Plotin: Die Grossschrift III, 8 - V, 8 - V, 5 - II, 9 3110833786, 9783110833782

In der 1968 gegr�ndeten Reihe erscheinen Monographien aus den Gebieten der Griechischen und Lateinischen Philologie sowi

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Plotin: Die Grossschrift III, 8 - V, 8 - V, 5 - II, 9
 3110833786, 9783110833782

Table of contents :
Frontmatter......Page 1
Inhaltsverzeichnis......Page 7
Vorwort......Page 9
Gliederung der Gesamtschrift......Page 13
Interpretation der Gesamtschrift......Page 16
Schema zu ἕν und νοῦς......Page 239
Konkordanz zu III, 8......Page 241
Literaturverzeichnis......Page 245
Sachregister I......Page 247
Sachregister II......Page 252
Sachregister I......Page 257
Register der Platon-Zitate und -Anspielungen......Page 258

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Roloff Plotin — Die Großschrift HI, 8 — V, 8 — V, 5 — II, 9

Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte

Herausgegeben von Heinrich Dörrie und Paul Moraux

Band 8

Walter de Gruyter & Co. Berlin 1970

Plotin Die GroBschrift 8 - V, 8 - V, 5 -

von Dietrich Roloff

Walter de Gruyter & Co. Berlin 1970

Archiv-Nr. 36 96 706 © 1970 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sehe Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30, Genthiner Straße 13 (Printed in Germany) Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30

ANNEMARIE u n d HEINRICH DÖRRIE

gewidmet

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

IX

Gliederung der Gesamtschrift

1

Interpretation der Gesamtschrift

4

1. Vorspiel 2. Das ev: Erster Anlauf

4 23

3. Der Kocpioc voriTÖc als Vorstufe z u m EV

36

4. Das ev: Zweiter Anlauf 109 5. Die Bestätigung der Stufenreihe: e v — v o ü c — . . . 151 6. Epilog: Die Verteidigung des K Ö C ^ O C CCSCÖTITÖC gegen die Gnostiker 165 Schema zu ev und voüc

227

Konkordanz III, 8 ( = V, 8 ( = V, 5 ( = II, 9 ( =

229 229 230 231 232

Interpretation Interpretation Interpretation Interpretation

S. S. S. S.

4—35) 36 — 94) 94—150) 151—226)

Literaturverzeichnis

233

Sachregister I

235

Sachregister II

240

Namenregister

245

Register der Platon-Zitate und -Anspielungen

246

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist aus einem Kolloquium hervorgegangen, das in den Jahren '65 bis '67 unter der Leitung von Prof. Heinrich Dörrie am Institut für Altertumskunde der Universität Münster stattgefunden und Frau Dr. A. Dörrie, M. Gatzemeier, M. Kassühlke, G. A. Lehmann, F. Lötzsch, H. Meinhardt, K. Wurm und den Verfasser zu Teilnehmern gehabt hat. Die gemeinsame Lektüre der plotinischen Traktate III, 8, V, 8, V, 5 und II, 9 verfolgte den Zweck, den von Härder anhand äußerer Merkmale festgestellten Zusammenhang dieser Schriften auch an ihrem Inhalt zu verifizieren und dabei den Gesamttext auf seinen Aufbau und seine gedankliche Kohärenz zu überprüfen. Ursprünglich war nur geplant, die Protokolle dieses Kolloquiums durch stilistische und terminologische Vereinheitlichung für eine eventuelle Publikation vorzubereiten. Doch erhebliche Schwankungen innerhalb dieser Protokolle (hier Detailfreudigkeit, dort knappste Zusammenfassung, hier das Bemühen um möglichste Nähe zum Text, dort mehr oder weniger freier Exkurs) und vor allem die Tatsache, daß immer wieder wichtige Einzelprobleme entweder gar nicht oder nur andeutungsweise berücksichtigt waren, erzwangen eine gründliche Neu-Interpretation. Damit waren die Protokolle aus einem Gegenstand bloßer Überarbeitung zu einem Anlaß ständiger Auseinandersetzung geworden, und in der Tat weichen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit nicht selten von dem in den Protokollen Festgehaltenen ab oder widersprechen ihm gar. Zum anderen war ich bei diesem zweiten Durchgang insofern im Vorteil, als ich nach Sinneinheiten vorgehen konnte und nicht an die zufällige und dem Text häufig zuwiderlaufende Einteilung der Protokolle gebunden war; und namentlich bei der Schrift II, 9, dem Traktat gegen die Gnostiker, setzte mich eine erst '69 erschienene Sammlung von Gnosis-Referaten der Kirchenväter in den Stand, einige der von Plotin bekämpften Lehren nachträglich zu identifizieren. Statt der üblichen Anordnung des Textes nach Einzelschriften und Kapiteln habe ich der nachfolgenden Interpretation eine inhaltliche Gliederung der Gesamtschrift zugrunde gelegt und der besseren Orientierung halber auch noch gesondert vorangestellt.

X

Vorwort

Die Interpretation selber ist als fortlaufende Darstellung angelegt, was sich in einer entsprechenden Paragraphierung niederschlägt. Da sie sich aber zugleich ständig auf den griechischen Text bezieht, ist nicht nur bei jedem Abschnitt und Unterabschnitt das jeweils besprochene Stück der Gesamtschrift gekennzeichnet; sondern damit auch umgekehrt von jeder beliebigen Stelle des Originals der darauf bezügliche Abschnitt der Interpretation sich auffinden läßt, habe ich ihr eine Konkordanz beigefügt, die für jeden einzelnen Traktat angibt, in welchem Paragraphen und auf welchen Seiten das betreffende Kapitel oder auch die betreffenden Zeilen behandelt werden. Für manche offenkundige Schwäche meiner Arbeit muß die ständige Rücksicht auf das Original verantwortlich gemacht werden: Wiederholungen bereits erörterter Sachverhalte und andererseits Widersprüche, unvermittelte Einbeziehung von scheinbar Abwegigem und überhaupt Theoreme, die unserem heutigen Verständnis überlebt und sogar lächerlich anmuten, kurz, all die Dinge, die in einer eigenständigen und systematischen Untersuchung nicht zu rechtfertigen wären, folgen geradezu zwangsläufig aus der engen Anlehnung an den plotinischen Text, die ihrerseits bei einer fortlaufenden Interpretation kaum zu vermeiden ist. Ebenso sei von vornherein darauf hingewiesen, daß vieles innerhalb der Interpretation bloß hypothetischen Charakter hat, was auf die oftmals bis zum Äußersten verkürzte Redeweise Plotins zurückgeht. Denn ich habe mich bemüht, jedem griechischen Satz, soweit er nicht lediglich das Voraufgegangene im Wortlaut variiert, sein Recht widerfahren zu lassen, mochte es sich dabei bisweilen auch um flüchtigste Andeutungen und manchmal schier unverständlich scheinende Bruchstücke von Aussagen handeln. Andererseits habe ich mich nicht auf bloße Hermeneutik beschränkt; vielmehr erwies es sich als nötig, dem von Plotin Vorgetragenen kritisch zu begegnen, u. d. h. einmal Irrtümer und Trugschlüsse als solche zu entlarven, und zwar, wie sich versteht, auf der Grundlage seiner eigenen Voraussetzungen, und zum anderen kenntlich zu machen, wo Plotin etwa sein Beweisziel infolge unzulänglicher Argumente nicht erreicht oder auch unversehens eine andere Richtung einschlägt, als es seine ursprüngliche Absicht verlangt und ähnliches mehr. Nicht weniger deutlich zeigt sich allerdings beim Blick auf das Ganze der vier Traktate der große Zusammenhang: Plotin ist durchaus in der Lage, einen bestimmten Gegenstand auch über weiteste Zwischenräume im Auge zu behalten, beispielshalber wenn er nach der ausführlichen Erörterung der Schönheit des Geistes vorsatzgemäß zur zweiten Bestimmung des Einen ansetzt oder in seiner Polemik

Vorwort

XI

gegen die Gnostiker deren eingangs aufgezählte Irrlehren trotz eines weitläufigen Exkurses, sonstiger Zusätze und einer regellosen Abfolge nahezu ausnahmslos abhandelt: Systematik also im großen und ganzen bei vielfach mangelnder Folgerichtigkeit im einzelnen. Bei aller Kritik habe ich versucht, den Text aus sich selber zu erklären, was insbesondere für die Einführung der — möglichst einheitlich angewandten — Termini technici gilt. Und wenn auch die zentralen Begriffe ,intentionales' und .transzendentes' Objekt der Husserl'sehen Philosophie entstammen, so sind sie doch im höchsten Maße dazu geeignet, das von Plotin Gemeinte zu verdeutlichen. Ihre Funktion in Gegenstands- und Selbsterkenntnis erläutert das Schema zu ev und voöc. Einzig anläßlich der Schrift gegen die Gnostiker habe ich mich wiederholt auf anderweitige Veröffentlichungen berufen, so vor allem auf den bereits erwähnten Sammelband: Foerster, Die Gnosis I, Zeugnisse der Kirchenväter, 1969, weil es mir dort aufgrund der Tatsache, daß Plotins eigene Angaben eine Identifizierung seiner Gegner nicht zulassen, unumgänglich erschien. Ansonsten habe ich die Literatur, die sich speziell mit den Traktaten III, 8, V, 8, V, 5 und II, 9 befaßt, im Anhang zusammengestellt. Lediglich die Schrift II, 9 bedarf noch einer besonderen Anmerkung : Wenn Plotin in den Lehren der Gnostiker platonisches Gedankengut wiederfindet, so braucht das nicht auf deren tatsächlicher Abhängigkeit von Pia ton zu beruhen; im Gegenteil, Plotins eigener Vorwurf, sie führten sich auf, als hätten sie die griechische u. d. h. die platonische Philosophie nie zur Kenntnis genommen, bzw. sie machten sich einen Spaß daraus, Piaton zu verlästern (11,9, 6), läßt kaum den Schluß zu, daß die Gnostiker ihre Vorstellungen wissentlich in das Gewand platonischer Philosopheme gekleidet haben. Somit dürfte das, was Plotin bei ihnen an Platonischem entdeckt, allenfalls zufällige oder aus anderen Quellen gespeiste Übereinstimmung sein, die erst von Plotin selber als Entlehnung aus Piaton mißdeutet worden ist. Wie schon das Kolloquium hat auch meine Arbeit den Text der zweisprachigen Ausgabe von Theiler-Beutler (Plotins Schriften, III, 1964) zugrunde gelegt, deren Zeilenzählung im übrigen mit derjenigen sowohl der Editio maior wie auch der Editio minor von HenrySchwyzer übereinstimmt. Osnabrück

November 1969

Gliederung der Gesamtschrift 1.

Vorspiel: q>ücic, vfU)(f| und voüc als verschiedene Formen von fccopicc (111,8,1—8)

1.1. 1.2.

These: Alles strebt nach 6ecopia (III, 8,1; 1—18) Anwendung der These auf die tpücic (111,8,1; 18—4; 47)

1.2.1. 1.2.2. 1.2.3. 1.2.4.

Formulierung der Aufgabe (III, 8,1; 18—24) Bestimmung der cpücic als Xoyoc (III, 8,2) Bestimmung der cpücic als ÖEoopia (111,8,3) Weitere Charakterisierung dieser Oecopia (111,8,4)

1.3.

Anwendung der These auf die yuxq (111,8,5—7)

1.3.1. 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4.

Formulierung der Aufgabe (111,8,5; 1—9) Unterschiedliche Stufen seelischer öeoopia (111,8,5; 9—37) Besonderheiten menschlicher öeoopia (III, 8,6) Eine Art Zusammenfassung (111,8,7)

1.4.

Anwendung der These auf den voöc (III, 8,8)

1.4.1.

Der Geist als Vollendung der öscopia (III, 8,8; 1—30)

1.4.2.

Ursprung und Umfang des Geistes (III, 8,8; 30—48)

2.

Das EV : Erster Anlauf (III, 8,9—11)

2.1. 2.2.

Absetzung des EV vom voöc ( 1 1 1 , 8 , 9 ) Positive Bestimmung des EV (III, 8,10—11)

2.2.1. 2.2.2.

Bestimmung des EV als Suva^ic (111,8,10) Bestimmung des EV als dycteöv (III, 8,11)

3.

Der KÖcpioc voryröc als Vorstufe zum ev (V, 8,1—V, 5,4; 6)

3.1. 3.2.

Formulierung der Aufgabe (V, 8,1; 1—6) Einleitung: Die Schönheit unterhalb des Geistes (V,8,1; 6—3; 10)

3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4.

Der Bereich der T E X V T | (V, 8,1; 6—40) Der Bereich der «pücic (V, 8,2; 1—35) Der Bereich der ( v - 8 - 2 ! 35—46) Resümee und Überleitung (V, 8,3; 1—10)

1

Roloff, Plotin

2

Gliederung der Gesamtschrift

3.3.

Die Schönheit des Geistes selbst (V,8,3; 11—V,5,3; 24)

3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.3.5. 3.3.6. 3.3.7.

Das peicc £coeiv der Ideen-Götter (V,8,3; 11—4; 34) Die Eigenart der geistigen coq>ioc (V,8,4; 34—7; 47) Der Geist als das irpcoTcoc koAöv (V, 8,8—9) Das Schauen des geistigen köAAoc (V, 8,10—11) Der Geist zwischen Iv und I (V, 8,12—13; 22) Der Geist als Inbegriff der d ^ t e i a (V,8,13; 22—V,5,2; 24) Der Geist zwischen Iv und yu)(r) I I (V, 5,3)

3.4.

Rekapitulation: Der voüc als Vorstufe und das Iv als Ziel (V.5,4; 1 - 6 )

4.

Das Iv: Zweiter Anlauf (V, 5,4; 6—13; 38)

4.1.

Einleitender Hinweis auf das ev (V,5,4; 6—5; 27)

4.1.1. 4.1.2.

Das ev als jenseits aller Zahl (V, 5,4; 6—20) Das ev als der Zahl .Eins' vergleichbar (V,5,4; 20—5; 27)

4.2.

Die eigentliche Bestimmung des iv (V,5,6—13)

4.2.1. 4.2.2.

Die negative Bestimmung des ev (V, 5,6) Das Schauen des iv (V,5,7—9)

4.2.2.1. Das ev als Licht (V,5,7) 4.2.2.2. Das Sich-zeigen des Iv (V,5,8) 4.2.2.3. Die ontologischen Voraussetzungen (V,5,9) 4.2.3. 4.2.4.

Die positive Bestimmung des iv (V,5,10—12; 5) Das Iv als das Gute (V,5,12; 5—13; 38)

5.

Die Bestätigung der Stufenreihe: Iv—voOc—vfiu)(r| (II, 9,1—3)

5.1. 5.2.

Es gibt nichts über das Iv hinaus (11,9,1; 1—13) Es gibt unterhalb des Iv zumindest noch voOc und ^a^xt1! (11,9,1; 13—19) Es gibt zwischen Iv und vyuxii keine weiteren Hypostasen (11,9,1; 19—2; 18) Ewige Dauer aller Hypostasen einschließlich der uAr| (11,9,3)

5.3. 5.4. 6.

Epilog: Die Verteidigung des Kocpoc aic6r|TÖc gegen die Gnostiker (11,9,4—18)

6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.1.3.

Zum Verhältnis von Weltseele und Weltall (II, 9,4—7) Die Welt ist nicht das Werk einer gestürzten Weltseele (II, 9,4) Die Welt ist nicht geringer als der Mensch (11,9,5; 1—16) Die Welt besitzt keine zweite Seele (11,9,5; 16—23)

Gliederung der Gesamtschrift

6.1.4. 6.1.5. 6.1.6.

Die Welt kennt keine Gegenwelt (11,9,5; 23—6; 6) Die gnostische Entstellung der platonischen Philosophie (11,9,6; 6—62) Die Weltseele als überlegene Verwalterin des Alls (11,9,7)

6.2.

Über die Würde des

6.2.1. 6.2.2. 6.2.3.

Die Welt als niuTina des Kocpoc voTyröc (11,9,8) Die Welt als wohlgeordnet und gut (II,9,9) Exkurs über die gnostische Weltentstehungslehre (11,9,10—12)

KÖCUOC

3

octc6r|Toc (II, 9,8—13)

6.2.3.1. Plotins Absichten bei seiner Polemik (11,9,10; 1—18) 6.2.3.2. Referat der gnostischen Weltentstehungslehre (11,9,10; 19—33) 6.2.3.3. Widerlegung dieser Lehre (11,9,11—12) 6.2.4.

Die Welt als frei von bösen Mächten (II, 9,13)

6.3.

Über rechtes und falsches Verhalten des Menschen (11,9,14—18)

6.3.1. 6.3.2. 6.3.3.

Absurde Beschwörungspraktiken der Gnostiker (11,9,14) Verderbliche Ethik der Gnostiker (11,9,15) Die Fehlhaltung der Gnostiker gegenüber der Schönheit der Welt (11,9,16) Die rechte Einstellung zur Schönheit der Welt (11,9,17) Die rechte Einstellung zum menschlichen Leib (11,9,18)

6.3.4. 6.3.5.



Interpretation der Gesamtschrift 1. Vorspiel: cpucic, yu)^ und voüc als verschiedene Formen von ÖEcopicc (IE, 8,1—8) 1.1. These: Alles strebt nach teoopia (III, 8, 1; 1—18) § 1 (Z. 1—10) Plotin bezeichnet die einleitende These, alles strebe nach Betrachtung, samt ihrer nachfolgenden Erörterung ausdrücklich als Spiel. Das meint freilich nicht — wie die Gegenüberstellung zu dem für spätere Stadien der Untersuchung angekündigten Ernst zunächst vermuten läßt — die Unverbindlichkeit des vorerst noch Unbewiesenen; vielmehr will Plotin — sich gleichsam distanzierend — das Paradoxe seiner Behauptung von vornherein entschärfen; denn die These, alles strebe nach Betrachtung, soll außer den vernunftbegabten auch die übrigen Lebewesen, also Tiere und Pflanzen oder richtiger die in ihnen wirksame cpucic sowie die natura naturans überhaupt, hier durch das Beispiel der Erde verdeutlicht, einschließen. Der Eindruck des Unsinnigen und Überspitzten wird überdies auch noch dadurch gemildert, daß Plotin dem Vernunftlosen lediglich ein Abbild der eigentlichen ©Ecopia zuerkennt, die das Vorrecht und die Eigenart des Vernunftbegabten darstellt. Und demgemäß fällt auch der Vorbehalt des bloß Spielerischen in dem Augenblick unversehens fort, wo die Untersuchimg die Seinsstufen der Seele und des Geistes erreicht hat. § 2 (Z. 10—18) Andererseits kann Plotin, seine These auf die eigene Situation beziehend, auch das vorgebliche Spiel der gerade einsetzenden Erörterung als OecopEiv bestimmen: Das gibt ihm Gelegenheit zu der weiteren paradoxen Aussage, daß jedes Spiel, aber ebenso auch jedes ernsthafte Bemühen, wenn es schon nicht selber Betrachtung sei, so doch immerhin Betrachtung zu seinem T£AOC habe, ja daß sogar das Handeln überhaupt auf Öscopiot abziele. Und offensichtlich in der Absicht, noch mehr zu verblüffen, fügt Plotin hinzu, daß dieser Satz für das notwendige Handeln in höherem, für das frei gewählte hingegen bloß in geringerem Maße gelte; denn die Unverständlichkeit

Formulierung der Aufgabe

Bestimmung der cpücic als Xöyoc

5

dieses Zusatzes wird sogleich eingeräumt, seine Erläuterung allerdings auf später verschoben, dort indes, nämlich III, 8, 4; 31 ff., nur höchst unvollständig ausgeführt. 1.2.

Anwendimg der These auf die «pOcic (III, 8, 1; 18— 4; 47) 1.2.1.

Formulierung der Aufgabe (III, 8, 1; 18—24) § 3 (Z. 18—24) Das Vorhandensein von öecopia soll zuerst an der Erde und den Pflanzen oder vielmehr, wie alsbald präzisiert wird, an der cpücic überhaupt bewiesen werden. Daß diese derart an den Anfang tritt, hat einen doppelten Grund: Einmal gilt die q>Ocic gemeinhin als das gänzlich Vorstellungs- und Vernunftlose, so daß gerade dieser Teil der Erörterung den Charakter des bloß Spielerischen noch am ehesten gewährleistet; zum andern erlaubt der Nachweis von Oecopia im Bereich der cpucic den gradlinigen Aufstieg zu den höheren und eigentlichen Stufen der Betrachtung auf den Ebenen von yuxri und voöc. Plotin wandelt überdies die Ausgangsfrage in einer auch für das Folgende gültigen Weise ab: Statt eines bloßen Strebens nach Betrachtung soll vielmehr das Wesen des jeder einzelnen Seinsstufe eigentümlichen öecopeiv oder noch genauer die Möglichkeit untersucht werden, das jeder Seinsstufe zugehörige Hervorbringen des nächst Niederen auf 0ecopioc zurückzuführen; das soll zunächst mit der cpücic geschehen. 1.2.2.

Bestimmung der cpucic als Xöyoc (III, 8, 2) § 4 (Z. 1—9) Zwar bedarf die natura naturans für ihre Hervorbringungen gleichfalls eines Stoffes, dem sie Formen aufprägt (Plotin greift auf die aristotelischen Termini eT5oc und üAr| zurück), doch anders als menschliche Tätigkeit bedient sie sich keiner Werkzeuge. Ebensowenig ist ihr Hervorbringen von der Art menschlicher Mechanik, die sich angesichts der Vielfalt natürlicher Formen und Farben als viel zu plump erweist. Und schließlich bleibt auch jene Kunstfertigkeit, die wiederholt das Wirken der cpucic hat verdeutlichen sollen, die Herstellung lebensechter Figuren nämlich, hinter der Natur

6

Interpretation der Gesamtschrift

zurück, da sie beispielshalber nicht einmal Farben selber erzeugen kann, sondern auf die cpücei vorhandenen angewiesen ist. § 5 (Z. 9—19) Andererseits stimmen menschliche T E X V T I und Natur darin überein, daß ihrem Hervorbringen beidemal ein Beharrendes zugrunde liegt, hier die Vorstellung des Künstlers von seinem Werk, dort die Süvccuic, der durch keine Vermittlung von ihnen getrennte Ursprung der Dinge. Dieses Fehlen vermittelnder Zwischenglieder (angeborener oder zubereiteter Werkzeuge) rückt die cpücic in die Nähe des aristotelischen Unbewegten Bewegers: Wenn beim menschlichen Hervorbringen die Komponente der Bewegung gerade aus der Vermittlung durch Werkzeuge erwächst, und wenn zum andern die 50vccnic der Natur als funktionelle Entsprechung zum Plan des Künstlers (beide bilden den Ursprung des jeweiligen Werkes) die Dinge unvermittelt erzeugt, muß die «pücic bei ihrem Hervorbringen gänzlich unbewegt bleiben; zugleich kann sie, insofern sie dabei die OAr| durch die Aufprägung der eiSq gestaltet, mit Recht als Erster Beweger gelten. § 6 (Z. 19—34) Dieses Ergebnis läßt sich auch dadurch nicht rückgängig machen, daß man den Aöyoc, die prägende Form der Stoiker, einführt und der cpücic gegenüberzustellen versucht. Im Gegenteil, cpücic und Aöyoc erweisen sich als identisch: Die cpücic muß als das den Stoff überhaupt erst Prägende diesen außerhalb ihrer haben; der Stoff muß umgekehrt für sich allein jeder inhaltlichen Bestimmtheit ermangeln und kann zu einem Etwas erst durch die Prägung seitens der «pücic werden; diese ist daher notwendig Form und nichts als Form, mag letztere nun EISOC in aristotelischer oder Aöyoc in stoischer Terminologie heißen. Darüber hinaus trägt jedes aus dem Zusammenwirken von cpucic und uAr| entstandene Etwas als die Bedingung seiner selbst eine Form an sich, die, weil Ergebnis jenes Zusammenwirkens, nicht mit der Form , cpücic' identisch sein kann, sondern als deren Verdopplung für sich besteht. Daraus ergibt sich für die Entstehung der Naturdinge: Die cpucic erzeugt als Form aus sich eine weitere Form, einen Abkömmling ihrer selbst, der die von der cpücic verliehene Bestimmtheit an den Stoff weitergibt und ihn darin erhält, ohne deshalb in der eigenen Selbständigkeit beeinträchtigt zu werden. Soweit diese abgeleitete Form unmittelbar die räumlich-sichtbare ist, beispielshalber bei toten Dingen, ist sie gleichfalls tot, weil unfähig, eine weitere Form aus sich zu erzeugen, und damit selber die unterste; soweit es sich hingegen um die von innen her wirkende Form eines Lebewesens handelt, ist sie der ihr übergeordneten «pücic darin verwandt, daß sie gleichfalls eine weitere Form, nämlich die äußere des Leibes, aus sich hervorbringt, mit dem Resultat einer dreistufigen Reihe von Formen: cpücic —Aöyoc £cofjc — nop