Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 348251187X, 9783482511875

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Praxishandbuch der Unternehmensbewertung
 348251187X, 9783482511875

Table of contents :
Vorwort zur 7. Auflage
Autorenverzeichnis
Inhaltsüberblick
1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung
Teil A: Wert und Werttheorien • Volker H. Peemöller
Teil B: Anlässe der Unternehmensbewertung • Volker H. Peemöller
Teil C: Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung • Volker H. Peemöller
Teil D: Methoden der Unternehmensbewertung (Überblick) • Gerwald Mandl und Klaus Rabel
Teil E: Geschichte der Unternehmensbewertung • Klaus Henselmann
Teil F: Internationale Unternehmensbewertung im Kontext der Standard Setter • Marc Hayn
2. Kapitel: Prozess der Unternehmensbewertung
Teil A: Vorbereitung der Unternehmensbewertung • Peter Bömelburg
Teil B: Vergangenheits- und Lageanalyse • Matthias Popp
Teil C: Modulgesteuerte Businessplanung als Instrumentder Unternehmensbewertung • Hermann-Josef Ernst
Teil D: Due Diligence Review • Volker H. Peemöller
Teil E: Absicherungsstrategien gegen Risiken des Unternehmenskaufs • Santiago Ruiz de Vargas und Thomas Zollner
Teil F: Aufbau und Anforderungen an das Bewertungsgutachten • Heinz-Gerd Bordemann
3. Kapitel: Bewertungsverfahren
Teil A: Ertragswertverfahren nach IDW • Volker H. Peemöller und Stefan Kunowski
Teil B: Darstellung der Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) mit Beispiel • Jörg Baetge, Jens Kümmel, Roland Schulz und Jörg Wiese
Teil C: Verbindungen von Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Verfahren • Wolfgang Ballwieser
Teil D: Die Bestimmung des Betafaktors • Matthias Meitner und Felix Streitferdt
Teil E: Risikofreier Zins und Marktrisikoprämie • Matthias Meitner und Felix Streitferdt
Teil F: Der Terminal Value in der Unternehmensbewertung • Matthias Meitner
Teil G: Empirische Analyse von Bewertungen bei gesellschaftsrechtlichen Anlässen in 2010–2018 • Jochen Beumer
Teil H: Berücksichtigung von Ausfallwahrscheinlichkeiten in der Unternehmensbewertung • Jens Leker, Jan-André Pramann und David Sonius
Teil I: Der Substanzwert der Unternehmung • Günter Sieben und Helmut Maltry
Teil J: Multiplikatorverfahren in der Unternehmensbewertung • Peter G. Löhnert und Ulrich J. Böckmann
Teil K: Liquidationswert • Susann Ihlau und Hendrik Duscha
Teil L: Risikoanalyse und Simulation bei der Unternehmensbewertung • Werner Gleißner
4. Kapitel: Sonderaspekte der Unternehmensbewertung
Teil A: Besonderheiten beim Bewertungsobjekt
Abschnitt I: Unternehmensbewertung im Konzern • Andrea Meichelbeck
Abschnitt II: Länderrisikoprämien • Werner Gleißner
Abschnitt III: Bewertungen im Rahmen von Unternehmenserwerben für Zweckeder Rechnungslegung nach IFRS und HGB (Purchase Price Allocation– Kaufpreisallokation) • Stefan Kunowski
Abschnitt IV: Unternehmensbewertung und Digitalisierung • Alexander Sobanski
Abschnitt V: Fairness Opinion (IDW S 8) • Andreas Grün, Michael Salcher, Jochen Fecher und Annette Witzleben
Abschnitt VI: Bewertung von Energieversorgungsnetzen • Anton Berger und Martin Wambach
Abschnitt VII: Bewertung junger Unternehmen • Marc Hayn
Abschnitt VIII: Besonderheiten bei der Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) • Tobias Hüttche und Fabian Schmid
Abschnitt IX: Besonderheiten bei der Bewertung von Personengesellschaften • Lars Franken und Peter Koelen
Abschnitt X: Bewertung von öffentlichen Unternehmen • Lars Franken, Jörn Schulte und Alexander Brunner
Abschnitt XI: Bewertung von Steuerberaterkanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften • Andreas Grün und Jochen Fecher
Abschnitt XII: Bewertung von Freiberuflerpraxen in der Gesundheitsbranche • Rolf Leuner
Abschnitt XIII: Bewertung von Unternehmensimmobilien • Eduard Paul
Abschnitt XIV: Ökologie und Unternehmensbewertung • Bernd Keller
Abschnitt XV: Unternehmensbewertung und Nachhaltigkeit • Volker H. Peemöller und Marlen Braune
Abschnitt XVI: Bewertung immaterieller Vermögenswerte • Jutta Menninger
Abschnitt XVII: Die Bewertung des Goodwills nach IAS/IFRS • Jochen Beumer und Heinz Hermann Hense
Teil B: Lebensphasen des Unternehmens
Abschnitt I: Bewertung im Rahmen des „Going Public“ • Gerrit Volk
Abschnitt II: Bewertung von Technologieunternehmen • Michael Raab und Alexander Sasse
Abschnitt III: Akquisitionscontrolling: Integration und Nachrechnung • Niels Ahlemeyer und Anton Burger
Abschnitt IV: Bewertung ertragsschwacher Unternehmen (Sanierung) • Rolf Leuner und Jörg Hattenbach
Teil C: Besonderheiten der Bewertungsverfahren
Abschnitt I: Berücksichtigung von Steuern • Matthias Popp
Abschnitt II: Berücksichtigung von Synergieeffekten bei der Unternehmensbewertung • Birgit Angermayer-Michler und Peter Oser
Abschnitt III: Die Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung • Frank Hannes und Jan König
Abschnitt IV: Steuerliche Bewertungsmaßstäbe • Jochen Beumer und Hendrik Duscha
Abschnitt V: Der Realoptionsansatz • Volker H. Peemöller und Christoph Beckmann
Abschnitt VI: Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht • Benjamin Ballhorn und Jan König
Abschnitt VII: Unternehmensbewertung im internationalen Kontext • Santiago Ruiz de Vargas
Stichwortverzeichnis

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7. Auflage Das praxiserprobte Standardwerk zur Unternehmensbewertung Mit diesem Praxishandbuch haben Sie die Grundlagen und Methoden der Unternehmensbewertung sicher im Griff. Praxisbezogen und lösungsorientiert stellt es den gesamten Bewertungsprozess und die wesentlichen Verfahren ausführlich, verständlich und sofort umsetzbar dar. Auch wichtige Besonderheiten – von der Bewertung bei Personengesellschaften bis hin zu Synergien im Konzernverbund – werden detailliert erläutert.

Online-Version inklusive Die Inhalte dieses Buches stehen Ihnen auch online in der NWB Datenbank zur Verfügung. Mehr dazu im Buch!

Die Neuauflage behandelt aktuelle Themen der Bewertungs-Praxis und enthält neue Beiträge zu den Themen Unternehmensbewertung im internationalen Kontext, Risikoanalyse und Simulation bei der Unternehmensbewertung, Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht sowie eine empirische Analyse von Bewertungen bei gesellschaftsrechtlichen Anlässen in der Zeit von 2010 bis 2018. Das Handbuch eignet sich sowohl als Grundlagenwerk für den Einstieg in die Materie sowie ebenso als Praxishilfe für den Bewerter. Darüber hinaus ist es ein umfassendes Nachschlagewerk für verschiedene Einzelfragestellungen, die im Rahmen einer Unternehmensbewertung auftreten können.

Der Herausgeber und die Autoren Professor Dr. Volker H. Peemöller, Professor für Betriebswirtschaftslehre und ehemals Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen, an der Universität Erlangen-Nürnberg. Mit Beiträgen namhafter Autoren aus Wissenschaft und Praxis.

www.nwb.de Peemöller (Hrsg.) · Praxishandbuch der Unternehmensbewertung

www.nwb.de

Peemöller (Hrsg.)

Praxishandbuch der Unternehmensbewertung ” ” ”

Grundlagen und Methoden Bewertungsverfahren Besonderheiten bei der Bewertung

7. Auflage

€ 144,- (D) ISBN 978-3-482-51187-5

51187N_Umschlag.indd Alle Seiten

05.08.2019 09:49:38

Peemöller (Hrsg.) • Praxishandbuch der Unternehmensbewertung

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09.08.2019 11:52:17

www.nwb.de

Praxishandbuch der Unternehmensbewertung ” Grundlagen und Methoden ” Bewertungsverfahren ” Besonderheiten bei der Bewertung Herausgegeben von Professor Dr. Volker H. Peemöller

7., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage

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09.08.2019 11:52:17

ISBN 978-3-482-51187-5 eISBN 978-3-482-01201-3 7., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage 2019 © NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne 2004 www.nwb.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages unzulässig. Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld Druck: CPI books, Leck

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VORWORT

VORWORT ZUR 7. AUFLAGE Das Praxishandbuch erscheint nun in 7. Auflage und hat sich als Standardwerk der Unternehmensbewertung etabliert. Alle Beiträge wurden für die 7. Auflage aktualisiert und an die Neuerungen der Unternehmensbewertung und des Steuer- und Gesellschaftsrechts angepasst. Wesentliche Überarbeitungen hat Matthias Popp bei seinen beiden Beiträgen zur „Vergangenheits- und Lageanalyse“ und zur „Berücksichtigung von Steuern“ vorgenommen. Auch die Beiträge zur „Bewertung ertragsschwacher Unternehmen (Sanierung)“ von Rolf Leuner und Jörg Hattenbach sowie „Die Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung“ von Frank Hannes und Jan König wurden in großen Teilen neu gestaltet. Durch den Tod von Carl Helbling, der im Mai 2016 im Alter von 84 Jahren verstarb, wurde es erforderlich, seine vier Beiträge, mit denen er seit der ersten Auflage im Praxishandbuch vertreten war, neu zu besetzen. Tobias Hüttche und Fabian Schmid haben den Beitrag „Besonderheiten bei der Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)“ übernommen. „Absicherungsstrategien gegen Risiken des Unternehmenskaufs“ werden nun bearbeitet von Santiago Ruiz de Vargas und Thomas Zollner und der Abschnitt „Due Diligence Review“ von Volker H. Peemöller. Die Ausarbeitung zu „Aufbau und Anforderungen an das Bewertungsgutachten“ erfolgt von Heinz-Gerd Bordemann. Aufgrund der praktischen Bedeutung und der Aktualität wurden vier Beiträge neu aufgenommen. Die Digitalisierung dringt in alle Lebensbereiche vor; so war hierzu auch ein Beitrag im Praxishandbuch zur „Unternehmensbewertung und Digitalisierung“ erforderlich, der von Alexander Sobanski verfasst wurde. Werner Gleißner hat einen Beitrag zur „Risikoanalyse und Simulation bei der Unternehmensbewertung“ beigesteuert; ein Thema, das in der Fachpresse intensiv diskutiert wird. Besondere Probleme und Fragen wirft die Bewertung von Auslandsgesellschaften auf. Im Beitrag zur „Unternehmensbewertung im internationalen Kontext“ behandelt Santiago Ruiz de Vargas Methoden der Wechselkursprognose in den finanziellen Überschüssen und der dabei zu beachtenden Währungsäquivalenz. Ebenfalls neu ist der Abschnitt „Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht“ von Benjamin Ballhorn und Jan König, die die Neuerungen der Rechtsprechung und der Gesetzgebung herausarbeiten. Jochen Beumer erstellt in seinem Beitrag „Empirische Analyse von Bewertungen bei gesellschaftsrechtlichen Anlässen in 2010– 2018“ eine Übersicht über die Bewertungsanlässe. Am grundlegenden Aufbau des Handbuchs hat sich indes nichts geändert: Im Grundlagenteil werden die Anforderungen und die Entwicklungen der Unternehmensbewertung sowie ein Überblick der Bewertungsverfahren vorgestellt. Das zweite Kapitel setzt sich mit dem Prozess der Unternehmensbewertung von der Vergangenheitsanalyse bis zur Berichterstattung auseinander. Gegenstand des dritten Kapitels sind die anerkannten Verfahren der Unternehmensbewertung, die umfangreich und illustriert an Beispielen vorgestellt werden. Das vierte Kapitel widmet sich allen Sonderproblemen, die im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung auftreten können. Das Praxishandbuch ist insofern sowohl Grundlagenwerk für den Einstieg in die Materie als auch Praxishilfe für den Bewerter im Rahmen seiner Tätigkeit sowie darüber hinaus ein Nachschlagewerk für praktische und theoretische Probleme der Bewertung. Die Unternehmensbewertung erstreckt sich auf immer weitere Felder des wirtschaftlichen Lebens und nimmt sich immer weiterer Spezialprobleme an, wie die Vielzahl an Veröffentlichungen

V

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VO RWO RT

zu diesen Themen belegt. Das Praxishandbuch will für diese ausufernde Thematik eine Hilfe sein. Es vermittelt bei einem überschaubaren Umfang die erforderliche Tiefe über alle wesentlichen Themen der Unternehmensbewertung. Dieses Werk wurde nur möglich durch die kompetenten Fachautoren, bei denen ich mich herzlich für ihre Beiträge bedanke. Besonderen Dank verdienen Frau Kristina Arndt und Herr Patrick Zugehör vom NWB Verlag, die mit großem Einsatz und viel Verständnis das Praxishandbuch betreut und unterstützt haben. Autoren, Verlag und Herausgeber hoffen und wünschen dem Leser, dass er auf viele Fragen Hinweise und Antworten findet, die zur Förderung und Sicherung der Qualität der Unternehmensbewertung beitragen. Nürnberg, im Juli 2019

Volker H. Peemöller

VI

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Autoren

VERZ E IC H N IS

AUTORENVERZEICHNIS Dr. Niels Ahlemeyer, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt WP/StB Prof. Dr. Birgit Angermayer-Michler, Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft ­Ludwigshafen Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg Baetge, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Westfälische WilhelmsUniversität Münster StB Benjamin Ballhorn, CVA, Flick Gocke Schaumburg, Bonn Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Ballwieser, Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung der Ludwig-Maximilians-Universität München Dipl.-Kfm. Dr. Christoph Beckmann, CFA, Allianz Investment Management, Luxemburg Dipl.-Ök./Dipl.-Bw. (FH) Anton Berger, Rödl & Partner, Nürnberg/Köln Dipl.-Kfm. WP Dr. Jochen Beumer, I-ADVISE AG, Düsseldorf Dipl.-Kfm. Ulrich J. Böckmann, CFA, Jefferies International Limited, Frankfurt a. M. WP/StB Prof. Dr. Peter Bömelburg, Rödl & Partner, Nürnberg/Ansbach Prof. Dr. rer. oec. Heinz-Gerd Bordemann, FH Münster Dr. Marlen Braune, MBA, Siemens AG, Forchheim Dipl.-Kfm./Dipl.-Vw. WP/StB Dr. Alexander Brunner, IVC Independent Valuation & Consulting Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Essen Prof. Dr. mult. Anton Burger, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Dipl.-Kfm. WP/StB Hendrik Duscha, Mazars GmbH & Co. KG, Düsseldorf Dipl.-Kfm. WP Hermann-Josef Ernst, ALEGIS GmbH Wirtschaftsprüfung, Merzig Dipl.-Kfm. WP Jochen Fecher, PricewaterhouseCoopers, Frankfurt a. M. Dipl.-Ök. WP Dr. Lars Franken, CFA, IVC Independent Valuation & Consulting Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Essen Prof. Dr. Werner Gleißner, FutureValue Group AG, Leinfelden-Echterdingen Dipl.-Kfm. WP/StB Andreas Grün, PricewaterhouseCoopers, Frankfurt a. M. RA/FAfStR/StB Prof. Dr. Frank Hannes, Flick Gocke Schaumburg, Bonn/München Dipl.-Bw. Jörg Hattenbach, MBA, Alvarez & Marsal, München Dipl.-Kfm. WP Dr. Marc Hayn, CPA, Deloitte, Frankfurt a. M. Dipl.-Kfm. Dr. Heinz Hermann Hense, ThyssenKrupp AG, Essen Prof. Dr. Klaus Henselmann, Lehrstuhl für Rechnungswesen und Prüfungswesen, ­Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

VII

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V E RZ E IC H N I S

Autoren

WP/StB Prof. Dr. Tobias Hüttche, CVA, Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Basel (Schweiz) Dipl.-Kffr. WP/StB Susann Ihlau, Mazars GmbH & Co. KG, Düsseldorf WP/StB Dr. Bernd Keller, Rödl & Partner, Nürnberg WP Dr. Peter Koelen, Greis & Brosent GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf StB Jan König, CVA, ö.b.u.v. Sachverständiger für Unternehmensbewertung, Flick Gocke Schaumburg, Bonn Prof. Dr. Jens Kümmel, Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Lemgo Dipl.-Kfm. Dr. Stefan Kunowski, FWU AG, München Prof. Dr. Jens Leker, Institut für betriebswirtschaftliches Management, Westfälische ­Wilhelms-Universität Münster WP/StB Dr. Rolf Leuner, Rödl & Partner, Nürnberg/Fürth Dr. Peter G. Löhnert, Zürich (Schweiz) Dr. Helmut Maltry, Seminar für Allg. BWL und Wirtschaftsprüfung (Treuhandseminar), ­Universität zu Köln Prof. Dr. Gerwald Mandl, Institut für Unternehmensrechnung und Wirtschaftsprüfung der Karl-Franzens-Universität Graz (Österreich) Dipl.-Kffr. Dr. Andrea Meichelbeck, SMDM Steinacker Müller Dehner Meichelbeck PartmbB Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Erlangen Prof. Dr. Matthias Meitner, CFA, Aequitas GmbH, München WP/StB Dr. Jutta Menninger, WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft, München WP/StB Prof. Dr. Peter Oser, Ernst & Young GmbH, Stuttgart Dipl.-Kfm. Eduard Paul, MRICS, NCGroup Real Estate Valuation GmbH, Nürnberg Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg WP/StB Dr. Matthias Popp, Ebner Stolz, Stuttgart Dr. Jan-André Pramann, Volkswohl Bund Versicherungen, Dortmund Dipl.-Kfm. Michael Raab, Concentro Management AG, Nürnberg WP/StB Prof. Dr. Klaus Rabel, CVA, Rabel & Partner, Graz (Österreich) Dipl.-Kfm. WP Santiago Ruiz de Vargas, CVA, NOERR AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, München Dipl.-Kfm. WP/StB Michael Salcher, KPMG, München Dipl.-Kfm. Dr. Alexander Sasse, Concentro Management AG, Nürnberg Dr. Fabian Schmid, CVA, Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Brugg (Schweiz)

VIII

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Autoren

VERZ E IC H N IS

Dipl.-Ök. WP/StB Dr. Jörn Schulte, CVA, IVC Independent Valuation & Consulting Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Essen Dr. Roland Schulz, CFA, CVA, Hamburg Commercial Bank AG, Hamburg Prof. Dr. Günter Sieben† Dipl.-Kfm. WP/StB Alexander Sobanski, Ebner Stolz, Stuttgart Dr. David Sonius, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Prof. Dr. Felix Streitferdt, Technische Hochschule Nürnberg Dipl.-Kfm./Dipl.-Vw. Dr. Gerrit Volk, Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, ­Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Bonn WP/StB Martin Wambach, Rödl & Partner, Nürnberg/Köln Dr. Jörg Wiese, MBR, München Dipl.-Kffr. StB Dr. Annette Witzleben, MBR, KPMG, München Dipl.-Kfm. WP/StB Thomas Zollner, NOERR AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ­Steuerberatungsgesellschaft, München

IX

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09.08.2019 11:52:17

Ü B ER B LIC K

INHALTSÜBERBLICK Vorwort zur 7. Auflage Autorenverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

V VII XVII

1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung Teil A: Wert und Werttheorien Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

1

Teil B: Anlässe der Unternehmensbewertung Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

17

Teil C: Grundsätze ordnungsmäßiger U ­ nternehmensbewertung Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

31

Teil D: Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick) Prof. Dr. Gerwald Mandl und WP/StB Prof. Dr. Klaus Rabel, CVA, Graz (Österreich)

51

Teil E: Geschichte der Unternehmensbewertung Prof. Dr. Klaus Henselmann, Nürnberg

97

Teil F: Internationale Unternehmensbewertung im Kontext der Standard Setter Dipl.-Kfm. WP Dr. Marc Hayn, CPA, Frankfurt a. M.

133

2. Kapitel: Prozess der Unternehmensbewertung Teil A: Vorbereitung der Unternehmensbewertung WP/StB Prof. Dr. Peter Bömelburg, Nürnberg/Ansbach

165

Teil B: Vergangenheits- und Lageanalyse WP/StB Dr. Matthias Popp, Stuttgart

177

Teil C: Modulgesteuerte Businessplanung als ­Instrument der Unternehmensbewertung Dipl.-Kfm. WP Hermann-Josef Ernst, Merzig

225

Teil D: Due Diligence Review Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

257

Teil E: Absicherungsstrategien gegen Risiken des ­Unternehmenskaufs Dipl.-Kfm. WP Santiago Ruiz de Vargas, CVA, München und Dipl.-Kfm. WP/StB Thomas Zollner, München

281

Teil F: Aufbau und Anforderungen an das ­Bewertungsgutachten Prof. Dr. rer. oec. Heinz-Gerd Bordemann, Münster

319

XI

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Ü B E R B LIC K

3. Kapitel: Bewertungsverfahren Teil A: Ertragswertverfahren nach IDW Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg und Dipl.-Kfm. Dr. Stefan Kunowski, München

333

Teil B: Darstellung der Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) mit Beispiel Prof. Dr. Dr. h. c. Jörg Baetge, Münster, Prof. Dr. Jens Kümmel, Lemgo, Dr. Roland Schulz, CFA, CVA, Hamburg und Dr. Jörg Wiese, MBR, München

409

Teil C: Verbindungen von Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Verfahren Prof. Dr. Dr. h. c. Wolfgang Ballwieser, München

571

Teil D: Die Bestimmung des Betafaktors Prof. Dr. Matthias Meitner, CFA, München und Prof. Dr. Felix Streitferdt, Nürnberg

585

Teil E: Risikofreier Zins und Marktrisikoprämie Prof. Dr. Matthias Meitner, CFA, München und Prof. Dr. Felix Streitferdt, Nürnberg

651

Teil F: Der Terminal Value in der Unternehmensbewertung Prof. Dr. Matthias Meitner, CFA, München

711

Teil G: Empirische Analyse von Bewertungen bei ­gesellschaftsrechtlichen Anlässen in 2010–2018 Dipl.-Kfm. WP Dr. Jochen Beumer, Düsseldorf

763

Teil H: Berücksichtigung von Ausfallwahrscheinlichkeiten in der Unternehmensbewertung Prof. Dr. Jens Leker, Münster, Dr. Jan-André Pramann, Dortmund und Dr. David Sonius, Münster

781

Teil I: Der Substanzwert der Unternehmung Prof. Dr. Günter Sieben† und Dr. Helmut Maltry, Köln

815

Teil J: Multiplikatorverfahren in der ­Unternehmensbewertung Dr. Peter G. Löhnert, Zürich (Schweiz) und Dipl.-Kfm. Ulrich J. Böckmann, CFA, Frankfurt a. M.

841

Teil K: Liquidationswert Dipl.-Kffr. WP/StB Susann Ihlau und Dipl.-Kfm. WP/StB Hendrik Duscha, Düsseldorf

865

Teil L: Risikoanalyse und Simulation bei der ­Unternehmensbewertung Prof. Dr. Werner Gleißner, Leinfelden-Echterdingen

891

XII

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09.08.2019 11:52:18

Ü B ER B LIC K

4. Kapitel: Sonderaspekte der Unternehmensbewertung Teil A: Besonderheiten beim Bewertungsobjekt Abschnitt I: Unternehmensbewertung im Konzern Dipl.-Kffr. Dr. Andrea Meichelbeck, Erlangen

913

Abschnitt II: Länderrisikoprämien Prof. Dr. Werner Gleißner, Leinfelden-Echterdingen

937

Abschnitt III: Bewertungen im Rahmen von Unternehmens­erwerben für Zwecke der ­Rechnungslegung nach IFRS und HGB (Purchase Price ­Allocation – Kaufpreisallokation) Dipl.-Kfm. Dr. Stefan Kunowski, München

979

Abschnitt IV: Unternehmensbewertung und Digitalisierung Dipl.-Kfm. WP/StB Alexander Sobanski, Stuttgart

995

Abschnitt V: Fairness Opinion (IDW S 8) Dipl.-Kfm. WP/StB Andreas Grün, Frankfurt a. M., Dipl.-Kfm. WP/StB Michael Salcher, München, Dipl.-Kfm. WP Jochen Fecher, Frankfurt a. M. und Dipl.-Kffr. StB Dr. Annette Witzleben, MBR, München

1033

Abschnitt VI: Bewertung von Energieversorgungsnetzen Dipl.-Ök./Dipl.-Bw. (FH) Anton Berger und WP/StB Martin Wambach, Nürnberg/Köln

1055

Abschnitt VII: Bewertung junger Unternehmen Dipl.-Kfm. WP Dr. Marc Hayn, CPA, Frankfurt a. M.

1069

Abschnitt VIII: Besonderheiten bei der Bewertung von ­kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) WP/StB Prof. Dr. Tobias Hüttche, CVA, Basel (Schweiz) und Dr. Fabian Schmid, CVA, Brugg (Schweiz) 1105 Abschnitt IX: Besonderheiten bei der Bewertung von ­Personengesellschaften Dipl.-Ök. WP Dr. Lars Franken, CFA, Essen und WP Dr. Peter Koelen, Düsseldorf

1123

Abschnitt X: Bewertung von öffentlichen Unternehmen Dipl.-Ök. WP Dr. Lars Franken, CFA, Dipl.-Ök. WP/StB Dr. Jörn Schulte, CVA und Dipl.-Kfm./Dipl-Vw. WP/StB Dr. Alexander Brunner, Essen

1145

Abschnitt XI: Bewertung von Steuerberaterkanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Dipl.-Kfm. WP/StB Andreas Grün und Dipl.-Kfm. WP Jochen Fecher, Frankfurt a. M.

1169

XIII

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09.08.2019 11:52:18

Ü B E R B LIC K

Abschnitt XII: Bewertung von Freiberuflerpraxen in der ­Gesundheitsbranche WP/StB Dr. Rolf Leuner, Nürnberg/Fürth

1185

Abschnitt XIII: Bewertung von Unternehmensimmobilien Dipl.-Kfm. Eduard Paul, MRICS, Nürnberg

1205

Abschnitt XIV: Ökologie und Unternehmensbewertung WP/StB Dr. Bernd Keller, Nürnberg

1255

Abschnitt XV: Unternehmensbewertung und ­Nachhaltigkeit Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg und Dr. Marlen Braune, MBA, Forchheim

1269

Abschnitt XVI: Bewertung immaterieller Vermögenswerte WP/StB Dr. Jutta Menninger, München 

1291

Abschnitt XVII: Die Bewertung des Goodwills nach IAS/IFRS Dipl.-Kfm. WP Dr. Jochen Beumer, Düsseldorf und Dipl.-Kfm. Dr. Heinz Hermann Hense, Essen

1309

Teil B: Lebensphasen des Unternehmens Abschnitt I: Bewertung im Rahmen des „Going Public“ Dipl.-Kfm./Dipl.-Vw. Dr. Gerrit Volk, Bonn

1339

Abschnitt II: Bewertung von Technologieunternehmen Dipl.-Kfm. Michael Raab und Dipl.-Kfm. Dr. Alexander Sasse, Nürnberg

1357

Abschnitt III: Akquisitionscontrolling: Integration und Nachrechnung Dr. Niels Ahlemeyer und Prof. Dr. mult. Anton Burger, Ingolstadt

1373

Abschnitt IV: Bewertung ertragsschwacher Unternehmen (Sanierung) WP/StB Dr. Rolf Leuner, Nürnberg/Fürth und Dipl.-Bw. Jörg Hattenbach, MBA, München

1403

XIV

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09.08.2019 11:52:18

Ü B ER B LIC K

Teil C: Besonderheiten der Bewertungsverfahren Abschnitt I: Berücksichtigung von Steuern WP/StB Dr. Matthias Popp, Stuttgart

1425

Abschnitt II: Berücksichtigung von Synergieeffekten bei der Unternehmensbewertung WP/StB Prof. Dr. Birgit Angermayer-Michler, Ludwigshafen und WP/StB Prof. Dr. Peter Oser, Stuttgart

1493

Abschnitt III: Die Rechtsprechung zur ­Unternehmensbewertung RA/FAfStR/StB Prof. Dr. Frank Hannes, Bonn/München und StB Jan König, CVA, Bonn

1513

Abschnitt IV: Steuerliche Bewertungsmaßstäbe Dipl.-Kfm. WP Dr. Jochen Beumer und Dipl.-Kfm. WP/StB Hendrik Duscha, Düsseldorf

1551

Abschnitt V: Der Realoptionsansatz Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg und Dipl.-Kfm. Dr. Christoph Beckmann, CFA, Luxemburg

1583

Abschnitt VI: Unternehmensbewertung im Familien- und Erbrecht StB Benjamin Ballhorn, CVA und StB Jan König, CVA, Bonn

1615

Abschnitt VII: Unternehmensbewertung im ­internationalen Kontext Dipl.-Kfm. WP Santiago Ruiz de Vargas, CVA, München 

1639

Stichwortverzeichnis

1679

XV

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09.08.2019 11:52:18

51187N_Peemoeller_Buch.indb 16

09.08.2019 11:52:18

Abkürzungen

VERZ E IC H N IS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS A a. A.

anderer Auffassung

a. a. O.

am angegebenen Ort

AAPA

American Association of Public Accountants

AbfG

Abfallgesetz

Abl.

Amtsblatt

ABV

Advanced Brand Valuation

ADHGB

Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch

AER

American Economic Review

a. F.

alte Fassung

AG

Aktiengesellschaft (auch: Zeitschrift)

AI

Appraisal Institute

AICPA

American Institute of Certified Public Accountants

AIREA

American Institute of Real Estate Appraisers

a. L.

am Lech

a. M.

am Main

AK

Arbeitskreis

AKU

Arbeitskreis Unternehmensbewertung

AktG

Aktiengesetz

AntBVBewV

Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung

AO

Abgabenordnung

APV-Verfahren

Adjusted Present Value-Verfahren

AV

Added Value

AVA

Accredited Valuation Analyst

B b&b

Bilanz und Buchhaltung (Zeitschrift)

BauGB

Baugesetzbuch

BayGO

Bayerische Gemeindeordnung

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BBV

Brutto-Betriebs-Vermögen

BC

Bilanzbuchhalter und Controller (Zeitschrift)

BCF

Brutto-Free-Cashflow

Bd.

Band

BddW

Blick durch die Wirtschaft (Zeitung)

BewG

Bewertungsgesetz

BewP

BewertungsPraktiker (Zeitschrift)

BFH

Bundesfinanzhof

BFuP

Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)

XVII

51187N_Peemoeller_Buch.indb 17

09.08.2019 11:52:18

V E RZ E IC H N I S

Abkürzungen

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGF

Bruttogrundfläche

BilMoG

Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz

BPlan

Bebauungsplan

BStBl

Bundessteuerblatt

BTOElt

Bundestarifordnung Elektrizität

BuW

Betrieb und Wirtschaft (Zeitschrift)

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVG

IRS Business Valuation Guidelines

BVS

Business Valuation Standards

C C&L

Coopers & Lybrand

CAGR

Compounded Annual Growth Rate

CAP

Competitive Advantage Period

CAPM

Capital Asset Pricing Model

cca

comparable company analysis

CCA

Comparative Company Approach

CE

Eingesetztes Kapital (Capital Employed)

CFFA

Certified Forensic Financial Analyst

CICA

The Canadian Institute of Chartered Accountants

CON

Statement of Financial Accounting Concept

c. p.

ceteris paribus

CPA

Certified Public Accountant

CV

Continuing Value

CVA

Certified Valuation Analyst

D DATEV

Datenverarbeitungsorganisation des steuerberatenden Berufes in der Bundesrepublik Deutschland e. G.

DAX

Deutscher Aktienindex

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DBW

Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)

DCF

Discounted Cashflow

DFL

Degree of Financial Leverage

DOL

Degree of Operating Leverage

DRS

Deutscher Rechnungslegungsstandard

DSR

Der Deutsche Standardisierungsrat

DStR

Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

DTTI

Deloitte Touche Tohmatsu International

DV

Datenverarbeitung

DVFA

Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung e.V.

XVIII

51187N_Peemoeller_Buch.indb 18

09.08.2019 11:52:18

Abkürzungen

VERZ E IC H N IS

E E

Schätzwert (Estimate)

EBIT

Earnings Before Interest and Taxes

EBITDA

Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation

EBT

Earnings Before Taxes

ed.

edition

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

e. G.

eingetragene Genossenschaft

EG

Europäische Gemeinschaft

EGT

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

EITF

Emerging Issues Task Force

EK

Eigenkapital

EKQ

Eigenkapitalquote

EMLV

European mortgage lending value

EP

Economic Profit

ErbStG

Erbschaftsteuergesetz

ErbStR

Erbschaftsteuerrichtlinien

ES

Standard-Entwurf

ESt

Einkommensteuer

EStG

Einkommensteuergesetz

EStR

Einkommensteuerrichtlinien

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

e.V.

eingetragener Verein

EV

Enterprise Value

EVA

Economic Value Added

EVA-Konzept

Economic Value Added-Konzept

EVS

European Valuation Standards

EW

Ertragswert

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

F F&E

Forschung und Entwicklung

FAJ

Financial Analyst Journal (Zeitschrift)

FamRZ

Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

FASB

Financial Accounting Standards Board

FAUB

Fachausschuss Unternehmensbewertung

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FB

Finanzbetrieb (Zeitschrift)

FEE

Fédération des Experts Comptables Européens

FFS

Flexible Fertigungssysteme

FIRREA

Financial Institution Reform, Recovery and Enforcement Act

FK

Fremdkapital

XIX

51187N_Peemoeller_Buch.indb 19

09.08.2019 11:52:18

V E RZ E IC H N I S

Abkürzungen

Fn.

Fußnote

FN

Fachnachrichten des IDW (Zeitschrift)

FS

Festschrift

FVerlV

Funktionsverlagerungsverordnung

G GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GE

Geldeinheiten

GewE

Gewerbeertrag

GewESt

Gewerbeertragsteuer

GewSt

Gewerbesteuer

GewStG

Gewerbesteuergesetz

GfK

Gesellschaft für Konsumforschung

GFZ

Geschossflächenzahl

GG

Grundgesetz

ggf.

gegebenenfalls

GK

Gesamtkapital

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHR

GmbH-Rundschau (Zeitschrift)

GoB

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

GoU

Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung

GRZ

Grundflächenzahl

GuG

Grundstücksmarkt und Grundstückswert (Zeitschrift)

GuV

Gewinn- und Verlustrechnung

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

GWG

Geringwertige Wirtschaftsgüter

H HBR

Harvard Business Review (Zeitschrift)

HFA

Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.

HGB

Handelsgesetzbuch

HMRC

Her Majesty’s Revenue and Customs

HOAI

Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure

HöfeO

Höfe-Ordnung

Hrsg.

Herausgeber

I i

Zinssatz

IACVA

International Association of Consultants, Valuers and Analysts

IAS

International Accounting Standards

IASB

International Accounting Standards Board

IASC

International Accounting Standards Committee

IBA

Institute of Business Appraisers

ICAEW

Institute of Chartered Accountants in England and Wales

XX

51187N_Peemoeller_Buch.indb 20

09.08.2019 11:52:18

Abkürzungen

i. d. R.

in der Regel

IDW

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.

IDW-FN

IDW-Fachnachrichten (Zeitschrift)

IDW PS

IDW Prüfungsstandards

IDW RS

IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung

IDW S

IDW Standard

i. e. S.

im engeren Sinne

IFRS

International Financial Reporting Standards

i. H.

in Höhe

i. L.

in Liquidation

Inc.

Incorporated Company

INF

Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift)

io

Industrielle Organisation (Zeitschrift)

IPO

Initial Public Offering

IPS

IACVA Professional Standards

IRS

Internal Revenue Services

IRZ

Zeitschrift für internationale Rechnungslegung

i. S.

im Sinne

i. V.

in Verbindung

IVA

International Valuation Application

IVS

International Valuation Standards

IVSC

International Valuation Standards Committee

i. W.

im Wesentlichen

i. w. S.

im weiteren Sinne

VERZ E IC H N IS

J JFE

Journal of Financial Economics (Zeitschrift)

JFR

Journal of Financial Research (Zeitschrift)

JFQA

Journal of Financial and Quantitative Analysis (Zeitschrift)

JoAL

Journal of Accounting Literature (Zeitschrift)

JoB

Journal of Business (Zeitschrift)

JoF

Journal of Finance (Zeitschrift)

JStG

Jahressteuergesetz

K KAGG

Gesetz über die Kapitalanlagegesellschaften

KapAEG

Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz

KapESt

Kapitalertragsteuer

KCV

Kurs-Cashflow-Verhältnis

KESt

Kapitalertragsteuer

KG

Kommanditgesellschaft

KGaA

Kommanditgesellschaft auf Aktien

KGV

Kurs-Gewinn-Verhältnis

KiSt

Kirchensteuer

XXI

51187N_Peemoeller_Buch.indb 21

09.08.2019 11:52:18

V E RZ E IC H N I S

Abkürzungen

KMU

Kleine und mittlere Unternehmen

KoR

Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung

KP

Kaufpreis

krp

Kostenrechnungspraxis (Zeitschrift)

KrW

Kreislaufwirtschaft

KSt

Körperschaftsteuer

KStG

Körperschaftsteuergesetz

KWT

Kammer der Wirtschaftstreuhänder (Österreich)

L LBO

Leverage Buy-Out

LRP

Long Range Planning (Zeitschrift)

LSP

Listenpreis Selbstkostenermittlung

LW

Liquidationswert

M M&A

Mergers & Acquisitions

MAI

Member of the Appraisal Institute

MarkenG

Markengesetz

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MedR

Medienrecht (Zeitschrift)

Mio

Million(en)

Mrd

Milliarde(n)

MRICS

Member of the Royal Institution of Chartered Surveyors

MS

Management Science (Zeitschrift)

N n. a.

not assigned

NACVA

National Association of Certified Valuation Analysts

NAV

Net Asset Value

n. b. V.

nicht betriebsnotwendiges Vermögen

NCF

Netto-Free-Cashflow

NGF

Nettogeschossfläche

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht

NOPLAT

Net Operating Profit Less Adjusted Taxes

NPS

NACVA Professional Standards

NSt

Neues Steuerrecht (Zeitschrift)

NTRAW

Nettoteilrekonstruktionsaltwert

NWVBl

Nordrhein-Westfälisches Veröffentlichungsblatt

NZG

Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

XXII

51187N_Peemoeller_Buch.indb 22

09.08.2019 11:52:18

Abkürzungen

VERZ E IC H N IS

O o. Ä.

oder Ähnliches

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

OECD-LL

OECD Verrechnungspreisrichtlinien

OFD

Oberfinanzdirektion

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OR

Operating Return

OVG

Oberverwaltungsgericht

p p. a.

per anno

PAPCE

Principles of Appraisal Practice and Code of Ethics

PatG

Patentgesetz

PE

Produkteinheit

PEG-Ratio

Price-Earnings-Growth-Ratio

PER

Price-Earning-Ratios

PEST-Analyse

Analyse der sozio-kulturellen, technologischen, ökonomischen und politischen Faktoren

Plc

Public Limited Company

PR

Puplic Relations

R R

Richtlinie

RAM

Recent Acquisitions Methode

Rbf

Rentenbarwertfaktor

rd.

rund

RechVersV

Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen

RFH

Reichsfinanzhof

RGH

Reichsgerichtshof

RICS

Royal Institution of Chartered Surveyors

RKW

Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V.

RoCE

Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Capital Employed)

RoES

Review of Economics and Statistics

RU

Reporting Unit

RWZ

Österreichische Zeitschrift für Recht und Rechnungswesen

S S

Standard



Sicherheitsäquivalent

SEC

Securities and Exchange Commission

SFAS

Statement of Financial Accounting Standards

SG

Schmalenbach-Gesellschaft – Deutsche Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.

SGE

Strategische Geschäfts-Einheit

sog.

so genannte(r)

XXIII

51187N_Peemoeller_Buch.indb 23

09.08.2019 11:52:18

V E RZ E IC H N I S

Abkürzungen

SolZ

Solidaritätszuschlag

Sp.

Spalte

SPCM

Similar Public Company Methode

SSVS

Statement on Standards for Valuation Services

ST

Schweizer Treuhänder (Zeitschrift)

StB

Steuerberater

StEntlG

Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002

SteuerStud

Steuer und Studium (Zeitschrift)

StuB

Steuern und Bilanzen (Zeitschrift)

SVA

Shareholder Value Added

SW

Substanzwert

SWOT-Analyse

Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken

T Tax-CAPM

Tax-Capital Asset Pricing Model

TCF

Total Cashflow

TDM

Tausend Deutsche Mark

TEGoVA

The European Group of Valuer’s Association

TEUR

Tausend Euro

TPF

Technologie-Portfolio

Tsd.

Tausend

TW

Teilwert

Tz.

Textziffer

U u. a.

unter anderem/und andere

u. Ä.

und Ähnliches

u. E.

unseres Erachtens

UEC

Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers

UK

United Kingdom

UmwG

Umwandlungsgesetz

UmwStG

Umwandlungsteuergesetz

UmwStE

Umwandlungsteuererlass

UntStRefG

Unternehmensteuerreformgesetz

UNEP

United Nations Environment Programme Industry and Environment/Sustain Ability

UrhG

Urhebergesetz

USD

US-Dollar

US-GAAP

United States Generally Accepted Accounting Principles

USPAP

Uniform Standards of Professional Appraisal Practice

USt

Umsatzsteuer

u. U.

unter Umständen

UW

Unternehmenswert

UWF

Umweltwirtschaftsforum

XXIV

51187N_Peemoeller_Buch.indb 24

09.08.2019 11:52:18

Abkürzungen

VERZ E IC H N IS

V V

Verschuldungsgrad

VDB

Verband Deutscher Bücherrevisoren

VDEW

Verband der Elektrizitätswerke

vEK

verwendbares Eigenkapital

VEP

Vorhabenbezogener Bebauungsplan

VG

Verwaltungsgericht

v. H.

vom Hundert

VIP

Value Increase Process

VO

Verordnung

VOPR

Verordnung Preisrecht

vs.

versus

VSt

Vermögensteuer

VStR

Vermögensteuerrichtlinien

VZ

Veranlagungszeitraum

W WACC

Weighted Average Cost of Capital

WertR

Wertermittlungsrichtlinien

WertV

Wertermittlungsverordnung

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

WiB

Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift)

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift)

WISU

Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift)

WM

Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift)

WP

Wirtschaftsprüfer

WPg

Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

WPO

Wirtschaftsprüferordnung

WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

WRP

Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift)

Z ZAP

Zeitschrift für die Anwaltspraxis

ZBB

Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft

ZE

Zukunftserfolg

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

ZfbF

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

ZfCM

Zeitschrift für Controlling und Management

ZfhF

Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

ZGPM

Zustands-Grenzpreismodell

ZGR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis

z. T.

zum Teil

XXV

51187N_Peemoeller_Buch.indb 25

09.08.2019 11:52:19

51187N_Peemoeller_Buch.indb 26

09.08.2019 11:52:19

1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung Teil A: Wert und Werttheorien von

Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

51187N_Peemoeller_Buch.indb 1

09.08.2019 11:52:19

1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Inhaltsverzeichnis Seite

I.

II.

Einführung............................................................................................................................................................

3

1.

Anforderungen an die Unternehmensbewertung.......................................................................

3

2.

Wert.............................................................................................................................................................. 2.1 Gebrauchswert............................................................................................................................ 2.2 Tauschwert.................................................................................................................................... 2.3 Ertragswert....................................................................................................................................

3 4 4 4

Werttheorien.......................................................................................................................................................

4

1.

Objektive Werttheorie...........................................................................................................................

4

2.

Subjektive Werttheorie..........................................................................................................................

6

III. Funktionale Werttheorie.................................................................................................................................

7

1.

Hauptfunktionen..................................................................................................................................... 1.1 Funktion des Beraters................................................................................................................ 1.2 Funktion des Vermittlers.......................................................................................................... 1.3 Argumentationsfunktion......................................................................................................... 1.4 Funktion des neutralen Gutachters......................................................................................

8 8 9 10 11

2.

Nebenfunktionen..................................................................................................................................... 2.1 Informationsfunktion................................................................................................................ 2.2 Steuerbemessungsfunktion.................................................................................................... 2.3 Vertragsgestaltungsfunktion..................................................................................................

13 13 13 13

3.

Kritik an der funktionalen Bewertungslehre..................................................................................

14

IV. Zusammenfassung............................................................................................................................................

14

Literatur.............................................................................................................................................................................

14

2

51187N_Peemoeller_Buch.indb 2

Peemöller

09.08.2019 11:52:19

A. Wert und Werttheorien

I. Einführung 1. Anforderungen an die Unternehmensbewertung Die Unternehmensbewertung dient dazu, potenzielle Preise für ganze Unternehmen oder Unternehmensteile zu ermitteln. Dabei sind alle Erfolgspotenziale des bestehenden Unternehmens und alle darauf einwirkenden Einflüsse zu berücksichtigen. In der Theorie, in der Rechtsprechung und in der Praxis haben sich Ertragswerte – und dazu zählen auch die Discounted-CashflowMethoden – als die Werte herausgebildet, welche die Anforderungen erfüllen, die an die Unternehmensbewertung gerichtet werden. Die wesentlichen Anforderungen bestehen in:

Ein Investor vergütet nur die Erfolgsbeiträge, die ihm in der Zukunft ”” Zukunftsbezogenheit: zufließen; Alle Nutzenbeträge sollen bei der Unternehmensbewertung berücksich”” Nutzenbewertung: tigt werden. Den Berechnungen liegen aber überwiegend nur finanzielle Ziele zugrunde; und Risiken: Um das Problem der Unsicherheit zu lösen, müssen Prognoseverfah”” Chancen ren herangezogen werden, in die die Vorstellungen über die zukünftigen Entwicklungen mit einfließen;

Nur aus der Sicht des jeweilig Interessierten und des Bewertungszwecks kann ”” Investorbezug: ein relevanter Wert abgeleitet werden.

2. Wert Der „Wert“ findet sich in allen Wissenschaften; in der Betriebswirtschaftslehre wird allerdings der Ausdruck „Bewertung“ vorgezogen. Die Bewertung ist das Ergebnis eines Bewertungsvorgangs. Das Wort „Wert“ in Bezug auf einen Gegenstand oder eine Handlungsweise hat nur dann einen Sinn, wenn hinter der Aussage ein Zweck – eine Norm – steht; erst die Norm konstituiert ein Wertsystem. Wird z. B. ein Entlohnungsverfahren als gerecht bezeichnet, so erfolgt die Ableitung des Werts aus ethischen Werten, nämlich der Gerechtigkeit. Es ist durchaus verständlich, dass zwei Personen zu gänzlich abweichenden Urteilen gelangen, weil ihre Vorstellungen darüber, was gerecht ist, auseinander gehen. Keiner kann sein Urteil rational wie ein Rechenexempel beweisen. Urteile über ethische Werte sind damit persönliche Bekenntnisse, aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Sie erfordern eine Entscheidung des Wertenden und beruhen auf Konventionen, die dadurch zustande kommen, dass alle, die das Werturteil anerkennen, von den gleichen Wertvorstellungen ausgehen, deren Wurzeln in irrationalen Bereichen liegen. Urteile über ökonomische Werte sind keine Werturteile, sondern rational zu erklärende Feststellungen. Als Wert soll eine ganz bestimmt definierte Subjekt-Objekt-Beziehung bei Rationalverhalten verstanden werden. Bei Kenntnis der notwendigen Daten kann diese Beziehung für alle beliebigen Subjekte und Gegenstände angegeben werden. Der Wert ist durch Normen, Gesetze und das Entscheidungsfeld des Wertenden festgelegt. Jeder, der über diese Information verfügt, kann den Wert bestimmen. Es handelt sich dabei um eine Bezifferung des zu bewertenden Sachverhalts in Geldeinheiten. Der ökonomische Wert ergibt sich aus zwei Grundtatbeständen des Wirtschaftens:

Peemöller

51187N_Peemoeller_Buch.indb 3

3

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

”” Unbegrenztheit menschlicher Bedürfnisse, ”” Knappheit der Güter, die für die Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung stehen. Der ökonomische Wert ergibt sich i. W. aus dem Gebrauchswert, dem Tauschwert oder dem Ertragswert eines Gegenstands.

2.1 Gebrauchswert Güter, die menschliche Bedürfnisse befriedigen können, besitzen einen Gebrauchswert. Dieser Gebrauchswert kann sehr unterschiedlich sein. Der Gebrauchswert einer Maschine wird für jeden Betrieb anders sein, da die Art der Leistung und ihre Verwertbarkeit am Markt bedeutenden Einfluss auf den Ausnutzungsgrad der Maschinen besitzen. Der Gebrauchswert einer stillgelegten Maschine ist niedriger als der einer arbeitenden Maschine. Der Gebrauchswert eines Kraftwagens für berufliche Zwecke ist z. B. anders einzuschätzen als jener für Vergnügungsfahrten. Der Wert bestimmt sich nach dem Zweck.

2.2 Tauschwert Knappe Güter können gegen andere getauscht werden. Aufgrund ihres Gebrauchswerts und ihres Knappheitsgrads haben sie einen Tauschwert. Es handelt sich dabei um eine Bezifferung mit Geldeinheiten, die sich aus Angebot und Nachfrage ergibt und zu einem Marktpreis führt.

2.3 Ertragswert Güter, die Leistungen hervorbringen und damit Ertrag abwerfen können, haben einen Ertragswert. Er ist abhängig von der Nutzungsdauer der Güter und der zukünftigen Absatzentwicklung der Leistungen. Bei der Wertung muss also vom Markt ausgegangen werden. Damit kommt für die Unternehmensbewertung nur der Ertragswert in Betracht.

II. Werttheorien 1. Objektive Werttheorie Nach der objektiven Werttheorie verfügen die Gegenstände über einen Wert, der ihnen wie eine Eigenschaft anhaftet. „Werthaben“ wird gleichgesetzt mit Eigenschaften. Der Wert, der den Anforderungen eines objektiven Werts entspricht, ist der Marktpreis. Z. T. werden aber auch Konventionen als Maßstab gewählt, nämlich das „Unternehmen, wie es steht und liegt“. Der Unternehmenswert soll danach von jedem realisiert werden können. Nicht der Bezug auf konkrete Käufer und Verkäufer ist herzustellen, sondern die Erfolgspotenziale des Unternehmens sind zu bewerten, die in dem Unternehmen für jedermann enthalten sind. Ein Gegensatz zwischen Käufer und Verkäufer entsteht dadurch nicht. Das Problem, dass Personen dennoch unterschiedlich wählen, bleibt aber ungelöst. Werden transzendente Maßstäbe gewählt, ist die objektive Werttheorie wissenschaftlich unbrauchbar, da ihre Aussagen nicht mehr nachprüfbar sind. Zur Rettung der objektiven Werttheorie werden deshalb Gründe für abweichendes Bewerten genannt:

4

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Peemöller

09.08.2019 11:52:19

A. Wert und Werttheorien

”” Die mangelnde Fähigkeit des Wirtschaftssubjekts, die Eigenschaften zu beurteilen; ”” die Wirtschaftssubjekte bewerten nach unterschiedlichen Methoden; Bewertung ist jeweils gleich, aber aus ökonomischen, persönlichen und strategischen ”” die Gründen kommen die Bewerter zu anderen Werten. Die objektive Werttheorie ist die historisch ältere der drei Konzeptionen. Bis 1960 dominierte sie eindeutig in der Literatur. Nach der objektiven Werttheorie ist der Unternehmenswert losgelöst von Personen. Er gilt für jedermann, weil er von jedem realisiert werden kann. Dieser Wertansatz hat zwei Wirkungen: Betonung der gegenwarts- und vergangenheitsbezogenen Verhältnisse. Damit ver”” Starke bunden war auch eine starke Beachtung des Substanzwerts; ein Meinungsstreit über viele Einzelprobleme, z. B. Finanzstruktur, Besteuerung ”” esundentstand Bewertungsverfahren.

Die Kritik an der objektiven Unternehmensbewertung zeigte sich in den folgenden Punkten:

berücksichtigt nicht die besondere Situation von Käufern und Verkäufern und ihre Inte­ ”” Sie ressenlage. Dadurch entsteht keine Verhandlungsbasis und kein Einigungsbereich, der durch Verhandlungen ausgefüllt wird.

objektiver Wert ist generell nicht zu ermitteln, da sich der Wert aus einer Objekt-Subjekt”” Ein Beziehung ergibt. ABB. 1:

Objektive Unternehmensbewertung

ALLGEMEINE UMWELT

Zahlungsreihen des Objektes Unternehmen werden aus der Gewinnund Verlustrechnung abgeleitet, also aus den Aufwendungen und Erträgen

Vollausschüttung

UNTERNEHMEN

n. b. V.

Nicht betriebsnotwendiges Vermögen (n.b.V.) im Sinne des Betriebszweckes wird mit Veräußerungswerten angesetzt, d.h. die Risikostruktur des Unternehmens ändert sich

Peemöller

51187N_Peemoeller_Buch.indb 5

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Die Praxis ist dieser Kritik z. T. nur verhalten gefolgt. Die Vorstellung, ein Unternehmen hat so viele Werte, wie es Investoren gibt, da sie sich in Risiko, Steuern, Vergleichsobjekt usw. unterscheiden, ist für Praktiker z. T. befremdlich. Zur Rettung des objektiven Werts wird die Ermittlung eines objektivierten Werts vorgeschlagen, der lediglich Ausgangspunkt der Wertermittlung der beiden Parteien ist. Der objektivierte Wert als Verhandlungsgrundlage, der in einem zweiten Schritt zu subjektiven Werten führen kann, entspricht auch der Vorstellung des IDW.

2. Subjektive Werttheorie Die subjektive Werttheorie leitet den Wert der Güter aus ihrem Gebrauchswert ab und gibt ihnen damit eine subjektive und psychologische Erklärung. Die subjektive Werttheorie betrachtet den Wert als eine Vorliebe einer Person für Gegenstände. Der Wert wie auch die Schönheit hängen vom Betrachter ab. Ihre entscheidende Ausbildung fand die subjektive Werttheorie in der Grenznutzentheorie, die besagt, dass die Intensität eines Bedürfnisses mit zunehmender Befriedigung abnimmt. Unter der Voraussetzung, dass ein Gut beliebig teilbar ist, bestimmt sich der Wert des Guts nach dem Nutzen, der mit der letzten Teilmenge zu erzielen ist. ABB. 2:

Subjektive Unternehmensbewertung

Berücksichtigung der Kapitalstruktur des Unternehmens

UNTERNEHMEN

n. b. V.

Nettoausschüttungen des Unternehmens ÿ nicht uniform ÿ unaggregiert ÿ zahlungsstrombezogen ÿ zukunftsbezogen

Verwendungsabsicht des Investors

Zahlungsreihen des Investors ÿ persönliche Steuern ÿ Risikoneigung ÿ Zins der Alternativinvestition INVESTOR

Angenommen, es bestünden keine Zweifel über den tatsächlichen Erfolg einer Handlungsweise, und zwei Personen kämen unter Berücksichtigung derselben Zielsetzung zu unterschiedlichen Werten, kann die subjektive Werttheorie diese Diskrepanz nicht erklären. Die Schwäche der sub-

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Peemöller

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A. Wert und Werttheorien

jektiven Werttheorie liegt darin, dass sie alle Faktoren, die zu einem Werturteil führen, zu einer Einheit zusammenfasst. Die Zielsetzungen können zwar subjektiv verschieden sein, zwischen der Zielsetzung und dem Werturteil liegt jedoch der Wertungsvorgang selbst. Die subjektive Werttheorie wurde in Frontstellung zur objektiven Werttheorie entwickelt. Sie will den Wert eines Unternehmens unter Berücksichtigung der subjektiven Ziele, Möglichkeiten und Vorstellungen des Investors ermitteln. Dieser Vorstellung entspricht ein zukunftsbezogener Ertragswert. Alle in das Bewertungskalkül einfließenden Größen erfahren eine Ausrichtung auf den konkreten Investor. Daraus ergibt sich z. B. der Wert eines Unternehmens für den Käufer, den er maximal zu zahlen bereit wäre. Dieser Wert ist nicht der Kaufpreis. Der Kaufpreis kann sich erst aus den Verhandlungen der Vertragsparteien ergeben, mit ihren unterschiedlichen subjektiven Werten. Daraus werden folgende Prinzipien abgeleitet:

”” Zukunftsbezogenheit der Bewertung, ”” Vorrang der Gesamtbewertung eines Unternehmens, ”” Subjektivität des Bewertenden.

Die subjektive Werttheorie hat folgende Auswirkungen auf die Wertansätze:

”” Der ermittelte Ertragswert gilt für ein Subjekt. ”” Als Ertragsgrößen werden die Zahlungsreihen des Investors zugrunde gelegt. den Zinssatz wird die alternative Anlage des Bewertungssubjekts herangezogen. Dieser ”” Für Zinssatz wird benötigt, um den Barwert der zukünftigen Unternehmenserträge zu ermitteln.

Die Kritik an der subjektiven Unternehmensbewertung zeigte sich in den folgenden Punkten:

”” Die Bewertung des Einzelnen ist aufgrund der Subjektivität nicht nachvollziehbar. bietet keine Grundlage für einen fairen Interessenausgleich der Vertragsparteien bei Kauf ”” Sie bzw. Verkauf eines Unternehmens. führt zu einer Begrenzung der Zwecke der Unternehmensbewertung, da sie z. B. eine ”” Sie „Wertsteigerungsanalyse“ im Rahmen des Value-Based-Management nicht leisten kann.

III. Funktionale Werttheorie Die funktionale Werttheorie versucht den Gegensatz zwischen der objektiven und subjektiven Werttheorie zu überwinden. Der Wert eines Bewertungsobjekts wird im Hinblick auf eine gegebene Zielsetzung unter Berücksichtigung des Entscheidungsfelds des Bewertenden abgeleitet, d. h., die Gesamtheit seiner Handlungsmöglichkeiten, die ihm in einer bestimmten Situation zur Zielerreichung zur Verfügung stehen, wird i. S. der subjektiven Werttheorie berücksichtigt. Es lassen sich jedoch wissenschaftliche Urteile über den Wert abgeben, da sein Zustandekommen nachvollziehbar ist. Die funktionale Unternehmensbewertung geht auf die „Kölner Schule“ zurück, die mit den Arbeiten von Münstermann, Jaensch, Engels, Busse von Colbe, Sieben und Matschke verbunden ist. Die funktionale Werttheorie hat dazu geführt, dass nun eine Abgrenzung nach den Bewertungsfunktionen erfolgen kann. Dadurch treten die Aufgaben der Unternehmensbewertung deutlicher hervor. Der Unternehmenswert ist damit abhängig vom Zweck. Eine Bewertung für einen potenziellen Käufer führt zu anderen Werten als eine Bewertung für die Ermittlung des Abfindungsanspruchs eines Gesellschafters. Bezüglich der Funktionen zeigen sich in der Literatur

Peemöller

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

unterschiedliche Vorstellungen. Die typischen Zwecke der Unternehmensbewertung sollen in den unterschiedlichen Funktionen zusammengefasst werden. Dabei wird von den Vertretern der funktionalen Unternehmensbewertung in Haupt- und Nebenfunktionen unterschieden (Sieben, WISU 1983 S. 539 ff.). Die vielfältigen Anlässe der Unternehmensbewertung lassen sich i. W. den drei Hauptfunktionen der Unternehmensbewertung,

”” Beratungsfunktion, ”” Vermittlungsfunktion, ”” Argumentationsfunktion

zuordnen. Das IDW sieht daneben noch die Funktion des neutralen Gutachters, negiert aber die Argumentationsfunktion (IDW S 1 i. d. F. 2008, S. 71). Als Nebenfunktionen werden genannt:

”” Informationsfunktion, ”” Steuerbemessungsfunktion, ”” Vertragsgestaltungsfunktion.

1. Hauptfunktionen 1.1 Funktion des Beraters Die Beratungsfunktion der Unternehmensbewertung soll Entscheidungshilfen für Käufer oder Verkäufer liefern. Der Verkäufer will wissen, was er mindestens erzielen muss, um sich bei Verwendung des erzielten Geldbetrags für eine Alternativinvestition nicht zu verschlechtern. Der Käufer dagegen möchte wissen, was er höchstens zahlen sollte, um seine Mittel nicht für einen Zweck zu verwenden, der eine geringere Rendite verspricht als vergleichbare Anlagemöglichkeiten. Es handelt sich also um Grenzpreise oder Entscheidungswerte. Bis zur Preisobergrenze ist es für den Käufer vorteilhaft, das Unternehmen zu erwerben. Für den Verkäufer dagegen beginnt ab der Preisuntergrenze, der Verkauf des Unternehmens vorteilhaft zu sein. Ihren Grenzpreis müssen Käufer bzw. Verkäufer kennen, um über den Kaufpreis überhaupt verhandeln zu können. Der Bewerter übernimmt in dieser Funktion für den Entscheidungsträger die Vorbereitung eines Entscheidungsakts. Der Beitrag der Unternehmung zur Zielerreichung wird bestimmt und der optimalen Alternative gegenübergestellt. Die subjektiven Vorstellungen und Zukunftspläne der Käufer oder Verkäufer werden bei der Bewertung berücksichtigt. Dabei sind üblicherweise die Preisobergrenze des Käufers und die Preisuntergrenze des Verkäufers nicht identisch, da sie von unterschiedlichen Präferenzen und Zielvorstellungen ausgehen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die ermittelten Preisgrenzen nicht die einzigen Bestimmungsgrößen für die Kauf- oder Verkaufsentscheidung sein werden. Nicht-monetäre Größen, wie die Forderung nach weiterer Mitarbeit in der Führung, Liefer- und Einkaufsverpflichtungen, Bereitstellen von finanziellen Mitteln und vieles andere mehr, sind Bedingungen, denen wesentliches Gewicht bei der Entscheidung über den Kaufpreis zukommt. Die Grenzpreise geben damit nicht den Preis an, zu dem das Unternehmen tatsächlich verkauft wird. Die Entscheidungswerte zeigen nur den Spielraum der Verhandlungen auf. Wird das Unternehmen tatsächlich zum Grenzpreis einer Partei verkauft, ändert sich deren wirtschaftliche Situation nicht. Kann der Käufer dagegen das Unternehmen unter seinem Grenzpreis erwerben,

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Peemöller

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A. Wert und Werttheorien

verbessert er seine wirtschaftliche Lage. Insofern ist die Kenntnis des Grenzpreises die Voraussetzung für die Verhandlungen. Der Kaufpreis ist das Ergebnis der Verhandlungen. Damit diese Verhandlungen erfolgreich verlaufen, muss ein Einigungsbereich vorliegen, d. h. der Grenzpreis des Käufers muss über dem Grenzpreis des Verkäufers liegen. Die Gründe für unterschiedliche Entscheidungswerte der Käufer und Verkäufer sind mannigfaltig:

Abgrenzung des betriebsnotwendigen Vermögens: Während der Verkäufer ”” Unterschiedliche für diese Abgrenzung vom bisherigen Betriebszweck ausgeht, wird der Investor nach seiner Strategie unterscheiden, was veräußert, stillgelegt und zerschlagen wird und welche Teile fortgeführt werden sollen.

des Kapitalisierungszinsfußes: Der jeweilige Bewerter geht von der Verzinsung seiner ”” Höhe besten Alternativinvestition aus. der zukünftigen Entwicklung: Der Verkäufer wird eher die bisherige Entwicklung ”” Prognose unterstellen, der Käufer dagegen will durch seine Maßnahmen Veränderungen bzw. Verbesserungen erreichen. Allerdings kennen die Parteien nicht die Grenzpreise ihrer jeweiligen Verhandlungspartner. Diese können nur geschätzt oder in den Verhandlungen ausgelotet werden. Ein Verkaufspreis, der innerhalb des Einigungsbereichs liegt, verspricht bei den Vertragsparteien eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation. Die Beratungsfunktion ist nicht auf den Kauf und Verkauf von Unternehmen begrenzt. Sie kommt überall dort zur Anwendung, wo Grenzpreise bzw. Entscheidungswerte benötigt werden. Dies kann sich beziehen auf das Einbringen von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen, auf Fusionen und Spaltungen sowie auf Veränderungen im Konzern. Es wird die subjektive Grenze einer Vertragspartei ermittelt, um den Umfang der Konzessionsbereitschaft zu kennen. Die Beratungsfunktion setzt keinen externen Berater voraus. Sie ist auch von internen Stellen eines Unternehmens zu erfüllen. Das Ziel ist jeweils nur die Ermittlung von Entscheidungswerten.

1.2 Funktion des Vermittlers Die Funktion des Schiedsgutachters oder Vermittlers hat die Aufgabe, zwischen den subjektiven Wertvorstellungen des Käufers und Verkäufers eines Unternehmens den fairen Einigungspreis vorzuschlagen bzw. zu bestimmen. Dazu müssen zunächst die parteispezifischen Interessen bekannt sein, zwischen denen ein für alle beteiligten Parteien akzeptabler Kompromiss gefunden werden soll. Die Entscheidungswerte der Parteien grenzen bei der Vermittlungsfunktion den Einigungsbereich ein. Die Grenzpreise müssen dazu bekannt sein oder vom Schiedsgutachter ermittelt werden. Der Einigungspreis wird Arbitriumwert genannt. Dieser Wert ist kein allgemein gültiger oder objektiver Wert. Der Gutachter muss einen Einigungspreis ermitteln, den sowohl der Käufer als auch der Verkäufer akzeptieren kann, d. h. der Arbitriumwert muss einen Preis darstellen, der unterhalb des Entscheidungswerts des Käufers und oberhalb des Entscheidungswerts des Verkäufers liegt. Die konkrete Situation der beiden Vertragsparteien muss dazu bekannt sein und im Einigungspreis berücksichtigt werden. Das Ziel besteht im fairen und angemessenen Interessenausgleich der Beteiligten. Angestrebt wird ein Schiedswert, der die wirtschaftliche Lage beider Vertragsparteien verbessert.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Besteht ein Einigungsbereich, ist es Aufgabe des Bewerters, die Einigungsbedingungen zu formulieren. Als mögliche Einigungsbedingungen kommen in Frage: Differenz zwischen den Entscheidungswerten ist im Verhältnis der Entscheidungswerte ”” Die der beteiligten Parteien aufzuteilen. ”” Die Entscheidungswertdifferenz wird gemittelt. objektivierte Unternehmenswert wird vorgeschlagen, wenn er im Einigungsbereich liegt ”” Der und keine zusätzlichen Informationen über die Entscheidungswerte der Verhandlungspartner vorliegen. An den Interessenausgleich werden besondere Erwartungen geknüpft. Dies soll anhand von drei unterschiedlichen Situationen verdeutlicht werden:

in Kaufverträgen: In Kaufverträgen findet sich z. T. die Passage, dass für den ”” Formulierungen Fall einer fehlenden Übereinkunft über den Kaufpreis ein Schiedsgutachter den Kaufpreis zu ermitteln hätte. Diese Ermittlung ist mehr oder weniger frei vorzunehmen, da z.  B. das Verfahren, bestimmte Wertansätze oder auch die Vorgehensweise im Vertrag genannt werden. Für den Schiedsgutachter gilt es, die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung (GoU) zu beachten, einen fairen Ausgleich zu finden und auf besondere Probleme der Wertermittlung hinzuweisen.

bei Fusionen: Zur Begründung von Fusionen wird häufig auf die ”” Aktienumtauschverhältnis entstehenden Synergien hingewiesen. Ein objektives Verfahren zur Zuordnung der Synergien auf die beiden beteiligten Unternehmen gibt es nicht. Der Wegfall einer Planungsabteilung kommt beiden Unternehmen zugute, sodass eine Aufteilung dieser Synergien sinnvoll ist. Die Nutzung des Vertriebssystems des einen Unternehmens durch das andere ist dagegen eher einem Unternehmen zuzurechnen.

eines ausscheidenden Gesellschafters: Hier liegt eine dominierte Kon”” Abfindungsanspruch fliktsituation vor. Es stehen sich damit nicht zwei gleichwertige Parteien gegenüber. Hier wäre auch ein Arbitriumwert zu ermitteln, wenn kein Einigungsbereich gegeben ist. Zum anderen sind dabei auch die rechtlichen Vorgaben zu würdigen.

1.3 Argumentationsfunktion Die Argumentationsfunktion soll Argumente liefern, um bei den Verhandlungen über den Kauf bzw. Verkauf, aber auch bei Auseinandersetzungen vor Gericht die Verhandlungsposition einer Partei zu stärken. Hier werden Argumente, wie

”” synergetische Effekte, ”” unorganischer Aufbau des Betriebs, ”” zu geringe Ausstattung mit Eigenkapital,

zusammengetragen, um den Verkaufspreis z.  B. in die Höhe zu treiben oder aber auch den Entschädigungsanspruch zu verbessern. Argumentationswerte dienen der Beeinflussung des Verhandlungspartners, um einen Unternehmenspreis zu realisieren, der möglichst nahe am Entscheidungswert des Auftraggebers liegt. Im Gegensatz zum Entscheidungswert wird der Argumentationswert der Gegenpartei bekannt gemacht und mit Überzeugungskraft vertreten. Um über einen Verhandlungsspielraum zu verfügen, muss er flexibel sein. Eine Partei, die eine optimale Argumentationsstrategie betreibt, 10

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muss alle Verfahren genau kennen und die unterschiedlichen Werte, die sich aus den Verfahren ergeben, errechnen, um das Verfahren vorzuschlagen, das den eigenen Vorstellungen am nächsten kommt. Dabei dürfen die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung nicht verletzt werden, d. h. Fehler, unrealistische Annahmen, die Vernachlässigung von Risiken können auch nicht in einem Gutachten zur Unterstützung einer Kaufpartei enthalten sein. Das IDW, HFA 2/1983 und S 1 i. d. F. 2008, und die Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers (UEC) haben die Argumentationsfunktion für die Wirtschaftsprüfer nicht anerkannt. Diese Funktion wäre mit den Berufsgrundsätzen der Wirtschaftsprüfer nicht zu vereinbaren, die eine objektive Wertermittlung fordern. Ein wichtiger Aspekt der Argumentationsfunktion besteht im Finden des richtigen Käufers, d. h. des Käufers, der bei dem vorgegebenen Kaufpreis seine wirtschaftliche Situation noch verbessert. Es handelt sich um Synergien, Verfahren, Produkte, Vermögensgegenstände, die für ein Unternehmen besondere Vorteile bieten. Während sonst in den Gutachten die Funktion des Bewerters genannt wird, findet sie sich nicht ausdrücklich in Gutachten, die der Argumentation dienen.

1.4 Funktion des neutralen Gutachters Vom IDW wurde die Funktion des neutralen Gutachters als die typische Berufsaufgabe des Wirtschaftsprüfers herausgearbeitet. Der neutrale Gutachter soll einen objektivierten Wert des Unternehmens als Ausgangsgrundlage für Preisverhandlungen vorlegen. Der objektivierte Wert ergibt sich ohne Berücksichtigung subjektiver Wertschätzungen speziell Interessierter. Das Unternehmen wird bewertet „so wie es steht und liegt“, d. h. der objektivierte Unternehmenswert drückt den Wert des im Rahmen des vorhandenen Unternehmenskonzepts fortgeführten Unternehmens aus. Er ist i. d. R. ein Verkäuferwert. Diese Ausrichtung auf den Verkäuferwert hat in der Literatur starke Kritik hervorgerufen. Denn ein Wert, der die Entwicklungsmöglichkeiten, die das Unternehmen in der Hand des Käufers bietet, vernachlässigt, kann nicht als neutral aufgefasst werden (Moxter, 1983, S. 27 ff.).

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

ABB. 3:

Wertermittlung in Abhängigkeit von der Bewertungsfunktion Nutzen der Unternehmung

Argumentationsfunktion

aus der Sicht des Käufers

Prestige, Macht, Unabhängigkeit, Innovationsgrad, Qualität der Produkte Erwerb von Know-how

Einkommenerzielung

Argumentationsfunktion

aus der Sicht des Verkäufers

Funktion des neutralen Gutachters Unternehmensbewertung als Beratung objektivierter Unternehmenswert Zuordnung eines maximalen Geldbetrags

Vermittlungsfunktion Einigungspreis als akzeptabler Kompromiss

Zuordnung eines maximalen Geldbetrags

Ziel: Beibehaltung des Zielniveaus = nicht schlechter stellen als vorher

Dem objektivierten Unternehmenswert liegen folgende Annahmen zugrunde:

Unternehmen wird mit seiner materiellen und immateriellen Substanz fortgeführt. Es ”” Das wird vom vorhandenen Unternehmensumfang ausgegangen. Eingeleitete, aber noch nicht abgeschlossene Investitionen werden mit ihrer Wirkung berücksichtigt. Anpassungsmaßnahmen, die bereits ergriffen wurden, z. B. Kostensenkungsprogramme, Outsourcing, Stilllegung, fließen in die Bewertung mit ein. Grundsätzlich soll damit ein reales und nicht ein fiktives Unternehmen bewertet werden.

Substanz repräsentiert das Ertragspotenzial der Zukunft. Die Zukunftserfolgsplanung ”” Die muss alle Aufwendungen berücksichtigen, die zur Erhaltung der Substanz erforderlich sind.

Die Kenntnis der Wiederbeschaffungszeitwerte der Vermögensteile ist eine wesentliche Voraussetzung für die Schätzung der Reinvestitionsausgaben.

ist nur, was die Substanzerhaltung übersteigt. Nachhaltig ist nur der Entnahmestrom, ”” Erfolg soweit er nicht zur Erhaltung der erfolgsbildenden Substanz notwendig ist. Dazu sind die

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Investitionsraten zu schätzen und die Wiederbeschaffungswerte mit den Abschreibungen vorzugeben.

Ertragskraft wird für die Zukunft unterstellt. Dabei können sich nur die vorgegebenen ”” Diese Größen ändern. Einzelne Kostenarten können z. B. sinken, die Verkaufspreise steigen und die

Umsätze zunehmen. Eine neue strategische Ausrichtung oder andere Produkte sind aber mit dieser Konzeption nicht zu vereinen.

Der Verkauf des nicht betriebsnotwendigen Vermögens hat keinen Einfluss auf die Risiko­ ”” streuung zukünftiger Erfolge. Die Abgrenzung des betriebsnotwendigen vom nicht betriebsnotwendigen Vermögen erfolgt nach dem bisherigen Betriebszweck. Die Veräußerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, wie Grundstücke, Gebäude, Vorräte, wird, bewertet mit den geschätzten Verkaufswerten, dem Ertragswert, hinzugefügt. Damit verändern sich aber u. U. die Strukturen, weil z. B. regelmäßige Mieteinnahmen entfallen. Abbildung 3 zeigt die Hauptfunktionen der Unternehmensbewertung im Zusammenhang.

2. Nebenfunktionen 2.1 Informationsfunktion Die Unternehmensbewertung soll Informationen über die Ertragskraft des Unternehmens liefern. Grundlage der Wertkonventionen sind die Bewertungsvorschriften der Rechnungslegung. Ziel ist, eine Aussage über den aus der Bilanz entwickelten Wert des Unternehmens zu erhalten. Diese Wertermittlung ist geprägt durch die Normen der Rechnungslegung, die zum Schutz außenstehender Gesellschafter und Gläubiger konzipiert wurden. Die bekannten Konventionen des HGB hinsichtlich des Vorsichtsprinzips und des Realisationsprinzips schränken die Aussagekraft bezüglich der Unternehmensbewertung stark ein.

2.2 Steuerbemessungsfunktion Der gemeine Wert von nicht notierten Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften ist nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten Methode zu ermitteln, wenn er sich nicht aus Verkäufen innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag ableiten lässt. Die §§ 199–203 BewG verweisen auf die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahren. Auszugehen ist von dem zukünftig nachhaltig erzielbaren Jahresertrag (Durchschnittsertrag der letzten drei Jahre) und einem Kapitalisierungsfaktor von 13.75.

2.3 Vertragsgestaltungsfunktion In den Gesellschaftsverträgen werden Formulierungen zur Abfindung der Gesellschafter aufgenommen. Damit sollen die Interessen der Gesellschafter und der Gesellschaft geregelt und gesichert werden. Im Vordergrund steht die Ermittlung des Abfindungswerts ausscheidender Gesellschafter. Die Regelungen können sehr unterschiedliche Vorgaben enthalten. Sie können Werte (Buchwertabfindung), Verfahren (Stuttgarter Verfahren, Ertragswertermittlung), Bewerter (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) oder auch Ziele (Liquidität und Bestand müssen erhalten bleiben) enthalten.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

3. Kritik an der funktionalen Bewertungslehre Die funktionale Bewertungslehre versucht, eine Typisierung der Bewertungszwecke vorzunehmen, um für diese gemeinsame Wertableitungen vorgeben zu können. Dabei zeigt die kontroverse Diskussion um die Argumentationsfunktion und die Funktion des neutralen Gutachters, dass dieser Katalog der Funktionen nicht unstrittig ist. Auch die Abgrenzung in Haupt- und Nebenfunktionen ist abhängig von der Perspektive des Betrachters. Zum anderen passen Bewertungszwecke nicht in das vorliegende Schema. Die Bewertung von Strategien, Projekten, aber auch des Gesamtunternehmens unter der Zielsetzung des Shareholder Value ist dafür ein Beispiel. Kauf oder Verkauf liegt nicht vor; es werden auch keine Argumente vorgetragen, und ein Kompromiss mit dem Einigungswert ist nicht vorgesehen. Es handelt sich um eine Bewertung für das „Value-Based-Management“, das bereits breite Anwendung gefunden hat. In diesem Fall werden keine Veränderungen der Eigentumsverhältnisse angestrebt, sondern die Auswirkungen von Maßnahmen auf den Shareholder Value sollen erfasst werden. Dazu werden die Renditeforderungen der Aktionäre zugrunde gelegt, die in den Kapitalisierungszins einfließen. Die Weiterentwicklung der funktionalen Bewertungslehre führt entweder zu Erweiterungen der Funktionen oder – um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden – zu einer Auflösung dieser Funktionen mit der Folge, direkt von den Zwecken der Bewertung auszugehen und dazu die Verfahren zu behandeln.

IV. Zusammenfassung Die wirtschaftliche Situation einer Partei ist von ihren Zielen sowie den Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten bestimmt. Diese sind deshalb für die Ermittlung des Unternehmenswerts zu berücksichtigen. Dieser Wert kann nur für ein bestimmtes Subjekt gelten. Die subjektive Unternehmensbewertung bildet insofern die Grundlage heutiger Unternehmensbewertung. Durch die Typisierung im Rahmen der funktionalen Bewertungslehre wird sie nachvollziehbar und erlaubt den Rückgriff auf Bewertungsverfahren der objektiven Bewertung, wenn die Forderung der Konventionalisierung des Wertermittlungsprozesses erfüllt werden muss. Der Katalog der vorgeschlagenen Funktionen findet nicht von allen Seiten Zustimmung, und er erlaubt nicht, alle Phänomene der Unternehmensbewertung abzubilden. Insofern sind Erweiterungen möglich, z. B. die Ermittlung von Marktwerten für die Shareholder-Value-Analyse, den Börsengang oder die Prognose von Börsenkursen. Literatur: Brösel, Objektiv gibt es nur subjektive Unternehmenswerte, UM 2003 S. 130–134; Busse von Colbe, Der Zukunftserfolg, Wiesbaden 1957; Engels, Betriebswirtschaftliche Bewertungslehre im Licht der Entscheidungstheorie, Köln/Opladen 1962; IDW (Hrsg.), Stellungnahme HFA 2/1983: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, WPg 1983 S. 468–480; IDW (Hrsg.), WPH Edition, Unternehmensbewertung und Transaktionsberatung, Düsseldorf 2018; IDW (Hrsg.), IDW-Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i. d. F. 2008), WPg Supplement 3/2008 S. 68 ff., FN-IDW 2008 S. 271 ff.; Jaensch, Wert und Praxis der ganzen Unternehmung, Köln/Opladen 1966; Künnemann, Objektivierte Unternehmensbewertung, Frankfurt a. M. u. a. 1985; Matschke, Der Entscheidungswert der Unternehmung, Wiesbaden 1975; Matschke/Brösel, Unternehmensbewertung, 4. Aufl., Wiesbaden 2013; Moxter,

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Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Wiesbaden 1983; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, 3. Aufl., Wiesbaden 1970; Peemöller, Aufgaben und Anlässe der Unternehmensbewertung, in: Peemöller (Hrsg.), Handbuch der Unternehmensbewertung, Teil I, Kap. 1a, Landsberg a. L. 1984; Pooten, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung – Ermittlung und Inhalt aus Käufersicht, Büren 1999; Schildbach, Ist die Kölner Funktionenlehre der Unternehmensbewertung durch die Discounted-Cashflow-Verfahren überholt?, in: Matschke/Schildbach (Hrsg.), Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung, FS Sieben, Stuttgart 1998, S. 301–322; Sieben, Der Substanzwert der Unternehmung, Wiesbaden 1962; Sieben, Die Beratungsfunktion der Unternehmensbewertung, in: Goetzke/Sieben (Hrsg.), Moderne Unternehmensbewertung und Grundsätze ihrer ordnungsmäßigen Durchführung, Köln 1977, S. 57–71; Sieben, Funktionen der Bewertung ganzer Unternehmen und von Unternehmensanteilen, WISU 1983 S. 533–542; Sieben/Schildbach, Zum Stand der Entwicklung der Lehre von der Bewertung ganzer Unternehmen, DStR 1979 S. 455–461; UEC (Hrsg.), Empfehlungen zur Vorgehensweise von Wirtschaftsprüfern bei der Bewertung ganzer Unternehmen, München 1980; Wagenhofer, Die Bestimmung von Argumentationspreisen in der Unternehmensbewertung, ZfbF 1988 S. 340–359.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung Teil B: Anlässe der Unternehmensbewertung von

Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Inhaltsverzeichnis Seite

I.

Bedeutung der Anlässe für die Unternehmensbewertung.................................................................

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II.

Bewertungsanlässe aus praktischer Sicht.................................................................................................

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1.

Anlässe und Bewerter............................................................................................................................ 1.1 Unternehmensverträge (§ 293 AktG)................................................................................... 1.2 Eingliederung (§§ 319, 320 AktG).......................................................................................... 1.3 Squeeze-out (§ 327a–f AktG).................................................................................................. 1.4 Verschmelzung (§ 10 UmwG)................................................................................................. 1.5 Allgemeine Anforderungen.....................................................................................................

21 21 21 21 22 22

2.

Anlässe und Haftung.............................................................................................................................. 2.1 Privatgutachter............................................................................................................................ 2.2 Schiedsgutachter......................................................................................................................... 2.3 Gerichtsgutachter.......................................................................................................................

22 22 23 23

3.

Anlässe und Verfahren.......................................................................................................................... 3.1 Abfindung von Gesellschaftern in Personengesellschaften......................................... 3.2 Abfindung von Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag............................... 3.3 Abfindung von Aktionären bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsansprüchen............................................................................................. 3.4 Bewertung von nicht notierten Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften.......................................................................................................... 3.5 Bewertung von Kanzleien und Praxen................................................................................. 3.6 Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)......................................

23 23 24 24

4.

24 25 25

Anlässe und Entwicklungen nach dem Stichtag vor Gericht....................................................

28

III. Zusammenfassung............................................................................................................................................

28

Literatur.............................................................................................................................................................................

28

Rechtsprechung...............................................................................................................................................................

29

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

I. Bedeutung der Anlässe für die Unternehmensbewertung Unternehmensbewertungen dienen unterschiedlichsten Zwecken. Der Unternehmenswert ist vom Bewertungszweck abhängig. Die Anlässe der Unternehmensbewertung determinieren diese Zwecke (vgl. Abbildung 1). ABB. 1:

Anlässe der Unternehmensbewertung – Beispiel

Allerdings sind diese Anlässe auch so vielfältig, dass sie sich einer eindeutigen Klassifizierung entziehen. Insofern existiert auch eine Vielzahl von Klassifizierungsansätzen. So kann nach den Lebensphasen eines Unternehmens (von der Gründung bis zur Liquidation), nach der Art der Regelung (z. B. gesetzliche Vorschriften, vertragliche Vereinbarungen oder sonstige Gründe), nach der Interessenlage von Gesellschaftern bzw. Investoren (z. B. Kauf und Verkauf, Aufnahme und Ausscheiden eines Gesellschafters) und nach dem Entscheidungsbezug (entscheidungsabhängige und entscheidungsunabhängige Anlässe) unterschieden werden (vgl. Abbildung 2 sowie Börner, 1980, S. 111 ff.; Matschke, 1979, S. 20 ff.). ABB. 2:

Merkmale der Unternehmensbewertungsanlässe

Lebensphase

”” Gründung ”” Börseneinführung ”” Fusionen ”” Spin-offs ”” Beteiligungserwerb ”” Sanierung ”” Liquidation

Art der Regelung

”” Gesetzliche Vorschriften ”” AktG

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Entscheidungsbezug

”” Kauf und Verkauf ”” Änderung der von Unternehmen Eigentumsverhält–– Abschluss von Unterneh- ”” Aufnahme und nisse mensverträgen Ausscheiden eines ”” Dominierte –– Eingliederung Gesellschafters Anlässe: Eine ”” UmwG ”” Einbringung eines Partei kann ihren –– Verschmelzung Betriebs Willen durch–– Spaltung ”” Kauf und Verkauf setzen –– Vermögensübertragung von Anteilen ”” Nicht dominierte Anlässe: Die ”” Vertragliche Regelungen

””

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Interessenlage der Gesellschafter bzw. Investoren

–– Ein- und Austritt von Gesellschaftern von Personengesellschaften –– Abfindungen im Fami­lienrecht –– Erbauseinandersetzungen Firmeninterne Vorschriften, etwa wertorientierte Unternehmensführung mit Performancemessung

””

Parteien müssen Konsens erzielen. Entscheidungsabhängigkeit –– Steuerliche Vorschriften –– Performance­ messungen

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Das IDW unterscheidet nun folgende Anlässe (IDW (Hrsg.), WPH Edition, Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, S. 13 ff.) und nennt dazu eine Reihe von Beispielen: ABB. 3: Anlässe der Unternehmensbewertung nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Unternehmensbewertungen Freiwillige Unternehmensbe- Unternehmensbewertungen wertungen im Rahmen für Zwecke der externen aufgrund gesetzlicher Vorschriften unternehmerischer Initiativen Rechnungslegung bzw. vertraglicher Grundlagen Kauf bzw. Verkauf von Kaufpreisverteilung (Purchase Abschluss von aktienrechtlichen Unternehmen bzw. UnterPrice Allocation) nach IFRS/ Unternehmensverträgen nehmensteilen US-GAAP Squeeze-outs Fusionen Werthaltigkeitsprüfung Verschmelzungen sowie AufKapitalzuführungen (Impairmenttest) nach IFRS/ und Abspaltungen US-GAAP/HGB Sacheinlagen Ein- und Austritt von Management Buy Outs Gesellschaftern einer PersonenWertorientierte Unternehgesellschaft mensführung Erbauseinandersetzungen und Erbteilung Abfindungsfälle im Familienrecht Anwendung von Schiedsklauseln insbesondere zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen

””

””

”” ”” ”” ”” ””

””

”” ”” ”” ”” ”” ”” ””

Diese Unterteilung wird bei der Berücksichtigung von Ertragsteuern der Unternehmenseigner wieder aufgegriffen. So sind bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte grundsätzlich Typisierungen des effektiven persönlichen Steuersatzes erforderlich. Bei freiwilligen Unternehmensbewertungen im Rahmen unternehmerischer Initiativen kann auf die Ermittlung persönlicher Steuern verzichtet werden, wenn die Ertragsteuerbelastung der Alternativinvestition in ein Aktienportfolio dieser Belastung entspricht. Unternehmensbewertungen aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Vorschriften verlangen gesonderte Analysen der Auswirkungen persönlicher Steuern. Aus der Typologie der Bewertungsanlässe wird die Berücksichtigung der persönlichen Steuern abgeleitet. Bei einer unmittelbaren Typisierung, die für aktien- und umwandlungsrechtliche Fälle gilt, wird eine inländisch unbeschränkt steuerpflichtige Person unterstellt und die Rendite nach persönlichen Steuern gerechnet. Die Kapitalisierung wird mit dem Tax-CAPM durchgeführt. Eine mittelbare Typisierung, die für unternehmerische Initiativen gilt, geht von den steuerlichen Verhältnissen der Gesamtheit aller Kapitalmarktteilnehmer aus. Es wird von einer Rendite vor persönlichen Steuern ausgegangen und die Kapitalisierung erfolgt mit Hilfe des Standard-CAPM. Im Folgenden soll eine praxisorientierte Sicht des Bewertungsanlasses erfolgen, um daraus mögliche Beschränkungen bzw. Vorgaben für die Bewertung abzuleiten. Eine praxisorientierte Einteilung, nach der auch hier vorgegangen wird, führt zu der in Abbildung 4 gezeigten Unterteilung.

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

ABB. 4:

”” ””

Anlässe der Unternehmensbewertung und ihre Folgen

Bewerter Vorbehaltsaufgabe des WP keine Vorbehaltsaufgabe

”” ”” ””

Haftung Privatgutachten Schiedsgutachten Gerichtsgutachten

”” ”” ”” ”” ”” ””

Verfahren Abfindung von Gesellschaftern in Personengesellschaften Abfindung von Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag Abfindung von Aktionären bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsanspruch Bewertung von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften Bewertung von freiberuflichen Praxen Bewertung von KMU

”” ””

Stichtag für zurückliegende Zeiträume für zukünftige Zeiträume

II. Bewertungsanlässe aus praktischer Sicht 1. Anlässe und Bewerter Grundsätzlich gibt es keine gesonderten gesetzlich geregelten Anforderungen an den Bewerter. Es gibt nur eine Reihe von Vorbehaltsaufgaben des Wirtschaftsprüfers bei der Unternehmensbewertung.

1.1 Unternehmensverträge (§ 293 AktG) Die Unternehmensverträge nach §  291  AktG – Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag – sind von einem sachverständigen Prüfer (Vertragsprüfer) zu prüfen. Nach §  293d  Abs.  1  AktG gelten für die Auswahl und das Auskunftsrecht der Vertragsprüfer § 319 Abs. 1 – 4, § 319a Abs. 1, § 319b Abs. 1, § 320 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1, 2 HGB. Damit kann Vertragsprüfer nur ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein.

1.2  Eingliederung (§§ 319, 320 AktG) Eine Aktiengesellschaft kann unter bestimmten Voraussetzungen in eine andere Aktiengesellschaft eingegliedert werden. Die ausgeschiedenen Aktionäre haben einen Anspruch auf angemessene Abfindung. Sie kann in Form von eigenen Aktien der Hauptgesellschaft oder als Ba­r­ abfindung gewährt werden. Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit der Abfindung ist die Prüfung durch den oder die Eingliederungsprüfer (§ 320 Abs. 3 AktG).

1.3  Squeeze-out (§ 327a–f AktG) Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien kann auf Verlangen eines Aktionärs, dem 95 % des Grundkapitals gehören, die Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär gegen die Gewährung einer angemessenen Barabfindung be­

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

schließen. Die Angemessenheit ist durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer zu prüfen, bei denen es sich um Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften handeln muss.

1.4  Verschmelzung (§ 10 UmwG) Der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf ist durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer (Verschmelzungsprüfer) zu prüfen. Nach § 11 UmwG kommt dafür nur ein Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft infrage. Das gilt auch für die Verschmelzung von Personenhandelsgesellschaften (§ 44 UmwG), die Verschmelzung unter Beteiligung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 48 UmwG), die Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften (§ 60 UmwG), die Verschmelzung unter Beteiligung von KGaA (§ 78 UmwG) und die Verschmelzung unter Beteiligung rechtsfähiger Vereine (§  100 UmwG). Gleiches gilt für die Verschmelzung durch Neugründung (§§ 36, 56, 73 UmwG). Bei Beteiligung von Genossenschaften ist eine gutachterliche Äußerung des Prüfungsverbands (§ 81 UmwG) einzuholen. Nach den Vorschriften der Verschmelzung sind auch die drei weiteren Formen der Umwandlung geregelt: Spaltung (§ 125 UmwG), Vermögensübertragung (§ 176 UmwG) und Formwechsel (§ 208 UmwG), auch wenn die Vorschriften zur Prüfung unterschiedlich sind.

1.5 Allgemeine Anforderungen Wenn es auch für die anderen Arten der Unternehmensbewertung keine zwingenden gesetzlichen Anforderungen gibt, sollte immer gefragt werden, ob es Gründe gibt, die dazu führen, dass einzelne Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung nicht berücksichtigt werden. Dazu könnte der Verzicht auf eine Vergangenheitsanalyse zählen, wenn es um die Bewertung eines „jungen“ Unternehmens geht oder aber eine gänzliche Neustrukturierung des Unternehmens erfolgen soll. Ebenfalls wäre eine kürzere Detailplanungsphase denkbar, wenn eine gesicherte Datenlage fehlt bzw. nur ein kurzer Planungshorizont zur Verfügung steht. Zum anderen ist zu klären, ob das Gutachten an Termine gebunden ist. Das gilt z. B. für die Verschmelzung von Aktiengesellschaften. Wenn keine Zwischenbilanz erstellt werden soll, dürfen die Bilanzen nicht mehr als acht Monate zurückliegen, bezogen auf den Abschluss des Verschmelzungsvertrags (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG). Im Weiteren ist zu klären, ob das erforderliche Fachwissen beim Bewerter vorliegt. Es kann sich dabei um komplexe technische Fragen handeln, aber auch um betriebswirtschaftliche Fragen, die nur von Experten zu lösen sind, wie etwa die Immobilienbewertung oder die Höhe der Rückstellungen für Pensionen bzw. für Gesundheitsvorsorge. Müssen Spezialisten eingesetzt werden, ist vorab zu klären, wie ihre Honorierung erfolgen soll.

2. Anlässe und Haftung Der Bewerter kann als Privatgutachter (Berater), als Schiedsgutachter (Vermittler) oder als Gerichtsgutachter (neutraler Gutachter) tätig werden (Piltz, 1994, S. 310 ff.).

2.1 Privatgutachter Nach den Bestimmungen des Vertrags zur Unternehmensbewertung als Privatgutachter ergibt sich die Art des Vertrags. Es kann sich um Dienstverträge, Werksverträge oder Geschäftsbesor-

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

gungsverträge handeln. Die Haftung des Bewerters ist davon nicht berührt. Steuerberater haften für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit (Piltz, 1994, S. 312). Die aus den verschiedenen Verträgen resultierenden Sorgfaltspflichten sind gleich. Kriterien zur Bemessung der Sorgfaltspflichten sind:

”” Umfang des Werts des Unternehmens, ”” Vertrauen in die Sachkunde und den Erfolg des Gutachters, ”” Vertrauen aus der bisherigen Zusammenarbeit.

Zu den Sorgfaltspflichten selbst gehören:

”” Vorlage verlässlicher Informationen, ”” Ausschöpfen der zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten, ”” Prüfung vorgelegter Unterlagen.

2.2 Schiedsgutachter Schiedsgutachter werden für die beteiligten Vertragsparteien tätig. Eine Haftung des Gutachters gegenüber den Parteien besteht dann, wenn das Gutachten wegen offensichtlicher Fehler unverbindlich ist. In diesem Fall ist aber üblicherweise keiner Partei ein Schaden entstanden. In den anderen Fällen korrigiert das Gericht – wenn es angerufen wird – die Fehler oder Unrichtigkeiten, sodass eine Benachteiligung einer Partei nicht entsteht.

2.3 Gerichtsgutachter Gerichtsgutachter stehen in keiner Vertragsbeziehung zu den Prozessparteien. In diesem Fall sind Ansprüche aus unerlaubter Handlung möglich. Schiedsgutachter haften wie vom Gericht herangezogene Sachverständige.

3. Anlässe und Verfahren Die Wertermittlungen haben nur z. T. eine gesetzliche und vertragliche Grundlage. Ansonsten ist der Bewerter in seinem Vorgehen frei und hat die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung zu beachten.

3.1 Abfindung von Gesellschaftern in Personengesellschaften Bei Personengesellschaften ist dem ausscheidenden Gesellschafter das zu zahlen, „was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre“ (§ 738 Abs. 1 Satz 2 2. HS BGB). Damit wird der Verkauf des gesamten Unternehmens als Einheit einschließlich stiller Reserven und Geschäftswert unterstellt. § 740 BGB verlangt eine gesonderte Berücksichtigung von Gewinnen oder Verlusten aus schwebenden Geschäften. Bei einer Ertragswertermittlung wird auf eine gesonderte Berechnung der schwebenden Geschäfte verzichtet. Diese Vorschriften gelten für GbR, OHG und KG über § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB i. V. mit §§ 705 ff. BGB.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

3.2 Abfindung von Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag Gesellschaftsverträge schreiben z. T. die Bewertungsverfahren für die Ermittlung des Abfindungsanspruchs des ausscheidenden Gesellschafters vor. Diese vertraglichen Bestimmungen sind vom Bewerter zu berücksichtigen. Die Grenzen der vertraglichen Regelung bei Personengesellschaften ergeben sich aus § 723 BGB. Ist die Buchwertklausel vereinbart und ergibt sich eine große Differenz zwischen Buchwert und Verkehrswert, kann die Abfindungsformel i. S. eines Kompromisses zu ergänzen sein. Ein solches Missverhältnis liegt vor, wenn der Buchwert nur 10 % des Substanzwerts (BGH-Urteil vom 24.5.1993) bzw. 35 % des Verkehrswerts (BGHUrteil vom 20.9.1993) beträgt. In diesen Fällen ist von einer ergänzenden Vertragsauslegung auszugehen. Der Verkehrswert wird zum Ausgangspunkt, aber nicht zum Abfindungswert. Der angenommene Ausgleich bestimmt sich nach den konkreten Umständen.

3.3 Abfindung von Aktionären bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsansprüchen Die Abfindung kann in Aktien der herrschenden Gesellschaft oder als Barabfindung erfolgen (§ 305 Abs. 2 AktG). Die Abfindung in Aktien ist angemessen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären. Spitzenbeträge können durch bare Zuzahlungen ausgeglichen werden. Die angemessene Barabfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen (§ 305 Abs. 3 AktG). Dabei sind Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (§ 53a AktG). Paketzu- oder -abschläge sind im Rahmen der Abfindung nicht möglich. Gezahlte Kaufpreise der Vergangenheit werden von der Rechtsprechung nicht als Maßstab für die Aktienberechnung gesehen. Börsenkurse sind nach heutiger Rechtsprechung zu berücksichtigen (Beschluss des BVerfG vom 27.4.1999). Danach ist der aktuelle Börsenkurs zusätzlich zum – auch verfassungsrechtlich unbedenklichen – theoretisch richtigen Ertragswert heranzuziehen. Dabei ist ein Referenzkurs zu Grunde zu legen, der sich als Mittel der letzten drei Monate ergibt (BGH vom 12.3.2001). Das Gericht geht vom Stand-alone-Prinzip aus, d. h. Verbundvorteile sind nicht zu berücksichtigen. Ein gesondertes Verfahren wird nicht vorgeschrieben. Der Verschmelzungsvorgang ist zu prüfen, die Methode zu nennen und die Angemessenheit zu beurteilen.

3.4 Bewertung von nicht notierten Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist der gemeine Wert von nicht notierten Wertpapieren und Anteilen an Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaften oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nicht steuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln. In den §§ 199 bis 203 BewG wird das Verfahren näher erläutert. Es handelt sich um ein vereinfachtes Ertragswertverfahren. Die Basis der Ertragsgröße bildet der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag, für den der tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag der letzten drei Jahre die Beurteilungsbasis darstellt. Die Korrekturen zu diesem Wert enthält der § 202 BewG, der im Einzelnen Hinzurechnungen und Absetzungen nennt. Die Kapitalisierung erfolgt mit einem Kapitalisierungsfaktor von 13.75.

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

3.5 Bewertung von Kanzleien und Praxen Von den Kammern bzw. Standesorganisationen sind Empfehlungen für die Bewertung von Steuerberatungskanzleien, Wirtschaftsprüfungskanzleien, Rechtsanwaltskanzleien und Arztpraxen herausgegeben worden. Es handelt sich um Empfehlungen – nicht um zwingende Vorschriften. Dennoch muss ein Gutachten zur Bewertung von Kanzleien auf die in den Stellungnahmen der Kammern vorgeschlagenen Verfahren eingehen und begründen, wenn ein abweichendes Vorgehen gewählt wird (vgl. im Einzelnen 4. Kap., Teil A, Abschnitt XI und XII). Allerdings sind zwei Änderungen z. B. bei der Bewertung von medizinischen Praxen eingetreten: Einmal wurde die Gebührenordnung erheblich verändert. Zum anderen wurde das vereinfachte Ertragswertverfahren eingeführt.

3.6 Bewertung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) lassen sich nur schwer allein über quantitative Größen abgrenzen. Es sollten auch qualitative Größen mit herangezogen werden (vgl. im Einzelnen Abbildung 5 sowie 4. Kap., Teil A, Abschnitt VII). ABB. 5:

Abgrenzung von mittleren Unternehmen

12,0 40,0

Die Unternehmensbewertung ist zunächst unabhängig von der Größe der Unternehmung. Die Grundsätze der Zukunftsbezogenheit, der Nutzenorientierung, der Risikoberücksichtigung und des Investorbezugs gelten uneingeschränkt. Auf der anderen Seite muss eine Unternehmens-

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

bewertung auch die Eigenart des Unternehmens berücksichtigen und den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit genügen. Das führt nicht zu einer Veränderung der Anforderungen, sondern der Ausgestaltung. Dies zeigt sich in den folgenden Punkten (IDW S 1 i. d. F. 2008): (1) Managementfaktor: In KMU sind die Geschicke des Unternehmens stark an die Person des bisherigen Eigentümers gebunden, der in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Deshalb sind Überlegungen hinsichtlich der Kundentreue, der Innovationskraft des Unternehmens und der Flexibilität des Personals anzustellen. Ist eine Fortführung des Unternehmens ohne die bisherige Führung nicht möglich und wird sie nicht zur Verfügung stehen, ist der Liquidationswert anzusetzen. (2) Private Sphäre: In KMU werden z. T. Vermögensgegenstände im Privatvermögen gehalten, z. B. Patente, Grundstücke, Gebäude. Wenn sie für das Unternehmen betriebsnotwendig sind, müssen sie entweder eingebracht oder über Miet- oder Pachtverträge mit entsprechenden Laufzeiten berücksichtigt werden. (3) Kapitalausstattung: Bei KMU ist die Eigenkapitalausstattung z. T. sehr niedrig. Sie wird über die persönliche Haftung der Gesellschafter aufgefangen. In der Unternehmensbewertung sollten dann Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmenssubstanz vorgesehen werden, bis Eigenkapital in angemessenem Umfang gebildet wurde. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Entnahmeströme und die Steuern sind zu erfassen. (4) Unternehmerlohn: Die Leistungen des Eigentümers sind über den Unternehmerlohn zu berücksichtigen. Die Höhe ergibt sich aus den Vergütungen, die in der Branche und bei gleicher Größe an eine angestellte Führungskraft bezahlt werden. Zu- und Abschläge für die zukünftigen Perioden kommen nur in Frage, wenn eine bestimmte Führungskraft mit ihren Gehaltsvorstellungen für diese Position vorgesehen ist. Für mithelfende Familienangehörige, die unentgeltlich tätig waren, ist zunächst zu entscheiden, ob diese Leistungen in Zukunft erforderlich sind, und erst dann, mit welchem Lohnaufwand sie anzusetzen wären. (5) Datenmaterial: Vergangenheitswerte stehen oftmals nur in eingeschränktem Umfang zur Verfügung. Es handelt sich dabei um die Steuerbilanz und wenige statistische Werte. Dadurch wird eine detaillierte Vergangenheitsanalyse erschwert. Es sollte allerdings hinterfragt werden, ob die Vergangenheitsanalyse Aufschlüsse für die Zukunft bringen kann, wenn erhebliche Veränderungen erfolgen sollen. Planwerte werden z. T. gänzlich fehlen. Sie sind von der bisherigen Führung auch nur in eingeschränktem Umfang zu erwarten. Hilfreich können aber Branchenwerte, wie Umsatzentwicklung, Umsatz pro Mitarbeiter sowie je nach Branche weitere Kennzahlen sein. Da weder die Vergangenheits- noch die Planwerte entsprechend dokumentiert sind, müssen sie sorgfältigen Plausibilitätsprüfungen unterzogen werden. Das gilt auch für Ergebnisrechnungen von Rechenzentren, denen das KMU z. B. über den Steuerberater angeschlossen ist. (6) Verträge: Auch bei KMU trifft man z. T. auf eine Vielzahl von Verträgen. Zu nennen wären Miet-, Darlehens-, Leasing-, Kredit-, Beratungs- und Abnahmeverträge. Die Fortführung des Unternehmens hängt z. T. vom Fortbestand dieser Verträge ab. Deshalb sollten diese Verträge lückenlos erfasst und hinsichtlich ihres Inhalts und ihrer Laufzeit gewürdigt werden. Dies kann durch eine Vollständigkeitserklärung bezüglich der Verträge abgesichert werden. Entsprechen die Konditionen nicht den branchenüblichen Werten, ist zu prüfen, ob Änderungen – und in welcher Zeit – möglich sind.

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

(7) Prognoserechnung: Nach der Phasenmethode sollten die einzelnen Jahre hinsichtlich Kosten und Umsätzen geplant werden. Das kann für KMU auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht möglich sein. Es empfiehlt sich dann die pauschale Methode, bei der lediglich die durchschnittliche Veränderung der Einnahmenüberschüsse der nächsten Jahre geschätzt wird und der Wert des Unternehmens nach der Formel der ewigen Rente berechnet wird. Die durchschnittliche Veränderung der Einnahmenüberschüsse kann aus branchentypischen Ergebnis- und Rentabilitätsentwicklungen abgeleitet werden. Als Kapitalisierungszinssatz kommt der Zinssatz einer Alternativanlage in Betracht. Die Lebensdauer wird mit unendlich unterstellt. Diese Annahme ist zu begründen. Investitionen in KMU vollziehen sich häufig in Schüben, sodass eine gleichmäßige jährliche Investitionsrate nicht vorliegt. Deshalb sollte die technische Ausstattung sehr sorgfältig analysiert werden, und erforderliche Investitionen sollten bereits in den Einnahmeüberschüssen durch Abschreibungen und ggf. Zinsen berücksichtigt werden. Für die Prognoserechnung sollten die Annahmen, unter denen sie erstellt wurde, im Gutachten ausdrücklich genannt werden. Die Ausführungen im IDW S 1 i. d. F. 2008 zur Bewertung von KMU liefern für den konkreten Bewertungsfall wenig praktische Hilfen. Deshalb hat der FAUB eine Hilfestellung in Form von Fragen und Antworten herausgegeben, die einige Hinweise zur Bewertung von KMU enthielt, aber i. W. die Aussagen des S 1 untermauerte (IDW (Hrsg.), FAUB Fragen und Antworten: Zur Anwendung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen nach IDW S 1 i. d. F. 2008, 2012, S. 73 ff.). Nun ist vom FAUB ein Praxishinweis zu den Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen herausgegeben worden (IDW Praxishinweis 1/2014, IDW-Fachnachrichten 2014 S. 282 ff.). Eine gleichlautende Veröffentlichung wurde von der BStBK vorgelegt, die März 2014 beschlossen wurde. Dabei werden nochmals die Besonderheiten der KMU betont. Für die Bewertung selbst sind folgende Punkte von Bedeutung: und temporäre Übertragbarkeit der Ertragskraft. Für diese Problematik von KMU ”” Partielle wurde die Abschmelzung des künftigen Ertragspotenzials vorgeschlagen. Die besonderen Probleme bei diesem Ansatz ergeben sich aus der Abschätzung der Abschmelzung nach Dauer und Höhe. Dazu müssen in Zukunft weitere Kriterien herausgearbeitet werden, damit diese Abschmelzung nachvollziehbar und verlässlich geschätzt werden kann.

Ansatz pauschaler Zu- oder Abschläge im Kapitalisierungszinssatz. Pauschale Abschläge ”” Kein wegen der mangelnde Fungibilität oder der Größe können weder verlässlich quantifiziert werden, noch halten sie der Prüfung ihrer Notwendigkeit stand.

Fortbestehensdauer. In der Literatur wird diskutiert, ob bei KMU auf den Ansatz ”” Unendliche eines Terminal Values zu verzichten wäre bzw. die Insolvenzwahrscheinlichkeit zu berücksichtigen wäre (Nestler, BB 2012 S. 1274). Dieser Gedanke wird im Praxishinweis nicht aufgegriffen, sondern die begrenzte Dauer eines Unternehmens als selten anzutreffende Ausnahme bezeichnet. Auch die Schätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten für KMU – eine weitere Überlegung zur ewigen Rente (Gleißner/Knoll, BB 2011 S. 2283 ff.) – wird nicht behandelt.

Berücksichtigung eines Total Betas. Zur Berücksichtigung der fehlenden Diversifikation ”” Keine von KMU wird in der Literatur der Ansatz eines Total Betas vorgeschlagen. Diese Diskussion wird im Praxishinweis des IDW nicht aufgegriffen, da diese Form nach Meinung des IDW durch die vorliegenden Forschungsergebnisse nicht abgesichert sei.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

4. Anlässe und Entwicklungen nach dem Stichtag vor Gericht In die Unternehmensbewertung fließen die Verhältnisse und Erkenntnismöglichkeiten am Bewertungsstichtag ein. Grundsätzlich können damit nicht die tatsächlich eingetretenen und bekannten Entwicklungen berücksichtigt werden. Der Bewerter hat sich ausschließlich auf die Unterlagen und Erkenntnisse zu beschränken, die zum Bewertungsstichtag bekannt sind. Von diesem Grundsatz werden drei Ausnahmen zugelassen (Piltz, 1994, S. 114 ff.):

”” Vereinbarung der Parteien. Entwicklungen, die bereits am Bewertungsstichtag erkennbar waren („Wur”” Tatsächliche zeltheorie“). Damit ist die nicht leichte Abgrenzung verbunden, welche Entwicklungen mit

ihren Wurzeln bis zum Bewertungsstichtag zurückreichen und welche sich erst danach abzeichneten. Nur die Entwicklungen dürfen im Gutachten berücksichtigt werden, die sich am Bewertungsstichtag bereits abzeichneten.

Erkenntnisse sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dennoch haben ”” Neuere Richter in Einzelfällen neuere Erkenntnisse gewürdigt (Piltz, 1994, S. 119).

Eine andere Würdigung erfahren die Weiterentwicklungen der Bewertungsverfahren. Neuere und bessere Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre sind auch nach der Wurzeltheorie zu berücksichtigen, sodass auch auf frühere Verfahren das CAPM angewendet werden kann. In der Rechtsprechung zeigt sich allerdings dazu ein sehr heterogenes Bild.

III. Zusammenfassung Der Bewertungsanlass kann Auswirkungen auf den Zweck und damit auf das Verfahren der Unternehmensbewertung haben. Deshalb ist eine Systematisierung der Anlässe der Unternehmensbewertung auch nicht wichtig, sondern nur im Zusammenhang mit möglichen Auswirkungen auf die Verfahren oder die Bewertung zu sehen. Literatur: Ballwieser/Franken/Ihlau/Jonas/Kohl/Mackenstedt/Popp/Siebler, Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittlerer Unternehmen (IDW Praxishinweis 2014), WPg 2014 S. 463-474; Behringer, Unternehmensbewertung der Mittel- und Kleinbetriebe, 5. Aufl., Berlin 2012; Börner, Unternehmensbewertung, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, 8. Bd., Stuttgart 1980, S. 111–123; Bungert, Umtauschverhältnis bei Verschmelzungen entspricht nicht den Börsenwerten, zugleich Anmerkung zu BayObLG, Beschluss vom 18.12.2002, BB 2003 S. 699 ff.; Finsterer/Geiger, Abfindung außenstehender Aktionäre im Spruchstellenverfahren – Börsenkurs versus Ertragswert, StuB 1999 S. 1151–1155; Gleißner/Knoll, Konsistente Bewertung von Eigen- und Fremdkapital durch ratingabhängige Risikozuschläge: ein Vorschlag für KMU, BB 2011 S. 2283-2285; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 8. Aufl., Köln 2015; Hülsmann, Abfindung von Gesellschaftern, ZAP 2003 S. 429 ff.; IDW (Hrsg.), Stellungnahme HFA 6/1997: Besonderheiten der Bewertung kleiner und mittlerer Unternehmen, WPg 1998 S. 26–29; IDW (Hrsg.), IDW-Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i. d. F. 2008), WPg Supplement 3/2008 S. 68 ff., IDW-FN 2008 S. 271 ff.; IDW (Hrsg.), FAUB, Fragen und Antworten: Zur praktischen Anwendung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen nach IDW S 1 i. d. F. 2008, IDW-FN 2012 S. 323 ff.; IDW (Hrsg.), IDW-Praxishinweis 1/2014: Besonderheiten bei der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen, IDW-FN 2014 S. 282 ff.; IDW (Hrsg.), WPH Edition, Unternehmensbewertung und Transaktionsberatung, Düsseldorf 2018; Ihlau/Duscha/Gödecke, Besonderheiten bei der Bewertung von KMU, Wiesbaden 2013; Knief, Die „Bewer-

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B. Anlässe der Unternehmensbewertung

tung medizinischer Praxen“ nach dem 31.12.2008, DB 2009 S. 866–870; Künnemann, Objektivierte Unternehmensbewertung, Frankfurt a. M. u. a. 1985; Matschke, Funktionale Unternehmensbewertung, Bd. II: Der Abitriumwert der Unternehmung, Wiesbaden 1979; Mecklenbrauck, Abfindungsbeschränkungen in Gesellschaftsverträgen, BB 2000 S. 2001 ff.; Meitner/Streitferdt, Unternehmensbewertung, Stuttgart 2011; Nestler, Bewertung von KMU: Aktuelle Hinweise des IDW zur praktischen Anwendung des IDW S 1, BB 2012 S. 1271–1275; Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl., Düsseldorf 1994; Ruthardt/ Hachmeister, Zur Frage der rückwirkenden Anwendung von Bewertungsstandards – Analyse und Würdigung der Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, WPg 2011 S. 351–359; Sanfleber, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, Düsseldorf 1990; Sieben, Der Entscheidungswert in der Funktionenlehre der Unternehmensbewertung, BFuP 1976 S. 491–504; Sieben/Lutz, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, BFuP 1985 S. 200–213; Sieben/Sanfleber, Betriebswirtschaftliche und rechtliche Aspekte von Abfindungsklauseln, WPg 1989 S. 321–329; Weber, Börsenkursbestimmung aus ökonomischer Perspektive, ZGR 2004 S. 280 ff.; Wilts/Schaldt/Nottmeier/Klasen, Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, FB 2004 S. 508 ff.

Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 24.5.1993 – II ZR 36/92, NJW 1993 S. 2101; BGH, Urteil vom 20.9.1993 – II ZR 104/92, NJW 1993 S. 3193; BGH, Urteil vom 12.3.2001 – II ZB 15/00; BGH, Urteil vom 16.9.2002 – II ZR 284/01; BGH, Urteil vom 2.6.2003 – II ZR 85/02; BGH, Beschluss vom 21.7.2003 – II ZB 17/01; BVerfG, Beschluss vom 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, StuB 1999 S. 903.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung Teil C: Grundsätze ordnungsmäßiger ­Unternehmensbewertung von

Prof. Dr. Volker H. Peemöller, Nürnberg

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Inhaltsverzeichnis Seite

I.

Einleitung..............................................................................................................................................................

33

II.

Grundsätze der Unternehmensbewertung...............................................................................................

34

1.

Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks..........................................................................................

34

2.

Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit............................................................

34

3.

Stichtagsprinzip........................................................................................................................................

35

4.

Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens...................................................................... 4.1 Ertragsgrößen............................................................................................................................... 4.2 Steuern........................................................................................................................................... 4.3 Objektivierter Unternehmenswert und subjektiver Entscheidungswert................ 4.4 Vergangenheitsanalyse............................................................................................................. 4.5 Zukunftsbezogenheit................................................................................................................. 4.6 Kapitalisierungszinsfuß............................................................................................................ 4.6.1 Kapitalisierungszinssatz für objektivierte Unternehmenswerte............... 4.6.2 Kapitalisierungszinssatz bei der Ermittlung entscheidungsbezogener Unternehmenswerte................................................................................................. 4.6.3 Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren IDW und dem DCF-Verfahren...................................................................................................

35 36 37 40 41 41 42 43

5.

Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens...........................................................

45

6.

Unbeachtlichkeit des (bilanziellen) Vorsichtsprinzips................................................................

46

7.

Nachvollziehbarkeit der Bewertungsansätze................................................................................

47

8.

Vereinfachte Verfahren der Preisfindung.......................................................................................

47

44 44

III. Zusammenfassung............................................................................................................................................

48

Literatur.............................................................................................................................................................................

49

Rechtsprechung...............................................................................................................................................................

50

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C. Grundsätze ordnungsmäßiger ­Unternehmensbewertung

I. Einleitung In den 70er Jahren und Anfang der 80er Jahre drehte sich die wissenschaftliche Diskussion um Fragen nach der richtigen Unternehmensbewertung und dem richtigen Wert. Es zeichnete sich als Übereinstimmung der Zukunftserfolgswert ab. Der Stand der damaligen Überlegungen wurde in Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung zusammengefasst (Moxter, 1976, S. 1 ff.). Vom IDW wurde 1983 die Stellungnahme HFA 2/1983 veröffentlicht, die die Grundsätze der Unternehmensbewertung aus der Sicht des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer beleuchtete. An diesen Grundsätzen wurde z. T. Kritik geübt (Maul, DB 1992 S. 153 ff.), und auch die Bedeutung des Zukunftsertragswerts wird relativiert und abgeschwächt, wenn man an die Privatisierung der ehemaligen DDR-Betriebe (IDW (Hrsg.), Stellungnahme 2/1990, WPg 1990 S. 404) und die Bewertung ertragsschwacher Unternehmen (IDW (Hrsg.), WP-Handbuch 1998, S. 120 ff.) – die in der Rezession an Bedeutung gewinnt – denkt. In den 90er-Jahren wurden das Ertragswertverfahren und die Discounted-Cashflow-Methoden – zumindest am Anfang der 90er-Jahre – sehr kontrovers diskutiert (Gomez, 1992, S. 12 f.). Von daher entsteht der Eindruck, dass von einer Übereinstimmung hinsichtlich der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, die zu einer Komplexitätsreduktion (Moxter, 1980, S. 458) beitragen sollen, nicht mehr gesprochen werden kann. Die Vorstellungen bezüglich der Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung sind sehr unterschiedlich. Deshalb soll an dieser Stelle eine Übersicht nach den unterschiedlichen Kriterien erfolgen (Abbildung 1): ABB. 1:

Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung

Quellen: Ballwieser, 1990, S. 1 ff.; Bartke, 1984, S. 3 ff.; Großfeld, 2015, S. 55 ff.; Moxter, 1983, S. 1; Moxter, 1993, S. 137; Piltz, 1994, S. 2 ff.; Pooten, 1999, S. 7 ff.; Spanhorst, 1973, S. 72. In der Wissenschaft besteht allerdings kein Zweifel daran, dass der Zukunftsertragswert der richtige Wertansatz für die Unternehmensbewertung ist. In der Praxis zeigt sich eher ein differenziertes Bild in Deutschland (Peemöller/Bömelburg/Denkmann, WPg 1994 S. 741–749; Peemöller/ Meyer-Pries, DStR 1995 S. 1202–1208; Peemöller/Kunowski/Hillers, WPg 1999 S. 621–630; Henselmann/Barth, BewertungsPraktiker 2009, Heft 2, S. 9–13). Es hat sich in den letzten Jahren aber eine deutliche Übereinstimmung zum Zukunftsertragswert ergeben. Der Standard des IDW zu Peemöller

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

den Grundsätzen der Unternehmensbewertung hat grundlegende Bedeutung für die Berufsarbeit der Wirtschaftsprüfer und darüber hinaus insgesamt für die Unternehmensbewertung (IDW S 1 i. d. F. 2008).

II. Grundsätze der Unternehmensbewertung Die nachfolgenden Grundsätze sind so abgefasst, dass sie sowohl für die DCF- als auch für das Ertragswertverfahren Geltung besitzen. ABB. 2:

”” ”” ”” ”” ”” ”” ””

Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen – IDW S 1 i. d. F. 2008

Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit Stichtagsprinzip Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Unbeachtlichkeit des (bilanziellen) Vorsichtsprinzips Nachvollziehbarkeit der Bewertungsansätze

1. Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks Der Wert eines Unternehmens ergibt sich aus dem zukünftigen Nutzen, den das Unternehmen dem Investor oder Eigentümer stiften kann. Dazu sind finanzielle Überschüsse zu prognostizieren und zu kapitalisieren, um den Barwert aller dem Unternehmenseigner zufließenden Erträge zu erfassen. Die Annahmen bezüglich der Höhe und Diskontierung der finanziellen Überschüsse sind abhängig vom Bewertungszweck. Im Auftrag ist deshalb festzulegen, in welcher Funktion der Bewerter tätig wird. Im IDW Standard werden nur drei Hauptfunktionen genannt:

”” Beratungsfunktion mit der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte, ”” Vermittlungsfunktion mit der Ermittlung eines Einigungswerts, des neutralen Gutachters mit der Ermittlung eines objektivierten Unternehmens”” Funktion werts.

Das IDW erkennt damit nicht die Argumentationsfunktion als eine (weitere) eigenständige Funktion der Bewertung durch den Wirtschaftsprüfer an. Der Bewertungszweck muss am Anfang der Bewertung geklärt und festgelegt werden, um die Wahl der Annahmen und die Ableitung der Werte gem. dem Bewertungszweck vornehmen zu können. Die Ermittlung des Bewertungszwecks ergibt sich aus dem Bewertungsauftrag und den Zielen und Vorgaben des Auftraggebers. Für die Nachprüfbarkeit des Gutachtens ist der Bewertungszweck im Gutachten zu dokumentieren, um deutlich zu machen, dass die Berechnungen nur in dem dargestellten Beziehungskomplex gelten (Moxter, 1983, S. 6).

2. Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmenseinheit Bewertungsobjekt ist die wirtschaftliche Unternehmenseinheit. Zur wirtschaftlichen Unternehmenseinheit gehören alle Bereiche des Unternehmens, d. h. alle Funktionen, die gemeinsam zur Erzielung der zukünftigen finanziellen Überschüsse beitragen. Innerhalb des Bewertungsobjekts ist das betriebsnotwendige und das nicht betriebsnotwendige Vermögen zu unterscheiden.

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C. Grundsätze ordnungsmäßiger ­Unternehmensbewertung

Das Bewertungsobjekt kann identisch mit einer rechtlichen Einheit sein, muss es aber nicht. In diesem Fall ist eine sorgfältige Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit mit ihren Vermögensgegenständen und Schulden vorzunehmen und zu dokumentieren. Insbesondere ist zu klären, ob aus den vorliegenden Unterlagen Ertragströme der Vergangenheit und der Zukunft abgeleitet werden können.

3. Stichtagsprinzip Der Bewertungsstichtag determiniert die einzubeziehenden finanziellen Überschüsse. Damit wird abgegrenzt, zu welchem Zeitpunkt die finanziellen Überschüsse den künftigen Eigentümern zuzurechnen sind. Der Wert eines Unternehmens wird aus den erwarteten Zukunftserträgen zum Bewertungsstichtag abgeleitet. Damit wird kein fiktives Gebilde bewertet, sondern das reale Unternehmen. Die Bewertungsstichtage können vertraglich vereinbart oder gesetzlich bestimmt sein. Auch die Alternativinvestition kann sich nur am Wissen zum Bewertungsstichtag orientieren. Unternehmen sind keine statischen Gebilde. So sind häufig Investitionen geplant oder schon in Angriff genommen worden, aber noch nicht beendet. Begonnene Investitionen werden in die Abgrenzung mit einbezogen und mit ihren Folgewirkungen berücksichtigt. Dazu gehören die noch fehlende Investitionssumme, Erträge, Abschreibungen und Zinsen aus der Investition. Passt die Investition nicht in das Konzept des Erwerbers, fließen in seine Berechnungen die Aufwendungen für den Abbruch der Investition ein. Geplante Investitionen finden üblicherweise keinen Niederschlag im Unternehmenswert. Eingeleitete und begonnene Kostensenkungsprogramme mit Stilllegungen, Outsourcing, Entlassungen usw. werden dagegen in der Bewertung berücksichtigt. Allerdings wird man sich von der Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen überzeugen müssen, bevor sie in die Berechnungen einfließen. Das fordert die Beachtung des Stichtagsprinzips. Der Bewertungsstichtag fixiert damit den Kenntnisstand der Bewertung. Das gilt auch für die Ertragsteuerbelastung. Nach der Wurzeltheorie (BGH-Urteil v. 17.1.1973) können nur die Erkenntnisse berücksichtigt werden, deren Wurzeln in der Zeit vor dem Bewertungsstichtag gelegt wurden. Diese Abgrenzung spielt dann eine Rolle, wenn zwischen dem Stichtag und der Durchführung der Bewertung eine längere Zeit, d. h. einige Jahre verstrichen sind. Es muss deshalb nachvollziehbar erscheinen, dass Einzelne über die Erkenntnisse verfügten, die erst später der Allgemeinheit zugänglich waren. Anders verhält es sich mit den Bewertungsverfahren. In der Literatur wird zwischen Methodenanpassung und Methodenverbesserung unterschieden (Ruthardt/Hachmeister, 2011, S. 356). Während die rückwirkende Anpassung von Methodenanpassungen unstrittig ist, wird gegen die rückwirkende Anwendung der Methodenverbesserung z. T. Einwand erhoben. Auch hier wird die Anpassung befürwortet, wenn dadurch ein genauerer bzw. objektivierterer Wert ermittelt wird. In der Rechtsprechung zeigt sich dagegen ein sehr heterogenes Bild, was die rückwirkende Anwendung der Bewertungsmethoden betrifft.

4. Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens „Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts!“ (Münstermann, 1970, S. 21). Unternehmen bewerten heißt, zukünftige Entnahmeströme vergleichen. Der Ertragswert ergibt sich aus den Zukunftserfolgen. Diese prognoseorientierte Ertragswertermittlung entspricht dem Stichtagsprinzip. Gegenstand der Bewertung ist das bestehende Unternehmen mit seinen Chancen und Risiken. Der Bewerter geht von der vorhandenen Ertragskraft aus. Der Bewertung liegen Zah-

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lungsströme zugrunde, die an die Eigentümer ausgeschüttet bzw. von diesen entnommen werden. Dabei sind die Zahlungsströme des Eigentümers zu betrachten, d. h. seine persönlichen Steuern müssen mit einfließen, wenn Bewertungen für gesetzliche oder vertragliche Anlässe erstellt werden. Wertbestimmend sind damit nur die finanziellen Überschüsse, die dem Eigentümer als Nettoeinnahmen zur Verfügung stehen.

4.1 Ertragsgrößen Als Basis der Zahlungsströme können zukünftige Einnahme-Überschüsse, Ertragsüberschüsse oder zukünftige Free Cashflows in Betracht kommen. Es lassen sich zwei grundsätzliche DCFMethoden unterscheiden:

”” Equity-Approach (Netto-Ansatz) und ”” Entity-Approach (Brutto-Ansatz).

Der Brutto-Ansatz findet international breite Anwendung, bereitet in Deutschland jedoch bei der Nachsteuer-Betrachtung erhebliche Probleme. Die grundsätzliche Vorgehensweise erfolgt in drei Schritten: Im ersten Schritt sind die zukünftigen Free Cashflows zu schätzen. Diese Free Cashflows sind im zweiten Schritt zu kapitalisieren. Damit erhält man den Gesamtwert des unverschuldeten Unternehmens. Im dritten Schritt ist der Marktwert des Fremdkapitals zu bestimmen und vom Gesamtwert zu subtrahieren. Somit ergibt sich der Marktwert des Eigenkapitals als Unternehmenswert. Beim Equity-Approach werden nur die Einzahlungsüberschüsse betrachtet, die den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehen (Flows to Equity). Deshalb sind vom Free Cashflow die Fremdkapitalzinsen abzusetzen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Änderungen im Umfang der Fremdfinanzierung. Die Flows to Equity sind zu kapitalisieren und ergeben den Marktwert des Eigenkapitals. Die Unternehmensbewertung ist wie die Investitionsrechnung eine zahlungsstromorientierte Rechnung, daher sind zahlungswirksame Überschüsse zu erfassen. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch auch auf nachhaltig entziehbare Gewinne abgestellt werden, da die Ermittlung der Einnahme-Überschüsse durch das Auseinanderfallen mit den Werten der GuV-Rechnung zu erheblichem Mehraufwand führt. Daraus sind Nebenbedingungen abzuleiten und die erforderlichen Instrumente vorzugeben. Für die Einnahmenüberschussrechnung ist die Ausschüttungsfähigkeit zu prüfen und zu klären, ob vertragliche oder gesetzliche Vorschriften eine Ausschüttung verhindern. Die Ertragsüberschussrechnung verlangt nach einer ergänzenden Finanzbedarfsrechnung, in der die Ausschüttungen dargestellt und die Investitionen abgebildet werden. Damit lässt sich das Finanzergebnis ermitteln. Als Instrumente sind Plan-Bilanzen, Plan-GuV-Rechnungen und Finanzplanungen erforderlich. Für die Erzielung der finanziellen Überschüsse muss das Unternehmen die erforderliche Sub­ stanz vorhalten. In Abhängigkeit von den getroffenen Annahmen ist die Substanz zu erhalten, zu vergrößern oder auch zu verringern. Für die Substanzerhaltung ist die Reinvestitionsrate zu ermitteln. Es wäre realitätsfremd, wenn nur von den Abschreibungsbeträgen ausgegangen wird. Kostengleiche Ersatzinvestitionen über einen Zeitraum von vielleicht zehn Jahren und mehr sind

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eher die Ausnahme. Deshalb ist mit einem Zuschlag zu rechnen, der sich aus dem Verhältnis von Abschreibung zu Investition in der Vergangenheit als Näherungswert ergeben kann.

4.2 Steuern Grundsätzlich sind im Rahmen der Unternehmensbewertung zukünftig auftretende Steuerbelastungen zu berücksichtigen. Sie beziehen sich zum einen auf die Entnahmeströme aus dem Unternehmen und zum anderen auf den Kapitalisierungszinssatz. Zu unterscheiden sind hier einerseits Steuerbelastungen auf Unternehmensebene und Steuerbelastungen beim Unternehmenseigner und andererseits ertragsunabhängige und ertragsabhängige Steuern. Ertragsunabhängige, auf Unternehmensebene anfallende Steuern (Betriebsteuern) wie die Grundsteuern bei Kapitalgesellschaften sind in ihrer voraussichtlichen Höhe vom Zukunftsertrag abzuziehen. Weiterhin sind auch die Ertragsteuern, die das Unternehmen belasten, von den Zukunftserfolgen abzuziehen. Personengesellschaften stellen keine Einkommensteuersubjekte dar und sind folglich nicht von Einkommensteuern betroffen. Danach ist zu unterscheiden, ob gewerbliche Einkünfte oder Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen. Die Einkünfte aus dem Unternehmen unterliegen üblicherweise nicht der Gewerbesteuer, da die Anteile regelmäßig im Privatvermögen gehalten werden. In Zukunft muss bei der Unternehmensbewertung unterschieden werden, ob Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften an natürliche Personen vorliegen bzw. ob Einzelunternehmen oder Personengesellschaften zu bewerten sind. Bei der Bewertung von Kapitalgesellschaften ergibt sich folgendes Vorgehen: (1) Abzug der Gewerbesteuer. (2) Abzug der Körperschaftsteuer: Es handelt sich um eine Definitivsteuer von 15 % plus Soli. (3) Ausschüttungen unterliegen der Ertragsteuer des Unternehmenseigners, wenn es sich aus dem Anlass ergibt. (4) Belastung der Ausschüttungen mit einem Steuersatz von 25 % plus Soli. (5) Der Zinssatz der Alternativinvestition unterliegt der Besteuerung nach Maßgabe des TaxCAPM. Die Bewertung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften verläuft dagegen nach folgendem Schema: (1) Abzug der Gewerbesteuer. (2) Ausschüttung an die Unternehmenseigner. Dabei ist zu entscheiden, ob für thesaurierungsbegünstigt oder nicht votiert wird. (3) Belastung der Einkünfte mit dem fiktiven Steuersatz. (4) Anrechnung der Gewerbesteuer und Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags. (5) Kapitalisierung mit dem Zinssatz einer Alternativinvestition nach Maßgabe des Tax-CAPM. Einzelheiten enthält im 4. Kapitel Abschnitt C.I: „Berücksichtigung von Steuern“. Im IDW S 1 i. d. F. 2005 wurde die Vollausschüttungshypothese aufgegeben, da es nicht der Realität der Unternehmen entspricht eine Vollausschüttung vorzunehmen. Die empirisch fest-

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gestellten Thesaurierungsquoten lagen regelmäßig bei 40–60 %. Im Rahmen der objektivierten Unternehmensbewertung ist für die Ausschüttungsannahmen zwischen der Detailplanungsphase und der ewigen Rente zu unterscheiden. Für die Detailplanungsphase sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

”” das individuelle Unternehmenskonzept, ”” die bisherige und zukünftige Ausschüttungspolitik, ”” die Eigenkapitalausstattung, ”” die steuerlichen Rahmenbedingungen.

Für die thesaurierten Beträge ist eine Mittelverwendung zu planen bzw. Prämissen für die Mittelverwendung vorzugeben. Dabei sind auch die steuerlichen Effekte zu erfassen. Für die ewige Rente ist ein äquivalentes Ausschüttungsverhalten wie für die Alternativanlage zu unterstellen, wenn keine Besonderheiten der Branche, der Kapitalstruktur oder rechtliche Rahmenbedingungen dagegen sprechen. Die Anlage muss sowohl in der Detailplanungsphase als auch in der ewigen Rente kapitalwertneutral erfolgen, d. h. die Kapitalkosten müssen erwirtschaftet werden. Bei der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte ist von der individuell getroffenen Ausschüttungsannahme auszugehen und der geplante Umfang der Innenfinanzierung und die Kapitalzuführung der Eigenkapitalgeber zu berücksichtigen. Der Standard des IDW differenziert an dieser Stelle zwischen dem objektivierten Wert und der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte. Allerdings wird darauf im Folgenden nicht immer hingewiesen. Generell gilt, dass für den objektivierten Wert von einem typisierten Steuersatz auszugehen ist und bei den subjektiven Entscheidungswerten von der tatsächlichen Steuerbelastung des Investors. Dabei ist bei Einkünften aus Gewerbebetrieb § 35 Abs. 1 EStG zu beachten. Weiterhin müssen Steuerbe- bzw. Steuerentlastungen aus der Umstrukturierung des Eigenkapitals bei Kapitalgesellschaften und aus der Veräußerung von n. b. V. im zweiten Bewertungsschritt erfasst werden. Die Berücksichtigung der Steuern im Ertragswertverfahren bereitet keine großen Schwierigkeiten. Probleme entstehen aber bei der Anwendung der DCF-Methode. Dazu finden sich im Standard des IDW keine weiteren Angaben. Zwei mögliche Vorgehensweisen kommen in Frage: wird ein Ausschüttungssteuersatz aus dem Steuertableau (Tax Shield) ermittelt. Die Steu”” Eserwirkung der Fremdkapitalzinsen wird in den gewichteten Kapitalkosten berücksichtigt, wobei von den Fremdkapitalkosten der Steuersatz abgezogen wird: (FK-Zinsen x [1-s]). Es handelt sich dabei um das FreeCashflow-Verfahren.

Steuertableau wird die Steuerbelastung nach dem modifizierten Jahresüberschuss ermit”” Im telt und in die DCF-Rechnung eingesetzt. Dann darf keine Anpassung der Fremdkapitalzinsen erfolgen. Hierbei handelt es sich um das Total-Cashflow-Verfahren.

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Berücksichtigung von Steuern bei Kapitalgesellschaften

ABB. 3:

Ertragswertverfahren

DCF-Verfahren (WACC-Ansatz)

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit – sonstige Steuern = Ergebnis vor Ertragsteuern – Gewerbesteuer – Körperschaftsteuer-Definitiv-Belastung von 15 % plus Soli = Ausschüttung Jahresüberschuss

Gesellschaftsebene Handelsrechtliches Jahresergebnis vor Steuern + Fremdkapitalzinsen – GewSt + KSt auf EBIT = Net operating profit less adjusted taxes + Abschreibungen u. a. zahlungsunwirksame Auf­wendungen – zahlungsunwirksame Erträge = Brutto Cashflow – Investitionsauszahlungen +/– Verminderung/Erhöhung des Nettoumlauf­ vermögens einschließlich des Zahlungsmittelbestands = Free Cashflow

Gesellschafterebene Ausschüttung Jahresüberschuss = Einnahmeüberschüsse vor persönlicher Einkommensteuer – persönliche Einkommensteuern auf den Ausschüttungsbetrag = zu diskontierende Ertragsgröße

Gesellschafterebene Free Cashflow – persönliche Einkommensteuer auf den Ausschüttungsbetrag = zu diskontierende Cashflows

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4.3 Objektivierter Unternehmenswert und subjektiver Entscheidungswert Im Standard des IDW wird an dieser Stelle zwischen der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts und der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte unterschieden. Dies soll an dieser Stelle in Form einer Gegenüberstellung erfolgen: ABB. 4:

Gegenüberstellung der finanziellen Überschüsse Finanzielle Überschüsse bei Ermittlung von

objektivierten Unternehmenswerten

subjektiven Entscheidungswerten

Zum Stichtag eingeleitete Maßnahmen Es sind nur solche Erfolgschancen zu berücksichtigen, die sich aus eingeleiteten Maßnahmen oder konkretisierten Handlungen ergeben.

Geplante, noch nicht eingeleitete Maßnahmen Es sind alle Veränderungen zu berücksichtigen, die sich aus der Strategie des Erwerbers ergeben. Die rentabelste Nutzung des Betriebs ist zu unterstellen.

Sog. unechte Synergieeffekte Es handelt sich um Synergien, die sich aus dem Verbund ergeben, ohne die Auswirkungen aus dem Bewertungsanlass. Sie sind so weit zu berücksichtigen, als sie bereits eingeleitet sind.

Echte Synergieeffekte Es sind alle Synergieeffekte, die sich aus dem Verbund ergeben, zu berücksichtigen.

Ausschüttungsannahmen Ausgeschüttet werden die finanziellen Überschüsse, die nach Berücksichtigung rechtlicher Restriktionen und der bestehenden Unternehmenskonzeption zur Verfügung stehen. In der ewigen Rente ist von der Thesaurierungsquote der Alternativinvestition auszugehen.

Finanzierungsannahmen und Ausschüttungsthese Ausgangspunkt ist die vom Eigentümer oder Erwerber ausgestattete Kapitalstruktur und seine Finanzierungsmöglichkeiten. Dabei ist das veränderte Finanzierungsrisiko im Kapitalisierungszinssatz zu berücksichtigen. Ausgeschüttet wird der Betrag, der nach dem Umfang der geplanten Innenfinanzierung noch zur Verfügung steht.

Typisierte Managementfaktoren Festzustellen ist, ob das bisherige Management auch in Zukunft für das Unternehmen tätig ist. Treten keine Veränderungen ein, ist auch keine Korrektur der Werte erforderlich. Bei personenbezogenen Unternehmen sind sowohl die positiven wie negativen Veränderungen aus dem Wechsel der Eigentümer zu berücksichtigen. Der Unternehmerlohn bemisst sich nach der Vergütung eines Geschäftsführers nach Branche und Größe des Unternehmens. Zu eliminieren sind alle Einflüsse, die sich aus personellen oder familiären Bindungen des bisherigen Eigentümers ergeben und nun entfallen. Zu prüfen wäre auch, ob eine Fortführung ohne die bisherige Führung überhaupt möglich ist. Kann dies nicht unterstellt werden, ist der Liquidationswert anzusetzen.

Individuelle Managementfaktoren Ausschlaggebend sind die finanziellen Überschüsse, die sich aus der geplanten Besetzung der Führungsposition ergeben.

Ertragsteuern der Unternehmenseigner Auch bei Kenntnis der individuellen Steuersätze des Eigentümers ist von einem typisierten Steuersatz auszugehen. Bei Kapitalgesellschaften von 25 % zuzüglich Soli. Bei Personengesellschaften von einem Grenzsteuersatz von 35 %.

Ertragsteuern der Unternehmenseigner Ausgangspunkt ist die persönliche Ertragsteuerbelastung der Eigentümer oder Erwerber.

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4.4 Vergangenheitsanalyse Die Gegenwart erklärt sich aus der Vergangenheit, und die Gegenwart ist die Basis der Zukunft. Die Vergangenheitsergebnisse sind darauf zu analysieren, ob sie eine Grundlage für die Schätzung des Zukunftsertrags bilden können. Ziel der Vergangenheitsanalyse ist die Gewinnung einer aussagekräftigen Basis für die Zukunft, um die Prognosewerte auf Plausibilität beurteilen zu können. Damit soll das Spezifische eines Unternehmens deutlich werden. Beispiele dafür sind:

”” Personal-, Material- und Abschreibungsintensität, ”” Vorräte, Forderungen und Verbindlichkeiten zu den Umsatzerlösen. ”” Umsatz- und Ergebnisveränderungen gegenüber den Vorjahren, ”” Vergleich dieser Werte mit den Branchenwerten.

Für die Vergangenheitsanalyse sollte ein Zeitraum von drei bis fünf Jahren zugrunde gelegt werden. Im Rahmen der Vergangenheitsanalyse sind neben den Jahresabschlüssen die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu durchleuchten. Weiterhin muss im Rahmen der Vergangenheitsanalyse die Einbettung des Bewertungsobjekts in den Markt berücksichtigt werden, d. h., es sind die Marktbeziehungen des Unternehmens sowie die Gesamt- und Branchenmarktentwicklung zu untersuchen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse lassen sich aus den Jahresabschlüssen, Kapitalflussrechnungen und internen Ergebnisrechnungen der Vergangenheit ableiten. Entscheidend ist die Bereinigung der Vergangenheitserfolge um außerordentliche und für die Zukunft nicht repräsentative Chancen und Risiken. Dabei ist z. B. an Gewinne aus der Veräußerung n. b. V., an Stilllegungsverluste und an Schäden durch Naturkatastrophen zu denken. Die Bereinigung erfordert eine detaillierte Analyse. Die Bereinigungen beziehen sich auf zwei Sachverhalte: der Jahresabschlüsse, die nach handelsrechtlichen Vorschriften erstellt wur”” Modifikationen den und nun auf die Unternehmensbewertung auszurichten sind; bereinigten Vergangenheitswerte sollen mit den Zukunftsergebnissen vergleichbar sein. ”” die Die Folgewirkungen der Anpassungsmaßnahmen müssen deshalb ermittelt werden und fließen in die Berechnung ein. Sowohl für das Ertragswertverfahren als auch für das DCF-Verfahren ist eine derartige Vergangenheitsanalyse erforderlich. Auf eine Vergangenheitsanalyse muss, kann oder sollte verzichtet werden, wenn

”” das Unternehmen total umgestaltet wird und seine bisherige Struktur verliert, ”” das Unternehmen erst neu gegründet wurde und noch kaum Vergangenheitswerte vorliegen, Unternehmen durch Strukturbrüche gekennzeichnet war, sodass eine einheitliche Ent”” das wicklung nicht deutlich wird.

4.5 Zukunftsbezogenheit Durch die Zukunftsbezogenheit sind die Bewertungsgrundlagen unsicher. Bei der Bewertung wird i. d. R. von der unbegrenzten Lebensdauer des Unternehmens ausgegangen. Die Prognose erstreckt sich somit über extrem lange Zeiträume. Die Sicherheit der Prognose nimmt mit zunehmender Zeitdauer der Schätzperiode zum Bewertungsstichtag ab. Denn die Planung des

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Zukunftserfolgsstroms ist mit unternehmensspezifischen Unsicherheitsfaktoren, wie z. B. der Konkurrenzentwicklung, verbunden, aber auch mit generellen Unsicherheitsfaktoren, wie z. B. Nachfrageverschiebungen, Naturkatastrophen oder Steuerrechtsänderungen. Je weiter die Planung in die Zukunft hineinreicht, umso vager wird die Prognose. Die exakte Datenermittlung wird auf einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren für die Zukunft beschränkt (wirtschaftlicher Planungshorizont). Die Dauer des Planungshorizonts ist abhängig von der Dynamik der Märkte, aber auch von der Größe, Struktur und Branche des zu bewertenden Unternehmens. Ein weiterer Anhaltspunkt besteht in der Lebensdauer einer Produktgeneration. Die Begrenzung auf den wirtschaftlichen Planungshorizont ist aus zwei Gründen gerechtfertigt: Erstens haben Zukunftserfolge mit zunehmender Entfernung vom Bewertungsstichtag einen immer geringeren Einfluss auf den Barwert. Zweitens ergeben sich durch die Fülle von Einflussfaktoren kompensatorische Effekte, sodass unerwarteten Chancen unerwartete Risiken entgegenstehen. Weiterhin ist zu bedenken, dass der Einsatz der Prognosemethoden wirtschaftlich vertretbar sein muss, d. h., das Verhältnis von zusätzlichen Kosten zu zusätzlich erlangten Informationen muss angemessen sein. Der Zukunftsbezug der Unternehmensbewertung führt zu folgendem Vorgehen, wobei zwei Abschnitte zu unterscheiden sind: Im ersten Abschnitt wird eine möglichst detaillierte Planung erstellt. Sie umfasst drei bis ca. fünf Jahre. Die Dauer ist abhängig von der Produktlebensdauer. Der zweite Abschnitt kann zwei Ausgestaltungen annehmen. Wird eine unendliche Lebensdauer unterstellt, wird die ewige Rente ermittelt und auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Der Restwert nach dem Ertragswertverfahren geht von den Endwerten der vorgelagerten Phase aus. Der Residualwert nach der DCF-Methode wird anhand von prognostizierten Konstanten zu Cashflows auf Basis des letzten Jahres des Planungszeitraums errechnet. In dieser Phase werden nur noch Ersatzinvestitionen i. H. der Abschreibungen vorgenommen. Zusatzinvestitionen fallen nicht mehr an. Der Restwert ergibt sich damit aus der Verwertung der zukünftigen Free Cashflows. Es empfiehlt sich, den Anteil des Restwerts am Gesamtwert zu bestimmen. Je höher der Anteil des Restwerts am Gesamtwert ist, umso mehr werden die Erträge in der weiteren Zukunft vermutet. Diese Aufteilung ist für junge Unternehmen und neue Produkte plausibel. Die zweite Ausgestaltung geht von einer begrenzten Lebensdauer aus. Dazu ist der Liquidationswert zu ermitteln und auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen.

4.6 Kapitalisierungszinsfuß Der Unternehmenswert bestimmt sich aus der Summe der zukünftigen Ertragsströme. Je weiter die Ertragsströme in der Zukunft liegen, umso mehr verlieren sie an Wert. Die Ertragsströme sind daher auf den Bewertungsstichtag abzuzinsen und zu einem Barwert zusammenzufassen. Mit Hilfe des Kapitalisierungszinsfußes wird das Bewertungsobjekt mit anderen Geldverwendungsmöglichkeiten verglichen. Über die lange Zeitdauer der Abzinsung wirken sich geringe Veränderungen des Zinssatzes erheblich auf den Barwert aus. Der Kapitalisierungszinssatz wird üblicherweise nach dem CAPM bzw. dem WACC ermittelt. Die Alternativinvestition ist damit der Kapitalmarkt.

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4.6.1 Kapitalisierungszinssatz für objektivierte Unternehmenswerte Den Ertragswertverfahren liegt der Alternativgedanke zugrunde. Die prognostizierten Kapitalisierungsgrößen sollen mit Hilfe des Kapitalisierungszinssatzes auf den Bewertungsstichtag abgezinst und so mit der dem Investor zur Verfügung stehenden Alternativanlage vergleichbar gemacht werden. Diese Alternativanlage ist seit dem IDW S 1 i. d. F. 2005 die Anlage in einer Aktie bzw. in einem Aktienportfolio anstelle einer Anleihe, wie es früher unterstellt wurde. Die Alternativanlage in ein Aktienportfolio ist unabhängig von der Rechtsform des zu bewertenden Unternehmens. Zur Ableitung eines Zinssatzes sollen beobachtbare Renditen von Anlagen in Aktien herangezogen werden. Die Renditen von Aktien können grundsätzlich in einen risikofreien Basiszinssatz und eine Risikoprämie aufgeteilt werden. Die Risikoprämie wird für die Übernahme unternehmerischer Risiken von den Anteilseignern verlangt. Die Ableitung des Basiszinssatzes soll in Deutschland auf Basis der Renditen von Bundesanleihen erfolgen. Bundesanleihen stellen quasi risikofreie Kapitalmarktanlagen dar. Zu beachten ist dabei die Laufzeitäquivalenz zwischen dem zu bewertenden Unternehmen und der alternativ quasi risikofreien Geldanlagen. Bei der Bewertung von Unternehmen wird üblicherweise von einer unendlichen Lebensdauer ausgegangen. Da solche Anleihen zumindest in Deutschland nicht existieren, empfiehlt das IDW die Ableitung eines zukunftsbezogenen Basiszinssatzes, die nach der Svenson-Methode geschätzte Zinsstrukturkurve für hypothetische Nullkuponanleihen der Deutschen Bundesbank heranzuziehen, um den laufzeitäquivalenten Basiszinssatz zu erhalten. Die Einzelheiten dazu enthält 3. Kap., Teil A. Dieser Basiszinssatz ist um eine Risikoprämie zu erhöhen, was der Risikozuschlagsmethode entspricht. International üblich ist die Ermittlung dieser Risikoprämie mit Hilfe von kapitalmarkttheoretischen Modellen wie das Standard Capital Asset Pricing-Model (Standard CAPM), das aus empirischen Kapitalmarktdaten abgeleitet wird. Im Jahr 2005 wurde dann erstmalig vom IDW die Ermittlung von Risikozuschlägen mit Hilfe eines angepassten Nachsteuer-CAPM (Tax-CAPM) empfohlen, um die Wirkung von persönlichen Anteilseignerertragsteuern explizit zu berücksichtigen. Das IDW hatte 2005 Marktrisikoprämie sowohl für das Standard-CAPM mit 4–5 % als auch für das Tax-CAPM von 5–6 % empfohlen. Beim geltenden Abgeltungsteuersystem werden Zinserträge und Dividenden einheitlich besteuert. Auf beide Einkunftsarten wird ein pauschaler Ertragsteuersatz von 25 % zuzügl. Solidaritätszuschlag erhoben. Eines gesonderten typisierten Steuersatzes zur Abbildung der persönlichen steuerlichen Verhältnisse des typisierten Anteilseigners im objektivierten Unternehmenswert (natürliche Person mit Sitz in Deutschland) bedarf es insoweit nicht mehr. Daneben werden künftig auch Veräußerungsgewinne mit diesem Abgeltungsteuersatz belegt, wobei der effektive Steuersatz von der Haltedauer des Wertpapiers abhängig ist. Demzufolge ist an dieser Stelle eine Typisierung der Haltedauer vorzunehmen. Das IDW empfiehlt für die Besteuerung der Veräußerungsgewinne den halben Steuersatz, d. h. 12,5 % + 5,5 % Soli = 13,19 %. Nach der Finanzmarktkrise 2007 war der Basiszinssatz – ermittelt aus der Zinsstrukturkurve der Deutschen Bundesbank – auf ein historisches Tief von 0,50 % gesunken. Er wird für 2018 mit 1,25 % vorgegeben. Dadurch wären die Unternehmenswerte unangemessen gestiegen, was der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen nicht entsprochen hätte. Die Marktrisikoprä-

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mie wurde insofern in Bezug auf den Basiszinssatz angepasst und vom FAUB neu vorgegeben. Für die Marktrisikoprämie vor Steuern wurde nun ein Zinssatz von 5,5 % bis 7,0 % und für die Marktrisikoprämie nach Steuern von 5,0 % bis 6,0 % vorgegeben. Die Bestimmung des Betafaktors wird durch die Verwendung des Tax-CAPM an Stelle des Standard-CAPM nicht berührt, da der Betafaktor formal unabhängig vom gewählten Kapitalmarktmodell ist. Somit kann die Ableitung des Betafaktors unverändert nach den bekannten Verfahren erfolgen. Die Höhe des landesüblichen Zinssatzes ist von der Kaufkraftentwicklung abhängig. Die Geldentwertung schlägt sich im Zinsfuß nieder. Insofern ist im Zinsfuß eine Vergütung für das bestehende Geldentwertungsrisiko enthalten. Die Aufwands- und Ertragsgrößen werden ebenfalls nominal geplant. Von daher ist ein Inflationsabschlag nicht erforderlich. Dieses Vorgehen stellt den Normalfall dar. Die Geldentwertung führt üblicherweise nicht zu einer gleichmäßigen Erhöhung aller Nominalwerte. Ist zu erwarten, dass sie sich ungleich in der Zukunft entwickeln, muss mit realen Werten sowohl beim Zinssatz als auch bei den Aufwands- und Ertragsströmen gerechnet werden. Daraus können sich Chancen und Risiken ergeben, die es bei der Prognose des Zukunftserfolgs zu berücksichtigen gilt. Es sollte deshalb für die wichtigsten Erfolgselemente versucht werden, die möglichen Preisänderungen abzuschätzen, sodass eine differenzierte Prognose des Zukunftserfolgs unter Beachtung der Inflation möglich wird. Dieses aufwendigere Verfahren wird bei höheren Inflationsraten erforderlich. Besondere Fragen können beim Zinssatz der ewigen Rente in der zweiten Phase der Unternehmensbewertung auftreten. Da von den End- bzw. Durchschnittswerten der ersten Phase ausgegangen wird, liegen für die Phase der ewigen Rente keine nominalen Aufwands- und Ertragsströme vor. Deshalb wäre im Kapitalisierungszinssatz für die ewige Rente ein Inflationsabschlag bzw. bei den Ertragsströmen ein Inflationszuschlag vorzunehmen, der allerdings aufgrund der zeitlichen Ferne vorsichtig zu schätzen ist. Der für das erste Jahr der zweiten Phase veranschlagte nominale finanzielle Überschuss ist mit dem um einen Wachstumsabschlag geminderten, zuvor um persönliche Ertragsteuern gekürzten Kapitalisierungszinssatz zu kapitalisieren. Die Abzinsung auf den Bewertungsstichtag erfolgt dann mit dem nominalen Kapitalisierungszinssatz. 4.6.2 Kapitalisierungszinssatz bei der Ermittlung entscheidungsbezogener Unternehmenswerte Der Kapitalisierungszinssatz richtet sich nach den individuellen Verhältnissen des Investors. Deshalb sind seine Renditeerwartungen und seine subjektive Einschätzung des Risikos zu berücksichtigen. Es gilt allerdings auch hier die Laufzeitäquivalenz und ggf. ein Wachstumsabschlag in der zweiten Phase der Bewertung. In diesem Fall ist die persönliche Ertragsteuerbelastung des Investors zu berücksichtigen. 4.6.3 Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren IDW und dem DCF-Verfahren Im Standard des IDW wird davon ausgegangen, dass Ertragswertverfahren und DCF-Methode zum gleichen Ergebnis führen. Tatsächlich ist dies aber nur dann zu erreichen, wenn

”” alle Zusatzinvestitionen im Verhältnis der Kapitalquote finanziert werden, ”” die Risikoprämie nach demselben Verfahren bestimmt wird und ”” die Steuern am Ergebnis der Handelsbilanz ermittelt werden.

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Grundsätzlich bleibt die Frage, warum die Verfahren zum gleichen Ergebnis führen sollen. Der IDW Standard enthält dazu keine Aussagen – auch nicht dazu, wie im konkreten Fall die Übereinstimmung zu erzielen ist. Wenn aber zwei Verfahren zum gleichen Ergebnis führen, kann üblicherweise auf ein Verfahren verzichtet werden. Entscheidend für den Gutachter ist aber nur, dass er – auch wenn er nur ein Verfahren anwendet – mit dem zweiten Verfahren die Plausibilität der Werte prüft. Erfolgt dieser Abgleich nicht, könnte aus dem IDW Standard geschlossen werden, dass ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung vorliegt. Die Verfahren sind so zu justieren, dass gleiche Ergebnisse entstehen. Die wesentlichen Anpassungen sind offensichtlich beim Ertragswertverfahren vorzunehmen. Dazu könnte vereinfachend gleich das DCF-Verfahren gewählt werden. Die Unterschiede ergeben sich aus den unterschiedlichen Anwendungsgebieten. Das Ertragswertverfahren ist ein in Deutschland gebräuchliches Verfahren, das vor Gericht häufig zur Anwendung kommt. Die DCF-Verfahren sind die international bekannten Verfahren, die auch in Deutschland weite Verbreitung gefunden haben. Nach dem IDW Standard sind Ertragswert- und DCF-Verfahren gleichermaßen für objektivierte und subjektive Unternehmensbewertungen einzusetzen (vgl. Abbildung 5). ABB. 5:

Identische Werte bei unterschiedlichen Verfahren

identischer objektivierter Unternehmenswert DCF-Verfahren

Ertragswertverfahren identische subjektive Entscheidungswerte

Erforderlich wäre allerdings ein Hinweis auf die unterschiedlichen Prämissen gewesen, die für die beiden Unternehmenswerte gelten. Daraus resultieren Anpassungen der Verfahren, wie sie traditionell nicht erfolgen, z. B. die vollständige Fremdfinanzierung der Zusatzinvestitionen bei dem DCF-Verfahren.

5. Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Die Einheit „nicht betriebsnotwendiges Vermögen“ (n. b. V.) ist auszusondern und mit dem Veräußerungswert anzusetzen. Die Abgrenzung des n. b. V. ist abhängig von der Sichtweise des Bewerters. Für den Verkäufer gehört alles zum n. b. V., was nicht unmittelbar dem Betriebszweck dient. Es lässt sich ohne Schaden für den Ertrag aus dem Unternehmen herauslösen. Diese Betrachtung liegt auch dem objektivierten Wert zugrunde. Aus der Sicht des Käufers ist das betriebsnotwendig, was für ihn zukünftige, ersparte Ausgaben sind. Die Frage wird also aus der Strategie des Investors beurteilt.

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Für die Abgrenzung des betriebsnotwendigen vom n. b. V. sind zwei Ansätze denkbar: (1) Für den objektivierten Wert wird nach der konkreten Funktion des Vermögensgegenstands im Betrieb gefragt. Danach sind alle Gegenstände, die dem Unternehmen ohne Beeinträchtigung des Geschäftszwecks entzogen werden können, nicht betriebsnotwendig. (2) Nach der subjektiven Werttheorie ist nach der Notwendigkeit des Gegenstands für die Erreichung des jeweiligen Betriebszwecks aus der Sicht des Investors zu fragen. Für jeden Vermögensgegenstand ist sein Beitrag für den künftigen Zweck zu bestimmen. Für die Abgrenzung des betriebsnotwendigen Vermögens ist auch nach der Normal- und der Stichtagssubstanz zu unterscheiden. Die über die Normalsubstanz hinausgehenden Vorräte z. B. sind dann mit den Veräußerungserlösen anzusetzen. Die Bestimmung der Normalsubstanz bereitet Schwierigkeiten und kann nur über Branchen- und Zeitvergleiche erfolgen. Die Bewertung des n. b. V. erfolgt mit den Liquidationswerten, die nach dem Zeitpunkt ihres voraussichtlichen Anfalls abzuzinsen sind und zum Ertragswert addiert werden. Die Kosten der Liquidation sind abzusetzen und die steuerlichen Folgen der Veräußerung für den Eigentümer zu berücksichtigen. Bei den Liquidationswerten ist zu beachten, dass sie unter Zeitdruck zu erzielen sind und eine Veräußerung im Einzelnen erfolgt. Weiterhin ist zu prüfen, ob dem n. b. V. Schulden zuzurechnen sind, die dann zu einer Kürzung der Liquidationserlöse führen. Hat das n. b. V. zur Kreditsicherheit gedient, kann sich durch eine Veräußerung die Finanzierungssituation verändern.

6. Unbeachtlichkeit des (bilanziellen) Vorsichtsprinzips Das Vorsichtsprinzip der handelsbilanziellen Rechnungslegung führt zu einer ungleichen Bewertung von Chancen und Risiken und zeigt sich im Gläubigerschutzprinzip. Damit verbunden ist eine Reihe von Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, die nicht zu einer betriebswirtschaftlichen und eigentümerorientierten Rechnungslegung führen. Die Korrektur der Werte erfolgt deshalb in der Vergangenheitsanalyse. Im Rahmen der Unternehmensbewertung durch einen neutralen Gutachter oder Schiedsgutachter darf keiner der Vertragspartner benachteiligt werden. Die finanziellen Überschüsse sind realistisch zu planen. Das bedeutet aber nicht, dass von einer Risikoneutralität des Investors auszugehen ist. Bei der Umsatz- und Aufwandsplanung wird üblicherweise auf die Planungsunterlagen des Unternehmens zurückgegriffen. Die Planungen haben zunächst allein betriebswirtschaftlichen Anforderungen zu genügen, d. h.

”” es ist von einer strengen Periodenzuordnung auszugehen, ”” eine Vollkostenrechnung ist zu unterstellen, ”” die betriebsübliche Nutzungsdauer ist anzusetzen, ”” die Pensionsrückstellungen sind nach den tatsächlichen Aufwendungen zu dotieren.

Unterschiede zwischen Aufwand und Zahlung sind in der Finanzbedarfsrechnung abzubilden. Die Grundsätze der Unternehmensbewertung verlangen die Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds des zu bewertenden Unternehmens. Diese Systemgerechtigkeit ergibt sich aus der Ordnungsmäßigkeit des Vorgehens (Pooten, 1999, S. 12). Das Risiko des finanziellen Engagements ist dann ausschließlich in dem Kapitalisierungszinssatz zu berücksichtigen. Der Beta-Faktor erfasst das systematische Risiko. Die Ertragsgröße ist dann realistisch zu

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C. Grundsätze ordnungsmäßiger ­Unternehmensbewertung

planen. Gegebenenfalls können die Szenariotechnik und Sensitivitätsanalysen Hinweise auf die Nachhaltigkeit der Werte liefern.

7. Nachvollziehbarkeit der Bewertungsansätze Im Gutachten sind gesondert die wesentlichen Annahmen des Gutachters zur Ermittlung des Unternehmenswerts aufzuzeigen. Dabei ist zu unterscheiden, welche der Annahmen vom Gutachter, welche vom Management des zu bewertenden Unternehmens und welche von sachverständigen Dritten stammen.

8. Vereinfachte Verfahren der Preisfindung In der Praxis wird z. T. auf Multiplikatoren zurückgegriffen, die sich am Ergebnis, am Umsatz oder an Produktmengen orientieren, um daraus den Unternehmenswert abzuleiten (vgl. ausführlich 3. Kap., Teil F). Diese Größen erlauben eine rasche Orientierung über die Größenordnung des Kaufpreises. Allerdings ist dazu kritisch anzumerken, dass Werte des Bewertungsjahrs in ihrer Höhe zufällig angefallen sein können und dann mo”” die difiziert werden müssten; Bewertungszeitpunkt eine bewusste Bilanzpolitik betrieben wurde, um einen hohen ”” zum Preis zu realisieren. Dazu wäre es erforderlich, die Sachverhaltsgestaltungen der letzten Jahre zu analysieren bzw. festzustellen, welcher Bedarf an Reparaturen, Instandhaltungen, Ausund Weiterbildung usw. besteht;

Multiplikatoren einer Branche sich rasch ändern können und dadurch eine umfassende ”” die Marktkenntnis der Branchen erforderlich ist. Zu den am häufigsten verwandten Multiplikatoren gehören: (1) EBIT bzw. EBITDA: Diese Größen haben den Vorteil, dass sie unabhängig von der Abschreibungspolitik der Unternehmen ermittelt werden. Voraussetzung für die Anwendung sind verlässliche und repräsentative Ertragszahlen. Der Verschuldungsgrad muss beachtet werden; ebenfalls der Einfluss der Rechnungslegungssysteme auf die Zahlenwerte. (2) Umsatz: Er stellt nur eine Hilfskonstruktion dar, wenn brauchbare Ertragsgrößen fehlen. Die leichte Durchführbarkeit wird mit den Mängeln möglicher Bilanzpolitik und einem möglichen Revenue Management erkauft. (3) Price-Earnings-to-Growth-Verhältnis (PEG-Ratio): Die PEG-Ratio wird aus dem Verhältnis KGV eines Jahres zur Compounded Annual Growth Rate (CAGR) bestimmt. Der Unternehmenswert ergibt sich dann aus dem DVFA/SG-Ergebnis, das mit der CAGR (%) und dem PEG von Vergleichsunternehmen multipliziert wird. (4) Dividenden-Rendite: Die Dividenden-Rendite ergibt sich aus dem Verhältnis Dividende eines Jahres zum aktuellen Börsenwert. (5) Kurs-Cashflow-Verhältnis: Diese Größe ergibt sich aus dem Verhältnis des aktuellen Börsenwerts zum Cashflow eines Jahrs. Mit Hilfe dieser Werte soll das Ermessen des Bewerters durch die Objektivität des Markts ersetzt werden. Es erscheint allerdings fraglich, ob bei den derzeitigen Kapitalmarktstrukturen dieses

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Ziel erreicht wird (Böcking/Nowak, FB 1999 S. 176). Deshalb wird die parallele Anwendung zum Zukunftserfolgswert vorgeschlagen (Küting/Eidel, FB 1999 S. 231). Das IDW sieht im Standard zur Unternehmensbewertung in den Multiplikatoren lediglich Hinweise auf Plausibilitätskontrollen der Ergebnisse, die nach dem Ertragswert- oder DCF-Verfahren ermittelt wurden. In der Praxis scheint das Anwendungsgebiet breiter. So findet man Multiplikatoren in einzelnen Branchen, wie z. B. bei Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- und Rechtsanwaltskanzleien, fast ausschließlich bei der Bewertung (vgl. auch 4. Kap., Teil A, Abschnitt XI). Bei Wertfindungen zum Going Public (vgl. 4. Kap., Teil B, Abschnitt I) werden sie neben den bekannten Verfahren herangezogen, um den Wertkorridor im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens zu bestimmen. Ebenfalls für Plausibilitätsbeurteilungen soll nach dem IDW Standard der Börsenkurs herangezogen werden. Allerdings wird dazu auch kritisch angemerkt, dass der Börsenkurs vielfältigen Einflüssen unterliegt, die nicht unmittelbar zu Änderungen des Unternehmenswerts führen. Die deutschen Gerichte hatten in der Vergangenheit Börsenkurse für die Wertfindung generell abgelehnt (Piltz, 1994, S. 224). Durch das Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. 4. 1999 ist ein Wandel eingetreten. Bei der Unternehmensbewertung im Spruchstellenverfahren sind nun Börsenkurse zu berücksichtigen. Danach ist es mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unvereinbar, bei der Bestimmung der Abfindung oder des Ausgleichs für außenstehende oder ausgeschiedene Aktionäre den Börsenkurs ihrer Aktien außer Betracht zu lassen. Für einen Börsenkurs sprechen die Ertragserwartungen der Kapitalmarktteilnehmer als idealtypisch gebildeter Verkehrswert, dagegen sprechen die starken Schwankungen, die sich aus einer Vielzahl von Gründen ergeben können (Finsterer/Geiger, StuB 1999 S. 1153 f.). Allerdings weist das BverfG nur darauf hin, dass der Börsenkurs zu beachten ist. Das BGH-Urteil vom 12.3.2001 erläutert dazu, dass ein Referenzkurs zu Grunde zu legen ist, der sich als Mittel der letzten drei Monate ergibt.

III. Zusammenfassung Umfang und Art der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung variieren in der Literatur. Insbesondere die Abgrenzung, welche Sachverhalte in gesonderten Grundsätzen abgehandelt werden und welche in einzelne Grundsätze einfließen, ist unterschiedlich gelöst. Moxter unterscheidet nach 24 Prinzipien (Moxter, 1983, S. 5 ff.). Dagegen enthält der Standard des IDW nur noch sieben Grundsätze, allerdings mit einer Vielzahl von Aspekten, die in den Grundsatz der Bewertung künftiger finanzieller Überschüsse einfließen. Viele Einzelfragen sind dazu in gesonderte Abschnitte verlagert worden, die zu den Grundsätzen gerechnet werden könnten. Insofern kann auch noch nicht von standardisierten Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung gesprochen werden, zumal auch von den Gerichten Anpassungen und Konkretisierungen erfolgen. Die wesentlichen Anforderungen sollen nochmals zusammengefasst werden: (1) Die Ermittlung des Unternehmenswerts als Zukunftserfolgswert kann nach dem Ertragswertverfahren oder nach den Discounted Cashflow-Methoden (DCF) erfolgen. Damit stehen sich die beiden Verfahren aus Sicht des IDW gleichberechtigt gegenüber. Die Ausführungen im Standard beziehen sich grundsätzlich auf beide Verfahren. Diese werden dann nur noch in einzelnen Abschnitten gesondert gewürdigt.

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C. Grundsätze ordnungsmäßiger ­Unternehmensbewertung

(2) Beide Verfahren sollen zum gleichen Ergebnis führen. Um das zu erreichen, ist eine Reihe von Annahmen zu treffen, die nicht im Standard aufgeführt werden. (3) Im IDW Standard wird zwischen dem objektivierten und dem subjektiven Unternehmenswert unterschieden. Dabei wird am objektivierten Wert als dem für die Wirtschaftsprüfer anerkannten Wert festgehalten. (4) Nach wie vor wird die Argumentationsfunktion vom IDW negiert. Sie ist damit keine vom Wirtschaftsprüfer zu übernehmende Bewertungsfunktion. (5) Steuerliche Aspekte sind bei der Bewertung zu berücksichtigen. Dabei ist bei gesetzlichen und vertraglichen Anlässen der Unternehmensbewertung von einer unmittelbar typisierten persönlichen Einkommensteuerbelastung auszugehen, bei einem subjektiven Unternehmenswert von der individuellen Steuersituation des Auftraggebers. Diese Größe ist sowohl bei den Ertragsüberschüssen als auch beim Kapitalisierungszinssatz zu berücksichtigen. Die Gewerbesteuer ist im Kapitalisierungszinssatz nicht zu berücksichtigen, da unterstellt wird, dass die Alternativanlage im Privatvermögen gehalten wird. In welcher Form die Steuern beim DCF-Verfahren zu berücksichtigen sind, wird im IDW Standard nicht ausgeführt. (6) Das Risiko soll nun allein in den Kapitalisierungszinssatz einfließen. Die Aufteilung in das allgemeine und spezielle Unternehmensrisiko wird damit aufgegeben. Wesentlicher Ansatz für die Ermittlung des Risikozuschlags ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM) bzw. das Tax-CAPM, die gleichermaßen bei beiden Verfahren zur Anwendung gelangen sollen. Gegebenenfalls muss beim Ertragswertverfahren mit typisierten Risikozuschlägen nach Branche und Struktur des Unternehmens gerechnet werden. (7) Beim Zinssatz wird wieder zwischen dem objektivierten Wert und dem subjektiven Wert unterschieden. Beim objektivierten Wert ist der Basiszinssatz aus der Zinsstrukturkurve der Bundesbank abzuleiten. Die Marktrisikoprämie wird mit Hilfe des Standard CAPM oder des Tax-CAPM bestimmt.

Dem subjektiven Wert können individuelle Renditeerwartungen zugrunde gelegt werden.

(8) Die Phasenmethode wurde in zwei Phasen unterteilt, wie es bei der DCF-Methode üblich ist. Die Detailplanungsphase umfasst drei bis fünf Jahre. In der Phase II ist die ewige Rente oder ein Restwert zu ermitteln. (9) Zur Wertableitung sind eine Kapitalflussrechnung und ein Tax Shield unumgänglich.

Um auch die Plausibilität der Berechnung zu belegen, wird zusätzlich eine Planbilanz verlangt.

(10) Die Bedeutung des Substanzwerts ist nochmals gesunken. Er ist danach nur noch zu ermitteln, wenn es von einer der Parteien gewünscht wird. Damit ist die Kontroll- und Hilfsfunktion des Substanzwerts entfallen. Literatur: Ballwieser, Unternehmensbewertung und Komplexitätsreduktion, 3. Aufl., Wiesbaden 1990; Ballwieser, Kalkulationszinsfuß und Steuern, DB 1997 S. 2393–2396; Bartke, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung (GoU), in: Peemöller (Hrsg.), Handbuch der Unternehmensbewertung, Allgemeiner Teil I, Landsberg a. L. 1984; Böcking/Nowak, Marktorientierte Unternehmensbewertung, FB 1999 S. 169–176; Finsterer/ Geiger, Abfindung außenstehender Aktionäre im Spruchstellenverfahren – Börsenkurs versus Ertragswert,

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

StuB 1999 S. 1151–1155; Gomez, Unternehmensakquisitionen vor dem Hintergrund des Shareholder Value, in: Sieben/Stein (Hrsg.), Unternehmensakquisitionen – Strategien und Abwehrstrategien, Stuttgart 1992, S. 12 f.; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 8. Aufl., Köln 2015; Henselmann/Barth, „Übliche Bewertungsmethoden“ – Eine empirische Erhebung für Deutschland, BewertungsPraktiker 2/2009 S. 9–13; IDW (Hrsg.), Stellungnahme HFA 2/1983: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, WPg 1983 S. 468–480; IDW (Hrsg.), Stellungnahme HFA 2/1990: Anwendung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen in der DDR, WPg 1990 S. 403 f.; IDW (Hrsg.), IDW-Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1 i. d. F. 2008), WPg Supplement 3/2008 S. 68 ff., IDW-FN 2008 S. 271 ff.; IDW (Hrsg.), WPH Edition Bewertung und Transaktionsberatung, Düsseldorf 2018; Küting/Eidel, Marktwertansatz contra Ertragswert- und Discounted-Cashflow-Verfahren, FB 1999 S. 225–231; Matsche/Brösel, Unternehmensbewertung, 4. Aufl., Wiesbaden 2013; Maul, Offene Probleme der Bewertung von Unternehmen durch Wirtschaftsprüfer, DB 1992 S. 1253 ff.; Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 2. Aufl., Wiesbaden 1983 (1. Aufl. 1976); Moxter, Die Bedeutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, ZfbF 1980 S. 454–459; Moxter, Verbreitete Missverständnisse bei Unternehmensbewertungen, in: Seicht (Hrsg.), Gläubigerschutz, Betriebswirtschaftslehre und Recht, FS Koren, Wien 1993, S. 129 ff.; Münstermann, Wert und Bewertung der Unternehmung, 3. Aufl., Wiesbaden 1970; Peemöller/Bömelburg/Denkmann, Unternehmensbewertung in Deutschland – Eine empirische Erhebung, WPg 1994 S. 741–749; Peemöller/Kunowski/Hillers, Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes für internationale Mergers & Acquisitions bei Anwendung des Discounted-Cashflow-Verfahrens (Entity-Ansatz) – eine empirische Erhebung, WPg 1999 S. 621–630; Peemöller/Meyer-Pries, Unternehmensbewertung in Deutschland – Umfrage bei dem steuerberatenden Berufsstand, DStR 1995 S. 1202–1208; Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, 3. Aufl., Düsseldorf 1994; Pooten, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung – Ermittlung und Inhalt aus Käufersicht, Büren 1999; Ruthardt/Hachmeister, Zur Frage der rückwirkenden Anwendung von Bewertungsstandards – Analyse und Würdigung der Rechtsprechung zur Unternehmensbewertung, WPg 2011 S. 351–359; Spanhorst, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung: Rechtsnatur, Entstehung und Ermittlung, Osnabrück 1973; Volkart, Unternehmensbewertung, Strategieevaluation und Discounted Cashflow, ST 1992 S. 816.

Rechtsprechung: BGH, Urteil vom 17.1.1973, DB 1973 S. 563–565; BGH, Urteil vom 12.3.2001 – II ZB 15/00; BVerfG, Beschluss vom 27.4.1999 – 1 BvR 1613/94, StuB 1999 S. 903.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung Teil D: Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick) von

Prof. Dr. Gerwald Mandl und WP/StB Prof. Dr. Klaus Rabel, CVA, Graz (Österreich)

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Inhaltsverzeichnis Seite

I.

Allgemeines.........................................................................................................................................................

55

II.

Gesamtbewertungsverfahren........................................................................................................................

57

1.

Ertragswertverfahren............................................................................................................................. 1.1 Konzeption.................................................................................................................................... 1.2 Ertragsbegriffe............................................................................................................................. 1.2.1 Allgemeines.................................................................................................................. 1.2.2 Netto-Cashflows......................................................................................................... 1.2.3 Netto-Ausschüttungen............................................................................................. 1.2.4 Einzahlungsüberschüsse.......................................................................................... 1.2.5 Ertragsbegriffe nach dem Standard IDW S 1 i. d. F. 2008............................ 1.2.6 Ertragsbegriffe und Bewertungsvereinfachung.............................................. 1.3 Prognose der zukünftigen Erträge........................................................................................ 1.4 Kalkulationszinsfuß.................................................................................................................... 1.4.1 Grundlagen................................................................................................................... 1.4.2 Basiszinsfuß................................................................................................................. 1.5 Steuern........................................................................................................................................... 1.6 Geldwertänderungen................................................................................................................ 1.7 Unsicherheit.................................................................................................................................. 1.8 Beurteilung des Ertragswertverfahrens..............................................................................

57 57 58 58 59 59 60 61 61 62 63 63 64 64 65 66 67

2.

Discounted Cashflow-Verfahren........................................................................................................ 2.1 Konzeption.................................................................................................................................... 2.2 WACC-Ansatz mit Free Cashflows........................................................................................ 2.2.1 Konzeption.................................................................................................................... 2.2.2 Ermittlung der Eigenkapitalkosten...................................................................... 2.2.2.1 Capital Asset Pricing Model (CAPM).................................................... 2.2.2.2 Modifikationen des CAPM....................................................................... 2.2.3 Ermittlung der Fremdkapitalkosten..................................................................... 2.2.4 Ermittlung des Terminal Value.............................................................................. 2.2.5 Besteuerung................................................................................................................. 2.3 WACC-Ansatz mit Total Cashflows....................................................................................... 2.4 Nettoverfahren („Equity-Approach“).................................................................................... 2.5 Adjusted Present Value-Verfahren....................................................................................... 2.6 Beurteilung der DCF-Verfahren.............................................................................................. 2.6.1 Gegenüberstellung der DCF-Verfahren.............................................................. 2.6.2 Gegenüberstellung von Ertragswertverfahren und DCF-Verfahren......... 2.7 DCF-Verfahren auf Basis von Residualgewinnen............................................................. 2.8 DCF-Verfahren und Performance-Messung....................................................................... 2.9 DCF-Verfahren und Realoptionen.........................................................................................

68 68 68 68 72 72 73 73 74 74 75 75 76 78 78 79 79 80 81

III. Vergleichsverfahren („Multiplikatorverfahren“).....................................................................................

81

1.

Konzeption.................................................................................................................................................

81

2.

Multiplikatorverfahren auf Basis vergleichbarer ­Unternehmen (Comparative Company Approach)................................................................................................... 2.1 Grundlagen................................................................................................................................... 2.2 Similar Public Company Method...........................................................................................

82 82 83

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Mandl/Rabel

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

2.3 2.4 2.5 3.

Recent Acquisitions Method................................................................................................... Initial Public Offerings............................................................................................................... Beurteilung....................................................................................................................................

84 84 84

Multiplikatorverfahren auf der Basis von Erfahrungssätzen....................................................

85

IV. Einzelbewertungsverfahren...........................................................................................................................

V.

86

1.

Konzeption.................................................................................................................................................

86

2.

Substanzwertverfahren......................................................................................................................... 2.1 Darstellung.................................................................................................................................... 2.2 Rechtfertigung............................................................................................................................. 2.3 Beurteilung.................................................................................................................................... 2.4 Exkurs: Substanzwert als „vorgeleistete Ausgaben“......................................................

87 87 87 88 89

3.

Einzelbewertung auf Grundlage von Liquidationswerten........................................................

90

Mischverfahren...................................................................................................................................................

90

1.

Konzeption.................................................................................................................................................

90

2.

Mittelwertverfahren...............................................................................................................................

91

3.

Übergewinnverfahren............................................................................................................................

91

VI. Bewertungsverfahren und Bewertungszwecke.......................................................................................

92

Literatur.............................................................................................................................................................................

93

Mandl/Rabel

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

I. Allgemeines Theorie und Praxis der Unternehmensbewertung sind durch eine große Methodenvielfalt gekennzeichnet. Dies hat mehrere Ursachen. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich die Anforderungen an Unternehmensbewertungen im Laufe der letzten Jahrzehnte grundlegend geändert haben (u. a. Peemöller, UM 2003 S. 5 ff.). Parallel dazu hat der Erkenntnisfortschritt in der Betriebswirtschaftslehre zur Entwicklung neuer Bewertungskonzeptionen und -verfahren geführt. Mit der funktionalen Unternehmensbewertung wurde deutlich, dass verschiedene Bewertungszwecke häufig den Einsatz konzeptionell unterschiedlicher Verfahren erfordern. Vor der Methodenwahl ist daher zu klären, welchen Zweck die Unternehmensbewertung verfolgt. Der Bewertungszweck weist wiederum eine enge Verbindung zum jeweiligen konkreten Bewertungsanlass auf (siehe IDW (Hrsg.), 2018, S. 13 ff.). Von den Bewertungsanlässen ausgehend können Bewertungszwecke abgeleitet werden, deren Systematisierung unterschiedlich gehandhabt wird (Moxter, 1983, S.  6  ff.; Mandl/Rabel, RWZ  1997, S.  350  ff.; Kuhner/Maltry, 2017, S. 61 ff., Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 1 f., Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 3 ff. Hier wird von folgender Systematik ausgegangen:

”” Ermittlung von Entscheidungswerten (Grenzpreisen), ”” Ermittlung von Marktwerten, ”” Ermittlung von Schiedswerten, ”” Ermittlung von Normwerten, ”” Ermittlung von Argumentationswerten, ”” Ermittlung von potenziellen Marktpreisen, ”” Ermittlung von objektivierten Unternehmenswerten.

Der als Entscheidungswert (Grenzpreis) ermittelte Unternehmenswert soll für einen potenziellen Käufer die Preisobergrenze, für einen potenziellen Verkäufer die Preisuntergrenze angeben, und zwar unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse (z. B. Zielsetzungen, finanzielle Möglichkeiten, Risikoneigungen) von Käufer bzw. Verkäufer. Unter diesen Voraussetzungen sind Entscheidungswerte subjektive Unternehmenswerte (Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 9 und 41 ff.). Der Marktwert eines Unternehmens entspricht dem Barwert aller zukünftigen Zahlungen, die die Kapitalgeber des Unternehmens (Eigen- und Fremdkapitalgeber) erwarten können. Marktwertbestimmende Größen sind die erwarteten Zahlungsströme bzw. Cashflows einerseits und die Renditeforderungen der am Kapitalmarkt operierenden Kapitalgeber andererseits. Marktwerte fingieren eine Bewertung durch den Markt (Kuhner/Maltry, 2006, S. 57). Ist im Rahmen der Unternehmensbewertung zwischen divergierenden Interessen von Parteien zu vermitteln (z. B. zwischen Käufer und Verkäufer), ist die Unternehmensbewertung auf die Festlegung von Schiedswerten (Einigungswerten) auszurichten. Sind bei der Bewertung rechtliche Normen zu beachten (z. B. bei der Abfindung von Minderheitsgesellschaftern oder im Rahmen des Impairment-Tests für die Prüfung der Werthaltigkeit des Goodwill nach IAS 36/IFRS 3), liegt der Bewertungszweck in der Ermittlung von Normwerten (Rabel, 2010, S. 509 ff.; Großfeld/Egger/Tönnes, 2016, S. 46 ff.). Die Ermittlung von Argumentationswerten verfolgt den Zweck, Argumente für Verhandlungen, z. B. bei Kauf oder Verkauf von Unternehmungen, zu liefern. Unternehmensbewertungen zum Zweck der Ermittlung potenzieller Marktpreise sollen darüber Aufschluss geben, welcher Preis bei einer Veräußerung des zu bewertenden Unternehmens bzw. Unternehmensanteils auf einem bestimmten Markt erzielt werden kann. Mandl/Rabel

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Der IDW Standard zur Unternehmensbewertung IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 17 und Tz. 29 sieht neben subjektiven Entscheidungswerten und Einigungswerten auch die Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts vor. Der objektivierte Unternehmenswert stellt einen intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus der Sicht der Anteilseigner dar, der sich bei Fortführung des Unternehmens in unverändertem Konzept mit allen realistischen Zukunftserwartungen im Rahmen seiner Marktchancen und -risiken, finanziellen Möglichkeiten sowie sonstigen Einflussfaktoren bestimmen lässt (IDW (Hrsg.), 2018, S. 17 f., Wollny, 2018, S. 41 ff.). Die Vielfalt an Bewertungszwecken erfordert den Einsatz unterschiedlicher Bewertungsverfahren. Die heute verfügbaren Software-Unterstützungen erleichtern die Anwendung von Verfahren mit komplexerer Rechentechnik wesentlich. Daneben bringt der heute mögliche Zugriff auf umfangreiche Datenbanken und Informationssysteme neue Möglichkeiten der Informationsbeschaffung auch für Unternehmensbewertungen, woraus sich wiederum neue Ansätze im methodischen Bereich ergeben. Abbildung 1 bietet einen Überblick über die wichtigsten Unternehmensbewertungsverfahren. ABB. 1:

Die Bewertungsverfahren im Überblick Bewertungsverfahren

Gesamtbewertungsverfahren

Vergleichsverfahren

Einzelbewertungsverfahren

Mischverfahren

Comparative Verfahren auf Basis von ErCompany fahrungssätzen Approach

Substanzwert Liquidationswert

Mittelwert- Übergewinnverfahren verfahren

Ertragswertverfahren

DCFverfahren

mit NettoCashflows beim Eigner

Entity-Approach (Bruttoverfahren)

Similar Public Company Method

mit Netto-Ausschüttungen des Unternehmens

WACC-Ansatz

Recent Acquisitions Method

mit Einzahlungsüberschüssen des Unternehmens

APV-Verfahren

Initial Public Offerings

Equity-Approach (Nettoverfahren)

Abbildung 1 unterscheidet vier Verfahrensgruppen bzw. Bewertungskonzeptionen (Mandl/Rabel, 1997, S. 28 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 8 ff.):

”” Gesamtbewertungsverfahren bzw. kapitalwertorientierte Verfahren, ”” Marktpreisorientierte Verfahren bzw. Vergleichsverfahren (market approach), ”” Einzelbewertungsverfahren, ”” Mischverfahren.

Beim Einsatz von Gesamtbewertungsverfahren wird das Unternehmen als Bewertungseinheit betrachtet. Der Unternehmenswert wird durch den Gesamtertrag bestimmt, der aus dem Unternehmen künftig erwartet wird. Vergleichsverfahren leiten den Unternehmenswert aus Unternehmenswerten vergleichbarer Unternehmen ab. Bei Einzelbewertungsverfahren wird der 56

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

Unternehmenswert aus der Summe der Werte der einzelnen „Unternehmensbestandteile“ (Vermögensgegenstände und Schulden) berechnet. Dabei muss zunächst der individuelle Wert der einzelnen Vermögensgegenstände bestimmt werden, bevor diese Einzelwerte zum Unternehmenswert zusammengerechnet werden können. Mischverfahren enthalten Elemente von Gesamt- und Einzelbewertungsverfahren.

II. Gesamtbewertungsverfahren 1. Ertragswertverfahren 1.1 Konzeption Bei den Ertragswertverfahren wird der Unternehmenswert durch Diskontierung der in Zukunft aus dem Unternehmen erwarteten „Erträge“ ermittelt. Der Unternehmenswert wird als Barwert der künftigen Erträge aus dem Unternehmen unter Berücksichtigung des Barwerts der erwarteten Liquidationserlöse aus einer Veräußerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (n. b. V.) bestimmt (zum Ertragswertverfahren siehe ausführlich 3. Kap., Abschnitt A und die dort angegebene Literatur). Die Kapitalwertmethode der Investitionsrechnung bildet die theoretische Grundlage des Ertragswertverfahrens. Wird unendliche Unternehmensdauer unterstellt, dann bestimmt sich der Unternehmenswert UW nach dem Ertragswertverfahren generell wie folgt: UW =

1 X t=1

Et ð1 + rÞt

+ N0

E t:

künftig erwarteter Unternehmensertrag in der Periode t,

r:

Kalkulationszinsfuß,

N 0:

Barwert der erwarteten Liquidationserlöse aus der Veräußerung des n. b. V.

Unter dem Unternehmensertrag E ist generell die Summe aller Vorteile zu verstehen, die der Unternehmenseigner aus dem Unternehmen zukünftig erwarten darf (Moxter, 1983, S. 9). Der Kalkulationszinsfuß (Diskontierungssatz, Kapitalisierungszinssatz) wird aus der besten alternativen Kapitalanlage (Alternativanlage, Vergleichsinvestition) des Unternehmenseigner (Investors) abgeleitet. Wird vereinfachend unterstellt, dass kein n. b. V. vorhanden ist und dass die Unternehmenserträge aller künftigen Perioden konstant sind (E1 = E2 = . . . . . . . E), ermittelt sich der Unternehmenswert UW nach der Formel für den Barwert einer ewigen Rente („Rentenmodell“) als: UW =

E r

UW =

E r

E:

konstanter (uniformer) Unternehmensertrag.

Die Ertragswertermittlung für den einfachen Fall des Rentenmodells veranschaulicht, dass der Unternehmenswert aus einem Vergleich abgeleitet wird: Verglichen werden die Unternehmenserträge mit den Erträgen der besten Alternativanlage. Die Alternativerträge werden dabei als Rendite der alternativen Kapitalverwendung in Form des Kalkulationszinsfußes ausgedrückt. Eine Mandl/Rabel

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

solche Vorgangsweise setzt aber voraus, dass Unternehmens- und Alternativerträge überhaupt miteinander vergleichbar sind. Vergleichbarkeit bzw. „Äquivalenz“ der zu vergleichenden Ertragsströme muss insbesondere gegeben sein hinsichtlich der Laufzeitstruktur, des Arbeitseinsatzes, der Verfügbarkeit, der Kaufkraft und der Unsicherheit (Moxter, 1983, S. 155 ff.; Schultze, 2001, S. 133 ff., Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 89 ff.). Die Herstellung einer nicht von vornherein gegebenen Vergleichbarkeit kann grundsätzlich durch geeignete Anpassungen entweder der Unternehmenserträge oder der Alternativrendite erfolgen. Konzeptionell kann die Ertragswertmethode als entscheidungsorientiertes Verfahren angesehen werden, das auf einem Vergleich der einem Individuum (Bewertungssubjekt) offen stehenden Handlungsmöglichkeiten basiert. Das Ertragswertverfahren baut demnach auf den individuellen Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen des Bewertungssubjekts auf und kann daher als „individualistischer Ansatz“ bezeichnet werden (Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 41 ff. und S. 72 ff.). In jüngerer Zeit werden in der Literatur (Drukarczyk/Schüler, 2016, S.  54 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 102 ff.) und im Standard IDW S 1 i. d. F. 2008 „marktorientierte“ Ansätze in das Ertragswertverfahren einbezogen. Dadurch lösen sich die konzeptionellen Unterschiede zu den DCF-Verfahren auf. Aus diesem Grund beziehen sich die folgenden Ausführungen nur auf das Ertragswertverfahren in seiner traditionellen Form als „individualistischer“ Ansatz (Kuhner/­ Maltry, 2017, S. 157 ff.).

1.2  Ertragsbegriffe 1.2.1 Allgemeines Die zukünftig erwarteten Erträge aus dem Unternehmen stehen allgemein als Synonym für den in Zukunft erwarteten Nutzen, den das Unternehmen seinem (potenziellen) Eigner insgesamt zu erbringen vermag. Diese Zukunftserträge werden u. a. auch als „Vorteilsströme“, „Zielbeiträge“ oder „Zukunftserfolge“ aus dem Unternehmen bezeichnet. Aus theoretischer Sicht umfassen sie sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Elemente. Nicht-finanzielle Ertragskomponenten, wie bspw. Prestige, Macht, Selbständigkeit oder emotionale Bindungen, werden jedoch im Allgemeinen aus Vereinfachungsgründen nicht in den Bewertungskalkül einbezogen. Die weiteren Ausführungen beschränken sich daher auf die Frage der Bestimmung der finanziellen („monetären“) Zukunftserträge. Die Orientierung an künftigen Zahlungsströmen (Cashflows) entspricht den Erkenntnissen der Investitionstheorie und wird in der jüngeren Literatur sowie in der Bewertungspraxis einhellig als die aus theoretischer Sicht zutreffende Vorgangsweise erachtet. Die früher in der Praxis durchaus übliche Orientierung an den Periodenerfolgen entspricht weder dem Stand der Wissenschaft noch jenem der Bewertungspraxis (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 24 ff.). Zur Messung der finanziellen Zukunftserträge aus dem Unternehmen werden im Weiteren die folgenden Ertragsbegriffe unterschieden:

”” Netto-Cashflows beim (potenziellen) Eigner, ”” Netto-Ausschüttungen aus dem Unternehmen, ”” Einzahlungsüberschüsse des Unternehmens. 58

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1.2.2 Netto-Cashflows Die Netto-Cashflows beim Eigner können für eine Kauf-/Verkauf-Situation definiert werden, als periodenspezifischer Saldo aller erwarteten finanziellen Zu- und Abflüsse beim (potenziellen) Eigner, die ihm durch eine Entscheidung für Erwerb bzw. Beibehalt des Unternehmens erwachsen würden. Von diesen Netto-Zuflüssen beim Eigner umfasst sind daher nicht nur Zahlungsströme zwischen Unternehmen und Eigner, sondern auch solche Zahlungen zwischen Unternehmen und Dritten, die ursächlich mit dem zu bewertenden Unternehmen zusammenhängen, wie etwa persönliche Steuern oder Synergieeffekte bei anderen Unternehmen des Eigners („externe“ Synergien). Die Ermittlung der Netto Cashflows erfordert auf Ebene des zu bewertenden Unternehmens eine umfassende Erfolgs- und Finanzplanung, Annahmen über die künftige Kapitalstruktur, darauf aufbauend eine Planung der künftigen Ausschüttungen unter Beachtung handelsrechtlicher Ausschüttungsrestriktionen, Kapitalrückzahlungen sowie Kapitalzuführungen an bzw. durch den Eigner, sowie auf Ebene des Eigners eine Schätzung der persönlichen Steuerwirkungen und eine Planung der Zu- und Abflüsse aus externen Synergieeffekten. 1.2.3 Netto-Ausschüttungen Bei einem Abstellen auf die Netto-Ausschüttungen aus dem Unternehmen werden grundsätzlich nur die Zahlungen zwischen Unternehmen und Eigner, allenfalls erweitert um persönliche Steuern des Eigners, als bewertungsrelevant erachtet. Dem Konzept der Netto-Ausschüttungen des Unternehmens liegt eine isolierte Betrachtung des Unternehmens („stand-alone“-Betrachtung) zugrunde. Externe Synergien, die der Eigner bei anderen Unternehmungen realisiert, bleiben unberücksichtigt. Übereinstimmung mit den Netto-Cashflows beim Eigner besteht jedoch hinsichtlich der Zahlungen zwischen Unternehmen und Eigner, die allgemein als Saldo zwischen Ausschüttungen (Dividenden), Kapitalrückzahlungen und Kapitaleinzahlungen definiert werden können. Die Ermittlung der Netto-Ausschüttungen des Unternehmen erfordert eine umfassende Erfolgs- und Finanzplanung, Annahmen über die künftige Kapitalstruktur und darauf aufbauend eine Planung der künftigen Ausschüttungen, Kapitalrückzahlungen sowie Kapitalzuführungen an bzw. durch den Eigner. Die künftige Dividendenpolitik kann dabei nach unterschiedlichen Kriterien festgelegt werden. Drukarczyk/Schüler (2016, S. 110 ff.) vertreten folgendes Prinzip: „Basis der Unternehmensbewertung sind entziehbare Überschüsse, die auf der Ebene der Empfänger konsumtiv verwendbar sind“. Drukarczyk/Schüler verlangen im Folgenden, dass die entziehbaren (ausschüttbaren) Überschüsse unter Beachtung steuerlicher Rahmenbedingungen, Gestaltung der Kapitalstruktur, der geplanten Investitionsauszahlungen und Ausschüttungsbegrenzung zu ermitteln sind. Die bewertungsrelevanten Überschüsse sind nur präzise planbar, wenn Investitions-, Finanz- und Steuerplanung verknüpft mit Planbilanzen und Plan-GuV-Rechnungen auf eine vergangenheitsorientierte Analyse aufbauen.

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1.2.4 Einzahlungsüberschüsse Während bei einem Abstellen auf Netto-Cashflows beim Eigner oder auf Netto-Ausschüttungen aus dem Unternehmen der Unternehmenseigner im Zentrum der Betrachtungen steht, beschränkt sich das Blickfeld des Bewerters bei der Heranziehung der Einzahlungsüberschüsse auf das zu bewertende Unternehmen. Hier wird vereinfachend unterstellt, dass in jeder künftigen Periode der gesamte, vom Unternehmen erwirtschaftete Einzahlungsüberschuss (unter Berücksichtigung der Fremdfinanzierungs- und Investitionszahlungen) auch tatsächlich an den Eigner ausgeschüttet bzw. ausbezahlt wird. Auf Grundlage dieser „Vollausschüttungsfiktion“ wird der Bewertung in jeder Periode der für den Eigner potenziell verfügbare Cashflow zugrunde gelegt. In Anlehnung an eine Kapitalflussrechnung können die Einzahlungsüberschüsse eines Unternehmens, das in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt wird, nach folgendem Schema prognostiziert werden: Jahresüberschuss (lt. Erfolgsprognose) +/– Aufwendungen/Erträge aus Anlagenabgängen +/– Abschreibungen/Zuschreibungen +/– Veränderungen langfristiger Rückstellungen +/–

Veränderungen des Bestands liquider Mittel (Abbau von Überbeständen/erforderlicher Aufbau)

+/–

Veränderungen des Netto-Umlaufvermögens (ohne liquide Mittel und kurzfristige Bankverbindlichkeiten)

=

Cashflow aus der Betriebstätigkeit

+/– Cashflow aus der Investitionstätigkeit +/– Veränderungen von (kurz- und langfristigen) Finanzierungsschulden =

Einzahlungsüberschuss des Unternehmens

Im Netto-Umlaufvermögen sind u. a. die erwarteten Veränderungen des Bestands an Vorräten, Lieferforderungen, sonstigen Forderungen, kurzfristigen Rückstellungen, erhaltenen Anzahlungen, Lieferverbindlichkeiten, sonstigen Verbindlichkeiten sowie aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungen zu berücksichtigen, soweit diese Veränderungen nicht dem Finanzierungsbereich oder dem Investitionsbereich zuzuordnen sind. Bei der Prognose der Einzahlungsüberschüsse wird manchmal unterstellt, dass der Bestand an liquiden Mitteln im Unternehmen unverändert bleibt, sodass sich daraus kein Einfluss auf die Höhe des Einzahlungsüberschusses ergibt. Ist jedoch künftig ein Aufbau des Bestands an liquiden Mitteln notwendig oder ein Abbau von Überbeständen an liquiden Mitteln möglich, hat die damit verbundene Mittelverwendung bzw. Mittelaufbringung in der entsprechenden Periode Einfluss auf die Höhe des Einzahlungsüberschusses. Wird auf „Einzahlungsüberschüsse aus dem Unternehmen“ abgestellt, kommen grob vereinfachte Annahmen über die künftige Ausschüttungspolitik zum Tragen, die zu Bewertungsfehlern führen können. Unabhängig davon, ob entsprechende handelsrechtliche Ausschüttungspotenziale vorhanden sind oder ob steuerlich günstigere Ausschüttungsstrategien existieren, wird die Vollausschüttung der Einzahlungsüberschüsse fingiert. Falls die Saldogröße „Einzahlungsüberschuss“ in einer Periode einen negativen Wert annimmt, wird unterstellt, dass der Eigner diesen

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Betrag dem Unternehmen zum Periodenende zuführt. Kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich Veranlagungsrendite und Refinanzierungskosten im Unternehmen und beim Eigner entsprechen und mit dem angewandten Kalkulationszinsfuß übereinstimmen, dann führt die Bewertung mit Einzahlungsüberschüssen zum selben Ergebnis wie eine Bewertung auf Grundlage der Nettoausschüttungen. 1.2.5 Ertragsbegriffe nach dem Standard IDW S 1 i. d. F. 2008 Der IDW Standard S 1 i. d. F. 2008 enthält in Abschnitt 4.4.1.1 eine allgemeine Definition des bewertungsrelevanten Unternehmensertrags. Demnach wird der Unternehmenswert durch Diskontierung der „Nettoeinnahmen der Unternehmenseigner“ ermittelt, die sich vorrangig aufgrund der Ansprüche auf Ausschüttung bzw. Entnahmen der vom Unternehmen erwirtschafteten finanziellen Überschüsse abzüglich der von den Eignern zu erbringenden Einlagen ergeben. Dabei sind auch weitere mit dem Eigentum am Unternehmen verbundene Zahlungsstromveränderungen, z. B. persönliche Steuern der Unternehmenseigner, zu berücksichtigen. Da diese Formulierung auch die Berücksichtigung externer Synergieeffekte einbezieht, besteht insoweit Übereinstimmung mit dem oben definierten Begriff der Netto-Cashflows beim Eigner. In weiterer Folge wird die Empfehlung zur Heranziehung dieses aus theoretischer Sicht zutreffenden Ertragsbegriffes nur für den Bewertungszweck der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte aufrechterhalten. Für den Fall der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts wird ein davon abweichender Ertragsbegriff vertreten (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 29 ff.; IDW (Hrsg.), 2018, S. 92 ff.). Hier sollen etwa nur sog. „unechte“ Synergieeffekte, die sich aus einem Verbund ohne Berücksichtigung der Auswirkungen aus dem Bewertungsanlass realisieren lassen, Berücksichtigung finden, während „echte“ Synergieeffekte keinen Eingang in die Bewertung finden sollen (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 34; IDW (Hrsg.), 2018, S. 95 f.). Ferner soll bei der Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts von der Ausschüttung derjenigen finanziellen Überschüsse ausgegangen werden, die nach Berücksichtigung des zum Bewertungsstichtags dokumentierten Unternehmenskonzepts und rechtlicher Restriktionen (z. B. Bilanzgewinn, ausschüttbares Jahresergebnis) zur Ausschüttung zur Verfügung stehen (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 35). 1.2.6 Ertragsbegriffe und Bewertungsvereinfachung Bewertungsvereinfachungen bergen generell die Gefahr eines immer weniger aussagekräftigen Bewertungsergebnisses in sich, das dann je nach Einzelfall mehr oder weniger stark vom zutreffenden Ergebnis abweicht. Die früheren Vorbehalte der Bewertungspraxis gegen komplexere und mit höherem Rechenaufwand verbundene (weil etwa auch eine Finanzrechnung und Ausschüttungsprognose einschließende) Bewertungsverfahren sind heute vor dem Hintergrund der verfügbaren Software zur Unterstützung von Prognoserechnungen nicht mehr überzeugend. Der IDW Standard S 1 trägt dem Rechnung, wenn die Aufstellung aufeinander abgestimmter Planbilanzen, Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Finanzplanungen als generelle Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Unternehmensbewertung gefordert wird (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 27).

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Werden die Unternehmenserträge in Form von Einzahlungsüberschüssen geschätzt, kommen grob vereinfachende Annahmen über die künftige Ausschüttungspolitik zum Tragen (siehe dazu bereits oben). Erfolgt die Bewertung auf Basis von zukünftigen Periodenerfolgen (Ertragsüberschüssen), wird die Orientierung an Zahlungsströmen bzw. Cashflows aufgegeben. Unter sehr vereinfachenden Annahmen wird dabei die Schätzung der zukünftigen Ertragsüberschüsse auf Basis einer reinen Erfolgsprognose, d. h. unter Verzicht auf eine Finanzplanung, als ausreichend erachtet. Werden die zukünftigen Ertragsüberschüsse lediglich unter Fortschreibung von Vergangenheitsdaten geschätzt, besteht zudem die Gefahr der „Doppelzählung“ jener Ertragsbestandteile, die in der Vergangenheit aus Gewinneinbehaltungen resultierten. Die mit dem Abstellen auf Periodenerfolge einhergehenden Vereinfachungen können je nach Einzelfall zu wesentlichen Verzerrungen des Bewertungsergebnisses führen. Die Heranziehung von Periodenerfolgen führt nur unter restriktiven Annahmen zu einem zutreffenden Bewertungsergebnis und ist daher problematisch. Ein gänzlicher Verzicht auf eine Finanzplanung sowie eine Ertragsprognose durch bloße Fortschreibung von Vergangenheitsdaten sind mit den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung nicht vereinbar.

1.3 Prognose der zukünftigen Erträge Die Prognose der künftigen Unternehmenserträge ist ein zentrales Problem jeder zukunftsbezogenen Unternehmensbewertung. Die zukünftig erwarteten Erträge hängen von der Geschäftspolitik und den Umweltbedingungen (Verbraucher, Konkurrenten, Wirtschaftsentwicklung u. Ä.) ab. Von praktischer Bedeutung ist hier die sog. „Phasenmethode“, die eine Zerlegung des Prognosezeitraums in Phasen mit unterschiedlicher Schätzgenauigkeit vorsieht (IDW (Hrsg.), 2018, S. 86 ff.; IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 75 ff.). Nach dem IDW Standard S 1 i. d. F. 2008 werden in der Praxis in den meisten Fällen nur zwei Phasen eine Rolle spielen: In der ersten Phase, die einen überschaubaren Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfasst und bis zum sog. Planungshorizont T reicht, sollen detaillierte Planungsrechnungen zur Verfügung stehen, sodass die zahlreichen Einflussgrößen meist einzeln für die Prognose der finanziellen Überschüsse herangezogen werden können. Die zweite Phase erfasst den Zeitraum nach dem Planungshorizont. Die Ertragsprognose für die zweite Phase basiert i. d. R. auf einer mehr oder weniger pauschalen Fortschreibung der Detailplanungen der ersten Phase. Wird gem. der Phasenmethode nach der ersten Phase, d. h. nach dem Planungshorizont T, ein konstanter Unternehmensertrag ET+1 angenommen, dann erhält man den Unternehmenswert zum Planungshorizont aus:

TV T =

ET+1 r

TVT wird als Terminal Value (Restwert, Residualwert, Endwert) bezeichnet; er repräsentiert den Unternehmenswert zum Planungshorizont, der grundsätzlich unter der Annahme der Unternehmensfortführung ermittelt wird. Anstelle eines konstanten Unternehmensertrags E T+1 nach dem Planungshorizont, kann von einem konstanten Wachstum des Unternehmensertrags ausgegangen werden (Wachstumsmodell). Bezeichnet w die Wachstumsrate, erhält man:

TV T =

ET+1 , wobei w < r. r–w

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

Der Unternehmenswert unter Berücksichtigung der zwei Phasen gem. IDW S 1 ergibt sich dann aus folgendem Ausdruck:

UW =

T X t=1

Et ð1 + rÞ

t

+

CVT ð1 + rÞT

+ N0

Anstelle von zwei Phasen wird auch in drei Phasen geplant, indem der Zeitraum vor dem Planungshorizont in eine Detail- und eine Grobplanungsphase zerlegt wird. Dies ist bspw. dann erforderlich, wenn Investitionszyklen noch nicht abgeschlossen sind. Auch überdurchschnittliche Wachstumsraten, Überrenditen oder Steuereffekte können eine Grobplanungsphase erfordern (Saur/Tschöpel/Wiese/Willershausen, WPg 2011 S. 1017 ff.). Nach dem österreichischen Standard KFS/BW 1 kann sich die Planung in der Grobplanungsphase auf die Entwicklung der wesentlichen unternehmensspezifischen Werttreiber konzentrieren (KFS/BW 1 Tz. 62). Durch die über den Detailplanungszeitraum hinausgehende periodenspezifische Modellierung wesentlicher Werttreiber erhöht die Grobplanungsphase die Transparenz der Wertermittlung (Empfehlung der Arbeitsgruppe Unternehmensbewertung des Fachsenats für Betriebswirtschaft zur Grobplanungsphase und zur Rentenphase (Terminal Value) vom 4.11.2015, Tz. 17; Rabel, BewP 2016, S. 16) und vermindert den im 2-Phasen-Modell üblicherweise sehr hohen relativen Anteil des Terminal Value am Unternehmenswert (Hachmeister/Ruthardt/Mager, DB 2014 S. 1214 ff.). Der Unternehmenswert zum Planungshorizont wird auch als Terminal Value, Residualwert oder Restwert bezeichnet (siehe u. a. Stellbrink, 2005; Lobe, 2006; Kreyer, 2009 und Abschnitt: Der Terminal Value in der Unternehmensbewertung). Nach dem Standard KFS/BW 1 Tz. 64 hat der Bewerter bei der Ermittlung des Terminal Value geeignete Annahmen über die zu erwartende langfristige Entwicklung des Rentabilitätsniveaus des zu bewertenden Unternehmens in der Rentenphase unter Berücksichtigung der der dafür relevanten Einflussfaktoren wie der Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegen den Abbau von Überrenditen zu treffen und auf die Konsistenz der Annahmen zu Renditeerwartungen, Wachstumsrate und Thesaurierung zu achten (Rabel, BewP 2016, S. 17 ff.). Mit der Phasenmethode wird eine Begrenzung der mit einer Prognose unweigerlich verbundenen Unsicherheiten angestrebt; ein eigenständiges Bewertungsverfahren wird dadurch nicht begründet.

1.4  Kalkulationszinsfuß 1.4.1 Grundlagen Beim Ertragswertverfahren werden die Erträge aus dem Unternehmenserwerb bzw. -beibehalt mit den Erträgen der besten alternativen Handlungsmöglichkeit des (potenziellen) Unternehmenseigners verglichen. Die Alternativerträge werden als Alternativrendite durch den Kalkulationszinsfuß zum Ausdruck gebracht. Der Kalkulationszinsfuß gibt demnach die Mindestrendite an, die der spezielle Investor vom Investitionsprojekt „Unternehmenserwerb“ bzw. „Unternehmensbeibehalt“ fordert. Im Rahmen der praktischen Umsetzung wird der Kalkulationszinsfuß durch ein mehrstufiges Verfahren ermittelt. In einem ersten Schritt wird der „Basiszinsfuß“ festgelegt. Danach wird der Basiszinsfuß auf seine Äquivalenz mit den Unternehmenserträgen geprüft und gegebenenfalls entsprechend adaptiert.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 richtet sich der Kapitalisierungszinssatz bei der Ermittlung subjektiver Entscheidungswerte nach den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Investors. Als Kapitalisierungszinssatz kommt z. B. die individuelle Renditeerwartung des Investors bei einer Alternativinvestition, der Zinssatz zur Ablösung vorgesehener Kredite oder ein Zinssatz, der sich aus einer subjektiven Einschätzung der Komponenten (Basiszinssatz, Risikozuschlag) ableitet. Bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte ist nach IDW S 1 i. d. F. 2008 für die Bestimmung der Rendite der Alternativanlage die beobachtete Rendite einer Anlage in Unternehmensanteile heranzuziehen; insbesondere kommen dafür Kapitalmarktrenditen für Unternehmensbeteiligungen (in Form von Aktienportfolios) in Betracht. Diese Renditen für Unternehmensanteile lassen sich grundsätzlich in einen Basiszinssatz und eine von den Anteilseignern aufgrund der Übernahme unternehmerischen Risikos geforderte Risikoprämie zerlegen (Tz. 114). Mit dieser Vorgangsweise wird der individualistische Ansatz der traditionellen Ertragswertmethode verlassen. 1.4.2  Basiszinsfuß Der Basiszinsfuß sollte der Rendite einer risikolosen Veranlagung auf dem Kapitalmarkt entsprechen. Dabei ist von einem stichtagsbezogenen Zinsfuß unter Berücksichtigung des Prinzips der Laufzeitäquivalenz auszugehen. Demnach müssen die Unternehmens- und Alternativerträge hinsichtlich ihrer Laufzeitstruktur vergleichbar sein. Als adäquater Basiszinsfuß dienen Spot Rates, d. h. Renditen von Nullkuponanleihen zum Bewertungsstichtag. Die Schätzung dieser Renditen in Abhängigkeit von der Laufzeit erfolgt auf Grundlage des Svensson-Modells (Obermaier, 2004, S. 159 ff.; Wiese, 2006, S. 8 ff.; Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 238 ff; IDW (Hrsg.), 2018, S. 135 ff.). Die dazu notwendigen Parameter zur Ermittlung dieser Zinsstrukturkurve werden von der Deutschen Bundesbank täglich veröffentlicht. Die Zinsstrukturkurve liefert periodenspezifische Basiszinsfüße. Der Fachausschuss Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW gibt Empfehlungen für die Ermittlung des Basiszinsfußes ab.

1.5  Steuern Die Notwendigkeit, sich mit Besteuerungswirkungen bei der Unternehmenswertermittlung auseinander zu setzen, ist unbestritten (Wagner, 1999, S. 67 ff.; Peemöller, UM 2003 S. 125 ff.; Ballwieser/ Kruschwitz/Löffler, WPg 2007 S. 765 ff.; IDW (Hrsg.), 2018, S. 101 ff. und S. 121 ff.). Steuerzahlungen vermindern die zukünftigen Unternehmenserträge bzw. Alternativerträge, daher erscheint die Berücksichtigung der Besteuerung geboten. Jedoch kann gezeigt werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen, die Besteuerung irrelevant ist (Laitenberger, FB 2000 S. 546 ff.; Laitenberger/Bahr, FB 2002 S. 703 ff.; Richter, 2002, S. 330 ff.; Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2004 S. 897; Tschöpel/Wiese/Willershausen, 2010, S. 356 ff.; Hommel/Dehmel, 2013, S. 110 ff.). Dies gilt z. B. für den einfachen Fall uniformer Unternehmenserträge E, einer im Zeitablauf konstanter Alternativrendite r und einem Steuersatz s, der auf die Unternehmens- und Alternativ­erträge anzuwenden ist, bei sicheren Erwartungen und unendlichem Betrachtungshorizont:

E  ð1 – sÞ E = r r  ð1 – sÞ Für jeden konkreten Bewertungsanlass ist zu klären, welcher Steuerbelastung die Unternehmens- und Alternativerträge ausgesetzt sind. Darüber hinaus ist aber auch zu klären, welche

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

sonstigen Steuerzahlungen mit dem Unternehmenserwerb bzw. Unternehmensverkauf verbunden sind. Insbesondere stellt sich auf Verkäuferseite die Frage nach der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns und auf Käuferseite die Frage, inwieweit im Kaufpreis abgegoltene stille Reserven und Firmenwertkomponenten zukünftig zu einem erhöhten steuerlichen Abschreibungspotenzial und einer daraus lukrierbaren Ertragsteuerersparnis führen. Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Tz. 28 sind die Nettozuflüsse an den Investor unter Berücksichtigung der Ertragsteuern des Unternehmens und auch der Ertragsteuern der Unternehmenseigner zu ermitteln. Bei der Berücksichtigung der Besteuerung kann das sog. „Steuerparadoxon“ auftreten (vgl. u. a. Laitenberger, FB 2000 S. 546 ff.; Siegel, 2000, S. 399 ff.; Rhiel, FB 2000 S. 550 ff.; Rhiel, FB 2001 S. 15 ff.; Günther, FB 2003 S. 348 ff.; Richter, 2003, S. 307 ff.; Schwetzler, FB 2004 S. 198 ff.; Ballwieser/Kruschwitz/Löffler, WPg 2007 S. 766, Richter, 2007, S. 2 f.). Von einem Steuerparadoxon wird gesprochen, wenn der Unternehmenswert bei zunehmendem Ertragsteuersatz steigt, anstatt – wie man intuitiv annehmen könnte – sinkt. Ausgangspunkt der Überlegungen ist in Anlehnung an IDW S 1 i. d. F. 2000 folgendes Wachstumsmodell zur Ermittlung des Unternehmenswerts UW:

UW =

E1  ð1 – sÞ ðr + zÞ  ð1 – sÞ – w

Dabei bezeichnet E1 den erwarteten Unternehmensertrag zu t1, z den Risikozuschlag, s den Ertragsteuersatz und w die Wachstumsrate von E1. Durch die Berücksichtigung der Besteuerung der Unternehmenserträge und der risikoadäquaten Alternativrendite mit dem gleichen Ertragsteuersatz s kommt es zum Steuerparadoxon. Die ökonomischen Interpretationen der Datenkonstellationen, bei denen das Steuerparadoxon auftritt, sind unterschiedlich. Zu beachten ist, dass sich die Nachsteuerrendite der risikoadäquaten Alternative i. A. nicht durch die einfache Kürzung der risikoadäquaten Vorsteuerrendite (r + z) durch den Steuersatz s ergibt. (Zur Besteuerung siehe ausführlich 4. Kap., Teil C, Abschnitt I).

1.6  Geldwertänderungen Künftige Geldwertänderungen (Inflation, Deflation) beeinflussen die Kaufkraft sowohl der zu erwartenden Unternehmenserträge als auch der Alternativerträge. Geldwertänderungen können entweder durch eine Nominalrechnung oder durch eine Realrechnung erfasst werden. Beide Rechnungen führen bei korrekter Anwendung zum selben Ergebnis (Ballwieser, BFuP  1981 S. 97 ff.; IDW (Hrsg.), 2018, S. 165 f.; Hommel/Dehmel, 2013, S. 92 ff.). Bei der Nominalrechnung werden die nominell geplanten Unternehmenserträge mit dem nominellen Kalkulationszinsfuß diskontiert. Am Ende des Planungshorizontes müssen Annahmen über die zukünftige Entwicklung der Unternehmenserträge getroffen werden. Eine übliche Annahme ist, dass die Inflationsrate in den Unternehmenserträgen überwälzt werden kann, d. h. es wird inflationsproportionales Wachstum der Unternehmenserträge angenommen. Ist ET+1 der nominelle Unternehmensertrag der ersten Periode nach dem Planungshorizont und g die erwartete, im Zeitablauf konstante Inflationsrate, dann erhält man bei Annahme eines inflationsproportionalen Wachstums der Unternehmenserträge folgenden Terminal Value TVT zum Planungshorizont:

TV T =

ET+1 r–g

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Wird dagegen eine Realrechnung durchgeführt, benötigt man den realen Unternehmensertrag ET+1,real der ersten Periode nach dem Planungshorizont und den realen Kalkulationszinsfuß rreal. Damit erhält man folgenden Endwert:

CVT =

ET+1, real rreal

Nominal- und Realrechnung führen zum selben Ergebnis, wenn folgender Zusammenhang zwischen Nominalzinsfuß r und Realzinsfuß rreal bzw. Nominalertrag ET+1 und Realertrag Et+1,real beachtet wird: rreal =

r–g 1+g

und

ET+1;real =

ET+1 ð1 + gÞT+1

Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Tz. 94 ff. wird grundsätzlich von einer Nominalrechnung ausgegangen. (Zur Behandlung der Geldwertänderungen im Ertragswertverfahren siehe ausführlich 3. Kapitel, Teil A dieses Handbuchs).

1.7  Unsicherheit Die künftigen Unternehmenserträge stehen nicht mit Sicherheit fest. Sie können je nach Eintritt künftiger Entwicklungen unterschiedliche Werte annehmen, d. h. sie sind mit Unsicherheit behaftet. Generell stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl, um unsichere Erträge zu bewerten: Die Sicherheitsäquivalenzmethode und die Risikozuschlagsmethode (Siegel, BFuP 1994 S. 457 ff.; Diedrich, ZfbF 2003 S. 281 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 89 ff.; Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 83 ff. und S. 50 ff.; Aschauer/Purtscher, 2011, S. 78 ff.; IDW (Hrsg.), 2018, S. 75 f.; Hommel/ Dehmel, 2013, S. 183 ff.). Bei der Sicherheitsäquivalenzmethode werden die Sicherheitsäquivalente der zukünftigen Unternehmenserträge mit risikolosen Zinssätzen diskontiert. Das Sicherheitsäquivalent ist derjenige sichere Ertrag, der den gleichen Nutzen stiftet wie die betreffende Wahrscheinlichkeitsverteilung der Unternehmenserträge. Der Bewerter (Investor) muss dazu in der Lage sein, die Unsicherheit künftiger Unternehmenserträge durch eine (subjektive) Wahrscheinlichkeitsverteilung zu konkretisieren und dazu die seiner subjektiven Risikoneigung entsprechenden Sicherheitsäquivalente anzugeben. Ist SÄ(Et) das Sicherheitsäquivalent der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Unternehmenserträge in der Periode t und bezeichnet N0 den Wert des n.b.V., dann ergibt sich der Unternehmenswert allgemein aus:

UW =

1 X ¨ ðEt Þ SA t=1

ð1 + rÞt

+ N0

Bei der Risikozuschlagsmethode werden die Erwartungswerte der zukünftigen Unternehmenserträge mit einem um einen Risikozuschlag erhöhten Kalkulationszinsfuß diskontiert. Ist μ(E t) der Erwartungswert der Unternehmenserträge in der Periode t und z der (periodenunabhängige) Risikozuschlag zum risikolosen Zinsfuß, dann erhält man den Unternehmenswert in allgemeiner Form aus:

UW =

1 X t=1

ðEt Þ

ð1 + r + zÞt

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+ N0

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

Der Risikozuschlag und auch das Sicherheitsäquivalent werden beim Ertragswertverfahren vom Bewerter dem individualistischen Ansatz entsprechend auf Grundlage seiner Risikoneigung bzw. Risikonutzenfunktion festgelegt (Obermaier, 2004, S. 209 ff.; Kuhner/Maltry, 2017, S. 163 ff.; Wiese, 2006, S. 13 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S.98 ff.). Drukarczyk/Schüler zeigen, dass auch bei individualistischem Ansatz Sicherheitsäquivalent und Risikozuschlagsmethode zum selben Ergebnis führen (Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 41 ff.). Nach IDW  S 1 i. d. F. 2008 wird national und international die Zinszuschlagsmethode (Risikozuschlagsmethode) bevorzugt, da sie den Vorteil aufweist, dass sie sich auf empirisch beobachtbares Verhalten stützen kann und eine marktorientierte Vorgehensweise bei der Bemessung von Risikozuschlägen erlaubt (Tz. 90). Wegen der Schwierigkeit, zwischen speziellen und allgemeinen Risiken eindeutig abgrenzen zu können, soll nach Auffassung des IDW das gesamte Unternehmerrisiko ausschließlich im Kapitalisierungszinsfuß berücksichtigt werden. Zur Berücksichtigung des Risikos im Ertragswertverfahren siehe ausführlich 3. Kap. Teil A.

1.8 Beurteilung des Ertragswertverfahrens Beim Ertragswertverfahren wird der Unternehmenswert durch Diskontierung zukünftiger Unternehmenserträge ermittelt. Der Kalkulationssatz repräsentiert dabei die beste alternative Mittelverwendung des Investors (potenzieller Käufer bzw. Verkäufer eines Unternehmens i. w. S.). Die Unternehmenserträge können je nach gewünschter Komplexität bzw. Vereinfachung unter­ schiedlich definiert werden. Unternehmenserträge als Netto-Cashflows beim Investor entsprechen dem aus theoretischer Sicht richtigen Ertragsbegriff. Das Abstellen auf Periodenerfolge, die durch Fortschreibung der Vergangenheit ermittelt werden, stellt eine Vereinfachung dar, die zu sehr groben Näherungen führen kann. Die Besteuerung (Unternehmensteuern und persönliche Steuern) ist bei den Ertragschätzungen zu berücksichtigen. Geldwertänderungen können durch eine Nominal- oder Realrechnung berücksichtigt werden. Die Unsicherheit zukünftiger Ertragschätzungen kann formal entweder durch die Sicherheitsäquivalenzmethode oder durch die Risikozuschlagsmethode auf Grundlage der subjektiven Risikoneigung des Bewerters bzw. Investors bewältigt werden. Die Konzeption des Ertragswertverfahrens ist auf die Ermittlung von individuellen Entscheidungswerten ausgerichtet. Als entscheidungsorientiertes Verfahren baut das Ertragswertverfahren auf den individuellen Zielvorstellungen und individuellen Rahmenbedingungen wie Risikoeinstellung, Besteuerung, Finanzierungsmöglichkeiten, Synergien des konkreten Bewertungssubjekts auf und kann daher auch als „individualistischer Ansatz“ bezeichnet werden (Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 41 ff. und S. 72 ff.). In Teilen der Bewertungspraxis und in der älteren Literatur wird das Ertragswertverfahren unzutreffenderweise gleichgesetzt mit einer Heranziehung von Periodenerfolgen, somit von künftigen Gewinnen oder Verlusten auf Basis einer Ertrags- und Aufwandsrechnung, zur Messung der Zukunftserträge. So wird etwa das Ertragswertverfahren mit dem Argument verworfen, nach den Erkenntnissen der modernen Betriebswirtschaftslehre sei auf Cashflows bzw. Zahlungsströme und nicht auf buchhalterische Größen wie Periodenerfolge abzustellen. Eine derartige Kritik kann nicht das Ertragswertverfahren generell betreffen, sondern nur jene spezifische Ausprägungsform des Ertragswertverfahrens, bei der die künftigen Periodenerfolge des Unternehmens unter Rückgriff auf eine einfache Fortschreibung von Vergangenheitsdaten ohne Berücksichtigung der Doppelzählungsproblematik und somit ohne ergänzende Finanzbedarfsrechnung ermittelt werden (Moxter, 1983, S. 79 f.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 200 f.).

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Ein anderer Kritikpunkt am Ertragswertverfahren betrifft die Orientierung an der individuellen Risikoeinstellung des Investors mit dem Versuch, subjektive Grenzpreise zu ermitteln (Drukarczyk/ Schüler, 2016, S. 54 ff.). Dabei werde nicht beachtet, dass die Investoren i. d. R. auch andere Projekte realisiert haben werden, sodass durch eine derartige Diversifikation eine Risikominderung eintrete, d. h. der Investor müsse nicht das gesamte Risiko des zu bewertenden Projekts übernehmen. Nur für den Fall, dass keine Diversifikation unterstellt werden könne, wäre eine Orientierung an der individuellen Risikoeinstellung des Investors gerechtfertigt. Bei diversifizierten Investoren müssten daher marktorientierte Risikoprämien bzw. Diskontierungssätze herangezogen werden. Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 können bei Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts aus den am Kapitalmarkt empirisch ermittelten Aktienrenditen mit Hilfe von Kapitalmarktpreisbildungsmodellen (CAPM, Tax-CAPM) Risikoprämien abgeleitet werden. Dies bedeutet, dass für Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts nicht der individualistische Ansatz maßgeblich ist, der dem traditionellen Ertragswertverfahren zugrunde liegt, sondern der marktorientierte Ansatz, der konzeptionell den DCF-Verfahren entspricht.

2. Discounted Cashflow-Verfahren 2.1 Konzeption Bei den Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) wird der Unternehmenswert durch Diskontierung zukünftiger Cashflows ermittelt. Bei den DCF-Verfahren wird zur Bestimmung des Diskontierungssatzes auf kapitalmarkttheoretische Modelle, i. A. auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM), zurückgegriffen. Als Ergebnis der Unternehmensbewertung wird der Marktwert des Gesamtkapitals bzw. der auch als „Shareholder Value“ bezeichnete Marktwert des Eigenkapitals ermittelt (zu den DCF-Verfahren siehe ausführlich 3. Kap., Teile B und C und die dort angegebene Literatur). Je nach Definition der bewertungsrelevanten Cashflows und der anzuwendenden Diskontierungssätze können mehrere DCF-Verfahren unterschieden werden. Nachstehend werden die folgenden drei Verfahrenstypen kurz erläutert:

”” WACC-Ansatz, ”” Nettoverfahren („Equity-Ansatz“), ”” Adjusted Present Value-Verfahren (APV-Verfahren).

Im IDW Standard S 1 i. d. F. 2008 wird das APV-Verfahren als Konzept des angepassten Barwerts bezeichnet und gemeinsam mit dem WACC-Ansatz der Bruttokapitalisierung (Entity-Approach) zugerechnet. Alternative Konzepte zu den DCF-Verfahren finden sich bei Hering, 2014 und Matschke/Brösel, 2013.

2.2 WACC-Ansatz mit Free Cashflows 2.2.1 Konzeption Bewertungsrelevanter Cashflow ist bei diesem WACC-Ansatz der bei unterstellter vollständiger Eigenfinanzierung des Unternehmens potenziell zur Verfügung stehender Zahlungsüberschuss

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

(Free Cashflow). Der WACC-Ansatz auf Basis von Free Cashflows stellt die am weitesten verbreitete Spielart der Bruttoverfahren dar. Der Free Cashflow ist (im amerikanischen Grundmodell) nach folgendem Schema zu bestimmen (Copeland/Koller/Murrin, 2000, S. 135): Earnings before interest and taxes (EBIT) –

Cash taxes on EBIT

=

Net operating profit less adjusted taxes (NOPLAT)

+

Depreciation

=

Gross Cashflow

+/– Change in Working Capital –

Capital expenditures



Increase in net other assets

=

Operating Free Cashflow

+

Cashflow from non-operating investments

=

Free Cashflow

Aufgrund der unterstellten Eigenfinanzierung des Unternehmens mindern Fremdkapitalzinsen bzw. mindern oder erhöhen Veränderungen von Finanzierungsschulden den Free Cashflow nicht. Damit ist der Free Cashflow von der tatsächlichen Finanzierung unabhängig. Wegen der fiktiven Eigenfinanzierung des Unternehmens, werden die Unternehmensteuern ohne Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen ermittelt und cashflowmindernd berücksichtigt. Die geschilderte Vorgangsweise soll sicherstellen, dass der Free Cashflow den vom Unternehmen erwirtschafteten Einzahlungsüberschuss vor Berücksichtigung von Außenfinanzierungsmaßnahmen (und der daraus resultierenden Unternehmenssteuerwirkungen) durch die Eigen- und Fremdkapitalgeber des Unternehmens repräsentiert. Damit wird eine Trennung des Unternehmens in einen Leistungsbereich, für den der Free Cashflow prognostiziert wird, und einen Finanzierungsbereich, der die Maßnahmen der Außenfinanzierung durch Eigen- und Fremdkapitalgeber umfasst, vorgenommen. Die tatsächliche Finanzierung (Kapitalstruktur) des Unternehmens findet erst im Diskontierungssatz seinen Niederschlag. Die Steuerersparnis aus den künftigen Fremdkapitalzinsen wird durch eine entsprechende Verminderung des Diskontierungssatzes berücksichtigt.

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

Die prognostizierten Free Cashflows werden mit einem Mischzinsfuß in Form des gewogenen Kapitalkostensatzes (WACC = weighted average cost of capital) diskontiert. Dabei kann vereinfachend ein in Zukunft konstanter Verschuldungsgrad auf Marktwertbasis unterstellt werden, der i. d. R. durch Festlegung einer Zielkapitalstruktur (= Verhältnis Fremdkapital zu Gesamtkapital bzw. Eigenkapital zu Gesamtkapital auf Marktwertbasis) vorgegeben wird. In diesem Fall erhält man einen konstanten Kapitalkostensatz (Koller/Goedhart/Wessels, 2015, S. 146 f.). Der gewogene Kapitalkostensatz soll den gewichteten Durchschnittskosten von Eigen- und Fremdkapital entsprechen; er wird wie folgt ermittelt:

cWACC = rðFKÞ  ð1 – sÞ 

FK EK + rðEKÞ  GK GK

cWACC:

gewogener Kapitalkostensatz (WACC),

FK:

Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals,

EK:

Marktwert des Eigenkapitals,

GK:

Marktwert des Gesamtkapitals (WACC-Ansatz),

S:

Ertragsteuersatz auf Unternehmensebene,

r(FK):

Kosten des Fremdkapitals bzw. Renditeforderung der Fremdkapitalgeber,

r(EK)v:

Renditeforderung der Eigenkapitalgeber für das verschuldete Unternehmen.

Unter der Annahme unendlicher Unternehmensdauer erhält man den Marktwert des Gesamtkapitals GK unter Berücksichtigung des Marktwerts des nicht-betriebsnotwendigen Vermögens N0 nach folgender Formel: GK =

1 X t=1

FCFt ð1 + cWACC Þt

+ N0

Wird vom Marktwert des Gesamtkapitals der Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals abgezogen, erhält man den Marktwert des Eigenkapitals (Shareholder Value). Beim Bruttoverfahren auf Basis von Free Cashflows wird der Shareholder Value daher nach folgendem Schema ermittelt: Barwert der Free Cashflows +

Marktwert des n. b. V.

=

Marktwert des Gesamtkapitals (WACC-Ansatz)



Marktwert des verzinslichen Fremdkapitals

=

Marktwert des Eigenkapitals (Shareholder Value)

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

Zusammenfassend kann das Bruttoverfahren schematisch wie folgt dargestellt werden: ABB. 2:

Ermittlung des Shareholder Value im WACC-Ansatz mit Free Cashflows

Finanzierungsbereich

Leistungsbereich

Ergebnis vor Zinsen und Steuern + Unternehmensteuern –

Brutto Cashflow

+

+

Investitionen in das Anlagevermögen –

Dotierung/Auflösung v. Rückstellungen +/–

Erh./Verm. d. Nettoumlaufvermögens +/–

Abschreibungen

Jahr n ... Jahr 1 Free Cashflow

Diskontierung

Marktwert Gesamtkapital

Marktwert Fremdkapital

Eigenkapitalkosten

+

Shareholder Value



Gewichtete Kapitalkosten Fremdkapitalkosten

Quelle: In Anlehnung an Meyersiek, BFuP 1991 S. 235. Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 können die Free Cashflows aus einer Plan-Gewinn- und Verlustrechnung wie folgt ermittelt werden: Jahresergebnis +

Fremdkapitalzinsen



Unternehmensteuer-Ersparnis infolge der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield)

+

Abschreibungen u. a. zahlungsunwirksame Aufwendungen



zahlungsunwirksame Erträge



Investitionsauszahlungen abzüglich Einzahlungen aus Desinvestitionen

+/– Verminderung/Erhöhung des Nettoumlaufvermögens =

Free Cashflow

Geht man davon aus, dass – wie IDW S 1 i. d. F. 2008 es verlangt – eine integrierte Planungsrechnung vorliegt, können die geplanten Fremdkapitalbestände daraus unmittelbar entnommen werden. Die (autonome) Planung der Fremdkapitalstände zieht i. d. R. im Zeitablauf schwankende Verschuldungsgrade nach sich, was wiederum die Anwendung periodenspezifischer gewogener Kapitalkostensätze erfordert. Die Ermittlung des Unternehmenswerts erfolgt in diesem Fall durch rekursive Berechnung der periodenspezifischen Kapitalkostensätze (Roll-back-Verfahren;

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

siehe dazu Wallmeier, ZfB 1999 S. 1477 ff.; Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 197 ff.; Kruschwitz/Löffler/Essler, 2009, S. 145 ff.; Enzinger/Kofler, 2011, S. 52 ff.). 2.2.2 Ermittlung der Eigenkapitalkosten 2.2.2.1  Capital Asset Pricing Model (CAPM) DCF-Verfahren greifen zur Ermittlung der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber (Eigenkapitalkosten) auf kapitalmarkttheoretische Modelle zurück. Üblicherweise wird das Capital Asset Pricing Model (CAPM) herangezogen (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 118 ff.; zum CAPM siehe u. a. Uhlir/ Steiner, 2000, S. 186 ff.; Obermaier, 2004, S. 287 ff.; Copeland/Weston/Shastri, 2005, S. 147 ff.; IDW (Hrsg.), 2018, S. 123 ff.; Kruschwitz/Löffler/Essler, 2009, S. 31 ff.; Hommel/Dehmel, 2013, S. 224 ff.). Die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber r(EK)v für ein bestimmtes Unternehmen ergibt sich unter Verwendung des CAPM aus der Summe der Rendite risikoloser Kapitalanlagen ir und einem Risikozuschlag z, der sich aus der Multiplikation der Marktrisikoprämie mit dem unternehmensspezifischen Beta-Faktor β ergibt: r(EK)v = ir + z = ir + β · [μ (rm) – ir] Die Marktrisikoprämie ergibt sich als Differenz zwischen der Marktrendite μ(rm), i. e. die Rendite für den gesamten Wertpapiermarkt (Marktportefeuille), und dem risikolosen Zinsfuß i r. Der Beta-Faktor β ist ein Maß für das Risiko des zu bewertenden Unternehmens. Durch den auf Basis des CAPM bestimmten Risikozuschlag z wird nur ein Teil des gesamten Risikos erfasst, und zwar das systematische Risiko (Marktrisiko). Das unsystematische Risiko, das unternehmensspezifisch und auf Managementfehler, Wettbewerbsnachteile u. Ä. zurückzuführen ist, ist nicht enthalten. Anleger können das unsystematische Risiko durch Diversifikation (Portefeuillebildung) vermeiden, sodass angenommen wird, dass der Markt das unsystematische Risiko nicht vergütet. Das durch den Beta-Faktor gemessene systematische Risiko kann in ein Geschäftsrisiko (Investitionsrisiko, Business Risk) und in ein Kapitalstrukturrisiko (finanzwirtschaftliches Risiko, Financial Risk) zerlegt werden. Zunehmende Verschuldung eines Unternehmens führt zu einer Zunahme des finanzwirtschaftlichen Risikos und zu einer erhöhten Renditeforderung der Eigenkapitalgeber (IDW (Hrsg.), 2018, S. 118 ff.). Die Anpassung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber an Änderungen des Verschuldungsgrads hat unter Beachtung der Finanzierungsstrategie des Unternehmens zu erfolgen. Zu unterscheiden sind die autonome Finanzierungsstrategie, bei der die Fremdkapitalbestände für die zukünftigen Perioden festgelegt werden, und die wertorientierte Finanzierungsstrategie, bei der die zukünftigen Verschuldungsgrade festgelegt werden (Wallmeier, ZfB 1999 S. 1474 ff.). Die Anpassungen gehen i. A. von risikolosem Fremdkapital aus. Verlangen die Fremdkapitalgeber jedoch eine Rendite, die über den risikolosen Zins hinausgeht (Credit Spread), dann kann gemäß CAPM ein sogenanntes Debt-Beta berechnet und bei der Anpassung der Renditeforderung der Eigenkapitalgeber berücksichtigt werden (siehe dazu Kruschwitz/Milde, 1966, S. 1115 ff.; Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 255 f.; Dörschell/Franken/Schulte, 2012, S. 205 ff.; Henselmann/Kniest, 2015, S. 271 ff.; Aschauer/Purtscher, 2011, S. 187 ff.). Die Marktrisikoprämie kann grundsätzlich vergangenheitsorientiert durch eine Ableitung aus historischen Aktienmarktrenditen oder zukunftsorientiert durch eine Ableitung aus sogenannten impliziten Aktienmarktrenditen ermittelt werden (IDW (Hrsg.), 2018, S. 140 ff.; zu Erhebungs-

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D. Methoden der Unternehmensbewertung ­(Überblick)

ergebnisse für historische Marktrisikoprämien siehe die Zusammenfassungen bei Ballwieser/ Hachmeister, 2016, S. 106 und Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 245 f.). Nach Ansicht des IDW weisen beide Ermittlungsmethoden jeweils Stärken und Schwächen sowie Ermessenspielräume auf, sodass ein pluralistischer Ansatz zur Bestimmung von Marktrenditen und Marktrisikoprämien empfohlen wird (IDW (Hrsg.), 2018, S. 145). Auf dieser Grundlage gibt der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW Empfehlungen zur Höhe der Marktrisikoprämie vor und nach Steuern ab. Der Fachsenat für Betriebswirtschaft der österreichischen Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) hat sich hingegen in der Empfehlung KFS/BW 1 E 7 aus 2017 zur zukunftsorientierten Bestimmung der Marktrisikoprämie bekannt (Rabel, BewP 2018, S. 2 ff.). 2.2.2.2  Modifikationen des CAPM Die Ermittlung der Eigenkapitalkosten erfolgt üblicherweise auf Grundlage des CAPM. Die doch sehr restriktiven Annahmen dieses Modells haben nicht nur Kritik an seiner Verwendung für Bewertungszwecke (Hering, 2006, S. 215 ff.; Ballwieser, 2010, S. 77ff.) sondern u. a. auch zur Entwicklung alternativer Ansätze geführt, wie etwa dem Fama-French Three-Factor Model (siehe Koller/Goedhart/Wessels, 2015, S. 280 ff.) und den sogenannten Build-Up-Methoden (siehe dazu Pratt/Grabowski, 2014, S. 177 ff.; Henselmann/Kniest, 2015, S. 280 ff.). Bei diesen Ansätzen werden zusätzliche Risikoprämien wie „Size premia“, „Industry risk premia“ und „Company-specific risk premia (unsystematic risk)“ in die Eigenkapitalkosten einbezogen (zur Kritik an derartigen Zuschlägen siehe Mandl, 2012, S. 173 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 120 ff.). Die Ermittlung der Eigenkapitalkosten erfährt eine weitere Komplexitätserhöhung bei Aktivitäten des Bewertungsobjekts in „emerging markets“ (siehe Koller/Goedhart/Wessels, 2015, S. 667 ff; Hofbauer, 2011). Ein spezielles Problem bildet hier die Frage der Berücksichtigung sogenannter „Country Risk Premia“ (siehe dazu Damodaran, 2006, S. 59 ff.; Kruschwitz/Löffler/Mandl, 2011, S. 167 ff.; Ernst/Gleißner, 2012, S. 1252 ff.; Ballwieser/Hachmeister, 2016, S. 123 f.). 2.2.3  Ermittlung der Fremdkapitalkosten Der Fremdkapitalbestand eines Unternehmens setzt sich i. d. R. aus sehr unterschiedlichen Positionen mit gleichfalls unterschiedlichen Kosten zusammen. Da beim WACC-Ansatz eine Trennung in den Finanzierungsbereich und in den Leistungsbereich erfolgt, ist zunächst zu prüfen, welche Fremdkapitalpositionen dem Finanzierungsbereich zuzuordnen sind. Zum Finanzierungsbereich wird das sog. „verzinsliche“ bzw. „zinstragende“ Fremdkapital, wie Darlehen, Anleihen, kurz- und langfristige Bankschulden sowie Leasingfinanzierung, gezählt. Bei diesen Positionen ist zu untersuchen, ob die vereinbarten Konditionen als „marktüblich“ anzusehen sind, da das verzinsliche Fremdkapital nur zu marktüblichen Konditionen zu berücksichtigen ist. Zum nicht verzinslichen Fremdkapital, das dem Leistungsbereich zugeordnet wird, werden u. a. Lieferverbindlichkeiten, Kundenanzahlungen, Rückstellungen sowie passive RAP gerechnet. Es zeigt sich jedoch, dass auch solche Positionen (nicht explizite) Fremdkapitalkosten verursachen können. Das gilt vor allem für Pensionsverpflichtungen, aber auch für Lieferantenverbindlichkeiten, Kundenanzahlungen u. a. Nach IDW S 1 i. d. F. 2008 Tz. 134 ist bei nicht explizit verzinslichen Posten des Fremdkapitals (insbesondere bei Pensionsrückstellungen) ein Marktzins für fristenadäquate Kredite heranzuziehen. Bei der praktischen Anwendung des WACC-Verfahrens werden diese Positionen meistens vereinfachend dem Leistungsbereich zugeordnet und gehen

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1. Kapitel: Grundlagen der Unternehmensbewertung

damit nicht in die WACC-Ermittlung ein (zur Berücksichtigung von Pensionsrückstellungen siehe u. a. Drukarczyk/Schüler, 2016, S. 254 ff.; Kruschwitz/Löffler/Essler, 2009, S. 77 f.; Schwetzler, 2003, S. 409 ff.). 2.2.4 Ermittlung des Terminal Value Die Free Cashflows werden bei den DCF-Verfahren bis zum Planungshorizont auf Grundlage von Planungsrechnungen üblicherweise nominell geplant. Für die Zeit nach dem Planungshorizont werden entweder mehr oder weniger pauschale Annahmen über die weitere Entwicklung der Free Cashflows getroffen oder wird eine Veräußerung des Unternehmens unterstellt. Der Unternehmenswert zum Planungshorizont wird Restwert, Residualwert oder Terminal Value genannt (IDW S 1 i. d. F. 2008, Tz. 129 ff.). Wird angenommen, dass die Free Cashflows ab dem Planungshorizont T mit einer konstanten Wachstumsrate wT wachsen (wT