfiele für Kommunen ein Instrument zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung10 und bei gegebenenfalls unverhältnismäßig hohen Wasserpreisen zur Gewährleistung einer Trinkwasserversorgung insgesamt.11 Erließe der zuständige Gesetzgeber ein entsprechendes Gesetz, würde die Wasserversorgung Aufgabe der Gemeinde bleiben, so dass insofern kein Eingriff in den Aufgabenbestand vorliegt. Vielmehr würde es sich hierbei um eine gesetzgeberische Entscheidung handeln, inwieweit die Wasserversorgung dem Markt überlassen und auf das Eingriffsmittel des Anschluss- und Benutzungszwangs verzichtet werden kann. Da hierin aber keine Hochzonung auf andere Aufgabenträger liegt, käme insofern nur eine einfache „Willkürkontrolle“ als Begrenzung für ein entsprechendes Vorhaben des zuständigen Gesetzgebers und damit eine Rechtfertigung aus Wettbewerbsüberlegungen in Frage. Das Modell der Eigenversorgung würde in erster Linie zu einer Verschlechterung der Einnahmen des kommunalen Wasserversorgungsunternehmens führen, die jedoch aufgrund der bloßen Verschlechterung der Erwerbsmöglichkeiten, die die Finanzhoheit der Gemeinde nicht grundsätzlich einschränkt, nicht als Eingriff in die Finanzhoheit der Kommune zu werten ist.12 3. Freier Leitungsbau Das Modell des freien Leitungsbaus sieht die Möglichkeit vor, parallele Leitungen zu errichten. Dies sieht nicht zwingend eine Abschaffung des Anschluss- und Benutzungszwangs vor, wenn der Kunde wählen kann, an welches Leitungsnetz er angeschlossen werden möchte. Vielmehr bedeutet es die Abschaffung ausschließlicher Konzessionsverträge, da nunmehr mehrere Unternehmen ihre Leitungen im Gemeindegebiet verlegen können. Aufgrund der wirtschaftlichen Besonderheiten der Wasserversorgung wird allerdings vor allem die Versorgung von Neubaugebieten im Randbereich der Gemeinden Gegenstand dieses Wettbewerbs werden. Beschließt eine Gemeinde, ihre Wasserversorgung durch ein Fremdunternehmen wahrnehmen zu lassen, kann sie diesem Unternehmen eine Monopolstellung verVergl. dazu BVerwG, NVwZ 1988, 1126; NVwZ, 1986, 754. OVG Münster, NVwZ 1987, 727. 11 BVerwG, NVwZ 1986, 754. 12 Allerdings könnte hier eine finanzielle Ausgleichspflicht des Gesetzgebers nötig werden, Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 177 f. (2004). 9

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A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

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schaffen, indem sie ihm ausschließlich die Verlegung der Leitungen auf oder unter ihren öffentlichen Wegen mittels privatrechtlichen Vertrags gestattet.13 Eine Aufhebung der Vorschrift des § 103 a. F. GWB durch den Bundesgesetzgeber käme einem Verbot von ausschließlichen Konzessionsverträgen im Sinne der § 103 I Nr. 1 und 2 GWB a. F. gleich.14 Damit würde den Gemeinden jedoch nicht eine Selbstverwaltungsaufgabe entzogen, da die Aufgabe nach wie vor bei der Gemeinde verbliebe.15 Allerdings bedeutet die Zulassung des freien Leitungsbaus die Beseitigung des kommunalen Vorrangs in der Wasserversorgung. Der Netzbetrieb und die Wassergewinnung wären nicht mehr von einem bewussten kommunalen Rückzug aus diesen Bereichen abhängig, sondern könnten fortan unabhängig von einer Beeinflussung durch die Gemeinde erfolgen. Auch hier kommt eine Beeinträchtigung der Eigenverantwortlichkeitsgarantie nach Art. 28 II 1 GG in Frage, da die Gemeinden in der Nutzung ihres Wegeeigentums beschränkt würden. Gesteht man den Kommunen eine Wegehoheit zu, ist zwischen einem Kernbereich und einem Randbereich zu unterscheiden.16 Die Eigenverantwortlichkeitsgarantie schützt die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte und weist daher auch gestaltungsbezogene Komponenten auf.17 In Frage käme hier eine Verletzung des Randbereichs, indem die rechtlichen Möglichkeiten der Gemeinde zur Erfüllung der Aufgabe der Wasserversorgung beschränkt werden.18 Tatsächlich würde die Möglichkeit der Gemeinde zur Einwirkung auf das Wasserversorgungsunterneh13 Solche ausschließlichen Konzessionsverträge sind für die Wasserversorgung durch § 103 a. F. GWB legitimiert, der nach § 131 VIII GWB weiterhin gültig bleibt. 14 Neben kartellrechtlichen Gründen nimmt Wieland eine Geltung des Verwaltungsprivatrechts bei Abschluss der Konzessionsverträge an, weshalb die Gemeinde aufgrund des Gleichheitssatzes des Art. 3 I GG grundsätzlich allen Bewerbern die gleichen Zugangsmöglichkeiten gewähren müsste, solange nicht gewichtige Gründe für eine Ungleichbehandlung sprächen, Wieland, Die Konzessionsabgaben, 385 (1991). 15 Umweltbundesamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 27; a.A. Hellermann, der eine eigene Selbstverwaltungsaufgabe annimmt, die eine Hoheit über das örtliche Wegenetz umfasst, ders. Privatisierung und kommunale Selbstverwaltung, in: Oldiges, Daseinsvorsorge durch Privatisierung, 23 ff. (2001). Ob hier von der Befugnis auf die Aufgabe geschlossen werden kann, ist jedoch zweifelhaft, da die Aufgabe der Wasserversorgung weit mehr umfasst als nur die Steuerung des Verhältnisses Wege zu Rohrleitungen. Insofern handelt es sich eher um ein Mittel zum Zweck, als um einen Überbegriff für diverse Infrastrukturaufgaben. 16 Löwer, in: v. Münch / Kunig, GG, Art. 28 Rdnr. 65; BVerfGE 91, 228, 243; kritisch zu Wegehoheit Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 726 (2001). 17 BVerfGE 83, 363, 382; Frenz, Liberalisierung und Privatisierung der Wasserwirtschaft, ZHR 2002, 307, 321. 18 Im Falle der Regelung der unentgeltlichen Nutzungsberechtigung der öffentlichen Verkehrswege nach § 50 TKG hat das BVerfG zwar keinen Eingriff in die Eigenverantwortlichkeitsgarantie, insbesondere der Planungshoheit, angenommen. Dies trifft zu, da die Planung der Infrastruktur der Telekommunikation durch die Verfassung der bundeseigenen Verwaltung zugewiesen wurde und daher nicht örtliche Angelegenheit ist, BVerfG, NVwZ 1999, 520, 521.

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

men verringert, da sie ihren Vorrang in der Wasserversorgung verlieren würde. Hinsichtlich des Verlustes des kommunalen Einflusses sind mehrere Konstellationen denkbar. Im Falle einer bloßen Abschaffung des § 103 GWB a. F. und einer Ausweitung des Anschluss- und Benutzungszwangs auf Konkurrenten bliebe eine grundsätzliche Einflussnahme auf die Netzbetreiber mit Hilfe von Konzessionsverträgen denkbar.19 Andererseits wäre auch die Einräumung eines freien Zugangs ohne jegliche vertragliche Bindungen möglich. In beiden Fällen läge jedoch nur eine Beeinträchtigung der Art und Weise der kommunalen Aufgabenerfüllung vor, die mit der Zielsetzung der preisgünstigen und sicheren Versorgung im Wettbewerb gerechtfertigt werden kann.20 Findet der Leitungsbau innerhalb der von der Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung für Versorgungsanlagen ausgewiesenen Flächen statt, wird die Planungshoheit der Gemeinde nicht betroffen. Dann jedoch, wenn eine wettbewerbsgerechte Planung etwa überregional verbundener Netze nicht mehr von den Gemeinden gewährleistet werden kann, muss die Aufgabe auf eine überregionale Planungsbehörde abgegeben werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung würde eine Aufgabenhochzonung darstellen, die dann aufgrund der Änderung der Aufgabenqualität die besonderen Rechtfertigungsanforderungen nach den RastedeKriterien erfüllt.21 4. Zwischenhändlermodell Nach dem Zwischenhändlermodell kauft der Zwischenhändler vom Wasserversorgungsunternehmen Wasserkontingente auf und gibt diese an den Verbraucher unter Nutzung des kommunalen Wassernetzes weiter, wobei das örtliche Wasserversorgungsunternehmen nach wie vor die Wasserversorgung wahrnimmt. Der Zwischenhändler bündelt die Nachfrage und übernimmt Aufgaben wie die Abrechnung mit den Verbrauchern und den Kundendienst. Dieses Modell hat sich vor allem in der Energieversorgung und der Telekommunikation bewährt. Problematisch ist hierbei in der Wasserversorgung allerdings, dass das Fehlen von Wettbewerb dem Zwischenhändler nicht die Möglichkeit gibt, seinen Kunden die Leistungen mehrerer Wasserversorgungsunternehmen anzubieten. Daher kann der Zwischenhändler in der Monopolstruktur nur Aufgaben übernehmen, die der Monopolist, also das Versorgungsunternehmen, abzugeben bereit ist. Damit läge aber letztlich bloß eine Privatisierung bestimmter mit der Wasserversorgung verbundener Aufgaben vor. 19 Vgl. etwa die Regelung des § 46 EnWG, wonach zwar grundsätzlich ein diskriminierungsfreier Zugang für die Netzbetreiber zum Straßen- und Wegenetz einzuräumen ist (§ 46 I EnWG), aber weitergehende Verträge mit einem für die Grundversorgung verantwortlichen Netzbetreiber geschlossen werden können (§ 46 II EnWG). 20 Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 727 (2001). 21 Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 180 (2004).

A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

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Um tatsächlich Wettbewerb im Markt durch Zwischenhändler zu ermöglichen, müsste daher dem Verbraucher das Recht eingeräumt werden, einen Zwischenhändler einzuschalten. Dieser müsste aufgrund der Übernahme bestimmter Aufgaben wie Kundendienst, Abrechnung, Installationsarbeiten jedoch geringere Preise für das vom Gebietsmonopolisten gelieferte Wasser bezahlen müssen. Erforderlich wäre somit eine Trennung der Wasserversorgung von den damit verbundenen Nebenaufgaben. Das Wasserversorgungsunternehmen müsste verpflichtet werden, den Zwischenhändler mit Wasser zu beliefern, welches dieser dann aufgrund einzelner Verträge mit den Verbrauchern an diese weitergibt. Eine optimale Nutzung dieses Modells würde natürlich erst dann ermöglicht, wenn der Zwischenhändler eigene Wasserpreise aufgrund einer gemeinsamen Netznutzung verlangen könnte.22 Dies wäre der Fall, wenn der Zwischenhändler, etwa durch Tausch von Kontingenten oder eigene Wassereinleitungen auch die Preise für das Wasser selbst mitgestalten könnte. Die Einschaltung von Zwischenhändlern beeinträchtigt die Eigenverantwortlichkeitsgarantie, wenn der Gemeinde die Art und Weise der Aufgabenerledigung vorgeschrieben wird. Dies geschieht durch eine gesetzliche Vorschrift, wodurch die Wasserversorgungsunternehmen kaufmännische Teilaufgaben auf Zwischenhändler auszulagern hätten. Als Rechtfertigung im Rahmen der „Willkürkontrolle“ reicht hier aber das Ziel der Kosteneinsparung aus. Die Einschaltung von Zwischenhändlern ist daher zulässig, um eine durch die Auslagerung kaufmännischer Tätigkeiten angestrebte Nutzung von Größenvorteilen zu erreichen.

II. Staatszielbestimmung Umweltschutz Art. 20a GG Umweltrechtliche Bedenken ergeben sich möglicherweise bei den Modellen des freien Leitungsbaus, der gemeinsamen Netznutzung und der Eigenversorgung. Nicht jedoch bei der bloßen Einschaltung von Zwischenhändlern, da hier allein kaufmännische Tätigkeiten betroffen sind.

1. Freier Leitungsbau und gemeinsame Netznutzung Sowohl das Modell des freien Leitungsbaus als auch die gemeinsame Netznutzung können zu einer Fernversorgung und dem Transport von Wasser über größere Distanzen führen. Dabei wird die enge räumliche Verbindung zwischen Wasserentnahme und Wasserverbrauch getrennt, die als einer der Hauptgründe für das bislang starke Engagement der kommunalen Wasserversorgungsunternehmen für den Ressourcenschutz gilt. Zudem waren in Deutschland Mitte der 90er Jahre fast 15% 22 Stuchtey, Wettbewerb auf dem Markt für leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, 72 (2002).

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

der Fläche Deutschlands als Wasserschutzgebiete ausgewiesen, wovon nach dem Bundesumweltamt ein Viertel als für die Wasserversorgung relevant angesehen werden konnte.23 Daher ist die Wasserversorgung von großer Bedeutung für den Umweltschutz in Deutschland, da die Qualitätssicherung des Trinkwassers untrennbar mit dem Umweltschutz verbunden ist. Insofern muss auf die tatsächlichen Auswirkungen einer Marktöffnung abgestellt werden. Dass Wasserschutzgebiete gegenwärtig aufgegeben werden können, wenn etwa das Trinkwasser aus anderen Vorhaben bezogen werden kann, sagt nichts über das tatsächliche Niveau des Umweltschutzes aus. Das Umweltstaatsprinzip gibt als Staatszielbestimmung grundsätzlich nur das Ziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen vor, wobei das Schutzniveau und die Mittel zur Umsetzung der staatlichen Gewalt zur Konkretisierung aufgegeben werden.24 Oft wird vertreten, dass das Umweltstaatsprinzip ein Verschlechterungsverbot enthält.25 Selbst wenn man aber dem nicht folgt, kann eine Entfernung vom Umweltschutzziel nur dann als gerechtfertigt erachtet werden, wenn die Gefährdung eines konfligierenden Staatsziels schwerer wiegt. Daher muss im Rahmen entsprechender Maßnahmen eine Güterabwägung stattfinden.26 Aus der Vorgabe des Verschlechterungsverbotes wurden unter dem Gesichtspunkt des Ressourcenschutzes folgende Anforderungen an eine nachhaltige Wasserversorgung gestellt: die Einführung eines flächendeckenden Grundwasserschutzes, die Beibehaltung des Regionalitätsprinzips der ortsnahen Versorgung, eine umfängliche integrative und strategische Planung und Kontrolle (Integrationsprinzip) und die Beibehaltung der derzeit als ,Non-Profit‘-Aufgaben erbrachten Maßnahmen. Diese Maßnahmen bilden den nicht unterschreitbaren Status quo in der Wasserversorgung.27 Bestandteil eines Durchleitungsmodells kann der Transport von Wasser über weite Strecken mittels des weiteren Ausbaus von Fernleitungen sein. Eine Fernleitungsversorgung unterliegt insofern verfassungsrechtlichen Grenzen, als dass die Nachhaltigkeit der Wasserbewirtschaftung nicht gefährdet werden darf. Teil dieses Nachhaltigkeitsprinzips ist das Regionalitätsprinzip oder Näheprinzip, das in § 1a III WHG enthalten ist.28 Dabei kommt eine Fernwasserversorgung nur dann in Betracht, wenn der ortsnahen Wasserentnahme überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen. Da hierunter nur wasserwirtschaftliche Belange, nicht aber wirtschaftliche Effizienzüberlegungen fallen, kommt eine FernverBundesumweltamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 50 (2000). Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Art. 20a GG Rdnr. 24 (1998). 25 Epiney, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Art. 20a Rdnr. 65 (2000); Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, Art. 20a GG Rdnr. 40 (1998). 26 Sommermann, in: v. Münch / Kunig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20a, Rdnr. 27 (2001). 27 Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 200 (2004). 28 Bundesumweltamt, Liberalisierung der deutschen Wasserversorgung, 37 (2000). 23 24

A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

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sorgung nach der gegenwärtigen Gesetzeslage nur in Ausnahmefällen in Frage.29 Der Hauptbeweggrund für diese Regelung ist die Stärkung des Interesses der Gemeinden und ihrer Einwohner an einer ausreichenden Wasserversorgung mit qualitativ gutem Wasser. Auch dann, wenn man dem Umweltstaatsprinzip nicht die uneingeschränkte Gewährung des Status quo zuerkennt, muss eine Abschaffung dieser Vorschrift durch die schwerer wiegende Gefährdung eines anderen Staatsziels im Rahmen der praktischen Konkordanz gerechtfertigt werden. Gerade angesichts des hohen Anteils der Netzkosten am Wasserpreis kann hier nicht mit einer wirtschaftlichen Gefährdung der Wasserversorgung und damit dem Gesundheitsschutz bei Beibehaltung der gegenwärtigen Strukturen argumentiert werden, da die Preissenkungen sich in relativ geringem Rahmen bewegen werden. Dies wäre aber dann anders, wenn der erreichte Umweltstandard auch mit anderen Mitteln zu erhalten wäre. Konkret stellt sich diese Frage in Hinsicht auf die bereits beschriebenen externen Effekte der gegenwärtigen Struktur der Wasserversorgung, die gerade auf Grund des Interesses der Kommunen besteht, in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Wasserversorgungsunternehmen die Wasserqualität zu verbessern.30 Im Rahmen solcher Ausgleichsmaßnahmen wären zunächst die bisher freiwillig durchgeführten Aufgaben etwa im Bereich der Qualitätsüberwachung oder der Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität den einzelnen Unternehmen verpflichtend aufzuerlegen. Angesichts einer verstärkten Fernwasserversorgung entfielen dann in manchen extern versorgten Gemeindegebieten die Voraussetzungen zur Festsetzung von Wasserschutzgebieten. Angesichts der enormen Fläche der Wasserschutzgebiete und der bislang von den Wasserverbrauchern getragenen Kosten für deren Aufrechterhaltung bleibt fraglich, wie deren Wegfall kompensiert werden kann.31 Die gesetzliche Einführung der gemeinsamen Netznutzung oder des freien Leitungsbaus ist daher nicht ausgeschlossen, stellt den Gesetzgeber jedoch vor erhebliche Schwierigkeiten. Möglicherweise wird eine Neuregelung der Wasserbewirtschaftung die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie mit sich bringen, die insbesondere die Wasserbewirtschaftung in Flussgebietseinheiten vorsieht.32 Eine Durchleitung innerhalb dieser Flussgebietseinheiten anhand einer regionalen Wasserbewirtschaftung wäre denkbar, widerspricht allerdings aufgrund des Verstoßes gegen das Regionalitätsprinzip der gegenwärtigen einfachgesetzlichen Rechtslage.

Dazu Kotulla, WHG, § 1a Rdnr. 34 (2003). Siehe oben im ersten Abschnitt E. IV. 31 Dazu Breuer, Wasserversorgung und Umweltschutz, in: Ipsen, Wasserversorgung, 33 (2003). 32 Art. 1 b RL 2000 / 60 / EG. 29 30

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

2. Modell der Eigenversorgung Hinsichtlich des Modells der Eigenversorgung von Industrie- und Privatkunden wird vor allem der Wegfall von deren Wasserentgelten zur Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität problematisiert.33 Denn eine Auferlegung von entsprechenden Kostentragungspflichten hinsichtlich der selbst genutzten Ressource wird die Eigenversorgung an sich, mit Ausnahme von industriellen Großverbrauchern, entfallen lassen. Da der kommunale Wasserversorger nach wie vor die Bevölkerung versorgen muss, müssen die Maßnahmen zur Reinhaltung der Wasserressource beibehalten werden. Insofern ergeben sich keine umweltrechtlichen Bedenken.

III. Sozialstaatsprinzip Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet die staatlichen Stellen zur Gewährleistung eines Universaldienstes in der Wasserversorgung. Demnach hat der Staat flächendeckend eine angemessene und ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Gegenwärtig sichern die Kommunen durch ihre Konzessionsverträge den Ausgleich zwischen den einzelnen Versorgungskunden, so dass in einem von einem Privaten versorgten Gemeindegebiet einheitliche Wasserpreise bezahlt werden.34 Im Wasserbereich besteht bislang keine einheitliche Tarifordnung, so dass die Kommunen über den Konzessionsvertrag ein bedeutendes Mitspracherecht bei der Preisgestaltung besitzen. Zwar wird nicht die Einheitlichkeit der Preise durch den Universaldienst vorgegeben, wohl aber die Angemessenheit, weshalb die Gemeinde dafür zu sorgen hat, dass die Wasserpreise eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Entfällt im Rahmen des freien Leitungsbaus oder der gemeinsamen Netznutzung die Möglichkeit zur Anordnung einer Quersubventionierung durch die Gemeinde, ist die Gewährleistung des Universaldienstes auf andere Weise sicherzustellen. Wenn Wettbewerb besteht, entfällt sowohl die derzeit auf Monopolgesichtspunkte oder den Anschluss- und Benutzungszwang gestützte Versorgungsverpflichtung. Eine ersatzlose Abschaffung der Versorgungsverpflichtung ist in Hinsicht auf die weitere Gewährleistung eines Universaldienstes unvereinbar, da eine entsprechende wettbewerbliche Selbstregulierung aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten in der Wasserversorgung nicht zu erwarten ist. Daher muss, wie in den anderen Sektoren auch, die Gewährleistung durch eine anderweitige Regulierung sichergestellt werden. Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 206 (2004). Ludwig / Odenthal, Lexikon des Rechts der Energie- und Wasserversorgung, Buchstabe T, 3 (1995). 33 34

A. Wettbewerb im Markt in Deutschland

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IV. Schutzpflicht für Leib und Leben Grundsätzlich ist bei Sicherstellung der entsprechenden Wasserqualität ein Wettbewerb im Markt möglich. Die Sicherstellung der Wasserversorgung in angemessener Qualität wird schon heute durch staatliche Stellen gewährleistet. Auch im Falle des Wettbewerbs im Markt muss der Qualitäts- und Quantitätsstandard der Wasserversorgung hinreichend gewährt werden, dies trifft insbesondere auf die durch die Mischung mehrerer Wasserqualitäten entstehenden Risiken zu.

V. Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG Im Rahmen der Einführung des Durchleitungsmodells im Elektrizitätssektor wurde insbesondere die eigentumsrechtliche Relevanz der gemeinsamen Netznutzung problematisiert. Die Problematik stellt sich grundsätzlich auch in der Wasserversorgung, da die Anordnung der Zulassung von Konkurrenten einen Eigentumseingriff darstellt. Die Frage scheint für den Elektrizitätsbereich mittlerweile entschieden worden zu sein und wird hier nur kurz angesprochen.35 Zwar ist der Schutzbereich des Art. 14 I GG eröffnet, wo in Form von Kontrahierungszwängen in die Vertragsabschluß- und Vertragsgestaltungsfreiheit des Unternehmens eingegriffen wird. Der Eigentümer soll selbst bestimmen, wie er sein Eigentum verwendet, es insbesondere selbst nutzen und Dritte von der Nutzung ausschließen können.36 Jedoch ergibt sich aus der besonderen Bedeutung der Netzwerke für die Allgemeinheit ein besonders hoher Grad der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, der entsprechende Zugangsregelungen rechtfertigt. Die Ergebnisse entsprechender Untersuchungen lassen sich auf den Wasserbereich übertragen.

IV. Zusammenfassung Der Einführung des Wettbewerbs im Markt ist grundsätzlich mit dem Verfassungsrecht vereinbar. Der Abschaffung des kommunalen Aufgabenvorrangs in der Wasserversorgung steht Art. 28 II 1 GG nicht entgegen. Jedoch verlangen sowohl umweltrechtliche, sozialstaatliche und gesundheitsschützende Aspekte die Einführung eines Regelungsrahmens, der die derzeit durch den kommunalen Vorrang gesicherte Zielverfolgung gewährleistet. Insbesondere die Modelle des freien Lei35 Baur / Moraing, Rechtliche Probleme einer Deregulierung der Elektrizitätswirtschaft, 5 ff. (1994); M. w. N. Seeger, Die Durchleitung elektrischer Energie nach neuem Recht, 178 ff. (2001); Papier, Die Regelung von Durchleitungsrechten, 20 (1997). 36 BVerfGE 79, 292, 303; 98, 17, 35; Papier, Die Regelung von Durchleitungsrechten, 17 ff. (1997).

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

tungsbaus und der gemeinsamen Netznutzung stellen bedeutende Eingriffe in die bestehende Struktur der Wasserversorgung dar. Eine einfache Aufhebung des Anschluss- und Benutzungszwangs und der ausschließlichen Konzessionsverträge ohne Sicherung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist somit rechtlich bedenklich. Schon heute ist es zulässig, dass die einzelnen Gemeinden entsprechende Wettbewerbsmodelle auf vertraglicher Basis in ihrem Gemeindegebiet einführen. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist, hängt vor allem von der Möglichkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Gewährleistungspflichten ab.

B. Wettbewerb im Markt in den Vereinigten Staaten Verfassungsrechtliche Vorgaben, die einer Liberalisierung entgegenstehen, sind in den Vereinigten Staaten kaum ersichtlich. Im Rahmen der Öffnung von netzgebundenen Industrien wie der Telekommunikation oder der Elektrizitätswirtschaft wurde in den Vereinigten Staaten zwar ebenfalls die Frage aufgeworfen, inwieweit die Netzöffnung durch den Gesetzgeber eine Enteignung der Netzbetreiber darstellt. Auch hier würde jedoch eine ausführliche Darstellung der entsprechenden Problematiken über den Rahmen der Arbeit hinausgehen. Jedoch wird auf eine Besonderheit der amerikanischen Durchleitungsdiskussion hingewiesen, wonach sich aus der besonderen vertraglichen Natur des Regulierungsverhältnisses zwischen Unternehmen und Regulierungsbehörde ein gewisser Investitionsschutz der Unternehmer ergeben soll. Es wurde argumentiert, dass sich aus den vertraglichen „Ursprüngen“ des heute gesetzlich geregelten Regulierungsverhältnisses zwischen Behörde und Versorgungsunternehmen ergebe, dass in den regulierten Sektoren ein konkludenter Vertrag zwischen Regulierungsbehörde und Versorgungsunternehmen geschlossen werde, der die Investitionen der Netzbetreiber vor Konkurrenz schützen solle.37 Ähnlich den Kommunen, die ein ausschließliches ,Franchise‘-Recht nicht durch die Zulassung weiterer Konkurrenten verletzen dürfen, soll nach dieser Ansicht auch der Staat nicht ohne Kompensation in die Eigentumsrechte des Versorgungsunternehmens eingreifen dürfen. Die Anordnung der Öffnung der Netze für Konkurrenten sei ein staatliches Handeln, das den Versorgungsunternehmen durch die Aufhebung des Monopolschutzes die Amortisierung ihrer Investitionen unmöglich mache.38 Dabei geht es weniger um Investitionen in die Netze, da diese über die 37 Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and Breach of the Regulatory Contract, N.Y.U. L. Rev. 1996, 851, 856; dies., Takings and the Fallacy of Forward-Looking Costs, 72 N.Y.U. L. Rev. 1997, 1068. 38 Im Unterschied zu den versunkenen Kosten, die ein Unternehmen für den Markteintritt bewusst tätigt, spricht man bei Veränderungen durch regulatorische Paradigmenwechsel von gestrandeten Kosten (,Stranded Costs‘), Pierce, Regulated Industries, 399 (1999).

B. Wettbewerb im Markt in den Vereinigten Staaten

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Netznutzungsentgelte amortisiert werden können. Vielmehr geht es um Investitionen in den Bereichen der Wertschöpfungskette, die durch die gemeinsame Netznutzung nun im Wettbewerb stehen, wie etwa Kraftwerke.39 Hierdurch würde ein Enteignungstatbestand nach dem fünften Zusatzartikel der Bundesverfassung begründet. Hiernach konnten die Versorgungsunternehmen bei der Tätigung ihrer Investitionen auf den Wettbewerbsschutz vertrauen, da der von ihnen angenommene Regulierungsvertrag vernünftigerweise getätigte Investitionen zugunsten von im Allgemeininteresse betriebener Unternehmen von den durch Wettbewerb entstehenden Risiken ausnimmt. Hierdurch würden sich regulierte von unregulierten Unternehmen unterscheiden. Die Gegner dieser Ansicht kritisieren den Ansatz insbesondere deswegen, da auf diese Weise noch nachträglich eine über Jahrzehnte eingeräumte Tendenz zur Aufblähung ihrer Kostenbasis zu Lasten der Verbraucher unterstützt wird.40 Zudem lässt sich der behauptete „Regulierungsvertrag“ auch nicht aus der amerikanischen Rechtsgeschichte herleiten. Denn während die Marktzulassung früher auf der vertraglichen Verleihung von ,Franchise‘-Rechten beruhte und die Regulierungsbedingungen frei ausgehandelt werden konnten, beruht die Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen durch die staatlichen Regulierungsbehörden heute auf gesetzlicher Ermächtigung. Die Regulierung bedarf daher nicht mehr der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Vereinbarung eines Regulierungsverhältnisses. Sie beruht im Wesentlichen auf einem überkommenen Verständnis des ,Franchise‘-Rechts, wonach heute noch die staatliche Regulierung der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung durch einen konkludent angenommenen ,Franchise‘-Vertrag bedürfte. Denn die wirtschaftliche Regulierung ist nicht davon abhängig, dass ein Unternehmen konkludent mit dem Markteintritt einen „Regulierungsvertrag“ abschließt, sondern ob und wie der Gesetzgeber aufgrund seiner Kompetenz diese Unternehmen der Regulierung unterstellt. Dies zeigte bereits die Entwicklung des amerikanischen ,Franchise‘-Systems.41 Auch wenn die wohl überwiegende Meinung mit Hinweis auf die weiteren Entwicklungen des Regulierungsverhältnisses dieser Ansicht nicht gefolgt ist, wird jedoch in den Vereinigten Staaten seitens der Regulierungsbehörden eine vollständige Kostenerstattung zugelassen.42 Denn in diesem Bereich haben Anfang der 80er Jahre Versorgungsunternehmen mit den jeweiligen Regulierungsbehörden tat39 Die Problematik der gestrandeten Kosten stellt sich grundsätzlich auch im deutschen Recht, dazu Seeger, Die Durchleitung elektrischer Energie nach neuem Recht, 196 (2001). 40 Hovenkamp, The Takings Clause and Improvident Regulatory Bargains, Yale Law Journal 1999, 801, 833. 41 s. hierzu im vierten Abschnitt B.III.3. 42 Baumol / Merrill, Deregulatory Takings, Breach of the Regulatory Contract, and the Telecommunications Act of 1996, 72 N.Y.U. L. Rev. 1997, 1037; Williams, Deregulatory Takings and Breach of the Regulatory Contract: A Comment, 71 N.Y.U. L. Rev. 1996, 1000; Williamson, Deregulatory Takings and Breach of the Regulatory Contract: Some Precautions, 71 N.Y.U. L. Rev. 1996, 1007.

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3. Abschn.: Wettbewerb im Markt

sächlich Verträge über die Amortisierung von neu gebauten Kraftwerksanlagen geschlossen.43 In der Wasserversorgung kann die Kompensation gestrandeter Kosten ebenfalls erforderlich werden, wenn die Versorgungsunternehmen beim Bau ihrer Förderanlagen auf Zusagen der Regulierungsbehörden vertrauen durften. Dennoch ist die Einführung des Wettbewerbs im Markt jedoch grundsätzlich möglich.

C. Fazit Der Einführung des Wettbewerbs im Markt ist grundsätzlich mit dem Verfassungsrecht in Deutschland vereinbar. Jedoch verlangen sowohl umweltrechtliche, sozialstaatliche und gesundheitliche Aspekte die Einführung eines Regelungsrahmens, der die derzeit durch den kommunalen Vorrang gesicherte Zielverfolgung gewährleistet. Eine Aufhebung des Anschluss- und Benutzungszwangs und der ausschließlichen Konzessionsverträge ohne Sicherung insbesondere des Ressourcenschutzes ist jedoch umweltrechtlich bedenklich. In den Vereinigten Staaten werden Kompensationsansprüche aus einem konkludenten Regulierungsvertragsverhältnis zwischen der Regulierungsbehörde und dem Unternehmen hergeleitet, der auf dieselben Ursprünge wie das heutige ,Franchise‘-Recht für Wasserversorgungsunternehmen zurückzuführen ist.

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Pierce, Regulated Industries, 406 (1999).

Vierter Abschnitt

Wettbewerb um den Markt Entschließt sich der Gesetzgeber, den Wettbewerb in einem Markt durch die Gewährung einer Monopolstellung an ein Unternehmen zu beschränken, so können Marktmechanismen durch das Modell des Wettbewerbs um den Markt zumindest in begrenztem Umfang bei der Vergabe des Monopols genutzt werden. Dieser Abschnitt der vorliegenden Arbeit untersucht die Anwendbarkeit des deutschen und des europäischen Vergaberechts auf die genannten Wasserprivatisierungsmodelle. Soweit sich im amerikanischen Vergaberecht Abweichungen ergeben, werden diese ebenfalls vergleichend aufgeführt.

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland Der Begriff der öffentlich-privaten Partnerschaft bietet sich an, wenn die Kommune einen Privaten auf vertraglicher Basis zur Wasserversorgung heranzieht. Solche Partnerschaften unterscheiden sich zunächst nach dem Umfang der erbrachten Leistungen, dem jeweiligen wirtschaftlichen Risiko des Vertragspartners und der Art der kommunalen Kontrolle der Leistungserbringung. Gibt der Gesetzgeber den Kommunen ein Verfahren zur Auswahl des Privaten auf, so liegt ein Eingriff in die Eigenverantwortlichkeitsgarantie des Art. 28 II 1 GG vor. Dieser ist aber mit dem Argument der wirtschaftlichen Haushaltsführung zu rechtfertigen. Wesentliche Teile des Vergaberechts werden mittlerweile vom europäischen Gesetzgeber vorgegeben. Das deutsche Kartellvergaberecht hält an dem als Kaskadenprinzip bezeichneten dreistufigen Aufbau von Gesetz, Vergabeverordnung und Verdingungsordnungen fest. Das Vertragsrecht und die Vergaberichtlinien des europäischen Gesetzgebers ergänzen diese nationale Kaskade um eine vierte Regelungsebene.1 Die Vergaberichtlinien bedürfen der Umsetzung in nationales Recht und dienen zunächst allenfalls der Auslegung der nationalen Vorschriften. Da die im Jahr 2004 erlassenen Richtlinien jedoch noch nicht in nationales Recht umgesetzt wur1 Jasper, Die Anwendung der neuen Vergabeordnung in der Praxis, in: Ministerium für Wirtschaft, Zweiter Düsseldorfer Vergaberechtstag am 28. Juni 2001, 12; Bechtold, GWB, Vor § 97 Rdnr. 17 (2002).

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

den, wird die deutsche und europäische Rechtslage im Folgenden getrennt erörtert. Ziel der Vergaberichtlinien ist der Schutz der Interessen der in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer, die dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen öffentlichen Auftraggeber Waren oder Dienstleistungen anbieten möchten. Die Gefahr einer Bevorzugung heimischer Bieter soll ausgeschlossen werden sowie zugleich die Möglichkeit, dass ein öffentlicher Auftraggeber sich von anderen als wirtschaftlichen Erwägungen leiten lässt.2 Durch die höhere Transparenz der Vergabevorgänge soll der Kreis der möglichen Verfahrensteilnehmer und der Wettbewerb um staatliche Aufträge vergrößert werden.3 Hierbei wird in Kauf genommen, dass auch ein verstärkter Wettbewerb die durch den Aufwand des Vergabeverfahrens erhöhten Transaktionskosten nicht immer ausgleichen kann.

I. Art. 28 II 1 GG Da den Gemeinden die Entscheidung über die Privatisierung belassen wird, liegt kein Eingriff in den kommunalen Aufgabenbestand vor. Jedoch schreibt der Gesetzgeber den Kommunen die Art und Weise der Aufgabenerledigung vor, was eine Beeinträchtigung der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung bedeutet. Ein solcher Eingriff in die Eigenverantwortlichkeitsgarantie des Art. 28 II 1 GG unterliegt nicht dem Erfordernis der spezifischen Rechtfertigung nach der RastedeEntscheidung.4 Zudem wird nicht in den Kernbereich der Eigenverantwortlichkeitsgarantie eingegriffen, da den Gemeinden ein eigener Ermessensspielraum verbleibt und die Entscheidungen im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht vorgegeben werden. Somit genügt als Rechtfertigungsgrund die Sicherung einer effizienten Wasserversorgung.

II. Anwendbarkeit der europäischen Sektorenrichtlinie Das sekundäre EG-Vergaberecht wurde im Jahr 2004 durch den Erlass der neuen Vergabekoordinierungsrichtlinie5 (VKR) und Sektorenrichtlinie 6 (SKR) moderni2 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 6. 3 Huelmann, Öffentliche Beschaffungen nach EG-Recht, 25 (1999). 4 BVerfGE 97, 127. 5 Richtlinie 2004 / 18 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABlEG L 134, 114.

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland

197

siert.7 Die alte Sektorenrichtlinie 93 / 38 / EWG wurde durch die Richtlinie 2004 / 17 / EG aufgehoben. Die Richtlinien bedürfen noch der Umsetzung durch die nationalen Gesetzgeber. Soweit die Regelungen der neuen Richtlinien mit denen der alten Richtlinien übereinstimmen, wird im Folgenden auf die neuen Richtlinien Bezug genommen. Bei Abweichungen wird zusätzlich auf die alte Rechtslage eingegangen.8 Die Anwendbarkeit der SKR schließt die Anwendbarkeit der VKR aus.9 Die Regelung der Vergabe in den Sektorenbereichen im Rahmen einer eigenen Richtlinie wird damit gerechtfertigt, dass die jeweiligen Auftraggeber teils dem öffentlichen, teils dem Privatrecht unterliegen.10 Die VKR regelt hingegen nur die Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber, worunter private Unternehmen nur fallen, wenn sie von staatlichen Stellen beherrscht werden.11 Dies liegt zum einen an dem in den Sektoren herrschenden Grad der Marktabschottung aufgrund der Verleihung von Sonderrechten für die Sektorenunternehmen.12 Zum anderen wird das Verhalten der Unternehmen durch Kapitalbeteiligungen und die Bestellung von Vertretern in die verschiedenen Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgane gesteuert.13

1. Anwendbarkeit der Sektorenrichtlinie auf staatliche Stellen In kommunaler Hand befindliche Wasserversorgungsunternehmen können vom Begriff des öffentlichen Auftraggebers oder des öffentlichen Unternehmens erfasst werden.

6 Richtlinie 2004 / 17 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, 2004 / 17 / EG, ABlEG L 134, 1. 7 Zum neuen Vergaberecht Bultmann, Beihilfenrecht und Vergaberecht, 58 ff. (2004). 8 Das sekundäre europäische Regelwerk zum materiellen Vergaberecht bestand bis zum Inkrafttreten der VKR und der SKR aus der Baukoordinierungsrichtlinie 93 / 37 / EWG, ABlEG L 199, 54 vom 9. 8. 1993, der Lieferkoordinierungsrichtlinie 93 / 36 / EWG, ABlEG L 199, 1 vom 9. 8. 1993, der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92 / 50 / EWG, ABlEG L 209, 1 vom 24. 7. 1992, der Sektorenkoordinierungsrichtlinie 93 / 38 / EWG, ABlEG L 199, 84 vom 9. 8. 1993. Die neue Vergabekoordinierungsrichtlinie und die neue Sektorenrichtlinie greifen im Wesentlichen die Regelungen der alten Vergaberichtlinien auf. In der Vergabekoordinierungsrichtlinie werden die alten Regelungen zusammengefasst und insbesondere ein neues Vergabeverfahren, das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs, eingeführt. 9 Erwägungsgrund 20 RL 2004 / 17 / EG. 10 Erwägungsgrund 8 RL 1993 / 38 / EG. 11 Art. 1 IX RL 2004 / 18 / EG. 12 Erwägungsgrund 11 RL 93 / 38 / EG. 13 Erwägungsgrund 12 RL 93 / 38 / EG.

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

a) Öffentliche Auftraggeber Öffentliche Auftraggeber im Sinne des Art. 2 I a SKR sind insbesondere die Gebietskörperschaften und die öffentlichen Einrichtungen, solange sie eine Tätigkeit im Sektorenbereich ausüben (Art. 2 II a i. V. m. Art. 3 bis 7 SKR). Eine „öffentliche Einrichtung“ ist bei Vorliegen folgender dreier Tatbestandsmerkmale gegeben.14 Die Einrichtung muss zu dem besonderen Zweck gegründet worden sein, eine im allgemeinen Interesse liegende Aufgabe nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Zudem muss die Einrichtung Rechtspersönlichkeit besitzen und eng mit dem Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts verbunden sein. Die Stellung als Sektorenauftraggeber ist nach Art. 4 SKR durch die Tätigkeit in der Wasserversorgung bedingt. Fraglich ist daher die Eigenschaft kommunaler Körperschaften, die Private bei der Erbringung der Wasserversorgung einschalten. In Anhang III der Richtlinie sind entsprechende Beispiele für deutsche Sektorenauftraggeber genannt. Hierzu zählen insbesondere kommunale Eigenbetriebe, nicht jedoch die Kommunen als Aufgabenträger im Allgemeinen. Die Richtlinie knüpft in Art. 4 I a und b SKR an die Bereitstellung und das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit mit Trinkwasser und die Einspeisung von Wasser in diese Netze an. Geht es der Gemeinde darum, diese Tätigkeiten an einen Privaten auszulagern, könnte daher die Sektorenauftraggebereigenschaft verloren gehen, wenn die Gemeinde nicht mehr selbst als Bereitsteller, Betreiber oder Einspeiser im Sinne des Art. 4 I SKR tätig ist. Fraglich ist daher, wie zu bewerten ist, dass die Kommune im Rahmen des Betreibermodells die Tätigkeiten auf Private auslagert, selbst aber im Vertragsverhältnis mit den Verbrauchern steht. In Erwägungsgrund 8 der alten Sektorenrichtlinie RL 93 / 38 / EG wurde die Ausklammerung der Sektorenbereiche damit gerechtfertigt, dass die Einrichtungen, die die jeweiligen Leistungen erbringen, teils dem öffentlichen, teils dem Privatrecht unterliegen. Im Rahmen der Anwendung der Vergabevorschriften sollen die Einrichtungen nicht nach ihrer Rechtsstellung definiert werden.15 Daher sollen die staatlichen Versorgungsunternehmen im Wettbewerb mit privaten Versorgungsunternehmen nicht benachteiligt werden. Die Verantwortung für die Versorgung der Verbraucher übernimmt durch ihre direkte vertragliche oder satzungsmäßige Beziehung zu den Kunden die Kommune. Der Private trägt hierbei nur sein eigenes Betriebsrisiko, da er ein vertraglich festgelegtes Entgelt für seine Leistungen erhält. Daher trägt die Kommune das Geschäftsrisiko und sollte folglich in den 14 Zur identischen alten Rechtslage siehe EuGH, C-360 / 96 – Gemeente Arnhem u. Gemeente Rheden / BFI Holding BV, EuZW 1999, 16, Rdnr. 29, EuGH, C-44 / 96 – Mannesmann Anlagenbau Austria, Slg. 1998, I-102, Rdnr. 3. 15 Erwägungsgrund 9 RL 93 / 38 / EG; so auch Erwägungsgrund 10 RL 2004 / 17 / EG.

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland

199

Genuss der Anwendung der SKR kommen, die weniger strenge Vergaberegeln vorsieht als die VKR. Trägt die Kommune jedoch nicht wie im Fall der Dienstleistungskonzession das Geschäftsrisiko, so betrifft eine solche Auftragsvergabe nicht die SKR, da sich die Bereitstellung der Wasserversorgung durch den Konzessionär als Dienstleistung des Versorgungsunternehmens darstellt.16 b) Öffentliche Unternehmen Öffentliche Unternehmen sind nach Art. 2 I b SKR solche, auf die die unter Art. 2 I a SKR genannten Auftraggeber einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Die Beherrschung kann auf Eigentum, finanzieller Beteiligung oder für das Unternehmen geltenden Rechtsnormen beruhen. c) Verbundene Unternehmen Nach Art. 23 SKR gilt die Richtlinie nicht für verbundene Unternehmen. Diese Ausnahme soll für Unternehmen gelten, deren Haupttätigkeit darin besteht, der Unternehmensgruppe, denen es angehört, Dienstleistungen, Lieferungen und Arbeiten bereitzustellen. 17 Dies gilt ebenso für die Vergabe von Aufträgen durch ein von mehreren Auftraggebern im Sektorenbereich gegründetes gemeinsames Unternehmen an ein mit einem dieser Auftraggeber verbundenes Unternehmen. d) Ausdrücklich bestimmte Unternehmen im Sektorenbereich Im Anhang III der SKR sind als Auftraggeber in Deutschland im Sektor Gewinnung, Fortleitung und Abgabe von Trinkwasser genannt: Kommunale Eigenbetriebe, Kommunale Zusammenschlüsse, Wasser- und Bodenverbände, Regiebetriebe sowie Aktiengesellschaften, GmbHs und Kommanditgesellschaften, die aufgrund eines besonderen Vertrages mit regionalen oder lokalen Behörden Wasser gewinnen oder verteilen.

2. Sachlicher Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie Die Kommission hat in ihrem Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften zwei Arten von derartigen Partnerschaften genannt: vertragliche und institutionelle 16 Koch, Wasserversorgung als Gegenstand des Wettbewerbs- und Vergaberechts, in: Ipsen, Wasserversorgung, 109 (2003). 17 Erwägungsgrund 32 SKR.

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

Partnerschaften.18 Hierdurch hat die Kommission die vertragliche und gesellschaftsrechtliche Zusammenarbeit von Privaten und staatlichen Stellen auf eine Ebene gestellt. Damit hat sie deutlich gemacht, dass die vergaberechtlichen Vorschriften auch Anwendung auf gesellschaftsrechtlich begründete Partnerschaften Anwendung finden sollen, wenn öffentliche Aufträge Inhalt dieser Partnerschaften sein können. a) Arten öffentlicher Aufträge Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 16 SKR auf Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte.19 Die Trinkwasserversorgung unterliegt als Tätigkeit im entsprechenden Sektorenbereich der Sektorenrichtlinie 2004 / 17 / EG (Art. 4 SKR). Soweit es sich bei der entsprechenden Stelle um einen Auftraggeber i. S. d. Art. 2 SKR handelt und der Auftrag die Schwellenwerte des Art. 16 SKR überschreitet, findet die SKR grundsätzlich Anwendung auf Liefer-, Dienstleistungs-, und Bauaufträge. Dienstleistungsaufträge, die vorrangige Dienstleistungen i. S. d. Anhangs XVII A der SKR darstellen, werden dabei nach Art. 31 i. V. m. 40 SKR wie Liefer- und Bauaufträge vergeben. Nachrangige Dienstleistungen nach Anhang XVII B SKR unterliegen dabei nur gewissen Bekanntmachungsvorschriften. Bau- und Dienstleistungskonzessionen werden dabei nach Art. 18 SKR nicht von der Richtlinie erfasst. Zudem sind die Vergabeverfahren nur auf die vorrangigen Dienstleistungsaufträge des Art. XVII A anzuwenden. Die Vergabekoordinierungsrichtlinie ist nicht auf Auftraggeber des Sektorenbereichs anwendbar (Art. 12 VKR).20 b) Anwendbarkeit auf vertragliche Partnerschaften Privatisierungsverträge im Bereich der Wasserversorgung beinhalten die Vornahme der zur Durchführung der Wasserversorgung erforderlichen Dienste mit Hilfe der von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Infrastruktur. Da der Private für die Leistungen von der Gemeinde bezahlt wird, handelt es sich grundsätzlich um entgeltliche Dienstleistungen. 18 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 9. 19 Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 499.000 A (Art. 16 a SKR), bei Bauaufträgen 6.242.000 A (Art. 16 b SKR). 20 Wesentlicher Unterschied der Vergabe nach dieser Richtlinie sind die Maßstäbe für die Entscheidung über die Auswahl des Vergabeverfahrens. Dabei sind unter die Richtlinie fallende Aufträge grundsätzlich im offenen oder nicht offenen Verfahren zu vergeben. Damit Auftraggeber das Verhandlungsverfahren bzw. das neue eingeführte Verfahren des wettbewerblichen Dialogs verwenden dürfen, müssen besondere rechtfertigende Umstände vorliegen (Art. 28 VKR).

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland

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Die in den Leistungsumfang eingeschlossenen Dienste können variieren, je nachdem, welche Leistungen der private Partner mit Hilfe der betriebseigenen Mittel erfüllen oder selbst erbringen will. Hierbei sind jeweils die Regelungen im Einzelfall zu untersuchen und mit dem Katalog in Anhang XVIIA SKR abzugleichen. In Frage kommen dabei insbesondere die Kategorie 1 Instandhaltung und Reparatur, wenn diese durch Personal des Privaten durchgeführt werden. Die Geschäftsführung selbst fällt dagegen nur unter sonstige Dienstleistungen der Kategorie 27 in Anhang XVIIB SKR. Wird die Erneuerung und Erweiterung von Anlagen vereinbart, kommt die Anwendung der entsprechenden Vorschriften über Bauleistungen in Betracht. Grundsätzlich schließt die Gemeinde einen Vertrag über die Versorgung des Gemeindegebietes mit Wasser ab. Ein Lieferauftrag kommt dabei nur insoweit in Betracht, als dass die Lieferung von Wasser an gemeindeeigene Stellen Gegenstand der Vereinbarung ist. Soweit es aber die Versorgung des Gemeindegebietes betrifft, steht die Dienstleistung der Bereitstellung des Rohrnetzes im Vordergrund. Daher handelt es sich hierbei um eine Dienstleistung, soweit der Private zur Versorgung des Gemeindegebietes verpflichtet wird. Bedingen Privatisierungsverträge die Übertragung von Anlageneigentum, so wird dieser Vorgang mangels entgeltlichen Auftrags nicht vom Vergaberecht erfasst. c) Institutionelle Partnerschaften Die Kommission hat mit der Veröffentlichung des Grünbuchs zu öffentlich-privaten Partnerschaften die Diskussion um die wettbewerbsrechtliche Behandlung institutioneller Partnerschaften in Hinsicht auf weitere europäische Maßnahmen zur Regelung dieses Bereiches eröffnet.21 Inwiefern eine gesellschaftsrechtlich organisierte Privatisierung dem Vergaberecht unterliegt, ist bislang noch umstritten. Dabei geht es zunächst um die Frage, ob die Vergabe eines Auftrags an eine Gesellschaft, die anteilig einer staatlichen Stelle und einem Privaten gehört, einen öffentlichen Auftrag darstellt. Institutionelle Partnerschaften können durch Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft oder durch späteren Erwerb von Anteilen geschaffen werden. Unter Umständen kann ein solcher Vorgang vergaberechtlich relevant werden.

21 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 19. Die Beiträge zum Grünbuch werden von der Kommission unter http: / / europa.eu.int / comm / internal_market veröffentlicht.

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aa) Vergaberechtliche Relevanz der Auftragserteilung an öffentlich-private Mischgesellschaften Das Vergaberecht gilt als nicht anwendbar, wenn es sich um ein so genanntes ,In-House‘-Geschäft handelt.22 In der Entscheidung Teckal verneinte der EuGH die Anwendbarkeit des Vergaberechts nach Art. 1 a RL 93 / 36 / EWG, „wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und wenn diese Person zugleich ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Gebietskörperschaften verrichtet, die ihre Anteile innehaben“.23 Im Fall Teckal wurde der Auftrag an eine Eigengesellschaft als einhundertprozentiges Tochterunternehmen des öffentlichen Auftraggebers vergeben. Jedoch reicht die Eigentümerstellung allein nicht aus, da das betreffende Unternehmen zudem seine Tätigkeiten im Wesentlichen für die Gebietskörperschaft erbringen muss. In solchen Fällen macht der öffentliche Auftraggeber von seiner gesetzlich verbürgten Organisationshoheit Gebrauch und verlagert Aufgaben lediglich innerhalb seines eigenen Kompetenzbereiches, da er sich nicht an einen offenen Anbietermarkt wendet.24 Das Urteil ließ jedoch offen, ab welchem Grad der Beherrschung einer Gesellschaft eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle gegeben war. So wurde in Fällen, in denen dem Minderheitsgesellschafter kraft der Höhe seiner Minderheitsbeteiligung oder kraft Gesellschaftsvertrages eigene Kontroll- oder Sperrrechte zustünden, das Vergaberecht für anwendbar gehalten.25 Der EuGH hat die Frage in seinem Urteil Stadt Halle vom 11. 1. 2005 beantwortet. Danach liegt keinesfalls eine die Anwendung des Vergaberechts ausschließende Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle vor, wenn ein privates Unternehmen auch nur im Rahmen einer Minderheitsbeteiligung an der fraglichen Gesellschaft beteiligt ist.26 Denn während die Beziehungen einer öffentlich-rechtlichen Behörde zu ihren Dienststellen durch die Verfolgung öffentlicher Interessen gekennzeichnet seien, verfolgten private Investoren eigene Interessen.27 Die Beauf22 BGH, DVBl. 2001, 1607, 1608; Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 129 (2005); Wirner, Einzelne Privatisierungsakte als öffentliche Aufträge im Sinne des öffentlichen Vergaberechts, LKV 2004, 294, 295; Krutisch, Materielle Privatisierung – Wann unterliegen Veräußerungen von Geschäftsanteilen dem Vergaberecht?, NZBau 2003, 650 f.; Jaeger, Public Private Partnership und Vergaberecht, NZBau 2001, 6, 7; Burgi, Kommunales Privatisierungsfolgenrecht: Vergabe, Regulierung und Finanzierung, NVwZ 2001, 601, 605; Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts, 112 (2001); Byok, Das neue Vergaberecht, NJW 1998, 2774, 2777. 23 EuGH, Rs. C-107 / 98 – Teckal, Rdnr. 50. 24 Jasper, Die Anwendung der neuen Vergabeordnung in der Praxis, 15 (2001). 25 Für eine Anwendbarkeit ab einer Beteiligung von 10% der Gesellschaftsanteile etwa Jaeger, Public Private Partnership und Vergaberecht, NZBau 2001, 6, 9. 26 EuGH, Rs. C-26 / 03 – Stadt Halle, Rdnr. 49. 27 EuGH, Rs. C-26 / 03 – Stadt Halle, Rdnr. 50.

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tragung einer öffentlich-privaten Mischgesellschaft ohne Vergabeverfahren führe daher zu einer Benachteiligung anderer Wettbewerber zugunsten des an der Gesellschaft beteiligten privaten Unternehmens.28 Eine bereits gegründete öffentlich-private Mischgesellschaft darf bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Vergaberechts daher nur nach vorheriger Durchführung eines Vergabeverfahrens beauftragt werden. bb) Nachträgliche Übertragung der Kontrolle an kommunale Unternehmen Die Kommission unterschiedet zwei Arten von institutionellen Partnerschaften: solche die durch gemeinsame Gründung einer Gesellschaft und solche, die durch die nachträgliche Übertragung der Kontrolle über diese Gesellschaft auf den Privaten geschaffen werden. Bei der nachträglichen Übertragung der Kontrolle an öffentlichen Unternehmen erlangt der Private durch einen Anteilserwerb oder eine Verschmelzung einen bestimmten Grad an Kontrolle über das vormals kommunale Unternehmen. Fraglich ist, wann ein solcher gesellschaftsrechtlicher Vorgang vergaberechtliche Relevanz erlangen kann. Nach dem Wortlaut der Richtlinien ist mangels Vorliegen eines entgeltlichen Auftrags dieser gesellschaftsrechtlichen Sachverhalte hierunter kein vergaberechtlich relevanter Sachverhalt zu sehen. Der Vorgang des Kontrollerwerbs an einem Wirtschaftsgebilde wird nicht in den Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen behandelt.29 Diese Vorgänge fallen üblicherweise in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Kapitalverkehr und implizieren, dass die einzelstaatlichen Regelungen Investitionen aus anderen Mitgliedstaaten nicht behindern dürfen.30 Der europäische, aber infolge der europarechtskonformen Auslegung auch der deutsche Auftragsbegriff ist aber insofern ein funktionaler, als dass bei der vergaberechtlichen Beurteilung eines Kooperationsmodells nicht auf den Einzelakt der Gesellschaftsgründung, sondern auf die Gesamtkonstruktion abgestellt wird.31 Da die Rechtsprechung des EuGH darauf hindeutet, dass das Gericht im Grundsatz ein allgemeines vergaberechtliches Umgehungsverbot anerkennt, sind die entsprechenden Vergabevorschriften so auszulegen, dass etwaige Lücken in den Vergabevorschriften geschlossen werden.32 Allein aus dem Umstand, dass die instituEuGH, Rs. C-26 / 03 – Stadt Halle, Rdnr. 51. EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 19. 30 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 22. 31 Wirner, Einzelne Privatisierungsakte als öffentliche Aufträge im Sinne des öffentlichen Vergaberechts, LKV 2004, 294, 296; Jaeger, Public Private Partnership und Vergaberecht, NZBau 2001, 6, 10. 28 29

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

tionellen Partnerschaften nicht direkt vom Vergaberecht erfasst werden, kann daher nicht eine Unanwendbarkeit des Vergaberechts gefolgert werden.33 Die ganz überwiegende Meinung hält daher das Vergaberecht für anwendbar, wenn die teilweise an den Privaten veräußerte Gesellschaft Aufträge erfüllt, die als öffentlicher Auftrag oder als Konzession eingestuft werden können.34 Das Vergaberecht soll nach der Kommission anwendbar sein, wenn eine solche Kapitalübertragung in Wirklichkeit als Deckmantel für die Übertragung von öffentlichen Aufträgen oder gar Konzessionen an einen privaten Partner dient.35 Die Kriterien, wann eine solche Umgehung vorliegt und ob diese die Einstufung des Beteiligungserwerbs als öffentlichen Auftrag erfordert, sind umstritten. Der Großteil der Ansichten stellt auf einen engen zeitlichen Zusammenhang als eine Grundvoraussetzung für eine Gesamtbetrachtung von Ausschreibungspflicht der Beteiligungsveräußerung ab. Mitunter wird zudem noch auf ein subjektives Element wie eine Umgehungsabsicht abgestellt.36 Insofern stimmt die Kommission mit der überwiegenden Meinung in Deutschland überein, die einen zeitlichen Zusammenhang als ausschlaggebend für eine Ausschreibungspflicht des Beteiligungserwerbs ansieht, wenn nach einer Gesamtbetrachtung die Vergabe eines Auftrags sachlich mit der Veräußerung eines Geschäftsanteils eng verbunden ist und der Auftrag im Rahmen der Veräußerung der Geschäftsanteile keine untergeordnete Bedeutung hat.37 Zunächst liegt die Problematik dieses Ansatzes bereits in der mit dem Begriff des zeitlichen Zusammenhangs verbundenen Rechtsunsicherheit.38 32 Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 235 (2005) mit Verweis auf EuGH, Rs. 44 / 96 – Mannesmann Anlagenbau Austria, Slg. 1998, I-73, 119. 33 Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 244 (2005). 34 Dogmatisch wird die Geltung eines solchen Umgehungsverbots im deutschen Recht mit einer analogen Anwendung des § 99 I GWB erklärt. Ziekow, Die vergaberechtliche Auftraggebereigenschaft konzernverbundener Unternehmen, NZBau 2004, 181; Wirner, Einzelne Privatisierungsakte als öffentliche Aufträge im Sinne des öffentlichen Vergaberechts, LKV 2004, 294, 295; Krutisch, Materielle Privatisierung – Wann unterliegen Veräußerungen von Geschäftsanteilen dem Vergaberecht?, NZBau 2003, 650 f.; Jaeger, Public Private Partnership und Vergaberecht, NZBau 2001, 6, 7; Byok, Das neue Vergaberecht, NJW 1998, 2774, 2777; VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. 7. 2001, – 1 VK 12 / 01, 9; VK Köln, Beschl. v. 11. 12. 2001 – VK 20 / 2001, 22 ff.; VK Düsseldorf, NZBau 2001, 46 ff.; VK Brandenburg, Beschl. v. 9. 4. 2001 – 2 VK 18 / 01. 35 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 23. 36 VK Düsseldorf, NZBau 2001, 46 ff.; VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. 7. 2001 – 1 VK 12 / 01. 37 Krutisch, Materielle Privatisierung – Wann unterliegen Veräußerungen von Geschäftsanteilen dem Vergaberecht?, NZBau 2003, 650 f.; VK Stuttgart, Beschl. v. 18. 7. 2001 – 1 Vergabekammer 12 / 01; Burgi, Kommunales Privatisierungsfolgenrecht: Vergabe, Regulierung und Finanzierung, NVwZ 2001, 601, 605.

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Das subjektive Element der Umgehungsabsicht wird zu Recht kritisiert, da es sich bei den Zielen des Vergaberechts – Transparenz, Gleichbehandlung, Wettbewerb – um objektive Rechtsgewährleistungen handelt.39 Eine subjektive Einstellung der an einer Privatisierung Beteiligten darf aber nicht über die Anwendbarkeit der Vergaberegeln entscheiden. Allerdings hält die Kommission das Vergaberecht für anwendbar, wenn dem in Rede stehenden Wirtschaftsgebilde vor der Kapitalübertragung unmittelbar ohne Wettbewerb besondere Aufgaben übertragen werden, um die Kapitalübertragung attraktiv zu machen.40 Die Kommission nimmt somit dem Problem der Nachweisbarkeit des subjektiven Elements die Schärfe, indem sie bei Vorliegen entsprechender Zusammenhänge von einer Vermutung für eine Umgehungsabsicht ausgeht. Freilich bleibt auch hier das Kriterium der Unmittelbarkeit recht unbestimmt. Wenn aber bestimmte Fallgruppen eine Anscheinsvermutung für eine Umgehungsabsicht begründen sollen, bedürfen diese noch der weiteren Präzisierung durch den Gesetzgeber oder die Gerichte. Die Entwicklung objektiver Kriterien für die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf die Beteiligung Privater verzichtet auf das Kriterium der Umgehungsabsicht. Hierbei wird auf den nachträglichen Entfall privilegierender Umstände abgestellt. Wenn die Voraussetzungen eines ,In-House‘-Geschäfts entfielen – wie dies nach der Stadt Halle Entscheidung bereits mit Beteiligung eines Privaten geschieht41 – so läge aus vergaberechtlicher Sicht die Neubegründung eines öffentlichen Auftragsverhältnisses vor.42 Hierbei lehnt man sich an die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an, wonach eine nachträgliche Auferlegung der Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht generell ausgeschlossen wird, wenn Vertragsverlängerungen oder -veränderungen in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen bei wertender Betrachtung einer Neuvergabe gleichkommen.43 Ob der Wegfall privilegierender Umstände jedoch einer Neuvergabe gleich kommt, ist fraglich. Denn der Auftragsinhalt bleibt gleich, es verändert sich allein die Qualität des Auftragnehmers. Unter Privaten ist die Anteilsveräußerung vergaberechtlich unschädlich, da sogar grundsätzlich eine vollständige Vertragsübernahme ehemals ausschreibungspflichtiger Geschäfte i. S. d. § 415 BGB ohne erneute Ausschreibung möglich ist. Da durch eine Vertragsübernahme nicht die dem Zuschlag zugrunde liegenden Konditionen des Auftrags verändert werden, gilt eine solche Vertragsübernahme nicht als wettbewerblich relevant, weshalb die Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht, NZBau 2002, 245, 249. Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht, NZBau 2002, 245, 249; Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 247 (2005). 40 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 23. 41 EuGH, Rs. C-26 / 03 – Stadt Halle, Rdnr. 49. 42 Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht, NZBau 2002, 245, 261 f.; Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 247 (2005). 43 OLG Düsseldorf, NZBau 2001, 696, 700; NZBau 2002, 54, 55; NZBau 2004, 343, 344. 38 39

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Übertragung von Anteilen am beauftragten Unternehmen erst recht unschädlich sein muss.44 Problematisch ist zudem, dass die erforderliche Neuausschreibung des „restlichen“ Auftrags eine Aufhebung des bestehenden Vertragsverhältnisses erfordert.45 Die dabei erforderlich werdende Rückgewähr bereits im Voraus erbrachter Leistungen im Falle der Vergabe an einen Dritten würde derartige Beteiligungsveräußerungen in Zukunft erheblich erschweren. So etwa im Fall von Wasserversorgungsunternehmen, wenn in Hinsicht auf zukünftige Entgeltzahlungen bereits erhebliche Erhaltungsinvestitionen getätigt wurden. Die Kommission verzichtet bei fehlender Umgehungsabsicht auf die Gesamtbetrachtung der Vorgänge und somit auf eine analoge Anwendung vergaberechtlicher Vorschriften. Sie stellt auf den Anteilsverkauf als Form des Marktzugangs ab. Erlange der Erwerber durch die Kapitalübertragung einen gewissen Einfluss auf ein Unternehmen und habe diese Übertragung zur Folge, dass dieser Wirtschaftsteilnehmer mit in das materielle Recht über öffentliche Aufträge fallenden Aufgaben betraut werde, die zuvor direkt oder indirekt von den staatlichen Stellen ausgeführt worden seien, so solle die Niederlassungsfreiheit gebieten, dass die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewahrt werden. Es solle sichergestellt werden, dass jeder potenzielle Akteur gleichen Zugang zu der bis dahin öffentlichen Stellen vorbehaltenen Erbringung dieser Leistungen habe.46 Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang somit nicht auf die Wettbewerbsrelevanz des Wegfalls einer möglichen ,In-House‘-Privilegierung ab. Vielmehr steht aufgrund des ausdrücklichen Bezugs auf die Niederlassungsfreiheit des Art. 52 II EG der Schutz der Aufnahme selbständiger Erwerbstätigkeiten im Vordergrund, die vorher einer privaten Wahrnehmung durch die staatliche Aufgabenausführung entzogen waren.47 Für die Lösung der Kommission spricht, dass auf die analoge Anwendung der Vergaberegeln auf einen Beteiligungserwerb verzichtet werden kann. Insbesondere treten keine Vertragsaufhebungsproblematiken auf, die bei einer Neuausschreibung der Auftragsvergabe bewältigt werden müssten und sich hemmend auf entsprechende Beteiligungsvorgänge auswirken würden. Freilich ist die Anwendung der allgemeinen Vertragsgrundsätze hier ebenfalls neu. Die Verwendung der Formulierung „Wirtschaftsleistungen, die normalerweise in staatlicher Verantwortung stehen“ im Grünbuch erinnert an die Konzessionsdefinition in der Konzessionsmittei44 M. w. N. Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 249 (2005). 45 Hüser plädiert in einem derartigen Fall sogar für die Nichtigkeit des Vertrags nach §§ 97 I, 101 GWB i. V. m. § 134 BGB und eine Anwendung des Bereicherungsrechts. Hier drohen Entreicherungsproblematiken. Ders., Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 249 (2005). 46 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-private Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 22. 47 Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil EuGH, Rs. C-251 / 98 – Baars, NZG 2000, 731.

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lung.48 Es ist demnach anzunehmen, dass insbesondere eine Bekanntmachungspflicht besteht und der Veräußerungsentscheidung ein den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz entsprechendes Veräußerungsverfahren vorauszugehen hat. Für ein solches Veräußerungsverfahren hat sich der Begriff des strukturierten Bieterverfahrens der öffentlichen Hand herausgebildet.49 cc) Gemeinschaftliche Unternehmensgründung Die gemeinschaftliche Unternehmensgründung bezieht sich nicht auf den unproblematisch dem Vergaberecht unterliegenden Fall, dass einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen von einem öffentlichen Auftraggeber ein Auftrag erteilt wird. Vielmehr geht es hierbei um den Fall, dass mit dem privaten Partner ein Unternehmen gegründet werden soll, welches dann die vergaberechtlich relevante Leistung erbringt. Streng getrennt beinhaltet diese Konstellation die Erteilung eines öffentlichen Auftrags an die Mischgesellschaft sowie die Gründung eben dieser Mischgesellschaft mit dem Privaten. Jedoch weicht das Modell insofern vom genannten unproblematischen Fall ab, als dass die Vergabestelle die Mischgesellschaft als Auftragnehmer selbst mitgründet und daher der Auftragnehmer im Zeitpunkt des Zuschlags noch nicht existiert. Demnach richtet sich der öffentliche Auftrag auf die Durchführung der jeweiligen Aufgabe unter Verwendung einer Mischgesellschaft als durchführende Person. In diesem Fall ist die Beteiligung untrennbar mit der Leistungsvergabe verbunden.50 So bezeichnet auch die Kommission die Mischgesellschaft als Modalität der Ausführung der einem privaten Partner vertraglich übertragenen Aufgabe. Geht es bei der Gründung der Gesellschaft um die Übertragung von Aufgaben durch einen Akt, der als öffentlicher Auftrag oder als Konzession eingestuft werden kann, müssen die sich aus dem EG-Vertrag ergebenden Regeln und Grundsätze (die allgemeinen Vertragsgrundsätze und in bestimmten Fällen die Richtlinienvorschriften) eingehalten werden.51 Da die Gesellschaftsgründung Bedingung der Auftragsvergabe ist, rechtfertigt dies eine vergaberechtliche Betrachtung des Gesamtvorgangs, wonach die Auswahl des Bieters nur anhand des wirtschaftlich günstigsten Angebots, nicht etwa ausschließlich anhand der Erfahrung oder auf dem Wert des zugeführten Kapitals erfolgen soll.52 Die üblicherweise gesellschaftsrechtlichen Beteiligungskriterien 48 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 5 vom 29. 4. 2000. 49 Zum Ablauf eines solchen Verfahrens Eggers / Malmendier, Strukturierte Bieterverfahren der öffentlichen Hand, NJW 2003, 780. 50 So auch Dreher, Public Private Partnerships und Vergaberecht, NZBau 2002, 245, 248. 51 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 20. 52 EG-Kommission, Grünbuch, 20.

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werden somit Bestandteil der Gesamtbetrachtung. Dementsprechend müsste die Beurteilung des wirtschaftlich günstigsten Angebots anhand mindestens zweier Komponenten erfolgen: der Zuführung des Kapitals im Verhältnis des Privaten zur Vergabestelle und des Leistungsentgelts im Verhältnis der Mischgesellschaft zur Vergabestelle. Die Kommission sieht die Gesellschaft zutreffend als Kontrollinstrument für die öffentlich-private Partnerschaft an. Die Einrichtung einer solchen Kontrollinstanz, die der Vergabestelle die nachträgliche Einflussnahme auf die Leistungserbringung ermöglicht, darf aber nicht dazu führen, dass Unklarheiten bei der Formulierung der Vergabekriterien zu Lasten des Wettbewerbs gehen. So könnten im Vertrauen auf die spätere Korrekturmöglichkeit ungenau verfasste Leistungsbeschreibungen zu Lasten des Wettbewerbs gehen. Sind die in der Partnerstruktur übertragenen Aufgaben unklar oder überhaupt nicht vertraglich gedeckt, sieht die Kommission Probleme im Hinblick auf die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz gegeben.53 Fraglich bleibt, ob nun der Beteiligungserwerb, die eigentliche Versorgungsleistung oder beides ausgeschrieben werden soll. Nach dem Gesagten bezieht sich die Ausschreibungspflicht auf den Gesamtvorgang, da die Vergabe ohnehin nur anhand des wirtschaftlichsten Angebots erfolgen darf, welches den Anteilserwerb und den Leistungsauftrag umfasst.54 Letztlich sollte aber unerheblich sein, welche Ausschreibungsvariante gewählt wird, solange der dahinter stehende Gesamtauftrag erkennbar wird. In der Literatur wird jedoch mitunter eine gemeinsame Ausschreibungspflicht für Leistung und Beteiligung mit dem Argument abgelehnt, dass der Beteiligungserwerb im Hinblick auf die zu beschaffende Leistung nicht wettbewerbsrelevant wäre und demnach eine analoge Anwendung des § 99 GWB über das Ziel der Regelung hinausschießen würde.55 Daher müsste die Gemeinde zuvor mit dem Privaten eine Gesellschaft gründen und sich diese Gesellschaft dann am Vergabeverfahren beteiligen. Sicherlich besteht die Möglichkeit, dass die gemeinschaftliche Gesellschaft den Auftrag nicht erhält.56 Auch um die Privilegierung eines Bieters auszuschließen57, müsste folglich mit jedem Bieter zuvor eine Gesellschaft (wenn auch unter der auflösenden Bedingung, dass der Zuschlag an einen Dritten geht) gegründet werden. Dies ist sicherlich realitätsfremd.

EG-Kommission, Grünbuch, 21. Dreher, Public Private Partnerships und Vergaberecht, NZBau 2002, 245, 248. 55 Hüser, Ausschreibungspflichten bei der Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 256 f. (2005). 56 Wirner, Einzelne Privatisierungsakte als öffentliche Aufträge im Sinne des öffentlichen Vergaberechts, LKV 2004, 294, 298. 57 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 21. 53 54

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3. Verfahren der Sektorenrichtlinie Die Liefer-, Bau- und vorrangigen Dienstleistungsaufträge können von den Sektorenauftraggebern nach Art. 40 II SKR i. V. m. Art. 1 IX SKR wahlweise im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren oder im Verhandlungsverfahren vergeben werden, sofern zuvor ein Aufruf zum Wettbewerb erfolgt. Je nachdem, welches Vergabeverfahren der Auftraggeber wählt, enthält die SKR weitere Vorschriften hinsichtlich des Vergabeverfahrens. So treffen den Auftraggeber in der Folge Dokumentations- (Art. 50 SKR) und Bekanntmachungspflichten (Art. 43 SKR). Zudem haben die Auftraggeber im Vergabeverfahren aber auch bestimmte Vorgaben beispielsweise hinsichtlich der Festsetzung von Eignungskriterien (Art. 54 SKR) oder der Zuschlagskriterien zu erfüllen (Art. 55 SKR).58 Maßgebliches Kriterium für die Zuschlagserteilung ist nach Art. 55 SKR entweder das wirtschaftlich günstigste Angebot oder der niedrigste Preis. Soll der Zuschlag anhand des wirtschaftlich günstigsten Angebotes erfolgen, so hat die Vergabestelle unterschiedliche Kriterien unter dem Gesichtspunkt des besten PreisLeistungsverhältnisses zu gewichten.59

III. Die Dienstleistungskonzession Die neuen Vergaberichtlinien enthalten erstmals eine Definition der Dienstleistungskonzession. Da per definitionem die Konzession vom Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien ausgeschlossen wird, handelt es sich lediglich um eine Negativabgrenzung zum Dienstleistungsauftrag.60 Im Unterschied zur Baukonzession, die bereits in der RL 93 / 37 / EG geregelt wurde, wird die Vergabe der Dienstleistungskonzession ausdrücklich vom Sekundärrecht ausgeklammert. Jedoch haben sowohl die Kommission und als auch der EuGH klargestellt, dass sich für Konzessionen aus den Regelungen des EG-Vertrags bestimmte Vergabegrundsätze herleiten lassen, mithin Konzessionen grundsätzlich nicht freihändig vergeben werden können.61 Da somit die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen eigenen Regelungen unterliegt, ist eine negative Abgrenzung nur dann ausreichend, wenn die Dienstleistungskonzession in jedem Fall unter den Begriff des öffentlichen Dienstleistungsauftrags fällt. Sofern jedoch Organisationsformen der 58 Allgemein zum europäischen Vergaberecht nach alter Rechtslage Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts, 113 ff. (2001). 59 Erwägungsgrund 55 RL 2004 / 17. 60 So auch Hattig / Ruhland, Die Rechtsfigur der Dienstleistungskonzession, NZBau 2005, 626, 627. 61 EuGH, Rechtssache C-231 / 03, Coname, NVwZ 2005, 1052; Rechtssache C-458 / 03, Parking Brixen, NZBau 2005, 644; EuGH, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12I – 10770, 10793; Rs. C-360 / 96.

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Wasserversorgung vorstellbar sind, die nicht unter den Begriff des öffentlichen Auftrags fallen, ergibt sich ein Bedürfnis für die Festlegung eines „positiven“ Konzessionsbegriffs.

1. Definition der Dienstleistungskonzession Der Begriff der Dienstleistungskonzession wurde erstmals in RL 2004 / 18 / EG und RL 2004 / 17 / EG im Gemeinschaftsrecht geregelt. Danach handelt es sich um einen Vertrag, der sich nur insofern von einem Dienstleistungsauftrag unterscheidet, als die Gegenleistung für die Erbringung im Recht zur Nutzung der Dienstleistung (evtl. zuzüglich eines Preises) besteht.62 Die Dienstleistungskonzession wird ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien ausgenommen.63 Insofern unterliegt sie den allgemeinen Regelungen, nicht aber den Vergaberichtlinien. Schon 1991 hatte die Kommission vorgeschlagen, die Dienstleistungskonzession dem Vergaberecht zu unterstellen.64 Der Rat lehnte den Vorschlag jedoch mit Hinweis auf die unterschiedlichen Begebenheiten in den Mitgliedsstaaten ab.65 Mangels Legaldefinition wurde daher in der Folge der Gerichtshof aufgefordert, den Begriff der Konzession festzulegen.66 Dem ist der Gerichtshof aber bislang nur zum Teil nachgekommen und definierte die Dienstleistungskonzession lediglich in Art. 1 III b SKR; Art. 1 IV VKR. Art. 18 SKR; Art. 17 VKR. 64 „[ . . . ] ein Vertrag anderer Art als eine öffentliche Baukonzession [ . . . ], der zwischen einem Auftraggeber und einer anderen Seite geschlossen wird, und aufgrund dessen der Auftraggeber die Ausführung einer Tätigkeit zugunsten der Öffentlichkeit, die seiner Verantwortung untersteht, einer anderen Stelle seiner Wahl überträgt, die die Tätigkeit gegen das Recht zur Nutzung dieser Tätigkeit oder gegen dieses Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises ausführt.“ Vorschlag für eine Richtlinie, C 23, 1 und ABlEG 1991, C 250, 4. 65 In diesem Vorschlag wurden öffentliche Dienstleistungskonzessionen von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen in Art. 1 a vi unterschieden, in Art. 1 h definiert und den Veröffentlichungsvorschriften von Art. 2 des Richtlinienvorschlags unterworfen. In der Folge hat der Rat jedoch sämtliche Hinweise auf Dienstleistungskonzessionen aus dem Vorschlag gestrichen, da eine Annahme des Vorschlags wegen der unterschiedlichen Rechtsnatur nicht in allem Mitgliedsstaaten dieselbe Wirkung entfaltet hätte. Beispielsweise lag der Ablehnung zugrunde, dass in einigen Mitgliedsstaaten die Konzession nur durch hoheitlichen Akt vergeben wurde und diese daher von der Definition nicht erfasst wurde, Dokument Nr. 4444 / 92 ADD 1 vom 25. 2. 1992, Begründung des Rates, Nr. 6. Zudem hat der Rat die Aufnahme von Bestimmungen betreffend öffentliche Dienstleistungskonzessionen in die Vorgängerrichtlinie 90 / 531 / EWG zu Richtlinie 93 / 38 abgelehnt, weil er es nicht für angebracht hielt, solche Konzessionen ohne eine genaue Untersuchung der verschiedenen Konzessionsregelungen in den Mitgliedsstaaten für den Bereich der Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung zu regeln, Schlussantrag des Generalanwalts Fennelly, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747, 10758. 66 Schlussantrag des Generalanwalts Fennelly, Rs. C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747, 10759. 62 63

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der Abgrenzung zum Dienstleistungsauftrag, weshalb die Definition des Gerichtshofs mit derjenigen der Richtlinien identisch ist.67 Im neuen Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften nimmt die Kommission daher nach wie vor Bezug auf ihre Mitteilung zu Auslegungsfragen im Bereich der Konzessionen aus dem Jahr 2000.68 Hierin versuchte die Kommission, den Begriff der Konzession positiv zu umschreiben. Konzessionen seien demnach „dem Staat zurechenbare Akte, durch die eine Behörde einem Dritten entweder vertraglich oder durch einen einseitigen Akt mit Zustimmung dieses Dritten die vollständige oder teilweise Durchführung von Dienstleistungen überträgt, die grundsätzlich in seine Zuständigkeit fallen und für die der Dritte die Nutzung trägt“ verstanden werden. Berücksichtigt werden dabei nur solche Dienstleistungen, die in einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der Art. 43 bis 55 EG bestehen.69 a) Anwendungsbereich für einen positiven Konzessionsbegriff In Art. 1 III b SKR und Art. 1 IV VKR liegt dem Konzessionsbegriff der Auftragsbegriff der Richtlinien zugrunde. Ein Dienstleistungsauftrag gemäß Art. 1 II d) SKR ist ein Auftrag über die Erbringung von Dienstleistungen, zur deren Erbringung sich der Private verpflichtet. Da die Richtlinie diesbezüglich keine Einschränkung enthält, kann diese Leistung auch an Dritte erbracht werden, wie etwa die Wasserversorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Gebiet. Fraglich ist jedoch, wie die Fälle zu behandeln sind, in denen der Private nur zur Ausübung der Tätigkeit zugelassen wird, ohne dass ihn eine vertragliche Pflicht zur tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit treffen soll. So etwa, wenn eine Gemeinde einem Wasserversorgungsunternehmen die Nutzung der öffentlichen Straßen und Wege gestattet, ohne in den Wegenutzungsvertrag die Verpflichtung zur Versorgung der Gemeindebürger mit Wasser aufzunehmen. Enthält somit der Vertrag nicht die Verpflichtung zur Leistungserbringung, liegt mithin kein (unentgeltlicher) öffentlicher Auftrag und damit keine Konzession im Sinne der Richtlinien vor. Daher ergibt sich ein eigener Anwendungsbereich für einen positiven Richtlinienbegriff.

EuGH, Rechtssache C-272 / 91, Lottomatica, Slg. Teil I, 1994 – 4, I – 1431. Der dort verwendete Konzessionsbegriff ist weiter als der in den Richtlinien verwendete, da er eine Beschreibung der Konzession unabhängig von den Vorschriften des Vergaberechts enthält. EG-Kommission, Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2 vom 29. 4. 2000; Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, KOM(2004) 327 endgültig. 69 EG-Kommission, Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG 2000 / C121 / 02, 5. 67 68

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b) Der Konzessionsbegriff der Konzessionsmitteilung und des Grünbuchs zu öffentlich-privaten Partnerschaften Der Konzessionsbegriff des Grünbuchs ist an denjenigen der Richtlinien angelehnt, wird aber nicht auf bestimmte Schwellenwerte oder Dienstleistungen beschränkt. Das Merkmal der Übertragung einer in die Zuständigkeit des Staates fallenden Tätigkeit unterscheidet die beiden Begriffe, da dieses Merkmal nur im Begriff der Mitteilung vorkommt. aa) Merkmal ,Dem Staat zurechenbare Akte‘ Die Kommission stellt im Gegensatz zu Art. 1 III b SKR nicht allein auf die vertragliche Natur des Übertragungsaktes ab. Durch das Merkmal der ,dem Staat zurechenbaren Akte‘ können sowohl öffentlich-rechtliche Erlaubnisse und Verträge oder privatrechtliche Verträge Grundlage der Konzessionserteilung sein. Nach der Mitteilung ist jeder ein- oder zweiseitige staatliche Akt, der die Bedingung für die Erbringung wirtschaftlicher Leistungen festlegt, von der Definition umfasst.70 Der neue Konzessionsbegriff geht somit weiter als der erste Vorschlag der Kommission und der Richtlinienbegriff. Eine Wasserversorgungskonzession stellt demnach unabhängig von ihrer Erteilung als öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Vertrag einen solchen staatlichen Akt dar. bb) Merkmal ,Nutzungsträgerschaft‘ Die Nutzungsträgerschaft ist das entscheidende vom EuGH verwandte Kriterium zur Abgrenzung der Dienstleistungskonzession vom Dienstleistungsauftrag im Sinne des Vergaberechts. Dabei geht es um die Auslegung des Begriffs ,entgeltlicher Vertrag‘. So schließt das Vorliegen eines Konzessionsvertrages nach Ansicht des Gerichtshofes die Anwendung der alten Sektorenrichtlinie 93 / 38 / EWG und RL 92 / 50 / EWG aus.71 Daher umfasst der Begriff der ,schriftlichen entgeltlichen 70 Hierunter sollen nicht nur alle Akte fallen, die durch die öffentliche Gewalt vorgenommen werden, sondern ebenso die Akte anderer Stellen, die so eng mit dem Staat verbunden sind, dass sie als Teile seiner Organisation angesehen werden müssen sowie alle dem Staat zurechenbare Akte, d. h. solche, die zwar nicht von öffentlichen Behörden beschlossen werden, aber diesen dennoch aufgrund ihrer Möglichkeiten, sie zu verhindern oder ihre Änderung zu verlangen, zugerechnet werden können, EG-Kommission, Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 5 und 11 Fn. 23 vom 29. 4. 2000. 71 EuGH, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12I – 10770, 10793; Rs. C-360 / 96, Gemeente Arnhem und Gemeente Rheden / BFI Holding BV, Slg. 1998 – 11, I – 6846, 6860.

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Verträge‘ in Art. 1 Nr. 4 RL 93 / 38 keine Dienstleistungskonzessionen.72 Daher ist entscheidendes Kriterium für das Vorliegen einer Konzession die Einräumung des Rechts zur Verwertung oder eben Nutzung der Dienstleistung, die der EuGH vom Tatbestandsmerkmal der ,entgeltlichen Nutzung‘ ausgenommen hat. Das Recht zur Nutzung hat der Gemeinschaftsgesetzgeber bislang als einziges Merkmal einer Konzession erstmals in Art. 1 d) RL 93 / 37 / EWG normiert.73 Dieses Merkmal liegt nach Ansicht des Generalanwalts Fennelly dann vor, wenn der Konzessionär selbst das hauptsächliche oder zumindest wesentliche wirtschaftliche Risiko im Zusammenhang mit der Dienstleistung trägt, da kein oder zumindest kein volles Entgelt vom Konzessionsgeber an den Konzessionär fließt.74 Auch die Kommission ist der Ansicht, dass bei der Dienstleistungskonzession wie auch bei der Baukonzession die Art der Vergütung des Unternehmers zeigt, wer das Nutzungsrisiko trägt. Hinsichtlich dieses Merkmals herrscht somit Übereinstimmung bei Gerichtshof und Kommission. Die Vereinbarung eines „bestimmten oder bestimmbaren“ Entgeltes lässt ein fragliches Rechtsverhältnis hingegen „prima facie“ in den Anwendungsbereich der entsprechenden Vergaberichtlinie fallen.75 Ein weiteres Merkmal des Nutzungsrisikos ist zudem die Übertragung der Verantwortung gegenüber Dritten für die jeweilige Tätigkeit auf den Konzessionär. Dieses Merkmal geht auf das Urteil Lottomatica des EuGH zurück.76 Darin verneinte der EuGH das Vorliegen einer Konzession, obwohl das mit der Durchführung der staatlichen Lotterie beauftragte Unternehmen nur prozentual an den Einnahmen beteiligt war, mithin einen großen Teil des finanziellen Risikos trug. Dies wurde vom Gericht damit begründet, dass keine Übertragung der Verantwortung für die verschiedenen Operationen des Lottospiels stattgefunden habe.77 Tatsächlich war das Unternehmen vertraglich nur dem Staat verpflichtet, so dass keine Vertragsbeziehungen zu den Lotteriespielern aufgenommen und die wesentlichen Aufgaben wie Bestimmung und Zuteilung der Gewinne von staatlichen Stellen durchgeführt wurden. Insofern ist die Erbringung der Leistung an Dritte ein wesentlicher Aspekt der Nutzungsträgerschaft. Dieser Grundsatz wird unterstützt durch das Urteil in der Rechtssache Arnhem, wonach keine Konzession vorliegt, 72 So auch Schlussantrag des Generalanwalts Antonio La Pergula, Rs. C-360 / 96, Gemeente Arnhem und Gemeente Rheden / BFI Holding BV, Slg. 1998 – 11, I – 6821, 6834. 73 „[ . . . ] gelten als öffentliche Baukonzessionen Verträge, die von den unter Buchstabe a) genannten Verträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Arbeiten ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.“, Art. 1 d) RL 93 / 37 / EWG. 74 Schlussantrag des Generalanwalts Fennelly, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747, 10761. 75 Schlussantrag des Generalanwalts Fennelly, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747, 10762. 76 EuGH, C-272 / 91, Lottomatica, Slg. 1994, I-01409. 77 EuGH, C-272 / 91, Lottomatica, Slg. 1994, I-01409, Rdnr. 25.

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wenn der Konzessionär für seine Dienste von der Gemeinde einen Preis, nicht aber das Recht zur Entgelterhebung erhält.78 Hinsichtlich der Wasserversorgung ist Böckel zu widersprechen, der aus dem Vorliegen eines Anschluss- und Benutzungszwanges auf das Fehlen des wirtschaftlichen Risikos in der Wasserversorgung schließt. Er begründet dies damit, dass die Verbraucher keine Wahlfreiheit hinsichtlich des Dienstleistungserbringers hätten. Dem ist zuzugeben, dass aufgrund dieser Konstellation Kosten grundsätzlich auf die Verbraucher weitergegeben können. Da aber in der Wasserversorgung aufgrund der hohen Infrastrukturkosten erhebliche Ausgaben auf den Konzessionär zukommen können und die Preise der „Deckelung“ durch die kartellrechtliche Vergleichspreiskontrolle unterstehen, trägt der Konzessionär sehr wohl ein wirtschaftliches Risiko, da etwa Ineffizienzen oder Haftungsfälle stets zu seinen Lasten gehen und ein Betrieb somit auch mit Verlust geführt werden kann.79 Das Wasserversorgungsunternehmen erbringt seine Leistungen auf vertraglicher Basis gegenüber den Kunden in seinem Versorgungsgebiet auf eigene Rechnung und eigenes Risiko, ist mithin Nutzungsträger. cc) Merkmal ,Übertragung von in die Zuständigkeit der Behörde fallenden Dienstleistungen‘ In den Vergaberichtlinien nicht mehr enthalten ist das Merkmal der Übertragung von in die Zuständigkeit der Behörde fallenden Dienstleistungen. Im Gegensatz zum Merkmal der Nutzung, welches der gleichsam negativen Abgrenzung gegenüber den Aufträgen im Sinne des Vergaberechts dient, wird hierdurch der Charakter der Konzession losgelöst vom Begriff des öffentlichen Auftrags positiv bestimmt. Jedoch kann das Merkmal insbesondere im Rahmen einer Abgrenzung der Konzession von einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung relevant werden. Zunächst liegt hier offenbar ein Übersetzungsfehler im deutschen Dokument vor. Denn während in der englischen und französischen Fassung auf die Verantwortung der übertragenden Behörde abgestellt wird, nimmt die deutsche Fassung durch die Verwendung des Wortes ,seine‘ auf den Staat und eben nicht die übertragende Behörde Bezug.80 Daher muss wohl auf die Zuständigkeit der übertragenden EuGH, C-360 / 96, Gemeente Arnhem, EuZW 1999, 16, 17. Böckel, Vergaberechtliche Behandlung von Dienstleistungskonzessionen, LKV 2003, 393, 395. 80 „This communication [ . . . ] concerns acts [ . . . ] whereby a public authority entrusts [ . . . ] the total [ . . . ] management of services for which that authority would normally be responsible [ . . . ].“ In der französischen Fassung wird durch die Verwendung der weiblichen Form ,sa‘ auf die übertragende Behörde, nicht aber auf den Staat (,état‘, m.) Bezug genommen, Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 5 vom 29. 4. 2000 englische und französische Fassung. 78 79

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Behörde, im Falle der Wasserversorgung also auf die Kommune, abgestellt werden. Fraglich ist außerdem die Bedeutung des Wortes ,Zuständigkeit‘, da u. a. im Richtlinienvorschlag an gleicher Stelle der Begriff der ,Verantwortung‘ steht.81 In der Mitteilung wird der Begriff der ,Zuständigkeit‘ nicht weiter erläutert. Er kommt im Text nur an dieser einen Stelle vor. Hingegen finden sich bezüglich des Merkmals der ,Verantwortung‘ an anderer Stelle im Dokument weitere Erläuterungen, die wiederum keine Entsprechung in der Definition finden.82 Da die englische Fassung an allen entsprechenden Stellen den Begriff ,Responsibility‘ verwendet, kann hier ebenso Verantwortung im Sinne einer Verpflichtung gemeint sein.83 Dieser Ansicht sind zudem die in der Mitteilung erwähnten Generalanwälte La Pergola und Alber in den Rechtssachen Ischia bzw. Arnhem.84 Nach den Ansichten der Generalanwälte muss durch die zu erbringende Leistung eine Aufgabe im Allgemeininteresse erfüllt werden, also eine Aufgabe, deren Erfüllung grundsätzlich einer öffentlichen Stelle obliegt.85 Nach Ansicht von La Pergola sollten dabei die Pflichten des Konzessionsgebers gegenüber der Allgemeinheit auf den Konzessionsempfänger übergehen.86 Der Wortlaut der Definition in der Mitteilung sollte daher so gelesen werden: „Diese Mitteilung bezieht sich daher auf dem Staat zurechenbare Akte, durch die eine Behörde einem Dritten entweder vertraglich oder durch einen einseitigen Akt mit Zustimmung dieses Dritten die vollständige oder teilweise Durchführung von Dienstleistungen überträgt, deren Erfüllung der Behörde obliegt und für die der Dritte die Nutzung trägt.“ Der EuGH hat das Kriterium der Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Tätigkeit in der Entscheidung Telaustria nicht geprüft, möglicherweise da das Gericht der Ansicht Generalanwalt Fennellys folgte. Nach Fennelly sollte keine qualitative Einschränkung nach der Art der Dienstleistung erfolgen und somit die einheitliche Anwendung der Vergaberichtlinie durch das nicht eindeutig definierbare Merkmal des öffentlichen Interesses gefährdet werden, indem etwa nur solche 81 EG-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge KOM(90) 372 endgültig, ABlEG C 23, 1 vom 31. 1. 1991 und ABlEG C 250, 4 vom 25. 9. 1991. 82 EG-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge KOM(90) 372 endgültig, ABlEG C 23, 1 vom 31. 1. 1991 und ABlEG C 250, 4 vom 25. 9. 1991. 83 So beispielsweise de Smith, Constitutional and Administrative Law, 389 (1971). 84 Schlussantrag des Generalanwalts La Pergula, Rs. C-360 / 96, Gemeente Arnhem und Gemeente Rheden gegen BFI Holding BV, Slg. 1998, I–6821, 6834; Schlussantrag des Generalanwalts Alber, C-108 / 98, Comune di Ischia, Slg. 1999, I-05219. 85 Schlussantrag des Generalanwalts Alber, C-108 / 98, Comune di Ischia, Slg. 1999, I-05219 Rdnr. 50. 86 Schlussantrag des Generalanwalts La Pergula, Rs. C-360 / 96, Gemeente Arnhem und Gemeente Rheden gegen BFI Holding BV, Slg. 1998, I–6821, 6835.

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Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien ausgenommen würden.87 Das Merkmal könnte insbesondere der Abgrenzung zur bloßen Genehmigung der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit dienen. Denn die Mitteilung bezieht sich ausdrücklich nicht auf Akte, durch die eine Behörde die Genehmigung zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit erteilt, auch wenn diese in einigen Mitgliedsstaaten als Konzessionen bezeichnet werden.88 Daher könnte man das Tatbestandsmerkmal folgendermaßen interpretieren: Ist die übertragende Behörde bezüglich bestimmter Tätigkeiten zwar für die Erteilung bestimmter Genehmigungen verantwortlich, aber nicht für die Ausübung der betreffenden Tätigkeit, handelt es sich um eine Genehmigung. Ist die Behörde aber zur Ausübung der Tätigkeit selbst verpflichtet und überträgt sie deren Durchführung auf einen Dritten, so handelt es sich um eine Konzession. Für Deutschland ergibt sich die entsprechende Verpflichtung aus der allgemeinen sozialstaatlichen Gewährleistungsverpflichtung der Kommunen für die Wasserversorgung und der ausdrücklichen Zuweisung der Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe in manchen Bundesländern. dd) Ergebnis Ein Vertrag, wonach eine Gemeinde einen Dritten zur Durchführung der Wasserversorgung auf ihrem Gebiet verpflichtet und ihm im Gegenzug das Recht zur Erhebung des Versorgungsentgelts im eigenen Namen von den Bürgern gewährt, ist eine Dienstleistungskonzession im Sinne des europäischen Vergaberechts. Obwohl es sich um einen öffentlichen Auftrag handelt, fällt dieser nicht in den Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien. Eine Dienstleistungskonzession im Sinne der Konzessionsmitteilung der Kommission liegt auch dann vor, wenn das Versorgungsunternehmen von der Kommune nicht ausdrücklich zur Versorgung des Gebietes verpflichtet wird.

2. Vergabeverfahren nach den Grundsätzen des EG-Vertrags Das Recht der Vergabe öffentlicher Aufträge wird durch primäres Vertragsrecht, aber auch durch einschlägige Richtlinien zur europaweiten Vergabekoordinierung bestimmt. Dabei unterliegen Vergabevorgänge, die nicht in den Anwendungs87 Schlussantrag des Generalanwalts Fennelly, Rs. C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747, 10762. 88 EG-Kommission, Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 5 vom 29. 4. 2000; beispielsweise Taxi- und Apothekenkonzessionen oder Genehmigungen zur Sondernutzung öffentlichen Grunds wie Terrassencafés und Kioske.

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bereich der Richtlinien fallen, den allgemeinen Bestimmungen des EG-Vertrages. Für Konzessionen wurde in Einzelfällen bereits vom EuGH die Anwendbarkeit der allgemeinen Bestimmungen präzisiert89, die jedoch den gegenwärtigen „Entwicklungsrückstand des Rechts“ nicht ausgleichen können.90 Jede vertragliche oder auch einseitige Maßnahme einer staatlichen Stelle, mit der diese die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit einem Privaten überträgt, muss mit den Regelungen und Grundsätzen des EG-Vertrages vereinbar sein.91 Aus den Grundfreiheiten und insbesondere dem Diskriminierungsverbot hat der EuGH den Grundsatz der Gleichbehandlung und als dessen Unterbegriff den Grundsatz der Transparenz weiterentwickelt.92 Diese Bestimmungen gelten unabhängig vom Anwendungsbereich einschlägiger Vergaberichtlinien, die die genannten Grundsätze noch weiter präzisieren können, für alle öffentlichen Aufträge in den Mitgliedstaaten.93 Die allgemeinen Regeln sind nach Ansicht der Kommission anwendbar, wenn es sich um einen staatlichen Auftraggeber handelt. Hierunter fallen auch private Unternehmen, die staatlich beherrscht werden oder die Inhaber ausschließlicher Rechte sind.94 Nicht anwendbar sind die Regelungen dagegen auf rein private Auftraggeber.95 Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 12 EG verlangt die gleiche Behandlung aller Bieter und verbietet insbesondere die nachträgliche Veränderung der Ausschreibungskriterien zugunsten einzelner Bieter.96 Insbesondere muss gewährleistet sein, dass alle potentiellen Bieter vor dem Verfahren über die Regeln der Vergabe aufgeklärt werden und dass diese Regeln auf jeden Bieter einheitlich angewendet werden.97 89 EuGH, Rechtssache C-231 / 03, Coname, NVwZ 2005, 1052; Rechtssache C-458 / 03, Parking Brixen, NZBau 2005, 644; EuGH, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12I – 10770, 10793; Rs. C-360 / 96. 90 So Burgi, Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen: Verfahren, Vergabekriterien, Rechtsschutz, NZBau 2005, 610. 91 EG-Kommission, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 5; Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 6 ff. vom 29. 4. 2000. 92 Hierzu mit Verweisen auf die entsprechende Rechtsprechung des EuGH die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 6 ff. vom 29. 4. 2000 sowie das Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften, Kom(2004) 327 endgültig, 21. 93 Beispielsweise für solche Aufträge, die die Schwellenwerte nicht erreichen, oder ausdrücklich ausgenommene Konzessionen. 94 Streinz, EGV, Art. 12 Rdnr. 37 (2003). 95 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 10 vom 29. 4. 2000. 96 EuGH, Rs. C-87 / 94 – Wallonische Busse, Slg. 1996, I-2043, Rdnr. 2. 97 EuGH, Rs. C-87 / 94 – Wallonische Busse, Slg. 1996, I-2043, Rdnr. 95.

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Daraus folgt zudem eine Verpflichtung zur Transparenz, damit die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes festgestellt werden kann. Dieses Transparenzgebot verpflichtet den Auftraggeber zu Gunsten potentieller Bieter zur Sicherstellung eines angemessenen Grades von Öffentlichkeit, der den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob das Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurde.98 Die Kommission hat ihre Vorstellungen von der Transparenzverpflichtung konkretisiert. Ohne eine Wettbewerbsmethode zu präzisieren, soll die Verteilung von Konzessionen in Wettbewerbsverfahren erfolgen. Die Regeln für die Auswahl des privaten Partners und die Absicht der Konzessionserteilung sollen festgelegt und veröffentlicht werden, damit die Unparteilichkeit während des gesamten Verfahrens kontrolliert werden kann. Die Transparenz soll beispielsweise durch Veröffentlichungen in Zeitungen oder durch Aushänge sichergestellt werden können.99 Die Vergabe soll auf der Grundlage objektiver Kriterien erfolgen, die niemanden benachteiligen. Diese Behandlung der Dienstleistungskonzession führt jedoch zu einer beachtlichen Rechtsunsicherheit. Da bislang keine genaue Bestimmung des einschlägigen Vergabeverfahrens oder der einschlägigen Schwellenwerte erfolgt ist, hat sich etwa Gröning für eine analoge Anwendung der Veröffentlichungsvorschriften des § 32a Nr. 1 VOB / A ausgesprochen.100 Dagegen wird von Burgi zutreffenderweise unter Hinweis auf einen verfassungswidrigen Eingriff in Art. 28 II GG die Anwendung lediglich eines den europäischen Vorgaben entsprechenden Mindeststandards befürwortet. Im Ergebnis kann die entsprechende Unsicherheit nur durch ein Tätigwerden des europäischen Richtliniengebers beseitigt werden. In der Folge der Debatte zum Grünbuch hat die Kommission eine entsprechende gesetzgeberische Initiative zur europaweiten Regelung der Dienstleistungskonzessionen angekündigt.101

98 EuGH, Rs. C-275 / 98 – Unitron Scandinavia, Slg. 1999, I-8291 Rdnr. 31; Rs. C-324 / 98 – Telaustria, Slg. 2000, I-10770, Rdnr. 61 ff. 99 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 7 vom 29. 4. 2000. 100 Gröning, Public Private Partnerships bei Dienstleistungskonzessionen: Vergaberechtliche Konsequenzen aus dem „Telaustria“-Urteil des EuGH, NZBau 2001, 123; Der Begriff der Dienstleistungskonzession, Rechtsschutz und Rechtsweg, VergabeR 2002, 24. 101 EG-Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für das öffentliche Beschaffungswesen und Konzessionen vom 15. 11. 2005, KOM(2005) 569 endgültig, 10.

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IV. Anwendbarkeit des deutschen Vergaberechts Das deutsche Vergaberecht beruht zum großen Teil auf einer Umsetzung der europäischen Vergaberichtlinien, welche oberhalb gewisser in diesen Richtlinien geregelter Schwellenwerte Anwendung findet. Insofern ist das deutsche Vergaberecht zweigeteilt in einen „nationalen“, d. h. unterhalb der Schwellenwerte liegenden und einen „europäischen“ Bereich. Jedoch bleiben auch im nationalen Bereich die primärrechtlichen Regelungen des europäischen Vergaberechts anwendbar. Der europäischen Einteilung der Verfahren in offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren und Verhandlungsverfahren entsprechen im nationalen Bereich jeweils das Verfahren der öffentlichen Ausschreibung, der beschränkten Ausschreibung und der freihändigen Vergabe. Mit Ausnahme von Auftraggebern, die nur im Sektorenbereich tätig sind, gilt im deutschen Vergaberecht der Vorrang des offenen Verfahrens (§ 101 V GWB). Nur in abschließend geregelten Ausnahmefällen kann vom Auftraggeber das nicht offene Verfahren oder das Verhandlungsverfahren gewählt werden.

1. Allgemeines In § 97 GWB wurden die bereits genannten Grundsätze des europäischen und des nationalen Vergaberechts übernommen. Hierzu gehören die Grundsätze der Transparenz und des Wettbewerbs, das Gleichbehandlungsgebot sowie die wesentlichen Eignungs- und Zuschlagskriterien.

2. Persönlicher Anwendungsbereich Zur Anwendung des vierten Teils des GWB sind nur die dort genannten öffentlichen Auftraggeber verpflichtet. Durch die Umsetzung der europäischen Vergaberechtsrichtlinien in das deutsche Vergaberecht löste der funktionelle den institutionellen Auftraggeberbegriff ab.102 Damit ist nicht mehr die Eigenschaft als staatliche Untergliederung einer Einrichtung für die Anwendbarkeit des Vergaberechts ausschlaggebend, sondern deren Funktion.103 Unter bestimmten Umständen unterliegen somit auch natürliche und juristische Personen des Privatrechts dem Anwendungsbereich des Vergaberechts. Aufgrund der Einbeziehung Privater – und damit eben nicht des Staates in Privatrechtsform – in den Anwendungsbereich des Vergaberechts wird mittlerweile anstelle des Rechts der öffentlichen 102 Dazu Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, Vor §§ 97 ff. Rdnr. 49 ff.; Heise, Der Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ im neuen Vergaberecht, LKV 1999, 210, 211. 103 Ziekow, Die vergaberechtliche Auftraggebereigenschaft konzernverbundener Unternehmen, NZBau 2004, 181, 182.

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Aufträge vom Recht der regulierten Vergabe als Teil des besonderen Wirtschaftsrechts gesprochen.104 Der persönliche Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts ergibt sich aus §§ 98 Nr. 1 – 6 GWB, für Trinkwasserversorgungsunternehmen sind insbesondere die §§ 98 Nr. 1 – 4 GWB relevant. Legt man die vertraglichen und die gesellschaftsrechtlichen Privatisierungsmodelle zugrunde, so ergeben sich bei der Prüfung der Anwendbarkeit des Vergaberechts auf Kooperationen zwischen Kommunen und Privaten drei Konstellationen.105 Zum einen die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf vertragliche Beziehungen zwischen dem Privaten und dem kommunalen Auftraggeber. Zweitens die gesellschaftsrechtliche Kooperation zwischen Kommune und Privatem, welche die Suche und Auswahl des zukünftigen privaten Kooperationspartners umfasst. Schließlich kann sich zudem die Anwendbarkeit des Vergaberechts auf die durch den Privaten und die Gemeinde geschaffene Gesellschaft erstrecken. a) Öffentliche Auftraggeber i. S. d. §§ 98 Nr. 1 – 3 GWB Die Stellung der Gemeinde als öffentlicher Auftraggeber ergibt sich aus § 98 Nr. 1 GWB. Möglicherweise unterliegen auch Trinkwasserversorgungsunternehmen dem Auftraggeberbegriff des § 98 Nr. 2 GWB, soweit es sich dabei um juristische Personen handelt, die nicht bereits von § 98 Nr. 1 oder 3 GWB erfasst werden. Die Tatbestandsmerkmale des § 98 Nr. 2 GWB sind den entsprechenden Vergaberichtlinien entnommen.106 Die in § 98 Nr. 2 GWB aufgeführten öffentlichen Auftraggeber entsprechen den „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ der Vergaberichtlinien. Daher ist bei der Auslegung der Begriffe auf den europäischen Richtliniengeber abzustellen.107 Somit können kommunale Eigen- oder gemischtwirtschaftliche Trinkwasserversorgungsgesellschaften öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 2 GWB sein. Im Unterschied zur europäischen Ebene unterliegen die öffentlichen Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 1 – 3 im Wassersektor nach § 7 I VgV den Bestimmungen der jeweiligen dritten Abschnitte der Vergabeordnungen. Hier liegt eine Schlechterstellung der nationalen Auftraggeber im Vergleich zu privatrechtlichen natürlichen oder juristischen Personen i. S. d. § 98 Nr. 4 GWB vor, die nach § 7 II VgV die weniger „strengen“ vierten Abschnitte der jeweiligen Vergabeordnungen anzuwenden haben.

Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, Vor §§ 97 ff. Rdnr. 56. Dazu Jaeger, Public Private Partnership und Vergaberecht, NZBau 2001, 6. 106 RL 92 / 50 / EWG Art. 1 (b); RL 93 / 36 / EWG Art. 1 (b); RL 93 / 37 / EWG Art. 1 (b). Die Definition findet sich auch weiterhin in RL 2004 / 18 / EG Art. 1 9 c). 107 EuGH, Ekro, Slg. 1984, 107 Rdnr. 11; siehe auch die Entscheidungen Linster, Slg. 2000, I-6917; Yiadom, Slg. 2000, I-9265. 104 105

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b) Öffentliche Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 4 GWB Die ,Sektorenauftraggeber‘ werden durch § 98 Nr. 4 GWB dem Kartellvergaberecht unterstellt. Dabei handelt es sich um natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die in einem der als ,Sektoren‘ bezeichneten Wirtschaftsbereiche Trinkwasser, Energie, Verkehr und Telekommunikation tätig werden.108 Die Sektorentätigkeit bei der Trinkwasserversorgung wird durch die §§ 8 Nr. 1, 9 I Nr. 1 VgV näher erläutert. Durch § 98 Nr. 4 GWB werden in den genannten Sektoren tätige private Trinkwasserversorgungsunternehmen zum öffentlichen Auftraggeber erklärt, wenn diese ihre Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausüben oder wenn Auftraggeber, die unter § 98 Nr. 1 bis 3 GWB fallen, auf diese Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben können. Dahinter steht die Vermutung des Gesetzgebers, dass solche Unternehmen durch Monopolrechte vom Wettbewerb verschont werden, beziehungsweise durch besondere Rechte eine wettbewerbsfremde Stellung genießen und die Vergabe von Aufträgen durch derartige Unternehmen nicht immer auf der Grundlage von Wettbewerb und Gleichbehandlung erfolgt.109 c) Verhältnis von §§ 98 Nr. 2 und Nr. 4 GWB Staatlich beherrschte Trinkwasserversorgungsunternehmen können öffentliche Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB und § 98 Nr. 4 GWB sein.110 Das Verhältnis der beiden Normen zueinander ist von großer Bedeutung für die privatisierungswillige Gemeinde. Ein von der Gemeinde beherrschtes Trinkwasserversorgungsunternehmen in Privatrechtsform fällt grundsätzlich unter § 98 Nr. 2 GWB und hätte daher nach § 7 I VgV den 3. Abschnitt der VOL / A bzw. VOB / A anzuwenden (Basisparagrafen und sog. b-Paragrafen). Werden die Schwellenwerte erreicht, hat die Gemeinde die Vergabeverfahren in der vorgegebenen Reihenfolge anzuwenden. Da die Trinkwasserversorgung zum Sektorenbereich gehört, ist aber ebenso der Anwendungsbereich des § 98 Nr. 4 GWB eröffnet, wodurch der kommunalen Eigengesellschaft nach § 7 II VgV die Auswahl der Vergabeverfahren freigestellt wird. Unternehmen, auf die § 98 Nr. 4 GWB anwendbar ist, haben nach § 101 V GWB die freie Wahl zwischen den verschiedenen Verfahrensarten. Ob die Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 98 Rdnr. 82 (2001); vgl. § 8 VgV. Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 98 Rdnr. 84 (2001). 110 Als Tätigkeit auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung gilt nach § 8 Nr. 1 VgV die Bereitstellung und das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Gewinnung, dem Transport oder der Verteilung von Trinkwasser sowie die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser. Dabei gilt die Tätigkeit eines Auftraggebers nach § 98 Nr. 4 GWB nicht als eine Tätigkeit im Sektorenbereich nach § 8 Nr. 1 VgV, wenn die Gewinnung von Trinkwasser eigentlich für die Ausübung einer anderen Tätigkeit als die der öffentlichen Trinkwasserversorgung erfolgt, § 9 Abs. 1 Nr. 1 VgV. 108 109

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Gemeinde Aufträge ausschreiben muss oder nicht, hängt daher von der Beurteilung des Verhältnisses der beiden Normen zueinander ab. Bislang gingen die Vertreter der überwiegenden Ansicht davon aus, dass im Falle einer Kollision § 98 Nr. 2 GWB vor § 98 Nr. 4 GWB als Lex specialis Vorrang genieße.111 Diese Ansicht stützt sich auf zwei Argumente: zum einen sei vom europäischen Gesetzgeber eine Schlechterstellung der staatlich beherrschten Unternehmen im Sektorenbereich gewollt. Zum anderen habe auch der deutsche Gesetzgeber eine strengere vergaberechtliche Behandlung staatlich beherrschter juristischer Personen gewollt. Vor allem der Erlass der neuen Vergaberichtlinien im Frühjahr 2004 bedingt eine erneute Betrachtung dieser Argumentation. aa) Richtlinienkonforme Auslegung Bei der Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts ist nicht nur der Wortlaut dieser Bestimmung zu berücksichtigen, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden.112 Nach Ansicht des VG Koblenz, das sich auf die zu § 98 Nr. 2 und Nr. 4 GWB wortgleiche Regelung des § 57a I Nr. 2 bzw. 4 HGrG a. F. bezieht, hat der Bund durch die Nichtanwendung der Sektorenrichtlinie eine Gleichbehandlung im Vergabewesen für alle öffentlichrechtlichen Träger der Wasserversorgung festgeschrieben. Er habe damit einer Flucht in das Privatrecht zu Lasten der Bieter und damit des nationalen und europaweiten Wettbewerbs vorgebeugt.113 Dies trifft insofern zu, als dass die Gemeinden durch die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften nicht mehr den Anforderungen des Vergaberechts entgehen können. Dies diene gerade dem Ziel der Sektorenrichtlinie, zu gewährleisten, dass potentielle Lieferanten und Unternehmen eine angemessene Chance zur Erlangung von Aufträgen erhalten.114 Nach der überwiegenden Ansicht enthält die Sektorenrichtlinie daher einen Wettbewerbs-Mindeststandard, den der nationale Gesetzgeber verschärfen kann. Eine weite Verbreitung der Anwendung des Vergaberechts wird daher mit mehr Wettbewerb gleichgestellt. Diese Abweichung von einer Richtlinienregelung muss nicht dem Europarecht widersprechen, denn der EuGH hat in der Tat den Mitgliedsstaaten das Recht zu111 M. w. N. Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 99 Rdnr. 144 (2001); VG Koblenz, NVwZ 1999, 1133; Bechtold, GWB, § 98 Rdnr. 27 (2002); Stickler, in: Reidt / Stickler / Glahs, Vergaberecht, § 98 Rdnr. 51 (2003); Heise: Der Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ im neuen Vergaberecht LKV 1999, 211, 212; Noch, Begriff des öffentlichen Auftraggebers, NvWZ 1999, 1083, 1085; a.A. Hertwig, Hat ein kommunales Verkehrsunternehmen den Abschnitt 3 oder den Abschnitt 4 von VOB / A bzw. VOB / B anzuwenden?, NZBau 2003, 545. 112 EuGH, Merck, Slg. 1983, 3781 Rdnr. 12; EuGH, St. Nikolaus Brennerei, Slg. 1984, 1051 Rdnr. 10. 113 VG Koblenz, NVwZ 1999, 1133, 1135. 114 VG Koblenz, NVwZ 1999, 1133, 1135, unter Bezugnahme auf Richtlinie 92 / 13 / EWG, Erwägungsgrund 1., ABlEG L 76, 14 vom 23. 3. 1992.

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gestanden, einen in einer Richtlinie enthaltenen Mindeststandard durch strengere Vorschriften zu verschärfen.115 Fraglich ist jedoch, ob es sich bei den Vergaberichtlinien überhaupt um einen Mindeststandard handelt. War die überwiegende Meinung schon vorher in Zweifel gezogen worden116, wurde sie mit dem Erlass der neuen Vergaberichtlinien im März 2004 vollends überholt.117 Die deutschen Reglungen für die Vergabe im Sektorenbereich oberhalb der Schwellenwerte werden in VOL / A bzw. VOB / A im 3. und 4. Abschnitt geregelt. Erwägungsgrund 10 der Sektorenrichtlinie 2004 / 17 / EG enthält die Begründung für die Unanwendbarkeit der RL 2004 / 18 / EG: „Um bei der Anwendung der Vergabevorschriften [in den Sektorenbereichen] „eine wirkliche Marktöffnung und ein angemessenes Gleichgewicht zu erreichen, dürften die von der Richtlinie erfassten Auftraggeber nicht aufgrund ihrer Rechtsstellung definiert werden“.118 Daher sollte sichergestellt werden, „dass die Gleichbehandlung von Auftraggebern im öffentlichen und privaten Sektor gewahrt bleibt“. Anschließend wird auf Art. 295 EG verwiesen, der die Privatisierungsneutralität des EG-Vertrags gewährleistet: Es sei gemäß Art. 295 EG dafür zu sorgen, dass die Eigentumsordnungen der Mitgliedstaaten unberührt blieben. Insofern kann daher nicht mehr von einem Mindeststandard an Wettbewerb gesprochen werden, den der Bund durch seine Anwendung des Vergaberechts zugunsten des Wettbewerbs „nach Belieben“ verschärfen kann. Denn der europäische Gesetzgeber geht mittlerweile offenbar davon aus, dass eine Ungleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen und privaten Akteuren einer wirklichen Marktöffnung und einer angemessenen Gleichbehandlung widerspricht. Während also die überwiegende Ansicht eine weite Anwendung des Vergaberechts grundsätzlich als einen Dienst am europäischen Wettbewerb betrachtet, sieht der europäische Verordnungsgeber in der Ungleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen und privaten Versorgungsunternehmen wettbewerbsverzerrende Umstände. Eine Einstufung des § 98 Nr. 2 GWB aus richtlinienkonformer Auslegung als Lex specialis kommt daher nicht in Frage. bb) § 98 Nr. 2 GWB als Lex specialis? Betrachtet man zudem den Anwendungsbereich des § 98 Nr. 2 GWB im Vergleich zu § 98 Nr. 4 GWB, so stellt man fest, dass Ersterer auch öffentlich-rechtEuGH, Hans Hönig / Stadt Stockach, NJW 1996, 113. Hertwig, Hat ein kommunales Verkehrsunternehmen den Abschnitt 3 oder den Abschnitt 4 von VOB / A bzw. VOB / B anzuwenden?, NZBau 2003, 545. 117 Richtlinie 2004 / 17 / EG zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und Richtlinie 2004 / 18 / EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge. 118 So auch schon Erwägungsgrund 9 der RL 93 / 38 / EWG. 115 116

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liche Körperschaften umfasst und insofern einen weiteren Kreis von juristischen Personen umfasst als § 98 Nr. 4 GWB. Auch beinhaltet die Zugehörigkeit einer privaten Gesellschaft zum Sektorenbereich keine generellere Beschreibung als das Merkmal, dass die Gesellschaft zu dem Zweck gegründet wurde, eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe nichtgewerblicher Art zu erfüllen. Denn das Merkmal der Beherrschung trifft auf beide Vorschriften gleichermaßen zu. Geht man hinsichtlich des Merkmals der „nicht gewerblichen Art und Weise“ davon aus, dass dies auch das Vorliegen von Wettbewerb in diesem Bereich beinhaltet, so stellt sich das Merkmal „der ausschließlichen oder besonderen Rechte“ als spezielleres Merkmal dar.119 Denn es beschreibt den Grund der Wettbewerbsbeschränkung. Daher ist eine Spezialität des § 98 Nr. 2 GWB gegenüber § 98 Nr. 4 GWB nicht gegeben, vielmehr ist § 98 Nr. 4 GWB die speziellere Vorschrift. cc) Ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers? Der vermeintliche Vorrang des § 98 Nr. 2 GWB wird auch darauf gestützt, dass der Bundesgesetzgeber dies angeblich in § 101 V 2 GWB zum Ausdruck gebracht habe.120 Durch die Verwendung des Wortes „nur“ in dieser Norm sollten ausschließlich Auftraggeber i. S. d. § 98 Nr. 4 GWB das Vergabeverfahren frei wählen dürfen, und damit nur private Unternehmen, die besondere oder ausschließliche Rechte genössen. Dies spräche nach dieser Ansicht für eine Entscheidung des Gesetzgebers für § 98 Nr. 2 GWB als Lex specialis. Dagegen ordnet § 101 V 2 GWB für öffentliche Auftraggeber die Geltung des offenen Vergabeverfahrens an, solange nichts anderes gesetzlich bestimmt ist. Die Norm räumt zudem die Möglichkeit einer weiteren gesetzlichen Bestimmung ein. Eine gesetzliche Entscheidung wurde durch § 98 Nr. 4 GWB zunächst nur für diejenigen privaten Unternehmen getroffen, die ausschließliche oder besondere Rechte genießen, da die staatlich beherrschten, privatrechtlich organisierten Unternehmen im Wasserbereich auch unter § 98 Nr. 2 GWB fallen. Von der Möglichkeit der Konkretisierung des persönlichen Anwendungsbereiches hat der Verordnungsgeber im Rahmen der durch § 97 VI GWB erteilten Verordnungsermächtigung durch den § 7 VgV Gebrauch gemacht.121 Durch 7 II VgV wird bestimmt, dass nicht allein die Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB, sondern auch Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 – 3 GWB in manchen Sektoren das Vergabeverfahren frei wählen dürfen. In dieser Vorschrift heißt es durch den Verweis auf die jeweiligen 4. Abschnitte der Verdingungsverordnungen, dass die in § 98 Nr. 4 GWB genannten Auftraggeber in der Wahl der Vergabearten frei sind. Da es an dieser Stelle an dem 119 Hertwig, Hat ein kommunales Verkehrsunternehmen den Abschnitt 3 oder den Abschnitt 4 von VOB / A bzw. VOB / B anzuwenden?, NZBau 2003, 545, 546. 120 Dreher, in: Immenga / Mestmäcker, GWB, § 99 Rdnr. 145 (2001). 121 Hertwig, Hat ein kommunales Verkehrsunternehmen den Abschnitt 3 oder den Abschnitt 4 von VOB / A bzw. VOB / B anzuwenden?, NZBau 2003, 545, 546.

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beschränkenden „nur“ fehlt, steht diese Möglichkeit auch den Unternehmen frei, die zusätzlich den § 98 Nr. 2 GWB erfüllen. Dass in § 7 II GWB die gleiche Möglichkeit in bestimmten Sektorenbereichen zusätzlich den Unternehmen nach § 98 Nr. 1 – 3 GWB eingeräumt wird, ist kein Indiz dafür, dass die Erforderlichkeit des Wortes „nur“ an dieser Stelle vom Verordnungsgeber übersehen wurde.122 Denn nicht alle beherrschten Unternehmen nach § 98 Nr. 2 GWB werden von § 98 Nr. 4 GWB umfasst, da unter § 98 Nr. 2 GWB zudem juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen. Somit ist damit keine doppelte Nennung derselben Gruppe von staatlich beherrschten Unternehmen verbunden. Daher kann auch aus § 101 V 2 GWB nicht auf einen Vorrang des § 98 Nr. 2 GWB vor § 98 Nr. 4 GWB geschlossen werden. dd) Ergebnis Die Annahme, § 98 Nr. 2 GWB sei Lex specialis zu Nr. 4, wird weder durch den Wortlaut des Gesetzes noch durch eine Auslegung der alten und neuen SKR gestützt. Zwar wird durch diese Ansicht eine Gleichbehandlung aller staatlichen Auftraggeber erreicht, indem die in privatrechtlicher und in öffentlich-rechtlicher Form organisierten staatlichen Auftraggeber gleichgestellt werden. Angesichts der Unklarheit über den Vorrang der jeweiligen Normen ergibt jedoch die Untersuchung, dass § 98 Nr. 4 GWB spezieller ist als die Nr. 2 der Vorschrift. Zudem missbilligt die SKR ausdrücklich jegliche Ungleichbehandlung der Unternehmen aufgrund der Rechtsstellung ihrer Eigentümer. Richtlinienkonform ausgelegt fallen somit die privatrechtlich organisierten, staatlich beherrschten Unternehmen unter § 98 Nr. 4 GWB.

3. Sachlicher Anwendungsbereich Werden die Schwellenwerte erreicht, ist der vierte Abschnitt der VOB / A bzw. VOL / A auf die genannten Privatisierungsmodelle anwendbar. Folgt man der oben dargestellten Meinung und verneint den Vorrang des § 98 Nr. 2 GWB vor § 98 Nr. 4 GWB, so begrenzt sich die Anwendung der Vergabevorschriften im Sektorenbereich auf den vierten Abschnitt der jeweiligen Verdingungsordnungen. Dies bedeutet für Liefer- und Bauaufträge die Vergabe nach den Bestimmungen der jeweiligen 4. Abschnitte. Bei Dienstleistungen muss hingegen unterschieden werden, ob es sich um „vorrangige“ oder „nachrangige“ Dienstleistungen handelt.123 Vorrangige Dienstleistungen werden im Anhang I A, nachran122

So aber Marx, in: Motzke u. a., Beck’scher VOB-Kommentar, Teil A, § 98 GWB Rdnr.

24. 123

Stickler, in: Reidt / Stickler / Glahs, Vergaberecht, § 99 GWB Rdnr. 32 (2003).

15 Forster

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

gige im Anhang I B der VOL / A aufgezählt.124 Da „sonstige Dienstleistungen“ in Anhang I B aufgeführt sind, werden auf Dienstleistungen im Sektorenbereich generell nur die Bekanntmachungspflichten über die Auftragserteilung nach §§ 6 und 12 des 4. Abschnitts der VOL / A angewendet. Grundsätzlich werden alle Dienstleistungs-, Bau- und Lieferaufträge vom Vergaberecht erfasst. Fraglich ist dies jedoch hinsichtlich der Dienstleistungskonzessionen. Mittlerweile ist jedoch geklärt, dass die Dienstleistungskonzession nicht vom Vergaberecht erfasst wird, da diese nicht unter das Merkmal der „entgeltlichen“ Verträge fällt.125 Im Gegensatz dazu werden nach § 7 I VgV i. V. m. § 32 VOB / A die Baukonzessionen im Trinkwassersektor vom Vergaberecht umfasst. Mittlerweile ist auch geklärt, dass auch öffentlich-rechtliche Verträge dem Vergaberecht unterliegen.126 Umfasst zudem ein Vertrag unter anderem Konzessionen, sind die einzelnen Vertragsbestandteile für sich zu betrachten.127

4. Das Vergabeverfahren Die Vergabeverfahren unterschieden sich insbesondere nach der Anzahl der Bewerber. Beim offenen Verfahren können alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot abgeben, während beim nicht offenen Verfahren nur die vom öffentlichen Auftraggeber aufgeforderten Lieferanten ein Angebot abgeben können.128 Beim Verhandlungsverfahren wenden sich die Auftraggeber an Wirtschaftsteilnehmer ihrer Wahl. Unter das Verhandlungsverfahren fallen die Verhaltensweisen beim Einkauf, an die keine oder nur ganz wenige formale Anforderungen gestellt werden: nach grundsätzlich durchzuführender Bekanntmachung und Teilnahmewettbewerb wendet sich der Auftraggeber an einen oder mehrere Unternehmen und ,verhandelt‘ mit diesen, bzw. diesem.129 ,Verhandeln‘ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Auftraggeber und potenzieller Auftragnehmer Auftragsinhalt und Auftragsbedingungen solange besprechen bis klar ist, was der Auftraggeber tatsächlich und ganz konkret einkaufen will, zu welchen Konditionen der Auftragnehmer liefert und insbesondere auch zu welchem Preis geliefert wird.130 Dem Verhandlungsverfahren 124 Die Einteilung entspricht den Regelungen in Anhang XVI A und B der Sektorenrichtlinie 93 / 38 / EWG a. F., bzw. Anhang VII A und B der RL 2004 / 17 / EG. 125 Werner / Köster, Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „entgeltlich“ i. S. von § 99 I GWB, NZBau 2003, 420, 422. 126 BayObLG, VergabeR 2003, 63; OLG Düsseldorf, NZBau 2003, 5; Byok, Die Entwicklung des Vergaberechts seit 2002, NJW 2004, 198, 201. 127 EuGH, C-324 / 98, Telaustria und Telefonadress, Slg. 2000 – 12, I – 10747. 128 Vgl. Art. 1 XI a VKR; Art. 1 IX a SKR sowie die entsprechenden Vorgängerrichtlinien. 129 Marx, in: Motzke u. a., Beck’scher VOB-Kommentar, § 101 GWB Rdnr. 7 (2001). 130 Marx, in: Motzke u. a., Beck’scher VOB-Kommentar, § 101 GWB Rdnr. 7 (2001).

A. Auswahl des privaten Partners in Deutschland

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hat grundsätzlich ein Teilnahmewettbewerb vorauszugehen.131 Am Ende wird der Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen, das am Schluss übrig geblieben ist. Für den gesamten Verfahrensablauf gelten die allgemeinen Vergabegrundsätze. Das offene Verfahren bietet aufgrund der möglichst großen Teilnehmerzahl potentiell den meisten Wettbewerb. Der Vorteil des Verhandlungsverfahrens liegt in der größeren Flexibilität, da Auftraggeber insbesondere bei komplexen Aufträgen ihren eigenen Bedarf nicht von vorneherein kennen.132 Das deutsche Vergaberecht sieht mit Ausnahme der nur unter § 98 Nr. 4 GWB fallenden Sektorenunternehmen nach § 101 V GWB eine Hierarchie der Vergabeverfahren vor. Demnach ist grundsätzlich das offene Verfahren durchzuführen, das nicht offene oder das Verhandlungsverfahren dürfen nur bei Hinzutreten besonderer Umstände angewendet werden.133 Diese Hierarchie geht auf die Übernahme haushaltswirtschaftlicher Grundsätze zurück.134

V. Zusammenfassung Die europäischen Vergaberichtlinien wurden in Deutschland zwar umgesetzt, jedoch behielt der Gesetzgeber grundsätzlich die Regelungen des deutschen Vergaberechts bei. Während das Europarecht die Wasserversorgung einem besonderen Vergaberegime unterstellt, das an die Funktion der Unternehmen als solche der Wasserversorgung anknüpft, stellt das deutsche Vergaberecht hingegen auf die rechtlichen Eigenschaften der Vergabestellen ab. Das europäische Vergaberecht behandelt alle Unternehmen im Wassersektor unabhängig von ihrer Rechtsform gleich, da es auf die Verminderung die Wettbewerbsbeeinträchtigung in diesen Sektoren abzielt. Das deutsche Vergaberecht hingegen legt an staatliche Auftraggeber strengere Maßstäbe an. Nach dem Erlass der SKR sind Unternehmen die sowohl § 98 Nr. 2 GWB als auch § 98 Nr. 4 GWB unterliegen, wie Letztere zu behandeln. Die Ungleichbehandlung von Unterneh131 Dieser beinhaltet mehrere Stufen: zunächst ist der zu vergebende Auftrag dem Amt für amtliche Bekanntmachungen der EG zu übermitteln und wird anschließend EG-weit bekannt gemacht. Nachdem die Bewerber ihre Angebote abgegeben haben, sondiert der Auftraggeber den Kreis der möglichen Bieter und wählt diejenigen Unternehmen aus, mit denen er in Verhandlung treten möchte. Auf die Bekanntmachung darf nur bei Erfolglosigkeit eines vorausgegangenen offenen oder nicht offenen Verfahrens verzichtet werden, oder wenn aus technischen oder rechtlichen Gründen nur ein einziges Unternehmen die Leistung erbringen kann; zudem entfällt das Bekanntmachungserfordernis in Fällen absoluter Dringlichkeit. 132 Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts, 116 (2001); Um hier mehr Wettbewerb zu ermöglichen, hat der Richtliniengeber in der VKR (jedoch nicht im Sektorenbereich) das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs eingeführt, das die Erarbeitung der Auftragsanforderungen noch während des Vergabeverfahrens ermöglicht (Art. 1 XI c SKR). 133 2. Abschnitt § 3 VOL / A; 2. Abschnitt § 3 VOB / A. 134 Prieß, Handbuch des europäischen Vergaberechts, 114 (2001).

15*

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

men im deutschen Vergaberecht reduziert sich somit auf das Verhältnis der privatrechtlich zu den öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen, unabhängig von deren Eigentümerstruktur. Die Ungleichbehandlung bleibt jedoch grundsätzlich bestehen. Die Dienstleistungskonzession wird derzeit vom Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien und des deutschen Vergaberechts ausgespart. Die Kommission und der EuGH haben jedoch die Dienstleistungskonzession durch eine Auslegung der allgemeinen Vertragsregeln eigenen Vergaberegelungen unterworfen, die bei einer Konzessionserteilung zu beachten sind. Die Vergabe eines Auftrags an institutionelle Partnerschaften unterliegt dem Vergaberecht. Die ,In-House‘-Privilegierung entfällt bereits bei Beteiligung eines Privaten, ohne dass es auf die Höhe des Gesellschaftsanteils ankommt. Die Neugründung und gleichzeitige Vergabe eines Auftrags an eine institutionelle Partnerschaft unterliegt dem Vergaberecht. Das gleiche gilt bei der nachträglichen Beteiligung an einer mit einem öffentliche Auftrag oder einer Konzession betrauten Gesellschaft, wenn eine Umgehungsabsicht im Zeitpunkt der Auftragsvergabe festzustellen ist. Liegt keine solche Absicht vor, sind auf eine spätere Beteiligung die allgemeinen EG-Vertragsgrundsätze anwendbar.

B. Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten In den Vereinigten Staaten ist die Regelung des Vergaberechts mangels Kompetenzzuweisung an den Bund Angelegenheit der Bundesstaaten. Der Bund hingegen erlangt durch die Überwachung seiner Fördermittel oftmals ein Mitspracherecht bei Privatisierungsvorgängen in der Wasserversorgung. Es wird insoweit auf die dortigen Regelungen eingegangen, sofern diese Besonderheiten für die Privatisierung der Wasserversorgung beinhalten. Bislang haben nur wenige Staaten eigene Privatisierungsgesetze für Infrastruktureinrichtungen, insbesondere für Wasserversorgungsunternehmen, erlassen. Eine Änderung kann hier die Neufassung des ABA Model Procurement Code bewirken, dessen vorherige Fassung Vorlage für die Entwicklung eines eigenen Vergaberechts in einem Großteil der Bundesstaaten gewesen ist. Hierbei handelt es sich um ein von der amerikanischen Anwaltskammer entwickeltes Mustergesetz, dass von zahlreichen Staaten und kommunalen Körperschaften als Grundlage für die eigene Auftragsvergabe übernommen wurde.135 Die Vergabe von ,Franchises‘ wird dann relevant, wenn das Wasserversorgungsunternehmen im eigenen Namen gegenüber den Kunden auftritt. Die ,Fran135 American Bar Association, ABA Model Procurement Code for State and Local Government (2000).

B. Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten

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chise‘-Vergabe unterscheidet sich grundlegend von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Im Gegensatz zu dieser unterliegt die ,Franchise‘-Erteilung kommunalrechtlichen Auflagen, die nicht selten die Beteiligung der örtlichen Bevölkerung erfordern.

I. Bundesstaatlicher Einfluss auf staatliche Wasserprivatisierungen Die Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen ist Angelegenheit der Bundesstaaten. Dennoch behält der Bund über die Finanzierung bundesstaatlicher Wasserversorgungsprojekte und das Steuerrecht maßgeblichen Einfluss auf bundesstaatliche Privatisierungsverfahren. Zwar hat der Bund in den letzten Jahren zahlreiche Privatisierungsbarrieren abgebaut. So erging für Bundesbehörden die allgemeine Anordnung, Privatisierung als Lösung für Probleme im Infrastrukturbereich zu unterstützen.136 Auch wurden die Rückzahlungsbedingungen für Hilfen aus Bundesmitteln im Falle von Wasserprivatisierungen gelockert, da nun im Falle einer Privatisierung die Bundesmittel nicht mehr vollständig zurückerstattet werden müssen.137 Die Environmental Protection Agency, eine in ihren Aufgaben dem Bundesumweltministerium vergleichbare Bundesbehörde, besitzt jedoch weiterhin ein Mitspracherecht bei der Privatisierung von Wasserversorgungsanlagen, wenn diese Anlagen mit Hilfe von Bundesmitteln gebaut wurden.138 Ebenso haben die Entscheidungen des Internal Revenue Service, der Bundessteuerbehörde, großen Einfluss auf kommunale Privatisierungsvorhaben. Die Kommunen finanzieren ihre Infrastrukturprojekte meist durch die Ausgabe von Anleihen. Da der Bund diesen kommunalen Anleihen im Verhältnis zu privat ausgegebenen Anleihen Steuervorteile gewährt, können die Kommunen sich grundsätzlich billiger als Private auf dem Kapitalmarkt Mittel für ihre Infrastrukturprojekte beschaffen.139 Über die Festsetzung der Bestimmungen für die Steuerbefreiung kommunaler Anleihen bestimmt der IRS die Bedingungen für Privatisierungsvorhaben. Eine der für die Privatisierung von Wasserversorgungsunternehmen bedeutendsten Neuerungen geht auf eine Entscheidung des IRS zurück. Nachdem die Executive Order No. 12803 nicht die erhofften Privatisierungserfolge brachte140, verlängerte der IRS 1997 die §§ 1.1410 ff. IRC dahingehend, dass BetriebsführungsPresident William J. Clinton, Executive Order No. 12893 vom 26. 1. 1994. President George Bush, Executive Order No. 12803 vom 30. 4. 1992. 138 Moore, The Law and Economics of Privatization, 18 (2000). Für das Jahr 2004 hat die EPA im Rahmen des Drinking Water State Revolving Fund Programms etwa 850 Millionen Dollar vergeben, Water Tech Online vom 19. April 2004 (www.watertechonline.com). 139 Aprill, Georgia Law Review 1992, Excluding the Income of State and Local Governments: The Need For Congressional Action 421, 467. 136 137

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

verträge bis zu einer Dauer von 20 Jahren geschlossen werden durften.141 Vor 1997 begrenzte der U.S. Internal Revenue Code durch die ,Private Activity Bond Rules‘ der §§ 1.141 – 0 bis 15 IRC die Privatisierung mit Hilfe von Betriebsführungsverträgen. Die Steuerbefreiung entfiel, wenn sich die Kommunen die Option zur Kündigung nach drei Jahren nicht offen hielten und die Gesamtlaufzeit 5 Jahre überstieg. Aufgrund der kurzen Laufzeiten fehlte somit den Privaten die Möglichkeit, größere Investitionen zu amortisieren sowie den Kommunen die Möglichkeit, das Risiko hierfür auf den Privaten zu übertragen. Die Neuregelung brachte durch die zunehmende Verwendung von langfristigen Betriebsführungsverträgen eine nahezu sofortige Wirkung mit sich.142 Nach dem gegenwärtigen US-Steuerrecht bringt somit die Eigentümerstellung Privater keine Vorteile mit sich, es sei denn, die Gemeinde hat die Kapazität ihrer Schuldenaufnahme ausgeschöpft und kann keine Fremdfinanzierungsmaßnahmen mehr durchführen, die an sich für die Privatwirtschaft mit höheren Kosten verbunden wären. Hierin liegt der Hauptgrund für die relative Häufigkeit der Betreiberbzw. Betriebsführungsmodelle zu anderen Privatisierungsvarianten.

II. Gliedstaatliche Privatisierungsgesetze Bei der Neufassung des ABA Model Procurement Code (MPC) aus dem Jahr 2000 handelt es sich um einen Vorschlag für ein Vergabegesetz seitens der American Bar Association, dem keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt. Aufgrund der Übernahme des ersten Vorschlages von 1979 in mehr als 15 Bundesstaaten wird jedoch erwartet, dass auch die Neufassung in zahlreichen Staaten adaptiert wird.

1. Der ABA Model Procurement Code Der MPC wurde im Jahr 2000 grundlegend überarbeitet und enthält in seinem Art. 5 erstmals eigene Bestimmungen für Infrastrukturaufträge, zu denen nach § 5 – 101 VIII MPC die Anlagen der Wassergewinnung und -verteilung gehören.

140 Revenue Procedure 97 – 13, dazu Conlon / Kennard, Final Regs. on Tax-Exempt Private Activity Bonds – Strict New Rules for Municipal Finance, WG&L Journals 1998, 141 Nur 2 Fälle der Anwendung von Executive Order No. 12803, nämlich Wasser- bzw. Abwasserprivatisierungen in Cranston, R.I. (1997) und in Franklin, Ohio (1995) sind bekannt. Dies liegt offenbar an der langen Dauer des Zustimmungsverfahrens. 142 Moore, The Law and Economics of Privatization, 19 (2000).

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a) Allgemeine Bestimmungen Art. 1 MPC enthält den allgemeinen Teil mit Definitionen und insbesondere mit der Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereiches. Dabei ist vorgesehen, dass entweder der Bundesstaat für alle seine kommunalen Körperschaften die Geltung des MPC anordnet oder aber diese Entscheidung den Kommunen selbst überlassen bleibt. In Art. 2 MPC werden die Organisation und die Kompetenzen der Vergabestellen bei den öffentlichen Auftraggebern beschrieben. Art. 3 MPC regelt das Vergabeverfahren und das Zustandekommen der Verträge. Von besonderer Bedeutung ist zudem Art. 9 MPC, der die Ausgestaltung des mit dem Vergabeverfahren verbundenen Rechtsschutzes für Bieter und den Umgang mit Verletzungen des Vergaberechts regelt. b) Besonderheiten bei Infrastrukturprojekten In der älteren Fassung des Gesetzesvorschlags enthielt Art. 5 MPC besondere Aspekte der Vergabe öffentlicher Bauaufträge. In der Neufassung werden Methoden der Leistungserbringung und der Projektfinanzierung definiert und insbesondere deren gleichzeitige Verwendung durch die Auftraggeber bei Infrastrukturprojekten geregelt.143 Art. 5 MPC enthält 5 verschiedene Auftragstypen. Zunächst bezeichnet das ,Design-Build‘-Modell nach § 5 – 101 III MPC einen Auftrag, bei dem der Auftraggeber in einem einzigen Auftrag die Planung und den Bau einer Infrastrukturanlage vergibt. Der ,Design-Build‘-Auftrag kann in verschiedenen Varianten vergeben werden. Will der Auftraggeber zusätzlich den Betrieb der Anlage und deren Erhaltung an den Auftragnehmer vergeben, dann liegt ein ,Design-Build-Operate-Maintain‘-Auftrag nach § 5 – 101 V MPC vor. Dabei erhält der Auftragnehmer sein Entgelt vom Auftraggeber. Ist der Auftraggeber der Ansicht, das Projekt könne vom Auftragnehmer selbst durch Wasserpreise finanziert werden, die er von den Nutzern des Projektes einzieht, so handelt es sich um einen ,Design-Build-Finance-Operate-Maintain‘-Auftrag nach § 5 – 101 IV MPC. Dies entspricht der Verwendung des Begriffes ,unentgeltlich‘ im deutschen und europäischen Vergaberecht. Das ,Design-Bid-Build‘-Modell nach § 5 – 101 II MPC bezeichnet einen Auftrag, der in zwei Stufen vergeben werden muss, wenn etwa die Bestimmung der Projektanforderungen die vorherigen Leistungen eines Architektur- oder Ingenieurbüros erfordert. Dieser Ansatz kann auch für die Dienstleistungen, die keine Bauleistungen darstellen, verwendet werden.144 143 American Bar Association, ABA Model Procurement Code for State and Local Government, XIV (2000). 144 American Bar Association, ABA Model Procurement Code for State and Local Government, 46 (2000).

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

Das ,Operation and Maintenance‘-Modell, welches einen weiteren der in Art. 5 MPC aufgeführten Aufträge darstellt, bezeichnet die Vornahme der für den Betrieb, die Reparatur und Erhaltung beispielsweise einer Wasserversorgungsanlage nötigen Tätigkeiten nach § 5 – 101 IX MPC. Bei den genannten Projekten handelt es sich um die einzig im Bereich von Infrastrukturprojekten zulässigen Auftragsarten. Die einzelnen Aufträge sollen in unterschiedlichen Verfahren vergeben werden. Während für die ,Design-Build‘-Varianten nach § 5 – 202 VI-VIII MPC das ,Competitive Sealed Proposal‘-Verfahren vorgesehen ist, sollen beim ,Design-Bid-Build‘-Auftrag zunächst die Architektenbzw. Ingenieursdienste vergeben werden. Hierfür wird in § 205 MPC ein besonderes Verfahren vorgeschlagen, bei dem zunächst drei Architekten- bzw. Ingenieurbüros anhand ihrer Qualifikation ausgesucht werden sollen und anschließend der Auftraggeber zunächst mit dem fachlich geeignetsten Interessenten in Preisverhandlungen hinsichtlich der Dienstleistungen eintritt. Kann keine Einigung erzielt werden, soll der Auftraggeber in Verhandlungen mit dem zweitplazierten Interessenten eintreten. Das ,Competitive Sealed Proposal‘-Verfahren des § 2 – 303 MPC ist ein Vergabeverfahren, das mit der Auswahl des günstigsten den Anforderungen entsprechenden Angebots endet. Die Gebote werden zuvor in geschlossenen Umschlägen eingereicht, die nach Ablauf der Angebotsfrist öffentlich geöffnet werden. Zusätzlich enthält Art. 5 MPC in Abschnitt C die Verpflichtung aller Bieter, die am ,Competitive Sealed Proposal‘-Verfahren teilnehmen, zur Gewährung von Sicherheiten in Höhe von 5% der Auftragssumme. Diese Summe dient als Sicherheit, um einerseits die Verbindlichkeit der abgegebenen Gebote zu unterstreichen und die Liquidität des Auftragnehmers hinsichtlich von Subunternehmern und der zuverlässigen Auftragserledigung zu gewährleisten.145 Abschnitt D sieht die Aufnahme bestimmter Klauseln in nach Art. 5 MPC vergebenen Verträgen vor. Dabei handelt es sich um Klauseln, die dem Auftraggeber die Vertragsanpassung in besonderen Fällen ermöglichen sollen, sowie Klauseln hinsichtlich der Vertragsbeendigung. 2. Neuere Entwicklungen bei einzelstaatlichen Bieterverfahren Die Bundesstaaten regeln die Privatisierungsprozesse für staatliche Behörden und kommunale Körperschaften als eigene Angelegenheiten. Dabei sind Privatisierungsprozesse in den Kommunen oftmals anderen Bestimmungen unterworfen als diejenigen staatlicher Behörden. Hauptanliegen der meisten Privatisierungsgesetze ist die Art der Einreichung von privaten Angeboten und deren Bewertung. Hinsichtlich der Art der Einrei145 American Bar Association, ABA Model Procurement Code for State and Local Government, 51 (2000).

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chung wird vor allem danach entschieden, ob Private auch ungefragt Angebote einreichen dürfen sollen. Um möglichen Korruptionsversuchen vorzubeugen, verbieten die meisten Bundesstaaten solche ,Unsolicited Bids‘. Da auf diese Weise jedoch grundsätzlich auf Innovationen seitens des privaten Sektors verzichtet würde, haben Staaten wie Texas, Kalifornien und Florida diese Art des Bieterverfahrens zugelassen.146 Im weithin üblichen Vergabeverfahren erhält derjenige den Zuschlag, der das hinsichtlich eines von der Behörde festgelegten Anforderungskatalogs günstigste Angebot unterbreitet. Hierdurch wird die Möglichkeit ausgeschlossen, dass der Private Vorschläge hinsichtlich der Ausführung der ausgeschriebenen Tätigkeit unterbreitet, wodurch auf sein Innovationspotential verzichtet werden muss. Um die Ideen des Privaten in die Ausschreibung einzubeziehen, haben manche Staaten in ihren Vergabeverfahren auch die Verbindung von Entwurf- und Bauleistungen in Verträgen und ,Competitive Negotiations‘, d. h. wettbewerblichen Dialog zugelassen.147 Sowohl Kalifornien, New Jersey, Minnesota und Georgia gestatten ihren kommunalen Körperschaften bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auf herkömmliche Verfahren zu verzichten und Aufträge im wettbewerblichen Dialog zu vergeben.148 In anderen Staaten werden flexiblere Vergabeverfahren bei besonderen oder persönlichen Auftragskategorien zugelassen. Die Vergabe von Konzessionen unterliegt in allen Staaten der Vereinigten Staaten besonderen Anforderungen. Auch wenn die besonderen Anforderungen an Konzessionen oftmals mit der größeren Autonomie des Konzessionärs oder der besonderen Bedeutung der konzessionierten Tätigkeit begründet werden, ist die Einstufung einer Tätigkeit als Konzession Sache des Gesetzgebers bzw. der Gerichte. Hiervon unterscheiden sich wiederum die Anforderungen für die Übertragung von Anlagevermögen wie etwa Wasserversorgungsanlagen. Auch in Kalifornien unterliegt der Verkauf von kommunalem Eigentum verschärften Vergaberegeln, so dass hier nur das herkömmliche Bieterverfahren, nicht aber ein Verhandlungsverfahren angewendet wird.149 Art. 16 der Verfassung Kaliforniens enthält die Regelung, wonach Staatseigentum nur verkauft werden darf, wenn dies dem Gemeinwohl dient. Manche Staaten verlangen zusätzlich besondere Schätzverfahren, um den Mindestverkaufspreis des betreffenden Eigentums festzustellen.

146 147 148 149

Moore, The Law and Economics of Privatization, 21 (2000). Georgia Code § 36 – 10 – 2 (2004). Moore, The Law and Economics of Privatization, 21 (2000). §§ 37350 f. California Government Code (2004).

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

III. Die ,Franchise‘-Vergabe Die Rechtssysteme in den Vereinigten Staaten und Deutschland unterscheiden sich gerade im öffentlichen Recht stark voneinander. Das amerikanische öffentliche Recht kennt zwar die Unterscheidung hoheitlich / privat, jedoch gibt es kein dem deutschen öffentlich-rechtlichen Vertrag vergleichbares Institut, da Verträge mangels eines dem deutschen Verwaltungsrechtsweg vergleichbaren Rechtswegs grundsätzlich vor den „ordentlichen“ Gerichten verhandelt werden.150 In den Vereinigten Staaten besteht jedoch ein der klassischen Konzession vergleichbares Rechtsinstitut, das ,Franchise‘. Trotz der substantiellen Unterschiede zwischen deutschem und amerikanischem Verwaltungsrecht erinnert das ,Franchise‘ in seiner Konzeption stark an die Konzession im Sinne Otto Mayers, der das Rechtsinstitut ja selbst aus dem französischen ,Service Public‘ übernommen hat.151 Ein Vergleich der Entwicklung des ,Franchise‘-Vertrages mit der Konzession ist vor allem deswegen interessant, da in den Vereinigten Staaten die Konzessionäre der umfassenden wirtschaftlichen Regulierung durch Regulierungsbehörden unterliegen, obwohl auch dort die Wasserversorgung im Wesentlichen eine örtliche Angelegenheit ist. Da jedoch die Konzession schon vor Schaffung der Regulierungsbehörden verwendet wurde, können anhand der Entwicklung der Konzession als kommunales Regulierungsinstrument bis zur Einsetzung einer Regulierungsbehörde auch für den deutschen Konzessionsbegriff Schlussfolgerungen gezogen werden. Die staatlichen Regulierungsbefugnisse von Versorgungsunternehmen wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in deren Körperschaftssatzungen geregelt.152 Die Konzession als Gestattung der Tätigkeit Privater war ursprünglich Teil dieser Körperschaftssatzungen, so dass ,Public Utilities‘ auch als ,Franchise Corporations‘ bezeichnet werden.153

150 Die ,Administrative Law Judges‘ stellen einen behördeninternen Rechtsweg dar, der am ehesten mit dem Widerspruchsverfahren verglichen werden kann. 151 Die im Zusammenhang mit der Regulierung von ,Public Utilities‘ verwendete Bedeutung des ,Franchise‘ ist auch im amerikanischen Recht vom auch im deutschen Recht bekannten zivilrechtlichen Franchisevertrag abzugrenzen. Bei letzterem gewährt der meist private Inhaber einer Marke, eines Namens oder eines Schutzrechtes dem Franchisenehmer in einem bestimmten Gebiet geschäftlich tätig zu werden, Black’s Law Dictionary, Franchise, 668; siehe auch Creyfelds, Franchisevertrag, 466. Beim ,Public Utility Franchise‘ hingegen geht es um die staatliche Gewährung eines Rechts. 152 Hovenkamp, The Classical Corporation in American Legal Thought, Georgetown Law Journal, 1988, 1593, 1628; Munn v. Illinois, 94 U.S. 113 (1876). 153 Hovenkamp, 1630.

B. Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten

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1. Die Gewährung des Körperschaftsstatus Der klassischen Konzession wie auch dem ,Franchise‘ liegt der Gedanke zugrunde, einem Privaten ein dauerhaftes, schwer widerrufbares Recht zu gewähren, welches diesem einen gewissen Schutz für seine Investitionen bietet. Ein ,Franchise‘ gilt als ein Eigentumsrecht, das in der Form eines zwischen Staat und Privatem geschlossenen Vertrags zustande kommt.154 Somit fällt es unter den verfassungsrechtlichen Schutz der gliedstaatlichen und bundesrechtlichen ,Contract Clauses‘.155 Daher muss die Rechtmäßigkeit einer einseitigen staatlichen Rücknahme an den Maßstäben einer Enteignung gemessen werden. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden ,Franchises‘ zur Durchführung bestimmter Aufgaben vom Souverän, also vor der Unabhängigkeit dem britischen Monarchen bzw. später der republikanischen Legislative, durch Gewährung einer Satzung verliehen.156 Meist erhielten dabei aufgrund der hohen Baukosten mehrere Personen das Recht, zur Durchführung dieses Vorhabens eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit zu gründen. Der Inhalt des ,Franchise‘ wurde dabei durch den Satzungszweck der Körperschaft beschrieben, der beispielsweise im Bau und Betrieb einer Brücke bestand. Insofern bezeichnete ein ,Franchise‘ zunächst ein vom Souverän verliehenes „Privileg“. Für dieses „Privileg“ war kennzeichnend, dass es den Bürgern nicht aus dem ,Common Law‘ heraus zustand, sondern einer staatlichen Verleihung bedurfte.157 Ähnlich der Konzession nach Mayer leitete sich dieses somit direkt aus der staatlichen Souveränität her. Zugleich enthielt die Satzung oftmals bestimmte Verpflichtungen hinsichtlich der Preise der Dienstleistungen oder die Pflicht, die Leistungen des Unternehmens gegenüber jedermann anzubieten und diente damit als Regulierungsinstrument. Die Verleihung eines ,Franchise‘ hat trotz dessen Einordnung als staatliches Privileg vertraglichen Charakter.158 Die Vertragsnatur des ,Franchise‘ brachte mit sich, dass zahlreiche Rechte und Pflichten als stillschweigend vereinbart galten.159 Stevenson, Antieau on Local Government Law, § 24.10 (1995). City of Detroit v. Michigan Bell Tel. Co., 374 Mich. 543; cert. denied, 382 U.S. 107 (1965). 156 Beispielsweise Charles River Bridge v. Proprietors of Warren Bridge, 36 U.S. 420, 537 (1837); allgemein zur Geschichte der Regulierung siehe Wyman, Public Service Corporations, 2 ff. (1911). 157 Crawford Electric Co. v. Knox County Power Co., 110 Me. 285, 290 (1913); Chicago City Railway Co. v. The People ex. rel. Story, 73 Ill. 541, 547 (1874); Cain v. City of Wyoming, 104 Ill. 538, 540 (Ill. Ct. App. 2nd Dist. 1902); City of Mount Dora v. JJ’s Mobile Homes, Inc. 579 So. 2d 219, 223 (Fla. 5th DCA 1991). 158 Charles River Bridge v. Proprietors of Warren Bridge, 36 U.S. 420, 537 (1837). 159 Singer, No Right to Exclude: Public Accomodations and Private Property, Nortwestern University Law Review 1996, 1283,1401; Rossi, The Common Law ,Duty to Serve‘ and Protection of Consumers in an Age of Competitive Retail Utility Restructuring, Vanderbilt Law Review 1998, 1233, 1251; Coy v. Indianapolis Gas Co., 146 Ind. 655, 659 (1897); Waldron v. 154 155

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

Noch heute gilt die Versorgungspflicht der ,Public Utilities‘ unabhängig von gesetzlichen Regelungen mit der Annahme des ,Franchise‘ als stillschweigend vereinbart.160

2. Die Trennung der einzelnen ,Franchise‘-Varianten Zuweilen wurde die Ansicht vertreten, dass das Recht zur Gründung einer Körperschaft und die Berechtigung zur Handlung gemäß ihrem Gründungszweck untrennbar miteinander verbunden wären und ein ,Franchise‘ von einer Gesellschaft somit auch nicht übertragen werden könne.161 Spätestens mit dem Aufkommen der gesetzlichen Regulierung – und damit der Trennung von gesetzlichen und satzungsmäßig begründeten Regulierungsbefugnissen musste der Begriff des ,Franchise‘ jedoch präzisiert werden. Die Verbindung aus Rechtsgrundlage für die Gründung der Gesellschaft, die Straßennutzung und die Regulierung bedurfte der dogmatischen Trennung. Daraus entwickelten sich mehrere ,Franchise‘-Begriffe. Zunächst wurden die ,Corporate Franchises‘ in so genannte ,Primary‘ und ,Secondary‘ Franchises unterteilt. Ersteres bezeichnete das „[ . . . ] franchise of being a corporation [ . . . ]“.162 Das Recht zur Gründung einer Körperschaft wurde auch als ,Corporate Franchise‘ oder ,General Franchise‘ bezeichnet.163 Das ,Franchise‘ lag danach in der Hand der in der Körperschaft organisierten natürlichen Personen und bestand darin, eine Körperschaft und damit eine juristische Person zu bilden.164 Gleichzeitig wurde hierduch der Gesellschaftszweck bestimmt.165 Das Handeln als juristische Person ohne individuelle Haftung galt bereits als ursprünglich königliches Privileg, „[ . . . ] a royal privilege [ . . . ] subsisting in the hands of a subject.“166 International Water Co., 95 Vt. 135, 140 (1921), South Eastern Indiana Natural Gas Co. v. Ingram, 617 N.E. 2d 943, 951 (Ind. Ct. App. 1st Dist. 1993). 160 Tismer v. New York Edison Co., 228 N.Y. 156, 161 (Ct. App. 1920); Am. Jur. 2d Public Utilities, 462; hinsichtlich seiner Behauptung eines stillschweigend vereinbarten Gebietsschutzes unterlag der Kläger jedoch in Charles River Bridge v. Warren Brigde, 36 U.S. 420 (1837). 161 The People ex rel. FitzHenry v. Union Gas and Electric Co., 254 Ill. 395, 404 (1912). 162 Thompson, Commentaries on the Law of Corporations, § 6140, zitiert in Kansas v. Topeka Water Company, 61 Kan. 547, 560 (1900). 163 Joyce, A Treatise on Franchises, 25 (1909). 164 Fietsam v. Hay, 122 Ill. 293, 295 (1887); The People ex rel. FitzHenry v. Union Gas and Electric Co., 254 Ill. 395, 403 (1912). 165 Während ursprünglich Körperschaften überhaupt nur zu bestimmten Zwecken gegründet werden durften, können Körperschaften heute nahezu alle erdenklichen Zwecke verfolgen, die weitgehend nicht einmal mehr in der Satzung bezeichnet werden müssen, Hamilton, The Law of Corporations, 92 (2000), Hovenkamp, The Classical Corporation in American Legal Thought, Georgetown Law Journal 1988, 1593, 1628. 166 Fietsam v. Hay, 122 Ill. 293, 295 (1887).

B. Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten

237

Das ,Secondary Franchise‘ umfasst dagegen das Privileg zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, dessen eine Körperschaft, aber auch ein Privatmann bedarf, um bestimmte öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Nach heutiger Ansicht beinhalten ,Franchises‘ zwar nach wie vor ein staatlich verliehenes Privileg, das zumindest in manchen Staaten für die Aufnahme einer Tätigkeit wie der Wasserversorgung erforderlich ist. Hierunter fallen der Bau und Betrieb eines Wasserversorgungsunternehmens167 aber auch das Recht zur Einziehung von Wasserpreisen als Gegenleistung für die Wasserversorgung.168 Ein weiteres ,Secondary Franchise‘ ist das Recht zur Nutzung des kommunalen Wegenetzes, insbesondere zur Verlegung von Rohrleitungen. Durch die Gewährung des ,Franchises‘ bestimmt die kommunale Körperschaft den Zugang zu ihrem Versorgungsmarkt. Wie in Deutschland kann die Kommune grundsätzlich durch die Vergabe ihres Straßennutzungs-,Franchise‘ die Dienste des Versorgungsunternehmens vertraglich regulieren.

3. Die heutige Bedeutung Die heute verwendeten Definitionen spiegeln die Entwicklung des ,Franchise‘-Rechts wieder. Danach ist Gegenstand eines ,Franchise‘ das Privileg zur Ausübung einer Tätigkeit, die einem öffentlichen Zweck169 dient oder einen öffentlichen Dienst darstellt170 und welche ohne eine ausdrückliche staatliche Gewährung dieses Rechtes171 nicht erbracht werden darf.172 Es handelt sich um ein bestimmtes Recht, das vom Staat gewährt wird und zu dessen Ausübung natürliche oder juristische Personen nicht bereits durch das ,Common Law‘ berechtigt werden, weshalb kein Anspruch auf die Erteilung dieses Rechtes besteht.173 Im Kommunalrecht versteht man unter einem ,Franchise‘ das Recht von Versorgungsunternehmen zur Nutzung der kommunalen Wege für Zwecke der Infrastruktur.174 In manchen Staaten bleibt jedoch die Erteilung eines ,Franchises‘ nach wie 167 Kansas v. Topeka Water Company, 61 Kan. 547, 560 (1900); CSL Utilities, Inc. v. Jennings Water, Inc., 16 F.3d 130, 135 (7th Cir. 1993). 168 Beispielsweise Cal. Cons. Art. X § 6 (2004): „The right to collect rates or compensation for the use of water supplied to any county, city and county, or town, or the inhabitants thereof, is a franchise, and cannot be exercised except by authority of and in the manner prescribed by law“. 169 Petition of Vermont Electric Power Producers, Inc., 165 Vt. 282, 289 (1996). 170 CSL Utilities, Inc. v. Jennings Water, Inc., 16 F.3d 130, 135 (7th Cir. 1993). 171 Ex Parte Polite, 97 Tex. Crim. 320, 324 (1924); Petition of South Lakewood Water, 61 N.J. 230, 238 (1972). 172 Am. Jur. 2nd, Franchises from Public Utilities, 593. 173 Am. Jur. 2nd, Franchises from Public Utilities, 593; Alachua County v. Florida, 737 So. 2d 1065, 1068 (Fla. 1999). 174 Stevenson, Antieau on Local Government Law, § 24.10 (1995).

238

4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

vor zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten erforderlich.175 Besteht in einem Staat eine Regulierungsbehörde, ist die Betriebsaufnahme eines unter den ,Public Utility‘-Begriff fallenden Versorgungsunternehmens von zwei behördlichen Entscheidungen abhängig: zum einen von der Gewährung des vertraglichen ,Franchise‘ durch die Kommune. Zum anderen von der Erteilung der Genehmigung der Regulierungsbehörde, dem ,Certificate of Convenience and Necessity‘, wobei es sich nach überwiegender Meinung um eine einseitige staatliche Genehmigung ohne Vertragscharakter handelt, die in manchen Staaten aber auch als Verleihung eines ,Franchise‘ eingestuft wird. Heutzutage wird das ,Franchise‘ Körperschaften erst nach der Gründung unabhängig von deren Satzungsregelungen verliehen und kann auch von Einzelpersonen oder Personengesellschaften erworben werden.176 Der Court of Appeals for the Eighth Circuit, ein Bundesgericht, hat die besondere Rolle des Franchise schon im Jahre 1907 herausgestellt. Im Unterschied zu einer bloßen Genehmigung zur Nutzung von Straßen, die auch ein Privater für sein Eigentum erteilen kann, ist die Erteilung des ,Franchise‘ umfassender, da ein Privater die Tätigkeit ohne die Erteilung nicht ausüben kann.177 Die Frage, ob es sich bei einer behördlichen Erlaubnis zur Aufnahme einer Tätigkeit um ein ,Franchise‘ oder eine einfache Genehmigung handelt, wird insbesondere dann relevant, wenn die Erlaubnis wieder entzogen werden soll. Daher wird mitunter behauptet, dass die Unterscheidung zwischen ,Franchises‘ und einfachen Betriebsgenehmigungen nur von dem Ausmaß abhängt, in dem öffentliche Interessen berührt sind.178 Auch heute noch besteht das bedeutendste Merkmal darin, dass es sich beim ,Franchise‘ um ein Eigentumsrecht handelt.179 Im Gegensatz zu Genehmigungen ist dieses ohne ausdrücklichen Vorbehalt nicht widerruflich.180 Nach Annahme durch das Versorgungsunternehmen genießt das ,Franchise‘ neben dem Schutz des 14. Zusatzartikels den ,Contracts Clause‘ des Art. I § 10 U.S. Const. und kann damit grundsätzlich durch die vergebende Stelle nicht mehr einseitig beseitigt werden. Jedoch kann ein ,Franchise‘ mit Bedingungen versehen und bei deren Nichterfüllung wieder entzogen werden.

Für die Wasserversorgung beispielsweise Cal. Cons. Art. X § 6 (2004). Alachua County v. Florida, 737 So. 2d 1065, 1069 (Fla. 1999); hierfür verwenden manche die Formulierung ,Additional Franchise‘, da das Recht zusätzlich zu den durch die Satzung erworbenen ,Franchises‘ verliehen wird, Cedar Rapids Water Co. v. Cedar Rapids, 118 Iowa 234, 240 (1902), Grand Rapids Bridge Co. v. Charles Prange, 35 Mich. 400, 403 (1877). 177 McPhee & McGinnity Co. v. Union Pac. R.R., 158 F. 5, 10 (8th Cir. 1907). 178 Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 3, 595. 179 Petition of Vermont Electric Power Producers, Inc., 165 Vt. 282, 290 (1996). 180 Arkansas State Highway Commission v. Arkansas Power & Light Co. 231 Ark. 307, 310 (1959). 175 176

B. Auswahl des privaten Partners in den Vereinigten Staaten

239

4. Die Kompetenz zur ,Franchise‘-Vergabe Die Vergabe von ,Franchises‘ zur Nutzung des kommunalen Straßennetzes unterliegt besonderen Regelungen, die weit über die Anforderungen des Vergaberechts der jeweiligen Staaten hinausgehen können. Die Anwendung dieser besonderen Regelungen ist heute im Wesentlichen nur noch historisch begründet, da die Regulierung von Versorgungsunternehmen heute nicht mehr auf vertraglich begründeten ,Franchises‘, sondern auf gesetzlichen Regelungen der Bundesstaaten beruht. Das Rechtsinstitut des ,Franchise‘ ist in den einzelnen Staaten unterschiedlich ausgestaltet. Während in manchen Staaten darunter nur noch die Nutzung der öffentlichen Wege verstanden wird, ist in anderen Staaten die Ausübung einer Tätigkeit wie die Wasserversorgung an die Erteilung eines ,Franchise‘ gebunden. Generell lässt sich jedoch sagen, dass die Durchführung der Wasserversorgung im eigenen Namen durch Private der Erteilung eines ,Franchise‘ bedarf.181 Ebenso wie die Kommunen ihre Hoheitsbefugnisse durch Delegation von den Staaten erhalten, bedarf es einer staatlichen Ermächtigung zur Vergabe von ,Franchises‘.182 Kommunale Körperschaften sind zur Vergabe nur dann berechtigt, wenn ihnen die Befugnis dazu ausdrücklich, inzident oder kraft Sachzusammenhangs mit anderen Befugnissen durch Verfassung oder Gesetz verliehen wurde.183 Zahlreiche Länderverfassungen räumen ihren Kommunen allenfalls ein Zustimmungsrecht bei der Vergabe von ,Franchises‘ betreffend kommunaler Belange, wie der Nutzung der örtlichen Straßen oder die Errichtung von ,Public Utilities‘, ein.184 Selbst dann jedoch, wenn die Kommune ein Mitspracherecht hat, steht ihr lediglich zu, den vom Staat bestimmten Versorgungsunternehmer zu wählen, jedoch keine freie Wahl des ,Franchise‘-Empfängers.185 In manchen Staaten verbietet die Verfassung den Kommunen zudem die Vergabe unwiderruflicher oder exklusiver ,Franchises‘.186 Ein von einer kommunalen Körperschaft ohne Autorisierung durch Verfassung oder Gesetz vergebenes ,Franchise‘ ist unwirksam, kann aber nachträglich durch Stevenson, Antieau on Local Government Law, § 24.10 (1995). Reynolds, Local Government Law, 78 (1982); Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 10, 602 (2002). 183 Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 14, 604; Subriar v. Bakersfield, 59 Cal. App. 3d 175, 210 (5th Dist. 1976). 184 Beispielsweise Oklahoma Const. Art. 9, § 10 (2003), Alabama Const. § 220 (2003); weitere Verfassungsfundstellen bei Reynolds, Local Government Law, 78 (1982). 185 Alabama Power v. Alabama, 527 So. 2d 687, 684 (1988). 186 Alabama Const., Art. I, § 22 (2004): „§ 22. Ex post facto laws That no ex post facto law, nor any law, impairing the obligations of contracts, or making any irrevocable or exclusive grants of special privileges or immunities, shall be passed by the legislature; and every grant or franchise, privilege, or immunity shall forever remain subject to revocation, alteration, or amendment.“ 181 182

240

4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

Gesetz legitimiert werden.187 In manchen Staaten wird die Ermächtigung zur ,Franchise‘-Vergabe den Kommunen direkt durch die Verfassung erteilt.188 Hier ist kein legislativer Akt mehr zur Regelung der Vergabe erforderlich.

5. Verfahren der ,Franchise‘-Vergabe Die Vergabe von ,Franchise‘-Verträgen unterliegt je nach Bundesstaat unterschiedlichen Anforderungen. In zahlreichen Staaten können die Kommunen nur dann ,Franchises‘ vergeben, nachdem die örtlichen Wähler der Vergabe in einer Bürgerabstimmung zugestimmt haben.189 ,Franchise‘-Verträge sind nichtig, wenn die Gemeindevertreter solche Verträge ohne vorherige Zustimmung der örtlichen Wählerschaft abschließen. Manche Bundesstaaten erfordern die öffentliche Bekanntmachung der ,Franchise‘-Vergabe sowie die Durchführung eines Bieterverfahrens.190 Aus der Durchführung eines solchen Bieterverfahrens ergibt sich aber nur in manchen Staaten oder Kommunen die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages mit dem höchsten Bieter. Das Vergabeverfahren bei ,Franchise‘-Verträgen unterliegt im Allgemeinen aber nicht den gleichen strengen Anforderungen wie andere Vergabeverfahren. So wird den Kommunen bei der ,Franchise‘-Vergabe ein weites Ermessen zugestanden. Die Gerichte prüfen im Falle einer Klage gegen das Verfahren nur, ob Betrug oder ein offensichtlicher Ermessensmissbrauch, insbesondere eine Kollusion von Bieter und Vertretern der Kommune vorliegt.191

IV. Zusammenfassung Der Wettbewerb um den Markt in den Vereinigten Staaten ist im Bereich der Wasserversorgung üblich und zumindest teilweise durch die gesetzliche Regelung von Bieterverfahren geregelt. Auch hier gewinnt im Rahmen der Vergabe von komplexen Aufträgen die Regelung der Zusammenarbeit von kommunalem Auftraggeber und Privatem bei Planungsvorgängen an Bedeutung, die in der europäischen VKR mit dem Verfahren des wettbewerblichen Dialogs Beachtung gefunden hat. Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 15, 606. Russel v. Sebastian, 233 U.S. 195, 207 (1914). 189 Stevenson, Antieau on Local Government Law, § 24.10 (1995). 190 Ky. Const. § 164 (2004). 191 Communications Sys. Inc. v. City of Danville, 880 F. 2d 887, 891 (6th Cir. 1989); Health America Corp. v. Humana Health Plan, Inc., 697 S. W. 2d 946 (Ky. 1985). 187 188

C. Fazit

241

Zahlreiche Staaten unterscheiden die Vergabe von ,Franchises‘ von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Auch in den Vereinigten Staaten ist der Abschluss eines ,Franchise‘-Vertrags Voraussetzung für den Marktzugang. Oftmals wird dabei die Zustimmung der Gemeindebürger erforderlich, was den besonderen Charakter der Wasserversorgung als kommunale Angelegenheit widerspiegelt. Dies wird umso deutlicher, wenn man bedenkt, dass die Wasserversorgungsunternehmen zudem einer eigenen Betriebsgenehmigung bedürfen, die von den gliedstaatlichen Regulierungsbehörden erteilt wird.

C. Fazit Der Wettbewerb um den Markt ist in den Vereinigten Staaten und Deutschland bereits weitgehend verwirklicht. Dienstleistungsaufträge in der Wasserversorgung in Deutschland unterliegen dem besonderen Vergaberecht der Sektorenrichtlinie. Eine Ausnahme stellen hier noch die Dienstleistungskonzessionen dar, wobei die Lücke aber durch eine entsprechende Rechtsprechung des EuGH bereits teilweise geschlossen wurde. Aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung folgert der EuGH eine Verpflichtung zur Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens auch bei der Vergabe von Wasserkonzessionen. Dem Vergaberecht unterliegen dabei auch institutionelle Partnerschaften, wenn die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft durch den öffentlichen Auftraggeber und den Auftragnehmer eine Modalität der Auftragserfüllung darstellt. Beteiligt sich ein Privater nachträglich an einer zu 100 % in der Hand des Auftraggebers befindlichen Gesellschaft, so sind die Vergaberegeln anwendbar, wenn die Beteiligung zur Umgehung des Vergaberechts erfolgt. In den übrigen Fällen gelten die allgemeinen Regeln des EG-Vertrags. Insbesondere die Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 II EG kann hier die Durchführung eines transparenten Beteiligungsverfahrens erfordern. Mit Erlass der neuen Sektorenrichtlinie ist die bisherige Ansicht, wonach öffentliche Auftraggeber, die den §§ 98 Nr. 2 und Nr. 4 GWB unterliegen, die Verfahren für Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB anzuwenden haben, unhaltbar geworden. Die Privilegierung für Sektorenauftraggeber gilt mangels ausdrücklicher Anordnung im nationalen Vergaberecht auch für diese Unternehmen. In den Vereinigten Staaten unterliegt die Vergabe von Konzessionen zumeist anderen Regelungen als die Vergabe öffentlicher Aufträge. Dies kann mit der hohen Bedeutung von Konzessionen für die Gemeindebevölkerung begründet werden, die in Zukunft auf die Leistungen des Konzessionärs angewiesen sein wird. Dies spricht dafür, den Kommunalverwaltungen einen größeren Spielraum bei der Auswahl des Konzessionärs zuzubilligen. Jedoch wurden im Rahmen der Neufas16 Forster

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4. Abschn.: Wettbewerb um den Markt

sung des ABA Model Procurement Code explizite Regelungen für die Vergabe von Aufträgen im Infrastruktursektor vorgesehen. Hierin äußert sich ein gewisses Misstrauen gegenüber allzu großer Ermessensspielräume bei der Vergabe dieser Aufträge.

Fünfter Abschnitt

Gesetzliche Regulierung In den Vereinigten Staaten wurde die Regulierung der privaten Wasserversorgungsunternehmen gliedstaatlichen Regulierungsbehörden übertragen. Die aus der Überwachung von Wasserversorgungsunternehmen durch staatliche Regulierungsbehörden gewonnenen Erkenntnisse und der Vergleich mit den deutschen Regulierungsmethoden sind Gegenstand dieses Abschnitts.

A. Die wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten I. Der Begriff der ,Public Utility‘ Der Großteil der privaten Versorgungsunternehmen unterliegt in den Vereinigten Staaten der wirtschaftlichen Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden. Solche Unternehmen, die der Allgemeinheit Leistungen wie Wasser, Telekommunikation, Gas, Elektrizität oder Personen- oder Sachtransport zu Verfügung stellen, werden mit dem Rechtsbegriff der ,Public Utility‘ oder des ,Common Carriers‘ bezeichnet.1 Dabei bezieht sich der Begriff des ,Common Carriers‘ auf die Transport- und Telekommunikationsunternehmen, die ,Public Utilities‘ umfassen die Wasser, Gas und Elektrizitätsunternehmen. Alle diese Sektoren fallen aber unter den Begriff der ,Regulated Industries‘, worunter diejenigen Sektoren verstanden werden, in denen der Staat Unternehmen etwa die Aufnahme und Einstellung ihrer Tätigkeit vorschreibt, die Art oder die angebotene Menge eines Dienstes regelt, den Preis und die Qualität bestimmt und die Geschäftsbedingungen und die Rendite festsetzt.2 Mit der Subsumtion unter den Begriff der ,Public Utility‘ ist die Anwendbarkeit eines Regelungsrahmens verbunden, der im Folgenden als wirtschaftliche Regulierung bezeichnet wird. Hierunter fällt die Regulierung von Preisen sowie der Bedingungen und Standards der Leistungserbringung. Die wirtschaftliche Regulierung Corpus Juris Secundum, 73. Band § 2 (2003). Pierce, Regulated Industries, 7 (1999); Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1327. 1 2

16*

244

5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

unterscheidet sich dadurch von anderen Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Wirtschaftsstrafrecht, dass sie nicht nur „negativ“ bestimmte Verhaltensweisen verbietet, sondern die Entscheidungen von Unternehmern durch die Entscheidungen der Regulierungsbehörde ersetzt und damit dem Unternehmer ein Verhalten „positiv“ vorschreibt.3 Die Entscheidung, welche sich neu entwickelnden Sektoren unter den Begriff der ,Public Utility‘ fallen, obliegt letztlich dem Gesetzgeber bzw. den Gerichten, weshalb die Definitionen je nach Gliedstaat differieren können.4 Dennoch besteht eine grundsätzliche Übereinstimmung bezüglich der Eigenschaften einer ,Public Utility‘.5 Die jeweilige Tätigkeit wird meist aufgrund mindestens eines der folgenden Merkmale als ,Public Utility‘ definiert: Gegenstand des öffentlichen Interesses (,affected with a public interest‘), Widmung für einen öffentlichen Zweck (,dedication to the public use‘) oder die Inhaberschaft eines ,Franchise‘-Rechts. Diese Tatbestandmerkmale galten zugleich lange Zeit als verfassungsrechtliche Rechtfertigungsgründe für die Anwendung eines besonderen Regelungsrahmens auf die entsprechende Sektorentätigkeit. Das Jahr 1898, in dem der Supreme Court im Urteil Smyth v. Ames6 die Unzulänglichkeit legislativer Bemühungen zur Kontrolle der Eisenbahntarife offen legte, gilt als der Beginn der Regulierung von Versorgungsunternehmen in der heutigen Form.7 Die Grundlagen der mit dem Begriff der ,Public Utility‘ verbundenen Regelungen des ,Common Law‘ entstammen jedoch schon dem Mittelalter.8 UrPierce, Regulated Industries, 7 (1999). So Colorado Statutes 40 – 1–103 (1)(a)(2003): „The term ,public utility‘ [ . . . ] includes every common carrier, pipeline corporation, gas corporation, electrical corporation, telephone corporation, telegraph corporation, water corporation, person, or municipality operating for the purpose of supplying the public for domestic, mechanical, or public uses and every corporation, or person declared by law to be affected with a public interest [ . . . ].“; Illinois 220 ILCS 5 / 3 – 105 § 3 – 105 (2003): „[ . . . ] ,Public Utility‘ means and includes [ . . . ] every corporation [ . . . ] that owns, controls, operates or manages, within this State, directly or indirectly, for public use, any plant, equipment or property used or to be used for or in connection with, or owns or controls any franchise, license, permit or right to engage in: a. the production, storage, transmission, sale, delivery or furnishing of heat, cold, power, electricity, water, or light [ . . . ]“. 5 Nur manche Staaten regulieren die Abwasserentsorgung oder das Kabelfernsehen, hingegen die meisten Gas, Strom, Telefon und Wasser; dazu Saunders mit einer detaillierten Auflistung der regulierten Industrien in den einzelnen Gliedstaaten, in: dies., Access to Utility Service, 329 ff. (2001). Auch während des Kartellverfahrens gegen den größten Softwarehersteller der Vereinigten Staaten stellte sich die Frage, ob nicht auch dieses Unternehmen wie eine klassische ,Regulated Industry‘ behandelt werden sollte, Bank, Is Microsoft a New „Public Utility“?, Wall Street Journal vom 19. Mai 1998, B1. 6 Smyth v. Ames, 169 U.S. 466 (1898). 7 Priest, Principles of Public Utility Regulation, 25 (1969); eine Regulierung von Versorgungsunternehmen wurde von manchen Gliedstaaten schon 1820 eingeführt, Hunter, The Early Regulation of Public Service Corporations, 7 Am. Econ. Rev. 569, 580 (1917). 8 Das wohl erste Urteil des Supreme Court, in dem der Begriff der ,Public Utility‘ im heute gebräuchlichen Zusammenhang erscheint, ist das Urteil South Carolina v. United 3 4

A. Wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten

245

sprünglich insbesondere auf Schiffsverladeanlagen, Mühlen und Fähren anwendbar, regeln diese Rechtssätze heute noch die Rechte und Pflichten der Versorgungsund Transportunternehmen. Der heute insbesondere in der Telekommunikation gebräuchliche Begriff des Universaldienstes umschreibt im Wesentlichen die mit der Regulierung von ,Public Utilities‘ verbundenen ,Common Law‘-Grundsätze.9 Der durch die Bundes- und Gliedstaatenlegislativen gesetzte Regelungsrahmen besteht zumeist aus Vorschriften, die in ihren kodierten Fassungen lediglich das ,Common Law‘ festschreiben, nicht aber dessen Weitergeltung verhindern und zudem oft vor dem Hintergrund der ,Common Law‘-Regelungen ausgelegt werden müssen.10 Der kalifornische Public Utilities Code und zahlreiche andere Bundes- und Gliedstaatengesetze enthalten Zielsetzungen, die lediglich eine schriftliche Fixierung der im ,Common Law‘ seit Jahrhunderten geltenden Prinzipien der im angloamerikanischen Rechtskreis praktizierten wirtschaftlichen Regulierung darstellen. So wird die wirtschaftliche Regulierung durch zwei Grundsätze geprägt. Erstens hat eine ,Public Utility‘ ihre Leistungen zu „gerechten und angemessen“ Preisen anzubieten.11 Eine ,Public Utility‘ kann somit ihre Wasserpreise nicht selbst bestimmten. Zweitens hat jedermann das Recht, von einer ,Public Utility‘ eine „adäquate, effiziente, gerechte und vernünftige“ Leistung zu verlangen.12 Eine ,Public Utility‘ kann sich somit ihre Kunden nicht selbst aussuchen. Die meisten der im ,Common Law‘ geregelten Verpflichtungen hinsichtlich der Angemessenheit und States, 199 U.S. 437, 454 (1905) (eigene Recherche in der Datenbank LexisNexis vom 18. 8. 2003). Als einer der Ursprünge der modernen Regulierung gilt die mittelalterliche ,Mill Soke Obligation‘. Durch Entscheidung des zuständigen Manor Court konnte eine Verpflichtung aller Bewohner des Gerichtsbezirkes zur Nutzung der im Gerichtsbezirk bestehenden Mühle begründet werden, die somit durch ein Monopol von Wettbewerb geschützt wurde. Damit sollte zwei Zielen gedient werden: einerseits war der Betrieb der örtlichen Mühle unerlässlich für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln wie Brot oder Malz, andererseits sollte dem Lord, dem die Finanzierung der Mühle oblag, ein Anreiz für deren Bau gesetzt werden. Dazu Haar / Fessler, The Wrong Side of the Tracks: A Revolutionary Rediscovery of the Common Law Tradition of Fairness in the Struggle Against Inequality, zitiert in Rossi, The Common Law ,Duty To Serve‘ and Protection of Consumers in an Age of Competitive Retail Public Utility Restructuring, Vanderbilt Law Review (1998), 1233, 1245; Bennet, Life on the English Manor: A Study off Peasant Conditions, 130 f. (1937). 9 Ein Vergleich der Telekommunikations-Universaldienste in Deutschland und in den Vereinigten Staaten findet sich bei Windthorst, Der Universaldienst im Bereich der Telekommunikation, 112, 528 (2000). 10 Montgomery Ward & Co. v. Northern Pac. Terminal Co., 128 F. Supp. 475, 494, 496 (D. Or. 1953); Better Palstics v. Kissimmee Utility Authority, 511 So. 2d 402, 403 (Fla. Dist. Ct. App. 5th Dist. 1987), decision approved, 526 So. 2d 46 (Fla. 1988). 11 Cal. PU Code § 451 I (2004); so auch schon Matthew Hale, De Portibus Maris (1670), 1 Hargrave Law Tracts 77 – 78 (1787), zitiert in Munn v. Illinois, 94 U.S. 113, 127 (1876). 12 Cal. PU Code § 451 II (2004). Die ,Obligation to Serve‘ wurde bereits im englischen Urteil White’s Case, 2 Dyer 343 (1586), erwähnt. Dazu Singer, No Right to Exclude: Public Accomodations and Private Property, Northwestern University Law Review 1996, 1283, 1304.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Sicherheit der Versorgungsleistung und der diskriminierungsfreien Leistungserbringung wurden in die Staatengesetze übernommen.13

II. Die geschichtliche Entwicklung 1. Kompetenzen Die Bundesstaaten berufen sich bei der Regulierung von Unternehmen auf ihre ,Police Power‘. Diese Kompetenz dient dem „Schutz der Gesundheit, der Sicherheit, der Moral und des Allgemeinwohls.“14 Die Regulierungsmaßnahmen des Bundes stützen sich dagegen auf die Kompetenznorm der ,Interstate Commerce Clause‘ des Art. 1 VIII 3 U.S. Const. Seit der Entscheidung Gibbons v. Ogden im Jahr 1824 dient die Vorschrift als Grundlage für das Tätigwerden des Bundes im Bereich der wirtschaftlichen Regulierung privater Unternehmen. In der Folge wurde die Reichweite der Vorschrift weiter ausgedehnt, so dass unter Umständen durch den Bund sogar Sachverhalte geregelt werden können, die ausschließlich den Handel innerhalb eines Gliedstaates betreffen.15 Wenn Unternehmen gegen staatliche Regulierungsmaßnahmen vorgehen, so behaupten sie eine Verletzung des fünften oder des vierzehnten Zusatzartikels der Verfassung der Vereinigten Staaten. Der Eigentumsschutz des fünften Zusatzartikels schreibt vor, dass niemandem sein Eigentum ohne rechtliches Gehör entzogen werden darf; Privateigentum darf nur gegen angemessene Entschädigung für einen öffentlichen Zweck entzogen werden. Der vierzehnte Zusatzartikel verbietet den Gliedstaaten den Erlass von Gesetzen, durch die Bundesbürgern und Körperschaften Eigentum ohne rechtsstaatliches Verfahren entzogen wird.16 Die Regulierungsbefugnis der ,Police Power‘ kann zudem im Falle bestehender ,Franchise‘ –Verträge durch die ,Contract Clause‘ begrenzt werden. Nach Art. 1 X 1 U.S. Const. dürfen die Staaten keine Gesetze erlassen, die vertraglich begründete Rechte von Privaten mit dem Staat beeinträchtigen. 17 Die Gliedstaaten- und Bundesgerichte der Vereinigten Staaten überprüfen die Verfassungsmäßigkeit wirtschaftlicher Regulierungsmaßnahmen regelmäßig anPhillips, The Regulation of Public Utilities, 172 (1993). Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 537 – 539 (1934). 15 Dazu mit weiteren Verweisen Phillips, The Regulation of Public Utilities, 87 (1993). 16 Die Gleichstellung von Personen und Körperschaften im Sinne der Vorschrift wurde bereits in Santa Clara County v. Southern Pacific R.R., 118 U.S. 394 (1886) festgestellt; Phillips, The Regulation of Public Utilities, 89 (1993). 17 Dies gilt grundsätzlich nicht, wenn aufgrund der ,Police Power‘ angemessene und notwendige Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit, der Sicherheit oder des Allgemeinwohls der Bevölkerung getroffen werden, auch wenn dadurch der Wert des ,Franchise‘ gemindert oder ganz vernichtet wird. 13 14

A. Wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten

247

hand dieser Vorschriften, da ihnen nicht nur die Überprüfung des verfassungsmäßigen Handelns der Exekutive, sondern auch die der Legislative auf Bundes- und Staatenebene übertragen ist.18

2. Die richterrechtlichen Vorgaben für die wirtschaftliche Regulierung Die gesetzliche Regulierung von Versorgungsunternehmen hat ihren Ursprung in dem Teil des angelsächsischen ,Common Law‘ des beginnenden 19. Jahrhunderts, welches sich mit der Regulierung der Berufsgruppe der ,Common Callings‘ befasst. Obwohl gleichen Ursprungs, entwickelte sich die wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten in der Folge getrennt von der in Großbritannien. a) Die ,Common Callings‘ Die ,Common Callings‘ wurden als für die Allgemeinheit besonders bedeutend angesehen und besaßen nicht selten Monopolstellungen in den jeweiligen Märkten.19 Diese Berufsgruppe umfasste insbesondere die Bäcker, Fährleute, Gastwirte, Schmiede und die ,Common Carriers‘, d. h. Transportunternehmern, die den sicheren Transport von Gütern und Personen von einer Stadt zur nächsten gewährleisteten.20 Bedeutendste Pflicht der ,Common Callings‘ war die unterschiedlose Bereitstellung angemessener Dienste und Einrichtungen an jeden Nachfragenden zu angemessenen Preisen. Die Angehörigen dieser Berufsgruppen waren somit in mehrerer Hinsicht in der Ausübung ihres Berufes beschränkt. Sie durften ihre Vertragspartner nicht frei wählen und für sie galt ein Diskriminierungsverbot. Im Allgemeinen unterlagen ihre Preise und die Art und Weise der Leistungserbringung der Regulierung. Die in diesem Zusammenhang bekannteste britische Entscheidung Allnutt v. Inglis aus dem Jahr 1810, die auch grundlegend die spätere Position des Supreme Court in dem Urteil zur Preisregulierung Munn v. Illinois beeinflusste, behandelte die Preisregulierung eines Monopolunternehmers von Hafenkaianlagen.21 Wie Phillips, The Regulation of Public Utilities, 88 (1993). Phillips, The Regulation of Public Utilities, 91 (1993). 20 Wyman, The Law of the Public Callings as a Solution of the Trust Problem, Harvard Law Review 1904, 156, 160. 21 Allnutt v. Inglis, 104 Eng. Rep. 206 (K.B. 1810). Der amerikanische Supreme Court berief sich zudem auf bereits 150 Jahre früher von Lord Chief Justice Hale entwickelte Grundsätze. Dieser hatte in seiner Schrift ,De Portibus Maris‘ (De Portibus Maris, 1 Harg. Law Tracts, 78) die Preisregulierung monopolistisch betriebener Hafenkaianlagen in England gerechtfertigt. Siehe Munn v. Illinois, 94 U.S. 113,126 (1876). 18 19

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

zahlreiche andere der wirtschaftlichen Regulierung von Versorgungsunternehmen zu Grunde liegende Gerichtsurteile hat auch diese Entscheidung den Umgang mit einem Monopol zum Inhalt.22 Jedoch geht ihre Bedeutung über das Wettbewerbsrecht hinaus, da in diesen Urteilen, ausgehend von der Bedeutung der entsprechenden Dienste für die Allgemeinheit, die Grundlagen für den Universaldienst gelegt wurden.23 Die genannten Pflichten des ,Common Law‘ entstanden bereits durch die Aufnahme einer Tätigkeit als ,Common Carrier‘, die als Widmung des eigenen Unternehmens zu Gunsten eines öffentlichen Zwecks verstanden wurde.24 Dies konnte konkludent durch das öffentliche Anbieten der Leistungen oder Waren des eigenen Unternehmens, etwa durch das Anbringen eines Schildes oder die Öffnung des Gasthauses gegenüber Reisenden geschehen.25 b) Die Entscheidung Munn gegen Illinois Den Weg für die Preisregulierung von Versorgungsunternehmen in den Vereinigten Staaten bereitete die Entscheidung Munn v. Illinois aus dem Jahr 1876. Der Staat Illinois hatte ein Gesetz verabschiedet, wonach die Betreiber von Getreideverladeanlagen für ihre Leistungen nur bestimmte Höchstpreise verlangen durften. Die Betreiber der Verladeanlagen sahen hierin eine Verletzung des vierzehnten Zusatzartikels der Verfassung der Vereinigten Staaten. In der durch die Preisregulierung verursachten Wertverminderung ihres Eigentums an den Verladeanlagen läge eine Enteignung ohne vorangegangenes rechtmäßiges Verfahren, welches insbesondere eine Anhörung und die Festsetzung einer angemessenen Entschädigung erfordert hätte. Die Getreideverladeanlagen waren weder Gegenstand eines ,Franchise‘, noch gehörten sie zu den ,Common Callings‘. Dennoch stellte der Supreme Court fest, dass es sich bei den Getreideverladeanlagen um „virtuelle“ Monopole handelte, da die Öffentlichkeit auf die Nutzung der Anlagen angewiesen war und die Anbieter Preisabsprachen getroffen hatten.26 Da man in diesem Fall nicht auf den Wettbewerb als Instrument der Preisregulierung vertrauen konnte, sah das Gericht eine Regulierung der Preise als gerechtfertigt an. Diese Anlagen seien Gegenstand eines besonderen öffentlichen Interesses (,affected‘ oder ,clothed with a public interest‘).27 Indem der Supreme Court die Verladeanlagen den ,Common Callings‘ So beispielsweise auch Magistrates of Kircaldy v. Greig, 8 D. 1247 (Scot. 1846). Prosser, Public Perspectives on Privatization: Public Service Law: Privatizations Unexpected Offspring, Law and Contemporary Problems 2000, 63, 64. 24 So William Blackstone, zitiert in Singer, No Right to Exclude: Public Accomodations and Private Property, Northwestern University Law Review 1996, 1283, 1309. 25 Singer, No Right to Exclude: Public Accomodations and Private Property, Nortwestern University Law Review 1996, 1283, 1310. 26 Munn v. Illinois, 94 U.S. 113, 131 f. (1876). 22 23

A. Wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten

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gleichsetzte, unterstellte er den Eigentümern, dass diese ihr Eigentum der Verfolgung eines öffentlichen Interesses gewidmet hätten. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Rechtfertigung konnte der Gesetzgeber nur Tätigkeiten regulieren, die Gegenstand dieses besonderen Interesses waren. Da die Bestimmung, welche Tätigkeiten mit einem öffentlichen Interesse behaftet waren, gerichtlich überprüfbar war, entschieden diese letztlich über die Frage, welche Tätigkeiten überhaupt Gegenstand wirtschaftlicher Regulierung sein durften. c) Die Entscheidung Nebbia gegen New York Die Rechtsprechung, wonach die gesetzgeberische Auswahl der zu regulierenden Berufe durch die Gerichte überprüft werden konnte, wurde durch zahlreiche Entscheidungen in den folgenden 60 Jahren bestätigt.28 Der Supreme Court überprüfte in einer Reihe von Entscheidungen die Vereinbarkeit von Regulierungsgesetzen mit dem 14. Zusatzartikel der Bundesverfassung, welcher das Eigentum und die Vertragsfreiheit schützt, anhand des Kriteriums, ob die regulierte Tätigkeit mit einem besonderen öffentlichen Interesse „behaftet“ war. Noch in der Entscheidung Tyson & Brother v. Banton betonte das Gericht sein Letztentscheidungsrecht über die Zulässigkeit der Preisregulierung.29 Eine Wende in dieser Rechtsprechung brachte die Entscheidung Nebbia v. New York.30 Gegenstand des Urteils war die Preisregulierung von Milch durch ein Gesetz des Staates New York. Auch hier stand eine Verletzung des 14. Zusatzartikels der Verfassung im Raum. Zwar stellte das Gericht im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung zunächst fest, dass das Eigentum und die Freiheit zum Abschluss von Verträgen generell vom 14. Zusatzartikel geschützt werden.31 Der Staat habe jedoch das Recht, diese im Interesse der Allgemeinheit zu beschränken.32 Die Verfassung garantiere nicht den ungehinderten Betrieb eines Geschäfts.33 Ausdrücklich weist das Gericht darauf hin, dass es sich bei der Milchindustrie nicht um eine ,Public Utility‘ handelt, kein Monopol vorliegt und die Milchproduzenten keine ,Franchises‘ benötigen.34 27 „[W]e find that when private property is „affected with a public interest, it ceases to be juris privati only“, Munn v. Illinois, 94 U.S. 113,126 (1876). 28 Beispielsweise German Alliance Ins. Co. V. Lewis, 233 U.S. 389 (1914); Wolff Packing Co. v. Court of Indus. Relations, 262 U.S. 522 (1923); Tyson & Brother v. Banton, 273 U.S. 418 (1927). 29 Das Urteil betraf die Preisregulierung von Theaterkarten, Tyson & Brother v. Banton, 273 U.S. 418, 442 (1927). 30 Nebbia v. New York, 291 U.S. 502 (1934). 31 Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 523 (1934). 32 Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 523 (1934). 33 Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 527 – 528 (1934). 34 Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 531 (1934).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

In Abkehr von der ursprünglichen Deutung des Kriteriums ,affected with a public interest‘, wonach nur für das Gemeinwohl bedeutsame Unternehmen der Preisregulierung unterlagen, sollten von nun an alle Arten von Unternehmen aus Gründen des Allgemeinwohls reguliert werden können.35 Dabei wurde dem Staat ein Gestaltungsspielraum bei der Wirtschaftsgesetzgebung zuerkannt, wenn diese zur Förderung des Allgemeinwohls „vernünftig“ erscheine.36 Die Preisregulierung stellte nach dieser Entscheidung nur mehr ein Instrument unter vielen zur Verfolgung des Allgemeinwohls unter der ,Police Power‘ dar und war somit auch nicht mehr für die Kategorie der ,Public Utilities‘ allein kennzeichnend.37 Zudem bedeutete die Entscheidung die Aufgabe der Bestimmung des Kreises der regulierten Unternehmen durch die Gerichte.

3. Die Wasserversorgungsunternehmen als ,Public Utilities‘ Ist etwa im Rahmen der Anwendbarkeit allgemeiner Regulierungsgesetze strittig, ob ein Unternehmen unter den Begriff der ,Public Utility‘ fällt, greifen die Gerichte noch heute auf die seit der Entscheidung Munn v. Illinois entwickelten Kriterien zurück. Ob es sich bei einem Versorgungsunternehmen um eine ,Public Utility handelt, wird meist anhand der Prüfung eines der dargestellten Kriterien bestimmt: Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses, Widmung zum öffentlichen Gebrauch oder die Verleihung eines ,Franchise‘. In den meisten Staaten umfasst der Begriff der ,Public Utility‘ die Wasserversorgung schon aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorgabe. Aber auch in Staaten, in denen eine solche gesetzliche Vorgabe nicht besteht, ergibt sich das für die Einstufung als ,Public Utility‘ notwendige öffentliche Interesse aus Besonderheiten der Wasserversorgung wie der monopolistischen Versorgungsstruktur des Marktes38 und der lebenswichtigen Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung.39 Nach wie vor dient das Tatbestandsmerkmal der Widmung der Einstufung eines Unternehmens als ,Public Utility‘.40 Dies setzt voraus, dass der Eigentümer die Übernahme der Erbringung der Versorgungsleistung gegenüber der Allgemeinheit Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 535 (1934). Nebbia v. New York, 291 U.S. 502, 537 (1934). 37 Public Utility Com’n v. WVCH Communications, Inc., 23 Pa. Commw. 292, 296 (1976); Marano v. Gibbs, 544 N.E. 2d 635, 636 (Ohio 1989). 38 Tonto Creek Estates Homeowners Ass’n v. Arizona Corp. Com’n, 177 Ariz. 49, 58 (Ct. App. Div. 1 1993), Campanelli v. AT & T Wireless Serv., Inc., 85 Ohio St. 3d 103, 106 (1999). 39 Omaha Water v. City of Omaha, 162 F. 225, 231 (C.C.A 8th Cir. 1908), aff’d, 218 U.S. 180 (1910). 40 Beispielsweise Public Utilities Commission v. Colorado Interstate Gas Co., 142 Colo. 361, 376 (1960); Powell v. Colorado Public Utilities Commission, 956 P.2d 608, 614 (1998); Unocal v. Conway, 23 Cal. App. 4th 331, 335 (Ct. App. 2d Dist. 1994). 35 36

A. Wirtschaftliche Regulierung in den Vereinigten Staaten

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deutlich zum Ausdruck gebracht hat.41 Dieses Tatbestandsmerkmal grenzt die ,Public Utility‘ zu Unternehmen ab, die nur einen bestimmten Kreis von Personen beliefern, der nicht als Teil der Allgemeinheit angesehen werden kann. Dies kann auch geschehen, ohne dass der Betreiber sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst ist.42 Jedoch muss der Wille der Erbringung der Versorgungsleistung aufgrund der damit verbundenen „schwerwiegenden“ rechtlichen Folgen gegenüber der Öffentlichkeit eindeutig offenbart worden sein.43 Im Falle von Wasserversorgungsunternehmen haben die Gerichte das Vorliegen einer Widmung nach folgenden Faktoren beurteilt: das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht des Betreibers44, ob ein Angebot des Unternehmers seiner Dienste gegenüber der Allgemeinheit besteht45 und die Versorgungsstruktur in der betreffenden Gemeinde46. Dabei kommt es auf die Stellung an, die das Unternehmen für die von ihr versorgten Gemeindebürger hat, jedoch nicht auf die wirtschaftliche Stellung in der Gemeinde an sich, die zusätzlich durch weitere Unternehmen versorgt werden kann.47 Bedeutend ist nicht die Zahl der versorgten Kunden, sondern ob der Anschluss für jeden Interessenten offen steht.48 Jedoch wird deutlich, dass der Regelungsrahmen auf jedes größere, auf Gewinnerzielung ausgerichtete Unternehmen anwendbar ist. Die bedeutendsten Versorgungsunternehmen, die nicht unter die ,Public Utility‘-Definition fallen, sind Vereine, landwirtschaftliche Genossenschaften und Kooperativen, die ausschließlich ihre Anteilseigner oder Mitglieder versorgen und ihre Dienste nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.49 Letztlich kann auch die Annahme eines ,Franchises‘ ausschlaggebend für den ,Public Utility‘ Status sein.50 Dazu gehört insbesondere das Recht zur Benutzung von öffentlichen Straßen und Plätzen zur Verlegung und Wartung von Rohrleitungen.

Allen v. Railroad Com’n, 179 Cal. 68, 87 (1918). Van Hoosear v. Railroad Com’n, 184 Cal. 553, 556 (1920). 43 Allen v. Railroad Com’n, 179 Cal. 68, 84 (1918); Niles v. City of Los Angeles, 125 Cal. 572, 576 (1899). 44 Clark v. Olson, 177 Wash. 237, 240 (1934). 45 Clark v. Olson, 177 Wash. 237, 240 (1934); City of Englewood v. City of Denver, 229 P.2d 667, 672 (Colo. Banc 1951); Danciger v. Public Service Commission, 275 Mo. 483, 501 (1918). 46 Clark v. Olson, 177 Wash. 237, 239 (1934). 47 Van Dyke v. Geary, 244 U.S. 39, 48 (1917). 48 UGI Utilities, Inc. v. Pennsylvania Public Utility Commission, 684 A.2d 225, 229 (Pa. Commw. 1996). 49 Ohio Power v. Village of Attica, 19 Ohio App. 2d 89, 92 (3d Dist. Seneca County 1969). 50 Nashville Water Co. v. Dunlap, 176 Tenn. 79, 86 (1940). 41 42

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

III. Zusammenfassung Das System der ,Public Utilities‘ ist mit dem Konzept der Daseinsvorsorge vergleichbar. Der Unterschied liegt jedoch für die ,Public Utilities‘ darin, dass es sich hierbei um private Unternehmen handelt, wohingegen die Daseinsvorsorge den Staat zur Versorgung verpflichtet. Die zahlreichen richterrechtlichen Ausdehnungen der mit der Daseinsvorsorge assoziierten Verpflichtungen auf private Versorgungsunternehmen in Deutschland zeigen jedoch, dass mit dem verstärkten Tätigwerden Privater in einst kommunalen Domänen das Prinzip der Daseinsvorsorge an seine Grenzen stößt.

B. Die Regulierung der Wasserversorgungsunternehmen durch staatliche Regulierungsbehörden in den Vereinigten Staaten Erstmals vor dem Bürgerkrieg gegründet, entstanden Regulierungsbehörden nach und nach in allen 50 Gliedstaaten. Ihre Zuständigkeit erstreckte sich zunächst lediglich auf Eisenbahnen, weitete sich aber in der Folge auf zahlreiche andere Bereiche wie Telekommunikation, Wasser, Elektrizität, Gas, Abwasser und Fernwärme aus. Auf Bundesebene bestehen nunmehr vier Regulierungsbehörden, die mit der Überwachung von zwischenstaatlichen Aktivitäten von ,Public Utilities‘ beauftragt sind.51 Mangels verfassungsmäßiger Kompetenz des Bundes für die wirtschaftliche Regulierung der Wasserversorgung fällt die wirtschaftliche Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen in die ausschließliche Zuständigkeit der staatlichen Regulierungsbehörden. Private Wasserversorgungsunternehmen unterliegen mit Ausnahme von Georgia, Minnesota, North Dakota, South Dakota und Washington, D.C. in allen Gliedstaaten der Vereinigten Staaten der Aufsicht staatlicher Regulierungskommissionen.52 51 Insgesamt bestehen auf Bundesebene etwa 20 unabhängige Regulierungsbehörden. Die bedeutendste ist die Federal Communications Commission (FCC), der die Überwachung der Telekommunikationsunternehmen obliegt. Die Federal Energy Regulatory Commission (FERC) reguliert insbesondere die Durchleitungs- und Großabnehmerpreise für Gas und Strom sowie die Durchleitungspreise für Erdöl. Die Nuclear Regulatory Commission (NRC) kontrolliert die zivile Nutzung der Kernenergie. Die Securities and Exchange Commission (SEC) überwacht die Finanz- und Gesellschaftsstrukturen der Holdinggesellschaften im Strom und Gasbereich. Die erste bedeutende Regulierungsbehörde des Bundes, die 1887 gegründete Interstate Commerce Commission (ICC), wurde Mitte der neunziger Jahre aufgelöst. In ihren Regulierungsbereich fielen insbesondere die Transportgesellschaften und Eisenbahnen. 52 Dies liegt offenbar an der geringen Anzahl von privaten Wasserunternehmen in diesen Staaten, Beecher, Regulatory Implications of Water and Wastewater Utility Privatization, 124 (1995).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

253

Die Aufgaben und Befugnisse dieser Kommissionen werden im Folgenden insbesondere anhand der größten gliedstaatlichen Regulierungskommission, der California Public Utilities Commission (CPUC) dargestellt. Der Staat Kalifornien schuf 1873 das State Board of Transportation Commissioners als Aufsichtsbehörde für die Eisenbahnunternehmen.53 Das State Board of Transportation Commissioners wurde im Jahr 1911 durch die ab diesem Zeitpunkt in der kalifornischen Verfassung verankerte Railroad Commission abgelöst.54 Unter die Zuständigkeit der Railroad Commission fielen nun neben den Eisenbahnen sämtliche als ,Public Utilities‘ eingestufte Versorgungsunternehmen, zu denen auch die Wasserversorgungsunternehmen gehörten. 1946 wurde die Railroad Commission in California Public Utilities Commission (CPUC) umbenannt.55 Die CPUC beaufsichtigte im Jahr 2001 147 private Wasserversorgungsunternehmen, die zusammen etwa 4,6 Millionen Kalifornier versorgen und etwa 15% von Kaliforniens Trinkwasser bereitstellen. Die jährlichen Einkünfte dieser Unternehmen betragen zusammen 765 Millionen US-Dollar. Die Aufsicht der Kommission ist beschränkt auf die Preisregulierung.56 Im Jahre 1995 regulierte die CPUC noch 195 Unternehmen, deren Zahl aufgrund von Marktkonsolidierungen, d. h. Unternehmensübernahmen, zurückgegangen ist. Obwohl die drei größten Versorgungsunternehmen damals zusammen 780.000 Kunden versorgten, belieferten 143 Unternehmen weniger als 500 Kunden und nur 13 Unternehmen versorgen mehr als 10.000 Kunden.57 Die CPUC setzt die Wasserpreise durch Verwaltungsverfahren und quasi-gerichtliche Verfahren fest. Hinsichtlich der anwendbaren Verwaltungsverfahren unterteilt die CPUC die Unternehmen in vier Kategorien (A, B, C und D). Die größten Wasserversorgungsunternehmen der Kategorie A (über 10.000 Kunden) müssen zur Festsetzung ihrer Wasserentgelte ein formelles Verwaltungsverfahren, das ,General Rate Case‘-Verfahren vor einem Verwaltungsrichter durchlaufen. Das Versorgungsgebiet dieser Unternehmen wird in einzelne Distrikte aufgeteilt. Alle drei Jahre kann das Unternehmen für einzelne Distrikte eine Wasserpreiserhöhung beantragen. Die Unternehmen der B-, C- und D-Kategorie können Wasserpreiserhöhungen in einem vereinfachten Verfahren beantragen. Unternehmen der B Kategorie (2.000 bis 10.000 Kunden) haben die Wahl zwischen dem ,General Rate Case‘ und 53 CPUC, How the California Public Utilities Commission Regulates Public Utilities, 3 (1987). 54 CPUC, How the California Public Utilities Commission Regulates Public Utilities, 3 (1987). 55 Art. 12 § 5 Cal. Const. (2004). 56 CPUC, Annual Report 2001 – 2002, 34. 57 Diese Zahlen beruhen auf der Erhebung der Little Hoover Commission aus dem Jahr 1995. Zum damaligen Zeitpunkt regulierte die CPUC noch 195 Wasserunternehmen, Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 (1996).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

einem schriftlichen Verfahren. Die kleineren Unternehmen der Klasse C und D können hingegen ihre Wasserpreisentwicklung gleichsam automatisch an den Verbraucherpreisindex koppeln oder im ,General Rate Case‘-Verfahren schriftlich höhere Wasserpreissteigerungen beantragen.

I. Die Struktur der Regulierungsbehörden 1. Die Gründe für die Schaffung einer staatlichen Regulierungsbehörde Vor der Schaffung der Regulierungsbehörden als zentraler Institution für die wirtschaftliche Regulierung wurden die jeweiligen Aufgaben teils von den Gerichten, den Parlamenten der Gliedstaaten und den kommunalen Körperschaften wahrgenommen. a) Die Regulierung durch Parlamente der Gliedstaaten Im 18. Jahrhundert war die wirtschaftliche Regulierung einzelner Unternehmen nicht selten eine Angelegenheit der Legislative der einzelnen Bundesstaaten.58 Die legislative Regulierung einzelner Unternehmen fand ihre Rechtsgrundlage in den gesetzlichen Verleihungsakten, durch die gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse von Unternehmern den Körperschaftsstatus erhielten.59 In diesen Körperschaftssatzungen wurden oftmals bestimmte Höchstwerte für Wasserpreise oder bestimmte Maximalrenditen auf das eingesetzte Eigenkapital festgesetzt. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts löste ein kodiertes Gesellschaftsrecht die Verleihungsakte ab, welches ebenfalls auf Versorgungsunternehmen anwendbare Regulierungsbestimmungen enthielt.60 Die parlamentarische Regulierung einzelner Versorgungsunternehmen erwies sich mit zunehmender Bevölkerungsdichte und steigender Anzahl privatrechtlicher Körperschaften als unpraktikabel. Für die Festsetzung etwa von Wasserpreisen und Qualitätsstandards für einzelne Versorgungsunternehmen, sowie die Überwachung von deren Einhaltung fehlte den Parlamenten in den jeweiligen Sitzungsperioden die Zeit.61 Aufgrund der mangelnden Flexibilität, die für jede Anpassung des Regelungsrahmens einen parlamentarischen Beschluss erforderte, führte diese Form der Regulierung zu starken zeitlichen Verzögerungen. 58 Beispielsweise Charles River Bridge v. Proprietors of Warren Bridge, 36 U.S. 420, 537 (1837). 59 Meist umfassten diese von der Legislative verliehenen Satzungen neben den Körperschaftsrechten zusätzliche Rechte wie das Recht zur Vornahme von Enteignungen. 60 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 129 (1993). 61 Reutter, From Franchise to State Commission, 9 (1997).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

255

b) Die Regulierung durch Gerichte Bereits das dem amerikanischen Recht zugrunde liegende mittelalterliche englische ,Common Law‘ gab Kunden von „Versorgungsunternehmen“ die Möglichkeit, vor den zuständigen Gerichten zu klagen.62 Die entsprechenden Regelungen beruhten auf Präzedenzfällen, d. h. vorherigen Entscheidungen des gleichen oder anderer Gerichte, die Bindungswirkung für zeitlich nachfolgende Urteile entwickeln. Das entsprechende Regulierungsrecht entwickelte sich von Fall zu Fall weiter. Diese Regulierungsmethode beruhte somit allein auf der Initiative des einzelnen Verbrauchers. Als Problem der gerichtlichen Rechtsverfolgung gegenüber Versorgungsunternehmen durch den einzelnen Verbraucher erwies sich der Mangel an Fachwissen auf Seiten der Kunden, aber auch der Gerichte.63 Dieser Regulierungsmethode fehlt die Konstanz, da sie nur im Falle der Klage im Einzelfall zum Tragen kommt.64 Dies setzte zunächst voraus, dass der Kläger überhaupt von dem Fehlverhalten Kenntnis erlangt. Die Gerichte konnten zudem nur diejenigen Verhaltensweisen des beklagten Unternehmens bestätigen oder für unrechtmäßig erklären, die Gegenstand des jeweiligen Prozesses waren. Eine Vorgabe zukünftiger, auf andere Prozessgegenstände bezogene Verhaltensweisen des jeweiligen Versorgungsunternehmens war den Gerichten nicht möglich. Hauptproblem der gerichtlichen Regulierung war das Ungleichgewicht der Interessen des einzelnen Kunden auf der einen und der Sorge eines Versorgungsunternehmens vor Folgeprozessen. Zu Recht musste der Kläger daher prozesstypische Hindernisse wie das Risiko hoher Prozesskosten und eine möglicherweise lange Prozessdauer befürchten.65 Die gerichtliche Regulierung erwies sich als zu unbeständig, teuer und langsam.66 c) Die Regulierung durch kommunale Körperschaften Über den ,Franchise‘-Vertrag erhalten die kommunalen Gebietskörperschaften die Möglichkeit der Einflussnahme auf insbesondere netzgebundene Versorgungsunternehmen. Der Vertrag enthält genaue Beschreibungen der durch das Versorgungsunternehmen zu erbringenden Leistungen, setzt die Wasserpreise oder deren Berechnungsmethoden fest und enthält Bestimmungen für die Übernahme der Versorgungsanlagen im Falle der Beendigung des Vertrages. Obwohl in manchen Staaten auch zeitlich unbegrenzt gültige ,Franchises‘ zulässig sind, werden diese meist nur für einen begrenzten Zeitraum vereinbart. 62 63 64 65 66

Siehe hierzu schon oben unter A. II. 2. a). Phillips, 128. Reutter, 9. Rossi, The Common Law „Duty to Serve“, Vanderbilt Law Review 1998, 1233, 1250. Phillips, The Regulation of Public Utilities, 129 (1993).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Der Mangel an Fachkenntnissen gerade bei kleinen Kommunen stellt das Hauptproblem dieser Regulierungsform dar.67 Da in zahlreichen Staaten die Möglichkeit zum Abschluss von unbefristeten und ausschließlichen ,Franchises‘ besteht, ist zudem die Neuverhandlung von Verträgen, die für die Kommune nachteilig sind, schwierig. Dieser Umstand wurde durch eine sich verbreitende Korruption bei der ,Franchise‘-Vergabe zusätzlich verschärft.68 Insbesondere wenn ausschließliche ,Franchises‘ verhandelt worden waren, befand sich die Kommune in der unangenehmen Situation, auf die Möglichkeiten der Zulassung weiterer Versorgungsunternehmen verzichtet zu haben, ohne gegebenenfalls ausreichende Kontrolle über Wasserpreisfestsetzung und Leistungsqualität durchzusetzen.69 Ein weiteres Problem ergab sich zudem aus dem Verhalten der Versorgungsunternehmen, im Zeitraum vor Vertragsablauf nur noch wenig in die Leistungserbringung, insbesondere in den Erhalt der Anlagen, zu investieren. Selbst im Falle von umsichtig entworfenen Verträgen fehlt jedoch kleinen Gemeinden meist das zur Überwachung der Einhaltung der Vertragsbestimmungen erforderliche Personal. Daher entsprach oftmals die Qualität der Versorgungsleistung über einen längeren Zeitraum nicht dem im Vertrag festgelegten Niveau.70 Aufgrund der durch das Versorgungsunternehmen zu erbringenden Investitionen binden sich beide Vertragspartner meist über einen längeren Zeitraum. Da die Vertragsparteien im voraus alle Eventualitäten berücksichtigen müssen, stehen detaillierte Vertragsbestimmungen oftmals im Widerspruch zu bei Vertragsschluss nicht absehbaren Entwicklungen.71 Gerade bei längeren Vertragslaufzeiten erweist sich auch das Instrument einer Neuausschreibung nach Ablauf des Vertrages als nur bedingt tauglich, da der ,Franchise‘-Inhaber aufgrund seiner Kenntnisse gegenüber Mitbewerbern im Vorteil ist.72 Hingegen kann sich aus einer kurzen Vertragsdauer das Problem ergeben, dass dem Unternehmen ein zu geringer Anreiz zur Investition in die Versorgungsanlagen gesetzt wird.73 Im Lauf der Zeit führte das Wachstum zahlreicher privater Versorgungsunternehmen dazu, dass ein Unternehmen mehrere Kommunen versorgt. Gerade bei Unternehmen mit einem großen Versorgungsgebiet treten die Vorteile staatlicher Phillips, 130. Rossi, 1251. 69 Behling, Competition and Monopoly, 24 (1938). 70 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 130 (1993). 71 Beispielsweise können Veränderungen bei der Kaufkraft, dem Kundenaufkommen oder der Lebensweise der Verbraucher zu Missverhältnissen bei der Vertragserfüllung führen. 72 Reutter, From Franchise to State Commission, 9 (1997). 73 Durch Investitionen kann insbesondere die Effizienz des Unternehmens langfristig gesteigert werden, da durch verbesserte Anlagen oder eine andere Unternehmensstruktur die gleiche Leistung zu geringeren Kosten erbracht werden kann. Jedoch bedarf es zur Amortisierung dieser Investitionen meist einer Wasserpreiseerhöhung, die nur dann gering ausfallen kann, wenn das Unternehmen die Kosten auf eine lange Vertragslaufzeit verteilen kann, Reutter, From Franchise to State Commission, 9 (1997). 67 68

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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Regulierung deutlich hervor. Anstelle mehrerer Kommunen mit nur beschränktem Überblick über das Unternehmen sammelt und bewertet eine zentrale Stelle alle regulierungsrelevanten Informationen. Im Gegensatz zum überwiegenden Anteil der Gemeinden verfügen die Regulierungsbehörden zudem über die nötigen personellen und fachlichen Ressourcen, die für eine wirkungsvolle Aufsicht unerlässlich sind. Hierdurch werden Unwägbarkeiten im Verhalten kommunaler Vertragspartner ausgeschaltet, die durch Unkenntnis oder Druck der Wählerbasis hervorgerufen werden können.74 Letztlich traut man auch den Regulierungsbehörden eher als den Kommunen zu, neue Entwicklungen zu erkennen und darauf mit verbesserten Regulierungsmethoden zu reagieren.75 Die ausschließliche wirtschaftliche Regulierung mit Hilfe von ,Franchise‘-Verträgen durch kommunale Körperschaften kommt heute nur noch vereinzelt vor. In Texas etwa wird diese Methode der Regulierung noch dergestalt ausgeübt, dass die Kommune in ihren Gemeindegrenzen für die Regulierung der Wasser-, Elektrizitäts- und Gasentgelte zuständig ist. Dennoch sind auch hier die staatliche Regulierungskommission als Rechtsmittelinstanzen am Regulierungsprozess beteiligt. In den meisten Staaten sind hingegen die Regulierungsfunktionen der ,Franchise‘Verträge begrenzt und behandeln vorrangig den Gebrauch der örtlichen Straßen und Wege.76 d) Die Schaffung der staatlichen Regulierungskommissionen Aufgrund der Unzulänglichkeiten der oben genannten Modelle liegt die wirtschaftliche Regulierung von privaten ,Public Utilities‘ heute in Händen der staatlichen Regulierungskommissionen. Dabei handelt es sich um aus dem Verwaltungsaufbau ausgegliederte Agenturen, die auf der Grundlage von Ermächtigungsgesetzen tätig werden. Die Aufgaben der ersten sechs noch vor 1870 gegründeten Regulierungsbehörden waren noch beratender Natur und auf den Bereich der Eisenbahnen begrenzt. Sie empfahlen der Staatenlegislative und den Geschäftsführungen der Versorgungsunternehmen die Durchführung von Maßnahmen im Bereich von Landenteignungen und die Adaption und Umsetzung von Sicherheitsstandards. Erst mit dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle von Versorgungsunternehmen zu Beginn des 20. Jahrhunderts schufen mehr Staaten Regulierungsbehörden und erweiterten deren Befugnisse über die Eisenbahnindustrie 74 Beecher / Dreese / Standord, Regulatory Implications of Water and Wastewater Utility Privatization, 127 (1995). 75 Beecher / Dreese / Standord, 128. 76 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 131 (1993).

17 Forster

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

hinaus.77 1920 hatten mehr als zwei Drittel der Staaten Regulierungsbehörden eingeführt. Heute bestehen in allen Staaten der Vereinigten Staaten Regulierungsbehörden. Diese werden je nach Staat als ,Public Utility Commissions‘, ,Public Service Commissions‘, ,Corporation Commissions‘ oder ,Commerce Commissions‘ bezeichnet.

2. Unabhängigkeit von Legislative, Exekutive und Judikative Die Regulierungsbehörden sind außerhalb der ministeriellen Verwaltungshierarchie als unabhängige ,Agencys‘ organisiert. Sie unterstehen der direkten Kontrolle durch den Präsidenten bzw. den gliedstaatlichen Gouverneur. Ihre Befugnisse erhalten die Regulierungsbehörden durch gesetzliche Delegation; diese Ermächtigungsgesetze gewähren den Regulierungsbehörden einen weiten Spielraum und geben lediglich den äußeren gesetzlichen Rahmen vor. Die Regulierungsbehörden verbinden Elemente aller drei Gewalten. Sie regulieren die betreffenden Wirtschaftszweige durch den Erlass von Verordnungen im Rahmen der gesetzlichen Delegation, wenden Gesetze im Einzelfall an und entscheiden im Falle von Streitigkeiten über die Durchführung dieser Regelungen. Bisweilen werden daher die Kommissionen auch als nicht in der Verfassung vorgesehene und daher nur unzureichend kontrollierte vierte Gewalt bezeichnet. 78 Jedoch kann die Legislative den Umfang der Delegation jederzeit verändern. Eine weitere Kontrolle ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass das Führungspersonal der Regulierungskommissionen direkt bestimmt wird. Im Unterschied zu den Ministerien (,Executive Departments‘) werden die Regulierungsbehörden durch ein Kollektivorgan geleitet, dessen einzelne Mitglieder (,Commissioners‘) durch den Präsidenten, den Gouverneur oder Nominierungskollegien benannt werden.79 Ferner sind die Regulierungsbehörden in großem Maße von den in der Exekutive und Legislative getroffenen Budgetentscheidungen abhängig.80 Zuletzt unterliegen die Maßnahmen der Regulierungsbehörden der richterlichen Kontrolle. Die CPUC hat umfangreiche und in hohem Maße unbestimmte Regulierungsbefugnisse. Sie kann jede ,Public Utility‘ im Staat regulieren und zu diesem Zwecke alle Maßnahmen ergreifen, die zur Ausübung ihrer Regulierungsaufgaben erforderlich sind.81 Obwohl die CPUC kein Gericht im verfassungsrechtlichen Sinne ist, kann sie für die Rechtsprechung typische Kompetenzen im Rahmen der vor ihr Phillips, The Regulation of Public Utilities, 133 (1993). Woll, Administrative Law, 1 f. (1963). 79 Beispielsweise Florida Statutes 350.031 (1) i. V. m. 350.01 (1) (2003); Art. XII § 1 Cal. Cons. i. V. m. Cal. Publ. Util. Code § 301 (2003). 80 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 148 (1997). 81 § 701 Pub UC (2004). 77 78

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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anhängigen Verfahren ausüben. Zusätzlich kann die Kommission selbst Untersuchungen beginnen und Sachverhalte ermitteln.82 Zudem sind die Kommissionen innerhalb ihrer Delegation zum Erlass von Verordnungen ermächtigt.

3. Der Aufbau der Regulierungsbehörden Die Regulierungsbehörden werden von Regulierungskommissionen geleitet, die sich je nach Staat aus drei, fünf oder sieben Mitgliedern (,Commissioner‘) zusammensetzen, die durch den Gouverneur, die Legislative oder durch Volksabstimmung bestimmt werden.83 Die in den Staatengesetzen festgelegten Anforderungen für das Amt eines ,Commissioner‘ variieren stark.84 Die Amtsdauer eines Kommissionsmitgliedes beträgt je nach Staat vier bis acht Jahre. Die CPUC besteht aus fünf vom Gouverneur für die Dauer von sechs Jahren ernannten und von der Mehrheit des Senats bestätigten Mitgliedern.85 Während im Jahre 1991 in Vermont lediglich 14 Behördenmitarbeiter Dienst beschäftigt waren, belief sich diese Zahl in Kalifornien im Jahre 2001 auf 889.86 Die CPUC reguliert allein ein Gesamtentgeltaufkommen von 43 Milliarden USDollar.87 Die Tätigkeit der Regulierungskommissionen wird aus Steuermitteln oder von den regulierten Unternehmen durch Regulierungsentgelte finanziert. In den meisten Bundesstaaten wird die Höhe dieser Regulierungsentgelte in Prozent des Bruttoertrages des regulierten Unternehmens festgesetzt. Schon 1991 gaben die 43 staatlichen Regulierungskommissionen 589,9 Mio. US-Dollar aus, wobei die Ausgaben der acht größten Regulierungskommissionen allein die Hälfte dieses Betrages ausmachten.88

4. Das Verhältnis zur kartellrechtlichen Wettbewerbsregulierung Die Aufgaben der Regulierungskommissionen wie Preisregulierung oder Bewahrung von Gebietsmonopolen stehen oftmals in Konkurrenz zum Wettbewerbsrecht (,Antitrust Law‘) des Bundes.89 Cal. Jur. 3d, Band 53, 34 (2003). Phillips, The Regulation of Public Utilities, 136 (1993). 84 Während in South Carolina die Ernennung der „am besten qualifizierten Personen“ gefordert wird, beschränkt man sich in Arizona auf die „Fähigkeit, Englisch zu sprechen, zu schreiben und zu lesen“. 85 Cal. Jur. 3d, Band 53, 26 (2003). 86 CPUC, Annual Report 2001 – 2002, 2. 87 CPUC, Annual Report 2001 – 2002, 1. 88 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 137 (1993). 82 83

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Die Versorgungsunternehmen berufen sich gegenüber kartellrechtlichen Beanstandungen auf eine durch die wirtschaftliche Regulierung implizierte wettbewerbsrechtliche Immunität (,Implied Immunity‘). Diese gründet sich im Wesentlichen auf zwei Argumente: zum einen gelten die wettbewerbsrechtlichen und die der Regulierung zu Grunde liegenden Ziele als unvereinbar. Die Unvereinbarkeit von Wettbewerbsrecht und Regulierung rührt daher, dass das Wettbewerbsrecht die Aufrechterhaltung von Wettbewerb in einem Markt zum Inhalt hat, während die Regulierung als Ersatz für nichtexistenten Wettbewerb dienen soll. Zum anderen soll die Regulierung als spezielleres Verfahren den Vorzug vor den wettbewerbsrechtlichen Regelungen genießen.90 Der Supreme Court hat eine teilweise Immunität regulierter Unternehmen von Wettbewerbsbestimmungen gegenüber Regulierungsbehörden des Bundes und der Bundesstaaten angenommen. Im Verhältnis zur Bundesregulierungsbehörde ist der Regulierung nach Ansicht des Gerichts dann der Vorzug zu geben, wenn ein offensichtlicher Widerspruch zwischen Wettbewerbs- und Regulierungsnormen besteht. Hierin läge eine implizierte Aufhebung der Wettbewerbsnorm.91 Im Verhältnis zu den staatlichen Regulierungskommmissionen gilt die Immunität ebenfalls nur eingeschränkt. Danach hätten im Verhältnis zur staatlichen Regulierungsbehörde mindestens die gleichen Immunitätsanforderungen zu gelten wie im Verhältnis zur Bundesregulierungsbehörde. Die Immunität gelte nur, wenn das wettbewerbsrechtlich in Frage gestellte Verhalten des Versorgungsunternehmens für die Funktionsweise einer effektiven Regulierung erforderlich sei.92 Da der Staat nicht bundesrechtliche Normen außer Kraft setzen könne, soll in diesem Fall angenommen werden, dass der Bundesgesetzgeber nicht in die Regulierungspolitiken der Staaten eingreifen wollte.93 Im Urteil Cantor entschied das Gericht über die Immunität eines Stromversorgungsunternehmens, welches in wettbewerbsrechtswidriger Weise seine Kunden mit Glühbirnen ausstattete.94 Da die durch die Regulierungskommission genehmigte Versorgung mit Glühbirnen nicht den eigentlichen Zweck der Regulierung, nämlich die Kontrolle der Monopolstellung des Stromversorgungsunternehmens betraf, sah das Gericht keinen Grund für die Annahme einer wettbewerbsrechtlichen Immunität. Wettbewerbsrechtliche Regelungen sind hingegen zweifelsfrei anwendbar, wenn die Befugnisse der Regulierungskommissionen nicht berührt sind, d. h. wenn der Auf Bundesebene insbesondere der Sherman Antitrust Act von 1890. Springsteen, Government Regulation and Monopoly Power in the Electric Utility Industry, Case Western Reserve Law Review 1983, 240, 252. 91 Gordon v. New York Stock Exchange, 422 U.S. 659, 682 (1975). 92 Cantor v. Detroit Edison, 428 U.S. 579, 597 (1976). 93 Rock, Corporate Law though the Antitrust Lens, Columbia Law Review 1992, 497, 554. 94 Cantor v. Detroit Edison, 428 U.S. 579, 597 (1976). 89 90

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

261

Sachverhalt nicht von der Kompetenz der Regulierungskommissionen umfasst wird oder das Wettbewerbsrecht einen zusätzlichen Rechtsbehelf gewährt.95 Während die Regulierungsbehörden die Handlungen eines Versorgungsunternehmens von vorneherein beeinflussen können, ist den Kartellbehörden die Feststellung von Wettbewerbswidrigkeiten erst im Nachhinein möglich. Die Regulierung von Versorgungsunternehmen durch eigene Regulierungsbehörden gilt daher auch im Vergleich zu den Kartellbehörden als effektiveres Mittel für die Gewährung des Verbraucherschutzes.96

5. Die Zuständigkeit für Wasserversorgungsunternehmen Die Zuständigkeit der Regulierungskommissionen für Wasserversorgungsunternehmen wird in den entsprechenden staatlichen Regulierungsgesetzen geregelt.97 In den gesamten Vereinigten Staaten wurden im Jahr 1995 etwa 4.092 private Wasserversorgungsunternehmen reguliert.98 Angesichts der Zahl von 23.187 privaten Wasserversorgungsunternehmen mit einer Größe von mindestens 15 bzw. 25 Kunden macht dieser Teil somit nur etwa ein Sechstel der privaten Unternehmen aus. Dies liegt vermutlich an dem Umstand, dass die Regulierungsbehörden kleine Wasserversorgungsunternehmen nur dann ihrer Aufsicht unterstellen, wenn diesbezüglich Beschwerden von Verbrauchern eingehen.99

II. Befugnisse der Regulierungsbehörden In vielen Staaten wurde die Institution einer Regulierungsbehörde in der Verfassung verankert. Die Regulierungsbehörde handelt daher meist aufgrund verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Befugnisse. Die kalifornische Verfassung überträgt der CPUC die Befugnis zur Regulierung von Wasserpreisen und zum Erlass von Verordnungen.100 Zudem erhält die CPUC 95 Neale, The Antitrust Laws of the United States, 7; Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. 366, 374 (1972). 96 Beecher / Dreese / Stanford. Regulatory Implications of Water and Wastewater Utility Privatization, 128 (1995). 97 Beispielsweise New Jersey Permanent Statutes Title 48:2:13.a (2003); Cal. Publ. Util. Code § 216 (a) (2003); Florida Statutes 367.011 i. V. m. 367.021 (12). 98 Eine entsprechende Zuständigkeit der Regulierungsbehörden für die Wasserregulierung bestand zu diesem Zeitpunkt nicht in den Staaten Georgia, Minnesota, North Dakota, South Dakota sowie Washington, D.C. Dies lag an der geringen Anzahl von größeren privaten Wasserunternehmen in diesen Staaten, Beecher, Regulatory Implications of Water and Wastewater Utility Privatization, 124 (1995). 99 CPUC, Annual Report 1990 – 1991, 45. 100 Art. XII §§ 4, 6 Cal. Const. (2004).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

mit der Befugnis zum Verbot von Diskriminierungen und zur Gewährung von Ausgleichszahlungen für unangemessen hohe, exzessive und diskriminierende Wasserpreise. Die Kommission darf vorladen, vereidigen, Zeugenaussagen aufnehmen, die Missachtung der Kommission bestrafen und ein allgemeinverbindliches Buchführungssystem für alle ,Public Utilities‘ vorschreiben. Im Folgenden wird die Betrachtung auf die Befugnisse der Regulierungsbehörden begrenzt, die den Kern der wirtschaftlichen Regulierung ausmachen. Hierzu gehört die Steuerung des Marktzugangs, die Wasserpreisregulierung und die Überwachung der Leistungserbringung. Der Überblick zeigt das ganze Spektrum der Befugnisse:  Entscheidung, ob ein Versorgungsunternehmen der wirtschaftlichen Regulierung unterliegt,  Erteilung eines Çertificates of Convenience and Necessity‘ (Marktzulassung),  Festlegung und Veränderung der Grenzen des Versorgungsgebietes,  Zertifizierung größerer Bauvorhaben,  Genehmigung der Beschaffung von Fremdkapital,  Genehmigung von Zusammenschlüssen, Unternehmenskäufen und anderer Wechsel in der Eigentümerstellung,  Prüfung der Buchhaltung und der Unternehmensführung,  Bewertung der langfristigen Ressourcenplanung,  Überwachung der Maßnahmen zu Verbesserung der Wasserersparnis und bei Trockenheit,  Überwachung der Wasserzählerablesung, Rechnungsstellung und Abtrennung vom Versorgungsnetz,  Prüfung von Verbraucherbeschwerden,  Überprüfung von Kostenverrechnung, Wasserpreisstruktur und Wasserpreisbemessungsgrundlage,  Festsetzung der Ertragsrate,  Überprüfung der Rechnungslegung und Buchhaltung.101

1. Die Steuerung des Marktzugangs und des -austritts In der Wasserversorgung ist die Versorgung durch unter Monopolschutz operierende Unternehmen nach wie vor die Regel.102 101 102

Beecher, Regulatory Implication of Water and Wastewater Utility Privatization, 123. Am. Jur. 2d, Band 64, 556 (2003).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

263

Die Regulierungsbehörden schützen die einzelnen Versorgungsgebiete vor Wettbewerb. So wird etwa durch § 1001 Cal. PUC die Ausdehnung der Leitungen eines privaten Wasserversorgungsunternehmens von der Erteilung einer Genehmigung der Regulierungsbehörden abhängig gemacht. Diese wird jedoch nur dann erteilt, wenn der Bau einer solchen zusätzlichen Leitung erforderlich ist. Ebenso ist es den staatlichen oder kommunalen Wasserversorgungsunternehmen nach § 1501 Cal. PUC untersagt, ihre Versorgungsleitungen in das Versorgungsgebiet privater Wasserversorger auszudehnen. Die Regulierungsbehörden können daher ein solches Vorhaben auch dann unterbinden, wenn die Kommune ein solches Vorgehen beabsichtigt. Der Betrieb eines Wasserversorgungsunternehmens erfordert in den meisten Staaten die Erteilung eines ,Certificate of Convenience and Necessity‘ für ein bestimmtes Versorgungsgebiet durch die zuständige Regulierungsbehörde.103 Durch die Erteilung einer solchen Genehmigung kontrolliert die Regulierungsbehörde den Marktzugang. Das Genehmigungserfordernis soll dem Schutz bereits im Markt tätiger Unternehmen vor Wettbewerb und einer möglicherweise damit einhergehenden Verschlechterung der Versorgungsbedingungen durch Konkurrenz der Versorgungsunternehmer dienen.104 Liegt keine gesetzliche Regelung vor, liegt die Entscheidung über die Aufrechterhaltung von Monopolbedingungen in einem Markt grundsätzlich im Ermessen der Regulierungsbehörden.105 Wettbewerb soll in diesen Fällen nur zugelassen werden, wenn er im Interesse der Allgemeinheit liegt.106 Bislang gilt dies jedoch nicht für Wasserversorgungsunternehmen.107 Im Rahmen der Erteilung eines ,Certificate of Convenience and Necessity‘ entscheidet die Regulierungsbehörde aufgrund des Merkmals, ob das Versorgungsunternehmen für die Allgemeinheit von Nutzen und erforderlich ist.108 „Erforderlich“ bedeutet dabei nicht unverzichtbar. Für die Erforderlichkeit ist ausreichend, dass ein hinreichend bedeutendes öffentliches Interesse in wirtschaftlicher Weise bedient wird.109 Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Versorgungsdienst die zu seiner Erbringung nötigen Kosten rechtfertigt.110 Da bislang keine Alternative zur rohrgebundenen Wasserversorgung besteht, wird die Regulierungsbehörde Beispielsweise FS § 367.031; Cal. ,Public Utility‘ Code § 1001. Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 331 (2003); Cal. Jur. 3d, Band 53, 42 (2003). 105 Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 331 (2003); in Florida ist dies ausdrücklich geregelt: besteht in einem Versorgungsgebiet bereits ein Wasserversorgungsunternehmen, so hängt die Zulassung eines weiteren Unternehmens von der Feststellung der Kommission ab, dass das bestehende Unternehmen die Öffentlichkeit nicht angemessen versorgen kann oder dass der Betreiber zur Erbringung der Versorgungsleistung dazu nicht in der Lage oder willens ist, FS § 367.045 (5) (2004). 106 Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 331 (2003). 107 National Research Council, Privatization of Water Services, 99 (2002). 108 Am. Jur. 2d., Band 64, 560 (2003); Cal. Jur. 3d, Band 53, 42 (2003). 109 Am. Jur. 2d., Band 64, 560 (2003). 110 Am. Jur. 2d., Band 64, 561 (2003). 103 104

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

einem Wasserunternehmen in einem Gebiet regelmäßig eine Genehmigung erteilen, solange in dem Versorgungsgebiet noch kein Wasserversorgungsunternehmen ansässig ist.111 Zusätzliche Kriterien sind die Sicherheit und Angemessenheit der Versorgungsanlagen und die Erfahrung und Zuverlässigkeit des den Antrag stellenden Versorgungsunternehmens.112 In Kalifornien bedürfen Wasserversorgungsunternehmen mit ,Public Utility‘ Status für ihren Betrieb eines ,Certificate of Convenience and Necessity‘.113 In Kalifornien gilt als Voraussetzung hierfür der Erwerb eines ,Franchise‘ von der zuständigen Gebietskörperschaft.114 Im Genehmigungsverfahren prüft die CPUC, ob der Genehmigung Gründe der Beeinträchtigung des Allgemeinwohls, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, entgegenstehen.115 Die Monopolstellung gilt jedoch nur für konkurrierende ,Public Utilities‘. Diese verbietet nicht die Eigenversorgung der Bevölkerung durch private Brunnen.116 Die Kommunen haben bei der ,Franchise‘-Vergabe die Entscheidung der Regulierungsbehörde zu berücksichtigen, da die Kommunen ihre Kompetenzen von den Gliedstaaten ableiten. So benötigen die Kommunen auch zur Vergabe von ,Franchises‘ einer Delegation.117 Kommunale Körperschaften sind zur Vergabe nur dann berechtigt, wenn ihnen die Befugnis dazu ausdrücklich, inzident oder kraft Sachzusammenhangs mit anderen Befugnissen durch Verfassung oder Gesetz verliehen wurde.118 Bisweilen wird die Ermächtigung zur ,Franchise‘Vergabe den Kommunen direkt durch die Verfassung erteilt. Hier ist kein legislativer Akt mehr zu Regelung der Vergabe erforderlich.119 Ein von einer kommunalen Körperschaft ohne Autorisierung durch Verfassung oder Gesetz vergebenes ,Franchise‘ ist unwirksam, kann aber nachträglich durch Gesetz legitimiert werden.120 Manche Staaten räumen ihren Kommunen lediglich ein Zustimmungsrecht bei der Vergabe von ,Franchises‘ ein.121 Die Kommune kann dann nur entscheiden, ob sie dem von der Regulierungsbehörde bestimmten Versorgungsunternehmer ein ,Franchise‘ erteilen will.122 Zudem wird oftmals der Umfang der zu vergebenden Hyman, The Water Business, 172 (1998). Am. Jur. 2d., Band 64, 560 (2003). 113 § 854 Cal. Pub. UC (2004). 114 § 1004 Cal. Pub. UC (2004). 115 Cal. Jur. 3d, Band 53, 44 (2003). 116 Hyman, The Water Business, 177 (1998). 117 Reynolds, Local Government Law, 78; Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 10, 602. 118 Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 14, 604. 119 Russel v. Sebastian, 233 U.S. 195, 207 (1914). 120 Am. Jur. 2d, Franchises from Public Utilities, § 15, 606. 121 Beispielsweise Oklahoma Const. Art. 9, § 10 (2003), Alabama Const. § 220 (2003). 122 Alabama Power v. Alabama, 527 So. 2d 687, 684 (1988). 111 112

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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,Franchises‘ begrenzt, so dass die Kommunen keine unwiderruflichen oder exklusiven ,Franchises‘ vergeben dürfen.123 Auch der Marktzugang durch den Kauf von Wasserversorgungsunternehmen bedarf der Erlaubnis der Regulierungsbehörden. Dies gilt generell für Rechtsgeschäfte, bei denen eine ,Public Utility‘ in ihrer unmittelbaren Sachherrschaft über die Versorgungsanlagen beeinträchtigt wird.124 So sind auch Zusammenschlüsse von ,Public Utilities‘ generell zustimmungspflichtig. 125 In diesem Fall untersucht die Regulierungsbehörde, ob die Veräußerung dem Allgemeinwohl förderlich ist.126 Auch der Marktaustritt wird durch die Regulierungsbehörde geregelt.127 Grundsätzlich kann ein Versorgungsunternehmen die Versorgung defizitärer Gebiete einstellen, wenn das Unternehmen seine darin befindlichen Versorgungsanlagen aufgibt. Versorgt das Unternehmen jedoch mehrere Gebiete in einem Bundesstaat, kann die Regulierungsbehörde unter Umständen die Fortsetzung der Versorgung im defizitären Gebiet verlangen.128

2. Die Regulierung der Wasserentgelte Die Wasserpreisregulierung findet in den meisten Staaten nur auf in Privateigentum befindliche ,Public Utilities‘ Anwendung. Die im Eigentum kommunaler Körperschaften stehenden Unternehmen bleiben dagegen in den meisten Staaten unreguliert. In Kalifornien erstreckt sich die Regulierungsbefugnis nur auf private Wasserversorgungsunternehmen.129 a) Die Rentabilitätsregulierung Bei der gegenwärtig von allen Regulierungsbehörden für Wasserversorgungsunternehmen verwendeten Methode handelt es sich um das ,Rate-of-Return‘-Modell, das zu einer Rentabilitätsregulierung führt.130 Hierdurch werden die Wasserpreise eines Versorgungsunternehmens unter dem Gesichtspunkt geprüft, dass es dem Unternehmen gestattet sein soll, eine als angemessen betrachtete Kapitalrentabilität zu erzielen.131 Dabei werden die Kosten des Unternehmens auf ihre ErforAlabama Const. § 22 (2003). Hierunter fallen beispielsweise Verkauf, Vermietung und Hypothekenbestellungen. 125 Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 337 (2003). 126 Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 337 (2003). 127 Corpus Juris Secundum, Band 73 B, 331, 344 ff. (2003); Cal. Jur. 3d, Band 53, 16 (2003). 128 Cal. Jur. 3d, Band 53, 39 (2003). 129 Cal. Jur. 3d, Band 53, 58 (2003). 130 Zur Wasserentgeltberechnung bei Wasserversorgungsunternehmen: Beecher / Mann / Landers, Cost Allocation and Rate Design for Water Utilities (1991). 123 124

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

derlichkeit hin überprüft und Preise festgelegt, die dem Unternehmen eine als angemessen angesehene Kapitalverzinsung ermöglichen. Da bei dieser Regulierungsmethode die Rentabilität streng anhand der tatsächlich entstandenen Kosten beurteilt wird, bezeichnet man diese Methode auch als ,Cost-of-Service‘-Regulierung. aa) Die Verfassungsmäßigkeit Durch die Wasserpreisregulierung wird der Eigentümer des Unternehmens in der Nutzung seines Eigentums beschränkt. Die Befugnis der Regulierungsbehörden zur Festsetzung der Rendite einer ,Public Utility‘ wird daher auch durch den fünften und den vierzehnten Verfassungszusatz begrenzt, wonach Eigentum nicht ohne Entschädigung entzogen werden darf.132 Überschreitet die Regulierungsbehörde ihren Ermessensspielraum hinsichtlich einer Preisregulierung, so wird die Wasserpreisfestsetzung von den Gerichten grundsätzlich als unrechtmäßige Enteignung verworfen.133 In der Zeit von 1889 bis 1944 überprüften die Gerichte die drei wesentlichen Komponenten (Betriebsnotwendiges Kapital (,Rate Base‘), Rendite und Betriebsausgaben) der Preisfestsetzungsentscheidungen der Regulierungsbehörden bis ins Detail anhand eigener Prüfungsstandards.134 Zu diesen gehört die Ermittlung der erlaubten Rendite anhand eines Vergleichs der Wasserversorgungsunternehmen mit anderen Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsrisiko.135 Regulierungsentscheidungen wurden aufgehoben, wenn diese dem Unternehmen keine volle Erstattung und Verzinsung getätigter Investitionen erlaubten, sofern es sich dabei um „vernünftige Ausgaben“ handelte. Die Regulierungsbehörde sollte aber bei fehlenden Anzeichen von unternehmerischer Ineffizienz oder Unvernunft nicht die Entscheidungen der Geschäftsführer durch ihr eigenes Ermessen ersetzen dürfen.136 Das Gericht ersetzte somit das Ermessen der Regulierungsbehörde durch sein eigenes. Die damit verbundenen Kontroversen auch zwischen den Richtern des Supreme Court führten im Jahr 1944 zu einer Änderung der Rechtsprechung. Der Supreme Court entschied im Urteil Federal Power Commission v. Natural Gas Co. sich aus der detaillierten verfassungsrechtlichen Überprüfung von Preisfestsetzungsentscheidungen der Regulierungsbehörden zurückzuziehen.137 131 Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 399, 402. 132 Pierce, Regulated Industries, 101 (1999). 133 Georgia Railroad v. Smith, 128 U.S. 174 (1888). 134 Pierce, Regulated Industries, 104 (1999). 135 Bluefield Water Works v. Public Service Commission, 262 U.S. 679, 691 (1923), sog. Çomparable Risk and Uncertainities Test‘. 136 West Ohio Gas Co. v. Public Utilities Commission of Ohio, 294 U.S. 63, 72 (1935), sog. ,Prudently Incurred Test‘. 137 Federal Power Commission v. Hope Natural Gas Co., 320 U.S. 591 (1944).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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Den Regulierungsbehörden stellte das Gericht fortan frei, die zur Wasserpreisbestimmung nötigen Formeln selbst zu bestimmen. Das Gericht beschränkte sich in der Folge nur auf die Prüfung, ob die festgesetzten Wasserpreise dem Unternehmen gestatteten, „erfolgreich zu operieren, angemessen finanziert zu werden, Kapital anzuziehen und die Investoren für die eingegangenen Risiken zu entlohnen“, auch wenn es sich nach den bis dahin vom Gericht aufgestellten Grundsätzen nur um eine geringe Rendite handelte.138 Seit der Entscheidung Hope hat der Supreme Court keine Entscheidung der Regulierungsbehörden hinsichtlich der Festsetzung von Preisobergrenzen mehr als verfassungswidrig verworfen.139 Obwohl sich die Gerichte auf die Überwachung der Einhaltung eines weit gezogenen Ermessensspielraums der Regulierungsbehörden zurückgezogen haben, wenden die Regulierungsbehörden nach wie vor viele Elemente dieser Rechtsprechung an, da sich die gesetzlichen Vorgaben für erlaubte Renditen oftmals auf die Bezeichnung „gerecht und angemessen“ beschränken.140 bb) Die Ziele der Wasserpreisregulierung Die Wasserpreisregulierung soll die ,Public Utility‘ grundsätzlich vor „ruinösem“ Wettbewerb und den Kunden vor unangemessen hohen Preisen schützen.141 Die ,Public Utility‘ soll dagegen eine angemessene Rendite für ihr eingesetztes Eigenkapital erwirtschaften dürfen.142 Die Regulierungsbehörde hat einen weiten Ermessensspielraum bei der Feststellung der angemessenen Berechnungsmethode und der Abwägung der Interessen der Kunden und denen der ,Public Utility‘.143 Indem die Regulierungsbehörde die Preishöchstgrenze bestimmt, garantiert sie dem Unternehmen nicht, dass dieses die zugestandene Rendite auch tatsächlich erwirtschaftet. Dem Unternehmen wird lediglich die Möglichkeit zum Erwirtschaften einer bestimmten Ertragsrate gegeben. Im Gegensatz zu anderen Sektoren werden im Wasserbereich jedoch die Preise nach wie vor nach einer seit über hundert Jahren verwendeten Formel berechnet.144 Die Regulierungsbehörde versucht die Einnahmen der ,Public Utility‘ so festzusetzen, dass diese ihre Betriebskosten decken und eine angemessene Rendite 138 Federal Power Commission v. Hope Natural Gas Co., 320 U.S. 591, 603 (1944), sog. ,End Result Test‘. 139 Pierce, Regulated Industries, 105 (1999); Federal Power Commission v. Hope Natural Gas Co., 320 U.S. 591 (1944). 140 Die Bezeichnung „Just and Reasonable“ findet sich beispielsweise in § 451 I 1 Cal. PUC. 141 Cal. Jur. 3d, Band 53, 58 (2003); § 701.10 (a) Cal. Pub. Code (2004). 142 Am. Jur. 2d, Band 64, 515 (2002). 143 Am. Jur. 2d, Band 64, 515 (2002). 144 Pierce, Regulated Industries, 95 (1999).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

(,Rate of Return‘) erzielen kann.145 Hierfür werden zunächst von den Erträgen die Betriebsausgaben und die Steuern abgezogen. Hieraus ergeben sich die betrieblichen Einkünfte. Dieser Betrag wird durch die ,Rate Base‘ dividiert, um als Ergebnis die Rendite der ,Public Utility‘ zu erhalten. Falls sich dafür hinreichende Gründe finden, kann die Regulierungsbehörde auch die Berechnungsmethode verändern.146 cc) Die ,Rate Base‘ Als Ausgangspunkt der Berechnung einer „gerechten und angemessenen“ Rendite dient der Regulierungsbehörde die Festlegung einer so genannten ,Rate Base‘.147 Hierbei handelt es sich um die Summe der vom Eigentümer der ,Public Utility‘ getätigten Investitionen, mithin das für den Betrieb des Unternehmens notwendige Kapital. Mit Hilfe dieses Werts werden die der ,Public Utility‘ gestatteten Einkünfte errechnet. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Eigentümer einer ,Public Utility‘ für sich den gleichen Gewinn erwirtschaften können soll wie derjenige eines anderen Unternehmens, welches einem vergleichbaren Wettbewerbsrisiko ausgesetzt ist. Die Regulierungsbehörde erhält durch die Entscheidung über die Einberechnung bestimmter Investitionen in die ,Rate Base‘ starken Einfluss auf das Investitionsverhalten des regulierten Unternehmens. (1) Die Berechnungsmethoden Die Regulierungsbehörden ermittelt die ,Rate Base‘ nicht anhand des tatsächlichen Geschäftsverhaltens des Unternehmens. Vielmehr setzt sie den Wert der einzelnen sich zur ,Rate Base‘ addierenden Positionen anhand ihrer eigenen Einschätzung hinsichtlich deren Notwendigkeit für den Betrieb fest.148 Die für die Wasserpreisfestsetzung erforderlichen Daten werden innerhalb eines Testjahres ermittelt. Durch den Gebrauch eines Testjahres soll die Gefahr reduziert werden, dass die ,Public Utility‘ aufgrund unpassender Daten höhere Wasserpreise zugestanden bekommt.149 Das Testjahr soll den relevanten Zeitraum angemessen widerspiegeln.150 Dabei wird der Anlagenwert zu Grunde gelegt, der sich aus eiHyman, The Water Business, 176 (1998). Am. Jur. 2d, Band 64, 515 (2002). 147 Am. Jur. 2d, Band 64, 517 (2002). 148 Am. Jur. 2d, Band 64, 517 (2002). 149 Los Angeles Gas & Elec. Corp v. Railroad Com’n of Cal., 289 U.S. 287 (1933); Lincoln Gas & Electric Light Co. v. City of Lincoln, 250 U.S. 256 (1919). 150 Mountain Fuel Supply Co. v. Public Service Com’n of Utah, 861 P.2d 414 (Utah 1993). 145 146

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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nem durchschnittlichen, auf das ganze Jahr angelegten Wert errechnet.151 Falls die Bemessungsgrundlagen für das Testjahr aufgrund außergewöhnlicher, zukünftige Entwicklungen nicht widerspiegelnder Umstände verändert werden, so kann die Regulierungsbehörde die Daten des Testjahres anpassen.152 Die Regulierungsbehörde ist grundsätzlich frei in der Wahl der Berechnungsmethode, solange daraus nicht ein unangemessenes oder enteignendes Entgelt resultiert.153 In manchen Staaten wird dieser Spielraum dadurch eingegrenzt, dass gesetzliche Regelungen die Verwendung einer speziellen Methode vorschreiben.154 Abschreibungen mindern den Wert des Anlagevermögens und sind daher ebenfalls in die ,Rate Base‘ einzubeziehen. Um die Abschreibungen zu bestimmen, sind der tatsächliche Zustand der Anlage, mögliche Überalterung und sonstige Unzulänglichkeiten zu prüfen.155 Der Betrag der jährlichen Abschreibung wird aus den ursprünglichen Herstellungskosten ermittelt, nicht etwa aus dem Sachzeitwert der Anlage.156 Die CPUC ist gesetzlich verpflichtet, gerechte, angemessene und ausreichende Wasserpreise festzusetzen.157 Hierzu gehört die Bestimmung der Art und des Ausmaßes der für die Erfüllung des Dienstes erforderlichen und angemessenen Anlagen.158 In Kalifornien ermittelt die CPUC über einen bestimmten Überprüfungszeitraum die ,Rate Base‘, die Betriebseinkünfte sowie die Ausgaben und Kosten und bestimmt daraufhin die Nettoeinnahmen des Unternehmens. Anschließend bestimmt die CPUC die von ihr für angemessen gehaltenen Rendite und berechnet auf dieser Grundlage die Höhe der Wasserpreise. In die Ergebnisse des Überprüfungszeitraums werden daraufhin bestimmte bekannte oder erwartete Änderungen der Ausgaben, Bruttoeinkünfte oder anderer Umstände einbezogen, so dass die Ergebnisse des Überprüfungszeitraumes den tatsächlichen auf die ,Public Utility‘ zukommenden Umständen nahe kommen.159

151 Chicopee Mfg. Co. v. Public Service Co., 98 N.H. 5 (1953); Application of MontanaDakota Utilities Co., 102 N.W.2d 329 (N.D. 1960). 152 Gary-Hobart Water Corp. v. Indiana Utility Regulatory Com’n, 591 N.E.2d 649 (Ind. Ct. App. 1st Distr. 1992). 153 Iowa-Illinois Gas & Elec. C. v. City of Fort Dodge, 284 Iowa 1201 (1957). 154 Ohio Edison Co. v. Public Utilities Com’n, 173 Ohio St. 478 (1962). 155 Ohio Edison Co. v. Public Utilities Com’n, 173 Ohio St. 478 (1962). 156 Southwestern Bell Telephone Co. v. State Corp. Com’n, 192 Kan 39 (1963); State ex rel. Utilities Com’n v. State, 239 N.C. 333 (1954). Hieraus können sich beachtliche Finanzierungslücken bei Neuinvestitionen ergeben. Zu den betriebswirtschaftlichen Erfordernissen bei der Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen ausführlich Reif, Preiskalkulation privater Wasserunternehmen (2002). 157 § 728 Pub. UC (2004). 158 Cal. Jur. 3d, Band 53, 59 (2004). 159 Cal. Jur. 3d, Band 53, 68 (2003).

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(2) Die Bewertung einzelner Aktiva Unabhängig von der Berechnungsmethode betreffen die meisten Streitigkeiten bei Regulierungsvorgängen die Einbeziehung einzelner Aktiva in die ,Rate Base‘. Denn entscheidend für die Möglichkeit zur Amortisierung getätigter Investitionen ist die Genehmigung entsprechender Wasserpreiserhöhungen. Grundsätzlich darf nur Anlagevermögen einberechnet werden, welches gegenwärtig für die Wasserversorgung „gebraucht wird oder dieser dienlich ist“.160 Entspricht eine Investition nicht diesen Kriterien, wird die Anlage nicht in die ,Rate Base‘ aufgenommen. Dient eine Anlage auch der Erzeugung eines regulierten Produkts, wird die Anlage nach Schätzung der Regulierungsbehörde zumindest teilweise in die ,Rate Base‘ aufgenommen.161 Dies überlappt sich mitunter mit der Entscheidung, ob die Investition „vernünftig“ war.162 Eine unvernünftige Entscheidung liegt danach vor, wenn ein Investitionsprojekt zu groß, der Kaufpreis zu hoch oder die Investition keinerlei Nutzen für die regulierte Leistung aufweist.163 Für die Unternehmen ergibt sich die besondere Schwierigkeit, dass die Entscheidung über die jeweilige Investition meist erst im Nachhinein von der Regulierungsbehörde getroffen wird. Dabei können auch Anreize entsprechend politischer Vorgaben gesetzt werden, wie etwa die Förderung eines sparsamen Wasserverbrauchs durch Genehmigung entsprechender Investitionen in verbrauchsarme Installationen. (3) Der Bewertungszeitpunkt Für die Finanzierung von Investitionen ist für das Unternehmen von großer Bedeutung, ob die Regulierungsbehörde die Kosten für die Baumaßnahmen schon vor Abschluss der Arbeiten auf die ,Rate Base‘ anrechnet. Befindet sich die Anlage im Bau und darf die ,Public Utility‘ die Baukosten zu diesem Zeitpunkt nicht in ihre ,Rate Base‘ einbeziehen, so werden die Finanzierungskosten für die Anlage erst nach Fertigstellung Bestandteil des Anlagevermögens und dann Bestandteil der ,Rate Base‘. Oftmals erhält die ,Public Utility‘ aber bereits bei Baubeginn eine Rendite auf Grundlage der Gesamtkosten, wodurch die Finanzierung des Vorhabens erleichtert wird.164 160 Denver Union Stock Yard Co. v. U.S., 304 U.S. 470 (1988); Cesapeake Utilities Corp. v. Delaware Public Service Com’n, 705 A.2d 1059 (Del. Sup. Ct. 1997); Cedar Rapids Gaslight Co. v. City of Cedar Rapids, 144 Iowa 426, aff ’d, 232 U.S: 655 (1912); sog. ,Used and Useful Test‘. 161 Pierce, Regulated Industries, 115 (1999). 162 West Ohio Gas Co. v. Public Utilities Commission of Ohio, 294 U.S. 63, 72 (1935), sog. ,Prudently Incurred Test‘. 163 Pierce, Regulated Industries, 117 (1999). 164 Hyman, The Water Business, 181 (1998).

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b) Die betriebsnotwendigen Ausgaben Der Supreme Court ist der Auffassung, dass die Regulierungsbehörden bei der Bewertung der ,Rate Base‘ grundsätzlich nicht die Entscheidungen der Geschäftsführung durch ihr eigenes Ermessen ersetzen dürfen.165 Dennoch sind die Unternehmen hinsichtlich ihrer Betriebsausgaben nicht frei, da sie in bestimmten Fällen befürchten müssen, dass die Regulierungsbehörde in Abweichung von ihren Vorstellungen getätigten Ausgaben die Anerkennung verweigert. Zum einen prüfen die Regulierungsbehörden, ob die Ausgaben im Zusammenhang mit der regulierten Tätigkeit stehen. Ist die Behörde der Ansicht, dass Ausgaben anderen Zwecken dienen, werden diese nicht in die ,Rate Base‘ eingerechnet und dürfen nicht auf den Endkunden umgelegt werden. Zum anderen soll das Unternehmen zu einer stärkeren Kontrolle seiner Ausgaben angehalten werden. Die Preisregulierung reduziert diesen bei im Wettbewerb stehenden Unternehmen „natürlichen“ Anreiz, da zusätzliche Ausgaben die ,Rate Base‘ erhöhen und somit die anhand der ,Rate Base‘ verhältnismäßig berechneten Erträge.166 Der Entscheidungsspielraum wird anhand zweier Kriterien gemessen. Betriebsausgaben werden dann nicht anerkannt, wenn sich hieraus kein Nutzen für den Endkunden ergibt. Betriebsausgaben können zudem dann zumindest teilweise nicht anerkannt werden, wenn sie übermäßig hoch waren. Dies ist etwa der Fall, wenn das Unternehmen Güter zu überdurchschnittlich hohen Preisen erwirbt. Die Betriebsausgaben für das kommende Jahr werden aufgrund der vorangegangenen 12 Monate bestimmt. Zukünftige Ausgaben werden nur dann einberechnet, wenn mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Kosten auch tatsächlich entstehen werden.167 Zulässig ist auch die Einbeziehung eines Indexes zur Berechnung des Inflationsausgleichs. Bei Betriebsausgaben, die von variablen Faktoren wie dem Ölpreis abhängig sind, gewährt die Regulierungsbehörde unter Umständen eine automatische Angleichung während des Jahres.168 Dennoch bleibt der ,Public Utility‘ das Risiko, dass die Kosten stärker steigen, als dies bei der Wasserpreisfestsetzung von der Regulierungsbehörde berücksichtigt wurde. Die ,Public Utility‘ hat keinen Anspruch auf Rückgewinnung vergangener Verluste. Da Regulierung keine Garantie eines Nettogewinns beinhaltet, kann die ,Public Utility‘ nicht die Einbeziehung der Verluste vergangener Geschäftsjahrein die Wasserpreisberechnung verlangen.169 Sollte der Verlust eines Unternehmens jedoch auf die Wasserpreisfestsetzung einer Regulierungsbehörde zuSouthwestern Bell Telephone Co. v. Public Service Commission, 262 U.S. 276 (1923). Pierce, Regulated Industries, 146 (1999). 167 Central Maine Power Co. v. Public Utilities Commission, 136 A.2d 726 (Me. 1957). 168 Pierce, Regulated Industries, 160 (1999). 169 Energy Ass’n of New York State v. Public Service Com’n of State of N.Y., 169 Misc. 2d 924 (Sup 1996). 165 166

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rückzuführen sein, kann er von der Regulierungsbehörde auf einen Zeitraum verteilt werden, der dem Verbraucher keine zu hohen Belastungen auferlegt und für die ,Public Utility‘ angemessen ist.170 c) Die Renditenbestimmung Die Regulierungsbehörde beachtet bei der Bestimmung der Rendite auch die Interessen der Eigentümer des Unternehmens. Es besteht keine einheitliche Regel zur Bestimmung einer angemessenen Rendite. Allgemein erzielt eine ,Public Utility‘ dann ein angemessenes Ergebnis, wenn ihre Einkünfte ausreichen, um Betriebsausgaben zu decken, neue Investoren zu gewinnen und Investoren eine angemessene Rendite auszuzahlen.171 Im Urteil Bluefield hielt der Supreme Court eine Rendite dann für verfassungsgemäß, wenn sie der eines hinsichtlich des Geschäftsrisikos vergleichbaren, aber in anderen Bereichen tätigen Unternehmens entspricht.172 Die Rendite soll hoch genug sein, um für Investoren interessant zu sein, damit dem Unternehmen das für die Wahrnehmung seiner öffentlichen Aufgaben erforderliche Kapital zu Verfügung gestellt wird. Daher bestimmen die Regulierungsbehörden die Angemessenheit der Rendite nach den Umständen, den Örtlichkeiten und dem unternehmerischen Risiko im Einzelfall.173 Es besteht kein rechtliches Gebot, dass jede regulierte ,Public Utility‘ Anspruch auf die gleiche Rendite hat. Die angemessene Rendite steht unter dem Vorbehalt, dass im Unternehmen effizient gewirtschaftet wird. Kommt die Regulierungsbehörde zu der Einschätzung, dass dies nicht der Fall ist, kann die Behörde die Rendite senken.174 Dieses Vorgehen kann jedoch bereits im Unternehmen angelegte Effizienzprobleme, wie etwa eine Vernachlässigung von Investitionen in die Infrastruktur, verstärken.175 Um die Rendite zu bestimmen, benutzen die meisten Regulierungsbehörden einen Vergleichsmaßstab, der niedrig verzinste Wertpapiere und die Rendite anderer vergleichbarer regulierter und unregulierter Unternehmen einbezieht.176 Diese Vor170 Petersburg Gas Co. v. City of Petersburg 132 Va. 82 (1922), FPC v. Tennessee Gas Transmission Co., 371 U.S. 145 (1962). 171 United Water Delaware, Inc. v. Public Service Commission, 723 A.2d 1172 (Del. 1999); In re Petition of PNM Gas Services, 1 P.3d 383 (2000). 172 Bluefield Water Works v. Public Service Commission, 262 U.S. 679, 691 (1923), sog. Çomparable Risk and Uncertainities Test‘. 173 Southern Bell Tel. & Tel. Co. v. Louisiana Public Service Commission, 232 La. 446, 94 (1957). 174 Market Street Railway v. Railroad Comm’n, 324 U.S. 548 (1945); D.C. Transit System Inc. v. Washington Metropolitan Area Transit Com’n, 466 F.2d 394 (D.C.Cir.1972). 175 Pierce, Regulated Industries, 141 (1999). 176 Pierce, Regulated Industries, 138 (1999).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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gehensweise wird dadurch verkompliziert, dass die Regulierungsbehörde die Schätzung für einen zukünftigen Zeitraum vornehmen muss. Denn die Wasserpreise werden vom Unternehmen sofort in Rechnung gestellt, die Berechnung bezieht sich aber auf einen zukünftigen Zeitraum. Bei der Preisfestsetzung darf die Regulierungsbehörde die Gesamtheit eines Konzerns betrachten. Ein festgesetztes Entgelt wird nicht dadurch enteignend, dass die ,Public Utility‘ durch Verträge mit Gesellschaften, die ebenfalls ihren Anteilseignern gehören, ihren Gewinn über Gebühr schmälert.177 Die Kapitalstruktur der Muttergesellschaft einer ,Public Utility‘ kann bei der Bewertung der Kapitalstruktur einer ,Public Utility‘ für die Wasserpreisfestsetzung mit herangezogen werden.178 Die Regulierungsbehörden bestimmen die Eigenkapitalkosten, indem sie das Geschäfts- und das finanzielle Risiko der Unternehmung einschätzen. Unter Einbeziehung der gegenwärtigen Marktbedingungen setzen Sie dann eine angemessene Eigenkapitalrendite fest. In Zeiten hoher Kapitalkosten, d. h. hoher Zinssätze, neigen die Regulierungsbehörden dazu, höhere Renditen zu gestatten, während in Zeiten niedriger Kapitalkosten das Gegenteil der Fall ist.179 Zwischen 1915 und 1929 setzten die Regulierungsbehörden die Rendite stets in der Größenordnung von sechs bis acht Prozent fest. Zu Beginn der Depression in den dreißiger Jahren betrug die Rendite um die sechs Prozent und verblieb auf diesem Niveau bis zur Mitte der 60er Jahre. Bis in die achtziger Jahre hinein stieg die Rendite offenbar auf Grund guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, Inflation und steigenden Zinssätzen an. Seitdem sinken die Renditen im gleichen Maße wie Zinssätze und Inflation zurückgehen.180 d) Die Wasserpreise und Tarife Über die Tariffestsetzung können die Regulierungsbehörden den Wasserverbrauch beeinflussen.181 Durch die Wasserpreispolitik kann die Regulierungsbehörde aber noch weitere Ziele verfolgen. Hierzu gehört das der CPUC gesetzlich vorgeschriebene Ziel der Förderung der Nachhaltigkeit der Wasserversorgung und des sparsamen Umgangs mit Wasser.182 177 United Fuel Gas Co. v. Railroad Commission of Kentucky, 278 U.S. 300 (1929); Turpen v. Oklahoma Corp. Commission, 1988 OK 126 (1988). 178 Consolidated Gas Supply Corp. v. Federal Energy Regulatory Commission, 653 F.2d 129 (4th Cir. 1981); Spring Valley Water Co. v. Public Service Commission of State of N. Y., 71 A.D.2d 55 (3d Dep’t 1979). 179 Hyman, The Water Business, 185 (1998). 180 Hyman, The Water Business, 182 (1998). 181 Beispielsweise kann durch ein variables System, bei dem der Wasserpreis mit Verbrauch ansteigt, das Sparverhalten der Bevölkerung beeinflusst werden. 182 §§ 701.10 (c), (d) Cal. Pub. Code (2004).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Ein Tarif bezeichnet ein Berechnungsschema von Wasserpreisen. Ein Tarif wird nach Genehmigung durch eine ,Public Utility Commission‘ allgemeinverbindlich und wird gleichzeitig Bestandteil der vertraglichen Vereinbarungen der ,Public Utility‘ und dem Kunden. ,Public Utilities‘ unterliegen der Pflicht zur unterschiedslosen Versorgung der Bevölkerung im Versorgungsgebiet. Unterschiedliche Wasserpreise müssen daher entweder durch erhöhte Kosten oder sonstige Umstände gerechtfertigt sein.183 Daher muss zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung ein angemessener Grund vorliegen. So sind unterschiedliche Wasserpreise angemessen und nicht willkürlich, wenn sie durch den Verbrauch des Kunden, die Zeit des Gebrauchs, den Nutzungszweck oder anderen kostenwirksamen Unterschieden bedingt werden.184 Demnach muss ein Wasserversorgungsunternehmen Kunden, deren Versorgungsumstände mit anderen vergleichbar sind, eine vergleichbare Versorgung zukommen lassen und darf sie nicht unangemessen bevorzugen oder benachteiligen. Die Kunden einer ,Public Utility‘ dürfen in unterschiedliche Tarifstufen eingeteilt werden, innerhalb derselben sie unterschiedslos behandelt werden müssen, wenn vernünftige Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Kunden innerhalb der einzelnen Kategorien vorliegen.185 Ein zulässiges Unterscheidungskriterium für die Zuordnung zu einer Wasserpreiskategorie ist die Menge des verbrauchten Wassers. Ein Wasserversorgungsunternehmen darf Kunden, die große Mengen verbrauchen, Wasser verbilligt liefern.186 Zudem ist eine unterschiedliche Behandlung von Kunden innerhalb oder außerhalb der örtlichen Grenzen der kommunalen Körperschaft grundsätzlich zulässig. Als Rechtfertigung hierfür können höhere Versorgungskosten für Kunden außerhalb der Gemeindegrenzen187 oder eine Umlegung der Kosten für den Aufbau des Systems dienen.188 Letztlich ist eine Unterscheidung in Wasserpreiskategorien nach dem Verwendungszweck des Wassers zulässig. Wasserversorgungsunternehmen dürfen hierbei zwischen häuslichem Gebrauch sowie die Verwendung für andere Zwecke wie Handel und produzierendes Gewerbe unterscheiden.189 Auch sind soziale oder 183 City of Winter Park v. Southern States Utilities, Inc., 540 So. 2d 178, 180 (1989); Massachusetts Mun. Wholesale Elec. Co. v. City of Springfield, 726 N.E.2d 973 (2000). 184 Austin View v. Palos Heights, 85 Ill. App. 3d 89, 99 (Ct. App. 1st Dist. 1980); Flexo-Glass, Inc. v. City of Dixon, 307 Ill. App. 3d 945, 951 (1999), app. denied, 187 Ill. 2d 567 (2000). 185 Bryant v. Arkansas Public Service Commission, 57 Ark. App. 73 (1997). 186 Walton v. Proutt, 117 Ark. 388 (1915). 187 Clay Utility Co. v. City of Jacksonville, 227 So. 2d 516 (Fla. Dist. Ct. App. 1st Dist 1969). 188 Botkin v. City of Abilene, 262 S.W.2d 732 (Tex. Civ. App. Eastland 1953), writ refused n.r.e.; Faxe v. City of Grandview, 48 Wash. 2d 342 (1956). 189 Water Supply Co. of Albuquerque v. City of Albuquerque, 17 N.M 326 (1912).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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wirtschaftliche Vorgaben möglich, wie beispielsweise vergünstigte Wasserpreise für Ältere oder Bedürftige190 sowie die Förderung von ortsansässigen Industrien.191

3. Überwachung der Leistungserbringung Bestandteil der Wasserpreisregulierung ist ebenfalls die Überwachung eines gewissen Leistungsniveaus. Hierdurch soll verhindert werden, dass die regulierten Unternehmen auf eine mögliche Senkung ihrer Wasserpreise mit einer Verminderung der Qualität reagieren. a) Die Pflicht zur Versorgung der Allgemeinheit Ein Charakteristikum einer ,Public Utility‘ ist die Pflicht zur Versorgung der Allgemeinheit. 192 Einerseits haben die Einwohner des Versorgungsgebietes ein individuelles Recht zur Versorgung durch das Wasserunternehmen.193 Andererseits kann auch die zuständige Regulierungsbehörde die Erweiterung des Netzes und den Anschluss neuer Kunden anordnen.194 Letztlich kann aber nur die Kommune ihren Einwohnern die Nutzung dieser Anlagen vorschreiben, wobei Anschluss- und Benutzugszwänge für Trinkwasser nicht in allen Staaten erlassen werden dürfen.195 Der Supreme Court entschied im Urteil New York v. McCall, dass Versorgungsunternehmen ihre Kunden nicht nach der Rentabilität der Anschlüsse aussuchen dürfen. Auch defizitäre Anschlüsse müssen versorgt werden, wenn dadurch nicht das gesamte Versorgungsunternehmen unprofitabel wird.196 Solange die betrieblichen Erträge durch die Netzerweiterungskosten nicht unter die Schwelle des durch die Regulierungsbehörde ermittelten angemessenen Ertrags sinken, besteht daher grundsätzlich der Erweiterungsanspruch. Sollte durch die Erweiterungsmaßnahmen eine Wasserpreiserhöhung im gesamten Versorgungsbereich erforderlich werAmerican Hoechst Corp. v. Department of Public Utilities, 379 Mass. 408 (1980). Clay Utility Co. v. City of Jacksonville, 227 So. 2d 516 (Fla. Dist. Ct. App. 1st Dist. 1969). 192 Danville v. Danville Water, 178 Ill.299, 309 (1899). 193 Lukrawka v. Spring Val. Water Co., 169 Cal. 318, 335 (1915); Board of Fire Com’rs of Fire Dist. No. 3, Piscataway Tp. v. Elizabethtown Water Co., Consol., 27 N.J. 192, 201 (1958). 194 State ex rel. City of Wheeling v. Renick, 145 W. Va. 640, 652 (Ct. App. 1960); als Beispiel für eine dem Çommon Law‘ entsprechende gesetzliche Regelung Cal. Publ. Util. Code § 762 (2003). 195 Siehe etwa City of Midway v. Midway Nursing & Convalescent Center, Inc., 230 Ga. 77 (1973). 196 People of the State of New York v. McCall, 245 U.S. 345, 351 (1917). 190 191

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

den, so kann diese von der Regulierungsbehörde genehmigt werden, wenn die Erhöhung nicht eine unangemessene Belastung aller Verbraucher darstellt.197 Die Angemessenheit des Vorhabens wird durch eine Abwägung zwischen dem Bedarf und den Anschlusskosten, der finanziellen Lage des Unternehmens, der Gesamtrendite des Unternehmens, dem Nutzen für die Allgemeinheit und den eingegangen vertraglichen Verpflichtungen des Versorgungsunternehmens ermittelt.198 Das ,Common Law‘ stellt zudem besondere Anforderungen an die Einstellung der Versorgungsdienste. Es gibt zwei Arten von Versorgungseinstellungen. Während die Versorgungsunterbrechung (,Shut-off‘) die kurzzeitige Einstellung der Versorgung eines einzelnen Kunden bezeichnet, weil dieser beispielsweise seine Rechnung nicht bezahlt hat, so versteht man unter der Versorgungsaufgabe (,Abandonment‘) die endgültige Einstellung der Versorgung von Anschlüssen. Die Versorgungsunterbrechung bezieht sich auf einzelne Kunden. Ein Wasserversorgungsunternehmen kann in seinen Versorgungsbedingungen bestimmte Voraussetzungen für Versorgungsunterbrechungen festlegen. Eine solche ist der Zahlungsverzug des Kunden bei Forderungen für die Hauptversorgungsleistung, aber auch bei Nebenleistungen wie der Miete von Wasserzählern.199 Eine ,Public Utility‘ darf die Leistung jedoch nicht aus Gründen verweigern, die nicht direkt mit der Erbringung der Leistung verbunden sind, es sei denn, dies ist in der Satzung der ,Public Utility‘ festgelegt.200 So darf beispielsweise die Versorgung mit Wasser nicht von der Erfüllung einer Pflicht zur Errichtung einer Abwassergrube abhängig gemacht werden.201 Die Veräußerung eines Versorgungsunternehmens ist jedoch kein Einstellungsgrund. Grundsätzlich übernimmt der Käufer der Anlage oder der Rechtsnachfolger in ein ,Franchise‘ die Leistungspflichten des Vorgängers.202 Die an den ,Public Utility‘ Status gebundenen Rechte und Pflichten gelten mit Übernahme des ,Franchises‘ oder der Versorgungsanlagen weiter. Selbst dann, wenn das ,Franchise‘ ausläuft und kein Nachfolger bestimmt wurde, besteht die Versorgungsverpflichtung weiter.203

197 Board of Fire Com’rs of Fire Dist. No. 3, Piscataway Tp. v. Elizabethtown Water Co., Consol., 27 N.J. 192, 204 (1958). 198 Am. Jur. 2d Public Utilities, 472. 199 Dodd v. Atlanta, 154 Ga. 33, 38 (1922). 200 Hicks v. City of Monroe Utilities Commission, 237 La. 848, 877 (1959). 201 Hicks v. City of Monroe Utilities Commission, 237 La. 848, 878 (1959). 202 State v. Benson, 108 Miss. 779, 782 (1915). 203 Iowa City v. Iowa City Light and Power Co., 90 F.2d 679, 682 (C.C.A. 8th Cir. 1937).

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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b) Die Qualität der Versorgungsleistung Die Regulierungsbehörden sind in vielen Staaten auch mit der Überwachung der Qualität der Versorgungsleistung betraut. Die Regulierungsbehörden können auf zwei Arten auf die Qualität Einfluss nehmen. Unter der Voraussetzung, dass ein bestimmtes Niveau der Leistungsqualität höhere Kosten verursacht, kann die Regulierungsbehörde zunächst über die Genehmigung höherer Wasserpreise das Versorgungsunternehmen zur Verbesserung seiner Leistungsqualität motivieren.204 Andererseits können die Regulierungsbehörden den Versorgungsunternehmen auch aufgrund ihrer meist generell formulierten Ermächtigungsnormen unmittelbar bestimmte Verhaltensweisen vorHierzu können die Regulierungsbehörden von den geben.205 Versorgungsunternehmen umfassende Auskünfte verlangen.206 Die Regulierungsbehörden greifen aber nur selten zum Mittel der Reglementierung der Art der Diensterbringung und erlassen allenfalls nur weit formulierte Richtlinien.207 Zwar wird Verbraucherbeschwerden im Einzelfall nachgegangen und gegebenenfalls das betreffende Versorgungsunternehmen zur Änderung seiner Praxis aufgefordert. Indem die Regulierungsbehörden aber von einer detaillierten Standardisierung der Diensterbringung Abstand genommen haben, soll eine Verfestigung bestehender Dienststrukturen zu Lasten technischer Neuerung unterbunden werden.208 Denn gerade hier zeigt sich die Gefahr, dass unternehmerische Initiative durch die behördliche Ermessensbindung verdrängt wird. In manchen Staaten ist der Regulierungsbehörde zugleich die Aufsicht über die Einhaltung der Wasserqualitätsanforderungen übertragen.209 In Kalifornien werden mit der Übertragung der Qualitätsaufsicht zugleich die Ansprüche der Wasserkunden aus der Verletzung dieser Qualitätsnormen präkludiert.

III. Verfahren Ein Verfahren vor der Regulierungsbehörde kann auf Antrag eines Dritten oder durch die Behörde selbst eingeleitet werden. Die CPUC unterliegt nicht den VerPhillips, The Regulation of Public Utilities, 554 (1993). Die Regulierungsbehörde des Staates Colorado beispielsweise ist ermächtigt, alle Maßnahmen zu ergreifen, um „ungerechte, unangemessene, unsichere, ungenügende, unrichtige und unadäquate“ Verhaltensweisen, Anlagen oder Arten der Leistungserbringung zu unterbinden, 40 – 4–101 Colorado Statutes (2004). 206 Beispielsweise Title 35-A, § 112 Maine Public Utilities Code (2004). 207 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 556 (1993). 208 Wilcox, Public Policies towards Business, 296 (1966). 209 §§ 701 f., 761, 770 Cal. Pub. UC (2004). 204 205

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

fahrensvorschriften des kalifornischen California Administrative Procedure Act (CAPA) und hat sich selbst auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung eigene Verfahrensregeln gegeben.210 Im Ergebnis weicht das Verfahren vor der CPUC in zahlreichen Fällen vom CAPA ab.211 Vor der CPUC werden vier Arten von formellen Verfahren durchgeführt. Diese sind das Antragsverfahren, das Beschwerdeverfahren, das Ermittlungsverfahren und das Regelgebungsverfahren.212 Das Antragsverfahren wird auf Antrag einer ,Public Utility‘ für beispielsweise die Genehmigung von Preiserhöhungen oder die Erteilung eines ,Certificates of Convenience and Necessity‘ durchgeführt. Das Beschwerdeverfahren wird nach Beschwerden von Einzelpersonen gegen eine ,Public Utility‘ eingeleitet. Im Ermittlungsverfahren geht die CPUC auf eigene Veranlassung hin Sachverhalten nach, die zum Erlass von Verordnungen oder der Nachprüfung der jeweiligen Preise führen kann. Im Regelgebungsverfahren erlässt die CPUC gegebenenfalls allgemeinverbindliche Regeln für alle ,Public Utilities‘. Um Regulierungsverfahren zu vereinfachen, bemühen sich die Regulierungsbehörden zunehmend, kooperative Verwaltungsverfahren zu entwickeln. Die CPUC verwendet mittlerweile so genannte ,Workshops‘, die in die formellen Verfahren eingegliedert werden, um alternativ zum formellen Anhörungsverfahren „am runden Tisch“ Kompromisslösungen vor Erlass einer Entscheidung zu erarbeiten.213 Gegen die Entscheidungen der CPUC ist zunächst der Rechtsweg vor den Verwaltungsrichter eröffnet. Im Unterschied zur deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit handelt es sich generell bei den ,Admistrative Law Judges‘ um behördeninterne Richter, die oftmals nur Entscheidungsempfehlungen an die Kommissionsmitglieder der Regulierungsbehörden abgeben. Erst gegen diese kann der Kläger dann vor den „ordentlichen“ Gerichten vorgehen. Obwohl von der American Bar Association und zahlreichen anderen Kommissionen oftmals eine Reform des Verwaltungsrechtswegs hin zu einem eigenen Rechtsweg vergleichbar der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgeschlagen wurde, sind die ,Administrative Law Judges‘ nach wie vor den Regulierungsbehörden unterstellt.214 Tarife werden durch die von der Rechtsprechung entwickelte ,Filed Rate Doctrine‘ vor gerichtlicher Anfechtung durch Kunden geschützt. Hinter dieser Doktrin steht der Gedanke der Bewahrung der ausschließlichen Zuständigkeit der Regulierungsbehörden zur Tarifregulierung.215 Die Doktrin ist anwendbar, wenn durch Cal. PU Code § 1701 (2004). Lacusta, California Code Forms, 1 (1999). 212 Lacusta, California Code Forms, 7 (1999). 213 London, Workshops: An Alternative Regulatory Tool, passim. 214 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 870 (1993). 215 Town of Norwood, Mass. v. New England Power Co., 202 F.3d 408 (1st Cir. 2000), cert. denied, 121 S. Ct. 57 (2000); Tenore v. AT & T Wireless Services, 136 Wash. 2d 322 (1998), cert. denied, 525 U.S. 1171 (1999). 210 211

B. Regulierung durch staatliche Regulierungsbehörden

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Gesetz eines Bundesstaates eine Regulierungsbehörde eingerichtet wird, welche durch gesetzlichen Auftrag dazu bestimmt ist, angemessene Preise festzulegen. Der regulierten ,Public Utility‘ wird verboten, andere als die von der Regulierungsbehörde genehmigten Preise für ihre Dienste zu verlangen. Im Gegenzug werden Kläger vor den Gerichten präkludiert, die sich gegen die Angemessenheit der genehmigten Preise richten. Nach der Doktrin gilt die endgültige Vermutung, dass sowohl die ,Public Utility‘ als auch ihre Kunden den Inhalt und die Auswirkungen der veröffentlichten Tarife kennen. Weder die Unwissenheit des Kunden noch die Fehlbezeichnung des anwendbaren Tarifs durch die ,Public Utility‘ hindert dessen Anwendbarkeit oder ändert dessen Bedingungen. Diese Präklusion gilt nicht allein im Hinblick auf die Preise, sondern ebenso für Klagen gegen im Austausch für die Wasserpreise gewährte Dienstleistungen, Rechte oder damit zusammenhängende Bestimmungen.216

IV. Die Verbrauchervertretung durch die ,Consumer Advocates‘ Die Einrichtung der ,Consumer Advocates‘ geht auf den ursprünglichen Zweck der Regulierungsbehörden, nämlich den Schutz des Verbrauchers im Falle des Marktversagens zurück. Nahezu jeder Staat hat die Institution eines ,Consumer Advocate‘ geschaffen, der die Verbraucherinteressen in Verfahren vor den Regulierungsbehörden und gegebenenfalls vor den Gerichten vertreten soll. Der ,Consumer Advocate‘ ist in den meisten Staaten eine außerhalb der Hierarchie der Regulierungsbehörde angesiedelte Verwaltungseinheit. Die separate Stellung soll die Beeinflussung der ,Consumer Advocate‘ durch die auch mit den Interessen der Industrie befassten Regulierungsbehörden verhindern und den Verbrauchern ein eigenes Sprachrohr verleihen. Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass zwar die Anordnungen der Regulierungsbehörde großen Einfluss auf die Allgemeinheit haben, der Einzelne aber nur selten in einem Maße betroffen ist, um seine Rechte in einem Verfahren vor der Regulierungsbehörde zu verfolgen. Bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses kann der Verbraucherschutz auch durch die ,Consumer Advocates‘ vor der Regulierungsbehörde oder den Gerichten wahrgenommen werden.

V. Zusammenfassung Die wirtschaftliche Regulierung der Wasserversorgung liegt in den Vereinigten Staaten in der Hand eigens für den diesen Zweck geschaffener Regulierungsbehörden. Deren Aufgabe ist die Überwachung der privaten Versorgungsunternehmen, 216

Paladin Associates, Inc. v. Montana Power Co., 97 F. Supp. 2d 1013 (D. Mont. 2000).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

so dass grundsätzlich jedermann von den Wasserversorgungsunternehmen zu gerechten und vernünftigen Preisen in angemessener Weise versorgt wird. Tatsächlich unterliegt jedoch ein Großteil der kleineren Wasserversorgungsunternehmen nicht der Preisregulierung. Die beschriebene Regulierungsform sichert den Versorgungsunternehmen einerseits Gebietsmonopole zu, während die Regulierungsbehörde im Gegenzug den Missbrauch dieser Marktstellung verhindern soll. In den Vereinigten Staaten wurde nach entsprechenden negativen Erfahrungen die Wasserversorgung der Aufsicht von Regulierungsbehörden unterstellt, die in hohem Maße in die Geschäftsführung der Wasserversorgungsunternehmen eingreifen können. Dies resultiert insbesondere aus der Befugnis der Behörden, die zur Bemessung der Rendite erforderlichen Kostenfaktoren festsetzen und damit das Investitionsverhalten des Privaten steuern zu können. Abgesehen von der Preiskontrolle haben die Regulierungsbehörden zudem direkte hoheitliche Aufsichtsbefugnisse, mit denen dem Privaten ein bestimmtes Verhalten vorgegeben werden kann. Verwaltungsverfahren vor der Regulierungsbehörde können zudem von Verbrauchern eingeleitet werden, die sich durch den privaten Wasserversorger in ihren Rechten verletzt fühlen. Gegebenenfalls werden diese dann von den ,Consumer Advocates‘ unterstützt. Die Rolle der Gemeinden bei der Überwachung der Versorgungsunternehmen wird durch die Kompetenzen der Regulierungsbehörden begrenzt. Der gesetzliche Regulierungsrahmen begrenzt die vertraglich vereinbarten Regulierungsbefugnisse. Mit Ausnahme der Vergabe der ,Franchises‘ haben die Kommunen daher wenig Einfluss auf das Geschäftsgebaren des Versorgungsunternehmens.

C. Die Auswirkungen des Paradigmenwechsels auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten Seit den späten siebziger Jahren wurden der Transport-, Luftverkehr-, Eisenbahn-, Telekommunikations- und Stromsektor nach dem neuen Paradigma umstrukturiert. Die Hoffnung, die entsprechenden Sektoren könnten bald darauf der Selbstregulierung des Marktes überlassen werden, hat sich jedoch nicht erfüllt. Da die Regulierung durch staatliche Aufsicht nur zum Teil entfallen ist, wird für diese Vorgänge anstelle des Begriffes der Deregulierung auch der Begriff der Transformation verwendet.217 Über fünfundzwanzig Jahre nach der Umsetzung der ersten Deregulierungsvorhaben besitzen die Regulierungsbehörden nach wie vor umfangreiche Befugnisse, wenn sich auch ihr Fokus verlagert hat.218 Zwar wurden durch die Deregulierungsvorhaben bestimmte Bereiche der Versorgungssektoren der 217 Etwa Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1325. 218 Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 190 (2000).

C. Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten

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Steuerung des Marktes überlassen. Die Regulierungsbehörden überwachen jedoch die auch weiterhin als natürliche Monopole eingestuften Teile dieser Sektoren.219 Diese Veränderungen haben auch Diskussionen über eine Reform des Wasserversorgungssektors in den Vereinigten Staaten angeregt.

I. Die Gründe für den Paradigmenwechsel Als Auslöser für die Neuordnung des Rechts der regulierten Industrien gilt neben dem Aufkommen technischer Neuerungen vor allem ein Meinungsumschwung in Politik und Wissenschaft hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Effizienz der bestehenden Strukturen. Zugleich wurden die von den Regulierungsbehörden verwendeten Verfahren zunehmend kritisiert.

1. Die Einführung technischer Neuerungen Die traditionellen Regulierungsmethoden beruhen auf der Annahme, dass es sich bei bestimmten Industrien aufgrund deren technischer Gegebenheiten um natürliche Monopole handelt und somit ein Fall von Marktversagen vorliegt. Jedoch haben technische Neuerungen den natürlichen Monopolcharakter bestimmter Industrien zurückgedrängt oder ganz entfallen lassen.220 Im Umkehrschluss der Theorie der natürlichen Monopole entfällt der Monopolcharakter eines Versorgungssektors dann, wenn nach der Einführung einer technischen Neuerung mehrere Konkurrenten in einem Markt nebeneinander existieren können. Zudem müssen die zu erwartenden Effizienzgewinne die Kosten für die Neuordnung der jeweiligen Sektoren und die gegebenenfalls erforderlichen Regulierungsmaßnahmen übersteigen.221 Diese Überlegungen führten in den Vereinigten Staaten zu einer Neuordnung der regulierten Industriesektoren in zwei Wellen. Gegen Ende der 70er Jahre wurden in den Vereinigten Staaten zunächst der Flugverkehr, der Warentransport, die Eisenbahnen und die Ferngesprächstelefonie 219 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1325. 220 Beispielsweise hat die Weiterentwicklung der hocheffizienten und günstig zu bauenden Gasturbine (Combined Cycle Gas Turbine / CCGT) die Stromerzeugung im Vergleich zur Kernkraft und Kohle erheblich verbilligt. Damit können diese Anlagen schon bei geringeren Strommengen effizient betrieben werden, womit die Eintrittskosten in den Markt der Stromerzeugung erheblich gefallen sind, Joskow, Deregulation and Regulatory Reform in the U.S. Electric Power Sector, in: Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 137 (2000). 221 Pierce, Reconstituting the Natural Gas Industry from Wellhead to Burnertip, Energy Law Journal 1988, 1; Hahn / Hird, The Costs and Benefits of Regulation, Yale Journal on Regulation 1991, 233.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

transformiert. Der Wettbewerb konnte in diese Sektoren relativ einfach eingeführt werden, da die Monopolstruktur etwa des Warentransports auf politische Entscheidungen zurückzuführen war und zu keinem Zeitpunkt ein natürliches Monopol vorlag. Zum Teil ließen aber auch technische Neuerungen wie etwa in der Telekommunikation den natürlichen Monopolcharakter entfallen. Die Kosten für die Transformation hielten sich zudem in Grenzen, da die meisten Vermögenswerte (mit Ausnahme der Schienennetze) weiterhin von den jeweiligen Unternehmen ohne Einschränkung weiterverwendet werden konnten. In diesen Sektoren kam es zu funktionierendem Wettbewerb. So brachten insbesondere die Deregulierung und Transformation der Transportwirtschaft, des Flugverkehrs und die der Telekommunikationswirtschaft große Effizienzgewinne und in der Folge signifikante Preissenkungen für die Kunden. Die Transformation in einer zweiten Welle in den 90er Jahren zielte auf Sektoren ab, die nach wie vor stark durch natürliche Monopole (insbesondere der Stromsektor) charakterisiert waren. Durch die Aufhebung der vertikalen Integration der Diensterbringung (Trennung von Netz und Erzeugung, d. h. ,Unbundling‘) sollte Wettbewerb in den Teilen der Wertschöpfungskette eingeführt werden, die nicht die Merkmale natürlicher Monopole aufwiesen. Die Effizienzgewinne sind hier noch nicht so offensichtlich wie die der ersten Welle. Hingegen sind die Transitionskosten erheblich. Durch die erzwungene Durchleitung können Wettbewerber insbesondere die Netzwerke von Mitbewerbern nutzen, die diese zuvor mit enormen Investitionen aufgebaut haben. Die ,Stranded Cost‘-Problematik erfordert eine Kompensation der Netzwerkinhaber.222 Der Gesamterfolg dieser zweiten Transformationswelle wird daher wohl erst in einiger Zeit beurteilt werden können.223 Keine der technischen Neuerungen hat jedoch allein die Transformation der bestehenden Regulierungsstrukturen erzwungen. So haben weder bei der Eisenbahn noch bei dem Gütertransport in den letzten 40 Jahren gravierende technische Neuentwicklungen stattgefunden, die ein anderes Regulierungsschema rechtfertigen würden. Selbst bei der Telekommunikation hat sich die Situation durch den Übergang der Industrie vom Kupferkoaxialkabel zum Glasfaserkabel nicht so sehr verändert, dass vom völligen Wegfall des natürlichen Monopolcharakters gesprochen werden kann, da hier nach wie vor physische Netzwerke Grundlage der Übertragung sind.224 Technischer Fortschritt ist somit nur eine, aber keinesfalls zwingende Rechtfertigung für den Wandel. Mitunter wird sogar behauptet, dass es eher der 222 Joskow, Deregulation and Regulatory Reform in the U.S. Electric Power Sector, in: Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 143 (2000); ,Stranded Costs‘ sind frühere Investitionen, die aufgrund von veränderten Wettbewerbsbedingungen für die Investoren verloren und die den Investoren keine angemessene Rendite mehr einbringen, Sidak / Spulber, Deregulation and the Regulatory Contract, 29 (1998). 223 Kritisch Rossi, The Electric Deregulation Fiasko, Michigan Law Review 2002, 1768. 224 Zu den technischen Grundlagen der Telekommunikation Windthorst, Der Universaldienst im Bereich der Telekommunikation, 62 ff. (2000).

C. Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten

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Wechsel der Regulierungsmethode ist, der zu technischen Neuerungen führt als umgekehrt. 225 Die traditionelle Regulierungsmethode wurde ursprünglich für kapitalintensive Infrastrukturprojekte herangezogen, die Größenvorteile entwickeln und die monopolistische Versorgung begünstigen. Nach wie vor hat die Wasserversorgung große Bedeutung für den Gesundheitsschutz. Im Wesentlichen haben sich diese Eckdaten der Wasserversorgungsindustrie nicht verändert. Die Wasserversorgung unterscheidet sich nach Ansicht von Commissioner Duque von der CPUC in mehrerlei Hinsicht von den bereits transformierten Sektoren.226 Die Eisenbahn hat durch den Verlust der Kohletransporte, die ursprünglich 30% ihres Gesamttransportaufkommens ausmachten, ihre Monopolstellung verloren. Eine Transformation war daher möglich, da sie hinsichtlich der übrigen Transportgüter im Wettbewerb mit straßengebundenen Transportunternehmen steht. Nach wie vor gibt es jedoch keine Industrie, die in Wettbewerb zur leitungsgebundenen Wasserversorgung treten könnte. Auch in der Telekommunikation haben neue Technologien zu Wettbewerb geführt. Sowohl die möglich gewordene Vernetzung verschiedener Konkurrenten untereinander, als auch die parallele Versorgung durch alternative Technologien (Kabel / Mobiltelefon) haben den Paradigmenwechsel ermöglicht. Zudem haben die neuen Technologien zu Kosteneinsparungen geführt. Die Wasserversorgung sieht sich hingegen mit wachsenden Kosten konfrontiert. In der Elektrizitätsindustrie stehen die Energieerzeuger untereinander im Wettbewerb. Die Kosten für die Energieerzeugung betragen in der Elektrizitätsindustrie 50% der Gesamtkosten. Hingegen gibt es bislang keinen Wettbewerb der Wasserunternehmen auf der Erzeugerstufe untereinander. Den Hauptanteil der Kosten bei der Wasserversorgung stellen die Transportkosten mit 80 – 90% dar. Zudem unterliegt auch die leitungsgebundene Elektrizitätsübertragung nach wie vor der traditionellen Rentabilitätsregulierung (,Cost-of-Service-Regulation‘). Die technischen Parameter der Wasserversorgung sind unverändert. Die Schwerkraft stellt immer noch das größte Versorgungshindernis und zugleich die beste Quelle für den zur Versorgung notwendigen Leitungsdruck dar. Wie zu Zeiten des römischen Reiches wird Wasser über größere Distanzen per Aquädukt und in den örtlichen Netzen durch unterirdische Rohrleitungen transportiert. Die derzeitige Kostenstruktur schließt Wettbewerb aus, da die Verteilungskosten 80% des Wasserpreises ausmachen, Wettbewerb auf der Erzeugerstufe daher nur wenig Einfluss 225 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1383. Kearney / Merril vertreten zudem die These, dass es bei Abbau der Regulierung in einem Sektor zu einer Kettenreaktion kommt, wodurch in anderen Sektoren ebenfalls Deregulierung gefordert wird, a. a. O., 1392. 226 Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12. 1999.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

auf den Wasserpreis insgesamt hätte. Dennoch ist nach Duque in Zukunft die Entwicklung eines Erzeugermarktes für Wasser nicht völlig ausgeschlossen. Dies gälte vor allem für meernahe Gebiete, wenn neue Entsalzungstechniken den Förderpreis für Wasser signifikant senken würden.227

2. Die Veränderung der ökonomischen und politischen Bewertung der wirtschaftlichen Regulierung Die überwiegende Ansicht in den Wirtschafts- und Politikwissenschaften in den Vereinigten Staaten hat sich in den letzten Jahrzehnten bezüglich des Nutzens wirtschaftlicher Regulierung in mehreren wichtigen Punkten gewandelt: Zum einen sind die Ökonomen hinsichtlich des Phänomens des natürlichen Monopols als Unterart des Marktversagens weniger besorgt als früher. Zweitens wird die wirtschaftliche Regulierung wesentlich kritischer betrachtet. Drittens wird die Kompetenz der Regulierungsbehörde für die Verteilung von Quersubventionen in Frage gestellt. Viertens hat sich die wirtschaftliche Theorie von den bestreitbaren Märkten (,Contestable Markets‘) als Rechtfertigung einer minimalistischeren Form von Regulierung entwickelt.228

a) Neue Entwicklungen in der Wirtschaftswissenschaft Die theoretischen Grundlagen der beschriebenen Entwicklung sind zum großen Teil auf die Einflüsse der Chicago School zurückzuführen. Bis zum Anfang der 60er Jahre stellte sich in Wissenschaft und Politik noch die Frage, ob die Problematik der natürlichen Monopole besser durch Regulierung oder staatliches Eigentum gelöst werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt wurde an der University of Chicago bereits unter dem Vorzeichen diskutiert, ob natürliche Monopole überhaupt reguliert oder sich selbst überlassen werden sollten.229 Friedman vertrat die Ansicht, natürliche Monopole gänzlich unreguliert zu lassen.230 Danach gäbe es drei Arten, mit natürlichen Monopolen umzugehen: Staatseigentum, staatliche Regulierung privater Monopole und unregulierte private Monopole; allerdings solle keine der drei Varianten eine optimale Lösung darstel227 Zu allem Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12. 1999. 228 Dazu Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1399. 229 Trebing, The Chicago School Versus Public Utility Regulation, in: Samuels, The Chicago School of Political Economy, 311 (1993). 230 Friedman, Capitalism and Freedom, 119 ff. (1962); siehe dazu auch Demsetz, Why Regulate Utilities?, Journal of Law and Economics 1968, 55, 65 (1968) und Posner, Natural Monopoly and Its Regulation, Stanford Law Review 1969, 548, 620.

C. Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten

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len.231 Unter dem Gesichtspunkt etwaiger technischer Neuerungen kam Friedman zu dem Schluss, dass ein privates Monopol ein geringeres Übel darstelle, da bei Wegfall der technischen Voraussetzungen des natürlichen Monopols allein das private Monopol unmittelbar den Wettbewerb ausgesetzt werde. Im Fall von Staatseigentum und staatlicher Regulierung privater Monopole würden die Marktteilnehmer hingegen durch rechtliche Marktzutrittsbeschränkungen vor dem Wettbewerb verschont.232 Diese Theorie wurde durch empirische Untersuchungen unterstützt, wonach staatliche Regulierung keinen wahrnehmbaren Effekt auf die Wasserpreisentwicklung hat.233 b) Die „gekaperte“ Regulierungsbehörde als Wahrerin industrieller Interessen Eine weitere der von Friedman vertretenen Ideen gewann als die Theorie von den ,Captured Commissions‘ großen Einfluss in der Regulierungswissenschaft und Praxis.234 Es sei oft beobachtet worden, dass die Regulierungsbehörden unter die Kontrolle der von ihnen regulierten Versorgungsunternehmen gerieten und diese daher im Vergleich zu unregulierten privaten Monopolen weniger produzieren müssten und die Preise erhöhen könnten.235 Hiernach würden Regulierungsbehörden in erster Linie die regulierten Unternehmen vor Konkurrenz bewahren, die aufgrund technischer Neuerungen den natürlichen Monopolstatus der regulierten Industrie gefährden könnte. Damit verändert sich die Tätigkeit von der Kontrolle hin zur Bewahrung der jeweiligen Industrie und die natürliche Monopolstellung wird damit nur noch durch die rechtliche Monopolstellung aufrechterhalten. Dahinter steht der Gedanke, dass der politische Prozess, dessen Kontrolle auch die Regulierungsbehörden unterworfen sind, nur durch gesellschaftliche Gruppen beeinflusst werden kann, die die hierfür nötigen Ressourcen aufbringen können.236 c) Die Ineffizienz der Rentabilitätsregulierung Weitere Kritik an der wirtschaftlichen Regulierung übten Averch / Johnson mit ihrer Hypothese, wonach die traditionelle Rentabilitätsregulierung Anreize für kosFriedman, 128. Friedman, 29, 129. 233 Stigler / Friedland, What Can Regulators Regulate? The Case of Electricity, in: Mac Avoy, The Crisis of the Regulatory Commissions, 39 (1970, der Aufsatz erschien im Original 1962). Für eine Zusammenfassung der Kritik an Stigler / Friedland siehe Reutter, From Franchise to State Commission: Regulation of the Electric Industry, 1907 to 1932, 37 ff. (1997). 234 Friedman, 29. 235 Friedman, 29, 128. 236 Schmalensee, The Control of Natural Monopolies, 56 (1979). 231 232

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

tenineffizientes Verhalten setzt.237 Indem die Rendite für die eingesetzten Vermögenswerte berechnet wird, besteht ein Anreiz, die Vermögenswerte und damit die Rendite zu vergrößern. So haben insbesondere die Elektrizitätsunternehmen in den 60er und 70er Jahren und das Bell-Telekommunikationsmonopol Investitionen in ihre Netze getätigt, die in der Retrospektive als ungerechtfertigt hoch erscheinen.238 Die Berechnung des erlaubten Einkommens anhand der Kosten stellt für das Unternehmen sicher, dass es diese Kosten wieder verdienen kann. Gleichzeitig besteht kein Anreiz für Kosteneinsparungen. Hieraus ergibt sich auch, dass die traditionelle Methode sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Produktion der jeweiligen Sektorentätigkeit als innovationsfeindlich beschrieben wird, da derartige Bemühungen durch die traditionelle Regulierungsmethode nicht belohnt werden.239 Das Versorgungsunternehmen erhält nach der traditionellen Methode seine Kosten für die Diensterbringung zuzüglich einer Rendite auf das eingesetzte Kapital erstattet. Jedoch enthält der Regulierungsprozess keine weiteren Anreize für kosteneffizientes Wirtschaften, sobald die Investitionen von der Regulierungsbehörde anerkannt wurden.240 Das Fehlen eines solchen Anreizes führt zu Kostenineffizienzen, da dem Unternehmen bereits der Anreiz fehlt, sich seine Produktionsmittel möglichst günstig zu besorgen. Zudem hat das Unternehmen keinen Anreiz, seine Produktionsmittel kosteneffizient einzusetzen. Im Gegenteil werden sogar gegenteilige Anreize gesetzt, da eventuelle Kosteneinsparungen zwar den Verbrauchern, nicht aber den Versorgungsunternehmen zugute kommen. Die Gegner der Rentabilitätsregulierung kritisieren insbesondere die hohen Kosten, die zur Beschaffung der den Entscheidungen der Regulierungsbehörden zugrunde liegenden Informationen erforderlich sind. Grund dafür ist die „Asymetrie“ der Wissensverteilung, die dadurch entsteht, dass die Mitarbeiter der Regulierungsbehörde zwar die Leistungsstandards vorgeben sollen, nach der sich die Industrie zu richten hat, selbst aber kaum Kenntnisse über den optimalen Betrieb eines Versorgungsunternehmens zum jeweiligen Zeitpunkt haben.241 Der Ausgleich dieses Missverhältnisses erfordert einen hohen Umfang an Datengewinnung und -auswertung seitens der Regulierungsbehörde. Die Kosten für diese Regulierungsmethode können nach Lowry / Kaufmann zudem nur schwer reduziert werden, da der Aufwand für den Prozess der Rentabilitätsregulierung in einem proportionalen Verhältnis zur Steigerung der produktiven und allokativen Effizienz im regulierten Sektor 237 Averch / Johnson, The Behavior of the Firm Under Regulatory Constraint, Am. Econ. Rev. 1962, 1053, 1058; dazu auch Fritsch / Wein / Ewers, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, 228 (2003); Borrmann / Finsinger, Markt und Regulierung, 342 (1999). 238 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1401. 239 Bonbright / Danielsen / Kamerschen, Principles of Public Utility Rates, 559 ff. (1988). 240 Pollard, Rate Incentive Provisions: A Framework for Analysis and a Survey of Activities, 5 ff. (1981). 241 Phillips, The Regulation of Public Utilities, 887 (1993).

C. Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten

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steht.242 Je weniger detailliert der Regulierungsprozess ausgestaltet ist, desto größer sind demnach die Ineffizienzen im regulierten Markt. Demnach ist eine Verringerung des Aufwands und damit der Kosten des traditionellen Regulierungsprozesses nicht ohne eine Verringerung der allokativen und produktiven Effizienz möglich. So kann zwar eine Reduktion des Verwaltungsaufwands durch eine Vereinfachung des Regulierungsverfahrens erreicht werden. So können die Zeitabstände für die aufwendigen Tariffestsetzungsverfahren vergrößert werden. Auch kann mehr auf unternehmenseigene Daten anstelle von objektiven, aufwendig zu ermittelnden Bewertungsstandards zurückgegriffen werden. Auf diese Weise begrenzt die Behörde den Vergleichsmaßstab für die Prüfung, ob bestimmte Ausgaben vernünftigerweise getätigt worden sind. Die damit verbundene Lockerung der Überwachung erhöht jedoch das Risiko, dass ein Missbrauch der Monopolstellung stattfindet. Eine weitere Möglichkeit für eine Vereinfachung des Regulierungsprozesses liegt in einer Begrenzung der Geschäftstätigkeit des regulierten Unternehmens. Eine Möglichkeit hierfür wäre die Vereinfachung der Tarifstrukturen oder die Begrenzung des Leistungsumfangs. Die Regulierungsbehörde kann Unternehmen die Kostenerstattung für Investitionen in neue Geschäftsfelder oder Technologien verweigern. Zudem kann die Zusammenarbeit mit unregulierten Konzernunternehmen oder Unternehmensbereichen untersagt werden. Alle diese Methoden wirken sich jedoch höchstwahrscheinlich negativ auf die Effizienz des Unternehmens aus. Zudem wird bereits die Existenz der Regulierungsbehörden als Wettbewerbsnachteil privater ,Public Utilities‘ angesehen, da meist nur private Wasserversorgungsunternehmen der Aufsicht der Regulierungsbehörden unterliegen und die Kosten für den Verwaltungsaufwand der Regulierungsbehörden demnach auch nur auf private Wasserversorgungsunternehmen umgelegt werden.243 Ein weiteres Problem des Regulierungsprozesses ist die Verzögerung, die sich aus der Verfahrensdauer, insbesondere der Wasserpreisfestsetzungen ergibt. Der so genannte ,Regulatory Lag‘ lässt die ,Public Utility‘ über den Zeitraum des Preisfestsetzungsverfahrens, der sich 1977 im Durchschnitt über 21 Monate hinzog, auf der Grundlage veralteter Daten wirtschaften. Hierbei handelt es sich um ein Auseinanderfallen von Erwartungen und tatsächlichen Gegebenheiten, das sich gerade bei Kostensteigerungen für das Versorgungsunternehmen negativ auswirken kann.244 242 Hierzu ausführlich Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 399, 403. 243 Obwohl 12 staatliche Regulierungsbehörden mit der Regulierung in staatlichem Eigentum stehender ,Public Utility‘ beauftragt sind, haben nur die Regulierungsbehörden der Staaten Maine, New Jersey, Rhode Island und West Virginia hinsichtlich kommunaler Unternehmen mit der Regulierung Privater vergleichbare Befugnisse. 244 Posner, Natural Monopoly and Its Regulation, in: Mac Avoy, The Crisis of the Regulatory Commissions, 34 (1970).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Allerdings wird im ,Regulatory Lag‘ auch ein wichtiges Anreizinstrument für effizienteres Wirtschaften gesehen.245 Effizientes Wirtschaften kann hier nämlich den Gewinn erhöhen, da durch Produktivitätssteigerungen erzielte Preissenkungen bis zum Ende der Regulierungsperiode im Unternehmen verbleiben. d) Die Theorie von den bestreitbaren Märkten Bislang hat sich die Theorie der Chicago School, soweit eine völlige Abschaffung der Regulierung gefordert wurde, nicht durchsetzen können, zumal Friedman selbst einräumt, dass es Sektoren gibt, in denen selbst kurzzeitige Monopolmissbräuche nicht tolerabel sind.246 Großen Einfluss hat jedoch Baumols ökonomische Theorie von den bestreitbaren Märkten (,Contestable Markets‘) gewonnen.247 Hiernach können durch eine Senkung der Markteintritts- und Marktausgangsbedingungen selbst dann Effizienzgewinne erzielt werden, wenn nur ein einziges Unternehmen dauerhaft einen Markt versorgt, da das im Markt befindliche Unternehmen stets eine potentielle Konkurrenz befürchten müsste. Bereits die Erwartung eines möglichen Konkurrenten zwinge das marktansässige Unternehmen demnach zu effizientem Verhalten. Nach dieser Theorie sollten auch natürliche Monopole dem Wettbewerb geöffnet werden, solange die Regulierungsbehörden wettbewerbsneutrale Preise für den Zugang zu den „Flaschenhälsen“ der Wertschöpfungskette, im Falle der Wasserversorgung also den Verteilungsnetzen, gewährleisten.248 Bei diesen so genannten ,Bottleneck Monopolies‘ handelt es sich um Anlagen, auf deren Nutzung alle Marktteilnehmer angewiesen sind, die aber im Eigentum nur einiger weniger Marktteilnehmer stehen. Die Theorie von den bestreitbaren Märkten hat großen Einfluss bei den Angehörigen der Bundesregulierungsbehörden wie der FCC, FERC und dem Justizministerium erlangt.249 245 Die aus Effizienzsteigerungen resultierenden Gewinne im ,Regulatory Lag‘-Zeitraum verbleiben im Unternehmen und müssen nicht an die Kunden weitergegeben werden. Sie werden erst ab dem Zeitpunkt der nächsten Wasserpreisfestsetzung berücksichtigt, Sidak / Spulber, Deregulatory Takings, 377 (1998). 246 Friedman, Capitalism and Freedom, 29 (1962). 247 Ein Markt gilt als bestreitbar, wenn der Markteintritt keine besonderen Investitionen, beispielsweise in den Aufbau von Netzwerken, erfordert. Dazu Baumol, Contestable Markets: An Uprising in the Theory of Industry Structure, American Economic Review 1982, 1 ff.; Baumol / Panzar / Willig, Contestable Markets and the Theory of Industry Structure (1982); Baumol / Sidak, The Pricing of Inputs Sold to Competitors, Yale Journal on Regulation 1994, 178. 248 Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and the Regulatory Contract, 292 ff. (1998). 249 Auf dieser Theorie beruhen insbesondere die Regelungen des Telecommunications Act of 1996, 11 FCC Rcd. 15499 (1996) hinsichtlich der Öffnung der Telefonnetze im Ortsbereich für Wettbewerber, Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1402.

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II. Deregulierung und Transformation Das neue Paradigma bringt die Deregulierung und Transformation des bestehenden Regulierungsmodells mit sich. Obwohl die Veränderungen nicht alle Sektoren gleichermaßen betroffen haben, lassen sich die jeweiligen neuen Ansätze dennoch kategorisieren. Mögliche Kategorien sind die Veränderung des Verhältnisses der Unternehmen zum Endkunden, das Verhältnis der Versorgungsunternehmen untereinander oder die Rolle der Regulierungsbehörde. Die mehr oder weniger umfangreiche Anwendung des neuen Paradigmas auf die übrigen regulierten Industrien führte auch in den Vereinigten Staaten zu einer Diskussion über die Übertragbarkeit der entsprechenden Maßnahmen auf die Wasserversorgung.250 Jedoch sind die noch zu Ende des letzten Jahrzehnts formulierten Forderungen nach einer Transformation gemäß den Beispielen der übrigen Sektoren seltener geworden.251

1. Neuerungen im Verhältnis zwischen Versorgungsunternehmen und Endkunden Die Veränderungen im Verhältnis zwischen Versorgungsunternehmen und Endkunden können durch drei Stichworte bezeichnet werden: Verstärkung von Leistungsanreizen, die Trennung vertikal integrierter Dienste (,Unbundling‘) und der Verzicht auf Quersubventionen. a) Die Verstärkung von Leistungsanreizen Obwohl die Preisregulierung in manchen Industrien (Luftfahrt, Gütertransport) aufgehoben wurde, bleiben diejenigen Sektoren der Preisregulierung unterworfen, in denen natürliche Monopole weiterhin bestehen. Jedoch versucht man die Ineffi250 So haben alle großen nationalen Vereinigungen der Trinkwasserindustrie in den letzten Jahren Untersuchungen hinsichtlich der Entwicklung der Wasserversorgung vorgenommen. Siehe National Regulatory Research Institute (NRRI): Wilhelm, A Forward Look at the U.S. Drinking Water Industry: Four Visions of the Future (2000); National Association of Regulatory Utility Commissioners (NARUC): Duque, Priorities of the Water Committee of the National Association of Regulatory Utility Commissioners for 2000 – 2001 (2000); American Water Works Association (AWWA): Manwaring, A Strategic Assessment of the Future of Water Utilites (2000), National Association of Water Companies (NAWC): Beecher, The Changing Utility Environment: Impact on the Water Industry and Issues for Economic Regulators (2000). 251 Durch die Insolvenz der im Enron-Konzern für den Wasserbereich zuständigen Tochter Azurix ist ein starker Verfechter der Deregulierung nach dem Vorbild des Gas- und Elektrizitätssektors weggefallen, Beecher / Rubin, Deregulation! Impacts on the Water Indstry, 212 (2000).

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zienz, die der traditionellen Methode anhaftet, durch mehr leistungsorientierte Regulierungsmethoden abzuschwächen.252 In den letzten Jahren wurde zunehmend auf Preisregulierungsmaßnahmen verzichtet. So ersetzen Individualverträge beispielsweise im Luftverkehr oder der Transportwirtschaft die Aufsicht von staatlicher Seite. Dennoch bleibt die Preisregulierung weiterhin die Regel insbesondere im Elektrizitäts- und Gassektor.253 Die Kritik an der Rentabilitätsregulierung führte jedoch zum Einsatz von Regulierungsverfahren, die mehr Leistungsanreize für das regulierte Unternehmen setzen sollen. Die Verwendung eines Regulierungsprozesses, der verstärkt auf objektive Kennzahlen setzt, gewährt den Unternehmen wesentlich mehr unternehmerische Freiheiten, da die Preisregulierung viel weniger von den geschäftsführerischen Entscheidungen in den Einzelunternehmen abhängt. Zur Umsetzung dieser objektiven Regulierungsansätze stehen insbesondere die nachfolgend erörterten Mechanismen zur Verfügung. aa) Die Höchstpreisfestsetzung (,Price Cap‘) In mehreren Sektoren wurde die bislang in allen Gliedstaaten vorherrschende traditionelle Rentabilitätsregulierung durch die Höchstpreisfestsetzung ersetzt. Erstmals fand die Höchstpreisfestsetzung 1984 in Großbritannien Verwendung, unter anderem auch für die Regulierung der Wasserversorgung.254 Beim Höchstpreisfestsetzungeverfahren wird durch die Regulierungsbehörde für bestimmte Dienste über einen längeren Zeitraum (3 – 5 Jahre) ein Höchstpreis festgesetzt, den das Unternehmen nicht überschreiten darf. Zudem wird die Preisberechnung meist mit weiteren Variablen versehen, die der Anpassung an die Preisentwicklung oder aber auch der Weitergabe von Produktivitätssteigerungen an die Verbraucher dienen sollen. Unterhalb dieser Preisobergrenze ist das Unternehmen in seiner Preisbildung frei. Dem Unternehmen soll durch die Höchstpreisregelung der Anreiz gegeben werden, seine Kosten zu senken, da das Unternehmen seinen Überschuss durch effizienteres Wirtschaften steigern kann.255 Hierdurch werden dem Unternehmen auch 252 Zur Entwicklung der ,Incentive Regulation‘ siehe insbesondere die Aufsätze von Trebing, Toward an Incentive System of Regulation, Public Utilities Fortnightly 1963, 22 und Seagraves, Regulating Utilities with Efficiency Inventives, Public Utilites Fortnightly 1984, 18. 253 Joskow, Deregulation and Regulatory Reform in the U.S. Electric Power Sector, in: Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 142 (2000). 254 Pierce, Regulated Industries, 390 (1999). 255 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation Methods for Water Utility Regulation, 20 (1997).

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stärkere Anreize gesetzt, seine Anlagen zu modernisieren, da die resultierenden Produktivitätssteigerungen im Unternehmen verbleiben. So besteht auch die Möglichkeit, Überschusskapazitäten getrennt vom regulierten Markt anzubieten.256 Durch die Aufnahme eines weiteren Faktors können erzielte Effizienzgewinne zudem an die Verbraucher weitergegeben werden. Dies geschieht, indem der jeweilige Höchstpreis jedes Jahr zugunsten des Verbrauchers um einen bestimmten Prozentsatz („X-Faktor“) verringert wird und auf diese Weise den Produktivitätsgewinnen des Versorgungsunternehmens – zumindest teilweise – angepasst wird. Die Ansicht, wonach die Höchstpreisregulierung das Verfahren vereinfachen und verbilligen würde, unterliegt der Kritik. Da auch die Höchstpreisregulierung ein Verfahren zur Feststellung des anfänglichen Höchstpreises und eine andauernde Qualitätsüberwachung der Einzelunternehmen erfordert, wird die grundsätzliche Verbilligung des Regulierungsprozesses bestritten.257 Die Höchstpreisfestsetzung wird von der CPUC im Wasserbereich vollständig abgelehnt. Dies ist umso erstaunlicher, als das Verfahren, wie erwähnt, in England und Wales bereits seit geraumer Zeit im Wasserbereich angewandt und in Kalifornien auch bei der Regulierung der Elektrizitätswirtschaft und Telekommunikation verwendet wird. Als Grund für die Unanwendbarkeit der Höchstpreisfestsetzung nennt Duque den Umstand, dass das Verfahren die falschen Leistungsanreize vorgibt. ,Price Caps‘ gäben Anreize für Investitionen zur Kostensenkung. Da in der Wasserindustrie in den nächsten zwanzig Jahren enorme Summen in die Infrastruktur investiert werden müssten, sei eine Regulierungsmethode, die Anreize zur Reduzierung der Ausgaben setze, ungeeignet.258 Die Wasserversorgung steht in den Vereinigten Staaten vor drei großen Herausforderungen: Erstens müssen die Versorgungsunternehmen die Qualitätsanforderungen des Safe Drinking Water Acts erfüllen, zweitens müssen die Versorgungsunternehmen eine alternde Infrastruktur Instand halten und drittens muss die Wasserversorgung mit dem auf Grund von Bevölkerungswachstum und wirtschaftlicher Entwicklung steigenden Bedarf Schritt halten.259 Offensichtlich halten die steigenden Wasserpreise die Regulierungsbehörde von einer Lockerung der regulatorischen Aufsicht ab.260 256 257 258

Mann, 11. Bonbright / Danielsen / Kamerschen, Principles of Public Utility Rates, 572 (1988). Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12.

1999. 259 Beecher / Mann / Stanford, Meeting Water Utility Revenue Requirements: Financing and Ratemaking Alternatives, 1 (1993). 260 Hyman verweist auf einen inflationsbereinigten kontinuierlichen Anstieg der durchschnittlichen Wasserpreise seit 1984, wobei die Preise seit 1990 alle zwei Jahre um 10 bis 12% anstiegen, ders., The Water Business, 154 (1998). Hyman vermutet, dass dieser Anstieg nur zum Teil auf schärfere gesetzliche Auflagen zurückzuführen ist. Vielmehr könnten sich gerade die in öffentlicher Hand befindlichen Wasserversorgungsunternehmen nicht mehr leis-

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Die auch von Befürwortern der Höchstpreisfestsetzung gesehene Problematik besteht darin zu verhindern, dass das Unternehmen in erster Linie bei der Qualität seiner Leistungserbringung einspart. Daher erfordert die Einhaltung des Qualitätsstandards dauerhafte Überwachung.261 Letztlich besteht auch bei dieser Form der Regulierung die Gefahr, dass bei zu ungenauer Handhabung der ,Price Cap‘Methode Verluste oder zu hohe Gewinne erzielt werden.262 Diese Ansicht wird von den Vorgängen während der Energiekrise in Kalifornien untermauert, bei denen zu niedrig angesetzte ,Price Caps‘ der Elektrizitätsindustrie im Jahr 2000 enorme Schwierigkeiten bereiteten.263 bb) Die leistungsorientierte Anpassung der Rendite (,Incentive Rates of Return‘) Eine weitere Möglichkeit zur Schaffung von Leistungsanreizen ist die Anhebung bzw. Senkung der Kapitalrenditen in Abhängigkeit davon, ob das regulierte Unternehmen vorher definierte Ziele erreicht hat oder nicht.264 Werden diese Ziele erreicht, wird dem Unternehmen eine höhere Kapitalrendite gewährt. Im entgegengesetzten Fall erhält das Unternehmen eine niedrigere Rendite. Ein weiterer Kostensenkungsanreiz entsteht durch verzögerte Preisanpassungen (,Lagged Price Adjustments‘). Dabei werden die Preise nur unvollständig an die jeweilige Rentabilitätsentwicklung angepasst. Dies geschieht, indem die Kostenerhöhungen- oder Senkungen nur zum Teil an die Bürger weitergegeben werden dürfen. Senkt ein Unternehmen also seine Kosten, werden die Preise nicht in gleichem Maße gesenkt. Somit verbleibt dem Unternehmen ein gewisser Rentabilitätszuwachs. Umgekehrt werden die Preise bei steigenden Kosten nicht vollständig angeglichen. Somit bleibt ein gewisser Rentabilitätsverlust beim Unternehmen. Hierdurch erhält das Unternehmen einen starken Anreiz zur Kostensenkung. Der gleiche Effekt wird durch zeitlich verzögerte Preisanpassungen erzielt. In diesem Fall entsteht ein Kostensenkungsanreiz durch die zeitverzögerte Reaktion der Regulierungsbehörde auf Kostenveränderungen (,Regulatory Lag‘). Über die ten, Wasser verbilligt an die Verbraucher abzugeben, was früher zu subventionierten Preisen geführt habe. 261 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation, 42 (1997). 262 Kritisch zur Anwendung der Methode in England und Wales, Pierce, Regulated Industries, 395 (1999). 263 Die Höchstpreisfestsetzung fand im Jahr 2000 dergestalt statt, dass die Einkaufspreise für Strom höher stiegen als die Verkaufspreise und somit mehrere Stromversorgungsunternehmen Insolvenz beantragen mussten, Rossi, The Electric Deregulation Fiasco, Michigan Law Review 2002, 1768; Yuffee, California’s Electricity Crisis: How Best to Respond to the „Perfect Storm“, Energy Law Journal 2001, 65, 71. 264 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation Methods for Water Utility Regulation, 16 (1997).

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Preisangleichung kommt dieser Kostensenkungsanreiz teilweise auch dem Bürger zugute. Die Kapitalrentabilität kann auch als Zielbereich (,Rate-of-Return Band‘) ausgestaltet sein, der durch eine Ober- und Untergrenze bestimmt wird.265 Die Untergrenze des Zielbereichs stellt dabei die üblicherweise gestattete Kapitalrendite dar. Die Obergrenze hingegen ist die maximal zugelassene Kapitalrentabilität. Über die Wasserentgelte erlöste Mehreinnahmen oberhalb dieser Grenze müssen erstattet werden. Da das Unternehmen die Kapitalrentabilität steigern kann, wenn sich seine erwirtschaftete Rendite im oberen Bandbereich bewegt, ergibt sich auch hier ein Effizienzanreiz. Durch eine darauf folgende Preisangleichung in der nächsten Regulierungsperiode wird dem Unternehmen ein erneuter Anreiz für Effizienzsteigerungen gesetzt und die erreichten Effizienzsteigerungen an den Verbraucher weitergegeben. Die Effizienzanreize der Zielbereichmethode können vergrößert werden, indem die gesamten Rentabilitätssteigerungen innerhalb einer gewissen Bandbreite dem Unternehmen belassen werden und nur die Über- oder Unterschreitungen zu einem bestimmten Prozentsatz an die Bürger weitergegeben werden. Hierdurch wird dem Unternehmen gestattet, auch noch von besonders hohen Kostensenkungen zu profitieren und der Kostensenkungsanreiz nicht ab einer bestimmten Grenze unterbunden. Die Verwendung einer leistungsorientierten Renditenanpassung im Rahmen der traditionellen Methode wird gegenwärtig von der CPUC umgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist die Decision 00 – 07 – 018.266 Durch das neue Verfahren können Wasserversorgungsunternehmen überschüssige Kapazitäten oder unausgelastete Anlagen verwenden, um nichttarifliche Produkte, also solche, die nicht der Regulierung durch die CPUC unterliegen, herzustellen. Da die Anlagen ursprünglich der vollständigen Erbringung tariflicher Dienste gewidmet waren und als solche auch Teil der ,Rate Base‘ und damit durch die Verbraucher finanziert worden sind, sollen die Verbraucher an den mit diesen Anlagen erzielten Gewinnen des Unternehmens teilhaben. Dies geschieht, indem die aus diesen Geschäften erzielten Einnahmen je nach Art der Investition 30 / 70 bzw. 90 / 10 aufgeteilt werden. Durch eine nichttarifliche Tätigkeit, die einer besseren Auslastung der Anlagen dient, kann also das Unternehmen seinen Gewinn und die Wasserpreise der tariflichen Kunden senken, wodurch ein Teil des Gewinns an die Kunden weitergegeben wird. Eine weitere Möglichkeit der Anreizregulierung ergibt sich, wenn man anstelle der Entwicklung der Kapitalrentabilität auf die Entwicklung der Wasserrechnun265 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation Methods for Water Utility Regulation, 16 (1997). 266 CPUC, Dec. 00 – 07 – 018 (6. Juli 2000), Re Guidelines for Privatization and Excess Capacity as it Relates to Investor-owned Water Companies, 202 PUR4th.

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gen einer bestimmten Kontrollgruppe von Bürgern abstellt. So kann die Rentabilität des Unternehmens an eine Erhöhung oder Verringerung der Wasserrechnungen der jeweiligen Tarifgruppe gekoppelt werden. Sicherlich wird durch diese Leistungsansätze der regulatorische Aufwand nicht reduziert. Jedoch ist das Verfahren mit der traditionellen Methode ohne weiteres vereinbar.267 cc) Nachfrageorientierte Anreize (,Demand Management Incentives‘) Insbesondere in Sektoren, in denen die Regulierungsbehörde mit Knappheitssituationen umzugehen hat, kann die Behörde Anreize zur Verringerung der Nachfrage knapper Güter setzen.268 Nach der traditionellen Methode hat das Unternehmen keine Anreize, die Nachfrage zu reduzieren, da die Einkünfte, und damit die Rendite, von der Anzahl der verkauften Einheiten abhängen. Daher würde das Unternehmen mit der Förderung von Einsparungsprogrammen letztlich seine eigene Rendite vermindern. Einsparungsprogramme würden damit allein dem Kunden zugute kommen, der weniger Einheiten verbraucht. Dies kann die Behörde verhindern, wenn sie dem Unternehmen eine anhand der Verbrauchsminderung berechnete Kompensation zugesteht. Dies kann auch geschehen, indem die Behörde dem Versorgungsunternehmen nach der traditionellen Methode eine Rendite auf Investitionen gewährt, die verbrauchsmindernden Maßnahmen dienen. Nachfrageorientierte Anreize dienen der Reduzierung der Nachfrage, die erheblich kostengünstiger als die Erschließung neuer Wasserressourcen sein kann. Ein Beispiel hierfür ist die Bereitstellung wassersparender Sanitäranlagen in Privathaushalten, deren Kosten über die Wasserpreise auf die Verbraucher umgelegt werden. Während solche Programme anfangs der 90er Jahre noch selten genehmigt wurden, sind hier mittlerweile Fortschritte zu verzeichnen.269 dd) ,Benchmarking‘ Nahezu alle Anreizsysteme verwenden Methoden der Leistungsbewertung, die je nach Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens Belohnungen oder Strafen be267 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation, 43 (1997). 268 Beecher / Mann / Hegazy / Stanford, Revenue Effects of Water Conservation and Conservation Pricing: Issues and Practices, 103 ff. (1994). 269 Beecher / Rubin, Deregulation!, 174 (2000); Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 Nr. 2 (1996).

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stimmen. Werden im Gegensatz zu allgemeinen volkswirtschaftlichen Kennzahlen wie Preissteigerungsindices Indikatoren ausgewählt, die sich auf die vergleichbaren Leistungen des eigenen oder anderer Unternehmen beziehen, so spricht man von ,Benchmarking‘. Die Regulierung mittels ,Benchmarking‘ beinhaltet die Orientierung der Leistungen des Unternehmens an bestimmten objektiven Vergleichswerten (,Benchmarks‘). Ein solcher Vergleichswert kann die Tätigkeit des gleichen Unternehmens in einem vorhergehenden Zeitraum sein, in Frage kommt jedoch auch ein Durchschnittswert, der aus den Werten einer Vergleichsgruppe anderer Versorgungsunternehmen gebildet wird.270 Der Umfang der Vergleichswerte kann beliebig bestimmt werden. Möglich ist die Verwendung einer größeren Anzahl präzisierter Indikatoren oder weniger, breiter fokussierter Indikatoren. Beispielsweise kann ein ,Basic Unit Cost‘ Index verwendet werden, der das Verhältnis der Gesamtkosten des Unternehmens zur Menge der produzierten Einheiten wiedergibt. ,Benchmarking‘ gibt dem regulierten Unternehmen die Bereiche genau vor, in denen es seine Leistungen verbessern kann. Mit Hilfe von automatischen Vergleichsmechanismen können auch die Abstände zwischen den einzelnen Wasserpreisbemessungsverfahren verlängert werden. Besondere Beachtung finden ,Benchmarks‘ im Bereich der Sicherung der Qualität der Dienste, insbesondere in Märkten, in denen die traditionelle Regulierung reduziert wird.271 So können einem Unternehmen Vergleichswerte hinsichtlich Indikatoren seiner Dienstqualität gesetzt werden, deren Erreichen oder Nichterreichen Auswirkungen auf die Rendite oder die Wasserpreise des Unternehmens haben. Bislang wurde ein dem englischen ,Yardstick Competition‘-Modell ähnliches Modell in den Vereinigten Staaten nicht eingeführt. Die Erstellung eines Kostenindex anhand eines ,Benchmarking‘ mit anderen Versorgungsunternehmen würde letztlich eine automatische Gebührenanpassung bedeuten, da keine Gebührenfestsetzung mehr anhand der Kosten des Einzelunternehmens mehr erforderlich wäre. Dabei stellt sich vor allem die Frage, welche Zahlen überhaupt mit diesem Index angeglichen werden sollen. Das Hauptproblem stellt hier offenbar die Suche nach vergleichbaren Wasserversorgungsunternehmen dar.272 Ein Beispiel für ein freiwillig von der Industrie eingerichtetes ,Benchmarking‘-Projekt ist das von der American Water Works Association (AWWA) und der 270 Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 427. 271 Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 430. 272 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation, 22 (1997).

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Water Environment Federation (WEF) aufgebaute ,Qualserve Benchmarking Clearinghouse‘. Hierbei handelt es sich um einen Leistungsvergleich anhand von 22 Indikatoren, der im Wesentlichen von den freiwillig daran teilnehmenden Unternehmen finanziert wird.273 b) Entflechtung (,Unbundling‘) In Sektoren, in denen Unternehmen in hohem Maße horizontal und vertikal integriert sind, werden die Produktionsstufen, die im Wettbewerb stehen können, von denen getrennt, die weiterhin der Regulierung unterliegen sollen.274 Die Einbringung von mehr Wettbewerb in die netzgebundenen Sektoren soll vor allem durch die Trennung der Netze von Erzeugung und Vertrieb geschehen, da die Netze den Charakter natürlicher Monopole behalten haben.275 So wurden in der Telekommunikation ursprünglich von den Telefongeräten über den Gesprächsdienst von Orts- bis hin zu Ferngesprächen alle Leistungen vom Monopolisten aus einer Hand bereitgestellt. Hier wurden die verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette in einzelne Leistungen entflochten und teilweise in Wettbewerbsmärkte umgewandelt. Ähnliche Entwicklungen fanden auf dem Strom- und dem Gasmarkt statt, wo die überregionalen Netzwerke ebenfalls für die Durchleitung von Kapazitäten auch konkurrierender Unternehmen geöffnet wurden. Dabei findet nur teilweise tatsächlich ein Wettbewerb um den Endverbraucher statt, da die lokalen Netzwerke nach wie vor monopolistische Strukturen aufweisen. Lediglich bei größeren Kunden, bei denen die Errichtung eines eigenen Anschlusses wirtschaftlich sinnvoll ist, herrscht daher Wettbewerb, der auch den Bau paralleler Infrastruktur umfasst.276 Ebenso besteht in der Wasserwirtschaft die Möglichkeit, die einzelnen Produktionsstufen voneinander zu trennen. Dies würde insbesondere die Trennung von Wassergewinnung und Verteilung bedeuten.

273 Das ,Benchmarking Clearinghouse‘-Projekt umfasst die Sammlung und Auswertung von 22 Indikatoren, die im Wasserversorgungsbereich in die Rubriken Organisatorische Entwicklung, Kundenbeziehungen, Betriebliche Tätigkeit und Betrieb der Wasserversorgung unterteilt sind. Siehe dazu AWWA, Selection and Definition of Performance Indicators for Water and Wastewater Utilities (2004). 274 Die Entflechtung fand in den Sektoren Telekommunikation, Gas und Strom statt. Dabei konnte Wettbewerb insbesondere in den Teilbereichen der Ferngespräche, der Gasförderung und der Elektrizitätsproduktion eingeführt werden. 275 Pierce, Regulated Industries, 16 (1999). 276 Nach wie vor problematisch bei Endabnehmermärkten ist beispielsweise der Umstand, dass die Zähler in den Haushalten keine Zeitangaben zum Verbrauch liefern, obwohl die Strompreise je nach Auslastung variieren, Joskow, Deregulation and Regulatory Reform in the U.S. Electric Power Sector, in: Peltzman / Winston, Deregulation of Network Industries, 176 (2000).

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Bei der Wassergewinnung muss zwischen einem Markt, bei dem es um die Rechte zur Entnahme von Wasser aus Gewässern (,Water Market‘) und einem Markt für aufbereitetes, bereits entnommenes Wasser (,Wholesale Water Market‘) unterschieden werden. Grundsätzlich ist der Großhandel mit bereits entnommenem Wasser nicht reguliert, es sei denn, das entnehmende Wasserunternehmen fällt aufgrund seiner anschließenden Tätigkeit als ,Public Utility‘ unter die Aufsicht einer Regulierungsbehörde. Daher kann über entnommenes Wasser grundsätzlich frei verfügt werden. Tatsächlich erwerben heute schon zahlreiche Wasserversorgungsunternehmen ihr Wasser von anderen Versorgungsunternehmen („Verkauf zum Weiterverkauf“).277 Gerade kleine Systeme in der Nachbarschaft von größeren Wasserunternehmen können auf diese Art eigene Qualitätsprobleme bei der Wasserversorgung vermeiden. Der Umfang des handelbaren Wassers ist jedoch von der Menge des dem entnehmenden Unternehmen zur Verfügung stehenden Wassers abhängig. Ein wesentlicher Punkt der Entwicklung eines Erzeugermarktes für Wasser ist daher die Verfügbarkeit ausreichender Ressourcen und der Möglichkeit des Wassertransfers. Insofern handelt es sich hierbei vorrangig um eine Fragestellung der Wasserwirtschaft. In Kalifornien werden derzeit 80% der Wasserrechte für landwirtschaftliche Zwecke verwendet. Eine Möglichkeit der Entstehung von Wassermärkten ist daher der Erwerb landwirtschaftlich genutzter Wasserrechte und die Umleitung des verfügbaren Wassers in städtische Gebiete.278 Grundsätzlich besteht in allen Staaten der Vereinigten Staaten die Möglichkeit des Handels mit Wasserentnahmerechten.279 In Zeiten der Knappheit wurde das Instrument eines Wassermarktes zum Handel mit Wasserrechten in Kalifornien durch die Schaffung der Handelsinstitution der Drought Water Bank mit Erfolg eingesetzt.280 Solche Erzeugermärkte betreffen gegenwärtig ausschließlich Großkunden wie Wasserversorgungsunternehmen und allenfalls einzelne industrielle Großabnehmer, da die meisten Endkunden von durch Gebietsmonopole geschützten Versorgungsunternehmen beliefert werden. c) Abschaffung von verdeckten Quersubventionen Die dritte große Änderung betrifft die Abschaffung von verdeckten Quersubventionen. Zwar hat das den Quersubventionen zugrunde liegende Konzept eines Universaldienstes nach wie vor Bestand. Beecher / Rubin, Deregulation!, 205 (2000). Dies wird bereits von einigen Unternehmen in Kalifornien versucht, Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12. 1999. 279 Sax / Thompson / Leshy / Abrams, Legal Control of Water Resources, 226 (2000). 280 Siehe dazu Andersen / Hill, Water Marketing – The Next Generation (1997); Dixon / Moore / Schechter, California’s Drought Water Bank, Economic Impacts in the Selling Regions (1993). 277 278

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Jedoch werden verdeckte Quersubventionen durch ein Wettbewerbsumfeld verhindert, in dem der Kunde seinen Anbieter frei wählen kann. Durch das nun mögliche „Rosinenpicken“ kann keine Kundengruppe mehr zugunsten der Subventionierung einer anderen herangezogen werden, da sonst die Gefahr der Abwanderung zu anderen Anbietern besteht. Die Tarife der einzelnen Kunden bewegen sich somit näher an den Grenzkosten. Durch die Abschaffung der verdeckten Quersubventionen werden die jeweiligen Subventionierungsströme offen gelegt. Die Entscheidung über die Subventionierung bestimmter Bevölkerungsgruppen obliegt somit den politischen Vertreten, die gesetzlich die Voraussetzungen für den Universaldienst und seine Finanzierung regeln müssen.281

2. Neuerungen im Verhältnis der Versorgungsunternehmen untereinander Ein wesentliches Element der Transformation der Märkte betrifft auch die Beziehungen der Versorgungsunternehmen untereinander. Das neue Paradigma zielt auf die Einführung von Wettbewerb in möglichst vielen Industrien und Industriebereichen. Zahlreiche Bereiche der regulierten Industrien weisen jedoch nach wie vor die Eigenschaften natürlicher Monopole auf. Dabei fällt der Schwerpunkt der Neuerungen auf die Öffnung des Zugangs zu den Engpässen (,Bottlenecks‘) dieser Wertschöpfungsketten. Hierdurch entstehen für die Eigentümer dieser Anlagen neue ,Public Utility‘-Verpflichtungen gegenüber den Wettbewerbern. a) Zugang und gemeinsame Nutzung von Netzwerken Die traditionelle Regulierungsmethode nahm die Monopolstellung bestimmter Unternehmen als gegeben hin. Nach der neuen Regelung sollen die Netzwerke hingegen allen Konkurrenten offen stehen. Die Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zu Netzwerken soll die Möglichkeit der Netzwerkeigentümer ausschließen, Wettbewerb auf vor- oder nachgelagerten Märkten zu beeinflussen. Nach dem Aufbruch des Bell-Telekommunikationsmonopols gingen die Transformationsbestrebungen so weit, dass den zahlreichen Einzelgesellschaften, die fortan die Versorgung im Ortsbereich übernahmen, untersagt wurde, überhaupt auf dem Ferngesprächsmarkt tätig zu werden. Hierdurch sollte von vorneherein ausgeschlossen werden, das die Einzelgesellschaften den Zugang zu ihren örtlichen Netzwerken zur Benachteiligung von Konkurrenten nutzen.282 281 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1349.

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In den Gas- und Elektrizitätsmärkten erachtete man offenbar die Einrichtung einer allgemeinen Zugangsverpflichtung für ausreichend.283 Die Neuerungen in diesen Bereichen waren aber ebenfalls tiefgreifend. Insbesondere der offene Zugang für Wettbewerber zu Überlandgas- und Überlandstromleitungen gaben diesen den nun den Charakter von ,Common Carriers‘. Daher können Versorgungsunternehmen in den Monopolbereichen die Dienste der netzwerkbetreibenden Konkurrenten zur Erbringung ihrer eigenen Dienste in Anspruch nehmen. Eine Durchleitung auf der Verteilerebene im Wassersektor findet in den Vereinigten Staaten nicht statt und ist bislang auch nicht beabsichtigt. Nur die Durchleitung von unbehandeltem Rohwasser hingegen ist in manchen Staaten, beispielsweise in Kalifornien, gesetzlich verankert. §§ 1810 ff. California Water Code regeln das Recht der Nutzung unausgelasteter Kapazitäten von Fernleitungen, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. Gegen Zahlung eines „angemessenen Entgelts“ können Dritte die Transportkapazitäten der Fernleitung unter bestimmten Bedingungen nutzen. Eine dieser Bedingungen ist, dass die Qualität des in der Leitung befindlichen Wassers nicht unter der Durchleitung leidet. Das Wasser in der Leitung muss grundsätzlich die gleiche Qualität beibehalten.284 Diese Regelung ist jedoch weit entfernt von einer gesetzlich erzwungenen Durchleitung zur Versorgung von Endkunden im Ortsbereich. b) Verpflichtung zur Belieferung von Konkurrenten als Zwischenabnehmer In manchen Bereichen ist Wettbewerb aufgrund der großen Markteintrittskosten nur möglich, wenn der Konkurrent den Dienst des Monopolisten in Anspruch nehmen kann, um den Dienst im eigenen Namen an die eigenen Kunden weiterzugeben. Solche ,Sale for Resale‘-Verpflichtungen sind dann für die Einführung von Wettbewerb erforderlich, wenn der Bereich nicht unbedingt einen Engpass darstellt, sondern der Dienst eine großflächige Versorgung erfordert, wie beispielsweise die Ferngesprächstelefonie.285 Die Einführung einer Verpflichtung zur Abgabe an Großhändler würde in der Wasserversorgung bedeuten, dass ein Zwischenhändler zum Großhandelspreis 282 Zur Zerschlagung des Bell Systems im Jahre 1982 durch das „Modified Final Judgement“ insbesondere Windthorst, Der Universaldienst im Bereich der Telekommunikation, 488 ff. (2000). 283 Offenbar bietet die Entnahme nicht individualisierbaren Gases oder Elektrizität nicht die gleichen Möglichkeiten zur Diskriminierung wie individualisierbare, weitergeleitete Telefongespräche, Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1353. 284 § 1810 (b) California Water Code (2004). 285 Kearney / Merrill, The Great Transformation of Regulated Industries Law, Columbia Law Review 1998, 1323, 1358.

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Wasser vom örtlichen Wasserversorger erwirbt, um dieses dann an den Endabnehmer weiterzuverkaufen. Der Zwischenhändler hat somit letztlich mit der tatsächlichen Leistungserbringung nichts mehr zu tun. Seine Tätigkeit beschränkt sich auf die Einziehung der Wasserpreise und die Einführung eigener Tarifsysteme, die aber unter Umständen auch durch die Anbringung von zeitlich differenzierenden Messgeräten, wie bei der Stromversorgung, unterstützt werden könnten. Bislang sind aber in diesem Bereich keine entsprechenden Entwicklungen zu beobachten. c) Regionalisierung Bereits die große Anzahl der 50.000 Wasserversorgungsunternehmen in den Vereinigten Staaten wird häufig als deutlichster Anlass für eine Restrukturierung der Wasserversorgung angesehen.286 Aufgrund dieser kleinteiligen Struktur lässt die Wasserversorgungsindustrie zahlreiche Größenvorteile ungenutzt. Dies wirkt sich auf die technischen, finanziellen und personellen Fähigkeiten der einzelnen Unternehmen aus und beeinträchtigt die Wasserversorgung insgesamt. Dies kann zu einer Beeinträchtigung der Versorgungsqualität und einer Nichteinhaltung der gesetzlichen Standards führen.287 Abhilfe erhofft man sich durch die ,Regionalization‘ von Wasserunternehmen, d. h. die Konsolidierung von Eigentum, Betrieb oder Geschäftsführung innerhalb einer politisch-geographischen oder hydrogeologischen Region.288 Im Wassersektor gelten insbesondere folgende Vorteile größerer Strukturen: (1) die Nutzung von Skalen- und Verbundvorteilen, (2) niedrigere Finanzierungskosten, (3) die Nutzung von Wasserressourcen auf regionaler Ebene, (4) die Verfügbarkeit einer höher qualifizierten Belegschaft, (5) die Vergrößerung des Dienstleistungsangebots und (6) verbesserte Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.289 Allerdings ergeben sich auch Größennachteile, die bei Transport und Verteilung von Wasser entstehen, da Wasser schwer und unkomprimierbar ist. Je weiter Wasser von seiner Quelle und der Aufbereitungsanlage weg transportiert wird, desto höher die Kosten für den Transport. Je nach Qualität des Wassers handelt es sich um eine Abwägung im Einzelfall zwischen den Transportkosten und dem Bau neuer Aufbereitungs- und Förderanlagen vor Ort.290 Im Allgemeinen können jeBeecher / Rubin, Deregulation!, 206 (2000). Beecher / Higbee / Menzel / Dooley, The Regionalization of Water Utilities, 18 (1996); siehe auch CPUC, Status of Small, Privately Owned Water Utilites in the State of California, III ff. (1990). 288 Beecher / Higbee / Menzel / Dooley, The Regionalization of Water Utilities, 1 (1996). 289 Beecher / Rubin, Deregulation!, 193 (2000); National Research Council, Privatization of Water Services in the Unites States, 81 (2002). 286 287

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doch größere, regionale Wasserversorgungsanlagen niedrigere Stückkosten aufgrund einer besseren Auslastung der Anlagen erzielen und sind generell effizienter.291 Größere Anlagen, die unabhängig von politischen Grenzen konzipiert werden, können einerseits eine entsprechend große Nachfrage effizient bedienen und andererseits Größenvorteile nutzen sowie eine effektive Nutzung des Entnahmegewässers sicherstellen.292 In Fällen, in denen eine physikalische Verbindung der Netzwerke uneffizient wäre, wie beispielsweise bei entlegenen oder durch geographische Hindernisse abgetrennten Orten, kommt die Betriebsführung im „Satellitenverfahren“ in Betracht. Dabei übernimmt das größere Versorgungsunternehmen den Betrieb des lokalen Wasserversorgers, der aber nach wie vor sein eigenes Wasser verwendet.293 In einer Studie der American Water Works Association wurde durch die Auswertung geographischer Daten ein enormes Effizienzsteigerungspotential für physische Verbindungen von kleinen Wassernetzen mit größeren ausgemacht.294 Größtes Hindernis der Regionalisierung bleibt aber nach wie vor das starke politische Interesse an einer lokalen Kontrolle der Wasserversorgung.295 Die American Water Works Association sprach sich aufgrund des Umstands, dass die jeweiligen Verhältnisse vor Ort eine individuelle Abwägung erfordern, gegen eine gesetzliche Verpflichtung zur Regionalisierung aus.296 Die Regionalisierung bietet aber insbesondere für kleinere, unrentablere Unternehmen einen Ausweg zur Aufbringung des für Anpassungen an gesetzliche Qualitätsanforderungen erforderlichen Kapitals.297 Die Regionalisierung wird zudem als förderlich für eine effizientere Regulierung betrachtet, die aus der Überwachung einer geringeren Anzahl von Systemen folgt.298 Eigentümerwechsel sind ein wesentliches Element der Regionalisierungsprozesse. Im Zusammenhang mit Unternehmensübernahmen prüft die Regulierungs-

290 National Research Council, Privatization of Water Services in the Unites States, 81 (2002); Beecher / Higbee / Menzel / Dooley, The Regionalization of Water Utilities, 2 (1996); Clark / Stevie, A Regional Water Supply Cost Model, Growth and Change 1981, 9 ff. 291 EPA, Community Water System Survey 2000, Volume I, 26 (2002). 292 National Research Council, Privatization of Water Services in the United States, 81 (2002). 293 National Research Council, 84. 294 Castillo / Keefe / Raucher / Rubin, Feasibility of Small System Restructuring to Faciliate SDWA Compliance, 45 ff. (1997). 295 Beecher / Higbee / Menzel / Dooley, The Regionalization of Water Utilities, 3 (1996). 296 American Water Works Association Management Division, Regionalization of Water Utilities: Needs and Issues, Journal American Water Works Association 1979, 71 ff. 297 Nach der Studie könnten über 2.000 kleine Wassersysteme in allein 17 Staaten mit größeren Wassersystemen effizienzsteigernd verbunden werden, Castillo / Keefe / Raucher / Rubin, Feasibility of Small System Restructuring to Faciliate SDWA Compliance, XV (1997). 298 Beecher / Higbee / Menzel / Dooley, The Regionalization of Water Utilities, 8 (1996).

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behörde, ob der Nutzen die (später von den Endkunden zu tragenden) Kosten der Übernahme rechtfertigt und ob die Qualität der Dienstleistungserbringung durch die Übernahmen beeinträchtigt wird. Die Regulierungsbehörden arbeiten im Rahmen einer Übernahme gezielt auf die Zusicherung der Erhöhung der Versorgungsstandards durch das übernehmende Unternehmen hin.299 Die Regulierungsbehörden fördern zunehmend die Regionalisierung der Wasserunternehmen. Der Staat Kalifornien hat zu diesem Zweck den Bewertungsmaßstab bei Unternehmensübernahmen verändert. Während früher Unternehmen lediglich den Buchwert eines erworbenen Unternehmens in die ,Rate Base‘ aufnehmen konnten, richtet sich die Bemessung heute nach dem Sachzeitwert.300 Da der Buchwert aufgrund von Abschreibungen meist gegen Null tendierte, vom übernehmenden Unternehmen aber ein auf dem Marktpreis des Unternehmens beruhender Kaufpreis gefordert wurde, konnte das übernehmende Unternehmen die neuen Anlagen nicht in seine ,Rate Base‘ aufnehmen. In der Folge der Gesetzesänderung fanden in Kalifornien im Jahr 1998 50 Übernahmen kleiner Wasserversorgungsunternehmen statt; zudem sind aber auch Übernahmen größerer Unternehmen zu verzeichnen.301 Dabei besteht aber gleichzeitig immer die Gefahr, dass eine Kostenübertragung auf den Verbraucher zu einem überhöhten Kaufpreis führen kann.302 Im Rahmen der Übernahme der Consumers Maine Water Company durch die Philadelphia Suburban Corporation hat die Maine Public Utilites Commission ebenfalls die Anrechnung von Kosten der Übernahme auf die ,Rate Base‘ gestattet. Jedoch durfte die Anrechnung nur auf die von den Unternehmen geltend gemachten Effizienzgewinne erfolgen. Eine Übertragung des Übernahmerisikos auf die Verbraucher wurde nicht gestattet.303 Im Staat New York wird Wasserversorgungsunternehmen, die unrentable Unternehmen übernehmen, eine höhere Rendite als Übernahmeanreiz gewährt.304 299 Beecher / Rubin, Deregulation!, 224 (2000); siehe beispielsweise den Fall, Maine Public Utilities Commission Consumers Maine Water Co. Request for Approval of Reorganization Due to Merger with Philadelphia Suburban Corp., Docket No. 98 – 648 (Me. PUC 1999). 300 Public Water System Investment and Consolidation Act of 1997, §§ 2718 ff. Cal. PUC (2004). 301 Vortrag von Henry Duque vor der New York Society of Security Analysts vom 10. 12. 1999. 302 Diese Problematik stellte sich 1995 beim Kauf der Indiana Cities Water Company durch die Indiana-American Water Company. So Beecher / Dreese / Standord, Regulatory implications of water and wastewater utility, 141. 303 Maine Public Utilities Commission, Consumers Maine Water Company, Request for Approval of Reorganization Due to Merger with Philadelphia Suburban Corporation, Docket No. 98 – 648 (1999), 4. 304 Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 (1996); New York Public Utility Commission, Statement of Policy on Acquisition Incentive Mechanisms for Small Water Companies, Case 93-W0962 (1994).

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3. Die Veränderung der Rolle der Regulierungsbehörden Das neue Paradigma sieht grundsätzlich eine reduzierte Rolle der Regulierungsbehörden vor. Anstelle der Überwachung der einzelnen Unternehmen steht nun die Förderung des Wettbewerbs im Vordergrund, der dem Kunden den nötigen Schutz vor der Erhebung von Monopolrenten bieten soll. Zugleich soll dadurch der Regulierungsprozess effizienter gestaltet werden. Auch nach dem neuen Paradigma bleiben Regulierungsbehörden grundsätzlich mit der Aufsicht über die natürlichen Monopole befasst. Die Wasserversorgung bleibt mangels technischer Neuerungen das Paradebeispiel eines natürlichen Monopols. Dennoch wird erwartet, dass sich die Vorgänge im Energie- und Telekommunikationssektor auch auf den Wassersektor auswirken werden.305 a) Die Schaffung von Wettbewerb In Märkten, die nicht die Eigenschaften natürlicher Monopole aufweisen, wird Wettbewerb insbesondere durch die Abschaffung der Preisregulierung, der Zulassungsbeschränkungen für neue Wettbewerber und die vollständige Abschaffung der Aufsicht durch die Regulierungsbehörden eingeführt.306 Sobald Wettbewerb in den einzelnen Sektoren eingeführt ist, entfallen die Quersubventionen und die Universaldienstverpflichtungen werden allenfalls durch die Einführung von wettbewerbsneutralen Steuern weiter gefördert.307 In Sektoren mit den Eigenschaften natürlicher Monopole wird durch die Trennung von Netz und Erzeugung bzw. Vertrieb Wettbewerb zumindest in Teilen der Wertschöpfungskette eingeführt. In diesem veränderten Wettbewerbsumfeld beschränkt sich die Aufgabe der Regulierungsbehörden auf die Überwachung der Marktbereiche, die nach wie vor die Eigenschaften natürlicher Monopole aufweisen. Zu Gunsten der Kunden bleiben die Regulierungsbehörden weiterhin mit der Durchsetzung der Universaldienstverpflichtungen gegenüber den Netzbetreibern beauftragt. Zu Gunsten der Wettbewerber hat die Regulierungsbehörde die Durchsetzung kartellrechtlicher Prinzipien übernommen.308 Dabei fällt der Schwerpunkt der Beecher / Rubin, Deregulation!, 218 (2000). So in den Sektoren Luftverkehr und Warentransport geschehen. 307 Die Universaldienstverpflichtungen bestehen weiter im Bereich der Telekommunikation und teilweise der Elektrizität, wohingegen sie in den Bereichen der Eisenbahnen und des Luftverkehrs weggefallen sind. 308 Die neue Aufgabe der Regulierungsbehörden ähnelt einer Umsetzung der aus dem Kartellrecht bekannten ,Essential Facilities Doctrine‘. Auch hier wird dem Monopolisten verboten, die Verfügung über die für andere Marktteilnehmer essentielle Einrichtung zu missbrauchen, Sidak / Spulber, Deregulatory Takings and the Regulatory Contract, 48 (1998). 305 306

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Regulierung auf die Kontrolle der Verteilernetze, da in diesen Bereichen der Wertschöpfungsketten kein Wettbewerb stattfindet (,Bottleneck Facilities‘). Hierdurch soll verhindert werden, dass die Netzbetreiber ihr Monopol zur Benachteiligung von Konkurrenten und damit zu Wettbewerbsverzerrungen in anderen Marktsegmenten missbrauchen. Hierdurch entstehen für die Eigentümer dieser Anlagen, sofern diese zusätzlich in den Bereichen Erzeugung oder Vertrieb tätig sind, neue Verpflichtungen gegenüber ihren Wettbewerbern. In Bezug auf die Kontrolle der Netzbetreiber und der mit ihnen verbundenen Unternehmen hat sich die Aufgabe der Regulierungsbehörden somit zumindest teilweise vom Schutz der Endverbraucher hin zum Schutz der Mitbewerber gewandelt. Eine weitere Verstärkung von Wettbewerb kann durch die Durchsetzung einer schärferen Trennung von regulierten und unregulierten Tätigkeiten erreicht werden. Im Rahmen von Restrukturierungsprozessen kommt es zunehmend zu einer Häufung von regulierten und nicht regulierten Tätigkeiten in Unternehmen. Für die Regulierungsbehörden ergibt sich daraus die Verpflichtung zum Unterbinden eventueller Quersubventionen zwischen den regulierten und unregulierten Unternehmensbereichen, die zu Wettbewerbsverzerrungen in den unregulierten Unternehmensbereichen führen können.309 Die Unterbindung einer derartigen Vermischung verstärkt den Wettbewerb in den unregulierten Unternehmensbereichen.

b) Vereinfachung des Regulierungsverfahrens Eine Verringerung des Verfahrensaufwands der Regulierungsbehörde und eine Verstärkung der Leistungsanreize sollen durch eine Objektivierung des Regulierungsprozesses erzielt werden. Die traditionelle Rentabilitätsregulierung beruht auf einer in kurzen zeitlichen Abständen erfolgenden unternehmensbezogenen Kostenprüfung. Die dem Unternehmen entstandenen Kosten werden dann anhand vermeintlich objektiver Maßstäbe wie der „unternehmerischen Vernunft“ überprüft. Neuere Ansätze verwenden dagegen in wesentlich höherem Maße objektive Bewertungsmaßstäbe. Dies erlaubt eine Anpassung der im Regulierungsprozess gefundenen Ergebnisse über längere Zeiträume hinweg, ohne dass eine erneute Einzelprüfung des Unternehmens vorgenommen werden muss. Eine automatische Adjustierung der Wasserpreisfestsetzung wird zunächst durch die Integration von Variablen wie etwa dem Teuerungsindex in die BerechnungsDazu Otter Tail Power Co. v. United States, 410 U.S. 366 (1973); United States v. Terminal R. R. Ass’n, 224 U.S. 383 (1912). 309 Beispielsweise CPUC, Standards of Conduct Governing Relationships Between Energy Utilities and Their Affiliates, 190 PUR4th 6 (1998).

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formel erreicht. Hierdurch kann die Häufigkeit regulatorischer Eingriffe bereits erheblich reduziert werden. Ein weiterer Fortschritt liegt in der Gewinnung und Verwendung objektiver Daten, wie etwa der Vergleichszahlen über die Kosten- und Produktivitätsentwicklung anderer Versorgungssektoren oder -unternehmen. Hierdurch wird die Regulierungsbehörde von der Prüfung der Einzelentscheidungen der einzelnen Geschäftsführungen befreit, was wiederum den Regulierungsprozess erheblich vereinfacht. Im Vergleich zur traditionellen Methode beruht bei der Höchstpreismethode der Marktpreis nicht mehr auf den tatsächlichen Kosten des Unternehmens.310 Die Regulierungsbehörde berechnet zwar zu Anfang die ,Price Cap‘, d. h. den Maximalpreis, den das Unternehmen verlangen darf, auf ähnliche Weise wie bei der traditionellen Methode. Letztlich können jedoch die tatsächlichen Kosten durch ein entsprechend effizientes Verhalten des Unternehmens niedriger ausfallen. Da die tatsächlichen Kosten nicht mehr Grundlage des für den Geltungszeitraum des einmal ermittelten Höchstpreises sind und eine Anpassung nur noch aufgrund von Indexwerten erfolgt, ist das Überwachungsverfahren wesentlich vereinfacht.311 Durch diesen Anreiz zu effizientem Verhalten soll der Umfang des Verwaltungsaufwands für das einzelne Regulierungsverfahren eingeschränkt werden können, ohne dass wie bei der Rentabilitätsregulierung Effizienzverluste im Markt befürchtet werden müssen.312 c) Überwachung der Dienstqualität In den bereits transformierten Sektoren lässt sich beobachten, dass die Regulierungsbehörden sich in zunehmendem Maße der Qualitätsüberwachung der Dienstleistungen widmen.313 Die Qualitätsüberwachung stellt grundsätzlich keine neue Aufgabe für die Behörden dar, jedoch scheint der Umfang der Kontrolle ausgeweitet zu werden. Insbesondere ist eine Verschärfung der Berichtskriterien und der Strafen für Nichteinhaltung zu beobachten.314 Als Gründe für die Verschärfung der Qualitätskon310 Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 407. 311 Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation Methods for Water Utility Regulation, 11 (1997). 312 Lowry / Kaufmann, Performance-Based Regulation of Utilities, Energy Law Journal 2002, 407. 313 Beecher / Rubin, Deregulation!, 221 (2000); eine Untersuchung hinsichtlich der Einführung neuer Qualitätsstandards durch Regulierungsbehörden unter Einbeziehung der Endkunden findet sich bei Lawton, A Customer-Based Quality-of-Service Approach for Regulating Water Utilites (1997). 314 Beispielsweise Ariz. Corp. Comm., Provision of Electric Services Throughout the State of Arizona, Decision No. 59943 vom 26. 12. 1996; Pa. PUC, Final Rulemaking to Ensure Electric Services Reliability, Docket L-00970120 vom 18. 5. 1998.

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trolle gelten vor allem die Reaktionen der Öffentlichkeit auf die schweren Stromausfälle in Kalifornien und die öffentliche Sorge über einen möglichen Rückgang des Investitionsvolumens aufgrund von Einsparmaßnahmen durch die Anreize des neuen Regulierungsparadigmas.315 Die Qualitätsüberwachung zielt insbesondere auf die gegenüber dem Endkunden erbrachte Dienstleistung. Die neuen Regelungen reichen dabei von dem Erfordernis zur Einreichung statistischer Daten über die Anordnung von Abhilfemaßnahmen bei Schlechterfüllung bis hin zur Verhängung von Strafen bei Verfehlen der gesetzten Qualitätsziele. Zudem führen die Regulierungsbehörden in kürzeren Abständen Anhörungen hinsichtlich der Qualitätserbringung durch, in deren Verlauf die Unternehmen den Nachweis erbringen müssen, dass von ihrer Seite alles Erforderliche zur Verhinderung von Versorgungsausfällen getan wird. Die neuen Regelungen beinhalten, dass beispielsweise der Kundendienst der Unternehmen auf die Erreichbarkeit und die Effizienz hinsichtlich der Bearbeitung der erledigten Anfragen überprüft wird.316 d) Ressourcenorientierte Wasserversorgung und die CPUC Die Wasserversorgung ist nur ein Ausschnitt aus dem Wasserkreislauf, dessen Regelung ein wesentlich weiteres Gebiet umspannt. Obwohl die Wasserversorgung aufgrund ihrer Struktur und ihrer Geschichte eine der „klassischen“ ,Public Utilities‘ ist, kann man die Wasserversorgung auch als „Resource Management Industry“ beschreiben.317 Insbesondere in den trockenen Regionen im Westen der Vereinigten Staaten ist Wassermangel durch das Bevölkerungswachstum ein bedeutendes Thema geworden. Im gleichen Maße, in dem ökologische Belange und die Nachhaltigkeit (,Sustainability‘) der Wasserversorgung an Bedeutung gewonnen haben, erscheint die traditionelle Regulierungsmethode als reformbedürftig. Regulierungsbehörden haben lange Zeit hinsichtlich der Verwendung von verbrauchsmindernden Leistungsanreizen gezögert. Dies mag in dem traditionellen Regulierungsdenken begründet sein, wonach die Behörden stets den niedrigen Verbrauchspreis als Ziel der wirtschaftlichen Regulierung gesehen haben.318 Dieser Regulierungsansatz gerät zunehmend unter Kritik. Der CPUC wurde 1996 im Rahmen einer staatlichen Evaluierung ihres Verwaltungsapparates durch die Little Hoover Commission vorgeworfen, ihre Regulierung 315 O’Neill, T&D Reliability: The Next Battleground in Re-Regulation, Public Utilities Fortnightly vom 1. März 1999. 316 Beecher / Rubin, Deregulation!, 222 (2000). 317 Thomas, Deregulation in the Water Industry: What Does It Mean?“, zitiert in Beecher / Rubin, Deregulation!, 215 (2000). 318 Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 Nr. 1 (1996); Mann, Assessing the Applicability of Selected Financial Incentive Regulation, 44 (1997).

C. Auswirkungen auf die Wasserversorgung in den Vereinigten Staaten

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der Wasserversorgung sei nicht mehr zeitgemäß.319 Zum einen würden die Regeln der CPUC nicht zur Verminderung des Wasserverbrauchs beitragen. Durch die traditionelle Regulierung werden Unternehmen veranlasst, zur Gewinnerzielung möglichst viel Wasser zu verkaufen. Zudem wird die Kosteneffizienz von Investitionen zur Verringerung des Wasserverbrauchs nur im Rahmen des Bewertungszeitraumes für die gegenwärtigen Wasserpreise (in Kalifornien drei Jahre) betrachtet. Die Wasserersparnis zahlt sich aber aus Sicht des Unternehmens erst in 10 – 15 Jahren aus, wenn die steigenden Wasserpreise in die Bewertung mit einfließen. Im Gegensatz zu staatlichen Wasserversorgungsunternehmen bleibt damit den privaten Wasserversorgungsunternehmen die Möglichkeit umfangreicher Einsparungsmaßnahmen verwehrt. Neben einer unzureichenden Zusammenarbeit in wasserwirtschaftlichen Belangen und der unzureichenden Bereitstellung von personellen Ressourcen im Wasserbereich320 kritisierte die Little Hoover Commission vor allem, dass die Ziele der CPUC nicht mit den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Wasserqualität vereinbar seien. Um mit den Anforderungen des Safe Drinking Water Acts Schritt zu halten, müssen zahlreiche Unternehmen ihre Anlagen aufrüsten. Insbesondere für die kleineren, meist unterfinanzierten Unternehmen stellt sich dabei das Problem, dass diese die nötigen Investitionen vorfinanzieren müssten.321 Die gegenwärtigen Regulierungsmaßstäbe zwingen die Wasserversorgungsunternehmen jedoch zu einer Vorfinanzierung, die von diesen Unternehmen nur schwer erbracht werden kann. Die Probleme der CPUC hinsichtlich der Erfüllung von Anforderungen hinsichtlich der Wasserersparnis brachten die Little Hoover Commission zu dem Schluss, die Regulierung der Wasserversorgung solle an das State Water Resources Control Board (SWRCB) übertragen werden.322 Diese Behörde reguliert in erster Linie die Wasserwirtschaft, also die Entnahmen von Wasser aus ober- und unterirdischen Gewässern. Nach Ansicht der Little Hoover Commission ist das SWRCB für den Umgang mit den ressourcenbedingten Schwierigkeiten der Wasserversorgung besser gerüstet. In der Folge verblieb jedoch die wirtschaftliche Regulierung der Wasserversorgung weiterhin bei der CPUC. Die Gründe hierfür mögen in der Qualifikation der CPUC für die wirtschaftliche Regulierung liegen, welche offenbar höher gewichtet werden als die wasserwirtschaftlichen Belange. Dies ist insofern 319 Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 Nr. 1 (1996). 320 Gemessen an den 574 Sitzungstagen, die die Kommission für Anhörungen im Jahr 1995 zu den einzelnen Sektoren verwendete, machte die Regulierung der Wasserversorgung mit 68 Tagen im Vergleich zu Energie (288) und Telekommunikation (114) nur einen geringen Teil der Arbeit der Kommission aus. Zudem überwachten nur 27 Angestellte die 195 regulierten Wasserunternehmen Kaliforniens. 321 Little Hoover Commission, When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Finding 11 Nr. 3 (1996). 322 Little Hoover Commission, Recommendation 11-A.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

sinnvoll, als dass die Konsolidierung kleinerer Unternehmen hin zu größeren Einheiten, welche in Fällen von Unterfinanzierung manchmal einziger Ausweg ist, eine wirtschaftliche Regulierung erfordert.323

III. Zusammenfassung Wenn es bisher nicht zu vergleichbaren Umstellungen bei der Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen gekommen ist, so liegt dies nicht allein an dem Umstand, dass die Wasserversorgung als „Stiefkind“ der Regulierungsbehörden im Rahmen von Deregulierungsvorhaben generell als Letztes bedacht wird.324 Grundsätzlich sind Modelle für die Erzeugung von Effektivitätsanreizen auch in der Wasserversorgung anwendbar. Aufgrund der Schwierigkeiten, die einzelne Staaten wie Kalifornien gegenwärtig bei der Elektrizitätsversorgung haben, wird gegenwärtig das Thema Transformation und Deregulierung mit Rücksicht auf eine sensibilisierte Öffentlichkeit allgemein zurückhaltend angegangen.325 Jedoch scheinen auch Besonderheiten der Wasserversorgung der Grund für eine vorsichtige Annäherung der Deregulierungsbefürworter zu sein. Die Ineffizienzen der Rentabilitätsregulierung werden zu Recht kritisiert. Wenn dennoch nicht der Schritt zu einer Price-Cap-Regulierung getan wird, so liegt dies am enormen Investitionsaufwand in der Wasserversorgung. Zumindest Wasserunternehmen in Kalifornien haben Schwierigkeiten, Investoren zu finden. Die Regulierungsbehörden sehen hier offenbar die Gefahren einer Überinvestition nicht gegeben. Hingegen entsteht dem Wasserversorgungsunternehmen durch die direkte Geltendmachung der entstandenen Kosten gegenüber dem Verbraucher nur ein geringes Geschäftsrisiko, das wiederum relativ niedrige Renditen rechtfertigt. Privaten Wasserversorgungsunternehmen stehen zudem nicht die Möglichkeiten der Gewinnung von Mitteln auf dem Kapitalmarkt mit Hilfe steuersubventionierter Kommunalanleihen offen. Als Ausweg verfolgt man die Beseitigung der kleinteiligen Struktur durch eine Regionalisierung der Wasserversorgung. Die Besonderheit der Ressource Wasser, aber auch die besonderen Probleme einer kleinteiligen Struktur der Wasserversorgungsunternehmen haben in den Vereinigten Staaten bislang noch nicht zu einer Neuordnung des Wassersektors in einem etwa dem Elektrizitätssektor vergleichbaren Maße geführt. Eine Veränderung 323 Die Konsolidierung sieht auch die Little Hoover Commission als wichtiges Instrument zur Lösung der finanziellen Schwierigkeiten der Wasserunternehmen, dies., When Consumers Have Choices: The State’s Role in Competitive Utility Markets, Recommendation 11-B (1996). 324 Beecher / Rubin, Deregulation!, 241 (2000). 325 Zu den nicht allein deregulierungsbedingten Schwierigkeiten der Elektrizitätswirtschaft siehe Rossi, The Electric Deregulation Fiasco, Michigan Law Review 2002, 1768.

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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des Sektors in kleinen Schritten, etwa in einer Stärkung von Regionalisierungsbestrebungen oder bislang freiwilligen Einführung von ,Benchmarking‘-Prozessen, findet jedoch bereits statt.

D. Die wirtschaftliche Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland Die Wasserversorgung ist Regelungsgegenstand zahlreicher Gesetze, wobei der Schwerpunkt im Folgenden auf die wirtschaftliche Regulierung der Wasserversorgungsunternehmen gerichtet wird.326

I. Formen der wirtschaftlichen Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen Private Wasserversorgungsunternehmen unterliegen in Deutschland mehreren Formen der Preisregulierung, deren Anwendbarkeit durch die Ausgestaltung des Versorgungsverhältnisses durch die Kommune bestimmt wird. Grundsätzlich gibt es für die Entgelterhebung vom Verbraucher zwei Möglichkeiten. Erstens die Erhebung eines öffentlich-rechtlichen Entgeltes in der Form der Gebühr und zweitens die eines privatrechtlichen Entgeltes. Zudem muss aber differenziert werden, ob die Kommune oder der Private zur Erhebung des Entgelts berechtigt ist. Nur die Kommunen können gegenüber ihren Bürgern Gebühren und privatrechtliche Entgelte erheben. Privatrechtlich organisierte Unternehmen sind auf den Abschluss zivilrechtlicher Verträge und die Geltendmachung der entsprechenden zivilrechtlichen Forderungen beschränkt. Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Kommune im Außenverhältnis zum Bürger das Entgelt aufgrund vertraglicher oder satzungsmäßiger Grundlage erhebt und der Private nur im Innenverhältnis gegenüber der Gemeinde seine Versorgungsleistung abrechnet. Der Private erhält dann ein Entgelt von der Gemeinde, welches wiederum Bestandteil der Kostenrechnung der Kommune wird. So kann die Gemeinde dem Privaten beim so genannten Betreibermodell einerseits ein festes Entgelt für seine Leistungen bezahlen und weiterhin die Gebühren bzw. ein privatrechtliches Entgelt vom Bürger erheben. Andererseits kann der Private beim Konzessionsmodell auch auf der Basis privatrechtlicher Versorgungsverträge mit dem Bürger selbst ein Entgelt für die Wasserversorgungsleistungen vereinbaren. Während die Gebühren- bzw. die privatrechtlichen Entgeltforderungen kommunaler Regie- oder Eigenbetriebe gegenüber dem Bürger durch die Kommunal326 Ein Überblick über den Bestand der anwendbaren Regelungen findet sich bei Weiß, Liberalisierung der Wasserversorgung, 213 ff. (2003).

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

abgabengesetze geregelt werden, unterliegen die Entgeltforderungen privater Wasserversorgungsunternehmen gegenüber dem Bürger mehreren, sich zum Teil überschneidenden Preiskontrollmechanismen. Diese bestehen in einer Anwendung des Verwaltungsprivatrechts, der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB und der kartellrechtlichen Preiskontrolle und fallen unter den Begriff der wirtschaftlichen Regulierung. Ebenso unterliegt die Bestimmung des Betreiberentgelts der staatlichen Regulierung, da hier eine Preisprüfung auf der Grundlage der VO PR Nr. 30 / 53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen erfolgt. Bei den genannten Maßnahmen handelt es sich um solche, die auf gesetzlicher bzw. verfassungsrechtlicher Grundlage beruhen und daher durch das hoheitliche Auftreten staatlicher „Regulierungsorgane“ wie den Gerichten oder den Kartellbehörden geprägt sind. Hinsichtlich der Art und Weise der Leistungserbringung hat der Bund von der in § 27 S. 1 AGBG a. F.327 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV)328 erlassen. Das BVerfG befand die Norm für verfassungsgemäß und bejahte die Einschlägigkeit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz der Art. 74 Nr. 11 und Nr. 17 GG zur Regelung des Rechtes der Wirtschaft und der Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Sicherung der Ernährung.329 Die Verteilung von Trink- und Brauchwasser, einem der elementarsten Güter des wirtschaftlichen Bedarfs in einem dicht besiedelten Land, falle unter das ,Recht der Wirtschaft‘, da es sich hierbei um die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs handele. Auch der Betrieb einer örtlichen Wasserversorgung durch eine Gemeinde in öffentlich-rechtlicher Form unter Erhebung von Benutzungsentgelten ist nach dem Gericht eine wirtschaftliche Betätigung in diesem weiteren Sinne.330 Durch § 27 S. 2 AGBG a. F. kann der Bundesminister für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrates die Bestimmungen der Verträge einheitlich festsetzen und Regelungen über den Vertragsabschluss, den Gegenstand und die Beendigung der Verträge treffen sowie die Rechte und Pflichten der Vertragspartner festlegen. Die Bestimmungen der Verordnung regeln den Inhalt der typisierten Vertragsbedingungen, die Wasserversorgungsunternehmen den Verträgen mit ihren Kunden über deren Teilhabe an der öffentlichen Wasserversorgung zugrunde legen dürfen. Die Verordnung gilt zunächst für die zivilrechtliche Vertragsgestaltung; nach § 35 AVBWasserV sind jedoch auch Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis 327 Gesetz zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. 12. 1976, BGBl. I 3317. 328 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. 6. 1980, BGBl. I 750. 329 BVerfG, DVBl. 1982, 27, 28. 330 BVerfG, DVBl. 1982, 27, 28.

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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öffentlich-rechtlich regeln, den Bestimmungen der Verordnung entsprechend zu gestalten. Die AVBWasserV regelt jedoch nicht die Gestaltung der Wasserpreise.

II. Kartellrechtliche Preismissbrauchsaufsicht Die Kartellaufsicht betrifft typischerweise unternehmerische Aktivitäten, bei denen sich außerhalb der Staatsorganisation stehende Unternehmen als Teilnehmer an dem wirtschaftlichen Geschehen auf einem sachlich und räumlich näher abgegrenzten Markt einerseits und die Kartellbehörde als Teil der staatlichen Verwaltung im Rahmen einer Rechtskontrolle andererseits gegenüberstehen.331 Infolge des weiten Unternehmensbegriffes des GWB werden auch Bund, Länder und Gemeinden selbst als vom Kartellrecht erfasste Unternehmen angesehen, so beispielsweise die Kommunen beim Abschluss von Konzessionsverträgen.332 Die Preisaufsicht über Wasserversorgungsunternehmen wird in Deutschland von den Kartellämtern ausgeübt. Auch nach der Reform des GWB im Jahre 1998 gelten die Regeln für die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht im Sektor der Wasserversorgung aufgrund von § 131 VIII GWB weiter. Liegt ein Konzessions- oder Demarkationsvertrag nach § 103 I Nr. 2 GWB a. F. vor, unterliegen die Endverbraucherpreise der Kontrolle anhand des Freistellungsmissbrauches nach § 103 V 1 Nr. 1 GWB a. F. Aber auch bei Fehlen eines Konzessionsvertrags gilt der Maßstab des § 103 V a. F. im Rahmen einer Prüfung nach § 22 GWB a. F. gem. § 103 VII GWB a. F.

1. Freistellungsmissbrauch Der kartellrechtlichen Kontrolle nach dem GWB unterliegen die in privatem und öffentlich-rechtlichem Eigentum stehenden Wasserversorgungsunternehmen, die Rechnungen auf Grundlage des Privatrechts stellen, nicht jedoch öffentlichrechtliche Unternehmen, die anhand der Kommunalabgabengesetze abrechnen.333 a) Monopolpreisvergleich Die Untersuchung, ob eine marktbeherrschende Stellung des Unternehmens vorliegt, erübrigt sich bei Vorliegen eines Konzessions- oder Demarkationsvertrags. Liegt kein Konzessions- oder Demarkationsvertrag vor, so bemisst sich die nach § 22 GWB a. F. durchzuführende Missbrauchskontrolle über § 103 VII GWB a. F. 331 332 333

Büdenbender, Die Kartellaufsicht über die Energiewirtschaft, 60 (1995). Büdenbender, 60. Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 1996, 361, 362.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

ebenfalls nach den Maßstäben des § 103 V GWB a. F.334 Aufgrund der Struktur der Wasserversorgung wird eine marktbeherrschende Stellung aber meistens vorliegen.335 Die Kartellbehörde untersucht das tatsächlich in der Vergangenheit stattgefundene unternehmerische Preisverhalten anhand eines Monopolpreisvergleichs.336 Bei der Preismissbrauchsprüfung vergleicht die Kartellbehörde Preise und Geschäftsbedingungen zwischen dem missbrauchsverdächtigen Wasserversorgungsunternehmen und den Vergleichsunternehmen. Im Gegensatz zur öffentlich-rechtlichen Gebührenbemesssung ist somit nicht eine Kostenkalkulation Ansatzpunkt der Missbrauchsprüfung. Die ungerechtfertigte Abweichung in der Preispolitik zu Lasten der Kunden ist die Grundlage des Preismissbrauchsvorwurfs.337 Die Preise und Geschäftsbedingungen eines Wasserversorgungsunternehmens werden mit denen gleichartiger Versorgungsunternehmen verglichen. Ausreichend für die Gleichartigkeit ist im Regelfall, dass unternehmerische Tätigkeit und wirtschaftliche Funktion des betrachteten Unternehmens als Versorgung von Endverbrauchern mit Trinkwasser übereinstimmen.338 Weitere, die Wertschöpfungskette im Einzelnen beeinflussende Faktoren werden meist erst im Rahmen der Rechtfertigung berücksichtigt.339 Obwohl der Vergleich mit nur einem Unternehmen ausreichend wäre, vergleichen die Kartellbehörden Preise von Unternehmen mit einer möglichst ähnlichen Gebietsstruktur. Damit soll die Rechtfertigungsmöglichkeit des Unternehmens von Vorneherein begrenzt werden.340 Ob ungünstigere Preise im Sinne des § 103 V 2 Nr. 2 GWB a. F. vorliegen, bemessen die Kartellbehörden bei der Wasserversorgung anhand von zwei typischen Fällen. Die Kartellbehörden haben sich dabei auf den Vergleich der jährlichen Abnahmemengen von 150 m3 (Einfamilienhaus) und 400 m3 (Mehrfamilienhaus) Jahresverbrauch verständigt.341 Die Bayerische Landeskartellbehörde geht 334 Decker, Preismissbrauchskontrolle über Wasserversorgungsunternehmen, WuW 1999, 967, 969. 335 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 353 f. 336 Dabei wird mangels Vergleichbarkeit mit den Preisen auf wettbewerblich strukturierten Märkten (Vergleichsmarktkonzept) das Preisgebahren anderer monopolistischer Versorgungsunternehmen herangezogen. Für die Energieversorgungsunternehmen vor der Liberalisierung siehe Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 148 (1995). 337 Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 148 (1995). 338 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 354. 339 Zur Kontroverse über die hieraus resultierende Beweislastverteilung Decker, Preismissbrauchskontrolle über Wasserversorgungsunternehmen, WuW 1999, 967, 971 f. 340 Lutz / Gauggel, Wasserpreise in Bayern aus kartellrechtlicher Sicht, Gewerbearchiv 2000, 414, 415. 341 Arbeitsausschuss Versorgungswirtschaft der Kartellbehörden des Bundes und der Länder, kartellrechtliche Missbrauchskontrolle der Wasserpreise von Haushaltskunden, beschlossen am 18. 9. 1997 in Kiel, bestätigt und erweitert am 1. / 2. 10. 1998 in Hannover. Zur Anwendung in Bayern, Lutz / Gauggel, Wasserpreise in Bayern aus kartellrechtlicher Sicht, Gewerbearchiv 2000, 414 ff.

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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dabei bei einer Überschreitung des Tarifgestaltungsfreiraums ab 10% von einer missbräuchlichen Überschreitung des Tarifgestaltungsfreiraums aus. Der BGH hat eine Überschreitung im Fall von 13% bzw. 19% bejaht.342 Zur Bildung des Vergleichsmaßstabes können dabei alle privatrechtlich organisierten Unternehmen herangezogen werden, und damit auch alle nicht auf der hoheitlichen Basis des KAG arbeitenden kommunalen Eigengesellschaften. 343 b) Rechtfertigungsgründe Führt das kartellbehördliche Missbrauchsverfahren zu der Feststellung, dass das missbrauchsverdächtige Unternehmen ungünstigere Preise und Geschäftsbedingungen fordert als gleichartige Versorgungsunternehmen, hat das Unternehmen wiederum die Möglichkeit, nachzuweisen, dass der Unterschied auf abweichenden Umständen beruht, die ihm nicht zurechenbar sind.344 Der Missbrauchsvorwurf scheidet aus, wenn bestimmte Rechtfertigungsgründe für die Preisabweichung vorliegen. Demnach kann ein Versorgungsunternehmen im Vergleich zu anderen gleichartigen Unternehmen höhere Preise verlangen, wenn das höhere Preisniveau sachlich begründet ist. Bei der Zurechenbarkeit nach § 103 V 2 Nr. 2 GWB a. F. wird zwischen zurechenbaren individuell beeinflussbaren Umständen der Betriebsstruktur und den nicht zurechenbaren gebietsstrukturbedingten Umständen unterschieden.345 Höhere Wasserpreise sind gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven Strukturnachteilen eines Versorgungsgebietes beruhen.346 Eine Senkung des Preises wird dem Unternehmen dann nicht zugerechnet, wenn bei anderen Versorgungsunternehmen günstigere Versorgungsstrukturen bestehen, auf die das missbrauchsverdächtige Unternehmen keinen Einfluss hat.347 Zu den vom Unternehmen nicht beeinflussbaren Umständen gehören insbesondere die Besiedlungsstruktur, die Kundenstruktur, die Geländestruktur und die Erzeugungsstruktur. Unter der Zielsetzung der sicheren und preiswürdigen Versorgung (§ 103 V 1 GWB a. F.) werden daraufhin die geltend gemachten Kosten daraufhin überprüft, ob der Preisunterschied auf den anerkannten abweichenden Umständen beruht und die Kosten unausweichlich waren.348 Als unausweichlich gelten dabei Kosten, die 342

BGH, Beschluss vom 6. 5. 1997, KVR 10 / 96; BGH, Beschluss vom 6. 5. 1997, KVR

9 / 96. 343 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht – Zur Missbrauchsaufsicht über Wasserversorgungsunternehmen, WuW 1996, 361, 362. 344 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 355. 345 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 355. 346 Decker, Preismissbrauchskontrolle über Wasserversorgungsunternehmen, WuW 1999, 967, 974. 347 Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 156 (1995). 348 Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 356.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

den Grundsätzen der rationellen Betriebsführung entsprechen; würden diese verletzt, handele es sich um Fehlinvestitionen, die der Eigentümer zu verantworten habe.349 Die Differenzierung zwischen beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Umständen im Rahmen der Rechtfertigung für Preisabweichungen soll einer leistungsorientierten Ausrichtung der Kartellaufsicht und einer Absage an einen schematischen Preisvergleich dienen.350 Letztlich handelt es hierbei um eine Kostenkontrolle, bei der die Kartellbehörde die vom Unternehmen behaupteten Kosten auf ihre Rechtfertigung anhand von durch die Kartellämter bestimmten Maßstäben zu überprüfen versucht.

2. Missbrauch wegen Verstoßes gegen den Maßstab der Wettbewerbsanalogie nach § 103 V 2 Nr. 1 GWB a. F. Die Vorschrift gibt den Versorgungsunternehmen einen allgemeinen Verhaltenskodex vor, dessen Nichteinhaltung einen „Grundsätzeverstoß“ darstellt. Hierbei wird auf das Konzept des „Als-ob-Wettbewerbs“ zur Definition des Missbrauchs von Marktmacht abgestellt.351 Da eine Anwendbarkeit der Nr. 1 in § 103 V 2 Nr. 2 2. HS GWB a. F. ausdrücklich angeordnet wird, unterliegen die Wasserpreise neben dem Monopolpreisvergleich einer weiteren Kontrolle.352 Das Prinzip des Als-ob-Wettbewerbs wurde jedoch von der Rechtsprechung nicht zur Kontrolle der Preise eines Unternehmens im Vergleich zu einem Wettbewerbspreis herangezogen. Dies wird bisweilen mit der mangelnden Griffigkeit des Konzepts begründet.353 Zutreffender dürfte aber das Argument sein, dass durch die parallele Geltung der Nr. 1 neben Nr. 2 keine weiteren Monopolpreisvergleichsmechanismen eingeführt werden.354 Dem ist zuzustimmen, da der Preisvergleich in der Wasserversorgung nur mit anderen Monopolunternehmen möglich ist. Ein Vergleich mit anderen Monopolunternehmen kann aber nicht das Marktverhalten von Unternehmen im Wettbewerb widerspiegeln. Vielmehr kann anhand dieser Norm das Verhalten eines Unternehmens mit einem Katalog von Verhaltensweisen verglichen werden, die Auswirkungen des Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 356. Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 160 (1995). 351 Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 352 (1995). 352 § 103 V 2 Nr. 1 GWB a. F. gilt als Wiederholung von § 103 V 1 Nr. 1 GWB a. F. Letzterer wird daher nicht gesondert behandelt, m. w. N. Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 1996, 361. 353 Mit Verweis auf die BGH-Entscheidungen KVR 4 / 94 „Strompreis Schwäbisch Hall“ und KVR 24 / 94 „Stadtgaspreis Potsdam“, Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 1996, 361 und ders., Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 354. 354 Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 174 (1995). 349 350

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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Wettbewerbs auf Unternehmen und damit wettbewerbsorientierte Verhaltensgrundsätze darstellen. Diese Verhaltensweisen haben ebenfalls Auswirkungen auf die Preisbildung eines Unternehmens, stellen aber nicht auf die Höhe der Preise bzw. die Kosten anderer Unternehmen ab, sondern auf die Mechanismen zur Bildung dieser Preise. Zwei Beispiele für die Anwendung der Vorschrift nennt die Gesetzesbegründung.355 So sollen Geschäftsbedingungen nicht zu Lasten von Sonderabnehmern ausgestaltet werden und die Kosten aus einem Versorgungsbereich (z. B. Strom) im Sinne einer Quersubventionierung nicht in die Wasserpreisberechnung eines anderen Versorgungsbereiches einfließen. Ein idealtypisches Unternehmen nimmt demnach alle sich bietenden Rationalisierungsmöglichkeiten wahr, betreibt Forschung und baut Überkapazitäten ab.356 So sollen Kosten aus Fehlplanungen nicht unbegrenzt auf die Kunden abgewälzt werden, Verbraucher nicht willkürlich ungleich behandelt werden oder Quersubventionen anderer Unternehmenssparten in die Preisberechnung einfließen dürfen.357 Das Bundeskartellamt hat hierunter die Weitergabe von Kosten unternehmerischer Entscheidungen, die sich nachträglich als unvorteilhaft erwiesen haben, subsumiert.358 Ein Anspruch der Unternehmen auf Kostenerstattung wurde nicht anerkannt, da die Aufgabe der Kartellbehörde darin besteht, zu verhindern, dass die durch das Kartellrecht geschützten Gebietsmonopolisten Entgelte erheben, die im Wettbewerb nicht erzielbar wären.359 3. Anreize zur Kostensenkung Die Effektivität der kartellrechtlichen Preisregulierung ist angesichts der enormen Unterschiede der Wasserpreise von bis zu 216% in Deutschland berechtigterweise in Frage gestellt worden.360 Ein Grund hierfür mag in der bislang völlig unzureichenden personellen Ausstattung der Kartellämter im Bereich der Wasserversorgung liegen. So sind derzeit im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung fünf Bedienstete aller Besoldungsstufen für 14.000 Unternehmen zuständig. In der englischen Regulierungsbehörde OFWAT arbeiten hingegen über 200 Mitarbeiter in diesem Bereich und beaufsichtigen knapp 30 Unternehmen.361 BTDrs 8 / 2136, 33. Dazu Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 1996, 361. 357 Ein Aufzählung solcher wettbewerblicher Grundsätze findet sich m. w. N. bei Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 356 (1995). 358 Bundeskartellamt, Tätigkeitsbericht 1983 / 84, BT-Drucks. 10 / 3550, 114. 359 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 19 (2001). 360 Beispielsweise Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 354; Schwarze, Yardstick-Regulierung oder kartellrechtliches Vergleichsmarktkonzept – ein Vergleich am Beispiel der Wasserwirtschaft, WuW 2003, 241, 246. 361 Daiber, Wasserwirtschaft – wo bleibt der Kundenschutz?, Infrastrukturrecht 2004, 59, 61. 355 356

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

Die deutsche Preismissbrauchsaufsicht zielt auf die Einhaltung eines einheitlichen Preisniveaus, indem zu teure „Ausreißer“-Unternehmen ihre Preise dem allgemeinen Niveau anzugleichen haben. Im Gegensatz zur amerikanischen Rentabilitätsregulierung besteht kein Anreiz für ein Unternehmen, seine Kosten übermäßig hoch zu halten, da die Rendite nicht nach dem eingesetzten Kapital bemessen wird. Dennoch steht das Vergleichsmarktmodell in der Kritik. Schwarze kommt bei seinem Vergleich zwischen Vergleichsmarktmodell und dem englisch-walisischem Modell der ,Yardstick-Competition‘ zu dem Schluss, dass letzteres Modell wesentlich stärkere Anreize zur Kostensenkung durch Effizienzsteigerungen setzt. Beim Vergleichsmarktmodell entsteht nur ein begrenzter Anreiz zum Einsatz effizienterer Technologien. Setzt ein deutsches Unternehmen eine effizientere Technologie ein, die zu einem niedrigeren Preis führt, so müssen sich die übrigen Unternehmen hieran orientieren. Unternehmen müssen damit rechnen, dass ihr Preis am kostengünstigsten Unternehmen im Markt gemessen wird. Jedoch kann das kostengünstigst produzierende Unternehmen selbst keine Rente, d. h. einen über marktüblichen Gewinn erzielen, da es ebenfalls dem neuen, von ihm gesetzten Maßstab unterliegt.362 Insofern fehlt ein Gewinnanreiz zur Investition in effizientere Technologien. Ein anderer Fall liegt hingegen beim englisch-walisischen Modell der ,Yardstick-Competition‘ vor. Der Grund dafür liegt darin, dass sich bei diesem Modell das Preisniveau anhand des Durchschnittspreises der anderen Unternehmen berechnet. Es entsteht hierdurch für ein Unternehmen, das beabsichtigt, eine neue, effizientere Technologie einzuführen, ein wesentlich stärkerer Anreiz. Denn wenn ein solches Unternehmen seine Effizienz steigert, so erhöht sich sein Gewinn, da die niedrigeren Kosten nicht in die Preisberechnung einfließen müssen.363 Die Kritik von Schwarze geht davon aus, dass ein kostengünstig produzierendes Unternehmen seinen Preis anpasst, so dass dies für die Kartellbehörden im Rahmen eines Preisvergleiches offensichtlich werden kann. Dies ist jedoch fraglich, da ja nur die „Ausreißer“ einer kartellbehördlichen Preiskontrolle unterworfen werden. Steigert ein Unternehmen seine Effizienz, belässt seinen Preis aber im Rahmen des Preises der Vergleichsunternehmen, kann das Unternehmen durchaus eine Rente erwirtschaften. Zur Überprüfung eines solchen Verhaltens wäre eine kartellrechtliche Kosten- und Gewinnkontrolle erforderlich, die aber aufgrund der bestehenden Rechtslage abgelehnt wird.364 Für eine Kosten- und Gewinnkontrolle, die nicht auf den Preis als externes Unternehmensdatum, sondern auf eine Überprüfung interner Unternehmensdaten abstellt, fehlt eine gesetzlich fixierte Grund362 Schwarze, Yardstick-Regulierung oder kartellrechtliches Vergleichsmarktkonzept, WuW 2003, 241, 246. 363 Schwarze, Yardstick-Regulierung oder kartellrechtliches Vergleichsmarktkonzept, WuW 2003, 241, 246. 364 M. w. N. Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 134 (1995).

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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lage.365 Dem könnte man entgegenhalten, dass im Rahmen der Prüfung des „Beruhens“ unvermeidbarer Kosten nach § 103 V 2 Nr. 2 GWB a. F. schließlich ein objektiver Maßstab herangezogen wird, wenn von den Grundsätzen einer „rationellen Betriebsführung“ gesprochen wird.366 Solche Grundsätze können aber wiederum nur mittels eines Vergleichs mit anderen Unternehmen gewonnen werden, wenn die in unternehmerischen Angelegenheiten nur bedingt erfahrene Kartellbehörde diese nicht selbst entwerfen will. In jedem Fall unterliegt aber nur das „ausreißende“, nicht aber das kostengünstige Unternehmen dieser Überprüfung. Die Kontrolle anhand des Preisvergleichs beruht darauf, dass der Großteil der Unternehmen seine Renditen selbst nicht zu hoch ansetzen. Eine Gewinnkontrolle im Sinne einer Rentabilitätsregulierung findet gerade nicht statt. Da diese Unternehmen zudem nicht im Wettbewerb stehen, fehlt grundsätzlich in diesem Regulierungsmodell der Anreiz zur Preissenkung; nicht jedoch der Anreiz zu effizientem Wirtschaften, da die Unternehmen Effizienzgewinne, die durch Unterschreiten des allgemeinem Kostenniveaus bei Beibehaltung des Preisniveaus entstehen, behalten können. Das Unternehmen muss seine Effizienzgewinne somit nicht mit dem Endverbraucher teilen. Um Effizienzgewinne im Rahmen des Preisvergleiches durchsetzen zu können, müssen sich die Kartellbehörden auf freiwillige Preissenkungen von Unternehmen verlassen, anhand derer sie ihren eigenen Vergleichsmaßstab korrigieren können. Hierzu gehören zunächst die Unternehmen, die zwar privatrechtlich organisiert sind und damit der kartellrechtlichen Preiskontrolle unterliegen, jedoch kommunale Eigengesellschaften sind. In erster Linie soll die politische Kontrolle dieser Unternehmen für angemessene Preise sorgen. Betrachtet man jedoch die häufig vorkommende Quersubventionierung defizitärer kommunaler Betriebe mit Gewinnen aus profitablen Bereichen, kann man an der grundsätzlichen Angemessenheit der Preise kommunaler Eigengesellschaften zweifeln, da auch in diesen Bereichen Monopolrenten zu erwarten sein werden. Weitere Vergleichspreise können durch den Blick auf private Konzessionäre gewonnen werden. Deren Preise unterliegen unter Umständen einer Preiskontrolle durch den Konzessionsvertrag. Hat die Kommune gut verhandelt und dieses Verhandlungsergebnis nicht selbst durch die Erzielung des höchstmöglichen Mittelzuflusses beim Verkauf der Anlagen relativiert, können hier durchaus angemessene Vergleichspreise gefunden werden. Letztendlich bedeutet dies allerdings, dass die Preisregulierung in den Händen der Kommunen liegt und die Kartellämter deren Verhandlungsgeschick landesweit durchsetzen. Zusammenfassend ist die Position der Kartellämter hinsichtlich der Preiskontrolle von Wasserversorgungsunternehmen relativ schwach. Dies mag bereits durch eine mangelnde personelle Ausstattung der Kartellämter hinsichtlich der Über365 366

Büdenbender, Die Kartellaufsicht in der Energiewirtschaft, 134 (1995). Beispielsweise Daiber, Wasserpreise und Kartellrecht, WuW 2000, 352, 356.

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5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

wachung von mehreren tausend privaten Wasserversorgungsunternehmen bedingt sein. Zudem muss sich die Kartellbehörde im Rahmen der Gewinnung der Vergleichspreise aber auf die preisliche Selbstbeschränkung von Unternehmen verlassen, die bislang größtenteils vom Wettbewerb ausgenommen ist. Daher ist die gegenwärtige kartellrechtliche Preiskontrolle in der Wasserindustrie ein nur bedingt geeignetes Regulierungsinstrument.

III. Die gerichtliche Preiskontrolle privater Wasserversorgungsunternehmen Grundsätzlich unterliegt die Vertragsbeziehung des privaten Wasserversorgungsunternehmens zum Kunden dem Privatrecht. Die kartellrechtliche Missbrauchskontrolle ist jedoch bei der Überprüfung der Wasserrechnungen einzelner Bürger unzureichend, da sie allein auf den Vergleichspreis zu anderen Wasserversorgungsunternehmen abzielt, nicht aber die Zusammensetzung der Rechnung eines bestimmten Wasserkunden umfasst. Die richterliche Preiskontrolle wird auf eine Anwendung des Verwaltungsprivatrechts sowie die Monopolpreiskontrolle des § 315 III BGB gestützt.

1. Die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts auf private Wasserversorgungsunternehmen Unter einem kommunalen Erfüllungsgehilfen versteht der BGH einen privatrechtlich organisierten Dritten, der mit der faktischen Erfüllung einer gemeindlichen Verwaltungsaufgabe betraut wurde.367 Nach Ansicht des Gerichts kann sich die Gemeinde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben grundsätzlich Privater bedienen.368 Der BGH behandelt den Erfüllungsgehilfen als Teil der öffentlichen Verwaltung in Privatrechtsform und wendet daher das Privatrecht auf ihn an. In den jeweiligen Fällen war die Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen auf das Vertragsverhältnis Wasserversorgungsunternehmen / Kunde zu entscheiden.369 Das Gericht stellte zunächst fest, dass wenn das Verhältnis Kunde / Wasserversorgungsunternehmer öffentlich-rechtlich ausgestaltet gewesen wäre, das Versorgungsunternehmen den Verbraucher nicht mit den Kosten zum Anschluss an die Wasserversorgung zu Feuerschutzgründen hätte belasten dürfen. Die Verwaltung habe im Bereich des VerBGH, NJW 1985, 197, 200. BGH, NJW 1985, 197, 200. 369 BGHZ, 91, 84; BGH, NVwZ – RR, 1989, 388; im Fall ging es um die Erstattung von Kosten für Baumaßnahmen eines privaten Konzessionärs zugunsten einen Gemeindeeinwohner, die die Gemeinde aufgrund des Feuerwehrrechts nicht hätte verlangen dürfen. 367 368

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waltungsprivatrechts, also der Ergänzung, Überlagerung und Modifikation der Bestimmungen des Privatrechts durch die Normen des öffentlichen Rechts, nicht nur die Grundrechte zu beachten, sondern sei weitergehenden Bindungen unterworfen. Hierzu gehörten auch die grundlegenden Prinzipien öffentlicher Finanzgebarung. Die „Flucht in das Privatrecht“ dürfe nicht zum „Mittel der Erschließung illegaler Finanzquellen“ werden.370 Durchgreifenden rechtlichen Bedenken würde es begegnen, wollte man durch Allgemeine Geschäftsbedingungen dem einzelnen Bürger Entgelte für Leistungen abverlangen, für die bei öffentlichrechtlicher Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses Abgaben nicht erhoben werden dürften. Die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts ergibt sich aus Art. 20 III GG.371 Das Gericht gesteht dem Erfüllungsgehilfen im Verhältnis zum Bürger nur eine eingeschränkte Privatautonomie zu. Die typisch öffentlich-rechtlichen Bindungen seien auch dann anwendbar, wenn die Verwaltung nicht selbst oder durch einen Eigenbetrieb in privatrechtlicher Form handele, sondern in Gestalt eines von der Verwaltung beherrschten, privatrechtlich verfassten Rechtssubjekts dem Bürger gegenübertrete.372 Ein Betrieb, der einer öffentlichen Aufgabe gewidmet sei, übe Verwaltung im funktionellen Sinne aus. Ein solches Unternehmen stelle nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der die öffentliche Verwaltung ausgeübt werde.373 Es sei daher nicht nur in der Frage der Grundrechtsfähigkeit, sondern auch in den Fragen der Grundrechtsbindung und der weiteren Folgen der Anwendbarkeit des Verwaltungsprivatrechts wie der Verwaltungsträger selbst zu behandeln.374 Zwei Gründe führt das Gericht für die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts an: Zum einen werde die privatrechtliche Gesellschaft durch die Verwaltung beherrscht, zum anderen sei der Betrieb der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe gewidmet. Wie sich in der zwei Jahre später ergangenen zweiten Entscheidung über einen ähnlichen Sachverhalt erwies, in der die Kommune nur noch mit 2,88% und die öffentliche Hand insgesamt mit rund 23% Prozent beteiligt war, stellte das entscheidende Kriterium für den BGH jedoch nicht die Beherrschung, sondern die Widmung des Betriebes zur Wahrnehmung einer öffentlicher Aufgabe dar. Entscheidend sei nicht die Rechtsform unter der materiell öffentliche Verwaltung ausgeübt werde, sondern ob die in Frage stehende Tätigkeit von der Sache her eine öffentliche Aufgabe darstelle. Dabei berief sich das Gericht auf das BVerfG und BGHZ, 91, 84, 97 mit Hinweis auf Ossenbühl, DVBl. 1974, 541, 543. BGH, NJW 1985, 197, 200. 372 BGHZ, 91, 84, 97; BGHZ 52, 325, 329. 373 BVerfG 45, 63, 80. 374 Im Bereich der Daseinsvorsorge gelten die Grundrechte unmittelbar auch für das privatrechtliche Handeln des Staates bzw. der Gemeinden. Der Staat kann sich, wenn er sich im Bereich der Leistungsverwaltung zulässigerweise privatrechtlicher Mittel bedient, dadurch nicht der Grundrechtsbindung entziehen, der er bei Einsatz öffentlich-rechtlicher Mittel – etwa bei einer Wasserlieferung aufgrund öffentlich-rechtlicher Satzung oder Anstaltsordnung – unterworfen wäre, BGHZ 65, 285, 287. 370 371

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zitierte eine Entscheidung, worin einer Stadtwerke AG die Grundrechtsfähigkeit mit dem Argument abgesprochen wurde, dass diese nur eine besondere Erscheinungsform der Ausübung der öffentlichen Verwaltung darstelle.375 Obwohl die Stadt auf die Gesellschaft aber keinen bestimmenden Einfluss ausüben könne, habe diese es aufgrund des Konzessionsvertrages mit der Stadt übernommen, faktisch einen Teil der der kraft öffentlichen Rechts obliegenden gemeindlichen Pflichtaufgaben für die Stadt zu erfüllen.376 Damit unterliege die Gesellschaft aber auch den Bindungen, die das öffentliche Recht für diese Art der öffentlichen Verwaltung dem jeweiligen Träger auferlege.

2. Kritik Die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts auf private Wasserversorgungsunternehmen steht unter dem Verdacht einer ergebnisorientierten Rechtsprechung.377 Das Gericht macht das Verhältnis des privatrechtlich organisierten Versorgungsunternehmens zum Bürger zum Gegenstand des Verwaltungsprivatrechts und lässt die Kommune dabei außen vor. Dabei werden letztlich die privaten Anteilseigner des Wasserversorgungsunternehmens durch das Verwaltungsprivatrecht benachteiligt, obwohl die Wasserversorgung Verwaltungsaufgabe der Kommune ist. Da aber die gerichtliche Preisregulierung nur im Abrechnungsverhältnis Bürger-Konzessionär im Rahmen einer Zahlungsklage relevant wird, ist die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts auf privatrechtlich organisierte Wasserversorgungsunternehmen Konsequenz eines regulatorischen Vakuums, dessen Ausfüllung den Gerichten überlassen wurde. Die Urteile des BGH stützen sich teilweise auf das Element der Beherrschung und der Widmung des Unternehmens zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Die Ansicht des BGH ist zunächst hinsichtlich der Anwendung des Verwaltungsprivatrechts auf eine privatrechtliche, nicht von der Verwaltung beherrschte Gesellschaft zu kritisieren. Das Verwaltungsprivatrecht gilt für die Rechtsverhältnisse beliehener und nicht beliehener Personen des Privatrechts, durch die Träger öffentlicher Verwaltung ihre öffentlichen Aufgaben erfüllen. Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen soll es grundsätzlich darauf ankommen, ob sie von einem Träger öffentlicher Verwaltung beherrscht werden.378 Hinsichtlich des ersten Grundes wird die Ansicht des BGH schon nicht von der zitierten Entscheidung des BVerfG gestützt. Denn das BVerfG macht die Grundrechtsversagung für eine privatrechtliche juristische Person neben der Wahrnehmung einer Aufgabe der Daseinsvorsorge davon abhängig, dass sich diese in der 375 376 377 378

BVerfG, NJW 1977, 1960, 1962. BGH, NVwZ – RR, 1989, 389. So auch Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 281 (2002). Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Bd. 1, 309 (1999).

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Hand eines Trägers der öffentlichen Verwaltung befindet.379 Nach dem BVerfG kann die Grundrechtsfähigkeit nicht anders beurteilt werden, wenn eine Aufgabe der Daseinsvorsorge anstatt durch den Träger selbst durch eine von diesem rechtlich verselbständigte, privatrechtlich organisierte Verwaltungseinheit erfüllt wird.380 Mangels Beherrschung liegt aber eine solche Verwaltungseinheit im zweiten Fall des BGH nicht vor, weswegen das Gericht sich hier fälschlicherweise auf das BVerfG beruft. Im Übrigen ist die Ansicht des BVerfG, wonach von der Kommune beherrschten Gesellschaften auch bei Beteiligung Privater die Grundrechtfähigkeit verweigert werden soll, bereits selbst Gegenstand heftiger Kritik, da hierdurch die Interessen der Minderheitengesellschafter beeinträchtigt werden.381 Der zweite Grund für die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts liegt in der Widmung zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Hier knüpft der BGH die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts daran, dass eine kommunale Pflichtaufgabe vorliege und der Betrieb somit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe gewidmet sei. Das Gericht verbindet mit der Übernahme des Konzessionsvertrages die „faktische Erfüllung“ eines Teiles der gemeindlichen Pflichtaufgaben und damit die Übernahme des verwaltungsprivatrechtlichen Regimes. Möglicherweise hat das Gericht die Bezeichnung „faktisch“ bereits im Bewusstsein gewählt, dass die Übertragung einer kommunalen Pflichtaufgabe durch die Gemeinde auf einen Privaten ohne gesetzliche Ermächtigung unzulässig ist und die Gemeinde die alleinige Erfüllungsverantwortung trifft. Hauptmotiv für die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts ist das Rechtsstaatsprinzip, da der Staat sich nicht durch eine „Flucht ins Privatrecht“ der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Bindungen entziehen können soll. Durch das Abstellen auf das Kriterium der Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe wird nun allein auf die Tätigkeit abgestellt, nicht aber darauf, ob hier überhaupt die verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich gebundene Verwaltung handelt. Allein durch die Nähe zur Erfüllung einer kommunalen Pflichtaufgabe auf die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts zu schließen, heißt einen Privaten zum Subjekt verwaltungsrechtlichen Handelns zu machen. Er wird damit der privatrechtlich handelnden Verwaltung gleichgestellt, obwohl sein Handeln allein aufgrund eines zivilrechtlichen Vertrages veranlasst ist und er rein privatautonom handelt. Daher widerspricht diese Anschauung dem Zweck des Verwaltungsprivatrechts. Die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts bringt somit eine Ausweitung der Pflichtaufgabe auf den Privaten ohne entsprechende gesetzliche Legitimation. Denn die Kommune bleibt nach wie vor Trägerin der kommunalen Pflichtaufgabe, weshalb BVerfG, NJW 1977, 1960, 1962; BVerfG, NJW 1990, 1783. BVerfG, NJW 1977, 1960, 1962. 381 Hier findet ein Bruch statt, da zwar das Gesellschaftsrecht die Gesellschaft vor kommunaler Einwirkung schützt, andererseits aber der Gesellschaft die Grundrechtsfähigkeit ab Erreichen des Grades, bei dem eine kommunale Beherrschung angenommen wird, genommen wird, m. w. N. Brüning, Der Private bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, 217 (1997). 382 Dazu m. w. N. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 17 Rdnr. 1, 15. Aufl. (2004). 379 380

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die Kommune allein Zurechnungsobjekt der öffentlich-rechtlichen Normen bleiben muss. Versäumt die Kommune, das Veranlassungsverhältnis mit dem Privaten den öffentlichen Normen entsprechend auszugestalten, muss sie dafür haftbar sein, nicht aber der Private. Die Ausweitung des Geltungsbereiches des Verwaltungsprivatrechts auf von Privaten kontrollierte Privatrechtsgesellschaften steht unter dem Verdacht der Verfassungswidrigkeit. Denn die Anwendung des Verwaltungsprivatrechts begrenzt die privatautonome Handlungsfreiheit des Privaten nach Art. 2 I GG ohne gesetzliche Grundlage. Die entsprechenden Vorschriften wie §§ 1 II, 4, 35 f. FSHG gelten gegenüber Kommunen und nicht etwa privaten Wasserversorgungsunternehmen. Anders als bei der Beleihung, wo der Private bei der Ausübung bestimmter hoheitlicher Befugnisse dem öffentlichen Recht unterstellt wird, soll sich die Geltung des öffentlichen Rechts hier allein aus der Ausübung einer als Staatsaufgabe definierten Tätigkeit ergeben. Die durch das Verwaltungsrecht angeordneten Rechtsfolgen wie die kostenlose Bereitstellung einer Löschwasserversorgung stellen daher einen ungerechtfertigten Grundrechtseingriff dar. Die Situation erinnert an die Subventionsfälle, für deren Abwicklung die ZweiStufen-Theorie entwickelt wurde.382 Dort besteht die Konstellation, dass etwa eine private Bank die Abwicklung der Subventionsvergabe übernimmt, während die Subventionserteilung eine öffentlich-rechtliche Körperschaft trifft. In diesem Dreiecksverhältnis ist nur das Verhältnis Subventionsempfänger-Körperschaft öffentlich-rechtlich, hingegen das Verhältnis Bank-Subventionsempfänger rein privatrechtlich ausgestaltet. Versäumt die Gemeinde, den durch die Pflichtaufgabe gebotenen Regelungsrahmen vertraglich auf das private Wasserversorgungsunternehmen zu übertragen (und ggf. dessen Leistungen entsprechend zu entlohnen), so bedingt das Dreiecksverhältnis Bürger / Privater / Gemeinde, dass der Bürger einen entsprechenden Freistellungs- bzw. Einwirkungsanspruch gegen die Gemeinde erhält. Es sollte daher der Bürger einen Anspruch gegen die Kommune erlangen, ihn so zu stellen, wie dies bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Pflichtaufgabe der Fall wäre. Ein solches Ergebnis überzeugt auch hinsichtlich der Risikoverteilung Gemeinde / Privater. Obwohl die Erfüllungsverantwortung der Gemeinde nach wie vor besteht, wird dem Privaten das aus der Anwendung des Verwaltungsprivatrechts entstehende finanzielle Risiko der gemeindlichen Aufgabenerfüllung übertragen, ohne dass er Rückgriff auf die Kommune nehmen kann. Das Versäumnis der Gemeinde, auf bestimmte Sachverhalte der privaten Aufgabendurchführung Einfluss zu erhalten, kann nicht dem Privaten angelastet werden. Da die Übernahme der staatlichen Aufgabendurchführung durch den Privaten entgeltlich erfolgt, legt der Private im Vergabeverfahren seinem Angebot eine entsprechende Kalkulation zugrunde. Bezieht die Kommune bestimmte Pflichten nicht in die Angebotsinformationen ein, 383

BGH, NJW 1985, 197, 200.

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trägt der Private im Ergebnis das Risiko kommunaler Versäumnisse. Dies gilt umso mehr, als es sich bei Konzessionsverträgen um meist langfristige Bindungen über 20 Jahre und mehr handelt, und das Risiko von Änderungen der entsprechenden Verwaltungsvorschriften entsprechend hoch ist. Diese Situation ist nicht mit dem Fall zu verwechseln, dass der jeweilige Privatisierungsvertrag eine Klausel enthält, wonach der Private zur Einhaltung der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Normen verpflichtet wird. Denn hier erfolgt die Wasserversorgung entgeltlich auf vertraglicher Grundlage, und das Risiko einer Veränderung der entsprechenden Vorschriften wird vom Privaten bewusst übernommen. 3. Die Billigkeitskontrolle des § 315 III BGB Gestaltet die Kommune ihre Rechtsbeziehungen privatrechtlich aus, ist das Verwaltungsprivatrecht und damit das öffentliche Gebührenrecht ohne weiteres anwendbar. Dies wird in § 7 IX KAG Rh.-Pf. sogar ausdrücklich bestimmt. Dies gilt nach dem BGH ebenso für formell privatisierte Unternehmen, auf die die Kommune einen bestimmenden Einfluss hat, die also „Verwaltung in Privatrechtsform“ darstellen.383 Nach dem BGH ist das Verwaltungsprivatrecht auch auf überwiegend in der Hand Privater liegende Versorgungsunternehmen anwendbar. Dies gilt zumindest insoweit, als hierdurch „illegale Finanzquellen“ erschlossen werden sollen. Wenn nach dem BGH auch keine Bindung an alle Grundsätze des Verwaltungsrechts besteht, ist doch davon auszugehen, dass auch der im Bereich kommunaler Pflichtaufgaben handelnde Private jedenfalls die grundlegenden Prinzipien öffentlicher Finanzgebarung zu beachten hat.384 Die richterliche Preiskontrolle privatrechtlicher Entgelte erfolgt trotz der Geltung der gebührenrechtlichen Grundsätze im Rahmen einer zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle im Rahmen einer Billigkeitsüberprüfung anhand des § 315 III BGB.385 Obwohl der § 315 III BGB die vorherige Bestimmung der Preise seitens des Versorgungsunternehmens voraussetzt, wird von der Rechtsprechung eine zivilrechtliche Inhaltskontrolle bejaht, wenn es sich um Tarife von Unternehmen der Daseinsvorsorge handelt, auf deren Inanspruchnahme der andere Vertragsteil im Bedarfsfalle angewiesen ist386 oder bei pauschalierten Preisen eines Monopolunternehmens, mit dem der andere Teil kontrahieren muss, auch wenn er mit dem vorgeschlagenen Tarif oder Preis nicht einverstanden ist.387 Etwas anderes gilt nur, wenn die Preise zuvor ausgehandelt worden sind.388 384 385 386 387

BGH, NVwZ-RR 1989, 388 unter Bezugnahme auf BGH, NJW 1985, 197, 200. M. w. N. Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 283 (2002). BGH, NJW 2003, 1449; NJW 1997, 1019; NJW 1992, 171; RGZ 111, 310. BGH, NJW-RR 1990, 1204; NJW 1987, 1828.

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Die Überprüfung der Preise findet mit Hilfe einer Kostenkontrolle statt. Zwar kann eine einseitige Preisbestimmung unter Umständen grundsätzlich als billig i. S. d. § 315 III BGB anzusehen sein, wenn die Preise im Rahmen des Marktüblichen liegen.389 Jedoch beschränken sich die Gerichte im Rahmen einer Billigkeitskontrolle bei Unternehmen der Daseinsvorsorge nach § 315 III BGB nicht auf eine Prüfung der Vergleichspreise. Somit können aber auch Preise verlangt werden, die unter Umständen über den marktüblichen Preisen liegen. Daher können grundsätzlich auch notwendige Kosten, die vielleicht im freien Wettbewerb nicht durchgesetzt werden könnten, einer Billigkeitskontrolle standhalten.390 Der BGH verlangt für die Billigkeitskontrolle eine umfassende Würdigung des Vertragszwecks sowie der Interessenlage beider Parteien, in die weitere Gesichtspunkte einfließen können.391 Hinsichtlich des billigen Ermessens nach § 315 III BGB können dabei folgende Kriterien in Betracht gezogen werden: So ist die Billigkeit gegeben, wenn sie auf einem sachlich gerechtfertigten Grund beruht, der in den angefallenen Kosten bestehen kann.392 Zudem ist insbesondere der Geschäftszweck, die Dauer des Rechtsverhältnisses, gesetzliche Wertentscheidungen, Wertungsgrundsätze anderer unbestimmter Rechtsbegriffe und Generalklauseln, verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und die Risikoverteilung zu berücksichtigen.393 Bei kommunal beherrschten und, folgt man der Ansicht des BGH, auch privat beherrschten Unternehmen der Daseinsvorsorge gelten über die Einbeziehung des Verwaltungsprivatrechts im Rahmen der Billigkeitsentscheidung die öffentlich-rechtlichen Gebührengrundsätze, insbesondere die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Äquivalenz und der Kostendeckung.394 Für die Billigkeitskontrolle der Wasserpreise wird die Heranziehung der energiewirtschaftlichen Kalkulationsgrundsätze vorgeschlagen, die den nicht gesetzlich verankerten, gleichwohl in der Wasserwirtschaft üblichen Grundsätzen der Wasserpreisbildung entsprechen.395 Hinsichtlich der Billigkeitskontrolle sind die meisten Entscheidungen zwar lediglich zu Stromlieferungsverträgen ergangen, jedoch werden die darin erarbeiteten Grundsätze aufgrund der besonderen Sachnähe auch auf Wasserversorgungsunternehmen übertragen.396 Dies bedeutet die Übertragung des BGH, NJW-RR 1990, 1204; OLG Jena, NJWE-WettbR 1998, 118. BGH, NJW-RR 1992, 183, 184; LG Hannover, NJW-RR 1992, 1998, 1200; BGH, NJW 1983, 2493, 2494. 390 OLG Dresden, NJWE-WettbR 1998, 186, 189. 391 BGH, NJW-RR 1992, 183, 184. 392 BGH, BGHZ 41, 271, 281 f. 393 Gottwald, in: Rebmann / Säcker / Rixecker, Müko, § 315, Rdnr. 30 (2003). 394 Für den Fall der Elektrizitätspreise BGH, NJW 1992, 171, 173. 395 Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 316 (2002). 396 OLG Dresden, NJWE-WettbR 1998, 186, 188; Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 305, 322 (2002). 397 In Abwandlung des Urteils BGH 1992, 183, 185. 388 389

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Grundsatzes der sicheren und preisgünstigen Versorgung des § 1 BTOElt a. F. auf die Wasserversorgung. Demnach ist der Zweck des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses die möglichst sicherere und preiswürdige Versorgung mit Wasser. Der Wasserpreis wird an den Kosten für die Lieferung von Wasser ausgerichtet werden. Über die Deckung der Kosten für die Förderung und Leitung des Wassers sowie der Vorhaltung der dazu notwendigen Anlagen steht dem privaten Wasserversorgungsunternehmen auch ein Gewinn zu, aus dem das Unternehmen die erforderlichen Rücklagen bilden und Investitionen tätigen kann.397 Zudem ist dem Unternehmen eine angemessene Verzinsung des Fremd- und Eigenkapitals zu gewähren. Daher wird im Rahmen der Billigkeitsuntersuchung danach gefragt, ob die Wasserpreise einen Gewinnanteil enthalten, der die Grenzen der Billigkeit überschreitet.398 Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Kostenzuschlagsregulierung. Die Gebühren müssen dabei nicht die Kosten zu Versorgung des einzelnen Anschlusses widerspiegeln. Das Kostendeckungsprinzip lässt einen Spielraum, wonach der in den Landesgesetzen teilweise vorgeschriebene Grundsatz der Kostendeckung als Obergrenze nicht für die einzelne Gebührenveranlagung, sondern nur für die Berechnung der Gesamtkosten aller Versorgungsleistungen gilt.399 Hinsichtlich der Preisgestaltung im Einzelfall ist dem Bestimmungsberechtigten ein Ermessensspielraum zuzugestehen, der dann der richterlichen Kontrolle entzogen ist.400 Dieser Ermessenspielraum gestattet dem Versorgungsunternehmen, die Wasserpreise nach einem übereinstimmenden Gebrauchswert (pro cbm Wasser) und nicht nach unterschiedlich hohen Selbstkosten für den einzelnen Anschluss auszurichten.401 Das Äquivalenzprinzip ist eine Ausformung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und besagt, dass Gebühr und Leistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen müssen.402 Das Kostendeckungsprinzip hat zweierlei Ausprägung. Soll das Gebührenaufkommen über einen bestimmten Bewertungszeitraum die Kosten decken, so bildet das Kostendeckungsprinzip die Untergrenze der Gebührenberechnung, da die Einrichtung bei geringerem Gebührenaufkommen mit Verlust arbeiten würde. Darf das Gebührenaufkommen hingegen die Kosten der Einrichtung nicht überschreiten, so wird nach dem Kostendeckungsprinzip die Preisobergrenze beBGH, NJW-RR 1992, 183, 185. BGH, NJW 1992, 172, 174. 400 OLG Dresden, NJWE-WettbR 1998, 186, 188; Gottwald, in: Rebmann / Säcker / Rixecker, Müko, § 315 BGB, Rdnr. 17 (2003). 401 BGH, NJW 1976, 709, 710. 402 Coenenberg, Kostenrechnung und Kostenanalyse, 153 (2003). 403 Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 234 (2002). 398 399

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stimmt.403 Das Kostendeckungsprinzip hat nach überwiegender Meinung keinen Verfassungsrang, jedoch kommt es in den meisten KAG der Länder vor, so dass es über das Verwaltungsprivatrecht ebenfalls nahezu im ganzen Bundesgebiet gilt.404 Der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. § 3 I GG gilt ebenfalls bei der Tarifbemessung und verbietet die Ungleichbehandlung von Tarifkunden.405

4. Gewährung eines kalkulatorischen Gewinns für private Unternehmen Im Rahmen der Kostenrechnung wird bei privaten Unternehmen ein kalkulatorischer Gewinn auf das eingesetzte Fremd- und Eigenkapital angerechnet.406 Im Rahmen des Kostendeckungsprinzips als Obergrenze ist der Ansatz eines kalkulatorischen Gewinns den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und ihren Eigengesellschaften verwehrt. Fraglich ist daher, ob die Gewährung unterschiedlicher Renditen für private oder staatliche „Unternehmer“ gerechtfertigt ist, mithin die Gewährung eines kalkulatorischen Gewinns zur zum Ausgleich des unternehmerischen Risikos zulässig ist. Der BerlVerfGH hatte in seinem Urteil vom 21. 10. 1999 über die Verfassungsmäßigkeit des Privatisierungsgesetzes der Berliner Wasserbetriebe zu entscheiden. Hierbei handelte es sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren Anteile zu 49,9% auf eine Holding-AG übertragen worden waren.407 Durch ein Gesetz sollten die privatrechtlichen Entgelte der Berliner Wasserbetriebe reguliert werden. Gegenstand des Urteils war unter anderem ein Aufschlag von zwei Prozentpunkten auf die kalkulatorische Verzinsung, die das erhöhte Risiko privater Kapitalgeber hätte kompensieren sollen.408 Als Grundlage für die Verzinsung hielt das BerlVerfGH eine grundsätzlich eine Verzinsung vergleichbar der von Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit für angemessen. Das Gericht wurde mit der Frage konfrontiert, ob nicht unter Umständen eine höhere Rendite zulässig wäre, wenn das Gesetz auf die Einbeziehung eines gewinnorientierten privaten Partners abgestellt hätte. Da im vorliegenden Fall das Gesetz aber „privatisierungsneutral“ formuliert wurde, d. h. auch für die KörperBVerfGE 97, 332, 345; BVerwGE 12, 162, 167; BVerwGE 13, 214, 222. BGH, NJW 1976, 709. 406 Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 267 (2002); Coenenberg, Kostenrechung und Kostenanalyse, 163 (2003). 407 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794. 408 Dazu Wolfers, Privatisierung unter Wahrung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform: Der Modellfall Berliner Wasserbetriebe, NVwZ 2000, 765; von Bechtolsheim, Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, LKV 2000, 337. 409 In diesem Fall bestand eine Stimmengleichheit von vier zu vier Stimmen. 404 405

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schaft ohne private Beteiligung gegolten hätte, musste sich das Gericht mit dieser Frage nicht auseinander setzen, sondern konnte den Aufschlag als unangemessen verneinen. Das Gericht hatte aber bereits angedeutet, dass bei einer ausdrücklich geregelten Beteiligung Privater das Urteil hätte anders ausfallen und dem Unternehmen eine höhere kalkulatorische Verzinsung hätte gewährt werden können.409 An die Billigkeit der Strompreise stellt der BGH die Anforderung, dass diesen Unternehmen eine angemessene Verzinsung für Eigen- und Fremdkapital gewährt werden muss. Zudem muss ein angemessener Gewinn zugestanden werden, aus dem die erforderlichen Rücklagen gebildet und Investitionen getätigt werden können.410 Dem Unternehmen muss es ermöglicht werden, genug Eigen- und Fremdkapital zur Verfolgung des Unternehmenszwecks erhalten zu können. Eine Abweichung von den üblichen Verzinsungsmaßstäben für staatliche Versorgungsunternehmen ist demnach sachdienlich, wenn bei privaten Unternehmen ein höheres Geschäftsrisiko anfällt. Dieses Risiko kann sich bereits dadurch ausdrücken, dass ein privates Unternehmen Fremdkapital zu schlechteren Bedingungen aufnehmen kann als ein staatliches Unternehmen. Werden die höheren Fremdkapitalkosten nicht an anderer Position in die Kostenrechnung eingestellt, rechtfertigen sie bei einem gemischten kalkulatorischen Zinssatz bereits eine Erhöhung gegenüber staatlichen Unternehmen. Zudem könnte aber dem Unternehmen auch dann ein höherer kalkulatorischer Zinssatz zuzugestehen sein, wenn der Private die Konzession im Rahmen eines Ausschreibungswettbewerbs erlangt hat und ein Teil des Angebots auf die Gebührenbegrenzung der Verbraucherentgelte entfiel. Da beim ,In-house‘-Geschäft kein Vergabewettbewerb stattfindet, wäre insofern eine Besserstellung gegenüber der Verwaltung in Privatrechtsform gerechtfertigt. Würde der Private die Entwicklung der Wasserpreise für einen bestimmten Zeitraum gegenüber der Kommune garantieren, bestünde insofern ein höheres unternehmerisches Risiko, das auch einen erhöhten kalkulatorischen Zins rechtfertigen würde. Dies wird vor allem dann relevant, wenn die Gemeinde sich zur Senkung der Wasserpreise regulativer Instrumente im Konzessionsvertrag bedienen will. ,Price Caps‘, ,Regulatory Lags‘ oder ,Incentive Rate of Returns‘ können grundsätzlich auch als Gegenstand einer vertraglichen Regulierung zu Effizienzsteigerungen beitragen. Werden diese so ausgestaltet, dass sich für den Privaten ein erhöhtes Geschäftsrisiko ergibt, könnte dies auch eine höhere Verzinsung rechtfertigen.

410 411

BGH, NJW-RR 1992, 183, 185. Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 94 (2002).

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5. Schwierigkeiten der richterlichen Preiskontrolle Da in allen Ländern gesetzliche Preiskontrollvorschriften für private Wasserversorgungsunternehmen fehlen, werden auf diese Unternehmen die öffentlich-rechtlichen und teilweise verfassungsrechtlichen Gebührengrundsätze angewandt. Dabei stellt sich die Frage, ob überhaupt ein im Wettbewerb um den Markt und der kartellrechtlichen Preisprüfung unterstehendes Unternehmen seine Kosten nach dem Recht für öffentliche Gebühren bestimmen soll. Jedoch bedingt bereits die kartellrechtliche Vergleichspreisprüfung, dass bei im Durchschnitt liegenden oder sogar bei unterdurchschnittlichen Wasserpreisen aufgrund der starken regionalen Unterschiede auch eine Kontrolle durch den Verbraucher möglich sein muss. Die strenge Auslegung der Rechtsprechung, wonach die Preisbildung immer im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten zu stehen hat, bringt den volkswirtschaftlich unerwünschten Nebeneffekt mit sich, dass die Erstattung der Selbstkosten den Unternehmen den Anreiz zur Kostenreduzierung nimmt.411 Die Darstellung des Standes der Regulierungsdiskussion in den USA wie auch hierzulande gezeigt, dass die ,Cost-of-Service‘-Regulierung dazu neigt, Ineffizienzen zu fördern, da die Durchreichung von Kosten keine Anreize zur Kostenreduzierung schafft. Fraglich ist jedoch bereits die Regelmäßigkeit der richterlichen Gebührenkontrolle. In Deutschland wird eine jährliche gerichtliche Gebührenkontrolle bereits als möglicher Verstoß gegen das zivilrechtliche Schikaneverbot eingeordnet.412 In einem vom BGH bestätigten Urteil schloss das OLG Oldenburg eine für jedes Jahr getrennte Prüfung der Preise eines Versorgungsunternehmens mit Hinweis auf eine Überspannung der Anforderungen an die Darlegung der Billigkeit aus.413 Das größte Problem der richterlichen Preiskontrolle liegt jedoch in der Einzelfallgebundenheit. Das Risiko der richterlichen Gebührenkontrolle liegt allein beim einzelnen Verbraucher. Es kommt daher zu einen starken Interessenungleichgewicht, das bereits in den USA vor Einführung der ,Consumer Advocates‘ zu beobachten war. Da der einzelne Verbraucher meist nur ein geringes finanzielles Interesse bei Preisprüfungsfällen verfolgt, wiegt für ihn das Prozessrisiko besonders schwer. Hingegen haben nur geringe Unregelmäßigkeiten bei der Einzelrechnung große Auswirkungen auf die Gesamtheit der Verbraucher. Hier zeigen sich die Problematiken, die bereits bei der amerikanischen gerichtlichen Gebührenkontrolle zu Tage getreten sind, nämlich dass die Gerichte als Institution für eine dauerhafte und zeitnahe Gebührenkontrolle kaum geeignet sind. Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 321 (2002). OLG Oldenburg, RdE 1998, 154, 156 f.; Revision verworfen durch Beschluss des BGH v. 16. 3. 1999 – VIII ZR 64 / 98. 414 Dazu Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 290 ff. (2002). 412 413

D. Die wirtschaftliche Regulierung in Deutschland

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IV. Das öffentliche Preisrecht Kontrahiert die Kommune mit einem Privaten über den Betrieb der Wasserversorgung in ihrem Gemeindegebiet dergestalt, dass die Gemeinde ein Betreiberentgelt an den Privaten entrichtet, so richtet sich die Höhe dieses Betreiberentgelts nach dem öffentlichen Preisrecht. Die Preisprüfung erfolgt dabei auf der Grundlage der VO PR Nr. 30 / 53 (VOPR) über die Preise bei öffentlichen Aufträgen. Die Verordnung regelt die Preisbildung gegenüber öffentlichen Auftraggebern und damit in einem Marktsegment, dass grundsätzlich von fehlendem Wettbewerb für die spezifisch öffentlich nachgefragten Güter gekennzeichnet ist.414 Findet eine Preisbildung ohne vorherigen Wettbewerb statt, so richtet sich die Preiskalkulation nach § 8 VOPR nach in der Anlage zur VOPR beigefügten Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP). Die LSP beinhalten ein Berechnungssystem für Preise auf der Grundlage der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung. Danach werden die tatsächlich entstandenen Kosten des Privaten ggf. unter Anerkennung eines kalkulatorischen Gewinns an die Kommune weitergegeben, die diese in ihre eigene Gebührenkalkulation einbezieht und an den Verbraucher weitergibt. Eine Abweichung von diesen Grundsätzen ist nur möglich, wenn die anhand der LSP errechneten Preise unterschritten werden.415 Die LSP müssen sich, ebenso wie die amerikanische Rentabilitätsregulierung den Vorwurf der Ineffizienz gefallen lassen, da sie nicht zur Reduzierung von Kosten beitragen. Andererseits kann auf die Anwendung der LSP verzichtet werden, wenn die Entgelte für die jeweiligen Aufträge einen Marktpreis darstellen. Geht der Auftragsvergabe ein Vergabewettbewerb voran, spiegelt das Dienstleistungsentgelt grundsätzlich einen Marktpreis wieder.416 Durch die Vergabe von Betriebsführungs- oder Betreiberverträgen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren entsteht ein besonderer Markt.417 Preisrechtlich wird dann nur noch überprüft, ob der um Wettbewerb zustande gekommene Angebotspreis des jeweiligen Anbieters dem verkehrsüblichen Preis entspricht. Diese Prüfung hat jedoch keine Beurteilung der Kalkulation auf der Grundlage der Kosten zum Gegenstand, sondern ist rein vergleichend.418 Dabei können auch Effizienzsteigerungsklauseln Teil der jeweiligen Marktangebote werden.

Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 290 (2002). Reif, Preiskalkulation privater Wasserversorgungsunternehmen, 301 (2002). 417 Dazu Ebisch / Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 95 ff. (2000). 418 Mangels marktüblicher Vergleichspreise kann dann auch auf eine Kostenrechnung nach LSP zurückgegriffen werden, Ebisch / Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 96 (2000). 415 416

330

5. Abschn.: Gesetzliche Regulierung

V. Zusammenfassung Die Wasserpreiskontrolle unterliegt in Deutschland der kartellrechtlichen und der richterrechtlichen Überprüfung. Die kartellrechtliche Prüfung setzt aufgrund des Vergleichsmaßstabes nur wenig Anreize für Effizienzsteigerungen der Wasserversorgungsunternehmen. Die richterrechtliche Überprüfung zielt dagegen auf eine analoge Anwendung der öffentlich-rechtlichen Kostengrundsätze, was eine Überprüfung der Wasserpreise im Einzelfall ermöglicht. Hier ist bereits die juristische Herleitung fraglich. Zudem stellt sich die Frage, ob die gerichtliche Kostenkontrolle die optimale Lösung darstellt, da die Gerichte natürlich nur im jeweiligen Einzelfall über die Rechtmäßigkeit einer Wasserpreisfestsetzung entscheiden. Dies setzt überhaupt erst das Vorhandensein eines Klägers voraus, der das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf sich nimmt. Ferner wird im öffentlichen Gebührenrecht ein kostenorientierter Preisbestimmungsansatz gewählt, der dem Privaten zwar die Erstattung seiner Kosten gewährt. Kosteneffizienz wird durch dieses System jedoch nicht belohnt. In Deutschland haben die Preiskontrolle der privaten Wasserversorgungsunternehmen die Kartellämter übernommen. Deren Preisaufsicht ist von der Bemessung von Durchschnittspreisen abhängig, zielt also nur auf eine Überwachung im „Ausreißerfall“, nicht jedoch auf eine Regulierung im Einzelfall. Da der rechtliche Regelungsrahmen auf einen kommunalen Vorrang bei der Aufgabenerfüllung zugeschnitten ist, fehlt es an allgemeinen Regulierungsvorschriften für private Wasserversorgungsunternehmen. Eine direkte Kontrolle der Betriebsführung der Wasserversorgungsunternehmen findet nur dann statt, wenn Verbraucher gegen die Wasserpreise gerichtlich vorgehen.

E. Fazit Der Vergleich mit den zum Großteil in den Vereinigten Staaten entwickelten wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen für eine Reform der auf tatsächlichen Kosten basierenden Rentabilitätsregulierung zeigt die Unzulänglichkeiten der gegenwärtigen richterlichen Preiskontrolle in Deutschland. Es fehlt an einer spezialisierten Regulierungsinstanz. Die Preiskontrolle, einmal abgesehen vom bislang nur in extremen Ausnahmefällen angewandten kartellrechtlichen Instrumentarium, wird auf die Bürger abgewälzt, da diese die Preiskontrolle gerichtlich durchsetzen müssen. Eine effektive gerichtliche Regulierung wird insbesondere durch das Interessensungleichgewicht zwischen Verbraucher und Wasserversorgungsunternehmen verhindert. Der Aufwand für den einzelnen Verbraucher bei der gerichtlichen Ver-

E. Fazit

331

folgung seiner Interessen ist im Vergleich zur Bedeutung eines solchen Prozesses für das Versorgungsunternehmen und die Gesamtheit der Verbraucher unverhältnismäßig hoch. Wasserversorgungsunternehmen werden in den Vereinigten Staaten weiterhin durch Gebietsmonopole geschützt. Ein Durchleitungswettbewerb oder freier Leitungsbau findet dort ebenfalls nicht statt. Ein auch in den Vereinigten Staaten bestehendes Hindernis für eine effektive Regulierung besteht in der Kleinteiligkeit der Wasserversorgung, da somit flächendeckende Regulierungsprozesse mit einem großen organisatorischen Aufwand verbunden sind. Dies spricht für eine zweiteilige Vorgehensweise bei der Schaffung von Regulierungsinstanzen in Deutschland, so dass zunächst nur größere Unternehmen an Regulierungsverfahren beteiligt werden. Bei den kleinen Unternehmen gilt es zunächst die Kleinteiligkeit zu überwinden. Das Fehlen einer Regulierungsbehörde in Deutschland für den Wasserbereich weist den Kommunen eine stärkere Rolle in diesem Sektor als in den Vereinigten Staaten zu. Während die Regulierung in den Vereinigten Staaten die Kommunen unter Umständen ganz aus der Verantwortung für die Wasserversorgung entlässt, müssen die Kommunen in Deutschland auch dann überwachend tätig werden, wenn sie die Aufgabe an Private abgeben wollen. Tritt der Private gegenüber dem Verbraucher als Wasserversorgungsunternehmen in Erscheinung, wäre die Übernahme anreizorientierter Regulierungsmaßnahmen als Vertragsklauseln in Konzessionsverträge denkbar. Im Einzelfall sollte daher die Anwendung neuerer Regulierungsverfahren zur Preiskontrolle in Verhältnis zwischen der Kommune und dem Privaten erwogen werden. Werden solche Verfahren jedoch verwendet, zeigt wiederum der Vergleich mit den Vereinigten Staaten, dass ein verstärktes Augenmerk auf die Sicherung der Qualität gerichtet werden muss.

Sechster Abschnitt

Modelle für öffentlich-private Partnerschaften Die vertragliche Regulierung privater Wasserversorgungsunternehmen ist durch die Gleichordnung der jeweiligen staatlichen Stelle und des Privaten gekennzeichnet. Dabei kann die Zusammenarbeit auf einer gesellschaftsrechtlichen oder „rein“ schuldrechtlichen Ebene geregelt sein. In diesem Abschnitt wird zunächst das gesellschaftsrechtliche Kooperationsmodell, d. h. die im Rahmen einer juristischen Körperschaft institutionalisierte Zusammenarbeit mit einer schuldrechtlichen Zusammenarbeit verglichen und mögliche Einwirkungspflichten und Grenzen dieser Einwirkung aufgezeigt. Der Konzessionsvertrag stellt eine Besonderheit im deutschen Recht dar. Für den Wasserbereich besteht keine eigene Tarifordnung, so dass die Kommunen über den Konzessionsvertrag ein bedeutendes Mitspracherecht bei der Preisgestaltung besitzen.1 Die Zulassung eines Versorgungsunternehmens zum Markt, aber auch die Mitsprache bei der Tarifgestaltung oder die Überwachung des Investitionsverhaltens in die Infrastruktur sind Bereiche, auf die allein die örtliche Gemeinde Einfluss hat. In den Vereinigten Staaten handelt es sich hierbei um Tätigkeiten, die vorrangig in den Aufgabenbereich der Regulierungsbehörden fallen. Die entsprechenden Maßnahmen beruhen auf vertraglicher Vereinbarung der Gemeinde mit dem privaten Wasserversorgungsunternehmen und spiegeln das Ergebnis eines Wettbewerbs um den Markt wider. Im Verhältnis zwischen Wasserversorgungsunternehmen und Kunden wirken diese Verhandlungen jedoch wie eine staatliche Regulierung, indem eine freie Preisbildung (im Rahmen der zivilrechtlichen und kartellrechtlichen Vorgaben) zwischen Verbraucher und Privatem verhindert wird. Da der Private einen Vertrag abschließen muss, um in dem bestimmten Gemeindegebiet tätig zu werden, verfügt die Gemeinde über ein Verhandlungspotential, das ihr erlaubt, in weitem Umfang auf die Tätigkeit des Privaten Einfluss zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen direkt in Vertragsverhältnissen zu den Kunden steht und nicht allein für die Gemeinde als Betreiber ihrer Wasserversorgung tätig wird. Aufgrund des grundsätzlichen kommunalen Vorrangs bei der Wasserversorgung verfügt die Gemeinde über einen weiten Ermessensspielraum, ob und inwieweit sie ihre Aufgabendurchführung auf einen Privaten übertragen will. Diese Freiheit geht 1 Vgl. etwa die Bundestarifordnung Elektrizität vom 18. Dezember 1989, BGBl. I 1989, 2255, zuletzt geändert durch Art. 345 V v. 29. 10. 2001, BGBl. I 2785.

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

333

mit einer entsprechend hohen Verantwortung für die Gestaltung des Vertragsverhältnisses einher. So gilt das Fehlen eines wirtschaftlichen Regulierungsrahmens als eines der größten Privatisierungshindernisse, da die damit verbundene wirtschaftliche Regulierung zum großen Teil von den Kommunen wahrgenommen wird.2 In diesem Abschnitt wird das Verhältnis der Kommune zum Versorgungsunternehmen untersucht und die deutschen Privatisierungsmodelle mit den amerikanischen verglichen. Zudem werden Vertragsgegenstände untersucht, die zwingend zwischen Kommune und Privatem geregelt werden müssen.

A. Deutsche Privatisierungsmodelle Aufgrund der genannten Vorgaben haben sich bestimmte Privatisierungsmodelle in der Wasserversorgung herausgebildet. Gemäß den Vorgaben von Bauer für die Konstruktion von Verwaltungsverträgen wird bei deren Darstellung im Folgenden insbesondere auf drei Hauptkriterien geachtet: die Sicherstellung der Qualität, Leistung und Verantwortung, die dauerhafte Bewahrung von Qualität und Leistung sowie Vorschriften zur Preisregulierung im Falle von Monopolen aus Gründen der Sozialverträglichkeit.3 Entschließt sich die Gemeinde zur Privatisierung, kann sie selbst den Anteil des Privaten an der Aufgabenerfüllung und die Dauer der Einbindung bestimmen. Im Falle einer begrenzten Beteiligung, etwa durch die Erbringung einzelner Dienstleistungen, kann ein kurzzeitiges Vertragsverhältnis zur Anwendung kommen. Soll der Private dagegen weit reichende Leistungen erbringen, die umfangreiche Finanzierungsmaßnahmen erfordern, können langfristige Bindungen nötig werden. Je nach Umfang der Beteiligung des Privaten finden in Deutschland gegenwärtig das Betriebsführungs-, das Betreiber-, das Kooperations- und das Konzessionsmodell Anwendung.4 2 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 63 f. (2001). 3 Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 1995 Bd. 54, 243, 276 f. 4 Zu den einzelnen Modellen und ihrer teilweisen Herleitung aus dem Abfall- und Abwasserrecht siehe Schoch, Privatisierung der Abwasserbeseitigung, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 63, 86 ff. (1994); Kummer / Giesberts: Rechtsfragen der Privatisierung kommunaler Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung NVwZ 1996, 1166, 1168 ff.; Tettinger, Die rechtliche Ausgestaltung von PPP, DÖV 1996, 764 ff.; Brüning, Der Private bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 169 ff. (1997); Jessen, Die Privatisierung der Wasserversorgung aus gebührenrechtlicher Sicht, 62 ff. (2001); Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023-I, AllMBl. 2001, 148; Fischer / Zwetkow: Systematisierung der derzeitigen Privatisierungsmöglichkeiten auf dem deutschen Wassermarkt, NVwZ 2003, 281, 288 ff.

334

6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

I. Das Betreibermodell Beim Betreibermodell ist der Umfang der privaten Leistungen relativ weit. Ursprünglich in Niedersachsen für den Bereich der Abwasserversorgung konzipiert, kann es auch auf den Bereich der Wasserversorgung übertragen werden (Abb. 4).5 Beim Betreibermodell übernimmt der Private die Durchführung der gemeindlichen Aufgabe durch den Bau und den Betrieb einer Anlage, deren Eigentümer er wird.6 Die Eigentümerstellung der Gemeinde hinsichtlich der Wasserversorgungsanlagen ist nicht erforderlich.7 Durch die Erbringung aller Leistungen der Wasserversorgung aus einer Hand sollen die Anbieter durch Ausschreibung zur Vorlage einer möglichst kostengünstigen Gesamtkonzeption veranlasst werden.8 Auch hier bleibt die Gemeinde Aufgabenträgerin, weshalb es sich um eine funktionale Privatisierung handelt.

1. Inhalt des Betreibervertrags Im Betreibervertrag regeln die Gemeinde und der Private die Bedingungen des Betriebs der Versorgungsanlagen. Zudem kann die Gemeinde bestimmte Verhal5 Schoch, Privatisierung der Abwasserbeseitigung, in: Ipsen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 63, 87 (1994). 6 Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023-I, AllMBl. 2001, 148, 152. 7 Im Übrigen handelt es sich bei der Ansicht, wonach die Gemeinde Eigentümerin der Wasserversorgungsanlagen bleiben müsse, wohl um die unzulässige Übertragung eines abwasserrechtlichen Zusammenhangs auf die Wasserversorgung. Zwar fordern manche Landesbestimmungen die Unternehmerqualität der abwasserbeseitigungsverpflichteten Gemeinde. Nach Maßgabe der Landeswassergesetze kann es geboten sein, einem Unternehmer die beantragte Erlaubnis für die Einleitung von Abwasser in ein Gewässer zu versagen, wenn er nicht abwasserbeseitigungspflichtig ist, VG Köln, ZfW Sonderheft 1991 Nr. 102, Czychowski / Reinhardt, WHG, 8. Auflage, § 18a Rdnr. 13 (2003). Der Unternehmer im Sinne des WHG soll in der Lage sein, die Benutzung zu beeinflussen oder andere von der Einwirkung auf sie auszuschließen. Insbesondere soll er ohne Abhängigkeit von Entscheidungen Dritter den Verpflichtungen nach § 21 WHG nachkommen und behördliche Auflagen oder sonstige Anordnungen erfüllen können, Czychowski / Reinhardt, WHG, 8. Auflage, § 3 Rdnr. 10 (2003). Dabei muss die Sachherrschaft des Unternehmers nicht mit dem Eigentum an der Anlage zusammenfallen, OVG Schleswig, ZfW 1996, 538. Schon nach Abwasserrecht wird aber somit eine Eigentümerstellung nicht gefordert. Die geforderte Sachherrschaft kann auch durch Pachtvertrag, Satzung oder dingliches Recht gewährleistet sein, da auch hierdurch die Benutzung beeinflusst werden kann und andere von der Benutzung ausgeschlossen werden können, Czychowski / Reinhardt, WHG, 8. Auflage, § 3 Rdnr. 10 (2003). 8 Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023-I, AllMBl. 2001, 148, 152.

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

335

tensweisen des Privaten festschreiben, soweit dies das Versorgungsverhältnis der Gemeinde mit den Kunden betrifft.

Gemeinde

Privater

Betreibervertrag

Privat- oder öffentlichrechtliches Versorgungsverhältnis

Kunde

Versorgungsanlagen im Eigentum des Privaten

Abbildung 4: Betreibermodell

Durch eine „Betriebsklausel“ wird das Versorgungsunternehmen verpflichtet, die nötigen Versorgungsanlagen zu errichten und das Unternehmen dauernd in leistungsfähigem und betriebssicherem Zustand zu erhalten, sowie gegebenenfalls die notwendigen Erweiterungen – mit oder ohne Zuschuss – vorzunehmen. Diese Regelungen werden vor allem dann relevant, wenn die Gemeinde die Erschließung neuer Baugebiete plant. Zudem kann das Versorgungsunternehmen durch eine Kontrahierungsklausel verpflichtet werden, jedermann im Rahmen seiner Versorgungsbedingungen zum Anschluss zuzulassen. Mittels einer „Endschaftsklausel“ kann sich die Gemeinde das Recht vorbehalten, bei Ablauf des Vertrags die Versorgungsanlagen gegen oder ohne Entgelt (Heimfallklausel) zu übernehmen. Zu diesem Regelungsbereich gehören ebenfalls die Bedingungen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.9 Zudem regelt der Vertrag die Modalitäten des Wegebenutzungsrechts wie Instandsetzungs- und Nachbesserungspflichten, beschränkte und unbeschränkte Folgepflicht mit Kostenzuteilung und die Haftung des Privaten. Durch die „Wegebenutzungsklausel“ gestattet die Gemeinde die Benutzung ihres Grundeigentums zur Errichtung der für die Versorgung notwendigen technischen Anlagen. Dies geschieht in der Form der sonstigen privatrechtlichen Benutzung nach beispielsweise § 23 StrWG NRW.10 Da der Private die Bauleistungen als Bauträger vorfinanziert, handelt es sich im Allgemeinen um langfristige Projekte mit einer Laufzeit von 20 bis 30 Jahren, während derer der Private seine Anschaffungskosten amortisierten und eine Rendite erwirtschaften kann. 9 10

Brüning, Der Private bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 208 f. (1997). Brüning, 208.

336

6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

2. Versorgungsverhältnis zwischen Gemeinde und Kunden Bei diesem Modell erhält der Private ein bestimmtes festes Entgelt von der Gemeinde. Er tritt mit dem Wasserkunden nicht in eigene vertragliche Beziehungen ein. Damit liegt bei diesem Modell die Entgelterhebung bei der Gemeinde.

II. Das Betriebsführungsmodell Bei diesem Modell übernimmt der Private die Betriebsführung für die Kommune, ohne im Außenverhältnis zum Wasserkunden aufzutreten. Da die Aufgabenträgerschaft bei der Gemeinde verbleibt, handelt es sich um eine funktionale Privatisierung.

1. Vertragsinhalt Entscheidet die Gemeinde sich für ein Betriebsführungsmodell, bleibt sie Eigentümerin der Wasserversorgungsanlagen, wozu insbesondere die Rohrnetze zählen (Abb. 5). Daher handelt es sich daher hierbei um einen reinen Dienstleistungsvertrag.

Gemeinde

Betriebsführungsvertrag

Privater

Privat- oder öffentlichrechtliches Versorgungsverhältnis

Kunde

Versorgungsanlagen im Eigentum der Gemeinde

Abbildung 5: Betriebsführungsmodell

Der Private übernimmt dabei in der Regel alle für die Wasserversorgung erforderlichen Dienste. Soweit der Private im Außenverhältnis zum Wasserkunden auftritt, tut er dies als Vertreter der Gemeinde. Insbesondere wird der Dritte im Namen der Gemeinde den Entgelteinzug übernehmen. Die Gemeinde kann auch vereinbaren, dass der Private die Instandhaltung der Anlagen bis zu einem gewissen Maß übernimmt. Soweit aber darüber hinaus eine Ausdehnung des Leitungsnetzes beabsichtigt ist, wird die Gemeinde dem Privaten die Kosten erstatten müssen.

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

337

Das Entgelt für die Betriebsführung erhält der Private von der Gemeinde, weswegen diese letztlich das Geschäftsrisiko trägt, soweit es die Rentabilität der gesamten örtlichen Wasserversorgung betrifft.

2. Versorgungsverhältnis zwischen Gemeinde und Kunden Durch das Auftreten als Vertreter der Gemeinde unterhält der Private keine eigenen Rechtsbeziehungen gegenüber dem Wasserkunden. Er wird lediglich von der Gemeinde in die Erfüllung ihrer Aufgaben aus dem zwischen Gemeinde und Wasserkunden bestehenden Rechtsverhältnis eingeschaltet. Die Betriebsführungskosten werden in die Wassergebühren bzw. die privatrechtlichen Wasserentgelte einberechnet.11

III. Das Kooperationsmodell Das Betreibermodell bringt aufgrund der meist hohen Investitionssummen des Privaten für Ausbau und Erhalt der Wasserversorgungsanlagen lange Vertragslaufzeiten mit sich. Daher entschließen sich die Kommunen häufig für eine vermeintlich stärkere Kontroll- und Überwachungsposition, indem sie zusammen mit dem Privaten eine Betreibergesellschaft gründen.12 Somit wird das Betreibermodell mit einer gesellschaftsrechtlichen Komponente versehen (Abb. 6). Auf diese Betreibergesellschaft wird in der Folge das Anlagen-

Gemeinde

Betreibervertrag

Privat- oder öffentlichrechtliches Versorgungsverhältnis

Versorgungsanlagen im Eigentum der Kooperationsgesellschaft

Kooperationsgesellschaft

Betriebsführungsvertrag

Kunde

Privater

Abbildung 6: Kooperationsmodell 11 Jessen, Die Privatisierung der Abwasserentsorgung aus gebührenrechtlicher Sicht, passim (2001). 12 Ein Beispiel für ein Kooperationsmodell in der Abwasserbeseitigung findet sich bei von Stechow / Forster, Einbindung eines strategischen Partners in die Stadtentwässerung Dresden, Kommunalwirtschaft 2005, 355.

338

6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

eigentum übertragen. Oftmals vereinbart dann diese Betreibergesellschaft einen Betriebsführungsvertrag mit dem Privaten, so dass es zu einer Trennung von Anlageneigentum und Betriebsführung kommt. Nach wie vor tritt die Gemeinde im Außenverhältnis gegenüber dem Verbraucher auf. Die Gemeinde überträgt ihre Anlagen auf eine gemischt-wirtschaftliche Kooperationsgesellschaft. Die Übertragung der Wasserversorgungsanlagen auf die Kooperationsgesellschaft erfolgt dann mittels eines Betreibervertrages. Der tatsächliche Betrieb der Wasserversorgung wird dann meist mittels eines zusätzlichen Betriebsführungsvertrags vom Privaten durchgeführt, wenn hierfür kein eigenes Unternehmen aufgebaut werden soll.

IV. Die Konzession Der dem Begriff der Konzession zugrunde liegende Sachverhalt beschäftigt seit langem Rechtswissenschaft, Gesetzgebung und Rechtsprechung. Die Konzession ist ein „klassisches“ Problem des deutschen Wirtschaftsverwaltungsrechts, da die vertragliche Konstruktion seit Mitte des 19. Jahrhunderts nahezu gleich geblieben ist und damit die Einführung und Fortentwicklung des deutschen Verwaltungsrechts bislang fast unverändert überdauert hat.13 Die Konzession bedeutet die gänzliche Übertragung der mit der Durchführung der Wasserversorgung verbundenen Aufgaben. Im Unterschied zum Betreibervertrag tritt der Private in direkte Vertragsbeziehungen mit dem Verbraucher ein. Die Gemeinde erhält über den Konzessionsvertrag dabei die Möglichkeit, auf den Privaten Einfluss zu nehmen und damit ihrer Gewährleistungsverantwortung nachzukommen. Diese vertragliche Überwachungsmöglichkeit eines privaten Unternehmens führt seit über 100 Jahren zu Streitigkeiten bezüglich der Natur des Konzessionsvertrages, die spätestens seit der Befassung der EG-Kommission mit der Thematik im Vergaberecht wieder aufgelebt ist. 1. Das Konzessionsmodell Konzessionsverträge im Sinne des § 103 I Nr. 1 GWB a. F. werden in allen Bundesländern unabhängig von der Einstufung der Wasserversorgung als kommunale Pflichtaufgabe verwendet. So gab es im Jahr 2000 ungefähr in Bayern 105, in Nordrhein-Westfalen 492, in Niedersachsen 143 und in Sachsen-Anhalt 245 Konzessionsverträge.14 13 Siehe beispielsweise den Vertrag zwischen der preußischen Regierung und den Herren Fox und Crampton über die „Versorgung der Stadt Berlin mit fließendem Wasser“ aus dem Jahr 1852, worin im Gegenzug für den Aufbau der Wasserversorgung das Recht zur Nutzung der Straßen und Wege sowie die Erhebung von Wasserentgelten von der Bevölkerung zugestanden wurde, Bärthel, Wasser für Berlin, 46 (1997).

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

339

a) Vertragsinhalt Im Unterschied zum Betreibervertrag tritt der Private in direkte Vertragsbeziehungen mit dem Kunden ein. Ansonsten deckt sich der Vertragsinhalt mit dem Betreibervertrag, insbesondere wenn der Konzessionär die Anlagen von der Gemeinde übernimmt. Neben den „Wegebenutzungs-, Betriebs-, Endschafts- und Heimfallklauseln“ kann der Konzessionsvertrag folgenden typischen Inhalt aufweisen (Abb. 7):15

Konzessions vertrag

Privater

Gemeinde

Privatrechtliches Versorgungsverh ältnis

Kunde

Versorgungsanlagen im Eigentum des Privaten

Abbildung 7: Konzessionsmodell

Durch die „Ausschließlichkeitsklausel“ verpflichtet sich die Gemeinde, während der Dauer des Vertrags keinem anderen gleichartigen Unternehmen die Versorgung zu gestatten. Der Konzessionär erwirbt mit der Konzession das Recht zur ausschließlichen Versorgung eines bestimmten Gebietes (ausschließliche Konzession). Der Vertrag kann zudem Regelungen enthalten, in denen die Versorgungsgebiete mehrerer Versorgungsunternehmen festgelegt werden (Demarkationsabreden). Durch die „Abgabeklausel“ verpflichtet sich das Versorgungsunternehmen zur Zahlung eines Entgeltes für die Überlassung der Wegebenutzung und des Ausschließlichkeitsrechts (Konzessionsabgabe). Dabei handelt es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Abgabe, sondern um ein zivilrechtlich zu würdigendes Entgelt für kommunale Leistungen.16 Die Konzessionsabgabe wird auf Grundlage der Konzessionsabgabenanordnung bestimmt.17 14 Ewers u. a., Optionen, Chancen und Rahmenbedingungen einer Marktöffnung für eine nachhaltige Wasserversorgung, 16 (2001). 15 Siehe auch Stern, Zur Problematik des energiewirtschaftlichen Konzessionsvertrages, AöR 1959 Band 84, 137, 145; die dort genannten Merkmale sind ebenso auf Wasserkonzessionsverträge anwendbar. 16 Tettinger, Grundlinien des Konzessionsvertragsrechts, DVBl. 1991, 786, 788. 17 Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben der Unternehmen und Betriebe zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser an Gemeinden und Gemeindever-

340

6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

Die Gemeinde kann mit dem Versorgungsunternehmen die unentgeltliche oder verbilligte Lieferung von Wasser an gemeindeeigene Einrichtungen vereinbaren. Durch die „Kontrahierungsklausel“ verpflichtet sich das Unternehmen, jedermann im Rahmen seiner Versorgungsbedingungen anzuschließen und zu beliefern. Durch die Aufsichts- und Mitwirkungsklauseln behalten sich die Gemeinden bestimmte Mitspracherechte vor, insbesondere bei der Tarifgestaltung des Versorgungsunternehmens („Tarifklausel“). Grundsätzlich ist zudem die Verbindung des Konzessions- mit dem Kooperationsmodell möglich, so dass der Vertrag mit einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen abgeschlossen wird, an dem die Gemeinde beteiligt ist. Somit sind Konzessionsverträge zwischen Versorgungsunternehmen und Gebietskörperschaften abgeschlossene gemischttypische Verträge, mit denen straßenrechtliche, preisrechtliche, kartellrechtliche, wasserwirtschaftliche und kommunalpolitische Zwecke verfolgt werden. Es handelt sich um einen gemischten Vertrag sui generis mit einer Mehrzahl unterschiedlicher Leistungen und Gegenleistungen, der ein auf Dauer angelegtes einheitliches Rechtsverhältnis bezeichnet. 18 b) Der Konzessionsvertrag als funktionale Privatisierung Durch das Auftreten im eigenen Namen gegenüber dem Kunden wird ein höheres Privatisierungsniveau als beim Betreibervertrag erreicht. Die Eigentümerstellung und die Frage, wer der Vertragspartner der Gemeindeeinwohner hinsichtlich der Durchführung des Wasserversorgungsverhältnisses bleibt, sind letztlich nicht relevant, solange die Gemeinde hierdurch ihrer Gewährleistungs- bzw. Erfüllungsverantwortung nachkommt. Durch den Konzessionsvertrag behält die Gemeinde die Möglichkeit, ihre Leitungsverantwortung auszuüben. Da die Aufgabenübertragungsnormen der Länder keine Aussagen über das Rechtsverhältnis zum Bürger und das Eigentum an den Versorgungsanlagen treffen, ist die Gemeinde in der Wahl der Art und Weise der Aufgabenerfüllung frei.19 Da aber auch nach der Aufgabenübertragung eine Gewährleistungsverantwortung bei der Gemeinde verbleibt, nimmt die Gemeinde durch die Überwachung des Privaten weiterhin auf die Wasserversorgung im Gemeindegebiet Einfluss. Insofern wird die Aufgabenträgerschaft nicht verändert. Es liegt daher eine funktionale Privatisierung vor.

bände (KAE) vom 4. 3. 1941, Reichsanzeiger Nr. 37 und Nr. 120; Scholtka, Das Konzessionsabgabenrecht in der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft, 26 f. (1998). 18 Hüffer / Tettinger, Konzessionsvertrag, 25 (1990). 19 Siehe dazu bereits oben im zweiten Abschnitt unter E.

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

341

2. Die Konzession als Rechtsgrundlage wirtschaftlicher Regulierung durch die Kommunen Bei der Konzession handelt es sich ursprünglich um ein Institut des Verwaltungsrechts.20 Diese unterscheidet sich vom Konzessionsvertrag, wie er heute im energie- und wasserwirtschaftlichem Zusammenhang verwendet wird. Die Bezeichnung des Konzessionsvertrages ist insofern irreführend. Andere Bezeichnungen, wie etwa „Wassermonopolvertrag“, „Wasserversorgungsvertrag“ oder „Wasserlieferungsvertrag“ haben sich in der Wissenschaft bislang nicht durchsetzen können, obwohl sie in der Praxis durchaus Verwendung finden. Die wesentlichen Vertragselemente sind anderthalb Jahrhunderte lang fast unverändert geblieben.21 Der heute als „Konzession“ bezeichnete Vertrag wurde schon vor der Schaffung des modernen Verwaltungsrechts zur Regelung der Wasserversorgung verwendet. Durch die mit Ausnahme der Länder Berlin und Hamburg in allen anderen deutschen Straßen- und Wegegesetzen enthaltene Zuordnung zum Privatrecht ist der Konzessionsvertrag als privatrechtlicher Vertrag sanktioniert. Aufgrund seiner weiten Verbreitung als Instrument der Überwachung privaten Tätigwerdens durch eine staatliche Stelle wird die rein zivilrechtliche Natur der Konzession immer wieder bestritten. Die verwaltungsrechtliche Konzession wird allenfalls noch im Zusammenhang mit subjektiv-öffentlichen Rechten, für deren Entzug eine Entschädigung verlangt werden kann, als eigenständiger Begriff genannt.22 Dies gilt allerdings aber ebenso für die ,Lizenz‘ und die ,Bewilligung‘, wodurch die dogmatische Bedeutung des Konzessionsbegriffes wieder relativiert wird.23 Somit hat der klassische Konzessionsbegriff seine ursprüngliche Bedeutung verloren. In jüngster Zeit wird die „dogmatische Reaktivierung“ der Konzession vorgeschlagen.24 20 Die Anwendung des Begriffes des ,Konzessionsvertrages‘ auf Versorgungsverträge zwischen Gebietskörperschaften und Versorgungsunternehmen geht auf Crome zurück, der 1917 – an den französischen Çontrat de Concession‘ anknüpfend – den Begriff in seinem Aufsatz „Der Konzessionsvertrag und seine Ausführung im Kriege“ verwendete, Crome, AcP 1917 Bd. 115, 1, 9. 21 Vgl. Vertrag zwischen der preußischen Regierung und Fox / Crampton über die „Versorgung der Stadt Berlin mit fließendem Wasser“ aus dem Jahr 1852, worin im Gegenzug für den Aufbau der Wasserversorgung das Recht zur Nutzung der Straßen und Wege sowie die Erhebung von Wasserentgelten von der Bevölkerung zugestanden wurde, Bärthel, Wasser für Berlin, 46 (1997). 22 Wolf / Bachof / Stober sprechen im Vergleich zur 10. Auflage, wo noch die „echte Konzession“ als Unterfall der Verleihung im Sprachgebrauch Hubers und als ,Erlaubnis im weiteren Sinne‘ bezeichnet wird, in der Neuauflage von der ,Konzession‘ nur noch zusammen mit Bewilligungen und Lizenzen als einem Beispiel für die uneinheitliche Verwendung der Begriffes der Erlaubnis, dies., Verwaltungsrecht Band 2, 6. Auflage, 62 und Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 659. 23 Wolf / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht Band 2, 62 (2000); dies., Verwaltungsrecht Band 1, 629 (1999).

342

6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

Die Kommunen besitzen keine in Rechtsnormen geregelten Regulierungsbefugnisse, die im Subordinationsverhältnis gegenüber dem Privaten durchzusetzen wären. Inwieweit die Gemeinde im konkreten Fall auf die Geschäftsführung des privaten Wasserversorgungsunternehmens einwirken kann, ist allein von ihrem Verhandlungsgeschick abhängig. Beim Wegenutzungsvertrag handelt es sich nach der überwiegenden Meinung um einen zivilrechtlichen Vertrag. Dies wird insbesondere auf die Sanktionierung der privatrechtlichen Natur der Straßennutzung durch Versorgungsunternehmen in § 8 X FStrG und den entsprechenden Ländergesetzen zurückgeführt.25 Dies gilt nicht für die Länder Berlin und Hamburg, in denen in diesem Fall das öffentliche Recht gilt. Die diesem Vertrag zugrunde liegende Befugnis zur Regelung der Nutzung des Straßen- und Wegenetzes ist daher auch Gegenstand eines wieder neu entfachten, aber bereits seit der Schaffung des deutschen Verwaltungsrechts vorhandenen Streits. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob die Verwaltung der kommunalen Straßen und Wege zugleich Ursprung einer öffentlich-rechtlichen Konzessionierung mit einhergehenden Regulierungsbefugnissen ist oder es sich dabei um die Nutzung kommunalen Privateigentums handelt. a) Klassischer Konzessionsbegriff nach Otto Mayer Der klassische Konzessionsbegriff geht auf Otto Mayer zurück, der sich an das französische Verwaltungsrechtsinstitut der ,Concession‘ anlehnt. Dieser definierte den klassischen Konzessionsbegriff, wonach es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handle, „durch welchen dem, über welchen er ergeht, dem Beliehenen, rechtliche Macht gegeben wird über ein Stück öffentlicher Verwaltung zur Ausübung eigenen Namens.“26 Hierdurch erlangt der Einzelne ein subjektives Recht in Form des Besitzes öffentlicher Gewalt, die Konzession. Die Verleihung „macht nicht ohnehin vorhandene Kräfte des Einzelnen frei“, hebt also ein bestehendes Verbot für eine bürgerliche Freiheit auf, „sondern gibt über diese hinaus eine rechtliche Macht und Fähigkeit, die eben deshalb für den Empfänger den Inhalt eines besonderen subjektiven Rechts bildet.“27

24 Schmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht, in: Hoffmann-Riem / SchmidtAssmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 32 (1996); Burgi, Privatisierung der Wasserversorgung, 130 (2001) im Hinblick auf die Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 6 vom 29. 4. 2000. 25 Tettinger, Grundlinien des Konzessionsvertragsrechts, DVBl. 1991, 786, 787; BVerwGE 29, 248; Kempfer, Kapitel 27. Der Straßensondergebrauch, in: Kodal / Krämer, 725 (1995). 26 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 431 (1917). 27 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 433 (1917).

A. Deutsche Privatisierungsmodelle

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aa) Die Bedeutung der Konzession als subjektiv-öffentliches Recht Die Begründung eines subjektiven öffentlichen Rechts unterschied die Konzession von „einfachen“ Erlaubnissen, indem der Konzessionär eine starke Rechtsstellung gegenüber dem Staat erhielt. Der Begriff der subjektiv-öffentlichen Rechte war zu diesem Zeitpunkt noch im Frühstadium seiner Entwicklung und einfache Erlaubnisse begründeten nach Mayers Ansicht kein subjektiv-öffentliches Recht.28 Die Konzession kam vor allem dem Bedürfnis der Privaten nach Absicherung ihrer Investitionen für Bau und Betrieb von Großprojekten, insbesondere von Eisenbahnen, entgegen.29 Durch die Rechtsfigur des beliehenen Unternehmers ließ sich plausibel begründen, warum dem Konzessionär ein subjektives öffentliches Recht auf sein Unternehmen zustand.30 Insbesondere die Entwicklung der subjektivöffentlichen Rechte führte zur Ablösung des Rechtsinstitutes der Konzession im von Mayer verstandenen Sinn. Die Entwicklung der Erlaubnis zum nicht mehr ohne weiteres entziehbaren subjektiv-öffentlichen Recht ließ insbesondere die Investitionsschutzfunktion der Konzession entfallen. Damit verlor die Unterscheidung zwischen Konzession und Erlaubnis ihre Berechtigung.31 Im klassischen Konzessionsbegriff stand das subjektive öffentliche Recht im Vordergrund. Die Verankerung der Grundrechte im Grundgesetz änderte die Position des Bürgers gegenüber dem Staat. Die Differenzierung der Konzession von anderen gewerberechtliche Erlaubnissen wurde folglich als „überflüssig“ bezeichnet, da sie lediglich die Feststellung enthielt, dass dem wirtschaftlichen Grundrechtsgebrauch nach Art. 2 I, Art. 12 I und 14 GG kein öffentlich-rechtliches Hindernis entgegensteht.32 Nur für den engen Bereich der selbständigen Tätigkeit des Privaten im eigenen Namen in den Formen des öffentlichen Rechts hat der Begriff des Beliehenen weiterhin Geltung.33

bb) Die Formen der Konzession Otto Mayer sah zwei Hauptformen der Konzession: die Verleihung eines ,öffentlichen Unternehmens‘ und die Verleihung eines besonderen Nutzungsrechts.34 Lag die öffentliche Verwaltung in der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, so handelte es sich um ein „öffentliches Unternehmen“.35 Hier stellt sich die Frage nach 28 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 459 (1917); Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. Band, 244 (1924). 29 Wieland, Die Konzessionsabgaben, 99 (1991). 30 Wieland, Die Konzessionsabgaben, 99 (1991). 31 Wieland, Die Konzessionsabgaben, 110 (1991). 32 M. w. N. Koenig, Die öffentlich-rechtliche Verteilungslenkung, 103 (1994). 33 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 616 (2004). 34 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 181 (1917).

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einem Unterscheidungsmerkmal, wodurch die Tätigkeiten entweder dem freiheitlichen oder dem Bereich der öffentlichen Verwaltung zugewiesen werden können. Denn Mayer sagte selbst, dass die sachliche Natur der zu besorgenden Verwaltungstätigkeit die Heranziehung von Geschäftsleuten in Form einer Verleihung nahe legen könne, da die „Bedürfnisse [ . . . ] Befriedigung finden können durch eine Tätigkeit, die sich nicht der besonderen Formen und Machtmittel öffentlicher Verwaltung bedient“. Die öffentliche Verwaltung umfasst daher auch Tätigkeiten, die von Privaten ausgeführt werden können, im Gegensatz zu solchen, die besondere öffentlich-rechtliche Befugnisse erfordern. Mayer beantwortet die Frage nach der Unterscheidung öffentlich-rechtlicher und privater Aufgaben nicht ausdrücklich. Allerdings stellt er fest, dass der Staat nicht beliehener Unternehmer sein könne, da sobald auf seinem Gebiet ein öffentliches Unternehmen in seinem Namen geführt werde, sich darin seine allgemeine Fähigkeit zu jeglicher Art öffentlicher Verwaltung offenbare.36 Die Bestimmung als öffentliche Verwaltung erfolgt somit offenbar dadurch, dass der Staat die Tätigkeit durch Ausübung an sich zieht bzw. durch die Zuweisung der Tätigkeit an ein Rechtssubjekt der öffentlichen Verwaltung, „bei welchem diese Tätigkeit eigentlich daheim wäre und besorgt werden sollte.“37 Um die Frage zu beantworten, ob es sich bei einer Tätigkeit um eine öffentliche Unternehmung handelt, war daher zu untersuchen, ob die Aufgabe einem Hoheitsträger ausschließlich zugewiesen war.38 Das öffentliche Unternehmen stellt danach die Wahrnehmung einer staatlichen Aufgabe dar. Im Unterschied zur heutigen Ansicht verlor diese Aufgabe aber nicht ihren staatlichen Charakter durch die Übertragung an den Privaten (mit Ausnahme der heutigen Beleihung), sondern wurde durch die Konzession dem Privaten zur Ausübung überlassen. Die Bedeutung der Konzession als subjektiv-öffentliches Recht, das dem Inhaber eine gewisse geschützte Rechtsstellung verlieh, zeigt sich daran, dass Mayer als besonderen Unterfall der Verleihung eines öffentlichen Unternehmens die Verleihung gewerblicher Unternehmungen beschreibt. Diese würden per Gesetz in der Form der Konzession angeordnet. Hierbei handele es sich aber nicht um öffentliche Unternehmungen, da sie nur dem Vorteil des Einzelnen gewidmet seien; somit 35 Zu den beliehenen Unternehmen zählt Meyer den Straßenbau, den Kanalbau, den Eisenbahnbau, die Kleinbahnen und Straßenbahnen, die Telegraphenanstalten, die Reichsbank und den Rundfunk. 36 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 432, Fußnote 2 (1917). 37 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 433 (1917). 38 Dass hierdurch ein unbeliehener Privater allein noch nicht von der Ausübung ähnlicher Tätigkeiten ausgeschlossen wurde, zeigt das Rechtsinstitut des Regals, welches zusammen mit einem öffentlichen Unternehmen verliehen werden könne, worunter Mayer den Schutz eines öffentlichen Unternehmens durch das Verbot eines gleichartigen Geschäftsbetriebes verstand. Ohne Regal bestünde in bestimmten Bereichen die Möglichkeit der Konkurrenz von privaten und beliehenen Unternehmen, wie das Beispiel der Reichsbank zeige, ders., Verwaltungsrecht, 2. Band, 435 (1917).

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seien sie privatwirtschaftlicher Natur.39 Mayer betonte, dass es sich hierbei um subjektive öffentliche Rechte handele. Im Unterschied zur Obergruppe der öffentlichen Unternehmen sind diese Konzessionen nicht einem Träger der öffentlichen Gewalt zugeordnet, sondern Privaten. Als zweite Kategorie der Konzession nannte Mayer die Verleihung der besonderen Nutzungsrechte an einer öffentlichen Sache, wie den öffentlichen Straßen. Auch hier entstünden durch den Verleihungsakt subjektiv-öffentliche Rechte der Beliehenen.40 Es müsse zwischen der Gebrauchserlaubnis und der Konzession unterschieden werden. Die Erlaubnis erfasse nur über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzungen, die eine Sache oberflächlich und vorübergehend berührten, ihrer Natur nach nicht auf Herstellung eines dauerhaften Besitzstandes gerichtet seien und deren Beseitigung oder Änderung keine Zerstörung von Sachwerten bedeuteten. Enthielten hingegen Vorrichtungen einen so schweren Eingriff in die Körperlichkeit der öffentlichen Sache und seien diese mit so großem Aufwand von Mitteln eingefügt worden, dass ein Bedürfnis nach gesteigerter rechtlicher Sicherheit bestehe, so läge eine Konzession vor. Unter letztere zählte Mayer umfangreiche Rohrleitungssysteme.41 Der Aufwand der Verlegung der Rohrleitungen soll durch die Verleihung geschützt werden. Diese Verleihung stufte Mayer als Verwaltungsakt und damit öffentlich-rechtlich ein. Die Verleihung einer Konzession bedeutete die Erlangung einer gesicherten Rechtsstellung für den Konzessionär, die die Einordnung von öffentlichen und gewerblichen Unternehmungen unter die Konzession rechtfertigte. Auf der einen Seite steht die Ausübung einer als öffentlich-rechtlich erachteten Tätigkeit, auf der anderen der bloße Schutz im Straßengrund verlegter Investitionen. Mayer sah somit eine Konzession auch bei privatrechtlichen Tätigkeiten gegeben, die eben nicht eine Verleihung eines Stücks öffentlicher Verwaltung bedeuteten und nicht einem Hoheitsträger ausschließlich zugewiesen waren. Beide Konzessionsformen konnten auch in einem Unternehmen zusammentreffen, wodurch der Unterschied noch einmal verdeutlicht wird: Straßenbahnunternehmen benötigten beispielsweise für ihr öffentliches Verkehrsunternehmen eine staatliche Verleihung, zudem bedurften sie für die Verlegung ihrer Schienen der 39 Mayer zählt hierzu die Verleihung des Bergbaurechts und die Apothekenkonzession, ders., Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 181 (1917). 40 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 182 (1917). 41 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 184 (1917); a.A. ist Georg Hermes, der offenbar aus Mayers Äußerung, der Betrieb eines Wasserversorgungsunternehmens in Form einer öffentlichen Anstalt stelle öffentliche Verwaltung dar (Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 599 (1917)), folgert, es handele sich dabei um eine öffentliche Unternehmung. Natürlich stellt die Wahrnehmung der Aufgabe der Wasserversorgung durch die Gemeinde mittels einer öffentlichen Anstalt öffentliche Verwaltung dar. Deswegen bleibt die Tätigkeit der Wasserversorgung aber nicht der Verwaltung im Sinne einer öffentlichen Unternehmung vorbehalten, die nur im Rahmen einer Verleihung von Privaten wahrgenommen werden darf.

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Verleihung eines besonderen Nutzungsrechts an der Straße, für dessen Erteilung die Gemeinde zuständig war.42 cc) Wasserunternehmen als Konzessionäre? Mayer rechnete die Wasserversorgungsunternehmen nicht zu den einer Verleihung bedürftigen öffentlichen Unternehmen, da es sich hierbei nicht um ein „Stück Verwaltung“ handele. Denn die in den Kommunalbetrieben „vereinigten Geschäfte sind allesamt ursprünglich auf privatwirtschaftlichem Boden erwachsen als Äußerungen des Unternehmungsgeistes Einzelner oder ihrer Vereinigungen zu solchem Gewerbebetrieb. Erst nachträglich hat auch das Gemeinwesen sich dieser Dinge bemächtigt und hat sie selbst in die Hand genommen, um sie eigenen Namens zu führen und zu betreiben. Dabei hat es aber die einmal für die Geschäfte festgelegte Auffassung und Art der entsprechenden Rechtsordnung beibehalten: Sie gehörten von Haus aus dem Privatrecht an und sind ihm treu geblieben.“43 Wasserunternehmen nutzen immer die öffentlichen Wege und bedürfen somit einer ,Wegekonzession‘ in Sinne Mayers. Inwieweit handelt es sich aber bei der Wasserversorgung um die Konzession eines „öffentlichen Unternehmens“? Die Wasserversorgung stand, da kein staatliches Verleihungserfordernis bestand, jedermann offen.44 Es fehlt somit bereits am Verleihungsakt und an der staatlichen Verleihung eines Stücks öffentlicher Verwaltung, da mit Ausnahme der Wegenutzung nichts dem Betrieb eines Wasserunternehmens entgegensteht. Erst durch die spätere Wahrnehmung der Wasserversorgung und die Verankerung der Pflichtaufgabe in zahlreichen Gemeindeordnungen wurde hieraus eine Staatsaufgabe. Jedoch gilt dies nur insoweit, wie einzelne Kommunen entweder selbst eine Wasserversorgung aufbauten oder private Unternehmen übernahmen. Am Regelungsregime für die Wasserversorgung als privatrechtlichte Tätigkeit änderte sich grundsätzlich nichts, außer dass für die Gemeinden die Möglichkeit der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung ihrer Versorgungsverhältnisse durch Satzung geschaffen wurde. Nach wie vor stand jedem Privaten die Gründung eines Wasserversorgungsunternehmens offen. Eine andere Frage bestand darin, ob ihm der Zugang zu einem Markt offen stand, da die Verlegung seiner Rohrleitungen wie heute von der Nutzungsgewährung der Kommune abhing. Wenn insofern auf einen Staatsvorbehalt abgestellt wird oder ein regulierendes Verbot, dann passt daher der klassische Konzessionsbegriff nicht auf die Wasserversorgung. Wasserversorgungsunternehmen waren daher nach Mayer nur insofern Konzessionäre, als dass sie öffentliche Straßen und Wege nutzen. Nicht aber handelt es Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 2. Band, 441 (1917). Mayer, 482. 44 Die wasserrechtlichen Genehmigungen sind nicht Teil des Konzessionsvertrages und dienen nicht der wirtschaftlichen Regulierung von Wasserversorgungsunternehmen. 42 43

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sich nach Mayer um ein öffentliches Unternehmen im Sinne einer der Verwaltung vorbehaltenen Tätigkeit. b) Neuere Ansätze für eine Bestimmung der Konzession Die Vertreter der Ansicht, wonach die Vergabe von Straßennutzungsrechten eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Konzession an Versorgungsunternehmen darstellt, gehen nicht auf die Unterscheidung ein, die Mayer zwischen der Konzession für öffentliche Unternehmen und der straßen- und wegerechtlichen „Konzession“, die vor allem dem gesteigerten Schutzbedürfnis für Investitionen entsprach, getroffen hat. Besonders Huber sprach sich für die Anwendung eines neuen Konzessionsbegriffes auf die Verträge von Energie- und Wasserunternehmen mit den Kommunen bezüglich der Nutzung der Gemeindestraßen aus. Für den Bereich der Energie- und Wasserversorgungsunternehmen führte er den Begriff der „echten Konzession“ in Abgrenzung zu der ebenfalls als Konzession bezeichneten Gewerbeerlaubnis ein. Der beliehene Unternehmer wird durch die echte Konzession dazu berechtigt, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, für die kein Staatsvorbehalt besteht, für die die öffentliche Verwaltung jedoch ein Verleihungsrecht besitzt.45 Die Konzession unterscheidet sich danach von der Gewerbeerlaubnis dadurch, dass erstere ein subjektives Recht auf Ausübung einer dem hoheitlichen Bereich zugeordneten Wirtschaftsbefugnis ist und letztere ein subjektiv-öffentliches Freiheitsrecht, das einen Anspruch des Unternehmers auf Freiheit von staatlichen Eingriffen innerhalb des zugestandenen Tätigkeitsbereiches enthält. Die Wirtschaftsbefugnis steht nicht der Substanz nach dem Staat zu, sondern wird lediglich durch staatlichen Verleihungsakt begründet.46 Auf den Privaten wird also im Gegensatz zu Mayers Ansicht nicht ein Stück öffentlicher Verwaltung übertragen, sondern ihm wird die Möglichkeit zum Handeln innerhalb eines Bereiches der öffentlichen Verwaltung – in Abgrenzung zum Raum freiheitlicher Tätigkeit – gegeben. Während bei Mayer die Konzession die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, die öffentliche Verwaltung darstellt, zulässt, gestattet die Konzession nach Huber lediglich die Aufnahme einer unter einem Verwaltungsvorbehalt stehenden Tätigkeit. Nach Huber erstrecken sich die „echten“ Konzessionen auf den Bereich der Straßenbahnen, sowie der Wasser- und Energieversorgungsunternehmen. Anhand der Straßenbahnen, die Huber mit den Wasserunternehmen in die Kategorie der „Wirtschaftskonzessionen“ einordnet, zeigt sich, dass er die „Wegekonzessionen“ den bei Mayer genannten Konzessionen für „öffentliche Unternehmen“ gleichstellt.47 Er ignoriert dabei bewusst die unterschiedlichen Grundlagen dieser beiden 45 46 47

Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht Band 1, 548 (1953). Huber, 549. Huber, 565.

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Institute. Denn während es bei den „Wegekonzessionen“ letztlich um die Nutzung kommunalen Eigentums geht, verlangen die Straßenbahnen zusätzlich nach einer Betriebsgenehmigung, sind mithin ein öffentliches Unternehmen im Sinne Mayers.48 Dabei sieht Huber wohl, dass mangels Verwaltungsvorbehalts die Wasserversorgungsunternehmen keinen staatlichen Verleihungsakt benötigen. Diese Konzessionen begründeten sich zwar auf der Verleihung von Wege- und Wassernutzungsrechten, jedoch seien aus ihnen in einer Art von gewohnheitsrechtlich legalisiertem Rechtsmissbrauch mit Hilfe von weitgehenden Konzessionsbedingungen echte Wirtschaftskonzessionen entwickelt worden. Obwohl die eigentliche Tätigkeit der Wasserversorgung weder einer Wirtschaftskonzession noch einer Gewerbeerlaubnis bedürfe, wirke sich die Notwendigkeit, eine Wegekonzession zu erlangen, praktisch als eine Wirtschaftskonzessionspflichtigkeit aus. Die Tatsache, dass kein öffentlich-rechtlicher Verleihungsakt für den Betrieb eines Wasserversorgungsunternehmens erforderlich ist, wird also durch die Tatsache, dass die Verwaltung aufgrund ihres Wegerechts dennoch über den Betrieb eines Versorgungsunternehmen entscheiden kann, verdrängt. Durch Benutzung der Abhängigkeit von der Wege- und Wasserkonzession unterwerfe die öffentliche Verwaltung die Versorgungsunternehmen der administrativen Kontrolle, die ihrer Natur nach betriebsrechtlicher Art sei.49 Rechtsgrundlage dieser Konzession sei „verwaltungsrechtliches Gewohnheitsrecht“. Denn hierin läge ein gewohnheitsrechtlich legitimierter Fall eines ,détournement de pouvoir‘, also eines Amtsmissbrauchs. Die öffentliche Verwaltung bediene sich der ihr zustehenden wegerechtlichen Kompetenzen, um sich betriebsrechtliche Kompetenzen zu verschaffen. Dies sei einer „der erstaunlichsten Fälle einer Sinnverkehrung verwaltungsrechtlicher Institutionen durch die Verwaltungspraxis und einer Sanktionierung eines der gesetzlichen Grundlage entbehrenden administrativen Machtgebrauchs durch langjährige Übung.“50 Wichtigstes Merkmal der Konzession ist nach Huber, dass ihre Erteilung im Ermessen der öffentlichen Verwaltung steht, wodurch der Konzessionär weit gehenden Verleihungsbedingungen unterworfen werden kann.51 Daher sieht Huber die Konzession als Instrument öffentlich-rechtlicher Regulierung an.52 In neuerer Zeit unterstützt Georg Hermes die Auffassung, dass es richtiger sei, die Genehmigung zur Verlegung von Leitungen nicht als privatrechtliche Vertragsgewährung, sondern als verwaltungsrechtliche Konzession auszugestalten.53 Denn aus der der Begründung öffentlicher Straßen vorangehenden Enteignung ergebe sich, dass nicht nur die Nutzung als Straße, sondern auch die Mit- und Sondernut-

48 49 50 51 52 53

Vgl. Mayer, 441; so auch Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 417 (2001). Huber, 566. Huber, 566. Huber, 549. Huber, 565 ff. G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 386 (1998).

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zungen wie eben die Verlegung der Rohrleitungen in die gemeinwohlgebundene Rolle einer öffentlichen Einrichtung eingewiesen würden. Die Einstufung des Konzessionsvertrages als materiell öffentlich-rechtlicher Vertrag hinsichtlich der Straßennutzung hat Wieland zu dem Schluss geführt, dass die Regelung des § 8 X FStrG wegen Systemwidrigkeit gegen die Verfassung verstoße.54 Die unterschiedliche Behandlung von Versorgungsunternehmen gegenüber allen anderen Straßenbenutzern sei allein auf den Wunsch der Versorgungswirtschaft zurückzuführen, die ihre Vereinbarungen mit den Kommunen den strengen Bindungen des öffentlichen Rechts entziehen wolle: Andere Gründe für die Sonderregelung seien nicht ersichtlich.55 Georg Hermes wiederum baut dabei auf einen neuen, von Wieland vorgeschlagenen Konzessionsbegriff auf. Wielands Vorschlag geht dahin, Erlaubnisse im Bereich des Wirtschaftsverwaltungsrechts, auf deren Erteilung kein Rechtsanspruch besteht, als Konzessionen zu bezeichnen. Er geht dabei zunächst vom Begriff des repressiven Verbots aus. Das repressive Verbot mit Dispensvorbehalt soll bestimmte Tätigkeiten grundsätzlich verhindern. Da aber im Wirtschaftsverwaltungsrecht erwerbswirtschaftliches Handeln nicht unterdrückt, sondern reguliert, d. h. nur in begrenztem Umfang und unter bestimmten Bedingungen zugelassen werden soll, schlägt Wieland für solche „nicht eigentlich repressive, sondern regulierende Verbote“ die Bezeichnung der Konzession vor.56 Das Anwendungsgebiet sieht er in Bereichen, in denen der Markt aufgrund staatlicher Bewirtschaftung reguliert ist.57 Dabei soll sich die staatliche Bewirtschaftung auf die Entscheidung über die Erteilung und Nichterteilung der Konzession und die Festlegung der rechtlichen Grenzen der konzessionierten Wirtschaftstätigkeit beschränken.58 Hierzu zählt er die Bereiche knappe Umweltressourcen, natürliche Monopole der Daseinsvorsorge und sozial schädliche Betätigungen.59 Diese haben gemeinsam, dass es sich um Bereiche natürlicher oder künstlicher, d. h. durch staatliches Verbot geschaffene Güterknappheit handelt, in denen der Staat kein freies Spiel der Marktkräfte zulassen will. Dem pflichtet Schmidt-Aßmann bei, wonach es sich bei der Konzession Wieland, Die Konzessionsabgaben, 129, 383 (1991). Wieland, 129, 383. 56 Wieland, 125. 57 Wieland, 126. 58 Wieland, 126. 59 Konzessionen würden eine Verbindung zwischen einer staatlichen Bewirtschaftung im Interesse der Allgemeinheit und einer privaten Erwerbstätigkeit im Individualinteresse herstellen, indem der Konzessionär zwar nach marktwirtschaftlichen Prinzipien handeln könne, zugleich aber behördlicher Kontrolle unterworfen und damit dem Gemeinwohl verpflichtet sei. Dies werde erreicht, indem der Staat einen Bewirtschaftungsvorbehalt errichte, der nur dann für den Konzessionär aufgehoben werde, wenn dessen Tätigkeit mit den öffentlichen Interessen vereinbar sei. Somit stehe die Konzessionierung in der Mitte zwischen erwerbswirtschaftlichem Handeln, das nur einer Kontrolle zur Gefahrenabwehr unterworfen werde, und staatlichen Monopolen, die einen Bereich wirtschaftlicher Betätigung für Private verschließen, Wieland, 125. 54 55

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um die Verbindung einer öffentlich-rechtlichen Verteilungsentscheidung in Knappheitssituationen mit einer privatrechtlichen Auffangregelung handelt.60 Die Entscheidung, ob jemand in einem bestimmten Bereich tätig werden darf, soll also öffentlich-rechtlich, die Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit dagegen zivilrechtlich geregelt werden. Wieland und Georg Hermes sind der Ansicht, dass bei Wegfall der gesetzlichen Verankerung der Straßennutzung im Privatrecht die gemeindlichen Konzessionsverträge materiell gesehen als öffentlich-rechtliche Verträge einzustufen wären. Hierauf wären dann die Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze und damit insbesondere das Koppelungsverbot des § 56 I VwVfG anwendbar.61 Dieses sei erfüllt, da die Nutzungseinräumung im Rahmen von Wegenutzungsverträgen an Bedingungen der Versorgung mit Wasser geknüpft werde. Somit bedürfe es zudem einer neuen gesetzlichen Grundlage für die Konzessionsabgaben, da es sich im Grunde um Vorzugslasten handele, für die wie für alle anderen Abgaben der Vorbehalt des Gesetzes gelte. Georg Hermes begründet seine Ansicht, wonach es sich bei der Wegekonzession um ein per Verwaltungsakt zu vergebendes öffentliches Sonderrecht handele damit, dass der primäre Zweck der Infrastruktur, bei Straßen also die Verkehrsfunktion, möglichst wenig gestört werde und dies nur eine den Hoheitsträger treffende Verpflichtung sei.62 c) Stellungnahme Zur Verdeutlichung der jeweiligen Thesen zur Rechtsnatur des Konzessionsvertrages werden diese nach ihren Rechtsfolgen zusammengefasst. aa) Der Investitionsschutzgedanke Für Mayer war letztlich der Aspekt des Investitionsschutzes für die Einordnung der Wasserversorgung unter die von ihm entwickelte klassische Konzession ausschlaggebend. Durch die Weiterentwicklung des Gedankens des subjektiv-öffentlichen Rechts und die damit erschwerte Rücknahme auch „einfacher“ Erlaubnisse wird diese Zielsetzung heute auf anderem Wege erreicht. Die Bestimmung einer Tätigkeit als dem Staat vorbehalten, die grundlegend für die Bestimmung des Anwendungsbereiches der Konzession war, führte zudem zu 60 Mit Verweis auf Wieland, Die Konzessionsabgaben, Schmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht: Ihre Funktion als wechselseitige Auffangordnungen, in: HoffmannRiem / Schmidt-Assmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 32 (1996). 61 G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 465 (1998); Wieland, Die Konzessionsabgaben, 129, 384 (1991). 62 G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 465 (1998).

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keinen Ergebnis. Zwar besteht gegenwärtig ein kommunaler Vorrang in der Wasserversorgung. Dieser beruht aber nicht auf einer Anerkennung des Charakters der Wasserversorgung als eine besondere dem Staat vorbehaltener Tätigkeit, sondern auf dem Verfügungsrecht über die Straßen und Wege bzw. des Erlasses eines satzungsmäßigen Anschluss- und Benutzungszwangs. bb) Die Konzession als Regulierungsgrundlage Huber sah die Wirtschaftskonzession als ein Verwaltungsgewohnheitsrecht an, durch welches ein subordinationsrechtlich zu regelnder Sachverhalt mit den Mitteln des Privatrechts geregelt wird. Dabei verkannte er jedoch die dem Privaten gleichwertige Verhandlungsposition des privaten Wasserversorgers. Denn gerade in Gebieten, in denen die Wasserversorgung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nur kaum gewinnbringend arbeiten kann, wird sich die Kommune schwer tun, überhaupt einen privaten Partner zu finden. In solchen Fällen ist auch die Verhandlungsposition der Kommune schwächer, was sich in den jeweiligen Verträgen niederschlagen wird und letztlich der subordinationsrechtlichen Auffassung Hubers widerspricht. Die Gemeinde ist nicht kraft öffentlich-rechtlichem Gewohnheitsrecht die für ihr Gemeindegebiet zuständige Regulierungsbehörde, welche mittels verwaltungsrechtlicher Konzession die Tätigkeiten des Wasserversorgungsunternehmens steuert. Denn in der Wasserversorgung ist den Gemeinden ein Vorrang vor der Privatwirtschaft eingeräumt. Grundsätzlich soll die Kommune die Wasserversorgung somit selbst wahrnehmen und private Konkurrenten von der Aufgabenerfüllung ausschließen können. Mittel hierfür ist der Anschluss- und Benutzungszwang. Lässt sie dennoch einen Privaten auf ihrem Gemeindegebiet zu Wasserversorgung zu, so bedient sie sich des Privaten zur Erfüllung eigener Aufgaben. Der Konzessionsvertrag zielt somit nur sekundär auf die Steuerung privaten Wirtschaftsverhaltens, primär soll hierdurch die Erfüllung einer kommunalen Verwaltungsaufgabe sichergestellt werden. cc) Das Kopplungsverbot Wieland stuft die privatrechtliche Regelung der Straßennutzung im Vergleich zu anderen Straßennutzern als system- und in der Folge als verfassungswidrig ein. Diese Ansicht ist jedoch gerade aufgrund der Gleichsetzung von Versorgungsunternehmen mit anderen Straßennutzern zu kritisieren. In den meisten Konzessionsverträgen ist die Nutzung der Straßen nur ein Kriterium unter vielen, die zwischen Gemeinde und Versorgungsunternehmen geregelt werden. Vorrangig geht es aber dabei um die Regelung der Bedingungen der Wasserversorgung. Bei anderen Tätigkeiten, die dem öffentlich-rechtlich gewährten Sondergebrauch unterliegen, geht es ausschließlich um die Regelung der straßenrechtlichen Nutzung. Soweit hier

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eine Systemwidrigkeit behauptet wird, bestünde diese somit eher darin, die Wasserversorgung straßenrechtlich zu regeln, da die Verlegung der Rohrleitungen nur einen Teilaspekt der Wasserversorgung ausmacht und eine straßenrechtliche Regulierung zu kurz greifen würde. Aufgrund der Unterschiede der Versorgungsunternehmen zu den anderen Sondergebräuchen ist die Verlagerung der Regelung ins Privatrecht daher nicht systemwidrig. Wenn Wieland und Georg Hermes eine Verletzung des Kopplungsverbots durch die Erhebung von Konzessionsabgaben rügen, so begründen sie dies mit der öffentlich-rechtlichen Natur der Zulassungsentscheidung. Dabei müsste der Verstoß gegen das Kopplungsverbot auch bei zusätzlichen Vereinbarungen wie der Bereitstellung von Feuerlöscheinrichtungen, Preiskontrollen oder der allgemeinen Versorgungspflicht gelten, da diese ebenfalls nicht die Einräumung eines Straßennutzungsrechts berühren. Problematisch ist insofern die alleinige Fixierung auf die Zulassung zur Straßennutzung als Leistung der Gemeinde. Ein hinreichend sachlicher Zusammenhang nach dem Kopplungsverbot ist dann zu bejahen, wenn die Gegenleistung jenen Sachbereich betrifft, aus dem auch die Leistung der Behörde stammt, und der Durchsetzung von Belangen dient, die die Behörde nach der sie zur Leistung ermächtigenden Vorschrift im Einzelfall verfolgen darf.63 Sieht man die Leistung der Gemeinde nur in der Gewährung des Zugangs zur Straßennutzung, könnte in der Tat das Gebot des Sachzusammenhangs von Leistung und Gegenleistung verletzt sein. Tatsächlich besteht die Gegenleistung jedoch mangels Trennung von Netz und Betrieb in der Wasserversorgung aus der Zulassung des Wasserversorgungsunternehmens zu einem vertikal integrierten Monopolmarkt. Dabei verpflichtet sich die Gemeinde nicht nur zum Ausschluss von Konkurrenten, sondern auch zur Unterlassung einer eigenen Wasserversorgung. Die Situation entspricht damit nicht der des Bürgers, der nach einer Genehmigung strebend, von der zuständigen Behörde mit damit nicht zusammenhängenden Auflagen „drangsaliert“ wird. Eine andere Interpretation schließlich würde den jeweiligen Straßen- und Wegenormen einen Regelungsgehalt hinsichtlich der kommunalen Wahrnehmung örtlicher Angelegenheiten zusprechen. Sicherlich ist die Beschneidung der kommunalen Eigenverantwortlichkeitsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung der kommunalen Wasserversorgung unter Zuhilfenahme Privater aber nicht das (wohl kaum zu rechtfertigende) Ziel der Straßen- und Wegegesetze. Indem kein grundsätzlicher Verstoß der Wasserkonzession gegen das Kopplungsverbot festgestellt werden kann, ist jedoch noch nicht die Frage entschieden, ob es sich bei der Konzessionsvergabe um einen öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu beurteilenden Sachverhalt handelt. Zwar geht es auch um die Frage, ob die Zulassungsentscheidung „materiell öffentlich-rechtlich“ ist.64 Dabei dürfen 63 M. w. N. Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 421 (2002). 64 Vgl. Bartlsperger, Straßenhoheit und Energiewirtschaft, DVBl. 1980, 249.

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jedoch die anderen Regelungsinhalte des Konzessionsvertrages nicht übersehen werden, auch wenn diese über den Inhalt des klassischen Konzessionsvertrags hinausgehen und deren Regelungsinhalt im Einzelfall zu beurteilen ist. Bereits erläutert wurden die Privatisierungsnormen, die eine Aufgaben- bzw. Aufgabendurchführungsübertragung durch Vertrag vorsehen. Diese sind erst in jüngster Zeit erlassen wurde, betreffen aber den Konzessionsvertrag, indem sie klarstellen, dass diesem Vertrag die zumindest teilweise, unter Umständen genehmigungsbedürftige Übertragung einer öffentlichen Aufgabe innewohnt. Dabei können diese Inhalte je nach Land öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu beurteilen sein.

dd) Die Versorgungsverpflichtung Georg Hermes sieht die Vergabe des Wegerechts als eine Betrauung durch Hoheitsakt an.65 Nach seiner Ansicht treffen aufgrund der dem Aufbau des Straßen- und Wegenetzes vorangegangenen Enteignungen zunächst den Träger der Straßen- und Wegenetze Gemeinwohlpflichten. Diese Gemeinwohlpflichten sollen ebenfalls den Träger der im Straßenuntergrund verlegten „Sekundärnetze“, d. h. auch den privaten Träger der Wasserversorgungsnetze treffen.66 Hierdurch soll die Gemeinde einem Unternehmen die Aufgabe übertragen, das Netz als eine öffentliche Einrichtung zu betreiben.67 Die Gemeinwohlverpflichtung ist demnach vom Status des Privaten als Netzbetreiber abhängig. Da Georg Hermes seine staatliche Gewährleistungsverantwortung für Infrastrukturnetze insbesondere aus den gemeinwohlverpflichtenden Enteignungen des Straßengrundes herleitet, soll die Gemeinwohlverpflichtung konsequenterweise auch den privaten Inhaber von Leitungsnetzen treffen, der sich des enteigneten Straßengrundes bedient. Instrument für die Übertragung dieser Gemeinwohlverpflichtung soll dann die Nutzungseinräumung am Straßengrund sein. Kritisch ist hier zu sehen, dass das kommunale Straßen- und Wegeeigentum nicht ausschließlich auf Enteignungen beruht. Auch sind Konstellationen denkbar, in denen die Wasserversorgung nicht auf das Straßennetz angewiesen ist, so dass die von Georg Hermes behauptete Verknüpfung von Straße und Versorgung nur teilweise gegeben ist. Die straßenrechtliche Nutzungseinräumung bezieht sich auf die Auswahl des Versorgungsunternehmens und gegebenenfalls die Klärung besonderer straßenrechtlicher Belange wie die Folgepflicht etc. Die straßenrechtliche Nutzungseinräumung ist in Berlin und Hamburg öffentlich-rechtlich ausgestaltet, in den übrigen Ländern und auf Bundesebene hingegen privatrechtlich. Da jedoch, wie oben festgestellt, die mit der Wasserversorgung verbundenen Vertragsbestandteile ohnehin nicht an die Nutzungseinräumung, sondern an den Marktzugang „gekoppelt“ 65 66 67

G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 464 (1998). G. Hermes, 388. G. Hermes, 477.

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sind, kann ihre Natur als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich letztlich dahingestellt bleiben, da sie ohne Auswirkungen auf den Inhalt des gesamten Konzessionsvertrages bleibt. Dieser Ansicht ist auch Pielow, der sich gegen eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Konzessionierung der Straßennutzungsrechte ausspricht. Denn die Straßennutzung steht eben nicht im Regelungszusammenhang mit den eher gewerbepolizeilichen Voraussetzungen einer Regulierung der Infrastruktur.68 Nach Pielow manifestiert sich in der derzeitigen Konzeption des Straßen- und Wegerechts der historische Wille des Gesetzgebers, das überkommene pluralistische System kommunal-privatwirtschaftlicher Selbstregulierung beizubehalten. Subordinationsrechtliche Konzessionsverhältnisse nach Art straßenrechtlicher Sondernutzungsregime stehen aber einer arbeitsteiligen Gemeinwohlerbringung mit Hilfe flexibler Handlungsinstrumentarien entgegen.69 Diese Ansicht entspricht der hier vertretenen Auffassung, dass die Gewährleistung eines Universaldienstes letztlich eine aus dem Sozialstaatsprinzip resultierende Staatsaufgabe ist, die nicht auf Private übertragbar ist. Wenn Private eine Versorgungspflicht treffen soll, dann nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung oder vertraglicher Vereinbarung. Solange die Aufgabe mangels ausdrücklicher gesetzlicher Hochzonung, wie dies etwa durch die Einrichtung einer staatlichen Regulierungsbehörde geschehen könnte, bei den Kommunen liegt, so müssen diese auch im Rahmen ihrer Eigenverantwortlichkeit die Aufgabenerfüllung organisieren können. ee) Privatisierungssteuerungsnormen Die öffentlich-rechtliche Natur des Konzessionsvertrages konnte bislang nicht eindeutig behauptet werden und widerspricht teilweise ausdrücklich den gesetzlichen Anordnungen. Dies ändert sich jedoch, wenn man die oben behandelten Privatisierungsgesetze heranzieht, in denen ausdrücklich von öffentlich-rechtlichen Verträgen die Rede ist. Daran wird offensichtlich, dass die bisherige Diskussion nicht die Veränderung des kommunalen Aufgabenbestandes im Blick hatte. Bringt die Privatisierung mit Hilfe eines Konzessionsvertrages aber die Veränderung der kommunalen Pflichtaufgabe mit sich, so liegt kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung zumindest hinsichtlich der Veränderung des kommunalen Aufgabenbestands ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor. ff) Ergebnis Zusammenfassend stellt sich der Konzessionsvertrag als ein gemischter Vertrag dar, der sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Elemente enthält.70 Hinsichtlich der Behandlung dieses Vertrages klingt in der Literatur ein neuer Lösungsweg 68 69 70

Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 662 (2001). Pielow, 664. So auch Ronellenfitsch, Straße und Energieversorgung in Konflikt, 44 (1996).

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an. Wenn Pielow bei elektrizitätswirtschaftlichen Konzessionen von wünschenswerten „municipal-private-partnerships“71 spricht oder Georg Hermes die Einführung eines Ausschreibungswettbewerbes für die Vergabe von Versorgungsgebieten vorschlägt72, dann zeigen sich neuerdings vergaberechtliche Aspekte im schon klassischen Streit. Dies ist das Ergebnis einer differenzierten Betrachtung des Konzessionsvertrags und geht in die Richtung, welche durch die oben bereits beschriebene europäische Entwicklung schon vorgegeben wird. Wenn die Kommune vertraglich die Versorgung mit Wasser vereinbart, sichert sie sich die Erbringung von Dienstleistungen. Dies ist offensichtlich, wenn sie die Belieferung gemeindeeigener Einrichtungen vereinbart. Soll die Versorgungspflicht im gesamten Gemeindegebiet gelten, handelt es sich gegebenenfalls um einen Vertrag zugunsten Dritter. Soweit ein Bedürfnis nach Regelung dieser Nutzungseinräumungsentscheidung besteht73, wäre es daher nahe liegend, den Charakter der Auswahl des Konzessionärs und des Abschlusses des Konzessionsvertrages als vergabeähnlichen Zuschlag anzusehen. Der Umstand, dass die Gemeinde durch diesen Vertrag öffentlich-rechtliche Ziele verfolgt und im Bereich kommunaler Pflichtaufgaben auch eine Übertragung öffentlicher Aufgaben erfolgt, lässt den Wasserversorger nicht zu einem in die Verwaltungshierarchie eingebundenen, beliehenen Hoheitsträger werden. Denn auch in den Bundesländern, in denen von einer Übertragung der Aufgabe und nicht nur deren Durchführung die Rede ist, wird der Private nicht mit hoheitlichen Befugnissen beliehen. Soweit der Private die Wasserversorgung wahrnimmt, bleibt diese Aufgabe zwar öffentlich, verliert aber ihren Charakter als Verwaltungsaufgabe. Nach der bestehenden Gesetzes- bzw. Verfassungsrechtslage ist die Gewährleistung der Wasserversorgung eine kommunale Pflichtaufgabe auch in den Ländern, in denen dies nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist. Wettbewerb, selbst nur die Tätigkeit eines Privaten, ist nur insoweit zulässig, wie die Kommune auf die eigene Aufgabenwahrnehmung verzichtet und bereit ist, den Privaten in ihre Aufgabenerfüllung einzubeziehen. Somit bleibt die öffentliche Aufgabe der tatsächlichen Durchführung der Wasserversorgung stets von der Verwaltungsaufgabe der Gewährleistung dieser Wasserversorgung überlagert und der Konzessionsvertrag stellt das Mittel zur Durchsetzung des öffentlichen Interesses dar. Die Doppelnatur des Vertrages ergibt sich aus seiner zweifachen Wirkrichtung: Als öffentlich-rechtlich ist die allein gegenüber der Kommune wirkende Beschränkung des kommunalen Aufgabenbereiches anzusehen, während das Verhältnis gegenüber dem Privaten grundsätzlich keinerlei hoheitliche Elemente aufweist. Dennoch kann die im Vertrag enthaltene Veränderung des staatlichen Aufgabenbestandes die öffentliche Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung, 664 (2001). G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 474 (1998). 73 Wieland betont die Geltung des Verwaltungsprivatrechts, insbesondere der Art. 2 I GG und Art. 3 I GG, ders., Die Konzessionsabgaben, 385 (1991). 71 72

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

Rechtsform des Vertrages verlangen, ohne aber gegen das Kopplungsgebot zu verstoßen.74

V. Zusammenfassung Die einzelnen Modelle können in die Kategorie der funktionalen Privatisierung eingeordnet werden und sind somit mit den kommunalen Pflichtaufgabenzuweisungen vereinbar. Während das Betriebsführungsmodell die Privatisierung nur weniger (Teil)Aufgaben umfasst, werden durch die Konzession nahezu alle Aufgaben privatisiert. Die Konzession ist ein Vertragsmodell, durch das bereits über 150 Jahren eine Konstruktion eingeführt wurde, die heute in netzgebundenen Sektoren die Regel wird: Der Private erbringt die Leistung, deren Erbringung gegenüber den Bürgern der Staat bzw. die Kommune überwacht. Im Unterschied zu den meisten anderen Sektoren, in denen die Regulierung als ein gesetzlich vorgegebenes Subordinationsverhältnis ausgestaltet ist, beruhen die staatlichen bzw. kommunalen Regulierungsbefugnisse auf vertraglicher Vereinbarung. Bei allen Privatisierungsvorhaben steht die Partnerschaft zwischen Kommune und Privatem im Vordergrund. Auch wenn diese sich auf die Stufe der Gleichordnung begeben haben, treffen jedoch unterschiedliche Interessen aufeinander, die den aus dem Wirtschaftsverwaltungsrecht bekannten Subordinationsverhältnissen gleichen. Da grundsätzlich in der Wasserversorgung aufgrund des kommunalen Vorrangs eine im Vergleich zum Energierecht sehr geringe Regelungsdichte herrscht, übernimmt auch in diesen Vertragsverhältnissen die Gemeinde die Rolle der überwachenden Behörde. Möglicherweise können daher Regulierungsinstrumente aus der subordinationsrechtlichen Regulierung auch in vertragliche Verhältnisse übernommen werden. Die Verwendung des Begriffes der Daseinsvorsorge in diesem Zusammenhang darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kommune die Pflichten des Privaten auf rein vertraglicher Ebene regelt. Trotz des regulatorischen Charakters der Konzession hat diese für die Gemeinde einen bedarfsdeckenden Charakter, der den Sachverhalten entspricht, die üblicherweise dem Vergaberecht unterliegen. Die Gemeinde bedient sich des Privaten zur Erfüllung einer kommunalen Aufgabe, die aus der Wasserversorgung als örtlicher Angelegenheit resultiert. Die Gewährleistung der Wasserversorgung lässt der Kommune zwar die Wahl, ob sie diese Aufgabe mit eigenen Mitteln erfüllen will oder die Durchführung einem Privaten übertragen will, bleibt aber nach der bestehenden Rechtslage in Deutschland den Gemeinden auferlegt. Da beim Konzessionsmodell der Private Vertragspartner des Verbrauchers wird, ist allein die privatrechtliche Ausgestaltung dieses Modells zulässig. Soll dennoch 74

Siehe dazu schon oben im zweiten Abschnitt E. I.

B. Amerikanische Privatisierungsmodelle

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ein Anschluss- und Benutzungszwang erlassen werden, ist der kommunale Einfluss auf den Privaten sicherzustellen. Zudem trägt der Private beim Betriebsführungsmodell nur den kleinsten Teil des Geschäftsrisikos, beim Konzessionsmodell hingegen das gesamte Risiko. In diese vertraglichen Modelle lässt sich zudem mit dem Kooperationsmodell eine gesellschaftsrechtliche Komponente integrieren.

B. Amerikanische Privatisierungsmodelle Die meisten Kommunen in den Vereinigten Staaten sind selbst Eigentümer eines Wasserversorgungsunternehmens und unterliegen in den meisten Staaten daher nicht der Aufsicht der gliedstaatlichen Regulierungsbehörde. Hat sich die Kommune zur Einbeziehung eines Privaten entschlossen, so stehen ihr eine weite Auswahl an Kooperationsmodellen zur Verfügung. Die Spanne reicht von der Eigentumsübertragung bis hin zur nur teilweisen Ausschreibung einzelner Dienstleistungen. Entscheidet sich die Behörde für den Verkauf ihrer Wasserversorgungsanlagen, hat sie meist keinen Einfluss mehr auf die Führung des Unternehmens, da die Regulierungsbehörde die wirtschaftliche Regulierung übernimmt.75 In den Vereinigten Staaten kommt eine Vielfalt von Privatisierungsmodellen zum Einsatz. Das meist gewählte Privatisierungsmodell in den Vereinigten Staaten ist der Betriebsführungsvertrag (,Management & Operation‘). Zunehmende Verwendung findet ebenfalls das Build-Operate-Transfer (BOT) bzw. Design-Build-OperateModell (DBO). Die vierte Kategorie bilden die Fälle des ,Outsourcing‘, d. h. die Beschaffung einzelner Dienstleistungen, auf die hier nicht eingegangen wird, da es sich hierbei um übliche Beschaffungsvorgänge handelt.76 Die Modelle unterscheiden sich insbesondere durch die Eigentümerstellung an den Wasserversorgungsanlagen und die Verteilung des Geschäftsrisikos. In den letzten Jahrzehnten gab es in den Vereinigten Staaten nur wenige Übertragungen kommunaler Wasserversorgungsanlagen, wobei keine einzige größere Stadt ihre Anlagen veräußerte.77

I. Allgemeines Die Vertragsdauer wird in den Vereinigten Staaten insbesondere durch steuerliche Vorschriften beschränkt. Dennoch sind lange Laufzeiten grundsätzlich zulässig, so dass die Verteilung langfristiger Risiken eine besondere Bedeutung bei der Vertragsverhandlung gewinnt. U.S. General Accounting Office, Water Infrastructure, 50 (2002). Die hier übernommene Einteilung des National Research Council ist nur eine von vielen möglichen, National Research Council, Privatization of Water Services in the United States, 11 (2002). 77 National Research Council, 1. 75 76

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

1. Die Vertragsdauer und Entgeltberechnung Die Kommune ist in der Wahl ihrer vertraglichen Regulierungsmethoden nahezu frei. Nahezu, da das Steuerrecht im Fall von anleihenfinanzierten Anlagen zur Vorbeugung von Missbrauch den Privaten eine unmittelbare Gewinnbeteiligung untersagt.78 Durch die IRS Order 97 – 13 i. V. m. Reg. § 1.141 – 3 (b) 4 i Internal Revenue Code 1986 dürfen Private nicht durch Betriebsführungsverträge am Ergebnis des in öffentlichem Eigentum befindlichen Unternehmens beteiligt werden. Die Laufzeit für solche Verträge ist zudem auf höchstens 20 Jahre oder 80 Prozent der Lebensdauer der Anlagen begrenzt, je nachdem, welche Zeitspanne kürzer ist.79 Bei BOT- oder DBO-Verträgen kann die Laufzeit jedoch auch über 20 Jahre betragen. Grundsätzlich lassen sich bereits die oben im Rahmen der gesetzlichen Regulierung besprochenen Mechanismen zur Anpassung von Kosten verwenden, wie insbesondere die Anpassung anhand einer Veränderungen des Verbraucherpreisindexes und die Verwendung zusätzlicher Produktivitätsfaktoren. Trotz der steuerrechtlichen Einschränkung werden aber oftmals variable Bestandteile in das Dienstleistungsentgelt einbezogen. Diese werden aber nicht mit dem (Gesamt)Ergebnis, sondern mit anderen Faktoren verbunden: Hierzu gehört etwa die Teilhabe an niedrigeren Kosten (beispielsweise über Verbesserungen der Anlagen oder Betriebsabläufe) oder an gestiegenen Einkünften (etwa über die Anbringung von Wasserzählern).80

2. Risiken der vertraglichen Regulierung Verträge mit langen Laufzeiten unterliegen immer dem Risiko der Veränderung der Umstände, die eine Anpassung des Vertragswerks erfordern können. Daher enthalten die meist umfangreichen Wasserprivatisierungsverträge eine aufwendige Risikoverteilungsmatrix, mit der die erkennbaren Risiken dem jeweiligen Vertragspartner zugeordnet werden sollen. Als die beste Risikoverteilung gilt dabei diejenige, bei der jeder der Partner die Risiken tragen soll, die er selbst kontrollieren kann.81 78 Reg. § 1.141 – 3 (b) 4 i Internal Revenue Code (2003); Vitale, Fordham International Law Journal 2001, Privatizing Water Systems: A Primer, 1382, 1390 f. 79 Johnson / McCormally / Moore, Long-Term Contracting for Water and Wastewater Services, 17 (2002). 80 Johnson / McCormally / Moore, 17. 81 National Research Council, Privatization of Water Services in the United States, 131 (2002).

B. Amerikanische Privatisierungsmodelle

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Die Privatisierung von Wasserversorgungsanlagen bringt besondere Risiken mit sich, deren Zuordnung Bestandteil nahezu jeden Privatisierungsvertrages ist.82 Das bedeutendste Kriterium beim Entwurf vertraglicher Regelungen ist die Verteilung des Kostenrisikos, dass durch den bei Vertragsbeginn bestehenden Zustand der Wasserversorgungsanlagen bedingt wird. Im Allgemeinen werden die Parteien eines Betriebsführungsvertrages das Risiko derart zu teilen versuchen, dass die durch den laufenden Betrieb bedingten Kosten dem Privaten und größere Instandhaltungsmaßnahmen, die meist durch das Alter der Anlagen oder unsachgemäßer Behandlung in der Vergangenheit bedingt werden, der Kommune auferlegt werden. Dies geschieht insbesondere durch die Verwendung einer Klausel, wonach Erhaltungs- oder Ausbaumaßnahmen bis zu einem bestimmten Wert als Betriebsführungskosten gelten, die der Private zu tragen hat; überschreitet die Maßnahme diesen Wert, soll der Private für die Durchführung der Maßnahme entlohnt werden.83 Dem Privaten obliegt in der Regel das Risiko der Leistungserbringung in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Qualitätsanforderungen. Enthält der Leistungsumfang Baumaßnahmen, wird die rechtzeitige Fertigstellung dieser Anlagen meist mit der Regelung von Vertragsstrafen abgesichert, da die tatsächlichen Schäden des Verzugs oder der Nichterfüllung nur schwer zu bemessen sein werden.84 Der Private trägt das Risiko für die Einhaltung gesetzlicher Umwelt- und Gesundheitsstandards. Daher sollte ihn die Verantwortung im Falle eines Verstoßes treffen. Diese Verantwortung kann durch eine Freistellungsverpflichtung gegenüber der Kommune übernommen werden. Die Veränderung gesetzlicher Bestimmungen hinsichtlich der Qualitätsstandards ist nur ein Beispiel für gravierende Einflüsse von Außen auf eine Vertragsbeziehung, mit der die Parteien bei Vertragsschluss rechnen müssen. Der Kommune obliegt meist die Verantwortung für die Qualität der Rohwasserversorgung. Die Qualität des Rohwassers hat starke Auswirkungen auf die Betriebskosten des Privaten.85 Der Vertrag sollte daher Regelungen für den Fall beinhalten, dass sich die Qualität des Wassers verschlechtert. 82 Water Partnership Council, Establishing Public-Private Partnerships for Water and Wastewater Services, 71 (2003). 83 Die bis dahin größte Privatisierung mittels Betriebsführungsvertrags, die Privatisierung der Wasserversorgung der Stadt Atlanta im Jahr 1998, scheiterte letztlich an der Fehleinschätzung des Zustandes des Rohrnetzes. Der Private, das Unternehmen United Water Services Unlimited Atlanta LLC, eine Tochter des Suez-Konzerns, hatte alle Reparaturen bis zu einer Höhe von 10.000 Dollar selbst zu tragen (§ 4.02 Operation and Maintenance Agreement vom 24. 12. 1998). Da sich das Leitungsnetz offenbar in wesentlich schlechterem Zustand befand als zunächst angenommen, konnte United Water Vertragsziele nicht einhalten und der Vertrag wurde trotz der geplanten 20-jährigen Laufzeit bereits 2003 aufgelöst, Carr, Water woes in Atlanta a cautionary tale for N.O., The Times-Picayune vom 29. 6. 2003, 1. 84 Water Partnership Council, Establishing Public-Private Partnerships for Water and Wastewater Services, 73 (2003). 85 Water Partnership Council, 73.

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

Ein solcher Vertrag sieht zudem oftmals Haftungshöchstgrenzen für den Privaten vor, deren Vereinbarung aufgrund der im Wasserversorgungsbereich möglichen Schadenshöhen entscheidend für das Engagement der Privaten ist.86

II. Betriebsführungsvertrag (,Operation and Maintenance‘) Das am weitesten verbreitete Privatisierungsmodell ist der Betriebsführungsvertrag (Operation und Maintenance Contract, O&M).87 Dieser Vertrag ist im Wesentlichen mit dem deutschen Betriebsführungsmodell identisch. Die Gemeinde überträgt beim O&M-Modell dem Privaten die Betriebsführung gegen Entgelt und bleibt Eigentümerin der Anlagen. Beim Betriebsführungsvertrag verbleibt das Anlageneigentum bei der Kommune und der Private übernimmt die Betriebsführung. Da diese Konstellation generell nicht der Aufsicht der Regulierungsbehörden unterliegt, entscheidet die Kommune, inwieweit sie die Rolle der Regulierungsbehörde übernimmt. Verträge mit Privaten werden in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten in der kommunalen Wasserversorgung verwendet. Vor dem Jahr 1997 war die Höchstlaufzeit solcher Verträge jedoch auf 5 Jahre begrenzt. Dahinter stand der Gedanke, dass kurze Vertragslaufzeiten die Privaten unter höheren Wettbewerbsdruck setzen und damit zu effizienterem Arbeiten anhalten würden.88

1. Betriebsführungsvertrag der Stadt Indianapolis mit der Firma US Filter Operating Services Inc. Die Stadt Indianapolis privatisierte im Frühjahr 2002 ihre Wasserversorgung mit Hilfe eines Betriebsführungsvertrages mit zwanzigjähriger Laufzeit. Dem Vertrag ging der Erwerb der Wasserversorgungsanlagen durch die Stadt voraus, da die Wasserversorgung zuvor von einem privaten Unternehmen wahrgenommen wurde. In der Folge sollte die Betriebsführung aber an ein privates Unternehmen übertragen werden. Nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens erhielt die ursprünglich zum französischen Vivendi-Konzern gehörende US Filter Operating Services Inc. den Zuschlag.89 86 U.S. General Accounting Office, Water Infrastructure, 53 (2002); Herbst / Mackenzie, Unlimited, Irrevocable, Unreasonable Liability, Public Works Financing 2001, 18 ff. 87 National Research Council, Privatization of Water Services in the United States, 12 (2002). 88 Herbst / Seader, Providing Public Services Through Long Term Service Agreements, in: Johnson / Walzer, Local Government Innovation: Issues and Trends in Privatization and Managed Competition, 110 f. (2000). 89 US Filter wurde Anfang 2004 vom Siemens-Konzern übernommen.

B. Amerikanische Privatisierungsmodelle

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2. Vertragsgegenstand Gegenstand des im Jahr 2002 abgeschlossenen Vertrages ist die Betriebsführung der Wasserwerke der Stadt Indianapolis. US Filter stellt Personal, Techniken, Material, Know-how, Aufsicht zur Führung des Betriebs in der im Vertrag festgelegten Art und Weise zur Verfügung. Die Stadt Indianapolis bleibt Eigentümerin der Anlagen. Die Gesellschaft übernimmt das Personal des Wasserversorgungsunternehmens und führt deren bestehende Renten- und sonstige Sozialprogramme weiter. Der Vertragsumfang enthält die Betriebsführung der Wasserwerke, die zunächst auf dem Qualitätsniveau der vorangegangenen fünf Jahre fortgeführt werden soll. Die Verpflichtung zur Betriebsführung umfasst alle zu den Wasserwerken gehörenden Einrichtungen unter Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Standards. US Filter ist für eine tägliche Überprüfung des Wassersystems in seinen eigenen Labors und eine entsprechende Protokollierung verantwortlich. US Filter übernimmt zudem alle mit der Abrechnung und dem Forderungseinzug, sowie mit dem Kundendienst verbundenen Aufgaben. Für diese Aufgaben errichtet die Gesellschaft ein Call-Center. Ferner hat US Filter die langfristige Zuverlässigkeit und Erhaltung der Anlagen sicherzustellen. Dabei trägt die Stadt die Kosten hinsichtlich größerer Neubau oder Erhaltungsprojekte. US Filter unterstützt die Stadt bei deren langfristiger und kurzfristiger Planung, insbesondere beim Entwurf kapitalintensiver Projekte und Anlagen. Die Gesellschaft erstellt eine Liste notwendiger Investitionsprojekte, über deren Vornahme die Stadt entscheidet. Wenn die Stadt entscheidet, dass die Gesellschaft diese Projekte realisieren soll, so geschieht dies anhand einer im Vertrag geregelten Kostenaufstellung. Ist das Projekt dort nicht geregelt, wird über die Kosten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens entschieden. Die Stadt bleibt für die Festsetzung der Wasserpreise verantwortlich. Aufgabe der Stadt bleibt die Durchführung von Enteignungsverfahren. In Fällen von Streitigkeiten zwischen der Stadt und der Gesellschaft soll die Streitigkeit einem aus Vertretern beider Vertragsparteien gebildeten Gremium vorgelegt werden, bevor ein Mediationsverfahren eingeleitet, bzw. ein Gericht angerufen wird. 3. Vertragsentgelt Für ihre Dienste erhält die Gesellschaft ein Entgelt. Dieses Entgelt setzt sich aus einem Fixanteil und einem variablen Anteil zusammen. Der Fixanteil wird monatlich fällig. Jedes Jahr reduziert sich dabei der Fixanteil um höchstens 2,5 Prozent beziehungsweise wird mit 88,6 Prozent des Verbraucherpreisindex multipliziert. Nur wenn der Verbraucherpreisindex negativ ausfallen

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

sollte, bleibt der jährliche Fixanteil gleich. Dieses Verfahren gleicht der Verwendung eines Produktivitätsfaktors bei der ,Price Cap‘-Regulierung. Der variable Anteil des Entgelts soll dabei 25 Prozent des Fixanteils pro Jahr nicht überschreiten. Der variable Anteil bestimmt sich nach der Erfüllung von sechs Wertungskriterien: Kundendienst, Wasserqualität, Erneuerung der Vermögenswerte, Investitionsverhalten, technische Maßnahmen und ein gewisser Ermessenspielraum der Stadt. Hierdurch sollen der Gesellschaft besondere Anreize für effektives und kundenfreundliches Handeln gesetzt werden. Eine Neuverhandlung des Entgelts ist grundsätzlich möglich in Fällen von höherer Gewalt. Nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Vertragsschluss wird über eine Erhöhung oder Verringerung des Vertragsentgelts verhandelt, wenn bestimmte Ereignisse eintreten. Diese Ereignisse umfassen eine bestimmte Veränderung des Wasserverbrauchs, der Kundenzahl, den Bau oder eine aufwändige Erneuerung von Versorgungsanlagen.

4. Risikoverteilung US Filter übernimmt dabei die Haftung für die Einhaltung aller mit der Wasserversorgung verbundenen gesetzlichen Vorschriften und stellt die Stadt im Falle der Verhängung von Strafen wegen Nichtbefolgung von gesetzlichen Vorschriften frei.

III. ,Design-Build-Operate‘ Mittels des Design-Build-Operate-Modells (DBO) wird ein einzelner Vertragspartner zu Entwurf, Bau und Betrieb einer Anlage verpflichtet. Der Vertrag unterscheidet sich vom Build-Opererate-Transfer-Modell (BOT), indem der Auftragnehmer auch die Anlage entwirft. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Anlage genau nach den Bedürfnissen des späteren Betreibers entworfen wird. Nach Ablauf der Vertragsdauer, die bis zu 30 Jahren und mehr betragen kann, überträgt der Private die Anlagen zum Nennwert an die Gemeinde. Die staatliche Überwachung eines solchen Projektes kann auf die Langzeiterfüllung des Anlagenzwecks konzentriert werden. Das Modell wird am Beispiel der Tolt Filtrierungsanlage der Stadt Seattle erläutert.

1. ,Design-Build-Operation Service Agreement‘ der Stadt Seattle mit der Firma CDM PHILIP Inc. Die Stadt Seattle entschied sich hinsichtlich des Entwurfs, Baus und der Betriebsführung ihrer Tolt Wasserfiltrierungsanlage für ein Angebot „aus einer

B. Amerikanische Privatisierungsmodelle

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Hand“. Damit wich die Stadt bewusst von der bis dahin gültigen Praxis ab, zunächst die Anlage entwerfen zu lassen, um dann erst ihren Bau und die Betriebsführung auszuschreiben.90 Dies wurde vor allem mit Effizienzgewinnen begründet, die aus der Zusammenlegung von Entwurf und Bau der Anlage bei nur einem verantwortlichen Vertragspartner resultieren.

2. Vertragsgegenstand Der Vertrag umfasst die drei Stadien von der Vorbereitung des Baugrundes, über den Entwurf und den Bau bis hin zum Betrieb der Anlage.

3. Vertragsentgelt Dem Entgelt liegt ein Betrag zugrunde, der sich aus einem Festbetrag zuzüglich der Kosten für Materialaufwand im Falle einer Übererfüllung der vereinbarten Produktionsmenge berechnet. Dieser Betrag erhöht sich um bestimmte Anreizbeträge, falls der Private besondere Kriterien erfüllt. Bestimmte Kostensteigerungen dürfen vom Privaten an die Stadt weitergegeben werden.

4. Risikoverteilung Die Risiken werden nach dem möglichen Zeitpunkt ihres Eintritts in mehrere Kategorien unterteilt. Zum Zeitpunkt des Entwurfs bestehen Ungewissheiten insbesondere hinsichtlich der Auswahl der verwendeten Technologien. Der Private muss sicherstellen, dass die verwendeten Technologien von den zuständigen Behörden zugelassen werden und dass die Anlage der bestehenden Nachfrage entsprechend dimensioniert wird. Während der Bauphase trägt der Private die Verantwortung für die zügige Fertigstellung der Anlage, die schon während der Bauphase Eigentum der Stadt ist. Der Private wird bereits während des Baus nach Erreichen bestimmter Bauabschnitte entlohnt. Nach Abnahme der Anlage beginnt die Betriebsführungsphase, während der das Unternehmen auch für die Durchführung größerer Erneuerungs- und Erhaltungsmaßnahmen auf eigene Kosten verantwortlich ist. Das Personal der Anlage hat das Unternehmen zu stellen. Zudem hat der Private bestimmte Bedienstete der Stadt an den Schulungen des eigenen Personals teilnehmen zu lassen, so dass diese in 90 Kelly / Reiter / Haskins, Implementing Seattle’s Tolt Treatment Facilities‘ Design-BuildOperate Project, in: Seidenstat / Nadol / Hakim, America’s Water and Wastewater Industries: Competition and Privatization, 136 (2000).

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

bestimmten Notfällen die Leitung der Anlage übernehmen können. Die Stadt bleibt gegenüber den Bürgern für die Versorgung mit Trinkwasser verantwortlich.

V. Zusammenfassung Die überwiegende Verwendung von Betriebsführungs- und Betreibermodellen bei Privatisierungen in den Vereinigten Staaten zeigt, dass die Kommunen die Letztverantwortung für die Wasserversorgung behalten wollen. Dabei wird auf die Gründung gemeinsamer Gesellschaften verzichtet. Die kommunale Kontrolle wird dabei durch die Vereinbarung entsprechender Informations- und Überwachungsbefugnisse ausgeübt. Durch die Fortbildung kommunaler Mitarbeiter durch den Privaten ist eine Übernahme des Betriebs durch die Kommune im Kündigungsfall gesichert. Damit wird dem kommunalen Wissensverlust durch die Privatisierung vorgebeugt. Diese Möglichkeit wird jedoch nur bei größeren Städten gegeben sein, die das notwendige Personal für eine zumindest zeitlich begrenzte kommunale Betriebsführung in anderen Unternehmen unterhalten können. Durch den Verzicht auf gemeinsame Gesellschaften werden jedoch zu möglichen Ineffizienzen führende Interessenskonflikte bei den in der Gesellschaft überwachend tätigen kommunalen Mitarbeitern ausgeschlossen.

C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit Das Veranlassungsverhältnis bezeichnet die Rechtsbeziehungen zwischen der Gemeinde und dem Privaten, die letztlich zur völligen oder teilweisen Privatisierung der kommunalen Aufgabe führen. Die Einbeziehung Privater in die kommunale Aufgabenerfüllung kann dabei auf drei Arten veranlasst werden. Erstens durch die Beteiligung des Privaten und der Gemeinde an einer gemischt-wirtschaftlichen Gesellschaft, zweitens durch Vertrag und schließlich durch eine Kombination aus beiden. Die nachfolgende Betrachtung erfolgt aus dem Blickwinkel, dass alle drei Möglichkeiten zur Ausgestaltung des Veranlassungsverhältnisses letztlich den Zweck der Einwirkung auf den Privaten haben. Insofern sind die funktionale Privatisierung und die Aufgabenprivatisierung hier von vorrangigem Interesse. Auf die Organisationsprivatisierung wird nur insoweit eingegangen, als dass die Wahl der privatrechtlichen Organisationsstruktur auch ohne die Beteiligung eines ,echten‘ Privaten gegenüber der Gemeinde eine gewisse Unabhängigkeit der juristischen Person schafft.

C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit

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I. Einwirkungspflichten der Gemeinde Aus den bereits im zweiten Abschnitt dieser Arbeit festgestellten Privatisierungsschranken ergeben sich möglicherweise Einwirkungspflichten der Gemeinde auf den Privaten, um die staatliche Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Zunächst ist fraglich, ob die Einwirkungspflichten durch eine vertragliche Kooperation ausreichend abgesichert sind.

1. Erfordern kommunale Pflichtaufgaben Kooperationsmodelle? Vertragliche Kooperationen bergen insbesondere bei längerer Laufzeit Risiken, da mitunter auf Umstände reagiert werden muss, die bei Vertragsvereinbarung nicht erkennbar waren. Teilweise wird daher die Meinung vertreten, dass eine Mehrheitsbeteiligung durch die kommunale Pflichtaufgabe der Wasserversorgung in einigen Bundesländern geboten sei. Bei der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe dürfe die Kommune nicht die Mehrheit an den Wasserversorgungsunternehmen aufgeben, da ansonsten eine echte unzulässige materielle Privatisierung vorläge.91 Die Übertragung der Aufgabendurchführung stellt keine materielle Privatisierung dar, da die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung in diesem Fall bei der Gemeinde verbleibt.92 Somit spielen die Beteiligungsverhältnisse an der privatrechtlichen Gesellschaft keine Rolle, da die Aufgabe ohne gesetzliche Erlaubnis überhaupt nicht auf Dritte übertragen werden kann.93 Dies wäre auch dann nicht möglich, wenn die Gesellschaft zu 100 % der Gemeinde gehörte. Bei der Beteiligung an einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen handelt es sich um ein Kontrollinstrument der Gemeinde bei der Aufgabenerfüllung. Durch die Mitsprache im Rahmen der mit der Aufgabenerfüllung beauftragten Gesellschaft erhält die Gemeinde Einfluss auf die Unternehmensführung. Diese ist aber der Gemeinde gesetzlich nicht vorgeschrieben. Im Rahmen ihrer eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung kann die Gemeinde die Kontrollinstrumente ihrer Partnerschaft selbst bestimmen. Die Entscheidung über die Verwendung des Kooperationsmodells und die Höhe der kommunalen Anteile liegt daher im Ermessen der Gemeinde und wird nicht von der Pflichtaufgabe gefordert.94

91 Fischer / Zwetkow: Systematisierung der derzeitigen Privatisierungsmöglichkeiten auf dem deutschen Wassermarkt, NVwZ 2003, 281, 289. 92 So auch der BGH in NJW 1985, 197; BGH, NVwZ-RR 1989, 388; siehe oben im zweiten Abschnitt A. II. 3. 93 Anders ist dies bei einer Beteiligung eines Privaten an einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. Dazu BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794 f.; zum in Berlin verwendeten Modell siehe Wolfers, Privatisierung unter Wahrung der öffentlich-rechtlichen Rechtsform: Der Modellfall Berliner Wasserbetriebe, NVwZ 2000, 765.

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

Dies zeigt sich ebenfalls darin, dass bei den Kooperationsmodellen mit Mehrheit der kommunalen Gesellschaftsanteile immer zusätzlich ein Betreiber- oder Konzessionsvertrag vereinbart wird.95 Dieser Vertrag regelt die Übertragung der Anlagen auf die Kooperationsgesellschaft. Zudem vereinbart die Gemeinde unabhängig von der Willensbildung in den Organen der Kooperationsgesellschaft hierin die für sie wichtigen Regulierungspunkte.

2. Unterscheidung in präventive und nachfolgende Einwirkungspflichten Bezieht die Gemeinde einen Privaten in die Aufgabenerfüllung ein oder überträgt sie Aufgaben auf ihn, so kann sie sich Einwirkungsrechte sichern. Dies kann durch die Gründung einer Gesellschaft mit dem Privaten und / oder die Vereinbarung vertraglicher Einwirkungsbefugnisse geschehen. Hat sich die Gemeinde solche Einwirkungsrechte gesichert, unterliegt sie bezüglich deren Ausübung den für die Verwaltung geltenden Bindungen. Die Gemeinde kann sich weder bei der Ausübung ihrer Gesellschafterrechte noch hinsichtlich privatrechtlicher vertraglicher Rechte auf die Privatautonomie berufen. Ihr Handeln wird vom Verwaltungsprivatrecht überlagert.96 Das Verwaltungsprivatrecht, oder der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung allgemein, zwingen die Verwaltung auch hinsichtlich der Ausübung von Gesellschafterrechten und vertraglichen Einwirkungsrechten zum gesetzmäßigen Handeln. Die verwaltungsprivatrechtlichen Regelungen entstehen erst, nachdem die Gemeinde sich privatrechtliche Einwirkungsbefugnisse durch Vereinbarung mit dem Privaten gesichert hat. Insofern kann man hier von nachfolgenden Einwirkungspflichten sprechen. Präventive Einwirkungspflichten bestimmen hingegen die Zulässigkeit von Privatisierungsvorhaben, da entsprechende Befugnisse von der Gemeinde vereinbart werden müssen. Andernfalls läge ein Verstoß gegen die Pflichtaufgabenzuweisung oder eine besondere Privatisierungsnorm vor.97

94 So auch Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Landesentwicklung und Umweltfragen, Besondere Formen der Zusammenarbeit mit Privaten bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben, 2023-I, AllMBl. 2001 148, 153. 95 Fischer / Zwetkow, Systematisierung der derzeitigen Privatisierungsmöglichkeiten auf dem deutschen Wassermarkt, NVwZ 2003, 281, 289. 96 Mit Hinweis auf den Wasserkonzessionsvertrag, Wieland, Die Konzessionsabgaben, 384 ff. (1991). 97 Kund, Nachwirkende Pflichten der Gemeinden bei der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben auf Private, 225 (1988).

C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit

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3. Präventive Einwirkungspflichten Präventive Einwirkungspflichten ergeben sich in erster Linie bei vertraglichen Veranlassungsverhältnissen, da im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Veranlassungsverhältnisse bei Besitz ausreichender Geschäftsanteile im Allgemeinen eine hinreichende Einwirkungsmöglichkeit auf die Geschäftsführung gegeben ist. Bei vertraglichen Veranlassungsverhältnissen dagegen kann die Gemeinde nur auf vertraglich vereinbarte Einwirkungsrechte zurückgreifen. Auch wenn die Vereinbarung der entsprechenden Befugnisse nicht ausdrücklich durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift angeordnet wird, kann eine Auslegung der jeweiligen Aufgabenzuweisungsnorm eine Pflicht zur Vereinbarung entsprechender Einwirkungsbefugnisse ergeben. Eine Pflicht zu Vereinbarung von Einwirkungsbefugnissen ergibt sich aus der Pflichtaufgabenzuweisung. Da bei Vorliegen einer Pflichtaufgabe die Gemeinde Private nur im Rahmen einer funktionalen Privatisierung einbeziehen kann, muss die Gemeinde im Fall der Schlecht- oder Nichterfüllung durch den Privaten selbst die Versorgung gewährleisten, da sie Trägerin der Versorgungsaufgabe bleibt.98 Überlässt die Gemeinde dem Versorgungsunternehmen aber die ausschließliche Verfügungsbefugnis über die Anlagen, kann die Gemeinde bei Schlecht- oder Nichterfüllung des Privaten (im äußersten Fall bis zum dann durch die Pflichtaufgabe gebotenen Neubau entsprechender Anlagen) ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. Daher muss die Gemeinde für diesen Fall ein Recht zur Vertragsbeendigung und Rückübertragung der für ihre eigene Aufgabenerfüllung erforderlichen Anlagen vereinbaren. Das Recht zur Vertragsauflösung entspricht der präventiven Einwirkungspflicht zur Vertragsauflösung und Rückerlangung der Verfügung über die Versorgungsanlagen, die sich aus der Gewährleistungspflicht der Gemeinde im Fall der privaten Schlechterfüllung ergibt. Eine solche Vereinbarungspflicht ergibt sich ausdrücklich aus den jeweiligen Privatisierungsgesetzen der Länder. Die Innenministerkonferenz zur Fortentwicklung der kommunalen Wasserwirtschaft stellte einen Katalog der vom Aufgabenträger zu vereinbarenden Rechte zusammen.99 Die Kommune habe danach folgende Rechte zu vereinbaren, um ihrer Aufgabenverantwortung nachzukommen: (1) Betretungs-, Informations- und Auskunfts- sowie Akteneinsichtsrechte der Kommune gegenüber dem Unternehmen, (2) Mitwirkungsrechte bei der Preisgestaltung, (3) Steuerungsrechte der Kommune 98 Soweit eine Übertragung der Aufgabendurchführung im Rahmen der funktionalen Privatisierung zulässig ist, muss daher bei der Ausgestaltung der Leitungsverantwortung darauf geachtet werden, dass die Aufgabenträgerschaft bei der Gemeinde verbleibt. Daher muss die Gemeinde überall dort Einfluss auf die Durchführung der Aufgabe behalten, wo sie selbst gegenüber dem Bürger oder der Allgemeinheit zur Aufgabenerfüllung verpflichtet ist, da sie durch eine fehlerhafte Aufgabendurchführung ihrer Erfüllungsverantwortung nicht nachkommt. 99 Bericht der Innenministerkonferenz zur Fortentwicklung der kommunalen Wasserwirtschaft vom 15. Mai 2003.

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

hinsichtlich der Art und Weise der Aufgabenerfüllung, insbesondere bei Planung, Errichtung, Bewirtschaftung und Stilllegung von Anlagen, die der Aufgabenerfüllung dienen sowie der Qualität der angebotenen Leistungen, (4) Rückfall der der Aufgabenerfüllung dienenden Anlagen für den Fall der Beendigung des Versorgungsvertrages zwischen der Kommune als Aufgabenträger und dem Anlagenbetreiber sowie für den Fall einer Insolvenz des Unternehmens, (5) Verbot, die Grundstücke ohne Einwilligung der Kommune mit Grundpfandrechten zu belasten, (6) eine dingliche Sicherung der dauerhaften und nachhaltigen Erfüllung der kommunalen Aufgaben für den Fall der Übereignung der hierzu erforderlichen Grundstücke auf den Anlagenbetreiber. 4. Nachfolgende Einwirkungspflichten Auf der anderen Seite stehen die nachfolgenden Einwirkungspflichten. Nachfolgende Einwirkungspflichten betreffen nur die Ausübung bereits eingeräumter Einwirkungsrechte. Nachfolgende Einwirkungspflichten treten insbesondere bei gesellschaftsrechtlichen Veranlassungsverhältnissen auf. Da sich die Gemeinden nur zur Verfolgung eines öffentlichen Zwecks unternehmerisch betätigen dürfen, ergeben sich aus der Beteiligung an einer gemischt-wirtschaftlichen oder rein kommunalen Gesellschaft Einwirkungspflichten der Gemeinde zur Verfolgung des öffentlichen Zwecks.100 Aus dem Demokratieprinzip und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wird gefolgert, dass die Gemeinde nicht nur in personeller, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht steuernd auf ihre Gesellschaften einwirken soll.101 Die Reichweite dieser Einwirkungspflicht betrifft jedoch nicht alle Handlungen der privatrechtlichen Gesellschaft. Die Einwirkungspflicht ist zunächst nur auf denjenigen Unternehmensbereich begrenzt, der die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe betrifft.102 Jedoch bestehen bezüglich der Gründung von und der Beteiligung an Unternehmen kommunalrechtliche Vorschriften, die die Reichweite der kommunalen Einwirkungsrechte vorschreiben.103 Die Gemeinde hat ihre Mitbestimmungsrechte zur Verfolgung einer gesetzmäßigen Aufgabenerfüllung zu nutzen. Da die wasserspezifischen PrivatisierungsDazu m. w. N. Harbarth, Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen, 56 ff. (1998). Harbarth, Anlegerschutz in öffentlichen Unternehmen, 63 (1998); beispielsweise sollen der Gemeinwohlbezug, der demokratische Kontrollanspruch und das rechtsstaatliche Verbot einer Verkürzung höherrangig eingeräumter Rechte die Gemeinde in einer gewissen Garantenstellung festhalten, Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, 248 (1982); Brüning, Der Private bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben, 107 ff., 161 ff. (1997); Kund, Nachwirkende Pflichten der Gemeinden bei der Ausgliederung öffentlciher Aufgaben auf Private, 225 (1988). 102 Spannowsky, Die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, DVBl. 1992, 1073 f. 103 Siehe beispielsweise § 108 I 1 Nr. 6 und 7 GO NW. 100 101

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gesetze meist eine Rückübertragung im Falle der Schlechterfüllung vorsehen, ergibt sich zusätzlich für die Gemeinde die Pflicht, auch weiterhin die notwendigen personellen Überwachungskapazitäten zur Feststellung der Aufgabenerfüllung bereitzustellen. Gegebenenfalls kann sich der einwirkungspflichtige Aufgabenträger im Fall der schuldhaft unterlassenen Einwirkung einem durch das Beteiligungsunternehmen geschädigten Dritten gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Sofern zwischen dem Dritten und dem Aufgabenträger ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis besteht, kommt der schuldhaften Verletzung der Einwirkungspflicht neben den aus dem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis folgenden Erfüllungs-, Folgenbeseitigungs- und Schadensersatzansprüchen keine selbständige Bedeutung zu.104 Anders ist dies in den Fällen, in denen zwischen dem Dritten und dem Aufgabenträger keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen. Droht dem Dritten durch die unterlassene Einwirkung Schaden, hat er zwar im Falle der Verweigerung der Einwirkung durch den Aufgabenträger die Möglichkeit, die gebotene Einwirkung auf das Beteiligungsunternehmen im Aufsichtsweg durchzusetzen. Geht man davon aus, dass mit der objektivrechtlichen Schutzpflicht des Staates auch ein subjektiver Anspruch des Schutzberechtigten einhergeht, wird wohl auch die Klagemöglichkeit zu bejahen sein. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Dritten gegenüber dem einwirkungspflichtigen Hoheitsträger sind jedoch nur dann gegeben, wenn eine Amtspflicht vorliegt und der Einwirkungspflichtige gerade gegenüber dem Betroffenen und nicht nur gegenüber der Allgemeinheit zur Einwirkung auf sein Beteiligungsunternehmen verpflichtet ist. Hinzu kommt, dass die Schutzpflicht allein durch die Einflussnahme auf das Beteiligungsunternehmen zu erfüllen war und von dem einwirkungspflichtigen Verantwortlichen schuldhaft nicht erfüllt worden ist. Da im Allgemeinen das Beteiligungsunternehmen selbst als Schädiger in Anspruch genommen werden kann, wird dieser Anspruch aber wohl kaum je bejaht werden können.105

II. Einwirkungsmöglichkeiten der Gemeinde Der Kommune bieten sich eine Reihe von vertraglichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten zur Regelung ihres Einflusses an. 1. Gesellschaftsrechtliche Einwirkungsmöglichkeiten Die Gemeinde kann grundsätzlich eine Gesellschaft zur Erfüllung des öffentlichen Zwecks der Wasserversorgung gründen. Wird dann die Wasserversorgung in 104 Spannowsky, Die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, DVBl. 1992, 1078. 105 Zu allem Spannowsky, 1078.

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die privatrechtliche Gesellschaft überführt, kommt es je nachdem, ob es sich um eine Eigengesellschaft oder um eine gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft handelt, zu einer formellen oder funktionalen Privatisierung. Hier wird die Organisationsprivatisierung von der funktionalen Privatisierung dadurch unterschieden, dass ein Privater an der Aufgabenerfüllung beteiligt ist. Daher wird im Folgenden die Mischgesellschaft mit privater Beteiligung zur funktionalen Privatisierung gezählt, wohingegen nur die Eigengesellschaft mit rein kommunalem Anteilsbesitz unter die Organisationsprivatisierung fällt. a) Eingeschränkte Weisungserteilung gegenüber Kooperationsgesellschaften Die Gemeinde wird sich aufgrund der Haftungsbegrenzung nur an privatrechtlichen Unternehmen beteiligen, die in der Rechtsform der AG oder GmbH geführt werden.106 Die Gemeinde kann sich Einflussrechte sichern, indem sie sich durch Gesellschaftsvertrag oder Satzung ausreichende Einwirkungs,- Beteiligungs,Mitsprache- und Kontrollrechte vorbehält.107 Hierzu lässt das GmbH-Gesetz eine Vereinbarung entsprechender Einflussmöglichkeiten, wie beispielsweise eines Weisungsrechtes gegenüber der Geschäftsführung, durch § 45 GmbHG zu. Jedoch gilt ein solches Weisungsrecht nicht unbegrenzt für die GmbH und wird für die AG stark beeinträchtigt. Nur bei der GmbH kann im Gegensatz zur AG die Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag weitgehend eingeschränkt werden (§ 37 I GmbHG).108 Jedoch erzwingt insbesondere das Recht der Mitbestimmung unter Umständen die Bildung eines Aufsichtrates für Betriebe ab 2000 Arbeitnehmern nach §§ 6, 7 MitbestG. Einem solchen Aufsichtsrat, der die Kontroll- und Weisungsbefugnisse der Gesellschafterversammlung wahrnimmt, können durch Gesellschaftsvertrag zwar Zuständigkeiten entzogen werden, hinsichtlich dieser Zuständigkeitsverteilung sind jedoch nach Mitbestimmungsrecht Grenzen gesetzt.109 Dagegen leitet der Vorstand der AG die Gesellschaft in eigener Verantwortung und ist insofern frei von Weisungen der Anteilseigener (§§ 84, 76 AktG). Vorstand und Aufsichtsrat haben als freie Mandatsträger, auch wenn sie durch die Kommune bestellt oder Gemeinderatsmitglieder sind, nach §§ 93 I, 116 AktG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters anzuwenden. Kommunalrechtlich angeordneten Weisungen gegenüber eigenen Vertretern im Aufsichtsrat steht die nach § 111 V AktG bzw. i. V. m. § 52 GmbHG vorgeschriebene Weisungsungebundenheit entgegen. 106 107 108 109

Gern, Deutsches Kommunalrecht, 484 (2003). Gern, 488. Dazu Boysen, Kommunales Out-Sourcing, VR 1996, 74, 78. Boysen, 74, 78 f.

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Die Gemeinde bleibt auf die Einwirkungsmöglichkeiten als Gesellschafter beschränkt, da die kommunalrechtlichen Regelungen bezüglich der Weisungsabhängigkeit von Gemeindevertretern in der Beteiligungsgesellschaft dem Gesellschaftsrecht widersprechen. Das Gesellschaftsrecht hat Schutzcharakter zugunsten der Minderheitsgesellschafter bzw. -aktionäre.110 Der Vorrang des Gesellschaftsrechts beruht auf den Vorrang des Bundesrechts vor dem Landesrecht aus Art. 31 GG, wozu auch das Kommunalrecht zählt. Die Gemeinde kann noch weitere Optionen zu Steigerung ihres Einflusses wahrnehmen. Zum einen hat sie schon aufgrund gesetzlicher Verpflichtung dafür zu sorgen, dass der öffentliche Zweck in die Unternehmenssatzung aufgenommen wird.111 Als zweite Einflussmöglichkeiten sieht das Aktienrecht in § 291 I 1 AktG den Abschluss eines Beherrschungsvertrages vor, wenn die Gemeinde über die hierfür erforderliche Mehrheit von drei Viertel des vorhandenen Grundkapitals verfügt (§ 293 I 2 AktG). Dann wäre das beherrschende Unternehmen in der Lage, den geschäftsführenden Organen der einzelnen abhängigen Gesellschaften nach § 308 AktG Weisungen zu erteilen. Je nachdem, ob man die Qualität der Gemeinde selbst als herrschendes Unternehmen ansieht oder eine Verpflichtung der Gemeinde zur Gründung einer beherrschenden Holding-Gesellschaft annimmt, kann sich die Gemeinde auf diese Weise ihren Einfluss auf die AG sichern. Unter Umständen werden die gesellschaftsrechtlichen Einwirkungspflichten jedoch nicht von den tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten gedeckt. Dies ist der Fall, wenn die Gemeinde keine ausreichenden gesellschaftsrechtlichen Befugnisse behält, um ihrer Erfüllungsverantwortung nachzukommen.112 In diesem Fall bleibt die Gemeinde weiterhin zur Erfüllung verpflichtet und muss ihrer Verpflichtung anderweitig nachkommen. Hierbei kommt zunächst eine Erweiterung ihrer Gesellschafterbefugnisse durch Erwerb weiterer Aktien oder Gesellschaftsanteile in Frage.113 Im äußersten Fall muss die Gemeinde allerdings ihre Beteiligung an dem Unternehmen aufgeben und ihrer Aufgabe auf andere Weise nachkommen.114 Zur Absicherung kann die Gemeinde daher entweder die betreffenden Befugnisse von vornherein im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung verankern oder mit der GeBeispielsweise BGHZ 39, 296, 305. So etwa § 108 I Nr. 7 GO NRW. 112 Hinsichtlich der Probleme in der Beteiligungsverwaltung der Kommunen zitiert Ehlers aus dem Beteiligungsbericht der Stadt Essen, wonach sich seitens der Stadt entsandte Vertreter in Beteiligungsgesellschaften vor allem der Beteiligungsgesellschaft und weniger der Stadt verpflichtet fühlten, Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, DVBl. 1998, 497, 505. 113 Spannowsky, Die Verantwortung der öffentlichen Hand für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, DVBl. 1992, 1076. 114 Püttner, Die Einwirkungspflicht – Zur Problematik öffentlicher Einrichtungen in Privatrechtsform, DVBl. 1975, 353, 356. 110 111

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sellschaft zudem einen Vertrag abschließen, in dem sie sich zusätzlich vertragliche Rechte zur Kontrolle der Handlungen der Gesellschaft einräumen lässt. b) Die Weisungserteilung gegenüber kommunalen Eigengesellschaften Aufgrund des Vorrangs des Gesellschaftsrechts genießt auch die kommunale Eigengesellschaft eine grundsätzliche Weisungsunabhängigkeit. Daher gilt auch bei der Organisationsprivatisierung grundsätzlich das zur gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft oben Gesagte. Entsprechende Regelungen des Kommunalrechts, die ein Weisungsrecht gegenüber kommunalen Vertretern in Organen von Unternehmen mit kommunaler Beteiligung enthielten, wurden entweder als verfassungswidrig bezeichnet oder dementsprechend ausgelegt.115 Allerdings wurde dieser Ansicht mittlerweile mit beachtlichen Argumenten in Hinsicht auf reine Eigengesellschaften widersprochen. So verweist Hellermann zunächst auf die Organisationshoheit des Art. 28 II 1 GG.116 Ihm ist in seiner Auffassung zuzustimmen, dass wenn die Organisationshoheit die Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung umfasst, auch das Verhältnis zwischen den einzelnen Handlungssubjekten innerhalb dieser Organisationsbeziehung von der Eigenverantwortlichkeitsgarantie umfasst wird. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Vorrang des Gesellschaftsrechts aufgrund seiner Natur als Bundesrecht bereits zweifelhaft. Auch greift der Schutzzweck des Gesellschaftsrechts nicht mehr. Denn bei reinen Eigengesellschaften sind keine privaten Interessen von Minderheitsgesellschaftern zu schützen.117 2. Vertragliche Einwirkungsmöglichkeiten Im Gegensatz zur gesellschaftsrechtlichen Lösung, bei der die Gemeinde durch die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte ständig auf den Geschäftsverlauf einwirken kann, müssen bei der vertraglichen Lösung aufgrund der möglicherweise nur schwer nachträglich zu ändernden Verträge Einwirkungsmöglichkeiten gesondert vereinbart werden. Hierdurch erhöhen sich die Steuerungsanforderungen im Vergleich zu gemeindlich beherrschten Rechtssubjekten.118 Der größte Vorteil einer vertraglichen Einwirkung besteht in der eindeutigen Interessenverteilung. Ein 115 Mittlerweile stellen einige Gemeindeordnungen ihre Einwirkungsregelungen unter den Vorbehalt der Vereinbarkeit mit gesellschaftlichen Regelungen, wie etwa §§ 108 V 5, 113 I 4, 113 V 2 GO NRW. 116 Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und kommunale Selbstverwaltung, 238 (2000). 117 M. w. N. Altmeppen, Die Einflussrechte der Gemeindeorgane in einer kommunalen GmbH, NJW 2003, 2561, 2565. 118 Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 10; Kund, Nachwirkende Pflichten der Gemeinden bei der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben auf Private, 134 (1988).

C. Vorgaben für die öffentlich-private Zusammenarbeit

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kommunaler Vertreter in den Führungsorganen einer kommunalen Misch- oder Eigengesellschaft unterliegt möglicherweise einem Interessenskonflikt zwischen den Interessen der Gemeinde und denen der jeweiligen Gesellschaft. Durch eine vertragliche Kontrolle ohne Beschäftigung kommunaler Vertreter in den jeweiligen Unternehmen können solche Interessenskonflikte vermieden und die Rolle der Gemeinde auf die der reinen Vertragsüberwachung beschränkt werden. Im Gegensatz zum Gesellschaftsvertrag sind die Gemeinden bei der Ausgestaltung ihrer Vertragsverhältnisse mit Ausnahme der präventiven Einwirkungspflichten frei. Allerdings bestehen damit in diesem Bereich zugleich die größten Unsicherheiten. Das Gesellschaftsrecht als gleichsam „gewachsenes“ Instrument zur Regelung der langfristigen Zusammenarbeit zweier Partner stellt bereits durch die gemeinschaftliche Besetzung von Geschäftsführung und gegebenenfalls Aufsichtsrat ein Instrument zur gemeinsamen Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse zur Verfügung. Dies bedarf bei einer vertraglichen Lösung gesonderter Vereinbarung. In Verträgen kann die Konfliktlösung etwa einem Beirat übertragen werden, der mit der Erörterung und Klärung von Fragen befasst wird, die sich aus der Durchführung eines Vertrages ergeben. Daneben enthalten solche „Kooperationsverträge“ Klauseln über Prüfungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte, welche die Vertragsüberwachung erfordert.119 In Hinsicht auf zahlreiche Elemente der Vertragsdurchführung kann sich die Kommune auch direkte Einwirkungsrechte einräumen lassen (Ingerenzrechte).120 Vertragliche Einwirkungsmöglichkeiten sind auch fester Bestandteil von gesellschaftsrechtlichen Kooperationsmodellen, so wenn etwa die Ausübung bestimmter Gesellschafterrechte oder die Rahmenbedingungen einer gesellschaftsrechtlichen Kooperation in Konsortialverträgen geregelt werden. Die Vereinbarkeit bestimmter vertraglicher Regelungen mit den gesetzlichen Vorgaben ist Gegenstand der folgenden Absätze.

III. Vertragslaufzeit Die Vertragslaufzeit ist von hoher Bedeutung für den Wettbewerb um den Markt. Nur wenn in regelmäßigen Abständen der Wettbewerb um den Markt neu ausgeschrieben wird, besteht ein Anreiz des marktansässigen Unternehmens für effizientes Wirtschaften bzw. kann ein ineffizientes Unternehmen von Wettbewerbern aus dem Markt gedrängt werden. So hat der BGH in seinem Urteil zur Wirk119 Bauer, Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, 89, 94; Burgi, Kommunales Privatisierungsfolgenrecht, NVwZ 2001, 601, 606. 120 Weitere Elemente finden sich bei Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts, in: Schuppert, Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 265 ff. (1999).

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6. Abschn.: Modelle für öffentlich-private Partnerschaften

samkeit von Endschaftsklauseln in Konzessionsverträgen die Bedeutung regelmäßiger Neuausschreibungen für den Wettbewerb betont. Durch die Begrenzung der Laufzeit durch die Einführung der § 103 a I Nr. 1, 2, und 4 GWB a. F. wurde die Laufzeit von Stromkonzessionsverträgen auf 20 Jahre begrenzt. Hierdurch sollte verhindert werden, dass das System der Gebietsmonopole zum Nachteil der Abnehmer erstarrt und nicht mehr flexibel genug ist um auf die versorgungswirtschaftlichen Erfordernisse zu reagieren.121 Das Gericht hatte in diesem Zusammenhang die Wettbewerbswidrigkeit und Unwirksamkeit einer Endschaftsklausel in einem Konzessionsvertrag zu beurteilen. Der fragliche Konzessionsvertrag enthielt eine Klausel, wonach die Übertragung des Versorgungsnetzes zum Sachzeitwert zu erfolgen hatte. Hierbei handelt es sich um den Wiederbeschaffungszeitwert am Bewertungsstichtag abzüglich der Wertminderung infolge Abnutzung. Diese Klausel wurde als wettbewerbsbeschränkend angesehen, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert nicht unerheblich übersteigt. Der Ertragswert ist der äußerste Betrag, der aus der Sicht des Käufers unter Berücksichtigung der sonstigen Kosten des Versorgers einerseits und der zu erwartenden Erlöse andererseits für den Erwerb des Netzes kaufmännisch und betriebswirtschaftlich vertretbar erscheint.122 Da beide Werte aufgrund unterschiedlicher Abschreibungszeiträume auseinander fallen könnten, könnte ein wesentlich niedrigerer Ertragswert prohibitiv in dem Sinne wirken, dass er die Übernahme der Stromversorgung durch einen nach den Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft handelnden anderen Versorger ausschließt und die Kommune dadurch faktisch an den bisherigen Versorger gebunden bleibt.123 Dies ist bei einem überhöhten Sachzeitwert der Fall, da dieser vom erwerbenden Unternehmen aufgrund des Verbotes der Doppeltbelastung der Verbraucher gegenüber dem Verbraucher nicht in die Kostenrechnung eingestellt werden darf. Gegenwärtig bestehen in der Wasserversorgung keine nationalen rechtlichen Begrenzungen für die Laufzeiten von Privatisierungsverträgen. Jedoch ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung des EuGH zur Verhältnismäßigkeit von Wettbewerbsausnahmen im Zusammenhang mit Art. 86 II EG zu beachten.124 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt nach Ansicht der Kommission zumindest im Bereich der Konzessionen, dass die gewählten Maßnahmen zur Erreichung des gewählten Ziels angemessen und erforderlich sind, wobei die Mitgliedsstaaten die geringstbelastende Maßnahme zu wählen haben.125 Da die finanzielle Ausgewogenheit und der Wettbewerb in Einklang zu bringen sind, muss die Laufzeit von Verträgen so zu bemessen sein, dass die Amortisierung des Kapitals und eine BGH, NJW 2000, 577. BGH, NJW 2000, 577, 583. 123 BGH, NJW 2000, 577, 583. 124 Dazu bereits oben im zweiten Anschnitt unter B. II. 3. 125 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 7 f. vom 29. 4. 2000. 121 122

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angemessene Verzinsung unter Berücksichtigung des Risikos des Privaten sichergestellt werden.126 Da auch der Wettbewerb um einen öffentlichen Auftrag einen Wettbewerb um einen Markt darstellt kann, ergibt sich daraus, dass der Abschluss zumindest einer zeitlich unbegrenzten ausschließlichen Konzession einen Verstoß gegen Art. 86 II EG darstellt.

IV. Zusammenfassung Die Gemeinden haben ihre Gewährleistungspflichten durch entsprechende Einwirkungsrechte gegenüber dem Privaten zu sichern. Dabei stehen ihnen gesellschaftsrechtliche, aber auch vertragliche Organisationsmittel zur Verfügung. Die kommunale Gewährleistungsverantwortung für die Wasserversorgung bedingt öffentlich-private Partnerschaften in der Wasserversorgung. Ein Rückzug der Kommune von der Wasserversorgung durch eine einfache Veräußerung ist nicht möglich, da die Gemeinde sich Einwirkungsrechte auf den Privaten sichern muss. Die gesellschaftsrechtliche Kooperation ist dabei nicht zwingend erforderlich, da die Partnerschaft auch rein vertraglich organisiert sein kann. Die Verwendung gesellschaftsvertraglicher Modelle bedingt nicht zwangsläufig einen höheren Einfluss der Kommune, da sie unter Umständen nicht einmal ihren eigenen Vertretern in den Gesellschaftsorganen gegenüber weisungsbefugt ist. Insofern kann eine vertragliche Vereinbarung eine klarere Interessensabgrenzung und Vertragsüberwachung gewährleisten. Zusätzlich werden Interessenskonflikte der Vertreter der Kommune in den Gesellschaftsorganen vermieden. Die Vertragslaufzeit kann trotz fehlender nationaler Vorgaben durch Art. 86 II EG begrenzt werden, wenn hiermit eine Wettbewerbseinschränkung verbunden ist. Die zeitlich unbegrenzte Verleihung eines Gebietsmonopols verstößt gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ein Argument für eine Wahrnehmung der Wasserversorgung durch eine Mischgesellschaft ist die langfristige Bindung und die Lösung eventueller Konflikte durch die kommunalen und privaten Vertreter in den Gesellschaftsorganen. Ein Konfliktlösungsverfahren kann aber auch in den vertraglichen Regelungen vorgesehen werden. Es besteht somit kein zwingender rechtlicher Grund für eine gesellschaftsrechtlich strukturierte öffentlich-private Partnerschaft.

126 Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABlEG C 121, 2, 8 vom 29. 4. 20008 mit Hinweis auf EuG, Rs. T-266 / 97 – Vlaamse Televisie Maatschappij, Slg. II-2334, Rdnr. 108.

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D. Fazit Ob die neuen privatisierungssteuernden Normen tatsächlich die beabsichtigte Klarheit in die Privatisierungsproblematiken bringen werden, ist zweifelhaft. Die Regelung der Aufgabenübertragung ist immer von einer genauen Definition der Aufgabe abhängig. Solange das Gesetz jedoch nur von einer Aufgabe der Wasserversorgung spricht, deren Inhalt aber nicht bestimmt wird, bleiben Formulierungen wie die (Teil-)Übertragung der Aufgabe der Wasserversorgung vage. Die gilt umso mehr, als in den genannten Privatisierungsgesetzen den Kommunen die Überwachung der Aufgabenübertragung auferlegt bleibt, und somit ohnehin nur eine funktionale Privatisierung stattfindet. Indem nur eine funktionale Privatisierung vorgesehen ist, wird aber die Unterscheidung zu den Vorschriften unklar, die bisher schon die Zuhilfenahme eines privaten Dritten ermöglicht haben. Ob sich in Zukunft die öffentlich-rechtliche Variante einer Aufgabenübertragung oder die zivilrechtliche Variante einer Zuhilfenahme privater Dritter durchsetzt, wird von der weiteren Konkretisierung der Privatisierungsnormen durch die geplanten Privatisierungsverordnungen abhängen. Entsprechend dem Inhalt der jeweiligen Konzessionsverträge nimmt die Kommune Einfluss auf das Verhalten des Wasserversorgungsunternehmens gegenüber dem Kunden. In den Vereinigten Staaten wird auf das Erfordernis der Rückübertragung der Anlagen und der damit verbundenen Überwachung durch die Kommen verzichtet. Da hier Regulierungsbehörden die Überwachung der privaten Wasserversorgungsunternehmen übernommen haben, besteht dort nicht das Erfordernis der Einrichtung eines kommunalen Vorrangs bei der Erfüllung dieser Aufgabe. Jedoch ist in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten kein Fall der materiellen Privatisierung einer Wasserversorgung einer größeren Stadt bekannt geworden. Anstatt sich von der Aufgabe der Wasserversorgung zu trennen, wählten auch in den Vereinigten Staaten die Kommunen vorrangig Modelle für öffentlich-private Partnerschaften, um schwierigen kommunalen Haushaltslagen zu begegnen und dennoch die Qualität der Wasserversorgung zu gewährleisten und gegebenenfalls zu erhöhen. Dabei wurden bei der Bestimmung der Betreiberentgelte oftmals Mechanismen der Preiskontrolle verwendet, die von der einfachen Rentabilitätsregulierung und damit der reinen Kostenweitergabe des Privaten über die Kommune auf den Kunden abweichen.

Siebter Abschnitt

Zusammenfassung Der hohe Finanzierungsbedarf der Wasserversorgung und die schwierige Lage der öffentlichen Haushalte stellen die Kommunen vor große Herausforderungen. Gleichzeitig sind Zweifel an der Effizienz der gegenwärtigen Struktur der Wasserversorgung wach geworden, die als natürliches Monopol der staatlichen Regulierung oder der staatlichen Selbstvornahme unterliegt. Um den gegenwärtigen Herausforderungen der Wasserversorgung zu begegnen, werden im Wesentlichen zwei Konzepte vorgeschlagen. Zum einen soll die heute schon stattfindende Einbindung privater Partner bei der Aufgabenerfüllung durch Privatisierungen verstärkt werden, zum anderen werden Modelle für eine effizientere Struktur der Wasserversorgung unter wettbewerblichen Gesichtspunkten angedacht. Als Vorbild dienen dabei Maßnahmen aus anderen netzgebundenen Sektoren wie beispielsweise der Telekommunikation oder der Energiewirtschaft. Das Modell des Wettbewerbs im Markt hat sich in der Wasserversorgung bislang nicht durchsetzen können. Die Integration der Wasserversorgung dient insbesondere zur Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz der örtlichen Wasservorkommen durch die Kunden. Nicht zuletzt haben starke Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen der Durchleitung die Bundesregierung dazu bewegt, vorläufig das Vorhaben einer Deregulierung des Wassermarktes zugunsten einer Modernisierung aufzugeben. Insbesondere die Weiterentwicklungen neuer Regulierungsansätze in England und Wales, aber auch der noch nicht beendete Meinungsfindungsprozess auf europäischer Ebene können die Debatte jederzeit wieder aufleben lassen. Ein Bestandteil dieser Modernisierungsstrategie ist die Einbindung privater Partner in die Wasserversorgung. In Deutschland und in den Vereinigten Staaten bestehen nur wenige Privatisierungsverbote. In beiden Staaten verweisen die Verfassungen bei der Bestimmung von Staatsaufgaben auf den demokratischen Prozess. Aufgrund der hohen sozialstaatlichen und gesundheitlichen Bedeutung der Wasserversorgung weist das Grundgesetz dem Staat eine Gewährleistungsverantwortung zu. Die Gewährleistungsverantwortung trifft gegenwärtig die Gemeinden, soweit Bund und Länder nicht Aufgaben der Preis- und Qualitätsüberwachung wahrnehmen. Zur Bestimmung des Umfangs dieser Gewährleistungsverantwortung wird das Konzept des Universaldienstes vorgeschlagen, der präziser ist als der mittlerweile rechtlich gegenstandslos gewordene Begriff der Daseinsvorsorge. Da-

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7. Abschn.: Zusammenfassung

nach hat der Staat flächendeckend eine angemessene und ausreichende Wasserversorgung zu gewährleisten. Im Rahmen dieser Gewährleistungsverantwortung ist die Durchführung der Aufgabe der Wasserversorgung privatisierbar. Die Umsetzung dieser Gewährleistungsverantwortung liegt mangels ausdrücklicher Aufgabenzuweisung bei den Kommunen und ist bislang nur teilweise auf die Bundesoder Länderebene verlagert worden. Der Vergleich mit den Vereinigten Staaten bestätigt, dass die Wasserversorgung nicht auf eine staatliche Durchführung angewiesen ist. Die dort aufgrund der wirtschaftlichen Besonderheiten der Wasserversorgung eingerichteten Regulierungsbehörden werfen jedoch gleichzeitig Fragen nach der Preisregulierung von Wasserunternehmen in Deutschland auf. Die staatliche Regulierungsverantwortung in den Vereinigten Staaten zeigt sich insbesondere auf den Verzicht der Rückübertragung der Anlagen und der damit verbundenen Überwachung durch die Kommunen nach der Privatisierung. Da in den Vereinigten Staaten Regulierungsbehörden die Überwachung der privaten Wasserversorgungsunternehmen übernommen haben, besteht dort nicht das Erfordernis der Einrichtung eines kommunalen Vorrangs bei der Erfüllung dieser Aufgabe. Der Einführung des Wettbewerbs im Markt ist grundsätzlich in Deutschland und den Vereinigten Staaten mit dem Verfassungsrecht vereinbar. Jedoch verlangen sowohl umweltrechtliche, sozialstaatliche und gesundheitliche Aspekte die Einführung eines Regelungsrahmens, der die derzeit durch den kommunalen Vorrang gesicherte Zielverfolgung gewährleistet. Eine Aufhebung des Anschluss- und Benutzungszwangs und der ausschließlichen Konzessionsverträge ohne Sicherung insbesondere des Ressourcenschutzes ist jedoch umweltrechtlich bedenklich. Der Wettbewerb um den Markt ist in den Vereinigten Staaten und Deutschland weitgehend verwirklicht. Dienstleistungskonzessionen stellen zwar noch eine Ausnahme dar, wobei diese Lücke jedoch durch eine entsprechende Rechtsprechung des EuGH bereits teilweise geschlossen wurde. Aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung folgert der EuGH eine Verpflichtung zur Durchführung eines transparenten Verfahrens auch bei der Vergabe von Wasserkonzessionen. Dem Vergaberecht unterliegen institutionelle Partnerschaften, wenn die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft durch den öffentlichen Auftraggeber und den Auftragnehmer eine Modalität der Auftragserfüllung darstellt. Beteiligt sich ein Privater nachträglich an einer zu 100% in der Hand des Auftraggebers befindlichen Gesellschaft, so sind die Vergaberegeln anwendbar, wenn die Beteiligung zur Umgehung des Vergaberechts erfolgt. In den übrigen Fällen gelten die allgemeinen Regeln des EG-Vertrags. Insbesondere die Niederlassungsfreiheit nach Art. 52 II EG kann hier die Durchführung eines transparenten Beteiligungsverfahrens gebieten. Mit Erlass der neuen Sektorenrichtlinie sind öffentliche Auftraggeber, auf die sowohl § 98 Nr. 2 als auch Nr. 4 GWB anwendbar sind, als Auftraggeber nach § 98

7. Abschn.: Zusammenfassung

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Nr. 4 GWB zu behandeln. Die Privilegierung für Sektorenauftraggeber gilt mangels ausdrücklicher Anordnung im nationalen Vergaberecht auch für diese Unternehmen. In den Vereinigten Staaten unterliegt die Vergabe von Konzessionen zumeist anderen Regelungen als die Vergabe öffentlicher Aufträge. Jedoch wurden im Rahmen der Neufassung des ABA Model Procurement Codes explizite Regelungen für die Vergabe von Aufträgen im Infrastruktursektor vorgesehen. Hierin äußert sich ein gewisses Misstrauen gegenüber allzu großer Ermessensspielräume bei der Vergabe dieser Aufträge durch die Kommunalverwaltungen. In den Vereinigten Staaten unterliegen die privaten Wasserversorgungsunternehmen der Regulierung durch eigenständige staatliche Regulierungsbehörden. Die Regulierung durch diese Agenturen hat sich dort gegenüber der parlamentarischen und legislativen Regulierung durchgesetzt. Insbesondere der Marktzugang und -austritt, die Überwachung der Leistungserbringung und die Preise sind der Regulierung durch die Public Utility Commissions unterstellt. Die Preisregulierung im Wasserbereich erfolgt in den Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Kosten für die Leistungserbringung. Modernere Regulierungsansätze werden in der Wasserversorgung bislang nur vereinzelt zum Einsatz gebracht. Insbesondere findet die Versorgung nach wie vor unter Monopolbedingungen statt. Als Hauptgrund hierfür gilt der Umstand, dass die Wasserversorgungsunternehmen aufgrund des schlechten technischen Zustandes der Wasserversorgung einen hohen Kapitalbedarf aufweisen. Dies ist eine Konsequenz der stark politisch beeinflussten Wasserpreisbildung in zahlreichen Kommunen. Zur Vertretung der Interessen der Verbraucher werden in den Vereinigten Staaten den meisten Regulierungsbehörden ,Consumer Advocates‘ beigestellt, die den Unterschied bei der Interessensverfolgung zwischen Wasserversorgungsunternehmen und Verbrauchern bei der Verfolgung der Verbraucherinteressen verringern sollen. Die Preiskontrolle der Wasserversorgungsunternehmen und damit der Verbraucherschutz liegen in Deutschland im Wesentlichen in den Händen der Gerichte. Die kartellrechtliche Preiskontrolle setzt aufgrund des Vergleichspreisverfahrens nur geringe Anreize für effizientes Wirtschaften. Der Vergleich mit den Vereinigten Staaten zeigt die Unzulänglichkeiten dieser Kontrollverfahren. Das Fehlen einer Regulierungsbehörde in Deutschland für den Wasserbereich weist den Kommunen eine stärkere Rolle in diesem Sektor als in den Vereinigten Staaten zu. Während die Regulierung in den Vereinigten Staaten die Kommunen unter Umständen ganz aus der Verantwortung für die Wasserversorgung entlässt, müssen die Kommunen in Deutschland im Rahmen ihrer Pflichtaufgabenverantwortung auch dann überwachend tätig werden, wenn sie die Aufgabe auf Private übertragen wollen. In Ermangelung einer gesetzlichen Neuordnung des Wassersektors können daher neuere Regulierungsverfahren zur Preiskontrolle in Verhältnis zwischen der Kommune und dem Privaten zum Einsatz kommen.

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7. Abschn.: Zusammenfassung

Der privatrechtliche Konzessionsvertrag dient zur Überwachung der Versorgungstätigkeit des Privaten durch die Kommune und stellt gleichzeitig den höchstmöglichen Grad der Privatisierung dar. Im Rahmen der Betriebsführungsund Betreibermodelle verbleiben noch weitere Aufgaben wie etwa die Gebührenerhebung bei den Privaten. Dabei handelt es sich aufgrund der bei den Gemeinden verbleibenden Gewährleistungsaufgabe, selbst bei Veräußerung der Wasserversorgungsanlagen, um eine funktionale Privatisierung. Die kommunale Gewährleistungsverantwortung erfordert nicht die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung einer Privatisierung der Wasserversorgung. Die vertragliche Überwachung kann gleichwertige Ergebnisse bringen. Jedoch gebietet die präventive Einwirkungspflicht die Vereinbarung bestimmter Kontroll- und Mitspracherechte. Die Vertragslaufzeit wird trotz fehlender nationaler Vorgaben durch Art. 86 II EG begrenzt. Die zeitlich unbegrenzte Verleihung eines Gebietsmonopols verstößt gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Trotz regulatorischer Aufsicht ist in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten kein Fall des Verkaufs der Anlagen einer Wasserversorgung einer größeren Stadt bekannt geworden. Anstatt sich von der Aufgabe der Wasserversorgung zu trennen, wählen auch in den Vereinigten Staaten die Kommunen vorrangig Modelle für öffentlich-private Partnerschaften, um schwierigen kommunalen Haushaltslagen zu begegnen und dennoch die Qualität der Wasserversorgung zu gewährleisten und gegebenenfalls zu erhöhen. Dabei wurden bei der Bestimmung der Betreiberentgelte oftmals Mechanismen der Preiskontrolle verwendet, die von der einfachen Kostendurchreichung des Privaten über die Kommune auf den Gebührenzahler abweichen.

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Sachwortverzeichnis ABA Model Procurement Code 228 Agency 258 Appointments Clause 158 Äquivalenzprinzip 325 Aufgabenprivatisierung 93 Aufgabenverteilungsprinzip 129 Aufgabenzugriffsrecht 131

Eigentumsgarantie 191 Eigenverantwortlichkeitsgarantie 127 Eigenversorgung 71, 183 Einbeziehung Privater 148 Erfüllungsgehilfe 318 Europäische Verfassung 113 externe Effekte 56

Benchmarking 73, 294 Betreibermodell 334 Betriebsführungsmodell 336 Billigkeitskontrolle 323 Binnenmarktstrategie 2003 – 2006 75 Bottleneck Monopoly 288

Filed Rate Doctrine 278 Franchise 234 – Vergabe 239 Freier Leitungsbau 70, 184 funktionale Privatisierung 95

Captured Commission 285 Certificate of Convenience and Necessity 264 Common Callings 247 Consumer Advocates 279 Contestable Markets 284 Contracting Out 157 Cost-of-Service-Regulierung 266

GATS 80 Gebühren 325 gemeinsame Netznutzung 68, 181 Gesellschaftsvertragliche Einwirkung 98 Grenzkosten 50 Größenvorteile 57 Grünbuch über öffentlich-private Partnerschaften 79 Gutachten von WRc / Ecologic 76

Daseinsvorsorge 114 Demokratieprinzip 100 Deregulierung 34 Design-Build-Operate 362 Deutschland, Wasserversorgungsunternehmen 42 Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse 107 Dienstleistungskonzession 209, 210 Dillon’s Rule 169 Due Process 159 Durchleitung 68 Economies of Scope 69 Effizienz 47 Effizienzgewinne 63

Home Rule 169 In-House-Geschäft 202 Institutionelle Partnerschaften 201 Interstate Commerce Clause 246 kalkulatorischer Gewinn 326 Kartellrechtliche Preismissbrauchsaufsicht 311 kommunale Pflichtaufgabe 136 Konzession, Begriff 349 Konzessionsmodell 338 Kooperationsmodell 337 Kostendeckungsprinzip 325 Kostenkontrolle 324

Sachwortverzeichnis Lagged Price Adjustments 292 Leitungsverantwortung 98, 101 Monopolpreisvergleich 311 Nachhaltigkeit 52 natürliches Monopol 49 Nondelegation-Doktrin 159, 170 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 149 Öffentliche Aufgabe 38 Öffentliche Auftraggeber 198 Öffentliche Einrichtung 142 Öffentliches Preisrecht 329 Office of Water Service 69 Operation and Maintenance 360 Organisationsprivatisierung 92 Paradigmenwechsel 281 Police Power 246 Price Cap 290 Privatisierungskritiker 65 Privatisierungsneutralität des EG-Vertrages 103 Privatisierungsschranken – Deutschland, Bundesebene 114 – Deutschland, Landesebene 136 – Vereinigte Staaten, Bundesebene 158 – Vereinigte Staaten, Staatenebene 163 Public Utility 243 Public Utility Commissions 258 Qualitätsüberwachung 305 Quersubventionierung 54 Rahmenkompetenz für den Wasserhaushalt 123 Rate Base 268 Regionalization 300 Regulatory Lag 292 Regulierung 34 Regulierungsbehörde 36, 252 – Befugnisse 261 Rentabilitätsregulierung 265 sächsische Privatisierungsverordnung 152 Safe Drinking Water Act 41 Schutzpflicht für Leib und Leben 123, 191 Sektorenrichtlinie 196

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Sozialstaatsprinzip 118, 190 Staatsaufgabe 87 Staatszielbestimmung Umweltschutz 187 Steuerung der Privatisierung 148 – Florida 175 – Hessen 154 – Kalifornien 175 – New Jersey 176 – Rheinland-Pfalz 151 – Sachsen 152 – Sachsen-Anhalt 154 Sunk Costs 50 Sustainable Development 52 Testjahr 268 Transaktionskosten 57 Trinkwasserverordnung 40 Unbundling 68 Universaldienst 117, 120 Vereinigte Staaten – Betriebsführungsverträge 43 – Wasserversorgungsunternehmen 42 Vergaberecht, Anwendbarkeit 219 Verlust staatlicher Kontrolle 66 Verwaltungsaufgabe 90 Verwaltungshelfer 97 Verwaltungsprivatrecht 310 Verwaltungsverantwortung 91 verzögerte Preisanpassungen 292 Wasserrahmenrichtlinie 31 Wasserversorgungssysteme, Einrichtung 39 Weißbuch über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse 77 Wertschöpfungskette 44 Wettbewerb im Markt 61, 67, 180 Wettbewerb um den Markt 72, 195 Wheeling 68 Wirtschaftskonzession 347 Yardstick-Competition 73, 316 Zielbereichmethode 293 zivilrechtliche Billigkeitskontrolle 310 Zwischenhändler 71 Zwischenhändlermodell 186