Physikalische Chemie [4., vollständig überarbeitete Auflage] 9783527315468, 3527315462

215 28 94MB

German Pages 1227 Year 2006

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Physikalische Chemie [4., vollständig überarbeitete Auflage]
 9783527315468, 3527315462

Citation preview

Peter W. Atkins, Julio de Paula

Physikalische Chemie Vierte, vollständig überarbei

®WILEY-VCH

et

Mathematische Beziehungen 54159205359

| | [vereBares=

e= 2.718 281 828 46 ...

dx= Inx + Konstante

Logarithmen und Exponentialfunktionen

Fe

Inx+Iny+..=Inxy... In x-In y=In (x/y)

|

alnx=In«’ In

Om

1.370 36

10?

Zweite Strahlungskonstante

C3=hc/k

Stefan-Boltzmann-Konstante

rc

lon:c-

1.438 78

102

mK

5.670 51

10*

Wm?xK*

10°

me!

Rydberg-Konstante

R = m.e*/8h?ce}

1.097 37

Standardbeschleunigung des freien Falls

g

9.806 65*

Gravitationskonstante

G

6.673

mals

105

Nm?’kg”?

* exakter Wert

Das griechische Alphabet A,a

alpha

H,n

eta

N,v

B,ß

beta

©,

theta

ae

®, od phi

T,y

gamma

l,ı

iota

I ,2e 91

%,y

A,ö

delta

K,x

kappa

P,p

rho

P,Ww

psı

2,0

sigma

N,

omega

I2

Eu

E,e

epsilon

A,)

lambda

Zu0

zeta

M,u

my

ny

Y,v

ypsilon chi

Peter W. Atkins,

Julio de Paula Physikalische Chemie

Lehrbücher von Wiley-VCH P. W. Atkins, C. A. Trapp, M. P. Cady, C. Giunta

Arbeitsbuch Physikalische Chemie Lösungen zu den Aufgaben , 4. Auflage, 2007 ISBN-13: 978-3-527-31828-5 ISBN-10: 3-527-31828-3

G. Wedler

Lehrbuch der Physikalischen Chemie 5. Auflage, 2004 ISBN-13: 978-3-527-31066-1 ISBN 10: 3-527-31066-5

P. W. Atkins

Kurzlehrbuch Physikalische Chemie 3. Auflage, 2002 ISBN-13: 978-3-527-30433-2 ISBN 10: 3-527-30433-9

K. P. C. Vollhardt, N. E. Schore

Organische Chemie 4. Auflage, 2005 ISBN-13: 978-3-527-31380-8 ISBN 10: 3-527-31380-X

Physikalische Chemie Peter W. Atkins, Julio de Paula

Übersetzt von Michael Bär, Carsten Heinisch und Anna Schleitzer Vierte, vollständig überarbeitete Auflage

WILEYVCH

WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Die Originalausgabe Physical Chemistry 8/e wurde 2006 in Englisch publiziert. Die deutsche Übersetzung erfolgt mit Genehmigung von Oxford University Press.

Physical Chemistry 8/e was originally published in English in 2006. This translation is published by arrangement with Oxford University Press. © Peter Atkins and Julio de Paula 2006

Autoren:

Prof. Dr. Peter W. Atkins Lincoln College Oxford University Oxford OX1 3DR Großbritannien Prof. Dr. Julio de Paula College of Arts and Sciences Lewis and Clark College 0615 S.W. Palatine Hill Road Portland, Oregon 97219 USA

Übersetzer: Dr. Michael Bär (Vorspann, Kapitel 8-20, Anhang Al-A4) Carsten Heinisch (Kapitel 25) Dr. Anna Schleitzer (Kapitel 1-7, 21-24)

4., vollständig überarbeitete Auflage 2006 Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form — durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen,

verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden

dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind. Printed in Italy Gedruckt auf säurefreiem Papier.

Satz

Kühn & Weyh, Satz und Medien, Freiburg

Druck und Bindung

ISBN-13: ISBN-10:

L.E.G.O.

978-3-527-31546-8 3-527-31546-2

S.p.A., Vicenza

| Inhaltsübersicht

Teil 1 1 2 3 4 5 6 7

Gleichgewicht 1 Die Eigenschaften der Gase 3 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik 29 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik 81 Physikalische Umwandlungen reiner Stoffe 127 Die Eigenschaften einfacher Mischungen 147 Phasendiagramme 189 Das Chemische Gleichgewicht 225

Teil 2 8 9, 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Struktur 281 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen 283 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen 319 Atomstruktur und Atomspektren 365 Molekülstruktur 409 Molekülsymmetrie 455 Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge 539 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz 573 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen 623 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen 655 Wechselwirkungen zwischen Molekülen 687 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation 723 Materialien 2: Der feste Zustand 773

Teil 3 21 22 23 24 25

Veränderung 825 Die Bewegung von Molekülen 827 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen Molekulare Reaktionsdynamik 963 Prozesse an festen Oberflächen 1007

875 921

Anhang 1 Bezeichnungen, Einheiten, Konventionen

Anhang 2 Mathematische Grundlagen 1069 Anhang 3 Physikalische Grundlagen 1089 Anhang4 Tabellen 1099 Lösungen der (a)-Aufgaben 1139 Lösungen der (b)-Aufgaben 1147 Lösungen der „Schwereren Aufgaben“

Sachregister

1155

1167

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

1065

vi

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

XVII

Über die Autoren

XXI

Danksagungen

XXIII

Über dieses Buch Gleichgewicht

XXV 1

Die Eigenschaften der Gase

3

Das ideale Gas 3 Die Zustände der Gase 3 Die Gasgesetze 7 Die Gasgesetze und das Wetter 11 Reale Gase 14 Zwischenmolekulare Wechselwirkungen 14 Die van-der-Waals’sche Gleichung 17 Das Prinzip der übereinstimmenden Zustände Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

Grundbegriffe

21

29

29

Arbeit, Wärme und Energie

Innere Energie

30

31

Volumenarbeit 34 Wärmeübergänge 39 Die Enthalpie 42 Die dynamische Differenzialkalorimetrie 43 Adiabatische Änderungen 49 Thermochemie 51 Die Standardenthalpie 51 Energiespeicher im Körper 55 Standard-Bildungsenthalpien 57 Die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpien Zustandsfunktionen und totale Differenziale 60 Totale und nicht totale Differenziale 60 Änderungen der Inneren Energie Der Joule-Thomson-Effekt 66

62

Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik Bl! Se 312. A3-1 3.123 3.1.4 372 322,

Die Richtung freiwilliger Prozesse Die Dissipation der Energie 82 Die Entropie

81

82

83

Kälteerzeugung. 90 Entropieänderungen bei speziellen Prozessen 92 Der Dritte Hauptsatz der Thermodynamik 98 Die Beschränkung auf das System 100 Freie Energie und Freie Enthalpie 101

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkiris und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

59

vn

Inhaltsverzeichnis

2 33 ! 032 3.353

Freie Standardreaktionsenthalpien 106 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz Die Fundamentalgleichung 109 Eigenschaften der Inneren Energie 110 Eigenschaften der Freien Enthalpie 112 Physikalische Umwandlungen reiner Stoffe

Phasendiagramme 127 Die Stabilität von Phasen Phasengrenzen 128

Überkritische Fluide

109

127

127

129

Drei typische Phasendiagramme 130 Die Stabilität von Phasen: Phasenübergänge 132 Das thermodynamische Gleichgewichtskriterium 132 Die Abhängigkeit der Stabilität von den Bedingungen 133 Die Lage der Phasengrenzlinien 136 Die Klassifikation der Phasenübergänge nach Ehrenfest 139 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

147

Die thermodynamische Beschreibung von Mischungen 147 Partielle molare Größen 147 Thermodynamik von Mischphasen 152 Das chemische Potenzial flüssiger Phasen 155 Die Löslichkeit von Gasen und die Atmung 159 Die Eigenschaften von Lösungen 160 Flüssige Mischungen 160 Kolligative Eigenschaften 162 Die Bedeutung der Osmose in der Physiologie und Biochemie 170 Aktivitäten Die Aktivität des Lösungsmittels 171 Die Aktivität des gelösten Stoffs 172 Aktivitäten in regulären Lösungen 175 Aktivitäten von Ionen in Lösung 176 Phasendiagramme

189

Phasen, Komponenten, Freiheitsgrade 189 Definitionen 189 Die Phasenregel 192 Zweikomponentensysteme 194 Die Druckabhängigkeit der Zusammensetzung: Dampfdruckdiagramme 194 Die Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung: 198 Siedediagramme Flüssig/Flüssig-Phasendiagramme 200 Flüssig/Fest-Phasendiagramme 205 208 Flüssigkristalle Ultrareinheit und kontrollierte Verunreinigung 209

Dreikomponentensysteme

210

Phasendiagramme in Dreieckskoordinaten Begrenzt mischbare Flüssigkeiten 212 Der Einfluss gelöster Salze 214 Das Chemische Gleichgewicht

210

225

Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen 225 Das Minimum der Freien Enthalpie 225 Die Beschreibung des chemischen Gleichgewi chts

227

169

-

Inhaltsverzeichnis

Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Reaktionsbedingungen 235 Der Einfluss des Druckes auf das Gleichgewicht 235 Der Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht 237 Die Gewinnung von Metallen aus oxidischen Erzen 240 Elektrochemie im Gleichgewicht 241 Elektrodenreaktionen und Elektroden 242 Zelltypen 243 Die Zellspannung 244 Standard-Elektrodenpotenziale 248 Anwendungen der Standardpotenziale 250 Die elektrochemische Spannungsreihe 250 Energieumwandlung in lebenden Zellen 251 Thermodynamische Funktionen aus Zellpotenzialen 258 Säuren und Basen 260 Säure-Base-Gleichgewichte in wässriger Lösung 260 Säure-Base-Titrationen 266 Puffer und Indikatoren 271

Struktur

281

Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

283

Die Anfänge der Quantenmechanik 283 Das Versagen der klassischen Physik 284 Der Welle-Teilchen-Dualismus 289 Elektronenmikroskopie 293 Die Dynamik mikroskopischer Systeme 294 Die Schrödinger-Gleichung 294 Die Born’sche Interpretation der Wellenfunktion 296 Prinzipien der Quantenmechanik 301 Die Informationen in der Wellenfunktion 301 Operatoren, Eigenwerte und Eigenfunktionen 302 307 Superpositionen und Erwartungswerte Die Postulate der Quantenmechanik 313

Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

Translation 319 Das Teilchen im Kasten 320 Bewegung in zwei und mehr Dimensionen 328 Der Tunneleffekt 331 Rastersondenmikroskopie Schwingung 333 Die Energieniveaus

333

Die Wellenfunktionen 334 Rotation 340 Rotation in zwei Dimensionen: Teilchen auf einem Ring 340 Rotation in drei Dimensionen: Teilchen auf einer Kugel 344 Quantenpunkte 350 Der Spin 351 353 Näherungsverfahren Zeitunabhängige Störungstheorie 353 Zeitabhängige Störungstheorie 355

319

326

Inhaltsverzeichnis

10 10.1 10.1.1 10.1.2 il, 10.2 10.2.1 10.2.2 10.3 A10-1 10.3.1 1082 1055 10.3.4 11 alla! 1, 12211 2, a2 De 1132 1,363 A11l-1 11.4 11.4.1 11.4.2 11.4.3 12 1 2A INS 1213 102 12 2251| 1002, 12258

Atomstruktur und Atomspektren

365

365 Struktur und Spektren wasserstoffähnlicher Atome 366 Atome licher toffähn wassers r Die Struktu 371 Atomorbitale und ihre Energien 379 lregeln Auswah und nge Übergä he Spektroskopisc 381

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

Die Orbitalnäherung 381 „ Selbstkonsistente Orbitale 389 391 Die Spektren komplexer Atome Spektroskopie von Sternen 391 Quantendefekte und lonisierung 392 Singulett- und Triplettzustände 392 Spin-Bahn-Kopplung 393 Termsymbole und Auswahlregeln 397 Molekülstruktur 409 Die Born-Oppenheimer-Näherung Die Valenzbindungstheorie 410

Homoatomare zweiatomige Vielatomige Moleküle 412 Die Molekülorbitaltheorie Das Wasserstoff-Molekülion Homoatomare zweiatomige Heteroatomare zweiatomige

409

Moleküle

410

415 416 Moleküle Moleküle

421 427

Die biochemische Reaktivität von O,, N, und NO

433

Molekülorbitale in mehratomigen Molekülen 435 Die Hückel-Näherung 435 Quantenchemie mit Computern 441 Die Vorhersage molekularer Eigenschaften 446 Molekülsymmetrie

455

Die Symmetrieelemente von Körpern 455 Symmetrieoperationen und Symmetrieelemente 456 Die Klassifikation von Molekülen nach ihrer Symmetrie 457 Konsequenzen der Molekülsymmetrie 462 Symmetrie in der MO-Theorie und der Spektroskopie 463 Charaktertafeln und Symmetriebezeichnungen 464 Verschwindende Integrale und Orbitalüberlappung 470 Verschwindende Integrale und Auswahlregeln 475

13

Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren

13.1

Allgemeine Merkmale spektroskopischer Methoden 483 Experimentelle Grundlagen 484 Die Intensität von Spektrallinien 485 Die Breite von Spektrallinien 489 Rotations- und Schwingungsspektroskopie des interstellaren Raums 492 Reine Rotationsspektren 493 Das Trägheitsmoment 493 Die Energieniveaus der Rotation 496 Rotationsübergänge 500 Rotations-Ramanspektren 503 Kernstatistik und Rotationszustände 505 Die Schwingung zweiatomiger Moleküle 506 Molekülschwingungen 506 Auswahlregeln für Schwingungsübergänge 508

Se Aal BA 13-1

15.9, a 1282 1923 13.2.4 18955 1 13351 132

483

-

Inhaltsverzeichnis

15553 13.3.4 193:5 13.4 13.4.1 13.4.2 A13-2 13.4.3 13-3

Anharmonizität 510 Rotationsschwingungsspektren 512 Schwingungs-Ramanspektren zweiatomiger Moleküle Die Schwingungen mehratomiger Moleküle 515 Normalschwingungen 515 Infrarot-Absorptionsspektren mehratomiger Moleküle Die globale Erwärmung 518 Schwingungs-Ramanspektren mehratomiger Moleküle Schwingungsmikroskopie 521

14 14.1 14.1.1 14.1.2 14.1.3 14-1 14.2 1421 A14-2 14.2.2 14.3 14.3.1 14.3.2

Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

15 Sl de 1512 15,2 155 5 1592. 1595 15.3.4 15.4 15.4.1 15.4.2 A15-1 15.4.3 15.4.4 15.4.5 1965) Se 192 A15-2

Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz 573 Elektronen und Kerne in Magnetfeldern 573 Die Energien von Elektronen in einem Magnetfeld 573 Die Energien von Kernen in einem Magnetfeld 575 Magnetresonanzspektroskopie 576 Kernspinresonanz 577 Das NMR-Spektrometer 577 Die chemische Verschiebung 578 Die Feinstruktur des Spektrums 584 Austauschprozesse und Konformationsumwandlungen Pulstechniken in der NMR 594 Der Vektor der Magnetisierung 594 Spinrelaxation 597 Magnetresonanztomographie 600 Der Kern-Overhauser-Effekt 602 604 Zweidimensionale Kernresonanz

16 16.1 1Sle 16.222 A16-1 16.2 Sell 1622

623 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen 624 en zuständ Molekül von ng Die Verteilu

16.3 NOS

Laseranwendungen in der Chemie

Kernresonanz in Festkörpern

519

539 540 546

554 554

558

609

Elektronenspinresonanz 610 Der g-Faktor 611 Die Hyperfeinstruktur 612 Spinsonden 615

624 Konfigurationen und Gewichte 627 e dssumm Zustan are Die molekul iden Polypept in bergang näuel-Ü Der Helix-K 636 Entropie und Energie Innere 636 Die Innere Energie ion der Entropie Definit sche Die statisti

Die kanonische Zustandssumme 641 Das kanonische Ensemble

517

539

Die Eigenschaften elektronischer Übergänge Elektronenspektren zweiatomiger Moleküle Rotationsstruktur 3545 Elektronenspektren mehratomiger Moleküle Der Sehvorgang 549 Das Schicksal angeregter Zustände 551 Fluoreszenz und Phosphoreszenz 551 Fluoreszenzmikroskopie 553 Dissoziation und Prädissoziation Laser 554 Das Funktionsprinzip von Lasern

514

641

639

634

592

xl

xl

Inhaltsverzeichnis

10692

Die thermodynamische Information in der Zustandssumme 642

16.3.3

Unabhängige Moleküle

177 el N ellzil 12

Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

11022 Al 122. 105 17.2.4 102225 172226 18 18.1 18.1.1 1,1152 18.1.3 18.1.4 18.2 18.2.1 1122 A18-1 18.3 18.3.1 18.4 18.4.1 18.4.2 18.4.3 18.4.4 19 19 oe 1912 19.13 19.1.4 A19-1

643

Wechselwirkungen zwischen Molekülen

Die Hierarchie der Strukturen Statistische Knäuel 740

1905 19,220 IT, 19.3 SS

687

704

723

Makromolekülen 723 724 726 728 732 Genom- und Proteomforschung

24 NO

665

Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

Größe und Form von Mittlere Molmassen Massenspektrometrie Laser-Lichtstreuung Ultrazentrifugation Gelelektrophorese in Viskosität

A19-2 19.2.4

655

Elektrische Eigenschaften von Molekülen 687 Elektrische Dipolmomente 687 Permanente und induzierte Dipolmomente 688 Die Polarisierbarkeit 691 Die Dielektrizitätskonstante 693 Wechselwirkungen zwischen Molekülen 695 Wechselwirkungen zwischen Dipolen 696 Abstoßende Beiträge: Die Gesamtwechselwirkung Molekulare Erkennung und Wirkstoffdesign 705 Gase und Flüssigkeiten 708 Wechselwirkungen in Gasen 708 Die Grenzfläche Flüssigkeit-Gas 709 Die Oberflächenspannung 710 Gekrümmte Oberflächen 711 Die Kapillarwirkung 712 Kondensation 713

19265 119122 191222

655

Grundlegende Beziehungen 655 Die Berechnung thermodysamischer Funktionen Die molekulare Zustandssumme 657 Anwendungen der statistischen Thermodynamik Mittlere Energien 665 Wärmekapazitäten 667 Zustandsgleichungen 669 Wechselwirkungen in Flüssigkeiten 671 Nullpunktsentropien 675 Gleichgewichtskonstanten 677

735

737

Struktur und Dynamik

739 739

Struktur und Stabilität von synthetischen Polymeren Leitfähige Polymere 747 Die Struktur von Proteinen

Strukturen höherer Ordnung

747

751

Die Struktur der Nucleinsäuren 752 Die Stabilität von Proteinen und Nucleinsäuren

Selbstorganisation

745

753

754

IS) 322

Kolloide 755 Struktur und Stabilität von Kolloiden

1953

Micellen und biologische Membranen

19.3.4

Oberflächenschichten

A19-3

Nanofabrikation mit selbstorganisierenden Monolagen

756

758

761 764

Inhaltsverzeichnis

20 20.1 20.1.1 20.10, 20.163 20.1.4 A2O-1 20.1.5 20.2 20.2.1 AV 20.2.3 20.3 20 20872. A20-2 20.3.3 20.3.4 20.33

Materialien 2: Der feste Zustand 773 Das Kristallgitter 773 Gitter und Elementarzellen 773 Die Identifikation von Gitterebenen 776 Strukturuntersuchungen 778 Das Bragg’sche Gesetz 780 Röntgenkristallographie biologischer Makromoleküle Neutronen- und Elektronenbeugung 790 Die Struktur von Kristallen 791 Metallische Festkörper 792 lonische Festkörper 794 Molekulare und kovalente Festkörper 797 Die Eigenschaften von Festkörpern 798 Mechanische Eigenschaften 798 Elektrische Eigenschaften 801 Nanodrähte 805 Optische Eigenschaften 806 Magnetische Eigenschaften 811 Supraleiter 815

Teil 3

Veränderung

21

Die Bewegung von Molekülen 827 Die Bewegung von Molekülen in Gasen Die kinetische Gastheorie 828

201 21211 A21-1 DAR, DE 21.1.4 AN) 12 DEE 2416222. 10228) 21.2.4 A21-2 2103 Ale N 32 21-3

2 la: 22 ZN ZORIRN DO. 22.13 22.1.4 DOES DD. DON DD.

787

825

827

Die Sonne als Ball aus idealem Gas 835 Stöße mit Wänden und Oberflächen 835 Die Geschwindigkeit der Effusion 836 Transporteigenschaften idealer Gase 837 Die Transportkoeffizienten 839 Die Bewegung von Molekülen in Flüssigkeiten 841 Experimentelle Ergebnisse 842 842 Die Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen 845 lonenbeweglichkeiten Leitfähigkeit und Wechselwirkungen zwischen Ionen 850 851 Ionenkanäle und Ionenpumpen Diffusion 854 Die thermodynamische Sicht 854 Die Diffusionsgleichung 858 Der Transport ungeladener Teilchen durch biologische 861 Membranen 862 Diffusionswahrscheinlichkeiten 863 Sicht sche Die statisti Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen 875 Empirische Reaktionskinetik

876 Experimentelle Methoden 878 igkeit chwind onsges Die Reakti 883 setze eitsge indigk Geschw Integrierte ts gewich Gleich des Nähe der in Reaktionen von keit hängig aturab Die Temper 893 Reaktionsgeschwindigkeiten 896 etik onskin Reakti Theorie der 896 onen eakti Elementarr Aufeinander folgende Elementarreaktionen

875

889

897

xl

XIV

Inhaltsverzeichnis

A22-1 22.23

Die Kinetik des Helix-Knäuel-Übergangs in Polypeptiden Unimolekulare Reaktionen 907

905

23

Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

23 23ER 23.102 23,2 Dal 23.22 233 23.3.1 233.2 23.4 23.4.1 23-1 A23-1 A23-2 23.4.2 A23-3

Kettenreaktionen 921 Geschwindigkeitsgesetze von Kettenreaktionen 921 Explosionen 924 $ Polymerisationen 926 Schrittweise Polymerisation 926 Kettenpolymerisation 928 Homogene Katalyse 930 Merkmale homogen-katalytischer Reaktionen 931 Enzymkatalysierte Reaktionen 932 Photochemie 937 Kinetik photochemischer und photophysikalischer Prozesse 938 Chemie des Ozons in der Stratosphäre 945 Chemie des Ozons in der Stratosphäre 945 Lichtsammelkomplexe in der Photosynthese grüner Pflanzen 948 Zusammengesetzte photochemische Reaktionen 950 Photodynamische Therapie 952

24

Molekulare Reaktionsdynamik

24.1 24.1.1 24.1.2 24.1.3 24.2 24.2.1 24.2.2 24.3 24.3.1 24.3.2 24.3.3 24.3.4

Reaktive Stöße 963 Die Stoßtheorie 964 Diffusionskontrollierte Reaktionen 970 Die Stoffbilanzgleichung 973 Die Theorie des Übergangszustands 975 Die Eyring-Gleichung 975 Thermodynamische Aspekte 978 Die Dynamik molekularer Stöße 981 Reaktive Stöße 981 Potenzialhyperflächen 982 Theoretische und experimentelle Ergebnisse 983 Die Untersuchung der Reaktionsdynamik mit ultraschnellen 987 Lasermethoden Elektronentransfer in homogenen Systemen 990 Die Geschwindigkeit der Elektronenübertragung 990 Die theoretische Beschreibung der Elektronenübertragung 992 Experimentelle Ergebnisse 994 Elektronenübertragung in Proteinen und Proteinsystemen 996

24.4 24.4.1 24.4.2 24.4.3 A24-1 25 a el 25.162

259 2a 25,22 252223 A25-1 25.3 231 25:32 A25-2 25.4 25.4.1 25.4.2

921

963

Prozesse an festen Oberflächen 1007 Wachstum und Struktur von festen Oberflächen 1007 Oberflächenwachstum 1007 Die Zusammensetzung von Oberflächen 1009 Adsorption an Oberflächen 1015 Physisorption und Chemisorption 1015 Adsorptionsisothermen 1016 Die Geschwindigkeit von Oberflächenprozessen 1021 Untersuchungen mit Biosensoren 1025 Heterogene Katalyse 1026 Mechanismen der heterogenen Katalyse 1027 Katalytische Aktivität von Oberflächen 1028 Katalysatoren in der chemischen Industrie 1030 Prozesse an Elektroden 1032 Die Grenzfläche von Elektrode und Elektrolytlösung 1033 Die Geschwindigkeit der Ladungsübertragung 1035

-

Inhaltsverzeichnis

25.4.3 25.4.4 25.4.5 A25-3 25.4.6 A25-4

Voltammetrie

1042

Anhang ]

Bezeichnungen, Einheiten, Konventionen

Elektrolyse 1047 Galvanische Zellen unter Belastung Brennstoffzellen 1051 Korrosionsschutz

1048

1049

Korrosion

1052

1065

Die Bezeichnungen physikalischer Größen SI-Einheiten 1066 Konventionen in diesem Buch 1068

1065

Anhang 2 A2.1 Az 21.2 A213 A2.2 A221 VAR A2.2.3 A2.2.4 A2.2.5 A2.2.6 A2.3 ABl 20.2 A2.4 A2.4.1 A2.4.2 A2.4.3

Mathematische Grundlagen 1069 Grundoperationen 1069 Logarithmen und Exponentialfunktionen 1069 Komplexe Zahlen und Funktionen 1069 Vektoren 1070 Analysis 1072 Differenziation und Integration 1072 Potenzreihen und Taylor-Entwicklungen 1074 Partielle Ableitungen 1074 Funktionale und Funktionalableitungen 1075 Unbestimmte Multiplikatoren 1077 Differenzialgleichungen 1078 Statistik und Wahrscheinlichkeit 1081 Zufallsauswahlen 1081 Wahrscheinlichkeitsrechnung 1082 Matrixalgebra 1083 Addition und Multiplikation von Matrizen 1084 Gleichungssysteme 1085 Eigenwertgleichungen 1085

Anhang 3 A3.1 A3.1.1 A3.1.2 A3.2 A3.2.1

Physikalische Grundlagen Energie 1089

A3.2.2 N A3.2A A3.3 A3.3.1 OD, AI A3.3.4 A3.4 A3.4.1 A3.4.2 A3.4.3 A3.4.4

1091 Das zweite Newton’sche Gesetz Rotationen 1091 Der harmonische Oszillator 1092 Wellen 1093 Das elektromagnetische Feld 1093 Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung

1089

Kinetische und potenzielle Energie 1089 Einheiten der Energie 1089 Klassische Mechanik 1090 Der Zusammenhang zwischen Trajektorie und Energie 1090

Beugung

1094

1095

Optische Aktivität 1095 Elektrostatik 1096 1096 Die Coulomb-Wechselwirkung 1097 Das Coulomb-Potenzial Die Stärke des elektrischen Feldes 1097 Elektrischer Strom und elektrische Leistung

1098

XV

XVl

Inhaltsverzeichnis

Anhang 4 Tabellen

1099

Übersicht

1099

Charaktertafeln 1134 Die. Gruppe me „ea Die GruppenC,, 1135 Die Die Die Die

21134

Gruppen D, 1136 Gruppen D,, 1136 Pr kubischen Gruppen 1138 Ikosaedergruppe 1138

Lösungen der (a)-Aufgaben

1139

Lösungen der (b)-Aufgaben

1147

Lösungen der „Schwereren Aufgaben“ Sachregister

1167

1155

xVı

| Vorwort

Diese Neuauflage eines bewährten Buches ist der Versuch, sowohl den Inhalt als

auch die Präsentation grundlegend zu aktualisieren, dabei aber seine Flexibilität und Verständlichkeit zu erhalten. Der Umfang von Lehrbüchern ist ein steter Anlass zur Sorge, wir haben daher versucht die Darstellung in dieser Auflage zu straffen.

Andererseits

darf nicht

übersehen

werden,

dass

ein großer Teil des

Umfangs dieses Buches durch die verwendeten pädagogischen Elemente verursacht wird (wie Beispiele oder den Tabellenanhang), nicht unbedingt durch die reine Informationsdichte. Die Änderung, die auf den ersten Blick am meisten ins Auge fällt, ist die Verwendung von Farbe. Wir haben uns große Mühe gegeben, sie systematisch und pädagogisch unterstützend einzusetzen und als Mittel zu sehen, den Text noch leichter les-

bar und verständlicher zu machen. Das Buch ist immer noch in drei Teile gegliedert, allerdings wurde Material zwischen den Kapiteln verschoben und die Kapitel wurden neu organisiert. Auf die Tatsache, dass die Thermodynamik etwas weniger im Fokus steht als früher, haben wir reagiert, indem wir mehrere Kapitel aus Teil 1 (Gleichgewicht) zusammengefasst haben, wobei wir auch im Blick hatten, dass manche der angesprochenen Themen bereits in einführenden Vorlesungen behandelt werden. Die alte Unterscheidung zwischen „Konzepten“ und „Hilfsmitteln“ entfällt; dadurch konnten wir die Darstellung der Thermodynamik straffen. Die Gleichgewichts-Elektrochemie findet sich jetzt im Kapitel über das chemische Gleichgewicht. In Teil 2 (Struktur) liegen die Hauptunterschiede innerhalb der einzelnen Kapitel, wo wir versucht haben, die Diskussion auf aktuelle spektroskopische Techniken und moderne Rechenverfahren der Quantenchemie auszuweiten. Aufgrund der Tatsache, dass die physikalische Chemie eine wichtige Rolle in den Materialwissenschaften spielt, haben wir zwei Kapitel über Materialien eingefügt, von denen sich eines mit Makromolekülen und selbstorganisierenden Systemen und das andere mit Festkörpern befasst. Außerdem tauchen wir in vielen Kapiteln von Teil 2 Konzepte der Nanowissenschaft/Nanotechnologie auf. Aus Teil 3 ist das Kapitel über dynamische Elektrochemie verschwunden, nicht jedoch die entsprechenden Inhalte. Wir halten diese Themen gerade heutzutage für sehr wichtig, aber als letztes Kapitel des Buches konnte dieses Gebiet nicht die Aufmerksamkeit erlangen, die es verdient. Um es besser in die anderen Themen des Buches einzugliedern und seine Verbindung mit anderen Bereichen stärker zu betonen, findet die Beschreibung der Elektronentransferreaktionen jetzt ihren Platz im Kapitel über chemische Kinetik und die Beschreibung von Elektrodenprozessen ist Teil der allgemeinen Diskussion von festen Oberflächen. Die „Kästen“ früherer Auflagen haben wir abgeschafft. Dafür gibt es nun besser

in den laufenden Text integrierte und ausführliche Anwendungen, die zeigen, wie die Physikalische Chemie in den Bio-, Material- und Umweltwissenschaften angewendet wird. Wir glauben, dass diese Themen durch die Befreiung aus ihren Kästen eher gelesen und zur Kenntnis genommen werden. Zu den meisten dieser Themen gibt es auch Aufgaben am Ende der jeweiligen Kapitel. Im Vorwort zur 7. Auflage haben wir die heftige Diskussion in der Physikalischen

Chemie erwähnt, ob Vorlesungen über Physikalische Chemie die Quantenmechanik oder die Thermodynamik an den Anfang stellen sollten. Diese Diskussion ist

nicht beendet. Als Konsequenz haben wir versucht, die Einteilung des Buches so flexibel wie möglich zu halten. Das Ziel war dabei, unterschiedliche Wege durch das Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und ]J. de Paula

Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

XVIll

Vorwort

Buch anbieten zu können. Im Anschluss an dieses Vorwort unterbreiten wir zwei Vorschläge, in welcher Reihenfolge die einzelnen Kapitel durchgearbeitet werden könnten. Unsere Besorgnis hinsichtlich der mathematischen Voraussetzungen der Studenten, die wir ebenfalls in der siebten Auflage geäußert hatten, ist nicht geringer geworden. Wir haben versucht, weitere Strategien zu entwickeln, um die absolute Notwendigkeit der Mathematik für die Physikalische Chemie deutlich zu machen und gleichzeitig diese Mathematikkenntnisse zu vermitteln. Wir leiteten nun Gleichungen noch ausführlicher her, begründen ihren Sinn und ihre Aufgaben und kommentieren jeden einzelnen Schritt. Wir haben versucht, uns in die Studenten zu versetzen, und versuchen ihnen im Kampf mit der Mathematik so gut wie möglich beizustehen. Alles in allem haben wir den Text komplett überarbeitet, aktualisiert und stärker auf Anwendungen der physikalischen Chemie in anderen Fachgebieten ausgerichWEIK,

Oxford Portland

P. W. Atkins J. de Paula

XIX

Klassischer Ansatz Thermodynamik des Gleichgewichts Kapitel 1-7

Kinetik chemischer Reaktionen Kapitel 21, 22 und 24

Quantentheorie und Molekülspektroskopie Kapitel 8-11, 13-15

Spezielle Themen

Statistische Thermodynamik Kapitel 16 und 17

Kapitel 12, 18-20, 23 und 25

Quantenmechanischer Ansatz Quantentheorie und Molekülspektroskopie Kapitel 8- 11, 13-15

Statistische Thermodynamik Kapitel 16 und 17

Thermodynamik des Gleichgewichts

Kinetik chemischer Reaktionen Kapitel 21, 22 und 24

Kapitel 1-7

Spezielle Themen Kapitel 12, 18-20, 23 und 25

.

oo.

xx

| Die Autoren

Julio de Paula ist Professor für Chemie und Dekan der Fakultät für Naturwissen-

schaften am Lewis & Clark College. In Brasilien geboren, studierte Professor de Paula an der Rutgers-Universität in New Jersey Chemie. Er promovierte an der Yale-

Universität in biophysikalischer Chemie. Seine Forschungsgebiete sind Molekülspektroskopie, biophysikalische Chemie und Nanowissenschaft. Er hält Vorlesungen in Allgemeiner Chemie, Physikalischer Chemie, Biophysikalischer Chemie und Instrumenteller Analystik.

Peter W. Atkins ist Professor für Chemie an der Universität von Oxford, Fellow des

Lincoln College und Autor von mehr als fünfzig Büchern für Studenten und die allgemeine Öffentlichkeit. Seine Werke sind rund um die Welt erfolgreich. Er hält häufig Vorträge in den USA und der ganzen Welt und übernahm Gastprofessuren in Frankreich, Israel, Japan, China und Neuseeland. Er war Gründungsvorsitzender des „Committee on Chemistry Education“ der IUPAC und Mitglied der Abteilung Physikalische und Biophysikalische Chemie der IUPAC.

Paula Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Weinheim Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, ISBN: 3-527-31546-2

x

j

Er

s

-

x au

wr

> Au

nen

2



y

uf

-

ö

>

erTG

ah

ü

‚DE

RUE

draht Ve

Er

2

%

u

2777

2°: ca

A

tn,

“ieh =

N m.

Fre

a

HA,

Er

u

j

>

u u

nie

Bauen

rg

BEN

|

. ou

IE

. a

a Se Zug

re

ı ie sen

ar

Mn

ee

i

8 ww ai de AT ey

BE

INT

|

er

zen TER

De

EE

2 JE

BE 2;

54 mv

4

XXI

| Danksagungen

Ein so umfangreiches Buch wie das vorliegende hätte ohne intensive Unterstützung durch zahlreiche Personen nicht geschrieben werden können. Wir müssen an dieser Stelle zuerst unseren Dank an die zahllosen Personen wiederholen, die zu den ersten sieben Ausgaben des Buches beigetragen haben. Besonderer Dank gilt Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady, die die Lösungsbücher zu diesem Lehrbuch erstellt haben Viele Personen haben uns auf der Grundlage der siebten Auflage mit Ratschlägen unterstützt, andere haben in der Entstehungsphase der achten Auflage unfertige Kapitel gelesen. Wir wollen vor allem den folgenden Kollegen herzlich für ihre Unterstützung danken: Joe Addison, Governors State University Joseph Alia, University of Minnesota Morris David Andrews, University of East Anglia Mike Ashfold, University of Bristol Daniel E. Autrey, Fayetteville State University Jeffrey Bartz, Kalamazoo College Martin Bates, University of Southampton Roger Bickley, University of Bradford E. M. Blokhuis, Leiden University Jim Bowers, University of Exeter Mark S. Braiman, Syracuse University Alex Brown, University of Alberta David E. Budil, Northeastern University

Dave Cook, University of Sheffield Ian Cooper, University of Newcastle-upon-Tyne T. Michael Duncan, Cornell University Christer Elvingson, Uppsala University Cherice M. Evans, Queens College —CUNY Stephen Fletcher, Loughborough University Alyx S. Frantzen, Stepehen F. Austin State University David Gardner, Lander University Roberto A. Garza-Löpez, Pomona College

Robert J. Gordon, University of Illinois at Chicago Pete Griffiths, Cardiff University Robert Haines, University of Price Edward Island Ron Haines, University of New South Wales Arthur M. Halpern, Indiana State University Tom Halstead, University of York Todd M. Hamilton, Adrian College Gerard S. Harbion, University of Nebraska at Lincoln Ulf Henriksson, Royal Institute of Technology, Sweden Mike Hey, University of Nottingham Paul Hodgkinson, University of Durham Robert E. Howard, University of University of Tulsa Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula. Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Mike Jezercak, University of Central Oklahoma Clarence Josefson, Millikin University

Pramesh N. Kapoor, University of Delhi Peter Karadakov, University of York

Miklos Kertesz, Georgetown University Neil R. Kestner, Louisiana State University

Sanjay Kumar, Indian Institute of Technology Jeffry D. Madura, Duquesne University Andrew Masters, University of Manchester Paul May, University of Bristol Mitchell D. Menzmer, Southwestern Adventist University David A. Micha, University of Florida

Sergey Mikhalovsky, University of Brighton Jonathan Mitschele, Saint Joseph’s College Vicki D. Moravec, Tri-State University

Gareth Morris, University of Manchester Tony Morton-Blake, Trinity College, Dublin

Andy Mount, University of Edinburgh Maureen Kendrick Murphy, Huntingdon College John Parker, Heriot Watt University Jozef Peeters, University of Leuven Michael J. Perona, CSU Stanislaus Nils-Ola Persson, Linköping University Richard Pethrick, University of Strathclyde John A. Pojman, The University of Southern Mississippi Durg M. Prasad, University of Hyderabad Steve Price, University College London S. Rajagopal, Madurai Kamaraj University R. Ramaraj, Madurai Kamaraj University David Ritter, Southeast Missouri State University Bent Ronsholdt, Aalborg University Stephen Roser, University of Bath Kathryn Rowberg, Purdue University Calumet S. A. Safron, Florida State University

XXIV

Danksagungen

Kari Salmi, Espoo-Vantaa Institute of Technology Stephan Sauer, University of Copenhagen Nicholas Schlotter, Hamline University Roseanne J. Sension, University of Michigan A. j. Shaka, University of California Joe Shapter, Flinders University of South Australia Paul D. Siders, University of Minnesota, Duluth Harjinder Singh, Panjab University Steen Skaarup, Technical University of Denmark David Smith, University of Exeter Patricia A. Snyder, Florida Atlantic University

Olle Söderman, Lund University Peter Stilbs, Royal Institute of Technology, Sweden Svein Stolen, University of Oslo

Wir danken außerdem Fabienne Meyers vom IUPAC-Sekretariat für die Unterstützung bei der farbigen Umsetzung der Grafiken innerhalb kürzester Zeit. Weiter danken wir unseren beiden Verlagen, Oxford University Press und W. H. Freeman & Co., für ihre andauernde Ermutigung, ihren Rat, ihre Hilfe, und vor allem unseren Lektoren Jonathan Crowe, Jessica Fiorillo und Ruth Hughes. Ein besseres Verlagsumfeld können sich Autoren nicht wünschen.

Fu-Ming Tao, California State University, Fullerton Eimer Tuite, University of Newcastle Eric Waclawik, Queensland University of Technology

Yan Waguespack, University of Maryland Eastern Shore Terence E. Warner, University of Southern Denmark Richard Wells, University of Aberdeen Ben Whitaker, University of Leeds Christopher Whitehead, University of Manchester Mark Wilson, University College London Kazushige Yokoyama, State University of New York at Geneseo Nigel Young, University of Hull

Sidney H. Young, University of South Alabama

XXV

| Über dieses Buch

Diese Auflage enthält zahlreiche Elemente, die helfen sollen, das Erlernen der physikalischen Chemie angenehmer und einfacher zu gestalten. Einer der Punkte, die die physikalische Chemie so schwierig machen, ist die schiere Menge an Information; wir haben daher verschiedene Elemente entwickelt, um das Material zu gliedern (siehe Abschnitt „Die Gliederung der Information“). Wir verstehen, dass besonders die Mathematik oft Schwierigkeiten bereitet, und haben versucht, dem Rechnung zu tragen und das Erlernen dieses wichtigen Bestandteils der physikalischen Chemie

so einfach wie möglich zu machen

(siehe „Hilfen zu Mathematik

und Physik“). Das Lösen von Aufgaben - vor allem die Frage: Wie fange ich an? erweist sich oft als weitere Herausforderung, und wir haben unser Bestes getan, um diese Hürde überwinden zu helfen (siehe „Lösen von Aufgaben“). Die folgenden Abschnitte erklären die einzelnen Elemente genau.

|

Die Gliederung der Information

Das Wichtigste auf einen Blick. Hier fassen wir alle wichtigen Stichworte kurz zusammen, die in einem Kapitel eingeführt wurden. Wir empfehlen, die einzelnen Stichworte abzuhaken, wenn Sie das Gefühl haben, sie vollständig verstanden zu haben.

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Eine Symmetrieoperation ist eine Handlung, die ein Objekt nach der Ausführung unverändert erscheinen lässt.

9. Eine Charaktertafel beschreibt die Eigenschaften der verschiedenen Symmetrierassen, die in einer Gruppe auftreten.

2. Ein Symmetrieelement ist ein Punkt, eine Gerade oder eine Ebene, bezüglich derer eine Symmetrieoperation ausgeführt wird.

10. In einer reduzierten Darstellung haben alle Darstellungsmatrizen Blockdiagonalform. Eine irreduzible Darstellung kann nicht mehr weiter reduziert werden.

3. Eine Punktgruppe ist eine Gruppe von Symmetrieoperationen, die mindestens einen Punkt immer auf sich selbst abbil-

11. Die Symmetrierassen sind die Bezeichnungen für die irreduziblen Darstellungen der Gruppe.

a Elbe RaUEDIERE I u GIUPpE a man rationen, die auch Translationen im Raum enthält.

4. Die üblicherweise für Moleküle und Festkörper verwendete

12. Die Zerlegung eines direkten Produkts ist die Reduktion : . a eines Produkts von Symmetrierassen in eine Summe von

Symmetrierassen,

TxT=T")+T”%+...

NosabaniizEjn Tabehe3] 2 T’zusaramengef st, 5. Polare Moleküle müssen zu einer der Punktgruppen C,, C,, und C, gehören.

13. Damit ein Integral |fi, dr von null verschieden sein kann, muss der Integrand ff, die totalsymmetrische Darstellung der jeweiligen Symmetriegruppe enthalten.

6. Ein chirales Molekül kann keine Drehspiegelachse S, besitzen. | j Der er 7. Eine Darstellungsmatrix D(X) ist eine Matrix, die die Trans-

14. Eine symmetrieadaptierte Linearkombination (SALK) ist eine Kombination von Atomorbitalen, die der Symmetrie des Moleküls angepasst ist und als Baustein für LCAO-MOs vernalen

formation der gewählten Basis unter der Operation X

bewirkt. Die Basis ist der Satz von Funktionen, auf die die Darstellungsmatrix wirkt. ©.

Ein Charakterx ist die Summe der Diagonalelemente einer Darstellungsmatrix.

A

15. Durch Betrachtung der Symmetriekriterien für das Übergangsdipolmoment zwischen den Anfangs- und Endzuständen eines Übergangs können erlaubte und verbotene Übergänge identifiziert werden.

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

XXVl

Über dieses Buch

Anwendungen. Wo es uns sinnvoll erschien, haben wir die Grundlagen von ihren Anwendungen abgetrennt: Die Grundlagen bleiben immer gleich und sind verhältnismäßig überschaubar, die Anwendungen wandeln sich mit fortschreitendem Stand der Wissenschaft. Die Anwendungsblöcke zeigen, wie die in diesem Kapitel erarbeiteten Grundlagen zum aktuellen Zeitpunkt in anderen Fachgebieten angewendet werden. %

Anwendung 6-2

a

Ultrareinheit und kontrollierte Verunreinigung

Heizspule

Moderne Technologien erfordern zunehmend den Einsatz hochreiner Materialien. Halbleiterbauelemente bestehen beispielsweise aus nahezu völlig reinem Silicium oder Germanium, das in genau definierter Weise verunreinigt — dotiert - ist. Die Zusätze dürfen nur einen Anteil von etwa 1zu 10° erreichen, damit eine zuverlässige Funktion der Bauelemente gewährleistet ist (das entspricht einem Milligramm der Verunreinigung in einer Tonne des Materials oder einem Salzkorn in 5 Tonnen Zucker). Beim Zonenschmelzen hat die Probe die Form eines dünnen Zylinders. Die Wärme wird durch eine schmale ringförmige Quelle zugeführt, die entlang der Probenachse von einem Ende zum anderen bewegt wird. Dabei sammeln sich die

Abb. 6:35. Das Prinzip des Zonenschmel-

Verunreinigungen in der fortschreitenden flüssigen Zone an. In der Praxis zieht man eine ganze Kette kalter und heißer Zonen durch die Probe hindurch

zens. (a) Anfangs sind die Verunreinigungen über die gesamte Probe verteilt.

(Abb. 6-35). Der Bereich am Ende der Probe, in dem sich die Verunreinigungen ansammeln, wird anschließend verworfen. Bei diesem Verfahren macht man sich die Nichtgleichgewichtseigenschaften

(b) Nachdem eine geschmolzene Zone durch die stabförmige Probe gezogen wurde, reichern sich die Verunreinigungen

des Systems zu Nutze: Die Verunreinigungen sind in der geschmolzenen Probe besser löslich sind als in der festen, weshalb sie sich beim Hin- und Herbewegen

man eine ganze Serie solcher Schmelzzonen von links nach rechts durch den Stab.

(a) J: ee

N

en gung

(b)

Aufsdenrechten Seitearalnider Prasisziäht

Hinweise. Präzision in der Methodik wie in der Sprache ist ein wichtiges Thema in der Wissenschaft. Wir haben daher dieses Element eingeführt, um auf die korrekte und präzise Verwendung von Sprache oder bestimmten Prozeduren in der Wissenschaft hinzuweisen und um zu helfen, häufige Fehler zu vermeiden.

Hinweis

Oft wird von einer „Frequenz von soundso vielen Wellenzahlen“ gesprochen. Das ist gleich doppelt falsch: Erstens sind Frequenz und Wellenzahl zwei verschiedene physikalische Observablen mit unterschiedlichen Einheiten und sollten daher auch sauber unterschieden werden. Zweitens ist „Wellenzahl“ keine Einheit, sondern eine Observable mit der Dimension 1/Länge, die üblicherweise in cm! angegeben wird.

Begründungen. Beim ersten Durcharbeiten des Buches mag es ausreichen, die wesentlichen Schlussfolgerungen zu verstehen, ohne sich durch alle Einzelheiten der Herleitung eines mathematischen Ausdrucks zu arbeiten. Andererseits sind mathematische Herleitungen aber ein integraler Bestandteil der physikalischen Chemie, und es ist wichtig zu verstehen, auf welchem Weg eine bestimmte Bezie-

hung erhalten wird. Die Begründungen ermöglichen es dem Leser, das Niveau der Behandlung und die Menge an Details an seine jeweiligen Absichten anzupassen, und machen es dadurch einfacher, Abschnitte zur Einarbeitung oder zur Wiederholung des Stoffs zügig durchzulesen.

Um die Raumerfüllung eines HDP-Gitters zu bestimmen, berechnen wir zuerst das Volumen einer Elementarzelle und dann das Gesamtvolumen der ganz oder teilweise darin enthaltenen Kugeln. Ersteres ist eine einfache Anwendung elementarer geometrischer Beziehungen. Für den zweiten Teil der Aufgabe müssen wir vor allem die Bruchteile aller Kugeln bestimmen, die zu einer Elementarzelle gehören. Wir beziehen uns mit den folgenden Ausführungen auf Abb. 20-36. Da die Diagonale einer beliebigen Fläche komplett durch eine Kugel verläuft sowie außerdem jeweils halb durch zwei weitere Kugeln, ist ihre Länge gleich 4R. Die Seitenlänge der Elementarzelle ist folglich V8R und ihr Volumen 8Y2R°, Jede Elementar-

zelle enthält

6x} +8x3 =4 Kugeln, deren Volumen jeweils IR? ist, also ist das

insgesamt von den Kugeln eingenommene Volumen !&xR?. Die Raumerfüllung ist somit (InR’)/(8?R’) = !n/8%? = 0.740. Die Raumerfüllung der kubisch dichten

Packung ist ebenso groß, da sie dieselbe Koordinationszahl besitzt, Die Raumerfüllung von weniger dicht gepackten Strukturen kann entsprechend berechnet werden (siehe die Aufgaben A20.14, A20.17 und 20.24).

Abb. 20-36 Die Berechnung der Raumerfüllung einer kubisch dichten Kugelpackung.

Über dieses Buch

Mikroskopische Interpretationen. Historisch betrachtet entstanden viele der Konzepte im ersten Teil des Buches, bevor überhaupt genauere Vorstellungen von Atomen, Molekülen oder molekularen Aggregaten existierten. Die mikroskopischen Interpretationen vertiefen die vorgestellten Konzepte, indem sie aufzeigen, wie diese anhand des Verhaltens von Atomen und Molekülen verstanden werden können.

Mikroskopische Interpretation 7-1

Auf molekularer Ebene kommt das Minimum der Freien Enthalpie, das AG = 0 entspricht, durch die Freie Mischungsenthalpie der beiden Gase zustande. Die Vermischung zwischen Ausgangsstoffen und Produkten beim Fortschreiten der Reaktion liefert deshalb einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Lage des chemischen Gleichgewichts. Wir betrachten an eine hypothetische Reaktion, bei der Moleküle von A in B

mit

Vermischen

Enthalpie GFreie Reaktionslaufzahl

Die Annäherung an das Gleichgewicht

&

umgewandelt werden, ohne dass sich die beiden Sorten mischen. Die Freie Enthalpie des Systems würde sich dabei von G° (A) nach G*(B) in dem Maße ändern, | wie B gebildet würde; in jedem Moment der Reaktion wäre die Ableitung von G , nach der Reaktionslaufzahl konstant und gleich A,G® (Abb. 7-3). Der Graph weist

untere Kurve zeigt den Beitrag zur Freien

zwischen den beiden begrenzenden Achsen kein Minimum auf. In Wirklichkeit mischen sich jedoch erzeugte B-Moleküle mit den verbliebenen Molekülen von A, sodass der Beitrag der Vermischung zur Gesamtänderung der Freien Enthalpie berücksichtigt werden muss (siehe Gl. (5-27)), AuG = nRT(x,Inx/ + x, Inx;). Dieser Beitrag macht sich als U-förmige Kurve bemerkbar, die zu der Geraden addiert werden muss, die sich für die Umwandlung von A in B ergab. Die resultierende Kurve besitzt ein Minimum, dessen Lage der Gleichgewichtszusammenset-

Enthalpie, der von der Vermischung von

zung des Reaktionsgemischs entspricht.

Vermischen Abb. 7-3 Bei Vernachlässigung aller Mischprozesse ändert sich die Freie Enthalpie linear vom Anfangswert (reine Ausgangs-

stoffe) zum Endwert (reine Produkte). Die

Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten geliefert wird. Die Summe beider Beiträge weist ein Minimum auf; dies entspricht dem Gleichgewicht des Systems.

Zusatzinformationen. Manchmal hatten wir den Eindruck, dass eine Herleitung zu lang, zu ausführlich oder im Niveau zu verschieden vom Rest des Buches ist, um sie sinnvoll in den Text integrieren zu können. In diesen Fällen haben wir die Herleitung an das Ende des Kapitels gestellt, wo sie den Lesefluss nicht stört.

Zusatzinformationen Zusatzinformation 14-1 Beispiele für Laserbauarten

führen. Die Ionen kehren anschließend unter Aussendung harter

Die Bedingungen, die ein effizienter Laser erfüllen muss, sind in

UV-Strahlung (bei 72 nm) in den Grundzustand zurück und werden durch im Laser angebrachte Elektroden neutralisiert. Eines

Abb. 14-42 zusammengefasst. Für die praktische Anwendung kommen viele Lasersysteme infrage, von denen wir einige der gebräuchlicheren in den folgenden Abschnitten besprechen werden. Dabei behandeln wir auch einige Systeme, die auf anderen als elektronischen Übergängen beruhen. Nicht erwähnt werden dagegen Festkörperlaser (einschließlich der allgegenwärtigen Diodenlaser), die in Kapitel 20 behandelt werden. Gaslaser

Da Gaslaser einfach zu kühlen sind, indem man das Gas sehr schnell durch den Laser strömen lässt, kann man mit ihnen hohe Leistungen erzielen. Für den Pumpprozess wird meist ein zweites Gas eingesetzt, das nichts mit dem eigentlichen Laserprozess zu tun hat. Im Helium-Neon-Laser besteht das Lasermedium aus einer Mischung von Helium und Neon in einem Molverhältnis von

der technischen Probleme beim Bau solcher Laser besteht darin,

Materialien zu finden, die diese energiereiche Folgestrahlung aushalten können. In dem Laserübergang finden sich viele Linien, da die angeregten lonen in viele tiefer liegende Zustände übergehen können; zwei besonders starke Emissionen des Ar*-Ions liegen bei 488 nm (blau) und 514 nm (grün), weitere Übergänge liegen im gesamten sichtbaren Bereich, aber auch im Infraroten und im Ultravioletten. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert der Krypton-lonenlaser. Er ist weniger effizient, liefert aber eine breitere Spanne von Wellenlängen. Seine intensivste Linie ist die bei 647 nm (rot), er strahlt aber auch gelbe, grüne und violette Linien ab. Beide Läser werden häufig in Lightshows verwendet (dazu werden Argon und Krypton oft als Mischung in einem einzigen Laser eingesetzt), aber auch im Labor als Lichtquelle mit hoher Leistung.

XV

XXVII

Über dieses Buch

tionen, besonders Anhänge. Die physikalische Chemie baut auf zahlreichen Informa Anhänge eingeeinige daher haben aus der Mathematik und der Physik, auf. Wir lische und physika sowie en Einheit führt, um einen schnellen Überblick über n. aufbaue Text im wir mathematische Grundlagen zu geben, auf die

A2.2 |

Analysis y

A2.2.1

Differenziation und Integration

sich Die Veränderungen von Funktionen — die Steigungen ihrer Graphen - lassen einer am einfachsten mithilfe der Differenzialrechnung diskutieren. Die Steigung Kurve (ebenso wie die Steigung eines Berges) erhalten wir, indem wir den Anstieg innerhalb eines bestimmten Intervalls durch die Breite des Intervalls teilen (Abb. A2-7). Da die Steigung sich aber von Punkt zu Punkt verändert, müssen wir das Intervall dabei so klein wie möglich machen, am besten unendlich klein. Die Werte einer Funktion fan den Punkten x und x +öx seien f(x) bzw. fix +öx).

Dann ist die Steigung von fam Punkt x gleich der Höhendifferenz (Differenz der Funktionswerte) öf dividiert durch die horizontale Entfernung (Differenz der Argu-

mente) öx,

Steigung x

Anstiegder Funktion

Sean

horizontale Entfernung

FA

x+6öx)

6x

f(x fe,

(A2-23)

Öx

x+öx

Abb. A2-7 Die Ableitung df (x) /dx ist die Steigung der Funktion f(x) am Punkt x.

Die Steigung genau am Punkt x erhalten wir, indem wir öx gegen null gehen lassen; wir schreiben dafür lim,,‚.In diesem Grenzfall schreiben wir statt ö d:

Sie wird berechnet, indem man Näherun-

gen [f(x + öx) — f(x)]/öx berechnet und dx gegen null gehen lässt (durch die kleiner

Steigungam Punktx

werdenden Abstände der vertikalen Linien

df

= kan fx +6) fo)

dx

öx0

(A2-24)

i

öx

vom Punkt x angedeutet).

Um die Steigung einer beliebigen Funktion berechnen zu können, müssen wir einen Weg finden, den Ausdruck auf der rechten Seite zu bestimmen. Diesen Prozess nennen wir Differenziation, und der Ausdruck df/dx heißt Ableitung der

Kurztabellen und Tabellenanhang. Ausführliche Tabellen mit Daten sind nützlich, um Aufgaben zu stellen und zu lösen, unterbrechen aber den Lesefluss. Wir stellen den Hauptteil der Daten daher im Tabellenanhang am Ende des Buches zur Verfügung und präsentieren im Text an den entsprechenden Stellen nur Kurztabellen, die einen schnellen Überblick über typische Werte der jeweiligen physikalischen Größen geben.

Tabelle 2-8 Koeffizienten der thermischen Ausdehnung a und der isothermen Kompressibilität x

ao“ K')

Tabelle 2-9 Inversionstemperaturen, Schmelz- und Siedepunkte und Joule-Thomson-Koeffizienten bei 1 atm und 298 K

xr/(10° atm')

Flüssigkeiten

Argon

T/K

Tm/K

Ts/K

723

83.8

87.3

Benzol

12.4

92.1

Helium

Ethanol

L2

76.8

Kohlendioxid

1500

194.75

38.7

Krypton

1090

116.6

120.8

90.5

Luft

603

6

Methan Neon

968 231

90.6 24.5

111.6 27.1

Sauerstoff

764

54.8

90.2

0.31

Stickstoff Wasserstoff

621 202

63.3 14.0

774 203

027 -0.03

Quecksilber

Tetrachlorkohlenwas-

serstoff W. EEE bi

1.82

12.4

a

Festkörper

Blei Ban

0.861 0.030

221 0.187

Eisen er upier

0.354

0.589

0.501

0.735

Alle Werte beziehen sich auf 20 °C. Quelle: AIP(a), KL(x7).

40

4.22

Ay/(K atm")

-0.062

1.11 bei 300 K

0.189 bei 50 °C i

S: Sublimation Quelle: AIP, JL, und M.W. Zemansky, Heat and thermodynamics. McGrawHill, New York (1957).

-

Über dieses Buch

|

Hilfen zu Mathematik und Physik

Kommentare.

An

vielen

Stellen

verwenden

wir mathematische

Verfahren

oder

bestimmte Konzepte aus der Physik; ein Kommentar ruft das jeweilige Verfahren oder Konzept kurz in Erinnerung.

Kommentar 6-3 Die obere und untere kritische Mischungstemperatur werden auch als obere bzw. untere Entmischungstemperatur bezeichnet.

EM Kommentar 22-1 Bei der Partialbruchzerlegung zur Auswertung eines Integrals der Form | (a-x)(b-x) schreiben wir

1

See

1

nn)

und integrieren den Ausdruck auf der rechten Seite: Ierreeel

=

il 1 l ii Na

es

sl

Ing)

+ Konstante.

(a und b sind Konstanten.)

Anhänge. Weitergehende Informationen über Mathematik und Physik gibt es in den Anhängen 2 und 3. Diese Anhänge gehen nicht sehr in die Einzelheiten, sondern sollen nur als Erinnerung an früher Gelerntes dienen.

A3.3 |

Wellen

Wellen sind Störungen, die sich mit einer endlichen Geschwindigkeit durch den Raum fortbewegen. Beispiele für solche Störungen sind die kollektive Bewegung von Wassermolekülen in Meereswellen oder von Gasteilchen in Schallwellen. Wellen werden durch eine Wellengleichung beschrieben, eine Differenzialgleichung, die die Bewegung der Welle in Raum und Zeit wiedergibt. Harmonische Wellen sind Wellen, deren Auslenkungen als Sinus- oder Kosinusfunktionen ausgedrückt werden können. Diese Konzepte werden in der klassischen Physik verwendet, um den Wellencharakter von elektromagnetischer Strahlung zu beschreiben, was wir im Folgenden tun wollen.

A3.3.1

Das elektromagnetische Feld

In der klassischen Physik wird elektromagnetische Strahlung anhand des elektromagnetischen Feldes interpretiert, einer oszillierenden elektrischen und magnetischen

Störung,

die sich als harmonische

Welle

durch

den leeren

Raum,

das

Vakuum, ausgebreitet. Die Welle pflanzt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit fort, der Lichtgeschwindigkeit c, die ungefähr 3 x 10° m!

beträgt. Wie sein Name

bereits andeutet, besteht ein elektromagnetisches Feld aus zwei Komponenten, einem elektrischen Feld, das auf geladene Teilchen wirkt (egal, ob sie ruhen oder sich bewegen), und einem magnetische Feld, das nur auf bewegte Ladungen wirkt. Das elektromagnetische Feld wird durch eine Wellenlänge / charakterisiert, den Abstand zwischen benachbarten Wellenbergen, sowie durch seine Frequenz v, die Häufigkeit, mit der das Feld an einem festen Punkt wieder zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt (Abb. A3-5). Die Frequenz wird in Hertz gemessen, wobei 1Hz=1 szlist, Wellenlänge und Frequenz einer elektromagnetischen Strahlung hängen durch wc

(A3-24)

(b) Abb. A3-5 (a) Die Wellenlänge A einer Welle ist der Abstand von Wellenberg zu Wellenberg. (b) Hier bewegt sich die Welle mit einer Geschwindigkeit c nach rechts. An einem festen Ort durchläuft die Amplitude einer Welle eine komplette Periode, während die Welle diesen Punkt passiert

(die vier offenen Punkte zeigen eine halbe Periode). Die Frequenz v ist die Zahl der Perioden, die an einem festen Punkt pro

Sekunde vorbeilaufen. Wellenlänge und Frequenz hängen durch Av = c zusammen.

XXIX

XXX

Über dieses Buch

|

Lösen von Aufgaben

Illustrationen. Eine Illustration (nicht zu verwechseln mit einem Diagramm!) ist ein kurzes Beispiel, wie eine Gleichung zu verwenden oder zu interpretieren Ist, die im Text angegeben wird. Insbesondere zeigen wir hier, wie Daten verwendet oder Einheiten korrekt gehandhabt werden. F

— Illustration 5-1

Be — = Die Bestimmung eines partiellen molaren Volumens

[euan

Messwerte für das Gesamtvolumen einer ethanolischen Lösung, die 1.000 kg Wasser enthält, bei 25 °C lassen sich an folgendes Polynom anpassen: v = 1002.93 + 54.6664x — 0.363 94x’ + 0.028 256x°

mit v= V/cm’, x=n,/ mol und n, als Stoffmenge des Ethanols. Das partielle molare Volumen von Ethanol in der Lösung ist folglich I

We

(5)

|

An:

= ( DEn

3

Anz/mol)

))

,

cm’ mol”' = (5)

PT

9x

cm’mol' .

54

PT.nw

Mit

|

dv

oe

| 55 = 54.6664 — 2: (0.363 94)x + 3: (0.028.256)x

I

=

0

5

10

Molalität, x/(mol kg‘)

erhalten wir dann | |

V;/(cm’ ') Volumen molares partielles mol

V2/(cem’ 3 mol AN ) = 54.6664 — 0.727 88x + 0.084 768x” 2 .

| Diese Funktion istin Abb. 5-3 graphisch dargestellt.

Abb, 5-3 Das Onteprechend partielle molare Volumen Von een darin

Illustration 5.1 gegebenen Polynom.

Beispiele. Ein Beispiel ähnelt der Illustration, ist aber stärker strukturiert und bezieht sich meist auf auf ein komplizierteres Problem. Zu jedem Beispiel gehört ein Abschnitt „Vorgehen“, der zeigt, wie man das Problem am besten angeht (oft erscheint ein anderer Weg zunächst natürlicher: die Herangehensweise an Aufgaben ist sehr individuell!); danach kommt die komplett durchgerechnete Antwort.

Beispiel 9-2 Der Ursprung des Tunnelstroms in der Rastertunnelmikroskopie Um eine Vorstellung von der Abstandsabhängigkeit des Tunnelstroms in der STM zu bekommen, nehmen wir an, dass die Wellenfunktion des Elektrons zwischen der Spitze und der Oberfläche durch ) = Be** mit k = {2m.(V — E)/h’}'” gegeben ist. Weiter nehmen wir eine Energiedifferenz V — E = 2.0eV an. Um welchen Faktor ändert sich der Tunnelstrom, wenn sich der Abstand der Spitze von der | Oberfläche von L, = 0.50nm auf L, = 0.60 nm ändert? Vorgehen Wir nehmen an, dass der Tunnelstrom proportional zur Tunnelwahrscheinlichkeit T ist, sodass das Verhältnis der Ströme gleich dem Verhältnis der Tunnelwahrscheinlichkeiten ist. Um zu entscheiden, ob wir zur Berechnung von T GI. (9-20b) verwenden können oder auf Gl. (9-20a) zurückgreifen müssen, berechnen wir zuerst «L für den kleineren Abstand L,. Wenn kL > 1 ist, können

wir Gl. (9-20b) verwenden. Antwort für KL:

Mit

L=L,=0.50nm und V — E = 2.0eV = 3.20 x 10"? ]Jerhalten wir

2(9.109 x 10"!kg)(3.20 x 10"]) (1.054 x10-#] s)?

v2 (5.0 x 10m)

= (7.25 x 10’m)(5.0 x 10°''m) = 3.6.

Übungen. Zu jedem Beispiel und vielen der Illustrationen gehört eine Übung, deren korrekte Antwort angegeben ist, als Prüfung für das Verstehen des jeweiligen Problems. Es gibt auch allein stehende Übungen an den Stellen, wo wir es für sinnvoll hielten, mit einer Frage das Verständnis der vorgestellten Konzepte zu prüfen. Übungen sind Aufgaben im Fluss des Kapitels, die helfen sollen, die eigenen Fortschritte kontinuierlich zu überwachen. None 254 | Schlagen Sie eine Form des Geschwindigkeitsgesetzes für die Deuterierung von NH, vor, wenn D, dissoziativ und leicht (d.h. Kp< 1, wenn p der Partialdruck | von D; ist) adsorbiert wird und die Adsorption von NH, (mit dem Partialdruck p') an anderen Bindungsstellen erfolgt. = k(Kp)""K'/(1 p + K'p')]

-

Über dieses Buch

Diskussionsfragen. Das Material am Ende des Kapitels beginnt mit einem kurzen Katalog von Fragen, die zum Überdenken des vorgestellten Materials einladen und helfen sollen, die Konzepte in einem allgemeineren Kontext zu sehen, als dies durch das Lösen von Rechenaufgaben möglich ist. Diskussionsfragen 3.] Die biologische Evolution erfordert die Organisation einer großen Zahl von Molekülen in lebenden Zellen. Verletzt die Bildung von Organismen den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik? Formulieren Sie Ihre Antwort klar und schlüssig und begründen Sie sie mit ausführlichen Argumenten. 3.2 Ein selbst ernannter Erfinder auf der Suche nach Investoren sendet Ihnen unverlangt Material über seine neueste Idee zu:

Ein Gerät soll dem Erdboden mit einer Wärmepumpe Wärme entziehen und damit Wasser verdampfen; der Dampf soll zur Heizung eines Hauses und zum Antrieb einer Dampfmaschine dienen, welche wiederum die Wärmepumpe antreibt.

Das Verfahren verspricht große Gewinne: Nachdem dem Boden zu Anfang einmal Energie entzogen wurde, läuft das Gerät unendlich lange weiter, ohne dass fossile Brennstoffe erforderlich wären. Würden Sie in dieses Projekt investieren? Erklären Sie Ihre (eindeutige) Entscheidung anhand ausführlicher Argumente.

3.3 Diskutieren Sie Ursprung, der folgenden Kriterien für derungen: AS,., > 0, dS,, dG,,0 oder d)> — 273 °C laufen die Geraden alle aufV=0zu.

Abb. 1-5 Beim Auftragen des Drucks als Funktion von 1/V bei konstanter Temperatur ergeben sich Geraden.

Volumen V

o

Druckp

Temperatur I

(188

0

:

:

Temperatur T

Abb. 1-7 Bei konstantem Volumen ist auch der Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur linear. Für T>0 oder 0> — 273 °C laufen wieder alle Geraden aufp = O zu.

Hinweis

Eine Beziehung zwischen zwei Größen, deren Gültigkeit man überprüfen will, sollte man möglichst in einen linearen Zusammenhang überführen. Bei dessen graphischer Auftragung sieht man sofort, ob sich eine Gerade ergibt; Abweichungen von komplizierteren Kurvenformen sind hingegen viel schwerer festzustellen.

wobei die einzelnen Graphen, Isochoren genannt, die Variation i Onstan? BERSHEHSHINORURENN -dergeben. Die drei durch die GlIn. (1-5) bis (1-7) beschriebenen empirischen Befunde können folgendermaßen in einer einzigen Gleichung zusammengefasst werden: TEEN

gg.

\pV = KonstantexnT.

s

u

Dieser Ausdruck ist konsistent mit dem Boyle’schen Gesetz (pV = konstant) für n, T = konstant, mit beiden Schreibweisen des Gesetzes von Charles (px, V«T) für n, V = konstant bzw. n, p= konstant sowie mit dem Avogadro-Prinzip (V x n) für p, T = konstant. Der für alle Gase gleiche Proportionalitätsfaktor wird als Gaskonstante R bezeichnet. Der Ausdruck

es istyEin Gas, das Gl. (1-8) immer exakt erfüllt, heißt ideales Gas. Reale Gase werden durch Gl. (1-8) im Grenzfall p>0 beschrieben. Um den Wert der Gaskonstante zu bestimmen, berechnet man für ein Gas im Grenzfall sehr kleinen Drucks (d.h. bei nahezu idealem Verhalten) R=pV/nT. Einen exakteren Wert erhält man durch Messung der Schallgeschwindigkeit in einem unter sehr gerin-

-

1.1

gem Druck stehenden Gas (in der Praxis meist Argon) und Extrapolation des Messwerts auf p—>0. Tabelle 1-2 gibt Zahlenwerte von R in verschiedenen nützlichen Einheiten an.

> auf

QlE

9

Das ideale Gas

\re

a

n # Das bedeutet, die mittlere auf die Wand ausgeübte Kraft veroppelt sich ebenfalls. biert man also das Volumen, so verdoppelt sich der Druck: pV ist konsta as Boyle’sche Gesetz trifft auf alle Gase zu, unabhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung. Einzige Voraussetzung ist ein hinrei-

Tabelle 1-2 Die Gaskonstante in verschiedenen Einheiten. R

Einheit

8.31447

JK-! mol!

8.20574 x10?

Latm K-' mol”!

8.31447 x10 ?

Lbar K'! mol!

8.31447

Pam’K!mol!

62.364

LTorr K' mol”!

1.98721

calK' mol“!

chend niedriger Druck, weil in diesem Fall die mittlere Entfernung zwischen zwei

Molekülen so groß ist, dass diese einander nicht beeinflussen, sich also unabhängig voneinander bewegen. ie molekulare Erklärung des ( zes von Charles gründet sich auf den Fakt,

ET

u

rindigkeit der Moleküle eines Gases mit steigender Tem;

peratur zunimmt Folglich treffen die Moleküle häufiger und heftiger auf die Gefäßwand, üben also einen größeren Druck aus. ‚ Diese qualitativen Überlegungen werden durch die kinetische Gastheorie, die wir in Kapitel 21 ausführlich besprechen wollen, quantitativ erfasst. Diese Theorie fußt, kurz gesagt, auf drei Annahmen: 1. Das Gas besteht aus Molekülen der Masse m, die sich unablässig in zufälliger Bewegung befinden. |2. Die Größe der Moleküle ist vernachlässigbar in dem Sinne, dass die Durchmesser der Teilchen klein gegen die im Mittel zwischen zwei Zusammenstößen zurückgelegte Wegstrecke sind. » 3. Die einzige Wechselwirkung zwischen den Molekülen besteht ® in kurzzeitigen, seltenen, elastischen Stößen. Bei einem elastischen Stoß unterscheidet sich die kinetische Translationsenergie der Stoßpartner vor und nach der Kollision nicht. Aus den wenigen Annahmen der kinetischen Gastheorie folgt, wie wir in Kapitel 21 herleiten werden, dass der Zusammenhang zwischen Druck und Volumen des Gases durch

1 pV=znMe

(1-9)

M= mN, die molare Masse der Moleküle und c die quadragegeben ist, wobei tisch gemittelte Geschwindigkeit” sind,

e= (vw).

(1-10)

Wenn die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle nur von der Temperatur abhängt, gilt bei konstanter Temperatur offensichtlich pV = Konstante ;

dies ist die Aussage des Boyle’schen Gesetzes. Wenn außerdem Gl. (1-9) der Zustandsgleichung eines idealen Gases entsprechen soll, muss ihre rechte Seite in gleich nRT sein. Die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle einem Gas mit der Temperatur T muss dann

= ar

deit)s

M

für den englischen Ausdruck root 3) Wir verwenden in diesem Buch den Ausdruck quadratisch gemittelt dass das Adverb quadratisch mean square, Wurzel aus dem quadratischen Mittel. Es ist zu beachten, der entsprechenden Quadrat das über wird Gemittelt bezieht: sich auf den Vorgang der Mittelung im Allgemeinen nicht gleich dem Größe, anschließend wird die Wurzel gezogen. Das Resultat ist

Quadrat des Mittelwertes: (x) z (22).

El Kommentar 1-3 Die kinetische Energie eines Objekts mit der Masse m, das sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, ist Ein= 1m v*. Die potenzielle Energie Ezo: oder V des Objekts wird hingegen nicht von seiner Bewegung, son-

dern nur von seiner Lage bestimmt. Für die potenzielle Energie kann kein allgemein gültiger Ausdruck angegeben werden, weil sie von der Art der Wechselwirkungen des Objekts mit anderen Objekten abhängt.

1 Die Eigenschaften der Gase

10

— Wo Isobare LH

p= Tr

“| Isochore

Druckp ——> _

Volumen

Abb. 1-8 Ausschnitt aus der p, V, T-Fläche einer gegebenen Stoffmenge eines idealen Gases. Zu allen Zuständen, die das Gas annehmen kann, gehört jeweils

ein Punkt auf dieser Fläche.

v

Abb. 1-9 Als Schnitte durch die in Abb. 1.8

dargestellte Fläche erhält man für konstante Temperatur die Isothermen aus Abb. 1.4, für konstanten Druck die Isobaren aus Abb. 1.6 und für konstantes Volumen die Isochoren aus Abb. 1.7.

betragen. Daraus ziehen wir folgenden Schluss: Die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases ist proportional zur Wurzel aus der Temperatur und umgekehrt proportional zur Wurzel aus der molaren Masse dieses Gases. Mit steigender Temperatur nimmt folglich die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Teilchen zu, und bei einer gegebenen Temperatur bewegen sich schwerere Moleküle langsamer als leichtere. Aus Gl. (1-11) berechnet man zum Beispiel für N,-Moleküle bei 298 K eine quadratisch gemittelte Geschwindigkeit von 515 ms".

Die Fläche in Abb. 1-8 zeigt, entsprechend Gl. (1-8), den Verlauf des Drucks einer bestimmten Gasmenge in Abhängigkeit von seinem Volumen und seiner thermodynamischen Temperatur. Das ideale Gas kann nur Zustände annehmen, die in dieser Fläche enthalten sind. Die Isothermen in Abb. 1-4 und die Isobaren in Abb. 1-6 entsprechen Schnitten durch diese Fläche, wie in Abb. 1-9 dargestellt.

Beispiel 1-2 Anwendung der Zustandsgleichung des idealen Gases In einem Industrieprozess wird Stickstoff in einem Gefäß mit konstantem Volumen auf 500 K erhitzt. Bei Eintritt in den Behälter beträgt sein Druck p = 10 MPa und seine Temperatur T = 300 K. Unter welchem Druck steht das Gas bei Arbeitstemperatur, wenn es sich ideal verhält? Vorgehen Da die Temperatur ansteigt, erwarten wir, dass der Druck zunimmt. Schreiben wir die Zustandsgleichung des idealen Gases in der Form pV/nT = Rauf, so sehen wir, dass pV/nT konstant ist und die Werte der Variablen für zwei Zustände durch ein „ kombiniertes Gasgesetz“ miteinander in Beziehung stehen: pıVı _ MV

nT, nn

— =

Anfang Ende

—r | nr [a

gleich ı100

' nn

|gleich |300

gleich | ? | gleich ı500

(1-12)°

Eine Zusammenfassung der bekannten und unbekannten Größen gibt Skizze (2). Antwort

Kürzen der Stoffmenge (n, = n,) und des Volumens

den Seiten der kombinierten Gleichung liefert

p_P a

(Vı = V,) auf bei-

1.1

Das ideale Gas

dies stellt man um zu Pı TE Tr Pı


1: Das molare Volumen solcher Gase ist größer als das eines idealen Gases, hier dominiert die Abstoßung zwischen den Teilchen. Bei mäßigem Druck ist für die meisten Gase Z < 1, anziehende Kräfte sind bestimmend und das molare Volumen ist kleiner als das eines idealen Gases.

140

2

120

50°C

az

100

N

F

S E80

=

2

40 °C Kerr

naht,

31.04°C (T.) i

Q

2 1

S

a

60

=

° SZ

ee

\0

ER 60 0 200 ee

TR

EEREETEOR

800

p/atm

Abb. 1-14 Die Variation des Kompressions-

faktors Z mit dem Druck für verschiedene Gase bei 0 °C. Für ein ideales Gas gilt bei beliebigem Druck Z= 1. Beachten Sie: Die Kurven nähern sich für p—0 zwar alle dem Wert 1, aber mit unterschiedlichen Steigungen.

0

ee

0

nn

940.4 ER V„/(dm'mol )

0,257

i

0.6

B

Abb. 1-15 Experimentelle Isothermen von

Kohlendioxid bei verschiedenen Temperaturen. Zur Temperatur 3] ‚04 °C (kritische Temperatur) gehört die „kritische Isotherme“. Der kritische Punkt ist durch einen Stern gekennzeichnet.

15

16

1 Die Eigenschaften der Gase

1-4 Reihenentwick)Kommentar

Virialkoeffizienten

lungen werden in Anhang 2 besprochen.

1,

Bei großen molaAbb. 1-15 zeigt einige experimentelle Isothermen für Kohlendioxid. ideale Gase nur und reale sich ren Volumina und hohen Temperaturen unterscheiden ung ideasgleich Zustand die unwesentlich. Das bedeutet: Bei niedrigem Druck gilt lung Entwick der Glied ler Gase, und das entsprechende Gasgesetz ist das erste

(1-18)

DY- RLABn SCH 2,

Kurztabelle 1-4 Zweite Virialkoeffizienten

B/(cm’ mol’).

Die Virialgleichung ist ein Beispiel einer allgemeinen Methode in der physikalischen ) Chemie: die Potenzreihenentwicklung eines einfachen Gesetzes (hier pV=nRT Form die man gt nach einer Variablen (hier p). Für manche Anwendungen bevorzu DV

Substanz

B(273 K)

B(600 K)

Ar

-21.7

21169

co,

-149.7

12.4

N,

2105

217:

Xe

-153.7

-19.6

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des

Buches.

rei

höhere Temperatur enantm make apenunnen [EEEEEVEEEEEEEESP LIEEErEEE Eee

ke

Q

x Hr a

am

nn [74]

Bull

esse

pe,

(1-20a)

(für p>0)..

Dieser Wert wird nicht notwendigerweise null (wie für das ideale Gas), weil B’ von null verschieden sein kann, wie in Abb. 1-14 gezeigt ist. Da mehrere physikalische Eigenschaften von solchen Ableitungen abhängen, können wir nicht generell erwarten, dass sich reale Gase bei niedrigem Druck genauso verhalten wie das ideale Gas. Ähnlich erhält man für die Änderung von Z in Abhängigkeit vom molaren Volumen für große Werte von V,, (also bei kleinem Druck)

dz

SS

.Q

(1-19)

n) . m

Die GIn. (1-18) und (1-19) sind äquivalente Formulierungen der Virialgleichung.® Durch Vergleich dieser Beziehung mit Gl. (1-17) sehen wir, dass der Term in Klammern dem Kompressionsfaktor Z entspricht. Die temperaturabhängigen Koeffizienten B, C, ... nennt man den zweiten, dritten, ... Virialkoeffizienten (Tabelle 1-4); der erste Virialkoeffizient ist 1. Da bei typischen Temperaturen C/V? < B/V,„, ist, hat der dritte Koeffizient C im Allgemeinen geringere Bedeutung als B. Anhand der Virialgleichung können wir folgende wichtige Tatsache zeigen: Obwohl ein reales Gas für p>0 die Zustandsgleichung eines idealen Gases erfüllen kann, heißt das nicht, dass dann auch alle seine Eigenschaften mit denen eines idealen Gases übereinstimmen müssen. Betrachten wir beispielsweise die Größe dZ/dp, die Steigung des Graphen des Kompressionsfaktors in Abhängigkeit vom Druck. Für ein ideales Gas wird dZ/dp = 0 (wegen Z = 1 für beliebigen Druck); für ein reales Gas erhält man jedoch aus Gl. (1-18)

dz aß B

N

IE +

vaıyz

bei V„> ©

(entsprechend p—0)..

(1-20b)

rororo

>

[@®

= ö

Sa

: ideales

: niedrigere : Temperatur L

0

Druck p

Abb. 1-16 Der Kompressionsfaktor Z nähert sich bei niedrigem Druck grund-

sätzlich dem Wert 1, aber die Funktion Z(p) kann verschiedene Steigungen besitzen. Für ein ideales Gas erhält man die

Die Virialkoeffizienten hängen, wie bereits erwähnt, von der Temperatur ab. Daher kann es eine Temperatur geben, für die Z>1 geht und die Steigung null wird (bei niedrigem Druck bzw. großem Molvolumen) (Abb. 1-16). Bei dieser Temperatur, der Boyle-Temperatur T,, stimmen die Eigenschaften des realen Gases mit idealem Verhalten für p>0 überein. Gemäß Gl. (1-20b) hat Z bei p>0 die Steigung null für B = 0; wir halten also fest, dass bei der Boyle-Temperatur B = 0 gilt. Aus Gl. (1-19) folgt dann, dass in einem größeren Druckbereich als bei anderen Temperaturen gilt PVm=RT,, weil das zweite Glied der Entwicklung (B/V,,) gleich null ist und das

dritte (C/V})

sowie alle höheren

Helium ist T,5 = 22.64 Tabelle 1-5 angegeben.

Glieder vernachlässigt werden

K, für Luft ist T, = 346.8

K; weitere

können. Werte

sind

Für in

Steigung null; bei realen Gasen kann sie

positiv oder negativ und zudem temperaturabhängig sein. Zur Boyle-Temperatur gehört stets eine Kurve mit der Steigung null, das Verhalten des Gases ist hier über

einen relativ großen Zustandsbereich hinweg nahezu ideal.

4) Der Name stammt aus dem Lateinischen: vires, Kräfte. Gelegentlich werden die Koeffizienten auch mit B,, B, usw. bezeichnet.

-

1.2

Reale Gase

Kurztabelle 1-5 Kritische Größen von Gasen*

un

Pu] MPa V\„./(cm? mol”) WE ae Ve

te

Tyr/K

Zen

Ta/K

Ar

4.86

1553

150.7

0.292

AlE5

co,

7.39

94.0

304.2

0.274

714.8

He

0.229

57.8

885.2

0.305

322.64

OÖ,

5.080

78.0

154.8

0.308

405.9

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Kondensation Nun soll das Volumen der Gasprobe, die sich zunächst im Zustand A (Abb. 1-15) befand, bei konstanter Temperatur verringert werden (etwa durch Kolbendruck). In unmittelbarer Nähe von A nimmt der Druck entsprechend dem Boyle’schen Gesetz zu. Signifikante Abweichungen

machen

sich bemerkbar, wenn

das Volumen

sich

dem Zustand B nähert. Im Punkt € (für Kohlendioxid etwa 6 MPa oder 60 bar) erinnert nichts mehr an ideales Verhalten: Bei weiterer Bewegung des Kolbens steigt der Druck nicht mehr an, wie es die horizontale Linie CDE zeigt. Wenn man in diesem Bereich den Gefäßinhalt untersucht, findet man, dass unmittelbar links vom Punkt C eine Flüssigkeit auftritt. Zwei Phasen mit genau definierter Grenzfläche entstehen. Bei Verringerung des Volumens von C über D nach E nimmt der Anteil der Flüssigkeit im System zu. Durch die Kondensation wird der Widerstand, den das Gas dem Kolben

entgegensetzt, nicht mehr größer. Der Druck, der der Linie CDE - das heißt, dem Vorhandensein von Gas und Flüssigkeit im Gleichgewicht — entspricht, heißt Dampfdruck der Flüssigkeit bei der jeweiligen Temperatur. Im Punkt E ist die Probe vollständig verflüssigt und der Kolben lässt sich nur unter Aufwendung sehr hohen Drucks bewegen, wie es durch den steilen Anstieg der Kurve links von E nach F wiedergegeben wird.

Kritische Größen Eine besondere Rolle für die Beschreibung des Zustandes eines Stoffes spielt die Isotherme bei der Temperatur T,,, (für CO, 304.19 K oder 31.04 °C). Alle Isothermen unterhalb T,,, verhalten sich wie beschrieben: Bei einem bestimmten Druck kondensiert das Gas zur Flüssigkeit, es bildet sich eine deutlich sichtbare Phasengrenze. Wenn die Kompression jedoch genau bei T;,, stattfindet, fallen die Volumina an jedem Ende der horizontalen Linie (d.h. E und C) in einem einzigen Punkt

zusammen, dem kritischen Punkt des Gases; eine Phasentrennung tritt nicht auf. Die Zustandsgrößen am kritischen Punkt heißen kritische Temperatur T;,, kritischer Druck p,,., und kritisches molares Volumen V,,... oder zusammengefasst kri-

tische Größen des Stoffes (Tabelle 1-5). Bei und über T,,,, findet man nur eine einzige Phase, die man definitionsgemäß Gas nennt. Das bedeutet: Oberhalb der kritischen Temperatur kann man eine Substanz nicht verflüssigen. Flüssigen Sauerstoff beispielsweise kann man bei Temperaturen über Ti, = 155 K nicht durch Kompression allein erhalten; man muss

dazu die Temperatur erst unter 155 K absenken und dann isotherm komprimieren.

Die einzelne Phase, die bei T > T,,,, das gesamte Gefäßvolumen ausfüllt, kann eine

viel größere Dichte aufweisen, als man normalerweise für ein Gas erwartet; man nennt sie überkritisches Fluid.

152.2

Die van-der-Waals’sche Gleichung

man die VirialNur durch Einsetzen von Zahlenwerten für die Koeffizienten kann

gleichung eines gegebenen Gases auswerten. Da es nützlicher ist, auf Kosten absoluter Genauigkeit ein allgemeines Bild der Zustände von Gasen zu erhalten, führen

1 Die Eigenschaften der Gase

18 Kurztabelle 1-6 Van-der-WaalsKoeffizienten.*

a/(MPa dm

b/(10°” dm’

mol”) mol) BE en Ar

04855

3.20

@®,

0.3658

4.29

He

0.00376

2.38

Xe

0.4192

5.16

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

ngsgleichung ein. wir die von Johannes van der Waals 1873 vorgeschlagene Näheru Inhalt gerichtete lischen physika Sie ist ein gutes Beispiel für die sinnvolle, auf den für den Aufbau also s, Problem en Vereinfachung eines komplizierten mathematisch eines geeigneten Modells. Die van-der-Waals’sche Gleichung lautet nRT PTy-nb

n\2 (7)

(1-21a)

3

=

ng. Eine alterHerleiten wollen wir diese Gleichung in der anschließenden Begründu V/n lautet = V,, Volumens native Schreibweise unter Verwendung des molaren

er RT R a meer a m

1-21b Uaatb)

Die Konstanten a und b heißen van-der-Waals-Koeffizienten. fisch, hängen aber nicht von der Temperatur ab (Tabelle 1-6).

Begründung 1-1

Sie sind stoffspezi-

Die van-der-Waals’sche Gleichung

Die Abstoßung zwischen den Molekülen wird berücksichtigt, indem man die Teilchen als kleine harte Kugeln auffasst. Durch das von null verschiedene Eigenvolumen der Moleküle können diese sich nicht im Gesamtvolumen V, sondern nur im Volumenanteil (V — nb) bewegen. (nb entspricht etwa der Summe der Eigenvolumina.) Dies führt zum Ersatz der Zustandsgleichung des idealen Gases, p = nRT/V, bei signifikanter Abstoßung durch _

nRT

Pynb Der kleinstmögliche Abstand zweier harter Kugeln mit dem Radius r und dem Volumen Vu. = tr? beträgt 2r. Für die Bewegung ist also ein Volumen von Än (2r)‘ oder 8V 1... oder, pro Molekül gerechnet, von 4Vy,.., nicht zugänglich. Folglich ist b = 4Vyoiex Na:

Der Druck hängt sowohl von der Stoßhäufigkeit als auch von der Stoßkraft auf die Wände ab. Beide Größen werden durch die zwischenmolekulare Anziehung erniedrigt, und zwar jeweils proportional zur Teilchenkonzentration im Volumen, n/V. Auf diese Weise ist die Druckerniedrigung proportional zum Quadrat dieser Konzentration, man schreibt sie als -a(n/V)”; a ist dabei eine stoffspezifische positive Konstante. Die Kombination der Anziehungs- und Abstoßungseffekte führt zur van-der-Waals’schen Gleichung, wie sie in Gl. (1-21) angegeben ist. In dieser Begründung haben wir die van-der-Waals’sche Gleichung aus ungefähren Annahmen über die Volumina der Moleküle und die Auswirkungen der zwischenmolekularen Wechselwirkungen hergeleitet. Zwar gibt es auch andere Wege, aber unser Ansatz zeigt anschaulich, wie allgemeine Erwägungen zur Form einer Gleichung führen können. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass nichts Präzises über die Bedeutung der Koeffizienten a und b ausgesagt wird. Tatsächlich sollte man beide eher als empirische Größen denn als exakt definierte molekulare Eigenschaften behandeln. Beispiel 1-4 Die Anwendung der van-der-Waals’schen Gleichung zur Bestimmung des molaren Volumens Man berechne das molare Volumen von CO, bei 500 K und 10 MPa unter der Annahme van-der-Waals’schen Verhaltens. Vorgehen Um Gl. (1-21b) als Ausdruck für das molare Volumen zu schreiben, multiplizieren wir beide Seiten mit (V,, — b)V2 und erhalten Vashur=RIVv

- (Vo-bia.

1.2

Reale Gase

19

Nun teilen wir durch p und ziehen die Potenzen von V„ aus den Klammern heraus:

ve (»+ RT )v | 8% p

en: p

Die Lösungen einer solchen kubischen Gleichung analytisch zu berechnen ist zwar möglich, aber ziemlich kompliziert. Wenn man die analytischen Ausdrücke nicht unbedingt benötigt, ermittelt man die Lösungen am besten mit einer geeigneten verfügbaren Software. Antwort Entsprechend b=4.29x10° Lmol''. dann wie folgt:

Tabelle 1-6 sind a=3.658x10° L’ Pamol? und Die Koeffizienten der Gleichung für V,, ergeben sich

b+RT/p

= 0.459 dm’mol '

a/p

= 3.658 x 10 ?(dm’mol')?

ab/p

—157x2102 (dm moln') »

Wir setzen V„/(Lmol ') =x und erhalten die folgende kubische Gleichung:

x — 0.459x° + (3.66% 10°)x - (1.57x10°)=0. Ihre physikalisch sinnvolle Lösung lautet x = 0.372, also V,, = 0.372 Lmol'. Das molare Volumen eines idealen Gases beträgt unter den gegebenen Bedingungen

0.416

lmolr..

Übung 1-5 Unter der Annahme van-der-Waals’schen Verhaltens soll das molare Volumen von

Argon bei 100 °C und 10 MPa berechnet werden.

[0.302

Lmol']

Zur Gültigkeit der Gleichung Wir wollen untersuchen,

inwieweit das Verhalten

realer Gase durch die van-der-

Waals’sche Gleichung adäquat wiedergegeben wird. Der Anspruch, mit einer einzigen, einfachen Gleichung alle möglichen Zustände aller Stoffe erfassen zu können,

ist zu hoch - oft muss man auf die Virialgleichung zurückgreifen, Tabellen der Koeffizienten bei verschiedenen Temperaturen zu Hilfe nehmen und das Problem numerisch lösen. Der Vorteil der van-der-Waals’schen Gleichung liegt darin, dass sie eine analytische Form hat (also mit Symbolen aufgeschrieben werden kann) und sich zum Ableiten einiger genereller Eigenschaften realer Gase eignet. Wenn diese Gleichung versagt, verwendet man eine andere Zustandsgleichung (einige davon sind in Tabelle 1-7 aufgeführt), führt eine geeignete neue Beschreibung ein oder kehrt zur Virialgleichung zurück. Nach diesen Vorbemerkungen wollen untersuchen. Dazu vergleichen wir die schem Wege erhält, mit experimentellen Isothermen in Abb. 1-17 und Abb. 1-18 wieder,

wenn

man

von

den

wir den Gültigkeitsbereich der Gleichung Isothermen, die man damit auf theoretiErgebnissen (Abb. 1-15). Die berechneten geben die experimentellen Werte recht gut

Oszillationen

unterhalb

der kritischen

Temperatur

absieht. Diese Schwankungen - auch van-der-Waals-Schleifen genannt — entsprechen nicht dem realen Verhalten, denn ihnen zufolge müsste in einem bestimmten Bereich eine Druckerhöhung zu einer Vergrößerung des Volumens führen. Sie wurden deshalb so durch horizontale Linien ersetzt, dass sich zwischen Kurve und Linie oberhalb und unterhalb der Verbindung gleiche Flächen ergeben, eine Methode, die von Maxwell eingeführt wurde (die so genannte Maxwell-Konstruktion, siehe (3)). Durch Anpassung der berechneten Kurve an die experimentellen Daten mittels Regressionsrechnung erhält man die van-der-Waals-Koeffizienten (siehe Tabelle 1-7).

gleiche Flächen

1 Die Eigenschaften der Gase

20

1.5

Sn 1.0 Q a 18)

Druck

=

&

©

35 ®

"N =>)

© 05

Abb. 1-17

Flächen von Zuständen,

die die van-der-Waals'sche Gleichung zulässt. Man vergleiche mit den Flächen in Abb. 1-8.

|

0 0.1

1

10

reduziertes Volumen V/Verr Abb. 1-18 Van-der-Waals-Isothermen für ver-

werden in der Regel durch horizontale Linien

schiedene Werte von T/T,,,; man vergleiche mit Abb. 1-15. Die van-der-Waals-Schleifen

ersetzt. Für die kritische Isotherme gilt Tl:

Tabelle 1.7 Ausgewählte Zustandsgleichungen.

Gleichung

reduzierte Form“

kritische Größen Phrit

$

ideales Gas Van

der

Waal

De

es e Viria I

Teerit

RT

nr Y, BER

een

Berthelot En

Va:

a

rer

a

BET

year

Re

Fat

ee

RS

er, RT B(T) p v„ k v„ =

Tel

|

ee C(T) 2 \

3

a

27b

3

3b

I

ee

a

4e2b:

8a

27bR 3 \3DR

a:

a

ARb

|

* Reduzierte Größen werden in Abschnitt 1.2.3 definiert.

Die Eigenschaften der Gleichung Die wichtigsten Eigenschaften der van-der-Waals’schen Gleichung können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Bei hohen Temperaturen und großen molaren Volumina erhält man die Isothermen des idealen Gases.

Bei hohen Temperaturen wird RT so groß, dass der erste Term in Gl. (1-21b) den zweiten bei weitem dominiert. Weiterhin ist für großes Molvolumen (V" > b) der Nenner V,, — b=V,,. Die Gleichung geht so in die Zustandsgleichung des idealen D=RT V. Gasesuüe,

21

182 Reale Gase

2. Wenn sich abstoßende und anziehende Kräfte ausgleichen, existieren Flüssigkeit und Gas gleichzeitig.

Wenn beide Terme in Gl. (1-21b) ähnlich groß sind, entstehen die van-der-WaalsSchleifen; dabei gibt der erste Term die kinetische Energie der Moleküle und die abstoßenden Wechselwirkungen, der zweite die Anziehungskräfte wieder. 3. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen kritischen

Größen und van-der-Waals-Koeffizienten. Bei T < T,, findet man die Schwankungen in den berechneten Isothermen, so dass je ein Minimum und ein Maximum entsteht. Diese Extrema nähern sich für T —T,,„, aneinander an und fallen schließlich bei T = T,,, in einem Punkt zusammen. Am kritischen Punkt hat die Kurve eine Krümmung von null (horizontaler Wendepunkt, siehe (4)). Ein derartiges Verhalten einer Kurve entsteht, wie wir wis-

sen, wenn sowohl die erste als auch die zweite Ableitung null sind. Daher findet man die kritischen Größen durch berechnen und null setzen dieser Ableitungen am kritischen Punkt: dp _ dV„

RATE

.

(V

d’p dv},

6

2a b)?

2RT =

Ye .

6a

Vn 2, b)’

Ya

Die Lösungen sind V,m,krit



8a Tem krit = 27Rb

a a27b2 Prrit

3b,

(1-22)

(mithilfe von Gl. (1-21b) haben wir hier p,.. aus Vi, und Tr berechnet). Diese

Beziehungen eröffnen einen alternativen Weg zur Berechnung der Werte von a und b aus den Werten der kritischen Konstanten. Wir überprüfen ihre Richtigkeit anhand der Tatsache, dass mit ihrer Verwendung derselbe kritische Kompressionsfaktor Z,.,., für alle Gase vorausgesagt wird: Vene

3

1.23

2 krit rmmanletme g R I,

(

)

Beim Vergleich mit Tabelle 1-5 sieht man, dass Z,,. zwar kleiner als 3 = 0.375, aber

etwa konstant (0.3) und dass die Abweichung relativ klein ist.

Das Prinzip der übereinstimmenden Zustände

132.3

Für den Vergleich der Eigenschaften verschiedener Objekte ist es oft nützlich, eine für alle Objekte verwandte fundamentale Größe auszuwählen und diese als Bezugswert für eine relative Skala zu benutzen. Da die kritischen Größen für die einzelnen Gase charakteristisch sind, ist es sinnvoll, sie als Einheiten zu verwenden. Wir führen reduzierte Variablen ein, indem wir die jeweilige Variable durch die entsprechende kritische Größe teilen: =4 p

pP:

A.

a

Vm

r

7

(1-24)

Prrit

Druck Wenn der reduzierte Druck für ein Gas gegeben ist, lässt sich sein wirklicher

Temperatur. Van leicht aus p = P; Pin, berechnen; dies gilt analog für Volumen und

für Gase mit der Waals, der die reduzierten Größen erstmals einführte, erwartete gleichen auch Volumen reduzierten gleicher reduzierter Temperatur und gleichem 1-19 Abb. zutrifft. weitgehend reduzierten Druck - eine Vermutung, die tatsächlich verfür Druck reduzierten vom Z zeigt die Abhängigkeit des Kompressionsfaktors Methode der Erfolg Der schiedene Gase und verschiedene reduzierte Temperaturen.

22

1 Die Eigenschaften der Gase 1.0

0.8

0.6 |....

Stickstoff

Kompressionsfaktor Z o2

©

Methan

©

Propan

Ethen 0

;

0

1

2

3

4

i

!

;

5

6

7

reduzierter Druck p, Abb. 1-19 Auftragung der Kompressionsfaktors von vier Gasen aus Abb. 1-14 unter Verwendung von reduzierten Variablen. (Dies ermöglicht die gemeinsame Darstellung

der Daten zu jeder reduzierten Temperatur in einem einzigen Diagramm.) Die Kurven sind jeweils mit der reduzierten Temperatur T, # T/T,.. bezeichnet.

ist deutlich: Man vergleiche Abb. 1-19 mit Abb. 1-14, die ähnliche Daten ohne die Verwendung von reduzierten Variablen darstellt. Die Beobachtung, dass reale Gase bei Übereinstimmung von reduziertem Volumen und reduzierter Temperatur auch den gleichen reduzierten Druck aufweisen, nennt man Prinzip der übereinstimmenden Zustände. Es ist nur näherungsweise gültig, am besten für Gase, die aus kugelförmigen (sphärischen) Teilchen bestehen. Bei nicht sphärischen oder polaren Teilchen ergeben sich zum Teil beträchtliche Abweichungen. Zur Veranschaulichung des Prinzips verwenden wir die van-der-Waals’sche Gleichung. Zunächst formulieren wir Gl. (1-21b) für reduzierte Variablen: Pı Pit

R I; Tieit

a

V, Verit BE b

v? Vzkrit

=

Anschließend drücken wir die kritischen Größen durch die Koeffizienten a und b

aus (siehe Gl. (1-22)), ap,

8aT,

27b:

27b(3bV,—b)

a

9b v2 '

und stellen etwas um:

Vv_ı

vw

(1-25)

Diese Gleichung hat die gleiche äußere Form wie die van-der-Waals’sche Gleichung, von der wir ausgegangen sind; die für jedes Gas verschiedenen Koeffizienten a und b treten jedoch nicht mehr auf. Trägt man die Isothermen jetzt unter Verwendung von reduzierten Variablen auf (wie in Abb. 1-18 schon geschehen, ohne dass wir diesem Punkt Beachtung geschenkt haben), erhält man für alle Gase die gleiche Kurve. Dies ist genau die Aussage des Prinzips der übereinstimmenden Zustände: es steht also nicht im Widerspruch zur van-der-Waals’schen Gleichung. Diesem scheinbaren Erfolg sollte man allerdings nicht zu viel Bedeutung beimessen: Auch andere Zustandsgleichungen entsprechen diesem Prinzip (Tabelle 1-7). Man braucht nämlich nur zwei Parameter mit ähnlicher Funktion wie a und b, um jede mögliche Gleichung in eine reduzierte Form überführen zu können. Der

Weiterführende Literatur

23

Befund, dass reale Gase dem Prinzip näherungsweise gehorchen, ermöglicht lediglich folgende Aussage: Die Wirkungen der anziehenden und der abstoßenden Kräfte kann man jeweils durch einen einzigen Parameter beschreiben. Daher liegt die Bedeutung des Prinzips nicht so sehr in seiner theoretischen Interpretation als vielmehr in der Möglichkeit, die Eigenschaften einer ganzen Reihe von Gasen in einem Diagramm gemeinsam wiederzugeben (siehe Abb. 1-19 im Vergleich zu Abb. 1-14).

Das Wichtigste auf einen Blick le Ein Gas ist eine Form der Materie, die jedes Gefäß, in das

man sie gibt, vollständig ausfüllt. . Eine Zustandsgleichung ist eine Beziehung zwischen Druck, Volumen, Temperatur und Stoffmenge, zum Beispiel: D=SFULVM):

. Der Druck ist gleich der Kraft geteilt durch die Fläche, auf die diese Kraft wirkt. Als Standarddruck bezeichnet man

pe = 1’bar (10° Pa). . Mechanisches Gleichgewicht bedeutet, dass auf beiden Sei-

ten einer beweglichen Wand gleiche Drücke herrschen.

. Die Eigenschaft Temperatur gibt die Richtung des Energieflusses durch eine Wärme leitende, starre Wand an.

. Eine diathermische Wand ist für Energie in Form von Wärme durchlässig, eine adiabatische Wand nicht.

. Thermisches Gleichgewicht bedeutet, dass keine Zustandsänderung eintritt, wenn zwei Objekte A und B durch eine diathermische Wand miteinander in Kontakt sind.

12% Der Partialdruck eines beliebigen Gases ist definiert als p, =

x,p mitx, = n,/n als Molenbruch des Gases in der Mischung und p als Gesamtdruck der Mischung. . Die Zustandsgleichung realer Gase wird durch zwischenmolekulare Wechselwirkungen beeinflusst. Die tatsächliche Zustandsgleichung gibt man mithilfe von Virialkoeffizienten B, C usw. an. Sie lautet: pV„=RT(I+B/V„+C/V +...). 14. Der Dampfdruck ist der Druck einer Gasphase im Gleichge-

wicht mit der zugehörigen kondensierten Phase. 1152 Im kritischen Punkt fallen die Volumina an jedem Ende des horizontalen Teils der Isotherme zusammen. Die Zustandsgrößen am kritischen Punkt heißen kritische Temperatur Ty;., kritischer Druck p,., und kritisches molares Volumen V, cut

oder zusammengefasst kritische Größen des Stoffes. . Ein dichtes Fluid, dessen Temperatur und Druck oberhalb der jeweiligen kritischen Werte liegen, nennt man überkritisches Fluid.

mit C, so sind auch A und C miteinander im thermischen

. Die van-der-Waals’sche Gleichung ist eine Näherung für die reale Zustandsgleichung eines Gases, in der die zwischenmolekularen Kräfte durch die Parameter a (Anziehung) und b (Abstofßung) erfasst werden: p = nRT/(V - nb) — a(n/V)”.

Gleichgewicht.

. Reduzierte Variable erhält man, indem man eine Zustands-

. Der Nullte Hauptsatz der Thermodynamik sagt aus: Wenn A im thermischen Gleichgewicht mit B ist und desgleichen B

. Die Beziehung zwischen der Celsius- und der Kelvin-Temperaturskala lautet: T/K = 0 °C +273.15. Die Kelvin-Skala heißt auch thermodynamische Temperaturskala. . Für ein ideales Gas ist die GleichungpV =nRT unter allen Bedingungen exakt erfüllt.

größe durch die zugehörige kritische Größe teilt. 192 Das Prinzip der übereinstimmenden Zustände sagt aus:

Reale Gase weisen bei Übereinstimmung von reduziertem Volumen und reduzierter Temperatur auch den gleichen reduzierten Druck auf.

. Das Dalton’sche Gesetz sagt aus: Der Druck einer Mischung von Gasen ist gleich der Summe der Partialdrücke der einzelnen Komponenten.

Weiterführende Literatur Zeitschriftenartikel und Bücher

ge

Pauley and E.H. Davis, P-V-T isotherms of real gases: Experimental versus calculated values.J.Chem. Educ. 63, 466 (1936).

R.P. Wayne, Chemistry of atmospheres, an introduction to thechemistry of atmospheres of earth, the planets, and their satellites. Oxford University Press (2000). Datensammlungen und weitere Informationen

R.C. reid, J.M. Prausnitz, B.E. Poling, The properties of gases & liquids. McGraw-Hill, New York (1987).

J.H. Dymond and E.B. Smith, The virial coefficients of pure gases and mixtures. Oxford University Press (1930).

.M. Ross, Equations of state. In Encyclopedia of applied physics (ed.

A.D. McNaught and A. Wilkinson, Compendium of chemical terminology. Blackwell Scientic, Oxford (1997).

G.L. Trigg), 6, 291. VCH, New York (1993).

A. ]. Walton, Three phases of matter. Oxford University Press

(1983).

1 Die Eigenschaften der Gase

24

Diskussionsfragen 1.1 Erklären Sie, wie die Zustandsgleichung des idealen Gases aus der Kombination des Boyle’schen Gesetzes, des Gesetzes von Charles und des Avogadro-Prinzips hervorgeht. 1.2 Erklären Sie den Begriff „Partialdruck“. Warum ist das Dalton’sche Gesetz ein Grenzgesetz? 1.3 Erläutern Sie die Druck- und Temperaturabhängigkeit des Kompressionsfaktors und beschreiben Sie, welche Informationen über zwischenmolekulare Wechselwirkungen in diesen Faktor eingehen.

1.4 Welche Bedeutung besitzen die kritischen Konstanten?

1.5 Erläutern Sie die Formulierung der van-der-Waals’schen Gleichung. Schlagen Sie eine Begründung für eine der anderen in Tabelle 1-7 aufgeführten Zustandsgleichungen vor. 1.6 Wie trägt die van-der-Waals’sche Gleichung dem kritischen Verhalten Rechnung?

Leichte Aufgaben Al.la

hinab gelassen wurde? Die mittlere.Dichte von Meerwasser sei 1.025 gcm°, die Wassertemperatur sei überall gleich.

(a) Können 131 g gasförmiges Xenon in einem Gefäß des Volumens 1.0 L bei 25 °C einen Druck von 20 atm ausüben, wenn man ideales Verhalten des Gases annimmt?

Wenn nicht, wie groß wäre der Druck? (b) Welchen Druck übt das Gas bei Annahme van-der-Waals’schen Verhaltens aus?

Al.1b

A1.5b

(a) Können 25 g gasförmiges Argon in einem Gefäß des Volumens 1.5 L bei 30 °C einen Druck von 2.0 bar ausüben, wenn man ideales Verhalten des Gases annimmt?

A1.6a

bunden, in der man den Druck messen will; der andere

übt das Gas bei Annahme van-der-Waals’schen Verhal-

Schenkel ist zur Atmosphäre hin offen. Den Druck bestimmt man aus der Differenz der Flüssigkeitsstände in beiden Schenkeln. Nehmen Sie an, die Manometerflüssigkeit sei Wasser, der äußere Druck betrage 770 Torr und die Flüssigkeitssäule sei im offenen Schenkel 10.0 cm niedriger als in dem Schenkel, der mit der Versuchsanordnung verbunden ist. Wie groß ist der Druck in der Anordnung? (Die Dichte von Wasser bei 25 °C ist gleich 0.399707 gcm °.)

tens aus?

Durch isotherme Kompression wird das Volumen eines idealen Gases um 2.20 L reduziert. Enddruck und -volumen des Gases sind 5.04 bar bzw. 4.65 L. Man berechne

den Anfangsdruck des Gases (a) in bar, (b) in atm.

Al.2b

Durch isotherme Kompression wird das Volumen eines idealen Gases um 1.80 L reduziert. Enddruck und -volumen des Gases sind 1.97 bar bzw. 2.14 L. Man berechne

den Anfangsdruck des Gases (a) in bar, (b) in Torr. Al.3a

A1.6b

Ein Autoreifen wurde an einem Wintertag, Temperatur —

5 °C, auf einen Druck von 3 bar (1 bar=100 kPa) aufgepumpt. Welchen Druck misst man an einem folgenden Sommertag bei 35 °C, wenn der Reifen dicht ist und das Reifenvolumen konstant? Mit welchen Schwierigkeiten Für eine Probe Wasserstoffgas wurde bei 23 °C ein Druck von 125 kPa gemessen. Wie hoch ist der Druck des Gases

mit der Versuchsanordnung verbunden ist. Wie groß ist der Druck in der Anordnung? (Die Dichte von Quecksilber bei 25 °C ist gleich 13.55 gcm °.) Al.7a

A1.4b

gas wäre reines Methan, CH,, und sein Verhalten wäre

unter den gegebenen Bedingungen (1.00 atm und 20 °C) ideal. Wie groß ist dann die Masse des verbrauchten Gases?

Al.5a

mit einem Manometer bei 25 °C; er erhält 206.402 cm

255 mg Neon haben bei 122 K ein Volumen von 3.00 L. Man berechne den Druck des Gases unter Verwendung der Zustandsgleichung des idealen Gases.

Ein Hauseigentümer benötigt pro Jahr 4.00 x 10° m? Erdgas zur Heizung seines Hauses. Angenommen, das Erd-

Der Luftraum in einer Taucherglocke an Deck eines Bootes hat ein Volumen von 3.0 m’. Wie groß ist dieses Volumen, nachdem die Glocke in eine Tiefe von 50 m

Um den exakten Wert der Gaskonstante R zu bestimmen, heizt ein Student einen 20.000 L-Behälter, der 0.251 32 g

Heliumgas enthält, auf 500 °C auf und misst den Druck

bei 11 °C?

Al.4a

Wir betrachten das in Aufgabe Al.6a beschriebene Manometer; die Flüssigkeit sei nun Quecksilber. Der äußere Druck betrage 760 Torr und die Flüssigkeitssäule sei im offenen Schenkel 10.0 cm höher als in dem Schenkel, der

muss man in der Praxis rechnen?

A1.3b

Ein Manometer bestehe aus einem U-Rohr, das eine Flüs-

sigkeit enthält. Ein Schenkel ist mit der Anordnung ver-

Wenn nicht, wie groß wäre der Druck? (b) Welchen Druck

Al.2a

Welchen Druck muss man über der Länge eines 15 cm langen Trinkhalms aufbauen, um eine wasserähnliche Flüssigkeit mit einer Dichte von 1.0 gcm ° trinken zu können?

Wassersäule. Man berechne daraus den Wert von R. (Die Dichte von Wasser bei 25 °C ist 0.997 07 gcm°, das

Manometer wird in Aufgabe Al.6a beschrieben.)

A1.7b

Die folgenden experimentellen Daten wurden für Sauerstoffgas bei 0 °C erhalten. Man berechne daraus Mittelwerte für die Gaskonstante R und die molare Masse von

O% pJatm 0.750000 V„(dm? mol) 29.9649 pl(gdm°) 1.071 44

0.500000 44.8090 0.714110

0.250.000 89.6384 0.356975

Leichte Aufgaben A1l.8a

Bei 500 °C und 93.2 kPa ist die Dichte von Schwefel-

dampf 3.710 kg m ?. Wie lautet die chemische Formel des Schwefelmoleküls bei diesen Bedingungen? Al.8b

Bei 100 °C und 1.60 kPa ist die Dichte von Phosphordampf 0.6388 kg m °. Wie lautet die chemische Formel des Phosphormoleküls bei diesen Bedingungen?

A1.9a

Man berechne die Masse des Wasserdampfanteils der Luft in einem Zimmer des Volumens V = 400 m? bei 27 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 60%. Der Dampfdruck von Wasser bei 27 °C ist 26.74 Torr.

A1.9b

Man berechne die Masse des Wasserdampfanteils der Luft in einem Zimmer des Volumens V = 250 m? bei 23 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 53%. Der Dampfdruck von Wasser bei 23 °C ist 21.30 Torr.

Al1.10a Gegeben sei die Dichte von Luft bei 0.987 bar und 27 °C zu 1.146 g L°'. Man berechne den Molenbruch und den Partialdruck von Stickstoff bzw. Sauerstoff unter der Annahme, dass Luft (a) nur aus diesen beiden Gasen besteht oder (b) außerdem 1.0 Molprozent Argon enthält. A1.10b Ein Gasgemisch besteht aus 320 mg Methan, 175 mg Argon und 225 mg Neon. Der Partialdruck von Neon bei 300 K ist 8.87 kPa. Man berechne (a) das Volumen und (b) den Gesamtdruck des Gemisches. Al.11a Die Dichte einer gasförmigen Verbindung bei 330 K und 20 kPa beträgt 1.23 gL'. Wie groß ist die Molmasse der Verbindung? Al.11b Zur Bestimmung seiner molaren Masse wurden 250 cm? eines Gases in einem Glasgefäß eingeschlossen. Der Druck betrug 152 Torr bei 298 K, als Masse des Gases

wurden nach Auftriebskorrektur 33.5 mg gemessen. Wie groß ist die gesuchte Molmasse? A1.12a Die Dichte von Luft bei —85 °C, 0°C und 1.887 g 1", 1.294 g L"' bzw. 0.964 g L'. Daten und unter Annahme der Gültigkeit von Charles berechne man den absoluten Temperatur in Grad Celsius.

100°C beträgt Aus diesen des Gesetzes Nullpunkt der

A1.12b Eine Gasmenge habe ein Volumen von 20.00 L bei 0 °C und 1.000 atm. Die Auftragung der experimentell gemessenen Werte des Volumens in Abhängigkeit von der Celsius-Temperatur 0 bei konstantem Druck p ergibt eine Gerade mit der Steigung 0.0741 L (°C)'.Man berechne allein aus diesen Daten, ohne Verwendung der Zustands-

gleichung des idealen Gases, den absoluten Nullpunkt der Temperatur in Grad Celsius. A1.13a Welcher Druck wird von 1.0 mol C,H, bei (i) 273.15 Kin 22.414 dm? und (ii) 1000 K in 100 cm? ausgeübt, wenn

das Gas (a) ideales, (b) van-der-Waals’sches Verhalten zeigt? Verwenden Sie die in Tabelle 1-6 gegebenen Daten.

A1.13b Welcher Druck wird von 1.0 mol H3,S bei (i) 273.15 Kin 22.414 dm? und (ii) 500 K in 150 cm? ausgeübt, wenn das Gas (a) ideales, (b) van-der-Waals’sches Verhalten zeigt? Verwenden Sie die in Tabelle 1-6 gegebenen Daten. A1.14a Drücken Sie die van-der-Waals-Koeffizienten a = 0.751 atm dm® mol”? und b = 0.0226 dm? mol" in SI-Basiseinheiten aus.

25

A1.14b Drücken Sie die van-der-Waals-Koeffizienten a= 1.32 atm dm® mol” und b = 0.0436 dm’ mol ' in SI-Basiseinheiten

aus.

Al.15a Das molare Volumen eines Gases bei 250 K und 15 atm ist um 12 % geringer, als nach der Zustandsgleichung des idealen Gases berechnet. Man bestimme (a) den Kompressionsfaktor des Gases unter den gegebenen Bedingungen, (b) das molare Volumen des Gases. Dominieren hier die Anziehungs- oder die Abstoßungskräfte? A1.15b Das molare Volumen eines Gases bei 350 K und 12 atm ist um 12% größer, als nach der Zustandsgleichung des idealen Gases berechnet. Man bestimme (a) den Kompressionsfaktor des Gases unter den gegebenen Bedingungen, (b) das molare Volumen des Gases. Dominieren hier die Anziehungs- oder die Abstoßungskräfte? Al.16a Bei einem industriellen Verfahren wird Stickstoff bei kon-

stantem Volumen (1.000 m?) auf 500 K aufgeheizt. Das Gas tritt mit 300 K und 100 atm in den Reaktionsbehälter ein; seine Masse sei 92.4 kg. Man verwende die van-der-

Waals’sche Gleichung zur Bestimmung des Drucks des Gases bei der Prozesstemperatur. Für Stickstoff ist a=1.39 aim dm® mol”? und b = 0.0391 dm? mol".

A1.16b Gefüllte Druckgasflaschen stehen normalerweise unter einem Druck von 200 bar. Wie groß ist das molare Volumen von Sauerstoff beidiesem Druck und 25 °C unter der Annahme (a) idealen Verhaltens, (b) van-der-Waals’schen Verhaltens? Für Sauerstoffist a = 1.360 atm dm® mol? und b = 3.183 x 10°? dm’ mol”. A1.17a In einem Behälter mit einem Volumen von 4.860 L befinden sich 10.0 mol C,H, (g) bei einer Temperatur von 27 °C. Unter welchem Druck steht das Gas (a) nach der Zustandsgleichung des idealen Gases und (b) nach der van-der-Waals-Gleichung? Welchen Wert besitzt der Kompressionsfaktor? Für Ethan ist a = 5.489 atm dm® mol? und b = 0.06 380 dm? mol”. A1.17b Der Kompressionsfaktor Z eines Gases ist bei 300 K und 20 atm gleich 0.86. Man berechne (a) das Volumen von 8.2 mmol des Gases unter diesen Bedingungen, (b) einen Näherungswert des zweiten Virialkoeffizienten B bei 300 K. A1.18a Ein Gefäß des Volumens 22.4 L enthalte 2.0 mol H, und

1.0 mol N, bei 273.15 K. Man berechne (a) die Molenbrüche beider Anteile, (b) ihre Partialdrücke, (c) den Gesamtdruck. A1.18b Ein Gefäß des Volumens 22.4 L enthalte 1.5 mol H, und 2.5 mol N, bei 273.15 K. Man berechne (a) die Molenbrüche beider Anteile, (b) ihre Partialdrücke, (c) den Gesamtdruck. A1.19a Die kritischen Größen von Methan sind pı,, = 45.6 atm, Vin = 98.7 cm? mol”! und T,,;, = 190.6 K. Zu bestimmen sind die van-der-Waals-Koeffizienten des Gases und der Radius seiner Moleküle. A1.19b Die kritischen Gröfsen von Ethan sind p,.,. = 48.20 atm, Vin = 148 cm? mol”! und T,.. = 305.4 K. Zu bestimmen sind die van-der-Waals-Koeffizienten des Gases und der Radius seiner Moleküle.

1 Die Eigenschaften der Gase

26

A1.20a Unter Verwendung der van-der-Waals-Koeffizienten von Chlor sollen Näherungswerte berechnet werden für (a) die Boyle-Temperatur von Chlor und (b) den Radius von Chlormolekülen, wenn man diese als kugelförmig annimmt.

A1.20b Unter Verwendung der van-der-Waals-Koeffizienten von Schwefelwasserstoff sollen Näherungswerte berechnet werden für (a) die Boyle-Temperatur des Gases und (b) den Radius von H,S-Molekülen, wenn man diese als kugelförmig annimmt. Gegeben ist a = 4.484 dm® atm mol”? sowie b = 0.0434 dm? mol".

A1.22a Für ein bestimmtes Gas wurde der van-der-Waals-Koeffizient a = 0.50 m® Pamol ” bestimmt. Sein Molvolumen

beträgt 5.00 x10°* m’ mol ' bei 273 K und 3.0 MPa. Aus

diesen Daten soll der van-der-Waals-Koeffizient b berechnet werden. Wie groß ist der Kompressionsfaktor dieses Gases bei den gegebenen Werten für Druck und Temperatur?

A1.22b Für ein bestimmtes Gas wurde der van-der-Waals-Koeffizient a= 0.76 m Pamol ” bestimmt. Sein Molvolumen

beträgt 4.00 x 10 * m’ mol ' bei 288 K und 4.0 MPa. Aus

diesen Daten soll der van-der-Waals-Koeffizient b berechnet werden. Wie groß ist der Kompressionsfaktor dieses Gases bei den gegebenen Werten für Druck und Temperatur?

A1.21a Bei welchem Druck und welcher Temperatur befinden sich 1.0 mol (a) NH;, (b) Xe, (c) He im gleichen Zustand wie 1.0 mol H, bei 1.0 atm und 25 °C? A1.21b Bei welchem Druck und welcher Temperatur befinden sich 1.0 mol (a) H,S, (b) CO,, (c) Ar im gleichen Zustand wie 1.0 mol N, bei 1.0 atm und 25 °C?

Schwerere Aufgaben’) Rechenaufgaben

1.1.

Man erhöht nun schrittweise den Gasdruck im äußeren Behälter - dadurch steigt der Auftrieb des inneren Kölbchens -, bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat. In einem Experiment wurde der Gleichgewichtspunkt bei einem Druck des Fluorkohlenwasserstoffs von 327.10 Torr erreicht; bei gleicher Position der Aufhängung stellt sich das Gleichgewicht mit CHF, (M = 70.014 gmol') unter einem Druck von 423.22 Torr ein. Anschließend wurde die Position der Aufhängung etwas verschoben und das Expe-

Aus letzten Meldungen vom Neptun haben wir erfahren, dass die Neptunbewohner eine Celsius-ähnliche Temperaturskala benutzen, die allerdings auf Schmelzpunkt (0 °N) und Siedepunkt (100 °N) des dort häufigsten Elements Wasserstoff basiert. Weiter hörten wir, dass die Neptunbe-

wohner den Begriff des idealen Gases kennen; wenn der Druck gegen null geht, finden sie für pV den Wert 28.0 Latm bei 0 °N und 40.0 L atm bei 100 °N. Wo liegt der absolute Nullpunkt der Temperaturskala auf dem Neptun (in °N)?

1.2

riment wiederholt, nun ergab sich ein Gleichgewicht bei

293.22 Torr (unbekannter Fluorkohlenwasserstoff) beziehungsweise 427.22 Torr (CHF;). Bestimmen Sie die gesuchte molare Masse und schlagen Sie eine stöchiometrische Formel für den Fluorkohlenwasserstoff vor.

Leiten Sie eine Beziehung zwischen dem Druck p und der Dichte p eines idealen Gases der molaren Masse M her.

Zeigen Sie anhand einer graphischen Darstellung der gegebenen Daten für Dimethylether bei 25 °C, dass sich das Gas bei niedrigem Druck tatsächlich ideal verhält. Wie ist die molare Masse von Dimethylether?

p/kPa 12.223= pl(kgm) 0.225 1.3.

25.20 0.36.97160.370.85.23 0.456 0.664 1.062 1.468

1.5

Ein Thermometer mit konstantem Volumen und einem idealen Gas als Medium zeigte bei der Temperatur des Tripelpunkts von Wasser (273.16 K) einen Druck von 6.69 kPa an. (a) Welche Druckänderung wird durch eine Temperaturänderung um ] K unter diesen Bedingungen hervorgerufen? (b) Welchen Druck liest man bei 100.00 °C ab? (c) Wie groß ist die Druckerhöhung, wenn die Temperatur von diesem Punkt aus um ] K steigt?

1.6

Ein Gefäß mit einem Volumen von 22.4 Lenthalte 2.0 mol H, und 1.0 mol N, bei 273.15 K. Nun soll sich der Wasserstoff

101.3 1.734

Das Gesetz von Charles findet man mitunter in folgender Schreibweise: V = V,(1 + a0). Hier ist 9 die Celsius-Temperatur, a eine Konstante und V, das Volumen der Probe

bei 0 °C. Für Stickstoff bei 0 °C wurden folgende Werte von

mit der erforderlichen Menge Stickstoff vollständig zu NH, umsetzen. Berechnen Sie die Partialdrücke der Komponenten und den Gesamtdruck der Mischung nach der Reaktion.

a bestimmt: p/Torr 10°a/(°C) 2

749.7 BROT,

599.6 3.6697

33341 3.6665

98.6 3.6643

Bestimmen Sie daraus den absoluten Nullpunkt der Temperatur in Grad Celsius.

1.4

Die molare Masse eines neu synthetisierten Fluorkohlenwasserstoffes wurde mittels einer Gas-Mikrowaage gemessen. An einem Ende des Waagebalkens befindet sich ein Glaskölbchen; die Anordnung ist von einem geschlossenen Behälter umgeben. Der Balken ist drehbar aufgehängt.

1.7.

Bestimmen Sie das molare Volumen von Cl, bei 350 K und 2.30 atm aus (a) der Zustandsgleichung des idealen Gases (b) der van-der-Waals’schen Gleichung. Sie erhalten eine erste Näherung für das Korrekturglied der zwischenmolekularen Anziehung, wenn Sie das Ergebnis aus (a) verwenden; die Lösung von (b) ist dann numerisch in mehreren Iterationsschritten erhältlich.

5) Die mit dem Symbol # gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Mars hall Cady beigesteuert.

Schwerere Aufgaben 1.8

1.9

Aus Experimenten mit Argon bei 273 Kwurde B= —21.7 cm’ mol! und C = 1200 cm$ mol? erhalten; B und C sind hier der zweite bzw. dritte Virialkoeffizient einer Reihenentwicklung von Z in Potenzen von (1/V„). Nehmen Sie die Gültigkeit der Zustandsgleichung des idealen Gases zur Bestimmung von B und C an. Wie groß ist der Kompressionsfaktor von Argon bei 100 atm und 273 K? Schätzen Sie anhand Ihres Ergebnisses das molare Volumen von Argon unter den angegebenen Bedingungen ab.

Verwenden Sie die van-der-Waals’sche Gleichung in Form einer Virialentwicklung, um das Volumen zu bestimmen, das 1.00 mol N, (a) bei seiner kritischen Temperatur, (b) bei seiner Boyle-Temperatur und (c) bei seiner Inversionstemperatur einnimmt. Der Druck soll überall 10.0 atm betragen. Bei welcher Temperatur kommt das Verhalten des Gases dem idealen am nächsten? Gegeben sind folgende Daten: T,,. = 126.3 K,

b=0.0391 Lmol”".

hersagen der van-der-Waals’schen und der Dieterici-Gleichung hinsichtlich des kritischen Kompressionsfaktors. Welcher Faktor kommt typischen experimentellen Werten näher? 1.17

1.13

Bestimmen Sie die Koeffizienten a und b der Dieterici-

Zustandsgleichung (Tabelle 1-7) aus den kritischen Größen von Xenon. Welchen Druck übt 1.0 mol Xe aus, wenn es bei 25 °C ein Volumen von 1.0 L besitzt?

Theoretische Aufgaben

1.14

1.15

Zeigen Sie, dass aus der van-der-Waals’schen Gleichung sowohl Z < 1 als auch Z > 1 folgen kann. Unter welchen Bedingungen trifft welche der Relationen zu? Formulieren Sie die van-der-Waals’sche Gleichung als Virialentwicklung in Potenzen von (1/V,„); stellen Sie Beziehungen für B und C in Abhängigkeit von a und b auf. Die benötigte Reihenentwicklung lautet 1/(1 — x) = 1+x+x2+.... Experimentell wurden folgende Werte für die Virialkoeffizienten von Argon bei 273 K bestimmt: = 21.7 cm’ mol" 'und C = 1200 cm mol*.Welche Werte für a und b der entsprechenden van-der-Waals’schen Gleichung erhalten Sie?

1.161 Leiten Sie die Beziehung zwischen den kritischen Größen und den Koeffizienten der Dieterici-Gleichung her. Zeigen Sie, dass Z,., = 2e? ist, und schreiben Sie die DietericiGleichung in reduzierter Form auf. Vergleichen Sie die Vor-

V

tischen Kompressionsfaktor an. 1.18

Die Gln. (1-18) und (1-19) sind Reihenentwicklungen in p bzw. 1/V,. Bestimmen Sie daraus die Beziehung zwischen Ba@unduBar@z

1.19

Den zweiten Virialkoeffizienten B’ kann man aus Messungen der Dichte p eines Gases bei verschiedenen Drücken berechnen. Zeigen Sie, dass der Graph von p/p als Funktion von p eine Gerade ist, deren Steigung proportional zu

B' ist. Berechnen Sie B und B’ aus den Daten für Dimethylether bei 25 °C (Aufgabe 1.2).

300 K 0 und gq > 0, wenn dem System Energie zugeführt wird, aber w < 0 undq p., ist, wird nicht die gesamte Fähigkeit des Systems ausgenutzt, Arbeit zu verrichten; den größtmöglichen Betrag an Volumenarbeit, den man bei einer gegebenen Zustandsänderung (und einem bestimmten zugehörigen Weg) des Systems gewinnen kann, erhält man bei einem reversiblen Übergang vom Ausgangs- in den Endzustand. Die Beziehung zwischen Reversibilität und maximal nutzbarer Arbeit haben wir am speziellen Beispiel der Expansion eines idealen Gases eingeführt. Später (Abschnitt 3.2.1) werden wir sehen, dass sie für alle anderen Stoffe und alle anderen Arten von Arbeit genauso gilt. Beispiel 2-1 Die Arbeit bei der Herstellung von Gasen

Berechnen Sie die verrichtete Arbeit, wenn 50g Eisenspäne bei 25°C mit Chlorwasserstoffsäure reagieren, und zwar (a) in einem geschlossenen Gefäß mit festem Volumen, (b) in einem offenen Becherglas. Vorgehen

Zunächst müssen wir die Volumenänderung während des Prozesses

feststellen. Ist sie gleich null, wird keine Volumenarbeit verrichtet; wenn sich das

System gegen einen konstanten äußeren Druck ausdehnt, berechnet man die Arbeit entsprechend GI. (2-10). Generell wollen wir uns merken, dass bei der Umwandlung einer kondensierten Phase in ein Gas das Volumen der Flüssigkeit oder des Feststoffs gegenüber dem des gebildeten Gases vernachlässigt werden kann.

Antwort Im Fall (a) kann sich das Volumen des Systems nicht ändern; es tritt also keine Volumenarbeit auf, w = 0. Im Fall (b) dehnt sich das Gas gegen den Atmosphärendruck aus, w= —p,.AV. Wie schon festgestellt, können wir das Anfangsvolumen des Systems vernachlässigen, also AV = V, - V, = V;=nRT/ p., mit n als Stoffmenge des gebildeten H,. Wir erhalten Re IN WZ

—P.,

AV=

Pex

—E RA:

Aus der Reaktionsgleichung,

Fe (s) + 2 HC] (aq)—>FeCl, (aq) + H, (g), lesen wir

ab, dass bei Verbrauch von 1 mol Eisen genau 1 mol H, gebildet wird; n entspricht also gerade der Stoffmenge des eingesetzten Eisens. Mit der molaren Masse von Eisen,

M = 55.85 gmol*!, folgt

2 DEZ

=

508g

55.85 gmol

(8.3145 ]K"! mol ')(298 K)

—22k.

Das Reaktionsgemisch verrichtet also eine Arbeit von 2.2 k] gegen den Atmosphärendruck. Man beachte, dass der äußere Druck (im Falle dieses idealen Gases) keine Rolle spielt; wenn er niedrig ist, ist das vom Gas eingenommene Volumen einfach entsprechend größer, so dass sich beide Effekte aufheben.

Übung 2-1 Berechnen Sie die Volumenarbeit, die bei der Elektrolyse von 50g Wasser bei 25 °C unter konstantem Druck verrichtet wird. -10K]]

20

2.1.4

Grundbegriffe

39

Wärmeübergänge

Widerstandsthermometer

Allgemein ist die Änderung der Inneren Energie eines Systems Sauerstoff-

dU=dq+dwVol+dw,.

(2-12)

zufuhr

Zündung

Hierbei sei dw. (e für „extra“) die Arbeit mit Ausnahme der Volumenarbeit dw Vol = pdV. Beispielsweise kann dw, die elektrische Arbeit zur Erzeugung eines Stromflusses in einem Stromkreis (in einer galvanischen Kette) sein. Wird das Volumen eines Systems konstant gehalten, so kann keine Volumenarbeit geleistet werden, also dw Vol = 0. Wenn das System keinerlei andere Arbeit verrichten kann (wie es zum Beispiel eine elektrochemische Zelle in Verbindung mit einem Motor könnte), ist auch dw, = 0. Dann gilt dU=dq

(V konstant, keine Nichtvolumenarbeit)

Wir schreiben

.

(2-13a)

dU = dq, und erhalten für eine endliche Zustandsänderung

AU=gy.

(2-13)

Daraus folgt: Wenn wir die Wärmemenge messen, die einem System bei einer Zustandsänderung bei konstanten Volumen zugeführt (q > 0) oder aus dem System abgeführt (gq < 0) wurde, messen wir in Wirklichkeit die Änderung seiner Inneren Energie.

Heizung Abb. 2-9 Bombenkalorimeter mit konstantem Volumen. „Bombe“ nennt man das innere Gefäß; es ist so konstruiert, dass es

Kalorimetrie «Die Untersuchung des Wärmetransports bei physikalischen und chemischen Prozessen bezeichnet man als Kalorimetrie, das zugehörige Messgerät allgemein als Kalorimeter. Zur Messung von AU am weitesten verbreitet ist das adiabatische Bombenkalorimeter (Abb. 2-9). Der zu untersuchende Prozess, beispielsweise eine chemische Reaktion, läuft im Inneren eines geschlossenen Gefäßes (der „Bombe‘“)

ab. Die Bombe befindet sich in einem ständig gerührten Wasserbad. Diese gesamte Anordnung bildet das Kalorimeter, welches sich seinerseits in einem äußeren Wasserbad befindet. Die Temperaturen des inneren und des äußeren Bades werden gemessen und abgeglichen. So erreicht man, dass keinerlei Wärmeenergie vom ES RTan die en (äußeres => abgegeben werden kann, also er

N

;

das Kalorimeter kalibrieren, indem man eine Reaktion mit bekannter

Wärmebilanz ablaufen lässt; der so bestimmte Proportionalitätsfaktor zwischen q und AT ist die Kalorimeterkonstante C:

DICH.

(2-14a)

Die Kalorimeterkonstante kann man auch bestimmen, indem man einen Strom I aus einer Quelle der bekannten Spannung V für eine Zeit t durch eine Heizspirale

im Kalorimeter fließen lässt; für die erzeugte Wärmemenge gilt dann

an

Anordnung nennt man

Kalorimeter; seine

Wärmekapazität muss bekannt sein oder ermittelt werden. Um eine adiabatische

Arbeitsweise zu gewährleisten, kann man das Kalorimeter in ein Wasserbad stellen,

dessen Temperatur während des Prozesses immer gleich der im Kalorimeter gehalten wird.

(X

" Br Messungwan AT aufq, und damit EA TRGCHBERER. Für F a Umrechnung muss man

hohe Drücke aushalten kann. Die gesamte

(2-14b)

Eine andere Möglichkeit zur Bestimmung von C ist die Verbrennung einer bekannten Menge einer Substanz, deren VRELNN SEE genau bekannt ist (oft ver-

eine Kalorimeter. anordnung einmal ‚ermitr wendet man Benzoesäufe). Wenı erenzen leicht in Wärmefemperaturdi de, lassen sich di smessenen

Kommentar 2-4 Die Einheit der elektrischen Ladung ist das Coulomb (C). Bewegen sich die Ladungsträger, so fließt ein elektrischer Strom I, gemessen in Coulomb pro Sekunde oder Ampere (A) mit 1A=1Cs!. Ein konstanter Strom I, der durch eine Potenzialdifferenz V (gemessen in Volt, V) fließt, liefert im Zeitintervall t die Energie I Vt. Wenn der Strom in Ampere, die Spannung in Volt und die Zeit in Sekunden gegeben ist, erhält man die Energie in Joule:

1AVs=1(Cs)-!Vs=1CV=1]. Die elektrische Leistung P formulieren wir wie folgt: — (Energie)/(Zeit)

= N

I,

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

| Illustration 2-2

Bei einem

Kalibrieren eines Kalorimeters

Strom

von

10.0A und einer Spannung

12V ergibt sich mit

von

| t= 300s aus Gl. (2-14b) q = (10.0 A)(12 V)(300 s) = 3.6 x 10° AVs=36k]

(lAVs=1]J). Mit einer gemessenen Temperaturänderung von (beispielsweise) 5.5K erhält man für die Kalorimeterkonstante C = q/AT = 36 k]/5.5 K =

FOSITRD Die Wärmekapazität » Die Innere Energie eines Stoffes nimmt maß dieser Energieerhöhung hängt von gang stattfindet; für den Moment nehmen stant bleibt, etwa in einem geschlossenen

Abhängigkeit von der Temperatur

mit steigender Temperatur zu. Das Ausden Bedingungen ab, bei denen der Vorwir an, dass das Volumen der Probe konGefäß. Wenn man dielInnere Energie in

i

ufträgt,

eine

erhält man

ebiger Temperatur nennt » man die Wärmekapazität des

Kommentar 2-5 Die partielle Ableitung (dz/0x), bedeutet die erste Ableitung der Funktion z(x,y) nach x, wobei y als Konstante behandelt

wird. Ist zum Beispiel z(x, y) = x?y, so haben wir

(2-15)

In unserem Fall hängt die Innere Energie sowohl von der Temperatur als auch vom Volumen ab; wir wollen jedoch nur die Temperaturabhängigkeit untersuchen und lassen daher das Volumen konstant (Abb. 2-11).

Ole Der a

. Formal defi-

ei

RC

Temperatur-

abhängigkeit von U \ Steigung von U \ als Funktion von T; V ist konstant

Ausführlich erläutert werden partielle Ableitungen in Anhang 2.

Energie Innere U

Innere U Energie

Temperatur T Abb. 2-10 Die Innere Energie eines Systems nimmt bei steigender Temperatur zu; das Diagramm zeigt diesen Zusammenhang für konstantes Volumen des Systems. In jedem Punkt der Kurve (also für jede Temperatur) entspricht ihre Steigung (illustriert durch die Tangenten in A und B) der Wärmekapazität des Systems bei konstantem Volumen. Man sieht, dass im dargestellten Fall die Wärme-

Volumen V

Perap,, Rh

Abb. 2-11 Die Innere Energie eines Systems hängt von Volumen und Temperatur ab, etwa

wie durch diese Fläche dargestellt. Die Änderung der Inneren Energie mit der Temperatur

bei einem bestimmten konstanten Volumen entspricht der eingezeichneten Kurve parallel zur T-Achse. In jedem Punkt der Kurve ist ihre Steigung durch die partielle Ableitung (OU/OT),, gegeben.

kapazität in B größer ist als in A.

3) Falls sich bei dem betrachteten Prozess die Zusammensetzung des Systems ändern kann, so muss

man zwischen Gleichgewichtswerten von C, und Werten von @> für konstante Zusammensetzung

unterscheiden. Da wir uns in diesem Kapitel ausschließlich mit reinen Stoffen befassen, dürfen wir diese Komplikation ignorieren.

2.1 Grundbegri €

| Illustration 2-3

Bestimmung einer Wärmekapazität bei konstantem Volumen

Die Wärmekapazität eines einatomigen Gases berechnen wir durch Einsetzen des Ausdrucks für die Innere Energie, den wir in der Mikroskopischen Interpretation 2.2 hergeleitet haben: Aus Gl. (2-15) folgt wegen U,, = U(0) +3 RT € V,a

d

| = a

3

Un

(O+zRT) =

9

== =

.

Der Zahlenwert dieser Wärmekapazität beträgt 12.47] K! mol". } Die Wärmekapazität eines Stoffes ist eine extensive Eigenschaft. So haben 100g Wasser eine 100-mal so große Wärmekapazität wie 1g Wasser (daher benötigt man für die hundertfache Wassermenge auch eine hundertfache Wärmemenge, wenn

man die gleiche Temperaturerhöhung erreichen will)."Die molare Wärmekapazität „bei konstantem Volumen, Cy„ =ne, ist die u intensive Eigenschaft, ‚ nämlich die Wärmekapazität pro Mol des Stoffes (alle molaren Größen sind intensiv). Typischerweise liegen molare Wärmekapazitäten von Gasen bei etwa 25] K“! mol“!. Für bestimmte Anwendungen ist die spezifische Wärmekapazität eines Stoffes (im Laborjargon sagt man auch „spezifische Wärme“) geeigneter. Das ist die Wärmekapazität pro Masseneinheit, normalerweise pro Gramm eines StofWes; Cy, = Cy/m. Die spezifische Wärmekapazität von Wasser beträgt bei Zimmer-

temperatur ungefähr 4] Kg". ‚Wärmekapazitäten sind generell temperaturabhängig u und nehmen bei niedriger Temperatur ab. In kleinen Temperaturbereichen in der Umgebung der Zimmertemperatur ist die Temperaturabhängigkeit jedoch wenig ausgeprägt, so dass man sie für abschätzende Rechnungen vernachlässigen kann. Mithilfe der Wärmekapazität kann man die Temperaturänderung eines Systems mit konstantem Volumen zu einer Änderung seiner Inneren Energie in Beziehung setzen. Aus Gl. (2-15) folgt dU=C,dT.

(bei konstantem Volumen) .

(2-16)

v

Das bedeutetyEine infinitesimale Änderung der Temperatur ruft eine infinitesimale

Änderung der Inneren Energie hervor, der Proportionalitätsfaktor ist Cy, die Wärmekapazität bei konstantem Volumen. Wenn C, im betrachteten Temperaturbereich nicht von T abhängt, ist mit der messbaren Temperaturänderung AT die messbare Änderung AU der Inneren Energie verbunden: (bei konstantem Volumen) .

AU = C,AT

(2-16b)

Die Änderung der Inneren Energie können wir auch als zugeführte Wärme bei konstantem Volumen schreiben (Gl. (2-13b)), damit wird Gl. (2-16b) zu EEE.

Bay=CyAT| j ABER

-

(2-17)

Mithilfe dieser Beziehung kann man die Wärmekapazität einer Substanz auf relativ einfachem Wege bestimmen. Dem System wird eine bekannte Wärmemenge zugeführt (zum Beispiel in Form von elektrischer Energie), der resultierende Temperaturanstieg wird registriert. Die Wärmekapazität ergibt sich dann als Verhältnis der zum BE: = Tempera na BEE, (qv/AT). na

"Eine große Wärmekapazität bedeutet für den betreffenden Stoff, dass die Zufuhr

Hegaten Narnemane nur eine re Ki . Temperaturänderung erzeu£ (der Stoff hat eine große „Wärmeaufnahmefähigkeit‘). Folglich kann man ae Sins:

im Fall einer unendlich hohen Wärmekapazität einem Stoff unendlich viel Wärme zuführen, ohne dass die geringste Temperaturerhöhung auftritt. Beispiele für solDie che Fälle sind Phasenübergänge. Betrachten wir Wasser am Siedepunkt:

gesamte zugeführte Wärme wird für die endotherme Verdampfung verbraucht, die

41

42

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

Temperatur des Systems steigt dabei nicht an. An diesem Punkt ist die Wärmekapazität des Wassers also unendlich hoch. Die Eigenschaften der Wärmekapazität in der Umgebung von Phasenübergängen werden wir in Abschnitt 4.2.4 ausführlicher behandeln.

2.1.5

Die Enthalpie

ie Änderung der

Arbeit

henge. Unter

diesen

zugeführte Wärme dann der Änderung einer anderen thermodynamischen Eigenschaft des Systems entspricht, einer Änderung der Enthalpie.

Definition der Enthalpie Die Enthalpie H ist definiert gemäß Abb. 2-12 Wenn ein System bei konstantem Druck sein Volumen ungehindert ändern kann, kann bei Zufuhr einer Wär-

memenge ein Teil davon in Form von Arbeit wieder an die Umgebung abgegeben werden. Dadurch ist in diesem Fall die Änderung der Inneren Energie geringer als die zugeführte Wärmemenge.

H-U+4pW

(2-18)

E3

mit nen tion vom

pals Druck und V als Volumen des SystemsYDa U, p und V Zustandsfunktiosind, ist auch die Enthalpie eine Zustandsfunktion. Wie für jede Zustandsfunkgilt auch hier, dass die Änderung der Enthalpie während eines Prozesses nur Ausgangs- und Endzustand des Systems, nicht vom Weg zwischen beiden abhängt. Diese Definition der Enthalpie mag zunächst willkürlich erscheinen: in der Thermochemie ist sie jedoch von weit reichender Bedeutung. So werden wir in der folgenden Begründung zeigen, dass (wie aus Gl. (2-18) folgt)/die Änderung der Enthalpie igleich der bei konstantem Druck in Form von Wärme ausgetauschten Energie ist(vorausgesetzt, das System leistet keine Nichtvolumenarbeit): u

dH=dq De

(bei konstantem Druck, nur Volumenarbeit) .

(2-19a)

psp,

Für eine messbare Änderung ist

Ned.

(2-19b)

Wenn ganz allgemein eine Zustandsänderung abläuft, wird U zu U+dU, pzup +dpund VzuV+dV. Demzufolge wird nach Gl. (2-18) aus H= U+ pV Hari =



(Udo:

U

(p+dp)(V+dV)

U pVrpdvaenzdpe

dpdV.

Der letzte Term dieses Ausdrucks ist ein Produkt zweier infinitesimaler Größen,

wir können ihn vernachlässigen. Wenn wir auf der rechten Seite U 12p% - Hein. setzen , erhalten wir für die Änderung von H

le

H+dU+pdV+YVdp und durch Subtraktion von H auf beiden Seiten dH=dU+pdV+Vdp.

Mit unserer bekannten Beziehung dU = dg + dw folgt daraus dH=dg+dw+pdV+Vdp.

-

43

2.1 Grundbegriffe

Wenn sich das System im mechanischen Gleichgewicht mit seiner Umgebung befindet (der Druck sei p) und nur Volumenarbeit verrichtet, können wir mit Hilfe von.dw= —p dV zusammenfassen:

„dH =dq+ Vdp. Fordern wir nun noch, dass die Erwärmung

des Systems bei konstantem

Druck

erfolgen soll (dp = 0), so erhalten wir dH =dq

(bei konstantem Druck, nur Volumenarbeit)

wie in Gl. (2-19a) angegeben.

In Worten besagt Gl. (2-19): Wenn ein System bei konstantem Druck gehalten

und nur Volumenarbeit verrichten kann, ist dieEnthalpieänderung "wird gleich der zugeführten Wärmemenge. Wenn man beispielsweise einer Heizspirale in einem Becherglas mit Wasser eine elektrische Energie von 36k]J zuführt, wächst dadurch die Enthalpie des Wassers um diese 36 kJ; wir schreiben AH=+ 36 k].

Die Messung von Enthalpieänderungen Die Änderung der Enthalpie während einer physikalischen

oder chemischen Umwandlung bei konstantem Druck kann man kalorimetrisch aus der Änderung

Gas, Dampf Sauerstoff

der Temperatur des Systems bestimmen. Prozesse, die bei konstantem Druck ablau-

fen, untersucht man mit einem isobaren Kalorimeter. Ein einfaches Beispiel ist ein thermisch isoliertes, zur Atmosphäre hin offenes Gefäß. Die bei der Reaktion freigesetzte Wärme wird durch Messung der Temperatur des Gefäßinhalts ermittelt. Für Verbrennungsreaktionen kommt das adiabatische Verbrennungskalorimeter (Abb. 2-13) zur Anwendung. Die Substanz wird eingewogen und in einer Sauerstoffatmosphäre verbrannt, AT wird gemessen. Ein anderer Weg zu AH führt über die Messung der Änderung der Inneren Energie in einem Bombenkalorimeter mit anschließender Umrechnung von AU in AH. Da Flüssigkeiten und Feststoffe (im Vergleich zu Gasen) kleine molare Volumina haben, wird auch das Produkt p V,, hier so klein, dass man molare Enthalpie und molare Innere Energie näherungsweise gleichsetzen darf (H„ = U„ +

pV„=U,.). Wenn

Produkte

folglich nur Flüssigkeiten

und Feststoffe am Prozess beteiligt sind, setzt man auch die Änderungen dieser Größen - also AU und AH - in guter Näherung gleich. Physikalisch beobachtet man bei solchen Vorgängen auch nur sehr kleine Volumenänderungen - das System verrichtet praktisch keine Volumenarbeit, sämtliche zugeführte Energie wird in Wärmeeffekte innerhalb des Systems umgesetzt. Die eleganteste Methode zur Messung der Enthalpieänderung ist die Verwendung eines dynamischen Differenzialkalorimeters (DSC von differential scanning calorimeter). Wie wir in Kapitel 7 sehen werden, kann man Änderungen der Enthalpie und der Inneren Energie auch mit anderen als kalorimetrischen Methoden verfolgen.

Abb. 2-13 Ein Verbrennungskalorimeter, das bei konstantem Druck arbeitet, besteht

aus der gezeigten Anordnung umgeben

Anwendung 2-1

Die dynamische Differenzialkalorimetrie

Mit einem dynamischen Differenzialkalorimeter (DSC) misst man, wie viel Energie in Form von Wärme ein System während einer physikalischen Zustandsänderung oder chemischen Reaktion mit seiner Umgebung austauscht. Der Vorsatz „Differenzial-“ bezieht sich darauf, dass der Zustand

der Probe während

der Analyse

ständig mit dem Zustand eines Referenzmaterials verglichen wird, das sich weder die chemisch noch physikalisch verändert. „Dynamisch“ ist das Verfahren, weil Temperatur von Probe und Referenzmaterial dabei schrittweise erhöht wird. Ein

DSC-System

besteht

aus

zwei

kleinen

Behältern,

die

mit

konstanter

. Geschwindigkeit elektrisch aufgeheizt werden. Wird der gewünschte Temperaturund bereich linear abgetastet, so ist der Zusammenhang zwischen Temperatur Zeit durch

T = T, + at gegeben mit T, als Anfangstemperatur zur Zeit

t= 0 und

wird mit einem a als Abtastrate (Kelvin pro Sekunde, Ks“). Der Heizvorgang

von einem gerührten Wasserbad. Der bei der Verbrennung einer bekannten Substanzmenge auftretende Temperaturanstieg wird gemessen.

44

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik Computer gesteuert, um

Thermopaare

Heizungen Abb. 2-14 Dynamisches Differenzialkalorimeter. Probe und Referenz werden in voneinander getrennten, identischen Kam-

mern erhitzt. Man misst den Unterschied der elektrischen Leistung, die benötigt

wird, um beide Kammern während des Heizvorgangs aufgleicher Temperatur zu halten.

die Temperatur von Probe und Referenzmaterial wäh-

rend der Analyse kontinuierlich abzugleichen (Abb. 2-14). Sobald in der Probe eine chemische Reaktion oder physikalische Zustandsänderung stattfindet, die mit einem Austausch von Energie in Form von Wärme verbunden ist, beobachtet man eine deutliche Abweichung der Probentemperatur von der Temperatur des Referenzmaterials. Damit die Temperatur in beiden Behältern wieder übereinstimmt, muss der Probe entsprechend Energie zugeführt oder entzogen werden. Eine endotherme Reaktion beispielsweise erniedrigt die Temperatur der Probe im Vergleich zur Referenz; folglich muss die Probe zusätzlich beheizt werden, um die Temperatur anzugleichen. Findet bei der Temperatur T keine chemische oder physikalische Veränderung der Probe statt, so ist die auf die Probe übertragene Wärme q, = C,AT. Hier ist AT=T-T, und C, soll nicht von der Temperatur abhängen. Während des chemischen oder physikalischen Prozesses wird die Energie q, + q,., übertragen; q, entspricht der Energie, die zusätzlich aufgewendet werden muss, um die Temperaturen von Probe und Referenz anzugleichen. Wir interpretieren q,., als eine Änderung der Wärmekapazität der Probe bei konstantem Druck, C,, während der Abtastung des Temperaturbereichs. Die Wärmekapazität der Probe schreiben wir als Summe C, + C,.,p.ex auf und erhalten 9, aimApex —

(Ch, ar GALT

.

Daraus folgt @

=

Ap.ex

Er

Ap.ex

ee:

=

IM,

a

mit P.. = q,.,/t als der elektrischen Leistung, die zusätzlich aufzuwenden ist, um

Proben- und Referenztemperatur in Übereinstimmung zu bringen. Die Ausgabe eines dynamischen Differenzialkalorimeters besteht in einem Thermogramm, einer Auftragung von P,, oder C,e in Abhängigkeit von T (Abb. 2-15). Die Enthalpieänderung im Zuge des Prozesses erhalten wir aus

Gl. (2-23):

AH=|LT eT;

\

P,ex

T;

mit Tı und T, als Anfangs- bzw. Endtemperatur des Messvorgangs. Wie wir dieser Beziehung entnehmen können, entspricht die Enthalpieänderun g der Fläche

unter dem Graphen von C,., als Funktion von T. Mit einem DSC-System kann

0

SO

Ä

a

!

\

er 8/°C

Abb. 2-15 Thermogramm für das Protein Ubiquitin bei pH = 2.45. Bis zu einer Temperatur von 45 °C behält das Protein seine ursprüngliche Struktur bei; an diesem

Punkt erfolgt eine endotherme Konformationsänderung. (In geänderter Form übernommen aus B. Chowdhry und S. LeHarne,

J. Chem. Educ. B74 (1997) 236.)

man auch Enthalpieänderungen sehr kleiner Proben (bis zu 0.5 mg) ermitteln. Dies ist ein deutlicher Vorteil im Vergleich zum Bombenund zum Verbrennungskalorimeter, die Probenmengen von mindestens einigen Gramm benötigen. Mit der dynamischen Differenzialkalorimetrie ermittelt man in der chemischen Industrie Kenndaten von Polymeren, im biochemi schen Labor untersucht man damit die Stabilität von Proteinen, Nukleinsäuren und Membranen. Große Moleküle wie synthetische oder biologische Polymere ordnen sich aufgrund zwischenund innermolekularer Wechselwirkungen (wie Wasserstoffbrücken oder hydrophobe Wechselwirkungen, siehe Kapite18) l in komplizierten dreidimensionalen Strukturen an. Die Unterbrechung solcher Wechsel wirkungen erfordert stets eine Zufuhr von Energie in Form von Wärme und lässt sich deshalb kalorimetrisch verfolgen. Aus dem abgebildeten Thermogramm

kann

man

entnehmen,

dass

das Protein Ubiquitin seine ursprüngliche Struktur bis zu einer Temperatur von 45 ° beibehält. Steigt die Temperatur weiter an, so findet eine endotherme Konformationsänderung statt, die zum Verlust der dreidimensionalen Struktur führt In prinzipiell ähnlicher Weise untersuc ee ht man die strukturelle Einheit und Stabil| ität von synthetischen Polymeren wie beispielsw eise Kunststoffen.

2.1 Grundbegriffe

Beispiel 2-2 Die Beziehung zwischen AU und AH Wenn

1.0mol CaCO,

aus der Calcit- in die Aragonit-Modifikation umgewandelt

werden, beträgt die Änderung der Inneren Energie +0.21kJ. Wie groß ist der

Unterschied

zwischen

diesem Wert und der Enthalpieänderung?

Der Druck

betrage 0.1 MPa; die Dichten der beiden Feststoffe sind 2.71 bzw. 2.93gcm °.

Vorgehen Die Differenz zwischen Innerer Energie und Enthalpie eines Stoffes entnehmen wir Gl. (2-18). Zu ihrer Berechnung benötigen wir den Druck sowie den Unterschied der molaren Volumina beider Substanzen; Letzteren erhalten wir

aus den molaren Massen M und den Dichten p unter Verwendung der Beziehung BI EVe: Antwort

Die Enthalpieänderung während des Umwandlungsprozesses ist

AH = H(Aragonit) — H(Calcit)

= {U(A) + p V(A)} - {U(C) +PpV(C)} =AU +ptV(A)-

V(C)}=AU+pAV.

Mit Hilfe der Dichten finden wir die Volumina von 1.0 mol (100g) Aragonit (34 cm?) und 1.0 mol Calcit (37 cm’). Es folgt

-pAV = (1.0x10° Pa)(34 — 37) x 10° m? = -0.3]J (dal Pam°’=1]J). Wir erhalten

NN

203

Diese Differenz macht lediglich 0.1 Prozent des Gesamtbetrages von AU aus. Wie man sieht, ist es im Normalfall gerechtfertigt, die Differenz zwischen Enthalpie und Innerer Energie kondensierter Phasen zu vernachlässigen. Vorsicht geboten ist bei sehr hohem Druck: Hier ist der Wert p V nicht so klein, dass er vernachläs-

sigt werden kann!

Übung 2-2 Berechnen Sie die Differenz zwischen AH und AU, wenn 1.0mol Zinn von der grauen Modifikation (Dichte 5.75gcm*') in die weiße Modifikation (Dichte 7.31gcm°) umgewandelt wird. Der Druck betrage 1.0MPa; gegeben sei ferner [-4.4 ]] 121]. A 28ER

Die Beziehung zwischen

Innerer

Energie und Enthalpie eines idealen Gases

erhalten wir durch Einsetzen der Zustandsgleichung des idealen Gases, pV = nRT, in die Definition von H:

H=U+pV=U+nRT.

(2-20)°

der gasDaraus folgt, dass sich die Änderung der Enthalpie in einer Reaktion, bei

förmige Stoffe entstehen oder verbraucht werden, ergibt als

AH=AU+An,RT ten Gase. mit An, als Änderung der Stoffmenge der an der Reaktion beteilig

(2-21)°

45

46

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

Illustration 2-4

| Die Beziehung zwischen AU und AH bei einer Gasphasenreaktion | Im Zuge | Stoffe zu (RT = 2.5 halpie und

ger der Reaktion 2H, (g) + 0, (g)>2 H,O (l) werden 3mol gasförmi 298K Bei mol. 3 = An, ist folglich 2mol Flüssigkeit umgesetzt; kJ mol') ist der Zusammenhang zwischen den Änderungen von EntInnerer Energie während dieses Prozesses gegeben durch

AH-AU=(-3mol)RT=--74AKk].

| Man beachte, dass die Differenz hier von der Größenordnung Kilojoule ist, nicht Joule wie in Beispiel 2.2! Die Enthalpieänderung ist geringer (ihr Betrag ist kleiner) als die Änderung der Inneren Energie: Zwar wird während der Reaktion Energie in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben; da sich durch die Bildung der Flüssigkeit aber das Volumen verkleinert, wird dem System wieder Energie aus der Umgebung zugeführt.

Beispiel 2-3 Die Berechnung von Enthalpieänderungen Wasser am Siedepunkt bei einem Druck von 0.1MPa (1 bar) wird mittels einer elektrischen Widerstandsheizung Wärmeenergie zugeführt. Strom und Spannung des Gerätes betragen 0.50 A bzw. 12 V. Während einer Heizzeit von 300s werden 0.798 g Wasser verdampft. Zu berechnen sind die Änderungen der molaren Inneren Energie und der Enthalpie am Siedepunkt (373.15 K).

Vorgehen Die Verdampfung findet bei konstantem Druck statt; die Änderung der Enthalpie ist daher gleich der durch das Heizgerät zugeführten Wärmemenge. So berechnen wir zunächst diese (q = IVt) und interpretieren sie als Enthalpieänderung, die wir anschließend in eine molare Größe umrechnen (indem wir durch die Stoffmenge des gebildeten Wasserdampfes teilen). Wir nehmen ideales Verhalten des Wasserdampfes an, um mithilfe von Gl. (2-21) aus der Änderung der Enthalpie die der Inneren Energie zu erhalten.

Antwort

Die gesuchte Enthalpieänderung ist

AH = q, = (0.50 A)(12 V)(300 s) = +(0.50

12: 300)] .

(Es gilt 1AVs=1]J, siehe Kommentar 2.4.) 0.798g Wasser sind (0.798 g)/ (18.02 gmol') = (0.798/18.02) mol H,O; die molare Verdampfungsenthalpie ist dann Me

0.50x12x300]J

Für den Prozess

il

OH,O (l)>H,O (g) ist die Änderung der Stoffmenge der gasför-

migen Produkte An, = +1 mol; damit ergibt sich AU„=AH„n

-RI=-38kjmel",

Wir schreiben ausdrücklich ein Pluszeichen vor positive Größen, um zu betonen,

dass Innere Energie oder Enthalpie ansteigen. Man beachte, dass die Änderung der Inneren Energie kleiner ist als die der Enthalpie, weil bei der Ausdehnung der verdampfenden Substanz Volumenarbeit gegen den Atmosphärendruck verrichtet werden muss.

2.1 Grundbegriffe

47

Übung 2-3 Die molare Verdampfungsenthalpie von Benzol am Siedepunkt (353.25 K) beträgt

30.8k] mol!. Wie groß ist die Änderung der molaren Inneren Energie? Wie lange

wäre die Heizzeit mit der Widerstandsheizung aus unserem Beispiel, um 10g Substanz zu verdampfen? [+27.9 kJ mol "', 660]

Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie ‚ Wenn die Temperatur eines Stoffes steigt, nimmt auch seine Enthalpie zu. Das Ver-

hältnis zwischen beiden Zunahmen hängt von den genauen Bedingungen des Prozesses ab (beispielsweise können Volumen oder Druck konstant sein). Die Bedingung mit der größten praktischen Bedeutung ist der konstante Druck; beim AuftraKurve (Abb. 2-16), dann einer erhält manatu gen der Enthalpie gegen die Temper

"deren Steigung als Wärmekapazität beikonstantem Druck C, bezeichnet wird. Formal schreibt man u,

Enthalpie A

IHN

j c,= N

(2-22)

Die Wärmekapazität bei konstantem Druck ist in Analogie zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen definiert; beides sind extensive Be Die entspreah i konstantem Druck

zwischen Enthalpieänderung und Temperaturdifferenz herstellen. Für infinitesimale Temperaturänderungen gilt .-

(bei konstantem Druck) .

(2-23a)

Wenn die Wärmekapazität über einen bestimmten Temperaturbereich hinreichend konstant ist, kann man für endliche Änderungen in diesem Bereich auch schreiben AH=C,AT

(bei konstantem Druck) .

(2-23b)

ine Erhöhung der Enthalpie kann stets der Zuführung einer Wärmemenge bei ern Druck gleichgesetzt werden; in der Praxis verwendet man Gl. (2-23b) daher in der Form

1 ,=C,AT: *

;

Energie U :

Temperatur T Abb. 2-16 Die Steigung der Tangente an den Graphen der Enthalpie als Funktion der Temperatur bei konstantem Druck ist die Wärmekapazität bei konstantem Druck. Sie kann von der Temperatur abhängen; in diesem Fall ist auch die

ae

RdH - C,dT

Innere

(2-24)

ER

StofAus dieser Gleichung können wir auch ablesen, wie die Wärmekapazität eines bei Substanz der wird fes gemessen werden kann: Eine bestimmte Wärmemenge Expedas wenn erfüllt, konstantem Druck zugeführt (letztere Bedingung ist immer rung verriment in einem offenen Gefäß abläuft), dabei wird die Temperaturände

folgt. der WärIn engen Temperaturbereichen darf man die Temperaturabhängigkeit Gas ideales ges einatomi ein für n; mekapazität mitunter näherungsweise ignoriere bei Fälle, die Für dar. g Näherun genaue (etwa ein Edelgas) stellt dies eine recht denen eine Vernachlässigung

dieser Abhängigkeit nicht sinnvoll ist, hat sich die

empirische Näherungsfunktion sich bei dem betrachteten Prozess die Zusammensetzung 4) Wie im Fall von Cy gilt auch hier: Wenn Werten von C,

Gleichgewichtswerten von C, und des Systems ändern kan n, so muss man zwischen n. Da wir uns in diesem Kapitel ausschließlich mit heide untersc ung ensetz Zusamm für konstante dies ignorieren. reinen Stoffen befassen, dürfen wir

Wärmekapazität temperaturabhängig. Beispielsweise unterscheiden sich in unserer Darstellung die Wärmekapazitäten

in A und B. Für Gase ist die Abhängigkeit der Enthalpie von der Temperatur stärker als die der Inneren Energie, also ist C, größer als C,..

48

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik e 7

@ En

(2-25)

als zweckmäßig erwiesen. Die empirischen Parameter a, b und c hängen nicht von der Temperatur ab; typische Werte für einige Gase finden Sie in Tabelle 2-2. ät, raturabhängigkeit der molgren Wärmekapazit Kurztabelle 2-2 Tempe =g4+ bT I c/T.* mol"

Si

mi)

C (s, Graphit) CO, (g) H,O ()) N, (g)

a

by(10” K)

c/(10° K’)

16.86 44.22 75.29 28.58

4.77 8.79 0 37

8:54 8.02 0 0.50

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Beispiel 2-4 Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie

Wie groß ist die Änderung der molaren Enthalpie, wenn gasförmiges N, von 25 °C auf 100°C erhitzt wird? Verwenden Sie die Daten zur Wärmekapazität aus Tabelle 2-2. Vorgehen Da die Wärmekapazität von Stickstoff von der Temperatur abhängt, kann Gl. (2-23b) nicht angewendet werden, denn sie beruht auf der Annahme, dass die Wärmekapazität im betrachteten Temperaturintervall konstant ist. Stattdessen setzen wir in Gl. (2-23a) die empirische Beschreibung (Gl. (2-25) der temperaturabhängigen Wärmekapazität ein und integrieren den erhaltenen Ausdruck zwischen 25 °C und 100°C.

Antwort Wir bezeichnen die Grenzen des gegebenen Temperaturbereichs mit T, (298 K) und T, (373 K); die auszuwertende Integralgleichung lautet -H(T,) |

NT;

c

an = |,(a+bT+ 72

)ar.

H(T)

Beachten Sie die Übereinstimmung der Integrationsgrenzen auf beiden Seiten der Gleichung: Links integrieren wir über H von H(T,), dem Wert von H bei T,, bis H(T,), dem Wert von H bei T;; rechts integrieren wir über die Temperatur von

T, bis T,. Unter Verwendung der Integrale [« = x-+ Konstante 1

xdmit y= C,„/Cy,. Dieses Ergebnis fasst man häufig in der Form pV’ = Konstante (b)

VA

zusammen. Volumen V

Abb. 2-18 Eine Adiabate beschreibt die Abhängigkeit des Drucks vom Volumen bei der adiabatischen Volumenänderung eines Gases. (a) Adiabate für die reversible

Expansion eines idealen Gases. (b) Bei der Adiabate fällt der Druck steiler ab als bei der Isotherme. Der Grund dafür ist, dass

bei Ersterer die Temperatur abnimmt.

Für ein einatomiges ideales Gas ist C,„ = >R (siehe Illustration 283)

und C,m =3R (siehe Gl. (2-26); folglich ist y = 3. Für ein Gas, dessen Moleküle aus mehreren Atomen bestehen und nicht linear sind (also neben den Translationsauch Rotationsfreiheitsgrade besitzen), ist Cy„} = 3R und ) = +. Die Graphen des Drucks als Funktion des Volumens bei einer adiabatischen Änderung nennt man Adiabaten. Ein Beispiel für einen reversiblen Prozess sehen Sie in Abb. 2-18. Wegen »>1 fallen Adiabaten stets steiler ab (p « 1 /V’) als die zugehörigen Isothermen

(px 1/V). Die physikalische Begründung für diesen Unterschied ist folgende: Bei einer isothermen Expansion fließt Wärmeenergie in das System hinein, sods ”

2.2

em] je a ee

Thermochemie

bleibt. Daher ist der Druckabfall nicht so ausgeprägt wie

satischen Expansion. Illustration 2-6

Die Änderung des Drucks bei einer adiabatischen Expansion

Argongas (mit y = ;) bei 0.100 MPa dehnt sich reversibel und adiabatisch auf das Doppelte seines ursprünglichen Volumens aus. Der Druck im Endzustand ist dann

pr: =

VAN

Vv, =

1\3

7

(0.1

MPa) = 32 kPa .

Bei einer isothermen Volumenverdopplung wäre der Enddruck gleich 50 kPa.

2.2 | Thermochemie , Die Thermochemie ist die Lehre von der Energie, die bei chemischen Reaktionen in

N Form von Wärme aufgenommen ‘oder freigesetzt wird. In Analogie zu den schon besprochenen Fragen der Thermodynamik können wir das Reaktionsgefäß als System betrachten; die chemische Reaktion führt zu einem Energieaustausch zwischen System und Umgebung. Entsprechend ist der Wärmeeffekt der Reaktion kalorimetrisch zugänglich, q wird als Änderung der Inneren Energie (wenn die Reaktion bei konstantem Volumen verläuft) oder der Enthalpie (bei Reaktionen unter konstantem Druck) interpretiert. Wenn wir umgekehrt AU oder AH einer Reaktion kennen, können wir die produzierte (bzw. verbrauchte) Wärmemenge voraussagen. Wie schon angemerkt, bezeichnen wir einen Prozess, der unter Energiefreisetzung (und Erwärmung der Umgebung) verläuft, als exotherm, und einen Prozess, dem Energie zugeführt werden muss (wobei sich die Umgebung abkühlt), als endotherm. Da eine Energiefreisetzung durch Erwärmung der Umgebung eine Abnahme der Enthalpie des Systems (bei konstantem Druck)

man schließen: Für exotherr ie durch die Aufnahme vo

AH

< 0.

TI; IR:

Umgelolre NOoekKı

% therme Prozesse gilt also AH > 0.

2.2]

Die Standardenthalpie

Tabellenwerte von Enthalpieänderungen werden meist auf einen Satz von Standard-

bedingungen bezogen. In unseren weiteren Ausführungen werden wir daher stets

\ halpie eines

[}

ie AH“

Prozesses, dessen Au EN

angeben; dies ist di "Änderı

angsstoffe und Endprodukte sich

ng

jeweils im

Der Standardzustand einer Substanz ist deren reine Form bei der jeweiligen Temperatur und einem Druck von 10° Pa (0.1 MPa, 1 bar).”

Der Standardzustand von flüssigem Ethanol bei 298K ist zum Beispiel reines flüssiges Ethanol bei einem Druck von 0.1 MPa und einer Temperatur von 298 $ analog gilt als Standardzustand von festem Eisen bei 500 K reines Eisen bei einem Druck von 0.1MPa und einer Temperatur von 500K. Die Änderung der Standard-

enthalpie während einer chemischen Reaktion oder eines physikalischen Prozesses siehe dazu 5) Standardzustände von realen Gasen und Lösungen sind komplizierter zu definieren; 5.3.2. und 5.3.1 Abschnitte die sowie 3.2 Zusatzinformation

32

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

ergibt sich aus der Differenz der Enthalpien der Produkte im Standardzustand und der Ausgangsstoffe im Standardzustand bei derselben festgelegten Temperatur. Betrachten wir ein Beispiel für eine Standardenthalpieänderung, die StandardVerdampfungsenthalpie: A,yH° ist die molare Differenz der Enthalpie, wenn eine Flüssigkeit bei einem Druck von 0.1MPa (1 bar) in ein Gas unter einem Druck von 0.1MPa (1 bar) überführt wird, wie in H,O ()>H,0(g)

A,H°(373 K) = +40.66 kJmol”" .

Das Beispiel verdeutlicht noch einmal, dass man Standardenthalpien bei jeder beliebigen Temperatur angeben kann. Allerdings wird die Angabe thermodynamischer Daten bei 298.15 K (25.00°C) empfohlen; diese nennt man auch „Normtemperatur“. Auch

wir werden,

wenn

nicht anders

vermerkt,

alle Daten

bei Normtemperatur

angeben. Hinweis

Bei der Vergabe von Indizes halten wir uns an die JUPAC-Empfehlung und schreiben A,H, nicht AH,. Im alltäglichen Gebrauch (insbesondere in Literatur und Tabellenwerken älteren Datums) trifft man gelegentlich auch die letztere Variante an. Die moderne Vereinbarung ist logischer, weil sich der Index auf die Art der Zustandsänderung bezieht und nicht auf eine physikalische Größe, die mit der Änderung im Zusammenhang steht.

Enthalpieänderungen bei physikalischen Zustandsänderungen Die Änderung der Standardenthalpie während einer physikalischen Zustandsänderung nennt man Standard-Phasenübergangsenthalpie A,,.,.H* (Tabelle 2-3). Beispiele sind die bereits vorgestellte Standardverdampfungsenthalpie A,H* und die

Standardschmelzenthalpie A, H°, wie sie beim Übergang eines Feststoffs in den flüssigen Aggregatzustand auftritt: H,0(sS)>H,0(l)

AmH° (273 K) = +6.01 kJmol" .

Wie in diesem Beispiel ist es manchmal zweckmäßig, die Enthalpien sowohl bei der Temperatur der Phasenübergangs als auch bei Normtemperatur zu kennen. Kurztabelle 2-3 Standardschmelz- und -verdampfungsenthalpien bei der jeweiligen Übergangstemperatur, Ar,.,H” /(k] mol ').*

u Ar

TeniK I

83.81

Da

AmH° a

1.188

Fr

Ts/K

87.29

CH,

278.61

H,O

2

6.008

373elS

3.5

0.021

4.22

He

10.59

353.2

AsH° ee

6.506 30.8 40.656 (44.016 bei 298 K) 0.084

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

\Die Enthalpie ist eine Zustandsfunktion: Änder ungen der Enthalpie hängen nicht om Weg ab, auf dem der Prozess verläuft. Diese Eigens chaft ist für die Thermochemie sehr wichtig: Man kann nämlich folger n, dass man für eine besti

mmte Bruttoreaktion immer denselben Wert AH® erhält, unabhängig davon, in welchen Teilschritten die Umwandlung im Einzelnen erfolgtyeinzige Voraussetzung sind glei„che

Ausgangsstoffe und Produkte. So kann die Überführung eines Feststoffs in ein

Gas entweder als Sublimation ablaufen,

2.2

H,O(s)>H;0(g),

Thermochemie

53

A,,H° rn

oder in zwei Schritten (Schmelzen und anschließende Verdampfung der Flüssigkeit) vor sich gehen,

HO()>H,O()

A,,H*®

|

Hol)

insgesamt:

A

H,O(s)>H,O(g)

H,O (g)

=

A

EN

Asıb Ir

I’

A,H°-+A,H*

Enthalpie H

SF Ay 1%

Mm

|

Pr.

—_

As

Inf

1

sequenz: Die Standardenthalpieänderungen eines Prozesses und seiner Umkehrung unterscheiden sich nur im Vorzeichen, nicht im Zahlenwert (2):

AH° (AB) = AH* (BA).

B

a

ih

< Enthalpie H

|
Atome (g)

A,H

lonisierung

x(y>X

A,H

Elektronenanlagerung

xrel)

Reaktion

Ausgangsstoffe > Produkte

Verbrennung

Verbindung (s,l,g) + O, (g)

(e)+e

(g)

2X)

Ar,H ArH

> CO, (g) H,O (Lg)

AcH

Elemente > Verbindung

A,H

Reaktanten — aktivierter Komplex

ASEN

AHR) ist gelegent* Entsprechend der IUPAC-Empfehlung. Die ältere Schreibweise (Index an H, z.B. lich noch anzutreffen.

7

T

Aus der Tatsache, dass H eine Zustandsfunktion ist, ergibt sich eine weitere Kon-

Dj

S

a

pie ıst.

Bildung Aktivierung

=

(2-30)

(wenn beide Prozesse bei gleicher Temperatur ablaufen). Daraus folgt unmittelbar (da Schmelzenthalpien stets positiv sind), dass bei einer bestimmten Temperatur die Sublimationsenthalpie eines Stoffes stets größer als seine Verdampfungsenthal-

in Wasser

8

Ay,H?

Da man auf direktem Weg das gleiche Resultat wie auf dem indirekten Weg erzielt (festes Wasser geht in gasförmiges über), müssen auch die Gesamtänderungen der Enthalpie übereinstimmen (1), und wir können folgern Anl

>

52

2

2

R

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

Die Enthalpien chemischer Reaktionen Nun wenden wir uns den Enthalpieänderungen zu, die bei chemischen Reaktionen auftreten. Für ihre Angabe gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Erstens können wir die thermochemische Gleichung als Kombination zwischen der Reaktionsgleichung und der zugehörigen Enthalpieänderung formulieren:

CH, (8) + 20, (g)>C0, (g)

F

+2H,0(l)

AH” = -890K].

Hier ist AH“ die Enthalpieänderung beim Übergang von den Reaktanten in ihren Standardzuständen zu den Produkten in deren Standardzuständen:

reine, getrennte Reaktanten in den Standardzuständen — reine, getrennte Produkte in den Standardzuständen

Mit Ausnahme ionischer Reaktionen in Lösung können die Enthalpieänderungen beim Mischen und Trennen der Substanzen gegenüber der Reaktionsenthalpie vernachlässigt werden. Im Fall der Verbrennung von Methan bezieht sich die Standardenthalpie auf die vollständige Reaktion von 1 mol CH, in Form des reinen Gases bei 0.1MPa mit 2mol O, in Form des reinen Gases zu 1 mol CO, in Form des reinen

Gases bei 0.1MPa und 2mol reinem flüssigem Wasser bei 0.1 MPa; angegeben ist der Zahlenwert bei 298 K. Zweitens können wir die Reaktionsgleichung formulieren und dazu die Standardreaktionsenthalpie A,H“ angeben. Für die Verbrennung von Methan ist das

CH.(g) +20, (2) >C0,@)+2H,0()

A, =230oKjmeln!

Die Standardreaktionsenthalpie einer allgemeinen Reaktion 2A+B>3C+D

ist gegeben durch

ARH” = 13H (C) + H2(DJ)! - DHL(A) + H% (B)} mit H,„,(J) als molarer Standardenthalpie der Substanz J bei der jeweiligen Temperatur. Beachten Sie, dass A, H” pro Mol angegeben wird, weil in diesem Ausdruck "die molaren Enthalpien stehen. Wir berücksichtigen dies durch Angabe der stöchiometrischen Faktoren und meinen also NE

„pro 2 mol A“, „pro mol B“, „pro

C“ bzw. „pro mol D“. Allgemein formulieren wir

AH®=

) vHnProdukte

) Reaktanten

vH

3mol

(2-32)

h,

\ wobei die molaren Enthalpien jeweils mit dem zugehörigen stöchio metrischen Faktor v multipliziert wurden.“ Für Standardenthalpien einiger besonders wichtiger Reakti onen werden spezielle Namen verwendet. So ist die Standardverbrennungsenth alpie AcH° die Standardreaktionsenthalpie der vollständigen Oxidation einer organischen Verbindung zu gasförmigem CO, und flüssigem H,O (wenn die Substanz nur C, H, © enthält) sowie gasförmigem N, (wenn auch Stickstoff Bestand teil der Verbindung ist). Ein Beispiel ist die Verbrennung von Glucose:

CH120; (8)

+60, (8)>6C0, (8)+6H,O(l)

AcH® = —2808K]mol-!

6) In dieser und ähnlich en Gleichungen sine alle stöchiometri sind etrische iti Abschnitt 7.1.2 lerne n wir einen allgem einere Formulierung von Be Gl. (2-32) kenne Se n

2.2

Das

bedeutet:

Wenn

1mol

C,H,,O,

unter

Standardbedingungen

Thermochemie

bei 298K

53

ver-

brannt wird, wird eine Wärmemenge von 2808 kJ freigese tzt. Einige weitere Werte finden Sie in Tabelle 2-5.

Kurztabelle 2-5 Standardbildungs- und -verbrennungsenthalpien organischer Verbindungen bei 298 K.*

AgH° /(k) mol)

Te

AcH° /(k) mol") ee

Benzol, C,H, ()

+49.0

Ethan, C,H, (e)

— 3268

-84.7

1560

Glucose,

C,H 0; (s)

— 1274

Methan, CH, (g) Methanol, CH,OH (l)

ee!

— 2808

— 74.8

890

— 7387]

28

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Anwendung 2-2

Energiespeicher im Körper

Die thermochemischen Eigenschaften von Brennstoffen und Nahrungsmitteln diskutiert man in der Regel anhand der spezifischen Enthalpie, der Verbrennungsenthalpie für ein Gramm der Substanz: Ist die Standardverbrennungsenthalpie der Verbindung AcH“ und ihre molare Masse M, so ist die spezifische Enthalpie AcH”/M. Tabelle 2-6 fasst die spezifischen Enthalpien einiger Brennstoffe zusammen. Der tägliche Energiebedarf eines durchschnittlichen 18 bis 20 Jahre alten Mannes beträgt ungefähr 12 M]J, der einer gleichaltrigen Frau etwa I9MJ. Würden wir uns ausschließlich von Glucose (3) mit einer spezifischen Enthalpie von 16kJ g"' ernähren, so müsste ein Mann davon 750g pro Tag essen und eine Frau 560g, um

den angegebenen Bedarf zu decken. Die spezifische Energie verdaulicher Kohlenhydrate ist etwas höher als diejenige von Glucose; eine reine Kohlenhydrat-Diät wäre deshalb nicht ganz so mühsam wie eine reine Traubenzuckerdiät (und außerdem besser verdaulich, denn Ballaststoffe - Kohlenhydrate, die wir nicht aufschließen können - helfen dabei, die Stoffwechselprodukte durch den Verdauungstrakt

zu transportieren). Die spezifische Enthalpie der Fette, langkettiger Ester wie Tristearin (Rinder-

fett), ist mit 38kJ g-' deutlich höher - fast so hoch wie die spezifische Enthalpie der als Brennstoff verwendeten Erdölbestandteile (48k]J g '). Fette dienen als Energiespeicher, auf die der Organismus nur zurückgreift, wenn die leichter verwertbaren Kohlenhydrate knapp werden. Bei Tieren, die in den Polargegenden heimisch sind, wirken Fettspeicher außerdem wärmeisolierend; Arten, die in Wüsten leben (wie das Kamel) nutzen Fettreserven zusätzlich als Wasserquelle (Wasser ist ein Oxidationsprodukt der Fette). Auch Proteine können dem Körper zur Energiegewinnung dienen. Ihre Bausteine, die Aminosäuren, sind für den Organismus jedoch in aller Regel zu wertTabelle 2-6 Thermochemische Daten einiger Brennstoffe. Brennstoff

Verbrennungsreaktion

AcH°/

Spezifische

Enthalpie-

(k} mol)

Enthalpie/

_dichte/

(k) 8)"

(kJ dm)”

142

z

ep

a Wasserstoff

H, (g) ++ 0, (g>H:0 ()

—286

Methan

CH, (g) + 20, (g)>C0, (8) + 2H,O)

=>

»

Oktan

GH) +2 9, (9>8C0;(8)+9H,O()

5471

Methanol

) (g)>C0;, (+20) OH( +20, CHA

726

48 23

x10° 3.8 1.8 x 10°

OH OH

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

zum Aufbau körvoll, um sie in dieser Weise zu verschwenden, denn sie werden Proteinen (zu pereigener Proteine benötigt. Die Enthalpiedichte der Oxidation von . Harnstoff, CO(NH3),) liegt im Bereich derjenigen von Kohlenhydraten kann, erhalten aufrecht 8°C 35.6-37. von ur Temperat eine Damit der Körper werden. t abgeführ Energie e werdend frei Nahrung der n muss die bei der Oxidatio physioloZu diesem Aspekt der Homöostase (der Fähigkeit eines Organismus, verschietragen ) reagieren zu gen edingun Umweltb der rungen gisch auf Verände che einheitli ungefähr eine für sorgt lauf Blutkreis Der bei. smen dene Mechani so werden, en abgegeb Wärme schnell Muss Körper. gesamten im Temperatur ar bemerkb Erröten durch sich was Haut, der n Kapillare die durch fließt Blut macht. Neben der Strahlung steht auch die Verdampfung von Wasser als Mittel zur Wärmeabgabe zur Verfügung. Je Gramm ausgeschwitzten Wassers geben wir ungefähr 2.4kJ Energie (für die Verdampfungsenthalpie) an die Umgebung ab. Bei intensiver körperlicher Betätigung schwitzen wir stark (dafür sorgen die Thermosensoren im Hypothalamus). Stündlich können wir dann einen bis zwei Liter Wasser abgeben, was einem Energieverlust von 2.4-5.0 M] entspricht.

Der Satz von Hess Die Standardenthalpien komplexer Reaktionen kann man durch geeignete Kombination der Enthalpien einfacherer Teilreaktionen bestimmen. Dieser Satz von Hess ist eine spezielle Anwendung des Ersten Hauptsatzes der Thermodynamik:

„|

Die Standardenthalpie einer Reaktion ist gleich der Summe der Standardenthalpien einer Folge von Reaktionen, in die die betreffende Reaktion formal zerlegt werden kann.

»

Diese Einzelschritte müssen praktisch nicht unbedingt realisierbar sein; die Zerlegung kann in rein hypothetische Teilreaktionen erfolgen, einzig unter der Bedin"gung, dass die Stoffbilanz erfüllt ist. Thermodynamisch ist die Gültigkeit des Satzes von Hess damit zu begründen, dass die Enthalpie eine Zustandsfunktion und ihr

Wert damit wegunabhängig ist, solange Ausgangsstoffe und Produkte der Bruttore" aktion gleich bleiben. Unabhängig davon, durch welche Reaktionsfolge (die auch hypothetische Schritte enthalten darf) wir von den angegebenen Reaktanten zu den gewünschten Produkten kommen, ist die Enthalpieänderung des Gesamtprozesses stets gleich. Die Bedeutung des Satzes von Hess besteht darin, dass wir eine bestimmte, auf direktem Weg vielleicht schwer zu untersuchende Reaktion anhand von Kenndaten bekannter Reaktionen beschreiben können. Beispiel 2-5 Eine Anwendung des Satzes von Hess

Die Standardreaktionsenthalpie der Hydrierung von Propen, CH,=CHER; (g) + H, (g) > CH;CH;CH; (g) ,

beträgt -124 kJ] mol”'. Die Standardreaktionsenthalpie der Verbrennung von Propan, CH,CH;CH, (8) +50, (g) — 3 CO, ()+4H,O(,

beträgt —2220 kJ] mol"!. Zu berechnen ist die Standardreaktionsenthalpie für die Verbrennung von Propen.

Vorgehen Mit diesem Beispiel wollen wir den Aufbau einer thermochemisch en Gleichung aus Teilschritten üben. Versuchen Sie, die gesuchte Reaktion durch Addition und Subtraktion der gegebenen und anderer erforderlicher Teilreaktionen aufzubauen. Dann können Sie die Reaktionsenthalpien der Teilschritte entsprechend addieren und subtrahieren. In Tabelle 2-5 finden Sie zusätzlich benötigte Daten.

2.2

Antwort

Thermochemie

57

Die gesuchte Verbrennungsreaktion formuliere n wir als

CH (8) +30, (8)>3C0, (8) +3 1,0 (1).

Sie kann als Summe folgender Reaktionen geschrieben werden: A, H° /k]mol-"

GH, (g)+H,(g)>C;H, (8) GER (8) +50, (g)>3C0, (g)+4H,0 HOM)-BR,

197 ()

(g) +3 0, ()

GH, (g) +3 0, (g)>3 Co, (g)+3H,0 (|)

9920 + 286

2058

Übung 2-6 Berechnen Sie die Hydrierungsenthalpie von Benzol aus seiner Verbrennungsenthalpie und der Verbrennungsenthalpie von Cyclohexan. [-205 k] mol]

2.2.2

Standard-Bildungsenthalpien

. Die Standardbildungsenthalpie A, H” eines Stoffes ist die ee pie seiner Bildung aus den Elementen in ihrem jeweiligen Referenzzustan Refe' renzzustand eines Elementes wird dessen stabilste Form bei der gegebenen Tempeh ratur und einem Druck von 0.1 MPa (1 bar) genannt. So ist beispielsweise der Referenzzustand von Stickstoff bei 298 K das zweiatomige Gas N,, von Quecksilber ist es Hg(l), von Kohlenstoff Graphit und von Zinn die weiße (metallische) Modifikation. Die einzige Ausnahme bildet Phosphor: Sein Referenzzustand ist das weiße Allotrop, obwohl diese Modifikation nicht die stabilste ist; sie ist aber am einfachs-

ten zu reproduzieren.«Die Standardbildungsenthalpie einer Verbindung wird als 1olare Größe angegeben, also pro Mol Moleküle oder (bei ionischen Verbindun\gen) pro Mol Formeleinheiten. So bezieht sich beispielsweise die Standardbildungsenthalpie flüssigen Benzols bei 298 K auf die stöchiometrische Gleichung 6C

(s, Graphit)

+3H, > C,H, ()) ;

und beträgt +49.0kJ mol‘'. Die Standardbildungsenthalpien von Elementen im Referenzzustand sind bei jeder Temperatur gleich null, da sie — entsprechend der Definition des Referenzzustands -— auf triviale Reaktionen bezogen sind, wie etwa

N, (g)>N, (g). Einige Standardbildungsenthalpien finden Sie in Tabelle 2-5 und Tabelle 2-7. Bei der Ermittlung der Standardbildungsenthalpien von Ionen in Lösung stellt sich ein spezielles Problem: Reine Lösungen von (ausschließlich) Kationen oder Anionen lassen sich nicht herstellen. Der Ausweg besteht darin, einem Ion — verein-

barungsgemäß dem Wasserstoff-Ion - eine Standardbildungsenthalpie von null bei

" ‚allen Temperaturen zuzuordnen:

A,H°(H*,ag)=0.

(2-33)

Die experimentell ermittelte Bildungsenthalpie etwa von HBr, —122k] mol”', wird dann allein der Bildung von Br’ (aq) zugeschrieben, also A,H° (Br ,ag) = (ag) kann man 122 kJ] mol'. In Verbindung mit der Bildungsenthalpie von AgBr

daraus zum Beispiel den Wert von A,H”(Ag', aq) berechnen und so fort. Das Prin-

von lonen an zip dieser Vorgehensweise ist, die tatsächlichen Bildungsenthalpien gewählt, dass so einem festgelegten Wert auszurichten; dieser Wert wurde gerade

ist. die Standardbildungsenthalpie des Ions H’ null

Kurztabelle 2-7 Standardbildungsenthalpien anorganischer Verbindungen bei 298 K.'

Substanz

AzH°/

Substanz AgH”/

(kJ) mol")

(kJ) mol")

H,O(l) NH, (eg) NO,(d)

285.8 46.1 +33.2

H,O; (l) —187.8

NaCl(s)

-411.2

KCI (s)

NH; (l) N,O (8) (

+50.6 912 —436.8

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

k 2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynami

Elemente |

e Reaktionsenthalpie und Bildungsenthalpi en wir uns vorstellen, dass zunächst könn ionen Reakt Als ein Modell für chemische n zerlegt und diese dann zu So Produkte die Ausgangsstoffe in ihre Elemente

der Gesamtreaktion, A,H 5 ist dann die zusammengesetzt werden. Die Enthalpie öngsenthalpien; dabei besit; zt eine Zerst 4 Summe dieser „Zerstörungs“- und Bildu alpi enth ungs Bild en BAR der entsprechend rungsenthalpie immer den negativen „Wert

Reaktanten

u

Enthalpie H

A,H?

t die K ep h se (4). Diese Überlegung zugrunde gelegtäreich

aller an einer Reaktion beteiligten Stoffe aus, um die Reaktionse wir den Ausdruck bigen Reaktion H berechnen. Dazu verwenden

dung aanthe

n

h

i

IR

v

Produkte

A,H®

=

=

v As ©

ei

vA,H°

(2-34)

Reaktanten

Produkte

4

=

dem jeweiligen stöchiometrischen wobei die Bildungsenthalpien aller Spezies mit Faktor multipliziert werden. | Illustration 2-7

Die Arbeit mit Standardbildungsenthalpien

‚ Die Standardreaktionsenthalpie der Reaktion 2HN, (l) + 2NO (g)>H30, (l)+4N;,(g)

| berechnen wir wie folgt aus den einzelnen Beiträgen:

II

[A,H°(,0,.1) +44, H°(N,g)} = [2A,H°(HN,.)) \ 2A,H° (NO, g)} {She (0) kJ] mol! — E .@6A. 0.2. (90.25) }kJ mol-"

j)

896.3 kJ] mol"

Ar

Bildungsenthalpien und Molecular Modeling

Wir haben gesehen, wie wir durch Kombination geeigneter Standardbildungsenthalpien zu Standardreaktionsenthalpien gelangen. Nun stellt sich die Frage, ob wir Standardbildungsenthalpien berechnen können, wenn wir die chemische Zusammensetzung und Struktur der betreffenden Substanz kennen. Einen thermodynamisch exakten Weg der Berechnung von Bildungsenthalpien aus Beiträgen einzelner Atome oder Bindungen gibt es, kurz gesagt, nicht. Näherungsverfahren beruhten früher meist auf mittleren Bindungsenthalpien AH(A-B), der mittleren Enthalpieänderung beim Bruch einer Bindung A-B: A-B (g)>A

(g)+B

(g)

AH(A-B).

Eine solche Näherung ist wenig zuverlässig, unter anderem, weil es sich bei AH(A-B) um Durchschnittswerte handelt, die für ganze Verbindungsreihen verwendet werden. Der Ansatz unterscheidet auch nicht zwischen geometrischen Isomeren, deren Bildungsenthalpien deutlich voneinander abweichen können, obwohl die Art der enthaltenen Atome und der Bindungen zwischen ihnen identisch ist. An die Stelle dieser eher primitiven Verfahren trat in jüngerer Zeit das computergestützte Molecular Modeling. Kommerziell verfügbare Softwarepakete berechnen die Standardbildungsenthalpie eines Moleküls, das man zuvor am Bildschirm konstruiert hat, nach Methoden, deren Grundlagen wir in Kapitel11 kennen lernen werden, und unterscheiden dabei auch zwischen Konformationsisomeren. Die Differenz zwischen den berechneten Standardbildungsenthalpien der Konformere von Methylcyclohexan beträgt zum Beispiel (je nach Software) 5.9 bis 7.Ik] mol-', was mit dem experimentellen Resultat (7.5 k] mol"') sehr gut übereinstimmt. (Die niedrigere Standardbildungsenthalpie gehört zum äquatorialen Konformer). Eine derart gute Übereinstimmung zwischen experimentellem und berechnetem Wert findet man allerdings recht selten. Während die Programme fast immer richtig reprodu-

2.2

59

Thermochemie

zieren, welches Konformer stabiler ist, können sie den Zahlenwert der Energiediffe-

renz in der Regel nicht besonders exakt vorhersagen.

2.2.3

Die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpien

Die Enthalpien vieler wichtiger Reaktionen wurden bei verschie denen Temperaturen bereits experimentell bestimmt. Wenn solche Tabellendaten jedoch nicht zur

Verfügung stehen, ist man auf die Bestimmung von Reaktionsenthalpien aus Wär- ı re und der Reaktionsenthalpie bei einer anderen Temperatur angewie- |

Enthalpie H

en (Abb. 2-19). Wärmekapazitäten lassen sich in der Regel genauer bestimmen als Reaktionsenthalpien. Vorausgesetzt, die benötigten Informationen stehen zur Verfügung, liefert das im Folgenden beschriebene Verfahren deshalb exaktere Resultate als eine direkte Messung der Reaktionsenthalpie bei erhöhter Temperatur. Aus Gl. (2-23a) folgt: Wenn ein Stoff von der Temperatur T, auf T, erwärmt wird, ändert sich seine Enthalpie von H(T,) auf

7

»T

dr

(2-35)

JT,

(unter der Voraussetzung, dass im betrachteten Temperaturbereich kein Phasenübergang stattfindet.) Diese Gleichung können wir auf jeden an der Reaktion beteiligten Stoff anwenden; daher gilt für die Änderung der Standardreaktionsenthalpie "T,

nn

|erc dr,

«

(2-36)

u

wobei A,C,” die Differenz der molaren Wärmekapazitäten der Produkte und Reaktanten unter Standardbedingungen ist, jeweils gewichtet mit dem stöchiometrischen Faktor aus der Reaktionsgleichung:

u Me “

=

3” Be Produkte



> VEHME Reaktanten

.

(2-37)

Gl. (2-36) heißt auch Kirchhoffsches Gesetz. Man kann normalerweise in guter Näherung annehmen, dass AxC, nicht von der Temperatur abhängt; wenigstens gilt

dies in vernünftig kleinen Temperaturbereichen. Im folgenden Beispiel werden wir uns davon überzeugen. Wenn die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität nicht vernachlässigt werden darf oder soll, verwendet man Gl. (2-25).

Beispiel 2-6 Eine Anwendung des Kirchhoff’schen Gesetzes Die Standardbildungsenthalpie von gasförmigem H,O bei 25°C beträgt 241.82 kJ] mol'.Berechnen Sie den Wert bei 100°C. Gegeben sind die folgenden molaren Wärmekapazitäten bei konstantem Druck: H,O (g) 33.58] K' mol”, H, (g) 28.8] K-' mol-', O, (g) 29.37] K!mol"!. Nehmen Sie an, dass die Wärmekapazitäten nicht von der Temperatur abhängen. r Vorgehen Wenn A; Gr im Bereich von T, bis T, nicht von der Temperatu ist Deswegen Tı). — (T} abhängt, ergibt das Integral aus Gl. (2-36) A2C2 (2-64) T AR: Een A Nun

ist noch die Reaktionsgleichung

aufzuschreiben,

er sind abzulesen und A, C/” ist zu berechnen.

Antwort Rp

die Stöchiometriezahlen

ist Die Reaktion lautet H, (g) + 30, (g)>H30 (g), also

Dee

‚m

oe

1

Temperatur T

Bere

Be

Reaktanten:

IC

ie) 13. (O2); ZI) Knoll. &

Abb. 2-19 Zum Kirchhoff'schen Gesetz: Bei zunehmender Temperatur nimmt die Enthalpie sowohl der Ausgangsstoffe als auch der Produkte zu, aber in unterschiedlichem Maße. Die Enthalpieänderung hängt dabei jeweils von der Wärmekapazität der Substanzen ab. Die Änderung der Reaktionsenthalpie spiegelt die Unterschiede in den Enthalpieänderungen wieder.

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

60

Daraus folgt: _ A,H° (373 K) = —241.82kJmol"! + (75 K)(-9.94] K’' mol Pr

1 WA CK ION

Übung 2-7 Bestimmen Sie die Standardbildungsenthalpie von Cyclohexen bei 400K aus den 1 [-163 kJ] mol] Werten aus Tabelle 2-5.

2.3

|

Zustandsfunktionen und totale Differenziale

Zustandsfunktionen sind Eigenschaften, die nicht davon abhängen, auf welchen ap b h > n ax . ' Teilschritten das System in den betrachteten Zustand gelangt ist. Man kann sie als

vd

Funktionen von Zustandsvariablen — Variablen, die den Zustand des Systems festlegen, z.B. Druck und Temperatur — auffassen. Beispiele für Zustandsfunktionen sind Innere Energie, Enthalpie und Wärmekapazität: Sie alle sind unabhängig von der Vorgeschichte des Systems» Größen hingegen, die vom Weg abhängen, nennt “man Wegfunktionen. Beispiele sind die Arbeit, die an einem System verrichtet wird, um

menge.

einen bestimmten

Zustand

zu erreichen,

und die zugeführte

Wärme-

Beide Größen beschreiben nur die Art und Weise, den Weg, wie der

Zustand erreicht wurde, nicht die Natur des Zustands selbst.

Mithilfe der mathematischen Eigenschaften von Zustandsfunktionen können wir weit reichende Schlüsse hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen physikalischen Eigenschaften ziehen. Wir werden Beziehungen entdecken, wo wir sie unter Umständen überhaupt nicht erwarten. Die praktische Bedeutung der Resultate liegt in der Möglichkeit, aus Messwerten verschiedener Eigenschaften zu Werten für eine andere, vielleicht schwer zu messende Eigenschaft zu gelangen.

2.3.1

Totale und nicht totale Differenziale

Innere

Energie U

Rs

Weg |, w#0,q=0

Weg 2,

w'#0,

g’#0

Temperatur T

Volumen V

Abb. 2-20 Wenn sich Volumen und Temperatur eines Systems ändern (wie durch die verschiedenen Wege in der (T, V)-Ebene angedeutet), ändert sich auch seine Innere Energie (vertikale Achse). Die Wege 1 bzw. 2 gehören zu einem adiabatischen und einem nicht adiabatischen Prozess; ihnen

Wir denken uns ein System, dessen Zustandsänderungen durch Abb. 2-20 beschrieben werden. Im Anfangszustand A besitzt das System die Innere Energie U,. Durch adiabatische Kompression unter Zufuhr von Arbeit gelangt man zu einem Zustand E; die Innere Energie ist dann U;, die am System auf dem Weg von A nach E verrichtete Arbeit ist w. Man beachte unsere Unterscheidung der Begriffe: U ist eine Eigenschaft des Zustands, w eine Größe, die sich auf den Weg bezieht. Betrachten wir nun einen anderen Prozess, Weg 2: Anfangs- und Endzustand sind dieselben wie bei Weg 1, aber die Kompression verläuft nicht adiabatisch. Die Innere Energie von Anfangs- und Endzustand ist die gleiche wie im ersten Prozess (U ist eine Zustandsfunktion). Allerdings wird hier dem System eine Wärmemenge g' zugeführt, und die verrichtete Arbeit w ist von der Arbeit w des ersten Weges verschieden. Arbeit und Wärme sind Wegfunktionen. Um bei der Analogie zu einer Bergwanderung zu bleiben: Die Höhendifferenz (eine Zustandsfunkt ion) ist wegunabhängig, die zwischen zwei festgelegten Punkten zurückgelegte Wegstrecke (eine Wegfunktion) hingegen hängt vom gewählten Pfad ab. Wenn ein System auf einem bestimmten Weg eine Zustandsänderung erfährt, ändert es sich U von 0 U, nach U;; die Gesamtänderung kann man als Summe aller infinitesimalen Änderungen auf jeweil s infinitesima len Wegabschnitten auffassen:

entsprechen unterschiedliche Werte von w und q, aber derselbe Wert von AU.

In

(2-38)

2.3 Zustandsfunktionen und totale Differenziale

Der Zahlenwert von AU hängt nur vom Anfangsund Endzustand des Systems, nicht vom Weg zwischen beiden Zuständen ab. Diese Wegunabhängigkeit bedeutet ständiges) Differenzial. Allgemein gilt: Wenn das Integral infinitesimale Größe unabhän ig vom Weg zwischen

den Integratio sgrenzer

st, nennt man diese Größe totales Differenzial.

Wenn man ein System erhitzt, setzt sich die insgesamt zugefüh rte Wärmemenge

aus kleinen Einzelbeiträgen für jeden infinitesimalen Abschnit t des Weges zusammen:

{

= | dq.

(2-39)

A,Weg

Beachten Sie den Unterschied zwischen dieser Gleichung und Gl. (2-28): Erstens schreiben wir hier nicht Ag, weil q keine Zustandsfunktion ist und die zugeführte Wärmemenge sich daher nicht als Differenz q; — q, schreiben lässt. Zweitens muss der gewählte Integrationsweg angegeben werden, weil q von diesem Weg abhängt (so gilt beispielsweise für einen adiabatischen Prozess q= 0, während man für einen nicht adiabatischen Weg zwischen denselben Zuständen g#0 erhält). Diese Wegabhängigkeit bedeutet mathematisch: dq ist ein nichttotales (unvollständiges) Differenzial. Allgemein gilt: Wenn das Integral über eine infinitesimale Größe vom Weg zwischen den Integrationsgrenzen abhängt, nennt man diese Größe nichttotales Differenzial. Man verwendet dafür manchmal das Symbol ö und schreibt beispielsweise ög. Auch die beim Übergang von einem Anfangs- in einen Endzustand an einem System verrichtete Arbeit hängt vom gewählten Weg ab: Auf einem adiabatischen Weg wird eine andere Arbeit verrichtet als auf einem diabatischen Weg zwischen den gleichen Zuständen. Folglich ist auch dw ein unvollständiges Differenzial, es wird oft mit dw bezeichnet. Beispiel 2-7 Die Berechnung von Arbeit, Wärme und Innerer Energie Wir betrachten ein ideales Gas in einem Zylinder, der an einem Ende von einem Kolben abgeschlossen wird. Der Anfangszustand des Gases sei festgelegt durch (T, V,), der Endzustand durch (T, V,;). Diese Zustandsänderung kann man auf verschiedene Weise herbeiführen. Die beiden einfachsten Wege sind die freie, irre-

versible Expansion gegen einen äußeren Druck von 0 (Weg1) und die reversible, isotherme Expansion (Weg 2). Berechnen Sie w, qund AU für beide Prozesse. Vorgehen

Um einen Lösungsansatz zu finden, ist es in der Thermodynamik oft

nützlich, sich an grundlegende Begriffe zu erinnern und dann zu versuchen, die unbekannte Größe als Funktion bekannter oder leichter zu berechnender Größen auszudrücken. Aus der Mikroskopischen Interpretation 2.2 wissen wir, dass die

Innere Energie eines idealen Gases nur von der Temperatur und nicht vom Volumen abhängt, der den Molekülen zur Verfügung steht. Für jede isotherme Zustandsänderung gilt deshalb AU = 0. Bekannt ist außerdem die allgemeine AU = q+ w. Wir müssen nun einen Zusammenhang zwischen diesen Beziehung Tatsachen herstellen. Für die in verschiedenen Prozessen geleistete Arbeit haben wir in diesem Kapitel bereits Beziehungen hergeleitet; die für unser Problem zutreffenden wählen wir aus.

Antwort

Da für beide Wege gilt AU=0

und AU=q+w,

ist in beiden Fällen

= 0, q= -w. Bei irreversibler Expansion ist die verrichtete Arbeit null (wegen p.,

0. Für Weg 2 siehe Abschnitt 2.1.3); für Weg 1 ist also sowohl w = 0 als auch q=

ist die Arbeit durch Gl. (2:11) gegeben, wir erhalten

w= -nRT In(Ve/V,) und

In(V./V,). Diese Resultate folgen aus der Wegunabhängigkeit g=nRT damit tionen q und w. der Zustandsfunktion U und der Wegabhängigkeit der Wegfunk

61

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

62

Übung 2-8 Berechnen Sie q, w und AU für eine irreversible isotherme Expansion eines idea-

len Gases gegen einen konstanten, von null verschiedenen äußeren Druck. [q zZ PAY, WZZP

AV,

AU — 0]

%

2.3.2

Änderungen der Inneren Energie

Wir werden nun untersuchen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass AU ein totales Differenzial ist. Dazu betrachten wir ein geschlossenes System konstanter Zusammensetzung (die Art System, mit der wir uns in diesem Kapitel ausschließlich beschäftigen werden). Grundsätzlich ist U eine Funktion von V, T und

p; diese Größen sind jedoch nicht unabhängig, sondern durch die Zustandsgleichung miteinander verknüpft, weshalb bei Vorgabe von zwei Zustandsvariablen auch die dritte festgelegt ist. Deswegen können wir U als Funktion von lediglich zwei unabhängigen Variablen aufschreiben (V und T, p und T oder p und V). Für unsere Zwecke ist die Wahl von Volumen und Temperatur am günstigsten.

Allgemeine Betrachtungen Wenn bei konstanter Temperatur das Volumen von V auf V+dV ändert sich U wie folgt:

geändert wird,

” eu Be 0 U/9V), ist die Steigung des Graphen der Funktion U(V) bei konnperatur; mathematisch ist er die partielle Ableitung von U nach V (Abb. 2-21). Analog erhält man für die Änderung von T nach T+dT bei konstantem Volumen (Abb. 2-22) für die Änderung von U

Innere

Innere

Energie U

Innere

Energie U

Energie U

Volumen V

Abb. 2-21

n dV

Die partielle Ableitung (dU/oV),

gibt die Steigung der Funktion U(V) bei konstanter Temperatur an.

Volumen V

ö

dr

Abb. 2-22 Die partielle Ableitung (OU/IT),, gibt die Steigung der Funktion U(T) bei konstantem Volumen an.

u

+[CU SU -loyle v-(apl er

Volumen V

Abb. 2-23 Eine Änderung der Inneren Energie dU wird durch Änderungen von V und T verursacht. Vernachlässigt man die doppelt infinitesimalen Terme, so ergibt sich die Gesamtänderung von U als Summe der Änderungen für jede der beiden Variablen allein.

2.3 Zustandsfunktionen und totale Differenziale

63

Nun wollen wir annehmen, dass sich sowohl V als auch T in infinite simalen Schritten ändern (Abb. 2-23). Glieder zweiter Ordnung, also Produkte zweier unendlich kleiner Größen (Vielfache von dV dT), können wir vernachlässigen und erhalten die Innere Energie als Summe der Beiträge beider Änderungen: üN=

UST

U

eu Ze)

Reh

oU

b Fr),Er

Infolge der infinitesimalen Änderung der Zustandsvariablen unterscheidet sich die Innere Energie U’ von

U um einen infinitesimalen Betrag dU, also U = U+dU.

Damit können wir die letzte Gleichung umstellen und erhalten ein sehr wichtiges Ergebnis, nämlich

Ju Ava (U dU = (5)

Volumen

C\, eingeführt.

Volumen V

- dV

27

Abb. 2-24 Der Binnendruck rn; entspricht der Steigung der Funktion U(V) bei konstanter Temperatur.

(2-40)

Mit Worten ausgedrückt bedeutet diese Gleichung, dass in einem geschlossenen System mit konstanter Zusammensetzung jede infinitesimale Änderung der Inneren Energie den jeweiligen Änderungen von Volumen und Temperatur proportional ist. Die Proportionalitätsfaktoren sind dabei die partiellen Ableitungen nach den Zustandsvariablen. Partielle Ableitungen kann man in vielen Fällen direkt physikalisch interpretieren; nur wenn man diese Bedeutung aus den Augen verliert, erscheint die Thermodynamik abstrakt und kompliziert. In diesem Fall kommt uns der Differenzialquotient (dU/OT), schon bekannt vor - wir haben ihn in Gl. (2-15) als Wärmekapazität bei konstantem

rem Peraq,,

Abstoßung überwiegt ideales Gas

U Energie Innere

Anziehung überwiegt

Der andere Koeffizient, (OU/OV),, hat

ebenfalls eine wichtige thermodynamische Bedeutung: Er ist ein Maß für die Änderung der Inneren Energie eines Stoffes, wenn sich sein Volumen bei konstanter Temperatur ändert (Abb. 2-24). Wir bezeichnen ihn als Binnendruck

r-, da er die

Dimension eines Drucks besitzt:

Ir = (Fi),

(2-41)

Damit wird Gl. (2-40) zu

Volumen V

Abb. 2-25 Die Innere Energie eines idealen Gases hängt bei konstanter Temperatur nicht vom Volumen ab. Die Innere Energie eines realen Gases nimmt mit steigendem Volumen zu, wenn die zwischenmolekulare

Anziehung überwiegt, weil sich die Moleküle im Mittel weiter voneinander entfernen. Dominiert hingegen die Abstofung, so nimmt die Innere Energie mit steigen-

dem Volumen ab.

Das Experiment von Joule

Thermometer

Wenn zwischen den Molekülen keinerlei Wechselwirkung vorhanden ist, hängt die

Innere Energie nicht vom gegenseitigen Abstand der Teilchen und daher auch nicht vom Volumen der Probe ab (siehe Mikroskopische Interpretation 2.2); für ein ideales Gas ist demzufolge nr = 0. Diese letzte Gleichung, das heißt, die Feststellung, dass die Innere Energie nicht vom Volumen abhängt, ist eine Definition des idealen Gases; später werden wir sehen, dass sie der Zustandsgleichung pV = nRT gleichwertig ist. Wenn die Innere Energie einer Probe bei der isothermen Expansion

zunimmt (dU > 0 für dV > 0), was dann der Fall ist, wenn anziehende Kräfte zwischen den Teilchen vorliegen, dann ergibt die Auftragung der Inneren Energie el gegen das Volumen eine ansteigende Kurve, und r- ist positiv (Abb. 2.25).

Gas in ein James Joule überlegte sich, dass man n, messen könnte, indem man ein Dazu verfolgt. Temperaturänderung seine dabei und lässt Vakuum hinein expandieren

das eine evakubrachte er zwei Metallgefäße in ein Wasserbad (Abb. 2-26), von denen einen Absperrdann öffnete Er war. gefüllt MPa) (p=2.2 iert und das andere mit Luft Gefäß hinein evakuierte das in Luft die sich dass so hahn zwischen beiden Gefäßen, festzuWasserbad im Temperaturänderung eine ausdehnen konnte, und versuchte,

blieb konstant. stellen. Dies gelang ihm allerdings nicht; die Temperatur

Gas unter

Vakuum

hohem Druck Abb. 2-26 Schema der Versuchsanordnung, mit der Joule die Änderung der Inneren Energie bei isothermer Expansion eines Gases messen wollte. Die vom Gas

absorbierte Wärmemenge ist proportional zur Temperaturänderung des Wärmebades.

64

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

Aus thermodynamischer Sicht können wir dieses Ergebnis wie folgt erklären: Bei der Expansion in das Vakuum wurde keine Volumenarbeit verrichtet, also ist w = 0. Keinerlei Wärme verließ das System (das Gas) oder wurde ihm zugeführt, denn die Temperatur des Wasserbads blieb gleich; also ist auch q = 0. Demnach ist (innerhalb der Genauigkeitsgrenzen des Versuches) AU = 0. Es folgt, dass sich bei isothermer Expansion eines Gases seine, Innere Energie nicht wesentlich verändert und dass folglich rn = 0 ist. Die von Joule verwendete experimentelle Anordnung ließ allerdings keine sehr genauen Messungen zu. Insbesondere war die Wärmekapazität seiner Gefäße so groß, dass die bei seinem Experiment tatsächlich auftretende Temperaturdifferenz viel zu klein war, als dass er sie hätte messen können. Sein Fehlschluss ist daher von derselben Natur wie der von Boyle: Beide „maßen“ eine Eigenschaft eines Gases im idealen Grenzfall, da sie die kleinen Abweichungen, die durch das reale Verhalten hervorgerufen werden, übersahen.

Die Änderung der Inneren Energie bei konstantem Druck Partielle Ableitungen haben viele nützliche Eigenschaften. Einige, auf die wir immer wieder zurückgreifen werden, sind im Anhang 2 näher erläutert. Durch zweckmäßige Verwendung der partiellen Differenzialquotienten kann man unbekannte Größen oft in bekannte, interpretierbare oder messbare umformen. Sehen wir uns ein Beispiel dafür an. Wir wollen untersuchen, wie sich die Innere Energie in Abhängigkeit von der Temperatur bei konstantem Druck des Systems ändert. Dazu teilen wir beide Seiten von Gl. (2-42) durch dT und fordern für die beiden resultierenden Ableitungen konstanten Druck. Damit wird links dU/dT zu (OU/OT), und wir erhalten

2) en =) Swiss) 7: (5 aan Es ist immer sinnvoll, sich einen derartigen Ausdruck etwas genauer anzusehen: Vielleicht enthält er eine bekannte physikalische Größe? Der Differenzialquotient auf der rechten Seite der Gleichung ist die Steigung des Graphen der Funktion V x (T) bei konstantem Druck. Diesen Wert findet man tabelliert als Koeffizienten der thermischen Ausdehnung « eines Stoffes.” Er ist als

en 05,

Kurztabelle 2-8 Koeffizienten der thermischen Ausdehnung (a) und der isothermen Kompressibilität (7) bei

293 K.*

Substanz

a/l10*K")

Benzol

12.4

xr/(10" Pa) 9.09

Diamant

0.030

0.0185

Blei

0.861

0.218

Wasser

Bl

4.90

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

IT

?

(2-43)

definiert und wird physikalisch interpretiert als anteilige Volumenänderung bei Anderung der Temperatur. Je größer der Zahlenwert von a ist, desto ausgepräg ter ist die Reaktion des Stoffes auf eine Temperaturänderung. In Tabelle 2-8 finden Sie einige experimentelle Werte von a sowie von x, der isothermen Kompressib ilität

ae re

(2-44)

Die isotherme Kompressibilität ist ein Maß für die anteilig e Volumenänderung bei infinitesimaler Änderung des Drucks. Da eine Druckerhöhun g (dp positiv) eine Volumenabnahme (dV negativ) bewirkt, stellt das Vorzei chen in Gl. (2-44) sicher, dass x selbst eine positive Größe ist.

Zen Ausdehnungskoeffizient hängt (wie auch die Wärmekapazität) davon ab, ob sich die Zusammensetzung einer Mischung bei dem betrachteten Prozess ändern darf. Wir beschäftigen uns in diesem Si Kapitel ausschließlich mit reinen Stoffen ‚ weshalb wir diese Komplikation ignorieren dür-

2.3 Zustandsfunktionen und totale Differenziale

Beispiel 2-8 Berechnung des Expansionskoeffizienten eines Gases

Leiten Sie einen Ausdruck für den Expansionskoeffizienten eines idealen Gases

her.

Vorgehen Der Expansionskoeffizient ist durch GI. (2-43) definiert. Um diese Beziehung anzuwenden, drücken wir unter Verwendung der Zustands gleichung des idealen Gases V mithilfe von T aus. Wie der Index in CI. (2-43) anzeigt,

behandeln wir den Druck p als Konstante. Antwort

WegenpV =nRT

(5 _

V\oT

können wir schreiben

InRdI,

p

nRoı]

pdıyV ı T

p

Je höher die Temperatur ist, desto weniger verändert sich das Volumen eines idealen Gases bei einer Temperaturänderung.

Übung 2-9 Leiten Sie einen Ausdruck für die Kompressibilität eines idealen Gases her. [Kr = 1/p]

Durch Einsetzen der allgemeinen Definitionsgleichung für a in die Beziehung für (9 U/oOT), erhält man =)

n

ur



GA

VIC,

e

(2-45)

Diese Gleichung ist für geschlossene Systeme konstanter Zusammensetzung allgemein gültig. Sie beschreibt die Abhängigkeit der Inneren Energie von der Temperatur bei konstantem Druck als Funktion von C', (experimentell messbar), a (durch eine weitere Messung erhältlich) und r,. Für ein ideales Gas ist bekanntlich n; = 0 und damit

Er.

246)

P

Das bedeutet: Die Wärmekapazität eines idealen Gases bei konstantem Volumen ist gleich der Steigung des Graphen der Funktion U(T) sowohl bei konstantem Druck als auch (definitionsgemäß) bei konstantem Volumen. Mithilfe von Gl. (2-46) lässt sich die durch Gl. (2-26) gegebene Beziehung zwischen C, und C, für ein ideales Gas leicht herleiten. Dazu drücken wir zunächst beide Wärmekapazitäten als Differenzialquotienten bei konstantem Druck aus: 2.4770

au

oH

ee), p

p

In den ersten Term setzen wir dann ein

@&

ae

H-nR

2

on; =

=) iR.

H=U+pV=U+nRTund

erhalten (2-48)°

au

Dies ist gerade Gl. (2-26). ‘In Zusatzinformation 2.2 werden wir zeigen, dass allge-

mein gilt

RER C Zu Cy =

5 Kr

(2-49) 5

65

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

66

Gl. (2-49) gilt „universell“ (das heißt, für jede Substanz). Für ein ideales Gas reduziert sie sich wegen a = 1/T und; = 1/pauf Gl. (2-48). Bekanntlich sind die Ausdehnungskoeffizienten von Flüssigkeiten und Feststoffen klein; es mag daher verlocken, aus Gl. (2-49) zu schließen, dass in diesen Fällen gilt C, = C,. Dies trifft aber keineswegs immer zu; wenn nämlich auch die Kompressibilität «7 klein ist, wird der Quotient a?/x7 groß. Das bedeutet, während bei der Ausdehnung eines festen Stoffs nur eine geringe Arbeit zu verrichten ist, um die Atmosphäre zu verdrängen, kann der Arbeitsaufwand zum Auseinander,„schieben“ der Atome des Festkörpers selbst beträchtlich sein. Als Beispiel betrachten wir Wasser bei 25°C; Gl. (2-49) liefert C,m = 75.3] K“'mol-' im Vergleich zu Cym = 74.8] Kz!molch Die Differenz beträgt gelegentlich bis zu 30%.

7233

Der Joule-Thomson-Effekt

Analoge Überlegungen können wir auch für die Enthalpie anstellen; wie wir wissen, ist

H= U+pV.

Die Größen

U, p und

V sind sämtlich

Zustandsfunktionen;

H

muss daher auch eine Zustandsfunktion sein und dH ein totales Differenzial. Wie sich herausstellt, ist H als thermodynamische

Funktion besonders nützlich, wenn

wir den Druck kontrollieren können; einen Hinweis darauf lieferte bereits Gl. (2-19), AH = q,. Wir betrachten H deshalb als Funktion von p und T und gehen vor wie in Abschnitt 2.10, um einen Ausdruck für die Temperaturabhängigkeit von H bei konstantem Volumen zu finden. Für ein geschlossenes System mit konstanter Zusammensetzung ergibt sich dann (siehe die folgende Begründung) Gas unter

Thermopaare

niedrigem Druck

di

ul

Opzec,dL.

(2-50)

Der in dieser Gleichung auftretende Joule-Thomson-Koeffizient u ist durch oT

definiert. Diese Beziehung erweist sich als nützlich, wenn wir einen Zusammenhang zwischen den Wärmekapazitäten bei konstantem Druck bzw. Volumen herstellen oder die Verflüssigung von Gasen diskutieren wollen.

| Begründung 2-2 Die Abhängigkeit der Enthalpie von Druck dTen Die gleiche Argumentation, die uns zu Gl. (2-40) führte, liefert jetzt - wenn wir H als Funktion von p und T betrachten - den Ausdruck

(dH (9H dH _ (5) 9 ar poröse

Wand

Gas unter

hohem Druck

Abb. 2-27 Versuchsanordnung zur Messung des Joule-Thomson-Effektes. Das Gas dehnt sich durch die poröse Trennwand (die hier dieselbe Wirkung wie ein Drosselventil hat) aus; die gesamte Anordnung ist thermisch von der Umgebung isoliert. Wie im Text erklärt, erreicht man auf diese Weise eine isenthalpische Expansion (Ausdehnung bei konstanter Enthalpie). In Abhängigkeit von den gewählten Versuchsbedingungen erwärmt sich das Gas bei der Ausdehnung oder kühlt sich ab.

(2-52)

Der zweite Differenzialquotient ist gleich C,; wir müssen also noch (OH/dp), in erkennbare Größen umformen. Mithilfe der Kettenregel (siehe Zusatzin formation 2.2) erhalten wir

),

(er) OT a, OH

und durch zweimalige Bildung des Kehrwertes (Zusat zinformation 2.2) bringen wir beide partiellen Ableitungen in den Zähler:

(F) ah. op); (OT/AH),

oT oH Ip) 7)

Dabei haben wir die Definitionen der Wärmeka

ZUCE,

pazität bei konstantem Druck,

(2-53)

C, und des Joule-Thomson-Koeffizienten 4 verwe ndet. Gl. (2-50) folgt nun unmittelbar.

2.3 Zustandsfunktionen und totale Differenziale

67

Die Analyse des Joule-Thomson-Koeffizienten ist von entscheidender Bedeutung für die technische Verflüssigung von Gasen; wir müssen in der Lage sein, ihn physikalisch zu interpretieren und zu messen. Von James Joule und William Thomson (dem späteren Lord Kelvin) stammt die Idee zu einer Messanordnung, in der eine Zustandsänderung bei konstanter Enthalpie ablaufen kann (dass dies notwendig ist, wird in der folgenden Begründung gezeigt): Zwei Gefäße mit jeweils konstant gehaltenen, unterschiedlichen Drücken sind durch ein eine poröse Trennwand (ein Drosselventil) miteinander verbunden. Durch dieses Ventil lässt man ein Gas (in Richtung des kleineren Drucks) expandieren und misst die auftretende Temperaturdifferenz (Abb. 2-27). Die gesamte Anordnung ist dabei thermisch isoliert, sodass der

Prozess adiabatisch verläuft. Meist beobachtet man eine niedrigere Temperatur auf der Niederdruckseite, die Temperaturdifferenz zwischen beiden Gefäßen ist dabei proportional zur Druckdifferenz zwischen ihnen. Diese Abkühlung durch adiabatische, isenthalpische Expansion nennen wir heute Joule-Thomson-Effekt.

Wir wollen zeigen, dass die Expansion in der abgebildeten Anordnung bei konstanter Enthalpie erfolgt. Da alle Zustandsänderungen des Gases adiabatisch verlaufen, ist q = 0 und folglich AU = w. Zur Berechnung der Arbeit bei Durchgang des Gases durch die Drossel betrachten wir den Durchtritt eines festen Volumens von der Hochdruckseite aus; dort ist der Druck p,, die Temperatur T, und das Gas nimmt ein Volumen V, ein (Abb. 2-28). Auf der Niederdruckseite hat dieselbe Stoffmenge des Gases nun den Druck p;, die Temperatur T; und das Volumen V.. Das Gas auf der linken Seite wird isotherm komprimiert, denn das zuströmende Gas wirkt wie ein Kolben. Durch den Druck p, wird das Volumen von V, auf 0 reduziert; die dabei verrichtete Arbeit ist also w

= pl

-V,)=pVa:

Druck des zuströmenden

Auf der rechten Seite der Drossel dehnt sich das Gas isotherm (aber möglicherweise bei einer anderen Temperatur) gegen den Druck p; aus; das ausströmende Gas hat hier eine Wirkung wie ein sich nach außen bewegender Kolben. Das Volu-

Gegendruck Drossel

\ Pe

men ändert sich dabei von 0 auf V;, die verrichtete Arbeit ist Das

Wenn

pr (VE -0)=-pV:-

wir die Arbeitsanteile auf beiden Seiten der Drossel summieren,

erhalten

wir als insgesamt verrichtete Arbeit

Pa

Pe

w=w+twm=pMVa-PV:-

Daraus folgt für die Änderung der Inneren Energie des Gases beim adiabatischen Transport durch die Drossel U;

U, =w=pVA

PrVE

und durch Umstellen U, +pVe=U +tpVı

oder

H=H,.

Folglich ändert sich die Enthalpie bei der Expansion nicht. das Verhältnis Die Größe, die man in dem beschriebenen Experiment misst, ist

er der Temperatur- zur Druckänderung, AT/Ap. Wenn wir die Bedingung konstant ne gemesse die ist n, betrachte Ap kleiner Grenzfall Enthalpie einbeziehen und den w. Mit anderen WorGröße (OT /op),‚; dies ist genau der Joule-Thomson-Koeffizient Temperaturzwischen s Verhältni dem u t entsprich ten: Physikalisch interpretiert, garanngen Bedingu die wenn Gases, eines n und Druckänderung bei der Expansio t. änder nicht lpie tieren, dass sich die Entha

Abb. 2-28 Die tnermodynamische Grundlage des Joule-Thomson-Effektes: Durch das ein- bzw. ausströmende Gas wird auf beiden Seiten der Drossel ein konstanter Druck erzeugt, dies ist hier bildlich in Form zweier Kolben dargestellt. Auf dem Weg von der Situation im oberen Bild zu der im unteren Bild strömt eine bestimmte Gasmenge durch die Drossel, die Enthalpie bleibt dabei konstant.

k 2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynami

68

Heizung

Kurztabelle 2-9 Inversionstemperaturen

Gasstrom

(T\), Schmelz- (Ts) und Siedepunkte (Ts) und Joule-Thomson-Koeffizienten (1) bei

101.3 kPa und 293 K.*

T/K

TemfK

Ts/K

u]{K bar)

Enthalpie H

en]

Ar CO, He N,

eye 1500 194.7 40 4.2 01 0633 77%

poröser

+1.10 0.060 2025

an

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des

TS2

Buches.

EN Perapun 7

Druck p

{

Abb. 2-29 Der isotherme Joule-ThomsonKoeffizient ist gleich der Steigung des Graphen der Enthalpie als Funktion des Drucks bei konstanter Temperatur.

Isenthalpen

EN Dan

Pfropfen

er

Thermometer

Abb. 2-30 Skizze einer Messanordnung zur Bestimmung des isothermen Joule-ThomsonKoeffizienten. Die Wärmemenge, die (durch ein elektrisches Heizgerät) dem System zugeführt werden muss, um den Temperaturabfall

infolge der Expansion auszugleichen, interpretiert man als AH und verwendet diesen Wert zur Berechnung von (dH/op),. Dieser Differenzialquotient wird dann, wie im Text beschrieben, inu umgewandelt.

Heute bestimmt man u auf indirektem Weg über die Messung des isothermen Joule-Thomson-Koeffizienten

250

ma OH

I

des Anstiegs des Graphen von H als Funktion von p bei konstanter Temperatur (Abb. 2-29). Ein Vergleich der Beziehungen (2-53) und (2-54) zeigt den Zusammenhang zwischen den beiden Joule-Thomson-Koeffizienten:

TTemperatur

je

4

i

(2-55)

Erwärmung a

Druck p Abb. 2-31 Das Vorzeichen des JouleThomson-Koeffizientenu hängt von den Prozessbedingungen ab: Innerhalb der farbig unterlegten Fläche ist u positiv, außerhalb negativ. Die Funktionswerte T,

die genau auf der Grenze liegen, entsprechen der Inversionstemperatur des Gases bei dem jeweiligen Druck. Man kann ablesen, dass für einen gegebenen Druck die Temperatur unter einem bestimmten Wert liegen muss, wenn eine Kühlung erreicht werden soll; wenn die Temperatur

Bei der Messung von u, geht man folgendermaßen vor: Ein Gas wird kontinuierlich und bei konstantem Druck zunächst durch einen Wärmeaustauscher gepumpt, der es auf die gewünschte Temperatur bringt, und gelangt dann durch eine poröse Trennwand (eine Drossel) in einen thermisch isolierten Behälter. Der plötzliche Druckabfall wird gemessen; durch ein elektrisches Heizgerät, das sich unmittelbar hinter der Drossel befindet, wird der Abkühlungseffekt kompensiert (Abb. 2-30). Die Energie, die das Heizgerät dafür verbraucht, wird ebenfalls gemessen. Diese Wärmemenge entspricht AH des Gases (wegen AH = q,); da außerdem Ap bekannt ist, erhält man durch Extrapolation von AH/Ap auf Ap—0 den Wert von u, den man dann in « umrechnen kann. Einige auf diese Weise gewonnene Werte finden Sie in Tabelle 2-9. Für reale Gase ist der Joule-Thomson-Koeffizient verschieden von null und kann

linie wieder überschritten, und es tritt

- abhängig von der Art des Gases, von Druck und Temperatur sowie vom Verhältnis der zwischenmolekularen Anziehungs- und Abstoßungskräfte (siehe Mikroskopische Interpretation 2.1) - ein negatives oder positives Vorzeichen haben (Abb. 2-31). Ein

erneut Erwärmung ein. Bei Druckvermin-

positives Vorzeichen bedeutet, dass-für negatives dp auch dT negativ ist, das heißt,

derung unter adiabatischen Bedingungen bewegt sich das System entlang einer der Isenthalpen (Kurven konstanter Enthalpie). An den Schnittpunkten zwischen der Grenzlinie und den Isenthalpen ändert

dass sich das Gas bei Ausdehnung abkühlt. Auch Gase, die sich bei einer gegebenen Temperatur durch Expansion erwärmen (u < 0), zeigen eine Abkühlung (u > 0), sobald die Temperatur unter ihrer oberen Inversionstemperatur T, liegt (Tabelle 2-9, Abb. 2-32). Wie Sie Abb. 2-32 entnehmen, haben Gase in der Regel zwei Inversionstemperaturen, eine obere und eine untere.

allerdings zu weit absinkt, wird die Grenz-

diese das Vorzeichen der Steigung.

2.3 Zustandsfunktionen und totale Differenziale

In einer Linde-Kältemaschine nutzt man den Joule-Thomson-Effekt zur Verflüssigung von Gasen (Abb. 2-33). Das unter hohem Druck stehende Gas entspannt sich durch eine Drossel, kühlt ab und wird im Gegenstrom am einströmenden Gas vorbei geführt. Dieser Zyklus wird wiederholt, bis die Temperatur des Kreislaufgases bis zur Kondensation abgesunken ist und Verflüssigung eintritt. Für ein ideales Gas gilt .ı = 0; seine Temperatur wird daher durch den JouleThomson-Effekt nicht beeinflusst.) Daran wird deutlich, dass das Ausmaß des Effekts von der Stärke der zwischenmolekularen Wechselwirkungen abhängt. Der Joule-Thomson-Koeffizient eines realen Gases muss allerdings nicht notwendig gegen null gehen, wenn der Druck so weit erniedrigt wird, dass das Verhalten „nahezu ideal wird: u ist ein Beispiel für die in Abschnitt 1.2.1 erwähnten Größen, die nicht von den Zustandsvariablen p, V und T selbst, sondern von ihren Ableitun-

69

600 .—

Kan (Erwärmung) obere Inversions-

t T/K | Stickstoff Ne Poralur

400 = u>0

(Abkühlung)

200

7

gen abhängen.

untere

Inversions=

|Mikroskopische Interpretation 2-4 |Zwischenmolekulare Wechselwirkungen und der Joule-Thomson-Effekt

Wasserstoff Helium

0 0

, Aus der kinetischen Gastheorie (Mikroskopische Interpretation 1.1) und dem Gleichverteilungssatz (Mikroskopische Interpretation 2.2) folgt, dass die mittlere kinetische ı Energie der Moleküle eines Gases proportional zur Temperatur ist. Das bedeutet, ein Herabsetzen der mittleren Geschwindigkeit der Moleküle kommt einer Abkühlung des Gases gleich. Wird die Geschwindigkeit der Teilchen so weit redu| ziert, dass benachbarte

Moleküle

einander

durch

zwischenmolekulare

200

| 200

p/atm Abb. 2-32 Inversionstemperaturen von drei realen Gasen: Stickstoff, Wasserstoff und Helium.

Anzie-

| hungskräfte „einfangen“ können, so kondensiert das abgekühlte Gas zur Flüssigkeit. Um die Gasmoleküle abzubremsen, machen wir uns einen Effekt zunutze, der an die allmähliche Verlangsamung eines in die Luft geworfenen Balls erinnert: Die Erdanziehungskraft sorgt dafür, dass die kinetische Energie des Balls allmählich in potenzielle Energie umgewandelt wird. Wie wir in Abschnitt 1.2.1 gesehen haben, ziehen die Moleküle eines realen Gases einander an (natürlich handelt es sich dabei nicht um Gravitation, aber der Effekt ist derselbe). Wenn wir die Teilchen also auseinander treiben (so, wie wir den Ball von der Erde weg werfen), sollten sie langsamer werden. Die Moleküle auseinander zu bringen ist nicht schwer: Wenn ein Gas expandiert, nimmt der mittlere Abstand zwischen seinen Molekülen zu. Um ein Gas abzukühlen, lassen wir es demnach expandieren, ohne einen Energieeinstrom in Form von Wärme von außen zuzulassen. Die Moleküle bewegen sich dann gegen die Anziehungskraft ihrer Nachbarn voneinander weg, um das verfügbare Volumen auszufüllen. Da hierzu ein Teil der kinetischen Energie in potenzielle Energie umgewandelt werden muss, bewegen sich die Moleküle umso langsamer, je größer ihr gegenseitiger Abstand wird. Auf diese Weise lässt sich der Joule-Thomson-Effekt, die Abkühlung eines realen Gases bei der Expansion, molekular erklären. Eine Abkühlung (entsprechend u > 0) beobachtet man, wenn die Anziehungskräfte dominieren (Z 1), so führt der Joule-Thomson-Effekt zur Erwärmung das Gases (u < 0).

Gas ab, denn es verrichtet 8) Bei einer einfachen adiabatischen Expansion kühlt auch ein ideales Arbeit; siehe dazu Abschnitt 2.1.6.

Sr

kaltes Gas

Wärme-

tauscher

Flüssigkeit

Kompressor Abb. 2-33 Prinzipskizze des Linde-Verfahrens. Das Gas wird im Kreislauf geführt; wenn es sich unterhalb seiner Inversionstemperatur befindet, kühlt es sich bei jeder Entspannung durch die Drossel ab. Mit dem gekühlten Gas kühlt man den unter hohem Druck befindlichen Gasanteil, des-

sen Temperatur sinkt bei Entspannung noch weiter ab. Verflüssigtes Gas wird aufgefangen.

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

70

Das Wichtigste auf einen Blick il; Die Thermodynamik ist die Lehre von den Energieumwandlungen.

. Das System ist der Teil der Welt, den wir untersuchen wollen. Von der Umgebung aus betrachten wir das System und messen seine Eigenschaften.

. Durch die Grenze eines offenen Systems kann ein Stoffaustausch mit der Umgebung stattfinden. Durch die Grenzen eines geschlossenen Systems kann kein Stoffaustausch mit der Umgebung stattfinden. Durch die Grenzen eines abgeschlossenen Systems kann weder ein Stoff- noch ein Energieaustausch stattfinden. . Energie ist die Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu verrichten. Die Gesamtenergie eines Systems bezeichnet man als seine innere Energie.

. Arbeit ist die Übertragung von Energie durch Bewegung entgegen der Wirkung einer Kraft, dw = —F dz. Wärme ist die

un

Übertragung von Energie infolge eines Temperaturunter-

schieds zwischen dem System und der Umgebung. a.

Exotherm ist ein Prozess, der Energie in Form von Wärme in

die Umgebung freisetzt. Endotherm ist ein Prozess, der Energie in Form von Wärme aus der Umgebung aufnimmt. S

. Eine Zustandsfunktion hängt nur vom momentanen Zustand des Systems ab und nicht davon, wie das System in diesen Zustand gelangt ist. . Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik sagt aus: Die Innere Energie eines abgeschlossenen Systems ist konstant,

oo

AU=q+w.

. Als Volumenarbeit bezeichnet man die bei der Expansion (oder Kompression) eines Systems verrichtete Arbeit, dw = —p., dV. Bei Expansion ins Vakuum gilt w = 0. Bei der Expansion gegen einen konstanten äußeren Druck ist

W = —p. AV. Bei der isothermen reversiblen Expansion eines idealen Gases istw = -nRT In(V./V,). . Reversibel ist eine Zustandsänderung, die durch infinitesimale Änderung eines Variablen umgekehrt werden kann. . Bei der reversiblen Zustandsänderung ist die Arbeit maximal.

. Die Kalorimetrie ist die Untersuchung des Wärmetransports bei physikalischen und chemischen Prozessen. . Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen ist definiert als C, = (dU/OT),, die Wärmekapazität bei konstantem Druck als C, = (OH/OT),. Für das ideale Gas lautet die Beziehung zwischen beiden Wärmekapazitäten SG, = weht

. Die Definition der Enthalpie lautet H= U+pV. Die Änderung der Enthalpie ist gleich der bei konstantem Druck in Form von Wärme übertragenen Energie, AH = g,-

. Bei einer reversiblen adiabatischen Zustandsänderung ändert sich die Temperatur eines idealen Gases gemäß TzE = T,(Va/VeE) mit c= Cym/R. Der Zusammenhang zwischen Druck und Volumen ist pV’ = Konstante mit = Clin:

16. Die Änderung der Standardenthalpie ist die Änderung der Enthalpie eines Prozesses, dessen Ausgangsstoffe und End-

produkte sich jeweils im Standardzustand befinden. Der

Standardzustand einer Substanz ist deren reine Form bei der

jeweiligen Temperatur und einem Druck von 10° Pa. . Enthalpieänderungen addieren sich, zum Beispiel: Al



AH

=

AyH®.

. Die Enthalpieänderungen eines Prozesses und seiner

Umkehrung verhalten sich gemäß A_H® = -A._H°®. . Die Standardverbrennungsenthalpie ist die Standardreaktionsenthalpie der vollständigen Oxidation einer organischen Verbindung zu gasförmigem CO, und flüssigem H,O (wenn die Substanz nur C, H, O enthält) sowie gasförmigem N, (wenn auch Stickstoff Bestandteil der Verbindung ist). 20. Der Satz von Hess sagt aus: Die Standardenthalpie einer

Reaktion ist gleich der Summe der Standardenthalpien einer Folge von Reaktionen, in die die betreffende Reaktion formal zerlegt werden kann. Zr Die Standardbildungsenthalpie AzH“ eines Stoffes ist die

Standardreaktionsenthalpie seiner Bildung aus den Elementen in ihrem jeweiligen Referenzzustand. Als Referenzzustand eines Elements wird dessen stabilste Form bei der gegebenen Temperatur und einem Druck von 10° Pa bezeichnet. 22. Die Standardreaktionsenthalpie lässt sich aus den Bildungs-

enthalpien der beteiligten Stoffe berechnen: Ar H°

=

I nreiliee vAsH®

ee I

vAsH®.

23: Das Kirchhoff’sche Gesetz beschreibt die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie:

ArRH°(T,) = ARH°(T,) + SP ARC2 dT. 24. Wenn das Integral über eine infinitesimale Größe unabhän-

gig vom Weg zwischen den Integrationsgrenzen ist, nennt man diese Größe totales Differenzial. Wenn das Integral über eine infinitesimale Größe vom Weg zwischen den Integrationsgrenzen abhängt, nennt man diese Größe nichttotales Differenzial. ZSR Der Binnendruck ist definiert gemäß rn; = (OU/OV),. Für das ideale Gas ist nr =.

26. Die Abkühlung eines Gases bei isenthalpischer Expansion nennt man Joule-Thomson-Effekt. ZUR Der Joule-Thomson-Koeffizient ist definiert als

4 = (OT/Op),,, der isotherme Joule-Thomson-Koeffizient als Hr = (OH/dp), = -C,u.

28. Als Inversionstemperatur bezeichnet man diejenige Tempe-

ratur, bei der der Joule-Thomson-Koeffizient sein Vorzeichen wechselt.

Zusatzinformationen

71

Weiterführende Literatur Zeitschriftenartikel und Bücher

Datensammlungen und weitere Informationen

P.W. Atkins and ].C. de Paula, Physical chemist for ry the life sciences. W.H. Freeman, New York (2005).

M.W. Chase, )r. (ed.), NIST-JANAF thermochemical tables. Published asJ. Phys. Chem. Ref. Data, Monograph no. 9. American Institute of Physics, New York (1998).

G.A. Estevez, K. Yang, and B.B. Dasgupta, Thermodynamic

partial derivatives and experimentally measurable quantities. J. Chem. Educ. 66, 890 (1989).

I.M. Klotz and R.M. Rosenberg, Chemical thermodynamics: basic theory and methods. Wiley-Interscience, New York (2000). G.N. Lewis and M. Randall, Thermodynamics. Revised by K.S. Pitzer and L. Brewer. McGraw-Hill, New York (1961). J. Wisniak, The Joule-Thomson coefficient for pure gases and their mixtures.J.Chem. Educ. 4, 51 (1999).

J-D. Cox, D.D. Wagman, and V.A. Medvedev, CODATA key v alues for thermodynamics. Hemisphere Publishing Corp., New York (1989). D.B. Wagman, W.H. Evans, V.B. Parker, R.H. Schumm, |. Halow,

S.M. Bailey, K.L. Churney, and R.L. Nuttall, The NBS tables of chemical thermodynamic properties. Published as J. Phys. Chem. Ref. Data 11, Supplement 2 (1982). R.C. Weast (ed.), Handbook of chemistry and physics, Vol. 81. CRC Press, Boca Raton (2000). M. Zabransky, V. Ruzicka Jr., V. Majer, and E. S. Domalski. Heat

capacity of liquids. Published as J. Phys. Chem. Ref. Data, Monograph no. 6. American Institute of Physics, New York (1996).

Zusatzinformationen Zusatzinformationen 2-1: Adiabatische Prozesse

Adiabatische Prozesse Wir betrachten eine reversible adiabatische Expansion in einem Moment, wo sowohl der innere als auch der äußere Druck gleich p ist. Dehnt sich das Gas um dV aus, so wird die Arbeit dw = —p dV verrichtet. Für ein ideales

Gas ist dU = C, dT und im Falle einer adiabatischen Änderung (dq = 0) gilt dU = dq + dw = dw; wir können daher beide Ausdrücke für dU gleichsetzen: Grade picdV> Da es sich um ein ideales Gas handelt, können wir p durch

nRT/V ersetzen:

C,dT_

nRdv

Tr

ae

Um diesen Ausdruck zu integrieren, überlegen wir uns, dass T = T, für V= V, (am Beginn der Expansion) und T = T; fürV = V: (am Ende der Expansion) ist. Das bedeutet: (&

EST

at)

YEıdV



ep

(C, soll nicht von der Temperatur abhängen.) Wegen

[dx/x = Inx-+ Konstante erhalten wir Te

@yln =,

Ve zurn nRin V, 5

was wir mithilfe der Beziehung In(x/y) = In(y/x) umwandeln könnenin re nR

"Mit

T,

V,

-In. V£

c= Cy/nR (und Inx® = alnx) ergibt sich

also (T./T,)" = (Vı/Ve); dies lässt sich unmittelbar zu Gl. (28) umformen.

Im Anfangs- und um Endzustand des idealen Gases ist die ZustandsgleichungpV =nRT erfüllt, gleichgültig, auf welchem Weg die Zustandsänderung stattfindet. Daher ist

DAR PeVe

Al:

Wie wir aber gerade gezeigt haben, ist a

V;

Te

\vy

a

V;

a

WW

hier verwenden wir die Definition von y als Verhältnis der Wärmekapazitäten, y = C,m/Cym, sowie die molare Version von Gl. (26), C,m — Cvm = R (für ideale Gase). Wir fassen beide Beziehungen zusammen und erhalten

2) (1) Pe

Va

\Va

(4) VA

Durch Umstellen folgt unmittelbar Gl. (29), pı Vı = pe Vr. Zusatzinformationen 2-2: Die Beziehung zwischen den Wärmekapazitäten

Die Beziehung zwischen den Wärmekapazitäten Bei der Lösung thermodynamischer Probleme ist es oft sinnvoll, sich auf Grundbegriffe zu besinnen. In unserem Fall wollen wir dies gleich zweimal tun - wir schreiben C, und C, in Form ihrer jeweiligen Definitionsgleichung auf und setzen dann beide Ausdrücke in die DefinitionH=U+pVein:

A,

Die Differenz zwischen den ersten und dem dritten Term auf der rechten Seite haben wir bereits ausgerechnet, sie ist laut

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

72

Gl. (2-45) gleich anıV. Dabei gibt der Faktor a V die Volumenänderung bei Temperaturerhöhung an, und durch den Faktor Ttr = (dU/OV), wird diese Volumenänderung in eine Änderung der Inneren Energie umgewandelt. Wir können den Ausdruck noch weiter vereinfachen; weil p konstant ist, gilt —

)

E

(&) =apV.

a.

„u

. (av/or), a (5) = =—. Kr (oV/dp), IT), Setzen wir dies in Gl. (57) ein, ergibt sich Gl. (49).

Die Euler’sche Kettenregel lautet: Für eine dif-

Kommentar 2-3

ferenzierbare Fupktion z = z(x,y) gilt

x

An der Gestalt des mittleren Terms können wir erkennen, dass es

sich um den Anteil der Arbeit handelt, der zur Zurückdrängung der Atmosphäre aufgewendet werden muss: (OV/OT), ist genau die Volumenänderung, die durch eine Temperaturänderung hervorgerufen wird, und durch Multiplikation mit p erhalten wir die

A

Durch Zusammenfassen beider Gleichungen ergibt sich

(& (&) (5) en 9x) „\02),\0y), Betrachten wir zum Beispiel z(x,y) = x?y:

@) . (aber) ma );

9%

9%),

G-C,=alp+nr)V Term, (ar; V), drückt die Arbeit aus, die aufgewendet werden muss, um die Moleküle des Systems voneinander zu entfernen.

ne

2(y2)”

92

\02),

(2) -

aa

Hier entspricht der erste Term der rechten Seite, (apV), der gegen den Atmosphärendruck geleisteten Arbeit; der zweite

() x en") x

dx

Er)

NV),

28,

op),

dy

Wenn man die drei Ergebnisse miteinander multipliziert, erhält man

-1.

Wir können sogar noch weiter gehen, indem wir ein Resultat aus En N

32voryegnehmen, namlich

ee

ST

EM Kommentar 2-9

Wennenn wirwir diesdies iinn diedie letzte einsetzen, letzte Gleichung Gleichung einsetzen,

n

a

erhalten wirwi erhalten

p zearvl) : (3) $

Da

(ot,

9T),\oV) er damit ist (5) =

aT),

(ov\ ,\op

(2 =)

9). = (0x/ay),

Betrachten wir als Beispiel wieder die Funktion z(x, y) = x?y:

Nun bleibt noch die letzte partielle Ableitung umzuwandeln. Aus der Euler’schen Kettenregel folgt

op

Der Kehrwert einer partiellen Ableitung wird

folgendermaßen gebildet:

—p

dy EN Sn

2/2)

d(1/x2)

Beten,

——

dx

32 =

x

.

' u

:

Umgekehrt können wir die Funktion auch schreiben °. dann haben wir

zezıys y

(aT/av),(oV/dp);

ö

Allerdings steht hier nicht (9V/AT),, sondern (9T/oV),; deshalb müssen wir nach der in Kommentar 2.7 angegebenen Regel noch den Kehrwert bilden und erhalten schließlich

(5) e-

oy),

dz/y)

Y

)

ZUR

a ,di1/y'?)

dyy

zu

2y%

38 Bo

22/0)



RR

=

Diskussionsfragen e: 2.1 le Definieren Sie Arbeit und Wärme aus mechanischer und aus 2.2 Betrachten Sie die reversible Zustandsänderung eines idealen Gases. Für eine adiabatische Änderung gilt dann p V’ = Konstante, für eine isotherme Änderung gilt p V = Konstante. Interpretieren Sie diese beiden Befunde physikalisch.

2.3 Erklären Sie den Unterschied zwischen der Änderung der Enthalpie und der Änderung der Inneren Energie bei einer chemischen Reaktion oder einem physikalischen Prozess.

H

2.4 Inwiefern ist es von Bedeututung, ob eine physika i ikalilische Größe Ö eine Zustandsfunktion ist? Schreiben Sie möglichst viele Austand funktionen taye 2.5 Erklären Sie die Bedeutung der Experimente von Joule sowie von Joule und Thomson. Was hätte Joule mit einer empfindlicheren Versuchsanordnung beobachtet?

2.6 Wie sollte die Innere Energie eines van-der-Waals-Gase s Ihrer Meinung nach bei konstanter Temperatur vom Volume n abhängen? Erklären Sie Ihre Antwort.

2.7 In vielen experimentellen Thermogrammen (siehe zum Beispiel Abb. 2-15) befindet sich die Grundlinie unterhalb von T} auf anderer Höhe als die Linie oberhalb T,. Warum?

Leichte Aufgaben

73

Leichte Aufgaben

Wenn nicht anders angegeben, sollen alle Gase als ideal angenommen werden. Auf zwei signifikante Stellen setzen wir 1.0 atm gleich 0.1 MPa (1.Obar). Die thermochemischen Daten beziehen

A2.6a

sich auf 298.15 K, wenn nicht anders vermerkt.

A2.]a

Welche Arbeit verrichtet eine 65 kg schwere Person beim Klettern aufeine Höhe von 4.0 m (a) von der Erdoberfläche

und (b) von der Mondoberfläche (guoa = 1.60 m s 2) aus?

A2.1b A2.2a

+40.656 k] mol”. Zu berechnen sind w, q, AU und AH für den angegebenen Prozess.

A2.6b

2.00 mol CH,OH (g) werden bei 64 °C isotherm und reversibel zu flüssigem Methanol kondensiert. Die Standardverdampfungsenthalpie von Methanol bei 64 °C beträgt +35.3 k) mol"'. Zu berechnen sind w, q, AU und AH für den angegebenen Prozess.

A2.7a

Ein Magnesiumspan der Masse m=15g wird in ein Becherglas mit verdünnter Salzsäure gegeben. Berechnen Sie die Arbeit, die durch das System während der Reaktion verrichtet wird; der Atmosphärendruck betrage 1.0 atm und die Temperatur 25 °C.

A2.7b

Ein Stückchen Zink der Masse m=5.0g wird in ein Becherglas mit verdünnter Salzsäure gegeben. Berechnen Sie die Arbeit, die durch das System während der Reaktion verrichtet wird; der Atmosphärendruck betrage 1.1 atm und die Temperatur 23 °C.

A2.8a

Für die Temperaturabhängigkeit von C, eines idealen Gases wurde folgender empirischer Ausdruck gefunden: G,/(J KK") = 20.17 + 0.3665(T/K). Wie groß sind q, w, AU und AH beim Erhitzen von 1.00 mol des Gases von 25 °C auf 200°C bei (a) konstantem Druck, (b) konstan-

Welche Arbeit verrichtet ein 120 g schwerer Vogel, wenn er von der Erdoberfläche aus 50 m hoch fliegt? In einem Behälter mit der Grundfläche

A = 100 cm,

dessen obere Begrenzung ein lose aufgesetzter Kolben bildet, läuft eine chemische Reaktion ab, in deren Verlauf

der Kolben um 10. cm gegen den äußeren Druck p=1.0 atm angehoben wird. Welche Arbeit wird dabei vom System verrichtet? A2.2b

In einem Behälter mit der Grundfläche A = 50.0 cm2,

dessen obere Begrenzung ein lose aufgesetzter Kolben bildet, läuft eine chemische Reaktion ab, in deren Verlauf

der Kolben um 15 cm gegen den äußeren Druck p=121kPa angehoben wird. Welche Arbeit wird dabei vom System verrichtet? A2.3a

1.00 mol Argongas expandieren bei 0°C isotherm von 22.4 auf 44.8 L, und zwar (a) reversibel, (b) gegen einen konstanten äußeren Druck, dessen Wert gleich dem End-

druck des Gases sein soll, (c) ungehindert (gegen einen äußeren Druck von null). Berechnen Sie für alle drei Prozesse q, w, AH und AU.

A2.3b

tem Volumen?

A2.8b

2.00 mol Heliumgas expandieren bei 22 °C isotherm von 22.8 auf 31.7 L, und zwar (a) reversibel, (b) gegen einen

c,/() K") = 20.17 + 0.4001(T/K). Wie groß sind q, w,

konstanten äußeren Druck, dessen Wert gleich dem End-

12.0g Argon bei 273.15 K expandieren reversibel und adiabatisch von 1.0 dm? auf 3.0 dm’. Berechnen Sie die Temperatur des Gases im Endzustand.

T, =400K aufgeheizt; der Anfangsdruck p, beträgt 1.00 atm. Berechnen Sie den Druck p, im Endzustand, AU, q und w.

A2.9b

16.0g Kohlendioxid bei 298.15 K expandieren reversibel

2.00 mol eines molekularen idealen Gases mit C,m =3R

A2.10a 2.45 g Kohlendioxid bei 27.0°C expandieren reversibel und

1.00 mol eines einatomigen idealen Gases mit C,m =3R werden bei konstantem Volumen von T} =300K auf

werden bei konstantem Volumen von T} =277K auf

T, =356 K aufgeheizt; der Anfangsdruck p, beträgt 111 kPa. Berechnen Sie den Druck p, im Endzustand, AU,

q und w. A2.5a

4.50.gMethan nehmen bei 310 K ein Volumen von 12.7 L ein. (a) Berechnen Sie die verrichtete Arbeit, wenn sich

das Gas isotherm gegen einen konstanten äußeren Druck von 200 Torr um 3.3 L ausdehnt. (b) Berechnen Sie die Arbeit unter der Annahme eines reversiblen Prozessverlaufs.

A2.5b

Volumen?

A2.9a

zesse q, w, AH und AU.

A2.4b

Für die Temperaturabhängigkeit von C, eines idealen Gases wurde folgender empirischer Ausdruck gefunden: AU und AH beim Erhitzen von 1.00 mol des Gases von 0°C auf 100°C bei (a) konstantem Druck, (b) konstantem

druck des Gases sein soll, (c) ungehindert (gegen einen äußeren Druck von null). Berechnen Sie für alle drei ProA2.4a

1.00 mol H,O (g) werden bei 100 °C isotherm und reversibel zu flüssigem Wasser kondensiert. Die Standardverdampfungsenthalpie von Wasser bei 100 °C beträgt

n von 18.5 L ein. | 6.56 g Argon nehmen bei 305 Kein Volume sich das wenn Arbeit, ete verricht (a) Berechnen Sie die Druck n äußere ten konstan einen gegen m Gas isother die von 7.7kPa um 2.5 L ausdehnt. (b) Berechnen Sie verProzess blen reversi eines Arbeit unter der Annahme laufs.

und adiabatisch von 500 cm? auf 2.00 dm’. Berechnen Sie

die Temperatur des Gases im Endzustand. adiabatisch von 500 cm? auf 3.00 dm?. Welche Arbeit wird dabei von dem Gas verrichtet?

A2.10b 3.12 g Stickstoff bei 23.0°C expandieren reversibel und adiabatisch von 400 cm? auf 2.00 dm’. Welche Arbeit wird dabei von dem Gas verrichtet? A2.11a Eine Probe Kohlendioxid unter einem Druck von 57.4 kPa

expandiert reversibel und adiabatisch von 1.00 dm’ auf 2.00 dm’. Berechnen Sie den Druck im Endzustand; es seiy= 1.4.

A2.11b Eine Probe Wasserdampf unter einem Druck von 87.3 Torr expandiert reversibel und adiabatisch von 500 cm’ auf 3.00 dm?. Berechnen Sie den Druck im Endzustand; es

sel

3:

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

74

A2.12a Wenn einer Probe von 3.0 mol Ar (g) eine Wärmemenge von 229) bei konstantem Druck zugeführt wird, steigt die Temperatur des Gases um 2.55 K. Zu berechnen sind die molaren Wärmekapazitäten des Gases bei konstantem Druck und bei konstantem Volumen. A2.12b Wenn einer Probe von 1.9 mol eines molekularen Gases eine Wärmemenge von 178) bei konstantem Druck zugeführt wird, steigt die Temperatur des Gases um 1.78 K. Zu berechnen sind die molaren Wärmekapazitäten des Gases bei konstantem Druck und bei konstantem Volumen. A2.13a Beim Erhitzen von 3.0 mol O, steige seine Temperatur von 260 K auf 285 K; der Druck sei konstant 3.25 atm. Berechnen Sie q, AH und AU bei gegebener Wärmekapazität von O, bei konstantem Druck (C,„, = 29.4] K'mol”').

A2.13b Beim Erhitzen von 2.0 mol CO, steige seine Temperatur von 250K auf 277 K; der Druck sei konstant 1.25 atm.

Berechnen Sie q, AH und AU bei gegebener Wärmekapazität von CO, bei konstantem Druck

(Cm = 37.11) K'mol-'). A2.14a Eine Probe von 4.0 mol O, mit einer Temperatur von 270 K befinde sich anfänglich in einem Behälter mit einem Volumen von 20 dm’. Nun expandiere das Gas gegen einen konstanten Druck von 600 Torr auf das Dreifache seines Volumens. Berechnen Sie q, w, AU, AH und AT.

(Der Enddruck des Gases muss nicht unbedingt 600 Torr betragen.) A2.14b Eine Probe von 5.0 mol CO, mit einer Temperatur von 280 K befinde sich anfänglich in einem Behälter mit einem Volumen von 15 dm’. Nun expandiere das Gas gegen einen konstanten Druck von 78.5 kPa auf das Vierfache seines Volumens. Berechnen Sie q, w, AU, AH und

AT. (Der Enddruck des Gases muss nicht unbedingt 78.5 kPa betragen.) A2.15a Eine Probe von 1.0 mol eines molekularen idealen Gases mit C, = 20.8 |K"' befinde sich bei einem Druck von 3.25 atm und einer Temperatur von 310K. Das Gas

expandiere reversibel und adiabatisch, bis sein Druck auf 2.50 atm abgesunken ist. Wie groß ist jetzt das Volumen des Gases? Berechnen Sie die verrichtete Arbeit. A2.15b Eine Probe von 1.5 mol eines molekularen idealen Gases mit C,m = 20.8) K"'mol“' befinde sich bei einem Druck von 230 kPa und einer Temperatur von 315 K. Das Gas expandiere reversibel und adiabatisch, bis sein Druck auf 170 kPa abgesunken ist. Wie groß ist jetzt das Volumen des Gases? Berechnen Sie die verrichtete Arbeit.

A2.16a Für eine Flüssigkeit wurde A,H” = +26.0kJ mol! gemessen. Berechnen Sie q, w, AH und AU für die Verdampfung von 0.50 mol dieser Flüssigkeit bei 250 K und 750 Torr.

A2.16b Für eine Flüssigkeit wurde A,H” = +32.0k] mol“! gemessen. Berechnen Sie q, w, AH und AU für die Verdampfung von 0.75 mol dieser Flüssigkeit bei 260 K und 765 Torr. A2.17a Berechnen Sie die Standardverbrennungsenthalpie von Ethylbenzol aus seiner Standardbildungsenthalpie von

12.5 kJ mol".

A2.17b Berechnen Sie die Standardverbrennungsenthalpie von Phenol aus seiner Standardbildungsenthalpie von 165.0 kJ) mol”. A2.18a Die Standardverbrennungsenthalpie von Cyclopropan bei 25 °C beträgt —2091 kJ) mol. Berechnen Sie daraus und unter Verwendung der Bildungsenthalpien von CO; (g) und H;0 (I) die Bildungsenthalpie von Cyclopropan. Berechnen Sk die Enthalpie der Isomerisierung von Cyclopropan zu Propen, wenn die Standardbildungsenthalpie von Propen +20.42 k) mol”' beträgt. A2.18b Bestimmen Sie A,H” von Diboran, B,H,; (g), bei 298 K aus folgenden Angaben: (1) B2Hs (g)+ 30; (g)> B20; (s)+

3H,0 (g),

AgH” = -1941 k) mol”

(2) 2B (s)+30, (g)>B;0; (5), ArH® = —2368 kJ mol-"

(3) H (84350: > H2O (8), ARH® =-241.8, jkjmol A2.19a Bei Verbrennung von 120 mg Naphthalin, C,oH; (s), stieg die Temperatur eines Bombenkalorimeters um 3.05 K. Berechnen Sie die Wärmekapazität des Kalorimeters. Welchen Temperaturanstieg misst man bei Verbrennung von 10 mg Phenol, C,H,OH (s), unter denselben Bedingungen? A2.19b Bei Verbrennung von 2.25 mg Anthracen, C,4Hıo (s), stieg die Temperatur eines Bombenkalorimeters um 1.35 K. Berechnen Sie die Wärmekapazität des Kalorimeters. Welchen Temperaturanstieg misst man bei Verbrennung von

135 mg Phenol, C,H;OH (s), unter denselben Bedingungen? Die Verbrennungsenthalpie von Anthracen beträgt

-7061 k] mol".

A2.20a Zu berechnen ist die Standardlösungsenthalpie von AgcCl (s) in Wasser aus den Bildungsenthalpien des Feststoffs und der hydratisierten Ionen. A2.20b Zu berechnen ist die Standardlösungsenthalpie von AgBr (s) in Wasser aus den Bildungsenthalpien des Feststoffs und der hydratisierten lonen.

A2.21a Die Standardreaktionsenthalpie für den Zerfall des gelben Komplexes H,N-SO, (s) in NH; (g) und SO, (g) beträgt +40 kJ mol”'. Wie groß ist die Standardbildungsenthalpie des Komplexes H,N-SO, (s)? A2.21b Berechnen Sie die Enthalpie der Umwandlung von Graphit in Diamant; gegeben seien die Standardverbrennungsenthalpien von Graphit, —393.5] k) mol”, und von Diamant,

—395.41 kJmol”.

A2.22a Berechnen Sie unter Verwendung der Reaktionen (1) und

(2) (a) ARH” und A,U® für Reaktion (3), (b) A,H* von

H,O (g) und HCI (g) jeweils bei 298 K. Alle Gase sollen sich ideal verhalten.

(1) H,(g) + Cl, (g)>2 HC (g),

ArH® = —184.62 k] mol"

2) 2H,(g)+0,(g)>2H,0 (g), ArH® = —483.64 k] mol"!

(3)

AHCI(g) +0, (g)>2Cl, (g)

+2 H,O (g).

Leichte Aufgaben A2.22b Berechnen Sie unter Verwendung der Reaktionen (1) und

(2) (a) ARH” und A,U® für Reaktion (3), (b) A,H® von

H,O (g) und HI (g) jeweils bei 298 K. Alle Gase sollen sich ideal verhalten.

N) H2(g) +1, (S)>2Hl(g),

ARH® = +52.96 k] mol-"

(2) 2H, (8) +0; (g)>2H,0 (8),

ARH° = —483.64 k) mol"

8) 4Hl(g) +0, (g)>21, (s) + 2H,0 (g) A2.23a Berechnen Sie A,H” für die Reaktion OHsOH (|) +30, (g)>2CO; (g) + 3 H,0 (g), für die A,

U° (298 K) = -1373 k] mol! ist.

A2.23b Berechnen Sie A,H” für die Reaktion

C;H5COOH (s) + 130, (g)>12 CO; (g) + 6H,0 (g), für die A,U° (298 K) = - 772.7 kJ) mol" ist. A2.24a Berechnen Sie die Standardbildungsenthalpie von (a) KCIO; (s) aus der Standardbildungsenthalpie von KCI und (b) NaHCO; (s) aus den Bildungsenthalpien von CO, und NaOH. Folgende Daten sind gegeben:

2 KCIO, (s)>2KCI (s) + 3 0, (g) AH” = -89.4kj mol" NaOH (s) + CO, (gJ>NaHCO, (s)

AH

-1075.K,molz)

A2.24b Berechnen Sie die Standardbildungsenthalpie von NOCI (g) aus der Standardbildungsenthalpie von NO

(siehe ttab5). A,H” der Reaktion 2NOCI (g)>2 NO (g) +Cl, (g) beträgt +75.5 k] mol".

75

Sublimationsenthalpie von Mg (s): +167.2 k) mol” erste bzw. zweite lonisierungsenergie von Mg (g):

+7.646 eV, +15.035 eV

Dissoziationsenthalpie von Cl, (g): +241.6.k]) mol”' Elektronenaffinität von CI (g): -3.78 eV Lösungsenthalpie von MgCl, (s): -150.5 k) mol” Hydratationsenthalpie von CI" (g): -383.7 k) mol"

A2.28b Schreiben Sie einen thermodynamischen Kreisprozess zur Bestimmung der Hydratationsenthalpie von Ca?*-Ionen auf. Gegeben sind folgende Daten: Sublimationsenthalpie von Ca (s): +178.2 k) mol“ erste bzw. zweite lonisierungsenergie von Ca (g):

+593.7 kl mol”,

Verdampfungsenthalpie von Br (l): Dissoziationsenthalpie von Br, (g): Elektronenaffinität von CI (g): Lösungsenthalpie von CaBr, (s): Hydratationsenthalpie von CI” (8):

+1145 +30.91 +192.9 -331.0 -103.1 -337.0

k) mol" kJ mol“ k) mol” k) mol” k) mol” k) mol“

A2.29a In einer Kältemaschine wurde ein Freon adiabatisch von 32 atm und 0°C auf 1.00 atm entspannt, die Temperatur sank dabei um 22 K. Berechnen Sie den Joule-ThomsonKoeffizienten u bei 0°C. Die Temperaturabhängigkeit von u im gegebenen Bereich soll vernachlässigt werden.

A2.29b Ein Dampf wurde adiabatisch von 22 atm und 5 °C auf 1.00 atm entspannt, die Temperatur sank dabei um 10K. Berechnen Sie den Joule-Thomson-Koeffizientenı bei 5°C. Die Temperaturabhängigkeit von u im gegebenen Bereich soll vernachlässigt werden.

A2.25a Sagen Sie mit Hilfe der Daten aus Tabelle 2-5 die Standardreaktionsenthalpie der Reaktion 2NO, (g)>N,O, (g) bei 100 °C aus dem Wert bei 25 °C voraus.

A2.30a Für ein van-der-Waals-Gas gilt n, = a/V?. Berechnen Sie AU, für die isotherme Expansion gasförmigen Stickstoffs von 1.00 L auf 24.8 L bei 298 K. Wie groß sind q und w?

A2.25b Sagen Sie mit Hilfe der Daten aus Tabelle 2-5 die Standardreaktionsenthalpie der Reaktion 2H, (g) + 0, (g)>2H, © (|) bei 100 °C aus dem Wert bei 25 °C voraus.

A2.30b Wiederholen Sie Aufgabe 2.30a für die Expansion von Argon von 1.00L auf 22.1 L bei 298 K.

A2.26a Berechnen Sie aus den Daten in Tabelle 2-5 AkH” und

A,U® bei (a) 298 K und (b) 378 K für die Reaktion C (Graphit) + H,O (g)>CO (g) + H; (g). Alle Wärmekapazitäten sollen im betrachteten Temperaturbereich nicht von der Temperatur abhängen.

A2.26b Berechnen Sie A,H° und AU bei 298 K und AgH” bei 348 K für die Hydrierung von Ethin zu Ethen; verwenden Sie dazu die Verbrennungsenthalpien und Wärmekapazitäten aus den Tabellen 2.5 und 2.7. Nehmen Sie die Wärmekapazitäten im betrachteten Temperaturbereich als konstant an.

A2.27a Berechnen Sie A,H“ für die Reaktion Zn (s) + CuSO, (aq) —ZnSO, (ag) + Cu (s) mithilfe der Angaben aus Tabelle 2-7 im Tabellenanhang.

A2.27b Berechnen Sie AkH* für die Reaktion NaCl (aq) + AgNO, (ag)>AgCl (s) + NaNO; (aq) mithilfe der Angaben aus Tabelle 2-7 im Tabellenanhang. ozess zur A2.28a Schreiben Sie einen thermodynamischen Kreispr nen Mg?*-Io von thalpie tionsen Hydrata Bestimmung der Daten: e folgend sind n Gegebe auf.

A2.31a Die Abhängigkeit des Volumens einer Flüssigkeit von der Temperatur werde beschrieben durch

V = V’{0.75 + 3.9 x 10-*(T/K) + 1.48 x 10-°(T/K)?} (V’ ist das Volumen bei 300 K). Berechnen Sie den Koeffizienten der thermischen Ausdehnung, a, der Flüssigkeit bei 320.K.

A2.31b Die Abhängigkeit des Volumens einer Flüssigkeit von der Temperatur werde beschrieben durch

Vv= V10.77+3.7 x 10*(T/K) + 1.52.x10.°(T/K)} (V’ ist das Volumen bei 298 K). Berechnen Sie den Koeffizienten der thermischen Ausdehnung, a, der Flüssigkeit bei 310K.

A2.32a Der Koeffizient der isothermen Kompressibilität von Kupfer bei 293 K beträgt 7.35 x 10°” atm'. Berechnen Sie, welcher Druck ausgeübt werden müsste, damit die Dichte des Materials um 0.08 Prozent zunimmt.

A2.32b Der Koeffizient der isothermen Kompressibilität von Blei bei 293 K beträgt 2.21 x 10° atm'. Berechnen Sie, welcher Druck ausgeübt werden müsste, damit die Dichte des Materials um 0.08 Prozent zunimmt.

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

76

| A2.33a Gegeben sei für Stickstoff u = 0.25 Katm'.Zu berechnen ist der isotherme Joule-Thomson-Koeffizient des Gases. Berechnen Sie, welche Wärmemenge zugeführt werden muss, um die Temperatur von 15.0 mol des Gases bei Entspannung durch eine Drossel konstant zu halten (isothermes Joule-Thomson-Experiment). Der Druckabfall an der Drossel betrage 75 atm.

A2.33b Gegeben sei für Kohlendioxid u = 1.11 K atm!.Zu berechnen ist der isotherme Joule-Thomson-Koeffizient des Gases. Berechnen Sie, welche Wärmemenge zugeführt werden muss, um die Temperatur von 12.0 mol des

Gases bei Entspannung durch eine Drossel konstant zu halten (isothermes Joule-Thomson-Experiment). Der Druckabfall an der Drossel betrage 55 atm. F

Schwerere Aufgaben’) 2.6

Rechenaufgaben 2a]

1 mol eines einatomigen Gases (mit C,„ —=;R) durchlaufe den Kreisprozess in Abb. 2-34. (a) Bestimmen Sie die Temperaturen an den Punkten 1, 2 und 3. (b) Berechnen Sie q, w, AU und AH für jeden Schritt und für den gesamten Kreisprozess. Wenn Sie keinen Zahlenwert erhalten

Berechnen Sie die bei der isothermen reversiblen Expansion eines van-der-Waals’schen Gases verrichtete Arbeit. Erklären Sie die physikalische Bedeutung der Koeffizienten a und b in Ihrem Ergebnis. Zeichnen Sie folgende Indikatordiagramme gemeinsam in eine Darstellung: (a) für ein

ideales Gas, (b) für ein van-der-Waals-Gas mit a = 0 und b = 5.11 x 10°? dm? mol”, (c) für ein van-der-Waals-Gas mit a = 4.2 dm® atm mol”? und b = 0. Die ausgewählten

können, schreiben Sie entsprechend +, — oder ?.

Koeffizienten beschreiben stark nichtideales Verhalten;

dies ist hinsichtlich praktischer Messwerte zwar übertrie1.00

ben, aber die Effekte sind dafür deutlich sichtbar. Gegeben sind Vs = 1,0 EV: 20 En = 1KOmellund7 293 K Isotherme

27

Druck p/atm 0.50

beschrieben: C,„/(J) K“'mol') = 14.73 + 0.1272(T/K). 22.44

Entsprechende Beziehungen für C (s) und H; (g) finden Sie in Tabelle 2-2. Berechnen Sie die Standardbildungsenthalpie von Ethan bei 350 K aus dem Wert bei 298 K.

44.88

Volumen V/dm? 2.8

Behälter statt, der auf einer Seite durch einen Kolben

Eine Probe des Zuckers d-Ribose (C;H,u0;) der Masse 0.727 g wurde bei Sauerstoffüberschuss in einem Bombenkalorimeter verbrannt; die Temperatur stieg dabei um 0.910K. Bei einem zweiten Experiment in derselben Apparatur wurde für die Verbrennung von 0.825 g Benzoesäure

begrenzt wurde; dieser lag zu Beginn des Heizens auf dem

ein Temperaturanstieg von 1.940 K gemessen. Berechnen

Feststoff auf. Berechnen Sie die Arbeit, die bei einem Druck

Sie die Innere Energie der Verbrennung sowie die Bildungsenthalpie der d-Ribose. Gegeben ist die Innere Energie der Verbrennung von Benzoesäure, —3251 k) mol".

Abb. 2-34 22),

Eine Probe von 1.0 mol CaCO; (s) wurde auf 800 °C erhitzt, wo sie sich zersetzte. Der Heizvorgang fand in einem

von 1.0 atm bei vollständiger Zersetzung verrichtet wurde. Wie groß wäre die Arbeit in einem zur Atmosphäre hin offe3 > nen Behälter:

23

2.0 mol CO, befinden sich bei 300 K in einem Behälter der Größe V = 151. Nach Zufuhr einer Wärmemenge von 2.35 k) steigt die Temperatur auf 341 Kan. Nehmen Sie an,

dass das Gas die van-der-Waals’sche Zustandsgleichung befolgt, und berechnen Sie w, AU und AH. 2.4

Bei der reversiblen, isothermen (T = 373 K) Expansion von

70 mmol Kr (g) von 5.25 cm? auf 6.29 cm? erhöht sich die Innere Energie der Probe um 33.5]. Berechnen Sie für diese Zustandsänderung w, q und AH unter Verwendung der Virialgleichung bis zum zweiten Glied (B= 28.7 cm’ mol7)). 23)

Im Temperaturbereich von 298 K bis 400 K wird die Wärmekapazität von Ethan durch folgende empirische Beziehung

1.00 mol eines idealen Gases bei 1.00 atm und 298 K (Gm = ZR) durchläuft folgenden Kreisprozess: (a) Erwärmung bei konstantem Volumen bis auf das Doppelte der Anfangstemperatur; (b) reversible, adiabatische Expansion, bis die ursprüngliche Temperatur wieder erreicht ist: (Cr ArU° (583K) = +8.0k) mol". Berechnen Sie die zugehörige Reaktionsenthalpie und bestimmen Sie die Standardbildungsenthalpie der Verbindung bei 583 K. Die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck von flüssigem Benzol beträgt 136.1) K' mol", von gasförmigem Benzol

81.67) K mol,

2.10: In Tabelle 2-5 finden Sie die Verbrennungsenthalpien der Alkane Methan bis Oktan. Untersuchen Sie, inwieweit die

Beziehung ACH” = k{M/(gmol ')}" gilt. Ermitteln Sie Zahlenwerte für k und n. Sagen Sie die Verbrennungsenthalpie von Dekan voraus und vergleichen Sie Ihr Resultat mit dem bekannten Wert.

Thermochemische Eigenschaften von Kohlenwasserstoffen kann man mithilfe von Molecular-Modeling-Verfahren untersuchen. (a) Ermitteln Sie mit einer geeigneten Software Werte von ACH” für die Alkane Methan bis Pentan. Bestimmen Sie dazu die Standardbildungsenthalpie von

9) Die mit dem Symbol } gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen G iunta und Marshall Cady beiges teuert.

-

Schwerere Aufgaben C,H32.1 (8) mit semiempirischen Verfahren (zum Beispiel AM] oder PM3) und verwenden Sie experimentelle Werte der Standardbildungsenthalpien von CO, (g) und H,O (|) (b) Vergleichen Sie Ihre Resultate mit den in Tabelle 2-5 gegebenen experimentell bestimmten Daten. Wie zuverlässig ist Ihr Molecular-Modeling-Verfahren? (c) Untersuchen Sie, inwieweit die Beziehung ACH® = k{M/(gmol ")}" gilt, und berechnen Sie Zahlenwerte für k und n.

einem Computerprogramm berechneten Werte an (umge-

rechnet von Kalorien in Joule): A,H”

(SIH,O) = —98.3 k) mol”, A,H° (SIH3OH) = —282 k] mol”!. Berechnen Sie die Standardenthalpien der folgenden Reaktionen:

(a) SiH, (8) + 30;>SIH,OH (8) (b) SIH, (8) + 9, (g)>SIH,O (g) + H,O ()

(c) SIH,OH (g)>SIH;O(8)+ H, (g)

Gegeben ist außerdem A,H° (SiH,) = +34.3 k) mol"

22% In einem Lösungskalorimeter wurden bei 25°C 1.3584g

(CRC Handbook 2004).

Natriumacetat-trihydrat mit 100.0 cm? einer 0.2000 m Lösung von HCl gemischt. Infolge der Reaktion H,O (ag) +NaCH;CO, - 3H,0 (s)>Na* (ad) + CH,COOOH (ag) + 4 H,O (|) sank die Temperatur dabei um 0.397°C. Gegeben sind die Wärmekapazität des Kalorimeters, 91.0) K', die

Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen eines Gases kann man messen, indem man den Temperaturabfall bei

reversibler adiabatischer Expansion bestimmt. Wenn man aufeerdem den Druckabfall verfolgt, kann man auf den Wert von y = C,/C, schließen und erhält durch Zusammenfassen beider Werte die Wärmekapazität bei konstantem Druck. Ein Fluorkohlenwasserstoff dehnte sich reversibel und adiabatisch auf das Doppelte seines ursprünglichen Volumens aus; dabei sanken seine Temperatur von 298.15 K auf 248.44 K und sein Druck von 202.94 kPa auf 81.804 kPa. Berechnen Sie C,.

Dichte der Wärmekapazität der sauren Lösung, 4.144 ) K'cm?, sowie die Standardbildungsenthalpie von

Natriumacetat-trihydrat, —1064 k] mol”. Berechnen Sie die Standardbildungsenthalpie des hydratisierten Natriumlons.

2.134 Seit ihrer Entdeckung im Jahr 1985 erregen Fullerene das Interesse vieler Wissenschaftler. Kolesov et al. beispielsweise untersuchten die die Standardbildungs- und -verbrennungsenthalpie von kristallinem C,, auf der Grundlage kalorimetrischer Messungen (V. P. Kolesov, S. M. Pime-

2.144

77

1.00 mol eines van-der-Waals’schen Gases wird bei 300 K von 20.0 L auf 10.0 L komprimiert; dabei wird an dem Gas eine Arbeit von 20.2 k) verrichtet. Bestimmen Sie AH für

nova, V. K. Pavlovich, N. B. Tamm, A. A. Kurskaya,J. Chem.

diesen Prozess. Es giltu= {(2a/RT) — b}/C,„ mit

Thermodynamics 28 (1996) 1121). In einer Versuchsreihe erhielten Sie für den Standardwert der spezifischen Inneren Energie der Verbrennung — 36.0334 k] g"' bei 298.15 K. Berechnen Sie A-H” und A,H” von Co.

Con = 384]K mol',a b = 0.44 dm’ mol”. 2419

Die Standardbildungsenthalpie von DyCl; wurde in einer thermodynamischen Untersuchung (E. H. P. Cordfunke, A. S. Booji, M. Yu. Furkaliouk,J.Chem. Thermodynamics 28 (1996) 1387) aus folgenden Informationen berechnet: (1)

DycCl; (s)>DyCl; (aq, in 4.0m HC)

ARH” = -180.06 k] mol"

(2)

erPal ee 7

Theoretische Aufgaben 2.20

+; H: (8)

3)

14H, (g) +3 Ch, (g)>HEI (ag, 4.0m) A,H® = -158.31 k) mol"

Wie groß ist die Standardbildungsenthalpie von DyCl;?

Das Silylen ist ein wichtiges Intermediat bei der thermischen Zer-

Behandeln Sie Stickstoff als van-der-Waals-Gas mit a = 1.352 dm° atm mol” und b = 0.0387 dm’ mol”. Berechnen Sie AH„, wenn der Druck des Gases bei 300 K von 500 atm auf 1.00 atm sinkt. Für ein van-der-Waals-Gas

gilt u= {(2a/RT) — b}/C,m; aufgerdem sei gegeben

Dy (s) + 3 HCI (aq, 4.0 m)—>DyCl|; (aq, in 4.0 mHCI)

A,H® = -699.43 k] mol"

3.60 dm atm mol” und

2.2]

Zeigen Sie, dass folgende Funktionen totale Differenziale besitzen: (a) x’y + 3y?, (b) xcosxy, (c) x°y?, (d) tt+e)+s. (a) Wie lautet das totale Differenzial der Funktion

z = x? + 2y? — 2xy + 2x — 4y — 8? (b) Zeigen Sie, dass für diese Funktion gilt 9°z/oyox = 9°z/oxoy. (c) Es sei z = xy — y+Inx + 2. Geben Sie dz an und zeigen Sie, dass es sich um ein totales Differenzial handelt.

setzung von Siliciumwasserstoffen wie Silan (SIH,) und Disilan (Si,H,). Moffat et al. geben für die Standardbildungsenthalpie von Silylen einen Wert von +274 kJ) mol" an (H. K. Moffat, K. F. Jensen, R. W. Carr,).Phys. Chem. 95

(a) Schreiben Sie (0C,/oOV), als zweite Ableitung von U und geben Sie den Zusammenhang mit (OU/oOV), an. Verfahren Sie dann analog mit (9C,/op), als zweite Ableitung von H in Beziehung zu (dH/op)-. (b) Zeigen Sie mithilfe der gefundenen Beziehungen, dass für ein ideales Gas gilt:

+34.3 k) mol! und A,H° (SizH,) = +80.3 k] mol” (CRC Handbook 2004). Berechnen Sie die Standardenthalpien der folgenden Reaktionen:

(9C,/oV), = O und (9C,/op)- = d.

(1991) 145). Gegeben sind außerdem AsH (Sid,

(a) SIH, (g)>SIH; (8) + Hr (8)

(b) SH, ()>SIH; (8) + SIH« (8) zen, 210% Silanon (SIH,O) und Silanol (SIH3OH) - zwei Substan

asdie wesentlich schwerer zu fassen sind als ihre Kohlenw n Oxidatio der bei inlich wahrsche spielen serstoff-Analoga von Silan (SiH,) eine Rolle. C. L. Darling und H. B. Schlegel en mit (J. Phys. Chem 97 (1993) 8207) geben die folgend

(a) Leiten Sie aus dem totalen Differenzial von U(T, V) die Beziehung C, = -(dU/dV),OV/OT), her. (b) Drücken Sie ausgehend von dem totalen Differenzial von H(T,p) die partielle Ableitung (OH/op)- als Funktion von C,, und des Joule-Thomson-Koeffizientenu aus.

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

78

benutzen Sie diese zur Berechnung der Inversionstempera-

2.24 Ausgehend von der Beziehung C, — Cy = T(op/oT),(oV/oT), soll gezeigt werden, dass gilt:

tur von Xenon.

Die thermodynamische Zustandsgleichung (dU/OV), = T(9p/OT), — p wurde in diesem Kapitel eingeführt. Leiten Sie daraus und unter Zuhilfenahme allgemeiner Beziehungen zwischen partiellen Ableitungen den entsprechenden

Verwenden Sie dazu geeignete Beziehungen zwischen partiellen Ableitungen. Berechnen Sie die Differenz C, — Cv für ein ideales Gas. 2.25

2.26

2.27

2.28

HV.

)

Zeigen Sie, dass für ein van-der-Waals-Gas gilt

ee

Om onen

le

eva AVFT,

und berechnen Sie die Differenz der Wärmekapazitäten für Xenon bei 25°C und 10.0 atm.

Die Schallgeschwindigkeit c; in einem Gas der molaren Masse M ist eine Funktion von y, dem Verhältnis der bei-

den Wärmekapazitäten: >

yRT

=

Virialgleichung, Gl. (1-19), erfüllt: (a) für 1.0 mol Ar bei 273 K und (b) für die gleiche Menge eines idealen Gases. Das Volumen soll sich jeweils von 500 auf 1000 cm? erhöhen. Daten für Argon finden Sie in Tabelle 1.3.

Zeigen Sie, dass man dies in eine Funktion der Dichte p des Gases umformen kann: c; = (yp/p)'*. Berechnen Sie die Schallgeschwindigkeit in Argon bei 25 °C.

Schreiben Sie die Arbeit bei isothermer reversibler Expansion eines van-der-Waals-Gases als Funktion von reduzierten Variablen auf. Geben Sie eine Definition für eine reduzierte Arbeit an, so dass der Ausdruck unabhängig von der Art des Gases ist. Berechnen Sie die isotherme reversible Volumenarbeit entlang der kritischen Isotherme von V,,, nach

p V„=RT

einsetzen.)

Schreiben Sie die van-der-Waals’sche Zustandsgleichung als Gleichung für T als Funktion von p und V (n soll konstant

sein). Berechnen Sie den Differenzialquotienten (OT /dp),, und weisen Sie nach, dass (OT /op), = 1/(op/9T), gilt. Beweisen Sie anschließend die Euler’sche Kettenregel. Geben Sie die isotherme Kompressibilität und den ExpanSionskoeffizienten eines van-der-Waals-Gases an. Zeigen Sie mithilfe der Euler’schen Kettenregel: x- R = alV„ —b).

Gegeben sei uC, = T(9V/OT),—V. Leiten Sie daraus einen Ausdruck füru als Funktion der van-der-Waals-Parameter a und b her und formen Sie ihn anschließend in eine Funktion von reduzierten Variablen um. Berechnen Sieu bei 25 °C, 1.0 atm und einem molaren Volumen von

24.6 Lmol”'. Verwenden Sie Ihre Gleichung, um eine Formel für die Inversionstemperatur eines van-der-WaalsGases als Funktion von reduzierten Variablen zu finden;

237

M

3

Berechnen Sie die Arbeit, die bei einer isothermen reversiblen Expansion eines Gases verrichtet wird, welches die

2.30 Zeigen Sie, dass für ein van-der-Waals-Gas gilt U C,m=(2a/RT) — b; verwenden Sie dazu die Gleichung (0U/OV)- = a/V}, sowie die Definition von ı und geeignete Beziehungen zwischen partiellen Ableitungen. (Hinweis: Wo dies gerechtfertigt ist, können Sie die Näherung

2.33

oV

HN

ee

(a) Schreiben Sie Ausdrücke für dV und dp unter der Voraussetzung auf, dass V eine Funktion von p und T bzw. p eine Funktion von V und T ist. (b) Leiten Sie daraus Ausdrücke für dInV und dInp her, in denen der Expansionskoeffizient bzw. die isotherme Kompressibilität vorkommt.

2.29: Wir betrachten ein Gas, für das die Zustandsgleichung p x (V-nb) =nRT gilt. Nimmt seine Temperatur bei einer Joule-Thomson-Expansion zu, ab oder bleibt sie gleich?

2.32

OH

(a) Finden Sie durch direkte Ableitung von H =U-+pV eine Beziehung zwischen (dH/dU), und (OU/OV),. (b) Zeigen Sie, dass (OH/AU), = 1 + p(9V/OU), ist, indem Sie (OH/d U), als Verhältnis zweier Ableitungen nach dem Volumen ausdrücken und anschließend die Definition der Enthalpie anwenden.

X Vai:

2.31

Ausdruck für H her,

e

Ein Gas befolge die Zustandsgleichung V„ =RT/p+aT?, seine Wärmekapazität bei konstantem Druck sei C,„, = A +BT+Cpmita, A, Bund C als druck- und temperaturunabhängigen Konstanten. Schreiben Sie Beziehungen für (a) den Joule-Thomson-Koeffizienten und (b) die Wärmekapazität bei konstantem Volumen dieses Gases auf.

Anwendungsaufgaben 2.38

Mit einem leistungsfähigen Mikroskop lässt sich beobachten, dass ein langer DNA-Doppelstrang flexibel ist; der Abstand zwischen den beiden Kettenenden kann in einem großen Bereich variieren. Diese Flexibilität ist wichtig, denn auf diese Weise kann die DNA sehr kompakte Anordnungen einnehmen, wenn sie in ein Chromosom

„ver-

packt“ wird (siehe Kapitel 18). Ein Modell zur Beschreibung eines langen DNA-Strangs ist die freigelenkige Kette (freely jointed chain, FJC), eine Kette aus N kurzen, starren Segmenten der Länge I, die miteinander beliebige Winkel bilden können. Die Persistenzlänge | beträgt ungefähr 45 nm (ca. 130 Basenpaare). In dieser Aufgabe sollen Sie die Arbeit untersuchen, die zum Strecken eines DNA-Strangs aufgewendet werden muss. (a) Nehmen wir an, ein DNAMolekül setze der Streckung aus einer kompakten Gleichgewichtskonformation eine Rückstellkrafi F= —k.x entgegen mit x als Differenz des Abstands der beiden Kettenlängen in der Gleichgewichtskonformation und in der gestreckten Anordnung; k- sei die Kraftkonstante. Systeme die sich in dieser Weise verhalten, befolgen das Hooke’sche

Gesetz. (i) Wo liegen Ihrer Meinung nach die Grenzen dieses DNA-Modells? (ii) Schreiben Sie im Rahmen des Modells einen Ausdruck für die Arbeit auf, die zur Strek-

kung eines DNA-Moleküls um x verrichtet werden muss. Stellen Sie Ihr Resultat graphisch dar. (b) Ein besseres Modell für die DNA ist die eindimensionale FJC. Hier können benachbarte starre Segmente der Länge I miteinander



Schwerere Aufgaben nur Winkel zwischen 0° und 180° einschließen. Die Rück-

79

rose aus den beiden Einfachzuckern wird ein Molekül Wasser abgespalten.) (a) Wie viel Energie in Form von Wärme wird frei, wenn man ein Stück Würfelzucker (1.5) an der Luft verbrennt? (b) Wie hoch könnten Sie mit der Energie

stellkraft einer um x = nI gestreckten Kette ist dann gegeben durch

eines Stücks Würfelzucker steigen unter der Annahme,

dass Sie ein Viertel von dessen Gesamtenergie in Arbeit umwandeln könnten? (c) Wie viel Energie in Form von

wobei k = 1.381 x 10°? |K"' die Boltzmann-Konstante ist (nicht zu verwechseln mit der Kraftkonstante). (i) Wo sehen Sie die Grenzen dieses Modells? (ii) In welcher Gröfenordnung liegt die Kraft, die aufgewendet werden muss, um ein DNA-Molekül mit N = 200 um 90 nm zu strecken? (iii) Stellen Sie die Rückstellkraft graphisch als Funktion von v dar; denken Sie daran, dass v sowohl positiv als auch

negativ sein kann. Vergleichen Sie die Abhängigkeit der Rückstellkraft von der Differenz des Abstands der beiden Enden mit dem Resultat aus Aufgabenteil (a) (Hooke'sches Gesetz). (iv) Erinnern Sie sich, dass die Differenz des Abstands der Enden von einem Gleichgewichtswert gegeben ist durchx = nI, also gilt dx = Idn = N I dv. Schreiben Sie nun einen Ausdruck für die beim Strecken eines DNA-Moleküls zu verrichtende Arbeit auf. (v) Welche

Wärme wird frei, wenn man eine Traubenzuckertablette

(Glucose, 2.5 g) an der Luft verbrennt? (d) Wie hoch könnten Sie mit der Energie einer solchen Tablette steigen unter der Annahme, dass Sie ein Viertel von deren Gesamtener-

gie in Arbeit umwandeln könnten? 2.42

Arbeit ist aufzuwenden, um ein DNA-Molekül von v = 0

auf v= 1.0 zu strecken? Hinweis: Sie müssen dazu die Beziehung für w integrieren, am besten unter Verwendung einer geeigneten mathematischen Software. (c) Zeigen Sie, dass die Rückstellkraft für kleine Streckungen (v < 1) gegeben ist durch _vkT

Hinweis: Die Reihenentwicklung von Funktionen wird in Anhang2 erklärt. (d) Unterscheidet sich die Abhängigkeit der Rückstellkraft von der Differenz des Abstands der beiden Enden von Ihrem Resultat aus Aufgabenteil (a) (Hooke’sches Gesetz)? Erklären Sie Ihre Antwort. 289

2.40

Es gibt keine einheitlichen Empfehlungen für den Verzehr von Kohlenhydraten. Manche Ernährungswissenschaftler raten zwar, nahezu völlig auf Kohlenhydrate zu verzichten und den Energiebedarf durch Fette zu decken; im Grofsen und Ganzen besteht aber Einigkeit darüber, dass wenigstens 65 Prozent unserer Energie aus Kohlenhydraten stammen sollten. Eine Portion Nudeln enthält ungefähr 40g Kohlenhydrate. Welchen Anteil seines gesamten täglichen Energiebedarfs (2200 kcal) kann eine Durchschnittsperson damit decken?

Der Stoffwechsel eines durchschnittlichen Menschen erzeugt täglich 10 M) Energie. Stellen Sie sich vor, der Körper eines Menschen wäre ein abgeschlossenes System mit einer Masse von 65 kg und der Wärmekapazität von Wasser. Um wie viel Grad würde die Temperatur des Systems ansteigen? In Wirklichkeit ist der menschliche Körper natürlich ein offenes System. Die Wärmeabgabe an die Umgebung findet vor allem durch die Verdampfung von Wasser statt. Welche Masse Wasser muss ein Mensch täglich verdampfen, um seine Körpertemperatur konstant zu halten?

2.41

anstieg betrug 7.793 K. Berechnen Sie (i) A.H°, (ii) A.U° und (iii) A,H” von Glucose. (b) Geben Sie den energetischen Vorteil (freigesetzte Wärme in Kilojoule pro Mol) der vollständigen aeroben Oxidation im Vergleich zur anaeroben Glykolyse an.

nkT

N”

Glucose und Fructose sind Einfachzucker mit der Summen-

formel C;H1,O,. Saccharose (Rüben- oder Rohrzucker) ist ein zusammengesetzter Zucker mit der Summenformel C,H2O,1. Ein Molekül Saccharose besteht aus je einem Molekül Glucose und Fructose, die kovalent aneinander gebunden sind. (Bei der Bildung eines Moleküls Saccha-

Biologische Zellen können Glucose bei guter Sauerstoffversorgung vollständig zu CO, und H,O oxidieren (so genannte aerobe Oxidation). Bei intensiver körperlicher Betätigung kann es vorkommen, dass Muskelzellen zu wenig Sauerstoff bekommen. In diesem Fall wird ein Molekül Glucose in zwei Moleküle Milchsäure (CH; CH(OH)COOH) umgewandelt (so genannte anaerobe Glykolyse, siehe Anwendung 7.2). (a) In einem Bombenkalorimeter mit einer Wärmekapazität von 641 J)K"' wurden 0.3212 g Glucose verbrannt. Der beobachtete Temperatur-

2.43

Ihnen steht eine Probe des reinen Polymers P sowie eine Probe von P zur Verfügung, die gerade in einem großen Reaktor hergestellt wurde und Verunreinigungen enthalten kann. Wie könnten Sie mithilfe der dynamischen Differenzialkalorimetrie den Anteil (Molprozent) von P in der vermeintlich verunreinigten Probe ermitteln?

2.443 Alkylradikale spielen eine Rolle als Intermediate bei der Verbrennung und Atmosphärenchemie von Kohlenwasserstoffen. Seakins et al. (P. W. Seakins, M.J. Pilling, J. T. Niiranen, D. Gutman, L. N. Krasnoperov, J. Phys. Chem. 96

(1992) 9847) geben A,H” für verschiedene Alkylradikale in der Gasphase an. Diese Informationen lassen sich zur Untersuchung von Pyrolysereaktionen und Oxidationen von Kohlenwasserstoffen verwenden, beispielsweise mit thermodynamischen Daten von Alkenen kombinieren, um die Reaktionsenthalpien möglicher Fragmentierungen größerer Alkylradikale in kleine Radikale und Alkene zu ermitteln. Berechnen Sie mithilfe der unten gegebenen Bildungsenthalpien die Standardreaktionsenthalpien dreier verschiedener Reaktionswege des Tertiärbutylradikals, und zwar (a) tert-C,H; > sek-C,H,, (b) tert-C,Hy,> GH, +

CH,, (c) tert-C,H, > GH4 + GH..

Spezies

CH;

A,H° /(k) mol=')+121.0

sek-C,H;

tert-C,Ho

+67.5

+51.3

2.451 Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) hielt in einer Analyse von 1995 einen globalen Temperaturanstieg um 1.0-3.5 °C bis zum Jahr 2100 für realistisch; als wahrscheinlichster Wert wurde 2.0°C angenommen. Um wie viel steigt bis zu diesem Zeitpunkt der Meeresspiegel infolge der thermischen Ausdehnung des Wasser an, wenn die Temperatur um 1.0°C, 2.0 °C oder

3.5 °C zunimmt? Gegeben seien das Volumen und die Fläche der Weltmeere, 1.37 x 10° km? bzw. 361 x 10° km?.

2 Der Erste Hauptsatz der Thermodynamik

80

Welche Annahmen und Näherungen fließen in die Vorher-

sage ein?

2.46}

Die zunehmende Besorgnis über den Abbau des Ozons in der Stratosphäre durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe motiviert die Suche nach alternativen Kältemitteln. Eines davon ist 2,2-Dichlor-1,1,1-Trifluorethan (R123). Thermophysikalische Daten dieser Verbindung publizierten vor einiger Zeit Younglove und McLinden (B. A. Younglove, M. McLinden,J. Phys. Chem. Ref. Data 23 (1994) 7). Auf ihrer Grundlage lassen sich charakteristische Größen wie der Joule-Thomson-Koeffizient u berechnen. (a) Berechnen Sieu bei 1.00 bar und 50 °C. Gegeben sei (OH/op)- = -3.29 x 10°) MPa-' mol”! sowie

C,m = 110.0) K"' mol". (b) Geben Sie die Temperaturänderung bei der adiabatischen Expansion von 2.0 mol dieses Kältemittels von 1.5 bar auf 0.5 bar an; die Anfangstemperatur sei 50°C.

2.471 Ein weiteres alternatives Kältemittel (siehe Aufgabe 2.46) ist R134a, 1,1,1,2-Tetrafluorethan. Thermophysikalische Daten dieser Verbindung publizierten Tillner-Roth und Baehr (R. Tillner-Roth, H. D. Baehr,J. Phys. Chem. Ref. Data 23 (1994) 657). Auf ihrer Grundlage lassen sich charakteristische Größen wie der Joule-Thomson-Koeffizient u berechnen. (a) Berechnen Sieu bei 0.100 MPa und 300K aus den folgenden Daten für 300 K:

p/MPa

0.080

Spezifische Enthalpie/(k)kg"') 426.48

0.100 426.12

OS. 425.76

(Die spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck beträgt 0.7649 k] K"' kg'.) (b) Berechnen Sie .ı bei 1.00 MPa und 350K aus den folgenden Daten für 350K:

p/MPa Spezifische Enthalpie/(k)kg"')

080

10

461.93

459.12

12 456.15

(Die spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck beträgt 1.0392 k) K'kg"'.)

3

Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Das Ziel dieses Kapitels ist, zu erkennen, wann und warum physikalische oder chemi-

3.1

Die Richtung freiwilliger

3.1.1

Prozesse : 82 Die Dissipation der Energie : 82

sche Umwandlungen

freiwillig ablaufen. Wir werden zwei einfache Prozesse untersuchen und feststellen, dass man die Triebkraft als quantitative Größe — die Entropie —

formulieren kann. Es wird gezeigt, wie die Entropie zu definieren, zu messen und anzuwenden

ist. In diesem

Kapitel wird außerdem

eine wichtige thermodynamische

Hilfs-

3.1.2.

größe eingeführt, die Freie Enthalpie, anhand derer sich die Freiwilligkeit eines Prozes-

ses allein aus den Eigenschaften des Systems vorhersagen lässt. Mit ihrer Hilfe können

wir auch er maximale Nichtvolumenarbeit bestimmen, die bei einem gegebenen Prozess verrichtet werden kann. Wie wir bereits in Kapitel2 gesehen haben, besteht eine der ua der Theemodynanik darin, Beziehungen zwischen Größen herzuleiten, die sich Sl so ohne weiteres anschaulich erklären lassen. Wir werden dieses Thema ausweiten und uns dabei die besonderen Eigenschaften der Freien Enthalpie als Zustandsfunktion zunutze machen. Anschließend werden wir die Abhängigkeit der Freien Enthalpie von Druck und Temperatur untersuchen und entsprechende Beziehungen auch für reale Gase formulieren. Auf die so erhaltenen Gleichungen werden wir zurückgreifen, wenn wir uns später mit dem Einfluss von Temperatur und Druck auf Gleichgewichtskonstanten beschäftigen.

y gibt Vorgänge, die freiwillig - von selbst - ablaufen; andere hingegen tun es nicht. Ein Gas dehnt sich aus, bis es jedes zur Verfügung stehende Volumen füllt, ein heißer Körper kühlt sich bis auf die Temperatur seiner Umgebung ab, und eine chemische Reaktion verläuft in einer Richtung - in der anderen aber nicht. Irgend-

Kälteerzeugung - 90 3.1.3

3.1.4

ten. An dieser Stelle wollen wir Folgendes festhalten:\Als „freiwillig“ bezeichnen wir

„ in diesem Buch Prozesse mit einer naturgegebenen Neigung, von selbst abzulaufen;, in der Praxis können diese Prozesse stattfinden oder auch nicht. Die Thermodynamik sagt nichts über die Geschwindigkeit aus, mit der eine freiwillige Reaktion tatsächlich abläuft. Manche Prozesse, etwa die Umwandlung von Graphit in Diamant, verlaufen zwar freiwillig, aber so langsam, dass man sie nicht beobachten kann. Andere Vorgänge wiederum, etwa die Expansion eines Gases in ein Vakuum, verlaufen nahezu unmessbar schnell. Die Erkenntnis, dass man alle Prozesse in zwei Gruppen einteilen kann - die frei-

willig und die nicht freiwillig ablaufenden - wird durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik wiedergegeben. In der Formulierung von Kelvin lautet er: " Ein Prozess, bei dem lediglich Wärme aus einem Resemoir entnommen und vollständig in Arbeit umgewandelt wird, ist unmöglich. )

Wärme aus So ist es nicht möglich, eine Maschine wie in Abb. 3-1 zu bauen, die

Sie, einem Wärmebad entnimmt und vollständig in Arbeit umwandelt (beachten Wärrealen dass die Betonung auf der Einschränkung „vollständig“ liegt!). Bei jeder

sondern mekraftmaschine wird ein Teil der Wärme nicht in Arbeit umgewandelt,

eine Verallgemeinutzlos an die Umgebung abgegeben. Die Aussage von Kelvin ist J. de Paula Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und KGaA, Weinheim Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. ISBN: 3-527-31546-2

Entropieänderungen bei speziellen Prozessen - 92 Der Dritte Hauptsatz der Thermodynamik : 98

3.2

Beschränkung auf das System - 100 3.2.1 Freie Energie und Freie Enthalpie - 107 12Seeesendardreinore enthalpien - 106

3.3 33.1

ein Grundprinzip der Natur muss also bestimmen, in welcher Richtung ein Prozess

freiwillig abläuft, ohne dass von außen ein Zwang (z.B. durch aufgewandte Arbeit) ausgeübt wird. Wir können ein Gas auf ein kleineres Volumen zusammendrücken, einen Körper mit einer Kältemaschine abkühlen und einige chemische Reaktionen zwingen, ihre Richtung umzukehren (beispielsweise bei der Elektrolyse von Wasser). Aber all dies geschieht nicht freiwillig: wir müssen dazu von außen Arbeit leis-

Die Entropie . 83

Anwendung 3-1:

Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz 109 Die Fündamental: gleichung - 109

or

Erin Energie - 110

3.3.3

Eigenschaften der Freien Enthalpie - 112 Das Wichtigste

auf einen Blick - 117 Werersährendeifseran rs Zusatzinformation 3-1: Die Born’sche Gleichung - 118 Zusatzinformation 3-2: Die Fugazität - 118 Diskussionsfragen - 120

Leichte Aufgaben - 120 in

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

nerung einer weiteren alltäglichen Erfahrung: Niemals wurde bisher beobachtet, dass ein Ball von selbst vom Boden in die Höhe springt. Dazu müsste Wärme aus der Oberfläche in Arbeit zum Heben des Balls umgewandelt werden.

3.1 |

Abb. 3-1 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der Formulierung von Kelvin sagt aus, dass der hier dargestellte Prozess unmöglich ist: Wärme wird vollständig in Arbeit umgewandelt, andere Zustandsänderungen finden nicht statt. Dieser Prozess steht allerdings nicht im Widerspruch zum Ersten Hauptsatz, da die Energieerhaltung gewährleistet ist.

Was bestimmt die Richtung spontaner Vorgänge? Die Gesamtenergie des abgeschlossenen Systems kann es nicht sein: Durch den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik wissen wir, dass die Energie eines Systems bei jedem Prozess erhalten bleibt. Dies können wir nicht plötzlich ignorieren und behaupten, dass alle Systeme

einen Zustand niedrigster Energie anstrebtenl. Die Energie eines abgeschlossenen ı Systems ist konstant. Ist es dann vielleicht die Energie allein des Systems, die einem Minimalwert zustrebt? Zwei Argumente sprechen dagegen. Erstens dehnt sich ein ideales Gas spontan in ein Vakuum aus, obwohl seine Innere Energie dabei unverändert bleibt. Zweitens wissen wir aus dem Ersten Hauptsatz: Wenn die Energie eines Systems bei einem freiwilligen Prozess sinkt, muss dafür die Energie seiner Umgebung um denselben Betrag zunehmen. Dabei ist der Anstieg der Energie der Umgebung genauso ein freiwilliger Prozess wie die Energieabnahme im betrachteten System. Während eines Prozesses muss die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems also konstant bleiben; sie kann aber umverteilt werden. Kann es demnach sein, dass die Richtung des Prozesses mit der Verteilung der Energie zusammenhängt? Wir werden im Folgenden sehen, dass uns diese Überlegung in der Tat zum Ziel führt, dass nämlich freiwillige Vorgänge immer mit einer Dissipation von Energie verbunden sind.

3.1.1

Abb. 3-2 Die Richtung freiwilliger Zustandsänderungen für einen Ball, der den Boden entlang springt. Bei jedem Aufprall wird ein Teil der Energie des Balls in thermische Bewegung der Atome des Bodens umgewandelt, welche sich dann verteilt. Der umgekehrte Vorgang wurde noch nie beobachtet.

Die Richtung freiwilliger Prozesse

Die Dissipation der Energie

Die Bedeutung der Energiedissipation können wir anschaulich anhand eines Balls (betrachtetes System) darstellen, der auf den Boden (Umgebung) auftrifft. Nach jedem Aufschlag steigt der Ball etwas weniger hoch, da durch den unelastischen Stoß Energieverluste auftreten (das heißt, kinetische Energie des Balls wird in thermische Bewegung umgewandelt). Die Richtung dieses freiwilligen Prozesses führt zu einem Endzustand, in welchem der Ball sich in Ruhe befindet: Die gesamte kinetische Energie wurde in zufällige thermische Bewegung der Atome des (formal unendliche ausgedehnten) Untergrundes und des Balls umgesetzt (Abb. 3-2). Demgegenüber wurde noch nie beobachtet, dass ein Ball von selbst zu springen beginnt, indem er einem warmen Untergrund Wärmeenergie entzieht und sie in Arbeit umwandelt. Dazu müsste sich zunächst ein Teil der thermischen Bewegung der Teilchen des (unendlich ausgedehnten) Bodens in einem einzigen, kleinen Objekt - dem Ball - ansammeln. Dies erfordert eine spontane Lokalisierung der Energie aus den unzähligen Schwingungsbewegungen der Atome des Bodens auf die wenigen Atome des Balls (Abb. 3-3). Außerdem erfolgt die thermische Bewegung der Teilchen ungeordnet; um den Ball nach oben zu heben, müssten sich alle Atome gleichzeitig in die gleiche Richtung bewegen. Dass aus zufälliger Bewegung von selbst geordnete Bewegung wird, ist so unwahrscheinlich, dass wir es als nahezu unmöglich ansehen können.) So haben wir das Kriterium für den freiwilligen Ablauf eines Vorgang es identifiziert: Wir müssen die Richtung des Prozesses herausfinden, die zu einer ungeordneteren Verteilung der Gesamtenergie des abgeschlossenen Systems führt. Wir können es auf unser Beispiel mit dem Ball anwenden: Hier wird die kinetische Energie des Balls auf die thermische Bewegung der Teilchen des Untergr undes verteilt. In umgekehrter Richtung läuft der Prozess nicht spontan ab, da sich die ungeordnete Energiever1) In viel kleinere m Maßstab beobachtet man eine geordne te Bewegung von Teilchen, die Brown’sche Molekularbewegung, als „Zittern“ zum Beispiel von in Wasser verteilten Partikeln.

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

83

teilung nicht von selbst in eine geordnete, gerichtete Bewegung verwandelt. Ein Gas zieht sich nicht freiwillig auf ein kleineres Volumen zusammen. Um das zu erreichen, müsste die ungeordnete Bewegung seiner Moleküle, die eine Verteilung der kinetischen Energie über den gesamten

Behälter bewirkt, dazu führen, dass sich

alle Teilchen plötzlich in einer Hälfte des Gefäßes befänden. Der umgekehrte Prozess, die Ausdehnung, ist eine natürliche Folge der breiteren Energieverteilung bei der Zunahme des verfügbaren Volumens und läuft deshalb freiwillig ab. Ein kalter Gegenstand wird nicht spontan wärmer als seine Umgebung, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass die zufälligen Stöße der Atome der Umgebung zu einer Anhäufung von Wärmeenergie in dem Körper führen. Wieder verläuft der umgekehrte Prozess freiwillig. Wenn

man

dies alles überdenkt,

erscheint es ziemlich unbegreiflich,

dass im

Zuge der unablässigen Ausbreitung von Energie und Stoffen, also der Verminderung des Ordnungszustands der Systeme, höchst geordnete Strukturen wie Kristalle oder Proteinmoleküle entstehen können. Wie wir jedoch bald sehen werden Gi e Streben zu größerer Unordnung, zur Verteilung von Energie und Materie, die trei-

" bende Kraft jeglicher Veränderung.

3:1.2

Die Entropie

Abb. 3-3 Die mikroskopische Erklärung der Irreversibilität, die durch den Zweiten

Hauptsatz ausgedrückt ist. (a) Ein Ball liegt auf einem wärmeren Untergrund; die thermische Bewegung der Atome (hier zum Beispiel zufällige Schwingungen) ist durch die Pfeile angedeutet. (b) Um den Ball spontan nach oben zu bewegen, müsste sich zufällige Schwingungsbewegung plötzlich in koordinierte, gerichtete Bewegung der Atome verwandeln; dieser

Als Folge desErsten Hauptsatzes der Thermodynamik wurde die Innere Energie U eingeführt. Diese ist eine Zustandsfunktion, mit deren Hilfe wir beurteilen können,

ob ein Prozess möglich istyNur Vorgänge, bei denen die Innere Energie

ei

ge-

„ schlossenen Systems konstant bleibt, sind erlaubt. Auch der"Zweii : Hauptsatz der Thermodynamik, der ein Kri ,für die Freiwilligkeit von Vorgän liefert, führt uns zu einer Zustandsfunktion, der

Entr

e 5. (Sie istein Maß für die Dissi-

pation der Energie bei einem bestimmten Prozess; wir werden sie anschließend definieren.) Mit ihrer Hilfe ist es möglich zu beurteilen, ob ein Zustand von einem zweiten Zustand aus durch eine freiwillige Zustandsänderung erreichbar ist. Anhand des Ersten Hauptsatzes entscheiden wir, ob eine Zustandsänderung erlaubt ist (dies ist genau dann der Fall, wenn die Energie erhalten bleibt); anhand des

Zweiten Hauptsatzes entscheiden wir,'welche der erlaubten Zustandsänderungen » freiwillig ablaufen, wozu wir die Entropieformulierung heranziehen: ;

Bei einer freiwilligen Zustandsänderung nimmt die Entropie eines abgeschlossenen Systems zu,

RS >00 Dabei ist Szesam: die Gesamtentropie des abgeschlossenen Systems, welches das

betrachtete Teilsystem enthält. Irreversible thermodynamische Prozesse (wie die Abkühlung eines Körpers auf die Umgebungstemperatur oder die freie Expansion von Gasen) laufen stets freiwillig ab; also muss die Gesamtentropie zunehmen.

‚Die thermodyn:

Das Ausmaß der Energiedissipation während eines Prozesses kann aus der dabei ausgetauschten Wärmemenge hergeleitet werden. Wie wir schon erkannt haben, ist die Übertragung von Wärme immer mit einer zufälligen (thermischen) Bewegung der Teilchen der Umgebung verbunden. Die Übertragung von Energie in Form von Arbeit hingegen erfolgt durch geordnete Bewegung der Teilchen der Umgebung, deren Entropie sich folglich nicht ändert. g: . Die thermodynamische Definition der Entropie beruht auf folgender Beziehun dS

_ Igrev 7

(3-1)

Vorgang ist sehr unwahrscheinlich.

84

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Für endliche (messbare) Zustandsänderungen integrieren wir diese Beziehung zwischen einem Anfangszustand A und einem Endzustand E:

Re |_ |

(3-2)

E

JA

Um die Entropiedifferenz zwischen zwei gegebenen Zuständen eines Systems berechnen zu können, müssen wir deghalb einen reversiblen Weg vom Anfangszum Endzustand finden und die in jedem (unendlich) kleinen Schritt dieses Weges in Form von Wärme übertragene Energie summieren (integrieren), jeweils geteilt durch die Temperatur. Beispiel 3-1 Die Entropieänderung bei isothermer Expansion eines idealen Gases Berechnen Sie die Entropieänderung, wenn sich ein ideales Gas isotherm von einem Volumen V, aufein Volumen V, ausdehnt. Vorgehen Mithilfe der Definition der Entropie finden wir die aufgenommene Wärmemenge bei einer reversiblen Zustandsänderung zwischen Anfangs- und Endzustand unabhängig von dem Weg, auf dem der Prozess tatsächlich verläuft. Die Tatsache, dass die Expansion isotherm verlaufen soll, vereinfacht unser Problem; die Temperatur wird zur Konstante und kann vor das Integral in Gl. (3-2) gezogen werden. Die bei einer reversiblen isothermen Expansion eines idealen Gases aufgenommene Wärme berechnen wir aus AU = g+ w mit AU = 0, woraus unmittelbar folgt q = —w (allgemein) und q,., = -w,., für den Spezialfall einer reversiblen Zustandsänderung. Welche Arbeit bei einer reversiblen isothermen Expansion verrichtet wird, haben wir bereits in Abschnitt 2.1.3 berechnet.

Antwort

Da die Temperatur konstant ist, können wir schreiben Dr:

Ps;

AS=—Tu je | dgdw=—. Arev Tr

Gemäß (Gl. 2-11) ist

v Gr

ws

enRIin.

Vi Damit ist die Entropieänderung bei dieser Expansion AS= m Rn

V

i

Zur Illustration dieser Formel betrachten wir die Entropieänderu ng, die auftritt, wenn 1.00 mol eines idealen Gases sein Volumen bei beliebig er Temperatur verdoppelt (V,/V, = 2):

AS = (1.00 mol) (8.3145 ] K“' mol") In? = 45.76 ]K. Hinweis

Wie Sie Gl. (3-2) entnehmen, erhalten wir die Entropie in der Einheit Joule pro Kelvin (] K"'), wenn die in Form von Wärme übertragene Energie in Joule und die Temperatur in Kelvin angegeben wird. Die Entropie ist eine extensive Eigenschaft. Die molare Entropie (die Entropie geteilt durch die Stoffmenge), eine intensive Eigenschaft, wird in ]K-! mol" angegeben.)

Übung 3-1 Berechnen Sie die Entropieänderung , wenn sich der Druck eines ideal en Gases

isotherm von p, nach p; ändert.

[AS == n Rin(p, A /pr)] E

2) Die Entropie hat die gleiche Einhei t wie die Gaskonstante R und die molar en Wärmekapazitäten

-

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

Mithilfe der Definition (3-1) können wir nun einen Ausdruck für die Entropieä n-

derung in der Umgebung, N umgs herleiten. Dazu betrachten wir die Zufuhr einer infinitesimalen Wärmemenge dgum an die Umgebung. Die Umgebung entspricht

einem Reservoir konstanten Volumens, weshalb die zugeführte Wärmeme nge mit der Änderung der Inneren Energie AU,,,, gleichgesetzt werden kann.’ Die Innere Energie ist eine Zustandsfunktion, und dUyn. ist folglich ein totales Differenzial. Wie bereits gezeigt wurde, folgt aus diesen Eigenschaften, dass dUy,,, nicht davon abhängt, wie die Zustandsänderung im Einzelnen verläuft, insbesondere auch nicht

davon, ob der Prozess reversibel ist oder nicht. Da nun IUyms mit dgums gleichge-

setzt werdne kann, gilt all dies auch für die ausgetauschte Wärme, und wir können die Definitionsgleichung (3-1) wie folgt modifizieren: dq Umg,rev AS umge

N

=

Umg

d Aumg

(3-32)

= Umg

Da die Temperatur der Umgebung unabhängig von der Zustandsänderung konstant ist, gilt für eine endliche Zustandsänderung außerdem

NNUmg

3

Aum 7 Umg

(3 3b)

Gleichgültig, ob die Zustandsänderung reversibel oder irreversibel erfolgt, können wir die Änderung der Entropie der Umgebung also berechnen, indem wir die ausgetauschte Wärme durch die Temperatur teilen, bei der der Austausch stattfindet. Gl. (3-3b) macht es uns sehr einfach, Entropieänderungen in der Umgebung bei beliebigen Prozessen zu berechnen. Für eine adiabatische Zustandsänderung zum Beispiel gilt um; = O und es ist ASymg = 0

(3-4)

(adiabatischer Prozess) .

Diese Beziehung gilt wieder unabhängig davon, ob die Änderung reversibel oder irreversibel erfolgt; einzige Voraussetzung ist, dass die Wärme gleichmäßig in der Umgebung verteilt wird — anders ausgedrückt, dass sich die Umgebung stets im inneren Gleichgewicht befindet. Sammelte sich die Wärme an bestimmten Stellen an, so zöge eine nachfolgende Energieverteilung eine weitere Entropiezunahme nach sich.

Illustration 3-1

g Entropieänderunginder Umgebung Berechnunder

Zu berechnen ist, wie sich die Entropie der Umgebung ändert, wenn H,O (l) unter Standardbedingungen (298 K) aus den Elementen gebildet verwenden AH® = -286 kJ (Tabelle 2.7). Die freigesetzte Wärmemenge Umgebung (einem Reservoir unter konstantem Druck) zugeführt: qumg =

1.00 mol wird. Wir wird der +286 kJ.

Es ist also

A Sumg ——

2.86 x10° ] ZN SCOTRT. 298 K

Die stark exotherme Reaktion bewirkt eine Zunahme

der Entropie in der Umge-

bung durch die Freisetzung von Energie in Form von Wärme. Übung 3-2 der Bildung von Berechnen Sie die Entropieänderung in der Umgebung infolge K. 298 und ungen dbeding Standar bei 1.00 mol N,O, (g) aus 2.00 mol NO,

I 192,K,|

r mit konstantem Druck betrachten und 3) Alternativ könnten wir die Umgebung auch als Reservoi dqums Mit Aflumg gleichsetzen.

85

86

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Mikroskopische Interpretation 3-5

r

——

®

"Do

°

= Lu

»

= Population

Die statistische Deutung der Entropie

\ Unser Einstieg in die mikroskopische Interpretation des Zweiten Hauptsatzes der | Thermodynamik besteht in der Erkenntnis, dass die Energie eines Atoms oder ' Moleküls nur bestimmte Werte annehmen kann, die so genannten Energieniveaus. Die Moleküle einer Probe bei T > 0 sind durch die ständige thermische Anregung auf alle verfügbaren Energieniveaus verteilt. Ein bestimmtes Molekül kann in einem Augenblick einen niedrigen Zustand besetzten und im nächsten Moment in einen Zustand mit hoher Energie angeregt werden. Zwar ist es nicht möglich, den Energiezustand eines einzelnen Moleküls zu verfolgen, aber wir können eine Aussage über die mittlere Anzahl der Moleküle in jedem Zustand treffen. Diese Besetzungszahlen oder Populationen sind zeitlich konstant, solange sich die Temperatur des Systems nicht ändert. Bei T = 0 wird nur der Zust: iedrigster Energie besetzt. Je weiter die Tem-

\ peratur ansteigt, desto mehr Zustände sind für die Moleküle erreichbar (Abb. 3-4). u

(a)

ME

(b)

Abb. 3-4 Der Boltzmann-Verteilung zufolge nimmt die Besetzungszahl eines Zustands exponentiell mit dessen Energie ab. (a) Bei niedriger Temperatur sind nur

die Zustände niedrigster Energie merklich besetzt; (b) bei höherer Temperatur hingegen sind auch Zustände höherer Energie erreichbar. Ist die Temperatur unendlich hoch (hier nicht eingezeichnet), sind die

Besetzungszahlen aller Zustände gleich.

ı ı ı |

Stets aber nimmt die Population der Zustände mit steigender Energie ab; nur bei unendlich hoher Temperatur ist die Population aller Zustände gleich. Quantitativ erfasste diese Zusammenhänge der österreichische Physiker Ludwig Boltzmann in Form der Boltzmann-Verteilung "

__ Nexp(-E;/kKT) %;exp(-E;/KT)

mit k= 1.381 x10?J K’'. N; ist die Anzahl der Moleküle in einer Probe mit insgesamt N Molekülen, die den Energiezustand E; besetzen, wenn sich das zugehörige System bei der Temperatur T im thermischen Gleichgewicht befindet. Bei der exakten Interpretation dieser Gleichung muss man allerdings Vorsicht walten lassen: Mehr als ein Zustand kann zu einer bestimmten Energie gehören - anders gesagt, ein Energieniveau kann mehrere Zustände umfassen.

' Boltzmann stellte auch die Verbindung zwischen der Verteilung der Moleküle ‘auf die Energieniveaus und der Entropie her. Für die Entropie eines Systems ‚ schlug er folgende Beziehung vor:

S=klnw. IW ist die Anzahl der Mikrozustände - der unterscheidbaren Möglichkeiten,

Moleküle bei gegebener Gesamtenergie eines Systems auf die zur er

(3-5) die

|hhenden Energieniveaus zu verteilen. Wenn wir der Eigenschaften eines ‚Systems messen, ermitteln wir eigentlich den Mittelwert über die verschiedenen Mikrozustände, die das System unter den Versuchsbedingungen einnehmen kann. Das ı Konzept der Mikrozustände stellt die unscharf definierten qualitativen Konzepte ‚ der „Unordnung“ und der „Verteilung von Stoffen und Energie“, anhand derer die Entropie meist eingeführt wird, auf eine qualitative Grundlage: Eine „ungeordnete” Verteilung von Materie und Energie entspricht einer größeren Anzahl bei einer bestimmten Gesamtenergie möglicher Mikrozustände. Gleichung (3-5), die Boltzmann-Gleichung, liefert die so genannte statistische Entropie. Wir sehen sofort, dass bei W = 1 (wenn nur ein Mikrozustand oder eine ı Möglichkeit, die gegebene Gesamtenergie zu erreich en, denkbar ist: sich also alle Moleküle exakt im gleichen Zustand befinden) gilt S = 0 wegen In1 = 0. Wenn das System in mehreren Mikrozuständen existie ren kann, gilt hingegen stets W>1u

nd S>0Je mehr Moleküle an der Energieverteilung tei \mehr Mikrozustände zu einer bestimmten Gesamtenergie gibt es

| ßer ist folglich die Entropie. Die statis tische Sicht der Entropie, wie

sie in der ‚ Boltzmann-Gleichung zusammengefasst ist, steht deshalb mit unserer qualitatiı ven Beziehung zwischen der Entropie und der Energieverteilung im Einklang. Boltzmanns mikroskopische Interpretation führt auch zur thermodynamischen Definition der Entropie, Gl. (3-1). Um dies zu verstehen, führen Sie sich vor Augen, dass den Molekülen in einem Syste m mit hoher Temperatur bereits viele

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

Energieniveaus zur Verfügung stehen, weshalb eine geringe zusätzliche Zufuhr von Energie in Form von Wärme nur eine geringfügige Zunahme der erreichbaren Niveaus nach sich zieht. Deshalb nimmt die Anzahl der Mikrozustände nur unwesentlich zu, und die Entropie wächst kaum. In einem System mit niedriger Temperatur können hingegen nur wenige (bei T = 0 sogar lediglich ein einziges) Ener, gieniveaus besetzt werden. Die relative Zunahme der erreichbaren Niveaus und möglichen Mikrozustände bei Zufuhr der gleichen Wärmemenge wie oben fällt dann viel deutlicher aus. Aus diesem Grund nimmt die Entropie bei Erwärmung eines kalten | Körpers stärker zu als bei Erwärmung eines warmen Körpers. Man sollte als vermuten, dass die Entropieänderung umgekehrt proportional zu der Temperatur ist, bei , der der Wärmeaustausch stattfindet. Genau dies sagt Gl. (3-1) aus.

Die Entropie als Zustandsfunktion ‚Die Entropie eines Systems ist eine Zustandsfunktion. Um diese Behauptung zu beweisen, müssen wir zeigen, dass das Integral über dS wegunabhängig ist. Dazu reicht es aus, wenn wir nachweisen können, dass das Integral in Gl. (3-1) auf einem willkürlich gewählten, geschlossenen Weg gleich null ist; dann stimmt der Wert der

87

Druck p © Anfangszustand

Volumen V

Abb. 3-5 In einem thermodynamischen Kreisprozess ist die Gesamtänderung einer Zustandsfunktion (bei einem Durchlauf von einem Anfangs- zu einem Endzustand und zurück zum Anfangszustand) gleich null.

Entropie im Anfangs- und Endzustand offensichtlich überein (Abb. 3-5), ungeachtet des Weges zwischen beiden Zuständen. Kurz gesagt, es ist zu zeigen, dass Adsev =,

ist. Das Symbol $ steht dabei für ein Integral entlang eines geschlossenen Weges. Unseren Beweis gliedern wir in drei Schritte. Zu zeigen ist, 1. dass Gl. (3-6) für einen speziellen geschlossenen Weg (einen „Carnot-Kreisprozess“ mit einem idealen Gas zutrifft, 2. dass dies unabhängig vom gewählten Arbeitsmedium gilt und 3. dass dies auch unabhängig vom gewählten Weg gilt. Ein "Carnot-Prozess

(Abb. 3-6), benannt

nach

dem

französischen

Ingenieur

Sadi

Carnot, besteht aus vier reversiblen Teilschritten: 1. Reversible isotherme Expansion von A nach B bei T,,; die

Entropieänderung des Systems ist dabei q,/T,, mit q, als der aus dem Wärmebad entnommenen Wärmemenge. 2. Reversible adiabatische Expansion von B nach C; das System gibt dabei keine Wärme an die Umgebung ab, die Entropieänderung ist null. Während dieser Expansion fällt die Temperatur von 3. Reversible isotherme Kompression von C nach D bei T,; die Wärmemenge q, wird dabei an die (kalte) Umgebung abgegeben, die Entropieänderung ist q,/T,, wobei q, negativ ist. 4. Reversible adiabatische Kompression; das System nimmt keine Wärme aus der Umgebung auf, die Entropieänderung ist null. Die Temperatur steigt von T,, auf T}.

—_ Druck p

Die Gesamtentropieänderung im Kreisprozess ist

Volumen V

In Begründung 3.1 zeigen wir aber, dass für ein ideales Gas gilt

EN

_.

Ak

k

|

(3-7)

rev

Wenn wir die untere Gleichung in die obere einsetzen, ergibt sich aüf der rechten Seite null, wie wir beweisen wollten.

Abb. 3-6 Das Prinzip des Carnot-Kreisprozesses. Schritt ] ist eine isotherme reversible Expansion bei der Temperatur T,,; Schritt 2 ist eine reversible adiabatische Expansion, dabei sinkt die Temperatur von T, nach T.. In Schritt 3 findet eine isotherme reversible Kompression bei 7, statt, und in Schritt 4 wird das System durch eine adiabatische reversible Kompression in seinen Anfangszustand zurückgeführt.

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

88

Erwärmung |beireversibleradiabatischer Expansion

Segundung 3-1

) he, dass die beiden in Gl. (3In dieser. Begründung stützen wir uns auf die Tatsac in Wie ben Adiabate liegen. vorkommenden Temperaturen in Abb. 3-6 auf dersel Beispiel 3.1 erklärt wurde, gilt für ein ideales Gas: und =

GRZIURT, „In

nRT

V

mn :

für reversible adiabatiAus den Beziehungen zwischen Temperatur und Volumen sche Prozesse, Gl. (2-28), folgt dann Te

rund.

v1

Vırc

Durch Multiplikation beider Gleichungen erhält man

VER,

ar

und daraus durch Kürzen der Temperaturen VA Vo

W

Ver

Es ist dann

V

v, G

v =

= nRT,InZ

In

Ak =nRT,

B

-nRT,

In A

und folglich Aw =

Ik

nRT,In(V,/Vr)

>

-nRT,In(V,/ VA)

I

T;

wie in Gl. (3-7).

Im zweiten Schritt ist zu zeigen, dass Gl. (3-7) für alle Arbeitsmedien gilt, nicht nur für ein ideales Gas. (Dies vorweg nehmend, haben wir die Gleichung auch nicht mit dem Symbol ° gekennzeichnet.) Dazu definieren wir zunächst den Wirkungsgrad eieiner Wärmekraftmaschine als PEPPER EU

=

Te

geleistete Arbeit aufgenommene Wärme

ww

Iw| q,

38)

2

Aus dieser Gleichung kann man ablesen: Je Ei 2:ges Arbeit bei gegebener Wärmezufuhr ist, um so größer ist der Wirkungsgrad < . Diese Definition kann man auch nur als Funktion der PRIEREIERTERINEET Wärme schreiben, weil sich (wie in Abb. 3-7 gezeigt) die geleistete Arbeit immer als Differenz der dem warmen Reservoir entnommenen und der wieder an das kalte Reservoir abgegebenen Wärmemenge ergibt: a wrken Ww

(3-9) Aw

(Beachten Sie, dass q, < 0 ist!) Aus Gl. (3-7) folgt dann Abb. 3-7 Die Energie q, werde der Wärmekraftmaschine in Form von Wärme zugeführt, q, werde an das kalte Reservoir abge-

Erey —

T; 1

7

10)

geben (Beispiel: q, = 20k], q, = -15kj).

Die von der Maschine verrichtete Arbeit ist gleich q, + q, (in unserem Beispiel 20 kJ) +(-15k)) = 5 kJ). Der Wirkungsgrad ist definiert als die verrichtete Arbeit geteilt durch die Energie, die in Form von Wärme aus dem warmen Reservoir zugeführt wurde.

Diese Schlussfolgerung wollen wir nun verallgemeinern. Eine logische Folge des Zweiten Hauptsatzes ist, dass der Wirkungsgrad aller reversibel arbeitender Maschinen ungeachtet ihrer Bauweise gleich ist. Um dies zu beweisen, stellen wir uns stellen uns

zwei reversibel zwischen denselben Temperaturen arbeitende Maschinen vor, die miteinander gekoppelt sind (Abb. 3-8). Details ihrer Konstruktion und des Arbeits-

mediums sind dabei völlig unerheblich. Zunächst nehmen wir an, der Wirkungs-

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

89

heben einander auf

bleibt übrig oOz

ee



r

>

E25

TEEN 2°

.

N

a

RS

en)

4

&

%

BR

= Druck p

.

n

N

% Volumen V

Abb. 3-9 Ein allgemeiner Kreisprozess lässt sich in eine Anzahl von Carnot-Prozessen zerlegen. Diese Zerlegung gilt exakt im Grenzfall infinitesimal kleiner CarnotTeilprozesse. Im Inneren des Kreises

Abb. 3-8 (a) Das Verfahren, mit dem wir die Gleichheit der Wirkungsgrade aller reversibel zwischen denselben Temperaturen arbeitenden Maschinen zeigen,

basiert sich auf den dargestellten Energie-

dar

r

,

flüssen (siehe Text). (b) Hier ist der Netto-

NR BR

ne ” .a

lung von Wärme in Arbeit, ohne dass dazu

We

ein kaltes Reservoir nötig wäre: Dies wider-

WERE

(b)

effekt des Prozesses einfach die Umwand-

spricht Kelvins Formulierung des Zweiten

ee

Hauptsatzes.

grad der Maschine A sei höher als der der Maschine B. Wir können die Anordnung nun so steuern, dass durch Maschine B eine Wärmemenge q, aus dem kalten Reservoir entnommen und ein Teil davon dem warmen Reservoir zugeführt wird. Da aber der Wirkungsgrad von A höher ist, wird von A mehr Arbeit produziert, als für diesen Prozess verbraucht wird, es bleibt also ein Rest, der anderweitig verwendet werden kann. Im Ergebnis des gesamten Arbeitsvorganges der Maschine wird also die Temperatur des kalten Reservoirs nicht verändert, Arbeit geleistet und dem warmen Reservoir eine bestimmte Wärmemenge entzogen. Dieses Resultat steht aber im Widerspruch zum Zweiten Hauptsatz in der Formulierung von Kelvin: Wärme wurde direkt und vollständig in Arbeit umgewandelt. (Aus mikroskopischer Sicht heißt das, ungeordnete Bewegung der Moleküle des warmen Reservoirs wurde vollständig in geordnete Bewegung - Arbeit - umgesetzt.) Somit widerspricht das Ergebnis der Erfahrung, und die einzige Ursache dafür kann sein, dass unser Ausgangspunkt falsch ist {Der Wirkungsgrad von A und B kann nicht verschieden sein. Es folgt unmittelbar, dass die Beziehung zwischen der ausgetauschten Wärme und der Temperatur nicht vom Arbeitsmedium abhängen kann und dass deshalb Gl. (3-7) für jedes beliebige Arbeitsmedium eines Carnot-Prozesses gilt. Als Ausgangspunkt des letzten Schritts unserer Argumentation vermerken wir, dass man erstens jeden beliebigen reversiblen Kreisprozess näherungsweise in eine Anzahl von Carnot-Prozessen zerlegen kann und dass zweitens das Umlauf integral längs eines

beliebigen geschlossenen Weges gleich der Summe der Integrale um jeden dieser Car-

not-Prozesse ist (Abb. 3-9). Diese Näherung gilt exakt, wenn man zu infinitesimalen

Carnot-Teilprozessen übergeht. Wie oben gezeißt, ist bei jedem der einzelnen Kreisprozesse die Entropieänderung null, dies gilt also auch für ihre Summe. Im Inneren des die auf Gesamtprozesses hebt sich die Entropieänderung auf jedem Weg gegen die Einzig auf. verursachte rozess Nachbarkreisp demselben Wegstück durch den übrig: Entropieänderung entlang des Umfangs des Gesamtprozesses bleibt rev

32 n 5

gesamt

>

Umfang

rev

_

Ta

heben die verschiedenen Teilprozesse einander auf, übrig bleibt nur die Peripherie des Kreises - dies ist eine um so bessere

Näherung, je mehr Teilprozesse man bildet. Da die Entropieänderung für einen vollständigen Umlauf jedes einzelnen Kreisprozesses gleich null ist, wird auch

das Integral über die Entropie entlang der Peripherie null.

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik Carnot-Prozesse Im infinitesimalen Grenzfall fallen die verbleibenden Grenzen der Summe wird die und n zusamme ozesses genau mit dem Umfang des Gesamtpr

dass zum Integral. Gl. (3-6) folgt dann unmittelbar. Dieses Resultat bedeutet auch, dS ein totales Differenzial und deshalb S eine Zustandsfunktion ist. Anwendung 3-1 Kälteerzeugung

NR kaltes Reservoir

°

4 Im Text haben wir die Grundlagen für die thermodynamische Ermittlung der elektrischen Leistung geschaffen, die man zur Abkühlung von Objekten in Kühlgeräten benötigt. Zunächst betrachten wir die zur Kühlung aufzuwendende Arbeit. Dabei beziehen wir uns auf Abb. 3-10. Wird eine Wärmemenge |q,| aus einem kalten Reservoir mit der Temperatur T, entnommen und einem warmen Reservoir mit der Temperatur T,, zugeführt, wie es in einem Kühlschrank normalerweise geschieht, so ist die Entropieänderung gegeben durch

AS

, +lar =-—Iaxl os

d2 Tu

(3-12 )

Diesen Ausdruck nennt man Clausius’sche Ungleichung, Die zentrale Bedeutung der Ungleichung bei der Diskussion der Freiwilligkeit chemischer Reaktionen werden wir in Abschnitt 3.2.1 besprechen.

Illustration 3-2

| ee

dS

Idq| HI ee

ds

|dal/T,

Freiwillige Abkühlung

Betrachten wir nun den Fluß der Wärmemenge dq von einem wärmeren (Tempe-

ratur T,,) zu einem kälteren Körper (Temperatur T,) (Abb. 3-11). Wird dem wärsich die meren Körper die Wärmemenge Idq| entnommen (dq, < 0), so ändert

Entropie gemäß der Clausius’schen Ungleichung um dS2dq,/T,. Wird dagegen

dem kälteren Körper die Wärmemenge

Ida] zugeführt (dq« > 0), so ändert „uchidi

Entropie um dS>dgq,/T,. Insgesamt beträgt die Änderung der Entropie also ds> dgu 2 dx 1 wi

Wegen dq, = —dq, ist

[=

da, ,da _ | 7 iiTL NE,

., 4 an Er ee

i

Abb. 3-11 Wenn einem warmen Reservoir

eine Wärmemenge entzogen wird, sinkt

seine Entropie. Führt man dieselbe Wärmemenge einem kalten Reservoir zu, steigt dessen Entropie um einen größeren Wert. Daher nimmt die Entropie während des

Prozesses insgesamt zu, und dieser läuft freiwillig ab. Die relative Gröfe der Entropieänderungen wird durch die unterschiedliche Dicke der Pfeile angedeutet.

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

92

findet — wie wir auch aus | Dieser Wert ist immer positiv (dq« > 0, T,2T}). Daher

von einem warmen ‚ der Erfahrung wissen — die Abkühlung (der Wärmeübergang auf ein kaltes Medium) immer freiwillig statt.

schen Betrachten wirnun ein.abgeschlossenes System, alsodq = 0. Aus der Clausius’

Ungleichung folgt »dS20

3

und wir schließen, dass die Entropie eines abgeschlossenen Systems bei einer freiwilligen

„Zustandsänderung nicht abnehmen kann. Diese Feststellung entspricht inhaltlich dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.

)

0

Dee

30

Abb. 3-12 Die logarithmische Zunahme der Entropie eines idealen Gases bei der isothermen Expansion.

321.3

Entropieänderungen bei speziellen Prozessen

Wir wollen jetzt die Entropieänderungen bei einigen grundlegenden Vorgängen berechnen.

Expansion In Beispiel 3.1 haben wir für die Entropieänderung eines idealen Gases bei der isothermen Expansion von V, nach V; den Ausdruck NSS R

Inn.

(3-13)°

E

erhalten. Weil S eine Zustandsfunktion ist, hängt die Entropieänderung AS des Systems nicht vom Weg zwischen Anfangs- und Endzustand ab; die Gleichung kann deshalb sowohl für reversible als auch für irreversible Zustandsänderungen angewendet werden. Abb. 3-12 veranschaulicht den logarithmischen Zusammenhang zwischen Entropie und Volumen. Die Gesamtänderung der Entropie aber hängt durchaus vom Weg der Expansion ab. Für jeden Prozess gilt dgums = —dq und für eine reversible Zustandsänderung verwenden wir den Ausdruck aus Beispiel 3.1. Aus Gl. (3-3b) folgt dann

AS ymg

Aumg 7

Arev 7

=

nR

Vr In vr

R

2 (3-14) 2

Die Änderung in der Umgebung ist gleich dem negativen der Änderung im System; folglich ist AS,., = 0, wie wir es für einen reversiblen Prozess erwarten. Bei einer freien (w = 0) und irreversiblen Expansion ist q= 0 (wegen AU=0). Dann ist ne = 0 und die Gesamtänderung der Entropie ist direkt durch Gl. (3-13) gegeen, ASgs =NnRin—Vi . A

(3-15)°

In diesem Fall ist AS,,, > 0, wie wir es für einen irreversiblen Prozess erwarten.

Phasenübergänge Mit dem Sieden oder Erstarren eines Stoffs gehen Veränderungen der Verteilung von Energie und Materie einher, da sich der Ordnungszustand der Moleküle und die Lokalisierung von Energie ändert. Man sollte also erwarten, dass sich bei Prozessen dieser Art auch die Entropie ändert. Beim Verdampfen einer Flüssigkeit beispielsweise wird aus einer kondensierten Phase ein im Raum weiter verteiltes Gas, die Entropie sollte sich dabei beträchtlich erhöhen. Genauso nimmt die Entropie zu, wenn ein Festkörper zu einer Flüssigkeit schmilzt.

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse Betrachten wir ein System bei seiner Phasenübergangstemperatur T-..,. (für „transition“ = „Übergang‘“), der Temperatur, wo sich zwei Phasen bei Normaldruck (0.1 MPa, 1 bar) miteinander im Gleichgewicht befinden. Für das Gleichgewicht flüssiges Wasser/Eis liegt unter den genannten Bedingungen diese Temperatur bei 0°C (273K), für flüssiges Wasser/Wasserdampf bei 100°C (373K). Da an diesem Punkt ein Phasengleichgewicht vorliegt, verläuft dort jeglicher Wärmeaustausch zwischen beiden Phasen reversibel. Bei konstantem Druck gilt q = ArunsH; die Änderung der molaren Entropie des Systems beträgt deshalb‘ Aryans H RS

.

N rasss

|

(3-16)

Für exotherme Phasenübergänge (A,,,..H < 0, wie beim Gefrieren oder bei der Kondensation) ist der Wert negativ. Das hängt damit zusammen, dass bei diesen Phasenübergängen Energie und Materie lokalisiert werden, das Systems also in einen Zustand größerer Ordnung übergeht. Wenn der Übergang dagegen endotherm verläuft (A,...H > 0, wie beim Schmelzen), nimmt die Ordnung Systems ab und die Entropie zu (Energie und Materie werden verteilt).

des

In Tabelle 3-1 finden Sie einige experimentell bestimmte molare Entropien von Phasenübergängen. In Tabelle 3-2 sind die molaren Standardverdampfungsentropien einiger Flüssigkeiten am jeweiligen Siedepunkt ausführlicher angegeben. Es fälk auf, dass dieser Wert für viele verschiedene Flüssigkeiten ungefähr bei 85] K’' mol”' liegt; diesen experimentellen Befund nennt man nach seinen Ent-

deckern Pictet-Trouton’sche Regel. Kurztabelle 3-1 Standardentropien und Temperaturen von Phasenübergängen,

Ar..S /(JK’ mol"), bei 101.3 kPa.* AS Argon, Ar

(bei Tz,,)

AyS” (bei T,)

14.17 (bei 83.3 K)

74.53 (bei 87.3 K)

Benzol, C,H,

38.00 (bei 279K)

Wasser, H,O

22.00 (bei 273.15 K)

Helium, He

4.8

87.19 (bei 353 K) 109.0

(bei 1.8K und 30 bar)

19.9

(bei 373.15 K)

(bei 4.22 K)

% Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Kurztabelle 3-2 Molare Standardverdampfungsenthalpien verschiedener Flüssigkeiten.*

AyH“ /{k] mol”) EEE

ee

u Benzol

BC ea

+30.8

AyS”/() K' mol”) Er

es a

Fe

80.1

+87.2 +85.8

Tetrachlorkohlenstoff

+30.00

76.7

Cyclohexan

+30.1

80.7

+85.1

+18.7

—60.4

+87.9

Schwefelwasserstoff

Methan Wasser

+8.18 +40.7

—1615

+73.2

100.0

+109.1

I

Buches. + Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des

die Enthalpieänderung pro Mol eines Stoffs 4) Wie Sie sich aus Abschnitt 2.2.1 erinnern, gibt A-....H Größe. an; A,....5 ist daher ebenfalls eine molare

95

94

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Mikroskopische Interpretation 3-6

Die Pictet-Trouton’sche Regel

Die Pictet-Trouton’sche Regel gilt deshalb, weil mit der Verdampfung jeder beliebigen Flüssigkeit eine etwa vergleichbare Volumenänderung und folglich eine vergleichbare Änderung der Anzahl erreichbarer Mikrozustände verbunden ist. Deshalb sollten die Standardverdampfungsentropien aller Flüssigkeiten ähnlich groß F

sein.

Einige Flüssigkeiten weichen jedoch signifikant von dieser Regel ab; die Ursache dafür ist, dass die Moleküle in diesen Fällen durch starke zwischenmolekulare Wechselwirkungen bis zu einem gewissen Grade assoziiert (also geordneter) vorliegen. Daher nimmt die Ordnung des Stoffs bei Verdampfung deutlicher ab. Ein Beispiel ist flüssiges Wasser: Seine besondere Struktur, bedingt durch die Wasserstoffbrückenbindungen, spiegelt sich in einem relativ großen Wert der Verdamp' fungsenthalpie wider. Durch Wasserstoffbrücken bildet sich eine Organisation der ı Moleküle in Form einer Nahordnung heraus, die räumliche Verteilung der Moleküle ist weniger zufällig als bei Flüssigkeiten ohne Wasserstoffbrücken (wie flüssigem H3S).

Methan dagegen zeigt eine ungewöhnlich niedrige Standardverdampfungsentropie. Ein Grund dafür ist die niedrigere Entropie des Gases selbst ı (186)J K’' mol”! bei 298K; für N, beträgt sie unter den gleichen Bedingungen 192] K"' mol“'). Wie wir in Kapitel 13 noch ausführlich diskutieren werden, sind ‚ für Moleküle mit kleinem Trägheitsmoment angeregte Rotationszustände schwer erreichbar; bei Zimmertemperatur können nur wenige Rotationsniveaus besetzt werden - das heißt, die Zahl der Rotationszustände, über die die Energie verteilt werden kann, ist relativ gering.

Illustration 3-3

Eine Anwendung der Pictet-Trouton’schen Regel

In flüssigem Brom kann keine Wasserstoffbrückenbindung auftreten; Br, ist zudem ein relativ schweres Molekül, ungewöhnliches Verhalten in der Gasphase ist daher auch nicht zu erwarten und wir können die Pictet-Trouton’sche Regel anwenden. Zur Vorhersage der molaren Standardverdampfungsenthalpie von Brom (Siedepunkt: 59.2 °C) setzen wir an:

AyH 71,35)K -molr.., Einsetzen der Zahlenwerte ergibt

|

AyH° = (332.4 K)(8]5K' mol!) = +28k] mol! . Der experimentell bestimmte Wert beträgt +29.45 k]mol!.

Übung 3-3

Bestimmen Sie die Verdampfungsenthalpie von Ethan: gegeben ist sein Siedepunkt, —88.6°C. [+16 kJ mol"'] Erhitzen

Mit Hilfe von Gl. (3-2) kann man die Entro pie eines Systems bei einer beliebigen Temperatur T; berechnen: Voraussetzung ist, dass die Entropie für eine andere Temperatur T, bekannt ist sowie die Wärm emenge, die dem System zugeführt werden muss, um seine Temperatur von T, nach T, anzuheben:

SITE (T;) s(rsh

PE

dq.. San

(3-17)

-

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

95

Insbesondere wollen wir den Fall betrachten, dass das System unter konstantem

Druck (etwa dem Atmosphärendruck) erwärmt wird. Aus der Definition der Wärmekapazität, Gl. (2-22), erhalten wir dann

dgre, = C,dT unter der Bedingung, dass das System keine Expansionsarbeit verrichtet . Folglich ist bei konstantem Druck Tr

S(T;) = sw+|

d

—_ ;

(3-18)

Ta

Analog (bei Austausch von C, gegen C\) gilt diese Gleichung für konstantes Volumen. Hängt die Wärmekapazität im betrachteten Temperaturbereich nicht von der Temperatur ab, so können wir C, vor das Integral ziehen und erhalten

ZT

ir



A

beziehungsweise einen analogen Ausdruck für konstantes Volumen. Abb. 3-13 veranschaulicht den logarithmischen Zusammenhang zwischen der Entropie und der Temperatur.

Abb. 3-13 Die logarithmische Zunahme der Entropie eines Stoffs, der bei konstantem Volumen erhitzt wird. Die einzelnen Graphen entsprechen verschiedenen Werten der Wärmekapazität bei konstantem Volumen (die im betrachteten Temperaturbereich als konstant angenommen wird), ausgedrückt als C,„/R.

Beispiel 3-2 Die Änderung der Entropie

Argongas bei 25°C und 0.100 MPa (1.00 bar) befindet sich in einem Behälter mit dem Volumen V = 0.500 dm’. Wie ändert sich die Entropie des Gases bei einer Expansion auf 1.000 dm? und gleichzeitiger Erwärmung auf 100 °C? Vorgehen Wir dürfen uns den Weg vom Ausgangs- zum Endzustand suchen, der unsere Rechnungen so weit wie möglich vereinfacht, denn S ist eine Zustandsfunktion. Ein möglicher Weg ist die isotherme reversible Expansion auf das Endvolumen, gefolgt von einer reversiblen Wärmezufuhr bei konstantem Volumen bis zum Erreichen der Endtemperatur. Die Entropieänderungen für beide Schritte sind durch GI. (3-13) bzw. Gl. (3-19) gegeben (mit C, anstelle von C, und unter der Bedingung, dass C, nicht von der Temperatur abhängt). In beiden Fällen müssen wir zunächst die Stoffmenge n des Gases bestimmen; dazu verwenden wir die Zustandsgleichung des idealen Gases (n = p, Va/RT,) und die für den Ausgangszustand gegebenen Daten. Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen erhalten wir aus dem Gleichverteilungssatz: C, =R. Für einatomige Gase ist der Gleich-

verteilungssatz zuverlässig genug; für molekulare Gase verwendet man experimentell bestimmte Werte, wie sie in Tabelle 2.7 zusammengestellt sind, und rechnet gegebenenfalls die Wärmekapazität bei konstantem Druck mit der Beziehung C,

Ber

Antwort

aus.

Mitn = p, Vı/RT, wird Gl. (3-13) zu Pr Va

AS (Schritt 1) = (

era

R ION



ne HEN

'

Vi

Die Entropieänderung beim zweiten Schritt (Erwärmung von 298 K aul373.K bei konstantem Volumen) ist Tz Pa

3

Pr Va\ Rz AS (Schritt 2) = (RT, )3 Rn T,

Yen

T,

T;

3/2

In T,

Die Gesamtänderung der Entropie ergibt sich als Summe der Entropieänderungen in beiden Schritten: T

AS = Pı mVa In Ve m F PaT,Va In en T, A

3/2

p

vV

2. T, Im

Va

( len

3/2

:

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

96

en (1 Pam’ =1]) Jetzt setzen wir die Zahlenwerte ein und erhalt

sg _ (100x10° Pa)(0.500 x 10° m’) nl 50 (3)

3/2

oz]

298 K

Hinweis

%

möglich allgemein um, Sinnvollerweise formt man die Gleichungen so lange wie So kann

einsetzt.

Zahlenwerte

bevor man

man

das Resultat für verschiedene

Datensätze verwenden und vermeidet Rundungsfehler.

Übung 3-4 ausgeBerechnen Sie die Entropieänderung, wenn das Gas vom gleichen Zustand K"'] [-0.44] wird. t hend auf 50 cm’ komprimiert und auf —25 °C abgekühl

Die Messung der Entropie

[*9) n Se

Schmelzen

T=0 Die Entropie eines Systems der Temperatur T kann auf seine Entropie bei Temen verschieden bei C, zurückgeführt werden, indem man die Wärmekapazität peraturen misst und mit Hilfe dieser Daten das Integral in Gl. (3-18) auswertet. Dabei muss man für jeden Phasenübergang zwischen T = 0 und der betrachteten Temperatur die jeweilige Phasenübergangsentropie Ar. HTrans addieren. Eine Substanz schmelze bei T,,, und siede bei Ts; ihre Entropie oberhalb der Siedetemperatur ist dann Im

C

—(

Näherung Debye'sche

an

(s) pP

2) T:

J0

;

GC ()

|.

T

INS] dT

T

AyH

dT L

Ts

Sm Tsm T

N

& (8)

JTs

al“.

3-20

(

)

ET

Mit Ausnahme von S(0) können alle in dieser Gleichung auftretenden Größen kalorimetrisch bestimmt werden; die Integrale können entweder graphisch oder, wie

heute üblich, durch Anpassung eines Polynoms an die Daten und dessen nachfolgende analytische Integration ausgewertet werden. Das erstgenannte Verfahren ist in Abb. 3-14 veranschaulicht; das gesuchte Integral entspricht der Fläche unter der Kurve, die man bei Auftragung von C,/T als Funktion von T erhält. Ebenso kann man (wegen dT/T =dInT) auch C, gegen InT auftragen und die Fläche unter der

Abb. 3-14 Berechnung der Entropie aus Daten für die Wärmekapazität. (a) Temperaturabhängigkeit von C,/T. (b) Die Entropie entspricht der Summe aus der Fläche unter der oberen Kurve und den Entropien aller durchlaufenen Phasenumwandlungen.

Kurve bestimmen. Eine Schwierigkeit bei der Messung von Entropien ergibt sich daraus, dass die Bestimmung von Wärmekapazitäten nahe T = 0 sehr kompliziert ist. Eine theoretisch fundierte Näherung, die oft verwendet wird, ist die Annahme der Proportionalität zwischen Wärmekapazität und der dritten Potenz der Temperatur bei tiefen Temperaturen (siehe auch Abschnitt 8.1.1). Diese Beziehung liegt dem Debye’schen T°-Gesetz zugrunde, welches zur Extrapolation der Wärmekapazität über den experimentell nicht erfassbaren Bereich hinaus bis zum absoluten Nullpunkt der Temperatur dient. C, wird so weit wie möglich gemessen und eine Kurve der Form G=sT wird an die Messwerte angepasst. Daraus wird der Wert des Parameters a bestimmt und C, bis auf T = 0 extrapoliert.

-

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

| Illustration 3-4

Berechnung einer molaren Standardentropie

| Das folgende Beispiel zeigt die Bestimmung der molaren Standard entropie von gasförmigem Stickstoff bei 25 °C aus folgenden Beiträgen: SH

Debye’sches T’-Gesetz (0 bis 10 K)

R-molD)

192

Integration (10K bis 35.61 K) Phasenübergang (35.61 K) Integration (35.61 K bis 63.14 K)

29.25 6.43 23.38

Phasenübergang (Schmelzen, 63.14 K) Integration (63.14 K bis 77.32 K) Phasenübergang (Verdampfung, 77.32K) Integration (77.32 K bis 298.15 K) Korrektur für reales Verhalten des Gases Summe:

11.42 11.41 72.13 39.20 0.92

192.06

Das heifßst: DB ISTER)-

SL(0)F 192 1IK

"mol".

Beispiel 3-3 Die Entropie bei tiefen Temperaturen Die molare Wärmekapazität eines Feststoffs bei konstantem Druck und 4.2K beträgt 0.43] K' mol"'. Wie groß ist die molare Entropie des Stoffs bei dieser Temperatur?

Vorgehen Bei dieser niedrigen Temperatur können wir zur Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität das Debye’sche T’-Gesetz verwenden (C, = a T’) und mit Hilfe von Gl. (3-18) die molare Entropie als Funktion des Parameters a und der Entropie bei T = 0 schreiben. Bei der Integration stellen wir fest, dass das Ergebnis eine Funktion der Wärmekapazität bei der Temperatur T ist; durch Einsetzen der Zahlenwerte erhalten wir unmittelbar die Entropie. Antwort

Die Integralgleichung lautet Katar

S(T) = S(0) - |

7

AT

So

aa |. 17dm

1

S(O) +38 ne;

0

Da a T? genau die Wärmekapazität bei der Temperatur T ist, können wir vereinfachen

S(T) = S(0) + ;CHKD)S daraus folgt bei Einsetzen der Zahlenwerte

S,,(10 K) = S.(0) + 0.14] K' mol . Übung 3-5 Bei Metallen liefern auch die Elektronen einen Beitrag zur Wärmekapazität, der in der Nähe des absoluten Nullpunktes linear von der Temperatur abhängt. Berech-

bei tiefen Temnen Sie den von den Elektronen stammenden Beitrag zur Entropie [S(T) = S(0) + C,(T)] peraturen!

32

98

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

3.1.4

Der Dritte Hauptsatz der Thermodynamik

® Bei T = 0 gibt es keine dheemjsche EEEng der Teilchen n "Kristall sind alle Teilchen in einem regelmäßigen, starren

; in einem idealen

Gitter

et. Daher sollte man annehmen, dass alle Stoffe an diesem Punkt eine Entropie von null besitzen. Diese Schlussfolgerung steht auch mit der Boltzmann-Gleichung in Einklang: W = 1 (nur eine Möglichkeit der Teilchenanordnung, also nur ein möglicher Mikrozustand, der Grundzustand) bedeutet S = 0.

Das Nernst’sche Wärmetheorem Die thermodynamische Erkenntnis, dass bei Annäherung an den absoluten Nullpunkt der Temperatur die Entropien der dann aus regelmäßig angeordneten Teilchen bestehenden Stoffe gegen null gehen, wird auch als Nernst’sches Wärmetheorem bezeichnet: Die Entropiedifferenzen bei allen physikalischen und chemischen Stoffumwandlungsprozessen nähern sich dem Wert null, wenn sich die Temperatur dem absoluten Nullpunkt nähert:

AS 0 für T> 0 (vorausgesetzt, die Atome aller beteiligten Stoffe sind dann völlig regelmäßig angeordnet, das heißt, die Substanzen sind ideal kristallin). _

=

| Illustration 3-5

Eine Anwendung des Nernst’schen Wärmetheorems

‚ Die Entropie des Phasenübergangs zwischen orthorhombischem Schwefel S(a) und monoklinem Schwefel S(ß) kann man aus der Übergangsenthalpie (-402 ] mol')bei der Temperatur des Phasenübergangs (369 K) bestimmen:

| | |

—402 ]mol" A Trans a



Sm (a)I

Sn (B) 5 =:

369

K

— -1.09JK!mol.

|Beide Entropien erhält man auch durch Messung der jeweiligen Wärmekapazitä‚ ten zwischen T= 0 und T = 369 K: man findet Sm(a) = Sm(a,0) +37] K!mol-! und 5„(ß) = S„(ß,0) + 38] K! mol-!, woraus sich für die Entropiedifferenz bei |der Temperatur des Phasenübergangs ergibt Aa

=

Sm(a,0)

== Sm(ß.0)

=-—l]

J Kz

mol!

.

Wenn wir diesen Wert mit dem obigen Ergebnis vergleichen, sehen wir, dass in Übereinstimmung mit dem Nernst’schen Wärmetheorem

| ist.

Sm(a,0) — S.(B,0)=0

Aus dem Nernst'schen Wärmetheorem folgt: Wenn man allen ideal kristallinen Elementen bei T = 0 willkürlich eine Entropie von null zuordnet, gilt dies auch für alle ideal kristallinen Verbindungen (da am absoluten Nullpunkt auch alle Entropiedifferenzen bei der Bildung und Umwandlung chemischer Verbindungen null sind). Diese Schlussfolgerung nennt man auch den Dritten Hauptsatz der Thermodynamik: Pa TEN EST

nn

rn

nn

S "MM Die Entropie aller ideal kristallinen Stoffe bei T = 0 ist null, Thermodynamisch gesehen ist es nur eine Sache der B equemlichkeit, dem gemein samen Wert der Entrop | ie bei T = 0 gleich null zu setzen. Die mikro skopische Interpretation der Entropie jedoch rechtfertigt den Wert S=0beiT=0 explizit.

0

3.1 Die Richtung freiwilliger Prozesse

99

Mikroskopische Interpretation 3-7 Eine statistische Betrachtung des Dritten Hauptsatzes der Therm odynamik

Wie wir aus der Mikroskopischen Interpretation 3.1 wissen, ist die Entropie gemäß

der Boltzmann-Gleichung null, wenn das System nur einen einzigen Mikrozustand einnehmen kann (W = 1). In den meisten Fällen ist bei T = 0 tatsächlic h

W = 1, weil es nur eine Möglichkeit gibt, die niedrigste Gesamtenergie zu errei‚ chen - indem sich nämlich alle Moleküle gemeinsam in den Zustand niedrigster Energie begeben. In Übereinstimmung mit dem Dritten Hauptsatz der Thermo-

dynamik gilt dann für T=0 auch S=0. Gelegentlich jedoch kommt es vor, dass bei T = 0 mehr als ein Mikrozustand zugänglich ist (W#1). Das ist der Fall, wenn die Einnahme eines bestimmten Ordnungszustands selbst am absoluten Nullpunkt keinen energetischen Vorteil bringt. So kann die Energie zweier unterscheidbarer Anordnungen zweiatomiger Moleküle, etwa ...ABABAB... und ...BAABBA..., nahezu gleich sein, weshalb bei T=0 dann W > 1 und folglich 5 >0 ist. Man spricht von einer Nullpunktsentropie. Wassereis zu Beispiel hat eine Nullpunktsentropie von 3.4] K-!mol-! infolge verschiedener möglicher Anordnungen der Wasserstoffbrückenbindungen. Ein gegebenes Sauerstoffatom bildet zu seinen Nachbarn zwei kurze O-H- und zwei lange O-: -H-Bindungen aus; welche

Bindungen

kurz sind und welche lang, ist bis zu einem

gewissen

Grad dem Zufall überlassen.

Entropien nach dem Dritten Hauptsatz Entropiedaten, die auf der Grundlage der Festlegung S(0) = 0 angegeben werden, nennt man Entropien nach dem Dritten Hauptsatz oder einfach „Entropien“. Die Entropie (nach dem Dritten Hauptsatz) eines Stoffs im Standardzustand bei der Temperatur T wird mit S°(T) bezeichnet. Verschiedene Werte bei 298 K finden Sie in Tabelle 3-3. In Analogie zur Standardreaktionsenthalpie definiert man ei geraden

entropie A,S” als Differenz der Entropien der reinen, getrennt vorliegenden Pro-

.

|

ten Reaktanten; alle Substanzen befinden sich dabei

Kurztabelle 3-3 Standardentropien bei 298 K nach dem Dritten Hauptsatz.*

1 reinen, getrennten Re h eider betreffenden Temperatur in ihrem jeweiligen Standardzustand:

A

>

vs -

Produkte

>

en

(3-21)

Reaktanten

sZ/) K' mol) Feststoffe Graphit, € (s) Saccharose, C,H»0,, (s)

Jeder Term ist hier mit dem zugehörigen stöchiometrischen Faktor gewichtet.)Stan-

wenn bei der Reaktion Gase gebildardreaktionsentropien sind in der Regel positiv, e werden, und negativ, wenn die Reaktion gasförmige Stoffe verbraucht.

Illustration 3-6

Berechnung der Standardreaktionsentropie

Gesucht ist die Standardentropie der Reaktion H, (g) +30, (g) > H,O (l) bei 25°C. Wir verwenden die Daten aus Tabelle 2.7 (im Tabellenteil am Ende des Buches):

Res

10)

1 sea, 8) +5 5m (0. a)

Do 2.4

Diamant, C (s)

360.2

1od, I, (s)

116.1

Flüssigkeiten Benzol, C,H, ()

11753

Wasser, H,O (l)

69.9

Quecksilber, Hg (l)

76.0

Gase

Methan, CH, (g)

186.3

Kohlendioxid, CO, (g)

2134

Wasserstoff, H, (g)

18087

z (93 = (1307Zr 2.205.0)bIK mol

Helium, He (g)

1269,

| =._163 A] Kr mmol

Ammoniak, NH; (g)

1923

eines flüssigen | Diese deutliche Abnahme der Entropie ist typisch für die Bildung Edukten. | Stoffs aus zwei gasförmigen

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

100

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik Hinweis

Setzen Sie die molaren Standardentropien von Elementen nicht fälschlicherweise gleich null; wie wir oben gesehen haben, sind sie (bei T > 0) ungleich null.

Übung 3-6

%

Berechnen Sie die Standardreaktionsentropie für die Verbrennung von 1 mol CH, (g) zu Kohlendioxid und flüssigem Wasser bei 25 °C. [-243 ] K' mol”'] Abschließend wollen wir uns noch kurz mit den Entropien von Ionen in Lösung beschäftigen. Bei der Diskussion der Enthalpien in Abschnitt 2.8 haben wir zur Kenntnis genommen, dass sich reine Lösungen von Kationen in Abwesenheit von Anionen (und umgekehrt) nicht herstellen lassen. Aus diesem Grund gibt man auch die molaren Standardentropien von Ionen in Lösung relativ zu einem willkürlichen Wert für das Wasserstoff-Ion H' an, dessen Standardentropie in wässriger Lösung bei allen Temperaturen gleich null gesetzt wird:

SH

ad) =0n

(3-22)

Die in Tabelle 2.7 (im Tabellenteil am Ende des Buches) angegebenen Werte beruhen auf dieser Festlegung.) Ionen in wässriger Lösung können sowohl positive Entropien (höhere molare Entropien als Wasserstoff-Ionen in Wasser) als auch negative Entropien (geringere molare Entropien als Wasserstoff-Ionen in Wasser) aufweisen. Beispielsweise ist die molare Standardentropie von Cl (aq) gleich +57] K’' mol”! und diejenige von Mg?' (aq) gleich -128] K“' mol. Die Entropien von Ionen in Lösung hängen erwartungsgemäß davon ab, in welchem Maße das betreffende Ion den Ordnungszustand der umgebenden Lösungsmittelmoleküle beeinflusst. Kleine, hoch geladene Ionen bewirken eine lokale Strukturierung der Wassermoleküle und die Unordnung in der Lösung nimmt stärker ab als im Falle voluminöser, einfach geladener Ionen. Die absolute molare Standardentropie (nach dem Dritten Hauptsatz) des Protons in wässriger Lösung lässt sich anhand eines Modells der Struktur abschätzen, die das Ion bewirkt. Mittlerweile hat man sich mehr oder weniger auf —21] K“' mol! geeinigt. Das negative Vorzeichen bedeutet, dass Wasserstoff-Ionen die Ordnung der Lösungsmittelmoleküle erhöhen.

3.2 |

Die Beschränkung auf das System

Mit Hilfe des Grundbegriffs „Entropie“ kann man die Richtung realer Zustandsänderungen vorhersagen; dies setzt jedoch voraus, dass wir die Änderun gen der Entropie sowohl im System als auch in der Umgebung untersuchen. Wie wir gesehen haben, ist die Berechnung der Entropieänderung der Umgebung nicht kompliziert; als Nächstes werden wir eine einfache Methode entwickeln, um diesen Beitrag automatisch zu berücksichtigen. Dadurch konzentrieren wir uns in Zukunft nur noch auf das System selbst, was unsere Diskussion vereinfacht. Darüber hinaus bilden die folgenden Überlegungen die Grundlage aller Anwendu ngen der chemischen Thermodynamik, mit denen wir uns später beschäftigen wollen.

5) Im Licht der Zusammenhänge, die in Abscl ınitt 5.1.1 eingeführt werden, erkennen wir, dass es sich bei den Entropien von Ionen in Lösun 8 gCnau genommen um partielle molare Entropien handelt: Die Werte beinhalten die Auswirkungen der Ionen auf den Ordnungszustand der umgeb enden Lösungsmittelmoleküle,

3.2 Die Beschränkung auf das System

3271

J1

Freie Energie und Freie Enthalpie

Stellen wir uns ein System vor, dass sich bei der Temperatur T im thermisc hen Gleichgewicht mit seiner Umgebung befindet. Nun soll infolge einer Zustandsänderung des Systems ein Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfinden; die Clausius’sche Ungleichung (3-12) für diesen Prozess lautet:

dq Diese Ungleichung kann man auf zwei verschiedenen Wegen entsprechend den jeweiligen Prozessbedingungen (konstanter Druck oder konstantes Volumen) herleiten.

Kriterien der Freiwilligkeit Betrachten wir zunächst den Fall des Wärmeaustauschs bei konstantem Volumen. Wenn keine Volumenarbeit und keine andere Arbeit verrichtet wird, gilt/dgy = dU; in die Clausius’sche Ungleichung eingesetzt, ergibt sich du

ai .

(3-24)

Die spezielle Bedeutung dieser Beziehung liegt darin, dass sie die Bedingungen für eine freiwillige Zustandsänderung einzig und allein in Abhängigkeit von Zustandsfunktionen angibt. Nach geeigneter Umformung erhält man leicht TdS>dU

(V konstant, keine Nichtvolumenarbeit) .

(3-25)

Wenn entweder die Innere Energie (dU = 0) oder die Entropie (dS = 0) konstant bleiben soll, wird aus dieser Beziehung

Was., >0

bzw.)dUs,dH

5%

a

antem

7

Ä ® errichtet

n wird,

1 g1lT

-

Ag

(konstanter Druck, keine Nichtvolumenarbeit) .

(3-27)

Bei konstanter Enthalpie oder Entropie wird diese Ungleichung zu

dS,,20

bzw.

dHs, ce ehr

m

Gear

je

Entnal

pie

abnehmen,

wenn die

in der Umgebung e: soll, weil dann notwendigerweise eine m Een muss. bzw. dH - TdS 0). Wenn sie freiwillig verlaufen soll, muss trotzdem gelten dG < 0; dies ist nur dann möglich, wenn die Entropie des Systems um so viel zunimmt, dass der Term TdS positiv und sein Betrag größer als dH ist (dG = dH — TdS bei konstanter Temperatur). Die Triebkraft endothermer Reaktionen ist daher die Entropiezunahme im System, diese muss die Entropieabnahme der Umgebung (durch Wärmeabgabe an das System, dSyng = -dH/T bei konstantem Druck) überwiegen.

Die maximale Nichtvolumenarbeit AA hatten wir als maximale Arbeit interpretiert; eine analoge Interpretation können wir auch für AG finden, wobei auch die Herkunft der Bezeichnung „Freie EnthalDie“ klar Zu In der nn u wann wirL zeigen.ge

Ipie gegeben ist 4

nie

=dE.

(3-37)

Die entsprechende Beziehung für eine endliche (messbare) Zustandsänderung lautet

(3-38)

Wemax =AG.

Besonders nützlich ist diese Gleichung (der wir in einer Vielzahl von Anwendungen wieder begegnen werden), wenn die,elektrische Arbeit berechnet werden soll, die eine Brennstoffzelle oder eine elektrochemische Zelle leisten kann.

erandung 3-3 Wegen

Die maximale Nichtvolumenarbeit

H = U + pV

gilt für eine allgemeine Zustandsänderung

dH=dq+dw+d(pV).

Die zugehörige Änderung der Freien Enthalpie

de

ar

ds

(G= AH

TSyist

Sdr =dg+dwr.depV)- Lds sd,

Bei einer isothermen Zustandsänderung ist T = 0 und folglich dG=dg+dw+d(pV)-TdS. wir dw = dw. Wenn die Zustandsänderung außerdem reversibel abläuft, können erhalten und dq = dgq,., = TdS einsetzen und de = Tds+dw,„+dlpV)

- Tds= dw + d(pV).

en: Die Arbeit setzt sich aus zwei Beiträgen zusamm

erstens

der Volumenarbeit,

ist, und zweitens die für reversible Zustandsänderungen durch —p dV gegeben ten Systemen relevan h chemisc Bei möglicherweise Arbeit einer anderen Form. einer galvaniin etwa Arbeit, che handelt es sich dabei gewöhnlich um elektris en einer (Anheb Arbeit ische schen Kette, aber auch andere Formen wie mechan wir als nen bezeich beit lumenar Flüssigkeitssäule) sind denkbar. Diese Nichtvo dw.. Mitd(pv) =pdV+ V dp ist dann

dG = (-pdV + dw..u) + pdV + V.dp = dwenn + VEp-

105

106

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Bei konstantem Druck (und außerdem konstanter Temperatur) wird der letzte Term null, und es bleibt übrig dG = dw...

(T,p konstant) .

Da der Prozess reversibel verlaufen soll, muss dies gleichzeitig die maximal mögliche Arbeit sein; es folgt also Gl. (3-37). $

Beispiel 3-5 Die maximale Nichtvolumenarbeit einer chemischen Reaktion

Wie viel Energie kann der menschliche Körper durch Verbrennung von 1.00 mol Glucose für die Aufrechterhaltung von Nerven- und Muskelfunktionen gewinnen? Es gelten Standardbedingungen sowie 9 = 37 °C (Körpertemperatur). Die molare Standardreaktionsentropie beträgt +182.4] K"' mol". Vorgehen Die maximal nutzbare Nichtvolumenarbeit entspricht der (weiter unten noch ausführlicher zu besprechenden) Freien Reaktionsenthalpie A,G*. Zu ihrer Bestimmung können wir in guter Näherung die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsenthalpie vernachlässigen; A,H” entnehmen wir Tabelle 2.5.

Anschließend setzen wir die Zahlenwerte in die Gleichung A, G*=A,H*-TA,5° ein. Antwort Mit der Standardreaktionsenthalpie A,H” = -2808 kJ mol-! folgt für die Freie Standardreaktionsenthalpie

ArG® = -2808 k] mol“! — (310 K) - (182.4] K' mol!) = —2865 kJmol” .

Die maximale Nichtvolumenarbeit, die man aus der Verbrennung von einem Mol

Glucose gewinnen kann, ist somit w, „.. = 2865 kJ. Um dieses Resultat einordnen zu können, überlegen Sie sich, dass ein 70 kg schwerer Mensch eine Energie von 2.1k] benötigt, um 3m in die Höhe zu steigen; dazu müssen durch Stoffwechsel-

vorgänge theoretisch mindestens 0.13g Glucose oxidiert werden (praktisch sogar wesentlich mehr).

Übung 3-8 Wie viel Nichtvolumenarbeit kann man aus der Verbrennung CH, (g) unter Standardbedingungen bei 298K gewinne n?

ArRS® = 243] K!mol-.

322.2

von 1.00 mol Gegeben ist

[818 kJ]

Freie Standardreaktionsenthalpien

Durch Kombination von Standardreaktionsentropie und ‚enthalpie gelangt man zur

Freien Standardreaktionsenthalpie A,G®,

AC”"=A,H°- TASTE.

(3-39)

Sie ist definiert als die Differenz zwischen den Freien Standardenthalp

ien von Ausgangsstoffen und Produkten in ihren jeweiligen Standardzuständen und bei der angegebenen Reaktionstemperatur. Wie auch im Fall der Reaktionsenthalpien ist es nützlich, eine Freie Standardbildungsenthalpie A,G® zu definieren. Sie entspricht der Freien Standardreaktionsenthalpie der Bildung einer Verbindung aus den Elementen in ihren

jeweiligen Referenzzuständens)Die Freie Standardbildungsenthalpie aller Elemente ist gleich null, da man für diese (formal) triviale „Bildungsreaktionen“ aufschreiben kann. Eine Auswa hl von Zahlenwerten finden Sie in

Tabelle 3-4. Mit ihrer Hilfe kann man auf einfache Weise die Freien Stand ardenthalpien

beliebiger chemischer Reaktionen best immen:

6)

Die Definition des Referenzzu stands von Elementen finde n Sie in Abschnitt 2.2.1.

—————. s

}AG

=

»

eo

3.2 Die Beschränkung auf das System

DANG

Pe

ikio

=

WARG

4

(3-40)

„„Reaktanten

107 Kurztabelle 3-4 Freie Standardbildungsenthalpien bei 298 K.

een

wobei jeder Term mit dem zugehörigen stöchiometrischen Faktor v gewichtet ist. Illustration 3-7

Berechnung einer Freien Standardreaktionsenthalpie

AgG“ /(k) mol”) en)

22

Benzol, C,H, (l)

Zu berechnen ist die Freie Standardenthalpie für die Reaktion CO (8) +59 > CO, (g) bei25 °C. Wir schreiben:

MG CO, R

B

(

22

g)

Delle {A,G

= _394.4kJmol-! = -257.2kJmol"

Methan, CH, (g)

KO!

g) +

11.6° 2 A,G

Wasser, H,O (|) (©),

g)}

Ammoniak,

K 137.2) 4 ;| kJ] mol-!

NH,

[-818 k] mol-"]

Wenn Ionen in Lösung betrachtet werden sollen, gehen wir wieder vor wie in Abschnitt 2.2.2. Dort hatten wir zur Kenntnis genommen, dass sich reine Lösungen von Kationen in Abwesenheit von Anionen (und umgekehrt) nicht herstellen lassen; deshalb setzen wir wieder die Standardbildungsenthalpie eines willkürlich gewählten Ions, bequemerweise des Wasserstoff-Ions, bei allen Temperaturen gleich null: (H’,.aq)=0.

(3-41)

Auf diese Weise werden die tatsächlichen Werte der Standardbildungsenthalpien von Ionen um jeweils den gleichen festen Betrag so verschoben, dass sich für die Standardbildungsenthalpie des Wasserstoff-Ions in wässriger Lösung null ergibt. Für die Reaktion

ArG” = 131.23 kJ] mol”

können wir dann schreiben

A,Ch, = 1,GH’,ag) + A,G (Cl],2aq), also ist A,G° (Cl ,aq) = —131.23k] mol”'. Auf diese Weise wurden sämtliche im Tabellenteil angegebenen Werte der freien Standardbildungsenthalpie berechnet. m

Illustration 3-8

Berechnung der Freien Standardbildungsenthalpie eines lons

auch Mit dem oben ermittelten Zahlenwert von A, G®(Cl ,aq) können wir nun

A,G° (Ag*,aq) berechnen: Ag (s) +1Cl, (g)>Ag* (ag) + Cl (ag)

65

—384.1

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Sie die Freie Standardreaktionsenthalpie für die Verbrennung von

14, (g) +1Cl, (g)>H* (aq) + Cl" (ag)

_ —394.4 RM

(g)

Natriumchlorid, NaCl(s)

.

CH, (g) bei 298 K.

RG

50.7

Kohlendioxid, CO, (g)

Übung 3-9 Berechnen

+124.3

ARG° = -54.12kJ mol”!

führt zu A,G* (Ag*,aq) = +77.11kJ mol”. pie eines Ions Welche Faktoren beeinflussen die Größe der Freien Bildungsenthal dynamischen thermo einen wir ziehen Frage dieser in Lösung? Zur Beantwortung Cl” in wässyon lpie gsentha dbildun Standar die wir Kreisprozess heran. Betrachten Reaktionsgleichung riger Lösung (-131k] mol!) anhand der allgemeinen

R

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

108 " Kommentar 3-2 Die Freien Standardbildungsenthalpien von Ionen in der Gasphase sind nicht bekannt. Daher setzen wir hier die lonisierungsenergien (die Energien, die zur Entfernung von Elektronen aus Atomen oder Kationen in der Gasphase aufzuwenden sind) und Elektronenaffinitäten (die Energien, die mit der Aufnahme von Elektronen durch Atome oder Anionen in der Gasphase verbunden sind) ein und nehmen an, dass sich die Ionisierungsentropie von H und die Entropie der Elektronenaufnahme von X sowie Effekte der Umrechnung in Enthalpien ungefähr gegenseitig ausgleichen. Unsere Schlussfolgerungen aus dem Kreisprozess sind deshalb nur Näherungswerte.

Hg) + Che) +e 70

+106

.l H'(g) + 3L(g) +e

+e H'(g) +3 Cl,(eg)

A

H'(g) + CI AG°N

+1312

2

H(g) + | (aq)

+218

3H,(g) +3 Cl,(e) a

3H,(g) + :L()

-{A..C°H', aq) + ACT, aq)}

-{A,CH',aq) + A,,G°(CH, aq)} (a)

H'(aq) + | (aq)

H(ag) + CI (aq)

(b)

Abb. 3-17 Thermodynamische Kreisprozesse für die Diskussion der Freien Lösungs- oder Hydratationsenthalpie und der Freien Bildungsenthalpie von (a) Chlorid-lonen,

1

1

a

e

(g)+ 7

(gJ>H°

(b) lodid-lonen in wässriger Lösung. Die Summe der Änderungen der Freien Enthalpien im Kreisprozess ist null, weil G eine Zustandsfunktion ist.

3 (aq) + X

(ag)

als Ergebnis der in Abb. 3-17 dargestellten Schritte (die benötigten Daten finden Sie im Tabellenteil). Die Summe der Freien Enthalpien aller Schritte eines geschlossenen Kreisprozesses ist null, also ergibt sich

AG

(El

ag) 272Kmol

+ AG

Bi)

A. GC ich,

Führen Sie sich dabei vor Augen, dass der Wert von A,G° für ein Ion X nicht nur von den Eigenschaften von X selbst bestimmt wird, sondern auch Beiträge aus der Dissoziation, lonisierung und Solvatation des Wasserstoffs enthält. Freie Solvatationsenthalpien einzelner Ionen kann man mit Hilfe einer Beziehung berechnen, die von Max Born abgeleitet wurde. Er ordnete A,,,G“ der elektrischen Arbeit zu, die aufgewendet werden muss, um ein Ion aus dem Vakuum in das Lösungsmittel zu bewegen; dabei wird Letzteres als kontinuierliches Dielektrikum mit der relativen Dielektrizitätskonstante &,.ı behandelt. Die Born’sche Gleichung, ausführlicher hergeleitet in Zusatzinformation 3.1, lautet 2 2N A les,

>

=

= z

1 2

STEHT,

;

& rel

(3-42)

mit z als Ionenladung (Anzahl der Elementarladungen des Ions), r; als Radius des

Ions und N, als Avogadro-Konstante. Zu beachten ist, dass As,,G° stets kleiner als

null ist; stark negative Werte erhält man für kleine, hoch geladene Ionen in Medien mit hoher relativer Dielektrizitätskonstante. Für Wasser bei 25 °C gilt: 2

AgyG” we= — on

x (6.86 x 10° kJ mol!) .

(3-42b)

3.3 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz

Illustration 3-9

Die Anwendung der Born’schen Gleichung

Um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, wie gut die Born’sche Gleichung experimentelle Daten reproduziert, berechnen wir die Differenz der Werte von x . 6 As.,G” no der Ionen Cl er und I- in wässriger Lösung. Die Ionenradien (181 pm bzw.

220 pm) sind in Tabelle 20.3 gegeben; für Wasser ist &,., = 78.54 bei 25°C. Wir erhalten: 1 As

(E17) < AswG ”

(7°) Z

1

IS) (

)ıss0 x 10° kJ] mol’) = -67kJmol”" .

Dieser Wert stimmt gut mit dem experimentellen Ergebnis (-61 kJ mol“) überein.

Übung 3-10 Berechnen Sie die Differenz A,,,G” (Cl ,aq) — A,,,G° (Br’,ag) aus den experimentellen Daten und anhand der Born’schen Gleichung. [experimentell: —26 kJ] mol“', berechnet: —29 kJ] mol"'] Die Kalorimetrie (zur direkten Bestimmung von AH und zur Bestimmung von S

über die Wärmekapazitäten) ist nur einer von mehreren möglichen Wegen zur Ermittlung Freier Enthalpien. In Frage kommen außerdem Berechnungen mithilfe von Gleichgewichtskonstanten und elektrochemische Experimente (Kapitel 7); für Gase kann man auch spektroskopisch gewonnene Daten heranziehen (Kapitel 17).

3.3

Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz

Das Verhalten der Stoffe wird sowohl durch den Ersten als auch durch den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik beschrieben. Die ganze Leistungsfähigkeit der Thermodynamik zur Lösung realer Probleme zeigt sich aber erst durch die Verbindung beider Hauptsätze.

3.3.1

Die Fundamentalgleichung

Wie bereits diskutiert, kann man den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik in der Form dU =dq+dw schreiben. Für eine reversible Zustandsänderung in einem eschlossenen System (in dem keine Änderung der Zusammensetzung stattfinden ern eilt, wenn keine Arbeitsform außer Volumenarbeit auftritt, dw,., = -pdV und

(gemäß der Definition der Entropig) dqye, = TdS mit pals Druck und T als Temperatur des Systems. Für eine reversible Zustandsänderung in einem geschlossenen System ergibt sich damit —

"dAU=TdS-pdV. Tg

(3-43)

e

Weg ab; das Da aber dU ein totales Differenzial ist, hängt sein Wert nicht vom heißt, man

dsänderung erhält für eine reversible und für eine irreversible Zustan

e Zustandsänderung den gleichen Wert von dU. Gl. (3-43) gilt deshalb für jede möglich Volumenarbeit außer wenn , _ reversibel oder irreversibel — eines geschlossenen Systems Erstem und von ation Kombin keine andere Form von Arbeit verrichtet wird. Diese ng. leichu Zweitem Hauptsatz nennen wir die Fundamentalg

109

110

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Die Tatsache, dass man die Fundamentalgleichung auf reversible genauso wie auf irreversible Zustandsänderungen anwenden kann, mag im ersten Moment verwirrend erscheinen. Die Begründung ist, dass zwar nur im reversiblemFall T dS = dq und -pdV = dw sind, während für irreversible®Prozesse die Clausius’sche Ungleichung TdS > dqund -pdV > dwgilt. Die Summe aus dw und dgq jedoch ist immer gleich der Summe aus TdS und —pdV (vorausgesetzt, die Zusammensetzung des Systems ändert sich nicht). 2

3.3.2

Eigenschaften der Inneren Energie

Gl. (3-43) zeigt, dass die Innere Energie eines geschlossenen Systems in einfacher _ Weise von Sund V abhängt.(dU x dS und dU x dV); wegen dieser Proportionalitäten ist es zweckmäßig, U als Funktion von S und V zu behandeln. Man könnte U ebenso als Funktion von anderen Variablen, etwa S und p oder T und V, aufschreiben, weil zwischen allen diesen Variablen mathematische Zusammenhänge bestehen. Die Auswahl von U(S, V) bietet sich jedoch durch den einfachen Aufbau der Fundamentalgleichung an. Mathematisch gesehen ergibt sich aus dieser Voraussetzung, dass wir infinitesimale Änderungen der Inneren Energie dU als Funktion der Änderungen dS und d V formulieren können:

= Kommentar 3-3 Partielle Ableitungen wurden in Kommentar 2.5 eingeführt und werden in Anhang 2 ausführlich besprochen. Ein Ergebnis der Art wie in Gl. (3-44) haben wir bereits in Abschnitt 2.3.2 erhalten; dort haben wir U als Funktion von T und V behandelt.

Ju

|

U

Ve

3-44

Die beiden partiellen Ableitungen entsprechen den Steigungen der Graphen der Funktionen U(S) bzw. U(V). Bei Vergleich dieses Ausdrucks mit der thermodynamischen Fundamentalgleichung (3-43) ergibt sich für ein System mit konstanter Zusammensetzung

au

f (&) . T

und

U

(@).- —n.

Die erste dieser beiden Gleichungen ist eine rein thermodyna

(3-45)

finition der

Temperatur als Verhältnis der Änderungen von Innerer Energie bzw. Entropie eines geschlossenen Systems mit konstantem Volumen. Damit haben wir begonnen,

Beziehungen zwischen den Eigenschaften eines Systems herzuleiten; im Folgenden werden wir sehen, welche weiteren (manchmal unerwarteten) Möglichkeiten die Thermodynamik hierzu bietet.

Kommentar 3-4 Um das Kriterium aus Gl. (3-46) etwas anschaulicher zu machen, wollen wir untersuchen, ob df = 2xydx + x?dyein totales Differenzial ist. Wir erkennen:g = 2xyundh=x?. Dann bilden wir die partiellen Ableitungen:

Die Maxwell’schen Gleichungen Die infinitesimale Änderung einer Funktion f(x, y) kann in der Form df =gdx+h dy geschrieben werden; g und h sind dabei Funktionen von x und y. Das mathematische Kriterium dafür, dass es sich bei df um ein totales Differenzial handelt (in dem Sinne, dass das Integral nicht vom Integrationswe g abhängt), lautet

=,

040)

Weil die Fundamentalgleichung (3-43) ein Ausdr uck für ein totales Differenzial ist, muss sich auf die Faktoren vor dS und dV (nämlich T und —p) das Kriterium (3-46) anwenden lassen. Es muss demnach gelten Sie sehen, dass beide Ableitungen gleich sind; df ist folglich ein totales Differenzial.

De D (5)3

(3-47)

3.3 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz

Wir haben damit eine Beziehung zwischen Größen hergeleitet, deren Zusammenhang ansonsten durchaus nicht offensichtlich ist. Gleichung (3-47) ist eine der Maxwell’schen Gleichungen. Sie sieht nicht besonders interessant aus, abgesehen davon, dass wir einen Zusammenhang zwischen

111

Tabelle 3.5 Die Maxwell'schen Gleichungen Aus U:

den in ihr enthaltenen Größen nicht direkt erwartet haben. Man kann jedoch ver-

muten, dass noch weitere, vielleicht nützlichere derartige Beziehungen existieren. In der Tat kann man drei weitere Maxwell’sche Gleichungen finden, wenn man ana-

log die Eigenschaften von A, G und H als Zustandsfunktionen ausnutzt. Bei ihrer

Herleitung geht man prinzipiell genauso vor, wie gerade am Beispiel von U gezeigt: Da H, G und A Zustandsfunktionen sind, müssen dH, dG und dA die Bedingung

in Gl. (3-47) erfüllen. In Tabelle 3-5 sind alle vier Gleichungen zusammengestellt; später in diesem Kapitel werden wir sie anwenden.

Die Abhängigkeit der Inneren Energie vom Volumen Der Koeffizient n- = (d U/OV),, der die Änderung der Inneren Energie bei einer

isothermen Volumenänderung eines Systems widerspiegelt, spielte bei der Diskussion des Ersten Hauptsatzes eine wichtige Rolle. In Zusatzinformation 2.2 haben wir die Beziehung

Tr =En (52) va

(3-48)

verwendet. Man bezeichnet sie auch als thermodynamische Zustandsgleichung, denn sie drückt den Zusammenhang zwischen dem Druck und verschiedenen anderen thermodynamischen Eigenschaften des Systems aus. Wir können sie jetzt mit Hilfe einer Maxwell’schen Gleichung auf anderem Wege herleiten.

Den Koeffizienten rn; erhalten wir aus Gl. (3-48) durch Division beider Seiten durch dV und Beschränkung auf Systeme mit konstanter Temperatur:

ee. Mit den beiden in Gl. (3-45) gegebenen Ausdrücken und der Definition von nr gelangen wir zu

95

dic)P, Mithilfe der dritten Maxwell’schen Gleichung aus Tabelle 3-5 wandeln wir (0S/OV)in (Op/OT), um. Damit ist Gl. (3-48) bewiesen

Beispiel 3-6 Die Herleitung einer thermodynamischen Gleichung

Zeigen Sie mit Hilfe thermodynamischer Methoden, dass für ein ideales Gas nr = 0 ist; berechnen Sie den Wert von Tr für ein van-der-Waals-Gas.

dass der Vorgehen Die Anwendung thermodynamischer Methoden bedeutet, und ngen Beziehu her ynamisc thermod ner allgemei e Beweis auf der Grundlag (wie te Argumen pische mikrosko dass ohne soll, erfolgen Zustandsgleichungen ein ideales Gas gilt die Existenz zwischenmolekularer Kräfte) einfließen. Für p=nRT/V; diese Zustandsgleichung wird in Gl. (3-48) eingebekanntermaßen Waals’sche setzt. Entsprechend setzen wir im zweiten Teil der Aufgabe die van-der-

Gleichung ein (siehe Tabelle 1.7).

(5) = - (&) i . (

Rock:

(3

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik Antwort

ON

Für ein ideales Gas ist

24

Zus

er

9T

nR, v

w

damit wird Gl. (3-48) zu RT Tr



==

p=0r %

Die van-der-Waals’sche Zustandsgleichung lautet

nRT

n n’

PEym

"ve

Da die Parameter a und b nicht von der Temperatur abhängen, erhält man op\ _ nR oT „ V-nb

und es ergibt sich schließlich aus Gl. (3-48) nRT

Tr

=

nRT

nv

ie

mm

Das Ergebnis für rn; zeigt, dass die Innere Energie eines van-der-Waals-Gases bei isothermer Expansion zunimmt ((9U/dV), >0) und dass das Ausmaß dieser Zunahme mit dem Parameter der zwischenmolekularen Anziehungskräfte, a, im Zusammenhang steht: Ein größeres molares Volumen (also größere mittlere Abstände zwischen den Molekülen) entsteht durch geringere mittlere Anziehungskräfte und die Gesamtenergie ist größer.

Übung 3-11 Berechnen Sie rn; für ein Gas, das die Virialgleichung (siehe Tabelle 1.7) erfüllt.

[nr = RT?(0B/dT),/V? +..]

3.3.3

Eigenschaften der Freien Enthalpie

Unsere Überlegungen zur Fundamentalgleichung für U lassen sich auf die Freie Enthalpie G= H — TS übertragen. Wir werden auf diese Weise Beziehungen für die Druck- und Temperaturabhängigkeit von G erhalten, die sich bei der Diskussion von Phasenübergängen und chemischen Reaktionen als nützlich erweisen werden.

Allgemeine Betrachtungen Bei einer Zustandsänderung des Systems kann sich G ändern, weilsich H, T und Sändern. Für infinitesimale Änderungen der jeweiligen Größe gilt (siehe Begründung 2.1)

dG=dH-ATS)=dHZTdSSAT. WegenH=U+pV ist dA=dU+d(pV)=dU+pdV + Vdp und deshalb

dG=dU+pdV+Vdp-Tds-Sar. Für ein geschlossenes System, das außer Volumenarbei t keine weitere Arbeit ver-

richtet, kann man dU durch die Fundamentalgleichu ng dU = TdS — pdV ersetzen; als Ergebnis erhält man dG=TdS-pdV+pdV+Vdp-Tds-

Ser.

3.3 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz

Auf der rechten Seite heben vier Terme einander auf; somit gilt fürlein geschlosse-

Be System

konstanter

Zusammensetzung,

wenn

nur Volumenarbeit

verrichtet

w

2

d@= V.dp

Sams,

(3-49)

Diese Beziehung zeigt, dass eine Änderung von G proportional zu den Änder ungen von p oder T isty und legt deshalb nahe, G als Funktion von pund T zu behan deln. Druck und Temperatur sind Zustandsvariablen, die man in der Regel einfac h messen und steuern kann; G wird daher für die Chemie eine wichtige thermodynamische Größe sein. In der Größe G sind Erster und Zweiter Hauptsatz in einer Weise

miteinander kombiniert, die sich besonders für chemische Anwendungen eignet. '

Auf dem gleichen Weg, auf dem wir vorhin zu Gl. (3-45) gelangt sind, erhalten wir bei Anwendung auf das totale DifferenzialdG = Vdp- SdT nun r

=)

Send : (*

I9G

(5) \p);

H (3-50)

—_ Ve

Die Beziehungen in Gl. (3-50) sind Ausdrücke für die Abhängigkeit der Freien Enthalpie von Temperatur und Druck (Abb. 3-18). Aus der ersten lesen wir ab: — Da S > 0 ist, muss G abnehmen, wenn die Temperatur eines Systems mit konstantem Druck und konstanter Zusammensetzung steigt. — Diese Abnahme ist umso ausgeprägter ((0G/OT), wird umso negativer), je größer die Entropie des Systems ist. Demzufolge ) N reagiert die Freie Enthalpie eines Systems mit großer Entropie besonders empfindlich auf Temperaturschwankungen. Der letzte Punkt wird besonders deutlich für eine Substanz in der Gasphase, die eine große molare Entropie aufweist, im Vergleich zur gleichen Substanz in der flüssigen oder festen Phase (Abb. 3-19). Die zweite Gleichung sagt analog aus:

Freie Energie G

Steigung= A

Flüssigkeit Enthalpie Freie G Feststoff Br

Temperatur T

Abb. 3-18 Änderung der Freien Enthalpie

eines Systems (a) in Abhängigkeit von der Temperatur bei konstantem Druck und (b) vom Druck bei konstanter Temperatur. Die Steigung des Graphen von (a) entspricht dem Negativen der Entropie des Systems, die Steigung von (b) entspricht

dem Volumen.

Abb. 3-19 Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie wird durch die Entropie bestimmt. Die Entropie einer Substanz ist in der Gasphase größer als im flüssigen Aggregatzustand, diese wiederum ist größer als die Entropie des entsprechenden Feststoffs; daher fällt die Freie Enthalpie für ein Gas bei steigender Temperatur am steilsten ab, für eine Flüssigkeit weniger steil und am flachsten für die feste Phase.

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

114

- Da V > Oist, muss G zunehmen, wenn der Druck eines Systems mit konstanter Temperatur Druck und konstanter

Gas

usammensetzung steigt.

N

8)

=KB}

= Diese Abnahmeist umso ausgeprägter((0G/odp), wird umso größer), je größer der Druck des Systems ist. Demzufolge reagiert die Freie Enthalpie eines Systems mit großem Volumen besonders empfindlich auf Druckschwankungen.

j

En; =

=

a

wu

.v

o

EE

Flüssigkeit Feststoff

Druck p Abb. 3-20 Die Druckabhängigkeit der Freien Enthalpie wird durch das Volumen bestimmt. Das Volumen eines Stoffs im gasförmigen Aggregatzustand ist größer

Der letzte Punkt wird besonders deutlich für eine Substanz in der Gasphase, die ein großes molares Volumen im Vergleich zur gleichen Substanz in der flüssigen oder festen Phase aufweist (Abb. 3-20).

Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie

Druck an, für eine flüssige Phase und Fest-

Wie bereits in der Einführung angemerkt wurde, ist die Gleichgewichtszusammensetzung eines Systems unmittelbar mit der Freien Enthalpie verknüpft. Um dies und die Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung eines Systems richtig zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit der Temperaturabhängigkeit von G beschäftigen. Unser Ausgangspunkt ist Gl. (3-50), (0G/OT), = -5; sie beschreibt die gesuchte Temperaturabhängigkeit als Funktion der ep und lässt sich durch Einsetzen

stoffe weniger steil. Da sich die Volumina

der Definition von G in der Form S = (H - G)T aufschreiben. Dann ist

als das im flüssigen Zustand; am kleinsten

(für fast alle Substanzen) ist das Volumen des festen Stoffs. Die Freie Enthalpie steigt für ein Gas daher am steilsten mit dem

fester und flüssiger Phasen desselben Stoffs wenig unterscheiden, ist auch die Änderung der Freien Enthalpie mit dem Druck für beide Aggregatzustände ähnlich.

een! (7) = ni

(3-51)

Wie wir später noch sehen werden, ist die Gleichgewichtskonstante einer Reaktion eine Funktion von G/T, nicht von G allein.” Aus Gl. (3-51) lässt sich der gesuchte Zusammenhang leicht herleiten (siehe auch die folgende Begründung): a

OME

H

(5 =)Sm: Be

|

232

5290

SER (3-52) De man als Sioselnbel dass bei gegebener Enthalpie eines Systems au G/T bekannt ist!

| Begründung 3-5 Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung Kommentar 3-5 Für diesen Schritt 1 haben wir folgende Regel zur Ableitung eines Produkts zweier Funktionen verwendet, die sowohl für gewöhnliche als auch für partielle Ableitungen gilt: duv

dv ‚

„du

dx

dx

dx

Zunächst schreiben wir Gl. (3-51) in der Form

(7) oT

SIEH

el

De

Die beiden Terme auf der linken Seite lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(mE) =) +04 1 ae) PEN

= en

SEEN Le on ek Die

Als Beispiel betrachten wir die Ableitung von x? e“:

Nun setzen wir Gl. (3-50), (0G/9T), = -S, in diesen Ausdruck ein und erhalten

a ELES

2) = E

KT dx

EX —

den dx

+e

ax? e’* a

dr

On

Gi T(

71

Bes T

H

\=-#,

dx

2x ei

was genau Gl. (3-52) entspricht. 7) Die Beziehung zwischen der Gleich gewichtskonstante und der Freien Stand ardenthalpie einer Reaktion, die wirir in in Kapitel Kapi 7 herleiten teewerden, lautet An DT = —Rink.

-

3.3 Die Verbindung von Erstem und Zweitem Hauptsatz

115

Die Gibbs-Helmholtz-Gleichung ist insbesondere bei der Betrachtung von physikalischen Zustandsänderungen und chemischen Reaktionen von Nutzen, die bei konstantem Druck verlaufen. Wenn wir die Differenz der Freien Enthalpien im Anfangs- und Endzustand als deG — Gr — G, schreiben und die Gleichung sowohl auf G; als auch auf G, anwenden, erhalten wir

De IT T

N

r m:

(3-53)

Diese Gleichung sagt aus: Wenn wir die Enthalpieänderung eines Systems bei einer Zustandsänderung oder Umwandlung (Verdampfung, chemische Reaktion usw.) kennen, dann kennen wir auch die Temperaturabhängigkeit der zugehörigen Änderung der Freien Enthalpie. Wie wir noch sehen werden, ist dies eine der wichtigsten Informationen, die die chemische Thermodynamik liefern kann.

Die Druckabhängigkeit der Freien Enthalpie Um die Freie Enthalpie bei einem bestimmten Druck aus ihrem Wert bei einem anderen Druck zu berechnen (die Temperatur soll konstant bleiben), setzen wir dT=0inGl. (3-49) ein, erhalten dG = V dp und integrieren diesen Ausdruck:

Volumen als konstant

angenommen

G(pr) = G(pı) + | Vdp.

tatsächliches Volumen

(3-54a)

PA

Für molare Größen bedeutet dies

ee

PE

| ve

(3-54b)

Volumen V

“PA

Diese Beziehung kann auf jeden Aggregatzustand angewendet werden; Voraussetzung ist jedoch, dass wir wissen, wie das molare Volumen V,, vom Druck abhängt.

Pr

Die Druckabhängigkeit des molaren Volumens kondensierter Phasen ist wenig ausgeprägt (Abb. 3-21), weshalb wir V,, als Konstante behandeln und vor das Integ-

ral ziehen dürfen:

(3:55)

Gnlpe) = Gmlpr) + Yn| dp = Guten) + (pe = Pu)Vn EDER

Berechnen Sie die Änderung von G,, wenn der Druck von Eis bei —10°C von 3 1.0 bar auf 2.0 bar erhöht wird. Die Dichte von Eis beträgt 917 kgm°°.

[42.0 Jmol"] Unter Laborbedingungen

ist (pr — Pı)m in der Regel sehr klein und darf ver-

nachlässigt werden. Normalerweise hängen die Freien Enthalpien von Flüssigkeiten und Festkörpern also in guter Näherung nicht vom Druck ab. Dies gilt nicht mehr, wenn man es (etwa bei geophysikalischen Untersuchungen) mit sehr hohen Drücken zu tun hat: Wird der Druck so hoch, dass deutliche Volumenänderungen auf-

treten, muss man den vollständigen Ausdruck, Gl. (3-54), ansetzen.

Illustration 3-10 | Für

|AranV

einen

Freie Enthalpien bei hohem Druck

Phasenübergang

eines

Festkörpers

gelte unabhängig

vom

Druck

= +1.0cm? mol“. Steigt nun der Druck von 1.0 bar (1.0 x10° Pa) auf

Pe

Abb. 3-21 Die Differenz der Freien Enthalpien einer Flüssigkeit oder eines festen Stoffs bei zwei Drücken entspricht der hier

gezeigten Rechteckfläche. Dabei wurde die Druckabhängigkeit des Volumens vernachlässigt.

Übung 3-12

Druck p

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

116

| 3.0 Mbar (3.0 x 10'! Pa), so ändert sich die Freie Enthalpie des Phasenübergangs | wie folgt: ArınG(3 Mbar) = Aran,G(1 bar) + (1.0 x 10° m’mol"') : (3.0 x 10!" Pa— 1.0 x10° Pa) — N. @1 bar) 3.02 102 k,mel,

(1 Pam’=1]). Volumen V

Druck p Abb. 3-22 Die Differenz der Freien Enthalpien eines idealen Gases bei zwei verschiedenen Temperaturen entspricht der Fläche unter der Isotherme des idealen Gases.

Das Molvolumen von Gasen ist so groß dass sich schon bei kleinen Druckunterschieden große Änderungen der Freien Enthalpie ergeben können. Hier dürfen wir das Volumen auch nicht mehr als Konstante vor das Integral in Gl. (3-54b) ziehen, weil es stark vom Druck abhängt (Abb. 3-22). Wenn ein ideales Gas vorliegt, setzen wir den Ausdruck V„ = RT/p in das Integral ein, behandeln RT als Konstante und erhalten PE Gm(Pe)

>

Gu(Pı)

ir er| Pa

d =: — pP

£ Gm(Pa)

Ar RTIn,. 2

(3-56)

A

Aus dieser Gleichung können wir erstens ablesen, dass eine Druckerhöhung um das Zehnfache bei Zimmertemperatur eine Zunahme der Freien Enthalpie um RT In10 = 6k] mol”' zur Folge hat. Zweitens zeigt die Gleichung, dass die molare Freie Enthalpie eines idealen Gases für p, =p” (Standarddruck, 0.1MPa) bei einem Druck p = p; mit dem Standardwert wie folgt zusammenhängt:

GP) = Cu +RTnE. p

(3-57)°

m

Übung 3-13 Wie ändert sich die molare Freie Enthalpie von Wasserdampf (als ideales Gas behandelt), wenn der Druck isotherm (298 K) von 1.0 bar auf 2.0 bar erhöht wird? Beachten Sie: Für eine kondensierte Phase hatten Sie in Übung 3-12 eine Differenz der Freien Enthalpie von einigen Joule pro Mol erhalten; Ihr Ergebnis für ein Gas sollte hingegen in der Größenordnung von Kilojoule pro Mol liegen.

molare Enthalpie Freie G

5-2

oo

Druck p

Abb. 3-23 Der Zusammenhang zwischen molarer Freier Enthalpie eines idealen Gases und Inp; der Standardzustand ist

beip = p” erreicht. Beachten Sie, dass die molare Freie Enthalpie für p >0 gegen — geht.

[+1.7kJ mol!) Der logarithmische Zusammenhang zwischen der Freien Enthalpie und dem Druck, wie er von Gl. (3-57) vorausgesagt wird, ist in Abb. 3-23 graphisch dargestellt. Diese sehr wichtige Beziehung, deren Auswirkungen wir in den folgenden Kapiteln näher kennen lernen werden, gilt für ideale Gase (ist also in den meisten Fällen eine hinreichend gute Näherung). In Zusatzinformation 3-2 wird gezeigt, wie man Abweichungen vom idealen Verhalten berücksichtigen kann.

Das Wichtigste auf einen Blick

117

Das Wichtigste auf einen Blick l. Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der Formulie-

rung von Kelvin lautet: Ein Prozess, bei dem lediglich Wärme aus einem Reservoir entnommen und vollständig in Arbeit umgewandelt wird, ist unmöglich.

. Die Entropieformulierung des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik lautet: Bei einer freiwilligen Zustandsänderung nimmt die Entropie eines abgeschlossenen Systems zu, Aseamı 20. . Die thermodynamische Definition der Entropie ist dS = dq,.,/T. Die statistische Definition der Entropie ist durch die Boltzmann-Gleichung gegeben, S = kInW. dynamischen Kreisprozess in Form einer Folge aus isothermen und adiabatischen reversiblen Expansionen und Kompressionen.

=

Leer

. Die Kelvin-Skala ist eine thermodynamische Temperaturskala und so festgelegt, dass der Tripelpunkt von Wasser bei exakt 273.16 K liegt.

[c}}

S

. Das Gleichgewichtskriterium lautet bei konstanter Temperatur und konstantem Volumen dA; ,= 0, bei konstanter Temperatur und konstantem Druck dG-, = 0. lautet ww... = AA. Die maximale zusätzliche Arbeit (Nichtvolumenarbeit) und die Freie Enthalpie sind gemäß w. „.. = AG miteinander verknüpft. 20. Die Freie Standardreaktionsenthalpie ist gegeben durch

. Die Pictet-Trouton’sche Regel sagt aus, dass die Standardverdampfungsentropie vieler gewöhnlicher Flüssigkeiten bei ungefähr 85 J)K“' mol" liegt.

. Die Temperaturabhängigkeit der Entropie ist durch S(T;) =

SHu)t fr (C,/T) dT gegeben. . Ein Maß für die Entropie einer Substanz ist die Fläche unter dem Graphen von C,/T als Funktion von T. Für niedrige Temperaturen (T>0) gilt die Debye-Extrapolation, C,=aT’.

. Das Nernst’sche Wärmetheorem sagt aus: Die Entropieänderungen bei allen physikalischen und chemischen Stoffumwandlungsprozessen nähern sich dem Wert null, wenn sich die Temperatur dem absoluten Nullpunkt nähert (AS—0 für T> 0) - vorausgesetzt, die Atome aller beteiligten Stoffe sind dann völlig regelmäßig angeordnet.

. Der Dritte Hauptsatz der Thermodynamik besagt: Die Entropie aller ideal kristallinen Stoffe bei T = 0 ist null.

. Die Standardreaktionsentropie wird nach folgender Bezie&

ARS

5:

=

Werde

v Sn

Dr

=

TA,5°

=

De

v ce er een

” Ei

Freien Standardreaktionsenthalpie der Bildung einer Verbindung aus den Elementen in ihren jeweiligen Referenzzuständen. 202 Die Freie Standardreaktionsenthalpie lässt sich aus Freien

Standardbildungsenthalpien berechnen: o_

s_

z: Wan

vA;G

es

vA;G

— 9

v Sn

werden auf einer Skala angegeben, deren Nullpunkt bei allen

Temperaturen A,G° (H'*) bildet. 24. Die Grundgleichung der chemischen Thermodynamik lautet

dU=TdS-pdaV. 723 Die Maxwell’schen Gleichungen sind in Tabelle 3-5 zusam-

mengefasst. 26. Eine thermodynamische Zustandsgleichung drückt den

Zusammenhang zwischen dem Druck und verschiedenen anderen thermodynamischen Eigenschaften des Systems aus, tr = T(op/OT), - p. 25 Es erweist sich als sinnvoll, die Freie Enthalpie als Funktion

von Druck und Temperatur zu behandeln: dG = Vdp —- SdT. Die Abhängigkeit der freien Enthalpie von Druck und Temperatur ist dann gegeben durch (9G/op), = V bzw.

(aG/ar), = 5.

28. Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie ist durch

die Gibbs-Helmholtz-Gleichung (9(G/T)/oT), = -H/T? gegeben. 29: In kondensierten Phasen hängt die Freie Enthalpie gemäß G(p:) = G(pı) + Vm Ap vom Druck ab. Für ideale Gase gilt G(pe) = Glpa)

BZ

u

A,H®

23) Die Freien Standardbildungsenthalpien von lonen in Lösung

. Die Phasenübergangstemperatur T-,,., ist die Temperatur, bei der sich zwei Phasen bei Normaldruck (0.1 MPa, 1 bar) miteinander im Gleichgewicht befinden. Die Übergangsentropie bei dieser Temperatur ist Ar .nsS = Aruans HH/Trans:

berechnet:

=

Zib Die Freie Standardbildungsenthalpie A,G” entspricht der

ARC

. Die Clausius’sche Ungleichung lautet dS>dgq/T.

hung

dU,,2 NH; (g) bei (a) 500K,

pJatm %

Zeigen Sie mit Hilfe der Maxwell’schen Gleichungen, dass die Volumenabhängigkeit der Entropie eines idealen Gases durch S « RInV beschrieben wird. Leiten Sie die thermodynamische Zustandsgleichung

Berechnen Sie A,G° (375 K) für die Reaktion 2CO (g) + 0, (g)>2 CO, (g) aus den Werten von A,G” (298 K) und AxH° (298 K) mit Hilfe der Gibbs-Helmholtz-Gleichung.

Die Abhängigkeit des Kompressionsfaktors vom Druck ist in der unten stehenden Tabelle für Sauerstoff bei 200 K gegeben. Berechnen Sie die Fugazität von O, bei dieser Temperatur und 100 atm.

leitet; beweisen Sie die beiden anderen, (0S/OV); =

(9p/oT), und (9T/op),; = (9V/9S),-

J. Chem. Eng. Data 40 (1995), 1015). T/K

Zwei der Maxwell’schen Gleichungen wurden im Text herge-

(a = 1.82 x10-* K")

3.34

Geben Sie den Zusammenhang zwischen der Fugazität eines van-der-Waals-Gases und dem Druck an. Nehmen Sie dazu an, dass die zwischenmolekulare Anziehung zwischen den Gasteilchen (a) vernachlässigbar gering und (b) dominant ist; der Druck soll so niedrig sein, dass die Näherung

4ap/(RT)’ < 1 zulässig ist. Berechnen Sie für beide Fälle die Fugazität von Ammoniak bei 10.00 atm und 298.15 K.

Schwerere Aufgaben 9.35

Leiten Sie einen Ausdruck für den Fugazitätskoeffizienten eines Gases ab, welches die Zustandsgleichung

i

VRR

B

)

tase. Wie viele Mol ATP müssen hydrolysiert werden, damit sich 1 mol Glutamin bilden kann?

3.394

wer@

Anwendungsaufgaben Das Protein Lysozym verliert seine Faltung bei einer Übergangstemperatur von 75.5 °C. Die Standardübergangsenthalpie beträgt 509 k) mol". Berechnen Sie die Entropie der Entfaltung von 25.0 °C warmem Lysozym. Die Differenz der Wärmekapazitäten bei konstantem Druck betrage für

diesen Übergang 6.28 x 10°) K“' mol-' und hänge nicht

von der Temperatur ab. Hinweis: Stellen Sie sich den Übergang bei 25.0 °C in drei Schritten vor: (1) Erwärmen des gefalteten Proteins bis zur Übergangstemperatur, (2) Entfaltung bei der Übergangstemperatur, (3) Abkühlung des entfalteten Proteins auf25 °C. Die Entropie ist eine Zustandsfunktion; deshalb ist die Entropieänderung bei 25 °C gleich der Summe der Entropieänderungen dieser

drei Schritte.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen

(IPCC) hielt in einer Analyse von 1995 einen globalen Temperaturanstieg um 1.0-3.5 °C bis zum Jahr 2100 für realistisch; als wahrscheinlichster Wert wurde 2.0 °C angenommen. Da Wasserdampf selbst ein Treibhausgas ist, macht den Klimaexperten auch der zunehmende Wasserdampfgehalt der Atmosphäre Sorgen. Sagen Sie die relative Zunahme des Wasserdampfgehalts der Atmosphäre vor-

erfüllt. Bestimmen Sie mithilfe Ihres Resultats die Fugazität von Argon bei 1.00 atm und 100K (B= —21.13 cm? mol", C = 1054 cm® mol°)

3.36

125

aus, wenn die Temperatur um 2.0 K ansteigt; nehmen Sie

dazu an, die relative Luftfeuchtigkeit bleibe konstant. (Momentan liegt die mittlere globale Temperatur bei 290 K; der Gleichgewichtsdampfdruck von Wasser bei dieser Temperatur beträgt 0.0139 bar).

3.40%

Salpetersäurehydrate gelten als mögliche Katalysatoren für heterogene Reaktionen, die das Ozonloch über der Antark-

tis verursachen. Worsnop et al. untersuchten die thermodynamische Stabilität solcher Hydrate unter Bedingungen, wie sie für die Stratosphäre im Polarwinter typisch sind (D. R. Worsnop, L. E. Fox, M. S. Zahniser und S. C. Wofsy,

Science 259 (1993) 71). Sie geben thermodynamische Daten für die Sublimation des Mono-, Di- und

Trihydrats in Salpetersäure und Wasserdampfan

Die Standardverbrennungsenthalpie von Saccharose bei

(HNO, - nH,0 (s)>HNO, (g) + nH,0 (8) fürn =1,2,3).

293 K ist -5797 k) mol", die Freie Standardreaktions-

Berechnen Sie aus den jeweiligen Standardreaktionsenthalpien und Freien Standardreaktionsenthalpien bei 220K die Freien Standardreaktionsenthalpien bei 190K.

enthalpie für diesen Prozess beträgt —6333 k) mol”'. Schätzen Sie die zusätzliche Nichtvolumenarbeit ab, die gewon-

nen werden kann, wenn die Temperatur auf 37 °C (Körpertemperatur) ansteigt.

Biologische Zellen speichern die bei der Oxidation von Nährstoffen (siehe Anwendung 2.2) freigesetzte Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP oder ATP'"). Das Funktionsprinzip des ATP besteht darin, dass dieses Molekül die endständige Phosphatgruppe hydrolytisch abspalten kann, wobei Adenosindiphosphat (ADP oder ADP?*) entsteht: A

(ag) + H,O ()->ADP

(ag) + HPOS (aq)

+H,0" (ag).

Die Reaktionsenthalpie und die Freie Enthalpie der Hydrolyse bei pH = 7.0 und 37 °C (310 K, Körpertemperatur) sind A«H = —20kJ mol=' und ARG = —31 kJ) mol”'. Unter diesen Bedingungen werden bei der Hydrolyse von I mol ATP*- (aq) bis zu 31 kJ Energie freigesetzt, die in Nichtvolumenarbeit umgewandelt werden kann, zum Beispiel für die Synthese von Proteinen aus Aminosäuren, die Muskelkon-

traktion oder die Aktivierung von Hirnströmen. (a) Berechnen Sie die Entropie der Hydrolyse von ATP bei pH = 7.0 und 310 K. Begründen Sie das Vorzeichen Ihres Resultats. (b) Der Radius eines typischen Körperzelle beträgt 10m; nehmen Sie an, dass pro Sekunde in einer solchen Zelle 10° Moleküle ATP hydrolysiert werden. Geben Sie die Leistungsdichte in Watt pro Kubikmeter an (1W=1]s'). Die Batterie eines Computers liefert eine Leistung von

rund 15 W und besitzt ein Volumen von 100 cm’. Wessen Leistungsdichte ist höher, die der Zelle oder die der Batterie? (c) Zur Bildung von Glutamin aus Glutamat und Ammoniumionen müssen 14.2 k) mol”! Energie aufgewendet werden. Als Energielieferant dient die Hydrolyse von ATP zu ADP, gesteuert durch das Enzym Glutamin-Synthe-

n A,G° /(k) mol") A,H i(klmeolz)

1

2

3

46.2 127

69.4 188

3:2 DR

3.41% J.Gao und J. H. Weiner beschäftigten sich mit Ursachen für Spannungen auf atomarer Ebene in dichten Polymersystemen (Science 266 (1994), 748) und führten die Spannung, die notwendig ist, um eine Kette aus N kurzen, starren Segmen-

ten der Länge a bei der Länge I zu halten, auf die Entropie zurück. Füreine solche Kette gilt S (I) = -3k?/2Na?+C mit k als Boltzmann-Konstante und C als Konstante. Zeigen Sie mithilfe thermodynamischer Beziehungen aus diesem und den vorangegangenen Kapiteln, dass die Spannung das Hooke’sche Gesetz (f = —k-I) befolgt, wenn die Innere Energie U nicht von | abhängt.

Ein Verbrennungsmotor werde mit Oktan betrieben, dessen Verbrennungsenthalpie —5512 k]) mol" beträgt. Auf welche Höhe kann man ein 1000 kg schweres Auto mit 3 kg Kraftstoff bringen (alle Reibungskräfte sind zu vernachlässigen), wenn die Temperatur des Zylinders des Motors 2000 °C beträgt und die Auslasstemperatur 800 °C? Ein Ottomotor arbeitet nach einem so genannten Otto-Kreis-

prozess. Das Arbeitsmedium (Luft) kann als ideales Gas betrachtet werden. Der Kreisprozess besteht aus folgenden Schritten: (1) Reversible adiabatische Kompression von A nach B, (2) reversibler Druckanstieg bei konstantem Volumen von B nach C durch Verbrennung einer kleinen Kraftstoffmenge, (3) reversible adiabatische Expansion von C nach D und (4) reversibler Druckabfall bei konstantem Volumen zurück nach A. Ermitteln Sie die Entropieänderung (für System und Umgebung) bei jedem Schritt und geben Sie eine Beziehung für den Wirkungsgrad des Kreisprozesses an; die Wärme soll in Schritt 2 zugeführt werden.

3 Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik

126

Berechnen Sie den Wirkungsgrad für ein Verdichtungsverhältnis von 10:1. Für den Zustand A gelte V = 4.00 dm’,

p = 1.00 atm, T = 300 K. Außerdem sei V, = 10V,;, Pc/Ps

=

Und On p.m Zar:

Um die Arbeit zu berechnen, die zur Abkühlung eines Objekts aufzuwenden ist, müssen wir untersuchen, wie

sich der Leistungskoeffizient mit der Temperatur des Objekts ändert. (a) Geben Sie eine Beziehung für die Arbeit bei der Abkühlung eines Objekts von T, nach T;; an; das

Kühlgerät befinde sich in einem Raum mit der Lufttemperatur T,,. Hinweis: Setzen Sie dw = dq/c(T), suchen Sie dann eine Beziehung zwischen dq und dT mithilfe der Wärmekapazität C, und integrieren Sie den erhaltenen Ausdruck. Die Wärmekapazität soll im betrachteten Temperaturbereich nicht von der Temperatur abhängen. (b) Verwenden Sie Ihr Ergebnis aus (a), um die Arbeit zu berechnen, die zum Gefrieren von 250g Wasser mit einer

Anfangstemperatur von 293 K in einem Gefrierschrank verrichtet werden muss. Wie lange dauert es, bis das Wasser gefroren ist, wenn die Leistung des Kühlgeräts 100 W beträgt?

3.45

Alle Beziehungen, die wir zur Beschreibung von Kältema-

schinen hergeleitet haben, lassen sich auch auf Wärmepumpen anwenden; dabei gewinnt man Wärme auf der

„Rückseite“ einer Kältemaschine, deren „Vorderseite“ die

Umgebung abkühlt. Wärmepumpen arbeiten sehr effizient und sind deshalb verbreitet zum Beheizen von Wohngebäuden im Einsatz. Vergleichen Sie das Heizen eines Zimmers bei 295,K auf zwei Wegen, (a) durch direkte Umwandlung von 1.00kj Elektroenergie in einem Elektroheizgerät und (b) durch den Betrieb einer reversiblen Wärmepumpe, deren Außenseite auf 260 Ktemperiert ist, mit 1.00 k) Elektroenergie. Begründen Sie den Unterschied der Energien, die in den beiden Fällen an den Innenraum abgegeben werden.

127

4

Physikalische Umwandlungen reiner Stoffe

Zu den einfachsten Anwendungen der Thermodynamik auf chemisch relevante Systeme gehört die Diskussion von Phasenübergängen reiner Stoffe. Dazu führen wir Phasendlagramme

ein als graphische

Darstellungen

der Druck-

und Temperaturbereiche,

Phasendiagramme - 127 Die Stabilität von Phasen - 127

in

denen die einzelnen Phasen stabil sind. Zunächst erklären wir anhand von Beispielen

Phasengrenzen - 128

für ausgewählte stoffliche Systeme, wie man empirisch erhaltene Phasendiagramme interpretiert. Anschließend werden wir genauer untersuchen, welche Faktoren Lage und Form der Begrenzungslinien einzelner Bereiche des Diagramms bestimmen. Dabei werden wir Beziehungen ableiten, die große praktische Bedeutung besitzen - beispielsweise bei der Untersuchung der Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks oder der Druckabhängigkeit des Schmelzpunkts eines Stoffs. Wir werden Prinzipien für die Klassifikation von Phasenübergängen erarbeiten; als Kriterium wenden wir die Änderung verschiedener thermodynamischer Funktionen während des Übergangs an. In diesem Kapitel werden wir überdies das chemische Potenzial einführen, eine Eigenschaft, die im Mittelpunkt unserer Diskussion von Phasenübergängen und chemischen Reaktionen stehen wird.

Anwendung 4-1: Überkritische Fluide - 129

Verdampfen, Schmelzen oder die Umwandlung von Graphit in Diamant - all dies sind Beispiele für Phasenübergänge, die ohne Änderung der chemischen Zusammensetzung des Systems verlaufen. In diesem Kapitel beschreiben wir solche Prozesse aus thermodynamischer Sicht; wir lassen uns dabei von der Erkenntnis leiten,

dass freiwillige Zustandsänderungen bei konstanter Temperatur und konstantem Druck immer in Richtung kleinerer Freier Enthalpie des Systems vonstatten gehen.

Drei typische Phasendiagramme - 130 4.2

Die Stabilität von Phasen: Phasenübergänge : 132

4.2.1

Das thermodynamische Gleichgewichtskriterium - 132

4.2.2

Die Abhängigkeit der Stabilität von den Bedingungen - 133

4.2.3

Die Lage der Phasengrenzlinien - 136

4.2.4

Die Klassifikation der Phasenübergänge nach Ehrenfest - 139

Das Wichtigste auf einen Blick - 142

Weiterführende Literatur - 142

4.1 |

Phasendiagramme

Diskussionsfragen : 143

Leichte Aufgaben - 143

Die physikalischen Zustandsänderungen einer Substanz lassen sich besonders knapp und übersichtlich in einem Phasendiagramm darstellen. Wie man ein solches Diagramm auswertet, ist Gegenstand dieses Abschnitts.

4.1.1

Die Stabilität von

Phasen

Materie mit homogener chemischer Zusammensetzung und räumlich konstantem physikalischem Zustand nennt man eine Phase des betreffenden Stoffs. Es gibt feste (Symbol „s“ von solidus), flüssige (Symbol „I“ von liquidus) und gasförmige Phasen (Symbol „g“) einer Substanz; für einen Stoff können auch verschiedene feste Phasen existieren, etwa das weiße und das schwarze Allotrop von Phosphor. er Ein Phasenübergang ist die spontane Umwandlung einer Phase in eine andere; bei ist So statt. Temperatur findet bei gegebenem Druck bei einer charakteristischen oberhalb von 0.1MPa (1 bar) unterhalb von 0°C Eis die stabilste Phase von Wasser;

von 0°C 0°C ist die Flüssigkeit der stabilere Zustand. Demzufolge muss oberhalb sie hinu 0°C von die Freie Enthalpie abnehmen, wenn Eis schmilzt, unterhalb

Punkt der Phasenübergangsgegen abnehmen, wenn flüssiges Wasser gefriert. Am

und die Freie Enttemperatur T},.„, befinden sich beide Phasen im Gleichgewicht, um. Minim halpie erreicht beim gegebenen Druck ein und J. de Paula ins un Vieri Auflage.e P.W. Atkins ikaliische Chemie,ie, Vierte Physikal KGaA, Weinheim © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. en ISBN: 3-527-31546-2

Schwerere Aufgaben - 144

128

4 Physikalische Umwandlungen reiner Stoffe

Wie zu Beginn von Kapitel 3 herausgestellt wurde, müssen wir beider Diskussion von Phasenübergängen sorgfältig zwischen der Thermodynamik und der Kinetik (der Geschwindigkeit) dieser Prozesse unterscheiden: Ein Übergang, der thermodynamisch freiwillig verlaufen sollte, kann sehr langsam vonstatten gehen und daher keine praktische Bedeutung besitzen. So ist bei normaler Tenaperatur und normalem Druck die molare Freie Enthalpie von Graphit niedriger als die von Diamant — aus thermodynamischer Sicht würde man erwarten, dass sich Diamant spontan in Graphit umwandelt. Dazu müsste sich allerdings die räumliche Anordnung der Kohlenstoffatome ändern; derartige Vorgänge laufen in Feststoffen unmessbar langsam ab (außer bei sehr hoher Temperatur). Es ist also eine kinetische und keine thermodynamische Frage, wie schnell sich ein Phasengleichgewicht einstellen kann. In Gasen und Flüssigkeiten beobachtet man hohe Geschwindigkeiten von Phasenübergängen, da die Moleküle viel beweglicher sind; in Festkörpern hingegen können thermodynamisch instabile Zustände sozusagen „eingefroren“ werden. Derartige thermodynamisch

instabile Phasen, die nur existieren können, weil der

Phasenübergang kineiisch gehemmt ist, nennt man metastabile Phasen. Ein Beispiel ist Diamant als die unter normalen Bedingungen metastabile Phase des Kohlenstoffs.

4.1.2 kritischer Punkt Feststoff

Flüssigkeit

Druck p

Temperatur

T

Abb. 4-1 Eine verallgemeinerte Darstellung der Gebiete, wo gasförmige, flüssige und feste Phase am stabilsten sind (das

heißt, das niedrigste chemische Potenzial aufweisen). Die feste Phase ist beispielsweise bei niedriger Temperatur und hohem Druck stabil. In den folgenden Abschnitten werden wir die Lage der Phasengrenzlinien genauer bestimmen.

Dampf, Druck p

Flüssigkeit oder Feststoff

Abb. 4-2 Als Dampfdruck einer Flüssigkeit oder eines Feststoffs bezeichnet man den Druck, den die gasförmige Phase ausübt, wenn sie sich im Gleichgewicht mit der jeweiligen kondensierten Phase befindet.

Phasengrenzen

Das Phasendiagramm eines Stoffs ist eine graphische Darstellung der Druck- und Temperaturbereiche, in denen die einzelnen Phasen thermodynamisch stabil sind (Abb. 4-1). Die Bereiche werden durch Phasengrenzlinien voneinander getrennt; diese repräsentieren Wertepaare (p, T), bei denen zwei Phasen miteinander im Gleichgewicht stehen. Betrachten wir eine reine Flüssigkeit in einem geschlossenen Behälter mit konstantem Volumen. Der Druck der Gasphase, die sich mit der kondensierten Phase im Gleichgewicht befindet, ist der Dampfdruck dieses Stoffs (Abb. 4-2). Die Phasengrenzlinien des Gleichgewichts Flüssigkeit/Gas gibt also die Abhängigkeit des Dampfdrucks der Flüssigkeit von der Temperatur an. Analog lässt sich an der Phasengrenzlinie Feststoff/Gas die Abhängigkeit des Sublimationsdrucks von der Temperatur ablesen. Der Dampfdruck nimmt mit steigender Temperatur zu, da dann immer mehr Moleküle genügend Energie besitzen, um die zwischenmolekularen Anziehungskräfte zu ihren Nachbarn zu überwinden.

Kritischer Punkt und Siedepunkt Wenn eine Flüssigkeit in einem offenen Gefäß erhitzt wird, verdamp ft die Flüssigkeit an der Oberfläche. Ist die Temperatur erreicht, bei der der Dampfdruck mit dem äußeren Druck übereinstimmt, erfolgt die Verdampfung des gesamten flüssigen Körpers, wobei der Dampf frei in die Umgebung entweic hen kann. Diesen Vorgang nennt man Sieden und die Temperatur, an der der Dampfdruck der Flüssigkeit gleich dem äußeren Druck ist, ist die Siedetemperatu r bei gegebenem Druck. Für den Spezialfall eines äußeren Drucks von 0.1MPa (1 bar) spricht man vom Standardsiedepunkt T;; für Wasser liegt er bei 99.6 °C. (Unter Atmosphärendruck, = latm, liegt der so genannte Normalsiedepunk t von Wasser bei 100 28 1.000 bar= 0.987 at.) Wird die Flüssigkeit in einem geschlossenen Gefäß erhitzt, findet der Siedevorgang nicht statt. Stattdessen nehmen der Dampf druck und die Dichte des Dampfs mit steigender Temperatur kontinuierlich zu (Abb. 4-3). Gleichzeitig dehnt sich die Flüssigkeit aus, wodurch ihre Dichte gering fügig abnimmt. Bei einer bestimmten Temperatur ist die Dichte des Dampfs gleic h der Dichte der flüssigen Phase - die Phasengrenzfläche verschwindet. Diese lem peratur nennt man kritische Temperatur T,,. (wir sind ihr in Abschnitt il bereits begegnet). Der entspreche nde Dampfdruck ist der kritische Druck Pierit- Bei und oberhalb dieser Temperatur wird das Gefäß von einer einzigen, homo gen en Phase ausgefüllt, dem überkritis chen

4.1 Phasendiagramme

129

Fluid. Grenzflächen existieren nicht mehr. Oberhalb seiner kritischen Temperatur

besitzt folglich kein Stoff eine flüssige Phase.

Anwendung 4-1

Überkritische Fluide

Überkritisches Kohlendioxid, abgekürzt scCO, (von engl. „supercritical“), ist bei

immer mehr Prozessen als Lösungsmittel im Gespräch. Sein kritischer Druck (72.9 atm) und seine kritische Temperatur (304.2 K oder 31.0°C) sind technisch gut erreichbar, die Substanz ist billig und lässt sich problemlos wiederverwerten. Die Dichte von CO, am kritischen Punkt beträgt 0.45gcm°. Die Transporteigen-

schaften überkritischer Fluide hängen entscheidend von ihrer Dichte ab, welche ihrerseits empfindlich auf Druck- und Temperaturänderungen reagiert. Auf diese Weise lässt sich die Dichte zwischen 0.1gcm° (gasähnlich) und 1.2 gcm ° (flüssigkeitsähnlich) einstellen. Als Faustregel gilt, dass die Löslichkeit eines zu lösenden Stoffs exponentiell von der Dichte des überkritischen Lösungsmittels abhängt. Kleine Druckänderungen, insbesondere in der Umgebung des kritischen Punkts, können die Löslichkeit deshalb stark beeinflussen. Zu den wichtigen Vorteilen von überkritischem scCO, zählt, dass es sich nach

Gebrauch aus dem System entfernen lässt, ohne schädliche Reststoffe zurückzulassen. Dieser Fakt (gemeinsam mit der niedrigen kritischen Temperatur) empfiehlt das Lösungsmittel besonders für die Nahrungsmittelindustrie (zum Beispiel zum Entkoffeinieren von Kaffee) und die Arzneimittelherstellung. Zunehmend verwendet man scCO, auch in der chemischen Reinigung als Ersatz für Krebs erregende, umweltschädliche chlorierte Kohlenwasserstoffe.

Seit den 1960er Jahren wird scCO, als mobile Phase der Flüssigkeitschromatographie mit überkritischen Fluiden (SFC) eingesetzt. Dieses Verfahren wurde zwischenzeitlich weit gehend von der bequemeren Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) verdrängt, findet aber neuerdings wieder Interesse, weil sich damit auch Trennungsaufgaben lösen lassen, die der HPLC Schwierigkeiten bereiten (beispielsweise die Trennung von Lipiden und Phospholipiden). Probenmengen bis in den Pikogramm-Bereich lassen sich so analysieren. Ein weiterer wesentlicher Vorzug der SFC besteht darin, dass die Diffusionskoeffizienten in überkritischen Fluiden um eine Größenordnung über denjenigen in gewöhnlichen Flüssigkeiten liegen; der Diffusion des gelösten Stoffs durch die chromatographische Säule wird deswegen weniger Widerstand entgegen gesetzt, die Stofftrennung wird beschleunigt oder die Auflösung des Verfahrens steigt. Leider ist überkritisches CO, kein besonders gutes Lösungsmittel. Viele potenziell interessante Substanzen lassen sich nur mithilfe oberflächenaktiver Hilfsmittel in Lösung bringen. Die Wirtschaftlichkeit von Reinigungsverfahren auf scCO,Basis hängt daher von der Verfügbarkeit preiswerter Tenside ab; Ähnliches gilt für den Einsatz von scCO, als Lösungsmittel für homogene Katalysatoren (wie Metallkomplexe). Bislang gibt es zwei Ansätze, um diesem Problem zu begegnen: Die Anwendung fluorierter und siloxanbasierter polymerer Stabilisatoren ermöglicht den Ablauf von Polymerisierungen in scCO,. Da diese Hilfsstoffe für den kommerziellen Einsatz zu teuer sind, greift man neuerdings auf die wesentlich billigeren Poly(ether-carbonat)-Copolymere zurück, deren Löslichkeit in scCO, durch Veränderung des Verhältnisses zwischen Ether- und Carbonatgruppen beeinflusst

werden kann. Die kritischen Parameter von Wasser sind 374°C und 218atm, Bedingungen hängen also, die technisch anspruchsvoller sind als im Fall von scCO,. Auch hier

die Eigenschaften des Fluids empfindlich vom Druck ab: Bei abnehmender Dichte von scH,O verhält sich das Medium nicht mehr wie eine wässrige Lösung, ou Eine dern wie eine nicht wässrige und schließlich wie eine gasförmige Lösung.

von ionischen zu Folge ist, dass sich Reaktionsmechanismen verschieben, etwa radikalischen Reaktionen.

(a)

(b)

( 0 (Abb. 5-9). Sind die Stoffmengen der Gase gleich, so setzen wir beispielsweise x, = x, =! und erhalten AuS=nRIn2 (n ist die Stoffmenge beider Gase zusammengeno mmen). Dieses Ergebnis entspricht unseren Erwartungen: Ein Gas mischt sich mit einem anderen, der Ordnungsgrad des Systems wird dabei verringert. Wir können nun auch die isotherm-isobare Mischungsenthalpie A,,H zweier idealer Gase berechnen (aus AG= AH — TAS). Aus den Gln. (5-18) und (5-19) erhalten wir

ar

155 0.8

(5-20)°

die Mischungsenthalpie des betrachteten Prozesses ist null, wie man für ein System ohne Wechselwirkung der Teilchen untereinander auch erwartet. Die gesamte Triebkraft des Mischungsvorgangs stammt demnach aus der Entropiezunahme des Systems, da sich die Entropie der Umgebung nicht ändert. 0

51.3

Das chemische Potenzial flüssiger Phasen

Um die Eigenschaften flüssiger Mischungen im Gleichgewicht diskutieren zu können, müssen wir zunächst die Abhängigkeit des chemischen Potenzials einer flüssigen Phase von ihrer Zusammensetzung beschreiben. Dazu nutzen wir die Tatsache,

dass im Gleichgewicht das chemische Potenzial einer Komponente in der Gasphase gleich dem chemischen Potenzial dieses Stoffs in der koexistierenden flüssigen Phase ist.

Ideale Mischungen Größen, die sich auf reine Stoffe beziehen, werden wir von jetzt an durch den hoch-

gestellten Index * kennzeichnen; das chemische Potenzial des reinen Stoffs A ist somit u), das der reinen Flüssigkeit (wenn dies betont werden soll) wi (l). Der Dampfdruck einer reinen Flüssigkeit ist p\; das chemische Potenzial von A in der (als ideales Gas behandelten) koexistierenden Gasphase ist dann nach Gl. (5-14) u +RTInp; (p; ist zu interpretieren als p,/p”, der Druck relativ zum Standarddruck). Im Gleichgewicht sind die beiden chemischen Potenziale gleich groß (Abb. 5-10), so dass wir schreiben können

MH,

ERIInp,.

ERLImp.

1

Abb. 5-9 Die Mischungsentropie zweier idealer Gase bzw. (wie später noch genauer diskutiert wird) zweier Flüssigkeiten, die eine ideale Mischung bilden. Die

Entropie nimmt bei allen Temperaturen und Zusammensetzungen zu: Ideale Gase mischen sich freiwillig in jedem beliebigen Verhältnis. Es findet kein Wärmeaustausch mit der Umgebung statt, daher ändert sich beim Mischen idealer Gase die Entropie der Umgebung nicht. Die Kurve zeigt also gleichzeitig die Gesamtentropieänderung von System und Umgebung beim Mischungsvorgang.

{5-21}

Bei Anwesenheit eines gelösten Stoffs in der flüssigen Phase beträgt das chemische Potenzial von A in der Flüssigkeit «, (l), der Dampfdruck von A in der Gasphase ist pı. Lösungsmittel und koexistierende Gasphase sind nach wie vor im Gleichgewicht und wir können schreiben Ol

0.5 Molenbruch von A, x,

{5-22}

U(8P) im Gleichgewicht gleich

Kl)

Durch Zusammenfässen beider Gleichungen eliminieren wir das chemische Potenzial der Gasphase: Wir setzen Gl. (5-21), umgestellt nach u/’, in Gl. (5-22) ein, also

Pa

(5-23)

A

Um etwas über das Verhältnis p,/p; aussagen zu können, stützen wir uns auf experimentelle Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen den Dampfdrücken und

der Zusammensetzung der flüssigen Phase. Der französische Chemiker Francois Raoult erhielt in Messreihen an Mischungen chemisch verwandter Flüssigkeiten

Abb. 5-10 Im Gleichgewicht ist das chemische Potenzial der Komponente A in der Gasphase gleich ihrem chemischen Potenzial in der koexistierenden kondensierten Phase. Dies gilt auch bei Anwesenheit eines gelösten Stoffs. Das chemische Potenzial von A im Dampf hängt vom Partialdampfdruck von A ab; demzufolge kann man auch das chemische Potenzial von A in der flüssigen Phase zu seinem Partialdampfdruck in Beziehung setzen.

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

156

Gesamtdruck

[e))oO

= px:

Benzol > oO

Dreuk p/Torr Druck Partialdruck von

DS)oO

Methylbenzol

A

Partialdruck von

B

0

0

_Molenbruch von A, x,

1

Abb. 5-11 Der Gesamtdampfdruck sowie beide partiellen Dampfdrücke der Komponenten einer idealen binären Mischung sind proportional zu den Molenbrüchen der Komponenten.

Molenbruch von

1

Methylbenzol x(C,H,CH,) Abb. 5-12 Zwei chemisch ähnliche Flüssigkeiten - hier Benzol und Toluol (Methylbenzol) - bilden nahezu ideale Mischungen; die Abhängigkeit ihrer Dampfdrücke von der Zusammensetzung entspricht fast dem idealen Verhalten.

(z.B. Benzol und Methylbenzol) folgendes Resultat: Das Verhältnis des partiellen Dampfdrucks p, einer Komponente A in einer Mischung zum Dampfdruck p/ der reinen Substanz A ist etwa gleich dem Molenbruch von A in der Mischung. Man bezeichnet diese Aussage heute als Raoult’sches Gesetz:

DR

up

(5-24)

Eine graphische Darstellung dieses Gesetzes finden Sie in Abb. 5-11. Einige Mischungen erfüllen das Raoult’sche Gesetz sehr gut; das gilt insbesondere für Mischungen chemisch ähnlicher Komponenten (Abb. 5-12). Mischungen, die das Raoult’sche Gesetz im gesamten Bereich möglicher Zusammensetzungen - von reinem A bis zu reinem B - exakt befolgen, nennt man ideale Mischungen oder ideale Lösungen. Alle Gleichungen, die sich auf solche idealen Systeme beziehen, kennzeichnen wir mit einem hochgestellten Index °, wie für Gl. (5-24) bereits geschehen. Aus den Gin. (5-23) und (5-24) folgt für ideale Mischungen, dass der Zusammenhang zwischen dem chemischen Potenzial einer Komponente und ihrem Molenbruch gegeben ist durch

blockiert

Deu,

RT iux,.

(5-25)°

Diese wichtige Beziehung kann auch als Definition der idealen Mischung betrachtet werden; das Raoult’sche Gesetz folgt dann unmittelbar daraus. Gl. (5-25) ist sogar die geeignetere Definition, weil sie nicht wie Gl. (5-24) davon ausgeht, dass die Gasphase als ideal behandelt werden kann.

Abb. 5-13 Bildliche Darstellung der mikroskopischen Grundlagen des Raoult'schen Gesetzes. Die größeren Kugeln sind die Lösungsmittelmoleküle an der Oberfläche der Lösung, die kleinen Kugeln stellen die

Moleküle des gelösten Stoffs dar. Letztere können das Entweichen von Lösungsmittelmolekülen in die Atmosphäre in gewissem Maß verhindern, nicht jedoch die Rückkehr von Lösungsmittel aus der Gasphase in die Lösung.

Mikroskopische Interpretation 5-10 | Begründung des Raoult’schen Gesetzes auf molekularer Ebene , Auf mikroskopischer Ebene kann man das Raoult’sche Gesetz anhand der Anzahl der Moleküle erklären, die pro Zeiteinheit die flüssige Phase verlassen oder wieder in diese Phase eintreten. Das Gesetz spiegelt folgende Tatsache wider: Die Anwe, senheit einer zweiten Komponente verringert die Anzahl der Moleküle der Spezies A, die die Oberfläche der Flüssigkeit in jeder Sekunde verlassen, aber sie beein| Musst nicht die Anzahl der Moleküle A, die wieder in die flüssige Phase eintreten

| (Abb. 5-13).

-

3.1 Die thermodynamische Beschreibung von Mischungen

157

Die „Verdampfungsgeschwindigkeit“ ist proportional zur Anzahldichte der Moleküle A in der Oberfläche und damit proportional zum Molenbruch der Komponente A in der Mischung (solange keine An- oder Abreicherung von A in der Oberfläche vorliegt):

Summe

Verdampfungsgeschwindigkeit = IS (k ist ein Proportionalitätsfaktor). Die Anzahl der Moleküle, die pro Zeiteinheit aus der Gasphase in die flüssige Phase zurückkehren, wird nicht beeinflus st. Die „Kondensationsgeschwindigkeit“ ist proportional zur Konzentration von A in der Gasphase und damit zum Partialdruck von A:

w

Schwefel| kohleristoff

(=)S

Druck p/Torr Aceton

Kondensationsgeschwindigkeit = kp, . Im Gleichgewicht sind die Geschwindigkeiten von Verdampfung und Kondensation gleich, X p, = kx,. Daraus folgt

0

k

Molenbruch von

l

Schwefelkohlenstoff x(CS ,)

Pa = re

Für die reine Flüssigkeit ist x, = 1; es gilt also ok Pia Eu

, Einsetzen dieser Gleichung in die vorhergehende Beziehung liefert unmittelbar

Abb. 5-14 Mischungen aus Flüssigkeiten mit sehr verschiedenen Eigenschaften (hier Kohlenstoffdisulfid CS, und Aceton) zeigen deutliche Abweichungen vom idealen Verhalten.

Glas. 24).

Einige Mischungen weichen deutlich vom Raoult’schen Gesetz ab (Abb. 5-14). Auch in diesen Fällen gilt das Gesetz noch für die Komponente im Überschuss, und zwar um so exakter, je mehr sie sich dem Zustand des reinen Stoffs annähert (das heißt, je geringer die Konzentration des gelösten Stoffs ist). Man kann das Gesetz also in guter Näherung zur Beschreibung des Verhaltens des Lösungsmittels in verdünnten Lösungen verwenden. Druck

Ideal verdünnte Lösungen In idealen Lösungen befolgen sowohl Lösungsmittel als auch gelöster Stoff das Raoult’sche Gesetz. Für reale Lösungen mit geringer Konzentration des gelösten Stoffs erhielt der englische Chemiker William Henry folgendes experimentelle Resultat: Der Dampfdruck des gelösten Stoffs ist zwar proportional zu seinem Molenbruch, der Proportionalitätsfaktor ist jedoch nicht der Dampfdruck der reinen Komponente (Abb. 5-15). Wir nennen diese Schlussfolgerung Henry’sches Gesetz: Due

ideal verdünnte Lösung (Henry'sches Gesetz)

(9-26)°

Dabei ist x; der Molenbruch des gelösten Stoffs; K, ist eine Konstante mit der Dimension eines Drucks, die so gewählt wird, dass die Gerade nach Gl. (5-26) die Tangente an die experimentell bestimmte Kurve für p, als Funktion von x, im Punkt x, = 0 bildet. Mischungen, für die die in geringer Konzentration vorliegende Komponente (gelöster Stoff) das Henry’sche Gesetz und die in großer Konzentration vorliegende Komponente (Lösungsmittel) das Raoult’sche Gesetz erfüllt, nennt man ideal verdünnte Lösungen. Auch Gleichungen, die nur für solche Lösungen zutreffen, werden wir mit einem Index ° kennzeichnen. Was aber ist die Ursache für den Unterschied im Verhalten der beiden Komponenten mit großer bzw. kleiner Konzentration, der durch das Henry’sche im Vergleich zum Raoult’schen Gesetz zum Ausdruck kommt? In einer verdünnten Lösung ist die Umgebung der Lösungsmittelmoleküle (der Moleküle der Komponente mit großer Konzentration) sehr ähnlich zu der, die im reinen Stoff vorliegt (Abb. 5-16); die Moleküle des gelösten Stoffs werden von Lösungsmittelteilchen umschlossen. Das Lösungsmittel verhält sich daher nahezu wie die reine Substanz; das Verhalten des gelösten Stoffs unterscheidet sich jedoch deutlich von seinem reinen Zustand, mit Ausnahme des Falles, dass

K ;

ja

ideale Mischung (Raoult'sches Gesetz) Molenbruch von B, x, Abb. 5-15 Wenn eine der Komponenten (das Lösungsmittel) nahezu rein vorliegt, ist ihr Dampfdruck proportional zum Molenbruch; der Proportionalitätsfaktor ist p; (Raoult’sches Gesetz). Auch wenn die Komponente A in geringer Konzentration

(als gelöster Stoff) vorliegt, ist ihr Dampfdruck proportional zum Molenbruch; der Proportionalitätsfaktor ist nun jedoch K, (Henry’sches Gesetz).

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

158

auch Lösungsmittel und gelöster Stoff chemisch sehr ähnlich sind. Dann befolgt Gesetz. he Raoult’sc das te die in geringer Konzentration vorliegende Komponen

Beispiel 5-3 Die Gültigkeit des Raoult’schen und des Henry’schen Gesetzes Für verschieden zusammengesetzte Mischungen aus Aceton (Propanon,A) und Chloroform (Trichlormethan, C) wurden die Dampfdrücke jeder der beiden Komponenten bei 35 °C gemessen:

Xc pe/10’ Pa) x,/(10 Pa) Abb. 5-16 In einer verdünnten Lösung unterscheidet sich die Umgebung der Lösungsmittelmoleküle (rote Kugeln) nur wenig von der Situation im reinen

Lösungsmittel, die Umgebung der Teilchen des gelösten Stoffs unterscheidet sich hingegen drastisch von der Situation im reinen gelösten Stoff.

p’* (Aceton)

300 p*(Chloroform)

92

Raoult'sches 7 Gesetz...

8)Q oO

Drcuk /Torr 100

0

/ Henry'sches Gesetz

0200 AZ 333

Fo 36.4 26.7 0 4.9

0.60° 189 12.3

80207 233

Zeigen Sie, dass jeweils für die im Überschuss vorhandene Komponente das Raoult’sche Gesetz, für die in geringerem Anteil vorhandene Komponente das Henry’sche Gesetz gilt. Bestimmen Sie die Konstanten des Henry’schen Gesetzes.

Vorgehen Sowohl das Raoult'sche als auch das Henry’sche Gesetz beschreibt die Form der Abhängigkeit des Dampfdrucks vom Molenbruch:. Daher sollten wir mit einer entsprechenden graphischen Darstellung der gegebenen Wertepaare beginnen. Durch Vergleich der erhaltenen Kurve mit der Gerade p, = x, p; überprüfen wir die Gültigkeit des Raoult’schen Gesetzes jeweils in dem Bereich, wo die betreffende Komponente im Überschuss vorliegt. Die Gültigkeit des Henry’schen Gesetzes prüfen wir, indem wir für beide Partialdampfdrücke diejenige Gerade p, = x; K, suchen, die sich für kleine Molenbrüche (wo die jeweilige Komponente als gelöster Stoff behandelt werden kann) als Tangente an die Kurve schmiegt. Antwort In Abb. 5-17 sehen Sie alle diese schen Gesetzes beträgt 23.3 kPa für Aceton sich die Zusammensetzung der Mischung fernt, treten deutliche Abweichungen auf, näher beschäftigen werden.

( K(CH,COCH,)

N

0 0 463

Kurven. Die Konstante K des Henry’und 22.0 kPa für Chloroform. Sobald nur wenig von x = 1 bzw. x = 0 entmit denen wir uns in Abschnitt 5.2.2

>

v2 oA 08 0 Molenbruch von

Ss,

1

Chloroform x(CHCI,) Abb. 5-17 Experimentell bestimmte Werte der partiellen Dampfdrücke einer Mischung aus Chloroform und Aceton (Zahlenwerte siehe Beispiel 5-3). Die Werte von K wurden durch Extrapolation des Dampfdrucks der verdünnten Lösung gewonnen; die Methode hierzu wird im genannten Beispiel beschrieben.

Übung 5-4 In Gemischen verschiedener Zusammensetzung wurde folgende Abhängigkeit des Dampfdrucks von Chlormethan vom Molenbruch experimentell bestimmt

(bei T = 25 °C):

3

p/(10°Pa)

0.005

27.3

0.009

48.4

0.019

101

0.024

126

Bestimmen Sie daraus die Konstante K des Henry’schen Gesetzes!

[5 MPa]

Für praktische Zwecke formuliert man das Henry’sche Gesetz als Funktion der Molalität b des gelösten Stoffs: Kurztabelle 5-] Konstanten des Henry’schen Gesetzes für Gase in Wasser bei 298 K.‘ Substanz

K/(kPa kg mol”)

Co; H, N, ®),

30.1 x10? 1.28 x10° 1.56 x10° 7.92 x 10°

* Weitere Werte im Tabellenteil am

Ende des Buches.

PB =b;K;,.

Henry’sche Konstanten für einige Stoffe finden Sie in Tabelle 5-1. Durch diese Daten ist der Zusammenhang zwischen dem Molenbruch einer Mischungskomponente und ihrem Partialdampfdruck gegeben; sie können auch zur Berechnung von Gaslöslichkeiten verwendet werden. Die Kenntnis der Henry’schen Konstanten von Gasen in Blut und Körperfetten ist für die Diskuss ion der Wirkung gasförmiger

Narkosemittel und der Atmung von Bedeutung (insbesondere, wenn der Sauerstoff-

Partialdruck ungewöhnliche Werte annimmt, wie beim Bergsteigen oder Tauchen)

-

>.1

Illustration 5-2

Die thermodynamische Beschreibung von Mischungen

Eine Anwendung des Henry’schen Gesetzes

Zu bestimmen ist die molare Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser bei 25°C und

seinem Partialdruck in der Atmosphäre in Höhe des Meeresspiegels (21 kPa). Wir setzen an: bo

ld,

id

Ko,

21 kPa

7.9 x 10% kPakg mol"

=2.9x10 *molkg”' .

Die Molalität der gesättigten Lösung ist also gleich 0.29 mmolkg"'. Um dies in eine

molare Konzentration umzurechnen, setzen wir die Massendichte dieser verdünnte n

Lösung gleich der Dichte reinen Wassers bei 25°C, Pr,o = 0.997 09 kgdm°. Für

die Sauerstoffkonzentration haben wir dann

[02] = bo, Pu,o = 0.29 mmolkg 'x 0.99709 kgdm’ = 0.29 mmoldm® . Hinweis

Das Resultat einer Rechnung sollte nicht mehr signifikante Stellen aufweisen als die verwendeten Daten (in diesem Fall nur zwei).

Übung 5-5 Berechnen Sie die Gleichgewichtskonzentration von Stickstoff in Wasser, welches bei 25°C der Atmosphäre ausgesetzt ist; die benötigten Partialdrücke wurden in Beispiel 1-3 berechnet. [0.51 mmoldm°]

Anwendung 5-1

Die Löslichkeit von Gasen und die Atmung

Mit jedem Atemzug inhalieren wir rund einen halben Liter Luft. Für die Füllung der Lunge mit Luft ist ein Unterdruck relativ zum Atmosphärendruck von ungefähr 100 Pa notwendig. Er kommt durch eine Erweiterung des Brustkorbs und eine Abflachung des Zwerchfells zustande. Beim Ausatmen sinkt der Brustkorb nach unten, die Spannung des Zwerchfells lässt nach und in der Lunge entsteht ein Überdruck von ungefähr 100 Pa relativ zum Atmosphärendruck. Die Lunge fasst im Mittel etwa 6dm? Luft; nach der normalen Ausatmung können noch ungefähr 1.5 dm? unter Kraftaufwand abgegeben werden. Die Lunge ist niemals vollkommen luftleer, um ein Zusammenfallen der Lungenbläschen (Alveolen) zu verhindern. Um die Atmung im Detail diskutieren zu können, muss man die Henry’schen Konstanten der beteiligten Gase in Fetten und Lipiden kennen. Infolge des Gasaustauschs zwischen Blut und Luft im Innern der Alveolen ändert sich die Zusammensetzung der Luft in der Lunge während jedes Atmungszyklus. Die Alveolen enthalten ein Gemisch aus frisch zugeführter Luft und Luft, die gerade ausgeatmet werden soll. Die Sauerstoffkonzentration im arteriellen Blut entspricht einem Partialdruck von rund 5.3kPa, der Partialdruck eingeatmeter Luft liegt bei 13.JkPa. Rund 0.75s lang verbleibt das arterielle Blut in der Kapillare, die die Wand eines Lungenbläschens durchzieht; das große Druckgefälle sorgt aber dafür, dass das Blut schon nach 0.25 Sekunden mit Sauerstoff gesättigt ist. Sammelt sich in den Lungen Flüssigkeit an (wie bei einer Pneumonie), so verdickt sich die Atmungsmembran, die Diffusion verlangsamt sich und die Körpergewebe beginnen an Sauerstoffmangel zu leiden. Kohlendioxid wird durch die Atmungsgewebe ist aber in umgekehrter Richtung transportiert; der zugehörige Druckgradient

9

160

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen weitaus niedriger (0.7kPa im Blut, 5.3kPa in der Luft im Gleichgewicht). Weil sich Kohlendioxid aber viel besser in der Alveolarflüssigkeit löst als Sauerstoff,

werden bei jedem Atemzug gleiche Mengen beider Gase ausgetauscht. Zur Behandlung mancher Erkrankungen, beispielsweise der Vergiftung mit Kohlenmonoxid oder Folgen eines Schocks, bringt man den Patienten in eine Sauerstoff-Überdruckkammer. Sinnvoll ist dies auch bei Krankheiten, die von anaeroben Erregern hervorgerufen werden, welche in einer sauerstoffreichen Umgebung absterben (Beispiele sind Gasbrand und Tetanus). Beim Flaschentauchen wird die Luft mit erhöhtem Druck in die Lungen gegeben, damit der Druck im Brustkorb des Tauchers gleich dem umgebenden Wasser-

druck wird. Letzterer nimmt je 10 Tiefenmeter um rund 0.1MPa zu. Leider ist Stickstoff in Fettgewebe viel besser löslich als in Wasser; atmet man Luft unter Überdruck ein, so löst sich Stickstoff deshalb im Zentralnervensystem, im Knochenmark und in den Fettreserven. Die Folge ist eine Stickstoffnarkose mit Symptomen ähnlich denen einer Vergiftung. Zu schnelles Auftauchen führt zum Ausperlen des gelösten Stickstoffs aus dem Fettgewebe, auch als Dekompressionskrankheit bekannt. Dieser schmerzhafte Zustand kann zum Tod führen. Wahrscheinlich werden viele Tauchunfälle durch Embolien der Arterien (Verstopfungen durch Gasblasen) verursacht; gelangen die Blasen bis ins Hirn, verliert man das Bewusstsein.

5.2 |

Die Eigenschaften von Lösungen

Anhand der Informationen, die wir bis hierher erarbeitet haben, wollen wir nun die Thermodynamik der Mischung von Flüssigkeiten untersuchen. Zunächst betrachten wir den einfachsten Fall einer idealen Mischung aus zwei Komponenten, da man an diesem Beispiel die thermodynamischen Konsequenzen der Vermischung der Moleküle zweier Spezies erkennen kann. Auf dieser Grundlage können wir anschließend die Abweichungen realer Mischungen vom idealen Verhalten diskutieren.

5.2.1

Flüssige Mischungen

Anhand einiger weniger Grundgedanken lassen sich die Eigensch aften flüssiger Mischungen thermodynamisch beschreiben.

Ideale Mischungen Wenn sich aus zwei Komponenten eine ideale Mischung bildet, ändert sich die Freie Enthalpie des Systems in exakt derselben Wiese, wie wir es bereits für die Mischung zweier Gase hergeleitet haben (Abschnitt 5.1.2). Die Freie Enthalpie der getrennten Komponenten beträgt Gens

tnur.

Nach dem Mischungsvorgang erhält man für die chemischen Potenziale Werte entsprechend Gl. (5-25); die Freie Enthalpie des Syste ms beträgt nun G=n,{uk +RT In} -+ns{uk + RT mer:

Die Differenz beider Beträge ist die Freie Misch ungsenthalpie, AuG=nRT{x,

Inx, + 29 aan,

(3-27)°

mitn= Nat Ns. Die ideale Mischungsent ropie zweier Flüssigkeiten ist dann (analog zur Mischung zweier Gase)

3.2 Die Eigenschaften von Lösungen

AuS=—nRf{x, Inx, +x; In a

161

(9-28)°

und die ideale Mischungsenthalpie ist null wegen A,H = AuG+ TAyuS=0 . Das ideale Mischungsvolumen (die Volumenänderung während des Mischungsvorgang s)

ist ebenfalls null, weil aus Gl. (3-50), (9G/ap), = V, folgt Ay,V = (dAuG/op ),; da aber A,,G nach GI. (5-27) nicht vom Druck abhängt, ist die Ableitung nach dem Druck null. Gleichung (5-27) entspricht genau der Beziehung für ideale Gase; daher sind alle dort gewonnenen Schlussfolgerungen auch für ideale Mischungen flüssiger Komponenten gültig. Die Triebkraft des Mischungsvorgangs ist die Zunahme der Unordnung durch Vermischen von Teilchen zweier Spezies, die Mischungsenthalpie ist null. Dabei wollen wir betonen: Der Begriff „ideal“ , den wir für die Lösungen

verwenden, unterscheidet sich vom Begriff des „idealen“ Gases in der Weise, dass für ideale Gase keinerlei Wechselwirkungen zwischen den Teilchen erlaubt sind; in idealen Lösungen sind Wechselwirkungen möglich. Wir fordern hier lediglich, dass die mittlere Wechselwirkung zwischen A und B der mittleren Wechselwirkung A-A und B-B im jeweils reinen Zustand entspricht. Die Freie Mischungsenthalpie hängt in analoger Weise von der Zusammensetzung des Gemischs ab, wie bereits für Gasmischungen beschrieben (siehe Abb. 5-7); gleiches trifft für die Mischungsentropie

zu (Abb. 5-9).

Bei realen Lösungen, die aus Teilchensorten A und B bestehen, sind die Wechselwirkungen A-A, A-B und B-B alle voneinander verschieden. Der Mischungsvorgang kann hier erstens von einer Enthalpieänderung begleitet werden; zweitens kann ein zusätzlicher Entropiebeitrag dadurch entstehen, dass sich die Teilchen beider Komponenten nicht völlig zufällig miteinander mischen, sondern (mindestens) eine der beiden Molekülsorten zur Clusterbildung neigt. In Fällen, in denen die Enthalpieänderung einen großen positiven Wert annimmt (das heißt, der Mischungsvorgang endotherm verläuft) oder die Entropieänderung negativ ist (etwa durch Umorganisation der Moleküle während der Mischung, so dass ein geordnetes System entsteht), kann die Freie Mischungsenthalpie positiv sein. Das bedeutet, dass sich die Komponenten spontan entmischen. Entweder sind sie überhaupt nicht

800

miteinander mischbar, oder sie mischen sich nur in einem speziellen Bereich der

möglichen Zusammensetzungen (man spricht dann von begrenzter Mischbarkeit). >

Exzessfunktionen und reguläre Lösungen Die thermodynamischen Eigenschaften realer Lösungen kann man mit Hilfe der Exzessfunktionen XF beschreiben. Diese sind definiert als die Differenz zwischen der experimentell beobachteten thermodynamischen Mischungsfunktion und der entsprechenden Funktion für eine ideale Lösung. Für die Exzessentropie gilt beispielsweise

BIN

SEIN.

(5-29)

wobei A,s'@@ durch Gl. (5-28) gegeben ist. Exzessenthalpie und Exzessvolumen entsprechen jeweils gerade den experimentell beobachteten Mischungsfunktionen, da deren Werte für ideale Systeme null sind.

Der Betrag einer Exzessfunktion ist ein Maß für die Abweichung der betrachteten Lösung vom idealen Verhalten. In diesem Zusammenhang wird als Modellsystem häufig die reguläre Lösung verwendet mit H E #0, aber SE = 0. Man versteht darunter ein Gemisch aus zwei Molekülsorten, die völlig zufällig verteilt sind, deren gegenseitige Wechselwirkungsenergien sich jedoch unterscheiden. In Abb. 5-18 sehen Sie zwei Beispiele für die Abhängigkeit der Exzessfunktionen von der Zusammensetzung des Gemischs.

=

K mol”) V/(mm'

on

|

0.5 x(C,Cl,)

1

Abb. 5-18 Experimentell bestimmte

Exzessfunktionen bei 25 °C. (a) HF für die Mischung Benzol/Cyclohexan; der Mischungsvorgang ist endotherm (da für ideale Lösungen A,H = ist). (b) Das Exzessvolumen VF für die Mischung Tetrachlorethylen/Cyclopentan; man erkennt, dass das Volumen bei niedrigen Molenbrüchen von Tetrachlorethylen abnimmt, bei hohen Molenbrüchen von Tetrachlorethylen hingegen zunimmt (da für ideale Lösungen AyV = Ost).

162

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

Für eine quantitative Diskussion

+0.5

+0.]

oO

H“/nRT

0.5

0

1

0

0.5

1

X

Ar

Abb. 5-19 Die Exzessenthalpie entsprechend einem Modell, in dem sie proportional zu ßx, x, ist, aufgetragen für verschiedene Werte des Parameters ß.

Abb. 5-20 Die Freie Mischungsenthalpie für verschiedene Werte des Parameters ß.

der Zusammenhänge betrachten wir die Exzessenthalpie als Funktion der Zusammensetzung:

H"=nßRTx,%

(5-30)

mit ß als dimensionslosem Parameter, einem Maß für die Energie der Wechselwirkungen A-B relativ zu den Wechselwirkungen A-A und B-B. Die in Gl. (5-30) gegebene Funktion ist in Abb. 5-19 graphisch dargestellt; wir registrieren die Ähnlichkeit mit der experimentell ermittelten Funktion in Abbildung 5.18. Ist ö < 0, so verläuft der Mischungsvorgang exotherm; die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen des Lösungsmittels und des gelösten Stoffs sind im Vergleich zu den Wechselwirkungen im reinen Lösungsmittel und im reinen gelösten Stoff begünstigt. Bei ß > 0 ist der Mischungsvorgang hingegen endotherm. Da die Mischungsentropie für eine reguläre Lösung den idealen Wert annimmt, ist die Freie Exzessenthalpie gleich der Exzessenthalpie. Die Freie Mischungsenthalpie ist dann Au, G=nRT{,

Ins, +8

no +ßx,%}.

(5-31)

Abb. 5-20 zeigt den Zusammenhang zwischen AG und der Zusammensetzung der Mischung für verschiedene Werte von ß. Beachten Sie, dass der Graph bei ß > 2 zwei Minima aufweist, die durch ein Maximum voneinander getrennt sind. Das bedeutet: Für # > 2 zerfällt das System spontan in zwei Phasen mit Zusammensetzungen, die diesen beiden Minima entsprechen, weil diese Trennung zu einer Erniedrigung der Freien Enthalpie führt. In den Abschnitten 5.3.3 und 6.2.3 werden wir auf dieses Thema noch ausführlicher eingehen.

5.2.2

Kolligative Eigenschaften

Nun wollen wir uns mit der Berechnung des Einflusses eines gelösten Stoffs auf Gefrier- und Siedepunkt der Mischung beschäftigen; weiterhin werden wir den osmotischen Druck untersuchen, den ein gelöster Stoff hervorruft. Alle Eigenschaften, die wir betrachten wollen, hängen (in verdünnter Lösung) nur mit der Anzahl der Teilchen des gelösten Stoffs, nicht mit ihrer Art zusammen . Man nennt diese Größen daher kolligative Eigenschaften (von lat. colligere, sammeln)

5.2 Die Eigenschaften von Lösungen

163

Für unsere folgenden Überlegungen wollen wir festlegen, dass das Lösungsmittel

nicht flüchtig ist, also nicht zur Gasphase beiträgt. Außerdem soll sich beim Erstarren der Lösung das reine feste Lösungsmittel abscheiden (das bedeutet , der gelöste Stoff ist im festen Lösungsmittel unlöslich). Letztere Annahme mag recht drastisch erscheinen, trifft aber für eine ganze Reihe von Mischungen zu und erspart uns längere Rechenwege, die keinen Erkenntnisgewinn bringen würden.

/

=

Feststoff

N

Z

Gemeinsamkeiten kolligativer Eigenschaften Die kolligativen Eigenschaften haben eine gemeinsame Ursache, nämlich die Herabsetzung des chemischen Potenzials des flüssigen Lösungsmittels durch die Anwesenheit des gelösten Stoffs. Genauer gesagt nimmt das chemische Potenzial

chemisches Potenzial 4

von u) aufui + RT Inx, ab (Inx, ist negativ wegen x, < 1). Auf das chemische

Potenzial des Lösungsmitteldampfs und des festen Lösungsmittels übt der gelöste Stoff keinen Einfluss aus; so haben wir es mit unseren beiden Voraussetzungen festgelegt. Wie wir in Abb. 5-21 sehen, bewirkt die Abnahme des chemischen Potenzials des Lösungsmittels eine Verschiebung der Lage des Gleichgewichts zwischen Flüssigkeit und Dampf zu höheren Temperaturen (die Siedetemperatur nimmt zu) und der Lage des Gleichgewichts zwischen Feststoff und Flüssigkeit zu tieferen Temperaturen (die Gefriertemperatur sinkt).

Mikroskopische Interpretation 5-11 Die Dampfdruckerniedrigung eines Lösungsmittels Auf molekularer Ebene kann man die Abnahme des chemischen Potenzials nicht durch die Energie der Wechselwirkung zwischen Lösungsmittelteilchen und gelöstem Stoff erklären, da der Effekt bei idealen Lösungen (mit einer Mischungsenthalpie von null) ebenso beobachtet wird. Das heißt, die Begründung ist in der Mischungsentropie zu suchen. Wenn kein gelöster Stoff anwesend ist, spiegelt die Entropie des reinen flüssigen Lösungsmittels die Anzahl der für die Moleküle verfügbaren Mikrozustände wider. Der Dampfdruck zeigt das Bestreben des Systems, einen Zustand größerer Entropie zu erreichen, indem der weniger geordnete Dampf gebildet wird. Durch Zugabe einer zweiten Komponente entsteht- auch in idealen Lösungen - ein zusätzlicher Entropiebeitrag; dadurch ist schon in der flüssigen Phase eine größere Entropie als im Fall des reinen Lösungsmittels erreicht, und das Bestreben zur Verdampfung ist geringer (Abb. 5-22). Dies macht sich in Form einer Dampfdruckerniedrigung (und dadurch einer Siedepunktserhöhung) des Lösungsmittels bemerkbar. | Tnähnlicher Weise wirkt die zufälligere Verteilung der Teilchen innerhalb einer Mischung aus zwei Komponenten dem Bestreben des Systems zur Erstarrung entgegen. Folglich wird das Gleichgewicht zwischen fester und flüssiger Phase erst bei tieferen Temperaturen erreicht; der Gefrierpunkt wird erniedrigt. Um Siedepunktserhöhung und Gefrierpunktserniedrigung eines Systems quantitativ zu diskutieren, geht man auf folgende Weise vor: Man sucht diejenige Temperatur, bei der bei Standarddruck eine Phase (das Lösungsmittel als reiner Dampf oder reiner Festkörper) das gleiche chemische Potenzial wie das Lösungsmittel in der Lösung hat. Dies ist die neue Gleichgewichtstemperatur (das heißt, der neue Siede- beziehungsweise Gefrierpunkt des Lösungsmittels).

Die Siedepunktserhöhung Wir betrachten das heterogene Gleichgewicht zwischen dem Lösungsmitteldampf und dem flüssigen Lösungsmittel in der Lösung (Abb. 5-23) bei Standarddruck. Das Lösungsmittel bezeichnen wir mit A, der gelöste Stoff sei B. Die Gleichgewichtstemperatur ist genau dann erreicht, wenn gilt

we) Wild +RTInM.

DE

> Irm

1%m

Gefrierpunktserniedrigung

IE

% {

Siedepunktserhöhung

Abb. 5-21 Das chemische Potenzial eines Lösungsmittels bei Anwesenheit eines gelösten Stoffs. Die Erniedrigung des chemischen Potenzials der Flüssigkeit übt einen größeren Einfluss auf die Lage des Gefrierpunkts als auf die des Siedepunkts aus; die Ursache dafür sind die unterschiedlichen Winkel, unter denen sich die

Geraden schneiden. Al

eG

PX

En

Pi

Abb. 5-22 Der Dampfdruck einer reinen Flüssigkeit kommt durch das Wechselspiel zwischen der zunehmenden Unordnung infolge der Verdampfung und der zunehmenden Ordnung der Umgebung zustande. (a) Die Struktur der Flüssigkeit wird hier sehr schematisch durch das Gittermuster angedeutet. (b) Bei Anwesenheit eines gelösten Stoffs (dunkle Quadrate) nimmt die Unordnung der kondensierten Phase im Vergleich zum reinen Lösungsmittel zu; die Triebkraft zur Verdampfung

des Lösungsmittels wird daher geringer als in (a).

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

(Der Druck soll dabei stets 0.1 MPa (1 bar) betragen, was merken wollen.) In der folgenden Begründung werden grund dieser Beziehung der Standardsiedepunkt von wenn ein’gelöster Stoff mit dem Molenbruch x, vorliegt;

wir nicht mehr explizit verwir nachweisen, dass auf T" auf T’+AT ansteigt, hierbei ist

LA(8 pP) im Gleichgewicht gleich

ADERs

mi

Re

0-33)"

ul) Gl. (5-32) können wir auch folgendermaßen formulieren: Abb. 5-23 Schematische Darstellung des heterogenen Gleichgewichts zur Berechnung der Siedepunktserhöhung: Reines A im Dampf koexistiert mit A als Lösungsmittel; B ist ein nicht flüchtiger gelöster Stoff.

_ME) RTHN) an _AG,

knsg,

A\G ist die Freie Verdampfungsenthalpie des reinen Lösungsmittels (A). Um zu

ermitteln, welche Änderung der Siedetemperatur eine gegebene Änderung der Zusammensetzung der Mischung bewirkt, leiten wir beide Seiten dieser Gleichung nach T ab und verwenden die Gibbs-Helmholtz-Gleichung (3-52), (9(G/T)/9T), = -H/T?, für den Term auf der rechten Seite: dInx,

dT

_1d(A,G/T)

_AyH

R

RT

Wan

Nun multiplizieren wir beide Seiten mit dT und integrieren von x, = 1 bzw. Inx, =0 (hier ist T=T", der Siedepunkt des reinen Lösungsmittels) bis x, (Siedepunkt T): Inxa

1

T

j&]

| dnz=-5| a el 0

Die Integration liefert links Inx,; dies-ist gleich In(1- x,). Zur Integration der

rechten Seite betrachten wir die Verdampfungsenthalpie in dem kleinen Temperaturbereich, der uns hier interessiert, als konstant. Dann können wir sie vor das Integral ziehen und erhalten

In(1-x,) = Kommentar 5-2 Die Reihenentwicklung des natürlichen Logarithmus für -1 1

für

(5-45)

Mol.

Für das chemische Potenzial des Lösungsmittels ergibt sich damit

zu +RTInS + RT In. Der

Standardzustand

erreicht.

des Lösungsmittels

(5-46) ist bei 0.1 MPa

(1bar) und

x, =1

171

172

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

5.3:2

Die Aktivität des gelösten Stoffs

Die Definition von Aktivitätskoeffizienten und Standardzuständen für gelöste Stoffe B ist etwas komplizierter: Das Henry’sche Gesetz gilt für ideal verdünnte Lösungen mit xx — 0, nicht mit x; —1 (dies entspräche dem reinen gelösten Stoff). Wir werden nun die entsprechenden Definitionsgleichungen herleiten für gelöste Stoffe, die das Henry’sche Gesetz exakt befolgen; anschließend wollen wir auch Abweichungen vom idealen Verhalten berücksichtigen.

Ideal verdünnte Lösungen | Wenn für einen gelösten Stoff B das Henry’sche Gesetz gilt, ist sein Dampfdruck durch p, = K, x, gegeben; K, ist eine empirische Konstante. Das chemische Potenzial von B ist dann HE

RTIO p;

Rn

B

K,

ER TInn.

Ps

Sowohl K, als auch p,‘ sind konstante Eigenschaften des gelösten Stoffs; wir können daher den ersten und zweiten Term dieser Gleichung zu einem neuen chemischen Standardpotenzial kombinieren: K,

Br =Uı RT In 5x

(5-47)

B

Daraus folgt der Zusammenhang zwischen dem chemischen Potenzial eines gelösten Stoffs in einer ideal verdünnten Lösung und seinem Molenbruch,

Bez

RT In.

(9-48)°

Für ideale Lösungen ist K, = p, und Gl. (5-47) wird zu Us =ui, wie wir es auch

erwarten.

Reale Lösungen Jetzt lassen wir auch Abweichungen vom ideal verdünnten Verhalten entsprechend dem Henry’schen Gesetz zu. Für den gelösten Stoff setzen wir in Gl. (5-48) a,

anstelle von x, ein und erhalten

=,

RT

InG,.

(3-49)

Dieser letzte Schritt übt keinen Einfluss auf den Standa rdzustand aus; sämtliche Abweichungen vom idealen Verhalten sind in der Aktivität a, enthalten. Ihr Zahlenwert bei beliebiger Konzentration ist auf dem gleiche n Weg wie für das Lösungsmittel bestimmbar, nur ist anstelle von Gl. (5-43) die Beziehung

man

(5-50)

zu verwenden. Auch hier führen wir einen Aktivitätskoeffizienten y, ein, =

YBXp ,

(5-51)

der alle Abweichungen vom idealen Verhalten enthält. Wenn die Konzentr ation des gelösten Stoffs gegen null geht, gilt das Henry’sche Gesetz und es folgt %>%

und

»—>1

für

0

(5-52)

-

5.3

Aktivitäten

bei beliebigen Werten von Temperatur und Druck. Abweichungen vom idealen Verhalten des gelösten Stoffs verschwinden, wenn dessen Konzentration gegen null geht.

Beispiel 5-5 Die Messung der Aktivität

Berechnen Sie mithilfe der Informationen aus Beispiel 5-3 die Aktivität sowie den Aktivitätskoeffizienten von Chloroform in Aceton bei 25°C für den Fall, dass (a)

Chloroform im Überschuss und (b) Aceton im Überschuss vorliegt. Der Bequemlichkeit halber hier noch einmal die Messwerte:

Xc pc/(10? Pa) x,/(10° Pa)

0 0 463

0.20 4.7 33.3

0.40 11 23.3

0.60 18.9 12.3

0.80 26.7 4.9

1 36.4 0

Vorgehen Die Aktivität von Chloroform im Überschuss (als Lösungsmittel) ist entsprechend dem Raoult’schen Gesetz a. = pc/pc‘, der Koeffizient yc = ac/Xc. Wenn Aceton im Überschuss (als Lösungsmittel) vorliegt, gilt für Chloroform (als gelöstem Stoff) entsprechend dem Henry’schen Gesetz a. =pc/K. und Ve = Ac/%c-

Antwort Mit pc" = 36.4kPa und K. = 22.0kPa können wir die folgenden Wertetabellen erstellen. Zwei Rechenbeispiele: Bei x. = 0.20 finden wir mit dem Raoult'schen Gesetz a. = (4.7 kPa) /(36.4 kPa) = 0.13 und y. = 0.13/0.20 = 0.65; mit dem Henry’schen Gesetz ergibt sich ac = (4.7 kPa)/(22.0 kPa) = 0.21 und

yc = 0.21/0.20 = 1.05. Wertetabelle für Chloroform als Lösungsmittel (Raoult’sches Gesetz): Ac Ve

0

13 065

VON 05

02 Wr

0 VO

10 10

Wertetabelle für Chloroform als gelöster Stoff (Henry’sches Gesetz):

Bm 3

UNO

09.160.500. N

R0.B8C Be

HER sy

1.65 05

Die graphischen Darstellungen finden Sie in Abb. 5-31. Beachten Sie, dass beim Raoult’schen Gesetz gilt y„. —>1 für xc—>1; beim Henry’schen Gesetz hingegen wird y. > 1fürxc —0.

Aktivität und Aktivitätskoeffizient Ya

56

0603 0204 Molenbruch x

0

1 _

Abb. 5-31 Die Abhängigkeit der Aktivität und des Aktivitätskoeffizienten von Chloroform (Trichlormethan) von der Zusammensetzung einer Mischung Chloroform/Aceton gemäß



02

042706208 Molenbruch x

7

(a) dem Raoult’schen Gesetz und (b) dem Henry’schen Gesetz. (Die unteren Kurvenäste geben jeweils den Aktivitätskoeffizienten, die

oberen die Aktivität an.)

173

174

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

Übung 5-7 Berechnen Sie analog die Aktivitäten und Aktivitätskoeffizienten von Aceton. [Bsp.: Für x, = 0.60 ist ax = 0.50, yx = 0.83, ayı = 1,00, 9, — 167

Die Aktivität als Funktion der Molalität Die Festlegung von Standardzuständen ist vollkommen willkürlich; wir können deshalb denjenigen Standardzustand auswählen, der uns am meisten nützt und die Zusammensetzung des Systems am besten beschreibt. In der Chemie werden Konzentrationen oft nicht in Form von Molenbrüchen, sondern von Molalitäten b angegeben. Dann schreibt man bequemerweise ir = Mn + Rılülnb,

53

(beachten Sie, dass der Zahlenwert von u” jetzt ein anderer ist als in den bisher besprochenen Fällen!). Dieser Definition zufolge erreicht das chemische Potenzial eines gelösten Stoffs seinen Standardwert u” ,wenn

die Molalität von B gleich b°

(also 1molkg‘') ist. Für b, > 0 geht 45 >»; das bedeutet, je verdünnter die Lösung ist, umso besser wird der gelöste Stoff stabilisiert. Die praktische Auswirkung dieser Tatsache besteht darin, dass es sehr schwierig ist, die letzten Spuren eines gelösten

Stoffs aus seiner Lösung zu entfernen. Abweichungen vom idealen Verhalten erfassen wir nun wieder durch Einführung einer dimensionslosen Aktivität a, und eines dimensionslosen Aktivitätskoeffizienten y,; wir schreiben für alle Werte von Temperatur und Druck Up

b;

mit

a pe

» >1für

, 0.

(3-54)

Auch hier sind alle Abweichungen vom idealen Verhalten in dem Aktivitätskoeffizienten y, enthalten; der Standardzustand wird durch diesen letzten Schritt nicht beeinflusst. Das chemische Potenzial einer realen Lösung beliebiger Molalität wird damit durch die folgende einfache Gleichung beschrieben:

Wo

RT Ing:

(5-55)

Der biologische Standardzustand Anhand biologischer Anwendungen lässt sich exemplarisch zeigen, wie man den Standardzustand so wählen kann, dass er den gegebenen Bedingungen möglichst gut angepasst ist. Der normalerweise übliche Standardzustand des Wassersto ff-Ions (Aktivität eins, also pH =0)" eignet sich für biologische Umgebungen nicht. Deshalb arbeitet man in der Biochemie mit dem biologischen Standardz ustand (neutrale Lösung, Aktivität gleich 10, also pH=7) und bezeichnet die zugehörigen thermodynamischen Funktionen mit G®, H' ‚u und S" (gelegentlich auch X). Um den Zusammenhang zwischen den Zahlenwerten für das thermodynamische und das biologische Standardpotenzial von Wasserstoff-Ionen herzustellen, formulieren wir gemäß Gl. (5-55) Ay

=

1

REINE Ihavger;

ur



(RT

In 10)pH

:

Daraus folgt

Ur =Ur

-IRT Im10.

(3-56)

Bei 298 KK ist 7RTIn 10 = 39.96 kJ] mol-!. Die beiden Standardwerte unterscheiden sich also um rund 40 kJ] mol, 4) Aus der Chemie-Einführungsvorlesu ng kennen Sie die Definition des PH-Wer tes: jolHl= pH = — loga H,0*:

-

5.3 Aktivitäten

3:3:3

175

Aktivitäten in regulären Lösungen

Aus unserer Diskussion regulärer Lösungen in Abschnitt 5.2.1 können wir weitere Erkenntnisse zur Ursache der Abweichungen vom Raoult’schen Gesetz und zur Beziehung zu Aktivitätskoeffizienten gewinnen. Unser Ausgangspunkt ist Gl. (5-31) für die Freie Mischungsenthalpie einer regulären Lösung. In der nachfolgenden Begründung wollen wir nachweisen, dass aus Gl. (5-31) unmitte lbar folgt, dass die Aktivitätskoeffizienten durch Ausdrücke der Form Inyı = ie

Iny, = Be

(5-57)

gegeben sind, die man auch als Margules’sche Gleichungen bezeichnet.

Begründung 5-4 Die Margules schen Gleichungen Die Freie Mischungsenthalpie bei der Bildung einer nicht idealen Mischung ist AuG=nRT{x,

Ina, +x

Ina}.

Man erhält diese Beziehung, wenn man Gl. (5-31) für Aktivitäten anstelle von Molenbrüchen herleitet. Wir ersetzen nun alle Aktivitäten durch yx: AuG=nRT{x,

Ins, +%

Ing +x,iIny +

Iny}.

Jetzt setzen wir die beiden Beziehungen aus Gl. (5-57) ein und erhalten (mit =]) Kt AuG=nRTix,

Inx, +x%; Inxg +ßxı x” + ß x xı”}

=nRT{x,

Inx, +%; Inx; + Pxı xe(xı + %p)}

=nrRTs,

ln, +;

no;

+

%}

wie Gl. (5-31) erfordert. Beachten Sie, dass sich die Aktivitätskoeffizienten für verdünnte Lösungen korrekt verhalten: y, > 1 für x, >0 und „y —1fürx, —0.

An dieser Stelle können wir die Aktivität von A mithilfe der Margules’schen Gleichungen auch folgendermaßen aufschreiben:

4 — Yarı = x exp(Br) =xexp|ß(l

x) |;

18

(5-58)

eine analoge Beziehung gilt für a,. Die Aktivität von A ist folglich nichts anderes als das Verhältnis der Dampfdrucks von A in der Lösung zum Dampfdruck von reinem A (Gl. 5-43) und es gilt

De {x exp[f(1 — x)

(5-59)

pr

In Abb. 5-32 ist diese Funktion graphisch dargestellt. Wie Sie sehen, ergibt sich für ß=0 (ideale Mischung) eine Gerade in Übereinstimmung mit dem Raoult’schen Gesetz. (Für = 0 wird Gl. (5-59) tatsächlich zu p, =x,p,, dem Raoult'schen Gesetz.) Positive Werte von ß (endothermer Mischungsvorgang, energetisch un-

günstige Wechselwirkungen zwischen Lösungsmittel und gelöstem Stoff) liefern Dampfdrücke oberhalb des Idealwertes, negative Werte von ß (exothermer Mischungsvorgang,

energetisch

günstige Wechselwirkungen

gelöstem Stoff) liefern entsprechend x, — 1 nähern sich alle Graphen einer gehörenden Gerade zusammenfällt; dann gegen 1. Für x, < 1 nähert sich =

x1e'pi j

zwischen

Lösungsmittel

und

Dampfdrücke unterhalb des Idealwertes. Für Gerade, die mit der zum Raoult'schen Gesetz die Exponentialfunktion in Gl. (5-59) geht Gl. (5-59) der Form (9-60)

Abb. 5-32 Der Dampfdruck einer Mischung entsprechend einem Modell, in dem die Exzessenthalpie proportional zu Px,Xg ist. Eine ideale Mischung ent-

spricht ß = O und liefert in Übereinstimmung mit dem Raoult’schen Gesetz eine Gerade. Positive (negative) Werte von

gehören zu Dampfdrücken oberhalb (unterhalb) des idealen Werts.

176

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

Setzt man in dieser Gleichung K = e’p/, einen für jedes System aus Lösungsmittel und gelöstem Stoff charakteristischen Wert, so entspricht diese Form dem Henry’schen Gesetz.

5.3.4

Aktivitäten von lonen in Lösung

In ionischen Lösungen sind die Wechselwirkungen zwischen den geladenen Teilchen so ausgeprägt, dass man Aktivitäten nur dann in guter Näherung durch Molalitäten ersetzen darf, wenn die Lösung stark verdünnt ist (Summe der Konzentrationen aller Ionen kleiner als 10 ”molkg"'). Will man exakt arbeiten, sind Aktivitäten zu verwenden. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns genauer mit den Aktivitäten von Ionen in Lösung, insbesondere auch im Hinblick auf die Erörterung elektrochemischer Phänomene.

Mittlere Aktivitätskoeffizienten Wir bezeichnen das chemische Potenzial eines einwertigen Kations M* mit u, das

eines einwertigen Anions X" mit u_. Die gesamte Freie Enthalpie der Ionen in einer elektrisch neutralen Lösung ist die Summe der beiden partiellen molaren Größen. Die Freie Enthalpie einer idealen Lösung ist ideal

ann

an

.

(5-61)°

m

Für eine reale Lösung von M' und X" gleicher Molalität gilt hingegen GE

nn

Ze

Kommentar 5-3 Das geometrische Mittel von x? und y® ist definiert als

(x y9)9. Beispiel: Das geometri-

Iny, + RT Iny_

Ray,

(5-62)

Alle Abweichungen vom idealen Verhalten werden durch den letzten Term erfasst. Es gibt keine experimentelle Möglichkeit, das Produkt y,y_ in die einzelnen Beiträge aufzuteilen. Deshalb schreibt man die Nichtidealität einer Lösung am besten beiden Ionenarten zu gleichen Teilen zu. Für einen (1,1)-Elektrolyten führt man den mittleren Aktivitätskoeffizienten als geometrisches Mittel der einzelnen Koeffizienten ein,

sche Mittel von x? und y° ist

(5-63)

N (2y>)!,

und schreibt für die chemischen Potenziale der einzelnen Ionensorten Mn

RM

In

sund

a en

pn

De:

(3-64)

Die Summe beider Potenziale ist geblieben wie in Gl. (5-62); nur wurden die nichtidealen Effekte jetzt gleichmäßig auf die Ionen verteilt. Wir können diese Überlegungen nun für eine Verbi ndung M,X, verallgemeinern, die bei Auflösung p Kationen und q Anionen je Formeleinheit liefert. Die gesamte Freie Enthalpie der Ionen ist die Summe der partiellen molaren Freien Enthalpien,

Gm = pn, +qu_ = Ch" + pRTiny, +gRTiny_.

(5-65)

Wir führen nun den mittleren Aktivi tätskoeffizienten ein,

8)

er

ee

(5-66)

und schreiben das chemische Poten zial jedes Ions als U2,

ideal

TR

EN nm..

(5-67)

-

5.3 Aktivitäten

177

So ergibt sich als Ausdruck für G,, wiein Gl. (5-62)

Cepn

era

(5-68)

nur sind jetzt beide Ionensorten in gleichem Maße für die Abweichung der Lösung von der Idealität verantwortlich.

Die Debye-Hückel-Theorie Infolge ihrer Stärke und großen Reichweite sind primär die Coulomb-Wechselwirkungen zwischen den Ionen für die Abweichungen ionischer Lösungen von der Idealität verantwortlich; sie überwiegen alle anderen Beiträge. Auf der Grundlage dieser Feststellung entwickelten Peter Debye und Erich Hückel 1923 die DebyeHückel-Theorie der Elektrolytlösungen. An dieser Stelle werden wir die Theorie qualitativ einführen. Die entsprechenden Rechenwege finden Sie in der Zusatzinformation 5.1; sie können als eindrucksvolles Beispiel für die Formulierung und Lösung eines scheinbar unlösbaren Problems durch physikalisch begründete Überlegungen gelten. Entgegengesetzt geladene Ionen ziehen einander an. Aus diesem Grund sind Kationen und Anionen nicht gleichmäßig in einer Lösung verteilt: Mit größerer Wahrscheinlichkeit findet man Anionen in der Umgebung eines Kations und umgekehrt (Abb. 5-33). Die Lösung ist insgesamt elektrisch neutral, es befindet sich lediglich im zeitlichen Mittel in der lokalen Umgebung eines bestimmten Ions ein Überschuss entgegengesetzt geladener Gegenionen. Dieses kugelsymmetrische Volumenelement, das ein Zentral-Ion umgibt und in dem sich im zeitlichen Mittel mehr Gegenionen aufhalten als Ionen gleicher Ladung, nennt man Ionenwolke. Die Gesamtladung der Ionenwolke ist im Mittel entgegengesetzt gleich der Ladung des Zentralions (Neutralitätsbedingung). Die Energie und folglich auch das chemische Potenzial eines gegebenen Zentralions wird durch die elektrostatische Wechselwirkung mit der Ionenwolke herabgesetzt. Dies macht sich als Differenz zwischen der tatsächlichen Freien Enthalpie G,, und dem Idealwert G'“! des gelösten Stoffs bemerkbar; der Effekt entspricht also genau RT Iny,. Die Stabilisierung von Ionen durch Wechselwirkungen mit ihren Ionenwolken ist einer der Gründe dafür, dass man in der Chemie in der Regel mit verdünnten Lösungen arbeitet, wenn man Ionen ausfällen will, da die Stabilisierungseffekte dann weniger ins Gewicht fallen. Aus diesem Modell folgt, dass der Aktivitätskoeffizient bei sehr geringen Konzentrationen durch das Debye-Hückel-Grenzgesetz gegeben ist:

9) 6*]

&

1) &

eo.

> ee ar 8

o

&

©

&

-..

() ee ES

ern. . o

w

a

(9)

Abb. 5-33 Zur Debye-Hückel-Theorie: Im zeitlichen Mittel findet man überwiegend Anionen in der Umgebung eines Kations und umgekehrt. Dadurch bildet sich eine lokale Ordnung der Teilchen aus (ein solches geordnetes Gebiet ist durch den Kreis angedeutet). Die Abbildung zeigt eine Momentaufnahme aus der unablässigen Bewegung der Ionen. Die Lösungen, auf die sich die Theorie anwenden lässt, sind

wesentlich schwächer konzentriert als hier

ley, = - k.2. AT”

(5-69)

gezeigt.

mit A = 0.509 für wässrige Lösungen bei 25°C und I als dimensionsloser Ionenstärke der Lösung,

b; IS 1 I ae:

: (5-70)

i

Tabelle 5-4 Ionenstärke und Molalität,

Hier ist z; die Ladungszahl eines Ions i (positiv für Kationen, negativ für Anionen)

und b; seine Molalität. Die Ionenstärke spielt bei der Diskussion von Elektrolytlösungen generell eine wichtige Rolle. Summiert wird über alle in der Lösung vorhandenen Ionen; für eine beliebige Lösung, die zwei Ionenarten mit den Molalitä-

ten b, und b_ enthält, lautet die Summe ausgeschrieben [=

lbätbz.

2

Mi

(5-71)

Die Ladungen der Ionen gehen jeweils quadratisch ein; die lonenstärke hängt also e stark von ihnen ab. In Tabelle 5-4 ist der Zusammenhang zwischen Tonenstärk . und Molalität in einer leicht verwendbaren Form angegeben

I=kb/b®.

k M'

x 1

Xz

x

X

3

6

10

M?

3

4

15

12

M’'

6

15

9

42

M'

10

42

16

ID,

Die Ionenstärke einer Lösung von M,X, mit

3+ De der Molalität b, in der lonenM undX vorliegen, ist beispielsweise 15b/b°.

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

178 Kurztabelle 5-5 Mittlere

Aktivitätskoeffizienten in Wasser bei

Illustration 5-4

Die Anwendung des Debye-Hückel-Grenzgesetzes

298 K.* b/b”

KCl

Cacl,

0.001 0.01

0.966 0.902

0.888 0.732

0.1

0.770

0.524

1.0

0.607

0.725

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Zur Berechnung des mittleren Aktivitätskoeffizienten einer wässrigen Lösung von 5.0x 10° molkg-! KCl schreiben wir

= sb, hip

bh p.

mit baals Molalität der Lösung (und b, = b_ = b). Aus Gl. (5-69) ergibt sich dann

lgy. = —0.509(5.0 x 10°)” = —0.036 oder y. = 0.92. Der experimentell bestimmte Wert liegt bei 0.927.

Übung 5-8 Berechnen

Sie die Ionenstärke

und

den mittleren

Aktivitätskoeffizienten

1.00 mmolkg"' CaCl, in Wasser bei 25 °C.

von

[3.00 mmol kg", 0.880]

Gleichung (5-69) wird Grenzgesetz genannt, da die Aktivitätskoeffizienten von Elektrolytlösungen mittlerer Molalität von den Werten abweichen können, die man aus dieser Beziehung erhält; im Grenzfall unendlich niedriger Molalität (und in der Praxis bei sehr geringen Molalitäten) erfüllen jedoch alle Lösungen das Gesetz. Experimentelle Werte für verschiedene Salze finden Sie in Tabelle 5-5; in Abb. 5-34 sind einige solche Koeffizienten gegen aufgetragen, zum Vergleich sind jeweils die nach Gl. (5-69) theoretisch berechneten Geraden eingezeichnet. Man erkennt die Übereinstimmung bei geringen Molalitäten (unterhalb von etwa 1mmolkg', je nach Ladung der beteiligten Ionen), die das Modell auf eindrucksvolle Weise bestätigt. Oberhalb dieser Molalitäten treten jedoch teilweise beträchtliche Abweichungen von den theoretischen Vorhersagen auf; dies zeigt, dass die verwendeten Näherungen nur bei sehr geringer Konzentration sinnvoll sind.

Die erweiterte Debye-Hückel-Theorie Ist die Ionenstärke der Lösung so hoch, dass das Grenzgesetz nicht mehr gültig ist, kann man die Aktivitätskoeffizienten mit Hilfe der erweiterten Debye-Hückel-Theorie berechnen:

Alz,z_|1/2 Be

(5-72) [070

Z002 Eee

4 oe

0.04

!

CR ERRRE

1

ARE SER.

N

ee N

Abb. 5-34 Experimentelle Überprüfung des Debye-Hückel-Grenzgesetzes. Im Gebiet mittlerer lonenstärken findet man deut-

auf sehr kleine Molalitäten verwendet werden kann.

Se Be

Re)

1001”

überein, weshalb das Gesetz zur Extrapolation der experimentell erhaltenen Daten

N

: N erweiterte Theorie

Ss RoUEEEN

liche Abweichungen von der Theorie; für den Grenzfall I>0 stimmen gemessene und berechnete Werte jedoch sehr gut

055

Abb. 5-35 Die erweiterte Debye-Hückel-Theorie

ee De

sagt die mittleren Aktivitätskoeffizienten in einem weiten Bereich von Molalitäten richtig voraus (wie

man hier am Beispiel eines (1,1)-Elektrolyten sieht). Bei sehr großen Molalitäten versagt jedoch auch diese Theorie.

er

EN

0.08 0

4

: 8

N

12

16

Das Wichtigste auf einen Blick B und C sind dimensionslose

Konstanten;

B kann man

179

physikalisch als kürzeste

Entfernung zwischen zwei Ionen interpretieren; besser behandelt man es (ebenso C) aber als empirischen Parameter. Eine zugehörige graphische Darstellung sehen Sie in Abb. 5-35. Wie man sieht, ist Gl. (5-72) gut für verdünnte Lösungen im mittleren Konzentrationsbereich geeignet (bis zu Molalitäten von etwa 0.1molkg''); Lösungen

mit

Molalitäten

im

Bereich

von

1mol kg!’ werden

auch

hier sehr

schlecht beschrieben. Moderne Ansätze zur Bestimmung der Aktivitätskoeffizienten gehen indirekt vor. Sie stellen zunächst eine Theorie für die Abhängigkeit des Aktivitätskoeffizienten des Lösungsmittels von der Konzentration des gelösten Stoffs auf; mit der GibbsDuhem-Gleichung (5-12) wird dann der Aktivitätskoeffizient des gelösten Stoffs berechnet. Die so erhaltenen Werte sind für Lösungen mit Molalitäten bis oberhalb von 0.1molkg"' einigermaßen zuverlässig und interessant für die Diskussion von Lösungen, die mehrere Salze enthalten, wie beispielsweise Meerwasser.

| Das Wichtigste auf einen Blick 1. Das partielle molare Volumen einer Mischungskomponente] ist gleich der Volumenänderung der Mischung, die bei Zugabe eines Mols ] zu einem großen Überschuss der ande-

ren Komponenten auftritt: V, = (OV/dn,),r„. Das Gesamtvolumen einer binären Mischung ist V=n,Vı +ng V;.

. Das chemische Potenzial einer Mischungskomponente ist definitionsgemäß gleich der partiellen molaren Freien Enthalpie dieser Komponente:u, = (dG/An,),ry- Die gesamte Freie Enthalpie einer binären Mischung ist GZnAuR EnsLlew

. Die Fundamentalgleichung der chemischen Thermodynamik stellt einen Zusammenhang zwischen der Änderung der Freien Enthalpie und der Änderung von Temperatur, Druck und Zusammensetzung des Systems her: dG=Vdp+SdT+u,dy,+usdns +...

. Die Gibbs-Duhem’sche Gleichung lautet I, n, du, = 0. in

. Das chemische Potenzial eines idealen Gases ist

u = u” + RT In(p/p”);u” ist der Standardwert des chemischen Potenzials (reines Gas, 0.1 MPa).

. Die Freie Enthalpie der Mischung zweier idealer Gase ist AuG=nRT(, S

in +Xelnx).

. Die Mischungsentropie zweier idealer Gase ist Ays=

-nRiu In + %elnx,).

. Die Mischungsenthalpie zweier idealer Gase ist null

(AuH = 0).

. Ideale Mischung (oder Lösungen) befolgen das Raoult'sche Gesetz, pk — X, Pı, Im gesamten Bereich möglicher ZusamMmensetzungen, von reinem A bis zu reinem B.

. Das chemische Potenzial einer Komponente einer idealen Mischung istu, = 4; + RTInx. 12 Bei einer ideal verdünnten Lösung erfüllt der gelöste Stoff

das Henry’sche Gesetz, pa — Xg K,, und das Lösungsmittel das Raoult’sche Gesetz.

12: Die Freie Mischungsenthalpie zweier Komponenten einer

idealen Mischung ist AuG = nRT(y Ina + X Inxe).

13: Die Mischungsentropie zweier Komponenten einer idealen Mischung ist AyS = -nR(x, In, +xe Inxg). . Eine Exzessfunktion X® ist definiert als die Differenz zwi-

schen der experimentell beobachteten thermodynamischen Mischungsfunktion und der entsprechenden Funktion für eine ideale Lösung. 115 Für eine reguläre Lösung ist H' #0, aber S’ =

0.

16. Kolligative Eigenschaften hängen nur von der Anzahl der Teil-

chen des gelösten Stoffs, nicht jedoch von ihrer Art ab. . Die Siedepunktserhöhung beträgt AT = K.bmit K, als ebullioskopischer Konstante. Die Gefrierpunktserniedrigung beträgt AT = K, b mit K, als kryoskopischer Konstante. . Unter Osmose versteht man das Bestreben eines reinen

Lösungsmittels, durch eine semipermeable Membran (die nur für Lösungsmittelmoleküle durchlässig ist, nicht für Teilchen des gelösten Stoffs) in eine Lösung hineinzuwandern. . Der osmotische Druck ist auf die Lösung auszuüben, um

das Eindringen von Lösungsmittelteilchen zu verhindern. . Die van’t Hoff’sche Gleichung für den osmotischen Druck lautet IT = [BI RT.

. Die Aktivität ist als a, = p,/p; definiert.

. Die Beziehung zwischen der Aktivität des Lösungsmittels und seinem chemischen Potenzial lautet u, = u; + RTIna,. Die Aktivität lässt sich mithilfe des Aktivitätskoeffizienten

ausdrücken, y, = ay/X23, Das chemische Potenzial eines gelösten Stoffs in einer ideal verdünnten Lösung ist gegeben durch u, = u, + RTIna,. Die Aktivität lässt sich mithilfe des Aktivitätskoeffizienten ausdrücken, y, = Ag/X24. Der Zusammenhang zwischen dem biologischen Standardzustand (pH =7) und dem thermodynamischen Standardzustand von Wasserstoff-Ionen lautet w,,. = u, — 7RTIn 10.

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

180

25. Der mittlere Aktivitätskoeffizient von lonen in Lösung ist das

= 12,2. Al; 27. Das Debye-Hückel-Grenzgesetz lautet Igyı s

darin ist die lonenstärke I = +),2’(b,/b").

geometrische Mittel der einzelnen Koeffizienten:

AL.

28. Das erweiterte Debye-Hückel-Gesetz lautet

Igy: = -|2,2.|A2/(1 + BIN?) +CI.

26. Die Debye-Hückel-Theorie der Aktivitätskoeffizienten in Elektrolytlösungen gründet sich auf dieAnnahme, dass die Coulomb-Wechselwirkungen zwischen den Ionen überwiegen. Ein Schlüsselbegriff der Theorie ist die Ionenwolke.

Weiterführende Literatur Zeitschriftenartikel und Bücher

Datensammlungen und weitere Informationen

B. Freeman, Osmosis. In Encyclopedia of applied physics (ed. G.L. Trigg), 13, 59. VCH, New York (1995).

M.R.). Dack, Solutions and solubilities. In Techniques of chemistry (ed. A. Weissberger and B.W. Rossiter), 8. Wiley, New York

J.N. Murrell and A.D. Jenkins, Properties of liquids and solutions. Wiley-Interscience, New York (1994). J.S. Rowlinson and F.L. Swinton, Liquids and liquid mixtures. Butterworths, London (1982).

(1975).

R.C. Weast (ed.), Handbook of chemistry and physics, Vol. 81. CRC Press, Boca Raton (2004).

S. Sattar, Thermodynamics of mixing real gases.J.Chem. Educ. 77, 1361 (2000).

Zusatzinformationen

Zusatzinformation 5-1: Die Debye-Hückel-Theorie ionischer Lösungen

hat man es in der Elektrostatik häufiger zu tun. Zu ihrer Berücksichtigung führt man ein abgeschirmtes Coulomb-Potenzial ein,

Die Debye-Hückel-Theorie ionischer Lösungen Wir betrachten eine Lösung, die freie Ionen enthält; jegliche Coulomb-Wechselwirkung zwischen ihnen wollen wir vorläufig ausschalten. Die Differenz der molaren Freien Enthalpien der idealen und der realen Lösung entspricht in diesem Fall w,, der elektrischen

Arbeit, die zur Aufladung des Systems erforderlich ist. Für ein Salz M,X, ist G

+qu_)

id

Z N,

:

(5-75)

rD

mit r, als Debye’scher Länge. Ist r, groß, geht das abgeschirmte in das nicht abgeschirmte Potenzial über; ist r, hinreichend klein, so ist der Unterschied selbst für kleine r deutlich (das

abgeschirmte Potenzial ist dann viel kleiner; Abb. 5-36).

1.0

cH

FRE

w.=(pu,

®; =

d

(pi au)

0.8

= plu, - ut) +glu_-u®). Aus Gl. (5-64) folgt

=

N. 06

Buy = Ray,

—S

Damit ist



Der In. =

mitmi

s=p+g.

"N

(5-73)

5 0.4

°

Gesucht ist also die räumliche Verteilung der Ionen und die Arbeit, die zu ihrer Aufladung in dieser Anordnung aufzuwenden ist.

Das Coulomb-Potenzial in einem Abstand r von einem isolierten Ion mit der Ladung z;e in einem Medium mit der Dielektrizitätskonstante & beträgt

d= =

mit mit

2-27.

(5-74)

Die Ionenwolke bewirkt, dass das Potenzial bei allmählicher Entfernung vom Zentral-lon stärker abnimmt, als durch diese Bezie-

| hung wiedergegeben wird. Mit dieser so genannten Abschirmung

[=%

0.2

0

0

0.5 Abstand

] le

Abb. 5-36 Die Abhängigkeit des abgeschirmten Coulomb-Potenzia ls von der Entfernung für verschiedene Werte der Debye’schen Länge

ro/a. Je kleiner die Debye’sche Länge ist, desto rascher fällt das Poten-

zial auf null ab. a ist jeweils eine willkürlich gewählte Längenein heit.

-

Zusatzinformationen Kommentar 5-4 Kugelsymmetrische Systeme behande lt man am besten in den Kugelkoordinaten r, d und & (1) mit x=rsindcosd,y=rsin®sindundz=rcosd. Der Laplace Operator lautet in Kugelkoordinaten

oe

alAr)e

ror\

1

9

rsinO0\

/sindo 90

a

IE rsin’09b

Hängt die Funktion nur von r ab, so verschwinden die Ableitungen des zweiten und des dritten Terms und der Laplace-Operator nimmt die Form

131

Die Ladungsdichte p, im Abstand r vom lon i ist dann gleich der Summe der Konzentrationen jeder lonensorte, multipliziert mit der zugehörigen molaren Ladung, z;e NA. Die Größe eN, - die Ladung pro Mol Elektronen - ist die Faraday’sche Konstante, F= 9.648 x 10°C mol“. Es folgt en =ezlr

el

= Bea

40Z

Fe

2-edi/kT

i

(5-78)

An diesem Punkt wollen wir den Ausdruck vereinfachen, um die

etwas unübersichtlichen Exponentialterme loszuwerden. Die mittlere elektrostatische Wechselwirkung ist klein gegen KT; damit wird Gl. (5-78) zu n

ZI:

DRZICHEZN = cf, ( |1-—— kr

.

nn +... )+ ce? Fz_ ( =

ä

:

(2. @&z) =(ez, te z )F-(c(er

z_eb KT

en )

eb

202) rt Z)yF—+...

Kommentar 5-5 Wir benutzen hier die Reihenentwicklung einer Exponentialfunktion: e* =1-x+3x? -... ie ana el — Ersetzen wir nun e durch F/N, und N,k durch R, so erhalten wir

Zur Berechnung von r, benötigen wir die Ladungsdichte (Ladung pro Volumeneinheit) der Ionenwolke, p,, als Funktion der Entfernung vom Zentral-lon. Dabei greifen wir auf ein anderes grundlegendes Ergebnis der Elektrostatik zurück (siehe Anhang 3), die Beziehung zwischen Ladungsdichte und Potenzial in Form der Poisson’schen Gleichung:

Vor

(5-76)

&

mit dem Laplace-Operator V? = (0° /dx? + 0° /dy? + 0° /z?). Da wir die Ionenwolke als kugelförmig betrachten wollen, können wir diese Gleichung vereinfachen, sodass die Ladungsdichte nur

noch von der Entfernung zum Zentral-Ion abhängt: rd

r? dr

r

2.00,

dr

=

(5-77)

Zur Lösung dieser Gleichung müssen wir zunächst einen Zusammenhang zwischen p, und &; formulieren. Für den nächsten Schritt überlegen wir, dass die Energie eines lons von seinem Abstand zum Zentral-lon abhängt; die Wahrscheinlichkeit, ein Ion in einem bestimmten Abstand zu finden, ermitteln wir mithilfe der Boltzmann-Verteilung (Abschnitt 16.1.1). Die Energie eines lons jmit der Ladung z; e in einem Abstand zum Zentral-lon, in dem das Potenzial relativ zu seiner

Energie in unendlicher Entfernung von i gerade d, ist, ist gleich E=zed,.

Nach der Boltzmann-Verteilung beträgt das Verhältnis zwischen der molaren Konzentration c; der Ionen jim Abstand r und ihrer Energie null ist)

zwischen der Molarität und der Molalität besteht; es gilt also

c=bp mit p als Massendichte des Lösungsmittels:

rear

)pe2lb

pe“

rel

P;

molaren Konzentration c? in weiter Entfernung von i (wo die

5.79

a

Mit diesen Näherungen wird Gl. (5-78) zu

&

Ä

Bao

Der erste Term dieser Entwicklung ist null, denn er entspricht der Ladungsdichte in der gesamten Lösung, welche nach außen elektrisch neutral ist. Alle nicht ausgeschriebenen Terme sind so klein, dass wir sie vernachlässigen dürfen. Den einzigen verbleibenden Term formulieren wir unter Verwendung der lonenstärke, Gl. (5-70). Wir überlegen dazu, dass in den verdünnten wässrigen Lösungen, die wir hier betrachten, nahezu kein Unterschied

zZ

p;

Setzt man hier das abgeschirmte Potenzial gemäß Gl. (5-75) ein, so erhält man =»__&

Pelez. rc z)k-ilez4c2)

Dr

RT

Nach diesen Vorüberlegungen können wir Gl. (5-77) nach r, auflösen:

ERT

a)

N

(5-80)

Zur Berechnung des Aktivitätskoeffizienten benötigen wir die elektrische Arbeit, die verrichtet werden muss, um das von der

lonenwolke umgebene Zentral-Ion aufzuladen. Dazu müssen wir zunächst das Potenzial d\y,,. des Ions kennen, das von dessen lonenwolke hervorgerufen wird. Es ergibt sich als Differenz zwischen dem Gesamtpotenzial laut Gl. (5-75) und dem Potenzial Po, des Zentral-Ions selbst: e Pwolke FE (0)2

Dion =

z(

'/"o k;

2 Tr? le)

5

Das Potenzial am Ort des Zentral-Ions (r = 0) ist der Grenzwert dieses Ausdrucks fürr—0:

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

182

en wir Kommentar 5-6 Für diesen Schritt multiplizier q, mit einmal noch separat und p mit O = +qz_ pz, mithilfe t Resulta das addieren beide Ausdrücke und ordnen um. | z_ |z, — = z_ undz, der Beziehungen p+g=s

Pwolke (0) z

Aus dieser Beziehung können wir Folgendes ablesen: Das Potenzial der Ionenwolke ist äquivalent dem Potenzial einer einzelnen Ladung gleichen Betrags, aber entgegengesetzten Vorzeichens | (verglichen mit der Ladung des Zentral-Ions) in einem Abstand

Die Neutralitätsbedingung lautet aber pz, +qz_ =; deshalb ö

ist

ro vom Zentral-Ion. Setzt man für die Ladung des Zentral-Ions q

anstelle von z,e ein, so ist das Potenzial der Ionenwolke

q A

Pwoike (0) =

Um eine Ladung dgq an eine Stelle zu transportieren, an der das elektrische Potenzial gleich &\,,,.(0) ist, muss die Arbeit dw,



Iny,; =

Br

STEN,RTNn

Nun ersetzen wir noch r, durch den in Gl. (5-79) gegebenen Ausdruck und erhalten Iny, =

ke2lz

=,

8neN,RT

eRT

Pworke (0) dq

verrichtet werden. Pro Mol lonen ist also die Arbeit Ze

w.=N |,

N

duo Piwolk (O)dgq q = --— Anen, Jh

Nazie: 8ner,

=> —|z,z_|

'Zje

dq

Zn BneN,;ro

aufzuwenden; im letzten Schritt haben wir die Beziehung F = N, e verwendet. Aus Gl. (5-73) folgt für den mittleren Aktivitätskoeffizienten der Ionen

pi +gz)r SnesN,RTn

B AnN,

Er

pb® \28’RT3

K;

1/2

/

.

Die Terme wurden hier so angeordnet, dass Sie die beginnende Ähnlichkeit mit Gl. (5-69) erkennen können. Tatsächlich erhalten wir durch Übergang zum Logarithmus zur Basis 10 (mit inx = In 10: Igx) |

N =242

2

pb®

Gunin1o

(2err3

ie

2

g

i

das ist gerade Gl. (5-69), |g ydee = —|z,z_|Al/?, mit =

E pb® 4rN,„In 10 (er)

1/

-

;

(5-81)

Diskussionsfragen 5.] Nennen und begründen Sie das thermodynamische Kriterium für ein Gleichgewicht zwischen einer flüssigen Phase und der koexistierenden Gasphase. 5.2 Wie muss das Raoult’sche Gesetz modifiziert werden, um

den Dampfdruck einer realen Lösung zu beschreiben?

5.4 Erklären Sie den Ursprung der kolligativen Eigenschaften.

5.5 Erläutern Sie, was man unter einer regulären Lösung versteht. 5.6 Stellen Sie die Grundzüge der Debye-Hückel-Theorie der Elektrolytlösungen dar.

5.3 Erläutern Sie, wie man mithilfe kolligativer Eigenschaften molare Massen bestimmen kann.

Leichte Aufgaben AS.la

In einer Mischung aus Chloroform und Aceton betrage der

A5.2a

Molenbruch von CHCI; 0.4693; die partiellen molaren

Volumina sind 74.166 cm’ mol! (Aceton) und 80.235 cm’ mol“! (Chloroform). Welches Volumen nimmt 1.000 kg dieser Mischung ein? A5.1b

In einer Mischung aus zwei Flüssigkeiten A und B betrage der Molenbruch von A 0.3713; die partiellen molaren Volumina sind 188.2 cm? mol"! (A) und 176.14 cm? mol-' (B), die molaren Massen sind 241.1 gmol"' (A) und 198.2 gmol' (B). Welches Volumen nimmt 1.000 kg dieser Mischung ein?

Die Dichte einer (nach Masse) 50 Xigen wässrigen Lösung

von Ethanol bei 25 °C beträgt 0.9]4gcm°. Berechnen

Sie das partielle molare Volumen des Ethanols. Das partielle molare Volumen des Wassers ist 17.4cm? mol".

AS.2b

Die Dichte einer (nach Masse) 20 %igen wässrigen Lösung von Ethanol bei 20 °C beträgt 968.7 kgm ?. Berechnen Sie das partielle molare Volumen des Wassers. Das partielle molare Volumen des Ethanols ist 52.2cmmol-'.

Leichte Aufgaben A5.3a

Für verdünnte Lösungen von HCI in flüssigem GeCl, wurden bei 300 K folgende Werte des Partialdampfdrucks gemessen:

x(HCI) P(HCI)/kPa

0.005 32.0

0.012 76.9

0.019 121.8

Zeigen Sie, dass für die Lösung in diesem Konzentrationsbereich das Henry’sche Gesetz gilt. Bestimmen Sie die Henry’sche Konstante bei 300 K. A5.3b

Für verdünnte Lösungen einer Substanz B in flüssigem A wurden bei 310 K folgende Werte des Partialdampfdrucks gemessen: a

ps(HCl)/kPa

0.010

82.0

0.015 122.0

0.020 166.1

Zeigen Sie, dass für die Lösung in diesem Konzentrationsbereich das Henry’sche Gesetz gilt. Bestimmen Sie die Henry'sche Konstante bei 310 K. A5.4a

A5.4b

A5.5a

A5.5b

A5.6a

A5.6b

AS5.7a

Geben Sie den Partialdampfdruck von HCI über einer Lösung der Molalität 0.10 molkg“' in flüssigem Germaniumtetrachlorid an. Die erforderlichen Daten finden Sie in Aufgabe A5.3a. Geben Sie den Partialdampfdruck der Komponente B (siehe Aufgabe A5.3b) über einer Lösung der Molalität 0.25 mol kg”' in flüssigem A an. Die molare Masse von A ist 74.1gmol".

Der Dampfdruck von flüssigem Benzol bei 60.6 °C beträgt 53.3 kPa; nach Zugabe von 19.0 einer nicht flüchtigen organischen Verbindung zu 500g Benzol fiel er auf 51.5 kPa. Wie groß ist die Molmasse der unbekannten Verbindung? Der Dampfdruck von 2-Propanol bei 338.8 °C beträgt 50.00 kPa; nach Zugabe von 3.69 einer nicht flüchtigen organischen Verbindung zu 250 g 2-Propanol fiel er auf 49.62 kPa. Wie groß ist die Molmasse der unbekannten Verbindung?

Durch Zugabe von 100g einer unbekannten Verbindung zu 750g CCI, trat eine Erniedrigung des Gefrierpunkts des Lösungsmittels um 10.5 K auf. Berechnen Sie die molare Masse der Verbindung. Durch Zugabe von 5.00 einer unbekannten Verbindung zu 250g Naphthalin trat eine Erniedrigung des Gefrierpunkts des Lösungsmittels um 0.780 K auf. Berechnen Sie die molare Masse der Verbindung. Der osmotische Druck einer wässrigen Lösung bei 300 K

beträgt 120 kPa. Bestimmen Sie den Gefrierpunkt dieser Lösung. A5.7b

Der osmotische Druck einer wässrigen Lösung bei 288 K

beträgt 99.0 kPa. Bestimmen Sie den Gefrierpunkt dieser A5.8a

A5.8b

133

Ein Behälter des Volumens V = 250. cm? ist in zwei Kammern gleicher Größe geteilt. In der linken Kammer befindet sich Argon mit p = 100kPa und T = 0°C; die rechte Kammer enthält Neon unter den gleichen Bedingungen. Berechnen Sie die Freie Mischungsenthalpie und die Mischungsentropie, die auftreten, wenn die Trennwand entfernt wird. Für die Gase soll ideales Verhalten angenommen werden.

A5.9a

Die Zusammensetzung von Luft ist in Übung 5-4 gegeben. Berechnen Sie die Mischungsentropie, wenn Luft aus ihren reinen Bestandteilen (die sich jeweils ideal verhalten sollen) hergestellt wird.

A5.9b

1.00 mol C,H}, (Hexan) werden mit 1.00 mol C,H,, (Heptan) bei 298 K gemischt. Bestimmen Sie für diesen Vorgang die Freie Mischungsenthalpie, Mischungsentropie und Mischungsenthalpie. Die Lösung soll als ideal behandelt werden.

AS.10a In welchen (a) Massen- und (b) molaren Anteilen muss man Hexan und Heptan mischen, damit die maximal mögliche Mischungsentropie auftritt? A5.10b In welchen (a) Massen- und (b) molaren Anteilen muss man Benzol und Ethylbenzol mischen, damit die maximal mögliche Mischungsentropie auftritt? A5.11a Berechnen Sie die Löslichkeit von CO, in Wasser (in Form der Molalität der entstehenden Lösung) bei 25 °C, wenn sein Partialdruck (a) 0.10atm und (b) 1.0 atm beträgt. Verwenden Sie das Henry’sche Gesetz sowie die Daten aus Tabelle 5.1. A5.11b Die Molenbrüche von N, und O, in Luft in Höhe des Meeresspiegels betragen etwa 0.78 bzw. 0.21. Berechnen Sie die jeweilige Molalität der Lösung, die sich in einem offenen Behälter mit Wasser bei 25 °C bildet.

AS5.12a Ein Siphon zur Herstellung von Sodawasser im Haushalt arbeitet mit einem CO,-Druck von 5.0 atm. Wie konzentriert ist das Sodawasser, das man erhält?

A5.12b Nach einigen Wochen ist der Druck des Siphons aus Aufgabe A5.12a auf 2.0 atm gefallen. Wie konzentriert ist das Sodawasser, das man nun erhält?

A5.13a Die Schmelzenthalpie von Anthracen an seinem Schmelzpunkt (217 °C) beträgt 28.8 k] mol”'. Berechnen Sie die (ideale) Löslichkeit der Substanz in Benzol bei 25 °C. A5.13b Geben Sie die ideale Löslichkeit von Blei in Bismut bei 280 °C an. Blei schmilzt bei 327 °C, seine Schmelzenthal-

pie beträgt 5.2 k) mol". A5.14a Der osmotische Druck verschieden konzentrierter Lösungen von Polystyrol in Toluol bei 25 °C wurde in Form der Höhe der Lösungsmittelsäule gemessen:

Lösung.

c/(gdm°) 2.042 h/cm 0.592

Ein Behälter des Volumens V = 5.0 dm? ist in zwei Kammern gleicher Größe geteilt. In der linken Kammer befin-

Die Dichte des Lösungsmittels beträgt 1.004 g cm *. Berechnen Sie die molare Masse des Polymers.

mit p = 1.0atm und T = 25 °C; die det sich Stickstoff

rechte Kammer enthält Wasserstoff unter den gleichen Bedingungen. Berechnen Sie die Freie Mischungsenthalpie und die Mischungsentropie, die auftreten, wenn die Trennwand entfernt wird. Für die Gase soll ideales Verhalten angenommen werden.

6.613 1.910

9.521 2.750

12.602 3.600

A5.14b Die molare Masse eines Enzyms wurde auffolgendem Weg bestimmt: Man löste die reine Substanz in verschiedenen Konzentrationen in Wasser, maf jeweils den osmotischen Druck bei 20 °C und extrapolierte die Werte auf eine Konzentration von null. Folgende Daten wurden gemessen:

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

184 c/(mgcm°)

h/cm

32 E46 571600872385,

3285.11 94119

6.722 11.990

Berechnen Sie die gesuchte Molmasse.

A5.15a Für zwei flüchtige Flüssigkeiten A und B betragen p; = 300 Torr, p, = 250 Torr und K, = 200 Torr (für Molenbrüche). Wenn in einer Mischung der beiden Stoffe x, = 0.90 ist, findet man b, = 2.22 molkg"",

pı = 250Torr und p; = 25 Torr. Berechnen Sie die Aktivitätskoeffizienten und Aktivitäten von A und B. Verwenden Sie für A das Raoult’sche Gesetz für Molenbrüche und für B das Henry’sche Gesetz für den Molenbruch sowie für die Molalität.

A5.15b Für eine wässrige Lösung von 0.122 kg eines nicht flüchtigen Stoffs (M = 241 gmol') in 0.920 kg Wasser bei 293 K betragen p* (H,O) = 0.023 08 atm und p(H;0) = 0.022 39 atm. Berechnen Sie die Aktivität sowie den Aktivitätskoeffizienten des Wassers in der Lösung. A5.16a Eine verdünnte Lösung von Brom in Tetrachlorkohlenstoff verhält sich im hier interessierenden Konzentrationsbereich wie eine ideal verdünnte Lösung. Der Dampfdruck von reinem CCI, bei 298 K beträgt 33.85 Torr. Die Henry’sche Konstante ist 122.36 Torr (für die Bromkonzentration als Molenbruch). Berechnen Sie den Dampfdruck jeder Komponente, den Gesamtdruck und die Zusammensetzung der Gasphase bei einem Molenbruch des Broms von x = 0.050. AS.16b Benzol und Toluol bilden miteinander nahezu ideale

Mischungen. Reines Benzol siedet bei 80.1 °C. Bestimmen Sie das chemische Potenzial des Benzols in der Mischung relativ zu dem der reinen Substanz, wenn

x (Benzol) = 0.30 ist (am Siedepunkt). Wenn der Aktivitätskoeffizient des Benzols in der Mischung 0.93 statt 1.00 wäre, wie hoch wäre dann sein Dampfdruck?

A5.17a Im Gleichgewicht zwischen flüssiger und Gasphase eines Aceton (A)-Methanol (M)-Gemischs bei 57.2 °C und 1.00 atm wurde als Molenbruch in der flüssigen Phase X, = 0.400 gemessen, der Molenbruch in der Gasphase betrug y, = 0.516. Bestimmen Sie auf der Grundlage des Raoult’schen Gesetzes die Aktivitäten und Aktivitätskoeffizienten beider Komponenten der Mischung. Gegeben sind die Dampfdrücke der reinen Komponenten bei der betrachteten Temperatur, pı = 105 kPa und

px, = 73.5 kPa.

AS.17b Im Gleichgewicht zwischen flüssiger und Gasphase eines Gemischs zweier Komponenten A und B bei 30°C und 1.00 atm wurde als Molenbruch in der flüssigen Phase x = 0.220 gemessen, der Molenbruch in der Gasphase betrug ya — 0.314. Bestimmen Sie auf der Grundlage des Raoult’schen Gesetzes die Aktivitäten und Aktivitätskoeffizienten beider Komponenten der Mischung. Gegeben sind de Dampfdrücke der reinen Komponenten bei der betrachteten Temperatur, p; = 73.0kPa und pP: = 92.1 KPa, A5.18a Berechnen Sie die Ionenstärke einer wässrigen Lösung, die 0.10 mol kg“' KCI und 0.20 molkg"' CuSO, enthält.

A5.18b Berechnen Sie die lonenstärke einer wässrigen Lösung, die 0.040 molkg"' K,[Fe(CN);], 0.030 molkg”' KCI und 0.050 molkg"' NaBr enthält. A5.19a Berechnen Sie die Masse an (a) Ca(NO;), bzw. (b) NaCl, die man einer Lösung von 0.150 molkg”' KNO, in 500 g Wasser zusetzen muss, um jeweils eine lonenstärke von 0.250 molkg”' zu erreichen. A5.19b Berechnen Sie die Masse an (a) KNO; bzw. (b) Ba(NO;),, die man einer Lösung von 0.110 molkg”' KNO; in 500 8 Wasser zusetzen muss, um jeweils eine lonenstärke von

1.00 mol kg”' zu Erreichen. A5.20a Bestimmen Sie die mittleren Aktivitätskoeffizienten und

die Aktivitäten der lonen in einer Lösung, die 0.010 molkg”' CaCl, (aq) und 0.030 mol kg“! Naf (ad) enthält.

A5.20b Bestimmen Sie die mittleren Aktivitätskoeffizienten und die Aktivitäten der Ionen in einer Lösung, die 0.020 molkg”' NaCl (aq) und 0.035 mol kg“" Ca(NO;); (ag) enthält. AS.21a In drei verdünnten wässrigen Lösungen von HBr

wurden bei 25 °C die folgenden mittleren Aktivitätskoeffizienten gemessen: 0.930 (5.0 mmol kg"), 0.907 (10.0 mmol kg"), 0.879 (20.0 mmol kg°'). Bestimmen Sie den Wert des Koeffizienten B der erweiterten Debye-Hückel-Theorie.

AS.21b In drei verdünnten wässrigen Lösungen von KCI wurden bei 25 °C die folgenden mittleren Aktivitätskoeffizienten gemessen: 0.927 (5.0 mmol kan) 0.902 (10.0 mmol kg"), 0.816 (50.0 mmolkg-'). Bestimmen Sie den Wert des Koeffizienten B der erweiterten Debye-Hückel-Theorie.

-

Schwerere Aufgaben

Schwerere Aufgaben?) Rechenaufgaben 5.1

5.7

Die folgende Wertetabelle enthält die Molenbrüche von Methylbenzol (A) in flüssigen (x) und gasförmigen (y) Mischungen mit Butanon (B) im Gleichgewicht bei 303.15 K und einem Gesamtdruck p. Behandeln Sie den Dampf als ideales Gas und berechnen Sie die Partialdrücke beider Komponenten. Tragen Sie diese gegen die entsprechenden Werte des Molenbruchs in der flüssigen Mischung auf und lesen Sie die Henry’schen Konstanten für beide Substanzen ab. Xa

Ya

0 0 0.0898 0.0410 0.2476 0.1154 0357 7017,02 051925209077

|

5.2

p/kPa

X

Ya

p/kPa

36.066 34.121 30.900 37626 2250239

0.6036 0.7188 0.8019 0.9105 1

0.3393 0.4450 0.5435 0.7284 1

23.402 20.698 18.592 15.496 12295

Das Volumen einer wässrigen Lösung von NaCl bei 25 °C wurde bei verschiedenen Molalitäten b gemessen und an die empirische Formel v = 1003 + 16.62x + 1.77x°/? +0.12x? mitx = b/b” und v = V/cm? angepasst; V ist das Volumen der aus 1.000 kg Wasser gebildeten Lösung. Berechnen Sie die partiellen molaren Volumina der Komponenten in einer Lösung mit einer Molalität von

0.100 molkg"". 5.3

Für das Gesamtvolumen V einer Lösung von MgSO, in 1.00 kg Wasser bei 18 °C gilt die empirische Formel

v = 1001.21 + 34.69(x — 0.070)” mitx = b/b” und v = V/cm?. Wie lauten die partiellen molaren Volumina von Salz und Lösungsmittel in einer Lösung mit einer Molalität von 0.050 molkg"'? 5.4

Die Dichten wässriger Lösungen von Kupfer(II)-sulfat, gemessen bei 20°C, finden Sie in der unten stehenden Tabelle (m ist die Masse von Kupfersulfat in 100g Lösung). Bestimmen Sie das partielle molare Volumen von CuSO, in diesem Bereich und stellen Sie ihr Ergebnis graphisch dar.

mjg ojgem?

5 1.051

10 1.107

15 1.167

20 1.230

5,5

Welche Stoffmengen Wasser und Ethanol muss man zusammengeben, um 100 cm? einer Mischung mit 50 Massenprozent Ethanol zu erhalten? Wie ändert sich das Volumen des Gemischs, wenn weitere 1.00 cm? Ethanol zugegeben werden? (Verwenden Sie die Angaben aus Abb. 5-1.)

5.6

Kaliumfluorid ist in Eisessig sehr gut löslich; die gebildeten Lösungen weisen einige ungewöhnliche Eigenschaften auf. Um diese zu untersuchen, wurde eine Lösung bekannter Molalität in mehreren Stufen verdünnt und jeweils die Gefrierpunktserniedrigung gemessen (). Emsley,J.Chem. Soc. A (1971), 2702). Folgende Messwerte wurden erhalten:

b/(molkg.') 0.015 0.115 AT/K

0.037 0.295

0.077 0.470

0.295 1.381

0.602 2.670

Berechnen Sie die scheinbare Molmasse des gelösten Stoffs und versuchen Sie, Ihr Ergebnis zu interpretieren! 290K. Gegeben sind AH = 11.4 kJ) mol”! und T;,, =

Füreine 9.6 mmolkg"! Th(NO,), enthaltende wässrige Lösung wurde eine Gefrierpunktserniedrigung von 0.0703 K gemessen (A. Apelblat, D. Azoulay, A. Sahar,J. Chem. Soc. Faraday Trans. I (1973), 1618). Welche Anzahl von lonen je Formeleinheit, die in der Lösung gebildet wer-

den, ergibt sich daraus? 5.8

Inder folgenden Tabelle finden Sie Werte des Dampfdrucks verschieden zusammengesetzter Mischungen von Monoiodethan (I) und Ethylacetat (A) bei 50°C. Bestimmen Sie die Aktivitätskoeffizienten beider Komponenten auf der Grundlage (a) des Raoult’schen Gesetzes, (b) des Henry’schen Gesetzes bei A im Überschuss.

X, pı/kPa 0 0 0.0579 03.73 0.1095 07.03 0.1918. 11.7. 0.2353 14.05 0:3713.°20172° 5.9

pı/kPa 37.38 35.48 33.64 30.85 29.44 ©2505

x, pı/kPa 0.5478 28.44 0.6349 31.88 0.8253, 0 39,58 0.9093 43.00 1.0000 47.12

p,/kPa 19.23 16.39 08.88 05.09 0

Inder unten stehenden Tabelle finden Sie Daten zum Dampfdruck einer Mischung aus Benzol (B) und Essigsäure (E) bei 50°C. Tragen Sie diese Werte in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Gemischs auf. Zeigen Sie, dass in den entsprechenden Konzentrationsbereichen das Henry’sche bzw. das Raoult’sche Gesetz gilt. Leiten Sie aus dem Raoult’schen Gesetz die Aktivitäten und Aktivitätskoeffizienten beider Komponenten her; berechnen Sie dann die Aktivität und den Aktivitätskoeffizienten von B als gelöstem Stoff aus dem Henry’schen Gesetz. Bestimmen Sie abschliefßend die Freie Exzessenthalpie der Mischung im gesamten gegebenen Konzentrationsbereich. XE pe/kPa ps/kPa 0.0160 0.484 35.05 0.0433 0.967 34.29 010 3351755583323 0.1138 1.89 32.64 RA 2er let) RR al AENE

XE 0.3696 0.5834 0.6604 0.8437 VEN

pe/kPa 3.83 4.84 5.36 6.76 RE

pa/kPa 26.08 20.42 18.01 10.0 0.47

5.10: T.M. Aminabhavi et al. untersuchten Mischungen von Cyclohexan mit verschiedenen langkettigen Alkanen (T. M. Aminabhavi, V. B. Patil, M. |. Aralaguppi, J. D. Ortego, K. C. Hansen,J. Chem. Eng. Data 41 (1996) 526) und geben unter anderem folgende Datens zur Dichte einer Mischung aus Cyclohexan und Pentadekan als Funktion des Molenbruchs x. von Cyclohexan bei 293.15 K an:

x

0.6965

pjgem’ 0.7661

0.7983 0.7674

0.9004 0.7697

Berechnen Sie die partiellen molaren Volumina beider Komponenten in der Mischung mit einem Molenbruch von Cyclohexan x. = 0.7988.

5.11t Comelli und Francesconi untersuchten Mischungen von Propionsäure mit verschiedenen anderen organischen Flüssigkeiten bei 313.15 °C (F. Comelli und R. Francesconi,J.Chem. Eng. Data 41 (1996) 101).

Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 5) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen

186

Für das Exzessvolumen der Mischung mit Oxan geben sie VE = xx,{a, + a1 (X —%,)} an; x, ist der Molenbruch

dass das erweiterte Debye-Hückel-Gesetz eine genauere Beschreibung ermöglicht.

der Propionsäure, x, derjenige von Oxan,

b/(mmolkg"')

a, = —2.4697 cm’ mol”! und a, = 0.0608 cm’ mol”. Die Dichte von Propionsäure bei der gegebenen Temperatur beträgt 0.97174gcm°, die von Oxan 086398 gcm*. (a) Leiten Sie je einen Ausdruck für die partiellen molaren Volumina beider Komponenten bei dieser Temperatur her. (b) Berechnen Sie die partiellen molaren Volumina beider Komponenten in einer äquimolaren Mischung.

/’t+

5.17

0.129

0.223

0.353

0.511

0.700

0.810

1

Yr

0

0.065

0.145

0.285

0.535

0.805

0.915

1

Berechnen Sie auf der Grundlage des Raoult’schen Gesetzes die Aktivitätskoeffizienten beider Komponenten.

Ana

5.19

0

L/(moldm””)

36.4

20 34.9

40 337

60 32a],

GE =RTx(1 - x){0.4857 — 0.1077(2x — 1) + 0.0191(2x —1)?}: x ist hierbei der Molenbruch von MCH. Berechnen Sie die Freie Mischungsenthalpie, die beim Mischen von 1.00 mol MCH mit 3.00 mol THF auftritt.

5.16

Die unten stehende Tabelle zeigt die mittleren Aktivitätskoeffizienten wässriger Lösungen von NaCl bei 25 °C. Überprüfen Sie, ob das Debye-Hückel-Grenzgesetz erfüllt ist: zeigen Sie,

DER

3

av. A

Werten Sie das Integral anhand der folgenden Daten (für 298 K) graphisch aus und berechnen Sie das partielle molare Volumen von Aceton bei x = 0.500.

x(CHCI,) 0 0.194 0.385 0.559 0.788 0.889 1.000 v/tem? mol!) 73.99 75.29 76.50 77.55 79.08 79.82 80.67 5.20

Leiten Sie unter Verwendung der Gibbs-Helmholtz-Gleichung einen Ausdruck für dInx, als Funktion von dT her. Integrieren Sie dann dInx, von x, = 0 bis zu einem beliebigen Wert; auf der rechten Seite integrieren Sie von der Phasenübergangstemperatur von reinem A bis zu dem entsprechenden Wert von A in der Mischung. Zeigen Sie, dass man bei konstanter Phasenübergangsenthalpie die Gin. (5-33) und (5-36) erhält.

5.21

Der osmotische Koeffizient & ist definiert als d = (x /Xs)Ina,. Setzen Sier = x,/x, und zeigen Sie

Untersuchen Sie, inwieweit sich die Daten an die Exponen-

Die Abhängigkeit der molaren Freien Exzessenthalpie von Mischungen aus Methylcyclohexan (MCH) und Tetrahydrofuran (THF) von der Zusammensetzung wird bei 303.15 K durch folgende empirische Formel beschrieben:

eV, A

vi

tialfunktion L = L, e”/" anpassen lassen, und berechnen

5.15

,r

Zeigen Sie mit Hilfe der Gibbs-Duhem’schen Gleichung, dass das partielle molare Volumen (oder eine andere partielle molare Größe) einer Komponente B bestimmt werden kann, wenn die jeweilige partielle molare Größe von A für alle Zusammensetzungen der Mischung bis hin zu der

V=Vi+

80 S31e7.

Sie Werte für L, und r. Drücken Sie diese Konstanten anhand von Eigenschaften des gelösten Stoffs aus.

ne) Anxe)

betrachteten bekannt ist. Beweisen Sie dazu:

Berechnen Sie die Henry’sche Konstante von CO, in Cyclohexanol und den Aktivitätskoeffizienten von CO,.

0/°C

lrk a

her (f ist die Fugazität). Verwenden Sie diese Gleichung, um Folgendes nachzuweisen: Wenn man die Fugazitäten durch Drücke ersetzt und das Raoult’sche Gesetz für eine Komponente der Mischung gilt, so muss es auch für die andere Mischungskomponente gelten.

100 200 300 40.0 600 80.0 0.0267 0.0149 0.0112 0.00947 0.00835 0.00921 0.9471 0.9464 0.9204 0.892 0.836 0.773

5.14% Gleichung (5-39) besagt, dass die Löslichkeit exponentiell von der Temperatur abhängt. Die unten stehende Tabelle gibt die Löslichkeit L von Calciumacetat in Wasser als Funktion der Temperatur an.

20.0 0.8712

Die Freie Exzessenthalpie einer binären Mischung betrage AREA x,); g ist eine Konstante und x, der Molenbruch eines gelösten Stoffs A. Geben Sie einen Ausdruck für das chemische Potenzial von A in der Mischung an und skizzieren Sie seine Abhängigkeit von der Zusammensetzung.

olnx,

5.131 Chen und Lee untersuchten die Flüssigkeits-Dampf-Gleichgewichte von Cyclohexanol mit verschiedenen Gasen bei erhöhtem Druck ().-T. Chen und M.-). Lee,J.Chem. Eng. Data 41 (1996) 339). Sie geben unter anderem folgende Daten für die Molenbrüche von Cyclohexanol in der flüssigen Phase (xCyc) und in der Gasphase (yCyc) als Funktion des Drucks bei 393.15 K an:

p/bar yCyc xCyc

10.0 0.9024

Leiten Sie aus der Gibbs-Duhem’schen Gleichung die GibbsDuhem-Margules’sche Gleichung

D]KDam2284.08821177558707255318.755218:1552090557250576530 0

2.0 5.0 0.9519 0.9275

Theoretische Aufgaben

5.123 Francesconi et al. untersuchten die Gleichgewichte Flüssigkeit/Dampf von Trichlormethan und 1,2-Epoxybutan bei verschiedenen Temperaturen (R. Francesconi, B. Lunelli, F. Comelli, J.Chem. Eng. Data 41 (1996) 310). Sie geben unter anderem folgende Daten für die Molenbrüche von Trichlormethan in der flüssigen Phase (x,) und in der Gasphase (y}) als Funktion des Drucks bei 298.15 K an: x

1.0 0.9649

as

unter Verwendung der Gibbs-Duhem’schen Gleichung, dass man die Aktivität von B aus den Aktivitäten von A in einem Bereich von Konzentrationen durch folgende Beziehung berechnen kann:

In (®) =

8-00)

ik (* )e R r

Zu zeigen ist, dass der osmotische Druck einer realen Lösung gegeben ist durch /’V = —RTIn a,. Beweis en Sie anschließend, dass diese Beziehung für verdünnte Lösungen die Form ITV = &RT[B] annimmt und dass man den osmotischen Koeffizienten & (siehe Aufgabe 5.21) deshalb

osmometrisch bestimmen kann.

Schwerere Aufgaben 5.23

187

Betrachten Sie eine reale Lösung; das Lösungsmittel mit der molaren Masse M habe die Aktivität a,. Zeigen Sie, dass für die Gefrierpunktserniedrigung dieser Lösung gilt

der unabhängig sind. Für nicht identische Bindungsstellen lautet die Gleichung

din

[Al außen

_M

dA, Zeigen Sie anschließend mithilfe der Gibbs-Duhem’schen Gleichung: dina,

1

ADENER.

ve.

N;K

IHK

JA außen

Stellen Sie v/|A] für folgende Fälle graphisch dar: (a) Ein Enzymmolekül weist vier unabhängige Bindungsstellen auf, die intrinsische Bindungskonstante ist K= 1.0x107. (b) Ein Polymer besitzt insgesamt sechs Bindungsstellen. Vier sind identisch mit einer Bindungskonstante von 1x 10°, die anderen beiden sind ebenfalls identisch mit

mit a, als Aktivität und b, als Molalität des gelösten Stoffs. Zeigen Sie nun unter Verwendung des Debye-HückelGrenzgesetzes, dass der osmotische Koeffizient ) (siehe

Aufgabe 5.21) gegeben ist durch

= 1 — 1A I mit

einer Bindungskonstante von 2 x 10°. Die Zugabe einer kleinen Menge eines Salzes, beispielsweise (NH,),SO,, zu einer wässrigen Lösung, die ein geladenes Protein enthält, erhöht die Wasserlöslichkeit dieses Pro-

A' = 2.303 A und I = b/b°.

Anwendungsaufgaben

teins (so genannter Einsalzeffekt). Gibt man hingegen große Mengen Salz zu, so sinkt die Wasserlöslichkeit des

5.24

der Lösung ausfällt. Diesen Aussalzeffekt macht man sich

5.25

Proteins unter Umständen so weit ab, dass das Protein aus

Das Protein Hämoglobin, der für den Sauerstofftransport verantwortliche rote Blutfarbstoff, bindet pro Gramm ungefähr 1.34 cm? Sauerstoff. Normalerweise liegt die Hämoglobinkonzentration im Blut bei ungefähr 150 gdm®. In den Lungen ist das Hämoglobin zu etwa 97 Prozent mit Sauerstoff gesättigt, in den Kapillargefäßen nur zu etwa 75 Prozent. Welches Volumen Sauerstoff wird von 100 cm? Blut auf dem Weg von den Lugen in die Kapillargefäße abgegeben? Zur Berechnung der Löslichkeit c eines Gases in einem Lösungsmittel bietet sich die Beziehunge=Kpanmit K als Henry’scher Konstante. Beim Atmen unter erhöhtem Druck, etwa beim Flaschentauchen, steigt die Konzentra-

tion an gelöstem Stickstoffinden Geweben. Die Henry'sche Konstante für die Löslichkeit von Stickstoff ist gleich 0.18 ug/(g H,O atm). Welche Masse Stickstoff löst sich in 100g luftgesättigten Wassers bei 4.0 atm und 20°C? Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem entsprechenden Wert bei 1.0 atm. (Luft enthält 78.08 Molprozent Stickstoff.) Angenommen, Stickstoff löst sich in Fettgewebe viermal so gut wie in Wasser; wie stark steigt dann die Stickstoffkonzentration im Fettgewebe, wenn der Druck von 1.0 atm auf 4.0 atm zunimmt? 5.26

Ethidiumbromid (EB) bindet an DNA durch Interkalation: Das aromatische Ethidium-Kation fügt sich genau zwischen zwei benachbarte Basenpaare ein. Die Bindung von EB an einen kurzen DNA-Abschnitt wurde mit einem Gleichgewichts-Dialyseexperiment untersucht, wobei eine wässrige DNA-Lösung (1.00 umoldm ? gegen EB im Über-

schuss dialysiert wurde. Für die Gesamtkonzentration an EB in umol dm * wurden folgende Messwerte erhalten: DNA-freie Seite DNA-haltige Seite

0.042 0.292

0.092 0.590

0.204 1.204

0.526 2.531

1.150 4.150

Tragen Sie die Werte in ein Scatchard-Diagramm ein und ermitteln Sie die intrinsische Gleichgewichtskonstante K sowie die Gesamtzahl an Bindungsstellen je DNA-Molekül. Ist das Modell unabhängiger, identischer Bindungsstellen

hier anwendbar? 5.27

In der in Anwendung 5-2 angegebenen Form darf die Scatchard-Gleichung nur angewendet werden, wenn die Bindungsstellen des Makromoleküls identisch und voneinan-

in der Biochemie zunutze, um Proteine zu isolieren und zu

reinigen. Betrachten Sie das Gleichgewicht PX, (s) = P’" (aq) + vX7 (aq); P'* ist ein mehrfach positiv geladenes Protein mit der Ladung +v, X” ist das GegenIon. Liefern Sie eine Erklärung des Einsalz- und des Aussalzeffekts auf molekularem Niveau; nehmen Sie das Le Cha-

telier'sche Prinzip und die physikalischen Grundlagen der Debye-Hückel-Theorie zu Hilfe.

5.29% Polymerwissenschaftler verwenden oft ungewöhnliche Einheiten. So wird bei der osmometrischen Bestimmung molarer Massen gelöster Polymere der osmotische Druck in Gramm pro Quadratzentimeter (gcm?) und die Konzentration in Gramm pro Kubikzentimeter (gcm*) angegeben. (a) Wie lautet dann die Einheit von R in der van’t Hoff'schen Gleichung? (b) Die unten stehende Tabelle zur Konzentrationsabhängigkeit des osmotischen Drucks von Poly(isobuten) in Chlorbenzol bei 25 °C wurde in leicht geänderter Form aus J. Leonard und H. Daoust,J. Polymer Sci. 57 (1962) 53 übernommen. Bestimmen Sie daraus die molare Masse von Poly(isobuten). Tragen Sie dazu ///c in Abhängigkeit von c auf. (c) Für so genannte ThetaLösungsmittel ist der zweite osmotische Koeffizient gleich null; für „schlechte“ Lösungsmittel ist die Auftragung

linear, für „gute“ Lösungsmittel ist sie nicht linear. Wie würden Sie das Lösungsmittel Chlorbenzol im Hinblick auf Poly(isobuten) klassifizieren? Erklären Sie Ihre Antwort anhand der Molekülstrukturen von Polymer und Lösungsmittel. (d) Ermitteln Sie den dritten und den vierten osmotischen Virialkoeffizienten durch Anpassung Ihrer Kurve an die Virialform der Gleichung für den osmotischen Druck.

(e) Experimentell findet man oft, dass sich die Virialentwicklung in der Form at

DM

RT

(lerBlereBıe

2,

darstellen lässt. In guten Lösungsmitteln liegt der Parameter g bei 0.25. Leiten Sie einen Ausdruck für (IT/c)''* her, indem Sie höhere Potenzen als die zweite vernachlässigen, und tragen Sie den Term als Funktion von c auf. Bestimmen Sie aus Ihrem Graphen den zweiten und den dritten Virialkoeffizienten und vergleichen Sie mit Ihrem Resultat aus der ersten Auftragung. Wird der angenommene Wert von g bestätigt?

188

5 Die Eigenschaften einfacher Mischungen 102(IT/e)/(gem””/gem°)

(gem)

2.6 2.8) 3.6 4.3 6.0 12.0 19.0 31.0 38.0 52 63

0.0050 0.010 0.020 0.033 0.057

0.10 0.145

0.195 0.245 097 0.29

5.303 K. Sato, F. R. Eirich und J. E. Mark (J. Polymer Sci., Polym. Phys. 14 (1976) 619) geben die unten aufgeführten Werte für den osmotischen Druck von Poly(chloropren)

(p = 1.25 gcm

°) in Toluol (p = 0.858 gcm *) bei 30 °C

an. Berechnen Sie die molare Masse von Poly(chloropren) und seinen zweiten osmotischen Virialkoeffizienten.

c/{mgem®) I/(Nm?2)®

133 30

210 5

452 132

7.18 246

9.87 390

189

6 | Phasendiagramme

Phasendiagramme reiner Stoffe wurden bereits in Kapitel 4eingeführt. Nun werden wir sehen, wir man sie als Zusammenfassung empirischer Informationen über eine Reihe von Systemen nutzen kann. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Gibbs’sche Phasenregel; sie gibt an, inwieweit man die Zustandsparameter eines Systems so verändern kann, dass das Gleichgewicht erhalten bleibt. Anhand der Phasenregel werden wir auch die Phasendiagramme diskutieren, die in den beiden vorangehenden Kapiteln bereits eingeführt wurden. Anschließend werden wir schrittweise zu komplizierteren Systemen übergehen. In jedem einzelnen Fall werden wir lernen, das Phasendiagramm als Sammlung empirischer Daten zur Stabilität bestimmter Phasen des Systems auszuwerten. In diesem Kapitel wird die systematische Behandlung physikalischer Zustandsänderungen von Mischungen bei Vorgängen wie Erhitzen, Abkühlung oder Änderung der Zusammensetzung beschrieben. Dabei spielt insbesondere die Konstruktion und Interpretation von Phasendiagrammen eine Rolle. Anhand dieser Diagramme sind wir in der Lage zu entscheiden, ob zwei oder drei Substanzen miteinander mischbar sind, ob ein Phasengleichgewicht in einem Bereich von Bedingungen möglich ist oder ob man zum Erreichen des Gleichgewichtszustandes ganz bestimmte Werte für Druck, Temperatur und Zusammensetzung vorgeben muss. Phasendiagramme besitzen Bedeutung für

Phasen, Komponenten, Freiheitsgrade - 189 Definitionen - 189

Die Phasenregel - 192 Zweikomponentensysteme - 194

Die Druckabhängigkeit der Zusammensetzung: Dampfdruckdiagramme - 194

Die Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung: Siedediagramme - 198 Flüssig/Flüssig-Phasendiagramme - 200

industrielle Verfahren, besonders für die Herstellung und Modifikation von Halbleitern,

Flüssig/Fest-Phasendiagramme - 205

Keramiken, Stählen und Legierungen. Sie bilden die Grundlage von Trennverfahren in der Erdölverarbeitung und bei der Herstellung von Nahrungsmitteln und Kosmetika.

Anwendung 6-1: Flüssigkristalle - 208

6.1 |

Anwendung 6-2: Ultrareinheit und kontrollierte Verunreinigung - 209

Phasen, Komponenten, Freiheitsgrade

Dreikomponentensysteme - 210

Bei der Diskussion der Phasendiagramme stützen wir uns auf eine allgemeine Beziehung, die von J. W. Gibbs aufgestellte Phasenregel. Wir werden diese Gleichung entwickeln, um sie anschließend auf eine Reihe verschiedener Systeme anzuwenden. Die Herleitung und Anwendung der Phasenregel erfordert einen sorgfältigen Umgang mit einigen Begriffen, die wir zunächst definieren wollen.

6.1.1

spielsweise auch von verschiedenen festen Phasen desselben Stoffes (wie bei Phos-

phor in der schwarzen oder weißen Modifikation). Die Anzahl der Phasen in einem

System bezeichnen wir mit P. Ein Gas oder eine Gasmischung besteht aus einer Flüssigkeiten oder

eine Lösung von beispielsweise Natriumchlorid in Wasser bilden eine Phase. Eis ist

allereine Phase (P = 1), auch wenn es in kleine Splitter zerteilt ist. Schneematsch System dieses dings ist ein Gemisch aus fein verteilten Eisstückchen und Wasser; nicht auf besteht aus zwei Phasen (P = 2), auch wenn man die Phasengrenzfläche 1) Diese Definition stammt von Gibbs. i und I. de Paula AR Vier! Auflage. P.W. Atkins ikaliische Chemie,ie, Vierte Physikal Weinheim © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH &Co. KGaA, ER ISBN: 3-527-31546-2

Dreieckskoordinaten - 210

Begrenzt mischbare Flüssigkeiten - 212 Der Einfluss gelöster Salze - 214

Blick - 216

spricht von der festen, flüssigen und gasförmigen Phase eines Stoffes oder bei-

Phase, auch ein Kristall, zwei vollständig mischbare

Phasendiagramme in

Das Wichtigste auf einen

Definitionen

Zu Beginn der Kapitels 4 wurde der Begriff Phase eingeführt; wir bezeichneten damit einen Zustand der Materie, der durch Homogenität der chemischen Zusammensetzung und des physikalischen (Aggregat-)\Zustands gekennzeichnet ist". Man

einzigen

OS

Weiterführende Literatur : 217 Diskussionsfragen : 217 Leichte Aufgaben - 218

Schwerere Aufgaben - 221

6 Phasendiagramme

190

h; ein System, in den ersten Blick erkennt. Calciumcarbonat zersetzt sich thermisc

(a)

(b)

Abb. 6-1 Der Unterschied zwischen (a) einer Lösung, die eine einzige Phase

bildet - ihre Zusammensetzung ist auch auf mikroskopischer Ebene homogen — und (b) einer Dispersion — Tropfen oder Körnchen, die aus einer Komponente

bestehen, sind in einer Matrix der zweiten Komponente verteilt.

carbodem dieser Vorgang gerade abläuft, besteht aus zwei festen Phasen (Calcium nat und Calciumoxid) und einer gasförmigen Phase (Kohlendioxid). die Eine Legierung zweier Metalle ist ein Zweiphasensystem (P = 2), wenn sich nur liegt mischbar, g Metalle nicht miteinander mischen; sind sie jedoch vollständi eine Phase (P = 1) vor. Dieses Beispiel zeigt, dass die Entscheidung, aus wie vielen Phasen ein System besteht, nicht immer ganz einfach zu treffen ist. Ems Lösung (eine homogene Mischung) zweier fester Stoffe A und B ist auch auf mikroskopischer Ebene räumlich homogen: Atome von A sind jeweils von Atomen A und B umgeben, und jede noch so kleine entnommene Menge spiegelt genau die Zusammensetzung der gesamten Probe wider. Eine Dispersion ist, makroskopisch gesehen, ebenfalls ein homogenes System; sieht man auf mikroskopischer Ebene jedoch genauer hin, stellt man fest, dass in Wirklichkeit Körnchen oder Tropfen der einen Substanz eingebettet in eine Matrix der anderen Substanz vorliegen. Wenn man nun eine sehr kleine Probe entnimmt,

kann diese zufällig nur kleine Tröpfchen von A enthalten; die Zusammensetzung des Gesamtsystems wird nicht korrekt wiedergegeben (Abb. 6-1). Solche Dispersionen spielen eine wichtige Rolle in der Materialwissenschaft: Bei einer Reihe von Materialien mit speziellen Eigenschaften, wie zum Beispiel Stählen, ist die Ausfällung einer fein verteilten Phase (wie der Carbidphase) in der Matrix der gesättigten festen Mischung erwünscht (man erreicht dies durch Erwärmung und Abkühlung in bestimmten Abständen). Auf diese Weise ist es durch Kenntnis der Phasengleichgewichte möglich, eine genau auf die Anwendung und die dabei geforderten mechanischen Eigenschaften des Stoffes zugeschnittene Mikrostruktur zu erhalten. Unter einem Bestandteil einer Mischung verstehen wir eine chemische Spezies (Ion oder Molekül). In einer Mischung aus Ethanol und Wasser sind demnach zwei Bestandteile enthalten; eine wässrige Lösung von Natriumchlorid enthält drei Bestandteile, Wasser, Na*-Ionen und Cl”-Ionen. Den Begriff Bestandteil werden wir

ab jetzt genau von dem eher technischen Terminus Komponente unterscheiden; mit Letzterem definieren wir einen chemisch unabhängigen Bestandteil des Systems. Die Anzahl der Komponenten C eines Systems gibt die minimale Anzahl unabhängiger Spezies an, auf deren Grundlage sich die Zusammensetzung aller im System vorliegenden Phasen beschreiben lässt. Wenn keine chemische Reaktion stattfindet und keine sonstige Einschränkung (wie etwa Ladungsneutralität) besteht, entspricht die Zahl der Bestandteile genau der Zahl der Komponenten. Reines Wasser besteht aus einer Komponente (GE Um seine Zusammensetzung zu beschreiben, benötigen wir nur eine Spezies, nämlich H,O. Analog besteht eine Mischung aus Ethanol und Wasser aus zwei Komponenten (C = 2), denn zur Beschreibung ihrer Zusammensetzung werden zwei Spezies, H,O und C,H,OH, benötigt. Eine wässrige Lösung von Natriumchlorid enthält ebenfalls zwei Komponenten, da die Bedingung der Elektroneutralität dafür sorgt, dass die Zahl der Na‘-Ionen gleich der Zahl der Cl--Ionen ist. Ein System aus Wasserstoff, Sauerstoff und Wasser besitzt bei Raumtemperatur drei Komponenten (C = 3), obwohl H, und O, grundsätzlich miteinander zu Wasser reagieren können. Unter diesen Bedingungen findet die Reaktion jedoch nicht statt, weshalb

alle Bestandteile

chemisch

voneinander

unabhängig

sind.

Findet

unter den im System herrschenden Bedingungen eine chemische Reaktion statt, ist die minimale Anzahl der Spezies zu bestimmen, mit denen man die Zusammensetzung aller Phasen beschreiben kann: dabei sind die Reaktione n zu berücksichtigen,

bei denen eine Spezies aus anderen gebildet wird. Sehen wir dazu ein Beispiel an. In einem System sei das Gleichgewicht CaCO; (s) = Phase 1

CaO (s) + Co, (g) Phase 2 Phase 3

eingestellt; wir zählen drei Bestandteile und drei Phasen. Zur Festlegung der Zusammensetzung der Gasphase (3) ist die Spezies CO, ausreichend, Phase 2 wird

-

6.1 Phasen, Komponenten, Freiheitsgrade

durch CaO vollständig beschrieben. Zur Beschreibung von Phase 1 benötigen wir keine weitere Spezies, da ihre Zusammensetzung durch die beiden anderen Bestandteile ausgedrückt werden kann, wenn man die Stöchiometrie der Reaktion berücksichtigt. Das System besteht daher nur aus zwei Komponenten (C = 2). Beispiel 6-1] Die Zahl der Komponenten in einer Mischung Ammoniumchlorid wird thermisch zersetzt. Aus wie vielen Komponenten besteht das betreffende System? Vorgehen Zunächst formulieren wir die stöchiometrische Gleichung der Reaktion und lesen die Bestandteile (alle vorkommenden Spezies) und die auftretenden Phasen ab. Dann entscheiden wir, ob bei den herrschenden Bedingungen einer

der Bestandteile aus den anderen gebildet werden kann. Wenn ja, wird der betreffende Bestandteil gestrichen; übrig bleibt die Anzahl der unabhängigen Bestandteile. Zuletzt zählen wir diese unabhängigen Spezies, durch die die Zusammensetzung aller Phasen vollständig beschrieben werden kann. Antwort

Die Reaktionsgleichung lautet

NH,CI(s)

=

NH;(g)+HCl(g)

Wir zählen drei Bestandteile und zwei Phasen (eine feste, eine gasförmige). NH, und HCl können bei der Reaktion jedoch nur in einem bestimmten stöchiometrischen Verhältnis gebildet werden; die Zusammensetzung beider Phasen lässt sich daher mit Hilfe einer einzigen Spezies, NH,CI, ausdrücken. Also liegt im System nur eine Komponente vor (C = 1). Wenn überschüssiges HC] {oder NH;) zugege-

ben wird, erhält man durch die Zersetzung von NH,C] nicht das wirklich vorliegende Verhältnis

der Konzentrationen

der Bestandteile

in der Gasphase;

man

müsste dann NH, (oder HCl) als zweite Komponente hinzunehmen.

Übung 6-1 Geben Sie für die folgenden Systeme die Anzahl der Komponenten an: (a) Wasser unter Berücksichtigung der Autoprotolyse, (b) eine wässrige Lösung von Essigsäure, (c) Magnesiumcarbonat im Gleichgewicht mit seinen Zersetzungsprodukten. [(a) 1, (b) 2, (c) 2] Die Varianz F eines Systems ist die Anzahl der intensiven Zustandsvariablen, die

man unabhängig voneinander ändern kann, ohne dass sich die Anzahl der im Gleichgewicht vorliegenden Phasen ändert. Diese Bedingung wird beispielsweise bei der unabhängigen Änderung von Druck und Temperatur (F = 2) eines Systems erfüllt, das aus einer Komponente und einer Phase (C = 1, P= 1) besteht. Ein solches bivariantes System besitzt zwei Freiheitsgrade. Wenn in einem Einkomponentensystem jedoch zwei koexistierende Phasen im Gleichgewicht vorliegen (beispielsweise eine Flüssigkeit und ihr Dampf; C = 1, P= 2), kann man zwar die Temperatur oder den Druck beliebig ändern; um die Anzahl der Phasen zu erhalten, muss jedoch der Druck (bzw. die Temperatur) des Systems entsprechend nachgeregelt werden. Somit hat sich die Anzahl der Freiheitsgrade auf 1 verringert: Nur noch der Druck oder die Temperatur kann frei gewählt werden.

191

6 Phasendiagramme

192 Kommentar 6-1 Josiah Willard Gibbs verbrachte den größten Teil seines Arbeitslebens in Yale; er gilt zu Recht als Begründer der chemischen Thermodynamik. Er brachte Jahre damit zu, über seine Ideen nachzudenken, bevor er sie publizierte. Seine präzise formulierten

Beiträge erschienen schließlich in einer unbekannten Zeitschrift (The Transactions of the Connecticut Academy ofArts and Sciences). Es dauerte eine Weile, bis sich Wissenschaftler fanden, die den Wert seiner Arbeiten erkannten und sie der industriellen Forschung und Anwendung zugänglich machten. Vielfach wird Gibbs als erster bedeutender theoretisch arbeitender Naturwissenschaftler Amerikas angesehen.

6.1.2

Die Phasenregel

sten BeweisDie Herleitung der Phasenregel durch J. W. Gibbs ist eine der elegante allgemeiführungen der chemischen Thermodynamik. Die Regel beschreibt einen C und nten Kompone der Anzahl der F, Varianz der zwischen nen Zusammenhang g: nsetzun Zusamme r beliebige Systeme für P Phasen der der Anzahl F

Bere

Begründung 6-1

DiePhsnrglö

(6-1)

_ —_ —.

Betrachten wir zunächst den Spezialfall eines Einkomponentensystems. Für zwei im Gleichgewicht befindliche Phasen gilt u,(a) = u,(ß). Jedes der beiden chemischen Potenziale hängt vom Druck und von der Temperatur ab: u,la;p,T)=u(ß;Pp,T)-

Diese Beziehung gibt einen Zusammenhang zwischen p und T wieder; das bedeutet, nur eine der beiden Variablen ist unabhängig. (Analog wird y durch die Gleichung x+y = 2 als Funktion von x ausgedrückt, y= 2 x.) Diese Schlussfolgerung steht im Einklang mit F = 1. Für drei Phasen im Gleichgewicht gilt Aılep, Denn

I)= up):

In dieser Zeile stecken tatsächlich zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten, u, (a; p,T) = u,(ß;p,T) und u,(P;p, T) = u,(y;p, T). Nur ein einziges Wertepaar (p, T) erfüllt dieses Gleichungssystem. (Ebenso wie das Gleichungssystem x+y=2 und 3x — y= 4 als einzige Lösung das Wertepaar (x =, y=) besitzt.) Dies steht im Einklang mit F= 0. Vier Phasen können in einem Einkomponentensystem nicht im Gleichgewicht vorliegen, weil das Gleichungssystem Ala;p,T)=u(ß;p,T)

u(ß;p,T) =u(y;p,T)

u,(y;p,T) =u,(ö;p,T)

drei Gleichungen für zwei Unbekannte (p und T) entspricht und keine Lösung besitzt (ähnlich wie das Gleichungssystem x+y=2,3x-y=4undx+4y=6). Nun gehen wir zum allgemeinen Fall über. Zunächst zählen wir die intensiven Variablen (Zustandsgrößen, die nicht von der Größe des Systems abhängen): Mit Druck p und Temperatur T sind wir bei 2. Die Zusammensetzung ist vollständig bestimmt, wenn der Molenbruch von (C — 1) Komponenten bekannt ist (es ist nicht erforderlich, alle Molenbrüche zu kennen, da durch vn +, +: :+xc=1 einer der Molenbrüche festgelegt ist, wenn alle anderen bekannt sind). Wenn P Phasen vorliegen, gibt es somit insgesamt P(C — 1) Zusammensetzungsvariablen. Die Gesamtzahl der intensiven Variablen ist damit PCC-1) +2.

Im Gleichgewicht hat das chemische Potenzial eines Stoffes in jeder Phase denselben Wert (siehe Abschnitt 4.2.1): Arle)=u(ß)=...

für P Phasen .

Für jede Komponente ] müssen demnach P - 1 Gleichungen erfüllt sein. Wenn die Anzahl der Komponenten C beträgt, ergeben sich insgesamt C(P - 1) Gleichungen. Durch jede wird die Anzahl der unabhängigen intensiven Variablen [ausgehend von P(C—-1)+2] um 1 reduziert; schließlich ergibt sich für die Anzahl der Freiheitsgrade

E=pe-1 cp) io ep Dies ist gerade Gl. (6-1).

Einkomponentensysteme Für Systeme, die aus einer Komponente beste hen (wie beispielsweise reines Wasser), gilt =3— P. Wenn nur eine einzige Phase vorliegt, ist F= 2 und pundT

-

6.1 Phasen, Komponenten, Freiheitsgrade

können unabhängig voneinander variiert werden, ohne dass sich die Zahl der Phasen ändert. Mit anderen Worten: Eine Phase entspricht einer Fläche im Phasendiagramm. Stehen zwei Phasen miteinander im Gleichgewicht, wird F = 1; das bedeu-

tet, dass man bei festgelegter Temperatur den Druck nicht mehr frei wählen kann. (Bei gegebener Temperatur findet man einen ganz bestimmten Dampfdruck einer Flüssigkeit.) Das Gleichgewicht zweier Phasen entspricht demnach einer Linie im

Phasendiagramm. Anstelle der Temperatur können wir auch den Druck frei wählen; das Phasengleichgewicht lässt sich dann aber nur bei einer bestimmten Temperatur realisieren. Jeder Phasenübergang, wie beispielsweise das Gefrieren, erfolgt bei vorgegebenem Druck bei einer ganz bestimmten Temperatur. Befinden sich drei Phasen miteinander im Gleichgewicht, wird F=0: Das System ist nonvariant. Dieser Zustand wird nur bei einem bestimmten TemperaturDruck-Wertepaar erreicht, das für jeden Stoff charakteristisch ist; diesen Punkt kann man nicht beeinflussen. Das Gleichgewicht dreier Phasen entspricht einem Punkt im Phasendiagramm, dem Tripelpunkt. Da F nicht negativ werden kann, können in einem Einkomponentensystem niemals mehr als drei Phasen koexistieren. Eine Zusammenfassung aller dieser Merkmale gibt Abb. 6-2. Die in Abb. 6-2 schematisch dargestellten charakteristischen Eigenschaften finden wir im experimentell bestimmten Phasendiagramm von Wasser (Abb. 6-3) wieder. Eine Probe im Zustand a wird bei konstantem Druck abgekühlt; sie bleibt so lange vollkommen gasförmig, bis Punkt b erreicht wird und eine flüssige Phase erscheint. Nun beträgt F=1, ein Gleichgewicht zweier Phasen liegt vor. Da wir hierbei den Druck schon variiert haben, bleibt kein Freiheitsgrad mehr übrig; die Temperatur, bei der dieses Gleichgewicht auftritt, ist von uns nicht zu beeinflussen.

Fällt die Temperatur weiter ab, besteht das System (bei c) aus einer einzigen (flüssigen) Phase. Nun kann man auch die Temperatur wieder frei wählen; erst im Punkt d liegt erneut ein Phasengleichgewicht (Wasser/Eis) vor, sodass die Varianz wieder gleich eins ist.

Phase &

Phase Y\

|

| Phase e

Flüssigkeit

E {av}

5 %

es fe.

Phase ß ah Phase ö

SQ =

[Feststoff (Eis)

F=0, drei

1

e

a) Tr

Phasen im Gleichgewicht Dampf

F=|], zwei

Phasen im Gleichgewicht 18

ss Abb. 6-2 Eine schematische Darstellung eines typischen Phasendiagramms eines Einkomponentensystems. Entlang der Linien lassen die Bedingungen das gleichzeitige Vorliegen zweier Phasen, die sich miteinander im Gleich-

gewicht befinden, zu. In den Schnittpunkten der Linien stehen drei Phasen miteinander im Gleichgewicht. Vier Phasen können nicht gleichzeitig im Gleichgewicht existieren.

5 N

1

Temperatur

I:

T

Abb. 6-3 Das Phasendiagramm von Wasser (vereinfachte Variante von Abb. 4-5). Die Temperatur des Tripelpunkts ist mit T, bezeichnet; T; und T;,, geben den Siede- und den Schmelzpunkt an.

193

6 Phasendiagramme

194

Flüssigkeit kühlt ab C m

S

S

Flüssigkeit

QS 7

erstarrt

Sl

N

FH

Feststoff kühlt ab

Zeit

t

Abb. 6-4 Die Abkühlungskurve zur Isobare cde in Abb. 6-3. Der Haltepunkt d entspricht der Unterbrechung der Temperaturabnahme durch den exothermen Phasen-

Experimentelle Methoden

Wasser, Nicht immer erkennt man so einfach wie bei einem Topf mit kochendem . entwickelt Methoden spezielle wurden daher ; stattfindet ergang dass ein Phasenüb eines Dazu gehören die Thermoanalyse, bei der die Enthalpieänderung während die und wird, t ausgenutz 4.2.4) Abschnitt (siehe Ordnung erster ergangs Phasenüb dynamische Differenzialkalorimetrie (Kapitel 2). Beide eignen sich insbesondere zur Beobachtung von Phasenübergängen zwischen festen Phasen, deren visuelle Verfolgung oft nicht zum Erfolg führt. Bei der Thermoanalyse wird die Temperatur einer Probe während der Abkühlung aufgezeichnet. Am Punkt eines Phasenübergangs erster Ordnung wird Wärme abgegeben und die Temperatur bleibt konstant,

bis der Übergang beendet ist. Der Temperaturverlauf entlang der Isobare cde in Abb. 6-3 nimmt daher die in Abb. 6-4 gezeigte Form an. Die Übergangstemperatur ist bekannt, entsprechend wurde Punkt d in das Diagramm eingezeichnet. Moderne Arbeiten über Phasenumwandlungen beschäftigen sich häufig mit Systemen unter hohem Druck. Zu den speziell für diese Zwecke entwickelten Hilfsmitteln gehört die Diamant-Amboss-Zelle (Abb. 6-5), mit der man derzeit die höchsten Drücke erreicht. Die Messprobe bringt man in einen schmalen Spalt zwischen

übergang erster Ordnung (Erstarren).

zwei plan geschliffenen Diamanten;

Anhand dieses charakteristischen Temperatur-Zeit-Verhaltens kann man die Schmelztemperatur auch dann bestimmen, wenn sich der Schmelzvorgang nicht visuell verfolgen lässt.

erzeugt. Die Einfachheit dieser Methode ist bemerkenswert: Durch Drehen einer Schraube erreicht man Drücke von bis zu etwa 10'! Pa - dazu waren noch vor einigen Jahren tonnenschwere Apparaturen erforderlich! Der Druck wird auf spektroskopischem Weg verfolgt: Man registriert die Verschiebung der Absorptionslinien kleiner Rubinsplitter, die der Probe beigefügt werden. Den Zustand der Probe selbst kann man optisch durch die Diamantambosse hindurch beobachten. Eine Anwendung dieses Verfahrens ist die Untersuchung des Phasenübergangs vom kovalenten zum metallischen Festkörper. Iod beispielsweise bildet oberhalb von 20GPa(200kbar) eine feste Phase mit metallischen Eigenschaften, die aus I,-Molekülen besteht; bei etwa 21 GPa (210 kbar) findet der Übergang zu einem einatomigen metallischen Festkörper statt. Untersuchungen dieser Art sind auch für die Charakterisierung des Zustands von Stoffen im Erdinneren (der Druck im Erdmittelpunkt beträgt etwa 500 GPa bzw. 5 Mbar) sowie für die Vorhersage geologischer Eigenschaften großer Planeten, in deren Innerem man das Auftreten metallischen Wasserstoffs vermutet, von Bedeutung.

Diamant-

Amboss

Schraube

Kolben

Abb. 6-5 Extrem hohe Drücke (bis zu etwa 200 GPa) kann man mit einer DiamantAmbosszelle erzeugen. Die Probe wird — zusammen mit einem Rubin für die Druckmessung und einem Tropfen Flüssigkeit für die Druckübertragung - zwischen zwei geschliffene Diamanten gebracht. Das Wirkungsprinzip der Zelle entspricht etwa dem eines Nussknackers: Durch Drehung der Schraube von Hand wird der Druck erzeugt.

6.2

durch Drehung der Schraube wird ein Druck

| Zweikomponentensysteme

Sind in einem System zwei Phasen vorhanden, so ist

C=2und

F=4- P. Beikon-

stanter Temperatur bleibt die Varianz FF = 3 — P, ihr Maximalwert ist 2. (Der Strich an F erinnert daran, dass wir auf einen Freiheitsgrad verzichten, in diesem Fall auf die Temperatur.) Der eine der beiden Freiheitsgrade ist der Druck, der andere die Zusammensetzung (ausgedrückt durch den Molenbruch einer der beiden Komponenten). Eine mögliche Form des Phasendiagramms ist die Darstellung von Drücken und Zusammensetzungen, bei denen jeweils eine Phase stabil ist. Analog kann man auch den Druck konstant halten und das Phasendiagramm in Abhängigkeit von Temperatur und Zusammensetzung konstruieren. f

6.2.1

Die Druckabhängigkeit der Zusammensetzung: Dampfdruckdiagramme

Die Partialdampfdrücke der Komponenten einer idealen Mischung aus zwei flüchtigen Flüssigkeiten hängen entsprechend dem Raoult ’schen Gesetz von der Zusammensetzung des Systems ab (Abschnitt 5.1.3): PR

ap,

Und

pa

Xp,

(6-2)°



6.2 Zweikomponentensysteme

mit p, und p;, als Dampfdruck der reinen Komponente A bzw. B. Der Dampfdru ck p der Mischung ist dann p=-pr trtpB = up

+ SG

=m+t

(pi - De

(6-3)°

Man sieht, dass sich bei einer gegebenen Temperatur der Dampfdruck der Mischung linear mit der Zusammensetzung ändert (nämlich von p} nach p/, wenn x, von O bis 1 läuft; Abb. 6-6).

Die Zusammensetzung der Gasphase Die Zusammensetzungen von Flüssigkeit und Gasphase im Gleichgewicht müssen nicht notwendig übereinstimmen. Intuitiv vermutet man, dass die Konzentration der flüchtigeren Komponente im Dampf höher ist. Dies kann man wie folgt beweisen. Gl. (6-2) gibt die Partialdrücke der Komponenten an. Aus dem Dalton’schen Gesetz folgt für die Molenbrüche in der Gasphase, y, und y;,

N

I

(0-4)

Unter der Voraussetzung, dass sich die Mischung ideal verhält, formulieren wir die Partialdrücke und den Gesamtdruck als Funktion der Molenbrüche in der flüssigen Phase; dazu verwenden wir Gl. (6-2) für p, und Gl. (6-3) für p und erhalten ya

a

Xıpı

und

pP + (Pk - PE)%

»=1-y.

(6-5)°

Wie Abb. 6-7 zeigt, ist der Molenbruch y, der flüchtigeren Komponente (A) im Dampf größer ist als der Molenbruch von A in der flüssigen Phase: Sie sehen die Zusammensetzung der Gasphase, aufgetragen gegen die Zusammensetzung der

> 0.8 5: =

re

A

[a>}

Here;

= 06
x,. Wenn die Komponen flüchtig ist, so dass p;, = 0 wird, liefert B keinen Beitrag zur Zusammensetzung des Dampfes (y; = 0). Gleichung (6-3) gibt die Abhängigkeit des Dampfdrucks der Mischung von der Zusammensetzung der flüssigen Phase an. Durch Gl. (6-5) können wir diese Zusammensetzung zu derjenigen der Gasphase in Beziehung setzen; daraus ergibt sich unmittelbar der Zusammenhang zwischen dem Dampfdruck und der Zusammensetzung der Gasphase,

1

2208 Q

06 > Re)&. £ 3 04 €

p

{av}

© (9)

(O1

ei

ee

1000 0

r

Ve

DO

>

i

PıPs

|

(6-6)

Pk + (Pr = Pa)ya

Eine graphische Darstellung dieser Gleichung finden Sie in Abb. 6-8.

07

IS

Molenbruch von A im Dampf y,

Abb. 6-8 Der Dampfdruck des gleichen Systems wie in Abb. 6-7, hier jedoch aufgetragen gegen den Molenbruch von A im Dampf; verwendet wurde Gl. (6-6). Die einzelnen Kurven sind mit den jeweiligen Werten von p; /p, beschriftet.

Die Interpretation von Dampfdruckdiagrammen Für die Destillation sind die Zusammensetzungen von Gas- und flüssiger Phase gleichermaßen von Interesse. Daher wäre es günstig, beide Diagramme, Abb. 6-7 und Abb. 6-8, zu einem zusammenzufassen, wie es in Abb. 6-9 a gibt den Dampfdruck einer Mischung der Zusammensetzung die Zusammensetzung der Gasphase im Gleichgewicht mit der gleichem Druck. Beachten Sie, dass im Gleichgewicht zweier folglich F' = 1 ist (der Strich an F soll wieder anzeigen, dass wir grad, die Temperatur,

bereits

verzichtet

haben).

Das

gezeigt wird. Punkt x, an, Punkt b zeigt flüssigen Phase bei Phasen P=2 und auf einen Freiheits-

bedeutet:

Wenn

man

die

Zusammensetzung festlegt (und damit einen der beiden Freiheitsgrade verbraucht), ist der Druck, bei dem sich beide Phasen im Gleichgewicht befinden, genau bestimmt. Mehr Informationen kann man dem Phasendiagramm entnehmen, wenn auf der Ordinate die Zusammensetzung des Gesamitsystems z, aufgetragen wird. Verfährt man auf diese Weise mit einem Dampfdruckdiagramm, entsprechen alle Punkte oberhalb der durchgezogenen diagonalen Linie einem einphasigen System: Der Druck ist so hoch (das heißt, höher als der Dampfdruck), dass nur eine flüssige Phase auftritt, deren Zusammensetzung durch z, = x, gegeben ist. Unterhalb der unteren Kurve ist der Druck niedriger als der Dampfdruck, so dass nur noch eine gasförmige Phase gebildet wird, deren Zusammensetzung z, = yı ist.

BR => Flüssigkeit

Druck p

Druck p

=

p%

Molenbruch von A, z, Abb. 6-9 Die Abhängigkeit des GesamtDampfdrucks einer idealen Mischung vom Molenbruch von A im gesamten System. An jedem Punkt zwischen beiden Kurven zerfällt das System in eine flüssige und eine gasförmige Phase; außerhalb dieses Gebietes liegt nur jeweils eine Phase vor. Der Molenbruch von A ist mit z, bezeichnet, eine Erklärung dafür folgt im Text.

p,"

Dampf

Molenbruch von A, z, Abb. 6-10 Punkte im Dampfdruckdiagramm (siehe Text). Die senkrechte Linie durch a ist eine Isoplethe; sie entspricht einer konstanten Zusammensetzung des Gesamtsystems.

-

6.2 Zweikomponentensysteme

197

Abb. 6-11 (a) Die Flüssigkeit im Behälter befindet sich im Gleichgewicht mit ihrem Dampf. Der darüber gelegte Ausschnitt aus dem Phasendiagramm zeigt die Zusammensetzungen beider Phasen und ihre Anteile (gemäß Hebelgesetz). (b) Die Zusammensetzungen der Phasen verschieben sich bei Reduktion des Drucks, etwa durch Anheben eines Kolbens, wie sich an der Konnode nachvoll-

ziehen lässt. (c) Schließlich wurde der Kolben so weit nach aufgen bewegt, dass alle Flüssigkeit verdampft ist. Zieht man ihn dann noch weiter heraus, sinkt der Druck der verbliebenen Gasphase. Der Punkt im Phasendiagramm wandert in das Einphasengebiet.

Alle Punkte, die zwischen beiden Kurven liegen, gehören zu Systemen mit zwei Phasen, einer flüssigen und einer gasförmigen. Diskutieren wir dies etwas genauer. Ausgehend von einer flüssigen Mischung der Zusammensetzung a (Abb. 6-10) soll der Druck reduziert werden; dies kann man etwa durch Anheben eines Kolbens erreichen (Abb. 6-11). Der Vorgang ist im Sinne der Phasenregel erlaubt, da bei P=1

für die Zahl der Freiheitsgrade F’ = 2 folgt; neben der wählbaren Zusammen-

setzung gibt es einen zweiten Freiheitsgrad, in unserem Beispiel den Druck. Die Zusammensetzung

des Systems

insgesamt

wird von

dieser Zustandsänderung

nicht beeinflusst, wir bewegen uns also entlang der vertikalen Linie, die durch a ver-

läuft. Diese Linie nennt man auch Isoplethe (von griech. „gleiche Menge“). Wenn der Druck p, erreicht ist, befinden wir uns am Punkt a,; bis dahin lag stets eine ein-

zige Phase vor. In a, können Flüssigkeit und Dampf im Gleichgewicht koexistieren. Wie wir bereits gesehen haben, ist die Zusammensetzung der Gasphase gleich a’. Die horizontale Linie, die die Punkte a, und a/ - die den beiden koexistierenden Phasen entsprechen - verbindet, wird als Konnode bezeichnet. Da sich die Zusammensetzung der flüssigen Phase im Vergleich zu unserem Ausgangspunkt nicht verändert hat (a, liegt auf derselben Isoplethe wie a), ist der Schluss zu ziehen, dass eigentlich keine Gasphase vorliegen darf. Die infinitesimale Menge an Dampf besitzt die Zusammensetzung a'. Nun wird der Druck bis auf p, abgesenkt; den entsprechenden Punkt im Phasendiagramm kennzeichnen wir mit a). Da wir uns damit unterhalb des Dampfdrucks der Ausgangsmischung befinden, verdampft diese so lange, bis der Dampfdruck des verbleibenden Rests gerade p, beträgt. Wie wir leicht erkennen, entspricht die Zusammensetzung dieser übrig bleibenden flüssigen Phase a,, und am anderen Ende der Konnode lesen wir für die Zusammensetzung der koexistierenden Gasphase den Wert a, ab. Beachten Sie, dass sich nun beide Phasen im Gleichgewicht befinden, wodurch die Anzahl der Freiheitsgrade des Systems auf F' = 1 gesunken ist. Legt man beispielsweise den Druck (etwa p,) fest, wird das System nonvariant und die Zusammensetzung beider Phasen ist bestimmt (Abb. 6-12). Reduziert man den Druck bis auf p,, reagiert das System durch Veränderung der Zusammenset-

zungen der Phasen zu a, und a,. Im Punkt a, entspricht, wie wir aus dem Diagramm entnehmen können, die Zusammensetzung der Gasphase der Bruttozusammensetzung des Systems; hier darf keine flüssige Phase mehr vorliegen, infinitesimale Abweichungen von diesem Punkt ergeben die Zusammensetzung a; für die Flüssigkeit. Bei noch geringerem Druck (etwa im Punkt a,) schließlich liegt nur noch eine einzige gasförmige Phase vor, deren Zusammensetzung genau der unserer flüssigen Mischung am Ausgangspunkt a entspricht.

eine Phase,

Druck

eine Phase,

Fr?

Zusammensetzung Abb. 6-12 Allgemeines Schema zur Interpretation eines Dampfdruckdiagramms.

6 Phasendiagramme

198

Das Hebelgesetz für Phasendiagramme Phasendiagramms können Aus der Lage eines Punktes im Zweiphasengebiet eines

System dort in zwei Phasen zerwir mehr als nur die Tatsache entnehmen, dass das im System können fällt. Auch die jeweiligen quantitativen Anteile beider Phasen

ß, die sich miteinander wir ablesen. Um die relativen Mengen zweier Phasen a und Zunächst werden im Gleichgewicht befinden, festzustellen, geht man wie folgt vor. 6-13); anschliedie Längen der Abschnitte I, und , der Konnoden gemessen (Abb. genannten HebelRend berechnet man die gesuchten Stoffmengen mit Hilfe des so gesetzes für Phasendiagramme:

Druck

(6-7)

n.lk=nb.a

Zusammensetzung

Hier ist n, die Stoffmenge der Phase a, n, entsprechend die Stoffmenge von ß. Für das in Abb. 6-13 dargestellte Beispiel erhält man 1,=2l,, demzufolge ist der Anteil der Phase a etwa doppelt so groß wie der von ß.

Abb. 6-13 Das Hebelgesetz für Phasendiagramme. Das Mengenverhältnis der Pha-

sen a (z.B. des Dampfs) und ß (z.B. der Flüssigkeit) im Gleichgewicht entspricht dem Verhältnis der Längen |, und I,. Der

Name des Gesetzes kam dadurch

Begründung 6-2

zustande, dass ein ähnlicher Zusammen-

Das Hebelgesetz für Phasendiagramme n

hang zwischen den Massen an beiden

die Stoffmenge von

Enden eines Balkens und ihren Abständen

Um das Hebelgesetz zu beweisen, schreiben wirn=n,+n;,

von der drehbaren Balkenaufhängung besteht (das mechanische Gleichgewicht

A im Gesamtsystem sei nz,; sie setzt sich aus den jeweiligen Stoffmengen in beiden Phasen zusammen,

ist erreicht bei m, |, = m; |,).

NZ

=NaXı

T Npya -

Außerdem gilt, wie bereits festgestellt,

NZ, =NaZu + NigZı ; durch Gleichsetzen beider Beziehungen folgt nulXa — Zu) = Mmplza Ya)

;

was genau Gl. (6-7) entspricht.

Illustration 6-1

Die Anwendung des Hebelgesetzes

Betrachten wir noch einmal Abb. 6-10, um die Anwendung des Hebelgesetzes etwas genauer untersuchen zu können. In p, geht das Verhältnis In.mar/Irı gegen ‚ unendlich, gleiches gilt dann für den Quotienten nz /Ap.mpr (nur Spuren der Gas, phase sind vorhanden). Wird der Druck auf p, reduziert, erhalten wir für Inampf /rı und entsprechend für rn; /Nn.mpr etwa 0.7. Im Punkt p, liegt fast nur noch Dampf vor, da Ip,mpr/ Ir =0 wird.

Zusammensetzung

I Dampfs

Sa

6.2.2 TTemperatur Km

a, 0

Siedepunkt der Flüssigkeit Molenbruch vonA, z,

g, 1

Abb. 6-14 Das Siedediagramm einer idealen Mischung; Komponente A ist flüchtiger als Komponente B. Wird eine Mischung der Zusammensetzung a, mehrmals erhitzt und wieder kondensiert, erhält man als Kondensat schließlich reines A. Dieses Verfahren nennt man fraktionierte Destillation oder Rektifikation.

Die Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung: Siedediagramme

Um Destillationsprozesse zu diskutieren, brauchen wir ein Phasendiagramm, dessen Begrenzungsachse die Zusammensetzung der Phasen im Gleichgewicht bei Temperaturen (und vorgegebenem Druck, etwa dem Atmosphären: ruck) 9 wiedergibt: ji gibt: einein Siedediagr Si i amm. Abb. 6-14 zeigt igt ein ei Beispiel. ispi Beachten Sie, ass jetzt der untere Flächenteil der flüssigen Phase entspricht.

Die Destillation von Mischungen Im Gebiet zwischen oberer und unterer Linie in Abb. 6-14, dem Zweiphasengebiet

ist F — 1.Der Strich an F zeigt wieder an, dass wir auf einen Freiheitsorad en ten; jez: ist es der Druck, weshalb bei gegebener Temperatur die ee

gen beider Phasen vollständig bestimmt sind. Außerhalb dieses Gebietes liegt nur

6.2 Zweikomponentensysteme

199

jeweils eine Phase vor, F=2, Temperatur und Zusammensetz ung sind unabhängig voneinander frei wählbar.

Betrachten wir die Erwärmung einer flüssige Mischung mit der Zusammensetzung qı. Wenn die Temperatur T, erreicht ist, beginnt die Flüssigkeit zu sieden. An diesem Punkt ist nur eine infinitesimale Menge Dampf vorhanden, der die Zusammensetzung a, besitzt; die flüssige Phase hat die Zusammensetz ung a, (mit 9, = 4,). Die flüchtigere Komponente (diejenige mit dem niedrigeren Siedepun kt) reichert sich in der Gasphase an, wie man auch intuitiv vermuten würde. Aus der

Temperatur T

Lage von a, können wir die Zusammensetzung der Gasphase am Siedepunkt ablesen; aus der Konnode, die a, und a, verbindet, ergibt sich die Siedetemperatur des Ausgangsgemischs (T,). In einer einfachen Destillationsapparatur wird der Dampf abgeführt und bis zur Kondensation gekühlt. Damit kann man eine flüchtige Flüssigkeit von einem nicht flüchtigen gelösten Stoff oder Feststoff abtrennen. Die fraktionierte Destillation oder Rektifikation ist ein Kreislauf wiederholter Siede- und Kondensationsvorgänge

und dient zur Trennung mehrerer flüchtiger Flüssigkeiten. Wird das Kondensat der Zusammensetzung, die durch die waagerechte Linie durch a, gegeben ist, wiederum erhitzt, beginnt es bei T, zu sieden; die gebildete Dampfphase der Zusam-

mensetzung a, ist noch reicher an der flüchtigeren Komponente. Durch mehrmalige Wiederholung dieser Prozedur verschiebt sich die Zusammensetzung der

Temperatur T

Gasphase so weit, dass man annähernd reines A erhält.

Die Effizienz einer Destillationskolonne gibt man durch die Zahl der theoretischen Böden an; dies ist die Anzahl der Verdampfungs- und Kondensationsschritte, die erforderlich sind, um aus einer gegebenen flüssigen Mischung ein Kondensat einer gewünschten Zusammensetzung zu erhalten. Um den in Abb. 6-15a dargestellten Trennungsgrad zu erreichen, muss die Höhe der Kolonne drei theoretischen Böden entsprechen; die gleiche Trennwirkung erreicht man für das System in Abb. 6-15b (mit einer geringeren Differenz der Partialdrücke beider Komponenten) erst mit Hilfe von fünf theoretischen Böden.

GE

Zusammensetzung

(b) Abb. 6-15 Die theoretische Bodenzahl entspricht der Anzahl notwendiger Schritte, um einen bestimmten Trennungsgrad zweier Komponenten einer Mischung zu erreichen. Die gezeigten Systeme besitzen

(a) drei und (b) fünftheoretische Böden.

Azeotrope Die äußere Form der Phasendiagramme vieler Stoffe entspricht in etwa dem idealen Typ (Abb. 6-14). In einer Reihe wichtiger Fälle werden jedoch deutliche Abweichungen beobachtet. Ein Maximum im Siedediagramm (Abb. 6-16) kann auftreten, ' wenn der Dampfdruck durch zwischenmolekulare Anziehungskräfte zwischen A

Zusammensetzung des Dampfs

Siedepunkt der Flüssigkeit

und B unter den idealen Wert fällt; das heifst, die flüssige Phase wird durch die |

A-B-Wechselwirkung stabilisiert. Die Freie Exzessenthalpie G" ist dann negativ (siehe Abschnitt 5.2.1). Beispiele hierfür sind die Mischungen Chloroform/Aceton und Salpetersäure/Wasser. Ein Minimum im Phasendiagramm (Abb. 6-17) zeigt eine Destabilisierung der Mischung relativ zum idealen Verhalten an, zwischen A und B wirken abstoßende Kräfte. Die Exzessenthalpie G® ist positiv und kann Beiträge aus Enthalpie- und Entropieeffekten enthalten. Als Beispiele seien die Mischungen Dioxan/Wasser und Ethanol/Wasser angeführt. Nicht immer wirkt sich die Abweichung vom idealen Verhalten so stark aus, dass ein Minimum oder Maximum im Phasendiagramm auftritt. Wenn dies jedoch der Fall ist, ergeben sich wichtige Konsequenzen für die Destillation der betreffenden Mischungen. Betrachten wir dazu eine Flüssigkeit der Zusammensetzung a rechts des Maximums in Abb. 6-16. Der Dampf (a}) ist gegenüber der siedenden flüssigen Phase (a,) mit A angereichert. Wenn die gasförmige Phase nun abgeführt (und in einem anderen Teil der Apparatur kondensiert) wird, verschiebt sich die Zusammensetzung der verbleibenden Flüssigkeit zu höheren Konzentrationen von B (a;). Der Dampf, der sich im Gleichgewicht mit dieser veränderten Mischung befindet, hat die Zusammensetzung a/. Bei fortschreitendem Destillationsprozess erreicht

man dann a} bzw. a, und so fort, sodass der Anteil der Komponente A in der flüssi-

gen Phase immer weiter abnimmt, die Siedetemperatur und der Anteil von A im Dampf jedoch zunehmen. Schließlich erreicht die flüssige Phase die Zu mar

zung b. In diesem Punkt stimmen die Zusammensetzungen von flüssiger und Gas-

| 5 n

3 S

®

F

b 0

a

Molenbruch von A, z,

1

Abb. 6-16 Ein Azeotrop mit Siedepunktsmaximum. Bei der Destillation einer Flüssigkeit der Zusammensetzung a verschiebt sich die Zusammensetzung der zurückbleibenden flüssigen Phase bis nach b, dann

bleibt sie konstant.

6 Phasendiagramme

200

phase überein. Wird die Verdampfung fortgesetzt, ändern sich die Zusammenset, zungen beiden Phasen nicht mehr; man spricht von einem Azeottop (von griech.

Zusammensetzung

„unverändert sieden“) der beiden Komponenten A und B. Ist bei einer Destillation

des Dampfs ES

S

S

a €

=

Siedepunkt der Flüssigkeit

Fe,

b:

:

.a, a

Molenbruch von A, z, Abb. 6-17 Ein Azeotrop mit Siedepunktsminimum. Bei der fraktionierten Destillation einer Mischung a verschiebt sich die Zusammensetzung des Dampfes in der Kolonne bis nach b, dann bleibt sie konstant.

Abb. 6-18 Die Destillation zweier nicht miteinander mischbarer Flüssigkeiten (a) kann als gemeinsame Destillation der getrennten Komponenten (b) aufgefasst werden. Der Siedevorgang setzt ein, wenn

die Summe beider Partialdampfdrücke dem äußeren Druck entspricht.

der azeotrope Punkt einmal erreicht, kann die Mischung auf diesem Wege nicht weiter aufgetrennt werden, da die Zusammensetzungen von Sumpf und Kondensat stets übereinstimmen. Ein Beispiel für solches Verhalten ist die Mischung HCI/ Wasser; ihr Azeotrop enthält 80 Massenprozent Wasser und siedet bei 108.6 °C. Eine andere Art von Azeotrop wird in Abb. 6-17 vorgestellt. In einem Kolben erwärmen wir eine Flüssigkeit der Zusammensetzung a, und verfolgen die Zusammensetzung des Dampfes in einer Destillationskolonne (diese kann beispielsweise aus einem aufgesetzten vertikalen Glasrohr bestehen, welches zur Oberflächenvergrößerung mit Füllkörpern gepackt ist). Unsere Mischung siedet am Punkt a,, die Zusammensetzung des Dampfes ist a,. Weiter oben in der Kolonne kondensiert dieser Dampf zu einer Flüssigkeit derselben Zusammensetzung (a;). Nun stellt sich ein Gleichgewicht zwischen dieser Flüssigkeit und dem entsprechend zusammengesetzten Dampf (a/} ein, welcher wiederum weiter oben in der Kolonne zu einer Flüssigkeit gleicher Zusammensetzung (a,) kondensiert. Auf diese Weise nähert sich die Zusammensetzung des Dampfes dem azeotropen Punkt immer weiter an, überschreitet diesen jedoch nicht. Am Kopf der Kolonne entnimmt man demzufolge Dampf der azeotropen Zusammensetzung. Als Beispiel für dieses Verhalten sei die Mischung Ethanol/Wasser angeführt; ihr Azeotrop enthält 4 Prozent Wasser und siedet bei 78°C.

Nicht mischbare Flüssigkeiten Abschließend untersuchen wir die Destillation zweier nicht miteinander mischbarer Flüssigkeiten wie beispielsweise Oktan und Wasser. Im Gleichgewicht liegt eine winzige Menge A gelöst in B (und umgekehrt eine winzige Menge B gelöst in A) vor. Beide Flüssigkeiten sind mit der jeweils anderen Komponente gesättigt (Abb. 6-18a). Der Dampfdruck der Mischung ist folglich p = pi +p,. Steigt die Temperatur der Mischung so weit an, dass p gleich dem Atmosphärendruck wird, beginnt die Flüssigkeit zu sieden und die gelösten Stoffe werden aus den jeweiligen Lösungen ausgetrieben. Das Sieden führt jedoch zu einer intensiven Durchmischung, sodass die Sättigung beider Lösungen erhalten bleibt und die gelösten Stoffe ständig weiter ausgetrieben werden. Dieser enge Kontakt der Komponenten ist wesentlich: Zwei nicht mischbare Flüssigkeiten, die in einem Behälter wie in Abb. 6-18b erhitzt werden, sieden nicht bei der gleichen Temperatur. Da für den Beginn des Siedens die Summe beider Dampfdrücke maßgeblich ist, bewirkt die Anwesenheit der zweiten Komponente, also das Vorliegen zweier gesättigter Lösungen, eine Herabsetzung der Siedetemperatur. Dieser Effekt wird beispielsweise bei der Wasserdampfdestillation ausgenutzt; einige wärmeempfindliche, wasserunlösliche organische Verbindungen können so bei Temperaturen unterhalb ihres normalen Siedepunktes destilliert werden. Allerdings stößt man dabei auf folgendes Problem: Die Anteile der Komponenten im Kondensat entsprechen dem Verhältnis ihrer Dampfdrücke, so dass wenig flüchtige Verbindungen nur in geringer Ausbeute erhalten werden.

6.2.3

Flüssig/Flüssig-Phasendiagramme

Betrachten wir nun Phasendiagramme, die die Zusam mensetzung binärer Mischungen begrenzt mischbarer Flüssigkeiten (Flüssigkeit en, die sich nicht bei beliebiger Temperatur in beliebigem Mengenverhältnis mischen) in Abhängigkeit von der

Temperatur angeben. Ein Beispiel ist das Paar Hexan/Nitrobenzol. Bei der Interpretation gehen wir ähnlich vor, wie in voran gegangenen Abschnitt für die Phasendia-

gramme Flüssigkeit/Dampf gezeigt. Für P= 2 wird F' = 1; bei einer bestimmten, frei wählbaren Temperatur ist die Zusam mensetzung ei nes Systems aus zwei nicht mischbaren flüssigen Phasen dann exakt bestimmt. Mi schen sich beide Flüssigkei-

-

6.2 Zweikomponentensysteme

201

ten jedoch vollständig miteinander, wird P=1 und sowohl Temperatur als auch Zusammensetzung der Mischung können beliebig gewählt werden. Entmischung

A

Zusammensetzung)

Zusammensetzung der zweiten i

Eine kleine Menge des flüssigen Stoffs B werde zu einer Probe einer anderen Flüs-

der ersten

Phase

Phase

sigkeit A bei der Temperatur T’ gegeben. B löse sich vollständig in A, so dass das binäre System aus einer einzigen Phase besteht. Wird schrittweise mehr B hinzugefügt, erreicht man schließlich einen Punkt, an dem sich in A kein weiteres B mehr löst. Das System besteht nun aus zwei flüssigen Phasen, die sich miteinander im

T Temperatur

Gleichgewicht befinden (P = 2); die Phase, die den größeren Teil des Systems bil-

det, besteht aus an B gesättigtem A, der kleinere Teil ist eine Phase aus einer Spur B, gesättigt an A. Im Phasendiagramm in Abb. 6-19 ist der erste genannte Anteil

durch den Punkt a’, der zweite durch den Punkt a” gegeben. Die relativen Anteile beider Phasen erhält man mit Hilfe des Hebelgesetzes für Phasendiagramme. Wird nun weiter B hinzugefügt, löst sich eine kleine Menge A darin auf. Die Zusammensetzungen der Phasen im Gleichgewicht bleiben a’ und a”. Wegen P=2 wird F=0; demnach sind bei gegebenem Wertepaar Druck/Temperatur die Zusammensetzungen der Phasen invariant. Der Anteil einer der beiden Phasen nimmt jedoch auf Kosten der anderen zu. Schließlich ist so viel B vorhanden, dass sich die gesamte Menge A darin löst, so dass das System wieder aus einer einzigen Phase besteht.

Durch

Hinzufügen von weiterem

B ändert sich daran nichts, die

Molenbruch von Nitrobenzol x, Abb. 6-19 Das Siedediagramm des Systems Hexan/Nitrobenzol bei 0.] MPa. Im Gebiet unterhalb der Kurve befinden sich diejenigen Wertepaare (Zusammensetzung, Temperatur), bei denen sich die Flüssigkeiten nur teilweise mischen. Oberhalb der oberen kritischen Mischungstemperatur T,, sind die Komponenten in beliebigem Verhältnis mischbar.

Lösung wird lediglich verdünnt. Die Zusammensetzungen der Phasen im Gleichgewicht sind temperaturabhängig. Im Fall von Hexan/Nitrobenzol steigt die gegenseitige Mischbarkeit mit zunehmender Temperatur, das Zweiphasengebiet im Diagramm wird kleiner. Je höher die Temperatur, desto mehr A ist im Gleichgewicht in der B-reichen Phase und umgekehrt desto mehr B in der A-reichen Phase vorhanden. Das vollständige Diagramm konstruiert man durch Feststellung des Mischungsverhaltens einer Mischung konstanter Zusammensetzung bei verschiedenen Temperaturen und anschließendes Zeichnen der Begrenzungslinie des Zweiphasengebiets. Beispiel 6-2 Die Interpretation eines flüssig/flüssig-Phasendiagramms Bei 290 K werden 50g (0.59 mol) Hexan, C,H,,, und C,H;NO,, zusammengegeben; es bilden sich zwei ihre Zusammensetzung und ihren jeweiligen Anteil che Temperatur muss man die Mischung mindestens eine einzige Phase vorliegt?

50g (0.41 mol) Nitrobenzol, Phasen aus. Berechnen Sie am Gesamtsystem. Auf welerwärmen, damit nur noch

Vorgehen Die Zusammensetzungen der Phasen im Gleichgewicht sind durch die Schnittpunkte der Phasengrenzlinie mit der Konnode gegeben, die der Temperatur des Systems entspricht. Ihre relativen Mengen erhält man mit Hilfe des Hebelgesetzes, Gl. (6-7). Anschließend verfolgen wir die Isoplethe aufwärts und notieren die Temperatur, an dem sie in das Einphasengebiet eintritt; ab hier sind beide Flüssigkeiten vollständig mischbar. Wir bezeichnen Hexan mit H und Nitrobenzol mit N und orientieren Abb. 6-20, einer vereinfachten Form von Abb. 6-19. Den Punkt

Antwort uns an

(xy = 0.41, T = 290 K) finden wir im Zweiphasengebiet.

Re

Fa ı1:5 En en

a

3 a 7 320.08

292 290

273

An den Schnittpunkten

der entsprechenden Konnode mit der Phasengrenzlinie lesen wir ab x, = 0.35 und x, = 0.83 - dies sind die Zusammensetzungen der beiden gebildeten Phasen. Das Mengenverhältnis der Phasen entspricht dem Verhältnis der Längen der „Hebelarme“ I, und ];:

|

T/K

oo

02

iR Va

06

08

x(C,H;,NO,) Abb. 6-20 Nochmals das Siedediagramm des Systems Hexan/Nitrobenzol bei 0.1 MPa; die eingezeichneten Punkte und Abstände werden im Text erläutert.

1

202

6 Phasendiagramme

groß wie die Die Menge der hexanreichen Phase ist also rund sieben Mal so = 292 K liegt T tur Tempera der b Oberhal Phase. Menge der nitrobenzolreichen nur noch eine Phase vor. ErgebDieses Phasendiagramm wurde aus experimentellen Daten konstruiert; die Bei Systems. des Idealität nisse gründen sich deshalb nicht auf Annahmen zur andere auch daher und anderen Drücken erhält man: ein anderes Diagramm y Werte für unser Beispiel.

Übung 6-2 Wiederholen Sie die Rechnung für eine Mischung aus 50 g Hexan und 100 Nitrobenzol bei 273 K. [eu = 0.09 und 0.95 im Verhältnis 1:1.3, T = 294 K]

Kritische Temperaturen Oberhalb der oberen kritischen Mischungstemperatur T,, sind beide Komponenten vollständig mischbar - es erfolgt keine Entmischung mehr. Die Begründung für die Existenz einer solchen Temperaturgrenze liegt darin, dass eine intensivere thermische Bewegung der Teilchen dem Zusammenhalt der Moleküle eines Stoffes innerhalb einer Phase entgegenwirkt. Ein Beispiel ist das uns schon bekannte Paar Hexan/Nitrobenzol (Abb. 6-19), ein weiteres das System Palladium/Wasserstoff: Bis zu einer Temperatur von 300 °C bilden sich zwei Phasen aus, eine feste Lösung von H, in Pd und ein Palladiumhydrid, oberhalb dieser Temperatur findet man eine einzige Phase (Abb. 6-21). Die thermodynamische Interpretation der oberen kritischen Mischungstemperatur beruht auf der Temperaturabhängigkeit der Freien Mischungsenthalpie. Aus Abschnitt 5.2.1 wissen wir, dass aus einem einfachen Modell für eine reale Lösung eine Freie Mischungsenthalpie folgt, die sich verhält wie in Abb. 5-20 gezeigt. Unter der Voraussetzung, dass der Parameter ß größer als 2 ist, weist die Freie Mischungsenthalpie ein doppeltes Minimum auf (Abb. 6-22). Bei ß > 2 sollten deshalb zwei Phasen existieren. Die Zusammensetzungen, die zu den beiden Minima gehören, finden wir ihm Rahmen dieses Modells, indem wir ermitteln, wann wird.

300 | N

ARE

IN 4

OA,, GIOR—N

nr

$

> 200 + 2 5

feste Br Lösung

Hydrid

= ‚S 100F

0

0.5 Molenbruch von H, x,

Abb. 621 Phasendiagramm des Systems Palladium /Palladiu 4 mhydrid; die obere | DR Mischungstemperatur liegt bei 300 °C.

]

Abb. 6-22 Die Temperaturabhängigkeit der Freien Mischungsenthalpie für ein System aus Komponenten, die bei niedriger Temperatur begrenzt mischbar sind. Liegt die Zusammensetzung des Systems im Bereich P = 2, so werden zwei Phasen

gebildet, deren Zusammensetzungen den lokalen Minima der Kurve entsprechen;

diese Abbildung entspricht Abb. 5-20.

6.2 Zweikomponentensysteme

Eine einfache Umformung von GI. (5-31) zeigt, dass wir folgende Gleichung zu lösen haben:

203 Kommentar 6-2 Dieser Ausdruck 'ist eine so genannte transzendente Gleichung, deren Lösung sich nicht

al

in geschlossener Form darstellen lässt. Man erhält die Lösung numerisch unter Verwendung einer geeigneten Software oder graphisch

Die Lösungen sind in Abb. 6-23 graphisch dargestellt. Wenn ß sinkt, was als Temperaturanstieg bei konstanten zwischenmolekularen Wechselwirkungen interpretiert werden kann, bewegen sich die Minima aufeinander zu: bei ß = 2 fallen sie zusammen.

durch Auftragung des ersten Terms

in Abhängigkeit vom zweiten und Bestimmung der Schnittpunkte bei Variation von ß.

Einige Systeme weisen eine untere kritische Mischungstemperatur T,,. auf, unter-

halb derer sich die Komponenten in beliebigem Verhältnis mischen; oberhalb bilden sich zwei Phasen aus. Als Beispiel betrachten wir das Phasendiagramm von Wasser/Triethylamin (Abb. 6-24). Bei niedrigen Temperaturen sind die Flüssigkeiten besser miteinander mischbar, da sie einen schwach gebundenen Komplex bilden; dieser zerfällt bei höheren Temperaturen, es tritt eine Entmischung der

Kommentar 6-3 Die obere und untere kritische Mischungstemperatur werden auch als obere bzw.

Komponenten ein. Für einige Systeme findet man sowohl obere als auch untere kritische Mischungs-

bezeichnet.

untere Entmischungstemperatur

temperaturen. Dieses Verhalten tritt auf, wenn sich die Komponenten nach Aufbre-

chen der Komplexe wie gewöhnliche partiell mischbare Flüssigkeiten verhalten, das heißt, wenn das System bei höherer Temperatur durch die thermische Bewegung der Moleküle wieder homogenisiert wird. Mischungen aus Nicotin und Wasser beispielsweise zerfallen zwischen 61 °C und 210 °C in zwei Phasen (Abb. 6-25).

Die Destillation begrenzt mischbarer Flüssigkeiten Wir betrachten ein System, das aus zwei begrenzt miteinander mischbaren Flüssigkeiten besteht, die ein Azeotrop mit Siedepunktsminimum bilden. Beide Eigenschaften spiegeln das Bestreben der verschiedenartigen Moleküle wider, einander aus dem Weg zu gehen; daher sind derartige Systeme relativ häufig anzutreffen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten für das Verhalten des Systems: Entweder werden bei Temperaturerhöhung beide Komponenten vollständig miteinander mischbar, bevor der Siedepunkt erreicht ist, oder der Siedevorgang setzt vor der Ausbildung einer einzigen Phase ein.

H,O

H,O

(GH,);N

Si

Nicotin

210

Zusammensetzung

der ersten

P=2 Zusammensetzung

| 0

0

“=

1

Abb. 6-23 Die Lage der Phasengrenze, wie sie auf der Grundlage des £-Modells aus Abschnitt 5.2.1 berechnet wurde.

9/°C Temperatur

der zweiten Phase

T Temperatur

ODEE9A

l

N 0.6

0.8

1

Molenbruch von

Triethylamin x ((C,H,);N) Abb. 6-24 Siedediagramm für Wasser/Triethylamin. Für dieses System existiert eine untere kritische Mischungstemperatur bei 292 K. Die jeweilige Bedeutung der Pha-

sengrenzen ist angegeben.

0

02

0.4

l

0.6

Molenbruch von Nicotin x, Abb. 6-25 Das Siedediagramm von Wasser/Nicotin zeigt sowohl eine obere als auch eine untere kritische Mischungstemperatur. Beachten Sie die hohen Temperaturen insbesondere des Wassers; das Diagramm gilt für ein System unter Druck.

6 Phasendiagramme

204

Flüssigkeit TTemperatur DE]

*h Si

TTemperatur

Flüssigkeit

DB

0

Molenbruch von B, x;

Abb. 6-26 Siedediagramm eines binären Systems, dessen obere kritische

Mischungstemperatur bei jeder beliebigen Zusammensetzung unterhalb der Siede-

Molenbruch von B, x;

Abb. 6-27 Siedediagramm eines binären Systems, das zu sieden beginnt, bevor die Komponenten vollständig miteinander mischbar sind.

temperatur liegt. Die Mischung bildet ein Azeotrop mit Siedepunktsminimum.

Abb. 6-26 illustriert die erste Möglichkeit: Beide Flüssigkeiten mischen sich bereits unterhalb des Siedepunktes vollständig. Die Destillation einer Mischung der Zusammensetzung a, liefert daher einen Dampf der Zusammensetzung b,, welcher zu einer einphasigen Flüssigkeit der Zusammensetzung b, kondensiert. Kühlt man das Destillat so weit ab, dass das Zweiphasengebiet erreicht wird, tritt Entmischung ein. Diese Überlegungen treffen nur auf den ersten Tropfen des Destillats zu. Mit fortschreitender Destillation verändert sich die Zusammensetzung der flüssigen Phase ständig; wenn am Ende die gesamte Probe verdampft und wieder kondensiert wurde, ist die Zusammensetzung des Produkts wieder a.. Ein Phasendiagramm für die zweite Möglichkeit sehen Sie in Abb. 6-27; hier existiert keine obere kritische Entmischungstemperatur. Das Destillat, das man aus der Flüssigkeit der Zusammensetzung a, erhält, zerfällt wieder in zwei Phasen, seine Zusammensetzung ist b,. Dabei findet man für eine Phase des Kondensats die Zusammensetzung b/, für die andere b\. Interessant ist das Verhalten eines Systems, dessen Zusammensetzung auf der Isoplethe e in Abb. 6-27 liegt. Am Punkt e, liegen zwei flüssige Phasen vor, die bis zum Siedepunkt e, erhalten bleiben (ihr Mengenverhältnis verschiebt sich allerdings während der Erwärmung). Die Zusammensetzung der gasförmigen Phase ist dort gleich der Bruttozusammensetzung der Flüssigkeit (man befindet sich am azeotropen Punkt). Ähnlich erhält man durch Kondensation eines Dampfes der Zusammensetzung e;, wieder eine Flüssigkeit gleicher Zusammensetzung. Das Verhalten des Zweikomponentensystems beim Verdampfen und Kondensieren entspricht bei konstanter Temperatur also genau dem eines Einkomponentensystems. Beispiel 6-3 Die Interpretation eines Phasendiagramms

Eine Mischung der Zusammensetzung x, = 0.95 (a, in Abb. 6-28) wird verdampft, der Dampf wird kondensiert. Beschreiben Sie die dabei eintreten den Veränderungen. Molenbruch von B, x,

095 ]

Abb. 6-23 Das Phasendiagramm aus Abb. 6-27; eingezeichnet sind die Punkte, die in

Beispiel 6-3 diskutiert werden.

Vorgehen Die Fläche, in der sich der Punkt befindet, gibt die Anzahl der Phasen an. Deren Zusammensetzungen finden wir durch Aufsuchen der Schnittpunkte ı der Konnode durch den gegebenen Punkt mit den Phaseng renzlinien; aus dem Hebelgesetz für Phasendiagramme (Gl. (6-7)) erhalten wir das Mengenverhältni der Phasen.

;

z

-

6.2 Zweikomponentensysteme

Antwort

205

Unseren Ausgangspunkt finden wir im Einphasengebiet. Die Mischun g

siedet bei 350 K (a,), es bildet sich Dampf der Zusammensetzung x; = 0.66 (b,). In der flüssigen Phase reichert sich B an: der letzte Tropfen von reinem B verdampft bei 390K. Der Siedebereich der Flüssigkeit liegt also bei 350 bis 390 K. Wird der zu Beginn des Siedevorgangs gebildete Dampf abgeführt, erhält man ein Kondensat der Zusammensetzung x, = 0.66. Wenn die Probe unendlich groß ist, bleibt diese Dampfzusammensetzung konstant. Bei endlichen Proben steigt der Molenbruch von B im Dampf an, bis er schließlich %; = 0.95 erreicht. Bei der Abkühlung des Destillats bewegt man sich entlang der Isoplethe x; = 0.66 abwärts. Für T=330K findet man beispielsweise Flüssigkeit (x, = 0.87) und Dampf (x; = 0.49) im Mengenverhältnis 1:3. Bei 320K bilden sich drei Phasen, eine gasförmige und zwei flüssige; eine der beiden Letzteren hat die Zusammensetzung %; = 0.30, für die andere ist x, = 0.80, ihr Mengenverhältnis beträgt 0.62:1. Durch weitere Abkühlung gelangt man in das Zweiphasengebiet; bei 298 K findet man die Zusammensetzungen x; = 0.20 und x; = 0.90 und ein Mengenverhältnis von 0.82:1. Je mehr Destillat übergeht, desto größer wird sein Gehalt an B. Ist der letzte Tropfen kondensiert, hat das Kondensat dieselbe Zusammensetzung wie das Ausgangsgemisch.

Übung 6-3 Wiederholen Sie diese Überlegungen, indem Sie als Ausgangspunkt x, = 0.4 und T = 298K wählen.

6.2.4

Flüssig/Fest-Phasendiagramme

Aus der Temperaturabhängigkeit der Zusammensetzung fester Mischungen lassen sich Richtlinien für die Auslegung wichtiger industrieller Verfahren, etwa zur Herstellung von Flüssigkristallen und Halbleitern, ableiten. In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit Systemen, bei denen unterhalb des Siedepunktes flüssige und feste Phasen koexistieren können. Betrachten wir die Flüssigkeit mit der Zusammensetzung a, in Abb. 6-29. Folgende Zustandsänderungen treten auf: 1. a, —a;: Das System tritt in das Zweiphasengebiet („Flüssigkeit+B“) ein. Es beginnt sich fast reines festes B aus der Lösung abzuscheiden, in der zurückbleibenden Flüssigkeit reichert sich A an. 2. a, > a;: Es scheidet sich immer mehr Feststoff ab, das Mengenverhältnis der beiden im Gleichgewicht befindlichen Phasen ist bei jeder Temperatur durch das Hebelgesetz für Phasendiagramme gegeben. Am Punkt a, liegen beide Phasen etwa zu gleichen Teilen vor. Die flüssige Phase (Zusammensetzung b,) reichert sich dabei ständig mit A an (da festes B ausfällt).

3.4, —>a,: Am Punkt a, ist der Anteil der flüssigen Phase geringer als bei a,; ihre Zusammensetzung ist jetzt e. Diese Flüssig-

keit erstarrt, es bildet sich ein zweiphasiges System aus reinem B und reinem A.

Eutektische Mischungen Die Isoplethe bei e in Abb. 6-29 entspricht einer eutektischen? Zusammensetzung. Eine Flüssigkeit mit dieser Zusammensetzung erstarrt bei einer definierten TempeEin ratur, ohne dass eine Komponente vorher in fester Form ausgeschieden wird. „leicht schmelzbar“. 2) Die Bezeichnung stammt aus dem Griechischen und bedeutet

Fl üssigkeit p -]

Flüssigkeit +A

Temperatur T

‘€

:Q,

Feststoff P=2 9;

0

9;

9,

Molenbruch von B, x,

Abb. 6-29 Das temperaturabhängige Phasendiagramm zweier fast nicht mischbarer fester Phasen und ihrer vollständig mischbaren flüssigen Phasen. Beachten Sie, dass die Form dem Diagramm aus

Abb. 6-27 ähnelt. Die Isoplethe durch e entspricht der eutektischen Zusammensetzung (der Mischung mit dem niedrigsten Schmelzpunkt).

6 Phasendiagramme

206

unveränderter ZusammensetFeststoff mit dieser Zusammensetzung schmilzt mit ende Mischung auf: zung bei der niedrigsten Schmelztemperatur, die für die betreff rechts von e, scheidet treten kann. Liegt die Zusammensetzung einer Mischung von e, erhält man zuerst sich beim Abkühlen zunächst festes B aus; liegt sie links reinem A oder B) erstarrt festes A. Nur die eutektische Mischung (abgesehen von P= 3), ohne dass bei einer einzigen definierten Temperatur (F = 0 fürC =2 und vorher eine der Komponenten ausfällt. rozent Ein technologisch wichtiges Eutektikum ist Lötzinn, das aus 67 Massenp um, Eutektik Das Zinn und 33 Massenprozent Blei besteht und bei 183 °C schmilzt. wird, gebildet das aus 23 Massenprozent NaCl und 77 Massenprozent Wasser schmilzt bei —21.1°C. (Eutektika wässriger Lösungen nennt man auch Kryohydrate). Gibt man das Salz unter isothermen Bedingungen zu Eis (beispielsweise, indem man es auf eine vereiste Straße streut), so schmilzt die Mischung, wenn die Temperatur oberhalb von —21.1°C liegt (und die eutektische Zusammensetzung erreicht wird). Gibt man Salz und Wasser unter adiabatischen Bedingungen zusammen (beispielsweise in einem Isoliergefäß), schmilzt das Eis und entzieht der Mischung dabei Wärme. Die Temperatur des Systems fällt, wenn genügend Salz vorhanden ist, bis zur eutektischen Temperatur ab. Eutektika treten bei vielen binä-

Eutektikum

Abb. 6-30 Abkühlungskurven des Systems aus Abb. 6-29. Für die Isoplethe a verlangsamt sich die Abkühlung in a,, da sich

festes B aus der Lösung abscheidet. In a, erstarrt das gesamte Eutektikum; dort fin-

det man einen Haltepunkt. Für die eutektische Isoplethe e dauert dieser Halt am längsten; bei Mischungen, die reicher an A sind als e, verkürzt sich die Dauer des

Halts wieder. Mithilfe von Abkühlungskurven werden Phasendiagramme konstruiert.

Flüssigkeit P=1

ea,

ren Legierungen auf; sie sind für die Mikrostruktur von Festkörpern von Bedeutung. Obwohl ein eutektischer Feststoff ein zweiphasiges System ist, kristallisiert er in Form einer nahezu homogenen Mischung von Mikrokristalliten. Mit Hilfe der Mikroskopie oder der Röntgenbeugung (Kapitel 20) kann man beide mikrokristalline Phasen voneinander unterscheiden. In der Praxis eignet sich besonders die Thermoanalyse zur Feststellung eutektischer Punkte. Betrachten wir dazu die Abkühlungsgeschwindigkeit entlang der Isoplethe durch a, (Abb. 6-29). Die Abkühlung verläuft gleichförmig bis zum Punkt a,, wo die Abscheidung von festem B einsetzt (Abb. 6-30). Die Erstarrung von B ist ein exothermer Vorgang; die Abkühlung des Systems wird dadurch verlangsamt. Wenn die verbleibende Flüssigkeit die eutektische Zusammensetzung erreicht, bleibt die Temperatur konstant, bis die gesamte Probe erstarrt ist (F' = 0). Dieses Temperaturplateau bezeichnet man auch als eutektischen Halt. Weist die flüssige Phase schon zu Beginn die eutektische Zusammensetzung e auf, erfolgt die Abkühlung stetig bis zur Erstarrungstemperatur des Eutektikums; diese bleibt nun über einen längeren Zeitraum hinweg konstant, bis die gesamte Probenmenge erstarrt ist (wie beim Erstarren einer reinen Flüssigkeit). Durch Verfolgung der Abkühlungskurven bei verschiedenen Zusammensetzungen des Systems erhält man einen guten Überblick über die Struktur des Phasendiagramms. Die Phasengrenze fest/flüssig entspricht den Punkten, an denen sich die Abkühlungsgeschwindigkeit ändert. Die eutektische Zusammensetzung und ihre Schmelztemperatur findet man, indem man den Bereich sucht, wo die Temperatur des Systems am längsten konstant bleibt.

3 5

“a, e

GR

E

E

P | Feststoff P=2

A

!

Feststoff P=2

c Zusammensetzung

B

Abb. 6-31 Das Phasendiagramm einer Mischung zweier Komponenten A und B,

die unter Bildung von C miteinander reagieren (C=AB). Jede Hälfte des Diagramms hat etwa eine Form wie in

Abb. 6-29. Dabei ist der Bestandteil C als echte Komponente, nicht nur als äquimolare Mischung von A und B aufzufassen.

Systeme mit chemischen Reaktionen In vielen binären Systemen finden chemische Reaktionen zwischen den Komponenten statt. Eine technologisch wichtige Gruppe binärer Verbindungen sind die so genannten III/V-Halbleiter (sie bestehen aus je einem Element aus der dreizehnten und fünfzehnten Gruppe des Periodensystems). Als Beispiel betrachten wir das System Gallium/Arsen, in dem sich Galliumarsenid GaAs bildet. Das System ent-

hält drei Bestandteile, aber nur zwei Komponenten,

da GaAs durch die Reaktion

Ga + As = GaAs entsteht. Im Folgenden diskutieren wir einige charakteristische Eigenschaften dieses und ähnlicher Systeme, die sich dadurch auszeichnen, dass das Reaktionsprodukt C eutektische Mischungen mit den Ausgangsstoffen A und B bildet (Abb. 6-31). Mischt man einen Überschuss von B mit A, erhält man ein System, das C und

nicht abreagiertes B enthält - also ein binäres System B/C. Wir wollen annehmen dass B und C eine eutektische Mischung bilden können. Gegenüber dem An schen Phasendiagramm aus Abb. 6-29 sehen wir lediglich einen prinzipiellen

-

6.2 Zweikomponentensysteme

Unterschied: Das Diagramm wurde nun in den Bereich zwischen reinem B und der

Mischung aus gleichen Teilen A und B (X = 0.5, in Abb. 6-31 mit C bezeichnet ) zusammengeschoben. Das Diagramm interpretieren wir analog zu Abb. 6-29: Bei Abkühlung entlang der Isoplethe bei a wird die Verbindung C ausgeschieden. Bei Temperaturen unterhalb von a, findet man zwei feste Phasen C und B. Die reine Verbindung C schmilzt kongruent, das bedeutet, die Zusammensetzung der gebildeten Flüssigkeit ist gleich der Zusammensetzung des Feststoffs.

Inkongruentes Schmelzen Ein Spezialfall tritt dann auf, wenn die Verbindung C im flüssigen Zustand nicht stabil ist. Ein Beispiel hierfür ist die Legierung Na,K, die nur in festem Zustand

existiert (Abb. 6-32). Verfolgen wir das System bei Abkühlung einer Flüssigkeit vom Punkt a, aus:

1. a, > a,: Eine kleine Menge festes Na wird abgeschieden, K reichert sich in der Flüssigkeit an. 2. 4, — unmittelbar unterhalb von a;: Die Probe ist nun vollständig erstarrt, es existieren zwei feste Phasen (Na und Na;K). Betrachten wir nun die Isoplethe bei b;: 1. b,—b;: Bis zum Erreichen der Phasengrenze bei b, beobachtet

man keine Veränderung; in diesem Punkt beginnt sich festes - Na abzuscheiden. 2. b,— b;: Weiterhin scheidet sich festes Na ab; in b, bildet sich Na,K (durch Diffusion von K-Atomen in den Na-Festkörper).

3. b;: In diesem Punkt liegen drei Phasen im Gleichgewicht vor: die Flüssigkeit, festes Na,K und festes Na. Die zu diesem Gleichgewicht gehörende waagerechte Linie ist die peritektische Linie. Die flüssige Na/K-Mischung und eine kleine Menge festes Na,K befinden sich nun im Gleichgewicht, aber in der flüssigen Phase findet man kein Na;K. 4. b,— b;: Setzt man die Abkühlung fort, nimmt der Anteil der festen Verbindung zu, bis die flüssige Phase in b, die eutektische Zusammensetzung erreicht. Dann bilden sich zwei feste Phasen, festes K und festes Na;K.

Flüssigkeit

ThB

Flüssigkeit ..

.

TH

mit Na

wuuntentet

?

festes Na vG + festes Na, mit K ng verunreinigt

festes Na,K

T e |

T,

.

mit K = verunreinigt

Flüssigkeit + festes K + festes K,

.

+ festes Na,

De

+ festes K mit Na verunreinigt

ae

7 .

festes Na,K

*

+ festes Na,

festes Na,K

ik

verunreinigt

+ festes K,

mit Na

P=2

P=2

verunreinigt

Na

Na,K

K

Zusammensetzung Abb. 6-32 Das Phasendiagramm eines realen

Systems (Natrium/Kalium); man erkennt zwei wesentliche Unterschiede zu Abb. 6-31. Einmal entspricht die gebildete Verbindung Na,K der Stöchiometrie A,B und nicht AB. Weiterhin

existiert diese Verbindung nur im festen, nicht

im flüssigen Zustand. Die Umwandlung der Verbindung am Schmelzpunkt ist ein Beispiel für inkongruentes Schmelzen.

207

208

6 Phasendiagramme

Dieser Vorgang läuft in umgekehrter Richtung ab, wenn der gebildete Festkörper wieder erwärmt wird. In keinem Stadium liegt dabei flüssiges Na,K vor, denn die

Verbindung ist nicht stabil genug, um unzersetzt zu schmelzen. Ein derartiges Verhalten nennt man auch inkongruentes Schmelzen: Eine Verbindung zerfällt beim Schmelzen in ihre Bestandteile, ohne dabei selbst in flüssiger Form vorzuliegen. Anwendung 6-1 CN

Flüssigkristalle

5

Die Eigenschaften einer Mesophase liegen zwischen denen einer festen und denen einer flüssigen Phase. Mesophasen sind in der Biologie von großer Bedeutung; sie treten in Lipid-Doppelschichten und Bläschensystemen auf. Mesophasen können in Substanzen entstehen, deren Molekülform sehr deutlich von der Kugelgestalt abweicht (Stäbchen (1) oder Scheiben (2)). Beim Schmelzen des Festkörpers können einige seiner Fernordnungseigenschaften erhalten bleiben. Es bildet sich ein Flüssigkristall, eine Phase, die in mindestens einer Raumrichtung eine unvollständige Fernordnung aufweist ähnlich einer Flüssigkeit, aber in mindestens einer anderen Raumrichtung hinsichtlich Position oder Orientierung der Moleküle geordnet ist. Kalamitische Flüssigkristalle entstehen aus langen, dünnen Molekülen, diskotische Flüssigkristalle aus scheibchenförmigen Bausteinen. Bei thermotropen Flüssigkristallen erfolgt der Übergang in die flüssigkristalline Phase durch Änderung der Temperatur; als Iyotropen Flüssigkristall bezeichnet man eine Lösung, die bei Änderung der Zusammensetzung in den flüssigkristallinen Zustand übergeht. Eine Form der Fernordnung ist die smektische (griech. „seifige“) Phase mit einer schichtartigen Ausrichtung der Moleküle (Abb. 6-33). Andere Materialien (und auch einige smektische Flüssigkristalle bei hohen Temperaturen) weisen stattdessen eine parallele Anordnung der Bausteine auf, eine nematische Phase (von griech. „Faden“, mit Bezug auf die beobachteten Strukturdefekte solcher Phasen). In cholesterischen Phasen (von griech. „Gallenstein“) ordnen sich die Moleküle in übereinander liegenden, jeweils geringfügig gegeneinander verdrehten Schichten an. So entstehen Schraubenstrukturen, deren Windungshöhe von der Temperatur abhängt. Scheibchenförmige Moleküle wie (2) können nematische oder kolumnare (stapelförmige) Mesophasen bilden. Im letzteren Fall liegen die aromatischen Ringe sehr dicht übereinander (die Abstände betragen weniger als 0.5 nm). Die optischen Eigenschaften von nematischen Flüssigkristallen sind anisotrop das bedeutet, sie hängen von der Orientierung der Molekülstruktur relativ zur



Pi

(6)



a (0)

(6)

O



(0)

(©)



! 15)

6.2 Zweikomponentensysteme

209 Abb. 6-33 Die Anordnung der Moleküle in der (a) nematischen, (b) smektischen und (c) cholesterischen Phase eines Flüssigkristalls. In der cholesterischen Phase setzt sich die Stapelung der Schichten fort; es entsteht eine schraubenförmige Anordnung der Moleküle.

Polarisationsrichtung des einfallenden Lichts ab. Solche Flüssigkristalle reagieren auch in besonderer Weise auf elektrische Felder. Zusammen bilden diese speziellen Eigenschaften die Funktionsgrundlage von Flüssigkristallanzeigen (LCDs). Bei einem „verdrillt nematischen“ Display befindet sich das flüssigkristalline Material

160 7

in einem etwa 10m breiten Spalt zwischen zwei ebenen Platten, deren Innenflä-

isotrop

chen mit einem durchsichtigen elektrischen Leiter (beispielsweise Indium-ZinnOxid) beschichtet sind. Diese Oberflächen sind speziell strukturiert, sodass der Flüssigkristall unmittelbar an der Grenzfläche eine bestimmte Orientierung einnimmt; beide Orientierungen sind um 90° oder auch 270° („supertwisted“) gegeneinander verdreht. Die gesamte Anordnung befindet sich zwischen zwei optischen

nematisch

Polarisatoren - Filtern, die nur Licht durchlassen, das in einer bestimmten Ebene

polarisiert ist. Der einfallende Strahl gelangt durch den äußeren Polarisator; dann dreht das Flüssigkristallsystem seine Polarisationsebene; schließlich gelangt er durch den zweiten Polarisator, der auf diese gedrehte Polarisationsebene eingestellt ist. Wenn an der gesamten Zelle eine Spannung anliegt, so geht die schraubenförmige Anordnung des flüssigkristallinen Systems verloren, die Polarisationsebene wird nicht gedreht und der Strahl kann den zweiten Polarisator nicht passieren. Obwohl es zahlreiche flüssigkristalline Materialien gibt, bereitet es oft Probleme,

einen

technologisch

sinnvollen

Temperaturbereich

für die Existenz

der

Abb. 6-34 Phasendiagramm eines binären Systems aus zwei flüssigkristallinen Materialien, 4,4°-Dimethoxyazoxybenzol (A) und 4,4'-Diethoxyazoxybenzol (B).

Mesophase zu erreichen. Ein Ausweg ist die Verwendung von Mischungen; ein Beispiel für ein Phasendiagramm, das sich in einem solchen Fall ergeben könnte, sehen Sie in Abb. 6-34. Die Mesophase der Mischung existiert in einem größeren Temperaturbereich als die Mesophasen jedes reinen Materials für sich genommen.

Anwendung 6-2

Ultrareinheit und kontrollierte Verunreinigung

Moderne Technologien erfordern zunehmend den Einsatz hochreiner Materialien. Halbleiterbauelemente bestehen beispielsweise aus nahezu völlig reinem Silicium oder Germanium, das in genau definierter Weise verunreinigt — dotiert - ist. Die Zusätze dürfen nur einen Anteil von etwa 1zu 10° erreichen, damit eine zuverläs-

sige Funktion der Bauelemente gewährleistet ist (das entspricht einem Milligramm der Verunreinigung in einer Tonne des Materials oder einem Salzkorn in 5 Tonnen Zucker). Beim Zonenschmelzen hat die Probe die Form eines dünnen Zylinders. Die

Wärme wird durch eine schmale ringförmige Quelle zugeführt, die entlang der Probenachse von einem Ende zum anderen bewegt wird. Dabei sammeln sich die Verunreinigungen in der fortschreitenden flüssigen Zone an. In der Praxis zieht man eine ganze Kette kalter und heißer Zonen durch die Probe hindurch (Abb. 6-35). Der Bereich am Ende der Probe, in dem sich die Verunreinigungen ansammeln, wird anschließend verworfen. Bei diesem Verfahren macht man sich die Nichtgleichgewichtseigenschaften des Systems zu Nutze: Die Verunreinigungen sind in der geschmolzenen Probe besser löslich sind als in der festen, weshalb sie sich beim Hin- und Herbewegen

Heizspule

(a) N gereinigtes

gesammelte Verunreinigungen

Material

(b) Abb. 6-35 Das Prinzip des Zonenschmelzens. (a) Anfangs sind die Verunreinigungen über die gesamte Probe verteilt. (b) Nachdem eine geschmolzene Zone durch die stabförmige Probe gezogen wurde, reichern sich die Verunreinigungen auf der rechten Seite an. In der Praxis zieht man eine ganze Serie solcher Schmelzzonen von links nach rechts durch den Stab.

210

6 Phasendiagramme A

B

b,

%

Flüssigkeit

b,\ Be

S

S

© Q = 1b}

FH

Feststoff

a 0 Abb. 6-36

Zusammensetzung x,

l

Das Zonenschmelzen kann

anhand eines Diagramms der Zusammensetzung in Abhängigkeit von der Temperatur diskutiert werden; siehe Text.

der Schmelzzone entlang der Achse an einem Ende der zylinderförmigen Probe anreichern lassen. Das Phasendiagramm in Abb. 6-36 verdeutlicht das Prinzip des Verfahrens. Die Flüssigkeit, die sich auf der Isoplethe durch a befindet, stellt die geschmolzene Zone dar. Diese lassen wir abkühlen, ohne dass sich in der gesamten Probe ein Gleichgewicht einstellen kann. Wenn die Temperatur bis zu a, gefallen ist, scheidet sich eine feste Phase der Zusammensetzung b, ab, die verbleibende Flüssigkeit (die Zone, bis zu der sich die Wärmequelle weiterbewegt hat) liegt bei a,. Abkühlung dieser flüssigensPhase entlang der Isoplethe, die durch a) verläuft, liefert einen Feststoff der Zusammensetzung b; und eine Flüssigkeit der Zusammensetzung a/. Dieser Vorgang setzt sich fort, der letzte Tropfen Flüssigkeit ist stark mit B verunreinigt. Auch im Alltag kann man beobachten, dass verunreinigte Flüssigkeiten auf diese Weise erstarren. So ist ein Eiswürfel außen klar, im Inneren jedoch trüb: Das gefrierende Wasser enthält gelöste Luft, und die Erstarrung verläuft von außen nach innen. Die Luft wird demzufolge immer weiter innen in der verbleibenden flüssigen Phase angereichert. Von dort kann sie nicht mehr entweichen; zuletzt wird sie in Form kleiner Bläschen im Eis eingeschlossen. Eine Modifikation dieses Verfahrens ist die Zonendotierung. Sie dient zum Einbringen definierter Mengen von Zusatzstoffen in eine Probe (z. B. Indium in Germanium). Eine mit dem Dotierungselement angereicherte Zone am Ende der Probe wird aufgeschmolzen; die heiße Zone wird dann mehrmals in beiden Richtungen durch die Probe gezogen, wobei sich der Zusatzstoff homogen in der ganzen Probe verteilt.

6.3 | Dreikomponentensysteme Für Systeme, die aus drei Komponenten bestehen, ist F= 5 — P, sodass die Varianz den Wert 4 annehmen kann. Wenn Temperatur und Druck konstant gehalten werden, bleiben zwei weitere Freiheitsgrade (die Molenbrüche von zwei Komponenten) übrig. Um die Abhängigkeit der Phasengleichgewichte solcher Systeme von der Zusammensetzung darzustellen, verwendet man Phasendiagramme in Dreieckskoordinaten. Der folgende Abschnitt erklärt die Konstruktion und Interpretation derartiger Diagramme anhand von zwei einfachen Beispielen.

6.3.1

Phasendiagramme in Dreieckskoordinaten

Die Molenbrüche der drei Komponenten eines ternären Systems (C = 3) erfüllen die Beziehung N

lee

Durch ein Phasendiagramm in Form eines gleichseitigen Dreiecks ist diese Bedingung automatisch erfüllt. Dazu konstruiere man durch einen Punkt P in Inneren

des Dreiecks Parallelen zu allen drei Seiten; sie schneiden die Dreiecksseiten so,

dass die Summe der Abstände zwischen P und den Schnittpunkten genau einer Seitenlänge entspricht. Diese Seitenlänge wollen wir als Einheit wählen. In Abb. 6-37 sehen Sie ein praktisches Beispiel. Die Seite AB entspricht el: analoge Aussagen gelten für die anderen Seiten. Jede der Seiten gehört demzufolge zu einem der drei möglichen binären Systeme A/B, A/C und C/A. Ein Punkt im Inneren des Dreiecks entspricht einem System, das alle drei Komponenten enthält.

Am Punkt P beispielsweise lesen wir ab x = 0.50, x; = 0.10 und %o = 0.A0

Verfolgen wir eine Gerade, die eine Ecke mit der gegenüberliegenden Seite verbindet: nähern wir uns der Ecke, die A entspricht , nimmt der Gehalt der Mischung an A zu, das Verhältnis zwischen B und C bleibt dabei konstant. Wenn wir die

6.3 Dreikomponentensysteme

N RTAAANATAFATA Abb. 6-37 Ein Dreieckskoordinatensystem zur Diskussion der Eigenschaften ternärer Mischungen. Die Seiten entsprechen jeweils

binären Systemen. An jedem Punkt entlang der gestrichelten Linie liegen B und C in demselben molaren Verhältnis vor.

Änderung der Zusammensetzung eines Systems untersuchen wollen, wenn man A hinzufügt, zeichnen wir daher die Verbindungslinie zwischen der Ecke A und demjenigen Punkt auf der Seite BC, der dem binären Ausgangsgemisch entspricht. Jedes mögliche ternäre System, das sich auf die gewünschte Weise bilden kann, wird dann durch einen Punkt auf dieser Linie repräsentiert. Beispiel 6-4 Phasendiagramme in Dreieckskoordinaten

Zeichnen Sie die folgenden Punkte in ein Phasendiagramm in Dreieckskoordinaten ein:

(a 020, (b) x, = 0.42, (C) x = 0.80, (dy &, = 0.10,

x = 0.80, 59 = 0.20, 3 = MAN, 020:

u ZÜ X 082 2 = MAC u = WU

(e) x (2

020, A060)

xc = 0.40 x 010

= 0.20, 1030,

Vorgehen

Der Molenbruch

von A wird an einer der Seiten gemessen,

die zur

Ecke A führen, gleiches gilt für B; x. ergibt sich automatisch (überprüfen Sie aber anhand von x. Ihre Darstellung!). Antwort Die geforderte Darstellung finden Sie in Abb. 6-38. Beachten Sie, dass die Punkte (d), (e) und (f) alle auf einer Linie liegen, da für sie alle x, /x» = 0.50 gilt (siehe Text).

211

212

6 Phasendiagramme

ar ERER EL KR

0.9 @ 0

01

x 02°

030.040.052.0. 020 O0

5502

1

Abb. 6-38 Die Punkte zu Beispiel 6-4 (schwarz) und Übung 6-4 (farbig).

Übung 6-4 Zeichnen Sie folgende weitere Punkte ein: (a)=.0.25,

0.25,

%c = 0.50

(b’) x, = 0.50,

%=0235,

x%=0325

(C’) x, = 0.80,

5 =0,

%c-= 0.20

(d’) x, = 0.60,

ze

(e') x, = 0.20,

3 = WI,

6.3.2

023er 0:05

Begrenzt mischbare Flüssigkeiten

Wasser und Essigsäure sind vollständig miteinander mischbar, ebenso Essigsäure und Chloroform. Wasser und Chloroform jedoch mischen sich nur teilweise. Wie verhält sich ein ternäres System aus diesen Komponenten? Das entsprechende Phasendiagramm bei Zimmertemperatur und Normaldruck sehen Sie in Abb. 6-39. Man erkennt, dass die beiden vollständig mischbaren Stoffpaare Einphasengebiete bilden, während das System Wasser/Chloroform entlang der zugehörigen Dreieckseite (der Grundlinie) einen zweiphasigen Bereich aufweist. Diese Grundlinie entspricht einer der horizontalen Linien eines Phasendiagramms für binäre Mischungen. Im Zweiphasengebiet konstruiert man die Konnoden mit Hilfe experimenteller Werte für die Zusammensetzungen der beiden Phasen, die sich miteinander im Gleichgewicht befinden; diese werden in das Dia-

gramm eingezeichnet und jeweils durch Geraden verbunden. Gibt man eine hinreichende Menge Essigsäure zu der binären Mischung Wasser/ Chloroform, wird eine einzige Phase ausgebildet. Diesen Effekt können wir durch Verfolgen der Linie a,-a, in Abb. 6-39 veranschaulichen: 1. a,: Das System besteht aus zwei Phasen, deren Mengenverhält-

nis sich auf bekannte Weise mit Hilfe des Hebelgesetzes für Phasendiagramme bestimmen lässt. 2. a\—a,: Beim Hinzufügen von Essigsäure bewegen wir uns auf der Gerade, die a, mit der Ecke verbindet, die der reinen Essig-

-

6.3 Dreikomponentensysteme

CH,COOH

CHCL, Abb..6-39 Das Phasendiagramm des ternären Systems Essigsäure/Chloroform/Wasser bei bestimmter Temperatur und bestimmtem Druck. In das Zweiphasengebiet wurden

einige Konnoden eingezeichnet. In jedem Punkt auf der Gerade a liegen Chloroform und Wasser in demselben Verhältnis vor.

säure entspricht. Am Punkt a, liegen noch immer zwei Phasen vor; die wässrige enthält nun jedoch mehr Chloroform (a},) und die Chloroformphase mehr Wasser (a) als zu Beginn, da die Essigsäure als Lösungsvermittler wirkt. Weiterhin erkennt man im Phasendiagramm, dass in der wässrigen Phase mehr Essigsäure enthalten ist als in der Chloroformphase (a} liegt näher am Essigsäure-Eckpunkt als a5). 3. a,—2a;: Am Punkt a; liegen zwei Phasen vor, die chloroformreichere der beiden ist jedoch nur noch in Spuren vorhanden. 4. a,—a,: Bei weiterem Zusatz von Essigsäure bewegt sich das System auf a, zu; es ist nur noch eine einzige Phase vorhanden.

Beispiel 6-5 Die Interpretation der Phasendiagramme ternärer Systeme (1) Aus Chloroform (x. = 0.60) und Wasser (xy = 0.40) wird eine Mischung hergestellt. Beschreiben Sie das Verhalten des Systems, wenn Essigsäure hinzugefügt wird.

Vorgehen Wir gehen von Abb. 6-39 aus. Das Mengenverhältnis zwischen Chloroform und Wasser bleibt konstant; die Zugabe von Essigsäure (E) entspricht also einer Bewegung entlang der Gerade, die den Punkt x. = 0.60 auf der Seite CHCI,/H,O mit der Ecke CH,COOH verbindet. Aus den Schnittpunkten der Konnoden mit der Phasengrenzlinie entnehmen wir die Zusammensetzungen der Phasen im Gleichgewicht, ihr Verhältnis bestimmen wir mit Hilfe des Hebelgesetzes. Die Zusammensetzungen notieren wir in der Reihenfolge (xc, Xw, Xa)-

Antwort

Zu Beginn ist die Zusammensetzung (0.60, 0.40, 0). Dieser Punkt befin-

der Phadet sich im Zweiphasengebiet; die entsprechenden Zusammensetzungen

213

214

6 Phasendiagramme

sen sind (0.95, 0.05, 0) und (0.12, 0.88, 0), sie liegen im Verhältnis 1.3:1 vor. Bei Zugabe von Essigsäure bewegen wir uns entlang der eingezeichneten Gerade auf die Ecke CH,COOH zu. Erreicht die Essigsäure einen Molenbruch von 0.18, beträgt die Zusammensetzung des Gesamtsystems (0.49, 0.33, 0.18) und die der beiden Phasen, die zu fast gleichen Teilen vorliegen, (0.82, 0.06, 0.12) beziehungs-

P=1

weise (0.17, 0.60, 0.23). Ist der Molenbruch der Essigsäure auf 0.37 angestiegen,

Zusammensetzung

findet man in Spuren eine Phase der Zusammensetzung (0.64, 0.11, 0,25); es überwiegt eine Phase der Zusammensetzung (0.35, 0.28, 0.37). Bei weiterer Zugabe von Essigsäure liegt nur noch eine einzige Phase vor. Dieser Zustand bleibt bis zu der Ecke, die reiner Essigsäure entspricht, erhalten.

der Phase 2

@

B

Abb. 6-40 Schema zur Interpretation eines Phasendiagramms in Dreieckskoordinaten. In dem Gebiet unterhalb der gekrümmten Linie zerfällt das System in zwei Phasen; deren Zusammensetzungen im Gleichgewicht sind an den Endpunkten der (experimentell bestimmten) Konnoden abzulesen.

Übung 6-5 Wiederholen Sie diese Überlegungen ausgehend von einer Mischung der Zusammensetzung (0.70, 0, 0.30), zu der Wasser zugegeben wird.

An dem in Abb. 6-39 mit P bezeichneten Punkt sind die'Zusammensetzungen der koexistierenden Phasen identisch; er ist eine Art kritischer Punkt. Eine verallgemeinerte Zusammenfassung des Vorgehens bei der Interpretation ternärer Phasendiagramme finden Sie in Abb. 6-40.

6.3.3

Der Einfluss gelöster Salze

Die Anwesenheit eines gelösten Stoffs kann die Löslichkeit einer anderen Substanz beeinflussen. Als Aussalzeffekt bezeichnet man die Herabsetzung der Löslichkeit eines Gases (oder eines anderen Nichtelektrolyten) in Wasser, wenn ein Salz zugesetzt wird. Auch ein Einsalzeffekt kann auftreten: dann ist das wässrige ternäre System konzentrierter (das heißt, es enthält weniger Wasser) als das binäre. Durch ein Salz kann auch die Löslichkeit eines anderen Elektrolyten beeinflusst werden: dies wollen wir anhand des ternären Systems Ammoniumchlorid/Ammoniumsulfat/Wasser (Abb. 6-41) näher untersuchen: 1. b: Hier können wir die Löslichkeit des Chlorids in Wasser ablesen; eine Mischung der Zusammensetzung b, besteht aus ungelöstem Chlorid und einer gesättigten Lösung der Zusammensetzung b.

Abb. 6-41 Phasendiagramm des ternären Systems NH,CI/(NH,),SO,/H,O bei

konstanter Temperatur und konstantem Druck. Die Punkte A und E entsprechen den in Beispiel 6-6 diskutierten. Alle Konnoden im Zweiphasengebiet enden an einer Ecke, alle Konnoden im Dreiphasengebiet enden an den drei Ecken der im kleinen

Ausschnitt gezeigten Dreiecksfläche.

-

6.3 Dreikomponentensysteme

2. c: Dieser Punkt gibt analog die Löslichkeit des Sulfats an. 3. a,: Der Punkt entspricht einer einzigen Phase. Wenn Wasser verdampft wird, verschiebt sich die Zusammensetzung entlang der Gerade (a,, a,). 4. d1>a,: Am Punkt a, zerfällt das System in zwei Phasen: etwas Chlorid fällt kristallin aus (alle Konnoden, die an diese Phasen-

grenze stoßen, führen durch den Eckpunkt, der reinem Chlorid entspricht). In der flüssigen Phase reichert sich Sulfat an; ihre Zusammensetzung verschiebt sich in Richtung d. 3. 4,>2a;: Wenn genug Wasser entzogen wurde, um die Zusammensetzung

a; des Gesamtsystems

zu erreichen, entspricht

die Zusammensetzung der flüssigen Phase d. (Dieser Punkt wurde mit den Eckpunkten für Chlorid und Sulfat verbunden.) Es liegt nun eine mit beiden Salzen gesättigte Lösung im Gleichgewicht mit den festen Salzen vor. An diesem Punkt kann man die gemeinsame Löslichkeit beider Salze ablesen. Der Molenbruch des Wassers in diesem System ist kleiner als in jedem der beiden binären Systeme. Das bedeutet, dass die gemeinsame Lösung beider Salze konzent-

rierter ist als mögliche Lösungen jeweils eines Salzes allein. 6. a,—a,: Wenn dem System weiter Wasser entzogen wird, nach-

dem der Punkt d erreicht ist, nimmt die Menge der Lösung ab,

ihre Zusammensetzung (gesättigte Lösung d) ändert sich jedoch nicht.

Beide Salze sind kristallin ausgefallen, es liegen drei Phasen vor; jeder Punkt im Dreiphasenbereich ist mit d und den beiden Eckpunkten der festen Salze zu verbinden. 7. a,: Das Wasser ist vollständig verdampft; das nun binäre System besteht aus einer festen Mischung der beiden Salze.

Beispiel 6-6 Die Interpretation der Phasendiagramme ternärer Systeme (2) Bei Zimmertemperatur werden zunächst 50g Ammoniumchlorid in 30g Wasser gelöst; anschließend werden noch 45 g Ammoniumsulfat hinzugefügt. Beschreiben Sie Ausgangs- und Endzustand des Systems. Vorgehen Wir rechnen die Mengenangaben in Molenbrüche um; anschließend kann Abb. 6-41 verwendet werden. Die Zusammensetzungen des Systems notieren wir in der Form (xy, %c, xs) mit W für Wasser, C für Chlorid und S für Sulfat. Die Zusammensetzungen der Phasen bestimmen wir mit Hilfe des HebelgesetZeSs.

Antwort Die molaren Massen (in gmol”') lauten: 18.02 (H,O), 53.49 (NH,CH), 132.1 ((NH,),SO,). Daraus ergeben sich die Stoffmengen im Anfangszustand N, = 1.66 mol, nc = 0.93 mol

und

die

Zusammensetzung

(0.64, 0.36,

0) (in

Abb. 6-41 mit A gekennzeichnet). Die Zusammensetzung im Endzustand (Punkt E)- ist (0.57, 0.31,

0.12),

die

Stoffmengen

von

W

und

C sind

unverändert,

ns = 0.34 mol. Aus Abb. 6-41 entnehmen wir, dass bei der Zusammensetzung (0.64, 0.36, 0) zwei Phasen vorliegen, nämlich festes C im Gleichgewicht mit einer gesättigten Lösung der Zusammensetzung (0.74, 0.26, 0) im Verhältnis 0.16:1.

Nach Zugabe von S besteht das System nur noch aus einer Phase.

215

6 Phasendiagramme

216

Übung 6-6 Beschreiben Sie Anfangs- und Endzustand einer Lösung, die jeweiligen Zusammensetzungen seien (0.80, 0, 0.20) und (0.40, 0.50, 0.10).

Phasendiagramme mögen mitunter kompliziert aussehen; sie enthalten jedoch anschauliche, experimentell bestimntte Informationen. Bei ihrer Interpretation sollte man sich von praktischen Überlegungen leiten lassen. Am besten versucht man, sich die Zustandsänderungen vorzustellen, die sich im Diagramm widerspiegeln: Systeme zerfallen in mehrere Phasen, Phasen vereinigen sich wieder; Systeme schmelzen, erstarren, verdampfen und kondensieren; relative Anteile einzelner Phasen nehmen zu oder ab. Man gelangt schneller zu wichtigen Schlussfolgerungen, wenn man die Linien im Phasendiagramm auswertet (weniger die Flächen); an den Schnittpunkten der Konnoden mit den Phasengrenzlinien kann man die Zusammensetzung der im Gleichgewicht koexistierenden Phasen ablesen, der Abstand dieser Punkte von der Isoplethe gibt (unter Verwendung des Hebelgesetzes) das Mengenverhältnis der Phasen an.

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Eine Phase P ist ein Zustand der Materie mit homogener

9. Die relativen Anteile zweier Phasen im Gleichgewicht berech-

chemischer Zusammensetzung und homogenem physikali-

EIS

EESSIS EN:

net man mit dem Hebelgesetz, n, I, = n; I_ß.

2. Ein Bestandteil eines Systems ist eine chemische Spezies (Ion, Molekül). Eine Komponente C ist ein chemisch unab-

10. Ein Siedediagramm ist ein Phasendiagramm, dessen Begrenzungsachsen die Zusammensetzung der Phasen im Gleichgewicht bei verschiedenen Temperaturen wiedergeben.

SIERT SEInSl SET 3. Die Varianz F eines Systems ist die Anzahl der intensiven Zustandsvariablen (Freiheitsgrade), die man unabhängig

11. Ein Azeotrop ist eine Mischung, deren flüssige Phase beim Sieden die gleiche Zusammensetzung aufweist wie der entstehende Dampf.

voneinander ändern kann, ohne dass sich die Anzahl der im oe

endert

4. Die Gibbs’sche Phasenregel laute:

F=C-P+2.

5. Die Thermoanalyse ist ein Verfahren zur Beobachtung von Phasenübergängen, bei der die Enthalpieänderung während eines Phasenübergangs erster Ordnung ausgenutzt wird. 6. Der Gesamt-Dampfdruck einer idealen Mischung ist gege-

ben durchp = p, + (p; — p5)Xa. Die Zusammensetzung der Gasphase isty, =

pi /{ps + (pi - Pu) Ya = 1 - Yı.

7. Der Dampfdruck einer Mischung ist gegeben durch

p=pips/{pi + (pi pr)ya).

8. Eine Isoplethe ist eine Linie konstanter Zusammensetzung

im Phasendiagramm. Eine Konnode ist eine Linie im Pha.

sendiagramm, die zwei Punkte verbindet, die den beiden

koexistierenden Phasen entsprechen.

12. Be

.

er

u

ä : | i Begrenzt misc are F üssig eiten mischen sich nicht bei allen Temperaturen in beliebigem Mengenverhältnis.

yr

}

13. Oberhalb der oberen kritischen Mischungstemperatur sind die Komponenten einer binären flüssigen Mischung vollständig mischbar. Unterhalb der unteren kritischen Mischungstemperatur mischen sich die beiden Komponenten in beliebigem Verhältnis, oberhalb bilden sich zwei Phasen aus.

14. Als Eutektikum bezeichnet man die Mischung mit dem niedrigsten Schmelzpunkt. Eine Flüssigkeit mit eutektischer Zusammensetzung erstarrt bei einer definierten Temperatur.

Die Verzögerung der Abkühlung während des Erstarrens der Eutektikums nennt man eutektischen Halt. \

.

15. Man spricht von inkongruentem Schmelzen, wenn eine Verbindung nicht selbst eine flüssige Phase bildet, sondern beim Schmelzen in ihre Bestandteile zerfällt.

Diskussionsfragen

217

Weiterführende Literatur Zeitschriftenartikel und Bücher

J-S. Alper, The Gibbs phase rule revisited: interrelationships between components and Phases.J.Chem. Educ. 76, 1567

(1999).

W.D. Callister, )r., Materials science and engineering, an introduc-

tion. Wiley, New York (2000). P.). Collings and M. Hird, Introduction to liquid erystals: chemistry and physics. Taylor & Francis, London (1997). M. Hillert, Phase equilibria, phase diagrams and phase transformations: a thermodynamic basis. Cambridge University Press

(1998).

H.-G. Lee, Chemical thermodynamics for metals and materials. Imperial College Press, London (1999).

R.]. Stead and K. Stead, Phase diagrams for ternary liquid systems.J.Chem. Educ. 67, 385 (1990). S.|. Sandler, Chemical and engineering thermodynamics. Wiley, New York (1998). Datensammlungen und weitere Informationen A. Alper, Phase diagrams, Vols. 1, 2, and 3. Academic Press, New

York (1970). J. Wisniak, Phase diagrams: a literature source book. Elsevier, Amsterdam (1981-86).

Diskussionsfragen 6.1 Definieren Sie die folgenden Begriffe: Phase, Bestandteil,

* Komponente, Freiheitsgrad. 6. 155) Welche Faktoren beeinflussen die Anzahl der theoretischen Böden, die man benötigt, um bei der fraktionierten Destilla-

tion einen gewünschten Grad der Stofftrennung zu erreichen?

6. w Skizzieren Sie Phasendiagramme für die folgenden Arten von Systemen. Geben Sie für alle Flächen und Linien in Ihren Diagrammen an, welche Stoffe vorliegen (ob sich Verbindungen oder Azeotrope bilden) und in welchem Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig) sie sich befinden. (a) Ein DruckTemperatur-Diagramm für eine Komponente; die Dichte der flüssigen Phase sei größer als die der festen Phase; (b) Ein Temperatur-Zusammensetzungs-Diagramm für flüssige und feste Phasen und zwei Komponenten, die eine kongruent schmelzende Verbindung AB bilden; die festen Phasen beider Komponenten seien ineinander nahezu unlöslich.

Temperatur T

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Xz

Abb. 6-42 Zu Diskussionsfrage 6.5.

6.6 Beschriften Sie das Phasendiagramm in Abb. 6-43 mit den jeweils vorliegenden Stoffen (geben Sie eine stöchiometrische Formel an, sofern Verbindungen vorliegen) und deren Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig).

6. > Skizzieren Sie Phasendiagramme für die folgenden Arten von

Systemen. Geben Sie für alle Flächen und Linien in Ihren Diagrammen an, welche Stoffe vorliegen (ob sich Verbindungen oder Azeotrope bilden) und in welchem Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig) sie sich befinden. (a) Ein Temperatur-Zusammensetzungs-Diagramm für flüssige und feste

|

Phasen und zwei Komponenten, die eine inkongruent

schmelzende Verbindung AB, bilden; die festen Phasen beider Komponenten lösen sich fast nicht ineinander; (b) ein Temperatur-Zusammensetzungs-Diagramm für flüssige und

Temperatur T 0.33

gasförmige Phasen und zwei Komponenten, die Komponen-

ten sind vollständig miteinander mischbar sind und ein Azeotrop bei x; = 0.333 bilden. 6. un Beschriften Sie das Phasendiagramm in Abb. 6-42 mit den jeweils vorliegenden Stoffen (geben Sie eine stöchiometrische Formel an, sofern Verbindungen vorliegen) und deren Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig).

0

0.2

|

0.4

0.6 X

Abb. 6-43 Zu Diskussionsfrage 6.6.

Q 0%)

er

218

6 Phasendiagramme

Leichte Aufgaben A6.la

Bei 90°C beträgt der Dampfdruck von Methylbenzol

setzung in Abhängigkeit von der ISERSIEIDI was (x ist.der Molenbruch in der flüssigen, y der Molenbruc

Dampf zusammengesetzt?

in der a

A6.3a

A6.3b

Dampf zusammengesetzt?

Bei 300 K betrage der Dampfdruck einer reinen Flüssigkeit A 76.7 kPa und der einer reinen Flüssigkeit B 52.0 kPa. Beide Stoffe bilden sowohl im flüssigen als auch im gasförmigen Zustand ideale Mischungen. Betrachten Sie die Gleichgewichtszusammensetzung einer Mischung, deren

119.0 0.300 2121470720554

Ym 0.527 0.410 07297

0.097

0.164

DIE 117.3

123.0

3% 0.408

Die Siedepunkte der reinen Komponenten liegen bei 110.6°C (M) und 125.6 °C (O). Zeichnen Sie das Siedediagramm der Mischung. Bestimmen Sie die Zusammensetzung des Dampfs im Gleichgewicht mit der flüssigen Phase bei (a) xy, = 0.250, (b) xo = 0.250. A6.5b

Für eine Mischung aus zwei Flüssigkeiten A und B bei 1.00 atm wurden folgende Werte für die Zusammenset-

zung in Abhängigkeit von der Temperatur gemessen

Bei 293 K betrage der Dampfdruck einer reinen Flüssigkeit A 68.8 kPa und der einer reinen Flüssigkeit B 82.1 kPa. Beide Stoffe bilden sowohl im flüssigen als auch im gasförmigen Zustand ideale Mischungen. Betrachten Sie die Gleichgewichtszusammensetzung einer Mischung, deren Gasphase A mit dem Molenbruch x, = 0.612 enthält. Wie ist die Zusammensetzung der entsprechenden flüssigen Phase? Berechnen Sie den Dampfdruck der Mischung.

(x ist der Molenbruch in der flüssigen, in der gasförmigen Phase): x 2 er Aar ER vn Am 130 063 091 145 018 135 045 077 150 0098

Eine binäre Mischung aus A und B mitx, = 0.6589 siedet bei 88 °C. Bei dieser Temperatur betragen die Dampfx drücke der reinen Komponenten 127.6kPa (A) und 50.60 kPa (B). (a) Liegt eine ideale Mischung vor? (b) Wie ist die Zusammensetzung des Dampfes, der zu Beginn des Siedevorgangs gebildet wird?

2 ung er SB) Zu ne Sesdia SET u BEUTE Sie e ERBE T setzung des Dampfs im Gleichgewicht mit der flüssigen ee 2 ar e ie Geben Sie die Anzahl der Komponenten in den folgenden Systemen an: (a) NaH,PO, in wässriger Lösung im

Eine binäre Mischung aus A und B mit x, = 0.4217 siedet bei 96 °C. Bei dieser Temperatur betragen die Dampfdrücke der reinen Komponenten 110.1 kPa (A) und 76.5 kPa (B). (a) Liegt eine ideale Mischung vor? (b) Wie

Dibromethen (DE, pj, = 22.9 kPa bei 358K) und Dibrompropen (DP, pn, = 17.1 kPa bei 358 K) bilden nahezu ideale Mischungen. Berechnen Sie für Zoe — 0.60 (a) Pyesam wenn das System vollständig in flüssiger Form vorliegt, (b) die Zusammensetzung des Dampfes, wenn erst ein sehr geringer Teil verdampft ist.

A6.4b

Phase): Ya 0.923

0.795 0.336 112.0 114:.0=20:615=0.0:695 0.527 0.624 115.8

A6.6a

A6.6b

‚Yu

mol

beider

(Toluol). All

Blaues CuSO, -5 H,O gibt beim Erwärmen sein Kristallwasser ab. Wie viele Phasen und Komponenten zählen Sie in einem Behälter mit erwärmten Kristallen, der ansonsten leer ist?

A6.7b

Ammoniumchlorid

Komponenten

einem Behälter, in dem das Salz erwärmt wird und der

alles verdampft ist. Nehmen Sie dazu an, dass die Ver-

ratur konstant 20°C bleibt.

ansonsten leer ist? (b) Nehmen Sie nun an, dass sich in

dem Behälter noch überschüssiges Ammoniak befindet.

hergestellt wurde, wird

dampfungsgeschwindigkeit so gering ist, dass die Tempe-

NH,CI zersetzt sich beim Erhitzen.

(a) Wie viele Komponenten und Phasen zählen Sie in

aus je

durch Reduktion ee Drucks bis unterhalb des Dampfdrucks zum Sieden gebracht. Berechnen Sie (a) den Druck am Beginn des Siedevorgangs, (b) die Zusammensetzung des Dampfes, (c) den Dampfdruck der letzten verbleibenden Tropfen Flüssigkeit, wenn fast

Se wi Necın die Dissoziation des en a en NERc, eo eo unter Berücksichtigung der Dissoziation. Geben Sie die Anzahl der Komponenten im folgenden

A6.7a

Benzol und Toluol bilden nahezu ideale Mischungen. Bei

nn u

I 045 025

System an: AlCI; in wässriger Lösung unter Berücksichtigung der Hydrolyse und der Ausfällung von Al(OH),.

20°C findet man für die Dampfdrücke die Werte 9.9 kPa ua

y der Molenbruch

Die Siedepunkte der reinen Komponenten liegen bei

ist die Zusammensetzung des Dampfes, der zu Beginn des Siedevorgangs gebildet wird? A6.4a

3 0.908

DIE 110.9

Bei 90°C beträgt der Dampfdruck von 1,2-Dimethylbenzol 20 kPa, der von 1,3-Dimethylbenzol 18 kPa. Wie ist die Zusammensetzung einer flüssigen Mischung beider Komponenten, die bei 90 °C und 19 kPa siedet? Wie ist

Gasphase A mit dem Molenbruch x, = 0.350 St u A mn us DET Lach. Phase? Berechnen Sie den Dampfdruck der Mischung.

A6.2b

(M)

die Zusammen-

Zusammensetzung einer flüssigen Mischung beider Komponenten, die bei 90 °C und 0.50 atm siedet? Wie ist

der dabei entstehende A6.2a

Für eine Mischung aus Oktan (O) und un

bei 1.00 atm wurden folgende Werte für

der dabei entstehende A6.1b

A6.5a

53.3 kPa, der von 1,2-Dimethylbenzol 20.0 kPa. Wie ist die

ie

A6.8a

vi

%

os

„ie viele Phasen und Komponenten zählen Sie jetzt? In einem geschlossenen Gefäß befindet sich eine gesättigte Lösung von Na,SO, im Gleichgewicht mit der Gasphase; etwas überschüssiges, ungelöstes Salz hat sich am Boden abgesetzt. (a) Wie viele Phasen und Komponenten enthält dieses System? (b) Bestimmen Sie die

Varianz des Systems und geben Sie seine Freiheitsgrade (unabhängigen Variablen) an.

Leichte Aufgaben A6.8b

219

Wiederholen Sie Aufgabe A6.8a für eine ungesättigte

500°C

Lösung.

A6.9a

Methylethylether (A) und Diboran, B,H, (B), bilden eine binäre Verbindung AB, die bei 133 K kongruent schmilzt. Man findet für dieses System zwei Eutektika, eins bei 123 K und 25 Molprozent B, das andere bei 104 K und

90 Molprozent B. Die Schmelzpunkte der reinen Komponenten liegen bei 131 K (A) und 110K (B). Skizzieren Sie ein Phasendiagramm des Systems. Vernachlässigen Sie die Löslichkeit der festen Phasen ineinander.

A6.9b

Skizzieren Sie das Phasendiagramm des Systems NH;/ N,H,; die beiden Komponenten bilden keine Verbindung miteinander, NH; erstarrt bei -78 °C, N,H, bei +2 °C. Bei einem Molenbruch des N,H, von 0.07 wird ein Eutektikum gebildet, welches bei -80 °C schmilzt.

A6.10a In Abb. 6-44 sehen Sie das Phasendiagramm zweier teilweise mischbarer Flüssigkeiten, beispielsweise Wasser (A) und 2-Methyl-1-propanol (B). Was beobachtet man beim Erhitzen einer Mischung der Zusammensetzung Xg = 0.8? Geben Sie für jeden Schritt die Anzahl, Zusammensetzung und relativen Mengen der Phasen an.

0/°C Temperatur

Abb. 6-46 Zu Aufgabe A6.11a. A6.]1b Woran

kann man in Abb. 6-47 erkennen, dass die

Mischung inkongruent schmilzt? Geben Sie Zusammensetzung und Schmelzpunkt der eutektischen Mischung an.

Temperatur T |

Temperatur T

0

0.2

i

0.4

R

0.6

0.8

1

B

Abb. 6-47 Zu Aufgabe A6.11b.

0

0.2

A6.12a Skizzieren Sie Abkühlungskurven für die Isoplethen a und b in Abb. 6-46.

0.4 X

Abb. 6-44 Zu Aufgabe A6.10a.

A6.12b Skizzieren Sie Abkühlungskurven für die Isoplethen a und

A6.10b In Abb. 6-45 sehen Sie das Phasendiagramm für das System Silber/Zinn. Beschriften Sie die einzelnen Flächen. Was beobachtet man, wenn flüssige Mischungen der Zusammensetzungen a bzw. b auf 200 °C abgekühlt werden?

b in Abb. 6-47.

A6.13a Stellen Sie anhand des Diagramms in Abb. 6-45 fest: (a) die Löslichkeit von Ag in Sn bei 800 °C, (b) die Löslichkeit von Ag;Sn in Ag bei 460°C, (c) die Löslichkeit von Ag;Sn in Ag bei 300°C. A6.13b Stellen Sie anhand des Diagramms in Abb. 6-46 fest: (a) die Löslichkeit von B in A bei 500 °C, (b) die Löslich-

1000

keit von AB, in A bei 390°C, (c) die Löslichkeit von AB, in B bei 300°C.

[0,-}& oO

Temperatur 9/°C |

0

20

|

40 60 30 Massenprozent Ag/%

100

Abb. 6-45 Zu Aufgabe A6.10b. A6.11a Woran kann man in Abb. 6-46 erkennen, dass die

Mischung inkongruent schmilzt? Geben Sie Zusammensetzung und Schmelzpunkt der eutektischen Mischung an.

A6.14a Abb. 6-48 zeigt experimentell bestimmte Phasendiagramme für die nahezu ideale Mischung aus Hexan und Heptan. (a) Beschriften Sie die Flächen mit den jeweils vorhandenen Phasen. (b) Bestimmen Sie den Dampfdruck einer Mischung aus je | mol Hexan und Heptan bei 70°C, wenn der Siedevorgang infolge einer Reduktion des äußeren Druckes gerade beginnt. (c) Wie groß ist der Dampfdruck des letzten Tropfens Flüssigkeit bei 70°C, der kurz vor Ende des Siedevorgangs noch übrig ist? (d) Bestimmen Sie den Molenbruch von Hexan in der flüssigen Phase und im Dampf unter den Bedingungen aus Teilaufgabe (b). (e) Bestimmen Sie diese Molenbrüche unter den Bedingungen aus Teilaufgabe (c). (f) Wie groß sind die Stoffmengen von flüssiger und gasförmiger Phase bei 85 °C und 760 Torr für Zyeptan — 0.40?

6 Phasendiagramme

220

Komponenten bilden eine Verbindung (CH;);OB,H,, die

bei 133 K kongruent schmilzt. Das System weist ein Eutektikum bei x(B,H,) = 0.25 und T = 123 K und ein zweites bei x(B,H,) = 0.90 und T = 104 Kauf.

A6.16a Zeichnen Sie anhand der Informationen aus Aufgabe A6.15a die Abkühlungskurven für flüssige Mischungen mit folgenden Molenbrüchen von CF: (a) 0.10, (b) 0.30

[92]Q oO

Druck p/Torr

(c) 0.50, (d) 2.80, (e) 0.95.

QS

A6.16b Zeichnen Sie anhand der Informationen aus Aufgabe A6.15b die Abkühlungskurven für flüssige Mischungen mit folgenden Molenbrüchen von B,H;: (a) 0.10, (b) 0.30

ww

(c) 0.50, (d) 0.80, (e) 0.95.

A6.17a Unterhalb von 22.70 °C sind Hexan und Perfluorhexan nur teilweise miteinander mischbar. Am oberen kritischen Mischungspunkt ist x = 0.355 (x sei der Molenbruch von C;F1.): Bei 22.0 °C befinden sich zwei flüssige Phasen mit x = 0.24 bzw. x = 0.48 miteinander im Gleichgewicht; bei 21.5 °C betragen die entsprechenden Molenbrüche x = 0.22 und x = 0.51. Skizzieren Sie das Phasendiagramm. Was kann man beobachten, wenn Perfluorhexan zu einer konstanten Menge Hexan bei (a) 23 °C und (b) 22 °C gegeben wird?

Q© 7 u SHEES

oo IN6)

N oO

O/°C Temperatur aQSo | |

|

0.6

0.8

1

Heptan

Abb. 6-43 Zu Aufgabe A6.14a.

A6.14b Urantetrafluorid und Zirkoniumtetrafluorid schmelzen bei 1035 °C beziehungsweise 912 °C. Die beiden Substanzen bilden eine kontinuierliche Reihe fester Lösungen, deren Schmelzpunktsminimum bei 765 °C und x,,,, = 0.77 liegt. Bei 900 °C findet man eine flüssige Lösung der Zusammensetzung Xz,r, = 0.28 im Gleichgewicht mit einer festen Lösung der Zusammensetzung Xzır, — 0.14.

Bei 850 °C lauten die entsprechenden Molenbrüche 0.870 beziehungsweise 0.980. Skizzieren Sie das Phasendiagramm des Systems. Was beobachtet man, wenn man eine flüssige Lösung mit x,,,, = 0.40 langsam von 900 °C auf 500 °C abkühlt? A6.15a Methan (Schmelztemperatur 91 K) und Tetrafluormethan (Schmelztemperatur 89 K) bilden miteinander keine festen Lösungen; als Flüssigkeiten sind sie nur teilweise miteinander mischbar. Die obere kritische Mischungstemperatur der Flüssigkeiten beträgt 94 K bei x(CF,) = 0.43, die eutektische Temperatur ist 84 K bei x(CF,) = 0.88. Die Phase, die sich mit der tetrafluorme-

thanreichen Flüssigkeit im Gleichgewicht befindet, wandelt sich bei 86 K von festem Methan in eine methanreiche Flüssigkeit um. Bei dieser Temperatur haben die im Gleichgewicht befindlichen flüssigen Phasen die Zusammensetzungen x(CF,) = 0.10 bzw. x(CF,) = 0.80. Skizzieren Sie das Phasendiagramm des Systems.

A6.15b Eine flüssige Mischung aus 4.0 mol B,H, (Schmelztemperatur 131 K) und 1.0 moIlCH,OCH; (Schmelztemperatur 135 K) wird von 140 K auf90 K abgekühlt. Welche Zustandsänderungen sind dabei zu beobachten? Beide

A6.17b Unterhalb von 52.4 °C sind die Flüssigkeiten A und B nur teilweise miteinander mischbar. Am oberen kritischen Mischungspunkt ist x = 0.459 (x sei der Molenbruch von A). Bei 40.0°C befinden sich zwei flüssige Phasen mit x = 0.22 bzw. x = 0.60 miteinander im Gleichgewicht; bei

42.5 °C betragen die entsprechenden Molenbrüche x = 0.24 und x = 0.48. Skizzieren Sie das Phasendiagramm. Was kann man beobachten, wenn B zu einer konstanten Menge A bei (a) 48 °C und (b) 52.4 °C gegeben wird?

A6.13a Abb. 6-41 zeigt das Phasendiagramm des ternären Systems NH,CI/(NH,),SO,/H30 bei 25 °C. Wie viele Phasen zählen Sie für Mischungen der Zusammensetzun-

gen (a) (0.2, 0.4, 0.4), (b) (0.4, 0.4, 0.2), (c) (0.2, 0.1, 0.7), (d) (0.4, 0.16, 0.44)? Die Zahlen geben jeweils die Molenbrüche der drei Komponenten in der Reihenfolge

(NH,CI, (NH,),SO,, H,O) an.

A6.18b Bestimmen Sie aus Abb. 6-41 die molare Löslichkeit von

(a) NH,Cl und (b) (NH,),SO, in Wasser bei 25 °C.

A6.19a Beschreiben Sie, was man beobachtet, wenn (a) (N H,),50% zu einer gesättigten wässrigen Lösung von NH,CI gegeben wird; festes NH,CI ist im Überschuss vorhanden,

(b) Wasser zu einer Mischung von 25 g NH,CI und 75 g (NH, ),SO, hinzugefügt wird.

A6.19b Die Löslichkeit von I, in flüssigem CO, betrage bei einer bestimmten Temperatur x(l,) = 0.03. Bei der gleichen Temperatur beträgt seine Löslichkeit in Nitrobenzol x(l2) = 0.04. Flüssiges CO, und Nitrobenzol mischen sich in jedem Verhältnis, die Löslichkeit von I, in diesem Mischungen hängt linear vom Anteil an Nitrobenzol ab. Skizzieren Sie das Phasendiagramm für das ternäre System.

Schwerere Aufgaben

221

Schwerere Aufgaben’ Rechenaufgaben

6.14

unter der Annahme, dass außer diesen keine weitere binäre

1-Butanol und Chlorbenzol bilden ein Azeotrop mit Siede-

I

punktsminimum. In der unten stehenden Tabelle finden Sie den Molenbruch von 1-Butanol in der flüssigen Phase

N “ P und S; beschriften Sie jede Fläche mit der ai US olbeulg uk eh A Basler

nen Siedetemperaturen (H. Artigas, C. Lafuente, P. Cea,

Verbindungen entsprechen. Die Schmelzpunkte der reinen

F.M. Royo, ). S. Urieta,J.Chem. Eng. Data 42 (1997) 132):

an al I Ben

T/K 396.57

x 0.1065

393.94

0.1700

Mischung der Zusammensetzung x; = 0.28. Bei x; = 0.2 soll ein Eutektikum vorliegen. Die Löslichkeit der Feststoffe ineinander ist zu vernachlässigen.

(x) und in der Gasphase 00a

391.60

0.

390.15

|

6.27

yes

Undirersehede,

y 0.2859 0.3691

T/K 389.03 383.66

x 0.5017 0.6091

ER

2070

en. nn

a Sn Mal

nen Sie die Ordinate mit x: und den Zahlenwerten, die den

TS IFbospnon tun a

(Schwefel). (b) Skizzieren Sie die Abkühlungskurve für eine

0.5840 0.6409

6.5

Inder unten stehenden Tabelle finden Sie die Temperaturen, für die in den Abkühlungskurven zweier Metalle A und B

Reines Chlorbenzol siedet bei 404.86 K. (a) Konstruieren

ein Knick bzw. ein Haltepunkt gefunden wurde. Konstruie-

Sie aus den Daten die Chlorbenzol-reiche Seite des Phasendiagramms. (b) Bei welcher Temperatur beginnt eine

ren Sie mit Hilfe dieser Daten das Phasendiagramm. Beschriften Sie die Flächen mit den vorhandenen Phasen

Lösung, deren Molenbruch von 1-Butanol 0.300 beträgt, zu sieden? (c) Die Lösung aus Teil (b) werde auf 393.94 K

und Stoffen. Geben Sie für jede mögliche Verbindung, die sich aus A und B bilden kann, eine stöchiometrische For-

erhitzt. Bestimmen Sie die Zusammensetzungen und relativ en Anteile ) der beiden i | dann vorliegenden Phasen.

mel an. ee

An etal. untersuchten die Linie im Phasendiagramm von N,N-Dimethylacetamid und Heptan, entlang derer zwei flüssige Phasen koexistieren (X. An, H. Zhao, F. Fuguo, W. Shen,J. Chem. Thermodynamics 28 (1996) 1221). Die nachfolgende Tabelle gibt die Molenbrüche on N, N-Dimethylacetamid in der oberen (x,) und unteren (x,) Phase eines Zweiphasengebiets in Abhängigkeit von der Temperatur:

0.0 10.0 20.0 30.0

1060 1000 940

40.0 50.0 60.0

850 750 670

700 700 700 700 400

A

>

An

90.0 100.0

450

400 500

T/K

ze

X

T/K

3“

X

309.820 309.422

0.473 0.400

0.529 0.601

304.553 301.803

0.255 0.218

0.724 0.758

309.031

0.371

0.625

293037.07193550783

308.006 306.686

0.326 0.293

0.657 0.690

296.000 294.534

j

i

0.168 0.157

0.804 0.814

.

6.6

.

1100 700 400 400 400

Das Phasendiagramm in Abb. 6-49 zeigt ein Gleichgewicht zwischen fester und flüssiger Phase. Beschriften Sie alle Flächen mit den dort existierenden chemischen Spezies

(b) Bei 296.0K wer(a) Zeichnen Sie das Phasendiagramm. ä den 0.750 mol N, N-Dimethylacetamid und 0.250 mol Heptan gemischt. Bestimmen Sie die Zusammensetzungen und relativen Anteile der beiden dann vorliegenden Phasen. Wie weit muss man die Mischung erhitzen, damit nur

und

ee Ph a ihren jeweiligen Phasen. Geben Sie für die Punkte b, d,

6, f, g und k die Anzahl vorhandener Spezies und Phasen u Svsterne er Due g ür Sy Zu een 0 16.025.05700067, 0,9008

Otter

noch eine Phase vorliegt? 6.33

Die nachfolgende Tabelle enthält Daten zur Zusammensetzung von Flüssigkeit und Dampf von Stickstoff-SauerstoffMischungen bei 100 kPa im Gleichgewicht.

SO NS 27 210

T/K

DIS

x(O;)

10

Om

10 154

12 iz

y(O;) p'(O,)/Torr

86

05875592100

il

22

25

Ba

85327 Re SO a

5

Ei

{as}

A

432.0.502

51557

A

H 5

k

E = BB

a

nn

in

Do

[0)

=.

Zeichnen Sie anhand der Daten das Siedediagramm und

6.4

Phosphor und Schwefel bilden eine Reihe binärer Verbindun-

gen. Am besten charakterisiert wurden bisher P,S;, P,S7

und P,Sıo, die alle kongruent schmelzen. (a) Zeichnen Sie

Ss

Abb. 6-49 Zu Aufgabe 6.6.

Mischung entspricht; berechnen Sie dazu den Aktivitätsko-

effizienten von O, für jede der angegebenen Zusammensetzungen.

Ss

5

beurteilen Sie, inwieweit es den Vorhersagen für eine ideale

6.7

Skizzieren Sie das Phasendiagramm für das binäre System Mg/Cu unter OL

SD

ae

5

Osm(Mg) = 648 C, Osm (Cu) E103I2C: ziel Verbindungen werden gebildet mit 0,,(MgCu,) = 800 °C und

Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 3) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen

6 Phasendiagramme

222

(i) oberhalb und (ii) unterhalb von 1030 °C befindet? Stellen Sie die Anteile (Molprozent) von festem Silicium und festem CaSi, als Funktion der Anteile (Molprozent) in einer

Os (Mg,Cu) = 580 °C; Eutektika findet man für Mischungen, die 10, 33 und 65 Massenprozent Mg enthalten; sie

schmelzen bei 690°C, 560 °C und 380 °C. In einem Tiegel, der unter Inertgas-Atmosphäre auf 800 °C erhitzt wurde, wurde eine Mg/Cu-Legierung mit einem Magnesiumanteil

von 25 Massenprozent hergestellt. Was beobachtet man, wenn die Schmelze langsam bis auf Zimmertemperatur abgekühlt wird? Geben Sie Zusammensetzungen und relatives Mengenverhältnis der auftretenden Phasen an und skizzieren Sie die Abkühlungskurve.

6.8:

Put

Schmelze dar, die bei 1030°C erstarrt.

6.10

Eisen (Il)-chlorid (Schmelzpunkt 677 °C) und Kaliumchlorid (Schmelzpunkt 776 °C) bilden bei höheren Temperaturen

die Verbindungen KFeCl; und K,FeCl,. KFeCl, schmilzt kongruent bei 380,°C, K,FeCl, inkongruent bei 399 °C.

Mischungen der Zusammensetzungen x = 0.38 (Schmelzpunkt 351 °C) und x = 0.54 (Schmelzpunkt 393 °C) sind Eutektika; x ist jeweils der Molenbruch von FeCl,. Die Löslichkeitskurve von KCI schneidet diejenige von K,FeCl, bei x = 0.34. Skizzieren Sie das Phasendiagramm. Bestimmen Sie, welche Phasen sich miteinander im Gleichgewicht

In Abb. 6-50 ist die Funktion Ay G(xp, T) für eine Mischung aus Kupfer und Blei graphisch dargestellt. (a) Was entnehmen Sie dem Diagramm hinsichtlich der Mischbarkeit der beiden Metalle und der Freiwilligkeit der Bildung von Mischungen? Wie groß ist die Varianz F bei (i) 1500, (ii) 1100 K? (b) Eine Mischung der Zusammensetzung (i) x», — 0.1 bzw. (ii) Xp, = 0.7 werde langsam von 1500 K auf 1100 K abgekühlt. Geben Sie die Gleichgewichtszusammensetzung der Mischung bei der Endtemperatur an. Schätzen Sie die relativen Anteile jeder Phase ab. (c) Wie groß ist die Löslichkeit von (i) Blei in Kupfer und (ii) Kupfer in Blei bei 1100. K?

befinden, wenn eine Mischung der Zusammensetzung

x = 0.36 von 400 °C auf 300 °C abgekühlt wird. Methanol (M), Diethylether (D) und Wasser (W) bilden ein ternäres System mit Mischungslücken. Das Phasendiagramm bei 20°C wurde experimentell bestimmt, indem

Methanol zu Ether-Wasser-Gemischen verschiedener Zusammensetzungen (x = Molenbruch des Ethers) gegeben und der Molenbruch von Methanol y notiert wurde, bei dem sich eine einzige Phase ausbildete. Zeichnen Sie anhand der Daten das Phasendiagramm. x y

0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 0208.0272.0802.0232.026=0:22807177

0.80 0.90 0120.07

Wie viele Phasen sind in einem Gemisch aus 5.08 Methanol, 30.0g Ether und 50.0g Wasser vorhanden? Welche Menge Wasser müsste man zusetzen oder entnehmen, damit sich die Anzahl der Phasen ändert? 6.12

die Verbindungen KFeCl; und K,FeCl,. KFeCl; schmilzt kongruent bei 380 °C, K,FeCl, inkongruent bei 399 °C. Mischungen der Zusammensetzungen x = 0.38 (Schmelz-

Abb. 6-50 Zu Aufgabe 6.8.

In Abb. 6-51 ist die Zusammensetzung der binären Mischung Ca/Si in Abhängigkeit von der Temperatur aufgetragen. (a) Wo finden Sie Eutektika und kongruent oder inkongruent schmelzende Verbindungen? (b) Eine Schmelze, die 20 Atomprozent Silicium enthält, wird von 1500 °C auf 1000 °C abgekühlt. Welche Phasen liegen im Gleichgewicht vor? Wie sind sie zusammengesetzt? Wie groß sind ihre relativen Anteile? (c) Beschreiben Sie die im Gleichgewicht vorliegenden Phasen, wenn eine Schmelze, die 80 Atomprozent Silicium enthält, auf 1030 °C abgekühlt

wird. Welche Phasen (in welchen relativen Anteilen) liegen im Gleichgewicht vor, wenn sich die Temperatur knapp 1500 -

Flüssigkeit 1300

0.402 1314:

lichkeitskurve von KCI schneidet diejenige von K,FeCl, bei

x = 0.34. Skizzieren Sie das Phasendiagramm. Bestimmen Sie, welche Phasen sich miteinander im Gleichgewicht

befinden, wenn eine Mischung der Zusammensetzung x = 0.36 von 400 °C auf 300 °C abgekühlt wird. 6.18

Das binäre System Nitroethan/Decahydronaphthalin (DHN) weist eine Mischungslücke zwischen x = 0.08 und x = 0.84 auf (x ist der Molenbruch des Nitroethans). Das binäre System flüssiges Kohlendioxid/DHN verhält sich ähnlich; die Mischungslücke liegt hier zwischen y = 0.36 und y = 0.80 (y ist der Molenbruch von DHN). Nitroethan und flüssiges Kohlendioxid sind in jedem Verhältnis mischbar. Wenn zu einer Mischung aus DHN und Nitroethan flüssiges Kohlendioxid gegeben wird, vergrößert sich der Bereich der Mischbarkeit; der kritische Punkt, ab dem

liegt bei z (Molenbruch von CO,) = 0.18 und x = 0.53. Gibt man Nitroethan zu einer Mischung von CO; (I) und

DHN, findet man einen kritischen Punkt bei x = 0.08 und

0/°C Temperatur \D@}oO

Abb. 6-51 Zu Aufgabe 6.9.

punkt 351 °C) und x = 0.54 (Schmelzpunkt 393 °C) sind Eutektika; x ist jeweils der Molenbruch von FeCl,. Die Lös-

beide Komponenten in jedem Verhältnis mischbar werden,



700

Eisen(Il)-chlorid (Schmelzpunkt 677 °C) und Kaliumchlorid (Schmelzpunkt 776 °C) bilden bei höheren Temperaturen

oO [o=)

=

y = 0.52. (a) Skizzieren Sie das Phasendiagramm des ternären Systems. (b) Für bestimmte binäre Mischungen aus Nitroethan und CO, (I) kann man durch Zugabe beliebiger Mengen DHN keine Phasentrennung erreichen. Welche sind das?

Schwerere Aufgaben

223

Theoretische Aufgaben 6.14

6.15

Zeigen Sie, dass sich zwei Phasen nur dann miteinander im thermischen Gleichgewicht befinden, wenn ihre Temperaturen übereinstimmen.

®

+ Feststoff

os

E 20

=

CO-Gruppen und stört die Wasserstoffbrückenbindungen

0

6.18

Die Verbindung p-Azoxyanisol bildet eine flüssigkristalline Phase aus. 5.0.g der Verbindung wurden in ein Röhrchen gebracht, das anschließend evakuiert und zugeschmolzen Feststoff bei einer definierten Temperatur schmilzt und dass bei einer ebenfalls definierten Temperatur ein Übergang von der flüssigkristallinen zu einer normalen flüssigen Phase stattfindet.

6.19

Manche Polymere bilden flüssigkristalline Mesophasen mit ungewöhnlichen Eigenschaften aus. Flüssigkristallines Kevlar (3) zum Beispiel ist bis 600 K stabil und so fest, dass man daraus kugelsichere Westen herstellt. Welche molekularen Wechselwirkungen sind für die Bildung, thermische Stabilität und mechanische Widerstandskraft der Mesophase verantwortlich?

6.20

Beschreiben Sie die Zonendotierung anhand eines Phasendiagramms ähnlich Abb. 6-36.

„molten globule“

207

]

XopL

wurde. Beweisen Sie mithilfe der Phasenregel, dass der

entfaltet

_ & 08 )-

3

geschieht, wenn eine flüssige Mischung mit xDEL = 0.5 ausgehend von 45 °C abgekühlt wird?

0.15:

in 0.9 =

Zusammensetzun

Abb. 6-53 Zu Aufgabe 6.17.

natürliche Form, die entfaltete Form und ein Faltungsinter-

mediat, die „molten globule“-Form. (i) Kann das Faltungsintermediat stabil sein, wenn die Konzentration des Denaturierungsmittels unter 0.] liegt? (ii) Beschreiben Sie die Vorgänge beim Erhitzen der natürlichen Form in Anwesenheit des Denaturierungsmittels in einer Konzentration von

Feststoff 10+

in Polypeptiden. In einer theoretischen Untersuchung eines Proteins wurde die in Abb. 6-52 graphisch dargestellte Abhängigkeit zwischen Zusammensetzung und Temperatur erhalten. Man erkennt drei strukturelle Bereiche: die



Flüssigkeit

S

Die Entfaltung oder Denaturierung eines biologischen Makromoleküls kann durch Behandlung mit bestimmten Substanzen, so genannten Denaturierungsmitteln, hervorgerufen werden. Solche Mittel zerstören die zwischenmolekularen Wechselwirkungen, die für die natürliche dreidimensionale Konformation des Polymers verantwortlich sind. Harnstoff, CO(NH,),, konkurriert beispielsweise um NH- und

5

Flüssigkeit

5 30H

Anwendungsaufgaben

r0.6

e

So

Zeigen Sie, dass sich zwei Phasen nur dann miteinander im

mechanischen Gleichgewicht befinden, wenn ihre Drücke übereinstimmen.

6.16

401

nativ

0.3 0

l

J

0.1

0.2

J

0.3

Denaturierungsmittel Abb. 6-52 Zu Aufgabe 6.16.

6.17

Das grundlegende Strukturelement von Membranen istein Phospholipid, beispielsweise Phosphatidylcholin, das neben langkettigen Kohlenwasserstoffresten (typischerweise im Bereich von Cı, bis C,,) verschiedene polare Gruppen (etwa -CH,CH,N(CH;);) enthält. Die hydrophoben Ketten lagern sich zu ausgedehnten Doppelschichten mit Querschnitten um 5 nm zusammen, wobei die polaren

Gruppen auf beiden Seiten der Membran in die wässrige Umgebung hineinragen (für Einzelheiten siehe Kapitel 19). Bei einer Temperatur, die von der Struktur des Lipids

abhängt, gehen alle derartigen Doppelschichten von einem Zustand mit geringer Beweglichkeit der Ketten (dem Gel) in einen Zustand mit hoher Beweglichkeit der Ketten (den Flüssigkristall) über. Biologische Zellmembranen existieren

bei Körpertemperatur als Flüssigkristall. In einer experimentellen Untersuchung membranartiger Anordnungen wurde ein Phasendiagramm ähnlich Abb. 6-53 erhalten. Die beiden Komponenten sind Dielaidoylphosphatidylcholin (DEL) und Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPL). Was

- 6.21

Mit einer speziellen Variante des Zonenschmelzens (Anwendung 6.2), dem Float Zoning, kann man hochreines Silicium für die Halbleiterindustrie herstellen. Informieren Sie sich in einem Lehrbuch der Materialwissenschaften oder Metallurgie über die Grundlagen, Vorteile und Nachteile

dieses Verfahrens. 6.22

Magnesiumoxid und Nickeloxid sind sehr temperaturbeständig, schmelzen aber schließlich bei hohen Temperaturen. Die Eigenschaften binärer Mischungen der beiden Substanzen sind für die Keramikindustrie interessant. Tragen Sie die Zusammensetzung des Systems in Abhängigkeit von der Temperatur auf. (In der Tabelle ist x der Molenbruch von MgO im Festkörper und y der Molenbruch von MgO in der Flüssigkeit). 0/°C X y

1960 0 0

2200 0.35 0.18

2400 060 038

2600 0.83 0.65

2800 1.00 1.00

224

6 Phasendiagramme Geben Sie folgende Größen an: (a) den Schmelzpunkt der Mischung mit x = 0.30, (b) die Zusammensetzung und die

6.241 Mithilfe von Kohlendioxid unter hohem Druck trennt man verschiedene Verbindungen aus Citrusöl ab. Die unten ste-

relativen Anteile der Phasen, die sich bilden, wenn ein Fest-

hende Tabelle gibt den Molenbruch von CO, in der Flüssigkeit (x) und im Dampf (y) bei 323.2 K in Abhängigkeit vom

stoff mit x = 0.30 auf 2200 °C erhitzt wird, (c) die Temperatur, bei der eine Flüssigkeit mit y = 0.70 zu erstarren beginnt.

Arai,J.Chem. Eng. Data 41 (1996) 951).

Das Phasendiagramm binärer Systeme aus Bismut und Cadmium ist in der Metallurgie wichtig. Seine allgemeine Form lässt sich aus Ausdrücken für die Gefrierpunktserniedri-

p/MPa 3.94 6.02 x 0.2873, 0.4541 y 0,9932.0:99320

gung ableiten. Konstruieren Sie das Diagramm anhand folgender Daten: T,„(Bi) = 554.5 K, T.„(Cd) = 594 K,

AsmH(Bi) = 10.88 k) mol”! und A,„H(Cd) = 6.07 kJ) mol". Im festen Zustand sind die Metalle nicht ineinander löslich. Beschreiben Sie mithilfe des Phasendiagramms, was geschieht, wenn eine Flüssigkeit mit der Zusammenset-

zung x(Bi) = 0.70 langsam abgekühlt wird, beginnend bei 550 K. Wie viel Flüssigkeit bzw. Feststoff liegt bei (a) 460 K und (b) 350 K vor? Skizzieren Sie die Abkühlungskurve der Mischung.

Druck an (Y. Iwai, T. Morotomi, K. Sakamoto, Y. Koga, Y.

HE 0.6650 E09

8.94 0.7744 209958,

SH 0.8338 0,9977

(a) Zeichnen Sie den Ausschnitt aus dem Phasendiagramm, dem die Daten entsprechen. (b) Eine äquimolare Gasmischung werde bei 323.2 K auf 6.02 MPa komprimiert. Geben Sie die Zusammensetzung und die relativen Anteile der beiden dann vorliegenden Phasen an.

7 | Das Chemische Gleichgewicht

In diesem Kapitel wird gezeigt, wie man mithilfe des chemischen Potenzials die Gleichgewichtszusammensetzung einer Reaktionsmischung bestimmen kann. Sie entspricht dem Minimum der Freien Enthalpie als Funktion der Reaktionslaufzahl. Durch Bestimmung dieses Minimums erhalten wir eine Beziehung zwischen der Gleichgewichtskonstante und der Freien Standardreaktionsenthalpie. Anhand der thermodynamischen Formulierung des Gleichgewichts werden wir quantitativ erfassen, wie sich eine Änderung der Reaktionsbedingungen auf die Lage des Gleichgewichts auswirkt. Die Grundbegriffe der Thermodynamik, die in den vorangegangenen Kapiteln eingeführt wurden, können auch auf die Beschreibung der thermodynamischen Eigenschaften von Reaktio-

Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen - 225 Das Minimum der Freien

Enthalpie - 225 Die Beschreibung des chemischen Gleichgewichts : 227 DE,

Reaktionsbedingungen : 235

nen angewendet werden, die in elektrochemischen Zellen einen Stromfluss durch einen

äußeren Stromkreis bewirken. Thermodynamische Überlegungen führen uns zu einem Ausdruck für das elektrochemische Potenzial dieser Zellen, dessen Abhängigkeit von der Zellzusammensetzung wir anschließend untersuchen werden. In diesem Zusammenhang ergeben sich zwei thematische Schwerpunkte, und zwar die Definition und Tabellierung von Standardpotenzialen sowie die Anwendung dieser Standardpotenziale zur Voraussage der Gleichgewichtskonstanten chemischer Reaktionen. Als Spezialfall chemischer Gleichgewichte werden wir abschließend Säure-Base-Gleichgewichte betrachten, die unter anderem die Grundlage jeden Lebens sind. Chemische Reaktionen streben einem dynamischen Gleichgewicht zu; es liegen dann sowohl Reaktanten als auch Produkte vor, aber die Zusammensetzung des Reaktionsgemischs bleibt (von außen betrachtet) konstant. In einigen Fällen ist die Konzentration der Produkte in Gleichgewicht so viel größer als die der Ausgangsstoffe, dass man für praktische Zwecke von einer nahezu vollständig verlaufenen Reaktion sprechen kann. Sehr oft liegen die Konzentrationen von Reaktanten und Produkten im Gleichgewicht jedoch in derselben Größenordnung. In diesem Kapitel werden wir lernen, die Zusammensetzung eines Reaktionsgemischs im Gleichgewicht unter beliebigen Bedingungen vorherzusagen. Bei vielen ionischen Reaktionen werden Elektronen übertragen; sie alle können untersucht (und genutzt) werden, indem man sie in einer elektrochemischen Zelle ablaufen lässt. Durch Experimente, wie wir sie in diesem Kapitel beschreiben werden, erhält man eine Reihe von Daten, anhand derer man die Eigenschaften von Elektro-

Iytlösungen

und - allgemeiner — ionischen

Gleichgewichten

in Lösung beschreiben

kann.

Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Der Einfluss des Drucks auf

das Gleichgewicht : 235 Der Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht - 237

Anwendung 7-1: Die Gewinnung von Metallen aus oxidischen Erzen : 240 Elektrochemie im

Gleichgewicht : 241 Elektrodenreaktionen und Elektroden : 242

Zelltypen - 243 Die Zellspannung - 244

Standard-Elektrodenpotenziale - 248 Anwendungen der Standardpotenziale - 250 7.4.1

Die elektrochemische

Spannungsreihe - 250 Anwendung 7-2: Energieumwandlung in lebenden Zellen - 251

Thermodynamische Funktionen aus Zellpotenzialen - 258

7.1

|

Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen

Säuren und Basen - 260

Säure-Base-Gleichgewichte in

Wie wir bereits erfahren haben, laufen alle konstantem Druck in Richtung minimaler ist eine allgemein gültige Feststellung; in auf die Diskussion chemischer Reaktionen

Prozesse bei konstanter Temperatur und Freier Enthalpie G des Systems ab. Dies diesem Kapitel wenden wir sie speziell an.

wässriger Lösung : 260 Säure-Base-Titrationen

- 266

Puffer und Indikatoren : 271

Das Wichtigste auf einen Blick - 272

7.1.1

Das Minimum der Freien Enthalpie

Um die Zusammensetzung eines Reaktionsgemischs im Gleichgewicht zu ermitteln, berechnen wir die Freie Enthalpie der Mischung und suchen anschließend die Zusammensetzung, für die die Freie Enthalpie minimal wird. Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula

Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH, & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Weiterführende Literatur - 273 Diskussionsfragen - 274 Leichte Aufgaben - 274 Schwerere Aufgaben - 276

226

7 Das Chemische Gleichgewicht

Die Freie Reaktionsenthalpie

|

BR

Yes

Beginnen wir mit dem einfachsten möglichen chemischen Seel As B. Diese Reaktion ist weniger trivial, als sie aussieht; man findet dafür viele praktische Beispiele,

etwa

die

Isomerisierung

von

n-Pentan

zu

2-Methylbutan

oder

die

Umwandlung von |-Alanin in d-Alanin. Nehmen wir an, eine infinitesimale Menge d£ werde von A in B umgewandelt; dann ändert sich die Stoffmenge von Aum dry de und die Stoffmenge von B um dn, = +d£. Die Größe £ (xi), angegeben in

Mol, heißt Reaktionslaufzahl; ihre Dimension ist die Stoffmenge. Schreitet die Reaktion um A£ fort, so nimmt die Stoffmenge von A ausgehend von n,, auf No. — AC ab, die Stoffmenge von B nimmt von n, , aufngg + a zu. Liegen also zu Anfang 2.0 mol A im Reaktionsgemisch vor, so bedeutet (nach einer gewissen Zeit) AE= +1.5 mol, dass nur noch 0.5 mol A verblieben sind.

" Die Freie Reaktionsenthalpie ist definiert als Steigung des Graphen der Freien \ Enthalpie in Abhängigkeit von der Reaktionslaufzahl:

BE. - (&)

(

Normalerweise bezeichnet man mit A eine Differenz zweier Werte; in dieser formalen, den IUPAC-Richtlinien entsprechenden Definition gibt A, eine Ableitung (nämlich die von G nach £) an. Um einen Zusammenhang mit der üblichen Verwendung herzustellen,

betrachten

wir eine Reaktion,

die um

d£ fortgeschritten

ist. Dabei

ändert sich die Freie Enthalpie um dG = u,dn, + un dng =

-unde + updE = (u; zu de

daraus wird durch Umformung (2) de

een en

Hr:

Das bedeutet:

Are

(7-2)

Offensichtlich lässt sich A,G also als Differenz der chemischen Potenziale (der molaren Freien Enthalpien) der Ausgangsstoffe und Reaktionsprodu kte bei der jeweiligen Zusammensetzung des Reaktionsgemischs interpretieren. "Die chemischen Potenziale hängen von der Zusammensetz ung des Systems ab; die Steigung von G(£) ändert sich daher, wenn die Reaktio n fortschreitet. Da die chemische Reaktion in Richtung abnehmender Freier Enthalp ie verläuft, gilt außerdem (siehe Gl. (7-2)): Für Ur > Hp läuft die Reaktion A—B freiwillig ab; für u, > u, läuft die umgekehrte Reaktion, A=-B, freiwillig ab. Die Steigung der Funktion ist null - das bedeutet, in keiner der beiden Richtungen läuft die Reaktion freiwillig ab -,

wenn

Enthalpie Freie G

ARG=0 Reaktionslaufzahl & Abb. 7-1 Bei fortschreitender Reaktion (dargestellt durch eine Bewegung von links nach rechts entlang der Abszisse) ändert sich die Steigung des Graphen der Freien Enthalpie. Im Minimum ist die Steigung null; hier ist das System im

Gleichgewicht.

(7-3)

wird; dies ist genau beiu, = u, der Fall (Abb. 7-1). Wenn wir daher die Zusammensetzung eines Reaktionsgemischs so bestimmen, dass diese Bedingung erfüllt ist, erhalten wir die Gleichgewichtszusammensetzung des betrachteten Systems.

Exergone und endergone Reaktionen Die Bedingungen für die Freiwilligkeit einer Reaktion bei konstanter Temperat ur und konstantem Druck lassen sich auch in Abhängigkeit von der Freien Reaktionsenthalpie formulieren:

7.1 Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen

227

Bei A,G < 0 läuft die Hinreaktion A— B freiwillig ab. Bei A,G > 0 läuft die Rückreaktion A B freiwillig ab. Bei AxG = 0 ist das System im Gleichgewicht.

Reaktionen mit A,G < 0 nennt man auch exergon (griech. „Arbeit abgebend“). Wie der Name sagt, können diese freiwillig ablaufenden Reaktionen die Triebkraft für andere Prozesse liefern oder Arbeit verrichten. Als einfache mechanische Analogie betrachten wir zwei Gewichte, die durch einen Faden miteinander verbunden sind

(Abb. 7-2): Das leichtere Gewicht wird von dem nach unten fallenden schwereren Gewicht emporgezogen. Allein würde auch das leichtere Gewicht nach unten fallen; erst die Kopplung an das schwerere Gewicht wirkt dieser natürlichen Tendenz entgegen. In lebenden Zellen fungiert die Oxidation von Kohlenhydraten als das „schwere Gewicht“, indem sie andere Reaktionen antreibt und so für die Bildung von Proteinen aus Aminosäuren,

für die Muskelkontraktion

und für die Aktivität

der Hirnzellen sorgt. Reaktionen mit A,G > 0 werden entsprechend endergon („Arbeit verbrauchend“) genannt; sie können nur ablaufen, wenn Arbeit verrichtet wird. Ein Beispiel ist die Elektrolyse von Wasser, die die freiwillig verlaufende Bildungsreaktion von Wasser umkehrt. Befindet sich eine Reaktion im Gleichgewicht, ist sie weder exergon noch endergon: Sie läuft in keine Richtung von selbst weiter.

Abb. 7-2 Sind zwei Gewichte wie hier gezeigt miteinander verbunden, dann bewegt das schwerere Gewicht das leichtere in eine Richtung, in die sich dieses

nicht von selbst bewegen würde; insge-

samt läuft der Prozess aber freiwillig ab. Die Gewichte dienen uns als Analoga für zwei chemische Reaktionen: Eine Reaktion mit einem großen negativen Wert von AG

kann die Triebkraft für eine andere Reak-

72

tion mit kleinerem AG liefern, ihrer sponta-

Die Beschreibung des chemischen Gleichgewichts

nen Neigung entgegengesetzt abzulaufen.

Nachdem wir nun einige Grundbegriffe geklärt haben, können wir die Thermodynamik zur Beschreibung des chemischen Gleichgewichts anwenden.

Gleichgewichte idealer Gase A und B seien ideale Gase. Wir können dann ausgehend von GI. (5-14), u = 4” + RT Inp (wobei pals p/p” zu interpretieren ist) formulieren

ArRG=Hp u, = (üp + RTinp,) - (uf + RIM)

N

Ran ee

«

(7-4)°

pP»:

Das Verhältnis der Partialdrücke bezeichnen wir mit ©:

1G=AG°+RTInQ

mit

a

a

(7-5)° A

O ist ein Beispiel für einen Reaktionsquotienten. Sein Wertebereich geht von 0 (ps = 0, also reines A) bis unendlich (p, = 0, reines B). Die Freie Standardreaktionsenthalpie ist (analog zur Standardreaktionsenthalpie) definiert als die Differenz der molaren Freien Standardenthalpien der Ausgangsstoffe und Produkte. In unserem

Fall bedeutet dies ae

— Gem

Gele

— up -

(7-6)

Wie wir aus Abschnitt 3.2.2 wissen, ist die Differenz der molaren Freien Standard-

enthalpien von Ausgangsstoffen und Produkten gleich der Differenz der jeweiligen Freien Bildungsenthalpien. In der Praxis berechnen wir A,G° deshalb gemäß

NEerENG

BYE A,GC“A).

(77)

wicht Im Gleichgewicht ist AG = 0. Das Verhältnis der Partialdrücke im Gleichge bezeichnen wir mit K, woraufhin aus Gl. (7-5) wird 0=A,G’+RTInK.

Kommentar 7-1 Beachten Sie: In der Definition von A,G” hat das A wieder seine übliche Bedeutung (Differenz) im Gegensatz zur Definition von A,G, wo wir A als Ableitung interpretiert haben.

228

7 Das Chemische Gleichgewicht Diesen Ausdruck stellen wir um zu

RTInK=-4,G#

mit

(7-8)°

K= (®) A

eq

Diese Beziehung ist ein Spezialfall einer der wichtigsten Gleichungen der chemischen Thermodynamik: Sie verknüpft tabellierte Daten (wie im Tabellenanhang dieses Buches) mit der Gleichgewichtskonstante K chemischer Reaktionen. F

mit

Vermischen

Mikroskopische Interpretation 7-1]

Die Annäherung an das Gleichgewicht

Enthalpie GFreie Reaktionslaufzahl

Auf molekularer Ebene kommt das Minimum der Freien Enthalpie, das A,G = 0 ‚entspricht, durch die Freie Mischungsenthalpie der beiden Gase zustande. Die Vermischung zwischen Ausgangsstoffen und Produkten beim Fortschreiten der Reaktion liefert deshalb einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Lage des chemischen Gleichgewichts. Wir betrachten an eine hypothetische Reaktion, bei der Moleküle von A in B

&

Vermischen

Abb. 7-3 Bei Vernachlässigung aller Mischprozesse ändert sich die Freie Enthalpie linear vom Anfangswert (reine Ausgangsstoffe) zum Endwert (reine Produkte). Die

umgewandelt werden, ohne dass sich die beiden Sorten mischen.

Die Freie Ent-

halpie des Systems würde sich dabei von G° (A) nach G° (B) in dem Maße ändern, wie B gebildet würde; in jedem Moment der Reaktion wäre die Ableitung von G nach der Reaktionslaufzahl konstant und gleich A,G” (Abb. 7-3). Der Graph weist zwischen den beiden begrenzenden Achsen kein Minimum auf. In Wirklichkeit mischen sich jedoch erzeugte B-Moleküle mit den verbliebenen Molekülen von A, sodass der Beitrag der Vermischung zur Gesamtänderung der Freien Enthalpie ı berücksichtigt werden muss (siehe Gl. (5-27)), AuG = nRT(x,Inx, +x, Inx;). | Dieser Beitrag macht sich als U-förmige Kurve bemerkbar, die zu der Geraden addiert werden muss, die sich für die Umwandlung von A in B ergab. Die resultieı rende Kurve besitzt ein Minimum, dessen Lage der Gleichgewichtszusammensetzung des Reaktionsgemischs entspricht.

untere Kurve zeigt den Beitrag zur Freien Enthalpie, der von der Vermischung von

Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten geliefert wird. Die Summe beider Beiträge weist ein Minimum auf; dies entspricht

dem Gleichgewicht des Systems.

Aus Gl. (7-8) folgt, dass für ARG® > O auch K < 1 gilt; im Gleichgewicht ist der Partialdruck von A also größer als der von B. Das bedeutet, das Gleichgewicht liegt auf der Seite des Ausgangsstoffs A. Wird dagegen Ak,G® 1, so liegt das Gleichgewicht auf der Seite des Produkts B (der Partialdruck von B ist nun größer als der von A).

Verallgemeinerung für beliebige Reaktionen Die Argumentation, die uns zu Gl. (7-8) führte, können wir problemlos auf beliebige Reaktionen erweitern. Dazu müssen wir zunächst das Konzept der Reaktionslaufzahl verallgemeinern. Wir betrachten eine Reaktion 2A+B->3C+D, deren Gleichung wir in spezieller Weise aufschreiben wollen: Wir subtrahieren die Ausgangsstoffe auf beiden Seiten, ersetzen den Reaktionspfeil durch ein Gleichheitszeichen und erhalten 0=3C+D-2A-B

oder symbolisch

Ey

79)

J

wobei ] für die beteiligten Stoffe steht und v für die zugehörigen stöchiometrischen Koeffizienten. (In unserem Fall ist »)=-2,%=-L,Vve= +43undw=+1.)

Ein

stöchiometrischer Koeffizient ist also positiv, wenn es sich um ein Produkt handelt

und negativ, wenn ein Ausgangsstoff gemeint ist! Wir definieren € dann so las< | » ı sich beim Fortschreiten der Reaktion um Ad die S ngen aller beteilioten beteiligten Spetoffmengen aler „zies ]um v, A& ändern.

a

7.1 Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen

Illustration 7-1

229

Die Bestimmung stöchiometrischer Koeffizienten

Wir schreiben die Reaktionsgleichung

N, (8)+3H,(g)>2NB; (8)

(7-10)

in der Form von Gl. (7-9) auf: 0=2NH; (g)-N,(g)+3H;,(g).

Die stöchiometrischen Koeffizienten lauten also v(N,) = -1, v(H,) = -3 und v(NH,) = +2. Wenn zu Beginn 10 mol N, vorlagen und die Reaktion von & = 0) bis & = 1mol fortgeschritten ist (A& = +1 mol), so hat sich die Stoffmenge von N, von 10mol auf 9mol verringert. Sämtlicher Stickstoff ist bei & = 10 mol verbraucht. Bei A£& = +1mol hat die Stoffmenge von H, um -3 : (Imol) = -3 mol abgenommen und die von NH, um +2 : (Imol) = +2 mol zugenommen.

Hinweis Streng genommen muss man zwischen Stöchiometriezahlen und stöchiometrischen Koeffizienten unterscheiden (was allerdings nur wenige tun): Erstere können positiv. oder negativ sein, Letztere sind stets positiv. Die Freie Reaktionsenthalpie ist wie oben angegeben definiert (siehe Gl. (7-1)). In

der nachfolgenden Begründung wird gezeigt, dass man die Freie Enthalpie einer Reaktion stets in der Form

schreiben kann. Die Freie Standardreaktionsenthalpie wird dabei gemäß

AG®=

) vA,G°Produkte

) vA,G®

(7-12)

Reaktanten

berechnet oder formaler als

AG’=) vAG°).

(7-12b)

J

Der Reaktionsquotient © hat dabei die Form ’ -

Aktivitäten der Produkte

Aktivitäten der Reaktanten

;

7-13a

(

)

wobei die Aktivität jeder einzelnen Spezies in der Potenz eingeht, die der zugehörige stöchiometrische Koeffizient vorgibt. Um einen allgemeinen, formalen Aus-

druck für @ zu erhalten, führen wir dasProduktsymbol[] (analog zum Summensymbol >) ein. Damit ist

Q Te”‚gi \ !\ u

(7-13b)

Reaktanten erscheinen aufgrund ihrer negativen stöchiometrischen Koeffizienten

stets im Nenner, wenn man dieses Produkt explizit ausschreibt. Aus Tabelle 5-3 wis-

sen Sie, dass die Aktivität reiner Festkörper und Flüssigkeiten gleich 1 ist. Diese Spezies tragen folglich nicht zu Q bei, auch wenn sie in der Reaktionsgleichung auftreten.

230

7 Das Chemische Gleichgewicht

| Illustration 7-2

Formulierung eines Reaktionsquotienten

Wir betrachten die Reaktion 2A+3B>C+2Dmitvy,

=-23, % =-3, Ve=+Hl1

und vn = +2. Der Reaktionsquotient lautet:

Wir betrachten eine Reaktion mit den stöchiometrischen Koeffizienten v;. Schreitet sie um d£ fort, so ändern sich die Stoffmengen der Reaktanten und Produkte um dn, = v, de. Die entsprechende infinitesimale Änderung der Freien Enthalpie bei konstanter Temperatur und konstantem Druck ist dG = 7 ]

dn, = Sa v,d=

6 u) dor j

f

(7-14)

Daraus folgt

ie = (&) am

he

(7-15)

J

Nun überlegen wir uns, dass das chemische Potenzial einer Spezies J durch Gl. (5-25), 4, = 4° + RT Ina,, mit seiner Aktivität verknüpft ist und setzen diese Beziehung in Gl. (7-15) ein: &

ARG

Er



AG = = via +RT > v, Ina, J

Kommentar 7-2 Wie Sie sich erinnern, istalnx = Inx“ und

Inx+Iny+...=

Sa,

NG

)

ERIS bo’ J

=-AGCHRTInQ.

Acer

Q I"

N

]

Inxy---, folglich

in (1%).

Q ist durch Gl. (7-13b) gegeben.

Ausgehend von Gl. (7-11) können wir eine weitere Schlussfolgeru ng ziehen. Im Gleichgewicht ist die Steigung von G null: AR,G = 0. Die Aktivitä ten besitzen ihren jeweiligen Gleichgewichtswert, sodass wir schreiben können

K= (1)

(7-16)

Diese Beziehung hat die gleiche Form wie Gl. (7-13) für @, enthält aber die Aktivi\ täten im Gleichgewicht. Dass es sich um Werte im Gleichgewicht handelt, deutet der Index eq an, den wir von nun an nicht mehr ausschreiben wollen, Wir vereinba-

w dass für K die Werte im Gleichgewicht und für @ Werte in ein oment des Reaktionsablaufs einzusetzen sind.

Eine Gleichgewichtskonstante K, die man aus Aktivitäten (oder Fugazitäten) berechnet, wird thermodynamische Gleic hgewichtskonstante genannt. Beachten Sie, dass die thermodynamische Gleichgewi chtskonstante wie auch die Akt "eine dimensionslose Größe ist. Bei einfa chen Anwendungen von GL. (7:16) setzt man in der Praxis für die Aktivitäten oft näherungsweise Zahlenwerte der Molal itäten (Ersetzen von a, durch b,/b” mit b° = 1mol kg”'), der molaren Konzentrationen (Ersetzen durch [J]J/c® mit c® = 1mo) dm“) oder der Partialdrücke (Ersetzen durch p, /p? mitp® = 01 MPa) ein. Es handelt sich dabei um Näherungen, die besonders für Elektrolytlösungen nicht unproblemati sch sind, da hier die Akti vitätskoeffizienten selbst selbst bei starker Verdünnung merklich von 1 abweichen (Abschnitt 5.3.4)

7.1 Freiwillig ablaufende chemische Reaktionen

Illustration 7-3

231

Die Formulierung einer Gleichgewichtskonstante

Wir betrachten die heterogene Gleichgewichtskonstante lautet

Reaktion

CaCO; (s)

= CaO (s)+CO,(g).

Ihre

1

a CaO(s)

K=

a 9co,

Gesco, (s (s) 9Cao(s) 9co, (2) — =

Ocaco; (s) u



Gco,

:

1

(siehe Tabelle 5-3). Vorausgesetzt, CO, kann als ideales Gas behandelt werden, können wir dann schreiben Pco, Kz nr Daraus folgt: Die Gleichgewichtskonstante bei der Zersetzung von Calciumcarbonat ist gleich dem Zahlenwert der Dampfdrucks von CO, bei der Reaktion. An dieser Stelle setzen wir in Gl. (7-11) AG = O und tauschen Q gegen K aus. Wir erhalten unmittelbar

BIInR= NG“

Beispiel 7-1

(7-17)

Die Berechnung einer Gleichgewichtskonstante

Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante der Ammoniaksynthese, Gl. (7-10), bei 298K; zeigen Sie, wie K von den Partialdrücken der Spezies im Gleichgewicht abhängt, wenn der Gesamtdruck des Systems so niedrig ist, dass das Verhalten der Gase näherungsweise als ideal angenommen werden kann. Vorgehen Wir berechnen die molare Freie Standardreaktionsenthalpie nach Gl. (7-12) und rechnen sie mithilfe von Gl. (7-17) in die Gleichgewichtskonstante um. Den Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante entnehmen wir Gl. (7-16); da wir ideales Verhalten der Gase annehmen wollen, ersetzen wir jede Aktivität durch das entsprechende Verhältnis p/p” mit p als Partialdruck. Antwort

Die Freie Standardreaktionsenthalpie ist

ArG® = 24,G° (NH;) — {A,G° (N)) + 34,G° (H,)} = 24,6G° (NH,)

=2:-(-16.5kJmol"). Daraus folgt InK=-—

Da le 10: jmel, y E21658.10: (8.3145 ]K-!mol-!)(298 K) 8.3145 : 298

Wir erhalten

K= 6.1x10°.

Dieses Ergebnis gilt exakt. Die thermodynamische

Gleichgewichtskonstante der Reaktion ist a

2

NH; K=—; an, 91,

der Zahlenwert dieses Ausdrucks entspricht genau unserem oben erhaltenen Resultat. Bei sehr geringem Druck können wir die Aktivitäten durch die Verhältnisse p/p° ersetzen (p sind die Partialdrücke), womit sich als Näherungsformel für die Gleichgewichtskonistante ergibt er

R Pr, P

ek 2>

(en, /p”) (Pu, /p?)

3

3

Pn, Pr,

Kommentar 7-3 In Kapitel 17 werden wir sehen, dass sich die rechte Seite von Gl. (7-17) mithilfe spektroskopischer Daten von Spezies in der Gasphase formulieren lässt. Deshalb stellt die Gleichung auch eine Beziehung zwischen der Zusammensetzung im Gleichgewicht und spektroskopischen Daten her.

232

7 Das Chemische Gleichgewicht

Übung 7-1 Sie die Gleichgewichtskonstante der Reaktion N,0, (8) = 2NO, (g)

Berechnen

[K = 0.15]

bei 298 K.

Beispiel 7-2 Die Berechnung eines Dis$oziationsgrads im Gleichgewicht

Der Dissoziationsgrad a ist definiert als der Anteil der Ausgangsstoffe, die bereits zu Produkten umgesetzt sind. Liegt ein Ausgangsstoff zu Beginn in der Stoffmenge n vor und beträgt seine Stoffmenge im Gleichgewicht n.,, so ist a= (n—n.,)/n. Die Freie Standardreaktionsenthalpie der Dissoziation von Wasser

gemäß

H,O(g)—H;(g)+3;0,(g)

beträgt

+118.08kJ] mol”

bei

2300K.

Bestimmen Sie den Dissoziationsgrad des Wassers bei 2300 K und 1.00 bar. Vorgehen Die Gleichgewichtskonstante können wir aus der Freien Standardreaktionsenthalpie bestimmen (Gl. (7-17); wir müssen daher lediglich eine Beziehung zwischen K und dem Dissoziationsgrad a finden und den entsprechenden Zahlenwert ausrechnen. Dazu schreiben wir die Gleichgewichtskonstante als Funktion von a und lösen den erhaltenen Ausdruck nach a auf. Da der Wert der Freien Standardreaktionsenthalpie groß und positiv ist, wird K vermutlich sehr klein, sodass a< 1 wird; daher bieten sich Näherungen an, um den gesuchten Zahlenwert zu berechnen. Antwort

Aus Gl. (7-17) erhalten wir die Gleichgewichtskonstante in der Form

ee RT

+118.08 x 10° Jmol' (8.3145] K-'mol"')(2300K)

118.08 x 10° 8.3145 -2300 '

K ist dann gleich 2.08 x 10°. Die Zusammensetzung im Gleichgewicht in Abhängigkeit von aentnehmen wir der folgenden Wertetabelle:

H,O

H,

oO,

Anfangsmenge

n

0

0

Änderung bis zum Gleichgewicht

-an

+an

+3an

Stoffmenge im Gleichgewicht

(l1-a)n

an

Jan

Molenbruch x,

EeR 1+35a

S 1+3a

2 1+3a

Partialdruck p

(1-a)p 1+3a

ap 1-+3a

sap 1+3a

Für die Einträge in der letzten Zeile haben wir Beziehung P, = xp. Die Gleichgewichtskonstante ist dann

Ku Pn,0

gesamt: (1 + s)n

(1-13) verwendet,

ae

(1 -a)(2+a)' £

Um die Schreibweise zu vereinfachen, haben wir in dieser Gleichung p anstelle

von p/p” =

verwendet. Mita P

(7-20a)

für die Beziehung zwischen thermodynamisch und biologisch bestimmen Freien Standardreaktionsenthalpien

AG? =A,G° + 7WWRTIn10.

(7-20b)

Beachten Sie, dass zwischen den beiden Standardwerten kein Unterschied besteht,

wenn keine Wasserstoff-Ionen an der Reaktion beteiligt sind (v = 0).

Illustration 7-4

Die Verwendung des biologischen Standardzustands

Wirbetrachten die Reaktion NADH (aq) + H' (aq)—> NAD* (aq) + H, (g) bei 37 °C: ist die reduzierte und NAD*+ die oxidierte

| es ist A,G® = —21.8k] mol”!. NADH

| Form des Nicotinamid-Adenin-Dinukleotids; diese Moleküle spielen eine Rolle in

| den späteren Stadien des Atmungsprozesses. Mit

v= 1 und 7 In 10 = 16.1 folgt

ArG” = —21.8k] mol’ + 16.1(8.3145 ]K" mol ’')(130 K) = +19.6k] mol! .

Beachten Sie, dass sich (in diesem Fall) die Vorzeichen der beiden Standardwerte unterscheiden: Die um mehrere Größenordnungen abgese nkte Konzentration der Wasserstoff-Ionen bei pH =7 anstelle von pH =0 führt dazu, dass die Umkehrreak‚ tion freiwillig abläuft.

7.2 Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Reaktionsbedingu ngen

Übung 7-3 Für eine bestimmte Reaktion der Form

A>B+2Htin

Due

bei 28°C ermittelt A,G° = +20 kJ] mol-!. Berechnen Sie A,G’.

722

Lösung wurde

[-61kJ mol]

Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Reaktionsbedingungen @ agieren: 1 ;

r

usgangsstoffen

u:

ikten.

Die Konsum.

einer er wird durch emTEER oder Be (Biokatalysatoren) nicht beeinflusst: Wie wir in den Kapiteln 22 und 24 im Einzelnen besprechen werden, verkürzen Katalysatoren die Zeit bis zur Einstellung des Gleichgewichts, verändern aber dessen Lage nicht. Bei industriellen Reaktionen wird das Gleichgewicht jedoch selten wirklich erreicht; dies ist zum Teil auf die Geschwindigkeit zurückzuführen, mit der sich die Reaktanten vermischen.

geübt wird. Eine Möglichkeit dazu ist, ein ae in das Reaktionsgefäß zu pressen. Wenn sich alle beteiligten Gase ideal verhalten, werden ihre Partialdrücke durch diesen Vorgang nicht geändert: der Partialdruck eines Gases ist definiert als der Druck, den das Gas ausüben würde, wenn es den Behälter allein ausfüllen n der Anwesenheit audeıı SEEFUNDE and würde, er ist ale

hat folglich keinerlei Einfluss auf d en des Systems im Gleichgewicht (wenn alle Gase sich ideal verhalten). Eine andere Möglichkeit, an ein System einen Druck anzulegen, besteht in der Kompression: Das den Gasen zur Verfügung stehende Volumen wird verkleinert. Nun ändern sich die einzelnen Partialdrücke,

ihr Verhältnis aber (das in der Gleichgewichtskonstante auftaucht) bleibt unverändert. Betrachten wir beispielsweise das Gleichgewicht A = 2B zweier idealer Gase; die Gleichgewichtskonstante ist

__B

Pap”

EEE

——

1) Für Reaktionen in Lösung trifft dies nicht exakt zu, dort gilt 2hk)

ey AVE -

P

x

N

gen:

Ip

zwischen den Stanwobei Az v*® das Standardreaktionsvolumen ist, die molare Volumendifferenz

klein. Hier dardzuständen der Ausgangsstoffe und der Produkte; diese Größe ist normalerweise (ausgehen.

wollen wir näherungsweise von Ar V —

EEE

235

236

7 Das Chemische Gleichgewicht Damit die rechte Seite konstant bleibt, muss eine Zunahme von p, eine Zunahme

Diese im Vergleich zu ps deutlich stärkere

des Quadrats von p, ausgleichen. Zunahme

von p, wird nur erreicht, wenn

die Konzentration

von B im Gleichge-

wicht zugunsten derjenigen von A abnimmt. Die Anzahl der Moleküle von A nimmt auf diese Weise zu, wenn das Gefäßvolumen verringert wird, und der Partialdruck von A wächst stärker, als durch diese Volumenabnahme allein zu erwarten wäre (Abb. 7-6). Diese Zunahme der Menge von A auf*Kosten der Menge von B im Gleichgewicht A=2B ist ein spezieller Fall einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit, die von dem französischen Chemiker Henri Le Chatelier?) vorgeschlagen wurde. Das Prinzip von Le Chatelier (Prinzip des kleinsten Zwanges) lautet:

„_.!

Übt man auf ein System im Gleichgewicht eine Störung aus, reagiert das System so, dass die Wirkung dieser Störung möglichst gering ist.

oe”

(a)

(b)

Abb. 7-6 Wird ein Reaktionsgemisch, das sich im Gleichgewicht befinaet, kompri-

miert (von a nach b), reagiert das System durch Reduktion der Zahl der Moleküle in

der Gasphase (in unserem Beispiel durch Bildung von Dimeren, die durch die ver-

bundenen Kugeln dargestellt sind).

Entsprechend dieser Gesetzmäßigkeit wird ein System im Gleichgewicht beispielsweise auf eine Volumenverringerung (Kompression) so reagieren, dass die entstehende Druckerhöhung minimal wird. Dies kann durch Reduktion der Teilchenzahl in der Gasphase erreicht werden, wozu die Rückreaktion A — 2B bevorzugt ablaufen muss. Um den Effekt der Kompression quantitativ zu erfassen, nehmen wir an, zu Beginn der Reaktion sei eine Stoffmenge n von A (und kein B) vorhanden. Im Gleichgewicht findet man für A die Stoffmenge (1 — a)n, für B ergibt sich 2an. Die im Gleichgewicht vorliegenden Molenbrüche sind dann Veen X =

At,

(l-a)n+2an

2a X =

1+a’

lea

Für die Gleichgewichtskonstante der Reaktion erhält man

Ge %p? En

_4a(p/p°)

Xıpp ©

1-a 2

was sich leicht umstellen lässt zu 1 aA=

1/2

(ar)

er h

(7-22)

=)

Dieser Ausdruck zeigt: Im Gegensatz zu K hängen die Stoffmengen von Aund B

durchaus vom Druck ab (Abb. 7-7). Im Einklang mit dem Prinzip von Le Chatelier wird, wie Sie ablesen können, a mit steigendem Druck geringer.

| Mlustration 7-5

Dissoziationsgrad &

3

u

eg p/p

Abb. 7-7 Die Druckabhängigkeit des Dissoziationsgrades a im Gleichgewicht; aufgetragen sind Werte für verschiedene Gleichgewichtskonstanten K der Reaktion A(g) = 2B (g). Der Wert a = 0 entspricht reinem A, bei a = ] liegt reines B vor.

Die Auswirkung einer Druckerhöhung

| Zu ermitteln ist, wie sich eine Erhöhung des Drucks auf die Zusammensetzung ' des Gleichgewichts der Ammoniaksynthese, Gl. (7-10), auswirkt . Wir stellen fest, dass die Anzahl der Gasmoleküle in der stöchiometrischen Gleichung sinkt (von 4 auf 2). Das Prinzip von Le Chatelier sagt in diesem Fall voraus, dass eine Druck‚ erhöhung die Bildung des Produkts begünstigt. Die Gleich gewichtskonstante lau-

| tet

2.02 ne Pin, IE a “un, P’P

Pn, Ph,



3

%n, Xu, P

4

ep 3

p

wobei die Größe K, alle Molenbrüche der Ausga ngsstoffe und Produkte enthält , (beachten Sie, dass K, im Gegensatz zu K selbst keine Gleichgewichtskonstante 2) Le Chatelier ist auch der Erfinder des Acetylen-Sauerstoff-Schweißens.

7.2 Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Reaktionsbedingu ngen | ist). Eine Verdopplung des Drucks muss deshalb eine Erhöhung von K, um den

, Faktor 4 bewirken, damit der Zahlenwert von K unverändert bleibt.

Übung 7-4 Sagen Sie den Einfluss einer Druckerhöhung auf das Zehnfache auf die Gleich-

gewichtszusammensetzung des 3N,(g)+H,(g)>2N,;H (8).

1022

Gemisches

folgender Reaktion voraus: [100-fache Zunahme von K,]

Der Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht

Nach dem Prinzip von Le Chatelier ist zu erwarten, dass bei Erhöhung der Tempe-

ratur die endotherme Teilreaktion begünstigt wird, weil das System dabei Wärme aufnimmt. Analog begünstigt eine Temperaturabnahme die exotherme Teilreaktion; diese setzt Wärme frei und wirkt somit der Abkühlung des Systems entgegen. Zusammengefasst können wir aussagen:

Exotherme Reaktionen: Eine Temperaturerhöhung verschiebt das Gleichgewicht zugunsten der Ausgangsstoffe. Endotherme Reaktionen: Eine Temperaturerhöhung verschiebt das Gleichgewicht zugunsten der Produkte.

Im Folgenden werden wir die Gültigkeit dieser Feststellungen nachweisen und die Änderungen quantitativ erfassen.

Die van’t Hoff’sche Reaktionsisobare Die van’t Hoff sche Reaktionsisobare, hergeleitet in der nachfolgenden Begründung,

gibt die Steigung der Gleichgewichtskonstante (genauer gesagt von InK) als Funktion der Temperatur bei konstantem Druck an. Zwei Formulierungen sind gebräuchlich:

Ein RA, an?

(b)

dlnKk

AH

dm

(7-23)

R

Die van’t Hoff’sche Reaktionsisobare Aus Gl. (7-17) wissen wir: InK=-

A RT

Ableitung von In K nach der Temperatur liefert

dInK Ga

1" d ERaTN

nen) T

Beides sind totale Differenziale: K und A,G” hängen nur von der Temperatur, nicht vom Druck ab. Wir formen diesen Ausdruck mithilfe der Gibbs-HelmholtzGleichung (Gl. (3-53) um, d AG°

I

AH”

ey)

H® ist die Standardreaktionsenthalpie bei der Temperatur T). Die Zusammen(A, fassung

beider

Gleichungen

Gl. (7-23a). Die andere Beziehung

liefert

Schreibweise

die

van’t

erhält man

Hoffsche

unter

Reaktionsisobare,

Berücksichtigung

der

237

238

7 Das Chemische Gleichgewicht

ae

an

also dT’ = äh

72,

1

h

Es folgt, dass sich Gl. (7-23a) umschreiben lässt:

dinkK Tan)

_AH°® Rn

Die weitere Vereinfachung führt zu Gl. (7-23b). 5

‚ Die erste Form der van’tHoff’schen Reaktion tionen, die unter Standardbedingungen «

"0fund Det

Pa verschoben,wird. FüER Zum ee Verständnis dieser Zusammenhänge Fra wir noch einmal den Ausdruck A,G° = A,H° - TAxS*® in der Form -A,G°/T=-A,H /T+AS”. Bei einer exothermen Reaktion entspricht -A,H° /T einer Entropiezunahme der Umgebung, ist also die Triebkraft für die Produktbildung. Bei steigender Temperatur wird der Betrag von -A,H”/T kleiner; die Entropiezunahme der Umgebung und damit auch die Triebkraft der Reaktion nimmt ab, der Produktanteil im Gleichgewicht wird geringer. Verläuft die Reaktion hingegen endotherm, liegt die Triebkraft vorwiegend in der Entropiezunahme des Reaktionssystems selbst. Der ungünstige Einfluss der gleichzeitigen Entropieabnahme der Umgebung wird bei Anstieg der Temperatur etwas gemildert (da der Betrag von Ak H” /T kleiner wird), sodass die Produktbildung begünstigt wird. Mikroskopische Interpretation 7-3 Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstante In Abb. 7-82 sehen Sie schematisch die Anordnung der Energieniveaus, die für eine endotherme Reaktion typisch ist. Bei Temperaturerhöhung verschiebt sich die Boltzmann-Verteilung entsprechend; die Besetzung der Niveaus ändert sich ‚ so, dass auf Kosten der Besetzung der niedrigeren Niveaus mehr Teilchen höhere ‚ Niveaus einnehmen. Man sieht, dass die Population der Niveaus von B zunimmt, die Population der Niveaus von A dagegen abnimmt. So findet man im Gleichgewicht einen größeren Anteil von B im Reaktionsgemisch. Ist andererseits die Reaktion exotherm (Abb. 7-8b), werden bei Temperaturerhöhung die Niveaus von ı A auf Kosten derer von B stärker besetzt, sodass man im Gleichgewicht einen größeren Anteil an Ausgangsstoffen findet.

B

Abb. 7-8 Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Gleichgewichts lässt sich aus der Temperaturabhängigkeit der Boltzmann-Verteilung und der dadurch bewirkten Änderung der Besetzung der Niveaus der beteiligten Spezies erklären. (a) Bei einer endothermen Reaktion nimmt die Population der Niveaus von B auf Kosten der Niveaus von A zu, wenn die Temperatur steigt. (b) Bei einer exothermen Reaktion verläuft der Vorgang in umgekehrter

Richtung.

A B

© = .

>:

AR

niedrige Temperatur

© oo e =

e Temperatur

ho UBER!

(a)



Besetzungszahl

Aemperatur

(b)

Besetzungszahl

7.2 Die Verschiebung des Gleichgewichts bei Änderung der Reaktion sbedingungen

239

Beispiel 7-3 Die Messung einer Reaktionsenthalpie

ben unten stehenden Daten entnehmen Sie die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstante folgender Reaktion: Ag,CO, (s) = Ag,O (s) + CO, (8) Berechnen Sie die Standardreaktionsenthalpie der Zersetzung von Silbercarbonat. RiK . 350 K 3982

400 10277217415%10,.

450 251,86, 2.102

500 21.48

Vorgehen Aus Gl. (7-23b) folgt, dass man - wenn die Reaktionsenthalpie weit gehend temperaturunabhängig ist - beim Auftragen der Werte von -InK gegen

1/T eine Gerade erhält, deren Steigung A, H* /R ist. Antwort

Wir schreiben folgende Wertetabelle auf:

T/K (10° K)/T -InK

350 2.86 7.83

400 2.50 4.26

450 2.22 a

500 2.00 le

Diese Punkte wurden in Abb. 7-9 eingezeichnet. beträgt 9.6 x 10°, folglich ist

200007202,

Die Steigung des Graphen

ArH° = (49.6x10° K)R = +480kJmol .

Übung 7-5

290 (10° K)/T

Abb. 7-9 Bei Auftragung von — InK gegen (1/T) erhält man eine Gerade mit der Steigung (A,H“ /R), sofern sich die StandardReaktionsenthalpie im betrachteten Temperaturbereich nicht ändert. Für die Bestimmung von Reaktionsenthalpien ist dies eine Alternative zu kalorimetrischen Verfahren.

Gegeben seien Gleichgewichtskonstanten der Reaktion 2SO,(g)+0,(g) = 2SO,(g) bei verschiedenen Temperaturen: 4.0 x10°* (300K), 2.5 x 10!° (500.K), 3.0 x 10° (700 K). Bestimmen Sie die Standardreaktionsenthalpie bei 500 K. [-200 kJ] mol”'] Auf diese Weise kann man A,H° nichtkalorimetrisch bestimmen. Ein Nachteil

der Methode ist, dass die Reaktionsenthalpie von der Temperatur abhängt, sodass der Graph nicht streng linear verläuft. In vielen Fällen ist diese Abhängigkeit jedoch so schwach ausgeprägt, dass man nahezu eine Gerade erhält. Das Verfahren ist zwar nicht besonders genau, aber in der Praxis oft das einzige in Frage kommende.

Die Zahlenwerte von K bei verschiedenen Temperaturen Um den Wert der Gleichgewichtskonstante bei einer Temperatur T, ausgehend von ihrem Wert bei einer anderen Temperatur T, zu bestimmen, müssen wir Gl. (7-23b) zwischen diesen beiden Temperaturen integrieren: >—emmunen

1

InK—-

-InK=-InK, R

7, I

A,H® (z)

(7-24)

Unter der Annahme, dass A,H” im betrachteten Temperaturbereich nicht besonders stark von T abhängt, können wir diese Größe vor das Integral ziehen; dies ergibt

IB

niK =

A >

E 2

=) )

(7-25)

1

Illustration 7-6 Berechnung der Gleichgewichtskonstante bei verschiedenen Temperaturen

Gefragt ist die Gleichgewichtskonstante der Ammoniaksynthese, Gl. (7-10), bei 500 K; gegeben ist der entsprechende Wert bei 298 K (6.1 x 10°). Dazu verwenden wir die Standardreaktionsenthalpie, die wir unter Verwendung der Beziehung

Na)

7 Das Chemische Gleichgewicht

240

| A,H® =24,H°(NH,,

g) aus

Tabelle

2-7

ableiten

(Anhang)

als konstant

sehen ihren Wert im betrachteten Temperaturbereich | A,H*® = -92.2kJ mol"! ergibt sich dann aus Gl. (7-25)

129,9.

Im, = Ilm ((6 1 N?)

10 mo

8.3145] K' mol"!

können

el

1

\500K

298 K

an.

und Mit

— ee

Daraus wiederum folgt K, = 0.18 bei’ 500 K. Wie für diese exotherme Reaktion zu | erwarten war, ist der Wert niedriger als derjenige bei 298 K. Übung 7-6 In Übung 7-1 wurde die Gleichgewichtskonstante der Reaktion 2 NO, (g) bei 298 K bestimmt. Berechnen Sie ihren Wert bei 100 °C.

N,O, (g) = [15]

Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstante einer Reaktion zu kennen, kann bei der Auslegung von Prozessen im Labor und in der Industrie hilfreich sein. Synthesechemiker beispielsweise optimieren die Ausbeute einer Reaktion durch systematische Variation der Temperatur der Reaktionsmischung. Durch Reduktion eines Metalloxids mit Kohlenstoff oder Kohlenmonoxid kann man das reine Metall gewinnen, wenn man die Reaktion bei einer Temperatur ablaufen lässt, bei der die Gleichgewichtskonstante viel größer ist als 1.

Anwendung 7-1

Die Gewinnung von Metallen aus oxidischen Erzen

Metalle können aus ihren Oxiden durch Reduktion mit Kohlenstoff gewonnen werden, wenn eins der folgenden Gleichgewichte weit genug auf der Produktseite liegt: MO (s)+C(s)=M(s)+CO (g),

MO (s) +3C ()

=M (s) +3C0, (g),

MO (s)+CO (g)=M

(s) + CO, (g)

Zur Beschreibung dieser Gleichgewichte schen Funktionen folgender Reaktionen: -500F

1

500

zAl,O;

a

()

Reaktion ((ii)

eG

Ms

Le;

RN Ss

Reaktion (iv)

£

Z-2005

wir die thermodynami-

M(s) +30, MO (s)

M) 52.6) #50, (8) >:C0, (8) (ü) C (s) +30, (g) > CO (g) CO, (g) (iv) CO (g) +30,

Wie stark die Freien Standardenthalpien der Reaktionen (1)-(iv) von der Tempera-

tur abhängen, wird wegen dA,G°/dT=-A,S®

N

durch die Reaktionsentropie

bestimmt. In Reaktion (iii) nimmt die Zahl der Moleküle in der Gasphase zu; die Standardreaktionsentropie nimmt daher einen großen positiven Wert an, und

Oi =

M (s) + CO (g) MO (s) +3C (s)>M(s) +3C0, (eg) MO (s)+CO(g)>M(s)+CO,(g)

A,G =A,G (i)-A,G° (ij) A,G* =A,G° (ü) -A,G® (i) A,G® =A,G* (in -A,G® (i)

Wenn A,G” < 0 ist, liegt das Gleichgewicht auf der Seite der Produkte. Dies ist genau dann der Fall, wenn im Diagramm die Linie der Reaktion (i) unterhalb (bei positiveren Werten) der Linie einer der Kohlenstoffreaktionen (ii) bis (iv) liegt. Bei Betrachtung des Diagramms ergibt sich auch sofort eine Aussage darüber, bei welchen Temperaturen die Reduktion freiwillig verläuft: Ein Metalloxid wird von jeder darüber liegenden Kohlenstoffreaktion reduziert, da für die Gesamtreaktion dann A,G” < 0 wird. So lässt sich CuO oberhalb der Zimmertemperatur ohne Schwierigkeiten zu Cu reduzieren. Ag,O zersetzt sich oberhalb von 200 °C sogar dann, wenn

kein Kohlenstoff anwesend ist, da die Freie Standardenthalpie

der Reaktion (i) dort positiv wird (das bedeutet, die Reaktion verläuft freiwillig in umgekehrter Richtung). Al,O; hingegen kann man bis zu einer Temperatur von über 2000 °C überhaupt nicht mit Kohlenstoff reduzieren.

73

|

Elektrochemie im Gleichgewicht

Die bisher entwickelten Konzepte werden wir nun — mit kleinen Modifikationen technischer Details - zur Beschreibung von Reaktionen anwenden, die in elektrochemischen Zellen ablaufen. Elektrische Ströme und Potenzialdifferenzen (Spannungen) lassen sich sehr präzise messen. Aus diesem Grund kann man mithilfe elektrochemischer Methoden thermodynamische Eigenschaften von Reaktionen bestimmen, die auf andere Weise schwer oder nicht zugänglich sind. Eine elektrochemische Zelle besteht aus zwei Elektroden - dies sind metallische Leiter im Kontakt mit einem Elektrolyten (einem ionischen Leiter, der als Lösung,

Flüssigkeit oder Feststoff vorliegen kann). Der Teil einer elektrochemischen Zelle, der eine Elektrode (oder auch beide) enthält, wird als Elektrodenraum oder Elektrodenkammer bezeichnet. Tabelle 7-1 fasst die verschiedenen Elektrodentypen zusammen.

Ist ein „inertes“ Metall angegeben, so dient dieses nur zur Aufnahme

von Elektronen, ist aber nicht an einer der Elektrodenreaktionen beteiligt (allerdings kann es katalytisch wirken). Wenn beide Elektroden räumlich voneinander getrennt sind, können sie durch eine Salzbrücke (auch Stromschlüssel genannt) miteinander verbunden werden; diese besteht aus einer Röhre, die eine gesättigte Salzlösung (meist Kaliumchlorid) in einer Art Gelatine enthält und den elektrischen Stromkreis schließt. Eine galvanische Zelle erzeugt einen elektrischen Strom durch eine freiwil-

lig ablaufende chemische Reaktion. In einer elektrolytischen Zelle wird eine Reak-

tion, die freiwillig nicht in der gewünschten

einer äußeren Stromquelle erzwungen.

Richtung ablaufen würde, mithilfe

241

242

7 Das Chemische Gleichgewicht Tabelle 7-1

Elektrodenarten.

symbol. Bezeichnung Elektrodenart 1 M (s) |M* (ag)

Metall-/Metall-Ion

Gas

7.3.1

M*/M

M* (ag)+e">M

(s)

Pr) X, (IX Lad)

KR

X (ag) + X, (8)

X/X

3% (g)+e >X (ag)

MX/M.xX

MX (s)te"—>M

M’*/M'

M** (aq)+e—>M' (aq)

|MX (s) |X" (a)

Pt (s)|M* (ag), M?* (ag)

Redox

Halbreaktion

Pt (s) [X (8) IX (aq) M(s)

Metall-/Salz

Redoxpaar

(s)+X (ag)

Elektrodenreaktionen und Elektroden

Wie Ihnen sicherlich aus einführenden Vorlesungen bekannt ist, bezeichnet man als Oxidation eine chemische Reaktion, bei der einer Spezies Elektronen entzogen, und als Reduktion eine Reaktion, bei der einer Spezies Elektronen hinzugefügt werden. Bei einer Redoxreaktion werden Elektronen von einer Spezies auf eine andere übertragen. Gleichzeitig mit dem Elektronentransfer können andere Vorgänge, wie der Austausch von Ionen oder Atomen, stattfinden; der wichtigste Effekt einer Redoxreaktion ist jedoch die Elektronenübertragung, die eine Änderung der Oxidationszahlen der beteiligten Spezies bewirkt. Das Reduktionsmittel ist dabei der Elektronendonor, das Oxidationsmittel der Elektronenakzeptor. Jede Redoxreaktion

kann als Differenz zweier Reduktions-Halbreaktionen geschrieben werden. Dabei handelt es sich um formale Reaktionen, die den Elektronenaustausch veranschaulichen. Selbst Reaktionen, die keine Redoxprozesse sind, lassen sich oft als Differenz zweier solcher Halbreaktionen formulieren. Reduzierte und oxidierte Spezies jeder Halbreaktion bilden jeweils ein Redoxpaar, bezeichnet mit Ox/Red. Die Halbreaktion eines verallgemeinerten Redoxpaares Ox/Red ist

Ox+ve Red.

Illustration 7-7

(7-26)

Zerlegung einer Reaktion in Halbreaktionen

Wir zerlegen die Auflösung von Silberchlorid in Wasser, AgCl (s) > Ag* (aq) + CI’ (ag), die keine Redoxreaktion ist, in die folgenden beiden Halbreaktionen (Reduktionen): AsCl(s)+e°



Ag(s)+Cl (ag)

Ag’ (ag)



Agl(s)

te”

Die Redoxpaare sind AgCl/Ag, Cl” bzw. Ag‘ /Ag.

Übung 7-7 Formulieren Sie die Bildung von H,O aus H, und O, in saurer Lösung (eine echte Redoxreaktion) als Differenz zweier Halbreaktionen. [4 H* (aq) +4e°>2H, (8);0, (g)+4H* (aq) +4e°>2H,0 (l)]

Oft ist es sinnvoll, die Zusammensetzung des Gemisches innerha lb eines Elektrodenraums anhand des Reaktionsquotienten © der Halbreaktion zu verfolgen. Der Quotient ist genauso definiert wie für die Gesamtreakti on, aber die Elektronen berücksichtigt man nicht.

7.3 Elektrochemie im Gleichgewicht

Illustration 7-8

243

Formulierung des Reaktionsquotienten einer Halbreaktion

Der Reaktionsquotient für die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser in saurer Lösung, O, (g)+4H* (aq) + 4e°>2H,0 (l) ist

Im zweiten Schritt sind folgende Näherungen enthalten: Die Aktivität von Wasser wurde gleich 1 gesetzt (die Lösung ist verdünnt) und der Sauerstoff wurde als idea-

les Gas behandelt (ao,=po,/p°).



Übung 7-8 Oxidation

Reduktion

Formulieren Sie Halbreaktion und Reaktionsquotient für eine Chlorgas-Elektrode.

[Cl (8) + 2e" >2CH (aq), Q = adıpP”/pc, In einer elektrochemischen Zelle verlaufen Reduktions- und Oxidationsschritt, die gemeinsam die chemische Reaktion bilden, räumlich voneinander getrennt: jede Reaktion findet in einem eigenen Elektrodenraum statt. Während der Reaktion fließen die Elektronen, die in der Oxidation Red, > Ox, + ve” freigesetzt werden, durch den äußeren Stromkreis und treten durch die andere Elektrode wieder in die Zelle ein. Dort dienen sie zur Reduktion des Oxidationsmittels dieser Elektrode, Ox, + ve”

> Red). Die Elektrode, an der die Oxidation stattfindet, heifßt Anode; die

Elektrode, an der die Reduktion stattfindet, heißt Kathode. In galvanischen Zellen ist das Potenzial der Kathode höher als das der Anode. Das Oxidationsmittel Ox, entzieht seiner Elektrode (der Kathode, Abb. 7-11) Elektronen und wird reduziert;

an der Kathode bleibt eine positive relative Ladung zurück (dies entspricht einem hohem Potenzial). Auf die Anode werden bei der Oxidation des Reduktionsmittels Red, Elektronen übertragen, sodass sie eine negative relative Ladung erhält (dies entspricht einem niedrigen Potenzial).

73.2

Abb. 7-11 Bei einer freiwilligen Reaktion innerhalb einer galvanischen Zelle werden Elektronen an eine Elektrode abgegeben (an die Anode, hier findet die Oxidation statt), an der anderen Elektrode werden Elektronen entnommen (an der Kathode,

hier findet die Reduktion statt). So entsteht ein Elektronenfluss, der zur Erzeu-

gung elektrischer Arbeit genutzt werden kann. Das Pluszeichen können Sie so interpretieren, dass an dieser Elektrode Elektronen in die Zelle eintreten; das Minus-

zeichen bedeutet entsprechend, dass an dieser Elektrode Elektronen die Zelle verlassen.

Zelltypen

Die einfachste elektrochemische Zelle besteht aus einem einzigen Elektrolyten, in den zwei metallische Leiter eintauchen (wie in Abb. 7-11). In einigen Fällen verwenden die Elektroden unterschiedliche Elektrolyte, wie im Daniell-Element (Abb. 7-12): Das eine Redoxpaar ist hier Cu?* /Cu, das andere ist Zn’*/Zn. In Elektrolyt-Konzentrationszellen sind beide Elektroden identisch, aber die Elektrolyte der beiden Halbzellen sind verschieden stark konzentriert. Bei Elektroden-Konzentrationszellen besitzen die Elektroden selbst unterschiedliche Konzentrationen. Dazu gehören z.B. Gaselektroden, die bei verschiedenen Drücken arbeiten, oder unterschiedlich konzentrierte Amalgame (Lösungen von Metallen in Quecksilber).

Diffusionspotenziale Befinden sich (wie im Daniell-Element) zwei Elektrolytlösungen miteinander in Kontakt, tritt entlang der Grenzfläche eine zusätzliche Potenzialdifferenz auf, das Diffusionspotenzial (Diffusionsspannung) Ey. Man findet dieses Potenzial auch an der Grenzfläche zwischen zwei Elektrolyten der gleichen Zusammensetzung, aber unterschiedlicher Konzentration: Treten zwei verschieden konzentrierte Lösungen von Salzsäure miteinander in Kontakt, wandern die beweglichen H'-Ionen in die verdünntere Lösung. Die größeren Chlorid-Ionen folgen - zu Beginn allerdings entwesentlich langsamer, sodass an der Berührungsfläche eine Potenzialdifferenz ein Potenzial das für sich hat Zustand) steht. Nach längerer Zeit (im stationären diffundieren. schnell gleich Ionenarten bestimmter Wert eingestellt, bei dem beide

Zink

Zinksulfatlösung poröse

Hülse Kupfer Kupfer(Il)sulfatLösung Abb. 7-12 Der prinzipielle Aufbau eines Daniell-Elements. Die Kupfer-Elektrode ist die Kathode, die Zink-Elektrode ist die Anode. Die Elektronen treten an der ZinkElektrode aus der Zelle aus, an der Kupfer-

Elektrode treten sie wieder in die Zelle ein.

244

7 Das Chemische Gleichgewicht

Elektrode ia

Elektrode SzEIleS

=:

Diffusionspotenzial auf, ElektroElektrolyt-Konzentrationszellen weisen stets ein | den-Konzentrationszellen nicht. det verbin 2mV) bis 1 etwa (auf en annung ionssp Zur Verringerung von Diffus Die diffusionsbedingten man beide Elektroden durch eine Salzbrücke (Abb. 7-13). ngig von den Konzentunabhä gehend weit sind Potenziale an ihren beiden Enden daher nahezu auf. rationen der verdünnten Elektrolyte und heben einander .

.

. Die Schreibweise von Zellen

%

durch einen In der symbolischen Schreibweise für Zellen werden Phasengrenzen die Zelle in für eise Schreibw die lautet Beispiel Zum senkrechten Strich angegeben.

Abb. 7-11 (s) |Ag (s) Pt (s) |H, (g) |HCl (aq) |AgCl die Ein Diffusionspotenzial wird durch das Symbol : dargestellt, sodass sich für Zelle in Abb. 7-12 ergibt: Elektrodenräume

Abb. 7-13 Eine Salzbrücke besteht aus einem umgedrehten U-Rohr, das mit einer konzentrierten Salzlösung in einem Gel gefüllt ist. Die Diffusionspotenziale an beiden Enden sind gleich groß, aber entgegengesetzt gerichtet und heben einander daher nahezu auf.

Zn (s) | ZnSO, (ag): CuSO, (ag) |Cu (s) . Eine senkrechte Doppellinie || steht für eine Grenzfläche, bei der die Diffusionsspannung beispielsweise durch eine Salzbrücke eliminiert wurde; die Zelle in Abb. 7-13 schreiben wir daher symbolisch Zn (s)|ZnSO, (aq) ||CuSO, (ag) |Cu(s) .

Eine Elektrolyt-Konzentrationszelle mit Salzbrücke wird zum Beispiel bezeichnet mit

Pt (s)| H; (g) |HCl(aq,b) ||HCl(aq,b,) |H, (g) |Pt(s).

7.3.3

Die Zellspannung

Der in einer galvanischen Zelle erzeugte elektrische Strom stammt aus einer freiwillig ablaufenden Zellreaktion. Dies ist die chemische Reaktion innerhalb der Zelle, formuliert unter der Annahme, dass die rechte Elektrode als Kathode geschaltet ist — das heifst, dass bei der freiwillig verlaufenden Reaktion der Reduktionsschritt an der rechten Elektrode stattfindet. Später werden wir lernen, wie man voraussagen kann, ob die rechte Elektrode tatsächlich die Kathode ist und ob die formulierte Zellreaktion daher freiwillig abläuft. Wenn sich herausstellt, dass die linke Elektrode als Kathode wirkt, läuft die Zellreaktion in umgekehrter Richtung freiwillig ab. Um die dem Zellschema entsprechende Zellreaktion aufzustellen, schreiben wir zunächst die Halbreaktion auf der rechten Seite als Reduktion (da wir ja voraussetzen, dass diese freiwillig verläuft). Davon subtrahieren wir die Halbreaktion auf der linken Seite in Form einer Reduktion (sie soll freiwillig als Oxidation verlaufen). In der Zelle Zn (s) |ZnSO, (aq) ||CuSO, (aq) |Cu (s) sind die beiden Halbreaktionen

rechts: Cu?* (aq) + 2e >Cu (s) links:

Zn’* (ag) +2e” >Zn(s).

Die Differenz ist die Zellreaktion:

(rechts-links): Cu” (aq) + Zn (s)>Cu(s) + Zn”* (ag) .

7.3 Elektrochemie im Gleichgewicht

Die Nernst’sche Gleichung Solange sich für die Zellreaktion das chemische Gleichgewicht noch nicht einge-

stellt hat, kann die Zelle elektrische Arbeit verrichten: die Reaktion erzeugt einen

Elektronenfluss durch einen äußeren Stromkreis. Die Arbeit, die durch einen gegebenen Elektronentransfer geleistet werden kann, hängt von der Potenzialdifferenz zwischen beiden Elektroden ab. Diese Differenz nennt man auch Zellspannung (Zellpotenzial), sie wird in Volt (V, 1V=1JC" s) gemessen. Bei einer großen Zellspannung kann durch eine bestimmte Anzahl Elektronen, die sich von einer Elektrode zur anderen bewegen, viel elektrische Arbeit verrichtet werden; ist die Zell-

spannung gering, ist die Arbeit kleiner, die von der gleichen Zahl von Elektronen verrichtet wird. Wenn sich die Zellreaktion im Gleichgewicht befindet, kann gar keine Arbeit verrichtet werden; die Zellspannung ist null. In Übereinstimmung mit unseren Ergebnissen aus Abschnitt 3.2.1 stellen wir fest, dass laut Gl. (3-38) die maximale Nichtvolumenarbeit w..., die das System (die Zelle) verrichten kann, durch AG gegeben ist. Dabei ist AG (wie weiter unten gezeigt wird) gleich der Freien Enthalpie A,G der Zellreaktion. Wenn man also ther-

modynamische Schlussfolgerungen aus Messungen der Arbeit ziehen möchte, die eine Zelle abgeben kann, muss sichergestellt sein, dass die Zelle reversibel arbeitet:

Nur dann kann die maximale Arbeit gemäß Gl. (3-38) gewonnen werden. Wie wir weiterhin aus Abschnitt 7.1.1 wissen, bezieht sich die Freie Reaktionsenthalpie stets auf eine bestimmte Zusammensetzung des Reaktionsgemischs. Deshalb muss die Zelle außerdem bei einer definierten, konstanten Konzentration betrieben werden. Um beide Bedingungen zu erfüllen, misst man das Zellpotenzial, während man es

durch eine externe Spannungsquelle genau kompensiert. Dann verläuft die Zellreaktion reversibel, die Konzentrationen ändern sich nicht (sie sind sozusagen nur im Begriff, sich zu ändern), und es fließt kein Strom. Wenn sich alle chemischen und elektrochemischen Gleichgewichte eingestellt haben, misst man die Gleichgewichtszellspannung E (historisch auch als elektromotorische Kraft EMK bezeichnet).

Wie in der nachfolgenden Begründung gezeigt wird, lautet die Beziehung zwischen der Freien Reaktionsenthalpie und der Gleichgewichtszellspannung

BI

A.G.

(7-27)

Hier ist F die Faraday’sche Konstante (F = eN,) und v der stöchiometrische Koeffizient für die Elektronen in den Halbreaktionen, in die sich die Zellreaktion aufteilen lässt. Gl. (7-27) stellt die Verbindung zwischen elektrochemischen Messungen einerseits und thermodynamischen Eigenschaften andererseits her; auf ihr beruht der Rest dieses Kapitels. 77777

——

Die Beziehung zwischen der Gleichgewichtszellspannung und

Bez, ündung 7-3

der Freien Reaktionsenthalpie

|

M

Betrachten wir die Änderung von G, wenn die Zellreaktion bei stationärer Zusammensetzung des Systems infinitesimal (um d£) fortschreitet. Sie ist entsprechend Gl. (7-15) bei konstanter Temperatur und konstantem Druck durch

gegeben. Die (bei konstanter Temperatur und konstantem Druck) maximal nutzbare Nichtvolumenarbeit (elektrische Arbeit) bei Fortschreiten der Reaktion um dc ist dann dw,



A,GdE

.

sich Diese Arbeit ist infinitesimal; die Zusammensetzung des Systems ändert wenig. dabei unendlich Elektronen Bei Fortschreiten der Reaktion um d& bewegt sich eine Menge vdc tierten Ladunvon der Anode zur Kathode. Die Gesamtmenge der dabei transpor

245

246

7 Das Chemische Gleichgewicht

gen ist -veN, d& (vd£ ist die Zahl der Elektronen, die Ladung pro Mol Elektronen beträgt —eN,). Mit eN, = F erhält man als insgesamt transportierte Ladungsmenge —vFd£. Die Arbeit, die verrichtet wird, wenn eine infinitesimale Ladungsmenge —vFd£& von der Anode zur Kathode bewegt wird, ist gleich dem Produkt aus dieser Ladung und der Potenzialdifferenz E (siehe Tabelle 2-1 und Anhang 3): dw, = -vFEdE.

Setzt man dies mit dem oben angegebenen Ausdruck (dw, = A,G d£) gleich, kann man auf beiden Seiten d£ kürzen und erhält Gl. (7-27).

Enthalpie Freie G

Reaktionslaufzahl

Aus Gl. (7-27) folgt, dass man bei bekannter Freier Reaktionsenthalpie die Gleichgewichtszellspannung für eine gegebene Zusammensetzung berechnen kann. Beachten Sie dabei, dass eine negative Freie Reaktionsenthalpie (welche bei einer freiwillig verlaufenden Zellreaktion auftritt) einer positiven Gleichgewichtszellspannung entspricht. Man kann Gl. (7-27) auch anders interpretieren: Sie zeigt, dass die Zellspannung (die Triebkraft einer elektrochemischen Zelle) proportional zur Steigung der Freien Reaktionsenthalpie als Funktion der Reaktionslaufzahl ist. Man sieht leicht ein, dass eine Reaktion fern vom Gleichgewicht (wenn die Steigung groß ist) ein starkes Bestreben zeigt, einen Stromfluss durch einen äußeren Stromkreis zu erzeugen (Abb. 7-14); ist die Steigung nahe null (und die Reaktion fast im Gleichgewicht), findet man eine niedrige Zellspannung.

£

Abb. 7-14 Eine freiwillige Reaktion verläuft immer in Richtung eines Zustandes mini-

maler Freier Enthalpie. In einer elektrochemischen Zelle kann diese Richtung anhand der Zellspannung festgestellt werden: Die Reaktion verläuft in der aufgeschriebenen Richtung (in der Abbildung von links nach rechts) freiwillig, wenn E > 0 ist; die Rückreaktion verläuft freiwillig, wenn E < 0 ist.

Befindet sich die Reaktion im Gleichgewicht, so ist die Zellspannung null.

f

Illustration 7-9 Die Umrechnung einer Gleichgewichtszellspannung in eine Freie Reaktionsenthalpie Gleichung (7-27) eröffnet eine Methode, um eine Freie Reaktionsenthalpie bei beliebiger Zusammensetzung durch eine elektrische Messung zu ermitteln. Dazu misst man die Gleichgewichtszellspannung und rechnet sie einfach in A,G um. | Umgekehrt können wir die Gleichgewichtszellspannung vorhersagen, wenn wir die Freie Enthalpie der Zellreaktion bei einer bestimmten Zusammensetzung kenı nen. Ist beispielsweise A,G = —1 x 10?k] mol"! und v = 1, so ergibt sich

AG vF

|

—-1x10°] mol’! — EV 1: (9.6485 x 10* Cmol')

(mit 1J=1CV). Nun wollen wir eine Beziehung zwischen der Gleichgewichtszellspannung und den Aktivitäten der an der Zellreaktion beteiligten Spezies aufstellen . Aus

CIZII

ACC

AG

FrRfın QO, kennen wir den Zusammenhang zwischen der

Freien Reaktionsenthalpie und der Zusammensetzung Dividieren wir beide Seiten durch —v F, so ergibt sich

AnG® DR

des Reaktionsgemischs.

RT,

Der erste Term auf der rechten Seite ist die Standardzell spannung (das Standardzellpotenzial):

ma Bo

(7-28)

Die Standardzellspannung ist also die Freie Stand ardenthalpie der Zellreaktion, ausgedrückt in Form eines Potenzials (in Volt). Es folgt nun

(7-29)

7.3 Elektrochemie im Gleichgewicht

247

Diese Beziehung zwischen der Zellspannung und der Zusammensetzun g nennt man Nernst’sche Gleichung. Abb. 7-15 fasst die Abhängigkeit der Zellspan nung von der Zusammensetzung, wie sie durch Gl. (7-29) vorhergesagt wird, graphisch zusammen. Zu den wichtigen Anwendungen der Nernst’schen Gleichung zählen die Bestimmung des pH-Werts von Lösungen und (mithilfe spezieller Elektroden, die in Abschnitt 7.3.5 vorgestellt werden) der Konzentrationen anderer Ionen in Lösung. Wie man aus Gl. (7-29) erkennt, entspricht die Standardzellspannung (die im Mittelpunkt unserer weiteren Überlegungen stehen wird) der Gleichgewichtszellspannung für den Fall, dass sich alle Ausgangsstoffe und Reaktionsprodukte in ihren

Standardzuständen

befinden;

dann

sind die Zahlenwerte

aller Aktivitäten

gleich eins, Q=1 und InQ = 0. Man sollte jedoch stets daran denken, dass sich hinter der Standardzellspannung die Freie Standardreaktionsenthalpie (Gl. (7-28)) verbirgt und dass alle Anwendungen auf dieser Tatsache aufbauen.

Illustration 7-10

Die Anwendung der Nernst’schen Gleichung

ı Wegen RT/F =25.7mV bei 25°C schreibt man praktische Anwendungen in der Form |

Bee

5. RN

die Nernst’sche Gleichung für

InO:

y

| Steigt bei einer Reaktion mit

v=1

der Reaktionsquotient Q auf das Zehnfache,

nimmt die Zellspannung um 59.2 mV ab.

Zellen im Gleichgewicht Ein Spezialfall der Nernst’schen Gleichung ist für die Elektrochemie von besonderer Bedeutung und führt uns gleichzeitig zum ersten Teil dieses Kapitels zurück. Wenn sich für die Zellreaktion das Gleichgewicht eingestellt hat, ist Q=K; K ist die Gleichgewichtskonstante der Reaktion. Eine chemische Reaktion im Gleichgewicht kann jedoch keine Arbeit verrichten, und zwischen den Elektroden der galva-

nischen Zelle wird dann keine Potenzialdifferenz aufgebaut. Nernst'schen Gleichung E=0 und Q = K, erhält man

De =

Setzt man

vFE*

in der

(7-30)

RT

Mithilfe dieser wichtigen Beziehung (die wir durch Einsetzen von Gl. (7-29) in Gl. (7-17) auf direkterem Wege erhalten hätten) können wir Gleichgewichtskonstanten aus experimentell bestimmten Standardzellpotenzialen berechnen. Bevor wir verschiedene Anwendungen dazu betrachten, ist allerdings noch ein weiterer Schritt notwendig. Illustration 7-11

Berechnung einer Gleichgewichtskonstante aus einer

Standardzellspannung | Die Standardzellspannung eines Daniell-Elements ist gleich 41.10V. Die Gleichgewichtskonstante der Zellreaktion Cu’* (aq) + Zn (s)>Cu (s) + Zn?* (aq) bei 298 K ist (mit v= 2) K = 1.5 x 10”. Kupfer wird von Zink also nahezu vollständig aus der Lösung verdrängt. Beachten Sie dabei, dass es keine Probleme bereitet, eine Zellspannung von ungefähr einem Volt zu messen, während die entsprechende Gleichgewichtskonstante durch direkte chemische Analyse nicht zugänglich wäre.

Abb. 7-15 Die Änderung des Zellpotenzials in Abhängigkeit vom Reaktionsquotienten der Zellreaktion, aufgetragen für verschiedene Werte von v (der Anzahl übertragener Elektronen). Bei 298 K ist RT/F = 25.69 mV; diesem Wert entspricht ein Skalenteil der Ordinate.

248

7 Das Chemische Gleichgewicht

7.3.4

Standard-Elektrodenpotenziale

Zwei zusammengeschaltete Elektroden bilden eine galvanische Zelle; jeder der beiden Teile liefert einen charakteristischen Beitrag zur Zellspannung. Diese Beiträge sind nicht einzeln messbar, man kann aber das Potenzial einer bestimmten Elektrode per Definition gleich null setzen und die Werte für andere Elektroden dann relativ dazu angeben. Als Bezugspunkt wurde die Standard-Wasserstoffelektrode ausgewählt: % Pt(s)|H,(g)|H* (ag),

E° = 0 bei beliebiger Temperatur.

(7-31)

Die Standardbedingungen für diese Elektrode lauten: Die Aktivität der WasserstoffIonen muss gleich 1 sein (pH =0) und der Druck (genauer die Fugazität) des Wasserstoffgases muss 0.1 MPa (1 bar) betragen. Das Standard-Elektrodenpotenzial E° eines beliebigen anderen Redoxpaares erhält man durch Aufbau einer Zelle, deren rechte Seite die Elektrode mit unbekanntem Potenzial und deren linke Seite die Standard-Wasserstoffelektrode bildet. Am Beispiel der Silber-/Silberchlorid-Elektrode wollen wir die Messung eines Standard-Elektrodenpotenzials nachvollziehen. Die Messanordnung besteht in einer so genannten Harned-Zelle,

Pt (s)|H, (g) |HCl (aq) |AgCl (s) |Ag (s) mit der Zellreaktion

SH, (g) + AgCl(s)> HCl (aq) + Ag (s)

und der zugehörigen Nernst’schen Gleichung _ re E=Er(Ascl/Ag

=

ch)

RT,

in

Ar acıH,

Wir setzen von hier an a,, =1 und schreiben das Standardpotenzial einfach E®; die letzte Gleichung lautet dann RT E =

Ei

=

EZ

Inay:

Acı

Die Aktivitäten drücken wir durch die Molalität b von HCl (ag) aus: ay= y, b/b* und acı = y. b/b® (siehe Abschnitt 5.3.4):

E=3°-

RT abi

RT ing

(wobei wir zur Vereinfachung b anstelle von b/b® geschrieben haben). Dieser Ausdruck lässt sich umstellen zu DREI Be ar F

Inb

AIR ne e, E F In

Ya

{7-32}

Das Debye-Hückel-Grenzgesetz für 1,1-Elektrolyte (das sind Elektrolyte, die nur die einfach geladenen Ionen M* und X- enthalten; siehe Abschnitt 5.3.4), ist uns folgende Beziehung bekannt: In Yı & —bV?. Der hier verwendete natürliche Logarithmus ıst proportional zum Logarithmus zur Basis 10, der in Gl. (5-69) auftritt (wegen Inx = = 10 lgx = 2.303189). Wir fassen nun alle Konstanten in Gl. (7-32) zu einer Größe (F/2RT)C zusammen und erhalten

2RT Inb m

E+ ——

=



a

12

17:33)

7.3 Elektrochemie im Gleichgewicht

249

In der Praxis wird der Zahlenwert der rechten Seite dieser Gleichun g für verschie-

dene Molalitäten bestimmt, in Abhängigkeit von b!/2 aufgetragen und auf

b=0

extrapoliert. Der Achsenabschnitt bei bV/? — 0 entspricht dem Standardpotenzia l E° der Silber-/Silberchlorid-Elektrode. Will man noch genauer arbeiten, so bringt man den b'* enthaltenden Term nach links und verwendet rechts einen Korrekturterm höherer Ordnung aus der erweiterten Debye-Hückel-Theorie. Illustration 7-12

Bestimmung einer Standardzellspannung

Bei 25 °C wurden folgende Werte der Zellspannung einer Zelle

Pt (s) |H,(g,p”) |HCl(aq,b) |AgCl (s) |Ag (s)

+bIn0.05139 E/V

bestimmt:

Bu10=b ) . 3215 E/V 0.52053

5.619 0.49257

9.138 0.46860

25.63 0.418 24

ler

ı Zur Berechnung der Standardzellspannung stellen wir folgende Wertetabelle auf

10

3.215 1.793 0.52053

5.619 2.370 0.49257

9.138 3.023 0.46860

25.63 5.063 0.418 24

E/V +0.05139 Inb

0.2256

0.2263

09275

0.2299

30

Am

5%

(b/10'b°y”

(2RT/F = 0.05139V):

b/(10°b°) {b/(103b°)}"? E/V

20

Abb. 7-16 Graphische Darstellung und Extrapolation zur experimentellen Bestimmung einer Standardzellspannung.

Der Achsenabschnitt bei b'/? = O ist E°.

In Abb. 7-16 sind die Werte graphisch dargestellt. Die Extrapolation führt, wie Sie

leicht ablesen können, zu E° = 0.2232 V. Übung 7-9 Die nachfolgend angegebenen Werte beziehen sich auf eine Zelle

Pt (s) |H,(g,p°) |HBr(aq,b) |AgBr (s)| Ag (s) bei 25 °C. Berechnen Sie die Standardzellspannung. b/(10°*b°) E/V

4.042 0.47381

8.444 0.43636

37.19 0.361 73

[0.071 V] In Tabelle 7-2 finden Sie Standardpotenziale bei 298K. Ein wichtiges Merkmal von Standardzellspannung und Standard-Elektrodenpotenzialen ist ihre Konstanz bei Multiplikation der Zellreaktion bzw. der Halbreaktion mit einem numerischen Faktor. Dieser hebt zwar den Zahlenwert der jeweiligen Standardreaktionsenthalpie

Kurztabelle 7-2 Standardpotenziale bei 298 K.*

Redoxpaar

E°/V

an, in gleichem Maße vervielfältigt er aber auch die Anzahl der übertragenen Elektronen. Gl. (7-27) zufolge bleibt in diesem Fall der Wert von E” unverändert. In der

Ce** (aq) +e”—Ce’* (aq)

+1.61

Praxis folgt daraus die Unabhängigkeit der Zellspannung von den physikalischen Abmessungen der Zelle: Die Zellspannung ist eine intensive Größe. Um Werte für Redoxpaare zu erhalten, die in Tabelle 7-2 nicht aufgeführt sind,

AgCl(s)+e>Ag(s)+Cl 2H* (aq) + 2e">H;, (g)

0

kann man Standardpotenziale kombinieren. Dabei ist zu beachten, dass die Anzahl

Zn’* (aq) + 2e”>Zn (s)

0.76

Na’ (ag) +e—>Na (s)

—2.71

der von den beteiligten Paaren übertragenen Elektronen verschieden sein kann. Wie man vorgehen muss, zeigt das nachfolgende Beispiel.

Cu”* (aq) + 2e”>Cu (s)

+0.34 (ag)

+0.22

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

250

7 Das Chemische Gleichgewicht

anderen Beispiel 7-4 Berechnung eines Standardpotenzials aus zwei

Gegeben sind die Standardpotenziale

der Redoxpaare

Cu?*/Cu und Cu'/Cu,

+0.340 V bzw. +0.522 V. Gefragt ist E° (Cu?* /Cu').

addiert werVorgehen Zunächst stellen wir fest, dass Freie Reaktionsenthalpien Deshalb Hess). den dürfen (siehe zum Beispiel die Analysen gemäß dem Satz von geeigin ln, müssen wir die Werte für E° mithilfevon Gl. (7-27) in AG” umwande gesuchden neter Weise zusammenziehen und die Summe schließlich zurück in F, im ten Wert von E® umrechnen. Dieser Umweg ist nötig, weil zwar der Faktor Allgemeinen aber nicht der Faktor v eliminiert werden kann. Folgende Elektrodenreaktionen laufen ab:

Antwort

(a)

Cu?’ (ag)+2e —Cu(s)

(b)

Cu*(ag)+e—>Cu(s)

E° = +0.340 V, also AR,G° = -2(0.340 V)F E° = +0.522 V, also KG T==(0522 NE

Gesucht ist das Standardpotenzial für

()

Cu?* (aq)+2e >Cut(aq)

E°=-A,GC”/F.

Wegen (c) = (a) — (b) ist die Freie Standard-Reaktionsenthalpie der Reaktion (c) gleich

NEN

SSNC

be Lo

Das bedeutet: E* = +0.158 V. Beachten Sie, dass unsere obige Rechnung wie folgt verallgemeinert werden kann:

v.E°(c)=v,E°(a)+v,E°(b).

(7-34)

2 Hinweis

Bei der Berechnung des Standardpotenzials eines Redoxpaares aus zwei gegebenen Standardpotenzialen müssen Sie immer den Umweg über die Freien Enthalpien nehmen; diese sind additiv, Standardpotenziale hingegen im Allgemeinen nicht.

Übung 7-10

=

Berechnen Sie das Standardpotenzial des Redoxpaares Fe’*/Fe aus den gegebene Werten für die Paare Fe’* /Fe?* und Fe? /Fe. [-0.037 V]

7.4 |

Anwendungen der Standardpotenziale

Durch Messung der Gleichgewichtszellspannung erhält man auf einfache Weise Gleichgewichtskonstanten, Freie Enthalpien, Enthalpien und Entropien verschiedenster Reaktionen. In der Praxis ist es üblich, die Standardwerte dieser Größen zu bestimmen.

7.4.1

Die elektrochemische Spannungsreihe

Wie wir bereits wissen, verläuft für zwei Redoxpaare Ox,/Red, und Ox,/Red, und eine Zelle

Red,, Ox, ||Red,,

9,

E*°=F%- E°

(7-35a)

die Zellreaktion

Red, + 0x, —0Ox, + Red,

(7-35b)

7.4 Anwendungen der Standardpotenziale

in der angegebenen Richtung freiwillig, wenn E° > 0 und daher EB

Er iseln

der Zelle wird Ox, durch Red, reduziert: unsere Schlussfolgerung lautet dann

251

Tabelle 7-3 Elektrochemische

Spannungsreihe der Metalle.*

I Redı ist (thermodynamisch) bestrebt, Ox, zu reduzieren, wenn E° < Es ist:

SDOnEn Gold

Als kurze Faustregel ausgedrückt: Niedrig reduziert hoch. Sehr wichtige Konsequenzen dieser Regel zeigen sich beispielsweise in den Elektronentransferreaktio-

nen der Atmungskette. In Tabelle 7-3 finden

Platin Silber Quecksilber

Sie einen Ausschnitt

aus der elektrochemischen

Span-

nungsreihe der Elemente; die metallischen Elemente (einschließlich Wasserstoff) sind nach ihrer reduzierenden Wirkung geordnet, gemessen anhand des Standardpotenzials in wässriger Lösung. Ein in der Reihe weit unten stehendes Metall (mit einem niedrigen Standardpotenzial) kann die Ionen der Metalle mit höheren Standardpotenzialen reduzieren. Dies ist eine qualitative Aussage; den genauen Wert von K erhält man auf dem bereits beschriebenen Weg. Um beispielsweise abzuschätzen, ob Zink aus wässrigen Magnesiumsalzlösungen bei 298 K das Magnesium verdrängen kann, stellen wir fest, dass Zink in der elektrochemischen Spannungsreihe oberhalb von Magnesium liegt. Das bedeutet, Zink kann Magnesium-Ionen in wässriger Lösung nicht reduzieren — wohl aber Wasserstoff-Ionen, weil Wasserstoff weiter oben in der Reihe steht. Auch wenn Reaktionen vom thermodynamischen Standpunkt aus stattfinden können, laufen sie jedoch aus kinetischen Gründen

A Nickel Eisen Zink ehron ee

möglicherweise sehr langsam ab.

Calcium

en f ‚re \

we

NELFUEn Kalium

Illustration 7-13

Anwendung der elektrochemischen Spannungsreihe

Weil E° (Zn’*, Zn) = -0.76V kleiner ist als E*(Cu?*, Cu) = +0.34 V, ist metallisches Zink (thermodynamisch gesehen) in der Lage, Cu’*-Ionen in wässriger Lösung zu reduzieren.

Anwendung 7-2

Energieumwandlung in lebenden Zellen

Alle Lebensäußerungen auf der Welt hängen von der Kopplung exergoner und endergoner Reaktionen ab: Die Oxidation von Nährstoffen liefert die Triebkraft für andere Reaktionen. Biologische Zellen speichern die bei der Oxidation der Nahrung frei werdende Energie in Adenosin-Triphosphat (ATP, (1)). Die Wirkungsweise von ATP beruht auf seiner Fähigkeit, seine endständige Phosphatgruppe hydrolytisch abzuspalten, wobei Adenosin-Diphosphat (ADP) entsteht: ATP (ag) + H,O (l)—>ADP (aq) + P,, (aq) + H3O" (aq)

(P,, bezeichnet einen anorganischen Phosphatrest, zum Beispiel H,PO,°). Die biologischen Standardwerte für die ATP-Hydrolyse bei Körpertemperatur (37°C bzw. 310K) sind A,G”= -31kjmol, A,H®= -20kjmol”! und

NH,

6) T el

6) 6) T I ae |




m,

|

HO = —H HOZ—IEeZR

|

HO En —'H NH,

' nn \ A

CH,

N

oO

y

T

N

[®)

2

H

H

OH

OH

6)

| o-P=0

Om

3 FAD 3) In Hefen sind Ethanol und CO, die Endprodukte.

@

NH N

N

EN

o

253

254

7 Das Chemische Gleichgewicht

der Enthalpie liefert hier vor allem die Entropie einen beträchtlichen Beitrag: Sie nimmt stark ab, wenn mehrere Aminosäuren in einer definierten Folge miteinan' der verknüpft werden. Für die direkte Bildung einer Peptidbindung ist AG” = +17 kJ] mol". Allerdings verläuft die Biosynthese dieser Bindung indirekt und verbraucht jeweils 3 Moleküle ATP. Der Aufbau eines mittelgroßen Proteins

(wie Myoglobin mit etwa 150 Peptidbindungen) erfordert 450 Moleküle ATP, das bedeutet, für die Synthese von 1 mol Protein werden 12 mol Glucose verbraucht. y

Die Atmungskette Bei der exergonen Oxidation eines Glucosemoleküls werden insgesamt 24 Elektronen auf sechs Sauerstoffmoleküle übertragen. Die Halbreaktionen für die Oxida| tion von C;H,‚0, und die Reduktion von O, lauten:

CH20; (s) + H5O ()>6CO,; (g) + 24H (aq) + 24e” 60, (g) + 24H (aq) + 24e° —>12H,0

(l)

Dabei gehen die Elektronen nicht unmittelbar vom Glucosemolekül auf das Sauer-

‚ stoffmolekül über: Wie wir bereits wissen, wird Glucose in biologischen Zellen | durch NAD* und FAD (Glycolyse, Citronensäurezyklus) zu CO, oxidiert. Der Gesamtprozess ist

CH1O; (Ss) +10NAD” +2FAD+4ADP+4P_

+2H,0>

6C0O, +10 NADH +2 FADH, +4ATP+6H*“.

| In der Atmungskette werden Elektronen, die aus kräftigen Reduktionsmitteln wie NADH und FADH, stammen, durch vier membrangebundene Proteinkomplexe und zwei bewegliche Elektronenüberträger transportiert, bevor damit O, zu H,0 reduziert wird. Wie wir gleich sehen werden, liefern die Elektronentransferreaktionen die Triebkraft für die ATP-Synthese der Membranproteinkomplexe. Die Atmungskette beginnt beim Komplex I (NADH-Q-Oxidoreduktas e) mit der Oxidation von NADH durch das Coenzym Q (4) in einer Zwei-Ele ktronen-Reaktion:

omn!

E°=+0.42V,

A,G®=-81kJjmol

.

Durch den KomplexII (Succinat-Q-Reduktase) werden weitere Moleküle Q von

| FADH, reduziert:

FADH, Sr Q Komplex II FAD

%

QH,

E® = +0.015 V, A,G®= -2.9kJmol .

Protein

Protein _

S

dos

co; 4 Coenzym Q,Q 5 Hämc

7.4 Anwendungen der Standardpotenziale

2 5

Reduziertes Q wandert dann zum Komplex III (Q-Cyto chrom-c-Oxidoreduktase), der die Reduktion des Proteins Cytochromc (abgekürzt Cytc) katalysiert. Cytochrom c enthält die Häm-Gruppe (5), dessen zentrales Eisen-Ion in den Oxidationsstufen +3 und +2 vorliegen kann. Die Nettoreaktion der Katalyse lautet

QH, +2 Fe’*(Cytc) Komplex II Q+2Fe*(Cytc)+2H* . E® =+0.15 V, ARG® = -30kJ mol" . Das reduzierte Cytochrom c überträgt Elektronen von Komplex III zu Komplex IV (Cytochrom-c-Oxidase). Dort wird schließlich O, zu H,O reduziert:

2 Fe?*. (Cytc)+2H* a+ 50 BE,

1085

» 2 Fe’*(Cytc) + H,O

Komplex IV

V.A,6G° = 2109 Kmols>.

Oxidative Phosphorylierung Die oben erläuterten Reaktionen unter Beteiligung der Komplexe I, III und IV liefern genügend Energie, um die Synthese von ATP durch oxidative Phosphorylierung zu ermöglichen:

ADP+P,+H*>ATP,

A,G®=+31kjmol* .

Wie wir gesehen haben, kann die Phosphorylierung von ADP zu ATP an die exergone Dephosphorylierung anderer Moleküle gekoppelt werden. Nach diesem Mechanismus wird während der Glycolyse und des Citronensäurezyklus ATP synthetisiert. Die oxidative Phosphorylierung verläuft allerdings nach einem anderen Mechanismus. Abb. 7-17 zeigt die Struktur eines Mitochondriums. Die Proteinkomplexe, die

innere

eine Rolle für die Elektronentransportkette spielen, befinden sich an der inneren

Membran

Membran, während die Phosphorylierung selbst im Intermembran-Raum stattfindet. Die Freie Enthalpie der Reaktionen der Komplexe I, III und IV wird zunächst verwendet, um

Protonen durch die Membran

des Mitochondriums

zu bewegen.

Matrix

Durch die asymmetrische Anordnung der Komplexe in der Membran können die Protonen, die auf einer Seite der Membran abgespalten werden, auf der anderen Seite angelagert werden. So weıden während der Oxidation von NADH durch Q im Komplex I vier Protonen durch die Membran transportiert; daneben trägt auch die Kopplung von Elektronentransfer und Protonenpumpen in den Komplexen III

äußere Membran

und IV dazu bei, dass sich ein Protonengradient über der inneren Membran aus-

raum

bildet. Unter Verwendung der in diesem Gradienten gespeicherten Energie phosphoryliert das Enzym H*-ATPase ADP zu ATP. Experimentell hat man gefunden, dass aus drei Molekülen NADH und einem Molekül FADH,, die in der Atmungskette oxidiert werden, insgesamt jeweils elf Moleküle ATP entstehen. Je nach Bedarf wird das ATP in der Zelle hydrolysiert, um Energie für andere biochemische Reaktionen zu gewinnen. Wie die H*-ATPase ATP aus ADP synthetisiert, erklärt die chemiosmotische Theorie von Peter Mitchell (Nobelpreis für Chemie 1978). Die Energie, die von einem Protonengradienten über eine Membran gespeichert wird, setzt sich aus zwei Bei-

Abb. 7-17 Der Aufbau eines typischen Mitochondriums.

trägen zusammen.

Erstens führt die Differenz der Aktivität von H+-Ionen zu einer

Differenz der molaren Freien Energie auf beiden Seiten der Membran: Q4+ AG



nen

=

en

=RT

In

innen

Qy+ außen

Zweitens entsteht eine Potenzialdifferenz Ab = Pynen — Daunen über die Membran durch Unterschiede in den Coulomb-Wechselwirkungen auf beiden Seiten. Die Ladungsdifferenz pro Mol Wasserstoff-Ionen ist gleich N,e mit N\e= F. Aus Begründung 7-3 folgt, dass die Differenz der molaren Freien Enthalpien dann durch AG.

a

FA

Intermembran-

256

7 Das Chemische Gleichgewicht

gegeben ist. Die Summe beider Beiträge ist die Freie Enthalpie, gespeichert durch einen Aktivitätsgradienten und einen Potenzialgradienten: Nee

Rudlm

|

m

innen 4 FAb + außen

(hier wurden die chung kann man ADP verfügbar ApH = pH... —

Aktivitäten durch Konzentrationen ersetzt). Mithilfe dieser Gleiauch abschätzen, wie viel Energie für die Phosphorylierung von ist. Wir verwenden In[H']=In10lg[H'] und setzen ein

PH

außen

— — lg[H*],

& + lg[H"],uecn. Es ergibt sich

AG„ = FAb - (RTIn 10) ApH .

Im Fall eines Mitochondriums ist ApH= -1.4 und A®d=0.14V, also ist AG, = +21.5k]J mol”!. Weil für die Phosphorylierung 31 kJ mol”! benötigt werden, müssen also mindestens 2 Mol Wasserstoff-Ionen (vielleicht sogar mehr) durch die Membran transportiert werden, damit ein Mol ADP phosphoryliert werden kann.

Die Messung von Aktivitätskoeffizienten Bei bekannter Standardzellspannung kann man die Aktivitätskoeffizienten der Ionen bestimmen, indem man die Zellspannung bei der gewünschten Konzentration misst. So ergibt sich beispielsweise der mittlere Aktivitätskoeffizient der Ionen einer Chlorwasserstoffsäure der Molalität b bei bekanntem E aus GI. (7-32), geschrieben in der Form

Iny,RE =

—Inb.

{7-36}

Die Bestimmung von Gleichgewichtskonstanten Die wichtigste Anwendung der Standardpotenziale besteht in der Berechnung der Standardzellspannung einer Zelle, die aus zwei beliebig vorgegebenen Elektroden aufgebaut ist. Dazu subtrahieren wir das Standardpotenzial der linken Elektrode von demjenigen der rechten Elektrode:

E° = E° (rechts) — E° (links) .

(7-37)

Wegen A,G” = —-vFE° folgt daraus, dass die Gleichgewichtskonstante der Zellreaktion größer ist als eins, wenn man nach Gl. (7-37) eine Standardzellspannung größer als null berechnet.

| Illustration 7-14 | Die Berechnung einer Gleichgewichtskonstante aus Standardpotenzialen

Von einer Disproportionierung spricht man, wenn eine Spezies in derselben Reaktion sowohl oxidiert als auch reduziert wird. Wir untersuchen die Disproportionierung 2Cu' (aq)—Cu (s) + Cu?' (aq) durch Kombination folgender Elektroden:

rechts:

Cu(s)|Cu* (aq)

links:

Pt(s)|Cu’* (aq), Cu* (ag)

Cu’ (ag) +e—>Cu(aq)

E° = +052V Cu?* (ag) +e >Cu?* (SPPEF= 10IOV

Die Standardpotenziale wurden bei 298 K gemessen; die Standardzellsp annung ist also EP e4092V-

016 V= 036%.

ı Daraus können wir nun die Gleichgewichtskonstante der Zellreaktion berechnen. Mit v=1 folgt aus Gl. (7-30)

7.4 Anwendungen der Standardpotenziale

257

036. Vin 10:36 0.025693 V 0.025 693 Das Ergebnis lautet K= 1.2 x 10%. HR

Übung 7-11 Berechnen Sie für Quecksilber(I)-chlorid die Löslichkeitskonstante (die Gleichgewichtskonstante der Reaktion Hg,Cl,(s) = Hg3' (aq)+2 Cl (aq)) sowie die Löslichkeit bei 298.15 K. Hinweis: Das Quecksilber(I)-Ion ist die zweiatomige Spezies Hs P.62102 8.7210 7molkg"|

Selektive Elektroden Eine ionenselektive Elektrode baut eine Spannung auf, wenn eine bestimmte Ionen-

sorte in der untersuchten Lösung anwesend ist. Ein Beispiel ist die Glaselektrode (Abb. 7-18), die auf Wasserstoff-Ionen empfindlich ist: Ihr Potenzial ist proportional zum pH-Wert. Die Elektrode ist mit einem Cl--Ionen enthaltenden Phosphatpuffer gefüllt; ihr Potenzial

ist zweckmäßigerweise

gleich null, wenn

der pH-Wert

| Silber-/ 1 SilberchloridElektrode

\L PhosphatPufferlösung

Glasmembran

des

äußeren Mediums gleich 7 ist. Vor der Anwendung kalibriert man die Glaselektrode mithilfe von Lösungen bekannten pH-Werts. Die Empfindlichkeit der Glaselektrode auf die Aktivität der Wasserstoff-Ionen ist das Ergebnis komplizierter Prozesse an den Grenzflächen zwischen der Glasmembran und den umgebenden Lösungen. Die Membran selbst ist durchlässig für Na* und Li*, nicht jedoch für H*. Die Potenzialdifferenz zwischen beiden Seiten der Membran muss daher durch einen anderen Mechanismus zustande kommen als bei biologischen Membranpotenzialen (siehe Anwendung 7-2). Die Besonderheit liegt im Aufbau der Membran: Wie man in Abb. 7-19 sieht, sind ihre beiden Seiten von einer gelartigen Silicatquellschicht bedeckt. Die Wasserstoff-Ionen in der Probe-

Abb. 7-18

Die Glaselektrode; sie wird übli-

cherweise zusammen mit einer gesättigten

Kalomelelektrode verwendet. Diese steht über eine Salzbrücke mit der Analysenlösung im Kontakt.

lösung modifizieren diese Schicht in einer Weise, die von ihrer Aktivität abhängt;

diese Modifikation der Ladung (und damit des Potenzials) der Außenschicht wird über die Na'- und Li'-Ionen des Glases an die innere Schicht weitergegeben. Das Membranpotenzial wird auf diese Weise indirekt durch die Wasserstoff-Ionen erzeugt.

Das Material solcher pH-sensitiver Elektroden ist in der Regel Lithiumsilicatglas, dotiert mit Schwermetalloxiden. Durch Dotierung des Materials mit Al,O; und B,O; erhält man Elektroden, die auf Na’, K' oder NH; empfindlich sind.

Mithilfe einer geeignet modifizierten Glaselektrode kann man die Anwesenheit bestimmter Gase feststellen. Eine einfache Form einer gasselektiven Elektrode ist eine Glaselektrode, umgeben von einer Hülse, die mit einer wässrigen Lösung gefüllt ist. Diese ist von der Probelösung durch eine Membran getrennt, welche für ein bestimmtes Gas durchlässig ist. Diffundiert ein Gas wie Ammoniak oder Schwefelwasserstoff in die wässrige Lösung, wird deren pH-Wert verändert; dies beeinflusst wiederum das Potenzial der Glaselektrode. Organische Verbindungen wie

Silicatquellschicht

Harnstoff oder Aminosäuren kann man in Anwesenheit eines Enzyms nachweisen,

das etwa Ammoniak aus der Verbindung freisetzt, welches seinerseits den pH-Wert der Lösung verändert. Etwas komplizierter aufgebaut sind ionenselektive Elektroden; ihr Potenzial reagiert auf bestimmte in der Probe vorhandene Ionenarten. Ein möglicher Versuchsaufbau besteht aus einer porösen lipophilen (Kohlenwasserstoffe anziehenden) Membran, die mit einer kleinen Menge einer hydrophoben (Wasser abweisenden) Flüssigkeit (z.B. Dioktylphenylphosphonat) in Kontakt steht (Abb. 7-20). Letztere enthält einen Chelatbildner (zum Beispiel (RO),PO, mit R=C;, bis C,,), der als eine Art Lösungsvermittler für die Ionen wirkt, mit denen er Komplexe bilden kann. Die chelatisierten Ionen können sich durch die lipophile Membran bewegen und so ein Membranpotenzial aufbauen; dieses wird durch eine Silber/Silberchlorid-Elektrode im Inneren der Anordnung registriert. Selektive Elektroden ähnlichen Aufbaus gibt es für eine Reihe von Ionen, u.a. Calcium, Zink, Eisen, Blei und Kupfer.

uazyne

Glass durchlässig für Li"- und Na’-Ionen Abb. 7-19 Schnitt durch die Membran einer Glaselektrode.

258

7 Das Chemische Gleichgewicht Silber-/ SilberchloridDe Elektrode

—-Vorrat an

| hydrophober Flüssigkeit oröse

Ipophile Membran

Theoretisch sollte das Membranpotenzial ausschließlich durch Unterschiede der Aktivitäten der Spezies zustande kommen, für deren Nachweis die Elektrode gedacht ist. In der Praxis beobachtet man eine kleine Potenzialdifferenz, die Asymmetriespannung, auch dann, wenn die Aktivität der Testsubstanz auf beiden Seiten der Membran gleich groß ist. Die Ursache dafür ist, dass es nicht gelingen kann, ein Membranmaterial herzustellen, dessen Struktur und chemische Eigenschaften vollkommen homogen sind. Außerdem reagieren alle selektiven Elektroden auch auf bestimmte andere Spezies (allerdings in weitaus schwächerem Maße). Messungen mit einer Na*-selektiven Elektrode beispielsweise werden durch die Anwesenheit von K* in der Versuchslösung beeinflusst. Interferenzen von Y' bei Messungen mit einer auf X" empfindlichen Elektrode werden deshalb durch eine Modifikation der Nernst’schen Gleichung erfasst:

Abb. 7-20 Aufbau einer ionenselektiven Elektrode. Die chelatisierten Ionen sind in

der Lage, die lipophile Membran zu durchdringen.

Ren E=

Den

E; Br

In (ax: 2 kx.yayı ) D

(7-38)

Hier ist E,synm die Asymmetriespannung, f ein experimentell bestimmter Parameter, der Abweichungen von der Nernst’schen Gleichung beinhaltet, und kyy der Selektivitätskoeffizient der Elektrode; k,, beschreibt die Empfindlichkeit der Elekt-

rode auf die interferierende Spezies Y*. Ist ß = 1, so reagiert die Elektrode auf die Aktivität von Ionen in der Lösung in einer Weise, die sich mit der Nernst’schen Gleichung beschreiben lässt. In der Praxis trifft das auf die meisten selektiven Elektroden von guter Qualität zu. Für Präzisionsmessungen muss man die Elektrode kalibrieren, indem man Eysymm, P und kx, bestimmt, bevor man Lösungen mit unbekannten Konzentrationen an X* untersucht.

7.4.2

Thermodynamische Funktionen aus Zellpotenzialen

Der Zusammenhang zwischen Standardzellpotenzial und Freier Standardenthalpie

der Zellreaktion ist durch Gl. (7-28) gegeben (A,G® = -v F E°). Die letztere Größe

kann man also direkt aus der Messung von E* bestimmen. Daraus wiederum berechnet man die Freie Bildungsenthalpie der Ionen unter Verwendung der Konvention, die in Abschnitt 3.2.2 erklärt wurde.

Illustration 7-15 Die Elektrochemische Bestimmung der Freien Bildungsenthalpie eines lons In der Zelle

Pt(s)|H,|H" (ag) ||Ag’ (aq)|Ag(s)

E° = +0.7996V

findet folgende Reaktion statt:

1 n Ag* & (aq) + > B)>HT (ag) +Ag(s)

RAGT = -A,Ge(Agt, ag).

Mitv=1istdann

AnG° (Agt, ag) = -(-FE°) = 477.15 kJmol. Dieses Ergebnis stimmt gut mit dem Wert überein, der in Tabelle 2-6 im Anhang angegeben ist. Die Entropie der Zellreaktion ergibt sich aus der Temper aturabhängigkeit dE* /dT des Zellpotenzials; das folgt aus der thermodynamischen Beziehung (dG/d9T) = -S und Gl. (7-27), die man zusammenfassen kann zu i

de I ANS

mn

Ve

7.4 Anwendungen der Standardpotenziale

(Dies ist ein totales Differenzial, da E° genau wie ARG° nicht vom Druck abhängt.)

Wir können also aus elektrochemischen Messungen Standardentropien der Zellreaktionen und daraus die Entropien der Ionen in der Lösung bestimmen. Fassen wir alle bisherigen Ergebnisse zusammen, erhalten wir eine Beziehung für die Standardreaktionsenthalpie:

AH? = AnG° HT A159 = vF(E° - TS). a2

(7-40)

Man hat auf diese Weise eine Alternative zur kalorimetrischen Messung von A,H°

und kann (aufgrund der Vereinbarung, dass A, H* (H*,aq) =0 ist) die Standardbildungsenthalpien von Ionen in Lösung bestimmen. Elektrochemische Messungen lassen sich somit zur Berechnung aller thermodynamischen Größen verwenden, die zu Beginn dieses Kapitels eingeführt wurden. Beispiel 7-5 Eine Anwendung der Temperaturabhängigkeit des Zellpotenzials

Die Standardzellspannung einer Zelle

Pt|H, (8) |HBr (aq) |AgBr (s) |Ag (s) wurde in einem bestimmten Temperaturbereich experimentell bestimmt; an die Messwerte wurde folgendes Polynom angepasst:

E°/V= 0.07131 - 4.99 x10-*(T/K — 298) — 3.45 x10°(T/K - 298) . Berechnen Sie die Freie Standardenthalpie, Enthalpie und Entropie der Zellreaktion bei 298 K.

Vorgehen Nachdem E” bei 298 K bestimmt wurde, erhält man aus Gl. (7-28) die Freie Standardreaktionsenthalpie (1 VC=1]J). Gl. (7-39) liefert dann die Standardreaktionsentropie; dazu muss das Polynom nach T abgeleitet und dann T = 298K gesetzt werden. Durch Zusammenfassung beider Resultate ergibt sich schließlich die Standardreaktionsenthalpie. Antwort

Bei T = 298K

ist E? = +0.07131V, also ist

AG? = -vFE? = -(1)(9.6485 x 10* Cmol”')(+0.07131 V) = -6.880 x 10° VCmol”' = -6.880k] mol" . Die Temperaturabhängigkeit des Zellpotenzials wird beschrieben durch 9

u = 49x10 VK

93.45 x10 9 T/RK- 298) VK;

bei 298K ergibt sich ©

2

eur

—= -4.99x10 *VK.

Aus Gl. (7-39) erhält man für die Standardreaktionsentropie

AzS® = 1: (9.6485 x 10° Cmol"')(—4.99 x10°* VK') = -48.2]K' mol . Daraus folgt

A,H® = A,G® + TAxS® = -6.880 kJ] mol"! + (298 K)(-0.0482 kJ K“'mol') zen

2ldmel-.

Ein Problem dieses Verfahrens liegt in der Schwierigkeit, eine kleine Temperaturabhängigkeit des Zellpotenzials genau zu messen. Ungeachtet dessen ist dies ein

beeindruckendes Beispiel für die Fähigkeit der Thermodynamik, Beziehungen zwischen Größen herzustellen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben hier elektrochemische Messwerte und thermische Eigenschaften.

259

260

7 Das Chemische Gleichgewicht

Übung 7-12 Ermitteln Sie aus Tabellenwerten der thermodynamischen Daten die Standardzell[0.2222 V] spannung der Harned-Zelle bei 303 K.

7.5

|

Säuren und Basen

Eines der wichtigsten chemischen Gleichgewichte ist das zwischen Säuren und Basen in Lösung. Nach Bronsted-Lowry sind definiert “ eine Säure HA als Protonendonor, HA—H*

eine Base B als Protonenakzeptor,

+ A7 und

B+ H* —BH'*.

Demzufolge ist Chlorwasserstoff, HCl, eine Säure: das Molekül kann ein Proton (ein H*-Ion) an ein anderes Molekül abgeben. Ammoniak, NH;, ist eine Base; es kann sich durch Aufnahme eines Protons aus einem anderen Molekül in NH; umwandeln. Die Art des Lösungsmittels wird in der Definition nicht berücksichtigt (die Definition lässt sich sogar anwenden, wenn überhaupt kein Lösungsmittel vorhanden ist). Da jedoch Wasser das bei weitem wichtigste Lösungsmittel überhaupt ist, werden wir uns in der Diskussion vornehmlich auf wässrige Lösungen beziehen.

7.5.1

Säure-Base-Gleichgewichte in wässriger Lösung

Eine Säure HA liegt in wässriger Lösung als Teil folgenden Gleichgewichts vor: HA (ag) + H,O (l) = H,0° (aq) + A (ag).

Das hydratisierte Proton H,;O* wird als Hydronium-Ion bezeichnet; den Protonenakzeptor A" nennt man konjugierte Base der Säure HA. Als Beispiel eines Dissoziationsgleichgewichts einer Säure in Wasser sei das von HF angeführt:

HF (aq)+H,0(l) = H,0* (ag) + F (ag). Die Gleichgewichtskonstante dieser protolytischen Reaktion lautet

Wenn wir uns auf verdünnte Lösungen beschränken, ist die Aktivität des Wassers nahe 1 (der Aktivität reinen Wassers); das Gleichgewicht lässt sich dann mithilfe der Säurekonstante K, beschreiben: Er

R

(7-41)

Das für eine Base B in Wasser charakteristische Protolysegleichgewicht ist B(aq)+ H,O (l) = HB* (aq) + OH

(ag):

Der Protonendonor HB", der sich bei Aufnahme eines H*-Ions durch die Base bil-

det, wird konjugierte Säure der Base B genannt. Als Beispiel dient NH, in wässriger Lösung,

7.5 Säuren*und Basen

NH; (aq)+H,0(l) = NH} (ag)

+0H° ea

Als konjugierte Säure des NH; findet man das Ammonium-lIon Ns DarHB selbst auch eine Bronsted-Säure ist, bildet sich ein weiteres Protolysegleichgewic ht,

HB’ (ag) + H,O (l) = H,0* (ag) +Blag),

oder für unser Beispiel NH; (aq) +H,0 (l) = H;0* (aq) + NH, (ag) .

Die besondere Bedeutung dieses Konzepts besteht darin, dass wir Säuren und Basen auf die gleiche Weise behandeln können, wenn wir die Eigenschaften der konjugierten Base einbeziehen (beispielsweise die von NH; in wässriger Ammoniaklösung). Die allgemeine Form eines Säure-Base-Gleichgewichts nach Bronsted lautet Säure (aq) + H,O (l) = H,O* (aq) + Base (ag) ,

die Säure und die Base bilden ein konjugiertes (oder korrespondierendes) SäureBase-Paar (wie HF/F* oder NH, /NH;3). Die allgemeine Schreibweise für die Säurekonstante ergibt sich daraus zu

Ks

__ a(H,3O")a(Base) a(Säure)

_

unter „Säure“ verstehen wir hier eine gewöhnliche Säure (wie HF) oder die konjugierte Säure einer Base (wie NH‘). Das Konzept von Bronsted-Lowry unterscheidet

nicht zwischen Säuren und konjugierten Säuren oder Basen und konjugierten Basen. Säurekonstanten sind über einen weiten Wertebereich verteilt (so findet man K; =5.6x10"° für NH; und 0.16 für HCIO; bei 298K). Sie werden daher meist logarithmisch (zur Basis 10) angegeben; man definiert

(7-42)

Ps==lgR;,..

Nach dieser Definition erhält man pK; = 9.25 für NH} und 0.80 für HCIO;. Dabei sollte man beachten: je größer der pKs-Wert einer Säure, desto kleiner ist ihr K, und desto schwächer ist die Fähigkeit des Moleküls zur Protonenabgabe an Wasser. In Tabelle 7-4 finden Sie einige Zahlenwerte für Säurekonstanten. Tabelle 7-4 Säurekonstanten in Wasser bei 298 K.

PKsı Essigsäure,

PK

PK;

4.75

CH,COOH Ammonium-

925

Ion, NH, Kohlensäure,

6.37

10.25

Dan.

N

H,CO, Phosphorsäure,

H,PO,

12.67

261

262

7 Das Chemische Gleichgewicht

eine ganze Reihe Durch die Verwendung von pK; anstelle von Ks vereinfacht sich Protolysegleichdes nstante Säureko die dass ist, dafür von Gleichungen. Der Grund verbunden Reaktion nden betreffe der e Enthalpi Freien gewichts der Säure mit der ist durch

A,G® = -RTInKs = 2.303RTpKs . mit pK;-Werten

man

Wenn AG

rechnet, verbergen sich dahinter immer

Werte von

Autoprotolyse und pH-Wert Wasser ist amphoter; es kann sowohl als Säure als auch als Base reagieren:

HF(aQ)

+

Säure

H,0(l)

Ol)

>

H,O” (ag)+F (ag)



NH; (ag) +OH°

Base

+

Säure

NH;(aq)

(ag)

Base

Durch diese Eigenschaft kann ein H,O-Molekül auch gegenüber einem anderen als Protonendonor oder -akzeptor wirken; so entsteht das Autoprotolyse-Gleichgewicht, ein Protolysegleichgewicht innerhalb eines einzigen Stoffes: H,0() Säure

+

H,O



H,O (aq) + OH” (ag)

Base

Zur Bestimmung der Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion ist die Aktivität von Wasser (in verdünnter Lösung) gleich 1 zu setzen, man erhält die Autoprotolysekonstante (das Ionenprodukt) des Wassers, Ky



a(H,O°)

a(OH

)

5

PK

=

1

lg Ky

E

(7-43)

Bei 25 °C ist Ky = 1.008 x 10°"* (pKy = 14.00); man erkennt, dass nur ein geringer Teil des Wassers dissoziiert vorliegt. Da in reinem Wasser die Konzentrationen von H,O*- und OH --Ionen gleich groß sein müssen, ist es sinnvoll anzunehmen, dass auch ihre Aktivitäten gleich sind.‘ Daraus folgt bei 298 K

a(H,0*) = (Ky)"” = 1.004 x10” In sehr verdünnten Lösungen kann die Aktivität etwa mit dem Zahlenwert der Molalität (a = m/m”) beziehungsweise der Konzentration gleichgesetzt werden. Die Konzentrationen von Hydronium- und Hydroxid-Ion betragen dann — wenn keine anderen Ionen in der Lösung anwesend sind - je etwa 1.0 x 10” mol L"'. Für eine Reihe verschiedener Prozesse ist die Aktivität der Hydronium-Ionen von entscheidender Bedeutung; ihr Wertebereich ist relativ groß. So findet man in Im HCl(aq) a(H;0*) = 0.81, in reinem Wasser a(H;0O*)=10", in Im NaOH a(H,O") = 10°'*. Aus diesem Grund verwendet man auch hier den Logarithmus zur Basis 10 und erhält so die pH-Skala mit

pH = -1g0(1;07).

(7-44)

Je höher der pH-Wert einer Lösung, desto niedriger ist die Aktivität der HydroniumIonen. Auch negative pH-Werte können auftreten, wenn diese Aktivität größer als 1 wird. In 2.00 m HCl (aq) beispielsweise ist sie 2.02, pH = 0.31. Mitunter wird auch die pOH-Skala verwendet mit

4) Die Aktivitäten der einzelnen Ionen und ihre Abweichungen vom idealen Verhalten haben wir in Abschnitt 5.3.4 im Zusammenhang mit den mittleren Ionenaktivitätskoeffizienten diskutiert.

7.5 Säurem und Basen

pOH = -1ga(OH°).

(7-45)

Wenn wir den Ausdruck für K, logarithmieren und alle Vorzeichen umkehren, finden wir die folgende Beziehung zwischen pH und pOH einer Lösung: pKkw =pH+pOH.

(7-46)

Damit diese Summe konstant bleibt (pKy — 14.00 bei 25 °C), muss bei zunehmendem pH-Wert einer Lösung ihr pOH-Wert abnehmen. Für reines Wasser gilt pH=pOH (die Aktivitäten beider Ionen sind gleich), sodass man bei 298 K erhält

1 pH = pKy = 7.00. In neutralen wässrigen Lösungen bei 298 K Körpertemperatur [37 °C] ist pKy = 13.68, Wert von 6.84.) In einem sauren wässrigen nem Wasser, sodass pH < 7 ist (bei 25 °C); manpH >7.

misst man also den pH-Wert 7.00. (Bei Neutralität entspricht dann einem pHMedium ist a(H,O') größer als in reiin basischen Lösungen bei 25 °C findet

Die Berechnung von pH-Werten Für stark verdünnte wässrige Lösungen gilt

A, =

m,

'm*®

u

=

(mol L"')

mit [J] als Konzentration der Spezies J. Soweit es unsere Diskussion vereinfacht, wollen wir die Aktivitäten in den Säurekonstanten durch die entsprechenden Konzentrationen ersetzen, sodass wir schreiben können

[H30*] [Base] — ; [Säure]

K,= —

für [J] denken wir uns [J] / (mol L"'). Diese Näherung ist nur dann zulässig, wenn die Summe

der Konzentrationen aller Ionen in der Lösung klein ist, nicht nur die

Konzentration der speziell untersuchten Spezies — denn alle Ionen tragen zur Abweichung der Lösung vom idealen Verhalten bei. Damit diese Bedingung erfüllt ist, müssen die auftretenden Konzentrationen sehr klein sein; bei einer 10° M Lösung eines 1:1-Elektrolyten in Wasser bei 25 °C findet man Aktivitätskoeffizienten von etwa 0.96. Vernachlässigung dieser Abweichung führt zu einem Fehler im Wert der Gleichgewichtskonstante von bis zu 10 Prozent! Sind die vorliegenden Konzentrationen zu groß, um die Näherung noch sinnvoll anwenden zu können, verwendet

man tabellierte Aktivitätskoeffizienten (oder berechnet diese mithilfe der Gleichungen, die in Abschnitt 5.3.4 entwickelt wurden). Beispiel 7-6 Die Berechnung des pH-Weris einer Säure Berechnen Sie den pH-Wert einer 0.20 m wässrigen Lösung von HCN. Nehmen Sie näherungsweise an, dass der Aktivitätskoeffizient von HCN gleich 1 ist; diese Näherung soll für die in der Lösung vorliegenden Ionen jedoch nicht gelten. Vorgehen Am übersichtlichsten ist es, wenn wir zunächst die Reaktionsgleichung für das betrachtete Gleichgewicht aufschreiben und einen Ausdruck für die Säurekonstante formulieren. Die Stöchiometriezahlen von H,O' und CN“ sind beide gleich 1; wenn wir nun noch für Kation und Anion gleiche Aktivitätskoeffizienten annehmen, sind die Aktivitäten der beiden Ionen gleichzusetzen. Die gefundene Beziehung wird abschließend logarithmiert, es ergeben sich pKg-beziehungsweise pH-Wert.

263

264

7 Das Chemische Gleichgewicht

Antwort

Unser Gleichgewicht ist

HCN (ag) + H,O (l) = H;0' (ag)

K, =

+CN (ag),

a(H,O')a(CN) a(HCN)

ihrer KonzentraDie Aktivität der HCN-Moleküle entspricht etwa dem Zahlenwert sind gleich, ten Ionenar beider ten tion: a(HCN) = [HCN]/(molL*). Die Aktivitä in lässt en umform K, für ng a(CN ) = a(H,O"), sodass sich die Beziehu

a

a(H,O*) = (

molL"'

liefert Logarithmieren der Gleichung und Multiplikation beider Seiten mit (—1)

pH = oK, ;el)

= :9.31

5180.20 = 5.0.

Aufgrund der Näherungen, mit deren Hilfe dieses Ergebnis erhalten wurde, ist es nicht allzu genau; höchstens die erste Stelle nach dem Komma ist noch zuverlässig. Zu unseren Annahmen gehören die Vernachlässigbarkeit des Aktivitätskoeffizienten von HCN, die Gleichheit der Aktivitätskoeffizienten von H,O* und CN’

sowie die Vernachlässigbarkeit des kleinen Beitrags der Hydronium-lonen, aus der Autoprotolyse des Wassers stammen.

die

Übung 7-13 Berechnen Sie den pH-Wert einer 0.01 m wässrigen NH;-Lösung. (Hinweis: Bezie[pH =11.1] hen Sie die Dissoziation der Säure NH; ein.)

Starke und schwache Säuren Eine starke Säure im Bronsted’schen Sinn ist ein starker Protonendonor; in Lösung liegt die Spezies nahezu vollständig dissoziiert vor. HCl (aq) + H,O (|)

==

H,O (aq) + Cl” (ag)

H,SO, (ag) + H,O)

=.

’H,0*+HSO;

Die Säurekonstante einer starken Säure ist größer als 1, sodass pK; negativ wird. Die Konstante lässt sich im allgemeinen experimentell nicht bestimmen, sodass man in der Praxis von vollständiger Dissoziation ausgeht (pK;, >»). Analog bezeichnet man als starke Base einen starken Protonenakzeptor, der in Lösung praktisch zu 100 Prozent in seiner protonierten Form vorliegt. Ein Beispiel ist das Oxid-Ion O°", welches man in Wasser selbst nicht findet, da das folgende Gleichgewicht fast vollständig auf der Produktseite liegt:

0° (ag) + H,O (l) = 20H (ag). Zu einer starken Base gehört eine schwache konjugierte Säure; tatsächlich findet man eine sehr kleine Säurekonstante (OH ist gegenüber H,O ein äußerst schwacher Protonendonor).

Eine schwache Säure im Bronsted’schen Sinn ist in Lösung nur teilweise dissoziiert; ihr Wert für Ks ist kleiner als 1, pK, ist positiv. Als Beispiel sei eine wässrige Lösung von Essigsäure angeführt:

CH,;COOH (aq) + H,O (l) = H,0* (ag)

+CH,COO (ag),

PK =4.75.

Auch HSO, ist in wässriger Lösung eine schwache Säure:

HSO; (ag) + H,O (l) =H,O* (aq)+SO (ad),

pK=1.9.

7.5

Säuren* und Basen

H,SO, ist also eine starke Säure; ihre konjugierte Base HSO; ist nur eine schwache Säure. Für HSO, findet man einen kleineren pK,-Wert als für CH,COOH, woraus folgt, dass (bei gleicher Konzentration beider Lösungen) HSO, in Wasser zu einem größeren Teil dissoziiert vorliegt als Essigsäure. Eine schwache Base liegt entsprechend nur teilweise in der protonierten Form vor. Als Beispiel betrachten wir NH, in wässriger Lösung, NR; (ag) + H,O (l)= NH; (ag) +OH° (ag).

Die Spezies NH, und NH; findet man in einer Lösung nebeneinander, woran man erkennen kann, dass NH; als schwache Säure fungiert. So findet man für NH; (aq) einen pKs-Wert von 9.25.

Beispiel 7-7 Die Berechnung des pH-Werts einer Lösung

Berechnen Sie den pH-Wert einer 0.15 m NH,Cl (aq)-Lösung. Der Aktivitätskoeffizient eines einwertigen Ions in einer Lösung eines (1,1)-Elektrolyten beträgt bei dieser Konzentration etwa 0.6. Vorgehen Das Kation NH; ist eine schwache Säure; durch seine Anwesenheit sinkt der pH-Wert der Lösung. Das Ion Cl” hingegen ist eine so schwache Base, dass man so gut wie keinen Einfluss auf den pH-Wert der Lösung feststellen kann. Schreiben Sie zunächst die Dissoziationsgleichung der schwachen Säure NH}; auf und formen Sie diese um, sodass Sie eine Beziehung für lga(H,O*) erhalten; berücksichtigen Sie dabei die Stöchiometrie der Reaktion. Da NH} eine schwache Säure ist, ist es zulässig anzunehmen, dass seine Konzentration in Lösung gleich der Konzentration des Salzes ist. Antwort

Das Gleichgewicht lautet

NH; (ag) + H,O (l) = H;0” (aq) + NH; (aq) , __ a(H30”)a(NH;)

77

GNAr)

Die Aktivitätskoeffizienten beider Ionenarten nehmen wir wieder als gleich an; weiterhin treffen wir die Näherung, dass der Aktivitätskoeffizient des ungeladenen NH;-Moleküls etwa 1 ist. Wir erhalten dann

_ b(H,0*) b(NH;) NINE Bei Bildung jedes H,O*-Ions entsteht ein Molekül NH,, also gilt b(NH;) = b(H; 0”). Damit ist

b(H,0*) = {Ks xb(NH}) b°}"?. NH; ist eine so schwache Säure, dass sich seine Molalität nur unwesentlich von

der Molalität des Salzes unterscheidet; diese wiederum entspricht näherungsweise der Konzentration. Mit Ks = 5.6 x 10"? ist

b(H,0*) = {(5.6

10°") x (0.15 molkg ') x (1 mol ke

—-9.2%x10° molkg”" . Der Aktivitätskoeffizient der Ionen in einer 0.15 m wässrigen Lösung eines (1,1)Elektrolyten ist gleich 0.6; für die Aktivität der Hydronium-Ionen erhält man damit a(H,0*)=0.6 x (9.2x 10°) = 6x 1055

tolyse und der pH-Wert der Lösung ist 5.2. Die Hydronium-Ionen aus der Autopro unten sehen werden, des Wassers wurden hier nicht berücksichtigt; wie wir weiter

ist dieser Beitrag (außer für reines Wasser) vernachlässigbar klein.

265

266

7 Das Chemische Gleichgewicht

Übung 7-14 Berechnen Sie den pH-Wert einer 0.15 m Lösung von CH,COONa (ag); der Aktivitätskoeffizient beträgt etwa 0.6. (Hinweis: Finden Sie mithilfe von K = Kw/Ks einen Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante der Reaktion CH,COO (aq) + H,0 (l) = CH,COOH (aq) + OH (ag) als Funktion der Säurekonstante K,; und [pH =8.9] bestimmen Sie zunächst den pPOH-Wert der Lösung.) F

1.52

Säure-Base-Titrationen

Eine wichtige Anwendung der Säure-Base-Gleichgewichte ist die Säure-Base-Titration. Mithilfe der pKs-Werte entscheidet man hier, bei welchem pH-Wert der Endpunkt (Äquivalenzpunkt) der Titration liegt — das heißt, wie der pH-Wert der Lösung ist, wenn zur Lösung einer Säure die stöchiometrisch äquivalente Menge einer Base zugegeben wurde. Titriert man eine starke Säure mit einer starken Base (bzw. umgekehrt), üben die am Endpunkt vorhandenen Ionen (das sind die Kationen der starken Base, wie Na" von NaOH, und die Anionen der starken Säure, wie CI" von HCl) kaum einen Ein-

fluss auf den pH-Wert der Lösung aus. In der Probe findet man die erwähnten Ionen, Wassermoleküle und H,O' beziehungsweise OH aus der Autoprotolyse des Wasser. Durch die Stöchiometrie dieser Eigendissoziation gilt dann immer pH=pOH; das entspricht einem pH-Wert von 7. Am Endpunkt der Titration einer schwachen Säure (CH; COOH) mit einer starken Base (NaOH) befindet sich in der wässrigen Analysenlösung das entsprechende Salz (Natriumacetat). Neben den Ionen aus der Autoprotolyse des Wassers findet man Na' und CH,COO". Infolge des Gehalts an der Bronsted-Base CH,COO- erwarten wir einen pH-Wert größer 7. Am Endpunkt der Titration einer schwachen Base (NH,) mit einer starken Säure (HCl) enthält die Lösung NH; und Cl’; letzteres ist eine sehr schwache Bronsted-Base, NH} ist eine schwache Bronsted-Säure (Beispiel 7-7), sodass die Lösung leicht sauer reagiert und der pH-Wert etwas unterhalb von 7 liegt. Diese Zusammenhänge wollen wir in den nächsten Abschnitten ausführlich diskutieren; wir werden lernen, den pH-Wert der Lösung in jedem Punkt einer Titration vorauszusagen. Dazu gehen wir in zwei Schritten vor. Zunächst konstruieren wir die vollständige Titrationskurve. Die Gleichungen, die wir dabei erhalten, sind relativ kompliziert zu handhaben; daher werden wir im zweiten Teil der Ausführungen einige für die Praxis sinnvolle Näherungen einführen.

Ve/V, Abb. 7-21 Der Verlauf des pH-Werts während der Titration einer schwachen Säure mit einer

starken Base, aufgetragen für verschiedene Werte von pk;.

7.5

Säuren*und Basen

Die Titrationskurve Wir wollen ein Volumen V, einer schwachen Säure der Konzentration A, (Analysenlösung) mit der Lösung einer starken Base MOH der Konzentration B (Maßlösung) titrieren. Wurde ein Volumen V, der Maßlösung zur Analysenlösung gegeben, beträgt das Gesamtvolumen V=V, + V5. Die molare Konzentration H der Hydronium-Ionen ist in diesem Punkt durch die Lösung der folgenden Gleichung gegeben: V; _ (Ks + H)(Ky — H?) + KyAyH Wi (K, + H)\(BH+H? — K,)

(7-47)

Einige Kurven, die man aus dieser Gleichung erhält, sind in Abb. 7-21 dargestellt.

Da die Lösung zu jedem Zeitpunkt der Titration nach außen elektrisch neutral ist, gilt

[M"] + [H,0*] = [A] + [OH]. Weiterhin wissen wir, dass die Anzahl der A enthaltenden Teilchen (wie HA und

A”) konstant und gleich A,V, ist. Ihre Konzentration ändert sich jedoch, wenn das Volumen der Lösung zunimmt. In jedem Moment des Titrationsprozesses ist daher

AyVa

[HA] + [A]=A mit A=

VaerVee

In ähnlicher Weise ändert sich die Konzentration der Kationen M*, da die zuge-

fügte Stoffmenge der Base stets BV, beträgt und das Gesamtvolumen V, + V3; ist:

VB SeFe

u

Dabei bezeichnet die Größe S die jeweils vorhandene Stoffmenge an Reaktionsprodukt (dies ist das jeweilige Salz). Zu jedem Zeitpunkt der Titration gilt außerdem folgende Beziehung zwischen [HA] und [A]:

x. _ H50°) aA) _ [H3O"][A7] ta, Aal Der Zusammenhang zwischen den Konzentrationen von [H;O'] und [OH] ist durch die Autoprotolysekonstante des Wasser gegeben,

Ky = a(H,0*)a(OH)=[H,0*] [OH]. Nun wollen wir alle diese Beziehungen vereinigen. Mithilfe der Säurekonstante können wir die Konstanz der Zahl der A enthaltenden Teilchen ohne Verwendung der Konzentration [HA] ausdrücken,

.

AR

en AR

Son

K+H

Die erhaltenen Beziehungen für [M'] (als Funktion des Volumens der zugefügten Base), [A] (mit H = [H,O']) und [OH] (aus K,,) setzen wir in die Bedingung der Elektroneutralität der Lösung ein H

In BV;

vo a,

AyVıKs

= Ku

AV IR

und erhalten so eine Beziehung für H als Funktion des zugefügten Volumens der Maßlösung. Diese in H kubische Gleichung zu lösen, ist nicht ganz einfach. Man formt sie daher in eine Beziehung für V, als Funktion von H um (Gl. (7-47)), mit deren Hilfe man das Volumen der Base berechnen kann, das man zum Erreichen eines beliebigen pH-Wertes zugeben muss.

267

268

7 Das Chemische Gleichgewicht

Gleichung (7-47) ist eine allgemein gültige Beziehung; mit ihrer Hilfe kann man das Verhältnis zwischen pH-Wert und der Menge an zugefügter Base in jedem Moment der Titration berechnen. Allerdings ist sie (ohne Computer) relativ kompliziert zu handhaben. Es ist daher zweckmäßig, eine Reihe von Näherungen einzu-

führen, um die allgemeinen Eigenschaften der Gleichung besser zu verstehen. Die Titration einer schwachen Säure mit einer starken Base

Die Grundlage der Näherungen, die wir nun einführen wollen, ist die geringe Dissoziation der schwachen Säure in wässriger Lösung; die Konzentration von HA ist daher viel größer als die der Ionen A. Gegenüber den durch Dissoziation von HA gebildeten Hydronium-Ionen können wir die aus der Autoprotolyse des Wassers stammenden vernachlässigen. Dies gilt analog für die Hydroxid-Ionen, wenn die Base im Überschuss vorhanden ist.

Beispiel 7-3 Die Bestimmung des pH-Wertes zu Beginn der Titration

Welchen pH-Wert hat die Lösung einer schwachen Säure der Konzentration Ay? Bestimmen Sie den pH-Wert einer 0.010 m HCIO (aq)-Lösung. Vorgehen Wir gehen analog zu Beispiel 7-6 vor und führen folgende Näherungen ein: Die Säure liegt überwiegend als HA vor (sie ist schwach dissoziiert), der Aktivitätskoeffizient von

HA

ist 1, und die Zahl der durch

Dissoziation

der Säure

erzeugten Hydronium-lIonen ist sehr viel größer als die Zahl der H,O*-Ionen aus der Autoprotolyse des Wassers.

Antwort Aus den beiden ersten Näherungen leiten wir ab a(HA)=[HA]=A,. Weiterhin gilt a(A")=a(H,O"), da beide Ionensorten praktisch vollständig aus der Dissoziation der Säure stammen und ihre Aktivitätskoeffizienten übereinstimmen. Wir erhalten

x. _ H50")a(A7) _alH,O*)’ °7

a(HA)

Tee

dieser Ausdruck lässt sich umformen zu

a(H,O*) = (KsA,). Logarithmieren liefert

BEI

1

rl

1

le:

(7-48)

Mit dem Tabellenwert für HCIO, pk, = 7.43 (Tabelle 7-4), ergibt sich

pH =>1 x7.43 - >1 180.010 =4.7.

Übung 7-15 Stellen Sie eine Beziehung für den pH-Wert einer schwac hen Base der Konzentra-

tion B, auf und berechnen Sie den pH-Wert einer 0.010 (Hinweis: Siehe die Anmerkung zu Übung 7-14.)

NH, (aq)-Lösung.

[PH =3(pK, +pKy +1gB,) = 10.6] Hat man eine kleine Menge der Base zugefügt, sodass der Äquivalenzpunkt noch nicht erreicht ist, stammen fast alle vorhandene n A“-Ionen aus dem gebildeten Salz; die Dissoziation der schwachen Säure selbst liefert nur eine geringe Menge dieser Ionen. Wir setzen daher [A] =. Die verble ibende Anzahl an HA-Molekülen entspricht deren Anfangsmenge, A, V,, vermin dert um die Zahl der Moleküle. die durch Zugabe der Base in das Salz umgewandel t wurde. Die Konzentration on HA

7.5

Säuren und Basen

ist dann A’ = A - S. Dabei vernachlässigen wir den geringen Verlust an HA infolge der Dissoziation der Säure selbst. Nun ist x.

_ KH5O")a(A7) _alH,Or)S

;

aHA)

|

1

hier wurde die (fragwürdige) Näherung verwendet, dass der Aktivitätskoeffizient der A"-Ionen nahe bei 1 liegt. Es folgt die Henderson-Hasselbalch-Gleichung Au

pH=p&k,-1g (3)

(7-49a)

Dabei ist A’ die Konzentration der Säure und S die der Base, sodass man als allgemeine Form schreiben kann

pH =pk;

el)

(7-49)

Wenn die Konzentrationen von Säure und Salz übereinstimmen, ist

pH=pk

mit

S=A

(7-50)

Aus dem pH-Wert der Lösung kann man also unmittelbar den pKs-Wert der betreffenden Säure bestimmen. In der Praxis nimmt man den Verlauf des pH-Wertes während der gesamten Titration auf und liest den pH-Wert auf halbem Weg zum

Äquivalenzpunkt ab. Am Endpunkt der Titration stammen alle vorhandenen Hydronium-Ionen aus dem Einfluss der OH --Ionen auf das Autoprotolyse-Gleichgewicht; die HydroxidIonen werden gebildet entsprechend A” (aqg)+ H,O (l)

=HAl(aq) +OH° (ag),

x _ HA) (OH) _ [HAJIOH|] ne) A] Beispiel 7-9 Die Berechnung des pH-Wertes am Äquivalenzpunkt Stellen Sie eine Näherungsgleichung für den pH-Wert am Endpunkt einer Titration einer schwachen Säure mit einer starken Base auf. Berechnen Sie diesen Wert für die Titration von 25.00 mL 0.100 m HCIO (aq) mit 0.100 m NaOH (ag). Vorgehen

Zunächst ist eine geeignete Näherung für den Fall zu finden, dass nur

das Salz in der Lösung vorhanden ist und man lediglich die Spezies M' und A° findet. Da dann nur eine kleine Menge HA gebildet wird, entspricht die Konzentration der A--Ionen der des Salzes: [A |=S. Die Zahl der Hydroxid-Ionen, die durch das oben erwähnte Gleichgewicht gebildet werden, ist viel größer als die

Zahl dieser Ionen, die aus der Autoprotolyse des Wasser stammt; [HA] = [OH]. Mithilfe der Autoprotolysekonstante des Wassers findet man die Gleichgewichtskonstante der Protolyse der Base als Funktion der Säurekonstante der konjugierten Säure HA.

Antwort Rz

Aus dem Ausdruck für die Gleichgewichtskonstante folgt

joH ]’ 5;

also

[OH -]=(SK)'” .

269

270

7 Das Chemische Gleichgewicht

Unter Verwendung von IX =

a(HA)a(OH )a(H,0*) _ Ku

a(HA)a(OH°)

Ks

a(A )a(H,O”)

alA )

ergibt sich

Logarithmieren und Multiplikation beider Seiten mit (—1) liefert

1 pOH=ZPpKy

2

-ZPKs

lgS,

woraus mitpH = pKy — pOH folgt 1

pH=zPpKs

1

1

(7-51)

5PKutzieS.

Am Endpunkt der beschriebenen Titration ist die Konzentration von NaClO gleich 0.050 molL-! (da das Volumen von 25.00 mL auf 50.00 mL angestiegen ist), man erhält 1 1 pPEI= ;7.43 +7 - 14.00 + 7 120,050 0

Übung 7-16 Zeigen Sie, dass für den pH-Wert am Endpunkt der Titration einer starken Säure mit einer schwachen Base gilt 1

1

H=-pk--IgS. pH=>p& 7185

7-52 7.52)

pKs sei die Säurekonstante der konjugierten Säure der schwachen Base. Wie groß ist der pH-Wert am Äquivalenzpunkt der Titration von 25.00 mL einer 0.200 m wässrigen NH;-Lösung mit 0.300 m HCl (aq)? pH =] Wenn so viel Base zugesetzt wurde, dass der Endpunkt der Titration bereits überschritten ist, wird der pH-Wert nur noch von der im Überschuss vorliegenden Base bestimmt:

pH

pk,

Er

:

en

1

) IgA, l

0

Hälfte des Weges . biszum Aquivalenzpunkt

Volumen der Maftlösung

Äquivalenzpunkt

Abb. 7.22 Eine Zusammenfassung markanter Bereiche der Titrationskurve einer schwachen Säure mit einer starken Base; die jeweils anzuwendenden Gleichungen sind vermerkt.

7.5

Säuren‘ und Basen

Schreiben wir in dieser Beziehung B’ für die Konzentration der Base im Überschuss, erhalten wir

Wie auch bei allen vorangegangenen Beziehungen, muss man bei der Auswertung dieser Gleichung die Volumenänderung berücksichtigen, die durch Hinzufügen der Maß- zur Analysenlösung entsteht. Die allgemeine Form einer pH-Titrationskurve sehen Sie in Abb. 7-22. Ausgehend von dem pH-Wert, den man aus der Formel für die schwache Säure (Gl. (7-48)) erhält, steigt dieser bei Zugabe der Base zunächst langsam entsprechend der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (Gl. (7-49)) an, bis man in die Nähe des Äquivalenzpunkts gelangt. Dort ändert sich der pH-Wert sprunghaft, wobei die Kurve durch den Wert verläuft, der durch Gl. (7-51) gegeben ist. Gibt man weiter Base zu, steigt der pH-Wert wieder langsamer bis zum Erreichen des Wertes, der sich aus Gl. (7-53) für die Base im Überschuss ergibt. Am Wendepunkt der Kurve wird der pH-Wert entsprechend Gl. (7-51) erreicht; er entspricht genau dem Endpunkt der Titration.

7.5.3

Puffer und Indikatoren

Die langsame Änderung des pH-Wertes in der Umgebung von S = A’, wo Salz und Säure in gleichen Konzentrationen vorliegen, ist Grundlage der Pufferwirkung. Man versteht darunter die Fähigkeit bestimmter Lösungen, ihren pH-Wert nahezu beizubehalten, wenn kleine Mengen starker Säuren oder Basen hinzugegeben werden. Mathematisch beruht dieser Effekt auf dem durch die Henderson-HasselbalchGleichung (Gl. (7-49) gegebenen logarithmischen Zusammenhang, wodurch die Steigung der Kurve in der Nähe von pH = pK, sehr klein ist. Physikalisch liegt die Begründung darin, dass (durch das anwesende Salz MA) ständig Ionen A” freigesetzt werden, die die meisten mit der Säure zugesetzten H;O*-Ionen abfangen können; andererseits liegen auch hinreichend Moleküle HA vor, die bei Zugabe einer Base Hydronium-lonen freisetzen, um die Hydroxid-Ionen zu neutralisieren. So entsteht ein dynamisches Gleichgewicht, das in gewisser Weise gegen Störungen von außen stabilisiert ist — dies ist ein weiteres Beispiel für die Wirkung des Prinzips von Le Chatelier. Beispiel 7-10

Die Bestimmung des pH-Werts einer Pufferlösung

Wie groß ist der pH-Wert einer wässrigen Pufferlösung, die 0.200 mol L”' KH,PO, und 0.100 molL"! K,HPO, enthält?

Vorgehen Mithilfe der Henderson-Hasselbalch-Gleichung kann man den pH-Wert einer Lösung bestimmen, die eine schwache Säure und ihr Salz enthält. Dazu müssen wir zunächst die Säure HA und ihre konjugierte Base A" identifizieren. Antwort In unserem Beispiel wirkt das Anion H,PO, als Säure, ihre konjugierte Base ist das Anion HPO?': H,PO,; (aq) + H,O (l) = H,0* (ag) + EHPO,, (ag).

Aus Tabelle 7-4 entnehmen wir den benötigten Wert der Säurekonstante für H,PO,, pK, = 7.21. Nun setzen wir A’ = 0.200 mol L”' und 5 = 0.100 molL"' in Gl. (7-49) ein und erhalten den pH-Wert der Lösung:

0.200 2er. pH=7.21 (0) Die Pufferlösung ist also in der Lage, einen pH-Wert nahe 7 konstant zu halten.

271

7 Das Chemische Gleichgewicht

272

Übung 7-17 lösung, die 0.100 molL”' NH; Berechnen Sie den pH-Wert einer wässrigen Puffer [pH = 8.95 =9] und 0.200 molL"' NH,Cl enthält. ändert sich der De In der Umgebung des Äquivalenzpunkts der Titration Indikatoren. Als Säurevon se ngswei ‚Wirku der age sprunghaft. Dies ist die Grundl , schwach saure ösliche wasserl große, erweise typisch Base-Indikator verwendet man durch unter(In) Base erte konjugi und (HIn) Säure organische Moleküle, deren liegt folLösung In sind. n cheide unters zu ander vonein schiedliche Farben leicht gendes Gleichgewicht vor: HIn (aq) + H,O (l) = H,0° (ag) + In (ag).

sein Wenn man wieder die Näherung einführt, dass die Lösung so stark verdünnt die für man soll, dass die Aktivität von Wasser gleich 1 gesetzt werden darf, erhält Säurekonstante a(H,O°)a(In)

Kun =

a(HIn)

Durch Umformung dieser Gleichung ergibt sich das Verhältnis zwischen den Konzentrationen von Säure und Base bei gegebenem pH-Wert,

[HIn]\ _

(7-54)

iem] )-rx. pH.

Ist der pH-Wert der Lösung also kleiner als pK;,, so liegt der Indikator in der protonierten Form mit der entsprechenden Farbe vor; ist der pH-Wert größer, findet man den Indikator in der basischen Form. Am Umschlagpunkt ist der pH-Wert der Lösung genau so groß, dass Säure und konjugierte Base zu gleichen Anteilen vorliegen, nämlich pH = pK,.. Am Endpunkt einer Säure-Base-Titration ändert sich der pH-Wert sprunghaft um mehrere Größenordnungen; wenn dabei der Wert pK,, durchlaufen wird, beobachtet man eine deutliche Farbänderung der Lösung. Nun hat man die Indikatorlösung lediglich noch so auszuwählen, dass ihr Umschlagpunkt mit dem Äquivalenzpunkt der Titration zusammenfällt. Dabei ist darauf zu achten, dass sich der Umschlagpunkt des Indikators für die gewünschte Titration eignet: Bei der Titration einer schwachen Base mit einer starken Säure ist der pH-Wert am Äquivalenzpunkt durch Gl. (7-51) gegeben (pH > 7), sodass man einen Indikator wählt, dessen Umschlagpunkt bei eben diesem Wert, in diesem Fall bei pK,, > 7, liegt. Analog wählt man den Indikator für die Titration

einer schwachen DIS, SS Ze

Säure

mit

einer

starken

Base

entsprechend

Gl. (7-52)

mit

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Die Reaktionslaufzahl £ ist wie folgt definiert: Schreitet die Reaktion um A£ fort, so nimmt die Stoffmenge eines Ausgangsstoffs A ausgehend von n,, aufnoa — Ad ab.

2. Die Freie Reaktionsenthalpie ist definiert als Steigung des Graphen der Freien Enthalpie in Abhängigkeit von der Reaktionslaufzahl: ARG = (9G/d£),7.Im Gleichgewicht ist ARG

=

(N)

3. Reaktionen mit AKG < O nennt man exergon. Sie können die Triebkraft für andere Prozesse liefern. Reaktionen mit ARG > O heißen endergon.

4. Der allgemeine Ausdruck für ARG in einem beliebigen Stadium der Reaktion lautet AKG = A,G° + RT InQ. © ist der Reaktionsquotient.

5. Die Gleichgewichtskonstante K lässt sich mithilfe von A,G” formulieren: A,G®” = -RT Ink. & = 6. se

LT

=

Da

vA5G6

Bu ae

vA5G

= ),, v,A,G” ()) kann die Freie Standardreaktionsenthalpie aus Freien Standardbildungsenthalpien berechnet werden.

Weiterführende Literatur . Thermodynamische Gleichgewichtskonstanten sind Gleichgewichtskonstanten K, die anhand von Aktivitäten oder Fugazitäten ausgedrückt sind K = (II, a" )eg.

SI

8. Ein Katalysator beeinflusst die Gleichgewichtskonstante nicht. 9. Druckänderungen üben keinen Einfluss auf die Gleichgewichtskonstante aus: (dK/dp)- — 0. Eine Druckänderung kann aber eine Änderung von Partialdrücken und Konzentrationen bewirken. 10. Das Prinzip von Le Chatelier besagt: Übt man auf ein System im Gleichgewicht eine Störung aus, reagiert das System so, dass die Wirkung dieser Störung möglichst gering ist.

11. Eine Temperaturerhöhung begünstigt die Bildung von Produkten exothermer Reaktionen und von Ausgangsstoffen endothermer Reaktionen. 12. Die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstante ist durch die van’t Hoff’sche Reaktionsisobare gegeben, d InK/dT = AkH” /RT?. Zur Berechnung von K bei einer gewünschten Temperatur aus seinem Wert bei einer anderen Temperatur dient die Gleichung HR iR AH RAD Un): . Eine galvanische Zelle erzeugt einen elektrischen Strom durch eine freiwillig ablaufende chemische Reaktion. In einer elektrolytischen Zelle wird eine Reaktion, die freiwillig nicht in der gewünschten Richtung ablaufen würde, mithilfe einer äußeren Stromquelle erzwungen. 14. Als Oxidation bezeichnet man eine chemische Reaktion, bei

der einer Spezies Elektronen entzogen, und als Reduktion eine Reaktion, bei der einer Spezies Elektronen hinzugefügt werden. Bei einer Redoxreaktion werden Elektronen von einer Spezies auf eine andere übertragen.

273

16. Ist das Zellpotenzial durch eine externe Spannungsquelle genau kompensiert, verläuft die Zellreaktion reversibel, die Konzentrationen ändern sich nicht und es fließt kein Strom: in dieser Situation misst man die Gleichgewichtszellspannung.

. Die Beziehung zwischen Zellspannung und Freier Reaktionsenthalpie lautet: vFE = —-A,C.

. Die Standardzellspannung ist die Freie Standardenthalpie der Zellreaktion, ausgedrückt in Form eines Potenzials:

EZANG

ne

19. Die Nernst’sche Gleichung, E = E° - (RT/vF)InQ, gibt die Beziehung zwischen der Zellspannung und der Zusammensetzung an.

20. Die Beziehung zwischen der Gleichgewichtskonstante einer Zellreaktion und der zugehörigen Standardzellspannung lautete nk = WEE RT.

21. Das Standard-Elektrodenpotenzial E” eines Redoxpaares ist die Standardzellspannung einer Zelle, deren rechte Seite die Elektrode mit dem Redoxpaar unbekannten Potenzials und deren linke Seite die Standard-Wasserstoffelektrode bildet.

22. Die Standardzellspannung ist gleich der Differenz der zugehörigen Standard-Elektrodenpotenziale: E=E (rechts) - E (links). 23. Die Temperaturabhängigkeit der Zellspannung ist gegeben

durchdE

‚dt

AS

vr

24. Aus der Temperaturabhängigkeit der Standardzellspannung können die Standard-Reaktionsentropie und die Standard-

Reaktionsenthalpie berechnet werden: A,S” = vFdE° /dT, AH — yrE _ Tde dr,

. An der Anode einer elektrochemischen Zelle erfolgt die Oxidation, an der Kathode die Reaktion.

rn

Weiterführende Literatur Zeitschriftenartikel und Bücher

C.H. Hamann, A. Hamnett, and W. Vielstich, Electrochemistry.

Wiley-VCH, Weinheim (1993).

P.W. Atkins and J.C. de Paula, Physical chemistry for the life sciences. W.H. Freeman and Company, New York (2005).

Datensammlungen und weitere Informationen

A.). Bard and L.R. Faulkner, Electrochemical methods. Wiley, New York (2000).

M.S. Antelman, The encyclopedia of chemical electrode potentials, Plenum, New York (1982).

M.j. Blandamer, Chemical equilibria in solution. Ellis Horwood/ Prentice Hall, Hemel Hempstead (1992).

A.). Bard, R. Parsons, and J. Jordan (ed.), Standard potentials in aqueous solution. Marcel Dekker, New York (1985).

W.A. Cramer and D.A. Knaff, Energy transduction in biological membranes, a textbook of bioenergetics. Springer-Verlag, New York (1990).

R.N. Goldberg and Y.B. Tewari, Thermodynamics of enzymecatalyzed reactions.J.Phys. Chem. Ref. Data. Part 1: 22, 515

D.R. Crow, Principles and applications of electrochemistry. Blackie, London (1994).

K. Denbigh, The principles of chemical equilibrium, with applications in chemistry and chemical engineering. Cambridge University Press (1981).

(1993). Part 2: 23, 547 (1994). Part 3: 23, 1035 (1994). Part 4:

24, 1669 (1995). Part 5: 24, 1765 (1995).

7 Das Chemische Gleichgewicht

274

Diskussionsfragen 7.1

Erklären Sie, inwiefern das Vermischen von Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten die Lage des chemischen Gleichgewichts beeinflusst.

7.6 Worin unterscheiden sich die Zellspannung und die Gleich-

12

Worin unterscheidet sich die Änderung der thermodynamischen Gleichgewichtskonstante einerseits und der anhand von Partialdrücken formulierten Gleichgewichtskonstante

Hall Welche Beiträge liefern die in Tabelle 7-1 aufgeführten Elekt-

andererseits, wenn

gewichtszellspannung? Erklären Sie, wie Letztere mit thermodynamischen Gröfen zusammenhängt. roden zur Gleichgewichtszellspannung, wenn man sie jeweils zu einewelektrochemischen Zelle zusammenschaltet?

Druck und Temperatur variiert werden?

Beschreiben Sie eine Methode zur Bestimmung des Standardpotenzials eines Redoxpaares.

Us

Begründen Sie das Prinzip von Le Chatelier ausgehend von thermodynamischen Größen.

7.8

7.4

Erläutern Sie die molekulare Grundlage der van’t Hoff'schen Reaktionsisobare für die Temperaturabhängigkeit von K.

7.9

(a) Wie kann man anhand eines Ellingham-Diagramms entscheiden, ob ein Metall in der Lage ist, das Oxid eines anderen Metalls zu reduzieren? (b) Finden Sie mithilfe des Ellingham-Diagramms in Abb. 7-10 die kleinste Temperatur her-

7.10 Was ist eine Bronsted-Säure, was eine Bronsted-Base? Was bedeuten die Begriffe konjugierte Säure und konjugierte Base?

7.5

Entwickeln Sie eine Methode zur Bestimmung des pH-Wertes einer wässrigen Lösung.

aus, bei der sich Zinkoxid mit Kohlenstoffzu elementarem

Zink reduzieren lässt.

Leichte Aufgaben A7.la

A7.1b

A7.2a

A7.2b

Bei 2257 K und einem Gesamtdruck von 1.00 atm ist Was--

gemischt. Nach Einstellung des Gleichgewichts enthielt die Mischung 0.79 mol C bei einem Gesamtdruck von 1.00 bar. Zu bestimmen sind (a) die Molenbrüche aller

Für das Gleichgewicht N,O, (g) = 2 NO, (g) ist der Dissoziationsgrad a = 0.201 (298 K, 1.00 bar). Bestimmen Sie (a) AxG, (b) K und (c) A,G” bei dieser Temperatur.

A7.5a

Sa Nueneta SAL DRITT Die Standardenthalpie der Reaktion Zn (s) + H,O (g) = ZnO (s) + H; (g) ist im Temperaturbereich von 920K bis

Bei 25 °C und 1.00 bar liegt Distickstofftetroxid zu 18.46 Prozent entsprechend N,0, (g) = 2 NO, (g) disso-

I Sestall an une A: x)mel Bei 1280 K Deiner die Freie Standardreaktionsenthalpie

ziiert vor. Berechnen Sie (a) K bei dieser Temperatur, (b) ARG®, (c) K bei 100 °C unter der Annahme, dass im gesamten Temperaturbereich A H” = +57.2kJmol"' ist.

1 Kuna Es Necher Empeauurwid gs sig Sewichtsicnhsinie se 2 3% Die Standardenthalpie einer Reaktion ist im Temperatur-

A7.5b

konstant um a OUSORE 5 IS Area le . Bei 1120.K beträgt die’Freie Stan; dardreaktionsenthalpie +22 kJ] mol”. Bei welcher Temperatur wird die Gleichgewichtskonstante größer als 1?

Bei 1600 °C und 1.00 bar liegt molekulares Brom zu 24 Prozent dissoziiert vor. Berechnen Sie (a) K bei 25 °C, BIRG e Rbe12000 °C unter der Ankaline dassim

A H° = +112k]mol-! ist.

Berechnen Sie mithilfe von Daten aus dem Tabellenanhang die Freie Standardenthalpie und die Gleichgewichtskonstante bei (a) 298 K und (b) 400K für die Reaktion

Due

PbO (s) +CO (g) = Pb(s) + CO, (g). Die Reaktions-

Berechnen Sie mithilfe von Daten aus dem Tabellenanhang die Freie Standardreaktionsenthalpie und die Gleichgewichtskonstante bei (a) 25°C und (b) 50°C für die

Für eine Gasphasenreaktion 2A+B=3C-+2D

wurden

1.00 mol A, 2.00 mol B und 1.00 mol D bei 25 °C

gemischt. Nach Einstellung des Gleichgewichts enthielt die Mischung 0.90 mol C bei einem Gesamtdruck von 1.00 bar. Zu bestimmen sind (a) die Molenbrüche aller

Spezies im Gleichgewicht, (b) K,, (c) K, (d) A,G°.

Dr die Gleichgewichtskonstante der Reaktion 2 C,H, (g) ae 5. GuHs (8) Würde folgende zwischen 300 K und S0O F EulNgE Suse Formel gefunden:

nK=A+B/T+C/T mit A=-1.04,

A7.6b

Reaktion CH, (8) + 3Cl, (g) = CHCI, (I) + 3 HCl (g). Nehmen Sie an, dass die Reaktionsenthalpie nicht von der Temperatur abhängt. A7.4a

A+ B= C+2D wurden

gewicht 2H,0 (g) = 2H, (g) + O; (g). Zu berechnen ist (a) K, (b) AgG” und (c) AG bei der angegebenen Temperatur.

enthalpie soll dabei nicht von der Temperatur abhängen. A7.3b

Für eine Gasphasenreaktion

2.00 mol A, 1.00 mol B und 3.00 mol D bei 25 °C

gesamten Temperaturbereich A7.3a

A7.4b

ser zu 1.77 Prozent dissoziiert entsprechend dem Gleich-

A7.7a

B=1088K

und ce La SE Eereeun) sie die Standardreaktionsenthalpie und -entropie bei 400 K. en ; Für die Gleichgewichtskonstante einer Reaktion wurde folgende zwischen 400 K und 500 K gültige empirische Formel gefunden: InK = A+ B/T + C/T?’ mit A= -2.04, 3 = —1176K und € = 2.1 x 10° K?. Berechnen Sie die Standardreaktionsenthalpie und -entropie bei 450 K.

Die Freie Standardreaktionsenthalpie der Isomerisierung von Borneol (C},H},OH) zu Isoborneol in der Gasphase

bei 503 K beträgt +9.4 k) mol“'. Zu berechnen ist die Freie Reaktionsenthalpie einer Mischung aus 0.15 mol

Borneol und 0.30 mol Isoborneol bei einem Gesamtdruck von 600 Torr.

Leichte Aufgaben A7.7b

A7.8a

Bei 500 K beträgt der Gleichgewichtsdruck von H, über festem Uran und Uranhydrid, UH,, 139 Pa. Wie groß ist die Freie Standardbildungsenthalpie von UH, (s) bei 500 K? Bestimmen Sie die prozentuale Änderung von K, folgender Reaktion, wenn der Druck bei konstanter Temperatur von 1.O bar auf 2.0 bar erhöht wird: E,RCONg)

A7.8b

Co (g)+N:(g).

Bestimmen Sie die prozentuale Änderung von K, folgender Reaktion, wenn der Druck bei konstanter Temperatur von 1.0 bar auf 2.0 bar erhöht wird:

CH3OH (g) + NOCH (g) = HCl (g) + CH,NO, (g). A7.9a

A7.9b

Die Gleichgewichtskonstante der Isomerisierung von Borneol (C1,H},OH) zu Isoborneol in der Gasphase bei 503 K beträgt 0.106. Eine Mischung aus 7.50g Borneol und 14.0g Isoborneol wird in einem 5.0. dm? fassenden Gefäß auf 503 K erhitzt. In welchen Molenbrüchen liegen beide Substanzen vor, wenn sich das Gleichgewicht eingestellt hat? Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion N, (g) + O, (g) = 2NO (g) bei 2300 K beträgt 1.69 x 10°. Eine Mischung aus 5.0 g Stickstoff und 2.0g Sauerstoff wird in einem 1.0 dm’ fassenden Gefäß auf 2300 K erhitzt. Berechnen Sie den Molenbruch von NO nach Einstellung des Gleichgewichts.

275

A7.14a Formulieren Sie Zellreaktion und Elektrodenreaktionen der folgenden elektrochemischen Zellen. Berechnen Sie in

allen Fällen die Standardzellspannung im Gleichgewicht.

(a) Zn| ZnSO, (aq) || AgNO, (aq) | Ag (b) Cd | CdCl, (aq) | HNO; (aq) |H, (g) | Pt

(ag) |Cr (aq)|| CrCl; (ag), K,[Fe(CN (e) Pt|Kz[Fe(CN),] ),] A7.14b Formulieren Sie Zellreaktion und Elektrodenreaktionen der folgenden elektrochemischen Zellen. Berechnen Sie in allen Fällen die Standardzellspannung im Gleichgewicht.

(a) Pt|Cl, (g) |HCl (aq) ||K,CrO, (aq) |Ag,CrO, (s) |Ag (b) Pt| Fe? (aq), Fe?* (aq) ||Sn*' (aq), Sn’* (aq) |Pt (c) Cu |Cu?" (aq) || Mn?“ (ag), H* (aq) |MnO; (s) |Pt A7.15a Entwerfen Sie Zellen mit folgenden Zellreaktionen und berechnen Sie in allen Fällen die Standardzellspannung. (a) Zn(s) + CuSO, (ag) —>ZnSO, (aq) + Cu (s) (b) 2AgCl(s)+H,(g)—>2HCl(aq) + 2Ag (s) (ec)

2, (g)+9,(g)>2H;0O (|)

A7.15b Entwerfen Sie Zellen mit folgenden Zellreaktionen und berechnen Sie in allen Fällen die Standardzellspannung. (a)

2Na(s)+2H,O(l)>2NaOH

(ag) +H, (g)

(b) H, (g) +1, (s)—>2HI (aq) (c) H3O* (aq) + OH (aq)—2H,0 (|)

A7.10a Wenn bei einer bestimmten Reaktion die Temperatur von 298 K auf 303 K erhöht wird, (a) verdoppelt sich oder (b) halbiert sich die Gleichgewichtskonstante. Wie groß ist die Standardreaktionsenthalpie in beiden Fällen?

A7.16a Berechnen Sie aus dem Debye-Hückel-Grenzgesetz und der Nernst’schen Gleichung das Potenzial der Zelle Ag (s), |AgBr (s) | KBr(aq, 0.050 molkg“') ||Cd(NO;), (aq, 0.010 molkg”') |Cd bei 25 °C.

A7.10b Wenn bei einer bestimmten Reaktion die Temperatur von 310K auf 325 K erhöht wird, (a) verdoppelt sich oder (b) halbiert sich die Gleichgewichtskonstante. Wie groß ist die Standardreaktionsenthalpie in beiden Fällen?

A7.16b Wir betrachten die Zelle Pt|H, (g,p”) |HCI (aq) |AgCI (s) | Ag mit der Zellreaktion 2 AgCl (s) + H, (g)>2Ag(s) + 2HCI (ag). Bei 25 °C und einer Molalität von HCI von 0.010 mol kg” ist E = +0.4658V. (a) Schreiben Sie die Nernst’sche Gleichung für die Zellreaktion auf. (b) Berechnen Sie A,G die-

A7.11a Die Freie Standardbildungsenthalpie von NH; (g) bei 298 K beträgt —16.5 k]) mol”'. Berechnen Sie die Freie Reaktionsenthalpie, wenn die Partialdrücke von N,, H, und NH, im Gemisch 3.0 bar, 1.0 bar bzw. 4.0 bar betragen (alle Gase verhalten sich ideal). In welcher Richtung verläuft die Reaktion unter diesen Bedingungen freiwillig? A7.11b Bei 427 °C beträgt der Dissoziationsdampfdruck von NH,CI 608 kPa; wird die Temperatur auf 459 °C erhöht,

steigt der Dampfdruck auf 1115 kPa an. Zu berechnen sind jeweils bei 427 °C (a) die Gleichgewichtskonstante, (b) die Freie Standardreaktionsenthalpie, (c) die Standardenthalpie, (d) die Standardentropie der Dissoziation. Alle Gase sollen sich ideal verhalten, A«H” und A,5° werden im betrachteten Temperaturbereich als konstant

angenommen. A7.12a Bei welcher Temperatur zersetzt sich CaCO, (Calcit)? A7.12b Bei welcher Temperatur gibt CuSO, : 5 H,O sein Kristallwasser ab? A7.13a Bei 25 °C ist für die Reaktion CaF, (s) = Ca?’ (aq)+

2F" (ag) K = 3.9 x 10°'' und die Freie Standardbildungsenthalpie von CaF, (s) gleich —1167 kJ) mol”'. Berechnen Sie die Freie Standardbildungsenthalpie von CaF, (ag). A7.13b Bei 25 °C ist für die Reaktion Pbl, (s) = Pb?* (aq) + 21”

(aq) K = 1.4 x 10° und die Freie Standardbildungsenthalpie von Pbl, (s) gleich -173.64 k) mol”'. Berechnen

Sie die Freie Standardbildungsenthalpie von Pbl, (aq).

ser Reaktion. (c) Berechnen Sie E* (AgCl, Ag) unter der Annahme, dass das Debye-Hückel-Grenzgesetz bei den angegebenen Konzentrationen Gültigkeit besitzt.

A7.17a Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstanten folgender Reaktionen bei 25 °C aus geeigneten Standardpotenzialen: (a) Sn (s) + Sn** (aq) = 2Sn?* (aq)

(b) Sn (s) + 2AgCl (s) = SnCl, (ag) + 2Ag (s)

A7.17b Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstanten folgender Reaktionen bei 25 °C aus geeigneten Standardpotenzialen: (a) Sn(s) + CuSO, (aq) = Cu (s) + SnSO, (aq)

(b) Cu?! (aq) + Cu (s) = 2Cu* (ag) A7.18a Die Gleichgewichtszellspannung der Zelle Ag |Agl (s) | Agl (aq) |Ag bei 25 °C beträgt +0.9509V. Berechnen Sie (a) das Löslichkeitsprodukt und (b) die Löslichkeit von Agl. A7.18b Die Gleichgewichtszellspannung der Zelle Bi |Bi,S; (s) | Bi,S; (aq) |Bi bei 25 °C beträgt —0.96 V. Berechnen Sie (a) das Löslichkeitsprodukt und (b) die Löslichkeit von

Bi,S;.

7 Das Chemische Gleichgewicht

276

Rechenaufgaben Hal)

7.8

In einem verschlossenen Gefäß befinden sich 0.300 mol H, (g), 0.400 mol I, (g) und 0.200 mol HI (g) bei 870 K und 1.00 bar. Wie groß sind die Stoffmengen der Komponenten, wenn sich das Gleichgewicht H, (g) + I, (g) = 2Hl (g) eingestellt hat (K = 870)?

US)

Die Dissoziation von |, wurde anhand des Gesamtdrucks der Reaktionsmischung verfolgt:

Bei 25 °C ist die Gleichgewichtskonstante der Reaktion I, (s)

+Br, (g) = 2 |Br gleich 0.164. (a) Berechnen Sie AG”. (b) Gasförmiges Brom wird in einen Behälter zu einem Überschuss von festem lod gegeben. Druck und Temperatur werden konstant bei 0.164 atm und 25 °C gehalten. Wie groß ist der Partialdruck von IBr im Gleichgewicht? Der Dampfdruck von lod soll vernachlässigt werden. (c) In Wirklichkeit hat festes lod bei 25 °C einen merklichen Sublimationsdampfdruck. Wenn Sie dies berücksichtigen, was ändert sich dann am Rechengang? Well

Betrachten wir die Dissoziation von Methan CH, (g) in die Elemente H, (g) und C(s, Graphit). (a) Gegeben seien

A,H° (CH,,g) = —74.85 k) mol“! und A,S° (CH,,g) = —80.67 k] mol”', jeweils bei 298 K. Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante bei dieser Temperatur. (b) Wie groß ist K bei 50°C? A,H” soll nicht von der Temperatur abhängen. (c) Berechnen Sie den Dissoziationsgrad a von Methan bei 25 °C und 0.010 bar. (d) Erläu-

73

n, ist die Stoffmenge der lodatome in der Mischung; das Volumen betrug konstant 342.68 cm*. Bestimmen Sie die Gleichgewichtskonstante sowie die Standardenthalpie der Dissoziation bei der mittleren Temperatur. 7.10: Thorn et al. untersuchten gasförmiges Cl,O mithilfe der Photoelektronenionisation (R.P. Thorn, L.). Stief, S.-C.

Kuo, R.B. Klemm,J. Phys. Chem. 100 (1996) 14178). Dabei erhielten sie unter anderem die Freie Standardbildungs-

ChO (g) + H,O (g)»>2 HOC| (g), insbesondere

Der Gleichgewichtsdruck von H, über U (s)/UH; (s) wird zwischen 450 K und 715 K durch folgenden empirischen Ausdruck beschrieben: In (p/Pa) =A+B/T+CIn(T/K) mit A= 69.32, B = 1.464 x 10° Kund C = -5.65. Formulieren Sie eine Beziehung für die Standardbildungsenthal-

verfügbaren berechneten nung sollen sich auf 298

1395 1.44

1443 2.50

1498 4.7]

Im Temperaturbereich zwischen 350 K und 470 Standardreaktionsenthalpie der Zersetzung von CaCl,-NH; (s) in CaCl, (s) und NH; (g) nahezu bei +78 k) mol"'. Der Gleichgewichtsdruck von CaCl,-NH; (s) bei 400 K beträgt 1.71 Pa. Stellen Formel zur Temperaturabhängigkeit von ARG” Temperaturbereich auf.

A,H” (Cl,O) = +77.2k] mol”.

Unter Verwendung von Literaturangaben für die Reaktion

K = 8.2 x 10°? und A,S° = +16.38) K“' mol", sowie frei thermodynamischen Daten für Wasserdampf sie anschließend A,H” (HOCI). Diese RechSie nachvollziehen. (Alle Angaben beziehen K.)

7.11: In den 1980er Jahren wurden für die Standardbildungsent-

Der Dissoziationsgrad a von CO; (g) in CO (g) und O, (g) bei hohen Temperaturen und 1 bar hängt wie folgt von der Temperatur ab:

A,H® soll im gegebenen Temperaturbereich als konstant angenommen werden. Berechnen Sie K, A,G”, A«H® und AgS” ;ziehen Sie alle gerechtfertigten Näherungen heran.

Del

15973 9.18] 2.4366

zuführen.

T/K

7.6

1073 7.500 2.4555

enthalpie dieser Spezies,

a/10*

723

973 6.244 2.7409

tern Sie, wie der Dissoziationsgrad dieser Reaktion von Temperatur und Druck abhängt, ohne eine Rechnung aus-

pie von UH; (s). Berechnen Sie daraus A,C,”. 7.4

T/K 100p/atm 10'n,

K liegt die konstant NH, über Sie eine in diesem

Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante der Reaktion CO (g)+H,(g) = H,CO (g). Für die Bildung flüssigen Formaldehyds ist A,G” = +28.95 k) mol“! bei 298 K, der Dampfdruck von Formaldehyd bei dieser Temperatur beträgt 1500 Torr. Essigsäure wurde in einem Kolben, V = 21.45 cm?, bei 437 K

und einem äußeren Druck von 101.9 kPa verdampft; dann wurde der Kolben zugeschmolzen. Es befanden sich dann 0.0519 g Säure in dem verschlossenen Gefäß. Als das Experiment bei 471 K wiederholt wurde, betrug die Masse der

Essigsäure nur noch 0.0380. Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante für die Dimerisierung der Säure in der Gasphase und die Verdampfungsenthalpie.

halpie von SiH, in der Literatur Werte zwischen 243 und 298 k) mol”! angegeben. Die erstgenannte Zahl zum Beispiel findet sich in einem Übersichtsartikel von R. Walsh (R. Walsh, Acc. Chem. Res. 14 (1981) 246). Später von Walsh angegebene Werte tendierten eher zum oberen Ende des Bereichs (H. M. Frey, R. Walsh, I. M. Watts,J.Chem. Soc. Chem. Commun. (1986) 1189). Den höchsten Wert geben S.-K. Shin und J. L. Beauchamp (J. Phys. Chem 90 (1986) 1507) an. Um welchen Faktor kann die Gleichgewichtskonstante für die Bildung von SiH, aus den Elementen bei (a) 298 K und (b) 700K variieren, wenn man diese Unsicherheit des Zahlenwerts der Standardbildungsenthalpie zugrunde legt? Brennstoffzellen liefern Elektroenergie, etwa für den Antrieb

von Raumfahrzeugen wie den Space Shuttles der NASA und potenziell auch für den Antrieb von Autos. Als Brennstoffe wurden unter anderem Wasserstoff und Kohlenmonoxid untersucht; in diesem Zusammenhang ist die

Löslichkeit L beider Gase in Salzschmelzen interessant. E. Desimoni und Mitarbeiter untersuchten eine geschmolzene Mischung aus NaNO, und KNO, (E. Desimoni, P.G. Zambonin,J.Chem. Soc. Faraday Trans. | (1973) 2014) mit folgenden Ergebnissen:

Iglu, =

Ei

T/K

Bl

—5.98 — 20 : T/K i

die Einheit der Löslichkeit L ist hier molcm-? bar'. Berech-

nen Sie die molare Standardlösungsenthalpie beider Gase

bei 570K.

5) Die mit dem Symbol ! gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert

Schwerere Aufgaben 7213

Für ein Daniell-Element bei 25 °C seien gegeben:

9/°C E/V

ARG° = -212.7k)mol-', b(CuSO,) = 1.0 x 10° molkg-' und b(ZnSO,) = 3.0 x10 > mol kg"'. Zu berechnen sind (a) die lonenstärken beider Lösungen, (b) die mittleren Aktivitätskoeffizienten der lonen in beiden Elektrolyten, (c) der Reaktionsquotient, (d) die Standardzellspannung, (e) die Zellspannung. (Nehmen Sie in beiden Elektrolyten

M,Hg ist ein Amalgam, der Elektrolyt besteht aus einem Alkalimetallhalogenid, gelöst in Ethylenglykol (U. Sen,J. Chem. Soc. Faraday Trans. |, 69 (1973) 2006). Einige der Werte für Lithiumchlorid finden Sie in der unten stehenden Tabelle. Bestimmen Sie den Aktivitätskoeffizienten von LiCl bei der mit * gekennzeichneten Konzentration. Verwenden Sie Ihr Ergebnis zur Berechnung der Aktivitätskoeffizienten bei allen anderen Konzentrationen aus der jeweils gemessenen Zellspannung. Als Ansatz soll das erweiterte DebyeHückel-Gesetz in folgender Schreibweise dienen:

Die Wasserstoffelektrode ist relativ einfach aufgebaut und bildet die Grundlage für die Festlegung des Referenzzustands des elektrochemischen Potenzials in elektrochemischen Zellen. Ihre praktische Anwendung bringt jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich, sodass alternative Systeme eingeführt wurden. Dazu gehört die Chinhydronelektrode (Chinhydron, Q-QH,, ist ein Komplex aus Chinon (Q), C;H,O,, und Hydrochinon (QH,), C;H,(OH),). Die Elektrodenreaktion lautet

Gegeben sind E° (Zn?", Zn) = —0.7628 V, E° (Hg,Cl,, Hg)

AN 1- Bn?

+kl

mit A= 1.461, B= 1.70, k = 0.20 und I = b/b®. Bei b, = 0.09141 molkg”! wurden gemessen: b,/(molkg‘')

E/V 7.20

0.0555 -0.0220

0.09141*

0.1652

0.2171

1.040

1.350

0.0000

0.0263

0.0379

0.1156

0.1336

Das Standardpotenzial des Redoxpaares AgCI/Ag, CI" wurde in einem bestimmten Temperaturbereich präzise bestimmt (R. G. Bates, V. E. Bowers,/. Res. Nat. Bur. Stand. 53 (1954)

283); an die Messwertpaare wurde folgendes Polynom angepasst:

E® /V = 0.236 59 — 4.8564 x 10*(0/°C) — 3.4205 x 10°. (8/°C) + 5.369 x10-°(0/°C) .

= +0.2676V sowie die Gleichgewichtszellspannung, +1.2272V. (a) Formulieren Sie die Nernst’sche Gleichung für diese Zelle. Bestimmen Sie (b) die Standardzellspannung, (c) A,G, AG” und K für die Zellreaktion, (d) die mittlere Ionenaktivität und den Aktivitätskoeffizienten von ZnCl, aus der gemessenen Zellspannung, (e) den mittleren Aktivitätskoeffizienten der Ionen von ZnCl, unter Verwendung des Debye-Hückel-Grenzgesetzes. (f) Berechnen Sie AS und AH; gegeben ist (dE/OT), = —4.52 x10*VK"".

7.21: (a) Leiten Sie eine allgemeine Beziehung für (dE/op), „für

Aus Präzisionsmessungen bei 25 °C wurden folgende Werte für die Gleichgewichtsspannung der Zelle Pt| H,(g.p”) | HCI (ag,b) |Hg,Cl, (s) | Hg (l) erhalten (G. J. Hills,

30°C aus Werten für die Dichte und erhielten ArV = -2.666+0.080 cm? mol"'. Außerdem mafßen sie die Gleichgewichtsspannung der Zelle TI(Hg) |TICNS (s) |

D.]. G. Ives,J.Chem. Soc. (1951) 311):

b/(mmot!kg')

E/V

1.6077 0.60080

3.0769 0.563825

5.0403 0.54366

Berechnen Sie daraus die Freie Standardenthalpie und die Enthalpie der Bildung von Cl” (aq) sowie seine Entropie bei 298 K. eine elektrochemische Zelle her; beliebige Reagenzien in

beliebigen Aggregatzuständen sollen zulässig sein. (b) C. Cohen und K. Piepenbroek (Z. Phys. Chem. 167A (1993) 365) berechneten die Volumenänderung bei der Reaktion TICl (s) + CNS" (ag) TICNS (s) + CI” (aq) bei

KCNS: KCI |TICI|TI(Hg) bei Drücken bis zu 1500 atm: 7.6938 0.52267

10.9474 0.50532

Bestimmen Sie das Standardpotenzial der Zelle sowie den mittleren Aktivitätskoeffizienten von HCl bei den gegebenen Molalitäten. (Legen Sie dazu mithilfe der linearen Regression eine Gerade durch die Messpunkte.) 7.18

logy = —

2H* (aq) + 2e” —>QH; (ag), E* = +0.6994V.

Betrachten wir eine Zelle Zn (s) |ZnCl,(0.0050mol kg") |Hg,C; (s) |Hg(|); ihre Zellreaktion lautet Hg;Cl, (s) + Zn(s)—>2Hg(l) + 2CI” (aq) + Zn?* (aq).

30.0 1.04942

unter verschiedenen Bedingungen das Potenzial bestimmt;

(p = 1.Obar, T = 298 K)?

Q (aq) +

25.0 1.04864

Für eine Zelle Ag|AgX (s)|MX (b}) |M,Hg | MX(b,) | AgX (s) |Ag wurde

In einer Brennstoffzelle wird durch eine chemische Reaktion ein elektrisches Potenzial erzeugt; die Reaktanten werden dabei kontinuierlich von außen zugeführt. Wie groß ist die Gleichgewichtsspannung einer Zelle, in der (a) Wasserstoff mit Sauerstoff reagiert, (b) Butan verbrannt wird

Wie ist der pH-Wert des HCI-Elektrolyten in der Zelle Hg |Hg,Cl, (s) |HCl (aq) |Q : QH, |Au, wenn man eine Zellspannung von +0.190 V misst? Wenden Sie das DebyeHückel-Grenzgesetz an.

20.0 1.04774

Berechnen Sie bei den angegebenen Temperaturen pK\, sowie bei 25 °C die Standardentropie und Standardenthalpie der Autoprotolyse von Wasser.

Bra =ran.)

7.14

277

Das Potenzial einer Zelle

Pt|H, (g,p°) |NaOH (aq,0.0100molkg'), NaCl (aq, 0.01125 mol kg!) |AgCl (s) |Ag wurde sehr genau bestimmt (C. P. Bezboruah, M.F.G.F.C. Camoes,

A. K. Covington, J. V. Döbson,J.Chem. Soc. Faraday Trans. 1, 69, (1973), 949). Einige der Messwerte sind:

pJatm E/mV

1.00 3:5

250 500 750 68.972789:95510:69

1000 1250 11 SS] 2A

1500 711727372

Berechnen Sie aus diesen Daten (OE/op),, bei 30°C und vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem oben angegebenen Wert für A,V. (c) Passen Sie ein Polynom an die gegebenen Daten an, sodass Sie eine Funktion E(p) erhalten. Inwieweit ist (OE/dp), ,konstant? .(d) Berechnen Sie mithilfe Ihres Polynoms eine effektive isotherme Kompressibilität für die ganze Zelle. 7.22: In der unten stehenden Tabelle finden Sie Messwerte für die

Gleichgewichtsspannung einer Zelle Pd|H,(g, Ibar) |BH(aq,b), B(aq.b) |AgCI (s) |Ag. Alle Messungen wurden bei 25 °C und äquimolaren Konzentra-

7 Das Chemische Gleichgewicht

278

tionen von 2-Aminopyridiniumchlorid (BH) und 2-Amino0,22251V. pyridin (B) vorgenommen; es ergab sich BE Berechnen Sie mithilfe dieser Daten pK, für die Säure bei 25 °C und den mittleren Aktivitätskoeffizienten y, von BH als Funktion der Molalität (b) und der lonenstärke {I). Für den mittleren Aktivitätskoeffizienten sollen Sie das erweitere Debye-Hückel-Gesetz in folgender Forin ansetzen:

a

AN

Theoretische Aufgaben 7.25

Entwickeln Sie.eine Beziehung für die Freie Standardreaktionsenthalpie bei der Temperatur T’ in Abhängigkeit von ihrem Wert bei einer Temperatur T und den Koeffizienten a, b und c im Ausdruck für die molare Wärmekapazität aus Tabelle 2-2. Bestimmen Sie die Freie Standardbildungsenthalpie von H,O (I) bei 372 K aus dem Wert bei 298 K.

—kb

mit A = 0.5091; die Parameter B und k hängen von der lonensorte ab. Zeichnen Sie den Graphen des mittleren Aktivitätskoeffizienten bei b = 0.04 molkg"' und O(CIO), (g). INS

23%

248

258

K

4718210

55:0052]

0225177502]0285 277° 10253 90°..105

Anaerobe Bakterien sind nicht auf Sauerstoff als Elektronen-

T/K

280

288

295

akzeptor im letzten Schritt der Energiegewinnung angewie-

K

9102020. 221922 210.

sen und können andere Kohlenstoffquellen als Glucose nutzen. Könnte ein Bakterium seine Energie aus dem

Systems Ethanol/Nitrat anstelle von Glucose/Sauerstoff beziehen? Nehmen Sie an, das elektrische Potenzial eines Mitochondri-

ums zwischen der Matrix und dem Intermembranraum betrage 70 mV, wie es für viele andere Membranen typisch ist. Wie viel ATP könnte dann (bei gleicher pH-Differenz) durch den Transport von 4mol H* synthetisiert werden? Standardpotenziale von Proteinen kann man mit denen in diesem Kapitel beschriebenen Methoden normalerweise nicht bestimmen, weil Proteine häufig ihre natürliche Struktur und Funktion einbüßen, wenn sie an einer Elektro-

denoberfläche zur Reaktion gebracht werden. Eine Alternative ist es, das Protein in Lösung mit einem geeigneten

Elektronendonor reagieren zu lassen; das Standardpotenzial des Proteins bestimmt man dann mithilfe der Nernst’schen Gleichung aus den Gleichgewichtskonzentrationen aller Spezies in der Lösung und dem bekannten Standardpotenzial des Donors. Zur Veranschaulichung dieser Methode betrachten wir das Protein Cytochrom c. Die Einelektronen-Reaktion zwischen Cytochromc (cyt) und 2,6-Dichlorindophenol (D) kann spektralphotometrisch verfolgt werden, weil jede der beteiligten vier Substanzen ein charakteristisches Spektrum aufweist. Die Reaktion schreiben wir in folgender Form auf: cyt,, + Dies — CYytiea + Dax; die Indizes bezeichnen jeweils die oxidierte bzw. die redu-

zierte Form. (a) Ey) und Ey seien die Standardpotenziale von Cytochrom c bzw. D. Zeigen Sie, dass im Gleichgewicht (Index eq) die Auftragung von In ([Doxlea/ [Drealea) in Abhängigkeit von In ([cyta,].a/ |CYtrea].,) eine Gerade mit einer Steigung von 1 und einem Achsenabschnitt von F(ES — Es )/RT ergibt (die Aktivitäten im Gleichgewicht wurden durch die Zahlenwerte der molaren Konzentrationen ersetzt). (b) Die in der unten stehenden Tabelle angegebenen Daten wurden für die Reaktion zwischen oxidiertem Cytochrom c und reduziertem D in einer Pufferlösung mit einem pH-Wert von 6.5 bei 298 K erhalten. Die Verhältnisse

(Dal. /[Dasl..) und (eytala/loytuul,) wurden abgeglichen,

indem eine Lösung, die oxidiertes Cytochrom c und reduziertes D enthielt, mit einer Lösung des starken Reduktionsmit-

268

273

303

18672 110.272072 10:

(a) Berechnen Sie die Standardreaktionsenthalpie und -entropie dieser Reaktion. (b) Berechnen Sie die Standardbildungsenthalpie und die molare Standardentropie von

(ClO),. Gegeben ist A,H” (ClO) = +101.8 k) mol" und S7 (ClO) = 226.6) K“' mol! (Quelle: CRC Handbook

2004).

7.351 Salpetersäurehydrate sind Gegenstand der Forschung, weil man vermutet, dass sie heterogene Reaktionen katalysieren können, die das antarktische Ozonloch hervorrufen. Wor-

snop et al. untersuchten die thermodynamische Stabilität der Hydrate unter Bedingungen, wie sie für die antarktische Stratosphäre im Winter typisch sind (D. R. Worsnop, L. E. Fox, M. S. Zahniser, S. C. Wofsy, Science 259 (1993) 71). Aus ihren Daten lassen sich die folgenden Freien Standardreaktionsenthalpien bei 190 K berechnen: H,O (g)>H3;0 (s)

AuG = 223.6kjmol-" H,O (g) + HNO, (g)> HNO, :H,0 (s) AR,G®= -57.2k] mol"

2H,0 (g) + HNO, (g)> HNO, : 2H,0 (s) A,G” =

-85.6k] mol”)

3H,0 (g) + HNO, (g)> HNO; :3H,0 (s) A,G° = -112.8 k] mol” Welcher Feststoff ist bei 190 K thermodynamisch am stabilsten, wenn 1,0 = 1.3 x 10°’ bar und Puno, = 4.1 x 10°"° bar ist? Hinweis: Versuchen Sie, unter den vorherrschenden Bedingungen A,G für jede Reaktion

zu berechnen. Wenn sich mehr als ein Feststoff freiwillig bildet, müssen Sie A,G für die Umwandlung eines Feststoffs in einen der anderen betrachten.

280

7 Das Chemische Gleichgewicht

7.36. In einer Industrieanlage werde Ammoniak mit einem Eisenkatalysator am kostengünstigsten produziert, wenn die Temperatur 450°C beträgt und der Druck so eingestellt wird, dass A,G der Reaktion 3N, (g) +3H, (g)>NH; (g) gleich -500) mol ' ist. (a) Wie hoch muss der Druck dazu sein? (b) Nun nehmen wir an, es wurde ein neuer Katalysator entwickelt, der bei 400 °C am effizientesten arbeitet; A,G der Synthesereaktion muss dazu sein wie in (a). Welcher Druck ist nun dazu erforderlich? Welche Vorteile bietet

der neue Katalysator? Nehmen Sie bei Ihren Berechnungen an, dass alle Gase (i) sich ideal verhalten oder (ii) van-derWaals’sches Verhalten zeigen. Für Ihre Antwort benötigen Sie Isothermen von A,G(T,p) im Druckbereich

100 atm 1 und e'’T strebt gegen schneller gegen unendlich als 4° gegen null, daher gilt p > 0 für A > 0. oder v — &. Also geht die Energiedichte in Übereinstimmung mit dem Experiment für hohe Frequenzen gegen null. Für große Wellenlängen ist he/AkT < 1, sodass wir den Nenner in der Planck-Verteilung entwickeln können: he ee

hc

| re

ee

eehc

) an

Wenn wir diesen Ausdruck in Gl. (8-5) einsetzen, erkennen wir, dass die Planck-Verteilung in das Rayleigh-Jeans-Gesetz übergeht.

8.1 Die Anfänge der Quantenmechanik

287

Jetzt ist einfach zu sehen, warum Rayleighs Ansatz erfolglos war, Plancks Hypothese dagegen erfolgreich. Die thermische Bewegung der Atome in der Behälterwand des schwarzen Strahlers regt die Oszillatoren des elektromagnetischen Feldes an. Nach der klassischen Physik erhalten alle Oszillatoren den gleichen Anteil der zu Verfügung stehenden Energie, sodass auch die höchsten Frequenzen angeregt werden. Die Anregung dieser hochfrequenten Oszillatoren führt zur Ultraviolettkatastrophe. Nach Plancks Hypothese können Oszillatoren jedoch nur angeregt werden, wenn sie einen Energiebetrag von mindestens hv erhalten. Für die hochfrequenten Öszillatoren bedeutet dies, dass sie nicht angeregt werden, da die Wände hierfür nicht genügend Energie zur Verfügung stellen können: Die Quantelung führt zu einer Reduzierung der Beiträge der hochfrequenten Oszillatoren.

Wärmekapazitäten Im frühen neunzehnten Jahrhundert untersuchten die französischen Wissenschaft-

ler Pierre-Louis Dulong und Alexis-Therese Petit die Wärmekapazitäten einer Reihe von einatomigen Festkörpern. Auf der Grundlage recht dürftiger experimenteller Ergebnisse schlugen sie eine Regel vor, wonach alle solchen Festkörper dieselbe Wärmekapazität von (in heutigen Einheiten) etwa 25] K-! mol! haben sollten. Die Dulong-Petit’sche Regel ist im Rahmen der klassischen Physik einfach zu erklären. Wenn die klassische Physik korrekt wäre, könnten wir die Wärmekapazität eines Festkörpers aus dem Gleichverteilungssatz berechnen. Dieser besagt, dass die mittlere Energie eines um seine Gleichgewichtslage schwingenden Atoms in einem Festkörper gleich KT pro Schwingungsrichtung beträgt. Da ein Atom in drei Dimensionen schwingen kann, muss es folglich eine mittlere Energie von 3kT besitzen; die Gesamtenergie von N Atomen ist folglich 3NKT. Der Beitrag der Schwingung zur molaren Inneren Energie ist somit

U„ = 3N,kT = 3RT mit der Gaskonstante R= N,k. Die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen (siehe Kommentar 8-3) ist dann te

Ge

au, (=),

3R

!

8-6 )

(

Wegen 3R = 24.9] K’! mol”! stimmt dieses Ergebnis ausgezeichnet mit dem Wert von Dulong und Petit überein. Unglücklicherweise (diesmal für Dulong und Petit) fand man große Abweichungen von ihrer Regel, als der technische Fortschritt es möglich machte, Wärmekapazitäten bei tiefen Temperaturen zu messen. Man stellte fest, dass die Wärmekapazitäten aller Metalle bei tiefen Temperaturen kleiner als 3R waren und für T—0 gegen null gingen. Um diese Beobachtungen zu erklären, nahm Einstein 1905 an, dass jedes Atom mit einer Frequenz v um seine Gleichgewichtslage schwingen könne. Er verwendete dann Plancks Hypothese und ordnete jeder dieser Schwingungen eine Energie von nhv zu, wobei n eine ganze Zahl sein sollte. Zunächst berechnete er den Beitrag der Schwingungen zur Inneren Energie eines Metalls

(nach der in Abschnitt 16.2.2 beschriebenen Methode) und erhielt 3N,hv

m

hit 1

anstelle des klassischen Ausdrucks 3RT. Dann differenzierte er den Ausdruck für U,, nach T, um die Wärmekapazität zu berechnen. Der resultierende Ausdruck ist heute als Einstein-Gleichung für die Wärmekapazität bekannt: 0; Cm

=

3Rf

mit

2

ee /2T

I. >. (=) (ar ==

2

i ö

(8 A)

Kommentar 8-3

Die Innere Ener-

gie U, ein Konzept aus der Thermo-

dynamik (Kapitel 2), kann als die Gesamtenergie aller Teilchen in einer Probe aufgefasst werden. Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen ist definiert als C, = (dU/OT),. Eine kleine Wärmekapazität bedeutet, dass die Übertragung einer bestimmten

Energiemenge eine große Temperaturänderung der Probe bewirkt.

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

288

ngsfreDie Einstein-Temperatur 0; = hv/k ist ein Temperaturmaß für die Schwingu Einsteindie quenz eines Oszillators: je höher die Frequenz v, desto höher auch Temperatur.

Bei hohen Temperaturen (für T > 0,) können wir die in f enthaltenen Exponenin Reihen

tialterme

entwickeln,

indem

wir ee =1+x+...

verwenden

und die

höheren Terme vernachlässigen (siehe Kommentar 8-2). So erhalten wir 2

f=(®

2

1+

Wir bekommen 0.5

1

15

%

7/6;

2

bei hohen Temperaturen also wieder den klassischen Ausdruck

Cum = 3R. Bei tiefen Temperaturen ist T < 0, und wir erhalten

K-e DR

Abb. 8-8 Experimentelle Wärmekapazitäten bei tiefen Temperaturen und die von Einsteins Theorie vorhergesagte Temperaturabhängigkeit. Seine Gleichung (GI. (8-7)) gibt das allgemeine Verhalten recht gut wieder, berechnet aber stets zu kleine Werte.

Their

ne )-ı (1+2+

i

0

4

fee

ON



Die Exponentialfunktion in diesem Ausdruck strebt für T — 0 schneller gegen null als der 1/T gegen unendlich, daher gilt f— 0 für T — 0, und die Wärmekapazität geht somit ebenfalls gegen null. Einsteins Gleichung erklärt also den Rückgang der Wärmekapazität bei tiefen Temperaturen. Der physikalische Grund für diesen Erfolg ist, dass bei tiefen Temperaturen nur wenige Oszillatoren genügend Energie erhalten, um signifikant zur Schwingung angeregt zu werden. Bei hohen Temperaturen ist genügend Energie vorhanden, sodass alle Oszillatoren schwingen können; nun tragen alle 3N Oszillatoren bei, und die Wärmekapazität erreicht ihren klassisch erwarteten Wert. Die von der Einstein-Gleichung vorhergesagte Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität ist in Abb. 8-8 gezeigt; der Verlauf von C, wird qualitativ recht gut wiedergegeben, die numerische Übereinstimmung ist aber noch schlecht. Die Ursache liegt in Einsteins Annahme, dass alle Atome mit einer einzigen Frequenz schwingen. Tatsächlich muss man einen ganzen Bereich von möglichen Frequenzen von null bis zu einem Maximalwert v, berücksichtigen. Man kann dies tun, indem man über alle vorkommenden Frequenzen mittelt; so gelangt man schließlich zur Debye-Gleichung für die Wärmekapazität:

T\

(OT

Me

Cym=3Rf mit f =3(7,) Jo| el, le 1Y

(89)

D

wobei 0, = hvn/k die Debye-Temperatur ist (eine Herleitung dieser Gleichung ist in der Weiterführenden Literatur zu finden). Das Integral in Gl. (8-9) muss numerisch ausgewertet werden, was mit geeigneter Software jedoch kein Problem ist. Wie Abb. 8-9 zeigt, führt diese Modifikation zu einer deutlich besseren Übereinstimmung mit dem Experiment. Die Details sollen uns aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter beschäftigen; unsere entscheidende Schlussfolgerung ist, dass die Quantelung der Energie berücksichtigt werden muss, um die thermischen Eigenschaften von Festkörpern erklären zu können.

Do]

15

T/6; or T/6,

Abb. 8-9 Debyes Modifikation von Einsteins Rechnung (G]. (8-9)) liefert eine sehr gute Übereinstimmung mit dem Experiment. Für Kupfer ist der Punkt T/0, — 2 bei etwa 170 K erreicht, daher konnten

die Abweichungen von der DulongPetit'schen Regel erst aufgespürt werden, als die Tieftemperaturphysik Messungen bei solchen Temperaturen möglich gemacht hatte.

Illustration 8-1]

Die Wärmekapazität

Die Debye-Temperatur für Blei ist 105K entsprechend einer Schwingungsfrequenz von 2.2 x 10'°Hz, wohingegen 9, für Diamant mit seinen leichteren und fester gebundenen Atomen 2230K entsprechend 4.6 x 10% Hz beträgt. Wie aus Abb. 8-9 zu sehen ist, ist f=1 für T > 0, sodass die Wärmekapazität dann nahezu klassisch ist. Für Blei bei 25°C entsprechend T/0, = 2.8 ist f = 0.99, und die ı Wärmekapazität hat nahezu ihren klassisch erwarteten Wert. Dagegen ist für Diamant bei derselben Temperatur T/0, = 0.13 entsprechend f = 0.15, so das die Wärmekapazität nur etwa 15% ihres klassischen Wertes erreicht.

8.1 Die Anfänge der Quantenmechanik

289

E,

— ©[ef]

Er

2

®

Av=E-E,

N

Absorption der Intensität

hv=E,-£E,

der Emission Intensität

| 200

415

420

Wellenlänge, A/nm Abb. 8-10 Das Spektrum des von angeregten Eisenatomen ausgestrahlten Lichts besteht aus diskreten Wellenlängen (oder Frequenzen).

240

280 A/nm

320

are nm

Abb. 8-11 Wenn ein Molekül seinen Zustand ändert, so absorbiert oder emittiert es Licht definierter, diskreter Frequenzen. Dieses Spektrum zeigt einen Ausschnitt des gesamten Spektrums aufgrund von elektronischer, Schwingungs- und

Rotationsanregung von Schwefeldioxidmolekülen. Offensichtlich können Moleküle keine beliebigen, sondern nur ganz

bestimmte Energien annehmen.

Atom- und Molekülspektren Den anschaulichsten Beweis für die Quantisierung der Energie liefert die Spektroskopie, also der Nachweis und die Analyse der von einer Substanz absorbierten, emittierten oder gestreuten Strahlung. Die Aufzeichnung der von einer Probe durchgelassenen oder gestreuten Lichtintensität als Funktion der Frequenz v, der Wellenlänge i oder der Wellenzahl W = v/c wird nach dem lateinischen Wort für „Abbild“ als Spektrum der Probe bezeichnet. Abb. 8-10 zeigt ein typisches Atomspektrum, Abb. 8-11 ein typisches Molekülspektrum. In beiden wird Strahlung offensichtlich bei einer Reihe von diskreten Frequenzen absorbiert oder emittiert. Das können wir einfach verstehen, wenn wir annehmen, dass die Energie der Atome oder Moleküle ebenfalls auf diskrete Werte beschränkt ist, da dann natürlich auch die Abgabe oder Aufnahme von Energie in diskreten Paketen erfolgen muss (Abb. 8-12). Wenn die Energie eines Atoms um AE abnimmt, wird diese Differenz als Strahlung der Frequenz v abgegeben, sodass an dieser Stelle im Spektrum eine Emissionslinie, ein scharfes Maximum, erscheint. Man spricht dann davon, dass das Molekül einen spektroskopischen Übergang oder eine Zustandsänderung erfährt, für die die Bohr’sche Frequenzbedingung

AE=hv

(8-10)

erfüllt ist. Die Grundlagen und Anwendungen der Atomspektroskopie werden wir in Kapitel 10 und die der Molekülspektroskopie in den Kapiteln 13 bis 15 behandeln.

8412

a

Der Welle-Teilchen-Dualismus

Wir haben nun festgestellt, dass die Energien des elektromagnetischen Feldes und von schwingenden Atomen quantisiert sind. In diesem Abschnitt werden wir experimentelle Ergebnisse kennen lernen, die eine Umdeutung zweier weiterer bedeutender Konzepte der klassischen Physik nach sich zogen. Ein Experiment zeigt, dass elektromagnetische Strahlung - die in der klassischen Physik als Welle betrachtet wird - auch Teilcheneigenschaften besitzt. Ein anderes Experiment zeigt,

Abb. 8-12 Wir können spektroskopische Übergänge wie die hier gezeigten erklären, indem wir annehmen, dass ein Molekül beim Übergang zwischen diskreten Energieniveaus ein Photon absorbiert oder emittiert. Wenn der Energieunterschied groß ist, wird Strahlung einer großen Frequenz (kleinen Wellenlänge) erzeugt.

290

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

n behandelt werden dass Elektronen - die in der klassischen Physik als Teilche auch Welleneigenschaften besitzen.

Der Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung

Energien 0, hv, 2hv Wenn elektromagnetische Strahlung der Frequenz v nur die besteht, von Teilchen aus sie dass en, vorstell uns usw. besitzen kann, so können wir ist, ist die en vorhand Teilchen dieser eines Wenn denen jedes eine Energie hv trägt.. so weiter. und 2hv, Energie die ist sind, en Energie hv, wenn zwei Teilchen vorhand Die disn. Photone wir nennen ng Strahlu schen Diese Teilchen der elektromagneti Molekül oder Atom das dass damit, wir n erklären kreten Atom- und Molekülspektre ein Photon der Energie hv erzeugt, wenn es einen Energiebetrag AE = hv abgibt. Beispiel 8-1 Die Berechnung der Anzahl von Photonen Berechnen Sie die Zahl der Photonen, die eine gelbe 100 W-Lampe in 1s emittiert. Die Wellenlänge des gelben Lichts beträgt 560 nm, der Wirkungsgrad der Lampe 100 %.

Vorgehen Jedes Photon trägt die Energie hv, also ist die Zahl der Photonen, die zusammen eine Energie E ergeben, gleich E/hv. Wir brauchen jetzt noch die Frequenz der Strahlung, die wir aus v = c/A berechnen können, und die gesamte von der Lampe abgestrahlte Energie. Letztere ist das Produkt aus der Leistung P (in Watt) und der Zeit, während der die Lampe leuchtet (E = PAI). Antwort

Die Zahl der Photonen ist E

PAt

_APAt

en nen Einsetzen ergibt a

5.60 2 =; m)(100]s"")(1.0s) ze" (3.6

a

(6.626 x 10-* ] s)(2.998 x 10° ms-!) Es würde fast 40 min dauern, 1 mol dieser Photonen zu erzeugen.

Hinweis

Um Rundungs- und andere numerische Fehler möglichst klein zu halten, ist es in solchen Berechnungen immer sinnvoll, zuerst nur algebraische Umformungen anzuwenden und die Zahlenwerte erst ganz am Ende in eine einzige Formel einzusetzen. Außerdem kann ein solches analytisches Ergebnis für andere Fälle wiederverwendet werden, ohne dass man die ganze Rechnung wiederholen muss.

Übung 8-1 Wie viele Photonen einer Wellenlänge von 1000 nm emittiert ein monochromatischer (nur eine Frequenz aussendender) Entfernungsmesser mit einer Leistung

von

1mW in 0.15?

[1027

Ein weiterer Hinweis auf den Teilchencharakter elektromagnetischer Strahlung ergibt sich aus der Messung der Energien von Elektronen beim photoelektrischen Effekt. Hierunter verstehen wir die Erscheinung, dass aus Metalloberflächen, die ultravioletter Strahlung ausgesetzt sind, Elektronen herausgeschlagen werden. Dabei beobachtet man einige interessante Tatsachen: 1. Solange die Frequenz der Strahlung eine bestimmte, für das Metall charakteristische, Schwelle nicht überschreitet, werden

8.1 Die Anfänge der Quantenmechanik

keine Elektronen herausgeschlagen, egal wie groß die Intensität der Strahlung ist. 2. Die kinetische Energie der herausgeschlagenen Elektronen hängt linear mit der Frequenz der einfallenden Strahlung zusammen; sie ist aber unabhängig von der Intensität der Strahlung. ww. Wenn die Frequenz die Schwelle überschreitet, werden auch bei geringen Lichtintensitäten sofort Elektronen herausgeschlagen. Abb. 8-13 stellt die beiden erstgenannten Sachverhalte anschaulich dar. Diese Beobachtungen legen die Interpretation nahe, dass sich der photoelektrische Effekt durch eine Kollision eines Elektrons mit einem Teilchen erklären lässt, das genügend kinetische Energie besitzt, um das Elektron aus dem Metall heraus-

zuschlagen. Wenn wir annehmen, dass dieses Teilchen ein Photon der Energie hv ist, wobei v die Frequenz der Strahlung bedeutet, so folgt aus der Energieerhaltung, dass die kinetische Energie des Elektrons die Gleichung 1 mv

2

= hv — &

(8-11)

befolgt. Hierbei ist eine für das Metall charakteristische Größe, die Ablösearbeit — die Energie, die nötig ist, um ein Elektron aus dem Metall zu entfernen und in unendliche Entfernung zu bringen (Abb. 8-14). Sie ist das Analogon zur lonisierungsenergie eines einzelnen Atoms oder Moleküls. Solange hv < ® ist, kann kein Photoeffekt auftreten, da die einzelnen Photonen nicht genügend Energie mit sich

Kinetische Energie des herausgeschlagenen Elektrons Benötigte Energie, /

um ein Elektron aus dem Metal herauszulösen

10° ', 2.25 (1.81 nm) 551 eV xcm

', 10° nm) (1.86 eV 2.30 539 xcm ', 10° 2.09 nm) (1.69 eV 593 xcm hv zunehmende Ablösearbeit

Kinetische Photoelektrons, des Enegie E,, —

Frequenz der einfallenden Strahlung, V Abb. 8-13 Beim photoelektrischen Effekt stellt man fest, dass keine Elektronen her-

ausgeschlagen werden, wenn die Frequenz der einfallenden Strahlung eine bestimmte, für das jeweilige Metall charakteristische Schwelle unterschreitet. Für Frequenzen oberhalb dieser Schwelle hängt die kinetische Energie der Photoelektronen linear mit der Frequenz der einfallenden Strahlung zusammen.

(a)

b (b)

Abb. 8-14 Zur Erklärung des photoelektrischen Effekts nehmen wir an, dass die ein-

fallende Strahlung aus Photonen besteht, deren Energie proportional zu ihrer Frequenz ist. (a) Die Energie des Photons reicht nicht aus, um ein Elektron aus dem

Metall herauszuschlagen. (b) Die Energie des Photons ist größer als die zur Ablösung eines Elektrons benötigte. Die überschüssige Energie tritt als kinetische Energie des Photoelektrons (des herausgeschlagenen Elektrons) in Erscheinung.

291

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

292

(1). Gl. (8-11) besagt auch, dass die Ba tragen; dies erklärt Beobachtung der Frequenz der Strahlung zusammenhängt, in mit linear Elektrons eines Energie Übereinstimmung mit Beobachtung (2). Wenn ein Photon mit einem Elektron kollidiert, so gibt es all seine Energie ab, daher ist das Auftreten von Elektronen zu

Elektronen\strahl

erwarten, sobald die Kollisionen beginnen, sofern die Photonen genügend Energie

gebeugte Elektronen

Abb. 8-15 Das Davisson-Germer-Experiment. Bei der Streuung eines Elektronenstrahls an einem Nickelkristall entsteht ein Intensitätsmuster, das typisch für Beugungsexperimente ist, in denen Wellen in unterschiedlichen Richtungen konstruktiv bzw. destruktiv interferieren.

Kommentar 8-4

Eine charakteristi-

sche Eigenschaft von Wellen ist, dass sie miteinander interferieren können. Die Interferenz führt zu

vergrößerten Amplituden, wenn Wellenmaxima aufeinander treffen — konstruktive Interferenz - bzw. zu

verringerten Amplituden, wenn Wellenmaxima auf Wellenminima treffen — destruktive Interferenz

(siehe Abbildung: (a) konstruktiv; (b) destruktiv).

(3). Eine praktische Anwendung von mit sich führen: dies erklärt Beobachtung Gl. (8-11) besteht in der Bestimimung der Planck’schen Konstante, da die Steigungen der Linien in Abb. 8-13 alle gleicH h sind.

Der Wellencharakter von Teilchen Obgleich es der altbewährten Wellentheorie des Lichts widersprach, war schon früh die Ansicht vertreten worden, dass Licht aus Teilchen besteht; sie setzte sich aller-

dings nicht durch. Kein namhafter Wissenschaftler hatte jedoch je die Ansicht vertreten, dass Materie Welleneigenschaften besitzen könne. Genau zu dieser Schlussfolgerung führten jedoch Experimente, die im Jahre 1925 durchgeführt wurden. Die amerikanischen Physiker Clinton Davisson und Lester Germer nahmen das entscheidende Experiment vor, als sie die Beugung von Elektronen an einem Kristall beobachteten (Abb. 8-15). Beugung beruht auf Interferenz zwischen verschiedenen Wellen, die auf ein Objekt treffen. Je nachdem, ob die Interferenz konstruktiv oder destruktiv ist, entstehen Regionen erhöhter oder verringerter Intensität. Davissons und Germers Experiment war ein glücklicher Zufall, da eine zufällige Temperaturerhöhung ein Tempern ihrer ursprünglich polykristallinen Probe bewirkte und regelmäßig angeordnete Atomlagen erzeugte, die dann als Beugungsgitter wirkten. Beinahe zur selben Zeit zeigte G.P. Thomson in Schottland, dass ein Elektronenstrahl beim Durchgang durch eine dünne Goldfolie gebeugt wird. Elektronenbeugung ist die Grundlage verschiedener mikroskopischer Techniken, die in den Biound Materialwissenschaften eingesetzt werden (Anwendung 8-1 und Abschnitt

20.1.4).

Das Davisson-Germer-Experiment, das mittlerweile auch mit anderen Teilchen wiederholt werden konnte (darunter a-Teilchen und molekularer Wasserstoff), zeigt eindeutig, dass Teilchen auch wellenartige Eigenschaften besitzen; die Beugung von Neutronen ist heute eine Standardmethode zur Untersuchung der Struktur und Dynamik von kondensierten Phasen. Wir haben auch gesehen, dass elektromagnetische Wellen Teilcheneigenschaften besitzen. Somit sind wir bei einer zentralen Erkenntnis der modernen Physik angelangt. In der Welt der Atome verschmelzen die Konzepte „Teilchen“ und „Welle“: Teilchen besitzen Eigenschaften von Wellen und Wellen besitzen Eigenschaften von Teilchen! Einen wichtigen Schritt zur Zusammenfassung dieser Eigenschaften hatte Louis de Broglie bereits im Jahre 1924 getan, indem er vorschlug, allen Teilchen mit einem Impuls p eine Wellenlänge } zuzuordnen, die sich nach der de-Broglie-Relation berechnen lässt:

: Neo

(8-12)

Ein Teilchen mit einem großen Impuls hat nach dieser Gleichung eine kleine Wellenlänge (Abb. 8-16). Makroskopische Objekte haben wegen ihrer großen Masse

einen so großen Impuls (auch wenn sie sich nur langsam bewegen), dass ihre Wellenlängen unmessbar klein sind und ihre Welleneigenschaften nicht beobachtet werden können.

8.1 Die Anfänge der Quantenmechanik kurze Wellenlänge,

Beispiel 8-2 Berechnung der de-Broglie-Wellenlänge

großer Impuls

Wie groß ist die Wellenlänge von Elektronen, die aus der Ruhe durch eine Poten-

zialdifferenz von 40 kV beschleunigt wurden?

Vorgehen

lange Wellenlänge, kleiner Impuls

Um die de-Broglie-Relation verwenden zu können, benötigen wir den

Impuls p der Elektronen. Dazu erinnern wir uns, dass die Energie eines Elektrons,

das eine Potenzialdifferenz V durchlaufen hat, gleich eV ist, wobei e der Betrag der Elektronenladung ist. Nachdem das Elektron die Potenzialdifferenz durchlaufen hat, liegt diese Energie vollständig als kinetische Energie vor, Ex. = p?/2m,, sodass wir p durch Gleichsetzen von p?/2m, und eV erhalten. Wie zuvor führen

wir die Rechnung algebraisch durch, bevor wir am Ende die Zahlenwerte einsetzen. Antwort Aus p?/2m. = eV erhalten wir p = (2m,eV)"” und mit der de-BroglieRelation } = h/p finden wir die de-Broglie-Wellenlänge

4 1

\

h =

TEEN

(2m.eV)

.

Einsetzen der Daten und der Fundamentalkonstanten ergibt

;

6.626 x10-* Js {2(9.109 x 103 kg) (1.602 x 10-19 C)(4.0 x 10° V)}'

er

wobei wir noch 1VC=1]J und 1J=1kgm?s”? verwendet haben. Die Wellenlänge von 6.1 pm ist kürzer als typische Bindungslängen in Molekülen (die etwa 100 pm betragen). Derart beschleunigte Elektronen werden in der Elektronenbeugung zur Strukturaufklärung eingesetzt (siehe Abschnitt 20.1.4).

Übung 8-2 Wie groß ist die Wellenlänge (a) eines Neutrons mit einer kinetischen Translationsenergie entsprechend KT bei 300K und (b) eines Tennisballs mit einer Masse von 57 g und einer Geschwindigkeit von 80 km/h? [(a) 178 pm, (b) 5.2 x 10°” m]

Wir müssen daraus schließen, dass nicht nur elektromagnetische Strahlung Teilcheneigenschaften besitzt, sondern auch Elektronen (und alle anderen Teilchen) Welleneigenschaften. Die Verschmelzung der Konzepte „Welle“ und „Teilchen“ wird als Welle-Teilchen-Dualismus bezeichnet. Der Dualismus ist ein Stich ins Herz der klassischen Physik, für die Wellen und Teilchen vollkommen unterschiedliche Dinge sind. Wir haben auch gesehen, dass sowohl elektromagnetische Strahlung als auch Materie keine beliebigen Energiemengen aufnehmen oder abgeben können und dass diese Diskretisierung der Energie für kleine Objekte eine große Bedeutung besitzt. Im Gegensatz dazu behandelt die klassische Physik die Energie als kontinuierliche Variable. Dieses Versagen der klassischen Physik für kleine Objekte ist ein Hinweis darauf, dass ihre grundlegenden Konzepte nicht korrekt sind. An ihrer Stelle musste eine grundlegend neue Mechanik treten.

| Anwendung 3-1

Elektronenmikroskopie

Der klassische Ansatz, eine kleine Fläche einer Probe mithilfe von Licht und einem Mikroskop zu betrachten, ist seit vielen Jahren in Gebrauch. Nachteilig ist jedoch, dass die Auflösung eines Mikroskops, d.h. der minimale Abstand zwischen zwei Punkten, der noch zu getrennten Bildern führt, in der Größenordnung der Wellenlänge des verwendeten Lichts liegt (vgl. Anwendung 13-1). Klassische MikroMikroskope, die mit sichtbarem Licht arbeiten, haben daher eine Auflösung im erkennen. mehr nicht meterbereich und können Details im Nanometerbereich

Abb. 8-16 Eine schematische Darstellung der de-Broglie-Relation zwischen Wellenlänge und Impuls. Welle und Teilchen hehören zusammen; in Kürze werden wir sehen, dass diese Welle die Wellenfunktion

des Teilchens ist. Ein Teilchen mit kleinem Impuls besitzt eine Wellenfunktion mit großer Wellenlänge und umgekehrt.

294

schnitts einer Pflanzenzelle mit Chloroplasten, den für die Photosynthese (siehe Kapitel 23) zuständigen Zellorganellen. Chloroplasten sind typischerweise 5 um lang. (Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Brian Bowes.)

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

Es gibt ein großes Interesse an der Entwicklung neuer Methoden für die Untersuchung sehr kleiner Proben, die für die traditionelle Lichtmikroskopie nicht mehr zugänglich sind. Beispielsweise könnten wir biochemische Prozesse wie die Enzymkatalyse, die Proteinfaltung oder die Einführung der DNA in den Zellkern besser verstehen, wenn wir einzelne Biopolymermoleküle, deren Abmessungen weit unter der Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegen, in Aktion beobachten könnten. Eine Methode, die bei der Untersuchung von Objekten im Nanometerbereich häufig Anwendung findet, ist die Elektronenmikroskopie. Hierbei ersetzt ein Strahl von Elektronen mit einer wohldefinierten de-Broglie-Wellenlänge den Lichtstrahl der klassischen Lichtmikroskopie. Anstelle von Linsen aus Glas oder Quarz werden Magnetfelder verwendet, um den Strahl zu fokussieren. Bei der Transmissions-Elektronenmikroskopie (TEM) tritt der Elektronenstrahl durch die Probe hindurch und das Bild wird auf einem Schirm dargestellt. Bei der Raster-Elektronenmikroskopie (SEM) werden die Elektronen an der Oberfläche der Probe reflektiert und nachgewiesen. Ein Bild der Oberfläche wird dann erstellt, indem diese sukzessive mit dem Elektronenstrahl abgetastet wird. Wie in der traditionellen Lichtmikroskopie wird die erreichbare Auflösung durch die Wellenlänge des einfallenden Strahls - hier des Elektronenstrahls - und

die Möglichkeit der Fokussierung begrenzt. Die Wellenlängen der Elektronen in typischen Elektronenmikroskopen können um 10pm betragen, aber da Elektronen mit magnetischen Linsen nur schwierig zu fokussieren sind, liegen typische Auflösungen von TEM- und SEM-Geräten bei etwa 2nm bzw. 10nm. Elektronenmikroskope können folglich keine einzelnen Atome auflösen (deren Durchmesser etwa 0.2pm betragen). Außerdem können nur bestimmte Proben unter ganz bestimmten Bedingungen untersucht werden, z.B. müssen die Beobachtungen im Hochvakuum erfolgen. In der Durchlicht-Elektronenmikroskopie müssen die Proben sehr dünn sein; für die Raster-Elektronenmikroskopie müssen sie wasserfrei sein. Aus diesen Gründen sind beide Methoden nicht zur Untersuchung von lebenden Zellen geeignet. Trotzdem ist die Elektronenmikroskopie sehr nützlich, um die innere Struktur von Zellen zu untersuchen (Abb. 8-17).

8.2 |

Die Dynamik mikroskopischer Systeme

Die Quantenmechanik berücksichtigt den Welle-Teilchen-Dualismus, indem sie annimmt, dass ein Teilchen sich nicht entlang eines definierten Weges’im Raum fortbewegt, sondern wellenartig im Raum verteilt ist. Diese Aussage mag zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr mysteriös erscheinen, wir werden jedoch bald genauer darauf eingehen. Die Welle, die in der Quantenmechanik an die Stelle der Bahn (Trajektorie) der klassischen Physik tritt, heißt Wellenfunktion und wird meist mit v (psi) bezeichnet.

8.2.1

Die Schrödinger-Gleichung

Im Jahre 1926 schlug der österreichische Physiker Erwin Schrödinger eine Gleichung vor, mit der man die Wellenfunktion eines Systems berechnen kann. Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung für ein Teilchen der Masse m, das sich mit der Energie E in einer Dimension bewegt, lautet

Sa

Bet

(x) =EY.

(8-13)

Der Ausdruck V(x) beschreibt die potenzielle Energie des Teilche ns am Ort x. Da die Gesamtenergie E die Summe aus kinetischer und potenzi eller Energie ist, muss der erste Term irgendwie mit der kinetischen Energie des Teilche ns zusammenhän-

8.2 Die Dynamik mikroskopischer Systeme

gen. h (gelesen „h-quer“) ist eine gebräuchliche Abwandlung der Planck’schen Konstante,

h h= >, — 1.05457 x 10 a

ege

(8-14)

Die Form der Schrödinger-Gleichung wollen wir in der folgenden Begründung zumindest teilweise zu rechtfertigen versuchen. Die Diskussionen im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden mithelfen, das Unbehagen angesichts der scheinbaren Willkürlichkeit dieses komplizierten Ausdrucks zu überwinden. Für den Moment wollen wir die Schrödinger-Gleichung einfach als quantenmechanisches Postulat betrachten. Tabelle 8-1 zeigt verschiedene Formen der Schrödinger-Gleichung für unterschiedliche Dimensionen des Systems oder mit Einbeziehung der Zeitabhängigkeit. In Kapitel 9 werden wir die Gleichung für einige wichtige Fälle lösen; hier wollen wir uns mehr mit ihrer grundsätzlichen Bedeutung, der Interpretation ihrer Lösungen sowie der Frage beschäftigen, inwiefern aus der Schrödinger-Gleichung die Quantisierung der Energie folgt. Tabelle 8-1 Die Schrödinger-Gleichung Für eindimensionale Systeme gilt

h’ d’y ET Im det

NL V(x)U

+

u

wobei V(x) die potenzielle Energie des Teilchens ist und E seine Gesamtenergie.

In drei Dimensionen gilt entsprechend pr



2m

Vu

Yvu=EBY:

V kann vom Ort abhängen und V? („Nabla-Quadrat“) ist gegeben durch a:

2 — 4 a

aR

AR

+—.

oe

In Kugelkoordinaten gilt

en

s=

mo

sin’90$#

en

sin

)i

00

00

ist. Im allgemeinen Fall lautet die Schrödinger-Gleichung Hy = Ey

mit H als Hamilton-Operator des Systems:

Be

2

2m

em

Die zeitliche Entwicklung eines Systems erhält man durch Lösen der zeitabhängigen Schrödinger-Gleichung: er op HY=ih,

h

295

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

296 EM Kommentar 8-5 Komplexe Zahlen und Funktionen werden in Anhang 2 ausführlicher besprochen. Komplexe Zahlen haben die Form z=x +iy, wobeii = deal): ° und

die reellen Zahlen x und yals Realbzw. Imaginärteil von z bezeichnet werden, auch als Re(z) und Im(z) geschrieben. Entsprechend besitzt

eine komplexe Funktion f =g + ih, wobei g und h reelle Argumente besitzen, einen Realteil Re(f) =g und einen Imaginärteil Im(f) = h.

> Begründung 3-1 nger-Gleichung Schrödi der aus ion ie-Relat de-Brogl Herleitung der den Wir betrachten die Schrödinger-Gleichung am besten als Postulat, ähnlich ihre dass Bewegungsgleichungen Newtons. Um ein Gefühl dafür zu erhalten, Aussagen nicht im Widerspruch zu denen anderer Gesetze stehen, wollen wir aus ihr die de-Broglie-Relation für ein Teilchen herleiten, das sich in einem konstanten Potenzial V in einer Dimension bewegt. Hierzu ersetzen wir V = V(x) und bringen Gl. (8-13) in die Form d’y #

= {E-Vly.

dx?

Allgemeine Lösungswege für Differenzialgleichungen, die häufig in der physikalischen Chemie vorkommen, werden in Anhang 2 beschrieben. In diesem Fall stellen wir einfach fest, dass eine Lösung dieser Gleichung

Im e“ = sin kx

fa fan VW

Wellenfunktion, W \ Re e”= cos kx

Abb. 8-18 Der Real- (rot) und Imaginärteil (blau) der Wellenfunktion eines freien Teilchens, das sich in die positive x-Richtung

bewegt (durch den Pfeil angedeutet).

lautet.

k= On Pr N

mit

4=e®

Eine

Wellenfunktion,

die

die räumliche

beschreibt (eine „räumliche Wellenfunktion“)

Verteilung

eines

Teilchens

ist in der Quantenmechanik

dann

komplex, wenn das fragliche Teilchen sich fortbewegt. Im vorliegenden Fall können wir die Beziehung e'’ = cos# + isin 0 verwenden und erhalten dv = coskx-+isinkx.

Real- und Imaginärteil von / sind in Abb. 8-18 dargestellt, woraus wir erkennen, dass der Imaginärteil Im() = sin kx in die Richtung der Teilchenbewegung verschoben ist. Sowohl Real- als auch Imaginärteil der Wellenfunktion sind „real“ in

dem Sinn, dass sie tatsächlich eine Auswirkung haben, und wir schreiben y als komplexe Funktion, um eine einfachere Vorstellung von der Bewegung des Teilchens zu erhalten, die durch die Wellenfunktion beschrieben wird. Die Funktion coskx (oder sinkx) beschreibt eine Welle mit der Wellenlänge = 2n/k, wie man leicht erkennt, wenn man coskx mit der Standardformulierung einer harmonischen Welle vergleicht, cos (2nx/A). Die Größe (E — V) ist die kinetische Energie Ei des Teilchens, also ist k= (2mE,./h”)' “ Ein = k?h” /2m. Außerdem ist Ey, = p?/2m, sodass wir erhalten

oder

p=kh.

Der Zusammenhang damit 2n

A

x

h

zwischen

Impuls und Wellenlänge

des Teilchens

lautet

h

Dr

Dies ist genau die Aussage der de-Broglie-Relation.

8.2.2

Die Born’sche Interpretation der Wellenfunktion

Ein grundlegendes Postulat der Quantenmechanik ist, dass die Wellenfunktion die gesamte dynamische Information über ein System enthält. Zunächst konzentrieren wir uns auf die Ortsinformation. Die Interpretation der Wellenfunktion in Bezug auf den Ort, an dem sich das Teilchen befindet, beruht auf einem Vorschlag von Max Born. Er zog eine Parallele zur Wellentheorie des Lichts, in der das Quadrat der Amplitude der elektromagnetischen Welle an einem bestimmten Punkt als Maß für ihre Intensität betrachtet wird und damit als Maß für die Wahrscheinlichkeit, ein Photon an dieser Stelle anzutref.

8.2 Die Dynamik mikroskopischer Systeme

297,

fen. Die Born’sche Interpretation der Wellenfunktion besagt, dass das Quadrat der

Wellenfunktion (bzw. das Betragsquadrat ||? = ııy, falls ı) komplex ist) an einem

bestimmten Punkt im Raum proportional zu der Wahrscheinlichkeit ist, das Teilchen an diesem Ort anzutreffen. Für den eindimensionalen Fall (Abb. 8-19) heißt das:

Wahrscheinlichkeit

= |wdx

Wenn die Wellenfunktion eines Teilchens an einem Punkt x die Amplitude ı) besitzt, so ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zwischen x und x + dx anzutreffen, proportional zu

vb dx.

Der Ausdruck Wh ist somit eine Wahrscheinlichkeitsdichte, da sich nach Multi-

plikation mit der infinitesimalen Länge dx des Intervalls die Wahrscheinlichkeit ergibt. Die Wellenfunktion

selbst wird als Wahrscheinlichkeitsamplitude bezeich-

net. Für ein Teilchen, das sich in drei Dimensionen bewegen kann (z.B. ein Elektron in der Nähe eines Atomkerns in einem Atom), hängt die Wellenfunktion von dem Punkt dr mit den Koordinaten x, y und z ab, und die Interpretation von ıı(r)

lautet (Abb. 8-20): Wenn die Wellenfunktion eines Teilchens an einem Punkt r die Amplitude ı besitzt, so ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in dem infinitesimalen Volumen dt = dx dydz um den Punkt r anzutreffen, proportional zu ||? dr.

Die Born’sche Interpretation beseitigt das Unbehagen, das wir bei negativen (oder allgemein komplexen) Werten von ı) empfinden: Die Größe ||? ist nie negativ und immer reell. Negative (oder komplexe) Werte von ı haben keine direkte Bedeutung; nur das Betragsquadrat, eine positive Größe, besitzt eine direkte physikalische Bedeutung. Sowohl positive als auch negative Bereiche einer Wellenfunktion entsprechen einer hohen Wahrscheinlichkeit, das Teilchen dort anzutreffen (Abb. 8-21). Wie wir noch sehen werden, besitzt das Vorhandensein von positiven und negativen Bereichen der Wellenfunktion jedoch eine große indirekte Bedeutung, da sich so die Möglichkeit zu konstruktiver oder destruktiver Interferenz zwischen verschiedenen Wellenfunktionen eröffnet.

__Wellenfunktion Wahrscheinlichkeitsdichte

Abb. 8-20 Die Born’sche Interpretation der Wellenfunktion im dreidimensionalen Raum besagt, dass die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Volumenelement dr =

dx dydz an dem Ort r anzutreffen, “gleich dem Produkt von dr und dem Zahlenwert

von |ı)|”an diesem Ort ist.

Abb. 8-21 Das Vorzeichen der Wellenfunktion besitzt keine direkte physikalische Bedeutung: Positive und negative Bereiche dieser Wellenfunktion beschreiben die gleiche Wahrscheinlichkeitsverteilung (die durch das Quadrat der Wellenfunktion gegeben und durch die Dichte der Schattierung angedeutet ist).

Abb. 8-19 Die Wellenfunktion ı) ist eine Wahrscheinlichkeitsamplitude; das heißt,

ihr Betragsquadrat (ib oder |ı)|”) ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte. Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in dem Inter-

vall dx um den Ort x zu finden, ist proportional zu |(x)|? dx. Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist hier durch die Dichte der Schattierung in dem überlagerten Band dargestellt.

HE Kommentar 8-6 Um die komplex Konjugierte ıy einer Funktion ı zu bilden, wird i an jeder Stelle seines

Auftretens durch -i ersetzt. So ist die komplex Konjugierte von e"* gleich e“'**, Für reelle Wellenfunktionen ist ||” = W°.

298

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen Beispiel 8-3 Die Interpretation einer Wellenfunktion

on des Elektrons im Wie wir in Kapitel12 sehen werden, ist die Wellenfunkti wobei a, eine Kone’®, zu ional Grundzustand eines Wasserstoffatoms proport funktion hängt Wellen (Die Kern. stante ist und r der Abstand des Elektrons vom

Berechnen Sie das Vernur von diesem Abstand ab, nicht von Winkelkoordinaten.)

Volumen von hältnis der Wahrscheinlichkeiten, das Elektron in einem kleinen ffen. anzutre Kern vom a, d 1.0 pm?’ (a) am Kern und (b) in einem”Abstan atomare VerhältVorgehen Das interessierende Volumen ist so klein (sogar für

ässigen können nisse), dass wir die Variation von / in diesem Volumen vernachl chte w* (y und die Wahrscheinlichkeit als proportional zur Wahrscheinlichkeitsdi könist reell!) am betrachteten Punkt multipliziert mit dem Volumen öV ansehen

nen. Wir setzen also P x wöV mit y’ x e="/@,

Antwort

V beträgt jeweils 1.0 pm’.

(a) Am Kern istr =

und daher

P x e’(1.0pm’) = (1.0)(1.0pm’) .

(b) Im Abstand r = a, vom Kern gilt unabhängig von der Richtung

P x e?(1.0pm’) = (0.14)(1.0pm‘’) . Das Verhältnis der Wahrscheinlicheiten ist also 1.0/0.14 = 7.1. Das Elektron ist häufiger (7-mal so oft) am Kern anzutreffen als in einem gleich großen Volumen im Abstand a, vom Kern. Das negativ geladene Elektron wird vom positiv geladenen Kern angezogen und hält sich deshalb bevorzugt in dessen unmittelbarer Nähe auf.

Hinweis

Das Quadrat einer Wellenfunktion ist keine Wahrscheinlichkeit: es ist eine Wahr-

scheinlichkeitsdichte mit der Dimension (im dreidimensionalen Fall) 1/Länge®. Eine (dimensionslose) Wahrscheinlichkeit erhält man daraus erst durch Multiplikation mit einem Volumen. Im allgemeinen Fall müssen wir auch die Variation von ı) in dem betrachteten Volumen berücksichtigen, während wir hier einfach angenommen haben, dass das betrachtete Volumen klein genug ist, sodass wir als konstant ansehen dürfen.

Übung 8-3 Die Wellenfunktion des Grundzustands des He*-Ions ist proportional zu e”?"/@, Wiederholen Sie die Rechnung für dieses Ion. Was fällt Ihnen auf? [55; steilere Wellenfunktion]

Die Normierung Die Schrödinger-Gleichung besitzt die Eigenschaft, dass für jede Lösung y auch N eine Lösung ist, wenn N eine beliebige Konstante ist. Dies folgt aus Gl. (8-13), weil v dort in jedem Term auftritt und ein konstanter Vorfaktor daher gekürzt werden kann. Da wir die Wellenfunktion also mit einem beliebigen konstanten Faktor multiplizieren dürfen, können wir eine Normierungskonstante so wählen, dass aus der Proportionalität in der Born’schen Interpretation eine Gleichheit wird. Die Normierungskonstante erhalten wir aus folgender Überlegung. Für die normierte Wellenfunktion Ni) beträgt die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen im Intervall dx anzutreffen, (Ni) )(Nı) dx (dabei soll N reell sein). Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen überhaupt irgendwo im Raum anzutreffen, soll 1 sein; wir schreiben dies

8.2 Die Dynamik mikroskopischer Systeme

N? | Wıbde=1.

(8-15)

299 r sin 848 | dr >

Nahezu alle Wellenfunktionen gehen für hinreichend große Abstände gegen null, sodass die Berechnung dieses Integrals in der Regel keine Schwierigkeiten macht; Wellenfunktionen, für die das Integral existiert (d.h. einen endlichen Wert annimmt), heißen auch „quadratisch integrierbar“. Für die Normierungskon stante folgt daher

1

N=

(8-16)

IE VA, dx)% Um die Normierungskonstante zu erhalten, müssen wir also dieses Integral berechnen. Solange nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt wird, werden wir ab jetzt

Abb. 8-22 Die für die Beschreibung von

immer Wellenfunktionen verwenden, die auf 1 normiert sind; dh wir nehmen an,

wendeten Kugelkoordinaten.

dass sie bereits einen Faktor enthalten, sodass (im eindimensionalen Fall) gilt

je vyde=1.

Systemen mit sphärischer Symmetrie ver-

(8-17a)

In drei Dimensionen lautet die Bedingung für die Normierung

| | | Wıhdedydz=1

(8-17b)

oder kürzer

|Wydr=1,

(8-17c)

wobei wir dr = dxdydz verwendet und die Integrationsgrenzen nicht explizit angegeben haben: Bei derartigen Integralen gilt stets, dass die Integration über den gesamten Raum auszuführen ist. Für Systeme mit sphärischer Symmetrie verwendet man zweckmäßigerweise Kugelkoordinaten r, 0 und & (Abb. 8-22). In Kugelkoordinaten

gilt

x=rsindcos®d,

y=rsindsind

und

z=rcos#,

und das Volu-

menelement ist dr = r’sinddrdÖdd&. Damit bei der Integration der gesamte Raum erfasst wird, müssen

r von 0 bis &, 0 von O0 bis n und & von 0 bis 2n variieren

(Abb. 8-23), sodass Gl. (8-17b) ausgeschrieben lautet

I Il|;vb sinOdrdddd =1.

(8-17)

0 .J0

Beispiel 8-4 Die Normierung einer Wellenfunktion

Normieren Sie die Wellenfunktion des Wasserstoffatoms aus Beispiel 8-3. Vorgehen Wir müssen den Faktor N finden, der das Integral aus Gl. (8-17) gleich 1 werden lässt. Da die Wellenfunktion sphärisch symmetrisch ist, ist es sinnvoll, in Kugelkoordinaten zu arbeiten und die Integration gemäß Gl. (8-17d) auszuführen. Dabei gelten die Integrationsgrenzen am ersten Integral für r, die am zweiten Integral für 0 und die am dritten für &. Ein hilfreiches Integral für Rechnungen mit atomaren Wellenfunktionen ist oo

| erde JO

n! art



Abb. 8-23 Die Oberfläche einer Kugel wird abgedeckt, wenn O von O bis rn variiert und

der so entstandene Bogen dann um einen kompletten Kreis gedreht wird, indem & von O bis 2r variiert.

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

300

wobei n! die Fakultät, n! = n(n - 1)(n — 2):

Antwort

Das benötigte Integral ist ein Produkt aus drei Faktoren, 123 7a co

!

1, bedeutet.

2 T

an 2n

|vWıde=N? |re /% dr |sin ddO |dd =naN’. I 0

0

Damit dieses Integral gleich 1 wird, muss 1 N

=

1/2

==

Ta,

Kommentar 8-7 Unendlich scharfe Spitzen dürfen auftreten, wenn sie unendlich schmal sind. Die genaue Bedingung lautet, dass die Wellenfunktion nicht über einen endlichen Bereich unendliche Werte annehmen darf. Für eine Einführung in die Quantenmechanik ist jedoch die einfachere Formulierung ausreichend, dass ı) überall endlich sein muss.

5

1

=). na,

il,

a,

e '®.

Da a, die Dimension einer Länge hat, besitzt u die Dimension 1/Länge’’? und y° die Dimension 1/Länge’ (z.B. 1/m?), wie für eine Wahrscheinlichkeitsdichte zu erwarten. Wenn wir jetzt Beispiel 8-3 erneut durchrechnen, so können wir die absoluten Wahrscheinlichkeiten berechnen, das Elektron in dem betrachteten Volumenelement an den jeweiligen Orten anzutreffen. Mit a, = 52.9pm (aus Abschnitt 10.1) erhalten wir (a) 2.2 x10°° entsprechend einer Wahrscheinlichkeit von etwa 1 in 500.000, das Elektron dort zu treffen, und (b) 2.9 x 10°”, entsprechend einer Wahr-

scheinlichkeit von 1 zu 3.4 Millionen.

a

St

(a)

sein. Die normierte Wellenfunktion lautet somit

Übung 83-4

ö

( 0

0

0

Da der Bohr’sche Radius a, =52.Ipm ist (siehe Abschnitt 10.1.1), ist (r) = 79.4pm. Dieses Ergebnis bedeutet, dass wir bei sehr vielen Messungen des Kern-Elektron- Abstands im Grundzustand des Wasserstoffatoms einen Mittelwert von 79.4 pm finden werden. Jede einzelne Messung wird jedoch ein eigenes, davon abweichendes Resultat ergeben, da die Wellenfunktion keine Eigenfunktion des Operators r ist.

309

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

310

Übung 8-9 (r?)"”, zwischen Elektron Berechnen Sie den quadratisch gemittelten Abstand, [v3a, = 91.6 pm] und Kern im Grundzustand des Wasserstoffatoms. ion ist durch den Die mittlere kinetische Energie eines Teilchens in einer Dimens gegeben. Wir können Erwartungswert des zugehörigen Operators aus Gl. (8-28) daher schreiben a

IN

N

x

(Ein)



x

V2 Ein

R

dr ie

2m

r

d’

v

ah dr

.

(8-35)

Ort

des Teilchens Abb. 8-30 Die Wellenfunktion eines exakt lokalisierten Teilchens ist eine scharfe Spitze, deren Amplitude überall außer am Ort des Teilchens null ist.

Dieser Ausdruck bestätigt unsere frühere Vermutung, dass die kinetische Energie stareine Art Mittelwert über die Krümmung der Wellenfunktion ist: Bereiche mit Ampligroßen einer und d’ıy/dx?) von Wert ker Krümmung (also einem großen tude der Wellenfunktion selbst (sodass /' groß ist) liefern große Beiträge zu Er

Die Unbestimmtheitsrelation

Wir haben gesehen, dass die Wellenfunktion Ae' ein Teilchen beschreibt, das sich mit einem definierten Impuls kh in die positive x-Richtung bewegt. Wir haben aber auch gesehen, dass der Ort, an dem sich dieses Teilchen befindet, völlig unbestimmt ist. Mit anderen Worten, wenn der Impuls des Teilchens genau spezifiziert ist, ist es nicht möglich, eine Aussage über seinen Aufenthaltsort zu machen. Diese Aussage beschreibt die erste Hälfte der Heisenberg’schen Unbestimmtheitsrelation, eines der berühmtesten Resultate der Quantenmechanik: Es ist unmöglich, die Position und den Impuls eines Teilchens gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit anzugeben.

Abb. 8-31 Die Wellenfunktion eines Teilchens mit unscharf definierter Position

kann als Superposition mehrerer Wellenfunktionen mit definierter Wellenlänge geschrieben werden, die in einem Bereich

konstruktiv interferieren und überall sonst destruktiv. Wenn mehr Wellenfunktionen

in der Superposition verwendet werden (durch die Zahlen an den Kurven angegeben), wird die Position des Teilchens

schärfer bestimmt, dafür ist über seinen

Impuls weniger bekannt. Um das Teilchen ideal zu lokalisieren, ist eine unendliche

Anzahl von Wellen nötig.

Bevor wir weiter auf dieses Prinzip eingehen, wollen wir uns noch seine zweite Hälfte klar machen - dass wir nichts über den Impuls eines Teilchens aussagen können, wenn wir seinen Ort genau kennen. Unsere Argumentation beruht darauf, dass wir eine Wellenfunktion als Superposition von Eigenfunktionen ausdrücken können. Wenn wir genau wissen, dass ein Teilchen sich an einem bestimmten Ort befindet, dann muss seine Wellenfunktion dort einen großen Wert besitzen und sonst überall null sein (Abb. 8-30). Eine solche Wellenfunktion können wir darstellen, indem wir sehr viele harmonische (Sinus- und Kosinus-) Funktionen oder entsprechend viele Funktionen der Form e'** überlagern. Anders gesagt, wir können eine exakt lokalisierte Wellenfunktion - ein Wellenpaket — als Überlagerung sehr vieler Wellenfunktionen darstellen, die jeweils unterschiedlichen Impulsen entsprechen. Die Superposition einiger weniger harmonischer Funktionen ergibt eine breite, wenig lokalisierte Wellenfunktion (Abb. 8-31). Je mehr Wellenfunktionen wir für die Superposition verwenden, desto schärfer wird das Wellenpaket, da die Auslöschung der positiven und der negativen Bereiche der einzelnen Funktionen immer besser wird. Mit einer unendlichen Anzahl von Funktionen können wir eine scharfe, unendlich enge Spitze erreichen, die ein ideal lokalisiertes Teilchen beschreibt. Nun haben wir das Teilchen zwar perfekt lokalisiert, aber um den Preis, dass wir jede Information über seinen Impuls verloren haben. Wir wir im letzten Abschnitt gesehen haben, wird eine Messung des Impulses irgendeinen der unendlich vielen unterschiedlichen Impulse ergeben, die wir für die Superposition verwendet haben, ohne dass wir voraussagen können, welchen. Also können wir nichts über den Impuls eines Teilchens wissen, dessen Position exakt festgelegt ist (was impliziert, dass seine Wellenfunktion eine Linearkombination unendlich vieler Impuls-Eigenfunktionen ist).

8.3 Prinzipien der Quantenmechanik

311

Quantitativ können wir dieses Ergebnis als

pAq>—h h =. ApAg>

(8-36a)

schreiben. Dabei bedeuten Ap die „Unbestimmtheit“

im Impuls parallel zur Achse

q und Agq die Unbestimmtheit in der Position entlang derselben Achse. Die Unbestimmtheiten sind exakt definiert; es handelt sich dabei um die Wurzel aus der mittleren quadratischen Abweichung der beiden Größen von ihrem jeweiligen Mittelwert,

Tabelle 8.2 Einschränkungen durch das Unbestimmtheitsprinzip*

Ap= {(P) -(p?}” und Ag= ((@)-(g’}.

(8-36b) Variable 1

Wenn die Position exakt bekannt ist (Ag = 0), dann folgt aus Gl. (8-36a) Ap = », d.h. wir können nichts mehr über den Impuls aussagen. Umgekehrt gilt: Wenn der Impuls exakt bekannt ist (Ap = 0), können wir nichts mehr über den Ort aussagen, Ag=». Die Größen p und q in Gl. (8-36) beziehen sich immer auf dieselbe Raumrichtung. Während der Impuls und die Position in x-Richtung der Unbestimmtheitsrelation unterliegen, gilt dies für die Position in x-Richtung und den Impuls in y- oder z-Richtung nicht. Die Einschränkungen, die aus der Unbestimmtheitsrelation folgen, sind in Tabelle 8-2 zusammengefasst.

Variable 2

P, P:

X

’ye

2z7

pp

u ®

* Die Paare von Observablen, die nicht

Beispiel 8-8 Die Auswirkungen der Unbestimmtheitsrelation

gleichzeitig mit willkürlicher Genauigkeit

Die Geschwindigkeit eines Projektils mit einer Masse von 1.0g ist mit einer Genauigkeit von 1ums! bekannt. Wie groß ist die Unbestimmtheit seiner Position mindestens? Vorgehen Wir bestimmen Ap aus mAv, wobei Av die Unbestimmtheit in der Geschwindigkeit ist, und verwenden dann Gl. (8-36), um die minimale Ortsunbestimmtheit zu berechnen. Antwort

Die minimale Ortsunbestimmtheit ist

Aq =

h

2mAv

=

1.055 x10*]s

2(1.0x10-kg)(1x10-°ms-")

=H510



(mit 1J=1kgm?s?). Für makroskopische Objekte ist die Unschärfe für alle praktischen Zwecke vernachlässigbar. Wenn die Masse jedoch die eines Elektrons ist, dann bewirkt die gleiche Unsicherheit in der Geschwindigkeit eine Ortsunschärfe, die weit größer ist als der Durchmesser eines Atoms (die Rechnung ergibt Aq= 60m). Daher ist das klassische Konzept der Bahn, die die gleichzeitige Kenntnis von Ort und Impuls voraussetzt, in diesem Fall völlig unhaltbar.

Übung 8-10 Bestimmen Sie die minimale Unschärfe in der Geschwindigkeit eines Elektrons [500 km s"] in einem Wasserstoffatom (dessen Durchmesser 2a, beträgt). Die Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation lässt sich noch allgemeiner formulieren als in Gl. (8-36). Sie gilt für zahlreiche Paare von Observablen, die als komplementäre Observable bezeichnet werden. Welche Observablen dies sind, ist durch eine Eigenschaft der zugehörigen Operatoren festgelegt. Zwei Observable Q, und Q, sind komplementär, wenn für ihre Operatoren gilt

YO)

-

(8-37)

bestimmt werden können, sind als schwarze Quadrate dargestellt. Alle anderen Kombinationen sind erlaubt.

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

312

on von der Reihenfolge Wenn die Wirkung zweier Operatoren auf eine Funkti obige Gleichung), besagt s andere (nichts abhängt, in der sie angewendet werden Der Unterschied n. tiere kommu nicht oren dann sagt man auch, dass diese Operat Reihenfolge icher chiedl unters in 0, und 2, bei einer Anwendung der Operatoren als der rückt, ausged oren wird durch den Kommutator der Operat (8-38)

9

[9,,0,] =

T

definiert ist. Aus Illustration 8-3 entnehmen

wir, dass der Kommutator

des Orts-

und des Impulsoperators

(8-39)

kann TSp

| Illustration 8-3

Die Berechnung eines Kommutators

Um zu zeigen, dass die Operatoren für Ort und Impuls nicht kommutieren (dass Ort und Impuls also komplementäre Observablen sind), berechnen wir zuerst die | Wirkung von xp, (wir wenden also zuerst p, an und multiplizieren danach mit x) auf die Wellenfunktion ı: a MT

hd es 1

Als Nächstes berechnen wir die Wirkung von p,x auf dieselbe Funktion (wir multiplizieren nun also zuerst mit x und wenden danach p, an): RR

Bau Kommentar 8-13

Für zwei Funktio-

nenf undg gilt:

de) =fdg+gdf.

hd

Hierbei haben verwendet. Der ' d.h. die beiden Ausdrucks vom

=

h

d

(ur).

wir die Produktregel für die Differenziation von Produkten zweite Ausdruck ist offensichtlich nicht identisch mit dem ersten, Operatoren kommutieren nicht. Durch Subtraktion des zweiten ersten erhalten wir Gl. (8-39).

Der Kommutator aus Gl. (8-39) ist von so großer Bedeutung in der Quantenmechanik, dass er oft als einer der fundamentalen

= Kommentar 8-14 Die Schreibweise |... |kennzeichnet, dass der Betrag der Größe zwischen den Strichen einzusetzen ist: Für eine reelle Größe x ist |x| der Betrag von x (der Wert ohne Vorzeichen), für eine rein imaginäre Gröfßse iy ist Jiy| der Betrag von y und für eine allgemeine komplexe Größe z= x + iy ist |z| gleich (z’z)"”. Zum Beispiel ist | — 2| = 2, |3i] = 3 und | — 2+

er 13V2.Die Betragsstriche auf der rechten Seite von Gl. (8-40) sorgen dafür, dass das Produkt der

Unschärfen stets einen reellen, nichtnegativen Wert besitzt.

Unterschiede zwischen klassischer

und Quantenmechanik betrachtet wird. Er kann sogar als ein grundlegendes Postulat der Quantenmechanik angesehen werden und rechtfertigt in diesem Fall die Wahl der Operatoren für Ort und Impuls aus Gl. (8-26). Mit Hilfe des Kommutator-Konzepts kann die Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation in ihrer allgemeinsten Form angegeben werden. Für die Unschärfen (genauer. die quadratisch gemittelten Abweichungen ihrer Werte vom Mittelwert) zweier beliebiger Observablen Q, und Q, gilt bei gleichzeitiger Bestimmung die Beziehung ANAND, 2 al & : 9 )|5

(8-40)

Den Spezialfall Gl. (8-36a) erhalten wir daraus, indem wir die allgemeinen Observablen durch x und p, ersetzen und den Ausdruck aus G. (8-39) für ihren Kommutator verwenden. Komplementäre Observable sind Observable, deren Operatoren nicht kommutieren. Mit der Feststellung, dass bestimmte Paare von Observablen komplementär sind (weitere Beispiele werden wir im nächsten Kapitel kennenlernen), sind wir an dem zentralen Unterschied zwischen Quantenmechanik und klassischer Mechanik angekommen. Die klassische Mechanik nahm an - zu Unrecht, wie wir inzwischen wissen —, dass der Impuls und der Ort eines Teilchens gleichzeitig mit beliebiger

Das Wichtigste auf einen Blick

Genauigkeit angegeben werden könnten. Die Quantenmechani k zeigt dagegen, dass Ort umd Impuls komplementär sind und dass wir uns entschei den müssen: Wir können entweder den Ort auf Kosten des Impulses oder den Impuls auf Kosten des Ortes genau angeben. Die Tatsache, dass bestimmte Paare von Observablen komplementär sind, hilft

uns bei der Berechnung der Eigenschaften von Atomen und Molekülen einen großen Schritt weiter, aber sie zerstört auch einige lieb gewonnene Konzepte der klassischen Mechanik.

8.3.4

Die Postulate der Quantenmechanik

Wir wollen hier noch einmal die Postulate zusammenfassen, auf welchen die Quan-

tenmechanik beruht und die wir im Laufe dieses Kapitels eingeführt haben. Die Wellenfunktion. Die gesamte dynamische Information über ein System ist in seiner Wellenfunktion ı enthalten. Sie ist eine mathematische Funktion, die durch Lösung der Schrödinger-Gleichung des Systems gefunden werden kann. Im eindimensionalen Fall lautet diese

Die Born’sche Interpretation. Wenn die Wellenfunktion eines Teilchens an einem bestimmten Ort r den Wert ı) hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen in

einem infinitesimalen Volumen dr = dxdydz um diesen Punkt zu finden, proportional zu |y|” dr. Erlaubte Wellenfunktionen. Eine akzeptable Wellenfunktion ınuss stetig sein, eine stetige erste Ableitung besitzen, eindeutig und quadratisch integrierbar sein. Observable. Alle Observablen Q werden durch Operatoren Q dargestellt, die aus den Operatoren für Ort und Impuls konstruiert werden, Zar

und!'p

u. de

:

bzw. allgemeiner aus Operatoren, die die Kommutatorbeziehung |, p,] = ih erfüllen. Die Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation. Es ist unmöglich, Ort und Impuls eines Teilchens gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit anzugeben. Allgemein gilt das für beliebige Paare von Observablen, deren Operatoren nicht kommutieren.

|Das Wichtigste auf einen Blick 1. In der klassischen Physik wird Strahlung als oszillierende elektromagnetische Störung beschrieben, die sich mit der konstanten Geschwindigkeit c = /v durch das Vakuum fortbewegt. 2. Ein schwarzer Strahler ist ein Objekt, das Strahlung aller Fre-

quenzen gleichförmig absorbiert und emittiert. 3. Die Abhängigkeit der von einem schwarzen Strahlen abgegebenen Energie von der Wellenlänge kann mithilfe der Energiequantisierung, der Beschränkung der Energie auf diskrete Werte, erklärt werden, die wiederum zur Planck’schen Vertei-

lung (Gl. (8-5)) führt. 4. Die Abhängigkeit der molaren Wärmekapazität eines Festkörpers von der Temperatur kann ebenfalls mithilfe der Energie-

quantisierung erklärt werden, die zu den Einstein- (Gl. (8-7)) und Debye-Gleichungen (Gl. (8-9)) führt. . Spektroskopische Übergänge sind Veränderungen der Besetzungszahlen von quantisierten Energieniveaus in einem System, die mit Absorption, Emission oder Streuung von elektromagnetischer Strahlung verknüpft sind; dabei gilt AE=hv.

. Der photoelektrische Effekt beschreibt die Emission von Elektronen aus einer Metalloberfläche bei Bestrahlung mit ultravioletter Strahlung. Hierbei gilt !m.v? = hv — ®, wobei die Austrittsarbeit © die Energie ist, die nötig ist, um ein Elektron aus der Oberfläche zu entfernen und ins Unendliche zu bringen.

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

314

7. Der photoelektrische Effekt und die Elektronenbeugung bestätigen den Welle-Teilchen-Dualismus, das gleichzeitige Vorhandensein von Wellen- und Teilcheneigenschaften in Materie und Strahlung.

15. Der Hamilton-Operator ist der Operator der Gesamtenergie eines Systems, Hıl = Eib; er ist die Summe aus kinetischer und potenzieller Energie.

8. Die de-Broglie-Relation A = h/p verknüpft den Impuls eines Teilchens mit seiner Wellenlänge.

16. Eine Eigenwertgleichung ist eine Gleichung der Form Qu = wıh. Die Konstante & in der Eigenwertgleichung ist der Eigenwert, die Funktion ı) ist die Eigenfunktion.

9. Eine Wellenfunktion ist eine mathematische Funktion, die

17. Der Erwartungswert eines Operators ist die Größe

durch Lösung der Schrödinger-Gleichung eines Systems bestimmt werden kann. Sie enthält die gesamte dynamische Information über ein System. 10. Die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung in einer Dimension lautet -(h/2m)(d’ır/dx?) + V(x)ı = Ey. 11. Die Born’sche Interpretation der Wellenfunktion besagt, dass der Wert von |ır|” an einem bestimmten Punkt, die Wahrscheinlichkeitsdichte, proportional zur Wahrscheinlichkeit

ist, das Teilchen an diesem Ort anzutreffen.

12. Quantisierung bezeichnet die Einschränkung einer dynamischen Observablen auf diskrete Werte. 13. Eine akzeptable Wellenfunktion muss stetig sein und eine stetige erste Ableitung besitzen, eindeutig und quadratisch integrierbar sein. 14. Ein Operator führt eine mathematische Operation an einer Funktion aus. Die Operatoren für Ort und Impuls sind x=xx undp, = (h/i)d/dx.

(2) = J[W Qyudr. 18. Für einen hermiteschen Operator gilt

[v; Qu, dan 9 vd) ‚Die Eigenwerte eines hermiteschen Operators sind reell und entsprechen Observablen, also messbaren Eigenschaften eines Systems. Die Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators sind orthogonal, es gilt

also [Wiy,de=0. 19. Die Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation besagt, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit angegeben werden können; es gilt ApAg2+h. 20. Zwei Operatoren kommutieren, wenn gilt 2,022. 2% 21. Zu komplementären Observablen gehören Operatoren, die nicht kommutieren. 22. Die allgemeine Form der Heisenberg’schen Unbestimmt-

heitsrelation lautet AN AN,> 22]

)|.

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

P.W. Atkins, Quanta: A handbook of concepts. Oxford University

Press (1991).

P. W. Atkins, Quanten: Begriffe und Konzepte für Chemiker. VCH, Weinheim 1993. P. W. Atkins, R. S. Friedman, Molecular Quantum Mechanics.

Oxford University Press, Oxford 2005.

D. Bohm, Quantum Theory. Dover, New York 1989.

C. Kittel, W. D. Knight, M. Ruderman, A. C. Helmholz, B. J. Moyer,

Mechanik. Vieweg, Wiesbaden 1991. W. Kutzelnigg, Einführung in die theoretische Chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2002. H. Margenau, G. M. Murphy, Die Mathematik für Physik und Chemie. Harri Deutsch, Frankfurt 1965. H. Mitter, Quantentheorie. B.\. Wissenschaftsverlag, Mannheim

1987.

A. W. Davydow, Quantenmechanik. Barth, Leipzig 1992.

L. Pauling, E. B. Wilson, Introduction to Quantum Mechanics with Applications to Chemistry. Dover, New York 1985.

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, Vorlesungen über Physik. Ill: Quantenmechanik. Oldenbourg, München 1988.

H. Primas, U. Müller-Herold, Elementare Quantenchemie. Teub-

S. Gasiorowicz, Quantenphysik. Oldenbourg, München 1977. H. J. Glaeske, J. Reinhold, P. Volkmer, Quantenchemie — Ausgewählte mathematische Methoden der Chemie. Deutscher Ver-

lag der Wissenschaften, Berlin 1987. H. Goldstein, Klassische Mechanik. Aula, Wiesbaden 1991.

M. W. Hannah, Ouantenmechanik in der Chemie. Steinkopff, Darmstadt 1976.

A. Hermann, Die ersten fünfzehn Jahre in der Entwicklung der Quantentheorie. Angew. Chem. 82, (1970), 1.

C. S. Johnson, Jr, L. G. Pedersen, Problems and Solutions in Quantum Chemistry and Physics. Dover, New York 1986.

ner, Stuttgart 1990.

|

D. A. McQuarrie, J. D. Simon, Physical chemistry: a molecular approach. University Science Books, Sausalito, 1997.

J. Reinhold, Quantentheorie der Moleküle. Teubner, Stuttgart 1993. H.G. Zachmann, Mathematik für Chemiker. 5. Aufl., VCH, Weinheim 1994.

L. Zülicke, Quantenchemie - Grundlagen und allgemeine Methoden. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1984.

Leichte Aufgaben

315

Diskussionsfragen 8.1 Fassen Sie die Hinweise zusammen, die zur Entwicklung der Quantenmechanik führten.

8.2 Warum konnte die Einführung der Quantisierung durch Planck die beobachteten Eigenschaften der Strahlung schwarzer Körper erklären? 8.3 Warum konnte die Einführung der Quantisierung durch Einstein die beobachteten Eigenschaften der Wärmekapazitäten von Festkörpern bei tiefen Temperaturen erklären?

8.4 Auf welche Weise bestimmt die Wellenfunktion die dynamischen Eigenschaften eines Systems? Wie können diese Eigenschaften berechnet werden? 8.5 Erläutern Sie die Unbestimmtheitsrelation zwischen Ort und

Impuls anhand der Form der Wellenfunktion. 8.6 Erläutern Sie, wie die allgemeine Form einer Wellenfunktion vorausgesagt werden kann, ohne die Schrödinger-Gleichung explizit zu lösen.

Leichte Aufgaben A8.la

Welche Geschwindigkeit hat ein Elektron mit der Wellenlänge 3.0cm?

A8.1b

Welche Geschwindigkeit hat ein Proton mit der Wellenlänge 3.Ocm?

A8.2a

Die Feinstrukturkonstante a ist für die Struktur der Materie von großer Bedeutung; ihr Zahlenwert beträgt etwa 1/137. Wie groß ist die Wellenlänge eines Elektrons, das sich mit einer Geschwindigkeit von ac bewegt, wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist? (Eine Anmerkung zum Vergleich, nachdem Sie die Aufgabe gelöst haben: Der Umfang der ersten Bohr’schen Bahn im Wasserstoffatom beträgt 331 pm.)

A8.2b

Welchen Impuls haben Photonen der Wellenlänge 350 nm?

A8.6b

Ein photonengetriebenes Raumschiff der Masse 10.0 kg emittiert mit einer Leistung von 1.50 kW Strahlung mit einer Wellenlänge von 225 nm in eine Richtung. Auf welche Geschwindigkeit (in Gegenrichtung) hat es nach 10 Jahren beschleunigt, wenn es frei im Raum schwebt?

A8.7a

Eine Natriumlampe emittiert gelbes Licht der Wellenlänge 550 nm. Wie viele Photonen emittiert sie pro Sekunde, wenn ihre Leistung (a) 1.0W und (b) 100W beträgt?

A8.7b

Ein Laser in einem CD-Spieler emittiert rotes Licht der Wellenlänge 700 nm. Wie viele Photonen emittiert er pro Sekunde, wenn seine Leistung (a) 0.10W und (b) 1.0W beträgt?

A8.8a

Die Austrittsarbeit von metallischem Cäsium beträgt 2.14 eV. Wie groß sind Geschwindigkeit und kinetische Energie der Elektronen, die durch Strahlung der Wellenlänge (a) 70Onm und (b) 300 nm herausgeschlagen werden?

A8.8b

Die Austrittsarbeit von metallischem Rubidium beträgt 2.09 eV. Wie groß sind Geschwindigkeit und kinetische Energie der Elektronen, die durch Strahlung der Wellenlänge (a) 650 nm und (b) 195 nm herausgeschlagen werden?

A8.9a

Wie groß ist das Energiequant, das zur Anregung (a) einer elektronischen Oszillation mit einer Periode von 1.0fs,

Wie schnell muss ein Wasserstoffmolekül sein, damit es

den gleichen Impuls hat? A8.3a

Die Geschwindigkeit eines Protons beträgt 0.45 Mms". Welche minimale Ortsunschärfe entsteht, wenn der

Impuls auf 0.0100% genau bestimmt wird? A8.3b

Die Geschwindigkeit eines Elektrons beträgt 995 kms"'. Welche minimale Ortsunschärfe entsteht, wenn der

Impuls auf 0.0100 % genau bestimmt wird? A8.4a

Wie groß ist die Energie pro Photon und die Energie pro Mol Photonen für Strahlung der Wellenlänge (a) 600 nm (rot), (b) 550 nm (gelb), (c) 400 nm (blau)?

A8.4b

Wie groß ist die Energie pro Photon und die Energie pro Mol Photonen für Strahlung der Wellenlänge (a) 200 nm (ultraviolett), (b) 150 pm (Röntgenstrahlung) und (c) 1.00 cm (Mikrowellen)?

A8.5a

Auf welche Geschwindigkeit würde ein ruhendes H-Atom durch die Absorption der Photonen aus Aufgabe 8.4a jeweils beschleunigt?

A8.5b

Auf welche Geschwindigkeit würde ein ruhendes *He-Atom (Masse 4.0026 u) durch die Absorption der Photonen aus Aufgabe 8.4b jeweils beschleunigt?

A8.6a

Ein Glühwürmchen der Masse 5.0.g emittiert mit einer Leistung von 0.10W rotes Licht mit einer Wellenlänge von 650 nm in eine Richtung. Auf welche Geschwindigkeit (in Gegenrichtung) hat es nach 10 Jahren beschleunigt,

wenn es frei im Raum schwebt (und falls es so lange

lebt)?

(b) einer Molekülschwingung mit einer Periode von 10fs und (c) eines Pendels mit einer Periode von 1.05 erforderlich? Geben Sie die Ergebnisse jeweils in ] und kJ) mol”! an. A8.Ib

Wie groß ist das Energiequant, das zur Anregung (a) einer elektronischen Bewegung mit einer Periode von 2.50fs, (b) einer Molekülschwingung mit einer Periode von 2.21 fs und (c) einer Unruh mit einer Periode von 1.0 ms erforderlich ist? Geben Sie die Ergebnisse jeweils in ] und k) mol”! an.

A3.10a Wie groß ist die de-Broglie-Wellenlänge (a) einer Masse

von 1.0g mit einer Geschwindigkeit von 1.0cms, (b) derselben Masse bei einer Geschwindigkeit von 100km ss! und (c) eines Heliumatoms bei einer Geschwindigkeit von 1000 ms! (einer typischen Geschwindigkeit bei Zimmertemperatur)?

8 Quantentheorie: Einführung und Grundlagen

316

A8.10b Wie groß ist die de-Broglie-Wellenlänge eines Elektrons, das aus der Ruhe durch eine Potenzialdifferenz von

(a) 100V, (b) 1.0 kV und (c) 100 kV beschleunigt wird?

A8.11la Zeigen Sie, dass der Operator I,= (h/i)d/d& (wobei Winkel ist) hermitesch ist.

ein

A8.11b Zeigen Sie, dass die Linearkombinationen Ai iB und

A - iB zweier hermitescher Operatoren A und B nicht hermitesch sind.

A8.12a Wie groß ist mindestens die Unbestimmtheit der Geschwindigkeit eines Balls mit einer Masse von 500g,

dessen Position auf einem Schläger bis auf 1.0.um bekannt ist? Wie groß ist die minimale Ortsunschärfe einer Kugel mit einer Masse von 5.0 g, deren Geschwindigkeit zwischen 350.00000 m s=' und 350.000 01 ms" liegt?

A3.12b Ein Elektron ist in einem eindimensionalen Bereich mit einer Länge von ungefähr einem Atomdurchmesser (etwa 100 pm) eingeschlossen. Wie groß sind die Unbestimmtheiten seines Impulses und seiner Geschwindigkeit mindestens?

A8.13a Bei der Aufnahme eines Röntgenphotoelektronenspektrums wird ein Photon mit einer Wellenlänge von 150 pm absorbiert. Die Geschwindigkeit des dabei aus einer inneren Schale des Atoms herausgeschlagenen Elektrons beträgt 21.4 Mm ss". Wie groß war die Bindungsenergie dieses Elektrons im Atom?

A8.13b Bei der Aufnahme eines Röntgenphotoelektronenspektrums wird ein Photon mit einer Wellenlänge von 121 pm ab$orbiert. Die Geschwindigkeit des dabei aus einer inneren Schale des Atoms herausgeschlagenen Elektrons beträgt 56.9 Mm s"'. Wie groß war die Bindungsenergie dieses Elektrons im Atom?

A8.14a Berechnen Sie die Kommutatoren der Operatoren (a) d/dx und 1/x und (b) d/dx und x?. A8.14b Berechnen Sie die Kommutatoren der Operatoren a und a, wobei a = (X + ip)/2'/? und a! = (x — ip)/ 2"? ist.

Schwerere Aufgaben’) Rechenaufgaben 8.1

83.2

Die Planck-Verteilung gibt die Energie im Wellenlängenintervall di bei der Wellenlänge / an. Wie groß ist die Energiedichte im Intervall 650-655 nm in einem Behälter mit dem Volumen 100 cm? bei (a) 25°C und (b) 3000 °C?

rechten Hälfte des Behälters und (e) im mittleren Drittel des Behälters aufhält? 8.5

1/2 —r/a vW=|—1 |) ei, Tag"

Die Wellenlänge des Emissionsmaximums /„,, eines schwarzen Strahlers hängt nach dem Wien’schen Gesetz durch /„..7 = c, von der Temperatur ab, wobei c, = hc/k ist (siehe Aufgabe 8.10). Die folgende Tabelle zeigt A,., der

wobei a, der Bohr’sche Radius ist (53 pm). (a) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Elektron in einer klei-

nen Kugel mit dem Radius 1.0 pm um den Kern aufhält? (b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, wenn die gleiche Kugel sich im Abstand r = a, vom Kern befindet?

Strahlung aus einer kleinen Öffnung in einem elektrisch beheizten Behälter für eine Reihe von Temperaturen. Berechnen Sie daraus einen Wert für die Planck’sche Konstante.

8.6

DIE Ama/nm

8.3

1000 218]

1500 1600

2000 1240

2500 1035

3000 878

8.4

Die Einstein-Frequenz wird häufig durch die Einstein-Tempe-

8.7

=

meZ

x

@)

8.8

Ein Teilchen wird durch die Wellenfunktion ıı(x) = a\/2e= mit einer Konstante a beschrieben (O 1 erfüllt ist, verwenden wir Gl. (9-20b), um die Tunnelwahrscheinlichkeiten für die beiden Abstände zu berechnen. Wir erhalten so

Strom beil,

T(L)

168(1-e)e&*k

Strom bei L,

T(L)

16.(1-.)e xt

— e 27.25

x10° m1)(1.0x10-1°m)

erh)

_ 0.23

Bei einem Abstand von 0.60nm zwischen Spitze und Oberfläche beträgt der Strom also nur noch 23% des Wertes, der bei einem Abstand von 0.50nm gemes-

sen wird.

9.2 Schwingung

333

Übung 9-5 Die Geschwindigkeit von Protonentransferreaktionen in Lösung, z.B. von SäureBase-Reaktionen, hängt entscheidend von der Fähigkeit des Protons ab, durch Barrieren zu tunneln. Schätzen Sie die relativen Tunnelwahrscheinlichkeiten für ein Proton und ein Deuteron ab, die mit einer Energie von 0.9 eV durch eine 1.0 eV (1.0 x10”°J) hohe und 100pm breite Barriere tunneln. Was schließen Sie aus dem Ergebnis? [T,/T) = 3.7 x 10°; Protonentransfer viel schneller als Deuteronentransfer.]

potentielle V Energie, aIITTTITTT : nn.

9.22 |

Auslenkung, x

Schwingung

Abb. 9-20 Der parabolische Verlauf der

Ein Teilchen führt eine harmonische Schwingung aus, wenn es eine rücktreibende

Kraft verspürt, die proportional zu seiner Auslenkung aus der Ruhelage ist: el,

(9-22)

potenziellen Energie eines harmonischen Oszillators, V = !kx? (wobei x die Auslenkung aus seiner Ruhelage bedeutet). Die Enge der Kurve wird durch die Kraftkonstante k bestimmt: Je größer k, desto enger das Potenzial.

Die Konstante k ist die Kraftkonstante des Systems; je größer k ist, desto steifer ist

die „Feder“ Da die Kraft durch F = -dV/dx mit der potenziellen Energie zusammenhängt (siehe Anhang 3), entspricht die angegebene Kraft daher einer potenziellen Energie der Form 1

Wi kr

(9-23)

Dies ist die Gleichung einer Parabel (Abb. 9-20), weshalb man beim harmonischen Oszillator auch von einem parabolischen Potenzial spricht. Die Schrödinger-Gleichung des Teilchens lautet für diesen Fall

Bali, =>

2

St: Z6% V —— Ev

9.2.1

.

(9-24)

Die Energieniveaus

Gl. (9-24) ist eine Standardgleichung aus der Theorie der Differenzialgleichungen und ihre Lösungen sind bekannt (Details sind in der Weiterführenden Literatur beschrieben). Wieder entsteht aus den Randbedingungen eine Quantisierung der erlaubten Energieniveaus: Der Oszillator wird keine unendlich großen Auslenkungen aus der Ruhelage annehmen, sodass nur Lösungen akzeptabel sind, für die y =

0 für x = + gilt. Die erlaubten Energieniveaus sind

,

potentielle Energie, V

;

ı

2 >|

se

9

N

[-

R

N

=

=v

1

(v+z)ho

mit

@=

Bi

(4)

Und

el 2

(9-25)

En

pP ® N

iu

eu

(omega) nimmt mit steigender Kraftkonstante und sinkender Masse zu. Der Abstand zwischen benachbarten Energieniveaus beträgt demnach unabhängig von v

Ey,

hen

(9-26)

Die Energieniveaus bilden eine regelmäßige Leiter mit einem Sprossenabstand von ho (Abb. 9-21). Der Abstand ho ist für makroskopische Objekte (mit großer Masse) vernachlässigbar klein, wird aber wichtig, wenn die beteiligten Massen in der Größenordnung von Atommassen liegen.

.

>

A

N

1

a

e

a

.

nn

an na Auslenkung, x Abb. 9-21 Die Energieniveaus eines harmonischen Oszillators liegen in einem

gleichmäßigen Abstand von ho mit = (k/m)'?. Auch im tiefsten Zustand besitzt der Oszillator eine von null verschiedene Energie.

334

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

Da der kleinste erlaubte Wert für v null ist, folgt aus Gl. (9-26), dass ein harmonischer Oszillator eine Nullpunktsenergie von =

She

(9-27)

besitzt. Die mathematische Ursache für die Nullpunktsenergie ist, dass v nicht negativ werden darf, weil die Wellenfunktion ansonsten nicht mehr akzeptabel wäre. Physikalisch ist die Ursache dieselbe wie beim Teilchen im Kasten: Das Teilchen ist eingeschlossen, seine Position daher nicht völlig unbestimmt, und daher kann sein Impuls (und somit seine kinetische Energie) nicht exakt null sein. Wir können uns diesen Zustand so vorstellen, dass das Teilchen unaufhörlich um seine Gleichgewichtslage fluktuiert; nach der klassischen Mechanik könnte das Teilchen dagegen auch still stehen.

Illustration 9-3

Die Berechnung einer molekularen Schwingungsfrequenz

In Molekülen schwingen die Atome gegeneinander, wobei die Bindungen wie kleine Federn wirken. Wir betrachten eine chemische Bindung X-H, wobei das schwere Atom X als Fixpunkt wirkt, gegen den das leichte Wasserstoffatom schwingen kann. Es bewegt sich folglich nur das H-Atom, das wie ein einfacher harmonischer Oszillator schwingt. Gl. (9-25) beschreibt dann die erlaubten Schwingungsniveaus der X-H-Bindung. Die Kraftkonstante einer typischen X-HBindung beträgt etwa 500N m", z.B. ist für die 'H”Cl-Bindung k = 516.3 Nm". Da die Protonenmasse etwa 1.7 x 10?’ kg ist, erhalten wir mit k = 500N m! aus Gl. (9-25) © = 5.4 x10''s"! (5.4x10? THz). Aus Gl. (9-26) folgt dann für den Abstand benachbarter Energieniveaus ho =5.7x102J (57zJ oder 0.36eV). Umgerechnet sind das etwa 34kJ mol’, eine chemisch durchaus relevante Energie. Aus Gl. (9-27) erhalten wir weiter, dass die Nullpunktsenergie dieses moleku, laren Oszillators etwa 3 z] oder 0.2 eV beträgt, also 15 k] mol-". Die Anregung einer solchen Schwingung der Bindung in das nächsthöhere Niveau erfordert eine Energie von 57z]; bei Anregung durch ein Photon wird ' daher Strahlung der Frequenz v=AE/h=86THz bzw. der Wellenlänge 7) = c/v = 3.5um benötigt. Die Anregung von Übergängen zwischen den Schwingungsniveaus eines Moleküls erfolgt also durch Infrarotstrahlung. In Kapitel 13 | werden wir sehen, dass die soeben beschriebenen Ideen uns den Ansatz liefern,

um die Schwingungsspektroskopie zu verstehen, eine wichtige Methode zur Charakterisierung von kleinen und großen Molekülen in der Gasphase oder auch in kondensierten Phasen.

9.2.2

Die Wellenfunktionen

Wir wollen uns zuerst noch einmal die Gemeinsamkeiten des harmonischen Oszillators und des Teilchens im Kasten vergegenwärtigen, da wir mit ihrer Hilfe die ungefähre Form der Wellenfunktionen des Oszillators ohne genaue Rechnung abschätzen können. Ebenso wie das Teilchen im Kasten ist ein harmonis ch schwingendes Teilchen in einem symmetrischen Potenzial gefangen, das für hinreichend große Auslenkungen große Werte annimmt (und schließlich gegen unendlich geht), vgl. Abb. 9-1 und Abb. 9-20. Wir erkennen jedoch auch zwei bedeutsame Unterschiede. Erstens wird die Wellenfunktion für große Auslenku ngen langsamer gegen null gehen als bei einem Teilchen im Kasten, da das Potenzial nur mit x? und nicht abrupt gegen unendlich geht. Zweitens hängt die kinetisch e Energie des Teilchens auf kompliziertere Weise von der Auslenkung ab (da die potenzielle Energie sich mit der Auslenkung ändert), folglich wird sich auch die Krümmung der Wellenfunktion auf kompliziertere Weise ändern.

9.2 Schwingung

335

Die Form der Wellenfunktionen

Tabelle 9-1 Die Hermite-Polynome H,,(y)

Die ausführliche Lösung von Gl. (9-24) zeigt, dass die Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators die allgemeine Form

v

v(x) = N(Polynom in x)(glockenförmige Gauß-Funktion)

haben, wobei N eine Normierungskonstante ist. Eine Gauß-Funktion ist eine Funktion der Form e“* (Abb. 9-22). Die genaue Form der Wellenfunktionen ist 2

Y,(&)=N,H,(Ve?”?

mit

y =_

und

ro=

1/4

(9-28)

mk

H,(y) ist ein Hermite-Polynom (siehe Tabelle 9-1). Für das erste Hermite-Polynom gilt einfach H,(y) = 1, somit lautet die Wellenfunktion des Grundzustandes (des Zustandes mit der niedrigsten Energie und v = 0) eines harmonischen Oszillators

H,

0

1

1

2y

2

4-2

3

8y° — 12y

4

16y* — 48y? +12

5

32y° — 160y° + 120y

6

64y° — 480y' + 720y? — 120 Kommentar 9-2 Die Hermite-Polynome sind Lösungen der Gleichung

ER

nee

NerReN,ee,

(9-29a)

Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist demzufolge eine Gauß’sche Glockenkurve,

VO)

Nee,

(9-29b)

mE

2,

0,

wobei der Strich die Ableitung nach y anzeigt. Sie erfüllen die Rekursionsbeziehung lahm = Aleh,

2a,

= Ü:

Ein wichtiges Integral ist

Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeitsdichte sind in Abb. 9-23 gezeigt. Beide haben ein Maximum bei der Auslenkung null (x = 0) und bestätigen so unser klassisches Bild von der Nullpunktsenergie, wonach das Teilchen permanent um seine Ruhelage oszilliert. Die Wellenfunktion des ersten angeregten Zustandes eines harmonischen Oszillators, die Funktion mit v=1, erhalten wir, indem wir H,(y) = 2y einsetzen (die ersten Hermite-Polynome sind sehr einfache Funktionen):

y,(x) = Nı2yer”.

(9-30)

Diese Funktion ist in der Ruhelage (x = 0) gleich null; die zugehörige Wahrscheinlichkeitsdichte besitzt je ein Maximum bei x = +a entsprechend y = +1 (Abb. 9-24).

Wellenfunktion, w

Bu Abb. 9-22

Kaee.

der Gauß-Funktion, Der Verlauf

90

| H,H,e” dy=

r 2 2201

für v'#V } forvl=p.),

Hermite-Polynome gehören zu einer Klasse von Funktionen, die als orthogonale Polynome bezeichnet werden. Diese Polynome haben zahlreiche wichtige Eigenschaften, die quantenmechanische Rechnungen in vielen Fällen vereinfachen. Eine aus führlichere Beschreibung ihrer Eigenschaften ist in der Weiterführenden Literatur zu finden.

Wellenfunktion, w

SO

2

Abb. 9-23 Die normierte Wellenfunktion und die Wahrscheinlichkeitsverteilung (schattiert) für den Grundzustand eines harmonischen Oszillators.

4 Abb. 9-24 Die normierte Wellenfunktion und die Wahrscheinlichkeitsverteilung (schattiert) für den ersten angeregten Zustand eines harmonischen Oszillators.

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

336 1.0

0.5 S 5 2 = & 2

Abb. 9-26 Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die ersten fünf Zustände eines harmonischen Oszillators und den Zustand v = 20. Die Bereiche größter Wahrscheinlichkeit bewegen sich mit steigendem v in Richtung der klassischen Umkehrpunkte.

0

==

-1.0

-4.—2

0

2

y Abb. 9-25 Die normierten Wellenfunk-

tionen für die ersten fünf Zustände eines

h

ischen Oszillators. Die Zahl der

urenandet folgende ee Wellenfunktionen sind abwechselnd symmetrisch und antisymmetrisch bezüglich der Ruhelage (y = 0).

4

Wieder wollen wir die hergeleiteten mathematischen Ausdrücke anschaulich interpretieren. Bei den Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators fällt Folgendes auf:

t

:

a

i

5

1. Die Gauß-Funktionen gehen mit steigender Auslenkung (in beiden Richtungen) sehr schnell gegen null; daher gehen alle Wellenfunktionen für große Auslenkungen gegen null. 2. Der Exponent y?/2 ist proportional zu x:(mk)"”,d.h. für große Massen und harte Federn (große Federkonstanten) fallen die Wellenfunktionen schneller ab. 3. Mit steigendem v nehmen die Hermite-Polynome bei großen Auslenkungen größere Werte an (wie x"), sodass auch die Wellenfunktionen groß werden, bevor die Gauß-Funktion das Abfallen auf null erzwingt; im Ergebnis verteilen sich die Wellenfunktionen mit steigendem v über einen größeren Raumbereich.

Die Formen einiger Wellenfunktionen sind in Abb. 9-25 dargestellt. Die Schattierung in Abb. 9-26 stellt die Wahrscheinlichkeitsdichte (das Quadrat der Wellenfunktionen) dar. Bei großen Quantenzahlen besitzen die Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators ihre größte Amplitude in der Nähe der klassischen Umkehrpunkte der Bewegung (wo V =E gilt und die kinetische Energie null wird). Klassisch hält sich ein Teilchen ebenfalls am häufigsten in der Nähe der Umkehrpunkte auf (wo es sich langsamer bewegt) und ist am seltensten in der Ruhelage (bei y = 0) anzutreffen (wo es sich am schnellsten bewegt). Wir sehen hier wieder, wie die klassischen Eigenschaften eines Systems im Grenzfall großer Quantenzahlen aus der quantenmechanischen Beschreibung hervorgehen. Beispiel 9-3 Die Normierung der Wellenfunktionen eines harmonischen Oszillators

Berechnen Sie die Normierungskonstante für die Wellenfunktionen eines harmonischen Oszillators. Vorgehen Zur Normierung einer Wellenfunktion ist das Integral von |ı|” über den gesamten Raum zu berechnen, die Normierungskonstante ergibt sich dann aus Gl. (8-16). Die normierte Wellenfunktion ist N. In diesem eindimensionalen Fall ist das Volumenelement einfach dx und die Integration erstreckt sich von — bis +. Da die Wellenfunktionen in der dimensionslosen Variablen y = x/a aus-

gedrückt sind, formulieren wir zunächst das Integral in der gleichen Variablen, wobei wir dx = ady verwenden. Die benötigten Integrale sind in Kommentar 9-2 angegeben.

9.2 Schwingung Antwort

Die nicht normierten Wellenfunktionen lauten

v,(x)=H,(y)er. Mit Hilfe der in Kommentar 9-2 angegebenen Integrale erhalten wir +%

+%

vn

+00

=a [va =. |#oera

—co

en)

=

an

re

?2’y!

mit v! = v(v -1)(W —2)...1. Folglich ist 1/2

N, =

EN

anv/22’y!

.

Die Normierungskonstante N, eines harmonischen Oszillators hängt also von der Quantenzahl v ab. r

Übung 9-6 Verifizieren Sie durch explizite Berechnung des Integrals, dass ı), und ıv, orthogonal sind. [Berechnen Sie ["” ;, dx = 0 mithilfe von Kommentar 9-2.]

Die Eigenschaften von Oszillatoren Nachdem wir nun die Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators berechnet haben, können wir uns Gedanken über dessen Eigenschaften machen. Um Erwartungswerte einer Observablen 0 zu erhalten, müssen wir Integrale des Typs

(O0) = |v,Qy,dx

(9-31)

berechnen (hier und im Folgenden wollen wir annehmen, dass alle Wellenfunktionen auf 1 normiert sind). Wenn wir die expliziten Wellenfunktionen in dieses Integral einsetzen, erhalten wir einen wahrhaft furchteinflößenden Ausdruck. Zum Glück besitzen die Hermite-Polynome einige Eigenschaften, die uns die Arbeit erheblich erleichtern. So können wir im nächsten Beispiel zeigen, dass die mittlere Auslenkung (x) und die mittlere quadratische Auslenkung (x?) eines Oszillators im Zustand mit der Quantenzahl v gleich

(x)=0

und

(x) = (vr ;)ET

(9-32)

sind. Das Ergebnis für (x) zeigt, dass sich der Oszillator mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf jeder Seite der Ruhelage aufhält (genau wie ein klassischer Oszillator). Das Ergebnis für (x?) bedeutet, dass die mittlere quadratische Auslenkung mit steigender Quantenzahl v zunimmt. Dies ist auch aus den Wahrscheinlichkeitsdichten in Abb. 9-26 zu erkennen und entspricht im klassischen Fall der Tatsache, dass bei stärkerer Anregung die Amplitude des Oszillators größer wird.

Beispiel 9-4 Die Eigenschaften eines harmonischen Oszillators Die Biegeschwingung eines CO,-Moleküls können wir uns als harmonische Schwingung um die lineare Gleichgewichtskonformation des Moleküls vorstellen. Wir interessieren uns nun dafür, wie sehr sich das Molekül dabei verbiegt. Berechnen Sie die mittlere Auslenkung des Oszillators im Zustand v. Vorgehen Zur Berechnung des Erwartungswertes müssen wir normierte Wellenfunktionen verwenden. Der Operator für den Ort entlang der x-Achse ist die

337

338 Kommentar 9-3 Eine Funktion heißt gerade, wenn gilt f(x) = f(x). Eine Funktion heißt ungerade, wenn gilt f(-x) = -f(x). Das Produkt einer geraden und einer ungeraden Funktion ist wieder ungerade, und das Integral einer ungeraden Funktion über ein symmetrisches Intervall um x = O ist null.

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

kann entweder Multiplikation mit x (Abschnitt 8.3.1). Das resultierende Integral Produkt einer das ist nd Integra durch einfaches Nachdenken gelöst werden (der ung mithilfe Berechn e explizit geraden und einer ungeraden Funktion) oder durch e Berechexplizit die hier wir der Formeln aus Kommentar 9-2. Zur Übung führen ady. = dx bzw. ay = x nung durch. Dabei benötigen wir die Relation Das benötigte Integral lautet

Antwort +R

+n

%

5

|Wxy,de=N? | (H,e?”)x (H,e”?) dx 8

= @N? | (H,e”®)y(H,e””)dy oo

j) a’N?

|H,yH,e”dy.

Zu seiner Lösung verwenden wir die Rekursionsbeziehung aus Kommentar 9-2, | DER, =

Wal,

IE ZA

®

Damit wird das Integral

—.00

i +

u

3

x en =

>

er zo

|us

—co

H, =“

dy a: 2

|Hy

eh, er

dy

.

—oo

Diese Integrale sind aber beide null, daher ist (x) = 0. Wie bereits im Text angemerkt, muss das so sein, da die Auslenkung mit gleicher Wahrscheinlichkeit auf beide Seiten der Ruhelage erfolgt. Die folgende Übung führt diese Rechnung fort und berechnet die mittlere quadratische Auslenkung, für die wir einen Wert ungleich null erwarten, der mit steigender Quantenzahl v ansteigt.

Übung 9-7 Berechnen Sie die mittlere quadratische Auslenkung (x?) des Oszillators aus der Ruhelage. (Verwenden Sie dazu die Rekursionsformel zweimal.) [Gl. (9-32)]

Damit können wir jetzt auf einfache Weise die mittlere potenzielle Energie des Oszillators berechnen, den Erwartungswert von V = !kx?, IV

1 IN 1/2 (Ge) — le ! "G) z (v3) ho.

(9-33)

Die Gesamtenergie des Oszillators im Zustand v ist (v + )ho, folglich gilt 1

(V)= m

(9-34a)

Die Gesamtenergie ist die Summe aus kinetischer und potenzieller Energie, also muss für die mittlere kinetische Energie des Oszillators ebenfalls gelten

1 (Ein) = 5 Eu.

(9-34b)

Die Tatsache, dass die mittlere potenzielle Energie gleich der mittleren kineti-

schen Energie ist (dass also beide gleich der halben Gesamtenergie sind), ist ein Spezialfall des Virialtheorems:

9.2 Schwingung

Wenn die potenzielle Energie eines Teilchens die Form V = ax? hat, so hängen seine mittlere potenzielle Energie und seine mittlere kinetische Energie durch (En)

— b(V)

(9-35)

zusammen.

Für den harmonischen Oszillator ist b= 2 und daher (E,,) = (V). Das Virialtheorem ist häufig nützlich, wenn man auf einfache Weise zu Ergebnissen gelangen will, die auf anderem Wege nur mit einigem Aufwand erhalten werden können. Wir werden es später noch häufiger anwenden. Ein Oszillator kann in klassisch verbotenen Regionen angetroffen werden, wo die potenzielle Energie größer ist als seine Gesamtenergie (V > E), die Gesamtenergie

also formal negativ ist. Für den Grundzustand folgt beispielsweise aus der Form der Wellenfunktion (siehe die folgende Begründung), dass der Oszillator mit einer Wahrscheinlichkeit von 8% über das klassisch erlaubte Maß hinaus gedehnt und mit der gleichen Wahrscheinlichkeit über das klassisch erlaubte Maß hinaus komprimiert wird. Diese Tunnelwahrscheinlichkeiten hängen nicht von der Kraftkonstante und der Masse des Oszillators ab. Die Wahrscheinlichkeit, mit der er sich in klassisch verbotenen Bereichen aufhält, nimmt mit steigendem v drastisch ab und verschwindet für v — © völlig, wienach dem Korrespondenzprinzip zu erwarten. Makroskopische Oszillatoren (z.B. Pendel) befinden sich in Zuständen mit sehr hohen Quantenzahlen, sodass die Chance, sie bei einer klassisch verbotenen Auslenkung zu ertappen, vernachlässigbar klein ist. Moleküle befinden sich dagegen in der Regel in ihrem Schwingungsgrundzustand, für sie ist diese Möglichkeit daher sehr wesentlich.

Nach der klassischen Mechanik liegt der Umkehrpunkt x,, des Oszillators dort, wo seine kinetische Energie null wird, also die potenzielle Energie 3kx? gleich der Gesamtenergie E ist. Dies ist der Fall für

wobei E durch Gl. (9-25) gegeben ist. Die Wahrscheinlichkeit, den Oszillator mit einer Auslenkung über x,, hinaus zu beobachten, ist gleich dem Integral über alle Wahrscheinlichkeiten ı)’ dx, ihn in einem Intervall dx anzutreffen, das zwischen Xu, und unendlich liegt: D=

|w.dx.

Kup | Wir substituieren die Integrationsvariable durch y= x/a mit a = (h’/mk)'*. Der Umkehrpunkt ist dann Xup _

2(v+5)hol’_ (2v+ Di. a?k

Im Grundzustand (v = 0) ist yu, = 1 und die Wahrscheinlichkeit beträgt

P=

|Wdx=aN, |erdy. XUp

1

| Dieses Integral ist ein Beispiel für die Fehlerfunktion erf(z), die folgendermaßen definiert ist:

339

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

340 Tabelle 9.2: Die Fehlerfunktion

ware direkt Die Zahlenwerte dieser Funktion sind tabelliert und in Mathematiksoft Fall ist verfügbar; einige Werte sind in Tabelle 9-2 angegeben. In unserem

1 P= A - erf ()} =5(1- 0.843) = 0.079.

z

erfz

0

0

0.01

0.0113

0.05

0.0564

groß. Die Wahrscheinlichkeit einer klassisch verbotenen Kompression ist genauso

0.10

Oa25

Gesamtwahrscheinlichkeit,

0.50

0.5205

1.00

0.8427

1e50)

0.9661

2.00

0.9953

or im GrundBei einer großen Zahl von Beobachtungen werden wir einen Oszillat erlaubt. Die h klassisc als n vorfinde zustand also in 7.9 % der Fälle stärker gedehnt den Oszillator in einer klassisch verbotenen Auslen-

kung (gedehnt oder gestaucht) zu finden, beträgt somit ungefähr 16%. Eine analoge Rechnung für den Zustand mit v = 6 ergibt eine Wahrscheinlichkeit von nur 7%, den Oszillator außerhalb der klassischen Umkehrpunkte anzutreffen.

9.3

|

Rotation

Die quantenmechanische Behandlung der Rotationsbewegung lässt sich in zwei Teile aufspalten: Zuerst behandeln wir die Rotation in nur zwei Dimensionen, danach die Rotation in drei Dimensionen. Vor dem Einstieg in die quantenmechanische Beschreibung ist es unter Umständen sinnvoll, wenn Sie sich mithilfe von Anhang3 nochmals die klassische Beschreibung der Rotation vergegenwärtigen und sich insbesondere die Begriffe Trägheitsmoment und Drehimpuls klarmachen.

9.3.1

Rotation

in zwei Dimensionen:

Teilchen auf einem Ring Wir beginnen unsere Betrachtungen mit einem Teilchen der Masse m, das sich nur auf einer Kreisbahn mit Radius r in der xy-Ebene bewegen kann (Abb. 9-27). Die potenzielle Energie soll überall null sein, sodass die kinetische Energie gleich der Gesamtenergie ist, es gilt also E = p?/2m. In der klassischen Mechanik ist der Drehimpuls J, um die z-Achse (die senkrecht auf der xy-Ebene steht) J. = +pr, sodass wir die Energie als J?/2 mr?” schreiben können. Da aber mr? gerade das Trägheitsmoment I der Masse aufihrer Umlaufbahn ist, gilt Abb. 9-27 Der Drehimpuls eines Teilchens der Masse m auf einem Ring mit Radius r in der xy-Ebene wird durch einen Vektor] mit dem Betrag pr der einzigen von null verschiedenen KomponenteJ, dargestellt, der senkrecht auf der Ebene der Bewegung steht.

2 E=5.

(9-36)

Wir werden im Folgenden sehen, dass in der quantenmechanischen Beschreibung nicht alle Werte für den Drehimpuls erlaubt und daher sowohl der Drehimpuls als auch die Rotationsenergie gequantelt sind.

Der anschauliche Ursprung der Rotationsquantelung Es gilt J, =+pr und nach der de-Broglie-Relation p = h/2, folglich ist der Drehimpuls um die z-Achse gleich „=:

J

A

R

wobei unterschiedliche Vorzeichen einer Rotation in unterschiedliche Richtungen entsprechen. Diese Gleichung zeigt den Zusammenhang zwischen der Wellenlänge eines Teilchens auf einer Kreisbahn und seinem Drehimpuls: Je kleiner die Wellen-

länge bei konstantem Radius wird, desto größer wird der Drehimpuls. Wenn wir

verstehen, warum die Wellenlänge des Teilchens gequantelt ist, dann verstehen wir

also auch die Quantisierung seines Drehimpulses.

9.3* Rotation

341

Zuerst wollen wir voraussetzen, die Wellenlänge des Teilchen s könne beliebige

Werte annehmen. Die Abhängigkeit der Wellenfunktion von dem Winkel ® sieht dann etwa so aus, wie in Abb. 9-28a gezeigt. Wenn & über 2r hinaus ansteigt, verändert sich die Wellenfunktion weiterhin periodisch, nimmt aber im Allgeme inen andere Werte an als am selben Punkt bei früheren Umläufen. Diese Situatio n ist nicht akzeptabel (Abschnitt 8.2.2). Das Problem kann dadurch gelöst werden, dass die Wellenfunktion bei sukzessiven Umläufen immer wieder dieselben Werte annimmt, wie in Abb. 9-28b gezeigt. Diese Eigenschaft besitzen jedoch nur bestimmte Wellenfunktionen, folglich sind auch nur bestimmte Drehimpulse und Energien erlaubt; die Energie des Teilchens ist somit gequantelt. Die erlaubten Wellenlängen müssen die Beziehung

Erster

:

Durchlauf

/ Zweiter Durchlauf,

Wellenfunktion, w

eb} —n Se;

Zweiter

Durchlauf)

DET m;

erfüllen, wobei die üblicherweise mit m, bezeichnete Quantenzahl beliebige ganzzahlige Werte einschließlich null annehmen kann. Der Wert m; = entspricht 4 =; eine „Welle“ mit unendlicher Wellenlänge bedeutet eine konstante Amplitude für alle Werte von &. Der Drehimpuls kann demnach die Werte hr

„=+- A

mhr

mh

2rır

2n

annehmen, wobei positive und negative Werte für m, erlaubt sind. Also ist 1. = mh

le

ee

(9-37)

Positive Werte von m, entsprechen einer Rotation um die z-Achse im Uhrzeigersinn

(in z-Richtung betrachtet, Abb. 9-29), negative Werte von m, bedeuten eine Rotation um die z-Achse im Gegenuhrzeigersinn. Aus Gl. (9-36) folgt, dass die Energie auf die Werte 2 2m Ben Zul

2

SS

Wellenfunktion,

(b) Abb. 9-28 Zwei Lösungen der SchrödingerGleichung für ein Teilchen auf einem Ring. Der Kreisumfang ist hier als gerade Linie dargestellt, die Punkte bei ® = 0 und 2r sind identisch. Die Lösung (a) ist nicht akzeptabel, da sie nicht eindeutig ist. Außerdem interferiert sie bei aufeinander folgenden Umläufen destruktiv mit sich selbst und löscht sich so aus. Lösung (b) ist akzeptabel: Sie ist eindeutig und interferiert bei aufeinander folgenden Umläufen konstruktiv mit sich selbst.

(9-38) m,>0

eingeschränkt sein muss. Die zugehörigen Wellenfunktionen lauten eimd

Y„(d) = an?

(9-38b)

Die Wellenfunktion zu m, = 0 lautet Y,(®) = (1/ 2)”, sie besitzt an allen Punkten

des Kreises denselben Wert. Wir haben nun eine Reihe von Ergebnissen für die Rotationsbewegung erhalten, indem wir einige klassische Konzepte und die de-Broglie-Relation vermischt haben. Dieses Vorgehen ist in vielen Fällen sehr nützlich, um allgemeine Aussagen (in diesem Fall sogar die exakten Energien) für ein quantenmechanisches System zu erhalten. Um sicher zu gehen, dass wir auf diesem Weg die korrekten Lösungen erhalten haben - und um ein wenig Übung für schwierigere Probleme zu erhalten, die wir nicht mit diesem einfachen Ansatz erledigen können — müssen wir die Schrödinger-Gleichung explizit lösen, was wir in der folgenden Begründung tun wollen.

(b)

m, | =)

%

von dem und die Schrödinger-Gleichung ist Hıb = Ey, wobei die Wellenfunktion mieren transfor lösen, zu ng Gleichu diese n, versuche wir Winkel d abhängt. Bevor (0) sin undy=r =rcos® wobeix 9-30), (Abb. & und r wir sie in Polarkoordinaten die das en, verwend zu tem atensys Koordin ein sinnvoll, (allgemein ist es immer einfachen Symmetrie des Systems so weit wie möglich ausnutzt). Nach einigen wir erhalten ) Literatur hrende Weiterfü Umformungen (siehe 2 Be

CEA oe

972

ar.

1939)

Re, “2 ror

rd.

Da der Radius der Bahn konstant ist, können wir die Ableitungen nach r weglassen. Damit wird der Hamilton-Operator

De

nd ee

2mr? de?

Das Trägheitsmoment I = mr? ist nun ganz automatisch aufgetaucht, mit dessen Hilfe wir Hals

A

ed:

9-40 (9-40)

a en, de schreiben können, sodass die Schrödinger-Gleichung dann

d’y

m

2IE

un

lautet. Die normierten allgemeinen Lösungen dieser Gleichung sind

ld) —= em?

v

Emile

(21H). se ‚=+

9-42 (0-42)

Die Größe m; ist hier zunächst einfach eine dimensionslose Zahl.

Aus diesen allgemeinen Lösungen wählen wir jetzt die akzeptablen Wellenfunktionen aus, indem wir einschränken, dass die Funktion eindeutig sein soll. Das bedeutet, dass die Wellenfunktionen eine zyklische Randbedingung erfüllen und an Punkten, die genau 2n voneinander entfernt sind, die gleichen Werte annehmen müssen: y(d + 2n) = w(d). Wenn wir diese Bedingung auf die allgemeinen Lösungen anwenden, so erhalten wir eim(P+2R)

Y(d+2R) =

„= (2n)"”

eimd ezrim

1

=yu,(6)em (2n)' — 2 ‚(B

Da e" = -1 ist, können wir dafür auch schreiben Ym(d =: 2)



(-1)"" V, (®)

E

(9-43)

Die Randbedingung ist erfüllt, wenn 2m, eine positive oder negative gerade ganze Zahl, also m; eine ganze Zahl is: m =0, #1, 2, ...

Ar=0 Abb. 9-31

Die Realteile der Wellenfunk-

tionen eines Teilchens auf einem Ring.

Mit kürzerer Wellenlänge steigt der Drehimpuls bezüglich der z-Achse jeweils in Schritten von han.

Die Rotationsquantelung Unsere bisherigen Schlussfolgerungen können wir in einem Satz zusammenfassen: Die Rotationsenergie ist gequantelt und auf die durch Gl. (9-38a) gegebenen Werte (E = m?h’/21) beschränkt. Da die Quantenzahl m, quadratisch in die Energie eingeht, ist die Rotationsenergie unabhängig von der Richtung der Rotation (d.h. dem Vorzeichen von m,), was physikalisch sicherlich sinnvoll ist. Mit anderen Worten,

9.3

343

Rotation

Zustände zu einem gegebenen Wert von |m,| sind stets zweifach entartet (mit Ausnahme des Zustandes mit m, = 0, der nicht entartet ist). Obwohl wir dieses Resultat

Kommentar 9-4 Die komplexe Funktion elM1® besitzt keine

für einen rotierenden Massenpunkt abgeleitet haben, ist es für beliebige Körper mit

Knoten; sie kann aber als

einem Trägheitsmoment I gültig, die nur um eine Achse rotieren können. Weiter haben wir gesehen, dass auch der Drehimpuls gequantelt und auf die in Gl. (9-37) angegebenen Werte (], = mıh) beschränkt ist. Je größer der Drehimpuls eines Zustands ist, desto mehr Knoten besitzen Real- und Imaginärteil der zugehörigen Wellenfunktion; die Wellenlänge nimmt mit steigendem |mj| schrittweise ab, dadurch nimmt der Impuls zu, mit dem das Teilchen im Kreis fliegt (Abb. 9-31). In der folgenden Begründung wollen wir zeigen, dass man dieses Resultat auch auf formale Weise aus den in Abschnitt 8.3.1 angegebenen Beziehungen zwischen den Eigenwerten von Operatoren und den Werten der Observablen erhalten kann.

cosmdb + isin md geschrieben werden, sodass wir erkennen, dass

sowohl der Realteil (cosm,®) als auch der Imaginärteil (sin md) Knoten besitzt.

Kommentar 9-5

Der Drehimpuls

in drei Dimensionen ist definiert als

Bei der Behandlung der Translation in einer Dimension haben wir gesehen, dass entgegengesetzte Vorzeichen in den Wellenfunktionen e** und e“'** entgegengesetzten Bewegungsrichtungen des Teilchens entsprechen und dass wir den Wert des Impulses als Eigenwert des Impulsoperators berechnen können. Die gleiche Schlussfolgerung gilt auch im Falle der Rotation, nur müssen wir jetzt den Eigenwert des Drehimpulsoperators berechnen. In der klassischen Mechanik ist der Drehimpuls um die z-Achse als =

xp,

YP-

(9-44)

definiert. Hierbei ist p, die Komponente des Impulses in x-Richtung und p, die Komponente des Impulses in y-Richtung. Die Operatoren dieser beiden Komponenten des Impulses sind in Gl. (8-26) angegeben; daher ist der Operator I, des Drehimpulses um die z-Achse N Re) 6) A Naar h i (»> vs)

ap

=

AER

VE

Px =

P,

(yPp: >

hr: Pr

zp,)i >

(xPz en zp,)j

+(xPp, > yp.)k ’

wobei i, jund k Einheitsvektoren in Richtung der positiven x-, y- und zAchsen sind. Der Betrag der z-Komponente des Drehimpulses ist daher durch Gl. (9-44) gegeben. Weitere Informationen über Vektoren sind in Anhang 2 zu finden.

-4

es

In Polarkoordinaten r und d lautet dieser Ausdruck

aha

en

9-46

Nachdem wir nun den Operator des Drehimpulses gefunden haben, wenden wir ihn auf die Wellenfunktion aus Gl. (9-38b) an. Unter Vernachlässigung der Normierungskonstante erhalten wir

£

RC

Lv. = ar

=imne

imd

= mh

(9-47)

m

Folglich ist y,, Eigenfunktion des Drehimpulsoperators zum Eigenwert mh. Wenn m, positiv ist, ist auch der Drehimpuls positiv (Rotation im Uhrzeigersinn, von unten betrachtet); wenn m, negativ ist, ist der Drehimpuls negativ (Rotation im Gegenuhrzeigersinn, von unten betrachtet). Diese Tatsache ist die Grundlage der Vektordarstellung von Drehimpulsen, in welcher der Betrag des Drehimpulses durch die Länge eines Pfeils und die Bewegungsrichtung durch seine Richtung

Drehimpuls

angegeben wird (Abb. 9-32).

Zuletzt wollen wir nach dem Ort eines Teilchens fragen, das durch die Wellenfunktion GI. (9-38b) beschrieben wird. Dazu bilden wir die Wahrscheinlichkeitsdichte eimid

2,

Ulm

=

(2n)"?

i

e

eimd

(2n)"

=

md

(2r)"’

eimi®

(2n)"”

A

1

Ir

Abb. 9-32 Die Grundgedanken des Vektormodells zur Darstellung von Drehimpulses. Der Betrag des Drehimpulses wird durch die Länge des Vektors dargestellt und seine Orientierung im Raum durch die Richtung des Vektors (unter Verwendung der Rechte-Hand-Regel).

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

344

Da dieser Ausdruck nicht von & abhängt, ist die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen anzutreffen, an jeder Stelle seiner Bahn gleich groß (Abb. 9-33). Sein Ort ist also vollkommen unbestimmt: die Kenntnis des Drehimpulses verbietet es, etwas über

die Position des Teilchens auszusagen. Winkel und Drehimpuls sind komplementäre Observablen (in dem in Abschnitt 8.3.2 definierten Sinn); die Unmöglichkeit, ihre Werte gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit anzugeben, ist ein weiteres Beispiel für die Unschärferelation. , F

9.3.2

Rotation in drei Dimensionen:

Teilchen auf einer Kugel

Abb. 9-33

Die Wahrscheinlichkeitsdichte

eines Teilchens in einem Eigenzustand des Drehimpulses ist konstant; d.h., die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen anzutreffen, ist

überall auf dem Ring gleich groß.

0

Wir wollen jetzt ein Teilchen der Masse m betrachten, das sich frei auf der Oberfläche einer Kugel mit Radius r bewegen kann. Die Ergebnisse, die wir an diesem Modellsystem erhalten, werden uns später bei der Behandlung der Zustände von Elektronen in Atomen oder kleinen Clustern oder der Rotation von Molekülen nützlich sein. Im Vergleich zu dem zweidimensionalen Modellsystem aus dem letzten Abschnitt müssen wir jetzt eine zweite zyklische Randbedingung beachten, da die Wellenfunktion bei einer vollen Umrundung sowohl über die Pole (Abb. 9-34) als auch um den Äquator wieder den gleichen Wert annehmen muss. Diese zweite Randbedingung führt zu einer zweiten Quantenzahl in den Wellenfunktionen des Teilchens.

Die Schrödinger-Gleichung

S

Der Hamilton-Operator für die Bewegung in drei Dimensionen lautet a

N

VEoo 0 )

2

F

2

B

2

OR

Das Symbol V? ist eine bequeme Abkürzung für die angegebene Summe der drei zweiten Ableitungen; es wird auch als Laplace-Operator bezeichnet und „Nabla Quadrat“ gelesen. Für ein Teilchen auf einer Kugeloberfläche gilt überall V = 0 und der Radius r ist konstant. Die Wellenfunktion ist daher nur eine Funktion der Breite 9 und des Azimuts & (Abb. 9-35), und wir schreiben sie als /(9. &). Die SchrödingerGleichung lautet

Abb. 9-34 Ein Teilchen auf der Oberfläche einer Kugel muss zwei zyklische Randbedingungen erfüllen, seine Drehimpulszustände sind daher durch zwei Quantenzahlen charakterisiert.

Ba ll,

(9-49)

In der folgenden Begründung wird gezeigt, dass sich diese partielle Differenzialgleichung durch Separation der Variablen vereinfachen lässt. Dazu schreiben wir die Wellenfunktion (für konstantes r) als Produkt

7(9,d) = ©(H)0(b)

(9-50)

einer Funktion ©, die nur von dem Winkel 9 abhängt, und einer Funktion ®, die

nur von d abhängt.

m

Begründung 9-7 Die Separation der Variable für Ä In Kugelkoordinaten lautet der Laplace-Operator (siehe Weiterf ührende Literatur)

N! va or? a Abb. 9-35 Kugelkoordinaten. Für ein Teilchen auf einer Kugeloberfläche können sich nur die Breite d und der Azimut & verändern.

(9-51a)

wobei der Legendre-Operator A? durch

sin?0 90°

sind 00

759

(9-51b)

9.3” Rotation

gegeben ist. Da r konstant ist, können wir den Teil des Laplace-Operator s, der die

Ableitungen nach r enthält, einfach weglassen; damit wird die Schrödinger-Glei chung 1

2

2mE

A

oder mit I = mr?

Avy=-eb

mit

e Ne h Um zu zeigen, dass diese Gleichung separiert werden kann, setzen wir

= @®

ein:

1

900)

1

9 .

(00)

ee

et

Da © und ® jeweils nur von einer Variablen anhängen, werden die partiellen Ableitungen vollständige Differenziale:

oe

®d

do





Eee

Nun dividieren wir durch ©®, multiplizieren mit sin’0, ordnen etwas um und erhalten so

do )

Fr

{

sindd ©

do

1 sind

do d

| RE g res BEZUM

Der erste Term auf der linken Seite hängt nur von & ab und die beiden folgenden nur von ®. Eine ähnliche Situation haben wir bei der Diskussion eines Teilchens in einem zweidimensionalen Kasten angetroffen (Begründung 9-3), und mit einer analogen Argumentation folgt nun, dass auch diese Gleichung separierbar ist. Wir setzen den ersten Term gleich einer Konstanten —m? (wobei die Notation bereits vorausschauend gewählt ist) und erhalten so die separierten Gleichungen

1 d’®

indd

—©

dd

sind

d® do

m?, + esinO9=

Die erste dieser Gleichungen hatten wir bereits in Begründung 9-5 getroffen; die Lösungen sind folglich durch Gl. (9-38b) gegeben. Die zweite ist wesentlich | schwieriger; ihre Lösungen sind aber zum Glück bereits unter dem Namen assoziierte Legendre-Polynome bekannt und tabelliert. Die zyklischen Randbedingungen für © führen zur Einführung einer zweiten Quantenzahl |, die die akzeptablen Lösungen kennzeichnet. Das Auftauchen der Quantenzahl m, in der zweiten Gleichung führt, wie wir später sehen werden, dazu, dass der Wertebereich von m, durch den jeweiligen Wert von l eingeschränkt wird. Wie in Begründung 9-7 gezeigt, führt die Lösung der Schrödinger-Gleichung zu Wellenfunktionen, die durch zwei Quantenzahlen ! und m, gekennzeichnet sind, welche auf die Werte Eee

Funde

mr ll

(9-52)

ler; —|

beschränkt sind. Die Bahndrehimpulsquantenzahl | ist stets nicht-negativ, und für einen gegebenen Wert von 1 existieren 2l+1 erlaubte Werte der magnetischen Quantenzahl m,. Die normierten Wellenfunktionen werden meist mit Y,„,(0,®) bezeichnet, sie heißen Kugelflächenfunktionen (Tabelle 9-3).

Abb. 9-36 zeigt eine Darstellung der Kugelflächenfunktionen für 1= 0 bis 4 und m, = 0, die deutlich macht, wie die Zahl ihrer Knoten

(die Stellen, an denen die

Wellenfunktion durch null geht) in den Winkelanteilen mit steigendem |! zunimmt. Die Funktionen mit m; = 0 haben keine Knoten um die z-Achse, was gleichbedeutend ist mit der Formulierung, dass sie keinen Bahndrehimpuls um diese Achse besitzen. Abb. 9-37 zeigt die Verteilung eines Teilchens mit gegebenem Drehimpuls

345

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

346

m

I=0,

=,

m =0

I=2,

=

m (0, ®)

m(9,8) Yı | o.JoI Yı sn

d@ddb = Öndmim Ä

Ein wichtiges Integral ist

| | ml PTt

Jo

2r

tn(0.0)

J0

Y,„(0.6)sinddod6=0, außer wenn gilt m’ = mj + m, und wir ein Dreieck mit den Seitenlängen |”, ! und ! konstruieren können (also z.B. 1,2 und 3 oder 1,1 und, aber nicht 1,2 und 4).

[=4,

m, =0

Vorzeichen der Wellenfunktion. Die Zahl der Knoten wächst mit steigenum dem I. Alle gezeigten Wellenfunktionen entsprechen m, = 0; ein Weg Knoten. keine schneidet Kugel der Achse (z-) die vertikale

einer Abb. 9-36 Eine Darstellung der Wellenfunktionen eines Teilchen auf Kugeloberfläche, wobei die Knoten des Winkelanteils hervorgehoben sind: Dunkle und helle Schattierungen entsprechen unterschiedlichen

Kommentar 9-6 Die Kugelflächenfunktionen sind im folgenden Sinn orthogonal und normiert:

l= 3, MaleV

m =0

®) proportional zum im Detail. Hier ist der Wert von Bed an jedem Punkt (0,

einen gegebeAbstand der gezeigten Fläche an diesem Punkt vom Ursprung. Für s mit steiTeilchen des ltsort Aufentha e nen Wert von |wandert der wahrscheinlichst . xy-Ebene g gendem |m,| immer weiter in Richtun Aus der Lösung der Schrödinger-Gleichung folgt, dass die Energie E des Teilchens die Werte

au

Dee)

(9-53)

le 002 5

annehmen kann. Sie ist quantisiert und hängt nicht von m, ab. Da es 21+1 Wellenfunktionen zu jedem Wert von I gibt (eine für jedes m,), ist das Energieniveau mit der Quantenzahl I gerade (21 + 1)-fach entartet.



Drehimpuls Klassisch hängt die Energie eines rotierenden Teilchens durch E = J?/2I mit seinem Drehimpuls J zusammen (siehe Anhang 3). Durch Vergleich mit Gl. (9-53) können wir schließen, dass der Betrag des Drehimpulses gequantelt und auf die Werte

Kommentar 9-7 Real- und Imaginärteil der ®-Komponente der Wellenfunktion, eim® — cosmd + isinm,d, haben jeweils |m,| Konten im Winkelanteil. Diese treten aber in der Wahrscheinlichkeitsdichte nicht in Erscheinung, da |e'"#]? = 1 ist.

en

me

Do

(9-54)

beschränkt ist. Im Zusammenhang mit der Rotation in zwei Dimensionen haben wir bereits gesehen, dass der Drehimpuls um die z-Achse ebenfalls gequantelt ist. Er kann die Werte mi

mi

ml...



(9-54b)

annehmen. Je größer l wird, desto mehr Knoten besitzt die Wellenfunktion. Darin kommt die Tatsache zum Ausdruck, dass ein größerer Drehimpuls eine größere kinetische Energie bedeutet und damit eine stärker gekrümmte Wellenfunktion. Die Zustände mit einer großen Komponente des Drehimpulses um die z-Achse zeichnen sich dadurch aus, dass viele Knoten den Äquator schneiden. Wir können das so interpretieren, dass die Krümmung in der Äquatorebene am größten ist und die Bewegung in dieser Ebene die größten Beiträge zur kinetischen Energie liefert. Illustration 9-4

Die Energieniveaus eines rotierenden Moleküls

Unter bestimmten Bedingungen ist das Teilchen auf einer Kugel ein gutes Modell ı zur Beschreibung der Rotation zweiatomiger Moleküle. Wenn wir z.B. das Molekül 'H'”I betrachten, dann bewegt sich wegen des großen Massenunterschieds effektiv nur das Wasserstoffatom in einem Abstand von r = 160 pm (dem Gleichı gewichts-Bindungsabstand) um das (quasi-) stationäre lod-Atom. Das Trägheitsmoment von 'H'”I ist dann I = 4.288 x 10° kgm?. Folglich ist

#

(1.05457 x10]s)?

21 2(4.288x10-"kgm))

7’ x10

—22

7]

9.3

Rotation

347

Tabelle 9-3 Die Kugelflächenfunktionen Ma,

b)

[=0 m,

I

Yım, (0,9)

Dr (2)' cos [d

2) +1

EG

ee

I=3

i 5 1

0

Im} =

Abb. 9-37 Eine umfassendere Darstellung der Wellenfunktionen für /= 0,1,2 und 3. Der Abstand eines Punktes vom Ursprung ist proportional zum Betragsquadrat des Amplitude der

Wellenfunktion an diesem Punkt.

oder 0.1297 zJ, entsprechend 78.09kJ mol”'. Nach Gl. (9-53) liegen die tiefsten Rotationsniveaus dann bei 0 (l = 0), 0.2594 z] (1 = 1), 0.7782 z] (l = 2) und 1.556 z] (l = 3); ihre Entartungsgrade sind 1, 3, 5 und 7 (jeweils gleich 2!+1) und der Betrag des molekularen Drehimpulses ist 0, V2h, V6h und v12h (aus Gl. (9-54a)). Die Niveaus !=0 und I=1 sind also durch eine Energie AE = 0.2594z]

voneinander

getrennt.

Die Frequenz eines Photons,

das einen

Übergang zwischen diesen Niveaus bewirken kann, erhalten wir aus der Bohr’-

schen Frequenzbedingung (Gl. 8-10),

AE 2.594x102] — 3.915 x 10''"Hz = 391.5GHz . h 6.626x10’*Js

ein

Sail

+2

i® (5): sin ?0 et2

0s0) (Z)’(5cos’9 — 3c (5c0s?9 -1) sindetis

+1

+)

=

W et?id (15)?sin ?9cos

+3

I=2

c0s24 - 1)

az, 1533oh

3.0 rn

#

(@)° sindet

+(&) sin’desi

348

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

magnetischen Diese Strahlungsfrequenz liegt im Mikrowellenbereich des elektro

e Methode zur Spektrums, daher ist die Mikrowellenspektroskopie eine geeignet ge von Untersuchung der Rotation von Molekülen. Da die Energien der Übergän

' den Trägheitsmomenten abhängen, ist die Mikrowellenspektroskopie eine sehr wergenaue Methode zur Bestimmung von Bindungslängen. Rotationsspektren den wir in Kapitel 13 näher besprechen.

Übung 9-8

|

2

Wiederholen Sie die Berechnung für das Molekül ?H'’”I (gleicher Bindungsabstand wie 'H'”]). [Energien um Faktor zwei kleiner; gleiche Drehimpulse und Zahl von Komponenten]

Die Richtungsquantelung Wir haben festgestellt, dass m, für gegebenes | auf die diskreten Werte ,1—1,..., —1 beschränkt ist, dass die z-Komponente des Drehimpulses also nur 2!+1 Werte annehmen kann. Wenn wir den Drehimpuls als Vektor darstellen, dessen Länge proportional zu seinem Betrag ist ({l(l+ 1)}” Einheiten lahg), dann muss dieser Vektor so orientiert sein, dass seine Projektion auf die z-Achse gerade m, Einheiten ergibt. Klassisch gesprochen bedeutet das, dass die Rotationsebene des Teilchens nur bestimmte Orientierungen im Raum einnehmen kann (Abb. 9-38). Das ist eine bemerkenswerte Schlussfolgerung, bedeutet es doch, dass die Orientierung eines rotierenden Körpers gequantelt ist. Die quantenmechanische Erscheinung, dass ein rotierender Körper nur bestimmte Orientierungen zu einer bestimmten (z.B. durch die Richtung eines äußeren elektrischen oder magnetischen Feldes definierten) Achse einnehmen kann, wird als Richtungsquantelung oder räumliche Quantisierung bezeichnet. Sie wurde durch ein berühmtes Experiment bestätigt, das Otto Stern und Walther Gerlach im Jahre 1921 durchführten. Sie schossen einen Strahl von Silberatomen durch ein innomogenes Magnetfeld (Abb. 9-39). Die Idee dabei war, dass ein rotierender geladener Körper ein Magnetfeld erzeugt, welches mit dem angelegten Feld wechselwirkt. Da die Rotationsebene des Körpers nach der klassischen Mechanik jede beliebige Orientierung im Raum einnehmen kann, kann auch sein Magnetfeld in alle Richtungen zeigen. Die Ablenkung des Körpers in dem inhomogenen äußeren Feld hängt von der Richtung seines eigenen Magnetfeldes ab, daher ist an der Stelle, an der die Atome wieder aus dem Magnetfeld austreten, nach der klassischen Mechanik ein breites Band von abgelenkten Atomen zu erwarten. Nach der Quantenmechanik kann das von dem rotierenden Körper erzeugte Magnetfeld nur bestimmte Orientierungen im Raum einnehmen, sodass am Ausgang einzelne, scharfe Banden von abgelenkten Atomen zu erwarten sind. In ihrem ersten Experiment schienen Stern und Gerlach die klassische Vorhersage zu bestätigen. Es zeigte sich jedoch, dass das Experiment sehr schwierig auszuführen war, da Zusammenstöße zwischen den Atomen in dem Strahl die Banden verschmierten. Als sie das Experiment mit einem Atomstrahl von sehr geringer

Abb. 9-38 Die erlaubten Orientierungen

des Drehimpulses für / = 2. Wir werden bald lernen, dass diese Darstellung zu

präzise ist, da die azimutale Orientierung des Vektors (der Winkel um die z-Achse) unbestimmt ist.

9.3* Rotation

349

Intensität (damit weniger Zusammenstöße auftraten) wiederholten, beobachteten sie deutlich voneinander getrennte Banden: die Vorhersage der Quanten mechanik war bestätigt.

Das Vektormodell Bisher haben wir immer nur von der 2-Komponente des Drehimpulses gesproche n (der Komponente bezüglich einer willkürlich ausgewählten Achse, die üblicher-

weise als z-Achse bezeichnet wird), ohne auf die x- oder y-Komponenten einzuge-

hen (die Komponenten bezüglich der zur z-Achse senkrechten Richtungen). Den Grund dafür können wir erkennen, wenn wir die Operatoren der drei Komponenten näher betrachten. Jeder der Operatoren hat die in Gl. (9-45) angegebene Form:

12

2) I mmrE.Son

Na

ls

ma n

aa

dank 7 288 a

„on x)

er

Wie Sie in Aufgabe 9.27 zeigen können, kommutieren diese Operatoren nicht,

=

ih, ,,[= in, , Dh] =inl,.

(9-56a)

Außer für den Fall 1 = 0 können wir daher nicht mehr als eine Komponente des Drehimpulses angeben; 1,, I, und 1, sind komplementäre Variablen. Der Operator für das Betragsquadrat des Drehimpulses ist

Bl

Abb. 9-39 (a) Die experimentelle Anordnung für das Stern-Gerlach-Experiment: Der Magnet erzeugt ein inhomogenes

Magnetfeld. (b) Das klassisch erwartete Ergebnis; (c) das mit Silberatomen beobachtete Ergebnis.

(9-56)

wobei A’ der Legendre-Operator aus Gl. (9-51b) ist. Er kommutiert mit allen drei Komponenten des Drehimpulses:

P,1]=0

mit

q=xw,y,z

(9-56c)

(siehe Aufgabe 9.29). Obwohl wir also den Betrag des Drehimpulses und eine beliebige seiner Komponenten exakt angeben können, können wir nichts über die anderen beiden Komponenten aussagen. Die Darstellung aus Abb. 9-38, die nochmals zusammenfassend in Abb. 9-40a wiedergegeben ist, vermittelt insofern also eine falsche Vorstellung von den Gegebenheiten, da sie bestimmte Werte für die x- und y-Komponenten suggeriert. Besser wäre es, wenn die Unbestimmtheit der x- und y-Komponenten bei festgelegter z-Komponente direkt aus der Abbildung hervorginge. Im Vektormodell der Drehimpulse verwendet man Darstellungen wie die in Abb. 9-40b gezeigte. Die Seitenlängen der Kegel sind {I(!+ 1)}"” und geben so den Betrag des Drehimpulses an. Jeder Kegel hat eine definierte Projektion von m, auf die z-Achse und stellt so den jeweiligen Wert von |, dar. Die l,- und l,-Komponenten sind dagegen nicht definiert. Wir können uns vorstellen, dass der Zustandsvektor irgendwo an einer unbestimmten Stelle auf diesem Kegelmantel liegt. Wir sollten im Moment noch nicht daran denken, dass der Vektor in irgendeiner Weise auf dem Kegelmantel rotiert; einen derartigen Aspekt wollen wir dem Modell erst später hinzufügen, um noch mehr Information durch ein solches Diagramm auszudrücken.

(b)

|

Abb. 9-40 (a) Eine Zusammenfassung von Abb. 9-38. Da die Lage des Vektors um die z-Achse jedoch unbestimmt ist, gibt (b) eine angemessenere Darstellung: Hier liegen die Vektoren an unbestimmten Stellen auf Kegelmänteln um die z-Achse.

350

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen Anwendung 9-2

Quantenpunkte

Systemen herIn Anwendung 9-1 hatten wir einige Vorteile von nanometergroßen Möglichkeit, die zwar und hinzu, noch kommt Vorteil ausgestellt. Ein weiterer Systems eines aften Eigensch die die tzen, auszunu quantenmechanische Effekte n und Ursache die auf uns wir wollen Hier machen. abhängig von seiner Größe ieren. konzentr Effekte schen mechani die Folgen dieser quanten Sie Dazu betrachten wir eine Probe eines Metalls wie z.B. Kupfer oder Gold. ert delokalisi e Atomkern alle über n Elektrone die da Strom, leitet den elektrischen sind. Mit anderen Worten, wir können die Bewegung der Elektronen in Metallen näherungsweise durch das Modell eines Teilchens im Kasten beschreiben, wobei wir allerdings im Auge behalten müssen, dass sich die Elektronen unabhängig voneinander bewegen. Aus Gl. (9-6) können wir dann direkt schließen, dass die Energieniveaus der Elektronen in einem großen Kasten, z.B. einem Kupferdraht in einer elektrischen Leitung, ein Kontinuum bilden, sodass wir quantenmechanische Effekte auf die Eigenschaften des Drahtes getrost vernachlässigen dürfen. Dies ändert sich jedoch, wenn

wir einen

Nanokristall betrachten, einen kleinen

Atomcluster mit Abmessungen im Nanometerbereich. nun zeigt uns Gl. (9-6), dass die elektronischen Energien gequantelt sind und dass die Abstände zwischen den Energieniveaus

immer

größer werden,

je kleiner der Cluster wird.

Dieser

Quanteneffekt kann in „Kästen“ jeder Form beobachtet werden. Beispielsweise können Sie in Aufgabe 9.39 zeigen, dass die Energieniveaus eine Elektrons, das in einer Kugel mit Radius R eingeschlossen ist, durch E, J

n?h?

(9-57)

8m,R?

gegeben sind. Die Quantisierung der Energie in Nanokristallen hat beispielsweise bei Halbleitern, deren elektrische Leitfähigkeit mit steigender Temperatur oder bei Bestrahlung mit Licht (siehe Kapitel 20) zunimmt, große technologische Auswirkungen. Die Übertragung von Energie auf einen Halbleiter vergrößert die Beweglichkeit der Elektronen im Material. Allerdings bleibt für jedes Elektron, das sich in der Probe an eine andere Stelle bewegt, eine (formal) positive Ladung, ein Loch, zurück. Auch diese „Löcher“ können sich bewegen, sodass wir zur Beschreibung der elektrischen Leitfähigkeit in Halbleitern die Bewegung von Elektron-Loch-Paaren, so genannten Excitonen, in dem Material betrachten müssen.

Die Elektronen und Löcher können als Teilchen im Kasten betrachtet werden, sodass wir aus Gl. (9-6) zumindest qualitative Informationen über die Leitfähigkeit in Halbleitern erhalten können. Wie zuvor schließen wir, dass die Energien der Ladungsträger nur in Nanokristallen gequantelt sind. Im Folgenden wollen wir die Auswirkungen der Quantelung auf die optischen und elektrischen Eigenschaften von halbleitenden Nanokristallen untersuchen. Dreidimensionale Nanokristalle aus halbleitenden Materialien, die etwa 103 bis

10° Atome enthalten können, werden auch als Quantenpunkte bezeichnet. Sie können entweder in Lösung hergestellt werden oder durch Abscheidung der Atome auf einer Oberfläche; dabei hängt die Größe des Nanokristalls von den Einzelheiten der Herstellung ab (siehe z.B. Anwendung 20-2). Um einen quantitativen, wenn auch genäherten Ausdruck für die Energien eines Excitons zu bekom-

men, starten wir mit dem folgenden Hamilton-Operator für einen kugelförmigen Quantenpunkt mit Radius R:

ei N Be a h?

hr

(9:58)

in welchem die ersten beiden Terme die Operatoren der kinetischen Energie von Elektron und Loch (mit den Massen m. und m) sind und der dritte Term die potenzielle Energie der Wechselwirkung zwischen Elektron und Loch beschreibt, die sich an den Orten r, und r, innerhalb der Kugel befinden. Wir berücksichtigen

9.3

Rotation

nur die Coulomb-Anziehung zwischen dem Loch mit der Ladung +e und dem Elektron mit der Ladung -e, daher können wir schreiben (siehe Kapitel9 und Anhang 3 für mehr Informationen)

RER& ER (ron)

Anelr. —r| ’

(9-59)

wobei |r. — rı| der Abstand zwischen Elektron und Loch ist und & die Dielektrizi-

tätskonstante des Materials (wir ignorieren dabei Polarisierungseffekte des Materials aufgrund von Ladungen). Die Schrödinger-Gleichung für diesen Fall zu lösen ist nicht trivial, aber schließlich erhält man folgenden Ausdruck für die Energie E., eines Excitons (für Einzelheiten sei auf die Weiterführende Literatur verwiesen):

re “

UN

8R\m

e

Aa

arus2

m

AneR

Wie erwartet sinkt die Energie des Excitons mit steigendem Radius des Quantenpunkts. Für kleine R ist der zweite Ausdruck auf der rechten Seite viel kleiner als der erste, sodass das Elektron vor allem kinetische Energie besitzt, und der verbleibende Ausdruck ähnelt dem Fall eines Teilchens in einer Kugel. Dieser Ausdruck für E,, hat wichtige Konsequenzen für die optischen Eigenschaften von Quantenpunkten. Erstens sehen wir, dass die Energie, die nötig ist, um bewegliche Ladungsträger und somit elektrische Leitfähigkeit zu erzeugen, von der Größe des Quantenpunkts abhängt. Die elektrischen Eigenschaften von makroskopischen Halbleiterproben können nicht auf diese Weise beeinflusst werden. Zweitens kann ein Exciton in vielen Quantenpunkten, z.B. in den nahezu kugelförmigen Cadmiumselenid-(CdSs)-Nanokristallen, durch Absorption von Licht erzeugt werden. Wir können nun direkt schließen, dass die dafür nötige Wellenlänge mit steigendem Radius des Quantenpunkts zunehmen wird. Durch Änderung der Größe der Quantenpunkte können wir also die Farbe des Materials verändern. Dieses Verhalten kann man in Suspensionen von CdSe-Quantenpunkten unterschiedlicher Größe in der Tat beobachten. Da Quantenpunkte Halbleiter mit einstellbaren elektrischen Eigenschaften sind, ist es nicht schwer, sich Anwendungen dieser Materialien bei der Herstellung von Transistoren vorzustellen. Aber auch die besonderen optischen Eigenschaften von Quantenpunkten können genutzt werden. So wie zur Erzeugung eines Elektron-Loch-Paares Licht einer bestimmten Wellenlänge benötigt wird, ergibt umgekehrt die Rekombination eines solchen Paares Licht derselben Wellenlänge. Diese Tatsache wird z.B. ausgenutzt, um biologische Zellen bei der Arbeit zu beobachten. Hierzu werden CdSe-Quantenpunkte durch organische Moleküle als Abstandshalter an ihrer Oberfläche modifiziert. Wenn nun das andere Ende dieses Abstandshalters mit einem Protein, einer Nukleinsäure oder einer Membran einer Zelle reagiert, dann ist diese Zelle fest mit einem Licht emittierenden Quantenpunkt markiert. Die räumliche Verteilung der Lichtintensität und somit des markierten Moleküls kann dann mit einem Mikroskop verfolgt werden. Zwar wurde diese Technik auch mit organischen Molekülen als Markern schon ausgiebig eingesetzt, aber Quantenpunkte sind stabiler und emittieren mehr Licht.

9.3.3

Der Spin

Stern und Gerlach beobachteten in ihrem Experiment zwei Banden von Silberato-

men. Das scheint der Quantenmechanik zunächst zu widersprechen. Da ein Drehimpuls I zu 2l+ 1 Orientierungen im Raum führt, ist die Zahl von zwei unterschiedlichen Orientierungen nur möglich, wenn I gleich 5 ist, im Widerspruch zu der Voraussetzung, dass | eine ganze Zahl sein soll. Dieser Widerspruch wurde durch den Vorschlag gelöst, dass Stern und Gerlach in ihrem Experiment keinen Bahndrehimpuls eines Elektrons beobachteten (der durch die Bahnbewegung eines Elektrons um den Atomkern entsteht), sondern einen Drehimpuls, der durch Rota-

351

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

352

m.=-+

Abb. 9-41 Eiri Elektronenspin (s=+) kann nur zwei Orientierungen bezüglich einer festgelegten Achse einnehmen. Für ein

a-Elektron (oben) gilt m, = +}, für ein ß-Elektron (unten) ist m, = —!. Der Vektor, der den Spindrehimpuls darstellt, schließt einen Winkel von 55° mit der z-Achse ein (genauer: der halbe Öffnungswinkel der Kegel ist arccos(1/v3)).

Dieser innere Drehimpuls tion eines Elektrons um seine eigene Achse entsteht. für die Existenz des Spins ng eines Elektrons wird als Spin bezeichnet. Eine Erkläru speziellen Relativitätskonnte erst Dirac geben, als er die Quantenmechanik mit der theorie zur relativistischen Quantenmechanik kombinierte. im Raum um die Die Spinwellenfunktion eines Elektrons, das an einem Punkt die eines Teilals erfüllen eigene Achse rotiert, muss andere Randbedingungen des Spindrehzahl Quanten chens, das um ein Zentrum rotiert, daher unterliegt die den SpinUm es. himpuls impulses anderen Beschränkungen als. die des Bahndre vereiden, untersch zu drehimpuls von dem bisher behandelten Bahndrehimpuls eine s auch ist l wie |; von wenden wir in diesem Fall die Spinquantenzahl s (anstelle on nicht negative Zahl) und die magnetische Spinquantenzahl m, (für die Projekti

von s auf die z-Achse). Der Betrag des Spindrehimpulses ist {s(s+ 1)}Rh, und seine Projektion m,h ist auf die 25 + 1 Werte MI

1,8=

(9-61)

s0s;5 =$

beschränkt. Die genaue Behandlung des Spins ist recht kompliziert (man benötigt dazu die spezielle Relativitätstheorie). Sie zeigt, dass das einfache Bild einer Rotation des Teilchens um sich selbst nicht korrekt ist. Vorsichtig eingesetzt kann es jedoch durchaus nützlich sein. Man findet, dass für ein Elektron nur ein Wert für s erlaubt ist, s= 1, entsprechend einem Drehimpuls von ;v3 h = 0.866h. Dieser Spindrehimpuls ist eine charakteristische Eigenschaft von Elektronen, ähnlich wie ihre Ruhemasse oder ihre Ladung; jedes Elektron besitzt exakt den gleichen Wert. Der Elektronenspin kann in 2s + 1 = 2 unterschiedliche Richtungen zeigen (Abb. 9-41). Eine Orientierung entspricht m, = +; (dieser Zustand wird oft durch a oder | bezeichnet), die andere m, = — (als ß oder | abgekürzt). Damit können wir nun das Stern-Gerlach-Experiment erklären. Wir müssen dazu nur annehmen, dass jedes Silberatom einen Drehimpuls aufgrund eines einzelnen Elektrons besitzt. Die beiden beobachteten Banden entsprechen dann den beiden möglichen Orientierungen des Elektronenspins. Warum sich die Atome so verhalten, werden wir in Kapitel 10 erkennen (es ist jedoch vermutlich schon aus den einführenden Chemievorlesungen bekannt, dass das Silberatom die Grundzustandskonfiguration [Kr]4d'’5s! und somit ein einzelnes ungepaartes Elektron außerhalb einer geschlossenen Schale besitzt). Ebenso wie das Elektron besitzen auch andere Elementarteilchen einen charakteristischen Spin. So sind z.B. Protonen und Neutronen Spin--Teilchen (d.h. s= }) und besitzen stets einen Spindrehimpuls von 3/3 h = 0.866h. Da die Masse von Protonen und Neutronen viel größer ist als die Masse des Elektrons, sie aber den gleichen Spindrehimpuls besitzen, wäre die klassische Schlussfolgerung, dass sie sehr viel langsamer rotieren als das Elektron. Manche Elementarteilchen besitzen auch

einen

Spin von

1, also einen

Spindrehimpuls

von

V2h=

1.414h.

Zum

Beispiel sind einige Mesonen oder auch manche Atomkerne Spin-1-Teilchen. Für uns ist das mit Abstand wichtigste Spin-1-Teilchen das Photon. Aus der Diskussion in diesem

Kapitel wissen wir bereits, dass das Photon

keine

Ruhemasse,

keine

Ladung, eine Energie hv, einen Impuls h/A oder hv/c und einen intrinsischen Dreh-

impuls von Y2h besitzt und dass es sich mit der Geschwindigkeit c fortbewegt. Die Auswirkungen des Photonenspins werden wir im nächsten Kapitel kennen

lernen. Teilchen mit halbzahligem Spin werden als Fermionen bezeichnet, solche mit ganzzahligem Spin (einschließlich 0) als Bosonen. Elektronen und Protonen sind

somit Fermionen, Photonen sind Bosonen. Es ist eine fundamentale Eigenschaft

der Natur, dass alle Elementarteilchen, die Bausteine der Materie sind, Fermionen

sind, während Bosonen die Kräfte zwischen den Fermionen vermitteln. So sind beispielsweise Photonen die Träger der elektromagnetischen Wechselwirkung, die für Kräfte zwischen geladenen Teilchen verantwortlich ist. Materie ist also eine Anhäu-

9.4 Näherundsverfahren Tabelle 9.4 Drehimpuls-Quantenzahlen Quantenzahl Symbol Wertebereich" a

festgelegte Größe

Bahn

l

On

magnetische

m,

le ee —|

Projektion auf z-Achse: mh

Spin

s

n

Betrag: {s(s+ 1)}" Rh

magnetische Spin

m,

+3

Projektion auf z-Achse: m,h

Gesamt

J

I+s1+s-1,..., 1 = s]

Betrag: {j(j+ 1)} Rh

magnetische Gesamt

m,

I

Projektion auf z-Achse: m;h

liessr —]

Betrag: {1(1 + 1)}"Rh

Die Kombination zweier Drehimpulse ergibt sich aus der Clebsch-Gordan-Reihe:

en] Die Drehimpulsquantenzahlen von Vielelektronensystemen werden mit Großbuchstaben bezeichnet (L,M7, S, Ms usw.). Die Quantenzahlen für die Beträge von Drehimpulsen (I, 5,)usw.) sind nie negativ.

fung von Fermionen, die durch von Bosonen vermittelte Kräfte zusammengehalten werden. Die Eigenschaften des Drehimpulses, die wir in diesem Abschnitt kennen gelernt haben, sind in Tabelle 9-4 noch einmal zusammengefasst. Wir verwenden die Quantenzahlen I und m, stets für Bahndrehimpulse (Rotation im Raum) und die Quantenzahlen s und m, für Spindrehimpulse (intrinsische Drehimpulse). Die Bezeichnungen j und m, stehen ganz allgemein für Drehimpulse (oder in bestimmtem Zusammenhang auch für eine Kombination von Spin- und Bahndrehimpulsen, siehe Kapitel 10).

9.4

|

Näherungsverfahren

Alle bisher besprochenen Anwendungen waren exakt lösbar. Viele andere Probleme — darunter praktisch alle Anwendungen in der Chemie - besitzen aber keine exakten Lösungen. Um diese Fälle behandeln zu können, benötigen wir Näherungsmethoden. Hierzu gibt es zwei grundsätzliche Ansätze, die Variationsrechnung und die Störungstheorie. Das Hauptanwendungsgebiet der Variationsrechnung liegt in der Molekülorbitaltheorie, daher wollen wir sie dort besprechen (in Kapitel 11). Hier wollen wir uns mit der Störungstheorie befassen.

9.4.1

Zeitunabhängige Störungstheorie

In der Störungstheorie nehmen wir an, dass der Hamilton-Operator H des interessierenden Systems als Summe aus einem einfachen Hamilton-Operator AH mit bekannten Eigenfunktionen und Eigenwerten und einem Störterm H' geschrieben werden kann, der angibt, wie sehr der wahre Hamilton-Operator von dem ModellHamilton-Operator abweicht: H —

H® ae H®V

.

(9-62)

In der zeitunabhängigen Störungstheorie ist diese Störung dauernd anwesend und unveränderlich. Beispielsweise könnte es sich dabei um eine Senke im Potenzial eines Teilchens in einem Kasten irgendwo im Bereich des Kastens handeln.

353

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

354

wir an, dass die wahre Energie In der zeitunabhängigen Störungstheorie nehmen unterscheidet und dass wir des Systems sich von der Energie des Modellsystems schreiben können

(9-63)

a

Di Be

und proportional zu wobei EU) der „Korrekturterm erster Ordnung“ zur Energie und proportional zu g“ Ordnun H0) ist, während E' der „Korrekturterm zweiter von der wahren Welsich heidet untersc A x HU) ist usw. Auch die Wellenfunktion lenfunktion des Systems, und wir schreiben sie als 7 =

vu” Sr v

(9-64)

AL vw” te FR

nktion, In der Praxis benötigen wir nur die „Korrektur erster Ordnung“ zur Wellenfu und also u". Wie wir in den Zusatzinformation 9-2 zeigen, sind die Beiträge erster und ı, nktion zweiter Ordnung zur Energie des Grundzustandes (mit der Wellenfu der Energie Ey)

(9-65a)

de bin

1 = |u a und

a-i2 - (0)& Era) no) ifvr HWW, dr]

2 Ei

-

= n#0

ED = 0

E09) n

H»n0 | 2 nz#0

E% {0}

=

EO

3

(9 65b)

n

wobei wir das Matrixelement

om

grofßger Effekt

kleiner

Effekt

kein

(a)

Effekt

N

()

_ gestörte N“ Wellenfunktion

en

Abb. 9-42 (a) Die Korrektur erster Ordnung zur Energie ist ein Mittelwert der

Störung (durch die kleinen Gewichte dargestellt) über die ungestörte Wellenfunktion. (b) Die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie ist ein ähnlicher Mittelwert,

aber nun über die von der Störung hervorgerufene Verzerrung.

=

v, Q Vin dr |

(9-65)

in einer für häufig verwendete Integrale praktischen Kurzschreibweise eingeführt haben. Wie üblich ist es wichtig, diese Gleichungen auch physikalisch deuten zu können. E") können wir als den Mittelwert der Störung interpretieren, der mit der ungestörten Wellenfunktion berechnet wird. Eine geeignete Analogie wäre hier die Energieverschiebung der Schwingung einer Violinsaite, an der über ihre Länge verteilt einige kleine Gewichte hängen. Gewichte in der Nähe der Knoten haben nur wenig Einfluss auf die Schwingungsenergie; Gewichte in der Nähe der Schwingungsbäuche beeinflussen die Schwingung dagegen sehr stark (Abb. 9-42a). Die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie ist ein ähnlicher Mittelwert, aber nun berechnet mit den gestörten Wellenfunktionen. In dem Beispiel mit der Violine hieße das, der Mittelwert wird nun mit der verzerrten Form der Saite berechnet, in der die Knoten und Bäuche ein wenig verschoben sind (Abb. 9-42b). Drei Eigenschaften von Gl. (9-65b) wollen wir hervorheben: 1. Da stets E() > Ey gilt, sind alle Terme im Nenner negativ, und da die Zähler alle positiv sind, ist die Korrektur zweiter Ordnung immer negativ; die Energie des Grundzustandes wird also abgesenkt. 2. Die Störung erscheint (zum Quadrat) im Zähler; je größer also die Störung ist, desto stärker wird die Energie des Grundzustandes abgesenkt.

9.4 Näherungsverfahren

355

3. Wenn die Energieniveaus eines Systems weit auseinander liegen, so sind alle Nenner groß und die Summe wird vermutlich eher klein; die Störung hat dann also verhältnismäßig wenig Einfluss auf die Energie des Systems, das System reagiert träge

auf die Störung. Wenn die Energieniveaus des Systems eng beieinander liegen, gilt genau das Gegenteil.

Beispiel 9-5 Eine Anwendung der Störungstheorie Wie lautet die Korrektur erster Ordnung zur Energie eines Teilchens im Kasten mit einem Potenzial der Form V = - sin (nx/L) wie in Abb. 9-43 gezeigt?

... ya

Vorgehen Wir bestimmen zunächst den Stör-Hamilton-Operator erster Ordnung und berechnen Ey, aus Gl. (9-65a). Wir erwarten eine Absenkung der Energie, da die mittlere potenzielle Energie des Teilchens in dem gestörten Kasten geringer ist.

Antwort

Der Stör-Hamilton-Operator lautet ..

.

|

HV= -gsin(nx/L). SuM

AL/3n EN)

)

dx

DE; Mi

ZWEIEN

!

u

nn

TTX m dx

|

.

L

x

Abb. 9-43 Die potenzielle Energie eines

ne

n 70) h YıHyı 1u)N

>

0

Die Korrektur erster Ordnung zur Energie ist daher i

3

En) Bee

Teilchens in einem Kasten mit einem

8E 310 1

Potenzial —& sin (nx/L). Es ist zu erwarten dass das Teilchen sich nun mehr in der Mitte des Kastens aufhält (zumindest im

EDER

|

Die Energie wird durch die Störung abgesenkt, wie aus der in Abb. 9-43 gezeigten Form zu erwarten war.

Grundzustand) als im potenzialfreien Kasten.

Übung 9-9 Nehmen Sie an, dass nur y, zur Verzerrung der Wellenfunktion beiträgt und berechnen sie den Koeffizienten c, und die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie mithilfe von Gl. (9-69b) und Gl. (9-76) aus Zusatzinformation 9.2.

[c; = -8e?mI?/15rnh?, E, = -64emL?/225n?h?

9.4.2

Zeitabhängige Störungstheorie

In der zeitabhängigen Störungstheorie wir die Störung entweder zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeschaltet und steigt dann auf ihren Endwert an oder sie variiert überhaupt zeitlich. Viele der in der Chemie anzutreffenden Störungen sind zeitabhängig. Die wichtigste ist wohl das zeitlich oszillierende elektromagnetische Feld, das für spektroskopische Übergänge zwischen quantisierten Energieniveaus in Atomen und Molekülen verantwortlich ist. Klassisch muss ein Molekül zumindest zeitweise einen mit einer Frequenz v oszillierenden Dipol enthalten, damit es mit elektromagnetischer Strahlung dieser Frequenz wechselwirken und ein entsprechendes Photon absorbieren oder emittieren kann. Wir wollen nun das quantenmechanische Bild dazu entwickeln. Dazu schreiben wir zunächst den Hamilton-Operator des Systems als

H=H9+H"(),

(9-66) Kommentar 9-3

wobei H®(t) die zeitabhängige Störung beschreibt. Da die Störung aus der Wechselwirkung eines oszillierenden elektrischen Feldes mit einem elektrischen Dipolmoment entsteht, schreiben wir

H"(t) = -u,Ecosot ,

(9-67)

Ein elektrischer

Dipol besteht aus zwei Ladungen +q und -qim Abstand R voneinander. Der Vektor u des elektrischen Dipolmoments hat den Betrag WL=GR.

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

356

ude bedeutet. Wir nehmen an, wobei » die Frequenz des Feldes und E seine Amplit t und dann plötzlich dass die Störung bis zum Zeitpunkt t=0 nicht existier | ah beginnt. eines ng Besetzu der In Zusatzinformation 9-2 zeigen wir, dass die Änderung wei, proportional Zustands ı, aufgrund von Übergängen aus einem Zustand Y%,, diesen beiden n zum Betragsquadrat des Matrixelements der Störung zwische Zuständen ist:

&

(9-68)

2

(1)

We_;

[#8

Da in unserem Fall die Störung die Wechselwirkung des elektromagnetischen Feldes mit dem Molekül (Gl. (9-67) ist, schließen wir, dass Wr; & |Hzri

29

(9-69)

sein muss. Folglich ist die Übergangshäufigkeit und somit die Absorption der einfallenden Strahlung proportional zum Quadrat des Übergangsdipolmoments,

Ha

Veu, v; dr

ö

22

Das Übergangsdipolmoment kann als Maß, für die Ladungsumverteilung im Verlauf des Übergangs betrachtet werden. Die Übergangshäufigkeit ist auch proportional zu €’, also zur Intensität der einfallenden Strahlung (da die Intensität proportional zu €? ist, siehe Anhang 3). Dieses Ergebnis wird die Grundlage der meisten unserer folgenden Diskussionen über Spektroskopie in den Kapiteln 10 und 13 bis 15 sowie der Kinetik des Elektronentransfers in Kapitel 24 sein.

Das Wichtigste auf einen Blick Ik Die Wellenfunktion eines freien Teilchens ist bi, = Ace + Berik, E, = k?hi? /2m. =

. Die Wellenfunktionen und Energien eines Teilchens in einem eindimensionalen Kasten der Länge L sind (x) = (2/L)"” sin (nnx/L) bzw. E, = n?h?/83mLl? mitn=1,2.,.... Die Nullpunktsenergie, die niedrigste möglichste Energie, ist Ei nz. sm

. Das Korrespondenzprinzip besagt, dass klassisches Verhalten in der Quantenmechanik bei hohen Quantenzahlen auftritt.

. Zwei Funktionen ı, und ı,, sind orthogonal, wenn |,W,, dr = Ogilt. Alle Wellenfunktionen eines Systems zu unterschiedlichen Eigenwerten sind orthogonal. Funktionen werden als orthonormal bezeichnet, wenn sie sowohl orthogonal als auch normiert sind. . Die Wellenfunktionen und Energien eines Teilchens in einem zweidimensionalen Kasten sind durch Gl. (9-12a) gegeben.

. Entartete Wellenfunktionen sind verschieden, ergeben aber dieselbe Energie. . Unter Tunneln versteht man das Eindringen in oder durch klassisch verbotene Bereiche. Die Tunnelwahrscheinlichkeit

ist durch Gl. (9-20a) gegeben.

8. Eine harmonische Schwingung ist die Schwingung unter dem Einfluss einer Rückstellkraft, die proportional zur Aus-

lenkung ist, F = —kx, wobei k die Kraftkonstante ist. Das

Potenzial hat folglich die Form V=!kx?. . Die Wellenfunktionen und Energien eines quantenmechanischen harmonischen Oszillators sind durch Gl. (9-28) bzw. Gl. (9-25) gegeben. . Das Virialtheorem besagt, dass die mittlere potenzielle und die mittlere kinetische Energie eines Teilchens in einem Potenzial der Form V = ax? durch 2(E,.) = b(V) zusammenhängen.

. Der Drehimpuls ist das Analogon des Impulses für Drehbewegungen.

. Die Wellenfunktionen und Energien eines Teilchens auf einem Ring sind y,, (d) = (1/2r)" "em und E = m?h? /2l, ar undimn = Oele mil 12: Die Wellenfunktionen eines Teilchens auf einer Kugeloberflä-

che sind die Kugelflächenfunktionen Y,(0, &) (Tabelle 9-3). Die Energien sind E = I(l+ 1)? /2l mitI=0,1.2....

14. Für ein Teilchen auf einer Kugeloberfläche ist der Betrag des

Drehimpulses {I(I + 1)}" "A und die z-Komponente des Drehimpulses ist m hmitm, = I,1-1,.... -|.

Zusatzinformationen

15. Die Richtungsquantelung bezeichnet die Einschränkun g der Komponente des Drehimpulses bezüglich einer bestimmten Achse auf diskrete Werte. 16. Der Spin ist eine intrinsische Eigenschaft eines Elementar-

teilchens. Ein Fermion ist ein Teilchen mit einer halbzahligen Spinquantenzahl; ein Boson ist ein Teilchen mit einer ganzzahligen Spinquantenzahl.

17. Die Spinquantenzahl eines Elektrons ist s — ! 18. Die magnetische Spinquantenzahl nimmt die Werte Mes; s—1,...,-san; für ein Elektron istm, = +1!oderm, = 1,

19. Die Störungstheorie ist eine Methode, um Näherungslösungen der Schrödinger-Gleichung zu berechnen. Hierbei wird

357

der Hamilton-Operator des Systems als Summe von einfacheren Hamilton-Operatoren geschrieben. 20. In der zeitunabhängigen Störungstheorie ist die Störung stets existent und zeitlich nicht veränderlich. Die Korrekturen zur Energie in erster und zweiter Ordnung sind durch Gl. (9-65) gegeben. In der zeitabhängigen Störungstheorie beginnt die Störung entweder erst zu einem bestimmten Zeitpunkt oder sie variiert zeitlich.

21. Die Änderung der Besetzung eines Zustands ı), aufgrund von Übergängen aus einem Zustand ı, ist wi, & Be

wobei u,, = | bru,b, dr das Übergangsdipolmoment ist.

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

P. W. Atkins, Quanten: Begriffe und Konzepte für Chemiker. VCH, Weinheim 1993.

P. W. Atkins, R. S. Friedman, Molecular Quantum Mechanics. Oxford University Press, Oxford 2005. A. W. Davydow, Quantenmechanik. Barth, Leipzig 1992.

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, Vorlesungen über Physik. Ill: Quantenmechanik. Oldenbourg, München 1988. S. Gasiorowicz, Quantenphysik. Oldenbourg, München 1977. H. J. Glaeske, J. Reinhold, P. Volkmer, Quantenchemie — Ausgewählte mathematische Methoden der Chemie. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1987. H. Goldstein, Klassische Mechanik. Wiley-VCH, Weinheim, 2006.

M. W. Hannah, Quantenmechanik in der Chemie. Steinkopff, Darmstadt 1976. C. S. Johnson, Jr., L. G. Pedersen, Problems and Solutions in Quantum Chemistry and Physics. Dover, New York 1986.

C. Kittel, W. D. Knight, M. Ruderman, A. C. Helmholz, B. ]. Moyer, Mechanik. Vieweg, Wiesbaden 1991. W. Kutzelnigg, Einführung in die theoretische Chemie, Bd. 1: Ouantenmechanische Grundlagen. VCH, Weinheim 1992.

W. Kutzelnigg, Einführung in die theoretische Chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2002.

A. R. Leach, Molecular modelling: principles and applications, Longman, Harlow 1996. I. N. Levine, Quantum Chemistry. Prentice-Hall, Upper Saddle River 2000. H. Margenau, G. M. Murphy, Die Mathematik für Physik und Chemie. Harri Deutsch, Frankfurt 1965.

D. A. McQuarrie, Mathematical Methods for Scientists and Engineers. University Science Books, Mill Valley 2003. H. Mitter, Quantentheorie. B.\. Wissenschaftsverlag, Mannheim 1987.

J J. €. Mulder, „Closed-form spherical harmonics: explicit polynomial expressions for the associated Legendre functions“. J. Chem. Educ. 77, 244 (2000). L. Pauling, E. B. Wilson, Introduction to quantum mechanics with

Applications to Chemistry. Dover, New York 1985. H. Primas, U. Müller-Herold, Elementare Quantenchemie. Teub-

ner, Stuttgart 1990.

). Reinhold, Quantentheorie der Moleküle. Teubner, Stuttgart 1993. H. G. Zachmann, Mathematik für Chemiker. VCH, Weinheim 1994.

Zusatzinformationen

Zusatzinformation 9-1: Dirac-Notation Das Integral aus Gl. (9-9) wird oft in der Form

na =04

mit

n#n

geschrieben. Diese Dirac-Notation ist wesentlich kürzer als die ausführliche Schreibweise für das Integral. Außerdem führt sie die Ausdrücke „bra“ und „ket“ in die Sprache der Quantenme-

chanik ein. Ein bra (n| entspricht ı,, während ein ket |n’) der Wellenfunktion ı,, entspricht. Wenn ein bra und ein ket wie oben gezeigt zu einem Bracket (n|n') zusammengefügt werden, so versteht man darunter die angegebene Integration über den gesam-

ten Raum. Damit lautet die Normierungsbedingung aus Gl. (8-17c) einfach

all: Diese beiden Beziehungen können zu einer einzigen kombiniert werden:

kann)

9:

(9-71)

Das Kronecker-Delta ö,, ist O fürn#n’ und 1 fürn = n'.

Integrale der Form | ,Qı,, dt, die üblicherweise als „Matrixelemente“ bezeichnet werden und die wir erstmals im Kontext der

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

358

Störungstheorie (Abschnitt 9.4.1) kennengelernt hatten, werden in der Bracket-Schreibweise folgendermaßen ausgedrückt:

(n\Qlnm) =

|w,Qy„dr.

(9-72)

Der Operator steht hierbei zwischen dem „bra“ und dem „ket“

wie das „c“ in dem Wort (bralc|ket). Ein vollständiges „Bracket“ impliziert immer eine Integration über den gesamten Raum. In dieser Notation lautet ein Erwartungswert

(9-73)

(2) = (nlQln),

wobei das bra und das ket demselben Zustand entsprechen (mit der Quantenzahl n und der Wellenfunktion ı,). Ein Operator ist hermitesch (Gl. (8-30)), wenn gilt

(nlölm) =(mlüln)" .

schreiben, ist die Schrödinger-Gleichung für den Grundzustand des ungestörten Systems, von der wir voraussetzen, dass wir sie lösen können (es könnte sich z. B. um die Gleichung für den

Grundzustand eines Teilchens im Kasten handeln, deren Lösungen in Gl. (9-7) angegeben sind). Die nächste Gleichung schreiben wir jetzt als (1), Hy

O4)

Wi +E

(1),

,,(0)

VW

-

rektur erster Ordnung zur Wellenfunktion als Linearkombination der Wellenfunktionen des ungestörten Systems schreiben können, also 1 een

(9-75)

0

n

B

Zeitunabhängige Störungstheorie

Um Ausdrücke für die Korrekturen zu Wellenfunktion und Energie eines Systems unter dem Einfluss einer zeitlich konstanten Störung herzuleiten, schreiben wir zunächst

(0)

EIN,

BD

I

\

(0)

ne

(0)

=

)

n

C„Eo

| vyD

,,(0)

Yo

a

de =6hr

d.h. das Integral ist gleich 1 für n = O und gleich 0 für alle anderen Fälle. Nun multiplizieren wir alle Terme mit u und integrieren über den gesamten Raum. Damit bekommen wir Ei für n=0, sonst 0

wobei der Exponent von 4 die Ordnung der Korrektur angibt. Analog schreiben wir auch

Fi= MO 4 200

1 fürn=0, sonst O u

Da

LTIEIL..

(1)

Sr E,

Den Term in E}'' können wir abtrennen, indem wir die Tatsache verwenden, dass die ı‘" ein vollständiges orthonormiertes System bilden, d.h.

N

| wi jaap) yo) dr+ De | wi

und

,,(0)

v

n

u

Be

E= EN LIE

=E

Diesen Ansatz setzen wir ein und erhalten

Hier wollen wir die Störungstheorie noch einmal genauer behande!n. Zuerst entwickeln wir die zeitunabhängige Störungstheorie, in welcher die Störung eines Systems zeitlich konstant bleibt. Danach widmen wir uns der zeitabhängigen Störungstheorie, mit der wir Fälle beschreiben können, in denen die Störung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt und das System sich dann entwickelt.

Er

(0),,0)—

+H"y

Um diese Gleichufig zu lösen, nehmen wir an, dass wir die Kor-

(9-74)

Zusatzinformation 9-2: Störungstheorie

Va

,,(0)

—n

H®% y

de

1





[vevo dr HE |Ida

,

Folglich ist

Wenn wir diese Ausdrücke in die Schrödinger-Gleichung 0)* Hy Va

Hıh = Ey einsetzen, erhalten wir (HP

(ED

+IAP)y®

+HIEN

+

+ Ay"

ED

+...)

u”

AR

9 +1,"

+ A((AMy

a8 Hy)

+2

(Hy)

1 Ei.

ask

Um die Koeffizienten c, zu finden, multiplizieren wir denselben O)*

ei

a Hy)

er

(E@yM

a EI

AL EOyM})

re,

Wenn wir die Koeffizienten zu gleichen Potenzen von ) vergleichen, erhalten wir

Terme in 2°: 1 Terme in; A': Terme in 2°:

Hy) = Ey) (1 R (0) 1 = Ey + EMO HUT + HN (0) ‚/,(2) 0),,0) 1 Hy + Hy = 2) EAN(0) + END + E03

und so weiter.

So weit sind die abgeleiteten Gleichung auf beliebige Zustände des Systems anwendbar. Von jetzt an wollen wir uns jedoch auf den Grundzustand ı, mit der Energie E, konzentrieren. Die erste Gleichung, die wir jetzt als (0), (0)=. _ (0), N,

En m.)

| VD

vu de+ > | a

vu dr =

1 fürn=k, sonst 0

ne

0

N

WU ar Heuer

(0)

n

m

(0)+

, (0

s

1)

j

0)x

«

Also ist (O)* KH"

(0)

deteE =oEN,

woraus wir durch einfache Umstellung 0 vi(0) Hlle.de ck =

=

( Be k

(0) 0

4

Ausdruck mit ı), ", wobei wir verlangen, dass k#£0 sein soll. Daraus erhalten wir

Tr = EN IHAEND HEN) ER x

i

genau wie in Gl. (9-65) angegeben.

+ 22,9

Diesen Ausdruck können wir umschreiben zu Hy

0 de=

erhalten.

9-76 (9-76)

Zusatzinformationen

359

Die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie erhalten wir aus dem

Ausdruck zweiter Ordnung, der für den Grundzustand (0) ,,(2) ,.(1),,0) BZ

(2)

34

,,(0) nad EUER W+E

(0) , (2)

Eh er! lautet. Um den Term E}”(2) abzutrennen, multiplizieren wir mit (0) integrieren ; 3 Yo, über den gesamten Raum und erhalten eo |VO)

dr

Tage N ve HA vn dr+

ve Jana) vw) dr u

j E,23 |[ Wo 3 ud) de HE | un

j

de+ EN) | Wo) dr

Zeit, t

0

il

Der erste und der letzte Term heben sich auf, sodass wir schließlich bekommen Be =

(0)# 1) Wear

(1)

einen konstanten Wert ansteigt. Wir schreiben dazu die Störung in der Form

(0)* ,,(1) deE,0) [vi das

Da wir die Korrekturen erster Ordnung zur Energie und zur Wellenfunktion bereits berechnet haben, könnten wir diesen Aus-

druck als explizite Formel für die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie stehen lassen. Wir können aber auch noch einen Schritt weiter gehen und Gl. (9-75) einsetzen: On

Abb. 9-44 Die Zeitabhängigkeit einer langsam eintretenden Störung. Ein grofser Wert von r entspricht einem sehr langsamen Eintreten der Störung.

He)

en Zu

t le

Öon

Zr) ) c|vi(0)* Ma n

2



(0)

|('= er) e'®not dt

0 (0)* CHE,(1) vi v,(0) dt

dr-)

5

n

(0)

) Enlahr — Con

0)

1

ü

=

Der letzte Term hebt den Term c,H in der Summe auf und wir erhalten Ei

ml

in

n

a)

er)

und setzen eine große Zeitkonstante r voraus (Abb. 9-44). Wenn wir diesen Ausdruck in Gl. (9-78b) einsetzen, erhalten wir

N Ale Er

x

a)

) las: nz0

Wenn wir jetzt noch den Ausdruck für c, aus Gl. (9-76) einsetzen, gelangen wir zu Gl. (9-65b).

Br



0,0

I

—1/r)

Jetzt verwenden wir die Tatsache, dass die Störung nur langsam einsetzen soll, dass also 7 > 1/,, ist (sodass wir den Term 1/7 im zweiten Nenner vernachlässigen können). Wir nehmen weiter an, dass wir nur an den Koeffizienten interessiert sind, die sich

eingestellt haben, wenn die Störung schon lange ihren Endwert angenommen hat, wenn also t > r gilt (sodass der Exponentialterm im zweiten Zähler annähernd null ist und vernachlässigt werden kann). Unter diesen Voraussetzungen ist (0)

®

Zeitabhängige Störungstheorie

c„(t)

Um eine gestörte Wellenfunktion zu beschreiben, die sich zeitlich

ändert, müssen wir die zeitabhängige Schrödinger-Gleichung lösen,

h E32

(9-77)

ar

Wir werden im Folgenden zeigen, dass wir die Korrektur erster Ordnung zur Wellenfunktion als

=

BAU

AU = Wa

ezien(0) sn

(9-78)

schreiben können und dass die Koeffizienten c,(t) in dieser Entwicklung durch

en) = |HR ee*ee

(9-78b)

{) gegeben sind. Der formale Beweis von Gl. (9-78) ist recht umfangreich (siehe Weiterführende Literatur). Hier wollen wir nur zeigen, dass GI. (9-78b) auf denselben Ausdruck für die Koeffizienten wie in der zeitunabhängigen Störungstheorie folgt, sofern wir uns auf eine Störung beschränken, die nur sehr langsam von null auf

e

IOyot

x

[0}

Q

Nun setzen wir ho, = EI) — E, ' ein und erhalten

c„(t) = oYy nn =:

H,o

ho,o



0)

As

e

Ale

ED _ El(0)

e

— Et 0)

(0)

Wenn wir diesen Ausdruck in Gl. (9-78a) einsetzen, so erhalten

wir (bis auf einen irrelevanten Phasenfaktor) gerade Gl. (9-76) aus der zeitunabhängigen Störungstheorie.

Nach den bekannten Regeln für die Interpretation von Wellenfunktionen ist die Wahrscheinlichkeit, das System im Zustand n anzu-

treffen, proportional zum Betragsquadrat Ic,(t)|” des zugehörigen Koeffizienten. Daher ist die Änderung der Besetzung eines Zustandes ı, durch Übergänge aus einem Zustand y, gleich We

=

da)? dt



deg dt



%

dein. 4206, ar C dt dt

Da die Koeffizienten proportional zu den Matrixelementen der Störung sind, ist w.._, proportional zum Betragsquadrat des Matrixelements der Störung zwischen den beiden beteiligten Zuständen:

_ |1,0) wi; & IH!

2

also genau Gl. (9-68).

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

360

Diskussionsfragen 9.] Was ist die physikalische Ursache für die Quantisierung der Energie eines Teilchens in einem eindimensionalen Kasten oder auf einem Ring?

zessen wichtiger als bei Gruppentransferreaktionen wie AB +

CA + BC (wobei A, B und C größere molekulare Gruppen bedeuten)?

9.2 Diskutieren Sie das Korrespondenzprinzip und geben Sie zwei Beispiele.

9.5 Was ist der Unterschied zwischen einem Fermion und einem

9.3 Definieren Sie die Nullpunktsenergie, begründen Sie ihr Auftreten und geben Sie einige Beispiele.

9.6 Welche Eigenschaften nanometergroßer Objekte treten in makroskopischen Objekten nicht auf?

Boson? Nennen Sie Beispiele für beide Arten von Teilchen. TG

9.4 Was ist die physikalische Ursache des Tunneleffekts? Warum sind Tunneleffekte bei Elektronen- oder Protonentransferpro-

Leichte Aufgaben A9.la

A9.1b

A9.2a

Wie groß sind die Abstände (a) zwischen den Niveaus mit n=2undn= 1 und (b) zwischen den Niveaus mitn = 6 und n = 5 eines Eiektrons in einem Kasten der Länge L= 1.Onm in J, k) mol”, eV und cm '? Wie groß sind die Abstände (a) zwischen den Niveaus mit n=3 und n = 1 und (b) zwischen den Niveaus mitn = 7 und n = 6 eines Elektrons in einem Kasten der Länge L = 1.50 nm in J, k) mol”, eV und cm?

A9.6b

Kasten die Entartung des Niveaus, dessen Energie das

14/3-fache der Grundzustandsenergie beträgt? A9.7a

A9.7b

Ein Stickstoffmolekül sei in einen würfelförmigen Kasten mit einem Volumen von 1.00m? eingeschlossen. Wenn das Molekül bei T = 300K eine Energie von :KT besitzt, welchen Wert hat dannn= (n +? + n?)''?? Wie groß ist der Abstand zwischen den Niveaus n undn + 1? Wie groß ist die de-Broglie-Wellenlänge des Moleküls? Ist eine Beschreibung des Moleküls als klassisches Teilchen angemessen?

A9.8a

Wie groß ist die Nullpunktsenergie eines harmonischen Oszillators, dessen Masse 2.33 x 102° kg und dessen Kraftkonstante von 155 Nm! beträgt?

A9.8b

Wie groß ist die Nullpunktsenergie eines harmonischen Oszillators, dessen Masse 5.16 x 102° kg und dessen Kraftkonstante von 285 Nm ' beträgt?

A9.9a

Für einen harmonischen Oszillator mit einer effektiven Masse von 1.33 x 10°” kg beträgt die Energiedifferenz zwischen aufeinander folgenden Energieniveaus 4.82 z]. Wie groß ist seine Kraftkonstante?

A9.9b

Für einen harmonischen Oszillator mit einer effektiven Masse von 2.88 x 10° kg beträgt die Energiedifferenz zwischen aufeinander folgenden Energieniveaus 3.17 z]. Wie groß ist seine Kraftkonstante?

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen in einem Kasten der Länge L zwischen 0.49L und 0.51L anzutreffen, (a) für den Zustand n = 1 und (b) für n = 2? Nehmen Sie die Wellenfunktion in diesem Intervall als konWie groß ist die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen in einem Kasten der Länge L zwischen 0.651 und 0.67L anzutreffen, (a) für den Zustand n = 1 und (b) für n = 2? Nehmen Sie die Wellenfunktion in diesem Intervall als konstant an.

A9.3a

Berechnen Sie die Erwartungswerte für p und p? für ein Teilchen in einem quadratischen Kasten im Zustand n =].

A9.3b

Berechnen Sie die Erwartungswerte für p und p? für ein Teilchen in einem quadratischen Kasten im Zustand n = 2.

A9.4a

Ein Elektron sei in einem quadratischen Kasten der Kantenlänge L eingeschlossen. Wie groß müsste L sein, damit die Nullpunktsenergie des Elektrons gleich seiner Ruhemasse m.c? ist? Drücken Sie die Antwort mithilfe des Parameters A. = h/m.c aus, der „Compton-Wellenlänge“

des Elektrons. A9.4b

Wiederholen Sie die vorhergehende Aufgabe für ein beliebiges Teilchen der Masse m in einem würfelförmigen Kasten.

A9.5a

Wo liegen die wahrscheinlichsten Aufenthaltsorte für ein Teilchen in einem Kasten der Länge L im Zustand n = 3?

A9.5b

Wo liegen die wahrscheinlichsten Aufenthaltsorte für ein Teilchen in einem Kasten der Länge L im Zustand n = 5?

A9.6a

Wie hoch ist für ein Teilchen in einem würfelförmigen Kasten die Entartung des Niveaus, dessen Energie das Dreifache der Grundzustandsenergie beträgt?

Um wie viel Prozent verschieben sich die Energieniveaus eines Teilchens in einem würfelförmigen Kasten, wenn alle Kanten des Würfels um 10% verkürzt werden?

stant an.

A9.2b

Wie hoch ist für ein Teilchen in einem würfelförmigen

A9.10a Welche Wellenlänge muss ein Photon besitzen, um einen

Übergang zwischen zwei benachbarten Niveaus eines harmonischen Oszillators anregen zu können, dessen effektive Masse die eines Protons (1.0078 u) ist und dessen Kraftkonstante 855 Nm! beträgt? A9.10b Welche Wellenlänge muss ein Photon besitzen, um einen

Übergang zwischen zwei benachbarten Niveaus eines

harmonischen Oszillators anregen zu können, dessen

effektive Masse die eines Sauerstoffatoms (15.9949 u) ist und dessen Kraftkonstante 544 N m! beträgt?

Schwerere Aufgaben

A9.11a Wie verändert sich die Wellenlänge des Photons aus Aufgabe A9.10a, wenn die effektive Masse des Oszillators ver-

doppelt wird?

A9.11b Wie verändert sich die Wellenlänge des Photons aus Aufgabe A9.]0b, wenn die effektive Masse des Oszillators ver-

doppelt wird? A9.12a Wie groß sind die minimalen Anregungsenergien (a) eines Pendels mit einer Länge von 1 m auf der Erdoberfläche und (b) der Unruh in einer mechanischen Uhr

(v=5H2)?

A9.12b Wie groß sind die minimalen Anregungsenergien (a) des 33 kHz-Quarzkristalls einer Quarzuhr und (b) der O-OBindung im O,-Molekül (k = 1177N m")? A9.13a Verifizieren Sie, dass die in Tabelle 9-] angegebene Wellen-

funktion für den Grundzustand eines eindimensionalen harmonischen Oszillators eine Lösung der zugehörigen Schrödinger-Gleichung ist und dass ihre Energie +ho beträgt. A9.13b Verifizieren Sie, dass die in Tabelle 9-] angegebene Wellenfunktion für den ersten angeregten Zustand eines eindimensionalen harmonischen Oszillators eine Lösung der zugehörigen Schrödinger-Gleichung ist und dass ihre

A9.15a Behandeln Sie das °°Cl,-Molekül als harmonischen Oszillator mit einer Kraftkonstante von 329N m! und berechnen Sie seine Nullpunktsschwingungsenergie. Die Masse eines ”°Cl-Atoms beträgt 34.9688 u. A9.15b Behandeln Sie das '*N,-Molekül als harmonischen Oszilla-

tor mit einer Kraftkonstante von 2 293.8N m! und berechnen Sie seine Nullpunktsschwingungsenergie. Die Masse eines ''N-Atoms beträgt 14.0031 u. A9.16a Die Wellenfunktion (d) eines Teilchens auf einem Ring hat die Form ı» = Nel"!?. Bestimmen Sie die Normie-

rungskonstante N. A9.16b Verifizieren Sie, dass die Wellenfunktionen eines Teilchens auf einem Ring für unterschiedliche Werte der Quantenzahl m, zueinander orthogonal sind. A9.17a Eine Punktmasse rotiert mit

I= 1 im Kreis. Bestimmen sie

den Betrag ihres Drehimpulses und dessen mögliche Projektionen auf eine beliebige Achse. A9.17b Eine Punktmasse rotiert mit = 2 im Kreis. Bestimmen sie den Betrag ihres Drehimpulses und dessen mögliche Projektionen auf eine beliebige Achse.

A9.18a Zeichnen Sie mafßstabsgetreue Vektordiagramme für die

Zustände (a)s= 4m, = +3, (b)I=1,m, = +1, (c)

Energie Show beträgt.

I—

A9.14a Wo liegen die Knoten der Wellenfunktion eines harmonischen Oszillators mit v = 4?

361

2, m,

=

0.

A9.18b Zeichnen Sie ein Vektordiagramm für alle möglichen Zustände eines Teilchens mit I = 6.

A9.14b Wo liegen die Knoten der Wellenfunktion eines harmonischen Oszillators mit v = 5?

Schwerere Aufgaben’) Ebene anzuregen? Wie groß ist der kleinste von null verschiedene Drehimpuls des Moleküls?

Rechenaufgaben 9.1]

9.2

Wie groß ist der Abstand zwischen den beiden tiefsten Energieniveaus eines O,-Moleküls in einem eindimensionalen Kasten der Länge L = 5.0 cm? Bei welchem Wert von n erreicht die Energie des Moleküls bei 300 K den Wert KT, und wie groß ist der Abstand dieses Niveaus von dem direkt darunter liegenden?

Die Masse, die im Falle eines zweiatomigen Moleküls in den Ausdruck für die Schwingungsfrequenz einzusetzen ist, ist die reduzierte Masse u= mıms/ (m, + Ms), wobei m, und m, die Massen der einzelnen Atome sind. Die fol-

gende Tabelle der Wellenzahlen (in cm') von Infrarotabsorptionen verschiedener Moleküle stammt aus G. Herzberg, Spectra of Diatomic Molecules, Van Nostrand 1950: Ad] 2990

EB 26505572310

co 2170

9.4

Wie lauten die Energien der ersten vier Rotationsniveaus eines 'H'?’|-Moleküls, das frei in drei Dimensionen rotie-

ren kann? Verwenden Sie für das Trägheitsmoment I = uR? mit u= mum,/(my + m,) und R= 160 pm.

9.5

Indas Potenzial eines gewöhnlichen Teilchen-im-Kasten-Problems wird wie in Abb. 9-45 dargestellt eine kleine Stufe eingefügt. (a) Geben Sie einen allgemeinen Ausdruck für die Korrektur erster Ordnung Ey zur Grundzustandsenergie an. (b) Berechnen Sie die Korrektur der Energie für a = L/10 (so dass die Erhöhung des Potenzials die zentralen 10% des Kastens abdeckt) undn = 1.

NO 1904

Berechnen Sie die Kraftkonstanten der Bindungen und ordnen Sie die Moleküle nach zunehmender Festigkeit der Bindung. 93

Die Rotation eines H'”’I-Moleküls kann als Bahnbewegung des H-Atoms um ein stationäres |-Atom in einem Abstand von 160 pm beschrieben werden. (In Wahrheit rotieren beide Atome um ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt, dieser liegt jedoch sehr nahe am Kern des I-Atoms.) Welche Energie ist nötig, um das Molekül zur Rotation in einer

potentielle V Energie,

Abb. 9-45

Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp,

9 Quantentheorie: Methoden und Anwendungen

362 9.6

Kästen. Nehmen Sie nun an, der Kasten sei vertikal; das

anzutreffen und (b) die mittlere Eindringtiefe des Teilchens in die Barriere?

Potenzial des Teilchens hängt dann wegen des Gravitati-

Verifizieren Sie, dass eine Funktion der Form e-&° eine

Normalerweise betrachten wir Teilchen in horizontalen

onsfeldes von x ab. Berechnen Sie die Korrektur erster Ord-

Lösung der Schrödinger-Gleichung eines eindimensionalen

nung zur Nullpunktsenergie und geben Sie den Wert für

harmonischen Oszillators für den Grundzustand ist, und

ein Elektron in einem Kasten auf der Erdoberfläche an.

drücken Sie g durch die Masse und die Kraftkonstante des

Erklären Sie das Ergebnis. Hinweis: Die Energie des Teilchens hängt wie mgh von seiner Höhe ab (g = 9.8Ims °). Da g so klein ist, ist auch die Korrektur zur Energie klein;

harmonischen Oszillators aus.

Berechnen Sig die mittlere kinetische Energie eines harmonischen Oszillators mithilfe der Beziehungen aus Tabelle 9-1.

für einen Kasten in der Nähe eines massereichen Sterns

wäre sie aber wesentlich. 937

Berechnen Sie die Korrektur zweiter Ordnung zur Energie des Systems sowie die Wellenfunktion des Grundzustands für das in Aufgabe 9.6 beschriebene System. Erklären sie die durch die Störung hervorgerufene Verzerrung der Wellenfunktion. Hinweis: Die folgenden Integrale sind dabei hilfreich: d

f

9.14

Berechnen Sie Werte für (x?) und (x*) für einen harmonischen Oszillator mithilfe der Beziehungen aus Tabelle 9-1.

915

Wie groß sind öx = ((x?) — (x)?)"? und öp = ((p?) — (py?)"? (a) für ein Teilchen in einem eindimensionalen Kasten der Länge L und (b) für einen harmonischen Oszillator? Diskutieren Sie diese Größen im Hinblick auf die Unschärferelation.

N

Esinax sinbxdx = —— | cosax sin bx dx da |cos ax sinbx dx =

cos(a+b)x 2(a+b)

cos (a— b)x 2(a-b) + Konstante

In Kapitel 13 werden wir sehen, dass die Intensitäten von

Übergängen zwischen verschiedenen Schwingungsniveaus v und v’ eines Moleküls proportional zum Quadrat des Integrals |, x), dx über den gesamten Raum sind. Verwenden Sie die in Tabelle 9-] angegebenen Beziehungen

.

zwischen den Hermite-Polynomen und zeigen Sie, dass

nur Übergänge möglich sind, für diev’ = v+] gilt. Berechnen Sie für diese Fälle das Integral.

Theoretische Aufgaben 9.8

Nehmen Sie an, dass 1.0 mol eines idealen Gases das tiefste

Die potenzielle Energie während der Rotation einer CH;Gruppe in einem Ethan-Molekül relativ zur Nachbargruppe kann als V($) = V, cos 3b geschrieben werden. Zeigen Sie, dass die Bewegung für kleine Auslenkungen der Gruppe aus ihrer Ruhelage harmonisch erfolgt und berechnen Sie die Anregungsenergie von v=O nach v = 1. Was ist bei höheren Anregungen für die Energieniveaus und die Wellenfunktionen zu erwarten?

Energieniveau in einem würfelförmigen Kasten besetzt. Welche Arbeit muss dem System zugeführt werden, um

das Volumen um AV zu vergrößern? Wäre die benötigte Arbeit anders, wenn die Teilchen alle einen Zustand nz] besetzen würden? Inwiefern ist diese Diskussion für den Ausdruck für die Volumenarbeit in Kapitel 2 von Bedeutung? Wo liegt der Unterschied zwischen adiabatischer und isothermer Expansion? 9:9

Leiten Sie den Ausdruck für die Tunnelwahrscheinlichkeit her

9.18

(GI. (9-20a)).

ben ist, zu den Zeiten 0, T,2T,.... stets an derselben Stelle

9.10% Betrachten Sie einen eindimensionales Intervall, in dem ein

Teilchen je nach seiner Position drei verschiedene Potenziale spüren kann: V=0Ofür -=

e

(2ulEl/h’)r

d.h. die Wellenfunktionen gehen für große r expone ntiell gegen null.

10.1

Struktur und Spektren wasserstoffähnlicher Atome

369

AN werden hier die radiale Wellengleichung nicht exakt lösen, um zu sehen, wie ur r-Form in der Nähe des Kerns in die Exponentialform bei großen Entfernu ngen übergeht (siehe Weiterführende Literatur). Es genügt uns zu wissen, dass dieser Übergang nur für ganzzahlige Werte einer Quantenzahl n möglich ist und dass die erlaubten Energien durch Ne

"

32n2e2hn2

eek)

mit n=1,2,... gegeben sind. Die radialen Wellenfunktionen hängen von den Quantenzahlen n und I (aber nicht m,) ab und haben die allgemeine Form R(r) = (Polynom in r) (mit r abfallende Exponentialfunktion) .

(10-12)

Die Lösungen können wir am einfachsten mithilfe der dimensionslosen Variablen p formulieren: —

DZ Na,

gi

mit

a,

=

Ancoh” m.e?

(10-13)

Die Größe a, hat den Wert 52.9 pm, sie wird als Bohr’scher Radius bezeichnet, da sie in Bohrs frühem Modell des Wasserstoffatoms als Radius der innersten Elektronenbahn auftrat. Die reellen radialen Wellenfunktionen eines Elektrons mit den

Quantenzahlen n und l lauten

Ra)

INSPT. (p)e.

(10-14)

n+l

Hierbei ist L(p) ein Polynom in p, welches als assoziiertes Laguerre-Polynom bezeichnet wird; es verbindet die Lösungen für r = 0 (entsprechend R «x p!) mit den exponentiell abfallenden Funktionen bei großen Abständen. Die Notation mag abschreckend

erscheinen,

aber die Polynome

sind eigentlich

recht einfach;

die

ersten lauten z.B. 1, p und 2 — p (weitere sind in Tabelle 10-1 angegeben). Die Bestandteile dieses Ausdrucks können wir folgendermaßen interpretieren: 1. Der Exponentialterm stellt sicher, dass die Wellenfunktionen in großer Entfernung vom Kern gegen null gehen. 2. Der Faktor p! stellt (für 1 > 0) sicher, dass die Wellenfunktion am Kern verschwindet. 3. Das assoziierte Legendre-Polynom oszilliert zwischen positiven und negativen Werten und sorgt damit für die Existenz radialer Knoten.

Einige radiale Wellenfunktionen sind in Tabelle 10-1 aufgeführt; ihre Form ist in Abb. 10-4 gezeigt.

Tabelle 10-1

Radiale Wellenfunktionen wasserstoffähnlicher Atome

Orbital

n

DE

on

I

R,,ı

2er

= 2 rn

25

en)

2p

2

1

and) per?

35

3

0

(2)

3

3

1

rd)" (a p)pe””

3d

3

2

ER 2 eu

nee ee

een

nn

Jene (6

6p + p?) er?

ERS

einen, der diese Bedinp = (2Z/na)r mit a = Ane,h /ue”. Für einen unendlich schweren Kern (oder gung in guter Näherung erfüllt) ist u= me und a = ayr, der Bohr'sche Radius. Die komplette Wellen-

Y aus Tabelle 9-3. funktion erhält man durch Multiplikation von R mit dem korrekten

Kommentar 10-1

Die Nullstelle bei

r = 0 ist kein radialer Knoten, da

die Wellenfunktion hier nicht durch

null geht (da r nicht negativ werden kann). Knoten am Ort des Kerns können immer nur Knoten im Winkelanteil der Wellenfunktion sein.

10 Atomstruktur und Atomspektren

370

0.4

(b)

0

5

Zr/a,

10

15

(d)

0

5

10

Zr ja,

0

M

7,5

Zrja,

Ense

Abb. 10-4 Die radialen Wellenfunktionen der ersten Zustände von was-

Die Skalen der horizontalen Achse sind unterschiedlich: Orbitale mit

serstoffähnlichen Atomen mit der Kernladungszahl Z. Die Orbitale mit

höheren Quantenzahlen sind relativ weit vom Kern entfernt.

23:

I = 0 haben eine endliche, von null verschiedene Amplitude am Kern.

Illustration 10-1

Berechnung einer Wahrscheinlichkeitsdichte

Um die Wahrscheinlichkeitsdichte am Kern für ein Elektron mitn =1,1= 0 und

m, = 0 zu erhalten, berechnen wir ı) beir = 0: %

ODER

ENT)

3/2

= (2) om

1

(4) An

1/2

e

Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist demzufolge ;% 3 Y00(0, 0, d)” —

Wenn wir

Tao

Z= 1 und die Konstanten einsetzen, erhalten wir daraus einen Zahlen-

wert von 2.15 x 10 °pm.

Übung 10-2 Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeitsdichte am Kern für ein Elektron mit n — DR Blundayz 0: [(Z/a0)' /8r]

10.1

10.1.2

Struktur und Spektren wasserstoffähnlicher Atome

371

_Atomorbitale und ihre Energien

Ein Atomorbital ist eine Einelektronenwellenfunktion für ein Elektron in einem

Atom. Alle Atomorbitale wasserstoffähnlicher Atome werden durch drei Quantenzahlen n, |und m, charakterisiert. Wenn ein Elektron durch eine solche Wellenfunk -

tion beschrieben wird, sagen wir auch, dass es dieses Orbital „besetzt“. Wir könnten auch sagen, dass das Elektron sich in dem Zustand In, 1,m,) befindet. Wenn ein Elektron beispielsweise durch die Funktion Vo. beschrieben wird, dann befindet es sich im Zustand |1,0,0) und wir sagen, es besetzt das Orbital mitn = 1,1= O0 und m, = 0. Die Quantenzahl n wird als Hauptquantenzahl bezeichnet; sie kann die Werte 1, 2,3,... annehmen und bestimmt die Energie des Systems:

' Ein Elektron in einem Orbital mit der Hauptquantenzahl n hat die durch GI. (10-11) ange-

gebene Energie. Die beiden anderen Quantenzahlen, I und m, hängen mit der Winkelabhängigkeit der Wellenfunktion zusammen und geben den Drehimpuls des Elektrons um den Kern an:

Energie von ruhendem Elektron und Kern in unendlicher Entfernung

' Der Drehimpuls eines Elektrons in einem Orbital der Ouantenzahl | besitzt den Betrag

Id+1)"Rmitl=0,1,...,n-1. Die z-Komponente des Drehimpulses wird durch die Quantenzahl m, spezifiziert. Sie beträgt mh mit m, = 0,+1,+2,... ‚+.

Die Hauptquantenzahl n bestimmt den maximal möglichen Wert von I, und I bestimmt den maximal möglichen Wert von mı. Um den Zustand eines Elektrons in einem Wasserstoffatom vollständig zu beschreiben, müssen wir außer seinem Orbital auch noch seinen Spin angeben. In

heR,,

Abschnitt9.3.3 hatten wir gesehen, dass ein Elektron einen Eigendrehimpuls besitzt, der durch die beiden Quantenzahlen s und m, beschrieben wird. s hat für ein Elektron stets den Wert 3, sodass wir uns um diese Quantenzahl (zumindest im Moment) nicht weiter zu kümmern brauchen. m, kann jedoch die beiden Werte + und —* annehmen. Um den Zustand eines Elektrons in einem Wasserstoffatom vollständig festzulegen, müssen wir daher angeben, welcher dieser beiden Werte zutrifft. Folglich müssen wir insgesamt vier Quantenzahlen anführen, um den Zustand eines Elektrons eindeutig zu spezifizieren: n, I, m, und m..

3

9

—heR,, 4

2

‚Oo

50 ©

Die Energieniveaus

(= LuJ

klassisch

In Abb. 10-5 sind die durch Gl. (10-11) beschriebenen Energieniveaus skizziert. Der Abstand benachbarter Energieniveaus ist proportional zu Z’, in einem He'-Ion (Z = 2) liegen die Energieniveaus daher viermal so weit auseinander (und der Grundzustand viermal so tief) wie im H-Atom (Z=1). Alle durch GI. (10-11) beschriebenen Energien sind negativ. Sie beschreiben gebundene Zustände des Atoms, Zustände, in welchen die Energie des Atoms geringer ist als die eines ruhenden Protons und eines ruhenden Elektrons in unendlicher Entfernung voneinander (diese Situation definiert den Nullpunkt der Energie). Die SchrödingerGleichung besitzt auch Lösungen mit positiven Energien. Sie beschreiben ungebun-

Babe

Energien

dene Zustände, in die das Elektron durch eine energiereiche Kollision oder ein kurz-

welliges Photon angeregt werden kann. Die Energien der ungebundenen Zustände sind nicht quantisiert; sie bilden die Kontinuumszustände des Atoms. Gl. (10-11) stimmt mit den in Gl. (10-1) zusammengefassten experimentellen Resultaten überein. Durch Vergleich erhalten wir für die Rydberg-Konstante für Wasserstoff(Z = 1)

heR

N



Une

32n2e2h’



(10-15)

—heR,,

Abb. 10-5 Die Energieniveaus des Wasserstoffatoms. Die Energie wird relativ zu einem ruhenden Proton und Elektron in unendlicher Entfernung voneinander gemessen.

372

10 Atomstruktur und Atomspektren

= Kommentar 10-2 Ein Teilchen in einem Kasten mit endlichem Potenzial (Abschnitt 9.1.3) ist ein einfa-

Rydberg-Konwobei 1,; die reduzierte Masse von Wasserstoff ist. Die eigentliche Elektronendie durch 4,, dass stante R ist durch denselben Ausdruck definiert, nur Kern): schweren h masse m. ersetzt wird (entsprechend einem unendlic

ches, aber nützliches Modell, aus

dem wir etwas über die gebundenen und ungebundenen Zustände eines Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom lernen können. Abb. 9-15 zeigt, dass die Energien eines solchen Teilchens (z. B. eines Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom) quantisiert sind, wenn seine Gesamtenergie E kleiner ist als seine potenzielle Energie V (die Coulomb-Wechselwirkungsenergie zwischen dem Elektron und dem Kern). Für E > V kann das Teilchen aus dem Kasten entkommen (das Atom wird ionisiert), und seine Energie ist nicht mehr gequantelt, sondern die Zustände bilden ein Kontinuum.

IR

Hu SrR

oder

Mee gehe

(10-16)

Einsetzen der Fundamentalkonstantensin den Ausdruck für R, ergibt eine beinahe perfekte Übereinstimmung mit dem experimentell bestimmten Wert. Die verblei-

benden Diskrepanzen lassen sich durch relativistische Effekte erklären (vereinfacht gesagt die Zunahme der Masse mit steigender Geschwindigkeit), die in der Schrödinger-Gleichung vernachlässigt werden.

lonisierungsenergien Die Ionisierungsenergie I eines Elements ist die Energie, die mindestens notwendig ist, um ein Elektron aus dem Grundzustand (dem Zustand mit der tiefsten Energie) eines Atoms dieses Elements zu entfernen. Der Grundzustand des Wasserstofffatoms ist der Zustand mit n = 1 und der Energie E, = -hcR;. Die Ionisierung hat

stattgefunden, wenn das Elektron in ein Niveau mit n = Abb. 10-5). Hierzu müssen wir die Energie

angeregt wurde (vgl.

I = hcR,,

(10-17)

aufwenden. Der Wert von I beträgt 2.179a] (a für „atto“ ist der SI-Präfix für 10”"°) oder 13.60 eV. Beispiel 10-1

Die spektroskopische Bestimmung einer lonisierungsenergie

Im Spektrum des atomaren Wasserstoffs treten Emissionslinien bei den Wellenzahlen 82 259, 97 492, 102 824, 105 292, 106 632 und 107 440cm! auf, die alle zu Übergängen zu demselben unteren Niveau gehören. Wie groß sind (a) die Ionisierungsenergie dieses Zustands und (b) die Rydberg-Konstante? Vorgehen Zur spektroskopischen Messung der lonisierungsenergie müssen wir die Seriengrenze bestimmen, die Wellenzahl, bei der das diskrete Linienspektrum endet und in ein Kontinuum übergeht. Wenn der obere Zustand eines Übergangs

110

bei der Energie -hcR,,/n? liegt, so wird bei dem Übergang zu der Energie Eunn

ein Photon emittiert, dessen Wellenzahl die Bedingung

105

Ru er Eunten

n?

100

erfüllt. Mit gl

ern

cm') v/(10'

90|-

Eine Auftragung der Wellenzahlen gegen 1/n? sollte also eine Gerade mit der Steigung —R,, und dem Achsenabschnitt I/hc ergeben. Mit Hilfe eines Computers lässt sich eine lineare Regression durchführen, um die experimentellen Unsicherheiten der angegebenen Werte zu mitteln.

85|-

80

0

hc

I= — Enten folgt

nr

0.1

0.2

1/n’ Abb. 10-6 Auftragung der Daten aus Beispiel 10-1 zur Bestimmung der lonisierungsenergie eines Atoms (in diesem Fall des Wasserstoffatoms).

Antwort In Abb. 10-6 sind die Wellenzahlen gegen 1/n? aufgetragen. Der durch lineare Regression ermittelte Achsenabschnitt liegt bei -109 679cm-!, die Ionisierungsenergie ist daher gleich 2.1788 a] (1312.1 kJ mol'). Die Steigung besitzt in diesem Fall den gleichen Zahlenwert, also ist R,, = 109679cm-!, Eine ähnliche Extrapolation kann auch für Mehrelektronenatome durchgeführt werden (siehe Abschnitt 10.2.2).

10.1 Struktur und Spektren wasserstoffähnlicher Atome

373

Übung 10-3 o|

Das Emissionsspektrum des atomaren Deuteriums zeigt Linien bei den Wellenzahlen 15238, 20571, 23039 und 24380.cm!. Wie groß sind (a) die lonisieru ngsenergie des unteren Zustands, (b) die Ionisierungsenergie des Grundzustands und (c)die Masse des Deuterons?

p

d

f

I

3

PC

[70

35

3p

3d

I

B

DB

Do

(Drücken Sie für (c) die Rydberg-Konstante

durch die reduzierte Masse des Elektrons und des Deuterons aus und lösen Sie nach der Masse des Deuterons auf.) ((a) 328.1kJ mol“', (b) 1312.4k] mol",

Ro]

Ss

Te TT ————

(c) 2.83x10°” kg, sehr sensibel bezüglich

D

25

2p

N

B

Schalen und Unterschalen Alle Orbitale zu einer gegebenen Hauptquantenzahl n bilden eine Schale eines Atoms. In einem wasserstoffähnlichen Atom (und nur dort!) besitzen die Orbitale einer Schale alle die gleiche Energie. Schalen werden häufig durch Buchstaben bezeichnet: el KL

31 MN

Alle Orbitale der Schale mit n = 2 bilden beispielsweise die L-Schale des Atoms. Die Orbitale mit gleichem n und gleichem 1 werden als Unterschale bezeichnet. Für die Unterschalen werden meist die Buchstaben s, p, ... verwendet: an

a LL0 De EEE u

2

a

WDSsdahEIN

Ab f laufen die Buchstaben alphabetisch weiter, nur dass das j ausgelassen wird. Abb. 10-7 zeigt eine Variante von Abb. 10-5, in der die Unterschalen zu erkennen sind. Da l alle Werte von 0 bis n — 1 annehmen kann (n Werte), existieren in einer Schale mit der Hauptquantenzahl n gerade n Unterschalen. Für n=1 gibt es nur eine Unterschale mit ! = 0, für n = 2 gibt es zwei Unterschalen, die 2s-Unterschale (mit 1 = 0) und die 2p-Unterschale (mit = 1). Für n=1 existiert nur eine Unterschale (mit 1= 0), und diese enthält nur ein Orbital mit m; = 0 (andere Werte sind in diesem Fall für m, nicht erlaubt). Für n = 2 existieren vier Orbitale, eines in der s-Unterschale mit 1= 0 und m, = 0, und drei

1s

U Abb. 10-7 Energieniveaus des Wasserstofffatoms mit Angabe der Unterschalen und (in eckigen Klammern) der Zahl der Orbitale in jeder Unterschale. In wasserstoffähnlichen Atomen haben alle Orbitale einer Schale die gleiche Energie.

Unterschalen

in der p-Unterschale mit l=1 und m; = +1, 0 und —1. Für n= 3 existieren neun Orbitale (eines mit I = 0, drei mitl= 1 und fünf mit I = 2). Die Ordnung der Orbitale nach Schalen und Unterschalen ist in Abb. 10-8 zusammengefasst. Eine Schale der Hauptquantenzahl n enthält allgemein n? Orbitale, in einem wasserstoffähnlichen Atom ist daher jedes Energieniveau n’-fach entartet.

Atomorbitale Im Grundzustand ist das Orbital mit n = 1 (und daher notwendigerweise 1 = 0 und n=1 nicht möglich sind) m; = 0, da andere Werte dieser Quantenzahlen für (für Z=1): entnehmen 10-1 besetzt. Die Wellenfunktion können wir aus Tabelle

u

=

en

e”

2



(10-18)

(Na9°)

Diese Wellenfunktion hängt nicht von den Winkelkoordinaten ab, sie hat für alle Punkte im gleichen Abstand vom Kern den gleichen Wert. Das 1s-Orbital ist daher sphärisch symmetrisch. Die Wellenfunktion fällt exponentiell ab, ihren Maximalwert von (1/nag)" ? besitzt sie am Kern (bei r = 0). Der Kern ist also der Punkt, an dem

das Elektron am wahrscheinlichsten zu finden ist.

Schalen

Orbitale

Abb. 10-8 Die Organisation von Orbitalen (weiße Quadrate) in (durch / charakterisierte) Unterschalen und (durch n charakterisierte) Schalen.

10 Atomstruktur und Atomspektren

374

B

niedrigste potentielle Energie aber hohe kinetische Energie niedrigste Gesamtenergie

Energie

niedrigste kinetische Energie aber hohe potentielle Energie

Abstand, r Abb. 10-9 Das Zusammenspiel von kinetischer und potenzieller Energie, das für die Struktur des Grundzustands des Wasserstoffatoms (und ähnlicher Atome) verantwortlich ist. (a) Das stark gekrümmte, aber

scharf lokalisierte Orbital besitzt eine grofge mittlere kinetische Energie, aber eine niedrige (d.h. sehr negative) mittlere potenzielle Energie. (b) Hier ist die mittlere kinetische Energie gering, aber die mittlere potenzielle Energie ungünstig. (c) Die wirkliche Wellenfunktion ist ein Kompromiss zwischen kleiner kinetischer Energie und geringer potenzieller Energie.

Die allgemeine Form der Wellenfunktion können wir verstehen, wenn wir die Beiträge von kinetischer und potenzieller Energie untersuchen, die zusammen die Gesamtenergie des Atoms ausmachen. Je näher das Elektron dem Kern im Mittel ist,

desto geringer (d. h. negativer) ist seine mittlere potenzielle Energie. Die kleinste potenzielle Energie besitzt daher eine Wellenfunktion, die am Kern einen hohen Wert annimmt und dann schnell auf null abfällt (Abb. 10-9). Diese Gestalt führt jedoch zu einer hohen kinetischen Energie, da die mittlere Krümmung der Wellenfunktion groß ist. Umgekehrt besitzt das Elektron eine geringe kinetische Energie, wenn seine Wellenfunktion nur schwach gekrümmt ist. Diese Wellenfunktion erstreckt sich jedoch bis in große Entfernungen vom Kern, wo das Elektron eine hohe potenzielle Energie besitzt. Die tatsächliche Wellenfunktion des Grundzustands ist ein Kompromiss zwischen diesen beiden Extremen: sie erstreckt sich bis in eine gewisse Entfernung vom Kern, sodass die potenzielle Energie zwar nicht so klein wird wie im ersten Beispiel, aber auch nicht zu groß. Gleichzeitig besitzt sie eine halbwegs geringe Krümmung, sodass die kinetische Energie zwischen den beiden Extremen liegt. Die Energien der ns-Orbitale nehmen mit steigendem n zu (werden weniger negativ, das Elektron ist weniger stark gebunden), da der mittlere Abstand des Elektrons vom Kern zunimmt. Aus dem Virialtheorem erhalten wir mit b=-1 (Gl. (9-35) (Ein) = —}(V), sodass die Gesamtenergie gleich ;(V) ist und somit mit steigendem n weniger negativ wird, obwohl die mittlere kinetische Energie gleichzeitig abnimmt. Um die Wahrscheinlichkeitsdichte des Elektrons darzustellen, können wir den Wert von |ı)|” beispielsweise durch eine Schattierung darstellen, wie in Abb. 10-10. Eine andere Möglichkeit besteht darin, eine Einhüllende des Orbitals zu zeichnen, eine Grenzfläche, die 90% der gesamten Elektronendichte umschließt und auf der die Amplitude der Wellenfunktion überall den gleichen Betrag besitzt. Für das 1sOrbital ist diese Einhüllende eine Kugel um den Kern (Abb. 10-11). Der allgemeine Ausdruck für den mittleren Radius eines Orbitals mit den Quantenzahlen n und I lautet =

el

(

am

|

(10-19)

Die Abhängigkeit des mittleren Abstandes von n und l ist in Abb. 10-12 dargestellt. Für eine gegebene Hauptquantenzahl nimmt der mittlere Abstand mit steigendem I ab, d.h. der mittlere Abstand eines Elektrons vom Kern ist in einem 2p-Orbital geringer als in einem 2s-Orbital. Beispiel 10-2 Der mittlere Radius eines Orbitals

Wie groß ist der mittlere Radius eines 1s-Orbitals in einem wasserstoffähnlichen Atom?

Vorgehen

(n =

Der Mittelwert ist der Erwartungswert en) de

brmee -

Wir müssen dieses Integral mit den Wellenfunktionen aus Tabelle 10-1 auswerten, wobei wir dr =r?drsinOdOd& verwenden. funktionen sind normiert im Sinn von en

Die Winkelanteile der Wellen-

porn

| (Yan "sindododd=1. JO.

(b)2s Abb. 10-10 Darstellung des 1s- und 25sOrbitals wasserstoffähnlicher Atome durch ihre Elektronendichten (durch die Dichte der Schattierung angedeutet).

0)

Das benötigte Integral über r ist in Beispiel 8-7 angegeben.

Antwort ist dann

Wir schreiben die Wellenfunktion in der Form y = RY: die Integration po

pn

pan

(r) = | | | FR, JO

J0

J0

Yhann

"rdrsin 0d0dd = |rReudra. JO

10.1

Struktur und Spektren wasserstoffähnticher Atome

375

Für ein 1s-Orbital ist

und daher (r) = 42

1 e 22t/&0 dr — 39,

N

zZ 0

Abb. 10-11 Die Einhüllende eines s-Orbitals, innerhalb derer das Elektron mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% anzutreffen

Übung 10-4

ist.

Berechnen Sie (a)den mittleren Radius eines 3s-Orbitals durch explizite Integration und (b)den mittleren Radius eines 3p-Orbitals mithilfe der allgemeinen Formel, Gl. (10-19). [(a) 270,/2Z, (b) 250,/2Z] BOT se

Alle s-Orbitale sind sphärisch symmetrisch, sie unterscheiden sich jedoch in der Anzahl der radialen Knoten. Die Orbitale 1s, 2s und 3s besitzen 0, 1 und 2 radiale Knoten; allgemein besitzt ein ns-Orbital n — 1 radiale Knoten. [

Übung 10-5 (a) Verwenden

Sie die Tatsache,

dass

ein s-Orbital

genau

dort radiale

Knoten

Znla,

besitzt, wo der Polynom-Faktor (Tabelle 10-1) eine Nullstelle besitzt, und bestimmen Sie die Stelle des radialen Knotens in einem 2s-Orbital (siehe Abb. 10-4). (b) Bestimmen Sie ebenso die beiden radialen Knoten eines 3s-Orbitals.

[(a) 24,/Z, (b) 1.900, /Z, 7.100,/Z] Die radiale Verteilungsfunktion Die Wellenfunktion gibt uns durch ihr Quadrat die Wahrscheinlichkeit an, ein Elektron an einem bestimmten Punkt anzutreffen. Wir wollen uns vorstellen, wir hätten eine Sonde mit einem Volumen dr, die auf Elektronen anspricht und die wir in der Umgebung eines Protons bewegen können. Die Wahrscheinlichkeitsdichte im Grundzustand des Atoms ist ||? x e??’/’“, der angezeigte Wert auf unserem Detektor wird daher exponentiell mit dem Abstand vom Kern abnehmen; er wird aber konstant bleiben, wenn wir den Fühler in konstantem Abstand um den Kern herumbewegen (Abb. 10-13). Nun wollen wir nach der Wahrscheinlichkeit fragen, das Elektron irgendwo in einer kugelförmigen Schale der Dicke dr mit einem Radius r anzutreffen. Das Messvolumen unserer Sonde ist jetzt das Volumen dieser Kugelschale (Abb. 10-14), welches 4nr? dr beträgt (das Produkt der Fläche 4nr” und der Dicke dr). Die Wahr-

Abb. 10-12 Mittlerer Radius eines wasser-

stoffähnlichen Atoms als Funktion der Haupt- und der Bahndrehimpulsquantenzahl des Orbitals. Für ein gegebenes n folgt der mittlere Radius der Reihenfolge d [nur in np-Orbitale]

10.2

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

381

Die Auswahlregeln erklären auch den Aufbau von Grotrian-Diagram men (Abb. 10-17), die die Energien aller Zustände und die möglichen Übergäng e zwischen ihnen darstellen. Die Dicke der Linien, die die Übergänge symbolisieren, gibt ihre relative Intensität im Spektrum an; die Berechnung von Übergangsintensi täten werden wir in Abschnitt 13.1.2 näher besprechen.

10.2]

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

15 328 cm ' (H,)

Die Schrödinger-Gleichung wird für Mehrelektronenatome äußerst kompliziert, da alle Elektronen miteinander wechselwirken. Sogar im Fall des Heliumatoms mit seinen zwei Elektronen gibt es keine analytischen Ausdrücke für die Energieniveaus oder die Wellenfunktionen, wir sind daher auf Näherungen angewiesen. Hierzu werden wir einen einfachen Ansatz verwenden, der auf dem aufbaut, was wir bereits über die Struktur wasserstoffähnlicher Atome wissen. Später werden wir die numerischen Verfahren kennen lernen, mit denen man heutzutage genaue Energien und Wellenfunktionen berechnen kann.

10.2.1

20 571 cm (H,) 23 039 cm ' (H) 24 380 cm ' (H,)

102 824 cm 97 492 cm !

82 259 cm

Die Orbitalnäherung

Die Wellenfunktion y(r,, r,, ...) eines Mehrelektronenatoms ist eine sehr komplizierte Funktion der Koordinaten r; aller Elektronen. In der Orbitalnäherung nehmen wir nun an, das wir eine vernünftige erste Näherung dadurch erhalten können, dass wir jedes Elektron ein „eigenes“ Orbital besetzen lassen und die Gesamtwellenfunktion als Produkt dieser einzelnen Orbitale schreiben:

Abb. 10-17 Dieses Grotrian-Diagramm fasst das Aussehen und die Entstehung des Spektrums von atomarem Wasserstoff zusammen. Je dicker die gezeichneten Linien, desto intensiver erscheint der Über-

gang im Spektrum. Yin,n...)suln)bln)...

.

(10-29)

Weiter nehmen wir an, dass die Orbitale denen ähneln, die wir bei den wasserstoffähnlichen Atomen kennengelernt haben, nur dass wir die Kernladung des Atoms wegen der Anwesenheit der anderen Elektronen modifizieren. Diese Beschreibung ist nur eine Näherung, sie stellt aber ein nützliches Modell für die Diskussion der chemischen Eigenschaften von Atomen dar und bildet die Grundlage für ausgefeiltere Beschreibungen der Atomstruktur.

Indung 10-5. Die Orbitalnäherung® Die Orbitalnäherung wäre exakt, wenn die Elektronen nicht miteinander wechselwirken würden. Um dies zu zeigen, betrachten wir einen Hamilton-Operator, den

wir als Summe von zwei Termen für je eines der beiden Elektronen schreiben:

H=H+R,. In einem wirklichen Atom (wie dem Heliumatom) tritt ein weiterer Term auf, der die Wechselwirkung der beiden Elektronen beschreibt und der von beiden Elektronenkoordinaten abhängt. Wir wollen jetzt zeigen, dass das Produkt Uulr,,n) = Y(r,)y(r,) eine Eigenfunktion des gesamten Hamilton-Operators H ist, sofern ıı(r,) Eigenfunktion von H, zum Eigenwert E, und ı(r,) Eigenfunktion von H, zum Eigenwert E, ist. Hierzu setzen wir die Definitionen in die Schrödinger-Glei-

chung ein: Hr,

n)=

(A, ir A,)y(r Jen) = A,y(r,)y(r,) Ir Y(n) Haken)

= Eyln)yin)+ Yln)Ey(n) = (E + B)yer ver) = Ey(r,n),

10 Atomstruktur und Atomspektren

382

wir die WechselwirE= E, + E, ist. Damit ist der Beweis geführt. Wenn wobei man in der Praxis unbekung der Elektronen untereinander berücksichtigen (was nicht mehr. dingt tun muss), dann funktioniert dieser Beweis jedoch

|

Das Heliumatom

eines Atoms ausDie Orbitalnäherung ermöglicht es uns, die elektronische Struktur n Orbitale besetzte zudrücken, indem wir seine Konfiguration angeben, die Liste der wassereines stand (meistens, aber nicht immer, des Grundzustands). Im Grundzu n schreibe wir l, stoffihnlichen Atoms besetzt ein einzelnes Elektron das 1s-Orbita seine Konfiguration daher als 1s'. Atom Das Heliumatom enthält zwei Elektronen. Wir stellen uns vor, dass das Kern nackten dem gebildet wird, indem die beiden Elektronen nacheinander zu l 1s-Orbita das (mit der Ladung 2e) hinzugefügt werden. Das erste Elektron besetzt Orbital das ist ng des wasserstoffähnlichen Ions (wegen der höheren Kernladu jedoch kompakter als im Wasserstoffatom). Das zweite Elektron besetzt das gleiche Orbital,

sodass

sich für den

Grundzustand

des Heliums

die Konfiguration

152

ergibt.

Das Pauli-Prinzip Ein Lithiumatom mit Z = 3 besitzt drei Elektronen. Die ersten beiden besetzen ein 1s-Orbital, das wegen der höheren Kernladung jetzt etwas kompakter ist als bei Helium. Das dritte Elektron passt jedoch nicht mehr in das 1s-Orbital, da diese Konfiguration durch das Pauli’sche Ausschlussprinzip verboten wird: Ein beliebiges Orbital darf nie mehr als zwei Elektronen enthalten, und wenn zwei Elektronen das gleiche Orbital besetzen, so müssen sie gepaarte Spins besitzen.

S l

en

Abb. 10-13 Elektronen mit gepaarten Spins besitzen einen resultierenden Spindrehimpuls von null. Wir können sie durch zwei Vektoren darstellen, die an unbestimmten Stellen auf dem gezeigten Kegelmantel liegen. Egal wo sich der eine auf seinem Kegelmantel befindet, der andere zeigt stets in die entgegengesetzte Richtung, sodass ihre Resultierende immer

gerade null ergibt.

Zwei Elektronen mit gepaarten Spins (oft durch || dargestellt) besitzen einen Netto-Spindrehimpuls von null, da der Spin des einen Elektrons durch den des anderen gerade kompensiert wird. Für eines der Elektronen gilt m, = +3, für das andere m, = —}. Beide sind auf ihrem jeweiligen Kegelmantel so orientiert, dass der resultierende Spin null ist (Abb. 10-18). Das Pauli’sche Ausschlussprinzip ist der Schlüssel zum Verständnis vom Mehrelektronenatomen, der Periodizität chemischer Eigenschaften und der Molekülstruktur. Es wurde von Wolfgang Pauli im Jahre 1924 entdeckt, als er versuchte, das Fehlen einiger Linien im Spektrum des Heliums zu erklären. Später konnte er aus theoretischen Überlegungen eine allgemeinere Form des Prinzips herleiten. Das Pauli’sche Ausschlussprinzip gilt in dieser Form für jedes Paar von identischen Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin). So gilt es beispielsweise für Protonen, Neutronen, '"’C-Kerne (die alle einen Spin von } haben) oder ”°Cl-Kerne (mit einem Spin von ;). Es gilt in dieser Form nicht für Bosonen (Teilchen mit ganzzahligem Spin), zu denen Photonen (Spin 1) oder '’C-Kerne (Spin 0) gehören, daher können beliebig viele identische Bosonen das gleiche Orbital besetzen (d.h. sie können durch dieselbe Wellenfunktion beschrieben werden). Das Pauli’sche Ausschlussprinzip ist ein Spezialfall des allgemeineren Pauli-Prinzips: " Wenn in einer Wellenfunktion zwei identische Fermionen vertauscht werden, dann muss die |Gesamtwellenfunktion ihr Vorzeichen wechseln; wenn zwei identische Bosonen vertauscht werden, muss die Gesamtwellenfunktion ihr Vorzeichen beibehalten.

Mit „Gesamtwellenfunktion“ ist dabei die vollständige Wellenfunktion des Systems einschließlich der Spinanteile gemeint. Um zu verstehen, dass das Pauli-Prinzip das Pauli’sche Ausschlussprinzip als Spezialfall enthält, betrachten wir eine Wellenfunktion w(1,2) zweier Elektronen. Das Pauli-Prinzip bedeutet nun, dass ein allgemeines Naturgesetz existiert (das seine Wurzeln in der Relativitätstheorie hat) ’

10.2

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

wonach diese Wellenfunktion ihr Vorzeichen wechseln muss, wenn wir die beiden Elektronen vertauschen:

yv(1,2)=-1%(2,1).

(10-30)

Wir wollen annehmen, dass die Elektronen in einem Atom durch ein Orbital 1% beschrieben werden; in der Orbitalnäherung ist die Gesamtwellenfunktion dann Yv(l)b(2). Um das Pauli-Prinzip anwenden zu können, müssen wir die Gesamtwel-

lenfunktion einschließlich der Spinbeiträge betrachten. Für die Einstellung der Spins gibt es mehrere Möglichkeiten: beide a (geschrieben a(1)a(2)), beide P (P(1)P(2)) oder eines a und das andere P (a(1)P(2) oder a(2)ß(1)). Da wir im letz-

ten Fall nicht wissen können, welches Elektron Spin a und welches Spin f hat, schreiben wir die Spinzustände in diesem Fall als normierte Linearkombinationen

6,(1,2) = 7 {al 9) +B1)al2)} , 221.2) =

{a(ı) 2) - B1)a(2)} ,

(10-31)

die jedem Elektron mit gleicher Wahrscheinlichkeit a- und ß-Spin zuweisen. Die Gesamtwellenfunktion des Systems ist daher das Produkt des räumlichen Anteils und einer der vier Spinfunktionen:

vı)yQ@)all)al2),

YA)YB)BMRL) .

yvA)yQ2)o;(1,2),

Yil)yl2)o_(1,2).

Das Pauli-Prinzip besagt nun, dass eine akzeptable Wellenfunktion (für Elektronen) das Vorzeichen wechseln muss, wenn zwei Elektronen vertauscht werden. Ein Austausch der Bezeichnungen 1 und 2 verwandelt den Faktor y(1)y(2) in v(2)W(1), was genau dasselbe ist, da die Reihenfolge der Multiplikation nichts am Wert des Produkts ändert. Dasselbe gilt für a(1)a(2) und £(1)ß(2). Daher sind die ersten beiden vorgeschlagenen Gesamtwellenfunktionen nicht akzeptabel. Aus der Kombination a, (1,2) wird

0.0.1)

{a2 +B)a)} = 0,(1,2),

da das einfach

die ursprüngliche

Funktion

ist, nur

mit umgeordneten

Termen.

Schließlich betrachten wir noch o_(1,2):

0_(2,1) = 7 {aloRtı) - B2)a(1)}

an 7,{at1)B02) _ 8)a(2)} = -6_(1,2). Diese Kombination verändert also tatsächlich ihr Vorzeichen (sie ist „antisymmetrisch“). Folglich ändert auch die Gesamtwellenfunktion Yv(l)y(2)o_(1,2) bei einem Tausch der Teilchen das Vorzeichen und ist somit akzeptabel. Wir sehen, dass nur eine der vier denkbaren Gesamtwellenfunktionen die Forderung des Pauli-Prinzips erfüllt, und das ist diejenige mit gepaarten Spins. Dies ist genau die Aussage des Pauli’schen Ausschlussprinzips. Das Ausschlussprinzip ist nicht anwendbar, wenn die von den Elektronen besetzen Orbitale verschieden sind;

in diesem Fall können die Elektronen denselben Spin haben. Aber auch dann muss die Wellenfunktion immer nöch antisymmetrisch bezüglich einer Vertauschung der beiden Teilchen sein, muss also das eigentliche Pauli-Prinzip erfüllen.

Kommentar 10-3 Ein stärkeres Argument für die Einführung der Linearkombinationen in Gl. (10-31) ist, dass sie Eigenfunktionen der Operatoren S? und S, des Gesamtspins zu den Eigenwerten M; = 0 und S = 1 bzw. 0 sind.

10 Atomstruktur und Atomspektren

384

hang möge der Tatsache gelten, Eine letzte Anmerkung in diesem Zusammen als Determinante geschrieben werden dass die akzeptable Produktwellenfunktion kann:



YvAa)y(2)oe_(1,2) h v

en Teilchens kann als eine Jede akzeptable Wellenfunktion eines geschlossenschalig System aus N Elektronen ein Für . solche Slater-Determinante geschrieben werden e minant -Deter in den Orbitalen ı),, W, .. . lautet die Slater

en

N) =

v,(1)a(l)

v,(2)a(

v,3)a(3)

vd)

Wu)R

v.

y,(1)all)

IR)

%, ar

v,@)a)

.

ES

%,(N)a(N)

VAN)

=. Wu (NJa(N)

Rd) MER) -.- WN)BLN)

(10-32)

Wenn wir eine Mehrelektronenwellenfunktion auf diese Weise schreiben, dann ist sie, wie in Aufgabe 10.23 gezeigt wird, automatisch antisymmetrisch bezüglich der Vertauschung zweier beliebiger Elektronen. Nun wollen wir zu Lithium zurückkehren. In Li (Z = 3) kann das dritte Elektron nicht mehr das 1s-Orbital besetzen, das bereits voll ist. Man sagt auch, dass die K-Schale gefüllt ist und dass die beiden Elektronen eine abgeschlossene Schale bilden. Da diese abgeschlossene Schale typisch für das Heliumatom ist, wird die Konfiguration 1s? häufig mit [He] abgekürzt. Das dritte Elektron muss nun das nächste n=2 gilt und das daher schon zur L-Schale verfügbare Orbital besetzen, für das gehört. Jetzt müssen wir entscheiden, ob wir als nächstes das 2s-Orbital oder eines der 2p-Orbitale besetzen wollen, ob die energetisch günstigste Konfiguration also [He]2s! oder [He]2p' ist.

Durchdringung und Abschirmung

kein Nettoeffekt von diesen Elektronen

Ze

Im Gegensatz zur Situation in wasserstoffähnlichen Atomen sind die 2s- und 2p-Orbitale (bzw. allgemein alle Unterschalen einer Schale) in Mehrelektronenatomen nicht mehr entartet. Ein Elektron in einem Mehrelektronenatom spürt die Coulomb-Abstoßung aller anderen Elektronen. Wenn sich das Elektron in einem Abstand r vom Kern befindet, so erfährt es eine Abstoßung, die durch eine negative Punktladung am Ort des Kerns simuliert werden kann und deren Betrag gleich der gesamten Elektronendichte ist, die in einer Kugel mit dem Radius r um den Kern enthalten ist (sich also näher am Kern befindet als das betrachtete Elektron, siehe

Abb. 10-19). Der Effekt dieser negativen Punktladung, gemittelt über alle möglichen Positionen des Elektrons, ist eine Reduzierung der Kernladung von Ze auf Ze. Z,, wird als effektive Kernladung bezeichnet. Man spricht auch davon, dass die Kernladung durch die anderen Elektronen abgeschirmt wird und drückt die Reduzierung der Kernladung von Ze auf Ze durch die Abschirmungskonstante o aus: Nettoeffekt

äquivalent zu

Merz

(10-33)

Punktlandung im Zentrum

Abb. 10-19 Ein Elektron im Abstand r vom Kern erfährt eine Coulomb-Abstofßung von allen Elektronen innerhalb einer Kugel mit Radius r, deren Wirkung äquivalent zu der einer negativen Punktladung am Ort des Kerns ist. Diese negative Ladung reduziert die effektive Kernladung von Ze auf Z.e.

Die Elektronen verringern die Coulomb-Anziehung durch den Kern nicht tatsächlich; die effektive Kernladung ist nur ein Hilfsmittel, mit dem wir das Resultat der

Kernanziehung einerseits und der elektronischen Abstoßung andererseits durch eine einzige effektive Ladung im Zentrum des Atoms ausdrücken können. Die effektive Kernladungszahl

ist für s- und p-Orbitale unterschiedlich,

da sie

unterschiedliche radiale Wellenfunktionen besitzen (Abb. 10-20). Ein s-Elektron durchdringt innere Schalen stärker als ein p-Elektron, d.h. es ist mit höherer Wahr-

10.2

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

scheinlichkeit in der Nähe des Kerns anzutreffen als ein p-Elektron der gleichen Schale (das p-Orbital hat am Kern ja die Amplitude null). Da nur der Teil der Elektronendichte zur Abschirmung beiträgt, der sich näher am Kern befindet als das betrachtete Elektron (im Wesentlichen die Rumpfelektronen), erfährt ein s-Elektron eine geringere Abschirmung als ein p-Elektron. Durch das Zusammenwirken von Durchdringung und Abschirmung ist ein s-Elektron fester an den Kern gebunden als ein p-Elektron der gleichen Schale. Diese Argumentation lässt sich analog auch

auf die weiteren Unterschalen übertragen. Ein d-Elektron durchdringt innere Schalen schwächer als ein p-Elektron der gleichen Schale (wir erinnern uns, dass ein d-Orbital in Kernnähe wie r? variiert, während ein p-Orbital wie r variiert) und spürt daher eine größere Abschirmung. Abschirmungskonstanten lassen sich für verschiedene Elektronen in Atomen aus den Wellenfunktionen berechnen, die man durch numerische Lösung der Schrödinger-Gleichung für das Atom erhält (Tabelle 10-2). Wir sehen, dass für s-Elektronen der Valenzschale eine größere effektive Kernladungszahl gilt als für die p-Elektronen (obwohl es hierzu auch Ausnahmen gibt, auf die wir später eingehen werden). Als Folge von Durchdringungs- und Abschirmungseffekten ist die energetische Reihenfolge der Unterschalen in Mehrelektronenatomen im Allgemeinen Seen.

Die einzelnen Orbitale in den Unterschalen sind nach wie vor entartet, da ihre radialen Wellenfunktionen identisch sind und sie somit die gleiche Kernladung spüren. Nun wollen wir ein letztes Mal zum Li-Atom zurückkehren. Da die Unterschalen der L-Schale nicht entartet sind, sondern das 2s-Orbital tiefer liegt als die drei

385

a E .Q Z =

= un [et =

=



3p

>

35

a &

—o ®

|

0

|

4

8

|

Zr/a,

12

|

16

Abb. 10-20 Ein Elektron in einem s-Orbital (hier einem 3s-Orbital) ist mit größerer Wahrscheinlichkeit in der Nähe des Kerns zu finden als ein p-Elektron der gleichen Schale (das innerste Maximum des 3s-Orbitals befindet sich sehr nahe am Kern). Es verspürt daher eine geringere Abschirmung und ist stärker gebunden als ein p-Elektron.

2p-Orbitale, wird das letzte Elektron das 2s-Orbital besetzen. Die Konfiguration des

Grundzustands ist folglich 1s?2s'; der Atomkern des Lithiumatoms ist in geringem Abstand von einer abgeschlossenen heliumartigen Schale aus zwei 1s-Elektronen umgeben und in etwas größerem Abstand von einem diffuseren 2s-Elektron. Die Elektronen der äußersten Schale eines Atoms in seinem Grundzustand werden als Valenzelektronen bezeichnet, da vor allem sie für die chemischen Bindungen verantwortlich sind, die ein Atom eingeht. Das Valenzelektron in Li ist also das 2s-Elektron, während die anderen beiden Elektronen zum Atomrumpf gehören.

Das Aufbauprinzip Die Verallgemeinerung der soeben verwendeten Argumentation wird als Aufbauprinzip bezeichnet. Dabei denkt man sich einen nackten Atomkern der Kernladungszahl Z, um den nacheinander Z Elektronen gepackt werden. Die Reihenfolge der Besetzung ist ls 2s 2p 3s 3p 4s 3d 4p 5s 4d 5p 68.

Jedes Orbital kann dabei zwei Elektronen aufnehmen. Als Beispiel wollen wir das Kohlenstoffatom betrachten, für das Z = 6 gilt; wir müssen also sechs Elektronen unterbringen. Die ersten beiden Elektronen besetzen und füllen das 1s-Orbital, die nächsten beiden besetzen und füllen das 2s-Orbital, sodass noch zwei weitere Elektronen für die Besetzung der 2p-Unterschale übrig bleiben. Die Grundzustandskonfiguration des Kohlenstoffatoms lautet daher 1s?2s?2p? oder kürzer [He]2s’2p°, wobei [He] abkürzend für den heliumartigen Rumpf (18?) steht. Wir können jedoch noch genauere Angaben machen. Aus elektrostatischen Gründen können wir erwar-

werden, da ten, dass die beiden 2p-Elektronen unterschiedliche Orbitale besetzen

als sie dann im Mittel weiter voneinander entfernt sind und sich weniger abstoßen,

dass das wenn sie sich im selben Orbital aufhalten würden. Wir können also sagen,

(die Bezeicheine: Elektron ein 2p,-Orbital besetzt und das andere ein 2p,-Orbital lautet dann on skonfigurati Grundzustand nungen x, y und z sind willkürlich). Die Untereiner Orbitale entartete wenn [He]2s?2p}2p,. Diese Regel gilt immer dann, s: Aufbauprinzip des Regel weitere eine schale besetzt werden können. Damit lautet

Kurztabelle 10-2 Effektive Kernladung Zeff = 72-08

Element

74

Orbital

Zer

He

2

ls

1.6875

@

6

1s

5.6727

2s

3.2166

2p

3.1358

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

386

10 Atomstruktur und Atomspektren Elektronen besetzen zuerst unterschiedliche Orbitale in einer Unterschale,

bevor sie eines der Orbitale doppelt besetzen.

Stickstoff(Z = 7) hat somit die Konfiguration [He]2s?2p,2p,2P., und erst beim Sauerstoff (Z=8) wird ein 2p-Orbital doppelt besetzt, wie die Konfiguration [He]2s?2p?2p!2p! zeigt. Wenn Elektronen mehrere Orbitale einfach besetzen, so x

y

z

hilft uns die Hund’sche Regel, die relative Ausrichtung ihrer Spins anzugeben: %

Der Grundzustand eines Atoms ist die Konfiguration mit der größtmöglichen Anzahl ungepaarter Spins.

Die Erklärung für diese Beobachtung ist recht kompliziert. Sie hängt mit der quantenmechanischen Eigenschaft der Spinkorrelation zusammen, die bewirkt, dass Elektronen mit parallelen Spins sich gegenseitig ausweichen und sich daher weniger abstoßen. Dieser Effekt führt dazu, dass die Elektronenwolke des Atoms etwas schrumpfen kann, sodass die Kern-Elektron-Anziehung bei parallelen Spins größer ist. Wir können daraus schließen, dass die beiden 2p-Elektronen im Grundzustand des Kohlenstoffatoms parallele Spins besitzen, ebenso alle drei 2p-Elektronen im Stickstoffatom und auch die beiden Elektronen in unterschiedlichen 2p-Orbitalen im Sauerstoffatom (die beiden Elektronen, die in diesem Fall gemeinsam ein Orbital besetzen, haben gezwungenermaßen gepaarte Spins).

Begründung 10-6 Wir wollen

Die Spinkorrelation

annehmen,

Elektron

1 werde

durch

eine

Wellenfunktion

v,(r,)

beschrieben und Elektron 2 durch eine Wellenfunktion ,(r,). In der Orbitalnäherung lautet die Gesamtwellenfunktion dann ı/ = ,( r, )W,(r,). Diese Wellenfunk-

tion ist jedoch nicht akzeptabel, da sie den Anschein vermittelt, wir wüssten, welches Elektron in welchem Orbital sitzt. Dies können wir aber nicht wissen. Nach der Quantenmechanik liefert eine der beiden folgenden Wellenfunktionen die korrekte Beschreibung:

mE ZU

EW))

|

Nach dem Pauli-Prinzip muss die Linearkombination v,, da sie symmetrisch bezüglich eines Austauschs der beiden Teilchen ist, mit einer antisymmetrischen Spinfunktion multipliziert werden (also mit 0_). Diese Funktion entspricht gepaarten Spins. _ ist dagegen antisymmetrisch und muss daher mit einer der drei symmetrischen Spinfunktionen multipliziert werden, die parallelen Spins entsprechen (siehe Abschnitt 10.3.2). Nun wollen wir die Werte beider Funktionen für den Fall betracht en, dass die beiden Elektronen zusammentreffen, d.h. r, =r,. W_ wird dann offensichtlich null, das heißt, die Wahrscheinlichkeit, zwei Elektronen mit parallelem Spin am

selben Ort im Raum anzutreffen, ist null. Die Linearkombinat ion v , verschwindet

in diesem Fall jedoch nicht. Da die beiden Elektronen also verschiedene relative

räumliche Verteilungen besitzen, je nachdem, ob ihre Spins gepaart sind oder

nicht, ist folglich auch ihre Coulomb-Wechselwirkun g unterschiedlich, und somit

haben die beiden Zustände unterschiedliche Energien .

Neon (Z=10) besitzt die Konfiguration [He]2s ?2p® und damit eine gefüllte L-Schale. Diese geschlossenschalige Konfiguration wird mit [Ne] abgekürzt, sie fungiert bei den höheren Elementen als Rumpf. Das nächste Elektron muss eine neue Schale beginnen und das 3s-Orbital besetzen. Das Natriumatom mit Z=11 hat daher die Konfiguration [Ne]3s!. Ähnlich wie Lithium mit der Konfiguration [He]2s! besitzt auch das Natrium ein einzelnes s-Elektron außerhalb einer geschlossenen Schale. Damit sind wir bei der Ursache für die Periodizität chemischer Eigenschaften angel angt. Die L-Schale kann insgesamt nur 8 Elektronen aufnehmen,

10.2

daher sollte das Element mit

Element mit

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

387

Z= 11 (Na) ähnliche Eigenschaften besitzen wie das

Z=3 (Li). Entsprechend ähneln sich Mg (Z=12) und Be (Z=4)

oder die Edelgase He (Z = 2), Ne (Z = 10) und Ar (Zueilß):

In den fünf 3d-Orbitalen können zehn Elektronen untergebracht werden, was für die Elektronenkonfigurationen vom Scandium bis zum Zink ausreicht. Rechnungen der in Abschnitt10.2.2 beschriebenen Art zeigen, dass die Energien der 3d-Orbitale für diese Elemente stets niedriger sind als die der 4s-Orbitale. Spektroskopische Untersuchungen belegen aber, dass Sc die Konfiguration [Ar]3d'4s? hat und nicht [Ar]3d? oder [Ar]3d?4s!. Um dies zu verstehen, müssen wir die Abstoßung zwischen den Elektronen in 3d- und 4s-Orbitalen näher betrachten. Der wahrscheinlichste Abstand vom Kern ist für ein 3d-Elektron geringer als für ein 4s-Elektron, sodass sich zwei 3d-Elektronen stärker abstoßen als zwei 4s-Elektronen. Scandium hat also die Konfiguration [Ar]3d'4s?, da so die starke Abstoßung zwischen den 3d-Elektronen minimiert wird. Die Gesamtenergie des Atoms ist so am geringsten, obwohl das energetisch hoch liegende 4s-Orbital besetzt ist (Abb. 10-21). Dieser Effekt tritt für die Übergangselemente von Scandium bis Zink auf, die allgemein die Elektronenkonfiguration [Ar]3d"4s? haben, wobei für Scandium n = 1 gilt und für Zink n = 10. Zwei experimentell beobachtete Ausnahmen sind Chrom mit der Elektronenkonfiguration [Ar]3d’4s!' und Kupfer mit der Elektronenkonfiguration [Ar]3d'’4s! (die theoretische Begründung für diese Abweichungen ist in der Weiterführenden Literatur zu finden). Ab Gallium wird das Aufbauprinzip wieder in der beschriebenen Weise angewendet. Jetzt bilden die 4s- und 4p-Orbitale die Valenzschale, und die Periode endet mit dem Edelgas Krypton. Seit Argon haben wir dieses Mal 18 Elektronen eingebaut, daher wird diese Periode auch als erste „lange Periode“ des Periodensystems bezeichnet. Die d-Block-Elemente (die „Übergangsmetalle“) entstehen durch die schrittweise Besetzung der d-Orbitale; die kleinen Energieänderungen der Orbitale entlang dieser Reihe sind die Ursache für die große Vielfalt der Chemie der Übergangsmetalle. Eine ähnliche Einschiebung der f-Orbitale in den Perioden 6 und 7 erzeugt den f-Block des Periodensystems (die Lanthaniden und Actiniden). Um die Konfigurationen der Kationen in den s-, p- und d-Blöcken des Perioden-

systems abzuleiten, gehen wir von der Grundzustandskonfiguration des neutralen Atoms aus und entfernen die erforderliche Anzahl von Elektronen in einer bestimmten Reihenfolge aus der Valenzschale. Zuerst entfernen wır p-Elektronen (sofern vorhanden), dann s- und zuletzt d-Elektronen, bis wir das gewünschte Ion erzeugt haben. Die Konfiguration des Vanadiums ist beispielsweise [Ar]3d’4s’. Wenn wir wie beschrieben vorgehen, erhalten wir für das V?”*-Ion die Konfiguration [Ar]3d?. Es ist einzusehen, dass wir die energiereichen 4s-Elektronen entfernen, um das Kation zu erzeugen, aber es ist ganz und gar nicht offensichtlich, warum die Konfiguration [Ar]3d’ nun auf einmal gegenüber der Konfiguration [Ar]3d'4s’ bevorzugt ist, die wir im Grundzustand des isoelektronischen Sc-Atoms antreffen. Rechnungen zeigen aber, dass die Energiedifferenz zwischen den beiden Konfigurationen von Z,, abhängt. Je größer Z,, wird, desto vorteilhafter wird energetisch

betrachtet der Transfer eines 4s-Elektrons in ein 3d-Orbital, weil die steigende Elekt-

ron-Elektron-Abstoßung durch die stärkere Anziehung zwischen Elektron und Kern in dem kompakteren 3d-Orbital kompensiert wird. Die Rechnungen zeigen auch in

der Tat, dass für hinreichend großes Z, die Konfiguration [Ar]3d’ energetisch günstiger ist als [Ar]3d'4s?. Dies ist die Ursache für die beobachteten [Ar]4s°3d"-KonfiBr gurationen der zweiwertigen Kationen von Sc bis Zn. einfach, wir erhalten mente Die Konfigurationen von Anionen der p-Block-Ele Konfidie bis hinzufügen, indem wir das Aufbauprinzip anwenden und Elektronen Hinzufügen nach O°-Ion das guration des nächsten Edelgases erreicht ist. So hat von zwei Elektronen zur Konfiguration des Sauerstoffs die Konfiguration [He]2s?2p°, genau wie das neutrale Neonatom.

Energie

{LH Abb. 10-21 Scandium besitzt im Grundzustand die Konfiguration [Ar] 3d'45? (links gezeigt) anstelle von [Ar] 3d?4s! (rechts), da so die starke Elektron-Elektron-Abstofung in den 3d-Orbitalen minimiert wird. Die Gesamtenergie des Atoms ist in der Konfiguration [Ar] 3d'4s? niedriger, obwohl

das energetisch hoch liegende 4s-Orbital doppelt besetzt ist.

383

10 Atomstruktur und Atomspektren

w oO

8)&

lonisationsenergie, I/eV

Abb. 10-22 Die ersten lonisierungsenergien der Elemente als Funktion der Kernladungszahl.

Kernladungszahl, Z

lonisierungsenergien und Elektronenaffinitäten Die Energie, die mindestens nötig ist, um ein Elektron aus einem MehrelektronenKurztabelle 10-3

Erste und zweite

lonisierungsenergien*

Element

H He Mg Na

h/(k) mol”)

1,/(kJ mol”)

1312 2372 738 496

5251 1451 4562

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

atom zu entfernen, ist die erste Ionisierungsenergie I, des Elements. Die zweite lonisierungsenergie ist die Energie, die benötigt wird, um ein zweites Elektron (aus dem einfach geladenen Kation) zu entfernen. Die Variation der ersten lonisierungsenergien durch das Periodensystem ist in Abb. 10-22 dargestellt und einige Zahlenwerte sind in Tabelle 10-3 aufgeführt. In thermodynamischen Rechnungen benötigen wir häufig die Standard-Ionisierungsenthalpie A,.H°. Wie in der folgenden Begründung gezeigt wird, sind die beiden durch 5

An H°(T) = ul

(10-34)

miteinander verknüpft. Bei 298 K beträgt der Unterschied zwischen Ionisierungsenthalpie und Ionisierungsenergie 6.20 kJ] mol".

Begründung 10-7 lonisierun Aus dem Kirchhoffschen Gesetz (Gl. (2-36)) folgt, dass die Enthalpie der Reaktion

M(g) >M"(g) +e'(g) bei einer Temperatur T mit ihrem Wert bei T = 0 durch -T

A,H®(t) = A,H°(0) + |AG de J0

zusammenhängt. Die molaren Wärmekapazitäten bei konstantem Druck sind 3R für alle Reaktionspartner, also ist A, C5 =-+3R und das Integral hat den Wert +3RT. Die Reaktionsenthalpie bei T = 0 ist aber gleich der (molaren) Ionisierungsenergie I, sodass Gl. (10-33) direkt folgt. Derselbe Ausdruck gilt auch für jeden weiteren lonisierungsschritt, sodass die gesamte lonisierungsenth alpie für die Bildung von M°* gleich A,H

(7)

== IN SE I, Sie SRT

ist. Kurztabelle 10.4 Elektronenaffinitäten

Re

Die Elektronenaffinität FE, ist die Energie, die frei wird, wenn ein Elektron an ein

le,

Ega/ (k] jmol” )* @

349

F

322

H

73

©

141

(6)

—844

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Atom in der Gasphase angelagert wird (Tabelle 10-4). Die übliche (aber nicht überall eingehaltene!) Konvention ist, dass die Elektronenaffi nität positiv gezählt wird, wenn bei der Anlagerung des Elektrons an das Atom Energie frei wird (E,, > 0 bedeutet also, dass die Anlagerung des Elektrons exotherm ist). Einer ähnlichen Argumentation wie zuvor bei der lonisierungsenergie folgend ist die Standardenthalpie der Elektronenanlagerung A,, H® bei einer Temperatur T durch ©

A,H

5

pe

(T)

2

len



3

(10-35)

10.2

Die Struktur von Mehrelektronenatomen

gegeben, wobei sich in diesem Fall definitionsgemäß das Vorzeichen ändert. In typischen thermodynamischen Kreisprozessen heben sich die3RT aus Gl. (10-35) meist gegen die aus Gl. (10-34) weg, sodass auch direkt Ionisierungsenergien und Elektronenaffinitäten verwendet werden können. Die Enthalpie der Elektronenanlagerung einer SpeziesX ist gleich der negativen lIonisierungsenthalpie des entsprechenden negativen Ions,

A, H® (X) = An H°(X).

(10-36)

lonisierungsenergien sind häufig einfacher zu messen als Elektronenaffinitäten; in diesen Fällen kann die angegebene Beziehung helfen, Letztere zu bestimmen. Bekanntlich zeigen lonisierungsenergien und Elektronenaffinitäten bestimmte Periodizitäten. Diese sind bei den lonisierungsenergien etwas regelmäßiger, sodass wir uns auf sie konzentrieren wollen. Lithium besitzt eine niedrige erste Ionisierungsenergie, da sein Valenzelektron durch die beiden Rumpfelektronen gut vom Kern abgeschirmt wird (Z,+ = 1.3 gegenüber Z = 3). Die Ionisierungsenergie von Beryllium (Z = 4) ist größer, aber die von Bor ist wieder etwas kleiner, da hier das letzte Elektron in einem 2p-Orbital sitzt, wo es etwas schwächer gebunden ist als es in einem 2s-Orbital wäre. Von Bor bis Stickstoff nimmt die Ionisierungsenergie zu, da die Kernladung zunimmt. Die Ionisierungsenergie von Sauerstoff ist aber wieder geringer, als aus einer einfachen Extrapolation zu erwarten wäre. Die Erklärung dafür ist, dass im Sauerstoff erstmals ein 2p-Orbital doppelt besetzt wird, wodurch sich die Elektron-Elektron-Abstoßung stärker erhöht als eine Extrapolation entlang der Periode berücksichtigen würde. Außerdem resultiert der Verlust eines Elektrons in einer halb gefüllten und daher besonders stabilen 2p-Unterschale (analog N), sodass auch die Energie des Systems O* + e” besonders niedrig ist, was die lonisierungsenergie nochmals verringert. (In der nächsten Periode, zwischen Schwefel und Phosphor, ist dieser Effekt nicht so ausgeprägt, da deren Orbitale insgesamt etwas diffuser sind.) Die Werte für Sauerstoff, Fluor und Neon liegen praktisch auf eine Gerade; die Zunahme der lonisierungsenergien liegt hier einfach an stärkeren Anziehung der äußeren Elektronen durch die Kerne aufgrund der steigenden Kernladung. Im Natrium ist das äußerste Elektron das 3s-Elektron. Es ist weit vom Kern entfernt, dessen Ladung durch den kompakten Neonrumpf sehr gut abgeschirmt wird. Das Ergebnis ist eine viel geringere Ionisierungsenergie als bei Neon. Die Variation quer durch die Periode beginnt mit dem Natrium von neuem, wobei die Begründungen gleich bleiben. Die Elektronenaffinitäten sind in der Nähe des Fluors am größten, da das neu hinzukommende Elektron hier eine kompakte Valenzschale auffüllen und stark mit dem Kern wechselwirken kann. Die Anlagerung eines Elektrons an ein Anion (wie bei der Bildung von O°" aus O°) ist zwangsläufig endotherm, und F;, ist negativ. Das hinzukommende Elektron wird durch die bereits vorhandene Ladung abgestoßen. Die Elektronenaffinitäten sind auch klein (und können negativ werden), wenn das zusätzliche Elektron ein weit vom Kern entferntes, diffuses Orbital besetzt (wie in den schwereren Alkalimetallen) oder aufgrund des Pauli-Prinzips eine neue Schale beginnen muss (wie in den Edelgasatomen).

10.2.2

_Selbstkonsistente Orbitale

Das entscheidende Problem bei der Lösung der Schrödinger-Gleichung für Mehrelektronensysteme sind die Elektron-Elektron-Wechselwirkungsterme. Die potenzielle Energie der Elektronen in einem Atom ist

ZINN E

— AnEor;

23 Amer;

(10-37)

389

10 Atomstruktur und Atomspektren

390

Hier bedeutet der Strich an dem zweiten Summenzeichen, dass die Summation unter der Bedingung i#j auszuführen ist, und der Faktor ; stellt sicher, dass die Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen nur einmal gezählt wird. Der erste Term beschreibt die Kern-Elektron-Anziehung, der zweite die Elektron-ElektronAbstoßung; r,; ist der Abstand der Elektronen i undj. Es ist vollkommen aussichts-

los, analytische Lösungen der Schrödinger-Gleichung mit einem solch komplizierten Potenzialterm finden zu wollen. Es gibt jedoch Rechenverfahren, die sehr genaue und zuverlässige numerische Eösungen für die Energien und die Wellenfunktionen liefern können. Die Methoden wurde ursprünglich von D.R. Hartree eingeführt (noch bevor Computer zur Verfügung standen) und später von V. Fock modifiziert, um das Pauli-Prinzip zu berücksichtigen. In groben Umrissen funktioniert das Hartree-Fock-Verfahren (HF-SCF, für „Hartree-Fock self-consistent field“) folgendermaßen. Wir nehmen

an, wir hätten eine ungefähre Vorstellung von der Struktur des

Atoms. Für das Neonatom haben wir beispielsweise die Konfiguration 1s?2s?2p® abgeleitet; für die Orbitale setzen wir zunächst wasserstoffähnliche Orbitale an. Jetzt betrachten wir eines der 2p-Elektronen. Für dieses Elektron können wir eine Schrödinger-Gleichung aufstellen, die ein effektives Potenzial aufgrund der Anziehung des Kerns und der gemittelten Abstoßung durch alle anderen Elektronen in ihren genäherten Orbitalen enthält. Diese Gleichung hat die Form

A(1)b2,(1) + VangeresWap(1) — VausauschW2p(1)= Ei,(l) -

(10-38)

Entsprechende Gleichungen können auch für die 1s- und 2s-Elektronen aufgestellt werden. Die einzelnen Terme bedeuten Folgendes: 1. Der erste Term auf der linken Seite beschreibt die kinetische Energie des Elektrons und die Anziehung zwischen Elektron und Kern, wie im wasserstoffähnlichen Atom. 2. Der zweite Term berücksichtigt die Wechselwirkung des betrachteten Elektrons mit allen anderen Elektronen. 3. Der dritte Term berücksichtigt die bereits zuvor erwähnten Effekte der Spinkorrelation.

LA

Obwohl wird diese Gleichung für das 2p-Orbital in Neon aufgestellt haben, hängt sie (durch den zweiten und dritten Term) von den Wellenfunktionen aller Elektronen im Atom ab. Wir können Gl. (10-38) unmöglich analytisch lösen, aber eine numerisc he Lösung ist möglich, wenn wir zunächst für alle Orbitale außer 2p eine ungefähre Form annehmen. Diese Prozedur wiederholen wir nun für alle anderen Orbitale im Atom. Wenn wir das für alle Orbitale getan haben, dann haben wir einen neuen Satz von Orbitalen berechnet, die sich in der Regel von den zunächst angenommenen unterscheiden werden. Mit diesen verbesserten Orbitalen starten wir dann einen neuen Rechenzyklus und berechnen einen zweiten Satz verbesserter Orbitale.

1s

a Re .Q

=

2p

en) nn 80 5

2s

o

©

>

®

os

= 2

3s

0



1

r/a,

2

M

Abb. 10-23 Die radialen Verteilungsfunktionen der Orbitale von Na, die aus

SCF-Rechnungen erhalten wurden. Die Schalenstruktur ist deutlich zu sehen; das

3s-Orbital befindet sich im Wesentlichen außerhalb der inneren K- und L-Schalen.

Das tun wir so oft, bis sich die Orbitale und Energien, die wir berechnen, nicht

mehr entscheidend verändern. Die Orbitale sind dann selbstkons istent; wir akzeptieren sie als Lösungen unseres Problems.

Einige mit dem HF-SCF-Verfahren berechnete radiale Vertei lungsfunktionen für Natrium sind in Abb. 10-23 dargestellt. Wir erkennen deutlich, wie sich die Elektronendichte in Schalen um den Kern legt, was die Chemik er schon sehr früh angenommen haben. Wir erkennen auch die unterschiedlic he Durchdringung verschiedener Orbitale, die wir bereits diskutiert haben. Die SCF-Re chnung stützt daher das qualitative Bild, das wir uns bei unseren bisheri gen Gedankengängen gemacht haben. Sie geht jedoch noch darüber hinaus, da sie uns genaue Wellenfunktionen und Energien liefert.

10.3

10.3]

Die Spektren komplexer Atome

Die Spektren komplexer Atome

Atomspektren werden mit wachsender Zahl von Elektronen schnell sehr kompliziert, sie haben aber einige wichtige und einigermaßen einfache Eigenschaften, die die Atomspektroskopie zu einem nützlichen Werkzeug für die Untersuchung der Zusammensetzung von Proben bis hin zu ganzen Sternen (Anwendung 10-1) machen. Grundsätzlich ist die Interpretation eines Spektrums recht einfach: Die Linien im Spektrum (egal ob in Emission oder Absorption) erscheinen, wenn das Atom eine Zustandsänderung erfährt, die mit einer Energieänderung |AE| verbunden ist. Dabei emittiert oder absorbiert es ein Photon der Frequenz v = |AE|/h und der Wellenzahl W = |AE|/he. Folglich gibt uns das Spektrum Informationen über die erlaubten Energien der Atome. Diese Energien sind jedoch nicht allein durch die Orbitalenergien bestimmt, da die Elektronen in den Orbitalen miteinander wechselwirken. Diese Wechselwirkungen führen zu verschiedenen Beiträgen zur Gesamtenergie, die wir bisher vernachlässigt haben.

Anwendung 10-1

Spektroskopie von Sternen

Der überwiegende Teil der Masse von Sternen besteht aus neutralen und ionisierten Formen von Wasserstoff und Helium, das durch Fusionsprozesse aus Wasserstoff entsteht. Durch Kernfusion entstehen aber auch schwerere Elemente. Nach allgemeiner Überzeugung bestehen die äußeren Schichten von Sternen aus leichten Elementen wie H, He, C, N, © und Ne jeweils als neutrale oder ionisierte Teilchen. Schwerere Elemente wie Si, Mg, Ca, S oder Ar sind mehr im Sterninneren zu finden. Der Kern selbst enthält die schwersten Elemente; dabei ist °°Fe wegen seiner Stabilität besonders häufig. Wegen der hohen Temperaturen in Sternen liegen alle diese Elemente in der Gasphase vor; die Temperatur in der Mitte zwischen Oberfläche und Zentrum der Sonne wird beispielsweise auf 3.6 MK geschätzt. Jedes Element oder sogar jedes Isotop eines Elements hat einen charakteristischen

„Fingerabdruck“

der mit dem

Licht eines

Sterns

durch

den Weltraum

geschickt wird, daher können Astronomen mit spektroskopischen Methoden die Zusammensetzung von Sternen bestimmen. Um die Spektren von Sternen zu verstehen,

müssen

wir zuerst verstehen,

warum

sie leuchten.

Kernreaktionen

im

dichten Sterninneren erzeugen Strahlung, die sich nach außen in die weniger dichten Schichten fortpflanzt. Durch häufige Absorption und Re-Emission der Strahlung auf ihrem Weg entsteht ein Quasi-Kontinuum an Strahlungsenergie, das schließlich von der äußersten, als Photosphäre bezeichneten dünnen Gasschicht in den Weltraum abgestrahlt wird. Die von der Photosphäre emittierte Energieverteilung entspricht in guter Näherung einer Planck-Verteilung für sehr heiße schwarze Strahler (Abschnitt 8.1.). Die Energieverteilung der Photosphäre unserer Sonne ist beispielsweise eine Planck-Verteilung mit einer effektiven Temperatur von 5.8kK. Dem Strahlungskontinuum des schwarzen Strahlers überlagert sind scharfe Absorptions- und Emissionslinien von neutralen Atomen und Ionen in der Photosphäre. Wenn man ein Spektrometer an ein Teleskop anschließt, kann man durch Vergleich der gemessenen Strahlung mit den bekannten Spektren der Elemente die chemische Zusammensetzung der Photosphäre des Sterns ermitteln. In relativ „kalten“ Sternen kann man auf diese Weise

sogar die Existenz kleiner Moleküle wie CN, C,, TiO oder ZrO nachweisen. Die beiden äußersten Schichten eines Sterns sind die Chromosphäre direkt über

der Photosphäre und die Korona über der Chromosphäre, die (mit Vorsicht!) während Sternbedeckungen (Finsternissen) beobachtbar ist. Photosphäre, Chromosphäre und Korona bilden zusammen die „Atmosphäre“ eines Sterns. Die Chromosphäre unserer Sonne ist viel weniger dicht und dafür heißer (bis zu 10 kK) als

ihre Photosphäre. Die Gründe für diesen Temperaturanstieg sind nicht vollständig verstanden. Die Temperatur der Korona unserer Sonne ist sehr hoch - sie beträgt Radiobis zu 1.5MK -, sodass die Kontinuumsstrahlung vom Röntgen- bis zum

391

392

10 Atomstruktur und Atomspektren

slinien wellenbereich sehr stark ist. Das Spektrum der Korona wird von Emission im slinien Emission stärksten Die . elektronisch angeregter Teilchen dominiert ) (637.4nm n Fe’'-Ione ), (530.3nm en Fe!*-Ion sichtbaren Bereich stammen von und Ca*'-Ionen (569.4 nm). Da nur das Licht aus der Photosphäre unsere Teleskope erreicht, muss die vollständige Zusammensetzung eines Sterns aus der Analyse seiner Atmosphäre und theoretischen Überlegungen zu seinem Aufbau abgeleitet werden. Die Daten für die Sonne besagen, dass sie aus 92% Wasserstoff und 7.8% Helium besteht. Die restlichen 0.2% verteilen sich auf schwerere Elemente, unter denen C, N, O, Ne

und Fe die häufigsten sind. Eine genauere Analyse der Spektren erlaubt noch weiter gehende Aussagen über die Eigenschaften von Sternen, z.B. ihre Relativgeschwindigkeiten (Aufgabe 10.27) oder ihre effektiven Temperaturen (Aufgabe 13.29).

10.3.1

_Quantendefekte und lonisierung

Eine häufige Anwendung der Atomspektroskopie ist die Bestimmung rungsenergien. Dabei können wir aber nicht ohne weiteres die in beschriebene Vorgehensweise anwenden, da die Energieniveaus von nenatomen im Allgemeinen nicht wie 1/n? variieren. Wenn wir unsere

von lonisieBeispiel 10-1 MehrelektroBetrachtung

auf die äußersten Elektronen eines Atoms beschränken, dann wissen wir bereits,

dass sie aufgrund von Durchdringung und Abschirmung eine Kernladung von nur wenig mehr als le spüren, da die Z— 1 anderen Elektronen in neutralen Atomen den größten Teil der eigentlichen Kernladung neutralisieren. Typische Werte von Zr sind etwas größer als 1, daher erwarten wir, dass die Bindungsenergien der Elektronen zwar durch einen Ausdruck der Form —hcR/n? beschrieben werden, aber etwas tiefer liegen als nach der Formel berechnet. Wir führen daher den Quantendefekt ö ein und schreiben die Energie als -heR/(n - ö)’. Der Quantendefekt wird am besten als rein empirische Größe betrachtet. Es gibt einige angeregte Zustände von Atomen, die so diffus sind, dass die 1/n?Abhängigkeit tatsächlich gilt; sie werden als Rydberg-Zustände bezeichnet. Für sie gilt

er AR I=-5, n?

(10-39)

und eine Auftragung der Wellenzahl gegen 1/n? kann hier verwendet werden, um durch Extrapolation I zu ermitteln (in der Praxis wird man mithilfe eines Computers eine lineare Regression durchführen). Wenn der untere Zustand nicht der Grundzustand ist (was möglich ist, wenn wir das Konzept der lonisierungsenergie verallgemeinern), dann kann die lonisierungsenergie des Grundzustandes bestimmt werden, indem man die entsprechende Energiedifferenz (Anregungsenergie) zu der so bestimmten Ionisierungsenergie addiert.

10.3.2

_ Singulett- und Triplettzustände

Wir wollen jetzt die Energieniveaus eines He-Atoms untersuchen. Wir wissen bereits, dass seine Grundzustandskonfiguration 1s? lautet, und können leicht vor-

hersagen, dass eine der möglichen angeregten Konfigurationen 1s'2s! sein wird, in der eines der beiden 1s-Elektronen das 2s-Orbital besetzt. Da die beiden Elektronen nun verschiedene Orbitale besetzen, müssen ihre Spins nicht gepaart sein. Nach der Hund’schen Regel liegt der Zustand mit parallelen Spins tiefer als derjenige mit

gepaarten Spins. Beide Zustände sind möglich und können zum Atomspektrum des Heliums beitragen.

10.3 Die Spektren komplexer Atome

Parallele und antiparallele (gepaarte) Spinpaare unterscheiden sich durch ihren

Gesamtspin. Bei gepaarten Spins kompensieren sich die beiden einzelnen Spindrehimpulse, sodass der resultierende Gesamtspin (wie in Abb. 10-18 dargestellt)

null ist. Diese Anordnung der beiden Spins wird auch als Singulett bezeichn et. Die zugehörige Wellenfunktion hatten wir bei der Diskussion des Pauli-Prinzips als o_ bezeichnet:

1 21,2) = 71a 1)B2) - BN)aL2)}

(10-40a)

Die Drehimpulse zweier paralleler Spins addieren sich zu einem von null verschiedenen Gesamtspin, diesen Zustand nennen wir Triplett. Wie Abb. 10-24 zeigt, gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, zwei Spins so zu koppeln, dass ein von null verschiedener Gesamtspin entsteht, aber nur eine Möglichkeit, die zu einem Gesamtspin von null führt. Die drei Triplett-Wellenfunktionen sind die bereits bekannten symmetrischen Linearkombinationen

ala),

o:(1,2) = 7 {a(1)802) +P(1)a(2)},

BUUBL).

|

(10-40b)

Die Tatsache, dass die parallele Anordnung der Spins in der Konfiguration 1s'2s! des Heliumatoms energetisch günstiger ist als die antiparallele, ist nun gleichbedeutend damit, dass der Triplettzustand dieser Konfiguration tiefer liegt als der Singulettzustand. Diese Aussage gilt auch für andere Atome (und Moleküle). Allgemein liegt für Zustände der gleichen Konfiguration stets der Triplettzustand tiefer als der Singulettzustand. Der Ursprung dieser Energiedifferenz ist die Verringerung der Coulomb-Abstoßung zwischen den Elektronen durch die Spinkorrelation, analog zur Erklärung der Hund’schen Regel für Grundzustandskonfigurationen. Da die Coulomb-Wechselwirkung zwischen den Elektronen in einem Atom sehr stark ist, kann die Energiedifferenz zwischen den Singulett- und Triplettzuständen der gleichen Konfiguration große Werte annehmen. Die beiden Zustände der 1s'!2s!-Konfiguration des Heliums unterscheiden sich beispielsweise um 6421cm! (0.80 eV). Das Spektrum des Heliums ist zwar komplizierter als das des atomaren Wasserstoffs, es wird jedoch in zweierlei Hinsicht vereinfacht.

Erstens müssen

wir nur

Konfigurationen der Form 1s'nl! berücksichtigen, d.h. Konfigurationen mit nur einem angeregten Elektron. Die Anregung beider Elektronen würde eine Energie erfordern, die größer ist als die Ionisierungsenergie des Atoms, daher würde sich das He*-Ion anstelle des zweifach angeregten Atoms bilden. Zweitens finden keine Übergänge zwischen Singulett- und Triplettzuständen und umgekehrt statt, da sich die relative Orientierung der beiden Spins während des Übergangs nicht ändern darf. Dadurch erhalten wir zwei Spektren: eines durch Übergänge zwischen den Singulettzuständen (zu welchen auch der Grundzustand gehört) und eines durch Übergänge zwischen den Triplettzuständen. Spektroskopisch verhält sich Helium also wie eine Mischung aus zwei unterschiedlichen Teilchen, und tatsächlich glaubten Spektroskopiker früher, dass es aus „para-Helium“ und „ortho-Helium“ bestehe. Das Grotrian-Diagramm für Helium in Abb. 10-25 zeigt deutlich die beiden getrennten Gruppen von Übergängen.

10.3.3

_ Spin-Bahn-Kopplung

Ein Elektron besitzt aufgrund seines Spins ein magnetisches Moment (Abb. 10-26). Wenn es einen Bahndrehimpuls besitzt (d.h. 1 > 0 ist), verhält es sich im Prinzip wie ein Ringstrom; auch mit dieser Bahnbewegung ist ein magnetisches Moment verbunden. Die beiden magnetischen Momente können miteinander wechselwir-

ken: man bezeichnet diese Erscheinung als Spin-Bahn-Kopplung. Die Stärke dieser Kopplung und ihre Bedeutung für die Energieniveaus des Atoms hängen von der

M=-1

Abb. 10-24 Wenn zwei Elektronen parallele Spins besitzen, so ist ihr resultierender Gesamtspin von null verschieden. Diese Situation kann auf drei Arten erreicht wer-

den, die hier dargestellt sind. Obwohl wir die exakte Orientierung der Spins nicht kennen können, ist der von ihnen einge-

schlossene Winkel in allen drei Fällen gleich groß, da alle drei Zustände den gleichen resultierenden Spindrehimpuls besitzen (die Resultierende der beiden Vektoren ist also in allen Fällen gleich lang, nur ihre

Richtung ist jeweils verschieden). Abb. 10-18 zeigt zum Vergleich den Fall mit antiparallelen Spins. Während zwei gepaarte Spins wirklich antiparallel ausgerichtet sind, sind zwei ‚parallele‘ Spins

nicht exakt parallel.

EM Kommentar 10-4 Wir haben bereits angemerkt, dass der Elektronenspin ein rein quantenmechanisches Phänomen ohne klassische Entsprechung ist. Trotzdem kann uns ein klassisches Modell zumindest zum Teil helfen, den Ursprung des magnetischen Moments eines Elektrons zu verstehen. So verursacht das von einem klassisch als bewegte Ladung beschriebenen rotierenden Elektron erzeugte Magnetfeld ein magnetisches Moment. Dieses Modell ist aber nur eine Veranschaulichung und kann nicht verwendet werden, um die Größe des magnetischen Moments eines Elektrons vorherzusagen oder die magnetischen Spinmomente von elektrisch neutralen Teilchen wie dem Neutron

zu erklären.

10 Atomstruktur und Atomspektren

394

u

I

ame

es

Die

Din

BE

587.6

°

©'&n

1083

©

= je]

5 10

Abb. 10-26 Drehimpulse erzeugen ein magnetisches Momentu. Im Fall des Elektrons ist das magnetische Moment

antiparallel zum Bahndrehimpuls, aber

207:

Abb. 10-25 Ein Ausschnitt aus dem Grotrian-Diagramm für ein Heliumatom. Es enthält keine Übergänge zwischen den Singulett- und den Triplettzuständen.

20

proportional dazu. Für den Spindrehimpuls taucht ein Faktor2 in der Beschreibung auf, der das magnetische Moment doppelt so groß macht wie erwartet.

relativen Orientierung der magnetischen Spin- und Bahnmomente ab, also von der relativen Orientierung der beiden Drehimpulse (Abb. 10-27).

Der Gesamtdrehimpuls grofses j

(a)

hohe Energie

kleines j

Um die Abhängigkeit der Spin-Bahn-Kopplung von der relativen Orientierung des Spin- und des Bahndrehimpulses zu berücksichtigen, betrachten wir sie als Funktion des Gesamtdrehimpulses eines Elektrons, der Vektorsumme des Spin- und des Bahndrehimpulses. Wenn Spin- und Bahndrehimpuls weit gehend parallel sind, so ist der Gesamtdrehimpuls groß; wenn sie entgegengesetzt gerichtet sind, ist der Gesamtdrehimpuls klein. Der Gesamtdrehimpuls eines Elektrons wird durch die Quantenzahlen j und m; mit j=1+1! (beide Drehimpulse zeigen in die gleiche Richtung) oder j=1-35 (beide Drehimpulse zeigen in entgegengesetzte Richtungen, Abb. 10-28) beschrieben. Die verschiedenen Werte von j, die für ein gegebenes ! möglich sind, bezeichnet man als Niveaus eines Terms. Für ! = 0 ist der einzige erlaubte Wert j=$ (der Gesamtdrehimpuls ist gleich dem Spindrehimpuls, da kein weiterer Drehimpuls im Atom existiert). Für |= 1 kann j die Werte 3 (Spin- und Bahndrehimpuls gleich gerichtet) oder 5(Spin- und Bahndrehimpuls entgegengesetzt gerichtet) annehmen.

niedrige (b)

Energie

Abb. 10-27 Die Spin-Bahn-Wechselwirkung ist eine magnetische Wechselwirkung zwischen den magnetischen Spin- und Bahnmomenten. Wenn die beiden Drehimpulse wie in (a) parallel stehen, sind die magnetischen Momente ungünstig orientiert.

Wenn die Drehimpulse wie in (b) antiparallel stehen, ist die Wechselwirkung vorteil-

Beispiel 10-4 Die Niveaus einer Konfiguration

Welche Niveaus entstehen aus den Konfigurationen (a) d! und (b) s!? Vorgehen Wir müssen jeweils den Wert von | feststellen und dann die möglichen Werte von j bestimmen, die für diese Einelektronensysteme gleich der Summe bzw. Differenz von Spin- und Bahndrehimpuls sind.

Antwort

(a) Für ein d-Elektron ist 1 = 2; es existieren daher zwei Niveaus, eines

haft. Diese Kopplung ist die Ursache für die Aufspaltung einer Konfiguration in

mitj=2+3=3

Niveaus.

existiert daher nur ein Niveau mit =}.

und eines mitj=2-1=3.

(b) Für ein s-Elektron ist

I=0, es

10.3 Die Spektren komplexer Atome

395

Übung 10-8 Welche Niveaus entstehen aus den Konfigurationen (a)p' und (b)f!?

Um aus der Quantenzahl j die tatsächliche Spin-Bahn-Kopplung zu bestimmen, benötigen wir die Spin-Bahn-Kopplungskonstante A (die meist als Wellenzahl angegeben wird). Eine ausführliche quantenmechanische Rechnung führt zu dem Ergebnis, dass die Energie eines Niveaus mit den Quantenzahlen s, I und jdurch den Ausdruck

1 Eis; = zheAtjl H1)-

(+1)

-s(s+1)}

(10-41) Abb. 10-28 Die Kopplung der Spin- und Bahnmomente eines d-Elektrons (l = 2) gibt je nach der relativen Orientierung der Spin- und Bahnmomente des Elektrons zwei mögliche Werte für.

gegeben ist.

_Begründung 10-8

Die Energie der Spin-Bahn-Wechselwirkung

Die Energie eines magnetischen Moments in einem Magnetfeld B ist durch das Skalarprodukt —u- B gegeben. Wenn das Magnetfeld durch den Bahndrehimpuls eines Elektrons verursacht wird, so ist es proportional zu I; ebenso ist das magnetische Moment u proportional zu s, wenn es auf einem Spindrehimpuls beruht. Die Wechselwirkungsenergie ist also proportional zu dem Skalarprodukt von I und s: Wechselwirkungsenergie = —-u:Bxs-1.

Diesen Ausdruck können wir als Störterm erster Ordnung zum Hamilton-Operator des Systems betrachten. Der Gesamtdrehimpuls ist die Vektorsumme von Spin- und Bahndrehimpuls, j=1+s. Den Betrag des Vektors j können wir aus der Gleichung Te

lese)

=Tel4s-sH2sel

berechnen. Also ist

sI=s{P-P-8}, wobei wir verwendet haben, dass das Skalarprodukt zweier Vektoren u und v gleich u - v = uvcos d ist, sodass u -u = u? gilt. So weit ist dies ein klassisches Ergebnis. Für den Übergang zur Quantenmechanik behandeln wir alle Größen als Operatoren und schreiben

(10-42)

si=s{P-P-P}.

Nun berechnen wir die Korrektur erster Ordnung zur Energie, indem wir den Erwartungswert

i 1 ee FE - 3,45) (j1,sis-j,l,s) = 5 Gh

2 6 El

ein

(10-43)

berechnen. Wenn wir diesen Ausdruck in die Gleichung für die Wechselwirkungsenergie (E x s: I) einsetzen und die Proportionalitätskonstante gleich hcA/ h? setzen, dann erhalten wir genau Gl. (10-42). Die Berechnung von A ist wesentlich schwieriger (siehe Weiterführende Literatur).

Kommentar 10-5 Das Skalarprodukt zweier Vektoren u und v mit den Beträgen u und v ist u :v = uvcosd), wobei $ der von den Vektoren eingeschlossene Winkel ist.

10 Atomstruktur und Atomspektren

396

Illustration 10-3

Energie

Abb. 10-29 Die durch Spin-Bahn-Kopplung entstehenden Niveaus eines ?P-Terms. Das Niveau mit kleinemj liegt unter dem Niveau mit größeremj.

Die Energien der Niveaus

einzelne Elektron ein Im Grundzustand eines Alkalimetallatoms besetzt das in diesem Zustand ls ehimpu Bahndr | s-Orbital, daher ist = 0 und j=;. Da der verifizieren könwir (was auf irkung null ist, tritt auch keine Spin-Bahn-Wechselw Elektron in ein das Wenn en). einsetz 0 | nen, indem wir in Gl. (10-41) j= s und I = und daher ls ehimpu Bahndr einen es | Orbital mit = 1 angeregt wird, so besitzt In dieser wirkt. wechsel ment Spinmo ein magnetisches Moment, das mit seinem besitzen, 5 = j oder 3 = j puls drehim \ Konfiguration kann das Elektron den Gesamt die Energien dieser beiden Niveaus sind 1 35 Sheal 5x, 1)

E;/2 — |

En _

il

03

ahead 3x,

1x 2

1 1 3 c 3 x-% b=-heA 1

> x-r | =

und

-heA.

Das zugehörige Energieniveaudiagramm ist in Abb. 10-29 wiedergegeben. Der Schwerpunkt der Niveaus bleibt unverändert, da es vier Niveaus der Energie 3hcA und zwei Niveaus der Energie —hcA gibt. Die Stärke der Spin-Bahn-Kopplung hängt von der Kernladung des Atoms ab. Um dies zu verstehen, stellen wir uns vor, wir säßen auf dem kreisenden Elektron. Scheinbar umkreist uns ein geladener Atomkern (wie die Sonne um unsere Erde zu kreisen scheint), sodass wir im Zentrum

eines Ringstroms sitzen. Je größer die

Ladung des kreisenden Kerns ist, desto stärker ist dieser Ringstrom und desto stärker ist daher auch das Magnetfeld, das wir spüren. Da das magnetische Moment des Elektrons mit diesem Magnetfeld in Wechselwirkung tritt, ist die Spin-BahnKopplung umso stärker, je höher die Ladung des Kerns ist. Die Kopplung wächst mit Z*, sie ist daher für leichte Atome klein (für H beträgt die maximale Verschiebung der Energieniveaus etwa 0.4cm '), kann aber für schwere Atome sehr große Werte annehmen (bei Blei kann sie einige tausend cm" betragen).

Die Feinstruktur v /cm"

Ä

16 973

Wenn das p-Elektron eines angeregten Alkalimetallatoms wieder in das s-Orbital übergeht, treten zwei Spektrallinien auf. Eine davon stammt von einem Übergang

P,

16 956

el

D,

D,

e

=

=

=

le an 0

an V

aus dem j=3-Niveau und das andere von einem Übergang aus demj = $-Niveau derselben Konfiguration. Diese Linien sind ein Beispiel für die Feinstruktur eines Spektrums, die durch Spin-Bahn-Kopplung hervorgerufen wird. Wir können diesen Effekt sehr deutlich im Emissionsspektrum von Natriumdampf beobachten, der durch eine elektrische Entladung angeregt wurde (wie z.B. in manchen Straßenlaternen). Die gelbe Linie bei 589 nm (rund 17 000 cm!) besteht in Wirklichkeit aus zwei eng benachbarten Linien bei 589.76nm (16956.2cm!) und 589.16nm (16 973.4 cm '); die beiden Komponenten dieses Dubletts werden als die „D-Linien“ bezeichnet (Abb. 10-30). In Na-Atomen bewirkt die Spin-Bahn-Kopplung also eine Aufspaltung der Niveaus um etwa 17cm.

i y

ShR

Abb. 10-30 Das Energieniveaudiagramm für die Entstehung der Natrium-D-Linien. Die Aufspaltung der Spektrallinien (um 17cm) ist die Folge der Aufspaltung der Niveaus des ?P-Terms.

Beispiel 10-5 Die Bestimmung der Spin-Bahn-Kopplungskonstante aus einem Atomspektrum

Der Ursprung der D-Linien im Emissionsspektrum des atomaren Natriums ist in Abb. 10-30 skizziert. Wie groß ist die Spin-Bahn-Kopplungskonstante für die angeregte Konfiguration des Na-Atoms? Vorgehen

Aus Abb. 10-30 können wir erkennen, dass der Abstand der Linien

gleich der Aufspaltung des (j=)- und des (j=1)-Niveaus des angeregten Zustands ist. Diese hängt durch Gl. (10-40) mit der Spin-Bahn-Kopplungskon-

10.3 Die Spektren komplexer Atome

397

stante A zusammen. Wir setzen also die beobachtete Aufspaltung gleich der nach Gl. (10-40) berechneten und lösen nach A auf. Antwort

UN

Der Abstand der beiden Niveaus beträgt

er 2 56

Ve

|

Ba! | 43 ı) ll

Im Experiment beobachtet man eine Aufspaltung von 17.2 cm', folglich ist 2 A= 317.2cm"! = lem".

Für die anderen Alkalimetallatome ergibt die gleiche Rechnung: Li 0.23cm', K 38.5 cm”', Rb 158cm"!, Cs 370 cm-!. Die Stärke der Kopplung nimmt also mit steigender Ordnungszahl deutlich zu (für diese Mehrelektronenatome allerdings langsamer als mit Z*).

Übung 10-9 Die Konfiguration [Kr]5d'! von Rubidium besitzt zwei Niveaus bei 25 700.56 cm-! und 25703.52cm! über dem Grundzustand. Wie groß ist die Spin-Bahn-Kopplungskonstante A für diesen angeregten Zustand? [1.18 cm]

10.3.4

_ Termsymbole und Auswahlregeln

Bisher haben wir uns immer mit Ausdrücken wie „das (j = })-Niveau einer Konfiguration“ herumgeschlagen. Die gleiche Information können wir auch kürzer in einem Termsymbol wie z.B. ’P;,, oder ’D, zusammenfassen. Eine nicht nur für Atome, sondern in der gesamten Spektroskopie übliche Konvention besagt, dass zur Bezeichnung von Orbitalen Kleinbuchstaben und zur Bezeichnung von Gesamtzuständen Großbuchstaben verwendet werden. Im Einzelnen enthält ein Termsymbol drei Informationen: 1. Der Buchstabe (in den genannten Beispielen P oder D) gibt die Gesamtbahndrehimpulsquantenzahl L an. 2. Der linke obere Index (die 2 in ”P;,,) gibt die Multiplizität des Terms an.

3. Der rechte untere Index am Termsymbol (3/2 in ?P,,,) gibt

m

den Wert der Gesamtdrehimpulsquantenzahl J an.

Wir werden

die einzelnen

Bemerkungen

Abb. 10-31 zeigt die verschiedenen

im Folgenden

Korrelation +

elektrostatisch

detailliert besprechen.

Beiträge zur Energie, die dabei zu beachten

| si

P

sind.

=

aus Magnetisch (Spin-Bahn)

Der Gesamtbahndrehimpuls Wenn in einem System mehrere Elektronen vorhanden sind, müssen wir irgendwie

angeben, wie sich ihre einzelnen Bahndrehimpulse addieren oder kompensieren. Die Gesamtbahndrehimpulsquantenzahl L gibt durch {L(L+1)}"”h den Betrag des Gesamtbahndrehimpulses an. Er kann 2L + 1 mögliche Orientierungen einnehmen, die durch die Quantenzahl M, mit den Werten L,L-1,...,—L unterschieden werden. Das gleiche gilt auch für den Gesamtspindrehimpuls S und die Quantenzahl M; sowie den Gesamtdrehimpuls J und die Quantenzahl M;. Den Wert von L (eine nicht negative ganze Zahl) erhalten wir durch sukzessive Kopplung der einzelnen Bahndrehimpulse mithilfe der Clebsch-Gordan-Reihe:

|

u Abb. 10-31

|

=

Eine Zusammenfassung der

ee nen die unterschiedlichen Aufspaltungen von Energieniveaus in Atomen verantwortlich sind. In leichten Atomen sind magnetische Wechselwirkungen klein, in schwereren Atomen können sie über die elektrostati-

schen (Ladungs-Ladungs-)WechselwirkunI=h+l,h+thel..,

hP,, 3Po, !P,; (b) >F4, 3F,, 3E,, IF, >D,, 3D,, >D,,'Dy, >P,, °P, 1P.]

Im Fall starker Spin-Bahn-Kopplung (bei schweren Atomen) ist die Russell-Saunders-Kopplung nicht anwendbar. Dann müssen wir die individuellen Spin- und Bahndrehimpulse der einzelnen Elektronen zu einem resultierenden Gesamtdrehimpuls jfür jedes einzelne Elektron koppeln. Die individuellen Gesamtdrehimpulse koppeln dann zu dem Gesamtdrehimpuls J des Atoms. Diese Verfahrensweise wird als Kopplung bezeichnet. Als Beispiel wollen wir eine p’-Konfiguration betrachten, die möglichen Werte für jsind hier ?und 3. Nun betrachten wir jedes der beiden Elektronen als Teilchen mit einem Drehimpuls von - oder n die zu einem Gesamt-

drehimpuls koppeln. So erhalten wir folgende Möglichkeiten: h=s;undj,=3

gibtJ=3,2,1,0;

h=jund)=1

gibtJ=2,1:;

h=; undj,=3

gibt = 2,1; ]

h=;und)=!

gibtJ=1,0.

10.3 Die Spektren komplexer Atome

Für schwere Atome, für die man das J-Kopplungsschema verwendet, sollte man auch die QuantenzahlenjundJ für die Diskussion der Energie n verwenden. Obwohl wir für schwere Atome das J-Kopplungsschema verwenden müssen, können wir die Termsymbole anwenden, die wir aus der Russell -Saunders-Kopplung

401 reine

Russell-Saunders

reine

Kopplung

J-Kopplung

Y

R/

abgeleitet haben. Zur Begründung dieser Behauptung betrachten wir, wie sich die Energien der einzelnen Zustände verändern, wenn die Stärke der Spin-Bahn-Kopp-

lung zunimmt. Ein derartiges Korrelationsdiagramm ist in Abb. 10-34 dargestellt. Es zeigt, dass zwischen den Zuständen im Falle schwacher Spin-Ba hn-Kopplung

(Russell-Saunders-Kopplung) und den Zuständen im Falle starker Spin-Bahn-Kopp lung (jj-Kopplung) eine Korrespondenz besteht. Daher müssen wir in diesem Fall keine neuen Termsymbole aufstellen, sondern können weiter mit denen arbeiten, die wir aus dem Russell-Saunders-Kopplungsschema erhalten haben.

Auswahlregeln Jeder Zustand eines Atoms und daher auch jeder mögliche Übergang kann mithilfe von Termsymbolen angegeben werden. Die Übergänge, die zu der in Abb. 10-30 gezeigten gelben Natrium-Doppellinie führen, lauten in dieser Notation Sppıban. er 32125.

Lund

„3p! 38.

819%

CSi; Ge: Sn

Pb:

Abb. 10-34 Korrelationsdiagramm für einige der Zustände eines Zweielektronensystems. Alle realen Atome liegen zwischen den beiden Extremen; je schwerer ein Atom ist, desto weiter liegt es auf der

Dabei gilt die Konvention, dass der obere Term stets zuerst genannt wird. Die ent-

sprechenden Absorptionen lauten daher "Pan =

"Sın

und

Pin

Sr,

wobei wir hier auf die Angabe der Konfigurationen verzichtet haben. Wir haben bereits gesehen, dass Auswahlregeln durch die Forderung nach Drehimpulserhaltung während eines Übergangs entstehen. Da die Termsymbole Information über die Drehimpulse enthalten, können wir jetzt die Auswahlregeln auch

mithilfe der Termsymbole ausdrücken. Eine genaue Analyse ergibt ANSZ0),

Al,

A= N), auıl

2rl;o

gabernichtl

ie AN) =iseil,

Ve0.H

7-0

(10-47)

Die Einschränkung für AS (keine Änderung des Gesamtspins) beruht darauf, dass Photonen nicht direkt mit dem Spin der Elektronen wechselwirken und diesen daher nicht verändern können. Die Regeln für AL und Al drücken aus, dass sich der Drehimpuls des einzelnen Elektrons ändern muss (Al=+1); ob sich daraufhin auch der Gesamtbahndrehimpuls ändert, hängt jedoch von der Kopplung der Bahndrehimpulse ab. Die angegebenen Auswahlregeln gelten, solange die Russel-Saunders-Kopplung für das System zutrifft. Wenn wir die Zustände von Atomen nach diesem Kopp-

lungsschema mit Termsymbolen wie z.B. °D bezeichnen, so werden wir mit steigender Kernladung des Atoms immer häufiger feststellen, dass die Auswahlregeln versagen. Die Ursache dafür ist, dass die Quantenzahlen L und S ihre Bedeutung in dem Maß verlieren, wie die Spin-Bahn-Kopplung die Wechselwirkungen im Atom dominiert (tatsächlich ist für Mehrelektronenatome nur J eine echte Quantenzahl) und wir daher die jj-Kopplung anwenden müssen. Wenn wir trotzdem auch für schwere Atome die Russell-Saunders-Termsymbole verwenden, dann nur, weil sie eine bequeme Methode zur Kennzeichnung von Atomzuständen darstellen. Sie

haben jedoch in Atomen mit hoher Kernladungszahl keine Beziehung mehr zu den tatsächlichen Drehimpulsen der Elektronen. Daher sind zum Beispiel Übergänge zwischen Singulett- und Triplettzuständen (AS = +1) in schweren Atomen erlaubt, während sie in leichten Atomen verboten sind.

Seite der reinen jj-Kopplung.

10 Atomstruktur und Atomspektren

402

Das Wichtigste auf einen Blick ik Ein wasserstoffähnliches Atom ist ein Einelektronenatom

oder -ion mit beliebiger Kernladungszahl Z. Ein Mehrelektronenatom ist ein Atom oder Ion mit mehr als einem Elektron.

. Die Lyman-, die Balmer- und die Paschen-Serie im Spektrum des atomaren Wasserstoffs entstehen durch Übergänge n>1,n>2

bzw. n>3.

Durchdringung beschreibt die Fähigkeit eines Elektrons, sich innerhalb von inneren Schalen und somit in Kernnähe aufzuhalten.

. Das Aufbauprinzip beschreibt das Verfahren, die Atomorbitale sukzessive aufzufüllen, um die Grundzustandskonfiguration eines Atams zu erhalten.

. Die Wellenzahlen aller Spektrallinien von Wasserstoff können als » = Ru(4 — 5) geschrieben werden, wobei R,, die Rydberg-Konstante für Wasserstoff ist.

. Die Hund’sche Regel besagt, dass ein Atom im Grundzustand stets die Konfiguration mit der maximalen Zahl von ungepaarten Elektronen einnimmt.

. Das Ritz’sche Kombinationsprinzip besagt, dass die Wellenzahl einer beliebigen Spektrallinie immer gleich der Differenz

. Die erste lonisierungsenergie I, ist die Energie, die mindestens nötig ist, um ein Elektron aus einem Atom in der Gasphase herauszulösen; die zweite lonisierungsenergie I, ist die Energie, die mindestens nötig ist, um ein Elektron aus einem einfach ionisierten Mehrelektronenatom in der Gasphase herauszulösen.

zweier spektroskopischer Energieniveaus ist, v = Tı — T;. . Die Wellenfunktion des Wasserstoffatoms ist das Produkt

einer radialen Wellenfunktion und einer Kugelflächenfunktion, ıu(r,0,b) = R(r)Y (0, $). . Ein Atomorbital ist eine Einelektronenwellenfunktion für ein Elektron in einem Atom.

. Die Energien eines Elektrons in einem Wasserstoffatom sind durch E, = —Z?ue‘ /32n? e3h’n? gegeben, wobei die Hauptquantenzahln = 1,2,... ist.

. Alle Orbitale zu einem gegebenen n bilden eine Schale; Orbi-

oo

tale mit demselben n, aber unterschiedlichen Werten von | bilden verschiedene Unterschalen.

. Die radiale Verteilungsfunktion ist eine Wanrscheinlichkeits-

20. Die Elektronenaffinität E., ist die Energie, die frei wird, wenn

ein Elektron an ein Atom in der Gasphase angelagert wird. . Für einen Singulett-Term gilt S = 0; für einen Triplett-Term else 22. Spin-Bahn-Kopplung ist die Wechselwirkung des magneti-

schen Spinmoments mit dem Magnetfeld, das durch den Bahndrehimpuls erzeugt wird. 23: Als Feinstruktur bezeichnet man die durch die Spin-Bahn-

Kopplung in einem Spektrum hervorgerufene Struktur.

No]

dichte, die nach Multiplikation mit dr die Wahrscheinlichkeit

angibt, das Elektron in einer Kugelschale mit dem Radius r und der Dicke dr anzutreffen, P(r) = r?{R(r)}”. 10. Eine Auswahlregel ist eine Aussage darüber, welche spektro-

skopischen Übergänge erlaubt sind. Ein Grotrian-Diagramm stellt die Energien der Zustände eines Atoms und die Übergänge zwischen ihnen anschaulich dar. Ik In der Orbitalnäherung wird angenommen, dass jedes Elekt-

ron sein eigenes Orbital „besetzt“, (rn ,r,,...) = vn )ı(r,)

. Das Pauli’sche Ausschlussprinzip besagt, dass maximal zwei Elektronen ein Orbital besetzen dürfen und dann nur mit gepaarten Spins.

. Das Pauli-Prinzip besagt, dass eine Gesamtwellenfunktion das Vorzeichen wechseln muss, wenn zwei identische Fermionen vertauscht werden; wenn zwei identische Bosonen vertauscht werden, bleibt ihr Vorzeichen unverändert.

. Die effektive Kernladung Z.« ist die Ladung des Atomkerns, die ein Elektron unter Berücksichtigung der Abstoßung zwischen den Elektronen spürt.

. Als Abschirmung bezeichnet man die scheinbare Reduktion der Kernladung durch die ihn umgebenden Elektronen; die Abschirmungskonstante ao ist durch Zu = Z — a gegeben.

24. Ein Termsymbol ist eine symbolische Kurzschreibweise für

den Zustand eines Atoms, ”°"{L},. 25. Die erlaubten Werte von gekoppelten Drehimpulsen werden

mit Hilfe der Clebsch-Gordan-Reihe festgelegt: / = jı +}, hin ke ok 26. Die Multiplizität eines Terms ist der Wert 25 +1; für L2S ist

die Multiplizität gleich der Zahl der Niveaus des Terms. 27: Ein Niveau ist eine Gruppe von Zuständen mit einem gemeinsamen Wert vonJ.

28. Das Russell-Saunders-Kopplungsschema basiert auf dem

Grundgedanken, dass bei schwacher Spin-Bahn-Kopplung die Kopplung nur dann effektiv ist, wenn alle Bahndrehimpulse und alle Spindrehimpulse zusammenwirken. 29. Die jj-Kopplung ist ein Kopplungsschema, bei dem die individuellen Spin- und Bahndrehimpulse der einzelnen Elektronen

zu einem individuellen jfür das Elektron gekoppelt und erst dann zu dem Gesamtdrehimpuls kombiniert werden. 30. Die Auswahlregeln für spektroskopische Übergänge in Mehrelektronenatomen lauten AS = 0, AL= OEIRNEeR

AJ=0,+l,aberJ)=0%J=0.

Zusatzinformationen

493

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

P. W. Atkins, Quanten: Begriffe und Konzepte für Chemiker. VCH, Weinheim 1993. P. F. Bernath, Spectra of Atoms and Molecules. Oxford University Press, Oxford 1995.

K. Bonin, W. Happer, Atomic Spectroscopy. In Encyclopedia of Applied Physics (Hrsg. G. L. Trigg) 2, 245. VCH, New York SEN];

C. S. Johnson, Jr., L. G. Pedersen, Problems and Solutions in Quantum Chemistry and Physics. Dover, New York 1986.

W. Kutzelnigg, Einführung in die theoretische Chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2002. J. €. Morrison, A. W. Weiss, K. Kirby, D. Cooper, Electronic structure of atoms and molecules. In Encyclopedia of Applied Physics (Hrsg. G. L. Trigg) 6, 45. VCH, New York 1993.

H. Preuß, A. Reimann, Atom- und Molekülorbitale. Diesterweg/ Sauerländer, Frankfurt 1990.

J. Brickmann, M. Klöffler, H.-U. Raab, Atomorbitale. Chemie in unserer Zeit 12, (1978), 23.

H. Primas, U. Müller-Herold, Elementare Quantenchemie. Teub-

ner, Stuttgart 1990.

E. U. Condon, H. Odabasi, Atomic Structure. Cambridge University Press, Cambridge 1980.

J. Reinhold, Quantentheorie der Moleküle. Teubner, Stuttgart 1993.

A. W. Davydow, Quantenmechanik. Barth, Leipzig 1992.

H. H. Schmidtke, Ouantenchemie. VCH, Weinheim 1994.

R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, Vorlesungen über Physik.

N. Shenkuan, The Physical Basis for Hund’s Rule: Orbital Con-

Ill: Quantenmechanik. Oldenbourg, München 1988.

S. Gasiorowicz, Quantenphysik. Oldenbourg, München 1977. C. W. Haigh, The Theory of Atomic Spectroscopy:jjCoupling, Intermediate Coupling, and Configuration Interaction.J. Chem. Educ. 72, (1995) 206.

M. W. Hannah, Quantenmechanik in der Chemie. Steinkopff, Darmstadt 1976. C. Jansen, R. Block, Das Pauli-Prinzip und seine Anwendung auf die chemische Bindung in Molekülen und Festkörpern.

Angew. Chem. 82, (1977), 317.

traction Effects.J.Chem. Educ. 69, (1992), 800. L. G. Vanquickenborne,

K. Pierlot, D. Devoghel, Transition Metals

and the Aufbau Principle.J.Chem. Educ. 71, (1994), 469.

L. Zülicke, OQuantenchemie — Grundlagen und allgemeine Methoden. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1984. Nachschlagewerke S. Bashkin, J. ©. Stonor, ]r., Atomic Energy Levels and Grotrian Dia-

grams. North-Holland, Amsterdam 1975-1982. D. R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, Section 10. CRC Press, Boca Raton 2000.

Zusatzinformationen Zusatzinformation 10-1: Die Separation von Bewegungen

Die Separation von innerer und äußerer Bewegung Wir betrachten ein eindimensionales System, in dem die poten-

zielle Energie nur vom Abstand der beiden Teilchen abhängt. Die Gesamtenergie ist Be

Aa. > Men

hd,

und der Abstand der beiden Teilchen istx = x, — x,. Daraus folgt

m Gert x m

Der Impuls der beiden Teilchen kann durch die Änderung von x und X ausgedrückt werden: A. p

=

+V,

m

m

X=— x +

i

mit

p

ee m=m+tm,

5

.

2x

mm;

und

.

X

Daraus ergibt sich pr!

m,

mıX+

B

Systems ist m;



P = Min = MX

wobei pı, = mı%, und p} = m,% ist und der Punkt die Differenziation nach der Zeit anzeigt. Der Schwerpunkt (Abb. 10-35) des

m Dex m

und

=

Veen SM al

2

wobeiu in Gl. (10-6) definiert ist. Jetzt schreiben wir P = mX für den Impuls des Gesamtsystems und definieren p als ux; damit bekommen wir

Der entsprechende Hamilton-Operator (jetzt auf drei Dimensionen verallgemeinert) lautet daher Abb. 10-35

Koordinaten, die bei der Separation der Relativbewegung

verzweier Teilchen von der Bewegung des gemeinsamen Schwerpunkts wendet werden.

2

H=

n’ Vv:

2m

SP

h

2

2u

rel

404

10 Atomstruktur und Atomspektren

wobei der erste Term nach den Koordinaten des Schwerpunkts differenziert und der zweite nach den Relativkoordinaten der Teilchen. Nun setzen die die Gesamtwellenfunktion des Systems als Produkt W,., = Wsp\W,.ı an, wobei der erste Faktor nur von den Koordinaten des Schwerpunkts und der zweite Faktor nur von den Relativkoordinaten der Teilchen abhängen soll. Die SchrödingerGleichung des Systems, Hihges = EgesW ges,Separiert dann in zwei getrennte Gleichungen für den Schwerpunkt und die Relativkoor-

h’ (0° ‚29 A r) RY+VRY=ERY.

2

Die Separation von radialer und Winkelbewegung Der Laplace-Operator in drei Dimensionen ist in Gl. (9-51a)

10r

If

Da Rnur von r und Y nur von den Winkelkoordinaten abhängt, wird daraus 2

2

i

u

2u

| AB

oe

3 Eee

| SAY) + var =ERY.

Y

Nun multiplizieren wir beide Seiten mit r’/RY und erhalten so 22

dinaten mit Eye, = Esp + E,.ı; die Argumentation ist dabei genau

dieselbe, die wir in den Abschnitten 9.1.2 und 9.3.2 verwendet hatten.

Nor

4

2uR

2

a dr?



dr

a

Nun wenden wir wieder das übliche Argument an: der Term in Y ist der einzige, der von den Winkelkoordinaten abhängt, folglich muss er konstant sein. Wir setzen diese Konstante gleich h’I(l-+ 1)/2u und gelangen so direkt zu Gl. (10-10).

angegeben. Damit folgt für die Schrödinger-Gleichung aus

Gl. (10-6)

Diskussionsfragen 10.1

Wie funktioniert die Methode der Separation der Variablen und wie wird sie angewendet, um die Beschreibung eines

10.5

Beschreiben Sie die Elektronenkonfigurationen von Mehrelektronenatomen anhand ihrer Position im Periodensystem.

10.6

Beschreiben und erklären Sie die Variation der ersten lonisierungsenergien entlang der zweiten Periode des Peri-

wasserstoffähnlichen Atoms zu vereinfachen, das sich frei

im Raum bewegt? 10.2

Welche Quantenzahlen sind nötig, um den inneren Zustand eines wasserstoffähnlichen Atoms zu spezifizieren, und was bedeuten sie?

10.3

10.4

Wie lauten die Auswahlregeln für spektroskopische Übergänge in wasserstoffähnlichen Atomen und worauf beruhen sie?

odensystems.

10.7

Was ist die Orbitalnäherung für die Wellenfunktion eines Mehrelektronenatoms? Wo liegen ihre Grenzen?

10.8

Was ist die Ursache der Spin-Bahn-Kopplung und wie wirkt diese sich im gemessenen Spektrum aus?

Was ist (a) die Einhüllende und (b) die radiale Verteilungsfunktion von wasserstoffähnlichen Orbitalen?

Leichte Aufgaben A10.la

Wenn ultraviolette Strahlung mit einer Wellenlänge von 58.4 nm aus einer Heliumlampe auf Kryptonatome trifft, werden Elektronen mit einer Geschwindigkeit von 1.59 Mms' herausgeschlagen. Wie groß ist die lonisie-

A10.3b

Orbitals eines Wasserstoffatoms, dessen radiale Wellenfunktion, in der Notation von Tabelle 10-1, proportional

zu 20 — 100 + p? ist?

rungsenergie von Krypton?

A10.1b

A10.2a

Wenn ultraviolette Strahlung mit einer Wellenlänge von 58.4 nm aus einer Heliumlampe auf Xenonatome trifft, werden Elektronen mit einer Geschwindigkeit von 1.79 Mm ss! herausgeschlagen. Wie groß ist die lonisierungsenergie von Xenon?

Zeigen Sie durch Differenziation, dass die 2s-Radialwellenfunktion zwei Extrema besitzt, und berechnen Sie die

A10.4a

Zeigen Sie durch Differenziation, dass die 3s-Radialwellenfunktion drei Extrema besitzt, und berechnen Sie die

zugehörigen Abstände. A10.3a

An welchen Stellen liegen die radialen Knoten des 3s-Orbitals eines Wasserstoffatoms?

Die Wellenfunktion des Grundzustands eines Wasserstoff-

fatoms lautet Ne /®, Berechnen Sie die Normierungskonstante. A10.4b

Das 2s-Orbital des Wasserstoffatoms lautet

N(2 = r/a,)e "2%, Berechnen Sie die Normierungskonstante.

A10.5a

Wie groß sind die mittlere kinetische und die mittlere potenzielle Energie des Elektrons im Grundzustand des H-Atoms?

A10.5b

Wie groß sind die mittlere kinetische und die mittlere potenzielle Energie eines 2s-Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom mit der Kernladungszahl Z?

zugehörigen Abstände. A10.2b

An welchen Stellen liegen die radialen Knoten des 4p-

Schwerere Aufgaben A10.6a

Wie lautet die radiale Verteilungsfunktion eines 2s-Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom? Bei welchem

A10.13a Bei welchem Abstand vom Kern beträgt im Grundzustand des Wasserstoffatoms die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron an einem bestimmten Punkt anzutreffen, nur noch

Kernabstand ist das Elektron am häufigsten anzutreffen? A10.6b

Wie lautet die radiale Verteilungsfunktion eines 3s-Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom? Bei welchem

Kernabstand ist das Elektron am häufigsten anzutreffen? A10.7a

Wie lautet die radiale Verteilungsfunktion eines 2p-Elekt-

50% des maximalen Wertes?

A10.13b Bei welchem Abstand vom Kern nimmt im Grundzustand des Wasserstoffatoms die radiale Verteilungsfunktion (a) 50% und (b) 75% ihres Maximalwertes an?

A10.14a Welche der folgenden Übergänge sind in einem normalen elektronischen Emissionsspektrum eines Atoms erlaubt: (a) 25 — 1s, (b) 2p— 15, (c) 3d— 2p?

rons in einem wasserstoffähnlichen Atom? Bei welchem

Kernabstand ist das Elektron am häufigsten anzutreffen? A10.7b

Wie lautet die radiale Verteilungsfunktion eines 3p-Elektrons in einem wasserstoffähnlichen Atom? Bei welchem

Kernabstand ist das Elektron am häufigsten anzutreffen?

A10.8a

Welchen Bahndrehimpuls besitzt ein Elektron in einem (a) 1s-, (b) 3s-, (c) 3d-Orbital? Wie viele Knoten besitzen jeweils der Radial- und der Winkelanteil der Wellenfunktion?

A10.8b

Welchen Bahndrehimpuls besitzt ein Elektron in einem (a) 4d-, (b) 2p-, (c) 3p-Orbital? Wie viele Knoten besitzen jeweils der Radial- und der Winkelanteil der Wellenfunktion?

A10.9a

Welche Werte von jsind (a) für ein d-Elektron und (b) für ein f-Elektron möglich?

A10.9b

Welche Werte vonj sind (a) für ein p-Elektron und (b) für ein h-Elektron möglich?

A10.14b Welche der folgenden Übergänge sind in einem normalen elektronischen Emissionsspektrum eines Atoms erlaubt: (a) 5d— 2s, (b) 5p— 3s, (c) 6p — 4f?

A10.15a (a) Wie lautet die Elektronenkonfiguration im Grundzustand des Ni?*-Ions? (b) Welche Werte sind in diesem Ion für die Gesamtspinquantenzahlen S und M, erlaubt? A10.15b (a) Wie lautet die Elektronenkonfiguration im Grundzustand des V?*-Ions? (b) Welche Werte sind in diesem Ion für die Gesamtspinquantenzahlen S und M, erlaubt? A10.16a In einem Atom seien (a) zwei bzw. (b) drei Elektronen in unterschiedlichen Orbitalen untergebracht. Welche Werte der Gesamtspinquantenzahl S sind dabei jeweils möglich, und wie lautet die zugehörige Multiplizität?

A10.16b In einem Atom seien (a) vier bzw. (b) fünf Elektronen in unterschiedlichen Orbitalen untergebracht. Welche Werte der Gesamtspinquantenzahl S sind dabei jeweils möglich, und wie lautet die zugehörige Multiplizität?

A10.10a Ein Elektron besitzt in zwei Zuständen eines Atoms einen

Drehimpuls von j= 2 bzw. j= . Welchen Wert hat seine Bahndrehimpulsquantenzahl jeweils? A10.10b Welche Gesamtdrehimpulsquantenzahlen sind in einem zusammengesetzten System mitj; = 5 undj, = 3 möglich?

A10.11a Wie groß ist der Entartungsgrad der Orbitale im Wasserstoffatom, die eine Energie von (a) —hceR,,, (b) —heR,/9 und (c) -heR,„/25 besitzen? A10.11b Wie groß ist der Entartungsgrad der Orbitale in einem wasserstoffähnlichen Atom (Z ist in Klammern angegeben), die eine Energie von (a) —AhcR;om (2), (b) —heRzom/4 (4) und (C) —KeRzom (5) besitzen? A10.12a Welche Information gibt das Termsymbol 'D, über den Drehimpuls eines Atoms?

405

A10.17a Welche Terme sind für eine Konfiguration ns'nd' möglich? Welcher Term besitzt wohl die tiefste Energie?

A10.17b Welche Terme sind für eine Konfiguration np'nd'! möglich? Welcher Term besitzt wohl die tiefste Energie? A10.18a Welche Werte von J können in den Termen (a) 'S, (b) *P und (c) *P vorkommen? Wie viele Zustände (mit unterschiedlichen Werten von M,) gehören zu jedem Niveau?

A10.18b Welche Werte von J können in den Termen (a) ’D, (b) *D und (c) ?G vorkommen? Wie viele Zustände (mit unterschiedlichen Werten von M,) gehören zu jedem Niveau? A10.19a Wie lauten die möglichen Termsymbole für (a) Li [He]2s' und (b) Na [Ne]3p'? A10.19b Wie lauten die möglichen Termsymbole für (a) Sc

[Ar]3d'4s? und (d) Br [Ar]3d'?4s?4p°?

A10.12b Welche Information gibt das Termsymbol °F, über den Drehimpuls eines Atoms?

Schwerere Aufgaben’) und wie lauten die Wellenlängen der dazwischenliegen-

Rechenaufgaben

10.1

Die Humphreys-Serie ist eine Serie im Spektrum des atomaren Wasserstoffs. Sie beginnt bei 12368 nm und endet

bei 3 281.4nm. Welche Übergänge sind daran beteiligt,

den Übergänge? 10.2

Eine Gruppe von Linien im Spektrum des atomaren Wasserstoffs erscheint bei 656.46 nm, 486.27 nm, 434.1/nm

und 410.29 nm. Bei welcher Wellenlänge erscheint die

Cady beigesteuert. 1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall

10 Atomstruktur und Atomspektren

406

um u,B angehoben, der Zustand mit m; = —-1 um 4,B hingegen abgesenkt wird und der Zustand mitm, = 0 unverändert bleibt (u, = eh/2m. = 9.274 x 10°) T”" ist das Bohr'sche Magneton, siehe Abschnitt 15.1.1). Ein Übergang zwischen einem 'S,-Term und einem 'P,-Term besteht daher in Anwesenheit eines Magnetfeldes aus drei Spektrallinien, während ohne Magnetfeld nur eine Linie auftritt. (a) Wie groß ist die Aufspaltung (in cm!) der drei Spektrallinien eines Übergangs zwischen einem 'S,-Term und einem 'P,-Term in einem Magnetfeld der Stärke 2T (IT = Ikgs”? A ')? (b) Vergleichen Sie den in (a) berechneten Wert mit den Wellenzahlen typischer optischer Übergänge, z. B. aus der Balmer-Serie des Wasserstoffatoms. Ist die durch den normalen Zeeman-Effekt verursachte Aufspaltung eher groß oder eher klein?

nächste Linie dieser Serie? Wie groß ist die lonisierungsenergie des Wasserstoffatoms im unteren Zustand dieser

Übergänge? 10.3

Das Li?*-Ion ist wasserstoffähnlich; seine Lyman-Serie besitzt Linien bei 740 747 cm', 877924 cm', 925 933 cm! und darüber. Zeigen Sie, dass der Ausdruck

für die Energieniveaus die Form —heR/n? hat und geben Sie den Zahlenwert von R für dieses Ion an. Wo liegen die beiden längstwelligen Übergänge der Balmer-Serie dieses lons, und wie groß ist seine lonisierungsenergie? Die Linien bei 610.36 nm, 460.29 nm und 413.23 nm im Spektrum des neutralen Li-Atoms entstehen durch Übergänge zwischen 1s?2p! ?P und 1s? nd! ?D, wobei wir die d-Orbitale als wasserstoffähnlich annehmen. Der ?P-Term

liegt 670.78 nm über dem Grundzustand 1s?2s! ?S. Wie groß ist die lonisierungsenergie im Grundzustand des Atoms?

10.5}

10.7

10.8

Die charakteristische Strahlung, die Kaliumatome beim Erhitzen abgeben, besitzt eine Wellenlänge von 770 nm. Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass es sich um zwei eng benachbarte Linien bei 766.70 nm und 770.11 nm handelt. Erklären Sie diese Beobachtung und leiten Sie so viel Information wie möglich daraus ab.

relativistische Effekte sehr wichtig, wir wollen sie aber

hier vernachlässigen). Theoretische Aufgaben 10.11

Welches ist der wahrscheinlichste Punkt (nicht Kernabstand), an dem ein 2p-Elektron im Wasserstoffatom anzutreffen ist?

0212

Zeigen Sie durch explizite Integration, dass (a) wasserstoffähnliche 1s- und 2s-Orbitale und (b) 2p,- und 2p,-Orbitale orthogonal sind.

10.13}

In den Tabellen 10-1] und 9-3 sind explizite Ausdrücke für wasserstoffähnliche Orbitale angegeben. (a) Zeigen Sie, dass das 3p,-Orbital auf Inormiert ist und dass 3p, und 3d,, orthogonal sind. (b) Bestimmen Sie die Lage der radialen Knoten und der Knotenebenen der 3s, 3p,- und 3d,‚-Orbitale. (c) Wie groß ist der mittlere Radius des 3s-Orbitals? (d) Zeichnen Sie die radialen Verteilungsfunktionen der drei Orbitale aus (b) und diskutieren Sie die Bedeutung des Kurvenverlaufs für die Interpretation der Eigenschaften von Mehrelektronenatomen. (e) Erzeugen Sie Konturliniendiagramme in der xy-Ebene und Einhüllende dieser Orbitale. Konstruieren Sie die Einhüllenden so, dass der Abstand vom Ursprung bis zur Oberfläche dem Absolutwert des Winkelanteils der Wellenfunk-

Die erste Linie der Lyman-Serie im Spektrum des Wasserstoffs liegt bei 82 259.098 cm', im Deuterium erscheint sie bei 82 281.476cm'!.Wie groß ist die Masse des Deuterons? Wie groß ist das Verhältnis der lonisierungsenergien von H und D?

Positronium besteht aus einem Elektron und einem Positron (gleiche Masse, entgegengesetzte Ladung), die um ihren gemeinsamen Massenschwerpunkt kreisen. Das

Spektrum ist daher im Wesentlichen wasserstoffähnlich, wobei die Unterschiede von den unterschiedlichen Massen verursacht werden. Wie lauten die Wellenlängen der ersten drei Linien der Balmer-Serie von Positronium? Wie groß ist seine Bindungsenergie im Grundzustand? 10.9

Der Zeeman-Effekt beschreibt die in einem Spektrum durch Anlegen eines starken Magnetfeldes bewirkten Änderungen. Er wird durch die Wechselwirkung des angelegten Magnetfeldes mit den magnetischen Momenten aufgrund von Spin- und Bahndrehimpuls hervorgerufen (wir erinnern uns an den Nachweis des Elektronenspins im Stern-Gerlach-Versuch). Um etwas über den so genannten normalen Zeeman-Effekt zu lernen, der bei Übergängen zwischen Singulettzuständen beobachtet wird, betrachten wir ein p-Elektron mit = 1 und m, = 0,+1. In Abwesenheit des äußeren Magnetfeldes sind diese drei Zustände entartet. Wenn aber ein äußeres Magnetfeld B angelegt wird, wird die Entartung aufgehoben und wir beobachten, dass der Zustand mit m; = +1 energetisch

Im Jahre 1976 nahm man irrtümlich an, in einem Stück Glimmer das erste der „superschweren“ Elemente ent-

deckt zu haben. Seine Kernladungzahl sollte 126 betragen. Wie groß ist der wahrscheinlichste Abstand eines 1s-Elektrons von diesem Kern? (Bei solchen Atomen sind

W. P. Wijesundera, S. H. Vosko und F. A. Parpia versuchten (Phys. Rev. A 51, 278 (1995)), die Elektronenkonfiguration des Grundzustands von Lawrencium (Element 103) zu bestimmen. Die beiden infrage kommenden Konfiguratio-

nen sind [Rn]5f'*7s?7p! und [Rn]5f'‘6d'7s?. Welche Terme existieren für diese beiden Konfigurationen, und welches Niveau ist jeweils das tiefste? Welches Niveau wäre nach einer einfachen Abschätzung der Spin-Bahn-Kopplung das niedrigste? 10.6

10.10

tion entspricht. Vergleichen Sie die Einhüllende des s-, p-

und d-Orbitals mit der eines f-Orbitals wie z.B. vr x x(52° —-r?) x sind(5cos?9 —-1)cosd. 10.14

Sind p,- und p,-Orbitale Eigenfunktionen von |,? Falls nicht, existiert eine Linearkombination, die Eigenfunktion von |, ist?

10.15

Zeigen Sie, dass sowohl I, als auch ? mit dem HamiltonOperator eines Wasserstoffatoms kommutiert. Was folgt daraus?

10.16

Die „Größe“ eines Atoms wird manchmal als Radius einer

Kugel definiert, die 90% der Elektronendichte im äußersten besetzten Orbital umschließt. Wie groß ist nach dieser Definition ein Wasserstoffatom im Grundzustand? Untersuchen Sie, wie sich die „Größe“ verändert, wenn

die Definition auf andere Prozentwerte geändert wird, und tragen Sie das Ergebnis graphisch auf.

Schwerere Aufgaben 10.17

Einige atomare Eigenschaften hängen von dem Mittelwert von I/r ab anstatt von dem Mittelwert von r. Berechnen

Sie den Erwartungswert von 1/r (a) für ein 1s-Orbital im Wasserstoffatom, (b) für ein wasserstoffähnliches 2sOrbital und (c) für ein wasserstoffähnliches 2p-Orbital. 10.18

treten, beim Durchlaufen eines Magneten der Länge 50cm eine Aufspaltung von 1.00 mm zu erzeugen? 10.23

Eine der berühmtesten der frühen Theorien des Wasserstoffatoms wurde von Bohr aufgestellt. Sie wurde durch

die Quantenmechanik ersetzt, die von ihr vorhergesagten Energien stimmen jedoch bemerkenswerterweise exakt mit den von der Schrödinger-Gleichung vorhergesagten Energien überein (und das ist, was das Coulomb-Potenzial betrifft, nicht die einzige derartige Übereinstimmung). Im Bohr’schen Modell fliegt das Elektron auf einer Kreisbahn um den Kern. Die Coulomb-Anziehung (Ze? /Arceyr?) wird durch die Zentrifugalkraft kompensiert. Bohr schlug vor, dass der Drehimpuls des Elektrons auf ganzzahlige Vielfache von h beschränkt sein sollte. Solange die beiden Kräfte sich kompensierten, sollte das

10.19

10.20

In der vorangegangenen Aufgabe wurde das Bohr’sche Atommodell skizziert. Welche seiner Eigenschaften sind nicht mit der Quantenmechanik vereinbar? Worin unterscheidet sich der Grundzustand im Bohr’schen Modell von dem tatsächlichen (quantenmechanischen) Grundzustand? Lassen sich das Bohr'sche und das quantenmechanische Bild des Grundzustands experimentell unterscheiden?

Determinanten ist, dass sie bei Vertauschung zweier Zei-

dass sie daher null werden, wenn zwei beliebige Zeilen

oder Spalten identisch sind. Zeigen Sie mithilfe dieser Eigenschaft, dass (a) die so formulierte Wellenfunktion antisymmetrisch bezüglich der Vertauschung zweier Elektronen ist und (b) keine zwei Elektronen mit gleichem Spin dasselbe Orbital besetzen können. Anwendungsaufgaben 10.24

10.25

die Wellenzahlen der Übergängen=3>n = 2undn=2 —>n =] in beiden Isotopen berechnen.

10.26: Hoch angeregte Atome enthalten Elektronen mit großen Quantenzahlen. Derartige Rydberg-Atome haben ganz besondere Eigenschaften und sind für Astrophysiker von großem Interesse. Leiten Sie für Wasserstoffatome eine

Beziehung für die Abstände zwischen den Energieniveaus für große n her. Berechnen Sie diesen Abstand für n = 100. Wie groß sind für diesen Fall der mittlere Radius, die Querschnittsfläche und die lonisierungsenergie? Könnte eine thermischer Stof® mit einem anderen Wasserstoffatom dieses Rydberg-Atom ionisieren? Wie schnell müsste das andere Atom dazu mindestens sein? Könnte ein normal großes Wasserstoffatom dieses Rydberg-Atom durchqueren, ohne es zu stören? Wie könnte die radiale Wellenfunktion des 100s-Orbitals aussehen?

man andere Einheiten. Wie lautet der Zusammenhang zwischen beiden?

10.224 Stern-Gerlach Aufspaltungen von Atomstrahlen sind klein und erfordern entweder große Gradienten des Magnetfeldes oder lange Magnete, um beobachtbar zu sein. Für einen Strahl von Atomen ohne Bahndrehimpuls wie z.B. H oder Ag ist die Ablenkung durch x = +{u,L?/4E,.)dB/ dz gegeben, wobeiu, das Bohr'sche Magneton (Aufgabe 10.9) ist, L die Länge des Magneten, Ey, die mittlere kinetische Energie der Atome im Strahl und dB/dz der Gradient des Magnetfeldes über den Strahl. (a) Zeigen Sie mithilfe der Maxwell-Boltzmann’schen Geschwindigkeitsverteilung, dass die mittlere kinetische Translations-

energie der durch eine kleine Öffnung aus einem Ofen bei der Temperatur T in einem Strahl austretenden Atome gleich 2KT ist. (b) Wie groß muss der Gradient des Magnetfeldes sein, um in einem Strahl aus Silberatomen,

die aus einem Ofen bei einer Temperatur von 1 000K aus-

Die Isotopenverteilung eines Elements kann Hinweise auf

auch von ®He* in einem Stern nachzuweisen, indem Sie

Auf der Grundlage der Eigenschaften eines bestimmten Atoms kann man atomare Einheiten der Länge und der Energie definieren. Manchmal verwendet man hierfür das Wasserstoffatom und setzt die Längeneinheit gleich dem Bohr’schen Radius a, und die Energieeinheit gleich der (negativen) Energie des 1s-Orbitals. Wenn man die glei-

In Begründung 10-4 wurden einige Auswahlregeln für wasserstoffähnliche Atome hergeleitet. Vervollständigen Sie die Herleitung, indem Sie die x- und y-Komponenten des Operators des elektrischen Dipolmoments analog behandeln.

Wasserstoffist das häufigste Element in allen Sternen. Trotzdem werden in Sternen mit einer effektiven Temperatur über 25 000 K weder Emissions- noch Absorptionslinien des neutralen Wasserstoffs beobachtet. Erklären Sie diese Beobachtung. die Kernreaktionen geben, die im Inneren eines Sterns ablaufen. Zeigen Sie, dass es möglich ist, mithilfe der Spektroskopie die Anwesenheit sowohl von *He* als

chen Definitionen auf das Positronium anwendet, erhält

10.21

Die Wellenfunktion eines geschlossenschaligen Mehrelektronenatoms kann als Slater-Determinante geschrieben werden (Abschnitt 10.2.1). Eine hilfreiche Eigenschaft von len oder zweier Spalten ihr Vorzeichen wechseln und

Atom in einem stationären Zustand bleiben, bis es einen

Übergang vollzieht. Berechnen Sie die Energien des Wasserstoffatoms nach diesem Modell.

497

10.27

Mit Hilfe des Spektrums eines Sterns kann seine Radialgeschwindigkeit bestimmt werden, die Komponente seines Geschwindigkeitsvektors, die parallel zur Verbindungslinie von dem Stern zum Zentrum unserer Sonne liegt. Diese Messung beruht auf dem Doppler-Effekt, wonach sich die beobachtete Frequenz einer Strahlung verschiebt, wenn die Strahlungsquelle sich vom Beobachter weg oder auf ihn zu bewegt. Wenn ein Stern, der eine elektromagnetische Strahlung der Frequenz v emittiert, sich mit der Geschwindigkeit s relativ zu einem Beobachter bewegt, dann misst dieser die Strahlungsfrequenz v,,., = vf bzw.

Yan = v/f, wobeif = {(1 -s/e)/(1 + s/c)Y'’* und c die

Lichtgeschwindigkeit ist. Offensichtlich ist v,., < v, ein sich entfernender Stern ist damit durch eine Rotverschiebung seines Spektrums im Vergleich zu dem Spektrum einer identischen, aber ruhenden Quelle gekennzeichnet. Entsprechend ist v,,, > v, sodass das Spektrum eines sich nähernden Sterns eine Blauverschiebung im Vergleich zu einer identischen, aber ruhenden Quelle zeigt. In

einem typischen Experiment wird als Frequenz v die Fre-

408

10 Atomstruktur und Atomspektren der oxidativen Phosphorylierung und der Photosynthese (Anwendung 7.2 und 23.2) enthalten. Warum bilden viele d-Metalle Kationen in mehreren Oxidationsstufen?

quenz einer bestimmten Spektrallinie eines Elements verwendet, die in einem ruhenden Labor auf der Erde z.B.

aus einer Entladungslampe emittiert wird. Dieselbe Linie wird im Spektrum eines Stern mit einer Frequenz Van

gemessen, sodass aus der angegebenen Beziehung die Geschwindigkeit des Sterns ermittelt werden kann. (a) Der Stern HDE 271 182, der zur Großen Magellan’schen Wolke gehört, emittiert drei Fe l-Linien bei 438.882 nm, 441.000 nm und 442.020 nm. Im Spektrum einer Funkenentladung auf der Erde erscheinen diese Linien bei 438.392 nm, 440.510 nm und 441.510 nm.

Nähert sich HDE 271 182 der Erde oder entfernt er sich? Wie groß ist seine Radialgeschwindigkeit bezüglich der Erde? (b) Welche zusätzlichen Informationen wären nötig, um die Geschwindigkeit von HDE 271 182 bezüglich der Sonne zu bestimmen? 10.23

Die d-Metalle Eisen, Kupfer und Mangan bilden Kationen in mehreren verschiedenen Oxidationsstufen. Daher sind sie in vielen Oxidoreduktasen und mehreren Proteineri in

10.29

Thallium, ein Neurotoxin, ist das schwerste Element der

Gruppe13 im Periodensystem und kommt meist in der Oxidationsstufe +1 vor. Aluminium, das unter anderem eine Rolle bei der Entstehung von Anämie zu spielen scheint, steht in der gleichen Gruppe; seine chemischen Eigenschaften werden aber von der Oxidationsstufe +3 bestimmt. Tragen Sie die ersten, zweiten und dritten loni-

sierungsenergien aller Elemente dieser Gruppe gegen die Kernladungszahlen auf. Erklären Sie die beobachteten Trends. Hinweis: Die dritte lonisierungsenergie ist die Energie, die mindestens benötigt wird, um ein Elektron aus dem zweifach geladenen Kation zu entfernen: E+(g)>E’*(g) + er(g), 3 = E(E’*) — E(E?*). Erforderliche Daten finden Sie z.B. im Internet.

409

11 | Molekülstruktur

Die im letzten Kapitel entwickelten Konzepte können auf die Beschreibung der elektronischen Struktur von Molekülen erweitert werden. Hierzu existieren zwei grundsätzliche quantenmechanische Ansätze. Die Valenzbindungstheorie basiert auf dem Konzept des gemeinsamen Elektronenpaars. Wir werden sehen, wie die Wellenfunktion eines solchen Paares aussieht und wie wir darauf eine Theorie aufbauen können, die die Struk-

turen vielfältiger Moleküle beschreiben kann. Wir werden o- und n-Bindungen kennen lernen und uns mit Promotion und Hybridisierung beschäftigen, mit Konzepten also, die in der Chemie weithin gebräuchlich sind. Im Zentrum der Molekülorbitaltheorie (der der Rest des Kapitels gewidmet ist) steht das Konzept des Molekülorbitals. Ein Molekülorbital ist eine Verallgemeinerung des Orbitalkonzepts auf Moleküle, eine Ein-

INlel

Die Born-OppenheimerNäherung - 409 Die Valenzbindungstheorie - 410 Homoatomare zweiatomige

Moleküle - 410 Vielatomige Moleküle - 412 Die Molekülorbitaltheorie - 415

elektronenwellenfunktion, die sich über alle Atome eines Moleküls erstreckt.

Das Wasserstoff-Molekü-

In diesem Kapitel wollen wir uns den Ursachen für die Stärke, die Zahl und die räumliche Anordnung chemischer Bindungen zwischen Atomen zuwenden. Die quantenmechanische Beschreibung chemischer Bindungen hat durch den Einsatz von Computern

lion - 416

enorme

Fortschritte

gemacht,

sodass

wir heute die Strukturen

von

nahezu

beliebig

komplizierten Molekülen berechnen können. Wir werden uns vor allem auf die Beschrei-

bung der kovalenten Bindung konzentrieren. G.N. Lewis hatte diese Art von Bindung im Jahre 1916 (noch vor der endgültigen Etablierung der Quantenmechanik) als Elektronenpaar beschrieben, das zwei Atomen gleichzeitig angehört. Es wird sich jedoch zeigen, dass die ionische Bindung, bei der die entgegengesetzt geladenen Atome durch elektrostatische Kräfte zusammengehalten werden, als Grenzfall aus der kovalenten Bindung zwischen unterschiedlichen Atomen hervorgeht. Letztlich kann — obwohl der Blick auf diese Tatsache durch die Schrödinger-Gleichung vielleicht oft verstellt wird — jede chemische Bindung auf das Wechselspiel zwischen Anziehung gleicher Ladungen, Abstoßung ungleicher Ladungen und der sich ändernden kinetischen Energie als Folge veränderter räumlicher Verteilung der Elektronen zurückgeführt werden. Es gibt zwei grundsätzliche Ansätze zur Berechnung molekularer Strukturen, die Valenzbindungstheorie (VB-Theorie) und die Molekülorbitaltheorie (MO-Theorie). In der Praxis werden quantenchemische Rechnungen fast ausschließlich auf der Grundlage der MO-Theorie durchgeführt, sodass wir uns auch hier auf sie konzentrieren werden. Die VB-Theorie hat jedoch deutliche Spuren in der Sprache der Chemie hinterlassen, und es ist wichtig, die Bedeutung von alltäglich verwendeten Begriffen zu kennen. Daher gehen wir wie folgt vor. Zuerst führen wir Konzepte ein, die in beiden Beschreibungen gebraucht werden. Danach stellen wir die VB-Theorie vor, die uns ein einfaches, qualitatives Bild der Entstehung von chemischen Bindungen vermittelt. Dann präsentieren wir die Grundzüge der MO-Theorie, bevor wir zuletzt sehen, wie Rechenverfahren alle gegenwärtigen Diskussionen der Molekülstruktur einschließlich Vorhersagen der chemischen Reaktivität durchziehen.

11.1]

Die Born-Oppenheimer-Näherung

WähAlle Theorien der Molekülstruktur beginnen mit der gleichen Vereinfachung. exakt ung er-Gleich Schröding die ffatoms rend wir zumindest im Fall des Wassersto möglich. mehr nicht Moleküle en einfachst die lösen können, ist dies selbst für und einem ElektSogar das H;-Ion besteht bereits aus drei Teilchen (zwei Protonen die so genannte wir führen Daher macht. ch ron), was eine exakte Lösung unmögli ad

5 : Br ]. de Pau Phvsikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und & Co. KGaA, Weinheim GmbH Verlag CH WILEY-V 2006 © ht ISBN: 3-527-31546-2

Homoatomare zweiatomige

Moleküle - 421 Heteroatomare zweiatomige

Moleküle - 427

Anwendung 11-1: Die biochemische Reaktivität von O,, N, und NO : 433

Molekülorbitale in vielatomigen Molekülen - 435

Die Hückel-Näherung - 435 Quantenchemie mit Computern - 44]

Die Vorhersage molekularer Eigenschaften - 446 Das Wichtigste auf einen Blick - 448

Weiterführende Literatur - 449 Diskussionsfragen : 449 Leichte Aufgaben - 449 Schwerere Aufgaben - 451

410

11

Molekülstruktur

Born-Oppenheimer-Näherung ein, wonach die Kerne, da sie so viel schwerer sind

als die Elektronen, sich viel langsamer als diese bewegen und daher während der Lösung der elektronischen Schrödinger-Gleichung als ruhend betrachtet werden

können. Wir werden deshalb eine bestimmte Lage der Kerne annehmen und die Schrödinger-Gleichung der Elektronen für diese festgehaltenen Positionen der Kerne lösen.

Energie

R,

Kernabstand, R

Diese Näherung funktioniert für Moleküle im Grundzustand sehr gut, da Rechnungen z.B. ergeben, dass sich die Kerne in H, nur um etwa 1pm bewegen, während die Elektronen 1000 pm zurücklegen. Die Näherung kann aber für bestimmte angeregte Zustände von neutralen Molekülen und für die Grundzustände bestimmter Kationen versagen; diesen Ausnahmen begegnen wir besonders in der Photoelektronenspektroskopie (Abschnitt 11.3.2) und der Massenspektromettrie. Die Born-Oppenheimer-Näherung ermöglicht es uns, einen Kernabstand auszuwählen und die Schrödinger-Gleichung der Elektronen für diesen Kernabstand zu lösen. Das gleiche können wir für einen weiteren Kernabstand tun, und so weiter. Auf diese Weise können wir berechnen, wie die Energie des Moleküls von der Bin-

Abb. 11-1 Die Potenzialkurve eines Moleküls. Der Gleichgewichtsbindungsabstand entspricht dem Minimum der Energie.

Kommentar 11-1 Die Dissoziationsenergie unterscheidet sich von der Tiefe des Potenzialminimums durch die Nullpunktsschwingungsenergie der gebundenen Kerne: D, = D. - ho, wobei o die Schwingungsfrequenz der Bindung ist (Abschnitt 13.3.1).

dungslänge abhängt (in komplizierteren Molekülen von allen Bindungslängen und -winkeln) und erhalten so eine Potenzialkurve des Moleküls (Abb. 11-1). Wenn in einem vielatomigen Molekül mehr als ein geometrischer Parameter variiert wird, erhalten wir eine Potenzialfläche.

Wir sprechen deshalb von einer Potenzialkurve,

weil die kinetische Energie der ruhenden Kerne null ist. Wenn wir eine solche Kurve kennen (entweder aus Rechnungen oder aus spektroskopischen Untersuchungen, wie sie in den Kapiteln 13 und !4 beschrieben werden), so können wir daran den Gleichgewichtsbindungsabstand R, (den Kernabstand am Minimum der Kurve) und die Bindungsdissoziationsenergie D, ablesen. Letztere hängt mit der Tiefe D, des Minimums der Kurve unter der Energie der unendlich weit voneinander entfernten und ruhenden Atome zusammen.

11.2|

Die Valenzbindungstheorie

Die VB-Theorie war die erste quantenmechanische Theorie der chemischen Bindung. Sie schuf eine Sprechweise, zu der Begriffe wie Spinpaarung, o- und r-Bindung oder auch Hybridisierung gehören und die noch heute in der ganzen Chemie sehr häufig verwendet wird, besonders zur Beschreibung chemischer Eigenschaften und der Reaktionen organischer Moleküle. Wir fassen im Folgenden die wesentlichen Grundlagen der VB-Theorie kurz zusammen und schaffen so die Voraussetzungen für die spätere Entwicklung der MO-Theorie.

11.2.1

Homoatomare zweiatomige Moleküle

Nach der VB-Theorie wird eine chemische Bindung gebildet, indem ein Elektron in einem Atomorbital eines Atoms seinen Spin mit einem Elektron in einem Atomorbital eines anderen Atoms paart. Um zu verstehen, warum diese Spinpaarung zu einer Bindung führt, müssen wir die Wellenfunktion der beiden an der Bindung beteiligten Elektronen betrachten. Wir beginnen mit der einfachst en denkbaren chemischen Bindung, der im Wasserstoffmolekül Hs Die räumliche H-Atome lautet

Wellenfunktion

zweier

unendlich

weit voneinander

entfernter

v= Kuıs, (f1) Aus, (f2) )

wobei sich das Elektron 1 an Atom A befindet und das Elektron 2 an Atom B; wir ver-

wenden in diesem Kapitel das Symbol x, um Atomor bitale zu bezeichnen. Der Einfachheit halber schreiben wir diese Wellenfunkti on symbolisch als y = A(1)B(2).

11:2. Die Valenzbindungstheorie

Wenn sich die beiden Atome nahe sind, ist es aber nicht möglich zu entscheiden, ob nun Elektron 1 oder Elektron2 an AtomA sitzt. Eine gleichermaßen gültige Beschreibung ist daher ) = A(2)B(1), in welcher sich Elektron 2beiA und Elektron1 beiB aufhält. Wenn zwei derartige Beschreibungen gleich wahrscheinlich

sind, so weist uns die Quantenmechanik an, den wahren Zustand des Systems als Superposition der Wellenfunktionen der beiden einzelnen Möglichkeiten zu schrei-

ben (Abschnitt 8.3.1). Folglich gibt die (nicht normierte) Wellenfunktion

y = A(1)B(2)+A(2)B(1)

(11-1)

eine bessere Beschreibung des Moleküls als jede der beiden einzelnen Funktionen. Es zeigt sich, dass die Funktion mit der tieferen Energie diejenige mit dem „+“Zeichen ist, sodass die VB-Wellenfunktion für das Wasserstoffmolekül v = A(1)B(2) + A(2)B(1)

(11-2)

lautet.

Die Entstehung der Bindung zwischen den beiden H-Atomen ist in gewisser Weise eine Konsequenz der Tatsache, dass die Elektronen sich zwischen den beiden Atomen aufhalten und diese so zusammenhalten. Diesen Gedankengang können wir auch formaler ausdrücken, indem wir sagen, dass die beiden Wellenfunktionen

A(1)B(2) und A(2)B(1) konstruktiv interferieren und die Amplitude der Gesamtwellenfunktion zwischen den beiden Kernen erhöhen (Abb. 11-2). Die durch Gl]. (11-2) beschriebene Elektronenverteilung wird als o-Bindung bezeichnet. Ihr Kennzeichen ist eine zylindersymmetrische Ladungsverteilung um die Kernverbindungsachse. Entlang dieser Achse betrachtet, gleicht die Ladungsverteilung der eines s-Orbitals, deshalb auch die Bezeichnung o-Bindung (co entspricht im griechischen Alphabet unserem s). Zum Bild eines Chemikers von einer kovalenten Bindung gehört, dass sich die Spins der beiden Elektronen bei der Überlappung der Orbitale paaren. Der Ursprung dieser Rolle des Spins ist, dass die Wellenfunktion aus Gl. (11-2) nur für zwei Elektronen mit gepaarten Spins erlaubt ist. Die Paarung der Spins ist somit kein Selbstzweck, sondern sie ermöglicht eine Wellenfunktion (und die damit verbundene Ladungsverteilung) mit geringer Energie.

Das Pauli-Prinzip verlangt, dass eine Wellenfunktion ihr Vorzeichen wechseln muss,

wenn

wir

die

Bezeichnungen

zweier

Elektronen

vertauschen

(siehe

Abschnitt 10.2.1). Unsere VB-Wellenfunktion für zwei Elektronen lautet

w(1,2) = [A(1)B(2) + A(2)B(1)}0(1,2) , wobei o(1,2) den Spinanteil der Wellenfunktion bezeichnet. Wenn wir die beiden Bezeichnungen 1 und 2 vertauschen, wird daraus ve2,1)= {A(2)B(1) ie A(1)B(2) }a(2, =

tA(1)B(2) 4 A(2)B(1)}o(2, DE

Das Pauli-Prinzip verlangt, dass w(1,2) = (2, 1) gilt, also muss offensichtlich

o(1,2) = -0(2,1) gelten. Die einzige Spinwellenfunktion, die diese Bedingung

erfüllt, ist

(1,2) = {a Rt2)-a2)B)} , 10.3.2). Wir die einem Zustand mit gepaarten Spins entspricht (siehe Abschnitt

chemischließen daraus, dass der Zustand mit der tieferen Energie (der mit einer Elektrobeiden schen Bindung einhergeht) nur erreicht werden kann, wenn die nenspins gepaart sind.

A()B(2) + A(2)B(]) \ erhöhte Elektronendichte Abb. 11-2 VB-Wellenfunktionen darzustellen ist sehr schwierig, da sie sich immer

auf zwei Elektronen gleichzeitig beziehen; hier ein Versuch. Das Atomorbital für Elektron 1 ist durch schwarze Konturen dargestellt; das von Elektron 2 durch blaue

Konturen. Die obere Skizze zeigt A(1)B(2), die mittlere den Beitrag A(2)B(1). Wenn die beiden Bilder überlagert werden, entsteht Interferenz zwischen den schwarzen und den blauer: Beiträgen, was zu einer erhöhten Zweielektronendichte im Bereich zwischen den Kernen führt.

11

Molekülstruktur

Die VB-Beschreibung des Wasserstoffmoleküls kann zweiatomige Moleküle wie z.B. N, übertragen werden. Sprache der VB-Theorie zu beschreiben, gehen wir von guration jedes Atoms aus, die 2s?2p!2p\2p, lautet. Für man die Kernverbindungsachse meist auf die z-Achse,

Abb. 11-3 Auch die Spinpaarung der Elektronen in p-Orbitalen kann durch Überlappung zweier Orbitale mit Zylindersymmetrie um die Kernverbindungsachse zu einer o-Bindung führen.

Knoten-

ebene

während die 2p,- und bitale der beiden N-Atome zueinander zeigen (Abb. 11-3), ektronen ne 2p.-El beiden Die 2p,-Orbitale senkrecht auf dieser Achse stehen. Die räumbilden. n Atome den en ihre Spins paaren und so eine o-Bindung zwisch A bzw. B jetzt dass nur Form, bene liche Wellenfunktion hat die in Gl. (11-2) angege für die beiden 2p,-Orbitale steht. ausbilden, Die übrigen p-Orbitale können durch Überlappung keine o-Bindung sen Stattdes sind. sachse bindung Kernver die da sie nicht zylindersymmetrisch um Spins der Paarung durch entsteht ng bilden sie zwei n-Bindungen aus. Eine n-Bindu 11-4). zweier Elektronen in p-Orbitalen, die parallel nebeneinander liegen (Abb. einem sie gleicht so n, betrachte chse Moleküla Wenn wir die r-Bindung entlang der Elektronenpaar in einem p-Atomorbital (daher auch der Name, das n entspricht im griechischen Alphabet unserem p). Im N,-Molekül existieren zwei n-Bindungen: Die eine entsteht durch Spinpaarung in den beiden benachbarten p,-Orbitalen, die andere entsprechend durch Spinpaarung in den beiden benachbarten p,-Orbitalen. Die Bindung im N,-Molekül kommt somit insgesamt durch eine o-Bindung und zwei rn-Bindungen zustande (Abb. 11-5). Dieses Bild stimmt mit der Lewis-Struktur :N =N: für das Stickstoffmolekül überein.

11.2.2

Kernverbindungsachse Abb. 11-4 Ein n-Orbital entsteht durch Überlappung und Spinpaarung zweier pOrbitale, deren Achsen senkrecht auf der

Kernverbindungsachse stehen. Die Bindung besitzt zwei Anhäufungen von Elektronendichte, die durch eine Knotenebene

getrennt sind.

auf andere hömoatomase Um dieses Molekül in der der Valenzelektronenkonfizweiatomige Moleküle legt sodass die beiden 2p,-Or-

_Vielatomige Moleküle

Jede o-Bindung in einem vielatomigen Molekül entsteht durch Spinpaarung zweier Elektronen in Orbitalen, die zylindersymmetrisch um die Verbindungsachse der beiden verbundenen Kerne sind. Ebenso bilden sich n-Bindungen durch Überlappung von Orbitalen, die um die gerade interessierende Kernverbindungsachse die korrekte lokale Symmetrie besitzen. Eine VB-Betrachtung des Wassermoleküls soll diese Überlegung verdeutlichen. Die Valenzelektronenkonfiguration eines O-Atoms ist 2s?2p?2p,2p\. Die beiden ungepaarten Elektronen in den p-Orbitalen des Sauerstoffs können mit je einem Wasserstoff-1s-Elektron ein Elektronenpaar bilden. Jedes dieser Elektronenpaare beschreibt eine o-Bindung (da jede der Bindungen zylindersymmetrisch um die Kernverbindungsachse der beiden verbundenen Atome ist). Da die 2p,- und 2p,Orbitale einen Winkel von 90° einschließen, gilt dies auch für die so entstandenen

o-Bindungen (Abb. 11-6). Aus diesem einfachen Modell können wir also vorhersagen, dass das H,O-Molekül gewinkelt ist, was tatsächlich stimmt. Allerdings sagt unser Modell einen Bindungswinkel von 90° vorher, während der Winkel in Wirklichkeit etwa 104.5° beträgt.

Übung 11-1 Schlagen Sie auf der Grundlage der VB-Theorie eine Struktur für NH, vor. [trigonale Pyramide mit HNH-Winkeln von 90°; Experiment: 107°]

Abb. 11-5 Die Bindungssituation in N;: Es gibt eine o- und zwei n-Bindungen. Wie später erklärt wird, ist die Elektronendichte insgesamt zylindersymmetrisch um die Kernverbindungsachse.

Eine weitere Schwäche der VB-Theorie in der bisher diskutierten Form ist ihre Unfähigkeit, die Vierbindigkeit des Kohlenstoffs zu erklären. Die Grundzustandskonfiguration des C-Atoms ist 2s’2p\2p\, er sollte demnach nur zwei anstelle von vier Bindungen ausbilden können. Dieser Mangel der Theorie kann ausgeglichen werden, wenn wir die Möglichkeit der Promotion berücksichtigen, der Anregung eines Elektrons in ein Orbital einer höheren Energie. Im Kohlenstoffatom stellt man sich dabei vor, dass eines der 2s-Elektronen in ein 2p-Orbital angeregt wird,

11.2 Die Valenzbindüngstheorie

413

sodass die Konfiguration 2s'2p,2p,2p! mit vier ungepaarten Elektronen in unterschiedlichen Orbitalen entsteht. Diese Elektronen können dann ihre Spins mit vier Elektronen von anderen Atomen (z.B. vier Wasserstoff-1s-Elektronen im Fall von CH,) paaren und so vier o-Bindungen bilden. Hierzu ist zwar zunächst Energie erforderlich, dieser Aufwand lohnt sich aber, wenn anschließend vier Bindungen

gegenüber nur zweien im nicht promovierten Kohlenstoffatom gebildet werden. Promotion ist eine charakteristische Eigenschaft des Kohlenstoffs, der in den meisten seiner Verbindungen vier Bindungen ausbildet. Der Grund dafür ist die in diesem Fall sehr geringe Promotionsenergie: Da das Elektron ein doppelt besetztes 2s-Orbital verlässt und ein leeres 2p-Orbital besetzt, wird die Elektronenabstoßung

deutlich verringert. Dabei müssen wir aber immer im Kopf behalten, dass die Promotion ein theoretisches Konstrukt ist: Das Atom wird nicht in irgendeiner Weise angeregt, bevor es Bindungen eingeht, sondern wir verwenden eine anschauliche Beschreibung für die Vorgänge bei der Bindungsbildung. Unsere Beschreibung der Bindungssituation in CH, (und anderen Alkanen) ist immer noch nicht komplett, da nach unseren bisherigen Überlegungen im CH, zwei Arten von o-Bindungen vorliegen müssten: drei Bindungen, die durch Überlappung der 2p-Orbitale am Kohlenstoff mit den 1s-Orbitalen dreier Wasserstoffatome entstehen, und ein Orbital, das durch Überlappung des 2s-Orbitals von Kohlenstoff mit einem 1s-Orbital eines Wasserstoffatoms zustande kommt. Dieses Problem können wir lösen, wenn wir die Ladungsverteilung in dem promovierten C-Atom nicht durch die ursprünglichen Atomorbitale beschreiben, sondern durch vier äquivalente jeweils einfach besetzte Hybridorbitale, die durch Interferenz zwischen den 2s- und 2p-Orbitalen des Kohlenstoffatoms entstehen. Die Linearkombinationen, die in unserem Fall zu vier äquivalenten Hybridorbitalen führen, sind

h=s+p,+p,+P;

h=s-Pp,-P,+PR;

h,=s-p,+Pp,-P,

hh=s+tp,-P,-P-

(11-3)

Als Folge der Interferenz zwischen den beitragenden Atomorbitalen besteht jedes der vier Hybridorbitale aus einem großen, weit ausladenden Lappen, der in eine der Ecken eines regulären Tetraeders zeigt (Abb. 11-7); der Winkel zwischen ihnen beträgt 109.7°. Da wir jedes dieser Hybridorbitale aus einem s- und drei p-Orbitalen konstruiert haben, werden sie als sp’-Hybridorbitale bezeichnet. Jetzt ist leicht zu sehen, wie die VB-Beschreibung des Methanmoleküls zu einem tetraedrischen Molekül mit vier äquivalenten C-H-Bindungen führt. Jedes Hybridorbital des promovierten C-Atoms enthält ein einzelnes Elektron, das mit einem 1s-Atom eines H-Atoms eine o-Bindung eingehen kann. Die vier auf diese Weise entstehenden Bindungen zeigen in die Ecken eines Tetraeders. Die Wellenfunktion der Bindung, die aus h, und dem Orbital 1s, (welches wir als A bezeichnen) entsteht, lautet beispielsweise

Abb. 11-6 Eine erste Annäherung an die VB-Beschreibung der Bindung im H,OMolekül. Jede o-Bindung entsteht durch Überlappung eines H1s-Orbitals mit

einem O2p-Orbital. Dieses Modell sagt einen Bindungswinkel von 90° voraus, was deutlich vom experimentellen Wert abweicht.

Kommentar 11-2 Eine charakteristische Eigenschaft von Wellen ist, dass sie miteinander interferieren, sodass größere Amplituden entstehen, wo Wellenberge aufeinander treffen (konstruktive Interferenz), und kleinere Amplituden, wo Wellenberge auf Wellentäler treffen (destruktive Interferenz). Die Physik von Wellen wird in Anhang 3 wiederholt.

Y=h(1)Al2) + hl2)AU). Da die vier Hybridorbitale dieselbe Zusammensetzung

haben, sind auch die vier

entstehenden Bindungen (abgesehen von ihrer Orientierung im Raum) identisch

(Abb. 11-8).

Die Hybridorbitale besitzen aufgrund der konstruktiven Interferenz zwischen

den dem s-Orbital und den positiven Lappen der p-Orbitale im Bereich zwischen Bindunstärkere ermöglicht Dies 11-9). (Abb. Kernen besonders große Amplituden

Promogen als für reine s- oder p-Orbitale. Auch dieser Faktor hilft, die investierte

tionsenergie wieder einzuspielen. und zur ErkläAuch zur Beschreibung der Struktur des Ethenmoleküls H,C=CH, n wir die benötige Torsion r gegenübe n rung der Steifheit der Doppelbindunge

kel liegen Hybridisierung. Das Ethenmolekül ist planar, die HCH- und HCC-Win

Abb. 11-7 Ein sp’-Hybridorbital, das aus der Superposition von s- und p-Orbitalen an demselben Atom gebildet wird. Es gibt vier solcher Orbitale, die in die Ecken eines regulären Tetraeders zeigen. Insgesamt ist

die Elektronendichte kugelsymmetrisch.

414

11

Molekülstruktur

| Resultierende

Abb. 11-8 Jedes sp’-Hybridorbital geht eine o-Bindung durch Überlappung mit einem Wasserstoff-1s-Orbital in einer Tetraederecke ein. Das Modell erklärt die bekannte Struktur des CH, Moleküls.

Abb. 11-10 (a) Die drei äquivalenten sp?-Hybridorbitale, die aus der Mischung eines s- und zweier p-Orbitale entstehen. Die Orbitale sind in die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks’gerichtet. (b) Das nicht hybridisierte dritte p-Orbital steht senkrecht auf der Ebene der drei Hybridorbitale.

Abb. 11-9 Eine genauere Darstellung der Bildung eines sp’-Hybridorbitals durch Interferenz zwischen Welienfunktionen desselben Atoms. (Um die Darstellung zu vereinfachen, ist der radiale Knoten des 2sOrbitals nicht gezeigt.)

nahe bei 120°. Um das o-Gerüst des Moleküls aufzubauen, promovieren wir das Kohlenstoffatom zunächst wieder in die Konfiguration 2s!2p°. Anstatt aus all diesen Orbitalen Hybridorbitale zu konstruieren, bilden wir diesmal jedoch nur sp’-Hybridorbitale 3 h, =s+

v2p, I

h, en

Ir Ep. 7

1 Ep

3 )

h; —is

Er.

1 Ep, )

(11-4)

die in einer Ebene liegen und in die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks zeigen (Abb. 11-10). Das dritte p-Orbital wird nicht für die Hybridisierung verwendet; es steht senkrecht auf der Ebene der Hybridorbitale. Wie immer in Superpositionen ist der Anteil eines Orbitals in einer Überlagerung durch das Quadrat des jeweiligen Koeffizienten gegeben. Daher ist im ersten der angegebenen Hybridorbitale das Verhältnis von s zu p-Anteil 1:2. Der gesamte p-Anteil in h, und h, ist entsprechend >+4= 2; auch hier ist das Verhältnis s zu p also wieder 1:2. Die unterschiedlichen Vorzeichen der Koeffizienten bewirken, dass die konstruktive Interferenz jeweils in anderen Raumbereichen stattfindet, sodass insgesamt das in der Abbildung gezeigte Verhalten entsteht. Die Struktur des Ethenmoleküls kann nun wie folgt beschrieben werden. Die beiden sp’-hybridisierten C-Atome bilden jeweils drei o-Bindungen aus; eine zu dem h,-Hybridorbital des anderen Kohlenstoffatoms und zwei zu den 1s-Orbitalen der Wasserstoffatome. Das Gerüst der o-Bindungen besteht somit aus C-C- und C-HBindungen, die jeweils Winkel von 120° einschließen. Wenn die beiden so miteinander verbundenen CH,-Gruppen in einer Ebene liegen, können die beiden Elektronen in den 2p,-Orbitalen der Kohlenstoffatome unter Spinpaarung eine r-Bindung ausbilden (Abb. 11-11). Diese r-Bindung hält das Gerüst der Atome in der planaren Anordnung fest, da jede Rotation der beiden CH,-Gruppen gegeneinander zu einer Schwächung der n-Bindung (und damit zu einer Erhöhung der Energie des Moleküls) führt. Für das Ethinmolekül H-C = C-H gilt eine ähnliche Beschreibung, nur dass jetzt die beiden Kohlenstoffatome sp-hybridisiert und o-Bindungen durch Hybridorbitale der Form Abb. 11-11 Die Doppelbindung im Ethen; nur die n-Bindung ist explizit gezeigt.

h=s+p,

und

,=s-p,

(11-5)

11.3

Die Molekülorditaltheorie

415

gebildet werden. Diese Orbitale liegen entlang der Kernverbindungsachse. Die durch sie beschriebenen Elektronen paaren ihre Spins mit einem Elektron entweder in dem entsprechenden Hybridorbital am anderen Kohlenstoffatom oder in einem

1s-Orbital eines Wasserstoffatoms. Die Elektronen in den verbleibenden p-Orbitalen, die senkrecht auf der Kernverbindungsachse stehen, bilden zwei senkrecht aufeinander stehende r-Bindungen (Abb. 11-12).

Übung 11-2 Hybridorbitale müssen nicht immer Bindungen eingehen, sie können auch freie Elektronenpaare beschreiben. Schlagen Sie auf der Grundlage der VB-Theorie mögliche Strukturen für das Wasserstoffperoxid-Molekül H,O, vor. [HOO-Winkel etwa 109° (Experiment 94.8°), Rotation um die OO-Bindung ist möglich, das Molekül wechselt bei höheren Temperaturen zwischen planaren und

nicht planaren Anordnungen.] Um bestimmte Molekülstrukturen zu erklären (oder diesen zumindest nicht zu widersprechen), diskutiert man häufig weitere Hybridisierungen, insbesondere solche mit Anteilen von d-Orbitalen (siehe Tabelle 11-1). Allgemein entstehen bei der Hybridisierung aus N Atomorbitalen immer N Hybridorbitale, die entweder Bindungen eingehen können oder freie Elektronenpaare beschreiben. So liefert beispielsweise eine sp’d’-Hybridisierung sechs identische Hybridorbitale, die in die Ecken eines regelmäßigen Oktaeders zeigen. Diese Hybridisierung wird daher gerne verwendet, um die Struktur von oktaedrischen Molekülen wie SF, zu erklären. Tabelle 11-1 Einige häufige Hybridisierungen* Koordinationszahl

Struktur

Zusammensetzung

2)

linear

sp, pd, sd

gewinkelt

sd

3

trigonal planar

sp”, p’d

4

5

6

unsymmetrisch planar

spd

trigonal pyramidal

pd’

tetraedrisch

sp’, sd’

irregulär tetraedrisch

spd?, p’d, dp’

quadratisch planar

p’d?, sp’d

trigonal bipyramidal

sp’d, spd?

tetragonal pyramidal

sp’d?, sd*, pd*, p’d?

pentagonal planar

p’d’

oktaedrisch

sp’d’

trigonal prismatisch

spd*, pd’

trigonal antiprismatisch

p’d’

* Quelle: H. Eyring, J. Walter, G. E. Kimball, Quantum Chemistry. Wiley, New York 1944.

11.3]

Die Molekülorbitaltheorie

In der Molekülorbitaltheorie wird von vornherein akzeptiert, dass wir ein Elektron in einem Molekül nicht einer bestimmten Bindung zuordnen können, sondern Die dass wir ihm eine Bewegung durch das gesamte Molekül erlauben müssen. Theorie; ete angewend häufiger und Molekülorbitaltheorie ist die weiter entwickelte

Abb. 11-12 Die Dreifachbindung im Ethin; nur die n-Bindungen sind explizit gezeigt. Insgesamt ist die Elektronendichte zylindersymmetrisch um die Molekülachse.

416

177 Molekülstruktur

ihre Konzepte werden in der modernen Forschung für die Diskussion von Bindungsverhältnissen in allen Bereichen der Chemie angewendet. Um uns mit der Molekülorbitaltheorie vertraut zu machen, verfolgen wir wieder die schon in Kapitel 10 vorgestellte Strategie, mit der Besprechung des Wasserstoffatoms als dem einfachsten Atom zu beginnen und die Diskussion danach auf Mehrelektronenatome zu erweitern. Nun werden wir mit dem einfachsten aller Moleküle anfangen, dem H;-Ion, um die wesentlichen Eigenschaften der chemischen Bindung einzuführen, die wir dann auf komplexere Moleküle,verallgemeinern wollen. Hierzu werden wir zunächst auf homoatomare zweiatomige Moleküle eingehen, die wie das H;-Ion aus zwei Atomen desselben Elements aufgebaut sind. Danach werden wir heteroatomare zweiatomige Moleküle besprechen, bei denen die beiden Atome verschieden sind (wie in CO oder HCl), und schließlich zu einer Beschreibung von vielatomigen Molekülen übergehen, die die Grundlage der modernen Rechenverfahren zur Behandlung von Molekülstrukturen und der chemischen Reaktivität bildet.

11.3.1

Das Wasserstoff-Molekülion

Der Hamilton-Operator für das einzige Elektron in H; lautet

ö h? H=-—-V!+V m

mit

V=

Zr

( -

o\aı



R

)

(11-6)

Hierbei sind r,, und r,, die Entfernungen des Elektrons von den beiden Kernen (1) und R ist der Kernabstand. In dem Ausdruck für V beschreiben die beiden ersten Terme in der Klammer die anziehenden Wechselwirkungen zwischen den Kernen und dem Elektron, während der dritte für die Abstoßung der beiden Kerne steht. Die Einelektronenwellenfunktionen, die man durch Lösung der Schrödinger-Gleichung Hi) = Ei) erhält, werden als Molekülorbitale bezeichnet. Ein Molekülorbital Y gibt durch sein Betragsquadrat ||? die Verteilung des Elektrons über das Molekül an. Ein Molekülorbital entspricht einem Atomorbital (beide sind Einelektronenwellenfunktionen), es erstreckt sich jedoch über das gesamte Molekül. Für H, kann man (im Rahmen der Born-Oppenheimer-Näherung) exakte, analytische Lösungen angeben, man erhält dabei jedoch sehr komplizierte Funktion en. Wir werden daher ein einfacheres Verfahren vorziehen, das - obwohl nur eine Näherung — mehr Einblick vermittelt (und das sich später auch auf größere Moleküle übertragen lässt).

Linearkombinationen von Atomorbitalen Wenn

ein Elektron sich in einem Atomorbital von AtomA und ebenso in einem Atomorbital von AtomB aufhalten kann, dann ist die Gesamtwellenfunktion des

Moleküls eine Überlagerung (Superposition) dieser beiden Atomorbitale,

"= N(A+B).

(11-7)

Hierbei ist A eine kompakte Schreibweise für das Atomor bital 7, ,B entsprechend für %y1,, und N eine Normierungskonstante. Der technische Ausdruck für den Ansatz aus Gl. (11-7) ist Linearkombination von Atomorbitalen (LCAO, engl. linear

combination of atomic orbitals). Ein Molekü lorbital, das auf diese Weise näheru

ngsweise als Linearkombination von Atomorbitale n angenähert wird, wird auch als LCAO-MO abgekürzt. Ein Molekülorbital, das Zylindersymmetrie um eine bestimmte Kernverbindungsachse besitzt (wie das, welches wir soeben besprochen haben), bezeichnet man als 9-Orbital, da es entlang der Kernverbindungsachse betrachtet einem s-Orbital gleicht (genauer, weil es keinen Bahndrehimpuls um die Kernverbindungs

achse besitzt)

11.3

Beispiel 11-1

Die Molekülorbitaltheorie

417

Die Normierung eines Molekülorbitals

Normieren Sie das Molekülorbital ı), aus Gl. (11-7.) Vorgehen

Wir müssen die Konstante N finden, für die gilt

|vi) de

il.

Dazu setzen wir die LCAO-Wellenfunktion in diese Gleichung ein und verwenden die Tatsache, dass die beiden einzelnen Atomorbitale bereits normiert sind. Antwort

Durch Einsetzen der Wellenfunktion erhalten wir

[wwa: = |

Adr+ |Bde

2 |ABar) NE

wobei wir S= |ABdr gesetzt haben. Damit dieses Integral gleich 1 ist, muss offensichtlich Mn

TAN

il

2(1+5)}”

(b)

sein. Für H; ist S=0.59 und folglich N = 0.56.

Abb. 11-13

(a) Die Amplitude des binden-

Übung 11-3

die die beiden Kerne enthält. (b) Eine Konturliniendarstellung der Amplitude.

den Molekülorbitals in H; in einer Ebene,

Normieren Sie das Orbital )_ aus Gl. (11-7). [N = 1/{2(1- S)}”, also N = 1.10] Abb. 11-13 zeigt die Konturlinien konstanter Amplitude für die beiden Molekülorbitale aus Gl. (11-7), Abb. 11-14 zeigt ihre Einhüllenden. Solche Darstellungen sind mit käuflicher Software einfach zu erzeugen. Die Berechnung ist nicht schwierig, da wir nur die mathematische Form der beiden Atomorbitale eingeben müssen; den Rest erledigt das Programm. In diesem Fall verwenden wir

A=———,

und

B=

——,

Hüllfläche


(Be

ES. 0.

Die Lösungen dieser Gleichung sind aß

es Nachdem wir aus der Säkulardeterminante die beiden Energien erhalten haben, können wir diese in die Säkulargleichungen einsetzen, um die Koeffizienten zu berechnen: Die tiefere Energie (E, in der Illustration) ergibt die Koeffizienten des bindenden Orbitals, die höhere Energie (E_) die des antibindenden Orbitals. Aus den Säkulargleichungen erhalten wir jedoch zunächst nur Ausdrücke für die Verhältnisse der beiden Koeffizienten, sodass wir noch eine weitere Bedingung benötigen, um ihre endgültigen Werte festzulegen. Wir verlangen daher, dass die beiden Orbitale normiert sein sollen; das bedeutet, die Koeffizienten müssen die Gleichung

va aha

1

(11-43)

erfüllen.

Illustration 11-3

Das Variationsprinzip in der Praxis (2)

Um die Werte der Koeffizienten in der zu der Energie E, aus Illustration 11-2 gehörenden Linearkombination zu finden, verwenden wir Gl. (11-28) mit a, =, = a und erhalten a+ß

cda+cza+

ee

2c,chß

ee (Gl. (11-30)

Nun verwenden wir die Normierungsbedingung c} +c} + 204635 = 1, sodass wir zu dem Ausdruck

und

setzen

a+ß

Tees = ie; + ch)a + 2cacß

gelangen. Daraus folgt 2 G+rS=-

ag

1

1

lcal Snarsypr®

und

0,

Um die Koeffizienten in der zur Energie E_ gehörenden Linearkombination zu bestimmen, gehen wir genau analog vor. Wir schreiben dazu

Be aß Ferse (ci +c)a + 2cycoß ; woraus folgt 2

S-

2

ae

1

TB,

ZZ

nd

er

zen

431

432

11

Molekülstruktur

Zwei einfache Fälle

der Säkulargleichungen

Die vollständigen Lösungen

sind selbst für 2 x

2-Determi-

sehr h zwei Fälle, für die man die Lösungen nanten recht verzwickt. Es gibt jedoc . SO: einfach angeben kann. für den gen Lösun die dass en, geseh wir In den Illustrationen 11-2 und 11-3 haben Fall identischer Atome (a, = & = 4)

Es

E

ger

=

or)

CN

oh

Be

-

5

Zum,

RS

P

172 ? = BER

wo

Ca

(11-31b)

=b}

bindende Orbital ist in diesem Fall lauten. Die beste Wellenfunktion für das

(11-322)

Va und die des antibindenden Orbitals lautet

VE

(11-32b)

A-B

nn 215)

maren zweiBeide Funktionen bestätigen, was wir bei der Behandlung der homoato richtige Noratomigen Moleküle bereits gesehen haben, nur dass wir jetzt auch die mierungskonstante berechnet haben. die Der zweite einfache Fall sind heteroatomare zweiatomige Moleküle, wenn Überlappung vernachlässigt werden kann (S = 0, eine bei elementaren Behandlungen häufige Näherung). Die Säkulardeterminante lautet dann a-E

B

ß

=(„,-E&a-E)-f:

m-E

Deren Lösungen lassen sich als Funktion eines Parameters

‚= Se

2|Pl t Er arctan

ER

(11-33)

ausdrücken; sie lauten Be

05

Ditanıl,

uE=—A'sSına 1 Bc0S@,

(11-34a)

B,=a,tßtanl,

W, =-AcosC+BsinC.

(11-34b)

Wir können aus diesen Lösungen eine wichtige Tatsache ablesen: wenn die Differenz |a, — folgenden sehr große beteiligten

a,| der Energien der Atomorbitale Begründung wird gezeigt, dass sich Energiedifferenzen (im Sinne von Atomorbitale unterscheiden, was

größer wird, so wird £ kleiner. In der die Energien der Molekülorbitale für |a, — a,| > ß”) kaum von denen der wiederum bedeutet, dass die binden-

den und antibindenden Effekte klein sind. Mit anderen Worten, die bindenden und antibindenden Effekte sind am stärksten ausgeprägt, wenn die Energien der beteiligten Atomorbitale möglichst ähnlich sind. Die Differenz der Energien von Rumpfund Valenzelektronen ist auch der Grund dafür, dass man die Beiträge der Rumpf-

orbitale zur Bindung im Allgemeinen vernachlässigt. Zwar können die Rumpforbitale des einen Atoms ähnliche Energien wie die Rumpforbitale des anderen Atoms besitzen; Rumpf-Rumpf-Wechselwirkungen können jedoch vernachlässigt werden, weil die Orbitale zu kompakt sind, um miteinander überlappen zu können (dadurch wird f sehr klein).

11.3

Die Molekülorbitaltheorie

M

E egründung 11-4

, Bindende und antibindende Effekte in heteroatomaren zweiatomigen Molekülen Wenn

| -a,|>2|ß|

bzw.

2|Pl/las -a,| gilt, sind die Energien der Molekülorbitale somit E_ =a, und E, =a,. Nun betrachten wir noch das Verhalten der Wellenfunktionen im Grenzfall großer

Differenzen

| —a,|,

also für

©&H,0,+0,.

H,O, ist jedoch selbst ein starkes Oxidationsmittel und schädlich für die Zelle. Es wird daher durch Katalasen und Peroxidasen weiter umgewandelt. Eine Katalase katalysiert die Reaktion

3H,0,-32Hj04s054, während eine Peroxidase das Wasserstoffperoxid durch Oxidation eines organischen Moleküls zu Wasser reduziert. Beispielsweise katalysiert das Enzym Glutathionperoxidase die Reaktion Glutathion,.; + 2H;0; — Glutathion,, + 2H;0 .

Die Hinweise auf eine Beteiligung der durch reaktive Sauerstoffteilchen (ROS, reactive oxygen species) wie O,, H,O, oder -OH verursachten Schäden am Mechanismus der Alterung und an der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Schlaganfällen, Entzündungen und anderen Krankheiten verdichten sich. Aus diesem Grund wurden große Anstrengungen unternommen, die Biochemie von Antioxidanzien zu untersuchen, also von Substanzen, die die ROS entweder direkt deaktivieren können (wie z.B. Glutathion) oder wenigstens den Prozess der Zellschädigung aufhalten können, indem sie mit den Radikalen reagieren, die durch von ROS initiierte Prozesse in der Zelle entstanden sind. Wichtige Beispiele solcher Substanzen sind Vitamin C (Ascorbinsäure), Vitamin E (a-Tocopherol) und Harnsäure.

] Energie >

Abb. 11-37 Das MO-Energieniveaudiagramm von NO.

Stickoxid (Stickstoffmonoxid, NO) ist ein kleines Molekül, das schnell zwischen den Zellen diffundieren kann und dabei chemische Botschaften überbringt, die helfen, eine Vielzahl von Prozessen zu steuern, beispielsweise die Regulation des Blutdrucks, die Hemmung der Thrombozytenaggregation oder die körpereigene Verteidigung gegen Entzündungen und Angriffe auf das Immunsystem. Das Molekül wird unter Verbrauch von Wasser und NADPH und mit Hilfe des Enzyms Stickoxidsynthase in einer Reihe von Reaktionen aus der Aminosäure Arginin synthetisiert. Abb. 11-37 zeigt die Bindungssituation in NO. Sie belegt eine Reihe von Tatsachen, die wir zuvor über heteroatomare zweiatomige Moleküle abgeleitet hatten. Die Konfiguration des Grundzustandes ist 1020230? 1r*2r!. Die 30- und

11.4 Molekülorbitale in mehratomigert Molekülen Ir-Orbitale haben hauptsächlich Sauerstoffcharakter, da dies das elektronegativere

Element ist. Das energetisch höchste besetzte Molekülorbital 2 enthält nur ein Elektron und hat größere Anteile von N als von ©. Folglich ist NO ein Radikal mit

einem ungepaarten Elektron, das eher am Stickstoff als am Sauersto ff lokalisiert ist. Das energetisch tiefste unbesetzte Molekülorbital ist 40 und ist ebenfalls hauptsächlich am Stickstoffatom lokalisiert. Da NO ein Radikal ist, können wir eine hohe Reaktivität erwarten. Seine Halbwertszeit wird auf etwa 1-5 s geschätzt, sodass es in der Zelle kontinuier lich syn-

thetisiert werden muss. Wir wir zuvor gesehen haben, hat die biochemische Reak-

tivität von Radikalen ihren Preis. Genau wie OÖ, nimmt auch NO an Reaktionen teil, die der Zelle nicht dienlich sind. Beispielsweise reagieren die O, -Radikale mit NO zu Peroxynitrit-Ionen,

NO +05 :

>ONOO- ,

wobei wir hier die ungepaarten Elektronen explizit ausgeschrieben haben. Das Peroxynitrit-Ion gehört ebenfalls zu den reaktiven Sauerstoffteilchen, schädigt Proteine, die DNA und Lipide und trägt damit möglicherweise zur Entwicklung von Herzerkrankungen, amyotropher Lateralsklerose (Lou-Gehrig-Krankheit), Alzheimer und multipler Sklerose bei. Die angegebene Struktur des Ions ist im Übrigen konsistent mit der in Abb. 11-37 dargestellten Bindungssituation von NO: Da das ungepaarte Elektron mehr am Stickstoffatom lokalisiert ist, ist zu erwarten, dass dieses Atom die Bindung zum O;-Ion eingeht.

11.4|

Molekülorbitale in mehratomigen Molekülen

Die Molekülorbitale in mehratomigen Molekülen werden genauso gebildet, wie wir es im letzten Abschnitt für zweiatomige Moleküle gesehen haben. Der einzige Unterschied ist, dass wir nun mehr Atomorbitale verwenden. Wie in zweiatomigen Molekülen erstrecken sich die Molekülorbitale über das gesamte Molekül. Ein Molekülorbital hat die allgemeine Form

Nyon

(11-35)

Die Summe läuft dabei über alle Valenzorbitale 4, der Atome in dem Molekül. Um die Koeffizienten zu bestimmen, müssen wir wie für zweiatomige Moleküle die Säkulargleichungen und die Säkulardeterminante aufstellen, Letztere nach den Energien auflösen und dann die Energien in die Säkulargleichungen einsetzen, um die Koeffizienten der Atomorbitale in den einzelnen Molekülorbitalen zu erhalten. Der Hauptunterschied zwischen zwei- und vielatomigen Molekülen liegt in der Vielzahl von möglichen Formen der Letzteren: Ein zweiatomiges Molekül ist gezwungenermaßen linear; bereits ein dreiatomiges Molekül kann linear oder gewinkelt sein. Im Prinzip kann man die Gestalt eines vielatomigen Moleküls seine Symmetrie und all seine Bindungslängen, Bindungswinkel und Torsionswinkel - vorhersagen, indem man seine Gesamtenergie für sehr viele mögliche Anordnungen der Kerne berechnet und die Konformation mit der geringsten Gesamtenergie herausfindet.

11.4.1

Die Hückel-Näherung

Die Molekülorbitaltheorie beschreibt auch große Moleküle und ausgedehnte Atomverbände wie zum Beispiel Festkörper. Zuerst wollen wir konjugierte Moleküle betrachten, bei denen Einfach- und Doppelbindungen einander in einer Kette von

Kohlenstoffatomen abwechseln. Obwohl die Klassifikation eines Orbitals als a oder

435

436

117 Molekülstruktur

n streng genommen nur für lineare Moleküle gilt, ist sie doch auch au Beschreibung der lokalen Symmetrie bezüglich einer einzelnen Bindung A-B zu j Das Energieniveaudiagramm der n-Orbitale von konjugierten Molekülen lässt sich am besten mit Hilfe einiger Vereinfachungen berechnen, die Erich Hückel im Jahre 1931 vorschlug. In seinem Ansatz werden die o- und die n-Orbitale getrennt behandelt, wobei die o-Orbitale als vorgegebenes starres Gerüst betrachtet werden,

das die Struktur des Moleküls bestimmt. Alle Kohlenstoffatome werden als als identisch angesehen, sodass alle CoulombyIntegrale a für die zu den n-Orbitalen beitragenden Atomorbitale identisch sind. Zum Beispiel werden in Ethen die o-Bindungen als gegeben akzeptiert, und man konzentriert sich nur auf die Energien des n-Orbitals und seines antibindenden Partners. Die Grenzorbitale von Ethen Wir drücken die r-Orbitale als Linearkombinationen

der Kohlenstoff-2p-Orbitale

aus, die senkrecht auf der Molekülebene stehen. Für Ethen bedeutet das V=co5At+oB,

(11-36)

wobei A das Kohlenstoff-2p-Orbital an Atom A ist usw. Die optimalen Energien und Koeffizienten erhalten wir dann wie in Abschnitt 11.2.3 beschrieben. Dazu müssen wir die Säkulardeterminante lösen, die für Ethen gerade durch GI. (11-29) mit GA, = Gp = a gegeben ist,

RES er „0: m

a



(11-37)

Die Lösungen dieser Gleichung sind einfach zu erhalten (es sind dieselben wie in Illustration 11-2). In einer exakten Rechnung würde man die ganzen Überlapp ungsund Coulomb-Integrale berechnen; eine ungefähre Vorstellung von den Energieniveaus des Moleküls können wir jedoch einfacher gewinnen, indem wir die folgenden Hückel-Näherungen ansetzen: 1. Alle Überlappungsintegrale werden null gesetzt. 2. Alle Resonanzintegrale zwischen nicht benachbarten Atomen werden null gesetzt. 3. Die restlichen Resonanzintegrale werden gleich einem Parameter f gesetzt.

Das sind recht drastische Näherungen, die es uns aber ermöglichen, ohne viel Rechenaufwand einige allgemeine Aussagen über die molekularen Energieniveaus des n-Systems zu treffen. Die Annahmen führen zu folgender Struktur der Säkulardeterminante: 1. Alle Diagonalelemente sind gleich a - E. 2. Nichtdiagonalelemente zwischen benachbart en Atomen sind gleich ß. 3. Alle anderen Elemente sind null. Mit diesen Näherungen erhalten wir a

rn

(1-38)

Die Lösungen dieser Gleichung sind

E=atß.

(11-39)

11.4 Molekülorbitale in mehratomigen "Molekülen

437

Das „+“ in dieser Gleichung gehört zur bindenden Linearkombination (ß ist nega-

tiv!), das „—“ zur antibindenden Kombination (Abb. 11-38). Wenn wir dieses Ergebnis mit Gl. (11-31) vergleichen, sehen wir die Auswirkungen der vernachlässigten Überlappung. Das Aufbauprinzip führt uns zu der Konfiguration In?, da jedes Kohlenstoffatom ein Elektron zu dem n-System beisteuert. Das Ir-Orbital ist das höchste besetzte

Molekülorbital des Ethens, das HOMO (engl. highest occupied molecular orbital). Das 2r-Orbital (oder 2n‘-Orbital) ist das tiefste unbesetzte Molekülorbital, das LUMO (engl. lowest unoccupied molecular orbital). Zusammen

werden beide Orbitale als

Grenzorbitale des Ethens bezeichnet. Sie sind von großer Bedeutung für die Chemie, da sie viele der chemischen und spektroskopischen Eigenschaften des Moleküls bestimmen. Beispielsweise können wir sofort abschätzen, dass die n’ — nAnregungsenergie des Ethens (die Energie, die nötig ist, um ein Elektron vom Inin das 2r-Orbital anzuregen) gleich 2|ß| ist. Die Konstante ß wird oft einfach als adjustierbarer

Parameter

betrachtet;

durch Überlappung (-230kJ mol").

zweier

ein ungefährer

C2p-Atomorbitale

Wert

für n-Bindungen,

entstehen,

ist

die

—2.4eV

Die Matrixformulierung der Hückel-Methode Um die Hückel-Theorie etwas eleganter zu gestalten und sie einfacher auf größere Systeme anwendbar zu machen, formulieren wir sie unter Verwendung von Matrizen und Vektoren (siehe Anhang2) um. Die Säkulargleichungen, die wir für ein zweiatomiges System lösen müssen, haben die Form

(Han — ESmn)Ga + (Has — EiSn)&s = 0,

(11-40a)

(Hpa — E;Spa)C;a + (Hop — EiSps)&is = 0,

(11-40b)

wobei der Eigenwert E; zu einer Wellenfunktion der Form y, = 4A + CB gehört. (Dies ist eine Verallgemeinerung von Gl. (11-25).) Es gibt zwei Atomorbitale, zwei Eigenwerte und zwei Wellenfunktionen; folglich gibt es auch zwei Paare von Säkulargleichungen, von denen das erste zu E, und y, gehört,

(Han — EiSan)Cıa + (Has — EiSap)aıs = 0,

(11-41a)

(Haa — EıSpa)cıa + (Has — EiS)cıs = 0,

(11-41b)

und das zweite zu E, und /,, (Hu - ES)

+ (Has — ES)

= 0”

(11-41e)

(Hr - ESsa)na

+ (Hgg — ESp)os

=0.

(11-41d)

Nun führen wir die folgenden Matrizen und Spaltenvektoren ein:

nel

Hpr

Se

za

Hos

n

Spa

und

= ie

Spp

(11-42)

CB

kompakter in Damit können wir die beiden Paare von Säkulargleichungen nun viel der Form

(H-ES),=0

(11-43)

He, = Sc;E;

oder

n-Operators schreiben, wobei H die Matrixdarstellung des Hamilto

ist und S die

und führen die Matrizen Überlappungsmatrix. Wir gehen noch einen Schritt weiter

ele.o)-

=

c

ee und

I

E= r =)

(11-44)

Abb. 11-38 Die Hückel-MO-Energieniveaus von Ethen. Im Grundzustand besetzen zwei Elektronen das tiefere r-Orbital.

438

11 Molekülstruktur

ein, sodass wir das komplette Gleichungssystem in der Form

(11-45)

HC = SCE schreiben können.

Übung 11-7 F

Zeigen Sie durch explizites Ausrechnen der einzelnen Matrixmultiplikationen, dass Gl. (11-45) das Gleichungssystem aus Gl. (11-41a-d) enthält. In der Hückel-Näherung ist H,) = Hy = aund H,5 = Hp, = ß und wir ignorie-

ren die Überlappung, d.h. S = 1 (die Einheitsmatrix, die auf der Diagonale nur Einsen enthält und außerhalb der Diagonale nur Nullen). Folglich ist IBl€ = (GE .

Nun multiplizieren wir von links mit der inversen Matrix C’'und erhalten so GIHC—

EB

(11-46)

wobei wir C 'C =1 verwendet haben. Mit Worten ausgedrückt heißt das: Um die Eigenwerte E; zu bestimmen, müssen wir eine Matrixtransformation suchen, die H

diagonal macht. Dieses Verfahren bezeichnet man als Matrixdiagonalisierung. Die Elemente der Diagonalmatrix sind dann gerade die Energieeigenwerte E;. Die Spalten der Matrix C, die diese Diagonalisierung bewirkt, sind die zugehörigen Eigenvektoren, d.h. die Koeffizienten der einzelnen Orbitale aus unserem Basissatz (der Auswahl an Atomorbitalen, die wir für die Rechnung verwenden), die die Zusam-

mensetzung der Molekülorbitale beschreiben. Wenn der Basissatz aus N Atomorbitalen besteht (in unserem Beispiel sind es nur zwei), dann erhalten wir N Eigenwerte E; und N zugehörige Spaltenvektoren c,. Mit anderen Worten, durch die Diagonalisierung der N x N-Matrix > H gemäß Gl. (11-46) lösen wir simultan N Gleichungen der Form He; = Sc;E.. —

Beispiel 11-4 Die Bestimmung von Molekülorbitalen durch Matrixdiagonalisierung

Stellen Sie die Matrixgleichungen für die n-Orbitale von Butadien Hückel-Näherung auf und lösen Sie sie.

(3) in der

Vorgehen Für dieses vieratomige System erhalten wir 4 x4-Matrizen. Wir vernachlässigen die Überlappung und erstellen die Matrix H aus den Hückel-Parametern a und ß. Für die Suche nach der Matrix C, die H diagonalisiert, verwenden wir Mathematik-Software. Die Details hierzu sind in Anhang 2 angegeben. Antwort HAı

ve

Han

Hs

Eon En

Du,

Earl Ds H,

Hu

lab

Jin

Säle

"

»%

0

ann WR

Saba

©

j%

Ve

Mit Hilfe geeigneter Mathematiksoftware erhalten wir die diagonalisierte Matrix

Ps

a+ 1.628

a + 0.62ß

0

0

a — 0.62

0

0

0 0

a — 1.62ß

2

und die Transformationsmatrix C, die die Diagonalisierung bewirkt, lautet

11.4 Molekülorbitale in mehratomigen Molekülen

Ce

0.372 0.602 0.602 0.372

0.602 0.372 -0.372 —0.602

0.602 —0.372 -0.372 0.602

439

-0.372 0.602 -0.602 0.372

Die Energien und Wellenfunktionen sind somit

EL =a+1.62ß, E,=a+0.628,, E,=a-—0.62ß,, E,=a-1.62ß,

Y, = %, = %, = Y,=

0.372x, + 0.602%, + 0.602x. + 0.602x, +0.372%, — 0.372. — 0.602x, — 0.372x5 — 0.372x- + -0.372x, + 0.602, — 0.602x
Die Delokalisierungsenergie ist die Stabilisierungsenergie Seal nn eu, 17. Bei der SCF-Methode wird ein anfänglich geratener Satz von Molekülorbitalen iterativ immer weiter verbessert, bis die Ergebnisse sich in einer weiteren Iteration der Rechnung

dargestellt. . Bei der Konstruktion von Molekülorbitalen müssen wir nur Atomorbitale mit ähnlichen Energien und derselben Symmetrie um die Kernverbindungsachse heranziehen.

BIS cnamUlL INDIE

16. Die gesamte n-Elektronen-Energie ist die Summe der Ener-

. Ein o-MO hat einen Drehimpuls von null um die Kernverbindungsachse, Ein n-MO:hat einen Drehimpuls von eins um die Kernverbindungsachse; in einem nichtlinearen Molekül

9

tiven

. Eine VB-Wellenfunktion mit Zylindersymmetrie um die Kernverbindungsachse ist eine o-Bindung. Eine n-Bindung entsteht durch seitliche Überlappung zweier p-Orbitale und Spinpaarung der in ihneri befindlichen Elektronen.

nicht mehr verändern. al

a SS IL ZUCRSt NnunEw S en. Ekunz nenstrukturen wird die Schrödinger -Gleichung durch Parameter ausgedrückt, die so gewählt sind, das bestimmte experimentelle Größen reproduziert werden. In ab-initio- und Dichtefunktionalrechnungen wird die Schrödinger- Gleichung numerisch ohne Rückg auf experimentel riffle Parameter

gelöst.

Leichte Aufgaben

449

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

R. Ahlrichs, Was leisten heute ab-initio-Rechnungen? Nachr. Chem. Techn. Lab. 36, (1980), 738. T. A. Albright, J. K. Burdett, Problems in Molecular Orbital Theory. Oxford University Press, Oxford 2005.

P. W. Atkins, Quanten: Begriffe und Konzepte für Chemiker. VCH, Weinheim 1993. W. A. Bingel, W. Lüttke, Hybridorbitale und ihre Anwendung in der Strukturchemie. Angew. Chem. 93, (1981), 944.

W. Kutzelnigg, Einführung in die theoretische Chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2002. I. N. Levine, Quantum Chemistry. Prentice-Hall, Upper Saddle River 2000.

D. A. McQuarrie, Mathemtical Methods for Scientists and Engineers. University Science Books, Mill Valley 2003.

R. C. Mebane, S. A. Schanley, T. R. Rybolt, D. C. Bruce, The corre-

lation of physical properties of organic molecules with computed molecular surface areas.J.Chem. Educ. 76, (1999), 688.

R. Boese, Kann man chemische Bindungen sehen? Chemie in unserer Zeit 23, (1989), 176.

L. Pauling, Die Natur der chemischen Bindung. VCH, Weinheim

D. Coppus, Experimentelle Elektronendichten und chemische Bindung. Angew. Chem. 89, (1977), 33.

H. Primas, U. Müller-Herold, Elementare Quantenchemie. Teub-

K. Fukui, Grenzorbitale - Ihre Bedeutung bei chemischen Reaktionen. Angew. Chem. 94, (1982), 852. R. Hoffmann, Die Begegnung von Chemie und Physik im Festkörper.

Angew. Chem. 99, (1987), 871.

F.’Hund, Frühgeschichte der quantenmechanischen Behandlung der chemischen Bindung. Angew. Chem. 89, (1977), 89. C. Jansen, R. Block, Das Pauli-Prinzip und seine Anwendung auf die chemische Bindung in Molekülen und Festkörpern. Angew. Chem. 82, (1977), 317. W. Kutzelnigg, Was ist chemische Bindung? Angew. Chem. 85,

(1973), 351.

1976. ner, Stuttgart 1990.

C. M. Quinn, Computational Quantum Chemistry: An Interactive Guide to Basis Set Theory. Academic Press, San Diego 2002. J. Reinhold, Quantentheorie der Moleküle. Teubner, Stuttgart 1993. H. H. Schmidtke, Quantenchemie. VCH, Weinheim 1994.

Nachschlagewerke

D. R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, Abschnitt 9. CRC Press, Boca Raton 2000. P. R. Scott, W. G: Richards, Energy Levels in Atoms and Molecules. Oxford University Press, Oxford 1994.

Diskussionsfragen 11.1 Vergleichen Sie die Näherungen der VB-Theorie mit jenen der MO-Theorie. 11.2

Diskutieren Sie die Schritte, die zur Bildung von sp°-, sp?-

und sp-Hybridorbitalen nötig sind. 11.3 Wie unterscheiden sich die Mulliken- und die Pauling-Skala der Elektronegativität? 11.4 Diskutieren Sie die einzelnen Schritte bei der Berechnung der Energie eines Systems mit Hilfe des Variationsprinzips. 11.5

11.6 Was bedeutet Delokalisationsenergie, n-Elektronen-Energie und n-Bindungs-Bildungsenergie? Wie unterscheiden sie sich, wie hängen sie zusammen?

11.7 Diskutieren Sie die biochemische Reaktivität von O,, N, und NO anhand von MO-theoretischen Konzepten.

11.8 Wie unterscheiden sich semiempirische, ab-initio- und Dichtefunktional-Elektronenstrukturrechnungen?

Diskutieren Sie die Näherungen der Hückel-Methode.

Leichte Aufgaben All.la

Wie lauten die Elektronenkonfigurationen und die Bindungsordnungen der Grundzustände von (a) Li,, (b) Be, und (c) C,?

A1l1.1b

Wie lauten die Elektronenkonfigurationen und die Bindungsordnungen der Grundzustände von (a)H,, (b) N; und (c) O,?

A1l1.2a

Wie lauten die Grundzustandskonfigurationen von

A11.2b

Wie lauten die Grundzustandskonfigurationen von (a) CIF, (b) CS und (c) O,?

All.3a

Sagen Sie aus den Grundzustandskonfigurationen der Moleküle B, und C, vorher, welches Molekül die größere

(a) CO, (b) NO und (c) CN?

Dissoziationsenergie besitzt.

11

450 A11.3b

Molekülstruktur

Welche der Moleküle N,, NO, O,, C,, F, und CN werden (a) durch das Hinzufügen eines Elektrons und die Bildung des Anions AB und (b) durch das Entfernen eines Elektrons und die Bildung des Kations AB* stabilisiert?

A11.4a

Skizzieren Sie das MO-Energieniveaudiagramm für XeF und bestimmen Sie seine Grundzustandskonfiguration. Besitzt XeF einen kürzeren oder längeren Bindungsabstand als XeF*?

A11.4b

Skizzieren Sie das MO-Energieniveaudiagramm für BrC| und bestimmen Sie seine Grundzustandskonfiguration. Besitzt BrCl einen kürzeren oder längeren Bindungsabstand als BrCl”?

A11.9b

Nehmen Sie an, dass die Funktion ) = Ae““ mit der Normierungskonstante A und einem Parameter a als

Probefunktion für das 1s-Orbital eines Wasserstofffatoms verwendet werden soll. Die Energie dieser Probefunktion ist 3ah Be ZI

e/ay\\2 —() EN ?IG:

wobei e die Elementarladung und .ı die effektive Masse des Wasserstoffatoms ist. Wie groß ist die tiefste Energie dieser Wellenfunktion? A11.10a Welche kinetische Energie besitzt ein Elektron, das von einem Photon der Wellenlänge 100 nm aus einem Orbital mit einer lonisierungsenergie von 11.0 eV herausge-

A11.5a

Sagen Sie aus den Elektronenkonfigurationen von NO und N, vorher, welches der Moleküle die kürzere Bindung besitzt.

A11.5b

Ordnen Sie die Moleküle O}, O,, O, und O3 nach stei-

einem Photon der Wellenlänge 584 nm aus einem Orbi-

gender Bindungsstärke.

tal mit einer lonisierungsenergie von 4.69 eV herausge-

A11.6a

A11.6b

Zeigen Sie, dass das sp?-Hybridorbital (s + /2p)/v3 auf 1 normiert ist, sofern die s- und p-Orbitale auf 1 normiert sind. Normieren Sie das Orbital (A) + Ay), (B). Geben Sie die

Normierungskonstante als Funktion des Parameters / und des Überlappungsintegrals S an. A11.7a

Verifizieren Sie, dass die bindenden und die antibinden-

den Linearkombinationen ı/ (A) +,(B) stets orthogonal zueinander sind. A11.7b

Ein Molekülorbital habe die Form N(0.145A + 0.844B). Finden Sie eine Linearkombination der Atomorbitale A

und B, die orthogonal zu dieser Kombination ist. A11.3a

Kann die Funktion , =x(L-—x) als Probefunktion für den Zustand n =] eines Teilchens der Masse m in einem eindimensionalen Kasten der Länge L verwendet werden? Falls ja, berechnen Sie die Energie dieser Probefunktion als Funktion von h, m und L und vergleichen Sie sie mit dem exakten Ergebnis (Gl. (9-4). Falls nein, begründen Sie, warum es sich nicht um eine sinnvolle

Probefunktion handelt. A11.8b

Kann die Funktion = x?(L — 2x) als Probefunktion für den Zustand n = ] eines Teilchens der Masse m in

einem eindimensionalen Kasten der Länge L verwendet werden? Falls ja, berechnen Sie die Energie dieser Probefunktion als Funktion von h, m und L und vergleichen Sie sie mit dem exakten Ergebnis (Gl. (9-4)). Falls nein, begründen Sie, warum es sich nicht um eine sinnvolle Probefunktion handelt. A11.9a

Nehmen Sie an, dass die Funktion ıı = Ae“ mit der Normierungskonstante A und einem Parameter a als Probefunktion für das 1s-Orbital eines Wasserstofffatoms verwendet werden soll. Drücken Sie die Energie dieser Probefunktion durch h, a, die Elementarladung e und die effektive Masse ıı des Wasserstoffatoms aus.

schlagen wurde? A11.10b Welche kinetische Energie besitzt ein Elektron, das von

schlagen wurde? A11.11a Konstruieren Sie das MO-Energieniveaudiagramm von Ethen unter der Annahme, dass das Moleküle durch

Überlappung geeignet hybridisierter CH,-Fragmente entsteht. A11.11b Konstruieren Siedas MO-Energieniveaudiagramm

von

Ethin unter der Annahme, dass das Moleküle durch

Überlappung geeignet hybridisierter CH-Fragmente entsteht.

A11.12a Wie lauten die Säkulardeterminanten (a) von linearem H; und (b) von zyklischem H,; in der Hückel-Näherung? A11.12b Wie lauten die Elektronenkonfigurationen (a) des BenzolAnions und (b) des Benzol-Kations? Wie groß ist in beiden Fällen die n-Elektronen-Energie? A11.13a Wie lauten die Säkulardeterminanten von (a) Anthracen (8) und (b) Phenanthren (9) in der Hückel-Näherung bei Verwendung der C2p-Orbitale als Basis?

BSSBrralT, 8 A11.13b Verwenden

3 Sie Mathematiksoftware, um die r-Elektronen-

Energie von (a) Anthracen (8) und (b) Phenanthren (9) in der Hückel-Näherung zu bestimmen.

Schwerere Aufgaben

451

Schwerere Aufgaben’) Rechenaufgaben Kat

gegeben. Hierbei ist E,, die Energie eines isolierten HAtoms, V, die potenzielle Energie aufgrund der Anzie-

Zeigen Sie, dass die Interferenz einer Welle cos kx an einem Punkt A (d.h. x wird von A aus gemessen) mit einer Welle cosk'x an einem Punkt B (d.h. x wird von B aus gemessen) im Abstand R von A zwischen A und B

hung zwischen der Elektronenverteilung eines ungestörten H-Atoms und dem anderen Kern, V, die potenzielle Energie aufgrund der Anziehung der Überlappungsdichte durch die beiden Kerne und S das Überlappungsintegral. Zahlenwerte dieser Parameter sind in der folgenden Tabelle angegeben. Zeichnen Sie die Potenzialkurve des Moleküls auf und bestimmen Sie die Bindungsdissoziationsenergie (in eV) und den Gleichgewichtsabstand

konstruktiv ist, falls k = k' — n/2R gilt, und destruktiv,

falls KR= zn und KR =! gilt.

Das Überlappungsintegral zweier H1s-Orbitale an zwei Kernen im Abstand R voneinander ist durch = {1 + (R/a,) + H(R/ay)”} e/® gegeben. Tragen Sie diese Funktion fürO] der maximale Entartungsgrad seiner Orbitale?

Charaktere und Symmetrieoperationen Die Zahl am Schnittpunkt einer mit A oder B bezeichneten Zeile und einer Spalte in der Charaktertafel gibt das Verhalten eines Orbitals (Zeile) unter der entsprechenden Symmetrieoperation (Spalte) an: +1 bedeutet, dass das Orbital unter dieser Symmetrieoperation unverändert bleibt, —1 bedeutet, das es bei dieser Symmetrieoperation sein Vorzeichen ändert. Um die Symmetriebezeichnung eines gegebenen

Abb. 12-20 Die gezeigten Orbitale besitzen unterschiedliche Symmetrie bezüglich einer Spiegelung an der Spiegelebene: Das eine wechselt dabei sein Vorzeichen (Charakter —1), das andere behält sein Vorzeichen bei (Charakter +1).

Orbitals herauszufinden, müssen wir also beobachten, wie es sich unter den Symmetrieoperationen der Gruppe verhält. Die Zeilen, die mit E oder T bezeichnet sind, beschreiben das Verhalten. eines Satzes von entarteten Orbitalen. Der Charakter ist hier die Summe der Zahlen, die das Verhalten der einzelnen Orbitale in diesem entarteten Satz beschreiben. Wenn beispielsweise eines von zwei entarteten Orbitalen unter einer bestimmten Operation sein Vorzeichen beibehält, das andere aber sein Vorzeichen wechselt (Abb. 12-20), so ist der Charakter = 1-1 = 0. Diese Charaktere sind manchmal nicht ganz einfach zu interpretieren, da die Transformationen eines Orbitals recht kompliziert sein können; die Charaktere sind jedoch meist ganze Zahlen. Als Beispiel wollen wir das 2p,-Orbital des Sauerstoffatoms im H,O-Molekül betrachten. H,O gehört zur Punktgruppe C,,; aus deren Charaktertafel (Tabelle 12-2) entnehmen wir, dass die Symmetrierassen A,, A,, B, oder B, existieren. Zunächst betrachten wir das Verhalten des O2p,-Orbitals unter der Rotation um 180° (C,); es wechselt dabei sein Vorzeichen (Abb. 12-21), sodass es einer der Symmetrierassen B, oder B, angehören muss, da nur diese beiden den Charakter —1 bezüglich C,

haben. Danach betrachten wir die Operation o/, unter der O2p, ebenfalls das Vorzeichen wechselt. Es besitzt somit die Symmetrierasse B,. Wir werden feststellen, dass jedes Molekülorbital, das mithilfe dieses Atomorbitals gebildet wird, ebenfalls ein b,-Orbital sein muss. Das Orbital O2p, ändert sein Vorzeichen unter C, ebenAbb. 12-21 Ein p,-Orbital am Zentralatom eines C,,-Moleküls und die Symmetrieelemente der Gruppe.

falls, nicht aber unter o/, daher muss es ein b,-Orbital sein. Das Verhalten der s-, p- und d-Orbitale eines Zentralatoms (d.h. eines Atoms, das bei allen Symmetrieoperationen auf sich selbst abgebildet wird) unter den Symmet-

12.2 Symmetrie in der MO-Theorie und der Spektroskopie

469

rieoperationen der Gruppe ist so wichtig, dass es meist in den Charakter tafeln mit angegeben wird. Zum Beispiel zeigt die rechte Spalte in Tabelle 12-3, dass das

p;-Orbital eines Zentralatoms (das die Form zf(r) besitzt) in der Gruppe C,, zur Symmetrierasse A, gehört, wogegen die Orbitale p, und p, (proportional zu xf(r) bzw. yf(r)) gemeinsam zur Symmetrierasse E gehören. Man spricht auch davon, dass p, und P, zusammen

eine irreduzible Darstellung der Symmetrierasse E auf-

spannen. Ein s-Orbital an einem Zentralatom spannt stets die totalsymmetrische Darstellung auf (deren Bezeichnung in den meisten Gruppen A, ist, manchmal aber auch A’), da es unter allen Symmetrieoperationen unverändert bleibt.

Die d-Orbitale des Zentralatoms werden in den Charaktertafeln als xy für d,, usw.

dargestellt und ebenfalls ganz rechts angegeben. Wir sehen so mit einem Blick, dass die Orbitale d,, und d.._, in der Gruppe C,, zusammen eine E-Darstellung aufspannen, also zweifach entartet sind.

Abb. 12-22 Die drei H1s-Orbitale, die in einem C;,-Molekül wie NH, zur Konstruktion von symmetrieadaptierten Linear-

kombinationen zur Verfügung stehen.

Die Klassifikation von Linearkombinationen von Orbitalen Bisher haben wir nur die Einteilung von einzelnen Orbitalen nach ihrer Symmetrie betrachtet. Das gleiche können wir aber auch mit Linearkombinationen von Orbitalen an symmetrieäquivalenten Atomen machen, d.h. an Atomen, die durch Symmetrieoperationen des Moleküls ineinander überführt werden. Als Beispiel betrachten wir die Linearkombination Y, = Y, + W, + Y. der drei Wasserstoff-1s-Orbitale in dem C;,-Molekül NH; (Abb. 12-22). Dieses Orbital bleibt sowohl unter der C;-

Rotation als auch unter den drei Spiegelungen o, unverändert, seine Charaktere sind also EN

rel

und

oylo)—ı..

Wenn wir dies mit der Charaktertafel der Gruppe C;,, vergleichen, stellen wir fest, dass ), zur Symmetrierasse A, gehört, es kann daher zu allen a,-Molekülorbitalen im NH; beitragen.

Beispiel 12-3

Die Symmetrierasse von Orbitalen

Bestimmen Sie die Symmetrierasse des Orbitals ) = /, — U, in einem NO,-Molekül (Symmetrie C,,), wobei /, das 2p,-Orbital des einen Sauerstoffatoms und ı%, das 2p,-Orbital des anderen Sauerstoffatoms ist.

Vorgehen Das negative Vorzeichen in der Linearkombination zeigt, dass die Orbitale mit entgegengesetzten Vorzeichen kombiniert werden. Wir müssen herausfinden, wie sich diese Kombination unter den Symmetrieoperationen der Gruppe verhält und die gefundenen Charaktere mit jeder Zeile der Charaktertafel der Gruppe C,, vergleichen.

Antwort Das betrachtete Orbital ist in Abb. 12-23 dargestellt. Unter der C,-Rotation ändert sich ı/ nicht, der Charakter ist also +1. Unter der Spiegelung o/ ändern beide Atomorbitale ihr Vorzeichen, folglich auch ı, der Charakter ist also —1. Für o, gilt das gleiche, auch hier ist der Charakter —1. Die Charaktere sind also

x(Eg=1,

xG)=1,

xa)=-1

und xXa)=-1.

Dies sind die Charaktere der A,-Darstellung, folglich kann y zu allen a,-MOs beitragen.

Übung 12-3 Zu welcher Symmetrierasse gehört die Kombination (A) — y(B) + W(C) - W(D) der vier Cl2s-Orbitale in PtCl;? Die Chloratome bilden eine quadratisch planare [B>.] Anordnung der Symmetrie D,, (21).

Abb. 12-23 Eine symmetrieadaptierte Linearkombination der beiden O2p,-Orbitale in dem C,,-symmetrischen Ion NO,.

12 Molekülsymmetrie

12.2.2

_Verschwindende Integrale und Orbitalüberlappung

Angenommen, wir müssten das Integral

le

(12-7)

über zwei beliebige Funktionen fi undf,berechnen. Zum Beispiel könntefı ein Atomorbital an einem Atom und f ein, Atomorbital an einem anderen Atom sein, dann wäre I das Überlappungsintegral S der beiden Atomorbitale. Wenn wir wüssten, dass I null ist, so könnten wir sofort sagen, dass keine MOs durch Überlappung von f} mit f entstehen können. Wir werden im Folgenden sehen, dass wir mithilfe der Charaktertafeln einfach und schnell entscheiden können, ob das Integral null sein muss oder nicht.

Wann sind Integrale null?

(b) Abb. 12-24 Der Zahlenwert eines Integrals I (z.B. einer Fläche) hängt nicht von der Orientierung des Objekts ab. Das bedeutet, / ist eine Basis einer Darstellung der Symmetrierasse Aı.

Der entscheidende Gedanke dabei ist, dass der Wert jedes Integrals, auch des Überlappungsintegrals, unabhängig von der Orientierung des Moleküls sein muss (Abb. 12-24). In der Sprache der Gruppentheorie heißt das, dass der Wert von I invariant unter den Symmetrieoperationen des Moleküls sein muss, dass also jede Symmetrieoperation nur zu der Abbildung I — I führen kann. Da sich das Volumenelement dr durch eine Symmetrieoperation nicht verändert, bedeutet diese Bedingung, dass das Integral nur dann von null verschieden sein kann, wenn sich der Integrand selbst, das Produkt fı}, unter einer beliebigen Symmetrieoperation des Moleküls nicht verändert. Wenn der Integrand unter irgendeiner Symmetrieoperation sein Vorzeichen ändert, so bedeutet dies, dass das Integral aus gleich großen Beiträgen mit entgegengesetztem Vorzeichen zusammengesetzt ist, die sich zu null addieren. Die einzigen Beiträge zu einem von null verschiedenen Integral stammen also von Funktionen, für die unter allen Symmetrieoperationen des Moleküls fi & — fı & gilt. Das heifst aber, die Charaktere dieses Produkts müssen alle gleich +1 sein. Damit I von null verschieden ist, muss der Integrand folglich die Symmetrierasse A, besitzen (bzw. allgemein die Rasse der totalsymmetrischen Darstellung in der jeweiligen Gruppe). Um nun herauszufinden, welche Symmetrierasse das Produkt fj 5 aufspannt und so festzustellen, ob die totalsymmetrische Darstellung darunter ist —, verwenden wir das folgende einfache Verfahren. 1. Zuerst stellen wir die Symmetrierassen der einzelnen Funktionen fı und f fest und schreiben ihre Charaktere in der gleichen Reihenfolge wie in der Charaktertafel in zwei Zeilen auf. 2. Als Nächstes multiplizieren wir die Charaktere in jeder Spalte miteinander und schreiben das Ergebnis als weitere Zeile darunter. 3. Schließlich versuchen wir die so berechnete Zeile (die Charaktere des Produktes) als Summe der Zeilen in der Charaktertafel (der Charaktere der einzelnen Symmetrierassen) darzustellen. Wenn diese Summe die totalsymmetrische Darstellung der Gruppe nicht enthält, so ist das Integral null.

Als Beispiel wollen wir den Fall betrachten, dassf,das s\-Orbital in NH, ist und f die Linearkombination s; = sy — s. (Abb. 12-25). Das s-Orbital des Stickstoffatoms

gehört zur Symmetrierasse A,, während s, zu einer E-Darstellung gehört, daher schreiben wir Abb. 12-25 Eine symmetrieadaptierte Linearkombination von Orbitalen, die in

a

einem C;,-Molekül wie NH; zur Symmetrierasse E gehört. Diese Linearkombi-

$: Diele) ee

nation kann Molekülorbitale durch Überlappung mit dem p,-Orbital des Zentralatoms bilden (dem Orbital, das waagrecht auf dieser Seite liegt, vgl. Abb. 12-28c).

Die Charaktere 2, —1, 0 des Produkts sind hier gerade die der E-Darstellung, der Integrand spannt die Darstellung A, also nicht auf: das Integral ist folglich null.

12.2 Symmetrie in der MO-Theorie und der Spektroskopie

471

Wenn wir die Form der Funktionen genauer betrachten (Abb. 12-25), dann sehen wir auch, warum das so sein muss: s, hat eine Knotenebene, die genau durch sy, verläuft. Hätten wir stattdessen fi = s, und h=Sı =s +55 +Sc ausgewählt, so würde unsere Tabelle folgendermaßen aussehen: fi:

ee

Us a

nl

Die Charaktere des Produkts sind nun die der Symmetrierasse A,. Das s-Orbital des Stickstoffatoms kann folglich mit der Kombination s, der Wasserstofforbitale überlap-

pen. Eine Abkürzung dieser Prozedur bietet sich an, wennf} undf, Basis der irreduziblen Darstellung einer Gruppe sind: Sind die Symmetrierassen verschieden, muss das Integral über das Produkt verschwinden, sind sie gleich, verschwindet es nicht.

Die Gruppentheorie sagt zwar sehr genau, wann ein Integral null sein muss; ein

Integral kann auch aus Gründen null sein, die nichts mit der Symmetrie zu tun haben. Beispielsweise könnte der N-H-Abstand in NH, so groß sein, dass das Überlappungsintegral zwischen S, und s, einfach wegen der großen Entfernung zwischen den Orbitalen null wird.

Beispiel 12-4 Eine Symmetriebetrachtung für Integrale (1) ’

Abb. 12-26 Das Integral der Funktion F = xy über den schattierten Bereich ist null. Hier ist dieses Ergebnis offensichtlich, aber mit Hilfe der Gruppentheorie können wir ähnliche Ergebnisse auch in weniger offensichtlichen Fällen erhalten. Der Ausschnitt zeigt die dreidimensionale Form der Funktion.

Kann das Integral über die Funktion f = xy von null verschieden sein, wenn die Integration über ein gleichseitiges Dreieck mit dem Mittelpunkt im Ursprung erfolgt (Abb. 12-26)?

Vorgehen Der Fall einer einzelnen Funktion war implizit in der vorangegangenen Diskussion enthalten, dazu müssen wir nur in Gl. (12-7)fi=f und i = 1 setzen. Wir haben daher zu entscheiden, ob f zur Symmetrierasse A, in der Punktgruppe des Systems gehört. Hierzu bestimmen wir zuerst die Symmetriegruppe des Systems und sehen dann in der Charaktertafel nach, zu welcher irreduziblen

Darstellung f gehört. Antwort Ein gleichseitiges Dreieck hat die Symmetrie D;,. Wir schlagen in der Charaktertafel nach und finden, dass die Funktion xy Teil einer E’-Darstellung ist. Das Integral ist daher null, da der Integrand keine Komponente hat, die A, aufspannt.

Übung 12-4 Kann das Integral über die Funktion x’ + y’ über ein gleichseitiges Fünfeck, des[ja, Abb. 12-27] sen Mittelpunkt im Ursprung liegt, von null verschieden sein? Häufig spannt das Produkt zweier Funktionen fı und f, eine Summe von irreduziblen Darstellungen auf. In der Gruppe C,, könnten wir zum Beispiel die Charaktere 2, 0, 0, —2 für das Produkt erhalten. Im diesem Fall sehen wir, dass diese Charaktere die Summen der Charaktere für A, und B, sind:

A, B,

I EB

E

1 1

enge

Er

|

ee

o,

a

O2

Dieses Ergebnis können wir kurz in der Form A, xB, = A, + B, zusammenfassen, die als Zerlegung eines direkten Produkts bezeichnet wird. Die Schreibweise

: x- und +-Zeichen bedeuten hier nicht die gewöhnist symbolisch zu verstehendie liche Multiplikation und Addition. Formal stehen sie für Matrizenoperationen, die als „direktes Produkt“ und „direkte Summe“

bekannt sind. Da die Summe

auf der

Abb. 12-27 Die Integration einer Funktion über einen fünfeckigen Bereich. Der Ausschnitt zeigt die dreidimensionale Form der Funktion.

472

12 Molekülsymmetrie

mmetrische rechten Seite keine Komponente enthält, die eine Basis für die totalsy fı , über von Integral das irreduzible Darstellung ist, müssen wir schließen, dass Seh ist. null C,, den gesamten Raum in einem Molekül der Symmetrie htlich offensic Fall diesem in Während die Zerlegung der Charaktere 2, 0, 0, —2 Fall. der nicht häufig war, ist dies in anderen Fällen und komplizierteren Gruppen wir könnten hätten, n Wenn wir beispielsweise die Charaktere 8, —2, —6, 4 gefunde Glück Zum enthält. A, kaum auf Anhieb sagen, ob diese Summe die Darstellung n der gibt die Gruppentheorie uns eine systematische Methode, die Symmetrierasse Dien. ermittel zu Produkts irreduziblen Darstellungen aus den Charakteren eines ses Verfahren funktioniert folgendermaßen: 1. Wir beginnen eine Tabelle aufzustellen, indem wir zuerst die Symmetrieoperationen der Gruppe als Spaltenköpfe aufschreiben. 2. In die erste Zeile schreiben wir dann die Charaktere des Produkts, die wir analysieren wollen.

3. In die nächste Zeile schreiben wir die Charaktere der irreduziblen Darstellung T, an der wir interessiert sind. 4. Schließlich multiplizieren wir die beiden Zeilen miteinander, addieren die einzelnen Produkte und teilen durch die Ordnung der Gruppe.

Die so erhaltene Zahl gibt an, wie oft die irreduzible Darstellung T' in dem Produkt enthalten ist. Illustration 12-1]

Wie man herausfindet, ob A, in einem Produkt vorkommt

Um herauszufinden, ob die Darstellung A, in dem Produkt mit den angenommenen Charakteren 8, —2 —6, 4 in der Gruppe C,, vorkommt, stellen wir die folgende Tabelle auf:

hf A,

ERReSe Sar 8 2-6 il | SI

Bo: 4 ai

h = 4 (Ordnung der Gruppe) (die Charaktere des Produkts) (die interessierende Symmetrierasse) (das Produkt der vorherigen zwei Zeilen)

Die Summe der Zahlen in der letzten Zeile ist4; dividiert durch die Ordnung der Gruppe erhalten wir 1, also ist A, einmal in der Zerlegung des Produkts enthalten. Wenn wir diese Prozedur für alle vier Symmetrierassen wiederholen, stellen wir fest, dass das Produkt f} fiinsgesamt A, + 2A, + 5B, aufspannt.

Übung 12-5 Ist die Symmetrierasse A, in der Zerlegung eines Produkts mit den Charakteren 7,—=3, —1,5 in der Gruppe C;, enthalten? [Nein]

Die Überlappung von Orbitalen Mit den soeben abgeleiteten Regeln können wir Aussagen darüber machen, welche Orbitale in einem Molekül überlappen können. Wir haben bereits gesehen, dass im

Abb. 12-28 Orbitale derselben Symmetrie können miteinander überlappen. Dieses Bild zeigt die drei bindenden Orbitale, die durch Überlappung von N2s und N2p mit den Hls-Orbitalen in NH; entstehen können. (a) Ein a,-Orbital, (b) und (c) die bei-

den Komponenten des zweifach entarteten e-Orbitals. (Zu beiden Symmetrierassen existieren auch antibindende Orbitale.)

NH;-Molekül das s-Orbital des Stickstoffatoms mit s, (der Kombination Sı+ Sp + Sc) überlappen und bindende und antibindende Molekülorbitale bilden kann (Abb. 12-28). Allgemein gilt, dass nur Atomorbitale der gleichen Symmetrie überlappen können, und somit auch, dass nur Atomorbitale der gleichen Symmetrie bindende und antibindende Molekülorbitale bilden können. In Kapitel11 hatten wir gesehen, dass die Auswahl von Atomorbitalen, die miteinander überlappen können, der entscheidende vorbereitende Schritt für die Bildung von MOs in einem LCAO-

Ansatz ist. Damit haben wir jetzt die Verbindung zwischen unseren damaligen Überlegungen und der Gruppentheorie hergestellt. Wir bezeichnen die MOs, die wir aus einer Gruppe von Atomorbitalen (gleicher Symmetrie) gebildet haben, mit

12.2 Symmetrie in der MO-Theorie und der Spektroskopie

einem Kleinbuchstaben, der die Symmetrierasse des MOs angibt. So heißen die durch Überlappung des Stickstoff-s-Orbitals und der Kombination s, entstandenen Molekülorbitale a,-Orbitale (oder a), wenn wir betonen wollen, dass wir die antibin-

dende Kombination meinen). Die Linearkombinationen s, = 2a, - 5, -sc und, =, - Sc gehören zur Symmetrierasse E. Besitzt das Stickstoffatom Orbitale, die mit diesen Kombinationen überund e-Orbitale bilden können? Intuitiv würden wir annehmen (und

lappen

Abb. 12-28b undc stützen diese Annahme), dass die N2p,- und N2p,-Orbitale dazu geeignet sind. Wir können diese Annahme jetzt auch gruppentheoretisch bestätigen, indem wir in der Charaktertafel der Gruppe C,, nachsehen. Dort stellen wir fest, dass die Orbitale p, und p, zusammen eine E-Darstellung aufspannen. Sie haben also die gleiche Symmetrie wie die Kombinationen s, und s, und können mit ihnen überlap-

pen. Sie können (und sollten) dies verifizieren, indem Sie die Charaktere multiplizieren; Sie werden dabei finden, dass sich das Produkt der Charaktere als Zerlegung schreiben lässt. Die beiden (bindenden) e-Orbitale, die so entExE=A,+A,+E stehen, sind in Abb. 12-28 gezeigt (außerdem existieren noch zwei antibindende

e-Orbitale). Der Nutzen dieser Methode zeigt sich bei der Beantwortung der Frage, ob die dOrbitale des Zentralatoms an der Bindung teilnehmen können. Die Charaktertafel von C;, zeigt, dass d,, A,-Symmetrie hat, während die Paare (d,.._,,d,,) und (d,., d,.)

jeweils eine E-Darstellung aufspannen. Folglich können a,-MOs durch Überlappung von d,. und s, gebildet werden, während die Kombinationen s, und s; mit den

beiden verbleibenden Paaren von d-Orbitalen überlappen und e-MOs bilden können. Ob die d-Orbitale für die Bindung nun wirklich wichtig sind, ist eine Frage, die die Gruppentheorie nicht beantworten kann. Ihre Beantwortung hängt von energetischen Erwägungen ab und nicht von Symmetrieüberlegungen. Beispiel 12-5 Welche Orbitale können zur Bindung beitragen? Die vier 1s-Orbitale der Wasserstoffatome im Methan spannen die Darstellungen A, und T, auf. Mit welchen Orbitalen des Kohlenstoffatoms können sie überlap-

pen? Was wäre, wenn das Kohlenstoffatom d-Orbitale zur Verfügung hätte? Vorgehen Wir müssen in der Charaktertafel der Gruppe T, (im Tabellenteil am Ende des Buches) nachschlagen, ob s-, p- und d-Orbitale in der Gruppe T, die Darstellungen A, oder T, aufspannen.

Antwort Das s-Orbital des Kohlenstoffatoms spannt A, auf, es kann daher mit der A,-Kombination der Wasserstofforbitale überlappen. Die C2p-Orbitale spannen eine T,-Darstellung auf, sie können daher mit der T,-Kombination der Wasserstofforbitale überlappen.

Die d,,-, d,,- und d,,-Orbitale spannen

ebenfalls eine

T,-Darstellung auf und können mit der gleichen Kombination der H-Orbitale überlappen. Die beiden verbleibenden d-Orbitale spannen eine E-Darstellung auf; sie bleiben daher als nicht bindende Orbitale am Kohlenstoffatom. In Methan existieren demnach a,-Orbitale (durch Überlappung von C2s- und H1s-Orbitalen) und t,-Orbitale (durch Überlappung von C2p- und H1s-Orbitalen). Zu Letzteren könnten auch noch C3d-Orbitale beitragen. Die Grundzustandskonfiguration ist ver-

mutlich a? t°, da hier alle bindenden Orbitale besetzt sind. Übung 12-6. In dem oktaedrischen Molekül SF, entsteht die Bindung durch Überlappung der Orbitale des Schwefelatoms mit 2p-Orbitalen des Fluors, die in Richtung des Schwefelatoms zeigen. Diese spannen die Darstellungen A, + E, + Tıu auf. Welche Orbitale des Schwefelatoms können mit ihnen überlappen? Wie wird wohl die Elektronenkonfiguration des Grundzustandes lauten?

Bs(A,,), 3p(Tı.), 3d{E,); al,t6,e!

473

12 Molekülsymmetrie

Symmetrieadaptierte Linearkombinationen Bis jetzt haben wir nur gegebene Linearkombinationen von Atomorbitalen (z.B. sı)

daraufhin untersucht, welche Symmetrie sie haben. Die Gruppentheorie gibt uns aber auch einen Formalismus, der aus einer beliebigen Basis, einer Gruppe von Atomorbitalen, Linearkombinationen einer gewünschten Symmetrie erzeugt. Diese Linearkombinationen sind der Symmetrie des Moleküls angepasst, man bezeichnet sie daher als symmetrieadaptierte Linearkombinationen (SALK). Symmetrieadaptierte Linearkombinationen sind die Bausteine der MOs. Die Auswahl von symmetrieadaptierten Linearkombinationen ist der erste Schritt in einer MO-Behandlung von Molekülen. Die Herleitung des Verfahrens, nach dem man symmetrieadaptierte Linearkombinationen erzeugt, setzt umfangreiches Wissen über die Gruppentheorie voraus; sie ist außerdem recht lang. Wir werden die Herleitung daher nicht zeigen, sondern die wesentlichen Schlussfolgerungen als Regeln angeben. 1. Zuerst erstellen wir eine Tabelle, die den Effekt jeder Symmetrieoperation auf jedes Orbital der Basis angibt. 2. Um eine Kombination einer bestimmten Symmetrie zu erzeu-

gen, wenden wir folgende Prozedur nacheinander auf jede Spalte der Tabelle an: (i) Wir multiplizieren jeden Eintrag in der Spalte mit dem zu der gewünschten Symmetrie gehörenden Charakter der Symmetrieoperation. (ii) Dann bilden wir die Summe aller Orbitale in der Spalte, jeweils multipliziert mit dem in (i) bestimmten Faktor. (iii) Zuletzt dividieren wir die Summe durch die Ordnung der Gruppe.

ursprüngliche Basis

unter E +

je

SN



Sg

Sc

SN

Sy

Sr

Sc

SN

Sp

Sc

Sa

V) SE

C

SN

Sc

Sa

SB

&,

N

Sn

Sc

&

v

SN

Sp

SA

Sc

H

SN

SC

SB

Sa

,

Aus der Basis (Sy, Sı, Sp, Sc) im Ammoniakmolekül erhalten wir so die am Rand angegebene Tabelle. Um in unserem Beispiel eine Linearkombination der Symmetrie A, zu erzeugen, nehmen wir zuerst die erste Spalte der Tabelle und die Charaktere von A, (1,1,1,1,1,1) und erhalten aus den Regeln (i) und (ii) SN ale Sn

SNITOSN

ge SN

SR,

=

65,

:

Die Ordnung der Gruppe (die Zahl der Symmetrieelemente) ist 6, die Linearkombination der Symmetrie A,, die wir aus s, bilden können, ist daher s, selbst. Für die zweite Spalte (unter s,) erhalten wir nach der gleichen Methode 1

V=olat+sı

Fsc+,

+54

1

sc=z(ut+S5+8c).

Aus den beiden anderen Spalten erhalten wir nur wieder die gleiche Linearkombination, sie liefern also keine neue Information. Die Linearkombination, die wir auf diesem Weg gefunden haben, ist genau die Kombination s,, die wir schon zuvor verwendet haben (bis auf den konstanten Vorfaktor). Ein Molekülorbital können wir nun konstruieren, indem wir eine Linearkombination aller symmetrieadaptierten Linearkombinationen der gewünschten Symmetrie bilden. Für unser Beispiel haben die a,-Orbitale daher die Form WIZIENSNE

SI:

Weiter kann uns die Gruppentheorie nicht bringen; die Werte der Koeffizienten hängen nicht von der Symmetrie des Systems ab, sondern müssen durch Lösen der Schrödinger-Gleichung berechnet werden. Wenn wir versuchen, nach den angegebenen Regeln Linearkombinationen der Symmetrie E zu konstruieren, so stoßen wir auf Probleme, da unsere Regeln für Darstellungen mit einer Dimension von zwei oder größer nur Summen der sym-

12.2 Symmetrie in der MO-Theorie und der Spektroskopie

metrieadaptierten Linearkombinationen liefern. Wir wollen diese Situation wieder an einem Beispiel illustrieren. Die Charaktere der E-Darstellung sind 2, —1, —1, 0,0 und 0, sodass wir aus der Spalte unter s, erhalten 1

VB

t+0+040)=0.

Aus den anderen Spalten erhalten wir g254 _=55 - Sal, 8

2 z(25 —S4—-Sc)

und

2 sc -5-$,).

Jede dieser drei Funktionen kann jedoch als Summe der beiden anderen dargestellt werden (die drei Funktionen sind linear abhängig). Die Differenz der zweiten und dritten ergibt $(s; — s-). Diese Funktion und die erste angegebene (4(2s, — Sg - Sc))

sind linear unabhängig; diese beiden Funktionen haben wir auch bei der Diskussion der e-Orbitale verwendet.

12.2.3

_Verschwindende Integrale und Auswahlregeln

Integrale der Form

I= I; dr

(12-8)

kommen in der Quantenmechanik sehr häufig vor (zu ihnen gehören z.B. die Matrixelemente von Operatoren, Abschnitt 8.3.1); es ist daher wichtig, schnell zu wissen, wann ein solches Integral null sein muss. Damit es von null verschieden sein kann, muss das Produkt fıf fs oder eine darin enthaltene Komponente die totalsymmetrische Darstellung der Gruppe aufspannen. Um zu entscheiden, ob dies der Fall ist, gehen wir in der gleichen Weise vor wie zuvor für das Produkt zweier Funktionen.

Beispiel 12-6 Eine Symmetriebetrachtung für Integrale (2) Verschwindet das Integral [(3d,.)x (d,,)dr in einem Molekül der Punktgruppe

Car Vorgehen Wir brauchen die Charaktertafel der Gruppe C,, (Tabelle 12-2) und die Charaktere der irreduziblen Darstellungen, die von 32? — r’ (der Form eines d,-Orbitals), x und xy aufgespannt werden. Damit können wir dann die zuvor beschriebene Prozedur durchführen, nur dass wir eine weitere Zeile in unserer Tabelle bekommen. Antwort

Wir erhalten die folgende Tabelle: BE

C,

o,

o,



s=d,

1

1

—l

de

j\

1

1

Fhh

1

a:

A,

1

A,

s

Die Charaktere des Produkts sind die der Symmetrie B,. Das Integral ist folglich null.

475

12 Molekülsymmetrie

476

Übung 12-7 Kann das Integral |(2p,)(2p,)(2p,) dr in einer oktaedrischen Umgebung von null ja] verschieden sein?

Wir haben in den Kapiteln 9 und 10 gesehen (und werden in den Kapiteln 13 und 14 noch ausführlicher besprechen), dass die Intensität einer Spektrallinie, die durch einen Übergang zwischen einem Anfangszuständ mit der Wellenfunktion y/, und einem Endzustand mit der Wellenfunktion ı, zustande kommt, mit dem (elektrischen) Übergangsdipolmoment 4;, zusammenhängt. Dessen z-Komponente ist durch

Hu = -e uf zwidr

SE

x-polarisiert

x-polarisiert

(12-9)

gegeben, wobei e die Elementarladung ist. Das Übergangsmoment hat die Form des Integrals aus Gl. (12-8). Wenn wir noch die Symmetrierassen der beteiligten Zustände kennen, so können wir die Auswahlregeln für die Übergänge mithilfe der Gruppentheorie aufstellen. Als Beispiel wollen wir untersuchen, ob ein Elektron aus einem a,-Orbital im H,O-Molekül (Punktgruppe C,,) in ein b,-Orbital übergehen kann (Abb. 12-29). Hierzu müssen wir alle drei Komponenten des Übergangsdipolmoments betrachten, wir setzen daher f, in Gl. (12-8) nacheinander gleich x, y und z. Aus der Charaktertafel der Gruppe C,, sehen wir, dass diese Funktionen die Symmetrie B,, B, und A, besitzen. Die Rechnung sieht dann wie folgt aus: x-Komponente

Abb. 12-29 Die Polarisation der erlaubten Übergänge in einem C,,-Molekül. Die Schattierung deutet die Struktur der Orbitale der jeweiligen Symmetrie an. Die gezeigte Perspektive lässt die Moleküle verzerrt wirken, aber von der Seite gesehen würden sie alle als gleichseitige Dreiecke erscheinen.

y-Komponente

Ei

Co

Ei

Cr

R

il

=

1

—_

R

1

le

1

eh

Jh

1

il

1

1

1

ff

1

1

1

1

U

Me

1 p, in einer tetraedrischen Umgebung erlaubt? Vorgehen Wir müssen mithilfe der Charaktertafel von T, untersuchen, ob das Produkt p,qp, mit q = (x, y,z) die Darstellung A, aufspannt.

Antwort

Die Rechnung verläuft folgendermaßen:

Er

sc,

FP,) HEAL) Fi (P.)

re a a re

re

2

Re

36

60,

06% Zr

D in, 7

Weiterführende Literatur

477

Mithilfe der Zerlegungsregeln aus Abschnitt12.2.2 finden wir, dass die Darstellung A, einmal in diesen Charakteren enthalten ist: der Übergang p,—p, ist somit erlaubt. ER Eine genauere Analyse (unter Zuhilfenahme der Darstellungsmatrizen, nicht nur der Charaktere) ergibt, dass das Integral nur für g=z von null verschieden ist, d.h. der Übergang ist z-polarisiert. Der elektromagnetische Feldvektor der an dem Übergang beteiligten elektromagnetischen Strahlung muss daher ebenfalls in z-Richtung liegen.

Übung 12-8 Welche Übergänge sind für ein b,-Elektron in einem C,,-Molekül erlaubt, und wie ist dabei die Polarisation der Strahlung? [b, = b, (z);b, — e(xy)] Die folgenden Kapitel werden zahlreiche Beispiele dafür bringen, wie die systematische Ausnutzung der Symmetrie eines Problems mithilfe der Gruppentheorie die Analyse von Spektren drastisch vereinfachen kann.

Das Wichtigste auf einen Blick e

. Eine Symmetrieoperation ist eine Handlung, die ein Objekt nach der Ausführung unverändert erscheinen lässt.

. Eine Charaktertafel beschreibt die Eigenschaften der verschiedenen Symmetrierassen, die in einer Gruppe auftreten.

. Ein Symmetrieelement ist ein Punkt, eine Gerade oder eine Ebene, bezüglich derer eine Symmetrieoperation ausgeführt wird.

10. In einer reduzierten Darstellung haben alle Darstellungs-

. Eine Punktgruppe ist eine Gruppe von Symmetrieoperationen, die mindestens einen Punkt immer auf sich selbst abbilden. Eine Raumgruppe ist eine Gruppe von Symmetrieoperationen, die auch Translationen im Raum enthält.

Iu® Die Symmetrierassen sind die Bezeichnungen für die irredu-

. Die üblicherweise für Moleküle und Festkörper verwendete Notation ist in Tabelle 12-1] zusammengefasst.

matrizen Blockdiagonalform. Eine irreduzible Darstellung kann nicht mehr weiter reduziert werden. ziblen Darstellungen der Gruppe. 123 Die Zerlegung eines direkten Produkts ist die Reduktion eines Produkts von Symmetrierassen in eine Summe von

Symmetrierassen,

TxT’=T"+T”+...

3% Damit ein Integral | fi5 dr von null verschieden sein kann,

. Polare Moleküle müssen zu einer der Punktgruppen C,, C,, und C, gehören.

muss der Integrand fı f die totalsymmetrische Darstellung der jeweiligen Symmetriegruppe enthalten.

. Ein chirales Molekül kann keine Drehspiegelachse S, besitzen.

. Eine symmetrieadaptierte Linearkombination (SALK) ist eine Kombination von Atomorbitalen, die der Symmetrie des Moleküls angepasst ist und als Baustein für LCAO-MOs verwendet werden kann.

. Eine Darstellungsmatrix D(X) ist eine Matrix, die die Transformation der gewählten Basis unter der Operation X bewirkt. Die Basis ist der Satz von Funktionen, auf die die

Darstellungsmatrix wirkt. . Ein Charakterx ist die Summe der Diagonalelemente einer Darstellungsmatrix.

. Durch Betrachtung der Symmetriekriterien für das Übergangsdipolmoment zwischen den Anfangs- und Endzuständen eines Übergangs können erlaubte und verbotene Übergänge identifiziert werden.

Weiterführende Literatur Le hrbücher und interessante Artikel

P. W. Atkins, R. S. Friedman, Molecular Quantum Mechanics.

Oxford University Press, Oxford 2005. I A. Cotton, Chemical Applications of Group Theory. Wiley, New

* York 1990.

s

forChemists. Saunders, Philadelphia R. Drago, Physical Methods 119923

D.C. Harris, M. D. Bertolucci, Symmetry and Spectroscopy: An Introduction to Vibrational and Electronic Spectroscopy. Dover, New York 1989. S. F. A. Kettle, Symmetrie und Struktur. Teubner, Stuttgart 1993.

I.-P. Lorenz, Gruppentheorie und Molekülsymmetrie. Attempto, Tübingen 1992.

12 Molekülsymmetrie

478

W. Lucha, F. F. Schöberl, Gruppentheorie. B.l. Wissenschaftsverlag, Mannheim 1993. D. Steinborn, Symmetrie und Struktur in der Chemie. VCH, Weinheim 1993.

Nachschlagewerke G. L. Breneman, Crystallographic symmetry point group notation flow chart.J.Chem. Educ. 64, (1987), 216.

P. W. Atkins, M. S. Child, C. S. G. Phillips, Tables for group theory. Oxford University Press, Oxford 1970.

Diskussionsfragen 12.1 Wie bestimmt man die Punktgruppe eines Moleküls?

12.6

12.2 Welche Symmetrieoperationen gibt es in Punktgruppen und was sind die zugehörigen Symmetrieelemente?

12.7 Wodurch entstehen Auswahlregeln und wie können sie gruppentheoretisch ausgedrückt werden?

12.3 Welche Kriterien in Bezug auf die Symmetrie muss ein Molekül erfüllen, damit es polar sein kann?

12.8 Erläutern Sie, wie ein direktes Produkt durch eine direkte Summe ausgedrückt werden kann und wie man feststellt, ob ein direktes Produkt die totalsymmetrische Darstellung aufspannt.

12.4 Welche Kriterien in Bezug auf die Symmetrie muss ein j he Molekül erfüllen, damit es optisch aktiv sein kann?

Erklären Sie Aufbau und Inhalt einer Charaktertafel.

12.5 Was bedeuten die Begriffe (a) Darstellungsmatrix und (b) Matrixdarstellung im Kontext der Gruppentheorie?

Leichte Aufgaben Al2.la

Das Molekül CH,Cl gehört zur Punktgruppe C,,. Zählen Sie alle Symmetrieelemente auf und identifizieren Sie sie am Molekül.

A12.6a

Moleküle der Punktgruppen D,; und C,, können nicht chiral sein. Welche Symmetrieelemente sind dafür jeweils verantwortlich?

A12.1b

Das Molekül CCl, gehört zur Punktgruppe T,. Zählen Sie alle Symmetrieelemente auf und identifizieren Sie sie

A12.6b

Moleküle der Punktgruppen T,, und T, können nicht chiral sein. Welche Symmetrieelemente sind dafür jeweils ver-

am Molekül.

A12.2a

Welche der folgenden Moleküle können polar sein: (a) Pyridin (C,,), (b) Nitroethan (Cs), (c) gasförmiges

antwortlich?

A12.7a

Die Gruppe D; besteht aus den Elementen E, C,, C} und C/, wobei die drei C,-Achsen jeweils senkrecht aufeinander stehen. Konstruieren Sie die Gruppentafel.

A12.7b

Die Gruppe C,, besteht aus den Elementen E, 4C,, C;, 20, und 2a,. Konstruieren Sie die Gruppentafel.

A12.8a

Zu welchen Punktgruppen gehören die folgenden Objekte: (a) eine Kugel, (b) ein gleichschenkliges Dreieck, (c) ein gleichseitiges Dreieck, (d) ein nicht gespitzter zylindrischer Bleistift.

A12.8b

Zu welchen Punktgruppen gehören die folgenden Objekte: (a) ein gespitzter zylindrischer Bleistift, (b) ein dreiflügliger Propeller, (c) ein vierbeiniger Tisch und (d) Sie selbst (näherungsweise)?

A12.9a

Welche Symmetrieelemente enthalten die folgenden Moleküle und zu welchen Punktgruppen gehören sie: (a) NO,, (b) N,O, (c) CHCI,, (d) H,C=CH,, (e) eis-CHBr=CHBr und (f) trans-CHCI=CHCIP

A12.9b

Welche Symmetrieelemente enthalten die folgenden Moleküle, und zu welchen Punktgruppen gehören sie: (a) Naphthalin, (b) Anthracen und (c) die drei Dichlorbenzole?

HgBr, (D..), (d) BBN;H, (DH)?

A12.2b

Welche der folgenden Moleküle können polar sein:

A12.3a

Ist das Integral |p,zp, dr in einem Molekül der Punktgruppe C,, null? Beantworten Sie die Frage mithilfe der Symmetrieeigenschaften der Funktionen.

A12.3b

Ist das Integral | p,zp, dr in einem Molekül der Punktgruppe D,, null? Beantworten Sie die Frage mithilfe der Symmetrieeigenschaften der Funktionen.

A12.4a

Zeigen Sie, dass der Übergang A, —A, für elektrische Dipolübergänge in einem Molekül der Punktgruppe C,,

(a) CH;CI (C,,), (b) HW, (CO), (Da) und (c) Sncl, (Ta)?

verboten ist.

Ist der Übergang A,, —E,, für elektrische Dipolübergänge in einem Molekül der Punktgruppe D,, erlaubt oder verboten? A12.5a

Zeigen Sie, dass die Funktion xy in der Punktgruppe C,, die Symmetrierasse B, besitzt.

A12.5b

Zeigen Sie, dass die Funktion xyz in der Punktgruppe D, die Symmetrierasse A, besitzt.

A12.10a Zu welchen Punktgruppen gehören (a) cis-Dichlorethen und (b) trans-Dichlorethen?

Schwerere Aufgaben A12.10b Zu welchen Punktgruppen gehören (a) HF, (b) IF, (eine pentagonale Bipyramide), (c) XeO,F, (zwei Sauerstofffatome an äquatorialen Positionen einer trigonalen BiPyramide, zwei Fluoratome an den axialen Positionen),

(d) Fe,(CO), (22), (e) Cuban, C,H, und (f) Tetrafluorcuban, C,H;F, (23)?

x

“_/

A

co

AR co Kg

PS

re

NM

KL&

ur

&

F

H

\Fr

ro

%&



Ce F

er

22

G,

P a

SE

23

479

A12.13a NO, (C;,) besitzt einen A,-Grundzustand. Welche angeregten Zustände können durch elektrische Dipolübergänge erreicht werden und welche Polarisation des anre-

genden Lichts ist hierzu nötig? A12.13b Das Molekül CIO, (Punktgruppe C,,) wird in einer Festkörpermatrix untersucht. Sein Grundzustand ist B.. Durch parallel zur y-Achse polarisiertes Licht (y ist die Richtung von Sauerstoff- zu Sauerstoffatom) wird es angeregt. Welche Symmetrie besitzt der angeregte Zustand?

A12.14a Welche Zustände von (a) Benzol und (b) Naphthalin können durch elektrische Dipolübergänge aus ihren (totalsymmetrischen) Grundzuständen erreicht werden? A12.14b Welche Zustände von (a) Anthracen und (b) Coronen (24) können durch elektrische Dipolübergänge aus ihren (totalsymmetrischen) Grundzuständen erreicht werden?

A12.11a Welche der Moleküle aus den Aufgaben A12.9a und A12.10a können (a) polar und (b) chiral sein? A12.11b Welche der Moleküle aus den Aufgaben A12.9b und A12.10b können (a) polar und (b) chiral sein? A12.12a Die Kombination p, (A)—p,(B) der beiden Sauerstoff’

atome im NO,-Molekül (C,,-Symmetrie) besitzt die Symmetrierasse A, (die x-Achse steht senkrecht auf der

Molekülebene). Gibt es ein Orbital am Stickstoffatom, das mit dieser Kombination wechselwirken kann? Wie ist die Situation in SO,, in welchem 3d-Orbitale des

Schwefels zur Verfügung stehen? A12.12b Gibt es ein Orbital am Stickstoffatom, das mit der Kombi-

nation 2p,(A)-p,(B)—-p,(C) der drei Sauerstoffatome im NO; -lon (C,,-Symmetrie) wechselwirken kann (die z-Achse steht senkrecht auf der Ebene der Sauerstoffatome)? Wie ist die Situation in SO,, in welchem 3d-Orbitale des Schwefels zur Verfügung stehen?

24 Coronen

A12.15a Zeigen Sie durch Symmetrieüberlegungen (unter Verwendung der Gruppe C,), dass das Integral über das Produkt der beiden Funktionenfi = sind und = cos# über ein symmetrisches Intervall um 0 = 0 verschwindet. A12.15b Ist das Integral über das Produkt der beiden Funktionen aus Aufgabe A12.15a über ein symmetrisches Intervall um 0 =D in der Gruppe C;, null?

Schwerere Aufgaben’) 123]

zen, (d) die Darstellung reduzibel ist und (e) die Basis die Darstellungen 3A, + B} + 2B, aufspannt.

Welche Symmetrieelemente besitzen die folgenden Moleküle und zu welchen Punktgruppen gehören sie: (a) H,CCH; (gestaffelt), (b) die Sessel- und die Wannenkonformation von Cyclohexan, (c) B,H,, (d) [Co(en);]°+ (en steht für Ethylendiamin, ignorieren Sie seine genaue Struktur) und (e) S; in der Kronenform? Welche der Moleküle können (i) chiral und (ii) polar sein?

Verifizieren Sie, dass die z-Komponente des Bahndreh-

impulses in der Gruppe C;, eine Basis einer irreduziblen Darstellung der Symmetrie A, ist. Die (eindimensionalen) Matrizen D(C;) = 1 und D(C,) = 1 sowie D(C;) = 1 und D{C,) = -1 beschreiben die Multiplikation C,C, = C; in der Gruppe C,,, wobei D(C,) im ersten Fall +1 und im zweiten Fall —] ist. Verwenden Sie die Charaktertafel, um dies zu überprüfen. Welche Dar-

Die Gruppe C,, enthält die Elemente E, C,, 0, und i. Konstruieren sie die Gruppentafel und geben Sie ein Molekül mit dieser Symmetrie an. 12.3

Die Gruppe D,, besitzt eine C,-Achse senkrecht zur Hauptdrehachse und eine horizontale Spiegelebene. Zeigen Sie, dass sie auch ein Inversionszentrum enthalten muss. Verwenden Sie die beiden H1s-Orbitale und die vier Valenz-

orbitale des Sauerstoffatoms im H,O-Molekül als Basis

und konstruieren Sie die 6 x 6-Matrizen der Matrixdarstellung der Gruppe in dieser Basis. Verifizieren Sie durch explizite Matrizenmultiplikation die Produkte (a) C,o, = e}, und (b) o,o\, = C,. Verifizieren Sie durch Addition der Diagonalelemente, dass (c) Symmetrieelemente der gleichen Klasse die gleichen Charaktere besit-

stellungen haben o, und a, in beiden Fällen? 1287

Konstruieren Sie die Gruppentafel der Pauli-Spinmatrizen o und der 2 x 2-Einheitsmatrix:

et) eh) (N)

Bilden die vier Matrizen unter der Matrizenmultiplikation eine Gruppe?

beigesteuert. 1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady

12 Molekülsymmetrie

480

bedeutet, belegte einige Abweichungen von den jeweils symmetrischsten Strukturen. Beispielsweise waren die

Welche irreduziblen Darstellungen spannen die vier H1s-Orbitale in CH, auf? Besitzt das zentrale C-Atom

s- oder p-Orbitale, die mit diesen Orbitalen überlappen können? Könnten d-Orbitale am Kohlenstoff, wenn diese existieren würden, zu Molekülorbitalen in CH, beitragen?

meisten AM,-Strukturen nicht tetraedrisch, sondern besaRen zwei verschiedene MAM-Winkel; sie konnten durch

Angenommen, wir könnten ein CH,-Molekül verzerren, indem wir (a) eine CH-Bindung verlängerten (C;,-Symmetrie) und (b) einen Bindungswinkel leicht vergrößerten (C,,-Symmetrie). Könnten dadurch mehr d-Orbitale zur Bindung beitragen?

Tetraeder? (b) Welche Symmetrie hat die Verzerrung,

die in (27) gezeigte Verzerrung aus einem Tetraeder abgeleitet werden. (a) Welche Punktgruppe hat das verzerrte

wenn man sie als Schwingung ansieht, in der neuen,

weniger symmetrischen Punktgruppe? Einige AM,-Struk-

turen waren nicht oktaedrisch, sondern entstanden durch

die in (28) gezeigte Verschiebung einer C-M-C-Achse aus einem Oktaeder. (c) Zu welcher Punktgruppe gehört das verzerrte Oktaeder? (d) Welche Symmetrie hat die

12.10: B.A. Bovenzi und G.A. Pearse Jr. (J. Chem. Soc. Dalton Trans. (1997), 2763) synthetisierten Koordinationsverbindungen des dreizähnigen Liganden Pyridin-2,6-Diamidoxim C,H,N;O, (25). Die Reaktion mit NiSO, ergab einen Komplex, in dem zwei der im Wesentlichen planaren Liganden in einem rechten Winkel zueinander an ein einzelnes Nickelatom banden. Zu welcher Punktgruppe gehört das resultierende [Ni(C-H3N;0,),]? "-Kation und welche Symmetrieelemente besitzt es?

HO_ H,N

N |

N ®

N

Verzerrung, wenn man sie als Schwingung ansieht, in der

neuen, weniger symmetrischen Punktgruppe?

„OH | NH, 27

25 12.11:

IZAUS

R. Eujen, B. Hoge und D. J. Brauer (Inorg. Chem. 36, (1997), 1464) stellten mehrere quadratisch planare Ag(IIl)-Komplexanionen her und charakterisierten sie. Die Ag-CN-Gruppen in dem Anion [trans-

Ag(CF;),(CN),| sind kollinear. (a) Zu welcher Punktgruppe gehört dieses Anion, wenn Sie freie Rotation der CF;-Gruppen annehmen (also alle AgCF- und AgCH-Winkel ignorieren)? (b) Nehmen Sie nun an, das die CF;Gruppen nicht frei rotieren können (z.B. weil das Ion in einem Festkörper vorliegt). Struktur (26) zeigt eine Ebene, die die NC-Ag-CN-Achse in der Mitte schneidet und senkrecht auf ihr steht. Zu welcher Punktgruppe gehört das Anion, wenn eine C-F-Bindung von jeder der beiden CF,-Gruppen in dieser Ebene liegt (sodass die beiden CF;-Gruppen nicht bevorzugt zu einer der CN-Gruppen zeigen) und die CF,-Gruppen (i) gestaffelt oder (ii) ekliptisch liegen?

28

f-Orbitale bestehen aus einer radialen Funktion multipliziert mit einem der Faktoren (a) z(5z? — 3r?), (b) y(5y? — 3r?), (c) x(5x? — 3r?), (d) z(x? — y?), (e) y(x? — z?), (f) x(z? — y?), (g) xyz. Welche irreduziblen Darstellungen spannen die f-Orbitale in den Gruppen (a) C,, (b) G;,, (C) Ta und (d) O, auf? In welche Gruppen spalten diese Orbitale auf, wenn ein Lanthanidenatom

im

Zentrum eines (a) tetraedrischen bzw. (b) oktaedrischen Komplexes sitzt? 12.14

Ist das Integral über xyz bei Integration (a) über einen Würfel, (b) ein Tetraeder und (c) ein hexagonales Prisma, deren Mittelpunkte jeweils im Ursprung liegen, von null verschieden?

2A

Das NO,-Molekül besitzt C,,-Symmetrie, wobei die C,-Achse in der Winkelhalbierenden des Winkels ONO liegt. Verwenden Sie die Orbitale N2s, N2p und O2p als Basis, stellen Sie fest, welche irreduziblen Darstellungen

sie aufspannen und bilden sie die symmetrieadaptierten Linearkombinationen. 1216

Bilden Sie symmetrieadaptierte Linearkombinationen der 2p,-Orbitale der Kohlenstoffatome im Benzolmolekül und berechnen Sie mit ihnen die Hückel-Säkulardeterminante. Sie erhalten dabei Gleichungen, die wesentlich einfacher zu lösen sind als diejenigen, welche wir mit den einzelnen Atomorbitalen erhalten hatten. Zeigen Sie, dass die

berechneten Orbitale die gleichen sind wie in Abschnitt 11.4.1. er 26 123124 Eine theoretische Untersuchung von AM,-Verbindungen

(€.).Marsden, Chem. Phys. Lett. 245, (1995), 475), wobei

A ein Element aus Periode 14 und M ein Alkalimetall

12.17

Das Phenanthren-Molekül (29) gehört zur Punktgruppe C,,, wobei die C,-Achse senkrecht auf der Molekülebene

steht. (a) Welche irreduziblen Darstellungen spannen die 2p,-Orbitale der Kohlenstoffatome auf? Bestimmen Sie die symmetrieadaptierten Linearkombinationen. (b) Berechnen Sie mithilfe der Ergebnisse aus (a) die

Schwerere Aufgaben Hückel-Säkulardeterminante. (c) Welche Zustände von Phenanthren sind durch elektrische Dipolübergänge aus seinem totalsymmetrischen Grundzustand erreichbar?

Struktur instabil gegenüber Schwingungen ist. Verwenden Sie die vier Hls-Orbitale als Basis für eine Darstellung der Punktgruppe des Moleküls und prüfen Sie, ob diese Darstellung reduzibel ist. 12220

29 Phenanthren

12.18: In einer spektroskopischen Untersuchung von C,. klassifizierten F. Negri, G. Orlandi und F. Zerbetto einige Peaks im Fluoreszenzspektrum (J. Phys. Chem. 100, (1996), 10849). Das Molekül besitzt Ikosaedersymmetrie (I,); sein Grundzustand ist A,, und die beiden tiefsten angeregten Zustände sind T,, und G,. (a) Sind photoneninduzierte Übergänge vom Grundzustand in einen dieser beiden Zustände erlaubt? Begründen Sie ihre Antwort. (b) Was ist, wenn der Übergang von einer Schwingung begleitet wird, die die Parität aufhebt?

Anwendungsaufgaben

12.197 Das H;-Molekülion, das in Reaktionen in interstellaren Wolken eine bedeutende Rolle spielt, hat die Struktur eines gleichseitigen Dreiecks. (a) Welche Symmetrieelemente besitzt das Molekül und zu welcher Punktgruppe gehört es? (b) Verwenden Sie die drei Hls-Orbitale als Basis und bestimmen Sie die Darstellungsmatrizen in dieser Basis. (c) Bestimmen Sie die Gruppentafel durch explizite Multiplikation der Matrizen. (d) Prüfen Sie, ob die Darstellung reduzibel ist, und geben Sie gegebenenfalls die irreduziblen Darstellungen an.

Einige lineare Polyene wie beispielsweise ß-Carotin sind wichtige biologische Cofaktoren, die in Prozessen von der Absorption des Sonnenlichts in der Photosynthese (Anwendung 24-2) bis hin zum Schutz vor schädlichen biologischen Oxidationen beteiligt sind. Als einfaches Modell für B-Carotin verwenden wir ein lineares Polyen

aus 22 konjugierten Kohlenstoffatomen. (a) Zu welcher Punktgruppe gehört dieses Modellmolekül? (b) Welche irreduziblen Darstellungen spannen die Kohlenstoff-2p,Orbitale auf? Bestimmen Sie die symmetrieadaptierten Linearkombinationen. (c) Berechnen Sie mithilfe der Ergebnisse aus (b) die Hückel-Säkulardeterminante. (c) Welche Zustände dieses Modellmoleküls sind durch elektrische Dipolübergänge aus seinem totalsymmetrischen Grundzustand erreichbar? 1222

Die an der Photosynthese beteiligten Chlorophyll-Moleküle (Anwendung 24-2) und die Häm-Gruppen der Cytochrome (Anwendung 7-2) sind von dem Porphin-Dianion (30) abgeleitet, das zur Punktgruppe D,, gehört. Sein Grundzustand hat die Symmetrie A,,, und der tiefste angeregte Zustand ist ein E,-Zustand. Ist ein photoneninduzierter Übergang vom Grundzustand in den angeregten Zustand erlaubt? Begründen Sie ihre Antwort.

12.20: Das H;-Molekülion wurde kürzlich im interstellaren Raum und in den Atmosphären von Jupiter, Saturn und Uranus

entdeckt. Entsprechende H,-Teilchen wurden nicht gefunden, und man nimmt an, dass die quadratisch planare

481

30

-

Zn

2

ze

Er

Bun

R

L

7.

Eu er

eu:

a.

u

a

= >

5

-

j .



DSaEr2E 17T

En us

0

|

a

-

ar

Pe?

ie

TE

Fig



Be

Pr

wo

«rn

iNeR3

U

u

D

=

D

SE

fr

nee >

u

£

|

rise a

De

oo ”

\

=.

ee DEAD a!

La

u

.

(Ei

Be

h

F

u

.

q

|

3

De a

Bu

|

>

2

u

ER

„20

ö

D E

d

n&

ER ne

g Pi

” „

Rue"

a ein

>

Kias

TEE

en



z

u

.



2

a

ai

a] ae

rg

yarıaal 5

el

"Zr

7

wer

Medal, IN, muyh

a

=

a

j

BR

Alien

A

e

.

15

Zu 0

gg

-

vr

ET

Eee 8

|

Y

nee

a a ee e e ae) re a BE u 2 g

-

=

an.

IV

is

ET A

Bahr

X j

e

5

Fur,

B

..



Pi

ey DE

Fa

Be

A

ee

er

pe

a

d „a

er

KIT

ze 7}: B

.

na

ie = 2

483

13 | Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren Unsere generelle Strategie wird in diesem Kapitel darin bestehen, Ausdrücke für die Energieniveaus der Moleküle abzuleiten und dann Auswahlregeln und Besetzungszah-

len der Energieniveaus zu berücksichtigen, um schließlich die Form des Spektrums vorherzusagen. Zuerst werden wir uns mit den Energieniveaus der Rotation befassen. Wir werden sehen, welche Energien möglich sind und wie wir aus Rotationsspektren Informationen über die Abmessungen der rotierenden Moleküle erhalten können. Außerdem werden wir sehen, dass nicht jedes Molekül beliebige Rotationszustände einnehmen kann, und diese Erscheinung durch die Kernspins der Atome und das Pauli-Prinzip erklären. Danach werden wir die Schwingungsniveaus zweiatomiger Moleküle untersuchen und dabei feststellen, dass uns unsere Behandlung des harmonischen Oszillators aus Kapitel 9 von großem Nutzen sein wird. Dann werden wir uns den mehratomigen Molekülen zuwenden, die wir beschreiben werden, als ob sie aus einer Anzahl von

unabhängigen harmonischen Oszillatoren bestünden; dadurch werden wir sie mit dem gleichen Formalismus wie die zweiatomigen Moleküle behandeln können. Mithilfe der Symmetrieeigenschaften der einzelnen Schwingungen werden wir vorhersagen, welche Übergänge im Experiment tatsächlich beobachtet werden. Die Spektrallinien in der Molekülspektroskopie entstehen durch die Absorption, Emission oder Streuung eines Photons, die mit einer Änderung der Energie eines Moleküls verbunden sind. Im Unterschied zu Atomen hat ein Molekül viele Möglichkeiten, seine Energie zu verändern: Es kann nicht nur seinen elektronischen, sondern auch seinen Rotations- oder Schwingungszustand ändern. Molekülspektren sind daher meist sehr viel komplizierter als Atomspektren. Dafür enthalten sie aber auch mehr Informationen: Wir können daraus die Stärke und Länge von Bindungen und die Winkel zwischen ihnen erhalten. Außer geometrischen Parametern können aber auch Dipol- oder Quadrupolmomente und viele weitere Eigenschaften eines Moleküls bestimmt werden. Bei vielen Molekülen kann man reine Rotationsspektren (Spektren, die nur durch Übergänge zwischen Rotationsniveaus entstehen) beobachten. Schwingungsspektren zeigen dagegen meist auch Strukturen, die von gleichzeitig eintretenden Übergängen zwischen Rotationsniveaus herrühren. Entsprechend sind Elektronenspektren (Kapitel14) immer auch von Schwingungs- und Rotationsübergängen begleitet. Um die Komplexität der Molekülspektren in den Griff zu bekommen, geht man am besten so vor, dass man die einzelnen Arten von Übergängen nacheinander behandelt und erst am Ende betrachtet, wie sich ihr Zusammenwirken auf das Spektrum auswirkt.

Allgemeine Merkmale spektroskopischer Methoden : 483 Experimentelle Grundlagen : 484 1122

Die Intensität von Spektrallinien - 485

13313

Die Breite von Spektrallinien - 489 Anwendung 13-1: Rotations- und Schwingungsspektroskopie des interstellaren Raums : 492 Reine Rotationsspektren - 493 Das Trägheitsmoment : 493 Die Energieniveaus der Rotation - 496

Rotationsübergänge - 500 Rotations-Ramanspektren - 503 Kernstatistik und Rotations-

zustände - 505

Die Schwingung zweiatomiger Moleküle - 506 Molekülschwingungen - 506

Auswahlregeln - 508 Anharmonizität - 510 Rotationsschwingungsspektren - 512

Schwingungs-Ramanspektren zweiatomiger Moleküle - 514 Die Schwingungen mehratomiger Moleküle - 515 Normalschwingungen - 515 Infrarot-Absorptionsspektren mehratomiger Moleküle - 517 Anwendung 13-2: Die Globale Erwärmung - 518 13.4.3 Schwingungs-Ramanspektren

mehratomiger Moleküle - 519 Anwendung 13-3: Schwingungsmikroskopie - 52]

Das Wichtigste auf einen

1341

Allgemeine Merkmale spektroskopischer Methoden

Alle Arten von Molekülspektren haben einige gemeinsame Eigenschaften, die wir zuerst besprechen wollen. In der Emissionsspektroskopie erfährt das beobachtete Molekül einen Übergang von einem Niveau der Energie E, zu einem Niveau mit der tieferen Energie E,, wobei es die Differenz der Energien als Photon abgibt. Dieses Photon wird von einem Detektor im Spektrometer registriert. Bei der Absorptionsspektroskopie wird die Nettoabsorption der Probe gemessen, während diese mit annähernd monochromatischer Strahlung bestrahlt und deren Frequenz über einen gewissen Bereich variiert wird. Der Begriff Nettoabsorption ist angebrächt, da in Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula

Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Blick - 525

Weiterführende Literatur - 526 Zusatzinformation 13-1: Spektrometer - 529 Zusatzinformation 13-2: Auswahlregeln für die Rotations- und Schwingungsspektroskopie : 529 Diskussionsfragen - 532 Leichte Aufgaben - 533

Schwerere Aufgaben : 534

13 Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren

484

einer bestrahlten Probe stets Absorption und Emission parallel ablaufen. Der Detek-

einfallende ra ung]| Strahl

Energie —>

gestreute

Strahlung

\

Abb. 13-1 Bei der Ramanspektroskopie wird ein einfallendes Photon von einem Molekül gestreut, das danach entweder mit einer höheren Frequenz (wenn die Strahlung Energie von dem Molekül aufnimmt) oder wie hier für die Stokes-Streuung gezeigt mit einer kleineren Frequenz (wenn es Energie an das Molekül abgege-

ben hat) weiterfliegt. Anschaulich kann man sich vorstellen, dass das Molekül in

einen weiten Bereich von Zuständen angeregt wird (durch das schattierte Band dargestellt) und danach wieder zu einem tieferen Zustand zurückkehrt; die Energiedifferenz wird dann von dem emittierten Photon abgeführt.

tor kann nur die Differenz zwischen beiden messen, die Nettoabsorption. Die Energie hv der absorbierten oder emittierten Photonen (und somit die Frequenz v der absorbierten oder emittierten Strahlung) ist durch die Bohr’sche Frequenzbedingung gegeben, hv = |E, — E,| (Gl. (8-10). Emissions- und Absorptionsspektren geben im Allgemeinen die gleichen Informationen über die Molekülstruktur, sodass die verwendete Methode nach praktischen Gesichtspunkten ausgewählt werden kann. Mit der Emissionsspektroskopie werden wir uns in Kapitel 14 befassen; im Folgenden werden wir uns auf die Absorptionsspektroskopie konzentrieren, die bei der Untersuchung von elektronischen, Schwingungs- und Rotationsübergängen überwiegend eingesetzt wird. In Kapitel 9hatten wir gesehen, dass Übergänge zwischen elektronischen Energieniveaus durch Strahlung im Ultravioletten oder nahen Infrarot ausgelöst werden können bzw. diese Strahlungen emittieren. Die in diesem Kapitel diskutierten Schwingungs- und Rotationsübergänge können auf zwei unterschiedliche Arten bewirkt werden. Einerseits kann die direkte Absorption oder Emission von Infrarotstrahlung zu Änderungen der Schwingungsniveaus führen, oder Absorption oder Emission von Mikrowellenstrahlung kann Änderungen der Rotationsniveaus bewirken. Andererseits können Schwingungs- und Rotationsniveaus aber auch untersucht werden, indem man mithilfe der Raman-Spektroskopie die Frequenzen in dem von einer Probe gestreuten Licht analysiert. Etwa eines von 107 Photonen kollidiert mit einem Molekül in der Probe, gibt einen Teil seiner Energie ab und erscheint als Streulicht mit geringerer Energie. Dieses Streulicht geringerer Frequenz wird als Stokes-Streuung bezeichnet (Abb. 13-1). Ein Photon kann bei der Streuung an einem Probenmolekül auch Energie von diesem aufnehmen (falls das Molekül zuvor in einem angeregten Zustand vorlag), es erscheint dann als Teil der Anti-Stokes-Streuung, die eine größere Frequenz als das einfallende Licht besitzt. Der Anteil der Streustrahlung mit unveränderter Frequenz wird als Rayleigh-Strahlung bezeichnet.

13.1.1

Experimentelle Grundlagen

Ein Spektrometer ist ein Gerät, das die Eigenschaften des von Atomen oder Molekülen gestreuten, emittierten oder absorbierten Lichts bestimmt. Der allgemeine Aufbau eines Absorptions- oder Emissionsspektrometers für den sichtbaren oder ultravioletten Spektralbereich ist in Abb. 13-2 gezeigt. In einem Spektrometer fällt Strahlung aus einer geeigneten Quelle auf eine Probe. In den meisten Spektrometern wird das gestreute, absorbierte oder emittierte Licht über Spiegel oder Linsen auf einen Monochromator gelenkt, der das Licht in die verschiedenen Frequenzen aufspaltet. Die Intensität der einzelnen Frequenzen wird dann durch einen geeigneten Detektor gemessen. Bei der Raman-Spektroskopie wird ein monochromatischer Laserstrahl durch die Probe geschickt, und das von der Vorderfläche der Probe gestreute Licht wird untersucht (Abb. 13-3). Mit dieser Anordnung können Gase, reine Flüssigkeiten, Suspensionen und Festkörper gleichermaßen analysiert werden. Abb. 13-2 Zwei Arten von Spektrometern. (a) Der Aufbau eines Absorptionsspektrometers, wie es vor allem für Untersuchun-

gen im ultravioletten und sichtbaren Spektralbereich eingesetzt wird. Der Strahl läuft abwechselnd durch die Probe und eine

Detektor

Strahl-

Detektor

überlagerer Probe gestreute

Referenzzelle, der Detektor ist auf diesen

Wechsel abgestimmt und misst die relative Absorption. (b) Ein einfaches Emissionsspektrometer, in dem das von der Probe emittierte oder gestreute Licht im rechten Winkel zur Ausbreitungsrichtung des einfallenden Strahls gemessen wird.

u Referenz

) fd

®ä

Strahlung Strahlungsquelle RETTEN

\

13.1 Allgemeine Merkmale spektroskopischer Methoden

Moderne Spektrometer (besonders im Infraroten) verwenden heute meist Fourier-Transformations-Verfahren zur Detektion und Analyse der Spektren. Das Herz eines solchen Spektrometers ist ein Michelson-Interferometer. Es ermöglicht die Zerlegung eines Messsignals in die verschiedenen Frequenzen, aus denen es zusam-

mengesetzt ist. Das Messsignal einer Probe ist vergleichbar mit einem Akkord auf

485 Kommentar 13-1] Mehr zu Strahlungsquellen, Monochromatoren, Fourier-Transformations-Spektrometern und Detektoren ist in

Zusatzinformation 13.1 zu finden.

einem Klavier, und die Fourier-Transformation entspricht einer Zerlegung dieses Akkords in die einzelnen Noten - sein Spektrum.

13.1.2

Die Intensität von Spektrallinien Probenkammer

Das Verhältnis der durchgelassenen Strahlungsintensität I zur einfallenden Intensität I, bei einer gegebenen Frequenz wird als Transmission bezeichnet:

nn

(13-1)

Man findet empirisch, dass die Intensität eines Lichtstrahls auf dem Weg durch eine Probe nach dem Lambert-Beer’schen Gesetz exponentiell abnimmt:

17,10.

(13-2)

Hierbei ist ! die in der Probe zurückgelegte Wegstrecke, und []] bezeichnet die Konzentration des absorbierenden Teilchens J. Die Größe & wird als molarer Absorptionskoeffizient (früher auch Extinktionskoeffizient) bezeichnet. Der molare Absorptionskoeffizient hängt von der Frequenz der einfallenden Strahlung ab; die Absorption ist umso stärker, je größer & ist. Seine Dimension ist 1/(Länge x Konzentration), meist gibt man ihn in dm? mol”! cm’ an. Alternativ kann man auch die Ein-

heit cm? mol”! verwenden; diese Einheiten betonen die Tatsache, dass & ein molarer Wirkungsquerschnitt für die Absorption ist und dass die Intensität eines Strahls umso stärker abnimmt, je größer der Wirkungsquerschnitt der Moleküle ist. Um Gl. (13-2) zu vereinfachen, führen wir die Absorption einer Probe bei einer gegebenen Wellenzahl durch A=

log" oder

A=-JlogT

(13-3)

ein. Damit wird das Lambert-Beer’sche Gesetz zu

A=elll.

(13-4)

Das Produkt e[J]]| wurde früher auch als optische Dichte der Probe bezeichnet. Aus Gl. (13-4) können wir sehen, dass wir für die Untersuchung von gasförmigen Proben wegen der geringen Konzentration lange Wegstrecken (in der Größenordnung von Metern) benötigen werden, um eine ausreichende Absorption zu erreichen. Das kann beispielsweise dadurch realisiert werden, dass man den Lichtstrahl durch Spiegel an beiden Seiten der Probenkammer immer wieder durch die Probe zurück reflektiert. Umgekehrt können die Wegstrecken bei der Spektroskopie flüssiger Proben sehr viel kürzer sein, in der Größenordnung von Zentimetern oder Millimetern.

Das Lambert-Beer’sche Gesetz ist ein empirisches Ergebnis. Seine Form lässt sich jedoch einfach begründen. Die Abnahme d/ der Intensität I, die eintritt, wenn die Strahlung die Strecke dl in einer Probe zurücklegt, die die Konzentration []] der absorbierenden Teilchen J enthält, muss proportional zur Länge des Weges, der

Detektor

— Monochromator oder Interferometer

Abb. 13-3 Eine typische Anordnung für die Ramanspektroskopie. Ein Laserstrahl fällt zuerst durch eine Linse und dann durch ein kleines Loch in einem Spiegel mit einer gekrümmten Oberfläche. Der gebündelte Strahl trifft dann auf die Probe, und das

gestreute Licht wird von dem Spiegel abgelenkt und fokussiert. Das Spektrum wird mithilfe eines Monochromators oder Interferometers analysiert.

ktren 13. Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspe

486

sein (da die AbsorpKonzentration der Teilchen und der Intensität des Lichtstrahls enden Strahlung ist, tionswahrscheinlichkeit proportional zur Intensität der einfall s.u.). Wir können also schreiben

d/=-«[J|Idl , ung erhalten wobei x (kappa) eine Proportionalitätskonstante ist. Durch Umform wır

dI

T

= —x[J] dl.



Strahl hinDieser Ausdruck gilt für jede unendlich dünne Schicht, durch die der Intenchen anfängli der durch tritt. Um die Abnahme der Intensität eines Strahls all wir müssen en, sität I, in einer endlich dicken Probe der Länge I zu berechn diese Beiträge aufsummieren:



0

Wenn die Konzentration |J] überall in der Probe gleich groß ist, ergibt die Integration

In- = -«[J]l. Dieser Ausdruck ist nichts anderes als das Lambert-Beer’sche Gesetz, wir müssen

nur gemäß Inx = (In10) logx den natürlichen in den dekadischen Logarithmus umwandeln und x durch &ln10 ersetzen.

Illustration 13-1

Das Lambert-Beer’sche Gesetz im Einsatz

Das Lambert-Beer’sche Gesetz besagt, dass die Intensität elektromagnetischer Strahlung einer bestimmten Wellenzahl exponentiell mit der Konzentration der absorbierenden Spezies und der Dicke der Probe abnimmt. Wenn eine Probenzelle der Länge 1cm eine Durchlässigkeit von 0.1 besitzt (also 90% der Lichtintensität auf diesem Weg bereits geschluckt wird), so ist die Durchlässigkeit einer Zelle von 2cm Länge (0.1) = 0.01 (d.h. die Intensität wird um 99% auf 1% der ursprünglichen verringert). Der Maximalwert z,,., des molaren Absorptionskoeffizienten ist ein Maß für die

Fläche =

Intensität eines Übergangs. Da Absorptionsbanden sich aber meist über einen Bereich von Wellenzahlen erstrecken, spiegelt die Angabe des Absorptionskoeffizienten bei einer einzigen Wellenzahl die wahre Intensität eines Übergangs möglicherweise nur unvollkommen wider. Der integrale Absorptionskoeffizient A ist die Summe über alle Absorptionskoeffizienten der gesamten Bande (Abb. 13-4), er entspricht der Fläche unter der Absorptionsbande:

integrierter

Absorptionskoeffizient

(13-5)

Solange die Breiten verschiedener Absorptionsbanden vergleichbar sind, sind auch ihre integralen Absorptionskoeffizienten proportional zur Höhe der jeweiligen Bande (d.h. zum maximalen Absorptionskoeffizienten in der Bande).

koeffizient, &

Absorptionsmolarer Wellenzahl, v Abb. 13-4 Der integrale Absorptionskoeffi-

zient ist gleich der Fläche unter der Auftragung des molaren Absorptionskoeffizienten gegen die Wellenzahl der einfallenden Strahlung.

A= I;;ev)dv.

Absorptionsintensitäten Einstein unterschied drei Arten von Übergängen zwischen zwei Zuständen. Als induzierte Absorption bezeichnet man einen Übergang eines Moleküls von einem Zustand niedriger Energie zu einem Zustand höherer Energie, der durch Oszillationen des elektromagnetischen Feldes mit der Frequenz des Übergangs ausgelöst wird. Wir haben bereits in Abschnitt 9.4.2 gesehen, dass die Übergangswahrschein-

13.1 Allgemeine Merkmale spektroskopischer Methoden

lichkeit w die Geschwindigkeit ist, mit der sich die Wahrscheinlichkeit ändert, das Molekül im oberen Zustand anzutreffen. Je stärker das elektromagnetische Feld ist (je intensiver die einfallende Strahlung), desto häufiger werden Übergänge in dieser Weise induziert (Abb. 13-5), desto stärker ist somit auch die Absorption der Probe. Einstein schrieb die Übergangswahrscheinlichkeit w als

W—.Bon,

(13-6)

Die Konstante B ist der Einstein-Koeffizient der Absorption und der Strahlung im Frequenzintervall v bis v + dv, wobei v die gangs ist. Wenn die Probe von einem schwarzen Strahler bestrahlt wird, dann ist die Frequenzabhängigkeit von p durch teilung gegeben (Gl. (8-5)):

p

_ 8nchv? &

1 eh Kae

il

p die Energiedichte Frequenz des Überder Temperatur T die Planck’sche Ver-

(13-7)

Zum jetzigen Zeitpunkt wollen wir B einfach als empirischen Parameter betrachten, der einen Übergang beschreibt: Wenn

(13-8)

Hierbei ist B’ der Einstein-Koeffizient der induzierten Emission. Genau wie bei der Absorption kann nur Strahlung mit der Frequenz des Übergangs eine induzierte Emission auslösen. Einstein erkannte auch, dass dies nicht der einzige Mechanismus sein konnte, der einem angeregten Molekül die Rückkehr in den tieferen Zustand ermöglicht. Er folgerte, dass ein angeregter Zustand seine Energie auch durch spontane Emission abgeben kann, deren Wahrscheinlichkeit unabhängig von der Intensität der Strahlung (beliebiger Frequenz) ist. Die gesamte Übergangswahrscheinlichkeit von einem höheren in einen tieferen Zustand ist damit

wW=AH+Bp.

(13-9)

Die Konstante A heißt Einstein-Koeffizient der spontanen Emission. Die gesamte Emissionsrate der Probe ist

W'=N(A+Bp),

(13-10)

wenn N’ die Besetzungszahl des angeregten Zustandes ist. Ähnlich wie in der folgenden Begründung konnte Einstein zeigen, dass die Koeffizienten der induzierten Absorption und Emission gleich sind und dass sie mit dem Koeffizienten der spontanen Emission durch

B ne E> c zusammenhängen.

N

a

Se a

Ss

nl

(0)
S 50) a

€e |3 3 SE 4 5

3

a

en

se

V

Abb. 13-5

& 3

NW

Die Prozesse, die für die

Absorption und Emission von Strahlung und das Erreichen des thermischen Gleichgewichts verantwortlich sind. Die Rückkehr in den Grundzustand kann spontan erfolgen oder durch Strahlung der Übergangsfrequenz induziert werden.

B groß ist, dann induziert eine einfal-

lende Strahlung gegebener Intensität sehr viele Übergänge, folglich absorbiert die Probe stark. Die Gesamtübergangswahrscheinlichkeit W, die Zahl der pro Zeiteinheit angeregten Moleküle, ergibt sich aus der Übergangswahrscheinlichkeit w für ein einzelnes Molekül multipliziert mit der Zahl N der Moleküle im tieferen der beiden Zustände: W = Nw. Einstein nahm an, dass die Strahlung auch Übergänge eines angeregten Moleküls in einen tieferen Zustand induzieren und so zur Erzeugung eines Photons der Frequenz v führen könne. Er schrieb die Wahrscheinlichkeit dieser induzierten Emission als

wW=Bp.

487

(13-11)

Kommentar 13-2

Die etwas unter-

schiedliche Form der Planck-Ver-

teilung in Gl. (8-5) und Gl. (13-7) kommt daher, dass wir sie hier als p dv schreiben und dass d/ =

(c/v?) dv ist.

488

13 Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren

Begründung 13-2 Die Bezie Im thermischen Gleichgewicht ist die Wahrscheinlichkeit von Absorption und Emission gleich groß, es gilt also NBp=N(A+Bp). Durch Umformung erhalten wir daraus

N’A

A/B

PTNB-NB

N/N-B/B

_

A/B

ewkm_B/B'

Im letzten Schritt haben wir die Boltzmann-Verteilung (Mikroskopische Interpretation 3.1) benutzt, um das Verhältnis der Besetzungszahlen N und N’ (der Zustände mit den Energien E und E’) auszudrücken: ee en N’

ne

wer-r.

Unser Ergebnis hat genau die Form der Planck-Verteilung (Gl. (13-7)), die die Strahlungsdichte im thermischen Gleichgewicht beschreibt. Durch Vergleich der beiden Ausdrücke finden wir B' = B und die Beziehung Gl. (13-11) zwischen A und B.

Die Beziehung zwischen A und B bedeutet, dass die spontane Emission bei steigenden Frequenzen immer wichtiger wird. Bei der Diskussion der Laser (Abschnitt 14.3.1) werden wir feststellen, dass diese Tatsache von großer Bedeutung ist. Die Gleichheit der Koeffizienten von induzierter Absorption und Emission bedeutet, dass zwischen zwei Zuständen mit gleichen Besetzungszahlen die induzierte Absorption ebenso häufig ist wie die induzierte Emission, d.h. die Nettoabsorption ist gleich null. Bei den verhältnismäßig kleinen Frequenzen von Rotations- und Schwingungsübergängen kann die spontane Emission meist vernachlässigt werden; wir können diese Übergänge daher durch induzierte Absorption und induzierte Emission beschreiben. Die Nettoabsorption ist dann durch

Wien = NBp - NBp= (N — N')Bp

(13-12)

gegeben. Sie ist proportional zur Differenz der Besetzungszahlen der Zustände, die

an dem Übergang beteiligt sind.

(b) Abb. 13-6 (a) Wenn ein 1s-Elektron in ein 2s-Orbital übergeht, findet eine sphärisch symmetrische Ladungsumverteilung statt. Mit dieser Form der Ladungswanderung

Auswahlregeln und Übergangsmomente Das Konzept einer „Auswahlregel“ haben wir bereits in den Abschnitten 10.1.3 und 12.2.3 kennen gelernt, damals einfach als Regel, welche Übergänge erlaubt sind und welche nicht. Auch Molekülspektren unterliegen bestimmten Auswahlregeln, deren genaue Form von der Art des Übergangs abhängt. Der klassische Gedankengang hinter den Auswahlregeln besteht darin, dass ein Molekül zumindest temporär einen mit einer Frequenz v schwingenden einem Photon dieser Frequenz wechselwirken gesehen, dass dieses temporäre Dipolmoment Ar, zwischen den Zuständen w, und w; gegeben

Dipol besitzen muss, damit es mit kann. In Abschnitt 9.4.2 hatten wir durch das Übergangsdipolmoment ist,

ist kein Dipolmoment verbunden; dieser

Übergang ist daher dipolverboten. (b) Wenn ein 1s-Elektron in ein 2p-Orbital übergeht, ist mit der Ladungsumverteilung ein Dipolcharakter verbunden, dieser Über-

gang ist dipolerlaubt. (Dass der Übergang tatsächlich einen dipolaren Charakter hat,

geht auf Effekte zurück, die mit dem Vorzeichen der Wellenfunktion zu tun haben und nicht in der Abbildung erfasst sind.)

Ay = [vi wdt,

(13-13)

wobei i der Operator des elektrischen Dipolmoments ist. Der Betrag des Übergangsdipolmoments ist ein Maß für die Ladungsumverteilung während des Übergangs: Ein Übergang kann umso besser mit Photonen wechselwirken (und folglich Strahlung absorbieren), je ausgeprägter der Dipolcharakter der Ladungsumverteilung ist (Abb. 13-6).

13.1 Allgemeine Merkmale spektroskopischer-Methoden

489

) Aus der zeitabhängigen Störungstheorie (Abschnitt 9.4.2) wissen wir, dass die Übergangswahrscheinlichkeit proportional zu |y,;|” ist. Also muss der EinsteinKoeffizient der induzierten Absorption (und Emission) und damit die Intensität des Übergangs ebenfalls proportional zum Quadrat des Übergangsdipolmoments sein; eine genauere Rechnung liefert

Same

(13-14)

Nur wenn das Übergangsdipolmoment von null verschieden ist, kann der Übergang im Spektrum erscheinen. Um Auswahlregeln zu bestimmen, müssen wir daher die Bedingungen herausfinden, unter denen für eine bestimmte Art von Übergang 4,#0 gilt. Eine allgemeine Auswahlregel beschreibt eine Eigenschaft, die ein Molekül besitzen muss, damit eine bestimmte Art von Übergang überhaupt stattfinden und ein entsprechendes Spektrum aufgenommen werden kann. Beispielsweise werden wir sehen, dass das Übergangsdipolmoment bei einem Übergang zwischen Rotationszuständen nur dann von null verschieden sein kann, wenn das Molekül ein permanentes Dipolmoment besitzt. Eine Begründung für diese Tatsache sowie für ähnliche Aussagen in Bezug auf andere Arten von Übergängen wird in den jeweiligen Abschnitten dieses Kapitels gegeben. Durch eine genauere Analyse des Übergangsdipolmoments erhält man spezielle Auswahlregeln, welche die erlaubten Übergänge durch die zulässigen Änderungen der beteiligten Quantenzahlen angeben. Wir haben schon bei der Besprechung der Atomspektren (Abschnitt 10.1.3) Beispiele für spezielle Auswahlregeln kennen gelernt, etwa die Regel Al= +1 für die Bahndrehimpulsquantenzahl.

132153

Die Breite von Spektrallinien

Zur beobachteten Breite von Spektrallinien tragen mehrere Faktoren bei. Einige dieser Beiträge können durch geeignete Wahl der Bedingungen beeinflusst werden, und um möglichst hoch aufgelöste Spektren zu erhalten, müssen wir verstehen, wie wir diese Beiträge minimieren können. Andere Beiträge sind nicht beeinflussbar und legen eine grundsätzliche Grenze für die erreichbare Auflösung fest.

Die Doppler-Verbreiterung Die Untersuchung von gasförmigen Proben ist unter anderem deshalb wichtig, weil sie zu einem besseren Verständnis von Prozessen in der Atmosphäre beitragen kann. Oft können aussagekräftige spektroskopische Daten auch nur in der Gasphase gewonnen werden. Das gilt beispielsweise für die Rotationsspektroskopie, denn nur in Gasen können die Moleküle frei rotieren. Eine wichtige Ursache für die Verbreiterung von Spektrallinien in gasförmigen Proben ist der Doppler-Effekt, wonach sich die Frequenz elektromagnetischer Strahlung verschiebt, wenn sich die Lichtquelle auf den Beobachter zu oder von ihm weg bewegt. Eine Lichtquelle der Frequenz v, die sich mit der Geschwindigkeit s relativ zum Beobachter bewegt, besitzt für diesen die Frequenz

en y

Vweg

—y

Eee

V (Wi er 7.)

oder

ir

Yhin

——=

)

le

s/c



13-15

(

)

wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist (Herleitungen dieser Beziehungen finden sich in der Weiterführenden Literatur). Für nicht relativistische Geschwindigkeiten (s < c) vereinfachen sich diese Ausdrücke zu B

1/2

® I——— en "weg (-L —.)

N

und

1/2

= Un>|\2 E — —.) ;

2

(13-16)

13 Molekülspektroskopie 1: Rotations- und Schwingungsspektren

490

hei

Well?

Fr

|

:C0

=

1%)

= ©

f= ea

STE

2

.Q

|

DE

v

a

\

r

°

Ra

un

|

Es)
oO

v/(10' ') Wellenzahl, cm 58]oO

* Die Konfiguration n?2 rn,NEN,! sollte auch einen °A,-Term geben, aber elektronische Übergänge aus oder in diesen Zustand oänten bisher nicht beobachtet werden.

oL | Auswahlregeln Eine Reihe von Auswahlregeln legt fest, welche Übergänge im elektronischen Spektrum eines Moleküls erscheinen. Die mit Änderungen des Drehimpulses zusammenhängenden Regeln sind RAS

INSEODEMADEON

Und

100

200

300

r/pm Abb. 14-3 Die elektronischen Zustände von Disauerstoff.

WARFITN,

wobei @ = A+ % die Quantenzahl für die Komponente des Gesamtdrehimpulses (Bahn und Spin) um die Kernverbindungsachse ist (Abb. 14-4). Genau wie in Atomen (Abschnitt 10.3.4) beruhen diese Regeln auf der Drehimpulserhaltung während eines Übergangs und der Tatsache, dass das Photon einen Spin von 1 besitzt. Zwei Auswahlregeln hängen mit Veränderungen der Symmetrie zusammen. erlaubt. Zweitens Erstens sind für Z-Terme nur Übergänge 2° > X’ und% —%

besagt die Laporte-Auswahlregel für zentralsymmetrische Moleküle (Moleküle mit einem Inversionszentrum) und Atome:

m Elektronische Übergänge sind nur erlaubt, wenn sich bei ihnen die Parität ändert.

Das’bedeutet, dass nur (u—g)- und (g—> u)-Übergänge erlaubt sind, (g> g)- und (u u)-Übergänge dagegen verboten.

A

el

>>

Abb. 14-4 Die Kopplung von Spin- und Bahndrehimpulsen in einem linearen Molekül: Nur die Komponenten parallel zur Kernverbindungsachse sind Erhal-

tungsgrößen.

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

542

Begründung 14-1

Die Laporte-Auswahlregel

Die letzten beiden Auswahlregeln resultieren aus der Tatsache, dass das elektrische Ühergangsdipolmoment u, =

|; Ay;nidt

verschwindet, sofern der Integrand night invariant unter allen Symmetrieoperationen des Moleküls ist. Die drei Komponenten des Dipolmoment-Operators transformieren wie x, y, und z, sind also alle ungerade. Für einen g> g-Übergang ist gxuxg= u, das Integral die Gesamtparität des Übergangsdipolmoments daher muss deshalb verschwinden. Folglich sind Übergänge ohne Änderung der Parität : verboten.

Die z-Komponente des Dipolmoment-Operators, die als einzige 2 > Z-Übergänge bewirken kann, hat +-Symmetrie. Folglich ist die Symmetrie des Integranden in dem Ausdruck für das Übergangsdipolmoment für einen (+)—>(—)-Übergang gleich (+) x (+) x(-) = (-) und das Integral verschwindet. Damit sind für £-Terme nur %' > & -Übergänge erlaubt. Ein verbotener (g—g)-Übergang kann jedoch erlaubt werden, wenn das Inversionszentrum durch eine asymmetrische Schwingung zerstört wird, wie in Abb. 14-5 gezeigt. In einem Molekül ohne Inversionszentrum sind (g>g)- und

(u > u)-Übergänge nicht Laporte-verboten, sondern nun schwach erlaubt. Ein ÜberAbb. 14-5 d-d-Übergänge sind paritätsverboten, da es sich dabei um g-g-Übergänge handelt. Eine Schwingung kann die Inversionssymmetrie des Moleküls jedoch zeitweise zerstören, sodass eine Klassifikation

der Orbitale nach ihrer Parität nicht mehr möglich ist. Auf diese Weise entstehen vibronisch erlaubte Übergänge.

gang, der in dieser Weise seine Intensität nur einer asymmetrischen Schwingung des Moleküls verdankt, wird als vibronischer Übergang bezeichnet.

Übung 14-1 Welche der folgenden elektronischen Übergänge sind in O, erlaubt: N N u en >, u?

2, +]

Die Schwingungsstruktur Um die Schwingungsstruktur in Elektronenspektren von Molekülen (Abb. 14-6) zu erklären, wenden wir das Franck-Condon-Prinzip an:

400,

Da die Kerne viel schwerer als die Elektronen sind, wird der elektronische Übergang so schnell vollzogen, dass die Kerne keine Zeit haben, daraufzu reagieren.

0

200

5

240

Ä

2

280

A/nm

i

ö

320

Abb. 14-6 Die Elektronenspektren mancher Moleküle zeigen eine deutliche Schwingungsstruktur. Hier ist das Absorp-

tionsspektrum von SO, in der Gasphase bei 298 K gezeigt. Wie im Text erklärt, stammen die scharfen Peaks in diesem Spektrum von Übergängen von einem unteren elektronischen Zustand in verschiedene Schwingungsniveaus des oberen elektronischen Zustands.

Als Folge des elektronischen Übergangs wird Elektronendichte an bestimmten Stellen des Moleküls weggenommen und an anderen Stellen neu aufgebaut. Die zunächst ruhenden Kerne spüren dann plötzlich ein neues Kraftfeld, auf das sie reagieren, indem sie zu schwingen beginnen. Klassisch betrachtet ist ihre ursprüngliche Lage ein Umkehrpunkt der Schwingung um ihre Gleichgewichtslage im neuen elektronischen Zustand. Das stationäre Kerngerüst der Gleichgewichtsstruktur im elektronischen Anfangszustand wird also ein stationärer Umkehrpunkt der Schwingung im elektronischen Endzustand (Abb. 14-7). Die quantenmechanische Version des Franck-Condon-Prinzips vertieft dieses Bild. Vor der Absorption liegt das Molekül im Schwingungsgrundzustand des elektronischen Zustands vor (Abb. 14-8), der wahrscheinlichste Abstand der Kerne ist der Gleichgewichtsabstand R.. Folglich findet auch der elektronische Übergang am wahrscheinlichsten aus dieser Kernkonfiguration statt. Die Potenzialkurve des elektronisch angeregten Zustands ist in der Abbildung über der des Grundzust ands gezeigt. Da das Kerngerüst nach dem Franck-Condon-Prinzip während des elektronischen Übergangs unverändert bleibt, entspricht der Verlauf des Übergangs der senkrechten Linie in Abb. 14-7. Aus diesem Grund bezeichnet man einen elektroni-

14.1 schen

Übergang, der ohne Veränderung

Die Eigenschaften elektronischer Übergänge des Kerngerüsts

Übergang.

543

abläuft, als vertikalen

Der vertikale Übergang schneidet in der Abbildung mehrere

Wendepunkt (ruhende Kerne) a

Schwingungszu-

stände des elektronisch angeregten Zustands. In dem mit „*“ markierten Niveau sind die Kerne mit hoher Wahrscheinlichkeit in der gleichen Anordnung R, wie im unteren Zustand anzutreffen (da diese Schwingungswellenfunktion bei der gleichen Kernlage ihr Maximum besitzt). Dieser Schwingungszustand ist daher der wahrscheinlichste Endpunkt des Übergangs. Er ist jedoch nicht der einzig mög-

elektronisch

angeregter Zustand

liche, da sich die Kerne in einer ganzen Reihe von benachbarten Schwingungszuständen ebenfalls noch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bei R, aufhalten. Es

finden daher Übergänge zu allen Schwingungszuständen in diesem Bereich der Potenzialkurve des elektronisch angeregten Zustands statt, wobei sich die relativen Intensitäten nach den Amplituden der Schwingungswellenfunktionen bei R, rich-

elektronischer Grundzustand

Moleküls des potentielle Energie Kerne in Ruhe

ten.

Die Schwingungsstruktur des Spektrums hängt davon ab, wie sehr die Potenzialkurven des Grundzustands und des elektronisch angeregten Zustands gegeneinander verschoben sind. Wenn die Verschiebung groß ist, ist im Spektrum eine lange Schwingungsprogression (d.h. eine starke Schwingungsstruktur) zu sehen. Meist ist die Potenzialkurve des angeregten elektronischen Zustands gegenüber der des Grundzustands zu größeren Atomabständen hin verschoben, da angeregte elektronische Zustände in der Regel mehr antibindenden Charakter als die entsprechenden Grundzustände besitzen. Die Abstände der Linien der Schwingungsstruktur eines elektronischen Absorptionsspektrums hängen von den Schwingungsniveaus des angeregten elektronischen Zustands ab. Aus Elektronenspektren kann man daher Informationen über das Kraftfeld und die Dissoziationsenergien von elektronisch angeregten Molekülen erhalten (beispielsweise mithilfe der Birge-Sponer-Extrapolation wie in Aufgabe 14.2).

Kernabstand Abb. 14-7 Nach dem Franck-Condon-Prinzip findet der intensivste Übergang aus dem Schwingungsgrundzustand des elektronischen Grundzustands zu dem vertikal darüber liegenden Schwingungszustand des angeregten elektronischen Zustands statt. Auch Übergänge in andere Schwingungszustände sind beobachtbar, jedoch mit geringerer Intensität.

Franck-Condon-Faktoren Die quantitative Version des Franck-Condon-Prinzips beruht auf dem Ausdruck für das Übergangsdipolmoment, u; = (f|uji). Der Operators des Dipolmoments ist die

elektronisch

Summe über alle Kerne und Elektronen im Molekül,

Zustand

h=-e)r+te) Zur, i

(14-2)

I

wobei die Vektoren jeweils die Abstände vom Ladungsschwerpunkt des Moleküls bedeuten. Die Intensität des Übergangs ist proportional zum Betragsquadrat des |” (Gl. (9-10)), und in der folgenden Begründung zeigen Übergangsdipolmoments, wir, dass dieses Betragsquadrat proportional zum Überlappungsintegral S(v;, v;) der Schwingungszustände im elektronischen Anfangs- und Endzustand ist. Das Überlappungsintegral ist ein Maß für die Übereinstimmung der Schwingungswellenfunktionen im oberen und unteren elektronischen Zustand: Für S = 1 ist die Übereinstimmung vollständig, für S = 0 besteht keine Ähnlichkeit zwischen den Funktionen.

Der Zustand eines Moleküls besteht aus einem elektronischen Anteil |e) und einem Schwingungsanteil |v). Im Rahmen der Born-Oppenheimer-Näherung können wir das Übergangsdipolmoment daher wie folgt faktorisieren: Ba

(lauern

_

.—

angeregter

DAR

la

ER (erlr;le)(velv;)BR:

elektronischer Grundzustand

Moleküls potentielle des Energie

Kernabstand Abb. 14-8 In der quantenmechanischen Version des Franck-Condon-Prinzips findet der Übergang in den Schwingungszustand des angeregten elektronischen Zustands statt, der dem Schwingungsgrundzustand des elektronischen Grundzustands am meisten ähnelt. Die beiden hier gezeigten Schwingungswellenfunktionen besitzen das größte Überlappungsintegral aller Schwingungszustände des angeregten elektronischen Zustands, folglich sind sie

& &)(ve|R,|v;) -

der Wellenfunktion des Schwingungsgrundzustands des elektronischen Grundzustands am ähnlichsten.

544

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

Der zweite Term in der zweiten Zeile dieser Gleichung ist null, weil für zwei verschiedene elektronische Zustände (e,|&) = 0 gilt (die Wellenfunktionen sind orthogonal). Also ist Hi = -e), (erlr;le)(vrlv;) = Hy.

(14-3)

(Ur, vi) ö

wobei wir

14-4 (14-4)

S(vr,v) == (veln) = -e)_ (elnla) und "S(v,,v,) Au. ea ı

gesetzt haben. Das Matrixelement 4, „ist das elektrische Übergangsdipolmoment, das durch die Umverteilung der Elektronen während des Übergangs entsteht (und somit ein Maß für den „Stoß“ ist, den diese Umverteilung dem elektromagnetischen Feld gibt, umgekehrt für die Absorption). Der Faktor S(v;, v;) ist das Überlappungsintegral zwischen dem Schwingungszustand |v;) im elektronischen Anfangszustand und dem Schwingungszustand |v;) im elektronischen Endzu-

stand des Moleküls.

Da die Intensität eines Übergangs zum Betragsquadrat des Übergangsdipolmoments ist, ist die Intensität einer Absorption proportional zu |S(v;, v,)|’, dem Franck-Condon-Faktor des Übergangs. Die Absorptionsintensität eines kombinierten elektronischen und Schwingungsübergangs ist folglich umso größer, je größer die Überlappung der Wellenfunktionen des Schwingungszustands im oberen elektronischen Niveau und des Schwingungszustands im elektronischen Grundzustand ist. Diese Schlussfolgerung ist in Abb. 14-8 anschaulich dargestellt, die uns zeigt, dass die Schwingungswellenfunktion des elektronischen Grundzustands die größte Überlappung mit Schwingungszuständen hat, deren Amplitude bei ähnlichen Kernkonfigurationen wie im Grundzustand Maxima besitzen. Beispiel 14-1

Die Berechnung eines Franck-Condon-Faktors

Betrachten Sie den Übergang zwischen zwei elektronischen Zuständen mit den Bindungslängen R, und R/ und identischen Kraftkonstanten. Berechnen Sie den Franck-Condon-Faktor für den 0-0-Übergang und zeigen Sie, dass er maximal ist, wenn die Bindungslängen identisch sind. Vorgehen Wir müssen S(0,0) berechnen, das Überlappungsintegral der beiden Schwingungsgrundzustände. Für v = 0 können wir Anharmonizitäten vernachlässigen, wir können daher die Wellenfunktionen des harmonischen Oszillators verwenden (Tabelle 9-1). Antwort \

Vo



Die (reellen) Wellenfunktionen lauten 1 (an)

1/2

e

27972 /2a

iX

und

!

Zn

il Ban;

2

a

)

e

—_xX

2192 Doz

wobei wirx= (R-R,)undx’ = (R-R') und @ = (h’/mk)"* gesetzt haben (vgl. Abschnitt 9.2.2). Das Überlappungsintegral lautet dann oo

SS

— oo

Be

5(0,0)=(010) = |Vindrgg |et 2 ar. (a Wir setzen nun az = R-35(R. + R/) und erhalten nach einigen einfachen Umformungen e

1 (0,0) = — e(R-R)t/40?

|RIeN

U

Der Wert des letzten Integrals ist n'/?, damit wird das Überlappungsintegral s(0, 0) =

e(Re—RL)?

/4a2

4

14.1

Die Eigenschaften elektronischer Übergänge

545

und der Franck-Condon-Faktor ist S(0, 0) =

RER

20. 3

Dieser Faktor ist für R. = R' gleich eins und nimmt mit steigender Differenz zwischen den Bindungslängen ab (Abb. 14-9). Für Brzist R, = 228pm, und es existiert ein elektronisch angeregter Zustand mit R. = 266pm. Wenn wir die Schwingungswellenzahl gleich 250cm' setzen, so erhalten wir S(0,0)’=5.1x10-", d.h. die Intensität des 0-0-Übergangs beträgt nur 5.1 x 10-!% des Werts, den sie hätte, wenn die Potenzialkurven genau übereinander lägen. Dieser Übergang wird daher kaum zu beobachten sein.

Übung 14-2 Nehmen Sie an, dass man die Schwingungswellenfunktionen durch Rechtekkfunktionen der Breite W bzw. W’ ersetzen kann, die um den Gleichgewichtsabstand der Atome zentriert sind (Abb. 14-10). Berechnen Sie den Franck-CondonFaktor für den Fall, dass die Zentren identisch sind und W' < W gilt.

[$° = (W'/w)’]

14.1.2

2

(R. -R.)J2°o

4

Abb. 14-9 Der Franck-Condon-Faktor für die Anordnung aus Beispiel 14-1.

_ Rotationsstruktur

Ebenso wie in der Schwingungsspektroskopie, wo Schwingungsübergänge von einer Rotationsanregung begleitet werden, finden Rotationsübergänge auch bei Schwingungsübergängen statt, die als Folge von elektronischen Übergängen auftreten. Daher sehen wir für jeden Schwingungsübergang einen P-, Q- und R-Zweig, sodass jeder elektronische Übergang eine sehr komplexe Struktur besitzt. Im Unterschied zur Schwingungsspektroskopie gehen elektronische Übergänge aber oft mit viel größeren Änderungen der Kernabstände einher als reine Schwingungsanregungen. Deshalb ist ihre Rotationsstruktur wesentlich komplexer als die der Rotationsschwingungsspektren. Wir nehmen an, dass die Rotationskonstanten des elektronischen Grund- bzw. angeregten Zustands B bzw. B’ sind. Die Rotationsniveaus des Anfangs- und Endzustands sind dann Ei

0

heBI

1)

und,

Ei)=hey

Wellenfunktion,

Auslenkung, x Abb. 14-10

Die Modell-Wellenfunktionen

aus Übung 14-2.

en),

und die Rotationsübergänge erscheinen an folgenden Stellen relativ zum auslösenden Schwingungsübergang der Wellenlänge v:

P-Zweig(AJ=-1):

»M)=#-(B+B)J+(B -B),

(14-5)

OZwee ATS

Oo

ver lBe By) PN,

(14-5b)

R-Zweig(AJ= +1):

WM)

+ (BR +B)J+N)+(B-B)(J+1).

(14-5c)

(Diese Gleichungen sind analog zu Gl. (13-63).) Wir wollen zuerst annehmen, dass der Bindungsabstand im elektronisch angeregten Zustand größer ist als im elektronischen Grundzustand. Dann ist B’ < B und B’ — B ist negativ. In diesem Fall konvergieren die Linien des R-Zweiges mit zunehmendem J und sobald die Bedingung |B’ — B|(J +1) > B’ + B erfüllt ist, treten die Linien bei immer kleineren Wellenzahlen auf. Mit anderen Worten, der R-Zweig besitzt einen Bandenkopf (Abb. 14-11a). Wenn die Bindung im angeregten Zustand kürzer ist als im Grundzuständ, so ist B’ > B, und B"-— B ist positiv. In diesem Fall konvergieren die Linien

des P-Zweiges mit zunehmendem J, und der Bandenkopf erscheint für (B’ — B)] >

B' + B (Abb. 14-11b).

(a) B' B.

546

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

14.13

_ Elektronenspektren mehratomiger Moleküle

mten Elektronen oder ElektDie Absorption eines Photons kann häufig ganz bestim dnet werden. Wenn ein ronen in bestimmten Atomgruppen eines Moleküls zugeor , so beobachtet man Molekül beispielsweise eine Carbonylgruppe (>C=0) enthält genaue Lage noch vom Rest normalerweise eine Absorption bei etwa 290 nm, deren chen Absorptionen werdes Moleküls abhängt. Solche Gruppen mit charakteristis Wort für „Farbträger‘). den als Chromophore bezeichnet (nach dem griechischen einer Substanz verIhre Anwesenheit ist in vielen Fällen für die beobachtete Farbe antwortlich (Tabelle 14-3). Moleküle* Kurztabelle 14-3 Charakteristische Absorptionen einiger Gruppen und v/cm"

Gruppe

e/(dm’ mol’ cm"

Ama/nm

I

a

C=C (rn « n) e-Oln

zn)

H,O (rn

RE

DOG

v/(10°cm')

|

Abb. 14-18 (a) Die Absorptionsspektren zweier als mer und fac bezeichneter Isomere von [Co(ala);] (ala ist die konjugierte Base von Alanin) und (b) die zugehörigen CD-Spektren. Die rechts- und linksdrehenden Formen der Isomere haben identische Absorptionsspektren. Die CD-Spektren unterscheiden sich dagegen deutlich; die absoluten Konfigurationen (mit A und A bezeichnet) wurden durch Vergleich mit den CD-Spektren eines Komplexes mit bekannter Konfiguration zugeordnet.

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

550

3 carotin-A-Xanthophyll %

Aberration wird teilweise durch den Gelben Fleck reduziert, der Teile der Netzhaut einen bedeckt. Er ist mit carotinähnlichen Xantophyli-Molekülen (3) bedeckt, die m Außerde schärfen. Bild das Teil des blauen Lichts absorbieren und dadurch Zustrom hohen zu einem vor schützen sie damit die Photorezeptor-Moleküle potenziell schädlicher energiereicher Photonen. Die Xantophyll-Moleküle enthalten delokalisierte Elektronen, die sich entlang der Kette der konjugierten Doppelbindungen verteilen, der zugehörige n’ — n-Übergang liegt daher im Sichtbaren. Etwa 57% der Photonen, die in das Auge eintreten, erreichen schließlich die Netzhaut: der Rest wird im Glaskörper absorbiert oder gestreut. Auf der Netzhaut wird der erste Schritt des Sehvorgangs vollzogen; hierbei absorbiert der Chromophor eines Rhodopsin-Moleküls ein Photon in einem weiteren m" — n-Übergang. Ein Rhodopsin-Molekül besteht aus einem Opsin-Protein, an das ein Molekül 11-cis-Retinal (4) gebunden ist. Letzteres entspricht gerade einem halben Carotin-Molekül (ein Zeichen für den sparsamen Umgang der Natur mit ihren Ressourcen). Die Bindung an das Opsin erfolgt durch Bildung einer protonierten Schiffschen Base aus der -CHO-Gruppe des Chromophors und der terminalen

CHO 4 11-cis-Retinal

NH,-Gruppe der Seitenkette, einem Lysinrest, des Opsins. Das freie 11-cis-Retinal

Abb. 14-19 Die Struktur des RhodopsinMoleküls, das aus einem Opsin-Protein besteht, an das ein Molekül 11-cis-Retinal

gebunden und in den von den spiralförmigen Bereichen umgebenen Raum eingebettet ist.

si

ı/

5 All-trans-Retinal

a0

absorbiert im Ultravioletten, die Bindung an das Opsin verschiebt die Absorption jedoch in den sichtbaren Bereich. Die Rhodopsin-Moleküle sitzen in den Membranen spezieller Zellen (den „Stäbchen“ und den „Zapfen“), die die Netzhaut bedecken. Das Opsin ist über zwei hydrophobe Gruppen in der Zellmembran verankert und umgibt den Chromophor fast vollständig (Abb. 14-19). Unmittelbar nach der Absorption eines Photons erfährt das 11-cis-Retinal eine Photoisomerisierung zu all-trans-Retinal (5). Diese Isomerisierung dauert ungefähr 200 fs und pro 100 absorbierten Photonen isomerisieren etwa 67 Pigmentmoleküle. Die Isomerisierung findet statt, weil die rn‘ — n-Anregung eines Elektrons eine der n-Bindungen schwächt (die in (5) mit einem Pfeil markierte), sodass sie ihre Torsionsfestigkeit verliert und ein Teil des Moleküls um diese'Bindung in die all-trans-Konfiguration rotieren kann. Dann kehrt das Molekül in den Grundzustand zurück, ist jetzt aber in seiner neuen Konfiguration gefangen. Die gerade Kette im all-trans-Retinal bewirkt, dass das Molekül nun mehr Platz benötigt als 11-cis-Retinal und gegen die Windungen des Opsins drücken, die es umgeben. Etwa 0.25-0.50 ms nach der anfänglichen Absorption des Photons wird das Rhodopsin durch die Isomerisierung und die gleichzeitige Deprotonierung seiner Haltekette (der Schiff schen Base) zu Opsin aktiviert und bildet ein unter der Bezeichnung Metarhodopsin II bekanntes Zwischenprodukt. In einer Folge von biochemischen Prozessen, der so genannten visuellen Signaltransduktionskaskade, aktiviert MetarhodopsinII das Enzym Transducin, welches wiederum eine Phosphodiesterase aktiviert, die cyclisches Guaninmonophosphat (cGMP) zu GMP hydrolysiert. Das Absinken der cGMP-Konzentration in der Zelle führt zum Verschluss von Ionenkanälen - Proteinen, die den Transport von Ionen durch biologische Membranen ermöglichen - und dadurch zu einem deutlichen Anstieg des Transmembranpotenzials (siehe Anwendung 7-2 für eine Diskussion von Transmembranpotenzialen). Dieser elektrische Impuls pflanzt sich durch den Sehnerv bis zur Sehrinde fort, wo die Signale in die komplexe Signalauswertung eingehen, die wir als „Sehen“ bezeichnen. Der Ruhezustand des Rhodopsin-Moleküls wird über eine Reihe von ATPgetriebenen strahlungslosen chemischen Umwandlungen zurückgewonnen.

14.2 Das Schicksal angeregter Zustände Unter anderem wird dabei das all-trans-Retinal als all-trans-Retinol (in welchem CHO zu -CH,OH reduziert ist) mithilfe des Enzyms Rhodopsinkinase aus der Bindung an das Opsin befreit und dafür ein anderes Proteinmolekül, Arrestin, angelagert. Das freie all-trans-Retinol wird dann enzymkatalysiert in 11-cis-Retinol umgewandelt und anschließend zu 11-cis-Retinal dehydriert, das wieder an ein Opsin-Molekül gebunden wird. Damit ist der Kreis von Anregung, Photoisomerisierung und Regeneration geschlossen und kann von neuem beginnen.

14.2|

Das Schicksal angeregter Zustände

Eine strahlende Desaktivierung ist ein Prozess, bei dem das angeregte Molekül seine überschüssige Energie wieder als Photon abstrahlt. Häufiger ist jedoch die strahlungslose Desaktivierung, bei der das Molekül seine elektronische Energie in Form von Rotations-, Schwingungs- und Translationsenergie der umgebenden Moleküle abgibt. Diese thermische Dissipation der Energie wandelt die Anregungsenergie in thermische Energie der Umgebung um (also in Wärme). Schließlich kann ein angeregtes Molekül auch an einer chemischen Reaktion teilnehmen, was wir in Kapitel 23 besprechen werden.

14.2.1

Fluoreszenz und Phosphoreszenz

Bei der Fluoreszenz wird für einige Nanosekunden nach dem Abschalten der anregenden Strahlung spontan Strahlung emittiert (Abb. 14-20). Im Gegensatz dazu kann die emittierte Strahlung bei der Phosphoreszenz noch lange andauern (bis zu einigen Stunden, meist aber für Sekunden oder Sekundenbruchteile). Dieser Unterschied legt die Vermutung nahe, dass die Anregungsenergie bei der Fluoreszenz einfach sofort in emittierte Strahlung umgewandelt wird, während bei der Phosphoreszenz noch eine Speicherung in einem Reservoir dazwischen geschaltet sein muss.

Phosphoreszenz

Emissionsintensität Fluoreszenz

Fluoreszenz Die an der Fluoreszenz beteiligten Schritte sind in Abb. 14-21 schematisch dargestellt. Die Absorption versetzt das Molekül in einen elektronisch angeregten Zustand; das zugehörige Absorptionsspektrum ist in Abb. 14-22a gezeigt. Das angeregte Molekül erfährt Stöße mit seiner Umgebung und gibt dabei Energie ab. Es klettert so auf der Leiter seiner Schwingungsniveaus immer weiter nach unten, bis es im Schwingungsgrundzustand des elektronisch angeregten Zustands angelangt ist. Die Umgebung ist aber nicht ohne weiteres in der Lage, den großen Energiebetrag aufzunehmen, der nötig wäre, um das Molekül in den elektronischen Grundzustand zurückkehren zu lassen. Daher existiert der angeregte Zustand im Allgemeinen lange genug, um seine verbleibende Anregungsenergie durch eine spontane Emission abzugeben. Der elektronische Übergang erfolgt vertikal (im Einklang mit dem Franck-Condon-Prinzip); das resultierende Fluoreszenzspektrum besitzt eine Schwingungsstruktur, die charakteristisch für den elektronischen Grundzustand ist (Abb. 14-22b). Sofern sie im Spektrum sichtbar sind, kann man

erwarten, dass die 0-0-Über-

gänge im Absorptions- und Fluoreszenzspektrum zusammenfallen. Das Absorptionsspektrum besteht aus den Übergängen 1-0, 2-0, ... mit immer höherer Wellenzahl, deren Intensitäten durch das Franck-Condon-Prinzip bestimmt sind. Das Fluoreszenzspektrum besteht aus den absteigenden Übergängen 0-0, 0-1, ..., die

bei immer kleineren Wellenzahlen erscheinen. Die 0-0-Übergänge erscheinen im Absorptions- und Fluoreszenzspektrum nicht immer exakt bei der gleichen Frequenz, da die Wechselwirkung des Moleküls mit seiner Umgebung in den beiden elektronischen Zuständen unterschiedlich sein kann (beispielsweise könnte ihre

Zeit

Abb. 14-20 Die empirische (auf der Beobachtung beruhende) Unterscheidung zwischen Fluoreszenz und Phosphoreszenz basiert darauf, dass die Fluoreszenz nach Abschaltung der anregenden Lichtquelle sehr schnell aufhört, während die Intensi-

tät der Phosphoreszenz nur allmählich abnimmt.

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

552

Absorption

strahlungsloser Zerfall

gzenz

(a) charakteristisc

für oberen Zustand

a Relaxation

charakteristisch für unteren Zustand

Moleküls des potentielle Energie

Fluoreszenz

Absorption ‚

Relaxation

Abb. 14-23 Das Lösungsmittel kann das Fluoreszenzspektrum relativ zum Absorptionsspektrum verschieben. Links sehen wir, dass die Absorption in einer Anord-

Kernabstand

Abb. 14-21 Der Mechanismus der Fluoreszenz. Nach der Anregung werden die angeregten Schwingungszustände strahlungslos desaktiviert und geben ihre Energie an die Umgebung ab. Daran schließt sich ein strahlender Übergang aus dem Schwingungsgrundzustand des elektronisch angeregten Zustands an.

Wellenlänge — Abb. 14-22 (a) Ein Absorptionsspektrum zeigt eine Schwingungsstruktur, die charakteristisch für den elektronisch angeregten Zustand ist. (b) Die Schwingungsstruktur des Fluoreszenzspektrums enthält Informationen über den elektronischen Grundzustand. Es ist zu kleineren Frequenzen verschoben (nur die 0-0-Übergänge fallen zusammen) und ähnelt dem Spiegelbild des Absorptionsspektrums.

nung der Solvensmoleküle (der Ellipsen) auftritt, die charakteristisch für den Grund-

zustand des Moleküls (der Kugel) ist. Bevor die Fluoreszenz eintritt, nehmen die Solvensmoleküle jedoch eine neue Anordnung ein, die während des anschließenden Übergangs in den Grundzustand erhalten bleibt.

Moleküls des potentielle Energie er \ Strahlung (Phosphoreszenz) Kernabstand

Abb. 14-24 Der Mechanismus der Phosphoreszenz. Der entscheidende Schritt ist das Intersystem Crossing, der Wechsel von einem Singulett- in einen Triplettzustand, der durch die Spin-Bahn-Kopplung ermöglicht wird. Der Triplettzustand wirkt als

langsam strahlendes Reservoir, da die Rückkehr in den Grundzustand spinverboten ist.

Fähigkeit zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken unterschiedlich sein). Da die Solvensmoleküle während eines Übergangs keine Zeit haben, sich umzuordnen, erfolgt die Absorption in einer Umgebung, die für den elektronischen Grundzustand des Moleküls charakteristisch ist, während die Fluoreszenz in einer Umgebung erfolgt, die dem angeregten Zustand entspricht (Abb. 14-23). Die Fluoreszenz erfolgt bei einer kleineren Frequenz als die Absorption, da die Emission erst stattfindet, nachdem das Molekül einen Teil der Anregungsenergie an die Umgebung abgegeben hat. Die lebhaften Orange- und Grüntöne bestimmter fluoreszierender Farbstoffe zeigen diesen Effekt anschaulich: sie absorbieren im Ultravioletten und Blauen und fluoreszieren im Sichtbaren. Der vorgeschlagene Mechanismus macht auch deutlich, dass die Intensität der Fluoreszenz davon abhängt, wie gut die Solvensmoleküle die elektronische und die Schwingungsenergie des angeregten Moleküls aufnehmen können. Tatsächlich findet man, dass Solvensmoleküle mit weit auseinander liegenden Schwingungsniveaus (z.B. Wasser) manchmal den großen Betrag der elektronischen Anregungsenergie aufnehmen können und so die Fluoreszenz „löschen“. Wir untersuchen die Mechanismen der Fluoreszenz in Kapitel 23 genauer.

Phosphoreszenz Abb. 14-24 zeigt das Prinzip der Phosphoreszenz für ein Molekül mit einem Singulett-Grundzustand. Die ersten Schritte sind die gleichen wie bei der Fluoreszenz, entscheidend ist jedoch die Anwesenheit des angeregten Triplettzustands. An dem Punkt, an dem sich die gezeichneten Potenzialkurven schneiden, besitzen die angeregten Singulett- und Triplettzustände die gleiche Kernanordnung. Wenn es einen Mechanismus gibt, der die Elektronenspins entkoppelt (also || in 1 umwandelt), so kann das Molekül an diesem Punkt mit einem so genannten Intersystem Crossing, einem strahlungslosen Übergang zwischen zwei Zuständen unterschiedlicher Multiplizität, in den Triplettzustand übergehen. Bei der Besprechung der Atomspektren (Abschnitt 10.3.4) hatten wir gesehen, dass Übergänge zwischen Singulettund Triplettzuständen möglich sind, wenn die Spin-Bahn-Kopplung hinreichend

14.2 Das Schicksal angeregter Zustände

553

stark ist. Die gleiche Bedingung gilt auch für Moleküle. Das Intersystem Crossing wird wichtig, sobald das Molekül ein einigermaßen schweres Atom enthält (wie Schwefel), da dann die Spin-Bahn-Kopplung groß genug wird. Nachdem ein Molekül in den Triplettzustand übergegangen ist, gibt es ebenfalls

einen Teil seiner Energie durch Stöße an die Umgebung ab und landet schließlich im Schwingungsgrundzustand. Dabei handelt es sich nun aber um den Schwin-

III

gungsgrundzustand des Triplettzustands. Dort ist das Molekül gefangen, da seine Energie jetzt unter der des angeregten Singulettzustands liegt (Hund’sche Regel, Abschnitt 13.2.4). Die elektronische Anregungsenergie ist zu groß, um von der Umgebung aufgenommen werden zu können, und schließlich kann das Molekül die Energie auch nicht durch Strahlung abgeben, da die Rückkehr in den elektronischen Grundzustand jetzt spinverboten ist (Abschnitt 14.1.1). Letzteres stimmt allerdings nicht ganz, da die Spin-Bahn-Kopplung, die das Intersystem Crossing ermöglicht hat, natürlich auch hier die Auswahlregel bricht. Trotzdem ist dieser Übergang nur

schwach

IINININININNN

erlaubt, die Desaktivierung erfolgt daher auf diesem Weg nur sehr

langsam und die Emission kann noch lange anhalten, nachdem die anregende Strahlung abgeschaltet wurde. Dieser Mechanismus erklärt die Beobachtung, dass die Anregungsenergie offensichtlich in einer Art Reservoir gespeichert ist, aus dem sie nur langsam wieder abgegeben wird. Wir können außerdem vorhersagen, dass die Phosphoreszenz in Festkörpern am intensivsten sein sollte, da dort der Energietransfer an die Umgebung am langsamsten verläuft. So bleibt dem angeregten Molekül genügend Zeit für das Intersystem Crossing, während es bei seinem Abstieg auf der Leiter der Schwingungsniveaus langsam am Schnittpunkt der Potenzialkurven vorbeiwandert; diese Vorhersage wird experimentell bestätigt. Weiter können wir vorhersagen, dass die Effizienz der Phosphoreszenz von der Anwesenheit schwerer Atome (mit großer Spin-Bahn-Kopplung) in der Probe abhängen sollte, was tatsächlich auch beobachtet wird. Die endgültige Bestätigung dieses Mechanismus liefert der Nachweis (mithilfe der in Kapitel 15 beschriebenen empfindlichen Resonanzmethoden), dass die Probe paramagnetisch ist, solange das Reservoir (mit seinen parallelen Elektronenspins) besetzt ist. Die verschiedenen strahlenden und strahlungslosen Prozesse, die in Molekülen vorkommen können, werden in einem Jablonski-Diagramm zusammengefasst, wie es in Abb. 14-25 dargestellt ist. Anwendung 14-2

Or Abb. 14-25 Ein Jablonski-Diagramm (hier für Naphthalin) ist eine vereinfachte Darstellung der relativen Lage der elektronischen Energieniveaus eines Moleküls. Die Schwingungsniveaus eines gegebenen

elektronischen Zustands liegen übereinander, die relative horizontale Lage der verschiedenen Spalten sagt jedoch nichts über die tatsächliche Anordnung der Kerne in den Zuständen aus. Die Schwingungsgrundzustände der verschiedenen elektronischen Zustände sind vertikal korrekt positioniert, die darüber liegenden Schwin-

gungszustände sind aber nur schematisch eingezeichnet. (IC= Innere Umwandlung; ISC=Intersystem Crossing.)

Fluoreszenzmikroskopie

Abgesehen von einigen wenigen Kofaktoren wie den Chlorophyllen und den Flavinen fluoreszieren die meisten Bausteine der Proteine und Nukleinsäuren kaum. Tryptophan Aminosäure die sind Ausnahmen bemerkenswerte Vier in Was/,=303nm =274nm, (A. Tyrosin Wasser), in (Ayps = 280. nm, /n =348nm ser) und Phenylalanin (A,,, = 257 nm, )n=282nm

in Wasser) sowie die oxidierte

Form der Sequenz Serin-Tyrosin-Glycin (6), die man in dem so genannten grünen fluoreszierenden Protein (GFP) in bestimmten Quallen findet. Der Wildtyp von GFP aus Aequora victoria absorbiert bei 395nm und das Fluoreszenzmaximum liegt bei 509 nm. In der Fluoreszenzmikroskopie werden Bilder von arbeitenden biologischen Zellen gewonnen, indem man zahlreiche fluoreszierende Moleküle an Proteine, Nukleinsäuren und Membranen bindet und dann die Verteilung der Fluoreszenz über die Zelle misst. Ein häufig verwendeter Fluoreszenzmarker ist dabei GFP. Durch geeignete Filterung ist es möglich, die Rayleigh-Streuung des anregenden Strahls auszuschließen und nur die Fluoreszenz der eingesetzten Marker zu messen. Dabei ist aber große Sorgfalt geboten, um fluoreszierende Verunreinigungen der Probe zu vermeiden.

HO

HO

oO

6 Das Chromophor von GFP

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

554

_ Kontinuum

Dissoziationsgrenze

potentielle Moleküls des Energie

Kernabstand

Abb. 14-26 Wenn ein Übergang in ungebundene Zustände des elektronisch angeregten Zustands führt, so dissoziiert das Molekül und die Absorption erfolgt in

einem Kontinuum. Unterhalb der Dissoziationsgrenze zeigt das Spektrum die normale Schwingungsstruktur.

14.2.2

Dissoziation

und Prädissoziation

Ein weiteres mögliches Schicksal von angeregten Zuständen ist die Dissoziation, das Brechen von Bindungen (Abb. 14-26). Der Beginn einer Dissoziation ist im elektronischen Absorptionsspektrum daran zu erkennen, dass die Schwingungsstruktur einer Bande bei einer bestimmten Energie abbricht. Jenseits dieser Dissoziationsgrenze erfolgt die Absorption in einem kontinuierlichen Band von Frequenzen, da der Endzustand des Übergang die nicht gequantelte Translationsbewegung zweier Bruchstücke ist. Die Bestimmung der Dissoziationsgrenze auf diesem Weg ist eine wichtige Methode zur Messung von Dissoziationsenergien. In manchen Fällen bricht die Schwingungsstruktur auch bei einer bestimmten Energie ab, um bei noch höheren Energien wieder einzusetzen. Dieses Phänomen wird als Prädissoziation bezeichnet, es kann anhand der beteiligten Potenzialkurven des Moleküls erklärt werden (Abb. 14-27). Bei der Schwingungsanregung eines Moleküls kann sich die Elektronenhülle so umverteilen, dass das Molekül eine innere Umwandlung durchmacht, einen strahlungslosen Übergang in einen anderen Zustand derselben Multiplizität. Die innere Umwandlung tritt am leichtesten in der Nähe eines Schnittpunkts zweier Potenzialkurven ein, da sich hier die Kerne in beiden Zuständen in der gleichen Anordnung befinden. Der Zustand, in den das Molekül bei der inneren Umwandlung übergeht, kann dissoziativ sein, d.h. es kann sich um eine Potenzialkurve ohne Energieminimum handeln. Dadurch haben alle Schwingungszustände in der Nähe des Schnittpunkts der Potenzialkurven eine begrenzte Lebensdauer und ihre Energien sind nur unscharf definiert; das Absorptionsspektrum in der Umgebung des Schnittpunkts wird folglich verschmiert. Wenn das ankommende Photon jedoch genügend Energie aufbringt, um das Molekül in einen Schwingungszustand weit über dem Schnittpunkt der Kurven anzuregen, so kann die innere Umwandlung kaum noch eintreten (da die Kerne nur mit geringer Wahrscheinlichkeit in der gleichen Anordnung vorliegen). Folglich sind die Energien der Schwingungsniveaus wieder scharf definiert und im Spektrum ist bei höheren Frequenzen wieder eine klare Schwingungsstruktur zu sehen.

Kontinuum

14.3|

Laser

Laser haben die Chemie mindestens so sehr verändert wie unsere alltägliche Welt. Das Thema Laser liegt im Grenzbereich zwischen Chemie und Physik, da ihre Funktion einiges Wissen über optische Phänomene und auch über Prozesse in Festkörpern verlangt. Wir werden uns im Folgenden auf die Grundlagen ihrer Funktionsweise konzentrieren und anschließend ihre Anwendungen in der Chemie vorstellen. In Zusatzinformation 14-1 werden wir einige häufige Lasersysteme genauer besprechen. potentielle des Moleküls Energie

14.3.1 Kernabstand

Abb. 14-27 Wenn sich die Potenzialkurven eines gebundenen und eines dissoziativen angeregten Zustands kreuzen, wie hier im oberen Teil der Darstellung gezeigt, so können Moleküle dissoziieren, wenn sie in

Zustände in der Nähe des Kreuzungspunkts angeregt werden. Diese Erscheinung bezeichnet man als Prädissoziation. Im Spektrum erscheint sie als vorübergehender Verlust der Schwingungsstruktur, die jedoch bei höheren Frequenzen wieder einsetzt.

Das Funktionsprinzip von Lasern

Das Wort Laser ist ein Akronym für light amplification by stimulated emission of radiation (Lichtverstärkung durch induzierte Emission von Strahlung). Bei der induzierten Emission ist die Wahrscheinlichkeit der Emission eines Photons einer bestimmten Frequenz umso größer, je mehr Photonen dieser Frequenz bereits vorhanden sind. Diese positive Rückkopplung ist der entscheidende Faktor für Laser: Je mehr Photonen einer Frequenz existieren, desto mehr Photonen werden erzeugt.

Besetzungsinversion Eine Bedingung für das Zustandekommen der Laserwirkung ist die Existenz eines metastabilen angeregten Zustands, eines Zustands, dessen Lebensdauer groß genug ist, um an der induzierten Emission teilnehmen zu können. Eine weitere

14.3

Pumpen

‚ N

Ha

Laser

J\

ecke

Abb. 14-28 Die Übergänge in einem Drei-

Abb. 14-29 Die Übergänge in einem

niveaulaser. Der Pumpblitz regt die Atome

Vierniveaulaser. Der Laserübergang endet

in den Zwischenzustand I an, von dem aus sie in den oberen Laserzustand A übergehen. Der Laserübergang besteht in der

in einem angeregten Zustand (A'), daher ist die Besetzungsinversion zwischen A und A’ viel einfacher aufrecht-

induzierten Emission

zuerhalten.

A — X.

Bedingung ist, dass die Besetzung dieses angeregten Zustands größer sein muss als die des unteren Zustands, in welchem die induzierte Emission endet, damit eine Netto-Emission von Photonen eintritt. Da im thermischen Gleichgewicht immer das Gegenteil der Fall ist, müssen wir eine Besetzungsinversion erreichen, eine Situation, in welcher mehr Moleküle im oberen als im unteren Zustand vorliegen. Eine Art, diese Besetzungsinversion zu erzeugen, ist in Abb. 14-28 dargestellt. Hier wird das Molekül zuerst in einen Zustand I angeregt, gibt einen Teil seiner Energie strahlungslos ab und geht in einen tieferen Zustand A über. Der Laserübergang ist dann die Rückkehr von A in den Grundzustand X. Da in diesem Schema insgesamt drei Niveaus beteiligt sind, wird ein solcher Laser auch als Dreiniveaulaser bezeichnet. In der Praxis besteht I meist aus vielen Zuständen, die alle in den Zustand A übergehen können. Der Übergang I +-- X wird durch einen intensiven Lichtblitz angeregt, man bezeichnet diesen Vorgang als Pumpen. Der Pumpblitz ist entweder eine elektrische Entladung in Xenon oder ein anderer Laser. Die Umwandlung von I in A muss schnell stattfinden, der Laserübergang von A nach X sollte dagegen relativ langsam sein. Der Nachteil des beschriebenen Prinzips ist, dass die Besetzungsinversion nur schwierig zu erreichen ist, da sehr viele Moleküle durch den Pumpblitz aus dem Grundzustand angeregt werden müssen. Dieses Problem umgeht der Vierniveaulaser, bei dem der Laserübergang in einem Niveau A’ endet, das nicht mit dem Grundzustand identisch ist (Abb. 14-29). Da A’ zu Beginn leer ist, entspricht jede Population in A bereits einer Besetzungsinversion, und die Laserwirkung tritt ein, wenn nur A genügend metastabil ist. Wenn die A—>X-Übergänge schnell ablaufen, kann die Besetzungsinversion sogar aufrecht erhalten werden, da die Moleküle in A' schnell in den Grundzustand übergehen und die Population von A’ dadurch immer klein bleibt.

Resonator und Lasermoden Das Lasermedium ist in einem Resonator eingeschlossen, der dafür sorgt, dass nur Photonen einer bestimmten Frequenz, Ausbreitungsrichtung und Polarisation in großen Mengen erzeugt werden. Der Resonator besteht im Wesentlichen aus zwei Spiegeln, zwischen denen das Licht hin- und herreflektiert wird. Diese Anordnung kann als Realisierung eines Teilchens im Kasten aufgefasst werden, wobei das Teil-

chen nun ein Photon ist. Wie bei einem Teilchen im Kasten (Abschnitt 9.1.1) können im Resonator nur Wellenlängen existieren, die die Bedingung 1

ee)

woymlk

erfüllen, wobei n eine ganze Zahl und L die Länge des Resonators ist. Es.muss also immer eine ganze Zahl von Halbwellen in den Resonator passen, ansonsten tritt

555

556

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

destruktive Interferenz ein. Allerdings werden nicht alle dieser Wellen auch durch den Laser verstärkt (die meisten haben nicht die Frequenz der möglichen Laserübergänge), sodass am Ende nur einige wenige zur Laserstrahlung beitragen. Diese Wellenlängen werden als resonante Moden des Lasers bezeichnet. Photonen, deren Wellenlänge einer resonanten Mode des Resonators und einem der möglichen Laserübergänge entspricht, werden in dieser Versuchsanordnung enorm verstärkt. Das erste Photon kann durch spontane Emission entstehen und pflanzt sich durch das Medium fort. Dabei induziert es die Emission eines zweiten Photons, das die Emission weiterer Photonen induziert usw. (Abb. 14-30). So wird

(

Aromatische Kohlenwasserstoffe bilden mit I, Komplexe, in denen Charge-Transfer-Übergänge beobachtet werden; dabei wirkt der Kohlenwasserstoff als Elektronendonator und I, als Elektronenakzeptor. Die Energien hv,., der Charge-Transfer-Übergänge für einige Komplexe sind:

hvna/eV [@)

=

Abb. 14-50

Die Verbindung CH, CH=CHCHO besitzt eine starke Absorption im UV-Bereich bei 46950 cm"! und eine schwache Absorption bei 30000 cm". Erklären Sie diese Eigenschaften aus der Struktur der Verbindung.

Kohlenwasserstoff

mol" e/(dm' cm’)N

000 22

Ein besonders wichtiger Übergang des O,-Moleküls erzeugt die „Schumann-Runge-Bande“ im UV. Die Wel-

000 V/cm' 26

oO

52)

oO @

3

ST

ne)

Kohlenwasserstoff

huma/eV

Benzol

4.184

Phenanthren

3.288

Biphenyl

3.654

Naphthalin

3.452

Pyren

Anthracen

2.989

2.890

Besteht eine Korrelation zwischen der HOMO-Energie des Kohlenwasserstoffs (aus dem das Elektron für den

Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen

14 Molekülspektroskopie 2: Elektronenübergänge

570

(b) der n' - an-Übergang einer Carbonylgruppe in einer Umgebung mit C,,-Symmetrie.

Charge-Transfer-Übergang stammt) und hv,,,? Verwenden Sie eines der in Kapitel 11 vorgestellten Rechenverfahren für die Elektronenstruktur von Molekülen, um die

Energien der HOMOs zu berechnen. 14.10

14.11

Ein Molekül fluoresziert bei 400 nm mit einer Halbwertszeit von 1.Ons. Es phosphoresziert bei 500 nm. Wenn das Verhältnis der Übergangswahrscheinlichkeiten des S">Sund des T>S-Übergangs gleich 1.0 x 10° ist, wie groß ist dann die Halbwertszeit der Phosphoreszenz?

14.15

Angenommen, Sie seien ein Farbchemiker und ein Kunde verlangte von Ihnen, Sie sollten die Farbintensität eines Polyenfarbstoffes steigern, ohne die Art des Farbstoffes zu verändern. Würden Sie die Polyenkette länger oder kürzer machen? Wie würde eine Modifikation der Kettenlänge die beobachtete Farbe des Farbstoffes verändern?

14.16

Ein Maß für die Intensität eines Übergangs der Frequenz v ist die Oszillatorstärkef, die als

Wir wollen einige der Maßnahmen betrachten, die bei der Vorbereitung von Experimenten zur Einzelmolekülspektroskopie zu beachten sind. (a) Wie groß ist die molare Konzentration einer Lösung, in der im Mittel ein gelöstes Molekül in 1.0,um? (1 fL) Lösung vorliegt? (b) In der Einzelmolekülspektroskopie ist es sehr wichtig, hochreine Lösungsmittel zu verwenden, da kleinste fluoreszierende Spuren im Lösungsmittel ansonsten das Signal der gelös-

gn’mevlunl' I

definiert ist. Nehmen Sie an, dass ein Elektron in einem

Atom in einer Dimension harmonisch schwingen kann (die dreidimensionale Version dieses Modells wurde in frühen Versuchen zur Erklärung der Atomstruktur verwendet). Die Wellenfunktionen eines solchen Elektrons sind in Tabelle 9-] angegeben. Zeigen Sie, dass die Oszillatorstärke für den Übergang dieses Elektrons aus seinem Grundzustand exakt + beträgt.

ten Moleküle maskieren können. Nehmen Sie an, dass

als Lösungsmittel Wasser verwendet wird, das eine fluoreszierende Verunreinigung der Masse 100g mol” enthält, und dass eine Analyse zeigt, dass in 1 kg Wasser 0.10 mg der Verunreinigung enthalten sind. Wie viele Moleküle der verunreinigenden Substanz werden im Mittel in einem Volumen von 1.0,um? enthalten sein? Setzen Sie die Dichte von Wasser dabei gleich 1.Ogcm°. Wie steht es um die Brauchbarkeit dieses Lösungsmittels für die Einzelmolekülspektroskopie? 14.12

14.17

Berechnen Sie die Oszillatorstärke (siehe vorhergehende Aufgabe) für ein Modell eines Charge-Transfer-Übergangs, bei dem ein Elektron aus einem H1s-Orbital an einem Atom in ein Hls-Orbital an einem anderen Atom verschoben wird, das sich im Abstand R von dem ursprünglichen befindet. Setzen Sie das Übergangsmoment näherungsweise gleich —eRS, wobei S das Überlappungsintegral der beiden Orbitale ist. Skizzieren Sie die Oszillatorstärke als Funktion von R (verwenden Sie dazu die in Abb. 11-29 angegebene Kurve für S). Warum geht die Intensität für sehr kleine und sehr große Werte von R gegen null?

14.18

Die mit A markierte Linie in Abb. 14-51 stellt das Phosphoreszenzspektrum einer festen Lösung von Benzophenon

Der lichtinduzierte Abbau von Molekülen, die so genannte Photozerstörung (engl. photobleaching), ist ein ernst zu nehmendes Problem in der Einzelmolekülspektroskopie. Ein Molekül eines fluoreszierenden Farbstoffes, der häu-

fig zur Markierung von Biopolymeren eingesetzt wird, kann etwa 10° Anregungszyklen absolvieren, bevor sein n-System durch lichtinduzierte Reaktionen zerstört wird und das Molekül nicht mehr fluoreszieren kann. Wie lange wird ein einzelnes solches Farbstoffmolekül fluores-

in Ethanol bei tiefen Temperaturen dar, wenn die Probe

zieren, wenn es durch 488-nm-Strahlung aus einem kon-

mit Licht einer Wellenlänge von 360. nm bestrahlt wird. Was können sie über die Schwingungsniveaus der Carbonylgruppe (a) im elektronischen Grundzustand und (b) im ersten elektronisch angeregten Zustand aussagen? Wenn Naphthalin mit Licht der Wellenlänge 360 nm bestrahlt wird, beobachtet man keine Absorption. Die mit B markierte Linie in der Abbildung zeigt jedoch das Phosphoreszenzspektrum einer festen Lösung von Naphthalin und Benzophenon in Ethanol. Jetzt sind auch Anzeichen einer Phosphoreszenz des Naphthalins:zu erkennen. Erklären Sie diese Beobachtung.

tinuierlichen Argon-lonenlaser mit einer Leistung von

1.0 mW angeregt wird? Nehmen Sie an, das der Farbstoff bei 488 nm eine Absorptionsbande besitzt und dass jedes Photon aus dem Laser von dem Molekül absorbiert wird. Theoretische Aufgaben 14.13

Nehmen Sie an, dass sich die Zustände der r-Elektronen

eines konjugierten Moleküls durch die Wellenfunktionen eines Teilchens im (eindimensionalen) Kasten annähern lassen und dass das Dipolmoment durch u = -—ex mit der Position in dem Kasten zusammenhängt. Zeigen Sie dann, dass die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen

3he?

14.19

den Zuständen ] und 2 von null verschieden ist, während

sie für die Zustände 1 und 3 null ist. Hinweis: Die folgenden Beziehungen sind nützlich: 1

sinxsiny=5z cos (x h

14.14

1

—y)

2

cos(

und

ae

x cos ax dx = —cosaX+-sinax. P) a

Verwenden Sie gruppentheoretische Argumente, um vorherzusagen, welche der folgenden Übergänge elektrisch dipolerlaubt sind: (a) der n" 0) sind. Experimentell findet man, dass ' Jc,, meist positiv ist, ? Juy negativ, ’ Ju1 wieder positiv usw. Der Zahlenwert von J hängt auch von dem Winkel zwischen den Bindungen ab (Abb. 15-19). So wird die Abhängigkeit von 3 Jun-Kopplungskonstanten von dem Winkel $ zwischen den Bindungen (5) häufig durch die Karplus-Gleichung beschrieben: ]=4A+Becos® + Ccos2d,

(15-27)

wobei A, Bund C empirische Konstanten sind, deren Werte für ein HCCH-Fragment ungefähr +7 Hz, -1Hz und +5 Hz betragen. Auf diese Weise kann man aus der Messung von ° Jun für eine Reihe ähnlicher Verbindungen deren Konformationen bestimmen. Die Kopplungskonstante ! Jc,; hängt auch noch von der Hybridisierung des Kohlenstoffatoms ab, wie die folgenden Werte zeigen: SDIrFsp2e p.

InnlHz

250. 160

105

Der Mechanismus der Spin-Spin-Kopplung Die Spin-Spin-Kopplung ist ein recht trickreiches Phänomen; am besten betrachtet man J als empirische Konstante und verlässt sich nicht auf berechnete Werte. Die Ursachen der Spin-Spin-Kopplung kann man jedoch recht gut verstehen, wenn auch nicht ihre genauen Werte — oder nicht einmal ihr Vorzeichen - vorhersagen, indem man die verschiedenen magnetischen Wechselwirkungen in einem Molekül betrachtet. Ein Kern mit einer z-Komponente m, des Spins erzeugt in einer Entfernung R ein Magnetfeld mit einer z-Komponente von

B.

2



yhu, (1-3cos’O)m, .

AnR3

(15-28)

Der Winkel 0 ist in (6) definiert. Die Feldstärke dieses Feldes beträgt in einem Abstand von R=0.3nm etwa 0.1mT entsprechend einer Aufspaltung der Resonanzlinien von ungefähr 10° Hz. Dies ist die Größenordnung der Aufspaltung, die man in festen Proben beobachtet (Abschnitt 15.1.3). In einer Flüssigkeit nimmt der Winkel 0 durch die Bewegung der Moleküle alle Werte an, der Faktor

1 —- 3cos?9 wird dabei zu null gemittelt. Die direkte Dipol-

wechselwirkung zweier Spins kann daher die Feinstruktur der Spektren im Falle sich schnell bewegender Moleküle nicht erklären. Die direkte Wechselwirkung besitzt jedoch einen großen Einfluss auf Spektren von Festkörpern und liefert durch ihre Beteiligung an der Spinrelaxation (Abschnitt 15.3.2) sehr nützliche indirekte Informationen über die Struktur. Die Spin-Spin-Kopplung von Molekülen in Lösung wird durch den so genannten Polarisationsmechanismus erklärt, bei dem die Wechselwirkung über die Bindungselektronen vermittelt wird. Wir wollen den einfachsten Fall betrachten, eine ! IxrKopplungskonstante zwischen zwei Spin-;-Kernen X und Y, die durch eine Elektro-

15.3

Kernspinresonanz

nenpaarbindung verbunden sind (Abb. 15-20). Der Mechanismus der Kopplung beruht auf der Tatsache, dass es in manchen Atomen energetisch vorteilhaft ist, wenn der Kernspin und der Spin eines benachbarten Elektrons parallel sind, während es in anderen Atomen günstiger ist, wenn sie antiparallel sind. Die Wechselwirkung zwischen Kern und Elektron ist magnetischer Natur, es kann sich entweder um eine Dipol-Dipol-Wechselwirkung zwischen den magnetischen Momenten des Kern- und des Elektronenspins oder um eine Fermi-Kontaktwechselwirkung handeln, für die wir eine anschauliche Beschreibung geben wollen. Zuerst stellen wir uns vor, dass das magnetische Moment eines Kerns durch einen Strom in einer winzigen Schleife verursacht wird, deren Durchmesser ungefähr dem eines Atomkerns entspricht (Abb. 15-21). In großer Entfernung vom Kern ist das Feld dieser Stromschleife nicht von dem eines magnetischen Punktdipols zu unterscheiden. In unmittelbarer Nähe der Schleife unterscheidet sich das Feld jedoch von dem eines Punktdipols. Die Kontaktwechselwirkung beschreibt die Wechselwirkung des magnetischen Moments des Elektrons mit diesem nicht dipolaren Feld des Kerns. Die in Abb. 15-21 dargestellten Kraftlinien entsprechen denen eines Protons mit a-Spin. Der energetisch günstigere Zustand eines Elektronenspins in diesem Feld ist der P-Zustand. Zusammengefasst heißt das: Die Fermi-Kontaktwechselwirkung tritt nur bei sehr kleinen Abständen zwischen Elektron und Kern auf und ist daher nur für s-Elektronen von Interesse (was auch der Grund ist, warum ! Jc„, von der Hybridisierung des Kohlenstoffatoms abhängt). Wir werden für unser Beispiel annehmen, dass es energetisch günstiger ist, wenn die Spins von Kern und Elektron antiparallel sind (wie es im Falle des Protons und des Elektrons in einem Wasserstoffatom der Fall ist). Wenn der Kern X a-Spin besitzt, so wird sich also bevorzugt das f-Elektron der beiden Bindungselektronen in seiner Nähe aufhalten. Das zweite Elektron der Bindung, das wegen des Pauli-Prinzips a-Spin besitzen muss, wird sich wegen der Abstoßung zwischen den beiden Bindungselektronen vor allem am anderen Ende der Bindung aufhalten, also in der Nähe des Kerns Y. Für dessen Kernspin ist es wiederum vorteilhaft, antiparallel zu diesem Elektronenspin orientiert zu sein, der tiefere Zustand für dieses Atom ist somit ß. Dieser Zustand ergibt somit auch eine kleinere Larmor-Frequenz. Wenn das Atom X f-Spin besitzt, so gilt die Argumentationskette genau umgekehrt, sodass dann der a-Spin für das Atom Y günstiger ist. Mit anderen Worten, die antiparallele Ausrichtung der beiden Kernspins ist aufgrund ihrer magnetischen Wechselwirkung mit den Bindungselektronen gegenüber der parallelen Ausrichtung bevorzugt. ' Jxy ist also positiv.

Fermi |

Ze Va De a

Pauli I

Fermi 1

nn ee. ;

N

dem fügig unterschiedliche Energien. In Energie gezeigten Fall ist Jpositiv, d. h. die des Systems ist geringer, wenn die Kernspins antiparallel stehen.

:

Abb. 15-21 Die Entstehung der FermiKontaktwechselwirkung. Aus der Ferne betrachtet ist das Magnetfeld eines Ringstroms (der die rotierende Ladung des Kerns symbolisieren soll, der en Kugel) gleich dem eines magnetischen Punktdipols. Wenn ein Elektron das Feld

jedoch in dem Bereich „sieht“, der durch die Kugel angedeutet ist (am Kern), so

weicht das Feld wesentlich von dem eines Punktdipols ab. Beispielsweise ist das sphärisch gemittelte Feld nicht null, wenn das Elektron in die Kugel eindringen kann.

539 Kommentar 15-4 Der Mittelwert einer Funktion f (x) über ein Intervallx— abis®a bist

[£f(x) dx/(b - a). In Kugelkoordinaten ist das Volumenelement proportional zu sin Od@ und 0 variiert von 0 bis n. Der Mittelwert von (1 — 3cos 9) ist daher

5 (1-3cos26) sin@d9=0.

590

Abb. 15-22 Der Polarisationsmechanismus für die ?2/},4-Kopplung. Die Information über die Stellung des Spins wird durch die Bindungselektronen, die wegen der Hund’schen Regel der maximalen Multiplizität in unterschiedlichen Orbitalen bevorzugt parallele Spins besitzen, von einer Bindung in die andere über-

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

können, Um auf ähnliche Weise den Wert von ? Jxy (z.B. in H-C-H) erklären zu Atom zentrale das über ichtung benötigen wir einen Mechanismus, der die Spinausr sein). Kernspin eigenen ohne hinweg bewirkt (dieses Atom kann z.B. ein 12C-Atom elektroBindungs das a-Spin mit X In diesem Fall (Abb. 15-22) polarisiert der Kern Die nenpaar, sodass sich das a-Elektron bevorzugt in der Nähe des C-Atoms aufhält. in sich die n, Elektrone zwei dass Hund’sche Regel (Abschnitt 10.2.1) besagt nun, Spins parallele t bevorzug , unterschiedlichen Orbitalen am gleichen Atom aufhalten besitzen. Daher wird das benachbarte Bindungselektronenpaar ebenfalls polarisiert, auch in ihm hält sich das a-Elektron bevorzugt in der Nähe des C-Atoms auf. Das zweite Elektron der CY-Bindung (mit ß-Spin) befindet sich somit (wegen der gegenseitigen Abstoßung der beiden Bindungselektronen) in der Nähe von Kern Y, der deshalb bevorzugt a-Spin besitzt. In diesem Fall führt der Polarisationsmechanismus also zu dem Ergebnis, dass die Energie des Systems geringer ist, wenn die Spins von X und Y parallel sind; * J}}}, ist negativ. Die Kopplung von Elektronen- und Kernspins durch die Fermi-Kontaktwechselwirkung ist für Protonenspins von großer Bedeutung, stellt in anderen Atomen aber nicht unbedingt den wichtigsten Mechanismus der Kopplung dar. Diese können auch durch einen Dipolmechanismus mit den magnetischen Momenten der Elektronenspins oder ihren Bahnmomenten wechselwirken, es gibt daher in diesen Fällen keinen einfachen Weg, das Vorzeichen von J vorherzusagen.

tragen. Hier ist /negativ, entsprechend

Äquivalente Kerne

einer tieferen Energie, wenn die Kernspins

Eine Gruppe von Kernen ist chemisch äquivalent, wenn die Kerne symmetrieäquivalent sind und die gleichen chemischen Verschiebungen zeigen. Damit sind chemisch äquivalente Kerne gerade solche Kerne, die man nach „normalen“ chemischen Kriterien als äquivalent bezeichnen würde. Kerne sind magnetisch äquivalent, wenn sie chemisch äquivalent sind und identische Spin-Spin-Kopplungen mit allen anderen magnetischen Kernen in dem Molekül besitzen. Den Unterschied zwischen chemischer und magnetischer Äquivalenz können wir uns am Beispiel der Moleküle CH,F, und H,C=CF, klarmachen. In beiden sind die Protonen chemisch äquivalent. In CH;F, sind sie auch magnetisch äquivalent, nicht dagegen in H,C=CF,. Ein Proton in diesem Molekül besitzt eine cis-Kopplung mit einem der F-Atome, wohingegen das andere Proton zu genau diesem F-Atom eine trans-Kopplung besitzt. In CH3;F, gibt es diesen Unterschied zwischen cis und trans nicht, hier sind alle Beziehungen zwischen Fluor- und Wasserstoffatomen identisch, daher sind die beiden Protonen (und die beiden F-Atome) magnetisch äquivalent. Bei genauer Betrachtung sind auch die CH;-Protonen in Ethanol (oder anderen Verbindungen) nicht magnetisch äquivalent, da sie unterschiedlich mit den beiden Protonen der benachbarten CH,-Gruppe wechselwirken. In der Praxis sind sie jedoch aufgrund der schnellen Rotation der Methylgruppe, die alle Wechselwirkungen mittelt, magnetisch äquivalent. Teilchen mit magnetisch nicht äquivalenten Kernen können sehr komplizierte Spektren besitzen (z.B. bestehen die Protonen- und "’F-Spektren von H,C=CF, jeweils aus 12 Linien) und wir werden sie deshalb nicht weiter betrachten. Eine wichtige Eigenschaft magnetisch äquivalenter Kerne ist, dass sie zwar miteinander wechselwirken, dass diese Wechselwirkung jedoch keinen Einfluss auf das Aussehen des Spektrums hat. Der Grund hierfür wird in der folgenden Begründung erläutert; einfach formuliert ist die Ursache, dass alle erlaubten Kernspinübergänge in diesem Fall aus kollektiven Umorientierungen aller äquivalenten Kernspins in der Gruppe bestehen, bei denen sich die relativen Orientierungen der Spins innerhalb der Gruppe nicht ändern (Abb. 15-23) und folglich auch ihre Kopplung nicht beobachtet werden kann. So gibt eine isolierte CH,-Gruppe ein einzelnes, nicht aufgespaltenes Signal, da alle erlaubten Kernspinübergänge ohne Änderung der relativen Orientierungen der Protonenspins verlaufen.

parallel sind.

15.3

zwei

| azwischenliegende Orientierungen ze

Kernspinresonanz

>91

IS

ß

(b)

P

Abb. 15-23 (a) Eine Gruppe von äquivalenten Kernen orientiert sich bei Resonanz kollektiv um, ohne dass sich die Winkel zwischen den

einzelnen Spins verändern. Daher verhält sie sich wie ein einzelner Kern, und die Spin-Spin-

Kopplung zwischen den individuellen Spins wird im Spektrum nicht sichtbar. (b) Drei äquivalente Kerne erfahren ebenfalls eine kollektive Umorientierung ohne Änderung ihrer relativen Ausrichtung.

Wir betrachten ein A,-System aus zwei chemisch äquivalenten Spin--Kernen. Zuerst untersuchen wir wieder die Energieniveaus unter Vernachlässigung der Spin-Spin-Wechselwirkung. Wir finden wieder vier Spinzustände, die (genau wie für zwei Elektronen) nach ihrem Gesamtspin I (dem Analogon des Gesamtspins S zweier Elektronen) und dessen Projektion M, auf die z-Achse klassifiziert werden können. Genau wie bei Elektronen können wir Singulett- und Triplettzustände unterscheiden:

Parallele Spns,

I=1:

M;=+1.o0a

M,=0

ohne Spin-SpinKopplung

mit Spin-Spin-

Kopplung l=1l, Mzl

(1/2V2){aß +Ba}

M;=-1 fß Gepaarte Spins, I=0: M;=0 (1/2'){aß - Ba} Der Effekt eines Magnetfeldes auf die Energien dieser vier Zustände ist in Abb. 15-24 dargestellt. Die Energien der beiden Zustände mit M, = 0 werden durch das Feld nicht beeinflusst, da sie gleiche Anteile von a- und ß-Spin enthalten. Wie am Beginn von Abschnitt 15.2.3 angemerkt, ist die Spin-Spin-Wechselwirkungsenergie proportional zum Skalarprodukt der beiden Spindrehimpulsvektoren, E=(hj/h’)I,-I,. Das Skalarprodukt kann durch den Gesamtspin des Systems ausgedrückt werden, da ab:

Dee

Durch Umformung wird daraus h-h=s{P-R-2}. Wenn wir zusätzlich noch die Beträge der Spindrehimpulse durch ihre quantenmechanischen Werte ersetzen, erhalten wir

hB=z{I41)

-uh+)

Daraus folgt mit Ber

bin +D}R.

!

1 3 e-inliu+n 5}.

Für parallele Spins ist I= 1 und daher FE = +hJ, für antiparallele Spins ist 1= 0 und E= —:h] (Abb. 15-24). Wir sehen, dass sich drei Niveaus in eine Richtung bewegen und das vierte um den dreifachen Betrag in die andere Richtung. Die resultierenden Energieniveaus sind in Abb. 15-24 rechts gezeigt.

Abb. 15-24 Links sind die Energieniveaus eines A,-Systems in Abwesenheit von Spin-Spin-Kopplung gezeigt. Wenn die Spin-Spin-Kopplung berücksichtigt wird,

gelangt man zu den Niveaus auf der rechten Seite. Die drei Zustände mit I =] entsprechen parallelen Kernspins und werden um den gleichen Betrag angehoben (J ist hier positiv); der Zustand mit I = O entspricht antiparallelen Spins und wird durch die Spin-Spin-Kopplung abgesenkt. Es sind nur solche Übergänge erlaubt, die den Winkel zwischen den Spins unverändert lassen, die also zwischen den drei Zuständen mit I = 1 ablaufen. Sie erscheinen bei der gleichen Resonanzfrequenz wie ohne Spin-Spin-Kopplung.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

592

Das NMR-Spektrum des A,-Moleküls entsteht durch Übergänge zwischen diesen

v°Aö ] Abb. 15-25 Die NMR-Spektren eines A,(oben) und eines AX-Systems (unten) sind einfache Spektren erster Ordnung. Bei dazwischen liegenden Werten für die Differenz der chemischen Verschiebungen erhält man komplexe „stark gekoppelte“ Spektren. Die beiden inneren Linien des unteren Spektrums bewegen sich allmählich aufeinander zu, nehmen dabei an

Intensität zu und fallen schließlich zu der

einzelnen zentralen Linie des oberen Spektrums zusammen. Die beiden äufßeren Linien werden dabei immer kleiner und sind am Ende verschwunden.

Zuständen. Die Wechselwirkung mit dem elektromagnetischen Feld ist jedoch für beide Protonen gleich, daher kann das Feld die relative Orientierung der beiden Protonenspins nicht verändern. Aus diesem Grund finden die Übergänge nur zwischen den Niveaus innerhalb der Gruppen mit einem bestimmten Gesamtspin statt. Der Zustand mit antiparallelen Spins kann also keine Übergänge durchführen, die drei Zustände mit I= 1 nur untereinander. Mit anderen Worten, die Übergänge unterliegen der Auswahlregel AI = 0), Diese Regel gilt zusätzlich zu der Auswahlregel AM, = +1, die aus der Erhaltung des Drehimpulses und dem Photonenspin von 1 folgt. Die erlaubten Übergänge sind in Abb. 15-24 dargestellt. Wir erkennen, dass nur zwei Übergänge möglich sind und dass sie bei der gleichen Frequenz erscheinen, die die Kerne in Abwesenheit der Spin-Spin-Kopplung hätten. Die Spin-SpinKopplung hat somit keinen Einfluss auf das Spektrum.

Stark gekoppelte Kerne Meist sind NMR-Spektren wesentlich komplizierter, als die bisher betrachteten Beispiele vermuten lassen. Wir haben uns bisher auf den Fall beschränkt, dass die Unterschiede der chemischen Verschiebungen aller beteiligten Kerne deutlich größer sind als die Spin-Spin-Kopplungskonstanten. Unter dieser Voraussetzung ist es einfach, Gruppen von chemisch äquivalenten Kernen im Spektrum aufzuspüren und das Spektrum mithilfe von Umorientierungen dieser Gruppen von Spins zu erklären. Die Spektren, die dieser Bedingung genügen, bezeichnen wir als Spektren erster Ordnung. Wenn die Unterschiede der chemischen Verschiebungen in die Größenordnung der Spin-Spin-Kopplungskonstanten kommen, dann funktioniert die einfache Zuordnung von Peaks zu bestimmten Gruppen nicht mehr. Man erhält in diesem Fall sehr viel kompliziertere Spektren, die als stark gekoppelte Spektren oder Spektren zweiter Ordnung bezeichnet werden und die wesentlich schwieriger zu interpretieren sind (Abb. 15-25). Da der Unterschied der Resonanzfrequenzen von der Feldstärke des äußeren Magnetfeldes abhängt, die Spin-Spin-Kopplungskonstanten aber nicht, können Spektren zweiter Ordnung häufig durch die Verwendung stärkerer Magnetfelder vereinfacht (oft sogar zu Spektren erster Ordnung) werden, da im Spektrum bei hohen Magnetfeldstärken wieder individuelle Gruppen von Atomen erkennbar werden. Einen Hinweis darauf, welche Schwierigkeiten uns bei der Interpretation eines Spektrums erwarten, gibt uns bereits die eingangs erwähnte Bezeichnungsweise der Spinsysteme. Ein AX-System besitzt zwei Gruppen von Kernen mit sehr unterschiedlichen chemischen Verschiebungen, es wird daher ein Spektrum erster Ordnung zeigen. Dagegen besteht ein AB-System aus zwei Gruppen von Kernen mit ähnlichen chemischen Verschiebungen, sodass wir sehr wahrscheinlich einem stark gekoppelten Spektrum gegenüberstehen werden. Die unterschiedlichen chemischen Verschiebungen eines AX-Systems können dadurch entstehen, dass die beteiligten Kerne zu verschiedenen Elementen gehören. Wir sprechen in diesem Fall von einem heteroatomaren Spinsystem. Es kann sich jedoch auch um Kerne des gleichen Elements handeln, die ihre unterschiedlichen chemischen Verschiebungen durch eine sehr unterschiedliche molekulare Umgebung erhalten, dann sprechen wir von einem homoatomaren Spinsystem.

Er re Abb. 15-26 Wenn ein Molekül seine Konformation ändert, so tauschen die Protonen ihre Plätze und wechseln zwischen magnetisch unterschiedlichen Umgebungen.

15.3.4

_ Konformationsumwandlungen und Austauschprozesse

Wenn ein magnetischer Kern schnell zwischen verschiedenen magnetischen Umgebungen wechseln kann, so verändert sich auch das zugehörige NMR-Spektrum. Ein Beispiel hierfür ist ein fluktuierendes Molekül, das schnell zwischen verschied enen Konformationen hin- und herspringen kann, z.B. N,N-Dimethylformamid; hier hängen die chemischen Verschiebungen der Methylprotonen davon ab, ob sie gerade cis oder trans zur Carbonylgruppe stehen (Abb. 15-26). Wenn die Umwandlung langsam erfolgt, besteht das Spektrum aus zwei getrennten Linien, eine von

15.3

Kernspinresonanz

den Molekülen in jeder Konformation. Wenn die Umwandlung jedoch schnell verläuft, zeigt das Spektrum nur noch eine einzige Linie am Mittelwert der chemischen Verschiebungen beider Teilchen. Bei mittleren Umwand lungsgeschwindigkeiten ist die Linie stark verbreitert. Die maximale Verbrei terung wird beobachtet, wenn die Lebensdauer r einer Konformation zu einer Linienb reite führt, die unge-

fähr so groß ist wie der Abstand öv der beiden getrennten Resona nzfrequenzen, sodass die beiden verbreiterten Linien zu einer einzigen, sehr breiten Linie verschwimmen. Die Koaleszenz der Linien wird für

,

v7

(15-29)

beobachtet.

Beispiel 15-2 Eine Konformationsumwandlung Die NO-Gruppe in N,N-Dimethylnitrosamin, (CH;),N-NO, kann um die N-NBindung rotieren und dadurch die magnetischen Umgebungen der Methylgruppen vertauschen. In einem 600-MHz-Spektrometer unterscheiden sich die beiden CH;-Resonanzen um 390 Hz. Bei welcher Umwandlungsgeschwindigkeit fallen die beiden Resonanzen zu einer einzigen Linie zusammen? Vorgehen Wir verwenden Gl. (15-29) für die Lebensdauern der beiden Konformationen. Die Umwandlungsgeschwindigkeit ist der Kehrwert ihrer Lebensdauer. Antwort

Mitöv = 390 Hz erhalten wir

Die beiden Linien werden zu einer einzigen, sobald die Umwandlungsgeschwindigkeit größer als ungefähr 830s-! wird. Die Temperaturabhängigkeit der Umwandlungsgeschwindigkeit kann benutzt werden, um die Energiebarriere der Umwandlung zu bestimmen.

Übung 15-3 Was

folgt aus

der Beobachtung,

dass das gleiche Molekül

in einem

300-MHz-

Spektrometer eine einzige Linie liefert? [Lebensdauer der Konformationen kleiner als 2.3 ms] Ein ähnlicher Gedankengang erklärt den Verlust der Struktur von NMR-Spektren in Lösungsmitteln, die mit der Probe Protonen austauschen können. So können etwa die Hydroxylprotonen von Alkoholen sehr schnell mit Wasserprotonen die Plätze tauschen. Bei diesem chemischen Austausch verwandelt sich ein ROH-Molekül mit einem a-Protonenspin (wir schreiben dafür ROH") schnell in ROH? und danach vielleicht wieder in ROH’, da die Protonen des Lösungsmittels mit zufälligen Spinorientierungen in das Molekül eingebaut werden. Anstatt ein Spektrum zu messen, das Beiträge von ROH“ und ROH enthält (und das daher Aufspaltungen aufgrund der Kopplungen zwischen dem OH-Proton und seinen Nachbarn zeigt), sehen wir ein Spektrum, in welchem kein Anzeichen einer Kopplung zwischen dem OH-Proton und den anderen Protonen des Moleküls zu erkennen ist (wie z.B. in Abb. 15-6). Diesen Effekt beobachten wir dann, wenn

die mittlere Lebensdauer eines Moleküls aufgrund des chemischen Austauschs so klein ist, dass die Lebensdauerverbreiterung größer wird als der Abstand der aufgespaltenen Linien. Da diese Aufspaltung oft sehr klein ist (einige Hertz), muss ein Proton mindestens ungefähr 0.1s an einem Molekül bleiben, damit eine Aufspaltung

sichtbar werden

kann.

In Wasser

erfolgt der Austausch

viel schneller,

93

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

594

sodass Alkohole keine Aufspaltung der OH-Protonen zeigen. In trockenem Dimethylsulfoxid (DMSO) ist der Austausch so langsam, dass die Aufspaltung im Spektrum in Erscheinung tritt.

15.4]

Pulstechniken in der NMR

Moderne NMR-Techniken machen sehr viel mehr, als nur nach der Frequenz zu suchen, bei der Resonanz zwischen verschiedenen Kernspinniveaus eintritt. Um den Unterschied zwischen der ursprünglichen NMR-Methode und den modernen Pulstechniken zu veranschaulichen, behilft man sich am besten mit Analogien. So kann man die NMR mit der Bestimmung der möglichen Schwingungen (des „Schwingungsspektrums“) einer Glocke vergleichen. Dazu können wir die Glocke vorsichtig mit unterschiedlichen Frequenzen anregen und beobachten, wann sie durch die Anregung in Schwingung versetzt wird (Resonanz). Dabei müssen wir aber immer, nachdem wir eine Resonanzfrequenz gefunden haben, eine Weile warten, bis die Glocke wieder zur Ruhe gekommen ist. Diese Prozedur, die der Vorgehensweise der traditionellen NMR-Technik entspricht, wird ermüdend lange dauern. Ein eleganterer Weg (wenn auch nicht auf der ersten Blick) ist, die Glocke einmal mit einem kräftigen Hammerschlag zum Schwingen anzuregen, da wir so („auf einen Schlag“) eine Antwort der Glocke erhalten, die alle möglichen Schwingungsfrequenzen enthält. In der NMR-Methode bedeutet dies, dass wir alle möglichen Spinübergänge in der Probe anregen und dann beobachten, wie die Spins in den Gleichgewichtszustand zurückkehren. Die Fouriertransformations-NMR bietet eine wesentlich höhere Empfindlichkeit als die klassische NMR, sodass auf diesem Weg praktisch das gesamte Periodensystem für die NMR-Spektroskopie zugänglich wird. Die modernen Pulssequenzen der FT-NMR geben dem Chemiker darüber hinaus eine zuvor nicht gekannte Freiheit bei der Auswahl der im Spektrum enthaltenen Informationen und ihrer Darstellung. Wir müssen nun verstehen, wie wir die Glocke schlagen, d.h. die Probe anregen und aus dem gemessenen Signal die gewünschten Resonanzfrequenzen herausfiltern können. Zur Diskussion dieser Prozesse verwenden wir das in Abschnitt 9.3.2 vorgestellte Vektormodell zur Darstellung von Drehimpulsen.

15.4.1

Abb. 15-27

Das Vektormodell des Dreh-

impulses für einen einzelnen Spin-!-Kern. Der Winkel um die z-Achse ist unbestimmt.

Der Vektor der Magnetisierung

Wir betrachten eine aus sehr vielen identischen Spin-!-Kernen bestehende Probe. In Abschnitt 9.3.2 haben wir gesehen, dass wir einen Drehimpuls mit der Quantenzahl I =, durch einen Vektor der Länge {I(I + 1)}* und der z-Komponente m, darstellen können. Da die Unbestimmtheitsrelation verbietet, dass wir auch noch die xund die y-Komponente angeben, können wir nur sagen, dass der Vektor irgendwo auf einem Kegelmantel um die z-Achse liegt. Für I=1! ist die Länge des Vektors v3, und er schließt einen Winkel von 55° mit der z-Achse ein (Abb. 15-27). In Abwesenheit eines äußeren Magnetfeldes sind in der Probe gleich viele a- wie P-Spins vorhanden, deren Vektoren bei beliebigen Winkeln auf den Kegelmänteln liegen. Die Winkel sind unbestimmt, aber die Spinvektoren ruhen. Die Magnetisierung M der Probe, ihr resultierendes magnetisches Moment, ist null (Abb. 15-28a).

Der Einfluss eines statischen Feldes Wenn ein statisches äußeres Feld angelegt wird, verändern sich zwei Dinge in unserer Betrachtung. Erstens sind die Energien der beiden Spinzustände nicht mehr gleich. Für g, > 0 werden die a-Spins energetisch abgesenkt, während die ß-Spins angehoben werden. Bei einer Feldstärke von 10T beträgt die Larmor-Frequenz von

Protonen 427MHz. Im Vektormodell stellen wir diese Aufspaltung der beiden Zustände dar, indem wir uns vorstellen, dass die Vektoren mit der Larmor-Frequenz

15.4

Pulstechniken in.der NMR

595

auf ihren Kegelmänteln präzessieren. Diese Präzession ist jedoch nicht real, sie dient nur zur Veranschaulichung der Energiedifferenz der beiden Spinzustände im Rahmen

des Vektormodells:

Je schneller die Präzession, desto größer der Ener-

gieunterschied zwischen beiden Zuständen. Wenn wir die Feldstärke erhöhen, wird die Larmor-Frequenz größer und die Präzession schneller. Der zweite Unterschied

zum feldfreien Fall ist, dass sich die Besetzungszahlen der a- und P-Zustände verändern und im Gleichgewicht mehr a- als ß-Spins vorliegen. Bei einer Temperatur von 300 K und einer Feldstärke von 10T ist für Protonen hv, /kT=7 x 10°, daher ist der Boltzmann-Faktor N,/N, = e"/XT nur wenig kleiner als 1; im Gleichgewicht liegt folglich nur ein sehr geringer Überschuss an a-Spins vor, und für andere Kerne mit kleineren gyromagnetischen Verhältnissen ist der Unterschied der Besetzungszahlen noch geringer. Obwohl die Differenz der Besetzungszahlen so klein ist, bewirkt sie eine resultierende Magnetisierung M der Probe, die wir durch einen Vektor in z-Richtung darstellen können, dessen Betrag proportional zur Differenz der Besetzungszahlen des a- und des ß-Niveaus ist (Abb. 15-285).

Nettomagnetisierung M

Die Wirkung eines Radiofrequenzfeldes Nun wollen wir betrachten, was passiert, wenn wir ein Radiofrequenzfeld anlegen, welches in der xy-Ebene zirkular polarisiert ist, d.h. der Vektor der magnetischen Feldstärke (nur diesen wollen wir hier betrachten) soll gleichsinnig mit der LarmorPräzession um die z-Achse rotieren, die Richtung des äußeren Magnetfeldes B,. Die Feldstärke dieses rotierenden Magnetfeldes bezeichnen wir mit B,. Die Frequenz der Strahlung (d.h. die Rotationsfrequenz des Feldes B,) wählen wir gleich der Larmor-Frequenz der Spins in der Probe, v, = (y/2r)B,. In der Versuchsanordnung der klassischen NMR-Spektroskopie heißt das, dass wir genau die Frequenz der Resonanzlinie auswählen. Für die Kerne bedeutet dies, dass sie ein konstantes Feld B, spüren, da die Frequenz des Feldes gleich ihrer Präzessionsgeschwindigkeit ist (Abb. 15-29a). So wie die Kernspins mit einer Frequenz yB,/2n um das statische Feld B, präzessieren beginnen sie nun auch, mit einer Frequenz yB,/2rn um das Feld B, zu präzessieren. Um die Effekte der Radiofrequenzstrahlung auf die Magnetisierung verstehen zu können, ist es manchmal hilfreich, die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dazu begeben wir uns in ein Zimmer, das mit derselben Frequenz wie die Strahlung um die Richtung des angelegten Feldes rotiert (ein so genanntes rotierendes Bezugssystem). Wenn die Frequenz der Strahlung gleich der Larmor-Frequenz ist, sehen wir von diesem Zimmer aus eine stationäre Magnetisierung der Kerne (Abb. 15-29b). Wenn das rotierende B,-Feld für eine Dauer n/2yB, angelegt wird, dann klappt die Magnetisierung der Kerne (von unserem rotierenden Zimmer aus betrachtet) gerade um 90° um; man spricht dann von einem 90°-Puls oder n/2-Puls (Abb. 15-30a). Die genaue Dauer eines solchen Pulses hängt von der Feldstärke B, ab, liegt aber typischerweise in der Größenordnung einiger Mikrosekunden. Nun verlassen wir unser rotierendes Bezugssystem wieder. Für einen ruhenden externen Beobachter (eine Spule als Detektor für Radiofrequenzstrahlung) rotiert der Vektor der Magnetisierung mit der Larmor-Frequenz der Probe in der xy-Ebene (Abb. 15-30b). Die rotierende Magnetisierung induziert ein Signal der Frequenz vı in der Spule, das anschließend verstärkt und weiterverarbeitet werden kann. In der Praxis subtrahiert man von dem gemessenen Signal noch ein konstantes Radiosignal mit der Frequenz des Feldes B,, sodass man für die Weiterverarbeitung ein Signal erhält, das sich im Kilohertzbereich ändert. Im Laufe der Zeit geraten die individuellen Spins außer Phase (zum Teil deshalb, weil sie unterschiedliche Präzessionsgeschwindigkeiten besitzen, wie wir bald noch genauer sehen werden), sodass der Betrag der Magnetisierung in der xy-Ebene mit einer Zeitkonstante T, exponentiell abnimmt und von der Empfängerspule ein immer schwächeres Signal gemessen wird. Das beobachtete Signal hat die in Abb. 15-31 dargestellte oszillierend abfallende Form, es wird als frei abklingende

Präzession

Abb. 15-28 Die Magnetisierung einer Probe aus Spin--Kernen ist die Vektorsumme all ihrer magnetischen Momente. (a) In Abwesenheit eines äußeren Magnetfeldes liegen gleich viele a- wie ß-Spins bei unbestimmten Winkeln auf Kegelmänteln um die z-Achse, die Magnetisierung ist null. (b) In Anwesenheit eines Magnetfeldes präzessieren die Spins um die Feldrichtung (d.h. die Energie von a- und P-Spins ist verschieden) und es gibt etwas mehr a- als ß-Spins. Die Folge ist eine resultierende Magnetisierung in z-Richtung.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

596

M

90°-Puls

Detektorspule

(b) Abb. 15-29

Abb. 15-30 (a) Wenn das Radiofrequenzfeld für eine bestimmte Zeit angelegt wird, wird der Magnetisierungsvektor M gerade in die xy-Ebene gedreht. (b) Für einen ruhenden äußeren Beobachter (die Empfängerspule) rotiert der Magnetisierungsvektor mit der Larmor-Frequenz der Probe und kann daher ein Signal in der Spule induzieren.

(a) In einem Resonanzexperi-

ment wird ein zirkular polarisiertes Radiofrequenzfeld B, in der xy-Ebene eingestrahlt (der Magnetisierungsvektor zeigt in z-Richtung). (b) Wenn wir uns in ein mit

der Radiofrequenz rotierendes Bezugssystem versetzen, so ist das B,-Feld stationär; wenn die Radiofrequenz gleich der Larmor-Frequenz ist, gilt dies auch für die

Magnetisierung M. Wenn die beiden Frequenzen gleich sind, beginnt der Magnetisierungsvektor M der Probe um die Richtung des B,-Feldes zu präzessieren.

Induktion (FID, engl. free induction Magnetisierung folgt der Gleichung

M,(t) = M,cos (nvit)e”:.

decay) bezeichnet.

Die y-Komponente

der

(15-30)

Wir haben bisher einen Puls mit der Larmor-Frequenz betrachtet. Die beobachteten Effekte sind jedoch praktisch dieselben, wenn wir eine Frequenz dicht neben der Resonanzfrequenz verwenden. Solange die Differenz der Frequenzen klein gegen den Kehrwert der Dauer des 90°-Pulses ist, wird die Magnetisierung am Ende in der xy-Ebene liegen. Wir brauchen die Larmor-Frequenz dazu nicht vorher zu kennen: Der kurze B,-Puls ist der Hammer,

mit dem wir auf die Glocke schlagen, um alle

möglichen Frequenzen anzuregen. Das gemessene Signal enthält die verschiedenen Resonanzfrequenzen des Systems.

Signal Zeit

Zeit- und Frequenzbereich Den Vektor der Magnetisierung eines homoatomaren AX-Systems mit ] = 0 können wir uns aus zwei Teilen aufgebaut denken, einem Anteil der A-Spins und Abb. 15-31 Eine einfache frei abklingende Induktion einer Probe von Spins mit einer einzigen Resonanzfrequenz.

einem Anteil der X-Spins. Wenn wir einen 90°-Impuls einstrahlen, so werden beide Anteile in die xy-Ebene gedreht. Da die A- und X-Kerne aber unterschiedliche Larmor-Frequenzen besitzen, induzieren sie zwei Signale in der Empfängerspule,

15.4

Pulstechniken in’der NMR

sodass wir ein Gesamtsignal beobachten, das dem in Abb. 15-32a gezeigten ähnelt. Die zusammengesetzte FID-Kurve ist das Analogon der geschlagenen Glocke, die einen aus allen ihren möglichen Schwingungsfrequenzen zusammengesetzten Klang von sich gibt. Jetzt müssen wir herausfinden, wie wir aus dem gemessenen FID-Signal die darin enthaltenen Resonanzfrequenzen ermitteln können. Wir wissen, dass das FID-Signal eine Summe von oszillierenden Funktionen ist, folglich müssen wir es

mithilfe

einer

Fouriertransformation

in seine

Frequenzkomponenten

597

zerlegen

(Zusatzinformationen 13-2 und 15-1). Wenn wir das Signal aus Abb. 15-32a auf diese

Weise transformieren, so erhalten wir das zugehörige Spektrum im Frequenzbereich, das in Abb. 15-32b gezeigt ist. Hier sehen wir eine Resonanzlinie für die A-Kerne und eine für die X-Kerne. In Abb. 15-33 ist das FID-Signal von Ethanol gezeigt. Durch Fouriertransformation erhalten wir daraus das bereits in Abb. 15-6 gezeigte Spektrum im Frequenzbereich.

Wir können

daran

erkennen,

warum

die frei abklingende

Induktion

in

Abb. 15-33 eine so komplexe Form besitzt: sie entsteht durch die Präzession eines Magnetisierungsvektors,

der

aus

acht

Komponenten

zusammengesetzt

ist, von

(a)

(b)

Zeit

Frequenz

Abb. 15-32 (a) Eine frei abklingende Induktion einer Probe aus AX-Systemen und

denen jede eine andere charakteristische Frequenz besitzt.

15.4.2

_

Signal

(b) ihre Zerlegung in Komponenten bestimmter Frequenz.

Spinrelaxation

Für die Abnahme der xy-Komponente der Magnetisierung gibt es zwei Gründe. Beide wurzeln in der Tatsache, dass die Spins nicht im thermischen Gleichgewicht mit ihrer Umgebung stehen (im thermischen Gleichgewicht liegt M parallel zur z-Achse). Die Rückkehr der Spins ins thermische Gleichgewicht wird als Spinrelaxation bezeichnet.

Longitudinale und transversale Relaxation Im thermischen Gleichgewicht werden die Besetzungszahlen der Spinzustände durch die Boltzmann-Verteilung beschrieben, es gibt also mehr a- als ß-Spins. Der Magnetisierungsvektor in der xy-Ebene besteht direkt nach einem 90°-Puls jedoch aus gleich vielen a- und £-Spins. Wir betrachten nun die Auswirkung eines 180°-Pulses, der im rotierenden Bezugssystem als Umklappen der z-Komponente der Magnetisierung um 180° erscheint. Er führt also zu einer Besetzungsinversion des Spinsystems, in dem nun mehr f- als a-Spins vorliegen. Nach dem Puls kehren die Besetzungszahlen exponentiell ins thermische Gleichgewicht zurück. Dabei nimmt auch die z-Magnetisierung wieder ihren Gleichgewichtswert M, an; die zu diesem Prozess gehörende Zeitkonstante T, wird als longitudinale Relaxationszeit bezeichnet (Abb. 15-34):

M,(t)-Mxe"n.

Signal

(15-31)

Im Laufe dieses Relaxationsprozesses wird bei der Umwandlung von f- in a-Spins Energie an die Umgebung (das „Gitter“) abgegeben, weshalb die Konstante T, auch als Spin-Gitter-Relaxationszeit bezeichnet wird. Die Spin-Gitter-Relaxation wird durch lokale Magnetfelder bewirkt, die durch die Bewegung der Moleküle entstehen und mit einer Frequenz in der Nähe der Resonanzfrequenz des Übergangs a > fluktuieren. Wenn die Bewegung der Moleküle im Vergleich zur Resonanzfrequenz des Übergangs zu schnell oder zu langsam ist, erzeugt sie ein fluktuierendes

Magnetfeld mit einer Frequenz, die entweder zu hoch oder zu niedrig ist, um den Übergang von ß- nach a-Spin zu induzieren, daher wird T, groß sein. Nur wenn die

Bewegung der Moleküle ungefähr mit der richtigen Geschwindigkeit erfolgt, kann der Übergang effizient induziert werden, und nur dann ist T, klein. Die Bewegung der Moleküle wird mit steigender Temperatur und abnehmender Viskosität des Lösungsmittels schneller; wir'erwarten daher die in Abb. 15-35 gezeigte Abhängigkeit von T, von Temperatur und Viskosität.

Abb. 15-33 Die frei abklingende Induktion von Ethanol. Ihre Fourier-Transformation ergibt das in Abb. 15-6 gezeigte Spektrum im Frequenzbereich. Die Dauer des Signals entspricht ungefähr 1.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

598

Ein zweiter Aspekt der Rückkehr ins Gleichgewicht betrifft die Phase der mit unterschiedlichen

Larmor-Frequenzen

in der xy-Ebene

präzessierenden

Spins

(Abb. 15-36). Die Magnetisierung in dieser Ebene ist direkt nach einem 90°-Puls

keigroß, da alle Spins in Phase sind. Diese Situation entspricht jedoch ebenfalls nem Gleichgewichtszustand, sodass wir auch ohne Spin-Gitter-Relaxation erwarten

müssen, dass die Spins ihre Phasenbeziehung verlieren und dem Gleichgewichtszustand zustreben, in dem ihre Verteilung um die z-Achse zufällig ist. In diesem Zustand ist der Vektor der Magnetisierung in der xy-Ebene null. Die Rückkehr ins Gleichgewicht erfolgt wieder exponentiell, in diesem Fall mit einer Zeitkonstante T,, die als transversale Relaxationszeit bezeichnet wird:

M,‚(t) & SH

Abb. 15-34 Bei der longitudinalen Relaxation kehren die Spins zu ihren Gleichgewichtspopulationen zurück. Links ist die Präzession von Spin--Drehimpulsen

gezeigt, die nicht im Gleichgewicht sind (es gibt mehrß- als a-Spins). Rechts ist dieselbe Probe nach einer Zeit T, dar-

gestellt. Jetzt stehen die Besetzungszahlen der beiden Niveaus im Einklang mit der Boltzmann-Verteilung (siehe Molekulare Interpretation 3-1). Die Zeitkonstante für die Relaxation in den rechten Zustand ist

(15-32)

An diesem Prozess sind nur Umorientierungen der Spins untereinander beteiligt, daher wird T, auch als Spin-Spin-Relaxationszeit bezeichnet. Zu dieser Relaxation trägt jeder Prozess bei, der a- und f-Spins ineinander umwandelt, daher ist T, fast immer kleiner oder gleich T\. Lokale magnetische Momente beeinflussen auch die Spin-Spin-Relaxation. Wenn die Fluktuationen langsam sind, verbleibt ein Molekül relativ lange in seiner spezifischen magnetischen Umgebung und die Spinorientierungen streben rasch ihrer zufälligen Gleichgewichtsverteilung entgegen. Wenn die Moleküle aber sehr schnell zwischen verschiedenen magnetischen Umgebungen wechseln, mitteln sich die Unterschiede der verschiedenen Umgebungen zu null: die verschiedenen Spins präzessieren dann mit sehr ähnlichen Geschwindigkeiten, bleiben folglich etwas länger in ihrem Rudel und die Spin-Spin-Relaxation wird verlangsamt. Mit anderen Worten, langsame Molekülbewegungen entsprechen kleinen Relaxationszeiten T, und schnelle Molekülbewegungen entsprechen großen Relaxationszeiten T, (wie in Abb. 15-35 dargestellt). Rechnungen zeigen, dass für sehr schnelle Bewegungen T, =T, gilt. Wenn die Komponente der Magnetisierung in der xy-Ebene mit einer Zeitkonstante T, abfällt, führt das zu einer Verbreiterung der Spektrallinie (Abb. 15-37), deren Halbwertsbreite durch 1 Avın



RT,

(15-33)

T,,; die Halbwertszeit des Zustands auf der linken Seite ist T, In2.

gegeben ist. In der Protonenresonanz liegt T, typischerweise in der Größenordnung von Sekunden, sodass Linienbreiten von etwa 0.1 Hz zu erwarten sind; was im Großen und Ganzen mit den Beobachtungen übereinstimmt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir stets davon ausgegangen, dass unsere Geräte, insbesondere die Magneten, ideal sind, sodass Unterschiede zwischen den LarmorFrequenzen allein aufgrund von Wechselwirkungen in der Probe zustande kommen können. In der Praxis ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, weshalb das Feld an verschiedenen Stellen in der Probe unterschiedlich stark sein wird. Diese Inhomogenität verbreitert die Resonanzlinien, und meist bestimmt die Inhomogenitätsverbreiterung die beobachteten Linienbreiten. Oft drückt man den Einfluss der Inhomogenitätsverbreiterung mithilfe einer effektiven transversalen Relaxationszeit Tas indem man analog zu Gl. (15-33) schreibt

Relaxationszeit

niedrige Temperatur, hohe Viskosität

hohe Temperatur, niedrige Viskosität

1

2

ae

(15-34)

Bewegungsgeschwindigkeit Abb. 15-35 Der Einfluss der Geschwindigkeit der Molekülbewegung (Rotation oder Fortbewegung durch das Medium) auf die Relaxationszeiten T} und T;. Die horizontale Achse kann als Temperatur- oder

Viskositätsachse gedeutet werden. Bei schneller Bewegung des Moleküls sind die beiden Relaxationszeiten identisch.

wobei

Av,

die

beobachtete

„Halbwertsbreite

einer

Lorentz-Linie

der

Form

Ix1/(1+v?) ist. Wenn wir beispielsweise in einem Spektrum eine Halbwertsbreite einer Linie von 10 Hz messen, dann beträgt die effektive transversale Relaxationszeit

15.4

Pulstechniken in der NMR

599

Die Messung der longitudinalen Relaxationszeit T,

Die longitudinale Relaxationszeit T, kann mithilfe des so genannte n InversionRecovery-Experiments bestimmt werden. Hierzu strahlt man im ersten Schritt einen 180°-Puls in die Probe ein. Bei einem 180°-Puls wird das Feld B, gerade doppelt so lange eingestrahlt wie bei einem 90°-Puls, dadurch klappt der Magnetis ie-

rungsvektor um

180° um, sodass die Magnetisierung nach dem Impuls in die

—2-Richtung zeigt (Abb. 15-38). Direkt nach dem Puls beobachten wir zunächst kein Signal, da die Magnetisierung keine Komponente in der xy-Ebene besitzt (wo die Empfängerspule sie nachweisen könnte). Dann werden die ß-Spins allmählich wieder in a-Spins umgewandelt; die Magnetisierung fällt exponentiell ab, geht dabei

durch null und nähert sich ihrem Gleichgewichtswert M,. Nach einem Intervall strahlen wir einen 90°-Puls ein, der die Magnetisierung in die xy-Ebene dreht. Jetzt messen wir über unsere Empfängerspule eine frei abklingende Induktion. Durch eine Fourier-Transformation erhalten wir daraus das Spektrum im Frequenzbereich.

Die Intensität dieses Signals hängt davon ab, welchen Betrag die Magnetisierung nach dem Intervall noch hatte, als der Vektor in die xy-Ebene gedreht wurde. Der Betrag der Magnetisierung relaxiert im Zeitintervall 7 exponentiell auf seinen Gleichgewichtswert, daher hängt auch die Intensität des Spektrums von der Dauer dieses Intervalls ab. Um die Zeitkonstante T, zu bestimmen, passt man eine Exponentialfunktion an die Intensität von Spektren an, die nach unterschiedlichen Intervallen r aufgenommen wurden.

Die Messung der Spin-Spin-Relaxationszeit T, Die Bestimmung der Relaxationszeit T, (im Unterschied zu T,) erfordert, dass wir den Einfluss der Inhomogenitätsverbreiterung ausschalten können. Der dazu ange-

wandte Trick ist einer der wichtigsten Fortschritte der NMR-Technik seit ihren Anfängen. Ein Spin-Echo ist ein magnetisches Analogon eines akustischen Echos: Durch einen Radiofrequenzpuls wird eine transversale Magnetisierung erzeugt, die abklingt, durch einen zweiten Puls reflektiert wird, wieder anwächst und schließlich als Echo nachgewiesen wird. Die Folge von Maßnahmen, die hierfür nötig sind, ist in Abb. 15-39 dargestellt. Die resultierende Magnetisierung der Probe können wir uns als aus einzelnen Komponenten zusammengesetzt vorstellen, die jeweils von einem

„Spinrudel“ von Kernen mit sehr ähnlichen

Präzessionsgeschwindigkeiten

verursacht wird. Die Verteilung der Präzessionsgeschwindigkeiten kommt zustande, weil das äußere Magnetfeld B, inhomogen ist, sodass verschiedene Bereiche in der Probe unterschiedliche Feldstärken spüren. Außerdem unterscheiden sich die Präzessionsgeschwindigkeiten, falls Kerne mit unterschiedlichen chemischen Verschiebungen in der Probe vorliegen. Wie wir gleich sehen werden, liegt die Bedeutung der Spin-Echo-Technik darin, dass sie die Effekte sowohl der Feldinhomogenität als auch der chemischen Verschiebungen unterdrücken kann. Zuerst strahlen wir einen 90°-Puls in die Probe ein. Den Ablauf der Ereignisse verfolgen wir wieder im rotierenden Bezugssystem, in dem B, stationär entlang der x-Achse liegt und die Magnetisierung in die xy-Ebene dreht. Die Spinrudel laufen jetzt auseinander, da sie unterschiedliche Larmor-Frequenzen besitzen. Das detektierte Signal ist die Resultierende der Magnetisierungen der einzelnen Spinrudel; es klingt aufgrund der kombinierten Wirkung der Feldinhomogenität und der SpinSpin-Relaxation mit einer Zeitkonstante T, ab. Nach einem Intervall z strahlen wir einen 180°-Impuls in der y-Richtung des rotierenden Bezugssystems ein (durch eine Phasenverschiebung des Radiofrequenzpulses um 90° wird die Richtung des Pulses wird von x nach y geändert). Dieser Puls rotiert die Magnetisierungsvektoren der Spinrudel, sodass die langsameren an die Positionen der schnelleren gedreht werden und umgekehrt. Die Vektoren präzessieren weiter, nun liegen die schnelleren aber hinter den langsameren zurück. Im Verlauf der weiteren Präzession holen die schnelleren Rudel.wieder auf

Abb. 15-36 Die transversale Relaxationszeit T, beschreibt die Zeit, die die Spins brauchen, um ihre Phasenbeziehung zu verlieren (ebenfalls eine Bedingung für das thermische Gleichgewicht) und von der geordneten Verteilung links in die unge-

ordnete Verteilung rechts (für T > T;) überzugehen. Dabei bleiben die Besetzungszahlen der beiden Zustände gleich, nur die relativen Phasen der Spins relaxieren. Die Zeitkonstante für die Relaxation in den rechten Zustand ist T,; die Halbwertszeit des Zustands auf der linken Seite ist T, In2.

0.8 2 06 :O

Pu

as}

& a 04 Qn

0

il 0° v-v

Abb. 15-37 Eine Lorentz-Absorptionslinie. Ihre Breite in halber Höhe ist umgekehrt proportional zu T,: Je größer die transversale Relaxationszeit ist, desto schmaler

wird die Linie.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

600

und

180°-Puls

die Magnetisierung

baut sich auf. Nach

der Zeit 2r (gemessen

ab dem

ursprünglichen 90°-Puls) sind alle Spins wieder in y-Richtung ausgerichtet, wo sie ihre Präzession in der xy-Ebene begonnen hatten. Diese erneute Gruppierung wird

90°-Puls

=

Relaxation von -M, nach M, Intervall

Signal Abb. 15-38 Die Wirkung eines 180°-Pulses und eines nachfolgenden 90°-Pulses auf die Magnetisierung im rotierenden Koordinatensystem. Die Amplitude des Spektrums im Frequenzbereich hängt vom Intervall zwischen den beiden Pulsen ab, da in

der Zwischenzeit die Spin-Gitter-Relaxation wirkt.

als Refokussierung bezeichnet. Da die Spins nun alle wieder in Phase sind, beobachten wir in unserer Empfängerspule einen Puls, das Spin-Echo. Die Refokussierung unterdrückt die Effekte der Feldinhomogenität; folglich ist das Spin-Echo gegenüber dem ursprünglichen Signal nur um den durch die Spin-Spin-Relaxation bedingten Faktor e ?/T: abgeschwächt. Nach der Zeit 27 präzessiert die Magnetisieund klingt mit einer Zeitkonstante T, ab. rung weiter, läuft wieder auseinander dass die Intensität des Echos, d.h. der Methode, dieser d bei ist Entscheiden Betrag der Magnetisierung, unabhängig von allen lokalen Feldern ist, solange diese im Intervall 27 konstant sind. Wenn ein Spinrudel „schnell“ ist, weil es zufällig aus Spins in einem Bereich der Probe zusammengesetzt ist, in dem ein höheres Feld wirkt als in anderen, dann bleibt dieses Rudel auch in dem zweiten r-Intervall „schnell“ und verliert dort, was es zuvor gewonnen hatte. Die Intensität des Echos hängt somit nicht von lokalen Inhomogenitäten des Magnetfeldes ab, da diese konstant sind. Die eigentliche transversale Relaxation beruht auf Feldern, die auf molekularen Abstandsskalen variieren. Was diesen Mechanismus angeht, gibt es daher keine Garantie, dass ein individueller Spin, der auf dem Hinweg „schnell“ ist, dies

auch in der Phase der Refokussierung geraten folglich mit einer Zeitkonstante chen Spin:Spin-Relaxation wird damit sodass die Intensität des Echos mit einer I

90°-Puls

%

Me

langsame Spins Spins

180°. Puls

refokussierte

TTTT

Anwendung 15-1

Magnetresonanztomographie

Eine der bemerkenswertesten Anwendungen der magnetischen Kernresonanz findet sich in der Medizin. Die Magnetresonanztomographie (MRT, auch Kernspintomographie genannt) ist eine Darstellung der Konzentrationen unterschiedlicher Protonen in einem dreidimensionalen Körper. Sie beruht auf der Anwendung spezieller Pulssequenzen auf einen Körper in einem inhomogenen Magnetfeld. Wenn ein Objekt, das Protonen enthält (egal ob ein Wasserrohr oder ein menschlicher Körper) in ein NMR-Spektrometer gebracht und einem homogenen Magnetfeld ausgesetzt wird, so resultiert ein einzelnes Resonanzsignal. Wenn wir aber einen Behälter mit Wasser in ein Magnetfeld stellen, das gemäß B, + G.z linear in z-Richtung variiert (G, ist der Gradient des Feldes in z-Richtung), so erscheint die Resonanz der Wasserprotonen bei y

(2) => (Bo + G;2)

langsame schnelle Spins P,ax groß, wenn das Dipolfeld stationär ist (da es keinen Frequenzunterschied zwischen dem Anfangs- und dem Endzustand gibt). Ein großes Molekül rotiert so langsam, dass kaum eine Bewegung mit 2v existiert, daher erwarten wir eine Abnahme der Intensität (Abb. 15-45). Dagegen kann ein kleines, schnell rotierendes Molekül sehr wohl Bewegungen im Frequenzbereich 2v ausführen, und wir können eine Verstärkung des Signals erwarten. In der Praxis liegt die Verstärkung in der Regel zwischen diesen beiden Extremen. Sie wird meist durch den Parameter

n=

Is

=;

IN

Ip

(15-36)

ausgedrückt. I, und I,° sind die Intensitäten der NMR-Signale von A vor und nach der Anwendung des langen (> T,) Radiofrequenzpulses, der die Übergänge des Kerns X sättigt. Wenn A und X Kerne desselben Elements sind (z. B. Protonen), liegt n zwischen —1 (Abschwächung) und +3 (Verstärkung). 7 hängt aber auch von den gyromagnetischen Verhältnissen der Atome A und X ab. Man kann zeigen, dass für maximale Verstärkung

Pe "x

(15-37)

DyR

Energie

Abb. 15-44 (a) Wenn der Übergang von X gesättigt ist, sind die Besetzungszahlen der beiden Zustände gleich und der Besetzungsüberschuss bzw. das Besetzungsdefizit sind wie gezeigt (mit denselben Symbolen wie in Abb. 15-43). (b) Die Dipol-Dipol-Relaxation relaxiert die Besetzungszahlen des höchsten

und des tiefsten Zustands, die ihre Gleichgewichts-Populationen erreichen. (c) Die Übergänge von A spiegeln die Besetzungszahldifferenzen wider, die aus vorhergehenden Änderungen entstanden sind; sie sind hier im Vergleich zu Abb. 15-43 verstärkt.

Energie

O0,

Abb. 15-43 Die Energieniveaus eines AX-Systems und ihre Besetzungszahlen. Ein graues Quadrat über der Linie symbolisiert einen Besetzungsüberschuss (relativ zum thermischen Gleichgewicht); ein weiRes Quadrat unterhalb der Linie symbolisiert ein Besetzungsdefizit. Die Übergänge von A und X sind angedeutet.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

604

_ Buß, Energie

Relaxation ß,

. Bo,

“=

(b) Abb. 15-45 (a) Wenn der Übergang von X gesättigt ist (wie in Abb. 15-44), sind die Besetzungszahlen der beiden Zustände gleich und der Besetzungsüberschuss bzw. das Besetzungsdefizit sind wie gezeigt. (b) Die DipolDipol-Relaxation relaxiert die Besetzungs-

zahlen der beiden mittleren Zustände, die ihre Gleichgewichts-Populationen erreichen. (c) Die Übergänge von A spiegeln die Besetzungszahldifferenzen wider, die aus vorhergehenden Änderungen entstanden sind; sie sind hier im Vergleich zu Abb. 15-43 abgeschwächt.

gilt, wobei y, und y, die gyromagnetischen Verhältnisse von A und X sind. Für BC-Kerne in der Nähe eines Protons ist 7 = 1.99; eine Verstärkung von etwa einem Faktor 2 ist also erreichbar. Der Kern-Overhauser-Effekt kann verwendet werden, um Abstände zwischen Protonen zu bestimmen. Die Overhauser-Verstärkung eines Protons A, die durch Sättigung eines Spins X erreicht wird, hängt vom Anteil der Spin-Gitter-Relaxation von A ab, der durch die Dipolwechselwirkung mit X verursacht wird. Da das Dipolfeld proportional zu r° ist, wenn r den Kernabstand bezeichnet, und die Relaxation proportional zum Quadrat des Feldes ist, also zu r*, kann der Kern-Overhauser-Effekt dabei helfen, die Struktur von Molekülen in Lösung zu bestimmen. Die Strukturbestimmung eines kleinen Proteins in Lösung erfordert dabei mehrere Hundert KernOverhauser-Messungen, die gleichsam ein Netz über alle vorhandenen Protonen legen. Die Bedeutung der Methode liegt darin, dass wir die Konformationen biologischer Makromoleküle in wässriger Umgebung bestimmen können und nicht darauf angewiesen sind, die für die Röntgenbeugung unverzichtbaren Einkristalle herzustellen (siehe Kapitel 20).

15.4.4

Zweidimensionale

Kernresonanz

Ein NMR-Spektrum enthält sehr viel Information und wird daher bei Anwesenheit vieler magnetischer Kerne äußerst komplex. Sogar Spektren erster Ordnung werden dann kompliziert, da die Feinstruktur verschiedener Gruppen überlappen kann. Für ein solches Spektrum wäre es ideal, wenn wir die enthaltene Information auf zwei Koordinatenachsen verteilen könnten, indem wir die chemischen Verschiebungen auf einer Achse und die zu jeder Resonanz gehörende Feinstruktur auf einer zweiten Achse auftragen. Diese Separation ist im Prinzip das Merkmal der zweidimensionalen NMR (2D-NMR). Alle zweidimensionalen NMR-Experimente bauen auf Variationen des PEMDPulsschemas auf: P: Präparations- oder Vorbereitungsphase, in der die Spins zuerst ins thermische Gleichgewicht zurückkehren, bevor sie dann durch einen oder mehrere Radiofrequenzpulse angeregt werden; E: Entwicklungsphase der Dauer t,, in der die Spins unter dem Einfluss ihrer chemischen Verschiebung und der vorhandenen Spin-Spin-Kopplungen präzessieren; M: Mischphase, in der weitere Radiofrequenzpulse eingestrahlt werden, um Informationen zwischen verschiedenen Spins zu übertragen;

15.4

Pulstechniken ia der NMR

D: Detektions- oder Nachweisphase der Dauer 6, in der das FID-Sig nal aufgenommen wird. Im Folgenden werden wir sehen, wie auf der Grundlage des PEMD-S chemas Experimente konzipiert werden können, die Informationen über Spin-Sp in-Kopplungen und Kernabstände in kleinen und grofsen Moleküle geben.

Korrelationsspektroskopie Viele aktuelle Arbeiten auf dem Gebiet der NMR-Spektroskopie verwend en die korrelierte NMR-Spektroskopie oder Korrelationsspektroskopie (COSY, engl. correlation spectroscopy), die es durch eine raffinierte Kombination von Radiofrequenzpul sen und Fouriertransformationen ermöglicht, alle Spin-Spin-Kopplungen in einem Molekül zu bestimmen. Das grundlegende COSY-Experiment verwendet die einfachste aller 2D-Pulssequenzen, die einfach aus zwei aufeinander folgende n 90°-Pulsen besteht (Abb. 15-46). Um zu verstehen, wie wir aus einem COSY-Experiment ein zweidimensionales Spektrum erhalten können, betrachten wir ein triviales aber lehrreiches Beispiel: das Spektrum

einer Verbindung,

die nur ein Proton enthält, z.B. Trichlormethan

CHC]. Abb. 15-47 zeigt die Wirkung der Pulssequenz auf die Magnetisierung der Probe, die zu Beginn einen Betrag M, besitzt und in z-Richtung zeigt. Ein 90°-Puls in x-Richtung (im ruhenden Bezugssystem betrachtet) dreht den Vektor der Magnetisierung in y-Richtung. Während der Entwicklungsphase rotiert der Magnetisierungsvektor mit der Frequenz v in der xy-Ebene. Zum Zeitpunkt t, hat er dabei einen Winkel 2rvt, überstrichen und der Betrag der Magnetisierung hat aufgrund der Spin-Spin-Relaxation auf M = Mye"/": abgenommen. Aus trigonometrischen Überlegungen folgt für die Komponenten der Magnetisierung

605 P GE

E M D EEE

90° Puls m) =

S

90° Puls 1

U

Ver-

S =

So 8 —

= >09

8

=

So a

Er

©:

ı nn w 2 N oO 8 os -—< ZZ

(or

a. Na

Zeit —

Abb. 15-46 Die in der Korrelationsspektroskopie (COSY) verwendete Pulssequenz. Die Vorbereitungsphase ist viel länger als T, oder T,, damit die Kerne Zeit haben, vor Beginn der nächsten Pulssequenz ins Gleichgewicht zurückzukehren. Die FIDSignale werden während t, für einen Satz unterschiedlicher Entwicklungszeiten t, aufgenommen. Zwei Fouriertransformationen in t, und t, liefern ein zweidimensio-

nales NMR-Spektrum wie das in Abb. 1552 gezeigte.

E Kommentar 15-5 Ein Vektor vin der xy-Ebene mit der Länge v bildet mit seinen Komponenten v, und v,

M,=Msin2nv,

,

M,=Mocos2nvt,

und

M,=0.

(15-38a)

Der zweite 90°-Puls in x-Richtung dreht die Magnetisierung erneut; der resultierende Vektor hat nun die Komponenten (wieder im ruhenden Bezugssystem) M,=Msin2nvt,,

M,=0

und

M, = Mcos2nyt,..

Nun wird das FID-Signal über ein Zeitintervall t, aufgenommen,

(15-38b) und durch Fou-

riertransformation erhält man ein Spektrum über ein Frequenzintervall v, mit einem Peak bei der Resonanzfrequenz v des Protons. Die Signalintensität hängt von M, ab, dem Betrag der Magnetisierung in der xy-Ebene in dem Moment, in dem der Nachweispuls eingestrahlt wird; folglich variiert die Signalstärke sinusförmig mit der Dauer der Entwicklungsphase. Mit anderen Worten, wenn wir eine Reihe von Spektren mit unterschiedlichen Entwicklungszeiten t, aufnehmen, so erhalten wir die in Abb. 15-48a gezeigte Sequenz. Eine Auftragung der maximalen Intensität jeder Absorptionslinie aus Abb. 15-48a gegen t, liefert das in Abb. 15-48b gezeigte Ergebnis. Die Kurve gleicht einem FID-Signal mit einer Frequenz v der oszillierenden Komponente; die Fouriertransformation ergibt daher ein Spektrum über ein Frequenzintervall v, mit einem Peak bei der Frequenz v. Wenn wir dieses Verfahren fortsetzen, indem wir immer zuerst für verschiedene Frequenzen v, die Signalintensität gegen t, auftragen und dann eine Fouriertransformation durchführen, so erzeugen wir eine Kurvenschar, die in einer dreidimensionalen (3D) Darstellung I(v,, v,) zusammengefasst werden kann, einer Auftragung der Signalintensität gegen die Frequenzen v, und », (Abb. 15-49a). Diese Darstellung wird als zweidimensionales NMR-Spektrum bezeich-

net, da wir dabei Fouriertransformationen in zwei Variablen durchgeführt haben. Meist werden die Daten wie in Abb. 15-495 als Konturliniendiagramm dargestellt. Für ein so einfaches System wie Chloroform ist das beschriebene Experiment unnötig, da wir die in dem 2D-Spektrum enthaltene Information viel einfacher durch die konventionelle eindimensionale Methode erhalten hätten. Wenn das ein-

ein rechtwinkliges Dreieck mit der Hypotenuse v (siehe Bild). Wenn 9 der Winkel zwischen v, und v ist, dann giltv, = vsind und v,=vcos®d.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

606

zZ

M,

y x

(2)

t

y 90°-Puls

(a)

7 M,

VE

y

(a)

v,>

%

(b)

—>

|:

V,

Intensität

2 M cos

2nvt,

M sin 2nvt,

(b)

(d)N

z

En

2

M

nvt

90°-Puls V

7 y M sin 2nvt, x

(4)

M cos

2nvt,

Abb. 15-47 (a) Die Wirkung der in Abb. 15-46 erläuterten Pulssequenz auf die Magnetisierung M, einer Probe einer Verbindung, die nur ein Proton enthält.

(b) Ein 90°-Puls in x-Richtung dreht die Magnetisierung in die y-Achse. (c) Nach einer Zeit t, hat sich der Vektor um einen

Winkel 2rvt, weiterbewegt und sein Betrag hat sich aufM verringert. Seine Komponenten sind M, = M sin 2nvt,, M, = O und

M, = Mcos 2nvt,. (d) Der zweite 90°-Puls parallel zur x-Richtung dreht die Magnetisierung erneut; die Komponnten des resultierenden Vektors sind nun M,=M sin 2nvt,,

M,=0, und M,=M cos 2nvt,. Zu diesem Zeitpunkt wird das FID-Signal registriert.

AnEe i

>

bi

Abb. 15-48 (a) Zu verschiedenen Entwicklungszeiten i, zwischen zwei 90°-Pulsen aufgenommene Spektren. (b) Auftragung

Abb. 15-49 (a) Das zweidimensionale NMR-Spektrum der in Abb. 15-47 und Abb. 15-48 diskutierten Probe. Im Text

des Intensitätsmaximums jeder Linie

wird erklärt, wie dieses Spektrum aus einer

gegen t,. Die Fouriertransformation dieser Funktion liefert ein Spektrum bei der Frequenz v, der Resonanzfrequenz der Proto-

Reihe von Fouriertransformationen der Rohdaten entsteht. (b) Konturliniendarstellung des Spektrums aus (a).

nen in der Probe.

dimensionale Spektrum aber komplex ist, so zeigt uns das COSY-Experiment, welche Spins gekoppelt sind. Um diese Behauptung zu untermauern, betrachten wir nun ein AX-Spinsystem.

Aus der bisherigen Diskussion wissen wir, dass der Schlüssel zum Verständnis der COSY-Technik der Effekt des zweiten 90°-Pulses ist. In diesem komplizierteren Beispiel untersuchen wir nun dessen Wirkung auf die vier Energieniveaus eines AX-Systems (Abb. 15-12). Im thermischen Gleichgewicht ist die Besetzung des Niveaus aa am größten und die des Niveaus $ß am kleinsten; die beiden anderen Niveaus sind entartet und liegen energetisch und im Hinblick auf die Besetzungszahlen dazwischen. Nach dem ersten 90°-Puls sind die Spins nicht mehr im Gleichgewicht. Wenn der zweite 90°-Puls nach einer Zeit t, eingestrahlt wird, die klein gegen die Spin-Gitter-Relaxationszeit T, ist, dann führt die erneute Energiezufuhr zu einer weiteren Veränderung der Besetzungszahlen der vier Zustände. Die genauen Auswirkungen hängen davon ab, wie weit die einzelnen Magnetisierungen während der Entwicklungsphase präzessiert sind. Die Änderungen anschaulich darzustellen, ist recht schwierig, da sich die A- und X-Spins gegenseitig beeinflussen. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass der zweite Puls A- und X-Übergänge nacheinander induziert. Je nach der Entwicklungszeit t, kann der 90°-Puls die Differenz der Besetzungszahlen für jeden der beiden X-Übergänge entweder unverändert lassen, umkehren oder irgendeinen Zwischenwert ergeben. Wir betrachten den extremen Fall, dass die eine Besetzungszahldifferenz umgekehrt wird, während die andere unverändert bleibt (Abb. 15-50). Anregung der A-Übergänge liefert jetzt ein FID-Signal, in dem einer der beiden A-Übergänge an Intensität gewonnen hat (weil die Differenz der Besetzungszahlen größer war), während der andere an Intensität verloren hat (weil die Differenz der Besetzungszahlen nun kleiner war). Die Präzession der X-Spins während der Entwicklungsphase bestimmt also die Amplituden der Signale der A-Spins während der Nachweisphase. Wenn die Entwicklungszeit t, variiert wird, oszillieren die Intensitäten der Signale von A mit den Frequenzen der beiden Übergänge von X. Die ganze Analyse können wir selbstverständlich auch

15.4 —

X-Übergang

Pulstechniken imder NMR

—Abkı _

PB,

B,« ATX

Abb. 15-50 Ein Beispiel für die Veränderung der Besetzungszahlen der Energieniveaus in einem AX-Spinsystem durch den

n PB, ns A-Übergang N

am a

..

>

—zzzuua> FID

OR

ATX

K-Oserang/

ERR

A-Übergang

SuEBenun

BITTE

Q&, Ox

0,0,

607

zweiten 90°-Puls in einem COSY-Experi-

ment. Jedes Quadrat stellt dieselbe (große) Anzahl von Spins dar. Wir stellen uns hier vor, dass der Puls zuerst die Spins

von X beeinflusst und erst danach die von A. Die Anregung der X-Spins invertiert die Besetzungszahlen der Niveaus /,ß, und P»@x und lässt die Besetzungszahlen der

umdrehen und schließen, dass die Intensitäten der Signale von X mit den Frequenzen der Übergänge von A oszillieren. Dieser Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Spins ist ein Kernpunkt der zweidimensionalen NMR-Spektroskopie: Er führt zur Korrelation bestimmter Signale im Spektrum. In diesem Fall zeigt uns die Korrelation, dass eine Spinkopplung zwischen den A- und den X-Kernen vorliegt. Wenn wir nun wie zuvor eine Reihe von Experimenten durchführen, in denen t, variiert wird, erhalten wir durch Fouriertransformation des FID-Signals in t, einen Satz von Spektren I(t,, F,), in denen die Signalamplituden als Funktion von t, oszillieren. Eine zweite Fouriertransformation in t, verwandelt diese Oszillationen in ein zweidimensionales Spektrum I(F,,F,), in dem die Signale entlang F, gemäß ihren Präzessionsge-

Niveaus a,a, und a,ß, unverändert. Daher liefert die Anregung der Spins von A durch den Puls ein FID-Signal, in dem einer der beiden A-Übergänge an Intensität gewonnen und der andere an Intensität verloren hat. Mit anderen Worten, Magnetisierung wurde von den X-Spins auf die A-Spins übertragen. Durch entsprechende Diagramme kann gezeigt werden, dass umgekehrt auch Magnetisierung von den ASpins auf die X-Spins übertragen werden kann.

schwindigkeiten während der Nachweisphase verteilt sind. Wenn wir die COSYPulssequenz (Abb. 15-46) also auf das AX-Spinsystem anwenden. erhalten wir ein zweidimensionales Spektrum mit vier Gruppen von Signalen in F, und F,, die bei den beiden chemischen Verschiebungen der Kerne liegen (Abb. 15-51). Jede Gruppe besteht aus vier Signalen im Abstand J. Die Diagonalpeaks liegen bei (Ö,,d,) bzw. (öx,öx) und befinden sich auf der Diagonale F, = F,. Das Spektrum entlang dieser Diagonale entspricht somit gerade dem eindimensionalen NMR-Spektrum der Substanz (Abb. 15-13). Die Nichtdiagonalpeaks verdanken ihre Existenz der Kopplung zwischen A und X; sie liegen bei (öx,ö,) bzw. (Öö4,öx). Während die Informationen aus einem zweidimensionalen NMR-Spektrum auch im Fall des AX-Systems eher trivial sind, können sie bei der Interpretation komplexerer Spektren eine große Hilfe sein, da sie eine Karte der Spin-Spin-Kopplungen in einem Molekül liefern und somit bei der Aufklärung des Bindungsgerüsts helfen. In vielen Fällen kann ein Spektrum eines synthetischen oder Biopolymers, das als eindimensionales Spektrum unmöglich zu interpretieren ist, als zweidimensionales Spektrum relativeinfach und schnell analysiert werden. Im Folgenden wollen wir die Vorgehensweise am Beispiel der Resonanzen im COSY-Spektrum einer Aminosäure erläutern.

Illustration 15-3

Ö Abb. 15-51 Ein zweidimensionales NMRSpektrum, das durch Anwendung der COSY-Pulssequenz auf ein AX-Spinsystem erhalten wurde.

Das COSY-Spektrum von Isoleucin

Abb. 15-52 zeigt einen Ausschnitt aus dem COSY-Spektrum der Aminosäure Isoleucin (7), in dem die Resonanzen der an die Kohlenstoffatome gebundenen Protonen zu sehen sind. Wir beginnen die Zuordnung, indem wir uns zuerst überlegen, welche Protonen eine Kopplung zeigen sollten. Aus der bekannten Struktur schließen wir 1. Das Proton an C, koppelt mit dem Proton an C,. 2. Das Proton an C, koppelt mit den Protonen an C,, C, und C.. 3. Die nicht äquivalenten Protonen an C, koppeln mit den Protonen an C, und C..

oO

H,N —CH—C —OH b CH—CH, |

c

.

ECH, 7 Isoleucin

608

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

en

N

1LOr

20

IL

90 00 PB

| =

8

>

989

v

von



3.07

Abb. 15-52 Das Protonen-COSY-Spektrum von Isoleucin. (Nach K. E. van Holde, W.

C. Johnson, P. S. Ho, Principles of Physical Biochemistry, S.508. Prentice Hall, Upper Saddle River 1998.)

l

|

(ee

Bee!

l

' Aus dem Spektrum erkennen wir, dass

| | |

| |

1. die Resonanz bei d = 3.6 einen Nichtdiagonalpeak mit nur einer weiteren Resonanz teilt, nämlich der bei ö = 1.9. Diese teilt wiederum Nichtdiagonalpeaks mit den Resonanzen bei ö = 1.4, 1.2 und 0.9. Diese Beobachtung passt zu einer Zuordnung der Peaks bei ö = 3.6 und 1.9 zu den Protonen an C, bzw. C;; 2 das Proton mit d = 0.8 nicht mit dem Proton an C, koppelt, wir ordnen die Resonanz bei d = 0.8 daher dem Proton an C, zu; 3 die Resonanzen bei d = 1.4 und 1.2 keine gemeinsamen Nichtdiagonalpeaks mit der Resonanz bei d = 0.9 haben.

Anhand der erwarteten Kopplungen ordnen wir die Resonanz bei ö = 0.9 dem | Proton an C, zu und die Resonanzen bei ö = 1.4 und 1.2 den beiden nicht äquiva-

|

lenten Protonen an C,.

Unsere vereinfachte Beschreibung des COSY-Experiments hat einige wichtige Details unterschlagen. Zum Beispiel mischt der zweite 90°-Puls die Spinübergänge, die der erste 90°-Puls induziert hatte (daher die Bezeichnung „Mischphase“). Jeder der vier Übergänge (je zwei für A und für X) kann dabei in jeden der anderen drei umgewandelt werden oder auch in formal verbotene Mehrquantenübergänge, für die |Am| > 1 gilt. Letztere können kein Signal in der Empfängerspule des Spektrometers hervorrufen; ihre Existenz kann aber nachgewiesen werden, indem man sie mit einem dritten Puls in die vier erlaubten Einfachquantenübergänge zurückverwandelt. Viele moderne NMR-Experimente verwenden Mehrquantenübergänge, um unerwünschte Signale auszufiltern und Spektren für die Interpretation zu vereinfachen.

Kern-Overhauser-Effekt-Spektroskopie Viele unterschiedliche 2D-NMR-Experimente beruhen auf dem PEMD-Pulsschema. Wir haben bereits gesehen, dass der stationäre Kern-Overhauser-Effekt Informationen über die Kernabstände geben kann, wenn man die Verstärkungsmuster in einem NMR-Spektrum vor und nach Sättigung bestimmter Resonanzen analysiert. In der dynamischen Variante dieser Methode, der Kern-Overhauser-Effekt-Spektroskopie (NOESY), wird der zweite 90°-Puls des COSY-Experiments durch zwei 90°-Pulse ersetzt, deren Abstand so gewählt wird, dass Dipol-Dipol-Wechselwirkungen in dieser Zeit die Magnetisierung benachbarter Spins vertauschen können (Abb. 15-50). Nach einer doppelten Fouriertransformation erhalten wir so ein Spektrum, dessen Nichtdiagonalpeaks alle NOE-Wechselwirkungen in einem Molekül anzeigen. Da der Kern-Overhauser-Effekt umgekehrt proportional zur sechsten

15.4

Pulstechniken in der NMR

Potenz des Abstandes zweier Kerne ist (Abschnitt 15.3.4), können NOESY-Spektren Kernabstände bis etwa 0.5 nm anzeigen.

15.4.5

Kernresonanz in Festkörpern

Die Hauptschwierigkeit bei der Anwendung der NMR auf Festkörper ist die charakteristische schlechte Auflösung. Es gibt jedoch gute Gründe, nach einer Lösung dieses Problems zu suchen. Einer dieser Gründe ist die Möglichkeit, dass eine Sub-

stanz, die uns interessiert, in Lösung möglicherweise nicht stabil oder gar nicht erst löslich ist, sodass die konventionelle NMR-Methode in Lösung zu ihrer Untersuchung ausscheidet. Darüber hinaus sind viele Substanzen gerade als Festkörper interessant, und es wäre zweifellos nützlich, wenn wir mithilfe einer so eleganten

Methode wie der NMR-Spektroskopie etwas über ihre Struktur oder Dynamik erfahren könnten. Zu dieser Gruppe von Substanzen gehören beispielsweise synthetische Polymere, deren NMR-Untersuchung zahlreiche Details über die Anordnung der Moleküle im Festkörper, ihre Konformationen oder die Bewegungen einzelner Abschnitte der Kette liefern kann. Diese Informationen brauchen wir, wenn wir die makroskopischen Eigenschaften von Polymeren auf molekularer Ebene interpretieren wollen. Eine weitere interessante Gruppe von Substanzen, zu deren Untersuchung die Festkörper-NMR unschätzbare Beiträge liefern kann, sind die Zeolithe, anorganische Alumosilicate, die als Molekularsiebe und formselektive Katalysatoren zahlreiche Anwendungen finden. Die Festkörper-NMR ermöglicht in diesen Fällen Aussagen über Strukturen, zu denen Röntgenbeugungsmethoden nicht in der Lage sind. Mangelnde Auflösung und breite, undifferenzierte Linien sind nicht die einzigen Probleme, mit denen die Festkörper-NMR zu kämpfen hat; die Hoffnungen sind aber so groß, dass gewaltige Anstrengungen zu ihrer Beseitigung unternommen wurden, die auch bereits Erfolge zeigen. Da in Festkörpern die Rotation der Moleküle praktisch zum Stillstand gekommen ist (von Sonderfällen wie den „plastischen Kristallen“, in denen die Moleküle sich weiterhin bewegen können, einmal abgesehen), sind die Spin-Gitter-Relaxationszeiten sehr lang und die Spin-Spin-Relaxationszeiten sehr kurz. In den Pulsexperimenten müssen wir daher mit sehr langen Verzögerungen zwischen den Pulsen arbeiten - manchmal mehrere Sekunden damit das Spinsystem in der Zwischenzeit ins Gleichgewicht zurückkehren kann. Daher kann eine lange Zeit vergehen, bis man überhaupt spärliche Informationen erhält. Da die Linien so breit sind, ist außerdem eine sehr hohe Intensität der Radiofrequenzstrahlung nötig, um eine Sättigung eines bestimmten Übergangs zu erreichen. Während Geräte für die übliche NMR-Spektroskopie in Lösung mit Sendeleistungen im zweistelligen Wattbereich arbeiten, benötigen Festkörper-NMR-Geräte oft einige Kilowatt.

Die Ursache der Linienbreiten in Festkörpern Wir müssen zwei Beiträge zu den Linienbreiten in Festkörpern unterscheiden. Der Erste ist die direkte magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung zwischen den Kernspins. Wie wir bei der Besprechung der Spin-Spin-Kopplung gesehen haben, erzeugt das magnetische Moment der Kerne im Abstand R ein lokales Magnetfeld, das an unterschiedlichen Orten in der Umgebung des Kerns in verschiedene Richtungen zeigt. Wenn wir nur an der Komponente dieses lokalen Feldes parallel zum äußeren Feld interessiert sind (da nur diese einen beobachtbaren Effekt bewirkt), dann können wir den Betrag des lokalen Feldes klassisch als

Biokal =

yhuomı AnR?’

(3:050)

(15-39)

schreiben. Im Gegensatz zu Lösungen wird dieses Feld in Festkörpern nicht zu null gemittelt. Zu dem lokalen Feld am Ort eines betrachteten Kerns tragen viele Kerne

609

610

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

lokale in der Probe bei, und unterschiedliche Kerne können sehr unterschiedliche rdnung Felder spüren. Die Dipol-Dipol-Felder liegen typischerweise in der Größeno ungefähr von einigen 10°’ T entsprechend Aufspaltungen bzw. Linienbreiten von I7Iz ie Ein zweiter Grund für die beobachteten großen Linienbreiten ist die Anisotrop bung der chemischen Verschiebung. Wir sahen bereits, dass die chemische Verschie immer mit der Fähigkeit des angelegten Feldes zusammenhängt, Elektronenströme in den Molekülen der Probe zu‘ induzieren. Diese Fähigkeit hängt normalerweise von der Orientierung eines Moleküls telativ zur Richtung des Magnetfeldes ab. In Flüssigkeiten können wir wegen der schnellen Rotation der Moleküle immer nur den Mittelwert der chemischen Verschiebung beobachten. In Festkörpern wird diese Anisotropie jedoch wichtig, da sie nicht gemittelt wird. Kerne in Molekülen, die verschieden zum äußeren Feld ausgerichtet sind, haben nun unterschiedliche Resonanzfrequenzen. Auch die Anisotropie hängt durch einen Term der Form 1 - 3cos?0 vom Winkel zwischen der Hauptachse des Moleküls und der Richtung des Feldes ab.

Die Reduzierung der Linienbreiten

Magnetfeld Abb. 15-53 Beim Magic-Angle Spinning rotiert die Probe in einem Winkel von 54.74° (genauer arccos(1/,/3)) um die Richtung des Magnetfeldes. Die schnelle Rotation in diesem Winkel mittelt die Dipol-Dipol-Wechselwirkung und die Anisotropie der chemischen Verschiebung zu null.

Es gibt glücklicherweise Techniken, auch in Festkörpern die Linienbreite der magnetischen Resonanzen zu reduzieren. Die wohl wichtigste dieser Methoden ist das Magic-Angle-Spinning (MAS). Dabei nutzt man aus, dass der Term 1 — 3cos’9, der die Richtungsabhängigkeit sowohl der Dipol-Dipol-Wechselwirkung als auch der Anisotropie der chemischen Verschiebung beschreibt, bei dem „magischen Winkel“ 9 = 54.74° null wird. In der Praxis lässt man die Probe mit hoher Geschwindigkeit in einem Winkel von 54.74° zum angelegten Feld rotieren (Abb. 15-53). Alle Dipol-Dipol-Wechselwirkungen werden dabei auf den Wert gemittelt, den sie bei diesem Winkel besitzen, also zu null. Das Hauptproblem bei diesem Trick ist, dass die Rotationsfrequenz der Probe größer sein muss als die Breite des aufzunehmenden Spektrums, die meist einige Kilohertz beträgt. Heutzutage sind jedoch gasgetriebene Probenrotoren erhältlich, die eine Rotationsfrequenz von bis zu 25 kHz erlauben. Mit der MAS-NMR-Methode wurden in den letzten Jahren eine

an Festkörpern durchgeführt. Vielzahl von wichtigen Untersuchungen Auch die Sättigungs- und Pulstechniken, die wir in den letzten Abschnitten kennengelernt heben, können zur Verringerung der Linienbreiten eingesetzt werden. So kann beispielsweise das Dipolfeld von Protonen durch Entkopplungstechniken reduziert werden. Weil die Kopplungsstärken jedoch in einem weiten Bereich variieren können, werden dazu Radiowellen mit einer Leistung in der Größenordnung von einem Kilowatt benötigt. Es gibt auch ausgefeilte Pulssequenzen, die die Linienbreiten erheblich verringern (indem der Magnetisierungsvektor einer trickreichen Folge von Richtungsänderungen unterworfen und so die störende Wechselwirkung herausgemittelt wird).

15.5]

Elektronenspinresonanz

Die Elektronenspinresonanz (ESR) ist weniger allgemein einsetzbar als die NMR, da sie nicht auf geschlossenschalige Moleküle anwendbar ist; eine Probe muss ungepaarte Elektronen besitzen, damit ein Signal entsteht. Typische Untersuchungsobjekte der ESR-Spektroskopie sind Radikale, die während einer chemischen Reaktion entstehen oder durch Bestrahlung erzeugt werden, Spinsonden für biologische Strukturen, Komplexe von d-Metallen oder Moleküle in Triplettzuständen (beispielsweise bei der Phosphoreszenz, siehe Abschnitt 14.2.1). Die Probe kann fest, flüssig oder gasförmig sein, wobei die freie Rotation der Moleküle in gasförmigen Proben jedoch zu Komplikationen führt.

15.5 Elektronenspinresonanz

Das ESR-Spektrometer In der ESR sind sowohl Fouriertransformations- (FT) als auch normale kontinuier liche (CW) Spektrometer üblich. FT-ESR-Spektrometer beruhen auf den in Abschnitt 15.3.1 dargelegten Prinzipien, nur dass Mikrowellen eingesetzt werden, um Übergänge der Elektronenspins in der Probe anzuregen. Der Aufbau eines konventio nellen CW-ESR-Spektrometers ist in Abb. 15-54 gezeigt. Es besteht aus einer Mikrowellenquelle (einem Klystron oder einer Gunn-Diode), einer Probenkammer, in die die Probe in einem Glas- oder Quarzbehälter eingebracht wird, einem Detektor für Mikrowellen und einem Elektromagneten,

dessen Feld sich im Bereich um

611

Mikrowellen-

quelle

Detektor

03T

variieren lässt. Das ESR-Spektrum wird beobachtet, indem man die Absorption der Mikrowellenstrahlung registriert, während die Magnetfeldstärke verändert wird. Ein typisches Spektrum (das des Benzol-Radikalanions C,H,) ist in Abb. 15-55 gezeigt. Das eigenartige Aussehen des Spektrums kommt dadurch zustande, dass in der ESR-Spektroskopie üblicherweise nicht die Absorption, sondern ihre erste Ableitung aufgezeichnet wird (Abb. 15-56).

Elektromagnet

| De)

Modulatio az

Phasen-

empfindlicher Detektor

15.5.1

Der g-Faktor

Gl. (15-13b) gibt die Resonanzfrequenz für den Übergang eines freien Elektrons vom Zustand m, = —, in den Zustand m, = +} in einem äußeren Magnetfeld der Stärke B, als Funktion des g-Faktors g. = 2.0023 an. Auch das magnetische Moment eines Elektron in einem Radikal wechselwirkt mit dem äußeren Feld, sein g-Faktor

Abb. 15-54 Der Aufbau eines CW-ESRSpektrometers. Typische Magnetfeldstärken betragen etwa 0.3 T, sodass für die Resonanz 9 GHz-Mikrowellenstrahlung (3 cm) benötigt wird.

unterscheidet sich jedoch aufgrund lokaler Felder, die in dem Radikal induziert wer-

den, von dem eines freien Elektrons. Daher wird die Resonanzbedingung meist in der Form hv = gu,Bı

(15-40)

geschrieben, wobei g der g-Faktor des Radikals ist. Illustration 15-4

Der g-Faktor eines organischen Radikals

Das Zentrum des ESR-Spektrums eines Methylradikals erscheint 9.2330 GHz-Spektrometer bei 329.40 mT. Sein g-Faktor ist daher

Feldstärke

in einem Abb. 15-55 Das ESR-Spektrum des BenzolRadikalanions C,H, in Lösung. a ist die Hyperfeinaufspaltung des Spektrums; das Zentrum des Spektrums ist durch den g-Faktor des Radikals festgelegt.

_ _hv_ _ (6.62608 x 10°] 5)(9.2330 x10°s) _ _ De z 93710 210,7 7.200. 2040 7, Übung 15-4 Bei welchem Feld erscheint 34.000 GHz-Spektrometer?

Absorption, A

die

Resonanz

des

Methylradikals

in

einem 2137] __Steigung

Der g-Faktor eines Moleküls (eines Radikals oder d-Metall-Komplexes) gibt Auskunft darüber, wie leicht das angelegte Feld Ströme im Molekülgerüst induzieren kann und welche Magnetfelder diese Ströme erzeugen. Daher gibt er Aufschluss über die elektronische Struktur des Systems. Der g-Faktor spielt damit in der ESR eine ähnliche Rolle wie die Abschirmungskonstanten in der NMR. Elektronen können sich unter Verwendung von angeregten Zuständen durch das Molekül bewegen (Abb. 15-57). Diese zusätzlichen Wege für elektronische Ströme erzeugen lokale Magnetfelder, die das äußere Feld verstärken. Daher ist zu erwarten; dass die Fähigkeit eines Feldes, Ströme in einem Molekül zu induzieren, umgekehrt proportional zum Abstand AE der Energieniveaus in dem Molekül sein wird. Wie wir in Abschnitt 10.3.3 gesehen hatten, hängt das von elektronischen Strömen

erste Ableitung der Absorption,

dA/d3

Abb. 15-56 Die phasenempfindliche Detektion registriert die erste Ableitung der Absorptionsintensität. Das Maximum

der Absorption entspricht dem Punkt, an dem die Ableitung durch null geht.

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

612

in Atomen (und analog in Molekülen) erzeugte Feld vom Ausmaß der Spin-BahnKopplung ab. Die lokale Feldstärke ist also proportional zur Spin-Bahn-Kopplungskonstante & des Moleküls.

Abb. 15-57 Ein angelegtes Magnetfeld kann eine Zirkulation von Elektronen durch die Orbitale von angeregten Zuständen bewirken (als grüner Umriss gezeigt).

Aus dieser Betrachtung können wir schließen, dass die Abweichung des g-Faktors eines Radikals oder d-Metall-Komplexes vom g-Faktor eines freien Elektrons proportional zu &/AE sein muss. Diese Proportionalität wird tatsächlich häufig beobachtet. Viele organische Radikale besitzen g-Faktoren um 2.0027, und für anorganische Radikale liegen die Werte meist im Bereich von 1.9 bis 2.1. Die g-Faktoren von dMetall-Komplexen weichen mit Wertert von 0 bis 0.6 deutlicher von g. ab, da AE in ihnen besonders klein ist (aufgrund der Aufspaltung der d-Orbitale durch die Wechselwirkung mit den Liganden, siehe Abschnitt 14.1.2). Ähnlich wie in der NMR-Spektroskopie ist auch der g-Faktor anisotrop: Sein Wert hängt von der Orientierung des Radikals bezüglich des angelegten Feldes ab. In Flüssigkeiten, wo die Moleküle sich schnell bewegen, wird nur sein Mittelwert über alle möglichen Orientierungen beobachtet. Die Anisotropie des g-Faktors ist deshalb lediglich für Radikale messbar, die in Festkörpern eingeschlossen sind.

15.5.2

Die Hyperfeinstruktur

Die wichtigste Eigenschaft der ESR-Spektren ist ihre Hyperfeinstruktur, die Aufspaltung einzelner Resonanzlinien in mehrere Komponenten. Allgemein bezeichnet man in der Spektroskopie mit „Hyperfeinstruktur“ die Strukturen eines Spektrums, die durch Wechselwirkungen von Elektronen und Kernen verursacht werden, welche über die einfache Coulomb-Wechselwirkung hinausgehen. Die Ursache der Hyperfeinstruktur in ESR-Spektren ist die magnetische Wechselwirkung zwischen dem Elektronenspin und den magnetischen Dipolmomenten der Kerne in einem Radikal.

Der Einfluss des Kernspins keine Hyperfeinaufspaltung

Aue aufgrund eines Protons

Wir wollen den Einfluss eines einzelnen Wasserstoffkerns in einem Radikal auf dessen ESR-Spektrum betrachten. Der Protonenspin erzeugt ein Magnetfeld, welches das äußere Magnetfeld je nach der Orientierung des Kernspins verstärkt oder abschwächt. Das gesamte lokale Feld ist daher Birı

=Btam,

mit

m =+

(15-41) Sn

Q

Die Konstante a wird als Hyperfeinkopplungskonstante bezeichnet. Für die Hälfte der Kerne in der Probe gilt m; = +}, die Resonanz der Elektronen erscheint dann bei

1

hv= gu, (5+ y.) bu

Abb. 15-58 Die Hyperfeinwechselwirkung zwischen einem Elektron und einem

Feldes; Resonanz tritt ein, wenn der

Abstand der Niveaus der Energie der Mikrowellenstrahlung entspricht.

1

22

(15-42a)

Für die andere Hälfte der Kerne gilt m, = —!, die Resonanz der Elektronen in diesen Radikalen erscheint bei

Spin--Kern ergibt vier Energieniveaus

anstelle der ursprünglichen zwei. Als Folge besteht das Spektrum aus zwei Linien gleicher Intensität anstelle einer einzigen. Die Intensitätsverteilung kann durch ein einfaches Verzweigungsschema zusammengefasst werden. Die diagonalen Linien zeigen die Energien der Zustände bei einer Erhöhung der Feldstärke des angelegten

hv

ln

Bein,

2

h

j

==

eu

1

B

—_—

3.) bzw.



4

B

I

=

ER + 58: —



(15-42b) -

Anstelle einer einzelnen Linie zeigt das Spektrum daher zwei Linien mit halbierter Intensität im Abstand a, deren Mittelwert die durch g bestimmte Feldstärke ist

(Abb. 15-58).

Wenn das Radikal ein Stickstoffatom enthält (I = 1), so wird seine Resonanzlinie in drei Linien gleicher Intensität aufgespalten, da der Spin des '*N-Kerns drei unterschiedliche Orientierungen einnehmen kann und jede mögliche Orientierung in einem Drittel der in der Probe enthaltenen Kerne realisiert ist. Allgemein spaltet ein

15.5 Elektronenspinresonanz

Kern mit der Spinquantenzahl I eine ESR-Resonanz im Spektrum in 2/+ 1 Linien gleicher Intensität auf. Wenn in einem Radikal mehrere magnetische Kerne vorliegen, so tragen alle zur Aufspaltung des Signals bei. Wenn die magnetischen Kerne äquivalent sind (beispielsweise die beiden CH,-Protonen im CH;CH,-Radikal), dann fallen einige der Linien der Hyperfeinstruktur zusammen. Man kann einfach zeigen, dass N äquivalente Protonen im Spektrum zu einer Aufspaltung in N+1 Linien führen, deren Intensitäten durch eine Binomialverteilung gegeben sind (die Zahlen im Pascal’schen Dreieck). Das in Abb. 15-55 dargestellte Spektrum des Benzol-Radikalanions besteht aus sieben Linien im Verhältnis 1:6:15:20:15:6:1, entsprechend einer Kopplung des Elektronenspins mit sechs äquivalenten Protonenspins. Allgemein führt eine Kopplung des Elektrons mit N äquivalenten Kernen mit Kernspin I zu einer Hyperfeinstruktur aus 2NI+ 1 Linien mit Intensitäten, die durch die im folgenden Beispiel beschriebene modifizierte Version des Pascal’schen Dreiecks gegeben sind. Beispiel 15-3

613

1223|

A2a

E27)

Abb. 15-59 Die Analyse der Hyperfeinstruktur des ESR-Spektrums eines Radikals mit einem '*N-Kern (I = 1) und zwei äquivalenten Protonen.

Die Hyperfeinstruktur eines ESR-Spektrums

Ein Radikal enthält einen '"N-Kern (T=1) mit einer Hyperfeinkopplungskonstante von 1.61mT und zwei äquivalente Protonen (I=+) mit Hyperfeinkopplungskonstanten von 0.35 mT. Sagen Sie vorher, wie das ESR-Spektrum aussehen wird.

Vorgehen Wir betrachten die Aufspaltungen aufgrund der verschiedenen koppelnden Kerne nacheinander. Zuerst spalten wir eine Linie aufgrund der Wechselwirkung mit einem Kern in mehrere Linien auf, dann spalten wir jede der entstandenen Linien aufgrund der Wechselwirkung mit dem nächsten Kern (oder der nächsten Gruppe von Kernen) weiter auf usw. Am besten beginnen wir mit dem Kern, der die größte Aufspaltung erzeugt; im Prinzip ist die Reihenfolge jedoch egal, das Endergebnis ist davon unabhängig. Antwort Der '*N-Kern führt zu einer Aufspaltung der Resonanz in drei Linien gleicher Intensität in einem Abstand von 1.61 mT voneinander. Jede dieser drei Linien wird durch das erste Proton in ein Dublett mit einem Abstand von 0.35 mT aufgespalten, und jede der Linien dieser Dubletts wiederum durch das zweite Proton in ein Dublett mit dem gleichen Abstand (Abb. 15-59). Die mittleren Linien dieser beiden Dubletts fallen zusammen, sodass die Aufspaltung durch die beiden Protonen insgesamt zu einem Triplett von Linien im Verhältnis 1:2:1 führt, die im Abstand von 0.35 mT erscheinen. Das Spektrum besteht somit aus drei äquivalenten 1:2:1-Tripletts.

Übung 15-5

1

Sagen Sie die Struktur des ESR-Spektrums eines Radikals vorher, das drei äquivalente '*N-Kerne enthält. [Abb. 15-60]

Abb. 15-60 Die Analyse der Hyperfeinstruktur des ESR-Spektrums eines Radikals mit drei äquivalenten '*N-Kernen.

Die Hyperfeinstruktur eines ESR-Spektrums ist eine Art Fingerabdruck, mit dessen Hilfe man die in einer Probe vorliegenden Radikale erkennen kann. Da die Aufspaltung des Signals von der Verteilung des ungepaarten Elektrons um die magnetischen Kerne abhängt, kann man aus der Hyperfeinstruktur auch die Gestalt des Molekülorbitals ableiten, durch welches das ungepaarte Elektron beschrieben wird. So beträgt die Hyperfeinaufspaltung in C,H, 0.375 mT, und da jedes der Protonen an ein Kohlenstoffatom gebunden ist, das ; der Elektronendichte des ungepaarten

Elektrons enthält (sofern das Elektron gleichmäßig über den Ring verteilt ist), sollte die Aufspaltung eines Resonanzsignals 6 x 0.375 mT = 2.25 mT betragen, wenn das ungepaarte Elektron vollständig an dem an das Proton gebundenen C-Atom lokalisiert ist. Wenn wir in einem organischen Radikal eine Hyperfeinkopplungskon-

3

6

Y

6

5

1

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

614 0.22

toffatom — die stante a messen, so können wir die Spindichte p an dem Kohlens Atom aufhält Wahrscheinlichkeit, dass sich ein ungepaartes Elektron an diesem durch die McConnell-Gleichung berechnen:

Es)

0.08

a=Qp

(15-43)

Q=225mT.

Hyperin dieser Gleichung ist p die Spindichte an dem Kohlenstoffatom und a die Proton. es gebunden ffatom Kohlensto dieses an feinaufspaltung durch ein

8 0.097

mit

y

0.193

0.048



Illustration 15-5 Die die Für die

Die Bestimmung der Spindichte

Hyperfeinstruktur im ESR-Spektrum des Naphthalinanions (8) kann durch Kopplung mit zwei Gruppen aus je vier äquivalenten Protonen erklärt werden. die Protonen in den Positionen 1, 4, 5, und 8 der Ringe ist a = 0.490 mT, für Positionen 2, 3, 6 und 7 ist a= 0.183 mT. Die mithilfe der McConnell-Glei-

chung berechneten Spindichten sind p = 0.22 bzw. p = 0.08.

Kurztabelle 15-3 Hyperfeinkopplungskonstanten

Nuklid

von Atomen, a/mT

Isotrope Kopplung

IH 2}

Anisotrope Kopplung

50.8 (15) 7.8 (Is)

“N

55.2 (2s)

3.4 (2p)

F

1720 (2s)

108.4 (2p)

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

ge“

w___ P

auli

Fermi

(a) niedrige Energie

(b) hohe Energie Abb. 15-61 Der Polarisationsmechanismus für die Hyperfeinwechselwirkung in n-Elektronen-Radikalen. Anordnung (a) besitzt eine etwas geringere Energie als

(b), daher existiert eine effektive Kopplung zwischen dem ungepaarten Elektron und dem Protonenspin.

Übung 15-6 Die Spindichte im Anthracenanion ist in (9) dargestellt. Wie sieht sein ESR-Spektrum aus? [Ein 1:2:1-Triplett mit einer Aufspaltung von 0.43 mT, dessen Linien in 1:4:6:4:1-Quintetts mit einem Abstand von 0.22 mT aufgespalten sind, die wiederum in 1:4:6:4:1-Quintetts im Abstand von 0.11mT aufgespalten sind; insgesamt 3x5 x5 = 75 Linien]

Der Ursprung der Hyperfeinwechseiwirkung Die Hyperfeinstruktur des ESR-Spektrums entsteht durch die Wechselwirkung zwischen den magnetischen Momenten des ungepaarten Elektrons und der Kerne. Diese Wechselwirkung ist aus zwei Beiträgen zusammengesetzt. Ein p-Elektron kommt dem Kern nicht sehr nahe, daher spürt es ein Feld, das dem eines magnetischen Punktdipols entspricht. Die zugehörige Wechselwirkung wird als Dipol-Dipol-Wechselwirkung bezeichnet. Der Beitrag eines magnetischen Kerns zu dem lokalen Feld am Ort des Elektrons ist durch einen Ausdruck analog zu Gl. (15-28) gegeben. Charakteristisch für diese Art von Wechselwirkung ist ihre Anisotropie: ihr Betrag und ihr Vorzeichen hängen von der Orientierung des Radikals relativ zur Richtung des Magnetfeldes ab. Ebenso wie in der NMR wird diese Wechselwirkung durch die freie Rotation der Moleküle herausgemittelt. Der Beitrag der Dipol-Dipol-Wechselwirkung zur Hyperfeinstruktur tritt daher nur für Radikale in Festkörpern auf. Ein s-Elektron besitzt eine sphärisch symmetrische Ladungsverteilung um den Kern, daher ist seine Dipol-Dipol-Wechselwirkung sogar für Radikale in einer festen Probe null. Ein s-Elektron besitzt jedoch eine endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit am Kern und spürt daher ein Feld des Kerns, das nicht durch das eines Punktdipols beschrieben werden kann. Die zugehörige Wechselwirkung ist die FermiKontaktwechselwirkung, die wir bereits bei der Besprechung der NMR kennengelernt haben. Die Kontaktwechselwirkung ist isotrop, hängt also nicht von der Orientierung des Radikals ab und tritt deshalb auch in flüssigen Proben auf, in denen die Moleküle frei rotieren (solange die Spindichte einen gewissen s-Charakter hat). Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung von p-Elektronen und die Fermi-Kontaktwechselwirkung von s-Elektronen können beachtliche Größenordnungen erreichen. Beispielsweise spürt ein 2p-Elektron in einem Stickstoffatom ein mittleres Feld des Kerns von ungefähr 3.4 mT. Ein 1s-Elektron in einem Wasserstoffatom spürt durch die Fermi-Kontaktwechselwirkung ein Feld von etwa 50 mT. Weitere Werte sind in Tabelle 15-3 angegeben. Der Betrag der Kontaktwechselwirkung in Radikalen korre-

15.5 Elektronenspinresonanz

615

liert mit dem s-Charakter des Orbitals des ungepaarten Elektrons, während der

Betrag der Dipol-Dipol-Wechselwirkung mit dessen p-Charakter korreliert. Die AnaIyse der Hyperfeinstruktur eines Spektrums gibt auf diese Weise Aufschluss über die Zusammensetzung des Orbitals, insbesondere über die Hybridisierung der Atomorbitale (siehe Aufgabe 15.11). Bevor wir dieses Kapitel abschließen, müssen wir noch die Entstehung der Feinstruktur der ESR-Spektren von C,H,- und anderen organischen Radikalen erklären.

T=292K

NZ7R

Die Proben dieser Moleküle sind flüssig, die Moleküle können also rotieren; deshalb

kann die beobachtete Aufspaltung nicht durch die Dipol-Dipol-Wechselwirkung verursacht sein. Die Protonen liegen aber in der Knotenebene des r-Orbitals, in welchem sich das ungepaarte Elektron befindet, daher kann auch die Fermi-Kontaktwechselwirkung nicht für die Struktur verantwortlich sein. Die Erklärung des Spektrums liefert ein Polarisationsmechanismus, ähnlich wie wir ihn für die Spin-SpinKopplung in der NMR kennengelernt haben. Eine magnetische Wechselwirkung zwischen einem Proton und den o-Elektronen der Bindung führt zu einer Spinpolarisation der Bindung, d.h. eines der Bindungselektronen hält sich bevorzugt in der Nähe des Protons auf (Abb. 15-61). Das zweite Bindungselektron bevorzugt wegen der Abstoßung zwischen den Elektronen das andere Ende der Bindung und befindet sich folglich bevorzugt in der Nähe des C-Kerns. Das ungepaarte Elektron an diesem C-Atom besitzt wiederum eine geringere Energie, wenn sein Spin parallel zu dem des Bindungselektrons ist (Hund’sche Regel), sodass das ungepaarte Elektron indirekt den Spin des Protons erfährt. Rechnungen auf der Grundlage dieses Modells ergeben eine Wechselwirkung, die mit dem beobachteten Wert von 2.25 mT übereinstimmt.

Anwendung 15-2

Feldstärke

of Electron Spin Resonance, H. M. Swartz, J:

R. Bolton und D. C. Borg (Hrsg.), Wiley, New York 1972.)

Spinsonden

In den Abschnitten 15.4.1 und 15.4.2 haben wir gesehen, dass die Anisotropie des g-Faktors und der Kern-Hyperfeinwechselwirkungen beobachtet werden können, wenn ein Radikal in einem Festkörper festgehalten wird. In Abb. 15-62 ist die Abhängigkeit der Linienform des ESR-Spektrums des Di-tert-Butyl-Nitroxidradikals (10) von der Temperatur gezeigt. Bei 292 K rotiert das Radikal frei und die isotrope Hyperfeinkopplung mit dem '*N-Kern ergibt drei scharfe Peaks im Spektrum. Bei 77K ist die Beweglichkeit des Radikals eingeschränkt. Sowohl isotrope als auch anisotrope Hyperfeinkopplungen sind im Spektrum sichtbar, das jetzt aus drei stark verbreiterten Peaks besteht. Eine Spinsonde (oder ein Spinmarker) ist ein Radikal, das mit einem Biomolekül wechselwirkt und über sein ESR-Spektrum Aufschluss über die dynamischen Eigenschaften des Biopolymers gibt. Bei einer ideale Spinsonde würden sich die Linien im ESR-Spektrum schon bei einer sehr geringen Einschränkung seiner Beweglichkeit stark verbreitern. Mithilfe von Nitroxid-Spinsonden konnte nachge-

N

1, G

10

wiesen werden, dass die hydrophoben Innenseiten von biologischen Membranen,

die früher für relativ starr gehalten wurden, in Wirklichkeit sehr fluid sind und dass sich einzelne Lipidmoleküle seitlich durch die schichtartige Struktur der Membranen bewegen. So wie der chemische Austausch NMR-Linien verbreitern kann (Abschnitt 15.2.4), kann der Austausch von Elektronen zwischen zwei Radikalen die Linien

im ESR-Spektrum verbreitern. Auf diese Weise kann der Abstand zwischen zwei Spinsonden aus der Linienbreite ihrer ESR-Spektren abgeleitet werden. Dieser Effekt kann bei einer Reihe von biochemischen Untersuchungen ausgenutzt werden. So wurde zum Beispiel die Kinetik der Assoziation von zwei mit der synthetischen Aminosäure 2,2,6,6-Tetramethylpiperidin-1-oxyl-4-amino-4-carbonsäure (11) markierten Polypeptiden untersucht, indem die zeitliche Veränderung der Linienbreiten im Spektrum der Sonden beobachtet wurde. Alternativ könnte man auch die Thermodynamik der Assoziation durch Messung der Temperaturabhängigkeit der Linienbreiten untersuchen.

——>

Abb. 15-62 ESR-Spektren des Di-tert-butylradikals bei 292 K (oben) und 77K (unten). (Nach J. R. Bolton, in Biological Applications

11

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

616

Das Wichtigste auf einen Blick 1b Die Energie eines Elektrons in einem Magnetfeld B, ist E„, = -8:J.hBom,, wobei y, das gyromagnetische Verhältnis des Elektrons ist. Die Energie eines Kerns in einem Magnetfeld B, ist E„, = -yhB,om,, wobei y das gyromagnetische Verhältnis des Kerns ist.

. Die Resonanzbedingung für ein Elektron in einem Magnetfeld ist hv = g.u,Bo. Die Resonanzbedingung für einen Kern in einem Magnetfeld ist hv = yhB,. ww

. Bei der Kernspinresonanz (NMR) wird die Frequenz bestimmt, bei der magnetische Kerne in Molekülen mit einem elektromagnetischen Feld in Resonanz kommen, während die Moleküle sich in einem starken Magnetfeld befinden. Die NMR ist eine Radiofrequenztechnik.

. Bei der Elektronenspinresonanz (ESR) wird die Frequenz bestimmt, bei der ungepaarte Elektronenspins in Molekülen

>

mit einem elektromagnetischen Feld in Resonanz kommen,

während die Moleküle sich in einem starken Magnetfeld befinden. Die ESR ist eine Mikrowellentechnik. . Die Intensität von Übergängen in der NMR oder ESR nimmt mit steigender Differenz der Besetzungszahlen der a- und P-Zustände sowie mit der Feldstärke des angelegten Magnetfeldes (wie B}) zu.

[021

. Die chemische Verschiebung eines Kerns ist die Differenz zwischen seiner Resonanzfrequenz und der eines Referenzkerns; chemische Verschiebungen werden auf der ö-Skala angegeben, die durch ö = (v — v°) x 10° /v° definiert ist.

a

. Die beobachtete Abschirmungskonstante ist die Summe eines lokalen Beitrags, eines Molekülbeitrags und eines Solvensbeitrags.

SI

. Die Feinstruktur eines NMR-Spektrums ist die Aufspaltung der Resonanzlinien in einzelne Linien aufgrund der SpinSpin-Kopplung; die Stärke der Wechselwirkung wird durch die Spin-Spin-KopplungskonstanteJ beschrieben.

oo

No}.

N äquivalente Spin-+-Kerne spalten die Resonanzlinie eines benachbarten Kerns in N + 1 Linien auf, deren Intensitäten durch das Pascal’sche Dreieck beschrieben werden.

. Die Spin-Spin-Kopplung in Molekülen in Lösung kann durch einen Polarisationsmechanismus erklärt werden, bei dem die

Wechselwirkung über die Bindungen weitergegeben wird. . Die Fermi-Kontaktwechselwirkung ist eine magnetische Wechselwirkung, die nur bei sehr kurzen Entfernungen zwischen Elektron und Kern auftritt und daher nur für s-Elektronen relevant ist. 122 Koaleszenz zweier Linien tritt bei chemischem Austausch

oder Konformationsumwandlungen ein, wenn die Lebensdauer 7 der verschiedenen Zustände die Bedingung ı = 2? /növ erfüllt, wobei öv die Differenz ihrer Resonanzfrequenzen ist. . Bei der Fouriertransformations-NMR wird das Spektrum durch mathematische Analyse des FID-Signals erhalten, der Antwort der Kernspins in der Probe auf einen oder mehrere Radiofrequenzpulse.

14. Als Spinrelaxation bezeichnet man die strahlungslose Rück-

kehr eines Spinsystems zu einer Gleichgewichtsverteilung der Besetzungszahlen mit zufälligen transversalen Spinorientierungen; die Rückkehr zu Gleichgewichts-Besetzungszahlen erfolgt exponentiell mit einer Zeitkonstante T,, der Spin-Gitter- oder longitudinalen Relaxationszeit.

. Die Spin-Spin- oder transversale Relaxationszeit T, ist die Zeitkonstante für die exponentielle Rückkehr zu zufällig verteilten transversalen Spins. . Bei der Protonenentkopplung in "’C-NMR-Spektren werden die Protonenspins durch geeignete Radiofrequenzstrahlung zu dauernden schnellen Umorientierungen angeregt, sodass der '?C-Kern nur noch eine mittlere Orientierung spürt. Dadurch erscheint seine Resonanz im Spektrum als einzelne Linie und nicht als Multiplett.

. Der Kern-Overhauser-Effekt (NOE) beschreibt die Veränderung einer Resonanzlinie durch die Sättigung einer anderen. . In der zweidimensionalen NMR-Spektroskopie werden Spektren auf zwei Achsen dargestellt, wobei Resonanzen von unterschiedlichen Kernen auf der zweiten Achse an verschiedenen Positionen !iegen. Ein Beispiel für eine zweidimensionale NMR-Methode ist die Korrelationsspektroskopie (COSY), bei der alle Spin-Spin-Kopplungen in einem Molekül bestimmt werden. Ein anderes Beispiel ist die Kern-Overhauser-Spektroskopie (NOESY), mit der Kernabstände bis etwa 0.5 nm bestimmt werden können. 19% Magic-Angle Spinning (MAS) ist eine Technik der FestkörperNMR, bei der die feste Probe zur Reduktion der Linienbreiten

in einem Winkel von 54.74° zum angelegten Magnetfeld rotiert.

20. Die Resonanzbedingung der ESR kann als hv = gu,B

geschrieben werden, wobei g der g-Faktor des Radikals ist; seine Abweichung von g. = 2.0023 hängt von der Fähigkeit des angelegten Feldes ab, in dem Radikal Elektronenströme zu induzieren. Al. Als Hyperfeinstruktur eines ESR-Spektrums bezeichnet man

die Aufspaltung einzelner Resonanzlinien in mehrere Komponenten aufgrund der magnetischen Wechselwirkung zwischen den Elektronen und Kernspins. 22 . Wenn ein Radikal N Kerne mit einem Kernspin I enthält, wird

die Resonanzlinie des Elektrons in 2NI + 1 Hyperfeinkomponenten aufgespalten, deren Intensitäten durch ein modifiziertes Pascal'sches Dreieck gegeben sind.

23% Die Hyperfeinaufspaltung a durch ein Proton an einem aro-

matischen Ringsystem ist durch die MeConnell-Gleichung a= Op (mit Q = 2.25 mT) mit der Spindichte p an dem benachbarten Kohlenstoffatom verknüpft.

Diskussionsfragen

|Weiterführende

Literatur

Lehrbücher und interessante Artikel

N. M. Atherton, Principles of Electron Spin Resonance. Ellis Horwood/Prentice Hall, Hemel Hempstead 1993.

E. Becker High-Resolution NMR: Theory and Chemical Applicat ion. Academic Press, San Diego 2000.

S. Braun, H.-O. Kalinowski, S. Berger, 150 and More Basic NMR

Experiments. Wiley-VCH, Weinheim 2005.

RERSErnSE Kernresonanz-Fourier-Transformations-Spektros-

kopie. Angew. Chem. 104, (1992), 1594.

R. Freeman, Spin Choreography: Basic Steps in High-Resolution NMR. Oxford Uiversity Press, Oxford 1998. H. Friebolin, Ein- und zweidimensionale NMR-Spektroskopie. VCH, Weinheim 1992. A. M. Gronenborn, K. Roth, NMR-Spektroskopie in vivo. Chemie

in unserer Zeit 16, (1982), 1.

H. Günther, 40 Jahre Kernresonanz - Zum Jubiläum einer folgenreichen Entdeckung. Chemie in unserer Zeit 20, (1986), 173. G. Hägele, W. Boenigk, M. Engelhardt, Simulation und automatisierte Analyse von Kernresonanzspektren. VCH, Weinheim 1987.

R. W. King, K. R. Williams, The Fourier Transform in Chemistry. Part1.Nuclear Magnetic Resonance: Introduction.J.Chem. Educ. 66, (1989), A213. Part2. Nuclear Magnetic Resonance:

The Single-Pulse Experiment. Ibid. A243. Part3. MultiplePulse Experiments.J.Chem. Educ. 67, (1990), A93. Part 4. NMR: Two-Dimensional Methods. Ibid. A125. A Glossary of NMR Terms. Ibid. A100. M.H. Levitt, Spin Dynamics. Wiley, New York 2001.

J. €. Lindon, G. E. Tranter, J. L. Holmes (Hrsg. Encyclopedia of Spectroscopy and Spectrometry. Academic Press, San Diego 2000. H. Oschkinat, T. Müller, T. Dieckmann, Proteinstrukturaufklärung

mit drei- und vierdimensionaler NMR-Spektroskopie. Angew.

Chem. 106, (1994), 284.

A. Schweiger, Puls-Elektronenspinresonanz-Spektroskopie Grundlagen, Verfahren und Anwendungsbeispiele. Angew. Chem. 93, (1991), 222.

M.T. Vlaardingerbroek, J. A. deBoer, Magnetic Resonance Imaging: Theory and Practice. Springer, Berlin 1999. Nachschlagewerke D. R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, Abschnitt 9. CRC Press, Boca Raton 2000.

C. P. Poole Jr., H. A. Farach (Hrsg.) Handbook of Electron Spin Resonance: Data Sources, Computer Technology, Relaxation, and ENDOR. Springer, Berlin 1999.

Zusatzinformationen

Zusatzinformation 15-1: Fouriertransformation des FID-Signals

Die Analyse des FID-Signals wird mithilfe eines mathematischen Standardverfahrens, der Fourieranalyse, durchgeführt, der wir

bereits im Zusammenhang mit der FT-Infrarotspektroskopie begegnet waren (Zusatzinformation 13-2). Wir beginnen damit, dass wir das Signal S(t) im Zeitbereich (das komplette FIDSignal) als Summe (genauer: als Integral) über alle beitragenden Frequenzen schreiben,

Sa

| I(v)e"" dv.

(15-44)

Wegen e?""" = cos (2nvt) + isin (2nvt) ist der obige Ausdruck eine Summe über harmonisch oszillierende Funktionen, jeweils

Wir wollen I(v) bestimmen, das Spektrum im Frequenzbereich. Dazu müssen wir das Integral dere}

I(W)=2 Re | S(t) e?"*dt

(15-45)

0

berechnen, wobei das Symbol Re anzeigt, dass von dem folgenden Teil nur der Realteil verwendet werden soll. Dieses Integral ähnelt einen Überlappungsintegral: Es gibt genau dann einen von null verschiedenen Wert, wenn S(t) eine Komponente enthält, die gleich der oszillierenden Funktion e?" ist. Die Integ-

ration wird von einem direkt ins Spektrometer eingebauten Computer für eine Anzahl von Frequenzen durchgeführt.

gewichtet mit der Intensität /(v).

Diskussionsfragen 15.1

Diskutieren Sie die lokalen, molekularen und Solvensbei-

träge zur Abschirmungskonstante im Detail.

15.4 Wodurch entstehen die Diagonal- und Nichtdiagonalpeaks im COSY-Spektrum eines AX-Systems?

15.2 Diskutieren Sie die Wirkungen eines 90°- und eines 180°Pulses auf ein System von Spin--Kernen in einem statischen Magnetfeld im Detail.

15.5 Wie tragen die Fermi-Kontaktwechselwirkung und der Polarisationsmechanismus zu den Spin-Spin-Kopplungen in der NMR und den Hyperfeinwechselwirkungen in der ESR bei?

15.3 Warum sind die typischen Relaxationszeiten von "’C-Kernen viel länger als die von Protonen?

15.6 Wie könnte man mithilfe einer Spinsonde die Tiefe einer Spalte in einem Biopolymer (z.B. eines aktiven Zentrums in einem Enzym) herausfinden?

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

618

Leichte Aufgaben A15.la

Wie groß ist die Resonanzfrequenz eines Protons in einem Feld von 14.1 T?

A15.1b

Wie groß ist die Resonanzfrequenz eines "”F-Kerns in einem Feld von 16.2 T?

A15.2a

25 besitzt einen Kernspin von > und einen Kern-g-Faktor von 0.4289. Berechnen Sie die Energien der Kernspinzustände in einem Feld von 7.500T.

A15.2b

“N besitzt einen Kernspin von 1 und einen Kern-g-Faktor von 0.404. Berechnen Sie die Energien der Kernspinzustände in einem Feld von 11.50.

A15.3a

Wie groß ist die Frequenzaufspaltung der Kernspinniveaus eines '’C-Kerns in einem Magnetfeld von 14.4 T, wenn das gyromagnetische Verhältnis des Kerns 6.73 x 10’T"' s' beträgt?

A15.3b

Wie groß ist die Frequenzaufspaltung der Kernspinniveaus eines '*N-Kerns in einem Magnetfeld von 15.4 T, wenn das gyromagnetische Verhältnis des Kerns 1.93 x 107T=' s7' beträgt?

A15.4a

In welchem der folgenden Systeme ist die Aufspaltung der Energieniveaus größer: (a) in einem Proton in einem 600-MHz-Spektrometer, (b) in einem Deuteron in demselben Spektrometer?

A15.4b

In welchem der folgenden Systeme ist die Aufspaltung der Energieniveaus größer: (a) in einem '*N-Kern in einem 600-MHz-Spektrometer (für Protonen) oder (b) in einem Elektron eines Radikals in einem Feld von 0.300T?

A15.5a

Berechnen Sie den Abstand zwischen dem höchsten und dem tiefsten Kernspinniveau von '*N in einem Feld von 15:00:

A15.5b

A15.6a

Für welcher Feldstärke ist die Resonanzbedingung für unabgeschirmte Protonen bei einer Frequenz von 150.0 MHz erfüllt? Verwenden Sie Tabelle 15-2, um vorherzusagen, bei wel-

cher Magnetfeldstärke die Resonanz von (a) 'H, (b) ?H und (c) ’C bei (i) 250 MHz und (ii) 500 MHa liegt. A15.6b

Verwenden Sie Tabelle 15-2, um vorherzusagen, bei wel-

cher Magnetfeldstärke die Resonanz von (a) '*N, (b) !?F und (c) °'P bei (i) 300 MHz und (ii) 750 MHz liegt. | A15.7a

A15.7b

Berechnen Sie die relativen Besetzungszahldifferenzen öN/N von Protonen in Magnetfeldern von (a) 0.30T, (b) 1.5 Tund (c) 10T bei 25 °C.

Berechnen Sie die relativen Besetzungszahldifferenzen öN/N von "’C-Kernen in Magnetfeldern von (a) 0.50,

(b) 2.5 Tund (c) 15.5 Tbei 25 °C.

A15.8a

Die ersten allgemein erhältlichen NMR-Spektrometer wurden bei einer Frequenz von 60 MHz betrieben; mittlerweile ist es nicht mehr ungewöhnlich, an einem 800 MHz-Spektrometer zu arbeiten. Wie groß sind die relativen Differenzen der Besetzungszahlen von "3C-Kernen in diesen Spektrometern bei 25 °C?

A15.8b

Wie ändern sich die chemischen Verschiebungen von Kernen bei dem Wechsel zwischen den in Aufgabe A15.8a erwähnten Spektrometern (a) in d-Werten und (b) in Frequenzen?

A15.9a

Die chemische Verschiebung der CH;,-Protonen in Acetaldehyd.(Ethanal) ist ö = 2.20, die des Aldehydprotons beträgt d = 9.80. Wie groß ist die Differenz der lokalen Feldstärken für diese beiden Protonen bei einem äußeren Feld von (a) 1.5 Tund (b) 15T?

A15.9b

Die chemische Verschiebung der CH;-Protonen in Diethylether ist ö= 1.16, die der CH,-Protonen beträgt ö = 3.36. Wie groß ist die Differenz der lokalen Feldstärken für diese beiden Protonen bei einem äußeren Feld

von (a) 1.9Tund (b) 16.5 T?

A15.10a Skizzieren sie das Aussehen des Protonen-NMR-Spektrums von Acetaldehyd (Ethanal) (a) in einem 250-MHzund (b) in einem 500-MHz-Spektrometer. Verwenden Sie dazu /= 2.90 Hz sowie die Daten aus Aufgabe A15.9a. A15.10b Skizzieren sie das Aussehen des Protonen-NMR-Spektrums von Diethylether (a) in einem 350-MHZ- und (b) in einem 650-MHz-Spektrometer. Verwenden Sie dazu J = 6.97 Hz sowie die Daten aus Aufgabe A15.9b.

A15.11a Zwei Gruppen von Protonen in einem fluktuierenden Molekül werden durch eine Isomerisierung identisch. Bei tiefen Temperaturen, wenn die Isomerisierung langsam verläuft, ist die chemische Verschiebung der einen Gruppe ö = 4.0 und die der anderen ö = 5.2. Bei welcher Geschwindigkeit der Isomerisierung fallen die beiden Signale in einem 250-MHz-Spektrometer zu einem einzigen Peak zusammen? A15.11b Zwei Gruppen von Protonen in einem fluktuierenden Molekül werden durch eine Isomerisierung identisch. Bei tiefen Temperaturen, wenn die Isomerisierung langsam verläuft, ist die chemische Verschiebung der einen

Gruppe d = 5.5 und die der anderen ö = 6.8, Bei wel-

cher Geschwindigkeit der Isomerisierung fallen die beiden Signale in einem 350-MHz-Spektrometer zu einem einzigen Peak zusammen? A15.12a Skizzieren Sie die Form des '’F-NMR-Spektrums einer natürlichen Probe von BF, -Ionen. Berücksichtigen Sie dabei die natürlichen Häufigkeiten der Isotope !OBF; und\lBrr A15.12b Verwenden Sie die Daten aus Tabelle 15-2, um die Fre-

quenz vorherzusagen, die man für die ®'P-NMR in einem Spektrometer benötigt, das für die Protonenresonanz bei 500 MHz konstruiert wurde. Skizzieren sie die

Phosphor- und Protonenresonanzen im NMR-Spektrum von PH;. A15.13a Skizzieren Sie die Form eines A; M,X,-Spektrums, wobei A, M und X Protonen mit deutlich unterschiedlichen chemischen Verschiebungen sind Und Jan > Ja gilt.

Schwerere Aufgaben A15.13b Skizzieren Sie die Form eines A,M,X;-Spektrums, wobei A, M und X Protonen mit deutlich unterschiedlichen chemischen Verschiebungen sind Und > Ja > her gilt.

groß ist der g-Faktor des Radikals, wenn das Spektrometer bei 9.332 GHz betrieben wird? A15.19a Das Zentrum des ESR-Spektrums eines Radikals, das

zwei nicht äquivalente Protonen mit Hyperfeinkopplungskonstanten von 2.0 und 2.6 mTenthält, liegt bei 332.5 mT. Bei welchen Feldstärken erscheinen die Linien der Hyperfeinstruktur und wie sind ihre relativen Intensitäten?

A15.14a Welches der folgenden Moleküle enthält Kerne, die zwar chemisch, aber nicht magnetisch äquivalent sind:

(a) CH;CH,, (b) CH,=CH,?

A15.14b Welche der folgenden Moleküle enthält Kerne, die zwar

chemisch, aber nicht magnetisch äquivalent sind: (a) CH,=C=CF,, (b) cis- und trans-[Mo(CO),(PH,),]?

A15.15a Die Dauer eines 90°- oder 180°-Pulses hängt von der Stärke des B,-Feldes ab. Wenn ein 90°-Puls in der Protonen-NMR 10us dauert, wie stark ist dann das B,-Feld?

Wie lange würde der entsprechende 180°-Puls dauern? A15.15b Die Dauer eines 90°- oder 180°-Pulses hängt von der Stärke des B,-Feldes ab. Wenn ein 180°-Puls in der Protonen-NMR 12.5us dauert, wie stark ist dann das

B,-Feld? Wie lange würde der entsprechende 90°-Puls dauern? A15.16a Welches Magnetfeld ist jeweils nötig, um eine Protonenresonanz in einem ESR-Spektrometer bei 9 GHz bzw. eine Elektronenresonanz in einem 300-MHz-Spektrometer beobachten zu können? A15.16b Manche kommerziellen ESR-Spektrometer verwenden Mikrowellen mit einer Wellenlänge von 8mm. Welches Magnetfeld ist nötig, um bei dieser Wellenlänge die Resonanzbedingung zu erfüllen? A15.17a Das Zentrum des ESR-Spektrums von atomarem Wasserstoff liegt in einem 9.2231-GHz-Spektrometer bei 329.12 mT. Wie groß ist der g-Faktor des Elektrons?

A15.17b Das Zentrum des ESR-Spektrums von atomarem Deuterium liegt in einem 9.2482-GHz-Spektrometer bei 330.02 mT. Wie groß ist der g-Faktor des Elektrons? A15.18a Ein Radikal, das zwei äquivalente Protonen enthält, zeigt im ESR-Spektrum drei Linien im Verhältnis 1:2:1 bei 330.2, 332.5 und 334.8 MT. Wie groß ist die Hyperfeinkopplungskonstante für jedes Proton? Wie groß ist der g-Faktor des Radikals, wenn das Spektrometer bei 9.319 GHz betrieben wird? A15.18b Ein Radikal, das drei äquivalente Protonen enthält, zeigt

im ESR-Spektrum vier Linien im Verhältnis 1:3:3:1 bei

619

A15.19b Das Zentrum des ESR-Spektrums eines Radikals, das drei nicht äquivalente Protonen mit Hyperfeinkopplungskonstanten von 2.11, 2.87 und 2.89 mT enthält, liegt bei 332.8 mT. Bei welchen Feldstärken erscheinen die Linien der Hyperfeinstruktur und wie sind ihre relativen Intensitäten?

A15.20a Sagen sie die Intensitätsverteilung der Hyperfeinstrukturlinien in den ESR-Spektren von (a) CH; und (b) -CD, vorher. A15.20b Sagen sie die Intensitätsverteilung der Hyperfeinstrukturlinien in den ESR-Spektren von (a) -CH,CH, und (b) -CD,CD; vorher.

A15.21a Der g-Faktor des Benzol-Radikalanions beträgt 2.0025. Bei welchem Feld erscheinen die Resonanzen (a) in einem 9.302-GHz-Spektrometer und (b) in einem 33.67-GHzSpektrometer? A15.21b Der g-Faktor des Naphthalinradikalanions beträgt 2.0024. Bei welchem Feld erscheinen die Resonanzen (a) in einem 9.312-GHz-Spektrometer und (b) in einem 33.838-GHz-Spektrometer? A15.22a Das ESR-Spektrum eines Radikals mit einem einzigen magnetischen Kern wird in vier Linien gleicher Intensität aufgespalten. Welchen Kernspin besitzt der Kern? A15.22b Das ESR-Spektrum eines Radikals mit zwei äquivalenten magnetischen Kernen wird in fünf Linien mit den Intensitäten 1:2:3:2:] aufgespalten. Welchen Kernspin besitzen die Kerne? A15.23a Skizzieren Sie die Form der Hyperfeinstrukturen der beiden Radikale XH, und XD,, wenn X einen Kernspin I = besitzt. A15.23b Skizzieren Sie die Form der Hyperfeinstrukturen der beiden Radikale XH, und XD;, wenn X einen Kernspin I = 3 besitzt.

331.4, 333.6, 335.8 und 338.0 mT. Wie groß ist die

Hyperfeinkopplungskonstante für jedes Proton? Wie

Schwerere Aufgaben?) ineinander überführt. In einem 60-MHz-Spektrometer kollabieren die beiden Resonanzlinien bei 280 K zu einer einzigen Linie, während dies in einem 300-MHz-Spektrometer erst bei 300 K geschieht. Wie groß ist die Aktivierungsenergie der Konformationsänderung?

Rechenaufgaben El

Ein Wissenschaftler untersucht die Möglichkeit einer Neutronenspinresonanz. Er besitzt ein kommerzielles 300MHz-NMR-Spektrometer. Bei welchem Feld tritt Resonanz der Neutronen ein? Wie groß ist der relative Unterschied der Besetzungszahlen bei Raumtemperatur? Welcher Spin des Neutrons entspricht dem tieferen Zustand?

Zwei Gruppen von Protonen besitzen chemische Verschiebungen von ö = 4.0 und ö = 5.2. Sie werden durch eine Konformationsänderung eines fluktuierenden Moleküls

15.3}

Nehmen Sie an, dass das FID-Signal aus Abb. 15-31 mit einem 300-MHz-Spektrometer aufgenommen wurde und dass das Intervall zwischen den Maxima der Oszillationen 0.10 beträgt. Wie groß sind die Larmor-Frequenz der Kerne und die Spin-Spin-Relaxationszeit?

Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 2) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

620

15.41

In einer klassischen Arbeit zur Anwendung der NMR auf die Messung von Rotationsbarrieren in Molekülen nahmen P. M. Nair und J. D. Roberts das 40-MHz-"’F-NMR-Spektrum von F,BrCCBrCl, auf (J. Am. Chem. Soc. 79 (1957) 4565), das in Abb. 15-63 wiedergegeben ist. Bei 193 K erscheinen fünf Resonanzlinien im Spektrum. PeakI und Ill

Es

eek

|

En

|

J

1

sind 160 Hz voneinander entfernt, ebenso Peak IV

2-

und V. Das Verhältnis der Intensitäten von Peak ||

Ze

S—

er

zu den Peaks |, Ill, IV und V beträgt jeweils etwa

10:1. Bei 273 K sind die fünf Peaks zu einem einzigen verschmolzen. Erklären Sie das Spektrum und seine Veränderung mit der Temperatur. Bei welcher Ulmwandlungsgeschwindigkeit kollabiert das Spektrum zu einer einzigen Linie? Berechnen Sie die Energiebarriere zwischen den Rotameren unter der Annahme, dass sie die Umwandlungsgeschwindigkeit der Rotamere bestimmt.



3

4

5

=

5

=

4

FEN

T

==

2)

ag

1

Abb. 15-64 Das COSY-Spektrum von ]-Nitropropan (NO,CH,CH,CH;). Die Kreise zeigen Ausschnittsvergrößerungen bestimmter Punkte. (Mit freundlicher Genehmigung von

Prof. G. Morris.)

Das gewinkelte NO,-Molekül besitzt ein einzelnes ungepaartes Elektron. Es kann in einer festen Matrix eingefangen oder durch Bestrahlung eines Nitritkristalls aus NO; -lonen hergestellt werden. Wenn das angelegte Feld parallel zur Verbindungslinie der beiden Sauerstoffatome ist, so liegt das Zentrum des Spektrums in einem 9.302 GHz-Spektrometer bei einer Feldstärke von 333.64 mT. Wenn das Feld in Richtung der ONO-Winkelhalbierenden anliegt, so erscheint die Resonanz bei

160 Hz

331.94 mT. Welchen Wert besitzt der g-Faktor in beiden Orientierungen?

Abb. 15-63

15.5t Verschiedene Varianten der Karplus-Gleichung

Die Hyperfeinkopplungskonstante in CH, beträgt 2.3 MT. Verwenden Sie die in Tabelle 15-3 angegebenen Informationen und sagen Sie die Aufspaltung der Hyperfeinstrukturlinien im Spektrum von -CD; vorher. Wie groß ist in beiden Fällen die gesamte Breite des Hyperfeinspektrums?

(GI. (15-27)) wurden verwendet, um Daten von vicinalen Protonen-Kopplungskonstanten in Systemen des Typs R,RZCHCHR3R, zu korrelieren. Die originale Fassung (M. Karplus,J.Am. Chem. Soc. 85 (1963) 2870) ist Ze A.cosE on BahünRs= Ra Ellist a zn ehssundikiehllist

3/,u = 8.04; für RR = R, = CH; ist Jun = 11.2Hz.

15.10

Nehmen Sie an, dass nur gestaffelte Konformationen relevant sind, und entscheiden Sie, welche Version der

Karplus-Gleichung die Daten besser beschreibt. 15.61

Es mag überraschend sein, dass die Karplus-Gleichung, die ursprünglich für ?/uu-Kopplungskonstanten entwickelt wurde, auch die vicinale Kopplung zwischen den Kernen von Metallen wie z.B. Zinn beschreibt. T. N. Mitchell und B. Kowall untersuchten die Beziehung zwischen °J,, und "Jsnsn In Verbindungen vom Typ Me;SnCH,CHRSnMe,

und fanden ’/s,sn = 78.86 °Ju4 + 27.84 Hz. (a) Ist demnach eine Karplus-artige Gleichung für °Js„s, anwendbar? Warum? (b) Bestimmen Sie die Karplus-Gleichung für ®snsn Und tragen Sie sie als Funktion des Diederwinkels auf. (c) Welches ist die bevorzugte Konformation des Moleküls?

Abb. 15-64 zeigt das Protonen-COSY-Spektrum von 1-Nitropropan. Erklären Sie die Nichtdiagonalpeaks im Spektrum.

Das p-Dinitrobenzol-Radikalanion kann durch Reduktion von p-Dinitrobenzol dargestellt werden. Das Radikalanion besitzt zwei identische Stickstoffkerne (I = 1) und vier äquivalente Protonen. Sagen Sie mithilfe der Werte a(N) = 0.148 mT und a(H) = 0.112 mT die Form seines ESR-Spektrums vorher.

San

Ein Elektron in einem 2s-Orbital an einem Stickstoffatom besitzt eine Hyperfeinwechselwirkung von 55.2 mT mit dem Kern. Das Spektrum von NO, zeigt eine isotrope Hyperfeinwechselwirkung von 5.7 mT. Welchen Bruchteil seiner Zeit verbringt das ungepaarte Elektron im 2s-Orbital? Die Hyperfeinkopplungskonstante eines 2p-Elektrons im N-Atom beträgt 3.4 mT. In NO, beträgt der anisotrope Anteil der Hyperfeinkopplung 1.3 mT. Welchen Anteil seiner Zeit verbringt das ungepaarte Elektron im 2p-Orbital des Stickstoffatoms? Wie groß ist die Gesamtwahrscheinlichkeit, das Elektron (a) am N-Atom und (b) an den Sauerstoffatomen anzutreffen? Wie ist die Hybridisierung

des N-Atoms? Passt diese Hybridisierung zu der Tatsache, dass das NO,-Radikal gewinkelt ist?

Schwerere Aufgaben

NO,

NO,

NO,

0.011 0.172

0.011

0.450

0.272

0.450

12

Zeigen Sie, dass das magnetische Dipolfeld in einer Flüssigkeit zu null gemittelt wird. Berechnen Sie dazu den Mittelwert über das in Gl. (15-28) angegebene Feld. (Hinweis: Das Volumenelement ist in Kugelkoordinaten proportional zu sinOdO db).

0.108

0.172

15.16

621

15.17

NO

Die Form I(w) einer Spektrallinie hängt über I(®) =a

13

Re | G(t) e”dt 0

NO,

mit dem FID-Signal G(t) zusammen, wobei A eine Kon-

0.112

0.112

0.112

0.112

stante ist und Re den Realteil der folgenden Funktion bedeutet. Berechnen Sie die Linienform, die zu der oszil-

lierend abfallenden Funktion G(t) = cosapte”"" gehört.

15.18

Verfolgen sie das Thema der vorangegangenen Aufgabe weiter und zeigen Sie, dass zu dem Signal G(t) = (a cos wıt + bcos w,t) e”'" ein Spektrum gehört, das aus zwei Linien bei den Frequenzen w, und w, mit Intensitäten proportional zu a bzw. b besteht.

15.19

ESR-Spektren werden häufig anhand der Parameter diskutiert, die in dem so genannten Spin-Hamilton-Operator

NO, 14 5212

An den drei Radikalanionen (12), (13) und (14) sind die beobachteten Hyperfeinkopplungskonstanten angegeben (in mT). Verwenden Sie den Wert für das Benzol-Radikala-

vorkommen, einem Hamilton-Operator, der verschiedene

Wirkungen räumlicher Operatoren (wie den Bahndrehimpuls) über Operatoren ausdrückt, die nur vom Spin abhängen. Zeigen Sie, dass die Störungstheorie zweiter Ordnung (und speziell Gl. (9-65)) für einen echten Hamilton-Operator H = —g.y.Bos,; — Y.Bol; dieselben Eigenwerte für den Spin liefert wie für den Spin-Hamil-

nion, um die Wahrscheinlichkeit darzustellen, mit der das

ungepaarte Elektron in dem n-Orbital jedes Kohlenstoffatoms anzutreffen ist. Theoretische Aufgaben

ton-Operator Hs, = —gy.Bos, (beachten Sie das g

15.13

Berechnen Sie a, für ein wasserstoffähnliches Atom mit der Kernladungszahl Z.

15.14

In dieser Aufgabe werden Sie die in Kapitel 11 beschriebenen Verfahren zur Berechnung der Elektronenstruktur verwenden, um die Hypothese zu überprüfen, dass die chemischen Verschiebungen von "’C-Kernen mit den Partialladungen am C-Atom korrelieren. (a) Verwenden Sie eine geeignete Softeware und ein Rechenverfahren Ihrer Wahl, um die Partialladung an dem Kohlenstoffatom in paraStellung zu den Substituenten in der folgenden Reihe von

anstelle von g.!), und finden Sie einen Ausdruck für g. Anwendungsaufgaben 15.20

nenresonanzen aus den Seitenketten von Tryptophan-28 und Tyrosin-23; (b) Sättigung der Protonenresonanzen aus der Seitenkette von Tryptophan-28 beeinflusst das Spektrum von Tyrosin-23 nicht.

Molekülen zu berechnen: Benzol, Phenol, Toluol, Trifluor-

toluol, Benzonitril, Nitrobenzol. (b) Die ’C-Verschiebungen der para-ständigen Kohlenstoffatome in jedem der Moleküle sind:

Substituent ö

OH 1301

CH, 1284

H 1285

cr 1289

cN 1291

15.21

Die z-Komponente des Magnetfeldes in einer Entfernung R von einem magnetischen Moment in z-Richtung ist durch Gl. (15-28) gegeben. In einem Festkörper spürt ein Proton in der Entfernung R dieses Feld, und die daraus resultierende Aufspaltung erlaubt es, R zu berechnen. In Gips beobachtet man beispielsweise eine Aufspaltung der H,O-Resonanz, die sich durch ein Feld von 0.715 mT erklären lässt, welches von einem der Protonen erzeugt wird und die Resonanz des anderen aufspaltet. Wie groß ist der Abstand der beiden Protonen im H,O-Molekül?

Durch Wechselwirkungen mit großen Biopolymeren oder sogar mit größeren Organellen kann die Rotation eines kleinen Moleküls behindert werden, sodass sich die

NO 1294

Dipolwechselwirkungen nicht herausmitteln können. Nehmen Sie an, das ein Molekül so gebunden ist, dass

der Verbindungsvektor zweier Protonen zwar frei um die

Gibt es eine lineare Korrelation zwischen der Partialladung und der chemischen Verschiebung des para-ständigen Kohlenstoffatoms in diesen Verbindungen? (c) Falls Sie eine Korrelation gefunden haben, verwenden Sie die in diesem Kapitel entwickelten Konzepte, um ihre physikalischen Ursachen zu erklären. 15.15

Interpretieren Sie die folgenden Eigenschaften der NMRSpektren von Hühner-Lysozym: (a) Sättigung einer Protonenresonanz, die der Seitenkette von Methionin-105 zugeordnet wird, verändert die Intensitäten von Proto-

z-Achse rotieren kann, die Rotation um den Azimut

dagegen auf das Intervall von 0 bis 0 beschränkt ist. Mitteln Sie das Dipolfeld über diesen eingeschränkten Bereich von Orientierungen und bestätigen Sie, dass der Mittelwert für # = rn (entsprechend freier Rotation) null wird. Wie ist der Mittelwert für das lokale Dipolfeld für das Wassermolekül aus Aufgabe 15.15, wenn es an ein Biopolymer gebunden ist, das seine Rotation auf 9= 30° einschränkt? 15.22

Warum nimmt die Spin-Gitter-Relaxationszeit von Benzol

(einem kleinen Molekül) in einem beweglichen, deuterierten Kohlenwasserstoff als Lösungsmittel mit steigender Temperatur zu, während die eines Oligonukleotids (eines großen Moleküls) abnimmt?

15 Molekülspektroskopie 3: Magnetische Resonanz

622 115923

Mithilfe der NMR-Spektroskopie kann die Gleichgewichtskonstante für die Dissoziation eines Komplexes aus einem kleinen Molekül (z. B. einem Enzyminhibitor I) und einem Protein (z.B. einem Enzym E) bestimmt werden:

Beer

@%

ia.

ee EN

Im Grenzfall langsamen chemischen Austauschs besteht das NMR-Spektrum eines Protons in | aus zwei Resonanzen: einer Linie bei v, für freies | und eine Linie bei v;, für gebundenes |. Bei schnellem Austausch besteht das Spektrum desselben Protons aus einem einzelnen Peak bei v = fiv, + faıVg, mit

CH, p

119,25

Skizzieren Sie das ESR-Spektrum des Di-tert-butyl-nitroxidradikals (10) bei 292 K für den Fall kleiner Konzentration (sodass der Spinaustausch vernachlässigbar ist), mittlerer Konzentration (sodass der Spinaustausch beginnt, sich bemerkbar zu machen) und großer Konzentration (sodass der Spinaustausch dominiert). Diskutieren Sie, wie man aus dem Spinaustausch zwischen Nitroxid-Spinsonden etwas über die laterale Beweglichkeit von Lipiden in einer biologischen Membran erfahren kann.

15.26

Spindichten in Radikalen zu berechnen. Neuere ESR-Untersuchungen haben gezeigt, dass die Aminosäure Tyrosin an einigen biologischen Elektronentransferreaktionen

Sie sollen ein MRT-Spektrometer entwerfen. Welcher Feldgradient (in Mikrotesla pro Meter, uTm') ist nötig, um einen Abstand von 100 Hz zwischen zwei Protonen zu erreichen, die durch die Länge einer menschlichen Niere (83cm) voneinander getrennt sind und sich in einer Umgebung mit ö = 3.4 befinden? Die Radiofrequenz des Spektrometers betrage 400 MHz und das angelegte Feld

beteiligt ist, unter anderem an der Oxidation von Wasser

SrANE

f = /N] + EN) und, = [EI)/(N] + EN). Für die

Analyse der Daten ist es noch hilfreich, die Differenzen

öv = v — vı und Av = v5, — v; zu definieren. Zeigen Sie,

dass wenn die Anfangskonzentration [I], von | viel größer ist als die Anfangskonzentration [E], von E, eine Auftragung von |||, gegen öv-' eine Gerade mit der Steigung [E],Av und dem y-Achsenabschnitt —K, ergibt. 15.24

Die in Kapitel 11 beschriebenen Verfahren zur Berechnung der Elektronenstruktur können verwendet werden, um die

zu O, in Photosystem Il und an der Reduktion von O, zu Wasser in der Cytochrom-c-Oxidase (Anwendung 17-2). Im Verlauf dieser Elektronentransferreaktionen wird ein Tyrosin-Radikal gebildet, dessen Spindichte auch über die Seitenkette delokalisiert ist. (a) Das Phenoxy-Radikal (15)

ist ein geeignetes Modell für das Tyrosin-Radikal. Verwenden Sie geeignete Software und ein Rechenverfahren ihrer Wahl (semiempirische oder ab-initio-Methoden), um die Spindichten am Sauerstoff- und allen Kohlenstoffatomen von (15) zu berechnen. (b) Sagen Sie die Form des ESRSpektrums von (15) vorher.

152277,

Nehmen Sie an, ein homogenes scheibenförmiges Organ liege in einem linearen Feldgradienten und das MRT-Signal sei proportional zur Anzahl der Protonen in einer Schicht der Dicke öx bei einem horizontalen Abstand x vom Zentrum der Scheibe. Welche Form hat die Absorptionsintensität des MRT-Signals der Scheibe, bevor irgendeine Verarbeitung durch den Computer stattgefunden hat?

623

-

16

Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

Die statistische Thermodynamik ist das Bindeglied zwischen den mikroskopischen und den makroskopischen Eigenschaften der Materie. In diesem Kapitel werden wir zwei entscheidende Konzepte für die Beschreibung von Systemen aus vielen Teilchen kennen lernen. Das erste ist die Boltzmann-Verteilung, mit der wir Besetzungszahlen von Zuständen im thermischen Gleichgewicht vorhersagen können. Wir werden sie in diesem Kapitel aus einigen allgemeinen Annahmen über die Verteilung von Teilchen über verfügbare Zustände herleiten. Die Herleitung wird uns auf einfache Weise auf das zweite

Konzept, die molekulare

Zustandssumme,

wir nicht wissen, welches

Molekül wann wie heftig

gegen die Wand stöftt. Wir müssen auch nicht berücksichtigen, dass dauernd Fluktuationen des Drucks auftreten, weil einmal mehr und einmal weniger Moleküle pro Zeiteinheit auf dieWand auftreffen. Diese Fluktuationen sind im Vergleich zu dem mittleren ausgeübten Druck verschwindend gering: Die Wahrscheinlichkeit einer Flaute im Strom der anprallenden Moleküle ist ebenso winzig wie die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Massenansturms. Auch für andere physikalische Größen treten Fluktuationen auf, aber für große Zahlen von Teilchen sind sie gegenüber den Mittelwerten einer Größe stets vernachlässigbar. Wir werden die statistische Thermodynamik im Laufe des Kapitels in zwei Schritten einführen: Der erste Schritt wird die Herleitung der Boltzmann-Verteilung sein. Die Zahl der möglichen Anwendungen ist auf dieser Stufe zwar sehr beschränkt, aber wir gelangen so auf einem einfachen und direkten Weg zu einem Ergebnis von großer Bedeutung: Wir können die statistische Thermodynamik benutzen, sobald wir die BoltzmannVerteilung eingeführt haben. Im zweiten Schritt (in Abschnitt 16.3.1) werden wir dann unsere Argumentation

etwas

erweitern,

so dass wir auch Systeme aus wechselwirken-

den Teilchen behandeln können.

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

1Sslsl

Konfigurationen und Gewichte : 624

16.1.2 Die molekulare Zustandssumme

.

- 627

Anwendung 16-1:

Der Helix-Knäuel-Übergang in Polypeptiden : 634 16.2

Innere Energie und Entropie : 636

16.2.1

Die Innere Energie - 636

1622

Die statistische Definition der

Entropie : 639 16.3

Die kanonische Zustandssumme

Kl

- 641

Das kanonische Ensemble - 641

116382 Die thermodynamische Infor-

mation in der Zustands-

ist die Einsicht, dass letztere sich mit Mittelwerten

von Gröfsen oder Eigenschaften befasst. So ist beispielsweise der Druck in einem Gefäß die mittlere Kraft, die die darin enthaltenen Moleküle pro Flächeneinheit ausüben. Um den Druck zu berechnen, müssen

Die Verteilung von Molekülzuständen - 624

führen, die die zentrale mathema-

tische Größe dieses und des nächsten Kapitels sein wird. Wir werden an einigen einfachen Fällen sehen, wie man die Zustandssumme berechnen und interpretieren kann. Im letzten Teil des Kapitels erweitern wir unsere Diskussion, um auch Ensembles miteinander wechselwirkender Teilchen zu erfassen. Dazu entwickeln wir ähnliche Gleichungen wie zu Beginn des Kapitels, die aber wesentlich allgemeiner anwendbar sind. In den bisherigen Kapiteln in diesem Teil des Buches hatten wir gesehen, wie wir die Energieniveaus von Molekülen berechnen, spektroskopisch messen und zur Struktur der Moleküle in Beziehung setzen können. Der nächste wichtige Schritt wird nun sein, aus der Kenntnis der molekularen Energieniveaus Aussagen über die makroskopischen Eigenschaften der Materie abzuleiten. Hierzu benötigen wir die Konzepte der statistischen Thermodynamik, der Verbindung zwischen den Eigenschaften der Moleküle und den thermodynamischen Eigenschaften makroskopisch ausgedehnter Substanzen. Der entscheidende Schritt auf dem Weg von der quantenmechanischen Beschreibung der Moleküle zur Thermodynamik

16.1

summe - 642 1083

Unabhängige Moleküle - 643

Das Wichtigste auf einen Blick - 646

Weiterführende Literatur - 646 Zusatzinformation 16-1: Die Boltzmann-Verteilung - 646 Zusatzinformation 16-2: Die Boltzmann-Gleichung - 647

Zusatzinformation 16-3: Negative Temperaturen - 648 Diskussionsfragen - 650 Leichte Aufgaben : 650

Schwerere Aufgaben - 651

624

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

16.1]

Die Verteilung von Molekülzuständen

Wir wollen ein System aus N Molekülen betrachten. Seine Gesamtenergie ist konstant gleich E, ohne dass wir jedoch wissen, wie diese Energie auf die verschiedenen Moleküle verteilt ist. Zwischen den Molekülen finden Stöße statt, die für eine unaufhörliche Umverteilung der Energie nicht nur zwischen den Molekülen, sondern auch zwischen ihren verschiedenen Bewegungsfreiheitsgraden sorgen. Um die Verteilung der Energie anzugeben, können wir bestenfalls die Besetzungszahl (oder Population) eines Zustands angeben, die mittlere Zahl von Molekülen, die in diesem Zustand vorliegen. Wir sprechen davon, dass sich im (zeitlichen) Mittel n, Moleküle im Zustand &; befinden. Die Besetzungszahlen der Zustände bleiben annähernd

konstant,

auch wenn

die einzelnen

Moleküle

bei Zusammenstößen

Energie austauschen. In diesem Abschnitt wollen wir die Besetzungszahlen der Zustände von beliebigen Molekülen mit beliebigen Bewegungsfreiheitsgraden bei beliebigen Temperaturen berechnen. Wir schränken nur ein, dass die Moleküle unabhängig sein sollen, d.h. dass die Gesamtenergie des Systems gleich der Summe der Energien der einzelnen Moleküle sein soll. Wir vernachlässigen also (zu diesem Zeitpunkt) die Möglichkeit, dass Wechselwirkungen zwischen den Molekülen einen Beitrag zur Gesamtenergie liefern. Weiter gehen wir vom Prinzip der gleichen a-priori-Wahrscheinlichkeiten aus; wir nehmen an, dass alle Möglichkeiten, die Energie auf die Zustände zu verteilen, gleich wahrscheinlich sind. A priori bedeutet in diesem Zusammenhang etwa „soweit wir wissen“. Wir haben einfach keinen Grund, etwas anderes anzunehmen, als dass alle Zustände unabhängig von ihrer genauen Natur mit gleicher Wahrscheinlichkeit besetzt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass Schwingungszustände einer bestimmten Energie mit gleicher Wahrscheinlichkeit besetzt werden wie Rotationszustände derselben Energie. Eine sehr wichtige Schlussfolgerung, die sich aus der folgenden Analyse herauskristallisieren wird, ist dass die Besetzungszahlen von Zuständen von einem einzigen Parameter abhängen, der „Temperatur“. Somit bietet die statistische Thermodynamik eine molekulare Grundlage für das Konzept einer Temperatur und ermöglicht uns so, diese entscheidende Größe etwas besser zu verstehen.

16.1.1

Konfigurationen und Gewichte

Jedes einzelne Molekül kann in den Zuständen &,,&,.... existieren. Wir wählen den Zustand mit der tiefsten Energie (&,) als Nullpunkt unserer Energieskala (E30) und messen alle anderen Energien relativ zu diesem Zustand. Daher müssen wir zur Summe der Energien aller Moleküle noch eine Konstante addieren, um die Innere Energie U eines Systems zu berechnen. Wenn wir beispielsweise den Beitrag der Schwingung zur Inneren Energie eines Systems ermitteln wollen, müssen wir immer noch die gesamte Nullpunktsenergie aller Oszillatoren in der Probe addieren.

Momentane Konfigurationen In jedem Moment besetzen n, Moleküle den Zustand &,, n, Moleküle den Zustand & usw. Die Angabe der Besetzungszahlen ny,n,.... in der Form Innen

beschreibt die momentane Konfiguration des Systems. Sie ändert sich ständig, da sich die Besetzungszahlen der Niveaus ändern. In einem aus vielen Teilchen bestehenden System gibt es eine ungeheuer große Anzahl von möglichen Konfigurationen. Eine ist beispielsweise {N,0,0,...}, in der sich alle Moleküle im Grundzustand befinden. Eine weitere Konfiguration ist {N -2,2,0,...}, in der zwei Moleküle im ersten angeregten Zustand vorliegen. Diese Konfiguration ist automatisch wahrscheinlicher als die erste, weil sie auf mehrere Arten realisiert werden kann: {N,0,0,...} kann nur auf eine Weise erreicht werden, {N -2,2,0,... } dagegen

16.1

Die Verteilung von Molekülzuständen

625

auf N(N — 1)/2 verschiedene Arten (Abb. 16-1, siehe auch Begründung 16-1). Zum momentanen Zeitpunkt ignorieren wir die Bedingung, dass die Gesamtenergie des Systems konstant sein soll (die zweite Konfiguration besitzt eine höhere Energie als die erste); diese Einschränkung werden wir erst später in die Diskussion einführen. Wenn das System als Folge von Stößen zwischen den beiden Konfigurationen

"m Zu==

00er

und

N®= 22,0... .} hin- und herwechseln kann, dann werden wir es

aufgrund dieser statistischen Gegebenheiten fast immer im zweiten Zustand antreffen (und zwar mit umso größerer Wahrscheinlichkeit, je größer N wird). Mit anderen Worten, ein System, das frei zwischen beiden Möglichkeiten wählen kann, besitzt Eigenschaften, die fast ausschließlich denen der zweiten Konfiguration entsprechen. Allgemein bezeichnet man die Zahl W der Arten, auf die eine bestimmte Konfigurationen realisierbar ist, als das (statistische) Gewicht dieser Konfiguration. Das Gewicht der Konfiguration {ny,n,,...} ist durch den Ausdruck

a 2r Abb. 16-1

Eine Konfiguration {5,0,0,...}

kann nur auf eine einzige Weise erreicht werden, die Konfiguration {3,2,0,...}

dagegen auf die hier gezeigten zehn Arten. Die Schattierung dient zur Unterscheidung der individuellen Moleküle.

N!

re n'n!n!...

Es

gegeben. Dieser Ausdruck ist die Verallgemeinerung der Formel W = N(N - 1)/2 und reduziert sich für die Konfiguration {N — 2,2,0,...} genau darauf.

IBegründung 16-1

Das statistische Gewicht einer Konfiguration

Kommentar 16-1 Etwas formaler wird W als Multinomialkoeffizient bezeichnet (siehe Anhang 2). In Gl. (16-1) bedeutet x! (gelesen x Fakultät) das Produkt x(x—-1)(x81022m)

EIITZI0N:

Selbst für dieses leichte Molekül sind bei Zimmertemperatur etwa 10°° Zustände zugänglich. Viele Translationszustände sind immer dann besetzt, wenn die ther| mische Wellenlänge (die in diesem Fall 71.2 pm beträgt) klein ist gegen die lineare Ausdehnung des Behälters. Übung 16-5 Berechnen Sie die Zustandssumme der Translation für ein D,-Molekül unter den

gleichen Bedingungen.

[q = 7.8 x 102°, 2?/?-mal so groß]

Der Gültigkeitsbereich der Näherungen, die uns zu Gl. (16-19) geführt haben, kann mithilfe des mittleren Abstandes d zwischen den Teilchen im Behälter angegeben werden. Über das Pauli-Prinzip und seine Auswirkungen auf die Besetzung der Zustände brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, wenn viele Zustände für jedes Molekül zur Verfügung stehen. Da q die Gesamtzahl der verfügbaren Zustände angibt, ist die mittlere Zahl von Zuständen pro Molekül gleich q/N. Damit diese Zahl groß ist, muss V/NA’ > 1 gelten. Andererseits ist V/N das verfügbare Volumen pro Molekül, der mittlere Abstand der Teilchen ist daher d= (V/N N Die Bedingung dafür, dass viele Zustände für ein Molekül verfügbar sind, ist also

d/A’>1 oder d> A. Mit anderen Worten, Gl. (16-19) gilt, solange der mittlere Abstand der Teilchen viel größer ist als ihre thermische Wellenlänge. Für H, bei 1bar und 298 K beträgt der mittlere Abstand der Moleküle 3 nm (3000 pm); er ist also groß gegen die thermische Wellenlänge der Moleküle (71.2 pm, siehe Illustration 16-3).

Anwendung 16-1

Der Helix-Knäuel-Übergang in Polypeptiden

Proteine sind Polymere, die sowohl in Lösung als auch in biologischen Zellen eine wohldefinierte dreidimensionale Struktur annehmen. Es sind Polypeptide, die aus verschiedenen durch Peptidbindungen -CONH- verbundenen Aminosäuren bestehen. Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den einzelnen Aminosäuren eines Polypeptids führen zu Helix- oder Faltblattstrukturen, die bei Änderung der Umgebungsbedingungen zu statistischen Knäueln zusammenbrechen können. Die Entfaltung einer Helix in ein statistisches Knäuel ist ein kooperativer Übergang, bei dem das Polymer die Strukturveränderung immer leichter vollzieht, je weiter der Prozess bereits fortgeschritten ist. Wir betrachten im Folgenden ein Modell auf der Grundlage der statistischen Thermodynamik, die diese Kooperativität des Helix-Knäuel-Übergangs in Polypeptiden beschreibt.

16.1 Die Verteilung von Molekälzuständen

635

Um den Bruchteil von Polypeptidmolekülen zu berechnen, der als Helix oder Knäuel vorliegt, müssen wir die Zustandssumme für die verschi edenen Zustände

des Moleküls bestimmen. Um unser Vorgehen dabei zu erläutern, betracht en wir

ein kurzes Polypeptid aus vier Aminosäuren, die wir mit h bezeich nen, wenn sie

zu einem helikalen Strukturabschnitt beitragen, und mit k, wenn sie zu einem knäuelförmigen Bereich beitragen. Wir nehmen weiter an, dass die Konformatio-

nen hhhh und kkkk die Beiträge q, und 9, zur Zustandssumme q liefern und dass jede der vier Konformationen mit genau einer k-Aminosäure (z.B. hkhh) einen Beitrag q, liefert. Entsprechend soll jeder der sechs Zustände mit zwei k-Amino säuren einen Beitrag q, und jeder der vier Zustände mit drei k-Aminosäuren einen Beitrag k; liefern. Die Zustandssumme lautet dann

N

je

Ä Par %

%

Gb

Als Nächstes nehmen wir an, dass jede der einzelnen Zustandssummen sich von 9, nur um die Energie des jeweiligen Zustands relativ zu hhhh unterscheidet, und schreiben GE ir e

(Ei=8o)/kT

j

go

Nun nehmen wir an, dass der Übergang nicht kooperativ ist, d.h. dass die Energie, die mit dem Wechsel einer h- zu einer k-Aminosäure verbunden ist, nicht davon abhängt, wie viele h- oder k-Aminosäuren im Edukt- oder Produktmolekül enthalten sind oder wo in der Kette der Austausch stattfindet. Mit anderen Worten, wir nehmen an, dass die Energiedifferenz zwischen c'h‘ und c*!h’-' für alle i denselben Wert y besitzt. Folglich ist &; — &, = yi und damit

gq=g(1+45+6°+4°+s)

mit

s=e’/R

(16-20)

wobei 7 = N,y als Stabilitätsparameter bezeichnet wird. Der Term in Klammern hat die Form einer Binomialentwicklung von (1 + s)*, 4

re q —=) (4,i)s’ mit t 5 = C(4,

4!

C(4,i) a C(4,i) = ——

,

(16-21) 16-21

Kommentar 16-4 Die Binomialentwicklung von (1+ x)" ist

ar

2

_

}

ca)“, n!

die wir als die Anzahl von Möglichkeiten interpretieren können, einen Zustand mit i k-Aminosäuren zu realisieren. Die Erweiterung dieses Ansatzes auf beliebig lange Aminosäureketten ist nun nicht weiter schwierig: Wir müssen nur die obere Grenze von 4 in der Summe durch n ersetzen,

ur cin). 40

(16-22)

i=0

Ein Modell für den kooperativen Übergang ist schwieriger zu erstellen und wird davon abhängen, wie die Beeinflussung der Konformationsübergänge durch Nachbargruppen beschrieben wird. In dem einfachen Reißverschlussmodell ist die Konversion von h nach k nur erlaubt, wenn bereits mindestens ein Nachbar der betrachteten Gruppe eine k-Aminosäure ist. Das Reißverschlussmodell erlaubt

also einen Übergang ...hhhkh...— ...hhhkk..., aber nicht ...hhhkh... > ...hkhkh... Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist offensichtlich der erste Übergang von h nach k in einer komplett helikalen Kette. Die Kooperativität wird aber auch in diesem Schritt berücksichtigt, indem angenommen wird, dass dieser erste Übergang von h nach k, der Nukleationsschritt, weniger wahrscheinlich ist als alle weiteren; dazu ersetzt man s durch os mit a < 1. Jeder weitere Schritt wird als

Propagationsschritt bezeichnet und mit dem Stabilitätsparameter s versehen. In Aufgabe 16.24 dürfen Sie zeigen, dass die zugehörige Zustandssumme

g=1+) Zindos il

(16-23)

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

636 0.15

gesessen

t, auf die ein Zustand lautet, wobei Z(n,i) die Anzahl der Möglichkeiten bedeute

schlussmodells reamit i k-Aminosäuren unter den Randbedingungen des Reißver 1 ist (siehe Aufgabe 16.24), ist

lisierbar ist. Da Z(n,i) =n-i+ g=eltaln+1))

(16-24)

i.

s-o) Al

il

Nachdem wir beide geometrischen Reihen mithilfe der Beziehungen n

2

f

——

gr

2,

2

und

x—1

>

E

ix 4

x

(x — |

nt



(n+1)x"

"

+1]

ausgewertet haben, erhalten wir

as[s"" - (n+ 1)" +1]

ga

Abb. 16-9 Die Verteilung von p,, dem Anteil der Moleküle mit i Aminosäuren vom Typ k, fürs = 0.8 ((i) = 1.1), 1.0 ((i) = 3.8) und 1.5 ((i) = 15.9), jeweils mit DEU

(s-1)’

Der Bruchteil p; = q,/q von Molekülen, der gerade i k-Aminosäuren enthält, ist p; = |(n - i + 1)os]/q, und der Mittelwert von i ist (i) = Y,;ip;. Abb. 16-9 zeigt die Verteilung von p; für verschiedene Werte von s mit a = 5.0. x 10°. Wir erkennen, dass für s < 1 der größte Teil der Kette helikal bleibt und dass für s > 1 der gröfßste Teil der Kette als statistisches Knäuel vorliegt. Für s= 1 existiert eine breitere Verteilung von helikalen und Knäuel-Segmenten. Der Konversionsgrad 0 eines Polypeptids aus n Aminosäuren zu einem statistischen Knäuel ist definiert als 0 = (i)/n;man kann zeigen (siehe Aufgabe 16.24), dass

= -rei |

(16-25)

Dies ist ein allgemeines Ergebnis, das für jeden Helix-Knäuel-Übergang gilt, bei dem die Zustandssumme mithilfe des Stabilitätsparameters s ausgedrückt wird. Ein ausgefeilteres Modell muss die Möglichkeit zulassen, dass sich entlang der Aminosäurekette mehrere unabhängige helikale Bereiche bilden, die durch schrumpfende Abschnitte mit einer Knäuelstruktur getrennt sind. Rechnungen auf der Grundlage dieses Zimm-Bragg-Modells ergeben

0-3(1+ ante) 2

(16-26)

(s - Dr = 450] Ä

Abb. 16-10 zeigt die Auftragung von 0 gegen s für verschiedene Werte von o. Die Kurven zeigen den für kooperatives Verhalten typischen S-förmigen Verlauf. Der Übergang zu einem statistischen Knäuel wird schlagartig attraktiver, wenn s durch 1 geht; je kleiner der Parameter o ist, desto steiler verläuft die Kurve und desto kooperativer verläuft der Übergang. Mit anderen Worten, je schwieriger es ist, die Knäuelbildung zu initiieren, desto schärfer ist der Übergang von Helix zu Knäuel.

(0,5) 8

16.2]

Innere Energie und Entropie

Die Bedeutung der molekularen Zustandssumme besteht darin, dass in ihr die gesamte Information über die thermodynamischen Eigenschaften eines Systems aus unabhängigen Molekülen im thermischen Gleichgewicht enthalten ist. In dieser Hinsicht spielt q in der statistischen Thermodynamik eine ähnliche Rolle wie die Wellenfunktion in der Quantenmechanik: q ist eine Art thermische Wellenfunktion.

Abb. 16-10 Der Konversionsgrad 0 als Funktion von s für verschiedene Werte von o. Die Kurven zeigen den S-förmigen Verlauf, der für kooperative Phänomene typisch ist.

16.2.1

Die Innere Energie

Zuerst wollen wir sehen, wie wir aus der Zustandssumme q die Innere Energie U des Systems berechnen können.

16.2 Innere Energie und Entropie

637

Die Beziehung zwischen U und q Die Gesamtenergie des Systems ist

E= > n8.

(16-27)

Da die wahrscheinlichste Konfiguration des Systems alle anderen möglichen Konfigurationen dominiert, können wir eine Boltzmann-Verteilung für die Besetzungszahlen ansetzen: N E= DI

Ban

—ße

(16-28)

Diesen Ausdruck wollen wir in eine Form bringen, in der er nur noch von q abhängt. Dazu verwenden wir

Damit können wir schreiben

5 At a)

E =

——

—e

Bei

m

ige | q2 ;



Pe;

=



Ndq dp

——,

-

Sr



Illustration 16-4

Die Energie eines Zweiniveausystems

Aus der Zustandssumme eines Zweiniveausystems,

g= 1+ e”*, können wir die

Gesamtenergie von N solchen Zweiniveausystemen berechnen:

Er

N ee \d

ee

Pe



Nee 1 4 ehe

1 =! eße

Diese Funktion ist in Abb. 16-11 dargestellt. Die Energie geht bei T=0 gegen null (da nur noch der untere Zustand besetzt ist, dessen Energie definitionsgemäß null ist) und steigt bei hohen Temperaturen bis auf einen Wert von 5Ne an, wenn beide Energieniveaus gleichmäßig besetzt sind. Einige Aspekte von Gl. (16-29) verdienen besondere Beachtung. Erstens haben wir &, = 0 gesetzt (wir messen alle Energien vom tiefsten Niveau aus), daher ist auch unsere berechnete Energie E nur die Innere Energie des Systems bezogen auf ihren Wert U(0) bei T = 0. Um die tatsächliche Innere Energie U zu erhalten, müssen wir zu E noch den Wert der Inneren Energie bei T = 0 addieren:

U=U(0O)+E.

(16-30)

Zweitens hängt die Zustandssumme im Allgemeinen noch von anderen Variablen außer der Temperatur ab (beispielsweise dem Volumen), daher ist die Ableitung nach ß in Gl. (16-29) in Wirklichkeit eine partielle Ableitung, bei der die übrigen Variablen konstant gehalten werden. Der vollständige Ausdruck für den Zusammenhang zwischen der molekularen Zustandssumme und der thermodynamischen Inneren Energie eines Systems aus N unabhängigen Teilchen lautet somit

U = U(0)

(5), |

(16-31a)

0

5

10

kT/e Abb. 16-11 Die Gesamtenergie eines Zweiniveausystems (als Vielfaches von Ne) als Funktion der Temperatur auf zwei unterschiedlichen Temperaturskalen. Die obere Darstellung zeigt den langsamen Anstieg von der Energie null bei tiefen Temperaturen. Die Steigung der Funktion bei T = 0 ist null (d.h. bei T = O ist die Wärmekapazität null). Die untere Darstellung zeigt den allmählichen Anstieg der Funktion auf 0.5 für T — , wenn beide Niveaus gleich

stark besetzt sind (vgl. Abb. 16-7).

638

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen Wenn wir noch berücksichtigen, dass dx/x = dInx ist, so können wir auch schreiben

n(ing SB Ir

U = U(0)

(16-31b )

Wir müssen also nur die Zustandssumme eines Systems (als Funktion der Temperatur) kennen, um seine Innere Energie (relativ zu ihrem Wert bei T = 0) berech$

nen zu können.

Der Wert von ß Wir sind bisher noch eine Begründung dafür schuldig geblieben, dass wir den Parameter £ mit 1/KT identifizieren. Dazu vergleichen wir den Ausdruck für die Innere Energie eines einatomigen Gases, den wir aus dem Gleichverteilungssatz erhalten, mit dem entsprechenden Ausdruck aus der Zustandssumme der Translation. Der Gleichverteilungssatz besagt (Mikroskopische Interpretation 2-2), dass U=U()+

OnRT

(16-32a)

ist. Aus der Zustandssumme berechnen wir dagegen

der Translation

(siehe die folgende

= VO).

Begründung)

(16-32b)

Durch Vergleich dieser beiden Beziehungen finden wir

a

N

nN,

1

nRT

nN,kKT

IT

(16-33)

wobei wir N=nN, und R= N,k verwendet haben (n ist die Stoffmenge). Obwohl wir # = 1/kT damit nur für einen sehr speziellen Fall - die Translation eines einatomigen Gases — bewiesen haben, gilt das Ergebnis allgemein (siehe Beispiel 17-1 und die Weiterführende Literatur).

Um Gl. (16-31) verwenden Gl. (16-19) ein,

zu können,

setzen

wir die Zustandssumme

@) -(4%) berlin RL aBl

NDR

mE

ON aa

Mithilfe der Definition von A aus Gl. (16-19) erhalten wir

RE!

dB

dB\(2rm)?|

h

A

28” Onm)? 28°

Folglich ist

() sr OB

2A

und aus Gl. (16-31a) ergibt sich U

—_

U(0)

n(AN 7)(5)

3N

==

U(0) + TE ——

aus

16.2 Innere Energie und Entropie

16.2.2

Die statistische Definition der Entropie

Wenn es stimmt, dass die Zustandssumme die gesamte thermodynamische Information über ein System enthält, dann muss es einen Weg geben, außer der Inneren

Energie auch die Entropie zu berechnen. Da wir wissen (aus Abschnitt 3.1.2), dass die Entropie mit der Umverteilung von Energie zusammenhängt und dass die Zustandssumme ein Maß für die Zahl der in einem System thermisch zugänglichen Zustände ist, scheint es nicht unwahrscheinlich, dass tatsächlich ein Zusam-

menhang zwischen beiden besteht. Den Zusammenhang zwischen der Zustandssumme und der Entropie werden wir in zwei Schritten herstellen. In Zusatzinformationen 16.2 begründen wir eine der meistgefeierten Gleichungen der statistischen Thermodynamik, die BoltzmannFormel für die Entropie:

In diesem Ausdruck bedeutet W das Gewicht der wahrscheinlichsten Konfiguration des Systems. Danach drücken wir W durch die Zustandssumme des Systems aus. Die statistische Entropie verhält sich genauso wie die thermodynamische Entropie. Wenn wir die Temperatur verringern, so sinkt der Wert von W und damit auch der von S, da weniger Zustände mit der Gesamtenergie des Systems vereinbar sind. Für T—0ist W=1 und damit InW =0, da für E = O0 nur noch eine Konfiguration möglich ist (alle Moleküle im Grundzustand). Daraus folgt S— O0 für ' —Oin Übereinstimmung mit dem Dritten Hauptsatz der Thermodynamik, der besagt, dass die Entropien aller idealen Kristalle für T — 0 den gleichen Wert annehmen (Abschnitt 3.1.5). Nun müssen wir noch die Boltzmann-Formel mit der Zustandssumme in Zusammenhang bringen. Hierzu setzen wir den Ausdruck für InW aus Gl. (16-3) in Gl. (16-34) ein und erhalten

N)

+ Nking.

(16-35)

2

Wir verwenden zuerst Gl. (16-3) (InW = NInN - %,nInn,) und die Beziehung N =),n; und schreiben S=k)

(nInN - nInn) — -kYnnn

= -NkY pilnp, £

wobei p; = n,/N der Bruchteil der Moleküle im Zustand i ist. Aus Gl. (16-7) folgt Inp; = ße; — Ing

und damit S= (Dr

,— a)

— kß{U - U(0)} + Nking.

Hierbei haben wir die Tatsache verwendet, dass die Summe über die p; gleich eins ist und wegen Gl. (16-27) und Gl. (16-30) NY

p&

= > Nps =

Ina

= E=

U-U().

Dass ß = 1/kT ist, haben wir bereits gezeigt, somit folgt unmittelbar Gl. (16-35).

639

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

640

Beispiel 16-4 Die Berechnung der Entropie eines Systems von Oszillatoren Finden Sie einen Ausdruck für die Entropie eines Systems aus N unabhängigen harmonischen Oszillatoren. Berechnen Sie den Zahlenwert bei 25°C mit den Schwingungsdaten für das I,-Molekül aus Beispiel 16.3. Vorgehen Um Gl. (16-35) verwenden zu können, benötigen wir die Zustandssumme für ein Molekül mit äquidistanten Energieniveaus, Gl. (16-12). Aus der Zustandssumme erhalten wir “urch Differenziation die Innere Energie (Gl. (16-31a)) und durch Kombination der beiden Ausdrücke schließlich die EntroDies»

Antwort g-

Die molekulare Zustandssumme aus Gl. (16-12) ist

1 Tee

Daraus erhalten wir mithilfe von Gl. (16-31a) die Innere Energie: 0

5

10

kT/e Abb. 16-12 Die Temperaturabhängigkeit der Entropie des Systems aus Abb. 16-3 (in Einheiten von Nk). Für T — O strebt die Entropie gegen null, für T — geht sie gegen unendlich.

U - U(0)=

N

/(odq

q



Nee a ea 1’=

eh:

MINE ep: |,

fr

Für die Entropie finden wir auf diese Weise Ss ße

Be In(1-e”)).

Diese Funktion ist in Abb. 16-12 dargestellt. Für I, bei 25°C ist ße = 1.036 (Beispiel 16-3) und daher S,, = 8.38] K"' mol”'.

Übung 16-6 Berechnen Sie die molare Entropie von N Zweiniveausystemen und zeichnen Sie die resultierende Funktion auf. Wie groß ist die Entropie, wenn beide Zustände gleich stark besetzt sind? [S/Nk = Be/(1+ ee) + In(1+ e”#); Abb. 16-13; S = NkIn2]

S/Nk

Abb. 16-13 Die Temperaturabhängigkeit der Entropie eines Zweiniveausystems (in Einheiten von Nk). Für T — © werden die Besetzungszahlen der beiden Zustände gleich groß und S geht gegen NkIn2.

kT/e

16.3

16.3|

Die kanonische Zustandssumme

Die kanonische Zustandssumme

In den folgenden Abschnitten wollen wir unsere bisherigen Erkenntnisse auf Systeme aus wechselwirkenden Molekülen verallgemeinern. Außerdem werden wir sehen, wie wir die molekulare Zustandssumme aus der hier entwickelten allgemeinen Form der Zustandssumme erhalten können.

641

112193 NINENnIEN VIVIVIMV

Re

ee

N,

16.3.1

Das kanonische

V ir

Ensemble

Wenn wir Systeme aus wechselwirkenden Teilchen beschreiben wollen, benötigen wir ein neues Konzept, das Konzept des Ensembles (im Deutschen auch als „Gesamtheit“ bezeichnet). Ensemble bedeutet nichts weiter als eine „Ansammlung“ von Teilchen, aber wie so viele wissenschaftliche Ausdrücke besitzt auch dieser eine exaktere und präzisere Bedeutung als in der Umgangssprache.

Das Konzept des Ensembles Ein Ensemble besteht aus N identischen Replikaten eines geschlossenen Systems ınit definierten Werten für Volumen, Zusammensetzung und Temperatur (Abb. 16-14). Die identischen Replikate des geschlossenen Systems befinden sich im thermischen Kontakt miteinander und können daher Energie austauschen. Die Gesamtenergie aller Systeme ist E, und da sie in thermischem Kontakt stehen, besitzen sie alle die gleiche Temperatur T. Diese imaginäre Anordnung von Replikaten des tatsächlichen Systems wird als kanonisches Ensemble bezeichnet. Das Wort „kanonisch“ bedeutet soviel wie „Vorbild“. Es gibt noch zwei weitere wichtige Arten von Ensembles. Im mikrokanonischen Ensemble ist die Bedingung konstanter Temperatur durch die Bedingung konstanter Energie ersetzt: Jedes der Einzelsysteme ist hierbei abgeschlossen. Im großkanonischen Ensemble besitzen alle Systeme gleiches Volumen und gleiche Temperatur, sind aber offen. Das bedeutet, dass die Systeme nun Teilchen austauschen können, ihre Zusammensetzung ist nicht mehr konstant. Dafür ist nun das chemische Potenzial aller Systeme gleich. Wir können die Charakteristika dieser Ensembles wie folgt zusammenfassen: Mikrokanonisch: N, V und E konstant. Kanonisch: N, V und T konstant. Großkanonisch: u, V und T konstant. Das Entscheidende am Konzept des Ensembles ist, dass es sich um eine Ansammlung von gedachten Replikaten des eigentlichen Systems handelt, sodass wir die Zahl N der Replikate beliebig groß wählen können; wenn nötig, können wir N unendlich werden lassen. Die Zahl der individuellen Systeme des Ensembles, die

eine Energie E, besitzen, bezeichnen wir mit n,. Wir können nun ganz analog zur Beschreibung eines einzelnen Systems in Abschnitt 16.1.1 von der Konfiguration unseres Ensembles und ihrem Gewicht W sprechen. Die Zahl N der gedachten Replikate hat nichts mit der Zahl N der Moleküle im tatsächlichen System zu tun.

Die dominierende Konfiguration Ebenso wie in Abschnitt 16.1.1 wird auch für das Ensemble eine Konfiguration sehr viel wahrscheinlicher sein als alle anderen. Beispielsweise ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich die gesamte Energie E des Ensembles in einem einzigen System konzentrieren wird. Aus unseren früheren Betrachtungen ziehen wir den Analogieschluss, dass es eine dominierende Konfiguration geben wird und dass wir die thermodynamischen Eigenschaften unseres Systems berechnen können, indem wir eine Mittelung über das Ensemble durchführen, wobei wir nur diese dominierende

Konfiguration berücksichtigen. Im thermodynamischen Grenzfall

N—

ist diese

dominierende Konfiguration mit weitem Abstand die wahrscheinlichste, sodass sie die Eigenschaften des Systems praktisch vollständig bestimmt.

N, V T

N, V IE

|||5 Abb. 16-14 Eine schematische Darstellung des kanonischen Ensembles, hier für

N = 20. Die einzelnen Replikate des tatsächlichen Systems besitzen alle die gleiche Zusammensetzung und das gleiche Volumen. Sie stehen alle im thermischen Kontakt und besitzen daher alle die gleiche Temperatur. Zwischen ihnen kann Energie in Form von Wärme übertragen werden,

daher besitzen sie nicht alle die gleiche Energie. Die Gesamtenergie E aller 20 Replikate ist jedoch konstant, da das Ensemble als Ganzes von seiner Umgebung isoliert ist.

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

642

Die quantitative Beschreibung folgt vollständig derjenigen aus Abschnitt 16.1.1, nur dass N und n; durch N und n, ersetzt werden. Das Gewicht einer Konfiguration se, KB}

E

'öD ®

Breite des Bereichs

Lu

Anzahl der Zustände Abb. 16-15

Die Zustandsdichte ist die

Zahl der Zustände in einem Energieintervall dividiert durch die Breite dieses Intervalls.

Na]

ReNi

Die Konfiguration mit dem größten Gewicht (unter der Einschränkung konstanter Gesamtenergie E des Ensembles unä konstanter Zahl N von Systemen) ist durch die kanonische Verteilung >

BE,

-- 7 Wahrscheinlichkeit der Energie

(16-36)

mit O=-) ect"

(16-37)

gegeben. Die Größe © wird als kanonische Zustandssumme bezeichnet.

Die wahrscheinlichste Energie des Systems

Wahrscheinlichkeit des Zustandes gs

Ar

Anzahl der Zustände

Energie Abb. 16-16 Um die Form der Verteilung der Mitglieder des kanonischen Ensembles über die Energie zu konstruieren, multiplizieren wir die Wahrscheinlichkeit, ein

System in einem Zustand gegebener Energie anzutreffen (Gl. (16-39)) mit der Zahl von Zuständen dieser Energie (eine steil mit der Energie ansteigende Funktion). Das Produkt ist eine Funktion mit einem

sehr scharfen Maximum bei der mittleren Energie. Sie zeigt, dass fast alle Mitglieder des Ensembles diese Energie besitzen.

Die kanonische Verteilung aus Gl. (16-37) ist nur scheinbar eine exponentiell abfallende Funktion der Energie des Systems. Wir müssen beachten, dass Gl. (16-37) die Wahrscheinlichkeit angibt, ein Mitglied des Ensembles in einem bestimmten Zustand i (des Systems) mit einer Energie E; anzutreffen. In der Regel werden aber sehr viele Zustände mit identischen oder praktisch identischen Energien existieren. Beispielsweise ändert sich in einem Gas die Energie nicht, wenn sich die Moleküle, die sich zunächst langsam bewegten, plötzlich schnell bewegen und sich gleichzeitig die Moleküle, die sich anfangs langsam bewegten, nun schnell bewegen. Die Zustandsdichte, die Zahl von Zuständen pro Energieintervall (Abb. 16-15), ist eine sehr schnell mit der Energie ansteigende Funktion. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mitglied des Ensembles eine bestimmte Energie besitzt (im Gegensatz zu einem bestimmten Zustand), ist daher durch Gl. (16-37) gegeben, eine steil abfallende Funktion, multipliziert mit einer steil ansteigenden Funktion (Abb. 16-16). Insgesamt führt dies zu einer Funktion, die bei einer bestimmten Energie ein sehr scharfes Maximum besitzt. Das bedeutet, dass die meisten Mitglieder unseres Ensembles eine Energie sehr nahe bei der mittleren Energie besitzen werden.

16.3.2

Die thermodynamische Information in der Zustandssumme

Ebenso wie die molekulare Zustandssumme enthält auch die kanonische Zustandssumme die gesamte thermodynamische Information über ein System. © ist jedoch viel allgemeiner, da sie nicht auf der Annahme beruht, dass die Moleküle nicht miteinander wechselwirken. Daher können wir mithilfe von © die Eigenschaften von kondensierten Phasen und realen Gasen diskutieren, in denen Wechselwirkungen zwischen den Molekülen wichtig sind. Die Innere Energie Wenn wir die gesamte Innere Energie eines Ensembles mit E und die Zahl der Mitglieder mit N bezeichnen, so ist die mittlere Energie jedes Mitglieds gleich dem arithmetischen Mittel E= E/N. Damit können wir nun die Innere Energie eines Systems für den Grenzfall berechnen, dass N (und E) gegen unendlich streben:

für

Noo.

(16-38)

Der Bruchteil p, von Mitgliedern des Ensembles, die im Zustand i mit der Energie E; vorliegen, ist in Analogie zu Gl. (16-7)

16.3

Die kanonische Zustandssumme

no:

(16-39)

Die Innere Energie ist somit 1 U = U(0) +) BE2 = U(0) + ge.

(16-40)

Auf die gleiche Weise wie Gl. (16-31) erhalten wir schließlich

U= U)

1/9 a

u(0) Fr) | n

1641)

Die Entropie Das Gewicht W einer Konfiguration des Ensembles ist das Produkt der mittleren Gewichte W aller Mitglieder des Systems, W = WN. Daher können wir $ einfach berechnen:

S=klnW= kInw"N =

inW.

(16-42)

Durch den gleichen Gedankengang wie in Abschnitt 16.2.2 erhalten wir SE—

000) ih

16.3.3

+klno.

(16-43)

Unabhängige Moleküle

Wir wollen nun sehen, wie wir für den Fall unabhängiger Moleküle von der kanonischen Zustandssumme wieder zur molekularen Zustandssumme gelangen können. Wenn die Moleküle unterscheidbar sind (die Bedeutung dieses Begriffs werden wir noch erläutern), so lautet der Zusammenhang zwischen O und q einfach

(16-44)

9-4.

| jenhang zwischen O und q Die Gesamtenergie einer Ansammlung von N unabhängigen Molekülen ist gleich der Summe der Energien aller Moleküle. Also können wir die Gesamtenergie eines Zustands i des Systems als E=&(1)+8&(2)+...+8(N)

schreiben. Hierbei ist &,(1) die Energie des ersten Moleküls, wenn sich das System im Zustand i befindet, &,(2) die Energie des zweiten Moleküls usw. Die kanonische Zustandssumme lautet dann O=

> e Pal) Bed... BeilN) i

Die für ren nen

Summe über alle Zustände des Systems können wir auch bilden, indem wir jedes Molekül des Systems über alle Energieniveaus dieses Moleküls summie(unter einer Voraussetzung, die wir gleich kennen lernen werden). Daher könwir die Summe über die Zustände i des Systems auch durch Summen über

643

644

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

usw. die Zustände j des ersten Moleküls, die Zuständej des zweiten Moleküls ersetzen. Hierdurch erhalten wir e=

= en) (xem) g“

(xce) == > )

Unterscheidbare und nicht unterscheidbare Moleküle

ar a

Wenn alle Moleküle des Systems identisch sind und sich frei durch bewegen können, so können wir $ie nicht unterscheiden und die O = q“ ist nicht korrekt. Angenommen, Molekül1 befindet sich in Molekül2 in Zustand b und Molekül 3 in Zustand c, so ist die Energie glieds des Ensembles

den Raum Beziehung Zustand a, dieses Mit-

E = &, + &, + &,. Diese Situation ist aber nicht von der zu

unterscheiden, wenn wir Molekül1 in Zustand b versetzen, Molekül2 in Zustand c

und Molekül 3 in Zustand a. Das gleiche gilt für jede andere Permutation der Moleküle, insgesamt sechs in unserem Beispiel und N! im allgemeinen Fall. Für nicht unterscheidbare Moleküle haben wir also beim Übergang von der molekularen Zustandssumme zur kanonischen Zustandssumme zu viele Zustände gezählt, sodass wir mit der Beziehung Q = q“ die Zustandssumme überschätzen. Die genaue Herleitung ist kompliziert, es stellt sich jedoch heraus, dass der Korrekturfaktor außer bei sehr kleinen Temperaturen gerade 1/N! beträgt. Es gilt also für unterscheidbare Moleküle:

Q=gq".,

für nicht unterscheidbare Moleküle:

(16-45a)

Q = ce

(16-45b)

Damit Moleküle nicht unterscheidbar sind, müssen sie auf jeden Fall identisch sein: Ein Neonatom ist von einem Heliumatom immer unterscheidbar. Dies ist jedoch nicht das einzige Kriterium. Wenn identische Moleküle in einem Kristallgitter angeordnet sind, dann können wir sie anhand ihrer Koordinaten unterscheiden. Identische Moleküle in einem Gitter sind daher unterscheidbar, weil ihre Positionen unterscheidbar sind, wir müssen in diesem Fall Gl. (16-45a) verwenden. In einem Gas können die Moleküle dagegen ihre Positionen dauernd verändern, und wir haben keine Möglichkeit, ein einzelnes Molekül zu verfolgen; daher müssen wir Gl. (16-45b) verwenden.

Die Entropie eines einatomigen Gases Eine wichtige Anwendung des soeben Gesagten ist die Herleitung der SackurTetrode-Gleichung für die Entropie eines einatomigen Gases, die in der folgenden Begründung gezeigt wird: e/2V

h

S= Rn)

om

nN,4’

An

(2nmkT)"

,

16-4

a

Diese Gleichung zeigt, dass die molare Entropie unter gleichen Bedingungen für ein ideales Gas mit großer Masse größer ist als für eines mit kleiner Masse (da für Ersteres mehr Translationszustände thermisch zugänglich sind). Da wir ein ideales Gas betrachten, können wir V = nRT/p einsetzen, um die Entropie als Funktion des Druckes auszudrücken:

S-nRln

EHRT

)

(16-46)

16.3

Die kanonische Zustandssumme

645

Für ein Gas aus unabhängigen Molekülen können wir O durch q\/N! ersetzen und erhalten aus Gl. (16-43) 5

_ U-U(0) + NklIng-kinN!. = N

Da die Zahl von Molekülen (N = nN,) in einer typischen Probe sehr groß ist, dürfen wir die Stirling-Formel Gl. (16-2) verwenden, sodass S

Bio dr

+nRlng-nRlnN+nR.

““

Für ein aus Atomen bestehendes Gas ist die Translation die einzige mögliche Form der Bewegung, die Zustandssumme ist daher q= V/A° (Gl. (16-19), wobei A die thermische Wellenlänge ist. Die Innere Energie ist durch Gl. (16-32) gegeben, sodass wir für die Entropie erhalten 3 SE zuR+ nr

V V In; - InnN, + ı)— uR(ine‘*In 4

InnN, + ine) 5

L

Dies ist Gl. (16-46).

Beispiel 16-5 Eine Anwendung der Sackur-Tetrode-Gleichung Wie groß ist die molare Standardentropie von gasförmigem Argon bei 25 °C? Vorgehen Um aus Gl. (16-46b) die molare Entropie S,, zu erhalten, dividieren wir beide Seiten durch n. Um die molare Standardentropie S,° zu berechnen, set-

zen wirp=p°, 5/2

Ss =uRln (=)

p

y

Antwort Die Masse eines Argonatoms beträgt 39.95 u. Bei 25 °C ist seine thermische Wellenlänge 16.0 pm (die Berechnung erfolgt genau wie in Illustration 16-3). Folglich ist

een .

e5/2(4.12 x10-21J) (105N m2)(1.60 x 10-"!m

| = 18.6R

155] R

"mol?

Da für ein leichteres Molekül weniger Zustände zugänglich sind, ist zu erwarten, dass die molare Standardentropie für Neon geringer ist als für Argon; bei 298 K beträgt sie 17.60R.

Übung 16-7 Wie groß ist der Beitrag der Translation zur molaren Standardentropie von H, bei

25.02

(14.2R]

Für die Entropieänderung eines idealen einatomigen Gases bei einer isothermen Expansion von V, nach V; erhalten wir aus der Sackur-Tetrode-Gleichung v AS = nRin(aV;) - nRln(aV,) = nRin (=)

(16-47)

A

Hierbei enthält aV alle Größen innerhalb des Logarithmus in Gl. (16-46a). Dieser Ausdruck ist exakt der gleiche, den wir auch aus der klassischen Thermodynamik erhalten hatten (Beispiel 3-1). Wir erkennen nun, dass der klassische Ausdruck eine Konsequenz der Tatsache ist, dass für die Moleküle nach einer Vergrößerung des Behältervolumens mehr Translationszustände zugänglich sind (Abb. 16-17).

(2) Abb. 16-17 Wenn das Volumen eines Behälters vergrößert wird (von (a) nach (b)), rücken die Energieniveaus der Translation enger zusammen (wie 1/L?) und mehr Zustände sind bei einer gegebenen Temperatur thermisch zugänglich. Folglich erhöht sich bei der Vergrößerung des Behälters die Entropie des Systems.

16 Statistische Thermodynamik 1: Grundlagen

646

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Die momentane Konfiguration eines Systems aus N Molekü-

. Die Entropie kann gemäß 5 = [U - U(O)]/T + Nking (für unterscheidbare Moleküle) bzw. S = [U — U(O)]/T + NkIng —Nk(InN — 1) (nicht unterscheidbare Moleküle) aus der Zustandssumme berechnet werden.

a

len ist die Angabe der Besetzungszahlen n,,nı,.... aller Ener-

gieniveaus &, &1,... Das Gewicht W einer Konfiguration ist Nl/no'n!... 2. Die Boltzmann-Verteilung gibt die Zahl der Moleküle in jedem Zustand des Systems bei der Temperatur T an: N; = Nef@/gqmitß=1/KT.

3. Die Zustandssumme ist als q = ) ),e””“ definiert. Sie ist ein Maß für die Zahl von thermisch zugänglichen Zuständen bei der betrachteten Temperatur.

. Das kanonische Ensemble ist eine gedachte Ansammlung identischer®Kopien des betrachteten Systems mit derselben

SI

Temperatur.

8. Die kanonische Verteilung ist durch n,/N = e?&/ BD gegeben. Die kanonische Zustandssumme ist QO= ),e”. 9. Die Innere Energie und die Entropie eines Ensembles sind U = U(0) - (AInO/Aß), und S = [U - U(O)]/T + klnO.

4. Die Innere Energie ist U(T) = U(0) + Emit

E = —(N/q)(0a/oß), = -N(Alng/oß),5. Die Boltzmann-Gleichung für die Entropie ist S = kInW, wobei W die Anzahl unterschiedlicher Möglichkeiten isi, die Moleküle des Systems so anzuordnen, dass sich die korrekte

Gesamtenergie ergibt.

10. Für unterscheidbare unabhängige Moleküle ist QO= q“. Für nicht unterscheidbare unabhängige Moleküle ist O = q/N!. 11. Die Sackur-Tetrode-Gleichung, Gl. (16-46), ist ein Ausdruck für die Entropie eines einatomigen Gases.

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

L. D. Landau, E. M. Lifschitz, Lehrbuch der theoretischen Physik. V.

D. Chandler, Introduction to Modern Statistical Mechanics. Oxford

University Press, Oxford 1937.

Statistische Physik. Akademie Verlag, Berlin 1966. D. A. McQuarrie, J. D. Simpson, Molecular Thermodynamics. Uni-

T. Fließbach, Statistische Physik. B.I. Wissenschaftsverlag, Mannheim 1993.

K. E. van Holde, W. C. Johnson, P. S. Ho, Principles of Physical Biochemistry. Prentice Hall, Upper Saddle River 1998.

versity Science Books, Sausalito 1999.

S. Reif, Statistische Physik. Vieweg, Wiesbaden 1989. J. Wisniak, Negative Absolute Temperatures, a Novelty,J.Chem.

Educ. 77 (2000) 518.

Zusatzinformationen Zusatzinformation 16-1: Die Boltzmann-Verteilung

Wir suchen nach dem Maximum der Funktion W. Es ist jedoch äquivalent - und wird sich als einfacher erweisen —, wenn wir nach dem Maximum von InW suchen. Wenn sich die Konfiguration so verändert, dass die n, zu n; + dn, werden, wird InW zu InW + dInW, wobei dInW durch

dnW=) () dn, 1

gegeben ist. Dieser Ausdruck besagt nichts weiter, als dass eine Änderung in dInW die Summe der Änderungen der einzelnen Werte von n; ist. Am Maximum der Funktion gilt dInW = 0. Die Variationen der n, unterliegen jedoch den Einschränkungen Ya dn, =0

und

> .dn, 0

(16-48)

Die erste bedeutet, dass sich die Gesamtenergie des Systems nicht ändern darf, die zweite, dass die Zahl der Teilchen im

System konstant sein muss. Diese Einschränkungen verhindern, dass wir zur Lösung von dInW = O einfach alle (9InW /On,) null

setzen können, da wir die dn, nicht unabhängig voneinander vari| ieren dürfen.

Eine Möglichkeit zur Berücksichtigung dieser Einschränkungen geht auf den französischen Mathematiker Lagrange zurück. Sie wird als Methode der unbestimmten Multiplikatoren (oder Methode der Lagrange-Multiplikatoren) bezeichnet und ist in Anhang genauer beschrieben. Für unser jetziges Problem brauchen wir nur zu wissen, dass die Nebenbedingungen mit einer Konstante multipliziert und zur Hauptbedingung addiert werden. Danach können wir die Variablen als voneinander unabhängig behandeln. Die neu eingeführten Konstanten werden erst am Ende der Rechnung bestimmt. Dieses Verfahren wollen wir im Folgenden anwenden. Unsere beiden Einschränkungen multiplizieren wir mit den Konstanten -P und a (das Minuszeichen in —ß verwenden wir nur, um am Ende die gebräuchliche Vorzeichenkonvention zu erhalten) und addieren sie zu unserer Bedingung für dInW: dInw >

>)

dn, 4 a) ‚dn, - BY s.dn,

N ARE re

Zusatzinfofmationen

In dieser Gleichung können wir nun alle dn; als unabhängig betrachten. Um die Bedingung dInW = 0 zu erfüllen, muss daher fürjedes i gelten

olnWw on,

et PH

e

N Nun schreiben wir

+a-ßa=0.

(16-49)

Diese Gleichung müssen wir lösen, um die wahrscheinlichsten Werte der n, zu erhalten.

Differenziation des Ausdrucks für InW aus Gl. (16-3) nach den n; ergibt AlnW

AN InN)

on;

® J

1

ei Zeh

i

und

on,

n;

ler

eah8i

=

e' e fü

1



N

/oN | olnN () WE n( an; ) ne

(16-50)

J

on,

Für die Ableitung des ersten Terms finden wir

o(NInN) on,

Das N hebt sich auf beiden Seiten der Gleichung gerade heraus, damit erhalten wir

on; Inn,)

on;

re

e fü —pEj

Das ist genau Gl. (16-6a).

InN-+1.

Zusatzinformation 16-2: Die Boltzmann-Gleichung

Das InN im ersten Term auf der rechten Seite der zweiten Zeile entsteht, daN=n, +n, +... ist und jede Ableitung von N nach einem beliebigen n; einfach 1 ergibt, 9N/on; = 1. Der zweite Term auf der rechten Seite der zweiten Zeile kommt wegen o(InN)/on,; = (1/N)ON/on; zustande; die letztlich verbleibende 1 entsteht daraus (genau wie im letzten Satz bemerkt) wegen oN/an, =1. Für die Ableitung des zweiten Terms schreiben wir zunächst

OAlnn, Rn an; on, n,\on,)

Eine Änderung der Inneren Energie

U=U(0)+ I ne,

on,/on, = 0, während füri=j

amon,

gilt. Folglich ist

cn,

(16-52)

schreiben. Da die Energieniveaus sich nicht verändern, wenn wir das System bei konstantem Volumen erwärmen (Abb. 16-18), gilt au

on;

(16-51)

eines Systems kann auf zwei Arten erreicht werden. Entweder wir modifizieren die Energieniveaus des Systems (von &; nach &; + d&;) oder wir variieren die Besetzungszahlen der Niveaus (von n, nach n, + dn,). Allgemein können wir die Veränderung daher als

dU = dU(0) + Y n;de,+ )

Die n, und n; sind für i#j voneinander unabhängig, es ist also

on,

A; =

647

Y,adn; \

solanıge die Energie ausschließlich in Form von Wärme zu- oder abgeführt wird. Aus der Thermodynamik (insbesondere aus Gl. (3-43)) wissen wir, dass unter den gleichen Bedingungen

on. on mit dem Kronecker-Delta (ö,; = 1 für i = j, ansonsten 0). Damit erhalten wir on, = Aninn) Sn; v ee

|

Inn, HN

olnn, oh

du=dq„=Tds gilt. Folglich ist

er ee

ls e;dn le kB)

Für Veränderungen der wahrscheinlichsten Konfiguration (nur diese müssen wir betrachten) erhalten wir aus Gl. (16-49)

olnW Ba=,

=) ö,(lnn, +1) —

Inn, +1

J

an _ — (Inn +1)+(InN+]) — —

Aus Gl. (16-49) folgt somit n:

nr

|

und daher

ß&;

und finden damit

ds=k), (I )ana0ka) ‚an,

und folglich olnW

+4

n;

nn In—.

Da die Teilchenzahl aber konstant ist, muss die Summe über die

dn; null sein. Folglich ist

dS=-k)) (en — k(dInW) .

—_ 0

Nach diesem Ergebnis liegt die Definition S = kInW, Gl. (16-34), sehr nahe.

1: Grundlagen

16 Statistische Thermodynamik

648

Ber ME

| I

=

I

ms

ee

7



||

_ ©

un



>

— ———

u Sr

Dr

St

o

2 man

S

un

|

$

0

ee

Er Fr

——

ns




eg

+

SE FR vom,

. Ei

"une 2

u

oo Bub

Br:

= 5

17 | Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

In diesem Kapitel verwenden wir die Konzepte der statistischen Thermodynamik, um chemisch interessante Größen zu berechnen. Zuerst werden wir die Zusammenhänge zwischen der Zustandssumme und den thermodynamischen Funktionen aufstellen. Danach werden wir zeigen, dass die Zustandssumme in ein Produkt von Beiträgen unterschiedlicher Freiheitsgrade zerlegt werden kann, und werden die entsprechenden Formeln für die Zustandssumme der Translation, Rotation, Schwingung und der elektronischen Freiheitsgrade herleiten. Diese Beiträge können wir mithilfe spektroskopischer Daten berechnen. Schließlich werden wir uns weiter gehenden Anwendungen zuwenden. Dazu gehört die Berechnung der mittleren Energien verschiedener Freiheitsgrade, der Wärmekapazitäten und der Nullpunktsentropien verschiedener Substanzen. Gegen Ende des Kapitels werden wir dann den Zusammenhang zwischen spektroskopischen Daten und Gleichgewichtskonstanten aufdecken. Diese abschließende Anwendung erlaubt einen Einblick in die molekularen Eigenschaften, die für den Zahlenwert einer Gleichgewichtskonstante und ihre Temperaturabhängigkeit verantwortlich sind. Die Zustandssumme ist die Brücke zwischen Thermodynamik, Spektroskopie und Quantenmechanik.

Wenn

sie bekannt

ist, können wir thermodynamische

Funktionen,

Wärmekapazitäten, Entropien und Gleichgewichtskonstanten berechnen und gleichzeitig deren Bedeutung unter neuen Gesichtspunkten betrachten.

Grundlegende Beziehungen - 655

Die Berechnung thermodynamischer Funktionen - 655 Die molekulare Zustandssumme - 657

Anwendungen der statistischen Thermodynamik - 665 2a

Mittlere Energien - 665

172.2 Wärmekapazitäten - 667 170223 Zustandsgleichungen - 669 17.2.4 Wechselwirkungen in Flüssig-

keiten - 671 172225 Nullpunktsentropien - 675 17026 Gleichgewichtskonstanten - 677

Das Wichtigste auf einen Blick - 682

17.1|

Weiterführende Literatur : 682

Grundlegende Beziehungen

Diskussionsfragen - 683

In diesem Abschnitt wollen wir zunächst sehen, wie wir aus der Zustandssumme alle thermodynamischen Funktionen berechnen können. Zweitens werden wir zeigen, wie wir die molekulare Zustandssumme und damit die thermodynamischen Funktionen aus spektroskopischen Daten ermitteln können.

Die Berechnung thermodynamischer Funktionen

27.1.1

Wir haben bereits im letzten Kapitel die Formeln angegeben, mit denen wir die Innere Energie und die Entropie eines Systems aus seiner kanonischen Zustandssumme berechnen können,

9lnQ

u- 00) = -( IR ), und

Se

U - U(0) +klnQ T

(17-1)

mit ß = 1/kT. Wenn die Moleküle unabhängig sind, können wir noch Q = q" (für unterscheidbare Moleküle, z.B. in einem Festkörper) bzw. Q = q"/N! (für nicht unterscheidbare Moleküle, z.B. in einem Gas) einsetzen. Alle thermodynamischen

mit U und S Funktionen, die wir in Teil1 des Buches kennengelernt hatten, hängen

zusammen, somit ist der Weg bereits vorgezeichnet, wie sie aus Q zu berechnen sind.

Paula Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und ]J. de Weinheim Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, CDNM.

77.

1CAL.D

Leichte Aufgaben - 683 Schwerere Aufgaben : 684

656

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

Die Freie Energie A= U-TS definiert. Hieraus folgt A(0) = U(0), Die Freie Energie A ist durch sodass wir durch Substitution von U und S in Gl. (17-1) folgende einfache Bezie-

hung für A erhalten:

A- Al0)=-kT no.

(17-2)

Der Druck

a

A= U-TS (in Analogie zu Aus der klassischen Thermodynamik folgt aus Gl. (3-31)) dA = -pdV - SdT. Folglich hängen Druck und Freie Energie bei konstanter Temperatur durch p = -(9A/dV), zusammen. Aus Gl. (17-2) folgt damit 3 oinQ p=kr( IV ir

2 (17-3)

Diese Beziehung gilt ganz allgemein und kann auf alle Arten von Substanzen angewendet werden, beispielsweise ideale Gase, reale Gase oder Flüssigkeiten. Da Q im Allgemeinen eine Funktion des Volumens, der Temperatur und der Stoffmenge ist, ist Gl. (17-3) eine Zustandsgleichung. Beispiel 17-1

Die Herleitung einer Zustandsgleichung

Leiten Sie einen Ausdruck für den Druck eines Gases aus unabhängigen Teilchen her. Vorgehen Es ist anzunehmen, dass der Druck durch die Zustandsgleichung eines idealen Gases gegeben ist. Um dies systematisch herzuleiten, setzen wir den expliziten Ausdruck für © für ein Gas aus unabhängigen, nicht unterscheidbaren Molekülen (siehe Gl. (16-45) und Tabelle 17-3 am Ende des Kapitels) in Gl. (17-3) ein. Antwort

Für ein Gas aus unabhängigen, nicht unterscheidbaren Molekülen ver-

wenden wir Q = q"/N! mitq = V/A’ und erhalten

fo

lnQ\

_kT/9O\

ae Na Rn Ve

_ NET /dg

ey

Hierbei haben wir die Beziehungen

(4 - (U

av),

1

a,

und NkT = nN,kT = nRT verwendet. Die Rechnung zeigt, dass die Zustandsgleichung eines aus unabhängigen Teilchen bestehenden Gases tatsächlich die Zustandsgleichung idealer Gase ist.

Übung 17-1 Leiten Sie die Zustandsgleichung eines Systems her, dessen Zustandssumme die Form Q = q’f/N! mitq = V/A° besitzt, wobeifeine Funktion des Volumens ist. [p =nRT/V+kT(O Inf/oV).]

Die Enthalpie Nachdem wir nun U und p durch die Zustandssumme ausgedrückt haben, ist es nicht weiter schwierig, über H= U + pV auch einen Ausdruck für die Enthalpie einer beliebigen Substanz zu finden:

17.1 Grundlegende Beziehungen

Da wir bereits wissen, dass für ein ideales Gas U — U(0) = ;nRT gilt (Gl. 16-32a)) und gerade gezeigt haben, dass pV = nRT ist, erhalten wir für ein ideales Gas 5 zuRT :

FO)

(17-5)°

Die Freie Enthalpie Für die Chemie ist eine der wichtigsten thermodynamischen Funktio nen die Freie Enthalpie G=H-TS=A+pV. A und p haben wir bereits als Funktion der Zustandssumme ausgedrückt, daher erhalten wir für die Freie Enthalpie ohne Mühe

eo

more (—ı |

(17-6)

Für ein ideales Gas können wir die Gleichung für G noch vereinfachen, indem wir pV in den Ausdruck G = A+ pV durch nRT ersetzen:

G-G(0)=-kKTlnO+nRT. Wegen Q = q"/N! folgt weiter rung ((nN!=N InN— N)

(1727)5 InQ = N Ing—

InN! und mit der Stirling-Nähe-

G- G(0) = —NkT Ing+kTInN!+nRT j) ART Ing+kT(NInN- N)+nRT

= —HRT In n:

(17-8)°

wobei N = nN, ist. Nun erkennen wir eine weitere Interpretation der Freien Enthalpie: Sie ist proportional zum Logarithmus der durchschnittlichen Zahl von thermisch zugänglichen Energieniveaus pro Molekül. Es wird sich als praktisch erweisen, die molare Zustandssumme q,, = q/n zu definieren (mit der Dimension mol"), da wir damit schreiben können

G-G(0) = -nRT In (de)

(17-9)°

A

17:1.2

Die molekulare Zustandssumme

Die Energie eines Moleküls ist eine Summe von Beiträgen seiner verschiedenen Freiheitsgrade: ae

en

(17-10)

Hierbei bedeuten die Indices T Translation, R Rotation, S Schwingung und E den elektronischen Beitrag. Die Aufspaltung in separate Beiträge ist nur eine Näherung (außer für die Translation, für die die Abtrennung exakt möglich ist), da die Freiheitsgrade in Wirklichkeit nicht völlig unabhängig voneinander sind, aber in der Regel ist diese Näherung nicht problematisch. Die Separation von Schwingungsund

elektronischen

Beiträgen

ist gerechtfertigt,

solange nur

der elektronische

Grundzustand besetzt ist (da ansonsten die Schwingungseigenschaften des Moleküls vom elektronischen Zustand abhängen) und solange die Born-OppenheimerNäherung (Kapitel 11) gilt. Die Separation von Rotations- und Schwingungsbeiträgen ist erlaubt, solange die Rotationskonstante nicht vom Schwingungszustand des Moleküls abhängt.

657

658

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

en zerfällt, so lässt Wenn die Energie auf diese Weise in eine Summe von Beiträg

unterschiedlichen Freiheitssich die Zustandssumme als Produkt von Termen der

grade schreiben (Abschnitt 16.1.2):

i

;(Translation)

i (Rotation)

y

en

ah

>

ef

ZUR

De

ReS,

i (elektronisch)

3

ehe&

i (Schwingung)

i (Rotation)

i (Translation)

ee er Pose

55

=

=

2,

Be? —Ber

i( alle Zustände)

>

|

e fü Ber

=

=

e fü

=

=

S

pe; e —Be>

Pe; e —BeE

i (elektronisch)

EB

PURSIE

Die Zerlegung in unabhängige Faktoren erleichtert uns die Arbeit erheblich, da wir die einzelnen Beiträge getrennt untersuchen können.

Der Beitrag der Translation Die Zustandssumme der Translation für ein Molekül der Masse m in einem Behälter mit dem Volumen V haben wir bereits in Abschnitt 16.1.2 hergeleitet, sie lautet

Ne

V

DENE

ee

el

)

h

(2nmkT)"

17-12

Für T — © gilt q’ — , da mit steigender Temperatur unendlich viele Zustände für das System erreichbar werden. Schon bei Zimmertemperatur beträgt q’ für ein O,-Molekül in einem Behälter mit einem Volumen von 100 cm? etwa 2 x 10°.

Die thermische Wellenlänge A gibt uns Auskunft darüber, ob die Näherungen berechtigt waren, die wir bei der Ableitung des Ausdrucks für q’ gemacht haben. Die Näherungen sind gültig, solange sehr viele Zustände besetzt sind, also V/A’ groß ist. Dies ist der Fall, solange A klein gegen die lineare Ausdehnung des Behälters ist. Für H, beträgt A bei 25°C etwa 71pm, eine Länge, die im Vergleich zu jedem normalen Laborbehälter winzig ist (die aber in der Größenordnung der Durchmesser von Poren in Zeolithen oder Hohlräumen in Clathraten liegt). Für das schwerere Molekül O, beträgt A unter den gleichen Bedingungen nur 18pm. In Abschnitt 16.1.2 haben wir gesehen, dass ein alternatives Kriterium für die Gültigkeit der Näherung auch ist, dass die mittleren Abstände der Teilchen groß sein müssen gegen A.

Der Beitrag der Rotation Wie wir in Beispiel 16-2 gesehen haben, ist die Zustandssumme eines unsymmetrischen linearen Rotators (AB) gleich q* = D> (2) r 1)e

Arealı 1) i

(17-13)

J

Wir können q* nun einfach berechnen, indem wir die experimentellen Rotationsniveaus in diesen Ausdruck einsetzen und die Reihe numerisch aufsummieren.

Beispiel 17-2 Die explizite Berechnung der Rotationszustandssumme

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme von 'H’’Cl bei 25°C (verwenden Sie

— 10.591 cm).

Vorgehen Wir verwenden Gl. (17-13) und rechnen die Summe Term für Term aus (am besten mit einer Mathematiksoftware). Dabei verwenden wir kTihe

207.22. cm! (für 298.15 K).

17.1

Antwort

Grundlegende Beziehungen

659

Mit dem Zahlenwert hcB/kT = 0.05111 erstellen wir folgende Tabelle

(Abb. 17-1): ji Ol Reese 271

2 3.68

3 379

4 5940

lt N C0008

Die Summe aus Gl. (17-13) ist jetzt einfach die Summe der Zahlen aus der zwei-

ten Zeile, folglich ist bei dieser Temperatur qg* = 19.9. Wenn wir die Summation bis ]=50 durchführen, erhalten wir q* = 19.902. In diesem Beispiel sind etwa zehn Niveaus merklich besetzt; die Zahl der besetzten Zustände ist jedoch wegen der (2/ + 1)-fachen Entartung größer. Wir werden bald die Näherung qX =kT/hcB kennen lernen; sie ergibt in unserem Fall q* = 19.6, in guter Übereinstimmung mit dem exakten Wert, aber mit sehr viel geringerem Aufwand.

Übung 17-2

0

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme für HCl bei 0°C.

[18.26]

Bei Zimmertemperatur ist kT/hc=200 cm. Die Rotationskonstanten von Molekülen betragen oft Icm' (Tabelle 13-2) und weniger (eine Ausnahme ist das leichte H,-Molekül mit B = 60.9cm'). Bei normalen Temperaturen sind bei den meisten Molekülen daher viele Rotationsniveaus besetzt. In diesem Fall können wir für die Rotationszustandssumme folgende Näherung einsetzen: (17-14a)

c

an

Nichtlineare Rotatoren:

q" = )

2

ri

1/2

(17-14b)

wobei A, Bund C die Rotationskonstanten des Moleküls sind. Bevor wir diese Gleichungen verwenden können, müssen wir jedoch noch andere Faktoren beachten

(Gl. (17-15) und GI. (17-16)).

Wenn sehr viele Rotationszustände besetzt sind und KT viel größer ist als der Abstand benachbarter Energieniveaus, so können wir die Summation in der Zustandssumme durch eine Integration ersetzen, genau wie wir es in Begründung 16-2 für die Translationsbewegung getan haben: q' = | (27H 1)e

#304)

gy

0 Obwohl dieses Integral auf den ersten Blick kompliziert aussieht, können wir es ohne Mühe berechnen, wenn wir die Beziehung

d d ar aly+1) — (eu+ 1 beal

DT Ne4 PH)

beachten. Damit wird Kae

TR

AT

a

q ne) (a

IRES

BheBJ(J+1)

d

}

0

Da das Integral der Ableitung einer Funktion die Funktion selbst ist, folgt daraus 2 R

1

1 7 pncB

ePreBJg+1) 0

BheB

ara Asse 7 so J

Abb. 17-1 Die Beiträge zur Rotationszustandssumme von HC| bei 25 °C. Die vertikale Achse gibt den Zahlenwert von (2/ + 1)e FU) an. Die aufeinander folgenden Terme (die jeweils proportional zur Besetzungszahl des Niveaus sind) durchlaufen ein Maximum, da die Besetzungszahlen der individuellen Niveaus exponentiell abnehmen, die

kT g* = KB’

Lineare Rotatoren:

OT

Entartung der Niveaus aber mitJ ansteigt.

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

660

a) J

K5

In 4

-3

I

O0+1

+2 +3 +4

2 =

00004 17

i

00900:

2

80000

+5

I:

:

\

Eıxm, = heBJ(J +1) +he(A-— B)K’

= J,J-1,..., —J. Anstatt mit die-JundM, it I 0, ee variieren sen Wertebereichen zu arbeiten, können wir aber auch K von — bis en beschränk .,© lassen und J für jedes K auf den Wertebereich |K|, IK|+1,.. für M, von (Abb. 17-2). Da die Energie nicht von M, abhängt und 2/-+1 Werte für wir können jedes J möglich sind, ist jedes Niveau 2] + 1-fach entartet. Daher

)

000 0

li Mit ß = 1/kT erhalten wir daraus genau Gl. (17-14a). ist aber etwas ähnlich, g Rechnun die verläuft Molekül ares Für ein nichtline sind Rotators ischen symmetr eines iveaus Energien trickreicher. Die

die Zustandssumme

&

oJ

(a)

J=0 K=-] Mı=-J = |K

MI

||

432

ik

N

Idaldele

a

q =

ag =

0000

:

00000

2

a oo

0

5 Sarnen

ebenso schreiben

= IR

_ ns (2J+

Dez

pe

2 B)K?|/kT

SEIN =

>

ehe(A-B)K?/KT Di (2

K=-



Deo

JAIK|

Nun nehmen wir an, dass die Temperatur so hoch ist, dass viele Rotationsniveaus besetzt sind und wir die Summen durch Integrale ersetzen können. Dann ist

Li

(b) Abb. 17-2 (a) Die Summe über / = 0,1,2, nd Klee —/ (durch die Kreise angedeutet) kann auch ausgeführt werden, indem man (b) K von — bis laufen lässt undJ für jedes K auf den Wertebereich |K|, |K|+1,.... oo beschränkt.

q en I e_heA-B)K?/KT

=

| (2] a

Dee

d/dK

Jr

Nun schreiben wir wie zuvor das Integral über J als Integral über die Ableitung einer Funktion, welches wieder die ursprüngliche Funktion ergibt, also
1 ist, was für die meisten Zustände zutrifft. Nun können wir schreiben Kurztabelle 17-1 Charakteristische Rotations- und Schwingungstemperaturen*

Molekül

H; HCl L co,

Mode

v, v v,

Os/K

6330 4300 309 1997 3 380 960

el I

OR/K

88 9.4 0.053 0.561

* Weitere Werte in Tabelle 13-2 im Tabellen-

teil am Ende des Buches; he/k = 1.439 K cm.

|

ge he(A-B)K?/kT

heil,

Bu = — ü heB| K7\

&

—heBK?/kT dK

dk=

a N (1) Ge)

|:

r

Gr

3%

le Für einen asymmetrischen Rotator müssen wir in diesem Ausdruck nur eines der Bs durch C ersetzen.

Eine bequeme Art, die Temperatur anzugeben, ab der diese Näherung gültig ist, besteht in der Einführung der charakteristischen Rotationstemperatur 0, = hcB/k. „Hohe Temperatur“ bedeutet dann einfach T > 6. Typische Werte von 0, für ver-

17.1

Grundlegende Beziehungen

661

schiedene Moleküle sind in Tabelle 17-1 aufgeführt. Die charakteristische Rota-

tionstemperatur von H, ist außergewöhnlich hoch, sodass wir bei diesem Molekül

mit der Anwendung der Näherung vorsichtig sein müssen. Wir können zu diesem Zeitpunkt die allgemeine Schlussfolgerung ziehen, dass Moleküle mit großen Trägheitsmomenten (und daher kleinen Rotationskonstanten

und kleinen charakteristischen Rotationstemperaturen) große Rotationszustandssummen aufweisen. Die großen Werte von q* spiegeln wider, wie dicht die Energieniveaus in großen, schweren Molekülen beisammen liegen (verglichen mit KT) und wie viele Energieniveaus daher bei normalen Temperaturen besetzt sind.

Wir müssen jedoch aufpassen, dass wir bei der Summation nicht zu viele Rotationszustände mitzählen. Für ein homoatomares zweiatomiges oder ein symmetrisches lineares (D..,-) Molekül (wie CO, oder HC=CH) führt eine Rotation um 180° zu einem Zustand, der vom Ausgangszustand nicht zu unterscheiden ist. In diesem Fall ist die Zahl der möglichen Rotationszustände nur halb so groß wie für ein heteroatomares zweiatomiges Molekül, bei welchem eine Rotation um 180° zu einem unterscheidbaren Zustand führt. Für ein symmetrisches zweiatomiges Molekül gilt somit

Sol Wir können die Gleichungen für symmetrische und unsymmetrische Moleküle in einem Ausdruck zusammenfassen, indem wir die Symmetriezahl o einführen, die die Zahl der nicht unterscheidbaren Orientierungen des Moleküls angibt:

m ch

RB

a

Für ein heteroatomares

zweiatomiges Molekül ist o = 1, für ein homoatomares

zweiatomiges oder für ein symmetrisches lineares Molekül ist o = 2.

_ Der Ursprung der Symmet iezahl Die quantenmechanische Ursache für die Einführung der Symmetriezahl ist das Pauli-Prinzip, das die Besetzung bestimmter Zustände verbietet. In Abschnitt 13.2.5 haben wir beispielsweise gesehen, dass das H,-Molekül nur Rotationszu-

stände mit gerader Rotationsquantenzahl besetzen kann, wenn seine Kernspins gepaart sind (para-Wasserstoff), dagegen nur Zustände mit ungeradem J, wenn seine Kernspins parallel sind (ortho-Wasserstoff). Es gibt drei Zustände des orthoWasserstoffs für jedes J (da es drei Kernspinzustände mit parallelen Spins gibt). Um

die Rotationszustandssumme

von Wasserstoff zu berechnen, müssen wir

wissen, dass „gewöhnlicher“ Wasserstoff eine Mischung aus einem Teil para-Wasserstoff (bei dem nur gerade Rotationsniveaus besetzt sind) und drei Teilen orthoWasserstoff (bei dem nur ungerade Rotationsniveaus besetzt sind) ist. Die gemittelte Rotationszustandssumme lautet daher ge -K S

(2J + De)

J gerade

nn

N

(2J+ wi

e

‚J ungerade

Die Zustände mit ungeradem J sind dabei stärker gewichtet als die mit geradem J (Abb. 17-3). Aus der Darstellung können wir entnehmen, dass wir ungefähr das gleiche Ergebnis für die Gesamtzustandssumme bekommen, wenn wir wie normal über alle Werte von ]summieren, aber jeden Term nur zur Hälfte zählen. Mit anderen Worten, wir können die letzte Gleichung näherungsweise auch als Rt 1

q En

) Qy-+1)e

En -ßheBJ(J+1)

J

schreiben. Diese Näherung ist sehr gut, wenn viele Zustände zur Zustandssumme

beitragen, also bei hohen Temperaturen.

Abb. 17-3 Die Zahlenwerte der individuel-

len Terme der Form (2) + 1)e U), die zur gemittelten Zustandssumme einer 3:1-Mischung aus ortho- und para-H, beitragen. Die Zustandssumme ist die Summe all dieser Beiträge. Bei hohen Temperaturen ist die Summe ungefähr gleich der Summe der Beiträge über alle Werte vonJ,wenn jeder Beitrag mit einem Faktor 1gewichtet wird. Diese Funktion ist durch die Kurve angedeutet.

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

662

Ban identische Für symmetrische lineare Moleküle, in denen durch die die Argumentation verläuft CO)), e Bosonen ausgetauscht werden (beispielsweis Falle von Spin-0im sind haben, n ganz analog. Wie wir in Abschnitt 13.2.5 gesehe Da somit nur erlaubt. J von Kernen nur Rotationszustände mit geraden Werten nszustandsRotatio die auch besitzt die Hälfte der Rotationsniveaus besetzt sind, nszuRotatio alle über ion Summat summe nur die Hälfte des Werts, den wir bei stände erhalten (Abb. 17-4). F R .. I Die gleiche Vorsichtsmaßnahme müssen wir auch für andere Arten von symme-

müssen trischen Molekülen treffen, sodass wir für nichtlineare Moleküle schreiben

TEN Be 1 (5)

02

J

Abb. 17-4 Die relativen Besetzungszahlen der Rotationszustände von CO,.

Nur Zustände mit geraden Werten von / sind besetzt. Die durchgezogene Linie zeigt die gemittelten Besetzungszahlen der Niveaus.

Kurztabelle Molekül

17-2 Symmetriezahlen* o

10)

2

NH, CH GH,

3 12 12

* Weitere Werte in Tabelle 13-2 im Tabellenteil am Ende des Buches.

NUR

17-16

me

)

Einige typische Werte der Symmetriezahl sind in Tabelle 17-2 angegeben. Der Wert o=2

für H,O

resultiert aus

der Tatsache,

dass eine Rotation

um

180° um

die

C,-Achse das Molekül in einen nicht unterscheidbaren Zustand überführt. In NH, existieren drei solcher nicht unterscheidbarer Orientierungen, die durch die Rotation um die C,-Achse (1) entstehen. Bei CH, führt jede der drei 120°-Drehungen um jede der vier C,-Achsen zu einem solchen nicht unterscheidbaren Zustand, 3x4 = 12. Für Benzol erzeugt jede der sechs 60°-Dredaher ist die Symmetriezahl hungen um die C,-Hauptdrehachse eine nicht unterscheidbare Orientierung, ebenso jede der C,-Rotationen um eine der sechs C,-Achsen in der Molekülebene. Aufgabe 17.17 zeigt, wie die Gruppentheorie eingesetzt werden kann, um den korrekten Wert der Symmetriezahl zu bestimmen.

Der Beitrag der Schwingung Die Schwingungszustandssumme eines Moleküls können wir berechnen, indem wir die gemessenen Energien der Schwingungsniveaus in die Exponentialterme in der Zustandssumme einsetzen und aufsummieren. In einem mehratomigen Molekül können wir für jede Normalschwingung (Abschnitt 13.4.1) eine eigene Zustandssumme berechnen (solange die Anharmonizitäten so klein sind, dass wir die Schwingungen noch als unabhängig betrachten können). Die gesamte Schwingungszustandssumme ergibt sich dann als Produkt der Zustandssummen aller Normalschwingungen, q° = q’(1)q°(2)..., wobei q’(K) die Zustandssumme der K-ten Normalschwingung ist, die durch direkte Summation der spektroskopisch beobachteten Schwingungsniveaus berechnet wurde. Solange die Schwingungen nicht zu stark angeregt sind, können wir mit der harmonischen Näherung arbeiten und die Schwingungsniveaus als

=

il

(043 )Hei aa

DE),

I, 2 00.

(17-17)

schreiben. Wir messen die Energien (wie immer) vom tiefsten Niveau aus, sodass die erlaubten Energien &, = vhcv sind und wir für die Zustandssumme erhalten

ec v

(17-18)

(wegen e“* = (e*)‘). Dieser Summe sind wir bereits in Abschnitt 16.1.2 begegnet

(keineswegs zufällig; die äquidistanten Energieniveaus aus Abb. 16-3 sind genau die Energieniveaus eines harmonischen Oszillators). Wir können die Reihe wieder auf die gleiche Art aufsummieren und erhalten so

IT

e

(17-19)

17.1 Grundlegende Beziehungen

663

Diese Funktion ist in Abb. 17-5 dargestellt. In einem vielatomigen Molekül liefert jede Normalschwingung einen Beitrag dieser Form. Beispiel 17-3 Die Berechnung einer Schwingungszustandssumme Die Wellenzahlen der drei Normalschwingungen von H,O sind 3656.7cm"!, 1594.8cm”' und 3755.8cm'. Berechnen Sie die Schwingungszustandssumme bei 1500K.

Vorgehen Wir verwenden für jede Normalschwingung Gl. (17-19) und bilden dann das Produkt dieser Beiträge. Bei 1500 K ist kT/hc = 1042.6cm '. Antwort Wir erstellen uns folgende Tabelle mit den Beiträgen der verschiedenen Normalschwingungen: Schwingung v/cm’! hcev/kT

gs

1

2

3

3 656.7 3.507

1 594.8 1.530

3 755.8 3.602

1.031

1.276

kT/hev

1.028

Damit wird die Schwingungszustandssumme

Ze

1.0312 1276% 1.028

1353

Die Schwingungen von H,O liegen bei so hohen Wellenzahlen, dass sogar bei 1500 K noch die meisten Moleküle im Grundzustand vorliegen. In großen Molekülen kann es aber so viele Schwingungen geben, dass ihre Anregung signifikante Beiträge leistet, obwohl das Molekül nicht stark angeregt ist. Ein aus 10 Atomen

bestehendes nichtlineares Molekül hat beispielsweise 3N — 6 = 24 Normalschwingungen (Abschnitt 13.4.1). Wenn die Zustandssumme jeder dieser Schwingungen nur 1.1 beträgt, dann ist der gesamte Beitrag aller Normalschwingungen gq’= (1.1) = 9.8, was für ein kleineres Molekül wie H,O schon eine signifikante Schwingungsanregung bedeuten würde.

Übung 17-3 Wiederholen Sie die Berechnung für CO,, dessen Schwingungen bei 1388cm"', 667.4cm! (zweifach entartete Deformationsschwingung) und 2 349 cm" liegen.

[6.79]

In vielen Molekülen sind die Schwingungswellenzahlen so groß, dass ßhev > 1 ist. Beispielsweise beträgt die kleinste Schwingungswellenzahl des CH,-Moleküls 1306cm', sodass bei Zimmertemperatur ßhcv = 6.3 gilt. C-H-Valenzschwingungen liegen meist im Bereich von 2 850 bis 2960 cm, für sie ist ßhcv=14. In diesen Fällen können wir e *“ im Nenner von gq° gegen 1 vernachlässigen (beispielsweise °3=0.002), sodass wir für die Schwingungszustandssumme einer einzelnen ist e Normalschwingung einfach q°=1 erhalten (was bedeutet, dass nur der Schwingungsgrundzustand merklich besetzt ist). Jetzt wollen wir noch Schwingungen betrachten, für die fhcv < 1 ist (beispielsweise die Valenzschwingungen sehr schwacher Bindungen oder manche Deformationsschwingungen). In diesen Fällen können wir die Exponentialfunktion in eine Reihe (e =1+x+....) entwickeln und erhalten

s_

ea

Ba)

17-20)

|

Für schwache Bindungen bei hohen Temperaturen können wir somit u 4

1 ßhev

_kT hev

(17-21)

Abb. 17-5 Die Schwingungszustandssumme eines Moleküls in der harmonischen Näherung. Bei hohen Temperaturen (T > 6,) steigt die Zustandssumme linear mit der Temperatur an.

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

setzen. Die Temperaturen, bei denen diese Näherung zulässig ist, können wir mithilfe der charakteristischen Schwingungstemperatur 0, = hev/k angeben (Tabelle 17-1). Für H, ist ihr Zahlenwert außergewöhnlich hoch, weil die Atome so leicht sind und die Schwingungsfrequenz entsprechend groß ist. „Hohe Temperatur“ bedeutet dann richts weiter als T > 0,, und in diesem Fall ist q°=T/0, (das Analogon des entsprechenden Ausdrucks für die Rotation). Der elektronische Beitrag Angeregte elektronische Zustände liegen in den meisten Molekülen so hoch über dem Grundzustand, dass q’ = 1 gilt. Eine wichtige Ausnahme von dieser Regel bilden Atome und Moleküle mit entarteten elektronischen Grundzuständen, für die

g’ = gF gilt, wenn g" der Entartungsgrad des Grundzustands ist. Die Grundzustände

cm’ 1211

der Alkalimetallatome sind beispielsweise zweifach entartet (entsprechend den bei-

Abb. 17-6 Der zweifach entartete elektroni-

sche Grundzustand von NO (Spin- und Bahndrehimpuls um die Molekülachse in entgegengesetzten Richtungen) und der zweifach entartete elektronisch angeregte Zustand (Spin- und Bahndrehimpuls parallel). Das obere Niveau ist bei Zimmertemperatur thermisch zugänglich.

den möglichen Orientierungen des Elektronenspins), für sie gilt daher q’ = 2. Manche Atome und Moleküle besitzen auch tief liegende elektronische Zustände (wenn die Temperatur groß genug ist, besitzen alle Atome und Moleküle thermisch zugängliche elektronisch angeregte Zustände). Ein solcher Fall ist NO mit seiner Grundzustandskonfiguration [N,]r! (siehe Anwendung 11-1). Sowohl der Bahn- als auch der Spindrehimpuls des Elektrons kann jeweils zwei Orientierungen bezüglich der Molekülachse einnehmen (entsprechend einer Rotation im Uhrzeiger- oder Gegenuhrzeigersinn um diese Achse), sodass daraus insgesamt vier Zustände resultieren (Abb. 17-6). Die Energie der beiden Zustände mit parallelen Spin- und Bahndrehimpulsen (*II;,,-Term) ist geringfügig höher als die der Zustände mit antiparalleler Orientierung (’Il,,,-Term). Die durch die Spin-Bahn-Kopplung (Abschnitt 10.3.3) hervorgerufene Energiedifferenz zwischen ihnen beträgt nur 121cm"'. Daher sind bereits bei gewöhnlichen Temperaturen alle vier Zustände thermisch zugänglich. Wenn wir die beiden Energien mit E,,, = O und E,,, = e bezeichnen, so lautet die Zustandssumme

=

N geli=2t de,

(17-22)

Niveaus

Die Temperaturabhängigkeit dieser Zustandssumme ist in Abb. 17-7 gezeigt. Bei T=0 ist g’ = 2, da nur der zweifach entartete Grundzustand zugänglich ist. Bei hohen Temperaturen nähert sich q’ dem Wert 4, da dann alle vier Zustände gleichmäßig besetzt werden. Bei 25 °C ist ’ = 3.1.

Die Gesamtzustandssumme In Tabelle 17-3 am Ende des Kapitels sind die Zustandssummen für alle Freiheitsgrade eines Moleküls nochmals zusammengefasst. Die Gesamtzustandssumme ist das Produkt aller Beiträge. Für ein zweiatomiges Molekül ohne tief liegende elektronische Zustände erhalten wir so ln

u

2

1

— N (=) (=) (i;

-)

(17-23)

Beispiel 17-4 Die Berechnung einer thermodynamischen Funktion aus spektroskopischen Daten 0

5

10

kT/e Abb. 17-7 Elektronische Zustandssumme von NO als Funktion der Temperatur. Die Kurve gleicht der eines Zweiniveausystems (Abb. 17-5), nur steigt sie von 2 (dem Entartungsgrad des unteren Niveaus) bei T = 0 auf 4 (der Gesamtzahl der Zustände) bei hohen Temperaturen.

Berechnen Sie den Wert von G° — G;(0) für H,O(g) bei 1500K aus den Rotationskonstanten A = 27.8778 cm"!, B= 14.5092 cm! und C = 9.2869 cm! sowie

den Angaben aus Beispiel 17-3.

Vorgehen Wir gehen von Gl. (17-9) aus. Um den Standar dwert zu erhalten, werten wir diesen Ausdruck für p° aus (also bei exakt 10° Pa). Die Zustandssumme der Schwingung haben wir schon in Beispiel 17-3 berechnet; für die anderen Beiträge verwenden wir die Ausdrücke aus Tabelle 17-3.

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

Antwort

Die Masse m ist 18.015 u, damit ist q’*/N, = 1.706 x10%. Für den Bei-

trag der Schwingung haben wir bereits q° = 1.352 berechnet. Aus Tabelle 17-2

entnehmen wir o = 2, folglich ist der Beitrag der Rotation q* = 486.7 und wir haben

Gm - © (0) = - (8.3145) K"'mol')(1500K)

x In {(1.706 x 10°) x486.7 x 1.352} = — 317.3kJmol!.

Übung 17-4 Wiederholen Sie die Berechnung für CO,. Die Daten für die Schwingung sind in Übung 17-3 angegeben, B = 0.3902 cm". [-366.6kJ]mol"]

Die so erhaltenen Zustandssummen sind jedoch immer nur Näherungen, da sie auf den Annahmen beruhen, dass erstens die Rotationsniveaus sehr eng beisammen liegen und zweitens die Schwingungen harmonisch sind. Wir können beide Annahmen vermeiden, wenn wir die Summen explizit berechnen und die spektroskopisch beobachteten Energieniveaus einsetzen.

17.2

Anwendungen der statistischen Thermodynamik

Wir können jetzt jede beliebige thermodynamische Größe aus den experimentell bestimmten Energieniveaus eines Moleküls berechnen: Wir haben die Lücke zwischen Thermodynamik und Spektroskopie geschlossen. In den folgenden Abschnitten werden wir für vier wichtige Größen zeigen, wie die Berechnungen in der Praxis aussehen können.

17.2.1

Mittlere Energien

Oft sind wir an der mittleren Energie (ec) eines Freiheitsgrads interessiert. Unter der Voraussetzung, dass wir die Zustandssumme als Produkt von Beiträgen der verschiedenen Freiheitsgrade schreiben können, ist die mittlere Energie eines Freiheitsgrads X (aus Gl. (16-29))

1 /9q* (ei = en (5) a

meXe

I RasroderE*

(17-24)

Die mittlere Translationsenergie Um das allgemeine Prinzip erkennen zu können, betrachten wir zuerst ein eindi.mensionales System der Länge X, für welches q’ = X/A mit A = h(ß/2rm)"” gilt. q' besitzt also die Form „Konstante mal ß"*“, daraus folgt

e (e) =

AO (5),

alianbeetWe di >B N| BR ß les

(17-25)

Für ein Molekül, das sich frei in drei Dimensionen bewegen kann, lautet der entsprechende Ausdruck

(eT) = Sr

(17-25b)

665

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

666

Beide Ergebnisse stehen im Einklang mit dem klassischen Gleichverteilungssatz jedes (siehe Mikroskopische Interpretation 2-2), dem zufolge die mittlere Energie Tatdie stimmt Außerdem ist. IKT gleich sdruck quadratischen Terms im Energieau auch ist, Behälters des Volumen vom ig unabhäng sache, dass die mittlere Energie mit der thermodynamischen Beobachtung überein, dass die Innere Energie eines idealen Gases nicht vom Volumen abhängt (Mikroskopische Interpretation 2-2). Die mittlere Rotationsenergie Die mittlere Rotationsenergie eines’ linearen Moleküls erhalten wir aus der Zustandssumme in Gl. (17-13). Für niedrige Temperaturen (T < 0,) müssen wir die Summation explizit durchführen und erhalten q“ |

ae 3e -2ßheB AL Se

6ßhch

A

Daraus folgt

P® + 306 4...) in _ heB(6e1 + 3e-2ßheB 4 5e-6ßheB 4,

]

T/0,

(17-263)

e)=

Abb. 17-8 Mittlere Rotationsenergie eines unsymmetrischen linearen Kreisels als Funktion der Temperatur. Bei hohen Temperaturen (T > 6,) steigt die Energie im Einklang mit dem Gleichverteilungssatz linear mit der Temperatur an.

Diese Funktion ist in Abb. 17-8 aufgetragen. Bei hohen Temperaturen können wir q* nach Gl. (17-15) berechnen und erhalten so 1 dq*

du

1

ran)

eh

en

(T > 6,)

(q* hängt nicht vom Volumen ab, daher können wir die partiellen Ableitungen durch vollständige Ableitungen ersetzen.) Auch dieses Ergebnis stimmt mit dem klassischen Gleichverteilungssatz überein, da der klassische Energieausdruck für

einen linearen Rotator E = 51,2 +5 1,0} lautet (um die Molekülachse findet keine Rotation statt). Dieser Ausdruck enthält zwei quadratische Terme, folglich beträgt die mittlere Rotationsenergie nach dem Gleichverteilungssatz 2 :3kT = KT.

Die mittlere Schwingungsenergie Die Zustandssumme der Schwingung ist durch Gl. (17-19) gegeben. Da g° nicht vom Volumen abhängt, ist de

dB

d(

1

dB\1-eMi)

)none

1 emm?

(17-27)

und wegen

== a dp

(ie =

Sn

(1-eMiy?(

Ba 1-e Ma

folgt

Bı= = 0

5 T/6,

10

Abb. 17-9 Die Abhängigkeit der mittleren Schwingungsenergie eines harmonischen Oszillators von der Temperatur. Bei hohen Temperaturen (T > 6,) steigt die Energie im Einklang mit dem Gleichverteilungssatz linear mit der Temperatur an.

(17-28)

1

Diese Formel ist exakt bis auf die fehlende Nullpunktsenergie von hcv, die bei Bedarf zur rechten Seite hinzugefügt werden kann. Die Temperaturabhängigkeit der mittleren Schwingungsenergie ist in Abb. 17-9 dargestellt. Bei hohen Temperaturen (für T >06, bzw. ßhcv < 1) können wir die Exponentialfunktion in eine Reihe (e* =1+x+....) entwickeln und alle Terme außer dem ersten vernachlässigen. Damit folgt hev

Di

ee

il

hr 2

(17-29)

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem klassischen Gleichverteilungssatz, da die Energie eines eindimensionalen Oszillators durch E — mv? +3 kx? gegeben ist und die mittlere Energie jedes der beiden quadratischen Terme SkT ist.

17.2.2

_Wärmekapazitäten

Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen ist durch C, = (9U/OT), definiert.

Die Ableitung nach T können wir durch eine Ableitung nach ß ausdrücken, indem wir die Beziehung

EEE N IT dW

Op er Kr B

ygd Pa

N)

verwenden. Die Definition von C, können wir damit auch als

‚[gU

Cy=-kß (7) W oß y

(17-31a )

schreiben. Da die Innere Energie eines idealen Gases eine Summe von Beiträgen ist, ist auch die Wärmekapazität eine Summe von Beiträgen der verschiedenen Frei-

heitsgrade, und der Beitrag eines Freiheitsgrads X ist durch x

NE:

=

oe

n( ir) —NkB (m)

(17-31b)

gegeben.

Die einzelnen Beiträge zur Wärmekapazität Die Temperatur ist immer hoch genug (zumindest solange wir es mit gasförmigen Substanzen zu tun haben), sodass die mittlere Translationsenergie den Wert von >kT erreicht, den Wert des klassischen Gleichverteilungssatzes. Der Beitrag der Translation zur molaren Wärmekapazität bei konstantem Volumen ist daher

—N,

dGkT) zen® 3 dT

2

17-32

Für ein einatomiges Gas ist die Translation der einzige Freiheitsgrad, den wir berücksichtigen müssen, sodass für diesen Fall C,„ = C\, = SR = 12.47] K! mol"! gilt.

Dieses Ergebnis ist für viele Fälle sehr genau: Helium besitzt diesen Wert der Wärmekapazität beispielsweise über einen Bereich von 2000 K. In Abschnitt 2.1.5 haben wir gesehen, dass die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck für ein ideales

Gas durch C,„ = Cym + R mit C,„ zusammenhängt. Also bekommen wir sofort auch das Ergebnis, dass für ein einatomiges ideales Gas C,, = >R gilt und dass das

Verhältnis y der beiden Wärmekapazitäten

5

es

_>3

Mae

ist. Wenn die Temperatur so hoch ist, dass die Rotationen der Moleküle stark angeregt sind (wenn T > 6, ist), dann können wir die Vorhersage des Gleichverteilungssatzes für einen linearen Rotator verwenden und erhalten C} „= R. Für nicht-

lineare Moleküle erhalten wir stattdessen einen Wert von >kT für die mittlere Rotationsenergie und somit eine Wärmekapazität von 5R (wieder für T > 0). Bei sehr tiefen Temperaturen ist nur der Grundzustand der Rotation besetzt und die Rotation liefert keinen Beitrag zur Wärmekapazität. Wenn die Temperatur zwischen die-

667

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

668

1

=

x

$



n

NG)

(&7

2

2 7/0,

Abb. 17-10 Die Temperaturabhängigkeit des Rotationsbeitrags zur Wärmekapazität eines linearen Moleküls.

in; Temperatur,

T/0,

Abb. 17-11 Der Rotationsbeitrag zur Wärmekapazität eines linearen Moleküls kann als Summe von Beiträgen vieler Zweiniveausysteme betrachtet werden, in

denen die steigende Temperatur ÜberKommentar 17-1 Gl. (17-34) entspricht im Wesentlichen der Einstein’schen Gleichung für die Wärmekapazität von Festkörpern (Gl. (8-7)), wenn man 0, durch die Einstein-Temperatur 0; ersetzt. Der Unterschied besteht darin, dass die Schwingungen in einem Festkörper in drei Dimensionen erfolgen.

0

7/8,

1

Abb. 17-12 Die Temperaturabhängigkeit des Schwingungsbeitrags zur Wärmekapazität eines zweiatomigen Moleküls in der harmonischen Näherung nach Gl. (17-34). Für Temperaturen über 6, liegt die Wärmekapazität innerhalb von 10% um den klassisch vorhergesagten Wert.

gänge zwischen Rotationsniveaus bewirkt, von denen einige hier gezeigt sind. Die Rechnung, auf der diese Darstellung beruht, wird in Aufgabe 17.19 ausführ-

licher erläutert.

sen Extremen liegt, können wir CR ermitteln, indem wir den früher berechneten Wert für die mittlere Rotationsenergie (Gl. (17-26)) nach T ableiten. Der so erhaltene (nicht sehr anschauliche) Ausdruck ist in Abb. 17-10 aufgetragen, die uns zeigt, wie der Beitrag der Rotation von 0 bei tiefen Temperaturen bis auf den vom Gleichverteilungssatz vorhergesagten Wert bei hohen Temperaturen (T > OR) ansteigt. Da der Beitrag der Translation immer vorhanden ist, erwarten wir für die Wärmekapazität eines aus zweiatomigen Molekülen bestehenden Gases (CT. + CR) einen Anstieg von 5R auf >R, wenn die Temperatur über 9, hinaus ansteigt. In Aufgabe 17.19 wird untersucht, wie die Form der Kurve auf eine Summe von thermischen Anregungen aller verfügbaren Rotationsniveaus zurückgeführt werden kann (Abb. 17-11). Auch Molekülschwingungen tragen zur Wärmekapazität bei, aber nur bei hohen Temperaturen, bei denen mehrere Schwingungsniveaus merklich besetzt sind. Der nach dem Gleichverteilungssatz erwartete Wert für die mittlere Energie ist KT pro Normalschwingung, der maximale Beitrag zur Wärmekapazität ist somit für jede Schwingung gleich R. Meist ist die Temperatur jedoch nicht so hoch, dass der Gleichverteilungssatz anwendbar ist. Wir müssen daher den exakten Ausdruck für den Beitrag der Schwingung zur Wärmekapazität verwenden, den wir durch Differenziation von Gl. (17-28) erhalten:

e f= le: vm=Rf mite

(17-34)

In diesem Ausdruck ist 0, = hcv/k die charakteristische Schwingungstemperatur. Abb. 17-12 zeigt die Temperaturabhängigkeit des Schwingungsbeitrags zur molaren Wärmekapazität. Schon bei Temperaturen nur wenig über der charakteristischen Schwingungstemperatur erreicht der Beitrag annähernd den klassischen Wert.

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

669

Die gesamte Wärmekapazität Die gesamte Wärmekapazität einer aus Molekülen aufgebauten Substanz ist die

Summe aller Beiträge (Abb. 17-13). Wenn der Gleichverteilungssatz anwendbar ist (wenn die Temperatur also größer ist als die charakteristische Temperatur eines

Freiheitsgrads, T > 0,), dann erhalten wir einen genäherten Wert für die Wärmekapazität, indem wir einfach die aktiven Freiheitsgrade abzählen. In Gasen sind die drei Freiheitsgrade der Translation immer aktiv und tragen ZR zur molaren Wärmekapazität bei. Wenn wir die Anzahl der aktiven Rotationsfreiheitsgrade mit v, bezeichnen (sodass für lineare Moleküle normalerweise MR )

und für nichtlineare Moleküle v, = 3 gilt), dann ist der Beitrag der Rotation !v;R.

T+R+S

2x Atome ©

ER

(5;

3

a

Wenn die Temperatur so hoch ist, dass v, Schwingungsfreiheitsgrade aktiv sind, so

liefern sie einen Beitrag von v,R. Meist gilt jedoch v.=0. Die gesamte molare Wär-

S &%

2

2.

mekapazität ist somit

Ga

ml m

-B4v +2

Beispiel 17-5

R.

(17-35)

Wie groß ist die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen für Wasserdampf bei 100 °C? Die Wellenzahlen der Schwingungen sind in Beispiel 17-3 angegeben, die Rotationskonstanten sind 27.9, 14.5 und 9.3cm"'. Vorgehen Wir müssen feststellen, ob die Rotationen und Schwingungen aktiv sind. Hierzu berechnen wir ihre charakteristischen Temperaturen (und verwenden he/k = 1.439 cm). Antwort Die charakteristischen Temperaturen der drei Schwingungen sind 5300K, 2300K und 5400K (gerundet), sie sind bei 373 K daher inaktiv. Die charakteristischen Temperaturen der drei Rotationen sind 40K, 21K und 13K, sie sind daher ebenso wie die drei Translationen vollständig aktiv. Der Beitrag der Translationen ist $R = 12.5] K"!'mol-!. Die vollständig aktiven Rotationen tragen nochmals 12.5] K"!mol’!' bei, sodass wir insgesamt einen Wert von etwa 25] K“'! mol”! erwarten. Der experimentelle Wert beträgt 26.1] K' mol". Die Differenz entsteht vermutlich durch Abweichungen von der Idealität.

Übung 17-5 Wie groß ist die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen für gasförmiges I, bei 25 °C? (B = 0.037 cm'; weitere Daten siehe Tabelle 17-2) [29] K"' mol]

17.2.3

|

9, Die molare Wärmekapazität eines Gases

_ Zustandsgleichungen

Die Beziehung zwischen p und Q bietet einen sehr wichtigen Zugang zu den Zustandsgleichungen realer Gase als Funktion der zwischenmolekularen Wechselwirkungen, da diese auf einfache Weise in Q eingebaut werden können. Wir wissen bereits (Beispiel 17-1), dass die Zustandssumme eines aus unabhängigen Molekülen bestehenden Gases auf die Zustandsgleichung eines idealen Gases führt, pV = nRT. Reale Gase unterscheiden sich von idealen Gasen durch ihre Zustandsgleichungen, und wir haben in Abschnitt 1.1.3 gesehen, dass diese am besten in der Form

PR-1+, Bes + +.

(17-36)

geschrieben werden, wobei B der zweite und C der dritte Virialkoeffizient ist. Die gesamte kinetische Energie eines Gases ist gleich der Summe der kinetischen Energien der einzelnen Moleküle. Die kanonische Zustandssumme eines realen

(T)

|

8;

Temperatur

Abb. 17-13 Die allgemeine Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität von zweiatomigen Molekülen. Jeder Freiheitsgrad wird aktiviert, sobald seine charakteristische Temperatur überschritten ist. Wenn das Molekül dissoziiert, wird die Wärmekapazität sehr groß, da die Energie für die Dissoziation verwendet wird und nicht für eine Erhöhung der Temperatur. Nach erfolgter Dissoziation fällt die Wärmekapazität auf den Wert der freien Atome (nur Translation).

670

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

schreiGases lässt sich daher als Produkt eines Anteils für die kinetische Energie

und ben, der mit dem entsprechenden Ausdruck für ein ideales Gas identisch ist, und abhängt irkungen einem Anteil, der von den zwischenmolekularen Wechselw als Konfigurationsintegral Z bezeichnet wird. Wir können also schreiben

oe

2

(17-37)

DENN

A

Durch Vergleich dieses Ausdrucks mi#Gl. (16-45) (Q = q"/N! mit q = V/A‘) erkennen wir, dass für ein atomares ideales Gas (d.h. ohne Beiträge von Rotation oder Schwingung) gilt

Ban

(17-38)

Für ein atomares reales Gas (für das die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen isotrop sind) hängt Z durch Z= mi erde

de,...dey,

(17-39)

mit der potenziellen Energie E,, der Wechselwirkung aller Teilchen zusammen, wobei dr; das Volumenelement für das ite Atom ist. Physikalisch hängt die Existenz dieses Terms damit zusammen, dass die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Anordnung der Teilchen in der Probe durch eine Boltzmann-Verteilung gegeben ist, deren Exponent gerade die potenzielle Energie dieser Anordnung enthält.

Illustration 17-1

Die Berechnung eines Konfigurationsintegrals

Wenn die Moleküle nicht miteinander wechselwirken, so ist E,., = 0 und daher

e#&o = 1. Folglich ist N

il

de, di...

den

va

=

da |dr = V ist, wenn V das Volumen des Behälters ist. Dieses Ergebnis stimmt mit Gl. (17-38) überein. Wenn wir nur Paarwechselwirkungen zwischen den Teilchen berücksichtigen, so vereinfacht sich das Konfigurationsintegral zu A

er|e PEa

>

dr, dr, .

(17-40)

Der zweite Virialkoeffizient ist dann

B=

N,

[

Self dr, dr,

(17-41)

Die Größe f wird als Mayer’sche f-Funktion bezeichnet, sie geht gegen null, wenn

die beiden Teilchen so weit voneinander entfernt sind, dass Eyoı = 0 ist. Wenn die Wechselwirkung der Teilchen nur von ihrem Abstand r und nicht von ihrer relativen

Orientierung oder ihrer absoluten Position abhängt, wie bei der Wechselwirkung geschlossenschaliger Atome in einer homogenen Probe, so vereinfacht sich das Volumenelement zu 4nr’dr (da die Integration über die Winkelvariablen in dt = r’drsindO0dd einen Faktor Ar liefert) und wir erhalten aus Gl. (17-41)

& B=-2nN,

|frdr 0

mit

f=efim-1.

(17-42)

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

Dieses Integral kann nach Einsetzen des korrekten Ausdrucks für die zwischenmolekulare Wechselwirkung berechnet werden (normalerweise numerisch). Intermolekulare Wechselwirkungen werden wir in Kapitel18 näher behandeln, dort werden wir auch verschiedene Formeln herleiten. Für den Moment soll es uns genügen, die Anwendung von Gl. (17-42) am Beispiel des Hartkugelpotenzials kennen zu lernen. Dieses Potenzial ist unendlich, wenn der Abstand zweier Teilchen kleiner oder gleich einem gewissen Abstand o wird, und null bei größeren Abständen. Dann gilt e Pia — 0

perl

Würrseund

SEINEN)

Eee

fürr > o und Er=0..

(17-43a)

(17-43b)

Aus Gl. (17-30b) folgt dann für den zweiten Virialkoeffizienten

[

B=2nN, [ru

2

zuN.a

(17-44)

0

Die soeben beschriebene Berechnung von B führt zu der Frage, ob wir ein Potenzial finden können, das bei der Berechnung der Virialkoeffizienten genau die van-derWaals-Gleichung ergibt. Dieses Potenzial existiert tatsächlich: Es besteht aus einem abstoßenden Hartkugelpotenzial und einer langreichweitigen, schwachen (a < RT), anziehenden Wechselwirkung (siehe Aufgabe 17.15). Wenn wir den zweiten Virialkoeffizienten für ein bestimmtes zwischenmolekulares Wechselwirkungspotenzial berechnet haben, dann können wir auch weitere thermodynamische Funktionen berechnen, die von der Form dieses Potenzials abhängen. Beispielsweise können wir den isothermen Joule-Thomson-Koeffizienten 4 (Abschnitt 3.3.2) aus der thermodynamischen Beziehung Rn I

dB ED IT

(17-45)

berechnen und aus ihm wiederum mithilfe von Gl. (3-48) den eigentlichen JouleThomson-Koeffizienten.

17.2.4

Wechselwirkungen in Flüssigkeiten

Bei der Beschreibung von Festkörpern gehen wir stets von der geordneten Struktur eines idealen Kristalls aus, siehe Kapitel 20. Bei Gasen ist unser Startpunkt die völlig ungeordnete Bewegung der Moleküle in einem idealen Gas, wie wir in Kapitel 1 gesehen haben. Flüssigkeiten liegen zwischen diesen beiden Extremen. Wir werden sehen, dass die Strukturen und die thermodynamischen Eigenschaften von Flüssigkeiten von der Art der zwischenmolekularen Wechselwirkungen abhängen und dass wir auf eine ähnliche Weise wie soeben für reale Gase gezeigt auch eine Zustandsgleichung für Flüssigkeiten erhalten können.

Die radiale Verteilungsfunktion

Die mittleren Positionen der Teilchen in einer Flüssigkeit relativ zueinander werden durch die radiale Verteilungsfunktion g(r) beschrieben. Sie ist so definiert, dass g(r)r’dr die Wahrscheinlichkeit angibt, in einem Intervall dr im Abstand r von einem Teilchen ein zweites Teilchen anzutreffen. Für einen idealen Kristall besteht g(r) aus einer Abfolge von scharfen Maxima, die die festen Positionen (von Kristalldefekten und der thermischen Bewegung der Atome abgesehen) der Atome im Kristall angeben. Diese Regelmäßigkeit setzt sich bis an die Grenzen des Kristalls fort, wir sprechen daher von einer Fernordnung der Atome im Kristall. Beim Schmelzen des Kristalls geht diese Fernordnung verloren, und wenn wir in großer

671

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

672

cheinlichkeit schauen, ein zweites Entfernung von einem Teilchen nach der Wahrs Umgebung

konstanten Wert. In direkter Teilchen anzutreffen, so erhalten wir einen arn jedoch immer noch ungefähr an eines Teilchens können die nächsten Nachb sie durch neue Atome ersetzt werihren alten Positionen sitzen, und selbst wenn die Positionen der alten besetzen. eit den, werden diese mit einiger Wahrscheinlichk Schale von nächsten Nachbarn eine Wir können daher auch in der Flüssigkeit noch größerer Entfernung vieletwas in und eines Atoms bei einem Abstand r, finden bei einem Abstand r,. arn Nachb en leicht auch noch eine Schale mit übernächst

die radiale VerteilungsDiese Erscheinung bezeichnen wir 'als Nahordnung. Für

nden oszilliert, bei r, ein Maximum funktion bedeutet das, dass sie bei kurzen Abstä

600 r/pm

Abb. 17-14 Die radiale Verteilungsfunktion der Sauerstoffatome in flüssigem Wasser bei drei Temperaturen. Mit steigender Temperatur verschieben sich die Maxima nach außen. (A. H. Narten, M. D. Danford, H.A. Levy, Discuss. Faraday Soc. 43, (1967),

97.)

um, vielleicht noch weitere besitzt, bei r, ein zweites, weniger ausgeprägtes Maxim Abstände gegen einen große sehr für Strukturen bei größeren Abständen und dann konstanten Wert geht. em Wasser ist in Die radiale Verteilungsfunktion der Sauerstoffatome in flüssig eit jedes WasFlüssigk der in dass ergibt, Abb. 17-14 gezeigt. Eine genauere Analyse n ist. Die umgebe n oleküle Wasserm sermolekül tetraedrisch von vier anderen lanmoleku zwische die dass auch, beweist gezeigte Verteilungsfunktion für 100°C sind, genug stark cken) toffbrü Wassers chlich ren Kräfte (in diesem Fall hauptsä n diese lokale Struktur bis zum Siedepunkt aufrecht zu erhalten. Ramanspektre r entwede Wasser em flüssig in e Molekül meisten geben Hinweise darauf, dass die en tspektr Infraro sind. beteiligt dungen ckenbin toffbrü an drei oder an vier Wassers zeigen, dass am Schmelzpunkt von Eis etwa 90% der Wasserstoffbrücken noch intakt sind, am Siedepunkt dagegen nur noch etwa 20%. Der formale Ausdruck für die radiale Verteilungsfunktion für zwei Moleküle 1 und 2 in einer aus N Teilchen bestehenden Flüssigkeit lautet 8 gu)=-

= Tr"

Chez ale... Gen,

(17-46)

een dandies.dey

wobei $ = 1/kT ist und V, die potenzielle Energie der N Teilchen bedeutet. Dieser Ausdruck mag Furcht erregend erscheinen, er ist aber nichts anderes als die Boltzmann-Verteilung für den Abstand zweier Moleküle im Feld aller anderen Moleküle des Systems.

Die Berechnung von g(r)

hehe

:

„Dichte. h

|

Verteilungsfunktion, radiale g

R/d Abb. 17-15 Die radiale Verteilungsfunktion aus der Simulation einer Flüssigkeit unter der Annahme eines Hartkugelpotenzials.

Die radiale Verteilungsfunktion können wir berechnen, wenn wir die Form des zwischenmolekularen Potenzials kennen, daher ist der Vergleich zwischen berechneter und gemessener Verteilungsfunktion ein wichtiger Test für Theorien der Struktur von Flüssigkeiten. Allerdings ergibt sogar ein einfaches Hartkugelpotenzial ohne anziehende Wechselwirkungen ausgeprägte Oszillationen der radialen Verteilungsfunktion (Abb. 17-15), da ein wichtiger - manchmal sogar der entscheidende - Faktor für die Form der Verteilungsfunktion das geometrische Problem ist, mehr oder weniger harte Kugeln dicht zu packen. Man findet sogar, dass eine aus harten Kugeln bestehende Flüssigkeit ausgeprägtere Oszillationen der radialen Verteilungsfunktion zeigt als jede andere Art von Flüssigkeit bei gleicher Temperatur. Der anziehende Anteil des zwischenmolekularen Potenzials modifiziert zwar die Form von g(r), in vielen Fällen jedoch nur geringfügig. Die Tatsache, dass sowohl attraktive als auch repulsive Kräfte zwischen den Teilchen berücksichtigt werden müssen, ist eine der grundlegenden Schwierigkeiten bei der theoretischen Beschreibung von Flüssigkeiten. Die Berechnung von g(r) aus dem zwischenmolekularen Potenzial kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Numerische Verfahren nehmen etwa 1000 Teilchen in einem bestimmten Volumen (je schneller die Computer, desto größer die Zahl), deren Bewegungen verfolgt werden, und simulieren den Rest der Flüssigkeit durch identische Kopien dieses kleinen Behälters, die um ihn herum angebracht werden

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

673

(Abb. 17-16). Wenn ein Teilchen den betrachteten Behälter durch eine seiner Seitenflächen verlässt, tritt gleichzeitig ein Spiegelbild dieses Teilchens durch die gegenüberliegende Seitenfläche ein, so dass die Teilchenzahl (und damit die Dichte) konstant bleibt. Bei der Berechnung der Energie eines Moleküls in dem Behälter werden die Wechselwirkungen mit allen Molekülen in dem Behälter sowie mit allen Molekülen in allen Kopien des Behälters mit berücksichtigt. Bei der Monte-Carlo-Methode werden die Moleküle in dem Behälter um eine kleine, aber ansonsten völlig zufällige Strecke bewegt und die Veränderung AV, der gesamten potenziellen Energie der N Teilchen in dem Behälter wird mithilfe eines der in Abschnitt 18.2.1 beschriebenen zwischenmolekularen Potenziale berechnet. Ob die so entstandene neue Konfiguration akzeptiert wird, wird dann nach folgenden Regeln entschieden: 1. Wenn die potenzielle Energie der neuen Konfiguration nicht größer ist als die der alten, wird die Konfiguration akzeptiert. Wenn die potenzielle Energie größer als vor der Veränderung ist, dann muss geprüft werden, ob die neue Konfiguration überhaupt sinnvoll ist und ob sie im Gleichgewicht mit anderen Konfigurationen geringerer potenzieller Energie existieren kann. Hierzu können wir die Tatsache verwenden, dass im Gleichgewicht das Verhältnis der Besetzungszahlen zweier Zustände mit einer Energiedifferenz AV, durch e"A'x/*T gegeben ist. Da wir die Existenzberechtigung einer Konfiguration mit höherer potenzieller Energie als der in der Rechnung vorhergehenden prüfen, ist AV, > 0 und der Exponentialfaktor bewegt sich zwischen 0 und 1. Daher lautet die zweite Regel bei Monte-Carlo-Rechnungen: 2. Der Exponentialfaktor wird mit einer Zufallszahl zwischen 0 und 1 verglichen; wenn er größer ist als diese Zufallszahl, wird die neue Konfiguration angenommen, ansonsten wird sie abgelehnt. Die durch eine solche Monte-Carlo-Rechnung erzeugten Konfigurationen können verwendet werden, um g(r) zu bestimmen, indem einfach die Abstände aller Paare von Teilchen vermessen und diese über viele Konfigurationen gemittelt werden. Ein anderer Ansatz zur Simulation von Flüssigkeitsstrukturen ist die Moleküldynamik. Hierbei berechnet man ausgehend von einer zufälligen Anfangsverteilung die Bahnen aller Teilchen unter dem Einfluss der zwischenmolekularen Potenziale. Um die einzelnen Schritte der Methode zu verstehen, wollen wir die Bewegung eines Teilchens in einer Dimension betrachten. In der folgenden Begründung wird gezeigt, dass sich die Position eines Teilchens in der Zeitintervall At von x; ,nach Bi,

AL

(17-47)

verändert, wobei v,_, die Geschwindigkeit des Teilchens am Ort x;_, bedeutet. Die Geschwindigkeit v; am Ort x; hängt mit v;ı durch

Dt

At

(17-48)

zusammen, wobei die Ableitung des Potenzials V,(x) am Ort x; ,zu berechnen ist. Das verwendete Zeitintervall At beträgt typischerweise etwa 10°" s und ist damit

und kürzer als das mittlere Intervall zwischen zwei Stößen. Die Berechnung der x; igzeitaufwänd Der t. v, wird für Zehntausende derartiger Zeitintervalle durchgeführ im rkungen Wechselwi allen aus ste Teil der Rechnung ist die Bestimmung der System resultierenden Kraft aufein Molekül.

Abb. 17-16

In einer zweidimensionalen

Simulation einer Flüssigkeit mit periodischen Randbedingungen kann ein Teilchen das simulierte Volumen verlassen, gleichzeitig tritt dann aber sein Spiegelbild durch die gegenüberliegende Seite ein.

674

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

Begründung 173 Teilchenbahnen in der Moleküldynamik

.

Geschwindigkeit Wir betrachten ein Teilchen, das sich mit einer anfänglichen “ Ax vv,

At

Teilin x-Richtung bewegt. Wenn wir die ursprüngliche und die neue Position des chens mit x, bzw. x, bezeichnen, sg,ist Ax = %, — Xı und Kr

ln

ND.

Die Teilchen bewegen sich unter dem Einfluss einer Kraft, die durch die Wechselwirkungen mit allen anderen Molekülen in der Probe entsteht. Mithilfe des zweiten Newton’schen Axioms schreiben wir die Kraft F, als A

mo,

wobei die Beschleunigung a, am Ort x, durch a, = Av/At gegeben ist. Wenn wir die Anfangs- und die Endgeschwindigkeit mit v, bzw. v, bezeichnen, so ist Av=v,— v, und R. NE m

v, =v, +oAt=v,

F= -dV/dx erhalten wir die Kraft aus der potenziellen Energie Vı(x) der

Mit

Wechselwirkung mit allen anderen Molekülen in der Probe, _ dVnl&)

ae,

,

wobei die Ableitung am Ort x, zu berechnen ist. Folglich ist Da

2

1

m

Ne

IVn&)

dx

x

Für den allgemeinen Fall, dass wir eine Geschwindigkeit v; aus einer vorhergehenden Geschwindigkeit v;_, berechnen wollen, ist das gerade Gl. (17-48).

Übung 17-6 Betrachten Sie ein Teilchen der Masse m, das über eine Feder der Kraftkonstante k mit einer starren Wand verbunden ist. Finden Sie einen Ausdruck für die

Geschwindigkeit dieses Teilchens, nachdem es aus einer Gleichgewichtslage x, in eine Bewegung in x-Richtung versetzt wurde. [v; = v;, + (k/m)(x;_ı — %)] Eine Moleküldynamik-Simulation ergibt eine Reihe von Schnappschüssen der Flüssigkeit, aus denen wir wie zuvor g(r) berechnen können. Die Temperatur der Flüssigkeit können wir ermitteln, indem wir die mittlere kinetische Energie der Teilchen bestimmen und das Resultat des Gleichverteilungssatzes verwenden, wonach für jede Koordinate q

U ART mo) )=KT

(17-49)

gilt.

Die thermodynamischen Eigenschaften von Flüssigkeiten Aus der radialen Verteilungsfunktion können wir die thermodynamischen Eigenschaften der Flüssigkeit berechnen. Beispielsweise ist der Beitrag der Paarwechselwirkungen V, zur Inneren Energie durch das Integral U =

On? ( g(r)V,r" m 0

dr

(17-50)

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

gegeben. Das bedeutet, er ist gleich der mittleren Wechselwirkung zweier Teilchen gewichtet mit einem Faktor g(r)r? dr, der die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der ein Abstand zwischen r und r + dr auftritt. Entsprechend ist der Beitrag der Paarwechselwirkungen zum Druck durch

pv

2nN ( =

1

kTV

| g(r)vzr?

dr

mit

dv V,

Bu

ie

(17-51a)

0

gegeben. Die Größe v, wird als Virial bezeichnet, die angegebene Gleichung daher auch als Virial(zustands)gleichung. Um die physikalische Aussage dieses Ausdruck besser zu verstehen, schreiben wir ihn in der Form pP

nRT

2n

NN [einer t

vr

dr.

(17-51b)

(0)

Der erste Term auf der rechten Seite ist der kinetische Druck, der Beitrag der Moleküle in freiem Flug zum Druck des Gases. Der zweite Term ist im Wesentlichen der in Abschnitt 2.3.2 eingeführte Binnendruck Tr = (OU/OV),, der den Beitrag der zwischenmolekularen Wechselwirkungen zum Druck beschreibt. Der Term —dV,/dr in v, ist die Kraft, die nötig ist, um zwei Moleküle voneinander zu entfer-

nen; —r(dV,/dr) ist folglich die Energie, die nötig ist, um zwei Moleküle in einen Abstand r voneinander zu bringen. Der zweite Term in Gl. (17-51b) ist daher der Mittelwert dieser Energie über die in der Flüssigkeit vorliegenden Paarabstände, die durch die Wahrscheinlichkeit g(r)r’ dr beschrieben werden, mit der zwei Teilchen

einen Abstand zwischen r und r + dr haben. Insgesamt gibt das Integral nach Multiplikation mit dem Quadrat der Teilchenzahldichte die Veränderung der Inneren Energie des Systems bei einer Expansion an und ist folglich gleich dem Binnendruck.

17.2.5

_Nullpunktsentropien

Wir können Entropien sowohl aus spektroskopischen Daten berechnen als auch experimentell bestimmen (Abschnitt 3.1.3). In vielen Fällen ist die Übereinstimmung zwischen diesen beiden Wegen gut, aber manchmal liegt die gemessene Entropie auch unter der berechneten. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass bei der experimentellen Bestimmung ein Phasenübergang übersehen wurde (sodass ein Beitrag der Form Ar... 44/T nicht berücksichtigt wurde). Eine andere Möglich-

keit besteht darin, dass die Substanz auch als Festkörper bei T=0 noch eine gewisse Unordnung enthält. In diesem Fall ist die Entropie bei T = 0 größer als null, sie wird als Nullpunktsentropie bezeichnet.

Um den Ursprung der Nullpunktsentropie zu verstehen, betrachten wir einen aus AB-Molekülen aufgebauten Kristall, wobei A und B sehr ähnliche Atome sein sollen (ein typisches Beispiel ist CO mit seinem sehr kleinen Dipolmoment). Die Energiedifferenz zwischen den Anordnungen ...ABABABAB... und... ABBABAAB... oder weiteren zufällig ausgewählten Anordnungen der Moleküle kann in einem solchen Fall so gering sein, dass beide Orientierungen im Kristall gleichwertig vorkommen. Mit Hilfe der Boltzmann-Formel S = k In W können wir die dadurch verursachte Entropie einfach berechnen. Wir nehmen an, dass beide Orientierungen eines Moleküls gleich wahrscheinlich sind und dass die Probe aus N Molekülen besteht. Wir können die gleiche Energie dann auf 2" verschiedene Arten erreichen (da jedes Molekül zwei gleichwertige Orientierungen einnehmen kann), es gilt also W = 2N. Damit erhalten wir

S=kln2"=Nkin2=nRln2.

(17-52a)

675

676

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

Wir können daher eine molare Nullpunktsentropie in der Größenordnung von Rin2= 5.8] K'' mol"! erwarten, wenn der Festkörper aus Molekülen aufgebaut ist, die bei T = 0 zwei gleichberechtigte Orientierungen einnehmen können. Wenn s Orientierungen möglich sind, so gilt allgemein, dass die molare Nullpunktsentropie S

m

ZaRalnıS



(17-52b)

beträgt. Ein FClO,-Molekül kann beispielsweise vier Orientierungen mit annähernd gleicher Energie einnehmen (wobei das F-Atom jeweils in eine der vier Tetraederecken zeigt), die dadurch verursachte Nullpunktsentropie von R In4 = 11.5] K“' mol” stimmt gut mit dem experimentellen Wert von 10.1] K“' mol“! überein. Für CO findet man einen experimentellen Wert von 5] K-'! mol“, ebenfalls in guter Übereinstimmung mit der theoretischen Vorhersage von R In 2, die wir für völlig zufällige Orientierungen der CO-Moleküle erhalten haben. Illustration 17-2

Die Berechnung einer Nullpunktsentropie

Wir betrachten eine aus N H,O-Molekülen bestehende Probe. Jedes Sauerstoffatom ist ungefähr tetraedrisch von vier Wasserstoffatomen umgeben, von denen es mit zweien durch kurze o-Bindungen verbunden ist und mit den anderen beiden durch längere Wasserstoffbrücken (Abb. 17-17). Für die 2N H-Atome können

wir daher Positionen entweder nahe bei einem bestimmten Sauerstoffatom oder weiter davon entfernt wählen (Abb. 17-18). Wir erhalten so 2“ unterschiedliche Anordnungen, die jedoch nicht alle gültig sind. Von den 2* = 16 möglichen | Anordnungen von je vier H-Atomen um ein Sauerstoffatom erfüllen nur sechs die ı Bedingung, dass sie zwei kurze und zwei lange Bindungen ergeben, nur diese sind tatsächlich möglich. Die Zahl der insgesamt möglichen Anordnungen ist daher We

22

16

gs _ :

Zi

Daraus folgt eine Nullpunktsentropie von Sm(O)=kIn

a

De

N,k In

3

=

3

R ln 5) = 3,4]. Kr mol!

in Übereinstimmung mit dem experimentellen Wert von 3.4] K"' mol”!. Dieses

Modell ist jedoch nicht exakt, da es die Möglichkeit vernachlässigt, dass übernächste oder noch weiter entfernte Nachbarn die lokale Anordnung der Bindungen beeinflussen.

Abb. 17-17 Die möglichen Anordnungen der Wasserstoffatome um ein zentrales Sauerstoffatom in einem Eiskristall sind hier durch die weißen Kugeln angedeutet. Nur eine der beiden gezeigten Positionen entlang jeder Bindung kann besetzt sein, wobei zwei H-Atome in der Nähe des zentralen Sauerstoffatoms liegen müssen und zwei weiter entfernt.

Abb. 17-18 Die sechs möglichen Anordnungen von Wasserstoffatomen in den in Abb. 17-17 gezeigten Positionen. Besetzte Positionen sind

durch rote Kugeln gekennzeichnet, freie Positionen durch weiße Kugeln.

17.2 Anwendungen der statistischen Thermodynamik

17.2.6

677

Gleichgewichtskonstanten

Die Freie Enthalpie eines aus unabhängigen Molekülen bestehenden Systems hängt durch Gl. (17-9) mit der molaren Zustandssumme q,„=g/n zusammen. Die Gleichgewichtskonstante K einer Reaktion ist durch A,G® = -RT InK mit der Freien Reaktionsenthalpie verknüpft. Um die Gleichgewichtskonstante aus der Zustandssumme zu berechnen, müssen wir diese beiden Gleichungen kombinieren. Hierzu werden wir Gasphasenreaktionen betrachten, bei denen die Gleichgewichtskonstante durch die Partialdrücke der Ausgangsstoffe und Produkte ausgedrückt wird.

Die Beziehung zwischen K und der Zustandssumme Um einen Ausdruck für die Freie Standardreaktionsenthalpie zu finden, benötigen wir Ausdrücke für die molaren Freien Standardenthalpien G® /n aller beteiligten Teilchen. Dazu benötigen wir wiederum die molaren Zustandssummen bei p = p” (wobei p” wie immer 10° Pa bzw. 1bar ist): Diese Funktion bezeichnen wir als molare Standardzustandssumme q,. Da nur der Beitrag der Translation zur Zustandssumme vom Druck abhängt, erhalten wir q, , indem wir in dem Ausdruck

für die Zustandssumme einfach V durch V2 ersetzen, wobei V£ = RT/p° ist. Für jede Komponente ] folgt damit Ss

(17-53)°

EN= ER.) -RTIn 9N‚m A

mit q,„ als molarer Standardzustandssumme des Teilchens J. Indem wir diese beiden Ausdrücke miteinander kombinieren (wie in der folgenden Begründung gezeigt), finden wir, dass die Gleichgewichtskonstante einer allgemeinen Reaktion DE ShHBE>c@ N durch den Ausdruck Re

D, (Reaktanten)

(gm IN) (a

(17-54)

/ Nr)’ e_ArEo/RT

D, (Produkte)

ee)

gegeben ist, wobei A, E, die Energiedifferenz zwischen den Grundzuständen der Ausgangsstoffe und der Produkte ist, die aus den Bindungsdissoziationsenergien der beteiligten Teilchen berechnet werden kann (Abb. 17-19) und in der folgenden Begründung präziser definiert wird. Mithilfe der in Abschnitt 7.1.2 eingeführten stöchiometrischen Koeffizienten können wir schreiben

wi



II

Im

N,

ki

e

Ardo/RT

(17-54)

Die molare Freie Standardenthalpie der Reaktion ist

NG

Il )

BGB) de. (DI 0G,(A) BE) cG2 (C,0) + dG2(D,0) - aG2(A,0) - bGa (B,0) ee -RTeln Ic,m

N,

In,m _

nm ] 2a,

pin

N,

lin).

Wegen G(0) = U(0) ist der erste Term auf der rechten Seite

A,E, = cU2(C,0) + dU2£(D,0) - aUn (A,0) +bUn(B,0) ,

(17-55)

ALE, Abb. 17-19 Definition von AzEy bei

der Berechnung von Gleichgewichtskonstanten.

678

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

die molare Innere Energie der Reaktion bei T = 0. Wir können damit schreiben ee

AG

NE

&-

G

& dem

d

ID.m er.In (N, ) | in (N, ) f

]

n

& AAm

N,

&

a

b

In (®= )

N

d (gem

IN

an

[Ni

(Ga

IN

(Gem /Na

$

—e

/RalW

ArEı RT

(dem IN.) (9; /N,)“ en ee ne (dien

/N,)

(dB.m

/Na)

Diesen Ausdruck können wir nun mit ARG” = -RT InK

vergleichen. Dabei fin-

den wir für K Ikalk=

(Gem INa)' (Gm IN)

ArEs RT

(a

IN

ae

/N,)

Daraus erhalten wir Gl. (17-54a), indem wir auf beiden Seiten die Exponentialfunktion bilden.

Ein Dissoziationsgleichgewicht Wir wollen die Anwendung von Gl. (17-54) anhand eines Gleichgewichts demonstrieren, in welchem ein zweiatomiges Molekül X, in die Atome dissoziiert:

X(g)=2X(g)

mit

K=—

Gleichung (17-54) (mit a=1, b=0, c=2 und d=0) verbindet diese Gleichgewichtskonstante mit den Zustandssummen der an der Reaktion beteiligten Teilchen:

N K= ae

(a) gTAREo/RT 5 Ar bo/RT _ EMI

Ix,m /Nı

17-56a

dx, m N,

\

mit ARE, = 2U% (X, 0) -— RS)

Du(X-X)

,

D,(X=X) ist die Dissoziationsenergie der X-X-Bindung. Zustandssummen der X-Atome lauten

Axım =.) At

(17-56b)

Die molaren

Standard-

Sun p As

x

wobei g, der Entartungsgrad des elektronischen Grundzustands von X ist und wir Vn = RT/p® verwendet haben. Das zweiatomige Molekül X, besitzt darüber hinaus noch Rotations- und Schwingungsfreiheitsgrade, sodass seine molare Standardzustandssumme Ve X m



ı.

bi, | 23 )rax, = L

X

KRreo.g > pP

ar

A,

lautet, wobei gx, der Entartungsgrad des elektronischen Grundzustands von X, ist. Nach GI. (17-54) erhalten wir somit für die Gleichgewichtskonstante N =

kTgA, ee

Pe x, RR,

Ay,

e Pu/RT

(17-57)

17.2 Anwendungen der statistischen Therntodynamik

mit R/N, = k. Alle Größen in dieser Gleichung können wir aus spektroskopischen Daten berechnen. Die A sind in Tabelle 17-3 (S. 681) definiert; sie hängen von den Massen der Teilchen und der Temperatur ab. Auch die Ausdrücke für die Rotationsund Schwingungszustandssummen sind in Tabelle 17-3 angegeben; sie hängen von der Rotationskonstante und der Schwingungswellenzahl des Moleküls ab. Beispiel 17-6 Die Berechnung einer Gleichgewichtskonstante Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante der Dissoziation Na,(g) = 2Na(g) bei 1000K aus den folgenden Daten: B= 0.1547cm!, v= 159.2cm", D, = 70.4 kJ mol”'. Der Grundzustand des Natriumatoms ist ein Dublett.

Vorgehen Die benötigten Zustandssummen sind in Gl. (17-54) angegeben. Sie können mithilfe der in Tabelle 17-3 angegebenen Ausdrücke berechnet werden. Für ein homoatomares zweiatomiges Moleküls ist « = 2. Zur Berechnung von kT/p” verwenden wir p° = 10° Paund 1 Pam’=1].

Antwort

Die benötigten Größen sind:

A(Na,) = gr(Na,) =

8.14pm 2246

g(Na) = 2

A(Na) gq(Na,)

ae

= =

11.5pm 4.885

Damit erhalten wir aus Gl. (17-54) für die Gleichgewichtskonstante

(1.38 x 10°] K"')(1000K) x4x (8.14 x10"? m)’ ©.. PAD (105 Pa) x 2246 x 4.885 x (1.15 x 10-!! m) Dabei haben wir

1] = 1kgm?s” und

1Pa= 1kgm' s"! verwendet.

Übung 17-7 Berechnen Sie K bei 1500K.

[52]

Die Beiträge zur Gleichgewichtskonstante

AE,

Jetzt sind wir in der Lage, die physikalische Grundlage von Gleichgewichtskonstanten zu verstehen. Um uns die beteiligten Effekte klarzumachen, wollen wir ein ein-

faches Gleichgewicht R=P in der Gasphase betrachten. Abb. 17-20 zeigt zwei Gruppen von Energieniveaus, die eine Gruppe entspricht den Niveaus von R und die andere denen von P. Die Besetzungszahlen der Zustände sind durch die Boltzmann-Verteilung gegeben; sie hängen nicht davon ab, ob ein bestimmter Zustand zu R oder zu P gehört. Wir stellen uns daher eine gemeinsame Boltzmann-Verteilung vor, die die Zustände beider Teilchen ohne Unterscheidung umfasst. Wenn die Abstände der Energieniveaus von R und P ähnlich sind (wie in Abb. 17-20) und P über R liegt, dann können wir aus der Abbildung entnehmen, dass R in der Reaktionsmischung dominieren wird. Wenn P jedoch eine hohe Zustandsdichte besitzt (d.h. eine große Zahl von Zuständen in einem engen Energiebereich, wie in Abb. 17-21), dann kann P im Gleichgewicht

überwiegen, obwohl sein Grundzustand über dem von R liegt. Es ist leicht zu zeigen (wir werden das in der folgenden Begründung tun), dass das Verhältnis von R- zu P-Molekülen im Gleichgewicht durch

N

rer

NP)

(17-583)

gegeben ist. Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion ist daher ebenfalls

Abb. 17-20 Die Anordnung der Energieniveaus von R(eaktanten) und P(rodukten). Im Gleichgewicht sind alle Niveaus (mehr oder weniger, je nach Temperatur) zugänglich, die Gleichgewichts-Zusammensetzung des Systems spiegelt die Boltzmann-Verteilung der Besetzungszahlen wider. Je größer AE, wird, desto stärker dominiert R in der Reaktionsmischung.

Kommentar 17-2 Für ein Gleichgewicht RP heben sich die Terme mit V in den Zustandssummen gerade heraus, sodass es keinen Unterschied macht, ob wir q

oder q° verwenden. Im Fall allgemeiner Reaktionen geschieht die

K= AR „Ar Eo/RT gp

genau wie nach Gl. (17-54).

.

(17-58b)

Umrechnung von qin q” bei der Umwandlung der Drücke in K in Zahlen von Molekülen.

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

680 pP

Die Verbindung zwischen Zustandssumme und

Begründung 17-5

Gleichgewichtskonstante (2) System (R+P) Die Besetzungszahl eines Zustands i in dem zusammengesetzten ist

eb R Bes.

-2

meet

F

wobei N die Gesamtzahl der Moleküle ist. Die Zahl von R-Molekülen ist die Summe der Besetzungszahlen über alle Zustände, die zu R gehören; diese Zustände sollen die Energien &, besitzen. Entsprechend ist die Zahl der P-Moleküle die Summe der Besetzungszahlen über alle Zustände, die zu P gehören; deren Energien bezeichnen wir mit &, (den Strich werden wir gleich erklären): Nr = > NR — 22 er

AE,

IND

2 Na

N > ehe. =

Die Summe über die Zustände von R ergibt gerade die Zustandssumme q,, folglich ist

Abb. 17-21 Bei der Ermittlung der Zusammensetzung eines Systems im Gleichgewicht muss die Zustandsdichte der Moleküle berücksichtigt werden. Obwohl P deutlich über R liegen kann (d.h. AE, kann positiv und groß sein), können die Zustände von P so dicht liegen, dass es in

der Reaktionsmischung dominiert. In der Sprache der klassischen Thermodynamik bedeutet dies, dass wir außer der Enthal-

pie auch die Entropie betrachten müssen, wenn wir Gleichgewichte beschreiben wollen.

Die Summe die Energien gleich dem Abstand der

Der Wechsel von As,/k zu A,E,/R im letzten Schritt ist nichts weiter als der Wech-

sel von molekularen zu molaren Energien. Die Gleichgewichtskonstante der Reaktion R=P ist proportional zum Zahlenverhältnis der beiden Molekülsorten in der Reaktionsmischung. Daher gilt ea AP o-AREo/RT NR

p

über die Zustände von P ist ebenfalls eine Zustandssumme, nur dass vom Grundzustand des Gesamtsystems aus gemessen sind, welcher Grundzustand von R ist. Da aber &, = &p + As, gilt, wobei As, der beiden Grundzustände ist (Abb. 17-21), können wir schreiben

N, = DE ePler+An) — "> em je = Ngp e-ArEo/RT q P P

je

R

und

Ar

wie in Gl. (17-58b).

Der Inhalt von Gl. (17-58) tritt am deutlichsten zutage, wenn wir die molekularen Eigenschaften übertrieben darstellen, die dabei eine Rolle spielen. Wir nehmen an, dass R nur ein einziges Energieniveau besitzt, also qx = 1 ist, und dass P eine große Anzahl von äquidistanten, eng beisammen liegenden Energieniveaus besitzt (Abb. 17-22). Die Zustandssumme von P lautet dann qp = kT/e. In diesem Modellsystem ist die Gleichgewichtskonstante

en ren €

K = kT I eArEo/RT

AE,

£

i

Wenn A,E, sehr groß ist, so dominiert der Exponentialterm und es gilt

(17-59) K> 6,)

eu un

un mn

_ ——

3

Translation

Schwingung

re

CY = —Nkß )

Allgemein, M

Rotation (T > 9,)

Fre

ee

il

=:

Su =

hv e-9/T

Sn, nichtlineare Moleküle

_1

3

len: 1)

e-0s/T

m

(1 = e-%/T)?

Bu

(e*) = kT

C=nR

* Für innere Freiheitsgrade ist keine Unterscheidung zwischen C\ und C, nötig.

Das Wichtigste auf einen Blick Y

1. Die molekulare Zustandssumme kann als q = q'q*q°g* geschrieben werden; die einzelnen Beiträge sind in Tabelle 17-3 zusammengefasst. 2. Aus der Zustandssumme können thermodynamische Funktionen berechnet werden; die entsprechenden Ausdrücke

sind in Tabelle 17-4 zusammengefasst. 3. Die mittlere Energie eines Freiheitsgrads ist (&) = -(1/g%)(dg*/oP),; die Beiträge der einzelnen Freiheitsgrade sind in Tabelle 17-5 zusammengefasst.

4. Der Beitrag eines Freiheitsgrads X zur Wärmekapazität einer Substanz bei konstantem Volumen ist C = -Nkp(9(e*) /Oß),; die Beiträge der einzelnen Freiheitsgrade sind in Tabelle 17-5 zusammengefasst.

5. Die gesamte Wärmekapazität ist C,m =4(3 + v3 + 2vi)R. 6. Die kanonische Zustandssumme eines Gases ist

O = Z/ A”, wobei Z das Konfigurationsintegral ist. Für ein

ideales Gas ist

Z= (UND)

St

Z= V"/N!, für ein reales Gas ist

Aland

2.dr,-

7. Der zweite Virialkoeffizient in der Virialgleichung kann als B= -(N,/2V) |f dr, dr, geschrieben werden, wobei

f = ef» — 1 die Mayer’sche f-Funktion

ist.

8. Die radiale Verteilungsfunktion g(r) gibt die Wahrscheinlichkeit an, in einer Flüssigkeit zwei Moleküle in einem Abstand zwischen r und r + dr voneinander anzutreffen. Die Innere Energie und der Druck einer Flüssigkeit können durch die radiale Verteilungsfunktion ausgedrückt werden (Gl. (17-51)

bzw. Gl. (17-51)).

9. Die Nullpunktsentropie ist eine aufgrund von molekularen Fehlordnungen in Festkörpern bei T = O verbleibende Ener-

gie. 10. Die Gleichgewichtskonstante einer chemischen Reaktion kann durch die Zustandssummen der daran beteiligten Teilchen ausgedrückt werden (Gl. (17-54)).

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

D. Chandler, Introduction to Modern Statistical Mechanics. Oxford

University Press, Oxford 1987. K. A. Dill, S. Bromberg, Molecular Driving Forces: Statistical Ther-

modynamics in Chemistry and Biology. Garland Publishing 2002.

T. Fließbach, Statistische Physik. B.l. Wissenschaftsverlag, Mannheim 1993.

T. L. Hill, An Introduction to Statistical Thermodynamics. Dover, New York 1986. L. D. Landau, E. M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik. V.

Statistische Physik. Akademie Verlag, Berlin 1966.

D. A. McQuarrie, ]. D. Simon, Molecular Thermodynamics. University Science Books, Sausalito 1999,

B. Widom, Statistical Mechanics: A Concise Introduction for Chemists. Cambridge University Press, Cambridge 2002.

Leichte Aufgaben

683

Diskussionsfragen 17.1

Diskutieren Sie die Einschränkungen der Ausdrücke q®=kT/heB, q’ = kKT/hev und gE = g#.

17.5 Verwenden Sie die Konzepte der statistischen Thermodynamik, um die molekularen Eigenschaften zu beschrei-

ben, die zu den Zustandsgleichungen idealer und realer Gase führen.

17.2 Weshalb tritt die Symmetriezahl in den Ausdrücken für die Rotationszustandssumme auf? 17.3 Wodurch kommt die Nullpunktsentropie zustande?

17.4 Verwenden Sie die Konzepte der statistischen Thermodynamik, um die molekularen Eigenschaften zu beschreiben, die den Betrag der Wärmekapazität bei konstantem

Volumen bestimmen.

17.6

Beschreiben Sie, wie Flüssigkeiten mithilfe statistisch-ther-

modynamischer Konzepte untersucht werden können. 17.7 Verwenden Sie die Konzepte der statistischen Thermodynamik, um die molekularen Eigenschaften zu beschreiben, die den Betrag und die Temperaturabhängigkeit von Gleichgewichtskonstanten bestimmen.

Leichte Aufgaben A17.la

Verwenden Sie den Gleichverteilungssatz, um die Wärmekapazität bei konstantem Volumen von (a) |,, (b) CH, und (c) C,H, in der Gasphase bei 25 °C abzuschätzen.

A17.6b

A17.1b

Verwenden Sie den Gleichverteilungssatz, um die Wärmekapazität bei konstantem Volumen von (a) O;, (b) CH, und (c) CO, in der Gasphase bei 25 °C abzuschätzen.

A17.7a

; A17.2a

A17.2b

A17.3a

Berechnen Sie y = C,/C, für gasförmiges Ammoniak und Methan. Führen Sie die Rechnung einmal mit und einmal ohne den Beitrag der Schwingung durch. Welcher Wert liegt bei 25 °C näher an dem erwarteten experimentellen Wert? Berechnen Sie y = C,/C, für gasförmiges Kohlendioxid. Führen Sie die Rechnung einmal mit und einmal ohne den Beitrag der Schwingung durch. Welcher Wert liegt bei 25 °C näher an dem erwarteten experimentellen Wert? Berechnen Sie die Rotationszustandssumme für HCI bei

näherung. Verwenden Sie B = 5.2412 cm".

A17.7b

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme von CH,CN bei 298 und 500K (a) durch direkte Summation über die Energieniveaus und (b) mit Hilfe der Hochtemperaturnäherung. Verwenden Sie A= 5.28cm! und B0, 30cm.

A17.8a

Der Bindungsabstand von O, beträgt 120.75 pm. Verwenden Sie die Hochtemperaturnäherung, um die Rotationszustandssumme des Moleküls bei 300 K zu berechnen.

A17.8b

NOF ist ein gewinkeltes Molekül mit den drei Rotationskonstanten 3.1752 cm", 0.3951 cm“! und 0.3505 cm”. Berechnen Sie die Rotationszustandssumme (a) bei 25 °C und (b) bei 100°C.

A17.9a

Zeichnen Sie die molare Wärmekapazität eines Systems von harmonischen Oszillatoren als Funktion von T/ds und leiten Sie daraus die molare Wärmekapazität von Ethin bei (a) 298 K und (b) 500 K ab. Die Normalschwingungen erscheinen bei den Wellenzahlen (in Klammern ist der Entartungsgrad angegeben) 612(2), 729(2),

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme für O, bei

(a) 25 °C und (b) 250 °C.

A17.4a

Wie groß ist die Symmetriezahl der folgenden Moleküle: (a) CO, (b) O,, (c) HS, (d) SIH, und (e) CHCI,?

A17.4b

Wie groß ist die Symmetriezahl der folgenden Moleküle: (a) CO,, (b) O;, (c) SO;, (d) SF, und (e) Al,Cl;?

A17.5a

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme für H,O bei 298 K aus den Rotationskonstanten 27.878cm|,

14.509 cm! und 9.287 cm. Ab welcher Temperatur ergibt die Hochtemperaturnäherung einen Fehler von maximal 10% des wahren Wertes? A17.5b

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme für SO, bei 298 K aus den Rotationskonstanten 2.02736cm',

0.344 17cm! und 0.293 535 cm '.Ab welcher Temperatur ergibt die Hochtemperaturnäherung einen Fehler von maximal 10% des wahren Wertes?

A17.6a

Berechnen Sie mit den Ergebnissen von Aufgabe A17.5a den Beitrag der Rotation zur molaren Entropie von gasförmigem Wasser bei 25 °C.

Berechnen Sie die Rotationszustandssumme von CH, bei

298 und 500 K (a) durch direkte Summation über die Energieniveaus und (b) mit Hilfe der Hochtemperatur-

(a) 25 °C und (b) 250 °C. A17.3b

Berechnen Sie mit den Ergebnissen von Aufgabe A17.5b den Beitrag der Rotation zur molaren Entropie von gasförmigem Schwefeldioxid bei 25 °C.

1974(1), 3287(1) und 3374(1) cm’.

A17.9b

Zeichnen Sie die molare Entropie eines Systems von harmonischen Oszillatoren als Funktion von T/0, und leiten Sie daraus die molare Standardentropie von Ethin bei (a) 298 K und (b) 500 K ab. Die benötigten Daten sind in der vorhergehenden Aufgabe angegeben.

A17.10a Das CO,-Molekül ist linear, seine Schwingungswellenzahlen betragen 667.4cm', 1388.2 cm! und 2 349.2 cm '(zweifach entartet). Seine Rotationskonstante beträgt 0.3902 cm". Berechnen Sie die Beiträge von Rotation und Schwingung zur molaren Freien Enthalpie bei 298 K. A17.10b.Das O,-Molekül ist gewinkelt, seine Schwingungswellenzahlen betragen 705 cm', 1042cm ' und ] N0cHER

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

684

Seine Rotationskonstanten betragen 3.553, 0.4452 und 0.3948 cm '. Berechnen Sie die Beiträge von Rotation und Schwingung zur molaren Freien Enthalpie bei 298 K. A17.11a Der Grundzustand des Cl-Atoms ist ein ?P;,,-Term; ein angeregter ?P, „-Term liegt 881 cm! über dem Grundzustand. Berechnen Sie den elektronischen Beitrag zur molaren Wärmekapazität von Cl-Atomen (a) bei 500 K und (b) bei 900. K.

A17.11b Der erste elektronisch angeregte Zustand des O,-Moleküls ist ein 'A,-Zustand 7918.1 cm! über dem ’2,Grundzustand. Berechnen Sie den elektronischen Beitrag zur molaren Freien Enthalpie von O, bei 400 K. A17.12a Der Grundzustand des Co?*-Ions in CoSO,:7H,O kann als *T,,, betrachtet werden. Die Entropie des Festkör-

pers unterhalb 1 K wird fast ausschließlich durch die Elektronenspins hervorgerufen. Schätzen Sie die molare Entropie des Festkörpers bei diesen Temperaturen ab.

A17.12b Schätzen Sie den Beitrag des Spins zur molaren Entropie einer festen Probe eines d-Metall-Komplexes mit S = 2.

A17.13a Berechnen Sie die Nullpunktsenergie eines Festkörpers, in welchem die Moleküle bei T = 0 (a) drei, (b) fünf und (c) sechs Orientierungen mit gleicher Energie annehmen können. A17.13b Nehmen Sie an, dass das hexagonale Molekül C;H,F;_, eine Nullpunktsentropie aufgrund der Ähnlichkeit der H- und der F-Atome besitzt, und berechnen Sie ihren

Wert für jedes mögliche n. A17.14a Berech ih Sie die Gleichgewichtskonstante der Reaktion 1,(g) = 2|(g) bei 1000 K aus den folgenden Daten für

,: 0 = 214.36 cm", B= 0.0373 cm, D, = 1.5422 eV.

Der Grundzustand von I-Atomen ist ein vierfach entarteter ?P; ,-Term. A17.14b Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante K der Isotopenaustauschreaktion 2 ””Br®'Br = ”?Br’’Br + ®'Br?'Br. Der Grundzustand des Br,-Moleküls ist nicht entartet; elektronisch angeregte Zustände sind nicht zu berücksichtigen. Legen Sie ihrer Berechnung die Schwingungswellenzahl von ”’Br?'Br zugrunde, die 323.33 cm beträgt.

Schwerere Aufgaben’ Rechenaufgaben za

Das reine Rotations-Mikrowellenspektrum von HCI zeigt Absorptionslinien bei den folgenden Wellenzahlen

Das NO-Molekül besitzt einen zweifach entarteten Grundzustand und einen zweifach entarteten angeregten Zustand bei 121.1 cm. Berechnen Sie den elektronischen Beitrag zur molaren Wärmekapazität des Moleküls (a) bei 50K, (b) bei 298 K und (c) bei 500K. Untersuchen Sie, ob ein Magnetfeld die Wärmekapazität einer paramagnetischen Substanz beeinflussen kann, indem Sie den elektronischen Beitrag zur Wärmekapazität des NO,-Moleküls in einem Magnetfeld berechnen. Schätzen Sie die gesamte Wärmekapazität bei konstantem Volumen mithilfe des Gleichverteilungssatzes ab und berechnen Sie die prozentuale Änderung, die durch ein Magnetfeld von 5.0T bei (a) 50 K und (b) 298 K hervorgerufen wird.

(inem=))221219,742237,.63.56,184.757105.937127212: 148.31, 169.49, 190.68, 211.87, 233.06, 254.24, 275.43, 296.62, 317.80, 338.99, 360.18, 381.36, 402.55, 423.74, 444.92, 466.11, 487.30 und 508.48. Berechnen Sie die

Rotationszustandssumme bei 25 °C durch direkte Summation.

Berechnen Sie die molare Standardentropie von N,(g) bei 298 K aus seiner Rotationskonstante B = 1.9987 cm! und seiner Schwingungswellenzahl W = 2358 cm'. Der thermochemische Wert ist 192.1) K“' mol=!. Was sagt das über den Festkörper bei T = 0 aus?

17.78

).G. Dojahn, E. C. M. Chen und W. E. Wentworth untersuchten die Potenzialkurven des Grundzustands und einiger elektronisch angeregter Zustände von homoatomaren zweiatomigen Halogenanionen (). Phys. Chem. 100 (1996) 9649). Der Grundzustand von F; ist ein *%, -Term mit einer Grundschwingung bei 450.0 cm! und einem Gleichgewichts-Kernabstand von 190.0 pm. Die beiden tiefsten angeregten Zustände liegen 1.609 und 1.702 eV über dem Grundzustand. Wie groß ist die molare Standardentropie von Fz bei 298 K?

17.85

In einer spektroskopischen Untersuchung von Buckminsterfulleren wurden alle Schwingungswellenzahlen des C,.-Moleküls bestimmt (F. Negri, G. Orlandi, F. Zerbetto,J.Phys. Chem. 100 (1996) 10849). Die Wellenzahl der einzigen A,-Schwingung ist 976 cm-', die der vier dreifach entarteten T,,-Schwingungen sind 525, 578,

Die Rotationsniveaus einer an ein größeres Molekül gebundenen CH,-Gruppe, die frei rotieren kann, sind diejenigen eines Teilchens auf einem Ring. Wie groß ist nach der Hochtemperaturnäherung der Beitrag einer solchen frei rotierenden Gruppe zur molaren Wärmekapazität und zur Entropie bei 25 °C? Das Trägheitsmoment einer CH;Gruppe für eine Rotation um die C;-Achse beträgt 5.341 x 10°” kgm?. Berechnen Sie die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität von para-Wasserstoff (bei dem nur die Rotationsniveaus mit gerademJ besetzt sind) bei tiefen Temperaturen. Nehmen Sie dazu an, dass die Niveaus /= O0 und

J = 2 ein Zweiniveausystem bilden (mit einem entarteten

oberen Niveau) und verwenden Sie B = 60.864cm "'. Skizzieren Sie den Verlauf der Kurve. Der experimentelle Verlauf derWärmekapazität von para-H, zeigt tatsächlich ein Maximum bei tiefen Temperaturen.

1180 und 1430 cm", die der fünf dreifach entarteten T,,-Schwingungen sind 354, 715, 1 037, 1190 und 1540 cm, die der sechs vierfach entarteten G,-Schwingungen sind 345, 757, 776, 963, 1315 und ] 40cm",

und die der sieben fünffach entarteten H,-Schwingungen

1) Die mit dem Symbol } gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert.

Schwerere Aufgaben sind 403, 525, 667, 738, 1215,

17.9;

1342 und 1566cm-'. Wie

Funktion der Temperatur im Hochtemperaturbereich auf, wo die Dissoziation der Moleküle wichtig wird.

viele Schwingungen besitzen eine charakteristische Schwingungstemperatur Ö, unter 1000 K? Bestimmen Sie die molare Wärmekapazität von C,, bei konstantem Volumen bei 1000 K und zählen Sie dabei alle Schwingungen mit ds unter dieser Temperatur als aktiv.

17.14

Behandeln Sie Kohlenmonoxid als ideales Gas und wenden Sie die statistische Thermodynamik im Gleichgewicht an, um seine Eigenschaften im Temperaturbereich 100-1000 K zu untersuchen. Verwenden Sie

la

nischen Oszillators her. Drücken Sie die Ergebnisse als Funktion der charakteristischen Schwingungstemperatur 05 aus und tragen Sie jede Funktion gegen T/ds auf.

17.16 (a) Zeigen Sie, dass die Anzahl von Molekülen in einem

heitsgrade zu U„(T) — U„(100K), C,„(T) und

beliebigen Rotationszustand eines linearen Moleküls durch N, = C(2/ + 1) et UH)/KT gegeben ist, wobei C nicht von /abhängt. (b) Verwenden Sie dieses Ergebnis, um Gl. (13-39) für den Wert von Jdes am stärksten besetzten Rotationsniveaus herzuleiten. (c) Schätzen Sie die Temperatur ab, bei der das in Abb. 13-44 gezeigte Spektrum von HCl aufgenommen wurde. (d) Welches ist das am stärksten besetzte Niveau eines sphärischen

Sms K100R:

Berechnen und skizzieren Sie die Gleichgewichtskonstante der Reaktion CD, (g)+HCl(g)=CHD; (g)+DCl(g) zwischen 300 und 1000 K mithilfe der folgenden Daten (Zahlen in Klammern geben die Entartung der Niveaus an, alle Angaben in cm"): v(CHD;) = 2993(1), 2142(1),

1003(3), 1291(2), 1036(2); v(CD,) = 2 109(1), 1092(2),

2259 8)7980@) DLEN ZPI915.(BE)

17.11

Rotators bei einer Temperatur T?

2775;

B(HCI) = 10.59; B(DCI) = 5.445; B(CHD,) = 3.28, A(CHD;) = 2.63; B(CD,) = 2.63.

17,1%

Der Deuteriumaustausch zwischen einer Säure und Wasser ist ein wichtiges Gleichgewicht, das wir mithilfe von spektroskopischen Daten der Moleküle untersuchen können. Berechnen Sie die Gleichgewichtskonstante der Gasphasenreaktion H,O + DC| = HDO + HCI bei (a) 298 K und (b) 800 K mithilfe der folgenden Daten (alle Angaben

B(H,O) = 14.51, C(H,O) = 9.29, AIHDO) = 23.38, B(HDO) = 9.102, C(HDO) = 6.417, B(HCI) = 10.59;

B(DCI) = 5.449; v(HCI) = 2991; v(DCI) = 2145.

Theoretische Aufgaben

17nst

Leiten Sie die Sackur-Tetrode-Gleichung für ein einatomiges Gas her, das auf einer zweidimensionalen Fläche eingeschlossen ist. Geben Sie damit einen Ausdruck für die molare Standardentropie der Kondensation aus dem Gaszustand zu einer beweglichen Oberflächenschicht an. Bei sehr tiefen Temperaturen trägt nur die Translation zur Wärmekapazität von H, bei. Bei Temperaturen über 0, = hcB/k wird der Beitrag der Rotation zur Wärmekapazität wichtig. Bei noch höheren Temperaturen, über 0, = hv/k, trägt auch die Schwingung bei. Bei so hohen Temperaturen muss aber auch die Dissoziation der Moleküle bereits berücksichtigt werden. (a) Erklären Sie den Ursprung der Ausdrücke für 9, und 0, und berechnen Sie die Werte für Wasserstoff. (b) Finden Sie einen Ausdruck für die molare Wärmekapazität von Wasserstoff bei konstantem Volumen, der bei allen Temperaturen gilt und die Dissoziation der Moleküle berücksichtigt. (c) Tragen Sie die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen als

Einen formaleren Weg, die Symmetriezahl zu bestimmen,

bietet die Gruppentheorie. Es zeigt sich, dass die Symmetriezahl gleich der Ordnung (der Zahl der Elemente) der Rotationsuntergruppe der molekularen Punktgruppe ist, die wir erhalten, indem wir aus seiner Punktgruppe alle Symmetrieoperationen aufser der Identität und den Rotationen entfernen. Für H,O ist die Rotationsuntergruppe {E, C,}, also ist a = 2. Die Rotationsuntergruppe von NH; ist {E, 2C;}, folglich ist a = 3. Diese Vorschrift macht es einfach, auch für kompliziertere Moleküle die Symmetriezahl zu bestimmen. Für CH, erhalten wir aus der Charaktertafel der Gruppe T, die Rotationsuntergruppe {E, 8C;, 3C,}, damit wird o = 12. Für Benzol besteht die Rotationsuntergruppe aus den Elementen IE, 2C., 2C,, ©, 3C}, 365), die Symmetriezahl hat daher ebenfalls den Wert 12. (a) Berechnen Sie die Rotationszustandssumme von Ethen bei 25 °C aus A= 4.828 cm', B= 1.0012 cm“! und C = 0.8282 cm". (b) Berechnen Sie die Rotationszustandssumme von Pyridin, C;H;N, bei Zimmertemperatur aus den Werten

iniemes)) 202,0) 3:656,7,,11594.3,3755.3; v(HDO) = 2 726.7, 1 402.2, 3 707.5; A(H,O) = 27.88,

a2

Nehmen Sie an, dass ein zwischenmolekulares Potenzial

aus einem Hartkugelkern mit einem Radius r, und einer flachen anziehenden Mulde mit der konstanten Tiefe & besteht, die sich bis zu einem Abstand r, erstreckt. Verwenden Sie Gl. (17-42) und die Beziehung &< kT und zeigen Sie, dass ein solches Modell näherungsweise mit der van-der-Waals-Gleichung für b < V, übereinstimmt. Berechnen Sie die van-der-Waals-Parameter und den Joule-Thomson-Koeffizienten aus den Parametern dieses Modells.

berechnen, und der aus der klassischen kontinuierlichen

17.10

Leiten Sie Ausdrücke für Innere Energie, Wärmekapazität, Entropie, Freie Energie und Freie Enthalpie eines harmo-

v=2169.8 cm’, B= 1.93] cm”! und D, = 11.09 eV. (a) Bestimmen Sie die Verteilung der Moleküle über die vorhandenen Rotations- und Schwingungszustände. (b) Bestimmen Sie numerisch die Differenz — soweit vorhanden - zwischen der molekularen Rotationszustandssumme, die Sie aus der diskreten Verteilung der Energien

Energieverteilung abgeleiteten. (c) Berechnen Sie die Beiträge der Translations-, Rotations- und Schwingungsfrei-

685

A = 0.2014cm'!, B= 0.1926 cm! und

C=.0.0987.cmz7), 17.18

Ausdrücke wie (&) = —d Ing/dß sind zwar bei algebraischen Manipulationen in der statistischen Thermodynamik sehr nützlich und ermöglichen es, knappe und elegante Formeln für die thermodynamischen Funktionen anzugeben; für praktische Berechnungen sind sie aber oftmals eher hinderlich. Wenn wir eine Tabelle mit Energieniveaus vor uns haben und damit Berechnungen durchführen sollen, ist es häufig angenehmer, die folgenden Summen direkt zu berechnen:

g= De J

und

» (Be)e” , ))

a Dumier J

17 Statistische Thermodynamik 2: Anwendungen

686

(a) Leiten Sie Ausdrücke für die Innere Energie, die Wärmekapazität und die Entropie in Abhängigkeit von diesen drei Funktionen her. (b) Berechnen Sie auf diesem Weg den elektronischen Beitrag zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen für Magnesiumdampf bei 5 000 K. Verwenden Sie dazu folgende Daten:

17.19

Term

ISEEr,

>P,

Entartung v/cm=

1 1] 0521735

3 5 0=22173702219

2p)

Ip% 1

Es ist möglich, für ein Protein eine genäherte Zustandssumme anzugeben, die nur Beiträge von zwei Zuständen enthält: der natürlichen und der denaturierten Form des Proteins. Dieses grobe Modell kann uns Einblicke in die Beiträge der Denaturierung zur Wärmekapazität von Proteinen geben. Aus Illustration 16-4 folgt, dass die Gesamtenergie eines aus N Proteinmolekülen bestehenden Systems durch

17.24

3S,

3 3 z35105122417197

Ne ese/KT =

Zeigen Sie, dass die Wärmekapazität eines linearen Rotators durch

es

gegeben ist, wenn 2 die Energiedifferenz zwischen der natürlichen und der denaturierten Form des Proteins ist. (a) Zeigen Sie, dass die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen durch

ers C=zkß &(P)

mit

= 5me, Il

Rlem/ RT) eim/RT ein

2 ee)

Beiträgen aufgrund der Übergänge 01, 02, 12, 1-3 usw. geschrieben werden kann. Konstruieren Sie auf

diese Weise Abb. 17-11 für die Rotations-Wärmekapazität eines linearen Moleküls.

17.21

Erstellen Sie eine analoge Rechnung zu der aus Aufgabe 17.19, um den Schwingungsbeitrag zur Wärmekapazität durch Beiträge von den Anregungen zwischen Paaren von Niveaus auszudrücken. Stellen Sie Ihre Ergebnisse in einem Diagramm analog zu Abb. 17-11 dar. Untersuchen Sie, ob ein Magnetfeld den Wert einer Gleich-

gewichtskonstante beeinflussen kann. Betrachten Sie dazu das Gleichgewicht I,(g)=2|(g) bei 1000 K und berechnen Sie das Verhältnis K(B)/K, wobei K(B) die

Gleichgewichtskonstante in Anwesenheit eines Magnetfeldes B ist, das die Entartung der vier Zustände des ?P, „-Niveaus aufhebt. Die notwendigen Daten hierzu sind in Aufgabe A17.14a angegeben. Der g-Faktor der Atome ist $. Berechnen Sie die Feldstärke, die notwendig wäre, um die Gleichgewichtskonstante um 1% zu ändern. 17.22

Die Schallgeschwindigkeit in einem Gas hängt durch vs

=

Anwendungsaufgaben 17.23

Eine typische menschliche DNA enthält 5 x 10° Basenpaare (Sprossen auf der DNA-,Leiter“) vier unterschiedlicher

Arten. Wie groß wäre die Nullpunktsentropie eines solchen DNA-Moleküls, wenn jede Sprosse eine zufällige Wahl aus diesen vier Möglichkeiten wäre?

er e-im/RT)?

dif/g)/dx = (1/E)df /dx — (f/g*)dg/dx. (b) Tragen Sie C,„ als Funktion der Temperatur auf. (c) Falls C,„(T) ein Maximum oder Minimum durchläuft, leiten Sie einen

Ausdruck für die zugehörige Temperatur her. 17.251 In CVD-Prozessen (chemical vapor deposition) bei der Herstellung von Silicium-Halbleitern kommen bestimmte Bor-Silicium-Verbindungen als Moleküle in der Gasphase vor. Ihre thermodynamischen Eigenschaften wurden experimentell und theoretisch untersucht (R. Viswanathan, R. W. Schmude Jr., K. A. Gingerich,J. Phys. Chem. 100 (1996) 10784). Unter den publizierten Rechnungen war auch die Bestimmung der Freien Enthalpie von BSi(g) bei mehreren Temperaturen auf der Grundlage eines *% -Grundzustands mit einem Gleichgewichts-Bindungsabstand von 190.5 pm und einer Wellenzahl der Grundschwingung von 772 cm. Ein angeregter ?P,Zustand soll 8000 cm "über dem Grundzustand liegen. Berechnen Sie die molare Freie Standardenthalpie

G? (2 000K) — G? (0). 17.26: Das Molekül Cl,O,, das an den jahreszeitlichen Schwankungen der Ozonkonzentration über der Antarktis beteiligt sein soll, wurde schon mit ganz unterschiedlichen Methoden untersucht. Seine Rotationskonstanten (genauer gesagt cB) sind 13 109.4, 2 409.8 und

caE M

vom Verhältnis der Wärmekapazitäten (= C,/C,) ab, wobei M die Molmasse ist. Leiten Sie einen Ausdruck für die Schallgeschwindigkeit bei hohen Temperaturen (wenn Translation und Rotation aktiv sind) in idealen Gasen her, die (a) aus zweiatomigen, (b) aus linearen dreiatomigen und (c) aus gewinkelten dreiatomigen Molekülen bestehen.

=

gegeben ist. Hinweis: Für zwei Funktionenf und g besagt die Quotientenregel der Differenziation, dass

gegeben ist, wobei die &(/) die Rotationsniveaus und g(J) ihre Entartungsgrade bedeuten. Zeigen Sie dann graphisch, dass der gesamte Rotationsbeitrag zur Wärmekapazität eines linearen Rotators durch eine Summe von

17.20

e-e/KT

2 139.7 MHz, sein Rotationsspektrum deutet auf eine Symmetriezahl von 2 hin (M. Birk, R.R. Friedl, E.A. Cohen, H.M. Pickett, S.P. Sander,J.Chem. Phys. 91

(1989) 6588). Seine Schwingungswellenzahlen sind 753, 542, 310, 127, 646 und 419cm'

(). Jacobs, M. Kronberg,

H.S.P. Möller, H. Willner,J.Am. Chem. Soc. 116 (1994) 1106). Berechnen Sie G7(200K) — G2(0) für C1,O,. AZ

. J. Hutter, H. P. Lüthi und F. Diederich untersuchten die Geometrien und die Schwingungsstrukturen mehrerer Kohlenstoffmoleküle der Formeln C, (J. Am. Chem. Soc. 116 (1994) 750). Der Grundzustand von C,, das auch im interstellaren Raum und in Flammen nachgewiesen wurde, ist ein gewinkeltes Singulett mit den Trägheits-

-E

momenten 39.340, 39.032 und 0.3082 u Ä?

(1 Ä= 10°"%m) und den Schwingungswellenzahlen 63.4, 1 224.5 und 2040cm!. Berechnen Sie für dieses Molekül G„ (10.00 K) — GZ (0) und G? (1000 K) — G..0).

687

18 | Wechselwirkungen zwischen Molekülen

Elektrische Eigenschaften von Molekülen - 687 Elektrische Dipolmomente - 687 Permanente und induzierte

Dipolmomente - 638 Die Polarisierbarkeit - 69] Die Dielektrizitätskonstante - 693

In diesem Kapitel untersuchen wir die Wechselwirkungen zwischen Molekülen in Gasen und Flüssigkeiten und interpretieren sie anhand der elektrischen Eigenschaften von Molekülen wie z.B. Dipolmomenten und Polarisierbarkeiten. Alle diese Eigenschaften spiegeln wider, wie stark die Elektronen in den Molekülen der Kontrolle der Kerne unter-

liegen, die entweder eine Konzentration von Elektronen in einem bestimmten Bereich hervorrufen oder den Elektronen erlauben, mehr oder weniger stark auf die Einflüsse durch äußere elektrische Felder zu reagieren. Wechselwirkungen zwischen Molekülen bestimmen die Eigenschaften sowohl von einfachen Systemen wie Wasser als auch von komplexen Strukturen wie Proteinen. Wir beginnen unsere Reise durch die Welt der zwischenmolekularen Wechselwirkungen mit einer Beschreibung der elektrischen Eigenschaften von Molekülen, die wir mithilfe der in Kapitel 11 eingeführten Konzepte der Elektronenstruktur verstehen können. Wir werden sehen, dass kleine Ungleichmäßigkeiten in den Ladungsverteilungen von Molekülen diesen ermöglichen,

miteinander oder mit äußeren

Feldern in Wechselwirkung zu

18.2

Wechselwirkungen zwischen Molekülen - 695

13.2.1 Wechselwirkungen zwischen

Dipolen - 696 18.2.2 Abstoßende Beiträge: Die

Gesamtwechselwirkung - 704 Anwendung 18-1: Molekulare Erkennung und Wirkstoffdesign - 705 Gase und Flüssigkeiten : 708 Wechselwirkungen in Gasen - 708

treten. Ein wichtiges Ergebnis einer solchen Wechselwirkung ist die schwache anziehende

Kraft zwischen

Molekülen,

die der Grund

dafür ist, dass kondensierte

Phasen

überhaupt existieren. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, sind dieselben Wechselwirkungen auch für die räumlichen Strukturen von biologischen und synthetischen Makromolekülen verantwortlich. Die Wechselwirkungen zwischen lonen werden in den Kapiteln 5 (für Lösungen) und 20 (für Festkörper) behandelt.

Die Grenzfläche FlüssigkeitGas : 709

Die Oberflächenspannung - 710 Gekrümmte Oberflächen - 711 Die Kapillarwirkung - 712 Kondensation - 713

18.1|

Elektrische Eigenschaften von Molekülen

Das Wichtigste auf einen Blick - 715

Viele der elektrischen Eigenschaften von Molekülen lassen sich auf auf die Konkurrenz zwischen Kernen mit unterschiedlichen Ladungen oder zwischen der durch die Kerne ausgeübten Kontrolle und der Wirkung eines äußeren Feldes zurückführen. Der erste Effekt kann zu einem elektrischen Dipolmoment führen; der zweite drückt sich in Eigenschaften wie der Dielektrizitätskonstante oder der optischen Aktivität aus.

13.1.1

Zusatzinformation 18-1: Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung - 716 Zusatzinformation 18-2: Grundlagen der Molekularstrahltechnik - 716

Diskussionsfragen - 717

Elektrische Dipolmomente

Leichte Aufgaben - 717

Ein elektrischer Dipol besteht aus zwei elektrischen Ladungen qund -q im Abstand R voneinander. Er wird durch einen Vektor u dargestellt (1). Der Betrag dieses Vektors ist gR; er wird meist in der Einheit Debye (D) angegeben, die nach Peter Debye benannt ist, einem Pionier der Erforschung molekularer Dipolmomente. Die SI-Einheit des Dipolmoments ist Coulombmeter (Cm); der Zusammenhang zwischen beiden Einheiten ist

Schwerere Aufgaben : 718

(18-1)

1D = 3.335 64 x10°”°Cm.

Das Dipolmoment zweier Ladungen +e und —e im Abstand von 100 pm (einer typischen Bindungslänge) beträgt 1.6 x 10°’ Cm oder etwa 4.8D. Entsprechend liegen die Dipolmomente kleiner Moleküle typischerweise in der Größenordnung von ID. Der seltsame Umrechnungsfaktor in Gl. (18-1) kommt dadurch zustande, dass das Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Weiterführende Literatur - 715

,

1 elektrischer Dipol

18 Wechselwirkungen zwischen Molekülen

688

Debye ursprünglich in cgs-Einheiten definiert war: 1D Ladungen von 1esu im Abstand von 1A.

18.1.2 EM Kommentar 18-] In Chemielehrbüchern wird ein Dipol häufig durch das Symbol +— über der Lewis-Struktur des Moleküls gekennzeichnet, wobei das „+“-Zeichen das positive Ende markiert. Dabei ist zu beachten, dass die Richtung dieses Pfeils der des Vektors x entgegengesetzt ist.

Kurztabelle 18-1] Dipolmomente .ı und Polarisierbarkeitsvolumina a’.*

Molekül

u/D

a’ (10° m?)

CCl, H, H,O Hcl HI

0 0 1.85 1.08 0.42

10.5 0.819 1.48 2.63 5.45

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

u ö+965+

0

22OZen

ö-

Ö6+ö+

“1 ——

ö©:

_Ö-

3 Kohlendioxid, CO,

4 Addition von Dipolmomenten

Kommentar 18-2 Das Rechnen mit Vektoren wird in Anhang 2 erklärt; dort wird auch Gl. (18-2) hergeleitee

ist das Dipolmoment zweier

Permanente und induzierte Dipolmomente

Ein polares Molekül ist ein Molekül mit einem permanenten elektrischen Dipolmoment. Ein permanentes Dipolmoment entsteht durch die Partialladungen der Atome in einem Molekül, die sich atıs Elektronegativitätsdifferenzen oder anderen Eigenheiten der Bindung ergeben. Unpolare Moleküle können in einem äußeren elektrischen Feld ein induziertes Dipolmoment erhalten, welches durch eine Verzerrung der Elektronendichte oder der Kernpositionen aufgrund des Feldes verursacht wird; dieses induzierte Moment ist aber nur temporär und verschwindet, sobald das induzierende Feld abgeschaltet wird. Genauso können sich die permanenten Dipolmomente polarer Moleküle in einem äußeren elektrischen Feld verändern. In Abschnitt 13.2.2 haben wir gesehen, wie wir die Dipolmomente von Molekülen mit Hilfe des Stark-Effekts bestimmen können, sofern ein Rotationsspektrum beobachtbar ist. Wenn die Mikrowellenspektroskopie nicht anwendbar ist (weil die Probe entweder nicht flüchtig ist oder sich zersetzt, oder wenn die Moleküle so komplex sind, dass wir ihr Rotationsspektrum nicht mehr interpretieren können), so können wir das Dipolmoment auch durch Messungen an festen oder flüssigen Proben ermitteln. Das Verfahren hierzu werden wir im Laufe der nächsten Abschnitte kennen lernen. Heute sind Computerprogramme weit verbreitet, die das Dipolmoment errechnen, meist indem sie die Elektronendichte an allen Punkten in einem Molekül bestimmen und die Ladungsschwerpunkte der positiven und negativen Ladungen miteinander vergleichen. Trotzdem ist es wichtig, einfache Modelle für die Entstehung der Momente angeben zu können, um ihre Ursachen zu verstehen. In den folgenden Abschnitten werden wir uns mit diesem Gesichtspunkt befassen. Alle heteroatomaren zweiatomigen Moleküle sind zu einem gewissen Grad polar, typische Dipolmomente sind 1.08D für HCl und 0.42D für HI (Tabelle 18-1). Ein mehratomiges Molekül ist polar, wenn es bestimmte Symmetrieeigenschaften besitzt. Die Symmetrie des Moleküls ist für die Entscheidung, ob es polar ist oder nicht, wichtiger als die Frage, ob die Atome identisch sind. Homoatomare mehratomige Moleküle können polar sein, wenn ihre Symmetrie niedrig ist und die Atome nicht äquivalent sind. So besitzt das gewinkelte homoatomare Ozonmolekül O; (2) ein Dipolmoment, da das mittlere Sauerstoffatom sich von den beiden äußeren Atomen unterscheidet (es hat zwei Bindungspartner, die beiden anderen nur jeweils einen); da die Beiträge der beiden Bindungen zum Dipolmoment einen Winkel einschließen, heben sie sich nicht auf. Umgekehrt können heteroatomare mehratomige Moleküle unpolar sein, wenn sie eine hohe Symmetrie haben, sodass die Beiträge der verschiedenen Bindungen sich aufheben. Beispielsweise ist das heteroatomare lineare Molekül CO, aus Symmetriegründen unpolar, obwohl die beiden Sauerstoffatome elektronegativer als das Kohlenstoffatom sind. Die beiden Dipolmomente der C=O-Bindungen zeigen in diesem Fall in entgegengesetzte Richtungen und gleichen einander exakt aus (3). Wir können das Dipolmoment eines vielatomigen Moleküls näherungsweise in verschiedene Beiträge zerlegen (Abb. 18-1). So ist 1,4-Dichlorbenzol unpolar, da sich die beiden gleich großen, aber entgegengesetzten Beiträge der Bindungen zu den Chloratomen auf gegenüberliegenden Seiten des Rings aufheben (wie im Kohlendioxid). Das Isomer 1,2-Dichlorbenzol besitzt ein Dipolmoment, das ungefähr gleich der Vektorsumme zweier Dipolmomente des Monochlorbenzols ist, die einen Winkel von 60° einschließen. Die Methode der Vektoraddition kann mit einigem Erfolg auch auf andere Gruppen von verwandten Molekülen angewandt werden; allgemein ist die Resultierende zweier Dipolmomente u, und 4,, die einen Winkel 9 einschließen(4) gleich res = (ui +43 +

2u,u, cos 6)?

(18-2a)

18.1

Elektrische Eigenschaften von.Molekülen

689

Wenn die beiden Dipolmomente gleich groß sind (wie in den Dichlorbenzolen), vereinfacht sich die Gleichung zu 1

u = 2u, cos 59 :

(18-2b)

Übung 18-1 Wie groß ist das Verhältnis der elektrischen Dipolmomente von ortho- (1,2-) und meta- (1,3-) disubstituierten Benzolen? Ju(ortho) /u(meta) = 1.7] Ein systematischerer Ansatz zur Berechnung von Dipolmomenten ist, die Positionen und Beträge aller Partialladungen in einem Molekül zu berücksichtigen. Diese werden z.B. von den meisten Softwarepaketen zur Berechnung der Molekülstruktur mit ausgegeben. Um die x-Komponente des Dipolmoments zu berechnen, benötigen wir beispielsweise die Partialladungen an jedem Atom und die x-Koordinate dieses Atoms bezüglich eines Punktes im Molekül; damit müssen wir dann die Summe I

NS 9%

-

I

(18-3a)

J

bilden, wobei q, die Partialladung am Atom ] ist, x, die x-Koordinate dieses Atoms und die Summe über alle Atome im Molekül läuft. Analoge Ausdrücke gelten für die y- und z-Komponente. Für ein elektrisch neutrales Molekül ist die Wahl des Koordinatenursprungs gleichgültig; man wählt das Koordinatensystem sinnvollerweise so, dass es die Rechnungen möglichst vereinfacht. Für alle Vektoren gilt, dass

(©) K, =2.25D Utneor

— 2.7

D

ihr Betrag u mit den Komponenten u, 4, und 4, durch

n= (+

+2)”

(18-4)

zusammenhängt. Beispiel 18-1

Die Berechnung eines Dipolmoments

Berechnen Sie das Dipolmoment der Amidgruppe (5) aus den in Tabelle 18-2 (als Vielfache von e) angegebenen Partialladungen und den in der Skizze eingetragenen Positionen der Atome.

Vorgehen Wir verwenden zuerst Gl. (18-3a), um die Komponenten des Dipolmoments zu berechnen, und dann Gl. (18-3b), um aus den Komponenten den Betrag des Dipolmoments zu bestimmen. Die angegebenen Partialladungen sind Vielfache der Elementarladung e = 1.609 x 10 CC.

Antwort

Der Ausdruck für «, lautet

u, = (-0.36e) x (132 pm) + (0.45e) x (Opm)+

(0.18e) x (182 pm) + (-0.38e) x (-62 pm) = 8.8epm

=28%11609%10 Io)

(10m) =1.4x10 Cm

oder u, = 0.42 D. Entsprechend erhalten wir für u, 4, = (-0.36e) x (Opm) + (0.45e) x (Opm)+

(0.18e) x (-86.6 pm) + (—0.38e) x (107 pm)

= - 56epm = -9.1x10 "Cm

oder 1, = —2.7D. Day, offensichtlich null ist, erhalten wir somit

moon

DD

m,

Abb. 18-1 Die resultierenden Dipolmomente (hellgelb) der Isomere von Dichlorbenzol (b)-(d) können näherungsweise durch Vektoraddition zweier Dipolmomente des Monochlorbenzols

(1.57 D,

rot) berechnet werden.

EM Kommentar 18-3 In drei Dimensionen besitzt ein Vektor z die drei Komponenten w,, a, und w,, die entlang der x-, y- bzw. z-Achse gerichtet sind (siehe Bild). Die Richtung jeder Komponente wird durch das Vorzeichen angezeigt; u, = —1.0D bedeutet z. B., dass die x-Komponente des Vektors a einen Betrag von 1.0 D besitzt und in die negative x-Richtung zeigt.

18 Wechselwirkungen zwischen Molekülen

690 Ho (182, -87, 0) (132, 0,0 )

er, 0,0 )

od (-62, 107, 0)

Pfeil mit einer Die Richtung des Dipolmoments erhalten wir, wenn wir einen nente gerade Länge von 2.7 Einheiten so ausrichten, dass seine x-, y- und z-Kompo chnet. eingezei (6) 0.42, -2.7 und 0 Einheiten betragen; seine Richtung ist in

Übung 18-2 Berechnen Sie das Dipolmoment von Formaldehyd mithilfe der in (7) angegebe[-3-2D] % nen Informationen.

5 Amidgruppe

Die Polarisation

Tabelle 18-2 Partialladungen in Polypeptiden.

Die Polarisation P einer Probe bezeichnet ihre elektrische Dipolmomentdichte, das mittlere elektrische Dipolmoment (w) der Moleküle multipliziert mit ihrer Teilchenzahldichte N,

(18-4)

Atom

Partialladung/e

C(=0)

+0.45

Auf den folgenden Seiten werden wir unsere Probe als Dielektrikum bezeichnen,

C (-CO)

+0.06

H(-C)

+0.02

worunter wir ein polarisierbares, elektrisch nicht leitendes Medium verstehen. Ohne äußeres Feld ist die Polarisation einer isotropen, flüssigen Probe null, da

H(-N)

+0.18

die Moleküle alle zufällig orientiert sind, es gilt also (u) = 0. Wenn ein äußeres Feld

H(-0)

+0.42

N

—0.36

(0)

—0.38

P=(wN.

anliegt, werden die molekularen Dipole teilweise ausgerichtet, da einige Orientierungen energetisch günstiger sind als andere. Daher ist das resultierende elektrische Dipolmoment von null verschieden. In der folgenden Begründung werden wir zeigen, dass bei einer Temperatur T

(18-5)

ee

gilt, wobei z die Richtung des angelegten Feldes € ist. Außerdem gibt es noch einen Beitrag aufgrund des von dem Feld induzierten Dipolmoments, wie wir gleich sehen werden.

(182,-87,0)

(132,0,0)

Begründung 18-1 Das thermisch gemittelte Dipolmoment einer Probe (-62,107,0)

Die Wahrscheinlichkeit dp, dass ein Dipol in einem elektrischen Feld eine Orientierung zwischen 9 und 0+.d$ zur Feldrichtung einnimmt, ist durch die Boltzmann-Verteilung (Abschnitt 16.1.2) gegeben, die für diesen Fall d=-—

eZ(OV/KkT sin 9dO

e air sin Od JO

lautet, wobei E(0) die Energie des Dipols im äußeren Feld ist: E(0) = -uE cos 0 mit 0 m. Hier beschreibt der erste Term die Abstoßung, der zweite die Anziehung zwischen den Molekülen. Das Lennard-Jones-Potenzial ist ein Spezialfall dieses Potenzials mit n = 12 und m = 6 (Abb. 18-11); es wird häufig in der Form

‚-+{@-9))

180

18.2

Wechselwirkungen zwischen Molekülen

geschrieben. Der Parameter & (nicht zu verwechseln mit der relativen Dielektrizi täts-

konstante eines Mediums, die wir in Abschnitt 18.1.3 eingeführt hatten) beschreibt die Tiefe der Potenzialmulde, r, bedeutet den Abstand, bei welchem V = 0 ist (Tabelle 18-4). Das Minimum der potenziellen Energie liegt bei r, = 2/6r,. Das Lennard-Jones-Potenzial wird und wurde zwar in zahlreichen Berechnungen eingesetzt, trotzdem ist 1/r!? eine schlechte Beschreibung der repulsiven Wechselwirkung, ein Exponentialterm der Form e"/" ergibt eine deutlich bessere Beschrei-

705

Kurztabelle 18-4 Lennard-Jones-(12, 6)-

Earameter.!

EIN

r/pm

z

3

bung. Eine solche Funktion beschreibt das exponentielle Abklingen der Atomorbitale bei großen Abständen und daher auch die Überlappung besser, die die Ursache

ce

5

a

N, Xe

91.85 213.96

391.9 426.0

sive und einem 1/r°-Term für die attraktive Wechselwirkung ist als (exp 6)-Potenzial

“ Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des

der Abstoßung ist. Ein Modellpotenzial mit einem Exponentialterm für die repul-

bekannt. Diese Potenziale können verwendet werden, um wie in Abschnitt 17.2.3 beschrieben die Virialkoeffizienten von Gasen und dadurch eine Vielzahl von Eigenschaften realer Gase zu berechnen, z.B. die Joule-Thomson-Koeffizienten. Auch für die Modellierung kondensierter Phasen können die Modellpotenziale erfolgreich eingesetzt werden. Mit dem Aufkommen der Rasterkraftmikroskopie (AFM), bei der die Kraft zwischen einer Spitze und einer Oberfläche gemessen wird (siehe Anwendung 9.1), wurde es möglich, die Kraft zwischen Molekülen direkt zu bestimmen. Die Kraft F ist die negative Ableitung des Potenzials; für ein Lennard-Jones-Potenzial zwischen einzelnen Molekülen erhalten wir

-F-=6o

162

Die resultierende Kraft ist bei r = (26/7) °r, oder 1.244r, am stärksten anziehend (was aus dF/dr = 0 berechnet werden kann); sie beträgt dort -144(7/26)”°e/13r, oder —2.397&/r,. Für typische Werte der Parameter ergibt das eine Kraft von ungefähr 10pN.

Anwendung 18-1

Molekulare Erkennung und Wirkstoffdesign

Als Wirkstoff bezeichnet man ein kleines Molekül oder ein Protein, das an einen speziellen Rezeptor an einem Zielmolekül (etwa einem größeren Protein oder einer Nucleinsäure) andocken und dadurch bestimmte Folgen auslösen kann beispielsweise das Fortschreiten einer Krankheit aufhalten. Um wirksame Therapien entwickeln zu können, müssen wir wissen, welche Wechselwirkungen zwischen dem Wirkstoff und dem Zielmolekül auftreten und wie wir sie optimieren können. Wechselwirkungen zwischen Molekülen sind für den Aufbau zahlreicher biologischer Strukturen von Bedeutung. Die dreidimensionalen Strukturen von Biopolymeren wie Proteinen, Nucleinsäuren oder Zellmembranen werden wesentlich durch Wasserstoffbrücken und hydrophobe Wechselwirkungen bestimmt. Auch die Bindung eines Liganden (eines Gastes oder Schlüssels) an ein Zielmolekül (einen Wirt oder ein Schloss) wird durch Wechselwirkungen zwischen den Molekülen vermittelt. Zu den zahlreichen Beispielen für solche biologischen Wirt-Gast(oder Schlüssel-Schloss-) Systeme gehören Enzym-Substrat-Komplexe, AntigenAntikörper-Komplexe oder eben Wirkstoff-Rezeptor-Komplexe. In all diesen Fällen enthält die Bindungsstelle am Wirtsmolekül funktionelle Gruppen, die mit korrespondierenden funktionellen Gruppen im Wirtsmolekül (attraktiv) wechselwirken können. So muss eine Gruppe im Gastmolekül, die ein zur Ausbildung einer Wasserstoffbrückenbindung befähigtes Wasserstoffatom enthält, so ausgerichtet sein, dass dieses auf ein Atom oder eine Gruppe im Wirtsmolekül trifft, die mit diesem Wasserstoffatom tatsächlich eine Wasserstoffbrückenbindung eingehen kann. In der Regel müssen viele solcher Wechselwirkungen auftreten, damit sich ein stabiler Wirt-Gast-Komplex bildet, und aus diesem Grund binden Rezep-

Bucher.

706

18 Wechselwirkungen zwischen Molekülen toren meist nur chemisch sehr ähnliche Gastmoleküle. Die strengen Regeln für

die Erkennung eines passenden Gastes durch ein Wirtsmolekül durchziehen alle biologischen Prozesse vom Metabolismus bis hin zur Immunabwehr; sie sind der

Interkalation

Schlüssel zum Design wirksamer Medikamente zur Behandlung von Krankheiten.

EBD

Abb. 18-12 Manche Wirkstoffe mit planaren n-Systemen (als grünes Rechteck angedeutet) können sich durch Interkalation zwischen die Basenpaare der DNA schieben.

Auch Wechselwirkungen zwischen unpolaren Gruppen können für die Bindung eines Gastes an einen Wirt wichtig sein. Zum Beispiel besitzen viele Proteine hydrophobe Taschen, die unpolare Gruppen eines Gastes binden. Außer Dispersions-, abstoßenden und hydrophoßen Wechselwirkungen können auch r-Elektronen-Wechselwirkungen wichtig sein, wenn die planaren n-Systeme von aromatischen Makrocyclen einigermaßen koplanar übereinander gestapelt sind. Derartige Wechselwirkungen treten z.B. zwischen den Wasserstoffbrücken-gebundenen Basenpaaren in der DNA auf (Abb. 18-12). Die Wirkung mancher Substanzen mit planaren r-Systemen beruht darauf, dass sie sich durch Interkalation aufgrund von solchen r-Wechselwirkungen zwischen die Basenpaare schieben können, wie in Abb. 18-12 durch das grüne Rechteck angedeutet. Dabei verändert sich die Struktur der DNA ein wenig, was ihre Funktion beeinträchtigen kann. Im Inneren eines Biopolymer-Wirtsmoleküls, wo die relative Dielektrizitätskon-

stante viel kleiner sein kann als im wässrigen Milieu außerhalb, können auch Coulomb-Wechselwirkungen eine Rolle spielen. So sind Aminosäure-Seitenketten, die Amino- oder Carboxylgruppen enthalten, bei physiologischen pH-Werten positiv bzw. negativ geladen und können sich daher gegenseitig anziehen. Auch Dipol-Dipol-Wechselwirkungen kommen vor, da viele der Bausteine von Biopolymeren polar sind, beispielsweise die Peptidbindung -CONH- (siehe Beispiel 18-1). Wasserstoffbrückenbindungen sind jedoch die bei weitem häufigste und wichtigste Wechselwirkung in biologischen Wirt-Gast-Komplexen. Viele Wirkstoffe binden sehr stark an die Rezeptoren von Enzymen, die mit dem Fortschreiten einer bestimmten Krankheit in Verbindung stehen, und blockieren so ihre Wirkung. Häufig bildet so ein Inhibitor dieselben Wasserstoffbrückenbindungen aus wie das normale Substrat des Enzyms, nur dass das Wirkstoffmolekül die normalerweise durch das Enzym katalysierten chemischen Reaktionen nicht eingehen kann. Für das Auffinden von neuen Wirkstoffen existieren zwei grundlegende Strategien. Bei strukturbasiertem Design werden neue Wirkstoffe auf der Grundlage der bekannten Struktur eines Rezeptors in einem Zielmolekül entwickelt. Häufig geht man aber auch von so genannten Leitstrukturen aus, die bereits eine gewissen biologische Aktivität besitzen, ohne dass man viel über die Natur des Zielmoleküls weiß. Um eine Verbindung mit einer besseren pharmakologischen Wirkung zu finden, erstellt man oft quantitative Struktur-Wirkungs-Beziehungen (QSAR), indem man versucht, die Daten zur Aktivität der Leitstrukturen mithilfe von molekularen Deskriptoren (die experimentell bestimmt oder aus der Molekülstruktur berechnet werden) mit Moleküleigenschaften zu korrelieren. Vereinfacht gesagt besteht die erste Phase einer QSAR-Analyse darin, molekulare Deskriptoren für eine sehr große Zahl von Leitstrukturen zusammenzustellen. Einfache Deskriptoren wie Molmassen, molekulare Abmessungen oder Molekülvolumina sowie Löslichkeiten in Wasser und unpolaren Lösungsmitteln können einfach experimentell ermittelt werden. Quantenmechanische Deskriptor en wie Bindungsordnungen oder HOMO- und LUMO-Energien werden mithilfe von semiempirischen oder ab-initio-Rechenverfahren bestimmt. Im zweiten Schritt wird die biologische Aktivität als Funktion der molekula ren Deskriptoren ausgedrückt. Eine typische QSAR-Gleichung sieht dann etwa so aus: Aktivität = +cd +9 + od, + ee (18-33)

wobei die d; die Werte der Deskriptoren sind und die c; Koeffizi enten, die durch Anpassung an die Daten für die Aktivitäten der Leitstrukturen mithilfe einer Regressionsrechnung bestimmt werden. Die quadratischen Terme berücksichtigen die Tatsache, dass die biologische Aktivität für einen bestimm ten Wert eines

18.2 Wechselwirkungen zwischen Molekülen

707

| Deskriptors sowohl ein Minimum als auch ein Maximum besitzen kann. Zum | Beispiel kann ein Molekül möglicherweise eine biologische Membran nicht passieren und damit seine Zielmoleküle im Zellinneren nicht erreichen, wenn es zu hydrophil ist, sodass es die hydrophobe Schicht der Zellmembran (siehe Abschnitt 19.3.2) nicht überwinden kann. Wenn es aber zu hydrophob ist, bindet es möglicherweise zu stark an die Membran und gelangt ebenfalls nicht ins Zellinnere. Seine Aktivität wird dann bei einem mittleren Wert der Hydrophobizität ein Maximum besitzen, entsprechend einem mittleren Wert eines Parameters, der die relative Löslichkeit des Wirkstoffs in Wasser und unpolaren Lösungsmitteln beschreibt. Im letzten Schritt des QSAR-Prozesses versucht man, die Aktivitäten möglicher Wirkstoffmoleküle aus ihren Deskriptoren und der QSAR-Gleichung durch Interpolation oder Extrapolation abzuschätzen. Die Vorhersagen sind umso zuverlässi| ger, je mehr Leitstrukturen und molekulare Deskriptoren in der QSAR-Gleichung , verwendet wurden.

Die traditionelle QSAR-Methode wurde inzwischen zum 3D-QSAR-Verfahren weiterentwickelt, bei dem man mit ausgefeilten Rechenverfahren versucht, ein besseres Verständnis für die dreidimensionalen Eigenschaften von Wirkstoffkandidaten zu erlangen, die eine starke Bindung an einen Rezeptor bewirken. Dabei versucht man zunächst, dreidimensionale Modelle der Leitstrukturen am Computer übereinander zu legen und nach Gemeinsamkeiten wie ähnlichen Formen oder ähnlicher Anordnung von funktionellen Gruppen zu suchen oder durch MO-Berechnungen gewonnene elektrostatische Oberflächen der Moleküle zu vergleichen. Die Grundannahme des Verfahrens ist, dass gemeinsame Strukturmerkmale Hinweise auf die Moleküleigenschaften geben, die eine starke Bindung an den Rezeptor ermöglichen. Die ganze Sammlung von überlagerten Molekülen wird dann in ein dreidimensionales Raster gelegt und mit atomaren Sonden (meist sp’-hybridisierten Kohlenstoffatomen) abgetastet. Dabei werden für jeden Punkt des Rasters zwei Energien berechnet: die sterische Energie E, aufgrund von Wechselwirkungen zwischen der Sonde und den Elektronen in ungeladenen Bereichen des Wirkstoffs und die elektrostatische Energie E,, aufgrund von Wechselwirkungen zwischen der Sonde und Bereichen des Wirkstoffmoleküls, die Par-

tialladungen tragen. Die gemessene Gleichgewichtskonstante K, der Bindung des Wirkstoffmoleküls an sein Zielmolekül wird dann durch die 3D-QSAR-Gleichung mit den berechneten Wechselwirkungsenergien an jedem Punkt r des Rasters verknüpft:

BKa=

+) [ln)Eutr) +caln)Eatr)| ,

(18-34)

wobei die c,(r) und c.(r) die relative Bedeutung der sterischen und elektrostatischen Wechselwirkungen am Punkt r beschreiben und durch Regressionsrechnung bestimmt werden. Zur Visualisierung der Ergebnisse der Regressionsrech-

nung kann man den Betrag der verschiedenen Koeffizienten an jedem Punkt des Rasters durch entsprechende Farben anschaulich darstellen. Abb. 18-13 zeigt die Ergebnisse einer 3D QSAR-Analyse der Bindung von Steroiden mit den gezeigten Kohlenstoffgerüsten an Human-CBG _ (corticosteroid-binding globulin). Die Methode

verspricht einen

Einblick in die chemische

Natur der Bindungsstelle,

obwohl wir nichts über ihre Struktur wissen. QSAR und 3D-QSAR sind leistungsfähig, haben aber auch Grenzen: Die Vorhersagen sind immer nur so gut wie die in der Analyse verwendeten Daten — sowohl was ihre Zuverlässigkeit als auch was ihre Anzahl angeht. Immerhin haben es die Methoden in vielen Fällen ermöglicht, geeignete Kandidaten für eine genauere Untersuchung (z.B. Hinzufügen oder Entfernen von funktionellen Gruppen, Synthese und Praxistests) unter vielen potenziellen Wirkstoffmolekülen herauszufiltern.

positives Potenzial, sterische ‚ Flexibilität

RN

won

negatives

De rg positives Potenzial,

Potenzial

sterische Behinderung Abb. 18-13 Eine 3D-QSAR-Analyse der Bindung von Steroiden mit dem gezeigten Kohlenstoffgerüst an Human-CBG (corticosteroid-binding globulin). Die Ellipsen deuten Bereiche in der Bindungsregion des Proteins an, deren elektrostatisches

Potenzial negativ bzw. positiv ist und die sterisch stark bzw. wenig beansprucht sind. Die Rechnungen ergeben, dass das Hinzufügen von großen Substituenten am linken Molekülende (wie es hier gezeichnet ist) die Affinität des Moleküls zu dem Protein verringert. Dagegen sollten Substituenten, die ein negatives elektrostatisches

Potenzial an einem der Molekülenden aufbauen, die Bindungsfähigkeit des Moleküls an den Rezeptor verbessern. (Nach P. Krogsgaard-Larsen, T. Liljefors,

U. Madsen (Hrsg.), Textbook of Drug Design and Discovery, Taylor & Francis, London 2002.)

708

18 Wechselwirkungen zwischen Molekülen

18.3]

Abb. 18-14

Die Definition des Raumwin-

kels d@2 für die Streuung.

Gase und Flüssigkeiten

Der am wenigsten geordnete Zustand der Materie ist das Gas. In einem idealen Gas gibt es keine Wechselwirkungen zwischen den Teilchen; deren Verteilung ist vollkommen zufällig. In einem realen Gas existieren schwache anziehende und abstoRende Kräfte, die kaum einen Einfluss auf die Anordnung der Teilchen haben, aber Abweichungen vom Verhalten eines idealen Gases bewirken, wenn man die Abhängigkeit des Drucks von Volumen, Temperatur und Stoffmenge betrachtet (Abschnitt 1.1.3). Die anziehenden Wechselwirkungen zwischen den Molekülen sind verantwortlich für die Kondensation von Gases zu Flüssigkeiten bei tiefen Temperaturen. Wenn die Temperatur weit genug sinkt, nimmt die kinetische Energie der Teilchen so weit ab, dass sie schließlich nicht mehr ausreicht, um der gegenseitigen Anziehung zu entkommen; das Gas kondensiert. Andererseits gibt es neben der anziehenden Wechselwirkung, die bei Abständen im Bereich einiger Moleküldurchmes-

Abb. 18-15 Die Definition des Stoßparameters b als senkrechter Abstand zwischen den anfänglichen Flugbahnen der Teilchen.

ser wirkt, auch eine abstoßende Wechselwirkung, die beginnt, sobald die Moleküle sich direkt berühren. Sie ist die Ursache dafür, dass Flüssigkeiten und Festkörper ein festes Volumen besitzen und nicht auf einen winzig kleinen, unendlich dichten Punkt kollabieren. Die Moleküle in kondensierten Phasen werden durch anziehende Kräfte zusammen gehalten, aber ihre kinetischen Energien liegen in derselben Größenordnung wie ihre potenziellen Energien. Als Konsequenz haben wir in Abschnitt 17.2.4 gesehen, dass zwar die Moleküle einer Flüssigkeit nicht aus ihrer Phase entkommen können, die ganze Struktur aber sehr beweglich ist und wir daher nur Aussagen über die mittleren Orte der Teilchen machen können. In den folgenden Abschnitten werden wir auf diesen Erkenntnissen aufbauen und die Oberflächen von Flüssigkeiten sowie die Kondensation von Gasen zu Flüssigkeiten thermodynamisch beschreiben.

13.3.1

Wechselwirkungen in Gasen

Wechselwirkungen von Molekülen in der Gasphase können sehr elegant in Molekularstrahlen untersucht werden. Ein Molekularstrahl ist ein schmaler, gebündelter Strahl von Atomen oder Molekülen in einem evakuierten Behälter. Wenn er auf andere Moleküle trifft, werden die Teilchen gestreut, und aus der Analyse der beobachteten Streuung kann man sehr viele Informationen über die Wechselwirkungen zwischen den Molekülen erhalten. Die Hauptinformation aus einem Molekularstrahlexperiment ist der Bruchteil der Moleküle, der in eine bestimmte Richtung gestreut wird. Dieser Bruchteil wird meist mit Hilfe von d/ angegeben, der Zahl der Moleküle, die pro Zeiteinheit in einen Kegel gestreut werden, der der aktiven Fläche des Detektors entspricht (Abb. 18-14). Sein Zahlenwert wird als differenzieller Streuquerschnitt a angegeben, die Proportionalitätskonstante zwischen dI, der Intensität I des einfallenden Teilchenstrahls, der Teilchenzahldichte N der Probe und der differenziellen Weglänge dx durch die Probe:

OU=onN de,

Abb. 18-16 Drei typische Fälle bei der Kollision zweier harter Kugeln: (a) b = O führt zu Rückwärtsstreuung;

(b)b > R, + Ra führt zu Vorwärtsstreuung; ()O55 (137.5 +0.70.12.5+0.51.17:5 50.25.2259 :0.11-275 20.052525) Be

Die massengewichtete mittlere Molmasse können wir direkt aus den angegebenen Daten berechnen (die Gesamtmasse der Probe beträgt 37.69): Mu/(kgmol”') = er (9.627.355 8.712.545 8.9.17.5 05.02.0025 1 91e2 70521 17253255)) —E10*

Die Werte sind offensichtlich nicht identisch. In diesem Fall ist M„/My = 1.2.

Übung 19-1 Berechnen Sie die Z-gewichtete mittlere Molmasse der Probe.

[19kgmol']

Das Verhältnis M,,/M, wird als Heterogenitätsindex bezeichnet. Bei der Bestim-

mung der Molmassen von Proteinen sollten die verschiedenen Mittelwerte gleich

725

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

726

sein, da die Probe monodispers ist (solange keine Denaturierung stattgefunden hat). In synthetischen Polymeren liegen normalerweise verschiedene Molmassen in einer Probe vor, und die verschiedenen Mittelwerte besitzen unterschiedliche Zah-

lenwerte. Für eine typische synthetische Probe ist My/M„=4. Als „monodispers“

bezeichnet man üblicherweise synthetische Polymere, für die dieses Verhältnis kleiner als 1.1 ist; übliche kommerziell erhältliche Proben von Polyethylen sind oft viel polydisperser und erreichen Werte des Heterogenitätsindex von über 30. Eine Konsequenz einer engeren Molmassenverteilung bei synthetischen Polymeren ist häufig ein größeres Ausmaß an langreichweitiger Ordnung im Festkörper und damit einhergehend eine höhere Dichte und ein höherer Schmelzpunkt. Die Verteilung der Molmassen kann durch die Wahl des Katalysators und der Reaktionsbedingungen bei der Synthese beeinflusst werden. In der Praxis findet man jedoch, dass die langreichweitige Ordnung mehr durch strukturelle Faktoren (z. B. Verzweigung) als durch die Molmassen bestimmt wird. Mittlere Molmassen können durch Osmometrie von Lösungen eines Polymers bestimmt werden. Mit der Membranosmometrie können Molmassen bis etwa 1000 kg mol”! ermittelt werden. Für Polymere mit kleiner Molmasse (unterhalb von etwa 10 kgmol"') ergibt sich das Problem, dass sie teilweise durch die Membran diffundieren können. Eine Folge dieser Teildurchlässigkeit der Membran ist, dass die Membranosmometrie Molmassen polydisperser Proben tendenziell überschätzt. Andere Methoden zur Bestimmung der Molmassen und der Polydispersität von Polymeren sind zuverlässiger, beispielsweise die Massenspektrometrie, die LaserLichtstreuung, die Ultrazentrifugation, die Elektrophorese oder Viskositätsmessungen.

19.1.2

große Potenzialdifferenz p2

de

Laser

Detektor

r

>

Abb. 19-1 Ein MALDI-TOF-Massenspektrometer. Ein Laserstrahl schlägt Makromoleküle und lonen aus der festen Matrix heraus. Die ionisierten Makromoleküle werden durch eine elektrische

Potenzialdifferenz über eine Wegstrecke d beschleunigt und durchfliegen dann eine Strecke |. Die Ionen mit dem kleinsten

Verhältnis von Masse zu Ladung (m/z) erreichen den Detektor als Erste.

_ _Massenspektrometrie

Die Massenspektrometrie gehört zu den genauesten Methoden zur Bestimmung von Molmassen. Dabei werden die Proben in der Gasphase ionisiert, und das Verhältnis von Masse zu Ladung (m/z) aller entstehenden Ionen wird gemessen. Makromoleküle stellen dabei eine besondere Herausforderung dar, da es nicht einfach ist, von so großen Teilchen Ionen in der Gasphase zu erhalten, ohne dass Fragmentierung eintritt. Es wurden jedoch zwei Techniken entwickelt, die dieses Problem umgehen: die matrixunterstützte Laserdesorption und -ionisation (MALDI) und die Elektrospray-Ionisation. Wir werden im Folgenden die MALDI-TOF-Massenspektrometrie vorstellen, in welcher die MALDI-Technik mit einer FlugzeitDetektion (engl. time offlight, TOF) verbunden wird. Abb. 19-1 zeigt das Prinzip eines MALDI-TOF-Massenspektrometers. Zuerst wird das Makromolekül in eine feste Matrix aus einer organischen Substanz wie z.B. trans-3-Indolacrylsäure und anorganischen Salzen wie Natriumchlorid oder Silbertrifluoracetat eingebettet. Diese Probe wird dann mit einem gepulsten Laser (z.B. einem Stickstofflaser) bestrahlt. Dabei werden elektronisch angeregte Ionen aus der Matrix und elektrisch neutrale Makromoleküle aus der Probe herausgeschlagen, die eine dichte Gasfahne an der Probenoberfläche bilden. Die Makromoleküle werden in der Folge durch Stöße und Komplexierung mit kleinen Kationen wie H*, Na’ oder Ag* ionisiert. In einem TOF-Spektrometer werden Ionen durch ein elektrisches Feld € über eine kurze Distanz d beschleunigt und legen danach eine Flugstrecke l zurück. Ein Ion der Masse m und der Ladung ze erreicht den Detektor am Ende der Flugstreck e nach einer Zeit t (siehe die folgende Begründung),

— Se) E

(19-5)

wobei e die Elementarladung ist. Da d, l und E für ein bestimm tes Gerät konstant sind, ist die Flugzeit t ein direktes Maß für das Verhältnis m/z des Ions,

19.1 Größe und Form von Makromolekülen m

727

Ar

Wir betrachten ein Ion der Masse m und der Ladung ze, das aus der Ruhe über

eine Distanz d durch ein elektrisches Feld der Stärke € beschleunigt wird. Die kinetische Energie des Ions ist dann 1

I

n

3 v> E=

= > mu = EN.

©

wobei v die Geschwindigkeit des Ions am Ende der Beschleunigungsstrecke ist. Die Flugstrecke ! und die Flugzeit t sind beide so kurz, dass wir Beschleunigungs-

effekte vernachlässigen dürfen und v = 1/t schreiben dürfen. Durch Substitution

erhalten wir dann 1

8

5

e 5 0

2

4000

8000

12000

m/z

7 m 6) ed,

Abb. 19-2 MALDI-TOF Spektrum einer Probe von Poly(butylenadipat) mit

Hieraus erhalten wir durch Umformen Gl. (19-6.) Abb. 19-2 zeigt das MALDI-TOF-Spektrum einer polydispersen Probe von Poly(butyladipinat) (PBA, (1)). Die MALDI-Technik produziert hauptsächlich einfach geladene, nicht fragmentierte Molekül-Ionen. Die vielen Peaks im Spektrum entstehen daher durch Polymere mit unterschiedlichen Kettenlängen, wobei die Intensität jedes Peaks proportional zur Häufigkeit der jeweiligen Masse in der Probe ist. Aus den Daten können M,, My und der Heterogenitätsindex bestimmt

werden. Wie in dem folgenden Beispiel gezeigt wird, kann mithilfe Massenspektrums auch die Struktur eines Polymers verifiziert werden.

des

[6) HO ln

oO nn... oO

n

1

Beispiel 19-2 Das Massenspektrum eines Polymers Das Massenspektrum in Abb. 19-2 enthält Peaks in einem 200gmol"'; es wurde in einer Matrix aus NaCl aufgenommen. M = 4113 gmol”' entspricht dem Polymer mit n = 20. Verifizieren Daten, dass die Probe aus Polymeren mit der allgemeinen Struktur

Abstand von Der Peak bei Sie aus diesen (1) besteht.

Vorgehen Da jeder Peak einem anderen Wert von n entspricht, ist die Differenz AM der Molmasse zwischen den Peaks gerade die Molmasse der Wiederholungseinheit (Gruppe in Klammern in (1)). Die Masse der Endgruppen (Gruppen außerhalb der Klammern in (1)) kann aus der Molmasse eines beliebigen Peaks durch M(Endgruppe) = M (Polymer mit n Wiederholungseinheiten) - nAM — M(Kation)

berechnet werden, wobei der letzte Term die Masse des Kations (aus der Matrix) ist, das sich während der Ionisation an das Makromolekül anlagert.

Antwort Der beobachtete Wert für AM passt zu der in (1) gezeigten Wiederholungseinheit, die eine Masse von 200g mol"! besitzt. Um die Molmasse der Endgruppen zu berechnen, verwenden wir die Atommasse der Na'-Ionen in der Matrix: M(Endgruppe) = 4113 gmol ' — 20: (200 g8mol') — 23gmol ' = 90gmol".

Dieses Resultat passt zur Molmasse einer Endgruppe -O(CH,),OH (89 gmol”') und einer Endgruppe -H (1gmol"').

My = 4525 gmol“' (nach Mudiman et al, JuChemzEdue27220199771223):

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

728

Übung 19-2

Wie groß wäre die Masse des Polymers mit n = 20, wenn anstelle von NaCl Silbertrifluoracetat für die Herstellung der Matrix verwendet worden wäre? [4198 gmol"]

19.1:3

Laser-Lichtstreuung

Lichtstreuung an großen Teilchen ist ein häufiges Phänomen. Ein bekanntes Beispiel ist die Streuung an Staubteilchen im Sonnenlicht. Im Labor ist die Lichtstreuung eine geeignete Methode, um Polymere, größere Aggregate von Molekülen (z. B. Kolloide) oder biologische Systeme wie Proteine oder sogar Viren zu charakterisieren. Im Gegensatz zur Massenspektrometrie kann die Lichtstreuung an intakten Proben ohne aufwendige Aufbereitung durchgeführt werden; die einzige vorbereitende Maßnahme ist oft eine Filtration.

einfallender Strahl monochromatische Quelle

Streuintensität, |

Abb. 19-3 Rayleigh-Streuung einer Probe aus punktförmigen Teilchen. Die Intensität des gestreuten Lichts hängt von dem

Winkel 0 zwischen dem einfallenden und dem gestreuten Strahl ab. Das kleine Bild zeigt den Winkel & zwischen der Polarisationsebene des einfallenden Strahls und der durch den einfallenden und den gestreuten Strahl definierten Ebene. Für eine typische experimentelle Anordnung ist d = 90°.

Allgemeine Prinzipien der Lichtstreuung ' Wenn das oszillierende elektrische Feld einer elektromagnetischen Strahlung mit den Elektronen in einem Molekül in Wechselwirkung tritt, so baut sich ein oszillierendes Dipolmoment auf, dessen Betrag proportional zur Polarisierbarkeit der Probe und zur Stärke des anregenden Feldes ist (siehe Abschnitt 18.1.1). Bei der elastischen Streuung beobachtet man Dipole in der Probe, die mit derselben Frequenz schwingen wie das elektrische Feld, durch das sie induziert werden. Der Ausdruck elastisch bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass das absorbierte und das emittierte Photon dieselbe Frequenz und folglich auch dieselbe Energie besitzen. Wenn das Medium ideal homogen ist (wie in einem idealen Kristall), dann interferieren die gestreuten Wellen in allen Richtungen außer der Vorwärtsrichtung (der Richtung des einfallenden Lichtstrahls) destruktiv. In innomogenen Medien, beispielsweise in nicht idealen Kristallen oder Lösungen von Makromolekülen, wird dagegen ein Teil des Lichts in andere Richtungen gestreut. Lichtstreuung an Teilchen, deren Durchmesser kleiner sind als die betrachtete Lichtwellenlänge, nennt man Rayleigh-Streuung (Abb. 19-3). Sie hat einige charakteristische Eigenschaften: 1. Die Intensität des gestreuten Lichts ist proportional zu 4*; kleinere Wellenlängen werden also stärker gestreut als größere. N . Die Intensität des gestreuten Lichts ist proportional zur Molmasse der streuenden Teilchen. w . Die Intensität des gestreuten Lichts hängt vom Streuwinkel ® ab (Abb. 19-3). In der Praxis registriert man die Streuung bei mehreren Winkeln zum einfallenden Laserstrahl (siehe Beispiel 19-3). 4. Für sehr verdünnte Lösungen, die mit linear polarisiertem Licht bestrahlt werden, ist das Rayleigh-Verhältnis R, als Tr R

zZ



ST

sin?’&

definiert, wobei I die Intensität des gestreuten und I, die Intensität des einfallenden Lichts sind, r die Entfernung zwischen Probe und Detektor und & der Winkel zwischen der Polarisationsebene des einfallenden Lichts und der Ebene, die durch den einfallenden und den gestreuten Lichtstrahl definiert ist (Abb. 19-3).

7) -

19.1

Größe und Form von Makromolekülen

Für eine Lösung eines Polymers mit der Massenkonzentration

leigh-Verhältnis als R,=KP,oM,

mit,

K

Pan

729

c» kann das Ray-

Yldı)da)

— AN,

(19-8)

geschrieben werden, wobei n,, der Brechungsindex des reinen Lösungsmittels ist (siehe Kommentar 18-6 und Anhang 3), dn,/dc» die Abhängigkeit des Brechungsindex der Lösung von der Konzentration des gelösten Polymers, V das Volumen der Probe und N, die Avogadro-Konstante. Der Parameter P, wird als Strukturfaktor bezeichnet; er berücksichtigt die Tatsache, dass Streuung an verschiedenen Berei-

chen des Makromoleküls erfolgen kann und dass Interferenz zwischen verschiedenen auf diese Weise gestreuten Strahlen eintreten kann, sofern die Wellenlänge der einfallenden Strahlung in die Größenordnung der Dimension der streuenden Teilchen kommt. Solange die Moleküle viel kleiner sind als die Wellenlänge der Strahlung, ist pu=1. Wenn ihre Größe aber etwa ein Zehntel der Wellenlänge der einfallenden Strahlung beträgt, dann ist (wie in Zusatzinformation 19-1 gezeigt wird)

Abb. 19-4 (a) Ein kugelförmiges Molekül und (b) die hohle Kugelschale mit den gleichen Rotationseigenschaften. Der Radius der Kugelschale ist der Trägheitsradius des Moleküls.

Kurztabelle 19-1 Trägheitsradien.* M/(kg mol”)

16n?R2 sin 10

u

372

;

(19-9)

wobei R, der Trägheitsradius des Moleküls ist, der Radius eine dünnen, hohlen Kugelschale mit derselben Masse und demselben Trägheitsmoment wie das Molekül (siehe Abb. 19-4 und Abschnitt 19.2.2). Einige experimentelle Werte für R, sind in Tabelle 19-1 ausgeführt. Illustration 19-]

Warum ist der Himmel blau, aber die Wolken weiß?

Gemäß Gl. (19-9) sollten wir erwarten, dass für sehr kleine Teilchen, für die P,=1

ist, kleine Wellenlängen stärker gestreut werden als große Wellenlängen. Dieser Effekt ist für die Farbe von klarem, wolkenlosem Himmel verantwortlich: Die Stickstoff- und Sauerstoff-Moleküle in der Luft sind viel kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts, daher wird blaues Licht am stärksten gestreut. Auch die Wolken können wir sehen, weil sie Licht streuen — aber sie sind weiß, nicht blau. Die Ursache dafür ist, dass sich die Wassermoleküle in Wolken zu winzigen Wassertröpfchen zusammenlagern, deren Größe vergleichbar mit der Wellenlänge des sichtbaren Lichts ist; die Streuung erfolgt dann kooperativ. Obwohl auch hier blaues Licht stärker gestreut wird als rotes, können andererseits mehr Moleküle zu der kooperativen Streuung beitragen, wenn die Wellenlänge größer ist (wie bei rotem Licht); das Ergebnis ist eine gleichmäßige Streuung für alle Wellenlängen: Weißes Licht wird auch weiß gestreut. Aus demselben Grund erscheint auch Papier weiß. Die Streuung unterscheidet sich somit von der Rayleigh-Streuung, die für kleine Teilchen charakteristisch ist; dieser Unterschied wird durch Werte von P, ungleich 1 ausgedrückt.

Streuung an nichtidealen Polymerlösungen Die vorangegangene Diskussion hat gezeigt, dass wir Struktureigenschaften wie Größe oder die massengewichtete Molmasse von Makromolekülen aus Messungen der Lichtstreuung in verschiedenen Winkeln 9 zur Richtung eines einfallenden Laserstrahls bestimmen können. Leider gilt Gl. (19-8) nur für ideale Lösungen, und

in der Realität weichen selbst relativ stark verdünnte Polymerlösungen schon beträchtlich von der Idealität ab. Da sie so groß sind, verdrängen Makromoleküle größere Volumina an Lösungsmittel, anstatt nur ein einzelnes Lösungsmittelmolekül ohne größere Störung zu ersetzen. Thermodynamisch gesprochen bedeutet das, dass wegen der Verdrängung der Lösungsmittelmoleküle und der anschließenden Reorganisation des Lösungsmittels Entropiebeiträge bei der Lösung von Polymeren

Serumalbumin

66

R,/nm

2.98

Polystyrol

3.2 x 10°

DNA

4

x10°

50%% 11%

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

** In einem schlechten Lösungsmittel.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

730

besonders wichtig sind. Außerdem hat ihre Größe zur Folge, dass Makromoleküle sich nicht frei durch eine Lösung bewegen können, weil sie zuerst die Lösungsmittelmoleküle von ihrem Platz verdrängen müssten. Schließlich sind beim Lösen von Makromolekülen auch große Enthalpiebeiträge zur Freien Lösungsenthalpie zu beobachten, da die energetisch günstigeren Wechselwirkungen zwischen den Lösungsmittelmolekülen durch Wechselwirkungen zwischen dem Makromolekül und dem Lösungsmittel ersetzt werden. Um die Abweichungen von der Idealität zu berücksichtigen, wird Gl. (19-8) a in der Form

EIER.

(19-10)

geschrieben, wobei B eine empirische Konstante in Analogie zum osmotischen Virialkoeffizienten ist, ein Maß für das Volumen der Makromoleküle. Für die meisten Kombinationen von Lösungsmittel und gelöstem Stoff existiert eine Temperatur (auch wenn sie nicht immer experimentell realisierbar ist), bei der sich die verschiedenen Effekte, die die Nichtidealität hervorrufen, gerade aufheben und die Lösung sich daher praktisch ideal verhält. Diese Temperatur (das Analogon der Boyle-Temperatur realer Gase) wird als 6-Temperatur bezeichnet; für sie ist B null. Die 0-Temperatur von Polystyrol in Cyclohexan beträgt beispielsweise 306 K, wobei der genaue Wert noch von der mittleren Molmasse des Polymers abhängt. Eine Lösung bei ihrer 6-Temperatur wird 0-Lösung genannt. Da sich Ö-Lösungen nahezu ideal verhalten, sind ihre thermodynamischen und Struktureigenschaften verhältnismäßig einfach zu beschreiben, obwohl ihre Konzentrationen nicht unbedingt klein sind. Auf der Ebene der Moleküle betrachtet liegen die Moleküle in einer 0-Lösung in einem (effektiv) ungestörten Zustand vor, während sich in anderen Lösungen Lösungsmitteleffekte einstellen, die die Struktur der Makromoleküle beeinflussen.

Beispiel 19-3

Die Bestimmung der Größe von Makromolekülen mittels Lichtstreuung Die folgenden Daten wurden für eine Lösung von Polystyrol in Butanon bei 20 °C mit linear polarisiertem Licht der Wellenlänge } = 546 nm erhalten: 9/° R,/m?

753)

26.07 736.97866.41.90.07 19:7018,80212.190 316.0

1136 14.4

In einem unabhängigen Experiment wurde K = 6.42 x 10°° molm’ kg? gemessen. Berechnen Sie aus diesen Informationen R, und M, der Probe. Nehmen Sie dabei an, dass B vernachlässigbar klein ist und dass das Polymer klein genug ist, sodass Gl. (19-9) gilt.

Vorgehen Wenn wir das Ergebnis aus Gl. (19-9) in Gl. (19-8) einsetzen, erhalten wir nach einigen Umformungen [) Im?

1

1 a

g=

Rarm

xR 1

_e

arg

ee ı

.

& ee ’)

Folglich sollte eine Sultagung von 1/R, gegen (1/R,) sin’}0 eine Gerade mit der Steigung 16n’ R2/37° und dem Achsenabschnitt 1/Kc,M,, en) Antwort Wir erstellen eine Tabelle mit Werten von 1/R, und (1/R,)sin”!0 und tragen die Daten auf (Abb. 19-5).

lo

a

Eee.

10° x R, sin’(20)/m Abb. 19-5 Auftragung der Daten zu Beispiel 19-3.

(10?R,')/m? 5.0605, (OR Nein 0/m2 m 2956

32.0 5839 Saar

Die Ausgleichsgerade durch diese Punkte hat eine Steigung von 0.391 und einen y-Achsenabschnitt von 5.06 x 10°. Aus diesen Werten und K berechnen wir R, 4.71 x10°°m= 47.1und nmM, = 987 kgmol-'.

19.1

Größe und Form von Makromolekülen

731

Ein genaueres Verfahren für konzentriertere Lösungen besteht darin, eine Reihe von Experimenten durchzuführen und R, als Funktion von 6 für verschiedene Werte von c» zu bestimmen. Aus der Analyse aller Daten können dann R,, M, und B berechnet werden.

i

Übung 19-3 Die folgenden

Daten wurden

für eine wässrige Lösung eines Proteins mit

cp = 2.0kgm° bei 20°C mit Laserstrahlung der Wellenlänge A = 532 nm erhalten:

0/° R,/m?

15.0 25.880

45.0 27

70.0 922921.67

85.0 203

90.0 220.4

In einem unabhängigen Experiment wurde K = 2.40 x 10°? molm°’ kg? gemessen. Berechnen Sie aus diesen Informationen R, und die Molmasse der Probe. Nehmen Sie dabei an, dass B vernachlässigbar klein ist und dass das Polymer klein genug ist, sodass Gl. (19-9) gilt. [R, = 39.8nm; M = 498 kgmol”']

Dynamische Lichtstreuung Eine spezielle Laser-Streumethode, die dynamische Lichtstreuung, kann dazu verwendet werden, die Diffusion von Polymeren in Lösung zu untersuchen. Wir betrachten zwei Polymermoleküle, die mit einem Laserstrahl beleuchtet werden. Angenommen, die an den beiden Molekülen gestreuten Strahlen interferieren zu einem Zeitpunkt t konstruktiv am Detektor und ergeben ein starkes Signal. Da sich die Moleküle aber durch die Lösung bewegen, können die Wellen zu einem späteren Zeitpunkt t' destruktiv interferieren, sodass kein Signal mehr erhalten wird. Wenn wir diese Situation auf sehr viele Moleküle in der Lösung verallgemeinern, dann erhalten wir Fluktuationen

der Lichtintensität am

Detektor, die vom

Diffu-

sionskoeffizienten D der Moleküle abhängen. Dieser ist ein Maß für die Beweglichkeit der Moleküle in der Lösung und kann durch die Stokes-Einstein-Gleichung (die in Abschnitt 21.3.1 näher diskutiert werden wird) berechnet werden:

(19-11)

nr

Hier ist f der Reibungskoeffizient, ein Maß für die Kraft, die die Lösung der Bewe-

gung der Moleküle entgegensetzt. Einige typische Werte für D sind in Tabelle 19-2 aufgeführt. Für ein kugelförmiges Teilchen mit dem Radius a in einem Lösungsmittel der Viskosität 7 (siehe Abschnitt 19.1.6) kann der Reibungskoeffizient durch die Stokes’sche Gleichung berechnet werden, f=6ron'.

(19-12)

Wenn das Molekül nicht kugelförmig ist, verwenden wir einen geeigneten Wert aus Tabelle 19-3. Somit können wir - sofern die Molekülgestalt bekannt ist — durch dynamische Lichtstreuung sowohl den Diffusionskoeffizienten als auch die Mole-

külgröße bestimmen.

Für verdünnte monodisperse Lösungen von statistischen

Knäueln findet man experimentell, dass D mit der Molmasse des Polymers durch

zusammenhängt.

M/(kg mol’) Dj({m? Zes") Saccharose

RT

DEM

Kurztabelle 19-2 Diffusionskoeffizienten in Wasser bei 20°C.*

(19-13) Der Koeffizient f, wird bestimmt, indem D für feste Viskosität

und Temperatur für eine Reihe von Standardlösungen mit bekannter Molmasse bestimmt wird. Wie zu erwarten, bewegen sich voluminöse Moleküle mit großer Molmasse langsamer durch die Lösung (und haben folglich kleinere Diffusionskoeffizienten) als Moleküle mit kleinerer Molmasse.

0.342

4.59 x10-"°

Lysozym

14.1

1.04 x 10-9

Hämoglobin

68

GOES

Kollagen

345

Go

10

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Kurztabelle 19-3 Reibungskoeffizienten und Molekülgestalt.*

a/b 2

gestreckt“*

abgeplattet”*

1.04

1.04

4

1.18

de]

6

5

1.28

8

1.43

10577

10

1.54

1.46

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des

Buches.

%* Angegeben ist das Verhältnis f/fo mit.fo — 6nncundc = (ab?) für gestreckte bzw.

c = (a) für abgeplattete Ellipsoide; dabei ist a die große und b die kleine Halbachse.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

732 leer

|

_ Ultrazentrifugation

19.1.4

(Gegengewicht)

|

DD

Rotor

Lösung

(b) unten‘ Abb. 19-6 (a) Probenkopf einer Ultrazentrifuge. Die Probe auf der einen Seite wird durch einen Hohlraum auf der Gegenseite ausbalanciert. (b) Ausschnitt aus der Probenkammer: „Oben“ ist hier innen, die

Zentrifugalkraft bewirkt eine Sedimentation nach außen. Ein Teilchen im Abstand r von der Achse spürt eine Zentrifugalkraft mro°.

Fuß einer In einem Gravitationsfeld tendieren schwere Teilchen dazu, sich am et. bezeichn ation Sediment als wird Prozess Lösungssäule zu konzentrieren; dieser es ionsfeld Gravitat des Stärke der von hängt ation Die Geschwindigkeit der Sediment Moleküle he Sphärisc ab. leküle Makromo der und von den Massen und Formen oder (oder allgemein kompakte Moleküle) sedimentieren schneller als ausgedehnte Probe der in Moleküle schweren die sind wicht stabförmige Moleküle. Im Gleichge entsprechend der Boltzmann-Verteilung über einen gewissen Höhenbereich verteilt ). (die thermische Bewegung wirkt dem Einfluss des Gravitationsfeldes entgegen Bestimdie sodass ab, Moleküle der Masse der von Die Breite dieses Bereichs hängt mung der Gleichgewichtsverteilung der Moleküle eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung der mittleren Molmasse bietet. Die Sedimentation ist normalerweise ein sehr langsamer Prozess, er kann jedoch durch Ultrazentrifugation beschleunigt werden; hierbei wird das normale Gravitationsfeld durch ein Zentrifugalfeld ersetzt. Hierzu verwendet man eine Ultrazentrifuge, die im Wesentlichen aus einem Zylinder besteht, der mit hoher Geschwindigkeit um seine Achse rotiert und in welchem in möglichst großem Abstand von der Achse eine Probenkammer untergebracht ist (Abb. 19-6). Moderne Ultrazentrifugen erreichen Beschleunigungen bis zum 10°-fachen der Erdbeschleunigung („105 g“). Zu Beginn ist die Probe in ihrem gesamten Volumen einheitlich zusammengesetzt, im Laufe der Sedimentation bewegt sich dann die „obere“ (d.h. am weitesten innen liegende) Grenze des gelösten Stoffes nach außen.

Die Sedimentationsgeschwindigkeit Ein gelöstes Teilchen der Masse m besitzt aufgrund des Auftriebs eine effektive Masse m.y = bm, wobei die Konstante b durch

ZI

pVs

(19-14)

gegeben ist. p ist dabei die Dichte der Lösung, v; das partielle spezifische Volumen der gelösten Substanz (vs = (OV/dm,),, wobei m, die Gesamtmasse des gelösten Stoffes ist) und pvs die Masse der pro Gramm der gelösten Substanz verdrängten Lösung. Ein gelöstes Teilchen im Abstand r von der Achse eines mit der Winkel-

geschwindigkeit & rotierenden Rotors spürt eine Zentrifugalkraft von m.gro?. Dieser Beschleunigung nach außen wirkt eine Reibungskraft entgegen, die proportional zur Geschwindigkeit s ist, mit der sich die Teilchen durch das Medium bewegen. Wir schreiben die Reibungskraft als fs, wobei f der Reibungskoeffizient ist (siehe Abschnitt 19.1.3). Die Driftgeschwindigkeit s, die Geschwindigkeit, mit der sich die Teilchen durch das Medium bewegen, können wir daher berechnen, indem wir die beiden Kräfte m, grow” und fs gleichsetzen und nach s auflösen. Wir erhalten so

le

Merr@

bmro?

(19-15)

Die Driftgeschwindigkeit hängt nur von der Winkelgeschwindigkeit des Rotors und der Entfernung des Moleküls von der Rotationsachse ab. Häufig definiert man daher die Sedimentationskonstante S als Ss

r@*

(19-16)

Da die mittlere Masse m eines einzelnen Moleküls mit der mittleren Molmasse My durch m = M,/N, zusammenhängt, erhalten wir schließlich

bMy u

(19-17)

19.1 Größe und Form von Makromolekülen

733

Nun setzen wir noch die Stokes’sche Gleichung für kugelförmige Moleküle ein und erhalten so

(19-18)

6nnaN,

sodass wir aus der Konstante S entweder M, oder a bestimmen können. Für nicht

kugelförmige Moleküle können wir die in Tabelle 19-3 angegebenen Werte für f verwenden. Wie bei allen Experimenten an Makromolekülen müssen wir auch hier die Ergebnisse auf die Konzentration null extrapolieren, um störende Einflüsse der Wechselwirkungen zwischen den voluminösen Molekülen auszuschalten. Beispiel 19-4 Die Bestimmung einer Sedimentationskonstante Die folgenden Daten wurden für die Sedimentation von Rinderserumalbumin bei 25 °C gemessen. Am Anfang war die Grenzfläche des gelösten Albumins 5.50 cm von der Zentrifugenachse entfernt, während der Zentrifugation bei 56 850 Umdrehungen pro Minute änderte sich dieser Abstand wie folgt: t/s 0 500 1000 72030205.50205:552°5.607

2000 5.707

3000 5.80.

4000 5:91

5000 6:01

Berechnen Sie die Sedimentationskonstante.

Vorgehen

Gl. (19-16) können

wir als Differenzialgleichung

für

s=dr/dt als

Funktion von r betrachten; wir müssen sie integrieren, um r als Funktion von t zu erhalten. Aus der integrierten Gleichung können wir ersehen, wie wir die Daten

aufzutragen haben, um die Sedimentationskonstante aus dem Diagramm entnehmen zu können.

Antwort

Nach Gl. (19-16) können wir schreiben

rn= 10.5).

Durch Integration erhalten wir daraus

nl= ost. ro

Bei Auftragung von In (r/r,) gegen t sollten wir somit eine Gerade mit der Steigung w?S erhalten. Mit » = 2nv (wobei v die Zahl der Umdrehungen pro Sekunde ist) erstellen wir folgende Tabelle: t/s 0 500 102181 2770)9° 020.905

Die

Gerade

1000 11.80:

(Abb. 19-7)

2000 73.57

hat

3000 73.317

die

4000 7.197

10

5000 78.87.

Steigung

1.78x10°,

damit

ist

©S=1.79x10-°s-!. Da weiter & = 2n(56 850/60)s"! = 5.95 x 10°s"! ist, erhalten wir S=5.02x10-"s. Die Zeiteinheit 10°"s wird manchmal „Svedberg“

(abgekürzt Sv) genannt, wir können unser Ergebnis also auch als 5.02 Sv schreiIn 100 (r/r.)

ben.

Übung 19-4 Berechnen Sie die Sedimentationskonstante für die folgenden Daten (alle anderen Bedingungen bleiben gleich): 2000

t/s

0

500

1000

DICH

31651

75.068175.

7105177

5000

3000

4000

5.847

5.90775.97

[3.11 Sv]

Abb. 19-7 Auftragung der Daten zu Beispiel 19-4.

734

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

e kennen, um aus Es sieht jetzt so aus, als müssten wir den Radius a der Molekül zu können. Glückder Sedimentationskonstante die mittlere Molmasse berechnen an die Stokes-Einlicherweise können wir dieses Problem umgehen, indem wir uns fizienten D erinstein-Beziehung (Gl. (19-11)) zwischen fund dem Diffusionskoef nern. Die mittlere Molmasse ist dann

(19-19)

eebD F

es Wir haben hier nicht angegeben, um welche mittlere Masse es sich handelt, da in Ergebnis Das erhält. man von Details des Experiments abhängt, welche Größe könFolglich ab. eküle Makromol der Gl. (19-19) hängt nicht mehr von der Gestalt nen wir die Molmasse nun bestimmen, indem wir die Sedimentationskonstante S und den Diffusionskoeffizienten D beispielsweise durch Ultrazentrifugation bzw. dynamische Lichtstreuung messen.

Das Sedimentationsgleichgewicht Eines der Probleme bei der Verwendung der Sedimentationsgeschwindigkeit zur Bestimmung von Molmassen liegt in den Ungenauigkeiten bei der Messung der Diffusionskoeffizienten polydisperser Systeme. Dieses Problem können wir umgehen, wenn wir dem System genügend Zeit geben, um das Gleichgewicht zu erreichen, da in diesem Fall die Transportgröße D keine Rolle mehr spielt. Wie wir in der folgenden Begründung zeigen werden, kann die massengewichtete mittlere Molmasse aus dem Verhältnis der Konzentrationen der Makromoleküle bei zwei unterschiedlichen Abständen von der Rotationsachse bestimmt werden. Wenn die Zentrifuge mit einer Winkelgeschwindigkeit rotiert, so ist 4

Mu = 4

2RT

(r2 - r!)bo2

(6

(19-20)

la. ur

Eine andere Auswertung der Daten führt zur Z-gewichteten mittlere Molmasse. Bei dieser Methode lässt man die Zentrifuge langsamer rotieren als bei der Bestimmung der Sedimentationsgeschwindigkeit, damit nicht die gesamten gelösten Moleküle zu einer dünnen Schicht am Boden der Zelle zusammengedrückt werden. Aufgrund der langsameren Rotation kann die Einstellung des Gleichgewichts durchaus mehrere Tage dauern.

Die Verteilung der Teilchen in der Lösung ergibt sich aus dem Wechselspiel der Zentrifugalkraft und der dispergierenden Wirkung der Diffusion gegen einen Konzentrationsgradienten. Die kinetische Energie eines Teilchens mit der effektiven Masse m bei einem Radius r in einem Rotor, der mit einer Winkelgeschwindigkeit & rotiert, ist; mw?r?. Das gesamte chemische Potenzial bei einem Radius r ist a(r) = u(r) — 3mo?r*, wobei u(r) der Beitrag ist, der von der Konzentration des

gelösten Stoffs abhängt. Die Bedingung für Gleichgewicht ist, dass das chemische Potenzial überall gleich groß ist, also 9a\

_

(ou

(&)- (&)[=

2

re),

Um die partielle Ableitung nach u zu berechnen, schreiben wir

”) (%) (*) ze ger &) &

7

\MPp)r.\gr)/r.

oc

\de T.p ) Tp

=

Mvo’r

De

olnc er gr E

Das erste Ergebnis resultiert aus der Tatsache, dass (du/Op), = V,,, das partielle Molvolumen, und V,, = Mv

ist. Außerdem haben wir verwendet, dass der hydro-

19.1

Größe und Form von Makremolekülen

statische Druck bei r gleich p(r) = p(r,) + ;p@®?(r? — r?) ist, wobei r, der Radius der Flüssigkeitsoberfläche im Probenhalter (also der Ort ihres Meniskus ) und p die Dichte der Flüssigkeit ist. Der Konzentrationsterm entstammt dem Ausdruck

4=u° + RT Inc. Die Gleichgewichtsbedingung lautet somit Mro’(1-

vp)

Rr(S) gr

—0 T,p

und daraus folgt für konstante Temperatur din.

M®De (1-vp)dr

RT

Durch Integration erhalten wir daraus Gl. (19-20).

Elektrophorese Viele Makromoleküle wie beispielsweise die DNA tragen Ladungen und bewegen sich in einem elektrischen Feld; man bezeichnet diese Bewegung als Elektrophorese. Die elektrophoretische Beweglichkeit von Makromolekülen ist das Ergebnis einer konstanten Driftgeschwindigkeit s, die ein Ion erreicht, wenn die vorwärtstreibende Kraft ez& (z ist die Zahl ihrer Ladungen und & die elektrische Feldstärke) gleich der hemmenden Reibungskraft fs aufgrund der Viskosität des Mediums ist. Die Driftgeschwindigkeit (die in Abschnitt 21.2.3 näher besprochen wird) ist dann

s

M zee

(19-21)

f

Die Beweglichkeit eines Makromoleküls in einer Lösung hängt also von seiner Ladung, seiner Größe (und damit seiner Molmasse) und seiner Gestalt ab, wobei die beiden letzten Größen durch die Abhängigkeit von f ins Spiel kommen. Die Driftgeschwindigkeiten von Polymeren in der traditionellen Elektrophorese sind recht gering; oft sind daher mehrere Stunden nötig, um eine vernünftige Trennung komplexer Gemische zu erreichen. Gl. (19-21) zeigt aber schon eine Möglichkeit, die Driftgeschwindigkeit zu erhöhen: Wir können ein stärkeres elektrisches Feld anlegen. Auch diesem Verfahren sind jedoch Grenzen gesetzt, da sehr hohe elektrische Felder zu einer ungleichmäßigen Erwärmung der Flächen des Elektrophorese-Geräts führen können, was in einer ungleichmäßigen Verteilung der elektrophoretischen Beweglichkeiten und einer schlechten Trennung resultiert. In der Kapillarelektrophorese wird die Probe in einem Hilfsmedium (z. B. Methylcellulose) dispergiert und in ein dünnes Glas- oder Plastikröhrchen mit einem Durchmesser von 20 bis etwa 100.u.m gebracht. Die geringen Abmessungen der Probe und der ganzen Apparatur machen es hier einfach, die Wärme abzuführen, die durch Anwendung sehr starker Felder entsteht. Hierdurch können sehr gute Trennungen in Minuten anstelle von Stunden erreicht werden. Jede aus der Kapillare austretende Polymerfraktion kann direkt durch andere Methoden weiter charakterisiert werden, etwa durch MALDI-TOF.

Anwendung 19-1

Gelelektrophorese in Genom- und Proteomforschung

Fortschritte in der Biotechnologie sind oft eng mit der Entwicklung physikalischchemischer Verfahren verknüpft. Die noch andauernden Bemühungen, die kompletten genetischen Informationen (das Genom) von Organismen vom einfachen Bakterium

bis hin zum

Menschen

zu

charakterisieren,

werden

zu wichtigen

neuen Erkenntnissen in Bezug auf die Entstehung von Krankheiten führen (vor allem durch die Entdeckung bislang unbekannter Proteine, die in den Genen kodiert sind). Allerdings reicht die Analyse der DNA nicht aus, um eine sichere

Voraussage zu ermöglichen, welche Proteine am Ende in der Zelle wirklich aktiv sind. Viele Proteine werden nach ihrer Synthese in der Zelle noch chemisch modifiziert, z.B. in kleinere Einheiten zerlegt, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Außer-

735

736

sation 19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorgani

durchaus mehrere verschiedene dem weiß man, dass ein einziger DNA-Abschnitt en ist es unumgänglich, das Proaktive Proteine kodieren kann. Aus diesen Gründ heit seiner aktiven Proteine. teom eines Organismus zu analysieren, die Gesamt Synthese und eventuellen BearHierzu müssen die einzelnen Proteine nach ihrer . beitung in der Zelle individuell charakterisiert werden an komplexen Organismen hung mforsc Proteo und Genomder Die Verfahren len charakterisiert sind sehr zeitaufwendig, da eine so große Anzahl von Molekü lsweise etwa 30.000 Gene, werden muss. Das menschliche Genom umfasst beispie Zahl von aktiven Proteidie aller Wahrscheinlichkeit nach eine sehr viel größere Genoms oder Pronen hervorbringen. Der Erfolg bei der Charakterisierung des en, dass sehr effiteoms eines Organismus wird daher entscheidend davon abhäng ine in der DNA ziente Techniken zur Bestimmung der Sequenz der Bauste . (Nucleinsäuren) und den Proteinen (Aminosäuren) entwickelt werden die GelEine in der Genom- und Proteomforschung sehr wichtige Methode ist Gel, porösen Elektrophorese, bei der die Biopolymere auf einer Platte mit einem werden. einer halbfesten Dispersion eines Feststoffs in einer Flüssigkeit, getrennt folgDie Makromoleküle müssen sie dabei durch die Poren in dem Gel zwängen; sind. sie größer lich ist ihre Beweglichkeit im elektrischen Feld umso geringer, je Auf diese Weise ermöglicht die Gel-Elektrophorese die Trennung der Komponenten einer Mischung aufgrund ihrer Molmassen. Für die Trennung von Proteinen

und Nucleinsäuren werden häufig Agarose oder quervernetztes Poly(acrylamid) als Gelmaterialien eingesetzt. Agarose besitzt größere Poren und ist daher besser für die Untersuchung großer Makromoleküle wie DNA oder Enzymkomplexe geeignet. Die Porengröfße von Poly(acrylamid)-Gelen kann in gewissen Grenzen variiert werden, indem man die Konzentration des Acrylamids in der Lösung bei der Polymerisation verändert. Im Allgemeinen werden die Poren kleiner, wenn höhere Acrylamid-Konzentrationen verwendet werden, wodurch die effiziente Trennung kleinerer Makromoleküle ermöglicht wird (so genannte Poly(acrylamid)-Gel-Elektrophorese, PAGE). Die Trennung größerer DNA-Abschnitte wie z. B. ganzen Chromosomen durch die klassische Gel-Elektrophorese ist nicht sehr effizient, was die Genomanalyse recht schwierig macht. DNA-Doppelstränge sind dünn genug, um durch die Poren des Gels wandern zu können, andererseits können lange, flexible DNA-Knäuel sich auch in den Poren verfangen, sodass ihre Beweglichkeit in Feldrichtung beeinträchtigt wird. Dieses Problem umgeht die Elektrophorese mit gepulsten Feldern, bei der das elektrische Feld nur in sehr kurzen Pulsen zuerst in einer Richtung und dann in einer dazu senkrechten Richtung angelegt wird. Als Folge winden sich die DNA-Knäuel hin und her und rutschen schließlich durch die Poren des Gels. Auf diese Weise kann die Beweglichkeit des Makromoleküls wieder zu seiner Masse in Beziehung gesetzt werden. Wir haben bereits gesehen, dass auch die Ladung eines Makromoleküls seine Driftgeschwindigkeit bestimmt. Beispielsweise wandern Proteine mit derselben Masse, aber unterschiedlichen Nettoladungen unterschiedlich schnell auf der Platte. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu vermeiden und eine saubere Trennung anhand der Molmasse zu erreichen, besteht darin, die Proteine vor der Trennung kontrolliert zu denaturieren. Dabei hat sich Natriumdodecylsulfat, ein anionisches Detergens, als sehr hilfreich erwiesen: Es denaturiert Proteine unabhängig von ihrer ursprünglichen Form zu stabförmigen Molekülen, indem es Komplexe mit ihnen bildet. Außerdem binden die meisten Proteinmoleküle eine konstante Zahl der Ionen, sodass auch die Nettoladung pro Proteinmolekül recht konstant

ist. Auf diese Weise lassen sich daher Mischungen unterschiedlicher Proteine effizient nach ihrer Molmasse trennen. Die Molmasse eines Proteins wird dabei bestimmt, indem man seine Wanderungsgeschwindigkeit in der stabförmigen, komplexierten Form mit der eines Standards bekannter Molmasse vergleicht (diese Methode wird oft nach dem englischen Namen sodium dodecylsulfate als SDS-PAGE bezeichnet). Die so bestimmten Molmassen sind allerdings nicht so genau wie die durch MALDI-TOF oder Ultrazentrifugation ermittelten Werte.

19.1 Größe und Form von Makremolekülen

Eine andere Methode macht sich die Abhängigkeit der Wanderungsgeschw indigkeit von der Nettoladung sowie die Abhängigkeit der Nettoladung eines Proteins vom pH-Wert der Lösung zunutze. Beispielsweise werden sich in einer sauren Umgebung Protonen an die basischen Gruppen des Makromoleküls anlagern, sodass die Nettoladung positiv(er) wird; in einer basischen Umgebung werden Protonen abgegeben und die Nettoladung wird negativ(er). Am isoelektrischen Punkt eines Proteins ist der pH-Wert der Lösung gerade so groß, dass das Makromolekül keine Nettoladung trägt. Die Wanderungsgeschwindigkeit hängt folglich

vom

pH-Wert

der

Lösung

ab; am

isoelektrischen

Punkt

ist

s=0

737

1

0.5 =

i

=

0

E"

(Abb. 19-8). Die Elektrofokussierung ist eine Elektrophorese-Variante, die die Abhängigkeit der Wanderungsgeschwindigkeit vom pH-Wert ausnutzt. Hierbei wird die zu trennende Proteinmischung in einem Medium dispergiert, das einen pH-Gradienten entlang der Richtung des elektrischen Feldes aufrecht erhält. Jedes Protein in der Mischung wird dann aufhören zu wandern, wenn es seinen indivi-

E 0.5

duellen isoelektrischen Punkt in dem Medium erreicht hat. So wird die Mischung effizient in ihre Komponenten zerlegt.

25

Die Trennung sehr komplexer Mischungen von Makromolekülen ist oft auch durch SDS-PAGE oder Elektrofokussierung nicht effizient durchführbar. Dann hilft es manchmal, beide Methoden zur zweidimensionalen Elektrophorese zu kombinieren. Dabei wird eine Proteinmischung typischerweise zuerst durch Elektrofokussierung getrennt, was ein Bandenmuster auf der Elektrophoreseplatte wie in Abb. 19-9a erzeugt. Um die Trennung der überlappenden Banden zu verbessern, wird die Platte danach gedreht und ein SDS-PAGE-Experiment durchgeführt, wobei die Richtung des elektrischen Feldes jetzt senkrecht zur Richtung bei der Elektrofokussierung ist. Die Makromoleküle werden entsprechend ihren Molmassen getrennt, und die Positionen der einzelnen Proteine verteilen sich über die gesamte Fläche der Platte wie in Abb. 19-9b.

19.1.5

INES

|;

m

3

a

oe:

[8)

ad

Ö

VO

|

—]

dei

. 4

48

5

pH

6

7

Abb. 19-8 Auftragung der Driftgeschwindigkeit von Rinderserumalbumin gegen den pH-Wert der Lösung. Der isoelektrische Punkt des Makromoleküls entspricht dem pH-Wert, bei dem die Driftgeschwindigkeit im elektrischen Feld null wird.

Viskosität

Die formale Definition der Viskosität wird in Abschnitt 21.1.4 gegeben und besprochen; für den Moment genügt es zu wissen, das Lösungen mit einer großen Viskosität langsam fließen und die Bewegung von Objekten in ihnen stark hemmen. Das Vorhandensein von gelösten Makromolekülen vergrößert die Viskosität einer Lösung. Dieser Effekt ist schon für geringe Konzentrationen sehr deutlich, da große Moleküle die Strömung der Flüssigkeit stark behindern. Bei kleinen Konzentrationen hängt die Viskosität 7 der Lösung durch "=n(1+nlce+...)

(19-22)

mit der Viskosität 7, des reinen Lösungsmittels zusammen. Die Grenzviskosität [7] ist das Analogon eines Virialkoeffizienten, sie hat die Dimension (Konzentration)'. Aus Gl. (19-22) können wir entnehmen, dass für [n] gilt

(7C * ) — lim (®) 7] = lim c=0 eng c=0

(19-23)

Zur Messung von Viskositäten stehen uns mehrere Verfahren zur Verfügung. In dem in Abb. 19-10 dargestellten Ostwald-Viskosimeter misst man die Zeit, die ein bestimmtes Volumen der Lösung benötigt, um durch eine Kapillare zu strömen, und vergleicht diesen Wert mit dem einer Standardprobe. Die Methode eignet sich besonders zur Bestimmung von [»], da das Verhältnis der Viskositäten von Lösung und Lösungsmittel nach Korrektur der unterschiedlichen Dichten gerade proportional zum Verhältnis der beiden Durchflusszeiten t und t, ist:

u -Br No

o

Po

(19-24)

(a) Abb. 19-9 Trennung eines Gemischs von Biopolymeren durch zweidimensionale Elektrophorese. (a) Elektrofokussierung auf einer Gelplatte ergibt eine Trennung entlang der Vertikalrichtung in der Abbildung. (b) Die erste Platte wird an eine zweite, größere Platte angesetzt und ein SDS-PAGE-Experiment mit einer Richtung

des elektrischen Feldes senkrecht zu der Richtung aus (a) wird durchgeführt. Das Ergebnis ist nun eine Auftrennung anhand der Molmassen. Die gestrichelten horizontalen Linien deuten an, wie die Banden auf

der zweidimensionalen Platte aus den im ersten Schritt erhaltenen Banden hervorgehen.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

738

In der Praxis unterscheiden sich die beiden Dichten in den meisten Fällen kaum. Dieses Verhältnis kann direkt in Gl. (19-23) eingesetzt werden. Eine andere Form

Messlinien

Abb. 19-10 Ein Ostwald-Viskosimeter. Die Viskosität wird bestimmt, indem die

Zeit gemessen wird, in der die Flüssigkeit von der oberen zur unteren Markierung

fällt.

verwendet

Viskosimeter

von

zwei

konzentrische

rotierende

Zylinder,

zwischen

denen sich die Lösung befindet (Abb. 19-11). Hierbei misst man das Drehmoment auf den inneren Zylinder, wenn der äußere sich mit konstanter Geschwindigkeit dreht. Ein derartiges Rotationsviskosimeter‘) hat gegenüber dem Ostwald-Viskosimeter den Vorteil, dass der Geschwindigkeitsgradient zwischen den beiden Zylindern einfacher ist als innerhalb’ der Kapillare, sodass man damit bestimmte Effekte einfacher untersuchen und theoretisch beschreiben kann. Bei der Interpretation von Viskositätsmessungen müssen wir mit einer ganzen Reihe von Problemen fertig werden. Die meisten (aber nicht alle) Untersuchungen beruhen auf empirischen Regeln, und die Bestimmung von Molmassen erfolgt in der Regel durch Vergleich mit möglichst monodispersen Standardproben. Dabei beobachtet man bestimmte Regelmäßigkeiten, die die Bestimmung erleichtern. Beispielsweise findet man häufig, dass 0-Lösungen von Makromolekülen der MarkKuhn-Houwink-Sakurada-Gleichung folgen:

7) = KMs ,

(19-25)

wobei die Konstanten K und a von der Natur des Makromoleküls (Tabelle 19-4) und M, die viskositätsgewichtete mittlere Molmasse ist.

abhängen

Kurztabelle 19-4 Grenzviskositäten.*

Torsionsdraht

Makromolekül

Lösungsmittel

Pc

K/(cm’ g')

a

Polystyrol

Benzol

25

ER NT-

0.74

Polyisobutan

Benzol

28

3303102.

0.50

Verschiedene Proteine

Guanidinhydrochlorid

7223102

0.66

+ HSCH,CH,OH * Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Beispiel 19-5

Die Bestimmung der Molmasse aus der Grenzviskosität

Die folgenden Daten wurden bei der Bestimmung der Viskosität verschiedener Lösungen von Polystyrol in Toluol bei 25 °C gemessen: c/(gdm°°) miL0 "kgemrts!, Abb. 19-11 Ein Rotationsviskosimeter. Das Drehmoment auf den inneren Zylinder wird gemessen, während der äußere Zylin-

der gedreht wird.

0 5.58

2 615

4 6 674735

8 10 7987564

Berechnen Sie die Grenzviskosität und schätzen Sie die Molmasse des Polymers nach Gl. (19-25) mit K = 3.80 x 10° dm’ g"! und a = 0.63 ab.

Vorgehen Die Grenzviskosität ist in Gl. (19-23) definiert; wir müssen also dieses Verhältnis für eine Reihe von Konzentrationen berechnen und auf c = 0 extrapolieren. In Gl. (19-25) interpretieren wir M, als M,/(gmol') Antwort

Wir erstellen folgende Tabelle:

c/(gdm°) n/n 100[(n/no) — 1 /le/(gdm°)]

0,2 17 71.1027 SL

4 6 5192082181727 320 WER

8 10 7430801549 549

Die Datenpunkte sind in Abb. 19-12 aufgetragen. Der extrapolierte Achsenabschnitt bei c = 0 ist 0.0504, also ist |] = 0.0504 dm’ g-!. Damit erhalten wir £

Y

M,— ) K

1/a

= 9.0 x10'gmol! .

1) Manchmal wird anstelle von Viskosimeter auch der Begriff Rheometer gebraucht; die begriffliche Trennung ist hier nicht ganz eindeutig.

19.2 Struktur und Dynamik

739

Übung 19-5

0.055

Bestimmen Sie die viskositätsgewichtete mittlere Molmasse mithilfe des zweiten Auftragungsverfahrens. [90 kgmol"] Manchmal stößt man bei der Messung der Viskosität auf das Problem, dass sich die Lösung als nichtnewtonsche Flüssigkeit entpuppt, d.h., dass sich die Viskositä t der Lösung mit der Strömungsgeschwindigkeit ändert. Eine Abnahme der Viskosität mit steigender Strömungsgeschwindigkeit deutet auf lange, stabförmige Moleküle hin, die durch die Strömung ausgerichtet werden und dann leichter aneinander vorbei gleiten können. In seltenen Fällen können die von der Strömung ausgeübten Kräfte so stark werden, dass lange Moleküle zerbrechen, was ebenfalls Auswirkungen auf die Viskosität hat.

19.2|

Struktur und Dynamik

Der Begriff „Struktur“ eines Makromoleküls nimmt unterschiedliche Bedeutungen an, je nachdem, auf welcher Hierarchieebene wir die Gestalt der Kette oder des Netzwerks der Monomere betrachten. Allgemein sprechen wir von einer Konfiguration, wenn wir Struktureigenschaften meinen, die nur durch Aufbrechen und Neubildung chemischer Bindungen geändert werden können. Beispielsweise besitzen die Ketten -A-B-C- und -A-C-B- eine unterschiedliche Konfiguration. Dagegen bezeichnet der Ausdruck Konformation die räumliche Anordnung verschiedener Teile einer Kette; eine Konformation kann beispielsweise durch Rotation um Einfachbindungen in eine andere Konformation übergehen.

19.2.1

Abb. 19-12 Auftragung für die Bestimmung der Grenzviskosität, die man aus dem Achsenabschnitt bei c = O erhält;

siehe Beispiel 19-5.

Kommentar 19-1] Streng genommen ist die Baueinheit von Poly-

ethylen -CH,-, das Polymer müsste somit Polymethylen heißen. Wenn wir -CH,CH;,- als Bauelement ansehen und die Substanz nach dem Monomer benennen, hat das aber den Vorteil, dass Derivate wie -CHXCH;,- automatisch als zur gleichen Familie gehörend erkannt werden.

Die Hierarchie der Strukturen

Die Primärstruktur eines Makromoleküls beschreibt die Abfolge von Monomeren im Polymer. Die Momomere können entweder eine Kette (wie in Polyethylen) oder ein komplexes Netzwerk bilden, bei dem Querverbindungen verschiedene Ketten verbinden, wie in quervernetztem Poly(acrylamid). Im Fall von synthetischen Polymeren sind die Monomere meist alle identisch, sodass es ausreicht, nur den Namen des eingesetzten Monomers anzugeben. Die Baueinheit von Polyethylen ist einfach -CH,CH,-, und die Primärstruktur der Kette ist durch die Angabe -(CH,CH,),ausreichend spezifiziert. Bei synthetischen Copolymeren oder biologischen Makromolekülen ist das Konzept der Primärstruktur weit weniger trivial, da die Ketten in diesen Molekülen im

Allgemeinen aus verschiedenen Monomeren bestehen. Proteine sind beispielsweise Polypeptide, d.h. sie bestehen aus langen Ketten verschiedener Aminosäuren (von denen rund 20 in der Natur vorkommen), die durch Peptidbindungen -CO-NHzusammengehalten werden. Die Bestimmung der Primärstruktur ist in diesem Fall ein ausgesprochen komplexes Problem der chemischen Analytik, man spricht hierbei von Sequenzierung. Der Abbau eines Polymers ist die Zerstörung seiner Primärstruktur, das Aufbrechen der langen Kette in kürzere Bruchstücke. Die Sekundärstruktur von Makromolekülen bezeichnet die räumlich wohldefinierte Anordnung der grundlegenden Baueinheiten. Die Sekundärstruktur eines isolierten Polyethylenmoleküls ist ein statistisches Knäuel, während die Sekundärstrukturen von Proteinen hochgradig geordnete Strukturen sind, die vor allem von Wasserstoffbrücken dominiert werden und häufig die Form von statistische Knäueln, Helices (Abb. 19-13a) oder Faltblättern haben. Der Verlust der Sekundärstruktur eines Moleküls wird als Denaturierung bezeichnet. Durch Zerstörung der Wasserstoffbrücken eines Moleküls (beispielsweise durch Kochen, wie beim Zubereiten

(b) Abb. 19-13 (a) Die hoch geordnete Helixstruktur (hier als Zylinder dargestellt) ist ein Beispiel für eine Sekundärstruktur. (b) Eine Tertiärstruktur entsteht, indem sich mehrere Helixabschnitte, die durch kurze statische Knäuel verbunden sind,

zu einer kompakten Struktur zusammenlagern.

740

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

von Eiern) wird die Sekundärstruktur des Moleküls zu einem statistischen Knäuel denaturiert. Die Tertiärstruktur beschreibt die generelle dreidimensionale Gestalt eines Makromoleküls. Beispielsweise besitzen viele Proteine eine Sekundärstruktur in Form einer Helix, die jedoch noch auf komplizierte Weise verdreht und gefaltet ist wie in Abb. 19-13b angedeutet. Die helixförmigen Abschnitte lagern sich zusammen und bilden eine kompakte Tertiärstruktur. Die Quartärstruktur eines Makromoleküls beschreibt die Art und Weise, wie ein Molekül durch Zusammenlagerung’mehrerer anderer Moleküle (die jedes für sich eine Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur besitzen) entsteht (Abb. 19-14). Quartärstrukturen sind in der Biologie außerordentlich wichtig. Hämoglobin ist hierfür ein bekanntes Beispiel: jedes der Moleküle besteht hier aus vier Untereinheiten, die zusammen die Bindung und spätere Abgabe von Sauerstoff bewerkstelligen. Abb. 19-14 Wenn sich mehrere Einheiten mit spezifischen Tertiärstrukturen zu

größeren Aggregaten zusammenlagern,

19.2.2

Statistische Knäuel

entsteht eine Quartärstruktur.

Die wahrscheinlichste Struktur einer Kette aus identischen Bausteinen, die weder Wasserstoffbrücken noch irgendeine andere Art von speziellen Bindungen ausbilden können, ist das statistische Knäuel. Polyethylen wäre hierfür ein einfaches Beispiel. Das statistische Knäuel ist ein guter Ausgangspunkt, um die hydrodynamischen Eigenschaften von Polymeren und denaturierten Proteinen in Lösung wenigstens der Größenordnung nach abschätzen zu können. Als Modell denken wir uns eine frei bewegliche Kette, in welcher jedes Kettenglied in einem beliebigen Winkel an das vorhergehende gebunden sein kann (Abb. 19-15). Wir nehmen an, dass die Bausteine der Kette kein Volumen besitzen, sodass verschiedene Teile der Kette an derselben Stelle im Raum liegen können. Dieses Modell ist offensichtlich etwas zu sehr vereinfacht, da in Wirklichkeit die Bindungswinkel zumindest ungefähr festgelegt sind (Abb. 19-16). In einer hypothetischen eindimensionalen frei beweglichen Kette liegen alle Monomere auf einer geraden Linie und der Winkel zwischen benachbarten Einheiten ist entweder 0° oder 180°. In einer dreidimensionalen frei beweglichen Kette müssen die Monomere nicht mehr auf einer Linie oder in einer Ebene liegen.

Die Ausdehnung von statistischen Knäueln In der folgenden Begründung werden wir zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, die beiden Enden einer eindimensionalen frei beweglichen Kette aus N Einheiten der Länge l in einem Abstand nl voneinander zu finden, durch 2

2

1/2

Ex) e

ee

(19-26)

—n?/2N

beliebige Winkel

beliebige Winkel

beliebige Winkel Abb. 19-15 Eine frei bewegliche Kette entspricht einer dreidimensionalen ungeordneten Bewegung. Jeder Schritt geht dabei in eine zufällige Richtung, besitzt aber eine

konstante Länge.

Abb. 19-16 Eine bessere Beschreibung eines Moleküls erhält man, wenn man die

Bindungswinkel festhält (z.B. auf dem Tetraederwinkel) und nur eine freie Rotation um die Richtung der Bindung zulässt.

19.2 Struktur und Dynamik

74]

gegeben ist. Diese Funktion ist in Abb. 19-17 dargestellt. Mit ihrer Hilfe können wir die Wahrscheinlichkeit berechnen, die Enden einer dreidimensionalen frei beweglichen Kette in einem Abstand

zwischen

dafür f dR, wobei

fe an)

Re

3

r’e

und

a=

r und r+.dr zu finden. Wir schreiben

\12

(mr)

(19-27)

ist. In manchen Ketten liegen die Enden dicht beieinander, während sie in anderen weit voneinander entfernt liegen. Wir ignorieren hier und im Folgenden die Tatsache, dass die Kette nicht länger als NI sein kann. Gl. (19-27) ergibt zwar eine von null verschiedene Wahrscheinlichkeit für r > N], aber die Werte sind so klein, dass wir keinen großen Fehler machen, wenn wir sie nicht explizit verbieten. Wenn wir uns vorstellen, dass sich ein Knäuel kontinuierlich von einer Konformation zur nächsten entwickelt, dann gibt f(R)dR die Wahrscheinlichkeit an, die beiden Enden zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Abstand zwischen R und R+ dR voneinander zu finden.

n/N'” Abb. 19-17 Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Abstand der Enden eines eindimensionalen statistischen Knäuels. Die Konturlänge ist nl, wobei I die

rüt dung 19-3 Die endimensonde frei bew. liche Kette _ Wir betrachten eine eindimensionale frei bewegliche Polymerkette. Wir können die Konfiguration eines Moleküls spezifizieren, indem wir angeben, wie viele Bindungen darin nach rechts (N,) und wie viele Bindungen nach links (N}) zeigen. Der Abstand zwischen den Kettenenden ist dann offensichtlich (N, — N,)l, wenn I die Länge einer einzelnen Bindung ist. Wir führen noch n= N, — N; und N = N, + N, (die Gesamtzahl der Bindungen) ein. Die Zahl W der Möglichkeiten, eine Kette mit gegebenem Abstand nl der Enden zu realisieren, ist gleich der Zahl der möglichen Ketten mit N, Bindungen nach rechts und N, Bindungen nach links. Wir haben NINN - 1)(N — 2)...1 = N! Mög-

lichkeiten zu entscheiden, ob eine Bindung nach links oder nach rechts zeigen soll. Wenn

N, Bindungen nach rechts zeigen, müssen automatisch N =N-—N)

Bindungen nach rechts zeigen. Allerdings ist es egal, in welcher Reihenfolge wir die N, Schritte nach links und die N, Schritte nach rechts gehen, wir landen dabei bei demselben Abstand der Enden. Also ist N!

N!

VEN

(19-28)

En HEN]

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Abstand der Enden nl ist, beträgt Zahl der Polymere mit N,Bindungen nach rechts _ Gesamtzahl der möglichen Anordnungen der Bindungen

_NYIN(N- N] N! 2 San

2

Wenn die Kette kompakt gepackt ist - in dem Sinn, dass n < N ist -, dann ist es bequemer, In P zu berechnen, da die Fakultäten in diesem Fall sehr groß werden und wir die Stirling’sche Näherung in der Form Inx!= In (Zn)

1

+ («+3) Inx —x

verwenden können. Nach einiger Rechnerei erhalten wir so

re!

Inp= m ( )

Ei

(N+n

1

Nr

l)in ll Zu,

(19-29)

wobei wir noch v = n/N eingeführt haben. Für ein kompaktes Knäuel (v < 1) verwenden wir die Näherung In (1+v)= +v — $v? und erhalten so schließlich

Bindungslänge ist.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

742

I

Im P= in)

EN

und daraus durch einfache Umformung Gl. (19-26).

Übung 19-6 Führen Sie die Umformungen durch, die von Gl. (19-28) zu Gl. (19-19) führen. R../1

Die Ausdehnung eines statistischen Knäuels kann auf verschiedene Weise definiert werden. Die Konturlänge Rx entspricht der Kettenlänge des Moleküls entlang seiner Gerüststruktur von Atom zu Atom. Für ein Polymer aus alle die Länge | besitzen, gilt [®} oO oO a

Q oO oO N

oO oO oO

oO [@} oO

m

Zahl von Monomeren,

N Monomeren, die

BEN,

(19-30)

=

N

Abb. 19-18 Abhängigkeit des quadratisch gemittelten Abstands R,.„. der Kettenenden eines dreidimensionalen statistischen Knäuels von der Zahl N der

Der quadratisch gemittelte Abstand

R,„, der beiden Kettenenden

(rms steht für

engl. root mean square, Wurzel aus dem mittleren Quadrat) ist die Wurzel aus dem Mittelwert von R?. Wie in der folgenden Begründung gezeigt wird, ist

Rn EN.

(19-31)

Monomere.

R,ms wächst also mit steigender Kettenlänge wie N!” (Abb. 19-18), und folglich wächst das Volumen des Knäuels wie N’?. Dieses Ergebnis muss noch mit einem Korrekturfaktor multipliziert werden, wenn die Kette nicht frei beweglich ist (siehe den nächsten Abschnitt).

ite Abstand derEnden einer freibeweglichen| Wie wir in Anhang2 sehen werden, ist der Mittelwert (X) einer Variable X mit den möglichen Werten x gleich

4 De

ed, —09

wobei die Funktion f(x) die Wahrscheinlichkeitsdichte ist, ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Werte x vorkommen, und dx ein unendlich kleines Intervall von x-Werten bedeutet. Nach einer ähnlichen Gleichung kann der Mittelwert einer Funktion g(X) berechnet werden: oo

Um diese Konzepte auf die Berechnung des quadratisch gemittelten Abstands der Enden eines statistischen Knäuels anzuwenden, schreiben wir die Wahrscheinlichkeit, dass der Abstand der Enden zwischen R=rundR=r+dr liegt, als f (r) dr. Damit folgt für den allgemeinen Ausdruck für die mittlere n-te Potenz des Abstands der Kettenenden (eine positive Zahl im Bereich zwischen 0 und )

iR) |rfin)ar. Um daraus R,„, Zu berechnen, bestimmen wir zuerst (R?), indem wir n = 2 set-

zen und f(r) aus Gl. (19-27) einsetzen, a

(R?) =42(—,)

35

| feet

Jo

dr =

4r( a

Run

N

1/2 ei 3

8a

20:

19.2 Struktur und Dynamik

Dabei haben wir das Standardintegral co

[x glg a°x

dx

=

31/2

8a° 0

verwendet. Nun setzen wir noch den Ausdruck für a aus Gl. (19-27) ein und erhalten

3 (2NI?

Ray 13 RR,

— NIE N’

Damit folgt für den quadratisch gemittelten Abstand

Übung 19-7 Berechnen Sie den mittleren Abstand der beiden Enden eines statistischen Knäuels, das aus N Bindungen der Länge | besteht. Hinweis: Das folgende Standardintegral wird sich dabei als nützlich erweisen: 0°

SZ

[#e x

de=

2at

0

[(R) = (8N/3n)"1

Eine weitere Möglichkeit zur Beschreibung der Ausdehnung des Knäuels bietet der Trägheitsradius R, des Systems, dem wir bereits in Abschnitt 19.1.3 begegnet sind. Seine formale Definition ist 1/2

2 ‚ 2, = 03 e)

(19-32)

wobei R;,; der Abstand der Atome i und j ist. Der Trägheitsradius eines Knäuels

wächst ebenfalls mit N!?, 1

Be GL

(19-33)

Der Trägheitsradius kann auch für andere Geometrien berechnet werden. Beispielsweise hat eine homogene Vollkugel mit dem Radius R einen Trägheitsradius R, = (3/5) ”R, und ein langer dünner homogener Stab hat für die Rotation senkrecht zu seiner Achse einen Trägheitsradius R, = 1/12. Das Modell des statistischen Knäuels vernachlässigt die Bedeutung des Lösungsmittels: Ein schlechtes Lösungsmittel wird dazu führen, dass sich das Knäuel möglichst kompakt zusammenzieht, um die ungünstigen Wechselwirkungen zwischen Lösungsmittel und Polymer zu minimieren; für ein gutes Lösungsmittel gilt das Gegenteil. Ergebnisse auf der Grundlage dieses Modells sollten daher eher als untere Grenzen für die Abmessungen eines Polymers in einem guten Lösungsmittel bzw. als obere Grenzen für die Abmessungen des Polymers in einem schlechten Lösungsmittel betrachtet werden. Am verlässlichsten ist das Modell für die Abmessungen des Polymers im Festkörper, da das Knäuel dort mit großer Wahrscheinlichkeit seine „natürlichen“ Abmessungen annimmt.

Die Konformationsentropie Das statistische Knäuel ist die ungeordnetste Konformation einer Polymerkette und stellt daher die Konformation maximaler Entropie dar. Jede Dehnung des Knäuels erhöht die Ordnung und erniedrigt seine Entropie. Umgekehrt ist die Entstehung eines statistischen Knäuels aus einer geordneteren Struktur stets ein spontaner Prozess (solange die Enthalpie dem nicht entgegensteht). Wie in der folgenden Begrün-

743

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

TA

die Änderung der dung gezeigt wird, können wir auf der Basis desselben Modells gen entsteBindun der ung Anordn der Konformationsentropie herleiten, der aus

gen der Länge |, das henden statistischen Entropie. Für ein Knäuel mit N Bindun ng Änderu um nl komprimiert oder gedehnt wird, ist diese =, |

SEN In [(1+v)""(1- v) | mit

AS

die minimale Diese Funktion ist in Abb. 19-19 gez&igt; wie zu erwarten, entspricht Auslenkung der maximalen Entropie.

>02


Denaturierung eines Proteins

bei Erhöhung der Temperatur. Der scharfe Anstieg in der Auftragung des Anteils an denaturiertem Protein gegen die Temperatur zeigt, dass es sich um einen kooperativen Vorgang handelt. Die Schmelztemperatur Ts ist die Temperatur, bei der der Anteil an denaturiertem Protein 0.5 beträgt.

serstoffbrückenbindungen eingehen als die normalerweise in einer Helix oder einem Faltblatt vorkommenden. Ein Beispiel dafür ist Harnstoff, der um die COund NH-Gruppen eines Polypeptids konkurriert. Auch Säuren und Basen können eine Denaturierung bewirken, da sie bestimmte Gruppen protonieren oder deprotonieren und so Wasserstoffbrückenbindungen oder elektrostatische Wechselwirkungen verändern. Eine genauere Betrachtung der Denaturierung enthüllt einige der Faktoren, die für die chemische Stabilität von Proteinen und Nucleinsäuren wichtig sind. Die thermische Denaturierung ähnelt dem Schmelzen von synthetischen Polymeren (Abschnitt 19.2.3). Die Denaturierung ist ein kooperativer Prozess, das bedeutet, das Biopolymer wird für weitere Veränderungen seiner Struktur anfälliger, sobald der Prozess erst einmal begonnen hat. Diese Kooperativität zeigt sich in Form einer steilen Stufe, wenn man den Anteil an denaturiertem Protein gegen die Temperatur aufträgt (Anwendung 16-1). Als Schmelztemperatur T,,, bezeichnet man die Temperatur, bei der der Anteil des denaturierten Proteins in der Mischung 0.5 beträgt (Abb. 19-37). Proteine sind gegenüber thermischer und chemischer Denaturierung verhältnismäßig

empfindlich.

Die

Schmelztemperatur

Ts, von

Ribonuclease

T, (einem

Enzym, das RNA in der Zelle spaltet) liegt beispielsweise bei 320K, also nicht viel höher als die Temperatur, bei der das Enzym normalerweise arbeitet (etwa Körpertemperatur, 310 K). Überraschenderweise beträgt die Freie Enthalpie für die Denaturierung der Ribonuclease T, bei pH =7.0 und 298K nur etwa 19.5 kJ] mol"!, ist also etwa vergleichbar mit der Energie, die zum Aufbrechen einer einzelnen Wasserstoffbrückenbindung nötig ist (etwa 20 k] mol"). Im Gegensatz zur DNA steigt die Stabilität des Proteins offensichtlich nicht einfach mit der Anzahl der gebildeten Wasserstoffbrückenbindungen. Die Gründe für diese geringe Stabilität von Proteinen sind noch unklar; sie hängen aber vermutlich mit der feinen Balance der verschiedenen intra- und intermolekularen Wechselwirkungen zusammen, die die Faltung des Proteins in seine aktive Konformation ermöglicht (siehe Abschnitt 19.2.4).

19.3|

Selbstorganisation

Ein großer Teil dessen, was wir in diesem Kapitel bisher diskutiert haben, gilt auch für Aggregate von Teilchen, die sich durch Selbstorganisation bilden, die spontane Bildung komplexer Strukturen aus kleinen oder großen Molekülen, die durch intermolekulare Wechselwirkungen wie Coulomb- oder Dispersionswechselwirkungen, Wasserstoff brückenbindungen oder hydrophobe Wechselwirkungen zusammengehalten werden. Einige Beispiele für Selbstorganisation haben wir bereits kennen gelernt, etwa die Bildung der DNA-Doppelhelix aus zwei Polynucleotidketten, von Flüssigkris tallen (Anwendung 6-1) oder von Quartärstrukturen aus zwei oder mehr Polypeptidk etten. Im Folgenden wollen wir uns auf die spezifischen Eigenschaften weiterer selbstorgani sierender Systeme konzentrieren, darunter beispielsweise kleine Aggregate, die für die Wirkung von Detergenzien eine große Rolle spielen und ausgedehnte zweidimensionale Strukturen wie die in biologischen Zellmembranen.

19.3 Selbstorganisation

19.3.1

Kolloide

Ein Kolloid oder auch eine disperse Phase ist eine Dispersion sehr kleiner Teilchen

einer Substanz in einer anderen. Mit „klein“ sind dabei Durchmesser von 500 nm

und weniger gemeint (im Bereich der Wellenlänge des sichtbaren Lichts). Kolloide sind im Allgemeinen Aggregate von zahlreichen Atomen oder Molekülen, die aber zu klein sind, um in einem gewöhnlichen Lichtmikroskop sichtbar zu sein. Kolloide werden von den meisten Filterpapieren nicht zurückgehalten. Sie können durch Lichtstreuung, Sedimentation oder Osmose nachgewiesen werden.

Klassifikation und Herstellung von Kolloiden Je nach den beiden beteiligten Phasen bezeichnet man Kolloide mit unterschiedlichen Namen. Ein Sol ist eine Dispersion einer festen in einer flüssigen Phase (beispielsweise Goldcluster in Wasser) oder einer festen in einer anderen festen Phase (wie Rubinglas, das kolloidale Goldteilchen enthält und seine rote Farbe der Lichtstreuung verdankt). Eine Dispersion einer Flüssigkeit in einem Gas (Beispiel: Nebel) oder eines Feststoffs in einem Gas (Rauch) wird als Aerosol bezeichnet; die Teilchen sind in diesen Fällen häufig so groß, dass sie im Mikroskop sichtbar sind. Eine Emulsion ist schließlich eine Dispersion einer Flüssigkeit in einer anderen flüssigen Phase (Milch). Eine weitere wichtige Unterscheidung betrifft die Wechselwirkung der kolloidalen Teilchen mit ihrer Umgebung: Man spricht hier von Iyophilen (das Lösungsmittel anziehenden) oder lyophoben (das Lösungsmittel abstoßenden) Kolloiden. Wenn das Lösungsmittel speziell Wasser ist, werden statt dieser allgemeinen Begriffe die Bezeichnungen hydrophil und hydrophob verwendet. Zu den Iyophilen Kolloiden gehören beispielsweise die Metallsole. Lyophile Kolloide haben in der Regel bestimmte chemische Gemeinsamkeiten mit dem Lösungsmittel, beispielsweise OH-Gruppen, die zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken in der Lage sind. Ein Gel ist eine puddingartige Masse, die entsteht, wenn die Teilchen eines lyophilen Sols das gesamte vorhandene Lösungsmittel absorbiert haben. Die Erzeugung von Kolloiden kann sehr einfach sein, z.B. durch Niesen oder den

Druck auf das Ventil einer Spraydose. Im Labor und in der Industrie sind verschiedene Techniken üblich. Oft werden Feststoffe (Quarz) in Gegenwart des Dispersionsmediums zerrieben. Eine Elektrode in einer elektrolytischen Zelle kann durch einen starken elektrischen Strom kolloidal zerteilt werden; den gleichen Effekt kann ein Lichtbogen zwischen zwei Elektroden haben, die von dem Dispersionsmedium umgeben sind. Auch chemische Fällungsreaktionen können manchmal Kolloide produzieren (im Labor eine höchst unerwünschte Erscheinung, die z.B. bei AgCl auftreten kann). Eine bereits ausgefällte Substanz (z.B. Silberiodid) kann durch Zugabe eines peptisierenden Agens (z.B. Kaliumiodid) kolloidal dispergiert werden. Auf diese Weise kann auch Lehm durch Zusatz von Alkalien dispergiert werden, wobei OH das wirksame Teilchen ist. Emulsionen werden meist hergestellt, indem die Komponenten durch heftiges Schütteln miteinander vermischt werden; dabei muss jedoch häufig noch ein Emulgator zugesetzt werden, der die entstehende Emulsion stabilisiert. Als Emulgator kommen Seifen in Frage (langkettige organische Säuren), grenzflächenaktive Substanzen oder ein lyophiles Sol, das eine dünne Schutzschicht um die dispergierte Phase bildet. Milch ist eine Emulsion von Fetttröpfchen in Wasser; der Emulgator ist Casein, ein Phosphatgruppen enthaltendes Protein. Wie die Abscheidung von Rahm an der Oberfläche der Milch zeigt, hat das Casein in seiner Aufgabe nur mäßigen Erfolg: Die dispergierten Fetttröpfchen ballen sich zu größeren Tropfen zusammen und setzen sich an der Oberfläche der Milch ab. Diesen Prozess kann man verhindern, indem man dafür sorgt, dass die Tröpfchen sehr fein dispergiert sind. Hierzu wird die Milch mit Ultraschall behandelt; das Ergebnis ist homogeni-

sierte Milch. j Um ein Aerosol herzustellen, zerstäubt man am einfachsten eine Flüssigkeit mit Hilfe eines Gasstroms. Die Zerstäubung wird durch eine elektrische Ladung der

755

756

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

mige Flüssigkeit erleichtert, da die entstehenden Tröpfchen dann durch gleichna nen herLadungen voneinander abgestoßen werden. So lassen sich auch Emulsio einleistellen, da man das elektrisch geladene Aerosol in eine zweite flüssige Phase ten kann. 5.2). Zu Reinigung von Kolloiden wird die Dialyse verwendet (siehe Anwendung wererklärt noch wie alle, nicht (aber Teil größten den Ziel, das man Dabei verfolgt den wird) der Ionen zu entfernen, die von der Herstellung des Kolloids übriggeblieben sind. Dazu wählt man eine Membran (z.B. aus Cellulose), die durchlässig für die Ionen und die Moleküle des Lögungsmittels ist, aber nicht für die Kolloidteilchen. Die Dialyse ist ein sehr langsamer Prozess, der jedoch durch das Anlegen eines elektrischen Feldes beschleunigt werden kann, wobei man die Tatsache ausnutzt, dass viele Kolloidteilchen eine elektrische Ladung tragen. Man spricht in diesem Fall von Elektrodialyse.

19.3.2

Struktur und Stabilität von

Kolloiden

Wegen ihrer großen Oberfläche sind Kolloide gegenüber den entsprechenden Volumenphasen thermodynamisch instabil. Diese Instabilität können wir thermodynamisch formulieren, indem wir von der Änderung dG = ydo der Freien Enthalpie bei einer Änderung der Oberfläche der Probe um do ausgehen (dabei ist 7 die Oberflächenspannung, Abschnitt 18.3.2). Wenn die Oberfläche kleiner wird, ist da < 0 und folglich auch dG < 0. Dass Kolloide trotzdem bestehen können, muss daher eine Folge einer kinetischen Hemmung sein, die die Koagulation verhindert. Kolloide sind thermodynamisch labil, aber kinetisch stabilisiert. Auf den ersten Blick scheint auch das kinetische Argument in die Irre zu führen: Kolloidteilchen ziehen sich über große Entfernungen hinweg an, zwischen ihnen wirkt eine langreichweitige Kraft, die die Teilchen zu einem einzigen großen Tropfen vereinen will. Die Begründung hierfür beruht auf der intermolekularen Wechselwirkung der Moleküle in den Teilchen. Die anziehende Wechselwirkung zwischen zwei einzelnen Atomen in unterschiedlichen Kolloidteilchen hängt wie 1/R; von ihrem Abstand ab (Abschnitt 18.2.1). Die Summe all dieser Paarwechselwirkungen nimmt jedoch nur ungefähr mit 1/R’ ab (der exakte Zusammenhang hängt noch von der Form der Teilchen und ihrem Abstand ab), wenn R der Abstand der Mittelpunkte zweier Kolloidteilchen ist. Die Summe hat eine viel größere Reichweite als die individuellen Wechselwirkungen zwischen einzelnen Atomen oder kleinen Molekülen. Dieser langreichweitigen Dispersionswechselwirkung wirken jedoch mehrere Einflüsse entgegen. Beispielsweise kann sich an der Oberfläche der Kolloidteilchen eine Schutzschicht ausbilden, die die Grenzfläche stabilisiert und die auch dann nicht durchdrungen werden kann, wenn sich zwei Teilchen berühren. So reagieren die Teilchen eines Platinsols in Wasser an der Oberfläche mit dem Lösungsmittel und bilden -Pt(OH),H;. Diese Schicht hüllt das Teilchen wie ein Panzer ein. Auf ähnliche Weise werden Kolloide aus Fetten in Wasser durch Seifen stabilisiert, deren lange hydrophobe Kohlenwasserstoffketten in das Innere des Teilchens hineinragen, während die hydrophilen Carboxylgruppen (oder in synthetischen Detergenzien andere hydrophile Gruppen) nach außen Wasserstoffbrücken mit den Molekülen des Wassers ausbilden. So bauen sie eine schützende Hülle aus negativer Ladung auf, die die Annäherung eines anderen, gleichartig geladenen Teilchens verhindert.

Die elektrische Doppelschicht Eine wesentliche Ursache der kinetischen Stabilisierung von einzelnen Teilchen an ihrer Oberfläche elektrische Ladungen ser Ladung sammeln sich um das Kolloidteilchen Ionen Ladung, und es bildet sich eine Ionenwolke, genau wie wir es 5.3.4 kennengelernt hatten.

Kolloiden ist, dass die tragen. Aufgrund diemit entgegengesetzter bei Ionen in Abschnitt

19.3 Selbstorganisation

757

Wir müssen zwei Hüllen um das Kolloidteilchen untersc heiden. Direkt an der Oberfläche des Teilchens liegt eine praktisch unbewegliche Schicht von Ionen, die auch Wassermoleküle enthalten kann (wenn das Teilchen in Wasser dispergiert ist). Der Radius dieser festen Schicht wird als Scherradius bezeichnet, er ist für die

Beweglichkeit der Teilchen entscheidend. Das elektrische Potenzi al an der Oberfläche dieser Kugel relativ zum Potenzial im Inneren des Lösungs mittels heißt &-Potenzial oder elektrokinetisches Potenzial. Um diese erste Ladung sschicht lagert sich eine bewegliche, diffusere Atmosphäre von Gegenionen aus dem Lösungsmit-

tel. Die innere und äußere Schicht von Ladungsträgern werden zusammen als elektrische Doppelschicht bezeichnet. D. Derjaguin und L.D. Landau sowie unabhängig von ihnen E. Verwey und J.T.G. Overbeck entwickelten eine Theorie, die die Stabilität von lyophoben Dispersionen erklärt und die heute als DLVO-Theorie bekannt ist. Sie geht davon aus, dass sich die abstoßenden Kräfte zwischen den Ladungen der elektrischen Doppelsc hichten benachbarter Teilchen und die anziehenden Kräfte aufgrund der van-der-WaalsWechselwirkung der Moleküle in den Teilchen gerade ausgleichen. Die potenzielle Energie aufgrund der Abstoßung der elektrischen Doppelschichten zweier Teilchen mit Radius a hat die Form Aatt Varaseng

Ar

Hierbei ist

‚2

a:

A eine Konstante und ( das £-Potenzial?,

(19-44)

R der Abstand der Mittel-

punkte, s der Abstand der Oberflächen (folglich ist s= R-— 2a) und r, die Dicke der Doppelschicht. Diese Gleichung gilt nur, wenn die Teilchen klein sind und eine dicke elektrische Doppelschicht besitzen (a< r,). Wenn umgekehrt die Teilchen groß sind und die Doppelschicht dünn, so müssen wir einen alternativen Ausdruck verwenden:

Versen = +

Aal” In(1+e”®). 3

(19-45)

Die Dicke der Doppelschicht können wir mit Hilfe einer Beziehung abschätzen, die ursprünglich für die Dicke einer Ionenwolke in der Debye-Hückel-Theorie abgeleitet wurde (Gl. (5-80)):

Ir

PD

eRT_\

——

\2pP2Ib®



19-46 e

)

I ist hierbei die Ionenstärke der Lösung, p ihre Dichte und b° = 1kgmol"'. Die potenzielle Energie aufgrund der anziehenden Wechselwirkung hat die Form

Vanziehung = —

B

(19-47)

mit einer weiteren Konstante B. Die Gesamtenergie ist die Summe der anziehenden und der abstoßenden Wechselwirkung, ihre Abstandsabhängigkeit ist schematisch in Abb. 19-38 dargestellt. Bei hohen Ionenstärken ist die Ionenwolke sehr dicht und die potenzielle Energie weist ein flaches Minimum bei großen Abständen auf. Die lockere Zusammenlagerung vieler Kolloidteilchen aufgrund der stabilisierenden Wirkung dieses Energieminimums wird als Flockung bezeichnet. Ein ausgeflocktes Kolloid kann durch heftiges Schütteln häufig wieder dispergiert werden, da das Energieminimum nur flach ist und zu diesem Zeitpunkt noch keine Koagulation stattgefunden hat. Damit wird die irreversible Verklumpung der Kolloidteilchen zu großen Aggregaten 2)

potenzielle Energie, V

Ausflockung Trennung, s

In Wirklichkeit ist £ das Potenzial an der Oberfläche der Teilchen, es mit dem £-Potenzial gleichzu-

Abb. 19-38 Die potenzielle Energie der Wechselwirkung als Funktion des Abstands der Zentren zweier Teilchen sowie des Verhältnisses von Teilchengröße a zur Dicke ro der elektrischen Doppelschicht. Die mit Koagulation und Flockung bezeichneten Bereiche sind die Minima der potenziellen Energie, in welchen die jeweiligen Prozesse

setzen, kann problematisch sein. Details hierzu sind in der Weiterführenden Literatur zu finden.

eintreten.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

758

bezeichnet. Koagulation tritt ein, wenn sich die Teilchen so nahe kommen, dass sie auf der gezeigten Potenzialkurve in das wahre Minimum der potenziellen Energie bei kleinen Abständen gelangen, wo die anziehenden van-der-Waals-Kräfte dominie-

ren. Wir können

die Ionenstärke

der Lösung erhöhen,

besonders solche mit hoher Ladung. Solche bezeichnet. Diese Tatsache ist die Grundlage nach der hydrophobe Kolloide am besten gengesetzten Ladung ausgeflockt werden. AP*-Ionen

in Alaunen,

indem

wir Ionen

zusetzen,

Hilfsmittel werden als Flockungsmittel der empirischen Schulze-Hardy-Regel, durch hochgeladene Ionen der entgeSehr effizient sind beispielsweise die

sie werden unter anderem

verwendet, um

die Blutgerin-

nung zu beschleunigen. Wenn Flüsse mit kolloidal gelösten Salzen und Lehmen das Meer erreichen, führt das Salzwasser zur Ausflockung und Koagulation der Kolloide, weshalb Flussmündungen leicht versanden. Metalloxidsole sind meist positiv geladen, während Schwefelsole und die Sole von Edelmetallen in der Regel negativ geladen sind. Die wichtigste Aufgabe der elektrischen Doppelschicht ist die kinetische Stabilisierung der Kolloidteilchen. Stoßende Kolloidteilchen können die elektrischen Doppelschichten nur durchbrechen und koagulieren, wenn ihre kinetischen Energien groß genug sind, um die Schichten von Ionen und Lösungsmittelmolekülen auszubrechen, oder wenn diese Schichten und die mit ihnen verbundene Anhäufung von

Ladung an der Oberfläche bereits durch die thermische Bewegung zerstört wurden. Letzteres kann bei hohen Temperaturen eintreten, was auch der Grund ist, warum Sole beim Erhitzen oft koagulieren. Die Schutzfunktion der Doppelschicht ist auch der Grund, weshalb es wichtig ist, bei der Reinigung eines Kolloids durch Dialyse nicht alle Ionen aus der Lösung zu entfernen, und weshalb Proteine an ihrem isoelektrischen Punkt am leichtesten koagulieren.

19.3.3 Abb. 19-39 Schematische Darstellung einer kugelförmigen Micelle. Die hydrophilen Gruppen sind durch Kugeln dargestellt und die hydrophoben Kohlenwasserstoffketten durch die Stiele. Die Stiele sind beweglich.

Micellen und biologische Membranen

Seifen neigen dazu, sich zu Micellen zusammenzuschließen. Darunter verstehen wir Molekülcluster in der Größe typischer Kolloidteilchen, die dadurch entstehen, dass sich die Moleküle mit ihren langen hydrophoben Schwänzen nach innen zusammenlagern, während die hydrophilen Köpfe nach außen in das umgebende Lösungsmittel weisen (Abb. 19-39).

Micellenbildung

molare

Leitfähigkeit Oberflächen-

spannung

_.osmotischer Druck

physikalische Eigenschaft

CMC BR

Tensidkonzentration

Abb. 19-40 Typischer Gang einiger physikalischer Eigenschaften einer wässrigen Lösung von Natriumdodecylsulfat in der Nähe der kritischen Micellenkonzentration

(CME).

Micellen bilden sich jedoch nur oberhalb einer bestimmten kritischen Micellenkonzentration (CMC, engl. critical micelle concentration) und oberhalb der Krafft-Temperatur. Die kritische Micellenkonzentration gibt sich durch ausgeprägte Veränderungen der Eigenschaften einer kolloidalen Lösung zu erkennen, insbesondere der molaren Leitfähigkeit (Abb. 19-40). Bei der CMC tritt keine plötzliche Veränderung ein; stattdessen existiert ein Übergangsbereich um die CMC, in. dem sich die Eigenschaften stetig, aber nichtlinear mit der Konzentration ändern. Das Innere der Micellen gleicht dem Inneren von gewöhnlichen Öltropfen: Durch NMR-Untersuchungen kann gezeigt werden, dass die Kohlenwasserstoffketten beweglich sind, wenn auch etwas weniger als in der reinen Substanz. Micellen spielen in Industrie und Biologie eine wichtige Rolle als Lösungsvermittler: Eine Substanz kann im Inneren der Micellen gelöst und dann durch ein wässriges Medium transportiert

werden, auch wenn sie selbst nicht wasserlöslich ist. Micellen finden daher als Detergenzien und Wirkstofftransporter in der Pharmazie, der organischen Synthese, bei der Schaumflotation und bei der Erdölgewinnung vielfältige Anwendungen. Nichtionische grenzflächenaktive Substanzen können sich in Aggregaten aus 1000 und mehr Molekülen zusammenlagern, ionische Detergenzien kommen dagegen meist nur auf höchstens etwa 100 Moleküle, da die elektrostatische Abstoßung ein weiteres Wachsen der Kolloidteilchen verhindert. Die Micellen sind meist poly-

19.3 Selbstorganisation

dispers, ihre Form und Größe hängt von der Konzentration des dispergierten Stoffes ab. Kugelförmige Micellen kommen zwar vor, in der Nähe der kritische n Micellenkonzentration sind jedoch abgeplattete Kugeln häufiger. Unter bestimmten experimentelle Bedingungen können sich Liposome bilden, die eine Doppelschicht aus Molekülen enthalten, bei denen beispielsweise polare Gruppen in der äußeren Schicht nach außen und in der inneren Schicht nach

innen zeigen (Abb. 19-41). In konzentrierten Lösungen können Micellen auch die

Form langer Zylinder annehmen, die mehr oder weniger dicht gepackt aneinander liegen. Diese regelmäßigen Anordnungen von Micellen werden als lyotrope Mesomorphe bezeichnet oder einfach als flüssigkristalline Phase. Die Enthalpie der Micellenbildung enthält Beiträge der Wechselwirkungen zwischen den Micellenketten innerhalb der Micelle und zwischen den polaren Köpfen und dem umgebenden Medium. Die beobachteten Werte zeigen keinen eindeutigen Trend und sind manchmal positiv (Micellenbildung endotherm) und manchmal negativ (Micellenbildung exotherm). Besonders für viele nichtionische Micellen ist die Bildungsenthalpie positiv, typischerweise in der Größenordnung von 10kJ pro Mol der oberflächenaktiven Substanz. Dass sich oberhalb der kritischen Micellenkonzentration trotzdem Micellen bilden, deutet darauf hin, dass ihre Bildungsentropie positiv sein muss; sie beträgt nach Messungen bei Zimmertemperatur ungefähr +140] K mol”'. Die Tatsache, dass die Entropie bei der Micellenbildung ansteigt, obwohl sich die Moleküle dabei zusammenlagern, ist ein Beispiel für hydrophobe Wechselwirkungen (Abschnitt 18.2.2).

Re 7 RO I

759

ro ©

Abb. 19-41 Querschnitt durch die Struktur eines kugelförmigen Liposoms.

Die Entstehung von Membranen Bei höheren Konzentrationen, deutlich über der CMC, bilden manche Detergenzien

ausgedehnte Doppelschichten, so genannte Schichtmicellen. In diesen Schichten liegen die einzelnen Moleküle senkrecht zur Schichtebene, die hydrophoben Enden nach innen gerichtet, auf die andere Schicht zu, und die hydrophilen Enden nach außen, in das umgebende Lösungsmittel. Derartige Schichtmicellen besitzen große Ähnlichkeit mit biologischen Membranen und dienen häufig als nützliches Modell für die Untersuchung biologischer Strukturen. Obgleich laminare Micellen nützliche Modellsysteme für Zellmembranen sind, sind jene doch sehr viel komplexere Strukturen. Das Grundelement einer Membran ist ein Phospholipid wie z.B. Phosphatidylcholin (10), das lange Kohlenwasserstoffketten (typischerweise im Bereich C,,-C,;) und eine Anzahl von polaren Gruppen wie -CH,CH,N(CH;), enthält. Die hydrophoben Ketten lagern sich zusammen und bilden ausgedehnte Doppelschichten mit einer Dicke von etwa 5 nm. Die Lipide bilden Schichten anstelle von Micellen, da die Kohlenwasserstoffketten zu voluminös sind, um ohne weiteres in das Innere eines nahezu kugelförmigen Clusters zu

N(CH;);

) | o=Pp-0 | o

passen. Diese Doppelschicht ist eine hochgradig mobile Struktur, wie EPR-Untersuchungen mit spinmarkierten Phospholipiden belegen (Anwendung 5.2). Zum einen winden und verdrehen sich die Kohlenwasserstoffketten im Raum zwischen den polaren Gruppen ständig; zum anderen wandern aber auch die ganzen Phospholipd- und Cholesterinmoleküle über die Oberfläche. Wir müssen uns die Membran daher eher als hochviskose Flüssigkeit (mit einer ungefähr 100-mal so hohen Viskosität wie Wasser) denn als starre Struktur vorstellen. Wie bei Diffusionsbewegungen üblich, legen die Phospholipidmoleküle dabei eine Strecke zurück, die proportional zur Wurzel aus der Zeit ist. Genauer ist die von einem Molekül auf einer zweidimensionalen Fläche durch Diffusion in einer Zeit t zurückgelegte Strecke gleich (4Dt)"”. Ein typisches Phospholipidmolekül legt so in einer Minute eine Strecke von etwa 1um zurück (oder ungefähr einen Zelldurchmesser). Alle Lipid-Doppelschichten erfahren bei einer bestimmten Temperatur einen Übergang von einem Zustand mit niedriger Beweglichkeit der Kohlenwasserstoflketten in einen Zustand mit hoher Beweglichkeit; die Temperatur, bei der dieser Übergang stattfindet, hängt von der genauen Struktur der Doppelschicht ab. Um zu verstehen, was dabei passiert, betrachten wie die Veränderungen in einer Doppel-

(CH3) 4

(CH,)

}

CHI:

|

(CH,), I

@EI:

10 Phosphatidylcholin

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

760

Abb. 19-42 Eine Darstellung der Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit der Kohlenwasserstoffketten in einer LipidDoppelschicht. (a) Bei physiologischen Temperaturen liegt die Doppelschicht als Flüssigkristall vor; obwohl noch eine gewisse Ordnung existiert, können die Ketten sich winden. (b) Unterhalb einer gewissen Temperatur ist die Bewegung der

Ketten praktisch eingefroren; die Doppelschicht liegt nun in einem Gelzustand vor.

(2) schicht, während wir die Temperatur verringern (Abb. 19-42). Bei normalen Temperaturen ist genügend Energie vorhanden, sodass Rotation um Bindungen stattfinden kann und die flexiblen Ketten sich winden können. Je tiefer die Temperatur sinkt, desto schwächer werden die Bewegungen der Kohlenwasserstoffketten. Bei einer bestimmten Temperatur friert die Bewegung komplett ein; der Zustand der Membran wird dann als Gel bezeichnet. Bei physiologischen Temperaturen liegen biologische Membranen als Flüssigkristalle vor. Phasenübergänge in Lipid-Doppelschichten werden in der dynamischen Differenzialkalorimetrie (Anwendung 2.1) oft in Gestalt eines „Schmelzens“ von der Gel- in die Flüssigkristallphase beobachtet. Die Beobachtungen legen einen Zusammenhang zwischen der Struktur des Lipids und der Schmelztemperatur nahe. Beispielsweise nimmt die Schmelztemperatur mit steigender Länge der hydrophoben Kette des Lipids zu. Das ist auch zu erwarten, denn je länger diese Ketten sind, umso stärker sollte ihr Zusammenhalt aufgrund der hydrophoben Wechselwirkung sein. Aus dieser Stabilisierung der Gelphase in Membranen aus langkettigen Lipiden folgt eine verhältnismäßig hohe Schmelztemperatur. Im Gegensatz dazu führen Strukturelemente, die die Ausrichtung der hydrophoben Ketten in der Gelphase behindern, zu niedrigeren Schmelztemperaturen. So bilden Lipide mit ungesättigten Ketten (d.h. Ketten, in denen C=C-Doppelbindungen vorkommen) Membranen mit tieferen Schmelztemperaturen als die entsprechenden Lipide mit gesättigten Kohlenwasserstoffketten. In biologischen Membranen sind Steroide wie Cholesterin (11) zwischen die Phospholipide eingelagert, die im Wesentlichen hydrophob sind, aber eine hydrophile -OH-Gruppe enthalten. Die Steroide, die in verschiedenen Zellen in unterschiedlichen Mengen vorkommen, verhindern das „Einfrieren“ der hydrophoben Ketten zu einem Gel und bewirken durch Unterbrechen der regelmäßigen Packung der Ketten, dass aus dem scharfen Schmelzpunkt ein mehr oder weniger breiter Schmelzbereich wird.

HO 11 Cholesterin

Übung 19-8 Lebende Organismen stellen Lipide unterschiedlicher Zusammensetzung her, sodass die Schmelzpunkte der Membranen in der Nähe der Umgebungstemperatur liegen. Warum synthetisieren Bakterien- und Pflanzenzellen, die bei niedriger Temperatur gezüchtet werden, einen höheren Anteil von Phospholipiden mit ungesättigten hydrophoben Ketten als Zellen, die bei höherer Temperatur wachsen? [Lipide mit ungesättigten Ketten verringern die Schmelztemperatur der Membran auf Werte näher an der Umgebungstemperatur.]

Periphere Proteine sind außen an die polaren Enden der Doppelschicht gebunden; integrale Proteine tauchen in die mobile, aber viskose Doppelschicht hinein. Letztere durchdringen oft die gesamte Dicke der Doppelschicht; sie bestehen meist aus dicht gepackten a-Helices oder manchmal auch P-Faltblattstrukturen mit hydrophoben Resten, die vorteilhaft mit dem hydrophoben Inneren der Membran wechselwirken können. Es gibt zwei Modelle für die Bewegung der integralen Proteine

19.3 Selbstorganisation

in der Doppelschicht. Das in Abb. 19-43 dargestellte Flüssigmosaikmod ell geht davon aus, dass die Proteine beweglich sind, ihre Diffusionskoeffizienten aber viel kleiner als die der Lipide sind. Das Lipidfloßmodell nimmt an, dass sich Lipid- und Chloesterinmoleküle

zu geordneten

Strukturen, den „Flößen“, zusammenlagern,

die die Proteine einhüllen und dabei helfen, sie zu verschiedenen Stellen in der Membran zu transportieren. Die Beweglichkeit der Doppelschicht macht es möglich, dass sie ein Molekül auf der Außenseite umfließt, es verschlingt und in die Zelle einbaut; dieser Vorgang wird als Endocytose bezeichnet. Auch der umgekehrte Prozess, die Exocytose, ist möglich: Dabei wird Material aus dem Zellinneren zuerst in die Membran aufgenommen und dann von dieser außerhalb der Zelle wieder abgegeben. Die in die Doppelschicht integrierten Proteine dienen dazu, Substanzen auf etwas trickreichere Art durch die Membran von außen nach innen oder umgekehrt zu transportieren. Manche von ihnen erzeugen hydrophile Kanäle in der ansonsten hydrophoben Umgebung und können so als Ionenkanäle und Ionenpumpen wirken (Anwendung 21.2).

19.3.4

Oberflächenschichten

Die Zusammensetzung von Oberflächenschichten wurde mit der einfachen (aber technisch eleganten) Methode untersucht, dass man sehr dünne Schichten von der Oberfläche von Lösungen oder Festkörpern trennte und ihre Zusammensetzung analysierte. Auch die physikalischen Eigenschaften von Oberflächenschichten wurden ausgiebig erforscht. Oberflächenschichten, die nur eine Dicke von einer Moleküllage aufweisen, werden als Monolagen bezeichnet. Nachdem eine solche Monolage auf eine feste Unterlage transferiert wurde, spricht man auch von einer Langmuir-Blodgett-Schicht (nach I. Langmuir und K. Blodgett, die Verfahren zu ihrer Untersuchung entwickelten).

761 komplexe Zuckerketten (zur Erkennung) Oberflächenprotein

Aufßenraum

Membran-

hm Schicht

Doppel-

Protein

schicht Abb. 19-43 Das Flüssigmosaikmodell einer biologischen Zellmembran geht davon aus, dass integrale Proteine durch die Lipid-Doppelschicht diffundieren. Das alternative Lipidfloßmodell beschreibt die Bewegung so, dass einige Lipid- und Cholesterinmoleküle das Protein umhüllen und durch die Membran transportieren.

Der Oberflächendruck Das wichtigste Instrument zur Untersuchung von Oberflächenschichten ist die Oberflächenschichtwaage oder Langmuir-Waage (Abb. 19-44). Sie besteht aus einem flachen flüssigkeitsgefüllten Trog, über dem eine Barriere direkt über die Flüssigkeitsoberfläche geschoben werden kann. Auf diese Weise kann eine beliebige auf der Oberfläche liegende Monolage von Molekülen zusammengeschoben werden. Der Oberflächendruck nr, die Differenz zwischen der Oberflächenspannung des rei-

bewegliche

nen Lösungsmittels und der indem die Oberflächenschicht plättchen geschoben wird, an übten Kraft befestigt ist. Alle

Barriere

kommen,

Lösung (n = y* — y), kann dann gemessen werden, gegen ein auf der Oberfläche ruhendes Glimmerwelchem ein Torsionsdraht zu Anzeige der ausgeTeile der Apparatur, die mit der Lösung in Kontakt

sind mit Polytetrafluorethylen (PTFE) beschichtet, um

Effekte durch die

Grenzfläche fest/flüssig auszuschalten. Zur Durchführung eines Experiments wird eine kleine Menge (etwa 0.01mg) der grenzflächenaktiven Substanz in einem flüchtigen Lösungsmittel gelöst und diese Lösung auf die Flüssigkeitsoberfläche zwischen den beiden Schiebern gegossen. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels wird die bewegliche Barriere über die Oberfläche bewegt und die Oberflächenschicht gegen das Glimmerplättchen geschoben. Der dabei ausgeübte Druck wird über den Torsionsdraht angezeigt. Abb. 19-45 zeigt typische Ergebnisse eines solchen Experiments. Ein Parameter, den man aus den gemessenen Isothermen bestimmen kann, ist die von den Mole-

külen in der Grenzfläche eingenommene Fläche, wenn die Schicht zu einer zweidimensional dichten Packung zusammengeschoben ist. Man bestimmt die Fläche durch Extrapolation des steilsten Teils der Isotherme auf die horizontale Achse. Wie aus der Darstellung zu erkennen ist, benötigen Stearinsäure (12) und Isostearinsäure (13) unterschiedlich viel Platz, obwohl sie sich chemisch so ähnlich sind (sie unterscheiden sich nur in der Position einer Methylgruppe am Ende der langen

Flüssigkeit + Tensid

Flüssigkeit Flüssigkeit

Glimmer-Schwimmer

Abb. 19-44 Schema der Apparatur zur Messung des Oberflächendrucks und anderer Eigenschaften von Oberflächenschichten. Die grenzflächenaktive Substanz wird auf der Oberfläche der Flüssigkeit in dem flachen Trog verteilt und dann horizontal komprimiert, indem die bewegliche Barriere in Richtung des Glimmerplättchens geschoben wird. Letzteres ist

mit einem Torsionsdraht verbunden, der die Druckdifferenz zu beiden Seiten des Plättchens anzeigt.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

762

Kohlenstoffkette). Keines der beiden Moleküle nimmt jedoch so viel Platz ein wie das Tri-p-kresylphosphat (14), welches mehr einem ausladenden Busch als einem schlanken Baum gleicht. Die zweite Eigenheit, die aus Abb. 19-45 zu erkennen ist, ist der viel flachere Verlauf der Isotherme von Tri-p-kresylphosphat. Dies zeigt, dass die Oberflächenschicht dieser Substanz viel leichter komprimierbar ist als die der beiden anderen Moleküle, und steht ebenfalls im Einklang mit den unterschiedlichen chemischen

30

& Strukturen. Eine dritte Größe, die man aus den Isothermen entnehmen kann, ist der Grenzdruck, der höchste erreichbare Oberflächendruck. Wenn die Oberflächenschicht über diesen Druck hinaus belastet wird, zerbricht die Monolage, und es entsteht eine Schicht, die mehrere Moleküllagen dick ist. Wie in Abb. 19-45 zu sehen ist, besitzt Stearinsäure einen sehr hohen Grenzdruck, während der von Tri-p-kresylphosphat deutlich kleiner ist, d.h. eine Schicht aus diesen Molekülen ist nicht so

') Oberflächendruck, z/(mN m

002

Vu

VE

Fläche pro Molekül/nm’ Abb. 19-45 Zusammenhang zwischen dem Oberflächendruck und der von den grenzflächenaktiven Molekülen eingenommenen Fläche. Die Grenzdrücke sind durch die gestrichelten horizontalen Linien angedeutet.

belastbar.

Die Thermodynamik von Oberflächenschichten Als oberflächenaktive oder grenzflächenaktive Substanzen: bezeichnen wir Stoffe, die ihre Wirkung an der Grenzfläche zwischen zwei Phasen entfalten, beispielsweise an Grenzflächen zwischen hydrophilen und hydrophoben Phasen. Grenzflächenaktive Substanzen reichern sich in der Grenzfläche an und verändern die Oberflächenspannung und dadurch den Oberflächendruck. Wir wollen zuerst eine Beziehung zwischen der Konzentration einer oberflächenaktiven Substanz an der Grenzfläche zweier Phasen und der von ihr bewirkten Änderung der Oberflächenspannung herleiten. Hierzu betrachten wir zwei Phasen a und /, die miteinander in Kontakt stehen und die aus einer Reihe von Komponenten ] zusammengesetzt sind, deren Gesamtmenge jeweils n, beträgt. Die Grenzfläche betrachten wir als Ebene der Fläche o. Wenn die Konzentrationen aller Komponenten in jeder Phase bis an die Grenzfläche konstant wären, wäre die Freie Enthalpie die Summe der Freien Enthalpien der beiden getrennten Phasen, G= G(a) + G(ß). Wie an den Konjunktiven im letzten Satz zu erkennen ist, sind die Komponenten jedoch im Allgemeinen nicht gleichmäßig über eine Phase verteilt, sondern können sich an der Phasengrenze anreichern. Die Freie Enthalpie des Gesamtsystems unterscheidet sich daher um einen Betrag G(o), den wir als Freie Grenzflächenenthalpie bezeichnen, von G:

eo)

@= [6(a) auera):

(19-48)

Die gleiche Überlegung können wir auch für die Stoffmengen anstellen. Wenn die Konzentration einer Substanz J bis an die Phasengrenze konstant wäre, könnten wir aus den Volumina der beiden Phasen die Stoffmengen n,(a) in Phase a und n,(#) in Phase ß berechnen. Da sich die Substanz aber in der Grenzfläche anrei-

chern kann, unterscheidet sich die Gesamtmenge an ] von der Summe dieser Beträge um n,(o) = n, — {n(a) + n,(ß)}. Wir führen jetzt den Oberflächenüberschuss /' ein, indem wir diese Differenz als Stoffmenge pro Flächeneinheit ausdrücken:

u

OH

OH

12 Stearinsäure,

13 Isostearinsäure

AAO)

C,H,CoOOHl

(19-49)

Der Oberflächenüberschuss kann sowohl positiv (Anreicherung von ]Jin der Grenzfläche) oder negativ (Abreicherung von ] in der Grenzfläche) sein. Die Beziehung zwischen der Änderung der Oberflächenspannung und der Zusammensetzung der Grenzfläche (die wir durch die Oberflächenübers chüsse ausdrücken) wurde von Gibbs aufgestellt. In der folgenden Begründung leiten wir die Gibbs’sche Isotherme als Beziehung zwischen den Änderungen der chemisch en

19.3 Selbstörganisation

Potenziale aller in der Grenzfläche vorhandenen Substanzen und der Änderung der Oberflächenspannung her:

dy=-)

Tıdy.

763

CH,

(19-50)

J

Die Gibbs’sche

Isotherme

14 Tri-p-kresylphosphat

Eine Änderung von G kommt allgemein durch eine Änderung von T, p, a oder den n, zustande: dG=-SdT+

Vdp+yda+)

udn,

Wenn wir diese Beziehung auf G, G(a) und G(ß) anwenden, finden wir dG(o) = -S(o)dT+ydo+ Da dn,(o) , j

da im Gleichgewicht das chemische Potenzial aller Teilchen J in jeder Phase gleich groß sein muss, u,(a) = u,(ß) = u,(e). Ebenso wie bei der Diskussion der partiellen molaren Größen (Abschnitt 5.1.1) können wir diese Gleichung bei konstanter Temperatur integrieren und erhalten so G(o) 0

Yun, (GO) J

Was wir suchen, ist ein Zusammenhang zwischen der Änderung dy der Oberflächenspannung und einer Änderung der Zusammensetzung der Grenzfläche. Daher gehen wir genauso vor, wie wir in Abschnitt 5.1.1 zur Gibbs-Duhem-Gleichung (Gl. (5-12b)) gelangt waren, nur vergleichen wir jetzt den Ausdruck dG(e) =ydo+ Sa dn,(o) J

(der bei konstanter Temperatur gilt) mit dem Ausdruck für die gleiche Größe, den wir durch Differenziation der letzten Gleichung bekommen: dG(e)=ydo+ody+ N j

dn,(o) + Dr n.(a) du, .

Der Vergleich zeigt, dass bei konstanter Temperatur ody+ >.nle) du, = 0 j

gilt. Nach Division durch a ergibt sich daraus Gl. (19-50). Nun betrachten wir ein vereinfachtes Modell der Grenzfläche, bei dem die „Öl“-

und die „Wasser“phase durch eine ebene Grenzfläche getrennt sind. Daraus folgt, dass sich nur die oberflächenaktive Substanz S in der Grenzfläche anreichert und sowohl 75; als auch /'y3s.er sämtlich null sind. Dann wird aus der Gibbs-Gleichung

dy=-Tsdus.

(19-51)

Für verdünnte Lösungen können wir schreiben

dus = RTdinc,

(19-52)

wobei c die molare Konzentration der oberflächenaktiven Substanz ist. Damit folgt bei konstanter Temperatur d dy =

-RTT,

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

764

oder

(19-53)

Url de),

c

anreichert, ist ihr Wenn sich die oberflächenaktive Substanz in der Grenzfläche negativ. Mit (0y/dc), Oberflächenüberschuss positiv, damit ist nach Gl. (19-53) Grenzfläche einer in anderen Worten, wenn sich eine grenzflächenaktive Substanz können wir rt Umgekeh anreichert, dann reduziert sie die Oberflächenspannung. abhänrations Konzent die jetzt den Oberflächenüberschuss vorhersagen, wenn wir der Molekül jedes die n, gigkeit von y kennen, und daraus die Fläche berechne cht. grenzflächenaktiven Substanz in der Grenzfläche beanspru

Anwendung 19-3

Nanofabrikation mit selbstorganisierenden Monolagen

Unter Nanofabrikation versteht man die Herstellung von Nano-Bauelementen, nanometergroßen Aggregaten aus Atomen und Molekülen, die in nanotechnologischen Anwendungen Einsatz finden sollen (Anwendung' 9-2). Wir wollen nun sehen, wie eine solche Nanofabrikation

S

N

wann Au-Oberfläche

Abb. 19-46 Selbstorganisierende Monolagen von Alkylthiolen auf einer Goldoberfläche, gebildet durch Reaktion der

Thiolgruppen mit Goldatomen und Zusammenlagerung der Alkylketten.

an Oberflächen

auf der Grundlage von

Selbstorganisation auf molekularer Ebene funktionieren kann. Derzeit genießen selbstorganisierende Monolagen (SAM) besondere Aufmerksamkeit. Dabei handelt es sich um Molekülansammlungen, die auf Oberflächen Monolagen bilden. Um

ihre Bildung

zu verstehen,

betrachten

wir Moleküle

wie z.B. Alkylthiole

R-SH auf einer Goldoberfläche. Die Thiole werden mit den Atomen der Oberfläche reagieren und RS" Au'-Addukte bilden:

RSH + Au(0), > RSH"Au* - Au(0), ,+3H,. nl

Wenn die Kette R hinreichend lang ist, führen die van-der-Waals-Kräfte zwischen den adsorbierten RS-Resten zu eine hochgradig geordneten Monolage auf der Oberfläche, die in Abb. 19-46 gezeigt ist. Experimentell wird beobachtet, dass die Freie Bildungsenthalpie der SAM mit steigender Kettenlänge zunimmt, wobei jede Methylengruppe etwa 400-4000] mol"! zur gesamten Freien Bildungsenthalpie beiträgt. Mithilfe eines Rasterkraftmikroskops (Anwendung 9-1) können SAM gezielt manipuliert und in eine bestimmte Form gebracht werden. Dazu stößt man mit der Spitze zwischen die Alkylketten, bis sie mit der Oberfläche in Kontakt steht, und schiebt die Moleküle über die Oberfläche. In einem Beispiel wurden Enzyme an derart strukturierte SAM gebunden. So konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, nanometergroße Reaktoren zu bauen, die die katalytischen Eigenschaften von Enzymen ausnutzen (wie wir in Kapitel 23 näher erkunden werden).

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Ein Polymer ist eine Verbindung, die durch wiederholte Verknüpfung vieler kleiner Moleküle gebildet wird. Viele Proteine (vor allem Enzyme) sind monodispers; synthetische Polymere sind polydispers.

2. Die zahlengewichtete mittlere Molmasse M, wird bestimmt, indem man jede vorkommende Molmasse mit der Zahl der Moleküle dieser Masse gewichtet. Die massengewichtete mittlere Molmasse M,, wird bestimmt, indem man jede vorkommende Molmasse mit der Gesamtmasse der Moleküle dieser Masse gewichtet. Die Z-gewichtete mittlere Molmasse M; wird in Sedimentationsmessungen bestimmt. 3. Der Heterogenitätsindex einer Probe ist der Wert Mu/M\.

4. Mittlere Molmassen von Makromolekülen können beispielsweise mit der Massenspektrometrie (als MALDI), durch Ultrazentrifugation, Laser-Lichtstreuung oder Viskosimetrie bestimmt werden.

5. Die am wenigsten geordnete Struktur von Makromolekülen ist das statistische Knäuel; für ein frei bewegliches statisti-

sches Knäuel der Konturlänge NI ist der quadratisch gemittelte Abstand der Kettenenden N'’?/ und der Trägheitsradius

Reno.

. Die Konformationsentropie ist der Beitrag zur Entropie, der durch die Anordnung der Bindungen in einem statistischen Knäuel entsteht.

Weiterführende Literatur

765

7. Die Primärstruktur eines Biopolymers ist die Abfolge seiner Monomereinheiten.

19. Der Scherradius ist der Radius der Kugel, die die starre

8. Die Sekundärstruktur eines Proteins ist die räumliche Anordnung der Polypeptidketten beispielsweise in Form einer a-Helix oder einer ß-Faltblattstruktur.

20. Das Ö-Potenzial ist das elektrische Potenzial am Scherradius relativ zu dem Potenzial in der weit entfernten Volumen-

9. Eine Tertiärstruktur entsteht, indem sich eine Helix- oder

Faltblattstruktur durch Wechselwirkungen zwischen verschie-

denen Bereichen des Moleküls in sich faltet.

10. Manche Makromoleküle besitzen eine Quartärstruktur, die durch Aggregation mehrerer Polypeptidketten entsteht. 11. Synthetische Polymere können in Elastomere, Fasern und

Thermoplaste eingeteilt werden. 12. Ein ideales Elastomer ist ein Polymer, dessen Innere Energie nicht von dem Dehnungszustand der statistischen Knäuel abhängt. Für kleine Dehnungen gehorcht es im Rahmen des Modells eines statistischen Knäuels dem Hooke’schen Gesetz. 13. Bei der Glastemperatur T. besitzen synthetische Polymere einen Übergang von einem Zustand mit geringer Beweglichkeit der Ketten zu einem Zustand mit hoher Beweglichkeit der Ketten. 14. Die Schmelztemperatur eines Polymers ist die Temperatur,

bei der seine dreidimensionale Ordnung verloren geht. 15. Eine Mesophase ist ein Zustand der Materie, dessen Eigenschaften zwischen denen des flüssigen und des festen Zustands liegen.

16. Eine Dispersion ist eine Verteilung von kleinen Teilchen einer Substanz in einer anderen. 17. Kolloide werden als Iyophil (Lösungsmittel anziehend, im Fall von Wasser speziell hydrophil) oder Iyophob (Lösungsmittel abstoßend, im Fall von Wasser speziell hydrophob) klassifiziert.

äußere Ladungsschicht um ein Kolloidteilchen einschließt.

phase. 21. Die innere Ladungsschicht und die äußere Ionenwolke bilden gemeinsam die elektrische Doppelschicht.

22. Viele Kolloidteilchen sind thermodynamisch instabil aber kinetisch stabilisiert. 23. Unter Flockung versteht man die reversible Aggregation von Kolloidteilchen. Die irreversible Aggregation von Kolloidteilchen wird als Koagulation bezeichnet. 24. Die Schulze-Hardy-Regel besagt, dass hydrophobe Kolloide am effizientesten von hochgeladenen lonen der entgegengesetzten Ladung ausgeflockt werden. 25. Eine Micelle ist ein kolloidaler Molekülcluster, der sich bei der kritischen Micellenkonzentraion CMC und der Krafft-

Temperatur bildet. 26. Ein Liposom ist eine kugelförmige Doppelschicht, in der beispielsweise hydrophile Gruppen der aufbauenden Moleküle in den Außen- und Innenraum zeigen, während hydrophobe Gruppen im Zwischenraum zwischen den Schichten ihren Zusammenhalt vermitteln.

27. Eine Schichtmicelle ist eine ausgedehnte Doppelschicht. 23. Eine Monolage ist eine einzelne Schicht von Molekülen auf einer Oberfläche. Eine Langmuir-Blodgett-Schicht ist eine Monolage, die auf einen festen Träger transferiert wurde. 29. Der Oberflächendruck ist die Differenz zwischen der Oberflä-

chenspannung des reinen Lösungsmittels und der Lösung, n=)y*—). 30. Der Grenzdruck ist der größte Oberflächendruck, den eine Oberflächenschicht aushalten kann, ohne zu kollabieren.

13. Eine grenzflächenaktive Substanz ist eine Substanz, die sich in der Grenzfläche zwischen zwei Phasen anreichert und die Eigenschaften der Grenzfläche verändert. Bo

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

A. W. Adamson, A. P. Gast, Physical Chemistry of Surfaces. Wiley, New York 1997. J. Barker, Mass Spectrometry. Wiley, New York 1999. C. E. Carraher, ]r., Seymour/Carraher's Polymer Chemistry. Marcel Dekker, New York 2000. H.-D. Dörfler, Grenzflächen- und Kolloidchemie. VCH, Weinheim

P. C. Hiemenz, R. Rajagopalan, Principles of Colloid and Surface Chemistry. Marcel Dekker, New York 1997. C. S. Johnson, D. A. Gabriel, Laser Light Scattering. Dover, New

York 1995.

A. R. Leach, Molecular Modelling: Principles and Applications. Longman, Harlow 1997. K. E. van Holde, W. C. Johnson, P. S. Ho, Principles of Physical Bio-

chemistry. Prentice-Hall, Upper Saddle River 1998.

1994.

G. Ebert, Biopolymere - Struktur und Eigenschaften. Teubner, Stuttgart 1993. D. F. Evans, H. Wennerström, The Colloidal Domain: Where Physics, Chemistry, Biology, and Technology Meet. Wiley-VCH, Weinheim 1999. s

P. Flory, Principles of Polymer Chemistry. Cornell University Press, Ithaca 1953.

P. C. Heimenz, R. Rajagopalan, Principles of Colloid and Surface Chemistry. Marcel Dekker, New York 1997.

Nachschlagewerke D. R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, Abschnitte 7 und 13. CRC Press, Boca Raton 2000.

19 Materialien 1: Makromoleküle und Selbstorganisation

766

Zusatzinformationen

Für eine aus N Molekülen bestehende Probe multiplizieren wir diesen Ausdruck mit N = c»N,V/M und erhalten nach Ersetzen von M durch My

Zusatzinformation 19-1: Das Rayleigh-Verhältnis

Wir wollen nun in Grundzügen die Herleitung von Gl. (19-8) für das Rayleigh-Verhältnis nachvollziehen. Weitere Details können der Weiterführenden Literatur entnommen werden. Das Verhältnis der von einer Probe gestreuten Lichtintensität zur Intensität des einfallenden Lichts ist (siehe Weiterführende Litera-

MD



Tassin.® Ei

19-54

$)

r

(

wobei r der Abstand zwischen Probe und Detektor ist und & der

Beobachtungswinkel relativ zur z-Achse (in Abb. 19-3 ist $ = 90°). Aus Gl. (19-7) folgt dann

Zwischen der Polarisierbarkeit und dem Brechungsindex n, der Probe besteht die Beziehung (siehe Anhang3 für eine qualitative Erklärung und die Weiterführende Literatur für quantitative Einzelheiten)

Na u

FI

(19-55)

©r

mit n,. als Brechungsindex des Lösungsmittels und N als Zahlendichte der Polymermoleküle. Mit N = c»N,/M (wobei c, die Konzentration des Polymers und M seine Molmasse ist) ergibt sich daraus dn, n=not+|l— )o+... dc,

5

F

A

R, =

Nun bleibt noch, den Ausdruck für den Strukturfaktor herzuleiten. Wir betrachten dazu ein Molekül, das aus einer Anzahl von

Atomen i an den Positionen R; zusammengesetzt ist. Interferenz kann zwischen Strahlen eintreten, die an einem beliebigen Paar

von Atomen gestreut wurden. Die Streuung aufgrund aller Teilchen kann dann berechnet werden, wenn wir über Beiträge aller möglichen Orientierungen aller Paare von Atomen in dem Molekül summieren. Wenn das Makromolekül aus N Atomen besteht, die alle dasselbe Streuvermögen besitzen, dann kann man zeigen (siehe Weiterführende Literatur), dass sinsR; P Sr ij

sR j

An

mit

s=—-sin A

1

:

19! Halbleiter können in p-Halbleiter und n-Halbleiter eingeteilt werden, je nachdem, ob ihre Leitfähigkeit durch Elektronen

im Leitungsband oder durch Löcher im Valenzband verursacht wird. 20. Die optischen Eigenschaften von molekularen Festkörpern

können mithilfe der Bildung von Excitonen (Elektron-LochPaaren) und ihrer Wanderung von Molekül zu Molekül erklärt werden. 2] . Die optischen Eigenschaften von metallischen Leitern und

Halbleitern können durch die lichtinduzierte Anregung von Elektronen aus dem Valenz- in das Leitungsband erklärt werden. DR Der Neodymlaser, der Titan-Saphir-Laser und die Dioden-

laser sind Beispiele für Festkörperlaser. 228), Nichtlinear optische Effekte entstehen durch Veränderungen

der optischen Eigenschaften eines Mediums, die durch intensive elektromagnetische Strahlung verursacht werden. Hierzu gehören beispielsweise die Frequenzverdopplung und der optische Kerr-Effekt. 24. In einem Magnetfeld der Stärke H erfährt eine Probe eine

Magnetisierung M = xH, wobei y die dimensionslose magnetische Volumensuszeptibilität ist. Füry < 0 ist die Substanz diamagnetisch und bewegt sich aus einem Magnetfeld heraus; fürx> 0 ist die Substanz paramagnetisch und bewegt sich in ein Magnetfeld hinein. 25% Die Temperaturabhängigkeit von y, wird durch das Curie’-

sche Gesetz x, = A+ C/T beschrieben, wobei A= N,u,& und C = N,u,m? /3k ist und £ die Magnetisierbarkeit der Substanz bedeutet, ein Maß dafür, wie einfach ein angelegtes

Magnetfeld in einer Substanz ein magnetisches Dipolmoment induzieren kann. 26. Ferromagnetismus ist die kooperative Ausrichtung von Elektronenspins in einer Substanz, die eine starke Magnetisierung der Probe bewirkt. Antiferromagnetismus entsteht durch eine entgegengesetzte Ausrichtung der Spins in einer Probe, die zu einer sehr geringen Magnetisierung führt.

. Der temperaturunabhängige Paramagnetismus entsteht durch induzierte elektronische Ströme innerhalb von Orbitalen, die im Grundzustand des Moleküls unbesetzt sind.

28. Supraleiter leiten den elektrischen Strom unterhalb einer kritischen Temperatur T. ohne Widerstand. Typ-I-Supraleiter verlieren ihre Supraleitfähigkeit plötzlich, wenn sie in ein

Magnetfeld gebracht werden, dessen Feldstärke H einen für die Substanz charakteristischen kritischen Wert H. überschreitet. Typ-II-Supraleiter zeigen mit steigender Feldstärke

des Magnetfeldes einen allmählichen Verlust der Supraleitfähigkeit und des Diamagnetismus.

818

20 Materialien 2: Der feste Zustand

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel K. Angermund, K. H. Claus, R. Goddard, C. Krüger, Hochauf-

lösende Röntgen-Strukturanalyse - eine experimentelle Methode zur Beschreibung chemischer Bindungen. Angew. Chem. 97, (1985), 241. P. W. Atkins, Quanten: Begriffe und Konzepte für Chemiker. VCH, Weinheim 1993.

R. Boese, Kann man chemische Bindungen sehen? Chemie in unserer Zeit 23, (1989), 176.

W. D: Callister, ]r., Materials Science and Engineering: An Introduction. Wiley, New York 2000. D. Coppus, Experimentelle Elektronendichten und chemische Bindung. Angew. Chem. 89, (1977), 33.

P. A. Cox, The Electronic Structure and Chemistry of Solids. Oxford University Press, Oxford 1987. C. D. Graham, )r., „Magnetic Materials“, in Encyclopedia of Applied Physics, (Hrsg. G. L. Trigg), 9, 1. VCH, Weinheim 1994.

C. Hammonu, The Basics of Crystallography and Diffraction. Oxford University Press, Oxford 1997.

C. Kittel, Festkörperphysik. R. Oldenbourg Verlag, München 1988. \W. Massa, Kristallstrukturbestimmung. Teubner, Stuttgart 1994.

U. Müller, Sind’Kugelpackungen mit größerer Dichte als bei den dichtesten Kugelpackungen möglich? Wie viele dichteste Kugelpackungen gibt es? Angew. Chem. 104, (1992), 744. \V. B. Pearson, C. Chieh, „Crystallography“, in Encyclopedia of Applied Physics (Hsrg. G. L. Trigg), 4, 385. VCH, Weinheim 19924

O. Svelto, Principles of Lasers. Plenum, New York 1998.

M. A. White, Properties of Materials. Oxford University Press, Oxford 2000. Nachschlagewerke

D. R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, Abschnitte 3, 12, 13 und 15. CRC Press, Boca Raton 2000.

D. Sangeeta, J. R. LaGraff, Inorganic Materials Chemistry Desk Reference. CRC Press, Boca Raton 2004.

Diskussionsfragen | 20.1 Da

Wie werden Gitterebenen nummeriert und benannt? ee end arraReerrer Kubi.

20.7

Erklären Sie, wie man mithilfe der Röntgenbeugung die absolute Konfiguration von Molekülen bestimmen kann.

schen Elementarzelle bestimmt werden?

20.8

Was sind metallische Leiter und was Halbleiter und worin

20.3

Was bedeutet der Begriff „systematische Auslöschung“? Wie entstehen diese Auslöschungen? SogeesPdas Phasenproblem? Wie kann es gelöst oder | umgangen werden?

| ı 20.5

20.6

Beschreiben Sie die Strukturen metallischer Festkörper anhand der verschiedenen Kugelpackungen. Inwiefern ist das Modell der Kugelpackungen ungenau?

209.9

20.10

Beschreiben Sie die Cäsiumchlorid- und die Steinsalzstruktur durch die Besetzung von Lücken in ausgedehnten dicht gepackten Strukturen.

unterscheiden = sich? Erklären sie ihre Eigenschaften anhand der Bandtheorie. Beschreiben Sie die Eigenschaften der Fermi-Dirac-Verteiu Ba a es Sen ER Parameteru als chemisches Potenzial zu bezeichnen: a : Inwieweit sind die elektrischen und magnetischen EigenN von ee vergleichbar? Inwiefern unterscheiden sie sich:

Leichte Aufgaben A20.la

ee ee Bravaisitters besitzen identische Umgebungen. Welche Punkte sind in einer kubisch flächenzentrierten Elemen-

A20.2b

Wie lauten die Miller-Indizes der Ebenen, die die kristallographischen Achsen bei (1a. 3b, —c) und (2a. 3b. 4c schneiden?

A20.3a

Wie groß sind die Abstände zwischen den {111}, {211}IL {100}-Ebenen in einem Kristall, dessen kubische ementarzelle eine Seitenlänge von 432 itzt?

tarzelle äquivalent zu (1,0,0)?

|

A20.1b

A20.2a

“ A

ne | | el ah Bravaisidentische Umgebungen. Welche Punkte sind in einer kubisch raumzentrierten Elementarzelle äquivalent zu (4,0,1)? | nn a u ‚3b, a,2b, oc schneiden?

A20.3b

A20.4a

WS RN BEER In En sind die Abstände zwischen den {1211-, {221}und {244}-Ebenen in einem Kristall, dessen kubische Elementarzelle eine Seitenlänge von 523 pm besitzt?

Der Glanzwinkel eines Bragg-Reflexes von Gitterebenen im Abstand von 99.3 pm voneinander beträgt 20.85°. Berechnen Sie die Wellenlänge der verwendeten Röntgenstrahlung.

Leichte Aufgaben A20.4b

A20.5a

Der Glanzwinkel eines Bragg-Reflexes von Gitterebenen im Abstand von 128.2 pm voneinander beträgt 19.76°. Berechnen Sie die Wellenlänge der verwendeten Röntgenstrahlung. Wie groß ist 26 für die ersten drei Beugungslinien eines kubisch raumzentrierten Eisenkristalls, wenn die ver-

wendete Röntgenstrahlung eine Wellenlänge von 58 pm besitzt? Der Atomradius von Eisen beträgt 126 pm. A20.5b

Wie groß ist 20 für die ersten drei Beugungslinien eines kubisch flächenzentrierten Goldkristalls, wenn die ver-

wendete Röntgenstrahlung eine Wellenlänge von 154 pm besitzt? Der Atomradius von Gold beträgt 144 pm. A20.6a

Kupfer-Ka-Strahlung besteht aus zwei Komponenten bei 154.433 pm und 154.051 pm. Berechnen Sie den Abstand der beiden Beugungslinien in einem Pulverbeugungsdiagramm, die durch diese beiden Komponenten verursacht werden, wenn

sie in einer Kamera

mit einem

Radius von 5.74 cm (mit der Probe im Mittelpunkt des Kreises) an Ebenen im Abstand von 77.8 pm voneinander gebeugt werden. A20.6b

A20.7a

Ein Synchrotron liefert Röntgenstrahlung mit verschiedenen Wellenlängen. Wir betrachten zwei Komponenten mit Wellenlängen von 95.401 pm und 96.035 pm. Berechnen Sie den Abstand der beiden Beugungslinien in einem Pulverbeugungsdiagramm, die durch diese beiden Komponenten verursacht werden, wenn sie in einer Kamera mit einem Radius von 5.74cm (mit der Probe im Mittelpunkt des Kreises) an Ebenen im Abstand von 82.3 pm voneinander gebeugt werden. Die Verbindung Rb; TIF, besitzt eine tetragonale Elemen-

tarzelle mit den Konstanten a = 651 pm und c = 934 pm. Berechnen Sie das Volumen der Elementarzelle. A20.7b

Natriumnitrat besitzt eine hexagonale Elementarzelle mit den Konstanten

a = 1692.9 pm und c = 506.96 pm.

Berechnen Sie das Volumen der Elementarzelle. A20.8a

Die orthorhombische Elementarzelle von NiSO, besitzt die Konstanten a = 634 pm, b = 784 pm und c = 516 pm; die Dichte des Festkörpers beträgt ungefähr

3.9gcm°. Bestimmen Sie die Zahl der Formeleinheiten pro Elementarzelle und berechnen Sie einen genaueren Wert für die Dichte. A20.3b

Die orthorhombische Elementarzelle einer Verbindung mit einer Molmasse von 135.01 gmol”' besitzt die Konstanten a = 589 pm, b = 822 pm und c = 798 pm; die Dichte des Festkörpers beträgt ungefähr 2.9gcm?. Bestimmen Sie die Zahl der Formeleinheiten pro Elementarzelle und berechnen Sie einen genaueren Wert für die Dichte.

A20.9a

SbCI, besitzt eine orthorhombische Elementarzelle mit den Konstanten a = 812 pm, b = 947 pm und

c = 637 pm. Berechnen Sie den Abstand der {411}Ebenen voneinander. A20.9b

Eine orthorhombische Elementarzelle hat die Abmessungen a = 679 pm, b = 879 pm und c = 860 pm. Berechnen Sie den Abstand der {322}-Ebenen voneinander.

819

A20.10a Eine Substanz mit einer kubischen Elementarzelle ergibt mit Cu-Ka-Strahlung (Wellenlänge 154 pm) Reflexe bei den Winkeln 19.4°, 22.5°, 32.6° und 39.4°. Der Reflex bei

32.6° stammt von den {220}-Ebenen. Indizieren Sie die restlichen Reflexe. A20.10b Eine Substanz mit einer kubischen Elementarzelle ergibt mit Röntgenstrahlung der Wellenlänge 137 pm Reflexe bei den Winkeln 10.7°, 13.6°, 17.7° und 21.9°. Der Reflex

bei 17.7° stammt von den {111}-Ebenen. Indizieren Sie die restlichen Reflexe. A20.11a Kaliumnitratkristalle besitzen eine orthorhombische Elementarzelle mit den Konstanten a = 542 pm, b= 917 pm und c = 645 pm. Berechnen Sie die Glanzwinkel der (100)-, (010)-, und (111)-Reflexe für Cu-KaStrahlung (154 pm). A20.11b Calciumcarbonatkristalle besitzen in der Aragonitform eine orthorhombische Elementarzelle mit den Konstanten

a = 574.] pm, b = 796.8 pm und c = 495.9 pm. Berechnen Sie die Glanzwinkel der (100)-, (010)-, und (111)-Reflexe für Strahlung der Wellenlänge 83.42 pm (aus Aluminium).

A20.12a Kupfer(l)chlorid bildet kubische Kristalle mit vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. In einem Pulverbeugungsdiagramm findet man nur Reflexe, bei denen entweder

alle Indizes gerade oder alle Indizes ungerade sind. Welche Symmetrie besitzt die Elementarzelle? A20.12b Ein Pulverbeugungsdiagramm von Wolfram zeigt folgende Reflexe: (110), (200), (211), (220), (310), (222), (321), (400), ... Welche Symmetrie besitzt die Elementarzelle von Wolfram? A20.13a Die Koordinaten der Atome in einem kubisch primitiven Gitter sind (in Einheiten von a): (0,0,0), (0,1,0), (0,0,1),

(0,1,1), (1,0,0), (1,1,0), (1,0,1) und (1,1,1). Berechnen

Sie die Strukturfaktoren F,,; für den Fall, dass alle Atome identisch sind. A20.13b Die Koordinaten der Atome in einem kubisch-raumzentrierten Gitter sind (in Einheiten von a): (0,0,0), (0,1,0),

(0,0,1), (0,1,1), (1,0,0), (1,1,0), (1,0,1), (1,1,1) und (4,44).

Berechnen Sie die Strukturfaktoren F,,, für den Fall, dass alle Atome identisch sind.

A20.14a Berechnen Sie die Raumerfüllung von dicht gepackten Zylindern. A20.14b Berechnen Sie die Raumerfüllung für Stäbe in Form von gleichseitigen Dreiecken, die wie in (2) gepackt werden.

20 Materialien 2: Der feste Zustand

820

A20.15a Verifizieren Sie, dass das Radienverhältnis für sechsfache

Koordination wirklich wie im Text angegeben 0.414 beträgt. A20.15b Verifizieren Sie, dass das Radienverhältnis für achtfache

Koordination wirklich wie im Text angegeben 0.732 beträgt. A20.16a Bestimmen Sie aus den Daten in Tabelle 20-3 den Radius

des kleinsten Kations, das (a) sechsfach und (b) achtfach mit ©?"-lonen koordiniert sein kann. A20.16b Bestimmen Sie aus den Daten in Tabelle 20-3 den Radius

des kleinsten Anions, das (a) sechsfach und (b) achtfach mit K*-Ionen koordiniert sein kann.

A20.17a Berechnen Sie die Raumerfüllung für Diamant. A20.17b

Berechnen Sie die Raumerfüllung für eine kubischflächenzentrierte (C) Elementarzelle.

A20.18a Tritt bei der Phasenumwandlung des Titans von einer hexagonal dichten zur einer kubisch raumzentrierten Struktur eine Expansion oder eine Kontraktion des Volumens der Elementarzelle ein? Der Atomradius des Titans beträgt in der hexagonalen Struktur 145.3 pm und in der kubischen Struktur 142.5 pm. A20.18b Tritt bei der Phasenumwandlung des Eisens von einer hexagonal dichten zur einer kubisch raumzentrierten Struktur eine Expansion oder eine Kontraktion des Volumens der Elementarzelle ein? Der Atomradius des Eisens beträgt in der hexagonalen Struktur 126 pm und in der kubischen Struktur 122 pm. A20.19a Die Peaks in einer Patterson-Synthese geben die Längen und Richtungen der Verbindungsvektoren zweier Atome in der Elementarzelle an. Skizzieren Sie das Muster, das

für ein isoliertes, trigonal planares BF;-Molekül zu erwarten ist.

A20.19b Die Peaks in einer Patterson-Synthese geben die Längen und Richtungen der Verbindungsvektoren zweier Atome in der Elementarzelle an. Skizzieren Sie das Muster, das

für die C-Atome in einem isolierten Benzolmolekül zu erwarten ist. A20.20a Wie schnell müssen Neutronen sein, damit sie eine Wel-

lenlänge von 50 pm besitzen? | A20.20b Wie groß ist die Wellenlänge von Neutronen, die mit einem Moderator bei einer Temperatur von 300 K im thermischen Gleichgewicht stehen? A20.21a Leiten Sie die Born-Mayer-Gleichung [Gl. (20-15)] her, indem Sie die Energie berechnen, bei der d(E,.. + EN dd = 0 ist, wobei E,., und E/,, durch GI. (20-13) bzw. Gl. (20-14) gegeben sind.

A20.21b Berechnen Sie die Gitterenthalpie von MgBr, aus den folgenden Daten: AH/(k) mol") Sublimation von Mg (s) +148 lonisierung von Mg (g) zu Mg?' (g)

Verdampfung Br, (!)

+2187

+3]

Dissoziation von Br, (g)

193

Elektronenanlagerung an Br (g) Bildung von MgBr (s) aus Mg (s) und Br, ()

— 33) -524

A20.22a Baumwolle besteht aus dem Polymer Cellulose, einer linearen Kette von Glucosemolekülen. Die verschiedenen Ketten werden durch Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten. Beim Bügeln eines Baumwollhemdes wird dieses zuerst angefeuchtet und dann unter Druck erhitzt. Erklären Sie die dabei ablaufenden ProZesse.

A20.22b Einzelne Abschnitte der Brennstofftanks des Space-Shuttles Challenger waren durch Ringdichtungen aus Gummi mit einem Umfang von 11 m gegeneinander abgedichtet. Diese Dichtungen versagten bei 0°C, einer Temperatur deutlich über der Kristallisationstemperatur des

Gummis. Warum könnten die Dichtungen versagt haben? A20.23a Der Elastizitätsmodul von Polyethylen beträgt bei Zimmertemperatur 1.2 GPa. Welche Dehnung bewirkt eine an einem Polyethylenfaden mit einem Durchmesser von 1.0 mm aufgehängte Masse von 1.0 kg? A20.23b Der Elastizitätsmodul von Eisen beträgt bei Zimmertemperatur 215 GPa. Welche Dehnung bewirkt eine an einem Eisendraht mit einem Durchmesser von 0.10 mm aufgehängte Masse von 10.0 kg? A20.24a Das Poisson-Verhältnis für Polyethylen ist 0.45. Welche Volumenänderung erfährt ein Polyethylenwürfel mit einem Volumen von 1.0 cm’, der einer einachsigen Spannung ausgesetzt wird, die eine Dehnung von 1.0% bewirkt?

A20.24b Das Poisson-Verhältnis für Blei ist 0.45. Welche Volumenänderung erfährt ein Bleiwürfel mit einem Volumen von 1.0 dm?, der einer einachsigen Spannung ausgesetzt wird, die eine Dehnung von 2.0% bewirkt? A20.25a Ist mit Arsen dotiertes Germanium ein p- oder ein n-Halbleiter?

A20.25b Ist mit Gallium dotiertes Germanium ein p- oder ein n-Halbleiter?

A20.26a Zur lichtinduzierten Anregung von Elektronen aus dem Valenz- in das Leitungsband in reinem TiO, ist eine Wellenlänge von weniger als 350 nm nötig. Wie groß ist die Bandlücke zwischen Valenz- und Leitungsband in eV? A20.26b Die Bandlücke von Silicium beträgt 1.12 eV. Welche Frequenz muss elektromagnetische Strahlung mindestens haben, um Elektronen aus dem Valenz- in das Leitungsband anregen zu können? A20.27a Das magnetische Moment von CrCl; beträgt 3.81 1,. Wie viele ungepaarte Elektronen besitzen die Cr’*Ionen?

A20.27b Das magnetische Moment von Mn?* in seinen Komplexen beträgt typischerweise 5.3 u,. Wie viele ungepaarte Elektronen besitzt das Ion?

A20.28a Berechnen Sie die molare magnetische Suszeptibilität von Benzol aus seiner Volumensuszeptibilität y = — 7.2 x 10° und seiner Dichte p = 0.879gcm? bei 25°C. A20.28b Berechnen Sie die molare magnetische Suszeptibilität von Cyclohexan aus seiner Volumensuszeptibilität K= 7.9 x 10° und seiner Dichte p = 811 kgm? bei 25 °C.

Schwerere Aufgaben

321

A20.29a Nach der Lewis-Theorie sollte das O,-Molekül diamagnetisch sein. Experimentell findet man aber Xm/(m? mol’) = (1.22 x 10 K)/T. Wie viele ungepaarte Elektronen enthält ein O,-Molekül? Wie lässt sich das Problem der Lewis-Struktur lösen?

A20.31a Schätzen Sie die magnetische Suszeptibilität aufgrund der Elektronenspins von CuSO, : 5H,O bei 25 °C ab.

A20.29b Wie groß sollte die molare magnetische Suszeptibilität von Stickstoffdioxid bei 298 K sein? Warum nimmt die molare magnetische Suszeptibilität von gasförmigem

A20.32a Wie groß muss die magnetische Flussdichte B etwa sein, damit die Differenz der Orientierungen eines S = ]Systems bei 293 K vergleichbar mit KT wird?

Stickstoffdioxid ab, wenn der Druck erhöht wird?

A20.31b Schätzen Sie die magnetische Suszeptibilität aufgrund der Elektronenspins von MnSO, : 4H,O bei 298 K ab.

A20.32b Wie groß ist das Verhältnis der Besetzungszahlen der Ms-Zustände eines Systems mit S =] in einem Feld von 15.0T bei 298 K?

A20.30a Für einen MnF,-Einkristall wurde bei 294.53 K

Xm = 0.1463 cm’ mol”! bestimmt. Wie viele effektive ungepaarte Elektronen enthält die Verbindung? Vergleichen Sie diesen Wert mit der theoretischen Vorhersage. A20.30b Für einen Einkristall aus NiSO, - 7H,O wurde bei 298 K Xm = 6.00 x 10°? m? mol”! bestimmt. Wie viele effektive ungepaarte Elektronen enthält die Verbindung? Vergleichen Sie diesen Wert mit der theoretischen Vorhersage.

Schwerere Aufgaben? 20.1

20.2

20.3

DIDI ELGERRBDEILLIR| DEE IE(GERED) DIHUN

In den Anfangstagen der Röntgenbeugung war es sehr wichtig, die Wellenlänge der verwendeten Strahlung zu bestimmen. Eine Möglichkeit hierzu war, die Beugung an einem mechanisch geritzten Gitter zu beobachten. Alternativ konnte man auch die Abstände von Gitterebenen aus der Dichte von Kristallen abschätzen. Die Dichte von NaCl beträgt 2.17gcm°, und der (100)-Reflex der Pd-Ka-Strahlung erscheint bei einem Beugungswinkel von 6.0°. Berechnen Sie die Wellenlänge der Röntgenstrahlung. Das Element Polonium kristallisiert in einem kubischen Gitter. Mit Röntgenstrahlung einer Wellenlänge von 154 pm erscheinen die Reflexe erster Ordnung von den (100)-, (110)- und (111)-Ebenen bei sin 9 = 0.225, 0.316 und 0.338. Der Abstand zwischen der sechsten und siebten Linie des Pulverdiagramms ist größer als der zwischen der fünften und sechsten Linie. Ist die Elementarzelle kubisch primitiv, raum- oder flächenzentriert? Berechnen Sie die Gitterkonstante.

(a)

(b) Abb. 20-69 20.5

Nehmen Sie eine kubische Elementarzelle an, bestimmen

Naturperlen bestehen aus konzentrischen Lagen von Calcit (CaCO,), dessen trigonale Achsen überall vom Mittelpunkt zur Oberfläche der Perle zeigen. Der Kern einer Zuchtperle besteht aus einem Stück Perlmutt, das künstlich zu einer Kugel geformt wurde. Die Auster bringt dann konzentrische Calcitschichten auf diesen Kern auf. Schlagen Sie ein Verfahren auf der Grundlage der Röntgenbeugung vor, mit dessen Hilfe man echte Perlen von Naturperlen unterscheiden kann.

NaCl, KCI, NaBr und KBr kristallisieren alle in kubisch flägen 562.8, 627.7, 596.2 und 658.6 pm. In allen Strukturen

ist jeweils ein Kation mit einem Anion entlang der Kante der Elementarzelle in direktem Kontakt. Steht diese Infor-

20.4

Abb. 20-69 zeigt die Pulverbeugungsdiagramme von (a) Wolfram und (b) Kupfer, die in einer Kamera mit einem Radius von 28.7 mm aufgenommen wurden. Beide wurden mit einer Wellenlänge von 154 pm erhalten, der Maßstab ist angegeben. Identifizieren Sie in beiden Fällen die Art der Elementarzelle und berechnen Sie die Gitterkonstante. Wie groß sind die metallischen Radien von Wolfram und Kupfer?

Elementares Silber reflektiert Röntgenstrahlung einer Wellenlänge von 154.18 pm bei 19.076°, 22.171° und 32.256°. Unterhalb von 33° existieren keine weiteren Reflexe mehr. Sie ihren Typ und berechnen Sie ihre Dimension. Wie groß ist die Dichte von metallischem Silber?

chenzentrierten Strukturen, ihre Gitterkonstanten betra-

mation im Einklang mit der Vorstellung, dass lonenradien unabhängig vom jeweiligen Gegenion sind?

—>| 1 cm &—

20.7

In ihrem historischen Buch X-Rays and erystal structures schildern Vater und Sohn Bragg einige einfache Beispiele für Röntgenbeugungsuntersuchungen. Beispielsweise erwähnen sie, dass der (100)-Reflex von KCI bei 5°23'

erscheint, für NaCl bei gleicher Wellenlänge der verwendeten Röntgenstrahlung jedoch bei 6°0'. Wie groß ist die Seitenlänge der Elementarzelle von KCl, wenn die von NaCl 564 pm beträgt? Die Dichten von KCI und NaCl sind 1.99 und 2.17 gcm°. Stehen diese Werte mit der Röntgenuntersuchung im Einklang?

Giunta und Marshall Cady beigesteuert. 2) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen

20 Materialien 2: Der feste Zustand

822 20.8

verschiebt sich sein (111)-Reflex bei Verwendung von 154.0562 pm-Strahlung von 22°2'25” auf 21°57'59”. Berechnen Sie den thermischen Ausdehnungskoeffizien-

3°10/, 5°22' und 7°54’ bzw. bei 1°46/, 4°6'/, 6°40' und 9°]

0’ auftraten. Wie lang ist die C-Cl-Bindung in CCI,?

20.14: B. A. Bovenzi und G. A. Pearse Jr. synthetisierten Komplex-

ten von Diamant.

20.9

auf, die in einem Experiment mit 10.0 keV-Elektronen bei

Wenn man einen Diamanten von 100K auf 300 K erhitzt, so

verbindungen des dreizähnigen Liganden Pyridin-2,6-diamidoxim, C-H3NsO; (J. Chem. Soc. Dalton Trans. (1997)

Der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Abstand im Diamant beträgt 154.45 pm. Wie groß ist die Dichte von Diamant, wenn seine Struktur eine dichte Packung von Kohlenstoff-

2793). Die Verbindung, die sie nach der Reaktion des Liganden mit CuSO, (ag) isolierten, enthielt jedoch nicht wie erwarset ein [Cu(C,H;N;0,),]° -Komplexkation. Stattdessen zeigte eine Röntgenbeugungsuntersuchung ein lineares Polymer [Cu(Cu(C,HsNs0,) (SO,)):2H,O], mit verbrückenden Sulfatgruppen. Es besitzt eine primitive

atomen ist, deren Radius gerade dem halben Abstand der

Kohlenstoffatome entspricht? Das Diamantgitter ist kubisch flächenzentriert und seine Dichte beträgt in Wirklichkeit 3.516 gcm°. Können Sie den Unterschied erklären? 20.10

20.11

20.12

20.13

monokline Elementarzelle mit a = 1.0427 nm, b = 0.8876 nm, c = 1.3777 nm, und £ = 93.254°. Die

Das Volumen einer monoklinen Elementarzelle ist abc sinß. Naphthalin besitzt eine solche Elementarzelle, die zwei Moleküle enthält und ein Seitenverhältnis von 1.377:1:1.436 hat. Der Winkel ß beträgt 122°49', die Dichte des Festkörpers ist 1.152 gcm °. Berechnen Sie die Abmessungen der Elementarzelle.

Dichte der Kristalle beträgt 2.024gcm*. Wie viele Monomereinheiten enthält die Elementarzelle? s-

Die Strukturen von kristallinen Makromolekülen können aufähnliche Weise wie die kleiner Moleküle durch Röntgenbeugung bestimmt werden. Kristallines Polyethylen besitzt eine orthorhombische Elementarzelle mit den Dimensionen 740 pm x 493 pm x 253 pm. Jede Elementarzelle enthält zwei CH,CH;-Einheiten. Berechnen Sie die theoretische Dichte von kristallinem Polyethylen. Die tatsächliche Dichte beträgt 0.92 bis 0.95gcm °.

20.15t

Heinemann (Inorg. Chem. 36 (1997) 1397) beschreiben die Synthese und Reaktivität der Ruthenium-Nitridover-

bindung [N(C,H;)J[Ru(N) (S>C;H,)2]. Das RutheniumKomplexanion enthält die beiden 1,2-Benzoldithiolat-

Liganden (3) an der Grundfläche einer rechteckigen Pyramide und den Nitrido-Liganden an der Spitze. Wie groß ist die Dichte der Verbindung, die in einer orthorhombi-

Berechnen Sie die Elektronendichte entlang der x-Achse eines Kristalls aus den folgenden Strukturfaktoren: h 0 Fn +30.0°

1 48.2

2 +6.5

h 8 MN

9

10 5

44.1

3

4 45.5

11 ar

12 ee

5 2.4 18 2

6 7 45.4 43,2 14 Ro

hf iy

si nsR;;

sR;

‚ mit

An, s= sin

A

schen Elementarzelle mit a = 3.6881 nm, b = 0.9402 nm

und c = 1.7652 nm kristallisiert und acht Formeleinheiten pro Elementarzelle enthält? Der Austausch von Ruthenium gegen Osmium ergibt eine Verbindung mit der gleichen Kristallstruktur, aber einer um weniger als 1% größeren Elementarzelle. Schätzen Sie die Dichte der Osmiumverbindung ab.

15 2

Die Beugung durch ein Paar von Atomen in einem Abstand R;; in einer definierten Orientierung kann auch theoretisch berechnet werden. Wenn das Molekül aus mehr als zwei Atomen besteht, müssen wir noch über die Beiträge von allen Atompaaren summieren. Die gesamte Winkelabhängigkeit der Beugungsintensität ist durch die Wierl-Gleichung gegeben:

(=)

D. Sellmann, M. W. Wemple, W. Donaubauer und F. W.

20.16

gen Sie, dass die Gründe für die Nichtexistenz von CaCl

1 -06,

in der Enthalpie der Reaktion 2CaCl (s)— Ca (s) + CaCl, zu suchen sind.

2

wobei / die Wellenlänge der verwendeten Elektronen ist und Ö der Beugungswinkel. Die elektronischen Streufaktorenf geben an, wie stark die verschiedenen Atome die Elektronen streuen können. (a) Sagen Sie mithilfe der Wierl-Gleichung die Lage des ersten Maximums und des ersten Minimums der Elektronen- und Neutronenbeugungsmuster vorher, die man bei der Untersuchung des Br,-Moleküls mit Neutronen von 78 pm bzw. Elektronen mit 4.0 pm Wellenlänge erhält. (b) Sagen Sie mit Hilfe der Wierl-Gleichung das Aussehen des Elektronenbeugungsmusters von CCI, vorher, wenn Sie (vorläufig) die C-CIBindungslänge nicht kennen, aber wissen, dass das Molekül tetraedrisch ist. Verwenden Sie fcı = 17f undf- = 6f und die Beziehung R(Cl — Cl) = EFRI(C — Cl). Tragen Sie I/f? gegen die Positionen der Maxima bzw. Minima

Zeigen Sie mithilfe der Born-Mayer-Gleichung für die Gitterenthalpie und eines geeigneten Born-Haber-Kreisprozesses, dass die Bildung von CaCI exotherm ist (die Sublimationsenthalpie von Ca (s) ist 176 k) mol"). Zei-

20.17

In einem intrinsischen Halbleiter ist die Bandlücke so klein, dass die Fermi-Dirac-Verteilung dazu führt, dass

einige Elektronen das Leitungsband besetzen. Aus der Exponentialform der Fermi-Dirac-Verteilung folgt dann, dass die Leitfähigkeit G, der Kehrwert des Widerstandes (mit der Einheit Siemens; 1S=1Q'), eines intrinsischen Halbleiters eine arrheniusartige Temperaturabhängigkeit zeigen sollte. Praktisch findet man G = G,e&/?KT, wobei E, die Bandlücke ist. Die Leitfähigkeit einer Probe von Germanium als Funktion der Temperatur ist in der folgenden Tabelle angegeben. Wie groß ist die Bandlücke von Germanium? T/K

G/S

312 0.0847

354 0.429

420 2.86

Schwerere. Aufgaben 20.18

8323

Wir wollen die Spektren molekularer Festkörper

quantitativ analysieren. Wir beginnen mit einem

Dimer, wobei jedes der Monomere einen einzigen Übergang mit einem Übergangsdipolmoment [EL und einer Wellenzahl ,.,, besitzen soll. Wir nehmen an, dass die Wellenfunktionen der Grundzu-

stände durch die Dimerisierung nicht gestört werden und schreiben die Wellenfunktionen ; der angeregten Zustände des Dimers als Linearkombination aus angeregten Wellenfunktionen ı, und ı7, der Monomere, YP} = cup, + cu,. Den Hamilton-Operator setzen wir als Diagonalmatrix an, wobei wir die Diagonalelemente gleich den Matrixelementen zwischen dem Grund- und dem angeregten Zustand des Monomers setzen (was als Wellenzahl ausgedrückt gerade v,,,, ergibt) und die Nichtdiagonalelemente gleich der Wechselwirkungsenergie zwischen den Übergangsdipolen. Für die in Illustration 20-1 diskutierte Anordnung können wir für diese Wechselwirkung schreiben (in Wellenzahlen)

ten, weisen darauf hin, dass derartige Moleküle zahlrei-

che ungepaarte Spins enthalten und daher ungewöhnliche magnetische Eigenschaften besitzen sollten (). ). Dannenberg, D. Liotard, P. Halvick, J. C. Rayez,J.Phys. Chem. 100 (1996) 9631). Beispielsweise wird für den Grundzustand der Verbindung C,H}, (4) mit fünf Ringen 5 = 3 vorhergesagt, wobei die Zustände S=2 undS =4 jeweils etwa 50 k] mol”! höher liegen sollen. Berechnen Sie die molaren magnetischen Suszeptibilitäten dieser drei Zustände bei 298 K. Wie groß ist die molare Suszeptibilität der Verbindung bei 298 K, wenn jeder der drei Zustände mit einem Anteil entsprechend der BoltzmannVerteilung in der Probe vorkommt (unter der Annahme, dass der Entartungsgrad für alle drei Zustände gleich ist)?

2 H mon nee

(1-3cos?#).

0

Folglich lautet die Matrix des Hamilton-Operators

20.20

Für Blei ist T. = 7.19K und H, = 63 901 Am '. Bei welcher

Temperatur wird Blei in einem Magnetfeld von 20 kAm' supraleitend?

20.21:

P. G. Radaelli, M. Marezio, M. Perroux, S. de Brion, J. L.

Tholence, Q. Huang und A. Santoro (Science 265 (1994) 380) berichten über die Synthese und die Struktur einer Substanz, die bei Temperaturen unterhalb von 45 K supraleitend wird. Die Substanz leitet sich von einer Schichtverbindung Hg,Ba,YCu,O,_, ab, die eine tetragonale Elementarzelle mit a = 0.38606 nm und

Die Eigenwerte dieser Matrix sind die Wellenzahlen », und v, des Dimers. Die zugehörigen Eigenvektoren sind die Wellenfunktionen der angeregten Zustände des Dimers; sie haben die Form (2). (a) Die Intensität der Absorption der einfallenden Strahlung ist proportional zum Quadrat des Übergangsdipolmoments (Abschnitt 9.4.2). Das Übergangsdipolmoment des Monomers ist Umon = SW} ado dt = | W5 & Wo dt, wobei ı, die Wellenfunktion des Grundzustands des Monomers ist. Nehmen

c = 2.8915 nm besitzt; die Elementarzelle enthält zwei

Formeleinheiten. Um die Verbindung supraleitend zu machen, wurde ein Teil der Yttrium-lonen durch Calcium

ersetzt; dabei änderte sich das Volumen der Elementarzelle um weniger als 1%. Wie groß ist der Calciumanteil x in supraleitendem Hg,Ba,Y,_,Ca,Cu,0;;;,wenn die Dichte der Verbindung 7.651 gcm ° beträgt.

Sie an, dass auch der Grundzustand des Dimers durch

ı), beschrieben werden kann und zeigen Sie, dass das

Übergangsdipolmoment jedes Übergangs des Dimers gleich u, = u.n(6; + €) ist. (b) Betrachten Sie ein Dimer aus Monomeren mit u... = 4:00D, van = 25 000 cm" und r = 0.5nm. Wie hängen die Wellenzahlen v, und v,

der Übergänge von dem Winkel d ab? Die relative Intensität der beiden Übergänge kann aus dem Verhältnis 2/ u? bestimmt werden. Wie hängt dieses Verhältnis von dem Winkel 9 ab? (c) Erweitern Sie dieses Modell nun auf eine Kette aus

N Monomeren

Theoretische Aufgaben 20.22

Verifizieren Sie, dass der Abstand der (hkl)-Ebenen in einem orthorhombischen Kristall mit den Seitenlängen a, b und c der Elementarzelle durch Gl. (20-3) gegeben ist.

20.23

Zeigen Sie, dass das Volumen einer triklinen Elementarzelle mit den Seitenlängen a, b und c und den Winkeln a,

(N = 5, 10, 15 und 20))

MIEH, = 4.00D, Vnon = 25 000. em! "und.r= 0.5 nm.

ß und y durch

Setzen Sie der Einfachheit halber # = O0 und nehmen Sie

V=abe(l1 — cos?a-

an, dass nur direkt benachbarte Monomere mit einer

'mon

H=

V

V

0

0

aan

Ne, a

20.24

Berechnen Sie die Raumerfüllung (a) eines kubisch primitiven Gitters, (b) eines kubisch raumzentrierten Gitters und (c) eines kubisch flächenzentrierten Gitters.

20.25

Die Koordinaten der vier lodatome in der Elementarzelle von KIO, sind (0,0,0), (0,4,4), (44,3) und (4,0,,). Berechnen Sie die Phase der an den I-Atomen gestreuten Welle im Strukturfaktor und zeigen Sie, dass die I-Atome keinen Nettobeitrag zur Intensität des (114)-Reflexes liefern.

Wie hängt die Wellenzahl des Übergangs mit der kleinsten Energie von der Kettenlänge ab? Wie hängt das

Übergangsdipolmoment des Übergangs mit der kleinsten Energie von der Kettenlänge ab? 20.19} Theoretische Untersuchungen an organischen Molekülen,

die Ketten aus ungesättigten viergliedrigen Ringen enthal-

1/2

gegeben ist. Leiten Sie mit Hilfe dieser Beziehung Ausdrücke für orthorhombische und monokline Elementarzellen her. Für die Herleitung könnte es ihnen helfen, sich an die Beziehung V =a:bxc (Spatprodukt) zu erinnern und zuerst V? zu berechnen.

Wechselwirkungsenergie V wechselwirken. Für den Fall N — 4 wäre die Hamilton-Matrix dann beispielsweise y

cos?ß — cos’y+2cosacosßcosy)

20 Materialien 2: Der feste Zustand In einer kubischen Elementarzelle sitzen Atome Amitden Streufaktorenfsan den Positionen (0,0,0), (0,1,0),

20.31

Die Magnetisierbarkeit £ und die nl Er a suszeptibilitäten lassen sich aus nn ne Me ..

(0,0,1), (0,1,1), (1,0,0), (1,1,0), (1,0,1) und (1,1,1). Ein Atom B mit dem Streufaktorfz sitzt an der Position (4,2).

der Moleküle berechnen. en sierbarkeit eines wasserstoffähnlict =

Berechnen Sie die Strukturfaktoren F,, und sagen Sie die

€ = -(e? /6m.)(r?) Be

Form des Pulverdiagramms für die Fälle (a) (b)fe= fi und (Jh =f = f vorher. DEU

R

wobei (r)

5 55 ne u ans

Ko ee

(Erwartungswert) von r“ im Atom ist. Berec Er. und y., für den Grundzustand eines wasserstoffähnlichen

= f, fs= 9

san

Atoms der Kernladungszahl Z.

20.27

Be

en =

xa

'

DL

Sa Be uBA+ Zu) ae

Fi A

= 34 + 2u 3

ne

Geuswe

) und

bekannt

} &— 3(A+u)

Verwenden Sie die Lam&-Konstanten, um die Beziehungen zwischen G, K und E aus Gl. (20-18) zu verifizieren. 20.28

20.32

Die paramagnetische Verbindung Stickstoffdioxid steht gi

Gleichgewicht mit ihrem diamagnetischen Dimer Distickstofftetroxid. Geben Sie einen Ausdruck für die Druckab-

hängigkeit der molaren magnetischen Suszeptibilität der Probe an, der die Gleichgewichtskonstante K der Dimerisierung enthält. Wie könnte die Suszeptibilität bei kon-

20.33

Wenn die Niveaus in einem Band ein Kontinuum bilden, dann können wir die Zustandsdichte, die Zahl der

stantem Druck von der Temperatur abhängen? Das NO-Molekül besitzt thermisch zugängliche elektro-

nisch angeregte Zustände. Es besitzt außerdem ALS paartes Elektron, sodass es eigentlich paramagnetisch sein sollte. Sein Grundzustand ist jedoch nicht paramagnetisch, da das magnetische Bahnmoment des Elektrons und sein Spinmoment sich fast Se ae Der

Zustände in einem Energieintervall dividiert durch die Breite des Intervalls, in der Form p(E) = dk/dE schreiben, wobei dk die Änderung der Quantenzahl k ist und d

E die dabei auftretende Energieänderung. (a) Zeigen Sie

SUSI angstesie Zustand (bei 12 lemmhlseparama zn

mithilfe von Gl. (20-21), dass

tisch, da das Bahnmoment jetzt das Spinmoment verstärkt, anstatt es auszulöschen. Das magnetische

oe

(N +1)/2nß E a N- ( = °) N

Moment dieses Zustands beträgt 2u,. Da der Zustand thermisch zugänglich ist, zeigt die paramagnetische Suszeptibilität von NO schon bei Zimmertemperatur eine deutliche Temperaturabhängigkeit. Berechnen Sie die

ist, wobei k, N, a und £ die in Abschnitt 20.3.2 beschriebene Bedeutung haben. (b) Verwenden Sie den angegebe-

molare paramagnetische Suszeptibilität von NO und skizzieren Sie sie als Funktion der Temperatur.

nen Ausdruck, um zu zeigen, dass p(E) unendlich wird,

20.29

wenn E gegen a+2ß geht. Mit anderen Worten: Zeigen

Anwendungsaufgaben

Sie, dass die Zustandsdichte an den Rändern der Bänder

20.34

Obwohl große biologische Moleküle nicht so einfach zu

eines eindimensionalen Festkörpers am größten ist.

kristallisieren sind wie kleine Moleküle, besitzen sie die

Die Behandlung in Aufgabe 20.23 gilt nur für eindimensionale Festkörper. In drei Dimensionen sieht der Verlauf der Zustandsdichte eher wie in Abb. 20-70 aus. Erklären Sie die Tatsache, dass die Zustandsdichte in einem dreidi-

gleichen Kristallstrukturen. Tabaksamenglobulin bildet kubisch flächenzentrierte Kristalle mL einer RT ER 12.3 am und einer Dichte yoni1:287 2 Berechnen Sie die Molmasse des Moleküls.

mensionalen Festkörper in der Mitte eines Bandes am größten und in der Nähe der Bandkanten am kleinsten

20.35

ist.

Welche Eigenschaften in einem Röntgenbeugungsmuster deuten darauf hin, dass ein Biopolymer eine‘Helixstruktur besitzt? Leiten Sie aus Abb. 20-26 so viele Informationen wie möglich über die Struktur eines DNA-Moleküls ab.

20.36

Keee

© =

Ein Transistor ist ein Halbleiterbauelement, das üblicher-

weise zum Schalten oder zur Verstärkung elektrischer Signale eingesetzt wird. Entwerfen Sie einen kurzen Bericht über das Design eines nanometergroßen Transis-

p-Band

=

tors, der eine Kohlenstoff-Nanoröhre als Baustein verwendet. Ein sinnvoller Ausgangspunkt ist die Arbeit von

s-Band

Tans et al. (Nature 393 (1998) 49).

Zustandsdichte, p Abb. 20-70

20.30

Zeigen Sie, dass eine Substanz, die nichtlinear auf zwei einfallende elektromagnetische Strahlen der Frequenzen @) und @, reagiert, unter anderem Strahlung mit den Frequenzen ©, + @, und &, — @, erzeugt. Dieser Effekt ist

als Frequenzmischung bekannt und wird eingesetzt, um die Frequenzbereiche von Lasern im Labor für spektroskopische und photochemische Experimente zu verändern.

20.37

Die Spitze eines Rastertunnelmikroskops kann verwendet

werden, um Atome auf einer Oberfläche zu manipulieren. Die Beweglichkeit von Atomen und Molekülen hängt von ihrer Fähigkeit ab, eine Position zu verlassen und sich an einer anderen anzulagern, folglich also von den dabei auftretenden Energieänderungen. Als Beispiel betrachten wir ein zweidimensionales Gitter aus einwertigen positiven und negativen lonen im Abstand von 200 nm, über dem sich ein Kation aufhält. Berechnen Sie durch direkte Summation die Coulomb-Wechselwirkung für dieses Ion, wenn es sich auf einem freien Gitterplatz direkt über einem Anion befindet.

Teil 3 Veränderung

Teil 3 des Buches beschäftigt sich mit Prozessen, die Veränderungen bewirken. Als Grundlage für die Diskussion von Reaktionsgeschwindigkeiten betrachten wir zunächst die Bewegung von Molekülen in Gasen und Flüssigkeiten. Danach werden wir die genaue Bedeutung des Begriffs Reaktionsgeschwindigkeit klären und sehen, wie die Gesamtgeschwindigkeit einer Reaktion und das komplizierte Verhalten mancher Reaktionen sich anhand der chemischen Elementarschritte und der auf atomarer Ebene stattfindenden Ereignisse erklären lassen. Viele chemische und physikalische Prozesse laufen an Oberflächen ab, darunter die Katalyse, deren Eigenschaften wir ebenfalls untersuchen werden. Eine ganz besondere Art von Oberflächen schließlich sind Elektroden; wir werden uns auch damit beschäftigen, wie schnell Elektronen zwischen einer Elektrode und einem Teilchen in Lösung übertragen werden können. 21. 22. 23. 24. 25.

Die Bewegung von Molekülen Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen Molekulare Reaktionsdynamik Reaktionen an festen Oberflächen

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und].de Paula

Weinheim Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, ; ISBN: 3-527-31546-2

'

Be!

Bere

Ben

A}

D a)

em

j

Kar

we

>

‚asBazu

y

rinesr züh gi air

‚Zr

HET N

\

er.

'

x

.

»} re u 1.

Dr

l>2ujremet PR

ke

ER

Al:

-

i

i

t

i

RN

f

Na Anz

vr

=

4;

7

Nr A IR

TE



#

u

VW Na

HIER

FURIENRE

£

\

=

-x »

x

0

>

I

f “2

Er



827

21 | Die Bewegung von Molekülen

Die Bewegung von Molekülen in Gasen - 827 Die kinetische Gastheorie - 828

Anwendung 21-1: Die Sonne als Ball aus idealem Gas - 835 Stöße mit Wänden und Oberflächen - 835

Eine der einfachsten Formen der Bewegung von Molekülen ist die zufällige Bewegung in Gasen. In diesem Kapitel werden wir die Geschwindigkeiten von Molekülen in Gasen mit einer übersichtlichen kinetischen Theorie erklären. Auch in Flüssigkeiten ist die Beweglichkeit von Molekülen von besonderer Bedeutung. Hier betrachten wir insbesondere die ebenfalls einfach zu beschreibende gleichförmige Bewegung von lonen im Lösung unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes. Die Bewegung von lonen und Molekülen ist, wie sich herausstellen wird, grundsätzlich ähnlich. Einige allgemeinere Betrachtungen werden uns in die Lage versetzen, den Transport von verschiedenen Eigenschaften in allen Arten von Materie durch Gleichungen zu beschreiben. Eines der wichtigsten Ergebnisse unserer Diskussion wird die Formulierung der Diffusionsgleichung sein, die beschreibt, wie sich Materie und Energie in verschiedenen Medien ausbreiten. Schließlich werden wir ein einfaches Modell für alle Arten der Bewegung von Molekülen erarbeiten und zeigen, dass wir damit viele der Eigenschaften von bewegten Molekülen sowohl in Gasen als auch in kondensierten Phasen erklären können. Der in diesem Kapitel beschriebene allgemeine Ansatz stellt uns Methoden zur Verfügung, mit denen wir die Bewegung beliebiger Teilchen in beliebigen fluiden Phasen beschreiben können. Beginnen wollen wir mit der Untersuchung einer sehr einfachen Bewegung, der von Molekülen in einem idealen Gas. Später werden wir sehen, dass sich die Bewegung von Molekülen in Flüssigkeiten grundsätzlich ähnlich beschreiben lässt. Wir konzentrieren uns zunächst auf die Transporteigenschaften von Stoffen, deren Fähigkeit also, Materie, Energie oder andere Eigenschaften von Ort zu Ort weiterzuleiten. Beispiele für solche Transporteigenschaften sind « Diffusion, der Transport von Materie in Richtung eines Konzentrationsgradienten, e Wärmeleitung, der Transport von Energie in Richtung eines Temperaturgradienten, elektrische Leitung, der Transport elektrischer Ladung in Richtung eines Potenzialgradienten und Viskosität, der Transport von Impuls in Richtung eines Geschwindigkeitsgradienten. Aus praktischen Gründen werden wir in diesem Zusammenhang

auch die Effusion

behandeln, das Ausströmen eines Gases aus einem Behälter durch ein kleines Loch.

Die Geschwindigkeit der Effusion - 836 .1.4 Transporteigenschaften idealer

Gase - 837 les Die Transportkoeffizienten : 839

Die Bewegung von Molekülen in Flüssigkeiten : 341

Experimentelle Ergebnisse - 842 Die Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen - 842 2]

lonenbeweglichkeiten - 345

2]

Leitfähigkeit und Wechselwirkungen zwischen lonen - 850 Anwendung 21-2: lonenkanäle und lonenpumpen - 85]

21.

Diffusion : 854

Die thermodynamische Sicht - 854

213:

Die Diffusionsgleichung - 858 Anwendung 21-3: Der Transport ungeladener Teilchen durch biologische Membranen - 861

2%

Diffusionswahrscheinlichkeiten - 862

Die statistische Sicht - 863

Das Wichtigste auf einen Blick - 865

Weiterführende Literatur - 866

21.1|

Die Bewegung von Molekülen in Gasen

Wir beginnen diesen Abschnitt mit einem kinetischen Modell eines idealen Gases als Ausgangspunkt für die nachfolgende Diskussion der Transporteigenschaften. Die kinetische Gastheorie geht davon aus, dass die Energie eines Gases nur aus der kinetischen Energie seiner Moleküle stammt. Als eine der bemerkenswertesten (und sicherlich auch schönsten) Theorien der physikalischen Chemie erlaubt uns dieses Modell, aus einigen knapp zu fassenden Annahmen wichtige quantitative Schlüsse zu ziehen.

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

4

Zusatzinformation 21-1: Transporteigenschaften idealer Gase - 867 Diskussionsfragen - 868

Leichte Aufgaben : 868 Schwerere Aufgaben - 871

21 Die Bewegung von Molekülen

828

Die kinetische Gastheorie

21.1.1

en: Die kinetische Gastheorie gründet sich auf drei Annahm

ier1. Das Gas besteht aus Molekülen der Masse m in kontinu licher, zufälliger Bewegung. 2. Die Größe der Moleküle ist vernachlässigbar gegenüber der Wegstrecke, die sie zwischen zwei Zusammenstößen zurücky legen. 3. Es gibt keine Wechselwirkung zwischen den Molekülen außer gelegentlichen kurzen, elastischen Stößen. $

Elastisch wird ein Stoß genannt, wenn die Translationsenergie der Stoßpartner erhalten bleibt, wenn also keine Energie auf innere Freiheitsgrade übertragen wird.

[

Druck und Molekülgeschwindigkeiten Aus den recht spärlichen Annahmen, die der kinetischen Gastheorie zugrunde liegen, ergibt sich - wie wir in der nachstehenden Begründung zeigen werden - folgende Beziehung zwischen Druck und Volumen des Gases:

mv, vor dem Stoß

1

[u (a)

(21-1)

DV. zuMe

x

die molare Masse der Moleküle ist Geschwindigkeit"),

°

M= mN, und c ist die quadratisch gemittelte

c= (u).

(21-2)

nach dem Stofg —

Begründung 21-1

-

(b)

ae

Abb. 21-1

Der Druck eines Gases kommt

durch den Aufprall seiner Moleküle auf die Gefäfßwände zustande. Beim elastischen Stoß eines Moleküls auf eine senkrecht zur x-Achse stehende Wand kehrt sich das Vor-

zeichen der Geschwindigkeitskomponente in x-Richtung um; y- und z-Komponente werden nicht beeinflusst.

v,A| erreicht die Wand

0 >

Der Druck eines Gases gemäß der kinetischen Gastheorie .

.

Wir betrachten die Anordnung in Abb. 21-1: Ein Teilchen der Masse m bewege sich mit einer Geschwindigkeit v, parallel zur x-Achse. Beim Aufprall auf die rechte Wand wird es in entgegengesetzter Richtung reflektiert, dabei ändert sich sein Impuls (das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit) von mv, (vor dem Stoß) auf -mv, (die Bewegung erfolgt nun in Gegenrichtung). Bei jedem Stoß ändert sich die x-Komponente des Impulses um 2mv,; y- und z-Komponente werden nicht beeinflusst. Für viele Moleküle ist die Gesamtimpulsänderung innerhalb eines Zeitintervalls At das Produkt aus der Anzahl der stattgefundenen Stöße und der jeweiligen Impulsänderung. Ein Teilchen mit der Geschwindigkeit v, bewegt sich während At eine Strecke v,At entlang der x-Achse; daher gelangen genau die Moleküle zur Wand, deren Abstand von ihr kleiner oder gleich v,At ist und die sich auf die Wand zu bewegen (Abb. 21-2). Analog gilt, dass eine Wand der Fläche A von allen Molekülen innerhalb des Volumens

Av,At erreicht wird. Die Teilchenzahl

pro Volumeneinheit

beträgt nN,/V mit n als Stoffmenge und N, als Avogadro-Konstante; die Teilchenzahl im Volumen Av,At ist (nN,/V)Av, At.

erreicht die Wand nicht n >

ee x

Fläche A

Volumen = |v,At|A

Abb. 21-2 Ein Molekül erreicht die rechte Wand genau dann innerhalb eines Zeitintervalls At, wenn es sich in einer Entfernung von der Wand kleiner oder gleich v, At befindet und sich auf diese zu bewegt.

In jedem Moment bewegt sich eine Hälfte der Teilchen in Richtung der rechten, die andere in Richtung der linken Gefäßwand. Die mittlere Stoßzahl in der Zeit At, bezogen auf eine der beiden Wände, ist demnach !nN, Av,At/V. Dies multipliziert mit 2mv, ergibt die Gesamtimpulsänderung: p ung — Impulsänder

nN,Av,At

mv,

nmAN,v’At nMAv?At = = =

mitM=mN,.

1) Exakt ausgedrückt handelt es sich um die Wurzel aus dem Mittelwert der Quadrate der Geschwindigkeiten, die nicht notwendigerweise dem Quadrat des Mittelwertes entspricht.

21.1

Die Bewegung von Molekülen*in Gasen

Um die Kraft zu ermitteln, berechnen wir (entsprechen d dem zweiten Newton’schen Axiom) die Geschwindigkeit der Impulsänderung, indem wir durch das Zeitintervall At dividieren: Geschwindigkeit der Impulsänderung =

y2

Da der Druck als ausgeübte Kraft pro Fläche definiert ist, folgt M

Druck =

2

m

Die Moleküle bewegen sich nicht alle mit gleicher Geschwindigkeit. Der gemes-

sene Druck ist daher der Mittelwert der eben berechneten Größe,

p

_nM(i%) v

Diese Form erinnert bereits an die Zustandsgleichung des idealen Gases. Um den Druck mithilfe der quadratisch gemittelten Geschwindigkeit c zu formulieren, schreiben wir zunächst die Geschwindigkeit v eines einzelnen Moleküls aufv”=v+ v? + v2. Aus der Definition von c, Gl. (21-2), folgt damit

a

BEE

Da sich die Moleküle in zufälliger Weise bewegen, sind die Mittelwerte der drei Komponenten gleich, also c? = 3(v?). Durch Einsetzen von (v2) = 3c? in den Ausdruck für den Druck, p=nM (v2)/V, folgt unmittelbar Gl. (21-1). Gleichung (21-1) gibt eines der wichtigsten Resultate der kinetischen Gastheorie wieder. Wir werden später sehen, dass bei konstanter Temperatur gilt pV = konstant ,

sofern die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle nur von der Temperatur abhängt. Dies ist der Inhalt des Boyle’schen Gesetzes (Abschnitt 1.1.2). Wenn außerdem Gl. (21-1) exakt als Zustandsgleichung eines idealen Gases gelten soll, kann ihre rechte Seite mit nRT gleichgesetzt werden. In diesem Fall folgt für die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases der Temperatur T 1/2

M

Daraus lesen wir ab: Die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Gasmoleküle ist proportional zur Wurzel aus der Temperatur und umgekehrt proportional zur Wurzel aus der Molmasse. Das bedeutet: Je höher die Temperatur, desto schneller bewegen sich die Moleküle; bei gegebener Temperatur bewegen sich schwerere Moleküle langsamer als leichte. Schallwellen sind Druckwellen; damit sie sich ausbreiten können,

müssen sich die Moleküle bewegen, sodass Gebiete mit höherem und mit niedrigerem Druck entstehen. Wir sollten deshalb erwarten, dass die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle mit der Schallgeschwindigkeit in Luft (340 ms") vergleichbar ist. Aus Gl. (21-3) berechnet man beispielsweise für die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit von N,-Molekülen einen Wert von 515 ms". Gleichung (21-3) beschreibt die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle. In Wirklichkeit sind die einzelnen Geschwindigkeitswerte über einen weiten Bereich verteilt und werden zusätzlich durch ständige Stoßereignisse umverteilt: Vor einem Stoß kann sich ein Teilchen schnell bewegen, durch Stoßeinwirkung auf sehr hohe Geschwindigkeit beschleunigt und durch den nächsten Stoß wieder abgebremst werden. Der Anteil der Moleküle mit einer Geschwindigkeit zwischen v und v + dv ist zur Größe des betrachteten Bereiches proportional und wird mit f(v) dv bezeichnet. Hierbei ist f(v) die Geschwindigkeitsverteilung.

21 Die Bewegung von Molekülen

830

tur T wurde Die exakte Form von f für die Moleküle eines Gases bei der Tempera von J. C. Maxwell hergeleitet und lautet

niedrige Temperatur oder hohe Molmasse mittlere

\%

ek

(21-4)

werden wir in der Die Herleitung dieser Maxwell’schen Geschwindigkeitsverteilung haften der VerEigensc die wir wollen Zuvor folgenden Begründung nachvollziehgn. 21-3): Abb. dazu (siehe nehmen teilung etwas genauer unter die Lupe

Temperatur

oder Molmasse

hohe Temperatur

oder niedrige Molmasse

f(v) Moleküle, der Anzahl relative

Mm

5 r) re MRRZEN f(v) = An (Far

Geschwindigkeit, v Abb. 21-3 Geschwindigkeitsverteilungen der Moleküle bei verschiedenen (a) Temperaturen und (b) molaren Massen. Man beachte, dass der Wert der

wahrscheinlichsten Geschwindigkeit (Maximum der Verteilungskurve, auch Häufungspunkt genannt) bei steigender Temperatur und sinkender molarer Masse größer und gleichzeitig die Verteilung breiter wird.

1. Gl. (21-4) enthält eine abfallende Exponentialfunktion, den Term e “"*/?RT, Er deutet darauf hin, dass der Anteil der Moleküle mit sehr hoher Geschwindigkeit sehr gering sein wird, da e”” für große x?’ sehr klein wird.

2. Der Faktor vor v? im Exponenten, M/2RT, ist groß, wenn die molare Masse M groß ist; der Exponentialterm geht daher für große M besonders schnell gegen null. Mit anderen Worten: Schwere Moleküle bewegen sich wahrscheinlich nicht sehr schnell. 3. Das Gegenteil trifft bei hohen Temperaturen T zu; dann wird der Faktor M/2RT klein und der Exponentialterm strebt mit zunehmendem v nur langsam gegen null. Mit anderen Worten: Bei hohen Temperaturen bewegt sich ein größerer Teil der Moleküle schnell als bei niedrigen Temperaturen. 4. Der Exponentialterm wird seinerseits mit einem Faktor v” multipliziert, der gegen null geht, wenn die Geschwindigkeit gegen null geht; der Anteil von Molekülen mit sehr geringer Geschwindigkeit ist folglich ebenfalls klein. 5. Die verbleibenden Faktoren (der Term in Klammern in Gl. (21-4) sowie 4r) sind lediglich dafür zuständig, dass sich bei der Addition aller Anteile mit Geschwindigkeiten zwischen null und unendlich immer 1 ergibt. Um mithilfe von Gl. (21-4) den Anteil der Moleküle zu berechnen, deren Geschwindigkeit in einem gegebenen engen Intervall Av liegt, berechnen wir f(v) für die betrachtete Geschwindigkeit und multiplizieren das Ergebnis mit der Breite des Intervalls. Wir bilden also f(v) Av. Wollen wir die Verteilung anwenden, wenn das gegebene Intervall so breit ist, dass wir es nicht als infinitesimal behandeln können, so haben wir das Integral

Anteil zwischen v,und v, = | f(v)dv

(21-5)

auszuwerten. Es entspricht der Fläche unter dem Graphen von f(v) und muss (abgesehen von wenigen Spezialfällen) numerisch, am besten mit einer mathematischen Software, ausgerechnet werden (Abb. 21-4). Moleküle der Anzahl relative m v,

v,

Geschwindigkeit Abb. 21-4 Zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Molekül eine

Geschwindigkeit im Bereich von v, bis v, besitzt, integrieren wir die Verteilung in diesen Grenzen; das Integral entspricht

der Fläche unter der Kurve zwischen den Begrenzungslinien (hier schattiert).

Die Boltzmann-Verteilung, die wir in Abschnitt 16.1.1 ausführlich behandelt haben, gehört zu den Kernpunkten der physikalischen Chemie. Ihre wesentliche Aussage ist, dass der Anteil der Moleküle mit den Geschwindigkeitskomponenten Va Uy und v, proportional ist zu einer Exponentialfunktion ihrer kinetischen Energie E mit

21.1

Die Bewegung von Molekülen*in Gasen

331

Unter Verwendung der Beziehung a*tr++= a” a’ a?®... können wir dann schrei-

ben

= u f=KeHkf

rim oral v2 /k — Ke (mvruthmvtmı2)/kT_ Ke

n

mw /2kT,

Oberfläche Anv?

1

mo /2kT -mu2/2kT

%

Dicke

mit K als Proportionalitätsfaktor (für eine konstante Temper atur) und f dv, dv, dv, als Anteil der Moleküle im Geschwindigkeitsbereich v, bis v, + dv,, v, bis v, + dv,

und v, bis v, + dv,. Da dieser Anteil offensichtlich in drei Faktoren zerfällt — je

einen für jede Achse -, schreiben wirf = f({v,)f(v,)f(v .) mit fw,)

=

K!3 e

Mur /2kT

(und analog für die beiden anderen Richtungen). Zur Bestimmung von K überlegen wir, dass die Geschwindigkeit jedes Moleküls irgendwo im Bereich ©

a

—oo

verwendet. Es folgt nun K= (m/2nkT)”” = (M/2rRT)”” mit M als molarer Masse der Moleküle. Wir wissen jetzt also über die x-Komponente

fe

= ( a ) el, PURE

(21-6)

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Geschwindigkeit eine Moleküls im Bereich v, bis v, + dv,, v, bis v, + dv, und v, bis v, + dv, liegt, ist gegeben durch

Fe feD FW)En.du, u. = (ua) € 3/2

Tan, du, do,

mit vv’ =v;+v} + v2. Die Wahrscheinlichkeit f(v) dv dafür, dass die Geschwindigkeit unabhängig von ihrer Richtung zwischen v und v + dv liegt, ergibt sich als Summe der Wahrscheinlichkeiten dafür, dass sich die Geschwindigkeit in einem der Volumenelemente dv, dv,dv, befindet; diese Volumenelemente haben die Gestalt von Kugelschalen mit dem Radius v und der Dicke dv (Abb. 21-5). Die Summe aller Volumenelemente auf der rechten Seite der letzten Gleichung ergibt das Volumen der betreffenden Kugelschale, 4 v? dv. Es gilt also M

U

ze

3/2

(5R r) ;

E

—Mv2 /2RT

wie in Gl. (21-4) gegeben ist.

Beispiel 21-1

Abb. 21-5 Um die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, dass ein Molekül eine Geschwin-

Die Berechnung der mittleren Molekülgeschwindigkeit eines Gases

Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit © von N,-Molekülen in Luft bei 25 °C? Vorgehen Zur Lösung dieser Aufgabe benötigen wir die in Anhang 2 dargelegten Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Zu berechnen ist die mittlere Geschwindigkeit (nicht die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit). Dazu multiplizieren wir jede Geschwindigkeit mit der Anzahl der Moleküle, für die dieser Wert zutrifft, und addieren diese Produkte. Die Summe wird durch ein Integral ersetzt, wenn das Geschwindigkeitsspektrum kontinuierlich ist. Der Anteil der Moleküle mit einer Geschwindigkeit im Bereich von v bis v + dv ist f(v) dv; das

832

21 Die Bewegung von Molekülen

Produkt aus diesem Anteil und der Geschwindigkeit ist demnach vf(v) dv. Die mittlere Geschwindigkeit © erhält man aus dem Integral

e jra Jo

die Form vonf ist in Gl. (21-4) gegeben. Antwort

Das erforderliche Integral ist

Ma z = Ang) | ME

| ar Cr Ne nM

Dabei haben wir das Standardintegral (siehe Tabellenwerke oder Software) l

| werde

20°

0

verwendet. Einsetzen der Zahlenwerte ergibt nun #

a aan

mol = )(298 a)1/2 Ben

n(28.02x10°kgmol’

)

mie Derlks mis”. ie

Übung 21-1 Man berechne die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle unter Verwendung des Integrals

R

=

c* = (2RT/M)'”

=

== (8RT/nM)

=

1/2

| xe” N

:

3

d«= =(=) 8\a°

1/2

[c = (&2)"?, 515 ms"!]

S

3 1 I =

c= (3RT/M)'“

Wie in Beispiel 21-1 gezeigt wurde, können wir mithilfe der Maxwell’schen Geschwindigkeitsverteilung die mittlere Geschwindigkeit © der Moleküle eines Gases berechnen:

BER EN tM a7 0

1 (An)

21-7=7)

i

(

v/(2RT/M)'”

(372)"

Abb. 21-6 Zusammenfassung der Schlussfolgerungen, die sich aus der Maxwell-Verteilung für Moleküle mit der Molmasse m und der Temperatur T ergeben: Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit ist c’, die mittlere Geschwindigkeit ist c und die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit ist c.

Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit c* ergibt sich aus der Lage des Maximums der Verteilung:

PER. Fe

(21-8)

Abb. 21-6 veranschaulicht diese Resultate. Aus der Verteilung können wir auch die mittlere Relativgeschwindigkeit

Abb. 21-19 (a) In Abwesenheit eines elektrischen Feldes ist die Ionenwolke sphärisch symmetrisch. (b) In Anwesenheit eines elektrischen Feldes ist sie verzerrt, die Schwerpunkte von positiver und negativer Ladung fallen nicht mehr zusammen. Die Anziehung zwischen den entgegengesetzten Ladungen verzögert die

Bewegung des Zentralions.

und 26 F2

MusZ

2

1/2

Ser

——

nme,

BIEENEIREIN

=

3

=:

24AneRT\ERT

1/2

(21-53b)

:

Hierbei ist & die Dielektrizitätskonstante des Lösungsmittels (Abschnitt 18.1.3); für einen (1, 1)-Elektrolyten gilt q = 0.586. Einige Koeffizienten A und B finden Sie in Tabelle 21-7. Im Einklang mit Kohlrauschs Experimenten wird die Abhängigkeit der Leitfähigkeiten nur von den Ladungen der Ionen bestimmt, nicht von ihrer genauen Natur. Abb. 21-20 zeigt einige Vergleiche zwischen Theorie und Experiment.

Bei sehr niedrigen Ionenstärken, also sehr geringen molaren Konzentratio-

nen (je nach Typ des Elektrolyts weniger als etwa 10° m), ist die Übereinstimmung gut.

0

2-0 £

[o)

ss (9)

Kurztabelle 21-7 Debye-Hückel-Onsager-Koeffizienten für (1,1)-Elektrolyte bei 298 K.*

u = 80 > |

Lösungsmittel

A/{mS m? mol” (mol dm”)?

B/(mol dm)"’?

Methanol

15.61

0.923

Propanon

32.8

1.63

Wasser

6.02

S 120

0.229

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Anwendung 21-2

lonenkanäle und Ionenpumpen

Der kontrollierte Transport von Ionen und Molekülen durch biologische Membranen ist das Grundprinzip etlicher wichtiger Vorgänge in lebenden Zellen, darunter die Weiterleitung von Nervenimpulsen, der Transport von Glucose in rote Blutzellen und die ATP-Synthese durch oxidative Phosphorylierung (Anwendung 17-2). Im Folgenden wollen wir verschiedene Möglichkeiten, ein Ion durch die unwirtliche Umgebung einer Lipid-Doppelschicht zu befördern, etwas genauer untersuchen. "Wir betrachten die Membran als eine Barriere, die den Transport von Ionen und Molekülen in die Zelle hinein und aus der Zelle heraus verlangsamt. Aus Anwendung 17-2. wissen wir, dass dieser Transport aus thermodynamischer Sicht zum

Abb. 21-20 Abhängigkeit der molaren Leitfähigkeiten von der Quadratwurzel der lonenstärke und Vergleich (gerade Linien) mit dem von der Debye-Hückel-OnsagerTheorie vorhergesagten Verlauf.

21 Die Bewegung von Molekülen

852 Spannungs-

quelle und Strommessgerät Patch-

Elektrode

Mikropipette lonenkanal


ee

) langsam

>00

((

)

(b)

Aus Gl. (22-45) können wir ablesen, dass für k, > k, die Geschwindigkeit der Bildung des Endproduktes P nur noch von der kleineren der beiden Geschwindigkeitskonstanten abhängt. Entscheidend ist mit anderen Worten, wie schnell I gebildet wird und nicht, wie schnell sich I anschließend in P umwandelt. Aus diesem Grund nennt man den Schritt A —I „geschwindigkeitsbestimmend“ für die Gesamtreaktion. Bildlich kann man sich vorstellen, dass eine sechsspurige Autobahn an eine einspurige Brücke anschließt: Der Verkehrsfluss auf der Autobahn wird davon bestimmt, wie schnell die Autos die Brücke passieren können. Ähnliche Argumente lassen sich auch für kompliziertere Mechanismen finden. Allgemein versteht man unter dem geschwindigkeitsbestimmenden Schritt den langsamsten Schritt im Mechanismus, von dem die Geschwindigkeit der Bruttoreaktion abhängt. Allerdings reicht es nicht aus, dass ein Schritt langsam ist, er muss außerdem kritisch für die Produktbildung sein; kann eine schnellere Nebenreaktion auch zu den Produkten führen, so ist der langsamste Schritt bedeutungslos, weil er umgangen werden kann (Abb. 22-16). Die Geschwindigkeit einer Reaktion, deren Mechanismus einen geschwindigkeitsbestimmenden Schritt enthält, lässt sich oft durch bloßes Ansehen der Gleichungen feststellen: Bestimmt der erste Schritt die Geschwindigkeit, dann ist die Gesamtgeschwindigkeit gleich der Geschwindigkeit des ersten Schritts — alle nachfolgenden Schritte finden so schnell statt, dass jedes gebildete Molekül des Intermediats umgehend zum Produkt weiter reagieren kann. Abb. 22-17 zeigt das Reaktionsprofil für einen Mechanismus dieser Art; der langsamste Schritt ist derjenige mit der höchsten Aktivierungsenergie. Moleküle, die diese Barriere einmal überwunden werden, reagieren kaskadenartig zum Produkt. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt muss aber nicht unbedingt die höchste Aktivierungsbarriere besitzen; die Ursache kann auch sein, dass ein entscheidender Ausgangsstoff nur in geringer Konzentration vorliegt.

A+B-— P, A+B-P,

schnell >

(a € ) schnell

k'

->0,+0,

Produkte >Ö)

(unvollständigen)

k,

0500,

langsam

(22-46)

>09

schnell

Abb. 22-16 Schematische Darstellung verschiedener Mechanismen; die dicken

Pfeile stehen für schnelle, die dünnen für

langsame Schritte. (a) Der erste Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend. (b) Der zweite Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend. (c) Der langsame Schritt ist nicht geschwindigkeitsbestimmend, weil es einen schnellen Umweg gibt, der ebenfalls zum Produkt führt.

potenzielle Energie GBS

schnell

schnell

®-8>0>I . ®

Reaktionskoordinate Abb. 22-17 Reaktionsprofil für einen Mechanismus, dessen erster Schritt (GBS) geschwindigkeitsbestimmend ist.

902

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

Diese Gleichung gibt die kinetische Kontrolle des Verhältnisses verschiedener Produkte einer Reaktion wieder. Häufig begegnet man diesem Phänomen in der organischen Chemie: Die Ausgangsstoffe werden so gewählt, dass Wege begünstigt

werden, die zum gewünschten Produkt führen. Sobald sich allerdings das Gleichgewicht eingestellt hat, ist das Produktverhältnis nicht mehr von kinetischen, son-

dern von thermodynamischen Parametern bestimmt und richtet sich nach dem Verhältnis der Freien Standardenthalpien aller beteiligten Reaktanten und Produkte. F Vorgelagerte Gleichgewichte Nachdem wir nun einfache Folgereaktionen beschreiben können, wollen wir uns

einem etwas komplizierteren Fall zuwenden - einem Mechanismus, der ein Gleich-

gewicht zwischen einem Intermediat I und den Ausgangsstoffen A und B enthält:

AB STER.

(22-47)

Die Geschwindigkeitskonstanten bezeichnen wir mit k, und k/ (Hin- und Rückreaktion des Gleichgewichts) sowie k, (Reaktion zum Produkt P). Teil dieses Mechanismus ist ein vorgelagertes Gleichgewicht, ein Gleichgewicht zwischen einem Intermediat und den Ausgangsstoffen. Ein solches Gleichgewicht kann sich einstellen, wenn die Bildung des Zwischenstoffs I und sein Zerfall in die Edukte sehr viel

schneller erfolgt als die Reaktion von I zum Produkt P, wenn also k) > k,, aber nicht k, > k{ ist. Da wir für A, B und I ein Gleichgewicht annehmen, formulieren wir I X = A

k, under = k

(22-48)

Hierbei haben wir bereits angenommen, dass die Geschwindigkeit, mit der sich lin P umwandelt, zu gering ist, als dass es die Einstellung des Gleichgewichts stören könnte (siehe Beispiel 22-8). Für die Bildungsgeschwindigkeit von P gilt dann

—-[]=k,Kla][B].

|

(22-49)

Diese Gleichung hat die Form eines gewöhnlichen Geschwindigkeitsgesetzes zweiter Ordnung, nur mit einer zusammengesetzten Geschwindigkeitskonstante:

—=k[A]B]

mit

k=k,K=

kıky

k,

(22-50)

Beispiel 22-8 Die Analyse eines vorgelagerten Gleichgewichts

Wiederholen Sie die Analyse des vorgelagerten Gleichgewichts unter Berücksichtigung der Tatsache, dass I sich langsam in P umwandelt.

Vorgehen Wir gehen von den Änderungen der Konzentratione n aller beteiligten Stoffe aus und nehmen dann einen quasistationären Zustand für Ian. Mit dem so erhaltenen Ausdruck können wir die Änderung der Konzen tration von P beschreiben. Antwort

dp]

a

Für die Änderungen der Konzentrationen von P und I gilt =k, u

Ur=R [ABI -KM-k,[1]=0.

22.2

Theorie der Reaktionskinetik

903

Durch Auflösen der zweiten Gleichung finden wir

n. «lalle] Be;

Diesen Ausdruck setzen wir in die Gleichung für die Bildungsgeschwindigkeit von P ein: d [P] =; —; klAlLB]

mit3

k.kı, oe

Dieses Ergebnis geht in Gl. (22-50) über, wenn die Geschwindigkeitskonstante für die Umwandlung von I in P viel kleiner ist als die für den Zerfall von C in die Edukte, wenn also k, < k/ ist.

Übung 22-9 Zeigen Sie, dass ein Mechanismus mit einer Reaktion I+ B—P (k,) und einem vorgelagerten Gleichgewicht 2A = I (K) insgesamt zu einer Reaktion dritter Ord-

nung führt.

[d [P]/dt = k,K [A]*[B]]

Der kinetische Isotopieeffekt Will man einen plausiblen Mechanismus für eine Reaktion postulieren, so muss man das Schicksal der einzelnen Atome während der Bildung der Produkte in zahlreichen Experimenten genau verfolgen. Zur Identifikation einzelner Bindungsspaltungen ist der kinetische Isotopieeffekt nützlich, eine Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit beim Austausch eines Atoms in einem Ausgangsstoff gegen ein schwereres Isotop. Einen primären Isotopieeffekt beobachtet man, wenn der geschwindigkeitsbestimmende Schritt den Bruch einer Bindung enthält, an der das Isotop selbst beteiligt ist. Wenn die Geschwindigkeit sinkt, obwohl das Isotop nicht unmittelbar vom Bruch der Bindung betroffen ist, spricht man von einem sekundären Isotopieeffekt. Die Ursache ist in beiden Fällen eine Veränderung der Aktivierungsenergie durch den Austausch der Isotope, die wiederum durch Veränderungen in den Nullpunktsschwingungsenergien bewirkt wird (Abschnitt 13.3.1). Zunächst betrachten wir den Ursprung des primären kinetischen Isotopieeffekts in einer Reaktion, deren geschwindigkeitsbestimmender Schritt die Spaltung einer CH-Bindung ist. Die Reaktionskoordinate entspricht einer Streckung dieser Bindung; das zugehörige Potenzialprofil sehen Sie in Abb. 22-18. Die Deuterierung setzt vor allem die Nullpunktsschwingungsenergie der Bindung herab (weil ein Deuteriumatom schwerer ist als ein Wasserstoffatom). Ansonsten ändert sich die Potenzialkurve nicht; die Kraftkonstante der relevanten Schwingung im aktivierten Komplex ist ohnehin gering, weshalb die Nullpunktsenergie für die Reaktionskoordinate beider isotopomerer Formen des aktivierten Komplexes kaum ins Gewicht fällt. In guter Näherung können wir annehmen, dass eine Änderung der Aktivierungsenergie allein durch die Änderung der Nullpunktsenergie der Streckschwingung zustande kommt:

EIC-D)-

EC

HI)= M{ghestc - H)-zheitc-D)|

(22-51)

mit v als der Wellenzahl der zugehörigen Schwingung. Aus Abschnitt 13.3.1 wissen wir, dass v(C—-D) = Ve le — H) ist (u ist die jeweilige effektive Masse). Daraus folgt

EC = DIE, € =

zmnene-mı- (ke). Hco

(22-52)

potenzielle Energie

Reaktionskoordinate

Abb. 22-18 Auswirkung der Deuterierung einer zu brechenden C-H-Bindung auf das Reaktionsprofil. C-H- und C-D-Bindung sind hier als einfache harmonische Oszillatoren modelliert. Die einzige wesentliche Änderung betrifft die Nullpunktsenergie der Reaktanten, die für die C-D-Bindung kleiner ist als für die C-H-Bindung. Aus diesem Grund ist die Aktivierungsenergie für den Bruch der CD-Bindung gröfßser.

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

904

die DeuterieNehmen wir weiter an, dass sich der präexponentielle Faktor durch konstanten digkeits Geschwin der s Verhältni das für sich ergibt so rung nicht ändert, beider Reaktionen BO,

an \Wellenfunktion

potenzielle Energie

Reaktionskoordinate Abb. 22-19 Ein Proton kann die Aktivierungsbarriere zwischen Ausgangsstoffen und Reaktionsprodukten durchtunneln;

dadurch nimmt die effektive Höhe der Barriere ab und die Geschwindigkeit der Protonentransferreaktion zu. Dieser Effekt wurde hier durch die schematisch eingezeichnete Wellenfunktion des Protons in der Nähe der Barriere angedeutet. Das Tunneln von Protonen ist nur bei sehr

:

‚_hev(€-H)

Ten

1

(=)

22853

a)

2

Dabei ist A > 0 wegen Wcn > Hcn; das, Verhältnis k(C — D)/k(C — H) nimmt mit sinkender Temperatur ab.

Illustration 22-2

Eine Abschätzung des primären kinetischen Isotopieeffekts

Aus Infrarotspektren kennen wir die Wellenzahl der Grundschwingung der CHStreckung, sie beträgt ungefähr 3000 cm’. Mit Ycy/Hcn = 0.538 und Gl. (22-53) folgt k(C — D)/k(C — H) = 0.145 bei 298K. Wir können daher voraussagen, dass

' der Bruch der C H-Bindung bei Raumtemperatur sieben Mal so schnell erfolgt wie der Bruch der CD-Bindung (bei ansonsten gleichen Bedingungen). Experi\ mentelle Ergebnisse für das Verhältnis k(C — D)/k(C — H) können von den Resul-

| taten des Modells, Gl. (22-53), allerdings erheblich abweichen, weil die gemachten Annahmen doch recht schwerwiegend sind.

tiefen Temperaturen von Bedeutung, wenn

der allergrößte Teil der Ausgangsstoffe die Barriere nicht überwinden kann.

In einigen Fällen führt der Austausch von Wasserstoff gegen Deuteriumatome zu Verhältnissen k(C — D)/k(C — H), die zu klein sind, um sie durch GI. (22-53) zu erfassen - selbst dann, wenn man zur Bestimmung des Verhältnisses umfangreichere Modelle anwendet. Derart exotische Isotopieeffekte deuten darauf hin, dass das quantenmechanische Tunneln von Wasserstoffatomen durch die Aktivierungsbarriere eine Rolle im betrachteten Reaktionsmechanismus spielt (Abb. 22-19). Aus Abschnitt 9.1.3 wissen wir, dass die Wahrscheinlichkeit des Tunnelns durch eine Barriere mit zunehmender Masse der beteiligten Teilchen abnimmt; Deuteriumatome tunneln also weniger effizient als Wasserstoffatome und reagieren entsprechend langsamer. Tunnelprozesse können dominierende Wege für Wasserstoffoder Protonentransferreaktionen sein, wenn die Temperatur so niedrig ist, dass nur

wenige Moleküle die Aktivierungsbarriere überwinden können. In Kapitel23 werden wir sehen, dass Tunnelprozesse auch entscheidend zur Geschwindigkeit von Elektronentransferreaktionen beitragen, weil die Masse des Elektrons so gering ist. Betrachten wir nun den sekundären Isotopieeffekt. Er kommt durch Unterschiede zwischen den Nullpunktsenergien der Ausgangsstoffe und eines aktivierten Komplexes deutlich anderer Struktur zustande. Die Aktivierungsenergie einer undeuterierten Verbindung betrage

E,(H) = E, + Ei,,(H) - Eiwo(H) mit E, als der Differenz zwischen den Minima der Potenzialkurven des aktivierten

Komplexes und des Reaktanten im Grundzustand; E,,,(H) und E,,.o(H) sind die Nullpunktsschwingungsenergien dieser beiden Zustände (Abb. 22-20). Für die deuterierte Verbindung gilt entsprechend V

potenzielle Energie

Reaktionskoordinate

Abb. 22-20 Die Differenz der Nullpunktsschwingungsenergien, die zur Erklärung des sekundären kinetischen Isotopieeffekts herangezogen wird.

Ex(D) = Ex + Eio(D) — Eino(D) . Die Differenz der Aktivierungsenergien ist folglich E,(D) - E,(H) = (ED)

= E,,0(D) } = ale)

= Eiw.o(H)} 1

22.2

Theorie der Reaktionskinetik

Wir gehen Aun davon aus, dass die Differenz der Nullpunktsenergien ausschließlich durch die Schwingung einer einzelnen C-H- bzw. C-D-Bindung hervorgerufen wird, und schreiben

E,(D) - E,(H) = >1 Na h.c{V;(C-D) - v(C-D)}

den

N

ö

c{W (C-H) - V(C-H))}

(22-54)

mit v' und Vals Schwingungswellenzahlen für den Reaktanten bzw. den aktivier-

ten Komplex. Wegen W(C-D) = (key /ttcn)""W(C-H) und I(C-D) = (ken/tcn)"” v(C-H) folgt dann 1/2

1

In. : ciben (C-H) CeHn)S -ViecH ED ZENDE EN 5 H (ee) FE

; (22-55)

und

DDr

kn) ze

mit

A=

vic-H) rm tcerhe SE

}

any (=)

18.

(22-56)

Weil ueu/lcn < 1 ist, wird (vorausgesetzt, die Schwingungswellenzahl des aktivierten Komplexes ist kleiner als diejenige des Reaktanten) A < 1 und die deuterierte Verbindung reagiert langsamer als die undeuterierte.

Illustration 22-3

Eine Abschätzung des sekundären kinetischen Isotopieeffekts

Der aktivierte Komplex der heterolytischen Dissoziation CHCI, — CHCI; + CI ähnelt dem Produkt CHC];. Aus Infrarotspektren ist die Wellenzahl einer Knickschwingung bekannt, an der die CH-Gruppe beteiligt ist (rund 1350cm! in ı CHC], und rund 800 cm! in CHCI;). Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit des aktivierten Komplexes mit dem Produkt CHCI; setzen wir v'(C — H) = 800cm". Dann folgt aus ucy/tcp = 0.538 und Gl. (22-56) das Verhältnis k(D)/k(H) = 0.709 | bei 298K. Anhand dessen sagen wir voraus, dass die Dissoziation von CHC], bei Raumtemperatur um rund 40% schneller verlaufen sollte als die Dissoziation von CDC],;. Durch Vergleich mit dem Ergebnis aus Illustration 22-2 sehen wir, dass der sekundäre kinetische Isotopieeffekt zu höheren Werten des Verhältnisses k(D)/k(H) | führt als der primäre kinetische Isotopieeffekt. Diese Schlussfolgerung wird durch verschiedene experimentelle Resultate gestützt. Anwendung 22-1

Die Kinetik des Helix-Knäuel-Übergangs in Polypeptiden

In Anwendung 16-1 haben wir gesehen, dass sich die thermodynamischen Aspekte des Helix-Knäuel-Übergangs in Polypeptiden mit einem einfachen statistischen Modell beschreiben lassen. Die Entfaltung eines Polypeptids beginnt irgendwo in der Mitte der Kette mit dem Nukleationsschritt, der weniger wahrscheinlich ist als die verbleibenden Propagationsschritte; der Übergang setzt sich in kooperativer Weise fort, wobei das Polymer umso anfälliger auf Strukturänderungen wird, je mehr Propagationsschritte bereits stattgefunden haben. An dieser Stelle wollen wir nun die Kinetik des Helix-Knäuel-Übergangs betrachten. Der Schwerpunkt

soll dabei auf experimentellen Strategien und einigen aktuellen Resultaten liegen. Bei frühen Arbeiten zur Faltung und Entfaltung kleiner Polypeptide und ausgedehnter Proteine wendete man in erster Linie Stopped-Flow-Methoden an. In einem typischen Versuch mischt man eine Probe des Proteins mit einem chemischen Denaturierungsmittel (etwa Harnstoff oder Guanidiniumhydrochlorid) in höher Konzentration mit einer Probe, die eine sehr viel niedrigere Konzentration des Denaturierungsmittels enthält. Beim Eintritt in die Mischkammer wird das Denaturierungsmittel verdünnt und das Protein beginnt sich zu falten. Umge-

905

906

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

man eine Probe des kehrt beobachtet man den Übergang zum Knäuel, indem gsmittel in sehr rierun Denatu das die gefalteten Proteins mit einer Lösung mischt, viel höherer Konzentration

enthält. Solche Versuche sind sehr gut zur Unter-

n ablaufen, etwa suchung von Vorgängen geeignet, die innerhalb von Millisekunde der Elelix eines ten Segmen en einzeln die Ausbildung von Kontakten zwischen hin, dass ein darauf jedoch deuten großen Proteins. Die verfügbaren Messwerte abläuft, Skala undenllisek Sub-Mi der auf wesentlicher Teil des Faltungsprozesses Ereigeren schnell Solche ist. ich die mit Stopped-Flow-Verfahren nicht zugängl otoBlitzph und rungatursp Temper nisse untersuchte man in jüngerer Zeit mit Schleife lyse-Experimenten. Bei Raumtemperatur kann sich beispielsweise eine ausekunde Mikros einer von lb innerha zwischen Helix- oder Faltblattsegmenten en ren entsteh struktu Tertiär kanten bilden; dicht gepackte Einheiten mit signifi g und Bildun n die gehöre en Prozess sten innerhalb von 10-100us. Zu den schnell der Zerfall von Helices und Faltblattstrukturen aus völlig ungefalteten Peptidketten. Im Folgenden soll gezeigt werden, wie man den Helix-Knäuel-Übergang mit laserinduzierten Temperatursprüngen untersuchen kann. Das Verfahren des laserinduzierten Temperatursprungs beruht auf der Tatsache, dass sich Proteine bei hohen Temperaturen entfalten (schmelzen) und dass jedes Protein eine charakteristische Schmelztemperatur aufweist. Auch bei sehr niedrigen Temperaturen verlieren Proteine die natürliche Struktur (man nennt das eine kalte Denaturierung) - wird die Temperatur dann erhöht (aber noch deutlich unterhalb der Schmelztemperatur gehalten), so bilden sich wieder Faltstrukturen. In Abhängigkeit von der Anfangs- und der Endtemperatur der Probe kann man mit einem Temperatursprungexperiment also entweder die Faltung des Proteins oder den Zusammenbruch zum Knäuel beobachten. Bei Versuchen beider Art kommt es vor allem darauf an, die Temperatur so

rasch zu ändern, dass sich auch sehr schnelle Relaxationsprozesse verfolgen las-

sen. Für dieses Problem wurden einige geschickte Lösungen gefunden. So kann man mit einem gepulsten Laser gelöste Farbstoffmoleküle elektronisch anregen, die dann vorrangig durch innere Umwandlung (Abgabe von Wärme an die Lösung) desaktiviert werden. Andere Ansätze arbeiten mit einer direkten Anregung von Obertonschwingungen der O-H- oder O-D-Streckschwingungen in H,O bzw. D,O mit einem gepulsten IR-Laser. Mit diesem Verfahren kann man die Temperatur in einem kleinen bestrahlten Probenvolumen innerhalb von weniger als 100 ps um 20K anheben. Zur Verfolgung der Relaxation der Probe bieten sich verschiedene spektroskopische Methoden an, darunter Absorptions-, Emissionsund Ramanspektroskopie. Das Infrarotspektrum eines Polypeptids zum Beispiel hängt von dessen Konformation ab, weil sich die Frequenzen der N-H-Streckschwingung (im Bereich von 1630 bis 1670 cm!) in Helices und im statistischen Knäuel deutlich voneinander unterscheiden. Ein Großteil der kinetischen Studien zum Helix-Knäuel-Übergang bezieht sich auf kleine, synthetische Polypeptide, die viel Alanin enthalten, eine Aminosäure, die bekanntermaßen Helixstrukturen stabilisiert. Sowohl die experimentellen Resultate als auch Ergebnisse statistisch-mechanischer Berechnungen deuten darauf hin, dass der Zusammenbruch der Faltblattstruktur in mindestens zwei Schritten verläuft: einem sehr schnellen Schritt, gekennzeichnet durch den Übergang von Aminosäuren an beiden Enden der Helix zum Knäuel, und einem langsameren (geschwindigkeitsbestimmenden) Schritt, dem kooperativen Zusammenbruch des Rests der Kette unter Verlust der dreidimensionalen Struktur. Wenn wir Aminosäuren, die zu helikalen und knäuelförmigen Strukturabschnitten beitragen, mit h bzw. k bezeichnen, so können wir diesen Mechanismus wie folgt zusammenfassen: hhhh... — chhh...sehr schnell

chhh... — cecc...

geschwindigkeitsbestimmend

Den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt macht man für die Relaxationszeit von 160 ns verantwortlich, die bei einem laserinduzierten Temperatursprung von

22.2

Theorie der Reaktionskinetik

907

282.5 K auf 300.6 K an einem alaninreichen, 21 Aminosäuren enthaltenden Polypeptid gemessen wurde. Der begrenzende Faktor für die Geschwi ndigkeit des Helix-Knäuel-Übergangs in diesem Peptid ist vermutlich die Aktivier ungsbarriere von 1.7kJ mol! für Nukleationsschritte der Art ...hhhh... =... .hheh.. . in der Mitte der Kette. Die Nukleation ist demnach nicht nur thermodynamisch ungünstig,

sondern auch kinetisch langsam. Modelle, die mit Argumenten aus der statistis chen Thermodynamik arbeiten, sagen außerdem für Übergänge...hhhh...— ...chhh... an den Enden eines helikalen Segments eine deutlich geringere Aktivierungsenergie voraus, weil die sich umwandelnde Aminosäure hier nicht von h-Bereichen eingeschlossen ist. Die Zeitkonstante für den Helix-Knäuel-Übergang von Proteinen wurde ebenfalls gemessen. Die Helixstruktur von Apomyoglobin (Myoglobin ohne den HämCofaktor) bricht offenbar mit einer Relaxationszeit von SO ns zusammen: das ist noch weniger, als man bei synthetischen Peptiden misst. Diese Ergebnisse zu interpretieren, ist vorerst noch zu kompliziert, weil wir noch nicht wissen, inwiefern die Zeitkonstante des Helix-Knäuel-Übergangs durch die Aminosäuresequenz oder Wechselwirkungen zwischen den Helices in einer dreidimensionalen Struktur beeinflusst wird.

22.2.3

Unimolekulare

Reaktionen

In der Gasphase findet man eine ganze Reihe von Reaktionen erster Ordnung, beispielsweise die bereits erwähnte Isomerisierung von Cyclopropan:

cyclo-C;H, — CH,CH=CH,

mit

v = klcyclo-C,H,] .

(22-57)

Das Problem bei derartigen Reaktionen erster Ordnung ist, dass die Moleküle die für die Reaktion nötige Energie durch Stöße mit anderen Molekülen aufnehmen müssen. Stöße sind aber bi molekulare Ereignisse; wie kann dann ein Geschwindigkeitsgesetz erster Ordnung resultieren? Gasphasenreaktionen erster Ordnung werden häufig als „unimolekulare

sächlich eine unimolekulare

Reaktionen“ bezeichnet, da ihr Schlüsselschritt tatElementarreaktion ist, in der das Edukt zum Produkt

reagiert. Trotzdem muss dieser Ausdruck mit einiger Vorsicht verwendet werden, da der gesamte Mechanismus sowohl uni- als auch bimolekulare Schritte enthält.

Der Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus Die erste erfolgreiche Erklärung unimolekularer Reaktionen wurde im Jahre 1921 von Frederick Lindemann gegeben und danach von Cyril Hinshelwood weiter ausgebaut. Der Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus geht davon aus, dass ein Molekül des Ausgangsstoffs A durch einen Stoß mit einem weiteren Molekül A Energie aufnimmt (Abb. 22-21):

Aue

ATEA:,

IA.

(22-58)

Das angeregte Molekül kann seine Energie durch einen weiteren Stoß wieder abgeben:

&

R

BEN are

FW

ie

ea kjla [Ali

(22-59)

Es kann aber auch unimolekular zum Produkt P reagieren:

Apr

d[A'] dt

--k[A].

Abb. 22-21

&

Produkte

Schematische Darstellung des

Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus unimolekularer Reaktionen. Das Teilchen A wird durch Stöße mit anderen Teilchen

angeregt, das angeregte Teilchen A* kann

(22-60)

entweder durch weitere Stöfe desaktiviert werden oder in einem unimolekularen Prozess zerfallen und Produkte bilden.

908

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

er geschwindigkeitsbestimWenn der unimolekulare Schritt so langsam ist, dass Ordnung. Wir können dies mend wird, dann beobachten wir eine Reaktion erster Zustand annehmen: explizit zeigen, indem wir für [A'] einen quasistationären

aa,

har

-KIANA-MIAI=O.

(22.61)

Daraus ergibt sich

(22-62

“ __ la AISGem

|

sodass wir für die Bildungsgeschwindigkeit von P erhalten

—-

=k, [A] —

kıkı [AT De

(22-63)

k,+ k, [A]

Dieses Geschwindigkeitsgesetz ist aber (noch) nicht erster Ordnung bezüglich A. Wenn jedoch die Geschwindigkeit der Desaktivierung angeregter A-Moleküle durch (A’, A)-Stöße viel schneller ist als die Geschwindigkeit der unimolekularen Reaktion, also

K.[A'[AJ>k,[A)])

oder

K[AJ>k,

gilt, so können wir k, im Nenner vernachlässigen und erhalten

=k[A]l

mit

‚k k= = 2.

(22-64)

a

Dies ist nun ein Geschwindigkeitsgesetz erster Ordnung, wie es experimentell beobachtet wird. Dieser hypothetische Mechanismus kann überprüft werden, weil er vorhersagt, dass die Reaktion zu einer Kinetik zweiter Ordnung übergeht, wenn die Konzentration (also der Partialdruck) von A klein wird. Für k/ [A] < k, wird aus Gl. (22-63)

CB: AI:

(22-65)

Der physikalische Grund für den Wechsel der Reaktionsordnung ist, dass bei sehr kleinen Partialdrücken von A die bimolekulare Bildung von A’ der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Gesamtreaktion ist. Wenn wir das vollständige Geschwindigkeitsgesetz aus Gl. (22-63) in der Form als) _ . > k[Al

mit

BEaaN k= real

(22-66)

schreiben, dann können wir den Ausdruck für die effektive Geschwindigkeitskonstante k zu

ee

N

(22-67)

umformen. Somit können wir die Theorie überprüfen, indem wir 1 /k gegen 1/[A] auftragen. Wenn die Theorie richtig ist, muss sich eine Gerade ergeben.

22.2

Theorie der Reaktionskinetik

909

Das RRK-Modell

Im Großen und Ganzen stimmt der durch den Lindemann-Hi nshelwood-Mechanismus vorhergesagte Wechsel der Reaktionsordnung mit den experimentellen Daten überein. Im Detail gibt es jedoch sehr wohl Abweichungen. Ein typisches Beispiel für eine Auftragung von 1/k gegen 1/[A] ist in Abb. 22-22 gezeigt. Bei hohen Drü-

cken (entsprechend einem niedrigen Wert von 1 /[Al) weicht die Kurve deutlich von einer Geraden ab und zeigt größere Werte von k (kleinere Werte von 1/k) an, als

man durch Extrapolation der hinreichend linear aufzutragenden Daten bei niedrigem Druck (hohem Wert von 1/|A]) abschätzen würde. O.K. Rice, H. C. Ramsperger und - gleichzeitig, aber unabhängig von den beiden Erstgenannten — L. S. Kassel schlugen 1926 einen verbesserten Ansatz vor, der heute als Rice-Ramsperger-Kassel-Modell (RRK-Modell) bezeichnet wird. Verschiedene Wissenschaftler, insbesondere R. A. Marcus, entwickelten das Modell weiter zum RRKM-Modell. An dieser Stelle wollen wir die Grundzüge von Kassels Überlegungen nachvollziehen, Details finden Sie in Zusatzinformation 22-1 am Ende dieses Kapitels. Der Kerngedanke des Modells lautet: Auch wenn ein Molekül insgesamt energiereich genug ist, um reagieren zu können, ist diese Energie über alle seine Bewegungsfreiheitsgrade verteilt; die Reaktion findet aber nur dann tatsächlich statt, wenn sich eine hinreichend große Energie in der entscheidenden Region des Moleküls (etwa einer Bindung) ansammelt. Die Wahrscheinlichkeit P, dass diese Situation eintritt, ist, wie wir in der Zusatzinformation zeigen werden, E

E*

s")/k (10°

0

0

0.5

.

\

1

135

(10° mol dm’) /[A] Abb. 22-22 Die Druckabhängigkeit der unimolekularen Isomerisierung von trans-CHD=CHD zeigt deutliche Abweichungen von der durch Gl. (22-67) auf der Grundlage des Lindemann-HinshelwoodMechanismus vorhergesagten Gerade.

st

P= (i= =)

(22-683)

mit s als Anzahl der Bewegungsfreiheitsgrade, über die sich die Energie verteilt, und E* als der für den gewünschten Bindungsbruch erforderlichen Energie. Unter der Voraussetzung, dass die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zu P ist, können wir die unimolekulare Geschwindigkeitskonstante für die Umwandlung von A’ in Produkte in der Kassel-Form aufschreiben: N

k,(E) = (1-5)

sl

k, mit

E>E*.

(22-686)

Hier ist k, die Geschwindigkeitskonstante aus der ursprünglichen Theorie von Lindemann. Die durch GI. (22-68) gegebene Energieabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante istin Abb. 22-23 für verschiedene Werte von s dargestellt. Wie Sie erkennen können, ist

die Geschwindigkeitskonstante bei einer gegebenen Anregungsenergie kleiner, wenn s größer ist, weil es dann länger dauert, bis sich die Anregungsenergie über alle Oszillatoren eines großen Moleküls bis zur kritischen Mode fortgepflanzt hat. Wird E sehr groß, so nähert sich der Klammerausdruck jedoch 1; dann wird k,(E) unabhängig von der Energie und der Anzahl der Oszillatoren im Molekül, weil sich sofort und ungeachtet der Molekülgröße genügend Energie in der kritischen Mode ansammeln kann.

Die Aktivierungsenergie einer zusammengesetzten Reaktion Angenommen, die Geschwindigkeit jedes einzelnen Schrittes in einem komplizierten Mechanismus nimmt mit der Temperatur zu und zeigt Arrhenius-Verhalten. Gilt dies dann auch für den Mechanismus in seiner Gesamtheit? Um diese Frage zu beantworten, betrachten wir den Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus im Grenzfall hohen Drucks auf der Grundlage von Gl. (22-64). Zeigt die Temperaturabhängigkeit jeder der Geschwindigkeitskonstanten ein Arrhenius-ähnliches Verhalten, so können wir jeweils Gl. (22-31) ansetzen und erhalten k

1% ky



(A,e

FA@/RT)(

A,eFbV/RT)

(Aye —E'1(a)/RT Fuer)

et A, Av etEnl@atEAlD)-Eala))/RT = /

A,

E/E* Abb. 22-23 Energieabhängigkeit der in Gl. (22-68) gegebenen Geschwindigkeitskonstante für drei Werte von s.

2

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

910

Abb. 22-24 Bei der Diskussion einer Reaktion mit vorgelagertem Gleichgewicht sind drei Aktivierungsbarrieren zu berücksichtigen, zwei für die reversiblen Teilschritte des Gleichgewichts und eine für

den letzten Schritt. Das Verhältnis der Aktivierungsenergien entscheidet, ob die Aktivierungsenergie der Gesamtreaktion (a) positiv oder (b) negativ ist.

potenzielle Energie

potenzielle Energie

(a)

(b)

Reaktionskoordinate

Reaktionskoordinate

Die Geschwindigkeitskonstante k der zusammengesetzten Reaktion hat also eine Arrhenius-ähnliche Form mit der Aktivierungsenergie E,—=E,(a)

+Eı(b)

E,(a).

Diese Aktivierungsenergie

ist (E,(a)+ E,(b) > E’,(a) vorausgesetzt)

(22-70)

positiv, also

nimmt die Geschwindigkeit mit steigender Temperatur zu. Es ist allerdings auch denkbar, dass E,(a) + E,(b) < E’,(a) wird (Abb. 22-24); dann ist die Aktivierungs-

energie negativ, und die Reaktionsgeschwindigkeit sinkt mit steigender Temperatur. Dieses Verhalten ist weniger bemerkenswert, als es den Anschein haben mag; es bedeutet lediglich, dass die Rückreaktion (also die Desaktivierung von A‘) so temperaturempfindlich ist, dass ihre Geschwindigkeit mit zunehmender Temperatur steil ansteigt, wodurch die Konzentration von A* im stationären Zustand gemindert wird. Beim Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus ist das Eintreten dieses Falles sehr wenig wahrscheinlich, weil die Aktivierungsenergie für die Desaktivierung von A* klein ist. Es gibt aber Reaktionen mit analogen Mechanismen, bei denen negative Aktivierungsenergien beobachtet werden. Wenn wir das allgemeine Geschwindigkeitsgesetz in Gl. (22-63) betrachten, wird schnell klar, dass die Temperaturabhängigkeit nicht immer problemlos vorhergesagt werden kann: Jede in dem Ausdruck enthaltene Geschwindigkeitskonstante nimmt mit der Temperatur zu, und der Nettoeffekt hängt davon ab, ob die Terme im Nenner diejenigen im Zähler überwiegen oder umgekehrt. Dass sich so viele Reaktionen Arrhenius-ähnlich (mit positiver Aktivierungsenergie) verhalten, lässt vermuten, dass sich ihre Geschwindigkeitsgesetze im „einfach“ [durch Gl. (22-65) statt Gl. (22-64)] definierten Bereich befinden und dass die Aktivierungsenergie des geschwindigkeitsbestimmenden Schritts über ihre Temperaturabhängigkeit entscheidet.

Das Wichtigste auf einen Blick 1. Die Geschwindigkeiten chemischer Reaktionen misst man, indem man die Konzentrationen der Bestandteile des Reaktionsgemischs verfolgt. Neben Echtzeit-Verfahren stehen dazu Quenching-Methoden, Strömungs- und Stopped-FlowExperimente sowie die Blitzphotolyse zur Verfügung. . Die Momentangeschwindigkeit einer Reaktion entspricht der Steigung der Tangente an den Graphen der Konzentration als Funktion der Zeit (ausgedrückt als positive Größe).

3. Ein Geschwindigkeitsgesetz ist ein Ausdruck für die Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von den Konzentrationen der Substanzen, die in der Bruttoreaktionsgleichung auftreten.

. Hat das Geschwindigkeitsgesetz die Form v = kJA]*[b]”. .. so ist k die Geschwindigkeitskonstante, a die Ordnung bezüglich Aunda+b-+.... die Ordnung der Gesamtreaktion.

Weiterführende Literatur

5. Als integriertes Geschwindigkeitsgesetz bezeichnet man die Gleichung für die Konzentration eines Ausgangsstoffs oder Produkts in Abhängigkeit von der Zeit (Tabelle 22-3) 6. Die Halbwertszeit t, einer Reaktion ist die Zeit bis die Konzentration eines Ausgangsstoffs auf die Hälfte gefallen ist. Die Zeitkonstante r ist die Zeit bis die Konzentration eines Ausgangsstoffs auf den e-ten Teil des Anfangswerts gefallen ist. Für eine Reaktion erster Ordnung gilt th = (In2)/k und EN j 7. Die Gleichgewichtskonstante einer Reaktion entspricht dem Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten der Hin- und Rückreaktion,

K=k/k'.

8. Bei den Relaxationsmethoden der kinetischen Analyse wird ein System plötzlich aus der Gleichgewichtslage ausgelenkt, woraufhin sich die für die neuen Bedingungen charakteristische Gleichgewichtszusammensetzung einstellt.

9. Die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante einer Reaktion wird in der Regel von der Arrhenius-Gleichung beschrieben: Ink= InA - E,/RT. 10. Die Aktivierungsenergie, der Parameter E, in der Arrhenius-

Gleichung, ist die minimal erforderliche Energie für einen reaktiven Zusammenstoß von Molekülen. Je höher die AktiVierungsenergie ist, umso temperaturempfindlicher ist die Geschwindigkeitskonstante der betreffenden Reaktion. 11. Als Mechanismus einer Reaktion bezeichnet man eine

Abfolge von Elementarschritten.

12. Unter der Molekularität einer Elementarreaktion versteht man die Anzahl der Moleküle, die einander begegnen müssen, damit es zur Reaktion kommt. Die Kinetik einer uni-

13. Als geschwindigkeitsbestimmenden Schritt bezeichnet man den langsamsten Schritt in einem Mechanismus, von dessen Geschwindigkeit die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion abhängt. 14. Das Quasistationaritätsprinzip ist die Näherung, die Konzentrationen aller Intermediate einer Reaktion als konstant und klein anzunehmen.

15. Solange sich das Gleichgewicht in einer Reaktion noch nicht eingestellt hat, ist das Verhältnis der einzelnen Produkte kinetisch kontrolliert mit [P,]/[Pı] = k,/kı. 16. Als vorgelagertes Gleichgewicht bezeichnet man die Situation, dass sich ein Intermediat im Gleichgewicht mit einem Ausgangsstoff (oder mehreren) befindet. Dieser Fall tritt ein, wenn die Geschwindigkeiten der Bildung und des Abbaus dieses Intermediats sehr viel höher sind als die Geschwindigkeit der Bildung des Produkts. 17. Unter dem kinetischen Isotopieeffekt versteht man die Abnahme der Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion, wenn man ein Atom in einem Ausgangsstoff durch ein schwereres Isotop ersetzt. Einen primären Isotopieeffekt beobachtet man, wenn der geschwindigkeitsbestimmende Schritt den Bruch einer Bindung erfordert, an der das Isotop direkt beteiligt ist; ein sekundärer Isotopieeffekt ist die

Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit, obwohl das Isotop nicht selbst an einer im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt gebrochenen Bindung beteiligt ist. 18. Mit dem Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus und dem RRKM-Modell „unimolekularer“ Reaktionen lässt sich

begründen, dass Gasphasenreaktionen eine Kinetik erster Ordnung zeigen.

molekularen Elementarreaktion ist erster Ordnung, diejenige einer bimolekularen Elementarreaktion ist zweiter Ordnung.

_———

Weiterführende Literatur Lehrbücher und interessante Artikel

J. Andraos, A streamlined approach to solving simple and complex kinetic systems analytically.J.Chem. Educ. 76 (1999) 157783

C. H. Bamford, C. F. Tipper und R. G. Compton (Hrsg.), Comprehensive Chemical Kinetics, Band 1-38, Elsevier, Amsterdam

1969-2001.

M.N. Berberan-Santos und J. M. G. Mertinho, Integration of kinetic rate equations by matrix methods.J.Chem. Educ. 67 (1990), 375.

J. M. Goodman, How do approximations affect the solutions to kinetic equations?J.Chem. Educ. 67 (1990), 275. J. €. Lindon, G. E. Tranter und J. L. Holmes (Hrsg.), Encyclopedia of Spectroscopy and Spectrometry, Academic Press, San Diego

2000.

S. R. Logan, Grundlagen der Chemischen Kinetik, Wiley-VCH, Weinheim 1997.

911

M.J. Pilling und P. W. Seakins, Reaction Kinetics, Oxford Univer-

sity Press 1996.

J. I. Steinfeld, J. S. Francisco und W. L. Hase, Chemical Kinetics and Dynamics. Prentice Hall, Englewood Cliffs 1998.

M. Menzinger, R. L. Wolfgang, Bedeutung und Anwendung der Arrhenius-Aktivierungsenergie. Angew. Chem. 81, (1969),

446. Nachschlagewerke NIST-Datenbank für Kinetik in Lösungen; NIST Standard Reference Database 40, National Institute of Standards and

Testing, Gaithersburg (1994) (im Internet erreichbar). NIST-Datenbank für chemische Kinetik; NIST Standard Reference Database 17, National Institute of Standards and

Testing, Gaithersburg (1998) (im Internet erreichbar).

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

912

Zusatzinformationen

(Der Abschnitt ganz links soll der kritische Oszillator sein.) Diese Verteilungen sind aber äquivalent zu folgender Anordnung:

Zusatzinformation 22-1: Das RRK-Modell unimolekularer

Reaktionen

[20

Zum Aufbau des Modells nehmen wir an, ein Molekül bestehe

aus identischen harmonischen Oszillatoren jeweils mit der Frequenz v. In der Praxis haben die einzelnen Schwingungsmoden eines Moleküls natürlich verschiedene Frequenzen; sie alle gleichzusetzen, ist aber eine akzeptable erste Näherung. Alle Schwingungen sollen nun mit einer Gesamtenergie E=nhv angeregt sein. Gesucht ist die Anzahl N der Möglichkeiten, diese Energie über die Oszillatoren zu verteilen. Dazu stellen wir die n Quanten als Kästchen dar, jun

Il

J

OOOODDOE!

DOO

]

Br.

Diese Quanten sortieren wir in s Behälter (die s Oszillatoren). Dazu fügen wir s — 1 Wände ein, bezeichnet mit |. Eine mögliche Verteilung ist

DO]

|DO]000/00

|Dooojo!

IO000...0)

Die Anzahl der Anordnungen aller Quanten und Wände (insge-

samt gibt es davonn +s— 1) ist (n+s— 1)! mit, wie gewohnt, x!=x(x —1)!...1. Nun sind aber die n! Anordnungen der n Quanten ebenso wie die (s — 1)! Anordnungen der s — 1 Wände nicht unterscheidbar. Um N zu erhalten, müssen wir deshalb

(n+s— 1)! durch diese beiden Fakultäten teilen. Wir erhalten

Ne ME Bell n!(s— 1)!

| | |

Das Problem reduziert sich also auf die Permutation von 28 — 6 = 22 (allgemein n — n*) Quanten und 5 (allgemein s — 1) Wänden, also insgesamt 27 (allgemein n — n' + s — 1) Objekten. Die Rechnung ist analog zum Vorgehen für N oben, nur haben wir jetzt die Anzahl unterscheidbarer Permutationen von n — n" Quanten in s Behältern (also mit s— 1 Wänden) zu berechnen. Wir erhalten demnach N*, indem wir in Gl. (22-71) n durch Hezınimetsetzent.

Aus dieser Diskussion folgt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Oszillator hinreichend hoch angeregt wird, damit

die Dissoziation eintritt, gegeben ist durch das Verhältnis N“/N. Dieses wiederum ist

N

u

n!(n-n+s-])!

(22-73)

N "n-m)In+s-1)

Auch Gl. (22-73) ist noch sehr umständlich anzuwenden, selbst dann, wenn man die einzelnen Fakultäten ausschreibt: n(n-1)(n—-2)...]

(n—n*+s—-1I)(n—-n+s-2)...]

(n-n)\(n—-n* —])...]

(n+s-1)(n+s-2)...]

(n—n*+s-1N)(n-n*+s-2)...(n—-n*+])

sieren,

Man tsı)! (n-n)\(s1)!

(22-72)

Dazu haben wir einen kritischen Oszillator ausgewählt, auf den mindestens n‘ Quanten entfallen müssen, damit die zugehörige Bindung dissoziiert. Zurück bleiben n — n‘ Quanten, die auf die

restlichen s — 1 Oszillatoren verteilt werden (die Verteilung enthält dann nur noch s — 2 Wände anstatt ders — 1 Wände, die wir

oben eingefügt haben). Wir stellen uns vor, der kritische Oszillator hat (wie die anderen Oszillatoren auch) ein einzelnes Niveau und dazu eine Reihe weiterer Niveaus - für das Eintreten der Dis-

soziation spielt es keine Rolle, inwieweit diese letzteren Niveaus besetzt sind (von null aufwärts). Betrachten wir zum Beispiel ein System aus fünf Oszillatoren (außer dem kritischen) und nehmen wir an, dass mindestens 6 von 28 verfügbaren Quanten auf den kritischen Oszillator entfallen müssen. Dann führen alle folgenden Anordnungen zur Dissoziation:

DOIO

| lei

|

(22-71)

Durch die Verteilung der Energie über das ganze Molekül sammelt sich in keiner einzelnen Mode genügend Energie an, dass die betreffende Bindung dissoziiert. Nehmen wir an, eine Bindung könnte erst brechen, wenn die Anregungsenergie mindestens E* = n' hv beträgt, dann ist die Anzahl der Möglichkeiten, mindestens diese Energie in einer bestimmten Bindung zu lokali-

N

Il

O0

| | |

Oo

| | |

| lem |

(n+s-1)(n+s-2)...(n+2)(n+])

Weil aber s— 1 klein ist (in dem Sinn, dasss- 1 P mit dem Mechanismus

Nachteile) folgender experimenteller Ansätze zur Bestim-

A+A=

mung des Geschwindigkeitsgesetzes einer chemischen

K= Kuk,[Al/(ko + K,[A]). Wie könnte ein Experiment aus-

geschwindigkeiten, Anpassung von Messwerten an integ-

widerlegen?

Reaktion: Isolationsmethode, Methode der Anfangs-

A+A

(KK), AP

(k,) an:

sehen, dessen Ergebnisse den Mechanismus stützen oder

rierte Geschwindigkeitsgesetze.

22.4

Unterscheiden Sie die Ordnung von der Molekularität einer Reaktion.

Leichte Aufgaben A22.la

Die Geschwindigkeit einer Reaktion A+2B—3C+D beträgt 1.0 moldm? s"!. Geben Sie die Bildungs- und Verbrauchsgeschwindigkeiten der beteiligten Substanzen an.

A22.1b

Die Geschwindigkeit einer ReakionA+3B—C+3D beträgt 1.0 moldm *s"'. Geben Sie die Bildungs- und Verbrauchsgeschwindigkeiten der beteiligten Substanzen an.

A22.2a

A22.2b

A22.3a

Die Bildungsgeschwindigkeit von C in der Reaktion % er 2A+B — 2C+ 3D beträgt 1.0 moldm* s"'. Wie groß sind die Reaktionsgeschwindigkeit und die Bildungsund Verbrauchsgeschwindigkeiten der anderen Reaktionspartner? ER: Kl: Die Bildungsgeschwindigkeit von B in der Reaktion A+3B— C + 2D beträgt 1.0 moldm”’ s"'. Wie groß sind die Reaktionsgeschwindigkeit und die Bildungsund Verbrauchsgeschwindigkeiten der anderen Reaktionspartner? i

An:

!

A22.3b

A22.4a

Das Geschwindigkeitsgesetz für die Reaktion aus Aufgabe A22.1b lautet v = k[A] [B]?. Welche Dimension hat k? Drücken sie das Geschwindigkeitsgesetz (a) durch die Verbrauchsgeschwindigkeit von A und (b) durch die BilONNESEESENWIREIEKEN.VORG AUS, Das Geschwindigkeitsgesetz für die Reaktion aus Aufgabe A22.2a lautet d|C]/dt = k[A][B] [C]. Drücken sie das Geschwindigkeitsgesetz durch die Reaktionsgeschwin-

Ben AUSSW IeNE eitskonstante?

DIDEN SIEH

IE SS

Gele:

A22.4b

Das Geschwindigkeitsgesetz für die Reaktion aus Aufgabe A22.2b lautet d|C]/dt = k[A] [BJ] [CJ". Drücken sie das Geschwindigkeitsgesetz durch die Reaktionsgeschwindigkeit aus. Welche Dimension hat die Geschwindigeo etänte?

A22.5a

Die Zersetzung von gasförmigem Acetaldehyd (Ethanal) wurde bei einer Temperatur von 518 °C und einem Anfangsdruck von 363 Torr untersucht. Nachdem 5% der Substanz zersetzt waren, wurde eine Zersetzungs-

Das Geschwindigkeitsgesetz für die Reaktion aus Aufgabe

geschwindigkeit von 1.07 Torrs-' gemessen, nach der

A22.1a lautet v = k[A] [B]. Welche Dimension hat k? Drücken sie das Geschwindigkeitsgesetz (a) durch die Verbrauchsgeschwindigkeit von A und (b) durch die Bildungsgeschwindigkeit von C aus.

Zersetzung von 20% noch 0.76 Torrs"'. Bestimmen Sie

die Reaktionsordnung.

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

914 A22.5b

Die Zersetzung einer gasförmigen Verbindung wurde bei einer Temperatur von 400 K und einem Anfangsdruck von 12.6 kPa untersucht. Nachdem 10% der Substanz zersetzt waren, wurde eine Zersetzungsgeschwindigkeit

von 9.71 Pas! gemessen, nach der Zersetzung von 20% noch 7.67 Pas '. Bestimmen Sie die Reaktionsordnung. A22.6a

Bei 518 °C beträgt die Halbwertszeit der Zersetzung von gasförmigem Acetaldehyd (Ethanal) 410s bei einem Anfangsdruck von 363 Torr und 880 bei einem Anfangsdruck von 169 Torr. Welche Ordnung besitzt die Reaktion?

A22.6b

Bei 400 K beträgt die Halbwertszeit der Zersetzung einer gasförmigen Verbindung 340 bei einem Anfangsdruck von 55.5 kPa und 178 s bei einem Anfangsdruck von 28.9 kPa. Welche Ordnung besitzt die Reaktion?

A22.7a

Bei 25 °C ist die Geschwindigkeitskonstante der Zersetzung von N,O, durch die Reaktion

2N,O, (g) —

4ANO, (g) + O, (g) gleich 3.38 x 10° s'. Die Reaktion ist erster Oranung. Wie groß ist die Halbwertszeit von N,O,;? Wie groß ist der Druck in einer Probe mit einem Anfangsdruck von 500 Torr (a) 10s und (b) 10 min nach Beginn der Reaktion? A22.7b

A22.8a

Bei 25 °C ist die Geschwindigkeitskonstante der Zersetzung einer Verbindung A durch die Reaktion 2A — P gleich 2.78 x 10°’ s!. Die Reaktion ist erster Ordnung. Wie groß ist die Halbwertszeit von A? Wie groß ist der Druck in einer Probe mit einem Anfangsdruck von 32.1 kPa (a) 10s und (b) 10 min nach Beginn der Reaktion? Eine Reaktion zweiter Ordnung der Form A+

B— P wird

in einer Lösung mit einer Anfangskonzentration von

0.050 mol dm” an A und 0.080 moldm * an B durchgeführt. Nach 1.0h beträgt die Konzentration von A noch 0.020 moldm?. (a) Welchen Wert besitzt die Geschwindigkeitskonstante? (b) Welche Halbwertszeiten haben die Reaktanten? A22.3b

Eine Reaktion zweiter Ordnung der Form

A+2B— P wird

in einer Lösung mit einer Anfangskonzentration von

0.075 moldm“* an A und 0.030 mol dm an B durchgeführt. Nach 1.0 h beträgt die Konzentration von A noch 0.045 moldm?. (a) Welchen Wert besitzt die Geschwindigkeitskonstante? (b) Welche Halbwertszeiten haben die Reaktanten? A22.9a

A22.9b

Welche Dimensionen besitzen die Geschwindigkeitskonstanten von Reaktionen zweiter bzw. dritter Ordnung, wenn die Geschwindigkeitsgesetze (a) durch Konzentrationen in moldm* und (b) durch Drücke in kPa ausgedrückt werden? Welche Dimensionen besitzen die Geschwindigkeitskonstanten von Reaktionen zweiter bzw. dritter Ordnung, wenn die Geschwindigkeitsgesetze (a) durch Konzentrationen in molm”* und (b) durch Drücke in Nm? ausgedrückt werden?

A22.10a Die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion zweiter

Ordnung

CH;COOCG,H; (aq) + OH (aq) — CH,CO; (aq) +CH,;CH,OH (ag)

beträgt 0.11 dm’ mol“! s"'. Wie groß ist die Konzentra-

tion des Esters (a) 10s und (b) 10 min nach Beginn der Reaktion, wenn die Anfangskonzentrationen 0.050 mol dm” und [NaO=H] [CH,COOC,H;]=0.100 mol dm? betragen?

A22.10b Die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion zweiter Ordnung A+2B — C + D beträgt 0.21 dm’ mol"! s"'. Wie groß ist die Konzentration von C (a) 10s und (b) 10 min nach Beginn der Reaktion, wenn die Anfangskonzentra=0.025 moldm* und [B]=0.150 mol dm” tionen [A] betragen? A22.11a Eine Reaktion zweiter Ordnung der Form 2A— P besitzt eine Geschwindigkeitskonstante k = 3.50 x 10°* dm? mol”! s='. Wie lange dauert es, bis die Konzentration an A von 0.260 mol dm * auf 0.011 moldm ° gefallen ist? A22.11b Eine Reaktion dritter Ordnung der Form eine Geschwindigkeitskonstante

2A — P besitzt

k = 3.50 x 10°* dm® mol”? s='. Wie lange dauert es, bis

die Konzentration an A von 0.077 moldm* auf 0.021 mol dm gefallen ist?

A22.12a Zeigen Sie, dass für eine Reaktion n-ter Ordnung bezüg-

lich Agilt tı & 1/[A]"". A22.12b Leiten Sie einen Ausdruck für die Zeit her, die vergehen

muss, bis die Konzentration eines Ausgangsstoffs in einer Reaktion n-ter Ordnung bis auf ein Drittel des Anfangswerts gefallen ist. A22.13a Bei 25 °C beträgt der pk;-Wert des NH;-Ions 9.25. Die Geschwindigkeitskonstante für die Reaktion von NH; und OH” zu NH; (ag) ist bei dieser Temperatur 4.0 x 10'° dm? mol”! s"'. Wie groß ist die Geschwindigkeitskonstante für den Protonentransfer zu NH,? Wel-

che Relaxationszeit ist zu beobachten, wenn man eine 0.15-molare wässrige NH;-Lösung durch einen Temperatursprung auf eine Temperatur von 25 °C bringt? A22.13b Ein Gleichgewicht A=B+C bei 25 °C wird einem Temperatursprung ausgesetzt, der die Konzentrationen an B und C erhöht. Die gemessene Relaxationszeit beträgt 3.0 us. Bei 25 °C beträgt die Gleichgewichtskonstante des Systems 2.0 x 10'°, und die Gleichgewichtskonzentrationen von B und C sind jeweils 2.0 x 10°? moldm°. Wie groß sind die Geschwindigkeitskonstanten der Hinund der Rückreaktion?

A22.14a Die Geschwindigkeitskonstante für die Zersetzung einer Substanz bei 30 °C beträgt 2.80 x 10° dm? mol! s-' und 1.38 x 10°? dm’ mol"! s=' bei 50°C. Berechnen Sie die Arrhenius-Parameter der Reaktion.

A22.14b Die Geschwindigkeitskonstante für die Zersetzung einer Substanz bei 24 °C beträgt 1.70 x 10? dm? mol-! s-" und 2.01 x 10°? dm? mol"! s-' bei 37°C. Berechnen Sie die Arrhenius-Parameter der Reaktion.

A22.15a Die basenkatalysierte Bromierung von H,CNO, verläuft in wässriger Lösung bei Zimmertemperatur (298 K)

4.3-mal so schnell wie die des deuterierten Moleküls D,CNO,. Erklären Sie diesen Unterschied (verwenden

Sie k,(CH) = 450N m").

Schwerere= Aufgaben A22.15b Sagen Sie die Größenordnung des Isotopieeffekts fürdie

Abspaltung von (a) 'H und °H und (b) '°O und '°O vorher. Welchen Einfluss hat eine Temperaturerhöhung? Verwenden Sie k,(C-H) = 450N m! und

915

A221 6b Die effektive Geschwindigkeitskonstante einer Gaspha-

senreaktion, die nach einem Lindemann-HinshelwoodMechanismus verläuft, beträgt 1.7 x 10° s-' bei

1.09 kPa und 2.2 x 10°*s"' bei 25 Pa. Wie groß ist die Geschwindigkeitskonstante des Aktivierungsschritts für

kal@=O)=.1750IN. m:

A22.16a Die effektive Geschwindigkeitskonstante einer Gaspha-

diese Reaktion?

senreaktion, die nach einem Lindemann-Hinshelw oodMechanismus verläuft, beträgt 2.50 x 10-*s-! bei

1.30 kPa und 2.10 x10°° s-! bei 12 Pa. Wie groß ist die Geschwindigkeitskonstante des Aktivierungsschritts für diese Reaktion?

Schwerere Aufgaben’) Rechenaufgaben 22.1

Die folgende Tabelle zeigt experimentelle Ergebnisse für die Darstellung von Harnstoff aus Ammoniumcyanat durch die Reaktion NH,CNO— NH,CONH.. 1.0 dm? der Lösung enthält zu Beginn 22.9 Ammoniumcyanat.

Rio 0°C

Bestimmen Sie aus den Daten die Reaktionsordnung, die

22.2

t/min

0

20.0555

0:0555

65.053150

0

‚u

1a

138

2

3.15

6.20

10.00

18.30

30.80

8.96

7.76

6.39

3.53

2.07

Bei der Zersetzung eines organischen Nitrils wurden folgende Konzentrationen gemessen:

t/(10s) [Nitril]/ (moldm)

O0

2.00 4.00 6.00 8.00 10.00 12.00

1.10 0.86 0.67 0.52 0.41

032

t/min 0 1.00 2.00 3.00 4.00 5.00 [N:03]/ (moldm-°) 1.000 0.705 0.497 0.349 0.246 0.173 22.5

Folgende Geschwindigkeitskonstanten wurden für eine Zersetzungsreaktion erster Ordnung bei verschiedenen Temperaturen bestimmt:

t/min [Saccharose]/

0

(mol dm“)

0.316 110

14

39

0.300 140

60

0.274 170

0.256

80 0.238

210

[Saccharose]/

0.25 0

Die folgende Tabelle zeigt experimentelle Ergebnisse für die Zersetzung von N,O, (g) nach der Reaktion 2N,0, (g) — 4NO,; (g) + O; (g) bei 67 °C. Bestimmen Sie die Reaktionsordnung, die Geschwindigkeitskonstante und die Halbwertszeit von N,O,. Hierzu müssen Sie kein graphisches Verfahren wählen, sondern Sie können die Geschwindigkeit der Konzentrationsänderungen auch abschätzen.

kı = 3.745" k, = 4.65 5-"

In saurer Lösung wird Saccharose zu Glucose und Fructose hydrolysiert. Die Reaktion kann durch Messung des Winkels verfolgt werden, um den die Polarisationsebene eines linear polarisierten Lichtstrahls beim Durchtritt durch die Reaktionsmischung gedreht wird. Aus dem Drehwinkel kann die Konzentration an Saccharose berechnet werden. Bei der Hydrolyse von Saccharose in 0.50 m wässriger HCI wurden folgende Daten gemessen:

t/min

(mol dm“)

Bestimmen Sie die Reaktionsordnung und die Geschwindigkeitskonstante.

22.4

Die Zersetzung von Essigsäure in der Gasphase bei 1189 K verläuft über zwei parallele Reaktionen erster Ordnung:

Wie groß ist die maximale prozentuale Ausbeute an Keten, die man unter diesen Bedingungen erhalten kann?

Bestimmen Sie die Reaktionsordnung, die Geschwindigkeitskonstante und die molare Konzentration des nach 43.8 h noch verbliebenen (CH; ),CBr.

22.3

s7e 40.0

(1) CH,COOH — CH, +CO, (2) CH,COOH = CH,=C=0 +H,0

Nr

Die folgende Tabelle zeigt experimentelle Ergebnisse für die Reaktion (CH,),CBr + H,O— (CH; ); COH + HBr.

t/h 0 [(CH;),CBr]/ (102 moldm) 10.39

As 200

Bestimmen Sie die Aktivierungsenergie.

22.6

Geschwindigkeitskonstante und die Masse des nach 30 min noch verbliebenen Ammoniumcyanats.

m(Harnstoff)/g

DAB 0

0.211

0.190

0.170

0.146

Bestimmen Sie die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion und die mittlere Lebensdauer eines Saccharosemoleküls.

22.3

Die Zusammensetzung des Reaktionsgemischs einer Reaktion 2A— B in flüssiger Phase wurde mit spektroskopischen Methoden verfolgt. Für den Konzentrationsverlauf von B wurden folgende Werte erhalten:

t/min o 10 20 30 40 oo [B/(moldm) 0 0.089 0.153 0.200 0.230 0.312 Bestimmen Sie die Reaktionsordnung und die Geschwindigkeitskonstante.

22.9

Das Radikal ClO zerfällt schnell nach der Reaktion 2ClO — Cl, + O,. Folgende Werte für die CIO-Konzentration wurden gemessen: t/(10° s)

0.12

0.62

[CI0]/ (10° mol dm °)

0.96

3:49

2309710252792

1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert.

1.60

3.20

4.00

5.75

52

0.4277023:95

916

22

Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

Bestimmen Sie die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion und die Halbwertszeit eines ClO-Radikals. 22.10

22.14

Bei 500 °C isomerisiert Cyclopropan in der Gasphase zu Propen. Der Grad der Isomerisierung wurde für verschiedene Anfangsdrücke gaschromatographisch verfolgt, indem man die Reaktion jeweils eine bestimmte Zeit ablaufen ließ. In der folgenden Tabelle ist p, der Anfangsdruck und p der Druck des Cyclopropans nach der Zeit t: po/Torr t/s p/Torr

200 100° 26

200 200 193

400 100 33

400 200 Si

600 100 359

Geschwindigkeitskonstanten k, und k, berechnen kann.

(c) Ermitteln Sie auf diesem Weg und mit den unten gegebenen Daten k, und k, sowie die Gleichgewichtskonstante K für die Dimerisierung von 2-Pyridon (die Dimere sind über Wasserstoffbrücken gebunden).

[Alges /(moldm”*)

t/ns: 2225

als Funktion von tfürk, = 105! undk, = 15! graphisch dar. (b) Vergrößern Sie den Quotienten k,/k, allmählich, indem Sie k, abnehmen lassen, und betrachten

Sie jeweils den Graphen von [I] als Funktion von t. Welche Näherung hinsichtlich d|I|/dt wird dabei immer besser? 22.13

Zeigen Sie, dass der folgende Mechanismus die in Aufgabe 22.11 beschriebenen Beobachtungen erklärt: HEI + HCI = (HCl), HCI + CH,CH=CH, = Komplex (HCl), + Komplex > CH,CHEICH, +2 HCI

Kı K, k,langsam

Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, diesen Mechanismus zu überprüfen?

0.251 2)

0.151 4.0

0.101

53

Bei den in den Aufgaben 22.11 und 22.13 beschriebenen

dazu an, dass die Reaktionsenthalpien der beiden Gleich-

gewichte etwa —14 k] mol”! betragen.

[P]/[A] =k [A]”" "[B]” At folgt, wenn die Reaktion m-ter

Untersuchen Sie die Zeitabhängigkeit der Konzentration von | in einer Reaktion mit dem Mechanismus A —| —P (k,k,) mithilfe einer Mathematiksoftware oder einer Tabellenkalkulation. Dazu können Sie entweder Gl. (22-39) numerisch integrieren (siehe Anhang 2) oder Gl. (22-40) direkt verwenden. Setzen Sie in den folgenden Berechnungen jeweils [Alo = 1 moldm* und betrachten Sie das Zeitintervall zwischen t=Q undt =5s. (a) Stellen Sie [I]

0.352 27

Reaktionen wurde beobachtet, dass die Reaktionsge-

eine Reaktion A+tB— P, die für eine kurze Zeit At abläuft,

2212

0.500 225

schwindigkeit mit steigender Temperatur abnimmt. Bei 70°C ist die Gesamtgeschwindigkeit nur noch etwa ein Drittel so hoch wie bei 19°C. Bestimmen Sie die scheinbare Aktivierungsenergie und die Aktivierungsenergie des geschwindigkeitsbestimmenden Schritts. Nehmen Sie

die Konzentration des Produkts der Beziehung Ordnung in A und n-ter Ordnung in B ist. Bei den Versuchen zeigte sich, dass das Konzentrationsverhältnis von Chlorpropan zu Propen unabhängig von der Konzentration an Propen war; dagegen hing das Konzentrationsverhältnis von Chlorpropan zu HCI bei konstanter Konzentration an Propen von der HCI-Konzentration ab. Für At=100h (eine kurze Zeit für diese Reaktion) betrug dieses Verhältnis 0.05, 0.03 und 0.01 für p(HCI) = 10 atm, 7.5 atm bzw. 5.0 atm. Welche Ordnung besitzt die Reaktion bezüglich der verschiedenen Reaktanten?

ges

(b)' Beschreiben Sie, auf welchem Weg man aus Messwerten von für verschiedene Konzentrationen [A] ., die

600 200 SU

Die Addition von Wasserstoffhalogeniden an Alkene war von großer Bedeutung für die Erforschung der Reaktionsmechanismen organischer Reaktionen. In einer Untersuchung (M. J. Haugh, D. R. Dalton,J.Am. Chem. Soc. 97 (1975) 5674) wurde die Reaktion zwischen HCl und Propen bei hohen Drücken von Chlorwasserstoff (bis 25 atm) und Propen (bis 5 atm) für verschiedene Temperaturen beobachtet und die Menge an gebildetem 2-Chlorpropan NMR-spektroskopisch bestimmt. Zeigen Sie, dass für

mit den Geschwindigkeitskonstanten k, (Hinreaktion) und k, (Rückreaktion). (a) Leiten Sie die folgende Beziehung für die Relaxationszeit als Funktion der Gesamtkonzentration des Proteins, [A],., = [A] + 2IA2], her:

TR 4 8k,klAl 2

Bestimmen Sie die Reaktionsordnung und die Geschwindigkeitskonstante bei diesen Bedingungen. 220

Betrachten Sie die Dimerisierung eines Proteins 2A=A,

22.16

Die Geschwindigkeitskonstanten der Reaktion zweiter Ordnung von Sauerstoffatomen mit aromatischen Kohlenwasserstoffen wurden experimentell bestimmt (R. Atkinson, J. N. Pitts,J.Phys. Chem. 79 (1975) 295). Für die Reaktion mit Benzol beträgt die Geschwindigkeitskonstante 1.44 x 10° bei 300.3 K, 3.03 x 107 bei 341.2 K und

6.9 x 10’ bei 392.2 K (alle Werte in dm? mol=' s='). Berechnen Sie den präexponentiellen Faktor und die Aktivierungsenergie der Reaktion. DIA

In Aufgabe 22.10 haben wir die Isomerisierung von Cyclopropan in einem kleinen Druckbereich beschrieben. Zur Überprüfung des Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus für Reaktionen erster Ordnung brauchen wir Daten bei niedrigeren Drücken, die ebenfalls in der Literatur zu finden sind (H. ©. Pritchard, R. G. Sowden, A. F. Trotman-

Dickenson, Proc. R. Soc. A217 (1953) 563): p/Torr 10* kar/s"

84.1 2.98

11.0 2.23

2.89 1.59

0.569 0.857

0.120 0.392

0.067 0.303

Überprüfen Sie anhand dieser Daten die LindemannHinshelwood-Theorie. 22.181 P. W. Seakins, M. J. Pilling, L. T. Niiranen, D. Gutman und

L. N. Krasnoperov (J. Phys. Chem. 96 (1992) 9847) maßen die Geschwindigkeitskonstanten von C,H, (g) + HBr (g) — GH, (g) + Br (g) (Hin- und Rückreaktion in der Gasphase) und berechneten aus den Daten thermodynamische Eigenschaften von C,H;. Die Reaktion verläuft in beiden Richtungen bimolekular, die Arrhenius-Parameter sind A = 1.0 x 10° dm? mol“! s"' und E, = 4.2 k) mol“!

(Hinreaktion) bzw. A = 1.4 x 10"! dm? mol“ s-' und

E) = 53.3 kJ) mol”! (Rückreaktion). Berechnen Sie Nah

S„ und A,G® von C,H, bei 298 K.

Schwerere-Aufgaben 22.19

Zwei Produkte einer Bruttoreaktion entstehen in kinetisch kontrolliertem Verhältnis. Die Aktivierungsenergi e für den Reaktionsweg, der zu Produkt ] führt, ist größer als die Aktivierungsenergie des Weges zu Produkt 2. Wie verändert sich das Verhältnis [Pı]/[P2] bei steigender Temper atur?

22.28

In dem Reaktionsmechanismus AR, —=AH+A

1

T= ——— —— — ku, + Ak, [A] eq Anwendungsaufgaben

22.29

Die Halbwertszeit des radioaktiven Zerfalls von '*C (ein Prozess erster Ordnung) beträgt 5730 Jahre (die Atome senden dabei ß-Strahlung mit einer Energie von 0.16 MeV aus). In einer archäologischen Probe fand man Holz, das nur noch 72% des '*C-Gehalts von lebenden Bäumen aufwies. Wie alt war das Fundstück?

22.30

Eine der Gefahren bei Kernexplosionen ist die Bildung des Isotops ®’Sr und dessen Einbau in das menschliche Skelett anstelle von Calcium. Dieses Isotop emittiert ß-Strahlung mit einer Energie von 0.55 MeV, seine Halbwertszeit beträgt 28.] Jahre. Angenommen, ein Neugeborenes nimmt 1.0,ug des Isotops auf. Wie viel ist davon nach (a) 18 Jahren und (b) 70 Jahren noch vorhanden, wenn nichts durch Stoffwechselvorgänge verloren geht?

22.31

Die Pharmakokinetik beschäftigt sich mit der Aufnahme und Ausscheidung pharmazeutischer Wirkstoffe durch den Organismus. In den meisten Fällen findet die Ausscheidung langsamer statt als die Aufnahme, daher bestimmt sie entscheidend die Verfügbarkeit eines Wirkstoffs für die Bindung an ein Zielmolekül. Zur Elimination stehen verschiedene Wege zur Verfügung, etwa der

(schnell) (langsam)

A+B-P

spielt A die Rolle eines Intermediats. Formulieren Sie das Geschwindigkeitsgesetz der Reaktion.

22.2]

Betrachten Sie ein Gleichgewicht A=B, bei dem Hin- und Rückreaktion erster Ordnung sind. Leiten Sie einen Ausdruck für die Konzentration von A als Funktion der Zeit her, wenn die Anfangskonzentrationen [Alo und [B], sind. Wie ist die Zusammensetzung des Systems im Gleichgewicht?

PDRE

Leiten Sie einen integrierten Ausdruck für ein Geschwindigkeitsgesetz zweiter Ordnung, v = [A] [B], für eine Reaktion der Form 2A+3B— Pher.

22.23

Leiten Sie die integrierte Form eines Geschwindigkeitsgesetzes dritter Ordnung, v = [A]’[B], für eine Reaktion der Form 2A+B— P her, wenn (a) die Reaktanten zu Beginn im stöchiometrischen Verhältnis vorliegen und (b) B zu Beginn in der doppelten Konzentration vorliegt.

22.24

Stellen Sie die Geschwindigkeitsgleichungen für den folgenden Reaktionsmechanismus auf:

Abbau durch den Stoffwechsel in der Leber, im Darm

oder in den Nieren, gefolgt von der Ausscheidung der Abbauprodukte mit dem Urin oder dem Stuhl. Als Beispiel für eine pharmakokinetische Analyse betrachten wir die Elimination von beta-adrenergisch blockierenden Substanzen (Betablockern), wie man sie zur Therapie von Bluthochdruck einsetzt.

ASBSC(k,kundk,,k,) Zeigen Sie, dass der Mechanismus unter bestimmten Bedingungen dem folgenden Mechanismus äquivalent ist:

ASC 22.25

(ker, Kr)

Nach der intravenösen Verabreichung eines Betablockers wurde der Wirkstoffgehalt des Blutes des Patienten verfolgt. Die Messwerte finden Sie in der Tabelle (c ist die zu

Zeigen Sie, dass das Verhältnis t},,/t3,,, wobei t},, die Halbwertszeit ist und t;,, die Zeit, bis die Konzentration eines Reaktanten auf: ihres Anfangswerts gefallen ist (also t3,, < tı,,), nur von der Reaktionsordnung n

einer Zeit t nach der Injektion gemessene Konzentration):

t/min

abhängt und daher als grober Indikator für die Reaktionsordnung verwendet werden kann. 22.26

Leiten Sie einen Reaktionsfolge konstanten Wert aus dem System

22.27}

Die Geschwindigkeit v einer Reaktion zweiter Ordnung mit der Gleichung A + B— Produkte lässt sich wie folgt formulieren: v

dx San

Ausdruck As BS gehalten entfernt

c/(ngem”)

30 699

60 120 622

413

150

292

240 192

360 0

480 2a

(a) Ist die Ausscheidung eine Reaktion erster oder zweiter Ordnung? (b) Berechnen Sie die Geschwindigkeitskonstante und die Halbwertszeit dieses Vorgangs. Anmerkung: Ein wichtiger Punkt bei der Entwicklung pharmazeutischer Wirkstoffe ist die Optimierung der Halbwertszeit der Ausscheidung; diese muss lang genug sein, damit der Wirkstoffan das Zielmolekül binden und die gewünschte Wirkung auslösen kann, darf aber nicht so lang sein, dass schädliche Nebenwirkungen ein zu großes Gewicht bekommen.

für den stationären Zustand der C $ D her, wenn [A] auf einem und D sofort nach Entstehung wird.

KA, -)(Bl, +%) -

Dabei ist x die Änderung der Konzentration von A oder B im Verlauf der Reaktion. Schreiben Sie einen Ausdruck für die maximale Reaktionsgeschwindigkeit auf. Unter welchen Bedingungen wird sie erreicht? Stellen Sie v in Abhängigkeit von x graphisch dar. Welcher Abschnitt der Kurve entspricht der tatsächlichen Reaktion? (Beachten Sie, dass weder v noch x negative Werte annehmen kann.)

Betrachten Sie die Dimerisierung 2A S A, mit den

Geschwindigkeitskonstanten k, (Hinreaktion) und k, (Rückreaktion). Zeigen Sie, dass die Zeitkonstante wie folgt lautet:

Theoretische Aufgaben 22.20

917

22.32

Die Aufnahme und Ausscheidung eines pharmazeutischen Wirkstoffs durch den Organismus kann durch einen Mechanismus modelliert werden, der zwei aufeinander

folgende Reaktionen umfasst: Wirkstoffander Eintrittsstelle

Wirkstoffim Blut verteilt

ausgeschiedener Wirkstoff

22 Die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen

918

Die Geschwindigkeitskonstanten der Absorption (A — B) und der Ausscheidung seien k, bzw. k,. (a) Nehmen Sie zunächst an, die Aufnahme erfolge so schnell, dass eine Dosis A mit der Anfangskonzentration [A], unmittelbar eine Wirkstoffkonzentration [BJ], im Blut nach sich zieht. Die Ausscheidung sei eine Reaktion erster Ordnung. Es sollen n gleiche Dosen jeweils im Zeitabstand 7 verabreicht werden. Zeigen Sie, dass die Maximalkonzentration von B im Blut, [M],, dann größer wird als [B]o und schließlich einen konstanten Wert [M].. erreicht mit

(b)] die folgende Aussage: Es ist sehr schwierig, Intermediate der Proteinfaltung anhand einfacher Messungen der Reaktionsgeschwindigkeit nachzuweisen; vielmehr muss man spezielle Strömungs-, Relaxations- oder Abfangmethoden anwenden, um die Intermediate direkt analytisch zu erfassen.

22.34

IM. = Bh[I-e®) wobei [M], die Maximalkonzentration von B unmittelbar nach Gabe der n-ten Dosis und [M]., der entsprechende Wert bei sehr großen n ist. Geben Sie auch einen Aus-

22,55

druck für die Restkonzentration von B, [R],, an, die wir als

(n + 1)-ten Dosis definieren wollen. [R], ist stets kleiner als [M],, weil im Intervall r zwischen je zwei Gaben ein Teil des Wirkstoffs abgebaut wird. Zeigen Sie, dass

tion setzen Sie [BJ], = O an. Zeigen Sie, dass die Konzentration des Wirkstoffs im Blut dann gegeben ist durch Bl= [Au I-e")-kt.

Stellen Sie [B]/[A], als Funktion von t mit folgenden Parametern dar: k, = 10h", k, = 4.0 x 10° mmoldm”? h"'

und [A], = 0.1 mmol dm. Was können Sie über die Form der Kurve aussagen? (d) Setzen Sie in dem Modell aus (c) d[B]/dt = O und zeigen Sie, dass der Maximalwert von [B] zum Zeitpunkt t,.., =; In “) erreicht wird. Zeigen Sie außerdem, dass die maximale Konzentration des Wirkstoffs im Blut durch [B] „.„, = [Alo — k/kı - k max

tn gegeben ist. 22,33

Betrachten Sie einen Mechanismus für den Helix-Knäuel-

Übergang von Polypeptiden, wobei die Nukleation in der Mitte der Kette stattfinden soll:

hhhh... Nenn

Ss hchh... cccc

In Anwendung 22-1 haben wir gesehen, dass diese Art der Nukleation relativ langsam abläuft; es ist möglich, dass

keiner der Schritte geschwindigkeitsbestimmend ist. (a) Schreiben Sie die Geschwindigkeitsgleichungen für diesen Mechanismus auf. (b) Wenden Sie das Quasistationaritätsprinzip an und zeigen Sie, dass der Mechanismus unter diesen Bedingungen gleichwertig ist mit einem Mechanismus hhhh... $ cccc.... (c) Wie beurteilen Sie [angesichts Ihrer Kenntnisse über experimentelle Verfahren und ihrer Ergebnisse aus den Teilaufgaben (a) und

(schnell) (langsam)

Formulieren Sie die Geschwindigkeitsgleichung für die Bildung der Doppelhelix. Drücken Sie die Geschwindigkeitskonstante der Renaturierung anhand der Geschwindigkeitskonstanten der Einzelschritte aus.

[M].. — [R], = [B], ist. (b) Betrachten Sie nun einen Wirkstoff mit k, = 0.0289 h'. (i) Wie groß muss 7 sein, damit [M],/[B], = 10 ist? Stellen Sie [M],/[B], und [R],/[B], als

Differenz |[M],, — [R]., bei gleichem Wert von [M]|,, reduzieren? (c) Betrachten Sie anschliefßend die Verabreichung eines Einzeldosis [A]o; die Absorption erfolge in einem Prozess erster Ordnung, die Ausscheidung in einem Prozess nullter Ordnung. Als Anfangskonzentra-

Betrachten Sie den folgenden Mechanismus für die Wiederherstellung (Renaturierung) einer Doppelhelix aus den Strängen A und B:

A+B — instabile Helix instabile Helix — stabile Doppelhelix

Konzentration von B unmittelbar vor der Gabe der

Funktionen von n in einem Diagramm gemeinsam graphisch dar. (ii)Wie viele Dosen müssen verabreicht werden, um einen Wert von [M], zu erreichen, der 75% des Maximalwerts entspricht? Wie viel Zeit vergeht, bis alle dieses Dosen gegeben wurden? (iii) Wie kann man die

Schlagen Sie eine Versuchsreihe zur Verfolgung schneller Prozesse bei der Proteinfaltung und -entfaltung anhand der Linierformen von NMR-Übergängen (Abschnitt 15.2.4) vor. Wo sehen Sie Vorteile und Nachteile dieses Verfahrens im Vergleich zu Alternativen (Verfolgung anhand von Schwingungs- und Elektronenübergängen)?

22.36$

Als präbiotisch bezeichnet man Reaktionen, die auf der

Erde stattgefunden haben können, bevor die ersten Lebewesen entstanden waren, und die zu ähnlichen Molekülen wie denen führen, die für die heute existierenden

Lebensformen unabdingbar sind. Voraussetzung ist eine günstige Geschwindigkeit und Gleichgewichtslage der betreffenden Reaktion. M. P. Robertson und S. |. Miller (Science 268 (1995) 702) untersuchten die präbiotische Bildung von 5-substituierten Uracilen, zum Beispiel von 5-Hydroxymethyluracil (HMU), dem Uracil-Analogon von Serin. Aus HMU können unter präbiotischen Bedingungen Aminosäure-Analoga durch Reaktion mit verschiedenen Nucleophilen (H,S, HCN, Indol, Imidazol usw.) entstehen. Die Geschwindigkeit der Synthese von HMU aus Uracil und Formaldehyd bei pH = 7 ist gegeben durch den Ausdruck Ig{k/(dm? mol”! s-')} = 11.75 — 5488(T/ K) und IgK = —1.36 + 1794(T/K). Berechnen Sie für

diese Reaktion die Geschwindigkeiten und Gleichgewichtskonstanten bei Temperaturen, die möglichen präbiotischen Bedingungen entsprechen (etwa im Bereich von 0°C bis 50°C). Tragen Sie die Resultate in Abhängigkeit von der Temperatur auf. Berechnen Sie anschließend die Aktivierungsenergie, die Freie Standardreaktionsenthalpie und die Standardreaktionsenthalpie bei 25 °C. Die präbiotischen Bedingungen unterscheiden sich ver-

mutlich deutlich von den Standardbedingungen. Überlegen Sie, inwiefern die tatsächlichen Werte der (Freien) Reaktionsenthalpie von den Standardwerten abweichen. Meinen Sie, dass die Reaktion auch unter realistischen

Bedingungen begünstigt wäre?

22.374 Methan fällt in einer Vielzahl von natürlichen und industriellen Prozessen als Nebenprodukt an, etwa bei der

Celluloseverdauung durch Wiederkäuer, der anaeroben Zersetzung organischer Abfälle, der Nahrungsmittelherstellung und der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen. Aus den unteren Atmosphärenschichten wird Methan vor allem durch Reaktion mit dem Hydroxylradikal (OH) entfernt. T. Gierczak, R. K. Talukdar,

S. C. Herndon, G. |. Vaghjiani und A. R. Ravishankara

Schwerere. Aufgaben

U. Phys. Chem. A 101 (1997) 3125) untersuchten die Geschwindigkeitskonstanten der bimolekularen Elementarreaktion von Methan mit Hydroxylradikalen in der GasPhase in dem Temperaturbereich, der für die Atmosphärenchemie von Bedeutung ist:

T/K k/(10°dm’ mol”! s')

2958.,223 0218. 22132006 3.55 0.494 0.452 0.379 0.295 200 195 T/K k/(10°dm? mol s-') 0.241 0.217 Gesucht sind die Arrhenius-Parameter A und E,.

22.38} Wie in Aufgabe 22.37 bereits gesagt wurde, tritt Methan als Nebenprodukt vieler natürlicher und industrieller Prozesse auf und wird in der unteren Atmosphäre durch Reaktion mit OH-Radikalen abgebaut. T. Gierczak, R. K. Talukdar, S. C. Herndon, G. |. Vaghjiani und

A. R. Ravishankara (J. Phys. Chem. A 101 (1997) 3125) bestimmten die Geschwindigkeitskonstanten für die bimolekulare Gasphasenreaktion CH, (g) + OH (g) — CH; (g) + H,O (g)und erhielten die Arrhenius-Parameter A = 1.13 x 10° dm? mol”! s“' und E, = —14.1 kJ) mol", (a) Wie schnell wird Methan in dieser Reaktion verbraucht? Setzen Sie die mittlere Konzentration der OH-Radikale gleich 1.5 x 10°?! moldm* und diejenige von Methan gleich 4.0 x 10 ®moldm°. Die Temperatur liege bei —10°C. (b) Schätzen Sie ab, wie viel CH, durch diese Reaktion jährlich verbraucht wird (das ist etwas weniger als die jährlich in die Atmosphäre eingetragene Menge). Gegeben sei das effektive Volumen der unteren Atmosphärenschichten, 4 x 10?! dm’.

919

22.39} T. Gierczak, R. K. Talukdar, S. C. Herndon, G. |. Vaghjianı und A. R. Ravishankara (J. Phys. Chem. A 101 (1997) 3125) untersuchten die Geschwindigkeitskonstanten der bimolekularen Elementarreaktion von Methan mit Hydroxylradikalen in der Gasphase in mehreren IsotopenVarianten. Aus den Daten wurden folgende ArrheniusParameter abgeleitet: A/(dm? mol CH, +OH = CH, CD, FOH en.

O0DZZ

s")

E,/(k]) mol”')

+H,0

IMB2S102

14.1

> CD; + DOH

6.0 x 10°

172

0EX102

13.6

€,

BO

Berechnen Sie die Geschwindigkeitskonstanten bei 298 K. Interpretieren Sie die kinetischen Isotopieeffekte.

22.40t Die Oxidation von HSO, durch O, in wässriger Lösung ist unter anderem für die Entstehung von saurem Regen und für die Rauchgasentschwefelung von Bedeutung. R. E. Connick, Y.-X. Zhang, S. Lee, R. Adamic und

P. Chineg (Inorg. Chem. 34 (1995) 4543) geben für die Reaktion 2HSO, + 0, — 2507 +2H* das Geschwindigkeitsgesetz v = kIHSO, ]’[H*]’ an. Gegeben seien aufserdem ein pH-Wert von 5.6, eine molare

Sauerstoffkonzentration von 2.4 x 10°*moldm (beides konstant), eine Anfangskonzentration von HSO, von 5 x 10” mol dm? und eine Geschwindigkeitskonstante von 3.6 x 10°dm? mol”? s"'. Berechnen Sie die Anfangsgeschwindigkeit der Reaktion. Wie lange dauert es, bis die Konzentration von HSO; bis auf die Hälfte abgesunken ist?

921

-

23 | Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

In diesem Kapitel wollen wir den Themenkreis des vorangegangenen Kapitels noch erweitern und zeigen, wie kompliziertere chemische Reaktionen beschrieben werden können. Zu Beginn betrachten wir Kettenreaktionen, deren Geschwindigkeitsgesetze, wie wir sehen werden, je nach den vorliegenden Bedingungen einfach oder komplex sein können. Unter bestimmten Umständen führen Kettenreaktionen zu heftigen Explosionen; wir werden untersuchen, wann und warum dies so ist. Eine weitere wichtige Anwendung, mit der wir uns beschäftigen werden, ist die Kinetik von Polymerisationen. Wir unterscheiden zwei Polymerisationsmechanismen

und werden feststellen, dass die

erreichte mittlere Molmasse des Produkts auf charakteristische Weise von der Reaktionsdauer abhängt. Anschließend wenden wir uns der homogenen Katalyse zu, deren Konzepte wir auf enzymkatalysierte Reaktionen anwenden wollen. Der letzte Abschnitt ist den Grundlagen der Photochemie und ihren Anwendungen in der Umweltwissenschaft, der Biochemie und der Medizin gewidmet.

Viele Reaktionen verlaufen nach einem Mechanismus, der mehrere oder sogar viele Elementarreaktionen beinhaltet; manche laufen nur dann mit einer merklichen Geschwindigkeit ab, wenn Licht eingestrahlt oder der Reaktionsmischung ein Katalysator zugesetzt wird. Wir werden in diesem Kapitel sehen, wie die in Kapitel 22 vorgestellten Methoden und Konzepte auf solche besonderen Reaktionen angewendet werden können.

23.1]

23.1

Kettenreaktionen - 921

2dollol

Geschwindigkeitsgesetze von Kettenreaktionen - 92]

23102

Explosionen - 924

23.2

Polymerisationen : 926

IL

Schrittweise Polymerisation - 926

222.

Kettenpolymerisation - 928

23.3

Homogene Katalyse . 930

23

Merkmale homogenkatalytischer Reaktionen - 93]

Da?

Enzymkatalysierte Reaktionen : 932

23.4

Photochemie : 937

23.4.1

Kinetik photochemischer und photophysikalischer Prozesse - 938

Kettenreaktionen

Anwendung 23-1: Chemie des Ozons in der

Viele Gasphasenreaktionen sowie Polymerisationen in flüssiger Phase sind Kettenreaktionen. Bei einer Kettenreaktion entsteht in einem Schritt ein Zwischenprodukt, welches zu einem nächsten Zwischenprodukt weiterreagiert und so weiter. Diese Zwischenprodukte nennt man Kettenträger. In einer radikalischen Kettenreaktion sind die Kettenträger Radikale (Teilchen mit ungepaarten Elektronen). Auch Ionen können als Kettenträger fungieren. Bei der Kernspaltung sind Neutronen die Kettenträger.

23.121

Kettenreaktionen können sehr einfache Geschwindigkeitsgesetze besitzen. Als erstes Beispiel wollen wir die Pyrolyse (die thermische Zersetzung in Abwesenheit

von Sauerstoff) von Acetaldehyd (Ethanal, CH,CHO) betrachten, die nach experimentellen Untersuchungen die Ordnung }bezüglich Acetaldehyd aufweist:

CH, (9). C0Oig),

v=.kICH,CHO] N.

(23-1)

Im Experiment findet man auch kleine Spuren Ethan in der Reaktionsmischung. Der Rice-Herzfeld-Mechanismus für diese Pyrolyse lautet wie folgt (Punkte stehen für ungepaarte Elektronen, zeigen also Radikale an): Kettenstart: Kettenfortpflanzung:

CH,CHO— :CH; + :CHO v= k, [CH;CHO] CH,;CHO + - CH; > CH, + CH;CO:

Kettenfortpflanzung: Kettenabbruch:

CH,CO: — CH; + CO CH +. CcH2.>CH.CcH,

v = k.[CH,CHO][-CH;]

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

;

v= kr; |[CH;CO.] v=k,]|. Ch;]’

Anwendung 23-2: Lichtsammelkomplexe in der Photosynthese grüner Pflanzen - 948 23.4.2 Zusammengesetzte photochemische Reaktionen - 950

Anwendung 23-3: Photodynamische Therapie - 952

Geschwindigkeitsgesetze von Kettenreaktionen

CELCHOlg)

Stratosphäre - 945

Das Wichtigste auf einen Blick - 953

Weiterführende Literatur - 954

Zusatzinformation 23-1: Die Förster-Theorie des Resonanzenergie-

transfers - 954 Diskussionsfragen - 955

Leichte Aufgaben - 955 Schwerere Aufgaben - 957

922

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

Zu Beginn, beim Kettenstart, werden die Kettenträger -CH; und ee Um

uns

die Diskussion

zu

vereinfachen,

wollen

gebildet.

wir die Weiterreaktionen

von

-CHO nicht mit betrachten; es soll lediglich angemerkt sein, dass sie zur Bildung von CO und dem Nebenprodukt H, führen. Bei der Kettenfortpflanzung greift nun jeweils ein Kettenträger :CH, ein Ausgangsstoff-Molekül an, wobei ein u

Ket-

tenträger entsteht. Die Radikalrekombination, der Kettenabbruch, beendet die Fortpflanzung der Kette. Um den vorgeschlagenen Mechanismus zu überprüfen, müssen wir untersuchen, ob er zu dem beobachteten Geschwindigkeitsgesetz führt. Die Näherung quasistationärer Zustände (Abschnitt 22.2.2) besagt, dass wir die Geschwindigkeit der Konzentrationsänderung der Zwischenprodukte (-CH, und CH,CO.) null setzen:

£.

= k, [CH,CHO] — k; [CH,CHO] [-CH;]

+ Kl, [CH,CO-] — 2k, [-CH,]’ = 0

_.

= k, [CH,CHO][-CH,] — k- [CH,CO/] = 0.

Diese beiden Gleichungen addieren wir und erhalten so

ks [CH,CHO] — 2k, [-CH,]’ = 0. Wie wir sehen, folgt aus der Quasistationarität auch, dass die Geschwindigkeit des Kettenstarts gleich der Geschwindigkeit des Kettenabbruchs ist. Für die Konzentration der -CH;-Radikale im quasistationären Zustand gilt dann

[-CH;] = (2,) IencHof

(23-2)

und die Bildungsgeschwindigkeit von CH, ist d[CH,

ka \? 3 nn |. IcH,cHo) [CH;] = k- (3) [CH,CHOJ . A

Dieses Geschwindigkeitsgesetz mit der Ordnung ; entspri cht genau dem, was wir im Experiment finden [Gl. (23-1)]. Allerdings erklärt der Mechanismus nicht die Bildung mehrerer für diese Reaktion beobachteter Nebenp rodukte wie Propanon (CH,COCH,) und Propanal (CH,CH,CHO). In vielen Fällen führen Kettenreaktionen auch zu komplizierten Geschwindigkeitsgesetzen. Ein Beispiel ist die Reaktion zwisch en H, und Br;:

6) Kettenstart

Fortpflanzung

Abb. 23-1 Schema für den Mechanismus der Reaktion zwischen Wasserstoff und Brom. Ausgangsstoffe und Produkte sind aufSeitenzweigen eingezeichnet, die Intermediate H und Br hingegen treten nur innerhalb des geschlossenen Kreises auf.

Mit ähnlichen Diagrammen beschreibt man den Wirkmechanismus von Katalysatoren.

23)

d[HBr| H, (8) + Br, (g) = 2HBr(g) , dt

K{H,][Br,]

[Bn]+kfHBi)

(23-4)

Zur Erklärung dieses Geschwindigkeitsgesetzes wurde der folgende Mechanismus vorgeschlagen (Abb. 23-1):

Kettenstart:

Br,

+M — Br-+.Br-+M

v— ks [Br,][M]

(Die Rolle von M kann entweder Br, oder H, einnehmen.) Es handelt sich hier um eine Thermolyse, eine Reaktion, die durch die Zufuhr von Wärme und die dadurch angeregten zwischenmolekularen Stöße ausgelöst wird. Die weiteren Schritte sind:

23.1

Kettenfortpflanzung:

Br-+ H, — HBr+H: HerBrs 2 HBreBr=);

Inhibierung:

v= k; [Br-][H,] v= KUH Be,j

H-+ HBr—H; +Br-

v= k,[H-][HBr]

Kettenabbruch:

Br-+Br-+M-Bn+M*

v=k, [Br- ]?[M°]

Kettenreaktionen

Ein Inhibierungsschritt verzögert die Produktbildung; in unserem Fall greift der Kettenträger H- ein Molekül des Produkts HBr selbst an. Im Abbruchschritt führt ein Stoßpartner M die bei der Rekombination frei werdende Energie ab. Weitere mögliche Abbruchreaktionen wären die Rekombination von zwei H-Atomen zu H, oder die Reaktion eines H-Atoms mit einem Br-Atom. Es zeigt sich jedoch, dass nur die angegebene Rekombination der Br-Atome wirklich von Bedeutung ist, weil Br-Atome die Kette langsamer weitertragen und deshalb länger überdauern als H-Atome. Die Nettobildungsgeschwindigkeit des Produkts HBr ist d[HBr] dt

= ky [Br] [H2] + K, [H-] [Br] = kı [H-] [HB] .

Diese Geschwindigkeitsgleichungen können wir entweder numerisch lösen (siehe Anhang 2 und die Weiterführende Literatur) oder Näherungslösungen suchen und überprüfen, ob sie mit den experimentellen Fakten übereinstimmen. Den zweiten Weg werden wir im folgenden Beispiel vorstellen. Beispiel 23-1

Herleitung der Geschwindigkeitsgleichung einer Kettenreaktion

Leiten Sie das Geschwindigkeitsgesetz für die Bildung von HBr nach dem oben angegebenen Mechanismus her. Vorgehen Wir nehmen Quasistationarität für die Konzentrationen aller Zwischenprodukte an (-H und -Br), d.h. wir setzen die Änderung ihrer Konzentrationen null, lösen die Gleichungen nach den Konzentrationen auf und setzen die Ergebnisse in den Ansatz für die Nettobildungsgeschwindigkeit von HBr ein.

Antwort ten

Die Nettobildungsgeschwindigkeiten der beiden Zwischenprodukte lau-

HBE] = 0 SL] _ 1 [Br] [#,] -K, [H4][En] = kı[H]( d o — 2ks [Br,][M] — kr [Br] [43] + k, [H:] [Br]

+ k, [H-] [HBr] — 2k, [Br-]’[M] = 0. Durch Lösung dieses Gleichungssystems quasistationären Zustand:

erhalten wir die Konzentrationen im

ke(ks/ka)' [B;] [Br]?

HS Br] + k[MBr Br = (72) (en!

(Wie Sie bemerken werden, kürzt sich [M] heraus.) Diese Beziehungen setzen wir in die Gleichung für d [HBr]/dt ein und erhalten

dA[HBr]

dt

_2ke(ks/ka)' [H] [Bra

[Br] + (kı/ke) [HB]

Dieser Ausdruck besitzt die gleiche Form wie das empirische Geschwindigkeitsgesetz [Gl. (23-4)]. Wir können deshalb die beiden empirischen Konstanten k und K als 1

2

=

2kr (£) A

ir

und

K=

=. P

923

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

924

gkeitsgesetz, dass sich die Reakidentifizieren. Wir entnehmen dem Geschwindi gleichbedeutend, bei steigendem tion bei fortschreitender Bildung von HBr (oder, he dafür ist die Konkurrenz zwiVerhältnis [HBr]/[Br,]) verlangsamt. Die Ursac die Kettenträger H-, wobei der Fortschen Br,-Molekülen und HBr-Molekülen um kt (HBr) liefert, der Inhibiepflanzungsschritt H-+ Br, >HBr + Br: das Produ den Ausgangsstoff (H,). rungsschritt H- + HBr —H, + Br- hingegen wieder gkeitsgesetzes mithilfe einer Durch numerische Integration des Geschwindi 23-2 gezeigten zeitlichen VerMathematiksoftware gelangt man zu dem in Abb. s. lauf der Konzentration von HBr für diesen Mechanismu

[HBr]/2[H.]. Übung 23-1

0

.

IH]

2

HBr her, wenn die Leiten Sie das Geschwindigkeitsgesetz für die Bildung von tion von Br, in Dissozia te) ausgelös Licht (durch Startreaktion eine photolytische der Intensität gleich sei se Photoly der t ndigkei zwei Atome Br- ist. Die Geschwi [siehe Gl. (23-39)] I;»sahlten Lichts, des eingestr

Abb. 23-2 Die numerische Integration des

Geschwindigkeitsgesetzes der HBr-Bildung (Beispiel 23-1) kann verwendet wer-

23.1.2

den, um den zeitlichen Verlauf der HBrKonzentration zu untersuchen. Für diese

Berechnungen wurden stöchiometrische Ausgangskonzentrationen von H, und Br,

eingesetzt; die Bezeichnungen an den Kurven geben den Zahlenwert von 2k' — 1 an.

Explosionen

Thermische Explosionen sind sehr schnelle, durch einen Temperaturanstieg noch zusätzlich beschleunigte Reaktionen. Wenn die von einer exothermen Reaktion freigesetzte Energie nicht aus dem System entweichen kann, so steigt dessen Temperatur, die Reaktion verläuft schneller, erzeugt noch mehr Wärme und so weiter, bis die Geschwindigkeit extreme Werte erreicht. Eine Explosion durch Kettenverzweigung tritt auf, wenn die Zahl der Kettenträger im Laufe des Prozesses exponentiell ansteigt. Beide Arten von Explosionen können bei der Knallgasreaktion zwischen Wasser-

stoff und Sauerstoff beobachtet werden: 2H, (g)+0,(g) —2H,0

(9):

Trotz der scheinbar einfachen Reaktionsgleichung ist der Mechanismus dieser Reaktion sehr komplex und bis heute nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass es sich um eine Kettenreaktion handelt und dass als Kettenträger -H, -O- und -OH eine Rolle spielen. Einige Schritte, an denen -H beteiligt ist, lauten: of

dritte Explosionsgrenze

Kettenstart:

Sr

or

glatte Reaktion

Kettenabbruch:

w

I

>=

4|.

eo

zweite

“jr Explosions' grenze

‚®

ne

=) ©N

] v = ky |-(O2):]

v=k,[-O-[H}] vr, [El v=k, |H-[O;] [M]

Als Verzweigungsschritt bezeichnet man eine Elementarreaktion, bei der mehr als

erste WW Explosions- | renze — *

Q fe} &D

Couch

H- + Wand — 5H, H:-+0,+M —H0,;+M*

v ist konstant (vs)

: F:

Explosio

2

lab, = Ins Tale

Kettenfortpflanzung: H, + OH — H + H,O Kettenverzweigung: -(O,)-+ :H — :0:+:OH

1

=} ©&

ein Kettenträger entsteht. Wie Sie sich erinnern werden, verfügt ein O-Atom

Der

Q =a

®

Q oO oO

T/K Abb. 23-3 Explosionsgrenzen der Knallgasreaktion. In den explosiven Bereichen

explodiert das Gemisch, wenn es gleichmäßig erhitzt wird.

mit

der Grundzustandskonfiguration [He]2s’2p* über zwei ungepaarte Elektronen. Dasselbe gilt für ein O,-Molekül mit 12 Valenzelektronen und der Grundzustandskonfiguration 10? 10}, 20% In} In}. Ob es in einem System zur Explosion kommt oder nicht, hängt von der Temperatur und dem Druck ab. In Abb. 23-3 sind die Explosionsgebiete der Knallgasreaktion gezeigt. Bei sehr kleinen Drücken ist das System außerhalb des Explosionsgebiets, die Reaktion läuft hier ruhig und gleichmäßig ab. Unter diesen Bedingungen treffen die in den Verzweigungsreaktionen erzeugten Kettenträger häufiger auf die Gefäßßwände als auf andere Moleküle und werden daher immer wieder abgefangen. Wenn der Druck erhöht wird (entlang der senkrechten Linie in der Abbildung),

23.1

Kettenreaktionen

so erreicht das System die erste Explosionsgrenze (sofern die Temperatur größer als ungefähr 730 K ist). In diesem Bereich explodiert die Mischung, da die Kettenträger mit anderen Molekülen reagieren können, bevor sie an den Gefäßwänden abgefangen werden. Die Verzweigungsreaktionen entfalten jetzt ihre volle Wirkung. Oberhalb der zweiten Explosionsgrenze verläuft die Reaktion wieder glatt, da die Konzentration der als Stoßpartner in Frage kommenden Moleküle M jetzt so groß verglichen mit der Konzentration der Kettenträger ist, dass die Abbruchreaktion zwi-

schen H- und O, zu relativ reaktionsträgen Radikalen HO,- schneller abläuft als die Verzweigungsreaktion zwischen H- und O,. Die langlebigen -HO,-Teilchen diffundieren zu den Wänden und werden in einem anderen Abbruchschritt aus dem System entfernt. Steigt der Druck bis oberhalb der dritten Explosionsgrenze, dann erreichen die -HO,-Moleküle die Wand nur noch so langsam, dass sie unterwegs

mit den (jetzt in sehr großer Konzentration vorliegenden) H,-Molekülen zu H-Atomen und H,0,-Molekülen reagieren können. Beispiel 23-2 Untersuchung des Explosionsverhaltens einer Kettenreaktion Zeigen Sie, dass die oben beschriebene Reaktion zwischen Sauerstoff und Wasserstoff in eine Explosion übergeht, wenn die Geschwindigkeit der Kettenverzweigung größer wird als die Geschwindigkeit des Kettenabbruchs.

Vorgehen Wir identifizieren den Beginn der Explosion mit dem schnellen Ansteigen der Radikalkonzentrationen. Der Einfachheit halber verwenden wir nur die Konzentration der -H-Radikale als Indikator, da sie vermutlich in sehr viel größerer Zahl vorliegen als die hochreaktiven -OH- und -O--Radikale. Wie gewohnt stellen wir zuerst die Geschwindigkeitsgleichungen für die Zwischenprodukte auf und wenden dann das Quasistationaritätsprinzip an. Antwort Wir setzen die Bildungsgeschwindigkeit d [H-]/dt und schreiben URad



Vs

+

R

[-OHl

[B;] >

von Radikalen,

vr,4, gleich

ky [H-] [9]

+k, [0] [2] = ka H-] - k, [HJ] [O:]IM] . Durch Anwendung des Quasistationaritätsprinzips auf die Radikale -OH und -Oergibt sich für die Geschwindigkeit der Bildung der Intermediate

d[-OH] =-k& [OH] [HB] + dt

[H][O]) +M LO] [ER] =,

41.0] =, [H][0,)- [OH] =0. dt

Die Lösungen dieser Gleichungen lauten [-O'] = kv [A] [93]

ku [H2]

und

[-OH] =

2ky [H-] [9;] j

kr [H2|

Somit ist die Bildungsgeschwindigkeit der Radikale

Upaa = Vs + (2ky [O3] - ka - Ry [QM [H] Wir schreiben jetzt kzyeig = 2ky [O,] als Maß für die Geschwindigkeit der wichtigeren Verzweigungsreaktion und kpnae = ka + Kı [0,|[M] als Maß für die Geschwindigkeit der Abbruchreaktion. Dann ist

d[H-] dt

=Vs+

(Rzweig =

Rende) [H-] z

Diese Gleichung besitzt zwei Lösungen. Bei niedriger O,-Konzentration dominiert der Kettenabbruch über die Verzweigung (kenae > Kzweig) und es gilt [H-] —_

Us Kende gr Kzweig

ıl

ec (Kende

-Kzweig)t

925

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

Ne}N a

stetige Verbrennung von WasWie Abb. 23-4a zeigt, findet in diesem Bereich eine dominiert die Verzweigung serstoff statt. Bei hoher O,-Konzentration hingegen über den Kettenabbruch (kzweig > Kuna.) und es ist

oo

[H3= Kzweig — Kende e'

a

Vs

kzweig

—Kende )t —. 1| R

erkennen die exploDieser Konzentrationsverlauf ist in Abb. 23-4b gezeigt; Sie

Zugesionsartige Zunahme der Radikalkonzentration in der Reaktionsmischung. Exploeiner bei Zustands gebenermaßen ist die Annahme eines quasistationären auf sion etwas fragwürdig. Zumindest aber gibt unsere Rechnung einen Hinweis Explosion. zur die Ursache des Übergangs von ruhiger Verbrennung

EN

[X]Ak/v;.. Radikalkonzentration,

Übung 23-2

Zeit, |Aklt Abb. 23-4 Die Radikalkonzentration während der Knallgasreaktion im Bereich hoher Brennstoffkonzentrationen (a) unter den Bedingungen stetiger Verbrennung und (b) bei einer Explosion; Ak Kaueie — Kendee

Wie verhält sich die Radikalkonzentration, wenn die Geschwindigkeiten der Ver[[H-]=vst] zweigungs- und der Abbruchreaktion gleich groß sind?

Explosionen müssen sich nicht unbedingt aus Kettenreaktionen entwickeln. Die Explosion von Feststoffen wie Ammoniumnitrat oder TNT (2,4,6-Trinitrotoluol) etwa ist schlicht eine sehr schnelle, exotherme, unter Freisetzung großer Mengen gasförmiger Produkte verlaufende Zersetzung.

23.2|

Polymerisationen

Bei einer schrittweisen Polymerisation (Polyaddition, Polykondensation) können zwei beliebige Monomere in der Lösung miteinander reagieren und neue Ketten beginnen; die Reaktion ist also nicht auf bereits wachsende Ketten beschränkt. Die Folge ist, dass die Monomere schon nach verhältnismäßig kurzer Reaktionsdauer verbraucht sind und dass die Molmasse des Produkts mit der Reaktionszeit zunimmt (Abb. 23-5). Bei einer Kettenpolymerisation reagiert ein aktiviertes Monomer M mit einem weiteren Monomer zu einem Dimer, welches wiederum mit einem Monomer ein Trimer bildet und so fort. Das Monomer wird im Laufe der Reaktion allinählich verbraucht, indem es sich immer wieder an die wachsende Kette anlagert (Abb. 23-6). Auf diese Weise bilden sich schnell lange Polymerketten; nur die Ausbeute, nicht aber die Molmasse des gebildeten Polymers lässt sich über die Reaktionszeit beeinflussen.

23.2.1

Schrittweise Polymerisation

Schrittweise Polymerisationen verlaufen in der Regel als Kondensationen: Bei der Kombination zweier Einheiten wird jeweils ein kleines Molekül wie H,O abgespalten. Typische Beispiele für diesen Mechanismus sind die Synthesen von Polyamiden wie Nylon-66:

H,N-(CH,),-NH, + HOOC-(CH,), COOH — H,N-(CH,),-NH-CO-(CH,),-COOH + H,O

= H-ENH-(CH,),-NH-CO (CH,),-COL0H + H,O Ähnlich entstehen auch Polyester und Polyurethane (Letztere ohne Abspaltung von Wasser). Ein Polyester ist beispielsweise das Ergebnis der schrittweisen Kondensation einer Hydroxysäure HO-M-COOH. Wir werden im Folgenden die Bildung eines Polyesters aus einer solchen bifunktionellen Säure betrachten und dabei als Maß für den Fortgang der Reaktion die Konzentration der COOH-Gruppen wählen,

23.2

Polymefisationen

Abb. 23-5 Bei der schrittweisen Polymerisation können zwei beliebige Monomere

Abb. 23-6 Bei einer Kettenpolymerisation lagern sich fortgesetzt Monomeren an die

miteinander reagieren, sodass während des Reaktionsverlaufs dauernd neue Ketten entstehen.

bereits wachsenden Ketten an.

da diese im Verlauf der Reaktion nach und nach verschwinden. Da die Kondensation zwischen zwei beliebigen Oligomeren eintreten kann, egal aus wie vielen Monomereinheiten sie bestehen, entstehen in der Reaktionsmischung Ketten mit sehr unterschiedlichen Längen. Falls die Kondensation ohne Katalysator stattfindet, können wir davon ausgehen,

dass sie insgesamt zweiter Ordnung ist, jeweils erster Ordnung in der Konzentration der OH- bzw. COOH-Gruppen (die wir mit A bezeichnen):

Se = -k[OH] [A] . dt

(23-5a)

Da die Konzentration der OH-Gruppen aber immer gleich der Konzentration der COOH-Gruppen ist, können wir genauso schreiben dla] — -k[A}.

(23-5b)

Wir nehmen weiter an, dass die Geschwindigkeitskonstante der Kondensation unabhängig von der Kettenlänge ist, dass k also während der gesamten Reaktion konstant bleibt. Die Lösung von Gl. (23-5b) ist dann durch Gl. (22-15) gegeben,

[Alo STE

(23-6)

Den Bruchteil p der COOH-Gruppen, die zum Zeitpunkt t bereits reagiert haben, erhalten wir durch Anwendung von Gl. (23-6):

327

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

923 25

[A]o = [A] ne

ern

kt [Alo

(23-7)

Semi,

als die mittlere Nun wollen wir den Polymerisationsgrad berechnen; er ist definiert Verhältnis der dem ht entspric und molekül Polymer je en Zahl der Monomereinheit

N oO

Konzentration Konzentration der COOH-Gruppen zu Beginn der Reaktion, [A]o, zur nur eine Molekül jedes da t, Zeitpunk teten .betrach zum [A] der COOH-Gruppen en vorhand en A-Grupp 1000 sweise beispiel Beginn zu Wenn COOH-Gruppe enthält. Mitim molekül Polymer jedes muss dann sind, übrig 10 noch waren und jetzt nur mitttel 100 Einheiten lang sein. [A] können wir durch p ausdrücken [Gl. (23-7)]; die also ist (n), , molekül Polymer je en einheit lere Zahl von Monomer

— un

= oO

(n) Kettenlänge mittlere uw

ee,

0

i 0

92

oA

(23-82)

i 08

08

1

Anteil der Monomere,

die bereits reagiert haben p

Abb. 23-7 veranschaulicht dieses Resultat. Drücken wir nun noch p durch die Geschwindigkeitskonstante k aus [Gl. (23-7)], so ergibt sich für den Polymerisationsgrad

Abb. 23-7 Die mittlere Kettenlänge eines Polymers als Funktion des Bruchteils p der

(n)=1+kt[A], -

Monomere, die bereits reagiert haben.

p muss sehr nahe bei eins liegen, damit lange Ketten entstehen.

(23-85)

Die Kettenlänge ist proportional zur Dauer der Reaktion. Mit zunehmender Reaktionszeit nimmt die mittlere Molmasse des Produkts deshalb zu.

23.2.2

_ Kettenpolymerisation

Die Kettenpolymerisation beginnt mit der Aktivierung einer Anzahl von Monomeren, von denen jedes der Ausgangspunkt einer schnell wachsenden Polymerkette ist. Meist wächst die Kette durch Additionsreaktionen, häufig nach einem radikali-

schen Mechanismus. Typische Beispiele für Kettenpolymerisationen sind die Polymerisationen von Ethen, Methylmethacrylat (Methacrylsäuremethylester) oder Styrol nach der allgemeinen Gleichung

CH,CHX-

+ CH,=CHX > -CH,CHX- CH,CHX

(weitere Reaktionen folgen). Das wesentliche Ergebnis der kinetischen Analyse, die in der nachfolgenden Begründung zusammengefasst wird, lautet: Die Geschwindigkeit der Polymerisation ist proportional zur Wurzel aus der Initiatorkonzentration,

v=kli’[M.

(23-9)

r

Begründung 23-1

Die Geschwindigkeit einer Kettenpolymerisation

_

In einer Kettenpolymerisation unterscheiden wir drei grundlegende Reaktionsschritte: (a) Kettenstart I>R:-+R:

M+R.—

vs = ks|]

-M,

(schnell)

Hierbei bezeichnet I ein Initiatormolekül, -R das im Startschritt gebildete Radikal und -M, ein Monomerradikal. (In diesem Beispiel haben wir die Bildung eines

Radikals gezeigt, in manchen Polymerisationen spielen aber auch Kationen oder

Anionen die Rolle des Kettenträgers.) Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt

23.2 Polymefisationen

der Startreaktion ist die Entstehung der Radikale -R durch Homoly se des Initiatormoleküls, ihre Geschwindigkeit ist daher gleich dem angegeb enen »;. (b) Kettenwachstum M+

-Mı, —

-M,

M

-M,

:M,

+

te

M+-M, = M, vw = ku[M][M] Wenn wir davon ausgehen, dass die Geschwindigkeit des Kettenwachstums nicht von der Kettenlänge abhängt (vorausgesetzt, diese ist groß genug), dann können wir den Wachstumsprozess ausschließlich mit der oben angegebenen Gleichung beschrieben. Für hinreichend lange Ketten ist die Wachstumsgeschwindigkeit folglich gleich der Gesamtgeschwindigkeit der Polymerisation selbst. Da die Reaktionskette schnell fortschreitet, ist die Geschwindigkeit, mit der die

Gesamtkonzentration der Radikale wächst, gleich der des geschwindigkeitsbestimmenden Schritts - der Startreaktion. Wir können daher schreiben d|-Ml

(23-10)

e el,

wobei f der Bruchteil der Radikale R- ist, der wirklich zur Bildung einer Polymerkette führt. (c) Kettenabbruch

AM EM iM -M„ + -M„ — M, + M„

Rekombination Disproportionierung

M+-:M,—

Kettenübertragung

:M+M,

Als Rekombination bezeichnet man die Vereinigung zweier Radikalketten zu einer nicht radikalischen Einheit; bei der Disproportionierung wird ein Wasserstoffatom von einer Kette zur anderen übertragen, was einer Oxidation des Donors und einer Reduktion des Akzeptors entspricht. Die Kettenübertragung beendet das Wachstum einer Kette, startet aber gleichzeitig eine neue. An dieser Stelle wollen wir nur den Kettenabbruch durch Rekombination in

Betracht ziehen. Unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit der Abbruchreaktion nicht von der Länge der beiden Ketten abhängt, ist ihr Geschwindigkeitsgesetz Ur

=

RR [-M]’

a

Die Änderung der Radikalkonzentration durch diesen Prozess ist

d[M]| — _%k,[:M]. dt

A [

|

Für die Konzentration der Radikale nehmen wir Quasistationarität an,

u = 2fks [1] -2k, [MP =0. Die Konzentration der radikalischen Ketten im stationären Zustand ist somit

EN

[M] = ) kı

(23-11)

ve

Da die Geschwindigkeit des Kettenwachstums gleich dem Negativen Geschwindigkeit ist, mit der das Monomer verbraucht wird, schreiben vy = -d[M]/dt und

ee

.(g) wim].

der wir

Bub,

Dieser Ausdruck gibt auch die Geschwindigkeit der Polymerisation insgesamt an und hat die Form von GI. (23-9).

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

930

das Verhältnis der Zahl der verDie kinetische Kettenlänge v ist definiert als n gebildeten aktiven Teilchen: eaktio Startr brauchten Monomere zur Zahl der in der Zahl der verbrauchten Monomereinheiten

(23-13)

Zahl der erzeugten aktiven Teilchen



der in Begründung 23-1 entWir können die kinetische Kettenlänge auch mithilfe en ausdrücken. Dazu steligkeit chwind wickelten Beziehungen für die Reaktionsges verbraucht werden wie schnell o len wir zunächst fest, dass die Monomere genaus die Ketten wachsen. Dann ist

Wachstumsgeschwindigkeit

=

"

Geschwindigkeit der Radikalbildung

digkeit der Wir wenden das Quasistationaritätsprinzip an und setzen die Geschwin e Ketkinetisch die für k Ausdruc Der Radikalbildung gleich der des Kettenabbruchs. tenlänge wird dann zu

_kwEM]IM] _ kwM| 2u[M? 2KlM Hier setzen wir für die Radikalkonzentration den Ausdruck ein, den wir oben unter

der Annahme eines quasistationären Zustandes erhalten haben [Gl]. (23-11)], und erhalten

ku ee

EMI

(23-14)

Betrachten wir nun ein Polymer, das durch einen Radikalkettenmechanismus gebildet wird; der Abbruch erfolge durch Rekombination. Die mittlere Anzahl (n) der Monomereinheiten je Polymermolekül ist dann gleich der Anzahlen der Monomereinheiten, die in den beiden sich vereinigenden Ketten enthalten sind. v ist die mittlere Zahl der Einheiten pro Kette. Es gilt demnach

(n) = 2v = 2k[M][I]?

1

(23-15)

wobei k durch GI. (23-14) gegeben ist. Je langsamer also der Kettenstartschritt erfolgt (das heißt, je geringer die Konzentration des Initiators und je kleiner die Geschwindigkeitskonstante der Startreaktion ist), desto größer wird die kinetische Kettenlänge und folglich auch die mittlere Molmasse des Produkts. In Kapitel 19 haben wir gesehen, wie sich die Kettenlänge auf die Eigenschaften eines Polymers auswirkt. Jetzt wissen wir, welche Möglichkeiten es gibt, die Kettenlänge kinetisch zu steuern.

E,(unkatalysiert)

E,(katalysiert)

23.3]

Homogene Katalyse

Ausgangsstoffe Als Katalysator bezeichnet man eine Substanz, deren Anwesenheit eine Reaktion beschleunigt, ohne dass sie selbst eine (Netto)reaktion eingeht. Ein Katalysator setzt die Aktivierungsenergie einer Reaktion herab, indem er einen alternativen Reak-

potenzielle Energie Produkte Reaktionskoordinate

Abb. 23-3 Ein Katalysator eröffnet einen alternativen Reaktionsweg mit einer niedrigeren Aktivierungsenergie. Dadurch wird die Produktbildung beschleunigt.

tionsweg eröffnet, der den langsamen, geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der unkatalysierten Reaktion umgeht (Abb. 23-8). Katalysatoren können sehr effizient sein. Beispielsweise beträgt die Aktivierungsenergie der Zersetzung von Wasserstoffperoxid in Lösung 76 k] mol“! und die Reaktion verläuft bei Zimmertemperatur sehr langsam. Durch lodid-Ionen wird die Aktivierungsenergie auf 57k]mol-" reduziert, die Reaktion wird dadurch um einen Faktor 2000 schneller. Biologische Katalysatoren, so genannte Enzyme, sind hochspezifisch und können die Geschwindigkeiten der von ihnen katalysierten Reaktionen besonders dramatisch steigern. In

23.3

Homogen® Katalyse

Anwesenheit des Enzyms Katalase beträgt die Aktivierungsen ergie der Zersetzung von Wasserstoffperoxid nur noch 8k]mol-' entsprechend einer Beschleunigung der Reaktion um den Faktor 10'° bei 298 K.

Homogene Katalysatoren befinden sich in der gleichen Phase wie die Reaktionsmischung. So wird die Zersetzung von Wasserstoffperoxid in wässriger Lösung durch Bromid-Ionen oder Katalase katalysiert (Abschnitte 23.3.1 und 23.3.2). Dagegen liegt ein heterogener Katalysator nicht in einer Phase mit dem Reaktionsgemisch vor. Für die Katalyse der Hydrierung von Ethen zu Ethan in der Gasphase beispielsweise verwendet man Feststoffe wie Platin, Palladium oder Nickel. Die Ausgangsstoffe werden an die Oberfläche des Metalls gebunden; auf diese Weise wird ihre Begegnung begünstigt und damit die Reaktionsgeschwindigkeit erhöht. Die Diskussion der heterogene Katalyse verschieben wir auf Kapite25. l Vorläufig werden wir uns nur mit der homogenen Katalyse beschäftigen.

23.3.1

Merkmale homogen-katalytischer Reaktionen

Am Beispiel der bromidkatalysierten Zersetzung von Wasserstoffperoxid wollen wir das Funktionsprinzip eines homogenen Katalysators untersuchen: 2H,0; (aq) > 2H,O (ag) + 0, (g).

Die Reaktion verläuft vermutlich über das folgende vorgelagerte Gleichgewicht:

H,;0* +H,0,

H,O: Brenn r [20,] [430°] v = k|H,0$] [Br]

=H,0f/+H,0

K=

H,05 + Br- — HOBr+H,0 HOBr

+ H,0,

— H;0*

+0,

+ Br”

(schnell)

Dabei wurde in der Gleichgewichtskonstante des vorgelagerten Gleichgewichts die Aktivität des Wassers gleich eins gesetzt und die thermodynamischen Eigenschaften der anderen beteiligten Substanzen als ideal angenommen. Der zweite Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend. Daher erhalten wir das Geschwindigkeitsgesetz der Gesamtreaktion, indem wir die Gesamtgeschwindigkeit gleich der Geschwindigkeit des zweiten Schrittes setzen und mithilfe der Gleichgewichtskonstante die Konzentration von H,O, durchdieAusgangsstoffeausdrcken.Wirerhalten



= ker [H302] [H3O°] [Br]

mit kur = kK. Dieses Geschwindigkeitsgesetz stimmt mit der experimentell beob-

achteten Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration der Br--Ionen und dem pH-Wert der Lösung überein. Für die beobachtete Aktivierungsenergie ist die effektive Geschwindigkeitskonstante k K verantwortlich. Der zentrale Schritt der Säurekatalyse ist die Übertragung eines Protons auf das Substrat: X+ HA = HXT +A7

HX* — Produkte.

Eine Säurekatalyse ist der Primärprozess bei der Solvolyse von Estern und der KetoEnol-Tautomerie. Die Basenkatalyse besteht in der Übertragung eines Protons vom Substrat auf eine Base: REREBe

X EB

X,— Produkte.

Sie ist der erste Schritt bei der Isomerisierung oder Halogenierung organischer Verbindungen und bei der Claisen- und der Aldolkondensation.

92

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

932

sy

23.3.2

aktive ww

_Enzymkatalysierte Reaktionen

speziaEnzyme sind homogene Biokatalysatoren — in der Natur allgegenwärtige,

lisierte Proteine oder Nukleinsäuren.

Schlüssel/\ Schloss d

Are

%

N Fit

Ihre Molekülstruktur

enthält ein aktives

der Zentrum, verantwortlich für die Bindung der Substrate (der Ausgangsstoffe bleiben r Katalysato jeder Wie Produkte. der Synthese die jeweiligen Reaktion) und Enzyme nach Beendigung der. Reaktion unverändert zurück. Die meisten Enzyme sind Proteine: manche enthalten an den aktiven Zentren organische oder anorganische Cofaktoren. Auch bestimmte RNA-Moleküle können Ribozyme bilden und

damit katalytisch wirksam werden. Ein sehr wichtiges Beispiel ist das Ribosom, eine ausgedehnte Struktur aus Proteinen und katalytisch aktiver RNA, dessen Aufgabe die Proteinsynthese in der Zelle ist.

Abb. 23-9 Zwei Modelle zur Erklärung der Bindung eines Substrats an die aktive Position eines Enzyms. Beim SchlüsselSchloss-Prinzip passen die dreidimensionalen Strukturen von Substrat und aktiver

Der Aufbau der aktiven Position ist auf die katalysierte Reaktion abgestimmt: Gruppen des Substrats gehen dort mit Gruppen des Enzyms Wechselwirkungen wie Wasserstoffbrücken, elektrostatische oder van-der-Waals-Wechselwirkungen ein. In Abb. 23-9 sehen Sie zwei Modelle, die die Bindung des Substrats an das aktive

Position perfekt ineinander, ohne dass

Zentrum erklären. Beim Schlüssel-Schloss-Prinzip geht man davon aus, dass die dreidimensionalen Strukturen von Substrat und aktiver Position perfekt ineinander passen, ohne dass dazu wesentliche Verschiebungen von Atomen oder Bindungen nötig wären. Experimentelle Untersuchungen deuten jedoch eher auf das Anpassungs- oder Induced-fit-Modell hin: Die Bindung des Substrats löst eine geeignete Konformationsänderung des aktiven Zentrums aus, erst danach passt das Substratmolekül optimal an die vorgesehene Bindungsstelle. Enzymkatalysierte Reaktionen sind störungsanfällig; sie können durch Moleküle gehemmt werden, die die Produktbildung durch spezifische Bindungen verhindern. Dieses Prinzip liegt Therapieansätzen für viele Krankheiten zugrunde. Eine wichtige Strategie der Behandlung der Immunschwächekrankheit AIDS zum Beispiel besteht in der ständigen Verabreichung eines speziellen Proteaseinhibitors, der ein Enzym hemmt, das für den Aufbau der Hüllproteine des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) zuständig ist. Die Hülle umgibt das genetische Material des Virus; ist sie fehlerhaft, so kann sich das Virus im Wirtsorganismus nicht vermehren.

wesentliche Verschiebungen von Atomen oder Bindungen nötig wären. Beim Induced-Fit-Modell löst die Bindung des Substrats eine geeignete Konformationsänderung an der aktiven Position aus; erst danach passt das Substratmolekül an die vorgesehene Bindungsstelle.

Der Michaelis-Menten-Mechanismus Will man die Kinetik einer enzymatischen Reaktion untersuchen, so misst man in der Regel die Anfangsgeschwindigkeit der Produktbildung in einer Lösung, die sehr geringe Konzentrationen des Enzyms enthält. Solche Biokatalysatoren sind allgemein hocheffizient; die Reaktion wird selbst dann noch merklich beschleunigt, wenn die Konzentration des Enzyms um mehr als drei Größenordnungen geringer ist als die des Substrats. Die grundlegenden Merkmale enzymatischer Reaktionen sind:

1. Bei gegebener Anfangskonzentration [S], des Substrats ist die Anfangsgeschwindigkeit des Produktbildung proportional zur Gesamtkonzentration des Enzyms, [E],. 2. Bei gegebenem [E], und niedrigen Werten von [S], ist die Geschwindigkeit der Produktbildung proportional zu [S]o3. Bei gegebenem [E], und hohen Werten von [S], wird die Geschwindigkeit der Produktbildung unabhängig von [S], und erreicht einen Höchstwert, die Maximalgeschwindigkeit v,,...

Alls diese Merkmale werden durch den Michaelis-Menten-Mechanismus reproduziert, dessen erster Schritt die Bildung eines Enzym-Substrat-Komplexes ist. Das Enzym wird dann wieder freigesetzt, entweder unverändert oder nach einer Modifikation zur Produktbildung:

E+S=ES

KK

23.3

Homogene Katalyse

933

In der nachfolgenden Begründung werden wir zeigen, dass dieser Mechanismus zur Michaelis-Menten-Gleichung für die Geschwindigkeit der Produk tbildung führt, eo

kulE),

BR

(23-17)

mit Ku = (k, + k,)/k, als Michaelis-Konstante, einer für ein gegebene s Enzym und

ein gegebenes Substrat charakteristischen Größe.

Michaelis-Menten-Gleichung Die Geschwindigkeit der Produktbildung im Michaelis-Menten-Mechanismus ist

v=kylES].

(23-18)

Mithilfe des Quasistationaritätsprinzips Enzym-Substrat-Komplexes:

d[ES] —,

MES

ZES])

Mes]

erhalten

wir

die Konzentration

des

0.

Daraus folgt

(ES — (:=e)[EIS]

(23-19)

mit [E] und [S] als Konzentrationen des freien Enzyms bzw. Substrats. Nun definieren wir die Michaelis-Konstante wie folgt:

(ih)

dabei stellen wir fest, dass die Einheit von K,, die molare Konzentration ist. Um

das Geschwindigkeitsgesetz anhand der Konzentrationen des zugefügten Enzyms und Substrats auszudrücken, überlegen wir zunächst, dass [E], = [E] + [ES] ist. Da außerdem das Substrat in der Regel in großem Überschuss relativ zum Enzym vorliegt, können wir die Konzentration des freien Substrats näherungsweise gleich der Anfangskonzentration des Substrats setzen, also |S] = [S],. Damit ergibt sich

EI], er, Wenn wir diesen Ausdruck für [ES] in Gl. (23-18) für die Geschwindigkeit der Pro-

_ D*

duktbildung einsetzen, erhalten wir die Michaelis-Menten-Gleichung, Gl. (23-17).

In Übereinstimmung mit den experimentellen Resultaten sagt G]. (23-17) aus

(Abb. 23-10): 1. Für [S], < Ku ist die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zu [S]o:

[S), [E,| !

(23-208)

Reaktionsgeschwindigkeit. v

2. Für [S], > Ku erreicht die Geschwindigkeit einen Maximalwert und hängt nicht mehr von [S], ab: U

DVmax



k,[El,

z

Substratkonzentration [S] (23-20b)

Durch Einsetzen der Definitionen von K, und v,., in Gl. (23-17) erhalten wir

ee 1+Ku/ISlo

(23-21)

Abb. 23-10 Abhängigkeit der Geschwindigkeit einer enzymkatalysierten Reaktion von der Konzentration des Substrats. Der Michaelis-Menten-Mechanismus erklärt die Annäherung an eine Maximalgeschwindigkeit v,., für große [S].

ionen 23 Die Kinetik zusammengesetzter Reakt

934

ung durch Form bringen, die zur Datenauswert Diesen Ausdruck können wir in eine lineare Regression geeignet ist:

ı

1

Ku\ I

(23-22)

Er N

UV

Steigung 1/v

=

1/K,, ERBE

0

Kl Y ax

U 77

\/Do

Abb. 23-11 Lineweaver-Burk-Diagramm zur Analyse einer enzymkatalysierten Reak-

L "max

L max

man eine Auftragung von 1/v als FunkAls Lineweaver-Burk-Diagramm bezeichnet e mit der Steigung Ku/Yma, dem Gerad tion von 1/[S],, die gemäß Gl. (23-22) eine senabschnitt —1/K, ergeben sollte y-Achsenabschnitt 1/v..„. und dem x-Ach b) k,

man mithilfe von Gl. (23-20 (Abb. 23-11). Aus dem y-Achsenabschnitt kann n k, und k', die im Ausdruck tante skons berechnen: die einzelnen Geschwindigkeit zugänglich. Die zusätzlich nicht ings für K, auftreten, sind auf diesem Weg allerd ne Stopped-Flow-Technik riebe besch benötigten Daten kann die in Abschnitt 22.1.2 Enzym-Substrat-Kompledes ng Bildu der liefern: Wir erhalten die Geschwindigkeit ung beider Komponenten verfolxes, indem wir die Konzentration nach der Misch schon vorhandenen Resultaten gen. So gelangen wir zu k,. In Kombination mit den

tion, die nach einem Michaelis-Menten-

für k, und K,, lässt sich dann auch K‘ berechnen.

Mechanismus verläuft. Die Bedeutungen von Achsenabschnitt und Steigung sind angegeben.

Die katalytische Effizienz

k.., ist definiert als die Die Wechselzahl (oder Katalysekonstante) eines Enzyms, bestimmten Zeiteinem in Position aktiven einer Anzahl der Katalysezyklen, die an en von k.ı Einheit Die s. Intervall dieses Länge die intervall ablaufen, geteilt durch

des Michaesind die einer Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung; im Rahmen

Größe k,, der lis-Menten-Modells entspricht der Zahlenwert von k... demjenigen der

Geschwindigkeitskonstante der Freisetzung des Produkts aus dem Enzym-Substrat folgt (23-20b) Gl. aus Komplex. Daraus und Uns

(23-23 )

ka=k=—. [E], b cat

Als katalytische Effizienz & (Epsilon) eines Enzyms bezeichnet man das Verhältnis kan/ Ku: Je größer & ist, desto effizienter wirkt das Enzym. Die katalytische Aktivität

können wir uns als die effektive Geschwindigkeit der enzymatischen Reaktion vorstellen. Aus Ku = (k, + k,)/k, und Gl. (23-23) folgt X

Keat =

5

Ku ji kl Sr k,

(23-24)

k, ky i

Die katalytische Effizienz wird maximal (also gleich k,), wenn k, > k/ ist. Weil k, die Geschwindigkeitskonstante für die Bildung eines Komplexes aus zwei Einheiten ist, die frei durch eine Lösung diffundieren, hängt die maximale

Effizienz mit den

maximalen Diffusionsgeschwindigkeiten von E und S in der Lösung zusammen. Der obere Grenzwert (zu dem in Abschnitt 24.1.2 Näheres erläutert wird) führt zu einer Geschwindigkeitskonstante von etwa 10°-10° dm’ mol"! s"' bei Raumtemperatur für Moleküle in der für Enzyme typischen Größe. Für das Enzym Katalase ist e= 4.0 x 10° dm’ mol"!s"!. Das bedeutet, die Geschwindigkeit der katalysierten Reaktion ist ausschließlich durch die Diffusion bestimmt, weil die Reaktion praktisch sofort stattfindet, wenn Enzym und Substrat miteinander in Kontakt kommen (man nennt das auch eine „perfekte“ Katalyse). Beispiel 23-3

Die Bestimmung’der katalytischen Effizienz eines Enzyms

Das Enzym Carboanhydrase katalysiert die Hydratisierung von CO, zu Hydrogencarbonat-Ionen in roten Blutzellen: CO, (g) + H,O

() >HCO;

(aq) + H* (ag).

23.3 Homogene Katalyse

93

Für die Reaktion wurden bei pH =7.1, einer Temperatur von 273.5K und einer

40

Enzymkonzentration von 2.3nmoldm folgende Messwerte erhalten:

[CO,]/(mmoldm)

1.25

vlimmoldms')

2.78x10?

2,5

5

833x102

5.00x10?

20

1.67x10

I

Bestimmen Sie die katalytische Effizienz von Carboanhydrase bei 273.5 K.

“n

Vorgehen Tragen Sie die Werte in ein Lineweaver-Burk-Diagramm ein. Bestimmen Sie durch lineare Regression K,, und Umax: Berechnen Sie dann aus Gl. (23-

= = 5

-

.

.

.

23) mithilfe der Enzymkonzentration k., und aus Gl. (23-24) die katalytische Efhizienz. Antwort

0.400 20.0

0.200 12.0

. 0

0.0500 60

0

In Abb. 23-12 sehen Sie das zugehörige Lineweaver-Burk-Diagramm; die Steigung ist 40.0 und der y-Achsenabschnitt 4.00. Folglich haben wir et

Una„/(mmoldm x/

’s"')

)

=

1

=

Achsenabschnitt

1

4.00

=

222

und f

Steigung

40.0

Ku/(mmoldm°*) = 2 = = 10.0. mi Achsenabschnitt 4.00

Daraus folgt dann — Ymax _ 25 AO

EARE),

amoldn sr

23x WW moldm

uhr

Me

s‘

;

und

29 Ge

£

Wir schreiben folgende Wertetabelle auf:

1/{[C0,]/(mmoldm’)} 0.800 1/{v/(mmoldm” s')} 36.0

1.


, = I,,, Summe in Gl. (23-29), stellen etwas um und erhalten

Gl. (23-29) ein und erhalten das allgemeine Ergebnis

(23-30)

el vi

Die Quantenausbeute des Primärprozesses lässt sich also unmittelbar aus den experimentell bestimmten Geschwindigkeiten aller photochemischen und photophysikalischen Prozesse ermitteln, die den angeregten Zustand des Ausgangsstoffs desaktivieren.

Desaktivierung angeregter Singulettzustände Wir betrachten die Bildung und die Desaktivierung eines angeregten Singulettzustands, der nicht an einer chemischen Reaktion beteiligt ist: Absorption: Fluoreszenz: Innere Umwandlung: Intersystem Crossing:

S+ Avan > 5’ S'—S+hy; S’ — S S" — T

Ni: Us = kulS| Da ke] Use Rise

Hier ist S ein absorbierendes Molekül, S‘ ein angeregter Singulettzustand, T ein angeregter Triplettzustand; hv,,, und hv; sind die Energien der eingestrahlten bzw.

durch Fluoreszenz emittierten Photonen. Die Geschwindigkeit der Bildung und des Abbaus von S* können wir nun mit den in Kapitel 22 beschriebenen Methoden mithilfe der Geschwindigkeiten der daran beteiligten Prozesse formulieren: Bildungsgeschwindigkeit von S| Abbaugeschwindigkeit von [S’]

= =

I;ps —ke|S*] — kısc[S*] — kıc[S*]

=

(kr+kısc+kic)[S]

.

Die Desaktivierung des angeregten Singulettzustands ist also ein Prozess erster Ordnung: Wird das Licht ausgeschaltet, so ist der zeitliche Verlauf der Konzentration von S° gegeben durch

De

(23-31)

Die beobachtete Fluoreszenzlebensdauer z, ist definiert als 1 To

krt+kisctkic

(23-32)

In der nachfolgenden Begründung wird gezeigt, dass die Quantenausbeute der Fluoreszenz gegeben ist durch kr

dr =

Be

er

(23-33)

23.4

Photochemie

Bei Fluoreszenzmessungen beleuchtet man in der Regel eine relativ stark ver-

dünnte

Probe mit einem kontinuierlichen,

klein und konstant, das heißt, (Abschnitt 22.2.2) ansetzen:

wir

intensiven Lichtstrahl. Dann

können

das

dls’] dt

=

IE

k£[S

]

KısclS"]

=

KıclS*]



Mies

(k;

ist [S’]

Quasistationaritätsprinzip | Kısc

| kıc)[S"]

=0.

Folglich ist Tps = (kr + kisc+ kıc)[S”] .

Mithilfe dieser Beziehung und Gl. (23-28) erhalten wir für die Quantenausbeute der Fluoreszenz dr =

Ur

k£|S*]

Is

(Kr + kısc + kıc)[S°)

Hier können wir [S°] kürzen und erhalten Gl. (23-33). Fluoreszenzlebensdauern können mit gepulsten Lasern bestimmt werden (Abschnitt 13.3.4). Dazu wird die Probe zunächst mit einem kurzen Laserlichtpuls bei einer Wellenlänge bestrahlt, die von S stark absorbiert wird. Dann verfolgt man das exponentielle Abklingen der Fluoreszenzintensität nach Beendigung des Pulses. Aus Gl. (13-28) folgt

a. kr + Kısc + kıc

| ei. krtkısctkıc/k

kr

ae

Illustration 23-2 Berechnung der Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz von Tryptophan In wässriger Lösung misst man für die Fluoreszenzquantenausbeute und -lebensdauer von Tryptophan #; = 0.20 bzw. 7, = 2.6ns. Aus Gl. (23-33) folgt damit für die Geschwindigkeitskonstante k;: Kr

dr _Z %

0.20 2.6x10>s

=

SV.

Die Löschung angeregter Zustände Die Verkürzung der Lebensdauer angeregter Zustände nennt man Quenching oder Löschung. Sie kann erwünscht sein, etwa bei der Energie- oder Elektronenübertragung; sie kann aber auch stören, wenn sie als unerwünschte Nebenreaktion die Quantenausbeute eines photochemischen Prozesses vermindert. Löscheffekte untersucht man, indem man die Emission eines angeregten Zustands verfolgt, die an der betrachteten photochemischen Reaktion beteiligt ist. Bei Anwesenheit eines Löschers Q entsteht ein zusätzlicher Kanal für die Desaktivierung von S°! Löschung

S+Q—-S+QR

1 = kalQl|S]

Die Stern-Volmer-Gleichung, hergeleitet in der nachfolgenden Begründung, setzt die Fluoreszenzquantenausbeuten zueinander in Beziehung, die in Abwesenheit (d;,) bzw. Anwesenheit ($,) eines Löschers Q mit der Konzentration [Q] gemessen wurden:

CR E

(23-35)

941

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

942

Auftragung vo Pro/Pr als FunkDieser Gleichung entnehmen wir, dass sich bei

Steigung = Tyk,

n sollte. Eine solche Darsteltion von [Q] eine Gerade mit der Steigung To k. ergebe 23-14). Zur Untersuchung der lung nennt man Stern-Volmer-Diagramm (Abb. Phosphoreszenzlöschung kann man analog vorgehen. Begründung 23-5

/® 9.

Die Stern-Volmer-Gleichung® _

eines Löschers Das Quasistationaritätsprinzip für [6°] liefert uns in Anwesenheit u

—_ — Ip — (kp + kısc + kıc + kalQ)IS’] = 0

0

und die Fluoreszenzquantenausbeute ist dann

Q]

Abb. 23-14 Prinzip des Stern-Volmer-Dia-

Pr

gramms. Die Steigung hängt wie angege-

ben mit der Geschwindigkeitskonstante der Löschung und mit der experimentellen Fluoreszenzlebensdauer in Abwesenheit des Löschers zusammen.

kr

kt

Für [Q]=0

kisc+ kıc+ kalQ]

ist die Quantenausbeute

kr Pro —

ke + kısc + Kıc

Es folgt nun: dro = Pr kp

kr

)(=+ kısc+ kıc+ ka a)

+ Kısc + kıc

kr

® kr + kısc + kıc + kalQ] kr + Kısc + Kıc

_14

ka

ehe

Mithilfe von Gl. (23-34) können wir dies zu Gl. (23-35) vereinfachen. Da sowohl die Fluoreszenzintensität als auch die Fluoreszenzlebensdauer proportional zur Fluoreszenzquantenausbeute ist [insbesondere gilt 0+0

O+hv2O'+e

030,

te

O'+N,

>NO’+N

ON N, LO

>NOENO NO EN

N+hv>oN

DD

©

Thermosphäre

6,50+e N,+hv>aN+N

200

Ot2e1 2.040 Nor NEO

N +0, N, +0

= 3;

a

te O,+hv>0, N,+hv>N te

=

:O

el3

EN

O0; +N, >„NO’+NO N, +0

>NO+N N; +0,>N,+0,

NOo+hv->NO +e O,+hv>0+O0 O,+hv>0,+0

)

1500 Abb. 23-17 Das Temperaturprofil der Atmosphäre und einige der Reaktionen, die in den einzelnen Schichten stattfinden.

Das Modell sagt eine Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe voraus, weil für Luft ae,

ist. In der Stratosphäre beobachtet man eine Inversion des

Temperaturverlaufs aufgrund photochemischer Kettenreaktionen, in deren Verlauf aus O, Ozon entsteht. Das Chapman-Modell beschreibt die Bildung und den Zerfall von Ozon in einer reinen Sauerstoffatmosphäre: Kettenstart: Fortpflanzung

O,+hv—>0+0 O+0,+M— 0,+M* O0, +hv—-0,+0 Kettenabbruch: O +0; — 0, +0,

Or O2 IE

185 nm H,O + OH HO, + Wand — Desaktivierung () H+M — Desaktivierung Überlegen Sie analog zu unserem Vorgehen in Beispiel 23-2, ob dieser Mechanismus unter den geeigneten Bedingungen in eine Explosion münden kann.

23.5} Viele Jahre lang hielt man die Hin- und Rückreaktion von H, (8) + I, (g) —=2HI (g) für bimolekulare Elementarreaktionen. J. H. Sullivan (J. Chem. Phys. 46 (1967) 73) schlug aber folgenden, ursprünglich bereits von M. Bodenstein (Z. Phys. Chem. 29 (1898) 56) ins Gespräch gebrachten Mechanismus vor, der die experimentellen Befunde besser reproduziert:

Oel (2 FE

kı.k, el,

Schreiben Sie für diesen Mechanismus das Geschwindigkeitsgesetz der Bildung von HI auf. Unter welchen Bedingungen vereinfacht sich das Gesetz so, dass der früher angenommene Mechanismus gelten könnte? Zur Bestimmung der Zahl von Photonen, die auf eine Probe auftreffen, existiert eine ganze Reihe von Methoden. Das klassische Verfahren ist die chemische Aktinometrie. In Anwesenheit von Uranylsulfat ((UO,)SO,) verläuft der Zerfall von Oxalsäure nach folgendem Mechanismus:

(1) LO" +hv— (LO2)' (2) (LO2*)‘ + (COOH), — VO +H,0+CO, +CO Die Quantenausbeute beträgt bei der verwendeten Wellenlänge 0.53. Nach der Belichtung wird die verbliebene Menge Oxalsäure durch Titration mit KMnO, bestimmt und aus dem Oxalsäureumsatz die Zahl der Photonen berechnet,

Bezeichnen Sie jeden Schritt gemäß seiner Funktion im Mechanismus. Zeigen Sie mithilfe des Quasistationaritätsprinzips, dass der Mechanismus folgendes Geschwindigkeitsgesetz für den Verbrauch von SiH, vorhersagt (vorausgesetzt, kı und k, sind hinreichend klein):

disiH,] =

-KINOJISIHA].

die die Probe getroffen haben. In einem Experiment wurde die Lösung aus 5.232 g wasserfreier Oxalsäure und 25.0 cm’ Wasser (welches schon das Uranylsulfat enthielt) hergestellt. Nach einer 300 s langen Belichtung wurden zurvollständigen Oxidation der verbliebenen Oxalsäure 17.0 cm? einer 0.212-molaren KMnO,-Lösung verbraucht. Die Gleichung für die Titration lautet

2 MnO, (aq) + 5 (COOH), (aq) + 6H* (aq) —10CO, (g) + 8H,0 (I) +2 Mn?" (ag) . Wie viele Photonen sind in diesem Experiment pro Sekunde auf die Probe aufgetroffen? Geben Sie das Ergebnis in Photonen/s und in Einstein/s an.

1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert.

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

958 2397,

Dansylchlorid mit einem Absorptionsmaximum bei 330 nm und einem Fluoreszenzmaximum bei 510 nm kann zur Markierung von Aminosäuren bei der Fluoreszenzmikroskopie und bei FRET-Untersuchungen verwendet werden. Die Tabelle gibt den zeitlichen Verlauf der Fluoreszenzintensität von Dansylchlorid in wässriger Lösung nach Anregung mit einem kurzen Laserpuls an (I, ist die Fluoreszenzintensität beit = 0): t/ns

Ir/Io

5.0 0.45

20.0 0.05

UOOzEE5:0 a 7 N

Durch Bestrahlung mit UV-Licht wird Benzophenon in einen Singulett-Zustand angeregt, der rasch in einen phosphoreszierenden Triplettzustand übergeht. Triethylamin löscht diesen Triplettzustand. Messwerte für die Abhängigkeit der Phosphoreszenzintensität in Methanol von der Konzentration des Trimethylamins finden Sie in der Tabelle. Mithilfe zeitaufgelöster Laserspektroskopie

0.0010 0.41

0.0050 0.25

0.0100 0.16

Dabei wird N, durch Energietransfer von Hg‘ in einen schwingungsangeregten Zustand versetzt. Die unten stehende Tabelle gibt Messwerte zur Fluoreszenzlebensdauer von Hg-Proben in Anwesenheit und in Abwesenheit von N, an (T = 300, I;.., ist die relative FluoreszenzIntensität):

Der Rice-Herzfeld-Mechanismus für die Dehydrierung von Ethan ist in Abschnitt 23.1.1 angegeben; wie dort vermerkt, führt er zu einer Kinetik erster Ordnung. Bestätigen Sie dies und identifizieren Sie die Näherungen, die zu dem dort angegebenen Geschwindigkeitsgesetz führen. Wie müssen die Bedingungen verändert werden, damit sich die Reaktionsordnung verändert?

PN

Für die thermische Zersetzung von Acetaldehyd (Ethanal) wurde folgender Mechanismus vorgeschlagen:

) CH,CHO — :CH, + CHO ) CH, + CH,CHO — CH, + -CH,CHO JE:CHLCHO- 2 CO.L.cH, ICH Ach CHEN. Geben Sie Geschwindigkeitsgesetze für die Bildung von Methan und für den Abbau von Acetaldehyd an. 23413

0.606

0.360

0.22

nicht reagiert haben, und leiten Sie einen Ausdruck für

23.14

Leiten Sie einen Ausdruck für das Verhältnis der mittleren kubischen Molmasse und der mittleren quadratischen Molmasse (a) als Funktion des Bruchteils p und (b) als Funktion der Kettenlänge her.

2315

Berechnen Sie die mittlere Kettenlänge eines Polymers, das in einer Kettenreaktion gebildet wird, deren Abbruchschritt die Disproportionierung-M + M-—M

0.135

15.00.200

23.16

pn, = 9:74 x 10°* atm

(En

1.000

0.585

0.342

0.200

t/us

0.0

3.0

6.0

9.0

0.117

23.10

Die Förster-Theorie des Resonanzenergietransfers und die Grundlage des FRET-Verfahrens lassen sich durch Fluoreszenzmessungen an Verbindungsreihen nachprüfen, bei denen ein Energiedonor und ein Energieakzeptor kovalent durch eine starre Molekülkette bekannter, variab-

ler Länge verbunden sind. L. Stryer und R. P. Haugland (Proc. Natl. Acad. Sci. USA 58 (1967) 719) erhielten die folgenden Messwerte für eine Familie von Verbindungen mit der allgemeinen Zusammensetzung Dansyl(L-Prolyl),-naphthyl, wobei der Abstand R zwischen dem Naphthyl-Donor und dem Dansyl-Akzeptor über die Anzahl n der Prolyl-Einheiten zwischen 1.2 nm und 4.6. nm variiert wurde:

+M

ist.

Leiten Sie einen Ausdruck für die Zeitabhängigkeit des Polymerisationsgrads in einer säurekatalysierten schrittweisen Polymerisation her; der Katalysator sei eine Carbo-

xylgruppe -COOH. Das Geschwindigkeitsgesetz der Reaktion laute d|A]/dt = -k|A]”|OH].

12.0

Berechnen Sie die Geschwindigkeitskonstante des Energietransfers. Nehmen Sie für alle Gase ideales Verhalten an.

Drücken Sie die quadratisch gemittelte Abweichung der Molmasse eines aus N Monomeren bestehenden Polymers vom Mittelwert, öM, = {(M2,) — (My)Y, durch den Bruchteil p der Monomermoleküle aus, die noch den zeitlichen Verlauf dieser Größe her.

pn, = 9.0 atm

1.000

4.0 37, 10.400.238

23.11

He (IHN. (gr =0) > Hele)+N.(gv = 1).

0.00.050..100.

3.4 0.65

beschrieben? Wenn ja, berechnen Sie den Wert von R, für

Ein elektronisch angeregter Zustand von Hg wird von N, gemäß folgender Gleichung gelöscht:

lei

4.6 9J]8

R/jnm IE,

das Paar Naphthyl/Dansyl.

stellte man fest, dass die Halbwertszeit der Phospnores-

t/us

4.3 20242

1.5 0:94

\Werden die Messwerte durch Gl. (23-38) adäquat

zenz in Abwesenheit des Löschers 29 us beträgt. Wie groß ist ky? Ip/(beliebige Einheiten)

3.1 207%

1.2 0997

Theoretische Aufgaben

(a) Berechnen Sie die experimentelle Fluoreszenzlebensdauer von Dansylchlorid in Wasser. (b) Die Fluoreszenzquantenausbeute von Dansylchlorid in Wasser beträgt 0.70. Berechnen Sie die Geschwindigkeitskonstante der Fluoreszenz.

[Q]/ (mol dm)

2.8 1.8 2097070.22

R/nm IE.

23,

Unter Autokatalyse versteht man die Katalyse einer Reaktion durch deren Produkt(e) selbst. Zum Beispiel kann sich für eine Reaktion A— P das Geschwindigkeitsgesetz v = [A][P] herausstellen und die Geschwindigkeit kann von der Konzentration von P abhängen. Normalerweise wird eine solche Reaktion dadurch in Gang gesetzt, dass

es alternative Wege gibt, auf denen sich ein wenig P bilden kann, das dann die Rolle des Katalysator der eigentlichen Reaktion übernimmt. (a) Integrieren Sie die Geschwindigkeitsgleichung für die Reaktion A — P mit dem Geschwindigkeitsgesetz v — [A][P] und zeigen Sie, dass

(P]

Schwerere, Aufgaben

ist mit a = k([A], + [Po]) und b = [P,]/ [Ay]. Hinweis: Gehen Sie von der Beziehung v = -d|A]/dt = k[A][P] aus, schreiben Sie [A] = [A], — x und [P] = [Alu + x und formulieren Sie dann die Geschwindigkeit der Konzentra-

(3) Cr(CO), + M — Cr(CO),M (4) Cr(CO),M — Cr(CO), + M Nehmen Sie an, die absorbierte Lichtintensität sei so gering, dass I < k,[Cr(CO),M] gilt. Wie lautet dann der Faktorf in der Beziehung d[Cr(CO),M]/dt = -f|Cr(CO),M]? Zeigen Sie, dass der

tionsänderung beider Spezies als Funktion von x. Zur Integration des erhaltenen Ausdrucks wird Ihnen folgende Beziehung nützlich sein: 1

(Al, - x)([Plo + x)

1

1

[Ao+ Dale x

(b) Tragen Sie [P]/[P], als Funktion von at für mehrere Werte von b auf. Diskutieren Sie den Einfluss der Autokatalyse auf die Gestalt des Graphen von [P]/[P], als Funktion von t, indem Sie Ihre Ergebnisse mit denen für eine Reaktion erster Ordnung (mit [P]/[P, =1-e*) vergleichen. (c) Zeigen Sie, dass die Geschwindigkeit der in (a) und (b) diskutierten autokatalytischen Reaktion maximal wird bei t,,.. = —(1/a) Inb. (d) Für eine autokatalytische Reaktion A—P wurde das Geschwindigkeitsgesetz d|P]/dt = k[A]’[P] gefunden. Lösen Sie die Gleichung für die Anfangskonzentrationen [A], und [P]o. Nach welcher Zeit wird die Reaktionsgeschwindigkeit maximal? A—P (e) Eine andere Reaktion mit der Stöchiometrie befolgt das Geschwindigkeitsgesetz d|P]/dt = k[A][P]*. Integrieren Sie es für die Anfangskonzentrationen [A], und [P]o. Nach welcher Zeit wird hier die Reaktionsgeschwindigkeit maximal? 23.18

23.19

Graph von 1/f als Funktion von [M] eine Gerade sein sollte.

1

[P]o-+ .)

Anwendungsaufgaben

23.22

23.23

Jahr

N/10?

Jahr

1750 125 22

0.5 1 2

1960 3 1974 4 19875

N/10?

Viele enzymkatalysierte Reaktionen lassen sich mit einem modifizierten Michaelis-Menten-Mechanismus beschrei-

ten werden, sind die üblichen Gleichgewichtsbetrachtun-

ben, dessen zweiter Schritt ebenfalls reversibel ist.

gen nicht anwendbar. So können die Konzentrationen von Produkten und Reaktanten im stationären Zustand erheblich von denen im Gleichgewicht abweichen; man spricht auch von einem photostationären Zustand. Nehmen Sie an, die Reaktion A— B werde durch Lichtabsorption angetrieben und besitze die Geschwindigkeit I. Die Rückreaktion soll dagegen bimolekular und zweiter Ordnung sein und die Geschwindigkeit k [B]” besitzen. Wie groß ist die Konzentration von B im photostationären Zustand? Warum unterscheidet sich dieser vom Gleichgewichtszustand der Reaktion?

(a) Zeigen Sie, dass für einen solchen Mechanismus die Geschwindigkeit der Produktbildung gegeben ist durch

v= (Um Km)S) = (Yma/ Km)IPl 1 + [S]/Ku + [PJ/Ku, mild Kı Ein 2a RllEl, Ku = KR) Karund Kl, = (k, + ku)/ki. (b) Wie verhält sich dieser Ausdruck in den Grenzfällen sehr großer und sehr kleiner Konzentrationen des Substrats?

23.24

Leiten Sie einen Ausdruck für die Verbrauchsgeschwindigkeit einer Spezies A in einer photochemischen Reaktion her, die nach folgendem Mechanismus verläuft:

Zeigen Sie, dass man durch Messungen nur eine Kombination von k, und k, bestimmen kann, falls ein stationärer

23.25

d [CCl,]/dt = k[C1]’R,,. Geben Sie einen Mechanismus an, der dieses Geschwindigkeitsgesetz bei hohen Drücken von Chlor erklärt.

(1) Cr(CO), + hv —Cr(CO), + CO 2), CHEO), 7 CORFCH CO).

[ATP]/(umoldm) 0.60

080

v/(umeldm-°s)

0.977.530

0.81

14

20

30

1.477

21.69

Iytische Effizienz des Enzyms.

Die photochemische Chlorierung von Chloroform in der Gasphase folgt dem Geschwindigkeitsgesetz

Die Photolyse von Cr(CO)_6 in Anwesenheit bestimmter Moleküle M löst eine Reaktionsfolge aus:

Für die Wirkung von ATPase auf ATP bei 20 °C wurden folgende Werte gemessen (die Konzentration der ATPase betrug 20 nmoldm °):

Berechnen Sie die Michaelis-Konstante, die maximale Reaktionsgeschwindigkeit, die Wechselzahl und die kata-

Zustand erreicht wird, dass man aber beide Konstanten erhält, wenn kein stationärer Zustand erreicht wird.

ZI

Modelle des Bevölkerungswachstums sind in vieler Hinsicht analog zu Geschwindigkeitsgleichungen chemischer Reaktionen. Das Modell von Malthus (aus dem Jahre 1798) setzt für die Änderung der Bevölkerungszahl N eines Planeten dN/dt = (Zahl der Geburten - Zahl der Sterbefälle). Die Zahl der Geburten und der Sterbefälle sind beide proportional zur Bevölkerungszahl, die Proportionalitätskonstanten sind g (Geburten) und s (Sterbefälle). Bestimmen Sie das integrierte Geschwindigkeitsgesetz. Wie gut passt es auf die folgenden (sehr groben) Daten für die Zunahme der Weltbevölkerung?

Auf Reaktionen, die durch Lichtabsorption in Gang gehal-

(1) Start durch Licht der Intensität :A—2R: (2) Kettenfortpflanzung: AHR-—R-+B (3) Abbruch: R-+R-—R,

23.20

959

23.26

Enzymkatalysierte Reaktionen werden gelegentlich mithilfe eines Eadie-Hofstee-Diagramms analysiert, einer Auftragung von v als Funktion von v/|S],. (a) Leiten Sie eine Beziehung zwischen v/[S], und v ausgehend vom einfachen Michaelis-Menten-Mechanismus her. (b) Diskutieren Sie, wie sich aus dem Eadie-Hofstee-Diagramm Werte von K,, und v,., erhalten lassen. (c) Ermitteln Sie mit einem Eadie-Hofstee-Diagramm die Michaelis-Konstante und die maximale Geschwindigkeit der in Aufgabe 23.24 beschriebenen Reaktion.

Die katalytische Effizienz eines Enzyms hängt im Allgemeinen vom pH-Wert des Mediums ab, in dem die Reaktion stattfindet. Eine Möglichkeit, diese Tatsache zu erklären,

ist die Überlegung, dass Enzym und Enzym-Substrat-

23 Die Kinetik zusammengesetzter Reaktionen

960

[CBGPI/(10 ?moldm’)

Komplex nur in spezifischen Protonierungszuständen aktiv sind. Diese Situation wird durch folgenden Mechanismus zusammengefasst:

EH+S2ESH ESHH>E+P

geschwindigkeit

k,k k,

EHI

EHER

Kalle

2

EH; @EH+H*

1.75

2.50

5.00

0.183

0.201

0.231

relative Reaktions-

23.28

[EHE]

Kap

LEE | [EH3] ) SIR _ K ESH 2 ES-+H iz ©2 [ESH] [ESHJ[H"] ESH, @ ESH + H* A Kos, = nn

10.00 0.246

Nach welchem Mechanismus wird die Enzymolyse durch Phenylbutyrat- bzw. Benzoat-lonen gehemmt? Viele biologische und biochemische Prozesse enthalten autokatalytische Schritte (siehe Aufgabe 23.17). Das SIRModell für die Ausbreitung und das Abklingen von Infektionskrankheiten unterteilt die Bevölkerung in drei Gruppen: die Anfälligen S, die die Krankheit bekommen kön-

nen, die Infizierten I, die bereits krank sind und die Krankheit übertragen können, und die Restgruppe R, die ent-

weder krank waren und geheilt sind, gestorben sind, gegen die Krankheit immun sind oder sie aus anderen Gründen nicht bekommen können. Der Modellmechanismus führt auf die folgenden Geschwindigkeitsgleichungen:

Aktiv sind nur EH und ESH. (a) Zeigen Sie, dass für diesen Mechanismus gilt v'max

dS

v= ai

—_— An

rSIe

di

——9



rSi-al,|

dR ar

==

al.

1 ar Kusel

Welche sind die autokatalytischen' Schritte in diesem Mechanismus? Finden Sie die Bedingung für das Verhält-

mit U max

men

1

IH 5

Kr

nis a/r, die entscheidet, ob sich die Krankheit ausbreitet

Kess

[H"]

oder ob sie zurückgeht. Zeigen Sie, dass das Modell von einer konstanten Bevölkerungszahl ausgeht, dass also

2

HK 1

—K

Ks;

[H*]

Kesp

[H"]

Nr

S+l+R=N

23.29

wobei v„,. und K,, zur Form EH des Enzyms gehören.

(b) Tragen Sie im pH-Bereich von 0 bis 14 v/,, gegen den pH-Wert für eine hypothetische Reaktion mit folgenden Parametern auf: v... = 1.0 x 10 moldm ?s"", Kae, = 1.0% 10 moldm-? und Kes. = 1.0 x 10°? moldm?. Gibt es einen pH-Wert, für den v„.. einen maximalen Wert erreicht? Falls ja, bestimmen Sie diesen pH-Wert. (c) Zeichnen Sie das Diagramm aus Teil (b) noch einmal, aber verwenden Sie nun Kerr 102 302 molldms und Kes, = 1.0 x 10°" moldm°. Erklären Sie alle Unter-

Das Enzym Carboxypeptidase katalysiert die Hydrolyse von Polypeptiden. Hier behandeln wir die Hemmung dieses Enzyms. Folgende Werte wurden bei der Bestimmung der Geschwindigkeit der Enzymolyse von Carbobenzoxyglycyl-o-phenylalanin (CBGP) ohne Inhibitor erhalten:

[CBGP)/(10?moldm”)

1.25

3.84

5.81

7.13

0.398

0.669

0.859

1.000

relative Reaktions-

geschwindigkeit

(Alle Geschwindigkeiten in dieser Aufgabe wurden mit der gleichen Enzymkonzentration relativ zur Geschwindigkeit bei [CBGP], = 0.0713 mol dm * in Abwesenheit des Enzyms gemessen.) Folgende Werte wurden erhalten, nachdem der Lösung aus Enzym und Substrat 2.0 x 10° moldm * Phenylbutyrat-Ionen zugesetzt worden war: [CBGP)/(10” moldm”)

Moleküle voneinander entfernt sein, damit sich die Fluo-

23.30

Der lichtinduzierte Elektronentransfer in der Photosynthese kann deshalb stattfinden, weil Chlorophyll-Moleküle (sowohl Monomere als auch Dimere) im elektronisch angeregten Zustand bessere Reduktionsmittel sind als im Grundzustand. Begründen Sie diese Aussage mithilfe der Molekülorbitaltheorie.

2331

Das Emissionsspektrum von Porphyrin in O,-gesättigtem Wasser zeigt eine intensive Bande bei 650 nm und eine schwache Bande bei 1270 nm. Das Absorptionsspektrum von Porphyrin weist Banden bei 420 nm und 550 nm auf, während O,-gesättigtes Wasser im sichtbaren Spektralbereich überhaupt nicht absorbiert (und deshalb auch nicht emittiert, wenn die Anregung durch sichtbares Licht erfolgt). Versuchen Sie ausschließlich mithilfe dieser Angaben die Emissionsbande bei 1270. nm zuzuordnen. Schlagen Sie zusätzliche Versuche vor, die Ihre Hypothese stützen könnten.

23.32} Durch UV-Strahlung wird O; zu O, und O photolysiert.

1.25

20400550

Ermitteln Sie die Geschwindigkeit, mit der Ozon in einer 1 km dicken Stratosphärenschicht durch Einwirkung von Strahlung mit einer Wellenlänge von 305 nm zersetzt

0.172

0.301

wird. Die Quanteneffizienz beträgt bei 220 K 0.94, die Konzentration rund 8x 10° moldm°, der molare

relative Reaktions-

geschwindigkeit

In Lichtsammelkomplexen wird die Fluoreszenz eines Chlorophyli-Moleküls durch benachbarte Chlorophylimoleküle gelöscht. Für ein Paar von Chlorophyll-a-Molekülen sei Ru = 5.6nm. Wie weit müssen zwei Chlorophyll-areszenzlebensdauer von Ins (einem typischen Wert für monomeres Chlorophyll a in organischen Lösungsmitteln) auf10 ps verkürzt?

schiede zwischen den beiden Diagrammen. 23227)

gilt (das bedeutet, dass die mittlere Lebens-

dauer als groß im Vergleich zur Zeitdauer der Ausbreitung der Krankheit betrachtet wird).

0.344

In einem dritten Experiment wurde die Wirkung von 5.0 x 10°? moldm? Benzoat-lonen untersucht:

0.548

Absorptionskoeffizient 260 dm? mol”! cm! und der Fluss der 305-nm-Strahlung ungefähr

Schwerere Aufgaben 1x 10'* Photonencm? s!, Die Messwerte stammen aus

[Cl= 5 x 10°” moldm”, [O,]= 8 x 10°” moldm* und T = 220K sowie (b) in 45 km Höhe mit [Cl]= 3 x 10° moldm°, [O,]= 8 x 10°" moldm? und

W. B. DeMore, S. P. Sander, D.M. Golden, R. F. Hampson,

M. ). Kurylo, C. J. Howard, A. R. Ravishankara, C. E. Kolb und M. J. Molina, Chemical Kinetics and Photochemical Data for Use in Stratospheric Modeling: Evaluation Number

11, JPL Publication 94-26 (1994).

23.33}

Erklären Sie mithilfe des Chapman-Modells das Verhalten einer Modell-Atmosphäre aus reinem Sauerstoff bei 10 Torr und 298 K, die messbaren Frequenzen und Intensitäten von UV-Strahlung ausgesetzt ist. (a) Schlagen Sie die Werte von k,, k, und k, in Tabellenwerken nach, etwa

im CRC Handbook of Chemistry and Physics oder in Chemical Kinetics and Photochemical Data for Use in Stratospheric Modeling (Internet). Die Geschwindigkeitskonstanten k, und k, hängen von den Strahlungsbedingungen ab; nehmen Sie Werte von 1.0 x 10° s“! bzw. 0.0165"! an. Wenn Sie für k; keinen Wert finden können, überlegen Sie sich chemisch sinnvolle Argumente, um den fünften Schritt aus dem Mechanismus auszuschließen. (b) Schreiben Sie Geschwindigkeitsgleichungen für die Konzentration jeder beteiligten chemischen Spezies auf. (c) Nehmen Sie an, die UV-Strahlung wird zum Zeitpunkt t = 0 eingeschaltet. Lösen Sie die Geschwindigkeitsgleichungen für die Konzentration aller Spezies als Funktion der Zeit in einem Intervall von 4h. Untersuchen Sie relevante Konzentrationen zu Beginn der Reaktion (t < 0.1 s). Von welchen Annahmen gehen Sie aus? Ist zu Beginn der Reaktion Ozon vorhanden? Warum müssen der Druck gering und die UV-Intensität hoch sein, damit Ozon entsteht?

der Konzentrationen Stellen Sie den zeitlichen Verlauf von Ozon und atomarem Sauerstoff jeweils auf einer sehr kurzen und einer langen Zeitskala dar. Wie groß ist der prozentuale Anteil von Ozon nach 4.0h Bestrahlung? Hinweis: Sie benötigen ein Softwarepaket zur Lösung eines Systems aus „starren“ Differenzialgleichungen. Sol-

che Gleichungen enthalten mindestens zwei Geschwindigkeitskonstanten mit sehr unterschiedlichen Werten, weshalb sie zu unterschiedlichem Verhalten aufverschiedenen Zeitskalen führen. Zur Lösung muss man ein derartiges Problem normalerweise in zeitliche Abschnitte teilen; der erste Abschnitt kann sehr kurz sein, der zweite

sehr lang. Wenn Sie Hilfe bei der Anwendung mathematischer Software zur Lösung von Differenzialgleichungssystemen benötigen, können Sie zum Beispiel M. P. Cady und C. A. Trapp, A Mathcad Primer for Physical Chemistry, Oxford University Press 1999, zu Rate ziehen.

23.344

Chloratome setzen sich schnell mit Ozon in der bimoleku-

laren Gasphasenreaktion Cl + O, — CIO + O, um; dabei istk = (1.7 x 10'° dm? mol"! s"!) e”?°%/("/O [W. B. DeMore, S. P. Sander, D. M. Golden, R. F. Hampson, M. |. Kurylo, C. J. Howard, A. R. Ravishankara, C. E. Kolb und M. ]. Molina, Chemical Kinetics and Photochemical Data for Use in Stratospheric Modeling: Evaluation Number 11, JPL Publication 94-26 (1994)]. Bestimmen Sie die Reaktionsgeschwindigkeit (a) in 20 km Höhe mit

461

DE 270Ke 23351

des

Aufgrund ihrer Bedeutung für die Atmosphärenchemie gehört die thermische Zersetzung von Stickstoffmonoxid gemäß der stöchiometrischen Gleichung 2 NO (g) —N; (g) + O, (g) zu den am besten untersuchten Gasphasenreaktionen überhaupt. Allgemein akzeptiert ist folgender Mechanismus (H. Wise und M.F. Freech,.

Chem. Phys. 22 (1952) 1724): ML NOFNO>N.OLO ZVOENOO EN GB) NHNO=N,+O MOFOL MM O-M (5) ,+M>0+0+4M

& k, k, % K

a) Bezeichnen Sie die einzelnen Schritte gemäß ihrer (a) Funktion im Mechanismus (Start, Fortpflanzung usw.). (b) Schreiben Sie die vollständige Geschwindigkeitsgleichung für den Abbau von NO auf. Was wird aus dieser Gleichung unter den Annahmen, (i) dass v, = v; ist, wenn [N] den stationären Zustand erreicht hat, (ii) dass der Fortpflanzungsschritt schneller ist als der Startschritt, (iii) dass sich die Sauerstoffatome im Gleichgewicht mit Sauerstoffmolekülen befinden? (c) Geben Sie einen Ausdruck für die effektive Aktivierungsenergie E, .+ der Gesamtreaktion als Funktion der Aktivierungsenergien aller einzelnen Reaktionsschritte an. (d) Schätzen Sie E,..» aus den Bindungsenergien der beteiligten Spezies ab. (e) Die experimentell bestimmten Werte von E, .r weichen je nach den Autoren der jeweiligen Studien erheblich voneinander ab. Wie R. J. Wu und C. T. Yeh (Int.J. Chem. Kinet. 28 (1996) 89) berichten, liegen die Angaben zwischen 253 und 357 kJ) mol”. Wu und Yeh vermuten, dass man nicht von einem Gleichgewicht zwischen Sauerstoffatomen und -molekülen ausgehen kann und dass die Quasistationarität für den gesamten Mechanismus anzunehmen ist. Stellen Sie auf der Grundlage der Quasistationarität das Geschwindigkeitsgesetz der Gesamtreaktion auf und überlegen Sie, welche Formen es für einen geringen Umsatz von NO (geringe O,-Konzentrationen) annimmt. (f) Wu und Yeh schlagen vor, sobald der Umsatz der Reaktion signifikante Werte annimmt zwei zusätzliche Elementarschritte zu berücksichtigen:

(6 OEM > O+0+MF DENOFO, - OLNO,

NK und DR

konkurrieren dann mit mit dem Startschritt (1). Stellen Sie für diese alternativen Mechanismen die Geschwindigkeitsgesetze auf und schätzen Sie wieder die scheinbaren Aktivierungsenergien ab. Ist der Bereich der aufverschiedene Weise theoretisch bestimmten Werte von Ey .r konsistent mit dem Bereich der experimentell erhaltenen Werte?

..

24 | Molekulare Reaktionsdynamik

Die einfachste quantitative Erklärung der Reaktionsgeschwindigkeiten

stützt sich auf

die Stoßtheorie. Wie wir sehen werden, ist die Stoßtheorie nur auf Reaktionen sehr ein-

facher Teilchen in der Gasphase sinnvoll anwendbar. In Lösung unterscheiden wir diffusionskontrollierte und aktivierungskontrollierte Reaktionen; Erstere können wir qualitativ mithilfe der Diffusionsgleichung erfassen. Die Theorie des Übergangszustands geht davon aus, dass sich die Ausgangsstoffe zu einem Komplex zusammenschließen, dessen Energieniveaus in bestimmter Weise besetzt werden. Die Theorie bietet einen Ausgangspunkt für die thermodynamische Beschreibung von Reaktionsgeschwindigkeiten, wobei die Geschwindigkeitskonstanten anhand thermodynamischer Parameter formuliert werden. Besonders nützlich ist dieser Ansatz für die Parametrisierung von Reaktionen in Lösung. Das höchste theoretische Niveau erreicht unsere Diskussion mit der Einführung der Potenzialhyperflächen, auf denen sich die Moleküle bewegen. Mithilfe dieser geometrischen Darstellung können wir uns ein sehr anschauliches und außerdem’mit experimentellen Resultaten belegbares Bild von der Vorgängen während chemischer Reaktionen machen. Abschließend wenden wir die Theorie des Übergangszustands zur Untersuchung von Elektronentransferprozessen in homogenen Systemen an. Wie wir sehen werden, hängt die Geschwindigkeit solcher Prozesse vom Abstand zwischen Elektronendonor und -akzeptor, von der Freien Reaktionsenthalpie sowie von der Energie ab, die mit der Umordnung der Moleküle aufgrund der Ladungsumverteilung verbunden ist. Inzwischen sind wir im Herzen der Chemie angelangt: In diesem Kapitel wollen wir detailliert untersuchen, was mit den Molekülen im Moment einer chemischen

erfassen, und die eigentlichen

Reaktive Stöße - 963

24.1.1

Die Stoßtheorie - 964

24.1.2 Diffusionskontrollierte Reaktionen - 970

24.1.3 Die Stoffbilanzgleichung - 973 24.2

Die Theorie des Übergangszustands - 975

24.2.1

Die Eyring-Gleichung - 975

24.2.2 Thermodynamische Aspekte - 978 24.3

Komplikationen treten

erst zutage, wenn wir tiefer in die Materie einsteigen. Wir werden in diesem Kapitel auf drei Ebenen an die Aufgabe herangehen, die Geschwindigkeitskonstante für bimolekulare Elementarereignisse von der Elektronenübertragung bis zur chemischen Reaktion mit Bindungsbruch und -bildung zu berechnen. Zwar können wir aus Reaktionen in der Gasphase sehr viele Informationen gewinnen, die meisten wichtigen Reaktionen laufen

Die Dynamik molekularer Stöße - 981

24.3.1

Reaktive Stöfße - 981

24.3.2 Potenzialhyperflächen - 982

24.3.3 Theoretische und experimentelle Ergebnisse : 983 24.3.4 Die Untersuchung der

Reaktionsdynamik mit ultraschnellen Lasermethoden - 987

Reaktion

geschieht. Die geometrischen Strukturen verändern sich stark und Energien in der Größenordnung von Dissoziationsenergien werden zwischen den Bindungen umverteilt; dabei brechen alte Bindungen auf und neue werden gebildet. Wir können uns gut vorstellen, dass die Berechnung der Geschwindigkeit solcher Prozesse mit elementaren physikalischen Gesetzen außerordentlich schwierig ist. Auch wenn es kompliziert sein kann, die Probleme im Detail zu durchdringen - die Grundzüge lassen sich recht mühelos

24.1

24.4

Elektronentransfer in homogenen Systemen : 990

24.4.)

Die Geschwindigkeit der Elektronenübertragung - 990

24.4.2 Die theoretische Beschreibung

der Elektronenübertragung - 992 24.4.3

Experimentelle Ergebnisse - 994

jedoch in Lösung ab; wir werden daher auch betrachten, inwieweit wir deren Geschwin-

Anwendung 24-1: Elektronenübertragung in Proteinen und Protein-

digkeitskonstanten vorhersagen können.

systemen - 996

Das Wichtigste auf einen Blick : 998

24.1]

Reaktive Stöße

Weiterführende Literatur :- 998

In diesem Abschnitt betrachten wir zwei grundlegende Ansätze zur Berechnung von Reaktionsgeschwindigkeiten, einen für Reaktionen in der Gasphase und einen zweiten für Reaktionen in Lösung. Beide beruhen auf der Überlegung, dass zwei Moleküle sich zunächst treffen müssen, um reagieren zu können, und dass die Reaktion nur dann stattfinden kann, wenn die Partner eine bestimmte Mindestenergie besitzen.

Nach

der Stoßtheorie

bimolekularer

Gasphasenreaktionen,

die wir

bereits in Abschnitt 22.1.5 kurz angesprochen hatten, werden nur dann ProduktPhysikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Zusatzinformation 24-1: Die Freie Aktivierungsenthalpie des Elektronentransfers und die Marcus-Kreuzbeziehung - 999 Diskussionsfragen - 1000

Leichte Aufgaben - 1000 Schwerere Aufgaben - 1002

964

24 Molekulare Reaktionsdynamik

moleküle gebildet, wenn der Stoß der Reaktanten mit ausreichender Energie erfolgt; anderenfalls entfernen sich die Moleküle wieder voneinander, ohne reagiert zu haben. Im Gegensatz dazu diffundieren die Ausgangsstoffe in Lösung aufeinander zu und nehmen die für die Reaktion nötige Energie erst aus ihrer unmittelbaren Umgebüng auf, wenn sie schon miteinander in Kontakt stehen.

24.1.1

Die Stoßtheorie

Wir betrachten die bimolekulare Elementarreaktion

A+B>P,

v=klAllB],

(24-1)

wobei P die Produkte bezeichnet. Unser Ziel ist jetzt, die Geschwindigkeitskonstante k, dieser Reaktion zweiter Ordnung zu berechnen. Die allgemeine Form von k, können wir vorhersagen, wenn wir die physikalischen Voraussetzungen für eine Reaktion betrachten: Wir erwarten, dass die Geschwindigkeit v proportional zur Häufigkeit der zwischenmolekularen Stöße und damit zur mittleren Geschwindigkeit © x (T/M)'” (M ist die molare Masse), zum Stoßquerschnitt a und zu den Anzahldichten von A und B, N, und N, ist:

ya (2) ee. (7) tan | Ein Stoß führt aber nur dann zur Reaktion, wenn seine kinetische Energie einen Mindestwert überschreitet, die Aktivierungsenergie E, der Reaktion. Diese Forderung legt nahe, dass die Geschwindigkeit auch zu einem Boltzmann-Faktor der Form e "'®’ proportional ist. Wenn wir die Reaktionsgeschwindigkeit entsprechend GI. (24-1) formulieren, ist also vermutlich

Te

ee (W)

enÄa/Rt

M

Auch wenn die energetische Voraussetzung gegeben ist, führt nicht jeder Stoß zur Reaktion, weil die Begegnung der Ausgangsstoffe vielleicht in einer bestimmten räumlichen Orientierung erfolgen muss. Diese „sterische Bedingung“ fügt unserem Ausdruck einen weiteren Faktor hinzu, den wir P nennen: T

1/2

k,x Po(,)

eTäa/Rt

(24-2)

Wie weiter unten ausführlich gezeigt wird, ist dies die Form der Geschwindigkeits-

konstanten, wie sie auch von der Stoßtheorie vorausgesagt wird. Sie spiegelt die drei Aspekte eines tatsächlich reaktiven Stoßes wider: k, x sterischerFaktor x Stoßhäufigkeit x Mindestenergie .

Stoßzahlen in Gasen Wir erwarten, dass die Reaktionsgeschwindigkeit (also auch k,) von der Frequenz abhängt, mit der die Moleküle in der Mischung zusammenstoß en. Die Stoßdichte Zus ist die Anzahl der Stöße (A,B) in einem bestimmten Probenvolumen während einer bestimmten Zeit, geteilt durch dieses Volumen und die Länge des Zeitintervalls. In Abschnitt 21.1.1 haben wir bereits die Stoßfre quenz eines einzelnen Moleküls in einem Gas berechnet. Unser Resultat können wir, wie in der nachfolgenden Begründung gezeigt wird, zur Herleitung der Beziehung

es

Zu=e(”.)

N, [A][B]

(24-3)

24.1

Reaktive Stöße

965

heranziehen; dabei ist o der Stoßquerschnitt (Abb. 24-1), N

i

md

1

mitlind= z (dr +d,) ,

(24-35)

und u die reduzierte Masse, Mm;

m

tm

(24-3c)

Die Stoßdichte für gleiche Moleküle gegeben durch

A mit der molaren Konzentration [A] ist analog Fläche o

NzIAT.

(24-4)

Abb. 24-1 Der Stoßquerschnitt zweier Moleküle kann als die Fläche um das Ziel-

Stoßdichten können sehr große Werte annehmen. Für Stickstoff bei Raumtemperatur und Normaldruck ist mit d= 280 pm beispielsweise Z=5 x 10° ms.

dung 24-1 Die Stoßdichte Z=06aN,

(24-5)

mit N, als Anzahldichte und z,., als mittlerer relativer Geschwindigkeit der Mole-

küle A. Wie in Abschnitt 21.1.1 bereits gezeigt wurde, ist $k ET

und

?= ) nm

1/2

'

(24-6)

Der Bequemlichkeit halber wollen wir u =}m einführen (für gleiche Moleküle der Masse m). Dann können wir schreiben 1/2 a

(=) TU

i

(24-7)

Dieser Ausdruck gibt auch die mittlere Relativgeschwindigkeit von Molekülen verschiedener Sorten (A und B) wieder, vorausgesetzt, wir interpretieren u als die in Gl. (24-3c) definierte reduzierte Masse. Die Stoßdichte erhalten wir durch Multiplikation der Stoßhäufigkeit mit der Anzahldichte der Moleküle A:

1 1 Zu =z2N, = Zah

(24-8)

Den Faktor ; müssen wir einführen, um zu verhindern, dass Stöße doppelt gezählt werden (ein Stoß eines Moleküls A mit einem zweiten Molekül A wird also immer nur von einer Seite betrachtet und deshalb nur einmal gezählt). Für Stöße zwischen Molekülen A und B mit den Anzahldichten N, bzw. N , gilt Zap = 0 Cyeı N, N;

.

(24-9)

(Den Faktor 3 brauchen wir hier nicht mehr, weil wir jetzt jeden Stoß zwischen einem A und einem B mitzählen.) Die Anzahldichte einer Teilchenart ] ist N, = N,[J] mit [J] als molarer Konzentration und N, als Avogadro-Konstante. Die Gleichungen (24-3) und (24-4) folgen unmittelbar.

Die Mindestenergie Der Stoßtheorie zufolge gleich dem Produkt aus energiereich genug ist. den Stoßquerschnitt als

ankommende Molekül (A) auftreffen muss, damit ein Stoß stattfindet. Wenn die Moleküle die Durchmesser d, und d;, besitzen, ist der Radius der Trefferfläche

gleich d = 3(d, + d,) und der Stoßquerschnitt beträgt nd?.

Aus Gl. (21-11) folgt für die Stoßhäufigkeit z eines einzelnen Moleküls A der Masse m, in einem Gas, das ausschließlich weitere Moleküle A enthält,

u =v2c

molekül (B) betrachtet werden, auf die das

ist die Geschwindigkeit der Konzentrationsänderung von A der Stoßdichte und der Wahrscheinlichkeit, dass ein Stoß Um die letztere Forderung einzubeziehen, schreiben wir Funktion der kinetischen Energie der Annäherung zweier

24 Molekulare Reaktionsdynamik

966 Kommentar 24-1 Siehe dazu die Zusatzinformation 10-1. Die kinetische Energie der Relativbewegung zweier Teilchen hat die Form & = 4u v2, wenn die Schwerpunktskoordinaten von den inneren Koordinaten jedes Teilchens separiert sind.

null, wenn die kinetische Enerzusammenstoßender Teilchen und setzen o(&) stets

wir feststellen, dass sich gie unterhalb eines Mindestwerts &, liegt. Später werden n verbirgt. Für einen hinter N,c, die (molare) Aktivierungsenergie E, der Reaktio Annäherung (kein MitStoß mit einer bestimmten Relativgeschwindigkeit v,. der telwert!) ist dann

(24-10)

ala]

=, — —0(8) Drei Na [A][B] :

Die Beziehung zwischen der relativen kinetischen Energie & und der relativen

müssen Geschwindigkeit lautet & = >uvi,, also ist v5 = (2eu)'”. An dieser Stelle einer innerhalb ng Annäheru der Energien en wir berücksichtigen, dass die kinetisch Kommentar 24-2

Um von

Gl. (24-10) zu Gl. (24-11) zu gelangen, müssen wir auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung zurückgreifen (siehe Anhang 2). Insbesondere ist der Mittelwert einer kontinuierlichen Variablen X gegeben durch RR) =

Probe in einem größeren Bereich variieren. Wir müssen die eben hergeleitete Beziehung deshalb über eine Boltzmann-Energieverteilung f(e) mitteln. Dann erhalten wir (siehe Kommentar 24-2)

JO

und identifizieren daraus die Geschwindigkeitskonstante

zer lea)ldbz-

f@

Integriert wird über alle Werte x, die X annehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit, für X einen Wert zwischen x und x + dx zu finden, ist f(x) dx: f(x) ist ein Maß für die Verteilung der Wahrscheinlichkeitswerte über x. Der Mittelwert einer Funktion g(X) ist gegeben durch (g(X)) =

(24-11)

= = -{| o(E) Ya(E) «|N,[AI[B]

oe)

dx.

(24-12)

BEZENN | o(e)v,.ıf(e)de. J0

Nehmen wir nun an, der reaktive Stoßquerschnitt sei bei Energien unterhalb von &, null. In der folgenden Begründung werden wir zeigen, dass die Abhängigkeit des Stoßquerschnitts von der Energie oberhalb von &, dann durch

(24-13) beschrieben wird. Diese Funktion ist im Großen und Ganzen konsistent mit Daten zur Reaktion zwischen H und D, (Abb. 24-2), die aus Molekularstrahlexperimenten erhalten wurden (mehr dazu später in diesem Kapitel). Wie in der Begründung hergeleitet wird, gilt dann

KB

(24-14)

RT

1.7 x 10° pm’

>

1.95 In

0.8

7 —EA/ NNochemu



RE

Begründung 24-2 Die Geschwindigkeitskonstante Wir betrachten zwei Moleküle A und B, die mit der Relativgeschwindigkeit v,., und

NG

der relativen kinetischen Energie & = huv, aufeinander treffen (Abb. 24-3). Intui-

22

tiv vermuten wir, dass eine Reaktion am wahrscheinlichsten zustande kommen wird, wenn A und B frontal zusammenstoßen. Folglich muss v,._r, die Kompo-

1.0:x 10° pm’

o(E)/o

nente des Geschwindigkeitsvektors parallel zur Verbindungsachse zwischen A und B, besonders groß sein. Aus der Trigonometrie und der Definition der Strecken a und d sowie des von ihnen eingeschlossenen Winkels 0 (siehe Abb. 24-3) folgt dann

0.4 02] 0

een

Di.

0

5

Eier

10

15

Abb. 24-2 Abhängigkeit des reaktiven Stofßquerschnitts von der Energie gemäß Gl. (24-13). Die Daten wurden für die Reaktion

H + D, — HD + D bestimmt

(K. Tsukiyama, B. Katz und R. Bersohn,

J. Chem. Phys. 84 (1986) 1934).

Drrel, A—B

=v.cosW"=v rel Vyel

Eoa d?

:

(24-15)

Weiter nehmen wir an, dass nur die zur Komponente va 5 gehörende kinetische Energie &,_, eine Rolle für das Zustandekommen der Reaktion spielt. Wir quadrieren beide Seiten von Gl. (24-15), multiplizieren mit u und erhalten ae

£

da?

d?

(24-16)

24.1

Reaktive Stöße

967

Da zur Bildung der Produkte eine Mindestenerg ie &, erforderlich ist, muss es umgekehrt einen maximalen Wert von a geben (@nax), oberhalb dessen die Reaktion nicht stattfindet. Wenn wir in Gl. (24-16) einset zen a = a. und &4_r = &,, so ergibt sich

=

(1- un

(24-17)

Setzen wir hier noch a(e) für na?„ und o für nd? ein, so gelange n wir unmittelbar

zu Gl. (24-13). Beachten Sie, dass die Gleichung nur für & > &, angewendet werden kann. Wir fahren mit der Berechnung der Geschwindigkei tskonstante fort, indem wir nun die Maxwell-Boltzmann-Verteilung der Molekülgeschwi ndigkeiten (Abschnitt 21.1) berücksichtigen und zunächst für die kinetische Energie & formulieren; dazu setzen wir & — 54uv? und anschließend dv = de/(2ue )"” ein. Gleichung (21-4) wird dann zu

a

v) dv =4n

u

3/2

(ori) 1

(2e

2) 3/2

=e/KT’

de

(2ue)"

„1

=» e -) ee de=yle)de.

(24-18)

Wir müssen also folgendes Integral auswerten: =

1

3/2

amade) 8

(— a)

u

po

5%

172,

[et a) ee 1

Mi () | gole)er —e/kT de.

Nun nehmen wir die Näherung für o(e) aus Gl. (24-13) zu Hilfe und erhalten so | eo(e)e

KTde Sn

| (* = a)e/kTde ni (k T)?o eat o

0

(07

JEr

Dabei haben wir uns zunutze gemacht, dass für folgt

&e KBr + Br. Der experimentelle Wert für P ist 4.8. Anscheinend ist also der Abstand der beiden Moleküle, bei dem die Reaktion eintritt, deutlich gröfser als der Abstand, bei dem es zu einer Ablenkung der Teilchen aus den Flugbahnen und zu einem nichtreaktiven Stoß kommt. Solche Reaktionen verlaufen vermutlich über einen Harpunenmechanismus. Dieser sehr anschauliche Name beruht auf der Vorstellung, dass während der Annäherung eines Kaliumatoms an ein Brommbolekül bei einem bestimmten Abstand ein Elektron (die Harpune) von dem Atom auf das Molekül überspringt. Anstelle zweier neutraler Teilchen liegen jetzt zwei Ionen vor, die durch die Coulomb-Wechselwirkung zueinander gezogen werden; diese Wechselwirkung ist die Leine der Harpune. Unter dem Einfluss dieser Kraft nähern sich die beiden Teilchen einander weiter (die Leine wird eingeholt), bis die Reaktion stattfindet und KBr und ein Bromatom sich voneinander entfernen. Die Harpune erweitert den effektiven Querschnitt für einen reaktiven Stoß, sodass die Reaktionsgeschwindigkeit unterschätzt wird, wenn man zu ihrer Berechnung den Stofßquerschnitt für einen einfachen Kontakt zwischen K und Br, ansetzt.

Beispiel 24-2

Die Abschätzung eines sterischen Faktors (2)

Schätzen Sie den Wert von P für den Harpunenmechanismus ab, indem Sie den Abstand berechnen, von dem an es für das Elektron energetisch günstig ist, von dem K-Atom auf das Brommolekül überzuwechseln.

Vorgehen Wir müssen zunächst alle Beiträge zur Wechselwirkungsenergie zwischen den beiden stoßenden Teilchen identifizieren. Es gibt drei Beiträge zu dem Prozess K + By, —K* + Br;: die lonisierungsenergie I von Kalium, die Elektronenaffinität E;, des Brom-Moleküls und schließlich die Coulomb-Wechselwirkung zwischen den beiden gebildeten Ionen. Letzterer hängt vom Abstand der beiden Teilchen ab. Für den Abstand R ist die Coulomb-Energie gleich —e’/4n&, R. Das Elektron springt, wenn die Summe dieser drei Beiträge von positiven zu negativen Werten wechselt, also durch null geht. Die

Antwort

Gesamtänderung

der

Energie,

wenn

das

Elektron

bei einem

Abstand R von K zu Br, springt, beträgt e?

ae

la,

An&,R

Die Ionisierungsenergie I ist größer als E;,, daher wird E nur negativ, wenn der Abstand kleiner wird als ein kritischer Abstand R', für den

% AncyR"

=

ä.,

gilt. Bei diesem Abstand der beiden Teilchen wird die Harpune „abgeschossen“, sodass wir für den reaktiven Stoßquerschnitt oe = nR?” setzen können. Für den sterischen Faktor P folgt daraus 0

Mr

BE 2

E2

om

2

)

970

24 Molekulare Reaktionsdynamik

Ex. =250k] mol! wobei d= R(K) + R(Br,) ist. Mit I = 420k] mol"! (7.0x10°J), Übereinstimguter recht in P=4.2 wir (4.2 x10'°J) und d= 400 pm erhalten 4.8. von mung mit dem experimentellen Wert

Übung 24-2 Cl, nach dem Schätzen Sie den Zahlenwert von P für die Reaktion zwischen Na und

Harpunenmechanismus ab. Verwenden Sie d=350pm und E;, = 230 kJ mol’.

12.2]

Beispiel 24-2 verdeutlicht zweierlei: Erstens ist der sterische Faktor nicht völlig

nutzlos, weil wir seinen Zahlenwert zumindest für einfache Fälle abschätzen kön-

nen. Zweitens müssen wir aber auch feststellen, dass die meisten Reaktionen (leider) sehr viel komplizierter sind als die zwischen K und Br,; in diesen Fällen wird P wohl kaum so relativ leicht zugänglich sein. Wir brauchen daher eine bessere Theorie, die es uns ermöglicht, den Zahlenwert von P wirklich zu berechnen, anstatt ihn nur abzuschätzen. In Abschnitt 24.2.1 werden wir die Grundlagen einer solchen Theorie kennen lernen.

24.1.2

Diffusionskontrollierte

Reaktionen

In Lösungen spielt sich das Zusammentreffen zweier Teilchen auf ganz andere Weise ab als in der Gasphase. Die Moleküle müssen sich zunächst ihren Weg durch das Lösungsmittel bahnen, wobei sie einander sehr viel seltener begegnen als in Gasen. Da sich die Teilchen andererseits auch viel langsamer von einem Ort wegbewegen als im Gas, bleiben zwei Moleküle viel länger beisammen, nachdem sie sich getroffen haben. Diese Verzögerung der Trennung infolge der umschließenden Lösungsmittelteilchen nennt man Käfigeffekt. Ein solches Stoßpaar kann aus seiner Umgebung unter Umständen allmählich genügend Energie aufnehmen, um abzureagieren. Die Aktivierungsenergie einer Reaktion ist in Lösungen also eine viel kompliziertere Größe als in der Gasphase, weil wir auch die Wechselwirkung des Stoßpaares mit den umgebenden Lösungsmittelmolekülen berücksichtigen müssen: Bei der Untersuchung der Frage, ob eine Reaktion stattfinden kann oder nicht, müssen wir daher die Energie der gesamten Anordnung aus Ausgangsstoff- und Solvensmolekülen betrachten. Zwei Klassen von Reaktionen Zur Untersuchung des komplizierten Gesamtprozesses unterteilen wir diesen mithilfe eines einfachen kinetischen

Schemas

in gut zu überblickende

Schritte. Wir

nehmen an, dass die Bildung des Stoßpaares AB ein Prozess erster Ordnung bezüglich sowohl A als auch B ist:

A+B-AB,

v=k,lAllB].

(24-208)

Wir werden sehen, dass k, (der Index D steht für Diffusion) von den Diffusionseigenschaften von A und B abhängt. Das Stoßpaar kann wieder auseinander diffundieren, ohne reagiert zu haben, oder es kann Produkte P bilden. Wenn wir annehmen, dass beide Reaktionen pseudo-erster Ordnung sind (denn möglicherweise spielt auch das Lösungsmittel eine Rolle), dann gilt AB-A+HB,

v = k, [AB]

(24-20)

und AB-—P,

v=k,|AB|.

(24-20c)

24.1

Reaktive Stöße

Die Konzentration von AB erhalten wir aus der zu gehörigen Geschwindigkeitsglei-

chung:

1

kolAl[B]- k, [AB] - k, [AB]=0

(24-21)

(hier haben wir das Quasistationaritätsprinzip angewendet). Wir lösen die Gleichung nach [AB] auf:

See

a

Die Geschwindigkeit der Produktbildung ist damit

dp] di

=kJAB|=k[A][B] mit =D.

(24-23)

kıkn

a

D

In dieser Gleichung können wir zwei Grenzfälle unterscheiden. Wenn das Stoßpaar viel langsamer in die Edukte dissoziiert als es Produkte bildet, so ist ku, Do’ )]

gt

dx?

vol]

en

(24-38)

0x

Gl. (24-38) wird als Stoffbilanzgleichung bezeichnet. Ist die Geschwindigkeitskonstante groß, so nimmt [J] rasch ab; ist aber die Diffusionskonstante ebenfalls groß, so kann dieser Verlust durch Eindiffusion von J in das betreffende Volumenelement

ausgeglichen werden. Durch die Konvektion (zum Beispiel infolge von Rühren) können Stoffe in das Volumenelement hinein- oder aus ihm hinaus befördert werden, entsprechend jeweils dem Vorzeichen von v und vom

Konzentrationsgradien-

ten 0[J]/ox.

Lösungen der Gleichung Die Stoffbilanzgleichung ist eine partielle Differenzialgleichung zweiter Ordnung, deren allgemeine Lösung nicht leicht zu finden ist. Wir können eine Vorstellung davon bekommen, wie sie gelöst werden kann, indem wir den speziellen Fall betrachten, dass keine Konvektion stattfindet (z. B. in einem Reaktor ohne Rührer):

N _ „N =.

(24-39)

Falls die Lösung dieser Gleichung in Abwesenheit der Reaktion (also für k = 0) []] ist, so kann man durch Einsetzen leicht zeigen, dass die Lösung []]' bei stattfindender Reaktion durch t

1 = | Net de+[jje*

(24-40)

0

gegeben ist. Eine Lösung der Diffusionsgleichung in Abwesenheit einer chemischen Reaktion haben wir bereits kennen gelernt: Gl. (21-71) ist die Lösung für ein System, in welchem zu Beginn eine Schicht aus n,N, Molekülen über eine ebene Fläche A verteilt ist: Reaktanten des Konzentration [j] ne?

/4Dt

ji Name Abstand von der Schicht

(24-41)

x

Abb. 24-6 Die Konzentrationsprofile für ein diffundierendes reagierendes System (etwa eine Flüssigkeitssäule), in welchem zu Beginn ein Reaktant in einer Schicht bei x = 0 vorliegt. Ohne Reaktion (graue Linien) entspricht das Konzentrationsprofil demjenigen in Abb. 21-26.

Wenn wir diesen Ausdruck in Gl. (24-40) einsetzen und numerisch integrieren, so erhalten wir die Konzentration von J, wenn die Moleküle aus ihrer anfänglichen Oberflächenschicht in die Lösung diffundieren und dort reagieren (Abb. 24-6). Schon dieses vergleichsweise einfache Beispiel hat uns auf eine Gleichung geführt, die schwierig zu lösen ist; die vollständige Stoffbilanzgleichung ist nur in Sonderfällen analytisch lösbar. Bei praktischen Aufgaben im Reaktorbau oder in der Zellkine-

24.2 Die Theorie des Übergangszustands tik greift man

auf numerische

Verfahren zurück, die in entsprechende

975

Software

umgesetzt sind. Auf diese Weise kann man heute genaue Lösungen für realitätsnahe Reaktionsumgebungen, etwa Gefäße verschiedener Form (welche die Randbedingungen beeinflussen) oder Mischungen inhomogen verteilter Reaktionspartner, mit vernünftigem Aufwand berechnen.

24.2|

Die Theorie des Übergangszustands

In Abschnitt 22.1.5 haben wir verfolgt, wie sich beim Zusammenstoß der Ausgangsstoffe ein aktivierter Komplex bildet, der schrittweise eine produktähnliche räumliche und elektronische Konfiguration anzunehmen beginnt. Wir haben gesehen, dass die Aktivierungsbarriere einer Reaktion durch die Änderung der potenziellen Energie bei der Bildung des aktivierten Komplexes verursacht wird. Nun wollen wir eine ausführlichere Berechnung der Geschwindigkeitskonstante mithilfe von Konzepten aus der statistischen Thermodynamik (Kapitel 17) vornehmen. Der beschriebene Ansatz, der als Theorie des Übergangszustands oder Theorie des aktivierten Komplexes bezeichnet wird, hat den Vorteil, dass automatisch eine Größe auftritt,

die sterische Effekte erfasst; das bedeutet, wir brauchen den Gleichungen nicht im Nachhinein „künstlich“ einen Faktor wie P hinzuzufügen. Die Theorie des Übergangszustands ist ein Versuch, die prinzipiellen Aspekte zu erfassen, die den Wert einer Geschwindigkeitskonstante beeinflussen. Dazu werden die Ereignisse im Verlauf der Reaktion modellhaft beschrieben. Mittlerweile gibt es dafür verschiedene Rechenwege (siehe die Weiterführende Literatur), die alle zum gleichen Ergebnis führen. Den einfachsten Weg sehen wir uns im Folgenden an.

24.2.1

Die Eyring-Gleichung

aktivierter

Übergangs-

Komplex

zustand

Die Theorie des Übergangszustands beschreibt eine Reaktion zwischen den Ausgangsstoffen A und B über die Bildung eines aktivierten Komplexes C' in einem vorgelagerten Gleichgewicht, das sich schnell einstellt (Abb. 24-7):

Me.

Gt

&

(24-42)

Reaktanten

PaPs

Wir formulieren nun die Partialdrücke p, anhand der molaren Konzentrationen []] mithilfe von p, = RT|J]. Die Beziehung zwischen der Konzentration des aktivierten Komplexes und der (dimensionslosen) Gleichgewichtskonstante lautet dann

potenzielle Energie Produkte

443)

EI= eK AllR]

Reaktionskoordinate Abb. 24-7 Ein Reaktionsprofil. Die horizon-

Der aktivierte Komplex wird durch unimolekulare Umwandlung in die Produkte P überführt. Die Geschwindigkeitskonstante für diesen Prozess ist k':

Ep

suv=eichh

(24-44)

tale Achse ist die Reaktionskoordinate,

die Der das der

vertikale Achse die potenzielle Energie. aktivierte Komplex ist der Bereich um Maximum der potenziellen Energie, Übergangszustand entspricht genau

dem Maximum.

Daraus folgt In diesem Kapitel ist nicht zu vermeiden, dass der Buchstabe K stark strapaziert wird. Die verschiedenen Bedeutungen sind in Tabelle 24-3 am Ende des

Kommentar 24-3

Reese: k[A] [B] r

U=

k, = De

Kur

»

(24-45)

konstante Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, die unimolekulare Geschwindigkeits

kl und die Gleichgewichtskonstante K' zu berechnen.

Kapitels zusammengefasst.

976

24 Molekulare Reaktionsdynamik

Die Zerfallsgeschwindigkeit des aktivierten Komplexes

a

Damit sich Produkte bilden, muss der aktivierte Komplex den Übergangszustand durchlaufen - eine Anordnung der Atome, die die Umwandlung erlaubt (Abschnitt 22.1.5). Wenn die Schwingung (oder schwingungsartige Bewegung) des aktivierten Komplexes entlang der Reaktionskoordinate die Frequenz v besitzt, dann ist v auch die Frequenz, mit der der Komplex den Übergangszustand un Allerdings

muss nicht jede Schwingung entlang der Reaktionskoordinate auch über den Über gangszustand hinweg zu den Prodykten führen. Beispielsweise kann die Zenit: fugaldehnung aufgrund einer Rotation wichtig sein; dann rotiert Se Komplex in manchen

Fällen zu langsam, um zerfallen zu können, in anderen Fällen wiederum

zwar schnell genug, aber um eine falsche Achse. Aus diesen Gründen nehmen wir lediglich an, dass die Häufigkeit, mit der der aktivierte Komplex über den Übergangszustand auf die Produktseite der Reaktion gelangt, proportional zur Schwingungsfrequenz v entlang der Reaktionskoordinate ist: k=xkv.

(24-46)

x ist der Transmissionskoeffizient. Solange es keine anders lautenden Hinweise gibt, gehen wir davon aus, dass x nahe bei 1 liegt.

Die Konzentration des aktivierten Komplexes In Abschnitt 17.2.6 haben wir gesehen, wie wir Gleichgewichtskonstanten aus Strukturdaten der Moleküle berechnen können. Wir können Gl. (17-54) direkt verwenden; sie ergibt in unserem Fall we Nagc

„a6 /RT

(24-47)

mit p® = 1bar und An =HlC)-

>

jeYo} =

© < Lu

av

oO o =

Schwingungsniveaus

Q

Eu(A) - E,(B).

(24-48)

Die q7 sind die molaren Standardzustandssummen, die in Abschnit t 17.1.1 eingeführt wurden. Die Dimension von N, und allen 9, ist mol”', damit ist K dimensionslos (wie wir es für eine Gleichgewichtskonstante erwarten ). Im letzten Schritt unserer Rechnung konzentrieren wir uns auf die Zustandssumme des aktivierten Komplexes. Wir haben bereits angenommen, dass eine Schwingung des aktivierten Komplexes entlang der Reaktio nskoordinate zum Zerfallen des Komplexes (in die eine oder andere Richtung) führt. Die Zustandssumme dieser Schwingung lautet 1

Reaktionskoordinate

Abb. 24-8 Vereinfacht kann man sich den aktivierten Komplex als breites, flaches Minimum auf der Potenzialhyperfläche entlang der Reaktionskoordinate in der Nähe des Übergangszustands vorstellen. In diesem Tal führt der aktivierte Komplex harmonische, nahezu klassische Schwingungsbewegungen aus. In den meisten Fällen geht diese Vereinfachung aber zu weit - dann nämlich, wenn es kein Tal in der höchsten Region der Hyperfläche gibt und die Krümmung der Fläche (folglich auch die Kraftkonstante) negativ ist. Formal wird die Schwingungsfrequenz dann imaginär. Wir wollen dieses Problem nicht weiter behandeln und für Details auf die

Weiterführende Literatur verweisen.

q 7

we

ehv/kTt

2 (24-492)

wenn vihre Frequenz ist (die gleiche Frequenz, die auch den Wert von k! bestimmt). Diese Frequenz ist viel kleiner als die von gewöhnlich en Molekülschwingungen, da sie schon bei geringer Anregung zum Zerfall des Komplexes führt (Abb. 24-8) und daher eine sehr kleine Kraftkonstante besitzen muss. Aus diesem Grund können wir — vorausgesetzt, es ist hv/kT & 1 - die Expone ntialfunktion in eine Reihe entwickeln. So reduziert sich die Zustandssumme dieser Schwingung auf

#

1 1 (1 (1_ a)

RT ee

ne. (24-4

Folglich können wir für die Zustandssumme des aktivierten Komplexes schreiben a = ,

(24-50)

24.2 Die Theorie des Übergangszustands wobei gc die Zustandssumme aller anderen Freiheitsgrade beschreibt. Für die Konstante K! erhalten wir somit IKer = K'

mitt

enge Agc!

KR =

e AEo/RT

des

i

Komplexes

e

K! ist eine Art Gleichgewichtskonstante, in der jedoch ein Freiheitsgrad des aktivierten Komplexes nicht berücksichtigt ist (derjenige, welcher der Reaktionskoordinate entspricht).

Die Geschwindigkeitskonstante Wir können jetzt alle bisher erhaltenen Teilergebnisse zusammenfassen:

7 Re;

(24-52)

Glücklicherweise kürzt sich die unbekannte Frequenz v jetzt heraus. Wir setzen nun noch K! = (RT/p”)K' und erhalten die Eyring-Gleichung:

Km. Ki KK

(24-53)

Die Konstante K} können wir mithilfe von Gl. (24-51) und der oben gegebenen Definition durch die Zustandssummen

von A, B und C! ausdrücken. Damit haben wir

jetzt - im Prinzip — die Möglichkeit, die Geschwindigkeitskonstante k, einer bimolekularen Reaktion zweiter Ordnung explizit aus den molekularen Eigenschaften der Reaktanten und des aktivierten Komplexes sowie der Größe x zu berechnen. Die Zustandssummen der Reaktanten können wir meist ohne Schwierigkeiten berechnen, entweder aus spektroskopischen Daten für ihre Energieniveaus oder mit den genäherten Ausdrücken aus Tabelle 17-3. Die Schwierigkeit liegt in der Berechnung der Zustandssumme des aktivierten Komplexes, da C' normalerweise kaum spektroskopisch beobachtbar ist (siehe aber Abschnitt 24.3.4) und wir daher auf Annahmen über seine Größe, Gestalt und Energieniveaus angewiesen sind. Im Folgenden wollen wir an einem einfachen, aber wichtigen Beispiel zeigen, wie man vorgehen kann.

Stöße strukturloser Teilchen Wir betrachten zwei strukturlose Teilchen A und B, die nach einem Stoß einen aktivierten Komplex bilden, der einem zweiatomigen Molekül ähnelt. Da unsere Reaktanten J (A oder B) strukturlose „Atome“ sind, enthalten ihre Zustandssummen nur einen Beitrag der Translation: © g

=

A,

ie3

h mit

Ay I

RT

(ZrmıkT)' wer

Free)

und

Ve

2

ro

(24-54)

Der aktivierte Komplex ist ein zweiatomiges Gebilde mit der Masse m. = m, + mp und dem Trägheitsmoment I. Er besitzt einen Schwingungsfreiheitsgrad, aber der entspricht gerade der Reaktionskoordinate (dem Abstand der beiden Atome) und taucht daher nicht in gcı auf. Die molare Zustandssumme des aktivierten Komplexes ist daher

En Zur. Yon a2

nn

728

(24-55)

9377

24 Molekulare Reaktionsdynamik

978

Das Trägheitsmoment eines zweiatomigen Moleküls mit dem Bindungsabstand r ist .r?, wobei u die reduzierte Masse der beiden Atome ist. Damit wird aus unserem Ausdruck für die Geschwindigkeitskonstante

„KTRT NA,A 2IKT „-BE/RT hr BIT



iv om AAN =)

K—N,

un

Al Ac )

h’

BANT

El

y

TU

Schließlich ersetzen wir noch den den Ausdruck x nr? durch den reaktiven Stoßquerschnitt « und gelangen so zu genau dem gleichen Ausdruck, den wir auch schon aus der einfachen Stoßtheorie erhalten haben [G]. (24-14)].

24.2.2

_ Thermodynamische Aspekte

Die statistisch-thermodynamische Version der Theorie des aktivierten Komplexes hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen, da über die Struktur des aktivierten Komplexes in den wenigsten Fällen etwas bekannt ist. Die durch diese Theorie begründeten Konzepte, insbesondere das eines Gleichgewichts zwischen den Reaktanten und dem aktivierten Komplex, haben jedoch zu einem allgemeineren, empirischen Ansatz geführt, in welchem der Prozess der Aktivierung durch thermodynamische Funktionen beschrieben wird.

Aktivierungsparameter Wenn wir K als Gleichgewichtskonstante akzeptieren (obwohl sie den Beitrag eines Freiheitsgrads von C' nicht enthält), so können wir sie durch eine (molare) Freie Aktivierungsenthalpie A'G ausdrücken:

AG

ER,

(24-57)

(Mit A'X sollen in diesem Abschnitt jeweils die Standardgrößen A'X° gemeint sein, aber wir wollen das Standardsymbol weglassen, um die Notation nicht zu überladen.) Für die Geschwindigkeitskonstante bekommen wir so ar

ac

Br:

(24-58)

Mit G= H-— TS können wir die Freie Enthalpie der Aktivierung aufteilen in eine Aktivierungsentropie A'S und eine Aktivierungsenthalpie A H:.

A'G=A'H-TA'S.

(24-59)

Wenn wir nun die Gln. (24-58) und (24-59) zusammenführen und x in den Entropieterm hineinziehen, so bekommen wir IS/RL-AlE k, = BeA'S/Rea-A'H/RT

2

ea

324

Re Rektohen

des Typs A+ B=P gilt in der Gasphase E,=A'H + 2RT, in Lösung hingegen FE, = ANGE RT.

ee

i

mit

B

KEIDERaTE UNE

Bye

(24-60)

Die eatle Definition der Aktivierungsenergie, E, = R T2(d Ink/dT), liefert dann

ER=ACH+2RT, also ist k, = e!BeA /Ro-Ea/RT

(24-61)

24.2 Die Theorie des Übergangszustands

379

Daraus lässt sich unmittelbar der Arrhenius-Faktor A ablesen,

AeBe

iR,

(24-62)

Die Aktivierungsentropie ist negativ, denn zwei zuvor voneinander unabhängige Teilchen der Ausgangsstoffe vereinigen sich zu einem Komplex. Ist die Entropieabnahme dabei jedoch größer als für eine einfache Begegnung zwischen A und B erwartet, so ist A kleiner als der Wert, der aus der einfachen Stoßtheorie folgt. Die zusätzliche Entropieabnahme A’ S,,., ist der Ursprung des sterischen Faktors P der Stoßtheorie:

Bien el,

Enthalpie Freie

(24-63)

Je anspruchsvoller also die Begegnung der Ausgangsstoffe in sterischer Hinsicht ist,

Reaktionskoordinate

desto negativer wird der Wert von A’ SS... und desto kleiner wird folglich P. Entropien, Enthalpien und Freie Enthalpien der Aktivierung werden oft angege-

Abb. 24-9 Für eine Gruppe verwandter Reaktionen nimmt häufig die Aktivierungsenergie ab, wenn die Freie Standardreaktionsenthalpie zunimmt. Die grobe

ben, um Reaktionsgeschwindigkeiten zu spezifizieren (besonders für organische Reaktionen in Lösung), und sie finden Verwendung bei der Untersuchung von Beziehungen zwischen Gleichgewichtskonstanten und Reaktionsgeschwindigkeiten mit Hilfe der Korrelationsanalyse. Dabei trägt man InK (gleich A,G® /RT) gegen Ink (proportional zu A’G/RT) auf. In vielen Fällen erhält man eine lineare Beziehung zwischen beiden, was bedeutet, dass eine Reaktion um so schneller abläuft, je günstiger sie thermodynamisch ist (Abb. 24-9). Dieser lineare Zusammenhang ist der Ursprung der Bezeichnung lineare Freie-Enthalpie-Beziehung (LFER; siehe Weiterführende Literatur).

Reaktionen zwischen lonen Die thermodynamische Variante der Theorie des aktivierten Komplexes ermöglicht uns, Reaktionen in Lösung verhältnismäßig einfach zu diskutieren. Die statistische Theorie wird in diesem Fall sehr kompliziert, da die Moleküle des Lösungsmittels eine entscheidende Rolle für den aktivierten Komplex spielen. Für die tnermodynamische Behandlung kombinieren wir das Geschwindigkeitsgesetz

Sl

Kc

Be

ee

(24-64)

ea

= |

(24-65)

(24-66)

alle Wenn wir mit k$ die Geschwindigkeitskonstante für den Fall bezeichnen, dass schreiben wir können so k'K), = k} (also Aktivitätskoeffizienten gleich eins sind

k, = BR K,

(24-67)



Hilfe des Für kleine Konzentrationen können wir die Aktivitätskoeffizienten mit die durch (5-69)] GI. Debye-Hückel-Grenzgesetzes [Abschnitt 5.3.4, insbesondere Ioneristärke I der Lösung ausdrücken. Es gilt dann lgy, = -Azr BE

3)

Korrelation zwischen A'G und AG” ist

die Grundlage der linearen Freie-EnthalpieBeziehungen.

980

24 Molekulare Reaktionsdynamik

mit A = 0.509 (in Lösung bei 298 K). Daraus folgt

0.6

Igk, = lg? - AA +2 - (tz

=} + 2A.

en)

0.4

Dabei sind z, und z, die Ladungen von A bzw. B, z, + 2, ist die Ladung des aktivierten Komplexes; z, ist negativ für Anionen und positiv für Kationen. GI. (24-69) beschreibt den kinetischen Salzeffekt, die Abhängigkeit der Geschwindigkeit von Ionenreaktionen von dey Ionenstärke der Lösung (Abb. 24-10). Wenn

Abb. 24-10 Experimentelle Überprüfungen des kinetischen Salzeffekts für Reaktionen

die Reaktanten gleichnamige Ladungen tragen (bei einer Reaktion zwischen Kationen oder zwischen Anionen), dann führt eine Erhöhung der Ionenstärke der Lösung durch Zugabe von Fremdionen zu einer Erhöhung der Geschwindigkeitskonstante. Die Bildung eines hoch geladenen aktivierten Komplexes aus zwei weniger stark geladenen Reaktanten wird durch eine hohe Ionenstärke begünstigt, da das neu entstandene Ion eine dichtere Ionenwolke besitzt, mit der es stärker in Wechselwirkung treten kann. Umgekehrt werden Reaktionen zwischen Ionen mit ungleichnamigen Ladungen mit steigender Ionenstärke langsamer, da sich die Ladungen der Reaktanten zunehmend kompensieren, der aktivierte Komplex daher eine geringere Ladung besitzt als die Ausgangsstoffe und weniger gut mit der lonenwolke in Wechselwirkung tritt.

in Wasser bei 25 °C. Die Ionenarten sind

als Kugeln angedeutet, die Steigungen der Geraden werden durch das Debye-HückelGrenzgesetz und Gl. (24-69) vorhergesagt.

Beispiel 24-3 Der kinetische Salzeffekt

Die folgende Tabelle zeigt die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante für die basische Hydrolyse von [CoBr(NH,),]”' von der Ionenstärke der Lösung. Was können Sie über die Ladung des aktivierten Komplexes im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt aussagen? I k/k°

0.005 0.718

0.010 0.631

0.015 0.562

0.020 0.515

0.025 0.475

0.030 0.447

Vorgehen Nach Gl. (24-69) müssen wir lg(k/k°) gegen I auftragen. Die Steigung der erhaltenen Geraden ist dann gleich 1.022,2, und wir können die Ladungen der Ionen ableiten, die den aktivierten Komplex bilden.

Antwort

Wir erstellen folgende Wertetabelle:

Ib7 IE —Ig(k/k)

0.005 0.071 0.14

0.010 0.100 0.20

0.015 0.122 0.25

0.020 0.141 0.29

0.025 0.158 0.32

0.030 0.173 0.35

Diese Daten sind in Abb. 24-11 aufgetragen. Die Steigung der (mittels Regression angepassten) Geraden beträgt —2.04, woraus 2,2, = —2 folgt. Da für das OH --Ion 2, = 1 gilt, so muss, falls dieses Ion an der Bildung des aktivierten Komplexes im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt beteiligt ist, z, = +2 gelten. Es liegt daher nahe, dass das [CoBr(NH,);]*-Ion direkt an der Bildung des aktivierten Komplexes beteiligt ist. Die Geschwindigkeitskonstante wird auch von der Dielektrizitätskonstante des Mediums beeinflusst. 0

0.1

0.2 2

Abb. 24-11 Experimentell bestimmte Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstante einer Hydrolysereaktion von der lonenstärke. Die Steigung liefert Informationen über die Ladungen der lonen, die im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt an der Bildung des aktivierten Komplexes beteiligt sind. Siehe auch Beispiel 24-3.

Übung 24-3 An der Bildung des aktivierten Komplexes einer Reaktio n ist ein Ion mit der Ladung +1 beteiligt. Leiten Sie aus den folgenden Daten die Ladung des zweiten beteiligten Ions ab: I k/k°

0.005 0.930

0.010 0.902

0.015 0.884

0.020 0.867

0.025 0.853

0.030 0.841

[-1]

24.3

24.3|

Die Dynamik molekularer Stöße

Die Dynamik molekularer Stöße

Detektor

Wir kommen nun zur dritten und anspruchsvollsten Ebene unserer Diskussion der Faktoren, die für die Geschwindigkeiten chemischer Reaktio nen verantwortlich sind.

24.3.1

931 /f

Quelle 1

Reaktive Stöße

Mit Hilfe von Molekularstrahlexperimenten können wir Stöße zwischen Molekülen in ganz bestimmten Zuständen untersuchen und verfolgen, in welchen Zuständen dabei die Produktmoleküle entstehen. Solche Informationen sind notwendig, wenn wir eine Reaktion bis ins Letzte aufklären wollen, da die Geschwindigkeitskonstanten, die wir normalerweise beobachten können, nur Mittelwerte über Elementar er-

Quelle 2

eignisse sind, bei denen die Reaktanten in völlig unterschiedlichen Zuständen vorliegen.

Abb. 24-12 In einem Experiment mit gekreuzten Molekularstrahlen werden in zwei unabhängigen Quellen zustands-

Experimentelle Verfolgung reaktiver Stöße

selektierte Moleküle erzeugt, die senkrecht aufeinander stoßen. Der Detektor registriert, wie viele Moleküle (die Produkt-

Aus Molekularstrahlexperimenten, insbesondere mit gekreuzten Molekularstrahlen, bekommen wir sehr detaillierte Informationen über die Vorgänge beim reaktiven Stoß zweier Teilchen (Abb. 24-12). Der Detektor, der die im Schnittpunkt der beiden

moleküle sein können, falls eine chemi-

sche Reaktion abläuft) in eine bestimmte Richtung gestreut werden.

Molekularstrahlen entstandenen Produkte nachweist, kann in verschiedene Positio-

nen gedreht werden, sodass man die Winkelverteilung der Produkte bestimmen kann. Auch die Zustände der Reaktanten in den Molekularstrahlen kann man sehr genau festlegen (so kann man z.B. nur Reaktanten mit einer ganz bestimmten kinetischen Energie aufeinander treffen lassen, indem man

sie durch Ultraschall-

düsen und rotierende Blenden selektiert, oder man kann ihnen durch selektive Laseranregung

eine

genau

definierte

Schwingungsanregung

mitgeben,

siehe

Abschnitt 24.3.4) und ihre Orientierung vorgeben (mithilfe elektrischer Felder). Damit ist es möglich, im Detail zu untersuchen, wie die Erfolgsquote der Stöße und die Eigenschaften der Produktmoleküle von diesen Variablen abhängen. Ein Verfahren zur Untersuchung der Energieverteilung in den Produktmolekülen ist die Infrarotchemilumineszenz, bei welcher schwingungsangeregte Moleküle bei der Rückkehr in den Grundzustand Infrarotstrahlung aussenden. Durch Beobachtung der Intensitäten ihres Emissionsspektrums kann man die Besetzungszahlen der einzelnen Schwingungszustände bestimmen (Abb. 24-13). Ein anderes Verfahren verwendet die laserinduzierte Fluoreszenz. Hierbei wird ein Produktmolekül durch Laserstrahlung aus einem definierten Rotationsschwingungszustand heraus angeregt, die Fluoreszenz aus dem angeregten Zustand beobachtet und daraus die Besetzungszahl des anfänglichen Zustands berechnet. Zur Beobachtung der Reaktionen nicht fluoreszierender Moleküle bietet sich die kohärente Anti-StokesRamanspektroskopie (CARS, Abschnitt 13.4.3) an. Eine Alternative dazu ist die Mehrphotonenionisation (MPI): Durch die Absorption mehrerer Photonen wird ein Molekül ionisiert, wenn seine lonisierungsenergie kleiner ist als die Gesamtenergie der Photonen. Die Molekül-Ionen werden mithilfe gepulster Laser erzeugt und mit der Flugzeit-Massenspektrometrie (TOF-MS, Abschnitt 19.1.2) nachgewiesen. Zur Beobachtung der Winkelverteilung der Produkte eignen sich bildgebende Verfah-

x IS SS Lanızzd) U

ren, bei denen Produkt-Ionen durch ein elektrisches Feld in Richtung eines Leucht-

schirms beschleunigt werden; das an den Auftreffpunkten emittierte Licht wird durch CCDs (Zusatzinformation 13-1) registriert. Eine wichtige Variante der MP! ist die resonante Mehrphotonenionisation (REMPI), wobei ein Molekül durch ein oder mehrere Photon(en) in einen elektronisch angeregten Zustand befördert wird, der anschließend durch Beschuss mit weiteren Photonen ionisiert wird. Die Leistungsfähigkeit des Verfahrens ist vor allem darin begründet, dass sich die Laserfrequenz auf die Absorptionsbande des beobachteten Moleküls abstimmen lässt. So kann der Experimentator flexibel entscheiden, welcher Ausgangsstoff oder welches Produkt untersucht werden soll.

0 Abb. 24-13 Die IR-Chemilumineszenz von CO-Molekülen, die durch die Reaktion

0©+CS CO +S gebildet werden, entsteht durch die nicht dem Gleichgewicht entsprechenden Besetzungszahlen der Schwingungsniveaus von CO und ihre Relaxation ins Gleichgewicht unter Emission von Strahlung.

982

24 Molekulare Reaktionsdynamik

|

Zustandsaufgelöste Dynamik

s in Verbindung mit der einfachen Das Konzept des Stoßquerschnitts wurde bereit haben wir gesehen, dass sich die Dort Stoßtheorie in Abschnitt 24.1 eingeführt. als Boltzmann-gewichtetes Mittel ng Geschwindigkeitskonstante k, zweiter Ordnu windigkeit der Annäherung forvgesch des reaktiven Stoßquerschnitts und der Relati Form der in mulieren lässt. Wir schreiben Gl. (24-12) k, >

(a Dre) Na

(24-70)

y

lwert). Aus Molekularstrahl(die Winkelklammern stehen für den Boltzmann-Mitte ere Variante dieser Größe itten eschr experimenten können wir nun eine fortg ionsquerschnitt o,,(v) und Reakt sten bestimmen; sie liefern den zustandsaufgelö tante k,,: damit die zustandsaufgelöste Geschwindigkeitskons

(24-71) Kun —

(On Vrel) Na 3

ten Die Geschwindigkeitskonstante k, ist die Summe der zustandsaufgelös Reaktion die für (da Produkte der Geschwindigkeitskonstanten über alle Zustände die selbst unwichtig ist, in welchem Zustand sie entstehen) und die Summe über die lung n-Vertei Boltzman die (da en Boltzmann-gewichteten Zustände der Reaktant t): beschreib Reaktion der T ur Temperat Besetzungszahlen der Reaktanten bei der

(24-72)

IDEE

(,(T) ist der Boltzmann-Faktor für den Zustand n bei der Temperatur T). Wenn wir die zustandsaufgelösten Reaktionsquerschnitte für eine genügend große Anzahl von Stoßgeschwindigkeiten, Edukt- und Produktzuständen messen oder berechnen können, so können wir die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion bestimmen.

24.3.2

_ Potenzialhyperflächen

Eines der wichtigsten Konzepte für die Diskussion von Molekularstrahlexperimenten und die Berechnung von zustandsaufgelösten Reaktionsquerschnitten ist die Potenzialhyperfläche einer Reaktion, die potenzielle Energie des Systems als Funktion der Positionen aller an der Reaktion beteiligten Atome. Potenzialhyperflächen können aus experimentellen Daten (siehe Abschnitt 24.3.1) oder aus den Ergebnissen quantenmechanischer Berechnungen (Abschnitt 11.3.2) konstruiert werden. In letzterem Fall muss man die Energien des Systems bei einer Vielzahl geometrischer Anordnungen systematisch ermitteln. Mit speziellen Rechenverfahren kann man auch die Elektronenkorrelation berücksichtigen, die durch momentane Wechselwirkungen zwischen Elektronen zustande kommt, deren gegenseitiger Abstand sich im Molekül oder Molekülverband ständig ändert. Verfahren, die die Elektronenkorrelation einbeziehen, sind sehr zeitaufwendig. Deshalb können nur Reaktionen zwischen vergleichsweise kleinen Partnern wie

H + H, —H, + H oder

H+ H,O —OH

+ H, auf

diese Weise untersucht werden. Eine Alternative sind semiempirische Methoden, die Potenzialhyperflächen mithilfe von Rechnungen aufbauen, in die experimentell

bestimmte Parameter einfließen. Die wichtigen Merkmale einer Potenzialhyperfläche sollen anhand der Reaktion zwischen einem H-Atom und einem H,-Molekül vorgestellt werden. Rechnungen zeigen, dass die kollineare Annäherung des Atoms (entlang der Kernverbindungsachse des Moleküls) am wenigsten Energie erfordert, daher beschränken wir uns zunächst auf diese Situation. Wir benötigen dann nur zwei Parameter zur Beschreibung der Potenzialhyperfläche: den Abstand R,, zwischen H, und H, und den Abstand R,. zwischen H, und H..

24.3

Die Dynamik molekularer Stöße

983

Zu Beginn ist R,, unendlich und Rgc ist der Gleichgewichts abstand des H,-Mole-

potenzielle Energie

küls. Am Ende eines reaktiven Stoßes ist umgekehrt R,, der Gleichgewichtsabstand

des H,-Moleküls und R;c ist unendlich. Die Gesamtenergi e des Systems zu einem

beliebigen Zeitpunkt hängt von R,, und Rzc ab. Wir können die Energie berechnen, indem wir für sehr viele Kombinationen dieser beiden Abstände quante nmechani-

sche Molekülorbital-Rechnungen

ausführen.

Die Auftragung der Resultate als

Funktion von R,, und R;c liefert eine bildliche Darstellung der Potenzialhyperflä-

che der kollinearen Reaktion (Abb. 24-14). In der Regel stellt man die Fläche als Konturliniendiagramm (Abb. 24-15) dar. Solange R,, groß ist, entspricht die Veränderung der potenziellen Energie des

Systems bei Variation von Rz. der normalen Potenzialkurve eines H,-Moleküls. Wenn wir daher bei R,z = & einen Schnitt durch die Potenzialhyperfläche machen,

so erhalten

Abb.11.16.

Bea,

wir genau

Dasselbe

die (näherungsweise)

gilt für einen

Schnitt

parabolische

durch

Potenzialkurve

aus

die Potenzialhyperfläche

bei Abb. 24-14 Die Potenzialhyperfläche für

Welchem Weg auf dieser Potenzialhyperfläche die kollidierenden Teilchen folgen, hängt von ihrer Gesamtenergie ab, der Summe der potenziellen und der kinetischen Energie. Ein ungefähres Bild können wir uns aber auch machen, wenn wir auf der Potenzialhyperfläche nach Wegen suchen, die mit einer geringen potenziellen Energie verbunden sind. Als Beispiel betrachten wir wieder die Veränderung der potenziellen Energie, wenn sich ein Atom H, einem Molekül H,-H. nähert. Wenn die H,-H.-Bindungslänge konstant bleibt, während sich H, bis auf den Gleichgewichtsabstand H,- H, nähert, so bewegen wir uns entlang des mit A bezeichneten Weges in Abb. 24-16. Dabei nimmt die potenzielle Energie sehr stark zu, während H, sich in das Molekül hineinschiebt, und danach ebenso stark ab, wenn H-. das neu entstandene Molekül verlässt und sich entfernt. Wir können uns auch einen alternativen Weg vorstellen (B), bei dem sich der H,-H.-Abstand schon vergrößert, während H, noch weit entfernt ist. Offensichtlich sind beide Wege zwar möglich, wenn die Moleküle genügend kinetische Energie besitzen, aber die Moleküle durchlaufen dabei Zustände sehr großer potenzieller Energie. Der Reaktionsweg, für den die geringste potenzielle Energie benötigt wird, ist in der Abbildung mit C markiert. Er entspricht einer langsamen Dehnung der H,;-H.-Bindung während der Annäherung von H,. Dabei bildet sich die Bindung zwischen H, und H, bereits aus, bevor die Bindung zwischen H, und H. vollständig gebrochen ist. Die potenzielle Energie des Systems steigt dabei zwar an, aber bei

weitem nicht so stark wie auf den Wegen A und B. Der Punkt mit der größten potenziellen Energie auf diesem Weg liegt in dem sattelartig geformten Bereich der Potenzialhyperfläche, er wird daher als Sattelpunkt bezeichnet und ist in der Abbildung mit C' markiert. Der Stoß, der die geringste potenzielle Energie erfordert, verläuft somit entlang Weg C aus dem einen Energietal über den Sattelpunkt in das

die Reaktion

H + H, —H, + H unter der

Einschränkung, dass die Annäherung kollinear erfolgt.

0

Rs

Abb. 24-15 Konturliniendiagramm (die Konturlinien entsprechen gleicher potenzieller Energie) der Fläche aus Abb. 24-14. R.. Ist der Gleichgewichtsbindungsabstand eines H,-Moleküls (streng genommen muss das dritte H-Atom dabei unendlich weit entfernt sein).

andere Tal, wo sich das Atom H. entfernt und das Molekül H,H, seinen Gleichgewichtsabstand erreicht. Dieser Weg entspricht der Reaktionskoordinate, die wir

bereits in Abschnitt 24.2.1 eingeführt haben. Wir können nun auch eine Verbindung zur Theorie des aktivierten Komplexes herstellen: Den Übergangszustand identifizieren wir mit einem kritischen Bereich in der Nähe des Sattelpunktes der Potenzialhyperfläche, der die Eigenschaft hat, dass jede Trajektorie, die durch diesen Punkt verläuft, zur Reaktion führt

(Abb. 24-17). 0

24.3.3

Theoretische und experimentelle Ergebnisse

Um den Weg vom Ausgangsstoff zum Produkt erfolgreich zurückzulegen, müssen die Moleküle genügend kinetische Energie besitzen, um die Potenzialbarriere der Reaktion erklimmen und den Übergangszustand erreichen zu können. Folglich können wir die Form der Fläche untersuchen, indem wir die kinetische Energie der Reaktanten (durch Selektion bestimmter Molekülgeschwindigkeiten) und ihre

Ri

Abb. 24-16 Verschiedene Trajektorien über die Hyperfläche aus Abb. 24-15. Weg A entspricht der Situation, dass R,. konstant

gehalten wird, während sich H, nähert. Auf Weg B vergrößert sich R;- bei der Annäherung von H, schon sehr früh. Weg C entspricht schließlich der Route auf der Talsohle des Potenzialgebirges.

24 Molekulare Reaktionsdynamik

984 potenzielle Energi

|

=

Abb. 24-17 Der Übergangszustand umfasst eine Reihe von Konformationen

(hier durch die Linie durch den Sattelpunkt gekennzeichnet), durch die alle reaktiven Trajektorien verlaufen.

Abb. 24-18 Einige erfolgreiche (‘) und nicht erfolgreiche Stöße. (a) C, entspricht dem Weg entlang des Talbodens. (b) C, beschreibt die Annäherung von A an ein schwingendes Molekül BC und die Bildung eines schwingenden Moleküls AB durch die Ablösung von C. (c) G; entspricht der Annäherung von A an ein nicht

Kommentar 24-5 Bei Molekularstrahlexperimenten bezieht man sich meist auf ein Schwerpunktskoordinatensystem, bei dem der Schwerpunkt des reagierenden Systems immer im Ursprung des Koordinatensystems liegt. Die Reaktion findet statt, wenn sich beide Stoßpartner im Ursprung befinden. Eine Erläuterung der Konstruktion von Schwerpunktskoordinaten und der Interpretation der darin ablaufenden Vorgänge führt hier zu weit, aber man sollte in Erinnerung behalten, dass „vorwärts“ und „rückwärts“ in diesem Zusammenhang eine ungewöhnliche Bedeutung haben. Einzelheiten sind in der Weiterführenden Literatur zu finden.

schwingendes Molekül BC, wobei seine kinetische Translationsenergie jedoch nicht ausreicht. (d) C, zeigt A bei der Annäherung an ein schwingendes Molekül BC, wobei die kine-

tische Energie des Stofes und die Phase der Schwingung nicht ausreichen, um eine Reaktion zu bewirken.

Schwingungsanregung variieren und beobachten, ob und in welchen Zuständen Produkte gebildet werden (Abb. 24-18). Auf diese Weise können wir beispielsweise die Frage beantworten, ob es besser ist, die Reaktanten mit möglichst großer Wucht aufeinander zu schießen (große Translationsenergie) oder ob es mehr Erfolg verspricht, die Energie in Form einer hohen Schwingungsanregung zur Verfügung zu

stellen. Anders formuliert lautet die Frage: Führt die Trajektorie C,, die den Fall eines stark schwingungsangeregten Moleküls H,H. zeigt, effizienter zur Reaktion als die Trajektorie C\, bei der die Gesamtenergie genauso groß ist, aber ausschließlich als Translationsenergie vorliegt?

Der Einfluss der Stoßrichtung In Abb. 24-19 sind die Ergebnisse von Berechnungen der potenziellen Energie für den Fall gezeigt, dass ein H-Atom sich aus beliebigen Richtungen einem H,-Molekül nähert, wobei der Bindungsabstand des Moleküls jeweils auf den optimalen Wert eingestellt wurde. Wie wie bereits vermutet haben, ist die Annäherung entlang der Bindungsachse energetisch am günstigsten (die zu überwindende Barriere ist am kleinsten). Trotzdem müssen wir bei einer Berechnung der Geschwindigkeits-

konstante daran denken, dass auch andere Stoßrichtungen möglich sind und zur Gesamtreaktion beitragen. Abb. 24-20 zeigt im Gegensatz dazu die Änderung der potenziellen Energie bei der Annäherung eines C]-Atoms an ein HI-Molekül. Hier

finden wir die kleinste Barriere bei Stößen, die aus Richtungen innerhalb eines

Kegels mit einem Öffnungwinkel von 60° um das Wasserstoffatom erfolgen. Diese Tatsache hat eine direkte Bedeutung für die Berechnung von sterischen Faktoren für die Stoßtheorie: Nicht jeder Stoß kann hier erfolgreich sein, da nicht jeder Stoß aus einer geeigneten Richtung erfolgt. Wenn die Reaktanten nach dem Stoß zunächst einen (schwingenden und) rotierenden Komplex bilden, ehe sie reagieren und Produkte bilden, so ist zu erwarten,

24.3

Die Dynamik molekularer Stöße

985

dass die Produkte in beliebige Richtungen fliegen, da durch die Rotation jede Erin-

nerung an die ursprüngliche Flugrichtung der Reaktan ten verloren geht. Eine sol-

che Rotation dauert ungefähr 1ps. Wenn die Reaktion in einer kürzeren Zeit beendet ist, hat der Komplex nicht genügend Zeit zu rotieren, und die Produkte fliegen nur in bestimmte Richtungen. Beispielsweise findet man bei der Reaktion von K-Atomen mit I, die Produkte größtenteils in Vorwärtsrichtung. Diese Produktverteilung steht im Einklang mit dem vorgeschlagenen Harpunenmech anismus (Abschnitt 24.1.1), da der Übergang des Elektrons bei einem großen Abstand der Reaktanten voneinander eintritt. Im Gegensatz dazu führt der Stoß von K-Atom en auf CH;I nur zur Reaktion, wenn die Teilchen in engen Kontakt kommen. Dieser Mechanismus entspricht eher der Situation, dass ein Kaliumatom gegen eine Mauer fliegt, dort reagiert und das Produkt KI wieder rückwärts von der Mauer abgestoßen wird. Die Beobachtung einer solchen Anisotropie der Produktverteilung liefert wich-

tige Hinweise auf die Entfernung und die Orientierung der Reaktanten, bei der die

Reaktion abläuft, und sie zeigt außerdem, dass die Reaktion in weniger als etwa einer Pikosekunde beendet ist.

Attraktive und repulsive Hyperflächen Der Verlauf mancher Reaktionen hängt sehr empfindlich davon ab, ob die Energie hauptsächlich als Schwingungsenergie in einem bestimmten Schwingungsfreiheitsgrad oder einfach als Translationsenergie der Reaktanten vorliegt. So können wir zwei HI-Moleküle mit einer Translationsenergie von mehr als dem Doppelten der Aktivierungsenergie der Reaktion aufeinander schießen, ohne dass eine Reaktion eintritt. Die Reaktion F + HCl —Cl + HF zum Beispiel läuft fünfmal effizienter ab, wenn HCl im ersten angeregten Schwingungszustand eingesetzt wird, als wenn es bei gleicher Gesamtenergie im Schwingungsgrundzustand verwendet wird. Der Grund für dieses Verhalten liegt in den Eigenschaften der Potenzialhyperfläche. In Abb. 24-21 ist eine anziehende oder attraktive Hyperfläche gezeigt, deren Sattelpunkt bei einem frühen Zeitpunkt auf der Reaktionskoordinate liegt. Im Gegensatz dazu zeigt Abb. 24-22 eine abstoßende oder repulsive Hyperfläche mit

Abb. 24-19 Die Anisotropie der Änderungen der potenziellen Energie, die bei der Annäherung eines Wasserstoffatoms an ein H,-Molekül aus verschiedenen Richtungen eintreten. Die kleinste Potenzialbarriere findet man für den kollinearen Angriff. Die Oberfläche beschreibt das Reaktionsprofil für verschiedene Reaktionskoordinaten.

einem späten Sattelpunkt. Eine Fläche, die in der einen Richtung attraktiv ist, ist in

der anderen Richtung immer repulsiv. Wir wollen zuerst die attraktive Fläche betrachten. Wenn das Eduktmolekül stark schwingungsangeregt ist, so verläuft der Stoß entlang Pfad C. Die stoßenden Moleküle verbrauchen ihre ganze Energie, bevor sie zum Sattelpunkt der Reaktion gelangen, daher findet keine Reaktion statt. Wenn dagegen die gleiche Gesamtenergie komplett als kinetische Energie vorliegt, so bewegt sich das System entlang Pfad C" und gelangt glatt über den Sattelpunkt auf die Produktseite. Folglich laufen Reaktionen mit attraktiven Hyperflächen effizienter ab, wenn die Gesamtenergie vollständig als Translationsenergie vorliegt. Außerdem zeigt diese Betrachtung, dass das System nach der Überquerung des Sattelpunktes gegen die steile Flanke des Produkttales läuft und anschließend zwischen den beiden Flanken dieses Tales hinund hergestoßen wird, während die Produktmoleküle sich trennen und das System sich in Richtung der Talsohle der potenziellen Energie bewegt. Mit anderen Worten: Die Produkte entstehen in schwingungsangeregten Zuständen. Wenden wir uns nun der repulsiven Fläche zu. Die Trajektorie C zeigt den Fall, dass die Gesamtenergie weitgehend als Translationsenergie vorliegt. Bei der Annäherung der Reaktanten nimmt die potenzielle Energie steil zu. Ihre Trajektorie führt sie direkt in den gegenüberliegenden Anstieg des Tales, von dem sie in Richtung der Reaktanten reflektiert werden. Dieser Stoß führt daher nicht zur Reaktion, auch

wenn er mit ausreichender kinetischer Energie erfolgt. Dagegen zeigt die Trajektorie C* die Situation, dass ein Teil der Gesamtenergie in der Schwingung der Reaktanten steckt. Die Schwingungsbewegung führt dazu, dass sich das System während seiner Annäherung an den Sattelpunkt auf der Talsohle des Reaktantentales hin- und herbewegt. Auf diese Weise kann das System, wenn es auf der Höhe des Sattelpunktes angelangt ist, in das Produkttal gelangen, ohne von den steilen gegenüberliegenden Wänden zurückgeworfen zu werden. Das Produktmolekül ist in die-

erfolgreich

erfolgreich

Abb. 24-20 Die Potenzialbarriere für den Angriff eines Cl-Atoms auf ein Molekül HI. In diesem Fall sind erfolgreiche Stöfge nur innerhalb eines Kegels um das H-Atom möglich.

24 Molekulare Reaktionsdynamik

ven Hyperflächen versem Fall nicht schwingungsangeregt. Reaktionen mit repulsi 2energie als Gesamt ihrer Teil einen laufen also effizienter, wenn die Reaktanten Reaktion die für sweise beispiel gilt Schwingungsenergie mitbringen. Dies H+C,—HCHCl.

Abb. 24-21 Attraktive Potenzialhyper-

fläche. Ein erfolgreicher Stoß (C') benötigt eine große Translationsenergie der Reaktanten und erzeugt schwingungsangeregte Produkte.

| ; Klassische Trajektorien erhalten, wir können Reaktion einer während Ein klares Bild von den Vorgängen klassider Hilfe mit Reaktion der während wenn wir die Trajektorie des Systems edinAnfangsb von Satz einem von wir gehen schen Mechanik berechnen. Dabei reagungen aus (Geschwindigkeiten, relative Orientierungen, innere Energien der sgrade Freiheit inneren der Energien der erte gierenden Teilchen). Die Anfangsw spiegeln zwar die Quantelung der Rotations-, Schwingungs- und elektronischen Energie von Molekülen wider, abgesehen davon wird die Trajektorie aber klassisch berechnet. Abb. 24-23 zeigt das Ergebnis einer solchen Berechnung für die Positionen der drei H-Atome in der Reaktion H + H, — H, + H. Die horizontale Achse ist die Zeit-

achse, auf der senkrechten Achse sind die drei Atomabstände aufgetragen. Die Darstellung zeigt deutlich die Schwingung des Eduktmoleküls und die Annäherung des angreifenden

H-Atoms.

Die eigentliche Reaktion,

der Austausch

der Atome,

geschieht hier sehr schnell; man spricht daher von einem direkten Reaktionsablauf. Das gebildete Molekül geht sehr schnell zu harmonischen, ungestörten Schwingungen über, während sich das abgespaltene Atom entfernt. Im Gegensatz hierzu zeigt Abb. 24-24 ein Beispiel für einen indirekten Reaktionsablauf, bei dem der aktivierte Komplex einige Zeit bestehen bleibt. Es handelt sich hier um die Reaktion KCl + NaBr —KBr + NaCl; der vieratomige aktivierte Komplex hat eine Lebensdauer von etwa 5ps, während derer er ungefähr 15 Schwingungen ausführen kann, bevor er in die Produkte zerfällt. Abb. 24-22 Repulsive Potenzialhyperfläche. Ein erfolgreicher Stoß (C ) benötigt eine hohe Schwingungsanregung der Reaktanten und erzeugt Produkte mit einer großen Translationsenergie. Eine Hyperfläche, die in einer bestimmten Richtung attraktiv ist, ist in der Gegenrichtung

repulsiv.

de

10

20

30

40

Zeit t/fs Abb. 24-23 Die berechneten Trajektorien für einen reaktiven Stoß? zwischen A und einem schwingenden Molekül BC, der zur

Bildung eines schwingenden Moleküls AB führt. Diese direkte Reaktion erfolgt zwischen H und H,. (M. Karplus, R. N. Porter,

R. D. Sharma,J.Chem. Phys. 43 (1965)

3258).

einer Fläche beschreiben, sondern man muss eine Wellenfunktion ansetzen, die zu

zwischen H, und OH hinaus, während der alternative Prozess H};+0OH —H,0 +H

Kern-Kern-Abstand R/pm

0

Klassische Trajektorienrechnungen berücksichtigen nicht, dass die Bewegung der Atome, Elektronen und Kernen quantenmechanischen Gesetzmäßigkeiten folgt. Den Weg vom Ausgangsstoff zum Produkt kann man deshalb nicht als Bahn auf Beginn die Reaktanten und zum Schluss die Produkte repräsentiert. Eine komplette quantenmechanische Berechnung von Reaktionswegen und Geschwindigkeitskonstanten ist äußerst beschwerlich: Sämtlich erlaubten elektronischen, Schwingungs- und Rotationszustände, die bei jedem der beteiligten Atome oder Moleküle bei der betrachteten Temperatur besetzt sind, müssen einbezogen werden. Gewöhnlich definiert man einen „Reaktionskanal“ als eine Gruppe von Molekülen in definierten, quantenmechanisch erlaubten Zuständen. Bei einer gegebenen Temperatur existiert dann eine Vielzahl von Edukt- und möglichen Produktkanälen, wobei manche Übergänge zwischen diesen Kanälen erlaubt sind und andere nicht. Außerdem führt nicht jeder erfolgreiche Übergang zur Reaktion: Der Prozess H, + OH = H, + (OH)' zum Beispiel läuft auf eine Energieübertragung

400 |

200

Die quantenmechanische Streutheorie

einer chemischen Reaktion entspricht. Noch komplizierter werden quantenmechanische Berechnungen von Trajektorien und Geschwindigkeitskonstanten dadurch, dass bereits in einem einfachen Vieratomsystem bei gegebener Temperatur sehr viele Reaktionskanäle zu den gewünschten Produkten H,O + H führen, die ihrerseits in vielen verschiedenen Kanälen entstehen können. Man formuliert dann eine kumulierte Reaktionswahrscheinlichkeit N(E) bei einer bestimmten Gesamtenergie E,

N(E) = > P,(E) , iM]

Be

24.3

Die Dynamik molekularer Stöße

987

& 1000 | & 25 =,

RS

ErA1500.], Me 5

Abb. 24-24 Ein Beispiel für die Trajek-

=

N | |

© 5 0

>

:

torien, die für eine Reaktion mit indirektem Reaktionsablauf berechnet wurden (KCI + NaBr — KBr + NaCl), in welcher der

Zeit t/ps

5

Stoßkomplex eine große Lebensdauer besitzt (P. Brumer, M. Karplus, Faraday

75

Disc. Chem. Soc. 55 (1973) 80).

wobei P,(E) die Wahrscheinlichkeit des Übergangs aus einem Eduktkanal iin einen

Produktkanal j angibt und die Summation über sämtliche Übergänge erfolgt, die zu Produkten führen. Man kann zeigen, dass die Geschwindigkeitskonstante durch

k(T) =

JS N(E) e-®/TgE

(24-74)

ha(T)

gegeben ist mit Q,(T) als Dichte der Zustandsfunktion (Zustandsfunktion geteilt durch Volumen) der Reaktanten bei der Temperatur T. Die besondere Bedeutung von 4]. (24-74) liegt in der direkten Verbindung einer experimentellen und einer theoretischen Größe, nämlich der Geschwindigkeitskonstante und N(E).

24.34

Die Untersuchung der Reaktionsdynamik mit ultraschnellen

Lasermethoden

Durch die Entwicklung der Femtosekunden-Pulslaser (Abschnitt 14.3.2) kann man heute auch Spezies beobachten, deren Lebensdauer kurz genug ist, dass man sie in mancher Hinsicht als aktivierte Komplexe auffassen kann. Auch die Produkte chemischer Reaktionen lassen sich mit gepulsten Lasern identifizieren.

Die spektroskopische Beobachtung aktivierter Komplexe Bis vor kurzer Zeit konnten aktivierte Komplexe nicht direkt spektroskopisch unter-

Na’+l

sucht werden, da sie nur sehr kurzzeitig existieren; ihre Lebensdauer beträgt oft nur

wenige Pikosekunden. Ein typisches Experiment zum Nachweis eines aktivierten Komplexes beginnt mit der Anregung eines Moleküls durch einen Femtosekundenpuls in einen dissoziativen Zustand. Nach dem Puls wird die Entwicklung des angeregten Zustands mit einer Folge von weiteren Femtosekundenpulsen verfolgt. Die Frequenz der Analysenpulse liegt bei einer charakteristischen Absorptionsfrequenz eines der Produkte der Fragmentierung; die beobachtete Absorption ist somit ein Maß für die Konzentration des Dissoziationsprodukts. Wenn beispielsweise ICN durch den ersten Puls dissoziiert wird, so kann man die Entstehung von CN aus dem photoangeregten Zustand verfolgen, indem man die Zunahme der zum freien CN gehörenden Absorption (oft auch der laserinduzierten Fluoreszenz) misst. Auf diese Weise fand man heraus, dass die CN-Absorption null bleibt, bis sich die Fragmente auf einen Abstand von etwa 600 pm entfernt haben, was ungefähr 205 fs dauert. Um uns einen Eindruck von den Fortschritten zu verschaffen, die in letzter Zeit bei der detaillierten Verfolgung des Ablaufs chemischer Reaktionen gelungen sind, betrachten wir das Verhalten des Ionenpaars Na'I’. Wie in Abb. 24-25 gezeigt, führt die Anregung des Ionenpaars mit einem Femtosekundenpuls zu einem angeregten Zustand, der einem kovalent gebundenen Molekül Nal entspricht. Das System lässt sich durch zwei Potenzialhyperflächen beschreiben, eine „kovalente“ und eine vorwiegend „ionische“, die einander bei einem Kernabstand von 693 pm schneiden. Ein kurzer Laserpuls enthält sehr viele verschiedene Frequenzen;

y

Kern-Kern-Abstand

potenzielle Energie

Na+l (kovalent)

Abb. 24-25 Die Anregung des lonenpaars Na*l” führt zu einem angeregten Zustand mit kovalentem Charakter. Gezeigt ist außerdem die Bewegung des Wellenpakets, das bei der Laseranregung entsteht, von einer „kovalenten“ Hyperfläche (grün) zu einer „lonischen“ Hyperfläche

(rot).

24 Molekulare Reaktionsdynamik

988

dadurch werden zahlreiche

Fe Vasen

AR BE:

|

Fa

m

a

a

Br u

=

|

=

0

Nal-Absorption

2 4 6 Verzögerung t/ps

von Nal gleichzeitig angeregt.

der dissoziieren; dieser Vorgang entspricht der Bewegung des Wellenpakets entlang derartige jede Nicht nden. Kernabstä großen sehr zu he dissoziativen Hyperfläc Bewegung führt aber tatsächlich zur Dissoziation, denn das I-Atom kann durch den

des freien Na

aa

Schwingungszustände

ZustänFolglich existiert der elektronisch angeregte Komplex als Superposition von beiden den zwischen das 8.3.2), (Abschnitt et den oder lokalisiertes Wellenpak auch kann Komplex Der 24-25). Abb. (siehe schwingt her Hyperflächen hin- und

8

Abb. 24-26 Ergebnisse der Femtosekunden-spektroskopischen Untersuchung der Trennung von Nal in freies Na und I. Die untere Kurve entspricht der Absorption des elektronisch angeregten Komplexes, die obere Kurve der Absorption der freien Na-Atome. (Abgewandelt übernommen aus A. H. Zewail, Science 242 (1988) 1645.)

Harpunenmechanismus auch wieder eingefangen werden, bevor es sich weit genug vom Na-Atom entfernen konnte. Zur Untersuchung der Dynamik des Systems bestrahlt man die Probe mit einem zweiten Puls, dessen Frequenz entweder der Absorptionsfrequenz des freien Na oder der Absorptionsfrequenz von Na als Teil des Komplexes entspricht. Die Lage der letztgenannten Frequenz hängt vom Abstand Na: : -I ab; man beobachtet also immer dann eine Absorption (in der Praxis eher eine laserinduzierte Fluoreszenz), wenn das Wellenpaket gerade bis zu dem durch die Frequenzwahl eingestellten Abstand zurückgekehrt ist. Typische Ergebnisse eines solchen Experiments sind in Abb. 24-26 für Nal gezeigt. Die Absorption des gebundenen Natriumatoms erscheint als eine Reihe von Signalen in Abständen von etwa einer Pikosekunde; mit dieser Periode schwingt das Wellenpaket. Die allmähliche Abnahme der Intensität spiegelt den fortschreitenden Zerfall des Moleküls durch die wiederholten Schwingungsbewegungen wider. Die Absorption des freien Natriumatoms zeigt ein ähnliches periodisches Verhalten, das die Periodizität der Bewegung des Wellenpakets widerspiegelt. Bei jeder Schwingung besteht die Möglichkeit der Dissoziation. Die genaue Periode der Schwingung in Nal beträgt 1.25ps, was einer Schwingungswellenzahl von 27 cm“! entspricht (wir erinnern uns daran, dass die Theorie des aktivierten Komplexes für eine derartige Schwingung eine sehr kleine Frequenz annimmt). Der Komplex hat eine Lebensdauer von ungefähr zehn Schwingungsperioden. Im Gegensatz dazu überlebt NaBr, dessen Schwingungsfrequenz vergleichbar ist, kaum mehr als eine Schwingungsperiode. Auch für die Untersuchung der aktivierten Komplexe von bimolekularen Reaktionen oder ihrer Analoga hat sich die Femtosekundenspektroskopie als sinnvoll erwiesen. In einem Molekularstrahl können so genannte van-der-Waals-Moleküle (Abschnitt 18.3.3) erzeugt werden, etwa IH-:-OCO. Durch einen Femtosekundenpuls kann die H-I-Bindung gespalten werden, worauf das H-Atom von dem benachbarten Sauerstoffatom des CO,-Moleküls eingefangen wird und sich das Molekül HOCO bildet. Auf diese Weise liefert das van-der-Waals-Molekül aus HI und CO, Teilchen, die dem Übergangszustand der Reaktion

H+CO, — [HOCO]' — HO+CO nahe kommen. Der Analysenpuls wird auf die Frequenz des OH-Radikals abgestimmt, sodass man in Echtzeit verfolgen kann, was mit dem [HOCO]'-Molekül geschieht. Die Femtosekundenspektroskopie von Übergangszuständen wurde auch für kompliziertere Reaktionen angewendet, beispielsweise die Diels-Alder-Reaktion, nucleophile Substitutionen sowie pericyclische Additionen und Bindungsspaltungen. Zu den biologischen Vorgängen, die sich für derartige Untersuchungen anbieten, gehören der Energieumwandlungsschritt der Photosynthese und der durch Licht stimulierte Sehvorgang. Bereits bestimmt wurden etwa die Geschwindig keitskonstanten der photochemischen Abspaltung von CO aus Myoglobin und Anlagerung von O, an die Kontaktstelle.

Die Anwendung von Lasern zur Steuerung chemischer Reaktionen Zu den langfristigen Zielen der Chemie als Wissenschaft gehört die Steuerung von Reaktionsgeschwindigkeiten und Produktverteilungen, um unerwünschte Nebenreaktionen möglichst ausschalten und industrielle Prozesse möglichst effizient gestalten zu können. Eine Reihe erfolgreicher Strategien steht heute bereits zur Verfügung. So lässt sich ein Katalysator finden, der in einem System nur eine

24.3

Die Dynamik molekularer Stöße

bestimmte Reaktion beschleunigt, sodass ein gewünschtes Produkt schneller gebil-

det wird als unnütze Nebenprodukte. Dieser Ansatz ist allerdings nicht eben allgemein — für jeden einzelnen Reaktionstyp muss ein spezieller Katalysator gefunden werden. Eine ehrgeizigere, aber vielleicht leistungsfäh igere Strategie besteht in der lasergestützten Präparation von Ausgangsstoffen in bestim mten Zuständen. So kann nur ein spezifischer aktivierter Komplex erreicht werden , der zu ausgewählten Produkten führt (das müssen nicht einmal die unter normal en Laborbedingungen erhaltenen Hauptprodukte sein). Im Folgenden wollen wir zwei Möglichkeiten kennen lernen, das Ergebnis einer chemischen Reaktion durch den Einsatz von Laser-

strahlung zu beeinflussen. Manche Reaktionen lassen sich steuern, indem man die Ausgangs stoffe in bestimmte Schwingungszustände versetzt. Betrachten wir dazu die Gasphase nreaktion zwischen H und HOD.

Experimentell stellte man fest, dass sich bevorzugt H,

und OD bilden, wenn man im thermischen Gleichgewicht befindliche H-Atome zur Reaktion mit HOD-Molekülen bringt, deren H-OD-Streckschwingung durch Laserstrahlung von v = 0 auf v = 4 angeregt wurde. Erfolgt diese Anregung hingegen auf das Niveau mit v = 5, so entstehen vorwiegend HD und OD. Diese Vorgehensweise, die auch als modenselektive Chemie bezeichnet wird, wurde bereits zur Steuerung der Produktverteilung in einer Reihe bimolekularer Reaktionen angewendet. Sie ist jedoch generell auf Fälle beschränkt, in denen sich die Energie in einer ausgewählten Schwingung konzentrieren lässt und dort viel länger verbleibt, als die eigentliche Reaktion dauert. Bei großen Molekülen ist dies nicht einfach zu erreichen, weil hier die intramolekulare Schwingungsrelaxation für eine Verteilung der Energie auf viele Moden innerhalb weniger Pikosekunden sorgt. Um das Problem der Schwingungsrelaxation zu umgehen, verwendet man ultrakurze Laserpulse und eine Strategie, die der oben beschriebenen Methode zum Nachweis von Übergangszuständen ähnlich ist. Die Grundzüge erklären wir anhand der Reaktion I, + Xe —Xel* + I, die über einen Harpunenmechanismus mit dem Übergangszustand [Xe* --- I” - - -I] verläuft. Man kann die Reaktion auslösen, indem man I, in einen elektronisch angeregten Zustand mindestens 52460 cm! oberhalb des Grundzustands versetzt, und anschließend die zeitliche Entwicklung der Chemilumineszenz von Xel* verfolgen. Die Produktverteilung lässt sich steuern, wenn man zum Start der Reaktion zwei Femtosekundenpulse einstrahlt: Der erste Puls regt das I,-Molekül in einen tief liegenden, nicht reaktiven elektronischen Zustand an. Wie bereits erläutert wurde, erzeugt der Anregungspuls ein Wellenpaket, das wie ein Teilchen behandelt werden kann, das sich entlang der Potenzialhyperfläche bewegt. Im genannten Fall reicht die Energie des Wellenpakets nicht zur Reaktion aus; die fehlende Energie wird durch einen zweiten Laserpuls mit genau abgestimmter Wellenlänge geliefert. Auf diese Weise können durch Variation der zeitlichen Verzögerung des zweiten Pulses aktivierte Komplexe mit verschiedenen Geometrien präpariert werden, weil das teilweise lokalisierte Wellenpaket sich (nach seiner Erzeugung durch den ersten Puls) bis zu unterschiedlichen Positionen auf der Potenzialhyperfläche bewegt hat. Da die Reaktion über einen Harpunenmechanismus vonstatten geht, erwartet man eine optimale Ausbeute, wenn der zweite Puls in dem Moment eingestrahlt wird, in dem sich der augenblickliche Abstand Xe-- -], ideal für den Elektronentransfer von Xe zu I, eignet (siehe Beispiel 24-2). Im Experiment ließ sich diese Idee tatsächlich verwirklichen. Die Methoden zur Steuerung von Reaktionen, die wir hier diskutiert haben, lassen sich vorerst nur anwenden, wenn die Reaktionspartner klein und die Potenzialhyperflächen des Prozesses sowohl einfach als auch gut untersucht sind. Bevor die Verfahren auf die kontrollierte Synthese im Routinelabor ausgeweitet werden können, muss noch wesentlich genauer erforscht werden, wie Laserpulse kombiniert werden können,

um

System auszulösen.

eine spezifische Antwort der Moleküle in einem komplexen

339

990

24 Molekulare Reaktionsdynamik

Elektronentransfer in homogenen Systemen

24.4|

der Konzepte der Theorie des Wir schließen dieses Kapitel mit der Anwendung Vorgang, der auf den ersten Übergangszustands und der Quantentheorie auf einen

von Elektronen zwischen MoleBlick sehr einfach erscheinen mag: die Übertragung Theorie kennen, die külen in homogenen Systemen. Zunächst lernen wir eine des Elektronentransfers beeinflusbeschreibt, welche Faktoren die Geschwindigkeit

experimenteller Resulsen. Im Anschluss diskutieren wir diese Theorie im Lichte nkomplexe). Wie wir Protei ter (darun e System r tate zu einer Reihe verschiedene ansfers mithilfe relasehen werden, lässt sich die Geschwindigkeit des Elektronentr sagen. vorher genau chend hinrei tiv einfacher Beziehungen

Die Geschwindigkeit der Elektronenübertragung

24.4.1

Wir betrachten den Transfer eines Elektrons von einem Donor D auf einen Akzeptor A in Lösung:

DIAS DE

0. [DAR [DIA]

A

DIA)

=

Im ersten Schritt müssen D und A durch die Lösung zueinander diffundieren und sich zu einem Komplex DA vereinigen, in dem der Abstand zwischen Donor und Akzeptor dem Abstand r zwischen den Enden der beiden Moleküle vergleichbar ist. D, Aund DA sollen sich im Gleichgewicht befinden:

D+A=DA

k. 2Ku=n= DIA

(24-763)

Hier sind k, und k/ die Geschwindigkeitskonstanten für die Assoziation bzw. Dissoziation von DA. Der nächste Schritt ist die Elektronenübertragung innerhalb des Komplexes, es entsteht D’A°:

DA>D’A

va = kulDA]

(24-766)

(k;. ist die Geschwindigkeitskonstante erster Ordnung für den Elektronentransfer). Für das weitere Schicksal des Komplexes D’A bestehen zwei Alternativen. Entweder bildet sich durch Rückübertragung des Elektrons mit der Geschwindigkeitskonstante k, wieder DA,

DR oder D'A

Da

ED,

(24-76c)

zerfällt in die beiden Ionen, die durch die Lösung auseinander diffundie-

ren,

DENE

Up = ku D’A

7].

(24-76d)

In der anschließenden Begründung werden wir folgende Beziehung für die beobachtete Geschwindigkeitskonstante herleiten:

RR: KERN Da

(24-77)

24.4 Elektronentransfer in homogenen.Systemen

Unsere Aufgabe ist es, einen Ausdruck für die Geschwindigkeitskonst ante zweiter

Ordnung k,.., der Elektronenübertragung zwischen D und A in Lösung zu finden. Dazu setzen wir die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion, Gl. (24-75), gleich der

Geschwindigkeit der Bildung der getrennten Ionen als Reaktionsprodukt e, Gl. (2476d):

v = kye[D][A] = kp[D*A >]. Auf das Intermediat D'A wenden wir nun das Quasistationaritätsprinzip an: d[D*A] — ee, dt

Daraus folgt D’A]= ee

Re

[DA] .

Da auch DA ein Intermediat ist, können wir das Quasistationaritätsprinzip ein

zweites Mal anwenden: d[DA] di

= k,[D][A] — K,[DA] — k„[DA] + K,[D*A1=0.

In diese Beziehung setzen wir unseren ersten Ausdruck für die stationäre Konzentration von [D“A | ein und erhalten nach einigen Umformungsschritten eine neue Gleichung für [D’A|:

DA)



k,= ka ee

D||A!. IIAI

Multiplizieren wir diese Gleichung mit k,), so erkennen wir, dass ihre Form mit

der Beziehung für die Geschwindigkeit des Elektronentransfers, v = k,..,[D][A], übereinstimmt, wobei k,.., gegeben ist durch DEAN er

Ko Ra kr

uıek

d

Um von hier aus zu Gl. (24-77) zu gelangen, dividieren wir Zähler und Nenner auf der rechten Seite durch k, k;, und lösen nach dem Kehrwert von k,.., auf. Betrachten wir Gl. (24-77) etwas näher und überlegen, welche Faktoren die Geschwindigkeit des Elektronentransfers in Lösung bestimmen. Dazu nehmen wir an, dass der Komplex [D'A | vorwiegend durch Zerfall in die einzelnen Ionen abgebaut wird, dass also k), > k, ist. Dann folgt

la ( | & Kveob

R.

| kr:

Wir sehen, dass für k;, > K, gilt ky.on = k.; die Geschwindigkeit der Produktbildung

wird dann durch die Geschwindigkeit der Diffusion von D und A in der Lösung bestimmt, die die Bildung des Komplexes DA ermöglicht. Ist hingegen k;, < k/, so wird kpeo» = (ka/kl)kyı oder nach Anwendung von Gl. (24-76)

Kpeob = Koa ka -

(24-78)

In diesem Fall wird der Prozess durch die Aktivierungsenergie des Elektronentransfers im Komplex DA kontrolliert. Mithilfe der Theorie des Übergangszustands (Abschnitt 24.2.1) können wir. schreiben

Ba

rRve

(24-79)

991

24 Molekulare Reaktionsdynamik

992

mit der sich der mit x als Transmissionskoeffizient, v als der Schwingungsfrequenz, AktivierungsFreier als A'G und nähert, nd aktivierte Komplex dem Übergangszusta Beziehungen sche theoreti darin, zunächst enthalpie. Unser Aufgabe besteht nun und KernbeenElektron der ibung Beschre für vv und A'G durch mathematische wegungen herzuleiten.

24.4.2 Enthalpie Freie

Die theoretische Beschreibung der Elektronenübertragung

Die im Folgenden vorgestellt Theorie haben unabhängig voneinander R. A. Marcus, N. S. Hush, V. G. Levich und R. R. Dogonadze entwickelt. Unsere Diskussion kon-

9% 4° Verschiebung q Abb. 24-27 Die Freie Enthalpie der an einem Elektronentransfer beteiligten Komplexe DA und D'A kann durch Parabeln dargestellt werden, wie sie für einen harmonischen Oszillator charakteristisch sind. Die Verschiebungskoordinate q spiegelt die geometrischen Änderungen des Systems wider. q% und q5 sind die Werte von q, die dem Minimum der Reak-

tant- bzw. der Produktparabel entsprechen. Am Schnittpunkt der Parabeln istq = q‘. Angegeben sind außerdem die Freie Aktivierungsenthalpie d’G, die Freie Standardreaktionsenthalpie A,G” und die Reorganisationsenergie A (siehe Abschnitt

24.4.2).

zentriert sich auf zwei Kernpunkte:

1. Bei der Übertragung tunneln die Elektronen durch eine Potenzialbarriere, deren Höhe unter anderem von den lonisierungsenergien der Komplexe DA und D'A bestimmt wird. Der Tunnelprozess beeinflusst den Betrag von « v. 2. Unmittelbar vor dem Elektronentransfer ändert sich die Struktur des Komplexes DA und seiner Lösungsmittelhülle. Die Energie dieser Umordnung sowie die Freie Standardreaktionsenthalpie bestimmen A'G.

Der Tunnelprozess Aus Abschnitt 14.1.2 wissen wir, dass Elektronenübergänge gemäß dem FranckCondon-Prinzip so schnell ablaufen, dass die Anordnung der Kerne dabei als stationär betrachtet werden kann. Dasselbe Prinzip gilt für Elektronentransferprozesse, bei denen ein Elektron von einer Potenzialhyperfläche (für den Zusammenhang zwischen Energie und Geometrie von DA, dem Ausgangsstoff) zu einer zweiten (entsprechend für das Produkt D'A°) springt. Die Hyperflächen für die potenzielle Energie (und für die Freie Enthalpie) beider Komplexe können wir durch Parabeln darstellen, wie sie für den harmonischen Oszillator charakteristisch sind; die Verschiebungskoordinate spiegelt die geometrischen Veränderungen als gemeinsamen Freiheitsgrad von Donor, Akzeptor und Lösungsmittel wider (Abb. 24-27). Das Franck-Condon-Prinzip besagt, dass den Kernen nicht genügend Zeit bleibt, um sich zu bewegen, während das System infolge des Elektronenübergangs von der Reaktant- zur Produkthyperfläche überwechselt. Deshalb kann der Elektronentransfer nur stattfinden, wenn die Geometrie von DA infolge thermischer Fluktuationen gerade bei q’ (Abb. 24-27) ist, der Kernanordnung, an der sich die beiden Parabeln schneiden. Der Faktor x v ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, dass das System in q* vom Ausgangsstoff (DA) zum Produkt (D*A ) übergeht, indem innerhalb des thermisch angeregten Komplexes DA ein Elektronentransfer stattfindet. Um den Prozess zu verstehen, müssen wir überlegen, wie sich die Verschiebung der Kernkoordinaten auf die elektronischen Energieniveaus von DA und D*A- bei gegebenem Abstand r zwischen D und A auswirkt (Abb. 24-28). Zu Anfang besetzt das fragliche Elektron das HOMO von D; die Gesamtenergie von DA ist dann niedriger als die von D+’A (Abb. 24-28a). Sobald die Kernkoordinaten die durch q' beschriebene Anordnung einnehmen (Abb. 24-28b), sind das HOMO von DA und das LUMO von D*A- entartet und ein Elektronenübergang ist energetisch möglich. Vorausgesetzt, der Abstand r ist hinreichend klein, besteht der wichtigste Mechanismus des Transfers im Durchtunneln der in Abb. 24-28b angegebenen Potenzialbarriere. Die Höhe dieser Barriere nimmt mit steigenden lonisierungsenergien von DA und D*Azu. Nachdem ein Elektron aus dem HOMO von D in das LUMO von A übergewechselt ist, relaxiert das System in die Geometrie, die in Abb. 24-28c mit g, bezeichnet ist.

Wie das Diagramm zeigt, ist die Energie von D'A° nun niedriger als die von DA; dies ist Ausdruck der thermodynamischen Bevorzugung der reduzier ten Form von A und der oxidierten Form von D.

24.4 Elektronentransfer in homogenen Systemen

993

Der für die Elektronenübertragung verantwortliche Tunnel prozess ähnelt dem Vorgang, den wir in Abschnitt 9.1.3 beschrieben haben; der wesentliche Unter-

schied besteht darin, dass das Elektron jetzt aus einem Energieniveau von D mit der

Wellenfunktion ı/, in ein Energieniveau von A mit der Wellen funktion ı , übergeht. Aus Abschnitt 9.1.3 erinnern wir uns, dass die Geschwindigk eit des Elektronenübergangs aus einem durch ı%, beschrieben Niveau in ein durch ı, beschriebenes Niveau proportional zum Quadrat des Integrals

aD

50 Ö

= Lu

(a) (Hpa) —

Ka

dr

90 DA

a,

DA DA

ist mit H,ı als Hamilton-Operator, der die Kopplung der elektronischen Wellenfunktionen beschreibt. Ist die Kopplung relativ schwach, so erweist sich, dass

(En) = (Hpu)e

aD

g

(24-80)

ist; r steht für die Entfernung zwischen den Rändern von D und A, der Parameter ß

beschreibt die Abstandsabhängigkeit der Matrixelemente der elektronischen Kopplung und (H%,)” entspricht dem Wert des Matrixelements der elektronischen Kopplung, wenn D und A in Kontakt sind (r = 0). Die exponentielle Abstandsabhängigkeit in Gl. (24-80) ist prinzipiell vergleichbar dem exponentiellen Abfallen der Tunnelwahrscheinlichkeit durch eine Potenzialbarriere, die in Abschnitt 9.1.3 beschrie-

ben wurde.

12

80

Elektronen+ (b)

i

transfer



DA OH

Bee

vo

50 Ö

= Lu

Die Geschwindigkeit der Elektronenübertragung

Elektronen-

Kern-

Die vollständige Beziehung für k;, lautet

verschiebung

_verschiebung

k

5

=

REIS RT

A'G/RT

$

|

n

al

wobei (Hp),)” näherungsweise durch GI. (24-80) gegeben ist. (Für eine Herleitung der Gleichung sei auf die Weiterführende Literatur verwiesen.) In Zusatzinformation 24-1 werden wir zeigen, dass die Freie Aktivierungsenthalpie A'G gegeben ist durch

Abb. 24-28 Die Beziehung zwischen den Energieniveaus der Elektronen (links) und der Kerne (rechts) für die an einem Elektronentransferprozess beteiligten Komplexe DA und D'A°. (a) Bei der mit gi, bezeichneten Konfiguration befindet sich das zu übertragende Elektron in einem besetzten Energieniveau von DA (blau ausgefüllter Kreis); die Energie des niedrigsten unbesetzten Energieniveaus von D'A

NC— (A,G® +2)’ 41

(24-82)

mit A,G° als Freier Standardreaktionsenthalpie des Elektronentransfers DA — D’A und / als Reorganisationsenergie, der Energie, die zur Umordnung von DA in die Gleichgewichtsgeometrie von D'A erforderlich ist. Zu dieser Umordnung zählt sowohl die Neuausrichtung von D und A in DA als auch die Umorientierung der Lösungsmittelmoleküle, die DA umgeben. Aus Gl. (24-82) lesen wir ab, dass A'G = 0 wird (und die Reaktion folglich nicht von einer Aktivierungsbarriere verzögert wird), wenn A,G” = —/ ist, wenn sich die Reorganisationsenergie und die Freie Standardreaktionsenthalpie also gerade ausgleichen. Für die Gültigkeit von Gl. (24-81) gibt es zwei wesentliche Einschränkungen. Erstens beschreibt die Beziehung nur Prozesse mit schwacher elektronischer Kopplung zwischen Donor und Akzeptor. Eine schwache Kopplung liegt vor, wenn die elektronisch aktiven Spezies so weit voneinander entfernt sind, dass die Wellenfunktionen ı), und /, nicht nennenswert überlappen. Ein Beispiel für ein solches System ist der Komplex Cytochrom c/Cytochrom b;, in dem der Abstand zwischen den beiden an Häm gebundenen Eisenionen, die zwischen den Oxidationsstufen +2 und +3 hin- und herwechseln, 1.7nm beträgt. Eine starke Kopplung wird hingegen beobachtet, wenn ı, und 7, deutlich überlappen. Beispiele sind Zweikernkomplexe von Übergangsmetallen gemischter Valenz mit der allgemeinen Struktur L„M"'-B-M’'L,.

Die elektronisch aktiven Metallionen sind durch den Brücken-

(nicht ausgefüllter Kreis) ist zu hoch, als dass das Elektron hier aufgenommen werden könnte. (b) Wenn sich die Konfiguration q” eingestellt hat, sind die Niveaus von DA und D*A entartet. Das Elektron wird übertragen, es durchtunnelt die Barriere mit der Höhe V und der Breite r (dem Abstand der Oberflächen von Donor- und Akzeptormolekül). (c) Das System relaxiert in die Gleichgewichts-Kernanordnung von D’A (q}), in der das niedrigste unbesetzte Energieniveau von DA bei höherer Energie liegt als das höchste besetzte Niveau von D’YA°. (Abgewandelt übernommen aus R. A. Marcus und N. Sutin,

Biochim. Biophys. Acta 811 (1985) 265.)

994

24 Molekulare Reaktionsdynamik

liganden B voneinander getrennt und es ist r < 1.0 nm. Für eine Vielzahl von Elekın; nentransferreaktionen kann man von schwacher Kopplung ausgehen. Dazu gehören zum Beispiel Reaktionen zwischen Proteinen im Stoffwechsel (Anwendung 7-2).

Zweitens sollte der Term (m’/44 RT)" e“@/R" nur bei hohen Temperaturen angesetzt werden. Ist die Temperatur niedrig, so reichen die thermischen Fluktuationen allein nicht aus, um die Reaktanten zum Übergangszustand zu befördern. Die Theorie des Übergangszustands, ein Kernstück die hier erläuterten Theorie, kann den Elektronentransfer nicht erklären, der auch jetzt noch möglich ist, der nun aber durch Tunneln der Kerne von der Reaktant- zur Produkthyperfläche bewirkt wird. Aus Abschnitt 9.2.2 wissen wir, dass sich die Wellenfunktionen der unteren Energieniveaus des quantenmechanischen harmonischen Oszillators weit über die klassisch erlaubten Bereiche hinaus erstrecken können. So kann ein Oszillator in ein Gebiet des Raums tunneln, wo sich ein zweiter Oszillator aufhält. Bei einer vollständigen quantenmechanischen Behandlung des Elektronentransfers ersetzt man den Term (n’/44RT)"”eA/RT durch Franck-Condon-Faktoren, die die Kernwellenfunktionen koppeln (siehe Abschnitt 14.1.2) und die ein Maß für den Beitrag der Kerntunnelprozesse zur Geschwindigkeit der Elektronentransferreaktion bilden.

24.4.3

_ Experimentelie Ergebnisse

Die Abstandsabhängigkeit von k;, ist nicht ohne weiteres zu messen, wenn es sich bei den Reaktionspartnern um Ionen oder Moleküle handelt, die sich frei in einer Lösung bewegen. In diesen Fällen kommt es zur Elektronenübertragung, sobald sich der Donor-Akzeptor-Komplex gebildet hat; der Abstand r der Partner lässt sich nicht steuern. Um den Zusammenhang zwischen k;, und r experimentell zu untersuchen, bieten sich am ehesten Reihen von Systemen an, in denen ein und dasselbe Donor-Akzeptor-Paar in verschiedenen Abständen aneinander gekoppelt sind, etwa durch eine kovalente Bindung an eine Brücke [wie in (1)]. Der Term eA&/RT wird dann eine Konstante; wir können GI. (24-81) logarithmieren und erhalten unter Verwendung von Gl. (24-80)

Ink. = —fr + Konstante ,

os

es -A,G°JeV

205

Abb. 24-29 Zusammenhang zwischen Igk und -A,G° für eine Serie von Verbindun-

gen mit den in (1) gegebenen Strukturen. Die kinetischen Messungen erfolgten bei 296 K in 2-Methyltetrahydrofuran. Da das molekulare Bindeglied in allen Fällen gleich ist, stimmt auch der Abstand zwischen dem Donor (der reduzierten Biphenylgruppe) und dem Akzeptor stets überein. Jeder Akzeptor besitzt ein charakteristisches Standard-Reduktionspotenzial; die Freie Standardenthalpie des Elektronentransfers ist deshalb überall verschieden. Die Kurve wurde durch Anpassung an eine Variante von Gl. (24-84) erhalten, das Maximum der Parabel liegt bei

AG” ==

1.2eV = 1.2x 10? k)mol-".

(Nachdruck mit freundlicher Genehmigung aus J. R. Miller, L. T. Calcaterra und

G.L. Gloss,J.Am. Chem. Soc. 106 (1984) 3047.)

(24-83)

woraus folgt, dass sich bei Auftragung von k;, in Abhängigkeit von r eine Gerade mit der Steigung —/ ergeben sollte. Der Wert von ß ist eine Funktion des Mediums, durch das sich das Elektron vom Donor zum Akzeptor bewegen muss. Im Vakuum gilt 283nm' O und 4, > q). Wenn die Exergonizität des Prozesses steigt, nimmt die Freie Aktivie-

rungsenthalpie ab und die Geschwindig-

keitskonstante zu. (b) Bei A'G = O und g, = gs erreicht die Geschwindigkeitskon-

her ( qX. Während die Aktivierungsbarriere für den Prozess mit sinkendem ARG” wieder ansteigt, nimmt die Geschwindigkeitskonstante der Prozesses ab.

996

24 Molekulare Reaktionsdynamik

Anwendung 24-1

Elektronenübertragung in Proteinen und Proteinsystemen

In den Anwendungen 7-2 und 21-2 haben wir verfolgt, dass die ATP-Synthese in

Elektronenden Mitochondrien durch oxidative Phosphorylierung von exergonen

transferprozessen angetrieben wird. Die Elektronenübertragung zwischen proteingebundenen Cofaktoren oder zwischen Proteinen spielt auch in anderen biologider schen Vorgängen eine Rolle, etwa in der Photosynthese (Anwendung 23-2), Ammoniak zu Stickstofffixierung, der Reduktion von atmosphärischem Stickstoff durch bestimmte Mikroorganismen und im Wirkmechanismus der Oxidoreduktasen (das sind Enzyme, die Redoxreaktionen katalysieren). Gleichung (24-78) lässt sich auf eine Vielzahl biologischer Systeme anwenden, so zum Beispiel Cytochrom c/Cytochrom-c-Oxidase (Anwendung 7-2); diese beiden Moleküle müssen einen Begegnungskomplex bilden, bevor ein Elektron übertragen werden kann. Die Elektronenübertragung zwischen proteingebundenen Cofaktoren kann über Entfernungen von bis zu 2.0 nm erfolgen - dieser Abstand ist auf der molekularen Skala ziemlich groß —, wobei das Protein als zwischen Donor und Akzeptor liegendes, vermittelndes Medium fungiert. Sind Donor und Akzeptor in einem festen gegenseitigen Abstand an einem gemeinsamen Protein fixiert, muss man zur Berechnung der Geschwindigkeit des Elektronentransfers mithilfe von Gl. (24-81) lediglich k;, in Betracht ziehen. Ein entsprechendes Beispielsystem ist die Cytochrom-c-Oxidase. In diesem Enzym wirken gebundene Kupferionen und Häm-Gruppen zusammen, um im letzten Schritt der Atmungskette O, zu Wasser zu reduzieren. Über die Interpretation von Daten zum Elektronentransfer in Proteinen im Licht der Theorie, die zu Gl. (24-81) führt, herrscht allerdings noch keine Einigkeit. Ein größerer Teil des verfügbaren Datenmaterials lässt sich interpretieren, wenn man ß = 14nm"' ansetzt, einen Wert, der offenbar nicht von der Primär- und Sekundärstruktur des Pro-

teins, aber (schwach) von der Dichte der Atome in dem Bereich des Proteins abhängt, der Donor und Akzeptor trennt. Ausführlichere Untersuchungen zum spezifischen Einfluss der Sekundärstruktur legen nahe, dass 12.5nm"!

stärkung des Raman-Spektrums

Photon

gehört die

(c) Elektronen-Energieverlustspektroskopie Eine Kreuzung aus Photoelektronen- und Schwingungsspektroskopie ist die Elektronen-Energieverlustspektroskopie; sie wird nach der englischen Bezeichnung Electron Energy Loss Spectroscopy als EELS bzw. in der hochauflösenden Variante (High Resolution) als HREELS abgekürzt. Hierbei beobachtet man den Energieverlust, den Elektronen bei der Reflexion an einer Oberfläche erleiden. Genau wie bei der Raman-Spektroskopie kann man aus dem Energieverlust auf die Schwingungsniveaus der streuenden Teilchen zurückschließen. Das Verfahren erreicht hohe Auflösungen und eine gute Empfindlichkeit, insbesondere spricht sie empfindlich auf leichte Atome an (für die Röntgenverfahren relativ unempfindlich sind). Auf diese Weise können winzige Mengen an Adsorbat nachgewiesen werden; in einer Arbeit wurde die Menge des auf einer Probe nachgewiesenen Phosphors auf 48 Atome geschätzt. Ein typisches Beispiel eines EELS-Spektrums zeigt Abb. 25-9; es

ist. Das größte Signal bei ungefähr 250 meV entsteht durch die Schwingung eines senkrecht zur Oberfläche an ein einzelnes Pt-Atom gebundenen CO-Moleküls. Bei steigender Bedeckung der Oberfläche nimmt der direkt benachbarte kleinere Peak zu, er zeigt die Existenz von verbrückenden CO-Molekülen an, die an zwei Pt-Atome gleichzeitig gebunden sind (1). Ein auch für industrielle Anwendungen sehr häufig eingesetztes Verfahren, besonders in der Mikroelektronik, ist die Auger-Elektr onenspektroskopie (AES). Als Auger-Effekt (nach dem französischen Physiker Pierre Auger, 1899-1993) bezeichnet man

(b)

fördert. Zu den Nachteilen von SERS

schwache Verstärkung bei flachen Einkristalloberflächen sowie die Einschränkung auf wenige bestimmte Materialien.

handelt sich dabei um CO, das auf der (111)-Fläche eines Platinkristalls adsorbiert

1 Brückenplatz

NPrimär-

Prozesse an festen Oberflächen

(b)

Abb. 25-10 Wenn ein Elektron aus Festkörper herausgeschlagen wird, a) ein Elektron aus einem höheren in das entstehende Loch fallen und

einem kann Niveau dabei

ein Röntgenphoton abstrahlen; so entsteht

die Röntgenfluoreszenz. b) Stattdessen kann das Elektron seine überschüssige Energie auch an ein weiteres Elektron abgeben, welches dann als Auger-Elektron emittiert wird.

die Emission

eines

Sekundärelektrons,

nachdem

ein anderes

Elektron durch energiereiche Strahlung aus einem Atom oder Molekül herausgeschlagen wurde. Bei diesem Prozess hinterlässt das emittierte Primärelektron eine Lücke in einem tiefliegenden Orbital, die von einem Elektron aus einem höheren Orbital aufgefüllt werden kann. Die dabei freiwerdende Energie kann entweder als Strahlung freigesetzt werden, oder sie kann zur Emission eines weiteren Elektrons führen. Im ersten Fall spricht man von Röntgenfluor eszenz (Abb. 25-10a), im zweiten Fall von der Emission eines Sekundär- oder AugerElektrons (Abb. 25-10b). Die Energien der Sekundärelektronen sind charakteristisch für das Material, aus dem

sie emittiert werden; das Auger-Spektrum einer Probe liefert daher so etwas wie einen Finger abdruck einer

Probe, an dem ihre Zusammensetzung abgelesen werden

kann. In der Praxis erzeugt man das Auger-Spektrum meist, indem man die Probe durch einen Elektr onenstrahl (Energie zwischen 1 und 5 keV) bestrahlt, anstelle elektromagnetische Strahl ung zu verwenden. Bei der Raster-Auger-Elekt ronenmikroskopie (Scanning Auger Electron Microscopy, SAM) rastert man mit einem fein fokussierten Elektr onenstrahl über die Oberfläche und erhält so eine ortsaufgelöste Darste] lung i der Zusammensetzung. Die Auflösung kann bis unter 50 nm erreichen.

25.1

Wachstum und Struktur von festen Oberflächen

DRS

(d) Surface-extended X-ray absorption fine structure Spectroscopy

Ein als SEXAFS (von engl. Surface-extended X-Ray Absorption Fine-Structure Spectroscopy, sinngemäß etwa „Auf Oberflächen ausgeweitete Röntgena bsorptions-

Isolator Probe

Elektronenkanone

feinstruktur-Spektroskopie“) bekanntes Verfahren arbeitet mit der intensive n Rönt-

genstrahlung aus Synchrotronen (Weiterführende Informationen 13-1). Dabei beobachtet man periodische Änderungen der Röntgenabsorption auf der hochfrequenten Seite einer Absorptionskante (am Beginn einer Röntgenabsorptionsbande) einer Substanz. Die Oszillationen entstehen durch quantenmechanische Interferenzen zwischen der Wellenfunktion eines emittierten Elektrons und Anteilen derselben Wellenfunktion, die an benachbarten Atomen der Oberfläche gestreut wurde. Wenn die Interferenz destruktiv ist, tritt das Photoelektron mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit aus, und die Röntgenabsorption ist entsprechend ebenfalls kleiner. Wenn die Interferenz konstruktiv ist, wird die Wahrscheinlichkeit für die Emission des Elektrons und die Absorption der Röntgenstrahlung vergrößert. Die Oszillationen enthalten daher Informationen über Zahl und Entfernung der benachbarten Atome. Durch solche Untersuchungen hat man festgestellt, dass Oberflächen viel verformbarer sind als gedacht und dass sie durch die Anwesenheit von Adsorbaten sehr leicht Rekonstruktionen (strukturelle Umbauten) erfahren.

Sichtfenster

Gitter

Phosphorschirm

Abb. 25-11 Aufbau einer LEED-Apparatur (schematisch). Die an den Oberflächenschichten gestreuten Elektronen werden durch die Fluoreszenz registriert, die sie auf dem Phophorschirm auslösen.

(e) Die Beugung energiearmer Elektronen Eine der aussagekräftigsten Methoden zur Untersuchung von Oberflächen ist die Beugung energiearmer bzw. langsamer Elektronen (LEED, engl. Low Energy Electron Diffrackion). Das Verfahren ist verwandt mit der Röntgenbeugung (Kapitel 20), allerdings wird hier der Wellencharakter des Elektrons ausgenützt, und die Probe ist die Oberfläche eines Festkörpers. Durch die Verwendung energiearmer Elektronen (Energien im Bereich zwischen 10 und 200eV, entsprechend Wellenlängen zwischen 100 und 400 pm) wird erreicht, dass wirklich nur Atome an der Oberfläche oder wenig darunter zur Beugung beitragen. Die experimentelle Anordnung ist in Abb. 25-11 gezeigt; Abbildung Abb. 25-12 gibt typische LEED-Diagramme wieder, die einfach durch das Sichtfenster vom Fluoreszenzschirm abfotografiert wurden. Das LEED-Beugungsmuster ist ein Abbild der zweidimensionalen Struktur der Oberfläche. Indem man untersucht, wie das Beugungsmuster sich bei einer Änderung der Energie der Elektronen verhält, kann man auch Aussagen über die vertikale Anordnung der Atome machen oder bestimmen, wie dick eine Oberflächenschicht ist. Die Interpretation von LEED-Daten ist jedoch viel schwieriger als die von normalen Röntgenbeugungsmustern an Volumenproben. Man beoachtet ein scharfes Beugungsmuster, wenn die Oberfläche über Entfernungen, die groß sind im Vergleich zur Wellenlänge der verwendeten Elektronen, wohlgeordnet ist. In der Praxis erhält man scharfe Beugungsmuster bei Oberflächen, die bis in eine Tiefe von etwa 20 nm wohlgeordnet sind. Diffuse Muster zeigen entweder eine ungeordnete Oberfläche oder das Vorhandensein von Verunreinigungen an. Wenn das LEED-Muster nicht dem entspricht, was man aufgrund der Kristallstruktur erwartet, so ist die Oberfläche entweder rekonstruiert, oder eine adsorbierte Schicht weist eine bestimmte Ordnung auf.

Abb. 25-12 LEED-Aufnahmen a) einer sauberen Platinoberfläche und b) nach Adsorption von Propin, CH,C=H

(zur Verfügung gestellt von Prof. G.A. Somorjai).

1014

25

Prozesse an festen Oberflächen

Durch LEED-Experimente weiß man heute, dass Oberflächen meist nicht die Struktur haben, die man

für einen einfachen Schnitt durch den Kristall erwarten

würde. Im allgemeinen enspricht die zweidimensionale Struktur von Metalloberflächen schon Schnitten durch den Kristall, aber der Abstand der obersten zur darunter liegenden Atomlage ist um etwa 5% verkürzt. Bei Halbleitern findet man meist eine Rekonstruktion der Oberfläche bis in eine Tiefe von mehreren Atomlagen. Auch in Ionenkristallen treten Rekonstruktionen ein. So liegen beispielsweise in Lithiumfluorid die Li'- und F-Ionen in der Nähe der Oberfläche in leicht unterschiedlichen Ebenen. Als reales Beispiel für die detaillierten Informationen, die man heute mit Hilfe von weiterentwickelten LEED-Verfahren gewinnen kann, Abb. 25-13 Die Struktur der (110)-Oberfläche von Rhodium bei 300 K in der Nähe einer Bindungsstelle für ein CH,C-Fragment und die mit der Chemisorption verbundenen Positionsänderungen der Metallatome.

zeigt Abb. 25-13 die Adsorption von CH;C- (Ethylidin) an der (111)-Fläche von Rhodium.

In LEED-Diagrammen zeigen auch Ebenen, Stufen und Ecken auf einer Oberfläche ihre Spuren, sodass man daraus ihre Dichte (die Zahl der Fehlstellen pro Flächeneinheit) abschätzen kann. Wir werden später noch sehen, warum das wichtig ist. Drei Beispiele dafür, wie das LEED-Muster durch die Zahl der Fehlstellen beeinflusst wird, sind in Abb. 25-14 zu sehen. Die Aufnahmen

zeigen Proben, die durch

Zerschneiden eines Einkristalls entlang unterschiedlicher Winkel zu den Atomebenen erhalten wurden. Bei einem Schnitt parallel zu einer Ebene werden nur Ebenen erzeugt. Je größer der Schnittwinkel ist, desto größer wird die Dichte der Stufen. Dass die Stufen regelmäßig angeordnet sind, erkennt man aus der Tatsache, dass das Muster nicht einfach verwischt wird, sondern eine zusätzliche Struktur erhält.

(f) Molekularstrahltechniken Viele wichtige Arbeiten wurden früher durchgeführt, indem eine Oberfläche einem Gas ausgesetzt wurde. Heute geht man jedoch immer mehr dazu über, hierzu Molekularstrahlen zu verwenden, die an der Oberfläche gestreut werden. Einer der Vorteile ist dabei, dass man die Aktivität bestimmter Kristallflächen gezielt untersuchen kann, indem man den Molekularstrahl auf eine ausgerichtete Fläche mit bekannter Dichte von Stufen und Ecken (die z.B. durch LEED bestimmt werden kann) richtet. Wenn das Adsorbat an der Oberfläche reagiert, können die Produkte (und ihre

Abb. 25-14 Aus LEED-Mustern lässt sich die Fehlstellendichte einer Oberfläche bestimmen. Die Aufnahmen zeigen Platinoberflächen mit einer geringen Dichte von Fehlstellen (oben), mit regelmäftigen Stufen im Abstand von etwa sechs Atomen (Mitte) und mit regelmäftigen Stufen mit Ecken (unten). (Die Aufnahmen wurden zur Verfügung gestellt von Prof. G. A. Samorjai.)

25.2 Adsorption an Oberflächen

räumliche Verteilung) außerdem gleich beim Verlassen der Oberfläc he analysiert werden, indem man ein Massenspektrometer anschließt. Ein weiterer Vorteil ist, dass man die Flugzeit eines Teilchens messen und daraus seine Aufenthaltsdauer an der Oberfläche bestimmen kann. Auf diese Weise erhält man ein sehr genaues Bild der Vorgänge, die sich bei Reaktionen an Oberflächen abspielen.

25.2|

Adsorption an Oberflächen

Als Maß für die Adsorption an einer Oberfläche verwendet man in der Regel den Bedeckungsgrad 0: __

Anzahl der besetzten Adsorptionsstellen Anzahl der vorhandenen Adsorptionsstellen

(25-2)

Oft ist es bequemer, den Bedeckungsgrad durch das Volumen des Adsorbats auszudrücken: 0 = V/Vyono; dabei ist Vjrn. das Volumen des Adsorbats, das einer Monolage von Atomen auf dem Substrat entspricht. Die Adsorptionsgeschwindigkeit do /dt lässt sich bestimmen, indem man zu verschiedenen Zeiten den Bedeckungsgrad misst und die Geschwindigkeit seiner Änderung bestimmt. Zu den wichtigsten Verfahren zur Messung von d%/dt gehören Strömungsverfahren, bei denen die Probe selbst als Pumpe wirkt, da durch die Adsorption Moleküle aus der Gasphase entfernt werden. Häufig bestimmt man daher den Gasstrom in die Probenkammer hinein und aus ihr heraus; die Differenz der beiden Ströme ist dann die Adsorptionsgeschwindigkeit des Gases durch die Probe. Durch Integration der Geschwindigkeit erhält man dann zu jedem Zeitpunkt den Bedeckungsgrad 0. Bei der Schockdesorption erhitzt man die Probe sehr plötzlich (meist elektrisch), und aus der daraus resultierenden Druckerhöhung schließt man auf die ursprünglich adsorbierte Gasmenge. Die Umrechnung kann dabei allerdings durch die Desorption einer Verbindung zwischen Adsorbat und Substrat erschwert werden (z.B. WO, aus an Wolfram adsorbiertem Sauerstoff). Bei der Gravimetrie wird die Probe während des gesamten Experiments auf einer Mikrowaage gewogen, um die Masse des Adsorbats zu bestimmen. Ein verbreitetes Messgerät für gravimetrische Messungen ist die Schwingquarzwaage. Man nutzt dabei aus, dass ein Schwingquarz bei Anlage einer elektrischen Wechselspannung mit einer charakteristischen Eigenfrequenz zu schwingen beginnt und dass die Eigenfrequenz eines solchen schwingenden Systems sich mit seiner Masse ändert. Wenn sich also eine Masse auf der Oberfläche des Schwingquarzes niederschlägt, nimmt die Frequenz ab, und der Frequenzunterschied ist proportional zur Masse des adsorbierten Materials. Mit diesem Verfahren kann man Massen bis hinab zu einigen Nanogramm (Ing = 10°” g) verlässlich messen.

25.2.1

Physisorption und Chemisorption

Wir unterscheiden zwei Arten der Bindung eines Adsorbats an einer Oberfläche. Bei der Physisorption (kurz für „physikalische Adsorption“) ist das Adsorbat nur durch Van-der-Waals-Wechselwirkungen in (eine Dipol- oder Dispersionswechselwirkung) an die Oberfläche gebunden. Van-der-Waals-Wechselwirkungen haben zwar eine große Reichweite, sind aber sehr schwach; die Adsorptionsenthalpie eines Teilchens liegt für Physisorption in der Größenordnung der Kondensationsenthalpie. Solche Energien kann das Gitter des Substrates aufnehmen und als Wärme speichern. Ein Molekül, das über die Oberfläche des Substrats hüpft, kann diese Energie schrittweise abgeben und schließlich gebunden werden. Diesen Prozess bezeichnet man auch als Akkommodation. Die Enthalpie der Physisorption können wir messen, indem wir die Temperaturerhöhung einer Probe mit bekannter Wärme-

1015

1016

25

Kurztabelle 25-1] Maximal beobachtete

Enthalpien der Physisorption, A,aH°/(k] mol ')*

CH,

2

H,

84

H,O

—59

N,

—21

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Kurztabelle 25-2 Enthalpien der

Chemisorption, A,,H /(k] mol ')* Adsorbat

CH,

Substrat

Cr

Fe

Ni

— ll]

— 285

— 243

co H, NH;

—192 — 188

—134

— 188

— 155

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Prozesse an festen Oberflächen

liegen bei etwa kapazität während der Adsorption beobachten; typische Werte von chemiBruch zum nicht 20 k] mol! (Tabelle 25-1). Diese geringe Energie kann unversehrt rption schen Bindungen führen, daher bleibt das Molekül bei der Physiso kann). werden verzerrt etwas (außer dass es durch die Anwesenheit der Oberfläche Adsorphe „chemisc für (kurz Im Gegensatz dazu werden bei der Chemisorption tion“) die Teilchen durch eine wirkliche chemische Bindung (meist eine kovalente Bindung) an der Oberfläche des Substrats festgehalten. Dabei sind Adsorptionsstellen bevorzugt, an denen die Teilchen yon einer maximalen Anzahl von Atomen des Substrats umgeben sein können. Die Enthalpie der Chemisorption ist sehr viel größer als die der Physisorption; typische Werte liegen um 200] mol’ (Tabelle 25-2). Der Abstand zwischen der Oberfläche und dem dichtesten adsorbierten Atom ist bei der Chemisorption typischerweise kleiner als bei der Physisorption. Ein chemisorbiertes Molekül kann aufgrund der Bindung mit den Oberflächenatomen zerstört werden; das Vorliegen von reaktiven Fragmenten an der Oberfläche ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass chemische Reaktionen durch bestimmte Oberflächen katalysiert werden können. Von Sonderfällen abgesehen muss eine Chemisorption immer exotherm verlaufen. Das lässt sich folgendermaßen begründen: Damit ein Prozess spontan abläuft, muss die damit verbundene Änderung AG der Freien Enthalpie negativ sein. Da sich bei der Adsorption die Entropie der Translation des Adsorbats verringert, ist jedoch AS negativ. Folglich muss AH negativ sein, damit AG = AH — TAS ebenfalls negativ ist, und also ist der Prozess exotherm. Ausnahmen von dieser Regel sind dann möglich, wenn das adsorbierte Molekül in mehrere Fragmente dissoziiert und diese auf der Oberfläche leicht beweglich sind. Beispielsweise ist die Adsorption von H, auf Glas endotherm; die Entropie der Adsorption ist jedoch stark positiv, da aus jedem Molekül bei der Adsorption zwei Atome entstehen, die sich praktisch frei auf der Oberfläche bewegen können. Damit kompensiert die Entropieänderung in dem Prozess H,(g) — 2H(Glas) die (kleine) Zunahme der Enthalpie. Da die adsorbierten Teilchen miteinander wechselwirken können, hängt die Adsorptionsenthalpie vom Bedeckungsgrad einer Oberfläche ab. Wenn die Teilchen einander abstoßen (beispielsweise CO-Moleküle an Palladium), dann wird die Adsorption mit steigendem Bedeckungsgrad weniger exotherm (d.h. die Adsorptionsenthalpie weniger negativ). LEED-Untersuchungen zeigen außerdem, dass sich solche Adsorbate ungeordnet auf der Oberfläche verteilen, solange nicht ein hoher Bedeckungsgrad durch Packungseffekte eine bestimmte Ordnung erzwingt. Wenn die adsorbierten Teilchen einander anziehen (wie O,-Moleküle auf Wolfram), neigen sie dazu, sich auf der Oberfläche zu Gruppen zusammenzulagern, die bei steigendem Bedeckungsgrad an ihren Rändern weiter wachsen. Bei derartigen Adsorbatschichten kann man auch Ordnungs-/Unordnungs-Übergänge beobachten, wenn man sie so weit erhitzt, dass die thermische Bewegung gerade die gegenseitige Anziehung überwinden kann, aber noch nicht zu einer Desorption der Moleküle führt.

25.2.2

_ Adsorptionsisothermen

Das freie und das adsorbierte Gas stehen in einem dynamischen Gleichgewicht; der Bedeckungsgrad der Oberfläche hängt vom Partialdruck des freien Gases ab. Der Verlauf des Bedeckungsgrades als Funktion des Druckes bei konstanter Temperat ur wird als Adsorptionsisotherme bezeichnet.

(a) Die Langmuir-Isotherme Die einfachste theoretische Beschreibung einer Isotherme beruht auf folgenden

Annahmen: 1. Die Adsorption führt höchstens zu einer Monolage adsorbierter Moleküle. 2. Die Oberfläche ist einheitlich (d.h. auf molekularem Maßsta b ideal glatt), und alle Bindungsstellen sind gleichwertig.

25.2 Adsorption an Oberflächen

1017

3. Die Fähigkeit eines Moleküls, an eine bestimmte Bindungsstelle zu binden, hängt nicht von der Besetzung benachbarter Bindungsstellen ab (es gibt also keine Wechselwirkungen zwischen den adsorbierten Molekülen)

Das dynamische Gleichgewicht ist A(g) + M(Oberfläche)

= AM(Oberfläche)

mit den Geschwindigkeitskonstanten k,, für die Adsorption und k,. für die Desorption. Die Änderung des Bedeckungsgrads der Oberfläche ist proportional zum Par-

tialdruck p von A und zur Zahl N(1 — 0) der freien Bindungsstellen an M (N ist die Gesamtzahl der Bindungsstellen): do Era kkapN(1-0).

(25-34)

Die Änderung des Bedeckungsgrads durch Desorption ist proportional zur Zahl NO der adsorbierten Teilchen:

do

Fra LE

(25-3b)

Im Gleichgewicht ändert sich der Bedeckungsgrad nicht mehr, und durch Auflösen der Geschwindigkeitsgleichung nach 6 erhalten wir die Langmuir-Isotherme: =

Run, Kp



Beispiel 25-1

Kaa —

5

E

a

Die Anwendung der Langmuir-Isotherme

Die folgende Tabelle beschreibt die Adsorption von CO an Aktivkohle bei 273 K. Zeigen Sie, dass die Adsorption der Langmuir-Isotherme gehorcht, und bestimmen Sie die Konstante K sowie das Volumen

Vy.n., das einer vollständigen Bede-

ckung entspricht. Die angegebenen Volumina sind auf einen Druck von 0.1 MPa korrigiert. p/kPa V/cm’

19,672 00533 1027018617255 13140

Vorgehen

Aus Gleichung 25-4 erhalten wir

2.2

066:7030:0595:3 736.9 W41.0 746.1

Kpo+0=Kp. Wir setzen = V/Vuono ein (Vino ist dabei das Volumen, Bedeckung gehört) und bekommen so

ee V

ee Vans

das zu vollständiger

1 KV

Folglich sollte sich bei der Auftragung von p/V gegen p eine Gerade mit der Steigung 1/V\1n. und einem Achsenabschnitt 1/KV on. ergeben.

Antwort p/kPa

Folgende Daten müssen wir auftragen: 13.3

(p/kPa)/(V/cm’)

130

26.7

14

53.3

40.0

157

17

66.7

181

80.0

oe

933

Kıy)

Diese Auftragung ist in Abb. 25-15 zu sehen. Mit der Methode der kleinsten Quadrate gewinnt man die Steigung der Gerade, nämlich 0.00900; folglich ist Achsenabschnitt bei p = 0 ist 1.20; damit ist Vu ono — 111cm?. Der Kg

1

(111cm}?) - (1.20kPacm°)

=151

x 107.kPart

20

40

60

80

100

p/kPa

Abb. 25-15 Auftragung der Daten aus Beispiel 25-1. Wie hier gut zu sehen, sagt die Langmuir-Isotherme bei einer Auftragung von p/V gegen p eine Gerade voraus.

25

1018 1

Prozesse an festen Oberflächen

Übung 25-1 Wiederholen Sie die Rechnung für folgende Daten!

0.8

p/kPa V/cm’

o&

40.00 26.70 193092730

1232 10.3

206 50 &n = 2

5336070020033 AS AS A001 3410 [128 cm?, 6.69 x 10° Torr']

Für eine dissoziative Adsorption ist die Geschwindigkeit der Adsorption proportional zum Druck und der Wahrscheinlichkeit, dass beide Fragmente Bindungsstellen finden, also proportional zum Quadrat der Zahl der freien Bindungsstellen:

20.4

se} ©

[ae]

0.2||

% Abb. 25-16

(25-5)

=) ron Aero pjatm

Die Langmuir-Isotherme für

dissoziative Adsorption (X,(g) — 2X(Oberfläche)) für unterschiedliche Werte von K.

Die Geschwindigkeit der Desorption ist proportional zur Häufigkeit, mit der die der einzelnen Fragmente auf der Oberfläche zusammenstoßen. Sie hängt damit quadratisch von der Zahl der adsorbierten Fragmente ab:

do

a 1, =. = kelNO).

25-5b (25-5b)

Die Bedingung, dass es zu keiner Gesamtänderung therme:

kommt, führt zu der Iso-

1/2

ee

(25-6)

1 + (Kp)"

Der Bedeckungsgrad hängt in diesem Fall weniger stark vom Druck ab als zuvor. Die Form der Langmuir-Isotherme mit und ohne Dissoziation ist in den Abb. 25-16 und Abb. 25-17 zu sehen. Der Bedeckungsgrad nimmt mit steigendem Druck zu, geht aber erst sehr bei hohen Drücken gegen eins, da dann das Gas gezwungen wird, jede mögliche Bindungsstelle zu besetzen. Für verschiedene Temperaturen erhält man verschiedene Kurven (und somit verschiedene Werte für K). Aus der Temperaturabhängigkeit von K können wir die isostere Adsorptionsenthalpie (die Standardenthalpie der Adsorption bei konstantem Bedeckungsgrad) A,,H° bestimmen. Hierzu betrachten wir K als normale Gleichgewichtskonstante und benutzen die Van't-Hoff-Gleichung (7.23). So erhalten wir oO ©

olnK oT

=

Are

(25-7)

[RE

SO fe)

Beispiel 25-2 Die Bestimmung der isosteren Adsorptionsenthalpie oO >

Bedeckungsgrad, 0

Die folgende Tabelle zeigt die CO-Drücke, mit denen man für die Probe aus Beispiel 25-1 ein adsorbiertes Volumen (korrigiert auf 0.1MPa und 273K) von 10.00cm’ erhält. Berechnen Sie aus diesen Daten die Adsorptionsenthalpie bei diesem Bedeckungsgrad.

0.2

0

2

4 6 pjatm

3

Abb. 25-17 Die Langmuir-Isotherme für nicht dissoziative Adsorption für unterschiedliche Werte von K.

T/K pjkPa

200. 4.00

Vorgehen

2210, 495

320% 6.03

2306240. 7.20 847

250 9.85

Wir schreiben die Langmuir-Isotherme in der Form 0

ze nen

25.2 Adsorption an Oberflächen

1919

Für einen konstanten Bedeckungsgrad 6 gilt somit InK+ Inp= const. Aus Gl. (25-7) erhalten wir dann (°”) R.

(°In >

one),

ala

N

RT

Mit d(1/T)/dT = -1/T? wird daraus (; olnp e Ayahll,

a)

RR

Folglich sollten wir durch Auftragung von Steigung A); /R bekommen.

Antwort

Inp gegen 1/T eine Gerade mit der

Wir erstellen folgende Tabelle:

T/K 10°/(T/K) lanpıkpa)

2000%.21,0196422010.230,,240.0 5.00 476 455 435 417 1.397160 180 197 214

12

5250 4.00 9299

Diese Werte sind in Abb. 25-18 aufgetragen. Die Steigung der (durch Ausgleichsrechnung bestimmten) Gerade ist —0.904, also ist

40

42

|

\

44 46 (10° K)/T

48

50

Abb. 25-18 Die isostere Adsorptionsenthalpie kann aus der Steigung der Gerade bestimmt werden, die man bei Auftragung

von

Inp gegen 1/T erhält; dabei ist p der

Druck, der für eine bestimmte Ober-

A,aH° = -(0.904 x10’K)-R= -7.,52kJmol .

flächenbedeckung benötigt wird.

Aus K können wir auch den Wert von A,ıG” bestimmen und daraus sowie aus dem soeben bestimmten A,.H” dann die Standardentropie der Adsorption. Der Ausdruck (0 Inp/dT), in diesem Beispiel ist unabhängig davon, welches Modell

Die aufgetragenen Werte stammen aus

Beispiel 25-2.

man für die Isotherme verwendet.

Übung 25-2 Wiederholen Sie die Berechnung für die folgenden Daten:

T/K pjkPa

200 432

210 559

220 7.07

230 8.80

240 250 10.67 12.80 = I.0K] mel]

(b) Die BET-Isotherme Wenn die anfängliche Deckschicht als Substrat für eine weitere (beispielsweise physikalische) Adsorption dienen kann, dann sollte die Isotherme bei Erhöhung des Druckes

nicht einem

Sättigungswert

zustreben,

sondern

immer

weiter ansteigen.

Die am weitesten verbreitete Isotherme, die eine solche Mehrschichtenadsorption beschreibt, wurde von Stephen Brunauer, Paul Emmet und Edward Teller abgeleitet

und wird daher mit dem Namen BET-Isotherme abgekürzt: DE Virone =

02 (1 Zu 2)11 m

(1 u

c)z}

mit z=#. p

(25-8)

In diesem Ausdruck bezeichnet p den Dampfdruck über einer Adsorbatschicht von mehr als einem Molekül Dicke (die einer normalen Flüssigkeit ähnelt), V\... ist das adsorbierte Gasvolumen, das der Monolage entspricht, und c ist eine Konstante, die dann groß wird, wenn die Desorptionsenthalpie der Schichten über der Monolage groß ist gegen die Verdampfungsenthalpie des flüssigen Adsorbats:

=

ABEL

ep 2

ON,

RT

=

ji

(25-9)

Die Form der BET-Isothermen ist in Abb. 25-19 zu sehen. Sie steigen immer weiter an, wenn der Druck erhöht wird, da es keine Begrenzung für die Menge an adsor-

Abb. 25-19 Die BET-Isotherme für verschiedene Werte von c. Das Verhältnis V/Viono steigt unbegrenzt an, da das Adsorbat auf der bereits bedeckten Oberfläche des Substrats kondensieren kann.

25

1020

Prozesse an festen Oberflächen

zwar nicht bei allen Drücken bierbarem Material gibt. Eine BET-Isotherme gilt

Industrie gern verwendet, um die genau, sie wird aber besonders in der chemischen men. wirkliche Oberfläche von Festkörpern zu bestim

Die Verwendung der BET-Isotherme

Beispiel 25-3

Stickstoff an Rutil In der folgenden Tabelle sind Daten für die Adsorption von benen Druckangege dem in (TiO,) bei 75 K angegeben. Zeigen FSie, dass die Daten

Sie an bereich einer BET-Isotherme gehorchen, und bestimmen

z)(V/mm‘)} 10°z /{(1 -

korrigiert

Wir bringen Gl. (25-8) auf die Form

zZ 100

22) 1254

DES, 1146

17.02 1046

11.67 955

Bei 75K ist p' = 76.0kPa. Alle Volumina sind auf 0.1MPa und 273K und gelten für 1.00 g Subtrat.

Vorgehen 0

6.11 822

1.87 720

0.160 601

p/kPa V/mm?

undie:

200

300

400 500

10 Abb. 25-20 Man kann die BET-Isotherme überprüfen und ihre Parameter bestimmen, indem man z/(] — z)V gegen

z= p/p' aufträgt. Die Daten stammen aus Beispiel 25-3.

1

(1 =— z)V

5

| I

(ce -1)z

vos

Ma

z Daraus können wir ersehen, dass wir den Ausdruck auf der linken Seite gegen

auftragen müssen, um eine Gerade mit der Steigung (c — 1)/CVuono und dem Achsenabschnitt cV,,.... bei z = 0 zu erhalten. Aus diesen beiden Werten können wir c und Von, bestimmen.

Antwort

Wir erstellen aus den Daten die folgende Tabelle:

p/kPa 10°z 10°%2/{(1-z)(V/mm?)}

0.160° 211 0.035

1.87 ° 6.11.1167 2804 151 246 0.350 1.06 195

Diese Punkte sind in Abb. 25-20 aufgetragen. gleichsgerade beträgt 0.0398, also ist 1

120, 224 276

>21 So 2880058 4.47 353

Der Achsenabschnitt

der Aus-

— 3.98x10 mm”.

CV Mono

Die Steigung der Gerade ist 1.23 x 10°; daraus folgt c—1

— (1.93:%1072)x10°%x10

mm

= 123 x10, nme.

€ VMono

Wir haben jetzt ein Gleichungssystem aus zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten. Lösungen sind c= 310 und

Von = 81lmm?’.

Bei 0.1MPa

und 273K

ent-

spricht 811mm? ungefähr 3.6 x 10°” mol oder 2.2 x 10'” Atomen. Da jedes Atom eine Fläche von etwa 0.16nm? bedeckt, muss die gesamte Oberfläche der Probe ca. 3.5 m? betragen.

Übung 25-3 Wiederholen Sie die Berechnung für folgende Daten: p/kPa V/cm?

DIT 255

7 9)

a 649

iz NS)

N 790

AIR 860

29 950

[370, 615 cm] Wenn der Koeffizient c groß ist (c > 1), so können wir die BET-Isotherme in der einfacheren Form V

1 (25-10)

Varens "

Il =

25.2 Adsorption an Oberflächen

1021

schreiben. Dieser Ausdruck ist beispielsweise für nicht reaktive Gase auf polaren Oberflächen anwendbar; dort gilt c=10°, da in diesem Fall A,.H* deutlich größer als A,H° ist (Gl. (25-20)). Die BET-Isotherme stimmt über einen beschränkten Druckbereich recht gut mit experimentellen Daten überein , sie tendiert aber dazu, die Adsorption bei kleinen Drücken zu unter- und bei großen Drücken zu überschätzen.

(c) Andere Isothermen Die Langmuir-Isotherme beruht auf der Annahme, dass die Adsorpti onsstellen voneinander unabhängig und alle gleich sind. Experimentelle Abweichungen von der Isotherme lassen sich oft damit erklären, dass diese Annahmen nicht erfüllt sind. So wird die Adsorptionsenthalpie häufig bei steigendem Bedeckungsgrad weniger negativ, woraus sich schließen lässt, dass die energetisch günstigsten Adsorpti onsstellen zuerst besetzt werden. Es gibt verschiedene Ansätze, solche Effekte zu berücksichtigen. Die Temkin-Isotherme beruht auf der Annahme, dass die Adsorptionsenthalpie linear vom Druck abhängt: Pzeinilp)%

(25-11)

Hierbei sind c, und c, Konstanten. Die Freundlich-Isotherme geht von einem logarithmischen Zusammenhang aus:

6=cp®.

(25-12)

Die verschiedenen Isothermen stimmen alle über einen eingeschränkten Temperaturbereich mehr oder weniger gut mit den Experimenten überein, aber sie bleiben doch weitgehend empirische Gleichungen. Empirisch ist aber keineswegs gleichbedeutend mit nutzlos, denn wenn wir erst einmal die Parameter einer einigermaßen zuverlässigen Isotherme kennen, so können wir daraus den Bedeckungsgrad unter verschiedenen Bedingungen mit passabler Genauigkeit vorhersagen. Solche Informationen brauchen wir, um die heterogene Katalyse erfolgversprechend diskutieren zu können.

(a)

garten

.v DD

ö = jan}



‚or

25:23

Die Geschwindigkeit von Oberflächenprozessen

Die Geschwindigkeit von Oberflächenprozessen lässt sich mit den verschiedenen Verfahren untersuchen, wie sie in Abschnitt 25.1.2 und in Anwendung 25-1 beschrieben wurden. Ein anderes Verfahren, die Oberwellenerzeugung (SHG, von engl. Second Harmonic Generation), ist sehr wichtig für die Untersuchung aller Arten von Oberflächen, auch dünnen Schichten und den Grenzflächen zwischen Gasen und Flüssigkeiten. Wir haben in Abschnitt 20.3.3 gesehen, dass bei der Oberwellenerzeugung die Frequenz eines intensiven gepulsten Laserstrahls beim Durchgang durch ein Material verdoppelt wird. Man spricht daher statt von Oberwellenerzeugung auch von Frequenzverdopplung. Neben einer Zahl verschiedener Kristalle lassen sich auch Oberflächen für die Frequenzverdopplung nutzen. Da gepulste Laser als Anregungsquellen verwendet werden, sind zeitaufgelöste Messungen der Kinetik und Dynamik von Oberflächenprozessen möglich, und zwar mit Auflösungen bis hinab zu Femtosekunden (10° s). Abb. 25-21 zeigt den Verlauf der potenziellen Energie bei der Annäherung eines Moleküls an eine Oberfläche. Bei einem bestimmten Abstand spürt das Molekül die Wechselwirkung mit der Oberfläche, die potenzielle Energie sinkt, und das Molekül wird physisorbiert. Bei weiterer Annäherung an die Oberfläche kann eine Chemisorption stattfinden, die nochmals zu einer geringeren potenziellen Energie führt. Zwischen diesen beiden Zuständen muss jedoch meist eine Potenzialbarriere überwunden werden, da für die Chemisorption Bindungen gebrochen oder zumindest gedehnt werden müssen.

=

°

a

Abstand

C/ Physi-

Ze

sorption

Oberfläche

sorption

Abstand zur Oberfläche

‚v DD

© = Lu



‚Oo N ö ° =:

Abb. 25-21 Der Verlauf der potenziellen Energie bei der dissoziativen Chemisorption eines A,-Moleküls. P ist jeweils die Enthalpie der (nicht dissoziativen) Physisorption und C die der Chemisorption (bei T = 0). Von der relativen Lage der beiden Kurven hängt es ab, ob die Chemisorption a) eine Aktivierungsenergie besitzt oder b) keine Aktivierungsenergie besitzt.

25

1022

Prozesse an festen Oberflächen

In der Mehrzahl der Fälle beobachten wir eine Potenzialbarriere zwischen dem physisorbierten und dem chemisorbierten Zustand. Die Potenzialbarriere kann klein sein, sodass die potenzielle Energie des Systems nie über ihren Wert für unendliche Entfernung des Moleküls von der Oberfläche ansteigt (wie in Abb. 25-2la). In diesem Fall ist für den Gesamtprozess der Chemisorption keine Aktivierungsenergie notwendig; es ist daher zu erwarten, dass sie schnell von statten geht. Die Potenzialbarriere kann aber auch so groß sein, dass die Energie vorübergehend größer wird als die des unendlich weit entfernten Moleküls (Abb. 25-21b). Dann ist für die Chemisorption eine Aktivierungsenergie erforderlich; in diesen Fällen läuft die Chemisorption daher langsamer als eine Chemisorption ohne Aktivierungsenergie ab. Ein Beispiel hierfür ist die Adsorption von H, auf Kupfer mit einer Aktivierungsenergie zwischen 20 und 40 kJ mol'. Aus dieser Betrachtung wird klar, dass die Geschwindigkeit eines Prozesses kein geeignetes Kriterium zur Unterscheidung zwischen Chemisorption und Physisorption ist. Die Chemisorption kann ein schneller Prozess sein, wenn die Aktivierungsenergie klein oder null ist, sie kann aber auch langsam sein, wenn die Aktivierungsenergie groß ist. Die Physisorption ist normalerweise ein schneller Prozess; sie kann aber langsam erscheinen, wenn sie an einem porösen Medium stattfindet.

(a) Die Geschwindigkeit der Adsorption Die Geschwindigkeit, mit der eine Oberfläche von Adsorbat bedeckt wird, hängt davon ab, wie schnell das Substrat die Energie eines auf die Oberfläche auftreffenden Teilchens in thermische Bewegung seines Gitters umwandeln kann. Wenn die Energie nicht schnell verteilt wird, dann wird das Teilchen während seiner Wanderung über die Oberfläche bald durch eine Schwingung der Atome in der Oberfläche in die Gasphase zurückgestoßen werden. Der Anteil der Stöße, die zu einer Adsorption des auftreffenden Teilchens führen, wird als Adsorptionswahrscheinlichkeit s bezeichnet: __ Häufigkeit der Adsorption von Teilchen Häufigkeit des Auftreffens von Teilchen

)

Den Nenner dieses Ausdrucks lässt sich aus der kinetischen Gastheorie berechnen, der Zähler kann gemessen werden, indem man die Druckänderung über einer Probe beobachtet. Der Koeffizient s kann über einen sehr weiten Bereich variieren. Bei Zimmertemperatur findet man beispielsweise für CO auf verschiedenen d-Metallen Werte zwischen 0.1 und 1.0, dagegen findet man für Stickstoff auf Rhenium s < 10°, d.h. hier sind mehr als 100 Stöße nötig, bis ein Stickstoffmolekül wirklich an die Oberfläche gebunden wird. Molekularstrahlexperimente zeigen auch, dass die Adsorptionswahrscheinlichkeit empfindlich von der jeweiligen Kristallfläche abhängt: Für Stickstoff auf Wolfram findet man bei Zimmertemperatur Werte zwischen 0.74 für die (320)-Fläche und unter 0.01 für die (110)-Fläche. Die Adsorptionswahrscheinlichkeit nimmt mit steigendem Bedeckungsgrad der Oberfläche ab (Abb. 25-22). Mit der einfachen Annahme, dass s proportional zum Anteil (1 — 0) der freien Bindungsstellen ist, können wir schreiben

o >[o))

S nm

Adsorptionswahrscheinlichkeit, s

4 6 Bedeckungsgrad/

25-13

|

8

(10° Atome cm *) Abb. 25-22 Die Adsorptionswahrscheinlichkeit von N, an verschiedenen Flächen

eines Wolframkristalls und ihre Abhängigkeit vom Bedeckungsgrad. Für die (110)und (111)-Flächen ist die Adsorptionswahrscheinlichkeit besonders klein. (Die Daten wurden von Prof. D.A. King zur Verfügung gestellt.)

Sale

os:

(25-14)

dabei ist s, die Adsorptionswahrscheinlichkeit auf einer völlig sauberen Oberfläche.

Die in Abb. 25-22 gezeigten Ergebnisse bestätigen diese Annahme jedoch nicht; sie zeigen, dass s annähernd gleich s, bleibt, bis die Bedeckung ungefähr 6 x 10° Moleküle pro cm? beträgt, und dann steil abfällt. Vermutlich kommt dieses Verhalten dadurch zustande, dass ein auf die Oberfläche auftreffendes Molekül nicht sofort chemisorbiert wird, sondern zunächst über die Oberfläche wandert, bis es auf eine freie Bindungsstelle trifft.

25.2 Adsorption an Oberflächen

1023

(b) Die Geschwindigkeit der Desorption

Die Desorption erfordert immer eine Aktivierungsenergi e, da die adsorbierten Teilchen aus dem Potenzialminimum, in welchem sie sich befinden, angehoben werden müssen. Ein physisorbiertes Teilchen schwingt in seiner relativ flachen Potenzialmulde und kann allein durch diese Schwingung nach einiger Zeit die Oberfläche wieder verlassen. Für die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeit der Desorption (einer Reaktion erster Ordnung) ist ein arrheniusartig er Ausdruck zu erwarten; dabei sollte die Aktivierungsenergie ungefähr gleich der Enthalpie der Physisorption sein: —

5

kp. = Aexp 3)

(25-15)

Die Halbwertszeit der Desorption hat daher die Form Ha 1/2

In2 ’ — mewW it ar 0

Mt

In2

un 0 =. 7

(25-16)

(Beachten Sie das positive Vorzeichen im Exponenten.) Wenn wir annehmen, dass 1/t, etwa der Schwingungsfrequenz der schwachen Bindung zwischen Adsorbat und Oberfläche entspricht (ungefähr 10'"?Hz) und dass E),.=25k]mol-' ist, so erhalten wir bei Zimmertemperatur Halbwertszeiten in der Größenordnung von 10°°s. Halbwertszeiten um 1s sind möglich, indem einfach die Temperatur auf 100 K gesenkt wird. Für die Chemisorption gilt E). = 100 kJ] mol'; wenn wir außerdem 7, = 10'* Hz annehmen

(da die Bindung zwischen Adsorbat und Oberfläche

hier relativ fest ist), erhalten wir Halbwertszeiten um 3 x 10°s (etwa eine Stunde) bei Zimmertemperatur, die erst bei ungefähr 350 K auf 1s zurückgehen. Die Aktivierungsenergie der Desorption kann auf verschiedene Weise gemessen werden. Allerdings müssen wir bei der Interpretation von Messdaten sehr vorsichtig sein, da die Aktivierungsenergie häufig eine Funktion des Bedeckungsgrades ist und sich im Laufe einer Desorption verändert. Außerdem ist die Übertragung von Konzepten wie „Reaktionsordnung“ oder „Geschwindigkeitskonstante“ auf Oberflächen zumindest gewagt; man findet nur selten Beispiele, in denen die Desorption wirklich streng nach einem Geschwindigkeitsgesetz erster oder zweiter Ordnung verläuft (ebenso wie es auch wenige Gasphasenreaktionen mit ganzzahliger Reaktionsordnung gibt). Wenn wir solche Komplikationen beiseite lassen, können wir die Aktivierungsenergie der Desorption bestimmen, indem wir die Druckveränderung messen, während die Probe nacheinander auf unterschiedliche Temperaturen gebracht wird, und mit diesen Daten eine Arrhenius-Auftragung versuchen. Eine fortgeschrittenere Methode ist die Bestimmung des Desorptionsspektrums der Probe mithilfe der temperaturprogrammierten Desorptionsspektroskopie (TPD) oder allgemeiner der thermischen Desorptionsspektroskopie (TDS). Die Grundlage dieser Techniken ist die Beobachtung, dass die Desorption der Probe in einem evakuierten Behälter steigt (das lässt sich mit einem Massenspektrometer nachweisen), wenn man die Temperatur so weit erhöht, dass die Aktivierungsenergie der Desorption überwunden wird. Nach Einsetzen der Desorption aber können keine weiteren Moleküle mehr aus der Oberfläche freigesetzt werden, sodass der Desorptionsfluss trotz steigender Temperatur wieder zurückgeht. (Dieser Effekt wird auch bei der Erzeugung von Ultrahochvakuum ausgenützt, indem man die Apparatur „ausheizt“.) Im Desorptionsspektrum ist der Desorptionsfluss (oder der gemessene Druck) gegen die Temperatur aufgetragen. Es zeigt einen Peak, dessen Lage auf der Temperaturachse von der Aktivierungsenergie der Desorption bestimmt wird. Abb. 25-23 zeigt ein Beispiel, in dem drei Peaks zu sehen sind. Man kann daraus schließen, dass es drei Arten

von Bindungsstellen mit unterschiedlichen Aktivierungsenergien geben muss. In vielen Fällen beobachtet man nur eine einzige Aktivierungsenergie (und einen einzigen Peak im Desorptionsspektrum). Wenn mehrere Peaks vorhanden sind, so können sie mit Adsorption an unterschiedlichen Kristallflächen zusammenhängen

B

‚D > = 3

de

[8]

ÖDD

e

‚o

&[oe] Ö

9)

l

l

|

T/K Abb. 25-23 Das Desorptionsspektrum von H, auf der (100)-Fläche von Wolfram. Die drei Peaks deuten auf drei Bindungsstellen mit unterschiedlichen Adsorptionsenthalpien und damit unterschiedlichen Aktivierungsenergien der Desorption hin (P.W. Tamm, L.D. Schmidt,J.Chem. Phys.

51, (1969), 5352).

25

y

Abb. 25-24 Die Prozesse, die zu den FIM-Bildern einer Oberfläche führen. Das He-Atom wandert über die Ober-

fläche, bis es an einem exponierten Atom ionisiert wird; dann wird es durch eine

externe angelegte Spannung abgesaugt. (Bitte beachten Sie, dass die Hüpf-

bewegung nicht auf die Schwerkraft zurückzuführen ist, sondern auf das

intermolekulare Potenzial.)

Prozesse an festen Oberflächen

atome oder auf Mehrschichtenadsorption beruhen. Beispielsweise zeigen Cadmium einmal und 18 einmal gien, ungsener Aktivier zwei auf Wolframoberflächen an direkt Cd-Atome nen gebunde fester die das damit, das 90 kJ] mol!. Man erklärt zweite eine nen gebunde r schwäche die während sind, die Oberfläche gebunden (oder weitere) Schicht über der ersten Monolage von adsorbierten Atomen bilden. on Ein weiteres Beispiel für ein System mit zwei Aktivierungsenergien der Desorpti ch Vermutli mol”. kJ] 300 und 120 von Werte hier findet man ist CO auf Wolfram: ist dies auf zwei unterschiedliche Arten der Bindung zwischen Adsorbat und Substrat zurückzuführen - einmal auf die normale M-CO-Bindung und einmal auf eine dissoziative Adsorption, die zu einzeln adsorbierten C- und O-Atomen führt.

(c) Die Beweglichkeit von Teilchen auf Oberflächen

Die Stärke der Wechselwirkung zwischen Adsorbat und Substrat beeinflusst auch die Beweglichkeit der adsorbierten Teilchen an der Oberfläche. Diese Beweglichkeit ist in vielen Fällen ein entscheidendes Kriterium für die Wirksamkeit eines Katalysators. Wenn die Teilchen so fest gebunden werden, dass sie sich nicht mehr auf der Oberfläche bewegen können, kann der Katalysator unwirksam werden. Die Aktivierungsenergie für die Diffusion über die Oberfläche muss nicht gleich der Aktivierungsenergie für die Desorption sein, da sich die Teilchen unter dem Einfluss des Potenzials der Oberfläche in ihrer Nähe bewegen können, ohne sie wirklich zu verlassen. Im allgemeinen findet man, dass die Aktivierungsenergie der Diffusion etwa 10 bis 20% der Bindungsenergie zwischen Adsorbat und Oberfläche beträgt; der genaue Wert hängt allerdings aber noch vom Bedeckungsgrad der Oberfläche ab. Auch Art und Zahl der Fehlstellen (die wiederum von der Temperatur abhängen) auf der Oberfläche spielen eine Rolle, da ein adsorbiertes Teilchen sich leichter über eine glatte Ebene von Atomen bewegt als entlang einer Stufe oder über sie hinweg; die Moleküle können dann an den Fehlstellen einer sonst glatten Ebene eingefangen werden. Schließlich ist die Diffusion auch auf bestimmten Kristallflächen einfacher als auf anderen, sodass die Beweglichkeit auch noch davon abhängt, welche Kristallflächen der Adsorption ausgesetzt sind. Zur Untersuchung der Diffusionseigenschaften eines Adsorbats kann man verschiedene Verfahren verwenden: Mit der Rastersondenmikroskopie (z. B.Rastertunnel- oder Kraftmikroskopie) lassen sich die Änderungen der Oberflächencharakteristik nachweisen; die Feldionenmikroskopie (FIM) macht die elektrischen Eigenschaften einer Oberfläche sichtbar, indem sie die lonisierung von Edelgasatomen zum Abtasten der Oberfläche nutzt (Abb. 25-24). Um die Wanderungsbewegung eines einzelnen Atoms zu zeigen, bestimmt man die Position eines einzelnen Atoms, erhöht dann die Temperatur für eine kurze Zeit und misst nach erneuter Abkühlung um einen definierten Betrag die neue Position dieses Atoms (Abb. 25-25). Diesen Prozess kann man wiederholen und erhält so eine ganze Bilderreihe, anhand derer man die Bewegung dieses einzelnen Atoms auf der Oberfläche nachvollziehen kann. Aus der von dem Atom in der Zeit 7 zurückgelegten Strecke d lässt sich mit Hilfe des Ausdrucks d = (Dr)"” für eine zweidimensionale

ungeordnete Bewegung den Diffusionskoeffizienten D bestimmen. So kann D für verschiedene Kristallflächen direkt bestimmt werden, und die Aktivierungsenergie der Diffusion Ep); lässt sich aus einem arrheniusartigen Ausdruck ableiten:

Abb. 25-25 Diese FIM-Aufnahmen zeigen

die Wanderung von Re-Atomen auf einer Rheniumoberfläche in Intervallen von 3 s bei 375 K (zur Verfügung gestellt von Prof. G. Ehrlich).

25.2 Adsorption an Oberflächen

1025

Für Wolframatome auf Wolframoberflächen findet man für die Aktivierungsenergie

Epe Werte zwischen 57 und 87kJmol"', für den Diffusionskoeffizenten gilt m CO auf Wolfra D62* 3810, = ms 1 2. Für m beträgt die Aktivierungsenergie der

Desorption bei kleinen Bedeckungsgraden 144k] mol", aber nur 88 kJ mol”! bei hohen Bedeckungsgraden. Anwendung 25-1

Untersuchungen mit Biosensoren

Die Nutzung von Biosensoren ist ein sehr empfindliches und raffiniert es Verfahren, das heute bei Routinemessungen der Kinetik und der Thermod ynamik von Wechselwirkungen zwischen Biopolymeren eingesetzt wird. Ein Biosenso r weist die Änderungen der optischen Eigenschaften nach, die eine Oberfläche in Kontakt mit einem Biopolymer erfährt. Die Beweglichkeit von delokalisierten Valenzelektronen trägt zur elektrischen Leitfähigkeit der Metalle bei; die frei beweglichen Elektronen bilden dabei ein dichtes Gas aus geladenen Teilchen, das man als Plasma bezeichnet. Bestrahlt man

ein Plasma

mit Licht oder einem

Elektronenstrahl,

so kann sich für kurze

Zeit die Elektronenverteilung ändern, sodass einige Gebiete dichter werden als andere. Die Coulomb-Abstoßung in den Gebieten hoher Dichte führt dazu, dass sich die Elektronen voneinander entfernen und so die Dichte wieder sinkt. Die sich ergebenden Oszillationen in der Elektronendichte nennt man Plasmonen: sie können sowohl im Volumen als auch auf der Oberfläche eines Metalls angeregt werden. Plasmonen im Volumen lassen sich als Wellen veranschaulichen, die den Festkörper durchlaufen. Auch ein Oberflächenplasmon bewegt sich von der Oberfläche fort, aber die Amplitude der Welle nimmt mit der Entfernung von der Oberfläche rapide ab; man spricht daher von einer abklingenden Welle. Eine Untersuchung mit Biosensoren basiert auf der Resonanz der Oberflächenplasmonen; bei diesem Phänomen wird die Energie einer auftreffenden elektromagnetischen Strahlung von den Oberflächenplasmonen absorbiert. Diese Absorption (oder „Resonanz“) lässt sich mit passender Wahl der Wellenlänge und des Auftreffwinkels des Anregungsstrahls nachweisen. In der Regel verwendet man einen monochromatischen Strahl und verändert den Auftreffwinkel 9 (Abb. 25-26). Der Strahl durchläuft ein Prisma und trifft auf einer Seite auf eine dünne Gold- oder Silberschicht. Der mit der Absorption verbundene Winkel hängt vom

Brechungsindex

des Mediums

Au- oder Ag-Schicht

Elüssiichtung

Resonanz

Abb. 25-26 Experimentelle Anordung für die Beobachtung der Oberflächenplasmonenresonanz. (Details im Text)

ab, das diese Metallschicht auf der anderen

Seite direkt berührt. Die Änderung des Resonanzwinkels mit dem Oberflächenzustand rührt von der Fähigkeit der abklingenden Welle her, mit dem Material in unmittelbarer Nähe der Oberfläche zu wechselwirken. Als ein Beispiel für eine Untersuchung mit Biosensoren betrachten wir die Vereinigung von zwei Polymeren A und B. In einem typischen Experiment lässt man ein Lösungsmittel mit einer bekannten Konzentration von A über eine Oberfläche strömen, auf der B chemisorbiert ist. Nach Abb. 25-27 lässt sich die Kinetik der

Bindung von A an B bestimmen, indem man die Zeitabhängigkeit des Signals R der Oberflächenplasmonenresonanz misst; normalerweise zeigt sich eine Verschiebung des Resonanzwinkels. Üblicherweise lässt man das System den Gleichgewichtszustand annehmen, der in Abb. 25-27 durch das Plateau gekennzeichnet ist. Dann lässt man ein Lösungsmittel ohne A über die Oberfläche strömen, und der AB-Komplex dissoziiert. Auch in diesem Fall sieht man eine Änderung des Resonanzsignals, aus der sich die Dissoziationskinetik des AB-Komplexes bestimmt lässt. Die Gleichgewichtskonstante für die Bildung des AB-Komplexes lässt sich direkt aus den in Abb. 25-27 gezeigten Daten bestimmen. Wir betrachten das Gleichgewicht

a

Zeit

Abb. 25-27 Die Zeitabhängigkeit des Signals R der Oberflächenplasmonenresonanz zeigt den Einfluss der Bindung eines Liganden an ein Biopolymer, das auf der Oberfläche adsorbiert ist. Die Bindung führt zu einem Anwachsen von R bis zu einem Gleichgewichtswert R,,. Strömt eine Lösung über die Oberfläche, die keinerlei

Liganden enthält, kommt es zur Dissozia-

Re

tion, und R nimmt wieder ab.

25

1026

Prozesse an festen Oberflächen

Dabei sind k,,, und k,, die Geschwindigkeitskonstanten für die Bildung bzw. die Zersetzung des AB-Komplexes, und K ist die Gleichgewichtskonstante für die Bildung des AB-Komplexes. Es folgt

RB 1 [AIIBI- kulAB]

(25-18)

L

In einem typischen Experiment ist die Durchflussgeschwindigkeit von A so hoch, dass [A] = a, im Wesentlichen konstant ist. Aus der Massenbilanz können wir auch folgern [B] = b, — [AB], wobei b, die Gesamtkonzentration von B ist. Schließlich lässt sich häufig beobachten, dass das Signal der Oberflächenplasmonenresonanz proportional zu [AB] ist. Der Maximalwert, den R annehmen kann, ist Ru.

bo; er tritt auf, wenn alle Moleküle von B an A gebunden werden. Wir kön-

nen in diesem Fall schreiben

dR = Kauf ao (Rmax Er R) NIE KR = Kyuf Ay Renax e (zur Ay ir km)R 2 (25-19) dt Im Gleichgewicht ist R= R,, und dR/dt=0. Nach einigen Rechnungen und Umformungen folgt dann

Ro

) Res ( HK

(25-20)

Damit lässt sich der Wert von K durch Messungen des Gleichgewichtssignals R., der Oberflächenplasmonen für eine Reihe von a,-Werte bestimmen. Biosensoren werden für Untersuchungen von dünnen Schichten, Metall-Elektrolyt-Oberflächen und Langmuir-Blodgett-Schichten sowie für die Untersuchung einer Reihe von Wechselwirkungen zwischen Biopolymeren eingesetzt, so beispielsweise für die Wechselwirkungen zwischen Antikörpern und Antigenen oder

zwischen Proteinen und DNA. Der größte Vorteil dieses Verfahrens ist die Empfindlichkeit: Man kann mit ihr die Adsorption von wenigen Nanogramm einer Substanz auf einer Oberfläche messen. Der Hauptnachteil für biologische Untersuchungen liegt darin, dass wenigstens eine der Komponenten in dem untersuchten System immobilisiert werden muss.

25.3] Kurztabelle 25-3 Aktivierungsenergien katalysierter Reaktionen* Reaktion

Katalysator

E,/(k} mol”)

21

Ohne

184

H, +]

Au

105

Pt

159

2 NE,>

Ohne

350

N,+3H,

W

162

* Weitere Werte im Tabellenteil am Ende des Buches.

Heterogene Katalyse

Ein Katalysator entfaltet seine Wirkung, indem er einen alternativen Reaktionsweg mit einer geringeren Aktivierungsenergie eröffnet (Tabelle 25-3). Es beeinflusst dabei nicht die Gleichgewichtszusammensetzung des Systems, sondern nur die Geschwindigkeit, mit der das Gleichgewicht erreicht wird. In diesem Abschnitt betrachten wir die heterogene Katalyse, bei der - wie in der Einleitung von Abschnitt 23.3.1 erwähnt — Katalysator und Reaktanten in verschiedenen Phasen vorliegen. Der Einfachheit halber betrachten wir nur Systeme mit festen Katalysatoren und gasförmigen Reaktanten. Viele Katalysatoren nutzen die Koadsorption aus, d.h. die Adsorption von zwei oder mehr Spezies. In Folge der Anwesenheit einer zweiten Spezies können Modifikationen der elektronischen Struktur an der Oberfläche eines Metalls auftreten. Beispielsweise hat die teilweise Bedeckung der Oberfläche eines d-Metalls durch Alkalimetalle einen ausgeprägten Einfluss auf die Elektronenverteilung und reduziert die Austrittsarbeit des Metalls. Solche Modifikatoren können als Promotoren auftreten und die Aktivität eines Katalysators verstärken, aber auch als Katalysatorgifte die katalytische Aktivität unterbinden.

25.3

25.3.1

Heterogene Katalyse

Mechanismen der heterogenen Katalyse

Die heterogene Katalyse beruht normalerweise darauf, dass mindestens einer der

Reaktanten adsorbiert (meist chemisorbiert) und dabei auf eine Weise verändert wird, die seine Teilnahme an der Reaktion erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht. Häufig besteht diese Veränderung in einer Fragmentierung der Reaktantenmoleküle vor der eigentlichen Reaktion. In der Praxis wird die aktive Phase in Form von sehr kleinen Partikeln (Längenausdehnung von 2nm oder noch darunter) auf einem porösen, oxidischen Träger dispergiert. Formselektive Katalys atoren wie Zeolithe (vgl. Anwendung 25-2) weisen eine so geringe Porengröfße auf, dass sie Formen und Abmessungen auf molekularer Ebene unterscheiden können; sie haben hohe spezifische innere Oberflächen, etwa im Bereich von 100 bis 500 m? en. Betrachten wir ein Beispiel für einen katalysierten Prozess, um die Reaktionsgeschwindigkeit zu untersuchen. So verläuft die Zersetzung von Phosphin (PH,) an Wolfram bei kleinen Drücken nach einem Geschwindigkeitsgesetz erster Ordnung, bei hohen Drücken dagegen nach einem Geschwindigkeitsgesetz nullter Ordnung. Um diese Beobachtung zu erklären, versuchen wir, auf der Grundlage einer Adsorptionsisotherme ein plausibles Geschwindigkeitsgesetz aufzustellen und untersuchen dessen Verhalten im Grenzfall kleiner und großer Drücke. Wenn wir annehmen, dass die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zum Bedeckungsgrad der Oberfläche ist und die Adsorption einer Langmuir-Isotherme folgt, können wir schreiben

v-k=-

kKp

(25-21)

ar ka

wobei p der Partialdruck des Phosphins ist. Wenn der Druck so klein ist, dass Kp < 1 gilt, dann wird daraus DI kRp,

(25-224)

die Zersetzung ist also erster Ordnung. Ist jedoch Kp > 1, dann bekommen wir

v=k,

(25-22b)

die Zersetzung ist jetzt nullter Ordnung.

Übung 25-4 Schlagen Sie eine Form des Geschwindigkeitsgesetzes für die Deuterierung von NH, vor, wenn D, dissoziativ und leicht (d.h. Kp < 1, wenn p der Partialdruck von D, ist) adsorbiert wird und die Adsorption von NH; (mit dem Partialdruck p‘) an anderen Bindungsstellen erfolgt. [v = k(Kp)""K'p'/(1+ K'p')]

Der Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus oberflächenkatalysierter Reaktionen (kurz als LH-Mechanismus bezeichnet) beschreibt die Reaktion durch Stöße zwischen den an der Oberfläche adsorbierten Fragmenten oder Atomen. Daher gelangt man zu einem Geschwindigkeitsgesetz zweiter Ordnung in den Bedeckungsgraden: EN +

B

—%; P

L,

vU=

kO, 0% Ki

(25-23)

Einsetzen der geeigneten Isothermen für A und B liefert wieder das Geschwindigkeitsgesetz als Funktion der Partialdrücke. Wenn beispielsweise sowohl die Adsorption von A als auch von B einer Langmuir-Isotherme ohne Dissoziation der Moleküle folgt, so erhalten wir

Kapı an 1+ Kıpı + Kaps

ad

Kops

14

Kıpa + Kopp

(25-24)

1028

Prozesse an festen Oberflächen

25

und damit ergibt sich für das Geschwindigkeitsgesetz

a

kKuKpıpp (1+ Kaps + Kaps)”

(25-25)

konstante k Sowohl die Parameter K der Isothermen als auch die Geschwindigkeits Reakhängen von der Temperatur ab; daher kann die Temperaturabhängigkeit der abweis-Gesetz Arrheniu einem von erheblich t insgesam tionsgeschwindigkeit zu chen (in dem Sinne, dass die Reaktionsgeschwindigkeit kaum proportional che katalytis die für sweise beispiel ist anismus LH-Mech Der ist). exp(—Eyar,,/RT) Oxidation von CO zu CO, beherrschend. Der Eley-Rideal-Mechanismus einer oberflächenkatalysierten Reaktion (kurz als EH-Mechanismus bezeichnet) beruht auf der Annahme, dass ein Reaktantenmolekül aus der Gasphase mit einem an der Oberfläche adsorbierten Molekül zusammenstößt. Die Bildungsgeschwindigkeit des Produkts sollte dann proportional zum Partialdruck p, des nicht adsorbierten Gases B und zum Bedeckungsgrad 0, der Oberfläche mit A sein. Das Geschwindigkeitsgesetz sollte demnach die Form A+B-P,

v = kp5d,

(25-26)

aufweisen. Die Geschwindigkeitskonstante k kann dabei viel größer sein als für eine nicht katalysierte Gasphasenreaktion, da die Reaktion auf der Oberfläche eine kleine Aktivierungsenergie besitzt und die Adsorption selbst oft gar keine. Wenn wir die Adsorptionsisotherme von A kennen, können wir das Geschwindigkeitsgesetz als Funktion des Partialdruckes p, ausdrücken. Falls beispielsweise die Adsorption von A in dem interessierenden Temperaturbereich einer Langmuir-Isotherme folgt, so wird das Geschwindigkeitsgesetz zu _

kKpıps

1+Kp,

(25-27)

Falls A aus zweiatomigen Molekülen besteht, die als einzelne Atome adsorbiert werden, können wir statt dessen die Isotherme aus Gl. (25-6) einsetzen. Wenn der Partialdruck von A groß ist (in dem Sinne, dass Kp, > 1 ist), so liegt der Bedeckungsgrad nach Gl. (25-27) nahe bei eins, sodass die Geschwindigkeit einfach gleich kp, ist. In diesem Fall sind die Stöße von B mit den adsorbierten Fragmenten geschwindigkeitsbestimmend. Bei kleinen Drücken von A (Kp, < 1) ist die Geschwindigkeit gleich kKp,ps, jetzt spielt auch der Bedeckungsgrad für die Geschwindigkeit der Reaktion eine Rolle. Fast alle thermischen oberflächenkatalysierten Reaktionen lassen sich durch den LH-Mechanismus beschreiben; durch Molekularstrahluntersuchungen hat man jedoch auch eine Anzahl von Reaktionen nach dem ER-Mechanismus identifiziert. Beispielsweise glaubt man, dass die Reaktion von H(g) und D(ad) zu HD(g) einem ER-Mechanismus gehorcht, bei dem das adsorbierte D-Atom direkt mit dem auftreffenden H-Atom zusammenstößt und von ihm aufgenommen wird. Man sollte sich die beiden Mechanismen jedoch nur als ideale Grenzfälle vorstellen; alle realen Reaktionen liegen irgendwo dazwischen und weisen Merkmale beider Mechanismen auf.

25.3.2

_ Katalytische Aktivität von Oberflächen

Aus Molekularstrahlexperimenten lassen sich sehr detaillierte Informationen über den Ablauf katalysierter Reaktionen erhalten. Wir können heute genau untersuchen, wie die katalytische Aktivität einer Oberfläche von ihrer Struktur und ihrer Zusammensetzung abhängt. Beispielsweise hängt der Bruch von C-H- und H-H-

Bindungen davon ab, dass Stufen und Ecken auf einer Oberfläche vorhanden sind; reine Atomebenen allein zeigen oft nur minimale katalytische Aktivität. Die Reak-

25.3

Heterogene Katalyse

1929

tion oh +D, > 2HD ist sehr genau untersucht worden ; dabei wurde festgestellt, dass Bindungsstellen auf Atomebenen

nicht aktiv sind, dass aber eines von zehn

Molekülen, die auf eine Stufe treffen, reagiert. Dabei kann die Stufe selbst das Entscheidende sein, möglicherweise wird aber durch die Stufe auch nur eine reaktivere Kristallfläche sichtbar. Ähnlich hängt die Geschwindigkeit der Dehydrierung von

Hexan zu Hexen stark von der Dichte der Ecken ab; die Ecken scheinen für den

Bruch von C-C-Bindungen sehr wichtig zu sein. Diese Beobachtunge n liefern eine plausible Erklärung dafür, warum schon geringe Mengen von Verunreinigungen einen Katalysator vergiften können: Sie lagern sich bevorzugt an Stufen und Ecken an der Oberfläche an und zerstören so seine gesamte Aktivität. Eine nützliche Anwendung dieser Überlegung könnte darin bestehen, spezifische Katalys atorgifte zu suchen, die bestimmte Stellen an der Oberfläche eines Katalysators vergift en, um auf diese Weise unerwünschte Reaktionen an Katalysatoren zuguns ten erwünschter Reaktionen zurückzudrängen. Molekurstrahlexperimente können auch dazu dienen, die Einzelheiten des Reaktionsablaufs zu untersuchen. Man nutzt dazu gepulste Strahlen, indem man den

Molekularstrahl in kurze Portionen teilt. Dann kann man beispielsweise aus der Winkelverteilung der Produkte die Zeitdauer bestimmen, während der die Teilchen während der Reaktion auf der Oberfläche bleibt, denn eine lange Rückhaltezeit führt dazu, dass die Informationen über die ursprüngliche Richtung des auftreffen-

den Strahls verloren gehen. Die Aktivität von Katalysatoren hängt mit der Stärke der Chemisorption zusammen, die aus der Vulkankurve (die wegen ihrer Form so genannt wird, Abb. 25-28) hervorgeht. Für eine hohe katalytische Aktivität sollte der Festkörper weitgehend bedeckt sein, weshalb eine starke Chemisorption erwünscht ist. Andererseits darf die Chemisorption aber auch nicht zu stark sein, da ansonsten entweder die anderen Reaktanten nicht mit dem Adsorbat reagieren können oder die adsorbierten Moleküle auf der Oberfläche nicht mehr beweglich sind. Daher ist zu erwarten, dass die Aktivität eines Katalysators anfänglich mit steigender Stärke der Chemisorption (die beispielsweise durch die Enthalpie der Adsorption gemessen werden kann) zunimmt, um dann wieder abzunehmen. Die aktivsten Katalysatoren sind diejenigen, die im Bereich des Maximums der Kurve liegen. Bei den Metallen sind diejenigen am aktivsten, die etwa in der Mitte des d-Blocks liegen. Viele Metalle eignen sich zur Adsorption von Gasen; die Stärke der Adsorption nimmt im allgemeinen in der Reihenfolge O,, C,H,, C,H,, CO, H,, CO,, N, ab.

Manche dieser Gase werden dissoziativ adsorbiert (beispielsweise H,). Die Elemente des d-Blocks (wie Eisen, Vanadium und Chrom) zeigen für all diese Gase eine hohe Aktivität, Mangan und Kupfer können jedoch N, und CO, nicht adsorbieren. Die Metalle auf der linken Seite des Periodensystems (z. B.Magnesium oder Lithium)

können nur das reaktivste Gas (d.h. O,) adsorbieren (und reagieren in der Praxis damit). Diese Trends sind kurz in Tabelle 25-4 zusammengefasst.

Tabelle 25-4 Die Fähigkeit zur Chemisorption* O, Ti, Cr, Mo, Fe Ni, Co

C,H,

CH,

co

H,

co,

N,

+

+

4

+

+

AL

AR

L

se

er

SL

En

Ai

a

KL

I

pr

Pd, Pt

SE

ge

=

ik

Mn, Cu

rn

ir

“ie

=

+

Pr

ER

Ee

re =

E

4

at

an

a

Li, Na, K

AL

er



=

=

en

Mg, Ag, Zn, Pb

+



=

er;

=

E

Al, Au

* + Starke Chemisorption; + Chemisorption; — keine Chemisorption.

log (relative Geschwindigkeit)

Dee Gruppe Abb. 25-28 Die Vulkankurve der katalytischen Aktivität entsteht, da die Reaktanten

zwar einigermaßen stark adsorbiert werden müssen, aber doch nicht so stark,

dass sie unbeweglich werden. Die untere Kurve gehört zur ersten Reihe der Über-

gangsmetalle (3d), die obere Kurve zur zweiten und dritten Reihe (4d und 5d). Die Nummern der Gruppen korrespondieren mit denen im Periodensystem am Ende des Buches.

1030

25

Prozesse an festen Oberflächen

Anwendung 25-2

Katalysatoren in der chemischen Industrie

Ein sehr großer Teil der modernen chemischen Industrie beruht auf der Entwicklung, Auswahl und Anwendung von Katalysatoren (Tabelle 25-5). Wir können in diesem Abschnitt nur eine kurze Übersicht über die damit zusammenhängenden Probleme geben. Zu den Fragestellungen, die wir hier nicht diskutieren wollen, gehören die Vergiftung von Katalysatoren durch unerwünschte Nebenprodukte einer Reaktion oder Verunreinigungen der Ausgangsstoffe sowie wirtschaftliche Überlegungen im Zusammenhang mit den Kosten von Katalysatoren oder ihrer Lebensdauer. Eine wichtige katalysierte Reaktion ist die Hydrierung von Alkenen. Das Alken (2) wird an der Oberfläche adsorbiert und bildet zwei Bindungen zur Oberfläche aus (3). An derselben Oberfläche können auch H-Atome adsorbiert sein. Wenn das adsorbierte Alken mit einem adsorbierten Wasserstoffatom zusammenstößt, so wird eine der Bindungen zwischen Alken und Oberfläche gebrochen (dabei entsteht 4 oder 5). Ein weiterer Stoß mit einem adsorbierten H-Atom führt zum Bruch der zweiten Bindung zwischen Alken und Oberfläche und zur Freisetzung des Alkans, welches das thermodynamisch stabilere Teilchen ist. Dass die Reaktion tatsächlich zweistufig verläuft, lässt sich durch das Auftreten verschiedener isomerer Alkene in der Reaktionsmischung belegen. Sie entstehen dadurch, dass die Kohlenwasserstoffkette während ihrer Diffusion über die Oberfläche nochmals adsorbiert (6) und dann als (7) desorbiert werden kann; 7 ist ein Isomer des Ausgangsmoleküls 2. Dieses Alken könnte sich nicht bilden, wenn beide Wasserstoffatome gleichzeitig angreifen würden. Eine sehr wichtige industrielle Anwendung der katalytischen Hydrierung ist die Herstellung von Speisefetten aus pflanzlichen und tierischen Ölen. Die Öle, die beispielsweise aus Sojabohnen gewonnen werden, haben die Struktur

CH,(OOCR)CH(OOCR')CH,(OOCR”); dabei sind R, R’ und R” langkettige Kohlenwasserstoffe mit mehreren Doppelbindungen. Einer der Nachteile, die mit solchen Doppelbindungen verbunden sind, ist die leichte Oxidierbarkeit der Öle an der Luft, die sie schnell ranzig werden lässt. Die geometrische Anordnung der Ketten ist dafür verantwortlich, dass die Öle flüssig sind, während für viele Anwendungen feste Fette zumindest besser geeignet, oft sogar notwendig sind. Bei der Herstellung von Speisefetten werden die Öle kontrolliert partiell hydriert; dabei muss der Katalysator sehr sorgfältig ausgewählt werden, damit es wirklich nur zu einer partiellen Hydrierung kommt und die Ketten nicht isomerisieren. Als Katalysator zu diesem Zweck verwendet man meist fein verteiltes Nickel: Der Prozess wird dadurch noch komplizierter, dass der Anteil der Doppelbindungen in den natürlichen Ölen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Auch die katalytische Oxidation ist ein in der chemischen Industrie und im Umweltschutz häufig genutzter Prozess. In manchen Fällen möchte man eine

Tabelle 25-5 Anwendungen von Katalysatoren Katalysator

Funktion

Beispiele

Metalle

Hydrierung Dehydrierung

Fe, Ni, Pt, Ag

oxidische und sulfidische Halbleiter

Oxidation

NiO, ZnO, MsO,

Entschwefelung

Bi,0;/MoO,, MoS,

nichtleitende Oxide

Dehydratisierung

Al,O,, SiO,, MgO

Säuren

Polymerisation

H,3PO,H3,SO,,

Isomerisierung Cracking Alkylierung

SiO,/Al,O;, Zeolithe

25.3

Heterogene Katalyse

vollständige Oxidation erreichen (beispielsweise bei der Herstellung von Salpetersäure aus Ammoniak), in anderen Fällen strebt man eine partielle Oxidation an. So wäre etwa die vollständige Oxidation von Propen zu Kohlendioxid und Wasser reine Verschwendung, die partielle Oxidation zu Propenal (Acrolein, CH,=CHCH O) dagegen ist der Ausgangspunkt vieler wichtiger industrieller Prozesse. Ähnlich wichtig ist die kontrollierte Oxidation von Ethen zu Ethanol, Ethanal (Acetaldehyd)

oder (in Anwesenheit von Essigsäure oder Chlor) zu Chlore then (Vinylchlorid) , dem Ausgangsstoff der PVC-Herstellung. Einige dieser Prozesse werden durch die Oxide verschiedener d-Metalle katalysiert. Die physikalische Chemie der Oberflächen von Oxiden ist sehr komplex, wovon wir eine Vorstellung bekommen, wenn wir uns die Prozesse ansehen, die bei der Oxidation von Propen zu Propenal an der Oberfläche von Bismutm olybdat ablaufen. Der erste Schritt ist die Adsorption eines Propenmoleküls, das dabei ein Wasserstoffatom verliert und ein Propenylradikal (CH, =CHCH;.) bildet. Dieses Radikal reagiert mit einem Sauerstoffatom aus der Oberfläche zu Propenal, das desorbiert wird. Das übriggebliebene H-Atom reagiert ebenfalls mit einem Sauerstoffatom aus der Oberfläche und bildet zuerst OH: und schließlich H,O, welches

ebenfalls desorbiert wird. In der Oberfläche entstehen dadurch freie Plätze und Metallionen in niedrigeren Oxidationsstufen. Diese freien Gitterplätze werden von

O,-Molekülen

aus

der

Gasphase

angegriffen,

die

chemisorbiert

werden

und als Sauerstoffionen (O,) die freien Gitterplätze auffüllen. Auf diese Weise wird der Katalysator wieder regeneriert. Diese Abfolge von Prozessen wird als Mars-van-Krevelen-Mechanismus bezeichnet und ist mit tiefgreifenden Veränderungen in der Oberfläche verbunden; bei manchen

Materialien tritt unter dieser

Beanspruchung starker Verschleiß auf. Viele der kleinen organischen Moleküle, die als Grundstoffe für zahlreiche chemische Prozesse eingesetzt werden, stammen aus Erdöl. Diese kleinen Bausteine von Polymeren, Duftstoffen und allgemein Petrochemikalien werden in den meis-

ten Fällen aus den langkettigen Kohlenwasserstoffen hergestellt, die in Form von Rohöl aus der Erde gefördert werden. Die katalytische Fragmentierung der langkettigen Kohlenwasserstoffe wird als Cracking bezeichnet und meist in Anwesenheit von Silicium-Aluminium-Katalysatoren durchgeführt. Die Katalysatoren unterstützen die Bildung von instabilen Carbokationen, die dissoziieren und ver-

zweigte Isomere bilden. Verzweigte Kohlenwasserstoffe brennen in Verbrennungsmotoren ruhiger und effizienter und werden verwendet, um Kraftstoffe mit höheren Oktanzahlen zu produzieren. Für das katalytische Reforming werden bifunktionelle Katalysatoren eingesetzt, beispielsweise eine Dispersion von Platin und sauren Aluminiumoxiden. Das Platin bringt die normale Funktionalität eines Metallkatalysators mit und fördert Hydrierungen und Dehydrierungen. Das Aluminiumoxid steuert saure Zentren bei, die die Bildung von Carbokationen

aus Alkenen

erleichtern.

Die Folge von

Vorgängen während des katalytischen Reformings zeigt sehr deutlich, welche komplizierten Prozesse entwirrt werden müssen, wenn man so wichtige Reaktionen wie diese verstehen und vielleicht verbessern möchte. Der erste Schritt besteht in der Chemisorption des langkettigen Kohlenwasserstoffs an der Oberfläche des Platins. Dabei wird zunächst ein und dann ein zweites H-Atom abgespalten, und es bildet sich ein Alken. Das Alken wandert zu einem sauren Zentrum (BrenstedZentrum), wo es ein Proton aufnimmt und als Carbokation an die Oberfläche bindet. Dieses Carbokation kann dann auf verschiedenen Wegen weiter reagieren: Es kann in zwei Teile zerbrechen, in eine verzweigtere Form isomerisieren oder einen Ring bilden. Danach gibt das adsorbierte Molekül ein Proton ab, wird desorbiert

und wandert (entweder entlang der Oberfläche oder durch die Gasphase) wieder an ein Metallzentrum, wo es erneut hydriert wird und ein Alkan entsteht. Im

Ergebnis entsteht eine Vielzahl von kleinen Molekülen, die abgeführt, dann fraktioniert und als Ausgangsstoffe für viele Produkte eingesetzt werden. Mit der Verfügbarkeit von mikroporösen Materialien musste das Konzept der festen Oberflächen erweitert werden, weil sich dort die Oberfläche effektiv weit in

1031

1032

25

Prozesse an festen Oberflächen

den Festkörper hinein erstreckt. Zeolithe sind mikroporöse Aluminosilikate mit der allgemeinen Zusammensetzung {[M”"' |, [H,0],}[AlO2],[SiO,],} ;dabei sind die M"*-Kationen und die H,O-Moleküle innerhalb der Poren des Al-O-Si-

Gerüsts gebunden (Abb. 25-29). Kleine neutrale Moleküle wie CO,, NH, und Kohlenwasserstoffe (einschließlich aromatischer Verbindungen) können an der inneren Oberfläche adsorbieren. Dieser Effekt trägt zu der Verwendbarkeit von Zeolithen als Katalysatoren bei. | Einige Zeolithe mit einer M=H '-Bindung sind sehr starke Säuren und katalysieren eine Vielzahl von Reaktionen,

Abb. 25-29 Schematische Anordnung der Si-, Al- und O-Atome in einem Zeolith

(Gitterdarstellung). Jede Ecke gehört zu einem Si- oder Al-Atom, jede Kante zum

näherungsweisen Ort eines O-Atoms.

Beachten Sie die große Pore im Zentrum, die Kationen, Wassermoleküle oder andere

kleine Moleküle aufnehmen kann.

CH,

x CH,OH 2

Industrie von

(CH,),+xH,0.

Weitere Beispiele sind die Isomerisierung von m-Xylen (m-Dimethylbenzol) zu p-Xylen (8 und 9). Die katalytisch wichtige Form dieser sauren Zeolithe kann entweder eine Brönsted-Säure (10) oder eine Lewis-Säure (11) sein. Ein Zeolith-Katalysator von bestimmter Zusammensetzung und Aufbau ist wie ein Enzym sehr selektiv gegen bestimmte Reaktanten und Produkte, weil nur Moleküle einer ganz bestimmten Größe in die Poren - also den Ort der Katalyse - hinein- und wieder herauskommen. Möglicherweise gewinnen die Zeolithe ihre katalytische Aktivität auch dadurch, dass sie nur diejenigen Übergangszustände binden und stabilisieren können, die sauber in die Poren passen. Die Untersuchung der Zeolith-Katalyse wird durch die Computersimulation von mikroporösen Systemen erheblich vereinfacht. Sie zeigt, wie Moleküle sich in die Poren einpassen, durch die Verbindungstunnel wandern und an den passenden aktiven Stellen reagieren.

CH, es

eo

|

CH,

\

CH, 9

H

H

\ Pan

Zeolith —

8

die für die petrochemische

besonderer Wichtigkeit sind. Ein Beispiel ist die Dehydrierung von Methanol, um daraus Kohlenwasserstoffe wie Benzin und andere Treibstoffe zu bilden:

Ta

N

| RS

0-5;

VERS ERHEN!

Bre®

FRA: 8

10

u

zE®

FR

a

| zog 2

a

IN

ERSOHEN

25.4|

Prozesse an Elektroden

Eine besondere Oberfläche ist eine Elektrode, an der ein ganz spezieller Prozess ablaufen kann, nämlich der Transfer von Elektronen. Eine eingehende Kenntnis der Faktoren, welche die Geschwindigkeit der Ladungsübertragung bestimmen, ermöglicht ein besseres Verständnis der Energieerzeugung in Batterien oder der Elektronenleitung in Metallen, Halbleitern und elektronischen Bauteilen im Nanometerb ereich. Tatsächlich sind die wirtschaftlichen Auswirkungen elektrochemischer Prozesse kaum zu beziffern. Fast alle modernen Verfahren zur Erzeugung von Elektrizität sind ausgesprochen ineffizient. Die Entwicklung von Brennstoffzellen könnte die Art und Weise der Gewinnung und des Verbrauchs von Energie in unserer Welt revolutionieren (Anwendung 25-3). Heute erzeugen wir mit ineffizienten Methoden

25.4

Prozesse an Hektroden

"033

Energie, mit deren Hilfe wir Produkte herstellen, die anschließend durch Korrosion zerstört werden. Jeder einzelne Schritt dieser verschwenderischen Prozessfolge

ließe sich verbessern, wenn man mehr von der Kineti k elektrochemischer Prozesse verstünde. Ähnliches gilt für die heute entstehenden Verfahren der organischen und

anorganischen

Elektrosynthese,

bei denen

Elektroden

eine aktive

Rolle in

industriellen Prozessen spielen und die daher unbedingt ein vertieftes Verständnis

der Faktoren erfordern, die die Geschwindigkeit von Elektr odenreaktionen beeinflussen. Wie schon bei den homogenen Systemen, die wir in Kapitel 24 behandel t haben, gehört zur Elektronenübertragung an der Oberfläche einer Elektrod e das Tunneln dazu. Eine Elektrode weist jedoch - anders als eine typische Komplex verbindung mit ihrer relativen kleinen Zahl von diskreten Energieniveaus für die Elektronen eine fast unbegrenzte Zahl von eng beieinanderliegenden Energieniveaus auf. Wir beginnen daher mit einer eingehenden Beschreibung der Grenzfläche von Elektrode und Elektrolytlösung. Danach beschreiben wie die Kinetik von Elektrod enprozessen mit einem im Wesentlichen phänomenologischen anstatt einem theoretischen Ansatz; unser Zugang stützt sich auf die Ausdrucksweise der Thermodynamik und ist durch die Theorie der Übergangszustände inspirert.

25.4.1

Die Grenzfläche von Elektrode und Elektrolytlösung

Das einfachste Modell der Grenzfläche zwischen Festkörper und einer flüssiger Phase ist eine elektrische Doppelschicht; sie besteht aus einer Schicht positiver Ladung an der Oberfläche der Elektrode und einer umgebenden Schicht negativer Ladung in der Lösung (oder umgekehrt). Wie wir sehen werden, entsteht in dieser Anordnung eine elektrische Potenzialdifferenz (die so genannte Galvani-Potenzialdifferenz) zwischen dem Volumen der metallischen Elektrode und der Elektrolytlösung. Etwas ausgefeiltere Modelle für die Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolytlösung versuchen, die graduellen Änderungen im Aufbau der Lösung anhand von zwei Extremen zu beschreiben: die geladenen Elektrodenoberfläche und das Innere der Elektrolytlösung.

(a) Der Aufbau der Grenzfläche Ein genaueres Bild von dem Aufbau der Grenzfläche erhalten wir, wenn wir uns Gedanken über die Anordnung von Ionen und elektrischen Dipolen in der Lösung machen. Das Helmholtz-Modell der Doppelschicht nimmt an, dass sich die solvatisierten Ionen entlang der Oberfläche der Elektrode aufreihen, aber durch die Moleküle ihrer Solvathülle in einer bestimmten Entfernung von ihr gehalten werden (Abb. 25-30). Die Lage dieser lIonenschicht, die als äußere Helmholtz-Schicht bezeichnet wird, wird mit der Ebene gleichgesetzt, die durch die Rümpfe der solvatisierten Ionen verläuft. Nach diesem einfachen Modell ändert sich das elektrische Potenzial linear zwischen der Schicht auf der Elektrodenoberfläche auf der einen und der äußeren Helmholtz-Schicht auf der anderen Seite (vgl. Aufgabe A25.15a). Nach einer verbesserten Form des Modells betrachtet man die Ionen, die ihre sol-

vatisierten Moleküle abgestoßen haben und durch chemische Bindungen an der Elektrodenoberfläche anhaften, als die so genannte innere Helmholtz-Schicht. Das Helmholtz-Modell vernachlässigt die störenden Effekte durch die thermische Bewegung der Ionen, die der starren Anordnung der Ladungsschicht entgegenwirkt. Dieser Effekt wird im Gouy-Chapman-Modell der diffusen Doppelschicht in ganz ähnlicher Weise berücksichtigt wie im Debye-Hückel-Modell der Ionenwolke eines Ions (Abschnitt 5.3.4), nur dass das einzelne Zentral-Ion durch eine unendlich ausgedehnte, ebene Elektrodenoberfläche ersetzt ist. Abb. 25-31 zeigt, wie sich die lokalen Konzentrationen der Kationen und Anionen

im Gouy-Chapman-Modell mit wachsendem Abstand von der Elektrode an ihre Werte im Volumen der Lösung annähern. Wie erwartet, halten sich die entgegengesetzt zur Elektrode geladenen Ionen bevorzugt in der Nähe der Oberfläche auf, wäh-

> | äußere Helmholtz-

schicht Abb. 25-30 In einem einfachen Modell wird die Grenzschicht zwischen Elektrode

und Elektrolytlösung durch zwei starre Ladungsebenen beschrieben: Eine der Ebenen, die äußere Helmholtz-Schicht,

besteht aus den lonen in der Lösung mitsamt ihrer Solvathülle; die zweite Ebene, die innere Helmholtz-Schicht, besteht aus

den Ladungen an der Oberfläche der Elekt-

rode. Die Kurve zeigt die Abhängigkeit des elektrischen Potenzials vom Abstand zur Elektrodenoberfläche nach diesem Modell. Zwischen der Elektrodenoberfläche und der äußeren Helmholtz-Schicht verändert sich das Potenzial linear von d,,, dem

Wert innerhalb des Metalls, zu d,, dem Wert im Inneren der Elektrolytlösung.

25

1034

Prozesse an festen Oberflächen

positive

positive negative

negative

Überschuss-

Überschuss- Überschussladung ladung

Überschuss-

ladung ladung I

|

diffuse

diffuse

äußere

Doppel-

Helmholtz-

Doppel-

schicht

schicht

schicht

Abb. 25-31 Das Gouy-Chapman-Modell der elektrischen Doppelschicht beschreibt sie als eine Wolke aus Gegenionen, analog zu den lonenwolken der Debye-HückelTheorie. Die Kurve gibt die Abhängigkeit des elektrischen Potenzials vom Abstand zur Elektrodenoberfläche an und zeigt,

Abb. 25-32 Darstellung des Stern-Modells für die Grenzfläche zwischen Elektrode und Elektrolytschicht. Das Modell vereinigt die Vorstellung einer äußeren HelmholtzSchicht nahe der Elektrodenoberfläche mit der einer diffusen Doppelschicht in einiger Entfernung von der Oberfläche.

welche Bedeutung die diffuse Doppelschicht hat (Einzelheiten im Text).

=

inneres

Potenzial, ®

Oberflächenpotenzial, X

rend gleich geladene Ionen von ihr abgestoßen werden. Die Abweichung der lokalen Konzentrationen in der Nähe der Elektrode deutet darauf hin, dass es nicht sinnvoll ist, die Eigenschaften der Lösung zur Grundlage einer thermodynamischen Beschreibung der Grenzfläche zu machen. Das ist einer der Gründe, warum Messungen in der dynamischen Elektrochemie meist in Anwesenheit eines großen Überschusses eines Hilfselektrolyten (z. B. einmolarer Lösungen eines Salzes, einer Säure oder einer Base) durchgeführt werden. Unter diesen Bedingungen sind die Aktivitätskoeffizienten praktisch konstant, da die Hilfsionen alle Effekte von lokalen Konzentrationsänderungen überwiegen, die durch eventuell stattfindende Reaktionen verursacht werden. Außerdem minimiert die Verwendung von konzentrierten Lösungen die Auswirkungen der Ionenbewegung. Weder das Helmholtz- noch das Gouy-Chapman-Modell beschreiben die wahre Struktur der elektrischen Doppelschicht exakt. Ersteres überschätzt die Festigkeit der Schicht, letzteres unterschätzt ihre innere Struktur. Das Stern-Modell kombiniert beide Ansätze. Demnach sind die Ionen direkt an der Elektrode in einer festen Helmholtz-Schicht gebunden, während die Ionen außerhalb dieser Schicht in der Art des Gouy-Chapman-Modells verteilt sind (Abb. 25-32). Eine weitere Verbesserung liefert das Grahame-Modell, das das Stern-Modell um eine innere HelmholtzSchicht erweitert.

(b) Das elektrische Potenzial an der Grenzfläche

Potenzial elektrisches

Abstand

Abb. 25-33 Die Abhängigkeit des Potenzials vom Abstand von einer Elektrode, die

in Gedanken aus der Lösung entnommen wurde, ohne dabei jedoch die Ladungsverteilung zu verändern. Für die Lösung gilt ein entsprechendes Diagramm.

Wir können das Potenzial in der Nähe der Grenzfläche untersuchen, indem wir uns vorstellen, dass wir die Elektrode aus der Lösung entfernen, dabei aber die Anordnung der Ladungen in der Elektrode und in der Lösung festhalten. Eine positive Testladung in großer Entfernung von der Elektrode spürt ein Coulomb-Potenzial, das umgekehrt proportional zum Abstand ist (Abb. 25-33). Bei der Annäherung der Testladung an die Elektrode — das kann eine Metall- oder Membraneiektrode sein — wird dann aber ein Bereich erreicht, in dem das Potenzial langsamer variiert. Der Grund dafür ist, dass die Ladungen in der Oberfläche der Elektrode keine Punktladung bilden, sondern über eine endliche Fläche verteilt sind (bei sehr großen

25.4

Prozesse an Elektroden

1035

Abständen können wir die Elektrode noch als punktförmig betrachten). Ab einem Abstand von ungefähr 100 nm verändert sich das Potenzial nur noch sehr langsam, denn wenn der Beobachtungspunkt der Oberfläche immer näher rückt, dann wird zwar das Potenzial eines geladenen Bereichs größer, aber es wird auch nur ein kleinerer Teil der Oberfläche untersucht (Abb. 25-34). Das Potenzial in diesem Bereich wird als Volta-Potenzial oder äußeres Potenzial ı) bezeichnet. Wenn wir unsere Testladung durch die Ladungsschicht an der Oberfläche der Elektrode hindurch bewegen, spürt sie wieder eine Veränderung des Potenzials, bis es sich an das Potenzial im Innern des Metalls angeglichen hat und konstant bleibt. Die Veränderung des

Potenzials im Bereich der Ladungsschicht wird als Oberflächenpotenzial x bezeichnet. Das Gesamtpotenzial im Inneren der Elektrode heißt Galvani-Potenzial &. Einen analogen Potenzialverlauf erhalten wir auch, wenn wir eine positive Test-

ladung aus großer Entfernung auf die Oberfläche der Lösung zu und durch sie hindurch ins Innere der Lösung bewegen. Auch hier erreicht das Potenzial vor der Oberfläche des geladenen Mediums das Volta-Potenzial und in seinem Inneren das Galvani-Potenzial. Jetzt stellen wir uns vor, dass wir die Elektrode und die Lösung wieder zusammenbringen, ohne aber die Ladungsverteilung zu verändern. Die Differenz zwischen dem Potenzial im Inneren der Elektrode und im Inneren der Lösung wird als Galvani-Potenzialdifferenz Ad bezeichnet. Bis auf eine Konstante ist die GalvaniPotenzialdifferenz gleich dem Elektrodenpotenzial, das wir in Kapitel 7 eingehend besprochen hatten. Die Konstante können wir im Folgenden ignorieren (wir könnten sie ohnehin nicht messen); wir identifizieren daher Änderungen von Ad mit Änderungen des Elektrodenpotenzials. In Zusatzinformation 25-1 werden wir die Potenzialdifferenzen auch quantitativ behandeln.

25.4.2

Die Geschwindigkeit der Ladungsübertragung

Da eine Elektrodenreaktion eine heterogene Reaktion sein muss, ist es sinnvoll, ihre Geschwindigkeit durch die Menge des gebildeten Produkts pro Flächeneinheit der Elektrode und pro Zeiteinheit auszudrücken (also als Materiefluss).

(a) Die Geschwindigkeitsgesetze Ein Geschwindigkeitsgesetz für eine heterogene Reaktion erster Ordnung hat demnach die Form Produktmenge pro Zeit- und Flächeneinheit = k|Edukt] .

(25-28)

Dabei ist [Edukt] die Konzentration des entscheidenden Edukts in der Lösung dicht bei der Elektrode, unmittelbar an der Doppelschicht. Die Geschwindigkeitskon-

stante k hat die Dimension Länge/Zeit (in Einheiten beispielsweise Zentimeter pro

Sekunde, cms). Wenn wir die molaren Konzentrationen der oxidierten bzw. reduzierten Substanzen in der Lösung (außerhalb der Doppelschicht) mit [Ox] und [Red]

bezeichnen, dann gilt für die Geschwindigkeit vo,, mit der Ox reduziert wird,

Dr

lO8,

(25-29)

und für die Geschwindigkeit vg.a, mit der Red oxidiert wird,

Una = ki Red.

(25-295)

| (Die Bezeichnungen k, und k, werden in Kürze begründet.) nbestimme digkeits geschwin im Ion ein der in Reaktion, eine Nun betrachten wir t wird. (Dabei den $chritt durch die Übertragung eines einzelnen Elektrons reduzier wird bei der sweise Beispiel wichtig: “ Elektron es „einzeln ist die Formulierung

(a) Abb. 25-34 Zur Ursache für die Unabhängigkeit des äußeren Potenzials vom Abstand: (a) In größerer Entfernung von der Elektrode erfährt eine Punktladung ein Potenzial, das von den Punktladungen auf einer ausgedehnten Fläche verursacht wird; jeder Einzelbeitrag ist aber schwach.

(b) In der Nähe der Elektrode erfährt die Punktladung ein Potenzial, das von den

Punktladungen auf einer kleinen Fläche verursacht wird; hier ist aber jeder Einzelbeitrag stark. Sofern die Punktladung innerhalb eines bestimmten Bereichs liegt (und insbesondere Bildladungseffekte vernachlässigt werden können), ist das Potenzial, das sie erfährt, im Wesentlichen

unabhängig vom Abstand.

25

S

& RR ‚gpodische (b) % %

Prozesse an festen Oberflächen

Reduktion von Cadmium im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt nur ein einziges Elektron übertragen, obwohl für den Gesamtprozess die Übertragung zweier Elektronen notwendig ist.) Die gesamte Stromdichte an der Elektrode ist in diesem Fall die Differenz der Stromdichten, die durch die Reduktion von Ox und die Oxidation von Red entste-

hen. Da die Redoxprozesse an den Elektroden nur den Transfer eines einzelnen Elektrons pro Ion umfassen, sind die Stromdichten j bei den Redoxprozessen einfach gleich den oben angegebenen Geschwindigkeiten multipliziert mit der pro Mol übertragenen Ladung, die durch di& Faraday-Konstante gegeben ist. Folglich entsteht durch die Reduktionsreaktion eine kathodische Stromdichte

Abb. 25-35 Die Nettostromdichte ist definiert als die Differenz zwischen den kathodischen und anodischen Beiträgen. (a) Fürj, > je ist der Strom insgesamt anodisch, die Teilchen in Lösung werden insgesamt oxidiert. (b) Fürjk > ja ist der Gesamtstrom kathodisch, und der

Gesamtprozess ist eine Reduktion.

Jk = Fk [Ox]|

für

Ox+e”—Red

(25-308)

(die Stromdichte heißt kathodisch, weil - wie wir in Kapitel 7 gesehen hatten - die Reduktion an der Kathode stattfindet). Ebenso entsteht durch die Oxidationsreaktion eine entgegengerichtete anodische Stromdichte Ja= Fk, [Red

für

Rd>Ox+e

(25-30b)

(anodisch, weil die Oxidation an der Anode stattfindet). Die gesamte Stromdichte an einer Elektrode ist somit

J= Ja ik = Fkı [Red] — Fkx [Ox].

(25-30c)

Beachten Sie, dass fürj, > jx (also für j> 0) der Strom anodisch ist (Abb. 25-35); fürjk > Ja (alsoj< 0) ist der Strom kathodisch (Abb. 25-35b).

(b) Die Freie Aktivierungsenthalpie Wenn ein Ion (oder auch ein neutrales Molekül) an einer Elektrode oxidiert oder reduziert werden soll, muss es seine Solvathülle abstreifen, durch die elektrische Doppelschicht wandern und seine Hydrathülle anpassen, je nachdem, ob es Elektronen aufnimmt oder abgibt. Ein Ion oder Molekül, das sich bereits an der Oberfläche der Elektrode befindet, muss sich ablösen und durch die Doppelschicht in die Lösung diffundieren. Für beide Prozesse ist eine Aktivierungsenergie erforderlich, daher ist zu erwarten, dass wir ihre Geschwindigkeitskonstanten in der Form schreiben können, die wir aus der Theorie des aktivierten Komplexes (Abschnitt 24.2.1) kennen:

AG

k= Bexp Fe

Potenzial

Hierbei ist A'G die Freie Aktivierungsenthalpie und B eine Konstante mit der gleichen Dimension wie k. Wenn wir Gl. (25-31) in Gl. (25-30) einsetzen, erhalten wir -A'G, J: = FB, [Red] exp ee

o8) äußere Helmholtzschicht Abb. 25-36 Das elektrische Potenzial & zwischen zwei Ladungsschichten verändert sich linear mit dem Abstand. Sein Einfluss auf die freie Enthalpie des Übergangszustands hängt davon ab, ob letzterer mehr den Teilchen in der äußeren oder mehr denen in der inneren HelmholtzSchicht ähnelt.

(25-31)

— FBx [Ox] r(

— AG

{

RT ‘)

(25-32)

Für die weitere Diskussion ist entscheidend, dass die Freie Aktivie rungsenergie für den Kathoden- und den Anodenprozess verschieden groß sein kann.

(c) Die Butler-Volmer-Gleichung Jetzt wollen wir die Verbindung zwischen der Stromdichte J und der Galvani-Potenzialdifferenz herstellen, deren Verlauf im Bereich der elektri schen Doppelschicht in Abb. 25-36 schematisch dargestellt ist.Zunächst betrach ten wir die Reduktionsreaktion Ox+e" — Red und das entsprechend Reaktionsprofi l. Wenn der Übergangszustand der Reaktion produktähnlich ist (wie der Peak der Reaktionskoordinate in

25.4

Prozesse an Elektroden

1037

Abb. el dicht an der Elektrodenoberfläche andeuten soll), dann ändert sich die Freie Aktivierungsenergie von ihrem Wert A'G «(0) in Abwesenheit einer Potenzialdifferenz im Bereich der Doppelschicht auf

AG = A!C,(0) + FAS.

(25-33)

Wenn also das Potenzial der Elektrode positiver ist als das der Lösung, so ist AB > 0, und es muss mehr Energie aufgewendet werden, um aus Ox den aktivierten Komplex zu bilden; die Freie Aktivierungsenthalpie ist also größer als zuvor. Wenn dagegen der Übergangszustand mehr reaktantenähnlich ist (was der Peak der Reaktionskoordinate in der Nähe der äußeren Helmholtz-Schicht in Abb. 25-38 andeuten soll), so hängt A'G, nicht von der Potenzialdifferenz Ad ab. Der Übergangszustand realer Systeme wird in der Regel irgendwo zwisch en diesen beiden Extremen liegen (Abb. 25-39), Reduktion in der Form

sodass

wir die Freie Aktivierungsenthalpie

A'G. = A!G,(0) + aFAb

der

(25-33b)

EN

äußere Helmholtz-Schicht

holtz-Schicht kaholtz-Schicht äußere Hel

(b) Abb. 25-37 Wenn der Übergangszustand

Abb. 25-38 Wenn der Übergangszustand

einer Reaktion einem reduzierten Teilchen

einer Reaktion einem oxidierten Teilchen

gleicht (hier durch einen Peak im Reaktionsprofil dargestellt, der dicht an der inneren Helmholtz-Schicht liegt), so bleibt die freie Aktivierungsenthalpie für den anodischen Strom praktisch unverändert, während der kathodische Strom den vollen Effekt'des Potenzials verspürt. (a) Potenzialdifferenz null, (b) Potenzialdifferenz ungleich null.

gleicht (hier durch einen Peak im Reaktionsprofil dargestellt, der dicht an der äußeren Helmholtz-Schicht liegt), so bleibt die freie Aktivierungsenthalpie für den kathodischen Strom praktisch unverändert, während die des anodischen Stroms

stark beeinflusst wird. (a) Potenzialdifferenz null, (b) Potenzialdifferenz ungleich null. ?

Abb. 25-39 Wenn der Übergangszustand einer Reaktion irgendwo zwischen den oxidierten und reduzierten Teilchen liegt, wie hier durch das Maximum des Reaktionsprofils ungefähr in der Mitte zwischen den Ladungssschichten angedeutet ist, so werden beide Aktivierungsenergien durch das elektrische Potenzial beeinflusst. Der Parameter amitO 0 ist auch j> 0), wenn die Überspannung negativ ist, bekommen wir einen kathodischen Strom (für 7 < 0 ist] < 0). Die Rechnung können wir auch umdrehen, wenn wir wissen wollen, welche Überspannung nötig ist, um eine bestimmte Stromdichte jzu erhalten: = zu :

(25-43)

Fjo

F

Die Bedeutung dieser Interpretation wird sofort klar werden.

Illustration 25-2

Berechnung der Stromdichte 2

Bei 298K beträgt die Austauschstromdichte einer Pt|H, (g)|H* (aq)-Elektrode 0.79 mA cm. Die Stromdichte bei einer Überspannung von +5.0 mV erhält man aus Gl. (25-42) und mit f= F/RT = 1/(25.69 mV): (0.79 mA cm?) : (5.0mV)

er:

Jahn

25.69 mV



2

| Der Strom durch eine Elektrode mit der Gesamtfläche

5.0 cm? beträgt damit

0.75 mA.

Übung 25-6 Wie groß ist der Strom bei einem pH-Wert von 2.0, wenn alle anderen Bedingungen gleich sind? [-18 mA (kathodisch)]

(e) Der Grenzfall großer Überspannungen Wenn die Überspannung groß und positiv ist, d.h. wenn die Elektrode in der Elektrolyse die Anode bildet, so ist der zweite Exponentialterm in Gl. (25-41) viel kleiner als der erste und kann vernachlässigt werden. In der Praxis tritt dieser Fall bei n20.12V auf. Für diesen Fall erhalten wir

Je

(25-44)

und damit Referenzstromkreis

Gegenelektrode

Kalomel-

Referenz-

elektrode

\N Luggin-

Kappillare

Tun

Arbeits-

Inj= Inn + (1-a)fn.

(25-45)

Wenn die Überspannung groß und negativ ist, können wir umgekehrt den ersten Exponentialterm in Gl. (25-41) vernachlässigen. In der Praxis liegt dieser Fall bei n< — 0.12V vor. Es gilt dann

J= ne"

(25-46)

und damit In ej)

=

Injo =

afn

:

(25-47)

elektrode

Abb. 25-40 Allgemeine Anordnung für elektrochemische Geschwindigkeitsmessungen. Die Stromquelle erhält einen Strom zwischen den beiden Elektroden aufrecht, und die Potenzialdifferenz zwischen einer von ihnen und der

Referenzelektrode wird beobachtet. Im Referenzstromkreis fließt kein Strom.

Eine Auftragung des Logarithmus der Stromdichte gegen die Überspannung wird als Tafel-Diagramm bezeichnet. Die Steigung der erhaltenen Gerade liefert den Zah-

lenwert von a und der Achsenabschnitt bei 7 = 0 die Austauschstromdichte. Die experimentelle Anordnung zur Bestimmung eines Tafel-Diagramms ist in

Abb. 25-40 gezeigt. Dieser und ähnliche Aufbauten sind für alle Arten von elektrochemischen Geschwindigkeitsmessungen typisch. Die untersuchte Elektrode wird als Arbeitselektrode bezeichnet, die zum Schließen des Stromkreises notwendig e zweite Elektrode als Gegenelektrode. Der beide Elektroden durchfließende Strom

25.4

Prozesse an,Elektroden

1041

wird mit einem Messgerät gemessen. Wenn die Fläche der Arbeitselektrode A ist und ein Strom I fließt, dann ist die Stromdichte an der Elektrode I/A. Die Poten-

zialdifferenz an der Grenzfläche kann nicht direkt gemess en werden; statt dessen misst man das Potenzial der Arbeitselektrode bezüglich einer dritten Elektrode, der Referenzelektrode, mithilfe eines hochohmigen Voltmeters, sodass in diesem Teilstromkreis kein Strom fließt. Die Referenzelektrode steht über eine so genannte Luggin-Kapillare mit der Elektrolytlösung in unmittelbare r Nähe der Arbeitselektrode im Kontakt. Die Kapillare hat den Zweck, eventuell auftretende ohmsche Potenzialdifferenzen zu eliminieren. Eine Änderung des Strome s im Arbeitsstromkreis bewirkt eine Änderung des Elektrodenpotenzials der Arbeits elektrode, die mit dem Voltmeter im Referenzstromkreis gemessen werden kann. Die Übers pannung ist dann die Differenz der Potenziale mit und ohne Stromfluss im Arbeit sstromkreis. Beispiel 25-4

>0 100° 150 200 8:836125:05458:041131:

250 2298

Vorgehen An der Anode läuft die Oxidation Fe’* (ag) Fe’* (aq) + e ab. Zur Analyse der Daten erstellen wirein Tafel-Diagramm (d. h. wirtragen Injgegen 7 auf); dazu nutzen wir die anodische Variante der Tafel-Gleichung Gl. (25-45). Der Achsenabschnitt der Gerade bei7 =O ist In j,, und ihre Steigung ist gleich (1 - a)f. Antwort

Wir erstellen folgende Tabelle:

n/mV {mA cm 2) In(jimAcm?)

50 44 148

100 12.5 2.53

150 290 337

200 566 418

250 149 5.00

Die Punkte sind in Abb. 25-41 aufgetragen. Im Bereich hoher Überspannung ergibt sich eine Gerade mit einem (extrapolierten) Achsenabschnitt von 0.88 und einer Steigung von 0.0165. Folglich ist In (j„/mAcm°’) = 0.88 und damit

Jo = 2-4mA cm”. Aus der Steigung liest man I (1 - RT m a)— = 0.0165mV' oder «= 0.58 ab. Beachten Sie, dass das Tafel-Diagramm für 7 < 100 mV keine Gerade mehr ergibt. In diesem Bereich ist afr = 2.3, und die Näherung afn > 1 verliert ihre Gültigkeit.

Übung 25-7 Wiederholen Sie die Berechnung mit den folgenden Daten für einen kathodischen Strom: n/mV I/mA

-50 0.3

16]


4Htlaqg) +4e

Kathode:

O,(g)+4H*(aq)+4e° >2 H,O(l)

Diese Brennstoffzellen haben sich als sehr aussichtsreich für die Krafi-WärmeKopplung in sog. Blockheizkraftwerken erwiesen. In solchen Systemen wird die beim Erzeugen der elektrischen Energie anfallende Abwärme zum Heizen von Gebäuden oder zum Verrichten von Arbeit verwendet. Ein Blockheizkraftwerk kann Wirkungsgrade bis zu 80% erreichen. Die Leistungsabgabe von Brennstoffzellen-Batterien erreicht mittlerweile die Größenordnung von 10MW. Doch obwohl Wasserstoff ein attraktiver Brennstoff ist, hat er für nicht ortsfeste Anwendungen (beispielsweise für den Antrieb von Autos) auch Nachteile: Er ist schwierig zu speichern und gefährlich in der Handhabung. Eine Möglichkeit für tragbare Brennstoffzellen ist es, den Wasserstoff in Kohlenstoff-Nanoröhrchen (Anwendung 20-2) zu speichern. Es hat sich herausgestellt, dass Kohlenstoff-Nanofasern in Fischgrätanordnung enorme Mengen von Wasserstoff speichern können und zu einer Energiedichte (d.h. dem Betrag der freigesetzten Energie, geteilt durch das Volumen des Speichermaterials) führen, die doppelt so hoch ist wie die von Benzin. Es gibt auch Prototypen von Zellen, die bei 600 °C mit geschmolzenen Carbonaten als Elektrolyten arbeiten und die Erdgas direkt verwerten können. Zum Teil werden auch feste Elektrolyte eingesetzt. Eine Variante arbeitet dabei mit einem festen polymeren Ionenleiter bei ungefähr 100 °C; sie benötigt zurzeit allerdings noch sehr reinen Wasserstoff, um erfolgreich arbeiten zu können. Ein attraktiver Brennstoff für solche Zellen, bis diese Materialien einsatzreif sind, ist Methanol, das leicht handhabbar ist und viel Wasserstoff enthält: Anode:

CH,OH(l)

Kathode:

O,(g)

+ 60H

(ag) >5H;,0(l)

+ CO,(g) +6e

+4e” +2H,0O(l)>4OH° (aq)

Ein Nachteil von Methanol ist allerdings das Phänomen des „elektro-osmotischen Mitschleppens“ Dabei tragen Protonen, die sich durch die polymere Elektrolytmembran zwischen Anode und Kathode bewegen, Wasser und Methanol mit sich das Kathodenkompartiment; dort ist das Potenzial hoch genug, CH,OH zu CO, zu oxidieren und somit den Wirkungsgrad der Zelle herabzusetzen. Brennstoffzellen mit festen oxidischen lonenleitern arbeiten bei ungefähr 1000 °C und können direkt mit Kohlenwasserstoffen betrieben werden. Eine biologische Brennstoffzelle ist wie eine konventionelle Brennstoffzelle aufgebaut, arbeitet allerdings anstatt mit einem Platin-Katalysator mit Enzymen oder sogar ganzen Organismen. Die erzeugte Elektrizität wird durch organische Moleküle extrahiert, die zum Elektronentransfer fähig sind. Eine Anwendung könnte der Einsatz als Stromquelle in medizinischen Implantaten sein, etwa in einem Herzschrittmacher; eventuell ließe sich dann auch die im Blutkreislauf vorhandene Glucose als Brennstoff nutzen.

25.4

25.4.6

Prozesse an*Elektroden

1051

Korrosion

Einen thermodynamischen Hinweis darauf, wie groß die Wahrscheinlichkeit der Korrosion ist, gibt der Vergleich des Standardpotenzials für die Reduktion des Metalls, z.B.

Fe’ (ag)+2e — Fe(s),

Be

oAlve

mit den Standardpotenzialen der folgenden Halbreaktionen: in saurer Lösung:

(a) 2H* (ag)+2e —H, (g) (b) AH* (ag)+0O,(g)+4e° —2H,0(l)

EI=0V E° = +1.23V

in basischer Lösung:

() 2H,O(l)+0,(g)+4eT

—4OH

(aq) E° = +0.40V

Die Reduktionspotenziale aller drei Redoxpaare sind positiver als das von Fer Fe, sie alle können daher Eisen in den zweiwertigen Zustand oxidieren. Die angegebenen Potenziale sind jedoch nur Standardpotenziale, die noch vom pH-Wert der Lösung abhängen. Für die ersten beiden Reaktionen gilt E(a) = E°(a)+ RT/F Ina(H*) = -0.059VpH , E(b) = E®(b) + RT/F Ina(H*) = 1.23V - 0.059VpH.

Mit diesen Gleichungen können wir vorhersagen, bei welchen pH-Werten Eisen oxidiert wird (vgl. Kapitel 7). Die thermodynamische Behandlung der Korrosion sagt jedoch nur aus, ob überhaupt eine Tendenz zur Korrosion besteht. Wenn die thermodynamische Tendenz zur Korrosion besteht, müssen wir die Kinetik der beteiligten Prozesse untersuchen, um herauszufinden, ob sie auch mit merklicher Geschwindigkeit abläuft. Ein einfaches Modell eines korrodierenden Systems ist in Abb. 25-50a dargestellt. Wir können uns darunter einen leicht sauren (oder basischen) Tropfen Wasser mit etwas gelöstem Sauerstoff in Kontakt mit einer Metalloberfläche vorstellen. An den Rändern des Tropfens, wo die O,-Konzentration höher ist, werden auf einer Fläche A Sauerstoffmoleküle durch Elektronen aus dem Metall reduziert. Diese Elektronen werden an einer anderen Stelle durch die Oxidation von Fe zu Fe?' erzeugt. Diese Oxidation findet in einer Fläche A’ an der sauerstoffarmen Grenzfläche im Inneren des Tropfens statt. Der Tropfen wirkt somit wie eine kurzgeschlossene galvanische Zelle (Abb. 25-50b). Ein Maß für die Geschwindigkeit der Korrosion ist der Fluss der Metallionen, die

die Metalloberfläche in der anodischen Zone des Tropfens verlassen. Dieser Ionenfluss erzeugt einen Korrosionsstrom Ix,,,, den wir gleich dem anodischen Strom I, setzen können. Wir zeigen in der folgenden Begründung, dass der Korrosionsstrom mit der Zellspannung des Korrosionspaares über die Beziehung

Abb. 25-50 (a) Vereinfachte Darstellung der Korrosion: Ein Tropfen Wasser ist in

der Nähe seiner Grenzfläche zur Luft sauerstoffreich. Die Oxidation des Eisens findet weiter innen statt, weil die Elektro-

ee zusammenhängt.

Fre

on und

A=YVAA

(25-66)

nen durch das Metall transportiert werden. (b) Als Modell für diesen Prozess kann eine kurzgeschlossene elektrochemische Zelle dienen.

1052

25

Prozesse an festen Oberflächen

Der Korrosionsstrom

Begründung 25-1

che Zone flieDa jeder in der anodischen Zone entstehende Strom in die kathodis e Strom anodisch der auch als Ix Strom Ren muss, muss sowohl der kathodische m onsstro Korrosi den wir können Damit I, gleich dem Korrosionsstrom Ikor sein. ausBereich hen anodisc bzw. schen durch die Stromdichten jund j' im kathodi drücken:

Ion = JA = JA = (JAA)” =jA mit j= Vij und F



A=VAA.

(25-67)

Jetzt verwenden wir die Butler-Volmer-Gleichung, um die Stromdichten durch die Überspannungen auszudrücken. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass wir

den Grenzfall großer Überspannungen (Gl. (25-46), |= —e“””) anwenden und

die Polarisationsüberspannung vernachlässigen können, dass im geschwindigkeitsbestimmenden Schritt nur ein einzelnes Elektron übertragen wird und dass die Durchtrittsfaktoren gleich 1/2 sind. Außerdem nehmen wir an, dass das Tröpfchen so klein ist, dass die Potenzialdifferenz zwischen der anodischen und der kathodischen Zone der Lösung vernachlässigbar klein ist. Da unser Modellsystem außerdem durch das Metall kurzgeschlossen ist, ist auch das Potenzial des Metalls in beiden Bereichen gleich, und damit ist auch die Potenzialdifferenz zwischen Metall und Lösung in beiden Bereichen gleich groß. Diese gemeinsame Potenzialdifferenz nennen wir Korrosionspotenzialdifferenz oder Mischpotenzial Adx,.. Die Überspannungen in beiden Bereichen sind damit 7 = Adxs, — Ad., und 7 = Adgon — Ad... Damit erhalten wir für die Stromdichten J =

joe! : =)

y ="

exp (FAbgon/ 2) exp (fAoS/2)

i =jJ, exp

(fAdgei2)

EXP

(FAbiea

und

2),

Wenn wir diese Beziehungen in den Ausdruck für Ix,,, einsetzen und Ad’ - Ad

durch

die Differenz

der

Elektrodenpotenziale

E ersetzen,

so

erhalten

wir

Gl. (25-66). Den Einfluss der Austauschstromdichte auf die Geschwindigkeit der Korrosion lässt sich am einfachsten anhand eines konkrete Beispiels erkennen, z.B. Eisen in Kontakt mit angesäuertem Wasser. Thermodynamisch ist eine der auf Seite unter (a) oder (b) angegebenen Reduktionsreaktionen von Wasserstoff oder Sauerstoff aktiv. Die Austauschstromdichte von Reaktion (b) beträgt auf Eisen jedoch nur etwa 10 °A cm°, für Reaktion (a) dagegen 10 °°A cm?. Letztere Reaktion ist daher für die Kinetik entscheidend; Eisen korrodiert somit in saurer Lösung unter Wasserstoffentwicklung. Bei Korrosionsreaktionen mit vergleichbaren Austauschstromdichten ist die Korrosionsgeschwindigkeit nach Gl. (25-66) dann hoch, wenn E groß ist. Wir müssen also mit einer schnellen Korrosion rechnen, wenn die Elektrodenpotenziale von Reduktions- und Oxidationsreaktion sich sehr unterscheiden.

Anwendung 25-4

Korrosionsschutz

Für den Schutz von Oberflächen vor Korrosion stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Zunächst erkennen wir aus Gl. (25-66), dass die Geschwindigkeit der Korrosion davon abhängt, wie groß die der Korrosion ausgesetzte Oberfläche ist: Wenn entweder A oder A’ null ist, ist auch der Korrosionsstrom null. Daraus ergibt sich eine triviale, aber häufig wirkungsvolle Methode des Korrosionsschutzes: Man muss die Oberfläche mit einem undurchdringlichen Überzug versehen, beispielsweise einer Lackschicht, die den direkten Kontakt zwischen feuchter Luft und Metall verhindert. Der isolierende Lack vergrößert außerdem den effektiven Widerstand der Lösung zwischen den anodischen und kathodischen Bereichen auf der Oberfläche.

Unglücklicherweise versagt dieser Schutz völlig, sobald die

Schutzschicht porös wird. Der Sauerstoff kann dann an die Oberfläche vordrin-

25.4

Prozesse an Flektroden

1053

gen, und die Korrosion schreitet unter der Lackierung fort. Eine andere Variante der Oberflächenbeschichtung ist das Galvanisieren, das Beschichten einer Eisenoberfläche mit Zink. Das Standardpotenzial des Zinks beträgt —0.76 V, ist also negativer als das von Eisen; daher ist die Korrosion von Zink gegenüber der von Eisen thermodynamisch begünstigt, das Eisen ist somit vor Korrosion geschütz t. Die Zinkschicht ist wiederum

stabil, weil sie durch eine Schicht aus Zinkoxid

gegen den Angriff des Sauerstoffs geschützt wird. Dagegen führt eine Beschich tung mit Zinn zu einer schnellen Korrosion des Eisens, sobald die Schutzschicht an einer Stelle beschädigt wird und das Eisen dem Angriff des Sauerstoffs ausgesetzt ist, da das Standardpotenzial von Zinn (E° = —0.14 V) positiver ist als das von Eisen (E° = —0.44 V). Manche Metalloxide sind kinetisch inert, d.h. sie haften an der Oberfläche des Metalls und bilden über einen weiten Bereich von pHWerten eine undurchdringliche Schicht. Diese Erscheinung wird als Passivierung bezeichnet. Sie beruht letztlich auf einer Verringerung der Austauschstromdichte durch eine Oberflächenbeschichtung. So ist Aluminium an der Luft inert, obwohl sein Standardpotenzial stark negativ ist (-1.66 V). Ein anderes Verfahren des Korrosionsschutzes besteht darin, das elektrische Potenzial eines zu schützenden Objekts zu verändern, indem man von außen Elektronen zuführt; sie können dann an einer möglichen Reduktion des Sauerstoffs an der Oberfläche teilnehmen, ohne das Metall zu oxidieren. Beim kathodischen Korrosionsschutz wird das Objekt mit einem anderen Metall verbunden, dessen Standardpotenzial negativer ist als das des zu schützenden Objekts (beispielsweise Magnesium, E” = —2.36V). Das Magnesium wirkt dann als Opferanode, gibt seine Elektronen an das Eisen ab und wird dabei selbst oxidiert (Abb. 25-21a). Das kostet zwar ein wenig Geld, aber ein Block Magnesium, der von Zeit zu Zeit zu erneuern ist, ist sehr viel billiger als das Schiff, das Gebäude oder die Pipeline, die er auf diese Weise vor Korrosion bewahrt. Beim aktiven kathodischen Korrosionsschutz (Abb. 25-21b) werden von einer äußeren Stromquelle Elektronen zur Verfügung gestellt, die anstelle der Elektronen des Eisens an Reduktionsreaktionen im umgebenden Medium teilnehmen. Tabelle 25-7 Zusammenstellung gebräuchlicher Abkürzungen

Magnesium .

Abb. 25-51

(a) Beim kathodischen Korro-

sionsschutz wird eine Anode aus einem unedleren Metall geopfert, um die Unver-

sehrtheit des geschützten Objekts (z.B. einer Pipeline, einer Brücke oder eines

Schiffes) sicherzustellen. (b) Beim aktiven kathodischen Korrosionsschutz werden

von einer äußeren Stromquelle Elektronen zur Verfügung gestellt, sodass das Objekt selbst nicht oxidiert wird. Die gestrichelte Linie deutet den durch das umgebende Medium geschlossenen Stromkreis an.

AES AFM BET isotherm

Auger electron spectroscopy Atomic force microscopy Brunauer-Emmett-Teller isotherm

Auger-Elektronenspektroskopie Kraftmikroskopie

BRIS

Electron energy-loss spectroscopy Eley-Rideal mechanism Electron spectroscopy for chemical analysis

Elektron-Enenergieverlustspektroskopie Eley-Rideal-Mechanismus Elektronenemissionsspektroskopie für chemische Untersuchun-

ER mechanism ESCA

Brunauer-Emmett-Teller-Isotherme

gen FIM

Field-ionization microscopy High-resolution electron energy-loss spectroscopy

Feldionenmikroskopie Hochauflösende Elektron-Enenergieverlustspektroskopie

LH mechanism RAIRS SAM

Low-energy electron diffraction Langmuir-Hinshelwood mechanism Reflection-absorption infrared spectroscopy Scanning Auger eletron microscopy

SEM SERS

Scanning electron microscopy Surface-Enhanced Raman Scattering

SEXAFS

Surface-extended X-ray absorption fine-structure spectroscopy

SHG SIMS SNMS SPM STM TDS NAD UHV UPS

Second harmonic generation Secondary ion mass spectrometrie Secondary neutral particle mass spectrometry Scanning probe microscopy Scanning tunneling microscopy Thermal desorption spectroscopy Temperature programmed desorption Ultra high vacuum Ultraviolet photoemission spectroscopy

Beugung energiearmer Elektronen Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus Reflexions-Absorptions-Infrarotspektroskopie Raster-Auger-Elektronenmikroskopie Rasterelektronenmikroskopie Oberflächenverstärkte Raman-Streuung Auf Oberflächen ausgeweitete RöntgenabsorptionsfeinstrukturSpektroskopie Oberwellenerzeugung Sekundärionen-Massenspektrometrie Sekundärneutralteilchen-Massenspektrometrie Rastersondenmikroskopie Rastertunnelmikroskopie thermische Desorptionsspektroskopie temperaturprogrammierte Desorptionsspektroskopie Ultrahochvakuum | UV-Photoelektronenspektroskopie

XPS

X-ray photoemission spectroscopy

Röntgen-Photoelektronenspektroskopie

HREELS LE12D)

25

1054

Prozesse an festen Oberflächen

Das Wichtigste auf einen Blick ll; Adsorption ist das Anhaften von Molekülen auf einer Oberfläche: die adsorbierte Substanz ist das Adsorbat, das adsor-

bierende Material ist Adsorbens oder Substrat. Das Gegenstück zur Adsorption ist die Desorption. . Mithilfe der kinetischen Gastheorie lässt sich berechnen, wie

viele Moleküle pro Zeiteinheit und pro Flächeneinheit bei einem Gasdruck p auf einer Oberfläche auftreffen:

Zu = p/(2nmkT)"”. . Verfahren zur Untersuchung der Oberflächenzusammensetzung und -struktur sind u.a. die Rasterelektronenmikroskopie (SEM), die Rastertunnelmikroskopie (STM) bzw. allgemeiner Rastersondenmikroskopie (SPM), die Photoemissionsspektroskopie, die Sekundärionenmassenspektroskopie (SIMS), die oberflächenverstärkte Raman-Streuung (SERS), die Auger-Elektronenspektroskopie (AES), die Beugung energiearmer Elektronen (LEED) sowie die Molekularstrahlstreuung. . Der Bedeckungsgrad d ist das Verhältnis von besetzten zu überhaupt vorhandenen Adsorptionsstellen.

. Verfahren zur Untersuchung der Geschwindigkeit von Oberflächenprozessen sind die Schockdesorption, Untersuchungen mit Biosensoren, Oberwellenerzeugung (SHG), die Gravimetrie mithilfe einer Schwingquarzwaage sowie die reaktive Molekularstrahlstreuung. . Physisorption ist eine Adsorption durch eine Van-der-WaalsWechselwirkung; Chemisorption ist eine Adsorption aufgrund der Bildung einer chemischen (typischerweise kovalenten) Bindung. . Die Langmuir-Isotherme ist ein Zusammenhang zwischen

dem Bedeckungsgrad und dem Partialdruck des Adsorbats: 0=KP(1+Kp). . Die isosterische Adsorptionsenthalpie bestimmt man aus einer Auftragung von In K gegen 1/T. . Die BET-Isotherme ist anwendbar, wenn Mehrschichtenadsorption möglich ist: V/V ons = ez/(1 zy{1-(1-c)z}

mitz= p/p*.

. Die Adsorptionswahrscheinlichkeit s ist der Anteil der Zusammenstöße von Molekülen oder Atomen mit der Ober-

fläche, die letztlich zu einer Adsorption führen. 11. Die Desorption ist ein aktivierter Prozess mit einer Halb-

wertszeit der Form t,,, = ty ef®/RT; die Aktivierungsenergie der Desorption wird durch temperaturprogrammierte Desorptionsspektroskopie (TPD) oder thermische Desorptionsspektroskopie (TDS) bestimmt.

. Nach dem Langmuir-Hinshelwood-Mechanismus (LH-Mechanismus) von oberflächenkatalysierten Prozessen findet die Reaktion durch das Zusammentreffen von an der Oberfläche adsorbierten Molekülfragmenten und Atomen statt.

. Nach dem Bey-Rideal-Mechanismus (ER-Mechanismus) von oberflächenkatalysierten Prozessen stößt ein Molekül aus der Gasphase mit einem anderen, bereits an der Oberfläche adsorbierten Molekülen zusammen.

. Eine elektrische Doppelschicht besteht aus einer dünnen positiv geladenen Schicht auf der Oberfläche einer Elektrode, die von einer dünnen negativ geladenen Schicht in der Elektrolytlösung umgeben ist (oder umgekehrt). . Die Galvani-Potenzialdifferenz ist die Potenzialdifferenz zwischen dem Volumen der metallischen Elektrode und dem

Inneren der Elektrolytlösung. . Modelle der elektrischen Doppelschicht sind das HelmholtzSchichtmodell und das Gouy-Chapman-Modell.

. Die Stromdichtej an einer Elektrode wird durch die ButlerVolmer-Gleichung beschrieben: j = ju[ ef" — e“"}. Dabei ist = E’ — E die Überspannung, a ist der Durchtrittsfaktor undj, die Austauschstromdichte. . Ein Tafel-Diagramm ist eine Auftragung vom Logarithmus der Stromdichte gegen das Überpotenzial. Aus der Steigung liest man den Wert von a, aus dem Achsenabschnitt bei

n = O die Austauschstromdichte ab.

. Voltammetrie ist die Untersuchung des Stroms durch eine Elektrode als Funktion der angelegten Potenzialdifferenz. Experimentelle Verfahren sind die lineare Voltammetrie, die

differenzielle Pulse-Voltammetrie und die zyklische Voltammetrie.

20. Um einen Stromfluss durch eine Zelle hervorzurufen und eine nicht spontan ablaufende Reaktion ablaufen zu lassen muss die angelegte Potenzialdifferenz die Urspannung der

Zelle um mindestens die Zellüberspannung übersteigen. 21% Der Korrosionsstrom ist proportional zur Geschwindigkeit,

mit der die Metallionen während eines Korrosionsvorgangs eine Metalloberfläche im anodischen Bereich verlassen.



Zusatzinformationen na

1055

Literatur

Lehrbücher und interessante Artikel

A.W. Adamson, A. Gast, Physical chemistry of surfaces. Wiley, New York 1997.

A.). Bard, L.R. Faulkner, Electrochemical methods: fundamentals

and applications. Wiley, New York 2000. J. O’M. Bockris, R. E. White, B. E. Conway (Hrsg.) , Modern aspects of electrochemistry Vol. 33. Plenum, New York 1999.

G. Ertl, H. Knözinger, J. Weitkamp, Handbook of heterog enous catalysis. VCH, Weinheim 1997.

M.G. Fontanna, R. W. Staehle (Hrsg.), Advances in corrosio n science and technology. Plenum, New York 1980.

C.H. Hamann, W. Vielstich, A. Hammett, Electrochemistry . WileyVCH, Weinheim

1998.

J. €. Linden, G.E. Tranter, J.). Holmes (Hrsg.), Encyclopedia of

N. Mizuno, M. Misono, Heterogenous catalysis. Chem. Rev. 98, (1993), 199. G.A. Somorjai, Modern surface science and surface technolo gies: an introduction. Chem. Rev. 96, (1996), 1223. C.D.S. Tuck, Modern battery construction. Ellis Horwood, New York 1991. J. Vickerman, Surface analysis techniques and applications. Wiley, New York 1997. Nachschlagewerke C. M.A. Brett, A.M.O. Brett, Electrode Potentials. Oxford ChemiStry Primers, Oxford University Press, Oxford 1998,

D. Linden (Hrsg.), Handbook ofbatteries and cells. MceGraw-Hill, New York 1984.

Spectroscopy and Spectrometry. Academic Press, San Diego 2000.

Zusatzinformationen

Zusatzinformation 25-1: Der Zusammenhang zwischen Elektrodenpotenzial und Galvani-Potenzial Um die Beziehung zwischen Ad und E zu erläutern, betrachten

wir die Zelle Pt|H, (g) |H* (aq) ||M* (aq) |M (s) mit ihren Halbreaktionen

M’ (ag)te”—M(s)

und

ArGı = a(M) — {A(M*) +ü(e”)}

= zu(M) — {u(M*) + FL + le) - Fou) = uu(M) - u(M*) le”) + FAQ.

H*(aq)+te” —!H,(g).

Die Freien Reaktionsenthalpien dieser Halbreaktionen lassen sich durch die chemischen Potenziale .ı der beteiligten Teilchen ausdrücken. Dabei müssen wir jedoch berücksichtigen, dass die Teilchen sich in Phasen mit unterschiedlichen elektrischen Poten-

zialen befinden. Ein Kation besitzt in einer Region mit positivem elektrischen Potenzial ein höheres chemisches Potenzial (es ist im thermodynamischen Sinn aktiver) als in einer Region mit einem elektrischen Potenzial von null (oder einem negativen Potenzial). Wir müssen nun den Beitrag des elektrischen Potenzials zum chemischen Potenzial eines Teilchens berechnen. Um eine Ladung ze an einen Punkt mit dem elektrischen Potenzial & zu bringen, müssen wir die Arbeit w. = ze d aufwenden, pro Mol lonen also w. = zF &, wobei F die Faraday-Konstante ist. Bei konstanter Temperatur ist die maximale elektrische Arbeit, die eine Zelle leisten kann, gleich der Änderung der Freien Enthalpie (Abschnitt 7.3.3). Folglich ist die Differenz des chemischen Potenzials eines lons mit und ohne elektrisches Potenzial gleich zF & Das chemische Potenzial eines lons in Anwesenheit eines elektrischen Feldes wird als elektrochemisches Potenzial bezeichnet. Es folgt B=H-ZFo.

beteiligten Teilchen schreiben. Die Kationen M* befinden sich in der Lösung mit dem Galvani-Potenzial &,, die Elektronen in der Elektrode mit dem Galvani-Potenzial &,,. Somit erhalten wir

(25-68)

Dabei ist.u das chemische Potenzial eines Teilchens in Abwesenheit eines elektrischen Potenzials. Fürz = 0 (ein ungeladenes Teilchen) ist das elektrochemische gleich dem chemischen Potenzial. Nun können wir die Freien Reaktionsenthalpien der beiden Halbreaktionen als Funktion der elektrochemischen Potenziale aller

Hierbei bedeutet Ad, die Galvani-Potenzialdifferenz der ersten Halbreaktion. Entsprechend befinden sich in der zweiten Halbreaktion die Elektronen in der Platinelektrode bei einem Potenzial &p, und die H'-lonen in der Lösung bei einem Potenzial &.: 1

Eee

ArG, = Zah) — {Z(H*) +z(e)} —

1 zA(H,) = aiH”)

- ale”) + FAQ;.

Dabei bedeutet Ad, = d,, — $, die Galvani-Potenzialdifferenz an der zweiten Elektrode.

Die Gesamtänderung der Freien Enthalpie bei dieser Reaktion ist ArGı —- ArG, = u(M) = AG

+ u(H") +F(Ad,

u(M”)

1

zu(H2) + F(Ad, — Ad,)

Ad,).

Dabei ist ARG die Freie Reaktionsenthalpie der Zellreaktion. Wenn die Zelle mit einem äußeren Potenzial so kompensiert wird, dass gerade kein Strom fließt, so befindet sich das System im Gleichgewicht. Die Gesamtänderung der Freien Enthalpie ist dann null. Beachten Sie, dass sich die Zellreaktion selbst dabei nicht im Gleichgewicht befinden muss; vielmehr wird das Bestre-

ben der Zellreaktion, die Zusammensetzung ändern, durch die äufgere Spannung gerade das System insgesamt (also mit der äußeren im Gleichgewicht ist. Wir erhalten dann aus chung 0=ARG+F(AD,

-AQ,)

,

des Systems zu verausgeglichen, sodass Spannnungsquelle) der letzten Glei-

25

1056

Prozesse an festen Oberflächen

Dieses Ergebnis vergleichen wir nun mit dem in Abschnitt 7.7

genau das Ergebnis, das wir haben wollten, denn aus dieser Gle ichung folgt, dass sich die Galvani-Potenzialdifferenz jeder E lektrode höchstens um eine Konstante vom Elektrodenpotenz ial unterscheiden kann; diese Konstante fällt heraus, wenn

erhaltenen, nach dem gilt A,G = -FE und E = E, — E.. So fin-

wir die Differenz zweier Potenziale bilden.

Das ist

was sich umformen lässt zu

MG= -F(AG, -Ab,)..

(25-69)

den wir schließlich (unter Vernachlässigung aller Effekte von Übergangspotenzialen zwischen Metall/Platin und der Elektrolytlösung, die in einer realen Zelle auftreten können) Ei

END

ENDyE

(25-70)

Diskussionsfragen 25.1

(a) Wie unterscheiden sich eine Stufe und eine Ebene? (b) Beschreiben Sie, wie Stufen und Ebenen durch Versetzungen gebildet werden.

Erklären Sie die Abhängigkeit der katalytischen Aktivität einer Oberfläche auf die Stärke der Chemisorption, wie sie in Abb. 25-28 zu sehen ist.

(a) Beschreiben Sie Vorzüge und Grenzen der spektroskopischen Verfahren, die mit den Abkürzungen AES,

Diskutieren Sie die einzigartigen physikalischen und chemischen Eigenschaften von Zeolithen, die sie für die heterogene Katalyse besonders geeignet machen.

EELS, HREELS, RAIRS, ESRS, SEXAFS, SHG, UPS und

XPS bezeichnet werden. (b) Beschreiben Sie die Vorzüge und Grenzen der mikroskopischen Verfahren, die mit den

(a) Diskutieren Sie die wesentlichen Aspekte des Aufbaus der elektrischen Doppelschicht. (b) Erläutern Sie den Unterschied zwischen der elektrischen Doppelschicht und der Nernst’schen Diffusionsschicht.

Abkürzungen AFM, FIM, SAM, SEM und STM bezeichnet

werden. Was ist LEED? Welche Molekularstrahltechniken kennen Sie?

25.3

Erklären Sie die einzelnen Terme und die Gültigkeitsgrenzen der folgenden Ausdrücke: (a)j = jafm, (b)j = ne!" und (c) j= pe".

Geben Sie die Unterschiede zwischen folgenden Adsorptionsisothermen an: Langmuir-, BET-, Temkin- und Freundlich-Isotherme.

Betrachten Sie Daten, die bei der Auswertung der Oberflächenplasmonenresonanz anfallen (etwa bei Untersuchun-

—.

gen mit Biosensoren) und diskutieren Sie, wie man

anhand einer Auftragung von au/R,, gegen a, die Größen 25.5

Diskutieren Sie das Verfahren der zyklischen Voltammetrie und erklären Sie die typische Form eines zyklischen Voltammograms, wie es beispielsweise in den Abb. 25-45 und Abb. 25-46 zu sehen ist.

Ra, und K bestimmen kann.

2a)

Beschreiben Sie die wesentlichen Merkmale des Langmuir-Hinshelwood-, des Eley-Rideal- und des Mars-vander-Krevelen-Mechanismus für oberflächenkatalysierte

Diskutieren Sie das Funktionsprinzip einer Brennstoffzelle.

259102

Diskutieren Sie die chemische Ursache von Korrosion und von wirksamen Maßnahmen, sie zu unterbinden.

Reaktionen.

Leichte Aufgaben A25.la

Berechnen Sie die Häufigkeit der Stöße von Molekülen pro Quadratzentimeter Oberfläche in einem Behälter, der (a) Wasserstoff oder (b) Propan enthält. Die Temperatur beträgt 25 °C, der Druck ist (i) 100 Pa oder (ii)

A25.3a

0,10 uTorr.

A25.1b

Berechnen Sie die Häufigkeit der Stöße von Molekülen pro Quadratzentimeter Oberfläche in einem Behälter, der (a) Stickstoff oder (b) Methan enthält. Die Temperatur beträgt 25 °C, der Druck ist (i) 10.0 Pa oder (ii)

chenzentrierte Struktur mit einer Gitterkonstante von 36] pm. A25.3b

0,150 uTorr.

A25.2a

Welcher Argondruck ist erforderlich, damit auf einer kreisrunden Oberfläche von 1.5 mm Durchmesser bei 425 K eine Stoßzahl von 4.5 x 102° Ss! erzielt wird?

A25.2b

Welcher Stickstoffdruck ist erforderlich, damit auf einer kreisrunden Oberfläche von 2.0 mm Durchmesser bei 525 Keine Stofßzahl von 5.0 x 10° s' erzielt wird?

Berechnen Sie die mittlere Häufigkeit der Stöße von Heliumatomen mit den Atomen in.der (100)-Fläche von metallischem Kupfer bei einer Temperatur von 80 K und einem Gasdruck von 35 Pa. Kupfer hat eine kubisch flä-

Berechnen Sie die mittlere Häufigkeit der Stöße von Heliumatomen mit den Atomen in der (100)-Fläche von metallischem Eisen bei einer Temperatur von 100 K und einem Gasdruck von 24 Pa. Eisen hat eine kubisch raumzentrierte Struktur mit einer Gitterkonstante von

145 pm.

A25.4a

An 1.00g eines Fe/Al,O,-Katalysators ist bei 77 K (dem Siedepunkt von flüssigem Stickstoff) eine Monolage N, adsorbiert. Beim Erwärmen desorbiert der Stickstoff und

nimmt bei 0°C und 760 Torr ein Volumen von 2.86 cm?

Leichte" Aufgaben ein. Der effektive Platzbedarf eines N,-Mo leküls beträgt 0.165 nm?. Wie groß ist die Oberfläche des Katalysators? A25.4b

A25.5a

An 1.008 eines Fe/Al,O,-Katalysators ist bei 77 K (dem Siedepunkt von flüssigem Stickstoff) eine Monol age CO adsorbiert. Beim Erwärmen desorbiert der Sticks toff und nimmt bei 0°C und 1.00 bar ein Volumen von 4.25 cm? ein. Der effektive Platzbedarf eines CO-Molekül s beträgt 0.165 nm?. Wie groß ist die Oberfläche des Katalys ators? Bei 0°C und 142.4 Torr wird an der Oberfläche einer Probe

von 1.008 Siliciumdioxid ein Volumen von 0.284 cm?

Sauerstoff adsorbiert, bei 760 Torr aber 1.430 cm? (die

Volumina sind auf 0°C und 101 kPa korrigiert). Wie groß ISO Mono *

A25.5b

Bei 0°C und 52.4 kPa wird an der Oberfläche einer Probe von 1.508 Siliciumdioxid ein Volumen von 1.60. cm? eines Gases adsorbiert, bei 104 kPa aber 2.73 cm? (die

Volumina sind auf 20°C und 1.00 bar korrigiert). Wie groß ist Vyono?

Die Enthalpie der Adsorption von CO an einer Oberfläche beträgt —120 k) mol-'. Schätzen Sie ab, wie lange ein CO-Molekül bei 400 K an der Oberfläche adsorbiert bleibt. Die Enthalpie der Adsorption von Ammoniak an einer Oberfläche beträgt —155 kJ) mol"'. Schätzen Sie ab, wie lange ein NH;-Molekül bei 500 K an der Oberfläche adsorbiert bleibt. A25.7a

Ein Sauerstoffatom bleibt auf einer Wolframoberfläche bei 2548 K im Mittel 0.36 s und bei 2362 K im Mittel 3.49 s adsorbiert. Wie groß ist die Aktivierungsenergie der Desorption? Wie groß ist der präexponentielle Faktor für diese stark chemisorbierten Atome?

A25.7b

Die Chemisorption von Wasserstoff auf Mangan weist eine (kleine) Aktivierungsenergie auf. Genaue Messungen haben gezeigt, dass sie bei 1000 K 35% schneller verläuft als bei 600 K. Wie groß ist die Aktivierungsenergie?

A25.8a

Die Adsorption eines Gases an einer Oberfläche wird bei 25 °C durch eine Langmuir-Isotherme mit K = 0.85 kPa' beschrieben. Bei welchem Druck beträgt der Bedeckungsgrad (a) 0.15 und (b) 0.95?

A25.8b

A25.9a

Die Adsorption eines Gases an einer Oberfläche wird bei 25 °C durch eine Langmuir-Isotherme mit K = 0.777 kPa" beschrieben. Bei welchem Druck beträgt der Bedeckungsgrad (a) 0.20 und (b) 0.75? Eine feste Probe adsorbiert 0.44 mg CO bei einem Druck von 26.0 kPa und einer Temperatur von 300 K. Bei einem Druck von 3.0 kPa und der gleichen Temperatur werden

0.19 mg adsorbiert. Die Adsorption wird durch eine Langmuir-Isotherme beschrieben. Wie groß ist der Bedeckungsgrad bei beiden Drücken? A25.9b

Eine feste Probe adsorbiert 0.63 mg CO bei einem Druck von 36.0 kPa und einer Temperatur von 300.K. Bei einem Druck von 4.0 kPa und der gleichen Temperatur werden

0.21 mg adsorbiert. Die Adsorption wird durch eine

1057

Langmuir-Isotherme beschrieben. Wie groß ist der Bedeckungsgrad bei beiden Drücken? A25.10a Wie lange bleibt im Mittel ein Wasserstoffatom auf einer Oberfläche bei 298 K adsorbiert, wenn die Aktivierungsenergie der Desorption (a) 15 k)mol-! und (b) 150 k] mol” beträgt? Verwenden Sie den Wert To = 0.10 ps. Wie lange bleibt dasselbe Atom bei 1000 K adsorbiert? A25.10b Wie lange bleibt im Mittel ein Atom auf einer Oberfläche bei 298 K adsorbiert, wenn die Aktivierungsenergie der Desorption (a) 20 k) mol“ und (b) 200 k) mol-' beträgt? Verwenden Sie den Wert 7, = 0.12 ps. Wie lange bleibt dasselbe Atom bei 800 K adsorbiert? A25.11a Ein Festkörper, der mit einem Gas bei 12 kPa und 25 °C in Kontakt steht, adsorbiert 2.5 mg des Gases. Die Adsorption wird durch eine Langmuir-Isotherme beschrieben. Die Änderung der Enthalpie bei der Desorption von 1.00 mmol des adsorbierten Gases beträgt +10.2). Bei welchem Gleichgewichtsdruck sind 2.5 mg des Gases bei 40 °C adsorbiert? A25.11b Ein Festkörper, der mit einem Gas bei 8,86 kPa und 25 °C in Kontakt steht, adsorbiert 4,67 mg des Gases. Die

Adsorption wird durch eine Langmuir-Isotherme beschrieben. Die Änderung der Enthalpie bei der Desorption von 1.00 mmol des adsorbierten Gases beträgt 412.2). Bei welchem Gleichgewichtsdruck sind 2.5 mg des Gases bei 45 °C adsorbiert? A25.12a lodwasserstoff (HI) wird auf Gold sehr stark, auf Platin dagegen nur schwach adorbiert. Nehmen Sie an, dass die Adsorption jeweils durch eine Langmuir-Isotherme beschrieben wird, und geben Sie die Reaktionsordnung

der Zersetzung auf jeder der beiden Metalloberflächen an.

A25.12b Angenommen, die Adsorption von Ozon auf einer bestimmten Oberfläche wird durch eine Langmuir-Isotherme beschrieben. Wie können Sie aus der Druckabhängigkeit des Bedeckungsgrads zwischen Adsorption (a) ohne Dissoziation, (b) mit Dissoziation in O, + O und (c) mit Dissoziation nO +0 + O unterscheiden? A25.13a Bei 490 kPa und 190 K werden an Aktivkohle 0.921 cm’ g"' Stickstoff adsorbiert. Bei 250 K ist ein Druck von 3.2 MPa notwendig, um die gleiche Menge zu adsorbieren. Wie groß ist die molare Enthalpie der Adsorption von Stickstoffan Aktivkohle? A25.13b Bei 350 kPa und 180 K werden an einer Oberfläche 1.242 cm? g"' Stickstoff adsorbiert. Bei 240 K ist ein Druck von 1.02 MPa notwendig, um die gleiche Menge zu adsorbieren. Wie groß ist die molare Enthalpie der Adsorption von Stickstoffan dieser Oberfläche? A25.14a Bei der Untersuchung der Adsorption von Sauerstoffan Wolfram wurde festgestellt, dass bei 13856 K in 27 min das gleiche Volumen Sauerstoff desorbiert wurde wie bei 1978 K in 2 min. Wie groß ist die Aktivierungsenergie der Desorption? Wie lange würde es dauern, bis die gleiche Menge (a) bei 298 K und (b) bei 3000 K desorbiert ist?

25

1058

Prozesse an festen Oberflächen

A25.]4b Bei der Untersuchung der Adsorption von Ethen an Eisen

wurde festgestellt, dass bei 873 K in 1856 s das gleiche Gasvolumen desorbiert wurde wie bei 1012 K in 8.44 s. Wie groß ist die Aktivierungsenergie der Desorption? Wie lange würde es dauern, bis die gleiche Menge (a) bei 298 K und (b) bei 1500 K desorbiert ist? A25.15a Das Helmholtz-Modell der elektrischen Doppelschicht entspricht einem Plattenkondensator mit parallelen Platten. Die Potenzialdifferenz zwischen den beiden einzelnen Schichten ist Ab = od/&, wobei d der Abstand der Schichten und ao die Oberflächenladungsdichte ist. Nehmen Sie an, dass dieses Modell für konzentrierte Salzlösungen gilt, und berechnen Sie die Stärke des elektrischen Feldes an der Oberfläche von Siliciumdioxid in einer 5.0-molaren wässrigen Lösung von NaCl; die Oberflächenladungsdichte beträgt 0.10 Cm ?. Die relative Dielektrizitätskonstante bei 21 °C ist 48. A25.15b Wiederholen Sie die Rechnungen der vorangegangenen Aufgabe und geben Sie die Stärke des elektrischen Felds auf der Oberfläche einer Siliciumdioxidprobe in 4.5-molarer wässriger NaCl-Lösung an. Die Oberflächenladungsdichte soll 0.12 Cm ? betragen. A25.16a Der Durchtrittsfaktor einer Elektrode im Kontakt mit M’* und M“* in wässriger Lösung bei 25 °C beträgt 0.39. Bei einer Überspannung von 125 mV wird eine Stromdichte von 55.0 mAcm? gemessen. Welche Überspannung ist erforderlich, um eine Stromdichte von 75 mAcm ? zu

erreichen?

A25.16b Der Durchtrittsfaktor einer Elektrode im Kontakt mit M?* und M’* in wässriger Lösung bei 25 °C beträgt 0.42. Bei einer Überspannung von 105 mV wird eine Stromdichte von 17.OmAcm? gemessen. Welche Überspannung ist erforderlich, um eine Stromdichte von 72 mA cm? zu

erreichen?

A25.17a Bestimmen Sie aus den in Aufgabe 25.16a angegebenen Daten die Austauschstromdichte. A25.17b Bestimmen Sie aus den in Aufgabe 25.16b angegebenen Daten die Austauschstromdichte. A25.18a Nach einer Faustregel ist bei einer Elektrolyse nur dann eine signifikante Gasentwicklung oder Abscheidung zu beobachten, wenn die Überspannung mehr als etwa 0.6V beträgt. Bestimmen sie, um dieses Kriterium zu

veranschaulichen, den Effekt, den eine Erhöhung der Überspannung von 0.40V auf 0.60V auf die Stromdichte bei der Elektrolyse von 1.0-molarer wässriger NaOHLösung hat. Bei einer Überspannung von 0.4V und 25 °C ist die Stromdichte 1.0 mA cm ?. Verwenden Sie =

08).

A25.18b Bestimmen sie den Effekt, den eine Erhöhung der Überspannung von 0.50V auf 0.60 V auf die Stromdichte bei der Elektrolyse von 1.0-molarer wässriger NAOH-Lösung hat. Bei einer Überspannung von 0.5 V und 25 °C ist die Stromdichte 1.22 mA cm ?. Verwenden Sie a = 0.5. A25.19a Verwenden Sie die Daten aus Tabelle 25-6 für die Austauschstromdichte und den Durchtrittsfaktor der Reaktion 2H* +2e” — H, auf Nickel bei 25 °C, um zu berechnen, bei welcher Stromdichte man eine Über-

spannung von 0.20 V erreicht. Verwenden Sie für Ihre Rechnung (a) die Butler-Volmer-Gleichung und (b) die

Tafel-Gleichung. Ist die Tafel-Näherung bei höheren Überspannungen gültig (0.4V und mehr)? A25.19b Verwenden Sie die Daten aus Tabelle 25-6 für die Austauschstromdichte und den Durchtrittsfaktor der Reaktion Fe? + te — Fe?* auf Platin bei 25 °C, um zu berechnen, bei welcher Stromdichte man eine Über-

spannung von 0.30V erreicht. Verwenden Sie für Ihre Rechnung (a) die Butler-Volmer-Gleichung und (b) die Tafel-Gleichung. Ist die Tafel-Näherung bei höheren Überspannungen gültig (0.4 Vund mehr)?

A25.20a Schätzen Sie die Grenzstromdichte einer Elektrode ab, die

bei 25 °C mit einer Ag*-Lösung der Konzentration 2.5 mmol dm! im Kontakt steht. Die Nernst’sche Diffusionsschicht ist 0.40 mm dick. Die lonenleitfähigkeit der Ag*-lonen bei 25 °C beträgt bei unendlicher Verdünnung 6.19 mS m? mol”. A25.20b Schätzen Sie die Grenzstromdichte einer Elektrode ab, die

bei 25 °C mit einer Mg?*-Lösung der Konzentration 1.5 mmol dm" im Kontakt steht. Die Nernst’sche Diffusionsschicht ist 0.32 mm dick. Die lonenleitfähigkeit der Mg?*-lonen bei 25 °C beträgt bei unendlicher Verdünnung 10.60 mS m? mol”. A25.21a Eine 0.10-molare wässrige Lösung von CdSO, wird mit einer Stromdichte von 1.00 mAcm ? zwischen einer Cadmiumkathode und einer Platinanode elektrolysiert. Die Wasserstoff-Überspannung beträgt 0.60 V. Bei welcher Konzentration von Cd?* beginnt an der Kathode die Entwicklung von Wasserstoff? Nehmen Sie an, dass alle Aktivitätskoeffizienten gleich eins sind. A25.21b Eine 0.10-molare wässrige Lösung von FeSO_4 wird mit einer Stromdichte von 1.50 mAcm "? zwischen einer Magnesiumkathode und einer Platinanode elektrolysiert. Die Wasserstoff-Überspannung beträgt 0.60 V. Bei welcher Konzentration von Fe?* beginnt an der Kathode die Entwicklung von Wasserstoff? Nehmen Sie an, dass alle

Aktivitätskoeffizienten gleich eins sind. A25.22a Ein typischer Wert für eine Austauschstromdichte (für die Entladung von H* an Platin) bei 25 °C ist 0.79mAcm*. Wie groß ist die Stromdichte an einer Elektrode, wenn

die Überspannung (a) 10 mV, (b) 100 mV und (c) -5.0V beträgt? Verwenden Sie a = 0.5. A25.22b Die Austauschstromdichte für eine Pt |Fe’*, Fe?*-Elektrode beträgt 2.5 mAcm*. Ihr Standardpotenzial ist +0.77V. Berechnen Sie den Strom durch eine Elektrode mit einer Oberfläche von 1.0 cm? als Funktion des Elektrodenpotenzials. Nehmen Sie für beiden lonen eine Aktivität von eins an. A25.23a Nehmen Sie an, dass die in der vorangegangenen Aufgabe beschriebene Elektrode auf ein Potenzial von 1.0 V gebracht wird. Die Austauschstromdichte ist 6.0 x10 *Acm, der Durchtrittsfaktor ist a = 05.

Berechnen Sie den Strom für ein Verhältnis der Aktivitäten a(Fe?*)/a(Fe**) von 0.1 bis 10.0 bei 25 °C. A25.23b Nehmen Sie an, dass eine Elektrode auf ein Potenzial von

0.5 V gebracht wird. Berechnen Sie den Strom für ein Verhältnis der Aktivitäten a(Cr’*)/a(Cr?*) von 0.1 bis 10.0 bei 25 °C.

Schwerer€ Aufgaben A25.24a Welche Überspannung ist erforderlich, um an einer Pt| Fe’*, Fe?*-Elektrode einen Strom von 20 mA zu erreichen, wenn die Aktivitäten beider Ionen 0.1 sind? Die Elektrode hat eine Oberfläche von 1.0cm?. A25.24b Welche Überspannung ist erforderlich, um an einer Pt|Ce‘*, Ce?*-Elektrode einen Strom von 15 mA zu erreichen, wenn die Aktivitäten beider Ionen 0.1 sind?

Die Elektrode hat eine Oberfläche von 1.0cm?.

A25.25a Wie viele Elektronen oder Protonen werden pro Sekunde durch die Doppelschicht transportiert, wenn sich die Pt|H, |H*-, Pt| Fe’*, Fe?*- und die Pb |H, |H*-Elektroden bei 25 °C im Gleichgewicht befinden? Verwenden Sie jeweils eine Fläche von 1.0 cm?. Wir oft nimmt jedes Atom in der Oberfläche pro Sekunde an einem Elektronentransfer teil, wenn ein Atom in der Oberfläche eine

Fläche von (280 pm)? einnimmt?

A25.25b Wie viele Elektronen oder Protonen werden pro Sekunde durch die Doppelschicht transportiert, wenn sich die Cu |H, |H*-, und die Pt| Ce‘, Ce’*-Elektroden bei 25 °C im Gleichgewicht befinden? Verwenden Sie jeweils eine Fläche von 1.0 cm?. Wir oft nimmt jedes Atom in der Oberfläche pro Sekunde an einem Elektronentransfer teil, wenn ein Atom in der Oberfläche eine Fläche

von (260 pm)? einnimmt? A25.26a Wie groß ist der effektive Widerstand einer Elektrodenoberfläche bei 25 °C, wenn die Überspannung klein ist? Berechnen Sie den Wert für 1.0 cm? für (a) Pt|H, |H*und (b) Hg|H; |H*-Elektroden. A25.26b Berechnen Sie den effektiven Widerstand einer Elektrodenoberfläche von 1.0 cm? bei 25 °C für

(a) Pb |H, |H*- und (b) Pt| Fe*? |Fe’*-Elektroden.

A25.28a Unter welchen Bedingungen kann ein Metall bei 293 K aus einer sauren wässrigen Lösung abgeschieden werden, bevor eine merkliche Wasserstoffentwicklung eintritt? Warum kann Silber aus wässrigem Silbernitrat abgeschieden werden? A25.28b Die Überspannung von WasserstoffanCadmiumelektroden beträgt bei Stromdichten von ImAcm? etwa 1 V. Warum kann Cadmium aus wässriger Cadmiumsulfatlösung abgeschieden werden?

A25.29a Die Austauschstromdichte für die Entladung von Wasserstoffan Zink beträgt ungefähr 50pAcm 2. Kann Zink aus einer wässrigen Lösung eines Zinksalzes mit einer Aktivität der Zinkionen von eins abgeschieden werden?

A25.29b Das Standardpotenzial der Zn |Zn?*-Elektrode bei 25 °C beträgt —0.76 V. Die Austauschstromdichte für die Entladung von H" an Platin beträgt 0.79 mAcm?. Kann Zink bei dieser Temperatur auf Platin abgeschieden werden? (Verwenden Sie Aktivitäten von eins.) A25.30a Kann Magnesium bei 25 °C aus einer sauren wässrigen Lösung der Aktivität eins auf einer Zinkelektrode abgeschieden werden? A25.30b Kann Eisen bei 25 °C aus einer sauren wässrigen Lösung

der Aktivität eins auf einer Kupferelektrode abgeschieden werden? A25.31a Berechnen Sie die maximale Potenzialdifferenz (im stromlosen Zustand) einer Nickel-Cadmium-Zelle und die maximale Leistungsabgabe, wenn bei 25 °C ein Strom von 100 mA entnommen wird. A25.31b Berechnen Sie die maximale Potenzialdifferenz (im stromlosen Zustand) eines Bleiakkumulators und die maximale Leistungsabgabe, wenn bei 25 °C ein Strom von

A25.27a Was passiert, wenn eine Platinelektrode in einer wässrigen

100 mA entnommen wird.

Lösung, die sowohl Cu?*- als auch Zn?*-lIonen enthält,

als Kathode einer Elektrolysezelle geschaltet wird? Die Aktivitätskoeffizienten sollen jeweils eins sein. A25.27b Was passiert, wenn eine Platinelektrode in einer wässrigen

A25.32a Die Korrosionsstromdichte j.,,, einer Eisenanode beträgt 1.0Acm?. Wie groß ist die Korrosionsgeschwindigkeit in Millimetern pro Jahr? Nehmen Sie dabei eine gleich-

mäfgige Korrosion an.

Lösung, die sowohl Fe?'- als auch Ni?*-Ionen enthält,

als Kathode einer Elektrolysezelle geschaltet wird? Die Aktivitätskoeffizienten sollen jeweils eins sein.

1059

A25.32b Die Korrosionsstromdichte j,,,, einer Zinkanode beträgt 2.0 Acm ?. Wie groß ist die Korrosionsgeschwindigkeit in Millimetern pro Jahr? Nehmen Sie dabei eine gleich-

mäfgige Korrosion an.

Schwerere Aufgaben’) Rechenaufgaben 2oal

Die Bewegung von Atomen und lonen auf einer Oberfläche hängt von deren Fähigkeit ab, eine Position zu verlassen und an eine andere zu binden; damit spielen die dabei auftretenden Energieänderungen eine Rolle. Betrachten Sie, um das zu illustrieren, ein zweidimensionales quadratisches Gitter aus einwertigen positiven und negativen Ionen, die jeweils um 200 pm auseinander liegen. Betrachten Sie nun ein Kation auf der oberen Ebene dieser Anordnung. Berechnen Sie durch direkte Summierung dessen Coulomb-Wechselwirkungsenergie, wenn es sich auf einem leeren Gitterplatz direkt über einem Anion befindet. Betrachten Sie nun eine hohe Stufe in densel-

bem Gitter; das Kation soll sich in die Ecke zwischen der

Stufe und der Ebene bewegen. Berechnen Sie die Coulomb-Energie für diese Position und geben Sie die Position an, in der das Kation wahrscheinlich zur Ruhe kommt.

22,

Für die Untersuchung der katalytischen Eigenschaften einer Titan-Oberfläche war es nötig, die Oberfläche kontaminationsfrei zu halten. Berechnen Sie die Stof%häufigkeit von O,-Molekülen pro Quadratzentimeter Oberfläche bei (a) 100kPa, (b) 1.00 Pa (jeweils bei 300 K). Schätzen Sie die Zahl der Stöße, die ein einzelnes Oberflächenatom

pro Sekunde erfährt. Die Schlüsse untermauern die Notwendigkeit, bei sehr niedrigen Drücken zu arbeiten (sogar

1) Die mit dem Symbol t gekennzeichneten Aufgaben wurden von Charles Trapp, Carmen Giunta und Marshall Cady beigesteuert.

25

1060

Prozesse an festen Oberflächen solcher Prozesse im ersten Schritt, dass die Zersetzungs-

noch weniger als ] Pa), wenn man die Eigenschaften

geschwindigkeit von Ammoniak im Grenzfall sehr starker Adsorption des Wasserstoffs der Beziehung

einer unkontaminierten Oberfläche untersuchen will. Rechnen Sie mit einem Abstand der nächsten benachbarten Atome von 29] pm.

dp(NH;)

Nickel kristallisiert in einer kubisch flächenzentrierten

srbeitt

p(H;)

Struktur mit einer Gitterkonstante von 352 pm. Wie viele Atome sind in einem Quadratzentimeter einer (a) (100)-,

gehorcht. Betrachten Sie ein Gas ], das mit Druck p(})

(b) (110)- und (c) (111)-Fläche enthalten? Berechnen Sie die Stoßhäufigkeit pro Oberflächenatom in einem Behälter, der (1) Wasserstoff und (2) Propan bei 25 °C und einem Druck von (i)100 Pa und (ii) 0.10 4Torr enthält.

der freien Bindungsstellen näherungsweise durch 1/(Kp())) gegeben ist. Lösen Sie die Geschwindigkeitsgleichung der katalytischen Zersetzung von NH; auf Platin und zeigen Sie, dass Sie durch Auftragung von

sehr stark adsorbiert wird, und zeigen Sie, dass der Anteil

F(t) = (1/t) In (p/po) gegen G(t) = (p — Po)/t (wobei p

Die folgende Tabelle gibt Ergebnisse für die Chemisorption von Wasserstoff auf pulverisiertem Kupfer bei 25 °C wieder. Zeigen Sie, dass die Daten bei geringen Bedeckungsgraden einer Langmuir-Isotherme folgen. Bestimmen Sie den Zahlenwert von K für das Adsorptionsgleichgewicht und das Adsorptionsvolumen, das einer kompletten (Monolagen-) Bedeckung entspricht. p/Torr

25

V/cm’

0.042

119 0.163

233) 0.22]

540 0.321

1000 0.411

1593 0.471

der Druck des Ammoniaks ist) eine Gerade erhalten sollten, aus deren Steigung k. bestimmt werden kann. Überprüfen Sie das Geschwindigkeitsgesetz mit den angegebenen Daten und bestimmen Sie k..

(a) 0 =0,p' = 429.6 kPa: 2

0377205:65.0877.9,75827, a8 ee

V/em’ 11.1

100.7 173

106.4 16.5

5.3 8.4 97E9:8

14.4 103

29.2 1.

62.] 12

74.0 30.1 Eye Bu Er

Gallmgg"')

Bestimmen

0.100 133

0.150 131

0.200 1.36

Wralg

8.26 4.4

31.74 52,

15.65 25.43 2352

40.00 0672

(1997) 270) untersuchten die Adsorption von Hexacyanoferrat(IIl)-Ionen [Fe(CN),]' aus wässriger Lösung auf y-Al,O;. Sie beschrieben die Adsorption mit einer modifi-

0.250 1.40

0.50 0.12

250 9.6

zierten Langmuir-Isotherme und erhielten bei pH = 6.5 die folgende Werte für K:

TReens3 10-"K 2.642

1.0 0.16

125 0.19

w;4 Ist die Masse der adsorbierten Essigsäure pro Masseneinheit Aktivkohle. In manchen katalytischen Reaktionen werden die stärker adsorbiert als die Reaktanten. Ein Beispiel ist die katalytische Zersetzung von Ammoniak an bei 1000 °C. Zeigen Sie bei der Untersuchung der

298 2.078

308 1.286

318 1.085

Bestimmen Sie die isosterische Enthalpie A,,H” der Adsorption bei diesem pH-Wert. Die Forscher gaben in ihrer Arbeit auch den Wert A,,5° = +146) K' mol"'

Die Adsorption von Substanzen aus Lösungen an Festkörpern folgt häufig einer Freundlich-Isotherme. Überprüfen Sie, ob diese Isotherme zur Beschreibung der folgenden Daten für die Adsorption von Essigsäure an Aktivkohle bei 25 °C geeignet ist, und bestimmen Sie die Parameter c, und c.. 0.10 0.06

200 100 160 210722103599

25.101 C. Huang und W.P. Cheng (J. Colloid Interface Sci. 188,

Sie das Wasserstoffvolumen, das einer

0.05 0.04

60 I

Daten mithilfe des Bedeckungsgrads 9 auszudrücken?

Monolagenbedeckung entspricht, und schätzen Sie die Oberfläche der Probe ab. Die Dichte von flüssigem Wasserstoff beträgt 0.0708 gcm °.

[Säure]/(mol dm °)

30 11127

Bestimmen Sie die Konstanten K und n. Welche zusätzlichen Informationen würden Sie benötigen, um die

102.0 14.1

Bei der Untersuchung der Adsorption von Wasserstoffan einer Probe von 1.008 Kupfer wurden bei 0°C die folgenden Ergebnisse erhalten. Das Volumen des Wasserstoffs ist auf Standardbedingungen umgerechnet (0 °C und

0.1 MPa). p/atm 0.050 Vi/cm’ 1.22

13.3

c/(mgg"')

(b) 0 = 18.6, p' = 819.7 kPa: p/kPa Ve

0

(1996), 185) untersuchten die Adsorption von Phenol aus einer wässrigen Lösung auf Flugasche bei 20°C. Sie beschrieben ihre Daten mit einer Freundlich-Isotherme der Form c„4 = Kcı’"; dabei ist c,, die Konzentration des adsorbierten Phenols, c, ist die Konzentration des Phenols in der wässrigen Lösung. Unter den publizierten Daten sind auch die folgenden:

Sie cund Vyono-

p/kPa

t/s

p/kPa

25.91 A. Akgerman und M. Zardkoohi (J. Chem. Eng. Data 41,

Die folgende Tabellen zeigen Ergebnisse für die Adsorption von Ammoniak an Bariumfluorid. Zeigen Sie, dass die Adsorption einer BET-Isotherme folgt, und bestimmen

25]

k p(NH;)

dt

Produkte hierfür Platin Kinetik

unter diesen Bedingungen an. Bestimmen Sie A,,G°. ZEN

M.-G. Olivier und R. Jadot (J. Chem. Eng. Data 42, (1997) 230) untersuchten die Adsorption von Butan aufSilicagel. Sie geben in ihrer Arbeit folgende Adsorptionsmengen (in Mol pro Kilogramm Silicagel) für 303 K an:

p/kPa 31:.000.033:2200753:030. Amol’kg-u INOO. RZ San p/kPa 130.47 165.06 182.41 almolke 280 322. 3300

907658 101.97 Pa rs 205.75 219.91 aa

Passen Sie diese Daten an eine Langmuir-Isotherme an und bestimmen Sie den zu vollständiger Bedeckung passenden Wert von n sowie die Konstante K.

Schwerere Aufgaben

25.124 Bei der Adsorption von Aceton auf Holzkohle aus einer

mit einer Elektrode von 9.1 cm? in einer Lösung gewonnen wurden, die 1.70... moldm ° von Fe?*-Ionen enthielt. (a) Setzen Sie die Aktivitätskoeffizienten gleich eins und berechnen Sie das Nullpotenzial der Fe?‘ |Fe-Kathode sowie die Überspannung bei jedem Wert des Arbeitspotenzials. (b) Berechnen Sie die kathodische Stromdichte J« aus der Abscheidungsgeschwindigkeit von Fe?* für jeden Wert von E. (c) Untersuchen Sie, wie genau die Daten in die Tafel-Gleichung passen, und berechnen Sie die Austauschstromdichte.

wässrigen Lösung der molaren Konzentration c ergaben sich bei 18 °C folgende Werte für den Adsorptionsgrad s (angegeben in mmol Aceton pro Gramm Holzkohle)

c/{mmoldm°) 15.0 23.0 42.0 84.0 165 390 800 5 0.60 0.75 1.05 15059715533:50555510 Welche Isotherme passt am besten zu diesen Daten, die Langmuir-, Freundlich- oder Temkin-Isotherme?

25318

In einem Experiment mit einer Pt| H, |H*-Elektrode in verdünnter H,SO, bei 25 °C wurden die folgenden Stromdichten gemessen: n/mV

J/{mAcm)

50 2.66

100 8.91

150 29,9

200 100

250 335

25315

Bei 25 °C betragen die Standardelektrodenpotenziale von Blei und Zinn —126 und -136 mV, die Überspannungen für ihre Abscheidung sind annähernd null. Wie muss das Verhältnis ihrer Aktivitäten sein, damit sie gleichzeitig aus einer Lösung abgeschieden werden?

der Ionen abhängen. Drücken Sie E als Funktion der Konzentrationen und der Leitfähigkeiten der in der Zelle vorhandenen lonen aus. Schätzen Sie die Parameter für die Zelle Zn |ZnSO, (aq) ||CuSO, (aq) |Cu. Verwenden Sie Elektroden mit einer Fläche von 5.0 cm? in einem Abstand von 5 cm und ignorieren Sie sowohl Potenzialdifferenzen als auch Widerstände der flüssig/flüssig-Grenzflächen. Verwenden Sie 1.0 moldm' für die Konzentrationen, eine Temperatur von 25 °C, und setzen Sie alle

Aktivitätskoeffizienten gleich eins. Skizzieren Sie E als Funktion des entnommenen Stroms. Zeichnen Sie in dasselbe Diagramm die Leistungsabgabe der Zelle ein. Bei welchem Strom ist die Leistungsabgabe maximal? 237,

Betrachten Sie eine Zelle, bei der der Strom aktivierungskontrolliert ist. Zeigen Sie, dass sich der Strom, bei dem die Leistung maximal wird, abschätzen lässt, indem man

Ig(I/I,) und c, — c,| gegen I aufträgt (mit I, = A?jyj, und Konstanten c, und c,) und den Schnittpunkt der beiden Kurven bestimmt. Wenden Sie diese Analyse auf die Zelle aus der vorangegangenen Aufgabe an und ignorieren Sie dabei alle Konzentrationsüberspannungen.

25.184 Man kann die Abscheidungsgeschwindigkeit v von Eisen auf der Oberfläche einer Eisenelektrode aus einer wässrigen Lösung von Fe?'-Ionen als Funktion des Potenzials E bezüglich einer Standard-Wasserstoffelektrode untersuchen (]. Kanya,J.Electroanal. Chem. 84, (1977), 83). Die unten angegebenen Werte beruhen auf den Daten, die

a1

708

727

752

812

V.V. Losev und A. P. Pchel'nikov (Soviet Electrochem. 6, (1970), 24) erhielten für eine Indiumanode folgende Werte für den Zusammenhang zwischen Strom und Spannunung bezüglich einer Standard-Wasserstoffelektrode (bei 293 K):

—E/V j(Am?)

Wie dick ist die Diffusionsschicht?

darin enthaltenen Größen, die von den Konzentrationen

2130

702

25.20:

Die Grenzstromdichte für die Reaktion I, +2e” — 3 |" an einer Platinelektrode bei 25 °C und einer Konzentration

Die Abschätzung der Leistungsabgabe und der Zellspannung einer Zelle unter Belastung ist sehr kompliziert, aber Gl. (25-65) gibt näherungsweise einen Überblick über die beteiligten Parameter. Bestimmen Sie zuerst alle

147

—E/mV

Die Dicke der diffusen Doppelschicht nach dem GoyyChapman-Modell wird durch GI. (19-46) angegeben. Berechnen Sie mithilfe dieser Gleichung die Dicke als Funktion der Konzentration und der Art des Elektrolyten bei 25 °C. Zeichnen Sie die Abhängigkeit auf. Verwenden Sie als Beispiele wässrige Lösungen von NaCl und Na,SO, mit Konzentrationen zwischen 0.] und 100 mmoldm"'.

an Kl von 6.6 x 10°“ moldm' beträgt 28.9 uAcm”. Der Diffusionskoeffizient von I; beträgt 1.14 x 10° m? s"". 25.16

ullgmelsi) 25.19:

Berechnen Sie a undj, für diese Elektrode. Wie ist der Strom für die gleichen Überspannungen, nur mit umgekehrtem Vorzeichen? 25.14

1061

0.388 0

0.365 0.590

0.350 1.438

0.335 3.507

Berechnen Sie mit diesen Daten den Durchtrittsfaktor und die Austauschstromdichte. Wie hoch ist die Kathodenstromdichte bei einem Potenzial von 0,365 V?

25.214

Die Redoxreaktionen von Chinonen sind seit Jahren Gegenstand zahlreicher Untersuchungen, und sie sind für Elektrochemiker noch immer von Interesse. In einer Untersu-

chung von Methon (1,1-Dimethyl-3,5-cyclohexandion) durch E. Kariv, J. Hermolin und E. Gileadi (Electrochim. Acta 16, (1971), 1437) ergaben sich die folgenden StromSpannungs-Daten für die Reduktion von Chinon in wasserfreiem Butanol an einer Quecksilberelektrode:

-E/V JKAm”)

1.50 10

1.58 30

1.63 50

1272 100

1.87 200

1.98 22.10 2508290

(a) Wie gut passen diese Daten mit der empirischen Tafel-Gleichung zusammen? (b) Die Autoren behaupten, als Reduktionsprodukt würde das Dimer HMMH durch folgenden Mechanismus entstehen (dabei steht M für das Chinon): (1) M(solv) = M(ads)

(2) M(ads)

+H' +e"—MH(ads)

(3) MH(ads) + MH(ads) = HMMH

Die Zusätze solv und ads bezeichnen dabei Teilchen in Lösung bzw. an der Oberfläche der Elektrode adsorbierte Teilchen. Hilft dieser Mechanismus bei der Erklärung der Strom-Spannungs-Daten? 75),927lı Eine frühe Untersuchung der Wasserstoff-Überspannung

stammt von H. Bowden und T. Rideal (Proc. Roy. Soc. A120, (1928), 59). Sie bestimmten die Überspannung für die H,-Entwicklung mit einer Quecksilberelektrode in verdünnter wässriger H,SO,-Lösung bei 25 °C. Bestimmen

25

1062

Prozesse an festen Oberflächen

Sie die Austauschstromdichte und den Durchtrittskoeffi-

25.29

Nehmen Sie jetzt an, dass die Überspannung trotz der Oszillation immer im Bereich hoher Überspannungen liegt. Welche Wellenform hat der Strom durch die Grenzfläche, wenn die Überspannung linear und periodisch (Sägezahnform) zwischenn_ und, um variiert? Verwenden Sie a = 0.5.

25.30

Leiten Sie einen Ausdruck für die Stromdichte an einer

zienten a aus ihren Daten:

jlmAm?) n/V

29 0.60

63 0.65

28 0.73

100

250

630

1650

3300

0.79

0.84

0.89

0.93

0.96

Erklären Sie jegliche Abweichung von den Ergebnissen, die man anhand der Tafel-Gleichung erwarten würde.

Elektrode her, wenn die Reaktion diffusionskontrolliert

Theoretische Aufgaben

25.23

Die anziehende Van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen

von j/j} als und 7* bekannt ist. Skizzieren Sie den Verlauf Funktion von n*. Welche Änderungen treten ein, wenn

zwei Molekülen hängt wie R"° von ihrem Abstand ab, die

anionische Ströme auftreten?

Wechselwirkung zwischen einem Molekül und einem benachbarten Festkörper (einer homogenen Ansammlung von Molekülen) hingegen nur wie R°* (dabei ist R der vertikale Abstand des Moleküls von der Oberfläche). Verifizieren Sie diese Behauptung. Berechnen Sie die Wechselwirkungsenergie eines Ar-Atoms und einer Argonoberfläche auf der Grundlage eines Lennard-Jones(6,12)-Potenzials. Schätzen Sie den Gleichgewichtsabstand des Atoms über der Oberfläche ab. 25.24

25.25

Zeigen Sie mit Hilfe der Gibbs-Isotherme (wie Gl. (19-50)) auch genannt wird), dass das adsorbierte Volumen pro Flächeneinheit des Substrats, V,,/o, mit dem Druck p des Gases und dem chemischen Potenzialu der adsorbierten Phase gemäß V,4 = -(a/RT)(du/d Inp) zusammenhängt. Wenn die Abhängigkeit des chemischen Potenzials des Gases vom Bedeckungsgrad der Oberfläche bekannt ist, so kann man die Gibbs-Isotherme (Gl. (19-50)) integrieren und erhält eine Beziehung zwischen V,, und p, genau wie bei einer normalen Adsorptionsisotherme. Betrachten Sie den Fall, dass das chemische Potenzial des adsorbier-

ten Gases durch eine Beziehung der Form du = —c,(RT/a) dV,, mit einer Proportionalitätskonstante c, gegeben ist; zeigen Sie, dass man in diesem Fall aus der Gibbs-Isotherme die Freundlich-Isotherme erhält. 25.26

Betrachten Sie nochmals die Gibbs-Isotherme aus den bei-

den vorangegangenen Aufgaben. Welche Form muss du haben, damit man bei Einsetzen in die Gibbs-Isotherme

die Langmuir-Isotherme erhält? 25.27

Zeigen Sie für das Experiment zur Oberflächenplasmonenresonanz in Abb. 25-27, dass für den (anstei-

genden) Assoziationsteil der Zusammenhanggilt R(t) = Rea(1 — exp(—Kyeop)). Geben Sie einen Ausdruck für kpeop an. Leiten Sie dann einen Ausdruck für R(t) her, der zum (fallenden) Dissoziationsteil des Experiments passt.

25.28

Füra = }kann eine Elektrode einen Wechselstrom nicht gleichrichten, da die Stromdichtekurve symmetrisch bezüglich 7 = 0 ist. Für a# ! hängt der Betrag der Stromdichte vom Vorzeichen der Überspannung ab, daher findet man eine gewisse „Faraday-Gleichrichtung'''. Neh-

men Sie an, dass die Überspannung wie 7 = 1, cos ot variiert. Leiten Sie einen Ausdruck für den mittleren Stromfluss (über eine Periode gemittelt) für beliebiges «a her, und zeigen Sie, dass der mittlere Strom für a = ı

gleich null ist. Verwenden Sie den Grenzfall kleiner Überspannungen, aber nehmen Sie die Glieder zweiter Ord-

nung in n,F/RT mit. Berechnen Sie den mittleren Gleichstrom bei 25 °C für eine Wasserstoff/Platin-Elektrode mit einer Oberfläche von 1.0 cm? mit a = 0.38, wenn die

Überspannung mit einer Frequenz von 50 Hz zwischen +10 mV variiert.

Anwendungsaufgaben 2531|

Für eine neue Produktionsanlage soll ein Katalysator mit der Codebezeichnung CR-] zur Fluorierung von Butadien eingesetzt werden. Zuerst wurde dazu die Form der Adsorptionsisotherme bestimmt. Die folgende Tabelle zeigt das Volumen des bei 15 °C pro Gramm CR-] adsorbierten Butadiens als Funktion des Drucks. Ist die Langmuir-Isotherme in dem gezeigten. Druckbereich zur Beschreibung der Adsorption geeignet? pjkPa Viem

13.3 12.9

26.7 33.0

40.0 47.0

5560 60.8 75.3

80.0 9

Überprüfen Sie, ob die BET-Isotherme die Daten besser beschreibt als die Langmuir-Isotherme. Bei 15 °C ist p (Butadien) = 200 kPa. Bestimmen Sie V,j... und c. 25.321 In einer für Abgaskatalysatoren von Autos relevanten Untersuchung haben C. E. Wartnaby, A. Stuck, Y.Y. Yeo und D.A. King (J. Phys. Chem., 100, (1996), 12483) die Enthalpie der Adsorption von CO, NO und O, aufanfänglich reinen Platin-(100)-Flächen untersucht. Sie geben für A,,H” einen Wert von —160 k] mol”! an. Um wieviel stärker ist NO bei 500 °C als bei 400 °C adsorbiert?

25.33} Die Entfernung oder Rückgewinnung von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC, nach engl. volatile organic compounds) aus Abluftströmen ist ein wichtiger Prozess im technischen Umweltschutz. Für diesen Zweck hat man lange Zeit Aktivkohle eingesetzt, deren Wirksamkeit aber

durch Feuchtigkeit im Abluftstrom herabgesetzt wird. M.-S. Chou und J.-H. Chiou (J. Envir. Engrg. ASCE, 123, (1997), 437) untersuchten den Einfluss des Feuchtegehalts auf die Adsorptionsfähigkeit von gekörnter Aktivkohle für normales Hexan und Cyclohexan im Luftstrom. Aus ihren Daten für in trockener Luft enthaltenes Cyclohexan (Tabelle unten) schließen sie, dass die Adsorption in der gekörnten Aktivkohle (GAK) einem LangmuirModell mit quocreiir-o = abeyoc/(1 + bevoc) folgt. Dabei istq = myoc/ Mc, rel. Lf. bezeichnet die relative Luftfeuchte, a die maximale Adsorption („Beladefähigkeit“),

b ist ein Affinitätsparameter, und c gibt die Konzentration in parts per million (ppm) an. Die folgende Tabelle enthält die Werte von guoc euro für Cyclohexan:

cippm 200 500 1000 2000 3000

33.6°C 0.080 0.093 0.101 0.105 0.112

41.5°C 0.069 0.083 0.088 0.092 0.102

57.4°C 0.052 0.072 0.076 0.083 0.087

76.4°C 0.042 0.056 0.063 0.068 0.072

99°C 0.027 0.042 0.045 0.052 0.058

Schwerere Aufgaben

(a) Führen Sie eine lineare Regression von 1 /qyocseit-o gegen 1/cyoc durch, um die Güte der Anpassung zu testen, und bestimmen Sie die Werte von a und b. (b) Die Parameter a und b hängen mit der Adsorptionsenthalpie A,aH und der Differenz A,H der Aktivierungsenergien für Adsorption und Desorption der organischen Verbindungen über arrheniusartige Gleichungen zusammen, die die Form a = kya exp(-A,uH/RT) und b = k, exp(A,H/RT) aufweisen. Prüfen Sie, wie gut die Daten mit diesen Gleichungen zusammenpassen, und geben Sie Werte für ky., ky, AsaH und A,H an. (c) Welche Bedeutung geben Sie den Größen k,, und k,? Ist die Übersetzung der Formelsymbole so sinnvoll? -— Diese und die folgende Aufgabe haben es aber in sich: Da werden Sachen verlangt (wie Hypothesentest, Bestimmung von Ausgleichskurven, Auswertung des Bestimmtheitsmaßes usw. die über die in diesem Buch mitgegebene Elementarmathematik weit hinausgehen.

25.344

M.-S. Chou und J.-H. Chiou (J. Envir. Engrg. ASCE, 123, (1997), 437) untersuchten, wie die Adsorptionsfähigkeit von gekörnter Aktivkohle (GAK, Norit PK 1-3) für die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) Hexan und Cyclohexan mit dem Feuchtegehalt in einem Luftstrom zusammenhängt. Die folgende Tabelle zeigt die Adsorptionsfähigkeit (wasser = Mwasser/Mvoc) von gekörnter Aktivkohle für reines Wasser aus einem feuchten Luftstrom als Funktion der relativen Luftfeuchte in Abwesenheit von VOCs bei 41.5 °C. 0267 0.0226

0.00 0.00

rel. Lf. QWasser

0.497 0.072

20.57 0.091

0.80 0.161

Gummi (aus Altreifen), Benzol und o-Xylol zu sorbieren (d.h. sowohl zu adsorbieren als auch zu absorbieren). Obwohl Sorption nicht nur von Oberflächenreaktionen abhängt, gehorchen Sorptionsdaten gewöhnlich einer der Adsorptionsisothermen. In der besagten Untersuchung prüften die Autoren, wie gut ihre Daten mit einer linearen

Isotherme (q = Kc..), einer Freundlich-Isotherme (q = Krcl/") und einer Langmuir-Isotherme (q = KıMe.a/(1 + Kıc..) übereinstimmt. Dabei ist q die Masse des Lösungsmittels, das pro Gramm des gemahlenen Gummis sorbiert wird (in Milligramm pro Gramm), die K und M sind empirische Konstanten, und c,, ist die Gleichgewichtskonzentration der Schadstoffe in Lösung (in Milligramm pro Liter). (a) Bestimmen Sie die Einheiten der empirischen Konstanten. (b) Prüfen Sie, welche der Isothermen am besten mit den Daten in der Tabelle für die Sorption von Benzol auf gemahlenem Gummi übereinstimmt. c../(mgdm°)

allmgg'')

rel. Lf.

0.00

0.10

Floc

1.00

0.98

25.36

0.40 0.84

0.53 0.79

0.76 0.67

2537,

heitsschädlich sein können. D. S. Kershaw, B.C. Kulik,

und S. Pamukcu (J. Geotech. & Geoenvir. Engin. 123, (1997), 324) untersuchten die Fähigkeit von gemahlenem

6.21 55

2.48 VW

Berechnen Sie den thermodynamischen Grenzwert der Potenzialdifferenz von Brennstoffzellen (im stromlosen Zustand), die (a) mit Wasserstoff und Sauerstoff und (b) mit Methanol und Luft betrieben werden. Verwenden Sie die Werte der Freien Enthalpien aus dem Tabellenteil

Welche der nachfolgend aufgeführten Metalle haben bei einem pH-Wert von sieben eine thermodynamische Ten-

(a) Fe, Cu, Pb, Al, Ag, Cr, Co (b) Ni, Cd, Mg, Ti, Mn

Schätzen Sie die Größenordnung des Korrosionsstroms für ein Zinkblech mit einer Fläche von 0.25 cm? ab, das bei

25 °C in wässrigem Medium mit einer gleich grofsen Fläche Eisen im Kontakt steht. Verwenden Sie 1 uAcm? für die Austauschstromdichten und lokale Konzentrationen der Ionen von 1.0 umoldm.

Die Autoren schlagen für diese Werte die Ausgleichskurve

Erdtanks ist eine ernsthafte Gefährdung für das Grundwasser. Besonders gefährlich sind die so genannten BTEX-Verbindungen (Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol), da sie schon in geringen Konzentrationen gesund-

Il)

denz, in feuchter Luft zu korrodieren? Verwenden Sie als Kriterium für die Korrosion eine Konzentration der Metallionen von mindestens 10° moldm'.

fyoc = 1 — Gwasser Vor. Prüfen Sie diese Aussage und

25.351 Die Freisetzung von Mineralölprodukten durch undichte

LO

und nehmen Sie an, dass alle Teilchen in ihren Standard-

0.8] 0.61

bestimmen Sie Werte für k und n; vergleichen Sie sie mit denen, die Sie in Teil (b) der vorangegangenen Aufgabe für reines Wasser erhalten haben. Woher könnten die Unterschiede kommen?

NO

AO

zuständen vorliegen.

25.38

0.25 0.91

Irre

1a

R? = 0.94.

Die Autoren schließen, dass die Werte bei dieser und bei anderen Temperaturen einer Isotherme vom Typ einer

Nroc — Avoc/ Avocsel.if-0:

ID

(c) Vergleichen Sie die Sorptionseffizienz von gemahlenem Gummi mit der von gekörnter Aktivkohle; hier folgt die Sorption von Benzol einer Freundlich-Isotherme in der Gestalt q = 1.0c, mit einem Bestimmtheitsmaß von

1.00 0.229

Freundlich-Isotherme folgen, also Quasser — k(rel. LET, (a) Testen Sie diese Hypothese für die Werte bei 41.5 °C und bestimmen Sie die Konstanten k und n. (b) Woran könnte es liegen, dass flüchtige organische Verbindungen dem Langmuir-Modell folgen, Wasser hingegen dem Freundlich-Modell? (c) Wenn in einem Luftstrom sowohl als auch Cyclohexan vorhanden sind, ergaWasserdampf ben sich bei 41.5 °C folgende Werte für das Verhältnis

1063

25,39

Das Korrosionspotenzial von Eisen in einer entlüfteten sauren Lösung mit einem pH-Wert von 3 bei 25 °C

beträgt —0.720V, gemessen gegen eine Standardkalomelelektrode mit einem Potenzial von 0.2802 V. Ein TafelDiagramm der kathodischen Stromdichte gegen die Überspannung ergibt eine Steigung von 18 V-), die Austauschstromdichte der Wasserstoffionen ist

Jo = 9.10 uA, cm”. Berechnen Sie die Korrosionsge-

schwindigkeit in Milligramm Eisen pro Quadratzentimeter und Tag (mgem ?d'').

Anhang 1 | Bezeichnungen, Einheiten, Konventionen

Das Ergebnis einer Messung ist eine physikalische Größe (wie Masse oder Dichte), die als Produkt aus Zahlenwert und Einheit angegeben wird:

physikalische Größe = Zahlenwert x Einheit .

SI-Einheiten : 1066

Beispielsweise können wir die Masse eines Objekts als m = 2.5kg angeben und seine Dichte als p = 1.010kgdm’, wobei wir die Einheiten 1 Kilogramm (1kg) bzw. 1 Kilogramm pro Kubikdezimeter (1 kgdm°) verwendet haben. Einheite n können in Gleichungen wie algebraische Größen behandelt werden, d.h. wir können sie multiplizieren, dividieren und kürzen. Der Ausdruck (physikalische Größe)/ (Einheit) ergibt daher einfach den Zahlenwert der jeweiligen Größe in der angegebenen Einheit, also eine dimensionslose Größe. Beispielsweise könnten wir die soeben erwähnte Masse auch in der Form m/kg = 2.5 angeben bzw. die Dichte als p/(kgdm') = 1.010. Physikalische Größen werden durch kursive lateinische oder griechische Buchstaben dargestellt (wie m für die Masse, p für die Dichte oder /7 für den osmotischen Druck). Einheiten werden stets als aufrechte Buchstaben geschrieben (wie kg für Kilogramm oder m für Meter).

|

Die Bezeichnungen physikalischer Größen

Eine Substanz ist eine von anderen unterscheidbare, reine Form von Materie. Die Stoffmenge

n (manchmal

nicht ganz korrekt als „Molzahl“

bezeichnet)

in einer

Probe wird in Mol (Symbol mol) angegeben: 1 mol ist die Menge einer Substanz, die genauso viele Teilchen (Atome, Moleküle, Ionen oder andere genau spezifizierte Einheiten) enthält wie exakt 12 g '’C. Experimentell wurde diese Zahl zu 6.02 x 10° bestimmt (siehe hintere Umschlagseiten für einen genaueren Zahlenwert). Wenn eine Probe N Teilchen enthält, so ist die Stoffmenge n = N/N,, wobei N, die Avogadro-Konstante ist, N, = 6.02 x 10°” mol”'. N, ist eine physikalische Größe mit einer Einheit, keine dimensionslose Zahl! Eine extensive Größe ist eine Eigenschaft, die von der Stoffmenge der Probe abhängt, auf die sie bezogen ist. Beispiele dafür sind Masse und Volumen.

Eine

intensive Größe hängt nicht von der Stoffmenge in der Probe ab. Beispiele hierfür sind Temperatur, Dichte (Masse dividiert durch Volumen) oder Druck. Eine molare Größe X,, ist der Wert einer extensiven Größe X dividiert durch die Stoffmenge der Probe, X, = X/n. Molare Größen sind stets intensive Größen. Ein Beispiel ist das Molvolumen V,,, das Volumen einer Probe dividiert durch die in ihr enthaltene Stoffmenge. Molare Größen werden in der Regel durch einen tiefgestellten Index m für „molar“ wie in X,, gekennzeichnet. Die einzige Ausnahme ist die

Molmasse, die einfach mit M bezeichnet wird. Die Molmasse eines Elements ist die Masse von 1mol seiner Atome oder Moleküle; die Molmasse einer Verbindung ist die Masse von 1mol ihrer Moleküle; die Molmasse einer ionischen Verbindung ist die Masse von 1 mol ihrer Formeleinheiten. Eine Formeleinheit einer ionischen Verbindung ist die Gruppe von Ionen, die der chemischen Formel der Substanz entspricht; die Formeleinheit von NaCl besteht folglich gerade aus einem Na*- und

einem

Cl--Ion.

Die Bezeichnungen

„Atomgewicht“

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und ]. de Paula Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co, KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

Die Bezeichnung physikalischer Gröfßen - 1065

und

„Molgewicht“

werden

Konventionen in diesem Buch - 1068 Weiterführende Literatur - 1068

1066

Anhang 1 Bezeichnungen,

Einheiten, Konventionen

manchmal immer noch anstelle der Molmasse verwendet; wir sollten sie aber schnellstmöglich vergessen. Die molare Konzentration („Molarität“) eines gelösten Stoffs in einer Lösung ist die Stoffmenge des gelösten Stoffs dividiert durch das Volumen der Lösung. Molare Konzentrationen werden in der Regel in Mol pro Kubikdezimeter bzw. Mol pro Liter (moldm > oder molL') angegeben. Eine Lösung der Konzentration 1moldm einer bestimmten Substanz wird hergestellt, indem 1 mol der Substanz in so viel Lösungsmittel gelöst wird, dass insgesamt genau 1dm’ (11) Lösung entsteht. Eine solche Lösung wird häufig als „l-mölar“ (1m) bezeichnet. Der Ausdruck Molalität bezeichnet die Stoffmenge der gelösten Substanz dividiert durch die Masse des zur Herstellung der Lösung verwendeten Lösungsmittels. Ihre Einheit ist in der Regel Mol pro Kilogramm (mol kg“).

|

SI-Einheiten

Das internationale Einheitensystem (SI, von der französischen Bezeichnung Systeme International d’Unites) leitet alle Einheiten aus sieben Basiseinheiten ab, die in Tabelle A1-1 aufgeführt sind. Alle anderen Einheiten werden als Kombinationen dieser Basiseinheiten ausgedrückt; sie werden als abgeleitete Einheiten bezeichnet. So ist das Volumen eine Länge hoch drei und kann als Vielfaches von 1m? angegeben werden. Die Dichte ist gleich Masse pro Volumen und wird in 1kgm° angegeben. Manche abgeleiteten Einheiten haben besondere Namen und Symbole. Einige der wichtigeren sind in Tabelle Al-2 aufgeführt. Alle SI-Einheiten (Basiseinheiten ebenso wie abgeleitete Einheiten) können durch bestimmte Präfixe modifiziert werden, die eine Zehnerpotenz als Vorfaktor spezifizieren. Idealerweise sollten die Präfixe — gleich ob es sich um lateinische oder griechische Buchstaben handelt ebenso wie die Einheiten selbst immer aufrecht geschrieben werden, sodass das die Einheit um zuverlässig von dem Symbol u für das chemische Potenzial unterschieden werden kann; im wirklichen Leben lässt sich dies nicht immer konsequent durchhalten. Die häufigsten Präfixe sind in Tabelle A1-3 aufgeführt. Beispiele für ihre Verwendung sind

inm= 1,

m,

Ip

1028,

1umol = 10° mol .

Das Kilogramm hat eine Sonderrolle: Obwohl es eine Basiseinheit ist,'entspricht es 10°g, und eventuelle Präfixe werden an das Gramm angehängt (wie in Img = 10°g). Potenzen von Einheiten gelten sowohl für die Einheit selbst als auch für den vorangestellten Präfix:

1cm’ =1(cm)’ =1(10” m)’ = 10m.

Tabelle Al-1

Die SI-Basiseinheiten.

Physikalische Größe Et

u

ee Se

Symbol ee

Länge

l

Masse

m

Zeit Elektrischer Strom

:

ee

Basiseinheit STE

Kilogramm (kg) Sekunde (s)

I

FIR

Meter (m)

Ampere (A)

Thermodynamische Temperatur

I

Kelvin (K)

Stoffmenge

n

Mol (mol)

Lichtstärke

I

Candela (cd)

SI-Einheiten

Tabelle Al-2 Abgeleitete Einheiten im SI, Größe TS

abgeleitete Einheit EEE WIE TEE SDR

Kraft

lkgms

Newton (N)

Druck

lkgm!s?=1Nm?

Pascal (Pa)

Energie

1kgm’s?=1Nm=1Pam?

Joule (])

Leistung

1kgm?s?=1]Js"!

Watt (W)

Tabelle Al-3

Name WESEN TERN EBDDBRNEN N

S|-Vorsatzfaktoren.

Faktor Vorsilbe Vorsatzzeichen Faktor Er DE En

Vorsilbe rien

19%

Exa

Atto

102

Peta

P

1022

Femto

it

102

Tera

ie

1052

Piko

p

10°

Giga

G

102

Nano

n

10°

Mega

M

102

Mikro

u

10°

Kilo

k

10

Milli

m

Hekto

h

10

Zenti

c

Deka

da

102,

Dezi

d

10?

x

10!

E

10

Vorsatzzeichen Ben ern a

1cm’ bedeutet also nicht 1c(m?)! In Rechnungen ist es in der Regel am sichersten, die Zahlenwerte von physikalischen Größen in Form von Zehnerpotenzen zu schreiben. Einige Einheiten werden häufig verwendet, obwohl sie nicht Bestandteil des SI sind. Manche von ihnen sind exakte Vielfache einer SI-Einheit. Hierzu gehört der Liter (L), der exakt gleich 10°cm? oder 1dm? ist, oder das Bar, das exakt gleich 10° Pa ist. Andere sind mit Bezug auf Fundamentalkonstanten definiert und ändern sich daher, sobald sich die Werte der Fundamentalkonstanten aufgrund neuerer, präziserer Messungen ändern. So ist das Elektronenvolt als die Energie definiert, die ein Elektron nach Durchlaufen einer Potenzialdifferenz von exakt 1V erhält; diese Energie hängt vom jeweils aktuellen Wert der Elementarladung ab - die derzeitige (Ende 2005) Umrechnung ist 1eV = 1.602177 33 x 10°" J. In Tabelle A1-4 sind einige Umrechnungsfaktoren für diese Einheiten angegeben. Tabelle Al-4 Gebräuchliche Nicht-SI-Einheiten.

Physikalische Größe

Einheit

Symbol

Wert‘

Zeit

Minute

min

605

Stunde Tag

h d

3600 s 86 400 s

Länge

Ängström

Ä

10''m

Volumen

Liter

IL.

1dm’

Masse

Tonne

t

10’ kg

Druck

Bar Atmosphäre

bar atm

10° Pa 101.325 kPa

Energie

Elektronenvolt

eV

1.602 17733 x 10° ] 96.485 31 kJ] mol"

* Bis auf den Wert für das Elektronenvolt sind alle in der letzten Spalte angegebenen Faktoren exakt.

1067

1068

Anhang 1 Bezeichnungen,

|

Einheiten, Konventionen

Konventionen in diesem Buch

Wir verwenden überwiegend (bis auf einige kleinere Ausnahmen) SI-Einheiten und die IUPAC-Nomenklatur (siehe Weiterführende Literatur). Gleichungen sind normalerweise in der Form (Kapitel-Nr.) durchnummeriert; wir verwenden stellenweise geschweifte Klammern {Kapitel-Nr.} um anzudeuten, dass eine Variable x in dieser Gleichung als x/x° zu interpretieren ist (wobei x” ein Standardwert ist). Ein tiefgestellter Index „rev“ an einer Gleiehungsnummer zeigt an, dass diese Gleichung

nur für reversibel durchgeführte Änderungen gilt. Ähnlich zeigt ein ° an einer Gleichungsnummer, dass die entsprechende (Gase oder Lösungen) gilt. Wir verwenden pe

lb

b°=1molkg”

,

Gleichung nur für ideale Systeme

c® =1moldm”.

Für die Temperatur verwenden wir das Symbol T, sofern es sich um eine thermodynamische Temperatur handelt (beispielsweise auf der Kelvin-Skala), und 0, sofern es sich um eine Celsius-Temperatur handelt. Bei Rechnungen versuchen wir, stets die korrekte Zahl an signifikanten Stellen anzugeben. Wenn nichts anderes gesagt wird, sind die Nullen in Angaben wie 10, 100 oder 1000 signifikant.

Weiterführende Literatur

I. M. Mills (Hrsg.), Quantities, Units, and Symbols in Physical Chemistry. Blackwell, Oxford 1993.

1) Dies gilt jedoch nicht für die Aufgaben am Kapitelende - das Rechnen mit verschiedenen Einheiten gehört zu dem Rüstzeug, das Sie als Naturwissenschaftler beherrschen müssen!

Anhang 2 | Mathematische Grundlagen

A2.1

| Grundoperationen

A2.1.1

A2.1

Logarithmen und Exponentialfunktionen

Der natürliche Logarithmus einer Zahl x wird mit Inx bezeichnet. Er ist definiert als die Potenz,

zu der

erhoben

e=2.718...

werden

muss,

damit das Ergebnis

gerade x ist (e""“ = x). Aus der Definition des Logarithmus folgt ara

yt..=.nep..H;

Grundoperationen - 1069

A2.1.] Logarithmen und Exponentialfunktionen - 1069

(A2-1)

A2.1.2 Komplexe Zahlen und Funktionen : 1069 A2.1.3 Vektoren - 1070

A2.2

Analysis - 1072

A2.2.1

Differenziation und

Integration - 1072

Inx- Iny= In-,

(A2.2)

9lax= Inx”,

(A2-3)

y

Gelegentlich trifft man auch auf den dekadischen Logarithmus' Igx einer Zahl x; für ihn gilt das zuvor Gesagte, nur dass e durch 10 zu ersetzen ist (108° = x). Natürlicher und dekadischer Logarithmus hängen durch Inx =

In 10 lgx=2.303 logx

(A2-4)

zusammen. Die Exponentialfunktion spielt in der Mathematik der Naturwissenschaften eine besondere Rolle. Die folgenden Eigenschaften sind besonders wichtig:

A2.2.2 Potenzreihen und Taylor-Entwicklungen : 1074 A2.2.3 Partielle Ableitungen - 1074 A2.2.4 Funktionale und Funktional-

ableitungen - 1075 A2.2.5 Unbestimmte Multiplikatoren - 1077

A2.2.6 Differenzialgleichungen - 1078 A2.3

Statistik und Wahrscheinlichkeit - 108]

A2.3.1 Zufallsauswahlen - 108] A2.3.2 Wahrscheinlichkeits-

Eee,

(A2-5)

a

(A2-6)

er

(ei =.

(A2-7)

rechnung - 1082 A2.4

Matrixalgebra - 1083

A2.4.1 Addition und Multiplikation von Matrizen : 1084

A2.4.2 Gleichungssysteme - 1085 A2.4.3 Eigenwertgleichungen - 1085

A2.1.2

Komplexe Zahlen und Funktionen

Weiterführende Literatur - 1087

Komplexe Zahlen haben die Form

(A2-8)

ze xtıy,

wobei i = (-1)"” gilt. Die reellen Zahlen x und y werden als Real- bzw. Imaginärteil von z bezeichnet: man

schreibt hierfür auch

Re(z) und Im(z). Die zu z komplex

konjugierte Zahl z ist

REN

(A2-9)

aber eigent1) Oft wird der dekadische Logarithmus auch als log x geschrieben; diese Bezeichnung ist selten lich für den allgemeinen Logarithmus log „x zur Basis a reserviert (a'%* = x). Da Letzterer n. ausgeschlosse weitgehend aber Verwechslung eine ist vorkommt, Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula. Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

ü

Anhang 2 Mathematische Grundlagen

1070

|z| geschrieben und ist Der Absolutwert oder Betrag einer komplexen Zahl z wird durch

Aele

(A2-10)

gelten die folgendefiniert. Für arithmetische Operationen mit komplexen Zahlen den Rechenregeln: 1. Addition: Mitz = x + iyund z = x’ +iy gilt z+z = (xtx)+ilyty). Abb. A2-1

(A2-11)

2. Multiplikation: Für z und z’ wie zuvor definiert gilt

Der Vektor v hat die Komponen-

ten v,, v, und v, mit den Beträgen v,, v, und v, entlang der x-, y- bzw. z-Achse.

2.2 = (x +iy)(® +iy) = (X -w) til + X):

(A2-12)

3, Division: Für z und z’ wie zuvor definiert gilt

z_ 2er

(A2-13)

zz Funktionen komplexer Argumente sind beispielsweise bei der Behandlung von Wellengleichungen nützlich (Kapitel 8). Wir erhalten die komplex konjugierte Funktion fi einer beliebigen komplexen Funktion f, indem wir überall i durch -i ersetzen. So ist die zu e* komplex konjugierte Funktion e“. Komplexe Exponentialfunktionen können als trigonometrische Funktionen geschrieben werden. Beispielsweise ist

(a)

(b)

( (&)x, =0. Da ög null ist, können Gl. (A2-47) addieren:

(A2-48) wir es mit einem

SOROE

Parameter

} multiplizieren und zu

u

Diese Gleichung können wir für eines der öx,, beispielsweise öx,, als Funktion aller

anderen x; lösen. Diese anderen öx; (1 = 1,2,...,n — 1) sind jetzt unabhängig, da das System nur einer Einschränkung unterliegt. Der entscheidende Trick ist nun,

dass 4 beliebig ist: Wir können es daher so wählen, dass der Koeffizient von öx, in

Gl. (A2-49) null wird: of

og

(&) + (58) —() 1,

(A2-50 )

Damit wird aus Gl. (A2-49)

” (&) a (38) =0. :

x;

i

(A2-51)

1077

1078

Anhang 2 Mathematische Grundlagen

ig, und die Die n— 1 Veränderungen x; in dieser Gleichung sind nun unabhäng einfach Lösungen der Gleichung sind daher

(A2-52)

=0, (58) (&) dx; dx;

Gl. (A2-50) besitzt aber genau dieselbe Form wie diese Gleichung, folglich können wir das Extremum von f finden, ‘indem wir die Gleichung

s

ne Ä (58) (5) 0x; dx,

(A2-53)

lösen. Dieser Lösungsweg wurde in Kapitel 16 für den Fall zweier Einschränkungen und daher zweier unbestimmter Multiplikatoren ), und 4, (gleich a bzw. —f) durchgeführt. Die Multiplikatoren A können nicht immer unbestimmt bleiben. Manchmal löst man Gl. (A2-50), anstatt sie in die Minimierung mit einzubeziehen. In Kapitel 16 hatten wir die Multiplikatoren dagegen zunächst unbestimmt gelassen, bis wir eine Größe berechnen konnten, deren Wert wir bereits kannten. So konnten wir durch Vergleich mit dem Ausdruck für die Innere Energie eines idealen Gases ß = 1/kT bestimmen.

A2.2.6

Differenzialgleichungen

Gewöhnliche Differenzialgleichungen Eine gewöhnliche Differenzialgleichung ist eine Beziehung zwischen den Ableitungen einer Funktion einer Variablen und der Funktion selbst, beispielsweise 2

deye

dy

ln u) izAP me

(A2-54 )

Hierbei können die Koeffizienten a, b, c Funktionen von x sein. Als Ordnung einer Differenzialgleichung bezeichnet man die höchste in ihr auftretende Ableitung der Funktion; Gl. (A2-54) ist folglich eine Differenzialgleichung zweiter Ordnung. In der Naturwissenschaft haben wir es nur selten mit Differenzialgleichungen mit einer Ordnung größer als zwei zu tun. Die Lösung einer Differenzialgleichung ist ein Ausdruck für y als Funktion von x. Die Suche nach der Lösung einer Differenzialgleichung bezeichnet man allgemein als „Integration“, und in einfachen Fällen reicht tatsächlich eine normale Integration aus, um die Lösung y(x) zu finden. Die allgemeine Lösung einer Differenzialgleichung ist die allgemeinste Formulierung der möglichen Lösungen, die in der Regel eine Anzahl Konstanten enthält. Wenn man diese Konstanten aus vorgegebenen Anfangsbedingungen (wenn die Zeit die Variable ist) bzw. Randbedingungen (für die räumlichen Koordinaten) bestimmt, erhält man die spezielle Lösung der Gleichung. Eine Differenzialgleichung erstere Ordnung benötigt die Angabe einer Rand- (oder Anfangs-)bedingung, eine Differenzialgleichung zweiter Ordnung benötigt zwei solche Bedingungen usw. Differenzialgleichungen erster Ordnung lassen sich häufig durch direkte Integration lösen. Beispielsweise können wir die Gleichung

dy A mit einer beliebigen Konstante a zu

a

Y

ax dx

A2.2 Analysis

umformen und direkt integrieren. Wir erhalten so

Dr

ny= 7x + A

mit einer Integrationskonstante A. Wenn dann noch eine Bedingu ng wie z.B. y = yo für x = x, gegeben ist, erhalten wir durch Einsetzen A—= In yo und damit die spezielle Lösung 1

Iny=>ax + Iny oder

Y—y®

ax? /2

Kompliziertere Differenzialgleichungen erster Ordnung lassen sich häufig durch geeignete Substitution lösen. Oft hilft beispielsweise eine Substitution der Form y = sx und der Wechsel der Variablen von x und yzu x und s. In anderen Fällen hilft x=u-aundy=v+b,

wobei a und b so gewählt werden können, dass der nach

der Transformation resultierende Ausdruck möglichst einfach wird. Lösungen komplizierter Differenzialgleichungen können durch Nachschlagen in geeigneten Tabellenwerken gefunden werden (siehe Weiterführende Literatur). Beispielsweise tauchen in der chemischen Kinetik oft Gleichungen der Form

7.+y(&) =g(%)

(A2-55)

auf. Ihre Lösungen lauten yelfo% = [eg

dx + Konstante .

Ein anderer üblicher Weg besteht darin, analytische Lösungen chungen mithilfe geeigneter Mathematik-Software bestimmen Differenzialgleichungen zweiter Ordnung sind in der Regel zu lösen als solche erster Ordnung. Oft hilft es, die Lösung als ZEN,

vl,

(A2-56) von Differenzialgleizu lassen. sehr viel schwieriger Potenzreihe anzuset-

(A2-57)

und dann mithilfe der Differenzialgleichung Beziehungen zwischen den Koeffizienten zu suchen. Auf diese Weise erhält man z.B. die Hermite-Polynome, die Teil der Wellenfunktionen eines harmonischen Oszillators sind (Abschnitt 9.2.1). Alle Differenzialgleichungen zweiter Ordnung, die in diesem Buch vorkommen, sind in entsprechenden Tabellenwerken aufgeführt oder können mithilfe von MathematikSoftware gelöst werden. Die speziellen Verfahren, die nötig sind, um die Form der Lösungen bestimmen zu können, sind in mathematischen Lehrbüchern erläutert.

Numerische Lösung von Differenzialgleichungen Viele der Differenzialgleichungen, die physikalische Phänomene beschreiben, sind so kompliziert, dass sich kein geschlossener Ausdruck für ihre Lösungen angeben lässt. In diesen Fällen muss man versuchen, die Lösungen unter Zuhilfenahme geeigneter Näherungen numerisch zu bestimmen. Heutige Mathematik-Software kann nahezu jede Gleichung numerisch integrieren. Die allgemeine Vorgehensweise dieser Programme zur Lösung einer Gleichung df/dx = g(x) besteht darin,

1079

1080

Anhang 2 Mathematische Grundlagen

die infinitesimale Größe df = g(x) dx durch eine endliche Größe Af = g(x)Ax zu ersetzen, sodass f(x +4Ax)=f(x) +glx)Ax .

Danach wandert das Programm entlang der x-Achse und erzeugt dabei Schritt für Schritt die Lösung f(x). In Wirklichkeit sind die verwendeten Algorithmen natürlich wesentlich raffinierter als in diesem einfachen Beispiel; das Prinzip bleibt jedoch dasselbe. Unter den einfachen numerischen Verfahren ist das Runge-KuttaVerfahren vierter Ordnung eines der genauesten. Herleitungen des Runge-Kutta-Verfahrens sind in der Weiterführenden Literatur angegeben. Hier wollen wir nur die Vorgehensweise anhand einer Differenzialgleichung erster Ordnung der Form

d = f(x, y) r

(A2-58)

erläutern. Diese Differenzialgleichung taucht zum Beispiel in der chemischen Kinetik bei der Beschreibung der Konzentration eines Intermediats I in einer Reaktionsfolge AQJ IP auf (Gl. (22-36)). Um einen Näherungswert für das Integral von Gl. (A2-58) zu erhalten, ersetzen wir zunächst die Differenziale durch endliche Differenzen,

wobei wir für Ay auch y(x + Ax) — y(x) schreiben können. Das Runge-Kutta-Verfahren vierter Ordnung beruht auf der Näherung 1

y(x+4Ax) =y(x)+ gi +2k, +2k, +k,)

(A2-59)

mit

kı =f(x,y)Ao

(A2-60a)

1

1

1

1

k=f(x+ >Ax, y+ zk )Ax K=fi%

zAx y+ 5 h)Ax

kı=f(x+Ax,y+k;)Ax

(A2-60b) (A2-60c)

(A2-60d)

Wenn wir die Funktion f(x,y) und y(0) kennen, können wir mithilfe von Gl. (A2-60a-d) Näherungswerte für sukzessive Werte von x berechne n. Dieses Verfahren kann mithilfe einer Tabellenkalkulation oder einer Mathemat ik-Software einfach automatisiert werden. Die Genauigkeit der Rechnung ist umso größer, je kleiner die Schritte Ax gewählt werden.

Partielle Differenzialgleichungen Eine partielle Differenzialgleichung ist eine Differenzialgleichung in mehr als einer Variable. Ein Beispiel ist 9’y 2

9°y

Dee

(A2-61)

wobei y eine Funktion der beiden Variablen x und t ist. Manchmal können partielle Differenzialgleichungen in gewöhnliche Differenzialgl eichungen in jeweils einer

A2.3

Statistik und Wahrscheinlichkeit

Variable separiert werden. Zum Beispiel lässt sich die Schrödinger-Gl eichung für ein Teilchen in einem zweidimensionalen Kasten (Abschnitt 9.1.2) separieren, wenn man die Wellenfunktion w(x,y) als Produkt X(x)Y(y) ansetzt. Man erhält so zwei getrennte Differenzialgleichungen zweiter Ordnung in den Variablen x und y anstelle der ursprünglichen partiellen Differenzialgleichung zweiter Ordnung . Einen Hinweis auf eine mögliche Separierbarkeit eines Systems gilt oft seine Symmetrie.

A2.3 |

Statistik und Wahrscheinlichkeit

Im gesamten Buch, vor allem aber in den Kapiteln 16, 17, 19 und 21, verwenden wir

einige grundlegende Ergebnisse aus zwei Gebieten der Mathematik: der Wahrscheinlichkeitsrechnung, die sich mit zufallsverteilten Größen und Ereignissen befasst, und der Statistik, die Werkzeuge und Methoden für die Auswertung großer Datenmengen zur Verfügung stellt. Im Folgenden wollen wir einige der Grundlagen dieser beiden Gebiete vorstellen.

A2.3.1

Zufallsauswahlen

Mithilfe von kombinatorischen Arten wir ein bestimmtes

Funktionen können wir ausdrücken, auf wie viele

System oder Ergebnis realisieren können;

sie sind vor

allem in der statistischen Thermodynamik (Kapitel 16 und 17) von großer Bedeutung. Um die Grundideen zu zeigen, betrachten wir einen gewöhnlichen Münzwurf. Wenn wir n Münzen werfen, dann ist N(n,i) die Anzahl der Versuche, bei

denen wir gerade i mal „Zahl“ erhalten (und n — i mal „Wappen“). N(n, i) ist durch die Koeffizienten der Binomialverteilung von (1 + x)" gegeben:

j-l

Die Zahlen N(n,i), die oft auch in der Form (”) geschrieben werden, heißen auch

Binomialkoeffizienten. Nun wollen wir ein Experiment betrachten, das im Gegensatz zum Werfen von Münzen mehr als zwei mögliche Ergebnisse liefern kann — zum Beispiel Würfeln, wo jedes „Experiment“ sechs verschiedene Resultate geben kann. Wenn wir nmal würfeln, dann ist die Zahl der Möglichkeiten W, am Ende genau n, mal die Eins, n,

mal die Zwei usw. zu erhalten, durch 6

n!

n.!In,!n;!n,!n;!n,!

,

Ds

n;

i=1

gegeben. Dieser Ausdruck ist ein Beispiel für einen Multinomialkoeffizienten, der allgemein die Form w=

n! |

=

n;,

(A2-63)

25

hat, wobei W die Zahl der Möglichkeiten ist, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen,

n die Zahl der Versuche und m die Zahl der möglichen Ergebnisse pro Versuch. In Kapitel 16 haben wir den Multinomialkoeffizienten verwendet, um ein System aus Teilidentischen Teilchen so aufzubauen, dass wir eine bestimmte Verteilung der erreichten. Systems des eaus Energieniv chen über die

1931

1032

Anhang 2 Mathematische Grundlagen

In der Chemie haben wir es meist mit sehr großen Zahlen von Teilchen und Ergebnissen zu tun; es ist daher bequemer, die Fakultäten auf andere Weise auszudrücken. Die Fakultäten großer Zahlen können wir mithilfe der Stirling’schen Näherung vereinfachen,

n!= (Ar) nt

et.

(A2-64)

Wenn n größer als etwa 10 wird, beträgt der Fehler durch diese Näherung weniger als 1%. Für sehr große n existiert eine noch einfachere Form dieser Näherung: Inn!enlnn-n.

A2.3.2

(A2-65)

Wahrscheinlichkeitsrechnung

Im Folgenden wollen wir zwei Resultate der Wahrscheinlichkeitstheorie kurz beschreiben: den Mittelwert einer Variablen und den Mittelwert einer Funktion. Die Berechnung von Mittelwerten ist beispielsweise bei der Beschreibung statistischer Knäuel (Kapitel 19) oder der molekularen Diffusion (Kapitel 21) wichtig. Der Mittelwert (auch Erwartungswert genannt) (X) einer diskreten Variablen X wird berechnet, indem man jeden möglichen Wert x;, den X annehmen kann, mit der Wahrscheinlichkeit p; multipliziert, dass dieser Wert auftritt, und dann über die N möglichen Werte von X summiert: N

(X) = xp;

;

FA

Wenn N sehr groß ist und die x; so dicht beisammen liegen, dass X als kontinuierliche Größe betrachtet werden kann, dann ist es sinnvoll, die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Wertes von X in der Form

Wahrscheinlichkeit für X zwischen

x und x -+ dx =

erde

auszudrücken. Die Funktion f(x) ist dabei die Wahrscheinlichkeitsdichte, ein Maß für

die relative Häufigkeit der verschiedenen Werte von X, und dx ist ein infinitesimales Intervall von x-Werten. Die Wahrscheinlichkeit, dass X einen Wert zwischen x =

a und x = b besitzt, ist durch das Integral Pb

Wahrscheinlichkeit für X zwischen a und b= | f(x) dx Ja

gegeben. Der Mittelwert einer kontinuierlich variierenden Größe X ist dann RN

xf(x)dx.

(A2-66)

Dieser Ausdruck entspricht dem für diskrete X, wenn wir f(x)dx als die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Wertes x interpretieren und die Summation über

die diskreten Werte x; durch eine Integration über unendlich dicht liegende Werte x ersetzen.

Der Mittelwert einer Funktion g(X) kann nach einer ganz ähnlichen Formel berechnet werden:

(e(X)) = |

dx.

(A2-67)

A2.4

A2.4 |

Matrixalgebra

Matrixalgebra

Eine Matrix ist eine Anordnung von Zahlen in Zeilen und Spalten. Matrizen kön-

nen durch Additionen oder Multiplikationen verknüpft werden, deren Regeln sich

als Verallgemeinerungen der entsprechenden Regeln für einfache Zahlen ergeben.

Üblicherweise werden numerische Operationen mit Matrizen heute mithilfe von Mathematik-Software ausgeführt.

Wir betrachten eine Matrix M aus n? Zahlen, die in n Spalten und n Zeilen ange-

ordnet sind. Die n? Zahlen heißen Elemente der Matrix: sie können angegebe n werden, indem man zu jeder Zahl die Zeile z und die Spalte s angibt, in die sie gehört. Ein Element wird deshalb in der Form M,, geschrieben. Die Elemente der Matrix

(1)

sind beispielsweise M,, = 1, M} = 2, M,, = 3 und M, = 4. M ist hier eine 2 x2Matrix. Ihre Determinante ist 172 3 4

m mu’

En

(A3-1)

A3.2.4 Der harmonische Oszillator : 1092 A3.3

Wellen - 1093

A3.3.1 Das elektromagnetische

Die potenzielle Energie E,,, oder V eines Körpers ist die Energie, die er aufgrund seiner Lage oder einer Vorbehandlung (z.B. Dehnung) besitzt. Den Nullpunkt der potenziellen Energie können wir frei wählen. Zum Beispiel wird die potenzielle Energie eines Körpers im Schwerefeld der Erde oft an der Erdoberfläche gleich null gesetzt, oder die elektrostatische potenzielle Energie zweier geladener Teilchen wird null gesetzt, wenn

sie sich in unendlicher

Entfernung voneinander befinden.

(A3-2)

Erin Ir Eoot u

A3.1.2

Einheiten der Energie

Die SI-Einheit der Energie ist das Joule (J), das als

(A3-3)

1f=1kgm’s”

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula

Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

.

A3.3.2 Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung : 1094 A3.3.3 Beugung - 1095

A3.3.4 Optische Aktivität - 1095

Für

die potenzielle Energie kann kein allgemein gültiger Ausdruck angegeben werden, da sie von der Art der Wechselwirkung abhängt, die ein Körper spürt. Ein Beispiel, der zu einem einfachen Ausdruck für die potenzielle Energie führt, ist die potenzielle Energie eines Körpers im Gravitationsfeld der Erde in der Nähe der Erdoberfläche (die Gravitation wirkt auf die Masse eines Körpers). Wenn sich der Körper in einer Höhe h über dem Erdboden befindet, so ist seine potenzielle Energie (immer relativ zu seiner Energie am Erdboden, bei h=0) gleich mgh, wobei g die Erdbeschleunigung oder Fallbeschleunigung ist, g = 9.81lms*, und wir wie oben erwähnt willkürlich V = 0 für h = 0 gesetzt haben. Die (mechanische) Gesamtenergie eines Körpers ist die Summe seiner kinetischen und potenziellen Energie, E=

Feld - 1093

A3.4

A3.4.1

Elektrostatik - 1096

Die Coulomb-Wechsel-

wirkung - 1096 A3.4.2 Das Coulomb-Potenzial - 1097 A3.4.3 Die Stärke des elektrischen Feldes : 1097

A3.4.4 Elektrischer Strom und

elektrische Leistung : 1098 Weiterführende Literatur - 1098

Anhang 3 Physikalische Grundlagen

1090

definiert ist. In der chemischen Literatur trifft man oft auch noch die Kalorie (cal) und die Kilokalorie (kcal, manchmal auch Cal) an; per Definition ist 1cal=4.184]. Eine Kalorie ist die Energie, die nötig ist, um 1g Wasser um 1°C zu erwärmen. Die zeitliche Änderung der Energie ist die Leistung P, die in Joule pro Sekunde oder Watt (W) gemessen wird,

1W=1Js!.

A3.2 |

(A3-4)

Klassische Mechanik

Die klassische Mechanik beschreibt die Bewegung von Objekten mithilfe zweier Gleichungen. Die eine formuliert die Tatsache, dass die Gesamtenergie eines Körpers in Abwesenheit äußerer Kräfte konstant ist, die andere beschreibt die Reaktion eines Körpers auf die Kräfte, die auf ihn wirken.

A3.2.1

Der Zusammenhang zwischen Trajektorie und Energie

Die Geschwindigkeit v eines Teilchens ist die zeitliche Änderung seines Ortes, dr

(A3-5)

ne

Die Geschwindigkeit ist ebenso wie der Ort ein Vektor mit Betrag und Richtung. Der Betrag der Geschwindigkeit v wird mit v bezeichnet. Der Impuls p eines Teilchens ergibt sich aus seiner Geschwindigkeit v und seiner Masse m gemäß p=mvR

(A3-6)

Der Vektor des Impulses zeigt wie der Geschwindigkeitsvektor in die Richtung, in die sich das Teilchen bewegt (Abb. A3-1). Die Gesamtenergie kann auch mithilfe des Impulses ausgedrückt werden,

E=5

p’

+ Ve).

(A3-7)

Mithilfe dieser Gleichung können wir zeigen, dass ein Teilchen eine definierte Trajektorie besitzt, dass also Ort und Impuls zu jedem Zeitpunkt definierte Werte haben. Dazu betrachten wir ein Teilchen, das sich in einer Dimension (entlang der x-Achse) frei (d.h. V = 0, die potenzielle Energie hängt nicht vom Ort ab) bewegen kann. Mit v = dx/dt erhalten wir aus Gl. (A3-6) und Gl. (A3-7) dx

d

25

2

(A3-8)

\m

Eine Lösung dieser Differenzialgleichung lautet P, 1/2

x(t) = x(0) + m (me) t. m

.

(A3-9)

Der Impuls ist konstant, Abb. A3-1 Der Impuls eines Teilchens ist ein Vektor, der in Richtung der Bewegung

des Teilchens zeigt.

DEIND\

dx = Er = OmE

(A3-10)

A3.2

Klassische Mechanik

1991

Wenn wir also den Anfangsort und die Anfangsgeschwindig keit kennen, so können wir alle Ort und Impulse zu späteren Zeitpunkten exakt vorhersagen.

A3.2.2

Das zweite Newton’sche

Gesetz

Die Kraft F, die auf ein Teilchen wirkt, hängt durch potenzielle Energie V

=

(A3-11a) Ortx

mit seiner potenziellen Energie V zusammen. Daraus folgt, dass die Kraft in Richtung abnehmender potenzieller Energie wirkt (Abb. A3-2). In drei Dimensionen lautet diese Beziehung

F=-VV

mit

ven5 en X 0,

d 02

Abb. A3-2 Die aufein Teilchen wirkende Kraft ist durch die Steigung seiner potenziellen Energie an dem betreffenden Punkt

gegeben. Die Kraft zeigt stets in Richtung niedrigerer potenzieller Energie.

(A3-11b)

Das zweite Newton’sche Gesetz besagt, dass die zeitliche Änderung des Impulses gleich der auf das Teilchen wirkenden Kraft ist. In einer Dimension heißt das

dp _ In ne

(A3-12a)

Da in einer Dimension p = m(dx/dt) ist, ist es häufig bequemer, diese Gleichung in der Form

na =F

(A3-12b)

dt?

zu schreiben. Die zweite Ableitung d’x/dt? ist die Beschleunigung des Teilchens, die zeitliche Änderung seiner Geschwindigkeit (in diesem Fall nur entlang der x-Achse). Wenn wir also an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt die auf das Teilchen wirkende Kraft kennen, dann können wir aus Gl. (A3-12) ebenfalls seine Trajektorie vorhersagen.

Diese Rechnung

ist der auf E basierenden vollkominen

ebenbürtig,

aber in manchen Fällen praktischer. Beispielsweise können wir so einfach zeigen, dass ein Teilchen der Masse m, das aus der Ruhe für eine Zeit t einer Kraft F ausgesetzt ist, dabei eine kinetische Energie

(A3-13)

erhält, die nach dem Abschalten der Kraft unverändert bleibt. Da sowohl die wir-

kende Kraft F als auch die Zeit r völlig frei wählbar ist, folgt daraus, dass die Energie des Teilchens jeden beliebigen Wert annehmen kann.

A3.2.3

Rotationen

Die Rotationsbewegung eines Teilchens um ein Zentrum wird durch seinen Drehimpuls J beschrieben. Der Drehimpuls ist ein Vektor; sein Betrag gibt die Geschwindigkeit an, mit der ein Teilchen rotiert, und seine Richtung zeigt die Rotationsachse an (Abb. A3-3). Der Betrag des Drehimpulses ist durch den Ausdruck

Abb. A3-3 Der Drehimpuls eines Teilchens wird durch einen Vektor entlang der Rotationsachse und senkrecht zur Rotationsebene dargestellt, dessen Betrag

den Betrag des Drehimpulses angibt. Die Rotationsbewegung verläuft für einen Beobachter, der in Richtung des Vektors

I = Io

S

(33-14)

schaut, im Uhrzeigersinn.

Anhang 3 Physikalische Grundlagen

1092

gegeben, wobei & die Winkelgeschwindigkeit des Körpers ist, die zeitliche Änderung seines Raumwinkels (in Radiant pro Sekunde), und I das Trägheitsmoment. Die Analogie zwischen m und I, v und & sowie p und J im Fall der Translationsbzw. Rotationsbewegung sollte man sich merken, denn sie macht es deutlich einfacher, Gleichungen aufzustellen und in Erinnerung zu behalten. Für ein punktför-

ist miges Teilchens der Masse m, das sich auf einer Kreisbahn mit Radius r bewegt,

das Trägheitsmoment um die Rotationsachse gleich

I=mr.

(A3-15)

»

Um eine Rotationsbewegung zu beschleunigen, muss man ein Drehmoment T wirken lassen. Die Newtonsche Gleichung lautet dann

Sn

(A3-16)

dt

Wenn

ein konstantes

Drehmoment

T für eine Zeit r wirkt, erhöht sich die Rota-

tionsenergie eines anfänglich ruhenden Körpers auf a kin

T?t2

j

A

(A3-17 )

Auch hier lautet die Schlussfolgerung, dass wir die Rotation durch Wahl eines geeigneten Drehmoments und einer geeigneten Zeit, für die das Drehmoment wirkt, auf beliebige Energien anregen können.

A3.2.4

Der harmonische

Oszillator

Ein harmonischer Oszillator ist ein Teilchen, das eine rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung aus seiner Gleichgewichtsposition spürt:

F=-kx.

(A3-18)

Ein Beispiel dafür ist ein Teilchen, das über eine Feder an einer starren Aufhängung befestigt ist. Der Proportionalitätsfaktor k heißt Kraftkonstante und ist umso größer, je härter die Feder ist. Das negative Vorzeichen in Gl. (A3-18) zeigt, dass die Kraft der Auslenkung entgegen gerichtet ist (Abb. A3-4). Die Bewegung eines harmonischen Oszillators können wir analysieren, indem wir den Ausdruck für die Kraft aus Gl. (A3-18) in die Newton’sche, Gleichung (A3-12b) einsetzen. So erhalten wir

| d’x m dr =

—kx

5

Eine Lösung dieser Gleichung lautet x(t)=Asinwt

potenzielle V Energie

0

Auslenkung x Abb. A3-4 Die Kraft auf ein Teilchen, das

eine harmonische Bewegung ausführt. Die Kraft zeigt stets in Richtung der Ruhelage und ist proportional zur Auslenkung. Die zugehörige potenzielle Energie ist parabelförmig (proportional zu x?).

und

p(t) = mwAsinot

mit

&=

(k/m)"”.

(A3-19)

Diese Lösungen zeigen, dass die Position des Teilchens harmonisch (das heißt wie sin ot) mit einer Frequenz v = w/2rn von der Zeit abhängt. Sie zeigen außerdem, dass das Teilchen bei seiner maximalen Auslenkung A, der Amplitude der Bewegung, in Ruhe ist. Die Gesamtenergie eines klassischen harmonischen Oszillators ist proportional zum Quadrat der Amplitude seiner Bewegung. Um das zu zeigen, schreiben wir die kinetische Energie als 2 mwAcosot)” 1 Ein = 2m en =, mw’A? cost . 2m

(A3-20)

A3.3

Wellen

1093

Wegen » = (k/m)'” können wir dafür schreiben

a re zrA cos ot. Die auf den

(A3-21)

Oszillator

wirkende

Kraft ist F=-kx,

sodass

aus

der Beziehung

F = —dV/dx für die potenzielle Energie eines harmonischen Oszillators folgt 1 2 1 ZN?) V-Bo 56x = zkA sin ot.

(A3-22)

Damit ist die Gesamtenergie 5 1 Ero s

5ER sin "ot = J in?ot IRA?

(A3-23)

(hierbei haben wir sin ot + cos?wt = 1 verwendet). Das bedeutet, die Energie des Oszillators ist konstant und wird für eine gegebene Kraftkonstante durch die maximale Auslenkung bestimmt. Folglich können wir die Energie eines oszillierenden Teilchens durch Dehnen der Feder bis zu einer gewünschten Amplitude auf jeden beliebigen Wert einstellen. Die Frequenz der Bewegung hängt nur von den Eigenschaften des Oszillators ab (k und m) und nicht von der Energie; die Amplitude bestimmt die Energie gemäß E=!kA? und hängt nicht von der Frequenz ab. Mit anderen Worten, das Teilchen oszilliert mit derselben Frequenz, egal wie groß die Amplitude seiner Bewegung ist.

A3.3 |

Wellen

Wellen sind Störungen, die sich mit einer endlichen Geschwindigkeit durch den Raum fortbewegen. Beispiele für solche Störungen sind die kollektive Bewegung von Wassermolekülen in Meereswellen oder von Gasteilchen in Schallwellen. Wellen werden durch eine Wellengleichung beschrieben, eine Differenzialgleichung, die die Bewegung der Welle in Raum und Zeit wiedergibt. Harmonische Wellen sind Wellen, deren Auslenkungen als Sinus- oder Kosinusfunktionen ausgedrückt werden können.

Ze

Diese Konzepte werden in der klassischen Physik verwendet, um

den Wellencharakter von elektromagnetischer Strahlung zu beschreiben, was wir im Folgenden tun wollen.

A3.3.1

Das elektromagnetische Feld

In der klassischen Physik wird elektromagnetische Strahlung anhand des elektromagnetischen Feldes interpretiert, einer oszillierenden elektrischen und magnetischen Störung, die sich als harmonische Welle durch den leeren Raum, das Vakuum, ausgebreitet. Die Welle pflanzt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit

fort, der Lichtgeschwindigkeit c, die ungefähr 3 x 10° m "' beträgt. Wie sein Name bereits

andeutet,

besteht

ein elektromagnetisches

Feld aus

zwei

Komponenten,

einem elektrischen Feld, das auf geladene Teilchen wirkt (egal, ob sie ruhen oder sich bewegen), und einem magnetische Feld, das nur auf bewegte Ladungen wirkt. Das elektromagnetische Feld wird durch eine Wellenlänge / charakterisiert, den Abstand zwischen benachbarten Wellenbergen, sowie durch seine Frequenz v, die Häufigkeit, mit der das Feld an einem festen Punkt wieder zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt (Abb. A3-5). Die Frequenz wird in Hertz gemessen, wobei 1Hz=1s' ist. Wellenlänge und Frequenz einer elektromagnetischen Strahlung hängen durch

Av=c

(A3-24)

(b) Abb. A3-5 (a) Die Wellenlänge / einer Welle ist der Abstand von Wellenberg zu Wellenberg. (b) Hier bewegt sich die Welle mit einer Geschwindigkeit c nach rechts. An einem festen Ort durchläuft die Amplitude einer Welle eine komplette Periode, während die Welle diesen Punkt passiert (die vier offenen Punkte zeigen eine halbe Periode). Die Frequenz v ist die Zahl der Perioden, die an einem festen Punkt pro Sekunde vorbeilaufen. Wellenlänge und Frequenz hängen durch Av = c zusammen.

Anhang 3 Physikalische Grundlagen

1094

die Frequenz der zusammen. Je kleiner folglich die Wellenlänge ist, desto höher ist ahl vangegeWellenz die Strahlung. Zur Kennzeichnung einer Welle wird oft auch

(Im. Radiowellen

ben, die durch

1 dm

De

10°

Mikro35 v5

© S

Fernes

Se

Infrarot

——

10° 10

at

Se © 3 I =

Nahes Infrarot Roi

S = sichtbar Violett £

SH

zz»

4

R

(0)

=.o

£ 1 um 10° g 700 nm

=

= ©

420 nm

Ultraviolett

10°

mr

3

3 VakuumUltraviolett z

5 "©

ngen interdefiniert ist. Die Wellenzahl kann als die Zahl von vollständigen Wellenlä hlen Wellenza sen. hineinpas ervall Längenint $ gegebene pretiert werden, die in ein Welleneine n; angegebe ') (cm ern Zentimet n reziproke in werden normalerweise zahl von 5cm-! bedeutet dann, dass fünf komplette Wellenlängen in Icm passen. Die Einteilung des elektromagnetischen Feldes nach seiner Frequenz oder Wellenlänge ist in Abb. A3-6 zusammengefasst.

10 I] mm

=.

N

[Nlem

wellen

10°

1 nm 19°

Bo: 59

35

© ®

| Röntgen|strahlung | |

70"

ec

BET

1 Br DD (=

. &

55 =

Yo

y-Strahlung

M— 10°

en=

kosmische

Strahlung

(A3-25)

1057

Abb. A3-6 Die Bereiche des elektromagnetischen Spektrums und die verschiedenen Anregungen, die die jeweilige Strahlung erzeugen können.

A3.3.2

Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung

Wir betrachten eine elektromagnetische Störung, die sich mit der Wellenlänge A und der Frequenz v entlang der x-Richtung bewegt. Die Funktionen, die das oszillierende elektrische Feld beschreiben, E(x,t) und B(x, t), können wir als

E(x,t) = &, cos [2nvt — (2n/A)x + $] B(x,t) = By cos [2nvt - (2n/A)x+ 6]

(A3-26a) (A3-26b)

schreiben, wenn £, und B, die Amplituden des elektrischen bzw. magnetischen Feldes sind und der Parameter & die Phase der Welle angibt, die von 0 bis 2 variieren kann und die relative Lage der Wellenberge zweier Wellen beschreibt. Wenn zwei Wellen mit derselben Wellenlänge in demselben Raumbereich um d = rn oder -n gegeneinander verschoben sind (sodass die Wellenberge der einen Welle mit den Wellentälern der anderen Welle zusammenfallen), dann besitzt die resultierende Welle eine verringerte Amplitude. Man sagt auch, die Wellen interferieren destruktiv. Eine Verschiebung um & = 0 entspricht dagegen einer konstruktiven Interferenz oder einer Verstärkung der Amplituden. Gl. (A3-26) beschreibt linear polarisierte Wellen, deren elektrische und magnetische Felder jeweils in einer einzigen Ebene schwingen (in diesem Fall in der xybzw. xz-Ebene, Abb. A3-7). Die Polarisationsebene kann in einem beliebigen Winkel bezüglich der Ausbreitungsrichtung der Strahlung liegen (in Abb. A3-7 ist dies die x-Richtung), nur dass die elektrischen und magnetischen Felder jeweils senkrecht zur Ausbreitungsrichtung (sowie zueinander) schwingen müssen. Eine andere Art der Polarisation ist die zirkulare Polarisierung, bei der die Vektoren des

elektrischen bzw. magnetischen Feldes entweder im Uhrzeiger- oder im Gegenuhrzeigersinn um die Ausbreitungsrichtung rotieren, wobei sie aber immer senkrecht zueinander sowie zur Ausbreitungsrichtung bleiben. Durch Differenziation können wir einfach zeigen, dass Gl. (A3-26a-b) die Gleichungen 2

Zr)

An?

= la)

bzw.

0)2

able, t) = -An’veıh(x,t)

(A3-27)

erfüllen, wobei (x, t) für (x, t) oder B(x,t) steht. Nach der klassischen elektromagnetischen Theorie ist die Intensität elektromagnetischer Strahlung proportional zum Quadrat der Amplitude der Welle. So beru-

hen die in Zusatzinformation 16-1 diskutierten Lichtdetektoren auf der Wechselwirkung zwischen dem elektrischen Feld der einfallenden Strahlung und dem Detektor; die Lichtintensitäten sind daher proportional zu £}.

As3.3

A3.3.3

Wellen

1095

Beugung

Ein Lichtstrahl ändert seine Richtung (knickt ab), wenn er von einem transparenten Medien in ein anderes eintritt. Dieser Effekt wird als Beugung bezeichnet; er hängt

vom Brechungsindex des Mediums ab, dem Verhältnis der Lichtgeschwindigke it c im Vakuum zur Lichtgeschwindigkeit c’ im betreffenden Medium:

re

(A3-28)

Aus den Maxwell’schen Gleichungen (siehe Weiterführende Literatur) folgt, dass der Brechungsindex bei einer bestimmten (sichtbaren oder ultravioletten) Frequenz mit der Dielektrizitätskonstante &, (siehe Abschnitt 20.3.3) bei dieser Frequenz durch

n=&'

(A3-29)

Abb. A3-7 Elektromagnetische Strahlung besteht aus Wellen elektrischer und magnetischer Felder, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle (hier der x-Richtung) und zueinander stehen. Diese Darstellung zeigt eine linear polari-

zusammenhängt. Tabelle A3-1 führt einige Brechungsindizes verschiedener Substanzen auf. Da die relative Dielektrizitätskonstante einer Substanz durch Gl. (20-10) mit der Polarisierbarkeit zusammenhängt, besteht auch zwischen dem Brechungsindex und der Polarisierbarkeit ein Zusammenhang. Um die Ursache dafür zu verstehen, müssen

wir uns klarmachen,

magnetische Felder in den xy- bzw. xz-Ebenen schwingen.

wie die Fortpflanzung von Licht durch ein Medium

vonstatten geht. Die oszillierenden elektrischen und magnetischen Felder der Strahlung induzieren in der Probe oszillierende Dipolmomente, die als Quelle von elektromagnetischer Strahlung derselben Frequenz wirken. Die von ihnen erzeugte Strahlung ist aber gegenüber der ursprünglichen Strahlung geringfügig verzögert, sodass der Lichtstrahl sich durch das Medium langsamer fortbewegt als durch ein Vakuum. Da Photonen mit hoher Frequenz energiereicher sind als solche mit geringerer Frequenz, können sie auch die Elektronendichten der Moleküle auf ihrem Weg stärker verzerren. Wir können daher erwarten (wenn wir die Beiträge von niederfrequenten Freiheitsgraden der Moleküle als bereits erloschen betrachten), dass die elektronischen Polarisierbarkeiten der Moleküle und somit der Brechungsindex zunehmen, wenn die Frequenz der Strahlung bis zu einer Absorptionsfrequenz des Moleküls ansteigt. Diese Frequenzabhängigkeit der Polarisierbarkeit ist die Ursache für die Dispersion von weißem Licht in einem Prisma: Der Brechungsindex des Materials ist für blaues Licht größer als für rotes Licht, daher werden die blauen Lichtstrahlen stärker gebeugt. Der hierfür geprägte Begriff Dispersion wird heute auch allgemein für die Frequenzabhängigkeit des Brechungsindex oder sogar einer beliebigen Eigenschaft verwendet.

A3.3.4

sierte Welle, deren elektrische und

Kurztabelle A3-1 Brechungsindices relativ zu Luft bei 20°C.* Substanz

434nm

589nm

656nm

GH,l) es. 11,0.) Kl(s)

1524 1675 1340. 1704

1501 1.497 1008 Kies Prasse] 1.666 1.658

* Weitere Werte im Tabellenanhang am Ende des Buches.

Optische Aktivität

Das Konzept des Brechungsindex ist eng mit dem Phänomen der optischen Aktivität verknüpft. Eine optisch aktive Substanz dreht die Polarisationsebene von linear polarisiertem Licht, das durch sie hindurchtritt. Um diesen Effekt zu verstehen, hilft es, wenn wir uns das einfallende linear polarisierte Licht als Überlagerung zweier entgegengesetzt rotierender zirkular polarisierter Wellen vorstellen. Man bezeichnet per Konvention zirkular polarisiertes Licht als rechtsdrehend, wenn sein elektrischer Feldvektor aus der Sicht eines Beobachters, der dem Strahl entgegen blickt, im Uhrzeigersinn rotiert (Abb. A3-8). Wenn ein solcher Lichtstrahl nun in eine Probe tritt, die unterschiedliche Brechungsindizes für die beiden zirkular polarisierten Komponenten besitzt, so pflanzt sich eine Komponente schneller als die andere fort. Für eine Probe der Länge l ist der Zeitunterschied für den Weg durch die Probe gleich

links

rechts Polarisationsebene Abb. A3-8 Die Überlagerung von rechtsund linkszirkular polarisiertem Licht aus der Sicht eines Beobachters, der dem Lichtstrahl entgegen blickt.

1096

Anhang 3 Physikalische Grundlagen

wenn cı und c, die Lichtgeschwindigkeiten der links- bzw. rechtszirkular polarisierten Komponente sind. Mithilfe der beiden Brechungsindizes können wir dafür schreiben NEMNe

l I

=

Ian .

Die Phasendifferenz zwischen den beiden Komponenten Medium ist folglich |

beim Austritt aus dem

F

AO = 2nvÄt =

2ncAt 2nl 2 — (Mi. — ul 5 7) 1

wobei ) die Wellenlänge des verwendeten Lichts ist. Die beiden rotierenden elektrischen Vektoren besitzen nach dem Durchgang durch die Probe eine andere Phasenbeziehung als zuvor, und ihre Überlagerung ergibt nun eine linear polarisierte Welle, deren Polarisationsebene um einen Winkel A0 gegenüber ihrer Lage vor dem Eintritt in die Probe gedreht ist. Offensichtlich muss der Drehwinkel proportional zur Differenz der Brechungsindizes sein, n, — n,. Eine Probe, für die diese beiden

Brechungsindizes unterschiedlich sind, wird als zirkular doppelbrechend bezeichnet. Um zu erklären, warum die Brechungsindizes für rechts- und linkszirkular polarisiertes Licht unterschiedlich sein können, müssen wir uns ansehen, weshalb die Polarisierbarkeit von der Drehrichtung des Lichts abhängt. Eine qualitative Erklärung dafür ist, dass die Polarisierbarkeit von Helixmolekülen

(wie etwa einer Poly-

peptid-a-Helix, Abschnitt 19.2.1) oder eines Kristalls, in dem die Moleküle helixförmig angeordnet sind (wie in cholesterischen Flüssigkristallen, siehe Anwendung 61), davon abhängt, ob das elektrische Feld des einfallenden Lichts gleichsinnig mit oder gegensinnig zur Helixstruktur in der Probe rotiert. Mit der zirkularen Doppelbrechung einer Probe ist auch ein Unterschied in der Absorption der rechts- und linkszirkular polarisierten Komponenten der Strahlung verbunden. Dieser Effekt ist unter dem Namen Zirkulardichroismus bekannt; er wird in Kapitel 14 näher beleuchtet.

A3.4 |

Elektrostatik

Unter Elektrostatik verstehen wir die Untersuchung der Wechselwirkungen ruhender Ladungen. Die Elementarladung, die Ladungsmenge, die ein einzelnes Elektron oder Proton trägt, ist e=1.60x10'°C. Die Ladung eines Mols von Protonen ist durch die Faraday-Konstante gegeben,

A3.4.1

F = N,e = 9.65 x 10°

Cmol!.

Die Coulomb-Wechselwirkung

Wenn sich eine Punktladung q, im Vakuum in einem Abstand r von einer zweiten Punktladung q, aufhält, dann ist ihre potenzielle Energie

vrAneor

ge

Die Konstante &, ist die Vakuumpermittivität, eine Fundamentalkonstante mit dem

Wert 8.85 x10”C?]J 'm'. Diese außerordentlich wichtige Beziehung wird als Coulomb-Energie bezeichnet, und die durch sie beschriebene Wechselwirkung ist die Coulomb-Wechselwirkung zweier Ladungen. Die Coulomb-Energie entspricht der Arbeit, die aufgebracht werden muss, um die beiden Ladungen aus unendlicher Entfernung voneinander auf einen Abstand r zu bringen.

A3.4

Elektrostatik

Aus Gl. (A3-5) und Gl. (A3-30) folgt, dass die von einer Ladung q, auf eine Ladung q, ausgeübte elektrische Kraft F den Betrag Ei

419

Anteor?

(A3-31)

besitzt. Diese Kraft ist ein Vektor, der in Richtung der Verbind ungslinie der beiden Ladungen zeigt. Wenn wir die Ladungen in Coulomb und die Entfernung in Metern

angeben, erhalten wir die Kraft in Newton. Wenn sich die Ladungen in einem anderen Medium als dem Vakuum befinden, so wird ihre Wechselwirkungsenergie reduziert; in Gl. (A3-30) wird dann die Vakuumpermittivität durch die Permittivität & des Mediums ersetzt (siehe Abschnitt

18.1.3),

A3.4.2

Das Coulomb-Potenzial

Die potenzielle Energie einer Ladung q, in Anwesenheit einer zweiten Ladung 9 kann durch das Coulomb-Potenzial & ausgedrückt werden,

V=-q$d

mit d= — 2

(A3-32)

0

Die Dimension des Potenzials ist Joule pro Coulomb (J C!), wenn wir das Potenzial also mit einer Ladung in Coulomb multiplizieren, erhalten wir die potenzielle Energie in Joule. Die Kombination Joule pro Coulomb taucht in der Elektrostatik häufig auf und heißt auch Volt (V):

Bee

(A3-33)

Wenn in einem System mehrere Ladungen g,, 4, ... vorliegen, ist das gesamte Potenzial, das die Ladung q, spürt, die Summe der Potenziale der einzelnen Ladungen,

o-0.80r..,

(A3-34)

Wenn die Ladungsverteilung zu kompliziert ist, um sie durch einige einzelne Punktladungen beschreiben zu können, drückt man das Coulomb-Potenzial durch die Ladungsdichte p aus. Wenn die Ladung in Coulomb und die Länge in Metern angegeben werden, erhält man die Ladungsdichte in Coulomb pro Kubikmeter (Cm). Das elektrische Potenzial einer Ladungsverteilung mit der Ladungsdichte p ist die Lösung der Poisson-Gleichung

ve

(A3-35) &o

wobei V? = 9° /dx? + 9° /dy? + 0°/92? ist. Wenn die Ladungsverteilung kugelförmig ist, dann gilt dasselbe auch für & und Gl. (A3-35) reduziert sich auf die in Zusatzinformation 5-1 verwendete Form.

A3.4.3 So wie die kann, kann elektrischen teilung) ist.

Die Stärke des elektrischen

Feldes

potenzielle Energie einer Ladung q, als V=q,& geschrieben werden die Kraft auf q, als F = q,€ geschrieben werden, wobei E der Betrag der Feldstärke aufgrund von q, (oder auch einer allgemeineren LadungsverDie elektrische Feldstärke (die ebenso wie die Kraft streng genommen

1097

Anhang 3 Physikalische Grundlagen

1098

eine Vektorgröße ist) ist durch den negativen Gradienten des elektrischen Potenzials gegeben:

a

A3.4.4

(A3-36) Elektrischer Strom und elektrische Leistung

Die Bewegung elektrischer Ladung erzeugt einen Strom I. Er wird in Ampere (A) gemessen, wobei

NE

(A3-37)

ist. Wenn der Strom aus einem Gebiet mit dem Potenzial &, durch eine Potenzialdifferenz Ab = d, — d, in ein Gebiet mit dem Potenzial &, fließt, dann ist die zeitliche Änderung der verrichteten elektrischen Arbeit gleich dem Strom (der Geschwindigkeit der Ladungsverschiebung) multipliziert mit der Potenzialdifferenz Ad, also IAdb. Die zeitliche Änderung der verrichteten elektrischen Arbeit ist die elektrische Leistung P, also ist

DE NG:

(A3-38)

Wenn der Strom in Ampere und die Potenzialdifferenz in Volt gemessen werden, ergibt sich die Leistung in Watt. Die in einer Zeit At verrichtete Arbeit ist gleich der Leistung (der Geschwindigkeit, mit der Arbeit verrichtet wird) multipliziert mit der Dauer des Intervalls,

E = PAt= IASAt.

(A3-39)

Wenn der Strom in Ampere, die Potenzialdifferenz in Volt und die Zeit in Sekunden gemessen werden, ergibt sich die Energie in Joule.

Weiterführende Literatur R. P. Feynman, R. B. Leighton, M. Sands, Vorlesungen über Physik, Band 1-3. Oldenbourg, München 1999-2001. H. Goldstein, C. P. Poole, ]r., J. L. Safko, Klassische Mechanik.

Wiley-VCH, Weinheim 2006. D. Halliday, R. Resnick, J. Walker, Physik. Wiley-VCH, Weinheim 2005.

G.A.D. Ritchie, D. S. Sivia, Foundations of Physics for Chemists. Oxford Chemistry Primers, Oxford University Press, Oxford

2000.

W. S. Warren, The Physical Basis of Chemistry. Academic Press, San Diego 2000. R. Wolfson, J. M. Pasachoff, Physics for Scientists and Engineers. Benjamin Cummings, San Francisco 1999.

=

1099

Anhang 4 | Tabellen

|

Übersicht

Die folgende Liste führt alle in diesem Buch enthaltenen Tabellen auf. Die in diesem Anhang enthaltenen Tabellen sind mit einem Sternchen markiert; alle anderen sind auf den

angegebenen Seiten zu finden.

Physikalische Eigenschaften ausgewählter Substanzen* Massen und natürliche Häufigkeit ausgewählter Nuklide* 1-1 1-2 1-3

Druckeinheiten (4) Die Gaskonstante in verschiedenen Einheiten (9) Die Zusammensetzung trockener Luft auf Meereshöhe

a

3-4 3-5 3-6 5-1

9-2 5-3 5-4 5-5 3-6

Zweite Virialkoeffizienten, B/(cm’ mol-')* Kritische Größen von Gasen* Van-der-Waals-Koeffizienten* Ausgewählte Zustandsgleichungen (20)

2-1 2-2 2-3

Arten von Arbeit (35) Temperaturabhängigkeit der molaren Wärmekapazität* Standardschmelz- und -verdampfungsenthalpien bei der jeweiligen Übergangstemperatur,

7 7-4

A

7-4

7-1 7-2 7-2

2-6 2-7 2-7a 2-7b 2-8 2-9

kl melr')e

Übergangsenthalpien [Notation] (53) Thermodynamische Daten für organische Verbindungen (alle Werte bei 298 K)* Thermochemische Daten einiger Brennstoffe (55) Thermodynamische Daten für Elemente und organische Verbindungen (alle Werte bei 298 K)* Standardenthalpien der Hydratation bei unendlicher

Verdünnung „,, H°/(k] mol"')* Standard-Hydratationsenthalpien von Ionen Ay,a H°/(kJ mol") bei 298 K* Koeffizienten der thermischen Ausdehnung a und der isothermen Kompressibilität x* Inversionstemperaturen, Schmelz- und Siedepunkte und Joule-Thomson-Koeffizienten bei 1 atm und

Standardentropien und Temperbeiuren von

Elektrodenarten (242) Standardpotenziale 298 K. (a) In elektrochemischer Reihenfolge* Standardpotenziale 298 K. (b) In alphabetischer Reihenfolge* Elektrochemische Spannungsreihe der Metalle (251) Säurekonstanten in Wasser bei 298 K. (a) Nach Säurestärke geordnet* Säurekonstanten in Wasser bei 298 K. (b) Alphabetisch geordnet*

8-1 8-2

Die Schrödinger-Gleichung (295) Einschränkungen durch das Unbestimmtheitsprinzip

9-1 9-2 9-3 9-4

Die Hermite-Polynome (335) Die Fehlerfunktion* Drehimpuls-Quantenzahlen (353)

10-1

Radiale Wellenfunktionen wasserstoffähnlicher Atome

10-2

Effektive Kernladungszahlen Z,,= Z-0 für neutrale Atome im Grundzustand* lonisierungsenergien, I/(k] mol"')* Elektronenaffinitäten E,, (kJ mol"')*

DISIKT

3-1

Konstanten des Henry’schen Gesetzes für Gase bei 298 K, K/(kPa kg mol "')* Kryoskopische und ebullioskopische Konstanten* Standardzustände [Definitionen] (170) Ionenstärke und Molalität, I = kb/b° (177) Mittlere Aktivitätskoeffizienten in Wasser bei 298 K* Relative Permittivitäten (Dielektrizitätskonstanten) bei DISIRE

1-4 1-5 1-6 1-7

2-4 2-5

Freie Standardbildungsenthalpien bei 298 K [siehe Tabelle 2-5 und 2-7]* Die Maxwell’schen Gleichungen (111) Die Fugazität von Stickstoff bei 273 K*

10-3 10-4

311)

Die Kugelflächenfunktionen Y,„(9.&) (347)

(369)

Phasenübergängen A,,,.s"/(JK" mol')* 3-2

3-3

Molare Standardverdampfungsenthalpien verschiedener Flüssigkeiten am Siedepunkt” _ Standardentropien bei 298 K nach dem Dritten

- Hauptsatz (siehe Tabelle 2-5 und 2-7)*

Einige häufige Hybridisierungen (415) Bindungslängen R,/pm* 11-3a Bindungsdissoziationensenthalpien, lei

112

AH° (A-B)/(k] mol") bei 298 K* 11-3b Mittlere Bindungsenthalipien, H(A--B)/(k] mol)*

Physikalische Chemie, Vierte Auflage. P.W. Atkins und J. de Paula

Copyright © 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim ISBN: 3-527-31546-2

ö

1100 11-4 11-5

Anhang 4 Tabellen

Pauling- und Mulliken-Elektronegativitäten* Ab-initio-Rechnungen und spektroskopische Daten

20-5

Gitterenthalpien AHT/(k] mol"')*

20-6

Magnetische Suszeptibilitäten bei 298 K*

21-1 21-2 21-3 21-4

Stoßquerschnitte a/nm’* Transporteigenschaften von Gasen bei 1 atm* Transporteigenschaften idealer Gase [Formeln] (839) Viskositäten von Flüssigkeiten bei 298 K,

(447) Die Bezeichnung der Punktgruppen (459) Die Charaktertafel der Gruppe C), (466) Die Charaktertafel der Gruppe C;, (467)

n/(i0”kg m! s')* Trägheitsmomente [Formeln] (494) Eigenschaften zweiatomiger Moleküle* Typische Schwingungswellenzahlen d/cm*

Farbe, Frequenz und Energie von Licht* Eigenschaften von O, in den niedrig liegenden elektronischen Zuständen (541) Charakteristische Absorptionen einiger Gruppen und Moleküle* Eigenschaften der Laserstrahlung und ihre chemischen Anwendungen (559) Kernaufbau und Kernspinquantenzahlen (575) Eigenschaften von Kernen* Hyperfeinkopplungskonstanten von Atomen“

21-5

Grenzleitfähigkeiten von Ionen in Wasser bei 298 K, mmol”

21-6

lonenbeweglichkeiten in Wasser bei 298 K,

21-7

(LU ne) Debye-Hückel-Onsager-Koeffizienten für (1,1)-Elektrolyte bei 25 °C*

21-8

Diffusionskoeffizienten bei 25 °C, D/(10° m? s')*

22-1 22-2 22-3 22-4

Kinetische Daten für Reaktionen erster Ordnung“ Kinetische Daten für Reaktionen zweiter Ordnung* Integrierte Geschwindigkeitsgesetze (839) Arrhenius-Parameter*

23-1 23-2

Beispiele für photochemische Reaktionen (937) Wichtige photophysikalische Prozesse (938)

23-3

Werte von R, für einige Donor-Akzeptor-Paare (944)

Charakteristische Rotations- und Schwingungstemperaturen [siehe Tabelle 13-2] (660) Symmetriezahlen [siehe Tabelle 13-2] (662) Beiträge zur molekularen Zustandssumme [Formeln]

24-1 24-2

(681)

24-3

Arrhenius-Parameter für Gasphasenreaktionen* Arrhenius-Parameter für Reaktionen in Lösung [siehe Tabelle 22-4]* Zusammenfassung der Verwendung von k und K [Notation] (998)

Thermodynamische Funktionen und ihre Verbindung mit der Zustandsumme (681) Beiträge zu den mittleren Energien und Wärmekapazitäten (682) Dipolmomente, Polarisierbarkeiten und Polarisierbarkeitsvolumina* Partialladungen in Polypeptiden (690) Wechselwirkungsenergien zwischen Multipolen (697) Lennard-Jones-(12, 6)-Parameter”* Oberflächenspannungen von Flüssigkeiten bei 293 K*

Trägheitsradien einiger Makromoleküle* Diffusionskoeffizienten in Wasser bei 20 °C* Reibungskoeffizienten und Molekülgestalt* Grenzviskositäten” Die sieben Kristallsysteme (775) Die Kristallstrukturen einiger Elemente (793) Ionenradien (r/pm)* Madelung-Konstanten (796)

25-1

Die größten beobachteten Enthalpien der

25-2

Physisorption A, ,H”/(k] mol"')* Enthalpien der Chemisorption A,,H°/(k] mol)*

25-3 25-4 25-5 25-6

Aktivierungsenergien katalysierter Reaktionen* Die Fähigkeit zur Chemisorption (1029) Anwendungen von Katalysatoren (1030) Austausch-Stromdichten und Transferkoeffizienten bei

25-7

Zusammenstellung gebräuchlicher Abkürzungen

Al-1 A1-2 A1-3 A1-4

Die SI-Basiseinheiten (1066) Abgeleitete Einheiten im SI (1067) SI-Vorsatzfaktoren (1067) Gebräuchliche Nicht-SI-Einheiten (1067)

A3-1

Brechungsindizes relativ zu Luft*

DOISIRT

(1053)

Charaktertafeln*

Anhang # Tabellen

7791

Physikalische Eigenschaften ausgewählter Substanzen.

€a ee

Tom

nn

Ts/K

Elemente Aluminium(s)

Argon(g) Blei(s)

2535

2740

CaCO ,(s, Calcit)

1.381 11.350

83.8 600.6

DR

87.3 2013

CuSO,-5H,0(s) HBr(g)

3931

2.284 2.77

2.340

3.123

265.9

Chlor(g)

1.507

1729

Eisen(s)

7.874

Helium(g) Tod(s)

1171d

2.698

Brom(l)

Fluor(g)

Ts/K

3

Anorganische Verbindungen

Bor(s)

Gold(s)

a = Te 293 Ki

EEG ei

er

1.108 19.320

2573

1808

1338

0.125 4.930

386.7

Kalium(s)

0.862

336.8

Kohlenstoff(s, Gr)

2.260

Kohlenstoff(s, D)

3013

Kryptön(g) Kupfer(s) Lithium(s)

2.413 8.960 0.534

383(-H,0) 423(-5H,0) 184.3 206.4

HCl(g)

331.9

1.187

HI(g)

159.0

191.1

2.85

239.2

222.4

H,Ol)

237.8

0.997

273.2

373.2

D,Ol)

1.104

277.0

374.6

195.4

3023

53.5

1612

85.0 3080

4.22 457.5 1047

NH,(g)

0.817

KBri(s)

2.750

1003

1708

KCl(s) Nacl(s)

1.984 2.165

1049 1074

1773s 1686

H,SO,()

1.841

283.5

611.2

293 329 457

238.8

3700s Organische Verbindungen

116.6 1357 453.7

120.8 2840 1620

Acetaldehyd, CH,CHO(|, g) Aceton, (CH,),CO(l) Anilin, C,H,NH,,()

0.788 0.787 1.026

152 178 267

Magnesium (s)

1.738

922.0

1363

Anthracen, C ,H,.(S)

1.243

Natrium(s) Neon(g) Phosphor(s, weiß)

490

615

0.971 1.207 1.820

371.0 24.5 317.3

1156 2 553

Benzol, C,H,() Chloroform, CHC,,(l) Essigsäure, CH,COOH]||)

0.879 1.499 1.049

278.6 209.6 289.8

353.2 334 391

Quecksilber(])

13.546

234.3

629.7

Ethanol, C,H,OH(l)

0.789

156

351.4

Sauerstoff(g)

1.140

54.8

90.2

181

254.0

Schwefel(s, a)

2.070

386.0

717.8

1.544

415

Silber(s)

10.500

1235

2485

Formaldehyd, HCHO(g) Glucose, C,H.,0,(s)

Methan, CH,(g)

90.6

111.6

Stickstoff(g)

0.880

63.3

77.4

Methanol, CH,OH(|)

0.791

12

337.6

Wasserstoff(g)

0.071

14.0

20.3

Naphthalin, C,,H,(s)

1.145

353.4

491

Oktan, C,H, s(l)

0.703

216.4

398.8

455.0

Uran(s)

18.950

1406

Xenon(g)

2.939

161.3

Zink(s)

7.133

692.7

4018

166.1 1180

Phenol, C,H,OH(s)

1.073

314.1

Saccharose, C,,H,,0,,(S)

1.588

457d

Tetrachlorkohlenwasserstoff, CCi,(l) 1.63 Quelle: AIP, E, HCP, KL 7 Für Gase am jewiligen Siedepunkt.

250

349.9

1102

Anhang 4 Tabellen

Massen und natürliche Häufigkeit ausgewählter Nuklide.

Tabelle 1-4 Zweite Virialkoeffizienten, B/(cm

Nuklid

ST

Häufigkeit/%

-187.0

Ar

H

He Le B

c N

Or

F P S

ce

Br I

'H

1.0078

99.985

°H

2.0140

0.015

co,

He

3.0160

0.000 13

H,

270

"He

4.0026

He

11.4

Su

6.0151

7.42

"Li

7.0160

92.58

B

10.0129

"B

11.0093

19.78 80.22

5 BG “N

12* 13.0034 14.0031

98.89 1 99.63

PN 8) 2o =o ®F Zr = es es Ze ei!

15.0001 15.9949 16.9991 17.9992 18.9984 30.9738 31.9721 32.9715 33.9679 34.9688 36.9651

0.37 99.76 0.037 0.204 100 100 95.0 0.76 4.22 75.53 24.4

Br FB 1

78.9183 80.9163 126.9045

50.54 49.46 100

100

mol").

273 K

100 K mju

3

CEHL

373 K

——

—21.7

—4.2 —1.2

8.1

279

2194

_142

15.6

12.0

1a

62.9

28.7

1.7

3.4

19.0

10.4

Luft

-167.3

-13.5

N,

-160.0

10.5

6.2

21077

Ne

6.0

10.4

113)

13.8

0

-197.5

xXe

—e

ıb1lS)

-53.6

DR;

Kr

600 K

22.0

3.7

12.9

-153.7

81.7

-19.6

Quelle: AIP, JL. Die angegebenen Werte beziehen sich auf Gl. (1-22); die Umrechnung auf Gl. (1-21) ist

B’ =B/RT. Für Ar bei 273 K ist

C= 1200 cm mol”.

Tabelle 1-5 Kritische Größen von Gasen.

Pkrit jatm

48.00 102 50.50

/K

150.72

185

584

124

283.1

148

305.4

48.6

260

562.7

76.1 72.85 55 12.8

98.7 124 94.0

64.99 538

84.0

363.0

81.5

81.0

80.8

190.6

Ta/K 411.5

510.0

417.2 304.2

714.8

144

218.3

2.26

57.76

3323

110.0

647.4

324.7 Sl

22.64

423.2

54.27

92.24

209.39

575.0

33.54

90.10

126.3

SD,

26.86

41.74

1073

Quelle: AIP, KL.

75.25

I

48.20

45.6

* Exakt.

V,,. /(cm? mol)

44.44

223

12%)

405.5

50.14

78.0

154.8

405.9

58.0

118.8

289.75

768.0

Anhang 4 Tabellen

1103

Tabelle 1-6 Van-der-Waals-Koeffizienten.

a [{atm dm° mol?) ee Ar

b /(10° dm’ mol” ) a /(atm dm mol”) nee...

b/(10” dm’ mol) er

1337.

3.20

CH, CH, CH;

EbS

4.552 5.507 18.57

4.484

5.82 6.51 11.93

4.34

He Kr N,

0.0341 5.125 1.352

2.38 1.06 3.87

EHE

2.2078

4.31

Ne

0.205

1.67

Ch,

6.260

5.42

NH;

4.169

Bl

co

1.453

3:95

0,

1.364

3419

Eo,

3.610

4.29

so,

6.775

5.68

H,

0.2420

2.65

xXe

4.137

SEll6

H,O

5.464

3.05

Quelle: HCP.

Tabelle 2-2 Temperaturabhängigkeit der molaren Wärmekapazität. ”

a

by(10”K’)

c /(10° K?)

Einatomige Gase 20.78

0

0

37.32

0.50

-1.26

@)

37.03

0.67

—2.85

Co,

44.22

8.79

8.62

F,

34.56

2.51

2331

H,

27.28

3.26

0.50

Andere Gase

Br,

I,

37.40

0.59

0.71

N,

28.58

277

-0.50

NH,

29.75

0,

29.96

2SAl

4.18

-1.55

-1.67

Flüssigkeiten (Schmelz- bis Siedepunkt)

79.5 80.33 75.29

C,.H,, Naphthalin L H,O

0.4075 0 0

0 0 0

Festkörper

Al

20.67

12.38

0

€ (Graphit)

16.86

4.77

8.54

-115.9 22.64 40.12 45.94 22.13

C,.H;, Naphthalin Cu B Nccl Pb el

Ka mol) =a+bT+

Quelle: LR.

IT”.

3.920 x 10° 6.28 49.79 16.32 1072

0 0 0 0 0.96

1104

Anhang 4 Tabellen

R

=

Tabelle 2-3 Standardschmelz- und -verdampfungsenthalpien bei der jeweiligen Übergangstemperatur, Atyans H ° /(k) mol) Tom/ K

Schmelzen

a

Lu

T;/K

Verdampfen

mE

nn

a

Schmelzen Tgmf K RE

Ts;/K

Verdampfen

Anorganische Verbindungen

Elemente Ag

LE

1234

83.81

Ar

11.30

2436

87.29

1.188

250.6

6.506

ee

250.3

2.47

30.00

co,

217.0

8.33

25.23 s

1012,

4.39

26.74

6.008

40.656

Br,

265.9

10.57

332.4

29.45

@s%

cl,

Il

6.41

2391

20.41

H,O

F,

53.6

0.26

85.0

3.16

HE,

13.96

0497

20.38

0.916

He

3.5

0.021

Hg

234.3

2.292

l,

386.8 63.15

N,

Na

371.0 54.36

0,

4.22 629.7 458.4

15.52

35

0.719

2.601

1156 90.18

0.444

Xe

161

2.30

K

336.4

2235

165

1031

273.15

44.016 bei 298 K H,S

187.6

2.377

18.67

15,80),

283.5

2.56

59.30

NH,

195.4

5.652

23.35

41.80

Organische Verbindungen 0.941

8.18

2.5

30.0

0.084

5.586

98.01

CHR

Kal:

90.68

250.3

SER

89.85

2.86

14.7

12.6

C,H,

278.61

10.59

30.8

80.23

REM

178

13.08

28.85

GES

354

18.80

Siladil

CH,OH

52.

3.16

35.27

CHH,OH

158.7

4.60

6.820

37.99 bei 298 K 352

43.5

Quelle: AIP; S bedeutet Sublimation

Tabelle 2-5 Thermodynamische Daten für organische Verbindungen (alle Werte bei 298 K)

M/(g mol’) C(s) (Graphit)

12.011

C(s) (Diamant)

12.011

CO, (g)

44.040

As H° /(k) mol") Asm G° /k]mol") Ss, /( K' mol"); 0 +1.895

-393.51

0 +2.900

C,m /U K’ mol”

Ay H° /(k] mol”)

5.740

88207

-393.51

DS,

6.113

395.40

-394.36

213.74

3711

Kohlenwasserstoffe CH,(g), Methan

16.04

-74.81

-50.72

186.26

35.31

CH,;(g), Methyl

15.04

+145.69

+147.92

194.2

38.70

-890

C,H,(g), Ethyn

26.04

+226.73

+209.20

200.94

43.93

-1300

C,H,(g), Ethen

28.05

+52.26

+68.15

219.56

43.56

1411

C,H,(g), Ethan

30.07

84.68

-32.82

229.60

52.63

-1560

C,H,(g), Propen

42.08

+20.42

+62.78

267.05

63.89

-2058

C,H,(g), Cyclopropan

42.08

+53.30

+104.45

237.55

55.94

—2091

C,H;(g), Propan

44.10

-103.85

-23.49

269.91

7385

-2220

C,H;(g), 1-Buten

56.11

-0.13

+71.39

305.71

85.65

-2717

C,H,(g), eis-2-Buten

56.11

-6.99

+65.95

300.94

78.91

2710

C,H;(g), trans-2-Buten

56.11

-11.17

+63.06

296.59

87.82

-2707

C,H,.(g), Butan

58.13

-126.15

-17.03

310.23

97.45

2878

C,H,,(g), Pentan

72.15

146.44

-8.20

348.40

120.2

3537

rl)

VEANS

-173.1

C,H,(l), Benzol

78.12

+49.0

183

136.1

-3268

+124.3

Anhang 4* Tabellen Tabelle 2-5 (Fortsetzung)

M/(gmol")

As, H°/(k) mol) As, G°/k) mol") Ss,” /()K' mol);

CHs(g)

78.12

C,H.;(l), Cyclohexan

84.16

-156

C,H 4(), Hexan

86.18

-198.7

C,H,CH,;(g), Methylbenzol (Toluol)

92.14

a @ Heptan H,.(), Oktan H,s(l), Iso-Oktan

(s), Naphthalin

+82.93

Cm /U K' mol”

+129.72

269.31

+26.8

204.4

+50.0

+122.0

320.7

100.21 114.23

103.6

224.4 249.9

+1.0 +6.4

328.6 361.1

224.3

114.23

-255.1

81.67 156.5

204.3

Ay H° /(k) mol”)

-3302 3920

4163 3953

5471 5461

128.18

+78.53

CH,OH(l), Methanol

32.04

238.66

—166.27

126.8

81.6

-726

CH,OH (g)

32.04

200.66

-161.96

C,H,OH[l), Ethanol C,H,OH(g) C,H,OH(s), Phenol

239.81

43.89

46.07 46.07 94.12

764

-277.69 235.10 165.0

174.78 -168.49 50.9

160.7 282.70 146.0

111.46 65.44

-1368 -1409 -3054

157

Alkohole und Phenole

Carboxylsäuren, Hydroxysäuren und Ester

HCOÖH(), Ameisensäure

46.03

424.72

-361.35

128.95

CH,COOH),

60.05

—484.5

IE)

159.8

CH,COOH (ag) CH,CO, (ag)

60.05 59.05

485.76 486.01

396.46 369.31

1787 +86.6

(COOH),(s), Osalsäure

90.04

-827.2

Essigsäure

C,H,COOH s), Benzoesäure

99.04 124.3

6.3 117

122.13

Is

CH,CH(OH)COOH (s), Milchsäure

90.08

694.0

CH,COOC,H,(), Ethylacetat

88.11

479.0

330

259.4

243.3

167.6

255 -875

146.8

254 NEN 1344

170.1

2231

Alkanale und Alkanone HCHO(g), Methanal

30.03

-108.57

-102.53

218.77

CH,CHO(|), Ethanal

44.05

-192.30

-128.12

160.2

CH,CHO(g)

44.05

166.19

-128.86

250.3

57.3

-1192

CH,COCH,(l), Propanon

58.08

—248.1

155.4

200.4

124.7

-1790

35.40

-571 -1166

Zucker C,H,,0,(s), «-D-Glucose

180.16

-1274

C,H ,0,(s), B-D-Glucose

180.16

1268

C,H,,0,(s), P-D-Fructose

180.16

-1266

C,,H,0,,(s), Saccharose

342.30

2222

-2808 910

212

2810 1543

360.2

5645

Stickstoffverbindungen

60.06

333.51

-197.33

104.60

93.14

CH,NH,(g), Methylamin

31.06

-22.97

+32.16

243.41

53.1

C,H;NH,(l), Anilin

93.13

+31.1

75.07

532.9

CO(NH,),(s), Harnstoff

H,(NH „COOH (s),Glycin

632 -1085

3393

373.4

103.5

99.2

Quelle: NBS, TDOC. 7 Standardentropien von Ionen können positiv oder negativ sein, da sie auf das Wasserstoff-Ion bezogen sind.

969

1106

Anhang 4 Tabellen

Tabelle 2-7 Thermodynamische Daten für Elemente und anorganische Verbindungen (alle Werte bei 298 K)

ee

M/(g mol”) ee

Asm Hk) mol”) ne ee

Asm G” /(kJ) mol") ee

Ss?/u K' mol); a

C,n /U K’ mol”

Aluminium

a

Alls)

26.98

0

0

28.33

AI)

26.98

Al(g)

26.98

+10.56 +326.4

+7.20 +285.7

39,55 164.54

24.21 21.38

AU*(g)

26.98

+5483.17

26.98 101.96 133.24

-531 -1675.7 -704.2

-321.7 50.92 110.67

79.04 91.84

Al’*(aq) AL,O,(s, a) AICI,(s)

485 -1582.3 628.8

i

Argon

Ar(g)

39.95

0

0

154.84

20.786

121.75 124.77

0 +145.11

0 +147.75

45.69 3278

25.23 41.05

74.92 74.92 299.69 77.95

0 +302.5 +143.9 +66.44

0 +261.0 +92.4 +68.93

35.1 174.21 314 222.78

24.64 20.79

137.34 137.34 137.34 153.34 208.25

0 +180 537.64 553.5 858.6

0 +146 560.77 oh -810.4

62.8 170.24 +9.6 70.43 123.68

28.07 20.79

Antimon

Sb(s) SbH,(g) Arsen

As(s, a) As(g) As,(g) AsH ‚(g)

38.07

Barium

Ba(s) Ba(g) Ba’*(aq) BaO(s) BaCl,(s)

47.78 75.14

Beryllium

0

0

Be(s)

9.01

9,50

16.44

Be(g)

9.01

+324.3

+286.6

136.27

20.79

208.98 208.98

0 +207.1

0 +168.2

56.74 187.00

2552 20.79

207.19 207.19 207.19 223.19 223.19 239.19

0 +195.0 17 21732 -218.99 N

0 +161.9 24.43 -187.89 188.93 217,33

64.81 175.37 +10.5 68.70

26.44 20.79

66.5 68.6

45.81 64.64

Bismut

Bi(s) Bi(g) Blei

Pbis) Pbi(g) Pb” (ag) PbO(s, gelb) PbO(s, rot) PbO,(s)

45.77

Brom

Br,())

159.82

0

Br,(g)

159.82

+30.907

Br(g)

79.91

+111.88

Br (g)

79.91

-219.07

0

152.23

75.689

+3.110

245.46

36.02

+82.396

175.02

20.786

Anhang 4 Tabellen

1107

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

M/(g mol”)

Asm H° /(k) mol)

Agm G° /(kJ) mol)

Ss/UK' mol");

C,m /U K' mol”)

Brom (Fortsetzung)

Br (ag)

79.91

-=12155

-103.96

+82.4

HBr(g)

90.92

-36.40

53.45

198.70

29.142

-141.8

Cadmium

Cd(s, y)

112.40

0

Cd(g)

0

51.76

25.98

112.40

+112.01

Cd’ (aq)

+77.41

112.40

167.75

75.90

20.79

eig

CdO(s)

232

128.40

9582

228.4

CdCO,(s)

54.8

172.41

-750.6

- 669.4

92.5

43.43

Cäsium

Cs(s)

132.91

0

0

Cs(g)

132.91

+76.06

+49.12

85.23 175.60

Cs*(ag)

132.91

258.28

-292.02

+133.05

0

0

32.17 20.79 -10.5

Calcium

Cals),

40.08

Ca(g)

40.08

Ca’*(ag)

40.08

CaO(s)

56.08

41.42

25.31

+144.3

154.88

20.786

542.83

553.58

531

-635.09

604.03

+178.2

39.75

42.80

CaCO,(s) (Calcit)

100.09

-1206.9

11238

92.9

81.88

CaCO,(s) (Aragonit)

100.09

-1207.1

ma

88.7

81.25

78.08

-1219.6

11078

68.87

67.03

AB 663.6

CaF,(s) CaCl,(s)

110.99

-795.8

CaBr,(s)

199.90

-682.8

104.6 130

72.59

Chlor

Cl,(g)

70.91

0

0

223.07

33.91

Cl(g)

35.45

+121.68

+105.68

165.20

21.840

-131.23

+56.5

Cl’(g)

35.45

-233.13

Cl’(ag)

35.45

-167.16

HCl(g)

36.46

-92.31

95.30

186.91

HCl(ag)

36.46

-167.16

-131.23

56.5

-136.4 29.12 -136.4

Chrom

Cr(s)

52.00

287

23.35

Cri(g)

52.00

+396.6

+351.8

174.50

20.79

CrO? (ag)

115.99

-881.15

727.75

+50.21

Cr,02 (ag)

215.99

0

-1490.3

0

-1301.1

+261.9

Deuterium

4.028

D,(g)

0

0

144.96

29.20

HD(g)

3.022

143.80

29.196

D,O(g)

20.028

249.20

-234.54

198.34

34.27

D,O(l)

20.028

294.60

—243.44

HDO(g)

19.022

245.30

23311

75.94 199.51

84.35 33.81

19.022

289.89

241.86

79.29

HDO(|)

"sr

+0.318

-1.464

1108

Anhang 4 Tabellen

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

Ss? u K' mol); Am G° /(k) mol) Asm H° /(k) mol”) M/(g mol”) I E N 22M EEE Tr EE een

C,n UK’ mol” 2

Eisen

Fe(s) Fe(g)

55.85 55.85

0 +416.3

Fe’*(ag)

55.85

89.1

0 +370.7

78.90

27.28 180.49

25.10 25.68

7

55.85

48.5

4.7

315.9

Fe,O,(s) (Magnetit)

231.54

-1118.4

-1015.4

146.4

Fe,O,(s) (Hämatit)

159.69

FeS(s, a) FeS,(s)

87.91 119.98

824.2 -100.0 172%

=742.2. -100.4

87.40 60.29

103.85 50.54

-166.9

52.93

62.17

38.00 19.00 19.00 20.01

0 +78.99 -332.63 ya

0 +61.91 -278.79 232.

202.78 158.75 13,8 17378

31.30 22.74 -106.7 29.13

196.97 196.97

0 +366.1

0 +326.3

47.40 180.50

25.42 20.79

20.786

Fe’ (aq)

143.43

Fluor

F,(g) F(g) F (ag) HF(g) Gold

Au(s) Au(g) Helium

He(g)

4.003

0

0

126.15

Iod

1,(s) L,(g) I(g) I (ag)

253.81 253.81 126.90 126.90

0 +62.44 +106.84 5519

0 +19.33 +70.25 157

116.135 260.69 180.79 +111.3

HI(g)

127.91

+26.48

+1.70

206.59

29.158

K(s) K(g)

39.10 39.10

0 +89.24

0 +60.59

64.18 160.336

29.58 20.786

K'(g)

39.10

+514.26

K*(aq) KOH(s) KF(s)

39.10 56.11 58.10

252.38 424.76 576.27

=283.27 379.08 537075

+102.5 78.9 66.57

21.8 64.9 49.04

KCl(s) KBr(s) KI(s)

74.56 119.01 166.01

436.75 393.80 -327.90

409.14 380.66 324.89

82.59 95.90 106.32

52.30 52.93

54.44 36.90 20.786 -142.3

Kalium

51.30

Kohlenstoff (organische Kohlenstoffverbindungen siehe Tabelle 2-7) C(s) (Graphit)

12.011

0

0

C(s) (Diamant) Cie)

5.740

8.527

12.011 12.011

+2.900 +671.26 +775.89

2,377. 158.10 199.42

6.113 20.838 43.21

Ge)

24.022

+1.895 +716.68 +831.90

CO(g)

28.011

1055

8717

COo,(g)

197.67

44.010

29.14

393.51

394.36

213.74

CO,(ag)

Yan

44.010

413.80

385.98

117.6

Anhang 4 Tabellen

?109

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

M/(g mol”)

Asm H° /(kJ mol”)

Asm G” /(k] mol”)

Sn /U. K' mol");

C,m /U K' mol”

Kohlenstoff (Fortsetzung)

H,CO; (ag)

62.03

699.65

-623.08

HCO” (ag)

187.4

61.02

-691.99

586.77

+91.2

CrO3 (ag)

60.01

677.14

527.81

56.9

153.82 76.14

-135.44 +89.70

6521 +65.27

216.40 151.34

HCN(g)

27.03

+135.1

+124.7

201.78

HCN() CN (ag)

35.86

27.03 26.02

+108.87 +150.6

+124.97 +172.4

112,84 +94.1

70.63

83.80

0

0

164.08

20.786

63.54 63.54

0 +338.32

0 +298.58

33.150 166.38

24.44 20.79

cch,() cs,()

131.75 75.7

Krypton

Kr(g) Kupfer

Cu(s) Cu(g)

63.54

+71.67

+49.98

+40.6

Cu” (da) Cu,O(s)

63.54 143.08

+64.77 -168.6

+65.49 -146.0

99.6 93.14

CuO(s) CusO,(s) CuSO,-H,0(s) CuSO,-5H,0(s)

79.54 159.60 177.62 249.68

=1573 77136 -1085.8 22797,

21297, - 661.8 -918.11 -1879.7

42.63 109 146.0 300.4

63.64 42.30 100.0 134 280

6.94 6.94 6.94

0 +159.37 -278.49

0 +126.66 293.31

29.12 138.77 +13.4

24.77 20.79 68.6

24.31 24.31 24.31 40.31 84.32 95.22

0 +147.70 466.85 - 601.70 -1095.8 - 641.32

0 +113.10 - 454.8 569.43 OH! 591.79

32.68 148.65 138.1 26.94 65.7 89.62

24.89 20.786 3713 75.52 71.38

22.99 22.99 22.99 40.00 58.44 102.90 149.89

0 +107.32 -240.12 425.61 411.15 361.06 287.78

0 +76.76 261.91 379.49 384.14 348.98 286.06

51.21 153.71 59.0 64.46 72.13 86.82 98.53

28.24 20.79 46.4 59.54 50.50 51.38 52.09

0

0

146.33

20.786

Cu’(ag)

Lithium

Li(s) Li(g) Li*(aq) Magnesium

Mgis) Mgig) Mg’ (ag) MgOl(s) MgCO,(s) Mscl,(s) Natrium

Na(s) Na(g) Na* (ag) NaOH s) NaCl(s) NaBris) Nal(s)

E

Neon

Ne(g)

"20.18

1110

Anhang 4 Tabellen

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

ee

M/(g mol”) ee

Asm H° [(k) mol”) ne ne

Asm G° /(k] mol”) ee

Ss£ UK" mol"); Be

C,n /U.K' mol”

Phosphor

41.09 163.19

23.840 20.786

218.13

32.05

+24.44 +13.4 -267.8 208

279.98 210.23 311.78 7A

67.15 37.11 71.84

374.9

-305.0

364.6

112.8

H,PO,(s) H,PO,() H,PO ‚(ag)

208.24 82.00 82.00 94.97 94.97 94.97

443.5 964.4 964.8 -1279.0

-1119.1

110.50

106.06

PO; (aq) P,O,.(5) P,O,(s)

94.97 283.89 219.89

-1277.4 -2984.0 -1640.1

-1018.7 -1018.7 -2697.0

2229 22218 228.86

211.74

30.97

0

P(g)

30.97

+314.64

0 +278.25

P,(g)

61.95

+144.3

+103.7

P,(g)

123.90

PH,;(g) PCI ,(g) PCI, ()

34.00 137.33 137.33

+58.91 +5.4 287.0 -319.7

PCI, (g)

208.24

PCI; (s) H,PO,(s) H,PO ‚(aq)

P(s, weiß)

-1266.9 12774

h

Quecksilber

Hgil) Hgig) Hg” (ag) Hg; (ag) HgO(s) Hg,Ch(s) HgCl,(s)

200.59 200.59 200.59 401.18 216.59 472.09 271.50

0 +61.32 171.1 +172.4 90.83 -265.22 2248

0 +31.82 +164.40 +153.52 58.54 -210.75 1786

76.02 174.96 07 +84.5 70.29 192.5 146.0

HgS(s, schwarz)

232.65

536

47.7

88.3

27.983 20.786

44.06 102

Sauerstoff

O,(g) O(g) O,(e)

31.999 15.999 47.998

0 +249.17 +142.7

0 +231.73 +163.2

205.138 161.06 238.93

OH (ag)

17.007

-229.99

15724

-10.75

29.355 21.912 39.20 148,5

Schwefel

S(s, a) (rhombisch)

32.06

0

0

31.80

22.64

S(s, ß) (monoklin)

32.06

+0.33

+0.1

32.6

23.6

S(g) S,(g)

32.06 64.13

+278.81 +128.37

+238.25 +79.30

167.82 228.18

S" (ag)

32.06

+33.1

+85.8

Site

SO,(g)

64.06

2.96.83

-300.19

248.22

SO,;(g)

80.06

395.72

-371.06

256.76

H,S0,;() H,SO,(ag) SO? (ag)

98.08 98.08 96.06

-813.99 909.27 909.27

690.00 -744.53

156.90 20.1

HSO, (aq)

97.07

887.34

744.53 -755.91

+20.1 +131.8

H,S(g)

34.08

20.63

33.56

205.79

23.673 32.47 39.87 50.67

138.9 293

293 84

34.23

Anhang 4 Tabellen

111

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

M/(g mol”)

Aym H° /(k) mol)

Asm G” /(kJ mol”)

S» /U K’ mol");

C,n /U. K’' mol”

Schwefel (Fortsetzung)

H,S(aq) HS (ag)

SF,(g)

34.08 33.072

146.05

-39.7 —176

-27.83 +12.08 -1105.3

121 +62.08 291.82

97.28

0 +284.55

0 +245.65

42.55 173.00

25.351 20.79

-1209

Silber

Ag(s) Ag(g)

107.87 107.87

Ag‘ (ad)

107.87

+105.58

AgBr(s) AgCl(s) Ag,0(s) AgNO,(s)

+77.11

+72.68

187.78 143.32 231.74 169.88

PR:

-100.37 -127.07 -31.05 -129.39

96.90 -109.79 -11.20 -33.41

107.1 96.2 121.3 140.92

52.38 50.79 65.86 93.05

Silicium

Si(s) Si(g)

28.09 28.09

0 +455.6

0 +411.3

18.83 167.97

20.00 22.25

SIO,(s, a)

60.09

-910.94

856.64

41.84

44.43

28.013 14.007 30.01 44.01 46.01 92.1 108.01 108.01 63.01 63.01 62.01

0 +472.70 +90.25 +82.05 +33.18 +9.16 43.1 +11.3 -174.10 -207.36 -205.0

0 +455.56 +86.55 +104.20 +51.31 +97.89 +113.9 +115.1 -80.71 111.25 -108.74

191.61 153.30 210.76 219.85 240.06 304.29 178.2 355.7 155.60 146.4 +146.4

29.125 20.786 29.844 38.45 37.20 77.28 143.1 84.5 109.87 -86.6 -86.6

192.45

35.06

Stickstoff

N,(g) N(g) NO(g) N,O(g) NO,(g) N,O,(g) N,0,(s) N,0,;(g) HNO;() HNO (ag) NO, (ag) NH;(g)

17.03

46.11

-16.45

NH,(ag) NH; (ag)

17.03 18.04

26.50 -79.31

NH,OH (s) HN;() HN,;(g) N;H,() NH,NO,(s) NH,CI(s)

33.03 43.03 43.03 32.05 80.04 53.49

80.29 121 -114.2 +264.0 +294.1 +50.63 365.56 -314.43

111.3 +113.4

+327.3 +328.1 +149.43 183.87 202.87

140.6 238.97 12121 151.08 94.6

0 +217.97 0 +1536.20

0 +203.25

130.684 114.71

0

0

285.83

23743

79.9 43.68 98.87 139.3 84.1

Wasserstoff (siehe auch Deuterium)

H,(g) H(g) H'(aq) H*(g)

H,0(s) H,O)

2.016 1.008 1.008 1.008

18.015 18.015

28.824 20.784 0

37.99 69.91

7201

1112

Anhang 4 Tabellen

Tabelle 2-7 (Fortsetzung)

C,n /U. K' mol”) —

s{/u KK" mol); Asm G° /(k) mol”) Asm H° (kJ mol”) M/(g mol”) een ZT EREERZI S REFEIT S REE 7 SEA S 22 Wasserstoff (Fortsetzung)

H,O(g)

18.015

2482

EN

188.83

33.58

H,0,;(l)

34.015

18778

-120.35

109.6

89.1

169.68

20.786

Xenon

b2

0

0

131.30

Xe(g) Zink

Zn(s)

65.37

0

0

41.63

25.40

Zn(g)

65.37

+130.73

+95.14

160.98

20.79

Zn’*(aq)

65.37

153.89

-147.06

ZnO(s)

81.37

348.28

318.30

= 101

46

43.64

40.25

Zinn

Sn(s, ß)

118.69

Sn(g

118.69

0

0

+302.1

+267.3

51.55

26.99

168.49

20.26

Sn’*(aq)

118.69

8.8

hy)

SnO(s)

134.69

285.8

256.9

U 56.5

44.31

SnO,(s)

150.69

280m

519.6

52.3

52.59

Quelle: NBS, 7 Standardentropien von Ionen können positiv oder negativ sein, da sie auf das Wasserstoff-Ion bezogen sind.

Tabelle 2.7a Standardenthalpien der Hydratation bei unendlicher

Tabelle 2.7b Standard-Hydratationsenthalpien von lonen

Verdünnung 1,4 H° /(k) mol")

Ayya H° Ik) mol") bei 298 K

Li*

Na*

K'

Rb*

Cs*

F

-1026

-911

-828

-806

72

cr

884

783

685

664

640

Br’ IB

-856 -815

742 701

658 -617

-637 596

13 K mr

Einträge beziehen sich auf X"(g) +Y (g)— X'(aq) +Y (ag). Quelle: Hauptsächlich J.O'M. Bockris und A.K.N. Reddy, Modern electro-

Kationen H'

(-1090)

-520

Na‘

eo:

Ag"

NH}

464

301

Mg“

-1920

Cat

_1650

_405

Sr?

_1480

7321 300

Ba? Fe

4360 _1950

FR

Cu Zi

2100 -2050

AP*

_4690

Fe’

4430

chemistry, Bd. 1. Plenum Press, New York (1970).

Anionen OH

460

Er

-506

ei

364

Einträge beziehen sich auf X° (g

H° =-1090 kJ] mol".

Br

337

N

296

X* (aq) relativ zu H*(g) > H'(aq)



Quelle: Hauptsächlich J.O’M. Bockris und A.K.N. Reddy, Modern electrochemistry, Bd. 1. Plenum Press, New York (1970).

Anhang # Tabellen Tabelle 2-8 Koeffizienten der thermischen Ausdehnung a und der | isothermen Kompressibilität x

me

en m

a/10*K') a

I

EB

Tabelle 2-9 Inversionstemperaturen, Schmelz- und Siedepunkte und Joule-Thomson-Koeffizienten bei 1 atm und 298 K

x7/(10° atm') Er

1113

T/K Be er

Flüssigkeiten

Tom/K ENTE

Argon

723

T.K

En 83.8

12.4

92.1

Helium

Ethanol

109

76.8

Kohlendioxid

1500

194.75

38.7

Krypton

1090

116.6

120.8

90.5

Luft

603

Methan

968

90.6

111.6

Neon

231

24.5

27.1

Quecksilber Tetrachlorkohlenwas-

1.82 12.4

serstoff Wasser

2.1

49.6

Festkörper

Sauerstoff

N

4.22

0.062 1.11 bei 300 K

0.189 bei 50 °C

764

54.8

90.2

0.31

Blei

0.861

221

Stickstoff

621

63.3

77.4

0.27

Diamant

0.030

0.187

Wasserstoff

202

14.0

20.3

-0.03

Eisen

0.354

0.589

Kupfer

0.501

0.735

S: Sublimation Quelle: AIP, JL, und M.W. Zemansky, Heat and thermodynamics. McGrawHill, New York (1957).

Alle Werte beziehen sich auf 20 °C.

Quelle: AIP(a), KL(x7).

Tabelle 3-] Standardentropien und Temperbeiuren von Phasenübergängen An

Ss FIRE mol")

Schmelzen (bei T;,,)

Verdampfen (bei T;)

Ar Br, CH, CH,COOH

14.17 (bei 83.8 K) 39.76 (bei 265.9 K) 38.00 (bei 278.6 K) 40.4 (bei 289.8 K)

74.53 (bei 87.3 K) 88.61 (bei 332.4 K) 87.19 (bei 353.2 K) 61.9 (bei 391.4 K)

CH,OH

18.03 (bei 175.2 K)

ar

37.22 (bei 172.1 K)

85.38 (bei 239.0 K)

H,

8.38 (bei 14.0 K)

44.96 (bei 20.38 K)

H,O

22.00 (bei 273.2 K)

H,S

12.67 (bei 187.6 K)

He

4.8 (bei 1.8 K und 30 bar)

104.6 (bei 337.2 K)

109.0 (bei 373.2 K)

87.75 (bei 212.0 K) 19.9 (bei 4.22 K)

N,

11.39 (bei 63.2 K)

75.22 (bei 77.4 K)

NH;

28.93 (bei 195.4 K)

97.41 (bei 239.73 K)

OÖ}

8.17 (bei 54.4 K)

Quelle: AIP.

SEE

87.3

Benzol

40

Ayr/(K atm') nr

75.63 (bei 90.2 K)

1114

Anhang 4 Tabellen Molare Standardverdampfungsenthalpien verschiedener Flüssigkeiten am Tabelle 3-2 Siedepunkt.

AyS°/()K’ mol”)

9°C

D,H® /(k] mol) 1 30.8

80.1

+87.2

Cyclohexan

30.1

80.7

+85.1

Dekan

38.75

174

+86.7

Dimethylether

Zi

493

+86

Ethanol

38.6

Benzol

8.18

Methan

78.3

+110.0

-161.5

+73.2

+104.1

Methanol

35.21

65.0

Quecksilber

59.3

356.6

Schwefelkohlenstoff

26.74

Schwefelwasserstoff

18.7

+94.2

+83.7

46.25

60.4

+87.9

Tetrachlorkohlenstoff

30.00

76.7

+85.8

Wasser

40.7

100.0

+109.1

Quelle: JL.

Tabelle 3-3 Standardentropien bei 298 K nach dem Dritten Hauptsatz (siehe Tabelle 2-5 und 2-7).

Tabelle 3-4 Freie Standardbildungsenthalpien

bei 293 K (siehe Tabelle 2-5 und 2-7).

Tabelle 3-6 Die Fugazität von Stickstoff bei 273 K. p/atm

0

pJatm

[)

1

099955

300

1.0055

10

0.9956

400

1.062

50

0.9912

600

1239

100

0.9703

800

1.495

150

0.9672

1000

1.839

200

0.9721

Quelle: LR.

Tabelle 5-1 Konstanten des Henry'schen Gesetzes für Gase bei 298 K, K/(kPa kg mol =)

a CH, co,

a

et

Wasser

N

re

7.55 x 10° 30.1

H, N,

1.28 x 10° 1.56x 10°

0,

7.92 x 10°

Er

a

Benzol

44.4 8.90

2.79 x 10° 1.87 x10°

Quelle: Umgerechnet nach R.]. Silbey und R.A. Alberty, Physical chemistry. Wiley, New York (2001).

Anhang 4 Tabellen Tabelle 5-2 Kryoskopische und ebullioskopische Konstan ten.

Kı/(K kg mol) Benzol

K,/(K kg mol")

5.12

Campher

2.53

40

Essigsäure

3.90

3.07

Naphthalin

6.94

5.8

Phenol

HN

3.04

Schwefelkohlenstoff

3.8

237]

Tetrachlorkohlenstoff

30

Wasser

4.95

1.86

0.51

Quelle: KL.

Tabelle 5-5 Mittlere Aktivitätskoeffizienten in Wasser bei 298 K.

b/b” HcI KCI Cacl, H,SO, ee ENTE NS

Bachs InSsON; FIRE SEITEN

0.001

0.966

0.966

0.888

0.830

0.790

0.005

0.929

0.927

0.789

0.639

0.636

0.16

0.01

0.905

0.902

0.732

0.544

0.05

0.830

0.816

0.584

0.340

0.560 0.388

0.11 0.035

0.10

0.798

0.770

0.524

0.266

0.356

0.025 0.014

0.50

0.769

0.652

0.510

0.155

0.303

1.00

0.811

0.607

0.725

0.131

0.387

2.00

1.011

0.577

1.554

0.125

0.954

Quelle: RS, HCP und S. Glasstone, Introduction to electrochemistry, Van Nostrand (1942).

Tabelle 5-6 Relative Permittivitäten (Dielektrizitätskonstanten) bei 293 K. Unpolare Moleküle

Polare Moleküle

Methan (bei -173°C)

1.655

Wasser

Tetrachlorkohlenstoff

2.238

Ammoniak

78.54 (bei 298 K) 80.10

16.9 (bei 298 K)

22.4 (bei - 33°C) Cyclohexan

2.024

Schwefelwasserstoff

9.26 bei - 85°C

5.93 (bei 283 K) Benzol

Quelle: HCP.

2.283

Methanol

33.0

Ethanol

25.3

Nitrobenzene

35.6

1116

Anhang 4 Tabellen

Tabelle 7-2 Standardpotenziale 298 K. (a) In elektrochemischer Reihenfolge. Reduktions-Halbreaktion

Reduktions-Halbreaktion

E”/V

stark oxidierend

Col u

+0.16

H,XeO, +2H" +2e > XeO,+3H,0

Sa

I, A

AgBr+e >Ag+Br

O,+2H'+2e>0,+H,0

Bıesn

0,120 >280,

2H*+2e">H?

Ag

Fe’'+3e —Fe

'+e'—Ag'

Co +e

CH

Ze

son

+0.07 0.00

O,+H,0+2e

Co"

+0.15

0, per Definition 0.04

>HO,+0H

0.08

H,0,+2H*+2e >2H,O

Pb’ +2e° > Pb

0.13

Au’+e >Au

In’+e'—In

0.14

Pb** +2e° > Pb’ 2HCIO +2H*+2e >C1,+2H,0 Cerre>Cce

Sn’*+2e>Sn

0.14

Agl+te >Ag+l De

-0.15

Ni

+2e

>Ni

De

«@o

0.23 0.28

2HBrO +2H'+2e > Br, +2H,O

Co

MnO; + 8H* + Se > Mn’*+4H,O

In’ +3e’>In

-0.34

Mn’'+e> Mn?"

T’+e

0.34

Au’ +3e > Au

PbSO, +2e >Pb+S0o7 Ti +e>n

0.36

Cr,03 + 14H? + 6e° > 2Cr”* +7H,O

Cd z2e->Cd

0.40

0, +H,0+287

mMre>sm

0.40

Che 2er

2ch

O,+4H* +4e

50, +20H

>2H,0

Tl

0.37

Grten>c“

0.41

ClO} +2H"+2e’ > CI10;+H,O

Fe’'+2e

Fe

0.44

MnO, +4H* + 2e° > Mn?" + 2H,O

In"

+2e>In'

0.44

Bra 2erBrz

Ste

Bun

In"+e

Pu

3+

la’ ı3e >Ta

0.48 0.49 0.61 0.74 0.76 0.81 0.83 -0.91 -1.18 -1.19 -1.63 1.66 -1.79 2.09 2.36 2.48 252

s, 2+

In

NO, +4H"+3e > NO+2H,O

U

2Hg” +2e

CE se .Cı

> Hg}*

sU:

ClO’+H,0+2e >Cl +20H

Zn +2 >3Zn.

Hg’ +2e >Hg

NO, +2H’+e° > NO, +H,O

Cd(OH),+2e >Cd+20H° 2H,0 +2e >H,+20H"

Ag’ +e

Cr

Ag

Hg)" 2e°> 2Hg

Cr

Mn’'+2e > Mn

Fe +e”— Fe”

Vr7e >Y

BrO +H,O+2e >Br +20H

Moe

Hg,S0,+2e> 2Hg+S0o7

Al’ +3e

Al

MnOZ + 2H,O+2e >MnO, +40H

U

U

MnO; +e > MnO}

Sc’ +3e > Sc

Dr2e >27

Mg’ +2e>Mg

Cu’+e —Cu

CeruBece

Dee

>

NiOOH + H,O +e > Ni(OH),

+OH°

Na’+e—Na

—2.71

Ag,CrO,+2e >2Ag+ CrO,”

Ca+2e7 5 Ca

O,+2H,0+4e >40H

St+2838r

ClO, +H,0 +2e > CIO, +20H"

Ba’’+2e >Ba

[Fe(CN),) +e > [Fe(CN),)

Ra’”'+2e

Ele

Cs’+e —>Cs

Hg,Ch +2e >2Hg+2Cl

Rb’+e > Rb

AgCl+e JAg+Cl

K'+e-K

Bra

ie

187 2.89 2.1 2.92 2.92 2.93 393 3.05

Ra

ill

Anhang # Tabellen Tabelle 7-2 Standardpotenziale 298 K. (b) In alphabetischer Reihenfol ge. Reduktions-Halbreaktion

EZ/V

Reduktions-Halbreaktion

E”/V

Ag’+e-—Ag Ag" +e Ag!

+0.80 +1.98

Ey) ID

+0.54 +0.53

AgBr+e >Ag+Br

+0.0713

In’+e—>In

0.14

AgCl+e >Ag+Cl

In’+e > In‘ In” +2e > In' In’ +3e In

0.40 0.44 0.34

AgF+e

JAg+F

+0.22 +0.45 +0.78

Agl+e

>Ag+ Tl

Ag,CrO, +2e > 2Ag + CrO7

E05

Deren

0.49

EEE]

-1.66

Ke

2.93

Au’+e —Au

+1.69

La’ +3e >1a

252

Au’ +3e > Au

+1.40

Li+e->lLi

3.05

Ba’* +2€ >Ba

+2.91

Mg’ +2e

Be’'+2e

1.85 +0.20 +1.09 +0.76 =787 -0.81

Mn’'+2e >Mn Mn’'+e —>Mn’* MnO, +4H* + 2e° >Mn?" +2H,O MnO; + 8H" +5e > Mn?" +4H,O MnO,+e > Mnor MnO} +2H,0 +2e > MnO,+40H°

1418 151 +1.23 +1,51 +0.56 +0.60

Cd de >Cad

0.40

Na’+te Na

N

Ce +3e —Ce

—2.48 +1.61 +1.36

Ni’ +2e >Ni NiOOH + H,O +€ > Ni(OH),+OH° NO, +2H*+e >NO, +H,0

0.23 +0.49 0.80

ClO +H,0+2e >Cl +20H

+0.89

NO, +4H"+3e" > NO +2H,0O

ClO,+2H’+2e > CIO,+H,O

1.23

NO,+H,0+2e

ClO,+H,0+2e >CIO,+20H

+0.36

O,+2H,0+4e >40H

Cor

Co

0.28

O,+4H*+4e>2H,O

#123

Co +e>Co”

+1.81

O,+re >00,

0.56

Cr’*+2e Cr Cr,05 + 14H! +6e > 2Cr”* +7H,O

-0.91

O,+H,0+2e€ > HO,+0H°

0.08

+1.33

O,+2H'+2e

> Cr Gr —r3e7

0.74 -0.41 2.92 +0.52 +0.34

O,+H,0+2€ >0, +20H Pb’*+2e > Pb Pb"+2e'> Pb" PbSO, +2e >Pb+SOor Pt’ +2e — Pt

0.36 +1.20

+0.16

Pu’ +e >Pu”

+0.97

2.92

Be

Bi +3e>Bi Br+2e >2Br BrO +H,O+2e >Br +20H

Ge

Ga

Cd(OH),+2e >Cd+20H

Ce”+e

Ce”

Cl,+2e >2Cl

2er

Gärten

=

Cr

2+

Cs’ +e—Cs Cu’+e —Cu Cu 9e >Cu Curre>cu

Sk

—2.36

>Mg

> NO, +20H°

>0,+H,0

+0.96

+0.10 +0.40

+2.07

+1.24 -0.13 +1.67

E,+2er >2E

+2.87

Ra’'+2e —Ra

Fe’'+2e > Fe

0.44

Rb’+e > Rb

7208

Fe’'+3e° > Fe

0.04 +0.77 +0.36

She >S SO, 722.250, sc Schr3er

0.48 +2.05 2.09

Sn" +2 >Sn

-0.14

Fe'+e

Fe”

[Fe(CN),] +e > [Fe(CN),] 2H’+2e>H,

0, per Definition

Sn'*+2e >Sn”*

+0.15

2HCIO +2H*+2e > Cl,+2H,0 H,O, +2H*+2e >2H,0

+1.60 +1.63 +1.78

Sr Sr +2e Tore THres>T

2.89 -1.63 0.37

H,XeO, +2H' +2e > XeO, +3H,O

+3.0

Tt+e Ti”

Hg, +2e°>2Hg

+0.79

T’+e

+0.27 +0.86 +0.92

U*+3C4>U Utre U" V*42E>V

-1.79 0.61 1.19

+0.62

Ve

Ve

0.26

2H,0 +2€ >H,+20H°

-0.83

2HBrO +2H" +2e > Br,+2H,0

Hg,Ch +2e >2Hg+2Cl

Hg” +2e° > Hg 2Hg”* +2e > Hg;* Hg,S0,+2e >2Hg+S0,

Tl

Zn’ +2e >Zn

0.00 0.34

-0.76

Anhang 4 Tabellen

1118

e geordnet Tabelle 7-4 Säurekonstanten in Wasser bei 298 K. (a) Nach Säurestärk

A

pKs

Ks

Säure

HA

lodwasserstoff

HI

II

Bromwasserstoff

HBr

Br

10°

=

10’

=

10°

2

"SEE

Eee

Chlorwasserstoff

HCl

ei

Schwefelsäure

E5SON

HSO,

10"

k

1

-1.6

Perchlorsäure

EI@1O}

cloO,

4.0 x 10

Hydronium-Ion

EIROy

H,O

il

0.0

(COOH),

HOOCCO,

5.6x 10°

1.25 1.85

Oxalsäure Schwefelige Säure

H,SO,

HSO;

14x10”

Hydrogensulfat-Ion

HSO,

so,

1.0x 10”

199

Phosphorsäure Glycinium-Ion Fluorwasserstoff Ameisensäure Hydrogenoxalat-Ion Milchsäure Essigsäure Buttersäure

H,PO, "NH,CH,COOH HF HCOOH HOOCCO, CH,CH(OH)COOH CH,COOH CH,CH,CH,COOH

H,PO, NH,CH,COOH F HCO, @@or CH,CH(OH)CO; CH,CO, CH,CH,CH,CO;

6.9 x 10° 45x 10° 6.3x10* 1.8x 10° 1.5 x 10° 1.4x 10° 1.4x 10° 152102

2.16 2.35 3.20 3.75 3.81 3.86 4.76 4.83

Propionsäure

CH,CH,COOH

CH,CH,CO;,

1.4x 10°

4.87

Anilinium-Ion Pyridinium-Ion Kohlensäure

C,H,NH} C,H;,NH" H,CO,

C,H,NH, C,H;N HCO,

1.3x 10° 5.9x 10° 45x10”

4.87 5.23 6.35

Schwefelwasserstoff

H3,S

HS

8.9 x 10°

7.05

Dihydrogenphosphat-lon

EHLOR

HPO7

6.2x 10°

7.21

7.40 8.1

Hypochlorige Säure Hydrazinium-Ion

HCIO NH,NH;

clo” NH,NH,

4.0x 10° 8x 10°

Hypobromige Säure

HBrO

BrOö

2.8x 10°

8.55

Cyanwasserstoff

HCN

CN

6.2x 10"

9.21 9.25

Ammonium-Ion

NH}

NH,

5.6x 10"

Borsäure* Trimethylammonium-Ion

B(OH),

B(OH),

5.4x 10"

9.27

(CH,),NH*

(CH,);N

Tora0r

9.80

Phenol

C,H,OH

C.H.O3

1.0x 10°"

9.99

HCO,

48x10" 32102

10.33 10.5

Hypoiodige Säure

HIO

cos 10°

Ethylammonium-Ion

CH,CH,NH}

CH,CH,NH,

22210

10.65

Methylammonium-lon

CH,NH;

CH,NH,

22210

10.66

Dimethylammonium-lon

(CH,),NH,

(CH,),NH

1.9x 10°

10.73

(CH,CH3),N

1.832102

10.75

Hydrogencarbonat-Ion

Triethylammonium-lon

(GERGEN NEN

Diethylammonium-Ion

(CH,CH,),NH3

(CH,,CH,),NH

1.4x 10"

10.84

Hydrogenarsenat-lon

HAsO7

AsO,

Salseniy

11.29

12.32 19.00

Hydrogenphosphat-Ion

HPOF

PO,

48x10”

Hydrogensulfat

EiSg

=

10x10

Bein I3iK:

Anhang # Tabellen Tabelle 7-4 Säurekonstanten in Wasser bei 298 K. (a) Alphabetisch geordnet Säure

Pe meisensäure

Ammonium-lon

Anilinium-Ion

HA so

NH;

K

eg HCO, NH,

Ks

PKs

1.8x10*

5.6x 10"

CcHsNH;

C,H;NH,

B(OH),

1.3x 10°

B(OH),

Bromwasserstoff

HBr

5.4x 10"

Buttersäure

CH,CH,CH,COOH

Br’ CH,CH,CH,CO,

10° 1.5102

@n

Borsäure*

Chlorwasserstoff

EIG]

Cyanwasserstoff

HCN

CN

Diethylammonium-Ion

(CH,CH,),NH5

(CH,CH,),NH

14x10"

H,PO,

HPO,

6.2x 10°

19x10"

Dihydrogenphosphat-Ion

107

6.2x 10°

Dimethylammonium-Ion

(CH,),NH;,

(CH,),NH

Essigsäure

CH,COOH

EHE,

14x 10°

Ethylammonium-Ion Fluorwasserstoff

CH,CH,NH; HF

CH,CH,NH, E

2.2210, 6.3x10*

Glycinium-Ion

"NH,CH,COOH

Hydrazinium-Ion

NH,CH,COOH NH,NH, AsO, co, 60,

45x 10° 8x 10” 5.1x 10° 48x10"

Hydrogenoxalat-Ion

NH,NH; HAsOr HCO; HOOCCO;

Hydrogenphosphat-Ion

HPO,

PO,

48x10"

Hydrogensulfat-Ion

HSO,

SO

Hydrogensulfat

HS’ H,O* HBrO HCIO HIO HI H,CO,

1.0x10 1.0x 10 1 2.8x 10° 4.0x 10° 3x 10 105 45x10” 20210, 14x10* 5.6x 10° 4.0x10' 1.0x 10° 6.9x 10° 14x 10° 5.9 x 10° 1.4x 10° 10° 8.9 x 10° 182.107 1.6x 10"

Hydrogenarsenat-Ion Hydrogencarbonat-Ion

Hydronium-Ion

Hypobromige Säure Hypochlorige Säure

Hypoiodige Säure lodwasserstoff Kohlensäure Methylammonium-Ion

Milchsäure Oxalsäure

Perchlorsäure Phenol Phosphorsäure Propionsäure

Pyridinium-Ion

Schwefelige Säure Schwefelsäure Schwefelwasserstoff Triethylammonium-Ion Trimethylammonium-lon ZBe2I3 RK

CH,NH} CH,CH(OH)COOH (COOH), HCIO, C,H,OH H,PO, CH,CH,COOH C,H,NH* H,SO, H,SO, H,S (CH,CH,),NH* (CH,),NH"

57 H,O Bro” clo” 10° I HCO; CH;,NH, CH,CH(OH)CO; HOOCCO, @IOr &.H.O: H,PO, CH,CH,CO; C,H;N HSO, HSO, HS’ (CH,CH,);N (CH,),N

1.5 x 10°

Anhang 4 Tabellen

1120

Tabelle 9-2 Die Fehlerfunktion

erfz

z erfz z EEE 0 0.45 0

0.475 48

0.01

0.011 28

0.50

0.520 50

0.02

0.022 56

0.55

0.563 32

0.03

0.033 84

0.60

0.603 86

0.04

0.045 11

0.65

0.642 03

0.05

0.056 37

0.70

0.677 80

0.06

0.067 62

0.75

0.711 16

0.07

0.078 86

0.80

0.742 10

0.08

0.090 08

0.85

0.770 67

0.101 28

0.90

0.796 9i

0.09

i

0.10

0.112 46

0.95

0.820 89

0.15

0.168 00

1.00

0.842 70

0.20

0.222 70

1.20 »

0.910 31

0.25

0.276 32

1.40

0.952 28

0.30

0.328 63

1.60

0.976 35

0.35

0.379 38

1.80

0.989 09

0.40

0.428 39

2.00

0.995 32

Quelle: AS.

Tabelle 10-2 Effektive Kernladungszahlen Z,+= Z-o für neutrale Atome im Grundzustand. He

H

1s

1 Li

1.6875 Be

B

&

N

(0)

F

Ne

1s

2.6906

3.6848

4.6795

5.6727

6.6651

7.6579

8.6501

9.6421

2s

1.2792

1.9120

2.5762

3.2166

3.8474

4.4916

5.1276

5.7584

2.4214

3.1358

3.8340

4.4532

5.1000

5.7584

2p

Na

Mg

Al

Si

P

S

cl

Ar

15

10.6259

11.6089

12.5910

13.5745

14.5578

15.5409

16.5239

17.5075

25

6.5714

7.3920

8.3736

9.0200

9.8250

10.6288

11.4304

12.2304

2p

6.8018

7.8258

8.9634

9.9450

10.9612

11.9770

12.9932

14.0082

35

2.5074

3.3075

4.1172

4.9032

5.6418

6.3669

7.0683

7.7568

4.0656

4.2852

4.8864

5.4819

6.1161

6.7641

3p

Quelle: E. Clementi und D.L. Raimondi, Atomie screening constants from SCFfunctions. IBM Res. Note NJ-27 (1963). J. Chem. Phys. 38, 2686 (1963).

Anhang 4 Tabellen

1121

Table 10-3 lonisierungsenergien, I/(k} mol") H He 3n3

1312.0

5250.4

Li

Be

5198

899.4

B 800.6



N

o

F

Ne

1086.2

1402.3

1313.9

1681

2080.6

7298.0

WE

2427

2352

2856.1

3388.2

3374

322

Na

Mg

Al

Si

P

S

cl

Ar

1251.1

1520.4

2251

229

2665.2

Se

Br

Kr

13989

1350.7

495.8

HH

4562.4

1450.7

577.4

786.5

1011.7

1816.6

NSYEl

1903.2

2744.6

K

ea 418.8

589.7

3051.4

1145

Rb

Sr

403.0

549.5

2632»

1064.2

Cs

Ba

375.5

502.8

2420

965.1

Ga 578.8

2912

Ge

As

762.1

1979

1537

2963

2735

In

Sn

558.3

708.6

947.0

2044

2104

2350

Sb

Te

I

Xe

1008.4

1170.4

1795

1845.9

2046

Po

At

Rn

833.7

1820.6

1411.8

1794

2943.0

2443

an

Pb

Bi

Als

940.9

1798

2704

589.3

999.6

032

1971.0

1450.4

1610

2878

3081.5

2466

869.2

812

930

1037

Quelle: E.

Tabelle 10-4 Elektronenaffinitäten Er, (k) mol”') H

He

72.8

=

Li

Be GH; +N,

g

327

3.4 x10*

34 min

Saccharose > Glucose + Fructose

aq(H')

25

6.0 x 10°

3.2 h

g: Grenzwert für hohen Druck. Quelle: Hauptsächlich K.). Laidler, Chemical kinetics. Harper & Row, New York (1987); M.]. Pilling und P.W. Seakins, Reaction kinetics. Oxford University Press (1995); J. Nicholas, Chemical kinetics. Harper & Row, New York (1976). Siehe auch JL.

Tabelle 22-2 Kinetische Daten für Reaktionen zweiter Ordnung.

Phase

opc

k/(dm’ mol! s”") 0.80

2 NOBr—>2NO +Br,

g

10

2NO,>2NO+O, H,+,>2Hl

g g

300 400

0.54 2.42. x 10”

D, +HC1- DH +DCl

g

600

0.141

g

23

Hexan

50

a

CH,C1 +CH,O° CH,Br +CH,O° H'+0H> H,O

Methanol Methanol Wasser Eis

20 20 25 -10

7x 10° 1.8x 10"

2.29 x 10° 9.23 x 10° 1510 8.6x 10°

(1987); M.). Pilling und Quelle: Hauptsächlich K.]. Laidler, Chemical kinetics. Harper & Row, New York

Chemical kineties. Harper & P.W. Seakins, Reaction kinetics. Oxford University Press (1995); ]. Nicholas,

Row, New York (1976).

1132

Anhang 4 Tabellen Tabelle 22-4 Arrhenius-Parameter.

Reaktion erster Ordnung Cyclopropan

Als

> Propen

CH,NC>CH;CN ci-CHD = CHD > trans-CHD = CHD Cyclobutan > 2 C,H, | GH,I> C,H, +HI er och, 2N,0,>4NO0,+0, NO>N,+O CH,>C,H,+H Gasphasenreaktionen zweiter Ordnung

»

Lösungsreaktionen zweiter Ordnung

C,H;ONa + CH, in Ethanol C,H,Br + OH’ in Wasser C,HsI + C,H,O° in Ethanol CH;I + C,H,O- in Ethanol C,H,Br + OH’ in Ethanol

E, /(kJ mol”)

1.58 x 10°

272

3.98 x 10° 3.16x 10 3.98 x 10° 2.51x10 17 2.51 x 10’ 4.94 x 10°

160 256 261 209 384 103

7.94 x 10" 1.0x 10°

250 167

A (dm? mol’! s’')

O+N,JNO+N OH+H,>H,0+H Cl+H,>HCl+H ZOG, NO +Cl, — NOCI+CI sSO+0,>150,+0 CH, +GH,—> CH, + CH, GH,+H,> C,H, +H

=]

1x 10" 8x 10" 8x10 2102 4.0 x 10° 3x 10° 2x 10° 1x 10° A /(dm’ mol’ s"')

2.42.2102

4.30 1.49 2.42 4.30

E, /(k] mol”)

315 42 23 ca. 0 85 0) 44 ca. 25 E, /(kJ) mol”)

81.6 89.5 86.6 81.6 89.5

CO,+OH in Wasser CH,I + S,0,” in Wasser

x 10" x 10'' x 10" x 10" 15107 2.19 x 10

737,

Saccharose + H,O in angesäuertem Wasser

1.50x 10°

107.9

38

(CH;),;CCl Solvolyse

in Wasser

Sl

100

in Methanol

2.3x 10"

107

in Ethanol

3.0x 10"

112

in Essigsäure

4.3 x 10”

alalil

in Chloroform

1.4 x 10°

45

C,H,NH, + C,H,COCH,Br in Benzol

91

34

Quelle: Hauptsächlich J. Nicholas, Chemical kinetics. Harper & Row, New York (1976) und A.A. Frost und R.G. Pearson, Kinetics and mechanism. Wiley, New York (1961)

Anhang-4

Tabellen

1133

Tabelle 24-1 Arrhenius-Parameter für Gasphasenreaktio nen.

A /(dm’ mol s") Experiment ee

Sm

2 NOCI>2NO+C,

pP

102.0

0.16 2.0.2102 2210

Theorie

EEE

9.4x 10° 2.0.x 10

2NO,>2NO+O, 2C0>CI,+0, H,+C,H,> C,H, K+ Br, > KBr + Br

E, /(k} mol")

5.9x 10" 4.0x 10" 25x10, 74x10" 24102

6.3x 107 1.24 x 10° 1.0x 10°

111.0 0.0 180 0.0

1.7210" 4.8

Quelle: Hauptsächlich M.]. Pilling und P.W. Seakins, Reaction kinetics. Oxford University Press (1995).

Tabelle 24-2 Arrhenius-Parameter für Reaktionen in Lösung [siehe Tabelle 22-4].

Tabelle 25-1

Die gröfßsten beobachteten Enthalpien der Physisorption A,4H° Ik) mol").

1ER,

38

H,

84

Geh

34

H,O

-59

CH, Eh, co

1 36 95

N, NH, &,

21 238 21

eo,

-25

Quelle: D.O. Haywood und B.M.W. Trapnell, Chemisorption. Butterworth (1964).

/(k] mol"). Tabelle 25-2 Enthalpien der Chemisorption A,4H” Nedsorbat

Substrat Ti

Ta

55

-188

N,

-586

Nb

W

Cr

Mo

Mn

-188

—167

71

Co

Ni

@®)

-682

-703

NH,

-552

456

-339

-372

-301

N]

Pt

— 17

-134

720 640

Rh

-293

0, eo

CH,

Fe

427

427

Quelle: D.O. Haywood und B.M.W. Trapnell, Chemisorption. Butterworth (1964).

494 -222

-192

-176

-225

-146

-184

-188

-155

285

—243

209

293

1134

Anhang 4 Tabellen Tabelle 25-6 Austausch-Stromdichten und Transferkoeffizienten bei 298 K.

Tabelle 25-3 Aktivierungsenergien katalysierter Reaktionen.

2HI>H,+l,

E,/k] mol”)

ohne

184

Aufs)

105

Pt(s)

59

2N,0O>2N,+0,

male

Elektrode

Reaktion

2H'+2e>H,

;

:

HER)

Pb

5.0x10

0.50

Ce +e

Pt

4.0x 10°

0.75

Pt(s)

134

gu l,(g)

= 144

ce:

Quelle: Hauptsächlich J. O'M. Bockris und A. K. N. Reddy, Modern electrochemistry, Plenum, New-York (1970).

Ethanol

1.3700

1.3618

1.3605

KCA(s) Kl(s)

1.5050 1.7035

1.4904 1.6664

1.4973 1.6581

Kohlenstoffdisulfid

1.6748

1.6276

1.6182

Methanol

1.3362

1.3290

132771

Methylbenzol

1.5170

1.4955

1.4911

Tetrachlorkohlenstoff

1.4729

1.4676

1.4579

Wasser

1.3404

13330

13352

Quelle: AIP.

Charaktertafeln

Die Gruppen C,, C,, C;

h =

N) 1

h=2

G=S,

(m)

E

i

h=2

r

0) x,y,R,

Hg

0.58

121

1.4965

1

13

Au(s)

1.5012

1

6.3x 10°

0.58

1.5236

A

Ni

6

252102

Benzol

On

1x 10

Pt

656 nm

GISICHEE

Cu

Fe’'+te — Fe’

589 nm

A

79x 10

162

434 nm

E

4

Pt

245

Brechungsindex relativ zu Luft bei 20 °C.

C

a

ohne

(1986).

|

]

W(s)

Quelle: G. C. Bond, Heterogeneous catalysis. Clarendon Press, Oxford

Tabelle A3-]

-2

.

Jo/(A cm

EEE EEE

350

ohne

2NH,>N,+3H,

Er

Katalysator

x? y

Ar

1

1

RoR,R

x y, z’,

Anhang-4

Tabellen

Die Gruppen C,

nn

_

6

0,

h=4

= EEE en EEE EI A,

1

fl

A,

1

1

1

1

—1

ID

1

y

xy

R

B,

1

=1

1

-1

x, XZ

y

B,

1

—1

-1

1

y yz

IR.

C,,3m

E

2C,

A,

1

1

1

A,

1

1

-1

E

2

m

C,„4mm

E

6,

1

ee

2,

wm

207

Er

20,

NUNG

A,

1

1

1

A, B,

1 1

1 1

1 -1

1

B,

1

1

1

1

IE)

2

—2

0

y

R

0

(&

ee

h=6

1

1

1 -1

0

(RR)

h=8

ET

1

-Y)lezyz)

Er

TFT na

nun

z,2,x + y’

R

1

K-y xy

0

(&, y), (xz, yz)

G,

E

2C;

2C;

56,

h= 10, a = 72°

A,

1

1

1

1

DE

A,

1

1

1

=]

Br

2.

2 cos a

2cos2a

0

(x, y), (xz, yz)

E,

2

2cos2a

2cosu

0

(x°-y)

C,„6mm

E

(&

A, As

1 1

B,

(R. R,)

R,

2C;

2C,

304

30,

1 1

1 1

1 1

1 =]

1 1

1

-1

1

-1

-1

1

B,

1

-1

1

-1

1

-1

E, E

2 2

a 2

1 -1

1 -1

0 0

0 0

(R. R,)

h=a2

ZZ,

+#y R.

(% y), (x2, y2) (xy °-y)

(RuR,)

1135

1136

Anhang 4 Tabellen

has

"e,

2Ch

E

ER

m

0 2z,2,0+y

1

1

1

A, (2)

R,

=

A,(&)

1

1

E, (tl)

D)

2cos&

0

(x, y), (xZ, yZ)

E,(A)

2

2. cos 2

0

(xy, -y)

+ Für d=n

(RER

enthält diese Klasse nur ein Elemertt.

Die Gruppen D, D,, 222

E

&

ei

G

h=4

A,

1

1

1

1

9

—1

z, xy

Ra

1

y,xz

R,

x, yz

R,

;

1

B,

1

1

1

=

1

B,

1

—1

—1

D,, 32

E

2G;

3C,

h=6

A,

1

1

1

2,x

A,

{

1

il

E

2

=.

0

D,422

E

6

2C,

EN A, B,

1 1 1

1 1 1

1 1

I

1

1

B,

1

1

—ı

—ı

E

2

—2

0

0

il

E

+ y’

z

R,

(xy), (22, y2), (xy?) (Ro R,)

30

2er

Una

1

1 a) =

2,8 + z xy?

il

xy

0

(%, y), (%z, yz)

R,

(R, R,)

Die Gruppen D,, D;,, 62m

E

or

2@

25,

3C,

30,

A A}

1 1 -1 1 2

1 1 1 1

1

1

1

DM A E’

1 1 1 1 2

Sl 1 =il

2

1 —1 =1 =]

E”

2

2

—1

l

h=12

2,8

| |

R, 1

z

0

0

(xy), (&y # -y’)

0

0

(xz, yz)

(R, R,)

Anhang-4 D,n, A/mmm

E

2C,

C,

en

2C,

2cH

eye

wre

Ay

1

1

1

A,

1

1

1

A

=

B,; By E

1 1 2

= ni 0

1 1 en

1 =] 0

|

Ay

1

1

1

Ay

1

1

Bi: Be

1 1

E,

2

0

on

1

1

1

1

1 0 1

1 1 2 -1

= = 0 —1

1 1 1 en -1

1

—1

—1

-1

1

1

1 1

1 ji

=] 1

=] 1

1 1

il 1

2)

0

0

2

0

2

E

2G;

2C:

Al

1

1

1

Ar

1

1

1

5C,

an

1

1

1137

20,

20,

1

1

NM un'\

1

DE

1

257

nm

1

4 1

1

i

rn

Tabellen

N.

|

1

1 &

0 -1

1 0 -1

2

1

25,

28.

1

1

1

1

1

1

ah

1

1 en

0

0

any xy (xz, yz)

(xy)

50,

h = 20

j

es

1

2 cos a

2 cos 2a

0

2

2. cos ı.

2 cos 20

0

(x, y)

2

2 cos 2a

2 cos a

0

2

2 cos 2a

2 cos a

0

(= y? ,xy)

Ar At

1 1

1 1

1 1

1 Si

ai 2

1 1

1 al

1

z

0

2

-2. cos u

-2 cos 2a

0

(xz, yz)

0

2

-2c0s2a

-2cosd

0

2 cos a

Es,

2

2 cos 2a

2 cos a.

Dı,

E

u u

u DE

A,.(&,)

1

2iC

SCHE

2C, ee

ee

ee

1

1

1 -1

Anl)

1

1

1

A,,(&,) A,&)

1 1

1 1

41 =

E,.(IH,)

2

2 cos d

0

2

1, (UNE)

2

2cosd

0

—2

E,(A,)

2

2c0s2

0

BSAA,)

2

2cos2d&

0

1 -]i

2 2

ic; 1

1

1 1

2 ,0®+y z

1

1

h=&

ee

R.

=] 1 (xz, yz)

-2 cos d

0

2cos®

0

(x, y)

2cs2d

0

(xy, x -y’)

-2c082 db

0

(Ru R,)

a=72°

R,

2.

2

(R,R,)

%

E,

Eu

2

seh y, 2

E,

2 cos 2a

mn.

R,

il

=

h=16

1 (R. R,)

1138

Anhang 4 Tabellen

Die kubischen Gruppen T,43m

E

8C;

A,

1

E

2

1 =]

T,

3

0

3C,

604

65,

h=24

1 0

Bee

IE EEE SARIRBE SE re een Bez 1 1 1 1 1 A:

O,(m3m)

E

8C,

6C,

6C,

Ay, Ay E,

1 1 2

1 1

1

1

1

TI

3

= 0

= 0 |

= 0 1

u;

3

0

1

a Ay E, Au, 1

1 1 2 3 3

1 1

1 =] 0 =! 1

= 0 0

0

3

T,

ee)

1 1 2.0

ii

(Ru, RR)

1

—1

1%

—1

1

—1

65,

35

30,

60,

1

1

1

1

1

1 B. SS!

1 B 3

=] 0 1

1 il 0

1 2 1

=il 0 “|

il

il

3



0

=

1

1 1 0 1 =

1 1 2

1 = = 0.3 mol.

Kapitel7 7.1

(a) K=2.85 x 10°%; (b) A,G” = +240 k) mol"; (c) A,G=0 (das System ist im Gleichgewicht).

72

(a) K=0.1411; (b) A,G® = +4.855 k] mol; (c)K (100°C) = 14.556.

73

(a) A,G° =-68.26 k) mol", K=9.2 x 10"'; (b) K (400 °C) = 1.3 x 10°, A,G® (400°°C) = -69.7 kJ mol”.

7.4

(a) Molenbrüche: A: 0.087, B: 0.370, C: 0.196, D: 0.348, Gesamt: 1.00];

(b) K,= 0.33; (c)

5.8

AG DK

3

+4.7) K' mol.

5.10

(a) 1:1; (b) 0.8600.

Jell:

(a) 3.4 mmol kg, (b) 34 mmol kg". 0.17 mol kg".

sel

(a) 30 Prozent.

A

Misch

SETOH KEN

5415

24 g.

5.14

87 kg mol".

Sal

a,= 0.833, y,= 0.93, a, = 0.125,HR } =0.125.

p= 0.33; (d) A,G° = +2.8 x 10°) mol”.

75

T,=1500K.

7.6

A, H® =+2.77k) mol,A,5° =-16.5) KT mol”.

7.7

AG® =+12.3 kl mol".

7.8

50 Prozent.

79

2 =x, = 0.904=,x = 0.096.

7.10 7.11

(a) ARH” = +53 kJ) mol"; (b) A,H® =-53 kJ mol". A,G=-14.38 k) mol”, Reaktion verläuft spontan in Rich-

2

ven

7

A,G° =-1108 kJ mol",

tung der Produkte.

Lösungen der (a)-Aufgaben 7.14

1141

Kapitel9 (a) R: 2Ag*(aq) + 2e° > 2Ag(s) L: Zn*(aq) + 2e° > Zn(s)

(R - L): 2Ag*(aq) + ZnS > 2Ag(s) +

Gesamt Zn“ (aq)

Sl

e ) 1.81 x 10°), 1.13 eV, 9100 cm’, 109 kJ mol”:

(b) 6.6 x 10°], 4.1 eV, 33 000 cm", 400 kJ mol".

9.2

P=0.04; (b) P=0.

L: Cd? + (aq) + 2e° — Cd(s)

93

h2 p=0,p"= —.

Gesamt (R-L): Cd(s) + 2H'(aq) —

9.4

(b) R: 2H*(aq) + 2e° > H?(g)

Cd?*(aq) + H,(g) (©), R:iCr (ag)

3e > Cr(s)

L: 3[Fe(CN),]’"(aq) + 3e — 3[Fe(CN).]* (ag) Gesamt (R - L): Cr’*(aq) + 3[Fe(CN),]* (aq) > Cr(s) + 3[Fe(CN),]’" (ag) HAUS

SUR 2EU

(age

> Cu(s)

Iren

"0

8):

9.7

23 Prozent.

98

5 =430x102].

GO

=

Na

\ = 2.63 um.

L: Zn?*(aq) + 2e° > Zn(s) Die Zelle ist

MINEN

Zn(s) |ZnSO,(ag) |CuSO,(aq) |Cu(s) (b) R: AgCl(s) + e > Ag(s) + Cl’(ag)

L:H*(aq) +e° 3 H,(g) Die Zelle ist

Sl

ei)

AE=3.3 x 10%); (b) AE=3.3,x 10°,

9.14

x=+0.525a oder +1.65«.

9.15 E, -5.61x 102].

N= (&) | 2 ]

Pt |H,(g) |H*(aq) |AgCl(s) |Ag(s) oder Pt |H,(g) |HCl(aq) |AgCl(s) |Ag(s) (c) R:O,(g) + 4H*(aq) + 4e” > 2H,O(|)

IV

Betrag = 1.49 x 10°°* ]s; Projektionen = 0 oder + n, also 0

L: 4H*(aq) + 4e! > 2H,(g)

oder 1.05 x 10°* ] s.

Die Zelle ist

Pt |H,(g) |H*(aq), H,O(l) |O,(g) |Pt 716

E=-0.62 V.

7.17 (a) K=6.5x 10%: (b) K=1.5 x 10%. 7.18 (a) 9.2x 10° M, (b) 8.5x 10 M.

Kapitel8 8.1

5320708

84

(a) E=3.31 x 10? J, E (pro mol) = 199 k) mol”; (b) E= 3.61 x 10°"? J, E (pro mol) = 218 kJ mol"; (c) E=4.97 x 10°"? J, E (pro mol) = 299 kJ mol".

101 pm und 376 pm.

10.4

N=

2372°

1

WI=2Es.(T)= En. r* Era 209 Fe 2 Drehimpuls = 0, Winkelknoten = 0, radiale Knoten = 0;

Drehimpuls = 0; Winkelknoten = 0, radiale Knoten = 2;

600 nm: v = 0.66 m s"', 550 nm: v=0.72 ms", ,

8.7

(a)

8.8

8.10

(a) keine Elektronen; (b) = 837.km sı. (a) AE=7x 10°"? J, oder (b) AE= 7x 10° J, oder (cl) AE=7x10°* J, oder (a) A=6.6x 10° m; (b)

812.

Av =1,1210° ms), Ag; = 1x10” m. (a)

N=2.8x 10% s"; (b) N=2.8 x 1020 57".

%

= (b) 2x.

RA)

1 in allen Fällen.

d=21ms".

8.13 1=1.12x 10°).

5

J 22 b)j=-3>

400 nm: v=0.99 m s’.

8.14

10.3

10.6

Ag=0.70!nm.

8.9

[= 14.0 eV. r=4a,r=0.

@

3:37

836

10.1 10.2

ı=0.02421mis7).

Sn

8.5

Kapit el 10

10.11 (a )g=1;(b)g=9; (cd) g=25.

E,, = 3.19 x 10°],

10.12 L=2,5=0,/=2. 10.13 r= 0.354,

400 kJ mol"; 40 kJ mol"; 4x 10"? kJ) mol”.

10.15 (a) [Ar]3d®; (b) für

A = 6.6. x 10° m; (c) A = 99.7 pm.

10.14 (a) verboten; (b) erlaubt; (c) erlaubt.

S=1,M, =-1,0, +1; fürS=0,M, =0.

SF 10.16 (a) S=1,0; Multiplizitäten = 3 bzw. 1, (b) S=1,0; also S= 2:2 [von 1], und 3 [von 0]; Multiplizitäten = 4,2 bzw. 2.

10.17 °D,, °D,, ’D,, 'D,, die ’D, Terme liegen am tiefsten.

10.18 (a) J=0,nur |Zustand; (b)J=3,3 mit 4bzw. 2 Zuständen; (c) J = 2,1,0, mit 5, 3, 1 Zuständen.

10.19 (a) Sp;

(b) Pz7 and "Pıp-

1142

Lösungen der (a)-Aufgaben

Kapitel 13

Kapitel 11 11.1 1122

Wash

11.4

(@)10,b=-1,b) (a) 1 20]

1020, b-0; (ce) 1 ae

Ir‘, b=2.

13 08: (b) 10220? 11430?27®':

13.2 Ayan = 0.999 999 925 x 660 nm.



13.3:

°(a) 53. cm"; (b) 0.53 cmal:

Da die Bindungsordnung bei der Bildung von XeF" aus Xef zunimmt (da ein Elektron aus einem antibindenden Orbital

13.4

(a) 53 ps; (b) 5 ps.

entfernt wird), wird die Bindung in XeF* kürzer sein als in

13.6

(a)’= 2.642%x 10-7 kg m?; (b) 127.4 pm.

13.7

1=4.442 x 10° kg m?, R= 165.9 pm.

Die Elektronenkonfigurationen werden verwendet, um die

Bindungsordnungen zu bestimmen. Größere Bindungsordnungen entsprechen qualitativ kürzeren Bindungen. Die Bindungsordnungen von NO und N, sind 2.5 bzw. 3, folglich sollte N, die kürzere Bindung besitzen.

11.8

Sinnvoll. E Probe

mi?’

Die Energie der Probefunktion ist um

einen Faktor 1.013 größer als die der exakten Funktion. 11.9

2 ()

3ah

Probe

Dr

1/2

a-E PB 0

11.12 (a)

13.5 v=4.09 x10''Hz.

13.8 R= 232.1 pm. 13.9

13.10 20475 cm’.

13.11 198.9 pm.

13.12 (b) HCl; (d) CH,Cl; (e) CH,CI,, C,, (eis). 13.13 (a) H,; (b) HCl; (d) CH;Cl.

13.16 k= 327.8 N m’. RB üzE ß

13.17 (a) 0.067; (b) 0.20.

0 P a—E

13.18 HF: k = 967.0, HCl: k= 515.6, HBr: k= 411.8, Hl: k = 314.2.

Kapitel 12 Abgesehen von der Identität gibt es eine C,-Achse und drei o -Spiegelebenen. Die Symmetrieachse enthält die C-Cl-Bindung; die Spiegelebenen sind durch die drei CI-CH-Ebenen definiert.

12.2

(a) Pyridin, (b) Nitroethan.

12.3

Das Integral verschwindet.

12.6

D,, enthält ein Inversionszentrum und C,, enthält eine horizontale Spiegelebene; daher können Moleküle aus diesen Symmetriegruppen nicht chiral sein.

12.7

Erste Operation

;

Zweite Operation

12.10 1221

d = 1580.38 cm", x,= 1.644 x 10

13:20/D,=41.5 % 10%, cm =5.15:eV

12.1

12:9

Nm".

13.15 1.089 Prozent.

13.19

i

R,c= 106.5 pm, R.,, = 115.6 pm.

13.14 k=1.6x 1?

273

11.0:2.2.210.].

12.8

(a) 0.0469 ]m? s; (b) 1.33 x 10° |ms;

(c) 4.50 x 10° |ms.

(c) 10?20*?1n'30°.

Xef. 11.5

13.1

Ml a ©,

@, N &,

Gy €,

ae

ae

GES

EEE

13.24 (a)) Nichtlinear; alle Freiheitsgrade sowohl IR- als auch Raman-aktiv. (b) Linear; die symmetrische Valenzschwingung ist IR-inaktiv, aber Raman-aktiv. Die antisymmetrische Valenz-

schwingung ist IR-aktiv und (wegen der Ausschlussregel) Raman-inaktiv. Die beiden Deformationsschwingungen sind IR-aktiv und daher Raman-inaktiv. 13.25 (a) Raman-aktiv.

6, AG 2

13.21 D,(2) = 2699.77 cm 13.22 (b) HCI; (c) CO, (d) H,O. 13.23 (a) 3; (b)6;(c) 12.

13.26 4A, + A, + 2B, + 2B,.

Ele, G,

(a) R,; (b) C,,; (c) D;,; (d) D... (a ) Gv; (b) cv; () Gi (4) Dani (e) Gv; (F) (a) Cu(b) Ca. (a) NO,, N,O, CHCI, und cis-CHBr=CHBr;

Kapitel 14

Can

(b) er end ehiral, 12.12 NO;: keine Orbitale, SO,: du,

12.13 B,(), B,(y), A.(2). 12.14 (a) entweder E,, oder A,; (b) B,,, (X-polarisiert),

B,,, (y-polarisiert) B,,, (z-polarisiert).

14.1

S=}, Gesamt-Bahndrehimpuls =0

14.2

80 Prozent.

14.3

&= 6.28 x 10° dm’ mol cm’.

14.4 14.5

1.5 mmol dm”. 5.44 x 10’ dm? mol! cm”.

14.6

192 nm = 2,3-Dimethyl-2-buten,

243 = 2,5-Dimethyl-2, 4-hexadien.

14.7 &=450 dm’ mol” cm. 14.8

159 dm’ mol”! cm’; 23 Prozent.

14.9

(a) 0.9 m; (b) 3 m.

14.10 (a) A=5 x 10’ dm? mol cm”? (b) 25 x 10° dm? mol"! cm”?

Lösungen der (a)-Aufgaben

Kapitel15

Kapitel17

15.1

v= 600 MHz.

1527

8,2 -1.095x10°]xm.

174 (b)

15.3

154 MHz.

15.4

Proton (a) AE=3.98 x 10° ]; (b) AE= 6.11 x 10).

15.5

AE=6.116x10%).

15.6

Bo/T

1143

(a) I}: ZR [Experiment = 3.4R]; CH,: 3R [Experiment = 3.2R];

C,H,: 7R [Experiment = 8.8R].

(a) NH;: mit Schwingungen: 1.11, ohne Schwingungen: 1.33; Experiment: 1.31.

CH,: mit Schwingungen: 1.08, ohne Schwingungen: 1.33; Experiment: 1.31.

(a)'H

8]

(b)’H

85

()250MHz (i) 500MHz

(b)"’C

0.85745

5.87 11.7

333 76.6

1.4046

23.4 46.8

1178)

(a) 25 °C: 19.6; (b) 250°C: 34.3.

17.4

(aa (b) 27€) 27(A) 125 (e).2:

1178

g =43.], 0, = 22.36 K, T=8.79K.

17.6

S® =43,76.) K' mol.

17.7

(a) Bei 298 K, g* = 36.95. Bei 500 K, g* = 80.08.

(b) Bei 298 K, q = 36.7. Bei 500 K, q = 79.7. er

15.

7a) 12210 (6) 3.1%°10°%; 1) 3.4%10°:

15.8

an 208 MHz) = öN(60 MHz)

1729

15.9

(a) 11 #7; (b) 110AT.

17.10 -13.8 kJ) mol, -0.20 kJ mol”.

ianle627°2.10°3.

17.8

17.11

15.14 (a) Die H-Kerne sind sowohl chemisch als auch magnetisch äquivalent. » (b) Die H-Kerne sind chemisch, aber nicht magnetisch äquivalent.

(a) Bei 298 K: 14.93 ) K' mol”. (b) Bei 500 K: 25.65 ) K' mol”. Bei 500 K: 0.236 R. Bei 900 K: 0.193 R.

TZNZ IS

JIK mol.

17.13 (a) S,=9.13 ] K" mol; (b) 5, = 13.4) K' mol‘; (c) S,= 14.9) K' mol; 17.14 K=3.70 x 10°.

15.15 5.9x 10% T, 20 us 15.16 2x 102T, 10 mT.

15.17 g= 2.0022.

Kapitel 18

15.18 a= 2.3 mii; g = 2.0025.

15.19 Vier Linien gleicher Intensität bei den Feldern: 330.2 mT, 332.2 mT, 332.8 mT, 334.8 mT.

15.21 (a) 331.9 mT; (b) 1.201 T. 15.22 I=3.

13.1

0, 4,0,

18.2

p-Xylol:u= 0, o-Xylol:u= 0.7D, m-Xylolu = 0.4D.

13.3

BDO:

18.4

u = 5.5 x 103° Cm oder 1.7D, a’ =9.1 x 10°*° cm’.

18.5

Kapitel 16

Urn

18.6

u=4.9 uD.

18.7

0142210)

al

ik

13.8

n, = 1.34.

16.2

(a)’2.57 x 10%; 7.26 x 102%

18.9

=

16.3

gq(D: Oo

16.4

,

(H,

3.156. E=2.45 kJ mol”.

16.6

T=354.K.

16.7

g=1

16.8

()

2

(e) a

=:

Be

sPB

(a) 0.71; (b) 0.996.

5x 10°; (ii) 0.4; (iii) 0.905;

E=22) mol; C,=1.6) K’' mol;

T=4303 K. (a) T= 138) K' mol"; (b) T= 146) K mol”. S,=5.18] K' mol”. (a), (b), (d)-

Pe.

Kapitel 19 19.1

Gleiche Stoffmengen bedeuten gleiche Zahlen von Molekü-

192

R, = 1.4. x 10%.

q=1.4;

16.9 16.10 16.11 16.12

le

18.11 y= 7.28 x 10? N m”. Dr 2881 Bo

16.5

128x102 co.

18.10 p=2.6 kpa.

—2:83:

oe

Cm, al

len. M, = 70 kg mol", M, = 71 kgmol”.

19.4

(a) M,=18 kg mol; (b) M„=20kg mol”. n(H,0):7=2.4x 10° s, n(CClY):r=1.4x 10" s.

195

100.

19.6

M=63 kgmol”. 173.10, msn: M=31kgmol”. M=3.4x 10° kg mol”.

1195

197] 19.8 109

1144

Lösungen der (a)-Aufgaben

19,109 =4,3x110° g

21.6

19.11 R„,=24 nm

(a) 6.7 nm; (b) 67 nm; (c) 6.7 cm.

21.70.91062

19I2R =3.08x10%m.R

= 3.08% 102 m

21.3

N=19x102.

21.9

Am = 104 mg.

21.10 M'=43 gmol". 10 s=30h 21.11t=1.1x

Kapitel 20

/,=4:1 x 102)m? sT. 21.12

20.1 (1,1,0), (1,0,3),and @,},2). 20.2 20.3 20.4

A

20.6

20.7

Cal

20.9

21.14 ZW. 21.15 a = 1.42 x 10°"? m? oder 0.142 nm’.

ea

21.16 205 kPa. K: 130 uP; (b) T= 298 K: 130 uP; (c) T= 1000 K:

D=0.215 cm.

21.17 (a) T=273

V=3.96 x 10° m?

240 uP. 21.18 (a) Für Ar, x = 5.4 m) K’' m”! s’', Energiefluss = 8.1 mW; (b) Für He, «= 29 m] K' m s", Energiefluss = 44 mW.

BONS

Bi

21.13 oa= 5.6 x 102° m? oder 0.056 nm’.

(323) and (110). d,.,= 249 pm, d,,, = 176 pm, d,.,= 432 pm. A= 70.7 pm.

4

=3

N a

er

190

en

20.10 0

5

„(2an2)

21.19 n(CO,) = 1.38 uP, d= 390 pm.

h’+k+

(hkl)

a/pm

21.20

x«=5.4x 10°) Km

Ss".

21.21 (a) Beil Pa: D=1.1m? s', ]J=4.4x 10? molim sy); iu

19.4

3.04

3

(111)

402

(b) Bei 100 kPa: D= 1.1 x 10° m? s', /=4.4 x 10°? mol m? s;

925

4.03

4

(200)

402

(c) Bei 10 MPa: D=1.]x

32.6

7.99

en

08

8 m

(220)

404

31)



=.

er

a5

Osama

a

" '% in:

21E2201=763200). 42.8) K. 3.0].

6.2

x, = 0.653, xa= 0.347, p= 73.4 kPa.

6.3

(a) Die Lösung ist ideal; (b) y,= 0.4582, y, = 0.5418.

6.4

(a) 6.4 kPa; (b) yg = 0.77, yr = 0.23; (C) Prende) = 4-3 kPa.

6.5

(a) y}= 0.81; (b) x,= 0.67, y|= 0.925.

C=3.

Bas

2.71 k) mol.

6.6

320

-0.93 kJ) mol”.

67a

32.

200).

6.8

(a) C=2,P=2;(b)F=2.

302.

+2.88 kJ) mol".

6.11

%,=053, T=T,x%,= 0.82, T=T,.

Kapitel4 4.1 42 4.3 4.4 4,5 4.6 4.7 4.8

POS

Bei 855 °C erscheint eine feste Lösung mit x(ZrF,) = 0.24. Die Bildung der festen Lösung schreitet fort und ihr Gehalt an ZrF, nimmt zu, bis bei 820 °C x(ZrF,) = 0.40 erreicht ist. Hier ist die gesamte Probe fest.

6.17

(a) Wenn x, auf 0.47 gefallen ist, erscheint eine zweite flüssige Phase. Die Menge dieser Phase nimmt mit fallendem x, zu und die Menge der ursprünglichen Phase nimmt ab, bis bei x,= 0.314 nur noch eine flüssige Phase übrig ist. (b) Die Mischung besteht bei allen Zusammensetzungen aus einer einzigen flüssigen Phase.

(a) 31.11 kJ) mol; (b) 276.9 K.

3.6Kgs. Reif wird sublimieren, 0.40 kPa oder mehr.

(a) 29.1 k) mol”; (b) Bei 25°C, p, = 0.22 atm = 168 Torr; Bei 60 °C, p, = 0.76 atm = 576 Torr. 272.41

4.10

6.73 x 10° = 6.73 Prozent.

K.

Kapitel5 Sal

843.5 cm’.

52

18 cm’.

539

8.2 x 10° kPa.

5.4

1.5 x 10? kPa.

5

270g mol".

5.6

178 g mol”.

57,

-0.077 °C.

Kapitel7 7.1 72

(a) A,G=0; (b) K=0.16841; (c) A,G°=4.41 k] mol”. (a) K=0.24; (b) A,G°=19k) mol; (c) K= 2.96.

73

(a) K=1.3x 10°, A,G°= 308.34 k) mol’;

7.4

(a) Molenbrüche: A: 0.1782, B: 0.0302, C: 0.1162, 2D: 0.6742, Summe: 0.9999; (b) K=9.6; (),K=.9.6;

7.3

Te 1As10: RK.

7.6

AgH°=7.191 k) mol, A,5S°=-21 | K'mol.

77

AG=-41.0k) mol”.

(b) K=3.5 x 10°, A,G = -306.52 k) mol”. (d) A,G =-5.6. kJ) mol”.

uk

5.8

Ange

Se

Ayıisch@ =3-43

173) A Misch 5634102 k], Aisch? =+115]

(a) 1:1; (b) 0.7358.

5312 5.13

11 kg.

5.14

14.0 kg mol.

Ill

a,=0.9701, x,=0.980.

5.16

-3536 )mol", 212

DaIZ,

a, = 0.436, a, = 0.755, y,= 1.98, y, = 0.968.

5.18

0.320.

Torr.

li

7.10 7.11

(a) (a) (a) (a) b (b) c) ( 0.8:X45,= 0.6.

6.14

272. K.

4.9

5.10

6.13

PIE

A,.5 = +55] K'mol', A,,H = +2.4 kJ mol”. 25.25 kJ) mol”.

C=,Be2,(b)ie= 2,0272

A,H”=39 k) mol"; (b) A,H*=-39 k) mol". Bei 427°C, K= 9.24, Bei 459 °C, K = 31.08; A,G”=-12.9 k) mol"; A,H°=+161 kJ mol”;

A,5°=+248 ]K’'mol”. IR

(a) R: Ag,CrO,(s) + 2e” > 2Ag(s) + CrO2- (aq) L: Cl,(g) + 2e° > 2Cl“ (ag) Gesamt (R-L): Ag,CrO,(s) + 2Cl"(aq) —> 2Ag(s) + CrO} (ag) + Cl,(g)

+0.45 V +1.36 V

-0.91 V

Lösungen der (b)-Aufgaben

(b) R: Sn°*(aq) + 2e" > Sn?*(ag)

L: 2Fe’*(aq) + 2e° > 2Fe?*(aq)

Gesamt (R- L): Sn**(aq) + 2Fe?* (ag)

> Sn’*(aq) + 2Fe°*(aq)

+0.15 V +0.77V

I

9.6

-0.62 V

37

(C) R: MnO,(s) + 4H*(aq) + 2° — Mn?*(aq) + 2Fe’*(aq) x

L: Cu“ (aq) + 2e° > Cu(s) Gesamt (R-L): Cu(s) + MnO,(s) + 4H*(aq)

OU

(ac) Mn?*(aq) + 2H,O (|)

7.15 (a) R: 2H,O(l) + 2e° > 20H (ag) + H2(g)

RZ

L: 2H*(aq) + 2e° >

aNV,

+0.34 V

h

1021052270279

m= 1202 0

\

NE],

98

lo J), m = 27.5 pm, das Teil-

E,=3.92x 102],

919

=260

Nm".

+0.89 V

SON

-0.83 V

N

A=iz

9.12

(a) AE=2.2x 10; (b) AE=3.14x 1020],

9.14

+ 2.02 a. 0,+0.96 a, oder

+1.88 V

+0.54 V

(H,g)

und die Zelle ist Pt|H,(g) |H*(aq), "(ag)|I,(s) |Pt (SR: 2H*lag) #2e > H,(g) L: 2H,O(l) + 2e” > H,(g) + 20H (ad)

ES JE il So

Nez

chen verhält sich klassisch.

L: 2Na*(aq) + 2e > 2Na(s) NV und die Zelle ist Na(s) |Na*(aq), OH’ (ag)|H,(g)Pt

(b) R: 1,(s) + 2e° — 21"(ad)

1149

0

+0.54 V 0.00 V 0.083 V

und die Zelle ist Pt |H,(g) |H*(ag), OH (aq)|H,(g) |Pt

32 um: mn.

910006,

=23421..21022].

9.17

Betrag = 2.58 x 10°* Js; Projektionen= 0, +1.0546 x 105 les und #2.1109 x 10°* Js.

Kapitel10

0.083 V

7.16 (a) E=E° - 2RT— In(1.b)=; (b) ARG® =-89.89 k) mol"; (c) E°=+0.223 V.

7.17 (a) K=1.7x 10% (b) K=3.2x 107. 7.18 (a) 1.4x 102°; (b) 5.2x 10%.

10.1

/=12.1 eV.

10.2

=

10.3

r=0, r=1.3820,, r=3.618a,.

10.4

N = ben 4 /2na, Zac: (v) l6r&,09

10.5

Kapitel8 v=13810°. mis.

8.2 8.3

p=1.89x 10°” kgms",v=0.565 ms. Ax=5.8x 10° m.

8.5 86

(a) E=0.93x 10°], E (pro Mol) = 598 kJ) mol”; (b) E=1.32 x 10° J, E (pro Mol) = 7.98 x 10° kJ) mol”; (2) E=1.99 x 10° J, E (pro Mol) = 0.012 k] mol".

270

(2)1 35221005 (a) (a) (b) (€) (a) (b) (c)

8.12

7(6)3.52 2.105].

DA(D)EE-= 06.842 102°); 7= 1.23 x 10° mr). E=2.65 x 10° J, oder 160 k) mol”; E= 3.00 x 10"? J, oder 181 kJ) mol"; E= 6.62 x 10°) J, oder 4.0x 107° k] mol". 4=1.23x 10% m; A=3.9x 10! m; A= 3.88 x 10° m.

Ax= 100 pm, Geschwindigkeit (Av): 5.8 x 10° ms.

P,=4r?

x

| x = (6-60 An 243 Og r=0.74 a, /Z, 4.19 a,/Z und 13.08 a, /Z.

10.7 r=1.760, /Z. 10.3

(a) Drehimpuls = 6: h = 2.45 x 10°* Js, Winkelknoten = 2, radiale Knoten =];

(b) Drehimpuls = 2! h = 1.49 x 10°°* |s, Winkelknoten = 1, radiale Knoten = 0;

(a) v=0.499 ms; (b) v=665 ms"; (c) v=9.98x 10° ms. v=1583ms"

2:3 8.9

8210.

h’z? Smas

Mae:

3

10.6

ae

84

15020723539, )Z7,5 0.

(c) Drehimpuls = 2! h= 1.49 x 10% |s, Winkelknoten = 1, radiale Knoten = 1.

10.9 (a) j=3.2: (b)j=3,%1OB1OB 2837765748728

OST

mare

De 1047 (ef 751

10.12 Der Buchstabe Fzeigt an, dass die Gesamt-Bahndrehimpulsquantenzahl L= 3 ist; der obere Index 3 ist die Multiplizität des Terms, also der Wert von 2S + 1, der aus dem

Wert der Spinquantenzahl S = ] folgt; der untere Index 4 gibt die Quantenzahl | des Gesamtimpulses an. 10.13 (a) r= 110 pm, r= 20.1 ppm; (b) r=86 pm, r= 29.4 pm.

8:13,

1.67x 10°].

10.14 (a) verboten; (b) erlaubt; (c) verboten.

8.14

h

10.15 (a) [Ar]3d’; (b) Für S=3; M,=+S und +3, für S=1, M, -#.

10.16 (a) S= 2,1,0; Multiplizitäten = 5,3,1, (b) S = 3,3,5; Multiplizitäten = 6,4,2.

Kapitel9 S»]

92 Den

(a) 2.14 x 10°) = 1.34 eV = 1.08 x 10% cm! = 129 kJ mol";

(b) 3.48 x 10°] = 2.17 eV=1.75 x 10° cm! = 210 k) mol". (a) P= 0.031; (b) P= 0.029. 072

h?

7

ION 7A RN DE DE DB Ar Deere Term liegt energetisch am tiefsten. 10.18

a) /=3, 2 und 1, mit 7, 5 und 3 Zuständen;

) J=3

I:

3,5% mit 8, 6, 4 und 2 Zuständen;

2, mit 10 und 8 Zuständen.

Di; und *D;» (b) Pop Und Pr»:

34 i

AN \8/)

3

mc

\8

i

Lösungen der (b)-Aufgaben

1150

13.7 13.8

Kapitel11 mail

ur

20%

(b)

le? 2082

in! 30% () 1o’20* 30 r

2 m?

2

ae 20230 1nt2n* Sb) To2 2017385 VAlR20R31Int2n“ ( 8 T) = +109.7) K" mol", ASymg= 111.2] K' mol",

FPlöu

oV oV =)Rn + ar

(a) dV =

(b)

2.47

TC,

(c) AG, = +3.46 k], AG, ist unbestimmt;

(RV)’ x(V —nb) (RTV?) — (2na) x (V -nb)’

(d) AS(Gesamtsystem) = +39.2 ]KT =-AS(Umgebung) . 3.5

V2(V -nb)’ nTRV> — 2n2a(V — nb)?

Schritt 1

Schritt 2

Schritt 3

Schritt 4

Kreis

115] sa 0 0

20

a= 1.4] Katm)) 2 27 b Ir — 21. = 2)

q w AU AH

2 7A 623.

57 +5.74 k] 0 1,50

6 +374K) +3.74k]) +6.23k]

-5.8k] 53% 0 0

T, = 1946 K

AS

+19.1JK'

0

SeHaas

0

0

0

0

unbe-

+11.5 kJ

unbe-

0

Kr

=

1-8

v ul, = (—F)v

oH\

_

EI

1%) er EI

Aa AG

11.5 kJ

stimmt

0

stimmt

3.6

q

w

AU=

AS

Asa

AS

AH

2337,

Weg(a)

2.74k]

-2.74k]

0

3

Weg(b)

1.66k])

-1.66k]

0

913]K0

RE

I

BR

553] Kr

360 TR

2.38

3.72. (iv) en

+) In +0) + (log In