Praktische Geburtshilfe für Studierende und Ärzte [4., überarb. Aufl. Reprint 2011] 9783111504223, 9783111137476

“This excellent book strengthened my decision to become a gynecologist due to its distinctive guidelines und its instruc

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Praktische Geburtshilfe für Studierende und Ärzte [4., überarb. Aufl. Reprint 2011]
 9783111504223, 9783111137476

Table of contents :
Allgemeine Grundsätze für die Untersuchung Schwangerer und Kreißender
Diagnostik und Untersuchung in der Frühschwangerschaft (1.–4. Monat)
Diagnostik der Frühschwangerschaft
Untersuchung in der Frühschwangerschaft
Allgemeine Betrachtung
I. Äußere Beckenuntersuchung
II. Vaginale Untersuchung
Diagnostik und Untersuchung der Schwangerschaft vom 5.–10. Monat
Allgemeine Betrachtung
I. Außere Untersuchung
1. Palpation
2. Auskultation = Abhören der kindlichen Herztöne
3. Äußere Beckenmessung
4. Messung des Leibesumfanges
5. Röntgenuntersuchung
II. Innere Untersuchung
III. Untersuchung von Harn, Blutdruck, Gewicht und Blutfaktoren
Übersicht über die Schwangerschaftszeichen
Unterscheidung zwischen Erst- und Mehrgebärenden
Mittel oder Faktoren der Geburt
1. Das Geburtsobjekt = Das Kind
2. Der Geburtsweg = Geburtskanal
1. Der Knochenkanal
2. Der Weichteilkanal
3. Die Geburtskräfte = Die treibenden Kräfte oder Wehen
Vorboten der Geburt
Anzeichen der bald einsetzenden Geburt
Beginn der Geburt
Vorbereitung der Kreißenden zur Geburt
Untersuchung der Kreißenden
Anamnese am Kreißbett
Untersuchung der Kreißenden
Verhalten des Kopfes beim Durchtritt durch den Geburtskanal
I. Eintritt in den Beckeneingang = Eintrittsmechanismus
II. Eintritt und Durchtritt durch die Beckenhöhle = Durchtrittsmechanismus
III. Austritt aus dem Geburtskanal = Austrittsmechanismus
IV. Äußere Drehung des Kopfes = Rückdrehung
Die Drehung der Pfeilnaht
Der Höhenstand des Kopfes im Becken und seine Feststellung (Höhendiagnose)
A. Feststellung des Höhenstandes durch äußere Untersuchung
Übersicht über die äußeren Handgriffe zur Bestimmung des Höhenstandes
B. Feststellung des Höhenstandes durch innere (rektale und vaginale) Untersuchung
Geburtsleitung
1. Leitung der Eröffnungsperiode (EP)
2. Leitung der Austreibungsperiode (AP)
Preßwehen
Dammschutz
Zwei Handgriffe zur Beschleunigung des Kopfdurchtritts
1. Ritgenscher Handgriff = Hinterdammgriff
2. Kristellerscher Handgriff
Entwicklung der Schultern
Entwicklung des Rumpfes
Entwicklung der Hüften und der unteren Extremitäten
Schmerzlinderung in der Austreibungsperiode
Reifezeichen
Unreife und Unterreife (= Frühreife)
3. Leitung der Nachgeburtsperiode (NGP)
4. Die Lösungszeichen
Zusammenfassendes zur Leitung der Nachgeburtsperiode
Geburtsdauer
Schlechte Herztöne
Asphyxie des Neugeborenen
Wellenschwäche
Primäre Wehenschwäche
Sekundäre Wehenschwäche
Behandlung der Wehenschwäche
Übertragung
Dolffsches Zeichen
Geburtseinleitung bzw. -bescheunigung
Geburtsstillstand auf Beckenboden
Indikationen für die operative Entbindung
Gruppe I der Indikationen: Gefahren für die Mutter
Gruppe II der Indikationen: Gefahren für das Kind
Vorbereitung zu geburtshilflichen Operationen
Der Operateur
Die Kreißende
Episiotomie
Naht der Episiotomiewunde
Dammrisse = Scheidendammrisse
Klitoris- und Labienrisse
Zangenoperation I
Zangenoperation II (Zange bei schrägstehendem Kopf)
Gefahren und Prognose der Zangenoperation
Tiefer Querstand
Hoher Geradstand
Hintere Hinterhauptlage (= HiHHL)
Deflexionslagen = Strecklagen
Vorderhauptslage (= VoHL)
Stirnlage (= StL)
Gesichtslage (= GL)
Tabelle der regelrechten und regelwidrigen Kopflagen
Beckenendlage (= BEL)
Halbe Extraktion = Manualhilfe
Ganze Extraktion = manuelle Extraktion
Hilfsmittel bei der Extraktion unmittelbar am Steiß
Zusammenfassung der Regeln über die Ausführung der ganzen Extraktion bei der reinen Steißlage
Vorgehen bei sicher totem Kinde
Schwierigkeiten bei der ganzen Extraktion
Tiefer Scheidendammschnitt = Scheiden-Damm-Beckenbodenschnitt = Dührssen-Schuchardt-Schnitt
Querlage (= QuL)
Metreuryse
Wendung (Übersicht)
Äußere Wendung aus Querlage
Kombinierte = innere Wendung aus Querlage
Zwillinge
Eineiige oder zweieiige Zwillinge
Nabelschnurvorliegen
Nabelschnurvorfall
Vorgehen bei den verschiedenen Lagen
Hydramnion
Vorliegen und Vorfall eines Armes
Fehlgeburt = Abortus
Blasenmole
Chorionepitheliom
Extrauteringravidität (EU)
Placenta praevia
Vorzeitige Lösung der normal sitzenden Plazenta
Kombinierte = Innere Wendung aus Kopflage
Zweifingerwendung nach Braxton Hicks
Nachgeburtsblutung
Zervixriß
Insertio velamentosa
Enges Becken
Hydrozephalus
Uterusruptur
Zerstückelnde Operationen II: Perforation und Kraniotraxie
Eklampsismus und Eklampsie
Sachregister

Citation preview

W. P S C H Y R E M B E L PRAKTISCHE

GEBURTSHILFE

PRAKTISCHE GEBURTSHILFE FÜR S T U D I E R E N D E UND Ä R Z T E YOLL

P R O F . D U . MED. D U . PHIL.

W. PSCHYREMBEL Dirigierender Arzt der Frauenklinik und Hebammenlehranetalt des Städtischen Krankenhauses Berlin-Friedricheham

4., überarbeitete Auflage Mit 458 Abbildungen

1955

WALTER DE GRÜYTER & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung Georg Reimer

· J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung

· Karl J . Trübner

· Veit & Comp.

BERLIN W 35

Alle Hechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photonicchanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten. — Copyright 1955 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Gösclien'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, ICarl J . Trübner, Veit & Comp., Berlin W 35 — Archiv-Nr, 51 70 S-t Printed in Germany — Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin ΛΥ 35 « r u c k : Thorniann & Goetsoh, Berlin SW Ol

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106)

Aus dem Vorwort zur 3. Auflage Das Ziel des Buches hat sich auch in der 3. Auflage nicht geändert. Es ist eine Zusammenstellung der Regeln, die sich aus der geburtshilflichen Erfahrung orgeben. Dem weniger Erfahrenen soll es helfen, wenigstens grobe Denk- und Handlungsfehler bei der praktischen Ausübung der Geburtshilfe zu vermeiden. Ein Teil des Buches wurde umgearbeitet und neuen Erkenntnissen angepaßt. Hinzugefügt wrurde die Diagnostik der Frühschwangerschaft, praktische Maßnahmen für die Untersuchung von Blutfaktoren, ein Kapitel über Geburtsobjekt und Geburtsweg, ferner die Kapitel Fehlgeburt, Blasenmole, Chorionepitheliom und Extrauteringravität. Die Behandlung der Eklampsie wurde ganz umgearbeitet. Trotz dieser ζ. T. erheblichen Erweiterungen möge das Buch bleiben, was es war: ein Helfer des praktischen Arztes in schwierigen geburtshilflichen Situationen. Unter vielen Zuschriften hat mich am meisten die eines jungen Landarztes erfreut, der mir schrieb, daß mein Buch stets im Handschuhkasten seines kleinen Wagens läge. Berlin, im Oktober 1953 Willibald Pschyrembe 1

V orwort zur 4. Auflage Da die 3. Auflage schon nach einem J a h r vergriffen war, konnten in der 4. Auflage aus Zeitgründen nur geringe Veränderungen vorgenommen werden. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die Behandlung der N a c h g e b u r t » b l u t u n g e n und die der E k l a m p s i e . Dem letztgenannten Kapitel wurde die Behandlung mit K a t i o n e n a u s t a u s c h e r n , mit P h t h a l a z i n k ö r p e r n , mit G a n g l i e n b l o c k e r n und mit temporärer N e r v e n b l o c k a d c durch P e r i d u r a l a n ä s t h e s i e hinzugefügt. F ü r das Lesen der Korrekturen sowie zahlreiche Ratschläge bin ich meinem Oberarzt Dr. Hoffbauer sowie meinen Assistenten Dr. Moser und Dr. Thiele sehr dankbar. Berlin, im November 1954 Willibald

Pschyrembel

VII

Inhalt Ssite

Allgemeine Grundsätze für die Untersuchung Schwangerer und Kreißender . . .

1

Diagnostik und Untersuchung in der Frühsehvrangerschatt ( 1 . — 4 . Monat) . . .

3

D i a g n o s t i k der F r ü h s c h w a n g e r s c h a f t · I. Die vier Scheidenzeichen (S. 3), II. Die Uteruszeichen (S. 4), A. Korpuszeichen (S. 4), B. Zeichen am unteren Uterinseerment. an der Zervix und an der Portio (S. 9)

3

U n t e r s u c h u n g in der F r ü h s c h w a n g e r s c h a f t Erhebung der Anamnese (S. 14), Name, Alter, l'ara (S. 14), Geburtenanamnesc (S. 15), Krankheitsanamnese (S. 20)

14

Allgemeine Betrachtung

2L

I. A u ß e r e B e c k e n u n t e r s u c h u n g Baummsche Handgriffe (S. 23), Spreizhandirriff (S. 25), Beokenmessungen (S. 25)

23

II. V a g i n a l e U n t e r s u c h u n g 2!» Betrachtung des Introitus, der Vulva und des Dammes (S. 3U), Spekulumuntersuchung (S. 30), Touchieren (S. 30), Bimanuelle Untersuchung (S.31), Hetroflexio uteri gravidi (S. 32), Beckenaustastung (S. 3G), Bestimmung der Conjugata vera (8. 38), Abformung des Schambogen winkels (S. 40) Diagnostik und Untersuchung der Schwangerschaft vom δ.—10. Monat Allgemeine Betrachtung Betrachtung des Bauches (S.43), Schwangerschaftsstreifen (S. 44), Schwangerschaftspigmentienmgen (S. 45), Hypertrichosis gravidarum (S. 45), Ödeme und Varizen (S. 45) J. A u ß e r e U n t e r s u c h u n g 1. P a l p a t i o n Fundusstände in den einzelnen Monaten (S. 46), Senkung des Leibes (S. 47), 8. oder 10. Monat? (S. 47), Leopoldsche Handgriffe (S. 52), Hilfsmittel bei der Palpation (S. 5G). Vier Grundbegriffe: Lage, Stellung. Haltung, Einstellung (S. 59) 2. A u s k u l t a t i o n = Abhören der kindlichen Herztöne Die 6 Schallcrscheinungen beim Abhören des Bauches (S. 63), Grundregel für die Kontrolle der Herztöne (S. 65) 3. Äußere Beckenmessung 4. Messung des Leibesumfanges 5. Röntgenuntersuchung II. I n n e r e U n t e r s u c h u n g

42 43

40 46

03

67 67 67 6b

Seite

III. Untersuchung von Harn, B l u t d r u c k , G e w i c h t u n d B l u t f a k t o r e n

68

Übersicht über die Schwangerschaftszeichen Unterscheidung zwischen Erst- und Mehrgebärenden

74 74

Mittel oder Faktoren der Geburt

75

1. Das G e b u r t s o b j e k t = Das Kind 75 Längsdurchmesser, Ebenen und Umfange des Kopfes (S. 76), Querdurchmesser des Kopfes (S. 78), Kennzeichen des Kopfes bei der äußeren und inneren Untersuchung (S. 78), Unterscheidung der großen und kleinen Fontanelle (S. 79), Wichtige Maße des kindlichen Rumpfes (S. 80) 2. Der Geburtsweg = G e b u r t s k a n a l

81

3. Der Knochenkanal 81 Beckeneingangsraum (S. 81), Geburtshilfliche Richtungsbezeichnungen (S. 83), Beckenhöhle (S. 84), Klassisches Ebenensystem (S. 84), Beckenausgangsraum (S. 85), Parallelebenen nach Hodge (S. 87) 2. Der Weichteilkanal A. Das innere Rohr (S. 88), B. Das äußere Rohr (S. 89) 3. Die G e b u r t s k r ä f t e = Die t r e i b e n d e n K r ä f t e oder Wehen . . . Qualitäten der Wehen (S. 93), Arten der Wehen (S. 93), Zustandekommen (S. 93) Vorboten der Geburt Anzeichen der bald einsetzenden Geburt Beginn der Geburt

88

9G 98 98

Vorbereitung der Kreißenden zur Geburt

100

92

Untersuchung der Kreißenden 101 Anamnese am Kreißbett 101 Untersuchung der Kreißenden 104 Die Geburtsfaktoren: Kind, Becken und Wehen (S. 104), Äußere Betrachtung und Untersuchung (S. 104), Rektale Untersuchung (S. 107), Vaginale Untersuchung (S. 108), Indikationen zur vaginalen Untersuchung unter der Geburt (S. 109), Wann darf der praktische Arzt unter keinen Umständen vaginal untersuchen? (S. 110), Schema zur rektalen (vaginalen) Untersuchung (S. 112) Verhaltendes Kopfes beim Durchtritt durch den Geburtskanal I. Eintritt in den Beckeneingang = Eintrittsmechanismus II. Eintritt und Durchtritt durch die Beckenhöhle = Durchtrittsmechanismus III. Austritt aus dem Geburtskanal = Austrittsmechanismus IV. Äußere Drehung des Kopfes = Rückdrehung Die Drehung der Pfeilnaht

114 114 114 11(> 11G 117

Der Höhenstand des Kopfes im Becken und seine Feststellung (Höhendiagnose) 123 A. Feststellung des Höhenstandes durch äußere Untersuchung 123 Übersicht über die äußeren H a n d g r i f f e zur Bestimmung des Höhenstandes 125

X

Seite

Β. Feststellung des Höhenstandes durch i n n e r e (rektale und vaginale) Untersuchung 127 Geburtsleitung 1. L e i t u n g der E r ö f f n u n g s p e r i o d e (EP)

131 131

Kennzeichen und Wirkung der Eröffnungswehen (S. 131), Lagerung (S. 133), Allgemeine Lagerungsregel (S. 134), Blasensprung (S. 135), Schmerzlinderung in der Eröffnungsperiode CS. 138), Inhalationsanalgesie mit Trichloräthylen (S. 139) 2. L e i t u n g der A u s t r e i b u n g s p e r i o d e (AP) Preßwehen

139 140

Wichtige Vorbedingungen zum Mitpressen (S. 140), Die richtige Lagerung (S. 141), Das richtige Ansetzen der Preßwehen (S. 141), Das richtige Verarbeiten der Preßwehen (S. 142), Kopfgeschwulst (Caput succedaneum) (S. 143), Kopfblutgeschwulst (Kephalhämatom) (S. 146) Dammschutz

147

Zwei Handgriffe zur Beschleunigung des Kopfdurchtritts 1. Ritgenscher Handgriff = Hinterdammgriff 2. Kristellerscher Handgriff Entwicklung der Schultern Entwicklung des Rumpfes Entwicklung der Hüften und der unteren Extremitäten

150 L50 150 152 153 153

Schmerzlinderung in der Austreibungsperiode Reifezeichcn Unreife und Unterreife ( = Frühreife)

153 154 154

3. L e i t u n g der N a c h g e b u r t s p e r i o d e (NGP) 156 Ablösung und Ausstoßung der Plazenta (S. 156), Modus der Ablösung: Modus B. S. Schultze, Modus Duncan (S. 157), Was hat der Arzt in der Nachgeburtsperiode zu tun? (S. 158), 1. Beobachtung des Allgemeinzustandes der Mutter (S. 159), 2. der Blutung (S. 159), 3. des Uterua (S. 160); Stand des Uterusfundus (S. 160) 4. Die L ö s u n g s z e i c h e n 161 A. Das Uteruszeichen = C. Schrödersches Zeichen (S. 161), B. Die Nabelschnurzeichen (S. 162), C. Das Plazentazeichen = Die AJterbürde (S. 163); Credöscher Handgriff (S. 164), Was darf der Arzt in der NGP nicht tun? (S. 166) Z u s a m m e n f a s s e n d e s zur L e i t u n g der N a c h g e b u r t s p e r i o d e . . . . 168 Untersuchung und Beurteilung der Plazenta (S. 169), 1. Betrachtung der Eihäute (S. 170), 2. Betrachtung der kindlichen (amnialen) Seite (S. 171), 3. Betrachtung der mütterlichen (dezidualen) Seite (S. 171) Geburtsdauer

173

Sehlechte Herztöne 175 H ä u f i g s t e U r s a c h e n s c h l e c h t e r H T : I. Hirndruck (S. 177), II. Mangelnde Blutzufuhr (S. 177), 1. Nabelschnurkomplikationen (S. 177),

XI

Seite

2. Plazentakomplikationen (S. 177), 3. Ivrampfwehen (S. 177); S i t u a t i o n e n , die m i t V e r ä n d e r u n g der Η Ϊ e i n h e r g e h e n k ö n n e n : 1. Eintrittseffekt (S. 177), 2. Blascnsprungseffekt (S. 177), 3. Effekt des verzögerten Blasensprungs (S. 177), 4. Austrittseffekt (S. 177) Asphyxie des Neugeborenen

179

Blaue Asphyxie (S. 179), Blasse Asphyxie (S. 180), Behandlung der Asphyxie (S. 180), 1. Freimachen der Atemwege (S. 181), 2. Atemreize (S. 182), Injektionen (S. 182), Hautreize (S. 182), Künstliche Atmung (S. 182), nach Werth = Schnupftuchhandgriff (S. 182), durch Insufflation (Olshausen) (S. 182), 3. Kreislaufanregung (S. 182), Injektionen (S. 182), Herzmassage: Schlagmethodo nach Ogata (S. 183) Welienschwäche

184

P r i m ä r e Wehenscliwäclu: 184 Sekundäre Wehenschwäche 185 B e h a n d l u n g der W e h c n s c h w ä c h e 187 Einteilung der Wehenmittel (S. 188), 1. Mittel zur Sensibilisierung des Uterus (S. 188), 2 a. Mittel zur Erzielung von Eröffnungs- und Austreibungswehen (S. 189), I l a u p t g r u n d s ä t z e z u r V e r o r d n u n g v o n W e h e n m i t t e l n (S. 189), Festrennen der Geburt (S. 191), 2b. Krampfmittel = Uterustonika (S. 192), 3. Spasmenlösende Mittel (S. 193), 4. Mittel gegen Erschöpfung (S. 193) Übertragung Dolfi'sches Zeichen

195 197

Geburlseinleitung bzw. -beschleunigung 198 I. Indikationen zur Geburtseinleitung (S. 198), II. Indikationen zur Gcburtsbeschleunigung (S. 199), Medikamentöse Geburtseinleitung bzw. -beschleunigung (S. 199), Operative Geburtseinleitung bzw. -beschleunigung (S. 199), Blasensprengung (S. 200), Technik der künstlichen Blasensprengung (S. 200), 1. Vaginale Blasensprengung (S. 200), 2. Rektovaginale Blasensprengung (S. 201) Geburtsstillstand au! Beckenboden

202

I n d i k a t i o n e n für die operative Entbindung Gruppe I der Indikationen: G e f a h r e n f ü r die M u t t e r Gruppe II der Indikationen: G e f a h r e n f ü r d a s Kirid

204 20ß 207

Vorbereitung zu geburtshilflichen Operationen Der Operateur Die Kreißende

20S 209 209

Episiotomie Naht der Episiotomiewundc

212 215

Dammrisse = Scheidendammrisse 219 Naht der Dammrisse (S. 221), Naht der Dammrisse III. Grades (S. 221), Nachbehandlung der Dammrisse (S. 222)

XII

Seite

Klitoris- und Labienrisse

223

Zangenoperation I 224 Vorbedingungen für die Zange (S. 225), Grundregeln für das Anlegen der Zange (S. 227), Schwierigkeiten beim Schließen der Zange (S. 232) Zangenoperation II (Zange bei schrägstehendem Kopf)

237

Gefahren und Prognose der Zangenoperation

241

Tieier Querstand

245

Hoher Geradstand

252

Hintere Hinterhauptlage ( = HillHL)

255

IMlexionslagen =- Streckiagen Vorderhauptslage ( = YoHL) Stirnlage ( = StL) Gesichtslage ( = GL) Tabelle der regelrechten und regelwidrigen Kopilagen

267 269 278 281 292

Beckenendlage ( = BEL) 295 Äußere Untersuchung (S. 296), Innere Untersuchung (S. 298), Differentialdiagnose (S. 299), Über die Notwendigkeit des vaginalen Untersuchens bei Beckenendlagen (S. 300), Geburtsmechanismus bei der Steißlage (S. 301), Gefahren der BEL (S. 311), Geburtsleitung bei BEL (S. 314), A. Methode der Wahl: Konservative Behandlung (S. 314), B. Schnittentbindung bei Beckenendlagen (S. 316), C. Prophylaktisches Herunterholen eines Fußes (S. 318) Halbe Extraktion = Manualhilie 318 Allgemeines (S. 318), 1. Methode: Klassische Annlösung und VeitSmelliescher Handgriff zur Kopfentwicklung (S. 320), 2. Methode: Armlösung nach A. Müller + Veit-Smelliescher Handgriff zur Kopfentwicklung (S. 328), 3. Methode: Armlösung und Kopfentwicklung nach Bracht (S.329), Anwendung der verscliiedenen Methoden (S. 330), Zange am nachfolgenden Kopf (S. 331). Ganze Extraktion = manuelle Extraktion 333 Vorbedingungen (S. 333), 1. Fall: Unvollkommene Fußlage, vorderer Fuß vorliegend (S. 334), 2. Fall: Unvollkommene Fußlage, hinterer Fuß vorliegend (S. 339), 3. Fall: Vollkommene Fußlage (S. 340), 4. Fall: Steißfußlage (S. 340), 5. Fall: Knielage (S. 341), 6. Fall: Reine Steißlage (S. 341), Herunterholen des vorderen Fußes (S. 341), Schwierigkeiten beim Herunterholen eines Fußes: Pinardscher Handgriff (S. 343) H i l f s m i t t e l bei der E x t r a k t i o n u n m i t t e l b a r am S t e i ß 347 Z u s a m m e n f a s s u n g der Regeln ü b e r die A u s f ü h r u n g der ganzen Ext r a k t i o n bei der r e i n e n S t e i ß l a g e 348 Vorgehen bei sicher totem Kinde 349 S c h w i e r i g k e i t e n bei der ganzen E x t r a k t i o n 349 A. Schwierigkeiten bei der Armlösung (S. 349), B. Schwierigkeiten bei der Kopfentwicklung (S. 353), Umgekehrter Veit-Smelliescher Handgriff (S.353), Wiegand-Martin-v.-Winckelscher Handgriff (S.354), Umgekehrter Prager Handgriff (S. 357), Zange am nachfolgenden Kopf (S. 358)

XIII

Seite

Tieler Scheidendammschnitt = Scheiden-Damm-Beckenbodenschnitt = DührssenSchuchardt-Schnitt

358

Querlage ( = Qu!) 361 Einteilung, Häufigkeit, Ätiologie (S. 361), Prognose, Mortalität (S. 362), Verlauf der Querlagengeburt in drei Phasen (S. 363), I. Phase = Gefahrenfreie Phase: Zeit der stehenden Blase (S. 364), II. Phase = Gefahrenphase: Beginn mit dem Augenblick des Blasensprungs (S. 369), Vorgehen bei Armvorfall (S. 378), Vorgehen bei Nabelschnurvorfall (S. 380), III. Phase = Katastrophenphase, SOS-Phase (S. 381), Indikationen zur Schnittentbindung bei Querlagen (S. 387) Metreuryse

388

Wendung (Übersicht)

390

Äußere Wendung aus Querlage

392

Kombinierte = innere Wendung aus Querlage . . 394 Vorbedingungen (S. 395), Zeitpunkt (S. 396), Ausführung (S. 397), Wahl der inneren Hand (S. 398), Unterscheidung von Hand und Fuß (S. 402), Die Pause (S. 404), Die Wendung gelingt nicht! Was nun? (S. 405), Gedoppelter Handgriff der Siegemundin (S. 405) Zerstückelnde Operationen I : Dekapitation und Embryotomie

407

Zwillinge 411 Häufigkeit, Diagnose (S. 411), Schwangerschaft, Geburtsverlauf (S. 413), Komplikationen (S. 415), Geburtsleitung (S. 416), Geburt des ersten Zwillings (S. 416), Geburt des zweiten Zwillings (S. 418), Was hat man nach der Geburt des 1. Zwillings zu tun? (S. 418), Nachgeburtsperiode (S. 420) Eineiige oder zweieiige Zwillinge 420 Nabelschnurvorliegen

421

Nabelschnurvorfall Vorgehen bei den verschiedenen Lagen

423 427

Hydramnion 431 Hauptsymptome (S. 432), Differentialdiagnose (S. 433), Therapie (S. 435) Vorliegen und Vorlall eines Armes

436

Pathologische Blutungen in der Schwangerschaft und unter der Geburt (Übersicht) 441 Fehlgeburt = Abortus 442 Mütterliche (S. 443), ovuläre (S. 445), väterliche Abortursachen (S. 445), Mechanismus und Verlauf des Aborts (S. 445), Klinik des Aborts (S. 448), Abortus imminens (S. 448), Abortus ineipiens (S. 450), Abortus incompletus (S. 451), Abortus completus (S. 451), Missed abortion (S. 451), Abortus habitualis (S. 452), Technik der Abortbehandlung (S. 453), A. Fieberfreie, unkomplizierte Aborte (S. 453), B. Fieberhafte, unkomplizierte Aborte (S. 459), C. Fieberhafte, komplizierte Aborte (S. 460) Blasenmole

461

Chorionepithelioui

467

XIV

Seite

Extrauteringravidität (EU) 469 Diagnose der i n t a k t e n Tubenschwangerschaft (S. 472), Diagnose der Tubenruptur (S. 474), Blutungstypen (S. 476), Diagnose des Tubenabortes (S. 478) Placenta praevia 482 Vorkommen, Häufigkeit, klinische Erscheinungen (S. 482), Differentialdiagnose (S. 484), Übliche Gradeinteüung (S. 485), Behandlung (S. 487) Vorzeitige Lösung der normal sitzenden Plazenta 498 Vorkommen, Ursachen (S. 498), Typische Symptome eines schweren Falls (S. 500), Behandlung (S. 502) Kombinierte = Innere Wendung aus Kopflage

506

Zweiiingerwendung nach Braxton Hicks

512

Nachgeburtsblutung Atonische Blutung (S. 513), Rißblutung (S. 513), Ursachen der Atoaie (S. 515), Atonische Blutung bei noch nicht geborener Plazenta (S. 516), Schwierigkeiten bei der manuellen Lösung der Plazenta (S. 521), Atonische Blutung nach Ausstoßung der Plazenta (S. 522)

513

Zervixriß

533

Insertio velamentosa

541

Enges Becken 544 Anatomische und funktionelle Diagnose (S. 546). Wichtigste Formen des verengten Beckens (S. 551), Geburtsprognose (S. 565), Komplikationen (S. 567), Schädigungen (S. 670), Geburtsleitung (S. 572), Operative Therapie (S. 584) Hydrozephalus

591

Uterusruptur 599 Zustandekommen (S. 600), Ursachen (S. 601), Drohende Uterusruptur (S. 601), Eingetretene Uterusruptur (S. 604) Zerstückelnde Operationen II: Perforation und Kraniotraxie

608

Eklampsismus und Eklampsie 619 Entstehung (S. 620), Der eklamptische Anfall (S. 624), Prognose (S. 625). Therapie (S. 625) Sachregister

640

XV

Allgemeine Grundsätze fiir die Untersuchung Schwangerer und Kreißender Die Untersuchung darf niemals weh tun: Wer weh tut, untersucht schlecht! (Qui fait mal touche mal!) (Adolphe Pinard) Jede Untersuchung ist so zart und so vorsichtig wie nur irgend möglich auszuführen. Das gilt sowohl für die äußere als auch für die innere Untersuchung. Beim Eingehen in den Mastdarm oder in die Scheide stets gegenpressen lassen, d. h. wie beim Stuhlgang pressen lassen. Niemals ruckartig untersuchen, sondern stets langsam, mit Bedacht und in größter Buhe. Man nehme sich zu jeder Untersuchung genügend Zeit. Keine übereilten Diagnosen! Niemals eher eine Diagnose oder eine Indikation aussprechen, bevor alle Untersuchungsmöglichkeiten zur Klarstellung einer geburtshilflichen Situation erschöpft sind. Die meisten Mißerfolge in der Geburtshilfe sind verursacht durch verfrühte, unangebrachte (falsch indizierte) E i n griffe oder durch falsche Diagnosen. Verfrühtes Eingreifen bedeutet Mangel an E r f a h r u n g , die falsche Diagnose ist das Ergebnis e n t w e d e r eines D e n k f e h l e r s oder einer s c h l e c h t e n U n t e r s u c h u n g oder einer U n t e r s u c h u n g durch U n e r f a h r e n e . Es gibt auch noch andere Ursachen für falsche Diagnosen. Da ist ζ. B. der Leichtsinn. Er findet sich bevorzugt bei jungen Geburtshelfern, deren Unerfahrenheit oft in einem bedenklichen Gegensatz zu ihrem Selbstbewußtsein steht. Leichtsinn ist der allerschlimmste Fehler eines Geburtshellers. Bei der Untersuchung darf man sich von niemandem beeinflussen lassen (Kollegen, Hebamme). Allein der eigene Untersuchungsbefund kann maßgebend für die eigene Entscheidung sein. Immer möglichst wahrheitsgetreu und genau das beschreiben, was man wirklich sieht und fühlt. Das gehört allerdings zu dem Schwersten, was man von einem jungen Geburtshelfer verlangen kann, ebenso wie dieses: Niemals mit einer vorgefaßten Diagnose an eine Schwangere oder Kreißende herangehen. Man muH in der Geburtshilfe viel wissen. um wenig zu tun Das erste bedeutet, daß ein Geburtshelfer genügende Kenntnisse und ausreichende Erfahrung mitbringen muß, wenn er selbständig denkend und handelnd an das Gebärbett treten will; das zweite, daß er die Kunst des Abwartena, 1

Pachyrembel. Prakt. Geburtshilfe

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der a b w a r t e n d e n G e b u r t s l e i t u n g also, in der Schule eines Meisters gelernt und geübt hat. Von dieser Kunst wird hier noch viel die Rede sein. Das höchste Gut ist die geburtshilfliche E r f a h r u n g . Sie zu erlangen, ist das höchste Ziel. Dieses Ziel erreicht nur der, der u n e r m ü d l i c h mit gleicher Hingabe bei Tag und bei Nacht k r i t i s c h untersucht und beobachtet. Wenn einem vorgesetzten Kollegen eine Schwangere oder Kreißende vorzustellen ist, so muß man sich in Ruhe vorher überlegen, was man sagen will. D e r e r f a h r e n e G e b u r t s h e l f e r wägt j e d e s seiner W o r t e a b , ehe er es a u s s p r i c h t . Es zeugt von g e b u r t s h i l f l i c h e r D i s z i p l i n , wenn man nach genauer Befragung und Untersuchung das Ergebnis in einer b e s t i m m t e n R e i h e n f o l g e vorträgt. Stets mit dem Namen, dem A l t e r und der Angabe der G e b u r t e n z a h l beginnen (ζ. B . Frau Müller, 23 jährige Erstgebärende), um dann entsprechend den hier gegebenen Richtlinien fortzufahren. Man versäume nie, vor Untersuchung einer Schwangeren und vor Herantreten an das Gebärbett sich gründlich und betont die Hände und Unterarme mit Wasser und Seife zu waschen. Danach stürzt man eich n i c h t sogleich mit behandschuhtem Finger auf die Frau, um ihr ins Rektum (oder gar in die Scheide!) zu fahren. Das ist selbst in eiligen Fällen falsch. Zuerst kommt die Betrachtung und äußere Untersuchung, mit denen man in sehr vielen Fällen allein auskommt. So dringend auch eine geburtshilfliche Situation sein mag, für zwei, drei kurze anamnestische Fragen und die Ausführung der wichtigsten äußeren Handgriffe muß immer Zeit sein. Die innere Untersuchung steht niemals an erster, sondern stets an letzter Stelle. Vor allem aber: in jeder Lage Buhe bewahren — und Buhe ausströmen! Bei der Schwangerenuntersuchung und -beratung ist das Wichtigste die regelmäßige Untersuchung jeder Schwangeren in bestimmten Zeitabständen während der ganzen Schwangerschaft. Würde dieser einfache Grundsatz überall verantwortungsbewußt durchgeführt, dann würde sich die Prozentzahl der angeblichen Übertragungen, der Eklampsien, aber auch die der noch außerklinisch behandelten engen Becken wesentlich vermindern. An unserer Klinik werden die Schwangeren nach folgendem Schema bestellt: Schwangerschaftsuntersuchung und -beratung: in den ersten 7 Monaten: einmal monatlich vom 8.—10. Monat: einmal wöchentlich bei den ersten verdächtigen Erscheinungen einer Eklampsie: Aufnahme in die Klinik. In den nächsten Kapiteln werden die Untersuchungen und Beratungen der Schwangeren in zwei Abschnitten zusammengefaßt beschrieben, nämlich in der Frühschwangerschaft (1.—4. Monat) und im 5 . — 1 0 . Monat der Schwangerschaft. 2

Diagnostik und Untersuchung in der Frühschwangerschaft (1.—4. Monat) Diagnostik der Frühschwangerschaft Die wichtigsten Zeichen der Frühschwangerschaft finden sich an der Scheide und am Uterus.

I. Die vier Scheidenzeichen

Die verschiedenen sehr charakteristischen Veränderungen der Scheide werden für die Diagnose der Schwangerschaft nicht immer genügend ausgenutzt. Ich unterscheide 4 Scheidenzeichen: 1. Scheidenzeichen: Lividität des Introitus vaginae. Unter Introitus vaginae (Scheidenpforte od. -mund) verstehen wir den nach Einreiß en der Hymenalhaut offenen Boden des Vestibulums (Vorhofs). Die violett-dunkelblaue = livid© Verfärbung des Introitus wird nach Entfalten der kleinen Schamlippen deutlich sichtbar. Sie zeigt sich manchmal besonders auffällig zwischen Klitoris und Harnröhrenmündung, sowie unmittelbar unterhalb der Harnröhrenmündung am sogen. Harnröhrenwulst ( = Labhardt sches Zeichen). Der „Harnröhrenwulst" ist der vorderste Teil der Columna rugarum anterior (s. ventralis); er hypcrtrophiert in der Schwangerschaft besonders stark. D i e L i v i d i t ä t des I n t r o i t u s ist einer der e r s t e n w i c h t i g s t e n H i n w e i s e auf eine S c h w a n g e r s c h a f t . Besonders zu beachten: Ob der I n t r o i t u s v a g i n a e l i v i d e v e r f ä r b t ist oder nicht, kann man am b e s t e n bei T a g e s l i c h t beurteilen. 2. Scheidenzeichen: Lividität des ganzen Scheidenrohres. Nicht nur der Introitus sondern die g a n z e V a g i n a l s c h l e i m h a u t einschließlich der der P o r t i o v a g i n a l i s ist livide verfärbt, eine Folge der gewaltigen Vaskularisation in der Schwangerschaft; die ganze Scheidenschleimhaut ist mit einem dichten Venennetz (Stieve) derart durchsetzt, daß die Scheide zu einem Rohr aus Schwellgewebe wird. Um die Lividität richtig beurteilen zu können, muß man die Scheide mit Spiegeln spreizen und möglichst bei Tageslicht betrachten. 3. Scheidenzcichen: samtartig aufgerauhte Oberfläche. Die Scheide zeigt in der Schwangerschaft eine typische Oberflächenveränderung, auf die zu wenig hingewiesen wird. Die Scheidenwand der Nichtschwangeren fühlt sich glatt an, die der Schwangeren ist s a m t a r t i g a u f g e r a u h t . Ursache ist die durch die Schwangerschaft bedingte Auflockerung, insbesondere das jetzt bedeutend stärkere Hervortreten der P a p i l l e n , die Verdickung der Epithelschicht, 1*

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insbes. das Breiter- und Dickerwerden der Masse der Quer- und Längsfalten. Die Papillen stehen oft so weit vor, daß man sie mit dem Finger einzeln (wie bei einer Colpitis granulans) tasten kann. Diese Veränderung der Scheidenoberfläche ist so eindrucksvoll, daß der E r f a h r e n e schon beim ersten E i n f ü h r e n der Finger in die Scheide den Verdacht auf eine Schwangerschaft aussprechen kann. 4. Scheidenzeichen: Die Scheide ist weiter und dehnbarer. Das durch das Follikelhormon gesteuerte Wachstum und die Gewebsauflockerung machen die Scheide in der Schwangerschaft weiter und außerdem leichter dehnbar als sie im nichtschwangeren Zustand war. „Weiter" und „dehnbarer" sind aber relative Begriffe, mit denen der Unerfahrene nicht viel anfangen kann. Die erfahrene Hand s t r e i c h t mit 2 Fingern die Scheidenwände von hinten nach vorn aus, spreizt kurz die Finger in der Scheide und die Diagnose Schwangerschaft h a t einen Plus- oder Minuspunkt mehr. Im schwangeren Zustand ist die Scheide übrigens auch länger als im nichtschwangeren. Die Bedeutung der vier Scheidenzeichen wird dadurch eingeschränkt, daß sie 1—2 Tage vor einer zu erwartenden Regel ebenfalls vorhanden sind; sie sind dann aber längst nicht so stark ausgeprägt wie bei einer jungen Schwangerschaft.

II. Die Uteruszeichen Am Uterus unterscheiden wir zweckmäßig solche Zeichen, die am Korpus allein bzw. zunächst am Korpus zu beobachten sind, die Korpuszeichen, von denen, die am unteren Uterinsegment und der Zervix bzw. der Portio deutlich werden. A. Korpuszeichen 1. Die Vergrößerung des Korpus und des ganzen Uterus ist die auffallendste und damit wichtigste Veränderung in der Schwangerschaft. Der Anfänger sei aber nachdrücklichst auf zwei wichtige Tatsachen hingewiesen; erstens auf diese: Am Ende des 1. Schwangerschaftsmonats ist der Uterus entweder noch gar nicht oder kaum vergrößert; ferner darauf, daß man aus der bimanuell getasteten Größe der schwangeren Gebärmutter den Zeitpunkt der Schwangerschaft, also den Schwangerschaftsmonat 1 ) in der Frühschwangerschaft, niemals genau ablesen sondern nur ungefähr schätzen kann. Die Größe der Gebärmutter am Ende des 1., 2., 3., 4. Monats ist bei verschiedenen Schwangeren deswegen verschieden, J. weil es große und kleine Gebärmütter gibt; *) Über die Berechnimg der Schwangerschaftsmonate s. S. 18.

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2. weil der Uterus bei Mehrgebärenden an gleichen Zeitpunkten viel größer als bei Erstgebärenden ist. Der nichtschwaneere Uterus einer Frau, die dreimal geboren hat, ist etwa ebenso groß wie der schwangere Uterus einer Erstgebärenden im 2. Monat; 3. weil das Uteruswachstum individuell verschieden ist; 4. weil der schwangere Uterus einem andauernden Wechsel seiner Größe und Form unterworfen ist, die Folge eines rhythmischen Wechsels seines Kontraktionszustandes (s. S. 6), eine sehr bemerkenswerte Tatsache; 5. weil die Menge des Fruchtwassers verschieden ist.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände kann man im allgemeinen folgendes angeben über die Größenzunahme des Uteruskorpus in den ersten 4 Schwangerschaftsmonaten am Ende des 1. Monats: nicht oder wenig vergrößert zu tasten, am Ende des 2. Monats: deutlich vergrößert, etwa gänseeigroß, am Ende des 3. Monats: etwa mannsfaustgroß (Abb. 1), am Ende des 4. Monats: etwa so groß wie der Kopf eines Neugeborenen (Abb. 2). Bis zur Mitte des 3. Monats liegt der Uterus noch vollständig im kleinen Becken (Abb. 1). Das faustgroße Korpus erreicht Mitte bis Ende des 3. Monats mit seinem Fundus den oberen Symphysenrand. In manchen Fällen überragt

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der Fundus am Ende des 3. Monats schon etwas den Symphysenrand. Am Ende des 4. Monats steht der Fundus 2—3 Querfinger breit oberhalb der Symphyse (Abb. 2), er ist also jetzt auch von außen deutlich abzutasten.

2. Die veränderte Konsistenz = die Aullockerung. Infolge der hormonal gesteuerten Durchtränkung und Auflockerung der Korpusmuskulatur in der Schwangerschaft verliert das Korpus seine derbe Konsistenz: es wird eindrückbar und fühlt sich teigig-weich, manchmal ausgesprochen schlaff an. Die teigige Weichheit kann man am besten mit der Konsistenz einer Feige vergleichen. Die Feststellung einer teigig-weichen Konsistenz des Korpusmuskels ist neben der Vergrößerung der Gebärmutter das wichtigste Schwangerschaftszeichen. Dieser herabgesetzte Tonus der Muskulatur ins Teigig-weiche ist zwar der Schwangerschaftstonus der Korpuswand, er ist aber nicht dauernd vorhanden, sondern er wechselt, was diagnostisch sehr wichtig ist: 3. Der Konsistenzwechsel der Korpusmuskulatur. Der Kontraktionszustand der schwangeren Gebärmutter wechselt dauernd und stark, wohl auf Grund einer Schwächung der sympathischen und eines relativen Überwiegens der parasympathischen Impulse ( H a s a m a , Dyroff). Diese während der ganzen Dauer der Schwangerschaft rhythmisch auftretenden Kontraktionen

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(von K n a u s im Tier experiment nachgewiesen) haben einen dauernden Wechsel sowohl der Konsistenz als auch der Größe und der Form des Korpus zur Folge. Es besteht ferner eine Kontraktionsbereitschaft, die sich in verstärktem Maße bei der bimanuellen Untersuchung bemerkbar macht: untersucht man ζ. B, eine Schwangere im 3. Monat, so tastet man das Korpus im ersten Augenblick vielleicht überhaupt nicht, es ist so weich und so schlaff, daß es sich dem Tastgefühl so gut wie völlig entzieht. Wenige Augenblicke später fühlt man dann, wie das Korpus sich zusammenzieht, wie es k l e i n e r und h a r t wird. Für die Diagnose der jungen Schwangerschaft ist also sehr wichtig: In der j u n g e n S c h w a n g e r s c h a f t ist der U t e r u s k ö r p e r einem ununterbrochenen Kontraktionswechsel unterw o r f e n , der einen f o r t w ä h r e n d e n Wechsel der Kons i s t e n z , der Größe u n d der F o r m der G e b ä r m u t t e r zur F o l g e h a t ; weich, g r o ß u n d schlaff wechselt m i t h a r t , k l e i n e r u n d kugelig. Die b i m a n u e l l e P a l p a t i o n löst zusätzlich örtlich umschriebene K o n t r a k t i o n e n aus. Charakteristisch ist dabei besonders, daß sich der Kontraktionszustand der Korpuswand bei der Untersuchung auffallend s c h n e l l ändert, ferner auch,

Abb. 3. Holzapfelsches Schwangerschaftszeichen. Besonders gut geeignet für ganz junge Schwangerschaften. In dem dargestellten Fall ist die radiergummiartige Kauheit des Perimetriums vorhanden, und das Korpus läßt sich nur langsam zwischen den Fingern herausschieben (verändert nach v. Mikulicz-Radecki) 7

daß sich dabei häufig im Bereich des Korpus an verschiedenen Stellen gleichzeitig ganz entgegengesetzte Konsistenzen abtasten lassen; die eine Fundusecke und -kante fühlt sich derb bis hart an, die andere bleibt deutlich teigig-weich oder umgekehrt. Das alles sind ganz normale Befunde am schwangeren Uterus, die man aus diagnostischen Gründen genau kennen muß. 4. Das Holzapfeische (Perimetrium-)Zeichen: im nichtschwangeren Zustand des Uterus ist der Bauchfellüberzug (Perimetrium) des Korpus glatt, in der Schwangerschaft wird er schon im 1. Monat leicht aufgerauht. — Die Grundstellung zum Nachweis des Holzapfelschen Zeichens ist in Abb. 3 wiedergegeben. Man versucht, das in dieser Weise zwischen den Fingerspitzen gehaltene Korpus in die Pfeilrichtung wegschnellen zu lassen. Gelingt das, so handelt es sich um eine nichtschwangere Gebärmutter; liegt eine Schwangerschaft und die dadurch bedingte radiergummiartige Eauheit des Perimetriums vor, so läßt sich das Korpus nur langsam zwischen den Fingern herausschieben. 5. Piskaäeksches Zeichen. Au sla dung (=aufgelockerte Vorwölbung) desjenigen Korpuswandteils, an dem sich das E i angesiedelt h a t , also entweder vorn, hinten oder (seltener) seitlich (Tubenecken). Besonders deutlich tastbar wird das Zeichen bei Insertion des Eies an den seitlichen Partien des Korpus. Umschriebene Kontraktionen der Korpuswand können wohl den gleichen Tasteindruck wie das echte Piskafceksche Zeichen machen. Die Piska£eksche Ausladung läßt sich nach Ή. Runge so erklären, daß Wachstum und Tonusverminderung in denjenigen Teilen der Muskulatur besonders stark sind, die dem wachsenden Ei unmittelbar anliegen. Diese Wandteile, die die Chorionhormone auch auf dem Lymphwege, also direkt, zugeführt bekommen, enthalten diese Hormone in besonders hohen Konzentrationen. Das Piskaöeksche Zeichen beruht also auf einer lokalen Plazentahormonwirkung (Abb. 4).

Abb. 4. Piskaceksches Schwangerschaftszeichen

6. Noblesches Zeichen = Ausladung des Korpus nach den Seiten. Schiebt man bei der bimanuellen Untersuchung einer nichtschwangeren Gebärmutter die in der Scheide befindlichen Finger gegen die seitlichen Scheidengewölbe vor 8

(Abb. 5), so findet sich dort kein Widerstand. Dasselbe gilt für den 1. und 2. Schwangerschaftsmonat. Ende des 3. bis Anfang des 4. Schwangerschaftsmonats beginnt die Gebärmutter aus der Birnenform in die Kugellorm überzugehen.

Abb. 5. Noblesches Zeichen negativ

Abb. 6. Noblesches Zeichen positiv

Untersucht man jetzt in der angegebenen Weise von den seitlichen Scheidengewölben aus, so stößt man deutlich auf einen festen Widerstand, die seitliche Ausladung der Korpuskugel (Abb. 6). 7. Lonnesches Katheter-Zeichen. Lag das Korpus im nichtschwangeren Zustand anteflektiert, so wird die Anteflexion durch die Schwangerschaft meist deutlich verstärkt. Dadurch und vor allem auch durch seine Vergrößerung drängt es sich mit seiner Vorderwand gegen die Blase vor. Ein ab 2 . - 3 . Monat weit in die Blase eingeführter Katheter stößt an der Blasenhinterwand gegen die Vorderwand der schwangeren Gebärmutter (Abb. 12).

B. Die Zeichen am unteren Uterinsegment, an der Zervix und an der Portio 1. Das I . H e g a r s c h e Schwangerschaftszeichen: besonders leichte Zueammendrückbarkeit des unteren Uterinsegments (Abb. 7). Bei der jungen Schwangerschaft werden die drei Teile der Gebärmutter: Korpus, unteres Uterinsegment und Zervix nicht in gleichem Maße aufgelockert. Das dünne untere Uterinsegment ( = oberster Zervixabschnitt) zeigt am frühesten eine weiche 9

Konsistenz, die Zervix bleibt am längsten derb. Diese Konsistenzverschiedenheit der drei Gebärmutterteile, insbesondere die Nachgiebigkeit und die dadurch bedingte leichte Zusammendrückbarkeit des unteren Uterinsegments bilden die

Abb. 7. I. Hegarschea Schwangerschaftszeichen (Original) Grundlage für das wichtige I. Hegarsche Schwangerschaftszeichen. Es läßt sich am deutlichsten im 3. und 4. Schwangerschaftsmonat nachweisen: untersucht

Untersucher bei Vorliegen einer Gravidität den Eindruck, daß die beiden Finger sich fast berühren. Korpus und Zervix erscheinen dann wie zwei voneinander unabhängige Teile.

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Möglichkeit einer Fehldiagnose. Gelegentlich führt dieser Befund zu einer berüchtigten Fehldiagnose: die verlängerte Zervix wird für einen kleinen Uterus, der Körper der schwangeren Gebärmutter für einen Ovarialtumor, ein Myom oder eine Extrauteringravidität gehalten. Ein einfaches Mittel zur Klärung der Diagnose: ohne die Untersuchung zu unterbrechen einige Augenblicke abwarten; die dann auftretende Zusammenziehung des Korpus klärt die Sachlage.

2. Das II. Hegarsche Zeichen = F a l t b a r k e i t der v o r d e r e n K o r p u s wand. Ausführung s. Abb. 8. Wird von vielen abgelehnt, da seine Ausführung eine nachteilige Wirkung auf das Ei haben könnte, was ohne Zweifel richtig ist. Zwei Vorbedingungen sind zu erfüllen, dann tut auch dieses Zeichen gute Dienste: 1. ganz zarte Untersuchungstechnik, 2. tiefe Narkose. 3. Die Gaußsche Wackelportio beruht auf derselben Grundlage wie das Hegarsche Schwangerschaftszeichen. Die besonders starke Auflockerung des unteren Uterinsegments macht die Z e r v i x g e g e n ü b e r dem K o r p u s sehr l e i c h t b e w e g l i c h , die Zervix bekommt eine s t a r k e r h ö h t e V e r s c h i e b l i c h k e i t gegenüber dem Korpus. Bei der bimanuellen Untersuchung läßt sich die Zervix durch die zwei inneren die Portio umfassenden Finger nach allen Seiten hin- und her schieben, ohne daß das Korpus diese Abb. 9. Schema zur Bewegungen mitmacht = Wackelportio (Abb. 9). Gau ß sehen Wackelportio 4. Stock-Tuch-Zeichen (Verfasser). Nimmt man im weich 2., 3. und 4. Schwangerschaftsmonat die Portio vaginalis zwischen die beiden untersuchenden Finger und übt auf sie von den beiden Seiten her einen stärkeren Druck aus, so fühlt man deutlich, daß der Gewebszylinder der Portio (also der Zervix) keine einheitlich aufgelockerte Konsistenz besitzt. Man tastet vielmehr einen derben Kern, der von einem weicheren, ziemlich dicken Gewebsrohr wie von einer tuch- oder samtartigen Hülle umschlossen wird (Abb. 10). Da das Phänomen am besten vergleichbar ist mit einem Stock, um den ein weiches Tuch gewickelt ist, habe ich das Zeichen Abb. 10. Schema zum Stock-Tuch-Zeichen „Stock-Tuch"-Zeichen genannt. 5. Osiandcrsches Arterienzeichen. Die Pulsationen des ab- bzw. aufsteigenden Astes der A. uterina fühlt man bei der nichtschwangeren Gebärmutter nur kurz vor der Regel. Betastet man in der Schwangerschaft die Kanten der Zervix (im 1. od. 2. Monat), so fühlt man diese Pulsationen so deutlich, daß man den Puls zählen kann (Abb. 12). 6. Pinardsches Zeichen (Abb. 11). Bei der bimanuellen Untersuchung geben die in das vordere Scheidengewölbe eingeführten Finger dem Kinds-

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körper durch die Wand des unteren Uterinsegments hindurch einen zarten Stoß. Man fühlt, wie der angestoßene Kindsteil gewissermaßen wegschwimmt, wie er dann sofort wieder zurückkommt und dabei gegen die wartenden Finger

anstößt. Das Kind wird also passiv in Bewegung gebracht und dabei eine Art BaJlotement ausgeführt. Das Pinardsche Zeichen läßt sich nicht vor der 16. Woche, also vor dem Ende des 4. Monate, nachweisen, da erst von da ab die für die Auslösung des Zeichens notwendige Relation von Fruchtwassermenge und Fetusgröße erreicht ist. Ein Zeichen, das den Uterus als Ganzes betrifft, ist das Yerschiebesymptom. Es beruht auf der Auflockerung und "Weiterstellung des Verankerungssystems (Band-, Haft- und Stützapparat, s. S. 95) der Gebärmutter. Jede gesunde, normal liegende Gebärmutter, deren Verankerungsapparat keinen krankhaften Befund aufweist, läßt sich in Grenzen frei bewegen. In der Schwangerschaft zeigt sich diese Bewegungsmöglichkeit auffallend vergrößert. Schon in der 4 . - 6 . Woche kann man die Gebärmutter nach allen Richtungen hin viel freier bewegen, insbesondere ist zu diesem Zeitpunkt eine Verschiebung der Gebärmutter in R i c h t u n g auf den Nabel um mehrere Zentimeter möglich. 12

Alle bisher genannten Schwangerschaftszeichen sind wahrscheinliche Schwangerschaftszeichen. Von ihrer praktischen Bedeutung und Verwertbarkeit wird in den nächsten Kapiteln die Rede sein. Hier noch einmal eine übersichtliche Zusammenstellung: (?)

P/skaMZ tfo/zapfelZ.

7) \6}Pinard-Z

Lönne-Z.

t ( 7 ) IfayrößergdKorp.

1 5 \Osiander-L

(δ)

NobleZ

\jT\GaußZ.

4 Scheidenzeichen s. Seite 3 Abb. 12. Schema zur Diagnostik der jungen Schwangerschaft = Objektive wahrscheinliche Schwangerschaftszeichen "• = Zeichen am unteren Uterinsegment, an der Zervix und an der Portio Ο = Korpuszeichen

Uteruszeichen Zeichen am unteren Uterinsegment, an der Zervix und an der Portio 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Hegarsches Zeichen (I) Hegarsches Zeichen (II) Gaußsche Wackelportio Stock-Tuch-Zeichen Osiandersches Zeichen Pinardsches Zeichen

Korpuszeichen i , Vergrößerung des Korpus 2. Veränderte Konsistenz 3. Konsistenzwechsel 4. Holzapfelsches Zeichen 5. Piskaöeksches Zeichen 6. Noblesches Zeichen 7. Lönnesches Zeichen

Ein Zeichen, das den Uterus als Ganzes betrifft: das V e r s c h i e b e s y m p t o m . Objektive wahrscheinliche Schwangerschaftszeichen (Scheidenzeichen) 1. Lividität des Introitus 3. Aufrauhung der Scheidenoberfläche Lividität des Scheidenrohres 4. Die Scheide ist weiter und dehnbarer. 13

Untersuchung in der Frühschwangerschaft Vor jeder Untersuchung wird eine genaue Anamnese aufgenommen. Dazu setzt man sich mit der Frau an einen Tisch. Niemals mit einer Schwangeren oder Kreißenden im Stehen verhandeln. Hinsetzen! Die Erhebung der Anamnese kostet im Sitzen nicht mehr Zeit als im Stehen; im Sitzen kommt man aber mit der Frau viel besser in persönliche Fühlung. Und darauf kommt es sehr an. Außerdem darf ein Geburtshelfer niemals den Eindruck machen, daß er es eilig hat (auch wenn er noch so eilig ist). Hl Eile und Geburtshilfe vertragen sich nicht! Man sei sich also darüber klar, daß die Erhebung der Anamnese nicht nur zur Feststellung geburtshilflich wichtiger Tatbestände dient, sondern ebenso auch dazu, durch die Art der Befragung schon vom ersten Augenblick an das Vertrauen der Frau zu gewinnen, die gewillt ist, ihr Leben und das ihres Kindes in die Hände dieses Arztes zu legen. Wie man das macht, kann man mit Worten nicht beschreiben. Der alte Arzt wird es besser können als der junge; die Menschenkenntnis des Befragenden, sein Einfühlungsvermögen und seine eigene seelische Konstitution spielen dabei eine ausschlaggebende Rolle. Vor allem aber in jeder Lage Ruhe bewahren — und Buhe ausströmen! Für die Erhebung der Anamnese mag sich der junge Arzt einprägen — ohne ihm ein Schema vorschreiben zu wollen — daß es auf 4 H a u p t p u n k t e ankommt: A. Name, Alter, -para, B. Geburtenanamnese, C. Schwangerschaftsanamnese, D. K r a n k h e i t s a n a m n e s e . A. Name, Alter, -para Ganz allgemein gilt der Grundsatz, daß jüngere Frauen leichter entbinden, als ältere. Die Frau im Alter von 19—22 Jahren ist in dem für die erste Geburt besonders günstigen Alter. Erstgebärende, die älter als 28—30 Jahre alt sind, sind alte Erstgebärende. Die Erfahrung zeigt aber auch, daß erste Geburten bei Frauen zwischen 40 und 45 Jahren durchaus glatt und ohne besondere Folgen verlaufen können. Über die Indikationen zur S c h n i t t e n t b i n d u n g bei alten Erstgebärenden s. S. 174 und 186. 14

Man unterscheidet Erst-, Mehr- und Yielgebärende: E r s t g e b ä r e n d e = Primipara(e) M e h r g e b ä r e n d e = Pluripara(e) = 2—5 Kinder, V i e l g e b ä r e n d e = Multipara(e) = 6 und mehr Kinder. Während der Schwangerschaft spricht man von Erst-, Mehr- und Vielschwangeren. B. Geburtenanamnese Anzahl und Verlauf früherer Schwangerschaften, Fehlgeburten, Geburten und Wochenbetten? Insbesondere ist nach Wehenschwäche, operativen Eingriffen, Blutungen, ganz besonders auch im Verlauf der Nachgeburtsperiode, zu fragen. Wieviele Kinder leben ? Bei Frühgeburten, Totgeburten oder in den ersten Tagen nach der Geburt gestorbenen Kindern ist zu denken an und zu untersuchen auf Syphilis, Blutgruppen-(= Blutfaktoren-)unverträglichkeit (Rhesus-Faktor, ABO-System, Kell-Cellano, Lewis-Faktor), s. S. 72, Toxoplasmose. C. Schwangerschaftsanamnese Die erste und wichtigste Frage ist die, ob und wann die Regel ausgeblieben ist. Nach der letzten Regel werden die Dauer der Schwangerschaft und der Geburtstermin berechnet. Wenn bei einer gesunden, geschlechtsreifen Frau, deren Periode immer regelmäßig war, die Regel ausbleibt, so ist das Vorliegen einer Schwangerschaft so lange anzunehmen, bis man sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vom Gegenteil überzeugt hat. In der Schwangerschaft bleibt die (echte) Regelblutung aus, weil das Bestehenbleiben des Corpus luteum eine Ovulation und damit den Ablauf des zyklischen Geschehens verhindert.

Die Frage: Wann war der X. Tag der letzten r e g e l m ä ß i g e n Periode? muß sehr eindringlich gestellt und nach allen Seiten hin erörtert werden. Gerade daran läßt es der Anfänger aber fehlen. Ich gebe im folgenden das FrageAntwortspiel wieder, wie ich es ausnahmslos durchführe. Dieses Vorgehen erscheint primitiv, hat aber den Vorzug erhöhter Sicherheit. 15

Wann war der 1. Tag der letzten Regel? „Am 15. Mai". Um diese wichtige Angabe zu „sichern", müssen stets 4 „Sicherungsfragen" gestellt werden. 1. Sicherungsfrage: War der 15. Mai der e r s t e oder der l e t z t e Tag der l e t z t e n Regel? In einem hohen Prozentsatz der Fälle folgt erfahrungsgemäß die Antwort: „Der letzte Tag, der erste Tag war der 11. Mai". 2. Sicherungsfrage: Wie lange dauern und wie stark sind n o r m a l e r w e i s e die Regelblutungen? War die letzte Regel wirklich genau so lang und genau so stark wie die normale Regelblutung? Wird das bestätigt, so folgt trotzdem die 3. Sicherungsfrage: War die Regel immer einigermaßen regelmäßig? Werden Unregelmäßigkeiten zugegeben — die Ursache ist häufig eine Punktionsschwäche der Ovarien — so ist es zunächst durchaus fraglich, ob das jetzige Ausbleiben der Regel überhaupt eine Schwangerschaft bedeutet. Stellt sich dann bei der Untersuchung das Vorliegen einer Schwangerschaft heraus, so ist unter diesen Umständen sehr zu prüfen, ob die angegebene letzte Regel als Ausgangspunkt zur Berechnung des Geburtstermins angesetzt werden darf. Das A u s b l e i b e n der Regel bei einer g e s u n d e n F r a u s p r i c h t f ü r das B e s t e h e n einer S c h w a n g e r s c h a f t , wenn der Regelzyklus vorher immer regelmäßig gewesen ist, und die Amenorrhoe nicht durch andere Umstände bedingt ist. Gerade die Kriegs- und Nachkriegszeit haben gezeigt, wie durch Einwirkung von außen her auf das Hypophysen-Zwischenhirnsystem eine Amenorrhoe für kürzere und auch längere Zeit auftreten kann. Als Ursachen kommen psychische Umwelteinflüsse, insbesondere Angst, Sorgen, Not aber auch Klimawechsel, Wechsel der Lebensweise und vieles andere in Frage.

4. Sicherungsfrage: Wie war die Regel im nächsten Monat, im Juni? Gar nicht selten bekommt man dann zu hören, daß zur Regelzeit im Juni „auch noch geringe Blutungen" auftraten, womit dann die Frage aufgeworfen und zu beantworten ist, welches nun wirklich die letzte „richtige" Regel gewesen ist. Merke: K u r z d a u e r n d e , schwache B l u t u n g e n zur R e g e l z e i t in der e r s t e n S c h w a n g e r s c h a f t s h ä l f t e werden n i c h t s e l t e n b e o b a c h t e t . Mit einer r i c h t i g e n Regel h a b e n sie n i c h t s zu t u n . Derartige menstruationsähnliche Blutungen in der Schwangerschaft (Häufigkeit etwa 4—6%) hat E. K e h r e r als Pseudomenstruation in der Schwangerschaft bezeichnet. 16

D a s Fortbestehen v o n m o n a t l i c h regelmäßig auftretenden B l u t u n g e n spricht n i c h t unbedingt g e g e n eine S c h w a n g e r s c h a f t . Über die Art der Entstehung dieser Blutungen sowie über ihren Ursprungsort sind die Auflassungen nicht einheitlich. Mit einer echten Menstruationsblutung (also einer Blutung per rhexin, d. h. mit Zerreißung der Gefäßwand) und gleichzeitigem Zerfall der Uterusschleimhaut (Desquamation) haben sie nichts zu tun. Bei einem Teil dieser Pseudomenstruationen in der Schwangerschaft (insbes. bei jungen Schwangerschaften) wird es sich um den Ausdruck eines A b o r t u s i m m i n e n s handeln, also um leichte Blutungen aus der Dezidua und dem Zottenbereich des unteren Eipols. Manchmal mögen auch Diapedeseblutungen, also Austrittsblutungen aus Gefäßen der Decidua parietalis oder aus der Zervixschleimhaut die Ursache sein. Dabei soll es sich nach G o e c k e um Schwankungen des Follikelhormongehaltes im Blute zykluslabiler Frauen oder Durchblutungsstörungen bei einer vegetativen Dysregulation handeln. Neben diesen Blutabgängen, deren Auftreten gerade zur Regelzeit auf neurohormonale Beeinflussung (Zwischenhirn-Hypophysensystem) hinweist, ist stets auch an Blutungen infolge Kollumkarzinoms, P o r t i o e r o s i o n , Z e r v i x p o l y p e n zu denken. Daraus folgt: Bei jeder B l u t u n g w ä h r e n d der S c h w a n g e r s c h a f t ist durch E i n stellung v o n Portio und Scheide mit sterilen Spiegeln ein K a r z i n o m oder ein anderer k r a n k h a f t e r P r o z e ß auszuschließen.

Durch eingehendes Befragen über die Dauer und die Stärke der Blutabgänge (Anzahl der verbrauchten Binden pro Tag, normal 3—4 Binden) und vor allem durch den S p e k u l u m b e f u n d wird man sich bald über ihre Bedeutung klar werden können. Die tägliche Erfahrung zeigt, daß die Schwangerschaftsdauer großen Schwankungen unterworfen ist. Diese Tatsache muß den kalendermäßigen Berechnungen, die, wie wir noch sehen werden, nur einen ungefähren Anhalt geben können, vorangestellt werden. B e r e c h n u n g des Geburtstermins n a c h der l e t z t e n R e g e l Die tatsächliche Schwangerschaftsdauer, also die Zeit vom Tage der Befruchtung bis zum Tage der Geburt, beträgt bei einer annähernd regelmäßig beregelten Frau durchschnittlich 263—273 Tage. T a t s ä c h l i c h e S c h w a n g e r s c h a f t s d a u e r = 263 bis 273 T a g e . Bei der allgemein zur Terminberechnung angewandten Rechenregel, der N a e g e l e s c h e n Regel (Geburtshelfer in Heidelberg, 1778—1851) 2

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

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geht man, da der Konzeptionstag nur sehr selten sicher bekannt ist, vom 1. Tag der letzten regelmäßigen Regel aus. Es wird angenommen, daß von diesem Tage an gerechnet (einen durchschnittlich 28tägigen Zyklus vorausgesetzt) bis zur Geburt rd. 280 Tage = 40 Wochen vergehen. Diesen Zeitraum unterteilt man in 10 sog. Schwangerschafts-, Lunar- oder Mondmonate von je 28 Tagen. In der Sprache der Geburtshilfe verstehen wir unter „Monat" stets diesen Lunarmonat. III Also: Vom 1. Tag der letzten Regel an gerechnet dauert die SchwangerIII echaft rd. 280Tage =40Wochen = 10Lunarmonate. Die Naegelesche Regel, die uns ein Zurückrechnen von 280 Tagen auf dem Kalender erspart, lautet: Man errechnet den wahrscheinlichen Geburtstermin, indem man vom 1. Tag der letzten Regel 3 Monate abzieht nnd 7 Tage zuzählt. Rechenschema: 1. Tag der letzten Regel — 3 Monate + 7 Tage = Geburtstermin. Beispiel: 10.10.1954 - 3 Monate + 7 Tage = 17. 7.1955. Ist der Regelzyklus kürzer oder länger als 28tägig, so wird das durch folgendes Bechenschema berücksichtigt: 1. Tag der letzten Regel — 3 Monate + 7 Tage ± χ Tage, wobei χ die Anzahl der Tage bedeutet, um die die Regel vom 28-Tage-Zyklus abweicht. Über das Konzeptionsoptimum ist folgendes zu sagen: Es gilt heute als gesichertes Ergebnis von Forschung und Klinik, daß der Follikelsprung am häufigsten zwischen dem 10. und 17. Tag des Zyklus s t a t t f i n d e t , d a ß also zu dieser Zeit am h ä u f i g s t e n das Ei b e f r u c h t e t werden kann ( = Konzeptionsoptimum). — Andererseits kann h e u t e mit Sicherheit angenommen werden, daß an jedem a n d e r e n Tage des Zyklus eine B e f r u c h t u n g möglich ist. Bei Anwendung der Naegeleschen Regel wird die Tatsache, daß die .Befruchtung in den weitaus meisten Fällen viel später als am rechnerisch angenommenen 1. Tage der letzten Regel stattgefunden hat dadurch in etwa berücksichtigt, daß an Stelle der tatsächlich 263—273 Tage dauernden Schwangerschaft 280 Tage in die Rechnung eingesetzt werden. Daß trotzdem das Ergebnis dieser Regel sehr unzuverlässig ist, wird weiter unten auseinandergesetzt. 18

Berechnung des Geburtstermins nach dem Konzeptionstag Manchmal kann der Tag der Konzeption angegeben werden. Dann ist die Berechnung des Entbindungstermins noch einfacher. Ausgehend von einer Sehwangerschaftsdauer von rd. 270 Tagen ( = 9 Kalendermonaten) post conceptionem braucht man vom angegebenen Konzeptionsdatum nur 3 Kalendermonate abzuziehen, um auf den Geburtstermin zu kommen: Konzeptionsdatum — 3 Kalendermonate = Geburtstermin Beispiel: 18. 7. 54 — 3 Kalendermonate

= 18. 4. 55.

Es ist aber zweckmäßig, sich über den Geburtstermin nicht vor der Untersuchung mit der Frau auszulassen. Erst muß der objektive Befund erhoben und mit den Angaben der Frau verglichen werden. Auf eines muß noch ganz besonders nachdrücklich hingewiesen werden: Die B e r e c h n u n g des G e b u r t s t e r m i n e s m i t den oben a n g e g e b e n e n Regeln e r g i b t , wie die t ä g l i c h e E r f a h r u n g zeigt, in j e d e m F a l l e ein ziemlich u n s i c h e r e s E r g e b n i s . Die Berechnungen am Schwangerengut unserer Klinik zeigen, daß n i c h t e i n m a l 5% der K i n d e r an dem n a c h der N a e g e l e s c h e n Regel e r r e c h n e t e n T e r min g e b o r e n werden. Es g i b t a b e r a n d e r e r s e i t s keine a n d e r e M e t h o d e , m i t der der G e b u r t s t e r m i n auf G r u n d dieser A n g a b e n der F r a u e x a k t e r b e r e c h n e t w e r d e n k ö n n t e . Man muß also unbedingt jedem errechneten Geburtstermin von vornherein die Bemerkung hinzufügen: Es ist aber sehr gut möglich, daß die Geburt etwas (8—10 Tage) früher oder etwas (8—10 Tage) später stattfindet. Die Statistik zeigt, daß 2 / 3 aller Kinder 3 Wochen um den errechneten Geburtstermin herum geboren werden. Bei dieser Ungenauigkeit des Berechnungsergebnisses fragt es sich, auf welche Weise man den Geburtstermin sicherer bestimmen kann. Es gibt darauf nur eine und sehr einfache Antwort: Das sicherste Verfahren zur Bestimmung des Geburtstermins ist die alle 4 Wochen regelmäßig durchgeführte Schwangerenuntersuchung, bei der jedesmal auf Grund des erhobenen B e f u n d e s die abgelaufene Schwangerschaftszeit und damit der Geburtstermin bestimmt und in ein Beratungsblatt eingetragen wird. Wieviel Kopfzerbrechen, wieviel (unnötige) Sorgen, wieviele (ergebnislose) Geburtseinleitungen hätte man sich bei den zahlreichen „Übertragungen", die zum großen Teil gar keine Übertragungen (s. S. 195) sind, schon ersparen können, wenn man dieses einfache Verfahren mehr engewandt hätte.

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Wie war der bisherige Verlauf der Schwangerschaft? Übelkeitsgefühl ? morgendliches Erbrechen ? Appetitstörungen ? eigentümliche Gelüste?

häufiges Wasserlassen ? Stuhlverstopfung ? Veränderung der Brüste? Schwindelgefühl ? Ohnmächten ?

Diese subjektiven Symptome werden unsichere Schwangerschaftszeichen genannt. Über Übelkeitsgefühl bzw. morgendliches Erbrechen (Emesis) klagen etwa 60% aller Schwangeren. Es beginnt oft schon 14 Tage nach der Befruchtung, also etwa im Beginn des 2. Schwangerschaftsmonats und pflegt im allgemeinen im Verlauf des 4. Monats nachzulassen oder ganz aufzuhören. Der Zwang zum häufigen Wasserlassen (Pollakisurie) in den ersten Wochen der Schwangerschaft (ohne daß ein Anlaß für die Annahme einer Zystitis vorläge) fällt den Schwangeren oft selbst auf. Diese charakteristische Pollakisurie hat 3 Gründe: 1. Die Eindellung der Blase von hinten und oben in der ersten Schwangerschaftszeit durch den noch im kleinen Becken liegenden Uterus. 2. die schwangerschaftsbedingte Blasenhyperämie und 3. die veränderte Tonuslage im vegetativen Nervensystem.

Die Obstipation ist in vielen Fällen so typisch, daß erfahrene Frauen in der auf einmal auftretenden starken Verstopfung eine sichere Bestätigung für ihren Verdacht sehen, wieder schwanger zu sein. Die Obstipation beruht auf der schwangerschaftsbedingten Weitstellung und Erschlaffung des Darmes. Appetitstörungen: Abscheu gegen sonst gern Gegessenes, Lust auf absonderliche Speisen, „eigentümliche Gelüste", oft auf „Saures" (Gurken, Hering), aber auch die plötzliche Abneigung der Raucherinnen gegen das Zigarettenrauchen u. ä. Brüste: vergrößert, g e s p a n n t , prall g e f ü l l t . D. Krankheitsanamnese Rachitis? Wann laufen gelernt? Laufenlernen jenseits der Grenze des 1. bis 2. Lebensjahres spricht für Eachitis; ebenso das Verlernen des Laufens, wenn man es schon einmal gekonnt hat. Um die Frau und den Arzt vor Überraschungen in der zweiten S c h w a n g e r s c h a f t s h ä l f t e zu schützen, muß in erster Linie gründüch geforscht werden nach Herz-, Lungen- und Nierenkrankheiten. Wer n i c h t als A n f ä n g e r g e l t e n w i l l , wird dies tun. Bei Herzkrankheiten ist eine sofortige Untersuchung des Herzens (Rö-Aufnähme, EKG) und des Kreislaufes durch einen Facharzt zu veranlassen. Man sollte jede Schwangere bis zum 4. Monat der Schwangerschaft röntgen, um eine Tbc ausschließen oder behandeln zu können. Bei Nierenkrank-

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heit ist entsprechend gründlich vorzugehen, die Nieren sind funktionell und der Harn bakteriologisch zu untersuchen. — Wichtig ist auch die sensationelle neue Erkenntnis, daß Rötelnerkrankung (Rubeola) in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft intrauterine Mißbildungen (Trias: Katarakt, Ilerzmißbildung, Schwerhörigkeit) zur Folge haben kann ( = Embryopathia rubeolaris).

J e d e r E r f a h r e n e wird b e s t ä t i g e n , wie e r f o l g r e i c h eine enge Z u s a m m e n a r b e i t des G e b u r t s h e l f e r s m i t einem e r f a h r e n e n I n t e r n i s t e n ist. Zum Schluß nicht vergessen, nach durchgemachten Operationen zu fragen. Wichtig sind vor allem Operationen am Uterus (Kaiserschnitt, Myomoperation, Fixationsoperationen) und an der Scheide (Vorfalloperationen). Einer Schwangeren, die früher eine Schnittenthindung durchgemacht hat, ist eindringlichst klar zu machen, daß sie au! keinen Fall zu Hause, sondern nur in einer Klinik entbinden darf! (Gefahr der U t e r u s r u p t u r ; bei rd. 2 von 100 Frauen, die eine Schnittentbindung durchgemacht haben, kommt es bei weiteren Geburten zum Aufplatzen der Sektionarbe!). Die Frage nach venerischen Erkrankungen wird mit Takt ganz zum Schluß gestellt. Es folgt nun zunächst die

Allgemeine Betrachtung Man unterlasse es nie, die entkleidete Schwangere im ganzen zu betrachten. Für den Erfahrenen genügt oft ein Blick. Kurze Arme und Beine, kleine Körpergestalt (unter 155 cm) weisen auf ein allgemein verengtes Becken hin. („Wenn ich diese Arme sehe", sagte Bumm). Hühnerbrust ( = Kielbrust), 0 - und X-Beine, rachitischer Rosenkranz, Ausfransungen der Zahnränder lassen ein platt-rachitisches Becken, ein Gibbus im Lendenabschnitt ein kyphotisches Becken annehmen. Nicht nur bei Verdacht auf enges Becken, sondern in jedem Fall die Schwangere auf die Seite drehen lassen und die M i c h a e l i s s c h e Baute bei seitlich auffallendem Licht betrachten! Michaelissche R a u t e = auf die Spitze gestelltes gleichseitiges Viereck auf dem Rücken der Frau in der Gegend des Kreuzbeins (Abb. 13). Ihre Form erhält die Raute durch vier meist sehr deutliche Grübchen. Oberer Punkt: Grube unter dem Dornfortsatz des untersten ( = 5.) Lendenwirbels. Unterer Punkt = oberster Punkt der Analfurche, bedingt durch die schrägen Ansatzlinien der Gesäßmuskulatur. Seitliche Punkte: die Spinae iliacae posteriores superiores (Spinae ilicae dorsales craniales); erscheinen als zwei meist gut zu sehende Grübchen. 21

Normales Becken: die Raute ist fast quadratisch (Abb. 13 und Abb. 14). Zeigt die R a u t e diese r e g e l m ä ß i g e F o r m , so k a n n m i t z i e m l i c h e r S i c h e r h e i t eine A n o m a l i e des B e c k e n s a u s g e s c h l o s s e n werden. Plattrrachitisches Becken (S. 554): die Raute hat Papierdrachenform (Abb. 15), sie ist abgeflacht, fast dreieckig, in schweren Fällen vollkommen dreieckig. Also: Verkürzung der Längsachse, stumpfer oberer Winkel! Allgemein verengtes Becken (S. 551): schmale Raute, oben und untenspitzwinklig, wesentlich.höher als breit (Abb. 16). Schräg verengtes Becken: asymmetrische Form (Abb. 17), schiefe Raute. Regelrecht gestaltetes Becken = Quadratische Baute! Bei jeder Abweichung von der Quadratform ist ein enges Becken anzunehmen! Jedes enge Becken gehört ohne Ausnahme in die Klinik!

Abb. 14. Normale Miel ae is sehe Raute = Form eines gleichseitigen Rechtecks

Abb. 16. Raute bei allAbb. 13. Michaelissche gemein verengtem Raute = auf die Spitze gestelltes Becken = längliche Form, schmal, oben Quadrat und unten spitz zulaufend

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Abb. 15. Raute bei platt-rachitischem Becken = Papierdrachen- oder Dreiecks form (oberer Winkel der Raute ganz stumpf)

Abib. 17. Asymmetrische Fi'orm bei schräg verengtem Becken

Es ist auch wichtig, die Schwangeren auf ihren G e s a m t e i n d r u c k und ihre K o n s t i t u t i o n hin zu betrachten. Hierzu noch ein praktischer Hinweis: Asthenische und infantile Frauen, desgl. auch unterernährte sowie hypothyreotische und andererseits bes. auch fette Frauen neigen zu Wehenschwäche! 22

Es folgt nun die eigentliche

Untersuchung

in der Frühschwangerschaft. Dabei sind vorzunehmen: I. Ä u ß e r e B e c k e n u n t e r s u c h u n g (S. 23), II. V a g i n a l e U n t e r s u c h u n g (S. 29), mit B e c k e n a u s t a s t u n g (S. 36), H a r n u n t e r s u c h u n g (S. 68), B l u t d r u c k m e s s u n g (S. 69), G e w i c h t s k o n t r o l l e (S. 70), III. U n t e r s u c h u n g a u f B l u t f a k t o r e n (S. 72), U n t e r s u c h u n g auf S y p h i l i s (Wassermannsche Reaktion).

I. Äußere Beckenuntersuchung

Vorbemerkung: Die äußere Beckenuntersuchung, also die Anwendung der Baummschen Handgriffe und die Beckenmessung mit dem Zirkel, führe ich im allgemeinen vor der vaginalen Untersuchung aus. Ich tue das insbesondere dann, wenn die Frau mit der Angabe kommt, daß sie wohl schwanger sei, also auf Schwangerschaft untersucht werden will, oder wenn die Erhebung der Anamnese das Vorliegen einer Schwangerschaft wahrscheinlich macht. Ich bin überzeugt, daß dieses Vorgehen die vaginale Untersuchung vom Psychischen her sehr erleichtert. Oft genug aber wird die Schwangerschaft gelegentlich einer gynäkologischen Untersuchung festgestellt. Dann führe ich die äußere Beckenuntersuchung gleich anschließend an die vaginale Untersuchung aus. Zur Durchführung der äußeren Beckenuntersuchung greife man n i c h t gleich zum Beckenzirkel! Vorher empfehle ich, die beiden Spinae antt. supp. ossium ilearum ( = Sp. iiicae ventrales) und die beiden Darmbeinkämme erst einmal mit den H ä n d e n a b z u t a s t e n . Das geschieht am zweckmäßigsten mit den beiden Β a u m m sehen Handgriffen.

Abb. 18. 1. Β aummscher Handgriff 1. Baummscher H a n d g r i f f : Die Schwangere liegt auf dem Untersuchungssofa. Der Untersucher setzt die Endglieder seiner beiden Daumen auf die Spinae 23

ilicae ventrales auf (Abb. 18). Das Aufsuchen und Abtasten dieser Knochenpunkte erleichtern dem Anfänger die anschließend auszuführende Messung sehr. Dem Erfahrenen ist dieser Handgriff vielfach ein Ersatz für die Messung: der Abstand der aufgesetzten Daumen zeigt ihm mit durchaus genügender Deutlichkeit an, ob die Entfernung der beiden Spinae normal, zu groß oder zu klein ist. 2. Baummscher Handgriff: Die Daumen verbleiben wie beim 1. Handgriff auf den Spinae. Jetzt werden außerdem die Zeige- und Mittelfinger jederseits auf die beiden Darmbeinkämme gesetzt (Abb. 19) und mit Nachdruck auf den

Abb. 19. 2. Baummscher Handgriff Kämmen beiderseits langsam hin- und hergeschoben. Dabei sitzen die Finger fest auf der Haut auf und fahren mit der Haut auf den Knochenkämmen gleichmäßig hin und her bis dahin, wo sie am weitesten voneinander entfernt sind. Auf diese Weise gewinnt man ein plastisches Bild von der Ausladung der Darmbeinkämme: Beim normalen Becken liegen die Spinae der Medianebene deutlich näher als die am weitesten auseinanderstehenden Teile der Darmbeinkämme. Ist das Verhältnis Spinae—Kristae so, daß die am weitesten auseinanderstehenden Teile der Kristae der Medianebene fast ebenso nahe oder gleich nahe liegen wie die Spinae oder ist das Verhältnis sogar umgekehrt, d. h. liegen die am weitesten auseinander stehenden Teile der Kristae der Medianebene näher als die Spinae, so liegt in jedem dieser Fälle ein deutlicher Hinweis auf ein plattes Becken vor (Abb. 425). Auch das allgemein-verengte Becken erkennt man mit den Βaummsehen Handgriffen sofort an den gleichmäßig verkleinert abzutastenden Knochenabständen (vgl. S.552). Mit diesen Handgriffen läßt sich also die Eigenart eines Beckens ohne Beckenzirkel mit einem Griff erfassen — man fühlt sich gewissermaßen in das Becken hinein. 24

Ich möchte hier auch noch auf den praktisch sehr brauchbaren, von mir als Spreizhandgriff bezeichneten Handgriff hinweisen, der eine Ergänzung zum 1. Β au mm sehen Handgriff darstellt und sofort erkennen läßt, ob der Abstand der Darmbein-

Abb. 20. Spreizhandgriff: Der kleine Finger erreicht die gegenüberliegende Spina nicht, die Distantia spinarum ist also nicht verkürzt

Stachel normal oder verkürzt ist (Abb. 20): Bei stark gespreizter Hand wird der Daumen auf eine Spina ilica ventralis gesetzt und nun versucht, mit dem kleinen Finger die gegenüberliegende Spina zu erreichen. Gelingt das, so ist die Distantia spinarum verkleinert. Wichtig ist aber dabei folgendes: der Spreizhandgriff kann mir bei Schwangerschaften bis etwa zum 7. Monat angewandt werden. Bei höheren Monaten hindert die Ausladung des Bauches oft seine Anwendung. Voraussetzung ist eine mittlere Handgröße. Eine mittelgroße maximal gespreizte Männerhand mißt zwischen dem aufgesetzten Daumen und dem kleinen Finger etwa 23—24 cm. Jeder Geburtshelfer tut gut, die Entfernung der Daumen-Kleinfingerendglieder seiner eigenen Hand zu messen und im Kopf zu behalten.

Bestimmung der Beckenmaße mit dem Beckenzirkel Folgende Maße sind zu nehmen: 1. 2. 3. 4.

Distantia spinarum (Abb. 21) Distantia cristarum (Abb. 22) Distantia trochanterica (Abb. 23) Conjugata externa (Abb. 24) (Diameter Baudelocqui)

= 25—26 cm = 28—29 cm - 31—82 cm = 20 cm

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1. Distantia spinarum (Abb. 21): Entfernung der beiden Spinae antt. supp. ossium ilearum ( = Sp. ilicae ventrales). Sie beträgt beim normalen Becken etwa

5. Lendenwirbel (Grube unter dem\ \Ptoc.spiides&lW.)

. ymphysen oberrand

Abb. 23. Distantia trochanterica

Abb. 24. Conjugata externa

gefaßt und auf den äußeren Rand jeder Spina aufgesetzt. Das Maß wird auf dem Gradbogen des Zirkels abgelesen. 2. Distantia cristarum (Abb. 22): Man tastet mit den Knöpfen des Beckenzirkels die Cristae ilicae ab, bis man die am weitesten voneinander entfernt liegenden Ansatzpunkte gefunden hat. Normalmaß etwa 28—29 cm. 3. Distantia trochanterica (Abb. 23): Weniger wichtig. Abtastung der am weitesten voneinander entfernten Stellen der Trochanteren. Normalmaß etwa 26

31—82 cm. — Um die Trochanteren leichter zu finden, empfehle ich stets, die Frau nach a u ß e n r o t i e r e n d e Bewegungen der Beine machen zu lassen. 4. Conjugate externa (Abb. 24): Wird am besten im Stehen oder in Seitenlage gemessen. Den einen Knopf des Beckenzirkels setzt man in die meist gut

V

Abb. 25. Beckenzirkel nach E. Martin

tastbare Grube zwischen dem Dornfortsatz des letzten Lendenwirbels und dem des ersten Kreuzbeinwirbels ( = oberster Punkt der Michaelisschen Raute), die andere auf die Mitte des oberen Randes der Symphyse. Man beobachtet immer wieder, daß dem Anfänger das Aufsuchen des Grübchens unter dem Dornfortsatz des 5. Lendenwirbels Schwierigkeiten macht. Es gibt zwei sichere Wege, die dahin führen: 1. Man zieht mit Finger oder Fettstift eine Verbindungslinie der beiden höchsten Punkte der Darmbeinkämme; P/2Querfinger unterhalb des Mittelpunktes dieser Linie findet sich das gesuchte Grübchen. 2. Man sucht sich auf dem Kreuzbein die leicht zu findende Crista sacralis media (Mittellinie) auf und schiebt auf ihr den Finger kopfwärts bis man oberhalb des 1. Kreuzbeinwirbels geradezu in die Grube „fällt". — Sämtliche Beckenmaße, die bei der äußeren Messung bestimmt werden, sind Maße des großen Beckens. Das knöcherne Gerüst des Geburtskanals, der Teil des knöchernen Beckens, der uns geburtshilflich allein interessiert, ist aber das kleine Becken (s. S. 81). Wenn von normal weitem oder zu engem Becken die Rede ist, so ist stets das kleine Becken, geburtshilflich „das Becken" schlechthin, gemeint. Es ist aber (abgesehen von der Röntgenaufnahme) nicht möglich, an das kleine Becken durch äußere Messung heranzukommen. Daher ist die Ansicht der Mehrzahl der heutigen Geburtshelfer von großer Bedeutung, daß zwischen dem leicht von außen zu untersuchenden großen Becken und dem von außen gar nicht erfaßbaren kleinen Becken anatomische Beziehungen bestehen. Abweichungen der Meßwerte des großen Beckens vom Normalen weisen also auf Anomalien des kleinen Beckens hin.

Dazu kurz folgendes: Bei den beiden wichtigsten queren Maßen, der Dist. spin, und der Dist. crist., kommt es weniger auf die absoluten Zahlenwerte als auf ihre Differenz an. 27

Beträgt die Differenz ungefähr 3 cm, also ζ. B . Ι oder

Dist. spin. = 25 cm u. Dist. crist. = 28 cm ] , „ . ΛΛ Γ uiiicrenz also — & ein! nn ,, ,, = 26 cm u. „ „ = ay cm J

so ist das große Becken und damit auch mit großer Wahrscheinlichkeit das kleine Becken normal gebaut. Dagegen: Beträgt die Differenz etwa 1—1% cm> oder sind die Werte gleich, oder ist die Dist. crist. sogar kleiner als die Dist. spin.,

dann muß eine platte Beckenverengerung angenommen werden = Becken verengt im geraden Durchmesser des Beckeneingangs (S. 556).

Bei der anderen ebenso wichtigen Form des engen Beckens, dem allgemein verengten Becken (S. 552) sind alle äußeren (und auch inneren) Maße kleiner als die normalen Maße; es ist einfach eine verkleinerte Form des normalen Beckens, ein Miniaturbecken (Bumm). Aus der Conj. externa soll sich die wichtige Conj. vera, der gerade Durchmesser des Beckeneingangs, durch Abzug von 8 bis 9 cm annähernd bestimmen lassen. Es hat sich aber gezeigt, daß diese Schätzung zu ungenau ist; sie wird daher kaum noch angewandt. Wichtig ist dagegen, daß man erfahrungsgemäß mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen kann: Conj. externa über 20 cm 20—19 cm 18 cm und darunter

Conj. vera normal lang, normal lang bis etwas verkürzt, mit Sicherheit verkürzt

Alle Schwangeren mit einer Conjugata externa von 18 cm und darunter müssen unbedingt in die Klinik eingewiesen werden! Ein sehr großer Teil der praktischen Ärzte kümmert sich wenig oder gar nicht um die Frage, ob ein verengtes Becken vorliegt oder nicht. Die Schwangerschaft wird festgestellt, und damit ist die Sache erledigt. Ein anderer, kleinerer Teil bemüht sich in gewissenhaftester Weise, das Becken genau auf 1 cm abzumessen, und glaubt durch diese Messung und ihr Ergebnis den Geburtsverlauf bei einem engen Becken voraussagen zu können. Beides ist falsch. Gegen das Becken „ m e s s e n " ist m. E . auch heute noch nichts einzuwenden, wenn man sich klar ist darüber, daß man durch die Beckemnessung niemals den Geburts-

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verlauf im voraus bestimmen kann (eine Ausnahme: das absolut verengte Becken), und daß es dabei auf V2 cm gar n i c h t ankommt, weil es nämlich, um mit den Worten v o n R o s t h o r n s zu sprechen, eine Beckenmessung überhaupt nicht gibt, sondern nur eine Beckenschätzung. Der Geburtsverlauf wird durch das Zusammenwirken aller drei Geburtsfaktoren bestimmt (s. S. 105).

Man muß sich darüber klar sein, daß die äußere Beckenmessung nur ein ungefähres Bild der Form und Größe des Beckens gibt. Ich lege aber größten Wert auf die gewissenhafte Ausführung der äußeren Beckenmessung, da sie ohne Frage den B l i c k f ü r A n o m a l i e n des B e c k e n s s c h ä r f t . Als das für die Geburtsprognose bisher wichtigste praktische Ergebnis aus Betrachtung und „Messung" ist folgendes klar auszusprechen und festzuhalten: Ist die Raute normal gestaltet und außerdem die Conj. externa über 18 cm lang, so liegt mit Sicherheit kein verengtes Becken vor. Lediglich die sehr seltenen, auf Tumorbildung im kleinen Becken beruhenden Beckenverengerungen werden mit dieser Regel nicht erfaßt.

II. Vaginale Untersuchung In den ersten 4 Monaten der Schwangerschaft ist die Schwangerschaftsuntersuchung in der Hauptsache eine vaginale Untersuchung. Sie wird auf -dem gynäkologischen Stuhl vorgenommen. Vom 5. Monat ab wird, abgesehen von Ausnahmefällen, nur noch auf dem Untersuchungssofa untersucht. Wichtigste Vorbedingung für die vaginale Untersuchung: Die Harnblase muß entleert sein. Die vaginale Untersuchung besteht aus folgenden Teilen: 1. 2. S. 4. 5.

B e t r a c h t u n g des I n t r o i t u s , der Vulva und des Dammes, Spekulumuntersuchung, Touchieren, Bimanuelle Untersuchung, Beckenaustastung.

Im Anschluß an die vaginale Untersuchung wird 6. die Abformung des Schambogenwinkels vorgenommen. Die Frage, mit welcher Hand in die Scheide eingegangen werden soll, ist nur so zu beantworten: abwechselnd mit der einen und anderen Hand. Jeder Geburtshelfer und Gynäkologe muß (sollte!) mit der rechten genau so gut wie mit 29

der linken Hand untersuchen können. Die Alten (Hegar, Leopold) verlangten, daß jede Frau erst mit der linken, dann mit der rechten Hand vaginal und dann rektal untersucht wurde. Oberster Grundsatz: die vaginale Untersuchung darf auf keinen Fall weh tun, sie muß so zart und so vorsichtig wie nur möglich ausgeführt werden. Das ist nötig einmal im Interesse der zu untersuchenden F r a u , ebenso sehr aber auch im Interesse des jungen Eies, dessen Verankerung mit dem Uterus in den ersten Wochen nicht immer eine sehr feste ist. Ich untersuche zunächst mit einem Finger. Ist die Scheide geräumig genug, führe ich stets auch den zweiten Finger ein. Die vaginale Untersuchung wird bei Schwangeren stets mit sterilem Gummihandschuh ausgeführt.

1. Betrachtung des Introitus, der Yulva und des Dammes Entfaltung der kleinen Schamlippen und Prüfung des Introitus (bei Tageslicht!) auf L i v i d i t ä t (1. Scheidenzeichen, S. 3), sowie die Gegend des Harnröhrenwulstes auf das Vorhandensein des Labhardtschen Zeichens (S. 3). Zugleich Besichtigung der Vulva auf Ulzera und Kondylomata. Betrachtung des Dammes (hoch, niedrig, narbig). Danach folgt zunächst stets die 2. Spekulumuntersuchung Sie ist in jedem Falle einer Untersuchung in der Frühschwangerschaft unumgänglich notwendig. Einmal kann man auf diese Weise das 2. Scheidenzeichen, die Lividität des ganzen Scheidenrohres einschließlich der Portio am bequemsten nachweisen und zwar dadurch, daß man durch langsames Hinund Herbewegen der die Scheide spreizenden Spiegel einmal die vordere und dann die hintere Scheidenwand dem Auge zugänglich macht (bei Tageslicht!). Andererseits aber ist die Inspektion der Portio mit Spiegeln ein unbedingtes Erfordernis im Interesse der Frühdiagnose des Gebärmutterhalskarzinoms. Merke schon hier: Ton hundert Frauen mit Kollumkarzinom sind 35 Frauen noch nicht 40 Jahre alt. Ferner ist die Feststellung wichtig, ob der Muttermund grübchenförmig ( = Erstgebärende) oder quergespalten ( = Mehrgebärende) ist (vgl. S,,75). 30

3. Touchieren = Austasten der Scheide mit ein oder zwei Fingern. Prüfung des 3. Scheidenzeichens: samtartige Rauheit der Scheidenoberfläche (S. 3), des 4. Scheidenzeichens: die Scheide ist weiter und dehnbarer (S. 4), sowie der Form und Beschaffenheit der Portio, Prüfung des Stock-Tuchzeichens (S. 11). Wie alle Untersuchungen muß auch das Touchieren sehr zart und mit ganz leichter Hand ausgeführt werden. Das kann man gar nicht genügend betonen. Ferner: Niemals die sehr empfindliche Gegend der Klitoris und der Harnröhrenmündung berühren! Beim Eingehen mit den Fingern darf man an die vordere Umrandung des Tntroitus überhaupt nicht herankommen. Das erreicht man leicht, wenn man vom ersten Moment des Eingehens an die hintere Scheidenwand etwas dammwäits drängt. 4. Bimanuelle Untersuchung Jede Schwangere, sowohl die Erst- wie die Mehrgebärende, muß während der Schwangerschaft einmal bimanuell vaginal untersucht werden. Diese Untersuchung sollte möglichst in den ersten drei Monaten durchgeführt werden. Sie dient: 1. zur Feststellung der intrauterinen Schwangerschaft, 2. zur Kontrolle, ob sich der Uterus in normaler Anteilexio-Versio-Stellung befindet, also zum Ausschluß einer Retroflexio uteri gravidi (S. 32), 3. zur Beckenaustastung (S. 36).

Ist eine Schwangerschaft in einem normal gelagerten Uterus festgestellt, so wird zunächst die Uterusgröße bestimmt (vgl. die Tabelle auf S. 5) und diese mit den Angaben der Frau verglichen. Differentialdiagnostische Erwägungen bei Diskrepanz zwischen Befund und Regelanamnese: Uterus kleiner mit Blutungen: Abortus (imm., ineip., incompl., compl.) ohne Blutungen: Missed abortion (S. 451) Uterus größer Blasenmole, Hydramnion, Zwillinge? Anschließend werden die A u f l o c k e r u n g und der K o n s i s t e n z w e c h s e l geprüft (S. 6). Von den wahrscheinlichen Schwangerschaftszeichen am Uterus sind die zuverlässigsten diese drei: die Vergrößerung der Gebärmutter, ihre Auflockerung und der Konsistenzwechsel. 31

Danach rangieren — was die Zuverlässigkeit angeht — in einer Reihe: das die das das die

Holzapfel sehe Zeichen (S. 8) Hegar sehen Zeichen (S. 9) Piskacek sehe Zeichen (S. 8) Stock-Tuch-Zeichen (S. 11). Gauß sehe Wackelportio (S. 11)

Die Zeichen v o n N o b l e , L o n n e und O s l a n d e r (S. 8,9,11) sind Ergänzungszeichen (vgl. das Übersichtsschema auf S. 13). Das Pinard sehe Zeichen ist ein Spätzeichen in der Frühschwangerschaft, es hat seine größte Zuverlässigkeit ab Ende des 4. Monats (s. S. 12). I s t die D i a g n o s e z w e i f e l h a f t , so m u ß dies m i t a l l e r D e u t l i c h k e i t a u s g e s p r o c h e n u n d e n t w e d e r die F r a u 4 W o c h e n s p ä t e r wiederb e s t e l l t oder die A u s f ü h r u n g einer der biologischen S c h w a n g e r s c h a f t s r e a k t i o n e n d u r c h g e f ü h r t werden. Die biologischen Schwangerschaftsreaktionen sind Verfahren, bei denen im Tierversuch das Vorhandensein von gonadotropem Chorionhormon (einem Plazentahormon) im Harn oder Blutserum nachgewiesen wird. An Stelle der von A s c h h e i m und Z o n d e k (1928) angegebenen Reaktion wird jetzt oft der Krötentest ausgeführt, dessen Treffsicherheit etwa die gleiche (99%) ist. Die Reaktion wird etwa 6—8 Tage nach dem Ausbleiben der erwarteten Menstruation positiv. Bezüglich der technischen Einzelheiten siehe die Lehrbücher. Im positiven Falle sagt diese Reaktion natürlich nur aus, daß sich diese Frau im Zustand der Schwangerschaft befindet. Es bleibt offen, ob diese im Uterus oder etwa im Eileiter (häufigste Form der Extrauteringravidität) ihren Sitz hat. Diese Frage kann nur durch die vaginale bimanuelle Untersuchung und zwar oft erst im Verlauf von Wochen geklärt werden. Ergeben Anamnese oder Befund einen Verdacht au! Extrauteringravidität, so ist bis zur endgültigen Klärung der Diagnose Klinikbeobachtung unumgänglich notwendig.

Retroflexio uteri gravidi Besonders schwierig ist erfahrungsgemäß die Feststellung einer jungen Schwangerschaft bei einer R e t r o f l e x i o u t e r i . Durch die Rückwärtsverlagerung des Gebärmutterkörpers mit gleichzeitiger Abknickung gegen den Halsteil entzieht sich das Organ der Betastung mit zwei Händen. Die innere Hand fühlt zwar deutlich vom hinteren Scheidengewölbe aus die 32

Hinterwand des Gebärmutterkörpers. Die äußere Hand kommt aber bis etwa zur Mitte des 2. Monats kaum oder gar nicht an die Vorderwand der Gebärmutter heran. Die Größenbestimmung des Uterus ist in Fällen hochgradiger Abknickung so schwierig, daß man zunächst keine sicheren Angaben machen kann und man die Frau am besten nach 4 Wochen noch einmal bestellt. Hinweisend auf die Schwangerschaft ist natürlich die Breite und die Konsistenzveränderung der von innen her getasteten Hinterwand des Uterus. Wird dann später die Diagnose einer Retroflexio uteri gravidi gesichert, so ist die Schwangere über diesen Befund und seine Gefahren zu informieren. Insbesondere sind ihr klare Verhaltungsmaßregeln zu geben. Es ist ihr zunächst zu sagen, daß sich der nach hinten abgeknickte schwangere Gebärmutterkörper beim weiteren Wachstum in den allermeisten Fällen von selbst aufrichtet, daß aber vom 3. Monat ab in kurzzeitigen Abständen kontrolliert werden muß, ob es auch wirklich zur Spontanaufrichtung kommt. In den allermeisten Fällen von Retroflexio uteri gravidi richtet sich der Uterus von selbst auf und steigt spontan in das große Becken empor. Ist der Uterus nicht zu stark nach hinten abgeknickt und nicht fixiert, so ist zunächst keinerlei Behandlung notwendig. Um sich über die Beweglichkeit klar zu werden, ist es erlaubt und angebracht, mit einem Finger vom hinteren Scheidengewölbe aus einen ganz vorsichtigen Anhebeversuch zu machen. Entscheidend für das Verhalten ist die Zeit von der Mitte des 3. Monats ab: Bei Retroflexio uteri gravidi ist von der Mitte des 3. Monats ab wöchentlich einmal eine Kontrolluntersuchung notwendig. Erfolgt jetzt eine spontane Aufrichtung, so ist diese bis zur Mitte des 5. Monats durch häufige Nachuntersuchungen zu kontrollieren. Hat man deutlich das Gefühl, daß der Uterus über die Linea terminalis emporgestiegen ist, so besteht die Gefahr eines Zurückfallens nicht mehr. Das ist der Fall zwischen der 16. und 18. Schwangcrschaftswoche. Zeigt der Uteruskörper am Ende des 3. Monats, also etwa in der 11.—12. Woche, noch keine Tendenz spontan hochzusteigen, so muß jetzt gehandelt werden. Der Uterus füllt im 3.—4. Monat die Beckenhöhle aus, und es ist dann täglich mit dem Auftreten von Einklemmungserscheinungen (s. unten) zu rechnen. Vorgehen: 1. Versuch der Aufrichtung in Knieellenbogenlage ohne Narkose: Blase entleeren! Ein steriles Hodgepessar Abb. 28. (Abb. 26) muß bereit gehalten werden. Die Schwangere Hodgepessar wird in Knieellenbogenlage gebracht. Die in die Scheide eingeführten Zeige- und Mittelfinger drängen das Korpus zart und doch 3

Pschy rembel,

Prakt. Geburtshilfe

33

mit einem gewissen Nachdruck aus dem Douglas heraus; es fällt der äußeren Hand entgegen, die es in Empfang nimmt. Nur mit den Händen arbeiten, die Kugelzange sollte man wegen der großen Zerreißlichkeit des Gewebes nicht benutzen. Anschließend ein Hodgepessar einlegen. Zur Sicherheit verordnet man 8 Tage Bettruhe und Opium. Danach Kontrolluntersuchung, ob das Pessar richtig sitzt und sich der Uteruskörper noch hinter der Symphyse befindet. Das Pessar darf nicht vor Mitte des 5. Monats entfernt werden ( = 18. S chwangerschaftswoche). Nach der 18.Schwangerschaftswoche kann ein aufgerichteter Uterus nicht mehr in den Douglas zurückfallen. 2. Aufrichtung in Narkose. Gelingt dieser erste Versuch nicht, so wird es in den meisten Fällen möglich sein, die Aufrichtung des abgeknickten Uteruskörpers in tiefer Chloräthyl-Äthernarkose durchzuführen. Ausführung auf dem gynäkologischen Stuhl in üblicher Lagerung. Sonst gleiches Vorgehen wie oben. — Läßt sich die Aufrichtung auch in Narkose nicht durchführen (fixierte Retroflexio), so bleibt noch die 3. Laparotomie (Antefixation) übrig, da es sonst unweigerlich zur Fehlgeburt oder zur Einklemmung im kleinen Becken (Betroflexio uteri gravidi incarcerati) kommt. Man muß wissen: Die Symptome der Einklemmung ( = Inkarzeration) sind infolge Behinderung und bald völliger Unmöglichkeit der Blasenentleerung in erster Linie Blasenbeschwerden. Bei jeder Schwangeren, die über Harnverhaltung oder über Erschwerung der Harnentleerung klagt, ist sogleich an die Einklemmung eines retroflektierten, graviden Uterus zu denken. Durch die hochgezogene Portio (Abb. 27) kommt es zur Abklemmung der Urethra und damit zur Harnverhaltung = Ischurie 1 ) mit der Folge der Stagnation und Infektion des Harns und der weiteren Folge der hochgradigen Überdehnung und einer dadurch bedingten Anämie und Nekrose der Blasenwand. Nach S t o e c k e l , der sich besonders mit diesem Krankheitsbild befaßt hat, gibt es dann zwei Möglichkeiten des Ausgangs: l . Blasenruptur mit Erguß des Urins in die Bauchhöhle, was meist mit dem Tod der Frau gleichbedeutend ist. *ίσχω halte zurück, ούρο ν Harn. 34

2. Überfließen der übervollen Blase nach außen trotz der Harnröhrenkompression. Es besteht ein dauerndes Harnträufeln, ein Zustand, den man wegen der zugleich bestehenden Abklemmung der Harnröhre als Ischuria paradoxa bezeichnet. Folgen: aufsteigende Infektion, Gangrän, Sepsis. Die Retroflexio uteri gravidi incarcerati ist ein ausgesprochen lebensgefährlicher Zustand. Bei den geringsten Anzeichen dieser stets lebensgefährlichen Inkarzeration muß sofort eingegriffen werden.

Abb. 27. Retroflexio uteri gravidi incarcerati

Die Untersuchung ergibt den charakteristischen und überraschenden]Befund von zwei Tumoren übereinander. Der eine Tumor füllt den Douglas prall aus (der eingeklemmte Uterus), der andere sitzt darüber (die überfüllte Blase!), ι Tastet man im Unterbauch einer schwangeren Frau zwei pralle, übereinander liegende Tumoren, den einen im Douglas, den anderen darüber zwischen Symphyse und Nabel, so muß man in erster Linie an einen Uterus gravidus incarceratus mit der dazu gehörigen überfüllten Blase denken.

Das Wichtigste ist die Entleerung der Blase, und zwar entweder mit dem Katheter (langer, halbstarrer, männlicher Katheter oder Metallkatheter); ganz zart einführen. Vorsicht, Gefahr des falschen Weges! Der Katheter muß durch zwei in die Scheide eingeführte Finger mit dirigiert werden: Langsam abfließen lassen! Bei zu rascher Entleerung kommt es sonst zu Blutungen aus den gangränösen Stellen, oder, wenn das Kathetern nicht gelingt, Entleerung der Blase durch suprasymphysäre Funktion. Danach Aufrichtung des Uterus in Narkose und Einlegen eines Pessars. Gelingt die Aufrichtung nicht, so muß die Operation, also die Laparotomie, vorgeschlagen werden. Wenn man der Frau energisch klar macht, daß sie sich operieren lassen muß, wird sie sich auch operieren lassen. Besteht gegenüber der Operation eine Kontraindikation, so bleibt nichts anderes übrig, als den Inhalt der Gebärmutter zu verkleinern und zwar dadurch, daß man mit dünner, langer Kanüle vom hinteren Scheidengewölbe her durch die Hinterwand des Korpus punktiert und Fruchtwasser abzieht. D i e s e n E i n g r i f f w i r d j e d e r r e c h t s c h a f f e n e A r z t w e n n i r g e n d m ö g l i c h in e i n e r K l i n i k v o r n e h m e n l a s s e n , um nicht in den Verdacht d e r A u s f ü h r u n g e i n e s v e r b o t e n e n E i n g r i f f s zu k o m m e n .

Die eigentliche vaginale Untersuchung ist damit beendet. Die Frau, deren junge Schwangerschaft eben festgestellt wurde, liegt noch auf dem gynäkologischen Stuhl. Wir benutzen diese Gelegenheit, um mit wenigen, schnell auszuführenden Handgriffen das Innere des kleinen Beckens ab- und auszutasten, also 5. die Beckenaustastung vorzunehmen. 1. Erste, wichtigste Frage: Erreicht der Mittelfinger beim Einführen des Zeige- und Mittelfingers in die Scheide das Promontorium oder nicht? Wenn nein, so entfällt jeglicher Verdacht auf eine Verkürzung der Conjugata vera (s. die Abb. 28 und 29). Bei einem normal gebauten Becken kann der in die Scheide eingeführte Mittelfinger das Promontorium nicht erreichen. Kommt man an das Promontorium heran, so liegt mit Sicherheit eine Verkürzung der Conj. vera vor. Diese F e s t s t e l l u n g allein g e n ü g t v o l l s t ä n d i g , um a u s z u s p r e c h e n , daß dieser F a l l f ü r die h ä u s l i c h e G e b u r t s h i l f e n i c h t in F r a g e k o m m t , s o n d e r n daß hier u n b e d i n g t die N o t w e n digkeit klinischer Geburtshilfe besteht. 36

Alle Frauen, bei denen das Promontorium mit dem Mittelfinger zu erreichen ist, sind ausnahmslos in einer Klinik zu entbinden. Das gilt natürlich erst recht, wenn man schon mit dem Zeigefinger an das Promontorium herankommt.

Abb. 28. Beckenaustastuiig (1): der Mittelfinger erreicht nicht das Promontorium! Das Becken kann im BE nicht verengt sein

Damit ist die wichtigste Fragestellung geklärt und die Beckenaustastung für den praktischen Arzt erledigt. Der Facharzt wird mit demselben Handgriff die Conj. diagonalis messen und damit die Vera abschätzen (Ausführung s. S. 38). Voraussetzung dazu ist natürlich, daß man mit einem Finger das Promontorium erreicht, was nur bei verengtem Becken der Fall ist. Strengstens verboten aber ist das vaginale Untersuchen in der Haaspraxis während der letzten 4 Wochen der Schwangerschaft, weil in dieser Zeit jegliches Berühren der Scheide nach Möglichkeit vermieden werden soll. 37

Weiter sind folgende Fragen zu beantworten (Abb. 29): 2. Vorderwand des Kreuzbeins: Ist sie gewölbt oder erscheint sie abgeflacht? Finden sich Exostosen, Tumoren oder vorspringende Querleisten an der Vorderfläche? 3. Steißbein: Gut beweglich? Vorl II f V springend? Rechtwinklig gegen r 3 ® 553 ^ ' das Kreuzbein abgesetzt? Unbeweglich ? * 4. Hinterwand der Symphyse: Erscheint die Symphyse besonders dick? Finden sich auffallende Knochenvorsprünge, ζ. B. eine nach innen vorspringende Symphysen -Krista? Exostosen sind hier nicht allzu selten! 5. Linea terminalis: Zu erreichen? Bei normalem Becken kann man die seitlichen Teile der Lin. term, nicht erreichen. Auf beiden Seiten gleich gerundet? Auf einer Seite flacher ? Abb. 29.

Schema zur Bcckenaustastuug

G

'

S

Pinae

ossis

ischii:

Leicht

oder

schwer abzutasten, springen sie vor, ist ihre Entfernung also normal oder verkleinert? Letzteres würde eine quere Verengung der sog. Beckenenge, also ein Trichterbecken bedeuten (selten). 7. Abtasten der Weichteile (Beckenboden, Bandapparat): Ob nachgiebig oder ungewöhnlich straff? Infiltrationen? Narbenbildung? Alle diese Fragen beantwortet man dadurch, daß die Beckenwände mit zwei Fingern ganz zart abgestrichen werden. Die Beckenaustastung kann man nicht aus Büchern lernen. Der Meister muß neben dem Lehrling stehen, muß ihm die Hand führen und ihn so die Unterscheidung des Normalen vom nicht Normalen lehren. Bestimmung der Conjugata vera In der Schwangerschaft bzw. im Beginn der Geburt bei noch nicht eingetretenem Kopf wird unter Umständen vaginal untersucht, um die Vera zu bestimmen. Nach üblicher Vorbereitung (S. 208) werden Zeige- und Mittelfinger der linken Hand durch die Scheide in Richtung auf das Promontorium geführt, das bei verengtem, knöchernen Geburtskanal vom Mittelfinger erreicht wird (Abb. 30). Mit dem Nagel des rechten Zeigefingers markiert man auf dem untersuchenden Zeigefinger die Stelle, an dem dieser dem unteren Symphysenrand anliegt. Herausziehen des Zeigefingers in unveränderter Haltung beider Hände. 38

Mit dem Beckenzirkel die Entfernung der Marke bis zur Spitze des Mittelfingers abmessen lassen. Dieses Maß entspricht der Länge der Conj. diagonalis (Abb. 31). Aus dieser berechnet sich die C ο η j. ν er a durch Abzug von 1,&—2 cm, also Conjugata vera = Conjugata diagonalis —1,5 (2) cm.

Abb. 30. Bestimmung der Conjugata vera durch Abgreifen der Conj. diagonalis

Noch etwas sehr wichtiges: Vaginale Untersuchung, Bestimmung der Yera- und Beckenaustastung dürfen in den letzten 4 Wochen vor der Geburt außerklinisch auf keinen Fall mehr ausgeführt werden!

vorspringenden Teil der Symphysenhinterwand = normal 11 cm; Conj. diagonalis = Verbindung zwischen Mitte des Promontoriums und dem unteren Rande der Symphyse = 1 2 , 5 - 1 3 cm

39

Der Grund ist die große Infektionsgefahr durch hinaufgeschobene Eigenkeime. An Stelle der vaginalen wird dann, wenn nötig, dio rektale Beckenaustastung durchgeführt. Erreicht man bei rektaler Untersuchung das Promontorium, so ist das ein noch dringlicherer Hinweis auf ein enges Becken als bei der vaginalen Untersuchung. Im Anschluß an die Beckenaustastung wird bei der noch auf dem gynäkologischen Stuhl liegenden Frau 6. die Abformung des Schambogenwinkels

Abb. 32. Abformung des Schambogenwinkels

Abb. 33. Rechtwinkliger Schambogen beim normalen Becken

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Abb. 34. Weiter, stumpfwinkliger Schambogen beim platt-rachitischen Becken

vorgenommen, deren Ausführung sich aus Abb. 32 ergibt. Ein normales Becke» hat einen rechtwinkligen Schambogenwinkel (Abb. 33), das platt-rachitischeBecken zeigt einen weiten, stumpfen (Abb. 34), das allgemein verengte einen, engen, spitzen Schambogenwinkel (Abb. 35).

III. Harnuntersuchung, Blutdruckmessung, Gewichtskontrolle, Untersuchung der Blutfaktoren und auf Syphilis (Wa. R.) sind ein Grundpfeiler jeder Schwangerschaftsuntersuchung. Die ersten 3 Untersuchungen müssen bei jeder Schwangerenuntersuchung jedesmal von neuem, gewissenhaft vorgenommen werden. Wer eine Schwangere untersucht, ohne dabei den Harn zu untersuchen, den B l u t d r u c k zu messen und das G e w i c h t zu kontrollieren, begeht einen K u n s t f e h l e r . Die Ausführung dieser Untersuchungen ist zusammengefaßt auf S. 68 beschrieben. Die wichtigsten Einzelheiten über die Untersuchung der B l u t f a k t o r e n sind auf S. 72 zusammengestellt.

41

Diagnostik und Untersuchung der Schwangerschaft vom 5.—10. Monat Zur Anamnese: Bei Aufnahme der Anamnese (s. S. 14) kommt jetzt eine neue Frage hinzu, nämlich die nach den ersten Kindsbewegungen. E. 1 ! Γ

Empfängnis

Letzte richtige Heget

Μ. I I I 12.I

w. ¥. Schmngerschaftsmonaf 16.'] , 1201Woche I ! I • .L Erste Kindsbewegungen beiErstgebärenden: EndederSOMche Ersre Kindsbewegungen beiMehrgebärenden: (1&ΪΪ8. Woche

Abb. 36. Ü b e r s i c h t s s c h e m a über die ersten K i n d s b e w e g u n g e n bei E r s t - und M e h r g e b ä r e n d e n Merke:

Die ersten Kindsbewegungen werden bemerkt von Erstgebärenden etwa am Ende der 20. Woche — Ende des δ. Monats von Mehrgebärenden etwa am Ende der 18. Woche = Mitte zwischen 4. u. 5. Monat.

Mehrgebärende geben aber nicht selten auch schon das Ende der 17., ja sogar das der 16. Woche an. Da die Schwangerschaft (gerechnet vom 1. Tag der letzten regelmäßigen Regel, s. S. 18) eine Dauer von rd. 40 Wochen ( = 280 Tagen = 10 [Schwangerschaftsjmonaten zu je 28 Tagen) hat, so hat die Erstgebärende noch 20 Wochen = 4 1 / 2 Kalendermonate, die Mehrgebärende noch 22 Wochen = 5 Kalendermonate bis zum G e b u r t s t e r m i n vor sich. Daraus ergibt sich also die dritte Möglichkeit zur Berechnung des Geburtstermins (s. S. 17 und 19). 42

Es m u ß aber b e t o n t w e r d e n , daß der e r f a h r e n e G e b u r t s h e l f e r auf die B e r e c h n u n g des G e b u r t s t e r m i n s n a c h dem A u f t r e t e n der e r s t e n K i n d s b e w e g u n g e n n i c h t allzu viel g i b t , aus dem e i n f a c h e n G r u n d e , weil die A n g a b e n der S c h w a n g e r e n in dieser B e z i e h u n g zu h ä u f i g unzuverlässig sind (Indolenz, Verwechslung mit Darmperistaltilt u. a.). Dazu kommt, daß viele Schwangere (bes. Erstschwangere) überhaupt keine Angaben über den Beginn der Kindsbewegungen machen können. — Praktisch geht man so vor: der Geburtstermin wird aus den Angaben über die l e t z t e r e g e l m ä ß i g e Regel (S. 17), und vor allem aus dem o b j e k t i v e r h o b e nen S c h w a n g e r s c h a f t s b e f u n d bestimmt. S t i m m t die A n g a b e ü b e r die e r s t e n K i n d s b e w e g u n g e n m i t diesen A n g a b e n u n d dem U n t e r s u c h u n g s b e f u n d ü b e r e i n , so h a b e n wir d a m i t einen Gewinn an S i c h e r h e i t f ü r den schon v o r h e r b e s t i m m t e n G e b u r t s t e r m i n . I s t das n i c h t der F a l l , so l ä ß t m a n die A n g a b e n über die Kindsbewegungen u n b e r ü c k s i c h t i g t . Plötzliches Aufhören der Kindsbewegungen spricht für den Tod des Kindes. In der zweiten Schwangerschaftshälfte ist besonders wichtig die Befragung nach subjektiven Erscheinungen, die auf E k l a m p s i s m u s hinweisen: länger andauernde Kopfschmerzen, Augenflimmern, Doppeltsehen, Anschwellungen (besonders im Gesicht und an den Unterschenkeln), krampfartige Schmerzen in der Magengegend, Magendrücken, Übelkeit, Erbrechen, Unruhe, erhöhte Erregbarkeit, Schlaflosigkeit. Stets muß auch nach etwaigem Auftreten von Blutungen, auch kleinster Mengen, gefragt werden (Verdacht auf Placenta praevia, s. S. 483).

Allgemeine Betrachtung Bei Betrachtung des Bauches ist bei der stehenden Schwangeren auf das Vorhandensein eines ausgesprochenen Spitzbauches (bei Erstgebärenden) und eines Hängebauches (bei Mehrgebärenden) zu achten; beides ist ein Hinweis auf ein enges Becken. An ein enges Becken ist ferner zu denken bei Erstgebärenden mit Spitzbauch (Abb. 37) und bei Mehrgebärenden mit Hängebauch (Abb. 38). 43

Auch die Art der Wölbung des Bauches muß beachtet werden und zwar am besten bei der liegenden Schwangeren: Bauch längsoval (Eiform) = Längslage, Bauch queroval, d. h. auffallende Breitenausdehnung = Querlage, Bauch schrägoval = Schräglage,

Abb. 37. Spitzbauch einer Erstgebärenden (enges Becken!)

Abb. 38. Hängebauch einer Mehrgebärenden (enges Becken!)

ungewöhnlich groß = großes Kind, Zwillinge,

(

Messung Hydr amnion s. S. 67 ungewöhnlich klein = auffällig schwach entwickeltes Kind, abgestorbene Frucht, Irrtum in der Zeitrechnung. An der Haut treten in den letzten Monaten drei bemerkenswerte Veränderungen auf: 1. die Schwangerschaftsstreifen, 2. die Schwangerschaftspigmentierungen, 3. die S c h w a n g e r s c h a f t s h y p e r t r i c h i e . Die 1. Schwangerschaftsstreifen = Striae gravidarum = Striae cutis distensae treten in den letzten 3 Monaten bei etwa 90% aller Schwangeren auf und sind besonders am Unterbauch, an den Hüften und auch an der Brust zu sehen. Pyknika bevorzugt. Frische Striae sind rotviolett-rosafarben und gut zu unterscheiden von den alten Schwangerschaftsnarben Mehrgebärender, die blaß und gefältelt aussehen.

44

Die Schwangerschaftsstreifen werden heute als eine Teilerscheinung der hormonal bedingten Weiterstellung der Bauchdecken aufgefaßt; die Dehnung spielt eine untergeordnete Rolle. Der Effekt des rotvioletten Farbtones kommt dadurch zustande, daß die elastischen Fasem der Kutis eine hormonal gesteuerte regressive Umwandlung durchmachen, wobei sie auseinanderweichen und ζ. T. einreißen. Durch die über ihnen liegende verdünnte Epidermis sieht man im Bereich der so entstandenen Lücken in der Kutis die blutreiche Subkutis durchschimmern. S t r a k o s c h hat darauf hingewiesen, daß man die E n t s t e h u n g von Schwangerschaftsstreifen durch Massage verhindern kann. Seine einfache Vorschrift lautet: Morgens und abends im Bett, unbekleidet, flach ausgestreckt, wird mit den Fingerspitzen beider, nebeneinander flach aufgelegter Hände unter mäßigem Druck von der Symphyse gegen den Rippenbogen ein Strich neben dem anderen ausgeführt. In den seitlichen Partien des Leibes werden die Striche halbkreis- oder bogenförmig, nach außen konvex gemacht, immer in der Spaltrichtung der Haut. Es ist darauf zu achten, daß keine Stelle der Haut ausgelassen wird. Sodann werden die Oberschenkel auf der Innen-, Vorder- und Außenfläche, ebenso die Hüften und das Gesäß massiert, stets in der Richtung von unten nach oben. Die Haut wird vorher entweder mit Talkumpuder gut eingepudert oder leicht eingeölt. Von dem Abheben der Haut in Falten und dem Durchkneten derselben mit den Fingern wurde Abstand genommen, da erfahrungsgemäß die unter richtigem Druck vorgenommene Strichmassage völlig ausreichte. Anstatt mit den Fingern läßt sich die Massage ganz zweckmäßig auch mit einer weichen Bürste ausführen, doch erscheint der feine, regulierbare, manuelle Druck zweckmäßiger. Die Brüste lassen sich in derselben Weise durch radiäre Striche von der Basis gegen die Mamille zu massieren, doch ist bei der Empfindlichkeit dieses Organs eine gewisse Vorsicht unbedingt am Platze. Aus diesem Grunde wurde sie auch nicht regelmäßig zur Anwendung gebracht. 2. Schwangerschaftspigmentierungen finden sich an den Brustwarzen, am Warzenhof und in der Umgebung des Warzenhofes ( = sekundäre Areola), ferner an der Vulva, am Anus und im Gesicht (Chloasma uterinum). Die Linea alba wird zur Linea fusca s. nigra. Operationsnarben färben sich stark braun. Brünette färben sich stärker als Blondinen. Das Hautpigment gehört zu den Melaninen und ist eisenfrei. Andeutungen von Pigmentierungen treten manchmal auch schon in frühen Monaten auf. 3. Hypertrichosis gravidarum Vermehrung der Wollhaare im Gesicht und am Bauch; häufig. In den letzten Monaten ist besonders auf das Auftreten von Ödemen und Varizen zu achten. Normalerweise besteht bei jeder schwangeren Frau, besonders in der 2. Hälfte der Schwangerschaft, eine,,Vollsaftigkeit und leichte Ödembereitschaft'1 ( S e i t z ) . Dieseödeme bleibenjedoch gering. Wenn sie größere Ausmaße erreichen, ohne daß eine Nierenbeteiligung vorliegt (Eiweiß, Zylinder), wird von einem ,,reinen H y d r o p s g r a v i d a r u m " gesprochen, der bei längerem Bestand jedoch schließlich auch die Nieren in Mitleidenschaft zieht. Er ist deshalb zu beachten. Vor allem bilden sich die Ö d e m e a n d e n u n t e r e n E x t r e m i t ä t e n , der V u l v a u n d d e n B a u c h d e c k e n , s p ä t e r im G e s i c h t u n d an den H ä n d e n . 45

Varizen können sich im ganzen Bereich der V. ilica externa und der V. hypogastrica bilden, also an den Beinen, der Vulva, der Scheide und am After (Hämorrhoiden). Es folgt nun

I. Die Äußere Untersuchung Vom 5. Monat ab wird die Schwangere nicht mehr auf dem gynäkologischen Stuhl, sondern nur noch auf dem Untersuchungssofa untersucht. Die äußere Untersuchung zerfällt in 1. Palpation (S. 52), 2. Auskultation (S.63) und 3. wenn nicht schon früher ausgeführt: Äußere Beckenuntersuchung (S. 23), 4. Messung des Leibesumfangs (S. 67), 5. in Ausnahmefällen: Röntgenologische Untersuchung (S. 67). Bevor wir mit der Untersuchung beginnen, müssen wir uns über die Fundusstände in den einzelnen Monaten klar werden. Der Uterusfundus steht (Abb. 39)

am Ende des 4. Monats: 1—2 Querfinger oberhalb der Schamfuge, am Ende des 5. Monats: 2—3 Querfinger unterhalb des Nabels, 46

am Ende des 6. Monats: genau in Nabelhöhe. Der Befund: „Fundus in Nabelhöhe" ist deswegen besonders wichtig und einzuprägen, weil der Fundus a u f f a l l e n d genau nach Ablauf von 6 Schwangerschaftsmonaten diesen Stand erreicht. Im Gegensatz zur Frühschwangerschaft läßt sich vom 6. Monat ab der Zeitpunkt der Schwangerschaft ziemlich genau aus dem Stand des Fundus bestimmen,

Hl am E n d e des 7. Monats: 2—3 Querfinger oberhalb des Nabels,

am Ende des B.Monats: ziemlich genau in der Mitte zwischen N a b e l und S c h w e r t f o r t s a t z , Hl am Ende des 9. Monats: hart am Rippenbogen = höchster Fundusstand,

am Ende des io. Monats: i—2 (—3) Querfinger unterhalb des rechten Rippenbogens, also etwa in der gleichen Höhe wie am Ende des 8. Monats. In den ersten Tagen des 10. Monats senkt sich der F u n d u s auf den S t a n d , den er am E n d e des 8. Monats gehabt hat. Von der Senkung des Leibes an gerechnet d a u e r t es bis zur Geburt noch etwa 3—4 Wochen.

Wichtige Frage: 8. oder io. Monat? Bei einem Fundusstand in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse tritt also die praktisch sehr wichtige Frage auf (bes. dann, wenn die Regelanamnese im Stich läßt), ob es sich um eine Schwangerschaft im 8. oder im 10. Monat handelt; die Frage lautet mit anderen Worten: Steigt der Fundus noch oder hat er sich schon gesenkt? Wenn man viele Schwangere untersucht hat, so 47

-wird es meist schon mit dem ersten Griff klar, um welchen Schwangerschaftsmonat es sich handelt. Dem weniger Erfahrenen sei ein Vorgehen nach folgendem Schema empfohlen.

Unterscheidung zwischen dem 8. und 10. Schwangerschaftsmonat I. Eindringliche Befragung über subjektive Zeichen: 1. Hat der Leib nicht schon höher gestanden? Wann hat er sich gesenkt ? 2. Sie bemerkten doch vor einiger Zeit, daß sich der Bockbund nicht mehr schließen ließ, daß die Atmung, besonders beim Treppensteigen, beschwerlicher wurde, daß besonders nach dem Essen ein Magendruck auftrat.

Seit wann

läßt sich der Rockbund wieder schließen? ist die Atmung wieder freier geworden? hat der Druck auf den Magen nachgelassen?

Seit wann verspüren Sie einen Druck auf die Blase? Der Druck auf die Blase pflegt mit der Senkung des Leibes aufzutreten und in den letzten 3—4 Wochen bis zur Geburt bestehen zu bleiben. Über die Raumbeziehungen zwischen Kopf und Blase s. S. 97. 48

II. Objektive Zeichen: 1. Das wichtigste Kennzeichen der Untersuchung zwischen dem 8. und dem 10. Schwangerschaftsmonat ergibt sich aus der Beziehung zwischen Kopf und Becken. Bei Erstgebärenden hat der Kopf im 8. Monat überhaupt noch gar keine Beziehungen zum Becken, er steht f r e i beweglich über dem BE; im 10. Monat ist er ins Becken eingetreten und steht mehr oder weniger tief im Becken; bei Mehr gebärenden hat der Kopf im 8. Monat ebenfalls noch gar keine Beziehungen zum Becken, im 10. Monat dagegen ist der Kopf in den meisten Fällen „aufgesetzt", er steht jedenfalls nicht mehr frei beweglich über dem BE, sondern hat eine, wenn auch nur geringe Beziehung zum Beckeneingang. 2. Auch die Größe des Kopfes gibt einen guten Hinweis. Selbst ein Anfänger hat bald ein Gefühl dafür, ob der Kopf normal groß (Ende des 10. Monats) oder wesentlich kleiner (Ende des 8. Monats) ist. 3. Größe des Kindes: am Ende des 8. Monats macht das Kind im ganzen einen kleinen Eindruck, man sieht und fühlt auch ohne allzu große Erfahrung, daß es kein ausgereiftes Kind am Ende des 10. Monats ist. 4. Leibesumfang: er beträgt (S. 67) am Ende des 8. Monats etwa 94 cm, am Ende des 10. Monats etwa 100—105 cm. 5. Fundusform: am Ende des 10. Monats ist der Fundus wesentlich b r e i t e r , a u s g e l a d e n e r als am Ende des 8. Monats. 6. Der Nabel ist am Ende des 8. Monats noch g r ü b c h e n f ö r m i g , am Ende des 10. Monats oft v e r s t r i c h e n , evtl. sogar v o r g e w ö l b t . Das Nabelzeichen ist kein sicheres Zeichen. Nicht selten ist der Nabel auch beim Geburtsbeginn noch grübchenförmig.

Abb. 41/42. Silhouetten einer Schwangeren vor und naeh der Senkung des Leibes P s c h y r e m b e l , Prakt, Geburtshilfe

49

7. Die Silhouetten, d. h. die Umrisse des Bauches der stehenden und von der Seite betrachteten Schwangeren zeigen einen bemerkenswerten Unterschied (s. Abb. 41). Nach der Senkung (Abb. 42) ist der Leib herabgesunken und dafür stärker vorgewölbt. Die Senkung des Leibes im Beginn des 10. Monats wird durch vier ursächliche F a k t o r e n

bestimmt:

1. Die Bauchdecke wird im Beginn der letzten 3—4 Wochen vor der Geburt schlaffer, weil ihr Gewebe zu diesem Zeitpunkt durch hormonale Einflüsse noch weiter gestellt wird, als es vorher schon war. 2. Das Kind tritt im ganzen tiefer, weil der K o p f bei Erstgebärenden mit Schädellage durch die an diesem Zeitpunkt verstärkt auftretenden Schwangerschaftswehen, die sog. S e n k w e h e n , mehr oder weniger tief in das Becken hineingesenkt wird (S. 96). Bei Mehrgebärenden senkt sich der Kopf wesentlich weniger herab, er tritt zwar auch in Beziehung zum Becken, tritt aber fast nie ins Becken ein, sondern setzt sich ihm nur auf. 3. Der Uterus tritt im ganzen tiefer. Diese alte Erkenntnis wird heute nach W. Wolf (Freiburg) wie folgt erklärt: Ursache für diese Uterusbewegung in das Becken hinein ist der Isthmus-Zervix-Bandapparat. Dieser Bandapparat geht von der

I

Abb.43 Abb. 43.

A b b . 44

Verlauf der parametranen Bindegewebsfasern nach früherer Auffassung

Abb. 44. Verlauf der parametranen Bindegewebsfasern im Bereich des unteren Uterinsegments, einseitig schematisch dargestellt (nach G o e r t t i e r ) . Β = Beckenwand Beckenwand nicht nur an das untere Uterinsegment und die Zervix h e r a n (alte Auffassung, Abb. 43). sondern seine Fasern strahlen in die Wände dieser Teile ein und umschnüren das Lumen (Abb. 44). Durch den tiefer tretenden Kopf wird eine Entfaltung des unteren Uterinsegments erzwungen. Die Entfaltung kommt dadurch zustande, daß Teile der Fasern des Bandapparates, die vorher noch außerhalb der Wand- des unteren Uterinsegmentes lagen, jetzt mit in die Uteruswand einbezogen werden. Dadurch wird die noch frei im Parametrium verlaufende Faserstrecke-Beckenwand unteres Uterinsegment verkürzt (Tabaksbeutelmechanismus), wodurch notwendigerweise der Uterus in das Becken hineingezogen, sein Fundus also gesenkt werden muß (Abb. 45). 4. Der Uterus wird im ganzen etwas kleiner. Das ist die Folge einer um diese Zeit einsetzenden Tonussteigerung, deren Ursache die Verminderung des plazentaren Progesterons in den letzten 4 Wochen ist. Bei Mehrgebärenden und besonders bei Vielgebärenden ist die Senkung des Leibes im Beginn des 10. Monats nicht immer so deutlich zu beobachten. Das liegt einmal daran,

60

daß der Kopf um diese Zeit noch nicht ins Becken eintritt, sondern ihm nur aufgesetzt ist und ferner daran, daß bei ihnen die Bauchdecken schon von vornherein sehr schlaff sind, so daß sie kaum noch schlaffer werden können.

Abb. 45. Schematische Darstellung des Tabaksbeutelmechanismus nach W. W ο 1 f zur Demonstration von Verschluß und Eröffnung des Gebärmutterhalses, modifiziert von Langreder, Arch. Gynäk. 177 (1950)

Da die Geburt 3—4 Wochen nach Senkung des Leibes sehr prompt einzutreten pflegt, ist damit ein zuverlässiger Ausgangspunkt zur Berechnung des Geburtstermins gegeben. Von den 4 Möglichkeiten der B e r e c h n u n g des Gebartstermins: ausgehend 1. vom 1. Tag der l e t z t e n regelmäßigen Regel (S. 17), 2. vom Tag des G e s c h l e c h t s v e r k e h r s , der zu dieser Schwangerschaft führte (S. 19), 3. vom Zeitpunkt der ersten Kindsbewegungen (S. 42), 4. vom Zeitpunkt der Senkung des Leibes (S. 47) ist die letzte Berechnungsmöglichkeit die w e i t a u s zuverlässigste. Es ist daher sehr wichtig, die Schwangeren früh genug (spätestens im 9. Monat) auf die zu erwartende Leibessenkung hinzuweisen und sie anzuhalten, dieses Datum 4*

51

(die Senkung vollzieht sich manchmal plötzlich von einem Moment zum anderen, meist aber im Verlauf von 1—2—3 Tagen) zu beobachten und aufzuschreiben. Es folgt nun zunächst:

1. Palpation Die vier Leopoldschen Handgriffe Bei der Ausführung aller vier Handgriffe liegt die Schwangere ausgestreckt auf dem Untersuchungssofa. Bei den Handgriffen 1—3 sitzt der Untersucher an der rechten oder linken Seite der Schwangeren auf dem Rand des Untersuchungssofas, Gesicht gegen Gesicht, bei Ausführung des 4. Handgriffes sitzt er neben der liegenden Schwangeren und dreht ihr den Rücken zu. 1. Handgriff: Wie die Abb. 46 zeigt, werden die beiden Hände des Untersuchers mit ihrer ulnaren Kante so in die Bauchdecken gesenkt, daß sie dabei den Fundus uteri voll umfassen. Die beiden Hände berühren sich fast mit den Fingerspitzen, unter Umständen sind sie aber auch mehr oder weniger weit voneinander entfernt. — Mit dem 1. Handgriff sind die folgenden zwei Fragen zu beantworten: 1. Wo ( = in welcher Höhe) steht der Fundus uteri = Zeitbestimmung der Schwangerschaft. (Über den Stand des Fundus in den verschiedenen Schwangerschaftsmonaten s. S. 46.) 2. Welcher Kindsteil befindet sich im Fundus? In 99% der Fälle fühlt man im Fundus einen großen Teil und zwar entweder (in etwa 96% der Fälle) den Steiß (kleinerer großer Teil, uneben, abwechselnd harte und weiche Partien, kein Ballotement, s. S. 55), oder (in etwa 3% der Fälle) den Kopf (großer, gleichmäßig runder und harter Teil, Ballotement, s. S. 55), oder (in etwa 1% der Fälle) einen Teil des Rumpfes: s. Querlage (S. 361). Man unterscheidet große und kleine Kindsteile. Große Kindsteile sind Kopf, Steiß und Bücken, kleine Kindsteile die Beine und die Arme. Die Arme sind selten zu fühlen. 2. Handgriff: Beide Hände gleiten vom Fundus auf die Bauchseiten herunter und werden flach (s. Abb. 47) und parallel zueinander links und rechts seitlich 52

etwa in Nabelhöhe auf die Bauchdecken gelegt. Auf diese Weise kommen sie auf die Seiten der Gebärmutter zu liegen.

Abb. 48. 3. Leopoldscher Handgriff

Abb. 49. 4. Leopoldscher Handgriff

Fragestellung: Auf welcher Seite liegt der Bücken, auf welcher die kleinen Teile? Den Bücken tastet man als einen langen, gleichmäßig flachen, walzenförmigen Teil, die kleinen Teile erkennt man zumindest als Unebenheiten, in den meisten Fällen als teils spitze, teils stumpfe kleine Vorwölbungen oder kleine, verschiebbare, sich bewegende Teile, die ihre Lage bei der Betastung leicht wechseln. Als charakteristisch für die Bauchseite ( = Seite der kleinen Teile) kann man nicht selten eine tiefere Einsenkung zwischen Steiß und Kopf tasten Stauung ->- intrakranielle Blutung

Asphyxie des Kindes 1 Die rektale Untersuchung ergibt in unserem Fall, daß die Pfeilnaht des auf dem BB stehenden Kopfes im geraden Durchmesser verläuft, die kleine Fontanelle vorn steht und der Mm vollständig ist. Eine Regelwidrigkeit der Kopfeinstellung oder -haltung besteht ebensowenig wie ein Knochenwiderstand. Das Weichteilansatzrohr, also die Scheide, ist aber ausgesprochen rigide. Es handelt sich also hier um eine Ermüdungswehenschwäche bei einer alten (40jährigen!) Erstgebärenden. Die Wehenkraft war zum großen Teil schon am Ende der Eröffnungsperiode verbraucht. Immerhin konnte die Kreißende noch zu zweistündigem Pressen angehalten werden. Die rigiden Weichteile der Scheide und des Dammes verhinderten aber den freien Austritt des Kopfes und brachten die Wehenkraft zum Erlahmen. Es kam zum Geburtsstillstand auf BB. Bei dieser 40 jährigen I. para, die dringend ein lebendes Kind wünscht, ist es unter keinen Umständen zu empfehlen, durch Wehenmittel eine Spontangeburt erzwingen zu wollen. Schon die dazu unbedingt vorher notwendige Ruhepause (nach 0,02 g Morphin) wäre für das mit seinem Kopf in das Weichteilansatzrohr eingepreßte Kind ausgesprochen lebensgefährlich. Man darf in diesem Fall nicht zögern, die Geburt durch Zangenoperation mit Episiotomie zu beenden. Die Gefahren weiteren Abwartens wären hier für Mutter (Fieber) und Kind (Druckschädigung) größer als die des operativen Eingriffs, wenn er von kundiger und zarter Hand gemacht wird. 203

Die Geburt ist durch Zange zu beenden, wenn der Kopf länger als 2 Stunden auf dem Beekenboden stellt und a) trotz mehrstündiger k r ä f t i g e r Wehen nicht weiter rückt oder b) bei W e h e n s c h w ä c h e die Behandlung mit Wehenmitteln erfolglos oder nicht angebracht ist.

Indikationen für die operative Entbindung Wenn man bei einer geburtshilflichen Situation davon spricht, daß eine „strenge I n d i k a t i o n " vorliegt, so ist damit gesagt, daß in diesem Fall eine dringende Anzeige zur Beendigung der Geburt durch künstliche, d. h. operative Entbindung vorhanden ist. Die Indikation ist immer das erste, was geklärt werden muß. An zweiter Stelle steht die Frage, welche Art von Operation anzuwenden ist, um die Geburt künstlich zu beenden. Jede der geburtshilflichen Operationen hat ihre ganz bestimmten "Vorbedingungen. Nur dann kann eine bestimmte Operation zur Anwendung kommen, wenn die für sie geltenden Vorbedingungen voll erfüllt sind. Die F r a g e eines operativen E i n g r i f f s h ä n g t in der G e b u r t s h i l f e also s t e t s von zwei H a u p t p u n k t e n ab, von der Indikation und den e r f ü l l t e n Vorbedingungen: Die Indikation gibt die Begründung und den Entschluß zur Operation, die bei der jeweils vorliegenden geburtshilflichen Situation erfüllten Vorbedingungen bestimmen die Art der Operation. Bei einer gegebenen Indikation, nehmen wir einmal eine Eklampsie an, entscheidet über das „Wie" des Vorgehens der augenblickliche Stand der Geburt, also der zuletzt erhobene Befund. In dem einen Fall (Kopf in der Tiefe sichtbar) kann die Geburt durch eine einfache Episiotomie und Kristellern beendigt werden, in einem anderen (Kopf auf BB oder in BM, Mm vollständig) durch Zangenentbindung, in einem dritten (hochstehender Kopf, Erstgebärende, keimfreies Genitale) käme die abdominale Schnittentbindung in Frage, in einem vierten Fall (hochstehender Kopf, Mehrgebärende) führt die Wendung mit anschließender Extraktion, eventuell nach Hysterotomia anterior, zum Ziel. Also: eine Indikation zur Beendigung der Geburt, die Eklampsie, und je nach vorliegender geburtshilflicher Situation und den damit erfüllten Vorbedingungen vier verschiedene Möglichkeiten des Vorgehens. Im Grunde genommen gibt es in der Geburtshilfe nicht viele Indikationen, eigentlich nur zwei:

Bondern

204

Es gibt nur z w e i Indikationen in der Geburtshilfe: 1. Gefahr für die Mutter! 2. Gefahr für das Kind! Die Indikation ergibt sich aus einer Komplikation beim Geburtsablauf. Dabei gilt aber auf keinen Fall, daß Komplikation = Indikation ist. Es muß vielmehr, besonders dem geburtshilflichen Anfänger gegenüber, mit größtem Nachdruck folgendes ausgesprochen werden: Nur wenn man nach genauester Untersuchung unter eingehender Berücksichtigung und gewissenhafter Prüfung aller für den betreffenden Fall in Frage kommenden Umstände zu der Überzeugung gedrängt wird, daß diese aufgetretene Komplikation eine wirklich ernsthafte Gefahr für die Mutter oder für das Kind oder für beide darstellt, dann erst wird die Komplikation die Grundlage für eine Indikation zum Eingreifen. Mit der größten Gewissenhaftigkeit sollte sich besonders der junge Geburtshelfer vor dem Entschluß zu einem Eingriff die folgenden Fragen beantworten: Muß ich operieren? (Punkt 1—3) Darf ich operieren? (Punkt 4—6) Kann ich operieren? (Punkt 7) 1. I s t die f e s t g e s t e l l t e K o m p l i k a t i o n w i r k l i c h d e r a r t i g bed r o h l i c h , daß sie unbedingt ein E i n g r e i f e n e r f o r d e r l i c h m a c h t ? Man muß in der Geburtshilfe viel wissen, um wenig zu tun. 2. Wenn die Kreißende deine Frau wäre, würdest du dann auch eingreifen? 3. Muß der Eingriff, wenn schon indiziert, unbedingt sofort ausgeführt werden? Wenn nicht, so empfiehlt es sich oft, im Vertrauen auf das Walten der Natur, noch etwas abzuwarten. Die höchste Tugend des Geburtshelfers ist die Geduld. 4. Sind die Vorbedingungen für die beabsichtigte Operation wirklich alle voll erfüllt? 5. Sind alle drei Geburtsfaktoren: K i n d , B e c k e n und W e h e n genügend beachtet und bewertet worden, ist ferner auch der Allgemeinzustand der Kreißenden richtig eingeschätzt worden? 6. Kann der Kreißenden oder auch dem Kind der beabsichtigte Eingriff, der ja stets mit mehr oder weniger erheblichen Gefahren verbunden ist, nicht gefährlicher werden, als es voraussichtlich die bestehende Komplikation für den weiteren Verlauf der Geburt sein wird? 7. Besitzt der Operateur auch die genügende Übung und Erfahrung, um den beabsichtigten Eingriff mit Erfolg für Mutter und Kind durchzuführen ? Denn das ist neben der Verletzung der Asepsis und Antisepsis 205

das Schlimmste: sich an Operationen heranzuwagen, die man nicht voll und ganz beherrscht! Das ist Leichtsinn, und Leichtsinn ist Todsünde in der Geburtshilfe. Aus der großen Zahl der Krankheitszustände, die eine Indikation bedeuten können, seien hier nur die folgenden stichwortartig aufgeführt:

Gruppe I der Indikationen: Gefahren für die Mutter 1. Beginnende Infektion. Kennzeichen: Temperatur über 38,5° C, Pulsbeschleunigung. 2. Quetschung der mütterlichen Weichteile (Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken). K e n n z e i c h e n : Schwellung der äußeren Geschlechtsteile (Vulvaödem), ödem der vorderen Muttermundslippe, Blutiger Harn. Ursache: Druck auf die Harnblase; Blutiger Stuhl. Ursache: Druck auf den Mastdarm (selten); Ausziehung des unteren Uterinsegments. 8. Starke Blutungen. H ä u f i g s t e U r s a c h e n : Placenta praevia (S. 482), Vorzeitige Lösung (der normal sitzenden Plazenta) (S. 498), Uterusruptur (S. 599). 4. Allgemeine Erkrankungen der Mutter. Eklampsie (S. 619), Herzklappenfehler (Mitralstenose!), Herzmuskelschwäche (Dekompensation?), Nephritis, Nephrose, Infektionskrankheiten (Pneumonie, fieberhafte Grippe, Tbc. usw.). 5. tibermäßig lange dauernde Geburt. Die größte Gefahr der übermäßig lange dauernden Geburt ist die I n f e k t i o n der Mutter: J e l ä n g e r der U t e r u s o f f e n b l e i b t , umso größer i s t die G e f a h r der a u f s t e i g e n d e n I n f e k t i o n ! Normale Geburtsdauer: s. S. 173. Zulässige Höchstdauer einer Geburt: Einzelheiten s. S. 173. Ein gewisses Maß für die Dauer einer Geburt nach Blasensprung ist die Größe der Kopfgeschwulst (s. S. 193). Je länger die Geburt nach Blasensprung andauert, um so größer ist die Kopfgeschwulst. Die K o p f g e s c h w u l s t i s t g e w i s s e r m a ß e n die Uhr des G e b u r t s h e l f e r s . Ist die Ursache der lange dauernden Geburt eine W e h e n s c h w ä c h e , so ist diese mit den unter diesem Kapitel angegebenen Maßnahmen (S. 187) zu bekämpfen. 206

Allgemein gilt: Wenn der Kopf länger als 2 Stunden in der Tiefe sichtbar ist, ohne daß die Kreißende die Kraft hat, ihn herauszudrücken, so ist die Geburt durch Zange zu beenden!

Gruppe II der Indikationen: Gefahren für das Kind 1. Schlechte Herztöne: s. S. 175. 2. übermäßig lange dauernde Geburt: s. S. 174. 3. Nabelschnurvorfall (bei lebendem Kind): s. S. 423. 4. Blutung bei Insertio velamentosa: s. S. 541. Bei Eingriffen aus kindlicher Indikation ist immer das alte Gesetz vor Augen zu halten: Das Leben der Mutter ist stets über das Leben des Kindes zu stellen! Aus r e i n kindlicher Indikation wird man daher eine die Mutter in besonderem Maße gefährdende Bauchoperation wie die Schnittentbindung nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen vornehmen (alte I. para, dringender Kinderwunsch). Das gilt nicht für die klassischen geburtshilflichen Operationen wie die Zangenoperation, die Wendung und die Extraktion am Beckenende, die selbstverständlich ohne weiteres sämtlich auch aus rein kindlicher Indikation ausgeführt werden. — Zwei Begriffe bedürfen noch der Erläuterung, nämlich die der a b s o l u t e n und der r e l a t i v e n Indikation. Absolute Indikation bedeutet, daß eine sofortige Beendigung der Geburt notwendig ist. Für den praktischen Arzt sind besonders "wichtig die absoluten Indikationen in der Austreibungsperiode von seiten der Mutter: eklamp tischer Anfall, Fieber, Herzkrankheit, Lungenleiden, akuter Kollaps. (Bei den letzten drei krankhaften Zuständen sollen die Preßwehen vermieden werden). Von seiten des Kindes: wenn offensichtlich Lebensgefahr vorhanden ist, d. h. wenn die kindlichen Herztöne während dreier aufeinanderfolgender Wehenpausen unter 100/Min. bleiben. Relative Indikationen sind solche, bei denen ein Eingreifen im Augenblick zwar noch nicht notwendig ist, bei denen aber auf Grund geburtshilflicher Erfahrung vorausgesagt werden kann, daß bei weiterem Abwarten eine Verschlechterung der Situation eintreten wird. Ein Beispiel für eine relative Indikation ist der auf S. 202 beschriebene Fall der alten Erstgebärenden. Infolge der rigiden 207

Weichteile kam die Geburt in der Austreibungsperiode zum Stillstand. Wird diese Geburt nicht bald beendet, so ist eine Verschlechterung der Situation mit Sicherheit vorauszusagen. Die M u t t e r wird durch das mit größter Wahrscheinlichkeit bald hinzutretende F i e b e r , das K i n d durch den erheblichen Druck des Weichteilrohres auf den Kopf geschädigt werden. Da hier der Mm vollständig eröffnet ist und der Kopf auf B B steht, kann die Geburt leicht (unter Zuhilfenahme einer Episiotomie) beendet werden. Es gibt außerdem noch falsche oder verfälschte Indikationen: Z e i t m a n g e l des A r z t e s oder der H e b a m m e , oder D r ä n g e n der A n g e h ö r i g e n , oder u n ä r z t l i c h e m e r k a n t i l e E i n s t e l l u n g sind niemals I n d i k a t i o n e n zur G e b u r t s beendigung.

Vorbereitung zu geburtshilflichen Operationen Die wichtigste Vorbereitung ist das richtige Verhalten des Geburtshelfers in seiner täglichen Praxis, d. h. die gewissenhafte und ununterbrochene Beachtung der Grundsätze der

Noninfektion: E i t r i g e Wunden, Wundsekrete, eitrige Verbände, infektiöse Prozesse, infizierte Instrumente, den k l e i n s t e n F u r u n k e l , die w i n z i g s t e e i t r i g e P u s t e l , die k l e i n s t e e i t e r n d e W u n d e ,



niemals ohne Handschuhe berühren!!

eine noch so „harmlose" A n g i n a oder E r k ä l t u n g v e r b i e t e t jegliche geburtshilfliche Betätigung, selbstverständlich auch die nur äußerliche Untersuchung von Kreißenden und Schwangeren. Nach einer unvermeidbaren V e r l e t z u n g der Grundsätze der Noninfektion ist s o f o r t eine gründliche Desinfektion der Hände (s. unten) vorzunehmen und die geburtshilfliche Tätigkeit, wenn irgend möglich, 2 Tage lang auszu-

setzen.

Merkwort: „Die Gefahr kommt von außen". Ernst B u m m .

208

Der Operateur Ringe, Armbänder und dergleichen sind vor der Desinfektion abzulegen. Ein Arzt, der regelmäßig Geburtshilfe treibt, darf überhaupt keine Ringe tragen.

Eigendesinfektion: 1. 5 Minuten lang kräftiges Seifen der Hände und Unterarme unter fließendem warmen Wasser. Hemdsärmel möglichst hoch heraufkrempeln! Die Arme müssen bis zwei Querfinger über die Ellenbogen hinaus gründlichst abgeseift werden. Nägel, Finger und Handflächen sind systematisch, d. h. eins nach dem anderen, mit steriler Bürste zu bürsten. Im Privathaushalt findet sich nicht immer fließendes warmes Wasser. Abgekochtes warmes Wasser in einer Schüssel, das jede erfahrene Hebamme stets bereithält, muß genügen. Das Wasser ist öfter zu wechseln!

2. Nagelreinigung. 3. Noch einmal 5 Minuten lang gründliches Seifen und Bürsten wie oben. 4. 5 Minuten lang Hände und Unterarme bis 2 Querfinger unterhalb der Ellenbogen in einer 1/20/Qigen. Zephirol- oder 1/2°l0igen Sagrotanlösung mit sterilem Lappen waschen. Abtrocknen mit sterilem Handtuch. Anziehen eines sterilen Mantels und steriler Handschuhe.

Die Kreißende 1. Lagerung: Zur vaginalen Untersuchung und zur Episiotomie kann die Kreißende in Längslage liegen bleiben. Für alle anderen Eingriffe ist die Querbettlagerung erforderlich. Beine auf zwei an das Bett herangeschobene Stühle setzen. Bei zu niedrigem oder zu nachgiebigem Bett wird der Kreißenden eine Matratze untergelegt oder ein K ü c h e n t i s c h zur Lagerung benutzt. D a s Gesäß m u ß die B e t t - bzw. T i s c h k a n t e stets etwas überragen Zum Halten der Beine bei Tischlagerung eignen sich am besten die sehr bewährten Beinhalter nach v. M i k u l i c z - R a d e c k i (Abb. 170). Als Ersatz dafür kann man auch ein zusammengerolltes Bettuch benutzen, das über die Schultern geführt wird und dessen Enden dicht unterhalb der Knie verknotet werden. 2. Schmerzstillung: Zur vaginalen Untersuchung genügt ein Chloräthylrausch, desgleichen auch zur Episiotomie. Jeder andere Eingriff muß in Tollnarkose ausgeführt werden. Auch eine „einfache" Zange aus Beckenausgang oder vom Beckenboden würde ich niemals ohne Narkose machen. Wer 14

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

209

einmal erlebt hat, wie sich das Gewebe in Narkose entspannt, wird nie mehr einen Eingriff ohne Narkose machen wollen. Abgesehen davon muß heute die Ausführung einer Operation ohne Narkose als unärztlich bezeichnet werden. Man macht entweder eine Chloräthyl-Äthernarkose oder eine intravenöse Narkose. Letztere eignet sich nicht für Wendungen. Achtung! Längere und tiefere Narkosen dürfen niemals mit Chloräthyl allein ausgeführt werden! Lebensgefahr! a) Chloräthyl-Äthernarkose: Ganz langsam zählen lassen und zwischen je zwei Zahlen t i e f Luft holen lassen. Chloräthyl auf die Maske tropfen, bis die Kreißende beim Zählen unsicher wird bzw. mit Zählen aufhört. Dann weiter Äther geben. Vorsicht! Äther ist höchst feuergefährlich! Keine Äthernarkose bei offenem Licht! Chloroform eignet sich nicht als Narkosemittel für die Außenpraxis, da man eine Chloroformnarkose im Gegensatz zur Chloräthyl-Äthernarkose niemals von einer Hebamme, sondern nur von einem e r f a h r e n e n Arzt ausführen lassen kann. b) Intravenöse Narkose: Ich bevorzuge das Evipan. In einer Minute niemals mehr als 0,2 g Evipan intravenös spritzen. Höchstmenge normalerweise 1,0 g, allerhöchstens 1,2-1,3 g. Scheidendammnähte kann man auch in Lokalanästhesie mit l4%io e r Novocainlösung ausführen.

3. Desinfektion der äußeren Genitalien: a) Schamhaare: Soll nur vaginal untersucht werden, so genügt das Kürzen der Schamhaare in der Umgebung

Abb. 171. Rasieren der Schamhaare

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der Vulva mit steriler Schere. Vor Operationen sollen die Schamhaare der Vulva möglichst rasiert werden. (Aber niemals ohne vorher genügend einzuseifen!). Stets von vorn nach hinten rasieren, niemals umgekehrt, s. Abb. 171. b) Gründliches Abwaschen der äußeren Genitalien von vorn nach hinten mit warmem Wasser und Seife. Beachte den Pfeil in Abb. 172! After stets zuletzt und ganz gesondert abwaschen. c) Abspülen mit l / 2 %iger Sagrotanlösung, oder y2%iger Zephirollösung, oder % %oiger Oxyzyanatlösung (Hydrargyrum oxycyanatum %:1000). Sehr zu beachten: Auch in den a l l e r e i l i g s t e n F ä l l e n , ζ. B. bei sehr s c h l e c h t e n H e r z t ö n e n oder bei N a b e l s c h n u r v o r f a l l , m u ß w e n i g s t e n s eine ganz k u r z e D e s i n f e k t i o n der ä u ß e r e n Genit a l i e n v o r g e n o m m e n werden! So eilig ist es nie, daß man n i c h t noch eben die ä u ß e r e n G e n i t a l i e n schnell a b s e i f e n und a b s p ü l e n kann.

Abb. 172. Abwaschen der äußeren Genitalien. Nicht an den After herankommen I Der After wird stets zuletzt und gesondert gereinigt!

4. Entleerung der Blase: Muß unter allen Umständen vor jedem geburtshilflichen Eingriff geschehen, und zwar mit dem Katheter. Eine geburtshilfliche Operation bei gefüllter Blase auszuführen, ist geradezu ein Kunstfehler. Das gilt ganz besonders für die Zangenoperation: Zu jeder Zangenoperation gehören stets z w e i Instrumente: 1. der Katheter und 2. die Zange! 14*

211

Das Kathetern wird oft unsachgemäß ausgeführt, sehr zum Nachteil der Kreißenden. R i c h t i g e A u s f ü h r u n g : Sterile Handschuhe, steriler Tupfer oder Wattebausch, steriler Katheter. Verwendet wird ein Metallkatheter oder ein Gummikatheter (Nßlatonkatheter). Streng verboten sind Glaskatheter! Die linke Hand spreizt die kleinen Schamlippen, und zwar so weit, daß man die äußere Mündung der Harnröhre gut sehen kann. Anfängern macht schon das Auffinden der Harnröhre Schwierigkeiten; sie suchen sie zu hoch, in der Gegend des Praeputiums und der Glans clitoridis! Die äußere Mündung der Harnröhre sitzt viel tiefer, unmittelbar über dem Eingang zum eigentlichen Scheidenrohr. — Die rechte Hand taucht den sterilen Tupfer in eine Desinfektionslösung (s. o.) und drückt den Tupfer e i n m a l z a r t gegen die äußere Harnröhrenmündung. Niemals mit dem Tupfer grob wischen oder abreiben! Nur mit einem gewissen Nachdruck zart gegendrücken. Jetzt den Katheter mit der rechten Hand wie eine Sonde fassen und so z a r t wie möglich in waagerechter, leicht nach oben geneigter Richtung einführen. Häufig macht das Kathetern mit dem Metallkatheter Schwierigkeiten. Dann hat man aber meist mit dem Gummikatheter Erfolg. Dieser wird unterhalb der Spitze mit zwei Fingern gefaßt, eingeführt und mit sanftem Druck Zentimeter für Zentimeter hochgeschoben. Nach Ablassen des Harns ist der Katheter mit dem Finger zu verschließen und dann ganz langsam und zart aus der Harnröhre herauszuziehen. Über Schwierigkeiten beim Kathetern s. S. 570.

Episiotomie Definition: Episeion(gr.) die S c h a m , t6mno(gr.)ich schneide. Scheidendammschnitt: glatter Entspannungsschnitt zur Erweiterung des Scheideneingangs, meist vorbeugend zur Entlastung ausgeführt, um Zerreißung und Überdehnungen des Dammes, der Scheide, insbesondere aber der Muskeln und Faszien des Beckenbodenverschlusses zu vermeiden. Episiotomie = Beckenbodenschutz! Anwendung: früher lediglich angewandt, um einen drohenden Damm-(Haut-) riß zu vermeiden. Heute eine viel weitergehende Anzeigenstellung: Das Ziel ist der S c h u t z des B e c k e n b o d e n s , das heißt die Vermeidung von Überdehnungen und Zerreißungen der tiefen Beckenbodenmuskulatur, insbesondere der Levatorenschenkel: Die beste und sicherste Vorbeugung gegen den Prolaps ist die früh angelegte, genügend lang geschnittene und außerdem gut genähte Episiotomie. 212

Schon vor 25 Jahren (1928) hat v. J a s c h k e die Episiotomie in allen Fällen empfohlen, in denen infolge ungünstiger Form des Schambogens, abnormer Größe des durchtretenden Schädels u. ä. die Gefahr vorauszusehen ist, daß mit oder ohne Erhaltung des Dammes irreparable Schädigungen des Levators mit der fast unweigerlichen Folge des späteren Deszensus oder Prolapses entstehen. Die Episiotomie wird also angewandt bei Gefährdung der tiefen Beckenbodenmuskulatur und des Dammes, insbesondere also bei operativen Eingriffen: Zangenoperationen (aber durchaus nicht immer!), ganzer Extraktion, halber Extraktion, insbesondere bei Erstgebärenden, sodann aber auch als selbständige Operation bei S p o n t a n g e b u r t e n : bei sehr straffen Weichteilen (Sportlerinnen, alte Erstgebärende), ungünstiger Durchtrittsebene des Kopfes (Deflexionslagen), spitzem Schambogen (ungünstige Einpassung des Kopfes, ungünstige Austrittsbewegung), zu großem Kopf. Daß ein Damm im Begriff steht, sehr bald zu reißen, erkennt man am Βlaßwerden des übermäßig angespannten Dammes, zur Geburtsbeschleunigung: beim ein- bzw. durchschneidenden Kopf, zusammen mit dem K r i s t e l l e r sehen Handgriff oder dem Hinterdammgriff nach R i t g e n (S. 150). Ob man und wann man bei einem den Damm anspannenden Kopf die Episiotomie ausführen soll, ist eine Sache des Gefühls. Dieses Gefühl, ob der im Durchschneiden begriffene Kopf sich gut in den Schambogen einpaßt oder ob er das nicht tut und dann den Damm zu stark belastet, dieses Gefühl kommt in die Fingerspitzen des Anfängers erst dann, wenn er mindestens einige hundertmal einen Dammschutz gemacht hat. Zeitpunkt: bei Operationen: vor oder während der Operation, bei Spontangeburten: wenn der Kopf im E i n - bzw. D u r c h s c h n e i d e n ist, und zwar stets auf der Höhe einer Wehe. K ü s t n e r empfiehlt die Episiotomie m ö g l i c h s t s p ä t anzulegen, und zwar eist dann, wenn man am Abgang von Blut den Beginn des Einreißens der Scheide erkennt.

SchmerzStillung: Chloräthylrausch oder einige Tropfen Chloroform, wenn nicht eine größere Narkose des operativen Eingriffs wegen gemacht wird. Prophylaktische Episiotomie? Mit Nachdruck muß betont werden, daß es völlig verkehrt ist, die g r u n d s ä t z l i c h e Ausführung der Episiotomie zu fordern. Kein guter Geburtshelfer wird daran denken, bei normalen Verhältnissen eine Episiotomie zu machen. Normale Verhältnisse heißt in bezug auf den Kopf: normale Größe, regelrechte Haltung und Einstellung bei regelrechter Austrittsbewegung, in bezug auf die Weichteile: genügende Weite und Dehnbarkeit des muskulären Verschlußtrichters. 213

Zwei Arten der Episiotomie: laterale und mediane Episiotomie. 1. Die laterale Episiotomie: Üblicherweise macht man etwa 1 cm entfernt von der Mittellinie an der hinteren Kommissur (Frenulum) mit einer großen, geraden Schere einen Schnitt (Abb. 173) in Richtung auf das Tuber ossis ischii. Bessere Heilungsverhältnisse ergeben sich, wenn man die Schere direkt an der hinteren Kommissur, also in der Mittellinie, ansetzt und so schneidet, daß das Tuber ossis ischii etwas oberhalb der verlängert gedachten Schnittlinie liegt. Steht man auf der rechten Seite der Frau (Dammschutz), so schneidet man nach links, steht man zwischen den Beinen der Frau (operativer Eingriff) oder auf der linken Seite der Frau, so schneidet man nach rechts hinüber. Die Länge des Schnittes muß man dem Bedarf anpassen; ein Schnitt unter 3—4 cm Länge hat keinen Zweck. Ist der Schnitt zu kurz, so reißt er weiter oder es tritt an anderer Stelle ein Riß auf. Sieht man, daß der erste Schnitt nicht ausreicht, so wird er verlängert. Sehr wichtig die Scherenhaltung: Die Flächen der Abb. 173. Laterale Episiotomie Branchen müssen stets genau im rechten Winkel zum Gewebe gehalten werden (Abb. 173). Andernfalls wird das Gewebe schräg durchschnitten, was sowohl für die Naht wie für die Heilung sehr ungünstig ist. Zwei wichtige Dinge bei der Episiotomie: die Richtung: auf das Tuber ossis ischii, die Scherenhaltung: rechtwinklig zum Gewebe! Anatomie: Bei der lateralen Episiotomie wird der M. bulbocavernosus quer durchtrennt. 2. Die mediane Episiotomie: Von der hinteren Kommissur ausgehend wird der Schnitt genau in der Mittellinie in Richtung auf den After angelegt. Der mediane Schnitt darf höchstens bis auf V/2—2 cm an die Afteröffnung herangehen (Abb. 174). V o r t e i l : Größerer Raumzuwachs, leichtere Naht, bessere Heilung (da bessere Gefäßversorgung). Nachteil: Große Gefahr des Weiterreißens zum DR III. Anfänger haben daher nur l a t e r a l e Episiotomien a u s z u f ü h r e n , da sie sich unter gar keinen Umständen der Gefahr eines solchen Dammrisses aussetzen dürfen. 214

Die Ausführung der m e d i a n en Episiotomie ist dem Anfänger streng v e r b o t e n !

Anatomie: Bei der medianen Episiotomie werden ebenfalls Fasern des M. bulbocavernosus durchschnitten, jedoch nicht quer wie bei der lateralen Episiotomie, sondern mehr schräg. Der Schnitt liegt fast im Verlauf der zum Centrum tendineum ziehenden Muskelfasern (vgl. Abb. 179, S. 220).

Naht der Episiotomiewunde Unter Verlängerung der Narkose mit Äther bzw. Evipan wird jetzt die Episiotomie sofort genäht. Eigendesinfektion! Strengste Asepsis! Energische Reinigung des Dammes mit 14— l%oig er Oxyzyanatlösung. Wie die Abb. 176 zeigt, hat die Episiotomiewunde infolge des Auseinanderweichens der Wundränder eine rhombusähnliche Form. 1. After abdecken: Mit drei Backhausklemmen ein steriles Tuch von links nach rechts so ausspannen, daß der After verschwindet. Die mittlere Klemme sitzt etwa 1 cm über dem After in der Mittellinie. Die Abdeckung des Afters ist außerordentlich wichtig, wenn man eine gute Wundheilung haben will. Beim behelfsmäßigen Arbeiten in der Hauspraxis wird der After oft nicht abgedeckt. Unter diesen Umständen muß man sich aber immer der großen Gefahr bewußt sein, die eine Berührung des Fadens mit dem After und dessen Umgebung mit sich bringt. Der Faden muß dann stets so gehalten und geführt werden, daß er den After und Umgebung unter keinen Umständen berührt. 215

2. Wundgebiet gut zugänglich machen. Übersicht ist die Hauptsache! Am besten schiebt man einen sterilen Tampon, z.B. in Form eines fest zugeknoteten Beutels, in dem sich einige Tupfer befinden (sogenannte „Maus"), hoch in die Scheide (Aufspreizung der Scheide; ferner wird das aus dem Uterus fließende Blut abgefangen). Sehr zu empfehlen ist auch — besonders für den bei der Hausgeburt allein arbeitenden Praktiker — ein sogenannter Vulvaspreizer, ζ. B. nach R i c h t e r ; j e d e r g e b u r t s h i l f l i c h a r b e i t e n d e P r a k t i k e r s o l l t e einen V u l v a s p r e i z e r in seiner T a s c h e bei sich f ü h r e n , er würde mit mancher E p i s i o t o m i e - und Dammnaht rasoher f e r t i g werden. 3. Innersten, das heißt obersten Wundwinkel aufsuchen! 4. Etwa vorhandene spritzende Gefäße (selten I) müssen mit Kocherklemmen gefaßt und umstochen werden. Gute Heilung kann man nur erwarten, wenn die Wundflächen bluttrocken sind. Episiotomiewunden bluten manchmal, Dammrisse selten. 5. Erste Naht an den innersten Wundwinkel legen! W o m i t wird g e n ä h t ? Genäht wird mit einem Hegarschen Nadelhalter und (abgesehen von der Haut) mit runder Nadel, und zwar Scheidennähte mit Katgut Nr. 1—2 versenkte (tiefe) Dammnähte mit Katgut Nr. 2 Hautnähte mit Katgut Nr. 00—0 oder mit Klammern nach Michel. Silkworm und Seide sind nicht resorbierbar und müssen wie die Klammern am 6.—7. Tag post partum entfernt werden. Bezüglich der Nadeln empfehle ich besonders dem Praktiker, n i c h t die mit Lochöhr, sondern solche mit F e d e r oder P a t e n t ö h r zu benutzen, da sie sich viel leichter einfädeln lassen. Wie wird genäht? Es kommt vor allem darauf an, daß keine Wundtaschen entstehen. Wenn man die Nadel so führt, wie es Abb. 175/2 zeigt, dann bekommt man mit Sicherheit eine mehr oder weniger große Wundtasche, in der sich Blut und Wundsekret und später Lochialsekret sammeln. Die Infektion besorgt der durchgeführte Faden1

216

Die Nadel muß so geführt werden, daß sie die ganze Tiefe der Wunde umkreist (s. Abb. 175/1). Schema der Nahtfolge (Knopfnähte): 1. Scheidennaht (Abb. 176) Die Ein- und Ausstiche sind aus Abb. 176 ersichtlich. Obersten Wundwinkel in der Scheide aufsuchen. Erste Naht in diesen Wundwinkel legen. Weiter Einzelnähte in Abständen von etwa 3 / 4 cm bis zum Frenulum. Immer gut tupfen, damit die zusammenkommenden Wundflächen möglichst trocken sind. Bei der Scheidennaht wird der Nadelhalter stehts parallel der Scheidenhaut, also etwa waagerecht, gehalten. Scheidennaht: Nadelhalter stets w a a g e r e c h t halten!

2. Tiefe Dammnaht (Abb. 177) Zwei bis vier tiefe (versenkte) Katgutnähte durch die Muskulatur. Beim Anlegen der Naht den linken Wundrand mit der Pinzette anheben und mit mittelgroßer Nadel ganz dicht u n t e r ihm einstechen, dann weitgreifend in die Tiefe gehen und auf der anderen Seite (auch hier den Wundrand anheben) dicht u n t e r dem Wundrand herauskommen. Je näher man am Wundrand herauskommt, um so besser kommen die Wundflächen zusammen. Niemals aber darf man bei versenkten Nähten den Wundrand oder die Haut selbst mitfassen. Auch hier wieder so nähen, daß keine Hohlräume entstehen. Die Nadel muß also am tiefsten Punkt der Wunde vorbeigeführt werden. Dabei darf aber auf keinen Fall das Rektum mitgefaßt werden. Nadelhalter hier im Gegensatz zur Scheidennaht senkrecht halten:

Abb. 176. Naht der Episiotomie I: Scheidennaht

Abb. 177. Naht der Episiotomie II: Tiefe Dammnaht 217

D a m m naht: Nadelhalter stets s e n k r e c h t halten! Die versenkten Fäden werden chirurgisch geknotet und dann wird außerdem noch ein weiterer Knoten daraufgesetzt. Danach kann man nämlich ohne Gefahr den Faden ganz kurz abschneiden, was bei tiefen Nähten für die Wundheilung von Wichtigkeit ist. 3. Hautnaht (Abb. 178) Von oben nach unten nähen. Nadelhalter auch hier senkrecht halten! Hat man bei einer Naht — das gilt besonders für die tiefe Dammnaht — Befürchtungen, den Mastdarm anzustechen, dann empfehle ich folgenden

Abb. 178. Naht der Episiotomie III: Hautnaht

„Kniff": Man bereitet sich 2—3 Nadeln vor und geht mit dem behandschuhten, gut angefeuchteten linken Zeigefinger in den M a s t d a r m ein. Mit dem Nadelhalter in der rechten Hand legt man nun über dem Zeigefinger der linken Hand 1—2—3 Nähte, bis man aus der „Gefahrenzone" heraus ist. Handschuhwechsel! Danach erst knoten. 4. Zum Schluß nicht vergessen, den Tapfer aus der Scheide zu entfernen.

Mit der Naht der Episiotomie wartet man, bis die Nachgeburt geboren ist. Ist die Frau aber in tiefer Narkose, ζ. B. nach einer voraufgegangenen Zange, so näht man s o f o r t im A n s c h l u ß an die G e b u r t des Kindes. Man spart Zeit und der Frau eine zweite Narkose. Meist löst sich die Nachgeburt, während man näht. Dadurch läßt man sich gar nicht stören. Die Naht wird in aller Ruhe zu Ende geführt. Dann drückt man, nachdem man sich überzeugt hat, daß die Plazenta sicher gelöst ist, diese mit dem Credöschen Handgriff heraus. 218

Dammrisse = Scheidendammrisse (Vgl. R i ß b l u t u n g , S. 533) Definition: Unter einem Dammriß versteht man eine bei Spontangeburt oder bei operativer Entbindung entstandene, mehr oder weniger tiefe und lange Zerreißung des Scheidenrohres, der Dammhaut und der Damm- und Beckenbodenmuskulatur. Richtiger ist die Bezeichnung Scheidendammriß. Häufigkeit: Kommt bei 20—25% aller Geburten vor (Stoeckel, E i s e n reich) bei Erstgebärenden naturgemäß viel häufiger als bei Mehrgebärenden. Einteilung: Man unterscheidet einen Dammriß I. Grades: Kurzer Riß in der Scheidenschleimhaut, oberflächlicher Riß des Dammes bis höchstens zur Mitte des Dammes. Dammriß Π. Grades: Der Riß geht bis an den M. sphincter ani externus heran, die Damm-Muskulatur ist mit eingerissen. Der M. sphincter ani externus ist intakt. Dammriß HL Grades = T o t a l e r oder kompletter Dammriß: Auch die Ringfasern des M. sphincter ani externus sind mit durchgerissen, ein Teil des Mastdarmes kann mit eingerissen sein.

Allgemeines zur Dammnaht Jeder Dammriß (DR) sollte genäht werden. Ich bin gegen das Klammern der Dammrisse. Auch bei einem DR I. Grades, wenn nicht gerade nur das Frenulum eingerissen ist, halte ich die Naht für besser als das Klammern. Denn auch zu einem kleinen „Damm"riß gehört ein Scheidenriß. Klammert man den Damm, so bleibt die Scheidenwunde offen. In ilir sammelt sich Blut und Lochialsekret, wodurch die Wunde infiziert wird. Später bildet sich dort eine bleibende schwielige Vertiefung. Bei der Dammnaht kommt es in der Hauptsache darauf an, die zerrissenen Teile durch Nähte genau so aneinanderzubringen, wie sie vorher lagen. Vorbereitung; 1. Z e i t p u n k t : Grundsätzlich soll man abwarten, bis die Nachgeburt geboren ist. Ist die Frau noch von einem vorhergegangenen Eingriff in Narkose, so wird natürlich die Narkosp. ausgenutzt und sofort genäht. Ist man im Anschluß an die Geburt nicht gleich in der Lage, den Damm zu nähen, so kann man ohne Gefahr damit ehvas warten. Man soll aber, wenn eben möglich, nie länger als 1—11/2 Stunden bis zur Naht vergehen lassen. 2. S c h m e r z s t i l l u n g : Ausführung s t e t s in N a r k o s e , am einfachsten in intravenöser Evipannarkose. Auch kann man das Wundgebiet von den 219

Wundrändern aus mit l%iger Novocainlösung (20—30ccm) infiltrieren. Für sehr kleine Dammrisse genügt ein Chloräthylrausch. 3. A f t e r a b d e c k e n (S. 215). 4. W u n d g e b i e t g u t z u g ä n g l i c h m a c h e n (S. 216). Übersieht ist die Hauptsache! 5. W o m i t w i r d g e n ä h t ? (s. S. 216). Genäht wird mit Katgut (s. S. 216). Von der Verwendung von S e i d e rate ich ab, da die Nähte zu rasch durcheitern. Seide saugt Wund- und Lochialsekret auf und wirkt als infizierter Fremdkörper.

Naht des Dammrisses I. Grades Sie besteht aus der Scheidennaht und der eigentlichen Dammnaht. 1. Scheidennaht: s. die Scheidennaht der Episiotomiewunde, S. 217. Ist die Columna rugarum auf beiden Seiten abgerissen, so muß sie nach beiden Seiten hin mit je einer Reihe von Einzelnähten vernäht werden.

M. fransversus perinei profund. Centrum tendineum M.levaforani (pars pubica) Hgfufaeus

maximus

Septum ono-coccygicum Abb. 179. Anatomie der Beckenbodenmuskulatur

2. Dammnaht: Beim DR I. Grades sind nur zwei bis vier durchgreifende Nähte von der Haut aus erforderlich. Man sticht auf der Haut, wenige Millimeter vom Wundrand entfernt, ein, geht weitgreifend in die Tiefe und kommt an entsprechender Stelle der Haut wieder heraus. Auf das richtige Halten des Nadelhalters achten: Nadelhalter bei der Dammnaht senkrecht halten! 220

Naht des Dammrisses II. Grades Drei Teile: 1. Scheidennaht. 2. Tiefe Dammnaht. 3. Hautnaht. 1. Scheidennaht: wie bei der Episiotomiewunde, S. 217. 2. Tiefe Dammnaht: wie bei der Episiotomiewunde, S. 217. Dem Anfänger sei empfohlen, beim Anlegen der versenkten Nähte sich zum Schutze des Rektums des auf S. 218 beschriebenen „Kniffes" zu bedienen. 3. Dammhautnaht: Einige oberflächliche Katgut-Knopfnähte zum Wundverschluß und zur Adaptierung der Haut. Anatomie: Die beim DR II sichtbar werdende längs verlaufende Muskulatur gehört dem dicken M. bulbocavernosus an, die darunterliegende quer verlaufende dem M. transversus perinei profundus (Abb. 179). Seitlich verlaufende Risse gehen bis in den zarten M. transversus perinei superficialis hinein. Viel seltener sind Einrisse oder Zerreißungen vorderer Levatorteile (Vorkommen ζ. B. bei Hinterer Hinterhauptslage, Vorderhauptslage, Stirnlage, Gesichtslage und beim allgemein verengten Becken infolge des spitzen Schambogens).

Naht des Dammrisses III. Grades Möglichst niemals in der Außenpraxis ausführen! Die Ergebnisse sind erfahrungsgemäß zu schlecht. Die Naht des Dammrisses ΠΙ. Grades gehört in die Klinik! Vorgehen: 1. Aufsuchen der Sphinkterenden. 2. Naht des Mastdarmes. Handschuhwechsel! Instrumentenwechsel! 3. Naht des Sphinkters. 4. Naht der Beckenbodenmuskulatur. 5. Scheiden- und Dammnähte wie beim DR II. 1. Aufsuchen der Sphinkterenden. Die Enden des durchgerissenen Sphinkters weichen meist weit zurück. Sie wieder aufzufinden, ist für den Anfänger oft nicht leicht. Man hüte sich aber davor, einfach irgend etwas mehr oder weniger Sphinkterähnliches zusammenzunähen. Prägt man sich genau ein, wo man die Muskelenden zu suchen hat, so muß auch der Anfänger sie finden: Die Sphinkterenden hat man unmittelbar unter der Haut zu suchen, und zwar da ( S t o e c k e l ) , wo die radiär gefaltete Haut der Afterumgebung an die Wundränder stößt. 221

Jedes Sphinkterende wird zunächst mit einer P^anklemme z a r t gefaßt und vorgezogen. 2. Naht des Mastdarms: Ist der Darm mit verletzt, so wird dieser jetzt zuerst genäht. Durch Anziehen der beiden Pöanklemmen nähern sich die Wundränder des Mastdarms, die Wunde wird schlitzförmig. Der Verschluß des Mastdarmrisses mit dünnen Katgut-Einzelnähten ist jetzt nicht schwierig. Nähte ziemlich eng setzen. Die Schleimhaut möglichst nicht mitfassen. Das erreicht man, wenn man das perirektale Bindegewebe ,,dos a dos" zusammennäht, s. die Abb. 180 und 181.

falsch richtig Abb. 180 und 181. Mastdarmnaht (nach Martius). Schleimnaut nicht mitfassen!

3. Naht des Sphinkters: Handschuhwechsel, Instrumentenwechsel! Abdecken des Afters, Vorziehen der beiden Stümpfe des Sphincter ani an den Klemmen und Vereinigung durch zwei kräftige Katgutnähte. 4. Naht der Beckenbodenmuskulatur: Über die Mastdarmnahtreihe wird nun eine Reihe von Einzelnähten durch die Beckenbodenmuskulatur gelegt. Damit ist aus dem DR III ein DR II geworden. 5. Scheiden- und Dammnähte wie beim DR II. Anatomie: Wie beim DR II, nur daß hier in jedem Fall auch noch der Sphincter ani externus, in manchen Fällen auch die vordere Wand des Mastdarms, mit durchgerissen ist.

Nachbehandlung der Dammrisse Bei den D R I . und II. Grades ist eine besondere Nachbehandlung nicht erforderlich. Ob sie gut heilen oder nicht, hängt ab 1. von der Dammnaht, Dabei kommt es weniger darauf an, wie der Damm genäht wurde (Naht,,technik"), als darauf, wer den Damm genäht hat! 222

2. von dem Lochialfluß. Stauungen des "Wochenbettflusses sind zu vermeiden. Stets ist für guten, nicht übelriechenden Lochialfluß zu sorgenl 3. vom Abwartenkönnen. "Wer jeden Morgen bei der Wöchnerinnenvisite die Beine breit spreizen läßt, um neugierig zu sehen, „ob es auch gut heilt", kann kaum gute Heilungsergebnisse erwarten. Wöchnerinnen mit Scheidendammnähten sollen möglichst ruhig mit geschlossenen Beinen liegen. Außerdem kann man im Bett niemals die Heilung einer Scheiden-Dammwunde richtig beurteilen. Jede Wochenbettgymnastik, bei der die Beine bewegt werden, ist selbstverständlich in den ersten 7 Tagen untersagt. Besichtigt wird die Wunde erstmalig am 7. oder 8. Tag, und zwar am besten auf dem Untersuchungsstuhl. In der Außenpraxis läßt man einen Stuhl ans Bett setzen, gegen den die mit angezogenen und gespreizten Beinen schräg im Bett liegende Wöchnerin einen Fuß stemmt. Bei Sekundärheilung Entfernung aller in den Sichtbereich kommenden Fäden.

Nachbehandlung des DR III. Grades Voml.—5. Tag grundsätzlich flüssige Kost: übliche Getränke, dünne Suppen Bouillon mit Ei, helles oder dunkles Bier. Danach breiige Kost bis zum Abführen. Vom 1.—6. Tag; Opium, und zwar; 1. Tag 3 x 1 0 Tropfen, dann jeden weiteren Tag 3 x j e 1 Tropfen weniger, also 3 x j e 9, 3 x j e 8 Tropfen Tct. opii simpl. usw. 7. Tag: Abführen mit Rizinusöl per os (morgens früh nüchtern 1—2 Eßlöffel Rizinusöl). Viele Geburtshelfer sind beim DR III gegen einen E i n l a u f . Ich kann ihn nach meiner Erfahrung nur empfehlen. Man macht ihn am 7. Tage, wartet allerdings damit so lange, bis (nach Rizinus) S t u h l d r a n g auftritt. Der dann v o r s i c h t i g ausgeführte Einlauf gibt doch den Patientinnen insofern eine große Erleichterung, als sie bedeutend weniger Kraft zum Herausdrücken des Stuhles aufzuwenden brauchen. Das ist für die junge Narbe nur von Vorteil. Bei Sekundärheilung die Frau n i c h t vor 3—4 M o n a t e n zur Plastik bestellen.

Klitoris- und Labienrisse Klitorisrisse bluten immer ziemlich stark (Einriß des Crus clitoridis). Vor allem aber steht die Blutung nie von selbst. Blutende Stelle mit Kocherklemme fassen. Vorsicht wegen der Harnröhre! Tiefgreifende Umstechung ober- und unterhalb der Klemme. Labienrisse und -abschürfungen sind ohne besondere Bedeutung. Sie werden mit Einzelknopfnähten genäht (Katgut). 223

Zangenoperation I (Kopf auf BB oder im BA, Pfeilnaht gerade) Das Instrument: Die in der Praxis am meisten gebrauchte Zange ist die deutsche Zange nach Naegele. Ihr Bau ergibt sich aus den Abb. 182—186.

Abb. 182. N a e g e l e sehe Zange (von oben)

Abb. 183. N a e g e l e sehe Zange (von der Seite)

\ Löffel (Kopfkrümmung)

(l· Halsteil

Stift d.Schlosses_ (mit Knopf) Busch'seher, Zughaken

Griff

Li

Li u

Abb. 181

A b b . 185

Abb. 186

Abb. 184. Teile des linken Löffels Abb. 185. Das Schloß der Zange besteht aus Stift und Knopf des linken Löffels und dem Ausschnitt des rechten Löffels Abb. Ι8ό. Schloßteil des linken Löffels

Aufgabe der Zange: Die Zange ist ein reines Z u g i n s t r u m e n t . Ein gewisser Druck auf den Kopf läßt sich auch bei vorschriftsmäßigem Einlegen nicht vermeiden und führt gelegentlich zu Schädigungen des Kindes. 224

Niemals aber darf die Zange absichtlich zur Kompression des Schädels benutzt werden: es i s t ein K u n s t f e h l e r , einen m i t seinem g r ö ß t e n U m f a n g noch über dem BE s t e h e n d e n , also noch n i c h t k o n f i g u r i e r t e n Kopf m i t der Zange e r s t k o m p r i m i e r e n und d a n n in das Becken h i n e i n z i e h e n zu wollen. Siehe die V o r b e d i n g u n g 4! Zwei Fragen: Der Altmeister Albert D ö d e r l e i n gab den guten Rat, sich vor jeder Zangenoperation zwei F r a g e n vorzulegen; 1. Ist die Zange n ö t i g ? Das ist die Frage nach der Indikation (Anzeige) zum Eingriff. Sie muß streng geprüft und klar beantwortet werden. Siehe hierzu: Indikationen für die operative Entbindung, S. 204. 2. Ist die Zange m ö g l i c h ? Das ist die Frage nach den Vorbedingungen, die erfüllt sein müssen, wenn eine Geburt durch die Zange beendet werden soll.

Vorbedingungen für die Zange 1. Der Mm muß vollständig eröffnet sein. 3 m ü t t e r l i c h e { 2. Der B e c k e n a u s g a n g darf nicht zu eng sein. 3. Die Blase muß gesprungen sein.

3 kindliche

4. Der Kopf muß zangengerecht stehen. 5. Der Kopf darf nicht zu groß und nicht zu klein sein. 6. Das Kind muß leben.

Jeder Arzt muß diese Vorbedingungen der wichtigsten und häufigsten geburtshilflichen Operation genau beherrschen. Für den Geübten und Erfahrenen verstehen sie sich von selbst, er hat sie im Gefühl. Der Anfänger muß sie sich wortwörtlich einprägen. Diese Vorbedingungen sind in der Austreibungsperiode sämtlich erfüllt bzw. erfüllbar, sofern das Kind lebt. Zu 1: Der Mm muß vollständig eröffnet sein Eine Zange durch einen nicht vollständig erweiterten Mm hindurch anlegen zu wollen und dann unbesorgt zu ziehen, das bringt nur ein völlig Unerfahrener oder Gewissenloser fertig. Tiefgehende Risse der Zervix mit lebensgefährlichen Blutungen, Aufreißen der Parametrien, Zerreißen der Uteringefäße, also in der Außenpraxis der Tod der Frau, sind die sichere Folge. Ist der Mm nicht vollständig, so wartet man ab, bis er vollständig geworden ist. Drängt der Eingriff, so kann man den schon eröffneten Mm unter Umständen durch I n z i s i o n e n auf Vollständigkeit erweitern. Fühlt man aber nur einen schmalen Saum, 60 gelingt es häufig, diesen mit der Hand durch zarten Nachdruck über den Kopf zurückzuschieben. 15

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

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Man lasse sich aber niemals dazu verleiten, eine Zange bei nicht vollständig eröffnetem Muttermund anlegen zu wollen. Daß der Mm vollständig eröffnet sein muß, ist die erste und wichtigste aller Vorbedingungen zur Zange! Zu 2: Der Beckenausgang darf nicht verengt sein In der Hauptsache denkt man dabei an den verengten Beckenausgang beim allgemein verengten Becken ( = spitzer Schambogenwinkel), ferner an das seltene Trichterbecken mit seinem typisch verengten BA. Zu 3: Die Blase muß gesprungen sein Sind alle anderen Vorbedingungen erfüllt und nur die Blase noch nicht gesprungen, so wird sie mit der Kugelzange beim Vorwölben in der Wehe gesprengt. Würde man die Blasensprengung unterlassen, so würde bei Ausführung der Zange die Plazenta abgelöst werden ( = mechanische vorzeitige Lösung, starke Blutung I). Zu 4: Der Kopf muß zangengerecht stehen Zangengerecht stehen im weitesten Sinne des Wortes heißt: Der Kopf muß mindestens so tief im Becken stehen, daß er mit seinem größten Umfang die Terminallinie passiert hat. Das ist der Fall, wenn die Leitstelle die Interspinallinie erreicht hat oder nur wenig darüber steht (s. Höhendiagnose, S. 123). Der Kopf steht dann „tief und fest im BE". Die an diesem Kopf ausgeführte Zange ist nach unserer Auffassung die höchstmögliche, wir nennen sie die hohe Zange. Der P r a k t i k e r in der Außenpraxis darf eine solche hohe Zange niemals und u n t e r gar keinen U m s t ä n d e n ausf ü h r e n ! Für ihn steht der Kopf erst dann zangengerecht, wenn man mit dem rektal untersuchenden Finger nicht mehr an die Spinae herankommt oder sie gerade noch erreicht, wenn also der Kopf mindestens in BM steht. Dabei ist besonders auf die Geburtsgeschwulst zu achten. Diese täuscht leicht einen Tiefstand des Kopfes vor! Die Geburtsgeschwulst muß bei der Höhenbestimmung des Kopfes in Abzug gebracht werden. Also noch einmal: Für den praktischen Arzt in der Außenpraxis steht der Kopf erst dann zangengerecht, wenn man die Spinae nicht mehr oder eben noch erreicht. Steht der Kopf höher, so wird in der Außenpraxis keine Zange ausgeführt! Nur in der Klinik ist in besonders gelagerten Ausnahmefällen auch schon dann eine Zange erlaubt, wenn die Leitstelle in Höhe der I-Ebene oder etwas darüber steht ( = Hohe Zange). 226

Niemals aber darf man eine Zange dazu b e n u t z e n , einen über dem Becken s t e h e n d e n Kopf in das Becken h i n e i n z i e h e n zu wollen; die Zange h a t lediglich die A u f g a b e , den im Becken s t e h e n d e n Kopf aus dem Becken h e r a u s z u h o l e n . Zu 5: Der Kopf dar! nicht zu groß und nicht zu klein sein Wer einmal in die Lage kommt, bei einer Frühgeburt wegen irgendeiner Indikation die Zange anlegen zu müssen, der wird zu seiner Überraschung sehen, daß die Zange von dem zu kleinen Kopf leicht abgleitet, weil die Kopfkrümmung der Zange für einen normal großen Kopf gebaut ist. Noch eindrucksvoller erlebt man das bei einem Anenzephalus: der Schädel ist hierbei so klein, daß er in der geschlossenen Zange überhaupt nicht fixiert werden kann. Auch ein zu großer Kopf (Hydrozephalus) macht beim Anlegen der Zange (Zange schließt, nicht) und bei der Extraktion Schwierigkeiten. Zu 6: Das Kind muß leben Jede Zangenentbindung ist mit mehr oder weniger großen Gefahren auch für die M u t t e r verbunden (s. S. 244). Ist das Kind tot und liegt eine Indikation zur Geburtsbeendigung vor, so wird man daher eine für die Mutter weitaus: weniger gefährliche Operation als die Zange zur Anwendung bringen, nämlich die Perforation mit anschließender Kraniotraxie (S. 608).

Grundregeln für das Anlegen der Zange 1. Regel: Fassen und Führen der Löffel Kennzeichen des linken Löffels: er trägt den Stift und den Knopf des Schlosses (Abb. 184-186). Kennzeichen des rechten Löffels: er trägt den Ausschnitt des Schlosses (Abb. 185). Man faßt den l i n k e n Löffel Man faßt den r e c h t e n Löffel mit der l i n k e n Hand mit der r e c h t e n Hand und bringt ihn in die l i n k e Seite und bringt ihn in die r e c h t e Seite der Mutter. der Mutter. 2. Regel: Der linke Löffel wird stets zuerst eingeführt Der rechte Löffel wird stets als zweiter und über dem linken eingelegt, da sich die Zange sonst nicht schließen läßt. 3. Regel: Anlegen der Zange an den Kopf Die Zange wird stets quer an den Kopf angelegt (Abb. 187 und 188), das heißt der (quere) Durchmesser der Zangenlöffel (Abb. 190, gestrichelter Pfeil) muß senkrecht auf dem Längsdurchmesser des Kopfes stehen (Abb. 190, Pfeilnaht). 15·

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Um diese Regel in der Praxis durchzuführen, muß man wissen, welcher Durchmesser bei den einzelnen Lagen der Längsdurchmesscr des Kopfes ist. Wir werden das später noch eingehend besprechen. Hier nur soviel: Der Längsdurchmesser des Kopfes wird dargestellt bei H i n t e r h a u p t s - und

A b b . 187

Abb. 1S8

Abb. 189

Abb. 187. Die Zange wird stets quer an denKopf gelegt (abgesehen von einer Ausnahme) Abb. 188. Quer angelegte Zange von der Seite gesehen Abb. 189. Querer Durchmesser (-»•) der Zange

Abb. 190. Der (quere) Durchmesser der Zange (gestrichelter Pfeil) muß stets senkrecht auf dem Längsdurchmesser des Kopfes (Pfeilnaht) stehen

V o r d e r h a u p t s l a g e n durch die P f e i l n a h t , bei S t i r n l a g e n S t i r n n a h t , bei G e s i c h t s l a g e n durch die Gesichtslinie. 228

durch die

Der (quere) Zangendurchmesser hat also zu stehen (in der Praxis sagt man kurz: „die Zange liegt") bei normaler Hinterhauptslage bei Hinterer Hinterhauptslage bei Yorderhauptslage (bei Stirnlage*) bei Gesichtslage

senkrecht zur Pfeilnaht, senkrecht zur Pfeilnaht, senkrecht zur Pfeilnaht, (senkrecht zur Stirnnaht), senkrecht zur Gesichtslinie.

Von dieser Regel, daß die Zange den Kopf stets quer fassen muß, gibt es für den Praktiker nur eine, allerdings sehr wichtige Ausnahme: die Zange bei tiefem Querstand (siehe S. 245). In diesem einen Falle wird die Zange s c h r ä g an den Kopf gelegt.

4. Regel: Hinhalten der Zange (Abb. 191) Bevor die Zange angelegt wird, hält man sie geschlossen vor die gelagerte Frau hin (Abb. 191), und zwar so, wie sie nachher am Kopf liegen soll. Dabei muß die linke Hand die rechte Hand

den linken Griff, den rechten Griff fassen

und die Zangenspitze stets auf die Leitstelle (Führungsstelle, führender Teil) gerichtet sein. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahme. *) Zangen bei Stirnlagen spielen für den Praktiker so gut wie gar keine Rolle. Erstens sind Stirnlagen sehr selten, und zweitens soll man in der Außenpraxis bei ihnen möglichst niemals eine Zange anlegen!

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Will man diese Regel praktisch anwenden, so muß man natürlich wissen, welche Stelle am Kopf bei den einzelnen Lagen die Leitstelle ist. Darauf werden wir später noch eingehend zu sprechen kommen. Hier nur das folgende: die Leitstelle bei den H i n t e r h a u p t s l a g e n ist die kleine F o n t a n e l l e , bei der Vorderhauptslage die große F o n t a n e l l e , bei der Stirnlage die Nasenwurzel oder kurz die Stirn, bei der Gesichtslage das Kinn. Die Spitze der Zange muß also gerichtet sein: bei normaler Hinterhauptslage bei Hinterer Hinterhauptslage bei Yorderhauptslage bei Stirnlage bei Gesichtslage

auf die kleine Fontanelle, auf die kleine Fontanelle bis Scheitelgegend, auf die große Fontanelle, auf die Nasenwurzel oder Stirn, auf das Kinn.

Die Beckenkrümmung der Zange ist entsprechend der Krümmung der Beckenführungslinie zu halten, also mit der Konkavität nach oben (Abb. 191). Auf das richtige H i n h a l t e n vor dem Anlegen muß g r ö ß t e r Wert gelegt werden. Welchen Vorteil es hat, wenn dabei verlangt wird, daß die linke Hand am linken und die rechte Hand am rechten Griff zu liegen hat, ergibt eich erst später beim Schrägstand des Kopfes.

Abb. 192. Einführen des ersten = linken Löffels

5. Regel: Schutz der Weichteile. Zum Schutz der mütterlichen Weichteile vor Verletzungen gehen vor Einführung der Zange mindestens zwei, am besten aber vier Finger (Finger 2—5 = 230

halbe Hand) in die Scheide ein. Die Finger müssen sich möglichst tief zwischen Kopf und Scheide einschieben. Der Daumen bleibt draußen und wird rechtwinklig abduziert gehalten (Abb. 192).

Bei Einführung des linken Löffels gehen die Finger der rechten Hand, bei Einführung des rechten Löffels gehen die Finger der linken Hand zum Schutz in die Scheide ein. Die schützende Hand darf auf keinen Fall die 231

Scheide verlassen, solange der Löffel noch gleitet! Sie darf erst dann entfernt werden, wenn der Löffel endgültig und richtig an seinem Platz liegt. 6. Regel: Einführen des ersten = linken Löffels (Abb. 192) Der zuerst einzuführende linke Löffel wird mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand am äußersten Ende des Griffes so gefaßt, „als wenn man ihn fallen lassen wollte", und dann senkrecht pendelnd vor die Vulva gehalten. Der abduzierte Daumen der rechten Hand setzt sich gegen die hintere Rippe des Löffels (Abb. 192) und läßt ihn ohne jede Gewalt, lediglich durch schiebenden Druck auf die Rippe, in die Scheide zwischen Kopf und schützender Innenhand hineingleiten. Die linke Hand am Griff hat den Löffel nur zart zu führen, und zwar so, daß er in der F ü h r u n g s l i n i e in das Becken hineingleitet. Das wird dadurch en-eicht, daß der Griff langsam gesenkt (nicht gestoßen!) und gleichzeitig in Richtung auf den rechten Oberschenkel der Mutter hin bewegt wird. Beim Einführen des Löffels darf niemals in irgendeiner Weise Gewalt angewandt werden. Zart wie eine Sonde muß man den Löffel gleiten lassen! Niemals den Löffel in die Scheide hineinpressen! Bei richtiger Führung muß der Löffel wie von selbst in die Scheide hineingleiten. 7. Regel: Einführen des zweiten = rechten Löffels (Abb. 194) Jetzt wird der rechte Löffel in entsprechender Weise über dem linken Löffel eingeführt. Senken des Griffs und Hinführen zum linken Oberschenkel der Mutter. 8. Regel: Schließen der Zange und Nachtasten (Abb. 195) Die beiden gekreuzt übereinanderliegenden und bis auf den Damm gesenkten Löffel werden mit leicht schiebenden Bewegungen geschlossen. Die Zange läßt sich nur dann schließen, wenn der rechte Löffel über dem linken Löffel liegt.

Schwierigkeiten beim Schließen der Zange: 1. Die Löffel werfen sich, das heißt sie stehen nicht in einer Ebene, sondern schräg zueinander. Abhilfe: Die Hände umfassen die Griffe und führen die Bewegung des „Brotbrechens" aus. 2. Der Stift kann nicht in den Ausschnitt gebracht werden, und zwar weil der eine Löffel höher steht als der andere. Abhilfe: Vorsichtiges Höherschieben des zu tief stehenden Löffels nach Eingehen der deckenden Hand in die Scheide. Mißlingt dies, so führt nur das Herausnehmen und Wiedereinlegen eines oder beider Löffel zum Ziel. 3. Die Zange kann nicht geschlossen werden, weil der rechte Löffel zuerst eingeführt wurde. Abhilfe: Abnehmen des rechten Löffels und Wiedereinführen über dem linken Löffel. 232

Abb. 195. Schließen der Zange

Abb. 196. Die richtig angelegte, geschlossene Zange. Die Griffe zeigen in die Richtung, in der gezogen werden muß

Nach dem Schließen der Zange muß sofort nachgetastet werden! Eine Hand hält die Zange, die andere geht in die Scheide ein und vergewissert sich, 1. ob die Zange dem Kopf richtig anliegt und 2. ob keine W e i c h t e i l e , insbesondere nicht die Z e r v i x oder Teile der Scheide oder der äußeren Genitalien, von der Zange mitgefaßt sind. Auf den sogenannten P r o b e z u g verzichtet die Stoeckelsche Schule. 233

Grundregeln für die Extraktion 1. Begel: Anfassen der Zange bei der Extraktion (Abb. 197) Die linke Hand umfaßt von oben her die Griffe, die rechte Hand legt sich mit dem 2. und 3. Finger über die Busch sehen Haken. Der Zeigefinger der linken Hand schiebt sich in den klaffenden Spalt zwischen die beiden Zangengriffe, um einen Überdruck auf den Kopf zu vermeiden. Wechsel dieser Händestellung s. S. 235, 2b. Bei Gesichtslage wird die Zange anders gefaßt (S. 288). 2. Begeh Zugrichtung bei der Extraktion Mit der Zange muß stets der natürliche Geburtsmechanismus nachgeahmt werden. Die genaue Kenntnis der Mechanik der betreffenden Geburt, insbesondere das vollständige Vertrautsein mit dem Austrittsmechanismus der betreffenden Kopflage, ist daher die wichtigste Voraussetzung für das richtige Handhaben der Zange. Im allgemeinen kann man folgende Regeln aufstellen: 1. Es wird zunächst in Richtung der Griffe gezogen! (Abb. 196 und 197). Es wird also in die Richtung gezogen, in die die Griffe nach richtigem Anlegen der Zange zeigen, und zwar so lange, bis die Leitstelle ( = führender Teil) in der Vulva sichtbar wird, das heißt also, bis bei normaler Hinterhauptslage die kleine Fontanelle, bei Hinterer Hinterhauptslage die kleine Fontanelle—Scheitelbei Vorderhauptslage die große Fontanelle, [gegend, bei Stirnlage die Stirn, bei Gesichtslage das Kinn in der Vulva erscheint.

Abb. 197. Fassen der Zange: Die linke Hand umfaßt von oben her die Griffe, die rechte Hand legt sich darüber und greift mit dem 2. und 3. Finger über die Buschschen Haken. In Abb. 197vergißt der Operateur aber, den Zeigefinger zwischen die Griffe zu stecken 1 234

2. Jetzt Stellungswechsel und a) Stellungswechsel=Linksum*) machen und zur Seite treten (Abb. 198). b) Handwechsel: Jetzt überläßt man die Zange der rechten Hand allein, die linke Hand muß frei sein, sie geht an den Damm, um den jetzt notwendigen Dammschutz auszuführen. Die rechte Hand faßt aber die Zange jetzt anders, nämlich quer, aber nicht an den Griffen, sondern quer über dem Schloß (Abb. 198), und zwar so, daß Zeigefinger und Daumen oberhalb, die Finger 3—5 unterhalb der Zughaken liegen. Grund: kleinerer Hebelarm, erwünschte geringere Kraftauswirkung. Dieser Wechsel der Hände ist jetzt erforderlich, weil in dem Augenblick, in dem die Leitstelle in der Vulva erscheint (s. o.) der Drehpunkt (Hypomochlion, Stemmpunkt) der betreffenden Kopflage am Symphysenunterrand an- Abb. 198. Stellungswechsel ( = links um gekommen ist, jetzt also die Rota- machen) und Handwechsel ( = die rechte Hand bleibt allein an der Zange, linke tion um die Symphyse herum und Hand an den Damm). Heben der Griffet damit auch bald der Dammschutz Nicht mehr ziehen! beginnen muß. Diese Drehpunkte sind: bei der normalen Hinterhauptslage: Nackenhaargrenze Hinteren Hinterhauptslage: große Fontanelle — Stirnhaargrenze Yorderhauptslage: Stirnhaargrenze (und etwas unterhalb) Stirnlage: meistens Oberkiefer Gesichtslage: Zungenbein. *) Die Schulregel lautet: Der Operateur tritt jetzt auf die Seite der Frau und zwar bei der I. Lage auf die rechte, bei der II. Lage auf die linke Seite der Frau. Da es m. E, praktisch ziemlich gleichgültig ist, auf welche Seite der Frau man tritt, lasse ich der Einfachheit halber immer „Links um machen". Damit der Instrumententisch bei Befolgung dieser Regel nicht stört, muß er stets auf der rechten Seite der Frau stehen.

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Besprochen wurde bisher nur der Drehpunkt der normalen Hinterhauptslage. Auf die anderen Drehpunkte, die hier nur der Übersicht halber zusammengestellt sind, wird später bei den einzelnen Lagen eingegangen.

Nach Stellungs- und Handwechsel wird überhaupt nicht mehr an der Zange gezogen, sondern sie wird nur noch gehoben: die rechte Hand hebt jetzt die Zangengriffe und bewegt sie ganz, ganz langsam und sehr vorsichtig auf einem Kreisbogen bis zur Senkrechten und noch darüber hinaus in Richtung auf den Bauch der Mutter (Abb. 198). Auf diese Weise wird der Kopf im Bogen um die Symphyse herumgeführt, also das Knie des Geburtskanals überwunden. Die Bewegung muß deswegen so langsam und vorsichtig ausgeführt werden, weil in diesen Augenblicken der Damm seine größte Anspannung aushalten muß. Das sind also die beiden Hauptbewegungen bei jeder Zangenoperation: 1. Ziehen in Richtung der Griffe, bis der jeweilige Drehpunkt am Symphysenunterrand angekommen ist. Kennzeichen hierfür: Leitstelle in der Vulva sichtbar. 2. Heben der Griffe, um den Kopf um die Symphyse herum rotieren lassen zu können.

Abb. 199. Abnehmen der Zangenlöffel

Ist der Kopf ganz geboren, so werden die Zangenlöffel abgenommen (Abb. 199). Anschließend folgt die Weiterentwicklung des Kindes wie bei der Spontangeburt (S. 152). 236

Zangenoperation II (Zange bei schrägstehendem Kopf) In einem schrägen Durchmesser wird der Kopf in BM oder (nicht selten) auch noch auf BB gefunden. Der Kopf steht entweder im I. schrägen Durchmesser (Pfeilnaht von links vorn nach rechts hinten, Abb. 200) oder im II. schrägen Durchmesser (Pfeilnaht von rechts vorn nach links hinten, Abb. 202). Auch in diesem Fall wird wie immer (abgesehen von einer Ausnahme: s. unten) die Zange quer an den Kopf gelegt. Die Löffel (genauer: ihr querer Durchmesser) kommen dadurch in einen schrägen Durchmesser des Beckens zu liegen, und zwar in den der Pfeilnaht entgegengesetzt schrägen Durchmesser. Es ist somit notwendig, den einen der beiden Zangenlöffel beim Anlegen nach seitlich vorn, den anderen in die entgegengesetzt liegende Kreuzbeinhöhlung zu bringen. Stets wird auch hier der l i n k e Löffel z u e r s t eingeführt.

1. Fall: Pfeilnaht im I. schrägen Durchmesser, kleine Fontanelle links vorn (Abb. 200) Hinhalten der geschlossenen Zange: die Spitze hat nach links vorn auf die kleine Fontanelle zu zeigen. Hält man die Zange im übrigen so hin, wie sie

Re Abb. 200. Pfeilnaht im I. schrägen Durchmesser, Zange wird im II. schrägen Durchmesser angelegt nachher am Kopf zu liegen hat, so sieht man, daß der eine Löffel nach links hinten und der andere nach rechts vorn zu liegen kommen muß. Welcher von den beiden Löffeln die eine oder andere Lage einnehmen muß, kann man ohne weiteres ablesen, wenn man die Zangengriffe richtig (S. 230) erfaßt: der nach links hinten kommende Löffel ist von der linken Hand gefaßt, 237

ist also der linke Löffel. Entsprechend ist der nach rechts vorn kommende Löffel der rechte Löffel. Diese Ü b e r l e g u n g ist p r a k t i s c h sehr w i c h t i g ! Auch der Erfahrene scheut sich nicht, sie anzustellen. Den nach h i n t e n kommenden Löffel — in diesem Fall ist es der l i n k e Löffel, der nach l i n k s hinten kommt — führt man ohne jede Schwierigkeit wie immer in die Scheide ein. Etwas Besonderes ist das Einführen des vorderen Löffels, in diesem Falle des rechten Löffels, der nach rechts vorn kommen muß (Abb. 200). Das Besondere dabei ist, daß man diesen Löffel nicht d i r e k t dorthin, wohin er gehört, nämlich nach vorn, einführen kann. Der schräg nach vom gehörende Löffel kann deswegen nicht an Ort und Stelle eingeführt werden, weil es da a n dem n o t w e n d i g e n P l a t z f e h l t . Das gilt sowohl für die rechte wie für die linke Seite: in beiden Fällen ist es der a b s t e i g e n d e S c h a m b e i n a s t , der den d i r e k t e n Weg n a c h v o r n v e r s p e r r t . In j e d e m Falle muß daher der Löffel, der vorn liegen soll, erst wie sonst nach der üblichen Technik hinten, also kreuzbeinhöhlenwärts, in die Scheide eingeführt und dann nach vorn gebracht werden. Dieses „Nachvornbringen" des Zangenlöffels nennt man das Wandernlassen" des Löffels. Wandern muß stets der Löffel, der nach vorn kommt! In unserem Falle muß also der r e c h t e Löffel wandern. Dazu wird er zunächst wie immer nach rechts hinten in die Kreuzbeinhöhle eingeführt. Sobald er richtig hinten im Weichteilrohr demKopf anliegt, wird die bisherige schreibfederartige Haltung des Griffes aufgegeben: der Griff wird von jetzt ab wie ein „Schläger" fest m die volle Hand genommen. Jetzt beginnt das Wandernlassen (Abb. 201), an dem beide Hände in gleichem Maße mitwirken. Die äußere Hand, in diesem Falle die rechte, senkt den Griff und führt den Löffel gleichzeitig derart herum, daß das Blatt unmittelbar am Kopf von rechts hinten nach rechts vorn verschoben wird (Abb. 201). Von größter Wichtigkeit ist dabei die dauernde Mitwirkung der inneren (in diesem Falle linken) Hand: Sie hat nicht nur wie sonst das Löffelblatt dauernd zu decken (damit es nicht zu schweren Weichteilverletzungen kommt), sondern sie muß auch das B l a t t des L ö f f e l s a k t i v von i n n e n her e r f a s s e n u n d es in b o g e n f ö r m i g e r B e w e g u n g am Kopf m i t nach v o r n b r i n g e n helfen. Dadurch wird die äußere Hand sehr wesentlich unterstützt. Wer die innere Hand nicht aktiv mitwirken läßt, macht sich das Wandernlassen unnötig schwerer. 238

Liegt der vordere Löffel richtig an seinem Platz, so wird die Zange geschlossen. Jetzt wird gründlich nachgetastet, ob die Zange richtig liegt und dann mit der Extraktion begonnen. Gezogen wird wie üblich dahin, wohin die Griffe zeigen. Beim Schrägstand des Kopfes muß aber nicht nur gezogen, sondern gleichzeitig auch gedreht werden, wohlgemerkt: gleichzeitig!

Niemals mit der Zange eine drehende Bewegung machen, ohne gleichzeitig zu ziehen!

Gedreht werden muß in jedem Falle so, daß die seitlich stehende kleine Fontanelle nach vorn kommt, in unserem Falle (Abb. 201) also entgegen dem Uhrzeigersinn. Dann weiter in der üblichen Technik. Zu den beiden Hauptbewegungen der Zangenoperation, die wir bisher gelernt haben (S. 236), dem Ziehen in Richtung der Griffe und dem Heben der Griffe, kommt jetzt also eine dritte Bewegung: das Ziehen mit gleichzeitigem Drehen. 239

2. Fall: Pfeilnaht im II. schrägen Durchmesser, kleine Fontanelle rechts vorn (Abb. 202) Anlegen der Zange im I. schrägen Durchmesser (Abb. 202): Linker Löffel kommt nach vorn links, rechter Löffel nach hinten rechts. Wandern muß also der linke Löffel (Abb. 203). Der linke Löffel wird wie immer auch hier zuerst eingelegt. Beim Ziehen muß gleichzeitig im Sinne des Uhrzeigers gedreht werden.

Abb. 202. Pfeilnaht im II. schrägen Durchmesser, Zange wird im I. schrägen Durchmesser angelegt

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Gefahren und Prognose der Zangenoperation Damit sind die ganz groben technischen Regeln der Zangenkunst ausgesprochen. Um sie zu lernen und zu üben, genügen wenige Stunden am Phantom. Ganz anders steht es mit der Zangenoperation in der Praxis. Ein Leben reicht nicht aus, um alle Feinheiten und geburtsmechanischen Möglichkeiten in diesem Kräftespiel zu ergründen und zum Vorteil für Mutter und Kind auszunutzen. Auch der erfahrenste Operateur kann nicht immer verhindern, daß bei der Zangenoperation Verletzungen entstehen. Es liegt im Wesen dieser Operation, daß nicht selten sogar bei einem Mindestaufwand an Kraft Verletzungen auftreten. Niemand kann mit der Zange die gegebenen Hindernisse derartig schonend umgehen wie die Natur beim normalen Geburtsablauf, auch wenn er noch so angepaßt elastisch zu arbeiten versteht. Die beiden großen Gefahren der Zangenoperation wie überhaupt jeder geburtshilflichen Operation sind die V e r l e t z u n g und die I n f e k t i o n .

Die Verletzung an sich ist ein wiedergutzumachender Schaden, wenn sie richtig erkannt und behandelt wird. Was viel wichtiger ist: die Verletzung als Eintrittspforte für krankmachende Keime erhöht in hohem Maße die Infektionsgefahr. Das gilt besonders für die bei Zangenoperationen häufig vorkommenden buchtenreichen GewebsZerreißungen. Die Verletzungen und damit die Infektionsgefahr werden um so größer sein, je weniger geübt die Hand des Operateurs und je schwieriger die Zange ist. Die Prognose für Mutter und Kind hängt bei der Zangenoperation vor allem anderen von der Erfahrung des Operateurs, von seinem Geschick und seiner Technik ab sowie besonders auch von seinen diagnostischen Fähigkeiten bezüglich des H ö h e n s t a n d e s des Kopfes, seiner H a l t u n g und E i n s t e l l u n g , der G r ö ß e des Mm, des Z u s t a n d e s d e r W e i c h t e i l e , und vor allem auch des B e f i n d e n s v o n M u t t e r u n d K i n d . Leider ist mit Worten keine Brücke zu schlagen zwischen dem erfahrenen, geschickten Operateur, der mit seinen technischen Fähigkeiten, seiner scharfen Beobachtungsgabe und klaren Kritik jede Situation beherrscht und dem geburtshilflichen Anfänger, dem dies alles noch fehlt. IG

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

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Immerhin mögen hier einige praktische Hinweise gegeben werden. Die erste wichtige Forderung ist diese: Keine Zangenoperation ohne genaueste vaginale Untersuchung. Hier schon wird viel gesündigt. Macht das Tasten der Pfeilnaht und der Fontanellen infolge großer Kopfgeschwulst Schwierigkeiten, so wird gern auf eine Diagnose verzichtet und die Zange auf „gut Glück" angelegt! Oder: In einem unklaren Fall, in dem eine Zange diskutiert wird, wehrt sich die Kreißende gegen die Untersuchung. Dann wird aus falschem Mitgefühl aufgegeben, anstatt die Untersuchung in Narkose auszuführen. Noch einmal: Ob eine indizierte Zange auch ausführbar ist, kann man erst nach genauester Kenntnis des Höhenstandes, der Haltung und Einstellung des Kopfes sowie der Größe des Mm beurteilen. Ohnedem ist eine Zangenoperation eine Unmöglichkeit: Die Diagnose muß vorher völlig Mar sein! Eine Zange machen heißt den n a t ü r l i c h e n G e b u r t s m e c h a n i s m u s nachahmen. Wie kann man das, wenn man sich keineswegs darüber klar ist, was überhaupt vorliegt: eine normale Hinterhauptslage, eine hintere Hinterhauptslage, eine Vorderhauptslage oder noch etwas anderes. Daraus folgt weiter, daß niemand sich an eine Zangenoperation heranwagen darf, der nicht mit dem Geburtsmechanismus (mindestens mit der Austrittsbewegung) aller nur möglichen Schädellagen bis in die Fingerspitzen vertraut ist (s. Zusammenstellung auf S. 292). Wer ζ. B. eine Vorderhauptslage wie eine normale Hinterhauptslage behandeln wollte, würde die allergrößten Schwierigkeiten bei der Entwicklung mit der Zange haben und vor allem mit Sicherheit größten Schaden anrichten. Die Prognose einer Zangenoperation wird durcli den Anfänger auch schon dadurch verschlechtert, daß er beim vaginalen Untersuchen infolge mangelnder Übung länger als ein E r f a h r e n e r mit der Hand im Genitalkanal bleibt und besonders auch dadurch, daß er mit der Hand eventuell mehrfach in die Scheide fahren muß, um die Zange richtig anlegen zu können. Beim Ziehen wird oft der Fehler gemacht, daß die linke Hand, die die Zangengriffe geschlossen hält, die Zange zu stark zudrückt, wodurch der empfindliche Kopf des Kindes schwer geschädigt werden kann. Druck ist unvermeidlich, sonst würde der Kopf nicht folgen können. Der Druck muß aber so gering wie möglich gehalten werden, ohne daß dabei die Zange abgleitet. Denn jeglicher Überdruck ist für das Kind lebensgefährlich (Tentoriumriß, intrakranielle Blutung, Schädelfraktur). Nach dem Schließen der Zange klafft bei normaler Kopfgröße und richtig angelegter Zange zwischen den Griffen ein mehr oder weniger weiter Spalt, den man beim Ziehen durch einen zwischen die Griffe gesteckten Finger oder durch ein eingelegtes Tuch offen erhalten muß. 242

Was den jungen Operateur weiter kennzeichnet, ist eine gewisse Hast und Unsicherheit in allen seinen Bewegungen im Gegensatz zum erfahrenen, der in größter Rahe und überlegener Gelassenheit operiert. Natürlich spielt dabei neben der Beherrschung der Technik und des Geburtsmechanismus auch die Selbstbeherrschung eine Rolle. Für den Zangenzug gilt: Größte Zartheit muß sich paaren mit gehemmter Kraft! Der P r a k t i k e r sollte in den ersten J a h r e n seiner T ä t i g k e i t nur Zangen aus BA und vom B B machen. Die Regeln, in welcher Richtung gezogen werden muß, liegen fest (s. o.). Darüber hinaus ist es Sache des Gefühls, die Richtung des geringsten Widerstandes herauszufinden, in die die Griffe gebracht werden müssen. Der Umfang der Gewebszerreißung mütterlicher Weichteile hängt im wesentlichen von der Art des Zuges ab. Jeder Zug ist langsam und in größter Buhe auszuführen! Vor allem: Nach jedem Zug eine Pause machen! Eine alte Forderung, die man selten erfüllt sieht: solange keine Veranlassung zu besonderer Eile (schlechte HT) vorliegt, wird im Tempo der Preßwehen gezogen! Dabei sind die Pausen besonders dringend erforderlich. Einmal, um die Dehnung der Weichteile natürlicher vor sich gehen zu lassen. Dann aber auch, um den Zangendruck auf den kindlichen Schädel zu mildern. In der Pause werden deshalb auch die Löffel im Schloß etwas auseinandergeschoben. Die langsamste Zange ist die beste! Solange die ΉΤ gut bleiben, behält man unter allen Umständen das langsame Tempo bei. Die HT müssen während der Operation dauernd kontrolliert werden! Ganz besonders l a n g s a m und vorsichtig muß man den Kopf beim Herumhebeln um die Symphyse also beim Ginschneiden und Durchschneiden, dirigieren (Abb. 198). Gute HT vorausgesetzt soll die Entwicklung über den Damm einige Minuten dauern. Dadurch wird auch der Dammschutz wesentlich erleichtert. Wer für den Mechanismus dieser Austrittsbewegung nicht genügend Gefühl mitbringt, begeht leicht Fehler: Nicht selten sieht man, daß die Zange zu stark abgebogen wird. Dadurch kommt das Torderhaupt aus seiner Bahn, es wird als Hebelarm gegen den Damm gedreht, wodurch es zum Dammriß kommen muß. Durch das gleiche zu starke Abbiegen der Zange beim Herumhebeln des Kopfes 16·

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um die Symphyse kommt es leicht zu stark blutenden Rissen der Klitoris, besonders dann, wenn man die Löffel gegen den Schambogenrand anstemmen läßt. Warnen möchte ich vor allem vor den sogenannten pendelnden Bewegungen nach links und rechts in der Horizontalen. Ein Erfahrener mag sich das schon einmal in geringem Grade erlauben, um bei einer schwierigen Zange, an die sich ein Anfänger gar nicht herantrauen sollte, die Reibung zwischen Kopf und Geburtskanal zu vermindern. Beim Anfänger muß ein solches Vorgehen mit Sicherheit zu weitgehenden Zerreißungen führen, besonders bei einem schon vorher durch langanhaltenden D r u c k geschädigten Gewebe. Die A u s f ü h r u n g einer Zange i s t zu einem g r o ß e n sache. Man muß ein f e i n e s G e f ü h l d a f ü r h a b e n , „wie h e r u m " der Kopf will. N u r d a n n m a c h t m a n w e n n m a n sich in j e d e r B e z i e h u n g n a c h dem u n d wenn m a n es endlich a u f g e g e b e n h a t , dem eigenen Willen a u f z w i n g e n zu wollen.

Teil G e f ü h l s „ w o h i n " oder gute Zangen, Kopf r i c h t e t Kopf seinen

Die hauptsächlichsten Verletzungen der Mutter sind Weichteilverletzungen: Dammrisse, Längsrisse im Scheidenrohr (besonders wenn der Kopf gedreht werden mußte), Risse der Klitoris, Zervixrisse (meist vom freien Rand der Zervix ausgehend), Einriß oder Abriß eines Levatorschenkels (auch bei unverletzter Scheidenwand). D a h e r : Nach jeder Zangenoperation ist die Scheide mit großen Spiegeln einzustellen und außerdem der äußere Muttermund rundherum durch Fassen mit Kugelzangen auf Einrisse abzusuchen! Kleinere Einrisse des Muttermundes (bis etwa zu 1 cm) brauchen nicht genäht zu werden. Nach hohen Zangen muß der Uterus ausgetastet werden, wenn man nicht einen hoch heraufgehenden Zervkriß oder eine Uterusruptur übersehen will. Vgl. hierzu die Grundsätze zur Austastung der Uterushöhle auf S. 606. Seltener sind Verletzungen der Blase (Blasenscheidenfistein) und des Mastd a r m e s (Mastdarmscheidenfisteln). Die häufigsten Zangenverletzungen des Kindes sind Abschürfungen der Haut, Quetschungen, Hämatome, Nervenlähmungen (besonders des N. facialis, gute Prognose), ferner Schädelfrakturen, die häufig mit Zerreißungen der Venensinus einhergehen. Zu den allerhäufigsten Verletzungen gehören die Tentoriumrisse, wobei es durch Zerreißung von Venen (besonders der V. cerebri) oder von Sinus (Sin. transversus, Sin. petrosus superior) zu Blutungen in der hinteren Schädelhöhle kommt (Tod durch Kompression der Medulla oblongata). 244

Noch ein wichtiger Hinweis, der oft nicht beachtet wird: Verhalten bei nicht durchführbarer Zangenoperation Wenn man einmal damit angefangen hat, eine Geburt durch Zange zu beenden, dann muß diese Geburt auf jeden Fall operativ beendet werden, und zwar in derselben Narkose. Wenn eine indizierte Zangenoperation begonnen worden ist und sich dabei herausstellt, daß sie aus irgend einem Grunde nicht durchführbar ist, so muß der Kopf anschließend sofort perforiert werden, vorausgesetzt, daß die Zange technisch überhaupt durchführbar war. Alle Entbindungsversuche, besonders wenn sie w i e d e r h o l t und über l ä n g e r e Zeit ausgeführt wurden, bringen eine stark erhöhte Infektionsgefährdung mit sich. Daher gilt: Nach einem vergeblichen Zangenversuch ist der Kopf ausnahmslos s o f o r t anschließend zu perforieren!

Tiefer Querstand Definition: unrichtig: tiefer Querstand liegt vor, wenn die Pfeilnaht des auf dem Beckenboden stehenden Kopfes vollkommen quer verläuft. richtig:

wie oben, aber mit dem Zusatz:..., und dieserZustand längere Zeit besteht, so daß hierdurch die Geburt verzögert wird.

Bei tiefem Querstand ist aus irgendeinem Grunde die Drehung der Pfeilnaht aus dem queren über einen schrägen in den geraden Dm ausgeblieben. Auf dem Beckenboden, wo der Kopf meist schon seine innere Drehung vollendet hat, also im geraden Dm des Beckens steht, finden wir die Pfeilnaht noch genau im queren Dm verlaufend, also in der gleichen Stellung wie im Beckeneingang. Dabei ist aber zu bedenken, daß auch bei völlig normal verlaufender Geburt der Kopf nicht selten mit quergestellter Pfeilnaht auf dem Beckenboden ankommt und sich erst jetzt — auf dem Beckenboden — diese Drehung in den geraden Dm vollzieht. Die Regelwidrigkeit der Einstellung, die der Begriff „tiefer Querstand" enthält, kommt also nur dann richtig zum Ausdruck, wenn man in die Definition die durch den Querstand bedingte Verzögerung der Geburt hineinbringt. Einteilung: man unterscheidet den I. oder linken tiefen Querstand (Abb. 204) und den II. oder rechten tiefen Querstand (Abb. 205). 245

I. oder linker tiefer Querstand = kleine Fontanelle (und damit der Rücken) links, II. oder rechter tiefer Querstand = kleine Fontanelle (und damit der Rücken) rechts.

Re

Li Abb. 204.

I. oder linker tiefer Querstand

Li

Re Abb. 205. II. oder rechter tiefer Querstand

Häufigkeit: 1,5—1,9% aller Schädellagen (Küstner, Jaschke, Martius). Folge des tiefen Querstandes: Geburtsstillstand auf BB. Bei Geburtsstillstand auf Beckenboden muß stets innerlich, zunächst immer rektal, untersucht werden. Kommt es in der Austreibungsperiode zum Geburtsstillstand, so muß rektal untersucht werden, gleichgültig, ob die Wehen gut sind oder ob Wehenschwäche vorliegt!

246

Rektaler Befand: Mm vollständig, Spinae nicht mehr zu tasten. Man kommt mit dem Finger nicht mehr zwischen Kopf und Beckenboden, also: Kopf auf BB; die Pfeilnaht verläuft vollkommen quer, kleine Fontanelle links, große Fontanelle rechts, fast in gleicher Höhe (Abb. 204). Diagnose: I. (oder linker) tiefer Querstand. Wir sehen: beim tiefen Querstand kann man sowohl die kleine als auch die große Fontanelle tasten. Daraus geht klar hervor, daß nicht nur ein Querstand der Pfeilnaht, sondern auch eine leichte Streckhaltung des Kopfes vorliegt: es fehlt die normalerweise vorhandene Beugung des Kopfes! Ein charakteristischer Befund bei tiefem Querstand. Es liegt also nicht nur eine Regelwidrigkeit der Einstellung (Querverlaufen der Pfeilnaht), sondern auch meist eine solche der Haltung des Kopfes vor (leichte Streckhaltung an Stelle der regelrechten Beugehaltung des Kopfes). Gerade das Ausbleiben der Beugung des Kopfes ist sicher ein Hauptgrund, weshalb er seine innere Drehung nicht vollziehen kann. Der Kopf dreht sich nicht, weil er sich nicht beugt (Martius). Vgl. Ätiologie.

Es ist diagnostisch wichtig, sich über die Herztöne beim tiefen Querstand folgendes zu merken: Steht der Kopf in n o r m a l e r Stellung und Haltung auf BB, so hört man die HT am l a u t e s t e n in der M i t t e u n m i t t e l b a r ü b e r d e r S y m p h y s e . Anders beim tiefen Querstand: Beim tiefen Querstand hört man die HT mehr nach links bzw. nach rechts außen verschoben, weil der Rücken des Kindes noch immer einer seitlichen und nicht der vorderen Uteruswand anliegt. Bedeutung: Tiefer Querstand = Geburtsunmöglichkeit! Spontangeburt ist nicht möglich, solange der t i e f e Q u e r s t a n d b e s t e h e n b l e i b t . Zur Spontangeburt kann es erst kommen, wenn der Kopf seine innere Drehung in den geraden oder mindestens in einen schrägen Dm durchgemacht hat. Ganz seltene Ausnahmen bestätigen diese Regel.

Abb. 206. Tiefer Querstand = Geburtsunmöglichkeit! Der Kopf liegt quer zum längs verlaufenden Weichteilspalt

247

Spontangeburt ist deswegen nicht möglich, weil der Kopf quer zum l ä n g s verlaufenden Weichteilspalt des BA liegt (Abb. 206). Der Effekt der Wehen besteht lediglich darin, daß der Kopf gegen die Schambeinäste und die längsgestellte Bulbokavernosusschlinge wie gegen eine Barriere gedrückt wird. Ätiologie: Das Ausbleiben der inneren Drehung findet sich häufig bei kleinen and rundlichen Köpfen, besonders dann, wenn die Weichteile des BB schlaff sind und der Schädel beim Tieferrücken nur „wenig Gegendruck" (Bumm) erfährt. Im Gegensatz hierzu kann auch ein sehr großer Kopf an der inneren Drehung gehindert werden, weil er auf zuviel Gegendruck (zu große Reibung) von selten der umgebenden Weichteile und des knöchernen Beckens stößt. Eine der Hauptursachen des tiefen Querstandes ist sicherlich die sekundäre Wehenschwäche = Ermüdungswehenschwäche. Bis zum BB hat die vielleicht nur mäßig entwickelte Uterusmuskulatur den Kopf heruntergetrieben. Jetzt, wo die kräftigen Austreibungswehen einsetzen sollen, die auch den Kopf vielleicht noch drehen würden, versagt die durch die Eröffnung schon überanstrengte Kreißende: die Drehung des Hinterhauptes bleibt aus, die Pfeilnaht bleibt quer auf dem BB stehen. Von besonderer ätiologischer Bedeutung ist die Beckenform. Häufig beobachtet man den tiefen Querstand bei platt-rachitischen Becken. Um die hierbei vorhandene Geradverengung des BE leichter passieren zu können, nimmt der im BE quer stehende Kopf nicht die normale Beugehaltung an, sondern er senkt das schmale Vorderhaupt mit der großen Fontanelle in den Engpaß des BE hinein (S. 558), d. h. der quer stehende Kopf nimmt eine Streckhaltung an. Ist der BE, die einzige Verengung des platt-rachitischen Beckens, einmal überwunden, so „fällt" der Kopf gewissermaßen durch das sonst übernormal geräumige Becken und zwar so schnell, daß er die im BE einmal angenommene Stellung und Haltung unverändert beibehält und auf dem BB in g e n a u derselben S t e l l u n g u n d H a l t u n g a n k o m m t , in der er sich in den vere n g t e n BE e i n g e s t e l l t hatte, d.h. in querer Stellung mit Streckhaltung, wie sie eben für den tiefen Querstand charakteristisch ist. — Merke: Tritt beim platt-rachitischen Becken Geburtsverzögerung oder -stillstand auf BB ein, so ist stets an tiefen Querstand zu denken! Bei dem nicht häufigen Trichterbecken ( = virilem Becken) erschwert die charakteristische Querverengung im BA die innere Drehung des Kopfes auf dem BB.

Behandlung des tiefen Querstandes Leider gilt hier der Satz: Bei tiefem Querstand wird viel zu oft und außerdem meist zu früh eingegriffen. Die Methode der Wahl ist unter allen Um248

ständen zunächst die abwartende Behandlung, vorausgesetzt, daß es Mutter und Kind gut geht. Der tiefe Querstand als solcher kann niemals eine Indikation zur Zangenoperation abgeben! 1. Konservative Behandlung: Therapeutische Lagerung der Kreißenden! Auch wenn der Kopf wie bei tiefem Querstand schon auf BB steht, kann man durch Lagerung, d. h. durch Bewegung der Fruchtachse, die Einstellung des Kopfes noch wirkungsvoll beeinflussen. Auch hier gilt die Allgemeine Lagerungsregel: Man lagert die Kreißende auf die Seite, und zwar stets auf die Seite, auf der derjenige Teil des Kopfes liegt, der die Führung übernehmen soll, der also tiefer treten und nach vorn rotieren soll. Vorangehen soll hier das Hinterhaupt mit der kleinen Fontanelle; also ist zu lagern bei I. oder linkem tiefen Querstand: auf die linke Seite, bei Π. oder rechtem tiefen Querstand: auf die rechte Seite. Oder kurz: Bei tiefem Querstand ist stets auf die Seite des Hinterhauptes zu lagern! Wirkungsweise der Lagerung: Angenommen: linker tiefer Querstand. Lagerung also auf die linke Seite. Der Uterus sinkt der Schwere nach mit dem Fundus nach links hinüber. Der Druck der Fruchtachse wirkt dann von oben links schräg nach unten rechts. Dadurch wird der Kopf mit dem Vorderhaupt gegen die rechte Beckenwand gedrängt, d. h. das Hinterhaupt mit der kleinen Fontanelle entfernt sich etwas von der linken Beckenwand, es wird beweglich, kann dem Drucke folgen und tiefer treten. (Am einfachsten ist zu merken: der Kopf macht stets die Bewegung des Steißes im entgegengesetzten Sinn mit, wobei eine Art Drehpunkt in der Gegend des Halses anzunehmen ist.) Der Kopf nimmt beim Tiefertreten Beugehaltung an und kann nun (s. Ätiologie) bei genügender Wehenkraft die innere Drehung nachholen. Bei der häufig gleichzeitig bestehenden Wehenschwäche ist nach den dafür geltenden Grundsätzen zu handeln (s. S. 187). Allgemein anerkannt ist heute die Regel: 249

Sind nach Seitenlagerung und bei guten Wehen 2 Stunden vergangen, ohne daß der Kopf sich gedreht hat, so wird mit der Zange entbunden. 2. Zangenentbindung. Das Anlegen der Zange beim tiefen Querstand bereitet dem Anfänger aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten. Biparietal kann die Zange nicht angelegt werden, da es 1. technisch nicht geht (man kann den vorderen Löffel nicht bis unter die Symphyse wandern lassen) und da 2. die Beckenkrümmung der Zange dann im rechten Winkel zur Krümmung der Beckenachse liegen würde. (Das gilt allerdings alles nur für die Naegelezange.) Die Zange so anzulegen, wie sie ins Becken gehört, also in den queren Durchmesser, ist ebenfalls unmöglich, da sie dann über Gesicht und Hinterhaupt liegen würde. Um den Kopf bei tiefem Querstand zu fassen, kann man die Zange nur schräg an den Kopf und schräg ins Becken legen. Am besten verfährt man dabei nach der Stoeckelschen Vorschrift: beim I. tiefen Querstand nimmt man an, daß die Pfeilnaht schon im I. schrägen Dm steht (was sie in Wirklichkeit nicht tut) und legt die I

Zange im Π. schrägen Dm an (Abb. 207), beim Π. tiefen Querstand nimmt man an, daß die Pfeilnaht schon im Π. schrägen Dm steht und legt die Zange im I. schrägen Dm an (Abb. 208). Ausführung der Zange I. tiefer Querstand: Mm vollständig erweitert, Kopf auf BB, Pfeilnaht im queren Dm, kleine Fontanelle links, große Fontanelle rechts (Abb. 207). Der Kopf muß entgegen dem Uhrzeigersinn so gedreht werden, daß die kleine Fontanelle nach vom kommt. Die Zange wird so angelegt, als ob die Pfeilnaht schon im I. schrägen Dm stände, sie kommt also in den II. schrägen Dm (Abb. 207). Der linke Löffel wird, wie immer, zuerst, und zwar nach links hinten, eingeführt, der rechte Löffel, der nach rechts vorn kommt, muß wandern, er wird zunächst rechts hinten eingeführt und dann nach seitlich vorn herumgeführt. Schließen der Zange und Nachtasten. Zug in Kichtung der Griffe und gleichzeitiges Drehen entgegen dem Uhrzeigersinn, bis die Pfeilnaht im geraden Dm steht. Dann weiter mit der üblichen Technik. Beim tiefen Querstand wird also der Kopf ausnahmsweise nicht biparietal, sondern etwas schräg gefaßt. Oft ändert sich aber die Situation schon beim Schließen der 250

Zange, indem der Kopf sich dabei innerhalb der Zangenlöffel in den I. schrägen Dm hinein dreht, so daß die Zange schon biparietal liegt, bevor die Extraktion begonnen wurde. Die Zangenoperation beim tiefen Querstand ist in technischer Hinsicht also ein Sonderfall der Zange am schrägstehenden Kopf (s. Zange II, S. 237). Nur ist beim tiefen Querstand zu empfehlen, den vorderen Löffel möglichst weit nach vorn und den hinteren Löffel möglichst weit nach hinten zu bringen (Stoeckel), so daß die Zange zwischen dem schrägen und dem geraden Dm liegt. II. Tiefer Querstand: Befund wie oben, mit dem Unterschied, daß hier die kleine Fontanelle rechts und die große links steht (Abb. 208).

Abb. 207. Anlegen der Zange beim I. tiefen Querstand, die Zange kommt in den II. schrägen Dm Abb. 208. Anlegen der Zange beim II. tiefen Querstand, die Zange kommt in den L schrägen Dm

Abb. 209. Anlegen der Zange beim II. tiefen Querstand

Um die kleine Fontanelle nach vorn zu bringen, muß in diesem Falle der Kopf im Uhrzeigersinn gedreht werden. Die Zange wird so angelegt, als ob die Pfeilnaht schon im II. schrägen Dm stände, sie kommt also in den I. schrägen Dm (Abb. 208 u. 209). Der linke Löffel, der nach links vorn kommt und wandern muß, wird zuerst angelegt und möglichst weit nach vom gebracht. Danach Anlegen des rechten Löffels möglichst weit nach rechts hinten. Schließen der Zange, Zug und gleichzeitige Drehung im Uhrzeigersinn usw. 251

Alte Praktiker legen gern beim rechten tiefen Querstand entgegen der Schulregel nicht den linken, sondern den rechten Löffel zuerst ein. Dadurch hat man den Vorteil, daß der Kopf schon durch das Einlegen dieses Löffels etwas in den 2. schrägen Dm gedreht wird. Nachteil: Schwierigkeiten beim Einführen und Wandernlassen des linken Löffels sowie beim Schließen der Löffel.

Hoher Geradstand Definition: Regelwidrigkeit, bei der der Kopf im Beckeneingang mit der Pfeilnaht im geraden Durchmesser anstatt im queren oder schrägen Durchmesser getastet "wird. Der hohe Geradstand ist mechanisch gesehen das Gegenstück zum tiefen Querstand. Gegenüber dem hohen Geradstand, der regelwidrig ist, ist der t i e f e Geradstand p h y s i o l o g i s c h ; er stellt eine Phase der n o r m a l e n Geburt dar.

Einteilung: Man unterscheidet 2 Formen :

vorn

hinten Abb. 210. Vorderer hoher Geradstand = Positio occipitalis anterior (pubica) (Tastbefund)

Positio occipitalis anterior ( = pubica)

= das Hinterhaupt ist nach vorn (schäm beinwärts) gerichtet (Abb. 210) = vorderer hoher Geradstand,

Positio occipitalis posterior ( = sacralis) = das Hinterhaupt ist nach hinten (kreuzbeinwärts) gerichtet (Abb. 211) = hinterer hoher Geradstand (ungünstiger). 252

Häufigkeit: P a n k o w gibt 4 auf 1000 Geburten, Z a n g e m e i s t e r 1 au! 300 Geburten an. Nach meiner eigenen Erfahrung ist der hohe Geradstand viel häufiger, jedenfalls als vorübergehende Anomalie. Ursachen: allgemeinverengtes Becken (rundliche Form des B E ) und damit fehlender Zwang zur Quer- oder Schrägeinstellung (Martius); platt-rachitisches Becken. (Springt bei hochstehendem Kopf die Blase gerade dann, wenn die Pfeilnaht im Längsdurchmesser steht, so setzt sich das Vorderhaupt bzw. das Okziput auf das vorspringende Promontorium in gleicher Stellung fest auf.) K o b e r t s c h e s Becken = querverengtes Becken (sehr selten), kleiner Kopf. (Hier bedeutet der hohe Geradstand eine Formübereinstimmung) ;

Bei hohem Geradstand sofort an • enges Becken denken!

brachyzephale Kopfform ( = Kurzkopf) ( M a r t i u s , L o r k ) .

vorn

hinten Abb. 211. Hinterer hoher Geradstand = Positio occipitalis posterior (sacralis) (Tastbefund) Diagnose: Sie ergibt sich aus dem Tastbefund bei innerer (rektaler oder vaginaler) Untersuchung (s. Abb. 210 u. 211). Verlauf und Prognose: Der hohe Geradstand ist eine regelwidrige Kopfeinstellung, die eine Geburtsunmöglichkeit darstellt, wenn sie sich nicht spontan ändert oder durch Eingriff geändert wird. Bei den von mir beobachteten Fällen kam es in der H ä l f t e zur Spontangeburt, wobei die Pfeilnaht während des ganzen Geburtsverlaufs nur vorübergehend mit leichten Zickzackbewegungen um das Promontorium herum aus dem geraden Dm des Beckens hinaus-

253

ging, praktisch also alle Etagen des Geburtskanals fast im geraden Dm passierte. — Die Geburtsdauer ist stets v e r l ä n g e r t , da eine erhebliche Konfiguration des Schädels erforderlich ist. Ist der hohe Geradstand durch ein enges Becken bedingt, so ist die Spontangeburt sehr in Frage gestellt. Es kommt in den meisten Fällen zum Geburtsstillstand mit der Gefahr der TJterusruptur, wenn nicht frühzeitig eingegriffen, d. h. durch abdominale Schnittentbindung entbunden wird.

Behandlung des hohen Geradstandes Der Praktiker hat jeden Fall von hohem Geradstand der Klinik zu überweisen! Nur wenn keine Klinik zu erreichen ist, kommt eine Behandlung in der Außenpraxis in Frage. Sie ist deswegen so schwierig, weil hier nur auf vaginalem Wege entbunden werden kann, andererseits aber beim hohen Geradstand in einer hohen Prozentzahl der Fälle ein enges Becken vorliegt. Kommt man zu dem Ergebnis, daß das Becken für den Durchtritt des Kopfes nicht zu eng ist, so führt man — bei erfüllten Vorbedingungen — bei Mehrgebärenden die Wendung aus Kopflage mit anschließender Extraktion (Voraussetzung: vollständiger Mm) aus. Vorher kann man die Walchersche Hängelage (S. 579) im Verein mit dem Knebeln (S. 589) und der Hofmeierschen Impression (S. 580) versuchen. Letztere ist bei fettleibigen Kreißenden schwierig und kann dann gut durch Kristellern (S. 150) ersetzt werden. Bei Erstgebärenden sei man mit dem Entschluß zur Wendung und Extraktion zurückhaltend, da diese wegen der nicht vorbereiteten Weichteile meist sehr schwierig sind. Allgemein gilt: Möglichst keine Wendung und Extraktion bei Erstgebärenden! Hier empfiehlt es sich, bei vollständigem Mm den Versuch zu machen, den beweglich über oder im BE stehenden Kopf mit dem sogenannten Kegelkugelhandgriff (W. Liepmann) aus dem geraden in einen schrägen oder wenn möglich bis in den queren Dm zu drehen: Man geht mit der ganzen Hand in die Scheide ein, umfaßt den Kopf so gut wie möglich und dreht ihn nach links oder rechts in Richtung auf denjenigen schrägen Dm, in den sich der Kopf am leichtesten drehen läßt. Hat man den Kopf bis in den queren oder nahezu in den queren Dm gebracht, so läßt man von außen durch kräftigen Druck den Kopf ins Becken hineindrücken. Wehenmittel (wenn nötig) und abwarten. 254

Bei zu großem Mißverhältnis muß man sich in der Außenpraxis zur Perforation entschließen. — Die Behandlung in der Klinik besteht bei Erstgebärenden in der abdominalen Schnittentbindung, nachdem man nach Blasensprung mit genügender Geduld abgewartet hat, ob der Kopf bei guten Wehen nicht doch noch eintritt. Auch bei Mehrgebärenden kommt allein die abdominale Schnittentbindung in Frage, sofern ein Mißverhältnis Kopf-Becken vorliegt. Ist das nicht der Fall, so kann man bei Mehrgebärenden — erfüllte Vorbedingungen vorausgesetzt — die Wendung aus Kopflage mit anschließender Extraktion ausführen, unter Umständen nach vorausgegangener Hysterotomia anterior. Steht der Kopf schon fest im Becken, so käme auch ausnahmsweise ein hoher Zangenversuch mit der Kjelland-Zange in Frage, mit der man die Zickzackbewegung um das Promontorium herum gut nachahmen kann.

Hintere Hinterhauptslage (

HiHHL)

Definition: Eine hintere oder dorsoposteriore Hinterhauptslage (HiHHL) liegt vor, wenn der Rücken des Kindes nach hinten gerichtet ist ( = Iboder Ilb-Lage) und der Kopf sich in normaler Hinterhauptshaltung (also Kinn auf der Brust) befindet. Bei der HiHHL führt also genau wie bei der regelrechten HHL das H i n t e r h a u p t ( = tiefster Punkt des Kopfes), dieses steht aber hinten, zum Kreuzbein hin, während die Stirn gegen die Schoßfuge gerichtet ist. — Die Hintere Hinterhauptslage ist eine reine Stellungsanomalie (vgl. S. 268). Häufigkeit: Etwa 0,5—1% aller Schädellagen. Untersuchungsbefund, Diagnose: Die Veranlassung zur inneren Untersuchung (stets r e k t a l , nur in besonderen Fällen vaginal) ist meist der Geburtsstillstand bei Kopf auf BB (S. 202), manchmal allerdings auch schon bei Kopf

Li

Abb. 212. Erste oder linke HiHHL (Tastbefund) 255

in BM. Der Finger sucht zunächst die P f e i l n a h t , die in einem schrägen oder im geraden Dm steht. Tastet man sich nun entlang der Pfeilnaht nach vorn, um dort die kleine Fontanelle zu finden, so fühlt man — meist zur Überraschung des Untersuchers — dort an Stelle der kleinen die große Fontanelle, und zwar vorn links oder vorn rechts oder in der Mitte unter der Symphyse. Die kleine Fontanelle findet sich hinten (kreuzbeinwärts, Abb. 212 u. 213) und zwar

Re

Abb. 213. Zweite oder rechte HiHHL (Tastbefund)

hinten links, hinten rechts oder hinten in der Mitte. Die h i n t e n liegende kleine Fontanelle ist meist schwer zu palpieren, da sich hier in der Gegend des Hinterhauptes die Kopfgeschwulst ausbildet. Der Befund der HiHHL ist überhaupt durchaus nicht immer leicht zu erheben, besonders der flüchtige Untersucher wird leicht getäuscht. Er fühlt die Pfeilnaht ζ. B. im I. schrägen Dm und denkt zunächst an eine regelrechte linke HHL. Er tastet sich auf der Pfeilnaht nach vorn und findet dort eine Y-förmige Gabelung, die man für die kleine Fontanelle halten kann. Tastet man aber genauer, so fühlt man in dem V keine derbe Knochenplatte, wie das bei der kleinen Fontanelle zu erwarten wäre, sondern eine Vertiefung mit weichem Grund. Es h a n d e l t sich also w a h r s c h e i n l i c h um den h i n t e r e n Winkel der r a u t e n f ö r m i g e n großen F o n t a n e l l e . Die sicherste und am schnellsten zum Ziele führende Methode zur Erkennung und Unterscheidung der beiden Fontanellen wurde auf S. 79 beschrieben und ist dort nachzulesen! Häufig ist bei der HiHHL der Kopf so stark gebeugt, daß man an die große Fontanelle überhaupt nicht herankommt. In der Führungslinie liegt als Leitstelle entweder die kleine Fontanelle oder die Gegend zwischen großer und kleiner Fontanelle, der Scheitel. 256

Erfahrungsgemäß ist die I. (oder linke) H i H H L weitaus h ä u f i g e r als die II. (oder rechte) H i H H L . Merke besonders: HiHHL mit Pfeilnaht im I. schrägen Dm = II. HiHHL HiHHL mit Pfeilnaht im Π. schrägen Dm = I. HiHHL Erklärung: Wie bei allen dorsoposterioren Lagen steht auch bei der HiHHL die kleine Fontanelle bei schräg verlaufender Pfeilnaht entweder links oder rechts hinten. Die Stellung der kleinen Fontanelle entspricht aber stets der des Bückens. Also ζ. B.: HiHHL mit Pfeilnaht im I. schrägen Dm ( = von links vorn nach rechts hinten verlaufend): dann muß die kleine Fontanelle und d a m i t auch der Rücken r e c h t s hinten stehen. Somit handelt es sich also bei Pfeilnaht im I. schrägen Dm um eine II. HiHHL. Geburtsverlauf: Die HiHHL ist, wie der Name sagt, eine dorsoposteriore oder b-Lage. Es ergeben sich zwei Möglichkeiten für den Geburtsverlauf:

1. Möglichkeit: das Hinterhaupt dreht sich nach vorn Bis zum BB bleibt das Hinterhaupt meist noch nach hinten gerichtet. Auf BB vollzieht sich dann die entscheidende Drehung nach vom. Bei einer II. HiHHL ζ. B. würde die Pfeilnaht aus dem I. schrägen über den queren und den II. schrägen in den geraden Dm, also um 135° gedreht (Abb. 214). Der weitere Verlauf, d.h. die Austrittsbewegung erfolgt dann genau so wie bei der regelr e c h t e n , also der vorderen HHL, nämlich durch Streckung des Kopfes (S. 116). Nach Dawson (415 Fälle!) findet diese Rotation des Hinterhauptes nach vorn in 50% der Fälle statt. Erste Möglichkeit: Drehung um 135° nach vorr,

Ζ Drehung um 45° nach hinten Abb. 214. Die beiden Möglichkeiten des Geburtsverlaufs bei der HiHHL 17 P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

Abb. 215. Verstärkung der Beugunjβ beim Austritt des Kopfes

257

2. Möglichkeit: das Hinterhaupt dreht sich nicht nach vorn, es bleibt hinten Auf dem BB dreht sich die Pfeilnaht in diesem Falle aus dem schrägen Dm mit der kleinen Fontanelle nach hinten in den geraden Dm, der "Weg beträgt hier also nur 45° (Abb. 214). Beim Beginn der Austrittsbewegung steht der gebeugte Kopf mit der Pfeilnaht ganz oder fast im geraden Dm, die kleine Fontanelle hinten, die große Fontanelle vorn. Der Austritt, die Überwindung des Knies des Geburtskanals muß hier ganz anders wie bei der 1. Möglichkeit vor sich gehen, er kann hier zunächst nur durch Beugung erfolgen; da der Kopf schon gebeugt auf BB steht, muß die normale Beugung noch verstärkt werden (Abb. 215), wobei das Kinn mit äußerster Kraft in die Brustbeingegend hineingepreßt wird. Die Form des Geburtskanals ist es, die dem Kopf diese ganz besondere Zwangshaltung aufdrängt. Die zur Erreichung dieser Zwangshaltung aufzuwendende Kraft erscheint als wesentlich verstärkte Reibung zwischen der Weichteilwand des Geburtskanals und dorn Schädel. Der stark erhöhte Reibungswiderstand zwischen Kopf und Weichteilen verlängert die Austreibungsperiode sehr erheblich, wodurch besonders das Kind in Gefahr gebracht wird (vgl. S. 203). Warum diese zur Überwindung des Knies des Geburtskanals notwendige verstärkte Beugung eine starke Zwangshaltung darstellt, erklärt sich am einfachsten mit den von S e l l h e i m geprägten Begriffen vomBiegungsdiiiizillimum ( = Richtung der schwere ten Verbiegbarkeit = Richtung der stärksten Gewebsanspannung) undBiegungsfazillimum ( = Richtung der l e i c h t e s t e n Verbiegbarkeit = der geringsten Gewebsanspannung). Jedem Teil des Kindes kommt ein ihm eigenes Fazillimum und Diffizillimum der Abbiegung zu. Die Halswirbelsäule, um die es sich hier handelt, hat ihr Biegungsdiffizillimum nach vom und ihr Biegungsfazillimum nach hinten, das heißt der Hals läßt sich schwerer nach vorn als nach hinten abbiegen. Je mehr man aber den Kopf in Richtung des Biegungsdiffizillimums bewegen muß, um so größer ist die dazu erforderliche Kraft, andererseits aber auch die Spannung ( = Gegenkraft), mit der der Kopf aus dieser gezwungenen Haltung, dieser Ζ w a n g s h a l t u n g , in eine ungezwungene Haltung zurück strebt.

Abbiegung des Kopfes in der Richtung des Biegungsdiffizillimums = Abbiegung gegen eine starke Spannung! Dadurch wird von Seiten des Kopfes eine Gegenkraft erzeugt, die sich im Geburtskanal als erhöhte Reibung auswirkt. Der Austritt des Kopfes (Abb. 216) kann nur so vor sich gehen, daß er weit über das normale Maß hinaus gebeugt wird (Pfeil 1 in Abb. 216). In dieser Haltung wird zunächst das Hinterhaupt über den Damm geboren. Hypomochlion ist dabei die Gegend der großen Fontanelle, die sich gegen den unteren Rand der Symphyse stemmt. Ist das Hinterhaupt bis zum Nacken frei entwickelt, so hört der Zwang zur Beugehaltung des Kopfes vollkommen auf; der Kopf 258

geht ans der Beugehaltung in eine leichte Streckhaltung (Pfeil 2 in Abb. 216) über, wodurch nun auch Vorderhaupt, Stirn und Gesicht unter der Symphyse her (also Gesicht zur Schamfuge gerichtet) geboren werden. Das Durchtrittsplanum ist genau dasselbe wie bei der regelrechten HHL, nämlich das PI. suboccipito-bregmaticum = 32 cm Umfang.

1 = stärkste Beugung

2 = leichte Streckung

Der Austritt des Kopies e r f o l g t also d u r c h zwei v e r s c h i e d e n e , e n t g e g e n g e s e t z t e B e w e g u n g e n , der Kopf macht (Abb. 2X6) 1. eine Beugung ( = hochgradige Verstärkung der vorhandenen [normalen] Beugehaltung) und 2. eine Streckung. Zusammenfassung:

Hintere Hinterhauptslage (HiHHL) Leitstelle: Kleine Fontanelle bis Scheitelgegend Drehpunkt: Gegend der großen Fontanelle bis Stirnhaargrenze Kopfaustritt: erst stärkste Beugung, dann leichte Streckung (bei 2. Möglichkeit des Geburts Verlaufs)

Größte Durchtrittsebene: Planum suboccipito-bregmaticum, Umfang = 32 cm

Besonderheiten: obwohl das Durchtrittsplanum bei der HiHHL genau dasselbe ist wie bei der regelrechten HHL (32 cm), weiß jeder Erfahrene: i7*

259

Die Austreibungsperiode bei der HiHHL ist stets beträchtlich verlängert, wenn es sich um ein normal großes Kind handelt. Das hat 3 Gründe: 1. Der Hauptgrund ist die maximale Zwangsbeugehaltung, in die der Kopf gebracht werden muß, um das Knie des Geburtskanals zu überwinden, also um überhaupt austreten zu können. Diese Zwangshaltung wirkt sich als erhöhte Reibung zwischen Kopf und Weichteilrohr aus und diese starke Reibung ist es in erster Linie, die die Austreibungsperiode so erschwert. 2. Nicht das schmale Vorderhaupt wie bei der regelrechten HHL, sondern das breite Hinterhaupt muß über den Damm geboren werden. Die Folge ist eine weitaus größere Anspannung und Auswalzung des Dammes in der Querrichtung = stark vermehrte Querspannung des Dammes. 3. Nicht der schmale sich gut einpassende Nacken (wie bei der regelrechten HHL) legt sich als Hypomochlion in den engen Scham fugenausschnitt, sondern das sehr viel breitere Vorderhaupt muß sieh dort anstemmen. Dadurch kann die lichte Weite des Schambogens nicht richtig ausgenutzt werden und der Kopf kommt im ganzen viel tiefer dammwärts zu liegen, so daß also der Damm auch in sagittaler Richtung viel mehr beansprucht wird, ein weiterer Grund zur Erhöhung des Reibungswiderstandes und damit zur Verzögerung der Geburt in der Austreibungsperiode. Aus diesen Gründen ist auch besonders zu beachten: Bei der HiHHL sind Damm und Levatorenschenkel stets wesentlich mehr gefährdet als bei regelrechter HHL. Gefahr tiefgehender Dammrisse und Zerreißungen des Levators! Bei starker Vorwölbung des Dammes, wie sie naturgemäß bei Hinterer Hinterhauptslage und ausgetragenen Kindern auftritt, ist eine ausgiebige Episiotomie zu machen. Darin stimmt übrigens die HiHHL-Geburt mit der bei VoHL überein (s. Vorderhauptslage, S. 272): wesentlich verlängerte Austreibungsperiode, weitaus stärkere Anspannung und damit größere Gefährdung des Dammes als bei der regelrechten HHL. Differentialdiagnose: in der Praxis wird die HiHHL häufig mit der VoHL verwechselt. Über den Unterschied s. unter „Vorderhauptslage", S. 273. 260

Grundsätzlich ist festzuhalten: Wenn eine Geburt in der Austreibungsperiode auffallend langsam verläuft oder zum Stillstand kommt, so muß man immer daran denken, daß vielleicht eine HiHHL vorliegt (vgl. S. 272). Es ist sehr zu beachten, daß eine verlängerte Austreibungsperiode leicht zur Asphyxie des Kindes führt. Das den kindlichen Kopf umfassende Weichteilrohr muß diesen in der Austreibungsperiode bis zur Geburt des Hinterhauptes in eine übermäßige Beugehaltung zwingen, was sich auf den Kopf als starke Umschnürung auswirkt. Infolgedessen bewirkt eine verlängerte Austreibungsperiode Hirndruek, unter Umständen Stauung im Gehirn oder sogar intrakranielle Blutungen. Schon Hirndruck genügt, um Asphyxie zu erzeugen. Vorkommen und Ätiologie: Die HiHHL kommt bei solchen Geburten vor, bei denen der Rücken von vornherein hinten eingestellt ist, also bei dorsoposterioren oder b-Lagen, und hinten eingestellt bleibt. Normal große Kinder stellen sich fast nur bei Mehrgebärenden mit schlaffen Weichteilen in HiHHL ein. Sonst findet man diese Lageanomalie bei kleinen Kindern sowie bei Frühgeburten und toten Kindern.

Behandlung der Hinteren Hinterhauptslage Niemals ist die HiHHL an sich eine Indikation zu operativer Entbindung! Jede HiHHL ist im Gegenteil solange wie möglich streng abwartend zu behandeln. Von 114 Geburten in HiHHL verliefen 91 spontan, davon 41 ohne jede Komplikation (Hanke). In jedem Falle sollte man die Seitenlagerung der Kreißenden wenigstens versuchen. Vgl. Allgemeine Lagerungsregel S. 134. Bei HiHHL wird stets auf die Seite des Hinterhauptes gelagert! Beispiel: Rechte HiHHL (Abb. 213), kleine Fontanelle hinten rechts, Pfeilnaht im I. schrägen Dm. Lagert man die Frau auf die rechte Seite (Hinterhaupt rechts!), so fällt der Fundus mit dem Steiß der Schwere folgend nach rechts. Da der Kopf stets die dem Steiß entgegengesetzte Bewegung macht, kommt das Hinterhaupt von der rechten Beckenseite frei. Der Wehendruck muß sich jetzt in der Hauptsache auf das nun beweglich gewordene Hinterhaupt auswirken, so daß dieses nach vorn oder hinten rotieren kann. 261

Man versuche alles, um eine Zange, die sehr schwierig ist, zu vermeiden! Ist die Frau erschöpft, so verschaffe man, wenn es dem Kinde gut geht, der Mutter erst einmal einige Stunden der Ruhe und des Schlafes, indem man ihr eine Mischspritze mit Dilaudid und Pantopon, oder Morphin und Atropin verabreicht. Das wirkt oft Wunder. Auch während der Ruhigstellung läßt man, wenn eben möglich, die Frau auf die Seite lagern. Danach gibt man dann wieder Wehenmittel und im Verein mit der Seitenlagerung gelingt es dann doch noch manchmal, das Hinterhaupt nach vorn rotieren zu lassen Will das Hinterhaupt sich aber gar nicht drehen oder wird langdauerndes Stehenbleiben mit gerade verlaufender Pfeilnaht zu einer Indikation, so muß die Geburt schließlich doch mit der Zange beendet werden. Dazu muß immer wieder betont werden: Es gibt nur zwei Indikationen: 1. Gefahr für die Mutter! 2. Gefahr für das Kind! In unserem Falle kommt in Frage als Gefahr für die Mutter vor allem unüberwindliche sekundäre Wehenschwäche, starke Erschöpfung der Mutter, Fieber der Mutter; Gefahr für das Kind: langdauernde Druckeinwirkung auf den Kopf, schlechte HT. .Noch einmal sei betont: bei dieser ungünstigen Kopfeinstellung sei man mit der Zange sehr zurückhaltend. Jeder Erfahrene weiß: Zangenentbindungen bei HiHHL sind stets sehr schwer, setzen leicht größere Gewebszerreißungen und erfordern große Kraft und viel Geschick! Die HiHHL-Zange „geht" nicht nur sehr schwer, sie ist auch mit drei großen Gefahren für die Mutter verbunden: 1. tiefgehende Damm- und Scheidenrisse, 2. Absprengung eines Levatorschenkels, 3. Atoniegefahr durch die notwendige lange Narkose. Auch das Kind ist durch die vom Operateur bei der Extraktion aufzuwendenden großen Zugkräfte und durch die Dauer der Extraktion sehr gefährdet. Zangenentbindung bei HiHHL nur im Notfall und möglichst nur, wenn der Kopf den BB schon erreicht hat! 262

Ausführung der Zange bei HiHHL Stets ist eine genügend große Episiotomie anzulegen. Bei der HiHHL wird die Zange genau so an den Kopf gelegt wie bei der regelrechten HHL, d. h. der Kopf wird quer gefaßt. Beim Hinhalten ist die Zangenspitze wie immer auf die Leitstelle zu richten, hier also auf die Gegend des Scheitels (bzw. der kleinen Fontanelle). Die Ausführung der Zange bei HiHHL ist fast dieselbe wie bei der VoHL (S. 274). Anlegen der Zange 1. Fall: Pfeilnaht im geraden Dm, kleine Fontanelle hinten in der Mitte. Anlegen: die Löffel werden genau seitlich eingeführt und biparietal eingelegt.

Re

Abb. 217. Anlegen der Zange bei I. Hinterer Ilinterhauptslage 2. Fall: Pfeilnaht im II. schrägen Dm, kleine Fontanelle links hinten = I. (linke) HiHHL (Abb. 217). Anlegen: Zange im I. schrägen Dm anlegen. Linker Löffel nach links vorn, wird zuerst eingeführt und zwar links hinten, dann nach vorn wandern lassen. Rechter Löffel nach rechts hinten. 3. Fall: Pfeilnaht im I. schrägen Dm, kleine Fontanelle rechts hinten = II. (rechte) HiHHL (Abb. 218). Anlegen: Zange im II. schrägen Dm anlegen, Linker Löffel nach links hinten, wird zuerst eingeführt. Rechter Löffel nach rechts vorn; Einführen rechts hinten, dann nach vorn wandern lassen.

Abb. 218. Anlegen der Zange bei II. Hinterer Hinterhauptslage Di

e Extraktion erfolgt bei der HiHHL (Fall 1, S. 263) abweichend von der bei der normalen HHL angewandten, da der mit seiner Pfeilnaht im geraden Durchmesser stehende Kopf entsprechend dem Austrittsmechanismus erst stark gebeugt, dann leicht gestreckt werden muß. Ausführung in dreifachem Arbeitsgang:

1. Ziehen in Richtung der Griffe bis die leitstelle in der Yulva erscheint (Abb. 219). Nach Schließen der Zange und Nachtasten wird mit beiden Händen zunächst geradeaus und etwas nach oben gezogen, d. h. einfach in der Richtung, in die die Zangengriffe jetzt zeigen. In dieser Richtung wird so lange gezogen,

bis die kleine Fontanelle bzw. der Scheitel ( = Leitstelle) in der Vulva sichtbar wird. Damit ist gleichzeitig der Drehpunkt, die Gegend der großen Fontanelle (bis Stirnhaargrenze) unter dem Symphysenrand angekommen, berührt diesen und kann sich nun bei der weiteren Entwicklung des Kopfes um die Symphyse herum gegen den unteren Schambogenrand anstemmen. Stand 264

die Pfeilnaht schräg (Fall 2 und 3), so muß die Zange während des Ziehens gleichzeitig (vorsichtig und allmählich) gedreht werden, und zwar — wenn wir die 2. Drehungsmöglichkeit (S. 257, Abb. 214) nachahmen wollen — so, daß die große Fontanelle nach vorn kommt, d. h. es wird gleichzeitig bei der I. HiHHL (Abb. 217) im Uhrzeigersinn, bei der II. HiHHL (Abb. 268) entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht. 2. Heben der Zangengriffe zur Entwicklung des Hinterhauptes (Abb. 220) und Dammschutz: Jetzt Stellungswechsel und Handwechsel! S t e l l u n g s w e c h s e l : „Links um" machen, auf die linke Seite der Frau treten! H a n d w e c h s e l : die rechte Hand bleibt allein an der Zange, die linke Hand geht an den Damm! Beachte: die rechte Hand umfaßt das Schloß (Abb. 198 auf S. 235), nicht die Griffe (viel zu großer Hebelarm!). Dabei wird von jetzt ab unter gar keinen Umständen mehr an der Zange gezogen, sondern es werden lediglich die Griffe angehoben (Abb. 220), und zwar erst vorsichtig und langsam bis zur Senkrechten und dann darüber hinaus in Richtung auf den Bauch der Mutter. So langsam wie möglich, Millimeter für Millimeter wird das breite Hinterhaupt über den Damm entwickelt (höchste Dammrißgefahr!). Jede brüske oder zu schnelle Bewegung ist dabei zu vermeiden, da es sonst unweigerlich zu einem Dammriß oder einem Levatorenab- oder -einriß kommt. Die linke Hand hat ununterbrochen am Damm zu liegen und den Dammschutz (S. 147) auszuführen, der wegen der außerordentlichen Überdehnung des Dammes niemals unterlassen werden darf. Bei der HiHHL-Zange ist genau wie bei der VoHLZange die Gefahr des Dammrisses III. Grades ( = totaler Dammriß) sehr groß.

Abb. 221. Zange bei HiHHL (3) Senken der Griffe = rückläufige Bewegung

3. Senken der Zangengriffe = „Bückläufige Bewegung" zur Entwicklung von Stirn und Gesicht (Abb. 221). Auch dieses Senken der Griffe dammwärts, um langsam nacheinander Vorderhaupt, Stirn und Gesicht unter dem Schambogen her zu entwickeln, wird stets nur mit einer (der rechten) Hand ausgeführt. Die linke Hand bleibt ununterbrochen zum Dammschutz am Damm. 265

S c a n z o n i s c h e Zange = Doppeltes Zangenanlegen In manchen Fällen erweist es sieh als technisch leichter, die 1. Drehungsmöglichkeit (S. 257 Abb. 214) nachzuahmen, also die kleine Fontanelle beim Ziehen allmählich nach v o r n , also um 135° rotieren zu lassen. Die dazu erforderliche Zangentechnik, das doppelte Zangenanlegen nach S c a n z o n i , ist jedoch dem wenig Geübten nicht zu empfehlen. Durch die Scanzonische Zangentechnik wird die Umwandlung einer HiHHL in eine regelrechte (vordere) HHL erzielt. Es wird dabei die 1. Möglichkeit der Drehung (Abb. 214) nachgeahmt, also die Drehung der kleinen Fontanelle über 135° nach vorn. Es wird also zunächst künstlich ein tiefer Querstand hergestellt und danach der Kopf in der bei tiefem Querstand üblichen Technik entwickelt. Dem Scanzonischen V e r f a h r e n liegt die Ü b e r z e u g u n g z u g r u n d e , d a ß die E n t w i c k l u n g des K o p f e s in r e g e l r e c h t e r (vorderer) H H L den B e c k e n b o d e n w e i t a u s weniger g e f ä h r d e t als die in HiHHL. Für den in der Geburtshilfe besonders Ausgebildeten nachstehend die Scanzonische Operation in 4 Skizzen (Abb. 222-225).

Re

Li

Abb. 222 Linke HiHHL. Die Zange wird, gleichgültig, ob man die kleine Fontanelle nach hinten oder wie bei der Scanzoni-Zange um 135° nach vorn rotieren lassen will, stets in der gleichen Weise, nämlich im I. schrägen Dm angelegt. Ziehen und dabei gleichzeitig drehen entgegen dem Uhrzeigersinn

Re Abb. 223. Die kleine Fontanelle ist bei gleichzeitigem Zug allmählich um 45° gedreht worden, so daß der Kopf jetzt in einen linken tiefen Querstand gebracht worden ist. Abnehmen der Zange 260

Li Re Abb. 224

Abb. 225

Abb. 224. Neuanlegen der Zange im II. schrägen Dm. Weiter ziehen und dabei allmählich entgegen dem Uhrzeigersinn drehen, bis die Pfeilnaht im geraden Dm und die kleine Fontanelle vorn unter dem Schambogen steht Abb. 225. Kleine Fontanelle unter dem Schambogen. Der Kopf wird jetzt mit geradeverlaufender Pfeilnaht enwickelt. Die Stellung der Zange wird dabei nicht verändert

Die Scanzoni-Zange gilt als etwas besonders Schwieriges. Das ist durchaus nicht der Fall, wenn man folgendermaßen vorgeht: Übliches Anlegen der Zange. Zunächst wird bei gleichzeitigem Zug stets versucht, das Hinterhaupt nach hinten zu drehen. Folgt der Kopf den ersten Zügen, so wird er in dieser Weise (S. 264) entwickelt. Erweist sich der Zug mit der Drehung nach hinten als schwierig (man hat das Empfinden, als wäre dieser Weg von Natur aus versperrt), so wird s o f o r t der u m g e k e h r t e Weg e i n g e s c h l a g e n : Zug mit Drehung des Hinterhauptes nach vorn (zunächst bis in den queren Dm), was dann meist auffallend viel leichter, oft geradezu spielend gelingt. Nach C. R ü g e soll man (mit der Kjellandzange) stets zuerst versuchen, das Hinterhaupt nach vorn zu bringen, was nach ihm meist leichter gelingt als die Entwicklung des Kopfes in hinterer Hinterhauptslage. Wir hatten es oben schon einmal ausgesprochen: Die Ausführung einer Zange ist zu einem großen Teil Gefühlssache. Man muß ein feines Gefühl dafür haben, „wohin" oder „wie herum" der Kopf will. Nur dann m a c h t man „ g u t e Zangen", w e n n m a n s i c h in j e d e r B e z i e h u n g v o l l und g a n z n a c h dem K o p f r i c h t e t und w e n n m a n e s e n d l i c h a u f g e g e b e n h a t , d e m K o p f s e i n e n e i g e n e n W i l l e n a u f z w i n g e n zu wollen.

Deflexionslagen = Strecklagen Bevor der Kopf in das Becken eintritt, finden wir ihn in zwangloser, neutraler Haltung, in einer Mittelstellung zwischen Beuge- und ausgesprochener Streckhaltung (Abb. 226) über dem Beckeneingang stehen. Bei den „regelrechten" oder ,,normalen" Schädellagen senkt sich dann im Beginn der Geburt das Kinn auf die Brust (sog. 1. Drehung) und der Kopf wird 2G7

in dieser Beuge- oder Flexionshaltung (Abb. 227) durch den Geburtskanal bis zum Beckenboden hindurch geschoben. Der Rücken steht dabei links oder rechts vorn. Etwa 94% aller Geburten verlaufen in dieser Haltung und Stellung.

A b b . 226

A b b . 227

Abb. 226. Zwanglose Haltung des Kopfes vor seinem Eintritt ins Becken Abb. 227. Beuge- oder Flexionshaltung des Kopfes beim Eintritt ins Becken

Im Gegensatz hierzu bleibt bei einem kleinen Teil der Schädellagen diese Beugebewegung aus und der Kopf nimmt eine verschieden hochgradige Streckoder Deflexionshaltung an, wobei sich das Kinn mehr oder weniger weit von der Brust entfernt. Wir bezeichnen diese Lagen als Deflexionslagen (Abb. 229—231). Alle D e f l e x i o n s l a g e n sind durch 2 Kennzeichen charakterisiert: 1. Der Kopf nimmt eine mehr oder weniger starke Streekhaltung an ( = Haltungsanomalie). 2. Alle Deflexionslagen verlaufen mit nach hinten gerichtetem Bücken ( = Stellungsanomalie). Die Deflexionslagen gehören also zu den dorsoposterioren Lagen, bei der Geburt des Kopfes sieht das Gesicht zur Decke. Der U m s t a n d , daß eine Geburt in dorsoposteriorer Lage v e r l ä u f t , b e r e c h t i g t aber durchaus nicht, sie als Deflexionslage zu bezeichnen. So sind die HiHHL auch dorsoposteriore Lagen, aber durchaus keine Deflexionslagen; die HiHHL zeigen nur die dorsoposteriore Einstellungsanomalie, nicht aber die für Deflexionslagen charakteristische Haltungsanomalie der Kopf Streckung; im Gegenteil: der Kopf bei HiHHL ist stark gebeugt. Dorsoanteriore Deflexionslagen sind große Seltenheiten. 268

Je nach dem Grade der Streckhaltung des Kopfes wird zum führenden Teil ( = Leitstelle): die große Fontanelle, die Stirn oder das Gesicht. Danach teilt man die Deflexionslagen ein in: 1. Vorderhauptslagen (Abb. 229), 2. Stirnlagen (Abb. 230) und

Allgemeines zur Behandlung der Deflexionslagen: Auch Deflexionslagen sind streng abwartend zu behandeln. Deflexionslagen an sich ergeben niemals eine Indikation zur Zangenentbindung; sie sind im Gegenteil eine ausgesprochene Warnung vor Zangenoperationen.

Deflexionslage Nr. ι = Vorderhauptslage (VoHL) Definition: die VoHL ist eine Deflexionslage, und zwar s t e l l t sie den geringsten Grad einer S t r e c k h a l t u n g des Kopfes dar und v e r l ä u f t so gut wie immer als dorsoposteriore Geburt (Rücken nach hinten gerichtet). Der f ü h r e n d e Teil ist das V o r d e r h a u p t , genauer die große Fontanelle. Das D u r c h t r i t t s p l a n u m hat einen Umfang von 34 cm im Gegensatz zu dem bei regelrechter H H L , das einen Umfang von nur 32 cm hat. Klinisch ist die Geburt bei VoHL durch besonders verzögerten Verlauf und durch starke Gefährdung des Dammes ausgezeichnet, allerdings nur, wenn es sich um ausgetragene Kinder handelt. 269

Dorsoanteriore Vorderhauptslagen, bei denen also das Vorderhaupt etwas mehr nach hinten stehen würde (= hintere Vorderhauptslagen) sind meines Wissens bisher insgesamt 12mal beschrieben worden (Emmrich, Nordmeyer, Jenö, Neuweiler, Rossenbeck). Untersuchungsbefund, Diagnose: der untersuchende Finger kommt (rektal oder vaginal) in der Führungslinie auf die große Fontanelle, die Leitstelle der Geburt bei VoHL. Die kleine Fontanelle ist gar nicht oder nur schwer zu erreichen. Kommt man an die kleine Fontanelle heran, so fühlt man sie links hinten, rechts hinten oder in der Mitte hinten: in jedem Falle steht sie höher im Becken als die Leitstelle, die große Fontanelle. Die Pfeilnaht tastet man zunächst in einem schrägen Durchmesser (Dm), seltener im queren Dm; später (am Knie des Geburtskanals) dreht sie sich in den geraden Dm. Merke besonders: Pfeilnaht im I. schrägen Dm = II. VoHL. Pfeilnaht im II. schrägen Dm = I. VoHL. (Abb. 232). Begründung hierzu siehe bei hinterer Hinterhauptslage S. 257.

Re

Abb. 232. I. oder linke Vorderhauptslage Wichtig ist die sichere und schnelle Erkennung der großen Fontanelle, siehe dazu S. 80. Die Kopgeschwulst fühlt man bei der VoHL in der Gegend der großen Fontanelle. 270

Ätiologie: Die VoHL finden sich am häufigsten bei Frühgeburten und toten Kindern (Urs. nach Sellheim: Fehlen einer bestimmten Haltungsspannung infolge geringer Skelettreife bzw. Verlust des vitalen Turgors), bei r e i f e n Kindern: nach A . M ü l l e r besonders bei angeborener brachyzephaler Kopfform (Kurzkopf, was notwendigerweise zur Einstellung der großen Fontanelle als Leitstelle führen muß); nach K e r m a u n e r bei Veränderungen im Atlanto-Okzipitalgelenk, ferner bei engem Becken und zwar platt(-rachitischem) Becken: Knopflochmechanismus bei Eintritt des Kopfes in das platte Becken (s. S. 560); um das im geraden Durchmesser verengte Becken besser passieren zu können, senkt sich das weniger breite Vorderhaupt in den Engpaß hinein, das heißt, die große Fontanelle tritt tiefer, sie ist der am tiefsten stehende Teil in der Führungslinie, also die Leitstelle. Auch können besondere Umstände zum Zustandekommen einer VoHL führen: Vorliegen einer Hand, tiefer Sitz der Plazenta, Tumoren im Zervixbereich u. ä. — In vielen Fällen findet sich für die Regelwidrigkeit in der Haltung des Kopfes keine Erklärung, was übrigens auch für die anderen Deflexionslagen gilt. K n e e r konnte für über die Hälfte von 129 Deflexionslagen keine Ursache für diese Haltung finden. Geburtsverlauf: mit dem Eintritt des Kopfes ins kleine Becken übernimmt die große Fontanelle die Führung. Der Rücken ist — entsprechend den b-Lagen ( = Rücken nach hinten gerichtet) — dabei schräg nach hinten gerichtet, die Pfeilnaht verläuft in einem schrägen Durchmesser. Am Knie des Geburtskanals wird das Gesicht schoßfugenwärts und damit die Pfeilnaht in den geraden Durchmesser gedreht. Von größter praktischer Bedeutung ist der Austrittsmechanismus: dieser besteht aus 1. einer Beugebewegung (Abb. 233, Pfeil 1) und 2. einer Streckbewegung (Abb. 233, Pfeil 2). Durch die Beugebewegung werden V o r d e r l i a u p t , Scheitel und H i n t e r h a u p t , also nur ein Teil des Kopfes, über den Damm geboren. Als Hypomochlion (Drehpunkt) legt sich dabei die Gegend etwas u n t e r h a l b der Stirnhaargrenze gegen den Schambogen. Größte Durchtrittsebene ist das Planum fronto-occipitale = 34 cm Umfang, also ein wesentlich größeres Planum als bei der normalen HHL (PI. suboccipito-bregmaticum = 32 cm Umfang).

Abb. 233. Austrittsbewegung bei der Vorderhauptslage: 1 = Stärkere Beugung, 2 = geringere Streckung des Kopfes

Durch die anschließend erfolgende leichte Streckbewegung werden S t i r n und G e s i c h t , die bis jetzt noch hinter der Schamfuge standen, unter der Schamfuge geboren. 271

Zusammenfassung:

Vorderhauptslage (VoHL) Leitstelle: große Fontanelle Drehpunkt: Gegend etwas unterhalb der Stirnhaargrenze Kopfaustritt: erst Beugung, dann Streckung Größte Durch trittsebene: Planum fronto-occipitale Umfang = 34 cm. Besonderheiten: bei ausgetragenen Kindern verläuft die Geburt bei VoHL auffallend viel langsamer als die Geburt bei regelrechter HHL unter normalen Umständen. Die normale Geburtsdauer (bei Erstgebärenden 16—24, bei Mehrgebärenden 8—12 Stunden) wird so gut wie immer überschritten. VoHL-Geburten, die 25, 30, ja 35 und mehr Stunden dauern, sind nichts Besonderes. Ursache ist in erster Linie die größere Durchtrittsebene, das Planum frontooccipitale mit 34 cm Umfang, mit der der Kopf mühsam durch den Geburtskanal hindurchgeschoben werden muß. Dieses Planum verursacht doch einen sehr viel g r ö ß e r e n R e i b u n g s w i d e r s t a n d im Geburtskanal als das Durchtrittsplanum der normalen HHL, das nur einen Umfang von nur 32 cm besitzt. Charakteristisch ist besonders der langsame Yerlauf der VoHL-Geburt in der Austreibungsperiode. Auch bei guten Wehen und junger, kräftiger Kreißender ist der Kopf bei VoHL oft lange Zeit in der Tiefe sichtbar, ohne daß die Kreißende ihn mit eigener Kraft herauspressen kann. Ursache ist die weitaus stärkere Anspannung des Weichteilrohres, insbesondere des Dammes 1. in allen Richtungen: durch das größere Durchtrittsplanum (Abb. 234), 2. in der Querrichtung: ganz ähnlich wie bei der HiHHL liegt auch bei der VoHL an Stelle des schmalen Vorderhauptes (bei der normalen HHL) das sehr viel breitere Hinterhaupt am Damm und kann diesen nur überwinden, indem es ihn sehr viel breiter in der Quere auswalzt = stark vermehrte „Querspannung" des Dammes. 3. in der Sagittalrichtung: an Stelle des gut in den Schambogen sich einpassenden schmalen Nackens bei normaler HHL muß sich bei der VoHL die sehr viel breitere Stirn als Hypomochlion gegen den Schambogen stemmen. Dadurch wird der ganze „„. . , ^ Abb. 234. Stark vermehrte Spannung des Dammes bei

Vorderhauptslage 272

Schädel hinten viel tiefer in den Damm ,. . .,D . 0, hineingepreßt: weitaus größere Anspannung

des Dammes auch in

der Sagittalrichtung.

Bei der VoHL ist der Damm sehr viel mehr gefährdet als bei normaler HHL Infolge der verzögerten Austreibung ist bei VoHL auch das Kind mehr gefährdet als bei normaler HHL (vgl. S. 203). Bei der VoHL ist also den Herztönen in der Austreibungsperiode ganz besondere Beachtung zu schenken! Demgegenüber weiß jeder Geburtshelfer, daß die VoHL oft ungewöhnlich rasch verlaufen, nämlich dann, wenn es sich um nicht ausgetragene Kinder mit verhältnismäßig kleinen Köpfen handelt, die sich oft in VoHL-Haltung einstellen. Differentialdiagnose: verwechselt werden kann die VoHL eigentlich nur mit der hinteren Hinterhauptslage (HiHHL), was in der Praxis sehr häufig vorkommt. Beiden Lagen ist gemeinsam die Stellung: in beiden Fällen ist der Rücken nach hinten gerichtet, beide sind also d o r s o p o s t e r i o r e Lagen, die kleine Fontanelle ist also h i n t e n , die große vorn zu tasten. In einem aber unterscheiden sie sich sehr wesentlich, nämlich in der Haltung: die HiHHL ist eine ausgesprochene Flexionslage, der Kopf befindet sich in Beugehaltung (Kinn auf der Brust) ; bei der VoHL findet sich der Kopf in geringgradiger Deflexionshaltung, er ist leicht gestreckt. Ein sehr beachtenswerter Unterschied zwischen der HiHHL und der VoHL liegt aucli in den verschiedenen Durchtrittsebenen: der Umfang dieser Ebene beträgt bei der HiHHL 32 cm, bei der VoHL dagegen 34 cm! (Vgl. hierzu auch die wichtige Tabelle S. 292.) Beiden Lagen gemeinsam ist der stets sehr verzögerte Geburtsverlauf bei ausgetragenen Kindern. Die Unterscheidung zwischen VoHL und HiHHL ist nur durch genaue Untersuchung der Leitstelle möglich. Führt die große Fontanelle, so handelt os sich um eine VoHL, führt die kleine Fontanelle oder häufiger die Gegend zwischen kleiner Fontanelle und dem Scheitel (Bregma), so liegt eine HiHHL vor. Praktisch ist es oft so, daß eine größere Kopfgeschwulst die genaue Diagnose verhindert und daß die vorgelegene Haltung erst nach der Entbindung am Sitz der Kopfgeschwulst (VoHL: große Fontanelle, HiHHL: HinterhauptScheitelgegend) erkannt wird.

Behandlung der Vorderhauptslage Niemals ist die VoHL an sich eine Indikation zu operativer Entbindung. Jede VoHL ist solange wie möglich konservativ zu behandeln! Daß sich die Prognose bei jedem unnötigen und vorzeitigen Eingriff verschlechtert, gilt ganz besonders für die VoHL. 1. Konservative Behandlung: Abwartende Geburtsleitung so lange wie nur irgend möglich ist die Methode der Wahl. Sobald die VoHL erkannt ist, wird die Frau richtig gelagert. Lagerungsregel: die K r e i ß e n d e wird 18 Pschyrembel, Prakt. Geburtshilfe

273

auf die Seite g e l a g e r t , u n d zwar auf die S e i t e , auf der der Teil des K o p f e s l i e g t , der t i e f e r t r e t e n u n d n a c h v o r n r o t i e r e n soll. Bei schräg stehender Pfeilnaht wird man zunächst den Versuch machen, die VoHL in eine regelrechte HHL umzuwandeln, die Kreißende wird also auf die Seite der kleinen F o n t a n e l l e , also des Hinterhauptes gelagert. Bei YoHL zuerst stets konservative Behandlung versuchen = Lagerung zunächst au! die Seite des Hinterhauptes ( = der kleinen Fontanelle). Stellt sich nun nach einiger Zeit (bei guter Weheneinwirkung) heraus, daß das Hinterhaupt keine Neigung zeigt nach vorn zu rotieren, so gibt man diesen Umwandlungsversuch auf und lagert nun auf die der kleinen Fontanelle entgegengesetzte Seite. Dasselbe gilt auch für den praktisch häufigen Fall, daß trotz bester Wehen der in der Tiefe schon sichtbare Kopf nicht herausgepreßt werden kann: Lagerung auf die der kleinen Fontanelle entgegengesetzte Seite. Die Pfeilnaht wird sich dann sehr bald ganz in den geraden Durchmesser drehen und der Kopf zum Einschneiden kommen. Sind die Wehen schlecht, so wird nach den unter „Wehenschwäche" (S. 187) gegebenen Regeln vorgegangen. 2. Zangenentbindung: die Zangenentbindung ist bei VoHL, wenn eben möglich, zu vermeiden. Wenn eine Zange gar nicht mehr zu umgehen ist (schlechte HT), dann soll der Praktiker damit, wenn eben möglich, so lange warten, bis der Kopf auf Beckenboden angekommen ist. Zangen aus Beckenmitte bei VoHL sind vom Praktiker möglichst niemals auszuführen, da sie infolge der sehr großen Reibungswiderstände zwischen Kopf und Geburtskanal außerordentlich „schwer gehen"! Auch empfehle ich dringend bei schrägstehender Pfeilnaht, wenn es eben geht, mit der Zange so lange zu warten, bis der Kopf sich in den geraden Dm gedreht hat. Gefahr tiefgehender Weichteilrisse beim ziehenden Drehen des Kopfes! Wegen der starken Überdehnung und damit hohen Gefährdung des Dammes (DRIII!) bei der VoHL, empfehle ich dem Praktiker dringend, in jedem Falle einer VoHL-Zange eine nicht zu kleine Episiotomie anzulegen.

Ausführung der Zange bei VoHL Bei VoHL wird die Zange im Prinzip genau so angelegt wie bei der regelrechten HHL. Die Zangenspitze ist wie immer auf die Leitstelle zu richten, in diesem Falle also auf die große Fontanelle. Der Kopf wird quer gefaßt. 274

Da der Praktiker bei querstehender Pfeilnaht niemals eine Zange bei VoHL ausführen darf, so ergeben sich nur die drei folgenden Möglichkeiten: 1. Fall: Pfeilnaht im geraden Dm, große Fontanelle vorn. Anlegen: die Löffel werden genau seitlich eingeführt und biparietal angelegt. 2. Fall: Pfeilnaht im II. schrägen Dm, große Fontanelle rechts vorn*) - I. YoHL (Abb. 235). Anlegen: die Zange kommt in den I. schrägen Dm, sie wird biparietal an den Kopf gelegt, der linke Löffel, der stets zuerst eingelegt wird, kommt nach links vorn und muß daher wandern; der rechte Löffel kommt nach rechts hinten.

Abb. 235. Anlegen der Zange bei I. VoHL

3. Fall: Pfeilnaht im I. schrägen Dm, große Fontanelle links vorn*) = II. YoHL. Anlegen: die Zange kommt in den II. schrägen Dm, sie wird biparietal an den Kopf gelegt, der linke Löffel wird zuerst eingelegt; er kommt nach links hinten; der rechte Löffel kommt nach rechts vorn, er muß wandern. Die Extraktion erfolgt bei der VoHL (Fall 1) abweichend von der bei normaler HHL, da der Kopf (s. Geburtsverlauf) erst in Beugungs- und dann in Streckhaltung gebracht werden muß. Ausführung der Extraktion in dreifachem Arbeitsgang: 1. Zog in Richtung der Griffe zur Entwicklung des Vorderhauptes (Abb. 236). Nach Schließen der Zange und Nachtasten wird mit beiden Händen zunächst geradeaus und etwas nach oben gezogen, das heißt einfach in der *) Bei der VoHL muß die große Fontanelle nicht immer genau in der Führungslinie stehen. Es kommt darauf an, daß das Vorderhaupt im ganzen gesehen der führende Teil ist. 18*

275

Richtung, in die die Zangengriffe zeigen. In dieser Richtung wird so lange gezogen, bis die große Fontanelle ( = Leitstelle) in der Vulva sichtbar wird. Damit ist jetzt das Hypomochlion, die Gegend etwas unterhalb der

nun bei der weiteren Entwicklung des Vorder- und Hinterhauptes um die Symphyse herum gegen den Schambogen anstemmen. Bei Fall 2 und 3 (s. o.) muß die Zange während des Ziehens gleichzeitig gedreht werden, und zwar stets so, daß die große Fontanelle nach vorn kommt, das heißt, es wird bei I. VoHL im Uhrzeigersinn, bei II. VoHL entgegen dem Uhrzeigersinn gedreht. 2. Heben der Zangengriffe zur Entwicklung des Vorder- und Hinterhauptes (Abb. 237). Jetzt Stellungswechsel und Handwechsel! Dammschutz! S t e l l u n g s w e c h s e l : „Links um" machen und auf die linke Seite der Frau treten. Handwechsel: Die linke Hand geht an den Damm. L a n g s a m e s Erheben der Zangengriffe mit der rechten Hand allein. Beachte: die rechte Hand umfaßt das Schloß (Abb. 237), n i c h t die Griffe (viel zu großer HebelarmI) und entwickelt so langsam wie möglich, Millimeter für Millimeter das Vorderhaupt und dann das breite Hinterhaupt über den Damm (höchste Dammrißgefahr!). Jede brüske oder zu schnelle Bewegung der Zange ist dabei zu vermeiden, da es sonst unweigerlich zu einem Dammriß kommt. Die linke Hand hat dauernd am Damm zu liegen und den 276

Dammschutz auszuführen, der wegen der außerordentlichen Überdehnung der Damm-Muskulatur niemals unterlassen werden darf. Bei der VoHL-Zange ist die Gefahr des Dammrisses III. Grades ( = totaler Dammriß) sehr groß.

3. Senken der Zangengriffe = „rückläufige Bewegung" zur Entwicklung von Stirn und Gesicht (Abb. 238). Auch dieses Senken der Griffe (s. Abb. 238) wird stets nur mit einer (der rechten) Hand ausgeführt. Die linke Hand bleibt zum Dammschutz am Damm. Die E n t w i c k l u n g des K o p f e s nach der S c a n z o n i s c h e n M e t h o d e

Abb. 238. Zange bei VoHL (3): Senken der Griffe = rückläufige Bewegung. Die nicht eingezeichnete linke Hand macht den D a m m s c h u t z

277

kommt bei VoHL nicht in Frage. Die wichtigste Voraussetzung dazu fehlt: die Flexion des Kopfes. Denn die Scanzonizange hat ja die Herstellung einer regelrechten HHL mit deren Vorteilen zum Ziel, was durch einfache Umdrehung der VoHL nicht zu erreichen ist.

Deflexionslage Nr. 2 = Stirnlage Definition: Nächsthöherer Grad der Streckhaltung nach der Vorderhauptslage, wobei die Stirn die Führung übernimmt. Das Durchtrittsplanum hat den größten vorkommenden Umfang von 35—36 cm im Gegensatz zur normalen HHL, deren Durchtrittsplanum einen Umfang von 32 cm hat. Häufigkeit: Sehr selten; auf 2000—3000 Geburten rechnet man eine Stirnlage. Cholmogoroff (1910) gibt 0,08%, Eisenberg (1924) 0,15% an. Nach v. F r a n q u ß (im Gegensatz zu Ahlfeld, v. Hecker, Spiegelberg und Stumpf) sind reife Kinder häufiger als unreife Früchte in Stirnlage eingestellt und treten auch so auf BB. Bedeutung: Infolge des denkbar größten Umfanges des Durchtrittsplanums (35—36 cm) und des für eine Konfiguration sehr wenig geeigneten Kopfabschnittes ist die Stirnlage die ungünstigste und gefährlichste aller gebärfähigen Schädellagen. In der Literatur wird angegeben: Mütterliche Mortalität: 5—10%. Kindliche Mortalität: 30—50%. An diesen hohen Mortalitätszahlen, die von einigen Autoren noch höher angegeben werden, ist nach Ansicht aller erfahrenen Geburtshelfer lediglich das Unvermögen schuld, genügend lange abwarten zu können. Ätiologie: Die Hauptursache scheint die Beckenverengung zu sein. Das ist das Ergebnis der Arbeiten von v. Khreninger-Guggenberger, der über 69 (1) eigene Stirnlagenfälle verfügt: bei 30 Fällen fand er eine Beckenverengung, und zwar 16 mal eine Beckenverengerung I. Grades, 14 mal eine solche II. Grades. — E. Kehrer gibt als Ursache die oxyzephale Kopfform ( = Spitzkopf), Stiglbauer Krampfwehen des Uterus und Mißbildungen der Frucht, Kermauner Narbenstenosen des Muttermundes an. Untersuchungsbefund: Äußerliche Untersuchung: der Befund ist ganz ähnlich wie der bei Gesichtslage (s. Abb. 240, S. 282). Auch die HT hört man wie bei der Gesichtslage auf der Seite der kleinen Teile, da auch bei der Stirnlage die Brust der Uteruswand näher liegt als der Rücken. 278

Innere Untersuchung: auf der einen Seite fühlt man die große F o n t a n e l l e , auf der anderen die Augenbrauen und die Nasenwurzel, also das Gesicht (Abb. 239). Vaginal kann man bis an den Mund, dagegen nicht an das Kinn herankommen. Ist das Kinn erreichbar, so liegt niemals eine Stirnlage, sondern eine Gesichtslage vor. Die Naht, die von der großen Fontanelle ausgeht und in Richtung auf die Nase zieht, ist die Stirnnaht. Sie verläuft meist quer, seltener in einem schrägen Durchmesser.

Re

Abb. 239. Linke Stimlage Stirnhaltnng und Stirnlage: Kann man einen solchen Befund bei einem noch beweglich im Beckeneingang oder noch höher stehenden Kopf erheben, BO spricht man zunächst von Stirnhaltung, die eine Übergangshaltung (v. Jaschke) zur Gesichtslage darstellt. (Der größte Teil aller Gesichtslagengeburten beginnt als Stirnhaltung.) Erst wenn der Kopf beim Tiefertreten und nach dem Blasensprung seine Stirnhaltung beibehält, darf man von Stirn läge sprechen. Geburtsmechanismus: Bei der Stirnlage ist etwa die Mitte der Stirnnaht oder etwas tiefer, die Glabella, führender Teil. Bis zum Knie des Geburtskanals, also bis zum Beckenboden, tastet man die Stirnnaht im queren Dm oder quer mit Neigung zu einem schrägen Durchmesser (Abb. 239). Auf Beckenboden erfolgt die Drehung über einen schrägen ganz oder annähernd in den geraden Durchmesser. Je nachdem schiebt sich die Mitte des Oberkiefers oder das Jochbein als Drehpunkt gegen den unteren Schamfugenrand. Der Austritt erfolgt ähnlich wie bei der Hinteren Hinterhaupts- und Vorderhauptslage durch zwei entgegengesetzte Bewegungen (vgl. a. die Tabelle S. 293): durch eine Beugung, wodurch die Scheitelgegend und das Hinterhaupt über den Damm entwickelt werden und eine Streckbewegung zur Entwicklung des Gesichts unter dem Schambogen. Der größte zum Durchschneiden kommende Umfang ist der des Planum maxillo- bzw. zygomatico-parietale = 35—36 cm (!). — Es kommt vor, daß die Stirn anstatt nach vorn sich nach hinten dreht. Diese dorsoanteriore, mentoposteriore Stirnlage bedeutet (im Gegensatz zur Gesichtslage, S. 286) keine Geburtsunmöglichkeit. 279

Zusammenfassung:

Stirnlage Stirn (Glabella) Oberkiefer oder Jochbein erst Beugung dann Streckung PI. maxillo-parietale (oder PI. zygomatico-parietale) Umfang = 8 5 - 3 6 cm (!)

Leitstelle: Drehpunkt: Kopfaustritt: Größte Durchtrittsebene:

Behandlung der Stirnlage Mehr noch als bei allen anderen regelwidrigen Schädellagen gilt hier: Die G e b u r t s l e i t u n g muß in s t r e n g s t e m A b w a r t e n bestehen. Nach S t i g l b a u e r (61 Fälle) kommt es in 37,7% zur Spontangeburt, nach Meumann (16 Fälle) in 81,2%, nach E y m e r (13 Fälle) in 48%. Spontangeburt bei Stirnlagc ist also in rd. 40% aller Fälle zu erwarten. Bei Stirnlage darf unter allen Umständen nur dann eingegriffen werden, wenn eine ganz strenge mütterliche oder kindliche Indikation besteht! Nach Heinricius ergeben Zangenextraktionen 27,2% t o t e Kinder. Bei der Stirnlage wird die Zange zu einem sehr gefährlichen Instrument! Erfahrene Praktiker machen daher bei Stirnlage niemals eine Zangenoperation im Privathaus. Ihnen sind die großen technischen Schwierigkeiten der Zangenentbindung bei Stirnlage bekannt. Also: Niemals Stirnlagen im Privathaus durch Zange entbinden! Glücklicherweise kommt die Mehrzahl der Ärzte niemals in die Lage, eine Stirnlagengeburt leiten zu müssen. Wenn überhaupt schon eingegriffen werden soll, dann ausschließlich in der Klinik. Ist Klinikeinweisung nicht möglich, so empfehle ich besonders den jungen Kollegen, den Kopf unter Umständen zu perforieren. Auch in der Klinik wird man nur unter besonders dringlichen Umständen von der abwartenden Haltung abgehen. 280

Für die Klinik gilt: Stellung des Oberkiefers: vorn vorn-seitlich seitlich hinten liinten-seitlich

Zange: erlaubt erlaubt sehr schwierig unmöglich nicht erlaubt.

Steht der Oberkiefer (Drehpunkt) bzw. die Glabella oder die Nasenwurzel (Leitstellen) hinten, so ist die Entwicklung des kindlichen Kopfes mit der Zange unmöglich: Zur Durchführung des Austrittsmechanismus wäre eine weitere Streckung notwendig; sie kann aber vom Geburtsobjekt nicht geleistet werden. Niemals wird bei Stirnlage eine Zange angelegt, ohne daß vorher ein ausgiebiger Scheidendammschnitt (s. S. 212) gemacht worden ist. Die Kunsthilfe mit der Zange ist auch in der Klinik lediglich ein Ycrsuch. Mißlingt er, so wird sofort anschließend p e r f o r i e r t . Die technische Ausführung der Stirnlagenzange entspricht im Prinzip der der Zange bei VoHL. Die Stirnlagenzange ist die Zangenentbindung mit der ungünstigsten Prognose! Wenn eine W e n d u n g (mit anschließender Extraktion) noch möglich ist (Hauptvoraussetzungen: Kopf in tiefster Narkose noch beweglich zu machen, Mm vollständig, kein enges Becken, kein Fieber), so würde ich diese im I n t e r e s s e der M u t t e r s t e t s bevorzugen. Eine Besserung der Resultate ist sonst nur zu erzielen durch häufigere Anwendung der Schnittentbindung bei Stirnlage, besonders wenn man bedenkt, daß v. K h r e n i n g e r - G u g g e n b erg er bei Spontangeburt eine kindliche Mortalität von 20% errechnet hat.

Deflexionslage Nr. 3 = Gesichtslage ( = GL) Definition: Die GL ist die Deflexionslage mit dem stärksten Grad der Streckhaltung des Kopfes. Sie verläuft so gut wie immer als dorsoposteriore (=mentoantcriore) Lage, fast niemals als dorsoanteriore ( = mentoposterior) Lage. Vorliegender Teil ist das Gesicht, Leitstelle ist das Kinn. Der Umfang des Durchtrittsplanums beträgt 34cm. Die m e n t o p o s t e r i o r GL ist n i c h t gebärfähig. Häufigkeit: auf etwa 200—300 Geburten kommt eine GL ( = y 2 — 1 / 3 %, v. J a s c h k e , M a r t i u s , Teipel, Rasehhofer). 281

Untersuchungsbefund, Diagnose: I. Äußere Untersuchung Drei charakteristische Merkmale (Abb. 240), eolange der Kopf noch nicht tief ins Becken eingetreten ist: 1. Hinterhaupt auffallend hervorstehend! Man tastet oberhalb der Symphyse auf einer Seite einen großen, harten, kugeligen Teil, und zwar in einem sonst nie wieder fühlbaren Umfang: das Hinterhaupt (Abb. 240, Röntgenskizze, Pfeil 1). 2. Charakteristischer Einschnitt I Sofern die Bauchdecken nicht allzu dick sind, fühlt man zwischen Kopf und Rücken einen tiefen Einschnitt, den man auch auf dem Röntgenbild erkennen kann (Abb. 240, Pfeil 2). 3. Die Herztöne! Bei den GL hört man die HT ganz im Gegensatz zu allen anderen Lagen am lautesten nicht auf der Seite des Rückens, sondern auf der Seite der kleinen Teile, da die Brust der Uteruswand näher liegt als der Rücken (Abb. 240, Pfeil 3). Meistens hört man aus demselben Grunde die HT auch besonders laut. Lediglich bei der Stirnlage verhalten sich die HT so wie bei der GL.

Abb. 240. Die 3 charakteristischen Merkmale der Gesichtslage bei der äußeren UnterBuchung: 1. Hinterhaupt auffallend hervorstehend, 2. Charakteristischer Einschnitt zwischen Kopf und Rücken, 3. Herztöne auf der Seite der kleinen Teüe

Π. Innere Untersuchung Grundsatz: Hat man bei äußerer oder rektaler Untersuchung Verdacht auf GL, so muß in der Klinik vaginal untersucht werden. Nachweis von Kinn, Mund, Nase, Augenbrauengegend (Abb. 241). 282

Differentialdiagnose: Bei gewissenhafter Untersuchung sollte eine Verwechslung der GL mit einer anderen Lage nicht vorkommen. Ungeübte halten den Mund für den After und nehmen eine Steißlage an. Die Unterscheidung zwischen GL und Steißlage wird allerdings dann schwierig, wenn eine großo Geburtsgeschwulst besteht. Kennzeichen des Mundes: Der Finger läßt sich leicht einführen, man fühlt die scharfen Zahnleisten, die Zunge und manchmal auch Saugbewegungen. Beim Eingehen in den Mund machen die Kinder nicht selten zappelnde Bewegungen. Kennzeichen des Afters: Beim lebenden Kind kann man den Finger nicht einführen bzw. nur unter Anwendung eines bohrenden Druckes. Gelingt dies, so ist der Finger mit Mekonium beschmutzt. Geburtsmechanismus: Bei Geburtsbeginn stellt sich gewöhnlich zunächst die Stirn über dem Beckeneingang ein, sie wird vorübergehend zum führenden Teil = Stirnhaltung der GL im Beckeneingang (Abb. 242). Dabei sieht das Gesicht entweder zur rechten oder zur linken Seite: Gesicht > Ii. = Rücken re. = rechte GL = II. GL Gesicht > re. = Rücken Ii. = linke GL = I. GL Die Gesichtslinie ( = Verbindungslinie von der Stirnnaht über Nasenwurzel, Nasenrücken und Mund zum Kinn), die der Pfeilnaht bei der HHL entspricht, steht also zunächst ungefähr im queren Durchmesser des Beckens, das Kinn ganz seitlich links oder rechts. Nach den ersten kräftigen Wehen verstärkt sich die Streckhaltung und der Kopf tritt in das Becken ein. Dabei wird das Hinterhaupt noch mehr gegen den Rücken hin gedrängt, die Stirn zugleich aus ihrer führenden Stellung weggeschoben, der Gesichtsschädel mit dem Kinn tritt in das Becken ein und übernimmt die Führung.

Re

Abb. 241. Befund bei der inneren Untersuchung der I. Gesichtslage 283

Diese maximale Streckhaltung mit querverlaufender Gesichtslinie wird beim Tiefertreten des Kopfes unverändert beibehalten, bis der Kopf auf dem Beckenboden angekommen ist. Austrittsmechanismus: Erst auf dem Beckenboden ändert sich 1. die S t e l l u n g der Gesichtslinie, 2. die extreme S t r e c k h a l t u n g des Kopfes.

ad 1) Das Kinn dreht sich auf dem Beckenboden schamfugenwärts, die Gesichtslinie dreht sich also bei I. GL über den II. schrägen Durchmesser (Abb. 241), bei II. GL über den I. schrägen Durchmesser

Beugung

überwunden = Austrittsbewegung

ad 2) Um das Knie des Geburtskanals zu überwinden, muß der in maximaler Streckhaltung befindliche Kopf sich jetzt entstrecken = beugen. Zunächst allerdings bleibt die Streckhaltung noch bestehen, bis der Reihe nach Kinn, Mund, Nase, Augen geboren sind (Abb. 243). Dann stemmt 284

sich das Hypomochlion der GL, das Z u n g e n b e i n , gegen den Seharn bogen an und die Beugebewegung des Kopfes zur Überwindung des im Bogen um die Symphyse herum verlaufenden Geburtskanals beginnt: langsam wird nun das Vorderhaupt und dann auch das Hinterhaupt über den Damm geboren (Abb. 244). Durchtrittsebene ist das Planum hyo- oder tracheoparietale, Umfang = 34 cm. Bemerkenswert ist, daß das Hypomochlion bei der G L außerhalb des Kopfes, nämlich am Zungenbein, liegt. Zusammenfassung:

Gesichtslage: Leitstelle:

Kinn

Drehpunkt:

Zungenbein

Kopfaustritt:

reine B e u g u n g

Größte D u r c h t r i t t s e b e n e : P l a n u m hyo-parietale, U m f a n g = 34 c m . Die Geburtsgesehwulst sitzt bei der GL auf dem Gesicht, und zwar in der Hauptsache auf der vorangehenden Wange und deren Umgebung: bei der linken GL auf der rechten Wange, bei der rechten GL auf der linken AVange. Infolge dieser Gesichtsverformung, die auch auf Mund und Augen übergreift, sieht das GL-Kind einige Tage entstellt aus. Außerdem bleibt auch die Streckstellung des Kopfes nach hinten noch eine Reihe von Tagen bestehen. Am Hals sieht man mehr oder weniger deutlich Dehnungsstreifen der Haut ( K a l t e n b a c h ) . Der Geburtsmechanismus der GL ist dem der normalen HHL genau e n t g e g e n g e s e t z t . Diese Tatsache ist sehr geeignet, den Geburtsverlauf bei GL dem Verständnis näher zu bringen: Gegensätze zwischen der normalen Hinterhauptslagc und der Gesichtslage normale HHL

GL

beim Eintritt ins Becken:

maximale Beugung

maximale Streckung

beim Anstritt:

reine Streckung

reine Beugung

Drehpunkt:

in beiden Fällen lußerhalb des Kopfes: Nackenhaargrenze Zungenbein („hinten am Hals") („vorn am Hals")

es treten der Reihe nach über den Damm

Hinterhaupt Vorderhaupt Stirn Augen Nase Mund Kinn

Kinn Mund Nase Augen Stirn Vorderhaupt Hinterhaupt

285

Besonderheiten des Geburtsverlaufs: Die Geburt bei GL dauert häufig länger als bei regelrechter HHL. Dies hat 3 Gründe: 1. das größere D u r c h t r i t t s p l a n u m = Planum hyo-parietale mit 34 cm an Stelle von 32 cm Umfang, 2. das Gesicht als vorangehender Teil ist weniger geeignet, die Weichteile zu weiten, 3. die hohe S t r e c k h a l t u n g s s p a n n u n g . Man bekommt eine Vorstellung von der zur Aufrechterhaltung dieser gezwungenen Haltung notwendigen Kraft, wenn man bei einem auf dem Tisch liegenden Neugeborenen versucht, den Kopf in die extreme Streckhaltung zu bringen, die Haltung, mit der der Kopf bei GL durch den Geburtskanal hindurchgetrieben werden muß. Mit dieser gleichen Kraft wirkt die „ H a l t u n g s s p a n n u n g " auf die Weichteilpolsterung des Geburtskanals zurück, wodurch es zu einer starken Erhöhung der Reibungswiderstände kommt.

4. Hierzu kommt noch, daß der Damm beim Durchschneiden des Kopfes durch das hinten liegende breite Hinterhaupt stark in der Quere überdehnt wird, so daß stets ein energischer Dammschutz erforderlich ist. In vielen Fällen verläuft die GL nicht oder nicht viel langsamer als die regelrechte HHL. Prognose: der weitaus größte Teil der GL mit nach vorn rotierendem Kinn verläuft spontan und bedarf keiner Kunsthilfe. Sehr zu beachten ist die Gefahr des Dammrisses. Die allermeisten Gesichtslagen verlaufen völlig spontan! Sehr erfahrene und vielbeschäftigte Geburtshelfer haben im Laufe von Jahrzehnten keinen Eingriff bei GL zu machen brauchen! Dreht sich das Kinn auf dem Beckenboden nicht nach vorn (mentoanterior© GL), sondern nach hinten (mentoposteriore GL, Abb. 245), so kommt es zum Geburtsstillstand. Die mentoposteriore GL ist geburtsunmöglich! Sie ist eine absolut ungünstige Lage. Die Frage, weshalb unter diesen Umständen Geburtsunmöglichkeit besteht, ist leicht zu beantworten: der Kopf befindet sich in maximaler Streckstellung mit dem nach hinten gerichteten Kinn auf dem BB. Um das Knie des Geburtskanals zu überwinden, also um den Kopf im Bogen um die Symphyse herumbringen zu können, müßte der Kopf aber noch mehr gestreckt werden. Das ist aber völlig unmöglich, da das Hinterhaupt schon so tief wie möglich in den Nacken hineingedrängt ist, der Kopf also schon maximal gestreckt ist. 286

Sehr zu beachten ist aber, daß das Auftreten einer mentoposterioren Gesichtslage bei einem reifen, lebenden Kind zu den größten Seltenheiten gehört. Alle erfahrenen Geburtshelfer werden bestätigen, daß man unter Tausenden und Zehntausenden von Geburten zwar eine ganze Keihe von mentoanterioren GL, aber so gut wie niemals eine mentoposteriore GL eines reifen, lebenden Kindes zu sehen bekommt. Ätiologie: Nach v. Hecker kommt die GL am häufigsten dann vor, wenn der Schädel eine dolichozephale Form hat (Langschädel) und gleichzeitig ein enges Becken vorliegt. — Tumoren an der Vorderseite des Halses (Strumen, Hygrome u. a.) bewirken eine primäre Gesichtseinstellung. Kneer hat darauf hingewiesen, daß die Dauerkontraktion der Nackenmuskulatur eine besondere Rolle spielt; sie kommt sowohl bei zentralen Hirn- Abb. 245. Mentoposteriore Gesichtslage = geburtsundefekten wie auch bei normalen Kindern vor. Von mögliche Lage den Tumoren im Bereich des Geburtskanals sind es besonders die Zervixmyome, die den Kopf in die GL-Streckhaltung bringen können.

Behandlung der mento a n t e r i o r e η GL 1. Konservative Behandlung: Wie alle Deflexionslagen wird auch die GL streng abwartend geleitet. Dine Gesichtslagenzange ist eine sehr selten ausgeführte Operation und ist selbst für eine große Klinik etwas Besonderes ! Der Gefahr, daß aus einer im Beginn der Geburt bestehenden Stirnhaltung die weitaus ungünstigere Stirnlage entsteht, kann man nach der allgemeinen Lagerungsregel durch richtige Lagerung begegnen: Man lagert die Frau auf die Seite des Kinns, wodurch dieses frei kommt und ins Becken eintritt. 2. Operative Behandlung: Sie stellt in jedem Falle eine große Ausnahme dar. Es muß alles versucht werden, um eine Zange zu umgehen! Beim Vorliegen einer strengen Indikation muß man sich notgedrungen entschließen, die Geburt operativ zu beenden. Die häufigste Indikation ist erfahrungsgemäß das Auftreten schlechter HT des Kindes. Tritt zu Beginn der Geburt bei noch beweglichem Kopf eine Indikation zur Geburtsbeendigung auf, so empfiehlt sich für den Praktiker die Wendung auf den Fuß. Bei vollständigem Mm wird anschließend extrahiert. 287

Ergibt sieh eine Indikation zur operativen Geburtsbeendigung in Beckenmitte, so ist die Situation sehr unangenehm, da man eine Zange niemals ausführen soll, solange die Gesichtslinie noch im queren oder annähernd im queren Dm steht. Vor Zangenoperationen bei Köpfen mit ungünstiger Durchtrittsebene (VoHL, GL, SL!) muß überhaupt dringend gewarnt werden. Der an sich schon u n g ü n s t i g e K o p f u m f a n g wird d u r c h das E i n f ü h r e n der Z a n g e noch mehr v e r g r ö ß e r t . Vor allem sind die drehenden Traktionen bei der GL besonders schwierig und nicht minder gefährlich (tiefgehende Risse im mütterlichen Weichteilrohr). Ist eine Zange bei Gesichtslage gar nicht zu umgehen, so muß man möglichst solange abwarten, bis die Gesichtslinie im geraden oder annähernd im geraden Dm des Beckenausgangs steht. Dabei ist ganz besonders gewissenhaft zu prüfen, ob das Kinn auch wirklich vorn und nicht hinten steht; steht es hinten, so ist eine Entwicklung des kindlichen Kopfes mit der Zange unmöglich. Jede Gesichtslagen-Zange ist eine sehr schwierige Zange. Sie wird zu einem äußerst gefährlichen Eingriff für Mutter und Kind, wenn der Kopf nicht auf BB oder imBA und die Gesichtslinio nicht im g e r a d e n Durchmesser steht.

Ausführung der Zangenextraktion bei GL 1. Fall: Kopf auf Beckenboden, Gesichtslinie im geraden Durchmesser, Kinn vorn unter der Schamfuge. Zangenspitze stets auf das Kinn zeigen

Re

Abb. 24G. Zange bei Gesichtslage: Anlegen der Zange bei gerade verlaufender Gesichtslinie

lassen. Beide Löffel genau seitlich einführen wie bei normaler HHL mit gerade verlaufender Pfeilnaht (Abb. 246) (s. die allgemeinen Regeln auf S. 232). 288

Zange jetzt aber noch nicht schließen, sondern die gelockerten („gelüfteten") Zangengriffe hoch anheben (Abb. 247) und dann erst schließen. Würde man die Zange wie sonst nach dem Anlegen sofort schließen, so würde man nicht das Hinterhaupt, sondern den Gesichtsschädel und den Hals fassen und mit den Spitzen der Zange Verletzungen am Hals des Kindes setzen. Das Hinterhaupt, an das die Löffel gelegt werden müssen, liegt tief h i n t e n in der K r e u z b e i n h ö h l u n g . Um es zu fassen, müssen die gelockerten Griffe vor dem Schließen hoch erhoben werden.

dßf

Abb. 247. Nach Anlegen der Zange (1) wird diese noch nicht geschlossen, sondern die gelockerten Griffe werden zunächst hoch angehoben (2) und dann erst geschlossen (3) (Abb. verändert nach Martius)

Extraktion in zwei Arbeitsgängen 1. Ziehen in Richtung der Griffe (Abb. 247) bis das Kinn geboren ist. Ist man sich über die Zugrichtung nicht ganz klar, so braucht man die Griffe nur für einen Augenblick loszulassen: bei der r i c h t i g angelegten Zange zeigen die Griffe stets in die Richtung, in die gezogen werden muß. Ganz besonders zu beachten ist die Art, in der die GL-Zange zwecks Vermeidung des Abgleitens gefaßt werden muß: beide Hände fassen die Zangengriffe quer (s. die Handhaltung in Abb. 249), wobei die löffelwärts liegende (rechte) Hand den einen Buschschen Haken zwischen Zeige- und Mittelfinger nimmt. 2. Wird das Kinn sichtbar, so liegt jetzt der Drehpunkt, das Zungenbein, am Schambogen. Somit folgt jetzt: Stellungswechsel und Handwechsel (Abb. 248): „Links um w machen und zur Seite treten. Die rechte Hand umfaßt jetzt allein die Zange und zwar quer über dem Schloß. Linke Hand an den Damm: Energischer Dammschutz, da der Damm jetzt sehr in Gefahr ist. Die rechte Hand muß nun mit der Zange die Beugebewegung des Kopfes ausführen, 10 P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

289

Abb. 248. Extraktion bei der Gesichtslage, Fall 1: Ist das Kinn geboren, so umfaßfc die rechte Hand jetzt allein die Zange und zwar quer über den Haken. Linke Hand an den Damm! (Abb. nach S t o e c k e l )

um ihn im Bogen um die Symphyse herumzubringen. Dazu wird die Zange mit der rechten Hand ganz langsam und vorsichtig auf den Bauch der Mutter hin bewegt. Hauptaugenmerk ist dabei immer auf den Damm zu richten! Keine G e s i c h t s l a g e n - Z a n g e ohne eine a u s g i e b i g e E p i s i o t o m i e ! Für die Gesichtslagen-Zange ist also besonders einzuprägen: 1. daß man nach dem Anlegen die Zange lüftet, hoch anhebt und dann erst schließt (Abb. 247), 2. daß man im 1. Arbeitsgang bei der Extraktion die Zange mit beiden Händen quer umfaßt (vgl. Abb. 249), 3. daß der Kopf nur durch eine reine Beugebewegung entwickelt werden kann (vgl. Abb. 248). Eine „rückläufige", d. h. Streckbewegung gibt es also bei der GL-Zange nicht. Die rückläufige Bewegung gehört zur Zangentechnik bei der HiHHL, der VoHL und der Stirnlage. 2. Fall: Kopf fast auf Beckenboden, Kinn links vorn, Nasenwurzel rechts hinten (Abb. 249); Gesichtslinie also im I. schrägen Dm ( = 1 1 . GL). Die Zange bei Fall 2 und 3 ist nur ausnahmsweise unter ganz besonders dringenden Umständen als ein Zangenversuch erlaubt. Zange im II. schrägen Dm anlegen (Abb. 249): linker Löffel wird zuerst eingeführt und kommt nach links hinten, rechter Löffel soll nach rechts vorn kommen, rechter Löffel muß also wandern, eingeführt wird der rechte Löffel rechts hinten. Nach dem Anlegen lüften, gelockerte Griffe hoch anheben und danach erst die Zange schließen. Zug in Richtung der Griffe, gleichzeitig entgegen dem 290

Re

Li

Abb. 249. Extraktion bei der Gesichtslage, Fall 2: Gesichtslinie im I. schrägen Durchmesser, Anlegen der Zange im II. schrägen Durchmesser. Beide Hände fassen quer über die Zange. (Abb. nach Stoeckel) Uhrzeigersinn drehen, damit das Kinn an die Schamfuge kommt. Anschließend die Zangengriffe weiter in Richtung auf die Bauchdecken bewegen, wie bei Fall 1. Noch einmal festhalten:

Gesichtslagen-Zangen bei noch schräg verlaufender Gesichtslinie dürfen in der Hauspraxis auch nicht einmal v e r s u c h t werden. Gefahr schwerer Weichteilverletzungen! 3. Fall: Kopf fast auf Beckenboden, Kinn rechts vorn, Nasenwurzel links hinten, Gesichtslinie also im II. schrägen Dm ( = 1 . GL). Zange im I. schrägen Dm anlegen: linker Löffel wird zuerst eingeführt, er kommt nach links vorn, linker Löffel muß also wandern, eingeführt wird der linke Löffel links hinten, rechter Löffel kommt nach rechts hinten usw., wie bei Fall 2, nur mit dem Unterschied, daß die beim Ziehen auszuführende Drehung im Uhrzeigersinn erfolgen muß.

Bei Gesichtslage n i e m a l s eine Zange anlegen bei quer verlaufender Gesichtslinie oder h i n t e n stehendem Kinn! Behandlung der m e n t o p o s t e r i o r e n

GL

Ergibt die Untersuchung, daß das Kinn im B E oder in BM seitlich h i n t e n steht, so muß durch 10·

291

Seitenlagerung versucht werden, das Kinn nach vorn zu bringen: Bei Gesichtslage im BE oder in BM mit seitlich hinten stehendem Kinn wird die Kreißende auf die Seite des Kinns gelagert! Fühlt man bei einem auf BB stehendem Kopf das Kinn völlig nach hinten stehen, so besteht nicht mehr die geringste Aussicht, daß das Kinn sich nach vorn dreht. Dieser Befund gehört aber zu den allergrößten Seltenheiten in der Geburtshilfe. Aus dieser Situation heraus kann sich das Kinn weder spontan nach vorn drehen, noch kann es mit der Zange nach vorn gebracht werden. Eine Entwicklung des kindlichen Kopfes bei h i n t e n stehendem Kinn ist deswegen unmöglich, weil für den Austritt des Kopfes eine weitere Streckung erforderlich wäre. Diese kann aber vom Kopf nicht mehr geleistet werden, s. S. 286. Es besteht also Geburtsunmöglichkeit. Jedes Zangenanlegen ist strengstens verboten, da es niemals zu einem Erfolg führen kann, wohl aber schwere Gewebszerreißungen des Scheidenrohres zur Folge haben muß. (Fortsetzung s. S. 294.)

Tabelle der regelrechten und regelwidrigen Kopflage(n) Schema

Diagnose

Leitstelle

Drehpunkt: ( = Stemmpunkt = Hypomochllon)

Kopfaustritt

Größte Dnrchtritteebene ( P l . = Planum)

Umfang

Normale PL (vordere) kleine NackensubocStrekHinter- Fonhaarcipito- 32 cm kung hauptstagrenze bregmanelle lage ticum (HHL) Abb. 250

Hintere Hinterhauptslage (HiHHL) Abb. 251

292

kleine Fongroße taFontanelle nelle bis bis Schei- Stirnhaartelgegrenze gend

erst stärkPL ste subocBeugung, cipito- 33 cm bregdann Strek- maticum kung

Tabelle der regelrechten und regelwidrigen Kopflage(n) (Fortsetzung)

Schema

Diagnose

Leitstelle

Drehpunkt: ( = Stemmpunkt= Hyporaochlion)

Kopfaustritt

Größte Durehtrlttscbene (PI. = Planum)

Umfang

Stirnerst Vordcr- große haar- BeuPI. haupts- Fon- grenze gung, frontolage bis occi- 34 cm tadann (VoHL) nelle Nasen- Strek- pitale wurzel kung Abb. 252

Oberkiefer (am häuStirnlage Stirn figsten) (SL) oder Jochbein

erst Pl. Beu- maxillogung, parietale, 35—36 dann PI. zygo- cm Strek- maticokung parietale

Abb. 253

PI. hyoGesichtsreine parietale ZungenKinn lage Beu- (oder PI. 34 cm bein (GL) gung tracheoparietale) Abb. 254

293

Schema

Diagnose

Befund

Tiefer Querstand

Kopf auf Beckenboden, Pfeilnaht quer, kleine Fontanelle links (oder rechts) seitlich, große Fontanelle rechts (oder links) seitlich.

Hoher Geradstand

Kopf auf dem Beckeneingang, Pfeilnaht im geraden Durchmesser, kleine Fontanelle an der Symphyse (oder am Promontorium), große Fontanelle am Promontorium (oder an der Symphyse).

Abb. 255

Abb. 256 Einzelheiten über Diagnose, Geburtsverlauf, Behandlung usw. siehe die Seiten 245—292. (Fortsetzung von S. 292): Weiteres Abwarten ist jetzt vollkommen zwecklos, es muß im Gegenteil s o f o r t gehandelt werden, da die Mutter in größter Gefahr ist. Bei kräftigen Wehen droht vor allem die Uterusruptur. Kommt es nicht dazu, so würde weiteres Abwarten mit Sicherheit zu anderen schwerwiegenden Folgen für die Mutter führen: Fieber unter der Geburt, Tympania uteri (S. 385), Sepsis, Blasenscheidenfistel. Daher muß unter diesen Umständen die Geburt sofort beendet werden, und zwar durch Perforation des Kopfes mit anschließenderKraniotraxie des Kindes, auch des lebenden (s. S. 608). Bei GL wird die Perforation am besten durch den Mund oder das Stirnbein (Stirnnaht) vorgenommen. 294

Beckenendlage (

BEL)

Definition: Die BEL ist die Längslage, bei der das Beckenende vorangeht. Häufigkeit: rund 3% (Kraussold [Klinik Kraatz], Martius), . Win ekel). Üb er die H ä l f t e aller BEL b e t r i f f t E r s t g e b ä r e n d e [raussold und eigene Statistik). Einteilung: Nach der verschiedenen Haltung der unteren Extremitäten iterscheidet man üblicherweise folgende Unterarten:

Abb. 257. Reine Steißlage

Abb. 259. Vollkommene Fußlage

Abb. 258. Vollkommene Steißfußlage

Abb. 200. Unvollkommene Fußlage

295

reine Steißlage = einfache Steißlage, Steißfußlage, Fußlage und Knielage (sehr selten). Tastet man als vorliegenden Teil nur den Steiß

den Steiß und daneben zwei Füße den Steiß und daneben einen Fuß nur zwei Füße nur einen Fuß nur zwei Knie nur ein Knie

so bezeichnet man die BEL als reine Steißlage (Abb. 257). Bei der reinen Steißlage sind beide Beine an der Bauchseite des Kindes nach oben geschlagen; vollkommene Steißfußlage (Abb. 258); unvollkommene Steißfußlage; vollkommene Fußlage (Abb. 259); unvollkommene Fußlage (Abb. 260); vollkommene Knielage Ϊ unvollkommene Knielage / s e h r s e l t e n ·

Untersuchungsbefund, Diagnose: Anamnese beachten! Stets nach den Kindsbewegungen fragen! Kindsbewegungen werden bei BEL sehr oft als schmerzhaft empfunden! (Stoßen der unteren Extremitäten gegen den überdehnten und daher besonders empfindlichen unteren Gebärmutterabschnitt und gegen die überstreckten runden Mutterbänder!). A u ß e r d e m lokalisieren die Schwangeren selbst die K i n d s b e w e g u n g e n oft unmittelbar oberhalb des Beckens, u n t e r h a l b des Nabels. Das gilt schon für die mittleren Monate. Für die letzten beiden Monate ist folgendes praktisch sehr wichtig: Bei Verdacht auf BEL (im 9. und 10. Monat) immer fragen, ob die Schwangere beim B ü c k e n etwas H a r t e s , D i c k e s ( = den Kopf) unter dem R i p p e n b o g e n fühlt. Äußere Untersuchung: Rücken auf der einen Seite, kleine Teile auf der anderen Seite. Rücken meist links oder rechts vorn. Kopf im Fundus. Bei nicht zu dicken Bauchdecken kann man oft sehr gut den Kopf zwischen Daumen und vier Fingern umfassen und hin- und herbewegen (Abb. 261), d. h. ballotieren lassen. Den Kopf fühlt man im Fundus unter den Fingern als eine harte, runde, bewegliche Masse. Das Ballotieren gibt ein Gefühl etwa wie bei einem Stück Eis, das in einem Wasserglase flottiert. Der Steiß ist über oder im BE zu fühlen. Besonders bei Anwendung des 3. und 4. Leopoldschen Handgriffs ( = Kopfgriff) fühlt man, daß das, was man da über dem BE tastet, nicht der Kopf ist: 296

Der vorangehende Teil ist n i c h t so u m f a n g r e i c h , ist n i c h t so g l e i c h m ä ß i g h a r t , hat n i c h t die g l e i c h m ä ß i g e R u n d u n g wie der Kopf: Das richtige „Kopfgefühl" fehlt! Beim Umgreifen des vorangehenden Teils fühlt man vielmehr einen k l e i n e r e n großen Teil, eine g e r i n g e r e H ä r t e , w e c h s e l n d h ä r t e r e u n d weichere P a r t i e n , eine u n r e g e l m ä ß i g e F o r m , das F e h l e n des B a l l o t e m e n t s . Die Erkennung der BEL geht praktisch meist wie folgt vor sich: Der routinemäßig ausgeführte 1. Leopoldsche Handgriff läßt zunächst nichts Besonderes erkennen. Das liegt daran, daß der Praktiker diesen Handgriff leider fast nur zur Feststellung des F u n d u s s t a n d e s benutzt und ihn aber meist nicht genügend zur Feststellung des K i n d e s t e i l e s im Fundus ausnutzt, einfach deswegen nicht, weil es sich in 100 Fällen ja doch 96 mal um den Kopf handelt. Erst dann, wenn man bei Ausführung des 3. und 4. Leopoldschen Handgriffs bemerkt, daß bei dem über dem Becken stehenden Teil das richtige Kopfgefühl fehlt bzw. die anderen oben genannten Zeichen in Erscheinung treten, erst dann, wenn die Vermutung zunehmend zur Erkenntnis wird, daß der in diesem Fall vorangehende Teil kein K o p f , sondern ein S t e i ß ist, dann erst gehen die H ä n d e wieder z u r ü c k zum F u n d u s , um durch gründlichere Betastung mit dem 1. L e o p o l d s c h e n Handlassen, des Kopfes griff eine weitere Bestätigung und Sicherung der Diagnose zu erhalten. Dann fühlt man auch im Fundus das, was man bei richtiger Untersuchungstechnik schon gleich zu Anfang hätte fühlen können: einen g r o ß e n g l e i c h m ä ß i g h a r t e n u n d g l e i c h m ä ß i g r u n d e n Teil, den m a n zum B a l l o t i e r e n b r i n g e n kann. Bemerkenswert ist auch, daß bei BEL Erstgebärender der vorangehende Teil im Beginn der Geburt meist noch nicht tief im Becken steht, wie man das von Kopflagen bei Erstgebärenden her gewöhnt ist (ein Hochstand des Kopfes wird jedoch auch bei Erstgebärenden nicht selten beobachtet). Auch die Lage der HT ist kennzeichnend; man hört sie nicht wie üblich am deutlichsten unterhalb des Nabels, sondern etwas oberhalb des Nabels oder in Nabelhöhe. Da der Rücken sich fast stets nach vorn dreht, wandern die HT im Verlauf der Geburt nach vorn und mehr nabelwärts. 297

In den meisten Fällen erkennt man die BEL schon durch äußere Untersuchung; bei sonst normalen Verhältnissen wird man durch die äußere Untersuchung wenigstens zu einem Verdacht auf BEL kommen. Entscheidend für die Diagnose ist das „Kopfgefühl" und das Ballotement. Wenn man einen großen Teil über dem BE ballotieren lassen kann, so liegt niemals eine BEL vor, Die Herztöne haben m. E. für die Diagnose eine geringere Bedeutung. Niehl selten hört man die HT in und über Nabelhöhe genau so laut wie unterhalb oder sogar lauter, und es liegt eine Schädellage vor. Schwierig ist die äußere Untersuchung bei fettleibigen Frauen, bei straffen Bauchdecken und besonders auch bei Hydramnion. Sicherheit bringt hier die

Innere Untersuchung (zunächst stets rektal). Sobald der vorangehende Teil ins Becken eingetreten ist und man an ihn herankommen kann, tastet man als auffallendsten Befund einen unregelmäßigen und in der Hauptsache weichen Kindsteil; hier fühlt man einen Knochenvorsprung, dort eine Knochenleiste. Die wichtigsten Kenn zeichen des Steißes gegenüber dem Kopf sind zunächst negative, nämlich Fehlen der gleichmäßigen H ä r t e , Fehlen der N ä h t e , Fehlen der F o n t a n e l l e n . Ist der Mm vollständig und steht der vorangehende Teil genügend tief, so kann man deutlich die beiden Sitzbeinhöcker, die Steißbeinspitze, das Kreuzbein und die H ü f t b e u g e n abtasten. Das Hauptkennzeichen de BEL ist die Crista sacralis media, die Mittelleiste des Kreuzbeins, die man bei I. Lage links, bei II. Lage recht abtastet. Diese m a r k a n t e Knochenleiste kann man eigentlich nie mals verfehlen. Manchmal fühlt man in der länglichen Grube zwischen den Gesäßbacken die A f t e r ö f f n u n g (Vorsicht! Gefahr der Sphinkterverletzung bei unzartem Eingehen!), nicht selten auch den Hodensack. (Von Geschlechts voraussagen ist dringend abzuraten: der vermeintliche Hodensack erweist sich später nicht selten als Geburtsgeschwulst). Steht der Steiß noch hoch, so ist es sehr zu empfehlen, sich den Steiß bei den inneren Untersuchung von oben her möglichst tief in das Becken hineindrücken zu lassen. Diagnose der Fußlage: Ganz einfach ist die rektale Untersuchung dann wenn ein Fuß vorangeht. Nur muß man sich vor einer Verwechslung von Fuß und Hand hüten. Das wäre praktisch gleichbedeutend mit der Verwechslung einer BEL mit einer Querlage. (Bei Kopflagen ist ein Armvorfall sehr viel seltener.) Das wichtigste Kennzeichen des Fußes ist die Ferse (Fersenbein Calcaneus) (Abb. 262). Beim Übergang vom Unterschenkel zum Fuß fühlt man die Ferse als Spitze, der Übergang ist winklig! Der Übergang vom Arm zu Hand ist flach, die Hand ist die gerade Verlängerung des Unterarmes. Außerdem 298

die Zehen sind k ü r z e r als die F i n g e r , die Zehen sind etwa gleieh l a n g , die F i n g e r n i c h t (Daumen!), der D a u m e n ist a b s p r e i z b a r , die g r o ß e Zehe n i c h t (Abb. 262).

4) Abb. 262. Unterscheidung zwischen Hand und Fuß: a) Das wichtigste Kennzeichen des Fußes ist die Ferse, b) Die Zehenlinie ist gerade, die der Finger krumm, c) Der Daumen ist abspreizbar, die große Zehe nicht.

Die vier Kennzeichen für die Beckenendlage-Diagnose (Abb. 263): 1. Ballotement eines harten, runden, großen Teils im Fundus (Abb. 261)! 2. L e o p o l d s c h e r Handgriff 3 und 4: das richtige Kopfgefühl fehlt (S. 297)! 3. Herztöne etwas oberhalb des Nabels! 4. r e k t a l (vaginal): unregelmäßig geformter, vorwiegend weicher Kindsteil mit Knochenvorsprüngen und Knochenleisten; Crista sacralis media, Bein(e), Fuß (Füße) oder (selten) Knie(e)! 299

Diagnose der Knielage: sehr seltene Unterart der BEL. Die bewegliche Patella kann man wohl immer von dem festen Olekranon unterscheiden. Ist man sich nicht klar, so tastet man mit dem Finger an dem weniger umfangreichen Teil der Extremität entlang, bis man ans Ende kommt und nun dort die Hand oder den Fuß fühlt. m

k

Differentialdiagnose: Verwechseln kann man die reine Steißlage eigentlich nur mit der Gesichtslage. Zur sicheren Unterscheidung Abb. 263. Schema zur Untersuchung der BEL muß v a g i n a l untersucht werden. Kennzeichen des Mundes: Der Finger läßt sich leicht einführen, man fühlt die scharfen Zahnleisten, die Zunge und manchmal auch Saugbewegungen. Kennzeichen des Afters: Beim lebenden Kind kann man den Finger nur schwer, unter Anwendung eines bohrenden Druckes, einführen (Vorsicht! Gefahr der Sphinkterverletzung bei unzartem Eingehen!). Gelingt das Eingehen, so ist der Finger mit Mekonium beschmutzt. Die Unterscheidung von Mund und After wird schwierig, wenn eine große Geburtsgeschwulst besteht. Überhaupt soll man sich immer an das Hauptkennzeichen der BEL, die Crista sacralis media, halten (s. Untersuchungsbefund S. 298). Gelegentlich sind Verwechslungen mit einer Querlage (Schulter!) und einem Hydrozephalus vorgekommen, jedoch wohl nur bei wenig erweitertem Muttermund (s. S. 591).

Über die Notwendigkeit des vaginalen Untersuchens bei Beckenendlagen Der weniger Erfahrene neigt dazu, in Zweifelsfällen über das Vorliegen einer BEL diese Zweifel bestehen zu lassen, bis der in der Tiefe erscheinende Steiß die Situation gewissermaßen von selbst klärt. Einem solchen Vorgehen muß energisch widersprochen und der alte Grundsatz herausgestellt werden, daß die Diagnose Kopf- oder Beckenendlage in jedem Falle zweifelsfrei und früh genug, d. h. im Verlauf der Eröffnungsperiode, geklärt werden muß. Gewiß ist die Unterscheidung zwischen Kopf- und Beckenendlage durchaus nicht immer leicht, besonders dann nicht, wenn die äußere Untersuchung durch dicke Bauchdecken und die rektale Untersuchung infolge Hochstandes des vorangehenden Teils oder noch nicht genügend weit eröffneten Mm erschwert sind. Eine klare 300

Diagnose muß aber gestellt werden und zwar spätestens am Ende der Eröffnungsperiode. DerAnfänger präge sich daher den folgenden sehr wichtigen Grundsatz ein: In jedem Zweifelsfall über das Bestehen einer Beckenendlage gilt: Wenn der Muttermund 8—10 cm weit geworden ist und bis dahin durch äußere und rektale Untersuchung die Diagnose immer noch nicht klar entschieden werden konnte, so muß die Situation jetzt durch vaginale Untersuchung endgültig geklärt werden. Indem man in Zweifelsfällen die vaginale Untersuchung erst bei einem Mm von 8—10 cm Weite vornehmen läßt, schiebt man sie zeitlich so weit wie nur möglich hinaus. Diese Weite ist zugleich die günstigste für die rektale Untersuchung, mit der vor Ausführung der vaginalen Untersuchung immer noch einmal ein Versuch zur Klärung der Diagnose gemacht werden muß. Bei einer I-Para mit vorzeitigem Blasensprung und Verdacht auf BEL würde ich allerdings empfehlen, nicht so lange zu warten, sondern sie ohne vaginale Untersuchung lediglich auf den Verdacht hin in eine Klinik einzuweisen.

Die Begründung für die unbedingte Notwendigkeit der diagnostischen Klarstellung ist die folgende: 1. Liegt eine BEL vor, so muß der Arzt mit seiner Zeit entsprechend disponieren, um zur Ausführung der halben Extraktion bereit zu sein. Die Hebamme kann in Ruhe die notwendigen Vorbereitungen für den Eingriff treffen. 2. Durch die vaginale Untersuchung wird auch über die drei differentialdiagnostischen Möglichkeiten: Gesichtslage, Querlage oder Hydrozephalus entschieden, was in jedem Fall sehr wichtig ist. Übersehen einer Querlage oder eines Hydrozephalus kann den Tod der Kreißenden bedeuten. Über eines aber muß man sich v o r Ausführung der vaginalen Untersuchung (möglichst schon bei Übernahme der Geburt) in der Hauspraxis klar geworden sein, nämlich darüber, ob der vorliegende Fall nicht zu der Gruppe von Beckenendlagen gehört, die nach heutiger Erfahrung durch S e k t i o entbunden werden sollen; siehe hierzu die I n d i k a t i o n e l i s t e auf S. 317. Bei Verdacht auf BEL und gleichzeitigem Bestehen einer Indikation zur Sektio muß jede vaginale Untersuchung in der Hauspraxis unterbleiben und die Kreißende schnellstens einer K l i n i k zugeführt werden.

Geburtsmechanismus bei der Steißlage (Abb. 264-287) Ohne genaueste Kenntnis des Geburtsmechanismus kann man kein Verständnis für die Geburtsleitung und ebenso kein Verständnis für die Regeln des operativen Eingreifens haben. Am 301

besten unterteilt man den Geburtsmechanismus der BEL in die folgenden fünf Abschnitte: 1. Eintritt des Steißes in das Becken und Vorrücken bis zum BB: Der Steiß tritt meist so in das Becken ein, daß sich die Hüftbreite in einem schrägen Dm des Beckens einstellt (Abb. 264—266). Hüftbreite = größter Durchmesser des Steißes. Der Rücken ist so gut wie immer nach vorn gerichtet, also Rücken links vorn = I. BEL = Hüftbreite im II. schrägen Dm. Rücken rechts vorn = II. BEL = Hüftbreite im I. schrägen Dm (Abb. 266). Seltener stellt sich die Hüftbreite in den queren oder geraden Dm des Beckens ein.

In dieser Ausgangsstellung rückt der Steiß bis zum BB vor. 2. Die Überwindung des Knies des Geburtskanals und die Geburt des Steißes: AmBB angekommen (Abb. 267—269), steht der Steiß jetzt am Knie des Geburtskanals. Um weiter vorrücken zu können, muß er sich nun im Bogen um die Symphyse herum bewegen. Die beiden Mittel zur Überwindung des Knies sind: 1. Die Drehung der Hiiltbreite des Steißes aus dem schrägen in den geraden Dm. Die mehr nach vorn gerichtete Hüfte, bei I. Steißlage die linke, bei II. Steißlage die rechte (Abb. 269), dreht sich symphysenwärts, der Rücken kommt dabei ganz seitlich zu stehen (Abb. 267-269). 2. Die LateralHexion. (Abb. 270—275). Die durch die Drehung des Steißes in den geraden Dm gewissermaßen auf die Kante gestellte Frucht ist jetzt gezwungen, sich im ganzen nach der Seite abzubiegen ( = Lateralflexion), um sich in die Abbiegung des Geburtskanals einzupassen; für die Frucht besteht ein „Yerbiegungszwang". Diese beiden Mittel, Drehung in den geraden Dm und Lateralflexion, stellen einen zusammengehörigen Anpassungsvorgang dar. Nach Untersuchungen Sellheims dreht sich die Frucht stets so, daß die Richtung der leichtesten Abbiegbarkeit ( = Biegungsfazillimum) des in Betracht kommenden Körperabschnittes (hier der Wirbelsäule) mit der Richtung des Geburtskanals zusammenfällt (vgl. S. 116).

Solange die Beine, insbesondere die Oberschenkel, am Bauch hochgeschlagen sind, läßt sich die Wirbelsäule am leichtesten nach der Seite abbiegen, die Einpassung in das Knie kann zunächst also nur durch Lateralflexion, durch Abbiegung nach der Seite, erfolgen (Abb. 270—275). Das Darmbein der vorderen Hüfte stemmt sich als Hypomochlion gegen den Schambogen und wird zum Drehpunkt, um den die ganze Hüfte des Kindes bei ihrer Entwicklung rotiert (Abb. 270—272). Zuerst wird die vordere Gesäßbacke in der Schamspalte sichtbar und bleibt stehen; dann erscheint auch die hintere Gesäßbacke. Die h i n t e r e H ü f t e geht zuerst über den Damm und schließlich, nachdem das ganze übrige Becken schon herausrotiert ist, wird auch die vordere Gesäßbacke weiter vorgeschoben und die vordere Hüfte unter dem Schambogen her geboren, womit der ganze Steiß geboren ist. 302

3. Die Geburt des Rumpfes: Nach Geburt des Steißes wird der Rumpf unter starker Lateralflexion der Wirbelsäule entwickelt (Abb. 273—275). Sobald die Beine herausgeglitten sind, dreht sich der Rücken jetzt nach vorn (schoß f u g e n w ä r t s ) (Abb. 276—278). Steiß und schon geborener Rumpfteil sind in der Verlängerung der Führungslinie steil nach oben gerichtet (Abb. 276—278). Warum dreht sich jetzt der Rücken nach vorn (schoßfugemvärts) ? Es werden vor allem zwei Gründe angenommen: 1. Grund: Eintritt der Schultern ins Becken. Die Schultern, die inzwischen bis zum BE vorgerückt sind, können mit der Schulterbreite ( = größter Dm der Schultern) durch den querovalen BE nur quer oder etwas schräg gestellt hindurchgehen. Dadurch wird der Rücken zwangsläufig mit nach vorn gedreht. 2. Grand: Verschiebung des Biegungsfazillimums: Das Biegungsfazillimum der Wirbelsäule liegt nach hinten und zur Seite; die Wirbelsäule läßt sich aber etwas leichter na«h h i n t e n als zur Seite abbiegen. Solange die Oberschenkel am Bauch hochgeschlagen sind, kann das Biegungsfazillimum nach hinten nicht in Funktion treten, also nicht ausgenützt werden. Nach Geburt der Beine und Aufhören der Schienung kann die leichtere Abbiegbarkeit nach hinten zur Wirkung kommen; der Rücken dreht sich jetzt so, daß er nach hinten abgebogen werden kann, d. h. vom Geburtskanal aus betrachtet nach vorn zur Symphyse hin.

4. Die Geburt der Schultern; Die S c h u l t e r n sind inzwischen auf dem BB angekommen. Um den l ä n g s g e s t e l l t e n Weichteilspalt des BA passieren zu können, stellt sich die Schulterbreite in den g e r a d e n Dm ein. Damit dreht sich der Rücken wieder zur Seite zurück (Abb. 279—281). Geht die Geburt, was bei Mehrgebärenden gar nicht so selten vorkommt, jetzt spontan weiter, so wird zunächst die vordere, also die schamfugenwärts gelegene Schulter, danach die hintere, die dammwärts gelegene Schulter geboren. Die Schulterbreite steht also im BE im queren oder schrägen Dm, in BM im schrägen und im BA im geraden Dm. Die Schulterbreite rückt somit durch dieselben Durchmesser vor, die vorher die H ü f t b r e i t e passiert hat.

5. Die Geburt des Kopfes: Der Kopf tritt in das Becken ein, wenn der Rumpf bis zum unteren Rand des vorderen Schulterblattes geboren ist. Die Pfeilnaht steht normalerweise in BE im queren, im BM im schrägen und im BA im geraden Dm des Beckens (Abb. 282—284). Auf dem BB dreht sich das Hinterhaupt nach vorn. (Das Biegungsfazillimum liegt in der Halswirbelsäule nach h i n t e n , jetzt ist es also der Kopf, der sich so dreht, daß die Richtung der leichtesten Abbiegbarkeit mit der Richtung des Geburtskanals zusammenfällt). Hypomochlion ist wie bei regelrechter HHL die Nackenhaargrenze (Abb. 285). Nacheinander gehen Kinn, Mund, Nase, Stirn, Vorderhaupt und zuletzt das Hinterhaupt über den Damm (Abb. 284 M. 287). Günstigstes Austrittsplanum ist das PI. suboeeipito-frontale = 32 cm. Für das Verständnis des Geburtsmechanismus bei der BEL ist es sehr förderlich, wenn man sich über die verschiedenen Stellungen klar wird, die der Rücken bzw. die Hüftbreite w i e i n Abb. 288—292 auf S. 308 dargestellt!!) im Verlaufe der Geburt des Steißes, des Rumpfes, der Schultern und des Kopfes einnehmen (Abb. 288—292). 303

Abb. 266

304

Abb. 269

Abb. 270

Abb. 273

Abb. 272

Abb.275

s c h y r e m b e l , Prakt. GeburtshlUe

305

Abb.276

Abb. 279

Abb. 278

Abb. 281

Abb. 282

Abb. 285

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Geburtsmechanismus bei Beckenendlage (II. reine Steißlage) (Abb. 264-287) Eintreten des Steißes in den BE-Raum (Abb. 264—266) Der Steiß als führender Teil tritt meist so in das Becken ein, daß die Hüftbreite in einem schrägen Dm verläuft. Bei II. BEL verläuft die Hüftbreite im I. schrägen Dm. — Abb. 264 von der Seite, Abb. 265 das gleiche von vorn, Abb. 266 das gleiche von unten gesehen. Steiß auf BB angekommen (Abb. 267—269) Auf BB, also am Knie des Geburtskanals angekommen, dreht sich der Steiß aus dem schrägen in den geraden Dm. — Abb. 267 von der Seite, Abb. 268 das gleiche von vorn, Abb. 269 das gleiche von unten gesehen. Austrittsmechanismus des Steißes (Abb. 270—272) Um das Knie des Geburtskanals zu überwinden, muß sich die Lendenwirbelsäule, nachdem sich die Hüftbreite des Steißes in den geraden Dm gedreht hat, lateral flektieren. Die vordere Hüfte stemmt sich dabei gegen den Schambogen und wird zum Drehpunkt. Abb. 270 von der Seite, Abb. 271 das gleiche von vorn, Abb. 272 das gleiche von unten gesehen. Geburt des Rumpfes (Abb. 273—278) Nach Geburt des Steißes wird der Rumpf unter starker Lateralflexion der Lenden- und Brustwirbelsäule entwickelt (Abb. 273—275). Sobald die Beine herausgeglitten sind, dreht sich der Rücken nach vorn (Abb. 276—278), damit die Schulterbreite im queren Dm des BE eintreten kann. Steiß und schon geborener Rumpfteil sind in der Verlängerung der Führungslinie steil nach oben gerichtet. — Abb. 273 und 276 von der Seite, Abb. 274 und 277 von vorn, Abb. 275 und 278 von unten gesehen. Geburt der Schultern (Abb. 279—281) Auf dem BB stellt sich die Schulterbreite in den geraden Dm ein, um den längsgestellten Weichteilspalt des BA passieren zu können. Die vordere Schulter wird zuerst (unter der Symphyse) sichtbar, wenig später geht die hintere über den Damm. — Abb. 279 von der Seite, Abb. 280 das gleiche von vorn, Abb. 281 das gleiche von unten gesehen. Geburt des Kopfes (Abb. 282—287) Auf BB dreht sich das Hinterhaupt nach vom, die Pfeilnaht also in den geraden Dm. Hypomochlion ist wie bei der regelrechten HHL die Nackenhaargrenze (Abb. 282 und 285). — Abb. 282 und 285 von der Seite, Abb. 283 und 286 von vorn, Abb. 284 und 287 von unten gesehen. 308

Abb. 2 8 8 - 292. Stellungen des Rückensbzw. der Hüftbreite bei Geburt des Kindes in BEL. Abb. 288. Beckcneintritt: Im BE steht der Rücken seitlich vorn, die Hüftbreite in einem schrägen Durchmesser, hier, bei II. BEL im I. schrägen Dm. Abb. 289. Steiß- und Rumpfaustritt: Auf BB dreht sich der Rücken ganz zur Seite, so daß die Hüftbreite im geraden Dm verläuft. Das ist die Ausgangsstellung für die Lateralflexion, mit der Steiß und Rumpf geboren werden. Im Beginn der Lateralflexion steht der Rücken zum erstenmal ganz seitlich. Abb. 290. Schultereintritt: Nach Geburt des Rumpfes müssen die Schultern ins Becken eintreten. Das geht nur, wenn die Schulterbreite quer oder etwas schräg den BE passieren kann. Der Rücken muß sich also ganz nach vorn drehen. Entsprechend dreht sich die Hüftbreite aus dem geraden (Abb. 289) über den schon einmal eingenommenen schrägen Dm (Abb. 288) in den queren Dm (Abb. 290). Beim Schultereintritt steht also der Rücken zum erstenmal ganz vorn. Abb. 291. Schulteraustritt, Kopf eintritt: Damit die auf BB angekommenen Schultern durch den längs gestellten Weichteilspalt treten können, muß sich die Schulterbreite in den geraden Dm drehen. Dadurch wird der inzwischen schon ausgetretene Rücken wieder ganz zur Seite zurückgedreht und nimmt dieselbe Stellung ein, die er bei der Lateralflexion zur Geburt von Steiß und Rumpf schon einmal (Abb. 289) innehatte. Damit hat sich der Rücken zum zweitenmal zur Seite gedreht. Die in Abb. 291 dargestellte Stellung von Rücken und Hüftbreite ist auch diejenige, in der der Kopf mit quer oder etwas schräg verlaufender Pfeilnaht in den BE eintritt. Abb. 292. Kopfaustritt Ist der Kopf auf BB angekommen, so muß er sich mit der Pfeilnaht in den geraden Dm drehen, damit er durch den längsgestellten Weichteilspalt des BA austreten kann. Dadurch wird der Rücken zum zweitenmal ganz nach vorn gedreht.

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Abb. 280

Rücken

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Abb.291

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309

I m V e r l a u f e der B E L - G e b u r t d r e h t sich der Rücken also zweimal ganz zur Seite (Abb. 289 und 291): Abb. 289: Z u r G e b u r t v o n S t e i ß und R u m p f , Abb. 291: Z u m S c h u l t e r a u s t r i t t u n d K o p f e i n t r i t t und zweimal ganz nach vorn (Abb. 290 und 292): Abb. 290: Z u m S c h u l t e r e i n t r i t t , Abb. 292: Z u m K o p f a u s t r i t t . Geburtemechanismus bei vollkommener Fußlage: wie bei der Steißlage, nur daß hier zuerst die Füße und die Beine geboren werden. Gebnrfsmechanismue bei unvollkommener Fußlage: a) geht das vordere Bein voran, so verläuft die Geburt ganz ähnlich wie bei reiner Steißlage, b) geht das hintere Bein voran, so dreht sich der kindliche Körper so gut wie immer um 180°, wodurch das hintere Bein nach vorn kommt und die Geburt wie bei a) verläuft.

Vorkommen und Ätiologie der BEL Im 5. bis 6. Schwangerschaftsmonat findet man die Frucht viel häufiger in Beckenend- als in Schädellage ( K e h r e r , S a e n g e r , H. B a u m m u. a.). Am Ende des 10. Monats befindet sich die Frucht in etwa 96% der Fälle in Schädellage. Die Umkehr in Kopflage soll in den meisten Fällen im Laufe des 7. Monats erfolgen ( s p o n t a n e p h y s i o l o g i s c h e W e n d u n g ) , findet aber sicher nicht allzu selten auch später statt. Warum bei einer kleinen Prozentzahl die Drehung ausbleibt, läßt sich meist nicht mit Sicherheit angeben. Man muß a u s s p r e c h e n , d a ß die Ä t i o l o g i e der B E L in s e h r v i e l e n F ä l l e n u n k l a r ist. Begünstigend für die Entstehung der BEL sind: 1. Die Frühgeburt: Da die spontane physiologische Wendung (s. o.) erst im 7. Monat und später erfolgt, werden wir das Kind um so häufiger in BEL finden, je früher die Geburt vor dem richtigen Termin erfolgt. Von dem Krankengut meiner Klinik sind rund 1 / 3 aller BEL Frühgeburten. 2. Abweichungen von der normalen Gestalt der Frucht: H y d r o z e p h a l u s , A n e n z e p h a l u s , Früchte mit T u m o r e n des k a u d a l e n K ö r p e r e n d e s . Durch diese Mißbildungen wird entweder die Fixierung des kindlichen Kopfes im BE erschwert oder das Gewichtsverhältnis Kopf-Rumpf so geändert, daß das hier leichtere Kopfende im Fundus bleibt. 8. Abweichungen von der normalen Gestalt der Gebärmutter: s c h l a f f e r U t e r u s der Mehrgebärenden, U t e r u s u n i c o r n i s , b i c o r n i s oder s u b s e p t u s , wodurch die Selbstwendung erschwert wird; ferner H y d r a m n i o n ,

310

Folge: vermehrte Beweglichkeit der Frucht, Verhinderung der Arretierung des kindlichen Kopfes; O l i g o h y d r a m n i o n : bei stark verminderter Fruchtwassermenge ist eine Selbstwendung ausgeschlossen. 4. Enges Becken. Folge: verminderte Bewegungsfähigkeit der Frucht. Bei BEL (besonders Erstgebärender) stets an enges Becken denken! W i c h t i g e r H i n w e i s deswegen, weil über die Hälfte aller BEL sich bei Erstgebärenden f i n d e t . Verminderte Beweglichkeit aus anderen Gründen (Zwillinge, Tumoren der Zervix) können ebenfalls die BEL begünstigen. Daraus ergibt sich, daß B e c k e n e n d l a g e n i c h t e i n f a c h gleich B e c k e n e n d l a g e ist. Die BEL bei Erstgebärenden, die fast stets ein enges Becken bedeutet, ist eine ernste und bedenkliche Angelegenheit, während die Prognose der BEL bei einer Mehrgebärenden ζ. B. mit Hydramnion weitaus günstiger ist.

Gefahren der BEL: Die Sterblichkeit der BEL-Kinder ist erschreckend hoch. Sie beträgt liir ausgetragene Kinder 10—15% und mehr! Nach älteren Angaben beträgt die Mortalität der BEL-Kinder 20% (v. Winckel) und 13,6% (v. Hecker), nach neueren etwa 10% (v. Jaschke, Erbslöh u.a.) bis 15% (Martius), sie ist also fünf- bis fast achtmal so hoch wie bei regelrechter HHL! Nach v. Mikulicz-Radecki betrug bei 1467 im Privathaus entbundenen BEL-Kindern die Zahl der toten Kinder (gereinigte Statistik) 250 = 17%. Gibbert (1927) gibt sogar die Zahl von 22% und Baulino die von 26—31% an. Auf die jedem Erfahrenen geläufige Tatsache, daß bei BEL die Mortalität unreifer Kinder (unter 2500 g) wesentlich größer ist als der ausgetragenen Kinder, weisen eine Reihe von Autoren hin. (Danforth, Dinse, Sonnemann geben eine Mortalität zwischen 54,7 und 69% an.) Auch die Mortalität schwerer Kinder ist bekanntlich größer (nach Hasse, Universitäts-Frauenklinik Berlin, doppelt so hoch) als die der Kinder mit Durchschnittsgewicht.

Im einzelnen folgendes über die Gefahren für das Kind: 1. Erstickungsgefahr durch Nabelschnurkompression. Von dem Augenblick an, in dem der Kopf in das Becken eintritt, muß die Nabelschnur komprimiert werden (Abb. 293). Da der Kopf den Geburtskanal während der ganzen Zeit seines Durchtritts vollständig ausfüllt, bleibt die Nabelschnurkompression während dieser ganzen Zeit bestehen, also so lange, bis der Kopf geboren ist. Die Nabelschnur wird dabei derartig zwischen Knochenteilen des Kopfes und Beckens zusammengedrückt, daß keine Blutzirkulation mehr stattfinden kann: die Sauerstoffzufuhr ist gesperrt, das Kind muß ersticken, wenn der Kopf nicht in längstens 3 - 4 Minuten durch den Geburtskanal hindurchgetreten und geboren ist. 311

Die Gefahr für das Kind beginnt also mit dem Eintritt des Kopfes in das Becken; das ist der Fall, wenn der untere Band des vorderen Schulterblattes sichtbar wird. Von diesem Augenblick an bis zur Geburt des Kopfes ist das Kind in Lebensgefahr. Je schneller der Kopf diesen gefährlichen Teil des Geburtskanals passiert, um so besser sind die Lebensaussichten des Kindes.

Abb. 293. Von dem Augenblick an, in dem der Kopf ins Becken eintritt, muß die Nabelschnur komprimiert werden Zwischen dem Sichtbarwerden des unteren Bandes des vorderen Schulterblattes und der Geburt des Kopfes dürfen höchstens 4—5 Minuten vergehen. Andernfalls stirbt das Kind ab! 2. Weich teil Schwierigkeiten = ungenügende Weitung der Weichteile. Der weiche Steiß dehnt die Weichteile langsamer als der harte Kopf. Da der Steiß auch weniger umfangreich ist, werden die Weichteile und insbesondere der Mm auch nicht genügend weit gedehnt. Da bei den BEL das „dicke Ende", nämlich der Kopf, nachfolgt, wird sein Durchtritt durch den nicht genügend weiten Mm oft erschwert. Das gilt nicht für die vollkommene Steißfußlage, deren größter Umfang am Beckenende ungefähr so groß ist wie das Durchtrittsplanum bei regelrechter HHL, nämlich etwa 32 cm. Die vollkommene Steißfußlage ist somit diejenige Haltung bei BEL, bei der dem nachfolgenden Kopf am besten vorgearbeitet wird. Merke:

Umfange des vorangehenden Teils: regelrechte HHL vollkommene S t e i ß f u ß l a g e reine Steißlage unvollkommene Fußlage vollkommene Fußlage

332

— etwa 32 cm — etwa 82 cm = etwa 27 cm — etwa 25% cm = etwa 24 cm.

Auch bei der reinen Steißlage, die zwar nur etwa 27 cm Umfang hat, ist praktisch wenig zu befürchten, wenn man nicht vorzeitig eingreift. Anders ist es aber bei den Fußlagen und insbesondere bei der vollkommenen Fußlage: die Füße und die schlanken Beine können sich durch einen nur wenig erweiterten Mm hindurchzwängen, der Rumpf erweitert den Mm etwa auf Handtellergröße, der nachfolgende Kopf aber maß im Zervikalkanal steckenbleiben und diesen erst langsam auf Vollständigkeit weiten. Diese Mm- und Weichteildehnung durch den nachfolgenden Kopf fällt aber gerade in die verhängnisvolle Zeit des Kopfdurchtritts durch das Becken. Bei der vollkommenen Fußlage mit dem kleinsten Umfang von 24 cm ist also der Kopfdurchtritt durch das Becken sehr wesentlich verzögert, die Zeitdauer der unumgänglichen Nabelschnurkompression wird erheblich verlängert, die Erstickungsgefahr für das Kind ist hier also noch größer als bei der Steißlage und der Steißfußlage. Es ist also festzuhalten: Die Fußlage, insbesondere die vollkommene Fußlage, ist die für das Kind gefährlichste Art der BEL!

Die Gefahr ist besonders groß bei Erstgebärenden (unvorbereitete, straffe Weichteile), vor allem bei alten Erstgebärenden (rigide Weichteile), ferner bei verengtem Becken sowie bei großem Kopf. Dem Unerfahrenen kann man diese Gefahr wohl klarmachen, in vollem Umfange wird er sie aber erst begreifen, wenn er einmal in die sehr unangenehme Lage kommt, sie selbst zu erleben. B e i s p i e l : 39 Jahre alte I. para, vollkommene Fußlage: der Rumpf mit den Schultern wurde glatt und schnell geboren. Der Kopf geht ohne Schwierigkeiten ins Becken hinein, es liegt keinerlei Mißverhältnis vor. Und doch rührt sich der Kopf jetzt nicht von der Stelle! Bei der vaginalen Untersuchung fühlt man, daß der äußere Mm den kindlichen Hals wie ein viel zu enger Kragen, wie ein übermäßig zugezogenes Halstuch umfaßt und schnürt, ja ihn fast abwürgt! In schweren Fällen gelingt es nicht einmal, mit den Fingern auch nur ein wenig unter den unteren Rand des äußeren Mm zu kommen. Gesichtsschädel und Hinterhaupt fühlt man plastisch durch den Weichteilüberzug des Kollums hindurch. In solchen Augenblicken wird der etwas theoretische Ausdruck von den „Weichteilschwierigkeiten" nur allzu klar.

3. Schädeltraumen meist als Folge von zu brüskem Vorgehen bei der halben oder der ganzen Extraktion (s. d.): bei einem sehr hohen Prozentsatz der BELKinder findet man intrakraniclle Blutungen (Tentoriumriß). 4. Vorzeitiger Blasensprung: besonders bei Fußlagen, da bei diesen der untere Blasenpol am schlechtesten geschützt ist. Jeder Erfahrene weiß, wie wichtig die Erhaltung der Blase bei BEL ist. Vorzeitiger und frühzeitiger Blasensprung verlargen den frühzeitigen Entschluß zur Festlegung des therapeutischen Vorgehens. Bei allen Beckenendlagen ist die Erhaltung der Blase bis zur Vollständigkeit des Mm eines der wichtigsten Erfordernisse! 31S

5. Nabelschnurvorfall: auch am häufigsten bei Fußlagen. Nabelschnurvorfall bei BEL ist kein besonders alarmierendes Zeichen. Solange die HT gut bleiben (ständige gewissenhafte Kontrolle), wird nicht eingegriffen, sondern abgewartet. Durch die im Geburtskanal befindlichen Beine und Steiß erfolgt meist keine Quetschung der Nabelschnur. Kritisch wird die Situation erst beim Eintritt des Rumpfes in den BE: die HT verschlechtern sich dann meist sofort, so daß dann ein Eingriff meist dringend notwendig wird (vgl. S. 430). Gefahren für die Mutter Fast alle Gefahren für die Mutter ergeben sich bei der BEL aus operativen Eingriffen, die im Interesse des Kindes ausgeführt werden: Infektionsgefahr, Weichteilwunden (insbesondere Scheidenrisse und Dammrisse [DR III. Grades] beim Durchleiten des Kopfes oder bei der ganzen Extraktion), Zervixriß bei Entwicklung des Kopfes bei Fußlagen. Akute Lebensgefahr. Lediglich der bei Fußlagen besonders häufige vorzeitige Blasensprung mit der Gefahr der aufsteigenden Infektion ist durch die BEL selbst bedingt. W ü r d e m a n bei BEL ohne E i n g r i f f e a u s k o m m e n , so wäre die B E L - G e b u r t f ü r die M u t t e r ebensowenig g e f ä h r l i c h wie die r e g e l r e c h t e HHL. Prophylaktische Wendung: Durch die äußere Wendung der BEL in Kopflage soll die hohe Mortalität der BEL-Geburt auf die geringe der primären Schädellagen herabgemindert werden. Diese Wendung ist oft mit Erfolg durchgeführt worden. N e w e l l gelang es, bei 1161 äußeren Wendungen in 72% der Fälle eine Schädellagengeburfc zu erzielen (vgl. auch R e i f f e r s c h e i d und S i e g e l und McNally). Die Wendung wird am besten am Ende des 8. Monats (Chatillon) durchgeführt, und zwar mit zarter Hand ohne Narkose. Man kann die äußere Wendung unter Umständen mit 2 Fingern von der Scheide her unterstützen (Pinard). Fixierung durch Gürtel oder Bandage. — De Lee spricht sich auch für die äußere Wendung bei BEL aus, desgleichen G a d d y , der sie in Knieellenbogenlage ausführt.

Geburtsleitung bei BEL A. Methode der Wahl: K o n s e r v a t i v e B e h a n d l u n g Bei der BEL ist im Gegensatz zur Schädellage immer ärztliche Kunsthilfe notwendig, wenn ein lebendes Kind mit Sicherheit geboren werden soll. Bei der BEL-Geburtsleitung sind zwei streng verschiedene Phasen, in denen der Geburtshelfer sich ausgesprochen entgegengesetzt zu verhalten hat, zu unterscheiden: eine l a n g d a u e r n d e P h a s e des r u h i g e n A b w a r t e n s u n d eine sehr k u r z e des r a s c h e n E i n g r e i f e n s . Phase I: Zeit des strengsten Abwartens! Ganz gleichgültig, ob es sich um eine Steißlage, Steißfußlage, Fußlage oder die seltene Knielage handelt, in jedem Falle wird die BEL von Anfang an und während ihres ganzen Verlaufes 314

bis zum Sichtbarwerden des unteren Randes des vorderen Schulterblattes streng abwartend behandelt! Hier gilt als oberstes Gesetz: Abwarten! Und noch einmal: Abwarten! Solange wie nur eben möglich: Abwarten! Nur äußerste Notwendigkeit, also eine strenge Indikation (ζ. B. schlechte HT), kann den Geburtshelfer veranlassen, während dieser Phase von der abwartenden Behandlung abzugehen und einzugreifen. Die in diesem Falle anzuwendenden Handgriffe zur Entwicklung des BEL-Kindes vor Geburt des Steißes werden als ganze Extraktion oder manuelle Extraktion bezeichnet. Die Einzelheiten über diese Operation finden sich auf S. 333. Eines muß der Geburtshelfer in der Phase I jeder BEL-Geburt vor allem anderen haben: Geduld und Zeit! Mangel an Geduld ist eine der Hauptursachen für das Absterben des BEL-Kindes. Unter gar keinen Umständen darf man sich in dieser Phase verleiten lassen, durch vorzeitiges Ziehen am Fuß, Bein, Steiß oder Rumpf (s. die Regel unten!) die Geburt „beschleunigen" zu wollen! Gerade das Gegenteil wird mit Sicherheit erreicht, nämlich eine erhebliche Verzögerung der Geburt, wobei das Kind stets in akute Lebensgefahr gebracht wird. Die normalerweise vor der Brust liegenden Arme würden sich hochschlagen, wodurch die Armlösung wesentlich erschwert wird. Außerdem würde der Kopf eine Deflexionshaltung annehmen. Die in der nächsten Phase, der Phase II, vorzunehmende Armlösung wird dann so schwierig, daß der Anfänger allein damit oft gar nicht fertig wird. Und, was die schlimmste Folge eines vorzeitigen Ziehens wäre: der Rücken kann sich nach hinten drehen. In der Phase II hat man aber nur 3—4 Minuten Zeit zur Entwicklung von Armen, Schultern und Kopf. Diese kostbaren Minuten vergehen schnell. AVenn dann endlich die Lösung der Arme gelingt, ist das Kind inzwischen abgestorben! Mit einer B E L , bei der sich der Rücken nach h i n t e n gedreht h a t , wird aber ein Anfänger erst recht nicht allein fertig werden, zumal wenn es sich um eine E r s t g e b ä r e n d e h a n d e l t und nicht an das wichtige H i l f s m i t t e l einer ausgiebigen Episiotomie gedacht wird. Bei jeder BEL muß solange wie möglich a b g e w a r t e t werden! Ferner wird durch indikationsloses Vorziehen ζ. B. eines Fußes der Umfang des vorangehenden Teiles noch kleiner gemacht, als er schon normalerweise ist. Der Kopfdurchtritt wird also künstlich noch mehr erschwert! Noch einmal: nur sehr Unerfahrene kommen in Versuchung, irgendwo am Beckenende zu ziehen! Geburtsleitung bei BEL = Kunst des Abwartens! 315

Phase II: Zeit des schnellsten Eingreifens! In dem Augenblick, in dem der untere Winkel des vorderen Schulterblattes sichtbar wird — aber auf keinen Fall früher (!) — ändert sich das Verhalten des Geburtshelfers schlagartig. Jetzt muß gehandelt werden I Denn in diesem Augenblick tritt der Kopf ins Becken, von diesem Augenblick an beginnt die Kompression der Nabelschnur und die Sauerstoffzufuhr des Kindes hört auf. Das Erscheinen des Schulterblattwinkels ist also das Signal zum schnellsten Eingreifen. Von jetzt ab ist das Kind in akuter Lebensgefahr. Höchstens 3—4 Minuten hat man Zeit zum Handeln! Mit besonderen Handgriffen, die man als Halbe Extraktion (S. 318) oder Manualhilfe bezeichnet, müssen die Arme gelöst, die Schultern und der Kopf entwickelt werden. Diese Handgriffe müssen ebenso schnell wie zart, feinfühlig und vorsichtig ausgeführt werden, sie müssen Hunderte von Malen am Phantom geübt und dann viele Male an der Lebenden unter Leitung eines Lehrers ausgeführt worden sein, ehe man sich selbständig und allein an eine Kreißende heranwagen darf. Bei Erstgebärenden wird die halbe Extraktion grundsätzlich in jedem Fall einer BEL (sofern das Kind lebt) ausgeführt. Bei Mehrgebärenden kann man unter Umständen noch abwarten, ob nicht mit der nächsten Wehe die Arme und die Schultern oder auch der Kopf spontan zur Geburt kommen.

B. Schnittentbindung bei Beckenendlagen Die BEL ist eine der regelwidrigen Lagen, deren Erscheinen auf dem Kreißsaal auch bei dem Erfahrensten stets eine gewisse Besorgnis auslöst. Es wurde einleitend besonders betont, daß bei der Geburtsleitung der BEL solange wie möglich abgewartet werden muß, daß Geduld und Zeit die allerwichtigsten Voraussetzungen für die Kunst der BEL-Geburtsleitung sind. Das gilt für den Fall, daß der Steiß bald ins Becken eintritt und bei guten Wehen tiefer tritt. Das gilt auch dann noch, wenn die Geburt wegen mangelhafter Wehen nicht weiter geht und die jetzt angezeigten Wehenmittel Erfolg haben. Sieht man aber auch danach keinen Geburtsfortschritt, so muß die S c h n i t t e n t b i n d u n g in Erwägung gezogen werden. Bei aller B e t o n u n g k o n s e r v a t i v e r G e b u r t s l e i t u n g muß mit demselben N a c h d r u c k ausgesprochen werden, was die Erf a h r u n g von Jahrzehnten deutlich gezeigt h a t : Daß es nämlich bei ganz b e s t i m m t e n Fällen von BEL mit klar umschriebenen Komplikationen im I n t e r e s s e von M u t t e r und Kind besser i s t , von vornherein auf jede a b w a r t e n d e Behandlung zu verzichten und schnell entschlossen eine Schnittentbindung auszuführen. Es gelten heute als 316

Allgemein anerkannte

Indikationen zur Sektio bei Beckenendlagen 1. enges Becken 2. Nabelschnurvorfall bei nicht genügend erweitertem Mm

3. Placenta praevia 4. Eklampsie 1 ) 5. alte Erstgebärende mit

absolute

rigiden Weichteilen

s

6. großes Kind, besonders bei Erstgebärender

B E L und

1. schlechte HT bei Kinderwunsch 2. Erstgebärende mit Kinderwunsch 3. Unüberwindliche primäre oder sekundäre Wehenschwäche

Indikationen zur

e k t i rela-

ο

tive

4. Übertragung, besonders bei Erstgebärender

δ. vorzeitiger Blasensprung, besonders bei Erstgebärender Bezüglich der Unterscheidung s. S. 207.

zwischen absoluter und relativer Indikation

V o n d i e s e n I n d i k a t i o n e n darf m a n s a g e n , d a ß s i e a l l g e m e i n a n e r k a n n t u n d s o m i t a u c h a l l g e m e i n g ü l t i g sind. Lediglich die letzten beiden relativen Indikationen (Übertragung und vorzeitiger Blasensprung) sind erst neuerdings von der Kr a a t z sehen Klinik durch K r a u s s o l d angeraten worden. Der wenig erfahrene Anfänger muß sich diese Indikationsliste zur Sektio mit ihren wichtigen Komplikationen der BEL gewissenhaft einprägen. Er sollte sie von Zeit zu Zeit immer wieder zur Hand nehmen, damit er, wenn er zu einer BEL mit Komplikationen hinzugezogen wird, sogleich und Ausgenommen Mehrgebärende mit vollständigem Mm unil I parae mit sichtbarem Steiß und normalem Becken.

317

ohne Zeitverlust richtig, d.h. der Erfahrung gemäß, handelt. E r m u ß sich bei j e d e r B E L , m i t d e r er zu t u n h a t , f r a g e n , ob sie n i c h t u n t e r e i n e der o b e n g e n a n n t e n K o m p l i k a t i o n e n f ä l l t . T r i f f t d a s z u , so m u ß j e d e r V e r s u c h e i n e r k o n s e r v a t i v e n B e h a n d l u n g u n t e r b l e i b e n u n d die F r a u d e r Sektio so s c h n e l l wie m ö g l i c h zugeführt werden. Darin besteht heute die Kunst der Beckenendlagenbehandlung bei drohenden Komplikationen: Vor B e g i n n oder i m B e g i n n der Geburt bei noch beweglichem, hochstehendem Steiß muß man sich unter Berücksichtigung aller Umstände dieses speziellen Falles (Erst- oder Mehrgebärende, enges Becken, großes Kind, Blutungen, Eklampsismus, vorzeitiger Blasensprung usw., s. o.) darüber klar werden, ob man die Geburt spontan ablaufen lassen kann, oder ob es richtiger ist, nach den Erfahrungen Erfahrenster (s. die obige Indikationsliste) von vornherein die Schnittentbindung auszuführen.

C. Prophylaktisches Herunterholen eines Fußes ist bei den BEL noch eine Möglichkeit therapeutischen Vorgehens, wenn eine I n d i k a t i o n zur Sektio vorliegt, die Vorbedingungen (S. 587) aber nicht erfüllt und nicht erfüllbar sind. Bei einer drohenden Eklampsie ζ. B. und einem gleichzeitig bestehenden Ekzem der Bauchdecken (infektiöses Operationsfeld, Vorbedingungen nicht erfüllt) wird man gut daran tun, den vorderen Fuß herunterzuholen, solange der Steiß noch beweglich über dem BE steht (Einzelheiten s. S. 341). Dieses Herunterholen des Fußes geschieht v o r s o r g l i c h als v o r b e u g e n d e M a ß n a h m e . Eine Extraktion wird zunächst n i c h t ausgeführt. K o m m t es d a n n zum A n f a l l , so h a t m a n an dem h e r u n t e r g e h o l t e n F u ß j e d e r z e i t eine b e q u e m e H a n d h a b e zur s o f o r t i g e n E x t r a k t i o n , ganz gleich in welcher Höhe der Steiß steht. Voraussetzung ist natürlich ein vollständiger Mm. Dieses Vorgehen hat noch einen weiteren Vorteil: das im Mm sitzende Bein bewirkt eine B e s s e r u n g der W e h e n t ä t i g k e i t infolge Druckes auf den Nervenplexus, wodurch die Erweiterung des Mm unterstützt wird.

Halbe Extraktion = Manualhilfe Allgemeines Zweck: Verfahren bei Beckenendlage zur Entwicklung der Arme, Schultern und des Kopfes, nachdem der Rumpf bis zum unteren Winkel des vorn gelegenen Schulterblattes geboren ist. Die halbe Extraktion ist die Hilfeleistung bei normalem Verlauf der Beckenendlage. Jedes Verfahren der halben Extraktion setzt sich aus 2 Teilen zusammen: 1. der Armlösung und Schulterentwicklung und 2. der Kopfentwicklung. 318

Anwendung: Grundsätzlich wird bei allen Beckenendlagen die halbe Extraktion ausgeführt. Bei Mehrgebärenden verlaufen BEL-Geburten gelegentlich vollkommen spontan. Kommt nach Sichtbarwerden des vorderen Schulterblattwinkels das Kind mit der nächsten Wehe nicht spontan, so muß die Geburt auch hier durch die halbe Extraktion beendet werden. Vorbedingungen: Es gibt nur eine Vorbedingung: der Rumpf muß bis zum unteren Rand des vorderen Schulterblattes geboren sein! Schärfste Warnung: Niemals früher mit der halben Extraktion beginnen, bevor der untere Band des vorderen Schulterblattes sichtbar ist. Eine Ausnahme: Mit dem Brachtschen Handgriff beginnt man schon, wenn der Nabel des Kindes geboren ist. Methoden: Drei Methoden stehen zur Wahl: 1. Klassische Armlösung + V e i t - S m e l l i e s c h e r * ) Handgriff zur Kopfentwicklung, 2. Armlösung nach Müller + V e i t - S m e Iii escher Handgriff zur Kopfentwicklung, 3. B r a c h t s c h e r Handgriff, bei dem mit e i n e r Bewegung Anne, Schultern und Kopf entwickelt werden. Die halbe Extraktion ist stets im Querbett auszuführen. Für den Erfolg jeder Art von halber Extraktion, ganz gleich welche Methode man anwendet, ist es geradezu entscheidend, daß eine Hilfsperson den zunächst noch im B E stehenden Kopf durch die Bauchdecken hindurch mit beiden Händen kräftig in das Becken hineindrückt. Es kommt also sehr auf die Mithilfe der Hebamme an:

Druck von oben! Bei nicht genügendem Druck von oben wird auch bei noch so exakter Ausführung der Handgriffe der Erfolg in Frage gestellt. Bei Mehrgebärenien kommt allein durch diesen Druck das Kind öfter spontan, so daß die halbe Extraktion gar nicht zur Anwendung zu kommen braucht. Mit dem Hineindrücken des Kopfes kann man schon vom Einschneiden des Steißes ab beginnen lassen. Das wichtigste Mittel für glattes und schnelles Gelingen jeder Art der halben Extraktion besteht darin, daß man den Kopf durch die Bauchdecken hindurch kräftig in das Becken hineindrücken läßt! Warum ist das Hineindrücken des Kopfes so wichtig? 1. werden die Arme nicht nach oben geschlagen! Das ist der Hauptgrund; 2. behält der Kopf seine normale Beugehaltung bei und wird nicht deflektiert; *) Richtiger: M a u r i c e a u - L e v r e t s c h e r Handgriff.

319

3. läßt sich dabei jede Art von halber Extraktion unverhältnismäßig viel leichter und schneller durchführen. Vorbereitung des Arztes: Der Arzt beginnt mit dem Waschen (S. 209) bei Erstgebärenden: beim Einschneiden des Steißes, bei Mehrgebärenden: beim Blasensprung. Narkose: stets Chloräthylrausch. Bei Nichtausreichen Äther weitergeben. Begonnen wird nach Geburt des Nabels. Episiotomie: Bei allen Erstgebärenden hat die ärztliche Hilfeleistung mit einer Episiotomie zu beginnen. Von dieser Regel gibt es (für Anfänger) keine Ausnahme. Die Episiotomie wird nach Sichtbarwerden des vorderen Schulterblattwinkels ausgeführt und daran die halbe Extraktion sofort angeschlossen. An diesem Grundsatz muß unbedingt festgehalten werden. Die Episiotomie bei Erstgebärenden ist ein wichtiges Mittel, die Mortalität der BEL-Kinder herabzusetzen und — sich selbst manchen Kummer zu ersparen. Bei Mehrgebärenden kommt man meist ohne Episiotomie aus. Bei Erstgebärenden hat jede halbe Extraktion mit einer E p i s i o t o m i e zu beginnen! Wer diesem Grundsatz nicht folgt, hat mit Sicherheit entweder ein totes Kind oder einen Dammriß HL Grades oder beides zu erwarten! Diese Regel gilt zumindest für jeden Anfänger in der Geburtshilfe. Ausführung der halben Extraktion X. Methode: Klassische Armlösung und Yeit-Smelliescher Handgriff zur Kopfentwicklung l a . Klassische Armlösung Jede Armlösung muß ausnahmslos in der weiten Kreuzbeinhöhlung ausgeführt werden, weil nur hier genügend Raum für das Arbeiten der operierenden Hand vorhanden ist. Der hier liegende Arm, also der h i n t e r e Arm, kann stets bequem gefaßt werden, während man an den vorderen Arm gar nicht herankommt. Daher gilt als Grundregel: Bei der klassischen Armlösung stets zuerst den h i n t e r e n Arm = den in der K r e u z b e i n h ö h l e liegenden Arm lösen! Gearbeitet wird mit beiden Händen: die eine Hand geht an die Füße und hebt an diesen den Rumpf hoch, die andere, die „innere" Hand, geht in die Scheide ein, um die eigentliche Armlösung auszuführen. 320

An die Füße geht stets die der Bauchseite des Kindes entsprechende Hand, (Abb. 294), d. h. bei linker BEL die linke Hand, bei rechter BEL die rechte Hand. In die Scheide geht die andere Hand, das ist die dem zu lösenden Arm gleichnamige Hand (Abb. 295). Man mache sich also klar: zur Lösung des hinten liegenden rechten Armes (I. BEL) geht die rechte Hand, zur Lösung des hinten liegenden linken Armes (II. BEL) geht die linke Hand in die Scheide ein. Vorgehen bei I.BEL Drei Akte: l.Akt: Lösung des hinteren Armes: Beginn stets mit dem Erfassen der Füße. Die linke Hand erfaßt mit Daumen, 2. und 3. Finger kräftig die Füße von hinten in der Knöchelgegend (Abb. 294). Die Stoeckelsche Schule empfiehlt, das Kind zunächst kräftig zu strecken, es also an den Beinen fußboden-

Abb. 294. Erfassen der Füße in der Knöchelgegend und kräftiges Strecken des Kindes fußbodenwärts

wärts zu ziehen, ein guter Rat: die Schultern und damit die Arme kommen tiefer herunter und lassen sich daher leichter lösen. — Sodann wird der kindliche Rumpf sehr stark erhoben, etwas zur Seite gezogen und in die Leistenbeuge 21 P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

321

der Mutter heraufgeschlagen. Dadurch wird der Scheideneingang hinten zum Eingehen für die lösende Hand frei. Manchmal fällt dabei der hintere Arm schon von selbst heraus; andernfalls: Einführen von wenigstens zwei Fingern der rechten Hand links hinten in die Scheide (Abb. 295). Finger zunächst bis an die Schulter des Kindes vor-

Abb. 295. Kräftiges Hineinschieben der Beine in die entsprechende Schenkelbeuge. Mindestens 2 Finger der inneren Hand gehen über die Schulter hinweg an den zu lösenden Oberarm heran

schieben. Je mehr Finger man in die Scheide einführen kann, um so leichter und ungefährlicher ist die Lösung des Armes. Bei Mehrgebärenden versuche man stets, mit der ganzen Hand in die Scheide hineinzukommen! Jetzt den schräg nach oben gezogenen Rumpf des Kindes unter anhaltendem Zug an den Füßen (Abb. 295 und 296) so kräftig wie möglich weiter in die rechte Schenkelbeuge der Mutter hineinschieben! Sehr wichtig: Je energischer man die Beine in die Schenkelbeuge der Frau bringt, je kräftiger dann an ihnen vom Operateur weg gezogen wird, um so tiefer kommt die hinten liegende Schulter und damit der zu lösende Arm herunter, um so leichter ist die Lösung. Hebt man den Rumpf nur halb hoch, ohne die Beine energisch in die Schenkelbeuge zu schlagen, so macht man sich die Armlösung unnötig erheblich schwerer.

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Bei diesem energischen Hoch- und Wegziehen des Rumpfes durch die äußere Hand gehen mindestens zwei Finger der inneren Hand, die schon an der Schulter lagen, jetzt über die Schulter hinweg (Abb. 295) an den zu lösenden Oberarm heran und legen sich diesem gestreckt und parallel an, um ihn zu „schienen". Wenn eben möglich, auch den Unterarm mitfassen und sodann den ganzen Arm mit einer „wischenden" Bewegung dicht über dieBrust hinweg- und herausstreifen, bis er vor die Vulva gebracht ist (Abb. 296} Damit ist der hintere Arm gelöst. Achtung! Aufpassen! Die Finger des

Abb. 296. Mit mindestens 2 Fingern wird der Arm durch eine wischende Bewegung über die Brust herausgestreift Operateurs dürfen niemals in eine rechtwinklige Stellung zum kindlichen Arm kommen, insbesondere ist es streng verboten, den Oberarm hakenförmig zu umfassen. Eine Armfraktur wäre die sichere Folge. Aus dem gleichen Grunde ist auch das Erfassen des Oberarmes mit nur einem Finger strengstens verboten. 2. Akt: Drehung des Kindes um 180° = „Stopfen". Um jetzt den vorderen Arm lösen zu können, muß dieser erst nach hinten in die Kreuzbeinhöhlung gebracht werden (S. 320). Zu diesem Zweck muß das Kind um 180° gedreht werden, und zwar so, daß der nach Lösung des hinteren Armes seitwärts stehende Rücken unter der Symphyse herum nach der anderen Seite gedreht wird. Den Rumpf dabei so fassen, wie es die Abb. 297 zeigt: beide Hände liegen flach mit ausgestreckten Fingern wie 21*

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Schienen an den Rumpfkanten. Der bereits entwickelte Arm wird an den Körper angedrückt. Man kann auch mit beiden Händen den Brustkorb (wohlgemerkt: den Brustkorb, niemals den Bauch = Leberruptur = Exitus) voll umfassen: die Daumen auf die Schulterblätter, die 4 Finger beidseitig auf die Brust.

Abb. 297. Stopfende Bewegungen, um den vorderen Arm nach hinten in die Kreuzbeinhöhle zu bringen

Die Drehung erfolgt mit sogenannten „stopfenden" Bewegungen, das heißt das Kind wird nicht mit einer einzigen Drehung um 180° gedreht (was gar nicht geht), sondern durch eine Reihe kurzer Drehbewegungen, bei denen der Rumpf jedesmal gleichzeitig kurz scheidenwärts geschoben und dann wieder zurückgezogen wird. 3. Akt: Lösung des nach hinten gebrachten zweiten Armes: Dieselbe Technik wie beim ersten Arm, aber mit vertauschten Rollen: Rechte Hand an die Füße! Linke Hand in die Scheide zur Lösung des linken (gleichnamigen!) Armes! Nach Lösung der Arme muß sofort der Kopf entwickelt werden. Ib. Y e i t - S m e l l i e s c h e r Handgriff = Entwicklung des nachfolgenden Kopfes (Abb. 298 und 299) Nach Lösung der Arme steht der Rücken schräg seitlich, der noch im Becken befindliche Kopf dementsprechend schräg. In die Scheide gellt diejenige Hand ein ( = „innere" Hand), nach der das seitlich stehende Gesicht hinsieht; oder, wie man auch sagen kann: diejenige Hand, die der Bauchseite des Kindes entspricht. (Da sowohl Kopf wie Rumpf etwas schräg stehen, „sehen" beide nach einer Hand hin.) Äußere Hand ist die dem Rücken des Kindes entsprechende Hand. Sie greift von oben gabelförmig über die Schultern (Abb. 298). Der der Bauchseite des Kindes entsprechende Arm des Operateurs wird unter den Extremitäten des Kindes hindurchgeschoben, so daß das Kind gewisser324

maßen auf diesem Arm „ r e i t e t " (Abb. 298). Die diesem Arm zugehörige Hand ( = i n n e r e Hand) geht in die Scheide ein, ihr Zeigefinger sucht den meist rechts oder links hinten stehenden Mund des Kindes auf und geht in den Mund ein. Nicht in ein Auge eingehen! Nicht zu tief in den Mund hineinfassen (Verletzungs-

Abb. 208

Abb. 299

Abb. 298. Veit-Smelliescher Handgriff (I): Rasch nach abwärts ziehen, und zwar so lange, bis die Nackenhaargrenze sichtbar ist Abb. 299. Veit-Smelliescher Handgriff (II): Von jetzt ab: betonte Langsamkeit t

gefahr!). — Mit diesem im Mund des K i n d e s b e f i n d l i c h e n F i n g e r dirig i e r t m a n den k i n d l i c h e n Kopf u n d g i b t ihm die g e w ü n s c h t e E i n stellung und Haltung. Welche z w e i Aufgaben hat die innere Hand? 1. Sie d r e h t den Kopf in den geraden Dm des Beckens! Den Kopf findet man meist mehr oder weniger in einem schrägen Dm stehen. Da man ihn aber auf keinen Fall schräg über den Damm gehen lassen darf (Dammrißgefahr!), muß er zuvor in den geraden Dm des Beckens gedreht werden. Der Längsdurchmesser des Kopfes ist im geraden Durchmesser des Beckenausgangs angekommen, wenn der Mund genau nach h i n t e n sieht. 2. Sie zieht das Kinn auf die Brust, d.h. sie b e u g t den Kopf, bis das Kinn die Brust berührt, und hält den Kopf dauernd in dieser Haltung, b i s er v ö l l i g e n t w i c k e l t i s t ! Wenn der Kopf mit dem kleinsten, das heißt günstigsten Umfang, nämlich dem Planum suboccipito-frontale = 32 cm, den Damm passieren soll, dann muß er in diese tiefe Beugehaltung gebracht werden (Geburtsmechanismus). Einen sehr wertvollen Handgriff, der dem Kinde sofort, d. h. noch während der Ausführung des V e i t - S m e l l i e s c h e n Handgriffes ein freies Atmen erlaubt, ist der D e L e e sehe Spiegelhandgriff (Abb. 300). Nachdem der Operateur die Finger in den Mund des Kindes eingeführt hat, wird von einer Hilfskraft 325

ein großer, breiter geburtshilflicher Spiegel hinten in die Scheide geschoben und damit Damm und hintere Scheidenwand kräftig vom Mund des Kindes weg nach unten gezogen. Bei einigermaßen weiter Scheide kann man denselben

Abb. 300. De Lee scher Spiegelhandgriff Effekt auch dadurch erzielen, indem der Assistent an Stelle des Spekulums eine Hand breit hinten in die Scheide einführt. Bei schwieriger Kopf entwicklung ist der D e L e e sehe Spiegelhandgriff geradezu lebensrettend. Besonders jeder geburtshilfliche Anfänger sollte sich durch den auf Abb. 3 0 0 deutlich sichtbaren Effekt beeindrucken lassen und sollte stets einen breiten sterilen Spiegel mit sich führen. E s sind schon viel zu viele BEL-Kinder bei schwieriger und infolgedessen zu lange dauernder Kopfentwicklung erstickt! Nach Einführen des hinteren Spekulums kann man sich Zeit lassen und alle notwendigen Handgriffe ohne besondere Beeilung ausführen. Inzwischen hat die freie äußere Hand des Operateurs mit dem 2. und 3. Finger von oben her gabelförmig über die Schultern gegriffen (Abb. 298). Die Hand liegt also auf dem Nacken des Kindes (daher „Reit-Mund-Nacken"-Handgriff). Die Finger dürfen auf keinen Fall „hakenförmig" zugekrümmt werden, da es sonst durch Druck leicht zur Lähmung des Plexus brachialis kommen kann. Jetzt mit dieser Hand den Kopf rasch soweit nach a b w ä r t s ziehen, 326

bis die Nackenhaargrenze (Geburtsmechanismus!) unter der Symphyse sichtbar wird. Sodann unter dauernder Beibehaltung der Zugspannung den unter dem Kind liegenden Arm des Operateurs ganz l a n g s a m symphysenwärts erheben (Abb. 2ΘΘ). Aber auf keinen Fall früher nach oben heben wollen, bevor die N a c k e n h a a r g r e n z e deutlich sichtbar geworden ist! Viele Mißerfolge bei der nun folgenden weiteren Entwicklung des Kopfes beruhen lediglich d a r a u f , daß der „Reitarm 1 ' mit dem Rumpf zu f r ü h , d.h. vor dem deutlichen Sichtbarwerden der N a c k e n h a a r g r e n z e , nach oben erhoben wird ( = typischer Anfängerfehler). Wenn das Kinn über den Damm geboren und der Mund frei aus der Vulva heraussieht, besteht von jetzt ab größte Dammrißgefahr (!), da in den nächsten Sekunden der Damm am stärksten angespannt wird und infolge Betätigung beider Hände keine Hand für den Dammschutz frei ist (Abb. 299). Daher jetzt Tempowechsel! Von jetzt ab: Betonte Langsamkeit! Von dem Augenblick ab, in dem der Mund f r e i entwickelt ist (Abb. 299), muß wegen höchster D a m m r i ß g e f a h r jede weitere Bewegung mit größtmöglicher Langsamkeit vor sich gehen. Für das Kind besteht jetzt gar keine Gefahr mehr, da der Mund zur Atmung frei ist. Ganz langsam, mit größter Vorsicht und äußerst zart, Millimeter für Millimeter werden nun Oberkiefer, Nase, Stirn, Vorderhaupt und endlich auch das Hinterhaupt über den Damm entwickelt: wie eine Kugel wird der Kopf ganz langsam aus der Vulva herausgerollt. Das „Tempo" bei den BEL soll also sein (Stoeckel): l a n g s a m bis zur Geburt der vorderen Schulterblattspitze, s c h n e l l von da an bis zum Einschneiden des Mundes in die Vulva, dann wieder l a n g s a m von da bis zur völligen Geburt des Kopfes. 327

2. Methode: Armlösung nach A. Müller + VeitSmellie scher Handgriff zur Kopfentwicklung Armlösung nach A. Müller Hierbei wird im Gegensatz zur klassischen Armlösung stets zuerst der vordere Arm gelöst. Beginn wie immer mit dem Sichtbarwerden des unteren Bandes des vorderen Schulterblattes. Nie vergessen: Chloräthylrausch! Bei Erstgebärenden stets E p i s i o t o m i e ! Druck von oben! Der Handgriff nach Müller stellt eine Nachahmung der Natur dar: Bei gelegentlich spontan ablaufenden BEL-Geburten sieht man, daß erst die vordere Schulter mit dem dazugehörigen Arm unter der Symphyse erscheint und anschließend die hintere Schulter über den Damm geht. Beim Müllerschen Handgriff wird der Druck der Wehen von oben durch den Zug des Operateurs von unten ersetzt. Zwei Akte: l . A k t : Entwicklung des vorderen Armes: Kind kräftig am Beckenende anfassen (Abb. 301), und zwar: Die Daumen liegen parallel auf den Gesäßbacken, die übrigen Finger beider Hände umfassen voll die Oberschenkel. Jetzt mit einigem Kraftaufwand langsam, gleichmäßig und anhaltend steil nach abwärts ziehen, bis die vordere Schulter und der Arm erscheinen. Stand die Schulterbreite noch nicht ganz im geraden Dm des Beckens, so ist diese beim Abwärtsziehen vollends in den geraden Dm zu bringen.

328

2. Akt: Entwicklung des hinteren Armes: Rumpf jetzt in der entgegengesetzten Richtung, also steil nach aufwärts heben und stark gegen den Leib der Mutter drängen, bis der hintere Arm herausfällt und die hintere Schulter erscheint (Abb. 302). Oft kommt der eine oder der andere Arm nicht ganz spontan, sondern bleibt in der Vulva stecken. Dann geht man mit zwei Fingern v o r s i c h t i g in die Scheide und holt ihn zart heraus. — Anschließend muß sofort der nachfolgende Kopf mit dem

V e i t - S m e l l i e s c h e n Handgriff (S. 324)

entwickelt werden, wenn er nicht ausnahmsweise spontan durch Druck von oben folgt.

3. Methode: Armlösung und Kopfentwicklung nach Bracht Mit dem Brachtschen Handgriff wird etwas früher begonnen, nämlich schon dann, wenn der Nabel geboren ist. Chloräthylrausch! E p i s i o t o m i e bei Erstgebärenden! D r u c k von oben! Ausführung: Steiß mit beiden Händen „gürtelförmig" so umfassen, daß die Oberschenkel durch die Daumen des Geburtshelfers gegen den Bauch des Kindes gepreßt werden (Abb. 303—305). Die übrigen Finger liegen auf der KreuzbeinLendengegend des Kindes. Jetzt langsam anheben, n i c h t z i e h e n ! Steiß ganz langsam auf einem Kreisbogen um die Symphyse herum gegen den Leib der Mutter hin bewegen ( = „Rotation" um die Symphyse). Dabei muß das Kind dauernd in derselben Haltung gehalten und so bewegt werden, daß der Rücken nach vorn gekrümmt (Abb. 304)

Abb. 303

Abb. 304

Abb. 303. Brachtscher Handgriff (I): Gürtelförmiges Umfassen des Steißes mit beiden Händen. Abb. 304. Brachtscher Handgriff (II): Langsam anheben, nicht ziehen!

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ist. Von oben stets mit einem angepaßten, nicht zu kräftigen Druck mitdriicken lassen. Lediglich durch diese Rotation um die Symphyse herum, die ganz langsam und gleichmäßig ausgeführt werden muß, und durch kräftiges Aufdrücken des Steißes auf den Unterbauch der Mutter (Abb. 305)

Abb. 305. B r a c h t s c h e r Handgriff (III): Ganz langsam wird die Rotation um die Symphyse herum ausgeführt. Kräftiges Aufdrücken des Steißes auf den Unterbauch der Mutter

kommt es zur völlig spontanen Geburt der Arme und Schultern. Noch einmal: Niemals darf gezogen werden l Sonst Gefährdung der Halswirbelsäule (Heynemann). Bei weiterem kräftigen Aufpressen des Steißes wird jetzt auch der Kopf spontan geboren. Von Anfang an bis zur völligen Geburt des Kopfes muß von oben her mit gehemmter, vom Geburtshelfer gesteuerter Kraft mitgedrückt werden. Gerade dieses Mitdrückenlassen wird vom Anfänger nie genügend beachtet und stellt eine Hauptursache der Mißerfolge bei der Ausführung auch des Bracht sehen Handgriffes dar. Die Mitwirkung einer Hilfsperson ist also gerade bei dem Bracht sehen Handgriff unentbehrlich.

Voller Freude sieht der junge Geburtshelfer, wie als Erfolg der langsamen Rotationsbewegung beide Arme gleichzeitig und mühelos über den Damm geboren werden und wie die Schultern ebenfalls — wie „von selbst" — folgen. Aufatmend hört die Hebamme mit dem Druck von oben auf. Der Arzt bemüht sich nun aber vergebens, den Kopf, dessen Gesicht schon fast halb geboren ist, über den Damm treten zu lassen. Er mag Steiß- und Kreuzbeingegend des Kindes so kräftig gegen den Leib der Mutter pressen, wie er nur will: alles ist erfolglos, der Kopf rührt sich nicht einen Millimeter mehr weiter. Noch im allerletzten Moment führt der B r a c h t sehe Handgriff zu einem Mißerfolg. Und warum? Weil eine Hauptsache nicht beachtet· wurde: es muß mit beiden Händen von oben her durch die Bauchdecken kräftig gegen den Kopf gedrückt werden, und zwar solange, bis der Kopf v ö l l i g geboren ist! Gerade beim Kopfdurchtritt ist die von oben drückende Hand von entscheidender Bedeutung! Der Druck von oben ist es, durch den der Kopf ins Becken eintritt, auf den BB geschoben wird und endlich auch über den Damm geboren wird!

Anwendung der verschiedenen Methoden Die klassische Armlösung wird — abgesehen von schwierigen Fällen — sonst nicht mehr bei der halben E x t r a k t i o n angewandt, sie ist vielmehr die Methode der Armlösung bei ganzen Extraktionen (S. 333)» Die M ü l l e r sehe Armlösung war bisher die Methode der Wahl bei der halben Extraktion unkomplizierter Fälle. Sie wird auch heute noch gern angewandt, 330

ist aber in den letzten Jahren von vielen Geburtshelfern aufgegeben worden zugunsten des Brachtschen Handgriffs. Der Β r ä c h t sehe Handgriff (1935) ist die einfachste und für das Kind schonendste Methode der halben Extraktion bei unkomplizierten Fällen; er ist daher für den geburtshilflich geübten praktischen Arzt ganz besonders zu empfehlen. Voraussetzung ist allerdings, daß es sich einwandfrei um unkomplizierte Fälle handelt. Die Wahl bei der Anwendung dieser drei Methoden steht uns nun aber nicht frei oder besser, nicht immer frei. Man muß sie vielmehr von der jeweiligen Situation abhängig machen. Das kann man aber nur, wenn man den Geburtsverlauf genau beobachtet. Maßgeblich ist vor allem, ob der Rumpf bei seiner Geburt Schwierigkeiten macht oder ob er „leicht kommt". Ist letzteres der Fall, wird der Rumpf unter dem Druck der Wehen spielend entwickelt, so hat man die Wahl zwischen den Methoden Müller-Yeit-Smellie und B r a c h t . Fällt der vordere Arm etwa schon von selbst heraus oder erscheint der Ellenbogen des vorderen Armes schon unter der Symphyse, so liegt es nahe, die Müll ersehe Methode zu wählen. Geht aber schon die Rumpfentwicklung nur mit Schwierigkeiten vor eich, so rate ich allein zur klassischen Armlösung -f- Veit-Smellie. Man kann sich also niemals von vornherein auf eine Methode festlegen wollen. Sowohl der Brachtsche Handgriff als auch der Müllersche dürfen niemals angewandt werden bei hochgeschlagenen Armen, bei engem Becken, bei der ganzen Extraktion. Anfängern und Hebammen sollte man nach meiner Erfahrung besser von dem Brachtschen Handgriff abraten, wenn sie nicht in einer Klinik genügend Gelegenheit h a t t e n , ihn unter Anleitung an der Lebenden zu üben. Wer kein Gefühl für diesen an sich überaus einfachen Handgriff erworben hat, macht zu leicht einen DR III. Hebammen sollten den B r a c h t schen Handgriff nur bei Mehrgebärenden oder kleinen Kindern (Frühgeburten) ausführen. Die Brachtsche Methode ist eine außerordentlich wichtige Bereicherung unserer Verfahren zur Beendigung der Beckenendlagengeburten, ganz besonders auch was die Mortalität der Kinder angeht, die im Schrifttum zwischen 0 und 5% liegt (Bracht, Gragert, Schultze, Koch, Herrnberger, Nemecskay). Das Verfahren nach B r a c h t ist zweifellos dasjenige, das die weitaus geringsten kindlichen Verluste aufzuweisen hat. Das ist ein Fortschritt, der ohne Frage in der Methode begründet liegt. Zange am nachfolgenden Kopf Macht die Entwicklung des Kopfes mit einem der soeben besprochenen Handgriffe der halben Extraktion irgendwie Schwierigkeiten, so faßt man am besten rasch den Entschluß, das manuelle Verfahren aufzugeben und die Zange am 331

nachfolgenden Kopf anzulegen. Der Altmeister Albert Dö derlei η war seit Jahrzehnten der Ansicht, daß „die Zangenoperation am nachfolgenden Kopf berufen ist, mehr Kinder am Leben zu erhalten, als dies mittels der Handgriffe möglich ist" (vgl. auch Nürnberger, Dietrich).

Abb. 306. Zange am nachfolgenden Kopf Das eine rate ich jedem geburtshilflichen Anfänger, der zu einer B E L gerufen wird: Bei jeder halben Extraktion stets eine Zange griffbereit zurechtlegen! Würde dieser Grundsatz mehr beachtet, so würde die Mortalitätsziffer der BELKinder meines Erachtens bestimmt niedriger sein. P e t s c h (Dietrich) zeigte bei 763 BEL-Geburten, daß die kindliche Mortalität bei Verwendung der Zange am nachfolgenden Kopf 2,73% gegenüber 9,56% bei Anwendung der Handgriffe betrug. Ausführung der Zange am nachfolgenden Kopf: Entscheidend für die richtige und rasche Durchführung ist, daß eine am besten links neben dem Operateur stehende Hilfsperson mit der rechten Hand die Füße und mit der linken Hand die Hände des Kindes erfaßt und damit den Rumpf des Kindes 332

auf den Bauch der Mutter legt. Jetzt ist der Zugang zum Kopf frei, und die Zange wird, wie gewöhnlieh, biparietal angelegt. Das Naegele-Modell erweist sich als durchaus geeignet. Die Entwicklung des Kopfes ist einfach und gelingt dem einigermaßen geübten Geburtshelfer ohne Schwierigkeiten. Dietrich u. a. stehen auf dem Standpunkt, daß die Verwendung der Kjellandzange wesentliche Vorteile bietet. Wie immer, so ist auch hier zu beachten, daß stets in der Richtung gezogen werden muß, in die die Griffe zeigen (Abb. 306).

Ganze Extraktion = manuelle Extraktion T r i t t im Verlauf einer B E L - G e b u r t eine I n d i k a t i o n zur sofortigen Geburtsbeendigung auf bevor der Rumpf bis zum Schultergürtel geboren ist, so muß das a b w a r t e n d e Verhalten aufgegeben und eine ganze E x t r a k t i o n a u s g e f ü h r t werden (wenn nicht eine Indikation für eine Sektio gegeben ist, s. die Indikationsliste auf S. 317). Bei der ganzen oder manuellen Extraktion wird das in BEL befindliche Kind mit beiden Händen aus dem Geburtskanal herausgezogen. Im Gegensatz zur „Halben Extraktion" (s. S. 318) = „Manualhilfe" handelt es sich nur dann um eine „Ganze Extraktion" = „Manuelle Extraktion", wenn der Rumpf vor Ausführung der Operation noch nicht bis zum Schultergürtel geboren ist. Die BEL ist dabei a) entweder die ursprüngliche Lage des Kindes oder b) das Kind ist durch eine vorangegangene "Wendungsoperation in die BEL gebracht worden. Das Herausziehen des Kindes geschieht, wenn eben möglich, an e i n e m Fuß bzw. Bein. Vorbedingungen: 1. Der Muttermund muß v o l l s t ä n d i g erweitert sein. 2. Das B e c k e n darf n i c h t zu eng sein, der nachfolgende Kopf muß gut durchtreten können. 3. Das Kind muß leben. 4. Die Blase muß gesprungen sein; ist das nicht der Fall, so wird sie gesprengt. Die ganze Extraktion kann ein verhältnismäßig schwieriger und den Geburtshelfer anstrengender Eingriff sein. Besonders schwierig ist er stets bei Erstgebärenden, bei denen man die ganze Extraktion wegen der eng anliegenden und wenig nachgiebigen, unvorbereiteten Weichteile nur ungern ausführt. Ist sie jedoch nicht zu umgehen, so beginne man mit einer ausgiebigen Episiotomie, wodurch der Beckenbodenwiderstand weitgehend ausgeschaltet wird. 333

Infolge der Dauer des Eingriffs und der auf zuwendenden relativ großen Zugkräfte wird die ganze Extraktion zur gefährlichsten geburtshilflichen Operation für das Kind! (Merke: die gefährlichste geburtshilfliche Operation für die Frau ist die Wendung). Die Technik der Operation ist je nach Art der vorliegenden BEL verschieden. Aus didaktischen Gründen bespricht man sie am besten in folgender Reihenfolge: 1. bei unvollkommener Fußlage, vorderer Fuß vorliegend, 2. bei unvollkommener Fußlage, hinterer Fuß vorliegend, 3. bei vollkommener Fußlage, 4. bei Steißfußlage, ö. bei Knielage (selten), 6. bei reiner Steißlage. Die ganze Extraktion wird stets in tiefer Narkose ausgeführt, und zwar am besten in Chloräthyl-Äther-Narkose. Genau wie bei der halben Extraktion (S. 318) ist es auch bei der ganzen ein Haupterfordernis, daß der Zug von unten durch Druck von oben kräftig unterstützt wird: von Anfang an muß die Hebamme angehalten werden, kräftig mit beiden Händen von oben her auf den Fundus mitzudrücken (schiebender Druck nach Kristeller = „Kristellern"). Geschieht das, so geht die ganze Extraktion sehr viel leichter, und die Arme können sich nicht hochschlagen.

1. Fall: Unvollkommene Fußlage, vorderer Fuß vorliegend Zeige- und Mittelfinger einer Hand umgreifen den Unterschenkel oberhalb des Malleolus und ziehen den Fuß vor die Vulva. Abb. 307: Gezogen wird am vorliegenden vorderen Fuß bzw. Bein. Niemals darf der andere Fuß vorzeitig herabgeholt werden (s. S. 342). Abb. 308: Sobald der Unterschenkel entwickelt ist, wird er mit der ganzen Hand umfaßt: Daumen stets auf die Wade (Hinterseite, Beugemuskeln) setzen. Es ist von a l l e r g r ö ß t e r Bedeutung, und es muß von Anfang an sehr darauf g e a c h t e t werden, daß die Wade ( = Beuge- oder Rückseite) des Beines nach vorn zeigt oder durch D r e h u n g nach vorn g e b r a c h t wird, weil dadurch die sehr u n e r w ü n s c h t e Drehung des Rückens nach hinten vermieden wird. Die übrigen Finger umfassen voll und kräftig den ganzen Unterschenkel. Die Hauptsache ist zunächst die richtige Zugrichtung: 334

Zugrichtung steil nach unten! Senkrecht abwärts in Richtung auf den Fußboden ziehen! Abb. 309: Jetzt am Bein „ n a c h g r e i f e n " , d. h. abwechselnd die eine Hand über die andere nahe der Vulva ansetzen und so am Unter- und Oberschenkel „ h o c h k l e t t e r n " , wobei der Daumen immer auf der Beugeseite liegen muß.

Abb. 308. Ganze Extraktion (II): Umfassen des Unterschenkels mit der ganzen Hand. Steil nach abwärts ziehen t Abb. 309. Ganze Extraktion (III): Nachgretfenl Am höchsten am Oberschenkel muß die gleichnamige Hand liegen. Steil nach unten ziehen, bis die vordere Hüfte ganz entwickelt ist

335

Dabei ist sehr zu beachten, daß man jedesmal so hoch wie möglich heraufgreift und daß die Hand, die schließlich am weitesten oben am Oberschenkel ankommt, die dem Oberschenkel gleichnamige Hand sein muß (Abb. 309: Linke Hand am linken Oberschenkel!). Die Beachtung dieser einen Regel ist für den weiteren glatten Ablauf der Extraktion entscheidend: Am Oberschenkel muß stets die g l e i c h n a m i g e Hand liegen! Der Daumen dieser Hand kommt auf die Gesäßbacke neben das Kreuzbein, die übrigen Finger umfassen voll und kräftig den ganzen Oberschenkel. Die Zugrichtung ist dabei immer noch weiter steil nach unten gerichtet und zwar wird solange in Richtung auf den Fußboden gezogen, bis die vordere Hüfte voll entwickelt ist (Abb. 309). Die Haut des Kindes ist meist infolge Vernix caseosa-Belages sehr schlüpfrig. Um besser Zupacken zu können, nehme ich stets ein steriles Tuch zu Hilfe. Abb. 310: Nach Geburt der vorderen Hüfte ändert sich sofort die Zugrichtung: von jetzt ab muß man das Bein genau in entgegengesetzter Richtung, nämlich in der Führungslinie steil nach oben ziehen, um auch die hintere Hüfte über den Damm zu bringen. Sobald man an die hintere Hüfte herankommt (Abb. 310), hakt sich der Zeigefinger der freien Hand in die hintere Hüftbeuge ein. (In unserem Beispiel, Abb. 310, ist die „freie"

Hand die rechte, die linke Hand bleibt jetzt dauernd am Oberschenkel.) Niemals mit zwei Fingern in die Hüftbeuge eingehen, sonst Oberschenkelfraktur 1 Der Daumen kommt auf die hintere Gesäßbacke, so daß die Daumen 336

etwa parallel neben dem Kreuzbein liegen (Abb. 310). Kräftig zufassen und mit beiden Händen in immer der gleichen Haltung steil nach aufwärts ziehen, wobei das zweite Bein herausfällt. Jetzt umfassen beide Hände die

Abb. 311. Ganze Extraktion (V): Mit beiden Händen steil nach oben ziehen, bis der untere Rand des vorn gelegenen Schulterblattes sichtbar wird

Oberschenkel (Abb. 311) und ziehen in gleicher Richtung weiter, bis der untere Rand des vorn gelegenen Schulterblattes fühlbar wird (Abb. 311). In die hintere S c h e n k e l b e u g e darf man stets nur mit e i n e m Finger eingehen! (Den Arm löst man stets mit mindestens z w e i Fingern!) In die hintere Hüftbeuge geht also der rechte Zeigefinger, bei der linken BEL der linke Zeigefinger, bei der rechten BEL das heißt also: in die rechte Hüftbeuge geht der rechte Zeigefinger, in die linke Hüftbeuge geht der linke Zeigefinger! Stets liegen die Daumen auf den gleichnamigen Gesäßbacken. Das muß man sich alles einmal richtig klarmachen. Aber niemals auswendig lernen wollen! Die r i c h t i g e A u s f ü h r u n g e r g i b t sich von s e l b s t , wenn m a n n u r d a r a u f a c h t e t , daß bei E n t w i c k l u n g des v o r l i e g e n d e n Beines am O b e r s c h e n k e l s t e t s die diesem Oberschenkel g l e i c h n a m i g e H a n d liegen muß. Ein guter Rat: Wenn bei Erscheinen des unteren Winkels des vorderen Schulterblattes der am Bauch hochgeschlagene hintere Fuß noch nicht herausfallt, sondern in der Scheide stecken bleibt, so darf man niemals an seinem Bein ziehen. Mit einem einfachen Handgriff kann man ihn leicht zum Heraus22 P e c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

337

fallen bringen: Man braucht nur den Rumpf des Kindes etwas zur Seite zu drücken und zwar nach dem Schenkel der Mutter hin, nach dem der Rücken „hinsieht". Kurze Zusammenfassung: Es gibt bei der ganzen Extraktion nur zwei Zugrichtungen: Den vorliegenden Fuß fassen und unter „Nachgreifen" dauernd bis die vordere Hüfte

steil nach unten

ganz entwickelt ist! ι

(Abb. 307-309).

ziehen Jetzt — und nicht früher — entgegengesetzt A steil nach oben

bis der untere Rand des vorderen Schulterblattes sichtbar wird! Sobald die hintere Hüftbeuge zu fassen ist, hakt sich dort der Zeigefinger der freien Hand ein (Abb. 310 u. 311).

ziehen Danach klassische Armlösung und ) „ ^ , ,,. /α Kopfentwicklung nach Y e i t - S m e l l i e } s" H a l b e E x t r a k t l o n ^

010 > 318



Häufig gemachte Fehler: 1. Es wird zuerst nicht genügend steil nach unten und später nicht genügend steil nach oben gezogen. Es gibt nur diese beiden Zugrichtungen! 2. Die ganze Extraktion kann man sich dadurch sehr erschweren, daß der Oberschenkel mit der falschen Hand erfaßt wird: Am Oberschenkel muß stets die gleichnamige Hand liegen! Erfaßt man ihn mit der ungleichnamigen Hand, so kann die andere Hand niemals richtig an die hintere Hüftbeuge heran; die Hände stören sich gegenseitig. 3. Um angeblich „besser ziehen zu können", wird bei unvollkommener Fußlage von Anfängern gern der zweite (hochgeschlagene) Fuß vorzeitig herabgeholt: Grober Fehler! Der untere Rumpfabschnitt hat bei unvollkommener Fußlage einen Umfang von etwa 25,5 cm, bei vollkommener Fußlage einen solchen von nur etwa 34 cm (s. S. 312). Die weichen Geburtswege werden also bei vollkommener Fußlage durch den vorangehenden Teil weniger vorgedehnt als bei unvollkommener Fußlage. Man macht sich die Passage des nachfolgenden großen Kopfes unnötig noch schwerer, als sie schon ist. Also: 338

Bei unvollkommener Fußlage niemals den zweiten Fuß vorzeitig herabholen 1 4. In die Hüftbeuge nur mit dem Zeigefinger, niemals mit zwei Fingern eingehen, sonst Oberschenkelfraktur oder Hüftluxation. 5. Es wird oft viel zu früh mit der Armlösung begonnen! Stets erst dann beginnen, wenn der untere Rand des vorderen Schulterblattes sichtbar wird, nicht früher! 6. Allzuoft vergißt der mit der Ausführung der Operation in Anspruch genommene Anfänger, die Hebamme anzuhalten, kräftig mit beiden Händen von oben mitzudrücken. Wenn er einmal erfahren hat, wie dieser Druck von oben die Ausführung der ganzen Operation erleichtert, wird er es nie wieder vergessen. Außerdem wird dadurch verhindert, daß die Arme sich nach oben schlagen. 7. Bei keinem der Handgriffe dürfen die Hände den Bauch des Kindes berühren.

2. Fall: Unvollkommene Fußlage, hinterer Fuß vorliegend Gezogen wird am vorliegenden hinteren Fuß. Niemals den anderen Fuß vorzeitig herabholen! Siehe S. 338: Häufig gemachte Fehler, Punkt 3! Ausführung wie bei Fall 1, nur muß hier natürlich zuerst die hintere Hüfte entwickelt werden. Dabei muß in diesem Fall die Zugrichtung so lange steil nach unten gerichtet sein, bis auch die vordere Hüfte ganz entwickelt ist. Dann weiter wie bei der unvollkommenen Fußlage mit vorliegendem vorderen Fuß. Kurze Zusammenfassung: Den vorliegenden (hinteren) Fuß fassen und dauernd steil nach unten f

bis 1. die hintere Hüft« und 2. auch die ganze vordere Hüfte entwickelt sind und 3. der Zeigefinger der freien Hand in die vordere Hüftbeuge eingegangen ist!

ziehen Jetzt — und nicht früher — steil nach oben

bis der untere Band des vorderen Schulterblattes sichtbar wird.

ziehen 22»

339

Zieht man früher nach oben, so muß die vordere Gesäßbacke bzw. Hüfte hinter der Symphyse bzw. hinter dem Schambein hängenbleiben (— „reiten"). Anschließend Klassische Armlösung und 1 „ . , , oom „ , , . ,, u-ir -i. ο ιι· > s · Halbe Extraktion v/c(S. 320). Kopientwicklung nach V e i t - S m e l l i e J ' Noch einmal, da sehr wichtig: Bezüglich der Wahl der Hände ergibt sich für beide Fälle von unvollkommener Fußlage eine Regel mit dem Stichwort: „gleichnamig"! Stets muß die gleichnamige Hand den Oberschenkel erfassen! Stets muß der gleichnamige Zeigefinger hakenförmig in die hintere Hüftbeuge eingehen! Das heißt: liegt der linke Oberschenkel vor, so erfaßt ihn die linke Hand, rechte Oberschenkel vor, so erfaßt ihn die rechte Hand. Ist die hintere Hüftbeuge die linke Hüftbeuge, so geht der linke Zeigefinger ein, die rechte Hüftbeuge, so geht der rechte Zeigefinger ein.

3. Fall: Vollkommene Fußlage Gezogen wird an beiden Füßen! Die Hände fassen die gleichnamigen Füße. Unter- bzw. Oberschenkel richtig fassen: Daumen auf die Beugeseiten, die Finger umfassen voll die Schenkel! Erst beide Beine ganz steil nach unten ziehen und dabei mit den Händen möglichst hoch „nachgreifen", d. h. an den Beinen abwechselnd rechts und links „hochklettern", bis beide Hüften ganz entwickelt sind. Beide Daumen liegen jetzt parallel neben dem Kreuzbein, die übrigen Finger umfassen voll die Oberschenkel. Unter Beibehaltung dieses Handgriffes nun steil nach oben ziehen, bis der untere Rand des vorn gelegenen Schulterblattes sichtbar ist. Danach Klassische Armlösung und Ί „ ^ , , /c , s HaIbe Extraktl0n Kopfentwicklung nach V e i t - S m e l l i e } * (S-

ΟΛΑ, 320



4. Fall: Steißfußlage Jede ganze Extraktion bei der Steißfußlage wird stets als Extraktion an einem Fuß ausgeführt. Bei der vollkommenen Steißfußlage wird nur ein Fuß, und zwar der vordere Fuß. herabgeholt und an diesem extrahiert. Bei der unvollkommenen Steißfußlage wird der vorliegende Fuß herabgeholt und an diesem extrahiert. 340

Die Steißfußlage wird also in jedem Fall erst in eine unvollkommene Fußlage verwandelt und dann an dieser die ganze Extraktion ausgeführt. Daß bei der vollkommenen Steißfußlage stets der vordere Fuß herabgeholt wird, hat denselben guten Grund wie bei der reinen Steißlage. Die Begründung ist auf S. 342 gegeben.

5. Fall: Knielage Bei der vollkommenen Knielage werden zur Extraktion beide Füße, bei der unvollkommenen der vorliegende Fuß herabgeholt.

6. Fall: Reine Steißlage Die Ausführung der ganzen Extraktion bei der reinen Steißlage ist verschieden je nach dem Höhenstande, in dem man den Steiß im Becken antrifft. Man unterscheidet vier Möglichkeiten: 6/1. Reine Steißlage: der Steiß steht noch über dem Becken ( = hochstellender, beweglicher Steiß) Ist unter diesen Umständen die Beendigung der Geburt dringend indiziert und sind die Vorbedingungen für die ganze Extraktion (S. 333) erfüllt, so ist die Methode der Wahl das Herunterholen des vorderen Fußes, d. h. also, man verwandelt die reine Steißlage in eine unvollkommene Fußlage mit vorliegendem vorderen Fuß und hat so eine ausgezeichnete Handhabe, die ganze Extraktion am Fuß auszuführen. Kein E r f a h r e n e r würde bei einem so hochstehenden Steiß auf den Gedanken kommen, etwa am Steiß selbst ziehen zu wollen, denn der Steiß bietet erfahrungsgemäß nur eine sehr schlechte Handhabe zum Anfassen und Ziehen, nämlich die vordere Hüfte. Wo es nur eben geht, wird man diesen mit Recht gefürchteten Eingriff auf irgendeine Weise zu umgehen versuchen. Hier tut man es durch Herunterholen des vorderen Fußes. Damit beschaffen wir uns durch einen vorbereitenden Eingriff eine sehr bequeme Handhabe zum Ziehen, nämlich den herabgeholten Fuß, womit die Hauptschwierigkeit bei der ganzen Extraktion überwunden ist. Vorgehen: Tiefe Narkose. Eingehen mit der ganzen Hand, und zwar mit der Hand, die der

Herunterholen des vorderen Fußes

A b b < 312>

341

Bauchseite des Kindes entspricht. Vom Steiß aus tastet man sich an den vorn gelegenen Oberschenkel und dann weiter an den dazugehörigen Fuß heran. Fassen des Fußes mit Zeige- und Mittelfinger (Abb. 312). Beugen des Knies und Herunterziehen des Fußes, bis er in der Vulva erscheint. Die E x t r a k t i o n , die man sofort anschließt, wird genau wie bei Fall 1 auf S. 334 ausgeführt. Voraussetzung ist natürlich die erfüllte Vorbedingung Nr. 1 (S. 333): der vollständige Mm! Um bei schlüpfriger Haut (Vernix caseosa) besser zupacken zu können, nimmt man (nach Herunterholen des Fußes) ein steriles Tuch zur Hilfe. Es sei hier nochmals dringendst vor der Extraktion gewarnt, bevor der Mm vollständig erweitert ist. Mutter (Zervixriß!) und Kind (schwerste Asphyxie) kommen dadurch in unmittelbare L e b e n s g e f a h r ! Das Herunterholen des Fußes ist auch bestens bewährt als vorbeugende Maßnahme (natürlich ohne Extraktion) bei drohenden Komplikationen als prophylaktisches Herunterholen des vorderen Fußes (s. S. 318). Da in diesem Falle anschließend nicht sofort extrahiert wird, braucht man natürlich die Vollständigkeit des Mm. nicht abzuwarten, sondern kann schon bei kleinerem Mm eingehen. Merke ferner die Schulregel: Beim Herunterholen des Fußes wird stets nur e i n Fuß, und zwar ausnahmslos der vordere Fuß genommen! Begründung: Man nimmt nur e i n e n Fuß, weil man bei Herabholen eines zweiten Fußes den Umfang des vorliegenden Teils völlig zwecklos verkleinern würde. Man kann an einem Fuß genau so gut a n f a s s e n und ziehen wie an zweien. Der Umfang des Steißes als Wegbahner für den größten Teil des Kindes, den nachfolgenden Kopf, würde beim Herunterholen eines zweiten Fußes um 2 cm vermindert Man nimmt den vorderen Fuß, 1. weil bei der Extraktion am vorderen Fuß der vorn liegende Bücken auch vorn bleibt, was für die spätere Entwicklung des Kopfes entscheidend ist. — Für den seltenen Fall des hinten liegenden Rückens kann man sagen, daß durch das Herabholen des vorderen Fußes der hinten liegende Rücken nach vorn gebracht wird; 342

2. weil bei der Extraktion am h i n t e r e n Fuß sich die vordere Hüfte leicht an der Symphyse festhaken kann = Reiten der vorderen Hüfte. Außerdem kann der Bücken sich nach hinten drehen und das Kinn sich hinter der Symphyse festhaken, was bei einigermaßen geschicktem Vorgehen allerdings nur selten vorkommt; 3. weil der vordere Fuß meistens leichter zu erreichen ist und die Extraktion am vorderen Fuß leichter als die am hinteren Fuß ist; 4. weil es dem Geburtsmechanismus entspricht, daß stets d a s , w a s v o r n l i e g t , die F ü h r u n g ü b e r n i m m t und zuerst geboren wird.

Schwierigkeiten beim Herunterholen eines Fußes: P i n a r d scher Handgriff Das Herunterholen eines Fußes bei der reinen Steißlage ist durchaus nicht immer so einfach. Manchmal kommt man mit der Nabelschnur in Kollision, oder die Schnur droht vorzufallen. Man muß bei langer Nabelschnur auch darauf achten, daß man sie nicht zwischen die Beine bringt. Auch das Fassen des Fußes macht häufig Schwierigkeiten, zumal wenn der zu fassende vordere Fuß besonders hoch im F u n d u s v o r dem G e s i c h t des K i n d e s liegt. Nach

Abb. 313 u. 314. Pinard scher Handgriff Ρ i η ar d wird das Erreichen des Fußes sehr erleichtert, indem man den Zeigefinger der eingeführten Hand in die Kniekehle des vorn gelegenen Beines legt (Abb. 313) und den Oberschenkel kräftig gegen den Bauch des Kindes drückt. Dadurch kommt es zu einer leichten Beugung des Beines, und der Fuß, der dadurch Bewegungsfreiheit erlangt, senkt sich etwas herab und kann danach leicht gefaßt werden (Abb. 314). 343

6/2. Beine Steißlage: der Steiß steht mehr oder weniger tief im Becken (BE, BM, BB) Auch bei diesen drei H ö h e n s t ä n d e n des S t e i ß e s in B E , BM, BB wird k e i n E r f a h r e n e r die E x t r a k t i o n unmittelbar am Steiß selbst v o r n e h m e n wollen, weil er g e n a u weiß, daß das ü b e r h a u p t n i c h t geht. Bei dem jetzt ins Becken eingepreßten Steiß findet sich nirgends eine Handhabe, an der man ihn anfassen und nach abwärts ziehen könnte. Die Methode der Wahl ist bei allen drei Höhenständen BE, BM, BB wieder die Extraktion am vorderen Fuß. Um so vorgehen zu können, muß der vordere Fuß wieder heruntergeholt werden. Das war im Fall 6/1 bei beweglich ü b e r dem BE stehendem Steiß leicht. Um bei einem im Becken stehenden Steiß — gleichgültig, ob es sich um BE, BM oder BB handelt — einen Fuß herunterholen zu können, muß der Steiß in jedem Falle erst einmal ganz aus dem Becken herausgeschoben werden. D e n n n u r bei einem f r e i beweglich ü b e r dem B e c k e n s t e h e n d e n Steiß, also einem S t e i ß , der a u ß e r h a l b , g e n a u e r o b e r h a l b des k l e i n e n B e c k e n s s t e h t , k a n n u n d darf m a n die vorb e r e i t e n d e O p e r a t i o n des F u ß h e r u n t e r h o l e n s a u s f ü h r e n , v o r h e r i s t es t e c h n i s c h g a r n i c h t möglich.

Wenn bei einem mehr oder weniger tief im Becken stehenden Steiß versucht wird, einen Fuß herunterzuholen ohne daß der Steiß vorher ganz aus dem kleinen Becken herausgeschoben wurde, so führt das mit Sicherheit zur Oberschenkelfraktur.

Das Herausdrängen des Steißes aus dem Becken geht um so leichter, je beweglicher er noch ist oder, was dasselbe ist, je weniger tief er schon ins Becken hineingepreßt ist. Der Steiß läßt sich also aus BE leichter aus dem Becken herausdrängen als vom BB. Im BE fühlt man den Steiß noch mehr oder weniger beweglich, auf BB steht er anscheinend völlig unbeweglich in das Becken eingepreßt. W i c h t i g i s t , daß m a n den S t e i ß bei j e d e m H ö h e n s t a n d im B e c k e n zwischen B E u n d BB m i t einem e i n f a c h e n M i t t e l l e i c h t beweglich m a c h e n k a n n , a u c h d a n n , wenn er z u n ä c h s t u n b e w e g l i c h u n d f i x i e r t e r s c h e i n t . Dieses M i t t e l i s t die t i e f e N a r k o s e u n d zwar die tiefe Inhalationsnarkose (Chloräthyl-Äther). Die t i e f e N a r k o s e i s t die w i c h t i g s t e V o r a u s s e t z u n g f ü r j e d e A r t von g a n z e r E x t r a k t i o n . 344

6/3. Reine Steißlage: der Steiß steht fest im BA, d. h. er ist in der Tiefe der Vulva sichtbar In diesem Fall ist der Steiß nicht mehr beweglich zu machen. Der schon sichtbare Steiß steht derartig fest eingezwängt im Weichteilrohr des BA, daß der Versuch, ihn etwa noch hochschieben zu wollen, auch in tiefer Narkose meist mißlingt. Auf die bequeme Extraktion am vorderen Fuß muß also hier leider verzichtet werden. Es bleibt nichts anderes übrig, als das Kind unmittelbar am Steiß herauszuziehen. Diese Extraktion wird als Extraktion an der vorderen Hüfte (Hüftbeuge, Schenkelbeuge) ausgeführt. Sie ist eine schwierige, für den Operateur ungewöhnlich ermüdende und für das Kind höchst gefährliche Operation. Vorgehen: Tiefe Narkose. Bei dieser Extraktion ist das Allerwichtigste ein ausgiebiger Scheidendammschnitt (Episiotomie), bei Erstgebärenden ein D ü h r s s e n - S c h u c h a r d t - S c h n i t t (S. 358). Die Weichteilschwierigkeiten verschwinden mit einem Schlage. Man geht mit dem Zeigefinger der g l e i c h n amigen Hand in die vordere Hüftbeuge (Spalt, der zwischen dem Rumpf und dem stark gegen ihn gebeugten Oberschenkel entstanden ist) des Kindes ein, d. h. mit demjenigen Zeigefinger, der der vorn stehenden Hüfte gleichnamig ist; also ... bei der rechten Steißlage (Abb. 315) geht der rechte Zeigefinger in die rechte ( = vordere) Hüftbeuge ein (Abb. 315), bei der linken Steißlage geht der linke Zeigefinger in die linke ( = vordere) Hüftbeuge ein. Die andere Hand soll kräftig mit anpacken und umfaßt dazu die ziehende Hand fest oberhalb des Handgelenks (Abb. 315). Vor allem muß dauernd und mit aller Kraft von oben her auf den Uterusfundus gedrückt werden. Das ist gerade bei dieser anstrengenden Extraktion, bei der die ganze Kraft beider Hände durch einen Finger allein auf das Kind übertragen wird, besonders wichtig. Jetzt in dieser Stellung der Hände steil nach abwärts ziehen und zwar so lange, bis die v o r d e r e H ü f t e u n t e r der S y m p h y s e e r s c h e i n t . Der Daumen der ziehenden Hand wird auf die Gesäßbacke der eben geborenen Hüfte gesetzt. Danach steil nach aufwärts ziehen

Abb. 315. Extraktion an der vorderen Hüftbeuge. Der hakenförmig gekrümmte Zeigefinger der gleichnamigen Hand geht in die vorn gelegene Hüftbeuge ein

345

bis die hintere Hüfte erscheint, und man an sie herankommen kann. Ist das der Fall, so dringt der Zeigefinger der 2. Hand hakenförmig in diese Hüftbeuge ein und leitet die hintere Hüfte über den Damm. Der Daumen der 2. Hand wird dabei parallel zum anderen Daumen auf die hintere Gesäßbacke gesetzt. Bei anhaltendem Zug steil nach aufwärts fallen bald beide Beine heraus. (Sollte das 2. Bein in der Scheide zurückgehalten werden, so braucht man den Rumpf nur etwas zur Seite zu beugen: und das Bein fällt heraus.) Die Finger 2—5 beiderseits umfassen jetzt die Oberschenkel, die Daumen bleiben auf den Gesäßbacken. Mit dieser Händehaltung wird immer noch in gleicher Richtung steil nach aufwärts gezogen bis die vordere S c h u l t e r b l a t t s p i t z e f ü h l b a r wird. Anschließend klassische Armlösung und Entwicklung des Kopfes nach VeitSmellie. 6/4. Reine Steißlage: der Steiß steht noch n i c h t fest im BA, jedoch schon so tief, daß man ihn auch in tiefer Narkose nicht mehr nach oben schieben kann Wir hatten bei Fall 6/3 gesehen: steht der Steiß fest im BA, so ist er nicht mehr beweglich zu machen, er kann nicht mehr hochgedrängt werden, er muß also mit einem Finger an der vorderen Hüfte entwickelt werden. In seltenen Fällen gelingt eine Mobilisierung und ein Hochdrängen des Steißes auch dann schon nicht mehr, wenn der Steiß zwar noch nicht f e s t im BA sondern noch etwas höher, also zwischen BB und BA s t e h t , wenn er also das Knie des Geburtskanals schon überwunden hat, aber doch noch nicht im BA steht. In diesem Falle würde eine Extraktion mit dem Finger an der vorderen Hüftbeuge zwar möglich, aber außerordentlich schwierig sein, da die Hüfte für den Finger noch viel zu hoch steht. Die Methode der Wahl ist in diesem besonderen Fall die Zange am Steiß (Levret) Sie ist schon seit langem von vielen erfahrenen Geburtshelfern (A.D ö d er 1 ei η, v. J a s c h k e , B r a n d t , v. Vaso u. a.) Abb. 316. Zange am Steiß empfohlen worden. Die Zange wird biiliakal quer oder schräg an den Steiß gelegt (Abb. 316). Niemals darf ein Löffel auf den Bauch des Kindes zu liegen kommen. Die Na eg ele-Zange läßt sich an den tief sitzenden Steiß 346

eigentlich immer gut anlegen, am besten hat sich aber die Κ j e l l a η d-Zange als Steißzange bewährt. Die Zange am Steiß muß aber sehr vorsichtig gehandhabt werden, da sie meiner Erfahrung nach sehr leicht abgleitet. Man extrahiert mit der Zange, bis beide Hüften entwickelt sind. Dann wird die Zange abgenommen und mit den Fingern an den Hüften extrahiert (s. S. 345). Druck von oben!

Hilfsmittel bei der Extraktion unmittelbar am Steiß Die Extraktion am Steiß allein, die man in einem Fall (Fall 6/3) nicht umgehen kann, ist sehr schwierig und anstrengend. Zahlreiche Hilfsmittel sind angegeben worden, die den schnell ermüdenden Finger unterstützen oder ersetzen sollen. Die Zange wurde schon erwähnt (S. 346). Zwei weitere Hilfsmittel sind der S t e i ß h a k e n und die W e n d u n g s s c h l i n g e . Diese beiden Mittel dürfen aber nur am toten Kind angewandt werden, da sie stets schwere Verletzungen setzen. Der Steißhaken (Smellie) Der Steißhaken (Abb. 317, nach K ü s t n e r ) wird genau wie der Zeigefinger in die vordere Hüftbeuge eingeführt. Auch dieser Haken dient nicht als Ersatz des ziehenden Zeigefingers, sondern H a k e n und Z e i g e f i n g e r müssen gemeinsam an der vorderen Hüfte ziehen. Zur Einführung des Hakens geht zunächst die dem kindlichen Rücken entsprechende ganze Hand ein und legt sich zum Schutze der Weichteile Abb 317 auf die Gesäß-Rückengegend. Dann " ' Steißhaken nach Küstner erst wird der Haken zwischen Hand und Rücken eingeführt, das lange Ende des Hakens mit dem Griff nach hinten, das kurze Ende nach vorn gerichtet. Nun läßt man den Haken vorsichtig über die vordere Gesäßbacke bis zur vorderen Hüfte wandern und führt ihn von da in die Hüftbeuge ein. Vor Beginn der Extraktion stets nachtasten, ob der Haken richtig liegt. — W e g e n der V e r l e t z u n g e n , die der S t e i ß h a k e n setzen k a n n , soll er nur bei toten Kindern a n g e w a n d t werden. Die Wendungsschlinge (Hecker) Ein festes Leinenband, das zu einer Rolle aufgerollt und v o n vorn her in die vordere Hüftbeuge hineingebracht wird. Ein- und Durchschieben, so daß die Rolle zwischen den Beinen hindurch wieder herauskommt. Dabei muß sehr darauf geachtet werden, daß die Schlinge auch richtig in der Hüftbeuge und nicht zu weit zum Oberschenkel hin liegt (Oberschenkelfraktur!). Es soll niemals an der Schlinge allein gezogen werden, sondern, wenn eben möglich, muß sich der Z e i g e f i n g e r mit in die H ü f t e e i n h a k e n und m i t z i e h e n .

347

Zusammenfassung der Regeln über die Ausführung der ganzen Extraktion bei der reinen Steißlage Stand des Steißes:

1. ü b e r dem Becken

2.

im

BE

-

in

BM

X

auf

BB

ζ

im Becken

x

= in der Tiefe der Vulva sichtbar

4. noch η i c h t fest im BA d. h. zwischen B B und BA, der Steiß hat also das Knie Geburtskanals

schon

ζ. T. oder ganz überwunden

348

(stets in tiefer Narkose)

Herunterholen des vorderen Fußes und ganze Extraktion an diesem Fuß, s. S. 3 4 1 . Der Steiß ist entweder noch beweglich (BE) oder nicht mehr beweglich (BM, BB), in j e d e m F a l l a b e r in t i e f e r N a r k o s e l e i c h t beweglich zu m a c h e n , so daß man ihn hinaufschieben kann.

Herausschieben des Steißes aus dem kleinen in das große Becken, Herunterholen des vorderen Fußes und ganze Extraktion an diesem Fuß, s. S. 3 4 4 . Der Steiß ist n i c h t mehr beweglich zu machen, auch nicht in tiefster Narkose.

3. fest im BA

des

Vorgehen:

Einziger Fall, bei dem die Extraktion mit dem Finger an der vorderen Hüftbeuge ausgeführt werden muß, s. S. 345. In manchen Fällen gelingt eine Mobilisierung des Steißes zum Hochschieben auch bei diesem Stand des Steißes nicht mehr.

Zange am Steiß, Extraktion bis Steiß in der Vulva sichtbar, dann Extraktion an der vorderen Hüftbeuge (wie bei 3.)

Vorgehen bei sicher totem Kinde Ist das Kind mit Sicherheit tot, so wird bei reinen Steißlagen mit dem Haken nach K ü s t n e r extrahiert (s. S. 347). Bei großem Kopf und Gefahr der "Weichteilverletzung ist der nachfolgende Kopf zu perforieren. Bei Steißfußlagen und Fußlagen schlingt man den Fuß an und belastet mit einem Zuggewicht. Die ganze Extraktion ist zwar die gefährlichste Operation für das Kind. Sie ist aber auch für die Mutter in hohem Maße gefährlich. Die Hauptgefahr ist der Zervixriß. Aber auch Uterusrupturen sind beschrieben worden. Daher: Nach jeder ganzen Extraktion muß die Uterushöhle ausgetastet und die Zervix mit großen Spiegeln eingestellt und kontrolliert werden!

Schwierigkeiten bei der ganzen Extraktion A. Schwierigkeiten bei der Armlösung I. Kind halb geboren, ein Arm oder beide Arme sind hochgeschlagen oder sogar in den Nacken geschlagen. "Wegen dieser abnormen Haltung der Arme können die Schultern nicht geboren werden. Hochgeschlagene Arme sind stets eine sehr unangenehme Komplikation, vor allem deswegen, weil ihre Behandlung die Zeitdauer der Extraktion oft wesentlich verlängert. Zur erfolgreichen und schnellen Lösung hochgeschlagener Arme gehört viel Erfahrung und Geschick sowie die Fähigkeit, rasch entschlossen zu handeln. Vorgehen: Bei nicht allzu großem Kinde kommt man oft schon durch Lösung mit der ganzen Hand nach der üblichen Methode zum Ziel. Zunächst wird der kreuzbeinwärts gelegene Arm gelöst: die gleichnamige ganze Hand geht vom Rücken her tief in die Kreuzbeinhöhle ein und erfaßt den Unterarm oder, wenn

Abb. 318. Lösung des hochgeschlagenen Armes mit der ganzen Hand (verändert nach Winter)

349

möglich, den Unter- und Oberarm und bewegt den Arm seitlich am Kopf vorbei nach abwärts (Abb. 318). — Danach den vorderen Arm in die Kreuzbeinhöhle bringen und ebenso lösen. Das einfachste Verfahren zur Lösung eines hochgeschlagenen Armes ist seine Lösung mit der g a n z e n Hand. Ist dieses Verfahren ohne Erfolg, so wende man sofort die Methode nach S e l l h e i m an, wobei der hochgeschlagene Arm durch Drehung des Kindes um die Längsachse (wie beim Stopfen) zum Heruntergleiten gebracht werden kann. 1. Möglichkeit: Vorderer Arm hochgeschlagen und im Nacken liegend. Vorgehen: Erst den hinten gelegenen Arm in der üblichen Weise lösen. Sodann das Kind mit raschen, stopfenden Bewegungen um seine Längsachse drehen, und zwar in der Richtung, in die der Arm des Kindes zeigt! Abb. 319. I. (Linke) BEL, vorderer (linker) Arm hoch- und in den Nacken geschlagen. Nach Lösung des hinteren Armes Stopfen und Drehen des Kindes in der Richtung, in die der Axm zeigt, also im Sinne des Pfeils (im Uhrzeigersinn). Die Drehung

Abb. 319

Abb. 320

Abb. 319. I. BEL, vorderer Arm in den Nacken geschlagen Abb. 320. II. BEL, vorderer Arm in den Nacken geschlagen erfolgt hierbei entgegen der sonst bei Drehungen üblichen Regel insofern, als der B a u c h die S y m p h y s e passiert. — Aufhören mit der Drehung, wenn der Arm am Gesicht des Kindes liegt. Lösung in typischer Weise in der Kreuzbeinhöhle.

350

Zur Losung eines hochgeschlagenen Armes wird das Kind stets in der Richtung gedreht, in die der hochgeschlagene Arm zeigt!

Abb. 320. II. (Rechte) BEL, vorderer (rechter) Arm hoch- und in den Nacken geschlagen. Der hintere, nicht vorgefallene Arm wurde schon gelöst. Drehung des Kindes in der Richtung, in die der hochgeschlagene Arm zeigt, also im Sinne des Pfeils (entgegen dem Uhrzeigersinn). Auch hier geht der Bauch „über vorn". Aufhören mit der Drehung, wenn der Arm am Gesicht des Kindes liegt. Lösung in der Kreuzbeinhöhle.

Ein anderes Vorgehen bei hochgeschlagenem vorderen Arm empfiehlt Brindeau (Abb. 321): Man erfaßt den gelösten hinteren Arm und zieht an ihm kräftig in der in Abb. 321 dargestellten Weise. Dadurch wird sowohl der Rücken wie der Kopf gedreht. Gleichzeitig wird der hochgeschlagene vordere Arm nicht nur nach hinten gebracht, sondern auch mehr oder weniger herabgezogen, so daß er von der Kreuzbeinhöhle her gelöst werden kann. 2. Möglichkeit: Hinterer Arm hochund in den Nacken geschlagen. Vorgehen: Zuerst den vorderen Arm nach hinten bringen und dort in der üblichen Weise lösen. Dann Weiterdrehen in derselben Richtung. Der vorher hochgeschlagene Arm bleibt immer mehr zurück und liegt schließlich am Gesicht. Dann Lösung in typischer Weise. Abb. 322. I. (Linke) BEL, vorderer Arm Abb. 321. Lösung des vorderen hochgelöst. Hinterer (rechter) Arm hoch- und in geschlagenen Armes nach B r i n d e a u den Nacken geschlagen: Drehung in der Richtung, in die dieser Arm zeigt, also im Sinne des Pfeils (entgegen dem Uhrzeigersinn). Der Rücken geht „über vorn". Aufhören mit der Drehung, wenn der Arm am Gesicht des Kindes liegt. Typische Lösung in der Kreuzbeinhöhle. Abb. 323. II. (Rechte) BEL, vorderer Arm gelöst. Hinterer (linker) Arm hoch- und in den Nacken geschlagen: Drehung in der Richtung, in die der hochgeschlagene Arm zeigt (im Uhrzeigersinn). Rücken geht „über vorn". Aufhören mit der Drehung, wenn der Arm am Gesicht des Kindes liegt usw.

3. Möglichkeit: Beide Arme hochgeschlagen: Selten! Schwierigster Fall! Vorgehen: Erst den vorderen Arm durch Drehung frei machen, nach hinten bringen und lösen. Dann den anderen Arm durch entgegengesetzte Drehung an das Gesicht bringen und hinten lösen (Nürnberger). II. Kind halb geboren, Erschwerung der Armlösung dadurch, daß Gesicht und Bauch nach vorn (der Rücken nach hinten) gerichtet sind. 351

Selten! Außerordentlich ungünstiger Fall! Meist sind außerdem die Arme auch noch hochgeschlagen. Auch in diesem Fall dreht man das Kind um die Längsachse, bis der Rücken seitlich steht und ein Arm nach hinten gebracht ist. Jetzt versucht man zunächst die Lösung des hinten liegenden Armes mit der ungleichnamigen Hand von vorn, also von der Bauchseite des Kindes her.

Abb. 322

Abb. 323

Abb. 322. I. BEL, hinterer Arm in den Nacken geschlagen Abb. 323. II. BEL, hinterer Arm in den Nacken geschlagen

Diese Methode führt den Namen: Lösung mit der falschen ( = ungleichnamigen) Hand Die ganze Hand geht hinten seitlich ein und schiebt sich bis zum Gesicht vor (der zu lösende Arm findet sich meist in der Gesichtsgegend). Vorsichtiges Herunter- und Herausleiten. — Findet sich der Arm nicht in der Gesichtsgegend, so geht jetzt die dem Rücken entsprechende, also gleichnamige Hand auf ihrer Seite hinten ein, um den Arm dort zu lösen. Auch für erfahrene Geburtshelfer ist die Lösung hochgeschlagener Arme oft nicht leicht. Gerade hier zeigt es sich, ob ein Geburtshelfer wirklich von Natur aus geschickt ist oder nicht. Es genügt in solchen Situationen eben nicht, nur die Regeln zu beherrschen. Vielmehr ist es Sache des geburtshilflichen Einfühlenkönnens, wie man sich am besten aus einer solchen höchst gefährlichen Situation heraushilft. Wenn alle Versuche der Armlösung mißlingen, gibt es immer noch zwei Auswege: 1. Man gibt die Armlösung auf und versucht den Veit-Smellieschen Handgriff ohne vorherige Armlösung auszuführen (Bumra), d. h. also den Kopf zusammen mit den hochgeschlagenen Armen aus dem Becken herauszuleiten. 2. Kommt man auch damit nicht zum Ziel, so bleibt als letztes Mittel der rasche Entschluß, den Oberarm in der Mitte durch hakenförmiges Umfassen 352

mit einem Finger oder durch Druck zu brechen (Bumm, G. W i n t e r , Guggisberg u. a.). Danach kann man dann den Arm leicht herausziehen. — Es ist wohl jedem klar, daß dieses heroische Verfahren nur als allerletztes Mittel in Notfällen bei ganz besonders schwierigen Armlösungen angewandt werden darf, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind. Bumm sagt mit Recht: Ein lebendes Kind mit gebrochenem Arm ist immer noch besser als ein totes mit unverletztem Arm.

B. Schwierigkeiten bei der Kopfentwicklung I. Kind halb geboren. Bücken nach h i n t e n gerichtet, Arme gelöst, Kopf i m Becken, Gesicht sieht nach vorn, Kinn unter der Symphyse. Findet sich nach Armlösung dieser Zustand, so ist der umgekehrte V e i t - S m e l l i e s e h e Handgriff anzuwenden (Abb. 324). Die äußere Hand geht unter dem Rücken des Kindes an seinen Hals und umfaßt diesen mit dem zweiten und dritten Finger gabelförmig von hinten (Abb. 324). Das Kind reitet jetzt rücklings auf dem Unterarm der äußeren Hand.

Abb. 324. Umgekehrter Veit-Smelliescher Handgriff

Die innere Hand geht mit dem Zeigefinger in den unter der Symphyse stehenden Mund des Kindes ein, bringt den Kopf in den geraden Dm und zugleich das Kinn an die Brust. Zug nach unten, bis die Stirnhaargrenze erscheint. Dann ganz langsamer Zug (Dammriß)! nach oben um den Stemmpunkt: Stirnhaargrenze, wodurch Hinterhaupt und Vorderhaupt entwickelt werden. 23 P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

353

II. Kind halb geboren, Kopf tritt nicht ins Becken, Bücken vorn oder seitlich vorn. Ein beim engen Becken, also beim Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken, nicht selten vorkommendes Ereignis. Es h a n d e l t sich meist um vorher n i c h t genügend b e o b a c h t e t e Beckenverengerungen. Typischer Fall: 25jährig. I. para, II. unvollkommene Fußlage, schlechte HT, ganze Extraktion nach Episiotomie. Die Arme sind gelöst. Bei dem Versuch, anschließend den Veit-Smellieschen Handgriff auszuführen, zeigt sich, daß das gar nicht geht: Man kommt überhaupt nicht an den Hals heran, um ihn gabelförmig umfassen zu können, er steht noch zu hoch hinter der Symphyse.

Unter solchen Umständen auf keinen Fall lange mit Versuchen und Manipulationen aufhalten. Sofort an das einzig Mögliche denken: enges Becken! Der Kopf ist noch gar Dicht im Becken, sondern steht noch über dem Becken, er ist oberhalb des BE stecken geblieben. Ein einziger Griff bestätigt diese Annahme: auf den Bauch oberhalb der Symphyse fassen! (Der Bauchmuß bei jeder geburtshilflichen Operation steril abgedeckt sein). Dort fühlt man dann den Kopf noch in seiner ganzen Größe und Härte oberhalb des Beckens stehen! Macht nach der Armlösung die Ausführung des V e i t- S m e 11 i e schen Handgriffes Schwierigkeiten sofort an enges Becken denken! Mit der Hand auf den Bauch oberhalb der Symphyse fassen! Kopf steht noch über dem Becken, noch nicht im Becken! Abhilfe bringt in zahlreichen Fällen der W i e g a n d - M a r t i n - v . Winckelsche Handgriff, kurz „Dreimännerhandgriff"

genannt. In die Scheide geht, wie beim Veit-Smellieschen Handgriff, diejenige Hand ein, nach der das seitlich stehende Gesicht hinsieht. Diese Hand — und zwar möglichst die ganze Hand — geht von der BauchBrustseite her seitlich hinten in die Scheide ein und schiebt sich an der Vorderseite des ausgezogenen Halses entlang, bis sie hoch oben an das Kinn und den Mund herankommt (Abb. 325). Kind reiten lassen. Mittelfinger in den Mund einführen, zweiten und vierten Finger von außen auf die Fossae caninae (Jochbeine) legen (Cave Augenverletzung!). Daumen unter den Unterkiefer setzen und mit dieser Handhaltung zwei Bewegungen ausführen: 1. Den Kopf in den queren Dm drehen, d. h. so drehen, daß die Pfeilnaht im queren Dm des BE steht, also so, wie sie unter physiologischen Verhältnissen im BE steht. 354

2. Den Kopf strecken, damit der kleine quere Kopfdurchmesser (Abb. 326), der bitemporale ( = 8 cm) und nicht der große quere Dm, der biparietale ( = 914 cm) in den Engpaß der zu kurzen Conj. vera zu liegen kommt. — Beugt man zu stark, also daß das Kinn das Brustbein berührt, so kommt der große (biparietale) Dm des Kopfes in den geraden Dm des Beckens. Allerdings gilt dieses Vorgehen nur für den Fall des platten, also des geradverengten Beckens, sowie für den Fall eines normalen Beckens und eines zu großen Kopfes. Beim

Abb. 325. W i e g a n d - M a r t i n - v . Winckelscher Handgriff allgemein verengten Becken muß der Kopf so stark wie möglich gebeugt werden. Die Entscheidung darüber, ob man den Kopf weniger oder mehr beugen muß, um ihn ins Becken hineinzubekommen, ergibt sich bei der Ausführung des W.-M.-v.W.sehen Handgriffes gefühlsmäßig.

Die äußere Hand faßt gabelförmig über die Schultern, sobald das möglich ist. Durch Druck von außen (Hebamme) auf den Bauch und gleichzeitigen Zug von innen wird der nun quer gestellte Kopf in das Becken hineingedrückt. Ist der Kopf auf BB angekommen, so wird er durch den Veit-Smellieschen Handgriff herausgeleitet. Niemals den Dreimännerhandgriff anwenden, ohne die Frau zugleich in Walchersche Hängelage (S. 579) zu bringen und das Symphysenpendeln nach Knebel (S. 589) anzuwenden. Die beiden großen Nachteile dieses Handgriffes: 1. man verliert kostbare Zeit; das ist besonders bedenklich, da das Kind in diesem Geburtsabschnitt mit Sicherheit abstirbt, wenn der Eingriff über 4—5 Minuten hinaus dauert; 23·

355

2. der Kopf geht meist nicht ohne gewisse Gewaltanwendung ins Becken Iiinein. Nicht seltene Folge: so schwere Schädelverletzung des Kindes, daß es abstirbt. Auch Verletzungen der Mutter sind bekannt geworden. — Daraus folgt: B e i der B E L muß man sich spätestens im Beginn der Geburt über das B e c k e n klar werden. L i e g t ein enges B e c k e n vor, so ist durch Sektio zu entbinden, vergleiche die allgemein gültige Indikationsliste auf S. 317.

mßerquerer ^Durchmesser

miner querer Durchmesser

Abb. 326. Die beiden q u e r e n Durchmesser des Kopfes

Der Wiegand-Martin-v. Winckelsche Handgriff und der V e i t - S m e l l i e sche Handgriff haben eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit. Sie unterscheiden sich durch folgendes: W i e g a n d - M a r t i n - y . Winckelscher Handgriff: Zweck: Der über dem Becken, also noch nicht im Becken stehende Kopf (enges Becken!) soll in das Becken hineingebracht werden. Ausführung: Der im geraden oder schrägen Dm stehende Kopf wird in den queren Dm gedreht (Beckeneingang) und (beim platten Becken) zugleich der kleine bitemporale Dm des Kopfes in den Engpaß der Conj. vera hineingebracht. V e i t - S m e l l i e s c h e r Handgriff: Zweck: Der im Becken, und zwar schon auf Beckenboden stehende Kopf soll aus dem Becken herausgeleitet werden. Teil der halben Extraktion. Ausführung: Der meist in einem schrägen Dm stehende Kopf wird in den geraden gedreht und zugleich gebeugt (entsprechend dem normalen Geburtsmechanismus!) usw. s. S. 114. 356

III. Kind halb geboren, Kopf tritt nicht ins Becken ein, Rucken hinten, Kinn vorn, hinter der Symphyse oder dem horizontalen Schambeinast hängengeblieben (verhakt). Bei diesem Z u s a m m e n t r e f f e n der beiden ungünstigsten BEL-Komplikationen: Kopf über dem Becken, Rücken hinten, ist das Kind in der Regel verloren. Versuchen kann man zwei Methoden: Umgekehrter Prager Handgriff oder Zange am nachfolgenden Kopf. 1. M e t h o d e : Umgekehrter P r a g er Handgriff. Da man bei dieser Situation an den Mund nicht herankommen kann, müssen beide Hände außerhalb des Kopfes angreifen. Die dem Rücken entsprechende Hand geht von hinten her an die Schultern heran und umfaßt diese gabelförmig wie beim umgekehrten Veit-Smellieschen Handgriff mit Zeige- und Mittelfinger. Die andere Hand erfaßt die Füße in der Knöchelgegend. Zunächst das Kind an den Schultern und Füßen kräftig nach abwärts ziehen, bis die Nackenhaargrenze sichtbar wird. Sodann soll man mit beiden Händen die Füße erfassen, den kräftigen Zug nach abwärts noch verstärken (Abb. 327) und dann den ganzen Kindskörper ruckartig mit einem Schwung (Abb. 328) im Bogen auf den Bauch der Mutter umlegen (== Schleuderbewegung), wobei das Kinn von der Symphyse sich abhakt, frei kommt und der Kopf plötzlich aus der Vulva herausgeschnellt

Abb. 327 u. 328. Umgekehrter Prager Handgriff wird. Die Folge ist meist ein DR III. Ich empfehle daher: Bevor man den Prager Handgriff mit Schwung ausübt, versuche man, ob man das Kinn nicht durch anhaltendes, kräftiges Ziehen bei gleichzeitigem Kristellern langsam 357

hinter der Symphyse wegziehen kann. — Der umgekehrte Prager Handgriff darf nur bei sicherem Ausschluß eines MißVerhältnisses zwischen Kopf und Becken ausgeführt werden. Bleibt der umgekehrte Prag er Handgriff erfolglos, so versuche man die 2. Methode: Die Zange am nachfolgenden Kopf. Ausführung s. S. 331. Da der Kopf in diesem Falle noch über dem BE steht, kann es sich nur um einen hohen Zangenversuch handeln, der selbstverständlich niemals außerhalb der Klinik gemacht werden darf. Der Inhalt der folgenden Tabelle ist sehr wichtig und daher genau einzuprägen:

Behandlung der Schwierigkeiten bei der Entwicklung des nachfolgenden Kopfes Rücken vorn Kopf im Becken

Rücken hinten

Umgekehrter Yeit-Smelliescher Veit-Smelliescher Handgriff Handgriff

W i e g a n d - M a r t i n - Umgekehrter Ρ r a g e r Handgriff oder Kopfüber dem Becken v. Winckelscher Zange am nachHandgriff folgenden Kopf Nach jeder Extraktion, bei der der Kopf eintritt in das Becken Schwierigkeiten machte, muß die Uterushöhle ausgetastet werden.

Tiefer Scheidendammschnitt =

Scheiden-Damm-Beckenbodenschnitt = Dührssen-Schuchardt-Schnitt

Definition: Seitlich angelegter, ausgedehnter Schnitt durch Scheide, Vulvaring und Damm, der so tief geführt wird, daß auch die tiefe Beckenbodenmuskulatur mit gespalten wird. Hilfsschnitt bei großen geburtshilflichen Eingriffen zur Aufhebung des Beckenbodenwiderstandes. Bedeutung: Verkürzung des G e b u r t s k a n a l s auf die H ä l f t e , Wegfall der Krümmung (des Knies) des Geburtskanals, Erweiterung der Scheide auf das Doppelte. 358

Die außerordentlichen Vorteile dieses so einfachen Schnittes, durch den der Gebnrtskanal also kurz, gerade und weit wird, sollte sich jeder, der Geburtshilfe treibt, einprägen, damit er im gegebenen Augenblick daran denkt und den Schnitt anwendet. Anwendung: überall da, wo enge Weichteilverhältnisse vorliegen, vor allem bei Erstgebärenden, insbesondere bei alten Erstgebärenden, und wo andererseits die Entwicklung des noch hochstehenden vorangehenden Kindsteils durch die Scheide nicht zu umgehen ist und möglichst schnell durchgeführt werden soll. Der tiefe Scheidendammschnitt ist daher notwendig bei der Wendung und Extraktion aus Quer- oder Kopflage bei Erstgebärenden, bei der ganzen Extraktion reiner Steißlagen besonders bei Erstgebärenden (s. u.); er ist ferner zu empfehlen bei schwierigen Zangenextraktionen, besonders bei den möglichst zu vermeidenden Zangen: bei hoher Zange, Zange aus BM mit ungünstiger Kopfeinstellung: bei Hinterer Hinterhauptslage, Vorderhauptslage, Gesichtslage, Stirnlage (!); bei der Embryotomie; bei derHysterotomia anterior (vaginale Schnittentbindung) besonders Erstgebärender, einer Operation, die man wegen der unvorbereiteten Weichteile bei Erstgebärenden möglichst umgehen soll. Bei reinen Steißlagen ist die ganze Extraktion auch bei Mehrgebärenden eine der allerschwierigsten Operationen, wenn man den Steiß zum Herunterholen eines Fußes nicht mehr aus dem Becken herausschieben kann (s. S. 345, Fall 6/3 und 6/4). Schon das Herankommen an die vordere Hüfte, an der man jetzt mit eingehaktem Finger extrahieren muß, ist eine Schwierigkeit für sich. Erst recht unangenehm wird diese Extraktion, wenn sich dabei die Arme hochschlagen. Alle diese Schwierigkeiten sind Weichteilschwierigkeiten I Sie verschwinden mit einem Schlage, wenn man gleich zu Anfang der Operation einen ausgiebigen Scheidendammschnitt anlegt. Meines Erachtens wird der Scheidendammschnitt zu wenig angewandt. Ausführung: Der Schnitt wird stets links angelegt. Wichtig ist zunächst das kräftige Anspannen des linken seitlichen Scheiden- und Dammteils. Hat man niemanden zur Hilfe, so spannt man sich das Gewebe mit dem zweiten und dritten Finger der linken Hand selbst an. Ist Assistenz vorhanden, so hakt der Operateur den Zeigefinger seiner linken Hand in der Gegend der hinteren Kommissur in die Scheide und läßt den Assistenten mit seinem rechten Zeigefinger seitlich einhaken und kräftig nach auswärts ziehen (Abb. 329). Nun werden mit einem scharfen und nicht zu kleinen Messer Scheide, Damm und Beckenboden mit 3—4 langen, zügigen Schnitten von innen nach außen gespalten. Man beginnt im mittleren Teil der Scheide links seitlich von der 359

Columna rugarum — s. die Schnittführung in der Abb. 329 —, durchtrennt dann den Vulvaring etwa 2—3 cm links von der hinteren Kommissur und geht in geradem Schnitt weiter in Richtung auf die Gegend zwischen Tuber ossis ischii und After, oder im flachen Bogenschnitt zwei Finger breit am After vorbei. Das Ergebnis zeigt Abb. 330.

Abb. 329

Abb.330

Abb. 329. Dührssen-Schuchardt-Schnitt. S c h n i t t l i n i e : · · · · · Abb. 330. Ausgeführter Dührssen-Schuchardt-Schnitt Beim Anlegen dieses langen und tiefen Scheidendammschnittes besteht eine Gefahr, nämlich die der Verletzung des Mastdarmes. Dieser Gefahr kann man mit Sicherheit begegnen, wenn der Operateur mit seinem Finger in der Scheide den Mastdarm energisch aus der Schnittlinie wegschiebt. Dem weniger Geübten empfehle ich, zunächst nur den geraden Schnitt auszuführen. Anatomie: Der Schnitt geht durch Schleimhaut und Haut, dem M. bulbocavernosus, den M. transversus perinei profundus und einen mehr oder weniger großen Teil des M. levator ani. N a h t : Zur Naht läßt man sich zweckmäßig die große Wunde mit zwei eingesetzten Kugelzangen breit auseinander halten. Die Blutung ist meist nicht besonders stark. Einige blutende Gefäße werden nach Entwicklung des Kindes abgeklemmt und umstochen. Die Naht ist einfach. Eine Reihe von versenkten Katgutnähten für die Tiefe mit sehr großer Nadel. Dann weiter wie bei einer Episiotomie. Allerdings ist sehr zu beachten, daß man auch beim Nähen und zwar beim Legen der tiefen, versenkten Nähte den Mastdarm sehr leicht mitfassen und verletzen kann. Das dem Mastdarm aufliegende Gewebe muß daher ganz f l a c h und t a n g e n t i a l gefaßt werden. Zum Schluß Kontrolle des Mastdarms durch Einführen des Fingers.

360

Gerade bei dieser großen Wunde ist aber sehr darauf zu achten, daß beim Legen der tiefen Nähte keine Wundtaschen entstehen. Tgl. Dammnaht! (S. 216). Stets einen Drain in den unteren Wundwinkel einnähen.

Querlage (QuL) Definition: QuL = jede Kindslage, bei der die Achse des Kindes die der Mutter in einem rechten oder spitzen Winkel ( = Schräglage, Schieflage) schneidet. Der geringste Grad der S c h r ä g l a g e ist der abgewichene Kopf. Einteilung: Man unterscheidet nach der Lage des Kopfes: Kopf links = I. QuL Kopf rechts = II. QuL nach der Stellung des Rückens Rücken Rücken Rücken Rücken

vorn hinten funduswärts beckenwärts

= dorsoanteriore QuL (am h ä u f i g s t e n ) == dorsoposteriore QuL = dorsosuperiore QuL = dorsoinferiore QuL.

Viel häufiger sind Übergangsstellungen (Brakemann) zwischen diesen Hauptstellungen. Häufigkeit: QuL machen etwa 1% aller Geburten aus (Bumm 0,5%, Kub i a k 1,8%, S c h u h r i g 0,75%, M a r t i u s 1%), sie finden sich zu etwa 75% bei Mehrgebärenden, zu etwa 25% bei Erstgebärenden (Gaethgens). Ä t i o l o g i e : QuL finden sich 1. bei (abnorm) großer Bewegungsmöglichkeit des Kindes: Mehr- und Vielgebärende (Uteruswand und Bauchdecken schlaff und nachgiebig); schlaffe Bauchdecken machen 40% aller Entctehungsursaehen aus; Frühgeburten (kleine Frucht bei verhältnismäßig großer Fruchtwassennenge), Hydramnion, totes Kind, zweiter Zwilling. 2. bei Hindernissen für die normale Einstellung in den BE: a) E n g e s Becken. Hauptanteil: Erstgebärende. Daher bei jeder QuL, bes. bei Erstgebärenden, an enges Becken denken! Wer mit der Absicht, ein lebendes Kind zu entwickeln, eine Wendung ohne g e n a u e B e c k e n 361

Untersuchung a u s f ü h r t , begeht einen groben Kunstfehler! E r l ä u f t Gefahr, daß er nicht e x t r a h i e r e n kann, weil sich der Kopf nicht in das Becken hineinbringen läßt. b) P l a c e n t a praevia. c) Zwillinge. d) Anomalien des Uterus (z.B. Uterus a r c u a t u s , Myom des Uterus). Gaethgens ist der Ansicht, daß die QuL eine physiologische Übergangslage des Kindes bei der Umwandlung der in den ersten Monaten vorhandenen Beckenendlage zur Schädellage ist. Diese Übergangslage wird eine bleibende Querlage unter bestimmten Voraussetzungen: schlaffe Bauchdecken, Anomalien der Uterushöhle, Placenta praevia, Beckenverengerung u. a.

Prognose: Über zwei Dinge muß man sich bei der Übernahme jeder Querlagengeburt klar sein: 1. Jede Querlage ist eine gebärunfähige, absolut ungünstige Lage. 2. Jede Gebärende, die ihr Kind nicht von selbst zur Welt bringen kann, muß zugrunde gehen, wenn ihr nicht geholfen wird. Deswegen bedeutet jede nicht erkannte oder sich selbst überlassen« Querlage den sicheren Tod für Mutter und Kind. Die Mutter geht infolge Uterusruptur oder an Sepsis zugrunde, wenn nicht rechtzeitig und richtig eingegriffen wird. Mortalität: Mütter = 3%, Kinder = 30-35%. Darüber muß also Klarheit herrschen: Auch ohne daß im Augenblick eine akute Gefährdung von Mutter und Kind zu bestehen braucht, muß bei jeder Querlage einmal in ihrem Verlauf nach den geltenden geburtshilflichen Regeln aktiv eingegriffen werden, d. h. die Querlage durch Wendung in eine Längslage umgewandelt werden. Jede Querlage ist an sich — früher oder später — eine Indikation zu einem Eingriff. Geburt ohne Kunsthilfe ist bei Querlage nicht möglich. Von dieser Regel gibt es zwei seltene Ausnahmen: die Selbstentwicklung (Evolutio spontanea), d. h. die spontane Entwicklung einer Querlage und die Selbstwendung (S. 368). Beides sind Ereignisse von so seltenem Vorkommen, daß damit in der Praxis niemals gerechnet werden darf. Man unterscheidet drei Arten der Selbstentwicklung: 1. nach D o u g l a s (1819): Der Kopf bleibt über der Symphyse hängen, der Hals ( = Hypomochlion) steht hinter der Symphyse, und eine Schulter wird durch die Wehenkraft unter die Symphyse gedrückt (Abb. 331). Der übrige Körper, also der Rumpf mit den Beinen, wird aus der Kreuzbeinhöhle heraus an der unter der Symphyse stehenden Schulter vorbei aus dem Becken herausgetrieben. Zum Schluß folgen Schultern und Kopf. Wesentlich ist, daß die Abknickung bei dem Douglasschen Modus im oberen Teil der Wirbelsäule liegt. 362

2. nachDenman (1785): Eine Schulter wird seitlich auf eine Beckenschaufel gedrückt, steht also nicht unter, sondern hinter der Symphyse. Der Kopf steht noch höher seitlich. Der Unterschied gegenüber dem Douglasschen Modus besteht vor allem auch darin, daß bei diesem die Abknickung im oberen Teil der Wirbelsäule liegt, während beim Denmanschen Modus der untere Teil, meist die Lendenwirbelsäule, am stärksten abgeknickt ist. Unter Höhertreten der Schulter werden Steiß und Beine des Kindes gewissermaßen unter der oberen Rumpfhälfte her herausgepreßt. 3. Geburt conduplicato corpore, Geburt mit gedoppeltem Körper (J. G. R o e d e r e r , 1756): Das Kind wird wie ein Taschenmesser zusammengeklappt und unter Beibehaltung dieser Haltung (geschlossenes Taschenmesser) herausgepreßt. Die stärkste Abknickung liegt in der Brustwirbelsäule. Der Kopf des Kindes wird dabei tief in seinen Bauch hineingepreßt (Abb. 332).

Abb. 331

Abb. 331. Selbstentwicklung nach D o u g l a s Abb. 332. Geburt conduplicato corpore (nach S t o e c k e l )

Abb. 332

Eine solche spontane Geburt stellt bei Querlagen, wie gesagt, eine sehr große Ausnahme dar. Sie kommt nur bei sehr kleinen Kindern (Zwilling, Frühgeburt) oder mazerierten Früchten vor und setzt sehr kräftige Wehen und ein weites Becken voraus.

Verlauf der Querlagengeburt in drei Phasen Den Verlauf der Querlagengeburt teile ich aus praktischen und pädagogischen Gründen in drei verschiedene Phasen ein, die sich durch eine sehr verschieden große Gefährlichkeit für Mutter und Kind unterscheiden. Diese drei Phasen muß man genau kennen und beachten, wenn man nicht allergröbste Fehler machen will. I. Phase = Gefahrenfreie Phase: Zeit der stehenden Blase. Π. Phase = Gefahrenphase: Beginn mit dem Blasensprung. ΙΠ. Phase = Katastrophenphase: Beginn mit dem Augenblick, in dem der Muttermund vollständig wird. 363

Die große Gefahr bei der Querlage besteht darin, daß der vorliegende Teil, nämlich die Schulter ins Becken eintritt, in ihm tiefer tritt und schließlich, wenn nicht rechtzeitig sachgemäße Hilfe kommt, durch reflektorisch verstärkte Wehen in das kleine Becken hineingetrieben und dort so eingekeilt wird, daß man sie nun nicht mehr zurück- und herausschieben kann. Es ist dann jener Zustand eingetreten, den man als verschleppte Querlage zu bezeichnen pflegt, ein Zustand, aus dem heraus in jedem Augenblick die Katastrophe, die Ruptur der Uteruswand ( = sehr oft gleichbedeutend mit dem Tod der Mutter) erfolgen kann. Den Eintritt der Schulter ins Becken vermeiden, heißt also, die Hauptgefahr bei der Querlage vermeiden.

I. Phase = Gefahrenfreie Phase: Zeit der stehenden Blase Solange die Blase steht, „schwebt" die Schulter über dem Eingang zum (kleinen) Becken (Abb. 334). Die stehende Blase hindert also die Schulter daran, ins Becken einzutreten. Es kann sich somit in dieser Phase eine Verschleppung nicht einmal anbahnen. Also: Solange die Blase s t e h t , ist bei der Querlage noch keine direkte Gefahr vorhanden! Demnach muß die allererste Frage nach Klarstellung der Diagnose „Querlage" heißen: Steht die Blase noch, oder ist sie schon gesprungen? Das ist die Frage, um die sich bei der Querlage zunächst einmal alles dreht. Die Beantwortung dieser Frage allein entscheidet, ob sich die Querlage noch in der gefahrenfreien Phase (I) oder schon in der Gefahrenphase (II) befindet (s. S. 369). Für die Untersuchung in der Phase I gilt also: Es muß bei der Untersuchung in der Phase I unter allen Umständen alles vermieden werden, was die Blase zum Springen bringen könnte. Je länger sie stehend erhalten werden kann, um so länger ist die Kreißende mit Querlage noch außerhalb der Gefahrenphase. Mit dem Blasensprung kommt die Kreißende schlagartig in die Gefahrenphase. Deswegen soll — wenn irgend möglich — in der Phase I auch die r e k t a l e Untersuchung vermieden werden (eine vaginale Untersuchung kommt in dieser Phase überhaupt nicht in Frage) und die Diagnose der Querlage möglichst durch äußere H a n d g r i f f e allein gestellt werden. Denn die rektale Untersuchung, selbst wenn sie vorsichtig und zart ausgeführt wird, bringt die Blase bei Querlage leicht zum Springen. Man beschränke sich daher möglichst auf die äußere Untersuchung mit ihren fünf charakteristischen Kennzeichen (Abb. 333): 364

1. Fehlen eines vorangehenden Teils. Versucht man mit einer Hand oberhalb der Symphyse den vorangehenden Teil zu fassen ( = 3. Leopoldscher Handgriff), so fällt sofort auf, daß das „Kopfgefühl" fehlt, man fühlt überhaupt keinen vorangehenden großen Kindsteil. Dasselbe gilt auch für den 4. Leopoldschen Handgriff: Drängt man mit den Fingerspitzen der flach auf die Bauchdecken gelegten Hände langsam in die Tiefe, so ist dort von einem Kopf oder Steiß nichts zu fühlen.

2. Leib mehr queroval als längsoval ausgedehnt. 3. Der Fundus uteri steht auffallend tief, etwas über Nabelhöhe. Die Entfernung des Fundus vom rechten Rippenbogen ist viel größer, als nach dem Stande der Schwangerschaft zu erwarten wäre.

Abb. 333. Die 5 Kennzeichen der Querlage bei der äußeren Untersuchung: 1. Fehlen eines vorangehenden Teils. 2. Leib mehr queroval als längsoval ausgedehnt. 3. Der Fundus uteri steht auffallend tief. 4. Auf beiden Seiten fühlt man große Teile. 5. Die HT (um den Nabel herum)

4. Auf beiden Seiten des querovalen Uterus fühlt man große Teile, auf der einen den Kopf, auf der anderen den Steiß. 5. Herztöne: am deutlichsten meist in der nächsten Umgebung des Nabels, manchmal etwas darunter oder darüber. Nicht selten sind bei QuL die HT überhaupt nicht oder nur schlecht zu hören, ohne daß das Kind geschädigt ist. Merke: Das Nichthören kindlicher HT ist kein sicheres Zeichen dafür, daß das Kind nicht mehr lebt! In vielen Fällen genügt um die QuL zu erkennen. drei ersten Zeichen allein, nicht das 1. Zeichen allein:

die äußere Betrachtung und Abtastung des Leibes, Niemals aber genügt das Vorhandensein eines der um die Diagnose der QuL zu stellen, besonders auch Fehlen eines vorangehenden Teils.

Nur in Ausnahmefällen, wenn man sich mit der äußeren Untersuchung nicht über die Art der Lage klar werden kann, wird rektal untersucht. Selbstverständlich darf in der Phase I niemals vaginal untersucht werden (Blase! Infektion!). 365

Solange die Blase steht, darf bei Querlage nur äußerlich, dagegen vaginal: n i e m a l s , rektal: nur in unklaren Fällen untersucht werden, d. h. in Fällen, die durch äußere Untersuchung allein nicht geklärt werden konnten. Unter diesen Umständen ist rektal festzustellen: 1. daß das Becken leer ist, 2. wie groß der Mm ist, und 3. ob das Promontorium mit dem Finger erreichbar ist ( = enges Becken). Dabei ist vor allem die Beantwortung der einen Frage wichtig: Steht der Kopf, den man bei äußerer Abtastung aus irgendwelchen Gründen (dicke Bauchdecken) von oben nicht mit Sicherheit über dem Beckeneingang und auch nicht auf einer Seite fühlen konnte, vielleicht schon tief im Becken, so daß man ihn deswegen von außen nicht tasten konnte? Fühlt man dann rektal den Kopf nicht im Becken, so ist unter diesen Umständen eine Quer- oder Schräglage mit Sicherheit anzunehmen. Man sollte aber grundsätzlich stets versuchen, auch ohne rektale Untersuchung zur Diagnose der Querlage zu kommen. Behandlung in der Phase I = Stehende Blase Ist die Diagnose der Querlage gestellt, so ist damit alles getan, was der Praktiker in der Stadt unbedingt tun muß. Für ihn heißt es jetzt Hände w e g von der Querlage! Andererseits darf man niemals eine Querlage sich selbst überlassen! Daher: S o f o r t i g e E i n w e i s u n g in die K l i n i k ! Schon der Verdacht auf Vorliegen einer Querlage genügt zur KlinikeinWeisung. — Es steht zwar jedem Arzt f r e i , eine Querlage auch selbst zu behandeln. In den meisten Fällen wird jedoch der praktische Arzt in der Stadt die Querlage einer Klinik überweisen. Das muß unter der Geburt sofort geschehen (und zwar ohne der Klinik einen b e s t i m m t e n Eingriff als allein r i c h t i g vorzuschreiben). Für den Transport ist zu merken: Verlegung nur mit K r a n k e n w a g e n ! Dabei Hochlagerung des Beckens zur Vermeidung des Blasensprungs und damit des Vorfalls eines Armes oder der Nabelschnur. Bei Wehen 0,02 Mor366

phin. Der Arzt, mindestens aber die Hebamme, muß die F r a u in die Klinik begleiten. Immer ist im Auge zu behalten, daß die Querlage die gefährlichste aller Lageanomalien ist. Eine Querlage einfach liegenzulassen, würde den Tod von M u t t e r und Kind bedeuten. Nur in dringendsten Ausnahmefällen wird der Arzt in der S t a d t einmal die Behandlung einer QuL übernehmen müssen (Transportunfähigkeit wegen drohender Uterusruptur (s. S. 603), vielleicht auch wegen schlechter HT bei Nabelschnurvorfall oder weil die Klinikeinweisung abgelehnt wird). Für den Arzt, der die Querlage behandeln will oder muß (Landarzt), gilt für die Phase I (Abbildung 334) folgendes:

Abb. 334. I. Dorsoanteriore Querlage bei stehender Blase (nach Bumm)

Solange die Blase steht und der Muttermund nicht vollständig ist, bei Querlage niemals eingreifen, sondern abwarten! Es kommt darauf an, alles zu tun, um den Blasensprung möglichst lange hinauszuschieben, und zwar möglichst so lange, bis der Muttermund vollständig eröffnet ist. Begründung: Die stehende Blase garantiert den Schutz vor jeglicher Komplikation der Querlage, vor allem vor dem Tiefertreten der Schulter. Die vollständige Eröffnung des Muttermundes bedeutet den Zeitpunkt, bis zu dem unbedingt abgewartet werden und an dem unbedingt eingegriffen, d. h. gewendet werden muß. Mit der Wendung muß man deswegen bis zur vollständigen E r ö f f n u n g des M u t t e r m u n d e s warten, weil das gewendete Kind dann bessere Lebensaussichten h a t , wenn es anschließend gleich e x t r a h i e r t werden kann. Maßnahmen zur "Verhinderung des frühzeitigen Blasensprungs Strengste Bettlagerung mit Hochlagerung des Beckens. Jegliches Umhergehen energisch verbieten. Der Frau gut zureden, damit sie sich im Bett ruhig verhält. Vor allem bei Wehen niemals mitpressen lassen. Sind die Wehen kräftig, so ist es zweckmäßig, die Frau dabei auf die Seite lagern zu lassen. Das kann 367

man tun, ohne dabei die Beckenhochlagerung aufzugeben. Wenn keine oder nur schwache Wehen vorhanden sind, größte Vorsicht und Zurückhaltung mit Wehenmitteln. Da sich infolge Fehlens eines vorangehenden Teils bei der Querlage der volle Wehendruck ungeschwächt auf den unteren Blasenpol auswirkt, kommt es schon bei mittelstarken Wehen leicht zum gefürchteten Blasensprung. Bei Querlagen möglichst überhaupt keine medikamentösen Wehenmittel geben! Man versuche jedenfalls, zunächst ohne HHL-Präparate auszukommen. Will man leichte Wehen etwas verstärken, so legt man warme Tücher oder ein Heizkissen auf den Bauch. Kommt man gar nicht ohne medikamentöse Wehenmittel weiter, so darf man sich nur mit allerkleinsten Dosen einschleichen: erst kleinste Chinindosen, nicht über 0,1, später höchstens x / 10 bis 2 / 1 0 ccm von drei Einheiten eines Hinterlappenpräparates. Zu alledem gehört viel Fingerspitzengefühl. Kommen die Wehen einigermaßen regelmäßig und ist der Mm mindestens dreimarkstückgroß, so empfiehlt es sich sehr, 1 Ampulle Dolantin ( = 2 ccm = 100 mg) intramuskulär zur schnelleren Muttermundseröffnung zu verabreichen. Ich empfehle in der Phase I, wenigstens einen Versuch mit der äußeren Wendung (S. 392) zu machen, obwohl man damit in den meisten Fällen (trotz bester Voraussetzungen: leicht drehbares Kind) nicht zum Ziel kommt, und zwar deswegen nicht, weil die eigentliche Ursache der Querlage dadurch nicht behoben werden kann. Gewiß wird man ab und zu in geeigneten Fällen einen Erfolg aufzuweisen haben. Stets ist es aber ein „mühseliges Geschäft" (Stoeckel), den Kopf nach erfolgter äußerer Wendung bis zum festen Stand im Becken dauernd mit der Hand über dem Beckeneingang halten zu müssen. Die Beeinflussung einer QuL durch geeignete Lagerung zum Ingangbringen der Selbstwendung hat nur in Fällen von Schräglage Aussicht auf Erfolg, also in Fällen, in denen Kopf oder Steiß von vornherein dem B E nahe liegen. Lagerungsregel bei abgewichenem Kopf oder Steiß: Die Kreißende wird stets auf die Seite gelagert, nach der der Kindsteil abgewichen ist, der vorangehen soll! Besondere Bereitschaft zur Selbstwendung haben die dorsosuperioren Querlagen (Brakemann). Die ganze Phase I wird also von einer streng k o n s e r v a t i v e n Therapie beherrscht. Immer wieder aber erlebt man Fälle, in denen bei stehender Blase vaginal (!) untersucht wurde oder sogar die Blase bei noch lange nicht vollständig eröffnetem Muttermund gesprengt (!) wurde. Alles das sind gröbste Fehler, die nicht vorkommen dürften. 368

Es gibt nur einen einzigen Fall, in dem bei einer Querlage die Blase gesprengt werden darf: Dieser Fall liegt vor, wenn bei stehender Blase der Muttermund vollständig geworden ist. Diese Situation ist die für eine Querlage überhaupt denkbar günstigste, wenn sofort eingegriffen wird.

II. Phase — Gefahrenphase: Beginn mit dem Augenblick des Blasensprungs Mit dem Blasensprung (Abb. 335) setzen bei der Querlage alle Möglichkeiten für Komplikationen und damit alle Gefahren mit einem Schlage ein: 1. Die Hauptgefahr: die Schultereinkeilung. Solange die Blase steht, kann die Schulter nicht ins Becken eintreten: die Schulterspitze schwebt über dem Beckeneingang (Abb. 334). Mit dem Blasensprung fließt das Fruchtwasser ab und die dem BE nahestehende Schulter wird gegen das kleine Becken hin und schließlich, wenn nichts dagegen unternommen wird, in dieses hineingedrückt (Abb. 335). Der B l a s e n s p r u n g ist also der A u g e n b l i c k , von dem ab sich der g e f ü r c h t e t e Endzustand, das k a t a s t r o phale Ereignis der eingek e i l t e n S c h u l t e r (Abb. 348), ^ ^ 335 j n u e r w e Blase gesprungen, also der v e r s c h l e p p t e n Q u e r - ^ r e c h t e s ^ h u l t e r D s e n k t sich in das läge, a n b a h n t . kleine Becken (nach Bumm) 2. Der Torfall eines Armes (Abb. 336): Daß der vorn liegende Arm sich nach dem Blasensprung in den Halskanal oder in die Scheide herabsenkt, also vorfällt, ist bei der Querlage ein sehr h ä u f i g e s Ereignis, dem gewöhnlich keine allzu große Bedeutung beigemessen wird. Der Vorfall stellt aber immerhin eine gewisse Gefahr dar und sogar in doppelter Beziehung. Einmal dadurch, daß die Schulter durch den Arm als Führungsachse schneller in den Geburtskanal hineinzentriert wird. Das gefürchtete Ereignis der Schultereinkeilung ins Becken kann also durch den Armvorfall vorbereitet und beschleunigt werden. Andererseits wird das Kind dann in unmittelbare Gefahr gebracht, wenn 3. neben dem Arm die Nabelschnur vorfällt: Der Vorfall der Nabelschnur allein ist bei Querlagen genau wie der Armvorfall etwas sehr Gewöhnliches und kommt in etwa 20% der Fälle (Halter) vor. Jedenfalls ist der Nabelschnurvorfall kein besonders alarmierendes Ereignis wie bei der Schädellage, 24

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

369

da die vorgefallene Nabelschnur zunächst nicht komprimiert wird. Fällt aber neben der Nabelschnur ein Arm vor oder senkt sich die Schulter gegen den Beckeneingang, so kommt es unweigerlich zur Abquetschung der Nabelschnur und damit zur akuten Lebensgefahr für das Kind. 4. Die aufsteigende Infektion, die jeder vor- und frühzeitige Blasensprung bei länger andauernder Geburt mit sich bringt, wird hier an die vierte Stelle gesetzt, weil bei der Querlage die mechanischen Gefahren zunächst durchaus im Vordergrund stehen. Dazu kommt, daß durch das Abfließen des größten Teiles des Fruchtwassers die später notwendige Wendung er-

TJntersuchung in der Phase II Will man oder muß man eine Querlagengeburt in der Phase II behandeln, so hat man sich für die Untersuchung als Allerwichtigstes folgendes einzuprägen: Springt die Blase bei einer übernommenen Querlage oder wird man zu einer Querlagengeburt mit gesprungener Blase gerufen, so muß sofort v a g i n a l mit ganzer Hand untersucht werden. Die Phase II der QuL ist einer der wenigen Fälle, bei denen eine vaginale Untersuchung nicht zu umgehen ist. Einzige Ausnahme: das enge Becken. 370

Das gilt selbstverständlich auch für den Arzt in der Hausgeburtshilfe. Bei gesprungener Blase kommt man weder mit der äußeren noch mit der rektalen Untersuchung aus. Allein die vaginale Untersuchung führt jetzt zum Ziel. Und zwar muß vor allem deswegen vaginal untersucht werden, weil jetzt nach Blasensprung die zweifelsfreie, ganz sichere Feststellung der Muttermundsgröße, vor allem die Frage, ob er vollständig erweitert ist oder nicht, von entscheidender Bedeutung ist (s. S. 367 u. 370). Dazu reicht die rektale Untersuchung keinesfalls aus, auch nicht für den, der sie voll und ganz beherrscht. Sobald die Blase springt, ist vaginal festzustellen: 1. die Größe des M u t t e r m u n d e s , 2. die Lage des Kopfes, 3. die Lage des Rückens, 4. ob ein Arm oder ein Fuß im Begriff ist vorzufallen, 5. ob die Nabelschnur zu tasten ist, ob also mit einem Nabelschnurvorfall zu rechnen ist, 6. welche Ursache für die Querlage vorliegt. Genaueste Diagnose ist j e t z t entscheidend wichtig! Das Übersehen eines vollständig eröffneten Muttermundes in der Phase II, also bei gesprungener Blase, kann — 337. Lagebestimmung des Kopfes wie wir noch sehen werden — schon Abb. durch Betastung der Achselhöhle: Die wenige Minuten später zur Ein- Achselhöhle ist nach der Seite geschlossen, keilung der Schulter führen. In diesem auf der der Kopf liegt entscheidenden Augenblick wird sich also wohl auch der Erfahrenste nicht auf die rektale Größenbestimmung des Muttermundes verlassen wollen. Wenn sich die Kreißende der vaginalen Untersuchung widersetzt oder wenn sie preßt, so darf man auf keinen Fall deswegen die vaginale Untersuchung aufgeben wollen. Das wäre ein völlig unangebrachtes und für die Frau sehr gefährliches Mitleid. Man muß jetzt Klarheit haben, und deswegen m u ß jetzt vaginal untersucht werden, wenn nicht ohne, dann mit Chloräthylrausch. Einzelheiten zur vaginalen Untersuchung A. Querlagen o h n e Arm Vorfall Bei QuL ohne Armvorfall ergibt sich die genaue Lagebestimmung der QuL aus der Lagebestimmung des Kopfes und der des Rückens. 24*

371

1. Lagebestimmung des Kopfes: ergibt sich aus der Betastung der Achselhöhle (Abb. 337): Die Achselhöhle ist nach der Seite geschlossen, auf der der Kopf liegt, also: Achselhöhle nach links geschlossen (Abb. 338 u. 340) = I. Querlage, Achselhöhle nach rechts geschlossen (Abb. 339 u. 341) = Π. Querlage. 2. Lagebestimmung des Rückens: Abtasten des Rumpfes vor und hinter der Achselhöhle; bei dorsoanterioren Lagen (Abb. 338 u. 339) fühlt man vorn ein Schulterblatt und die Dornfortsätze der Wirbelsäule, bei dorsoposterioren Lagen (Abb. 340 u. 341) fühlt man vorn Rippenbogen, Schlüsselbein, Bauchwand und Ansatz der Nabelschnur.

Abb. 338

Abb. 339

Abb. 338. Achselhöhle nach links geschlossen, Rücken vorn. Diagnose: I. dorsoanteriore Querlage Abb. 339. Achselhöhle nach r e c h t s geschlossen, Rücken vorn. Diagnose: II. dorsoanteriore Querlage

Abb. 340

Abb. 341

Abb. 340. Achselhöhle nach l i n k s geschlossen, Rücken h i n t e n . Diagnose: I. dorsoposteriore Querlage Abb. 341. Achselhöhle nach r e c h t s geschlossen, Rücken h i n t e n . Diagnose: II. dorsoposteriore Querlage 372

Es ist zwar etwas schülerhaft, aber trotzdem sehr zu empfehlen, sich selbst im Uterus liegend vorzustellen. Mit dieser Vorstellung werden auch die folgenden schematischen Zusammenstellungen klarer, die sich nicht nur im Phantomkurs, sondern auch in der Praxis bewährt haben. Schema zu A. Querlagen ohne Armvorfall: Man tastet vorn

Achselhöhle schließt sich

Abb.

Diagnose

Schulterblatt, Dornfortsätze

nach links nach rechts

338 339

I. dorsoanteriore QuL II. dorsoanteriore QuL

Schlüsselbein, Rippen, Rippenbogen, Bauchwand

nach links nach rechts

340 341

I. dorsoposteriore QuL Π. dorsoposteriore QuL

B. Querlagen m i t Armvorfall Ist bei der QuL ein Arm vorgefallen, so ist die Lagebestimmung wesentlich leichter. Beachte: Arm niemals zurückzustopfen versuchen 1 Arm sofort anschlingen ! Bei vorgefallenem Arm ergibt sich die genaue Lagebestimmung der QuL aus der Seitenbestimmung des Armes und aus der Lagebestimmung des Kopfes. Seitenbestimmung des vorgefallenen Armes (abgesehen von ganz seltenen Fällen kann nur der Arm vorfallen, dessen Schulter vorliegt): Paßt beim Handgeben die vorgefallene Hand zur Hand des Untersuchers, so sind die Hände gleichnamig und umgekehrt. Besser ist folgende Regel: Handfläche der vorgefallenen Hand nach vorn drehen; zeigt dann der Daumen nach der rechten Seite der Mutter, so ist der vorgefallene Arm der rechte und umgekehrt (s. Abb. 336) Wir kennen vier praktische Möglichkeiten der QuL, nämlich die I. dorsoanteriore und die I. dorsoposteriore QuL II. dorsoanteriore und die II. dorsoposteriore QuL. Ist der vorgefallene Arm bestimmt worden, so bleiben von diesen vier praktischen Möglichkeiten nur noch zwei übrig, denn (das macht man sich am besten an Hand der Abb. 342—345 klar) der r e c h t e Arm kann nur vorfallen bei I. dorsoanteriorer QuL (Abb. 342) und bei II. dorsoposteriorer QuL (Abb. 343), der l i n k e Arm kann nur vorfallen bei I. dorsoposteriorer QuL (Abb. 344) und bei II. dorsoanteriorer QuL (Abb. 345). W e l c h e von diesen z w e i M ö g l i c h k e i t e n bei einem Arm v o r l i e g t , e r g i b t die L a g e b e s t i m m u n g des K o p f e s d u r c h v a g i nale F e s t s t e l l u n g der R i c h t u n g des Achselschlusses. 373



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η w e n n d e r K o P f i n s B e c k e n hineingeht. Bleibt der Erfolg aus, so möchte ich sehr empfehlen, das Hineindrücken des Kopfes mit Hilfe des K r i s t e l l e r s c h e n Handgriffes zu versuchen. Das gelingt besonders bei fettleibigen Frauen, bei denen man am Kopf keinen rechten Angriffspunkt hat, meist sehr viel besser als die Hofmeiersche Impression. Abb. 439. Walchersche Hängetage

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s

Bei der Ausführung der Hof mei er sclien Impression ist eine wichtige Gegenindikation zu beachten: Man darf die Impression auf keinen Fall auch nur versuchen wollen, wenn die geringsten Anzeichen einer drohenden Uterusruptur vorhanden sind (s. S. 602). Die Hofmeiersche Impression, die immer einen erheblichen Kraftaufwand erfordert, ist ein etwas heroischer Eingriff, der dem Grundprinzip des geburts-

Abb. 440. Hofmeiersche Impression

hilflichen Handelns, nämlich jeden Eingriff so zart und so vorsichtig wie nur möglich auszuführen, ausgesprochen entgegengesetzt ist. Wenn ihn der erfahrene Geburtshelfer trotzdem unter besonderen Umständen sehr hoch einschätzt, so kommt das daher, daß dieser Handgriff in einer sehr kritischen Situation die letzte Möglichkeit eines konservativen Vorgehens darstellt. Die Hofmeiersche Impression ist in dieser Hinsicht ein hervorragender und für das Kind unter Umständen ein geradezu lebensrettender Eingriff. Selbstverständlich ist auch die Ausführung der Hofmeierschen Impression an das Erfülltsein einer Reihe von Vorbedingungen gebunden, es sind dieselben Vorbedingungen, die auch für die Ausführung der W a l c h ersehen Hängelage erfüllt sein müssen (s. o.). Einen Kopf, der noch gar keinen Kontakt mit dem Beckeneingang aufgenommen hat, der noch in keiner Weise konfiguriert ist, einfach mit roher Gewalt in das Becken hineinpressen zu wollen, ist natürlich ein ebenso sinnloses wie gefährliches Unternehmen: Einen noch über dem Becken stehenden Kopf mit grober mechanischer Gewalt in das Becken hineinpressen zu wollen, kann niemals gut ausgehen! 581

E s m u ß s t e t s z u schweren Verletzungen von Mutter und Kind kommen. Während der Kopfaustritt beim platten Becken aus den dargelegten Gründen stets besonders leicht und schnell vor sich zu gehen pflegt, hat man beim allgemein-verengten Becken in dieser Beziehung stets mit Schwierigkeiten zu rechnen, insbesondere ist der Damm in hohem Maße gefährdet. Ursache ist der spitzwinklig verlaufende Schambogen, der den Kopf zu einer sehr starken Anspannung des Dammes zwingt. Die Austrittsbewegung des Kopfes bei der normalen Geburt besteht darin, daß er aus der Beugehaltung langsam in die Streckhaltung übergeht, indem er sich dabei mit der Nackenhaargrenze in den jeweilig vorhandenen Schambogenausschnitt hineinlegt. Je nach Form dieses Ausschnittes wird der Damm verschieden stark gefährdet, und zwar um so mehr, je tiefer der Kopf seinen Stemmpunkt am knöchernen Schambogenwinkel nehmen muß. Die Abbildungen 441—443 (nach LeopoldEichter) zeigen deutlich die verschiedenen Verhältnisse:

Abb. 441

A b b . 442

Abb.443

Abb. 441. Normales Becken = Schambogen rechtwinklig! Hypomochlion dicht unterhalb der Symphyse. Damm wenig gefährdet. Abb. 442. Platt-rachitisches Becken = Schambogen stumpfwinklig! Hypomochlion ganz dicht an der Symphyse. Damm am wenigsten gefährdet! Abb. 443. Allgemein verengtes Becken = Schambogen spitzwinklig! Hypomochlion am weitesten von der Symphyse entfernt, somit

L

Abb. 443 = Damm sehr gefährdet!

Infolge des beim allgemein verengten Becken charakteristischen spitzwinkligen Schambogens kommt der Stemmpunkt des Kopfes bei der Austrittsbewegung des Hinterhauptes sehr tief, d. h. sehr weit entfernt von der Symphyse zu liegen. Im Vergleich zum normalen Becken (Abb. 441) und erst 582

recht zum platt-rachitischen Becken (Abb. 442) macht das einen Unterschied von Z e n t i m e t e r n aus! Um genau denselben Betrag muß sich der Kopf (normalerweise das Vorderhaupt) tiefer in die hintere Scheidenwand hineinsenken. Das Vorderhaupt kommt also beim allgemein verengten Becken zu Beginn der Streckbewegung abnorm tief zu stehen, es steht in der Projektion des A f t e r s (Abb. 443)! Bei der jetzt vom Vorderhaupt zu beschreibenden Kreisbewegung um den abnorm tiefliegenden Dreh- oder Stemmpunkt an den Knochenschenkeln des Schambogens wird der Damm in sonst nie vorkommender Tiefe überdehnt, indem der Beckenboden gezwungen wird, sich breit über das tiefstehende Vorderhaupt zu spannen. Es ist so, als wenn der Kopf sich zentral durch den Damm ,,hindurchbohren" wollte. Kopfaustritt beim allgemein verengten Becken = größte Dammrißgcfahr! Diese starke Gefährdung des Dammes beim allgemein verengten Becken muß man kennen, um ihr vorbeugen zu können. E i n e der H a u p t a u f g a b e n der G e b u r t s h i l f e b e s t e h t d a r i n , H i n d e r n i s s e aus dem Wege zu räumen. Im Chloräthylrausch wird w ä h r e n d einer W e h e eine tiefe seitliche Episiotomie in Richtung auf ein Tuber (ossis) ischii ausgeführt. Zur besseren Entlastung wird die Episiotomie stets auf der Seite des Hinterhauptes ausgeführt. (Es ist eine alte Erfahrung, daß die Pfeilnaht beim Kopfaustritt nicht immer genau in der Mittellinie steht, sondern meist etwas dem entsprechenden schrägen Dm genähert bleibt.) Also: Seitliche E p i s i o t o m i e stets auf der Seite des H i n t e r h a u p t e s ausführen! Die Episiotomie wird also angelegt: bei I. Lage bei II. Lage

zum linken Tuber ischii hin, zum rechten Tuber ischii hin.

Charakteristisch für den Geburtsverlauf beim allgemein verengten Becken ist der Geburtsstillstand, wenn der Kopf auf dem Beckenboden angekommen ist. Die Muskelkraft des Uterus hat den Kopf durch die beiden oberen Etagen der Raumenge langsam bis herunter zum Beckenboden hindurchzwängen können. Jetzt — auf dem Beckenboden — erlahmt die Kraft vor den letzten noch zu überwindenden Widerständen. 583

Welches sind nun diese letzten Widerstände? Die Hauptursache des Widerstandes im Beckenausgang ergibt sich aus dem spitzwinklig zulaufenden Schambogen. Die dadurch bedingte starke Belastung des Dammes (s. o.) bedeutet eine gewaltige Erhöhung des Reibungswiderstandes zwischen Kopf und Weichteilrohr, wodurch die Triebkräfte des Uterus oft zum Erlahmen gebracht werden. Diese sekundäre oder Ermüdungswehenschwäche ist nach den dafür geltenden Regeln (S. 187) zu behandeln.

C. Operative Therapie beim engen Becken Kommt man nach genügend langer Geburtsbeobachtung zu der Auffassung, daß der Kopf trotz Anwendung aller konservativen Maßnahmen nicht ins Becken eintritt, so muß man sich zum operativen Vorgehen entschließen. „Genügend lange Geburtsbeobachtung" heißt, daß man in der Klinik bei mittleren Fällen und denjenigen, die wir als Grenzfälle bezeichnen (diese beiden Gruppen machen den Hauptteil aller engen Becken aus), n a c h v o l l s t ä n d i g e r w e i t e r t e m Muttermund und Blasensprung bei Erstgebärenden etwa bis zu 6 Stunden, bei Mehrgebärenden etwa bis zu 2 Stunden abwartet. Dabei ist natürlich Voraussetzung, daß während der genannten Zeit kräftige Wehen auf den Kopf eingewirkt haben und sich keine Schädigungen (S. 570) zeigen. Martius schlägt vor, sich erst dann zum „sekundären" Kaiserschnitt zu entschließen, wenn der Kopf durch 50 zuverlässig beobachtete Wehen nach vollständiger Erweiterung des Mm den Beckeneingangsraum noch nicht überwunden hat und der Kopf auch nicht merkbar tiefer getreten ist (Kontrolle durch den Ö.Leopoldschen Handgriff und rektale Untersuchung, S. 548). J e nach Schnelligkeit der Wehenfolge würde das auch auf eine Wartezeit von 2—4 Stunden nach vollständiger Erweiterung des Mm hinauskommen. Ähnliche Angaben machenEardly Holland (England), J . B. de Lee (USA) und Frey. Diese genannten Wartezeiten gelten aber nur, 1. wenn Einstellung und Haltung des Kopfes g ü n s t i g sind, wenn also beim allgemein verengten Becken sich der Kopf in tiefer Beugung ( = Roederersche Einstellung) und beim platten Becken in vorderer Scheitelbeineinstellung findet (Einzelheiten s. S. 552 u. 558). 2. wenn keine Gewebsschädigungen der Mutter nachweisbar sind; siehe hierzu die „Vier Kardinalpunkte" auf S. 586 und die Ausführungen auf S. 570, 3. wenn der Kopf sich nicht regelwidrig = ungünstig einstellt. So hat ζ. B. bei Einstellung des Kopfes in Hinterscheitelbeineinstellung das Abwarten überhaupt gar keinen Zweck. Das Zusammentreffen von

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Stirneinstellung oder Einstellung in einen hohen Geradstand mit einem verengten Becken auch 1. und besonders 2. Grades wird die Aussichten auf einen spontanen Geburtsablauf sehr trüben. Ich halte es auch in diesen beiden Fällen f ü r besser, rasch entschlossen und ohne Zeitverlust die S c h n i t t e n t b i n d u n g auszuführen. Auch das Zusammentreffen einer Gesichtseinstellung mit verengtem Becken ist sehr ungünstig. Also: Beim Zusammentreffen eines verengten Beckens mit Hinterer Scheitelbeineinstellung, Stirneinstellung, Gesichtseinstellung, hohem Geradstand, Beckenendlage oder Querlage führt man heute ohne Wartezeit die Schnittentbindung aus. Abgesehen von diesen Einschränkungen wird also beim engen Becken 1. und 2. Grades geduldig abgewartet. Dabei ist immer auch zu bedenken, daß wir den Geburtsverlauf hier nicht wie sonst in drei, sondern in vier Abschnitte einteilen müssen, daß wir zwischen der Eröffnungs- und der Austreibungsperiode stets noch die Konfigurationsperiode einzuschieben haben, das ist die meist ziemlich lange dauernde Zeit, die nötig ist, um den Kopf der verengten Beckenform anzupassen, ihn zu konfigurieren. Enges Becken: Yier Abschnitte des Geburtsverlaufs: 1. 2. 3. 4.

Eröffnungsperiode, Konfigurationsperiode, Austreibungsperiode, Nachgeburtsperiode.

Allgemein mag gelten: Höchstzulässige Geburtsdauer für junge und kräftige Erstgebärende, kräftige Wehen vorausgesetzt: Nach Blascnsprung darf der Kopf nicht länger als 24 Stunden im BE stehen!*). Bis zur Geburt sollen 36-^48 Stunden nicht überschritten werden, vom Beginn kräftiger Geburtswehen an gerechnet.

*) Das güt natürlich nur für ein Kopf-Becken-Verhältnis, bei dem die Spontangeburt überhaupt m ö g l i c h ist.

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Durch die aufsteigende Infektion — eine bei langdauernden Geburten stets zu erwartende Komplikation — wird die künstliche Geburtsbeendigung häufig schon wesentlich früher notwendig. Einen entscheidenden Anteil am Zustandekommen der Indikation für die künstliche = operative Entbindung haben die Schädigungen der Weichteile (S. 570), die in der praktischen Geburtshilfe die Bedeutung von Gefahrsignalen haben. Vier Kardinalpunkte, die beim engen Becken zu sofortigem operativen Eingreifen zwingen: 1. Harnverhaltung durch Abquetschung des Blasenhalses, 2. blutiger Harn infolge Gewebsquetschung der Blase, !$. zunehmendes ödem oder sogar Abquetschung der (vorderen) Muttermundslippe, 4. Ausziehung des unteren Uterinsegments = Steigender Kontraktionsring, besonders wenn er rasch in oder über Nabelhöhe ansteigt. Der Punkt 4 verlangt ein sofortiges Eingreifen (s. S. 602). Die Therapie der Wahl ist in der Klinik die abdominale Schnittentbindung intra- oder extraperitoneal oder in einer ihrer Sonderausführungen (Doerfler, Portes, Porro). Für den Anfänger: Die vaginale Schnittentbindung, mit der man nur Weichteilschwierigkeiten umgehen kann, kommt natürlich bei der Behandlung des engen Beckens, wobei es allein auf die Umgehung des zu engen knöchernen Geburtskanals ankommt, nicht in Frage. Man muß sich aber über einen wichtigen Punkt klar werden, nämlich darüber, daß niemals die Indikation allein über die Ausführung einer Sektio entscheiden kann. Die Indikation ist gegeben durch die Tatsache, daß bei diesem engen Becken der Kopf nicht hineingeht, daß also ein absoluter Geburtsstillstand vorliegt. Der zweite, genau so wichtige Punkt ist das Erfülltsein der Vorbedingungen zur Ausführung der Sektio: Es darf auf gar keinen Fall von der Forderung abgegangen werden, daß nur dann eine Sektio ausgefülirt werden darf, wenn das Genitale praktisch keimfrei ist. Eine Kreißende mit engem Becken, die draußen von einer Hebamme oder einem Arzt vaginal untersucht wurde, eine Kreißende, bei der vielleicht zur Stützung der Blase ein Kolpeurynter eingelegt wurde, bei der überhaupt irgendwie kurz vor oder unter der Geburt eine vaginale Manipulation vorgenommen wurde, ist auf keinen Fall mehr als keimfrei anzusehen, bei ihr kann unter gar keinen Umständen eine Schnittentbindung mehr in Frage kommen, da ihr Geburtskanal nicht mehr aseptisch ist, wie es die Vorbedingungen fordern. 586

Das gleiche gilt natürlich erst recht, wenn die Infektion schon durch irgendein Zeichen in Erscheinung tritt, auch wenn die Kreißende nicht vaginal untersucht wurde: übelriechendes Fruchtwasser, Temperatursteigerung infolge a u f s t e i gender I n f e k t i o n , lange zurückliegender Blasensprung. Temperaturen von 88° und darüber sind ausnahmslos pathologisch ! Durch nichts darf sich ein Geburtshelfer unter solchen Umständen von dem Standpunkt abbringen lassen, eine Sektio abzulehnen, so hart das auch im einzelnen Fall sein mag. Aber nicht nur der Geburtskanal, auch das Operationsfeld muß keimfrei sein. Eine Schwangere, bei der die Entbindung durch Sektio angezeigt ist, kann nicht per laparotomiam entbunden werden, wenn sie zwischen Nabel und Symphyse auch nur einen Furunkel hat. Auch darüber muß sich ein Anfänger klar werden. Daß das Kind lebt und lebensfähig ist, ist ebenfalls eine Vorbedingung, aber keine absolute. Ist die Mutter in Lebensgefahr, und ist die Sektio das Verfahren, mit dem diese Gefahr am s c h n e l l s t e n und s i c h e r s t e n beseitigt werden kann, so wird sie auch dann ausgeführt, wenn das Kind nicht mehr lebt. Das einfachste Beispiel ist die starke Placenta praevia-Blutung bei totem Kind und kaum eröffnetem Mm. — Schließlich gehört zu den Vorbedingungen zur Schnittentbindung auch jemand, der die operative Technik beherrscht, ferner auch, daß die Hilfsmittel einer Klinik zur Verfügung stehen. Es ergeben sich somit die folgenden Fünf Vorbedingungen für die Sectio abdominalis: 1. Der Geburtskanal muß keimfrei sein. 2. Das Operationsfeld muß keimfrei sein. 3. Das Kind muß leben und lebensfähig sein (keine absolute Vorbedingung, s. o.). 4. Es muß ein Operateur mit guter operativer Technik vorhanden sein. δ. Es müssen die Hilfsmittel der Klinik zur Verfügung stehen. Bei e r f ü l l t e n Vorbedingungen liegt die Mortalität der Schnittentbindung etwa zwischen 3 und 5 % . (Deutsche Kaiserschnittstatistik 1938, N a u j o k s . ) Operiert man jedoch bei n i c h t e r f ü l l t e n V o r b e d i n g u n g e n , so ist die Mortalität noch größer als die der Karzinomoperationen. (Nach W i n t e r . ) Den Entschluß zur Schnittentbindung bei engem Becken darf sich der Anfänger durchaus nicht als leicht vorstellen. Leicht ist dieser Entschluß nur bei Becken mit einer Vera von 8 cm und darunter: 587

Die Grenze zwischen der Wahrscheinlichkeit spontanen Geburtsa b l a u f s und größerer Geburtsschwierigkeiten mit Gefährdung des Kindes liegt nach Zangemeister bei einer Vera von 8 cm. Bei einer Vera von 7,5 cm werden nur noch 30%, bei einer V era von 8,5 cm dagegen 70% der Kinder lebend und spontan geboren. Bei allen Becken mit einer Vera von 8 cm und darunter ist also — wie schon mehrfach betont — die primäre Anwendung der Schnittentbindung berechtigt. Beim allgemein verengten Becken liegt diese Grenze schon bei 8,5 cm (Martius). P r i m ä r e S c h n i t t e n t b i n d u n g heißt sofortige Schnittentbindung, ohne erst abzuwarten, wie der Kopf sich unter der Einwirkung der Wehen einstellt und sich an- und einpaßt. Das ist also recht einfach. Wesentlich schwieriger dagegen ist die Beurteilung der mittleren und leichten Beckenverengerungen, die etwa 95% aller verengten Becken ausmachen. Hier kann man keine feststehenden Zahlen als Mindestmaß für den spontanen Geburtsablauf nennen. Allein der G e b u r t s v e r l a u f , die funktionelle Diagnostik (S. 547), entscheidet hier. Man kann also bei diesen Verengerungen 1. und 2. Grades erst im Laufe einer Geburtsbeobachtung von mehreren Stunden entscheiden, ob eine Schnittentbindung notwendig ist oder nicht. Im allgemeinen pflegt man das Vollständigwerden des Muttermundes und den Blasensprung abzuwarten. Dann aber muß man sich mit Hilfe der funktionellen Diagnostik entscheiden. Die Faktoren, auf die es ankommt, sind vor allem die K o n f i g u r a t i o n s f ä h i g k e i t des Kopfes, seine Größe, Einstellung und H a l t u n g , sowie ganz besonders die W e h e n t ä t i g k e i t . Das wurde oben schon im einzelnen auseinandergesetzt. Kann wegen nicht erfüllter Vorbedingungen ( = Genitale nicht keimfrei) die Schnittentbindung nicht ausgeführt werden, so kommt in der Klinik unter besonderen Umständen der Versuch einer hohen Zange in Frage, die vom Erfahrensten der Klinik und am besten mit der K j e l l a n d schen Zange auszuführen ist. Dieser Versuch einer hohen Zange darf aber niemals ausgeführt werden an einem Kopf, der etwa noch frei beweglich über dem Becken steht. Sie ist nur bei einem solchen Kopfe möglich, der durch die vorangegangene Geburtsarbeit schon wesentlich modelliert, umgeformt und dem Becken weitgehend angepaßt worden ist, so daß er mindestens schon fast fest im BE steht (s. dazu S. 128). Neben allem anderen ist hierbei besonders zu beachten, daß der Kopf beim engen Becken stets eine besonders große Kopfgeschwulst zeigt, die auch schon Erfahrene über den wahren Höhenstand des Kopfes getäuscht hat (S. 130). Weitere Vorbedingungen, die für den hohen Zangenversuch erfüllt sein müssenrDer Mm muß selbstverständlich vollständig sein, und man muß auf Grund der Haltung und Einstellung sowie des Höhenstandes des Kopfes den Eindruck haben, daß nur noch w e n i g fehlt, um den Kopf über den Engpaß des geraden Durchmessers hin wegzubringen. Außerdem muß das Kind einen lebenskräftigen Eindruck machen (Herztöne!) 588

Schon nach wenigen Zugversuchen hat der Erfahrene das Gefühl, ob die Zange „geht" oder ob sie „nicht geht". Im letzteren Falle ist sofort aufzuhören und stets die Perforation und Kraniotraxie sogleich anzuschließen (S. 608). Die hohe Zange wird so zu dem, was sie sein soll und sein kann, zu einem letzton Auskunftsmittel vor der Perforation. Neuerdings hat R. K n e b e l ein Verfahren („systematisches Symphysenpendeln am trahierten Kopf") entwickelt, mit dem schwierige Zangen wesentlich erleichtert werden können. K n e b e l geht davon aus, daß beim extremen S t r e c k e n ( = Überstrecken) und Schließen der Beine („Tiefpendeln") im Sinne der Walcherschen Hängelage der Beckeneingangsraum weiter und beim extremen Beugen ( = Überbeugen) und Spreizen der Beine („Hochpendeln") der Beckeneingangsraum enger und der Beckenmittenraum weiter wird. („Pendeln" = abwechselndes Verschieben der Symphyse gegen das Promontorium.) Mißlingt die Zange in üblicher Beinhalterlage, so werden die Beine losgeschnallt und man beginnt bei Kopf im Beckeneingang mit Tiefpendein, bei Kopf in Beckenmitte mit Hochpendeln, d. h. bei Kopf im Beckeneingang werden die Beine von den Hilfen „behutsam in die Endstellungen" gebracht, d. h. sie werden eine Reihe von Malen extrem gestreckt und geschlossen; bei Kopf in Beckenmitte werden sie einige Male extrem g e b e u g t und gespreizt. Dabei wird d a u e r n d „mit mäßiger Kraft" am Kopf gezogen. Kommt man bei der Beckeneingangszange damit nicht zum Ziel, so steigert man die Zugkraft und pendelt nun „hintereinander tief und hoch, tief und hoch bis zum Erfolg (oder dem Beweis, daß das Mißverhältnis zu groß sein muß!)". In seinen Arbeiten zeigt K n e b e l ferner, daß das Symphysenpendeln nicht nur einen Raumgewinn ergibt, sondern daß der „Bordstein" Symphyse „obendrein zu einem Exponent einer neuen geburtshilflichen K r a f t , der P e n d e l k r a f t " , wird, „die nun ihrerseits den Kopf drehen h i l f t . . . " . Ich kann zu diesem Prinzip des „Knebeins" nur folgendes sagen: Bei einer ganzen Reihe von hohen Zangen, die mit dieser Methodik ausgeführt wurde, hatte ich den deutlichen Eindruck, daß das Symphysenpendeln den Durchtritt des Kopfes wesentlich erleichtert. Ich hatte ferner des öfteren Gelegenheit festzustellen, daß auch Eintrittsschwierigkeiten des naclifolgenden Kopfes bei der g a n z e n E x t r a k t i o n durch das „Knebeln" deutlich vermindert werden. Eine hohe Zange im Hause zu versuchen, lehne ich unter allen Umständen ab, auch dann, wenn sie von einem Geburtshelfer ausgeführt wird, der die Technik wirklich beherrscht. Denn nicht allein die Technik des Operateurs entscheidet, sondern ebensosehr die gute Lagerungsmöglichkeit, Assistenz, Beleuchtung usw., alles Forderungen, die höchstens sein· unvollkommen in der Hauspraxis erfüllt werden können. Wenn es eben geht, wird jeder Erfahrene eine hohe Zange zu umgehen versuchen. Ihre sehr großen Gefahren sind seit Generationen allgemein bekannt. 589

Was macht nun der praktische Arzt beim Auftreten von Komplikationen, und wenn eine Klinik nicht erreichbar ist oder die Kreißende die Klinikeinwcisung strikte ablehnt? Die gefährlichsten Komplikationen des engen Beckens für die Frau sind 1. das Fieber und 2. die drohende Uterusruptur. Unter diesen Umständen gibt es nur eine Möglichkeit: die Perforation, und zwar die rechtzeitige Perforation, selbst die des lebenden Kindes. Mit dem P e r f o r a t o r i u m in der H a n d muß d a n n der A r z t neben dem Kreißbett stehen und unablässig beobachten die T e m p e r a t u r , die W e h e n t ä t i g k e i t und den a u f s t e i g e n d e n K o n t r a k t i o n s r i n g . Die Perforation ist eine e i n f a c h e Operation (S. G08) und sie ist für die Muttor eine lebensrettende Operation, wenn mütterliches Leben und kindliches Leben miteinander in Konkurrenz zu treten beginnen und die Mittel der Klinik nicht anwendbar sind. Gesegnet ist in solchen Augenblicken die Hand des Arztes, der in klarer Erkenntnis der gefährlichsten Situation auf jegliches Versuchen mit Zange (!!) oder Wendung (!!) verzichtet und der konsequent das einzig Richtige tut, indem er den kindlichen Kopf perforiert. Für die verschiedenen Arten der engen Becken sind die Grundsätze der operativen Therapie im allgemeinen die gleichen. Zu betonen ist noch, daß man beim allgemein v e r e n g t e n Becken, ebenso Avie beim T r i c h t e r b e c k e n , auch bei schon e i n g e t r e t e n e m Kopf, mit einer Zangenentbindung ganz besonders zurückhaltend sein muß. Das gilt auch durchaus schon für die „einfache" Beckenausgangszange, die der Anfänger bei etwas weitgestellter Indikation wegen der bei diesem Becken typischen sekundären Wehenschwäche manchmal zu leicht auszuführen bereit ist. Auch bei dieser Zange kommt es schon sehr leicht zu erheblichen Zerreißungen, w e n n der O p e r a t e u r n i c h t ein a u s g e s p r o c h e n e s G e f ü h l f ü r die ü b e r m ä ß i g e W e i c h t e i l a n s p a n n u n g m i t b r i n g t , die schon ohne die angelegte Zange lediglich infolge des zu tief in den Damm hineingepreßten Kopfes vorhanden ist (s. hierzu S. 582). Außerdem empfehle ich, bei dieser Beckenform niemals eine Zange auszuführen, ohne daß vorher eine ausgiebige Episiotomie angelegt wurde. Also:

Beim allgemein verengten Becken dürfen Z a n g e n wegen des spitzwinkligen Schambogens und der dadurch bedingten hohen G e f ä h r d u n g des D a m m e s nur aus d r i n g e n d e r Indikation ausgeführt werden. 590

Ganz anders ist das Verhalten beim p l a t t e n Becken. Hat der Kopf mit Hilfe der Wehenkraft, der Konfiguration und der Einstellung endlich den Engpaß des BE überwunden, so erreicht er infolge der Weite des übrigen Geburtskanals meist schnell den BB. Hier aber erlebt man häufig einen Geburtsstillstand, sei es, daß sich die Wehenkraft in der Überwindung des BE erschöpft hat oder daß sich ein tiefer Querstand (s. S. 245) eingestellt hat. In solchen Fällen soll man nicht zögern, diese bisher so erschwerte und verzögert verlaufene Geburt nun durch eine Beckenbodenzange rasch zu beenden.

Hydrocephalus, Wasserkopf Definition: Abnorme Vergrößerung des Schädels, bedingt durch Ansammlung von Zerebrospinalflüssigkeit (bis zu mehreren Litern). Zwei Formen: Hydrocephalus internus: gewöhnliche Art des Hydrozephalus, Ansammlung der Flüssigkeit in den mächtig erweiterten Hirnhöhlen. Hydrocephalus externus: Ansammlung der Flüssigkeit an der Oberfläche des Gehirns zwischen den Hirnhäuten; sehr selten. Häufigkeit: Nach K l e i n h a n s kommt auf 1500 Geburten, nach v. MikuliczR a d e c k i auf 1000 Geburten je ein Hydrozephalus; bei meinem eigenen klinischen Krankengut kommen auf 1000 Geburten etwa 2 Fälle von Hydrozephalus. Ätiologie: Bisher nicht geklärt; diskutiert werden Bildungsstörungen, die auf eine frühe Fetalzeit zurückgehen (Martius), intrauterine Schädigung, mechanisches Abflußhindernis (W. E. Daudy), Zystenbildung im Gehirn (Jonkowsky), Entzündung (Meningitis?). G l e i c h z e i t i g e s Vork o m m e n a n d e r e r M i ß b i l d u n g e n (Klumpfüße, Spina bifida., Zystenniere) wird in etwa der Hälfte aller Fälle festgestellt. Vorkommende Lagen: Der Hydrozephalus kommt vor als K o p f l a g e : in etwa 2 / 3 der Fälle, als B E L : in etwa J / 3 der Fälle, als Quer- und Schräglage: selten. Geburtshilfliche Bedeutung und Prognose: Wichtigste und zugleich gefährlichste aller fetalen Mißbildungen. Jeder große und mittelgroße Hydrozephalus bedeutet eine Geburtsunmöglichkeit: Es besteht ein ausgesprochenes Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken, der Kopf kann trotz bester Wehen nicht in das Becken eintreten. Die notwendige Folge ist die übermäßige Auszieh ung des unteren Uterinsegments und — wenn keine Hilfe ( = Perforation) kommt — die Uterusruptur oder die Sepsis. Die Uterusruptur bei Hydrozephalus kommt verhältnismäßig häufig vor! 591

Für die Uterusruptur bei Hydrozephalus sind zwei Beobachtungen sehr bedeutsam: 1. Jeder Erfahrene weiß, daß gerade beim Hydrozephalus (aber auch unter anderen Umständen) die Ruptur sehr plötzlieh eintreten kann, ohne daß vorher das Vorstadium, also die Warnzeichen der d r o h e n d e n Uterusruptur, aufgetreten sind; ferner 2. daß gerade beim Hydrozephalus die Ruptur auch schon dann auftreten kann, wenn der Muttermund noch lange nicht vollständig eröffnet ist. (Erfahrungsgemäß tritt im allgemeinen eine Ruptur der Gebärmutter erst n a c h vollständiger Eröffnung des Mm auf.) Darauf haben zuerst B e n c k i s s e r und H o f m e i e r hingewiesen. Bei der Ruptur beobachtet man sowohl L ä n g s - als auch Querrisse, was man sich bei der Art der kugelförmigen Auftreibung und Überdehnung des unteren Uterinsegments gut erklären kann. Für jeden Fall von Hydrozephalus gilt: H y d r o z e p h a l u s = höchste Gefahr für die Mutter! P r o g n o s t i s c h b e s t e h t ein b e a c h t l i c h e r U n t e r s c h i e d zwischen dem H y d r o z e p h a l u s bei K o p f l a g e n u n d dem bei B e c k e n e n d l a g e n : Hydrozephalus bei Kopflagen ist wesentlich gefährlicher als bei BEL. Bei vorangehendem Hydrozephalus ist das untere Uterinsegment bereits in der S c h w a n g e r s c h a f t überdehnt. Die Gefahr der Uterusruptur ist schon mit dem Beginn der a l l e r e r s t e n Wehen vorhanden. Da der Kopf bei einem großen Hydrozephalus sich nicht von der Stelle rühren kann, leistet beim vorangehenden Hydrozephalus jede Wehe von der ersten bis zur letzten eine völlig vergebliche Arbeit. Mit jeder Wehe erhöht sich die gefährliche Ausziehung des unteren Uterinsegments und bringt die Kreißende der Katastrophe näher. Dagegen läuft bei BEL die Geburt ohne Schwierigkeiten bis zur Geburt der Schultern ab. Der nachfolgende Kopf bleibt über dem BE hängen, und die Überdehnung des unteren Uterinsegments beginnt erst von diesem Augenblick an, also im a l l e r l e t z t e n Abschnitt der Austreibungsperiode, zu einem Zeitpunkt, in dem bei der Schädellage die Überdehnung schon ihren Höhepunkt erreicht hat. Dazu kommt, daß bei BEL die Gefahr der Ruptur durch den Hydrozephalus auch schon deswegen nie so groß ist wie bei Schädellage, weil sie erst nach Ausstoßung des Rumpfes beginnt, also bei einem wesentlich kleineren Uterusinhalt. Die Frühdiagnose des Hydrozephalus ist also besonders wichtig bei v o r a n g e h e n d e m Hydrozephalus, da hierbei die Gefahr der Ruptur schon in der Eröffnungsperiode vorhanden ist. Wegen der außerordentlich großen Gefahr für Leben und Gesundheit der Mutter bei Hydrozephalus muß unter allen Umständen gefordert werden: 592

Der vorangehende Hydrozephalie muß möglichst schon in der Schwangerschaft, spätestens zu Beginn der Geburt erkannt werden. Einem aufmerksamen Untersucher entgeht ein größerer Hydrozephalus in den letzten 4—6 Wochen der S c h w a n g e r s c h a f t nicht. Schon zu diesem Zeitpunkt fühlt man den abnorm großen Kopf, der die Symphyse überragt und der niemals eintreten kann (Abb. 444). In unklaren Fällen, besonders auch bei B E L , ist eine R ö n t g e n a u f n a h m e zu machen.

Abb, 444. Hydrozephalus bei äußerer Betrachtung Die g r ö ß t e G e f a h r , die der H y d r o z e p h a l u s - T r ä g e r i n , a b g e s e h e n von der U t e r u s r u p t u r , d r o h t , i s t der u n e r f a h r e n e und u n f ä h i g e G e b u r t s h e l f e r , der den ü b e r r a g e n d e n K o p f n i c h t e r k e n n t o d e r ihn m i t der Z a n g e ins B e c k e n holen o d e r das K i n d d u r c h W e n d u n g und E x t r a k t i o n e n t w i c k e l n will, anstatt das einzig Richtige zu tun: ihn schnellstens zu p e r f o r i e r e n .

Bei Hydrozephalus stellt jeder Zangen- oder Wendungsversuch einen schweren Kunstfehler dar, den die Kreißende meist mit dem Leben bezahlen m u ß !

Mortalität der M ü t t e r : Nach v. F r a n q u e 17%, nach H a m m e r s c h l a g 2 0 % , davon 1 3 % durch U t e r u s r u p t u r und 7 % durch Sepsis. Untersuchungsbefund, Diagnose: Beim Hydrozephalus hängt das Schicksal der Mutter von zwei Dingen entscheidend ab: 1. von der r e c h t z e i t i g e n Erkennung und 2. von der r i c h t i g e n Behandlung. 38

P s c h ν r e i n b e I,

J'rakt.

Geurtshilfe

59.'}

Über das Erkennen ist folgendes zu sagen: A. Kopflagen Vom diagnostischen Standpunkt unterscheidet man am besten a) den h o c h g r a d i g e n ( = großen) Hydrozephalus, den Schulfall, den man überhaupt nicht übersehen kann (Abb. 444), b) den m i t t e l g r a d i g e n ( = m i t t e l g r o ß e n ) Hydrozephalus, dessen Erkennung dem Unerfahrenen unter Umständen Schwierigkeiten macht und dessen Gefahr genau so groß wie die des großen Hydrozephalus ist, und c) den g e r i n g g r a d i g e n ( = kleinen) Hydrozephalus, der geburtshilflich eine untergeordnete Bedeutung hat, da er nach einigen Schwierigkeiten in das Becken eintritt, und den man erst beim Dammschutz oder nach der Geburt erkennt. 1. Hochgradiger Hydrozephalus: Der große, stark überstehende Hydrozephalus ist leicht schon aus der Betrachtung des Leibes der Kreißenden zu erkennen: Oberhalb der Symphyse sieht man deutlich eine große, pralle, kugelförmige, tumorartige Vorwölbung, die man im ersten Augenblick für die übervolle Harnblase halten könnte (Abb. 444). Die Betastung mit dem 3. und 4. Leopoldschen Handgriff läßt aber sofort erkennen, daß es sich dabei um den abnorm großen, dem BE meist aufgepreßten Schädel handelt. Die Diagnose des g r o ß e n Hydrozephalus ist nicht schwer. Es kommt nur darauf an, im gegebenen Augenblick daran zu denken! Ergibt die äußere Untersuchung einen Verdacht auf Hydrozephalus, so muß die Diagnose unter allen Umständen durch vaginale Untersuchung klargestellt werden. Dem Unerfahrenen muß man immer wieder vor Augen halten, daß das Übersehen eines überstehenden Hydrozephalus höchste Lebensgefahr für die Kreißende bedeutet und daß das Erkennen gleichbedeutend mit der sicheren Rettung dieser Mutter ist, wenn man sofort das einzig Mögliche und Richtige tut: nämlich mit irgendeinem Instrument den Kopf perforiert und den Liquor ablaufen läßt. Daher ist ein für allemal festzuhalten:

Ergibt die äußere Untersuchung Verdacht auf Hydrozephalus, so muß unter allen Umständen s o f o r t vaginal untersucht werden!

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Tastbefund bei der vaginalen Untersuchung Vier charakteristische Kennzeichen: 1. K l a f f e n d e N ä h t e u n d a b n o r m w e i t e F o n t a n e l l e n (Abb. 445); 2. D ü n n e , n a c h g i e b i g e , weiche S c h ä d e l k n o c h e n ; 3. P e r g a m e n t k n i s t e r n der S c h ä d e l k n o c h e n bei der B e t a s t u n g ; 4. A b n o r m e B e w e g l i c h k e i t der K n o c h e n r ä n d e r in der W e h e n p a u s e oder (bei sehr großem Hydrozephalie): Gefühl einer prall gefüllten, f l u k t u i e r e n d e n Zyste. Dieses Gefühl hat man besonders dann, wenn die große Fontanelle im Bereich des Mm steht. Es ist dann manchmal sogar bei noch wenig erweitertem Mm schwer zu entscheiden, ob man die große Fontanelle oder die Fruchtblase tastet. Bei abgestorbener Frucht kann man die ganz weichen und dünnen Schädelknochen in weiten Grenzen hin und her „schwappen" lassen. 2. Mittelgradiger Hydrozephalus: Unter einem mittelgradigen Hydrozephalus will ich einen solchen verstehen, den man äußerlich nicht sogleich auf den ersten Blick erkennt, der aber andererseits docli zu groß ist, um in das Becken eintreten zu können. Die Diagnose eines solchen mittelgroßen Hydrozephalus macht erfahrungsgemäß oft große Schwierigkeiten. Da aber die Abb. 445. Hydrozephalus G e f a h r e n hier genau dieselben sind wie die bei einem großen Hydrozephalus, so muß man den mittelgradigen Hydrozephalus als die g e f ä h r l i c h s t e Form des Hydrozephalus bezeichnen. Die gefährlichste Form ist der m i t t e l g r o ß e Hydrozephalus! Sorgfältige äußere und innere Untersuchung, vor allem auch die Beachtung der A n a m n e s e , führt den Aufmerksamen aber auch hier zum Ziel. Bei jeder Verzögerung des Kopfeintritts in ein normales Becken ist auch an H y d r o z e p h a l u s zu denken! Das gilt ganz besonders dann, wenn schon eine oder mehrere normale Geburten vorausgegangen sind. Die an sich schon schwierige Diagnose des mittelgradigen Hydrozephalus kann durch Zusammentreffen ungünstiger Umstände noch mehr erschwert werden, so bei f e t t r e i c h e n B a u c h d e c k e n oder gleichzeitigem Vorhandensein 3d*

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eines Hydramnions. In der Klinik ist in diagnostisch schwierigen Fällen eine Röntgenaufnahme anzuraten. Dippel und King empfehlen laterale Röntgenaufnahmen. B. Beckenendlagen Hierbei wird der Hydrozephalus in der Praxis oft übersehen, da der große Kopf in dem weiten Fundusteil der Gebärmutterhöhle sich dem Auge wie auch oft den tastenden Händen entzieht. Zu einer ziemlich plötzlichen Erkenntnis eines Hydrozephalus kommt man bei BEL erst dann, wenn der Rumpf geboren ist und die übliche halbe Extraktion auffallende Schwierigkeiten macht. In solchen Fällen hat man sofort mit dem Extraktionsversuch aufzuhören und mit der Hand auf den Bauch der Mutter zu fassen! Oberhalb der Symphyse fühlt man dann den großen Kopf, der fest auf dem Beckeneingang sitzt, und die Diagnose ist klar. Differentialdiagnose: Verwechseln kann man den Hydrozephalus bei der inneren Untersuchung mit der Fruchtblase und mit dem Steiß, beides aber wohl nur im ersten Augenblick des Untersuchens oder bei wenig erweitertem Mm. Die langen, scharfen Knochenränder, die auch eine noch so klaffende Naht begrenzen, lassen wohl immer die richtige Diagnose stellen. Eine Schädellage, bei der ein normal großer Kopf derartig über dem BE prominiert wie beim Hydrozephalus, gibt es nicht. Auch den überstehenden Kopf bei der Hinterscheitelbeineinstellung oder den im Beginn der Gesichtslagen- und Stirnlagengeburt wird man durch Abtasten und Umfassen ohne große Schwierigkeiten als einen normal großen Kopf erkennen können. Komplikationen: Die wichtigsten Komplikationen ergeben sich aus der Überdehnung des Uterus, nämlich 1. die frühzeitige Wehenschwäche und 2. die atonische N a c h b l u t u n g . ϊί. die Uterusruptur Geburtsverlauf: Ein großer und mittelgroßer Hydrozephalus kann auch bei besten Wehen naturgemäß nicht oder nur mit einem kleinen Segment ins Becken eintreten. Infolge der Überdehnung des Uterus ist es zunächst oft so, daß die Wehen über mehrere Tage nicht recht in Gang kommen ( = primäre Wehenschwäche). Sind dann die Wehen endlich kräftig, so sind sie auffallend schmerzhaft. Gleichzeitig ist auch die Bauchgegend oberhalb der Symphyse mehr oder weniger druckschmerzhaft: Das untere Uterinsegment ist stark über dem Hydrozephalus ausgezogen und wird sowohl in der Länge als auch in der Quere überspannt. Trotz bester Wehen kein Geburtsfortschritt. Wird nicht perforiert, so kommt es zur Ruptur oder zur Sepsis. Der langdauernde Druck des Kopfes gegen den knöchernen Beckenring wirkt sich nachteilig auf die dazwischenliegende Blase aus. Es kommt zur Drucknekrose und infolgedessen im Wochenbett nicht selten zum Ausfall von Gewebe, also zur Bildung einer 596

Blasenscheidenfistel. Tritt also ein Kopf bei normal weitem Becken und guten Wehen nicht ins Becken ein, so ist in allererster Linie sofort an Hydrozephalus zu denken, wenn eine Schräg- oder Querlage ausgeschlossen ist. Das gilt um so mehr, wenn es sich um eine Mehrgebärende handelt, bei der die vorangegangenen Geburten glatt und schnell verliefen. Man präge sich nachdrücklichst die folgende Tatsache ein: Wenn ein Kopf, auch nach stundenlangen kräftigen Wehen, noch nicht ins Becken eingetreten ist, so bedeutet das stets ein Geburtshindernis und zwar entweder ein nicht zu überwindendes Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken: „enges Becken" im weitesten Sinne des Wortes, wozu auch der Hydrozephalus zu rechnen ist oder eine Q u e r l a g e oder eine S c h r ä g l a g e oder ein anderes, selteneres Geburtshindernis (Armvorfall, im Becken liegende Tumoren, hochgradige Verengerung der weichen Geburtswege [Narben, starrer Mm infolge Portiokarzinom, Conglutinatio orificii externi]). Jedes unüberwindliche Geburtshindernis führt, wenn nicht bald Abhilfe geschaffen wird, mit Sicherheit zum Tode der Mutter entweder durch Uterusruptur oder durch Sepsis. Jede dieser Situationen bedeutet somit stets höchste Lebensgefahr! Man muß aber wissen, daß es auch für einen sehr großen Hydrozephalus noch eine andere Art des Geburtsverlaufs gibt. Wenn das Kind unter der Geburt (oder schon vorher) abstirbt, so wird der Riesenschädel noch wesentlich weicher, als er schon war. Im gleichen Maße nimmt seine Verformbarkeit zu. Die dünnen Schädelknochen des Gehirnschädels werden nachgiebig wie nasse, dünne Pappe. Unter der Einwirkung kräftiger Wehen wird der Schädel ausgezogen, und ein mehr oder weniger großer Teil wird in das Becken hineingeschoben. Jeder Erfahrene kennt den Befund, bei dem das kleine Becken von einer wenig gespannten, mit Flüssigkeit gefüllten Blase mehr oder weniger ausgefüllt ist, während man zugleich noch einen Teil des Schädels ü b e r dem BE abtasten kann. Bei solchen Fällen von Hydrozephalus kann es nach langwierigem Geburtsverlauf zur Spontangeburt kommen, die beschleunigt wird, wenn der Hydrozephalus vorher platzt. Kleine Wasserköpfe werden spontan geboren. 597

Behandlung Es kommt darauf an, die Mutter so schnell wie möglich aus der ihr drohenden großen Gefahr zu befreien. Die einzig mögliche Behandlung ist das Ablassen des Liquors auf vaginalem "Wege. Das geschieht durch Perforation des Schädels (S. 608) mit dem Perforatorium oder einem Trokar. Im Notfall nimmt man das erste beste spitze Instrument: eine Kornzange, Kocherklemme oder eine lange Papierschere, die ausgekocht hier dieselben Dienste tut wie ein Perforatorium. Bücksicht auf das Kind wird nicht genommen!

Hydrozephale Kinder, deren Kopfgröße ein mechanisches Hindernis bildete und die trotzdem lebend geboren wurden, leben erfahrungsgemäß nur kurze Zeit und sind geistig abnorm. G e r i n g g r a d i g e Wasserköpfe sind durchaus lebensfähig und zeichnen sich gelegentlich sogar durch hohe Intelligenz aus ( M e n z e l , H e l m h o l t z , C u v i e r ) . Ist man sich über die Größe desHydrozephalus und damit über die Lebensaussichten nicht klar, so ist das Ablassen des Wassers durch Punktion zu empfehlen, vorausgesetzt, daß sich die Mutter nicht in einer akuten Gefahr befindet (dünner Trokar, dicke Kanüle). Mit diesem denkbar leicht durchzuführenden Eingriff der Perforation (bzw. Punktion), ist eigentlich alles getan, worauf es ankommt: Das Hindernis ist weggeräumt, die Kreißende ist mit einem Schlage aus dem Gefahrenbereich heraus, die Geburt kann spontan ablaufen. In den meisten Fällen wird man jedoch die Extraktion anschließen, da die Kreißende von der langen, vergeblichen Wehenarbeit erschöpft zu sein pflegt. Am einfachsten extrahiert man den zu einem schlaffen Sack zusammengefallenen Hydrozephalus mit der Hand, indem man kräftig an den Knochenteilen zieht. Gelingt das auch nach Unterstützung durch kräftigen Druck von oben nicht, so faßt man den Kopf mit Krallenzangen oder der Boersehen Knochenzange. Man kann auch einen spitzen Haken fest in die Schädelbasis einsetzen und daran ziehen oder auch die Kraniotraxie mit dem Kranioklasten ausführen. Die dünnen, weichen Knochen des Hydrozephalus eignen sich allerdings für das Ansetzen des Kranioklasten nicht gut; die Blätter des Kranioklasten müssen das Gesicht oder die Hinterhauptschuppe zwischen sich fassen. Nicht dringend genug gewarnt werden kann vor einem Versuch, bei Hydrozephalus einen Zangen- oder Wendungsversuch machen zu wollen. Das wäre ein schwerer Kunstfehicr. Diesen übergroßen, breit über dem BE stehenden Kopf kann man mit der Zange überhaupt nicht fassen. Bei drohender Uterusruptur ist schon der Versu ch einer AYendung oder einer Zange ein K u n s tfehler! 598

Die einzig richtige Behandlung bei überstehendem Hydrozephalie ist die sofortige Perforation an Ort und Stelle ohne jeden Transport. Jede andere Behandlung ist ein K u n s t fehler! Ein Kunstfehler, da bei dem stark abgezogenen unteren Uterinsegment jede andere Behandlung als die Perforation mit absoluter Sicherheit zur Ruptur führen muß. Führt der Versuch einer Zange oder einer Wendung bei überstehendem Hydrozephalus zum Tode der Kreißenden, so liegt der Tatbestand der fahrlässigen Tötung vor. — Beim Hydrozephalus zeigt sich mit eindrucksvoller Deutlichkeit die alte Tatsache, daß die geburtshilflichen Kenntnisse und Fähigkeiten eines Arztes entscheidend sind über Leben und Tod einer Kreißenden. Bei B E L perforiert man den nachfolgenden Kopf durch die Hinterhauptschuppe oder das Foramen occipitale magnum (S. 618). Nach erfolgter Ausstoßung bzw. Extraktion ist anschließend sofort die Nachgeburt manuell zu lösen, da nach Geburt eines Hydrozephalus unter allen Umständen eine Austastung der Gebärmutter durchgeführt werden muß. Jeder Hydrozephalus, der ein Geburtshindernis darstellte, der also den Kopf nicht in den B E eintreten ließ, bringt die Gefahr einer Gebärmutterzerreißung mit sich. Erschwerend für die Beurteilung der Situation ist, daß gerade beim Hydrozephalus die Ruptur ohne die Warnsignale der drohenden Ruptur eintreten kann. Es ist auch bekannt genug, daß beim Hydrozephalus auch die Ruptur selbst ohne die klassischen Zeichen (S. 605) auftreten kann (sog. s t i l l e Ruptur). Insbesondere kann die eingetretene Ruptur auch deswegen für einige Zeit nicht bemerkt worden sein, weil sie an der narkotisierten Frau während der Manipulationen des Operateurs auftrat (vergeblicher Versuch der halben Extraktion). Aus allen diesen Gründen ist als Gesetz ein für alle Male festzuhalten: Nach Entwicklung eines Hydrozephalus ist die Uterushöhle ausnahmslos auszutasten.

Definition:

Utefusruptur

1. Zerreißen der Gebärmutter in ihrem dünnsten Abschnitt, dem unteren Uterinsegment = Uterusruptur im engeren Sinne des Wortes. 2. Zerreißen des obersten Teiles des Scheidenrohres = ,,Seheidenabriß", Kolpaporrhexis. Dazu kommt die 3. Uterusruptur in Narben nach K a i s e r s c h n i t t und nach p e r f o r i e r e n d e n V e r l e t z u n g e n des Uterus (nach Interruptionen, Abortausräumungen). J e d e F r a u m i t e i n e r s o l c h e n N a r b e muß bei w e i t e r e n E n t b i n d u n g e n u n t e r allen U m s t ä n d e n in e i n e r K l i n i k e n t b i n d e n .

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Vorkommen: Ganz überwiegend bei Mehrgebärenden. Unter 500 Fällen von Uterusruptur fand F r i t s c h 438 Mehrgebärende und nur 62 E r s t gebärende. Die Wandbeschaffenheit des Uterus spielt also ohne Frage eine wesentliche Rolle beim Zustandekommen einer Ruptur. Zustandekommen der Uterusruptur Wer das mechanische Zustandekommen der Uterusruptur im unteren Uterinsegment verstehen will, muß sich über vier Erkenntnisse klarwerden: 1. Physiologie des Wehenablaufs: Der Ablauf jeder Wehe ist durch eine Funktionsteilung des Uterus gekennzeichnet (s. S. 93). Die Muskulatur des Korpus zieht sich aktiv zusammen, die Muskelwand wird dicker, die Oberfläche kleiner. Der Dehnungsschlauch des unteren Uterinsegments wird dadurch gleichzeitig passiv gedehnt, die Wand verdünnt sich, die Oberfläche wird größer. 2. Grundgesetz I für die Korpusmuskulatur: Die A r b e i t s l e i s t u n g der M u s k u l a t u r des Corpus u t e r i i s t u n t e r der G e b u r t in j e d e m F a l l e auf ein einziges Ziel g e r i c h t e t : Austreibung des Kindes aus der Gebärmutterhöhle unter allen Umständen, gleichgültig, ob die Widerstände im Geburtsweg normal, erhöht oder — und darauf kommt es hier an — u n ü b e r windlich sind; gleichgültig, ob die Muskelkontraktionen der sinnvollen Austreibung durch den normalen Geburtskanal dienen oder zur zerstörenden, sinnlosen S e l b s t z e r r e i ß u n g der Gebärmutter führen. Jedes Geburtshindernis kann zur Ursache einer Ruptur werden. 3. Grundgesetz I I für die Korpusmuskulatur: J e g r ö ß e r der W i d e r s t a n d , um so g r ö ß e r wird die A r b e i t s l e i s t u n g u n d d a m i t die K o n t r a k t i o n s k r a f t der U t e r u s m u s k u l a t u r . Mit der Zunahme des Widerstandes nimmt also die Kraft und die Zahl der Wehen zu. Ist der Widerstand u n ü b e r w i n d l i c h (z.B. großer Hydrozephalus, verschleppte Querlage), der normale Geburtsweg also verlegt, so ist eine normale Austreibung des Kindes nicht möglich. Bei unüberwindlichem Widerstand wird die Kraft der Wehen noch stärker, die Pausen zwischen den Wehen immer kürzer und kürzer. Das Kind wird dabei zum größten Teil in das untere Uterinsegment hineingetrieben. Das untere Uterinsegment wird dadurch mehr und mehr ausgezogen, überdehnt. Die an sich dünne Wand dieses Dehnungsschlauches wird mit jeder neuen Wehe immer noch dünner. Schließlich kommt es zum Wehensturm, zu fast pausenlos auftretenden Krampfwehen und dann zum Tetanus uteri (heftigste Dauerkontraktionen ohne Pause). Die Grenze der Haltbarkeit des dünnen unteren Uterinsegments wird dabei verhältnismäßig bald erreicht und — bei einer der nächsten Wehen überschritten; es kommt zur Katastrophe der Gebärmutterzerreißung im unteren Uterinsegment. 600

4. Die Vorbedingung für die Dehnbarkeit, die Überdehnung und die Zerreißung des unteren Uterinsegments ist seine Ausspannung zwischen zwei F i x p u n k t e n . Bei Schädellagen sind das die beiden folgenden: Unterer Fixpunkt: die durch den Kopf gegen die Beckenwand eingeklemmte (vordere) Muttermundslippe. Oberer Fixpunkt: der Kontraktionsring = Grenzfurche zwischen dem Dehnungsschlauch (unteres Uterinsegment -f- Zervix) und dem Corpus uteri (aktiv). Ursachen der Uterusruptur Will man die Ursachen der Uterusruptur auf eine ganz kurze Formel bringen, so kann man sagen: Unüberwindliches Geburtshindernis + Wehensturm = Uterusruptur. Als wichtigste Fälle, die ein unüberwindliches Geburtshindernis darstellen, die also eine Geburtsunmöglichkeit bedeuten können, sind zu nennen: 1. Enges Becken = jedes Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken: a) b) c) d)

Becken verengt — Kopf normal groß, Becken normal — Kopf zu groß, Becken normal — Kopf falsch eingestellt (vgl. 2 b), Wegverlegende Tumoren (Ovarialtumor, Zervixmyom, Beckensarkom).

2. Geburtsunmögliche Lagen und Einstellungen des Kindes: a) b) c) d)

Querlage, Hinterscheitelbeineinstellung, Mentoposteriore Gesichtslagc, B e s t e h e n b l e i b e n d e r hoher Geradstand.

3. Mißbildungen des Kindes: a) Hydrozephalus = abnorme Größe des vorangehenden Teils, b) Angeborener Aszites, Zystennieren, Steißtumoren, c) Doppelmißbildungen. 4. Unnachgiebige Weichteile (selten): Kollumkarzinom, festgefahrene Geburt (S. 191), Conglutinatio orificii externi (Verklebung der Eihäute mit der Zervixwand; Rüge II, Kraatz, Stieve).

Drohende Uterusruptur Die drohende Uterusruptur ist das Vorstadium vor der eigentlichen Katastrophe, der Uterusruptur.

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Drohende Uterusruptur = schwebende Todesgefahr Es kommt darauf an, die Zeichen der drohenden Uterusruptur genau zu kennen, um auf den ersten Blick die Gefahr zu begreifen, in der die Kreißende sich befindet. Ein junger Geburtshelfer wird zu Anfang die eine oder andere Diagnose verfehlen. Das wird man ihm nicht übel nehmen, sofern er nur immer besonnen und geduldig handelt und im gegebenen Augenblick auch entschlossen einzugreifen versteht. Eines aber muß man von ihm verlangen, daß er die Zeichen lebensbedrohlicher Zustände genau kennt, und dazu gehören zu allererst

Die Zeichen der d r o h e n d e n Uterusruptur 1. Gesichtsausdruck: ängstlich und gequält. — Die Kreißende ist (sehr) unruhig. 2. Puls: leicht unterdrückbar, beschleunigt, oft flatternd. 8. Stand des Kontraktionsringes ( = B a n d i s c h e Furche = obere Grenze des unteren Uterinsegments). Mit zunehmender Ausziehung des unteren Uterinsegments steigt der Kontraktionsring als eine schräg verlaufende Furche in die Höhe. Die Ruptur steht unmittelbar bevor, wenn die Furche in kurzer Zeit bis oder über Nabelhöhe steigt. Bei Erstgebärenden tritt allerdings die Ruptur nicht so rasch ein wie bei Mehrgebärenden. 4. Auffallende Druckempfindlichkeit und Spannung der Gegend zwischen Nabel und Symphyse ( = unteres Uterinsegment). 5. Wehensturm: Fast pausenlos folgt eine Wehe auf die andere, sodaß der Uterus dauernd kontrahiert ist (Wehensturm, höchster Grad: Tetanus uteri = Krampfwehen) = Dauerkontraktion = der Uterus ist dauernd hart. 6. Wehenschmerzen, die unerträglich sind. 7. Drahtartige Spannung eines oder beider Ligamenta rotunda (manchmal nur angedeutet, nicht selten fehlend). 8. Yaginal: Der vorangehende Teil (Kopf, Schulter) ist dem BE „federnd" aufgepreßt.

Verhalten des Arztes bei drohender Uterusruptur Bei drohender Uterusruptur muß SOFORT in tiefster Narkose und so schonend wie möglich entbunden werden! Kann aus irgendeinem Grunde nicht sofort entbunden werden, so müssen zumindest sofort die Krampfwehen ausgeschaltet werden. Das Mittel der "Wahl 602

hierzu: 0,02 Morphin und evtl. oberflächliche Chloräthyl-Äthernarkose. Man muß sieh aber darüber klar sein, daß man damit die drohende Zerreißung n u r f ü r k u r z e Zeit aufhalten kann. Bei drohender Ruptur darf die Kreißende grundsätzlich nicht mehr transportiert werden und überhaupt möglichst wenig bewegt werden. Auch der kürzeste Transport ist ein schwerer Kunstfehler. Die Kreißende ist sofort, und zwar an Ort und Stelle, zu entbinden.

Vorgehen bei d r o h e n d e r Uterusruptur Es muß, wie gesagt, sofort entbunden werden, und zwar so, daß das aufs höchste angespannte papierdünne untere Uterinsegment dabei nicht einreißt. Das kann nur durch ein Operationsverfahren erreicht werden, bei dem die bestehende Lage des Kindes auch nicht im mindesten verändert wird. Von vornherein ist also jedes Entbindungsverfahren ausgeschlossen, bei dem das engstens umklammerte Kind ausgedehntere Bewegungen machen müßte. Es ist daher dringendst vor allen gewagten Entbindungsversuchen zu warnen. Ob erfahren oder nicht erfahren: liegen einmal die Zeichen der drohenden Uterusruptur vor, so hat jeder nur so zu operieren, daß das maximal überdehnte untere Uterinsegment auf keinen Fall auch nur noch um einen Millimeter m e h r gedehnt wird. Bei jeder Uterusruptur ist streng zu warnen vor allen gewagten Entbindungsversuchen! Gröbste Kunstfehler sind der Zangenversuch bei Unmöglichkeit des Kopfeintritts, insbesondere beim Hydrozephalus, der Wendungsversuch bei Unmöglichkeit des Kopfeintritts, der Wendungsversuch bei verschleppter Querlage. N o t w e n d i g e F o l g e : violente Uterusruptur = gewaltsame Zerreißung der Gebärmutter bei einer und als Folge einer geburtshilflichen Operation, wobei die Tatsache der dabei aufgetretenen Ruptur zugleich untrüglich beweist, daß diese Operation entweder falsch angesetzt oder falsch durchgeführt war.

Operatives Vorgehen im Privathaus Bei Schädellagen: P e r f o r a t i o n des K o p f e s (S. 608) und H e r a u s z i e h e n des K i n d e s m i t dem K r a n i o k l a s t e n ( = K r a n i o t r a x i e , S. 612). Hierzu ist zu sagen, daß das Ziel, nämlich die Abwendung einer akuten Lebensgefahr von der Mutter, schon mit der P e r f o r a t i o n , also mit der Durchbohrung des Schädels und dem Abfluß des Gehirns, erreicht ist: aus dem geburtsunmöglichen Zustand ist ein geburtsmöglicher geworden, die Gefahr der Uterusruptur 603

ist beseitigt, weil der Kopf ein tritt jetzt möglich ist. Jeder Erfahrene wird zwar anschließend die Geburt durch das Herausziehen des Kindes mit dem Kranioklasten beenden. Es ist aber festzuhalten, daß es die P e r f o r a t i o n ist, die die Mutter aus der Gefahr herausbringt, nicht die Kraniotraxie. Auch der U n g e ü b t e s t e m u ß also u n b e d i n g t die P e r f o r a t i o n a u s f ü h r e n können. Die Kraniotraxie gestaltet sich manchmal schwieriger. Wer die Technik nicht beherrscht, mag die Spontangeburt abwarten, die bei dem enthirnten Kopf meist glatt vonstatten geht. Bei Querlagen: Da man das Kind bei drohender Uterusruptur auf keinen Fall wenden darf, kann man es auch nicht als ganzes herausholen; das K i n d muß in zwei Teile z e r l e g t u n d die Teile einzeln n a c h e i n a n d e r h e r a u s g e h o l t w e r d e n . Das Kind muß also d u r c h s c h n i t t e n werden. Das geschieht an der Stelle, an die man am besten herankann. Das ist entweder (meistens) der Hals oder (seltener) der Rumpf; Durchschneidung am Hals = Dekapitation (S. 407), Durchschneidung am Rumpf = Embryotomie (S. 411). Im Privathaus m u ß das Kind, sofern es überhaupt noch lebt, bei drohender Uterusruptur für das Leben der Mutter geopfert werden. Operatives Vorgehen in der Klinik Bei totem Kind wird in der Klinik genau so vorgegangen wie im Privathaus, s. o. Bei lebendem Kind kommt, abgesehen vom Hydrozephalus oder einer anderen Mißbildung als Eingriff die S c h n i t t e n t b i n d u n g in Frage. Leider kann diese auch das Kind rettende Operation in einem hohen Prozentsatz der Fälle nicht ausgeführt werden, weil die in die Klinik eingelieferten Fälle meist mehr oder weniger hochgradig infiziert sind (langdauernder Geburtsverlauf nach Blasensprung, vaginale Untersuchung im Privathaus, anoperierte Fälle!).

Eingetretene Uterusruptur Man unterscheidet: ßuptura uteri completa = vollständige Gebärmutterzerreißung: Zerreißung aller Schichten des überdehnten Abschnittes, einschließlich des Bauchfells. Klaffender Riß zwischen dem Cavum uteri und der freien Bauchhöhle. In den Bauchraum kann gelangen: 1. das Blut der Aa, uterinae, 2. das Kind, 3. die Plazenta, 4. das infizierte Fruchtwasser = die Infektion.

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Ruptura uteri incomplete = unvollständige Gebärmutterzerreißung: Zerreißung der Uteruswand ohne Zerreißung des Bauchfells. Solange das Bauchfell nicht mit einreißt, kommt es zur Bildung eines wachsenden „Tumors" meist auf einer Seite neben dem Uterus = subperitoneales Hämatom. In den weitaus meisten Fällen tritt der Riß s e i t l i c h auf, wodurch die A. uterina mit verletzt wird. Die beiden großen Gefahren der Uterusruptur sind 1. die Sofortgefahr = die Verblutung, 2. die Spätgeiahr = tödliche Peritonitis durch das infizierte Fruchtwasser (eine komplette Ruptur vorausgesetzt). Zweifel beginnt sein Kapitel Uterusruptur mit dem Satz: „Die Gebärmutterzerreißung ist das Schlimmste, was einer gebärenden Frau widerfahren kann." Wichtig ist, daß die meisten Frauen mit Uterusruptur nicht an Verblutung, sondern an ihrer I n f e k t i o n (Peritonitis, Sepsis) zugrunde gehen.

Die Zeichen der e i n g e t r e t e n e n Uterusruptur 1. Schlagartiges Aufhören der Wehen = sicherstes Zeichen und deswegen besonders charakteristisch, weil die Wehen vorher auffallend häufig und ungewöhnlich kräftig waren. 2. Rupturschmerz: Die Frau gibt an, das Gefühl gehabt zu haben, daß „etwas in ihrem Bauch gerissen" sei. 3. Kollaps und Anämie als Folge einer schweren inneren Blutung: kleiner frequenter Puls, blasses, ausgesprochen verfallenes Aussehen, große Unruhe, zunehmende Atemnot, Lufthunger. 4. Bei der kompletten Ruptur kann das Kind in die freie Bauchhöhle eintreten, so daß man dicht unter den Bauchdecken Kindsteile durchtasten kann. („Man kann dem Kind beinahe durch die Bauchdecken die Hand geben!"). 5. Vaginal: Der vorangehende Teil (Kopf, Schulter), der vorher dem BE fest aufgepreßt oder in den BE eingekeilt war, ist jetzt beweglich und fast frei verschieblich geworden. Das sind die klassischen Zeichen der eingetretenen Ruptur. Für den weniger Erfahrenen ist es nun sehr wichtig zu wissen, daß eine große Anzahl von Rupturen mit weitaus geringeren, gelegentlich fast gar keinen, jedenfalls besonders dem Unerfahrenen kaum auffallenden Zeichen verlaufen. Die Erkennung einer Ruptur kann so leicht sein, daß ein gut informierter Student sie unschwer erkennt; sie kann aber auch so schwierig sein, daß ihr Beginn selbst von einem sehr Erfahrenen trotz aller Aufmerksamkeit gelegentlich übersehen wird. Gewiß, 605

eine völlig symptomlose Uterusruptur gibt es nicht, und ein Zeichen wird man bei der Ruptur so gut wie niemals vermissen, sofern es sich um einen größeren Riß handelt: Man kann nach Eintritt jeder größeren Gebärmutterzerreißung kindliche Teile dicht unter den Bauchdecken durchtasten. Auch wird das verfallene Aussehen nach eingetretener Ruptur nur selten fehlen. Aber doch muß ich aus eigener Erfahrung nachdrücklichst betonen, daß auch dieses Zeichen, jedenfalls für einige Zeit, fehlen kann, daß vor allen Dingen die Wehen durchaus nicht immer s c h l a g a r t i g a u f h ö r e n und auch der R u p t u r schmerz gar nicht so selten n i c h t verspürt wird. Und doch ist der Uterus gerissen. Zehn und fünfzehn Zentimeter lange Risse habe ich gesehen, ohne jeden Rupturschmerz und ohne deutliches Aufhören der Wehen. Eines steht fest: Der Akt der Ruptur kann sich zu B e g i n n auch der sorgfältigsten Beachtung entziehen. Die klassischen Beispiele hierfür sind die Ruptur bei vorangehendem H y d r o z e p h a l u s größeren Umfanges und die Ruptur in der K a i s e r s c h n i t t n a r b e . Die Ruptur kann in diesen Fällen nicht nur sehr plötzlich und ohne die Warnzeichen der d r o h e n d e n Ruptur auftreten, sondern es kann auch die eingetretene Ruptur eine ganze Zeitlang ohne Symptome bleiben. Für jeden gewissenhaften Arzt, der eine Ruptur nicht übersehen will, gilt daher: Grundsätzlich immer nachtasten nach jedem Eingriff, bei dem mit Instrumenten oder Händen oberhalb des inneren Muttermundes gearbeitet wurde.

Es wird also immer nachgetastet nach jedem größeren geburtshilflichen Eingriff, insbesondere nach folgenden Operationen: nach jeder (kombinerten = inneren) Wendung. (Die Rupturgefahr ist bei der Wendung am allergrößten. Die Wendung wird dadurch zur gefährlichsten Operation für die Mutter!), nach jeder ganzen Extraktion, nach jeder schweren Zange (insbesondere der hohen Zange), nach jeder Dekapitation, nach jeder Embryotomie, nach jeder Perforation, wenn der Kopf noch nicht tief im Becken stand, besonders wichtig bei Hydrozephalus! nach jeder Metreuryse (ganz besonders wichtig bei Placenta praevia!), nach jeder Art der halben Extraktion, die Schwierigkeiten machte, besonders wenn der Kopf noch oberhalb des kleinen Beckens stand. 606

Die U n t e r l a s s u n g der N a c l i t a s t u n g u n t e r den g e n a n n t e n Ums t ä n d e n i s t ein t y p i s c h e r K u n s t f e h l e r g e b u r t s h i l f l i c h e r A n f ä n g e r . Nach jeder dieser Operationen ist auch die Zervix mit großen Spiegeln einzustellen und zu kontrollieren. Und darüber hinaus: Grundsätzlich immer nachtasten, wenn nur der geringste Y e r d a c h t auf die Möglichkeit einer Ruptur besteht.

Vorgehen bei eingetretener Ruptur J e d e e i n g e t r e t e n e R u p t u r des U t e r u s b e d e u t e t f ü r die F r a u den Yerblutungstod, w e n n sie n i c h t schleunigst in die Klinik t r a n s p o r t i e r t w i r d , um d o r t abdominal e n t b u n d e n zu werden. Jede Frau mit Uterusruptur ist schnellstens in eine Klinik zu überführen!

Anweisung für den Transport in die Klinik 1. In jedem Falle sofort 0,02 Morphin! 2. Aortendrosselung, am einfachsten mit der Faust gegen die Wirbelsäule. 3. Niemals Herz- oder Kreislaufmittel geben ( = Erhöhung des Blutdrucks -> stärkere Blutung). 4. Von dem Rat, das Kind vor dem Transport durch Dekapitation, Embryotomie oder Extraktion aus dem Uterus zu entfernen, bin ich wieder abgekommen. Ich halte es doch für besser, den Transport mit dem Kind in utero bzw. in der Bauchhöhle vorzunehmen und sich sonst neben der Kompression der Aorta nur darum zu kümmern, daß die Frau so schnell wie möglich in eine Klinik kommt. 5. Wenn die Blutung nur gering ist, n i c h t tamponieren. Der Nachteil (Infektion, Peritonitis, Gefahr der RißVergrößerung, Einreißen des vielleicht noch stehenden Peritoneums) ist viel größer als der mögliche Erfolg. G. Fester Kompressionsverband: (T-Binde oder ähnliches); zusammengerolltes Handtuch als Gegenlager auf die Rißseite. 7. Stets hat der Arzt die Patientin in die Klinik zu begleiten. Die weitaus größere Zahl der Rupturen ereignet sich außerhalb der Klinik im Privathaus.

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Zerstückelnde Operationen (II) Perforation und Kraniotraxie Definitionen: Perforation: Durchbohrung des kindlichen Schädels, damit das Gehirn austreten kann. Zweck: Verkleinerung des kindlichen Schädels, um ihm danach den Durchtritt durch den Geburtskanal zu erleichtern oder überhaupt möglich zu machen. Kraniotraxie: Extraktion des Kindes am perforierten kindlichen Kopf. Die meisten praktischen Ärzte halten die Perforation für eine besonders ßchwierige Operation. Das Gegenteil ist richtig. Wenn man die geburtshilflichen Operationen, die ein praktischer Arzt ausführen kann und soll, in Schwierigkeitsgruppen einteilen will, so gehört die Perforation in die Gruppe der leichten Operationen und man muß sagen, daß sie von den leichten die allerleichteste ist, die es überhaupt gibt. Voraussetzung dabei ist allerdings, daß die Perforation unter allen Umständen stets ganz langsam und mit größter Ruhe ausgeführt wird, und daß der Kopf von außen gut fixiert wird. Indikationen: I. Perforation des t o t e n Kindes 1. bei unüberwindlichem Mißverhältnis zwischen Kopf und Geburtskanal: a) enges Becken, b) abnorme Größe des Kopfes, insbes. bei Hydroalso wegen zephalus, Gefahr der c) ungünstige Kopfeinstellung (HinterscheitelbeinUteruseinstellung, Gesichtslagen mit nach hinten gerichtetem ruptur! Kinn u. ä.), d) wegverlegende Tumoren. 2. zur Weichteilschonung: unnachgiebiger Beckenboden infolge Weichteilwiderstandes, narbige Zervix, narbiger Damm, geringgradiger Hydrozephalus, der den BB ohne besondere Störung erreichte. 3. bei der Notwendigkeit einer schnellen Geburtsbeendigung (ζ. B. eklamptischer Anfall, Fieber über 39°, vorzeitige Lösung u. a.). II. Perforation des l e b e n d e n Kindes kommt viel seltener vor. Es sind dies die F ä l l e , in denen das m ü t t e r liche Leben in Konkurrenz mit dem kindlichen Leben t r i t t , d.h. 608

in denen der einzige Weg zur Erhaltung des Lebens der Matter die Opferung des Kindes ist. Das einfachste Beispiel in der Hanspraxis ist die drohende Uterusruptur. Έβ bleibt dann nichts anderes übrig, als die Perforation und Kraniotraxie auszuführen. Dasselbe gilt für den Fall einer Wendung und Extraktion, bei der der nachfolgende Kopf mit den üblichen Verfahren nicht entwickelt werden kann. Auch in der Klinik wird in sehr seltenen Fällen die Perforation am lebenden Kind ausgeführt. Die häufigste Indikation ist der sicher festgestellte Hydrozephalus, sodann schwere Infektion der Mutter (Tympania uteri) bei engem Becken nach längerem Geburtsverlauf außerhalb der Klinik. Solange es immer noch praktische Ärzte (ja gar nicht selten sogar Hebammen) g i b t , die enge Becken zu Hause behandeln, a n s t a t t sie am Ende der Zeit in die Klinik zu schicken, so lange wird auch in der Klinik die P e r f o r a t i o n eines lebenden Kindes (wenn auch sehr selten) bedauerlicherweise noch vorkommen müssen. Der erfahrene Geburtshelfer, der sich nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände zur Perforation eines lebenden Kindes entschließen muß, hat juristisch nichts zu befürchten, „wenn es sich um eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für die Schwangere handelt und der Wille der Schwangeren der Perforation nicht entgegensteht" (Ebermayer). Vorbedingungen für die Perforation 1. Der Muttermund muß genügend weit sein. Das ist die allerwichtigste und eigentlich die einzige Vorbedingung. (Denn die hier unter 2. genannte Vorbedingung spielt praktisch kaum eine Rolle.) Für den Praktiker ist dabei wichtig zu wissen, daß „genügend weit" hier nicht etwa „vollständig" bedeutet, sondern für die Perforation ist der Mm genügend weit geöffnet, wenn er gut für zwei Finger durchgängig ist. Ich betone das besonders, weil ich von praktischen Ärzten vielfach die Meinung vertreten hörte, eine Perforation verlange einen vollständig eröffneten Muttermund. Nicht die Ausführung der Perforation, wohl aber die der Kraniotraxie verlangt einen weiter geöffneten Muttermund. Daß der Mm ηi eh t vollständig eröffnet ist, kann also niemals eine Gegenindikation der Perforation sein. Zwar kann man bei geringer Mm-Weite den Kranioklasten gut anlegen, man kann aber den verkleinerten Kopf und damit das Kind nur dann extrahieren, wenn der Mm mindestens kleinhandtellergroß ist. 2. Das Becken darf nicht absolut verengt sein, d. h. die Conjugata vera darf nicht unter 6 cm sein, da sonst die Entwicklung auch eines zerstückelten Kindes nicht möglich ist (S. 574). Derartige Becken sind aber sehr selten. Daß das Kind tot ist, ist keine Vorbedingung (s. o.). 3» P e c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

609

Ausführung d e r Perforation in 4 T e m p i Tempo 1: Kopf von außen gut fixieren lassen Das Allerwichtigste bei der Perforation ist, daß der Kopf von außen gut fixiert wird. Den Kopf von außen nicht kräftig in das Becken hineindrücken zu lassen, ist ein ausgesprochener Kunstfehler. Durch die Fixation wird verhindert, daß der Kopf beim Eindrücken des Perforatoriums zurückweicht, besonders aber, daß das Perforatorium beim Anstechen des Kopfes ausrutscht und ζ. B. in die Blase fährt. Die Fixation des Kopfes ist so wichtig, daß man mit einiger Übertreibung sagen kann: nicht derjenige, der von u n t e n ein spitzes Ins t r u m e n t in den Schädel h i n e i n s t ö ß t , macht die P e r f o r a t i o n , sondern d e r j e n i g e , der den Schädel von oben k r ä f t i g in das Becken hineindrückt, bis die ganze P e r f o r a t i o n beendet ist. Nach richtiger Anleitung ist jede Hebamme imstande, den Kopf von oben so zu fixieren, daß er von unten gefahrlos angebohrt werden kann. Den Kopf von außen nicht gut fixieren zu lassen, ist bei der Perforation ein ausgesprochener Kunstfehler. Tempo 2: Einführen der linken Hand zum Aufsuchen der zu perforierenden Stelle Bei hochstehendem Kopf ist dieser schwer zu erreichen. Die linke Hand muß dann ziemlich tief in die Scheide eindringen, um an den Kopf heranzukommen. Abtasten von Pfeilnaht und Fontanellen. Die meisten Autoren empfehlen, die Perforation an einer Stelle der Pfeilnaht oder in einer Fontanelle vorzunehmen. Ich bevorzuge im Gegenteil die Knochenplatte eines der Scheitelbeine oder der Hinterhauptschuppe außerhalb von Naht oder Fontanelle. Das Perforatorium stößt sich zwar ein wenig schwerer in den Schädel hinein, das gesetzte Loch behält aber seine Größe während der Extraktion, so daß die Gehirnmasse besser abfließen kann. Wenn irgend möglich, führe man die ganze Operation unter Leitung des Auges aus (Einstellung mit großen Β ummsehen Spiegeln). Dem Anfänger sei aber zunächst empfohlen, die Perforation in einer Fontanelle oder in der Pfeilnaht zu Versuchen.

Tempo 3: Perforation des Kopfes Am besten benutzt man dazu das scherenförmige Perforatorium von Smellie (Abb. 446). Es wird fest in die rechte Hand genommen, während die linke Hand sich zum Schutz des Gewebes rinnenförmig um das Instrument legt. Sehr vorsichtiges und ganz langsames Einführen des Perforatoriums mit stark gesenktem Griff unter dem Schutze der linken Hand in die Scheide, Ansetzen der Spitze des Instrumentes auf die Kopfhaut über der Stelle, die man perforieren will. Die Achse des Perforatoriums muß senkrecht zum Kopf stehe» 610

(Abb. 447). Yon diesem Augenblick an ist die energische Fixation des Schädels von außen oben von größter Wichtigkeit. Jetzt wird die Spitze des Perforatoriums vorsichtig und mit betonter Langsamkeit in die Kopischwarte hineingesenkt. Dazu ist ein gewisser Druck mit gehemmter Kraft notwendig. Ist das geschehen, so hat man deutlich das Gefühl, daß die Spitze des Instruments sich in der Galea gefangen hat. Sie kann jetzt nicht mehr zur Blase oder zum Mastdarm ausweichen. Und erst jetzt, wenn dieses Gefühl einwandfrei vor-

Abb. 446. Perforatorium nach S m e l l i e

Abb. 447. Perforation des Kopfes (1) (nach S t o e ekel)

handen ist, darf man mit einem kräftigen, anschwellenden Druck bei gleichzeitiger kurzer Drehung des Instruments den dünnen Knochen des kindlichen Schädels durchbohren. Dabei ist immer darauf zu achten, daß das Perforatorium senkrecht zum Kopf gehalten wird, so lange, bis das Instrument tief im Schädel sitzt und nicht mehr abrutschen kann. Jetzt die linke Hand aus der Scheide herausnehmen, mit beiden Händen die Griffe fassen, spreizen und wieder schließen (Abb. 448). Drehen des Instrumentes um 90°, nochmaliges Spreizen und Schließen des Perforatoriums. Damit ist die Perforation beendet. Das Instrument wird geschlossen und herausgezogen. Tempo 4: Loslösen und Zerwühlen der Gehirnmasse mit einer Kornzange Wer im Besitz eines Rücklaufkatheters nach Bozeman-Fritsch (Abb. 449) ist, kann das Abfließen des Gehirns durch Ausspülen mit abgekochtem Wasser beschleunigen. 39·

61 ]

Ist der Schädel richtig perforiert, und ist das Gehirn abgeflossen, so ist die Operation beendet und ihr Ziel erreicht, nämlich die Abwendung einer akuten Gefahr für die Mutter. Das sei weniger erfahrenen Ärzten noch einmal eindringlich gesagt: Die Perforation ist es, die die Mutter aus der Gefahr befreit, nieht die Kraniotraxie. Zwar schließt man gewöhnlich die Kraniotraxie an die Perforation an, aber das E n t s c h e i d e n d e , was allein die K e t t u n g des m ü t t e r l i c h e n Lebens b e d e u t e t , ist die Perforation.

Abb. 449. Rücklaufkatheter nach Bozeman-Fritsch

Abb. 449

Es muß zugegeben werden, daß die Kraniotraxie ein wesentlich schwierigerer Eingriff ist, und daß das Anlegen des Kranioklasten unter Umständen sogar sehr schwierig sein kann. Deswegen empfehle ich dem Ungeübten, allerdings nur diesem, an die Perforation, die er unter allen Umständen ausführen können muß, die Kraniotraxie nicht anzuschließen, sondern die S p o n t a n g e b u r t abzuwarten. Bei einigermaßen guten Wehen wird der enthirnte Kopf im allgemeinen schnell geboren. Die

Kraniotraxie — Extraktion des perforierten Schädels mit dem Kranioklasten = Kranioklasie wird am einfachsten mit dem Kranioklasten von Braun ausgeführt, der aus zwei Teilen besteht (Abb. 450): einem massiven Teil mit rauh geriffelter Oberfläche = inneres Blatt und einem gefensterten, glatten Teil = äußeres Blatt. 612

Entscheidend wichtig sind die Worte, die Stoeckel an den Anfang dieses Kapitels stellt: Bei der Kraniotraxie ist die Hauptregel, daß sie sehr l a n g s a m , ohne alle Hast lind mit großer Buhe durchgeführt wird.

Vor dem Einführen des Instrumentes mache man sich noch einmal klar, wie die beiden Enden der Blätter ineinandergreifen (Abb. 450). Sodann orientiere man sich noch einmal zur Sicherheit, auf welcher Seite das Gesicht bzw. das Hinterhaupt liegt, denn: wer das Abgleiten oder Abreißen des Kranioklasten vermeiden will, merke sich die alte Regel: Am sichersten liegt der Kranioklast dann, wenn die Blätter das Gesicht oder die H i n t e r h a u p t s c h u p p e zwischen sich fassen. Zu vermeiden sind besonders die Scheitelbeine, die leicht ausreißen. Am günstigsten ist es, die B l ä t t e r über das Gesicht fassen zu lassen. Die einzelnen Gesichtsknochen setzen dem Ausreißen den größten Widerstand entgegen; sie lockern sich zwar alle ein wenig, reißen aber nicht so leicht aus. Jedenfalls ist die Festigkeit der Hinterhauptschuppe geringer.

Ausführung der Kraniotraxie in 6 Tempi Tempo 1: Einführen des inneren Blattes. Zuerst wird stets das innere, massive Blatt eingeführt (Abb. 451). Das Blatt wird durch die Perforationsöffnung so tief wie möglich in den Kopf hineingeschoben. Hierbei ist, genau wie bei der Perforation, das Fixieren des Kopfes von oben mit beiden Händen die Hauptsache. Tempo 2: Einführen des äußeren, gefensterten Blattes (Abb. 452). Dazu müssen die Hände, die den Kopf von oben fixieren, den Kopf loslassen, sonst kann man das zweite Blatt nicht richtig einführen. Das Blatt muß so weit wie nur möglich über das Gesicht herübergeschoben werden. 61.ί

Tempo 3: Zusammenlegen der Blätter im Schloß. Jetzt werden die Blätter zunächst lose im Schloß zusammengelegt. J e weiter danach die beiden H a n d g r i f f e a u s e i n a n d e r s t e h e n , um so mehr ist g e f a ß t , umso besser liegt also der K r a n i o t r a k t o r . Das „Zusammenlegen im Schloß" ist nicht wie bei der Zange gleichbedeutend mit dem Schließen des Instruments. Das eigentliche Schließen erfolgt beim Kranioklasten erst durch das Zusammenschrauben (Tempo 5). Tempo 4: Nach tasten. Diesen wichtigen Akt darf man niemals vergessen. Man muß sich sorgfältig davon überzeugen, daß das innere Blatt so tief wie möglich im Schädel liegt und das äußere Blatt nicht etwa einen Teil der Zervix oder der Scheide mitgefaßt hat. Merke also: das Nachtasten erfolgt bei der Zange nach dem Schließen, beim K r a n i o k l a s t e n vor dem Schließen. Tempo 5: Schließen = Zusammenschrauben. Mit Hilfe der Schraube und Flügelmutter wird der Kranioklast mit größter, äußerster Kraft so fest wie möglich zusammengeschraubt (Abb. 453). Nach dem Zusammenschrauben taste ich der Sicherheit halber noch einmal nach.

Abb. 451

Abb. 452

Abb. 451. Kraniotraxie (Tempo 1): Einführen des inneren, massiven Blattes, so tief wie möglich, Kopf von oben gut fixieren lassen! Abb. 452. Kraniotraxie (Tempo 2): Einführen des äußeren Blattes. Möglichst weit über das Gesicht herüberschieben! Bei diesem Akt den Kopf nicht fixieren, sondern loslassen!

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Tempo 6: Ziehen (Abb. 454): Jetzt langsam, ganz langsam ziehen! Z u richtung entsprechend der Beckenachse: erst steil nach abwärts, danach mehr zur Horizontalen hin, dann mehr und mehr nach aufwärts, schließlich steil s e n k r e c h t n a c h o b e n ziehen. Einfacher: Immer in die Richtung ziehen, in die die Griffe des Kranioklasten zeigen! Nochmals: Sehr langsam und vorsichtig ziehen! Keinerlei Verletzungen setzen! Au! keinen Fall den Damm einreißen lassen! Dammschutz! N i e m a l s eine E p i s i o t o m i e m a c h e n ! Das ist ja gerade der Sinn dieser Operation: das t o t e Kind zu e n t w i c k e l n , o h n e der Mutter auch nur im g e r i n g s t e n zu s c h a d e n ! Der Mm muß für die Ausfülrrung der Kraniotraxie mindestens kleinhandtellergroß sein. Das Einreißen der Zervix muß unter allen Umständen vermieden werden, also:

Abb. 453

A b b . 454

Abb. 453. Kraniotraxie (Tempo 6): Verschrauben der beiden Blätter so fest wie nur eben möglich Abb. 454. Kraniotraxie (Tempo 6); Nach nochmaligem Nachtasten langsam ziehen, und zwar in der Richtung, in die die Griffe des Kranioklasten zeigen 615

Je kleiner der Mm, um so langsamer matt gezogen werden. Nach jedem Zug geht eine Hand zur Kontrolle in die Scheide. Fühlt man, daß die Muttermundsränder zu stark angespannt sind, so darf man auf keinen Fall einfach weiterziehen! A b w a r t e n , Kopf eine Zeitlang in derselben Stellung stehenlassen, elite man weiter extrahiert. Auf scharfe Knochenkanten und -splitter achten! Mit den Fingern decken oder m i t der Boerschen Knochenzange (Abb. 455) abtragen. Ist der Mm gerade eben kleinhandtellergroß

and besteht keine dringende Indikation zur Geburtsbeendigung, dann nur Belastung des Kranioklasten.

Abb. 465. Boersche Knochenzange Bei mazerierten Kindern gelingt es oft nicht, den Kranioklasten anzulegen, bzw. der Knochen reißt aus. In diesem Falle legt man 2—3 kräftige Faßzangen (am besten Collinsche Klemmen) an den Schädel und extrahiert damit. Auch die Β oer sehe Knochenzange eignet sich gut zum Fassen und Extrahieren. Zum Untertauchen des perforierten Kindes ist ein E i m e r mit Wasser bereitzuhalten (Sicherung des Kindstodes). Nach der Extraktion genaue Austastung der Uterushöhle und Besichtigung (große Spiegel, gute Beleuchtung) von Damm, Scheide und Muttermundrand. Kathetern!

Entwicklung der Schultern großer Kinder bei der Kraniotraxie 1. Handtuch-Handgriff nach A . D ö d e r l e i n : Bei großen Kindern macht die Extraktion des Rumpfes oft Schwierigkeiten. Auch bei sehr starkem Zug des Kopfes senkrecht nach unten gelingt es manchmal nicht, die Schultern zu entwickeln. In solchen Fällen empfiehlt es sich, ein zusammengefaltetes Handtuch fest um den Hals des Kindes zu knoten und daran einen Assistenten kräftig nach abwärts ziehen zu lassen (Abb. 456). Gelingt die Entwicklung der vorderen Schulter auch damit nicht, so muß die 2. Kleidotomie = Durchschneidung des (vorderen) Schlüsselbeines, ausgeführt werden. Der Kopf wird dazu kräftig nach abwärts gezogen und mit der Sieboldschen Schere (Abb. 457) ein Loch von etwa 1—2 cm Länge in die Haut des Halses (in der Nähe des Schlüsselbeines) eingeschnitten. Die Schere wird geschlossen eingeführt und subkutan (P. F. C. Wille) vorgeschoben, bis an die 616

Klavikula heran. Durchschneiden des Schlüsselbeins mit der Schere. Die linke Hand liegt dabei dauernd zwischen Scheidenwand und Schlüsselbein zum Schutz der mütterlichen Weichteile.

Abb. 466. Handtuch-Handgriff nach A. Döderlein 3. Abschneiden des Kopfes: Macht die Kleidotomie Schwierigkeiten, oder kommt man mit ihr nicht zum Ziel, so schneidet man kurzentschlossen den Kopf ab (A. Döderlein, Hammerschlag u. a.) and holt den hinteren Arm herunter. Nach Abschneiden des Kopfes kommt man auch bei sehr großem Kind erstaunlich leicht an den hinteren Arm heran. Es folgt die Extraktion am hinteren Arm. Dieser Weg gelingt ausnahmslos.

Abb. 457. Sieboldsche Schere Zusammenfassende Übersicht über die Entwicklung der Schultern großer, toter Kinder bei der Kraniotraxie: 1. Handtuch-Handgriff, 2. Kleidotomie, oder einfacher 8. Abschneiden des Kopfes, Herunterholen des hinteren Armes und Extraktion an diesem. 617

Merke nochmals: Nach jeder Kraniotraxie sind Uterus und Scheide auszutasten! K a t h e t e r n ! Bei blutigem Harn: Dauerkatheter, s. S. 572.

Perforation des nachfolgenden Kopfes (Abb. 458) Bleibt bei Beckenendlage der nachfolgende Kopf aus irgendeinem Grund (enges Becken, Hydrozephalus u. a.) über dem BE hängen, so geht das Kind zugrunde, wenn der Wiegand-Martin-v. Winckelsche Handgriff nicht bald zum Ziel führt. Bei einem Kopf, der nicht ins Becken eintreten kann, ist die P e r f o r a t i o n am nachfolgenden Kopf vorzunehmen, ein wegen der dicken Weichteile des Halses technisch manchmal gar nicht so einfacher Eingriff. Zwei Wege, je nachdem das Hinterhaupt oder das Kinn hinter der Symphyse steht.

Abb. 458. Perforation des nachfolgenden Kopfes

1. Hinterhaupt hinter der Symphyse: In diesem Falle führt man am besten die Perforation nach Michaelis aus. Ein Assistent muß das Kind an den Füßen energisch nach abwärts ziehen. Dann sucht man sich den hinteren Band des M. sternocleidomastoideus auf. Von diesem hinteren Rand aus stößt man das Perforatorium in schräger Richtung durch die Weichteile gegen die Schädelbasis vor. Dann zieht man das Perforatorium zunächst zurück und geht mit dem Finger in den so geschaffenen Weichteilkanal ein. Der Finger wird gegen die Stelle vorgeschoben, an der die Wirbelsäule gegen die Schädelbasis stößt. Es kommt darauf an, genau den Spalt zwischen Atlas und Schädelbasis herauszutasten. In diesen Spalt muß das Perforatorium mit gehemmter Kraft 618

eingestoßen werden. Dabei wird eine membranöse Bandverbindung (Membranae atlanto-occipitales posteriores) durchstoßen. Nach einigen hebelnden Bewegungen mit dem Perforatorium liegt das Foramen occipitale frei. Das Gehirn kann frei austreten. Durch Kührbewegungen mit einer eingeführten Kornzange kann man das Abfließen des Gehirns beschleunigen. Dann folgt die Extraktion des zusammengefallenen Kopfes am Rumpf. 2. Das Kinn steht hinter der Symphyse: In diesem Falle durchstößt man die Schädelbasis vom Mundboden aus. Zum Mundboden gelangt man, indem man das Perforatorium vorn am Hals ansetzt und in die Weichteile zwischen den Unterkieferästen in Richtung auf den Mundboden, und damit die Schädelbasis, durchstößt.

Eklampsismus und Eklampsie Unter Eklampsismus und Eklampsie versteht man ein großes, lebensbedrohendes Krankheitsbild, das als die schwerste Form einer Schwangerschaftstoxikose aufzufassen ist, und das meist erst gegen Ende der Schwangerschaft (in den letzten 2—3 Monaten), besonders aber unter der Geburt, weniger häufig im Wochenbett und selten in der ersten Schwangerschaftshälfte auftritt. Man spricht daher auch von S p ä t t o x i k o s e . Die Grundkrankheit ist der Eklampsismus. Aus ihm entwickelt sich nicht selten als e i n d r u c k s v o l l s t e s S y m p t o m dieser Krankheit die Eklampsie. Unter Eklampsie verstehen wir meist blitzartig (έκλάμπω, leuchte auf) auftretende Krämpfe der Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen. Die drohende Eklampsie, der Zustand also kurz vor einem A n f a l l , wird als Präeklampsie bezeichnet. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines jeden Arztes, den Eklampsismus und seine Stadien so früh wie möglich zu erkennen. Die Diagnose E k l a m p s i s m u s ist auszusprechen, wenn die drei folgenden objektiven H a u p t s y m p t o m e oder eines von ihnen vorhanden sind: 1. E r h ö h t e r B l u t d r u c k (über 135—140 mm Hg), 2. A l b u m i n u r i e (über 3%o nach Brandberg), 3. Ödeme (Schwellung des Gesichts, der Finger, der Füße, Unter- und Oberschenkel, Schamlippen, des Unterbauchs). Also: 1. Hochdruck 2. Albuminurie 3. Ödeme

Symptomentrias des Eklampsismus.

V e r s t ä r k e n sich diese Zeichen (meist steigt zuerst der B l u t d r u c k ) und treten noch einige andere, sehr charakteristische hinzu, so s t e h t ein eklampt i s c h e r A n f a l l k u r z bevor und man spricht jetzt von drohender Eklampsie 619

oder Präeklampsie. Diese alarmierenden Zeichen sind: Starke Kopfschmerzen besonders in der Stirngegend, im Hinterkopf oder an den Schläfen. Manchmal klagen die Kranken auch nur über Kopfdruck in diesen Gegenden. Ferner: Ü b e l k e i t , B r e c h r e i z , E r b r e c h e n , Magenschmerzen, H a u t j u c k e n , Unruhe, Benommensein. Sodann Augensymptome, die ganz b e s o n d e r s b e d r o h l i c h sind (hypertonische Gefäß Veränderungen): F l i m m e r n vor den Augen, u n d e u t l i c h e s S e h e n , N e b l i g s e h e n , D o p p e l t s e h e n . DieAugensymptome gehen dem Anfall meist unmittelbar voraus. Sie sind oft verbunden mit Schwindelgefühl und Schwarzwerden vor den Augen. Also

Eklampsismus + (verstärkt)

Kopfschmerzen Übelkeit Augensymptome

=

Drohender eklamptischer Anfall

^ Präeklampsie

Der zeitliche Abstand zwischen dem Auftreten dieser präeklamptischen Zeichen und dem Ausbruch des eklamptischen Anfalls ist sehr verschieden. Manchmal tritt der Anfall unmittelbar nach den ersten alarmierenden Kopfschmerzen oder Augensymptomen auf, manchmal vergehen auch Stunden oder sogar 1—2 Tage, bis die tonisch-klonischen Krämpfe, das Kennzeichen des eklamptischen Anfalls (S. 624) auftreten.

Präeklampsie +

tonisehklonische Krämpfe

eklamptischer Anfall

Eklampsie

Torkommen: Erstgebärende: etwa 85% (Seitz), also bei weitem überwiegend. Rezidive: etwa 2—3% (Seitz), etwa 10% (Bumm). Meist handelt es sich um kräftige, vollblütige Frauen, besonders bevorzugt sind Zwiliingsmütter. Häufigkeit: auf etwa 500 Geburten kommt 1 Eklampsie. Eklampsie in der Schwangerschaft = 22% Eklampsie unter der Geburt = 60% Eklampsie im Wochenbett = 18%.

Über die Entstehung der Eklampsie Das Wesen der Eklampsie, der „Krankheit der Theorien", ist noch nielit völlig geklärt. Sicher ist, daß sie ihre letzte Ursache in der Schwangerschaft hat und der Ausdruck einer „Insuffizienz der Stoffwechselleistung" (R. Schröder) des mütterlichen Organismus ist. Früher dachte man an ein besonderes Ek620

lampsiegift, heute herrscht mehr die Vorstellung vor, daß sich die betreffende Frau nicht genügend an die verlangte S c h w a n g e r s c h a f t s l e i s t u n g anpassen kann. Die Schwangerschaft erweist sich als eine zu große Belastung, die Umstellung und Einstellung auf die veränderten, gewaltig gesteigerten Bedürfnisse der Schwangerschaft gelingt nur unvollständig oder gar nicht. Der Eklampsismus stellt sich so als eine E n t g l e i s u n g von physiologischen, s c h w a n g e r s c h a f t s b e d i n g t e n Z u s t ä n d e n dar, die sich zum Zusammenbruch des ganzen Stoffwechsels steigern kann. Wir wissen heute, daß die Betriebsstörung eines Organes allein überhaupt nicht für den eklamptischen Zustand verantwortlich gemacht werden kann, wohl aber, daß in vielen Fällen die Funktionsstörung eines Organs klinisch im Vordergrund stehen kann. So läßt sich die schädigende Wirkung klinisch vor allem an drei Organen erkennen: 1. an der Niere (hochdifferenziertee Ausscheidungsorgan), 2. am Gehirn (besonders empfindliches Nervengewebe), 3. an der Leber (wichtigstes Stoffwechselorgan). Man unterscheidet daher in der Praxis:

Nephrogener Typ = „Niereneklampsie"

am häufigsten; Störungen von seiten der Niere im Vordergrund: sehr hohe Eiweißausscheidung, Bluthochdruck.

Zerebraler Typ = „Gehirneklampsie''

keine oder nur geringe Blutdruckerhöhung, Nierenerscheinungen geringfügig; lediglich Auftreten eklamptischer Anfälle, die sehr schwer sein können. Leichte Formen werden nach Seitz als Labilitätseklampsie bezeichnet (1—2 kurze Anfälle kurz vor oder unter der Geburt).

Hepatogener Typ = „Lebereklampsie"

in der Hauptsache Erscheinungen eines Leberkomas, d. h. eines durch Leberinsuffizienz bedingten, außerordentlich tiefen und lang andauernden Komas (Ikterus, Bilirubinämie). Krampfanfälle sind gering, oft nur angedeutet (Zittern), manchmal fehlen sie ganz: „Eclampsia sine Eclampsia". Prognose sehr ungünstig.

621

Über die

Möglichkeiten der Entstehung der Eklampsie ist heute folgendes zu sagen. 1. Vasomotorische Störungen (GefäBspasmen und Stase) als Ursache der eklamptischen Erscheinungen. Eine Reihe von Autoren (C.Schröder, DeSnoo, H i n s e l m a n n u.a.) bringen alle die verschiedenartigen und vielgestaltigen Organschäden au! einen Nenner: die funktionelle Kreislaufstörung in Form von Angiospasmen und Stasen in den Kapillaren und kleineren Gefäßen. — Es ist seit langem bekannt und durch das Kapillarmikroskop einwandfrei bewiesen, daß es in der Schwangerschaft zu universellen Störungen im Kapillarkreislauf kommt. Infolge eines Spasmus des zuführenden arteriellen Schenkels der Kapillare kommt es zur Stase im weiteren venösen Schenkel. Jede Stase, die längere Zeit anhält,, muß zu funktionellen und morphologischen Veränderungen führen. Die wichtigste funktionelle Änderung ist die Verminderung der Sauerstoffzufuhr und die wichtigste morphologische die sich daraus ergebende Gewebs Schädigung (degenerative Prozesse an den Endothelzellen der Kapillaren u. a.). Insbesondere finden sich histologische Veränderungen im Bereich der Kapillaren und der kleineren Gefäße der Leber, der Nieren und des Gehirns. F a s t alle typischen V e r ä n d e r u n g e n des eklamptischen Krankheitsbildes lassen sich d u r c h diese G e f ä ß k r ä m p f e und deren Folgen gut erklären. Der Hypertonus ist die Folge des Spasmus der Glomeruli (andererseits aber auch der krankhaft vermehrten Ausschüttung von Hypophysenhinterlappenstoffen ins Blut, siehe unten). Die tonisch-klonischen Krämpfe erklären sich aus dem Spasmus der Hirngefäße. Das Gehirn ist gegenüber vasomotorischen Störungen besonders empfindlich. — H e u t e sind die Angiospasmen als die p a t h o genetisch wirksamsten F a k t o r e n des eklamptischen K r a n k h e i t s geschehens allgemein a n e r k a n n t . Nach heutiger Auffassung sind die vasomotorischen Störungen zentral bedingt. Sie werden allem Anschein nach auf dem Blutwege über das vegetative Nervensystem ausgelöst. Ein unmittelbar nervöser Weg vom Ei aus kann nicht in Frage kommen, da es zwischen dem Ei und dem mütterlichen Organismus nervöse Verbindungen nicht gibt. Damit kommen wir zu

2. Hormone als Ursache der eklamptischen Erscheinungen Eine Reihe von Autoren nimmt an, daß die beschriebenen Kapillarspasmen die Folge von endokrinen Wirkungen, insbesondere der Plazenta sind, dem Organ also, von dem fast alle Schwangerschaftsveränderungen im Körper der Frau ausgehen. Von den drei wichtigsten Hormonen der Plazenta ist das Gonadotropin oft (nicht immer) vermehrt (Smith und Smith, Bickenbach), das Östrogene Hormon und das Progesteron sind vermindert. 622

Nach J. C. E d w a r d s soll das von der Plazenta vermehrt gebildete Gonadotropin zu einer Aktivierung der den Mineralstoffwechsel regulierenden Steroidhormone (Desoxykortikosteron und Progesteron [ ?]) führen, wodurch eine intrazelluläre Elektrolytanreicherung durch Einwanderung von Na-Ionen in die Zelle und damit eine Erhöhung des osmotischen Druckes an der Zellmembran bewirkt wird. Die Steigerung des osmotischen Druckes regt den Η HL zur vermehrten Sekretion des antidiuretischen Hormons an, wodurch die Tubuluszellen des zweiten Abschnitts der Henleschen Schleife zu stärkerer Wasserrückresorption aktiviert werden. Anselmino und Hoff m a n n haben schon vor Jahren im Blut Eklamptischer die Vermehrung vasopressorisch und antidiuretisch wirksamer Stoffe festgestellt, Stoffe also, deren Wirkung mit denen der HHL-Hormone übereinstimmt. 3. Veränderungen an der Blut-Gewebsschranke als Ursache der eklamptischen Erscheinungen R. S c h r ö d e r nimmt an, daß die drei funktionellen Hauptsymptome: Wasserspeicherung, Albuminurie, Blutdruckerhöhung eine unmittelbare Folge von Veränderungen an der „Blut-Gewebsschranke'* sind, daß sich die ,,Toxine" in erster Linie also auf die Blutflüssigkeit, die Gefäßwand und das umgebende Gewebe auswirken. Zur Stützung dieser Annahme werden angeführt: Veränderungen der Blutflüssigkeit: Albuminverarmung, deutliche Herabsetzung der Albuminfraktion der Eiweißkörper des Blutes (Hypalbuminämie) mit der Folge, daß das Wasserbindungs- und Quellungsvermögen des Gewebes zunimmt (Runge, K e ß l e r , S i e d e n t o p f , Albers u.a.); die Abwanderung des Na (Rossenbeck) mit Ersatz durch Κ (Albers). Veränderungen der Gefäßwand: erhöhte Durchlässigkeit der Wand, Endothelveränderungen ( F a h r , H o f b a u e r , Domagk), Erregbarkeitsschwankungen der Gefäße ( H e y n e m a n n , N e v e r m a n n , H i n s e l m a n n , R a i ß u.a.), Venendruckerhöhung (Albers). Veränderungen des Gewebes: Änderungen im Salzgehalt (Na, K), Speicherung von Wasser in den Gewebsspalten. 4. Allergische Reaktionen als Ursache der eklamptischen Erscheinungen Das Epithel der Chorionzotten der Plazenta, des Zentralorgans des fetalen Stoffwechsels, taucht unmittelbar in das mütterliche Blut ein. M a r c h a n d hat gezeigt, daß sich Teile der Zotten losreißen und mit dem Blutstrom in die Lungenkapillaren verschleppt werden können ( Z o t t e n d e p o r t a t i o n ) . Daß derartige von der epithelialen Decke sich abschnürende synzytiale Komplexe Träger hochwertiger Fermente sind, ist nicht zu bezweifeln. Es ist kindliches Eiweiß, das zu einem Teil von v ä t e r l i c h e m Eiweiß herrührt. Für die M u t t e r enthalten also diese freien Chorionepithelien in ihrem Blut körper- und blutlremdes Eiweiß, wodurch in der Schwangerschaft allergische Reaktionen ausgelöst werden können. Die synzytialen Komplexe, die sich langsam auflösen, wirken nach Ansicht eines Teiles der Autoren auf die Hypophyse, die Schilddrüse und die Nebennieren ankurbelnd ein. 5. Der Hirndruck als Ursache der eklamptischen Erscheinungen, eine heute widerlegte Theorie W. Z a n g e m e i s t e r hat in den Jahren 1911—1919 eine Theorie entwickelt, nach der „die Eklampsie nicht nur Hirndruckfolge" ist, sondern wonach alle eklamptischen Krankheitszeichen auf Hirndruck beruhen. Das Wasser bezeicli623

nete Zangemeister als Eklampsiegift. Die Hirnödem-Hirndrucktheorie hat Jahrzehnte hindurch unsere Vorstellungen beherrscht. In neuester Zeit konnte C. Sehr oeder durch Untersuchung Präeklamptischer und Eklamptischer mit Hilfe des Elektroenzephalographen zeigen, daß die eklamptischen Krämpfe nicht die »Folge abnormer Wasseransammlung im Gehirn und des daran» resultierenden Gehirndrucks" (R. Schröder) sein können, sondern sie lassen den unbedingten Schluß zu, daß Hirnödem oder Hirndruek keine maßgebliche Bolle im Pathomechanismus des eklamptischen Anfalls spielen können. Es war in diesem Zusammenhang schon immer aufgefallen, daß die Stauungspapille fast immer vermißt wurde und der Lumbaidruck nur selten erhöht gefunden wurde. Wenn der Pathologe hier und da ein Hirnödem fand, so konnte dieser Befund noch nichts über den Zeitpunkt seiner Entstehung aussagen. Das Elektroenzephalogramm zeigte nun, daß das ö d e m oder die Hirnschwellung nicht Ursache, sondern bisweilen Folge des eklamptischen E r a m p f e s sein muß. Es sagt uns auch, daß der eklamptische Krampf nicht von der H i r n r i n d e ausgeht, sondern möglicherweise von tieferen Schichten des Zerebrums, wahrscheinlich sogar vom Hirnfitamm, dessen geschützte Lage eine Schädigung durch einen vermehrten intrakraniellen Druck von vornherein fragwürdig erscheinen läßt. Ohne die großen Verdienste von Zangemeister und R.Schröder schmälern zu wollen, wird man den neuen Befunden und Überlegungen Rechnung tragen müssen. 6. Klimatische Einflüsse Im Norden Deutschlands (Anginen-Nephritis?) ist die Eklampsie häufiger als im Süden. Gehäuftes Auftreten der Eklampsiefälle besonders bei feuchter "Witterung im Frühjahr und im Herbst, besonders auch bei schwüler Witterung {Gewitter) und Föhnwind (Eufinger, Bach und Schluck u. a.). In neuerer Zeit hat Bickenbach gezeigt, daß es eine ,,ererbte Bereitschaft" für Eklampsie gibt. Pathologische Anatomie: Charakteristische Veränderungen besonders an drei Organen. 1. Leber: bei allen schweren Fällen stets mehr oder weniger stark geschädigt (Seitz); die Veränderungen sind so charakteristisch, daß bei der Sektion die Diagnose ohne Kenntnis klinischer Daten g e s t e l l t werden kann {E. Kaufmann). Fibrinöse und hyaline verstopfende Thromben in den Kapillaren, kleinen Arterien und Pfortaderästen, Verfettung und Nekrose des Kapillarendothele und der Leberzellen; dazu kommen herdweise hämorrhagische und anämische Nekrosen des Parenchyms (Jürgens). 2. Nieren: fettige Entartung und andere degenerative Prozesse des Parenchyms mit Nekrosen, oft unter dem Bflde der großen weißen Niere. Typische Veränderung an den Gefäßendothelien der Glomeruli (Schwellung, Wucherung, Loslösung von Monozyten u. a.). 3. Gehirn: gelegentlich ödem, ferner Degeneration {selten), kleinere und größere Blutaustritte: große Hirnblutungen (mit Lähmungen) sind bei Eklampsie häufig (E. Kaufmann). Vorkommen in etwa 10% der Fälle.

Der eklamptische Anfall Vorboten: allgemeine U n r u h e , B e n o m m e n h e i t , fibrilläreZuckungen der Gesichtsmuskeln, Weitwerden der Pupillen, dann zunächst tonische 624

Krämpfe [(τείνω ich spanne an) Zusammenballen der Finger, Aufeinanderbeißen der Zähne], livide Verfärbung des Gesichtes, dann klonische Zuckungen [(κλονέω ich schüttle) Beine, Arme, Gesicht, besonders Augenund Mundmuslmlatur], tieflivide Verfärbung des Gesichtes, Schaum vor dem Munde, Atemstillstand; nicht selten kommt es zu einem Emporschnellen des ganzen Körpers auf dem Bette; Bewußtlosigkeit; Dauer des Anfalls bis zu 1 Minute und länger, dann Einsetzen der Atmung mit einem tiefen Atemzuge, die infolge der starken Speichelsekretion stridorös ist. Zungenbiß! (Daher stets Gummikeil zwischen die Zähne!) Reflexe sind sämtlich im Anfall erloschen. Puls: hart, gespannt (Drahtpuls), B l u t d r u c k : maximal erhöht. Prognose: Kann nur mit großer Vorsicht gestellt werden, stets ernst. Jeder Eklampsismus kann zum Anfall führen und jeder Anfall kann der letzte sein. Verwandten der P a t i e n t i n gegenüber darf man sich nur in diesem Sinne äußern. Prognose besonders ernst, wenn das Koma sehr tief und lang andauernd ist; bedenklich ist auch das Auftreten zahlreicher, häufiger und schwerer Anfälle. Die schlechteste Prognose hat die Lebereklampsie. Die Prognose bei Wochenbetteklampsie ist noch ernster zu stellen als die in der Schwangerschaft und unter der Geburt. Prognostisch ungünstige Zeichen sind: Steigerung des Blutdrucks trotz intensiver Behandlung, Sinken der Harnmenge, insbesondere Anurie, brauner Harn (Methämoglobin), Hochbleiben des Eiweißgehaltes, starke seröse Exsudation aus Trachea und Bronchien, beginnendes Lungenödem. Mortalität: 1. Mütter: in Europa etwa 8—13% (R. Schröder). 2. Kinder: 20—40% der Eklampsiekinder (Essen-Möller, Seit ζ u. a.). — Besonders hoch ist die kindliche Mortalität bei Eclampsia ante partum, so nach Siedentopf (Leipziger Klinik): 80 Fälle, 46 tote Kinder = 57,5%. Differentialdiagnose: Jeder einigermaßen erfahrene Arzt wird die Diagnose der Eklampsie aus ihren Erscheinungen erkennen. Differentialdiagnostisch kommen in Frage: echte Urämie, Gehirngeschwülste, Epilepsie, Meningitis u. ä.

Therapie der Eklampsie Der Wandel in der Anschauung der Eklampsiegenese zwingt uns, die bisher gültigen therapeutischen Richtlinien einer Ü b e r p r ü f u n g und Revision zu unterziehen. Eine kausale Eklampsietherapie gibt es, abgesehen von der Entfernung des Kindes, nicht. Es gibt auch nicht eine in jedem Fall wirksame symptomatische Therapie der Eklampsie. Daher kommt alles an auf 1. die Prophylaxe der Eklampsie, 2. die frühzeitige Erkennung der eklamptischen Symptome, 3. die richtige Wertung der ersten Vorboten. 40

P s c h j r r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

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Nach H e y n e ma η η ist die Prognose des Eklampsismus siebenmal günstiger als die der bereits ausgebrochenen Eklampsie. Prophylaxe: Überwachung der Schwangeren, richtige Ernährung und Lebensweise (s. S. 633). Es muß unter allen Umständen gefordert werden, daß jede Schwangere regelmäßig die Schwangerenberatung besucht (S. 2), und zwar vom 1.—7. Monat = einmal m o n a t l i c h , vom 8.—10. Monat = einmal w ö c h e n t l i c h , Wegen der Häufigkeit der eklamptischen Störungen in diesen letzten Monaten. Dabei kommt es vor allem an auf Blutdruckmessung (am wichtigsten) Bei den ersten verdächtigen Erscheinungen soHarnuntersuchung fortige Aufnahme in die U n t e r s u c h u n g auf Ödeme Klinik! Erfragen subjektiver Erscheinungen Beratung in bezug auf Ernährung und Lebensweise. Immer wieder kann man feststellen, daß die in die Klinik eingelieferten Eklampsiekranken entweder gar nicht oder nicht genügend untersucht und beraten worden sind. Wir wissen zwar, daß auch trotz bester Prophylaxe immer noch Eklampsien vorkommen werden, und zwar so lange, wie wir die ursächlichen Zusammenhänge dieser Krankheit nicht voll erkannt haben. Aber daß die systematische Schwangerenberatung und vorbeugende Behandlung in sehr vielen Fällen ein entscheidendes Mittel zur Milderung des Krankheitsgeschehens und zur Hintanhaltung des Anfalls sind, davon ist die Mehrzahl der Geburtshelfer ebenso überzeugt. die Höhe des Blutdrucks, Maßgeblich für die Therapie die ausgeschiedene Harnmenge, sind in erster Linie die subjektiven Symptome, und der Grad der Ödeme! Vor allem werden die Behandlungsmaßnahmen von der Höhe des Blutdrucks bestimmt. Die Ödeme sind der Ausdruck der K a p i l l a r p e r m e a b i l i t ä t (des Hochdrucks und der Hypalbuminämie). Sehen wir Ödeme an den Beinen, Händen und im Gesicht, so müssen wir uns darüber klar werden, daß mit g r ö ß t e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t dann auch anderswo (Leber, Niere) i n t e r s t i t i e l l e Ödeme v o r h a n d e n sind. Zwischen zwei Gefahren schwebt die Eklamptische: S t e i g t der Blutdruck, so droht der A n f a l l , f ä l l t der Blutdruck, so droht der K o l l a p s !

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Grundsätzliches zur Therapie Noch einmal: Das Hauptgewicht muß unter allen Umständen auf die Behandlung der Vorstadien in der Schwangerschaft gelegt werden. Vor mehr als 20 Jahren forderte Stoeckel nach dem ersten Anfall die Entbindung und prägte das Wort: Bei Eklampsie wird 1. e n t b u n d e n und 2. b e h a n d e l t . Das Stoeckelsche Wort vom „zuerst entbinden" gilt an den meisten geburtshilflichen Kliniken grundsätzlich heute noch genau so wie vor Jahrzehnten. Die Entleerung des Uterus ist in jedem Fall das, worauf es ankommt, wenn wir kausal behandeln wollen. Was „aktive" und „konservative" Therapie unterscheidet, ist nur der Zeitpunkt des Eingreifens. „Aktive" wie „Konservative" sind sich im folgenden völlig einig: tritt ein Anfall in der Austreibungsperiode oder am Ende der Eröffnungsperiode auf, so wird sofort entbunden. Es wird also auf alle Fälle sofort entbunden, wenn durch eine nicht zu eingreifende Art, ζ. B. mit der Zange, entbunden werden kann. U n t e r der G e b u r t d r e h t sich der S t r e i t der M e i n u n g e n also n i c h t um diese „ S p ä t f ä l l e " , wie ich sie n e n n e n m ö c h t e , s o n d e r n n u r um d i e j e n i g e n F ä l l e , bei d e n e n der M u t t e r m u n d g a r n i c h t oder wenig e r ö f f n e t i s t u n d d e r v o r a n g e h e n d e Teil noch hoch s t e h t , also um die „ F r ü h f ä l l e " . Wenn hier sofort entbunden werden soll, so ist das nur durch Sectio caesarea möglich, die je nach der Lage des Falles vaginal oder abdominal ausgeführt wird. In jedem Falle, besonders bei der abdominalen Sektio, ist also die Schnellentbindung hier ein großer chirurgischer Eingriff. In letzter Zeit haben sich aber die Stimmen angesehener Geburtshelfer gemehrt gegen die „weitverbreitete Ansicht, daß.gerade die s c h w e r s t e n E k l a m p s i e n und P r ä e k l a m p s i e n s t e t s eine S c h n i t t e n t b i n d u n g n a h e l e g e n müßten." „Eine Einschränkung der Schnittentbinduiig wird aller Voraussicht nach keine Vermehrung, sondern eher eine Verminderung der mütterlichen Todesfälle bringen" (Th. H e y n e m a n n , 1946). „Ist der Gewinn durch die Sektio wesentlich oder bemerkenswert größer als die mit ihr verbundene Gefahrenquote?" (R. Schröder, 1941). Diese Ansicht wurde von ausländischen Schulen, insbesondere französischen Schulen (Pinard, Vignes), schon vor 1900, ferner in Rußland ( S t r o g a n o f f , 1909), den USA, Holland (De Snoo) und auch in Deutsehland (schon vor über 30 Jahren) von P. Z w e i f e l ausgesprochen, und zwar insbesondere wegen der den Eklampsiefällen eigenen H e r z - und K r e i s l a u f l a b i l i t ä t , der K o l l a p s g e f a h r sowie der N e i g u n g zu p o s t o p e r a t i v e n I n f e k t i o n e n (Vignes).

Heute stehen sich drei Richtungen in der Eklampsiebehandlung gegenüber: 1. die aktive Richtung = Sofortentbindung: in jedem Falle wird sofort entbunden. 40*

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2. die konservative Riehtung = große geburtshilfliche Eingriffe, insbesondere die Sectio caesarea, wie sie für die Schnellentbindung der Frühfälle unumgänglich wäre, werden grundsätzlich abgelehnt. Die Frühfälle werden konservativ behandelt. Sofort entbunden werden nur solche Fälle, bei denen das Operationsrisiko klein ist, also die Eklampsien in der Austreibungsperiode und am Ende der Eröffnungsperiode, d. h. sofort entbunden wird nur bei vollständig erweitertem Muttermund. 3. die „Therapie der mittleren Linie" (Engelmann, Ε . E . Schulze) stellt eine Kombination von konservativer und operativer Behandlung der Frühfälle (um diese allein handelt es sich) dar: Es wird zunächst konservativ behandelt. Bessert sich der Zustand der Eklampsie nicht oder verschlechtert er sich, oder treten sogar neue Anfälle auf, so wird jetzt sofort durch Sektio entbunden.

Ich gehe folgendermaßen vor: A. Behandlung der Spätfälle Steht beim Ausbruch eines Anfalles der Kopf schon auf Beckenboden oder in Beckenmitte, und ist der Mm vollständig erweitert, so wird sofort durch Zange entbunden. Steht der Kopf im Beckeneingang und ist der Mm vollständig e r w e i t e r t , so wird sofort durch Wendung oder evtl. auch durch hohe Zange entbunden. Ist der Muttermund erst kleinhandteller- bis handtellergroß und steht die Blase noch, so empfehle ich bei Eklampsie, die Blase zu sprengen. Der Mm pflegt dann meist sehr rasch vollständig zu werden. Blasensprengung wirkt bei Eklampsie stets günstig! Gleichzeitig muß man stets bemüht sein, mit der medikamentösen Behandlung (s. unten) so schnell wie möglich zu beginnen. Bei Beckenendlagen wird in entsprechender Weise vorgegangen. Kurz gesagt: Ist der Mm vollständig erweitert, so wird jede Eklampsie sofort auf vaginalem Wege entbunden. Im Anschluß daran erfolgt die medikamentöse Behandlung (s. unten). B. Behandlung der Frühfälle Bei den Frühfällen, d. h. bei geschlossenem oder wenig eröffnetem Mm und hochstehendem vorangehenden Teil gibt es je nach Schwere des Falles zwei Wege: a) Es wird sofort e n t b u n d e n , wenn man den Eindruck eines schweren oder sehr schweren Falles hat. 628

Kennzeichen des schweren Falles: Länger als 1 Minute andauernde Krämpfe, starke Zuckungen, tiefste Zyanose, tiefstes und langandauerndes, d. h. über eine halbe und eine Stunde andauerndes Koma, mehrere Anfälle, besonders solche in kurzen Abständen, geringe Harnausscheidung = Oligurie oder völliges Aufhören der Harnausscheidung = Anurie, Augenstörungen: Das Nachlassen der Sehfähigkeit muß sehr beachtet werden. Es kommt manchmal sehr schnell zur Amaurοse (hier zentral bedingte Blindheit), beginnendes Lungenödem, starke seröse Exsudation aus Trachea und Bronchien, Versagen des Kreislaufes. Eine schwere drohende Eklampsie, also eine P r ä e k l a m p s i e , ist dem Anfall mit Xrämpfen in Bezug auf die Indikation zum sofortigen Eingreifen völlig gleichzusetzen. Unter solchen Umständen hat es gar keinen Zweck, abzuwarten und Zeit mit dem Versuch einer konservativen Therapie zu verlieren. Auch bildet die Wehentätigkeit einen starken Reiz für neue Krampfanfälle. Jeder Anfall verschlechtert aber die Lebensaussichten für Mutter und Kind. Daher ist es in dieser Situation besser, das Risiko neuer Anfälle auszuschalten: Hier gibt es nur einen Weg: Sofortige Entleerung des Uterus durch abdominale oder vaginale Sektio. Wie wird s o f o r t entbunden?

b) Es wird nicht sofort e n t b u n d e n , sondern zunächst abgewartet und medikamentös behandelt (s. unten), wenn es sich um einen weniger schweren Fall handelt. Hier kann der Einwand gemacht werden, daß eine prognostische Unterscheidung von schweren und leichten Frühfällen nicht möglich sei. Es muß zugegeben werden, daß die Prognose bei Eklampsien stets ungewiß ist und nur mit größter Vorsicht gestellt werden kann. Das gilt besonders für Frühfälle, 629

die erfahrungsgemäß prognostisch besonders ungünstig sind. Abgesehen von Überraschungen, auf die man bei Eklampsien stets gefaßt sein muß, glaube ich aber doch, daß bei der Mehrzahl der Fälle der klinische Blick des einigermaßen Erfahrenen imstande ist, Entscheidungen zu treffen, die in einem hohen Hundertsatz das Richtige treffen. Bei diesen leichteren Fällen von Eklampsie vor und in der Eröffnungsperiode wird zunächst k o n s e r v a t i v behandelt (s. unten). Tritt unter dieser Behandlung keine Besserung des Zustandes ein, so wird durch Sektio entbunden. C. Behandlung der Fälle in der Schwangerschaft Schwangerschaften kurz vor dem Termin werden wie die Frühfälle (Gruppe B) behandelt. Abgesehen von diesen Fällen muß es bei Schwangerschaften in früheren Monaten unser Ziel sein, mit allen zur Verfügung stehenden symptomatischen Mitteln den pathologischen Zustand aufzuheben und den physiologischen Zustand, nämlich die Schwangerschaft, zu erhalten. Eine Unterbrechung der Schwangerschaft kommt nur in Frage, wenn die abwartende Behandlung völlig ergebnislos ist oder wenn ganz besonders drohende Erscheinungen, insbesondere Augensymptome (s. oben), auftreten.

Die

konservative bzw. zusätzlich konservative Therapie der Eklampsie hat die folgenden beiden Aufgaben: I. H e r a b s e t z u n g der K a m p f b e r e i t s c h a f t d u r c h h y p n o t i s c h e oder allein b l u t d r u c k s e n k e n d e M e d i k a m e n t e . II. E r z i e l u n g einer B e s s e r u n g des S t o f f w e c h s e l s d u r c h r a s c h e B e s e i t i g u n g der S t o f f w e c h s e l s c h ä d e n .

I. Herabsetzung der Krampfbereitschaft Ziel: Beruhigung der Krampfzentren der Großhirnrinde. Die Dämpfung der zerebralen Übererregbarkeit ist das erste und wichtigste Ziel bei der Behandlung der Spätgestosen. B i s h e r meist g e ü b t e k o n s e r v a t i v e T h e r a p i e : A l l g e m e i n e M a ß n a h m e n : Strengste Bettruhe in der Klinik. Die allererste und wichtigste Maßnahme ist die Verordnung strengster Bettruhe. Sie ist das zuverlässigste Mittel gegen jeden paroxysmalen Hochdruck. Bei mäßigen Graden von Eklampsie genügt oft diese eine Maßnahme — streng durchge630

führt — schon allein, um die Erscheinungen zum Schwinden zu bringen. Bei jedem schweren Fall und bei ausgebrochener Eklampsie sind das Wichtigste: Isolierung, Ruhe, Überwachung. Jede Eklampsie, auch die leichteste Form von Eklampsismus, gehört in die Klinik. Das gilt ohne Ausnahme. Bei Einlieferung eines drohenden eklamptischen Anfalls

drei Sofortmaßnahmen: 1. 0,02 g Morphin subkutan. 2. Leichte Narkose, am besten mit Chloroform, wenn die Patientin unruhig ist und man den Eindruck hat, daß ein Anfall unmittelbar bevorsteht. Die Narkose ist auch ein sicheres Mittel, den bestehenden Anfall zu unterbrechen. Bei Zyanose wird Chloräthyl an Stelle des Chloroforms verwendet. 3. Aderlaß von 350—400 ccm (s. darüber aber weiter unten!). Alle äußeren Reize wegen der Übererregbarkeit der zerebralen und vegetativen Zentren fernhalten. E v t l . B e s u c h s v e r b o t . Eklamptische nur in ruhig gelegene, halb abgedunkelte Zimmer legen. Schwache blaue Beleuchtung. Ständige Kontrolle erforderlich. Bei Gefahr eines Anfalls und längere Zeit nach einem Anfall muß Tag und Nacht eine Sonderschwester anwesend sein. Gute Pflege wichtig. Eklamptische lassen unter sich und liegen sich sehr schnell durch. Hautpflege, Wasserkissen, Fersenring! Gummikeil bereit halten (mit Tuch umwickelter Löffelstiel genügt auch). Vorsicht beim Hantieren im Munde (ζ. B. beim Einführen des Trachealkatheters zum Schleimentfernen. Fingerbiß! Ich habe es erlebt, daß einem Kollegen dabei der Zeigefinger bis au! den Knochen durchgebissen wurde). Vorsicht beim Erwachen. Niemals zu trinken oder zu essen geben. Altbewährt zur Erzielung eines tiefen Schlafes für 12—24 Stunden ist das Stroganoff-Schema, das in modifizierter Form (Rißmann, 1917) folgendermaßen aussieht: Sofort: 0,015—0,02 g Morphin subkut. nach 1 Stunde: 0,1—0,2 g Luminal intram. nach 3 Stunden: 0,015 g Morphin subkut. nach 7 Stunden: 0,2 g Luminal intram. nach 13 Stunden: 0,1—0,2 g Luminal intram. nach 21 Stunden: 0,2 g Luminal intram.

Aber niemals mehr als 0,8-1 g Luminal innerhalb 24 Stunden!

In neuerer Zeit ist das Stroganoff-Schema durch die Pernoctonbehandlung (Goecke, S c h w a n e n , F a u v e t , Vogt) verdrängt worden. Pernocton ist ein einfaches und ziemlich sicheres Mittel, den Anfall zu kupieren bzw. den drohenden Anfall nicht zum Ausbruch kommen zu lassen. Sofort 4 ccm, am besten β ecm intravenös injizieren. Die Injektion muß langsam erfolgen, mit der Uhr in der Hand: 1 ccm in 1 Minute. Während der Injektion: B e o b a c h t u n g von A t m u n g , Puls und Aussehen der P a t i e n t i n . 631

Zur Verstärkung und Verlängerung der ersten intravenösen Pernoctondosis (nach 15—30 Minuten): 2—4 ccm Pernocton intramuskulär. Maßgebend ist der Allgemeinzustand und die Anzahl der vorausgegangenen Anfälle. Da nach der intravenösen Pernoctoninjektion 3—4 Stunden lang keine Krämpfe mehr auftreten, besonders geeignete Zeit für den Transport Eklamptischer in die Klinik. Wenn nach der Pernoctoninjektion noch eine starke motorische Unruhe besteht: Kombination des Pernoctons mit Morphin empfehlenswert. Im allgemeinen wird jedoch vor der Kombination des Pernoctons mit anderen Narkotizis gewarnt. Vorsicht mit Pernocton insbesondere nach einem Stroganoff-Schema. Kontraindikationengegen diePernoctonanwendung: toxische Struma, sehr jugendliches Alter, Potatorium, Adipositas. Wirkung des Pernoctons: Beruhigung der Patientin, leichter Schlaf. Trotzdem gute Beeinflußbarkeit der Wehentätigkeit durch nicht blutdrucksteigernde Wehenmittel ( = Orasthin, nicht Hypophysin!). — Guter Antagonist des Hypophysenhinterlappens (Fauvet): Wirkung der Pernoctons vor allem auf den Hirnstamm (Hypophysenzwischenhirnsystem), also demnach geradezu von kausaler Wirkung. Ausgezeichnet wirkt eine Kombination von Pernocton mit Decholin, ζ. B.: 6 ccm Pernocton und 5 ccm Decholin (20%ig) i. v.: Decholin wirkt erweiternd auf die Leberkapillaren, ist ein Aktivator der Leberzellfunktionen (Entgiftung!) und steigert die Diurese.

Parasympathikusreiztherapie mit Cholinestern Der Cholinester Doryl (synthetisches Carbaminoylcholinchlorid, ein typischer Reizkörper für den Parasympathikus und ein Spasmolytikum) wurde von Ε. E. Schulze in die Therapie der eklamptischen Erscheinungen eingeführt. Verabreichung von Doryl hat sehr charakteristische Wirkungen zur Folge: enormer Schweißausbruch, starker Speichelfluß, heftiges Erbrechen und Durchfälle, schnelle und reichliche Harnentleerung; alles in allem also eine gewaltige und schnelle Flüssigkeitsausscheidung, ein innerer Aderlaß. Von Ε. E. Schulze wurden in 2—3 Stunden 3—4 Liter allein an Speichel- und Magensaft gemessen. Der Harn wird bei dem gesteigerten Blasentonus so rasch entleert, daß man seine Menge nicht exakt messen kann. Ein Aderlaß ist bei der Dorylbehandlung entbehrlich. Der therapeutische Effekt stellt sich meist schnell ein: Der Blutdruck fällt ab, die Diurese kommt und bleibt in Gang, die Kopfschmerzen hören auf, ebenso das Augenflimmern, die Sehfähigkeit kommt wieder, die Benommenheit schwindet, die Patientin wird wieder klar. Übrigens gehören die Cholinkörper als lipotrope Stoffe zum Rüstzeug der modernen Lebertherapie schwerer Fälle [Heüung einer subakuten gelben Leberatrophie durch Doryl (Horsters)]. Der Azetylcholinspiegel bei Schwangerschaftstoxikosen ist bekanntlich beträchtlich erniedrigt. Schon diese Tatsachen würden eine Cholinzufuhr rechtfertigen.

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Einzelheiten zur Behandlung: 1. Präeklampsie = drohende Eklampsie (S. 620) Es werden sofort 1,5mg Doryl subkutan (niemals i n t r a v e n ö s ) verabreicht. Innerhalb der folgenden 5—25 Minuten sinkt der systolische wie der diastolische Blutdruck um 20—40 mm Hg. Da der Blutdruck nach einer halben bis dreiviertel Stunde wieder anzusteigen pflegt, müssen die Dorylinjektionen in Abständen von einer oder einer halben Stunde des öfteren wiederholt werden. Die Einzeldosen betragen 0,5 oder 1 mg. Höchste Einzelgabe 1,5 mg. Die Zahl der I n j e k t i o n e n h ä n g t von der Schwere des Falles ab. Bei schweren Fällen werden in 2 Behandlungstagen unter Umständen bis zu insgesamt 20 Injektionen von 0,5 oder auch 1,0 mg verabfolgt. Eine Kumulation wird nicht beobachtet. Auszuschließen von der Behandlung sind lediglich dekompensierte Herzkranke. Schädigungen des Kindes treten so gut wie nie auf. 2. Eklampsie unter der Geburt Wie schon oben (S. 628) ausgeführt, werden die Frühfälle durch S c h n i t t e n t b i n d u n g behandelt, sofern es sich um schwere Fälle handelt. Anschließend Dorylbehandlung, die mit Schlafmitteln und Traubenzuckerinfusionen (S. 635) kombiniert werden kann. Die leichten Fälle unter der Geburt werden sofort mit Doryl behandelt (s. o.). Es wird versucht, die Kreißende solange anfallsfrei zu halten, bis sie durch die Zange entbunden werden kann, so daß die Schnittentbindung also vermieden wird. 3. Eklampsie post partum Hier wird regelmäßig mit Doryl (häufige und genügend hohe Gaben von 0,5—1—1,25 mg) behandelt und zwar in Kombination mit Schlafmitteln und Traubenzuckerinfusionen (S. 635). Eine gesteigerte Kollapsgefahr durch die blutdrucksenkende Wirkung des Doryls ist nicht vorhanden: Beim Kollaps haben wir es mit derHistaminwirkung zu tun: Dilatation der Kapillaren und der kleinsten Arteriolen, Versackung des Blutes in den Depots, besonders des Splanchnikusgebietes. Bei der Cholinwirkung finden wir hingegen eine Erweiterung der größeren Arteriolen, eine Verengung der Gefäße des Splanchnikusgebietes. Klinisch beobachten wir im Kollaps einen kleinen, weichen, schnellen Puls, eine niedrige Blutdruckamplitude, nach Cholinverabfolgung einen langsamen, vollen Puls und eine normale Blutdruckamplitude.

II. Erzielung eines besseren Stoffwechsels 1. Beim ersten Auftreten schwererer eklamptischer Symptome wird eine 1—2tägige Hunger- und Durstkur (nach Vol hard) angesetzt. Anschließend: salzarme Trockenkost. Mit fast allen Autoren kann ich bestätigen, daß die Hungerkur das sicherste konservative Mittel zur Bekämpfung der Eklampsie ist: Verschwinden der Ödeme, Sinken des Blutdruckes, mächtige Ausschwem633

muiig. Zu Hause ist die Durchführung der an die Selbstdisziplin der Frauen starke Anforderungen stellenden Kur sehr fraglich. Daher unbedingt klinische B e h a n d l u n g ! Weniger heroisch ist eine 4—&tägige Hungerkur mit täglich Y2 P f u n d Obst und l/.2 Liter heißen Tees. Die Erfolge sind auch hier gut. Wenn besonders die Ödeme im Vordergrund stehen: Milchtage, zweimal wöchentlich oder einen über den anderen Tag: fünfmal am Tage ein Glas Milch mit einem trockenen Zwieback; erlaubt sind außerdem 2 Orangen, etwas grünes Gemüse und 1 Tasse Kaffee. Man mute aber den Patienten keine allzu großen Einschränkungen zu und denke daran, daß sie unter Umständen einen große» operativen Eingriff durchmachen müssen. 2. Diät. Hier zeigt sich ganz besonders ein Wandel der Anschauungen: In Deutschland bestand bisher die Diät vorwiegend aus Kohlehydraten und Titaminträgern; das Eiweiß wurde ausgeschaltet und zwar mit der Begründung, daß Schwangere und erst recht solche mit Gestosen, das Eiweiß nur ungenügend abbauen und daß die beim Abbau entstehenden Zwischenprodukte sich toxisch auswirken können. Demgegenüber hat sich besonders in den anglo-amerikanischen Ländern die Auffassung durchgesetzt, daß die Eiweißzufuhr durchaus nicht eine Toxikose begünstige, sondern daß im Gegenteil gerade die langzeitige Entziehung vou hochwertigem Eiweiß ausgesprochen schädlich, ja geradezu disponierend für eine Toxikose ist. Nach neueren Erfahrungen ist beim Eklampsismus eine eiweißreiche, letttind flüssigkeitsarme und vor allem kochsalzarme Ernährung am günstigsten. Die Naujoksche Klinik (C.Heller) unterscheidet eine Grunddiät mit 73g hochwertigem Eiweiß (24% der gesamten Kalorien; normalerweise macht Eiweiß 12—14% der Gesamtkalorienzahl aus) und Zulagen: Protein Grunddiät: Milch Quark Eier Butter Weißbrot

500 g 150 g 2 Stck. 30 g 150 g

17,0 g 31,5 g 12,6 g — 12,1g 73,2 g

Zulagen:

Milch 250 g Fleisch 100 g Kartoffeln . . . . . 100 g

8,5 g 21,9 g 1,8 g 32,2 g

Therapeutische Maßnahmen: Aminosäuren: W2 Pan-Aminon 3mal täglich 40ccm = 24 g Aminosäuren mit etwa 3 g Methionin. 634

P l a s m a e i w e i ß : Bluttransfusionen, 300 ccm Vollblut = etwa 20 g Plasmaeiweiß Albumin bzw. Plasmakonzentrate. Bei der aasgebrochenen Eklampsie ist eine 20%ige Lösung von H u m a n a l b u m i n (Humanalbumin-Behringwerke) intravenös zu empfehlen, ferner V i t a m i n Ρ (ζ. Β. Rutin) zur Abdichtung der Kapillaren. Mit Ansteigen der Plasmaproteine kommt es zur prompten ödemausschwemmung, die Proteinurie geht schnell zurück; besonders günstig wirkt der Met h i o n i n a n t e i l auf die L e b e r f u n k t i o n . 3. Mittel zur Entwässerung und zugleich Herabsetzung der Anfallsbereitschaft a) Hochhypertonische Traubenzuckerlösungen ( E r n s t [1930], S c h m o rell [1931], M c N e i l e , L a s a r d , A l b e r s u.a.). A l b e r s empfiehlt die intravenöse Injektion von 100 ccm einer 50%igen Traubenzuckerlösung täglich mehrere Male in Abständen von 2 Stunden. Ich habe bei drohendem Anfall bisher mit gutem Erfolg 2—3 mal täglich 100 ccm einer 20%igen Traubenzuckerlösung gegeben, ebenso auch Dauerinfusionen, wie sie die Amerikaner empfehlen: 800—1000 ccm einer 10—20—30 %igen Traubenzuckerlösung als intravenöse Tropfinfusion. Es wird empfohlen, diese Lösungen s c h n e l l einlaufen zu lassen, wovon ich aber sehr a b r a t e n möchte, da ich mehrfach Kollapse erlebt habe. Aber auch bei der Tropfinfusion ist eine d a u e r n d e B e o b a c h t u n g der Patientin notwendig. Hochhypertonische Lösungen bewirken ähnliches wie ein Aderlaß, nämlich eine F l ü s s i g k e i t s b e w e g u n g : das in die Gewebe eingelagerte "Wasser wird in die Gefäße und damit ins Blut zurückgesaugt. Folge: D i u r e s e . Außerdem kommt es zu einer sichtlichen Beruhigung der Krampfzentren in der Großhirnrinde. Hochhypertonische Lösungen bewirken ein A b s c h w e l l e n der Ödeme sowie eine Senkung des Lumbaidruckes (Albers u. a.) und damit eine Herabsetzung der Anfallsbereitschaft. b) Therapie mit Cholinestern ( D o r y l ) , s. S.632. c) Therapie mit Kationenaustauschern E i n Faktor für das Zustandekommen des Gewebeödems ist das Vorhandensein von Kochsalz im Interzellularraum. Es ist heute gesichert, daß der Bestandteil des Kochsalzes, der für die Wasserretention maßgeblich ist, das Na ist. Bei Toxikosen ist der Natriumgehalt des Gewebes mehr oder weniger über die Norm hinaus erhöht. Entzieht man dem Körper dieses Na, so muß die vorher im Gewebe zurückgehaltene Flüssigkeit ausgeschwemmt werden. Das Kochsalz kann man dem Körper auf einfache Weise durch sog. Kationenaustauscher entziehen. Kationenaustanscher sind Substanzen (Kunstharze, sog. Polystyrolharze, Handelspräparate: Natrantit, Masoten u.a.), deren Kationen austauschbar sind. Für unseren speziellen Zweck braucht man solche Austauscher, die die Fähigkeit haben, das Kation Na des Magen-Darminhaltes zu binden, wobei andere Ionen (H oder NH4),

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die auf die Wasserretention keinen Einfluß haben und auch sonst nicht gefährlich sind, vom Austauscher frei gegeben werden. Infolge dieser Bindung an die Austauschersubstanz kann das Kochsalz nieht resorbiert werden, wodurch die Wasseraueseheidnng verstärkt einsetzen muß. Die von der wasserunlöslichen Austauschersubstanz aufgenommenen Kationen werden in den Fäzes ausgeschieden. Alle bisher bekannten Austauscher binden nicht nur Natrium-, sondern auch Kaliumionen. Da diese aber gar nicht dem Körper entzogen werden sollen, wird den Austauschersubstanzen etwa 20% Kaliumsalz zugefügt.

Praktisch geht man so vor, daß man täglich 40—60 g Austauschersubstanz peroral verabreicht, dazu 3—4 g Kochsalz (Normalkost enthält etwa 12 g NaCl). Bei dieser Therapie setzt eine starke Diurese mit Gewichtsabnahmen von 1—3 kg pro Tag ein. Die wichtigste Nebenwirkung ist das Symptomenbild des akuten Kaliummangels (Muskelschwäche, leichte Ermüdbarkeit, Apathie). Nach Zufügung von Kaliumsalz zur Austauschersubstanz stellen Hypokaliämien eine Seltenheit dar. Bei längerdauernder Austauscherbehandlung kommt es zu O b s t i p a t i o n e n , die durch nichtsalinische Abführmittel (Agarol, Normacol, Istizin) behandelt werden müssen. Die Alkalireserve und Rest-N müssen unter der Behandlung beobachtet werden. Die Behandlung mit Austauschern ist ein ausgezeichnetes Mittel zur Ausschwemmung von Schwangerschaftsödemen. Den Übergang eines Eklampsismus in eine Präeklampsie kann man aber damit nach den bisherigen Erfahrungen nicht verhüten. d) Magnesiumsulfat (Bissmann [1917], E i n a r Horn, D o r s e t t , McNeile). Die Wirkung des Bittersalzes ist altbekannt: abführende Wirkung durch Entwässerung des Darms, Diurese, Aufhebung des Hirndrucks. Bei leichteren Fällen ohne Bewußtseinsstörungen gibt man Magnesium sulfuricum per os, unter Umständen in so hohen Dosen, daß flüssige Stühle auftreten (1—2—3 Eßlöffel Magnes. sulf. morgens nüchtern in einem Glas Zitronenwasser). Bei ernsten Fällen intravenöse Verabreichung, ζ. B. in der Dosierung nach L a s a r d : 20 ccm einer 10%igen Magnesiumsulfatlösung in 29%iger Traubenzuckerlösung; kann nach eigener Erfahrung in schweren Fällen mehrfach am Tage (nach Lasard bis zu lOmal) ohne Gefahr wiederholt werden. D o r s e t t empfiehlt 25% ige Magnesiümänlfatlösüngen intramuskulär, beginnend mit 15 ccm bis zu 100 ccm an einem Tage. Es besteht kein Zweifel, daß MgS04 neben anderem eine auffallend b e r u h i g e n d e Wirkung ausübt. Es steht zur Diskussion, ob diese bewährte Behandlungsmethode in Verbindung mit der Cholinkörperverabfolgung noch schnellere und bessere Ergebnisse zeitigen könnte, als diese allein. Der früher oft geübte Aderlaß ist durch die neue Cholinkörpertherapie entbehrlich geworden. Die reichliche Flüssigkeitsausscheidung bei der Doryltherapie (S. 632) stellt einen inneren Aderlaß dar, der auch insofern von Vorteil ist, da nicht vorauszusehen ist, ob es bei der Geburt noch zu starken Blutungen kommen wird. 636

Neuraitherapie In neuerer Zeit sind an zahlreichen Kliniken Versuche unternommen worden, den Blutdruck der Spätgestosen durch Mittel zu senken, die an der neuralen Gefäßsteuerung angreifen = Neuraitherapie. Zwei Möglichkeiten: 1. Gezielte temporäre Nervenblockade durch Leitungsanästhesie, 2. Unterbrechung der ganglionären Synapsen mit Ganglienblockern. 1. Gezielte temporäre Nervenblockade durch Leitungsanästhesie Seit längerer Zeit ist schon bekannt (Hingson und E d w a r d s , S u n d e r P l a s s m a n n , R u l a n d , R u p p e r t ) , daß schwere eklamptische Zustände durch eine einmalige Leitungsanästhesie geheilt werden können. L e i t u n g s a n ä s t h e s i e n w i r k e n , wie die E r f a h r u n g zeigte, b l u t d r u c k s e n k e n d und a n f a l l v e r h ü t e n d . Besonders gute Erfahrungen sind mit der Periduralanästhesie veröffentlicht worden (Ruppert), bei der 10 und mehr Segmente des Lenden- und unteren Thoraxbereiches von ihrer zentralnervösen Versorgung abgeschaltet werden. Dadurch werden die Funktionen aller im Bereich dieser Blockade liegenden Organe zur Norm hin reguliert. Die abgeschalteten Organe werden dabei gleichzeitig hyperämisiert, sie werden also besser ernährt, sie erhalten mehr Sauerstoff. Das gilt in erster Linie für Leber und Niere, die im eklamptischen Geschehen eine zentrale Stellung einnehmen. Das gilt aber auch wohl für die N e b e n n i e r e (Ruppert), deren Rinde bei der Toxikose eine ausgesprochene Labilität zeigt ( P a r v i a i n e n , Soiva u. a.), woraus sich die bekannte Kreisl a u f l a b i l i t ä t und die hohe S c h o c k e m p f i n d l i c h k e i t der Eklamptischen erklärt. Nach einer neueren Auffassung (Page) ist die Ursache der toxischen und blutdrucksteigernden Substanzen in einer utero-plazentaren Ischämie zu suchen, also in einer schlechten 02-Versorgung des Uterus. Da jedes blockierte Organ hyperämisiert wird, so könnte man — wenn man nach einer Deutung des Blockadeeffektes für diese Auffassung sucht — die durch diese Hyperämisierung des Uterus bedingte bessere Sauerstoffversorgung für den Heileffekt der Nervenblockade bei Eklampsien verantwortlich machen (Bittner).

Zahlreiche Kliniken empfehlen heute bei eklamptischen Zuständen die Anwendung von Nervenblockaden, insbes. die Periduralanästhesie (Kraatz, R u p p e r t , Kyank). Nachteile für das Kind wurden nicht beobachtet. 2. Unterbrechung der ganglionären Synapsen mit Ganglienblockern Über die Blutdrucksenkung bei Toxikosen mit Hilfe sog. Ganglienblocker gibt es heute schon eine umfangreiche Literatur mit z.T. widersprechenden Ergebnissen. Ganglienblocker sind S u b s t a n z e n , die oral oder p a r 637

e n t e r a l z u g e f ü h r t , die v e g e t a t i v e n S y n a p s e n e l e k t i v b l o c k i e r e n , die also an der neuralen G e f ä ß s t e u e r u n g a n g r e i f e n . Der am häufigsten zur Blutdrucksenkung bei der Eklampsie verwandte Ganglienblocker ist das Pendiomid. Zahlreiche klinische Erfahrungen aus neuester Zeit sprechen aber dafür, daß die Bekämpfung des eklamptischen Hochdrucks allein durch Ganglienblocker, also durch Substanzen mit rein n e u r a l e m Wirkungscharakter, nicht zweckmäßig ist. Allein angewandt ist ihre Wirkung gering. Es besteht die Auffassung, daß der Hochdruck bei den Toxikosen nur zu einem kleinen Teil neural und zum weitaus größten Teil hum o r a l bedingt ist. Nach einigen Autoren muß vor der alleinigen A n w e n d u n g von Gangl i e n b l o c k e r n bei den S p ä t g e s t o s e n a u s d r ü c k l i c h g e w a r n t werden. Bei A n w e n d u n g von G a n g l i e n b l o c k e r n allein k a n n es zu massiven Blutdrucksteigerungen kommen. K o m m t es zum B l u t d r u c k a b f a l l , so ist das Kind g e f ä h r d e t ( A s p h y x i e , p o s t p a r t a l e r Ileus). Demgegenüber haben zahlreiche andere Autoren durchaus befriedigende Ergebnisse mitgeteilt, wonach Pendiomid in zahlreichen Fällen die eklamptischen Symptome zum Verschwinden brachte, und das Auftreten neuer Anfälle verhindert wurde. Dosierung in der Literatur sehr unterschiedlich angegeben: 50—100 mg i.m. mehrmals täglich, oder 10—20 mg i.V. alle 5 Minuten, später alle 15—30 Minuten, je nach Reaktion des Blutdrucks, oder 100 mg als Einzeldosis langsam intravenös.

Blutdrucksenkung auf humoralem Wege Von den Substanzen, die den Blutdruck auf überwiegend humoralem Wege senken, sind das Veratrumalkaloid P r o t o v e r a t r i n und neuerdings die P h t h a l a z i n k ö r p e r Apresolin und Nepresol bei Spätgestosen angewandt worden. Mit diesen Präparaten ist eine starke, langdauernde Blutdrucksenkung von 4—6—8 Std. und mehr zu erzielen, der zerebrale und renale Gefäßwiderstand wird gemindert und die Niere stärker durchblutet. Als Nebenerscheinungen kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, motorischer Unruhe und Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen lassen sich durch Antihistaminika beheben. Beim Nepresol sind alle Nebenerscheinungen geringer als beim Apresolin. Die Dosierung muß eine ausgesprochen e i n s c h l e i c h e n d e sein, um starke Blutdruckstürze zu vermeiden (Gefahr für das Kind, s. o.). Intramuskuläre Injektion von 1 / i ccm Nepresol (1 ccm = 25 mg), viertelstündliche Blutdruckmessung, erneute Verabfolgung der gleichen Dosis, falls nach einer halben Stunde der gewünschte Effekt noch nicht eingetreten ist (nach Sauter).

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Abgrenzung und Indikation der einzelnen Präparate ist noch nicht genügend untersucht worden. Es muß aber anerkannt werden, daß mit den neuen Mitteln nicht nur der Blutdruck gesenkt, sondern auch die Schwere des Krankheitsbildes, insbesondere die Erregungszustände und die Sehstörungen, in hohem Maße gemildert werden können.

Komplikationen der Eklampsie Am häufigsten (abgesehen vom Kollaps) T r a c h e i t i s , B r o n c h i t i s , B r o n c h o p n e u m o n i e und L u n g e n ö d e m sowie das V e r s a g e n des K r e i s laufs. Fast stets besteht, besonders nach operativen Eingriffen, eine starke Salivation. Diese kann schnell so stark werden, daß sie die Atmung erschwert und der Erstickungstod droht. Zunächst ist zu versuchen, die Schleimballen mit tief in den Rachen geführten feuchten Stieltupfern herauszuwischen. (Vorsicht: Fingerbisse!) Oft ohne Erfolg. Die Luftwege müssen aber unter allen Umständen frei gemacht werden: Absaugen der die Atmungswege verlegenden eitrigen Sekretmassen mit Trachealkatheter, am besten mit elektrisch betriebenem Absaugegerät. Wenn nicht vorhanden, wird ein kindlicher Trachealkatheter schnell durch Aufsetzen eines kleinfingerdicken Gummischlauches vorbereitet. Beim Einführen darauf achten, daß der Zungengrund mit dem Finger nach vorn gedrückt wird, damit der Kehlkopf zugänglich wird. Auch der Katheter muß leicht nach vorn gedrückt werden, damit er in den Kehlkopf kommt. Hilft auch dieses Absaugen nicht oder nicht genügend, so wird folgendermaßen vorgegangen: Die Patientin wird (ohne Rücksicht auf eine etwa vorhandene Laparotomiewunde) vorsichtig schräg in das Bett auf den Bauch gelegt; den Kopf läßt man 1—3 Minuten tief aus dem Bett heraushängen. Absaugen mit Katheter in dieser Stellung. Dann in die alte Lage zurücklegen und sofort noch einmal mit dem Katheter so kräftig wie möglich absaugen. Dieses Verfahren führte stets zum Ziel. Bei Atemstörungen künstliche Atmung. Zur Verhütung der Bronchopneumonien: Penicillin, Sulfonamide, Chininpräparate (Solvochin, Transpulmin).

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Sachregister A Abflachung des vorderen Scheidengewölbes als Vorbote der Geburt 97 Abformung des Schambogenwinkels 40,41 Ablösung der Plazenta 166 Abnabelung 153 Abortus 154, 442 — compl. 31, 451 — habitualis 452 — immin. 17, 31, 448 — ineip. 31, 450 — incompl. 31, 461 Abortbehandlung 463 Abquetschung des Blasenhalses 570, 586 Abschneiden des Kopfes 617 Abweichen des Kopfes 198, 578 Aderlaß bei Eklampsie 635 After, Unterscheidung gegenüber Mund 283 Afterbürde 163, 168 Ahlfeldsches Zeichen 162, 168 Ähnlichkeitsdiagnose 421 Akme der Wehen 92, 93, 141 Albuminurie — bei Eklampsismus 619 — in der Schwangerschaft 68 Allgemein verengtes Becken, s. Becken Alter und Geburtsprognose 14, 15, 174 Amenorrhoe 16 Aminosäuren (Eklampsie) 634 Anamnese 14, 42, 43, 74, 101, 195, 196 Anenzephalus 227, 310 Anfall, eklamptischer 138, 207, 619 Ansatz der Nabelschnur, s. Nabelschnur Antefixation des Uterus 34 Anteflexio-Versio-Stellung 31 Anurie bei Eklampsie 625 Anzeichen bald einsetzender Geburt 72, 98 Aortenkompression 517, 625, 526, 535, 607 Apresolin 638 Arm(e), hochgeschlagen(e) 315, 331 — vorgefallener, Seitenbestimmung 373 Armlösung, klassische 320, 330 — nach Bracht 329, 330, 331

640

— nach Müller, A. 328, 330, 331 — Schwierigkeiten 316 Armvorfall 197, 436, 437 — bei Blasensprengung 201 — bei Kopflagen 436, 437 — bei Querlage 366, 369 Armvorliegen 436 Aschheim-Zondek-Reaktion 32 Asphyxie des Kindes 179 — Behandlungsprogramm 180 — blasse 180 — blaue 179 — drohende 178, 342 — nach i. v.-Wehenmittel 151 — nach Morphin 138 — bei verlängerter Austreibungszeit 174, 203, 261 Assimilationsbecken 664 Asthenie 22 Asynklitismus — hinterer 560 — vorderer 668, 660 Atemreize 182 Atemtechnik in der Austreibungsperiode 142 Atemwege, Freimachen der 181 Äthernarkose, s. Chloräthyl-Äthemarkose Atmung, künstliche bei Asphyxie 182 Atonie des Uterus — Behandlung 616 — Einteilung 514 — bei Hydrozephalus 596 — bei Inhalationsanalgesie 139 — bei Placenta praevia 497 — bei Plazentarest 170 — Ursachen 151, 190, 515, 616 — bei vorzeitiger Lösung 505 — bei Zwillingen 515 Atropin 194, 262 Auflockerung des Uterus 6, 12, 31 Aufrichtung des Uterus bei Retroflexio 34, 36 Augenflimmern bei Eklampsismus 43,103 Ausbleiben der Regel 16

Auskultation der kind]. Herztöne 4(5, Go Äußere Beckenuntersuchung 23, 46, 67 Außere Untersuchung, allgemeines 46, 90 Äußere Wendung 392 Äußeres Rohr des Weichteilschlauchs 88 Ausstoßung der Plazenta 156, 157 Austastung des Uterus, s. Nachtastung Austauschtransfusion 72, 73 Austreibung, medikamentöse 456 Austreibungsperiode 65, 66, 89, 90, 93 — Geburtsstillstand 202, 203, 208, 261 — bei hinterer Hinterhauptslage 260, 261 — langsam verlaufende 143 — Leitung 139 — Schmerzlinderung 153 — und Temperatur 143 — bei Vorderhauptslage 272 - Zange 225 Austreibungswehen 139 Austrittseffekt 177 Austrittsmechanismus 116, 141, 147. 234, 242 — bei Beckenendlage 302 — bei Gesichtslage 284 bei hinterer Hinterhauptslage 257 — bei Stirnlage 279 — bei \7orderhauptslage 271 Auswalzung von Scheide und Vulva 89 Autotransfusion 532 Avacan 138, 193

j ι | i i j I ! j ; 1

j '

ι

Β Backhausklenimen 215 Bad, in der Schwangerschaft 188 — als Wehenmittel 187 ' Baerscher Handgriff 163, 168 Ballottement 54, 55 Bandapparat 12, 38, 95, 112, 202 Bandischer Ring, s. Kontraktionsring Basergin, s. Partergin Bauchhöhlenschwangerschaft 469 Bauchpresse 163 Bauchumfang 44 Baummsche Handgriffe 23, 106 Becken, allgemein verengtes 22, 28, 4, I 41, 253, 551 — Beckenendlage 355 — Dammriß 221 — Geburtsmechanismus 552 — Geburtsstillstand 583 - Hypomochlion 582 — Kennzeichen 551 — Kopfaustritt 582, 583 • — Lagerung 577

41 Pschyrenibel, Prnkt. Geburtshilfe

— und Walchersche Hängelage 580 - - Wehenschwäche 563 — Zangenentbindung 590 Becken, enges 43,97,106,111,135,137,544 - und Beckenendlage 138, 313, 317. 331. 354, 356, 618 — Conjugata diagonalis 546 - Conjugata vera 546 - Diagnose 56, 546 — Eröffnungsperiode 576 - - Erstgebärende 547 • · Formen 551 - Geburtsdauer 585 - - Geburtsleitung 572 - Geburtsprognose 565, 573 • Geburtsverlauf 585 - grobe Beurteilung 59 - hoher Geradstand 253, 254 - innere Untersuchung 549 - konservative Therapie 576 - Lagerung 576, 577 · Mehrgebärende 547 operative Therapie 584 - Perforation 608 Querlage 361 - Schädigung durch 570 und Schnittentbindung 585 - Ursache für Beckenendlage 311 Uterusruptur 566 — Vorfall der Nabelschnur 551 -- vorzeitiger Blasensprung 198 --- vorzeitiges Blasensprengen (!) 194 Wehenmittel 575, 576 - Wehenschwäche 185, 189 und Wendung 361, 362 infantiles 552 kyphotisc-hes 21 Naegel'sches 564 normales 22, 40, 4L Becken, plattes 24, 28, 355, 554 - Bau 555 und Beckenbodenzange 590 - Definition 554 — - Geburtsmechanismus 558 Kopfaustritt 582 Lagerung 577 • Walchersche Hängelage 580 , plattrachitisches 21, 22, 40. 41, 253, 271 Geburtsmechanismus 248 - Hypomochlion 582 — - innere Wendung 508 — Kennzeichen 555 — Komplikationen 248 — Prognose 556

041

Becken, quer verengtes 253 Beckenweite 84, 85 —, Robertsches 253 Beckenzirkel 25, 26, 39 —, schäg verengtes 22, 24, 564 Befruchtung 18 —, spondylolysthetisches 555 Beinhalter 209 - , Trichter- 564 Belladonnapräparate 138, 193 —, Untersuchung, äußerlich 23 J Berechnung des Geburtstermins IG, .17, Beckenachse 84, 87 I 19, 43, 51 Beckenausgang 84, 85, 86, 87, 202 | Beschleunigung des Kopfdurchtritts 150 Beckenausgangsebene 88 ι Beugehaltung des Kopfes 268 Beckenausgangsraum 81, 82, 85 i Biegungsdiffizillimum 258 Beckenausgangszange 23, 29, 31, 36, 4U, j Biegungsfazillimum 116, 258, 302, 303 590 I Bimanuelle Untersuchung 7 , 1 0 , 1 1 , 31. 32 Beckenaustastung 23, 29, 31, 36, 40 ί Biologische Schwangerschaftsreaktion 32, Beckenboden 38, 88, 89, 90, 91, 95, 114, 74 115 ι Biparietaler Durchmesser 78 Beckenbodenebene 88 I Bitemporaler Durchmesser 78 Beckenbodenmuskulatur 81, 89 ! Blase, s. auch Harnblase Beckenbodenzange 109 —, stehende und Wehenschwäche 187 Beckendurchmesser 81 Blasenbeschwerden 34 Beckeneingang 39, 84, 93, 96 Blasenfistel 572 Beckeneingangsebene 81, 82 Blasenlähmung im Wochenbett 571 Beckeneingangsraum 55, 81, 84 Blasenmole 31, 461 Beckenendlage 52, 62, 63, 194, 295 I — destruierende 465 — Ätiologie 310, 311 | Blasenruptur 34 — allgemein verengtes Becken 355 | Blasenscheidenfistel 174, 244, 294, 57.1, — Definition 295 Ϊ 597 — Diagnose 109, 110, 296 : Blasensprengung 194 — Differentialdiagnose 299 ; — nach äußerer Wendung 393 — Einteilung 295 — bei Eklampsie 628 — bei engem Becken 138, 356, 569, 585 — bei Geburtsbeschleunigung 195, 200, — bei Erstgebärenden 310 201 — Extraktion, ganze 333 — Gegenindikation 194 — Extraktion, halbe 318 - bei Insertio velamentosa 543 — Geburtsleitung 314 - bei Placenta praevia 200, 487, 492 — Geburtsmechanismus 301 -- rektovaginale 201 — Gefahren 311 - Technik 200 — Häufigkeit 295 - bei Übertragung 196 — Herztöne 67, 297 ! - vaginale 200, 201 — Indikation zur Sektio 317 i — bei vorzeitiger Lösung der Plazenta 503 — - innere Untersuchung 298 - bei Zange 226 — Mortalität der Kinder 310 Blasensprung 65, 95, 96, 9 9 , 1 0 0 , 1 0 2 , 1 1 0 , — Sektio 110 134 — vaginale Untersuchung 300, 301 ' — Arten 135 — Vorkommen 309 — doppelter 135 — vorzeitiger Blasensprung 198 - und enges Becken 566 Beckenführungslinie 84, 87, 92, 230, 232 j — falscher 135 Beckenhochlagerung 137, 176, 191, 366, ; - frühzeitiger 135, 140, 194, 367 383, 568 - — bei engem Becken 568, 569 Beckenhöhle 81, 84, .85, 86, 114 - hoher 135 Beckenmaße 25, 106 ' — bei Hydramnion 499 Beckenmessung 23, 28, 29 - lange zurückliegender 587 — äußere 25, 546 - bei Querlage 368 Beckenmitte 84, 85, 86, 87 - rechtzeitiger 135 Beckentumoren 545, 549 . - verspäteter 3 8 . 1 0 3 , 1 3 5 , 1 9 4 . 198, 313 Beckenverengerung, Gradeinteilung 573 ι 314

! .

642

— vorzeitiger 135 1 - - — bei engem Becken ö68, 569 — -- und Nabelschnurvorfall 559 j Blasensprungseffekt 177 > Blasenzervixfistel 174, 571 ί Blondscher Fingerhut 409 ι Blutabgang in der Nachgeburtperiode 159, ! 515 Blutdruck 619 — und eklamptischer Anfall — und Kollaps 626 — in der Schwangerschaft 69 Blutdruckbewertung 69 Blutdruckmessung 23, 41, 68, 103 Blntfaktoren 23, 40, 72 Blutf aktorenunverträglichkeit 15 Blutgruppenbestimmung 73 Blutgruppenunverträglichkeit 15 Bluthochdruck 138, 484 Blutstillung in der Nachgeburtsperiode 516 Bluttransfusion 532 Blutungen 150, 103 — bei Abort 442 — ante partum 43 - - atonische 525 - aionische Nachgeburts— 483, 513 bei Blaseumole 461 - bei Chorionepitheliom 467 - bei Extrauteringravidität 469 - Tnsertio velamentosa 110, 207, 541 I - intrakranielle 202, 244, 261, 313 - — bei engem Becken 569 - pathologische, Übersicht 441 - Klitorisriß 223, 244 - Labienriß 223, 513 - Nachsreburts— 139, 151, 159, 166, 169, 180, 190, 513 - — bei vorzeitiger Lösung 505 - Placenta praevia 137, 203, 482, 433, 1 497 ! - Portioerosion 484 ' - Portiokarzinom 484, 495 i - Randsinus— 485 - R i ß - 523 ! - Scheidenriß, isolierter 540 — während der Geburt 111, 483 j - während der Schwangerschaft 111, 483 ; - Spätblutungen im Wochenbett 535 s 1 - Tiefer Sitz der Plazenta 487 • - Utenisruptur 206, 599 - variköse 484 i — aus Varizen 484 j - vorzeitige Lösung 137, 206, 484, 498, [ 499, 500 - - im Wochenbett 170 ι 41·

— Zervixriß 225, 533 Blutungsanämie, Bekämpfung 532 Blutverlust in der Nachgeburtsperiodc 159 Boersche Knochenzange 616 Bozemann-Fritsch, Rücklaufkatheter 531, 532 Brachtscher Handgriff 329, 331 brachyzephale Kopfform 253, 271 Braunfärbung der l l a u t 197 Braunscher Haken 409 Braxton llicks, s. Wendung Breusschc Mole 435 Brindeau, Armlösung 351. Brüste, Veränderung bei Schwangerschaft 20 Buschschor Haken 234 C Caput suceedarieum 142 Carcinom, s. unter Κ Cardiazol 137, 176, J80, 182, 183, 188, 190, 532 Centrum tendinc-um 215 Cervix, s. unter Ζ Chinin 188, 190, 199, 636 Chloasma uterinum 45 Chloralhydrat 184 Chloräthyl-Äthovnarkoso 34, 210 — bei drohender Uterusruptur 603 Chloräthylrausch in der Austreibungsperiode 153 Chloräthylrausch bei schlechten Herztönen 137, 176, 191 Chloroformnarkose 210 — Eklampsie 630 Cholinester 632 Chordae suspensoriae ovarii 95 Chordae utero-inguinales 95 Chordae utero-ovaricae 95 Chorionepitheliom 170, 467 522 Chorionhorinon 32, 462 Circumferentia frontooccipitalis 77 Circumferentia mentooccipitalis 77 Circumferentia suboccipito-breirmatica 77 115 Clitoris, s. unter Ii Coffein 183, 532 Collaps, s. unter Κ Collinsche Klemmen 409 Collum, s. unter Κ Columbus-Inhalator 139 Conduplicatio corpore — Geburt 363 Conglutinatio orificii uteri extern i 601 Conjugata — anatomica 82 643

- diagonalis 37, 39 ! Diameter Baudelocqui 25 bei engem Becken 546 ! Diameter - externa 25, 106 ! — biparietalis 78 - vera 28, 36, 37, 38, 82, 206 — bitemporalis 78 -- bei engem Becken 546 — fronto-occipitalis 76 Coombs-Test 73 — mento-occipitalis 76 Coramin 182 suboccipito-bregmaticus 76 Cormed 180, 182 j Diaphragma pelvis 89, 90, 95 Corpus, s. unter Κ j — urogenitale 90, 95 Corpus luteum 15 ; Dilaudid 138,189, 193, 194, 262, 576 Credescher Handgriff 163, 168, 169. 2JS, j Distantia 497, 505, 518 j — cristarum 25, 26 - bei Atonie 516, 518 ! spinarum 25, 26 — Gefahren 515 --- trochantcrica 25 Crista sacralis media 298 j Distraktion des unteren Uterinsegments Cyclus, s. unter Ζ 94, 95 Cyren 450 Döderlein Cystitis, s. unter Ζ — Fäustling 107 - Handtuch-Handgriff 616 Dolantin 138, 193, 368, 676 Damm 29, 30 Dolffsches Zeichen 197 Dammnaht 219 dolichozephale Kopfform 287 — Nachbehandlung 222 dorsoanteriore Lagen 62 dorsoposteriore Lagen 62, 66 — Schmerzstillung 219 Doppeltsehen bei Eklampsismus 43 Dammrisse 219, 533 Doryl 632, 633 - bei Beckenendlagen 314 Douglaspunktion 479 - Blutungen 216 Douglasscher Modus der SelbstentwickEinteilung 219 lung 362 - 3. Grades 214, 221, 222 Drahtsäge 409 - Nachbehandlung 222, 223 Drehpunkt 235, 236 - Ursachen 243 Dammschutz 147, 213, 235, 243 Drehungen des Kopf es unter der G eb u rt 114 Darmgeräusche 63, 64 Drehung der Pfeilnaht 117 Drehzange nach Scanzoni 266, 267 Dauer der Geburt, s. Geburtsdauer Dreimännerhandgriff s. Wiegand-MartinDauerkatheter 572 Decholin 632 ! v. Winckelscher Handgriff Decidua 17, 5G i Druckeinwirkung auf den Kopf 262 1 Drucknekrose 174, 596 basalis 521 - - comp acta 521 Drucksymptom 174 1 Dührssen-Schuchardt-Sclinitt 345, 358 — spongiosa 521 Duncansche Mod. der Plazentalösung 157 Deflexion 117, 130, 202, 213, 315 Deflexionslagen 62, 267 ; Durchmesser des Beckens 81 — bei engem Becken 569 | Durchmesser, schräge 82, 83, 84 Durchtrittsebenen der verschiedenenKopfDehnung des Muttermundes 196, 201 Dehnungsschlauch 81, 88 lagen 292, 293 Dekapitation 407, 604 j Durchtrittsmechanismus 114 — und Nachtastung 606 i Durchtrittsplanum bei hinterer Hinterhauptslage 259 Dekapitationsfingerhut 409 de Leescher Handgriff 125 i Durchtrittsschlauch 81, 88 - Spiegelhandgriff 325, 326 j Denmanscher Mod. d. Selbstentwicklung ; 363 I Eclampsia sine Eclampsia 621 Desinfektion der äußeren Geschlechts- J Efosin 193 teile 101, 210, 211 j Eiblase, s. Blase Desinfektion des Operateurs 209 ί Eigendesinfektion 209

£

644

Eihäute - Betrachtung 170, 171 Zurückbleiben der — 370 Eileiterschwangerschaft 470 Eineiige Zwillinge 420 Einkeilung der Schultern 369 Einlauf als Wehenmittel 199 - bei D R I I I 223 Einleitung der Geburt, künstliche 198 Einschneiden des kindlichen Kopfes 147 Einstellung - des Kindes 62, 105, 112 - mit Spiegeln 17 Einstellungsanomalien 268 Eintrittseffekt 136, 137, 176, .177 Eisblase 516, 525 Eiweiß im ITarn 619 Eklampsie 619 Beckenendlage 317 - Behandlung 625 - Diagnose 619 Differentialdiagnose 625 Entbindung 206 - Entstehung 68, 620 Formen 70 - Häufigkeit 620 - • Klimatische Einflüsse 624 Komplikationen 635 Mortalität 625 - — der Kinder 625 — der Mütter 625 - pathologische Anatomie 624 - Prodromalsymptome 619, 620 Prognose 625 - Prophylaxe 626 Therapie 625 - Vorkommen 620 Eklampsismus 42, 69, 70, 71,111,138, 619 - und vorzeitige Lösung 484, 498 Eklamptischer Anfall 608 Ekzem der Bauchdecke 318 Embryopathia rubeolaris 21 Embryotomie 44, 46, 92, 133, 135, 359, 411, 604 Emesis 20 Endometriose 470, 516 Enges Becken, s. Becken enges Entwässerung, Mittel zur — 414 Episiotomie 149, 150, 208, 209, 212 - bei allgemein verengtem Becken 583 -- bei ganzer Extraktion 333 - bei Gesichtslagenzange 290 - bei halber Extraktion 320 - laterale 214 - mediane 214, 235

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.Xaht 215, 218 bei Zanee bei hinterer Hinterhauptslage 268 bei Zange bei Stirnlage 281 bei Zange bei Vorderhauptslage 274 Erbrechen 20, 43, 71, 98 Ergobasin 193 Ergobasintartrat 392, 193 Ergometrin 193 Ergotamin 192 Ergotin 192 Ermüdungswehenschwäche IM!), 190, 202, 203, 248 Eröffnungsperiode 92, 309 - Leitung 131 - Schmerzlinderung 138, 339 Eröffnungswehen 93, 99 Erschöpfung der Mutter 262 -- Mittel gegen - 193 Erstgebärende 5, 15, 30, 31, 42 alte 138, 198, 203, 207, 213, 313 - und enges Becken 566 - und enge Weichteilverhältnisse 359 — ganze Extraktion 540 — - Insertio velamentosa 544 — und Kopf Schräglage 578 - Placenta praevia 504 — Sektio 497 Erstgebärende und Beckenendlage 311, 317, 345 — Extraktion an der vorderen Hüfte 345 — und Manualhilfe 316 — und Querlage 361 Erstschwangere 15, 43 Erythema neonatorum 354 Erythroblasten 73 Evolutio spontanea 362 Exostosen 112 Exstirpation des Uterus — bei Atonie des Uterus 525, 552 — bei vorzeitiger Lösung der Plazenta 505 Extr. Secal. cornut. fluid. 193 Extraktion, ganze 109, 333, 533, 540 — Armlösung 330, 331 — Dührssen-Schuchardt-Schnitt 345 — Indikation 315 — bei Knielage 341 — und Nachtastung 606 — Narkose 367 — bei Placenta praevia (1) 534, 539 — bei reiner Steißlage 341, 348 — Schwierigkeiten 349 — bei Steißfußlage 340, 341 — bei unvollkommener Fußlage 334 — bei vollkommener Fußlage 340

645

Vorbcöin gangen 333 -- an der vorderen Hüfte 345, 34(3 — nach Wendung 367 Extraktion, halbe 109, 316, 318 — Anwendung 318, 319 — nach Bracht 329, 330 — Episiotomie 329 klassische Methode 319 Methoden 319 — nach A. Müller 328, 329 — und Nachtastung 606 -- Vorbedingungen 319 — Vorbereitungen des Aiztes 320 Extrauteringravidität 11, 32, 469 F Faltbarkeit der Korpuswand 23 Fehlgeburt, s. Abort Festfahren der Geburt 191, 576 Festsitzende Plazenta 521, 522 Fieber unter der Geburt 103, 138. 187. 198, 207, 208, 262, 294, 608 Fingerspreizprobe 395 Fistelopcration 572 fixierte Retroflexio 34 Follikelhormon 17, 450 Follikelsprung 18 Fontanellen 79, 80, 114 — Unterscheidung 80 Fritschsche Lagerung 158, 487, 489 Fritschscher Handgriff 525, 528, 535, 536 Fruchtblase, s. Blase Fruchtwasser — grünliches 136 — Menge 67, 135, 197 — Scheidenkeime 195 — übelriechendes 587 Fruchtwasserabgang 100 Frühgeburt 15, 227, 271, 310 — und Placenta praevia 494 — und Querlage 361 Frühreife 154 Frühschwangerschaft 2, 14, 30 Führungslinie, s. Beckenführangslinie Fundusstand in den einzelnen Schwangerschaftsmonaten 46, 52, 105 Funktionsschwäche der Ovarien 16 Fuß, kindlicher Diagnose 401 Fuß und Hand, Unterscheidung 401 Fußlage 295, 296, 310 — Diagnose 296 — Extraktion bei — 334 — Geburtsmechanismus 309, 310 — und vorzeitige Lösung 503 (54G

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1

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G Gabastou, Turgeszierung der Plazenta nach — 516, 517 Ganglienblocker 637 Gangrän der Blase 35 Ganze Extraktion, s. Extraktion, ganze Gaußscher Eintrittseffekt 569 Gaußsche Wackelportio 11, 32 Gebärunfähige Lagen 190, 562, 601 Geburt, langdauernde 174 — zulässige Höchstdauer 173 Geburtenanamnese 15 Geburtsbeginn 98 Geburtsbeschleunigung 194, 198, 213 Geburtsdauer - Gefahren 174, 195 — Höchstdauer 173 — bei hohem Geradstand 254 — normale 173, 195 — übermäßig lange 174, 186, 206 — Verkürzung 139 — bei Vorderhauptslage 272 Geburtseinleitung 19, 192, 198 Geburtsfaktoren 75, 104 Geburtsgeschwulst 130, 143, 146, 226 Geburtshilfliche Trias 413 Geburtshindernis 190 Geburtskanal 38, 81 Geburtskräfte 92 Geburtsleitung — Austreibungsperiode 139 — bei Beckenendlage 314 — Eröffnungsperiode 131 — durch Hebamme 101 — Nachgeburtsperiode 156 — normale Geburt 131 — bei Querlage 377 — bei Zwillingen 416 Geburtsmechanik 242 Geburtsmechanismus bei engem Becke» 552, 558 Geburtsprognose 198 — enges Becken 565 Geburtsstillstand 153, 575 — in der Austreibungsperiode 208 — auf Beckenboden 202, 24.6, 248 - bei hinterer Hinterhauptslage 255 • bei hohem Geradstand 254 — Indikation zur Geburtsbeschleuniiiunir 199 --- bei mentoposteriorer Gcsichtsl tliTO Lt'U — Ursache 199 — durch Wclienschwäche 174, 185 Geburtstermin 17, 19, 42, 51, 195 (ieburtsunmögliche Lagen 190, 562, 601

Geburtsunmöglichkeit 253 (ί eburtsverletzungen -- des Kindes 244 — der Mutter 356 G eburts Verzögerung 195 — bei plattrachitischem Becken 248 Gedoppelter Handgriff der Just. Siegemundin 405, 511 Gefahr für das Kind 262 Gefahr für die Mutter 262 Gefahrenphase 369 Gefahrenzone bei Placenta praevia 485 Gehirnblutung bei Neugeborenen, s. Hirnblutung Gelüste als Schwangerschaftszeichen 20 Gemelli, s. Zwillinge Geradstand, hoher 252 — Behandlung 254 Gesichtseinstellung 585 Gesichtslage — Ätiologie 287 — Behandlung 287 — Definition 281 Diagnose 282 — Differentialdiagnose 283, 596 — Geburtsmechanismus 283 Häufigkeit 281 — Herztöne 66, 282 llypomochlion 235, 284 — Längsdurchmesser 228 Leitstelle 234, 281 — - mentoposterior 281, 291, 563 Prognose 286 — Zange 229, 234, 288 Gesichtslinie 228 Gewebsquetscliung der Blase 586 Gewicht des Neugeborenen 154 Gewichtskontrollo in der Schwangerschaft 23, 41, 71 Gcwichtssturz, terminaler 72 Gewichtsverlust vor Geburtsbeginn 98 Gibbus 21 Giglisägc 409 Goldene Hegel 102 ^onadotropes Chorionhormon 32. 74 Gravidität, s. Schwangerschaft Gravi toi 192 Größe des Kindes 105, 154 Größenzunahme des Uterus 5 Gyncrgen 170, 192, 505, 525 Ii Ilaftapparat 12, 95 H a l b e Extraktion, s. E x t r a k t i o n , halbe

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Haltung 62, 105, 112, 114 Haltungsanomalie 268 Halsfurchenhandgriff 58 Hämatom beim Kind 244 Hämatom, retroplazentares 156 - subperitoneales 605 Hand und Fuß, Unterscheidung 401 Händedesinfektion 209 Handgriff - Baer 163, 168 — Baumm 546, 552, 556 - Boxball - 529 - Bracht 329, 331 — Hrindeau 351 - Credö 163, 168, 169, 218, 497, 505, 522, 526, 529, 535 — Döderlein, Α., 616 — Druckzangengriff 529 - Fritsch 525, 528, 535, 536 - Hochenbichler 58 - Hofmeier 254, 439, 576, 580 — Kopfnicker —, nach Knebel 58 - Kristeller 150, 153, 254, 334, 357, 580 — Küstner 165 — de Lee 125 - Leopold 52, 296, 365, 584, 594 — Liepmann 254 - Müller (A.) 328 - Olshausen 182 - Pinard 343 - Piskacek 179, 528, 529 — Präger, umgekehrter 357, 358 - Punchingball - 529 - Ritgen 150, 213 - Siegemundin, Justine 405, 511 - Schwarzenbach 124, 125 - Veit-Smellie 324 - umgekehrter 353 - Werth 182 - Wiegand-Martin-v. Winckel 354, 355. 356, 6.18 — Zangemeister 59, 548 - Zweifel 525, 529 — Handtuch-Handirriff nach Döderlein 616 Handvorfall 437 Hängebauch bei Mehrgebärenden 43 Harn, blutiger 206 Harnabgang, unwillkürlicher im Wochenbett 572 Harnblase, volle 136 Harnfistel, Hamblasen-Scheidenfistel 572 Ilarnröluenkompression 35 Harnröhrenwulstlividität 3, 30 Harnuntersuchung 23, 41, 68, 100

047

Harnverhaltung 34 Haupthandgriffe beim engen Becken 548, 549 Hautreize 182 Hegarsches Schwangerschaftszeichen 9,32 Henkeische Parametrienabklemmung 525, 535, 536, 539 Henkelschema 199 Hepatogener Typ der Eklampsie 621 Herunterholen eines Fußes, prophylaktisches 318, 488, 494 Herzklopfen als Zeichen bald einsetzender Geburt 98 Herzkrankheiten und Schwangerschaft 20 Herzmassage bei Asphyxie 183 Herztöne 57, 103, 105 bei Beckenendlage 297, 315 - bei engem Becken 314 bei Gesichts- und Stirnlagen 57, 282 - - Grundregel für die Kontrolle 63, 136 plötzliches Verschwinden 178 - schlechte 64, 136, 153, 174, 190, 207, 211, 262, 317 - bei engem Becken 314, 569 - — und Insertio velamentosa 543 bei Querlage 365, 367 - bei tiefem Querstand 247 - bei vorzeitiger Lösung 501 Herztönerohr 64 Hiatus genitalis 90 Hilfsmittel bei Extraktion am Steiß 347 Hinterdamm 150 Hinterdammgriff 150, 213 Hinterhauptseinstellung 114 Hinterhauptslage - - hintere 63, 66, 255 - Behandlung 261 - Diagnose 114 - -- Durchtrittsplanum 259 Geburtsstillstand 202, 255 - Geburtsverlauf 257, 258, 259 Gefahren 221 Häufigkeit 255 Hypomochlion 235, 259 - Lagerung 261 - Leitstelle 230, 234 - normale 63, 116, 122, 228, 230, 234 Hinterscheitelbeineinstellung 190, 558, 696, 601 - gebärunfähige Lage 563, 601 Hirnblutung 174 Hirndruck 177,183,191, 203, 261 - Zeichen 183 Hirndrucktheorie 623, 624 Hirnödem 624 (548

l Hitzegefühl als Zeichen bald einsetzender Geburt 98 Hochenbichlerscher Handgriff 58 Hochgeschlagene Arme 1 Lösung nach Brindeau 351 j Lösung mit der ganzen Hand 349, 350 Lösung nach Sellheim 350 Hochpendeln 254, 355, 589 Hodgepessar 33 Höhenstand des Kopfes 123, 226 - äußere Untersuchung 55, 123 • innere Untersuchung 127 und Kopfgeschwulst 130 Hofmeiersche Impression 254,439,576,580 Hohe Zange 588 | - Kontraindikation 551 ι Hoher Geradstand 252, 585 - Behandlung 254 - — Bestehenbleiben der jrebärun fähigen Lage 563, 601 Hühnerbrust 21 Hüftbreite 80 Hüften, Entwicklung 153 | Hüftumfang 80 i Humanalbumin 634 j Hunger- und Durstkur 633 ; Hyaluronidase 632 i Hydramnion 31, 138, 311, 431 Ätiologie 434, 435 | - akutes 198, 434 j - und Atonie 516 ! - Behandlung 435 ! - Diagnose 44, 433 I - Differentialdiagnose 433 ; Geburtseinleitung 198 Geburtsverlauf 435 ] Hauptsymptome 433 j - Herztöne 433 - Prognose 434, 435 - und Querlage 361 j Hydrops fetus universalis 74 j Hydrops gravid. 71 i Hydrozephalus 591 Ätiologie 591 • · Behandlung 598 - Diagnose 593 - Differentialdiagnose 596 — Formen 691 Geburtsverlauf 596 - Kopflagen 594 - Mortalität, mütterliche 593 ! - Perforation 591, 608 Prognose 591 Transport 699 Uterusruptur 599

Hypcremesis 498 Hypertonie 138, 484 Hypertonische Lösungen 635 llypomochlion 116, 235 Hypophen 189 Hypophysenhinterlappenpräparate 193, 497, 505, 517, 520, 576 - und Querlage 368 Hypophysen-Zwischenhirnsystem 16 Hypophysin 189, 190 Hypoplasie der Genitalorgane 185, 563 Hypothyreose 22 Hysterotomia anterior 255, 359 — Insertio velamentosa 544

— Gefahren für das Kind 178 — klinische Bedeutung 541 Insufflation 182 Interspinalebene, ~ linie 88, 96, 121 intrakranielle Blutung 203 intrauterine Spülung 527 intravenöse Dauertropfinfusion 532 Introitus vaginae, Lividität 3, 29 Inversion des Uterus 166 Inversionsgefahr 164 j Involution des Uterus 93 i Inzision des Mm 225, 507, 544 Ischämie, utero-plazentare 637 Ischurie 34 ! ! ι j | ! | !

Isthmus-Zervix-Bandapparat 50

I I-Linie 127 Impression, Iiofineiersche 439 Indikationen -- kindliche 207, 208 zur Klinikeinweisung 137, 221, 254, 366, 487, 494, 503, 535, 549, 550, 572, 607, 630 mütterliche 206, 207 zur Sektio 356, 572 — ~ bei Beckenendlagen 317 • - — - bei Querlagen 387 -- zur vaginalen Untersuchung 109 Infantiles Becken 552 Infantilismus 22 - als Ursache der Wehenschwäche 22, 185 Infektion, aufsteigende -- bei engem Becken 669, 586 - Geburtsbeendigung 206 Gefahr 174, 201, 216 — bei Beckenendlage 314 — nach Blasensprung 102, 195, 314 — bei vaginalem Eingriff 108 - — bei Zangenoperation 241 - bei Placenta praevia 489 Infektion des Harns 34 Infektion im Wochenbett 535 Infektionsgefahr 109, 519, 521 Infektionskrankheiten 206 Inhalationsanalgesie 139 Inkarzeration des Uterus 34 Inkontinenz der Harnblase 572 Inneres Rohr des Weichteilschlauchs 88 Insertio velamentosa 207, 541 - Behandlung 543 - Blutung bei - 110 - Definition 541 - Diagnose 137, 171, 542 - Differentialdiagnose 542

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J Janetsche Spritze 518 Justine Siegemundin, Handgriff der — 405, 511 Κ Kaiserschnitt, s. Schnittentbindung Kaiserschnittbecken 574 Karan 183 Katastrophenphase bei Querlage 381 Kathetern — vor Eingriff 211 — Schwierigkeiten 570 — Technik 212 Katheterzeichen 9 Kationenaustauscher 635 Kavum-Fausthandgriff 52!) Kegelkugelhandgriff 254 Kell-Cellano-Faktor 15 Kephalhämatom 146 Kephalokranioklast 613 Kettensäge (Ribeniont-Bon4i>

Kjellandzange 265, 267, 333, 347, 588 klassische Armlösung 320, 330 Kleidotomie 616 Klitorisriß 223, 513, 533 Knebeln (Symphysenpendeln) 254,355,589 Knie des Geburtskanals 87 Knie-Ellenbogenlage 33, 439 Knielage 296, 341 Knochenkanal 81 Knopflochmechanismus 271, 560 Koagulationsvitainin Κ 183, 184 Kochsalzinfusion 532 — intravenöse 532 — rektale 532 Kochsalzretention 71 Kollaps, akuter 207 Kollaps bei Eklampsie 626 — nach i. v. — Wehenmittel 151 Kollapsgefahr 525 Kollumkarzinom 17, 30, 484 Kolpeurynter 543, 586 Kompression, intraut. 525, 527, 528 — des Uterus 529 Kompressionsverband 531, 539, 6 Ausführung 610 bei engem Becken 574, 589 bei Ilydrozephalus 598, 599 Indikationen 550, 608 bei mentoposteriorer Gesichtslage 294 des nachfolgenden Kopfes 349, 618 — - und Nachtastung 606 bei totem Kind 508 Vorbedingungen 609 - Zweck 608 Periduralanästhesie 637 Peritonitis — bei Placenta praevia 489 nach Sektio 495 — septische 489 bei Uterusruptur 605 Pernocton bei Eklampsie 631, (532 Pervitin 137, 176 Pfeilnaht 78, 228 Phasen der Querlagengeburt 363 l'hthalazinkörper 638 Physormon 189 Pinard, Handgriff 343 — Herztönerohr 64 - Zeichen 11, 13 Piskacekscher Handgriff 179, 528, 529 Piskaeeksches Zeichen 8, 13. 32 Pituglandol 189 Pituigan 189 Pituitrin 189 Placenta accreta 521, 522 -- adhaerens 521, 522 — incarcerata 521, 522 increta 521, 522 — percreta 521 Placenta praevia 43,108,110,171,17 7, 482 — Beckenendlage 317 - Behandlung 487, 513 — Blasensprengung 201 Definition 482 — Differentialdiagnose 484, 4-85 - und Extraktion (!) 493, 534, 539 - Gefahren 489 - Häufigkeit 482 - klinische Erscheinungen 482 — marginalis 485, 486, 497

053

-

nachträgliche Diagnose 1 7 1 partialis ( = lateralis) 485, 486, 497 ι Quer verengtes Hecken 253 und Querlage 362 I Querlage 44, 138, 190, 194, B i n und Spontangeburt 534 | - A r m v o r f a l l 369, 373, 378 tiefer Sitz 1 7 1 , 2 7 1 , 487 : Ätiologie 361, 362 totalis (centralis) 485, 486, 492, 497 — Behandlung 375, 378, 386 - Zervixriß 4 9 3 ! — Definition 3 6 1 Placenta succenturiata, s. Nebenplazenta — Diagnose 52, 53, 55, 1 1 0 Planum — Einstellung 62 — fronto-occipitale 76 — Einteilung 3 6 1 — hyo-parietale 2 9 3 — und enges Becken 569, 585 — raaxillo-parietale 2 9 3 — Gefahrenphase 369 — mento-occipitale 76 — Häufigkeit 3 6 1 — - suboccipito-bregmaticum 76, 1 1 5 , 1 4 9 — Herztöne 67 — trachco-parietale 2 9 3 — Katastrophenphase 3 8 1 — zygomatico-parietale 293 — Mortalität 362 Plazenta — Nabelschnurvorfall 369, 380, 4 3 1 — Ablösung 1 5 6 — 1 5 7 | — Phaseneinteilung 3 6 3 — Ausbleiben der Ablösung 1 6 8 — Placenta praevia 483, 492 — Betrachtung auf Vollständigkeit 1 7 0 ; — Prognose 362 — Festsitzen 3 1 7 — Schnittentbindung 387 — manuelle Lösung 518, 519, 5 2 0 — Selbstentwicklung 362, 3 6 3 — Vorgehen bei nicht vollständiger 169, — Ursache 579 522 — vaginale Untersuchung 3 7 1 — vorzeitige Lösung 177, 4 9 8 — verschleppte 382, 3 8 4 - Untersuchung und Beurteilung 1 6 9 — vorzeitige Lösung 603 Plazentare:;!:, Gefahren 1 7 0 — vorzeitiger Blasensprung 1 9 8 Plexuslähmung 326 ; Querstand, tiefer 140, 190, 202 Pollakisurie 2 0 : - Ätiologie 248 Porroscher Kaiserschnitt 5 0 5 — Behandlung 2 4 8 Portio (vaginalis) — Herztöne 247 — Tastbefunde 1 1 3 — Zange 229 — Erosion 484 j Quetschung des Kindes 244 — Lividität 3, 3 0 | Quetschung der Weichteile 206 — Stellung im Geburtsbeginn 97 — Verstreichen 1 1 3 R — "VVackelportio 1 1 Portiokarzinom in der Schwangerschaft Rachitis 20, 21, 5 5 5 484 Randsinusblutung 4 8 5 Positio occipitalis anterior 252 Raute, Michaeliss che 2.1, 22, 27, 29, 552, — — posterior 252 556 Praeeklampsie 1 1 1 , 619, 620 | Regel 15, 1 6 1 — letzte v o r der Schwangerschaft 43, 51, Prager Handgriff, umgekehrter 3 5 7 Preßwehen 93, 139, 2Ö7 98, 1 0 2 Progesteron 5 0 Reifezeichen 75, 1 5 4 Progressivbewegung des Kopfes 1 1 5 , 1 1 7 Reinigungseinlauf 1 0 0 Prominaletten 1 8 4 „Reiten" der vorderen Hüfte 3 4 3 rektale Untersuchung 1, 30, 62, 97, 99, prophylaktisches Herunterholen des vor103, 1 0 4 , 107, 108, 1 2 7 deren Fußes 342 I Reposition Prothrombin 1 8 4 j — bei Armvorfall 4 3 8 Protoveratrin 6 3 8 Pseudomenstruation 1 6 — Gegenindikation bei Armvorfall 4 4 1 Puerperalfieber I I I , 170, 489 ι — der Nabelschnur 4 2 8 Punchingballhandsriff 529 j Retinaculum uteri 9 5 P y ä m i e 522, 5 2 4 1 I Retraktion der Gebärmutter 382

i

054

Rctroflcxio uteri gravidi 31 Retroplazentares Hämatom 499 Rhesusfaktor 15, 72 Ribemont-Bong (Kettensäge) 409 Richtungsbezeichnungen, geburtshilfliche 83 Rißblutung 533 Rißmannsches Kompressorium 520 Ritgenscher Handgriff 150, 213 Rizinus 199, 223 Robertsches Becken 253 Roederersche Einstellung 552, 584 Röntgenuntersuchung 46, 67, 68, 74 Röteln 21 Rotation des Kopfes 115, 117, 140, 235 Rotationstendenz des Kopfes 112 Rubeola 21 Rückdrehung des Kopfes 116 Rücklaufkatheter 531, 532, 611 rückläufige Bewegung 265 Ruptura uteri, s. Uterasruptur Ruptur des Sinus circularis placentas 485 Rutin 634

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, i j i ; j !

I

S Sagrotanlösung 519, 532 Scanzonische Zange 266, 267 Schädelfrakturen 244 Schädelnähte 78 Schädeltraumen 313, 356 Schambogenv/inkel, normaler 582 — spitzer 202, 213, 221, 226, 584 — stumpfer 556, 557 Scheidendammriß 219 Scheidendammschnitt (Dührßen-Sclmchardt) 345, 358 Scheiden-Faust handgriff 529 Scheidenriß 533, 5 4 0 - 5 4 1 Scheidenriß, isolierter 314, 514 Scheidenspülung 531 Scheidentamponade 525, 530, 531 Scheidenzeichen (Schwangerschaft) 3, 4. 13, 30, 31 Scheitelbeineinstellung — hintere 584 — vordere 584 Schieflage 361 Schlagmethode (Ogata) 183 Schlüsselhaken (Braun) 409 Schmerzlinderung — bei der Dammnaht 219, 220 — in der Austreibungsperiode 153 — in der Eröffnungsperiode 138 Schnittentbindung, abdominale — bei Ajmvorfall und engem Becken 440

iι ] ι j j | j j j ί i j j j I

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— bei Beckenendlage 316, 317 — bei Eklampsie 627, 632 — bei engem Becken 585 Gegenindikationen 496 kindliche Indikation 207 — Mortalität 587 -- bei Nabelschnurvorfall 429 bei totem Kind 497 — bei Placenta praevia 495 — nach Porro 505 — bei Querlage 387 — vaginale Untersuchung 110 — Vorbedingungen 586 — bei vorzeitiger Lösung 504 Schnittentbindung, vaginale 359 — bei Eklampsie 627 — bei Insertio vclamentosa 544 — bei Placenta praevia 496 — bei vorzeitiger Lösung 504 Schnupftuchhandgriff nach Werth 182 Schräglage 44, 55, 138, 190, 361 — bei engem Becken 569 — und Selbstwendung 368 — als Folge der Placenta praevia 483 Schräg verengtes Becken 22, 24, 564 Schrödersclies Zeichen 161, 168 Schuchardtschnitt, s. Diihrßen-Schuchardt-Schnitfc Schulterbreite 80 Schultereinkeilung 385 Schulterentwicklung 152 —, Schwierigkeiten bei totem Kind 616 Schulterlage 385 Schulterumfang 80 Schultze (B. S.)-Modus 157 Schüttelwehen 140 Schwangerschaftsanamnese 15, 74 Schwangerschaftsdauer 17, 19, 42 Schwangerschaftshypertrichie 45 Schwangerschaftsintoxikation s. Schwangerschaftstoxikose Schwangerschaftsnephritis 68 Schwangerschaftsnephrose 68 Schwangerschaftspigmentierungen 44 Schwangerschaftsreaktion, biologische 32 Schwangerschaftsstreifen 44 Schwangerschaftstoxikose 484, 498, 501, 619 Schwangerschaftsuntersuchung 2, 19 Schwangerschaftswehen 93 Schwangerschaftszeichen 3, 20, 74 Schwarzenbachscher Handgriff 124 Secacornin 192 Seeale cornutum 192, 193 Sectio s. Schnittentbindung

655

Sehstürungen 103, 620, 629 Seitenbestimmung des vorgefallenen Armes 373 Sektio s. Schnittentbindung Selbstentwicklung der Querlage 362, 363 Selbstwendung 362, 368 Senkung des Leibes 47, 48, 96, 98 Senkwehen 50 Sensibilisierung des Uterus 188 Sepsis 294, 362, 591 Sieboldsche Schere 407, 616 Siegemundin, Handgriff der 405 Smelliesches Perforatorium 611 Spasmolytika 193 Spätblutung im Wochenbett 170 Spättoxikose 619 Spekulumuntersuchung 3, 17, 29, 30, 244, 349, 507 , 514, 534, 616 Sphinkternaht 221 Spiegeleinstellung 3, 17, 29, 30, 244, 349, 507, 514, 534, 616 Spiegelhandgriff nach de Lee 325, 3'26 Spinae ischiadicae 85 Spinae ilicae dors. 21 Spinae ossium ischium 38, 88 — Handgriff zur Auffindung 131 Spinalebene 88 Spitzbauch bei Erstgebärenden 43 Spondylolisthetisches Becken 555 Spreizhandgriff 25 Sprengen der Fruchtblase 194 Spülung, intrauterine 527 Stadium decrementi 92, 93 Stadium incrementi der Wehen 92, 93 Stand des Fundus in den verschiedenen Schwangerschaftsmonaten 46 Stand des kindlichen Kopfes in den einzelnen Beckenetagen 123 Steinsche Kur 199 Steiß, Kennzeichen 55 Steißbein 38, 190, 202 — vorspringendes 112 Steißfußlage 296 Steißhaken 347, 349 Steißkopflänge 412 Steißlage 295, 296, 302 — Diagnose 52, 55, 296 — Geburtsmechanismus 302 — halbe Extraktion 318 reine 296 Stellung 59, 65, 114. 115 Stellwehen 93 Stemmpunkt 116 Stirneinstellung 279, 585 Stirnfaltenzeichen 161

656

| Stirnhaltung 279 ; Stirnlage 278 I - Bedeutung 148, 221, 278 - Behandlung 280, 281 ! - - Definition 278 1 - Diagnose 278 ·. — Differentialdiagnose 596 1 — Geburtsmechanismus 279 ; - - Herztöne 66, 278 - Hypomochlion 235, 279 - Leitstelle 230, 234, 279 - Zange 229, 280 I Stirnnaht 79, 228 Stirnrunzelzeichen 161 Ι Stock-Tuch-Zeichen 12, 31, 32 Stopfende Bewegungen 324 Strecklagen 267 Striae gravidarum 44, 45 Stroganoffschema 631 Strophanthin 532 Stuhl, blutiger 206 Stuhlverstopfung 20 Sturzgeburt 515, 534 Stützapparat 12, 95 j Subjektive Symptome in der Schwanger; schaft 20 ! Sulfonamide 636 I Suprarenin 183, 532 ! Suprasymphysäre Blasenpunktion 36 Sylvester, Atmung 182 Sympatol 176, 180, 182, 183, 532 Symphysenpendeln nach Knebel 355 Symphyseotomie 106 Synkavit 184 Syphilisuntersuchung 15

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Tabaksbeutelmechanismus 50, 31 Tamponade 525, 529, 531, 535 — Gegenindikation bei Placenta praevia 487 — Nachgeburtsblutung 530, 531 - beim Zervixriß 535, 536 Tastbefunde — Muttermund 113 - Portio 113 T-Binde 531, 536, 607 Temperaturmessung in der Austreibungsperiode 143 Tentoriumriß 174, 178, 244, 313 Terminalebene 81, 82, 88 Terminberechnung 16, 17, 19, 43, 5L Tetanus uteri 600 Thymophysin 191, 199

Tiefer Sitz der Plazenta 487 Tiefer Querstand, s. Querstand Tiefpendeln 254, 355, 589 Tinctura opii simpl. 223 Tokofinal 169, 191 Tonus 620 Totalexstirpation des Uterus 525, 532 Totes Kind, s. Kind Totgeburt 15, 271 Touchieren 29, 30, 31 Toxoplasmose 15, 444 Trachealkatheter 181, 636 Transfusion, s. Bluttransfusion Transpulmin 636 Traubenzuckerlösungen, hochhypertonische 633, 635 Trias, geburtshifliche 413 Trichloran 139 Trichloräthylen 139 Trichterbecken 38, 226, 248 Trockenkost 633 Tubenabort 471 Tubenruptur 471 Tubenschwangerschaft 470 Tubera ossis ischii 85 Tubercula pubica 81 Tuberkulose 21 T-Verband 531, 536, 607 Tympania uteri 294 U Übelkeit bei Eklampsismus 43 Ubelkeitsgefühl als Schwangerschaftszeichen 20 Überdehnung der Blasenwand 34 — des Uterus 415 Überragen des kindlichen Kopfes 548 Übertragung 19, 195 — bei Beckenendlage 317 umgekehrter Prager Handgriff 357 umgekehrter Veit-Smelliescher Handgriff 353 untere Schoßfugenrandebene 88 unteres Uterinsegment 9, 50, 81, 88, 89r 94, 97, 206 — Ausziehung des 586 — Fixation 576 — und Placenta praevia 482, 485, 492, 497 Unterreife 154 Unterschied zwischen — Hand und Fuß 511 — Knie und Ellenbogen 511 Untersuchung der Kreißenden 1, 19, 101, 104 42

P s c h y r e m b e l , Prakt. Geburtshilfe

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äußere 1, 2, 78, 104, 107 äußeres Becken 23 in der Frühschwangerschaft 14, 23 innere 1, 2, 62, 68, 78, 107, 202, 246, 253 — rektale 1, 30, 52, 97, 99, 103,104, 107, 246, 253, 256 — — bei engem Becken 546, 565, 569 — röntgenologische 67, 68 — vaginale 1, 23, 29, 62, 103, 104, 107, 113, 114, 209 — — Indikationen dazu 109—111 — — Vorbereitungen dazu 209 Untersuchung, vaginale bei engem Becken 546, 569 — — Gegenindikation bei engem Becken 550, 551 — — — — Placenta praevia 487 — — bei Hydrozephalus 594—596 — — bei Querlage 366 Unvollständigkeit der Plazenta 522 Ureterfistel 537 Uteringeräusch 63, 64, 179 Uterinsegment, unteres, s. unteres Uterinsegment Uterus — arcuatus 362 — Atonie 513 — bicornis 310 — Größe in den einzelnen Schwangerschaftsmonaten 5, 6 — subseptus 310 — unicornis 310 — myomatosus 362, 516 Uterusamputation, supravaginale 539 Uterusexstirpation bei Atonie 525, 532 — bei vorzeitiger Lösung 505 Uterusmassage 526 Uterusruptur 21, 386, 699 — bei Armvorfall 438 — bei engem Becken 190, 601 — Definition 599 — Differentialdiagnose 501, 502 — drohende 110, 138, 151, 294, 367, 602 — — bei engem Becken 566, 569, 570 — eingetretene 604 — — Diagnose 605 — — Vorgehen bei 607 — bei ganzer Extraktion 349 — bei hohem Geradstand 254 — bei Hydrozephalus 591 — bei Querlage 362, 364 — unvollständige 605 — Ursachen 601 — violente 603 G57

— vollständige 604 — Vorkommen 600 - nach hoher Zange 244 Uterusspülung 532 Uterustonika 192, 193 V Vagina, s. Scheide Vaginale Totalexstirpation 522 Vaginale Untersuchung 108 — bei Beckenendlage 301 — bei Querlage 371 Vaginalschleimhaut 3 Variköse Blutungen 484 Varizen 45, 484 Vasa aberrantia 171 Vasopressin 189 Veit-Smelliescher Handgriff 324 — umgekehrter 353 Venennetz 3 Venerische Erkrankungen 21 Verankerungssystem 95, 96 Verblutung — bei Atonie 522 — bei Placenta praevia 483 — bei Uterusruptur 607 Verengtes Becken 21, 28, 29, 544 Verformung des kindlichen Kopfes, s. Konfiguration Vergrößerung des Corp. ut. in der Schwangerschaft 4 Verhakung von Zwillingen 416 Verletzungen bei gebh. Operationen 241, 244, 356 Vernix caseosa 197, 336, 342 Verschiebesymptom 12, 13 Verschieblichkeit der Zervix 11 Verschleppte Querlage 382 Verstreichen der Portio 113 Vielgebärende 15, 50, 515 Vielschwangere 15 Vioformgaze 531 Viragines 564 Vitamin(e) 449 — Κ 183, 184 — Ρ 634 Voegtlineinheiten 189 Vollständigkeit der Plazenta 169, 170 Vorangehender Teil 55, 56 Vorbereitung der Kreißenden zur Geburt 100 — zu gebh. Operationen 208 Vorboten der Geburt 96, 97. 98 Vorderhauptslage 66, 269 — Ätiologie 271

658

— Austrittsmechanismus 271 — Behandlung 273 — Dammriß 221 — Definition 269 — Diagnose 270 — Differentialdiagnose 27c — Geburtsverlauf 271 — Hypomochlion 235, 271, 272, 293 — Kopfgeschwulst 270 — Längsdurchmesser 228 — Leitstelle 234, 272, 293 — Zange bei - 229, 234 Vorderscheitelbeineinstellung 448 Vorfall — eines Armes 436 — einer Hand 437 - der Nabelschnur 423 Vorliegen eines Armes 436 — der Nabelschnur 421 Vorwasser 95 Vorwehen 93, 97, 99 vorzeitiger Blasensprung, s. Blasensprung vorzeitige Lösung der Plazenta 498 — Ätiologie 201, 498, 499 — Behandlung 502 — Definition 498 — Differentialdiagnose 502 — Häufigkeit 499 — mechanische 226 — Nachgeburtszeit 505 — u. Perforation 608 — Prognose 499 — Symptome 484, 500 — Vorkommen 498 — bei 2. Zwilling 416 Vulva 29, 30, 81, 89 Vulvaödem 206 Vulvaspreizer 216

W W-2 Pan-Aminon 634 Wackelportio 11, 32 Wagnersche Probe 479 wahrer Nabelschnurknoten 137 Walchersche Hängelage 106,254,355, 576, 579, 589 — Vorbedingungen 580 "Wandern der Herztöne 66 Wandernlassen der Zangenlöffel 238, 240 Warnsignale bei schlechten Herztönen 178 Wartezeit bei engem Becken 584 Wasserlassen, Irä^ges in der Schwangerschaft 20 Wassen-etention 72, 619, 626 Wehen 22, 92, 103

Wehenarten 93 Wehenbedeutung bei engem Becken 66δ Wehenbeginn 98 Wehenbremse 186, 517 Wehendauer 92, 93,106, 134 Wehenfrequenz 92, 93 Wehenkur 196 Wehenmittel 98, 100,106,187,196, 201, 204, 635 — und Atonie 615 — und enges Becken 676 — Einteilung 188 — Gegenindikationen 161 — mechanische 194 — in der Nachgeburtsperiode 616, 617 — bei Placenta praevia 487, 494 — bei Querlage 368 Wehenpause, 92, 93, 104, 112 Wehenqualität 93 Wehenrichtung 106 Wehenschema 199 Wehenschmerz 194 Wehenschwäche 22,138, 204, 206 — und Atonie 616 — Behandlung 187, 192, 194 Wehenschwäche bei engem Becken 568 — Geburtsverzögerung 193 — bei hinterer Hinterhauptslage 262 — bei Hydrozephalus 696 — primäre 175, 184, 185, 190, 191, 192, 199 — sekundäre 186, 192, 199, 202 — — bei allgemein verengtem Becken 662, 663 — — bei engem Becken 669 — — bei Kopfschräglage 679 — — bei tiefem Querstand 249, 260 — — bei voller Blase 671 — — bei Zwillingen 185 Wehenstärke 92, 93, 106, 134 weicher Geburtskanal 88 Weichteilansatzrohr 88—91 Weichteilkanal 81, 88, 106 Weichteilschädigung 670 Weichteilschonung 608 Weichteilschwierigkeiten beim Kopfdurchtritt 163, 202, 312, 313 Weichteilspalt 90 Weichteilverletzungen 241, 243, 244, 292, 314 Weichteilwiderstände 142, 369, 601 Wendung 390 — bei Armvorfall 373 — äußere 314, 368, 392 — und Atonie 616 42 Ε

— bei Beckenendlage 314 — nach Braxton Hicks 492, 603, 612 bei Querlage 377 — Definition 390 — mit Extraktion 394, 534 — — bei Insertio velamentosa 544 — auf den Fuß 534 — bei hohem Geradstand 235 — kindliche Indikation 207 — bei Kopflage 254, 394, 492, 497, 603, 606 — Nachtastung nach 606 — Narkose 210 — bei Placenta praevia 488, 494 — prophylaktische, bei Kopflage 287 — bei Querlage 359, 362, 367, 394 — Übersicht 390 — Ursache für Zervixriß 533 — und vaginale Untersuchung 109 Wendungsschlinge 347 Werthscher Handgriff 182 Wiederbelebung asphyktischer Neugeborener 180 Wiegand-Martm-v. Winckelscher Handgriff 354 Wintersche Regel 459 Wirbelgleitbecken 555 Wochenbettblutung 522 Wochenbettfieber 111, 108 X X-Bein 21 Τ Y-Schnitt 544 Ζ Zahnränder 21 Zange 224 — aus Beckenausgang 243 — aus Beckeneingang 255 — bei Gesichtslage 288, 359 — bei Hinterhauptslage 227 — bei hinterer Hinterhauptslage 262 — hohe 226, 244, 255, 359, 543 — nach Kjelland 255, 267, 333, 347, 688 — am nachfolgenden Kopf 331, 368 — nach Naegele 224, 333 — nach Scanzoni 266, 267 — — aus Beckenmitte 369, 603 — — bei hinterer Hinterhauptslage 369 — bei Vorderhauptslage 369 — bei schrägstehendem Kopf 237, 261 — schwere und Nachtastung 606 — am Steiß 346, 847 669

— bei Stirnlage 280, 281, 361 — bei tiefem Querstand 250 — Vorbedingungen 225 — bei Vorderhauptslage 274 Zangemeisterscher Handgriff 69 Zangenentbindung 224 — und Atonie 515 — Dührßen-Schuchhardt-Schnitt 359 — Gefahren und Prognose 241 — Grundregeln 227 — Indikationen 203, 204, 207 — Schnierzausschaltung 209, 210 — Spiegeleinstellung 244 — Verhalten, wenn nicht durchführbar 245 — Vorbedingungen 225, 242 zangengerecht stehen 226 Zangenverletzungen 244 Zangenversuch, vergeblicher 245 Zangenschloß 224 Zangenschluß 232, 233 Zeichnen, erstes 97, 99 Zeichnungsblutung 97, 99 Zephirol 209 zerebraler Typ bei Eklampsie 621 Zerreißung des Venensinus 244 Zerstückelnde Operationen 407 Zervixpolyp 17 Zervixriß 140, 225, 244, 314, 342, 487, 533 — Behandlung 535 — Definition 633

660

— bei ganzer Extraktion 349 — Nachgeburtsperiode 513, 514 — Naht 526 — bei Placenta praevia 493 — Sitz 534 — Spätfolgen 535 — bei Spontangeburt 140 — Symptome 534 Zervixzeichen 9 Zweieiige Zwillinge 420 Zweifelscher Handgriff 525, 529 Zweifingerwendung, s. Wendung nach Braxton Hicks Zwergbecken 552 Zwilling, zweiter 415 Zwillinge 31, 138, 411 — und Atonie 615 — und Beckenendlage 311 — und Querlage 362 — Diagnose 44 — eineiige oder zweieiige 420 — Geburtsleitung 416 — Geburtsverlauf 413, 415, 416 — Häufigkeit 411 — Komplikationen 415, 416 — Nachgeburtsperiode 420 — vaginale Untersuchung 416 — Verhakung 416 Zwischenhirn-Hypophysensystem 16, 17 Zyklus 15, 16 Zystitis 20

W.

PSCHYREMBEL

Klinisches Wörterbuch Gegründet von Otto D o r n b l ü t h . 100.—106. durchgesehene und durch einen Nachtrag erweiterte Auflage. Oktav. XIV, 1038 Seiten. Mit 763 ζ. T. neuen Abbildungen. 1952. Ganzleinen DM 16,— „Unter den medizinischen Terminologien hat das Klinische Wörterbuch von Dornblüth seit langem eine besondere Stellung eingenommen und sich seit Jahrzehnten großer Beliebtheit erfreut . . . Auf über 1000 Seiten mit 763 zum Teil neuen Abbildungen gibt es in handlicher Form erschöpfend Auskunft über alle Begriffe der medizinischen Fachsprache. Es wird sowohl dem Arzt als ausgezeichnetes Nachschlagewerk wertvolle Dienste tun, als auch dem Medizinstudenten, der Laborantin, Arztsekretärin und Krankenschwester ein guter Berater sein. Ihnen allen kann das auf den neuesten Stand gebrachte Klinische Wörterbuch warm empfohlen werden." Hippokrates C. HUNNIUS

Pharmazeutisches Wörterbuch 2., wesentlich erweiterte und verbesserte Auflage. Mit 80 Abbildungen und 16 Tabellen. XII, 610 Seiten. 1955. Ganzleinen etwa DM 15,— „Im Sinne einer zuverlässigen Orientierung hat sich der Verfasser bemüht, den wissenschaftlichen und amtlichen Bezeichnungen auch volkstümliche oder veraltete Namen beizufügen. Das Buch wird, da es oft zeitraubendes Wälzen von Fachbüchern und Nachschlagewerken weitgehend erspart, dem Apotheker am Rezeptiertisch und im L a b o r a t o r i u m ein vielseitiger Helfer sein." Bremer Ärzteblatt H.

DYCKERHOFF

Worterbuch der physiologischen Chemie Ffir Mediziner Oktav.

IV, 175 Seiten. Aus

dem

1955.

Ganzleinen DM 18,50

Vorwort:

Aufgabe dieses Wörterbuches ist es, den Arzt schnell und mühelos Über Substanzen und Stoffwediselvorg&nge zu informieren, aus deren Kenntnis er diagnostische und therapeutische Schlüsse ziehen kann.

WALTER DE GRUYTER & CO. / BERLIN W 35

Dr. Ludwig L. Lenz

Praxis der kosmetischen Chirurgie Fortschritte und Gefahren 224 Seiten mit etwa 100 Abbildungen. Ganzleinen DM 25.—

Der Verfasser berichtet über seine Erfahrungen aus etwa 6000 kosmetischen Operationen, die er selbst vorgenommen hat. Die Schönheitskorrekturen fallen zum allergrößten Teil in das Gebiet der kleinen Chirurgie, wie sie jeder Arzt einmal durchzuführen hat. Dem praktischen Arzt dient das Werk aber auch als Grundlage zur Beratung über kleine Eingriffe, die oft gewünscht werden. Hier erhält jeder Arzt die Möglichkeit, seine Patienten in freier Tätigkeit zu behandeln. Das Werk will eine kurze, aber klare und anschauliche Beschreibung der hauptsächlichsten kosmetischen Operationen geben, und es will darüber hinaus beschreiben, was in den meisten bisher erschienenen Lehrbüchern nicht vermerkt wurde, die kleinen, aber so wichtigen Details bei der Arbeit, und vor allem, wie man operieren muß, um die häufigsten Fehler zu vermeiden; es berichtet auch über die nachträglichen Retouchen, die bei einem großen Teil aller kosmetischen Operationen notwendig sind. Zahlreiche Abbildungen und schematische Zeichnungen erläutern den Text. Ein ausführlicher illustrierter Prospekt steht auf Wunsch gern zur Verfügung.

HIPPOKRATES-VERLAG

STUTTGART

Seitz-Amreich

Biologie und Pathologie des Weibes Ein Handbuch der Frauenheilkunde und der Geburtehilfe 2., völlig neubearbeitete Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr. Ludwig Seitz, Frankfurt a. M., und Prof. Dr. Alfred I. Amreich, Wien. Mit zahlreichen zum Teil mehrfarbigen Abbildungen im Text und mehrfarbigen Tafeln. 10 Bände. Lexikonformat. Bisher liegen η Bände dieses Standardwerkes der Frauenheilkunde und Geburtshilfe abgeschlossen vor. Das Gesamtwerk wird Mitte 1 9 5 5 vollständig vorliegen Namhafte deutsche und ausländische Fachgelehrte sind die Mitarbeiter. Es gibt wohl kaum eine Frage in der Gynäkologie, Geburtshilfe und den Grenzgebieten, die in diesem Naάsάlagewerk autoritäre Antwort fände.

von etwa 10000

Seiten nicht erschöpfende md

Die bewunderungswürdige Ausführlichkeit, die zahl-

reichen ausgezeichneten Abbildungen und die unerschöpflichen Literaturangaben sind besonders hervorzuheben.

Bitte fordern Sie einen ausführlichen Prospekt an.

URBAN & SCHWARZENBERG MÜNCHEN · BERLIN • WIEN

Μ.

BURGER

Einführung in die Innere Medizin Groß-Oktav.

Mit 8 Farbtafeln und 50 Textabbildungen. X V I , 1952. Ganzleinen DM 34,50 (Der Kliniker)

558

Seiten.

„ . . . Das, was vorliegt, ist weit mehr, eine groß angelegte, dabei knapp und übersichtlich angelegte Einführung, die alles Wissenswerte in fesselnd geschriebener Weise unter Eingehen auf die Ergebnisse der neueren Forschung enthält. Hervorragend ist bei der ungeheuren Fülle des Stoffes die Beschränkung auf das Wesentliche; bei Besprechung der Therapie macht sich die weise Beschränkung des Klinikers auf das wirklich Erprobte und Bewährte vorteilhaft geltend. D i e Bürgersche Einführung in die I n n e r e Medizin gehört mit ihrem Erscheinen z u den besten internationalen Lehrbüchern. Sie wird allen Ärzten willkommen sein. Ihre Ausstattung mit bunten Tafeln, schematischen Skizzen und Röntgenbildern ist äußerst vielseitig und könnte kaum besser sein. Man darf schon jetzt diesem Werk eine sehr günstige Aufnahme voraussagen." Pro Medico P.

DIEPGEN

Geschichte der Medizin Die historische Entwicklung der medizinischen Wissenschaft, Praxis und des ärztlichen Lebens Ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte I.

Band

Von den Anfängen der Medizin bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Groß-Oktav. Mit 29 Abbildunigen. 336 Seiten. 1949. Ganzleinen DM 18,— II. B a n d

1. Η ä 1 f t e

Von der Medizin der Aufklärung bis zur Begründung der Zellularpathologie (1740 bis ca. 1858) Groß-Oktav. Mit 22 Abbildungen. VIII, 271 Seiten. 1951. Ganzleinen DM 24,— II. Β a η d

2. Η ä 1 f t e. In Vorbereitung.

„Es ist bewundernswert, wie hier die Zusammenfassung der auf so kurze Zeiträume zusammengedrängten ungeheuren Entwicklung der Medizin und der sie beeinflussenden Wissenschaften in fesselnder Weise geschildert wird. Ausgezeichnete zahlreiche Abbildungen bereichern noch mehr den Inhalt des Werkes. Jedem, der sich mit der Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, nicht zuletzt auch der Pharmaziegesdiichte, beschäftigt, wird das Werk ein wertvoller, anregender Helfer und Ratgeber sein." Pharmazeutische Zeitung-Nachrichten

WALTER DE GRUYTER & CO. / BERLIN W 35

Ε.

KAUFMANN

Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie 3 Bände. Groß-Oktav. 11. Auflage. Mit Beiträgen von S t a e m m l e r , Doerr, Büngeler, Rotter, Merkel, Meyer, Tonutti, Faßbaender, Giese, Siegmund t , Lang, H ü c k e l f, Franz, Haslhofer, Schreck, Uffenorde. Herausgegeben von M. STAEMMLER Insgesamt elwa 4000 Seiten. Etwa DM 450,— Bandl Lieferung 1 Mit 150 Abbildungen. 320 Seiten. 1954. DM 42,— Subskriptionspreis (gilt bis zum Erscheinen des ganzen Bandes) DM 36,— Bandl Lieferung 2 Mit 12 Abbildungen. 92 Seiten. 1954. DM 14,— Subskriptionspreis DM 12,— Der neue „Kaufmann" will die anatomischen Grundlagen der wichtigsten Krankheiten nach dem gegenwärtigen Stande der Forschung darstellen; er will versuchen, aus den Abweichungen der Form und Struktur jene Störungen der Funktion zu erklären, die wir „krankhaft" nennen. Dabei sind sich sämtliche Mitarbeiter bewußt, daß es Grenzen des anatomisch Faßbaren gibt, und daß Störungen der Funktion vielfach den Störungen der Gestalt vorausgehen und diese erst sekundär hurvorrufen. Der neue „Kaufmann" will also versuchen, morphologische und physiologische Pathologie in ihren gegenseitigen Beziehungen und Auswirkungen darzustellen. W. KOHLRAUSCH

Krankengymnastik in der Chirurgie Groß-Oktav.

Mit 36 Abbildungen und 1 Tabelle. VIII, 103 Seiten. Ganzleinen DM 16,— (Chirurgie in Einzeldarstellungen Band 32)

1954.

Solange der technisch ungeübte Arzt sich seiner Krankengymnastin oder dem Masseur gegenüber unsicher fühlt, wird er kaum die T u m r ä u m e betreten, u n d es kommt nicht zu dem notwendigen und für beide Teile so fruchtbaren Kontakt zwischen dem Chirurgen und dem medizinischen Hilfspersonal. Diesem oft anzutreffenden Mangel abzuhelfen, soll die vorliegende neuartige Anleitung dienen: Ganz auf die Praxis eingestellt, führt sie die einzelnen chirurgischen Krankheitsbilder auf und vermittelt f ü r jedes d a s W e s e n t liche der h e i l g y m n a s t i s c h e n Technik.

Η. WILDEGANS — Η. GUDERLEY

Blutstillung, Blutersatz und Bluttransfusion Groß-Oktav.

Mit etwa 40 Abbildungen. Etwa VIII, 165 Seiten. 1955. Ganzleinen DM 26,— (Chirurgie in Einzeldarstellungen Band 55)

Auf dem Gebiete der Blutstillung haben die letzten Jahre neue, wertvolle Erkenntnisse und wichtige Vorschläge gebracht, die eine gedrängte Darstellung des Wissensstoffes notwendig erscheinen ließen. Außer dem Bericht über Herkömmliches war es wesentlich, die neuzeitlichen Blutstillungsmittel kritisch zu beurteilen und das Brauchbare in das rechte Licht zu stellen.

L. H. RASCH

Lehrbuch der Blutgruppenkunde Allgemeine Groß-Oktav.

und spezielle

Serologie der Blutgruppenmerkmale und Anwendungsgebiete Mit 83 Abbildungen und 138 Tabellen. IX, 417 Seiten. Ganzleinen DM 30,—

ihrer 1954.

Das Buch will die Praxis der Serologie der Blutkörperchenmerkmale wieder zu den Zusammenhängen mit der allgemeinen Serologie zurückführen und arbeitet die so schwer verständlich zu machenden theoretischen Grundlagen dieses Faches in bemerkenswert klarer und treffsicherer Darstellung heraus. Dadurch ist es ζ. B. möglich geworden, der speziellen Blutgruppen- und Blutfaktorenserologie eine allgemeine Technik der Untersuchungsmethode voranzustellen; auch kann so die klinische Bedeutung der spezifischen und unspezifischen Merkmale g e m e i n s a m behandelt werden. Eine Arbeitsanweisung für den Arzt und f ü r die technische Assistentin, welche der Praxis und der Routine das Verständnis zufügen möchte.

H. FRANKE

Klinische Laboratoriumsmethoden Groß-Oktav.

unter Mitarbeit von Günter Hilgetag Mit 8 Farbtafeln und 176 Abbildungen. XVI, 530 Seiten. 1952. Ganzleinen DM 34,50 (Der Kliniker)

„. . . Das Buch vereinigt damit in glücklicher Weise sachliche Darstellung und methodische Kritik, Berücksichtigung der pathophysiologischen Grundlagen und differcntialdiagnostische Beziehung zum klinischen Bild. Es wird nicht nur dem Arzt, sondern auch dem Studenten ein lebendiger Führer durch das umfangreiche Gebiet der klinischen Laboratoriumstechnik und -methodik sein." Deutsches medizinisches Journal

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Η. KLOSE — G. WITTIG

Narkose nod Anästhesie Groß-Oktav. Mit 34 Abbildungen. IX, 109 Seiten. 1954. Ganzleinen DM 16,80 (Der Kliniker) Dieses Büchlein würde besser „Kurzes Lehrbuch der Narkose und Anästhesie" heißen, wäre sich der Verfasser nicht darüber klar, daß die Kunst der Schmerzausschaltung allein nidit erlernbar ist. In geraffter Darstellung, die wesentlichen Punkte herausgreifend, vermittelt der Autor seinen Lesern die anatomisch-physiologischen und pharmakologischen Grundlagen der Anästhesie und die technischen Besonderheiten der verschiedensten Betäubungsverfahren. I. HENLEY

Einführung in die Praxis der modernen Inhalationsnarkose Oktav. Mit 20 Abbildungen. 117 Seiten. 1950. Kartoniert DM 6,80 „Der größte Teil des Büches enthält praktische Anweisungen zur Durchführung der Narkose, wobei einleitend die physische und psychische Vorbereitung zur Vermeidung der Narkosefurcht besondere Erwähnung findet. . . Das Buch gibt einen guten Uberblick über alles f ü r den Arzt Wichtige, der Narkosen durchzuführen hat." Ärztliche Wochenschrift Β. KABOTH

Lehrbuch der Instrnmentenknnde für die Operationspraxis 5. Auflage.

Groß-Oktav. Mit 77 Abbildungen, darunter 33 Operationstische. XI, 190 Seiten. 1950. Ganzleinen DM 8,80

„Die klare und übersichtliche Anordnung des umfangreichen Materials in leichtverständlicher knapper Form, die kurzen, einleuchtenden Hinweise auf Gang und Zweck der operativen Eingriffe werden das Buch der werdenden Operationsschwester unentbehrlich machen. Besonders hervorzuheben sind die ausgezeichneten Bilder des für jeden einzelnen Eingriff gedeckten Instrumententisches. Kein Werkzeug fehlt, und keines ist zu viel. Diese Sorgfalt und weise Beschränkung spricht f ü r die große Erfahrung und den praktischen Geist der Verfasserin, die wirklich berufen war, dieses Buch zu schreiben, ein Buch, das einem bisherigen Mangel abhilft." Wiener Klinische Wochenschrift

W. E H A L T

tlnfallpraxis Mit einem Geleitwort von Professor Dr. Lorenz Β ö Ii 1 e r , Lcilcr des Unfallkrankcnhauses Wien, und einem Beitrage von Dr. Ernst Ρ « r t s e h e r , Wien, und D i . Ε. Η. Μ a j e r , Wien 3., verbesserte und erweiterte Auflage. Oktav. Mit 252 Abbildungen im Text. XVI, 205 Seiten. 1953. Halbleinen flexibel DM 14,— „. . . Der besondere Wert liegt darin, daß neben dieser ganzen Unfallbehandlung (Einrichtung der Luxationen, operative Wundversorgung, Gipsanlage usw.) ein nicht zu unterschätzender Raum — was bisher in fast allen Büchern dieser Art fehlte — der Begutachtung (d.h. Einschätzung der Erwerbsminderung durch Unfallfolgen), sowie den ^sammenhangsfragen zwischen einer Erkrankung und einem angeschuldeten fteignis gewidmet ist. . . Das instruktive Buch gehört in die Hand jedes höhersemestriigen Studenten; aber auch der praktische Arzt wird gerade aus der knappen Form manche Anregung und Auffrischung seiner Kenntnisse dankbar entnehmen." Ärztliche Sammelblättcr P.

ROSTOCK

Unfall-Begutachtung 2.,

umgearbeitete

Auflage. Groß-Oktav. Mit 78 Abbildungen. 1951. Ganzleinen DM 12,50

109

Seiten.

belehren klar und bündig, wie ein Gutachten abgegeben, wie die Zusammenhangsfrage zum Unfall und die Erwerbsfähigkeitsminderung behandelt werden soll. Die zur Begutachtung zweckmäßigen Untersuchungsmethoden werden erläutert, die wichtigsten Rentensätze aufgeführt und durch Schaubilder anschaulich gemacht. . . Das rechte Buch für jeden Arzt, der irgendwie mit Begutachtung zu tun hat und wünscht, daß sein Gutachten Beweiskraft hat." Südwestdeutsches Ärzteblatt A. H Ü B N E R

Notoperation und dringliche Maßnahmen des praktischen Arztes 4., erweiterte Auflage.

Groß-Oktav. Mit 39 Abbildungen. Ganzleinen DM 10,—

107 Seiten.

1949.

„Jeder praktische Arzt hat in diesem Buch die Möglichkeit, sich schnell und erschöpfend auf jedem Gebiet über das Wichtigste zu informieren. Jeder Praktiker, aber auch der Student im klinischen Semester sollte dieses Buch besitzen um sich schnell zu orientieren und um Anregungen verschiedener Art zu erhalten." Medizinische Klinik

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