Photios' von Konstantinopel "Mystagogie des Heiligen Geistes": Übersetzung und theologischer Kommentar 3110790114, 9783110790115

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die Übersetzung ins Deutsche und den theologisch-historischen Kommentar e

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Photios' von Konstantinopel "Mystagogie des Heiligen Geistes": Übersetzung und theologischer Kommentar
 3110790114, 9783110790115

Table of contents :
Danksagung
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einführung in die Problematik des Filioque mit einer Skizzierung des Forschungsstandes und einem Einblick in die mit dem Thema verbundenen trinitätstheologischen patristischen Zugänge
1 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat
2 Die der Mystagogie voraufgehenden und auf das Filioque Bezug nehmenden Dokumente in chronologischer Reihenfolge
3 De Spiritu Sancti Mystagogia: Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar
4 Forschungsergebnisse – Grundzüge des theologischen und philosophischen Denkens des Photios und dessen Relevanz für die heutige ökumenische Diskussion zum Thema Filioque
Abkürzungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Index locorum biblicorum
Index locorum auctorum
Index nominum
Index rerum

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Theodoros Alexopoulos Photios’ von Konstantinopel „Mystagogie des Heiligen Geistes“

Arbeiten zur Kirchengeschichte

Begründet von Karl Holl † und Hans Lietzmann † Herausgegeben von Christian Albrecht, Christoph Markschies und Christopher Ocker

Band 153

Theodoros Alexopoulos

Photios’ von Konstantinopel „Mystagogie des Heiligen Geistes“ Übersetzung und theologischer Kommentar

ISBN 978-3-11-079011-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-079026-9 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-079050-4 ISSN 1861-5996 Library of Congress Control Number: 2022939908 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

«Στους γονείς οφείλουμε το ζην, στους δε δασκάλους το ευ ζην» Meinen beiden verehrten Lehrern in Heidelberg, dem klassischen Philologen Herwig Görgemanns und dem berühmten Kirchenhistoriker und Patristiker Adolf Martin Ritter in aller Dankbarkeit gewidmet

Danksagung Zu den profiliertesten kirchlichen Persönlichkeiten des 9. Jahrhunderts zählt zweifellos Photios der Große, Erzbischof von Konstantinopel und ökumenischer Patriarch. Der Versuch, an seinem Beispiel der Frage des Hervorgangs des Hl. Geistes anhand einer seiner berühmtesten Schriften, der Mystagogie des Hl. Geistes nachzugehen, dürfte – so hoffe ich – nicht nur vom historischen, sondern auch vom dogmatisch-patristischen Interesse sein. Die vorliegende Studie ist von der Katholisch-theologischen Fakultät der Univ. Wien im Fach Geschichte und Theologie des Christlichen Ostens als Habilitationsschrift angenommen worden. Zu danken habe ich zuerst Prof. Dr. Thomas Nemeth der Katholisch-theologischen Fakultät der Univ. Wien, der das Projekt begleitet und gefördert hat. Gutachten erstellten die Professoren Fr. Nüssel (Heidelberg), A. Chaniotis (Princeton), K. Katerellos (Athen); ihnen gilt mein Dank für die Würdigung meiner Arbeit. Besonderer Dank gilt auch an Emeritus Professor der Univ. Salzburg und Fachexperte in der Geschichte der alten Kirche, Peter Hofrichter, der mit seinen wertvollen Ratschlägen zur Ausbesserung der Arbeit in bestimmten Punkten beigetragen hat. Gerne habe ich die Einladung durch Prof. Dr. Christoph Markschies (Berlin – Präsident der BBAW) angenommen, die vorliegende Untersuchung in der Reihe „Arbeiten zur Kirchengeschichte“ (AKG) zu veröffentlichen. Dr. Lutz Rosemann hat mir bei der Drucklegung und bei der Anfertigung von Teilen des Registers sehr geholfen, auch ihm gilt mein herzlicher Dank. Am Ende möchte ich der Fritz-Thyssen-Stiftung meinen herzlichen Dank für die zweijährige finanzielle Unterstützung (2008–2009) in den Anfängen meiner Erforschung im Blick auf dieses große und dogmatisch-historisch bedeutsame Projekt in aller Dankbarkeit aussprechen. Wien, im Oktober 2022

https://doi.org/10.1515/9783110790269-201

Theodoros Alexopoulos

Vorwort Die Arbeit unter dem Titel „Photios’ von Konstantinopel ‚Mystagogie des Hl. Geistes‘. Übersetzung und theologischer Kommentar. Eine Beleuchtung der Frage des Hervorgangs des Hl. Geistes anhand einer wichtigen griechisch-byzantinischen Quelle des 9. Jh.“ befasst sich mit einer sehr gewichtigen kontroverstheologischen Abhandlung des Frühmittelalters, der Mystagogie, und beabsichtigt auf deren Basis, das heikle und facettenreiche Problem des Hervorgangs des Hl. Geistes zu beleuchten und damit der immer noch andauernden Debatte zur Frage des Filioque einen neuen Antrieb zu geben und sie zu bereichern. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt zweifellos in der Übersetzung (ins Deutsche) und in der theologischen und (wo es nötig ist) philosophischen Analyse der photianischen Mystagogie. Beides ist bis heute ein Desiderat in der Forschung. Darüber hinaus bietet die Arbeit ein umfangreiches Panorama von Quellenzitaten aus anderen wichtigen sowohl lateinischen (Augustinus, Thomas von Aquin) als auch byzantinischen Autoren (Niketas von Byzanz, Nikolaos Methonis, Gregor Palamas u.a), anhand deren man einen vertiefenden Einblick in das Thema des Hervorgangs des Hl. Geistes gewinnen kann. Damit verbunden ist auch der Versuch, nicht griechischen Lesern einen Zugang zu wichtigen ostkirchlichen Quellen zu verschaffen, angesichts der Tatsache, dass es für die meist komplizierten byzantinischen Texte, allen voran die des Photios, kaum Übersetzungen in moderne Fremdsprachen gibt. Die Studie beginnt mit einer gründlichen Einführung in die Problemlage und in den Stand der Forschung bezüglich der zu behandelnden Quelle. Im ersten, dem historischen Teil, wird der historische Kontext, in dem Patriarch Photios gewirkt hat, umfassend skizziert. Der zweite Teil befasst sich in chronologischer Reihenfolge mit den der Mystagogie vorausgehenden und auf das Thema des Hervorgangs des Hl. Geistes Bezug nehmenden wichtigen Dokumenten, d.  h. der Enzyklika von 867, dem Horos der Synode von 879/80 und dem Brief an den Erzbischof von Aquileia (883–884). Im dritten Teil wird nach einer philologischen Einführung in die Mystagogie eine Übersetzung ins Deutsche sowie ein umfangreicher theologischer Kommentar geboten. Im vierten und letzten Teil finden sich Schlussfolgerungen, in denen die Grundzüge des Denkens des Photios dargelegt und verschiede Aspekte der aktuellen Debatte (auch mit Bezugnahme auf die Wiener Pro Oriente-Studientagung zum Hl. Geist, 15–17 Mai 1995) zum Thema Filioque beleuchtet werden. Abschließend werden die wichtigsten Punkte aus der Erforschung der Mystagogie und der anderen Dokumente zusammengefasst und ihre Relevanz für die heutige ökumenische Diskussion aufgezeigt.

https://doi.org/10.1515/9783110790269-202

Inhaltsverzeichnis Vorwort 

 IX

Einführung in die Problematik des Filioque mit einer Skizzierung des Forschungsstandes und einem Einblick in die mit dem Thema verbundenen trinitätstheologischen patristischen Zugänge   1 1 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat   37 Vorwort   37 1.1 Biographische Skizze des Patriarchen Photios. Seine Jugend – seine Familie   39 1.2 Seine Bildung – seine Lehrtätigkeit   44 1.3 Die kirchlich-politische Laufbahn des Patriarchen – ­allgemeine Bemerkungen   50 1.4 Die politische Laufbahn des Photios und sein erstes Patriarchat. Die Auseinandersetzung mit Ignatios – Die Synoden von 861, 863 und 867   54 1.5 Der Sturz des Photios, sein Exil und die kirchlich-politischen Ereignisse bis zu seinem zweiten Patriarchat – Die Synoden von Rom und Konstantinopel im Jahr 869   102 1.6 Das zweite Patriarchat des Photios und die darauf bezogenen kirchenpolitischen Ereignisse. Einheitliche kirchliche Politik der Patriarchen Ignatios und Photios in Bulgarien – Die Synode von 879/80   115 1.7 Die Beschlüsse der Synode von 879/80   126 2 Die der Mystagogie voraufgehenden und auf das Filioque Bezug nehmenden Dokumente in chronologischer Reihenfolge   135 2.1 Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή)   135 2.2 Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque   152 2.3 Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque   167 3 3.1

De Spiritu Sancti Mystagogia: Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar   184 Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung   184

XII  3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.2 3.3

 Inhaltsverzeichnis

Zur Überlieferung und zu den Ausgaben von J. Hergenröther und V. Polidori   184 Zur Frage der Datierung, des Verfassers und des Adressaten   187 Zur Gliederung der Mystagogie   194 Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung   196 Theologischer Kommentar   284

4 Forschungsergebnisse – Grundzüge des ­theologischen und philosophischen Denkens des Photios und dessen Relevanz für die heutige ökumenische Diskussion zum Thema Filioque   344 4.1 Schlussfolgerungen aus der Erforschung der Mystagogie   344 4.2 Grundzüge der photianischen Trinitätslehre   348 4.2.1 Gibt es tatsächlich eine radikale Beziehungslosigkeit zwischen Sohn und Geist?   348 4.2.2 Das absolut einfache, d.  h. keine Art von Teilung in sich aufweisende Verursachende (ἀμέριστον αἴτιον) als Unterscheidungsträger innerhalb der Trinität und als Garant der Einheit – Auseinandersetzung mit zentralen lateinischen Argumenten [a) tanquam ab uno principio, b) relationes oppositae, c) principaliter] mit Hilfe philosoph-logischer Axiome aus der griechisch-byzantinischen Patristik   352 4.2.3 Einheit und Dreiheit und über diese beiden hinaus   365 4.2.4 Unerkennbarkeit und Erkennbarkeit Gottes – Die gütigen Wirkungskräfte und Lichtstrahlen   370 4.2.5 Photios’ Denken im ökumenischen Kontext und im Gespräch mit modernen Lösungsansätzen – Eine Antwort zum Problem des Verhältnisses zwischen Theologia und Oikonomia mit Hilfe der antiken Philosophie und der griechisch-byzantinischen Patristik   374 4.2.6 Epilog   389 Abkürzungsverzeichnis 

 399

Quellen- und Literaturverzeichnis  Index locorum biblicorum  Index locorum auctorum 

 420  422

 401

Inhaltsverzeichnis 

Index nominum  Index rerum 

 428  430

 XIII

Einführung in die Problematik des Filioque mit einer Skizzierung des Forschungsstandes und einem Einblick in die mit dem Thema verbundenen trinitätstheologischen patristischen Zugänge Mit der vorliegenden Arbeit im Fachbereich Geschichte und Theologie des christlichen Ostens setze ich mich auf Basis einer sehr wichtigen griechisch-byzantinischen Streitschrift des Frühmittelalters, der „Spiritus Sancti Mystagogia“, mit einem außerordentlich dichten, ebenso vielseitigen wie unübersichtlichen Problemkomplex auseinander, der eine äußerst heikle Frage der Trinitätslehre berührt. Diese Frage, die seit Jahrhunderten zwischen den Kirchen des von Byzanz geprägten Ostens und denen des Westens umstritten ist, betrifft das Hervorgehen des Hl. Geistes entweder allein1 aus dem Vater, wie der Osten seit dem 9. Jahrhundert unter dem Einfluss des Patriarchen Photios diese Interpretationsformel als konstitutiven Bestandteil seiner dogmatischen Tradition übernommen hat, oder aus dem Vater und dem Sohn, lat. ex patre filioque, wie es sich vor allem unter dem Einfluss Augustins allmählich im mittelalterlichen Abendland durchgesetzt hat, dogmatisch festgelegt wurde und auch von den Kirchen der Reformation beibehalten worden ist. In der Lehre des Filioque sah der Patriarch von Konstaninopel, Michael Kerularios, einer der Hauptprotagonisten bei den schmerzhaften Ereignissen des Jahres 1054, eine entscheidende theologisch-dogmatische sowie kanonische Differenz zwischen Ost- und Westkirche.2 Wenige Tage, bevor die päpstlichen Legaten auf dem Altar der Hagia Sophia (am 16.6.1054) die Exkommunikations-Bulle niederlegen, schreibt er in seinem Brief an den Patriarchen Petrus von Antiochien in aller Deutlichkeit und Schärfe: „Im heiligen Symbol machen sie (scil. die Lateiner) einen derartigen Zusatz und vertreten damit eine üble und gefährliche Gesinnung. Er lautet aber in folgender Weise: ‚und an den Heiligen Geist, den Herren und Lebensspender, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht‘“.3 1 Das photianische „μόνος“, das schon im Titel der Mystagogie steht, wurde von den ihm nachfolgenden byzantinischen Theologen, besonders von dem großen Theologen des 14. Jh. Gregor Palamas, positiv aufgegriffen und zum festen Bestandteil der antilateinischen Kritik. Siehe Kommentar Anm. 2. 2 Diese Dichotomie übernehme ich aus dem Buch von Peter Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter, Berlin 2002 nicht im strikten Sinne. 3 Siehe Johannes Karmiris, Monumenta Dogmatica et Symbolica Orthodoxae Catholicae Ecclesiae, 2 Bde., Athen 1969, Bd.  I, 342: ἐν τῷ ἁγίῳ συμβόλῳ τοιάνδε τινὰ προσθήκην, κακῶς καῖ ἐπικινδύνως φρονοῦντες· ἔχει δὲ οὕτως: καὶ εἰς τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ κύριον καὶ ζωοποιὸν, τὸ https://doi.org/10.1515/9783110790269-203

2 

 Einführung in die Problematik des Filioque

Genauso, wie Kerularios damals im Filioque eine sowohl theologische als auch kanonische Differenz zwischen West- und Ostkirche sah, die zum Bruch4 von 1054 geführt hat, sieht man heute darin das wichtigste theologisch-kanonische Hindernis, das der Wiederherstellung der Einheit zwischen (besonders) Katholizismus und Orthodoxie im ökumenischen Kontext immer noch im Wege steht.5 Bei manchen Theologen sei das Filioque regelrecht die bekannteste und ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ Υἱοῦ ἐκπορευόμενον. Die Behauptung von Bernd Oberdorfer (Filioque 2001, 170, Anm. 21), das Filioque spiele im historischen Kontext der Ereignisse von 1054 eine marginale Rolle, weil Kerularios im vorliegenden Brief an Petrus von Antiochien den Filioque-Zusatz erst an elfter Stelle unter 22 zum Teil absurden Irrtümern der Lateiner aufzähle, scheint mir nicht nachvollziehbar. Denn der Symbolzusatz kommt auch nicht an erster Stelle vor: a) im sogenannten Semeioma (Siehe Teil IV Anm. 6) der lokalen Synode von Konstantinopel (von 20.6.1054), obwohl das Filioque im Vergleich zu den anderen genannten Irrtümern in aller Schärfe als gotteslästerliches Dogma (βλάσφημον δόγμα) bezeichnet wird, b) im zweiten Brief (Monumenta, Bd. I, 333–334 Karmiris) des byzantinischen Patriarchen an Petrus von Antiochien, in dem das Filioque zu den Punkten gerechnet wird, die voll von Überheblichkeit und Dreistigkeit gegen die Orthodoxie seien (λόγους ὑπεροψίας καὶ θράσους μεστοὺς κατὰ τῆς ὀρθοδόξου πίστεως). Dazu kommt als weiterer Beleg c) der Brief des Petrus von Antiochien (PG 120, 796–816) an Kerularios, in dem er, obwohl er dem Patriarchen von Konstantinopel eine mildere Reaktion vorschlägt, trotzdem das Filioque als „κακὸν καὶ κακῶν κάκιστον“ (PG 120, 804) bezeichnet. Siehe Vlasios Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία, Bd. II, Athen 1994, 174–175; Karmiris, Monumenta, Bd. I, Athen 1960, 338. Ich frage mich also, warum man zur Annahme kommen kann, dass das Filioque damals eine marginale Rolle gespielt habe, wenn in 4 Hauptquellen, die im selben zeitlichen Kontext zu verorten sind, das Filioque in aller Deutlichkeit und Schärfe thematisiert und kritisiert wird. 4 Ich verwende absichtlich das Wort „Schisma“ nicht, weil immer noch in der Forschung debattiert wird, ob es sich im Jahr 1054 tatsächlich um ein Schisma im Sinne einer umfassenden Aufhebung der Kirchengemeinschaft zwischen Rom und Konstantinopel (da die damals ausgesprochenen Anathemata nur auf die mit der Situation unmittelbar verbundenen Personen bezogen waren) oder eher um einen Wendepunkt handelt, nach dem der Bruch vertieft wurde und sich allmählich zu einem endgültigen Schisma entwickelt hat. Dazu siehe kennzeichnend, John Meyendorf, Die orthodoxe Kirche gestern und heute, Salzburg 1963; Axel Bayer, Spaltung der Christenheit. Das sogenannte morgenländische Schisma von 1054, Köln-Weimar-Wien 2002; Ernst Christoph Suttner, Der Mythos vom Großen Schisma im Jahr 1054. Zum Verhältnis zwischen den Kirchen lateinischer und byzantinischer Tradition vor und nach dem angeblichen Wendepunkt, in: Catholica 58 (2004) 105–114; Grigorios Larentzakis, Unterwegs zur vollen Kirchengemeinschaft zwischen der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche. Die gegenseitigen Exkommunikationen des Jahres 1054 und deren „Aufhebung“ 50 Jahre danach. Bedeutung und Perspektiven, in: ÖFo 36 (2014) 129–165; Peter Gemeinhardt, Das Schisma von 1054 – seine geschichtliche und ökumenische Bedeutung, in: MdKI 55 (2004) 63–69. 5 Siehe Hans Joachim Schultz, Der wissenschaftliche Ertrag der Studientagung, in: Vom Heiligen Geist. Der gemeinsame trinitarische Glaube und das Problem des Filioque, A. Stirnemann/G. Wilflinger (Hgg.), Pro Oriente, Bd. 21, Innsbruck-Wien 1998, 15. Vgl. auch Peter Hofrichter, Der Ausgang des Hl. Geistes – Einführung in die Problemlage, in: Vom Heiligen Geist. Der gemeinsame trinitarische Glaube und das Problem des Filioque, A. Stirnemann/G. Wilflinger (Hgg.), Pro Oriente,

Einführung in die Problematik des Filioque 

 3

auch die historisch am stärksten belastete Unterscheidungslehre zwischen westlichem und östlichem Christentum,6 oder, wie es der griechische Archimandrit Spyridon Bilalis pointiert ausdrückte, als eine „chinesische Mauer“, die Ost und West auf dem gesamten Gebiet der Theologie voneinander scheidet.7 Meiner Einschätzung nach stellt diese theologische Differenz, die man mitten in den Ereignissen von 1054 als schwerwiegend wahrnahm,8 heute nicht mehr so wie früher ein unüberwindliches Hindernis auf dem Weg zu einer Verständigung zwischen der östlichen und der westlichen Tradition des Christentums dar, zumal die Forschung9 in den letzten Jahren viel zur Erhellung diverser Aspekte der trinitarischen Denkmodelle der Ost-und der Westkirche geleistet hat.

Bd. 21, Innsbruck-Wien 1998, 36. Dazu siehe, Bericht. Das Filioque aus ökumenischer Sicht, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi. Ökumenische Überlegungen zur Filioque-Kontroverse. Bericht u. Vorträge zweier Tagungen auf Schloss Klingenthal, Frankfurt am Main 1981, 9; Vladimir Lossky, The mystical Theology of the Eastern Church, London 1957, 13.56; Steven Richard Harmon, Foreword. Ecumenical Reception of Ecumenical Perspectives on the Filioque, in: Ecumenical Perspectives on the Filioque for the Twenty-first Century, Myke Habets (Hg.), London 2014, XV: „The essays in the present volume serve to remind the churches that the filioque remains an ecumenical problem, that the churches’ theologians have proposed and continue to propose promising paths forward, and that these proposals have fruitful theological implications for the life of the church“; Edward Siecienski, The Filioque: A Brief History, in: Ecumenical Perspectives on the Filioque 2014, 7: „Even today the filioque remains a stumbling block to the restoration of full community between Christian East and West, despite the progress that has been made by Catholic, Protestant and Orthodox scholars engaged in the ecumenical movement“. 6 Siehe Hofrichter, Einführung in die Problemlage, in: Vom Heiligen Geist 1998, 36. Vgl. Th. Nikolaou, Einigendes und Trennendes zwischen der Römisch-katholischen und der Orthodoxen Kirche 1989, 207: „Theologiegeschichtlich gehört das Filioque zu den schwerwiegenden trennenden Lehrpunkten“. 7 Siehe Spyridon Bilalis, Ἡ αἵρεσις τοῦ Filioque. Κριτικὴ καὶ ἱστορικὴ θεώρησις τοῦ Filioque, 2 Bde., Athen 1972, Bd. I, 14. Siehe auch F. Dünzl, Kleine Geschichte des trinitarischen Dogmas in der Alten Kirche, Freiburg/Basel/Wien 2011, 133: „Die Aussage, dass der Hl. Geist aus dem Vater und dem Sohn (filioque) hervorgeht, stellt einen späteren lateinischen Einschub in das Bekenntnis dar, der Ost- und Westkirche bis heute entzweit“. 8 Siehe oben Anm. 3. 9 Von den neueren Monographien, die einen bemerkenswerten Beitrag zur Filioque-Forschung geleistet haben, sind in chronologischer Reihenfolge die folgenden zu nennen: M.  H.  Gamillscheg, Die Kontroverse um das Filioque. Möglichkeiten einer Problemlösung auf Grund der Forschungen und Gespräche der letzten hundert Jahre, Würzburg 1996; B. Oberdorfer, Filioque. Geschichte und Theologie eines Ökumenischen Problems, Göttingen 2001; P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter, Berlin 2002; A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel. Patriarch Johannes XI Bekkos als Verteidiger der Kirchenunion von Lyon (1274), Wiesbaden 2005; M. Haudel, Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses, Göttingen 2006; Th. Alexopoulos, Der Ausgang des Thearchischen Geistes. Eine Untersuchung

4 

 Einführung in die Problematik des Filioque

An diesem Punkt sei dem Leser ein kurzer, wohl aber spezifischer Überblick über jene Arbeiten zum Filioque geboten, die auf Photios und seine Mystagogie direkt Bezug nehmen. Zugleich mache ich darauf aufmerksam, worin genau die vorliegende Arbeit (neben der Übersetzung ins Deutsche und der fachlichen Analyse der Mystagogie) die Forschung über diese Arbeiten hinaus bereichert. Ich erwähne zuerst die Studie von J.  P.  Farrell „The Mystagogy of the Holy Spirit. Holy Cross Orthodox Press Brookline, Massachusetts 1987“, welche den ersten Versuch einer Übersetzung der Mystagogie ins Englische darstellt. Dabei stößt man leider auf eine sehr freie und ganz unpräzise Übersetzung, wie dies z.  B. im Paragraph 3 der Fall ist. Dort wird die Wendung „ὁ τῆς ἀκολουθίας λόγος“ völlig falsch verstanden, indem Farrell einräumt, dass mit dem Wort „λόγος“ entweder die zweite Person der Trinität oder die Hl. Schrift gemeint ist (S. 60 und 110 bei der erklärenden Anm. 2). Zugleich wird das Wort „ἀκολουθία“, welches „logische Folgerichtigkeit“ bedeutet, gar nicht berücksichtigt, während die Wendung „ἀπαραλλάκτος τάξις“ unkorrekt mit „equality“ übersetzt wird. Darüber hinaus bietet Farrell seinem Leser nicht einmal eine knappe Erläuterung zur handschriftlichen Überlieferung des Textes oder zumindest einen Hinweis, auf welche Ausgabe er sich stützt (wahrscheinlich die von J.  Hergenröther in Patrologia Graeca). Eine Gegenüberstellung des griechischen Textes mit der englischen Übersetzung, durch die der Leser eine Stütze für das Verständnis des Texts erhielte, gibt es auch nicht. In Hinblick auf Inhaltliches und Farells Einführung zur photianischen Mystagogie möchte ich nicht wiederholen, was B. Oberdorfer in seinem Buch als Kritik anführt (S. 462–468). Ich fahre fort mit der sehr umfangreichen Studie von B. Oberdorfer „Filioque. Geschichte und Theologie eines Ökumenischen Problems, Göttingen 2001“, die wegen ihrer systematischen Gliederung und ihrer inhaltlichen Konsistenz einen Wendepunkt in der Filioque-Forschung im ökumenischen Kontext markiert. Oberdorfer weist den verschiedenen Zugängen zur Interpretation des trinitarischen Dogmas, dem der Kappadozier und dem des Augustinus, mit Recht große Bedeutung zu und zeigt, worin die unterschiedlichen Ansätze in der Trinitätslehre Gregors von Nazianz und der des Augustinus bestehen: Bei Gregor (S. 84–86), in den konkreten, verschiedenartigen und eine Existenz (der jeweiligen trinitarischen Hypostase) begründenden Ursprungsrelationen, die keine Reziprozität aufweisen, bei Augustinus hingegen in der Auslegung der Art des Eigenstandes der Hypostase des Hl. Geistes durch Seins-Analogien (Geschenk,

der Filioque-Frage anhand Photios’ „Mystagogie des Hl. Geistes“, Konstantin Melitiniotes’ „Zwei Antirrhetici“ und Augustins „De Trinitate“, Göttingen 2009; A. E. Siecienski, The Filioque. History of a Doctrinal Controversy, Oxford 2010.

Einführung in die Problematik des Filioque 

 5

Liebe etc., S.  119–125) und im Entsprechungszusammenhang zwischen immanenter und ökonomischer Trinität.10 In Hinblick auf die Mystagogie bietet Oberdorfer eine sehr konzise Darlegung wichtiger Punkte aus der Schrift, aber keine eingehende theologische Analyse (S. 156–161). Mit Recht verweist Oberdorfer in der Schlussfolgerung auf die Wichtigkeit der Mystagogie als Einspruchsschrift, indem er emphatisch betont, dass mit Photios eine unabsehbare Sequenz von östlichen und westlichen Streitschriften und Väterbelegsammlungen für und wider das Filioque beginne, in denen wieder und wieder die eigene Tradition verteidigt und die der Gegenseite widerlegt werde (S. 176). Was aber im Buch von Oberdorfer besonders anregend ist, betrifft seine Auswertung der Wiener Pro-Oriente-Stu­ dien­tagung zum Hl. Geist, 15–17 Mai 1995, und die Feststellung, dass das augustinische „principaliter“ als Thema klärungsbedürftig bleibt (S. 544). Deshalb wird im vierten und letzten Teil der Arbeit der Akzent auf die Beleuchtung dieser Frage gesetzt werden, sowie auch auf die Klärung des Verhältnisses zwischen immanenter und ökonomischer Trinität, mit der sich die Wiener Tagung zwar beschäftigt hat, aber keine Antwort darauf geben konnte. Im Unterschied zu Oberdorfer bietet die ebenso sehr umfangreiche Arbeit von P. Gemeinhardt zur Filioque-Kontroverse zwischen West- und Ostkirche im Frühmittelalter (Göttingen 2002) eine sehr gute analytische Skizzierung des historischen Kontexts in Bezug auf das Filioque vor der Entstehung der Mystagogie (S. 244–277) sowie eine eingehende Analyse der Schrift, begleitet von einer sehr guten Übersetzung einzelner Passagen ins Deutsche (S. 277–298). In Hinblick auf die sehr einleuchtende und sehr solide Darstellung des photianischen Denkens über den Hervorgang des Hl. Geistes setze ich mich in der vorliegenden Untersuchung mit den folgenden drei Positionen, die Gemeinhardt bezogen hat, spezifisch und direkt auseinander: a) mit der Behauptung, dass das Filioque beim Horos der Synode von 879/80 als dogmatischer Lehrzusatz nicht verurteilt worden sei, insofern man in Rom damals das NC ohne das Filioque rezitierte (S.  266), b)  mit der Behauptung, dass in der Mystagogie keine direkte Auseinandersetzung mit einer konkreten lateinischen Position geführt werde (S.  289) und c) mit der Behauptung, dass das trinitätstheologische Modell des Photios einen Winkel bildet, dessen beide Spitzen in keiner Hinsicht miteinander verbunden seien, d.  h., dass es durch die „radikale Beziehungslosigkeit“ von Sohn und Geist gekennzeichnet werde (S. 296–298). Im Unterschied zu Gemeinhardt werde ich zeigen, dass: a) im Horos der Synode von 879/80, freilich in einem geschickten und diplomatischen Stil (da der römische Stuhl nicht dessen beschuldigt wird, eine Irrlehre zu vertreten), das

10 Siehe unten Anm. 24.25.

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 Einführung in die Problematik des Filioque

Filioque als illegitimer Lehrzusatz in aller Schärfe verurteilt wurde; b) dass sich Photios in den Kapiteln 40 und 42 der Mystagogie mit einem konkreten (durch byzantinische Missionare vermittelten) augustinischen Argument, nämlich, dass der Vater dem Sohn durch Zeugung die Fähigkeit gab, den Geist hervorzubringen, auseinandergesetzt hat. c) Darüber hinaus werde ich in Ergänzung zu dem, was Gemeinhardt in seinem Buch über Photios ausgeführt hat, auf die philosophischen Prämissen, die hinter der Idee der Monarchie des Vaters stecken, vertiefend eingehen und versuchen zu erklären, warum im Denksystem des byzantinischen Theologen und Philosophen sowie in der antifilioquistischen Kritik der ihm nachfolgenden Autoren eine Zwei-Ursprünge-Lehre, in Sinne dessen, wie z.  B. das Konzil von Lateran (Enchrididion symbolorum 800 D/H), den Sohn als ein neben dem Vater gleichberechtigtes (pariter) Prinzip betrachtet, im strikten logischen Sinne nicht haltbar sei. Eine interessante Arbeit zum Thema der sogenannten byzantinischen Filioquisten des 13. Jhs. bildet auch die Studie von A. Riebe „Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel. Patriarch Johannes XI. Bekkos als Verteidiger der Kirchenunion von Lyon (1274), Wiesbaden 2005“, in der die Autorin die Argumente des byzantinischen Patriarchen Johannes Bekkos für das Filioque systematisch und sehr gut darlegt. In ihrer Analyse betrachtet Riebe das spezifisch gegen Photios ausgeführte Argument des Bekkos, dass es in der Trinität Eigentümlichkeiten geben könne, die nur zwei Personen und nicht zugleich der dritten gehören,11 als eine gute Widerlegung der Position des Photios. Das Argument des Bekkos lautet wie folgt: Wie Sohn und Geist gegenüber dem Vater das Verursacht-Sein teilen, genauso haben Vater und Sohn gegenüber dem Geist das HervorbringenKönnen gemeinsam. Riebe hat weder die Haltbarkeit dieses Arguments geprüft noch erkannt, dass schon fast vier Jahrhunderte vor der Abfassung von Bekkos’ Refutatio zur Mystagogie der byzantinische Gelehrte Niketas Byzantinos in den Capita Syllogistica ein derartiges Argument aufgegriffen, in Erwägung gezogen und mittels der bloßen Logik als unhaltbar qualifiziert hat. (siehe Komm. Anm. 98). Die syllogistischen Kapitel bilden also in Hinblick auf die Mystagogie ein zusätzliches antifilioquistisches-philosophisch-logisches Gerüst der gleichen Periode, das im Rahmen meines theologischen Kommentars berücksichtigt wird. Eine weitere Studie zum Filioque, die sowohl auf die Enzyklika des Jahres 867 aus auch auf die Mystagogie des Photios Bezug nimmt, bietet das Buch von Tia Kolbaba „Inventing Latin Heretics. Byzantines and the Filioque in the Ninth

11 Damit wird angeblich das photianische Axiom entkräftet, nämlich, dass Eigenschaften innerhalb der Trinität entweder allen drei Personen zukommen müssen oder einer der drei Hypostasen exklusiv zugesprochen werden (S. 229–230).

Einführung in die Problematik des Filioque 

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Century, Kalamazoo 2008“. Mit ihrer Argumentation gegen Photios’ Autorschaft der Mystagogie setze ich mich in meiner Einführung zur Mystagogie auseinander, in der ich auch auf Basis der im 2018 erschienenen kritischen Ausgabe von Valerio Polidori auf lexikalische, stilistische und vor allem inhaltliche Übereinstimmungen der Mystagogie mit anderen Schriften des Photios hinweise, und aus der inneren Quellenkritik vorbehaltlos zu der Einsicht gelange, dass der Verfasser dieser Schrift kein anderer sein kann als der berühmte Patriarch selbst. Als letzte umfangreiche und sehr einleuchtende Arbeit zur historischen Entwicklung des Filioque nenne ich die Studie des orthodoxen Byzantinisten A. E. Siecienski „The Filioque. History of a Doctrinal Controversy, Oxford 2010“. Siecienski räumt Photios und seiner Mystagogie nicht viel Platz ein (S. 100–104), zählt aber ohne nähere Auseinandersetzung die wichtigsten Argumente des Patriarchen auf. Im Anschluss an Tia Kolbaba merkt Siecienski an, dass die Syllogistischen Kapitel des Niketas von Byzanz eine der frühesten Schriften gegen das Filioque seien und dass Photios in seiner Mystagogie seine Argumente nur aus dieser Schrift bezogen haben soll (S. 102). Mit Recht merkt Siecienski auch an, dass es sich beim Horos der Synode von 879/80 um eine eindeutige konziliare Verurteilung jeder Interpolation ins Glaubensbekenntnis und damit indirekt auch um eine Verurteilung des Filioque handelt (S. 104). Am Ende des Kapitels zu Photios weist Siecienski zutreffend darauf hin, dass man die Mystagogie nicht als eine vollständige und erschöpfende Abhandlung zum Thema des Filioque, sondern eher als eine umrisshafte Skizze spezifischer Streitargumente betrachten sollte (S. 104). Aus der Erforschung des Filioque sowie aus der im Rahmen des ökumenischen Dialogs gewonnenen Verständigung wird immer deutlich erkennbar, dass sich in der Frage der innertrinitarischen Beziehungen von Vater, Sohn und Heiligem Geist nicht einfach zwei theologische Positionen gleichsam monolithisch gegenüberstehen, sondern dass wir es im Osten und im Westen mit einem ganzen Spektrum unterschiedlicher Modelle und Entwürfe zu tun haben, die bei aller Verschiedenheit durchaus auch Übereinstimmungen und Berührungspunkte mit der jeweils anderen Tradition aufweisen.12 Ein weiteres Motiv dieser Arbeit bilden die eingehende Vertiefung in die trinitarischen Entwürfe und in die Argumente für oder gegen das Filioque, die sich im 4. und 5. Jh. (Kappadozier – Augustinus) und später im 9., 12., 13. und 14. Jh. (Photios – Anselm von Canterbury – Thomas von Aquin – 12 Siehe Reinhard Floghaus, Wurzel allen theologischen Übels oder soteriologische Notwendigkeit? Zum Verständnis des Filioque in der orthodoxen, römisch-katholischen und evangelischen Theologie des 20.  Jahrhunderts, in: Die Filioque-Kontroverse. Historische, Ökumenische und Dogmatische Perspektiven 1200 Jahre nach der Aachener Synode (von nun an: Filioque-Kontroverse 2011), Martin Böhnke/Assaad Elias Kattan/Bernd Oberdorfer (Hgg.), Freiburg im Breisgau 2011, 134.

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Gregor Palamas) entwickelt haben, und deren Analyse sowie die Entdeckung von Konvergenzen und Divergenzen im Denken der Autoren beider Positionen. Das Hauptmotiv aber und der Kernpunkt der vorliegenden Untersuchung liegt in der Übersetzung ins Deutsche sowie in der fachlich-theologischen und, wo es geboten ist, philosophischen Analyse und Kommentierung der photianischen Mystagogie, die als Flaggschiff der orthodoxen antifilioquistischen Kritik gilt und auf spätere wichtige Autoren des byzantinischen Mittelalters wie Eustratios von Nizäa, Nikolaos Methonis, Gregorios Kyprios, Gregor Palamas, Neilos Kabasilas entscheidend gewirkt hat. Eine Übersetzung ins Deutsche sowie eine eingehende theologische Analyse dieser zentralen Streitschrift ist bis heute ein Desiderat der Filioque-Forschung. Die vorliegende Arbeit wird also den Akzent auf die Übersetzung und die Quellenanalyse legen, mit der Absicht, den Argumentationsgang des Patriarchen Photios Schritt für Schritt zu verfolgen und seine Gedanken einsichtig zu machen, damit sich der Leser ein klares Bild verschaffen kann: Aus welchen theologischen und philosophischen Voraussetzungen und mittels welcher Argumente kommt Photios dazu, eine Position gegen das Filioque zu vertreten? Nur mit Hilfe der sorgfältigen philologischen Bearbeitung und der gründlichen Analyse des theologischen Materials kann man sich in den Sinn einer theologischen Aussage vertiefen und Missverständnisse abwenden, wie uns der hochgelehrte Photios empfiehlt: „Abgesehen davon, wie schon mehrmals gesagt worden ist, ist die leichtfertige Deutung, die in die Tiefe des heiligen Sinns eintaucht, wenn sie nicht die philologische Prüfung und die (sorgfältige) Beschäftigung (mit dem Text) unternimmt, nicht gern bereit, sich von der Undeutlichkeit und dem offensichtlichen Meinungswiderspruch zu befreien. Denn, wenn man unterschiedslos dem bloßen Wortlaut (des Textes) zustimmt und die Wörter (bloß) ihrem Widerhall nach annimmt, hat dies mehrfach und in vielen Fällen vieles anderes/weiteres Widersinniges hervorgebracht“.13 Auch wenn die geschichtliche Konstellation des großen kirchlichen Bruches von 1054 und die konfessionellen Vorurteile die Figur des Photios negativ belastet haben, so bekommt man, so hoffe ich, durch die vorliegende Arbeit die Gelegenheit, die Position des Photios und sein theologisches Profil auf Basis einer wichtigen kontroverstheologischen Quelle besser zu verstehen und zu beurteilen, sowie

13 Amph. 43 (IV, 163, 102–108 L/W): πλὴν ὡς εἴρηται πολλάκις, τὸ πρόχειρον τῆς ἑρμηνείας τῷ βάθει καταδυόμενον τῆς ἱερᾶς διανοίας, ἂν μὴ προσλάβῃ τὴν φιλολογοῦσαν βάσανον καὶ μελέτην, τῆς ἀσαφείας καὶ τῆς κατὰ τὴν ὑπόληψιν στάσεως οὐκ ἐθέλει ἀπαλλάττεσθαι· καὶ γὰρ ἡ κατὰ τὰς φωνὰς ἀδιάκριτος συγκατάθεσις καὶ ἡ κατὰ τὴν ἀπήχησιν τῶν ῥημάτων παραδοχή, ἄλλα τε πολλὰ τῶν ἀτόπων ἐν πολλοῖς πολλάκις ἀπέτεκε …

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mehr Klarheit über die orthodoxen Einwände gegen das Filioque. Das allgemein fast ausschließliche Interesse der Forschung an seiner kirchenpolitischen Tätigkeit und die daraus resultierende überwiegend negative Einstellung gegenüber seiner Person, besonders in der westlichen Christenheit – er wird ja hier in der Regel als der Mann betrachtet, der die Einheit der Kirche zerstört hat14 –, hat zur Folge, dass seinen Ausführungen zur Trinitätslehre kaum Beachtung geschenkt wird. Dabei ist seine Trinitätstheologie nicht nur wegen ihrer antifilioquistischen Richtung von Bedeutung, sondern auch weil sie in vielerlei Hinsicht einen kenntnisreichen Umgang sowohl mit dem kappadozischen Denken als auch mit der Gedankenwelt Platons und des kaiserzeitlichen Platonismus, besonders des Neuplatonismus Plotins, des Ps. Dionysios Areopagita und des Proklos aufweist. Befasst man sich mit des Photios Mystagogie des Hl. Geistes, so erkennt man sowohl aus der Beweisführung als auch aus der Struktur und Natur der Argumente, dass es sich dabei um eine äußerst komplexe, vielschichtige Frage handelt, für deren Erschließung Grundprämissen der Philosophie und der Theologie unabdingbar sind. Keineswegs ist denjenigen zuzustimmen, die heute das Filioque-Problem absichtlich verharmlosen oder marginalisieren, indem sie sich generell von den Denkmodellen der Tradition verabschieden, und ihnen keine Erschließungskraft für die religiösen und theologischen Fragen der Gegenwart mehr zugestehen.15 Im Gegenteil, es handelt sich bei der Filioque-Problematik um eine ernsthafte theologische Frage, die auch einen philosophischen Aspekt hat und die nicht losgelöst von ihrer geschichtlichen Herausbildung bearbeitet werden kann.16 Beleuchtet man den historischen und theologischen Kontext der Thematik, wird man zu der tiefen Einsicht gelangen, dass diese Auseinandersetzung eigentlich

14 Siehe Georgi Kapriev, Philosophie in Byzanz, Würzburg 2005, 151. Dazu siehe Joseph Hergenröther, Photius 1867 (1966)2, Bd. I, bes. ab S. 315. Johannes Bekkos hält ohne jegliche Zurückhaltung Photios für einen der Hauptschuldigen an der Entstehung des ersten Schismas mit dem Westen. Das Schisma sei nicht aufgrund der Verteidigung der Wahrheit, sondern aus eigenem (scil. des Photios) Willen betrieben worden. Dazu siehe Alexandra Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 150–151, Anm. 69. Bezüglich der im Westen immer ambivalent betrachteten Persönlichkeit des Photios, muss man auch zugestehen, dass die historische Forschung renommierter römisch-katholischer Kirchenhistoriker im Laufe des 20. Jahrhunderts versucht hat, das Gedächtnis dieser großen Persönlichkeit zu läutern und ihn von dem Vorwurf loszusprechen, er sei der Hauptverursacher des Schismas von 867. Stellvertretend für diese Versuche sei die berühmte Studie von Francis Dvornik genannt: The Photian Schism. History and Legend, Cambridge 1948. 15 Siehe Einführung von Böhnke/Kattan/Oberdorfer, in: Die Filioque-Kontroverse. Historische und Dogmatische Perpektiven 1200 Jahre nach der Aachener Synode, Freiburg-Basel-Wien 2011, 7. 16 Siehe Einführung von Böhnke/Kattan/Oberdorfer, in: Filioque-Kontroverse 2011, 8

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ein theologisches „Wettringen“ zweier verschiedener trinitarischer Entwürfen oder Denkschemata ist, jenem der kappadozischen Kirchenväter einerseits und dem des Augustinus andererseits.17 Beide aber haben merkwürdigerweise einen gemeinsamen Ausgangspunkt, nämlich die Bekämpfung des Arianismus und dessen trinitätstheologischen Subordinationsmodells, das in einer ontologischwesensmäßigen Abstufung der göttlichen Personen besteht. Von einer deutlich antiarianischen Haltung in seinem trinitätstheologischen Hauptwerk De Trinitate ausgehend, versucht Augustin, den griechischen Terminus „ἐκπόρευσις“, der für die kappadozischen Kirchenväter und besonders für Gregor von Nazianz als fester Terminus für das ἴδιον, den Eigenstand, des Geistes gilt,18 zu untersuchen, weil er ihn für erläuterungsbedürftig hält. Während der Terminus „γέννησις“ auf die Wesensgemeinschaft zwischen Vater und Sohn hinweist, und daher für den Eigenstand des Sohnes bestimmend ist, bleibt der Begriff „ἐκπόρευσις“ in diesem Fall zur Bezeichnung der besonderen Existenzweise des Geistes nicht bestimmend, sondern wird durch die Analogie des „Gebens“ erläutert. Augustin führt aus: Der Vater „ist nicht nur Urgrund einer Wirklichkeit, die er zeugt oder schafft, sondern auch einer solchen, die er gibt … Der Hl. Geist geht nämlich (vom Vater) aus, nicht als einer, der geboren wurde, sondern als einer, der gegeben wurde“ (Quia si ita est, non iam principium ei tantum rei erit quam gignit aut facit, sed etiam ei quam dat  … exit enim non quomodo natus, sed quomodo datus).19 Der Hl. Geist zeichnet sich also als eigenständige Hypostase aus, weil er nicht gezeugt, wie der Sohn, ist, sondern weil er gegeben-geschenkt wird.20 17 Siehe den Beitrag von Jan van Rossum, The Procession of the Holy Spirit in Western Tradition until the Ninth Century from an Orthodox Perspective, in: Filioque-Kontroverse 2011, 86–97. 18 Siehe Oberdorfer, Filioque 2001, 83; 90–91. Im Unterschied zu Basileios von Caesarea, der sich zurückhält, dem Hl. Geist den Terminus ἐκπόρευσις als die seine Person kennzeichnende Eigentümlichkeit zuzuweisen. Es gehöre zur Eigentümlichkeit des Geistes, dass die Weise seines Hervorgehens ein unaussprechliches Geheimnis ist: ἐπειδὴ καὶ ὁ υἱὸς παρὰ τοῦ πατρὸς ἐξῆλθε καὶ τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορεύεται. ἀλλ’ ὁ μὲν υἱὸς ἐκ τοῦ πατρὸς γεννητῶς, τὸ δὲ πνεῦμα ἀρρητῶς ἐκ τοῦ θεοῦ (Weil auch der Sohn vom Vater hervorgekommen ist, und der Geist vom Vater ausgeht. Der Sohn geht aber aus dem Vater in der Weise der Zeugung, während der Geist auf unaussprechliche Weise von Gott aus). Siehe Contra Sabellianos et Arianos, PG 31, 616C. 19 De Trinitate V/14,15 (CChr. SL 50, 222, 5–12 Mountain/Glorie. 20 Siehe Theodoros Alexopoulos, Der Ausgang des Thearchischen Geistes. Eine Untersuchtung der Filioque-Frage anhand Photios᾿ Mystagogie des Heiligen Geistes, Konstantin Melitiniotes᾿ Zwei Antirrhetici und Augustins De Trinitate, Göttingen 2009, 211. Wie Oberdorfer (in: Filioque 2001, 121) zutreffend bemerkt, steht bei Augustinus die Kategorie des Hervorgehens bei der Bestimmung der Eigentümlichkeit des Geistes nicht an erster Stelle. Diese Alternative weicht stark von der Alternative ab, die uns Gregor von Nazianz vorlegt. Bei ihm kann kein Begriff, der aus dem Bereich des Seins herangezogen wird, als Interpretationsbegriff für die ewigen innertrinitarischen Hervorgänge verwendet werden. Für Gregor muss man den ewigen Hervorgängen alle

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Anknüpfend an biblische Stellen (Röm 8, 9; 8, 11; Gal 4, 6; Mt 10, 20; Joh 15, 26; 20, 22), versteht Augustin den Geist als vom Vater und vom Sohn gesandt, und er ist deshalb beiden zugeordnet: Qui spiritus sanctus secundum scripturas sanctas nec patris est solius nec filii solius, sed amborum, et ideo communem, qua invicem se diligunt pater et filius, nobis insinuat caritatem [Und dieser Heilige Geist ist den Heiligen Schriften gemäß nicht allein dem Vater eigen und auch nicht allein dem Sohne eigen, sondern beiden, und deswegen verleiht er uns die gemeinsame Liebe, in der sich Vater und Sohn gegenseitig lieben].21 Der Geist stellt nach dem lateinischen Kirchenvater eine gewisse, unaussprechliche Gemeinschaft von Vater und Sohn dar (ineffabilis quaedam patris filiique communio).22 Er ist die Gabe, das Geschenk des Vaters und des Sohnes, „da er vom Vater ausgeht, wie der Herr sagt, und wenn der Apostel sagt: ‚Wer den Geist Christi nicht hat, gehört nicht zu ihm‘, sagt er das natürlich über den Heiligen Geist. Wenn wir die Worte ‚Gabe‘ eines Gebers und ‚Geber‘ einer Gabe verwenden, dann wird jedes Mal die gegenseitige Beziehung sichtbar. Der Hl. Geist ist also eine gewisse unaussprechliche Gemeinschaft vom Vater und Sohn“.23 Die Tatsache, dass der Geist dem Sohn eigen ist und von ihm auch gesandt wird, ist nach Augustin ein deutliches Seins-Bestimmungen radikal absprechen, denn beide übersteigen sowohl die sprachlichen als auch die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen. Siehe Or. 20.8 und 10 (SC 270, 74, 8–15; 78, 12–16 Gallay). Man muss sich einfach seiner Unzulänglichkeit und Begrenztheit bewusst sein und nicht weiter erforschen: Ἀκούεις γέννησιν; Τὸ πῶς μὴ περιεργάζου. Ἀκούεις ὅτι τὸ Πνεῦμα προϊὸν ἐκ τοῦ Πατρός; Τὸ ὅπως μὴ πολυπραγμόνει [Du hörst das Wort „Zeugung“; mach dir über das „Wie“ keine Gedanken. Du hörst, dass der Geist aus dem Vater hervorgeht; mach dich über das „Wie“ nicht wissbegierig]. Siehe Or. 20.11 (SC 270, 78, 1 – 80,1 Gallay). Dazu siehe Th. Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 211 Anm. 902–905. Von der Unwissenheit und vom Nicht-imstande-sein die trinitarischen Hervorgänge zu erfassen, spricht auch Augustin in Contra Maximinum II.14,1 (CChr. SL 87, 569, 24–29 Hombert): Haec scio. Distinguere autem inter illam generationem et hanc processionem nescio, non valeo, non sufficio. Ac per hoc, quia et illa et ista est ineffabilis, sicut propheta de filio loquens ait: Genarationem eius quis enarrabit?, ita de spiritu sancto verissime dicitur: Processionem quis enarrabit? [Dies weiß ich – zwischen dieser Zeugung und jenem Hervorgang jedoch zu unterscheiden weiss ich nicht, kann ich nicht, bin ich nicht imstande. Weil beide nicht in Worte zu fassen sind, heißt es, wie der Prophet über den Sohn sagt: „Wer wird seine Zeugung erzählen“ (Jes 53, 8), so in voller Wahrheit vom Hl. Geist: Wer wird seinen Hervorgang erzählen?]. Übers. nach H. J. Sieben, Augustinus Opera – Werke 2008, Bd. 48, 318, 18–22. 21 De Trinitate XV/17,27 (501, 2–5). Vgl. Volker Hennig Drecoll, Augustin. Handbuch, Tübingen 2007, 456. 22 Siehe De Trinitate, V/11,12. Siehe unten Anm. 23. 23 Siehe De Trinitate, V/11,12 (209, 19–30): Donum enim est patris et filii quia et a patre procedit, sicut dominus dicit, et quod apostolus ait: Qui spiritum Christi non habet, hic non est eius, de ipso utique spiritu sancto ait. Donum ergo donatoris et donator doni cum dicimus relative utrumque ad invicem dicimus. Ergo spiritus sanctus ineffabilis quaedam patris filiique communio. Dazu siehe Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 208–209.

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Zeichen, dass er auch aus ihm hervorgeht: Et sicut spiritui sancto donum dei esse est a patre procedere, ita mitti est cognosci quod ab illo procedat [Wie für den Hl. Geist Gabe-Gottes-sein so viel ist wie aus dem Vater hervorgehen, so bedeutet für ihn Gesandt-werden so viel wie erkennen lassen, dass er aus ihm hervorgeht].24 Immanenz und Ökonomie verhalten sich zueinander wie Sein und Erscheinung bzw. Offenbarung; in der zeitlichen Sendung spiegelt sich die innergöttliche Abkunft.25 Seine Ausführungen in De Trinitate (Kap. XV) fortsetzend, rechnet Augustinus den Geist vom Ursprung her auch dem Sohn zu, indem er das Hervorgehen des Geistes aus ihm mit dessen Zeugung verbindet. Die Tatsache, dass der Sohn den Geist sendet und dieser daher auch sein Geist ist, bedeutet nichts anders als eine vorher vom Wesen des Vaters (ex substantia patris) mittels der Zeugung empfangene Fähigkeit: Sed hoc quoque illi pater dedit non iam exsistenti et nondum habenti, sed quidquid unigenito verbo dedit gignendo dedit. Sic ergo eum genuit ut etiam de illo donum commune procederet et spiritus sanctus spiritus esset amborum [Aber auch das gab ihm der Vater, als er noch nicht existierte und noch nichts besaß, denn alles, was der Vater dem eingeborenen Sohn gab, gab er ihm durch die Zeugung. So also zeugte er ihn, dass die gemeinsame Gabe auch aus jenem hervorgeht und der Hl. Geist die Gabe beider ist].26 Der Vater bleibe trotzdem der Urgrund in der Gottheit, von dem der Hl. Geist ursprünglich und eben prinzipiell (principaliter) ausgehe.27

24 Siehe De Trinitate, IV/20,29 (199, 101–102). Einer ersten belegten Reaktion auf diesen augustinischen Gedanken begegnet man bei Niketas Stethatos (1005–1090) in seiner „Σύνθεσις κατὰ Λατίνων“ (Synthesis). Niketas bestreitet, dass man unmittelbar von der aktiven Sendungsrelation des Sohnes zum Geist auf einen Hervorgang des Geistes vom Sohn schließen kann: οὐκοῦν οὐδὲ συλλογιστικῶς τε καὶ ἀποδεικτικῶς, ἀλλ’ αὐτόθεν λαμβάνεις – ὥσπερ ὁμολογούμενον – τὸ ἐν ἀρχῇ σοὶ αἰτούμενον, τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ ἀποστέλλεσθαι εἴτ’ οὖν ἐκπορεύσθαι [Du nimmst nun weder durch eine logische Überlegung noch durch eine Beweisführung, sondern von vorn herein das, wonach du von Anfang an suchst, als etwas, worin man übereinstimmt, an –, nämlich, dass der Geist vom Sohn gesandt wird, d.  h. hervorgeht]. Siehe Synth. 9.4 (II, 384, 18–20 Michel). 25 Oberdorfer, Filioque 2001, 125. 26 De trinitate XV/17,29 (503, 58 – 504, 62). Vgl. Auch XV/26,47 (528, 94–98; 528, 110 – 529, 118). 27 Siehe De trinitate, XV/17,29 (503, 57–58): Ideo autem addidi principaliter, quia et de filio spiritus sanctus procedere reperitur. Vgl. auch XV/26,47 (529, 113–115): Filius autem de patre natus est, et spiritus sanctus de patre prinicipaliter, et ipso sino ullo interuallo temporis dante, communiter de utroque procedit. Das Adverb principaliter, das bei Augustinus vorkommt, sei nach Metropoliten von Pergamon Johannes Zizioulas erläuterungsbedürftig. Denn, so Zizioulas, „das zweite Konzil von Lyon sei in dieser Sache unklar geblieben, wenn es sagte, dass der Vater als Vater dieses Sohnes „zusammen mit diesem das eine Prinzip, aus dem der Hl Geist hervorgeht, sei“. Siehe Das Dokument über die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Hl. Geistes aus griechisch-orthodoxer Sicht, in: Vom Heiligen Geist 1998, 142.

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Dieser Idee der abgeleiteten Urheberschaft des Sohnes28 bezüglich der Existenz des Geistes, die eigentlich die Kluft der „radikalen Beziehungslosigkeit“29 von Sohn und Geist schließen soll, begegnet man auch in späteren Schriften Augustins mit einer deutlich antiarianischen Ausrichtung. Um die Wesensgleichheit (aequalitas) des Sohnes mit dem Vater zu begründen, führt Augustinus in der Schrift Contra Maximinum Arianorum episcopum wiederum aus, dass der Vater als Wirkender des Hervorgehenlassens des Hl. Geistes dem Sohn als dem von ihm gezeugten die Fähigkeit gewährt hat, dass der Geist auch aus ihm hervorgeht: De Patre est Filius, de Patre est Spiritus Sanctus; sed ille genitus, iste procedens; ideo ille Filius est Patris, de quo est genitus; iste autem Spiritus utriusque, quoniam de utroque procedit. Sed ideo cum de illo Filius loqueretur, ait, De Patre procedit; quoniam Pater processionis eius est auctor, qui talem Filium genuit, et gignendo ei dedit ut etiam de ipso procederet Spiritus Sanctus. Nam nisi procederet et de ipso, non diceret discipulis, Accipite Spiritum Sanctum; eumque insufflando daret, ut a se quoque procedere significans, aperte ostenderet, quod spirando dabat occulte [Der Sohn entstammt dem Vater, der Hl. Geist entstammt dem Vater; doch der eine gezeugt, der andere hervorgehend. Deswegen ist der eine der Sohn des Vaters, von dem er gezeugt wurde. Der andere jedoch ist der Geist beider, weil er aus beiden hervorgeht. Deswegen sagte der Sohn als er über den Hl. Geist sprach: ‚Er geht aus dem Vater hervor‘ (Joh 15, 26); denn der Vater ist der Urheber dieses Hervorgehens (des Hl. Geistes), welcher einen solchen Sohn zeugte und es ihm mittels der Zeugung verlieh, dass auch aus ihm der Hl. Geist hervorgehe. Denn wenn der Hl. Geist nicht auch aus ihm (dem Sohn), hervorginge, würde er den Jüngern nicht sagen: ‚Empfanget den Hl. Geist‘ (Joh 20, 22) und ihn durch Einhauchen verleihen. So zeigte er offen, was er durch Hauchen im Verborgenen schenkte, damit andeutend, dass der Hl. Geist auch von ihm ausgeht].30

Die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater besteht also nach Augustin im gemeinsamen Hervorgehen des Geistes,31 im Ungetrennt-Handeln beider Hypostasen hinsichtlich der Herkunft des Geistes.32 Mit der Zeugung des Sohnes aus

28 Siehe Peter Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus bei Augustin, in: ZKG 110 (1999) 149– 169, hier: 167. Unter dem Einfluss, so vermute ich, von Dorothea Wendebourg, Geist oder Energie. Zur Frage der innergöttlichen Verankerung des christlichen Lebens in der byzantinischen Theologie, München 1980, 82–83. 29 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 296. 30 C. Maxim. II.14, 1 (CChr. SL 87A, 568–569 Hombert). Übers. nach Herrmann Josef Sieben, Augustinus Opera – Werke, Zürich 2008, Bd. 48, 318, 3–10. Siehe dazu P. Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 165. 31 Siehe Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 165 mit Verweis auf B.  Studer, Augustin et la foi de Nicée, in: RechAug 19 (1984) 133–154, 147. 32 Siehe Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 165. Als biblische Basis für diese Auffassung gilt Joh 5, 19.

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der Substanz des Vaters werde gleichzeitig auch der Gehalt dieser Substanz vermittelt:33 Gignendo enim dedit potentiam Pater Filio, sicut omnia quae habet in substantia sua, gignendo dedit ei, quem genuit de substantia sua [Denn der Vater gab dem Sohn die Macht, indem er ihn zeugte, wie er alles, was er in seiner Substanz hat, mit der Zeugung dem gab, den er aus seiner Substanz zeugte].34 Fazit: Um wesenseins mit dem Vater zu sein, darf und kann der Sohn von jedem Handeln des Vaters, das Hervorgehenlassen eingeschlossen, nicht abgesondert gedacht werden. Als lateinischer Weichenwärter hat Augustinus die Weiche in eine Richtung gestellt, die von derjenigen des griechischen Neunizänismus und seiner lateinischen Rezipienten bzw. der Kappadozier signifikant abweicht,35 und dadurch den Zug der damaligen lateinischen Trinitätstheologie auf eine andere Bahn gelenkt. Bei dieser Auffassung der Trinität findet die VaterSohn-Relation, die unter der Prämisse der Homoousie ein „logisches Gefälle“ zu haben scheint, ihr Verbindungsglied, das nicht sekundär ist, sondern der Gottheit selbst angehört in dem ungetrennten Hervorbringen des Geistes, der beide (Vater und Sohn) in einer unaussprechlichen Liebes-Gemeinschaft verbindet.36 Mit dieser trinitarischen Alternative „nähert sich Augustin intentional dem Grundanliegen des griechischen Neunizänismus an, freilich in einer Fassung, welche die Symmetrie in der Dreieinigkeit nicht im gleichberechtigten Hervorgehen zweier Hypostasen aus der ersten (via γέννησις bzw. ἐκπόρευσις) findet, sondern die Wesensgleichheit der ersten beiden Personen in der dritten, die jene zusammenschließt, konstituiert sieht. Der Unterschied zwischen dem Neunizänismus des NC und dem Augustins ließe sich demnach – überspitzt ausgedrückt –

33 Siehe Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 163 34 C. Maxim. II.12,1 (CChr. SL 87, 559, 15–17 Hombert). Übers. nach Sieben, Augustinus Opera – Werke 2008, Bd. 48, 308, 11–12. Vgl. c. Maxim. II 14,7 (CChr. SL 87, 580, 220–223 Hombert): fatemur et nos: prorsus Pater dedit, Filius accepit. Sed cum Pater omnia quae habet gignendo dedit, aequalem utique genuit, quoniam nihil minus dedit [Mit einem Wort: Der Vater gab, der Sohn empfing. Doch weil der Vater alles, was er hat, durch sein Zeugen gab, zeugte er allerdings einen gleichen, denn er gab ihm nichts weniger]. Übers. nach Sieben, Augustinus Opera – Werke 2008, Bd. 48, 328, 23–25. 35 Siehe Gemeinhardt, Lateinicher Neunizänismus 1999, 165. 36 Siehe Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 167 mit Verweis auf De Trinitate XV/17,27 (501, 2–5). Siehe oben Anm. 21.

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in der jeweiligen Koordination des Gegenübers37 von zwei und einer Person innerhalb der Dreiheit finden“.38 Im kappadozisch-photianischen Sprachgebrauch könnte man diesen Gedanken aus orthodoxer Sicht folgendermaßen erläutern und vertiefen: Während beim kappadozischen trinitarischen Entwurf die Wesensgleichheit innerhalb der Trinität in dem gemeinsamen und gleichrangigen Hervorgehen beider Verursachten (αἰτιατά) auf unterschiedlicher Weise von dem einen und absolut einfachen Urgrund liegt, besteht dagegen bei Augustinus die Wesensgleichheit des absoluten Urgrundes (der sich von den zwei anderen Verursachten demgemäß unterscheidet und ausdifferenziert, dass sie beide aus Ihm zur Existenz gelangen und dass er sein Dasein unverursacht „ἀναιτίως“ besitzt)39 mit dem einen Verursachten, d.  h. dem Sohn in dem gemeinsamen, ungetrennt bewirkenden Hervorbringen des anderen Verursachten, nämlich des Geistes. In diesem Fall gibt es aber einen inneren Gegensatz in der Existenzweise der Hypostase des Sohnes! Denn als Verursachtes weist er zugleich eine Unterscheidung und eine Gemeinsamkeit mit dem Urgrund auf, indem es von ihm einerseits die Existenz empfängt, andererseits mit ihm eine wesentliche Eigentümlichkeit, nämlich die des Hervorbringens d.  h. des Ursache-Seins eines anderen (d.  h. des Geistes) teilt. Diese Eigentümlichkeit sollte aber als ein festgelegtes Unterscheidungsmerkmal gelten, das ihn vom Urprinzip absondert, zumal der Sohn als Verursachtes vom Vater wesensmäßig abhängig ist.40 Im Fall des augustinischen Filioquismus entsteht auf Basis der photianischen Syllogistik wiederum ein logischer Widerspruch in Hinblick auf den Geist: Denn der Geist unterscheidet sich zwar als Verursachtes von seinem Urgrund (d.  h. dem Vater) mittels des (von ihm) Hervorgegangen-Seins klar und deutlich, hat aber

37 Hier ist nichts anders als die sogenannte relatio oppositionis gemeint. Konstituieren sich die Personen allein durch die Ursprungsrelationen, d.  h. dadurch, dass zwischen dem quod procedit und dem a quo procedit unterschieden wird, dann muss eine solche relatio zwischen Sohn und Geist gefordert werden, damit sich diese voneinander unterscheiden können. Siehe Anselm. Cant., De processione spiritus sancti contra Greacos, II (PL 158, 288C); Thomas Aquinas, Summa Theologiae I, 36, 2c; Summa Contra Gentiles, IV, 24: Relinquitur igitur unam personam divinam ab alia non distingui nisi oppositiate relationis. Siehe dazu G. Berthold, „St. Anselm and the Filioque“, in: Faith Seeking Understanding, G. Berthold (Hg.), Manchester 1991, 227–234; Reinchard Simon, Das Filioque bei Thomas von Aquin. Eine Untersuchung zur dogmengeschichtlichen Stellung, theologischen Struktur und ökumenischen Perspektive der thomanischen Gotteslehre, Frankfurt am Main 1994; Auf die Texte von Anselm und Thomas werde ich im Rahmen auch des Kommentars verweisen. 38 Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus 1999, 167–168. 39 Siehe Nik. Byz., Cap. Syll. XII (S. 115, 17–19 Hergenröther). 40 Siehe Nik. Byz., Cap. Syll. XII (116, 1–9 Hergenröther). Siehe unten im Kommentar Anm. 98.

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mit dem anderen Verursachten (dem Sohn) etwas gemeinsam mittels einer Beziehung, die in zweierlei Hinsicht zu denken ist; denn der Geist teilt mit dem Sohn das Verursacht-Sein von ihrem gemeinsamen Ursprung und wird zugleich von ihm abgesondert, weil er von ihm seine Existenz empfängt. Im Fall des Geistes haben wir also ein Verursachtes, das ein doppeltes Verhältnis hat, einmal zum Vater, einmal zum Sohn, damit es zur Existenz gelangen kann. So zeichnet sich aber der Geist (nach der photianischen Syllogistik) nicht durch absolute Einfachheit-Unteilbarkeit aus und erweist sich in sich selbst geteilt, da er auf zwei Ursprünge zurückzuführen ist. Sohn und Geist müssen also nach dem augustinischen Modell in den innertrinitarischen Ursprungsvorgang des Geistes eingebunden sein, so dass der Sohn die Wesensgleichheit mit dem Vater zur Abwehr des Arianismus bei sich hält. Bemerkenswerterweise durchzieht diese Logik das Denken der byzantinischen Befürworter des Filioque im 13. Jahrhundert, die eine originelle und interessante, vom Mainstream „photianischer“ Kontroverstheologie abweichende, gleichwohl (nicht nur)41 in der griechischen patristischen Tradition verwurzelte Interpretation der Trinitätslehre anbieten.42 In ihrem ernsthaften theologischen Erforschen und dem Berstreben, die Beschlüsse des Unionskonzils von Lyon in Konstantinopel durchzusetzen, werden sich die oben erwähnten Befürworter des Filioque allmählich dessen bewusst, dass das trinitätstheologische Modell des Photios einen Winkel bildet, dessen beide Spitzen in keiner Hinsicht miteinander verbunden sind,43 und versuchen mit einem syllogistischen Vorgehen, das eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den Ausführungen des Augustinus aufweist, die Kluft dieser sozusagen radikalen Abwesenheit eines Abkunftsverhältnisses zwischen Sohn und Geist – dieses Abkunftsverhältnis könnte ja kein anderes als das des Ursprungs sein – zu überbrücken. Der folgende Text spricht deutlich für eine solche theologische Syllogistik, die den Hervorgang des Geistes auch aus dem Sohn befürwortet: „Τὶς δὲ συνόλως ἡ σχέσις υἱοῦ τε καὶ πνεύματος; τοῦ μὲν πατρός ἤρτηνται, καὶ τοῦτον τὸν τρόπον ἀμφότερα καθάπερ ἐξ αὐτοῦ πλουτοῦντα τὴν ὕπαρξιν, καὶ τὴν σχέσιν ἔχουσι πρὸς αὐτὸν τὴν ἑκάστῳ προσήκουσαν. Πρὸς ἄλληλα δὲ πόθεν αὐτοῖς τὸ ἀχώριστον;

41 Sondern auch in der lateinischen und in verdeckter Weise, würde ich behaupten. Siehe Theodoros Alexopoulos, The Byzantine Filioque-Supporters in the 13th Century John Beccos und Konstantine Melitiniotes and their relation with Augustine and Thomas Aquinas, in: StP 68 (2011) 381–397. 42 Siehe Peter Gemeinhardt, Rezension des Buches von A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, in: Theologische Literaturzeitung 132/6 (2007) 657–659, bes. 658. 43 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 298.

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ποία δὲ καὶ σχέσις τούτοις ἀποδοθήσεται“; [Was aber besteht insgesamt für eine Relation zwischen dem Sohn und dem Geist? Beide sind vom Vater abhängig und auf diese Art, wie sie beide von Ihm die Existenz im Überfluss haben, bewahrt auch jeder für sich das Verhältnis zum Vater, das ihm geziemend ist. Woraus aber ist im Hinblick auf ihr Verhältnis zueinander ihr Ungetrennt-Sein zu erschließen? Was für eine Beziehung wird man ihnen zuweisen?].44 Die Lösung wird hier auch darin gefunden, dass man Sohn und Geist durch eine Ursprungsrelation mit Rekurs auch auf dieselben Bibelstellen (Rom 8, 9; Gal 4, 6; Joh 16, 14)45 miteinander verbindet und dass man die Seins-Einheit zwischen Vater und Sohn in dem gemeinsamen Hervorbringen des Geistes sicherstellt. Um dem Arianismus zu entgehen, muss man den Sohn an dem Hervorgang des Geistes wesensmäßig beteiligt sein lassen; denn wenn es nicht so wäre, erwiese er sich a) als untergeordnetes, dienendes Werkzeug des Vaters (ὑπουργικόν ὄργανον), als bloßer Mitwirkender bei der Manifestation und Offenbarung des Geistes (ὑπηρέτης καὶ λειτουργός τῆς ἀναδείξεως καὶ τῆς φανερώσεως);46 b) er wäre mit dem Vater nicht wesensmäßig verbunden, da er beim Hervorgang des Geistes abgesondert vom Vater gedacht werden könnte. Die Wesensgleichheit lässt sich auch hier, wie es bei Augustin der Fall ist, in dem untrennbaren Wirken (operatio inseparabilis) des Vaters und des Sohnes im Blick auf den Geist begründen. Dabei wird aber diese Ansicht von einem Rückschluss von der Oikonomia auf die

44 Konstantinos Melitiniotis (von nun an KM), De processione spiritus sancti Oratio I (PG 141, 1084C). 45 Siehe Johannes Bekkos, Refutatio libri Photii 6 (PG 141, 745AB): τοῦ δὲ εἶναί τι κοινὸν υἱῷ καὶ πατρί, ὅπερ καὶ τὸ πνεῦμα οὐκ ἔχει, πᾶσα γραφὴ μάρτυς ἡ τὸ τοῦ πατρὸς πνεῦμα καὶ υἱοῦ λέγουσα πνεῦμα καὶ θεολογοῦσα ἐκπέμπειν καὶ πηγάζειν καὶ ἀναβλύζειν τὸ πνεῦμα τὸν ὑιόν, ὥσπερ καὶ ὁ πατὴρ ἐκπέμπει καὶ πηγάζει καὶ ἀναβλύζει αὐτό [Dafür, dass es etwas gibt, was dem Sohn und dem Vater gemeinsam ist und das der Geist nicht hat, ist die ganze Schrift Zeuge, die den Geist des Vaters und des Sohnes nennt und erklärt, dass der Sohn den Geist aussendet und entspringen und aufquellen lässt, wie ihn auch der Vater aussendet und quellen und emporsprudeln lässt]. Übers. nach A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 230. 46 Siehe Kωνσταντίνου Μελιτηνιώτου, Λόγοι Ἀντιρρητικοὶ Δύο, Markos Orphanos (ed.), Athen 1986, Antirr. I (167, 16 – 168, 6); Johannes Bekkos, Refutatio libri Georgii Cyprii, II, 10 (PG 141, 909D–912A). Dazu siehe Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 120. Vgl. die Ähnlichkeit des Gedankens mit Thomas Aquinas CeG II, 17: Deus Pater per Deum Verbum non tanquam per organum, quod absit, sed per coessentialem suae essentiae vere viventi conspirantem vivum et deificum spiramen spirat Deum plenum et beatum Spiritum Sanctum [Gott der Vater haucht durch Gott, das Wort, nicht gleichsam durch ein Werkzeug, das sei ferne, sondern durch den, der, dem Wesen nach mit dem wahrhaft Lebendigen wesenseins, gemeinsam hauchend, den lebendigen und vergöttlichten Hauch einhaucht – den vollkommenen Gott, den seligen Heiligen Geist]. Angabe nach Reinhard Simon, Das Filioque bei Thomas von Aquin 1994, 33.

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Theologia unterstützt: „ἡ «δ’ Υἱοῦ» φωνὴ, δήλωσιν ἔχουσα τῆς προκαταρκτικῆς47 αἰτίας, οὐ διαιρεῖ … τὸν Υἱὸν τοῦ Πατρός, οὔτ’ ἐπὶ τῇ παραγωγῇ τῶν κτισμάτων, οὐδὲ μὴν ἐπὶ τῇ προόδῳ τοῦ Πνεύματος“ [Die Aussage ‚durch den Sohn‘ trennt, indem sie die anfängliche Ursache kundtut, nicht den Sohn vom Vater, weder bei der Verursachung der Geschöpfe noch gar beim Hervorgehenlassen des Geistes].48 Erscheint der Hl. Geist sowohl bei Augustinus als auch bei denjenigen byzantinischen Theologen, die dem Unionskonzil von Lyon (1274) positiv gegenüberstanden, als Vereinigungspunkt zwischen Vater und Sohn, so ist dies bei den Kappadoziern überhaupt nicht der Fall. Bei ihnen erweist sich nicht das eine Verursachte – der Hl. Geist – als Vereinigungspunkt zwischen den Hypostasen, sondern der absolut einfache Urgrund, die unverursachte Ursache, d.  h. der Vater, wie Gregor von Nazianz in einer seiner fünf theologischen Reden hervorhebt: „ἕνωσις δὲ ὁ Πατὴρ ἐξ οὗ καὶ πρὸς ὃν ἀνάγεται τὰ ἑξῆς“ [Der Vater ist der Vereinigungspunkt, von dem aus und auf den hin das ihm Nachkommende zurückgeführt wird].49 Das unerschütterliche Festhalten an dem Axiom der Monarchie-Alleinursächlichkeit des Urprinzips durchdringt den Gedanken der Kappadozier und vor allem Gregors von Nazianz. „Monarchie“ weist daraufhin, dass innerhalb der Gottheit Einheit und Unterscheidung auf die eine, einzige Ursache, nämlich den Vater, zurückzuführen ist:50 „Es geht dabei um eine Einheit, welche die gemeinsame Würde der Natur darstellt, die Übereinstimmung des Willens, die Gleichheit der Bewegung und die Rückkehr (wörtl. das Sich-zusammenneigen) zur Einheit all dessen, was von (der Einheit) herrührt (καὶ πρὸς τὸ ἓν τῶν ἐξ αὐτοῦ σύννευσις) … so dass, wenn auch ein zahlenmäßiger Unterschied besteht, (bei Gott) keine Teilung des Wesens vorliegt51 … Für uns gibt es nur einen Gott, weil es nur eine einzige Gottheit gibt. Wenn wir auch an drei glauben, so werden die doch auf einen zurückgeführt, die aus ihm ihren Ursprung haben. Denn das eine ist nicht mehr, das andere weniger Gott, das eine ist nicht früher, das andere später. Auch 47 Vgl. Augustinus: „principaliter“. Siehe oben Anm. 27. 48 KM, Antirr. I (203, 25 – 204, 2 Orphanos). 49 Greg. Naz., Or. 42.15 (SC 384, 82, 17–18 Bernardi) und Or. 20.7 (SC 270, 70, 1–2 Mossay): εἰς ἕν αἴτιον καὶ υἱοῦ καὶ πνεύματος ἀναφερομένων [Auf eine Ursache gehen sowohl der Sohn als auch Geist zurück …]. 50 Siehe Michel Stavrou, The Divine Unity and the Relationship among the Persons of the Trinity in Orthodox Theological Tradition, in: Filioque-Kontroverse 2011, 299–310, 303 mit Verweis auf Dionysios von Alexandrien, De Sententia Dionysii 17 (PG 25, 505A). 51 Greg. Naz., Or. 29.2 (SC 250, 178, 6–10 Gallay): ἀλλ’ ἣν φύσεως ὁμοτιμία συνίστησι, καὶ γνώμης σύμπνοια, ἀλλὰ καὶ ταυτότης κινήσεως, καὶ πρὸς τὸ ἓν τῶν ἐξ αὐτοῦ σύννευσις, ὅπερ ἀμήχανον ἐπὶ τῆς γενητῆς φύσεως, ὥστε κἂν ἀριθμῷ διαφέρῃ, τῇ γε οὐσίᾳ μὴ τέμνεσθαι. Übers. (wenig geändert) von Joseph Barbel, Gregor von Nazianz 1963, 131

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besteht kein Unterschied im Wollen, keine Teilung in der Macht, und es ist überhaupt nicht vorhanden, was einer Trennung ähnlich wäre, sondern, wenn man es knapp sagen will, so ist ungeteilt in den Verschiedenen die Gottheit, ähnlich wie es in drei miteinander vereinigten Sonnen nur eine Mischung des Lichts gibt. Wenn wir also auf die Gottheit sehen und auf die Erstursache52 und auf die Alleinherrschaft, so ist es eines, was wir uns vorstellen. Wenn wir aber die Personen erwägen, in denen die Gottheit zu erfassen ist,53 und was aus der Erstursache zeitlos und mit gleicher Würde begabt hervorgeht, so sind es drei, die wir anbeten“.54 Denkt die kappadozische Trinitätstheologie mit einer gewissen Konsistenz und Konsequenz an die sogenannte „triadische Monarchie“ hinsichtlich der Schöpfung, d.  h. heilsgeschichtlich und an die „Monarchie“ des Vaters auf innertrinitarischer Ebene,55 so tut es genau so die spätere byzantinische Theologie sogar bei Autoren, die manchmal eine schwankende Position56 zu der FilioqueFrage aufweisen, wie das z.  B. bei dem bedeutsamen Nikephoros Blemmydes der Fall ist. Hier wird der urgöttlichen Hypostase des Vaters als dem Ursprung ohne Ursprung wieder ein deutlich logischer und nicht ontologischer Vorrang zugewiesen, wie er auch aus der Bibel abzulesen ist: „Μόνος ὁ Πατὴρ αἴτιος (ἀρχὴ καὶ ῥίζα καὶ πηγὴ τῆς Θεότητος), ὁ δὲ Υἱὸς καὶ τὸ Πνεῦμα, μόνως αἰτιατά, καὶ λίαν εἰλικρινῶς, ὁμοτίμως ἐκ τοῦ Πατρὸς ὁ μὲν γεννώμενος, τὸ δ᾽ ἐκπορεύομενον“

52 Hier wird das Adjektiv erste (πρώτη) verwendet, um eher auf die Intensität und nicht die Zahl hinzuweisen. Gregor sieht nie eine zweite Arché in der Gottheit. Vgl. M. Stavrou, The Divine Unity, in: Filioque-Kontroverse 2011, 304. 53 Hier übersetzt Barbel (Gregor von Nazianz 1963, 245) folgendermaßen: „aus denen die Gottheit besteht“. Diese Alternative finde ich falsch, weil sie dies Zusammensetzung impliziert, nämlich, dass die Gottheit aus (drei) Teilen besteht. 54 Greg. Naz., Or. 31.14 (SC 250, 302–304 Gallay): ἡμῖν εἷς θεός, ὅτι μία θεότης· καὶ πρὸς ἓν τὰ ἐξ αὐτοῦ τὴν ἀναφορὰν ἔχει, κἂν τρία πιστεύσηται· οὐ γὰρ τὸ μὲν μᾶλλον, τὸ δὲ ἧττον θεός· οὐδὲ τὸ μὲν πρότερον, τὸ δὲ ὕστερον· οὐδὲ βουλήσει τέμνεται, οὐδὲ δυνάμει μερίζεται, οὐδέ τι τῶν ὅσα τοῖς μεριστοῖς ὑπάρχει, κἀνταῦθα λαβεῖν ἐστίν· ἀλλὰ ἀμέριστος ἐν μεμερισμένοις, εἰ δεῖ συντόμως εἰπεῖν, ἡ θεότης· καὶ οἷον ἐν ἡλίοις τρισίν ἐχομένοις ἀλλήλων, μία τοῦ φωτὸς σύγκρασις. ὅταν μὲν οὖν πρὸς τὴν θεότητα βλέψωμεν, καὶ τὴν πρώτην αἰτίαν, καὶ τὴν μοναρχίαν, ἓν ἡμῖν τὸ φανταζόμενον∙ ὅταν δὲ πρὸς τὰ ἐν οἷς ἡ θεότης, καὶ τὰ ἐκ τῆς πρώτης αἰτίας ἀχρόνως ἐκεῖθεν ὄντα καὶ ὁμοδόξως, τρία τὰ προσκυνούμενα. 55 Über die Idee der Monarchie siehe John P. Egan, αἴτιος/Author, αἰτία/Cause, ἀρχή/Origin: Synonyms in Selected Texts of Gregory Nazianzen, in: StP 27 (1993) 102–107 und Richard Gross, Divine Monarchy in Gregory of Nazianzus, in: JECS 14/1 (2006), 105–116; Christopher Beeley, Divine Causality and the Monarchy of God the Father in Gregory of Nazianzus, in: HTR 100/2 (2007) 199–214. 56 Siehe, Nikolaos Ioannidis, Ὁ Νικηφόρος Βλεμμύδης καὶ ἡ περὶ ἐκπορεύσεως τοῦ Ἁγίου Πνεύματος διδασκαλία του, Athen 2006, 235–247.

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[Der Vater ist der einzige Verursacher (Ursache und Wurzel und Quelle der Gottheit), während der Sohn und der Hl. Geist einzigartig verursacht sind; und in einer (ganz lauteren)-absoluten Weise entstammen beide in mit gleicher Würde dem Vater, der Eine als Gezeugter und der Andere als (allein vom Vater)57 Hervorgehender].58 Warum also diese unerschütterliche Beharrlichkeit, dieses „blinde“, dezidierte Festhalten an der strikten Zuordnung innergöttlicher Ursächlichkeit zur Person des Vaters? Anders gefragt: Warum diese Verabsolutierung der UrsprungsKategorie, die nach der Meinung heutiger Filioque-Experten dazu führt, dass die vielfältigen Existenzbeziehungen ausgeblendet werden und eine Reduzierung auf die eigentlichen Ursprungsbeziehungen stattfindet?59 Sollte man eventuell diese Kategorie nicht als causa, sondern eher als schöpferische permanente Qualität, als schöpferische Möglichkeit der immanenten Trinität verstehen?60 Und müssten daher vielleicht die Ursprungsbeziehungen zwischen den göttlichen Personen auch in einem solchen Sinne differenziert werden?61 Der Versuch, den Ursprungsbegriff als causa, d.  h. als existenzbegründende Ursächlichkeit, von seinem Inhalt zu entkleiden, lässt meines Erachtens folgendes wichtiges Element außer Acht, nämlich dass im trinitätstheologischen Denken der Kappadozier, von dem auch das NC in Hinblick auf den Artikel über den Hl. Geist geprägt ist,62 die Begriffe „Ursprungloser Ursprung“, „Zeugung“ und „Hervorgehenlassen“ rein auf seins-konstituierende Verhältnisse verweisen, die durch die Ursprungsrelation oder Relation des Gegensatzes zwischen einem Verursachenden und einem Verursachten gekennzeichnet sind. In diesem Zusammenhang sehe ich einen Anknüpfungspunkt der kappadozischen Trinitätslehre an die hermeneutischen Prinzipien der Spät-Hochscholastik, da das Axiom des genannten Gegensatzes in den Ursprungsverhältnissen zwischen den göttlichen Personen maßgebend für das westliche mittelalterliche trinitarische Denken und besonders für dessen große Repräsentanten Anselm von 57 Siehe Autobiographia II, 35 (CChr. SG 13, 61, 12–13 Munitiz). 58 Autobiographia II, 40 (CChr. SG 13, 63, 2–4 Munitiz). 59 Siehe Mathias Haudel, Hermeneutische und trinitätstheologische Grundlagen für das gemeinsame Verständnis der trinitarischen Beziehungen. Ansätze zur Lösung des Filioque-Problems, in: Filioque-Kontroverse 2011, 272–297, 285. 60 So versteht die Ursprungsbeziehung die lutherische Theologin Elisabeth Gräb Schmidt, in: Werbeschrift für das Filioque in: Marburger Jahrbuch. Theologie (von nun an MJTh) XII, Wilfried Härle/Reiner Preul (Hgg.), Marburg 2000, 147. 61 Eine solche Fragestellung ergibt sich aus der fruchtbaren Auseinandersetzung von Oberdorfer und Schmidt, Werbeschrift für das Filioque in: MJTh XII 2000, 147. 62 Siehe Adolf Martin Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol, Göttingen 1965, 300–302; Werner Jaeger, Gregors von Nyssa Lehre über den Hl. Geist, Leiden 1966, 60–70.

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Canterbury und Thomas von Aquin war. Nach ihrer Trinitätsauffassung können Sohn und Geist nicht voneinander unterschieden werden, ubi non obviat aliqua relationis oppositio, d.  h. wenn nicht auch zwischen ihnen eine Relation der Art Deus de Deo bestünde.63 Diese in der späteren lateinischen Tradition anzutreffende Fixierung auf die relationes oppositae, die auf den Gedanken Anselms zurückgeht, die trinitarischen Personen seien einzig durch einen Gegensatz in ihrer Ursprungsrelation zu unterscheiden, findet ihren Ausdruck in dem dogmatischen Beschluss von Lyon (1274) „non tanquam ex duobus principiis, sed tanquam ex uno principio“.64 Dieser hat sich aber als ein trinitätstheologisch problematischer Versuch seitens des Westens erwiesen, den Vorwurf der Einführung zweier Ursachen in die Trinität zu entkräften.65 Aber auch die byzantinischen Befürworter von Lyon haben sich bemüht, den im Osten gegenüber dem Filioque herrschenden Eindruck der ZweiUrsprünglichkeit zu entkräften. Auf welche Weise? Durch das per Filium im Sinne einer vermittelnden Mitursächlichkeit des Sohnes beim Hervorgehen des Geistes, durch welche die Idee zweier voneinander abgesonderter Ursprünge aufgehoben wird und damit zugleich der „respektgebietende Name der Monarchie“ gewahrt bleibt.66 Dem dezidierten Festhalten an der Idee der Monarchie und allgemein der Ursächlichkeit begegnet man auch im Westen bei wichtigen lateinischen Schrift-

63 Siehe Oberdorfer, Filioque. Werbeschrift für ein Problem, in: MJTh XII 2000, 128 mit Verweis auf Anselm. Cant., De processione Spiritus Sancti contra Greacos, 2, (PL 158, 288C). 64 Siehe Enchiridion symbolorum 850 D/H. Siehe auch das Dekret „Laetuntur Caeli“ der Synode von Ferrara-Florenz, in: Enchiridion symbolorum 1300 D/H: quod Spiritus Sanctus ex Patre et Filio aeternaliter est, et essentiam suam suumque esse subsistens habet ex Patre simul et Filio et ex utroque aeternaliter tamquam ab uno principio et unica spiratione procedit [Dass der Hl. Geist aus dem Vater und dem Sohn von Ewigkeit her ist, sein Wesen und sein in sich ständiges Sein zugleich aus dem Vater und dem Sohn hat und aus beiden von Ewigkeit her als aus einem Prinzip und durch eine einzige Hauchung hervorgeht]. 65 Den Grund erkläre ich im IV. Teil der Arbeit bei der Anm. 48 und in Bezug auf Neilos Kabasilas. 66 Siehe KM, Antirr. I f.91ν (143,3 – 144,1 Orphanos): ἡμῖν γάρ, ἐν τοῖς ὅροις μένουσι τῶν θείων καὶ ἱερῶν διδασκάλων, ὁ Πατὴρ πάντως Πατήρ, καὶ ὁ Υἱὸς πάντως Υἱός· καὶ τὸ σεμνὸν ὄνομα τῆς μοναρχίας λοιπὸν σώζεται καὶ ἔστι τὸ πρῶτον καὶ ἀρχικὸν αἴτιον ὁ Πατήρ … οὐ δύο τοῦ Πνεύματος ἀντιδιῃρημέναι πρὸς ἀλλήλας ἀρχαί, μία δὲ μᾶλλον, καὶ εἷς αἴτιος, ὁ Πατήρ, διὰ τοῦ Υἱοῦ γε μήν, οἷα φυσικῶς μεσιτεύοντος [Für uns nämlich, die wir uns an die Beschlüsse der göttlichen und heiligen Väter halten, ist der Vater auf alle Weise Vater und der Sohn ganz in jeder Hinsicht; und auf solche Weise bleibt der respektgebietende Name der Monarchie gewahrt und bleibt der Vater die erste und ursprüngliche Ursache … es gibt nicht zwei einander entgegengesetzte Ursprünge des Geistes, sondern eher nur eine und einen Grund, nämlich den Vater, allerdings mittels des Sohnes, der ja der Natur gemäß ins Mittel tritt, ohne ein dem Vater entgegengesetzter Ursprung im Blick auf den Geist zu sein].

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stellern, wie bei Johannes Scotus Eriugena.67 Eriugena fasst die Trinität als einen zeitfreien Prozess von Selbstentfaltung auf: Gott ist als zeitlose Selbstentfaltung absoluter Grund seiner selbst.68 Diese Selbstentfaltung ist unter dem Aspekt der Ursächlichkeit oder des Verursachens zu sehen: Die unendliche Tiefe oder die im Principium verborgene Fruchtbarkeit (fecunditas) geht als eine ursprüngliche oder wesentliche, in sich selbst bestehende Ursache (causa principalis, essentialis, substantialis) aus sich selbst und in sich selbst hervor.69 In diesem aktiven Hervorgehen bringt die erste Ursache (der Vater) eine zweite Ursache hervor, die zwar gezeugt ist, aber in der Dimension des Absoluten oder Unendlichen gerade nicht geringer sein kann als die erste. So verursacht (durch Zeugung) der Ursprung in der zweiten causa nur wiederum sich selbst. Dieses Selbst ist aber als Gezeugtes zugleich das Andere des Ersten, d.  h. das Selbst gibt sich in seiner zweiten causa eine andere, vom Ersten verschiedene Eigentümlichkeit und damit auch eine andere Funktion.70 Dem Modell gemäß ist die erste Ursache, „der Vater, Ursache des Sohnes, aber auch des Hl. Geistes, der Sohn Ursache der Erschaffung der ursprunghaften Ursachen, der Hl. Geist aber die Ursache der Verteilung (Vermittlung in der Welt als Theophanie) eben dieser Ursachen“.71 Diese Auffassung des dreieinigen Gottes als eines zeitlos sich selbst entfaltenden absoluten Urgrundes, als eines sich selbst kennenden, selbst denkenden, sich selbst zur Vollendung kommenden Ursprungs, welcher jede Nuance einer Abstufung ausschließt, kann unter dem Aspekt von Ursächlichkeit statt als una substantia in tribus personis72 so formuliert werden: Essentialis causa una in 67 Siehe Siecienski, Filioque 2010, 108. 68 Siehe Werner Beierwaltes, Eriugena. Grundzüge seines Denkens, Frankfurt am Main 1994, 225.228, Anm. 67. Vgl. Greg. Naz., Or. 29.2 (SC 250, 178, 10–13 Gallay): διὰ τοῦτο μονὰς ἀπ’ ἀρχῆς εἰς δυάδα κινηθεῖσα, μέχρι τριάδος ἔστη. Καὶ τοῦτό ἐστιν ἡμῖν ὁ πατήρ, ὁ υἱός καὶ τὸ ἃγιον πνεῦμα· ὁ μὲν γεννήτωρ καὶ προβολεύς, λέγω δὲ ἀπαθῶς, καὶ ἀχρόνως, καὶ ἀσωμάτως· τῶν δὲ, τὸ μὲν γέννημα, τὸ δὲ πρόβλημα … [Aus diesem Grunde (Fortsetzung des Textes oben in Anm. 51) wird die Einheit von jeher zur Zweiheit und vollendet sich in der Dreiheit. So haben wir den Vater, den Sohn und den Hl. Geist. Der erste ist der Erzeuger und Hervorbringer, ist es aber nicht in veränderlicher, zeitgebundener und körperlicher Weise. Von den (beiden) anderen ist der eine das Gezeugte und der andere das Hervorgegangene]. Übers. nach J. Barbel, Gregor von Nazianz 1963, 131. 69 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 229 mit Verweis auf P II 33, 192, 37  ff. 70 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 229. 71 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 229 mit Verweis auf P II 30, 170, 28–30: Causa itaque filii pater est et spiritus sancti, filius vero causa est conditionis principaliter causarum, earundem autem causarum distributionis spiritus sanctus causa est. Dabei ist aber eine Vermischung zwischen Theologie und Ökonomie sofort zu bemerken. Denn die Ursächlichkeit des Geistes bezieht sich auf die ad extra Bewegung der Dreiheit und zwar auf das Verhältnis zu den geschaffenen Dingen. 72 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 222–223 mit Verweis auf P II 34, 198, 7–32.

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tribus substantialibus causis et tres substantiales causae in una essentiali causa. Una causa per se existens in tribus causis per se subsistentibus [Eine wesenhafte Ursache in drei in sich bestehenden Ursachen und drei in sich bestehende Ursachen in einer wesenhaften Ursache. Eine durch sich selbst bestehende Ursache in drei durch sich selbst bestehenden (beständigen, individuellen, personal eigenständigen) Ursachen].73 Theologisch spezieller und, von der Trinität als ganzer gesagt: „Es ist eine in sich bestehende (substantiale) Ursache, ungezeugt und zeugend (zugleich), und eine in sich bestehende Ursache, gezeugt aber nicht zeugend, weiterhin eine in sich bestehende Ursache, die hervorgeht, die aber weder ungezeugt noch gezeugt noch zeugend ist, und diese drei in sich bestehenden Ursachen sind eins und eine wesenhafte Ursache“.74 Mit dem Begriff der Trinität als absoluter Ursächlichkeit, die ihr Sein als ein inneres Beziehungsgefüge selbst gründet, hat Eriugena versucht, den höchstmöglichen Grad von Einheit und Einfachheit innerhalb der drei, die in einer in sich differenzierten Einheit zu sehen sind, zu bewahren und ein subordinatives Gefälle zu vermeiden. Trotz seines erklärten Beharrens auf der Unaustauschbarkeit und Unvermischtheit der Eigentümlichkeiten, deren je verschiedenes Sein vom je Anderen untrennbar aufeinander bezogen bleibt,75 favorisiert er die lateinische Alternative des Filioque nicht im Sinne einer Trennung innerhalb der Gottheit in zwei Prinzipien für das Hervorgehen des Geistes, sondern im Sinne ein- und desselben Prinzips, aus dem der Geist durch den Sohn Er selbst wird: a oder ex patre per76 filium oder a patre et filio procedit, was mit der Filioque-Formel durchaus kompatibel ist: „Der ganze zeugende Vater ist im ganzen gezeugten Sohn und der ganze gezeugte Sohn ist im ganzen zeugenden Vater und der ganze zeugende Vater und der ganze gezeugte Sohn sind im ganzen Heiligen Geist, der vom Vater durch den Sohn ausgeht, und der ganze Heilige Geist, der vom Vater durch den Sohn ausgeht, ist im Vater, von dem er ausgeht, und im Sohn, durch den er ausgeht, und die Drei sind Eines durch die in der Einheit eingesehene Dreiheit“.77

73 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 230 mit Verweis auf P II 29, 166, 7–9. 16  f. 74 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 230 mit Verweis auf P II 30, 168, 16–19: Est igitur substantialis causa ingenita et gignens et est substantialis causa genita et non gignens, item substantialis est causa procedens et non ingenita nec genita nec gignens, et tres causae substantiales unum sunt et una causa essentialis. 75 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 224 mit Verweis auf P II 23, 94, 26  f. 76 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 227 mit Verweis auf P II 31, 190, 11–15. 77 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 227 mit Verweis auf P II 31, 190, 11–15: totus pater gignens in toto filio genito et totus filius genitus in toto patre gignente et totus pater gignens et totus filius genitus in toto spiritu sancto a patre per filium procedente et totus spiritus sanctus a patre per

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 Einführung in die Problematik des Filioque

Durch das per Filium scheint Eriugena davon überzeugt zu sein, dass er sich auf der Linie seiner Gewährsmänner Gregor von Nyssa und Maximus Confessor bewegt.78 Indem er auch der Person des Vaters eine logische Vorrangstellung als Quelle und Erstursache der Gottheit zweifellos zuerkannte, zeigte Eriugena auch zugleich, dass die lateinische Theologie hinsichtlich der Tatsache, dass ex substantia Patris et Filius nascitur et spiritus sanctus procedit, der griechischen nicht widerspricht,79 was aber in Wirklichkeit sehr wohl nicht der Fall ist. Und dies, weil das griechische trinitarische Modell auch in der Unwandelbarkeit der hypostatischen Eigenschaften neben der Monarchie des Vaters die Symmetrie in der Trinität abgesichert sieht.80 Vergleicht man die trinitarische Spekulation des Eriugena mit der eines seiner Gewährsmänner, nämlich des sogenannten Pseudo-Dionysios Areopagita, so stellt man fest, dass Eriugena den Gedanken einer in sich dynamischen Trinität im Sinne einer Theogonie intensiver als Dionysios entwickelt hat,81 wegen des per Filium in der Sache der Unvermischtheit der Eigentümlichkeiten der drei Personen aber nicht genau so treu wie sein Vorgänger geblieben ist. Denn bei Dionysios ist der Vater ganz und klar die einzige Quelle der überwesentlichen Gottheit (πηγή τῆς ὑπερουσίου θεότητος).82 Ihr entstammen im Sinne einer zeitfreien „Theogonie“83 Sohn und Geist gleichwertig als „gottentsprungene Schösslinge und gleichsam Blüten und überseiende Lichter der gottzeugenden Gottheit“.84 Die gleichwertige Weise des Hervorgehens (προβολή) beider Verursachten (des Sohnes und des Geistes) aus der einzigen Quelle garantiert die Einheit, Unvermischtheit und zugleich ihre Eigenständigkeit als Hypostasen. Man darf auf keinen Fall weder das Geeinte trennen noch das Unterschiedene vermischen.85 Mit der strikten Bewahrung der eigenen Identität für jede göttliche Person ergibt sich eine derartige Einheit der drei, welche mit dem kappadozischen Modell zusammenfällt: „Geeint durch Unterscheidung und durch Einung unterschie-

filium procedens in patre a quo procedit et filio per quem procedit, et tres unum sunt per intellectam trinitatem in unitate. Vgl. Beierwaltes, Eriugena 1994, 233 mit Verweis auf: P II 32, 188, 24. Erörterung des Filioque bei Eriugena: II 33, 196,7  ff. II 24, 120, 33. 78 Siehe Siecienski, Filioque 2010, 108 mit Verweis auf De divisionae naturae II, 31–34 (PL 122, 601, 14). 79 Siehe Siecienski, Filioque 2010, 108 mit Verweis auf div. nat. 2, 34 (PL 122, 601,14). 80 Eigene Bemerkung. 81 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 234. 82 Siehe Div. Nom. II.5 (PTS 33, 128, 11–12 Suchla). 83 Siehe Div. Nom. II.5 (128, 10); XIII 3 (229, 8). 84 Siehe Div. Nom. II.7 (132, 1–3): ἐστι πηγαία θεότης ὁ πατήρ, ὁ δὲ υἱὸς καὶ τὸ πνεῦμα τῆς θεογόνου θεότητος … βλαστοὶ θεόφυτοι καὶ οἷον ἄνθη καὶ ὑπερούσια φῶτα. 85 Siehe Div. Nom. II.2 (125, 6): οὔτε τὰ ἡνωμένα διαιρεῖν θεμιτὸν οὔτε τὰ διακεκριμένα συγχεῖν.

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den … Denn die Gottheit ist eine in drei und das eine ist zugleich drei“.86 Eine derartige paradoxe Zusammenführung ist nur möglich, wenn keine Umkehrung (ἀντιστροφή)87 oder Wandelbarkeit bei den Idiomen stattfindet. Innerhalb dieser überwesentlichen Einheit bleibt jede Hypostase lauter und unvermischt festgegründet und jede wahrt für sich ihre eigene Eigentümlichkeit auf leicht zu unterscheidende, deutliche und wohlgeordnete Weise (τὰ οἰκεῖα εὐδιακρίτως δὲ καὶ σαφῶς καὶ εὐτάκτως).88 Mit der Bewahrung der Eigenständigkeit jeder Hypostase durch die ihr zukommende Eigenschaft ergibt sich eine so genannte unvermischte Einung (ἀσύγχυτος ἕνωσις),89 die das Unterschiedene eint und das Geeinte zugleich unterscheidet, ohne es zu trennen. In dieser Art von Einung scheint Dionysios den höchsten Grad von Einheit in Hinblick auf die Dreieinigkeit erreicht zu haben. Mit einer Metapher aus dem Bereich des Sinnlichen versucht Dionysios ein schattenhaftes Bild dieser ungewöhnlichen Einung zu geben: „– um verständliche und uns passende Beispiele zu verwenden – wie Lichter von Lampen in einem einzigen Zimmer sowohl vollständig ganz und gar ineinander gehen als auch eine vollkommene, eigentümlich bestehende Geschiedenheit voneinander aufweisen und somit geeint in der

86 Siehe Div. Nom. II.4 (127, 7): ἡνωμένα τῇ διακρίσει καὶ τῇ ἑνώσει διακεκριμένα. Vgl. auch Basileios oder Gregor von Nyssa Ep. 38.4 (I, 87, 90–91 Courtonne): καινὴ καὶ παράδοξος διάκρισις τε συνημμένη καὶ διακεκριμένη συνάφεια [Eine neue und widersinnige Unterschiedenheit, die verbunden ist, und eine Verbundenheit, die unterschieden ist]. Übers nach Wolf Dieter Hauschild, Basilius v. Caesarea, Briefe (BGL 32, S.  87); Greg. Naz., Or.  28.1 (SC 250, 110, 15  – 102, 17 Gallay): μᾶλλον δὲ μίαν ἐκ τῆς μιᾶς θεότητος γενέσθαι τὴν ἔλλαμψιν ἑνικῶς διαιρουμένην, καὶ συναπτόμενην ἀδιαιρέτως, ὃ καὶ παράδοξον [Es möge von der einen Gottheit aus eine einzige Erleuchtung kommen, vielfach in ihrer Einheit und einfach in ihrer Vielheit, was eine ganz paradoxe Sache ist]. Übers. (wenig geändert) nach J. Barbel, Gregor von Nazianz 1963, 63. Vgl. auch Or. 39.11 (SC 358. 170, 12 – 172, 21 Moreschini): Διαιρεῖται γὰρ ἀδιαιρέτως … καὶ συνάπτεται διῃρημένως. Ἓν γὰρ ἐν τρισὶν ἡ θεότης, καὶ τρία ἕν [Denn die Gottheit teilt sich in unteilbarer Weise und ist in geschiedener Weise verbunden …; denn die Gottheit ist eine Einzigkeit in drei und die Drei sind (wiederum zugleich) eins]. 87 Siehe Div. Nom. II.3 (125, 20). Vgl. Greg. Nyss., De oratione Dominica III (GNO VII/2, 42, 5 – 43, 14 Callahan). 88 Siehe Div. Nom. II.4 (126, 6); Vgl. auch II.5 (128, 12–13): φυλαττόντων δὲ τὰ οἰκεῖα τῶν ὕμνων εὐαγῶς ἑκάστῃ τῶν θεαρχικῶν ὑποστάσεων. Vgl. Photios, Amph. 314 (VI/1, 117, 34–35 Westerink): ἀλλὰ ἐν τῇ τοσαύτῃ ἀνεπινοήτῳ ἑνώσει σῴζεται καθαρῶς τε καὶ εἰλικρινῶς ἀνεπιμίκτως τὰ ἰδιώματα. 89 Vgl. Div. Nom. II.4 (127, 16–128, 1): ἕνωσις ἀμιγὴς καθόλου καὶ οὐδενὶ μέρει συμπεφυρμένη. Vgl. Div. Nom. II.5 (128, 9): … κατ’ αὐτὴν τὴν ἕνωσιν ἀμιγῶς ἵδρυται καὶ ἀσυγχύτως ἑκάστη τῶν ἑναρχικῶν ὑποστάσεων. Zur Idee der unvermischten Einheit bei den Kappadoziern siehe: Christoph Markschies, Gibt es eine einheitliche kappadozische Trinitätstheologie? In: Alta Trinita Beata. Gesammelte Studien zu altkirchlichen Differenzen, Tübingen 2000, 196–237, bes. 215.

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Geschiedenheit und in der Einung geschieden sind. In der Tat sehen wir immerhin, wenn sich in einem Zimmer viele Lampen befinden, dass die Lichter von allen zu einem einzigen Licht vereinigt sind und einen einzigen ungeschiedenen Glanz ausstrahlen, und niemand, denke ich, wäre imstande, das Licht dieser Lampe von den anderen aus der alle Lichter umfassenden Luft zu unterscheiden und das eine ohne das andere zu sehen, da doch alle in allen unvermischt miteinander vereinigt sind. Wenn aber irgendeiner eine einzige der Lampen aus dem Gemach trüge, so ginge auch das betreffende gesamte Licht mit hinaus und nähme nichts von den anderen Lichtern in sich mit fort oder ließe nichts von sich den anderen zurück“.90 Man hätte hier nicht außer Acht lassen dürfen, dass Dionysios das Paradox dieser Einung nicht (wie z.  B. Augustinus oder Marius Victorinus anhand psychologischer Analogien [in einer immer triadischen Struktur wie mens  – notitia  – amor (Geist – Kenntnis – Liebe) oder memoria – intellegentia – voluntas (Erinnerung – Einsicht – Wille)]91 zu erläutern versucht, sondern anhand von Bildern aus dem sinnlichen Bereich, die auf keine Art auf reziproke Beziehungen hinweisen! Eine relationale Struktur, welche die Wechselseitigkeit und Austauschbarkeit der Beziehungen zwischen den Personen implizieren würde, liegt hier nicht vor. Jeder göttliche Hervorgang (γέννησις – ἐκπόρευσις) besagt nichts anderes als das zeitlose Entstammen beider „Sprösslinge“ aus ein- und derselben Quelle und keine Rückkehr zu ihr. Distinkte und verschiedenartige Ursprungsbeziehungen und nicht eine relationale Struktur, welche einen Rückgang des Entsprungenen in sich selbst und damit in seinem eigenen Ursprung implizieren würde, machen den Eigenstand der Hypostasen aus.92 Weder bei Dionysios noch bei den Kappadoziern (und Photios) ist das Schema von „μονή – πρόοδος – ἐπιστροφή“ zur Erklärung der innertrinitarischen Abkunftsverhältnisse vorzufinden, das die

90 Div. Nom. II.4 (127, 4–12): καθάπερ φῶτα λαμπτήρων (ἵνα αἰσθητοῖς καὶ οἰκείοις χρήσωμαι παραδείγμασιν), ὄντα ἐν οἴκῳ ἑνί καὶ ὅλα ἐν ἀλλήλοις ὅλοις ἐστίν καὶ ἀκριβῆ τὴν ἀπ’ ἀλλήλων ἰδικῶς ὑφισταμένην ἔχει διάκρισιν ἡνωμένα τῇ διακρίσει καὶ τῇ ἑνώσει διακεκριμένα· καὶ γοῦν ὁρῶμεν, ἐν οἴκῳ πολλῶν ἐνόντων λαμπτήρων, πρὸς ἕν τι φῶς ἑνούμενα τὰ πάντων φῶτα, καὶ μίαν αἴγλην ἀδιάκριτον ἀναλάμποντα, καὶ οὐκ ἄν τις, ὡς οἶμαι, δύναιτο τοῦδε τοῦ λαμπτῆρος τὸ φῶς ἀπὸ τῶν ἄλλων ἐκ τοῦ πάντα τὰ φῶτα περιέχοντος ἀέρος διακρῖναι καὶ ἰδεῖν ἄνευ θατέρου θάτερον, ὅλων ἐν ὅλοις ἀμιγῶς συγκεκραμένων. ἀλλὰ καὶ τὸν ἕνα τις τῶν πυρσῶν ὑπεξάγοι τοῦ δωματίου, συνεξελεύσεται καὶ τὸ οἰκεῖον ἅπαν φῶς οὐδέν τι τῶν ἑτέρων φώτων ἐν ἑαυτῷ συνεπισπώμενον ἢ τοῦ ἑαυτοῦ τοῖς ἑτέροις καταλεῖπον· Übers. nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areopagita, Die Namen Gottes (BGL 26, 32, 14–30). 91 Siehe Drecoll, Augustin Handbuch 2007, 450–456. 92 Siehe Oberdorfer, Filoque 2001, 91 genau wie bei den Kappadoziern der Fall ist.

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Grundgesetzlichkeit neuplatonischen Denkens darstellt und die lateinische trinitätstheologische Spekulation des 4. Jahrhunderts beeinflusst hat.93 Das echte Bemühen seitens des Dionysios, das Verhältnis zwischen dem Geeinten und dem Unterschiedenen, d.  h. zwischen Einheit und Dreiheit, zu erklären und plausibel zu machen und daraus ein logisch begründbares und an sich ein durch Reflexion rechtfertigbares Dogma zu entwerfen, zeigt, dass die christliche Theologie seit dem 4. Jahrhundert mit diesem Paradoxon befasst war und dass sie diese Frage zwar in der biblischen Fundierung, aber nicht ganz unabhängig von der philosophischen Atmosphäre der Zeit, in der das trinitätstheologische Gären seine Zuspitzung fand, lösen konnte und hätte lösen können. Sie hat versucht in der Figur der drei Kappadozier und des Dionysios Areopagita den Begriff der Einheit-Einfachheit, der leitend für das neuplatonische Denken war, in den christlichen Gedanken einer Drei-Einheit oder einer in sich einigen Dreiheit umzuformen, sodass man zu Recht auch in der Trinitäts-Konzeption eine Prävalenz des Einen oder der Einheit sehen kann.94 Darum sagt Dionysios, „im Göttlichen herrschen die Einungen über den Unterschied (Unterscheidung) und sie besteht zuvor (vor der kreativen Entfaltung)“.95 Trotzdem „keine Eins und keine Drei, weder Zahl noch Einheit oder Zeugungskraft noch irgendetwas des Seienden oder dessen, was irgendjemand vom Seienden eingesehen hat, deckt die jede Ratio und jedem Intellekt übersteigende Verborgenheit der alles Seiende in überragender Weise überragenden Übergottheit auf, auch gibt es von ihr weder einen Namen noch eine Aussage, vielmehr ist sie ins Unzugängliche entrückt“.96

93 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 236–237: „Bei Marius Victorinus entwickelt sich anhand des Ternars esse – vivere – intellegere (sein – leben – denken) die Art einer dynamischen Einheit, die in oder durch drei je verschieden subsistierende Seins-weisen des Selben sie selbst ist. Die reflexive Rückbindung des Sohnes zum Vater oder des Vaters durch den Sohn zu sich selbst ist der Hl. Geist“. 94 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 211. 95 Div. Nom. II.11 (137, 5–6 Suchla): καὶ γὰρ ἐπὶ τῶν θείων αἱ ἑνώσεις τῶν διακρίσεων ἐπικρατοῦσι καὶ προκατάρχουσι … 96 Div. Nom. XIII.3 (229, 10–14): οὐδεμία δὲ μονὰς ἢ τριάς, οὐδὲ ἀριθμὸς οὐδὲ ἑνότης ἢ γονιμότης, οὐδὲ ἄλλο τι τῶν ὄντων ἢ τινι τῶν ὄντων συνεγνωσμένων, ἐξάγει τὴν ὑπὲρ πάντα καὶ λόγον καὶ νοῦν κρυφιότητα τῆς ὑπὲρ πάντα ὑπερουσίως ὑπερούσης ὑπερθεότητος, οὐδὲ ὄνομα αὐτῆς ἐστιν, οὐδὲ λόγος, ἀλλ’ ἐν ἀβάτοις ἐξῄρηται. Übers. (wenig geändert) nach Beate Regina Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 102, 4–10). Vgl. auch Photios Amph. 182 (V, 239, 1–3 L/W): οὐ τὸ ἕν ἐν ἀριθμοῖς ἢ τὰ τρία κυρίως ὥσπερ ἐπὶ τῶν κατὰ φύσιν καὶ κυρίως ἀριθμητῶν παραλαμβάνουσα (scil. ἡ καθ᾽ ἡμᾶς Θεολογία ἐπὶ τῆς ὑπερφυοῦς θεαρχίας).

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In Wahrheit kommt ihr kein Name zu, sie ist unaussprechlich (ἄρρητος)97 und jeder Name, der ihr zugewiesen wird, wird uneigentlich98 (καταχρηστικῶς) ausgesprochen und unter dem Vorbehalt, dass er die Wahrheit in einem von den menschlichen Erfassungsmöglichkeiten bedingten Ausmaß beschreibt. Alles, was von der göttlichen Natur gesagt wird, ergibt sich einfach aus der inneren Not des Menschen, sich über sie fromme Gedanken zu machen und sich über sie zu äußern. Und „Auch den Namen der Güte tragen wir nur unpassend an sie heran, jedoch weihen wir ihr im Bestreben, irgend etwas über jene unaussprechliche Schöpferkraft zu erkennen oder zu sagen, erstrangig den verehrungswürdigsten der Namen. Darin stimmen wir wohl mit den biblischen Schriftstellern überein, doch werden wir aber weit hinter der Wahrheit der Sache zurückbleiben“.99 Wenn also die Wahrheit in dem über sie Ausgesagten nicht erschöpft ist, muss auch jede positive Bezeichnung selbst die des „Guten“ im Blick auf die Gottheit, durch eine formal bejahende, inhaltlich aber verneinende Transzendenzbehauptung, welche den Gegensatz von Bejahung und Verneinung übersteigt, d.  h. durch ein „ὑπὲρ“ ergänzt und zugleich aufgehoben werden. So weist die Bezeichnung der Gottheit als „ὑπεράγαθον“ auf die Präeminenz oder Erhabenheit (ὑπεροχή) oder Überfülle der Gottheit im Guten im Sinne eines Zustandes, in dem die Gottheit von allem, was im Bereich des Seienden als Gutes erfasst wird, abgesondert zu denken ist. Diese Art von Negation, die einen Zustand der völligen Trennung

97 Vgl. Div. Nom. I.1 (109, 12. 14): ἄρρητόν τε λόγῳ παντὶ τὸ ὑπέρ λόγον ἀγαθόν … νοῦς ἀνόητος καὶ λόγος ἄρρητος, ἀλογία καὶ ἀνοησία καὶ ἀνωνυμία. Vgl. Plotin Enn. V 3, 13, 1; VI 9, 4, 11–12. 98 Vgl. Plotin, Enn. VI 8, 13, 47–50: δεῖ δὲ συγχωρεῖν τοῖς ὀνόμασιν, εἴ τις περὶ ἐκείνου (scil. τοῦ ἑνός) λέγων ἐξ ἀνάγκης ἐνδείξεως ἕνεκα αὐτοῖς χρῆται, ἃ ἀκριβείᾳ οὐκ ἐῶμεν λέγεσθαι λαμβανέτω δὲ καὶ τὸ οἷον ἐφ᾽ ἑκάστου [Übrigens möge man Nachsicht haben, wenn wir in der Aussage über jenen Höchsten notgedrungen, um eine Andeutung zu geben, solche Ausdrücke gebrauchen, die wir streng genommen nicht zulassen; man möge in jedem Einzelfalle ein ‚gleichsam‘ mitverstehen]. Übers. nach Richard Harder, Plotins Schriften, 6 Bde., Hamburg 1967, Bd. IV/a, 39.41. 99 Div. Nom. XIII.3 (219, 15–17 Suchla): καὶ οὐδὲ αὐτὸ τὸ τῆς ἀγαθότητος ὡς ἐφαρμόζοντες αὐτῇ προσφέρομεν, ἀλλὰ πόθῳ τοῦ νοεῖν τι καὶ λέγειν περὶ τῆς ἀρρήτου φύσεως ἐκείνης, τὸ τῶν ὀνομάτων σεπτότατον αὐτῇ πρώτως ἀφιεροῦμεν· καὶ συμφωνήσωμεν ἂν κἀν τούτῳ τοῖς θεολόγοις, τῆς δὲ τῶν πραγμάτων ἀληθείας ἀπολειφθησόμεθα. Übers. (wenig geändert) nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 102, 11–16). Vgl. Plotin, Enn. II 9, 1, 5–7: ὅταν λέγομεν τὸ ἕν, καὶ ὅταν λέγομεν τἀγαθόν … οὐ κατηγοροῦντας ἐκείνης (scil. φύσεως) οὐδέν [Denn, wenn auch wir das Gute  …, sagen wir damit gar nichts über sie aus]. Vgl. Enn. III 8, 9, 16–18: οὐδὲ γὰρ, εἰ λέγομεν τὸ ἀγαθὸν εἶναι καὶ ἁπλούστατον εἶναι, δῆλόν τι καὶ σαφὲς ἐροῦμεν τὸ ἀληθὲς λέγοντες, ἕως ἂν μὴ ἔχωμεν ἐπὶ τί ἐρείδοντες τὴν διάνοιαν λέγομεν [Denn, auch wenn wir darüber (scil. über das Eine) sagen, es sei das Gute und das absolut Einfache, werden wir etwas Deutliches und Konkretes (darüber) nicht aussprechen, selbst wenn wir die Wahrheit sagen, insofern wir nichts haben, worauf wir unseren Gedanken stützen könnten, wenn wir darüber reden].

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und Entfernung vom Seins-Bereich besagt,100 ist nach Dionysios im Vergleich zu der Methode der bejahenden Redeweise (κατάφασις) beliebiger, weil der Aufstieg durch die Negationen „die Seele von dem ihr Seins-Verwandten entrückt und durch alle jene göttliche Wahrnehmungen hindurchführt, welchen das jeden Namen, jede Ratio und jede wahre Erkenntnis Überragende enthoben ist, als letztes aber von allem mit Gott verbindet, soweit unser Verbundenwerden mit ihm möglich ist“.101 „Καθ’ ὅσον ἡμῖν δυνατόν“. Die bei Dionysios beliebte und gut platonische Wendung bejaht die radikale und wesentliche Begrenztheit des menschlichen Daseins auf dem Weg des Aufstiegs zu Gott. Die Grenze erweist sich als wesentliches Merkmal der menschlichen Existenz, von der sie sich nicht befreien kann.102 Je tiefer der Mensch ins Mysterium der Gottheit eindringt, desto mehr wird er sich dessen bewusst, dass die Natur der Gottheit jede Erkenntnismöglichkeit übersteigt.103 Obwohl die negative Redeweise die Gottheit von allen Seins-Bestimmungen und denkbaren Inhalten zu läutern versucht, erweist sie sich trotzdem als der

100 Vgl. Timothy David Knepper, Not. Not: The Method and Logic of Dionysian Negation, in: ACPhQ 82/4 (2008) 619–637; 625–627 101 Div. Nom. XIII.3 (230, 1–5 Suchla): διὸ καὶ αὐτοὶ (scil. οἱ θεολόγοι) τὴν διὰ τῶν ἀποφάσεων ἄνοδον προτετιμήκασιν, ὡς ἐξιστῶσαν τὴν ψυχὴν τῶν ἑαυτῇ συμφύλων καὶ διὰ πασῶν τῶν θείων νοήσεων ὁδεύουσαν, ὧν ἐξῄρηται τὸ ὑπὲρ πᾶν ὄνομα καὶ πάντα λόγον καὶ γνῶσιν, ἐπ᾽ ἐσχάτων δὲ τῶν ὅλων αὐτῷ συνάπτουσαν, καθ᾽ ὅσον καὶ ἡμῖν ἐκείνῳ συνάπτεσθαι δυνατόν. Übers. (wenig geändert) nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 102, 16–22). 102 Siehe. Greg. Nyss., In Eccl. (GNO V, 412, 10–12 Alexander): παρελθεῖν βιάζεται (scil. ἡ ψυχή) τὴν διαστηματικὴν ἔννοιαν ἀλλ’ οὐ παρέρχεται (Die menschliche Seele versucht gewaltsam den Begriff des Diastema-Grenze durchzubrechen und zu überschreiten, schafft es aber nicht); (414, 6): καὶ πάλιν πρὸς τὸ συγγενὲς ἐπιστρέφεται [Und kehrt sie zu dem, was ihr verwandt ist, wieder zurück]. 103 Siehe Greg. Nyss., Eun. II 139–140 (GNO I, 265, 28 – 266, 3 Jaeger): ἡ δὲ ἀνθρωπίνη διάνοια πολυπραγμονοῦσα καὶ διερευνωμένη δι’ ὧν ἂν ᾖ δυνατὸν λογισμῶν ἐπορέγεται καὶ θιγγάνει τῆς ἀπροσπελάστου καὶ ὑψηλῆς φύσεως, οὔτε τοσοῦτον ὀξυωποῦσα ὡς ἐναργῶς ἰδεῖν τὸ ἀόρατον οὔτε καθάπαξ ἀπεσχοινισμένη τῆς προσεγγίσεως ὡς μηδεμίαν δύνασθαι τοῦ ζητουμένου λαβεῖν εἰκασίαν. Ἀλλὰ τὸ μέν τι τοῦ ζητουμένου διὰ τῆς τῶν λογισμῶν ἐπαφῆς ἐστοχάσατο, τὸ δὲ αὐτῷ τῷ μὴ δύνασθαι κατιδεῖν τρόπον τινὰ κατενόησεν, οἷόν τινα γνῶσιν ἐναργῆ τὸ ὑπὲρ πᾶσαν γνῶσιν τὸ ζητούμενον εἶναι ποιησαμένη [Der menschliche Geist, indem er forschend und vielgeschäftig ist, begehrt und berührt, soweit wie möglich, durch Überlegungen die unüberschreitbare und erhabene Natur. Weder besitzt er eine Scharfsichtigkeit, um klar das Unsichtbare zu sehen, noch ist er völlig von der Annäherung ausgeschlossen, sodass er nicht in der Lage wäre, in sich ein Blid des Gesuchten zu formen. Ein Teil aber des Gesuchten hat er mit Hilfe der Vernunft aufgefasst, das andere aber hat er gewissermaßen, durch die Schwäche es deutlich zu erkennen, begriffen, indem er die Tatsache für eine Art des klaren Wissens hielt, dass das Gesuchte jede Erkenntnis übersteigt]. Vgl. Greg. Nyss., Eun. I 373 (GNO I, 137, 5–6 Jaeger): σημεῖα τῆς ἰδίας φύσεως οὐ παρεχομένη, ἀλλ’ ἐν μόνῳ τῷ μὴ δύνασθαι καταληφθῆναι γιγνωσκομένη [(Die göttliche Natur)

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Erhabenheit des Gesagten nicht angemessen und unzulänglich, da sie eigentlich das Absolute wesentlich als das bezeichnet, was nicht das Sein ist, durch eine Relation also, in der das Absolute wesentlich nicht steht. Zwar bestimmt keine negative Transzendenzbehauptung das Verhältnis in dem das Absolute steht, geschweige sein Wesen, wohl aber bestimmt sie das Verhältnis, in dem das andere, das Seiende im Ganzen und auch der Mensch, zum Absoluten steht. Die Unwahrheit der negativen Transzendenzbehauptung ist ihre Unwesentlichkeit für das Absolute.104 Entzieht sich die Gottheit sogar dem negativen Zugriff des Denkens, wie kann man sich ihr dann annähern? Wie findet man Zugang zu ihrer Erkenntnis? Um vorweg einem latenten Agnostizismus im Namen der Transzendenz105 vorzubeugen, greift Dionysios Areopagita auf die Tradition der kappadozischen Kirchenväter als seinen Gewährsmännern zurück, die einen anderen Aspekt als den des Wesens bei der Gottheit anerkennen, nämlich den der Wirkungen,106 welche auf die ad extra-Bewegung der Gottheit und deren Herabstufung in den Bereich des Seienden hinweisen und damit die Idee der Vergöttlichung des Menschen möglich machen: „Alles Göttliche, und was uns davon offenbart wird, wird nur durch die Art des Daran-Teilhabens erkannt“.107 Das ist der einzige Weg, mittels dessen Gott sich „durch den unerschöpflichen Erguss seiner ungeminderten Mitteilungen“108 den Seienden zuwendet und sie „überschüttend mit der Teilnahme

bietet keine Zeichen (zur Erkenntnis) ihres eigenen Wesens dar, sondern sie wird allein dadurch erkannt, dass sie nicht erfasst werden kann]. Vgl. Greg. Naz., Or. 28.4 (SC 250, 108 Gallay). 104 G. Huber, Das Sein und das Absolute. Studien zur Geschichte der ontologischen Problematik in der spätantiken Philosophie, Basel 1955, 82–83. 105 Siehe Jens Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, Stuttgart 1992, 114. 106 Siehe bei Basileios von Caesarea die klassische Stelle in Ep. 234.1 (ΙΙΙ, 42, 28–31 Courtonne): ἡμεῖς δὲ ἐκ τῶν ἐνεργειῶν γνωρίζειν λέγομεν τὸν θεὸν ἡμῶν, τῇ δὲ οὐσίᾳ αὐτῇ προσεγγίζειν οὐχ ὑπισχνούμεθα. αἱ μὲν γὰρ ἐνέργειαι αὐτοῦ πρὸς ἡμᾶς καταβαίνουσι, ἡ δὲ οὐσία αὐτοῦ μένει ἀπρόσιτος [Wir nun behaupten, aufgrund der Wirkungen unseren Gott zu erkennen, aber dem Wesen selbst uns zu nähern, geben wir nicht vor. Denn seine Wirkungen kommen zu uns herab, sein Wesen aber bleibt unzugänglich]. Übers. nach W. D. Hauschild, Basilius v. Caesarea, Briefe, (BGL 37, S. 67). Vgl. Greg. Nyss., De Beatitudinibus VI (GNO VII/2, 141, 25–27 Langerbeck): ὁ γὰρ τῇ φύσει ἀόρατος ὁρατὸς ταῖς ἐνεργείαις γίνεται, ἔν τισι τοῖς περὶ αὐτὸν ἰδιώμασι καθορώμενος [Denn derjenige, der bezüglich der Natur unsichtbar ist, wird mittels der Wirkungen sichtbar, indem er im Blick auf die Eigenschaften, die um ihn herum wahrzunehmen sind, geschaut wird]. 107 Div. Nom. II.7 (131, 5–6 Suchla): πάντα γὰρ τὰ θεῖα, καὶ ὅσα ἡμῖν ἐκπέφανται, ταῖς μετοχαῖς μόναις γιγνώσκεται. 108 Div. Nom. II.11 (136, 7): τῇ ἀνελαττώτῳ χύσει τῶν ἀμειώτων αὐτοῦ μεταδόσεων

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an seinen ungeteilten Gütern beschenkt“109 und dadurch ihnen auch zugänglich wird. Mittels seiner gütigen Spendungen „wird Gott als Einzigkeit einerseits auf geeinte Weise geschieden, andererseits vermehrt und vervielfältigt er sich einfaltig und ohne aus dem Einen herauszutreten“.110 Dass sich die absolute einfache Gottheit als sich selbst differenziert erweist, zugleich aber eins bleibt, hängt nur mit einem Aspekt ihrer Existenz d.  h. mit ihren Hervorgängen (προόδους) zusammen. Nur anhand dieses Nachaußentretens Gottes kann man auch auf dessen positive Bezeichnungen Bezug nehmen, die in bejahender Weise nichts anderes als der Ausdruck unserer Erfahrung der enthüllten Wahrheit sind.111 Wenn wir z.  B. die alle Begriffe überschreitende Verborgenheit Gott, Leben, Manifestation des Seins, Licht oder Wort nennen, so meinen wir nichts anderes als die aus ihr zu uns heraustretenden Kräfte, die Vergottung bewirken, Dasein schaffen, Leben erzeugen oder

109 Div. Nom. II.11 (135, 14 – 15): δωρούμενη πᾶσι τοῖς οὖσι καὶ ὑπερχέουσα τὰς τῶν ὅλων ἀγαθῶν μετουσίας 110 Div. Nom. II.11 (135, 16 – 136, 5): ἡνωμένως διακρίνεται (scil. ἡ μονάς), πληθύεται δὲ ἑνικῶς καὶ πολλαπλασιάζεται ἐκ τοῦ ἑνὸς ἀνεκφοιτήτως … μένοντος (scil. τοῦ ἑνός). Übers. (wenig geändert) nach Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 37, 25–27). 111 Siehe Stylianos Papadopoulos, ΘΕΟΛΟΓΙΑ καὶ ΓΛΩΣΣΑ. Ἐμπειρικὴ Θεολογία – Συμβατική Γγλῶσσα, Athen, 2002, 145. In seiner Ausführung verweist Papadopoulos auf Gregor von Nazianz, der der Kataphasis einen gewichtigeren Wert als der Apophasis einräumt. Nach Gregor ergäbe sich, wenn wir eine positive Erkenntnis von Gott hätten, die negative von selbst. Aber aus negativen Erkenntnissen erwächst keine positive Aussage: oὕτως οὐδὲ ἐκεῖ στήσεται μέχρι τοῦ εἰπεῖν ἃ μή ἐστιν ὁ τὴν τοῦ ὄντος πολυπραγμονῶν φύσιν, ἀλλὰ δεῖ, πρὸς τῷ εἰπεῖν ἃ μή ἐστι, καὶ ὅ ἐστιν εἰπεῖν – ὅσῳ καὶ ῥᾷον ἕν τι περιλαβεῖν, ἢ τὰ πάντα καθ’ ἕκαστον ἀπειπεῖν – ἵνα ἐκ τε τῆς ἀναιρέσεως ὧν οὔκ ἐστι, καὶ τῆς οὗ ἐστὶ θέσεως, περιληφθῇ τὸ νοούμενον. Ὁ δὲ ἃ μὲν οὔκ ἐστι λέγων, σιωπῶν δὲ ὅ ἐστι, ποιεῖ παραπλήσιον, ὥσπερ ἂν εἰ τὰ πέντε δὶς ὅσα ἐστὶν, ἐρωτώμενος ὅτι μὲν οὐ δύο λέγοι, οὐδὲ τρεῖς, οὐδὲ τέσσαρες, οὐδὲ πέντε  … οὐδὲ τινα, ἵνα συνελὼν εἴπω, τῶν ἐντὸς δεκάδος ἢ δεκαδικῶν ἀριθμῶν∙ ὅτι δὲ εἴη δέκα μὴ λέγοι, μηδὲ ἐρείδοι τὸν νοῦν τοῦ ἐρωτῶντος εἰς τὸ ζητούμενον. Πολλῷ γὰρ ῥᾷον καὶ συντομώτερον ἐκ τοῦ ὅ ἐστιν ὅσα οὐκ ἐστι δηλῶσαι, ἢ ἐκ τοῦ ἀνελεῖν ἃ μὴ ἐστιν ὅ ἐστιν ἐνδείξασθαι. Ἢ τοῦτο μὲν παντὶ δῆλον. [So soll man auch, wenn man die Natur eines Dinges untersucht, sich nicht damit begnügen zu sagen, was es nicht ist, sondern der Aussage, was es nicht ist, auch die Aussage über das, was es ist, hinzufügen. Um so mehr als es leichter ist, eine (positive Aussage) zu erfassen, als die (negativen Aussagen) reihum auszuschließen. Das Gemeinte soll so durch den Ausschluss dessen, was es nicht ist, und durch die Behauptung dessen, was es ist, erfasst werden können. Wer zum Beispiel sagt, was etwas nicht ist, und das, was es ist, verschweigt, der handelt wie einer, der auf die Frage, wieviel zwei mal fünf ist, antworten würde: Nicht zwei, nicht drei, nicht vier, nicht fünf, … noch um es kurz zu sagen, irgendeine Zahl unter und über zehn, nicht aber sagen würde, es sei zehn, noch den Geist des Fragenden auf das Gesuchte hinlenken würde. Es ist viel leichter und kürzer, wenn man weiß, was etwas ist, zu entwickeln, was es nicht ist, als durch Abzug dessen, was es nicht ist, zu zeigen, was es ist. Das leuchtet doch wohl jedem ein]. Vgl. Or. 28.9 (SC 250, 118, 18 – 120, 33 Gallay). Übers. nach J. Barbel, Gregor von Nazianz 1963, 81–83.

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Weisheit schenken. Dieser aber nähern wir uns nur nach Aufhebung aller intellektuellen Betätigungen, da wir keine Vergottung, kein Leben oder keinerlei Manifestation des Seins sehen, die genau derjenigen Ursache ähnlich ist, welche in jeglicher Überlegenheit allem enthoben ist.112

Dieses auf den Ursprung bezogene Geflecht von Seins-Prädikaten, die auf eine positive Erfahrung der Wahrheit hinweisen und Gott als nicht seinem Wesen aufschließende Prädikate zukommen, bezieht sich auf diesen wichtigen Aspekt der Energien, durch den Gott zugleich transzendent und den Seienden zugänglich bleibt. Das Maß der Enthüllung Gottes zu uns wird das Maß unserer Erkenntnis über ihn. Durch diesen positiven Aspekt des Zugangs zu Gott, nämlich dessen Wirkungen auf die Welt (ökonomische Wirkung), wird die Gefahr eines Agnostizismus, der mit der Hervorhebung der Negativität besteht und mit der christlichen Auffassung von einem personalen Gott nicht kompatibel ist, aus dem Weg geräumt. Diese Verbindung einer positiven auf Gott bezogenen Redeweise mit der Erfassung eines kommunizierbaren und in einer bestimmten Hinsicht (der der Energien) zugänglichen Gottes hat das Christentum in der Person des Dionysios Areopagita mit dem späteren neuplatonischen Denksystem, vor allem mit dem des Proklos113 in Einklang gebracht114 und damit die enge Verbindung des Christentums (besonders in Hinblick auf das Zum-Ausdruck-Bringen zentraler Glaubensinhalte durch philosophische Begriffe, wie z.  B. das ὁμοούσιος) mit dem Erbe des antiken griechischen Denkens bezeugt.115 Die aus Dionysiosʼ Denken herangezogenen Ausführungen haben weitreichende Auswirkungen auf die Filioque-Frage und besonders im Blick auf das Verhältnis zwischen ökonomischer und immanenter Trinität. Denn diese Ausführungen weisen zwar deutlich auf eine gewisse Unterscheidung zwischen beiden

112 Div. Nom. II.7 (131, 7–13 Suchla): οἷον, εἰ τὴν ὑπερούσιον κρυφιότητα θεὸν ἢ ζωὴν ἢ οὐσίαν ἢ φῶς ἢ λόγον ὀνομάσαιμεν, οὐδὲν ἕτερον νοοῦμεν, ἢ τὰς εἰς ἡμᾶς προαγομένας δυνάμεις, ἐκθεωτικάς ἢ οὐσιοποιούς ἢ ζωογόνους ἢ σοφοδώρους· αὐτῇ δὲ κατὰ τὴν πασῶν τῶν νοερῶν ἐνεργειῶν ἀπόλυσιν ἐπιβάλλομεν, οὐδεμίαν ὁρῶντες θέωσιν ἢ ζωὴν ἢ οὐσίαν, ἥτις ἀκριβῶς ἐμφερής ἐστι τῇ πάντων ἐξῃρημένῃ κατὰ πᾶσαν ὑπεροχὴν αἰτίᾳ. Übers. (wenig geändert) nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 34, 12–19). 113 Siehe Plat. Theol. II 9 (60, 23–25 Saffrey-Westerink): τὸ μὲν οὖν ἓν καὶ τὸ ἀγαθὸν ἐκ τῆς εἰς ἅπαντα τὰ ὄντα καθηκούσης ἀπ’ αὐτοῦ δόσεως μετήγομεν [Die Bezeichnung das „Eine“ sowie die des Guten wiesen wir (scil. dem Absoluten) zu, aufgrund der aus ihm (scil. dem Einen) hervorfließenden Gabe, die bis zu allen Seienden ankommt]. 114 Siehe Theodoros Alexopoulos, Inwieweit ist die Synthese zwischen Neuplatonismus und Christentum in der philosophisch-theologischen Position des Dionysios Areopagita gelungen? In: JRPh 8 (2009) 119–138. 115 Siehe Jens Halfwassen, Plotin und der Neuplatonismus, München 2004, 166.

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Ebenen hin, lehnen aber zugleich eine dezidierte Trennung, wie man es oft der orthodoxen Seite vorwirft,116 ab. Denn man kann keinen anderen Zugang zu Gott haben als den der Ökonomie, in dem Gott sich in der Dreieinigkeit der Personen aufzeigen lässt,117 dies jedoch, wie Dionysios uns lehrt, in beschränkter und begrenzter Weise. Auf die Immanenz-Theologie lässt sich nur von den heilsökonomischen Taten her schließen, jedoch unter der Berücksichtigung, dass das, was Gott von seinem selbst uns enthüllt, er dem Maß der Empfänglichkeit des geschaffenen Menschen gemäß tut.118 Ein Aspekt von ihm, nämlich das Wesen, bleibt für immer verborgen! Nach dem orthodoxen trinitarischen Verständnis kann die immanente Trinität durch das heilsökonomische Wirken der drei göttlichen Hypostasen nicht ausgeschöpft werden.119 Es besteht also die Notwendigkeit, dass man unter anderem das Verhältnis von ökonomischer und immanenter Trinität, das Implikationen für die Filioque-Debatte hat, weiter untersucht und klärt, um in der Lage zu sein, eine Verständigung über das Filioque-Problem zu erzielen.120 In der Mystagogie des Photios wird dieses Verhältnis nicht thematisiert, der Schwerpunkt wird auf die innertrinitarischen Beziehungen verlegt, aber es gibt eine erhellende Nuancierung dieses Verhältnisses, wenn der Patriarch zwischen 116 Dieser Vorwurf hängt in der Regel mit der negativen Bewertung der Energienlehre des Gregorios Palamas zusammen. Siehe Assaad Elias Kattan, Das Verhältnis von Heilsökonomie und Immanenztheologie. Zu den erkenntnistheoretischen Grundsätzen der Trinitätslehre, in: Filioque 2011, 261 mit Verweis auf D. Wendebourg, Geist oder Energie 1980 und Reinhard Floghaus, Theosis bei Luther und Palamas 1997. Siehe auch dazu Athanasios Bletsis, Die immanente Trinität ist die „doxologische Trinität“. Die Entsprechung von „Theologia“ und „Oikonomia“ als Voraussetzung einer Annäherung der Trinitätsmodelle vom Ost und West, in: US 64/1 (2009) 9–28. 117 Siehe Kattan, Das Verhältnis von Heilsökonomie und Immanenztheologie. Zu den erkenntnistheoretischen Grundsätzen der Trinitätslehre, in: Filioque 2011, 263 mit Verweis auf Lossky, Lʼapophase et la théologie trinitaire, in: A lʼimage et à la ressemblance de Dieu, Paris 1967, 7–23, bes. 9. 118 Siehe Stavrou, The Divine Unity, in: Filioque-Kontroverse 2011, 306 mit Verweis auf Gregors von Nyssa Panegyricus über Gregorios den Wundertäter, PG 46, 912D. M. Stavrou gibt uns Folgendes zu bedenken: „If the economic Trinity is indeed the immanent Trinity, it does not, for all that exaust the immanent Trinity. In such a case, if the Spirit is sent by the Son, it is the sign of an eternal relationship between the Son and the Spirit, but why is it an immediate question of a relationschip of origin, as it is in the Father-Spirit relationship?“ Stavrou, The Divine Unity, in: Filioque-Kontroverse 2011, 307) fährt weiter fort und fragt, warum man das Verhältnis zwischen den trinitarischen Personen einseitig d.  h. nur im Blick auf die Vater-Sohn-Beziehung und bei ihrem gemeinsamen Hervorbringen und Senden des Geistes gedacht werde sollte, während zahlreiche biblische Belege (Luk 1:35; 4:1; 4:18; 10:21; Hebr. 9:14; Rom 1:4; Apg. 2:33) auf eine wesentliche Wirkung des Geistes auf das Erlösungswerk Christi hinweisen. 119 Siehe Kattan, Das Verhältnis, in: Filioque 2011, 263 mit Verweis auf Stavrou, Filioque et théologie trinitaire, in: Com(F) 24 (1999) 151–171, 164. 120 Siehe A. E. Kattan, Das Verhältnis, in: Filioque 2011, 260.

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der ökonomischen Sendung der Gnadengaben des Geistes an die Jünger durch den Sohn und „dem Hervorgehen, um zur Existenz zu gelangen“ (πρὸς οὐσίωσιν ἐκπορεύεσθαι)121 deutlich unterscheidet. In diesem Zusammenhang unterscheidet er noch strikt zwischen der Hypostase des Hl. Geistes und den Gaben des Geistes, die auch als „Pneuma“ bezeichnet werden.122 Im zweiten Fall handelt es sich nicht um das ewige Hervorgehen und die Existenzweise der erzgöttlichen Hypostase des Hl. Geistes, sondern um die Spende und die Verteilung der göttlichen Energien und Kräfte (genau im Sinne der Kappadozier und Dionysios).123 Photios plädiert also für eine deutliche Unterscheidung zwischen Theologie und Ökonomie, nicht aber für eine völlige Trennung. Selbst wenn dieses Verhältnis in der Mystagogie nicht ausführlich behandelt wird, wird in anderen Werken darauf hingewiesen und angespielt. Darauf gehe ich im Rahmen des Kommentars und im Nachtrag ein. In der Mystagogie wird im Gegenteil, wie schon gleich zuvor angedeutet wurde, im Anschluss an die Widerlegung des Filioque als eines die Symmetrie innerhalb der Dreiheit aufhebenden und damit die Einfachheit in ihr zerstörenden Ansatzes der Schwerpunkt auf das innertrinitarische Beziehungsgeflecht gelegt. Photios beschäftigt die Frage, wie die Gottheit am besten bewahrt werden kann, wenn doch Vater, Sohn und Geist, auch jeweils Gott zu nennen sind.124 Die große Gefahr der Trinitätstheologie ist nämlich die Spaltung-Dihairese, die Zerteilung Gottes, die ihn zum Geschöpf machen würde, für das die Zweiheit oder die im philosophischen Sprachgebrauch genannte „Entzweiung“, Vereinigung aus Materie und Form (ὕλη καὶ εἶδος) und daher eine latente Spaltung, kennzeichnend ist, während die Dreiheit eine Art der Vollkommenheit symbolisiert und schlechthin unteilbar ist.125 Bei Photios wird von einer Dreiheit nur uneigentlich gesprochen, da sie nicht dem menschlichen Zahlenverständnis entspricht.126 Denn bei den zählbaren Dingen ist entweder eine Hinzufügung oder eine Subtraktion möglich, während bei der Gottheit dies nicht der Fall sein kann und nicht gedacht werden kann.127 Vielmehr sind die Zahlen Eins und Drei für die Gottheit in heiligmäßiger

121 Siehe Myst. 21 (S. 20, 6 Pol.). 122 Siehe Myst. 59 (S. 54, 2–4 Pol.). 123 Siehe Myst, 58 (S. 54, 3–4 Pol.). 124 Siehe Amph. 88 (II, 15, 23–26 L/W). Dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 292. 125 Siehe Amph. 181 (V, 237, 103–105; cf. 238, 114–116.124–131 L/W). Dazu Gemeinhardt, Filioque 2002, 292. 126 Siehe Amph. 182 (V, 240, 25–26 L/W): ἕν οὖν τὸ θεῖον καὶ τρία, οὐ κατὰ τὴν ἀριθμητικὴν τεχνολογίαν [Das Göttliche ist also eines und zugleich drei, nicht aber gemäß der Zahlenkunde]. 127 Siehe Amph. 182 (V, 240, 54–56 L/W): Ἔτι δὲ ἐπὶ τῶν κυρίως ἀριθμητῶν καὶ προσθήκη γίνεται καὶ ἀφαίρεσις τῶν ἀριθμουμένων, ἐπὶ δὲ τῆς ὑπερουσίου καὶ ἀκαταλήπτου τριάδος πῶς

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Weise so gemeint, dass die Eins ein Symbol der unbegreiflichen Verborgenheit (σύμβολόν τε τῆς ἀπερινοήτου κρυφιότητος) und die Drei der überwesentlichen Fruchtbarkeit (ὑπερουσίου γονιμότητος) darstellt.128 Deswegen muss man sich davor hüten, von einer „τριάς θεῶν“ oder gar von „τρεῖς θεοί“ zu sprechen. Vielmehr muss man von einer drei-hypostatischen (τρισυπόστατος) und in absoluter Einheit existierende Gottheit (ἑνιαία θεότης) reden.129 Eine der ausführlichsten Erörterungen des Photios betrifft also zweifellos die Frage nach dem Verhältnis von Einheit und Dreiheit, eine grundsätzliche Frage, welche die griechische Philosophie zuerst gestellt hat und mit der sich auch die christliche Theologie im Zusammenhang mit der Herausbildung und Erklärung des trinitarischen Dogmas beschäftigt hat. Denn die systematische Analyse eben dieser Frage ist eine notwendige Voraussetzung für die Arbeit an einer Reflexionsform, die dem zentralen christlichen Gedanken der Trinität oder Drei-Einigkeit einigermaßen angemessen sein sollte.130 Die Reflexion sollte die Trinität umkreisend definieren, den Glauben an sie zu einem verstehenden, zu einem sich durch Reflexion rechtfertigenden und verbindlich kommunizierbaren Glauben machen.131 Alle trinitarischen Entwürfe, nicht nur die, die bis zur Zeit des Photios entstanden sind, sondern auch diejenigen des mittelalterlichen und neuzeitlichen Denkens, angefangen von Nicolaus Cusanus über Spinoza und Leibniz bis in den Idealismus Fichtes, Hegels und Schellings132 hinein, sind von der Suche nach dem einen Grund und Ursprung für das in sich differenziert entfaltete Viele geprägt.133 Die Grundabsicht und Intention ist dabei stets, die höchstmögliche Stufe von Einheit innerhalb dieses in eine Drei-Einigkeit unterschiedenen Vielen sicherzustellen. Der Einheitsgedanke durchzieht die innere Logik und den Argumentationsgang aller an dieser Frage beteiligten christlichen Denker und wohl auch des Photios. Treu der östlichen Tradition, geht der hochgelehrte Patriarch nicht von der unteilbaren Einheit des göttlichen Wesens aus, sondern von der

ἂν ὅλως ἐννοηθείη τοῦτο [Darüber hinaus, in Hinblick auf das, was gezählt werden kann, kann man sowohl eine Addition als eine Subtraktion dessen, was gezählt wird, vornehmen, während bei der überwesentlichen und unfassbaren Freiheit, wie könnte man sich so etwas vorstellen?]. 128 Siehe Amph. 182 (V, 240, 37 L/W); Vgl. Div. Nom. I.4 (113, 1 Suchla). 129 Siehe Amph. 315. (VI/1, 120, 68. 80 Westerink). Dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 292. 130 Beierwaltes, Eriugena 1994, 204. 131 Beierwaltes, Eriugena 1994, 204 mit Verweis auf Wolfart Pannenberg, Systematische Theologie, Göttingen 1988, Bd. I, 283  ff. 132 Ich verweise auf die vor zirka 14 Jahren erschienene Studie über Schellings Trinitätsdenken von Dr.  Malte D.  Krüger, Göttliche Freiheit. Die Trinitätslehre in Schellings Spätphilosophie, Tübingen 2008. 133 Siehe Beierwaltes, Eriugena 1994, 204.

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 Einführung in die Problematik des Filioque

hypostatischen Wirklichkeit Gott-Vaters, als jenes Urgrundes, der einerseits die Einheit sicherstellt und andererseits die Unterscheidung bewirkt, was einer trinitätstheologischen Konzeption entspricht, die zweifellos in Gregor von Nazianz verankert ist. Das sachliche Fundament im Streit um den innertrinitarischen Hervorgang des Hl. Geistes ist zur Zeit des Photios durch die Trinitätstheologie einerseits der drei großen Kappadozier und andererseits des Augustinus gelegt. Anhand des augustinischen trinitätstheologischen Denkschemas müssen in der Binnenlogik des Filioque Vater und Sohn alles gemeinsam haben, das Hervorgehen des Geistes eingeschlossen, um miteinander wesensgleich zu sein. Dieser gemeinsame die Existenz des Geistes stiftende Akt wird auch in dem gemeinsamen Senden des Geistes von beiden, Vater und Sohn, bzw. in der Geistübertragung an die Jünger (Joh 20, 22) im Rahmen der Heilsgeschichte oder Ökonomie sichtbar und transparent gemacht. Dagegen herrscht bei den Kappadoziern und weiterhin bei Photios die Logik der strikt voneinander unterscheidbaren aber in sich selbst keine Verschiedenheit aufweisenden symmetrischen Abkunftsverhältnisse. Wenn nämlich auch der Sohn wesenhaft am Hervorgang des Geistes beteiligt wäre, entspräche dies nach Photios der Häresie des Makedonios, d.  h. dann wäre der Hl. Geist beiden anderen Personen untergeordnet. Welchem von diesen beiden Denkmodellen würde man heute den „Siegespreis“134 erteilen? Mit dieser stilistisch akzentuierten rhetorischen Frage möchte ich das Interesse des Lesers wecken und ihn motivieren, sich darüber Gedanken zu machen, welches von den vorgestellten unterschiedlichen Denkschemata, die jeweils an sich schlüssige Interpretationen des trinitarischen Dogmas darstellen, heute zur endgültigen Überwindung des Filioque-Dissenses zwischen West- und Ostkirche im weitesten, wesentlichsten und fruchtbarsten Ausmaß beitragen könnte. Eine vertiefende theologische Analyse der Mystagogie des Photios könnte m.  E. dazu beitragen, eine Antwort auf diese Frage zu geben und damit endlich aus der Sackgasse des Filioque-Problems herauszufinden. Denn unter der polemischen Textoberfläche dieser Schrift verbirgt sich eine sehr originelle Theologie, deren Beleuchtung neue Interpretationszugänge zur Frage des Hervorgangs des Hl. Geistes eröffnen könnte.

134 Siehe Myst. 75 (S. 72, 11 Pol.).

1 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat Vorwort Ich betrachte es als eine große Herausforderung und zugleich als Pflicht eines jeden Wissenschaftlers, der in seiner Beschäftigung mit den griechischen Kirchenvätern (Patres Ecclesiastici)1 eine Arbeit anfertigt, welche neben theologischen Themen auch an kirchengeschichtliche Ereignisse von großem Interesse anknüpft, die theologische Leistung, die diplomatische Haltung und vor allem den kirchlich-politischen Einsatz derjenigen Leitfiguren seiner Tradition hervorzuheben, die unschätzbare Dienste zur Verteidigung, Bewahrung und Ausbreitung2 der liturgischen, kulturellen und dogmatischen Identität des griechischbyzantinischen Christentums geleistet haben. Dieses kulturelle und religiöse Erbe hat sich aus der schöpferischen Verbindung zwischen der philosophischen Schatzkammer der griechischen Antike und dem theologischen Denken und der Spiritualität der Kirchenväter ergeben.3 Eine solche Persönlichkeit war Photios der Große. Er war nach Meinung renommierter katholischer Forscher der begabteste und tüchtigste Repräsentant einer Geistes- und Lebensrichtung, die lange vor ihm im oströmischen Reich die höheren und niederen Schichten durchdrang, die in ihm bereits kulminierte und sich seitdem immer mehr gefestigt und sich unter wachsendem äußeren Glanz in

1 Es handelt sich dabei um ein herausragendes Kapitel in der Geistesgeschichte, die Väter der Ostkirche, die mittels des philosophischen Erbes der griechischen Antike, das durch begriffliche Schärfe und inhaltliche Konsistenz gekennzeichnet war, einen enormen Beitrag zu Wachstum, Aufstieg und Blüte des östlichen Christentums geleistet haben. 2 Patriarch Photios war der erste kirchliche Diplomat, der sich den christlichen Glauben als Mittel, als Vehikel zur Erweiterung der Einflusszone des christlich-byzantinischen Kaiserreiches im Osten und damit zur Absicherung dessen äußerer Grenzen zunutze gemacht hat. Dies hat er durch die Vermittlung des orthodoxen Glaubens an die slavischen Völker mit großem Erfolg geschafft. 3 Siehe dazu die bahnbrechende Studie von E. v. Ivanka, Plato Christianus. Übernahme und Umgestaltung des Platonismus durch die Väter, Einsiedeln 1964. Diese schöpferische Verbindung bestand vor allem in der platonisch fundierten Väterphilosophie, durch die Elemente und Grundwahrheiten des christlichen Glaubens (wie z.  B. der Begriff ὁμοούσιος) zum Ausdruck gebracht werden konnten, sowie in der Übernahme und Umformung platonischen Gedankengutes bei den einzelnen Vätern. Siehe Endre von Ivánka, Plato Christianus. Übernahme und Umgestaltung des Platonismus durch die Väter, Einsiedeln 1964, Vorwort S. 13–14. https://doi.org/10.1515/9783110790269-001

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

weit größeren Dimensionen ausgebreitet hat.4 Im Fall des Photios begegnet man demselben spezifischen Merkmal, das viele große Persönlichkeiten der Geschichte kennzeichnet: Ihre Zeitgenossen verstehen und würdigen sie weniger, als sie es verdient hätten. Erst der Tod und die Zeit gewähren einen gewissen Abstand, der es der Geschichte erlaubt, ihre Aufgabe zu übernehmen, d.  h. ein objektives Urteil über sie auszusprechen. Es ist wie im Fall derer, die sich an den Hängen von großen Bergen befinden. Sie können von ihrer Lage aus keine Gesamtschau der ganzen Landschaft gewinnen, anders wie jene, die auf dem Gipfel sind. Erst der Abstand gewährt ihnen die Möglichkeit, sich einen Eindruck von der Höhe und der Pracht des Berges zu verschaffen.5 Nachdem der Name des Patriarchen von Zeitgenossen und Späteren in seiner Würde und in seiner kirchlich-politischen Haltung mit vielen unpassenden Bezeichnungen entehrt worden war, kam es doch so, dass man ihn in der Neuzeit und mithilfe verschiedener Vertreter der theologischen und historischen Wissenschaft (wie F. Dvornik, K. Krumbacher) besser einzuschätzen vermochte und ein objektiveres Urteil über ihn aussprechen konnte. Denn man darf nicht außer Acht lassen, dass Photios in einer Zeit gelebt hat, in der die kirchlich-politische Trennung zwischen West- und Ostkirche schon eine Realität war, als Ergebnis eines langjährigen Entfremdungsprozesses. Der gewaltige Blitz des großen kirchlichen Bruches von 1054 hat nicht plötzlich eingeschlagen, sondern wurde von dichten Wolken, die sich am geistigen Horizont der Kirche aufgetürmt hatten, vorbereitet. In der Person des Papstes Nikolaos I. hat der Westen den klassischen Vertreter des päpstlichen Ideals und Primatanspruches sowie einer konsequenten Einstellung zur Ausdehnung der päpstlichen Einflusszonen gefunden – Merkmale, denen man schon bei den Päpsten Viktor I. und Stephanos II. begegnet ist. Auf der anderen Seite fand die östliche Welt ihren eigenen Vertreter in der Person des Photios. Als einer der wichtigsten Vertreter verkörperte er die Ideale der griechisch-christlichen byzantinischen Kultur in sich. Vor allem fand sie in ihm den eigentlichen Verteidiger der orthodoxen Kirche, der gegen die lateinischen Expansionsbestrebungen (besonders in Bulgarien) gekämpft hat und damit als wahrer Vorkämpfer des orthodoxen Glaubens zum Vorschein kam.

4 Siehe Hergenröther, Photius 1867 (1966)2, Bd. I, 4. 5 Siehe Georgiou G. Papandreou, Πολιτικά θέματα, Athen 1941, aus der politischen Gedenkfeier des Eleftherios Venizelos, Athen, April 1936.

Biographische Skizze des Patriarchen Photios. Seine Jugend – seine Familie 

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1.1 Biographische Skizze des Patriarchen Photios. Seine Jugend – seine Familie Die adlige Herkunft des Photios sowie seine vielseitige Persönlichkeit wird von vielen, auch von denen, die zu ihm negativ eingestellt waren, wie dem Biographen des Patriarchen Ignatios von Konstantinopel, Niketas David, bezeugt: ἦν οὗτος ὁ Φώτιος οὐ τῶν ἀγενῶν τε καὶ ἀνωνύμων, ἀλλὰ καί τῶν εὐγενῶν κατὰ σάρκα καὶ περιφανῶν σοφίᾳ τε κοσμικῇ καὶ συνέσει τῶν ἐν τῇ πολιτείᾳ στρεφομένων εὐδοκιμώτατος πάντων ἐνομίζετο. Γραμματικῆς μὲν γὰρ καὶ ποιήσεως ῥητορικῆς τε καὶ φιλοσοφίας ναὶ δὴ καὶ ἰατρικῆς καὶ πάσης ὀλίγου δεῖν ἐπιστήμης τῶν θύραθεν· τοσοῦτον αὐτῷ τὸ περιὸν ὡς μὴ μόνον σχεδὸν φάναι τῶν κατὰ τὴν αὑτοῦ γενεὰν πάντων διενεγκεῖν, ἤδη δὲ καὶ πρὸς τοὺς παλαιοὺς αὐτὸν διαμιλλᾶσθαι. Πάντα γὰρ συνέτρεχεν ἐπ’ αὐτῷ, ἡ ἐπιτηδειότης τῆς φύσεως ἡ σπουδὴ, ὁ πλοῦτος δι’ ὃν καὶ βίβλος ἐπ’ αὐτὸν ἔρρει πᾶσα6 [Jener Photios war keiner von denen, die nicht vom Adelstand kamen und ruhmlos waren, sondern einer von denen, die einem adligen und berühmten Stammbaum entstammten, und wegen seiner weltlichen Weisheit und seines vernünftigen Handelns bezüglich der Angelegenheiten, welche die Politik betrafen, wurde er als der angesehenste Mann betrachtet. Er besaß große Kenntnisse einerseits in Grammatik andererseits in Poetik, Rhetorik und Philosophie, sogar auch in Medizin; und ihm fehlte sehr wenig an Kenntnissen bezüglich aller heidnischen Wissenschaften. So groß war seine Überlegenheit, dass es fast augescheinlich war, dass er sich nicht nur vor allen Leuten seiner Generation auszeichnete, sondern dass er auch schon mit den alten Klassikern (Gelehrten) wetteifern konnte. Alles vereinigte sich in ihm, die Tauglichkeit der Natur, die Bildung, der Reichtum, durch den auch jedes Buch zu ihm strömte]. Seine Eltern waren der Bekenner Sergios und seine Ehefrau Irene, welche für die Orthodoxie gekämpft haben und wegen ihrer Glaubenstreue in die Verbannung geschickt wurden und dort gestorben sind. Als Bestätigung für die Echtheit dieser Namen kann deren Erwähnung im Synaxarion von Konstantinopel am 13.  Mai, sowie die wörtliche Übereinstimmung mit den eigenen Aussagen des Photios über seine Eltern in der Epistula 289, betrachtet werden:7

6 PG 105, 509AB. 7 Siehe Ep. 289 (III, 122, 52–57 L/W). Dazu siehe Pamagiotis Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου, in: ΕΕΘΣΠΘ 2 (1992) 13 und auch Nikolaos Tomadakis, «Σέργιος πατρίκιος ὁμολογητής, πατὴρ τοῦ ἱεροῦ Φωτίου, καὶ ὁ εἰς μνήμην του κανὼν Ἰωσὴφ τοῦ Ὑμνογράφου», in: Ekklesiastikos Faros 59 (1977) 152–161.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Synaxarion: «Ὃς (πατὴρ Σέργιος) γένους ὑπάρχων ἐνδόξου καὶ μεγάλου  … σχοινίοις δεσμεῖται  … καὶ στερηθεὶς πλούτου πλείστου πανοικὶ συνάμα τῇ γυναικὶ Εἰρήνῃ καὶ τοῖς τέκνοις ὑπερορίζεται· ἔνθα πολλὰς θλίψεις ὑπομείνας … πρὸς Κύριον ἐξεδήμησεν».

Ep. 289, 122, 52–57: «Πατήρ  … ὃς ἕνεκεν δόξης ὀρθῆς καὶ πίστεως άληθοῦς πλούτῳ μὲν καὶ ταῖς τῶν ἀξιωμάτων περιφανείαις μακρὰ χαίρειν εἰπὼν καὶ πάντα παθῶν,  … ἐν αὐτῷ τῷ μαρτυρίῳ ὑπερορισθεὶς τετελείωται  … καὶ μήτηρ φιλόθεός τε καὶ φιλάρετος καὶ τοῦ ἀνδρὸς κατὰ μηδὲν ἐν τούτοις ἀπολιμπάνεσθαι».

Im Synaxarion von Konstantinopel wird gesagt, dass Sergios, der Vater des Photios, der von adliger Abkunft war, in Bande geschlagen, von seinen Ämtern entbunden und seines Vermögens beraubt wurde; auch sei er zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern ins Exil geschickt worden und sei dort, nachdem er vieles erlitten habe, gestorben. Dieser sein Vater Sergios war der Neffe des Patriarchen Tarasios (784–806), welcher dem 7. ökumenischen Konzil (787) präsidierte. Photios spricht einigermaßen verwirrend von Tarasios, indem er ihn manchmal als (eigenen) Onkel, dann aber wieder als Onkel des Vaters „πατρόθειος“ bezeichnet.8 Der Begriff bezeichnet nicht den leiblichen Onkel von Photios, d.  h. den Bruder seines Vaters Sergios, sondern den Onkel seines Vaters. Mithin wäre Tarasios der Großonkel von Photios9 und Sergios sein Neffe, nämlich Sohn seines Bruders Zacharias. Er muss ca. 780 geboren sein. Den Namen Tarasios trug auch der älteste Bruder (unter vier weiteren Geschwistern) des Photios, der zum akademischen Kreis um den Patriarchen gehörte und gemeinsam Texte las und analysierte. Diesem Lesekreis ist die „Bibliothek“, einer der wichtigsten literarischen Beiträge des Photios, zu verdanken. Das Werk ist auf Bitten des Bruders verfasst und ihm gewidmet,10 was ein eindeutiger Beweis dafür ist, dass Photios ihn sehr schätzte. Der zweite in der Reihe war Konstantin und der dritte Sergios. Beide bezeichnet Photios als „Protospatharii“.11 Der letzte in der Reihe, der Theodoros hieß, wird von Photios bloß als „ἀδελφός“ bezeichnet, was darauf anspielen mag, dass er in dieser Zeit

8 Siehe Ep. 2, (I, 52, 366 L/W). 9 Siehe Panagiotis Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 14. 10 Siehe P. Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 15. 11 Ein byzantinischer Titel von großem Gewicht, der innerhalb der Ämterhierarchie am Kaiserhof vorzufinden ist (zum ersten Mal im Jahr 718 zuverlässig belegt). Der Spatharios hatte sowohl militärische [als Kommandeur eines militärischen Themas (θέμα)] als auch juristische Aufgaben. In der Zeit des Photios, im 9. Jahrhundert war der Spatharios eine Person von großer Bedeutung, der zum engen Kreis des Kaisers gehörte. Siehe The Oxford Dictionary of Byzantium, Oxford 1991, Bd. III, 1748; 1936.

Biographische Skizze des Patriarchen Photios. Seine Jugend – seine Familie 

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kein öffentliches Amt innehatte. Es kann sein, dass er während der Verbannung seiner Eltern geboren wurde. Die Familie des Photios scheint durch Einheirat mit dem kaiserlichen Hof verwandt gewesen zu sein. Irene, eine der drei Schwestern (die zwei anderen: Sophia und Maria) der Kaiserin Theodora, Ehefrau des Kaisers Theophilos, wurde mit Sergios, dem Bruder von Photios’ Mutter Irene verheiratet.12 Früchte dieser Ehe waren Stephanos und Bardas, Vettern des Photios, die später zu „Magistroi“13 ernannt wurden.14 Der zweite Sohn, Bardas spielte beim schnellen Aufstieg des Photios in staatliche Ämter eine entscheidende Rolle, was ein deutliches Anzeichen dafür ist, dass der Erwerb eines Amtes von nepotistischen Kriterien abhängig war. Dies schließt natürlich die Tauglichkeit der das Amt bekleidenden Person, in unserem Fall des Photios, nicht aus, da er sich in allen Ämtern, die er übernommen hat, ausgezeichnet hat. Das genaue Geburtsjahr des Patriarchen ist uns leider nicht überliefert. Denn es gibt keine zu Lebzeiten oder bald nach seinem Tod verfasste Biographie, die auf bestimmte Daten hinweist. Mit hinreichender Sicherheit darf man aber die Geburt des Patriarchen etwa auf die Jahre 819–820 anzusetzen. Die Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind die folgenden: Wäre Photios später, etwa um 827 geboren worden, wie Hergenröther annimmt,15 so gäbe es keinen genügend großen zeitlichen Abstand zwischen seiner Geburt und dem Antritt des Patriarchenamtes im Jahr 857(8?). Das würde bedeuten, dass Photios mit dreißig Jahren den Thron bestiegen hätte, und nicht viel Raum für seine vielfältigen amtlichen Tätigkeiten bis zu seinem Patriarchat bliebe.16 Dagegen sollte Photios reif genug gewesen sein, um diesen schwer auszufüllenden Posten übernehmen zu können. Die politische und kirchliche Aristokratie der damaligen Zeit hätte sich als unentschuldbar erwiesen, wenn sie ein solches Amt einem Unerfahrenen überlassen hätte. Das hat sie schwerlich getan, und die historischen Umstände haben ihre Wahl gerechtfertigt. Eine zweite Vermutung hinsichtlich des Geburtsjahres des Photios in 810, wie H. Ahrweiler meinte, konnte von der quellennahen Analyse des P.  Chrestou nicht bestätigt werden.

12 Siehe P. Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 16. 13 Es handelt sich dabei um den Magister Officiorum, d.  h. das Oberhaupt der zentralen Ziviladministration im späteren römischen Kaiserreich. Dieser Dienst war mit juristischen Verpflichtungen und täglichen administrativen Angelegenheiten im Palast verbunden. Der Magister Officiorum war zur Zeit des Photios die zentrale Figur des kaiserlichen Hofes. Siehe The Oxford Dictionary of Byzantium 1991, Bd. II, 1267. 14 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 18. 15 Siehe Photius 1867, Bd. I, 315. 16 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 20.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Denn von den ihm vorausgehenden Patriarchen Nikephoros und Tarasios sagt Photios in der Epistula 290 ausdrücklich, sie hätten beide vor ihm gelebt und genau so wie er selbst alle Weihen vom Diakon bis zum Bischof innerhalb einer Woche erhalten und seien, nachdem sie den wahren Glauben durch ihr Lebensmuster und ihr Wort befestigten, zum Lichtgeber „unserer“ (d.  h. seiner) Generation geworden.17 Das einzige greifbare Zeugnis, das uns zu einer genaueren Einschätzung des Geburtsjahres des Photios führen könnte, ist sein Brief an den Diakon und Chartularios Gregorios, verfasst während des ersten Patriarchats, in dem er von dem Bannfluch, von dem er in früher Jugend zusammen mit seiner Familie betroffen war, berichtet: ἀνεθεμάτισαν ἡμᾶς χρόνοις μακροῖς πᾶσα σύνοδος αἱρετικὴ καὶ πᾶν εἰκονομάχων συνέδριον, οὐχ ἡμᾶς δὲ μόνον, ἀλλὰ καὶ πατέρα καὶ θεῖον ἡμέτερον, ἄνδρας ὁμολογητὰς Χριστοῦ καὶ ἀρχιερέων σεμνολόγημα· ἀλλ᾿ ἀναθεματίσαντες εἰς τὸν ἀρχιερατικὸν θρόνον ἡμᾶς ἀνήγαγον καὶ μὴ θέλοντας18 [Es hat den Bannfluch über mich vor sehr langer Zeit die ganze häretische Synode und die ganze ikonoklastische Versammlung ausgesprochen und zwar nicht allein über mich, sondern auch meinen Vater und meinen Onkel, Männer, die Christus bekannten und unter den würdevollsten der Bischöfe zu finden waren. Danach haben sie mich anathematisiert und wider meinen Willen den Patriarchenthron besteigen lassen]. Der Bericht des Photios lässt keinen Raum für irgendwelche Missverständnisse. Er sagt deutlich, dass auch er anathematisiert wurde, und zwar lange vor der Besteigung des Patriarchenthrons. Die einzigen ikonoklastischen Synoden im 9. Jahrhundert, die uns überliefert sind, haben im Jahr 815 (unter der Herrschaft Leos V.) und im Jahr 837 (unter der Herrschaft des Theophilos)19 stattgefunden. Da Photios zur Zeit seiner Anathematisierung die Volljährigkeit erreicht haben muss, spricht alles dafür, dass der Bannfluch über ihn in der Synode von

17 Siehe Ep. 290 (III, 128, 154 – 129, 159 L/W): ἐπεὶ δὲ δι’ ἡμᾶς σὺν ἡμῖν καὶ οἱ πρὸ ἡμῶν ἅγιοι καὶ μακάριοι πατέρες συνδιαβεβλῆσθαι κινδυνεύουσιν, ὡς Νικηφόρος καὶ Ταράσιος – ἐκ λαϊκοῦ γὰρ καὶ οὗτοι τοῦ σχήματος τὸ τῆς ἀρχιερωσύνης ἄκρον προέβησαν, οἳ τῆς καθ’ ἡμᾶς γενεᾶς ἀειφανεῖς λαμπτῆρες καὶ τῆς εὐσεβείας διαπρύσιοι γεγόνασι κήρυκες βίῳ καὶ λόγῳ κρατύνοντες τὴν ἀλήθειαν – [Da nun aber sich die vor uns heiligen und seligen Väter der Gefahr aussetzen, wegen uns und mit uns beschuldigt zu werden, wie z.  B. Nikephoros uns Tarasios – denn sie sind zu der Spitze des Patriarchenamtes aus dem Laienstand gelangt – welche im Verhältnis zu unserer Generation erhellende Fackeln immerdar und Verkündiger der Frommheit mit durchdringender Stimme geworden sind, indem sie mit ihrem Leben und ihrem Wort die Wahrheit gestärkt haben]. Siehe dazu Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 21–22. 18 Ep. 114 (I, 152, 1–3 L/W). 19 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 23.

Biographische Skizze des Patriarchen Photios. Seine Jugend – seine Familie 

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837 ausgesprochen sein muss, d.  h. als Photios 18–20 Jahre alt war.20 Diese Feststellung gilt allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass alles, was Photios in Ep. 234 zitiert, wörtlich zu nehmen ist. Denn wenn der Ausdruck «ἀνεθεμάτισαν … οὐχ ἡμᾶς δὲ μόνον, ἀλλὰ καὶ πατέρα καὶ θεῖον ἡμέτερον» nicht wörtlich gemeint ist, dann könnte Photios zu jenem Zeitpunkt ein Knabe oder Jüngling gewesen sein, der nicht das eigentliche Objekt des Anathemas war, sondern nur das Schicksal mit seinem Vater teilte.21 Fazit: Alle Angaben sprechen dafür, dass man das Geburtsjahr des Patriarchen zwischen 819–820 ansetzen sollte. Photios sollte zu der Zeit, in der er anathematisiert wurde, mindestens 18 Jahre alt gewesen sein (dies schließt die Hergenröthers Datierung auf 827 völlig aus). Auch ist uns nicht bekannt, dass Photios vor dem Jahr 842 eine bedeutsame kirchlich-politische Tätigkeit ausübte, im Gegensatz zur späteren Zeit während des ersten und zweiten Patriarchats, in der er ein gewichtiger kirchlich-politischer Faktor im Kaiserreich war. Photios selbst stellt also vor dem Jahr 842 keine Bedrohung für die damals bestehende politische Ordnung dar, anders als seine Eltern, die ins Exil geschickt wurden und einen märtyrerhaften Tod erlitten hatten.22 Photios berichtet in der Tat in seinem an seinen Bruder Tarasios gerichteten Trostbrief von dem „μαρτυρικὸν στέφανον“, den seine Eltern wegen ihres festen Zeugnisses für die Bilderverehrung erlangten.23 Sie wurden unter der Herrschaft des Kaisers Theophilos verbannt, in einer Zeit, in der der Kaiser strenge Maßnahmen gegen die Bilderverehrer traf, d.  h. um 832. Zuerst wurde sein Vater ins Exil geschickt, ihm ist Photios’ Mutter nach einiger Zeit gefolgt. Beide sind wahrscheinlich nach der ikonoklastischen Synode von 837 unter dem Patriarchat des Johannes Grammatikos VII. gestorben.24

20 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 23–24. 21 Siehe Konrat Ziegler, in: Paulys Real-Encyclopädie des klassischen Altertums Wissenschaften XX.1, Stuttgart 1941, Art.: Photios, 670. 22 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 24. 23 Siehe Ep.  234 (II, 152, 58–61 L/W): ποῦ μοι πατήρ; ποῦ δέ μοι μήτηρ; οὐχὶ μικρὰ τῷ βίῳ προσπαίξαντες, πλὴν ὅσα μαρτυρικὸς αὐτοὺς καὶ τῆς ὑπομονῆς διεκόσμει στέφανος, θᾶττον λιπόντες τὸ θέατρον ᾤχοντο; 24 Siehe Chrestou, Ἡ οἰκογένεια τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1992, 25. Vgl. Francis Dvornik, The Patriarch Photius in the light of recent Research, in: Berichte zum XI. Internationalen Byzantinischen Kongress, München, 1958, Bd. III/2, 1–56, 2.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

1.2 Seine Bildung – seine Lehrtätigkeit Die herausragende und umfangreiche Bildung des Mannes, die nahezu alle Gebiete des Wissens seiner Zeit umfasste, wurde auch von seinen Gegnern gelobt und hervorgehoben. Obwohl er ein Gegner des Photios war, fühlte sich Niketas David dazu gezwungen, in der „Vita Ignatii“ immer wieder auf die vielseitige Erudition des Patriarchen hinzuweisen.25 Die Worte seines Gegners sprechen für sich: Photios hat sich in der ganzen Zeit seines Lebens mit unermüdlichem Eifer den wissenschaftlichen Studien gewidmet und sich so jene Bildung erworben, deren Umfang nicht nur in seinem sich eben erst aus kläglichem geistigem Tiefstand erhebenden Jahrhundert erstaunlich ist.26 Die gründliche Beschäftigung des Photios mit den angeführten theoretischen Disziplinen tritt in allen seinen Schriften, besonders in der Bibliothek, im Lexikon und in den Amphilochia hervor. In der Bibliothek rezensiert er die Schriften verschiedener Autoren von der Antike bis zu seiner Zeit. Außer der inhaltlichen und sorgfältigen philologischen Prüfung27 achtet er sehr auf sprachrichtigen Ausdruck (dies besonders in seinen Briefen) und zensiert streng die grammatischen Fehler seine Freunde. Ein strahlender Beweis für seine Beschäftigung mit der Philosophie sind die Amphilochia, in denen mehrere philosophische Fragen behandelt werden. Der produktive Umgang mit der Philosophie zeigt sich vor allem in Photios’ kritischer Auswertung von Aristoteles’ Kategorien, was darauf hinweist, dass die literarische und philosophische Kritik im eigentlichen Sinne zu dieser Zeit verwirklicht wurde und dass sie zusammen mit der Etablierung eines Bundes zwischen den abstrakten literarischen Konzepten einerseits und den moralisch-religiösen Qualitäten und Ideen andererseits zu einer fruchtbaren Fusion zwischen Christentum und der antiken Tradition geführt hat.28 Photios stellt ein ausgezeichnetes Vorbild in der Verwirklichung des orthodoxen humanistischen und kulturellen Ideales dar, das in der Einfügung aller Bildungs- und

25 Siehe PG 105, 509AB; Text mit Übers. oben im Text in Bezug auf Anm. 6. 26 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 671 mit Verweis auf den Schluss der Bibliothek, in dem Photios ausdrücklich sagt, dass er die Wissenschaft pflegt: Ἃ μὲν οὖν φιλολογουμένοις ἡμῖν καθ’ ἑαυτοὺς εἰς ἀνάμνησιν ἐλθεῖν συνηνέχθη, χωρὶς ὧν ἡ σπουδὴ καὶ μελέτη τέχνες φιλεῖ καὶ ἐπιστήμας ἐργάζεσθαι … [Was ich also bei meiner privaten wissenschaftlichen Beschäftigung in mein Gedächtnis aufgenommen habe – abgesehen von den Fertigkeiten und Wissenschaften, die Fleiß und Übung hervorzubringen pflegen …]. 27 Siehe Amph. 43 (IV, 163, 102–108 L/W). 28 Siehe Despoina Stradoudaki White, Patriarch Photios – A Christian Humanist, in: GOTR 25/1 (1980) 195–205, 198.

Seine Bildung – seine Lehrtätigkeit 

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Erziehungs-Methoden in den Rahmen eines gesamten und umfassenden kulturell-humanistischen Ideales besteht.29 Photios’ Aufmerksamkeit richtete sich auch auf die Werke berühmter Historiker. Er zeigt eine gewisse Vertrautheit mit Werken der klassischen Periode, Ktesias von Knidos, Theopompos von Chios, Herodotos, Thukydides und Xenophon. Seine hohe Bildung erlaubt ihm auch, sich über bestimmte dieser Werke kritisch zu äußern. So bezeichnet er das Werk des Herodotos als ein Modell des ionischen Dialekts, während z.  B. die Werke des Thukydides und des Xenophon Modelle für den attischen Dialekt sind.30 Er hat sich auch intensiv mit den Werken der Historiker der Kaiserzeit, wie des Diodoros Sikelos und des Dionysios von Halikarnassos, dessen Werke von großer Bedeutung für die Studien der antiken Literaturkritik sind, beschäftigt. Von den Werken späterer Historiker berichtet er von den Biographien Plutarchs, von Appianos’ Römischer Geschichte, von Arrianos’ Geschichte der Parther und der Anabasis Alexanders, von Dexippos’ geschichtlicher Epitome und Skythika. Dabei hebt er die Bedeutung des Dexippos hervor und bezeichnet ihn als den zweiten Thukydides.31 Photios zeigte auch ein eifriges Interesse an der klassischen and hellenistischen Rhetorik, was aus praktischen Gründen verständlich ist. Es gab noch in seiner Zeit eine Schule für „Graduierte“, in der man sich für die Übernahme öffentlicher Ämter übte. Es bestand die Notwendigkeit zur Ausbildung hochqualifizierter Beamter. Darum mussten die Kandidaten für die Besetzung wichtiger Posten in der Abfassung offizieller Dokumente und Briefe sehr bewandert sein. Daraus ist auch ein signifikanter Einfluss der klassischen Rhetorik auf die byzantinische Eloquenz im 9. Jh. erklärbar.32 In Hinblick auf die praktischen Wissenschaften lässt Photios in seinen ausführlichen kritischen Berichten über mehrere umfängliche medizinische Werke, die in der Bibliothek33 enthalten sind, erkennen, wie intensiv er Medizin studiert hat.34 29 Evangellos Theodorou, Τὸ ἀνθρωπιστικὸν καὶ πολιτιστικὸν ἰδεῶδες τοῦ ἱεροῦ Φωτίου (Vortrag gehalten am 6ten Febr. 1977 im Kloster von Pendeli 1977) in: Ἡ προσωπικότητα καὶ ἡ θεολογία τοῦ ἱεροῦ Φωτίου. Ἐπίσημοι Λόγοι ἐκφωνηθέντες ἐπὶ τῇ Ἱερᾷ Μνήμη του κατὰ τὰ ἔτη 1970–2010, herausgegeben von der Heiligen Synode der griechischen Kirche, Athen 2011, 135 (Von nun an Photios 2011). 30 Siehe Dvornik, Patriarch Photius, Scholar and Statesmann, in: Classical Folia 13 (1959) 8–9. 31 Siehe Dvornik, Patriarch Photius, Scholar and Statesmann, in: Classical Folia 13 (1959) 9–10. 32 Siehe Dvornik, Patriarch Photius, Scholar and Statesmann, in: Classical Folia 13 (1959) 11–12. 33 Siehe Dvornik, Patriarch Photius, Scholar and Statesmann, in: Classical Folia 13 (1959) 8–9. 34 Es werden dort Werke mehrerer Autoren genannt und kommentiert, die im Fach Medizin bewandert waren, wie Theophrastos, Galenos, Dionysios von Aigai, Oreibasios, Eustathios, Eunapios, Theon von Alexandrien. Dazu siehe K. Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 703.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Die Wissenschaft aber, die den herausragendsten Platz innerhalb der Geisteswissenschaften hat und mit der Photios sich so eifrig befasst hat, ist die Theologie. Sie stand im 9. Jh. im Byzantinischen Reich so sehr im Vordergrund des ganzen geistigen Lebens und war so sehr die erste und vornehmste Wissenschaft,35 dass vielmehr der starke Anteil der profanen Wissenschaften an den Studien des Photios auffällt und eine Besonderheit ist.36 Die Theologie stellte nach Photios die eigentliche Weisheit dar, eine Weisheit, welche diejenigen kennzeichnet, die dem Guten aus freiem Willen und eigener, ungeschuldeter Mühe zugeneigt sind, und die es mit Eifer betreiben.37 Diese Weisheit besteht nicht in den Spitzfindigkeiten, in der feinen Redeweise oder in aufgeblasenen Worten, sondern besteht im Eintauchen in die Tiefe der zu untersuchenden Gegenstände. Dadurch übt sie die Sinneswerkzeuge der Seele zur sicheren Unterscheidung des Guten vom Schlechten und schenkt so dem nach dem wahren Wissen Strebenden den eigentlichen Reichtum, der „als die der Frömmigkeit gemäße und erste Weisheit“ (ἡ κατ’ εὐσέβειαν καὶ πρώτη σοφία) zu gelten hat.38 Indem die „κατ’ εὐσέβειαν σοφία“ auf die Tradition der Kirchenväter

35 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 672. 36 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 672. 37 Siehe Amph. 149 (V, 167, 16–18 L/W): πλοῦτον ὄντως ἀκήρατον καὶ εἰς ἀεὶ διαμένοντα χαριζόμενη τοῖς πρὸς τοῦτο τὴν σπουδὴν κεκτημένοις, οὐ ἐκ τύχης καὶ ταὐτομάτου, ἀλλὰ τῷ πόνῳ τοῦ αἱρουμένου συναγόμενον [Sie (scil. ἡ σοφία) gewährt denen, die ein Streben danach haben, gern einen Reichtum, der tatsächlich rein und unbefleckt ist und es immerwährend bleibt, (einen Reichtum), der sich weder aus dem Zufall noch von selbst, sondern aus der Mühe und dem Leiden dessen, der sich dafür freiwillig entschieden hat, ergibt]. 38 Siehe Amph. 149 (167, 18 – 168, 30 L/W): σοφία … ἡ τὸν λόγον εὐλόγως μετερχομένη … καὶ τῶν ὄντων ᾗ ὄντα ἐστὶν τὸν λόγον ἐπιζητοῦσα, καὶ τοῦ ἀληθοῦς οὐ σφαλλομένη τὴν εὕρεσιν, καὶ διασκάπτουσα μὲν τῶν πραγμάτων τὰς φύσεις τῇ δικέλλῃ τῶν λογισμῶν, ὡς τοῖς προφανέσειν ἐναπομένειν οὐκ ἀνεχομένη, πρὸς δὲ τὸ βάθος κατιοῦσα τῶν τῇ ἐρεύνῃ ὑποκειμένων, ἐκεῖθεν οἷά τινα ψήγματα χρυσίτιδος γῆς τὰς τῶν ὄντων ἀναλέγεται θεωρίας· ἐξ ὧν ἡ περιουσία τῆς ἀληθοῦς συνίσταται γνώσεως … Ἐντεῦθεν τὰ τῆς ψυχῆς γυμνάζεται αἰσθητήρια πρὸς διάκρισιν ἀσφαλῆ τοῦ καλοῦ καὶ τοῦ χείρονος [Eine Weisheit, welche die Vernunft zu gutem Zweck benutzt und die nach dem Grund sucht, warum die Seienden existieren und die auch nicht verfehlt, das Wahre zu finden; (eine Weisheit), die mit dem Karst der logischen Überlegungen die Natur der Dinge durchgräbt, weil sie nicht zulässt, bei dem, was scheinbar bzw. oberflächlich ist, zu bleiben, sondern in die Tiefe der Forschungsgegenstände eindringt und daraus für sich manche Theorien über die (die Existenzweise der) Seienden sammelt, als ob es sich dabei um Stäubchen eines goldgeschmückten Erdbodens handele; denn darin besteht das eigentliche-wahre Wissen …; daraus werden die Sinne der Seele zur sicheren Unterscheidung des Guten vom Bösen trainiert].

Seine Bildung – seine Lehrtätigkeit 

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und die Dogmen der Kirche achtet, vermeidet sie die Abweichungen und begrüßt das, was zur Aufnahme der Wahrheit notwendig ist.39 Den tüchtigen Umgang des Patriarchen mit vielen Wissenschaften konnte die Forschung bis heute nicht dem Einfluss einer bestimmten Person zuschreiben. Man darf auch nicht willkürlich zu der Schlussfolgerung kommen, Photios sei, da er nie mit einem Wort eines Lehrers gedacht hat, dem er Anregung und Anleitung verdankte, Autodidakt gewesen.40 Auch die Vermutung, dass Photios seine Bildung vermutlich im berühmten Studiten-Kloster in Konstantinopel empfangen habe, entbehrt jeder Grundlage.41 Wem verdankt also Photios seine umfangreiche Bildung? Selbst wenn Photios keinen von seinen Lehrern nennt, kann man mit einer gewissen Sicherheit vermuten, dass der berühmte Leo der Philosoph, dem Kaiser Theophilos die Direktion der Universität von Konstantinopel anvertraut hat, einer seiner Lehrer war.42 Die Tatsache, dass Photios uns keine Auskunft darüber gibt, ist sicherlich nicht ausschließlich seinem Ehrgeiz zuzuschreiben,43 sondern aus der greifbaren Tatsache, dass Leo der Philosoph ein Ikonoklast (wenn auch kein fanatischer) war und Photios vermutlich deshalb dessen Namen nicht erwähnen wollte. Das ist eine logische Erklärung, und wenn man zudem noch in Erwägung zieht, dass Photios es getan hätte, dann hätte er seinen Gegnern einen zusätzlichen Anlass gegeben, ihn anzugreifen. Es ist also, wie F. Dvornik bemerkt, Photios ein gewisses Schweigen über dieses Thema zuzuschreiben,44 da die damaligen Umstände nicht erlaubten, einfach davon zu berichten, wem man seine Initiation in die Wissenschaft verdankte.

39 Siehe Amph. 149 (168, 38–42 L/W):  … ὑμεῖς, λογιώτατοι,  … τῶν τούτης (scil. τῆς πρώτης σοφίας) δογμάτων καὶ τῶν πατρικῶν παραδόσεων τὰς ἀκριβεῖς ὑπολήψεις ἐπιζητοῦντες, τὰς μὲν πρὸς τὸ πιθανὸν ἀποκλίσεις ἐκκλίνετε, τὸ πρὸς συγκατάθεσιν δὲ τῆς ἀληθείας ἐν τοῖς τοιούτοις ἀναγκαῖον ἀσπάζεσθε [Ihr Hochgelehrte …, indem ihr nach den genauen Bedeutungen der Dogmen und der Traditionen der Väter dieser ersten Weisheit forscht, vermeidet einerseits jede Abweichung zur Wahrscheinlichkeit, andererseits begrüßt in diesen (scil. Dogmen und Traditionen) das, was zur Aufnahme der Wahrheit notwendig ist]. 40 Siehe Dositheos Hierosolymôn Prooimium, in: Thomos Charas, K. Siamakis (Hg.), Thessaloniki 1985, 157: καὶ τὸ θαυμασιώτερον ταῦτα πάντα (φιλοσοφικὰ, ἰατρικὰ, θεολογικὰ) ἔμαθε σχεδὸν χωρὶς παίδευσιν διδασκάλου, ἀλλὰ μὲ ἴδιον κόπον καὶ μόνην τοῦ νοὸς τὴν ἀγχίνοιαν [Und das, was noch mehr zu bewundern ist, ist, dass er (scil. Photios) all dies (Philosophie, Medizin, Theologie) fast ohne eine Ausbildung durch einen Lehrer, sondern nur durch eigene Mühe und duch seinen Scharfsinn gelernt hat]. Vgl. auch J. Hergenröther, Photius 1867, Bd. I, 322. 41 Siehe K. Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 671. 42 Siehe F. Dvornik, Patriarch Photios in the Light of Recent Research 1958, 4. 43 Siehe K. Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 671. 44 Siehe F. Dvornik, Patriarch Photios in the Light of Recent Research 1958, 4.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Von der Lehrtätigkeit des Photios kann man dem Leser eine vollständigere Auskunft geben. Es ist ziemlich sicher, dass er im jugendlichen Alter begonnen hat, sich als Lehrer zu betätigen. Eine gewichtige Informationsquelle dazu ist die Vita Constantini Philosophi, in der berichtet wird, dass Konstantin, als er sich nach Konstantinopel zur Fortsetzung seines Studiums begab, sich vielen Wissenschaften gewidmet hat und unter anderem von Leo, dem Philosophen, in Geometrie und von Photios in Dialektik und anderen philosophischen Disziplinen unterrichtet wurde.45 Konstantin soll ungefähr achtzehn Jahre alt gewesen sein, als er nach Konstantinopel kam, d.  h. circa im Jahre 845. In der Hauptstadt war schon eine Universitätsschule in Betrieb. Wir befinden uns in der Zeit, in der Kaiser Theophilos gestorben war und der Ministerpräsident Theoktistos die Initiative ergriff, die Universität zu neuem Leben zu erwecken. So wird Leo, der Philosoph, von seinem Stuhl in Thessalonike als Rektor an die hauptstädtische Universität berufen. Photios, sein ehemaliger Schüler, wurde zum Professor der Dialektik und der Philosophie und bildete unter seinen Schülern künftige hohe Beamte zum Dienst am kaiserlichen Hof aus.46 Die gewichtigste Informationsquelle über die Lehrtätigkeit des Patriarchen stammt von Photios selbst, seinem zweiten Brief an Papst Nikolaos, in dem er kunstvoll und lebendig seine Lehrtätigkeit, bevor er zum Patriarchen ernannt wird, beschreibt: „Keiner war, der mich verklagte, und auch ich habe keinen anderen verklagt, keinen Fremden, keinen Einheimischen, auch keinen mir ferner Stehenden, geschweige einen von meinen Freunden. Niemals habe ich einen so gekränkt, dass er eine Beschimpfung gegen mich schleuderte, es sei denn, dass man die Kämpfe in Betracht zieht, die ich um des Glaubens willen zu bestehen hatte; auch hat kein anderer sich so gegen mich vergangen, dass meine Zunge sich zu einer Beschimpfung gegen ihn hinreißen ließ. So freundlich waren alle gegen mich; wie aber ich war, dies rufen sie alle laut, auch wenn ich nichts sage. Von den Freunden wurde ich mehr geliebt als die Verwandten, und den Verwandten galt ich als beides, als der beste Freund unter den Verwandten und als der Verwandte unter den besten Freunden. Der Ruf meines Strebens, den die mir nahe Stehenden über mich verbreiteten, zog auch die Unbekannten zu göttlicher Liebe herbei und zur Knüpfung des Freundschaftsbandes. Aber wie ist es möglich, ohne Tränen darüber zu berichten? Blieb ich zu Hause, so umgab mich das erquickliche Ergötzen der Freuden,

45 Siehe F. Dvornik, Les Légendes de Constantin et de Méthode vues de Byzance, Prague 1933, 43; Vgl. ders., La carrière universitaire de philosophe, in: Byzantinoslavica 3 (1931) 59–67 und P. Chrestou, Τὸ διδακτικὸ ἔργο τοῦ ἱεροῦ Φωτίου, in: Akten des 15. Theologischen Symposiums „ΜΕΓΑΣ ΦΩΤΙΟΣ“ (Thessaloniki 1995) 539–556, 546. 46 Siehe F. Dvornik, Patriarch Photios in the Light of Recent Research 1958, 4–5.

Seine Bildung – seine Lehrtätigkeit 

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wenn ich die Bemühung der Lernenden sah, den Eifer der Fragenden, die Tätigkeit der Disputierenden, wodurch die Urteilskraft geschärft wird, … die derjenigen, die durch mathematische Studien ihren Geist verfeinerten, derjenigen, die durch die logischen Methoden die Wahrheit aufzuspüren suchten, derjenigen, die durch das göttliche Wort ihren Sinn zur Frömmigkeit richteten, was die Frucht aller anderen Bemühungen ist. So beschaffen war der Chor meines Hauses. Wenn ich wiederum häufig zum kaiserlichem Hof ging, so begleiteten mich die Freunde unter guten Wünschen und mit der Mahnung, mich nicht lange aufzuhalten. Denn diese auserlesene Ehre war mir erwiesen, dass mein Wunsch das Maß meines Aufenthaltes im kaiserlichen Palaste war. Kam ich wieder heraus, so stand jener gelehrte Chor vor der Tür und trat mir entgegen. Einige von ihnen hielten mir mein langes Verweilen vor; das waren diejenigen, denen es wegen ihrer hervorragenden Leistungen vergönnt war, sich mehr als die anderen herauszunehmen; andere begnügten sich, mich zu begrüßen, wieder andere, nur zu zeigen, dass sie gewartet hatten. Und das geschah fortlaufend, ohne dass es durch Quertreibereien vereitelt, durch Eifersucht gestört, durch Nachlässigkeit außer Acht gelassen wurde“.47

47 Siehe Ep.  290 (III, 125, 46  – 126, 80 L/W): Εἴτα τί δεῖ; τοῖς πολλὰ καὶ δεινὰ πεπονθόσιν ἐπεμβαίνειν, ἐπιπλήττειν, διαλοιδορεῖν; ἢ οἰκτείρειν, καὶ παραμυθεῖσθαι ὅση δύναμις; Ἐξέπεσον εἰρηνικῆς ζωῆς· ἐξέπεσον γαλήνης γλυκείας· ἐξέπεσον δὲ καὶ δόξης, εἴπερ τισὶ καὶ κοσμικῆς δόξης ἔφεσις· ἐξέπεσον τῆς φίλης ἡσυχίας, τῆς καθαρᾶς ἐκείνης καὶ ἡδίστης μετὰ τῶν πλησίον συνουσίας, τῆς ἀλύπου, καὶ ἀδόλου, καὶ ἀνεπιπλήκτου συναναστροφῆς. Oὐδεὶς ἦν ὁ δίκην ἐγκαλῶν ἐμοί· oὐκ ἐνεγραψάμην ἄλλον ἐγώ, οὐ τῶν ἐπηλύδων, οὐ τῶν ἐγχωρίων, οὐδὲ τῶν ἀσυνήθων, μή τί γε τῶν φίλων· οὐχ οὕτως ἐλύπησα πώποτέ τινα, ὡς ὕβριν εἰς ἡμᾶς ἐκπτύσαι, πλὴν εἰ μήπω τοὺς ὑπὲρ εὐσεβείας κινδύνους ἐθελήσει τις ἐπισκοπεῖν· οὐδ’ οὕτως ἥμαρτεν ἄλλος ἐμοί, ὡς καὶ μέχρι τῆς εἰς αὐτὸν ὕβρεως τὴν γλῶσσαν ἐξολισθῆσαι. Οὕτως ἦσαν ἡμῖν ἅπαντες χριστοί· τὸ δὲ ἡμέτερον αὐτοί, κἂν μὴ λέγω, κεκράγασιν· ἠγαπώμην τοῖς φίλοις ὑπὲρ τοὺς συγγενεῖς, ἄμφω δὲ τοῖς συγγενέσιν ἐλογιζόμην, καὶ τῶν συγγενῶν ὁ φίλτατος, καὶ τῶν μάλιστα φιλούντων ὁ συγγενής. Ἡ δὲ περὶ ἐμὲ τῶν πλησίον φήμη τῆς σπουδῆς, καὶ τοὺς ἀγνῶτας εἷλκεν εἰς ἔρωτα θεῖον καὶ φιλίας δεσμόν· ἴσως δ’ ἂν ἐκεῖνοι καὶ ἀμεταμέλητον εὐφημήσωμεν. Ἀλλὰ πῶς οἷόν τέ ἐστιν ἀδακρυτὶ ταῦτα παρελθεῖν; οἴκοι μὲν γὰρ μένοντι ἡ χαρίεσσα τῶν ἡδονῶν περιεπλέκετο τέρψις, τῶν μανθανόντων ὁρῶντι τόν πόνον, τὴν σπουδὴν τῶν ἐπερωτώντων, τὴν τριβὴν τῶν προσδιαλεγομένων, δι’ ὧν ἡ πρὸς τὸ ρᾷστα παράγεσθαι καταρτίζεται γνώμη, τῶν ταῖς μαθηματικαῖς σχολαῖς λεπτυνομένων τὴν διάνοιαν, τῶν ταῖς λογικαῖς μεθόδοις ἰχνευόντων τὸ ἀληθές, τῶν τοῖς θείοις λογίοις ἰθυνομένων τὸν νοῦν πρὸς εὐσέβειαν, ὃ τῶν ἄλλων ἁπάντων ὑπάρχει πόνων ὁ καρπός. Τοιοῦτος γὰρ χορὸς τῆς ἐμῆς οἰκίας ἦν ὁ χορός. Ἐξιόντι δὲ πάλιν πρὸς τὴν βασίλειον πολλάκις αὐλὴν αἱ προπεμπτήριοι τῶν εὐχῶν, καὶ τοῦ μὴ βραδύνειν ἡ προτροπή. Ἦν γάρ μοι καὶ τοῦτο γέρας ἀφωσιωμένον ἐξαίρετον, τὸ μέτρον ἔχειν τὴν βούλησιν τῆς ἐν τοῖς βασιλείοις διατριβῆς. Ἐπανιόντι δὲ πάλιν πρὸ πυλῶν ἱστάμενος ὁ σοφός ἐκεῖνος ὑπήντα χορός. Ἐξ ὧν οἱ μὲν ἐνεκάλουν τὴν βραδυτῆτα, οἷς καὶ θαῤῥεῖν τι τῶν ἄλλων πλέον δι’ ὑπερβολὴν ἀρετῆς ἐκεχάριστο· τισὶ δὲ καὶ προσειπεῖν ᾔρκει· ἄλλοις δὲ καὶ τὸ δεῖξαι μόνον ὅτι μεμενήκασι· καὶ τοῦτο κύκλῳ ἐγένετο οὐκ ἐπιβουλαῖς λυόμενον, οὐ φθόνῳ κοπτόμενον, οὐκ ὀλιγωρίᾳ μαραινόμενον. Übers. Nach Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 673–674

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Einen zusätzlichen Beleg kann man aus den Amphilochien schöpfen: „Denn auch vor Zeiten als ich einst den Zuhörern, unter denen du (scil. Tarasios) keiner von den gewöhnlichen warst, sondern von denen, die am meisten an der Diskussion beteiligt waren, bei den gemeinsamen dialektischen Übungen die Methoden über den Topos erklärte (es wurde schon viel über diese Frage gesprochen), wurde zu dieser Zeit ein Buch herausgegeben genau für diejenigen, die (dieses Material untersuchen) wollen; und du solltest nach diesem Buch fragen und es finden; und falls etwas aus diesem dialektischen „Streitpunkte“ deiner Aufmerksamkeit entging, (solltest du) es in das Gedächtnis zurückrufen“.48 Wie es sich aus den Quellen ergibt, scheint die Lehrtätigkeit des Photios einen bedeutenden Umfang angenommen und ihm einen großen Kreis unbedingt ergebener Anhänger und Freunde geschaffen zu haben. Diese Lehrtätigkeit hat sich auf das ganze Leben des Patriarchen erstreckt, ausgenommen die Zeit, in der er das Amt des „Protoasekretis“49 übernommen hat und die, in der er im Exil weilte.50 Durch diese fruchtbare Lehrtätigkeit wurde Photios zur treibenden Kraft für die sogenannte Renaissance der klassischen Studien und für die allgemeine Entwicklung und Blüte der sozialen und kulturellen Triebkräfte im 9. Jh. in Byzanz.

1.3 Die kirchlich-politische Laufbahn des Patriarchen – ­ allgemeine Bemerkungen Bevor ich auf die kirchlich-politische Tätigkeit des Photios eingehe, halte ich es für notwendig, dem Leser Folgendes zu bedenken zu geben. Die erste Beobachtung gilt dem Gegenstand des Bilderstreits. Der Bilderstreit, der die Theologie und Kirchenpolitik des ganzen 8. und eines Gutteils des 9. Jahrhunderts in Atem hielt, ist nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel über Byzanz hereingebrochen.51 Ebenso wenig ist er in einem Augenblick und ohne

48 Amph. 78 (V, 104, 96–102 L/W): καὶ γὰρ πάλαι ποτὲ κατὰ τὰς διαλεκτικὰς συγγυμνασίας, τὰς τοπικὰς μεθόδους ἀναπτύσσοντός μου τοῖς ἀκροωμένοις ὧν καὶ αὐτὸς οὐδὲ τῶν τυχόντων, ἀλλὰ τῶν μάλιστα συζητούντων ἤσθα, ἱκανῶς ἔχων λόγος περὶ τούτου τοῦ ζητήματος κατεβλήθη, ἐφ’ ᾧ καὶ γεγραμμένον ἔχειν τηνικαῦτα τοῖς βουλομένοις ἐξεδόθη· καὶ χρή σε τοῦτον ἀνερευνησάμενον καὶ εὑρόντα, εἴ τι σε διέλαθεν περὶ τῆς ἀμφισβητήσεως ἀνακτήσασθαι μνήμῃ. 49 Es handelt sich dabei um das Oberhaupt der kaiserlichen Kanzlei, welches einen enormen Einfluss auszuüben pflegte. Eine der zentralsten Aufgaben des Protasekretis war die Produktion von Chrysobullen. Siehe Orthodox Dictionary of Byzantium 1991, Bd. III, 1742. 50 Siehe Chrestou, Τὸ διδακτικὸ ἔργο τοῦ ἱεροῦ Φωτίου 1995, 554. 51 Siehe Hans Georg Beck, Kirche und Theologische Literatur im Byzantinischen Reich, in: Byzantinisches Handbuch Teil 2, Bd. I, München 1995, 296.

Die kirchlich-politische Laufbahn des Patriarchen – ­allgemeine Bemerkungen 

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heftige Auswirkungen und Konsequenzen aus dem allgemeinen sozialen Leben verschwunden. Der Streit ist offiziell 843 zu Ende gegangen, als Photios über 20 Jahre alt war. Dennoch bedeutete die offizielle Annahme der Bilderverehrung keine sofortige und endgültige Lösung der durch den Bilderstreit aufgetauchten Probleme. Konkreter gesagt, man hätte nicht erwarten können, dass sich alle Bereiche des Kaiserreichs, wie Kultur, Bildung und vielmehr noch staatliche Verwaltung und Außenpolitik den neuen Umständen sofort und mit Erfolg anpassten. Es hätten unbedingt strukturelle Reformen und eine neue Orientierung und Wiederherstellung der Innen- und Außenpolitik auf der Basis der Ideen der Orthodoxie geben müssen.52 Dies hätte nur verwirklicht werden können, wenn man zweckdienliche Posten mit tüchtigen Leuten, wie z.  B. Photios besetzt hätte. Dieser Notwendigkeit zur Änderung des damaligen byzantinischen sozial-kirchlich-politischen status quo in Byzanz sind sich Caesar Bardas (Onkel des Kaisers Michael) und sein Kreis rechtzeitig und gänzlich bewußt geworden. Von ihnen geht die Initiative aus, eine Schule im Magnaura-Palast einzurichten, damit eine neue Generation von Beamten, die Spitzenposten bei Hof übernehmen sollten, entsprechend gebildet werden könnte. Die Direktion dieser Schule, übernahm, wie schon erwähnt, Leo der Philosoph, zu dessen Kreis Leute wie Photios und Konstantin-Kyrill gehörten, welche der Einrichtung einen erheblichen geistigen Glanz verliehen und sich später als Schöpfer wichtiger kultureller Errungenschaften erweisen sollten. Wir befinden uns in einer Zeit, in der das Kaiserreich, indem es seine Institutionen und Strukturen umformt und neugestaltet, schwankend zwischen den Banden der Tradition und den dringenden aktuellen Bedürfnissen, die staatliche Verwaltung und die Regierungsmethoden verbessert, das Recht erneuert und ein soziales Gleichgewicht etabliert, welches die Gefahr der MachtAuflösung für längere Frist endgültig beseitigte.53 Parallel zu der Umformung des Staates wird auch das geistige Erbe der griechischen Antike durch die Pflege der klassischen Studien zu einem neuen Leben erweckt. Die Hauptträger dieser Bewegung sind Photios und Arethas von Caesarea.54 Eine zweite Bemerkung gilt dem kaiserlichen Thron unter sich jeweils wandelnden politischen Verhältnissen. Dieser stand in Wirklichkeit dem Zugriff von Usurpatoren offen (ὑπὸ ἅλωσιν). Man darf nicht außer Acht lassen, dass der Ausgangspunkt der Mazedonischen Dynastie, in der das Kaiserreich den Höhe-

52 Siehe Basileios Laourdas, Ὁ Πατριάρχης Φώτιος καὶ ἡ ἐποχή του, in: Γρηγόριος Παλαμᾶς 38 (1955) 61–73, 65. 53 Siehe Dionysios Zakynthinos, Βυζαντινὴ Ἱστορία 324–1071, Athen 1989, 242. 54 Siehe Zakynthinos, Βυζαντινὴ Ἱστορία 324–1071, Athen 1989, 243.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

punkt seiner Blüte erreicht hat, der abscheuliche und entsetzliche Mord an Kaiser Michael ΙΙΙ. durch Basileios, den späteren Kaiser Basileios I. den Makedonier, der sich zuvor mehrfach seiner Gunst erfreuen konnte, in der Nacht des 23. auf den 24. Sept. 867 war. Wie unsicher und zerbrechlich die damaligen Machtverhältnisse waren, zeigt auch die Tatsache, dass Caesar Bardas durch den erwähnten Michael III. ermordet wurde und Photios dieser abscheulichen Tat gleichgültig gegenüberstand. Obwohl Bardas ihm stets Beistand geleistet habe und Photios ausschließlich ihm seine Ernennung zum Patriarchen verdankte, reagierte Photios auf diese entsetzliche Tat ganz ungerührt, während sie bei jedem unvoreingenommenen Beurteiler Schauder hätte erregen müssen!55 Im Gegenteil, Photios schreibt unter anderem in einem seiner Briefe an Kaiser Michael, dass sich Bardas gegenüber seinem Kaiser, obwohl dieser ihm einen Teil der Macht zubilligte, als undankbar erwiesen habe! Vielmehr habe (Bardas) wegen seiner tyrannischen Herrschaft die richtige Strafe (den Tod) erlitten!56 Der Patristiker K. Bonis äußert sich dazu m.  E. richtig: „So sehr man, selbst wenn er es so will, diese bei den byzantinischen Rednern gewöhnliche Übertreibung und diese fälschliche und schmeichelhafte gemusterte Redeweise rechtfertigen will, bleibt in den Worten des Photios stark das abstoßende und einer solchen großen Persönlichkeit unpassende Gefühl des Mangels an einer bewussten Haltung gegen diese abscheuliche Tat“.57 Ähnlich kritisch gegenüber der Haltung des Photios äußert sich der Allgemeinhistoriker und Verfasser einer griechischen Nationalgeschichte, Konstantinos Paparigopoulos, der unterstreicht, dass kein Historiker ungeachtet der unschätzbaren

55 Siehe Konstantinos Bonis, Κρίσεις ἐπὶ τίνων σημείων τῆς πολιτικῆς τοῦ Φωτίου, in: ΕΕΘΣΠΑ 13/1 (1957–58) 15. 56 Siehe Bonis, Κρίσεις ἐπὶ τίνων σημείων τῆς πολιτικῆς τοῦ Φωτίου, in: ΕΕΘΣΠΑ 13/1 (1957– 58) 15 mit Verweis auf Ep. 18 (I, 69, 20–26 L/W). In diesem Brief an Kaiser Michael gerichteten Brief spricht Photios von der Undankbarkeit, die Bardas (der bis zu dessen Erwachsenenalter die Aufsicht über den jungen Kaiser Michael hatte) seinem Wohltätter gegenüber angeblich aufgewiesen hat, ohne zugleich ein gutes Wort für den Mann, der ihn selbst gefördert hat, auszusprechen: οἷον δή τι διὰ τῶν γραμμάτων (ὡς εἴθε μὴ ὄφελον) κατεμάθομεν καὶ περὶ τὸν ταπεινὸν ἄνθρωπον ἐκεῖνον …, πῶς ὑπὸ τῆς ὑμῶν φιλοδώρου καὶ μεγαλοδώρου δεξιᾶς εἰς αὐτά που τὰ σκῆπτρα τῆς βασιλείας ἀνυψωθείς, καὶ τὴν βασιλείαν, εἰ καὶ μὴ τὴν κλῆσιν, ἀλλὰ τὴν ἐξουσίαν, συμμερισάμενος … οὐδ’ ἔστερξεν οἷς ἠξίωται, οὐδ’ εὐχαρίστησεν οἷς ἀπήλαυσεν [Wir haben ja gewissermaßen mittels mancher Briefe – möge doch dies nicht gewesen sein – etwas davon zur Kenntnis genommen, und über diesen elenden Mensch …, wie er von Ihrer freigibigen und großzügigen Hand wohl auch zu dem selben königlichen Stand erhoben wurde und obwohl er sowohl am Königtum als auch an der Herrschaft Anteil hatte – wenn auch er den Ruf dazu nicht erhalten hatte –, trotzdem entsprach er weder der Würde, die ihm zugewiesen wurde, noch erwies er sich für das, was er genossen hatte, als dankbar]. 57 Bonis, Κρίσεις ἐπὶ τίνων σημείων τῆς πολιτικῆς τοῦ Φωτίου, in: ΕΕΘΣΠΑ 13/1 (1957–58) 16.

Die kirchlich-politische Laufbahn des Patriarchen – ­allgemeine Bemerkungen 

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Diensten, die Photios der Kirche und der griechischen Nation geleistet habe, diese Erniedrigung der menschlichen Würde weder decken noch rechtfertigen dürfe!58 Fazit: Jeder, der damals eine Machtposition besaß, kämpfe offenbar um sein Überleben und um die Wahrung seiner Privilegien, die unmittelbar mit dieser Position verbunden waren. Deswegen müsse man sich, so die verbreitete Auffasung, auch manchmal auf große Kompromisse einlassen. Die dritte Beobachtung bezieht sich auf die Tatsache, dass die Wahl einer Person für die Besetzung eines hohen Amtes fast immer von kirchlich-politischen Erwägungen abhängig war und mit höchster Priorität unter dem Gesichtspunkt eines Gleichgewichts der Machtverhältnisse erfolgte. So auch bei der Erhebung des Photios zum Patriarchen. Es gab zwei einander entgegengesetzte kirchlichpolitische Parteien, die Zeloten und die Politiker, die sich voneinander in vielen Grundfragen unterschieden und die danach strebten, ihre Position im Umfeld des kaiserlichen Hofes, soweit als möglich zu untermauern. Bardas hat viel Scharfsinn in der Sache der Wahl des neuen Patriarchen bewiesen und sich mit Erfolg für Photios entschieden, weil er als politisch ungefärbt-neutral und unvorbelastet galt. Denn Photios, der wegen seiner Bildung, seines überragenden Geistes ein hohes Ansehen innerhalb der Gelehrtenkreise genoss, wäre auch für die konservative Partei annehmbar gewesen, da er und seine Familie, wie die Zeloten, wegen ihres Glaubens an die Bilder unter den Ikonoklasten vieles zu erleiden hatten.59 Die vierte und letzte Erwägung betrifft das Verhältnis zwischen Photios und Ignatios an. Im eigentlichen Sinne spiegeln sich in diesen zwei Personen zwei völlig unterschiedliche Tendenzen und Lebensweisen bzw. Lebensanschauungen wider. Ignatios einerseits, Sohn des ehemaligen Kaisers Michael I. Rhangabe (811– 813) und schon 14-jährig zwangsweise kastriert (weshalb er nicht Kaiser werden konnte, und eben darauf zielte die Maßnahme wohl ab), der sich dem klösterlichen Leben gewidmet hatte, vertritt eine konservative Anschauung des Lebens, mit vielen Beschränkungen, ein moralisches Leben im Allgemeinen, das klar umrissen ist. Diese moralischen Ideale vertrat er mit Hartnäckigkeit und zögerte keinen Augenblick, dem mächtigen und einflussreichen Caesar Bardas moralische Abwegigkeiten mit seiner Schwiegertochter vorzuwerfen und ihm wegen Inzestes die Kommunion zu verweigern. Um Ignatios herum scharen sich auch alle konservativen Kreise und Verfechter des moralischen Lebens zusammen, nämlich die Zeloten, welche unter anderem die Einmischung des Staates in die kirchlichen Angelegenheiten streng zurückweisen und die sich mit jedem Fort-

58 Siehe Konstantinos Paparigopoulos, Ἱστορία τοῦ Ἑλληνικοῦ Ἔθνους, Athen 1999, Bd. IIIb, 308. 59 Siehe Bonis, Κρίσεις ἐπὶ τίνων σημείων τῆς πολιτικῆς τοῦ Φωτίου 1957–58, 12.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

schritt bedachtsam auseinandersetzen. Dieser durch eine strenge Moral geprägte Kreis von Mönchen, der sich ausschließlich mit der christlichen Literatur und Hagiologie beschäftigte, billigte die Förderung der klassischen Studien und den humanistischen Charakter der Bildung auf gar keinen Fall. Deshalb befand man sich in heftiger Auseinandersetzung mit dem Kreis des Photios, zu dem viele Hochgelehrte gehörten. Photios und sein Kreis stellten damals mit der Pflege der klassischen Literatur einen neuen, wichtigen Kern des geistigen Lebens und Fortschritts in Byzantium dar. Mit der parallelen Pflege der zwei wichtigsten Kapitel der Geistesgeschichte, des kulturellen Erbes der frühen und späteren Antike einerseits und der Kirchenväter andererseits, hat Photios und sein Kreis diese zwei geistigen Größen zu einer fruchtbaren Gärung geführt und somit, wenn nicht ganz zur Entstehung, dann doch wenigstens zur Förderung des so genannten christlichen Hellenismus beigetragen, der bis heute nachwirkt. Dieser Beitrag ist von unschätzbarer Bedeutung.

1.4 Die politische Laufbahn des Photios und sein erstes Patriarchat. Die Auseinandersetzung mit Ignatios – Die Synoden von 861, 863 und 867 Die Ernennung des Photios zum Patriarchen erklärt sich nicht nur aus seiner umfassenden Bildung und seiner adligen Abkunft, sondern auch aus seiner angesehenen Stellung am Kaiserhofe im Amt des ersten Staatssekretärs (πρωτασηκρῆτις). Neben der wissenschaftlichen Begabung war ihm auch Weltklugheit und politische Einsicht in höchstem Maße eigen.60 Photios hat seine politische Karriere als „Privatsekretär“ am kaiserlichen Hof begonnen, d.  h. in einem Büro, in dem sich die geistige Elite der Hauptstadt damals (vor der Wiederorganisierung der Magnaura durch Bardas) konzentrierte.61 Nach der Forschung von H. Ahrweiler ist es nicht sicher, ob er unter der Führung des Ikonoklasten Eutychianos auf diesem Posten gearbeitet hat.62 Sicher dagegen sei es, dass er

60 Siehe Vita Ignatii, PG 105, 509Α: σοφίᾳ τε κοσμικῇ καὶ συνέσει τῶν ἐν τῇ πολιτείᾳ στρεφομένων εὐδοκιμώτατος πάντων ἐνομίζετο [aufgrund seiner weltlichen Weisheit und seines vernüftigen Handlens bezüglich der staatlichen Angelegenheiten stand er (scil. Photios) im höchsten An­ sehen]. 61 Siehe Hélène Ahrweiler, Sur la Carrière de Photius avant son Patriarcat, in: BZ 58 (1965) 348–363, 361. 62 Wahrscheinlich nicht, da Eutychianos in den Jahren 814–815 Protasekretis war, als Photios noch nicht geboren war. Siehe Ahrweiler, Sur la Carrière de Photius avant son Patriarcat, in: BZ 58 (1965) 348–363, 361.

Die politische Laufbahn des Photios und sein erstes Patriarchat 

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dort gearbeitet hat, als der berühmte Zelix das Büro (während des Patriarchats des Methodios 843–847) leitete.63 Nach H. Ahrweiler sei Zelix wegen seiner häretischen Ansichten untragbar geworden und habe nicht weiter diesen wichtigen Posten innehaben können. So konnte Photios ihn als „Staatssekretär“ beerben, worin ihm auch sein Vertrauensverhältnis zu Patriarch Methodios von Nutzen gewesen ist.64 Parallel mit dem Posten des Staatssekretärs wurde Photios mit vielen anderen diplomatischen Aufträgen betraut. Eine davon war eine von Kaiserin Theodora und Ministerpräsident Theoktistos organisierte Botschaft an den Khalifen Muttawakil zum Austausch von Gefangenen an der Grenze des arabischen Reiches. Es ist die Gesandtschaftsreise, die er in dem die „Bibliothek“ umrahmenden Widmungsbrief an seinen Bruder Tarasios als Gesandtschaft nach Assyrien (πρεσβεία ἐπ’ Ἀσσυρίους) erwähnt und welche die Abfassung dieses Werkes veranlasst zu haben scheint.65 Diese Botschaftsreise soll in den Jahren 855–856 stattgefunden haben.66 Die Teilnahme des Photios an dieser wichtigen Mission erfolgte aufgrund der persönlichen Zustimmung des Kaisers (ψήφῳ βασιλείῳ), was bekräftigt, dass er bei Hofe hohes Ansehen genoss und man seinem politischen Fingerspitzengefühl vertraute. Nachdem ich die politische Laufbahn kurz geschildert habe, setze ich mich (eingehender als zuvor) mit dessen kirchlicher Laufbahn und seiner Ernennung zum Patriarchen auseinander. Unternimmt man den spannenden Versuch, zu erläutern, wie es dazu gekommen ist, dass Photios den Patriarchenthron bestieg, wird man auf Typen politischen Verhaltens und auf politisch-soziale Umstände, die mit der heutigen Zeit vieles gemeinsam haben, stoßen. Parteigeist durchzieht die ganze byzantinische Geschichte mit zahlreichen Implikationen für die Entwicklung der sozialpolitischen Ereignisse, die das Imperium gekennzeichnet haben.67 Dieser Parteigeist, der auf die Parteien des alten römischen Zirkus, nämlich die Blauen, die Grünen und die anderen (Roten und Weißen) zurückzuführen ist, hat die damalige byzantinische Gesellschaft zweigeteilt. Die religiöse Entwicklung in Byzanz

63 Siehe Ahrweiler, Sur la Carrière de Photius avant son Patriarcat, in: BZ 58 (1965) 348–363, 361. 64 Siehe Ahrweiler, Sur la Carrière de Photius avant son Patriarcat, in: BZ 58 (1965) 348–363, 362. 65 Siehe Bibliothek, PG 103, 41A: Φώτιος ἠγαπημένῳ ἀδελφῷ Ταρασίῳ ἐν κυρίῳ χαίρειν. Ἐπειδὴ τῷ τε κοινῷ τῆς πρεσβείας καὶ τῇ βασιλείῳ ψήφῳ πρεσβεύειν ἡμᾶς ἐπ’ Ἀσσυρίους αἱρεθέντας ἤτησας τὰς ὑποθέσεις ἐκείνων τῶν βιβλίων. Siehe dazu Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 677– 685. 66 Siehe Dvornik, The Embassies of Constantine-Cyril and Photius to the Arabs, in: To Honor Roman Jacobson. Essays on the Occasion of His Seventeenth Birthday, Hague 1967, 569–576, 575. 67 Siehe ebd., 6.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

war unmittelbar mit der Rivalität zwischen diesen beiden religiös-politischen Parteien verbunden. Diese „Volksorganisationen“ boten sich an, und zogen einander als politisch entgegengesetzte Pole an, um einen wahren oder falschen Glauben zu verteidigen, mit der Absicht, diese Überzeugung politisch auszunutzen. Die Grünen favorisierten meistens häretische Tendenzen, während sich die Blauen für die Orthodoxie einsetzten. Diese Spaltung ist besonders im Streit um die Christologie von Chalkedon auffällig.68 Die endgültige Wiederherstellung der Bilderverehrung durch Kaiserin Theodora (843) eröffnete eine neue Phase im Konflikt zwischen beiden Parteien. Wie schon vorher erwähnt worden ist, zog die ikonoklastische Periode viele Probleme immer noch nach sich. Eines davon war das Thema der kanonischen Aufnahme derjenigen Bischöfe, die sich den Ikonoklasten angeschlossen hatten.69 Es gab zwei Tendenzen zur Lösung dieses Problems, eine mildere und eine strengere. Der ersten zufolge sollten diese Bischöfe, nachdem sie ihre Reue erwiesen haben, wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen werden und daher ihre Stühle behalten. Der zweiten Tendenz nach sollten diese Bischöfe von ihrem Amt abgesetzt werden. Die Kaiserin war sich von Anfang an dessen bewusst, dass das Reich damals des religiösen Friedens bedürfe und nur ein gemäßigtes politisches Verhalten den ersehnten Frieden sicherstellen könne. Von dieser Motivation getrieben, hat sich Kaiserin Theodora, als im März 843 der Patriarchenthron besetzt werden sollte, unter vier anderen Kandidaten, die aus dem konservativen Kreis der Stouditen kamen, schließlich für den aus Sizilien stammenden Mönch Methodios entschieden. Dieser neigte gegenüber den konversionswilligen Ikonoklasten einer milderen Haltung zu, was natürlich die Stouditen nicht billigten, weil sie sich damit hätten abfinden müssen, dass manche der ehemaligen Ikonoklasten durch ein solches Abkommen auf ihren Posten hätten verbleiben können.70 Die Spannung zwischen beiden Seiten erreichte ihren Höhepunkt, als Patriarch Methodios den Bannfluch über die Stouditen aussprach.71 Die Situation wurde noch komplizierter, als er im Jahr 847 starb.

68 Siehe ebd., 7. Siehe auch ders. „The Circus Parties in Byzantium, their Evolution and Suppression, in: Byzantina-Metabyzantina I, New York 1946, 119–133. 69 Siehe K. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο ἐπὶ πατριαρχείας Ἰγνατίου καὶ Ἱ. Φωτίου (847–886), Thessaloniki 2020, 105 70 Siehe Kyrillos Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο ἐπὶ πατριαρχείας Ἰγνατίου καὶ Ἱ. Φωτίου (847–886), Thessaloniki 2020, 84–85. Vgl. Dvornik, Photian Schism 1948, 14. 71 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο ἐπὶ πατριαρχείας Ἰγνατίου καὶ Ἱ. Φωτίου (847–886), Thessaloniki 2020, 85. Vgl. Jean Darrouzès, Le patriarche Méthode contre les Iconoclastes et les Stoudites, in: REB 45 (1987) 15–67.

Die politische Laufbahn des Photios und sein erstes Patriarchat 

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Die Wahl des neuen Patriarchen bot eine gute Gelegenheit für die Stouditen und die Gegenpartei, die so genannten Politiker, die sich mehr für eine liberale Politik in kirchlich-politischen Angelegenheiten einsetzten, ihre Kräfte zu messen. Diese Politiker bildeten einen liberalen Kreis von Leuten mit gelehrten Interessen, der nicht nur aus den Professoren der Universität der Hauptstadt (wie Leo dem Philosophen und Photios), sondern auch aus mehreren Hierarchen (wie Gregorios Asbestos) und hohen Offizieren (wie Bardas und Theoktistos) bestand. Die Politiker favorisierten deutlich die mildere kirchliche Haltung des verstorbenen Patriarchen Methodios.72 Die Umstände schienen ihnen zu gebieten, dass eine der gemäßigten Haltung entsprechende Politik weitergeführt werden sollte. Einer der prominentesten Hierarchen, der um den Thron des Patriarchen kämpfte, war Gregorios Asbestos, Erzbischof von Syrakus, Landsmann des verstorbenen Patriarchen Methodios und offenbar auf dessen Linie der „Oikonomia“ eingeschworen.73 Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die extreme Partei der Stouditenmönche eine Ernennung des Asbestos zum Patriarchen nie hätte akzeptieren können, entschied sich die Kaiserin Theodora (angetrieben auch von ihrem Ministerpräsidenten Theoktistos) und ohne das Votum einer Synode74 abzuwarten, für den Mönch Ignatios, den Sohn des gestürzten Kaisers Michael I. Rhangabe (811–813). Asbestos und seine Gruppe waren natürlich mit dieser Entscheidung nicht einverstanden, beugten sich aber doch dem Willen der Herrscherin.75 Warum aber hat eigentlich Theodora den Ignatios favorisiert? Dafür gibt es mehrere Gründe: Zuerst erfreute sich Ignatios in der byzantinischen Aristokratie hohen Ansehens, da er der erstgeborene Sohn des gestürzten Kaisers Michael I. war und unter normalen Umständen seinem Vater hätte nachfolgen sollen. Das ist jedoch wegen der unglücklichen geschichtlichen Konstellation, nämlich der schweren Niederlage seines Vaters gegen die Bulgaren unter Khan Krum in der Schlacht von Versenikia 813, welche dessen Sturz durch Leo V.

72 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο ἐπὶ πατριαρχείας Ἰγνατίου καὶ Ἱ. Φωτίου (847–886), Thessaloniki 2020, 86. 73 Siehe Beck, Geschichte der orthodoxen Kirche im byzantinischen Reich, Göttingen 1980, 96 (von nun an: Geschichte 1980), mit Verweis auf Venance Grumel, Le Schisme de Grégoire de Syracuse, in: EOr 39 (1941–1942) 257–267. 74 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 18: Everything points to the fact that in her (scil. Empress Theodora) anxiety to avoid aggravating existing troubles, the Empress did without the usual procedure and omitted to convoke a synod that should have selected the candidates for presentation to government; and after consultation with a few influential bishops, without any further ado, she appointed as Patriarch Ignatius. Vgl. Beck, Geschichte 1980, 96; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 108, Anm. 252 mit Verweis auch auf Dvornik Photian Schism 1948, 18. 75 Siehe Beck, Geschichte 1980, 96; Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 108.

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den Armenier zur unmittelbaren Folge hatte, niemals eingetreten. Zweitens wurde er schon in seiner frühen Jugend (im Alter von 14 Jahren) ins Kloster geschickt, was natürlich für seine kirchliche Gesinnung und sein sittliches Verhalten sprach. Drittens waren Ignatios und sein Vater bewusste Ikonophilen und leisteten Theophilos und seinen Gleichgesinnten energischen Widerstand, ja, haben ihn sogar aus Glaubensgründen ins Exil geschickt.76 Viertens: Um die bisher ausgeübte Politik fortzuführen und zugleich die Toleranz der Stouditen sicherzustellen, hat Theodora Ignatios zum Patriarchen ernannt, der zwar die Bilder verehrte, zugleich aber mit den konservativen Kreisen, den Zeloten, gutes Einvernehmen hatte. Er war also eine Persönlichkeit, in der sich verschiedene Tendenzen vereinigten. Ignatios hat sofort wieder die von Methodios verbannten Stouditen in die Kirchengemeinschaft aufgenommen und somit die bestehende Spannung behoben. Die Sache lief trotzdem äußerst konfliktreich ab, und zwar wegen seines gestörten Verhältnisses zu den Politikern. Schon bei seiner Weihe zum Patriarchen verwies Ignatios Gregorios Asbestos, der an seiner Konsekration teilnehmen wollte, feierlich aus dem Gotteshaus.77 Schon vom ersten Tag seines Patriarchats an bildeten sich Gegenpole, die sein Amt ständig infrage stellten und schließlich seine Absetzung vorbereiten sollten.78 In einem Gegenpol konzentrierte sich allmählich die ganze Partei der Politiker (Photios eingeschlossen). Nicht lange nach seiner Ernennung ließ Ignatios, um eine kanonistische Begründung nachzuliefern, Gregorios und seine engen Anhänger von einer Synode suspendieren und exkommunizieren. Gregorios appellierte an Papst Leo IV. (847–855). Dieser bestritt zunächst das Recht des Ignatios, über einen Bischof ohne päpstliche Billigung den Bannfluch auszusprechen.79 Ihm ist in der Sache auch sein Nachfolger Benedikt III. (855–858) gefolgt. Rom gegenüber hatte Ignatios nie eine glückliche Hand gehabt. Ausdruck dafür ist, dass Benedikt das ihm von Ignatios übersandte Pallium wieder zurückschickte, da er es als indirektes Zeichen der Abhängigkeit Roms von Konstantinopel empfand.80 In der Zwischenzeit verstärkte sich die innere Front gegen Ignatios, was zu seiner endgültigen Absetzung führte. Den Grund dafür bot freilich Ignatios selbst. Auf ein weitverbreitetes, böswilliges Gerücht gestützt, Caesar Bardas pflege blutschänderischen Umgang mit seiner Schwiegertochter, und ohne weitere Unter76 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 109. 77 Siehe Vita Ignatii, PG 105, 512. Dazu siehe K. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 111. 78 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 110–111. 79 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 19. 80 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 113; Beck, Geschichte 1980, 97.

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suchung der Sache schloss Ignatios den zu jener Zeit praktisch allein Regierenden beim Epiphanasfest 858 vor aller Öffentlichkeit vom Empfang der Eucharistie aus.81 Dieses für den allmächtigen Herrscher beleidigende Ereignis und die einige Zeit später getroffene (und vom Patriarchen Ignatios missbilligte) Entscheidung, Theodora mit einer ihrer Töchter ins Kloster zu verbannen, waren die Hauptursachen für die Spannungen zwischen beiden Männern. Man darf nicht vergessen, dass Ignatios seine Wahl auf den Patriarchenthron der Kaiserin verdankte, d.  h., dass er ihr Protégé war. Die Begründung für die Absetzung des Ignatios folgte jedoch nicht viel später. Ignatios wurde vorgeworfen, er habe von einer Konspiration eines fundamentalistischen Mönchs mit Namen Gebon gegen den Kaiser gewusst.82 In der Zuspitzung dieses Vorwurfs wäre Ignatios an der Konspiration wesentlich beteiligt gewesen. Schuldig oder unschuldig – er hätte den Thron nicht weiter innehaben können. Er wurde verhaftet und als Hochverräter deportiert.83 Elf Jahre seines Pontifikats waren damit vorüber, die außer Querelen keine Spur in der Geschichte der byzantinischen Kirche hinterlassen haben – vor allem keine Spur einer Appeasement-Politik angesichts des Dissenses der Parteien.84 In Hinblick auf die Absetzung des Ignatios, hat sich die Forschung intensiv mit der subtilen Frage beschäftigt, ob der Patriarch selbst eine Abdankungsurkunde unterzeichnet hat. Die Mehrheit neigt trotz der Undeutlichkeit der Quellen dazu, dies als möglich anzunehmen.85 Die Vita Ignatii scheint jedoch in diesem

81 Siehe Mansi XVI, 224E–225A: ἑορτὴ δὲ ἁγίων Θεοφανείων· καὶ αὐτὸς ἀναιδῶς προσῆλθε τῶν θείων μεθέξων μυστηρίων· τί δὲ ὁ Ἀρχιερεύς; ἀποβάλλεται τῆς κοινωνίας, ἀνάξιον τοῦτον τῆς τοῦ δεσποτικοῦ σώματος κρίνων μεταλήψεως. ὁ δὲ μαίνεται μανίᾳ πικρᾷ καὶ κατὰ τῆς ἰδίας ὁπλίζεται ψυχῆς, ἀπειλεῖ τὸ οἰκεῖον ξίφος τοῖς σπλάγχνοις τοῦ ἱεράρχου καταχῶσαι· [Es war das Epiphaniasfest und dieser (Mann scil. Bardas) hat sich schamlos genähert, an den göttlichen Mysterien Anteil zu haben. Was macht aber der Erzbischof? Er verweigert ihm die Kommunion, indem er ihn für unwürdig der Teilnahme am Leib des Herrn hält; dieser (scil. Bardas) aber wird in bittere Raserei versetzt und bewaffnet sich gegen seine eigene Seele; er droht, sein Schwert in die Eingeweide des Patriarchen hineinzustoßen]. 82 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 36–38; Vgl. Beck, Geschichte 1980, 98; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 116–117. Wir besitzen nicht viele aufschlussreiche Informationen über diesen Mönch und seine Konspiration. Die Quellen stellen ihn negativ dar: ἦν δὲ ὁ Γήβων οὗτος ἐπίληπτος ἄνθρωπος, καὶ τὰς φρένας οὐ πάνυ καθεστηκώς [Es war aber dieser Gebon kein makelloser Mensch und geistig nicht in besonders guter Verfassung]. 83 Ins Terebinthos-Kloster auf den Prinzeninseln (Πριγκηπόνησα) am 23 Nov. 858. Siehe Mansi XVI, 261B. Dazu Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 118. 84 Beck, Geschichte 1980, 98. 85 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 40–41. Vgl. Beck, Geschichte 1980, 98; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 116–117; Stratoudaki-White, Patriarch Photius and the Conclusion of Iconoclasm 1999, 347; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 167; Vlasios Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 2. Bde., Athen 1994, Bd. II, 99.

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Fall zuverlässig zu sein: Denn sie beschreibt die Ereignisse gleich nachdem Ignatios nach Terebinthos deportiert wurde. Dieser Beschreibung zufolge haben manche Bischöfe Ignatios’ Abdankung verlangt, kehrten aber erfolglos zurück.86 Nach einiger Zeit allerdings habe Ignatios nach unerträglichem Druck und Elend in seine Abdankung eingewilligt und sie mit eigener Hand unterzeichnet.87 Ein anderer Beleg zur Stützung dieser Annahme kommt aus den Akten des Konzils von 869, wonach der Vertreter des Patriarchen von Jerusalem, Elias, bemerkt, dass selbst wenn es eine Abdankungsurkunde mit der Unterschrift des Ignatios je gegeben habe, diese unannehmbar gewesen sei, da er zur Unterschrift gezwungen wurde!88 Aber einer der vertrauenswürdigsten Belege aus der Feder eines

86 Siehe Vita Ignatii, PG 105, 505C: οὔπω τρεῖς μετὰ τὴν κατάβασιν διεληλυθείσαι ἡμέραι, καὶ παρῆσαν τῶν ἐπισκόπων οἱ νομιζόμενοι λογάδες, λίβελλον ἀποταγῆς, ἤτοι παραίτησιν, διὰ τὴν ἐνεστῶσαν τοῦ καιροῦ κακίαν ἀξιοῦντες λαβεῖν παρ’ αὐτοῦ … Ἀλλ’ αὐτοὶ μὲν ὑπέστρεφον ἀνήνυτα πεπονηκότες [Es waren drei Tage nach der Deportation (scil. des Ignatios) noch nicht vorbei und manche von den dabei anwesenden Bischöfen, die als Auserlesene galten, verlangten von ihm aufgrund der Schlechtigkeit der gegenwärtigen Zeitumstände einen Libellus des Aufgebens, d.  h. Rücktritt  … aber diese Leute kehrten erfolglos zurück]. Der Druck zur Abdankung setzte sich weiter fort, wiederum ohne Erfolg (PG 105, 505D): Μετ’ ὀλίγας δὲ αὔθις ἡμέρας πατρίκιοι καὶ τῶν κριτῶν οἱ ἐπιφανέστατοι σὺν τοῖς προλαβοῦσιν ἐπισκόποις ἐξιόντες, πάσαις μηχαναῖς, ὑποσχέσεσι τε καὶ ἀπειλαῖς θρόνον ἐγγράφως παραιτήσασθαι κατεβιάζοντο, εἴγε μὴ μέλλοι εἰς προφανῆ καθεῖναι κίνδυνον ἑαυτόν. Ἔμενε δὲ ἀμετάθετος οὐδὲν ἦττον ἢ πέτρα παράλιος εἰς βάθος γῆς ἐῤῥιζωμένη, καὶ πάσαις ἀνένδοτος κυμάτων ἐπιφοραῖς [Nach wenigen Tagen gingen wieder (manche) Patrizier sowie die angesehensten von den Richtern zusammen mit den Bischöfen, die schon bei ihm (scil. Ignatios im Gefägnis) waren, zwangen ihn mittels jeder List, Versprechung oder Drohung, seinen Rücktritt vom (patriarchalischen) Thron schriftlich abzuliefern, wenn er nicht etwa sich selbst in der Zukunft einer sichtbaren Gefahr aussetzen möchte. Dieser aber blieb standhaft, genauso wie ein am Meer liegender Stein, der tief in der Erde befestigt ist und allen Schlägen der Meereswellen unnachgiebig trotzt]. 87 In Vita Ignatii, PG 105, 521A-D, wird charakteristisch berichtet: … μετὰ τὰς ἀπειλὰς, μετὰ τὰς ἀλύσεις, ἃς κατὰ τῶν τιμίων ἐπέβαλον ποδῶν, μετὰ τὰ ῥαπίσματα … βίᾳ τῆς τοῦ ἁγίου χειρὸς ὁ Μωροθεόδωρος κρατήσας καὶ χάρτην λαβών, ἔπηξε ὡς δι’ αὐτοῦ σταυρόν, ὃν καὶ ἀναγαγὼν ἐπιδέδωκε Φωτίῳ [Nach den Drohungen, den Ketten, mit denen man seine würdigen Füsse gefesselt hat, nach den Peitschenschlägen …, hielt der dumme Theodor die Hand des Heiligen mit Gewalt fest, nahm Papier und prägte wie durch seine eigene Hand das Siegel, das er erhob und dem Photios gab]. 88 Siehe Mansi XVI, 345E: καὶ ὅτι τὸ κατὰ τὴν ἐξορίαν γεγονὸς τῆς παραιτήσεως ἔγγραφον διὰ Ἰγνατίου τοῦ πατριάρχου, ἀντὶ μηδὲ γεγονότος ἐστίν, εἰ καὶ γέγονεν, ὡς τυραννικῶς γεγονός [Und dass das während des Exils durch Patriarchen Ignatios unterschriebene Rücktrittsdokument als nicht geschehen gilt, und selbst wenn es tatsächlich geschah, ist es einfach durch Gewalt geschehen]. Dazu siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 45; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 231, Anm. 613.

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Ignatianers (Metrophanes von Smyrna),89 gemeinsam mit der nüchternen Vita des hl. Euthymios (898), macht es höchst wahrscheinlich, ja sicher, dass Ignatios „teils wegen seiner eigenen Vorliebe (für ein zurückgezogenes Leben), teils unter dem Druck von außen“ weiteren Widerstand für zwecklos hielt und in die Abdankung einwilligte.90 Das war natürlich zugunsten des kirchlichen Friedens und sicherlich den damaligen ungünstigen Umständen geschuldet.91 Der Weg war jetzt für Photios frei. Der ursprünglich aus der Politik herkommende Mann ist endlich in den Vordergrund getreten – vor allem dank der großzügigen Unterstützung des Caesar Bardas. Warum aber? War es wegen seiner auch von seinen Gegnern öffentlich anerkannten reichlichen Bildung und seines engen Umgangs mit dem Kreis der Politiker?92 Oder wegen seiner politischen Neutralität,93 seiner auch ikonophilen Gesinnung und seiner erprobten und erfolgreichen Präsenz in wichtigen Posten der staatlichen Verwaltung?94 Nimmt man alle diese Gründe als Erklärungsmöglichkeiten an, wird man die Wahrheit nicht verfehlen. Der wichtigste Grund aber für den Eintritt des Photios auf die kirchliche Bühne – er ist bisher von der Forschung kaum genügend beachtet worden – war m.  E., dass der scharfsichtige Bardas in der Person des Photios den richtigen Mann für die Erneuerung innerhalb der Kirche erblickte, dem eine Wendung zuzutrauen war weg vom Festhalten an einem blinden und sterilen Dogmatismus hin zur Öffnung für moderne Einflüsse, geistige Tendenzen und Strömungen. Wie der auch international bekannte Byzantinist Dionysios Zakythinos wohl zutreffend bemerkt, wies die ikonoklastische Bewegung weder etwas Liberales noch etwas Erneuerndes auf, sondern wandelte sich in einen Träger eines „strengen und engstirnigen Geistes sowie auch antiintellektualistischer Triebkräfte“.95 Die ikonoklastische Theorie wandte sich gegen die etablierten Prinzipien christlichen Lebens und stellte eine gefährliche Bedrohung für das Werk dar, welches die Kirchenväter

89 Metrophanes berichtet deutlich, dass Ignatios ihn als seinen Nachfolger gewünscht hätte: ἦν γὰρ θεσπίσας, ἐκ τῆς ἐν Χριστῷ καθ’ ἡμᾶς ἐκκλησίας ψηφίσασθαι Πατριάρχην. Siehe Mansi XVI, 416B. 90 Siehe Beck, Geschichte 1980, 98, mit Verweis auf Metrophanes von Smyrna, Mansi XVI, 416. 91 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 45: „It does, however, clearly emerge … that the Byzantine higher clergy gradually came to knowledge, almost unanimously, that in the circumstances it would be advisable in the interests of the Church for the Patriarch (Ignatios) to abdicate … Ignatius (who) was pressed to reign on grounds of old age and public unrest … ended by giving in and even went so far as to invite his most faithful partisans to elect another Patriarch“. 92 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 50. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 122. 93 Siehe Beck, Geschichte 1980, 98. 94 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 50. 95 Siehe Βυζαντινή Ἱστορία 1989, 196.

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vollbracht haben, indem sie die Lehre des Evangeliums mit dem antiken griechischen Denken fruchtbar verbanden.96 Mit Recht haben die Vertreter der liberalen Partei erkannt, dass das im weiteren Sinne platonische Denkerbe, dieser Sockel des Geistes, durch die ikonoklastische Bewegung in Gefahr war, und man unbedingt die von diesem Denken geprägte kulturelle Besonderheit der byzantinischen Zivilisation aufrechterhalten müsse. Ein Usurpator, also unrechtmäßiger Inhaber des Thrones, Caesar Bardas, hat also die richtige Wahl getroffen und den geeigneten und passenden Mann in das angesehene Amt des Patriarchen befördert. Die Geschichte muss ihm das zugestehen. So erhielt Photios, da er bislang noch dem Laienstand angehörte, innerhalb von sechs Tagen (20–25 Dezember) alle Weihen: am ersten Tag die zum Mönch, am zweiten zum Lektor, am dritten zum Subdiakon, am vierten zum Diakon, am fünften zum Priester und am sechsten endlich zum Bischof.97 Dass Photios die Weihegrade in unzulässiger Eile durchgelaufen hat,98 war durch die damaligen außerordentlichen Umstände bedingt. Es war auch kein Einzelfall „isolated case“.99 Die Tatsache, dass unter den ihn weihenden Bischöfen – das byzantinische kanonische Recht setzt drei voraus – der von Ignatios exkommunizierte Gregorios Asbestos war, hätte später zu Einwänden gegen die Rechtmäßigkeit seiner Weihe führen können.100 Es scheint aber, als habe die Beteiligung des Asbestos am Konsekrationsakt zunächst keine heftigen Reaktionen ausgelöst, da auch Bischöfe, die Ignatios’ Anhänger waren, daran teilgenommen haben.101 Dvornik erklärt die Teilnahme mehrerer Bischöfe unterschiedlicher kirchenpolitischer Herkunft am Weiheakt des Photios aus der politischen Erwägung Kaiser Michaels und des Caesar Bardas. Beide hätten gern ein endgültiges Ende aller Probleme, die das Leben der Kirche belasteten, eine Versöhnung zwischen

96 Siehe Βυζαντινή Ἱστορία 1989, 197. 97 Siehe Vita Ignatii, PG 105, 512Α. 98 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 169 mit Verweis auf den 13. Kanon des Konzils von Sardika, Can 13 (EOMIA I 12, 3, 472 3–473, 11 Turner). Vgl. auch Dvornik, Photian Schism 1948, 50: „The new Patriarch’s consecration was a „hurried affair“ … a procedure that was of course against the rules of canon law“. 99 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 50: „… under exceptional circumstances … Nor was it an isolated case in Byzantium …“. Die außerordentlichen Umstände, von denen Dvornik spricht, waren, dass sich Weihnachten näherte und die Anwesenheit des Patriarchen bei allen offiziellen Liturgien, die mit diesem Fest verbunden sind, notwendig war. Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 51. 100 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 123. Dies Thema wird im weiteren Verlauf der Arbeit angeschnitten werden. 101 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 52; Beck, Geschichte 1980, 99; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 123.

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den entgegengesetzten Parteien und eine breite Anerkennung des Photios als Patriarchen durch den gesamten Episkopat gesehen.102 Diese logische Erklärung wird auch von den Quellen bestätigt, dass nämlich auch Bischöfe, die der Partei des Ignatios angehörten, der kanonischen Wahl des Photios an Stelle des Ignatios zugestimmt haben.103 Der ersehnte Frieden in der Kirche hat nicht lang gehalten. Zwei Monate nachdem Photios die Macht antratt,104 haben die Rivalitäten zwischen den beiden Parteien wieder angefangen. Aus der Vita Ignatii lässt sich herauslesen, dass Photios der Hauptverantwortliche für das Entflammen dieser Rivalitäten war. Er habe sein schriftliches Versprechen gebrochen,105 nichts gegen Ignatios und seine Anhänger zu unternehmen, und sie heftigen Verfolgungen unterzogen.106

102 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 53. 103 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 123–124 mit Verweis auf Metrophanes Smyrna, Mansi  XVI, 415, 420: καὶ οὕτως ἔχων, ἔτι ζῶντος τοῦ Ἰγνατίου ἐπέβη ὡς μοιχὸς τῆς Κωνσταντινουπόλεως ἐκκλησίας, μὴ ὑπὸ τῶν ἐπισκόπων ψηφισθεὶς κατὰ τοὺς νόμους καὶ τὴν τάξιν τῆς ἐκκλησίας, ἀλλὰ ὑπὸ μόνον τοῦ παραδυναστεύοντος (scil. des Bardas)· διὸ τοῦτον ἀποκηρύσσοντες πάντες οἱ ἐπίσκοποι, ψήφῳ κοινῇ ἑτέρους τρεῖς ἐψηφίσαντο, καὶ ἐπὶ πολλαῖς ἡμέραις ἐνέμενον τῇ οἰκείᾳ ψήφῳ· εἶτα ὑπεκλάπησαν κατὰ μικρὸν οἱ ὅλοι σχεδόν, ἄνευ πέντε, ἐν οἷς ἦν κᾀγώ [Unter diesen Umständen, während Ignatios noch lebte, hat er (scil. Photios) als Ehebrecher den Thron der Kirche von Konstantinopel bestiegen, ohne gemäß den Regeln und der Kirchenordnung von den Bischöfen die Stimme bekommen zu haben, sondern nur von dem, der (zu dieser Zeit) mitregierte (scil. des Bardas). Aus diesem Grund, da alle Bischöfe ihn verstoßen haben, haben sie durch gemeinsame Entscheidung für drei andere gestimmt, und für mehrere Tage hielten sie an ihrer eigenen Stimme (beharrlich) fest. Danach aber wurden die Stimmen fast aller Bischöfe nach und nach hinterlistig beraubt, außer fünf, unter denen auch ich war]. 104 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 53 mit Verweis auf Vita Ignatii, PG 105, 513A. 105 Dieses Dokument ist nicht im Wortlaut erhalten, sein Inhalt wird aber häufig wiedergegeben. Siehe Grumel, Regestes 1989, 456. Vgl. Beck, Geschichte 1980, 99–100 mit Verweis auf Vita Ignatii, PG 105, 513A: καίτοι γε χειρόγραφα παρὰ τῶν καταδεχομένων αὐτὸν πρότερον ἀπαιτηθεὶς μητροπολιτῶν, ὥστε πατρικὴν ἀπονέμειν τῷ Ἰγνατίῳ τιμήν, καὶ πάντα κατὰ βούλησιν αὐτοῦ δρᾶν, καὶ ἐν μηδενὶ τοῦτον παραλυπεῖν. Οὕπω δὲ μετὰ τὴν χειροτονίαν δύο μῆνες παρῆλθον, καὶ αὐτὸς τοὺς ὅρκους ἠθετηκώς [Obwohl er (scil. Photios) von den Metropoliten, die vorher seine Wahl zum Patriarchen akzeptiert haben (wörtlich: ihn aufgenommen haben), schriftlich aufgefordert wurde, dem (abgesetzten Patriarchen) Ignatios die väterliche Ehre zu erteilen und alles nach seinem Wunsch zu tun, sowie ihn in nichts zu belästigen. Es waren nicht einmal zwei Monate vergangen, und dieser hatte seinen Eid gebrochen]. Dazu siehe auch Dvornik, Photian Schism 1948, 56. 106 Fortsetzung aus der Vita Ignatii, PG 105, 513A: πρῶτον μὲν τοὺς ἐπὶ τῆς ἐκκλησίας τεταγμένους, ὅσους οἰκειοτέρους εὕρισκε τοῦ πατριάρχου, κατακλείων, καὶ οἰκισμοῖς βιαίοις καὶ μάστιξι καταικιζόμενος [(Inwiefern hat er seinen Eid gebrochen?): Indem er zuerst die Anführer der Kirche (scil. Bischöfe), die er als dem Patriarchen (Ignatios) freundlich zugeneigt fand, einsperren und durch gewaltsame Hauseinsperrungen und Peitschen misshandlen ließ].

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Nimmt man die Auskünfte aus der Vita Ignatii vorbehaltlos als wahr an, so muss man sich zugleich nach den Gründen einer so feindlichen Einstellung des Photios gegen die Ignatianer fragen, da sich doch aus den Quellen ergibt, dass dessen Wahl die Spannung zwischen den Parteien besänftigen sollte. Warum hätte Photios Maßnahmen gegen die Ignatianer ergreifen sollen, wenn sie doch, wie gesehen, am Anfang mit seiner Weihe aufgrund seiner politischen Neutralität einverstanden zu sein schienen? Besonders die Extremisten unter den Ignatianern, die weder mit dem Sturz des Ignatios noch mit der Entmachtung der Kaiserin Theodora und dem neuen Kurs unter Bardas einverstanden waren, haben sich also in Wirklichkeit nicht damit abgefunden und versuchten, Photios im Wege zu stehen.107 Photios wollte den Frieden um jeden Preis beibehalten und musste daher die ungehorsamen und rebellischen Ignatianer verfolgen.108 Unter diesen Umständen hätte Photios auch Ignatios nicht verschonen können.109 Er rief im Jahre 859 in der Apostelkirche eine Synode zusammen, welche die Beschlüsse110 seiner Gegner für ungültig erklärte, Ignatios endgültig absetzte und über ihn den Bannfluch aussprach.111 Damit war jetzt auch Ignatios endgültig unschädlich gemacht und Photios konnte sich in seiner Funktion als Patriarch endlich frei bewegen. Eine der ersten offiziellen dienstlichen Handlungen des neu gewählten Patriarchen war die Übersendung seiner Inthronistika an den Papst112 und die öst-

107 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 55–56; H.-G. Beck, Geschichte 1980, 99. 108 Die Ignatianer hatten sich in der Irene-Kirche versammelt und Photios für abgesetzt und Ignatrios zum rechtmäßigen, regierenden Patriarchen erklärt. Siehe dazu Beck, Geschichte 1980, 100 und Dvornik, Photian Schism 1948, 60. 109 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 68: Under the circumstances, it is not suprising that Photius’ cautious attitude should be so little appreciated by certain zealots and that the radical monks should suspect another attach on monasticism. 110 Siehe oben Anm. 108. 111 Das Synodicon vetus spricht von einem «πονηρευμένων ἐν Βλαχέρναις Συνέδριον» (Nr. 158; 134, 4 F. Duffy/Parker). Bemerkenswert ist, dass hier Photios selbst (und nicht die Synode) als Akteur begegnet (134, 5–7): [Φώτιος] καθαιρεῖ μὴ παρόντα τὸν ἀδικούμενον· καὶ τοὺς ἀπαρνουμένους καθυπογράψαι τοῖς πονηροῖς αὐτοῦ νεύμασι καὶ τῆς κοινωνίας ἀντέχεσθαι [Photios setzt den, der ungerecht behandelt wird, in seiner Abwesenheit ab; und er kann durch seine listigen Versprechungen sogar mit denen, die sich weigern, ihre Unterschrift abzuliefern, die Gemeinsachaft aufrechterhalten]. Siehe dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 168 Anm. 13 und Dvornik, Photian Schism 1948, 57, 69. Vor der Berufung zur Synode in Blachernai ließ Photios (nach Zwischenstationen auf der Insel Hiera und im Numeroigefängnis) Ignatios auf die Insel Mitylene deportieren: Vgl. Mansi  XVI, 233D: ἡμερῶν δὲ παρελθουσῶν ὀλίγων, εἰς τὰ Νούμερα τοῦτον περάσαντες σιδηροδέσμιον ἐγκλείουσιν  … εἶτα εἰς πλοῖον αὐτὸν ἐμβαλόντες, εἰς Μυτιλήνην ἐξορίζουσι [Nach wenigen Tagen haben sie ihn, indem sie ihn über Meer ins Numera geschafft, in eiserne Fesseln gekettet … danach setzen sie ihn in ein Schiff und schaffen ihn nach Mytilini weg]. 112 Siehe Ep. 290 (III, 124, 4 – 138, 480 L/W).

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lichen Patriarchen.113 In diesen beiden Briefen beteuert Photios mit Nachdruck anlässlich seiner Inthronisierung, wie er sich nur widerwillig in die hohe Würde des Bischofsamtes geschickt habe, das ein fürchterliches Joch und sehr schwer in Anbetracht seiner „Mittelmäßigkeit“ (μετριότης) zu tragen sei.114 Dazu erklärt er, dass er dieses schwere Amt unter besonderen Umständen für die Konstantinopolitaner Kirche, d.  h. zur Wiederherstellung des Friedens in ihr, übernahm.115 Das Schiff der Kirche suchte nach einem guten Steuermann, der es unter günstigen Wind bringen könne,116 damit sich die Unruhe in der Kirche nach den vielen Wogenschlägen glätte.117 Photios unterstreicht in beiden Briefen auch die Tatsache, dass man ihn zur Übernahme des Amtes durch Bitten bewegte,118 nachdem

113 Siehe Ep. 289 ad sedes Orientales (III, 121, 1 – 123, 95 L/W). 114 Siehe Ep.  290 (III, 125, 38 L/W): Vgl. Ep.  288 (III, 115, 9–10 L/W): τὸν φρικτὸν τῆς ἀρχιερωσύνης ζυγόν; Vgl. Ep. 289 (III, 122, 36; 123, 71–72 L/W): τὸ βαρὺν καὶ δυσβάστακτον τοῦ πράγματος. Eine solche Äußerung klingt in den Ohren des Lesers als Topos und könnte eventuell von ihm nicht sehr ernst genommen werden, ist es aber m.  E. in einer gewissen Hinsicht nicht! Denn Photios hat im Voraus, wie es sich an den Ereignissen zeigen lässt, weder den Weg zum Patriarchat geebnet noch versucht, die Würde des Ignatios als Patriarchen zu zerstören oder zu untergraben. Er wurde von dem damals mächtigen Caesar Bardas befördert als eine Pesrson von allgemeiner Akzeptanz mit dem Ziel, die im Streit befindlichen kirchlich-politischen Parteien zur Eintracht zu bringen. Die Beförderung des Photios war eine durchaus bewusste politische Entscheidung, welche den damaligen Umständen entsprach. Man sollte natürlich auch in Erwägung ziehen, dass Photios, obwohl er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht selbst an seiner Beförderung gearbeitet hat, sich trotzdem seine adlige Herkunft und seine politischen Beziehungen zunutze gemacht hat, um die für ihn aber ohne ihn getroffene Entscheidung der damaligen politischen Elite leichter zu machen. Photios wurde zum Patriarchenthron gerufen, hat ihn aber nicht erobert. Versucht man sich jetzt in den psychologischen Zustand eines solchen Mannes zu versetzen, dessen Lebensweise (Umgang mit seinen Studenten, Lehrtätigkeit) den Anforderungen für ein so hohes Amt nicht entsprach, wird man leicht feststellen, was für eine Art von Emotionen die Übernahme einer solchen Verantwortung in ihm verursacht hat. 115 Siehe Ep. 289 (ΙΙΙ, 122, 66–67 L/W): ποιμένος δὲ πρὸς ἁπάντων ἐπιζητουμένου τοῦ καὶ τὰ διεσπασμένα μέλη τῆς Ἐκκλησίας συνάψαι δυναμένου [Eines Hirten, der für alles gesucht war und der die zerstreuten Glieder der Kirche wieder einigen konnte]. 116 Siehe Ep. 288 (III; 116, 41 L/W). 117 Siehe Ep. 289 (III, 122, 67–69 L/W): καὶ τὴν τῶν πραγμάτων κατευνάσαι ταραχὴν – ἦσαν γάρ, ἦσαν ποικίλοι τε καὶ παντοδαποὶ κατὰ τὴν Ἐκκλησίαν σάλοι καὶ κλύδωνες – [Eines Hirten, der auch den Aufruhr der Dinge beruhigen konnte – denn es gab viele und vielfältige Unruhen und Erschütterungen zu dieser Zeit in der Kirche]. 118 Siehe Ep. 289 (III, 123, 70–72 L/W): τῇ ἡμῶν ἀσθενείᾳ καὶ μετριότητι ὁ τε βασιλεὺς αὐτὸς καὶ ὁ τῶν ἱερέων ἐπιτίθεται σύλλογος, ἀπαραιτήτως ἐκβιαζόμενοι τὸν τῆς ἀρχιερωσύνης ζυγὸν ἀναδέξασθαι [Aufgrund meiner Schwäche und Bescheidenheit haben der König selbst sowie die Versammlung der Bischöfe mich bedrängt und unerbittlich dazu gezwungen, das Joch des Patriarchenamtes auf mich zu nehmen].

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sich sein Vorgänger (Ignatios) „zurückgezogen“ hatte.119 Des Weiteren fügt er beiden Briefen ein Glaubenssymbol ein, in dem er zusammenfassend Folgendes bekennt: den Glauben an die überwesentliche, über jedes Sein hinausgehende, zeitlose, übergütige Dreieinigkeit, was an die areopagitischen Schriften erinnert,120 an die eine Person Christi, die in zwei unveränderten und unvermischten Naturen zu erkennen ist,121 sowie an die eine katholische und apostolische Kirche und an die Beschlüsse der sieben ökumenischen Synoden.122 Den Glauben der sieben ökumenischen Synoden bekennend, referiert Photios auch die von ihnen verdammten Ketzer (Arios, Nestorios, Didymos, Origenes), indem er auch deren Irrlehren kurz darlegt.123 Parallel zum Brief des Photios an den Papst Nikolaos, hat auch Kaiser Michael einen Brief nach Rom geschickt, in dem er den Pontifex darum bat, Stellvertreter, die an einer Synode zur endgültigen Sanktionierung der Bilderverehrung teilnehmen sollten, nach Konstantinopel zu schicken.124 In Beantwortung dieses Schreibens nutzt Papst Nikolaos (in seiner Epistula mit dem Datum 25. Sept. 860) die Gelegenheit, nachdem er zuerst dem Kaiser für die Wiederherstellung des Friedens in der Kirche gratuliert hat,125 sich der Angelegenheiten der Ostkirche anzunehmen. Nikolaos unterstrich unter anderem seine Überraschung über die Absetzung des Ignatios „sine Romani consultu pontificis“ (ohne Befragung des römischen Pontifex)126 und die Tatsache, dass ein Laie, nämlich Photios, an seine Stelle gerückt worden sei: „Ein solches Vorgehen ist nach der katholischen Weiheordnung verboten; unsere heilige römische Kirche hat eine solche Wahl immer durch den Mund unserer Vorgänger als Lehrer des katholischen Glaubens untersagt. Wir halten uns an ihre Weisung, da wir überzeugt sind, dass ihre Satzungen unverletzt bleiben müssen“.127 Diese Äußerung rekurriert auf den dritten

119 Siehe Ep. 288 (III, 116, 46–47 L/W). 120 Siehe Ep. 288 (III, 117, 85–90 L/W). 121 Siehe Ep. 288 (III, 118, 101–103 L/W). 122 Siehe Ep. 288 (III, 118, 117 – 120, 165 L/W). 123 Siehe Ep. 288 (III, 118, 124–119, 151 L/W). 124 Siehe Franz Dölger, Regesten der Kaiserurkunden des oströmischen Reiches von 565–1453, München/Berlin (1924–1960) 457. 125 Siehe Ep. 82 (MGH Epp. VI, 433–439 Perels). Angaben nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 169. 126 Ep. 82 (VI, 434, 8). Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 127. 127 Ep. 82 (VI, 435, 3–6): Haec itaque catholicus ordo prohibet et sancta nostra Romana ecclesia talem electionem semper prohibuit per antecessores nostros catholicae fidei doctores, quorum nos tenorem observantes instituta ipsorum esse inviolabilia censemus.

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Kanon128 der Synode von Serdika (342/43), explizit für die Kritik, dass Photios die Weihegrade in unzulässiger Weise durchlaufen habe, implizit für die Rolle Roms als Appellationsinstanz.129 Denn er beteuert mit Nachdruck, dass er, bevor seine Legaten den Fall der Rechtmäßigkeit der Absetzung des Ignatios und die der Weihe des Photios geprüft und ihm zur endgültigen Entscheidung vorgelegt haben, keinen endgültigen Entschluss fassen kann. Ein endgültiges Urteil fällt nach Nikolaos nur Rom zu: Aus diesen kurzen Überlegungen erhellt, daß wir uns außerstande sehen, zur Weihe des vorgenannten Mannes [scil. Photios] unsere apostolische Zustimmung zu geben; vorher müssen wir durch unsere Legaten, die wir zu Euch senden, alles, was in der vorgenannten Stadt [Konstantinopel] hinsichtlich der kirchlichen Fragen oder Weihen geschehen soll, genau erfahren  … Durch diese genaue Untersuchung soll geklärt werden, ob die kanonischen Vorschriften [bei Ignatios’ Absetzung] beachtet wurden oder Ungereimtheiten bestehen (utrum canonicus tenor in eadem observatus fuerit vel non manifestum existat). Wenn dann der Bericht an uns gelangt ist, werden wir mit apostolischer Autorität (apostolica sanctione) bestimmen, was weiterhin zu geschehen hat. Auf diese Weise soll Eure Kirche, die Tag für Tag von solchen Bedrängnissen geschüttelt wird, künftig unverletzt und unerschüttert bleiben.130

Der Brief endet mit der Forderung der Rückerstattung des Illyricums und der päpstlichen Patrimonien in Süditalien.131 Die päpstlichen Legaten Radoald von Porto und Zacharias von Anagni trafen im Winter 860/61 in Konstantinopel ein. Die Synode wurde aber erst um Ostern

128 Diesem Kanon gemäß darf man, falls ein Bischof von einer Provinzsynode verurteilt wird und er sich gegen diese Verurteilung verteidigen will, ihn nicht durch einen anderen Bischof ersetzen, bevor der Bischof von Rom über ihn eine (endgültige) Entscheidung trifft. Vgl. Fr. Lauchert, KANONES 1961, 54. Diese Berufung auf Serdika zur Herleitung dieses rectus ordo beruht allerdings auf einer Verallgemeinerung dieses Kanons. Dazu siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 169. 129 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 169. 130 Ep. 82 (VI, 436, 22–25; 33–37 Perels): His ita paulisper praelibatis in supradicti viri consecratione consensum apostolatus nostri praebere non possumus, donec per missos nostros, quos ad vos destinavimus, cuncta, quae in iam praenominata superius urbe de ecclesiasticis causis seu ordinibus peracta sunt vel agentur, nostris intimata fuerint auribus … et in hoc agendum subtili examine a nostrae iussionis legatis depositionis eius censura perquiratur, quatenus inquirentes invenire queant, utrum canonicus tenor in eadem observatus fuerit, vel non manifestum existat: ac deinde, cum nostro praesultatui significatum fuerit, quid de eo agendum sit apostolica sanctione definiemus, ut vestra ecclesia, quae tantis quotidie quatitur anxietatibus, inviolabilis deinceps et inconcussa permaneat. Dazu Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 169. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 126. 131 Siehe Ep. 82 (VI, 438, 25–439, 11).

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herum eröffnet.132 Die lange Zwischenzeit war offenbar nötig, um zu einem Konsens über das Vorgehen zu kommen. Der erzielte Kompromiss schrieb vor, dass einerseits der Fall des Ignatios nochmals aufgerollt werden solle, dass aber andererseits die Akte auch definitiv geschlossen werden müsse, d.  h., dass die endgültige Entscheidung an Ort und Stelle und nicht erst in Rom erfolgen dürfe. Jede andere Lösung hätte dem orthodoxen Konzept einer allgemeinen Synode widersprochen.133 De facto gab die Synode dem Anspruch des Papsts statt, eine schon entschiedene causa revidieren zu dürfen, und die päpstlichen Legaten hielten auch an den Beschlüssen von Serdika fest.134 In Ignatios aber lagen zwei Standpunkte im Widerstreit, nämlich auf der einen Seite das Bewusstsein, Recht zu haben, und auf der anderen Seite eine unverkennbare Missbilligung der römischen Einmischung und des Verhaltens der Legaten, d.  h. er benahm sich so ungeschickt, dass er sie nicht als seine rechtmäßigen Beurteiler akzeptierte,135 mit dem Ergebnis, dass er die Legaten bald gegen sich aufgebracht hatte.136 Das Ergebnis der Synode war für Ignatios also ungünstig. Beim Revisionsprozess der causa Ignatii hat der Protospatharios Johannes betont, dass Ignatios ohne die offizielle Einberufung einer Synode, sondern vielmehr autokratisch von einer Frau, d.  h. von Kaiserin Theodora, zum Patriarchen ernannt worden war.137 Ignatios hätte daher niemals Patriarch sein können. Damit war ipso facto die Legitimität des Photios sichergestellt.138 Als kanonische Basis für die Absetzung des Ignatios diente der Synode der 31. Kanon der Heiligen Apostel, dem gemäß, „ein Bischof, wenn er sich mittels weltlicher Herrscher der Herrschaft über die Kirche

132 Siehe Beck, Geschichte 1980, 101, mit Verweis auf die Kanones der Synode: Rhalles-Potles, Σύνταγμα Θείων καὶ Ἱερῶν Κανόνων, 6. Bde, Athen 1852, Bd. II, 647–704 und Mansi XVI, 536–549. 133 Siehe Beck, Geschichte 1980, 101. 134 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 171. 135 Siehe Mansi XVI, 297D: ὑμᾶς ἐγὼ κριτὰς τοιούτους οὐ δέχομαι, ἀλλὰ πρὸς τὸν πάπαν με ἀπαγάγετε, κἀκεῖθεν τὴν κρίσιν ἀσμένως δέχομαι [Ich akzeptiere euch als solche Richter nicht, aber bringt mich zum Papst und von dort werde ich das Urteil gern annehmen]. Mit dieser RomÄußerung eröffnete Ignatios den Weg zur Einmischung in die kirchlichen Angelegenheiten der Konstantinopolitaner Kirche und billigte dem Bischof von Rom sein Eingriffsrecht zu. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 130–131. Nach Beck (Geschichte 1980, 101) lässt sich nicht beweisen, ob Ignatios nach dem Abschluss des Verfahrens dann doch an den Römischen Stuhl appelliert hat. Dieser Meinung ist auch F. Dvornik, Photian Schism 1948, 88. 136 Siehe Beck, Geschichte 1980, 101. 137 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020 129; Drovnik, Photian Schism 1948, 81. 138 Siehe H.-G. Beck, Geschichte 1980, 101. Nach Stephanou, Art: „Photius, patriarche de Constantinople“, in: DSp XII/1 (1984) 1399: „Photius, dans la logique des événements basait son droit au patriarcat, non sur l’abdication d’Ignace mais sur la prétendue nullité légale du patriarcat de son prédécesseur“. Dazu siehe auch Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 171 Anm. 25.

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bemächtigt, abgesetzt und verdammt werden soll sowie alle diejenigen, die mit ihm in Gemeinschaft stehen“.139 Die Synode erklärte auch mit Zustimmung der päpstlichen Legaten den Fall des Asbestos für abgeschlossen, d.  h. seine Verurteilung durch Ignatios für nicht rechtens.140 Beim synodalen Verfahren wurde nicht nur der Fall des Ignatios, sondern auch der des Photios (aber nicht direkt, wie der seines Vorgängers)141 Gegenstand der Kritik. Ein kurzes Schreiben des Papstes an Photios kam zum Vorschein, in dem der Papst unter anderem geäußert hatte: Wir bedauern es, dass Ihr nicht die rechte Ordnung eingehalten habt. Ihr seid nicht auf dem kirchlichen Stufenweg (per gradus ecclesiae) aus dem Laienstand zu solch hoher Würde emporgestiegen. Dabei wäre es eine Forderung der Klugheit gewesen, erst eimal in entsprechender Weise nach kanonischer Ordnung im Klerikerstand zu leben, um dann in Übereinstimmung mit den Rechtssatzungen zu gegebener Zeit und auf dem vom Recht vorgesehenen Stufenweg zum Hirten der Kirche bestellt zu werden.142

Diese öffentlich geäußerte Kritik wurde zum Anlass für die Synode, unter den insgesamt 17 Kanones, zwei, die fortan die kirchliche Ordnung regeln sollten, zu erlassen. Kanon 16 bestimmt, dass es fortan nicht erlaubt sein solle, einen neuen Bischof zu installieren, solange sein Vorgänger noch lebe, nicht der Vernachlässigung seines Amtes überführt sei und auch nicht freiwillig abgedankt habe.143 Der folgende Kanon (17), der auch wie der vorausgehende zur Unterstützung der Rechtmäßigkeit der Wahl des Photios erlassen wurde,144 schärft ein, „dass niemand aus dem Stand der Laien oder der Mönche zur Bischofswürde gelangen soll, sondern erst, nachdem er die kirchlichen Weihestufen durchlaufen hat, durch Handauf-

139 εἴ τις ἐπίσκοπος κοσμικοῖς ἄρχουσι χρησάμενος, δι’ αὐτῶν ἐγκρατὴς γένηται ἐκκλησίας, καθαιρείσθω καὶ ἀφοριζέσθω καὶ οἱ κοινωνοῦντες αὐτῷ πάντες. Siehe Friedrich Lauchert, KANONES 1961, 4 und 141. Vgl. mit Kanon 3 des 7. ökumenischen Konzils von Nizäa (787). Dazu auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 131. 140 Siehe Beck, Geschichte 1980, 101; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 131. 141 Die päpstlichen Legaten haben nicht erreicht, die Ordination des Photios zum Gegenstand der synodalen Verhandlungen zu machen. Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 172. 142 Ep. 83 (440, 7–11): Sed rectum vos ordinem non tenuisse doluimus, eo quod non per gradus ecclesiae ductus ad tantum honorem de laicali habitu vos prosiluistis, cum oporteret vestram prudentiam ita canonice vixisse in clericali ordine, ut nihil extra canonica instituta agentes tempore congruo atque ascensu legitimo constitueremini ecclesiae pastor. Siehe D. Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1975, 293  f. Vgl. P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 172. 143 Siehe Can. XVI, Mansi, 548CD. Vgl. P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 172 Anm. 31. 144 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 132.

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legung das Bischofsamt empfangen soll“.145 Damit wird intentional Kanon 13 von Serdika aufgenommen – freilich mit einer wichtigen Einschränkung, die exakt diejenige Ausnahme autorisierte, die Rom hatte bestreiten wollen:146 „Denn obwohl bis jetzt einige aus dem Laien- oder Mönchsstand unvermittelt die Würde des Bischofsamtes erlangt haben, wenn es die Situation erforderte – Männer, an Tugend hervorragend und die Kirche nach Vermögen erhebend –, wollen wir die Ausnahme nicht zum Gesetz der Kirche machen und setzen deshalb fest, dass solches fortan nicht mehr geschehen soll“.147 Im Anschluss an die Synode von 861, schrieb Photios einen besänftigenden, apologetischen Brief an Papst Nikolaos, in dem er unter anderem sein Emporsteigen zum Patriarchenthron und dessen Rechtmäßigkeit in kanonischer Hinsicht zu rechtfertigen versuchte. Schon von Anfang an kann der Leser die Absicht des Verfassers erkennen, den Papst zu beruhigen und dessen Eingriff (scil. die tadelnden Worte) in die Konstantinopolitaner Kirche weder „als Früchte einer heftigen Gemütsbewegung“ (ἐμπαθείας κυήματα) noch als „Worte einer streitsüchtigen Gesinnung“ (γνώμης φιλαπεχθήμονος ῥήματα) sondern vielmehr als Äußerung einer ungeheuchelten Gemütsstimmung zu betrachten, die die kirchliche Ordnung genau erwägt und bis ins Detail prüft.148 Photios versucht weiter seine Verwicklung in die kirchlichen Angelegenheiten als eine außerordentliche Tatsache darzustellen, die sich aus den außergewöhnlichen Umständen, die damals in der Kirche herrschten (Auseinandersetzung zwischen Ikonoklasten und Ikonophilen), ergeben hat. Er betont vor allem, dass er unter das Joch des Patriarchenamtes gezwungen worden sei:

145 Can  XVII, Mansi  XVI, 584E: μηδένα τῶν λαϊκῶν ἢ μοναχῶν εἰς τὸ τῆς ἐπισκοπῆς ὕψος ἀνάγεσθαι, ἀλλὰ τοῖς ἐκκλησιαστικοῖς βαθμοῖς ἐξεταζόμενον πρότερον, οὕτω τῆς ἐπισκοπῆς τὴν χειροτονίαν ὑποδέχεσθαι. 146 P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 172. 147 Can. XVII, Mansi, 548E–549. Vgl. Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 172. Vgl. auch Photios Ep. 290 (III, 133, 321–324 L/W) im Anschluss an die Synode von 861: … συνοδικῶς ἐκφωνηθῆναι συνευδοκήσαμεν μηκέτι τοῦ λοιποῦ πρὸς τὸ τῆς ἐπισκοπῆς ὕψος ἀθρόως ἀνάγεσθαι τοὺς ἐκ λαϊκῶν, ἢ μοναχῶν ψηφιζομένους, εἰ μὴ διὰ τῶν ἐφεξῆς ἱερατικῶν βαθμῶν διοδεύωσιν [Auf synodale Weise haben wir zugestimmt, Folgendes auszurufen, nämlich, dass fortan diejenigen, die aus dem Laienstand oder Mönchstand durch Abstimmung für Bischöfe erklärt werden, unvermittelt zur Bischofswürde nicht mehr erhoben werden dürfen, es sei denn, sie laufen alle Stufen des Priesteramtes durch]. Vgl. Conc. Const. a. 879/80, Can. II (COGD II/1, S. 70 Gemeinhardt). 148 Vgl. Ep. 290 (III, 125, 28–29 L/W): τὴν ἐκκλησιαστικὴν τάξιν εἰς ἄκρον ἀκριβολογούσης.

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Vor allem hätte Eure Heiligkeit nach Ihrer vollendeten Tugend darauf Rücksicht nehmen sollen, dass ich nur gezwungen unter dieses Joch gebracht worden bin, und daher statt mich zu tadeln, mich bemitleiden, und statt Verachtung, eher Mitleid mir entgegenbringen sollen. Denn gegenüber denen, die Gewalt erleiden, ziemt sich Mitleid und Güte, nicht Tadel oder Verachtung. Man hat mir Gewalt angetan. Gott allein, dem alles, auch das Verborgene offenbar ist, weiß, wie groß und welcher Art diese Gewalt war. Man hat mich wider Willen gepackt, wie einen Verbrecher eingesperrt, sorgfältig bewacht und beobachtet. Man hat mich gewählt, wiewohl ich widerstrebte, geweiht, wiewohl ich weinte, klagte und tief betrübt war. Das ist allbekannt, denn es geschah nicht in einem verborgenen Winkel, die Größe des Unrechts hat die Kunde zu aller Ohr gebracht.149

Für Photios war der Patriarchenthron eine schwer zu tragende Last, von der er sich gern befreit hätte. Für ihn war der Thron kein Selbstzweck: Wie sollte ich das, da ich doch durch alle Mittel mich diesem Sturm zu entziehen und von dieser Last mich zu befreien suche? So sehr verlange ich nach dem bischöflichen Stuhl, und so sehr bin ich bemüht, ihn festzuhalten! Es ist nicht so, als wäre er mir am Anfang zwar eine Last, später aber ein Gegenstand des Verlangens geworden. Nein – so wie ich ihn gegen meinen Willen bestiegen habe, so nehme ich ihn bis zur Stunde wider meinen Willen ein. Dass aber mein Eintritt in diese Würde erzwungen war, davon ist nebst vielem anderen dies ein deutlicher Beweis, dass ich von Anfang an bis zu diesem Augenblick stets dieses unangenehmen Loses ledig zu werden verlangt habe.150

Nach all diesen Erläuterungen, die man auch als eine rhetorische Geste des Photios wahrnehmen sollte, welche darauf abzielte, den Papst zu besänftigen und das Besondere der Umstände, unter denen er für diesen anspruchsvollen Posten berufen worden war, aufzuzeigen, kommt Photios zur eigentlichen Sache, d.  h. zur Rechtmäßigkeit seiner Inthronisierung in kanonischer Hinsicht. Er ver-

149 Ep. 290 (III, 125, 36–45 L/W). Übers. nach Daniel Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 265: ἔξεστι καὶ ἡμῖν παῤῥησιασαμένους εἰπεῖν οὐκ ἀντιλογίαν γράφοντας, ἀλλ’ ἀπολογίαν προΐσχοντας, ὡς ἐχρῆν τὴν ὑμετέραν ἐπ’ ἀρετῇ τελειότητα, πρὸ τῶν ἄλλων μὲν ἁπάντων, τὸ ἄκοντας ἡμᾶς εἰς τὸν ζυγὸν τοῦτον ἑλκυσθῆναι διασκοποῦσαν μὴ ἐπιτιμᾷν, ἀλλ’ ἐλεεῖν, μηδ’ ὑπερορᾷν, ἀλλὰ συναλγεῖν· ἔλεος γὰρ καὶ φιλανθρωπία τοῖς βίαν παθοῦσιν, ἀλλ’ οὐκ ἐπιτίμησις ἢ παρόρασις ἐποφείλεται· βίαν γὰρ ὑπέστημεν, καὶ ἡλίκην, Θεός, ᾦ πάντα καὶ τὰ κρύφια πεφανέρωται, αὐτὸς συνεπίσταται· συνεσχέθημεν ἄκοντες· κακούργοις ἵσα καθείρχθημεν· ἐτηρούμεθα φυλασσόμενοι· ἐψηφίσθημεν ἀνανεύοντες· ἐχειροτονήθημεν κλαίοντες, ὀδυρόμενοι, κοπτόμενοι. ἴσασι ταῦτα πάντες· οὐδὲ γὰρ ἐν γωνίᾳ ἐγένετο, καὶ τὸ μέγεθος τῆς ἐπηρείας τὴν ἱστορίαν εἰς πάντα ἐξήνεγκεν. 150 Ep. 290 (III, 128, 134–140 L/W): πῶς γάρ; ὅς γε εὐχῆς ἔργον ποιοῦμαι πολυτρόπως τῆς ζάλης ταύτης ἀπαλλαγῆναι, καὶ τὸ φορτίον ἐλαφρυνθῆναι· οὕτως ἐγὼ τοῦ θρόνου ἐφίεμαι, καὶ οὕτως σφόδρα ἀντέχομαι· οὐ γὰρ ἀρχομένῳ μὲν βάρος ἧν ὁ θρόνος, προϊόντι δὲ δι’ ἐπιθυμίας ἐγίνετο· ἀλλ’ ὥσπερ ἄκων εἰσῆλθον, οὕτως ἄκων καθέζομαι, καὶ τοῦ βιασθῆναι πρὸς τὴν εἴσοδον μετὰ τῶν ἄλλων ἐναργὴς ἀπόδειξις, τὸ μέχρι τοῦ νῦν ἀπ’ ἀρχῆς τῆς ἀρχῆς ταύτης ἐθέλειν ἐξίστασθαι.

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teidigt die sogenannte ἀθρόον-Weihe. Die Ostkirche kannte und beachtete keine Kanones, die eine solche Weiheart verboten: Ἀλλὰ κανόνες, φησίν, παρεβάθησαν, ὅτι τὸ πρὸς τὸ τῆς ἀρχιερωσύνης ὕψος ἀπὸ λαϊκοῦ προῆλθες τοῦ σχήματος. καὶ τὶς ὁ παραβάς; ὁ βιασόμενος, ἢ ὁ βίᾳ καὶ ἄκων ἀνελκυσθείς; ἀλλ’ ἐχρῆν ἀντισχεῖν. μέχρι τίνος; ἀντέσχον γὰρ καὶ πέρα τοῦ δέοντος· εἰ δ’ οὕτω μοι προῄδειν τὸ κλυδώνιον τῶν πονηρῶν πνευμάτων μέλλειν ἐπιτραχύνεσθαι, ἀντέσχον ἂν μέχρις αὐτοῦ θανάτου. ποῖοι δὲ καὶ κανόνες ὧν ἡ παράβασις, οὓς καὶ μέχρι καὶ τήμερον ἡ Κωνσταντινουπολιτῶν ἐκκλησία οὐ παρείλησεν; ἐκείνων λέγεται παράδοσις, ὧν ἡ φυλακὴ παραδέδοται· ἃ δὲ μὴ παραδέδοται, οὐδὲ μὴ φυλασσόμενα παραβάσεως φέρει ἔγκλημα151 [Allein, – so sagt man – die Kanones wurden verletzt, weil du vom Laienstand unmittelbar zur Höhe des Bischofsamtes emporgestiegen bist. Aber wer hat sie denn übertreten, der, welcher Gewalt brauchte, oder der, welcher mit Gewalt gegen seinen Willen dazu hingezogen wurde? Aber man hätte Widerstand leisten müssen. Richtig – aber bis zu welchem Punkt? Ich habe mich gewehrt, über das Maß der Pflicht hinaus, und hätte ich vorausgesehen, dass so ein noch viel heftigerer Sturm entfacht würde, hätte ich auch bis zum Tod widerstanden. Und welches sind die Kanones, die verletzt sein sollen? Die Kirche von Konstantinopel hat sie bis zur Stunde nicht rezipiert? Nur dort kann es eine Verletzung von Kanones geben, wo ihre Beobachtung überliefert ist. Was aber nicht überliefert ist, dessen Nichtbeobachtung kann auch keinen Vorwurf der Gesetzesverletzung begründen].152

Zur Begründung seiner Position führt Photios schillernde Beispiele aus der Tradition der Ostkirche ins Feld. Er verweist auf die Fälle der Patriarchen Tarasios und Nikephoros, die ebenfalls „aus dem Laienstand zur Spitze des erzpriesterlichen Amtes emporgestiegen sind“.153 Diese waren strenge Wächter der Kanones, eifrige Kämpfer für den Glauben, Ankläger der Gottlosigkeit und hielten sie sich am Wort des Lebens fest.

151 Ep. 290 (III, 128, 128–131); Siehe dazu, Fhilip Zymaris, Ἡ ἱστορική, δογματικὴ καὶ κανονικὴ σπουδαιότης τῆς Συνόδου Κων/λεως (879–880), Thessaloniki 2000, 119–163 (Noch nicht veröffentlichte Dissertation). 152 Übers nach Stiernon, Konstantinopel  IV 1975, 296. Dazu auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 133; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 173. 153 Siehe Ep. 290 (III, 128, 155 – 129, 159 L/W): Ἐπεὶ δὲ δι’ ἡμᾶς σὺν ἡμῖν καὶ οἱ πρὸ ἡμῶν ἅγιοι καὶ μακάριοι Πατέρες συνδιαβεβλῆσθαι κινδυνεύουσιν, ὡς Νικηφόρος καὶ Ταράσιος – ἐκ λαϊκοῦ γὰρ καὶ οὗτοι τοῦ σχήματος εἰς τὸ τῆς ἀρχιερωσύνης ἄκρον προέβησαν, οἳ τῆς καθ’ ἡμᾶς γενεᾶς ἀειφανεῖς λαμπτῆρες, καὶ τῆς εὐσεβείας διαπρύσιοι γεγόνασι κήρυκες, βίῳ καὶ λόγῳ κρατύνοντες τὴν ἀλήθειαν – … [Weil sich die vor uns heiligen und seligen Väter unseretwegen und mitsamt uns der Gefahr aussetzen, verschmäht zu werden, wie z.  B. Nikephoros und Tarasios – denn auch sie sind aus dem Laienstand zur Spitze des bischöflichen Amtes emporgestiegen sind – welche für unsere Generation erhellende Leuchter und eifrige Verkünder der Frömmigkeit geworden sind, indem sie die Wahrheit mit ihrer Lebensführung und mit ihrem Wort bekräftigten].

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Wenn sie aber die Kanones nicht beobachteten, die sie nicht kannten, dann kann sie niemand gerechterweise tadeln; sie beobachteten jene, die ihnen überliefert waren, und deshalb wurden sie von Gott verherrlicht. Denn das Überlieferte bewahren, ist Sache einer charakterfesten, jede Neuerungssucht zurückweisenden Geisteshaltung; das nicht Überlieferte, ohne dass eine Notwendigkeit dafür vorläge, zum Gesetz machen und zur Beobachtung einführen, das ist Sache eines Menschen, der nach Neuerungen strebt und im Irrtum befangen hin- und herschwankt.154

Photios führt nicht nur Tarasios und Nikephoros als Zeugen der Legitimität seiner Erhebung, sondern auch Ambrosius und den 381 zum Bischof von Konstantinopel ernannten Nektarios, welche beide nicht einmal getauft waren, an.155 Die „ἀθρόον“-Weihe wurde also nach Photios in der Tradition der Ostkirche ständig praktiziert, d.  h. sie war wesensmäßiger Bestandteil des Ritus der Ostkirche und daher keine willkürliche Praxis, welche gegen die Kanones verstoße. Als rituale Besonderheit der Ostkirche und konkreter der Kirche von Konstantinopel hat die „ἀθρόον“-Weihe (für die ganze Kirche) keine allgemeine Gültigkeit, sondern beschränkte sich auf eine lokale Kirche, die wiederum frei war, ihre Sitten und Gebräuche aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang zieht Photios eine scharfe Linie zwischen dem, was alle Christen stets zu befolgen hätten, weil es durch allgemeine Festlegungen statuiert worden sei, und dem, was einzelne Väter156 oder Partikularsynoden geäußert hätten und was dementsprechend nicht allen Gemeinden des orbis christianus zur Pflicht gemacht werden dürfe:157 καὶ γὰρ ἔστιν ὄντως κοινὰ πᾶσιν, ἃ πάντας φυλάττειν ἐπάναγκες, καὶ πρό γε τῶν ἄλλων τὰ περὶ πίστεως, ἔνθα καὶ τὸ παρεγκλῖναι μικρὸν ἁμαρτεῖν ἐστιν ἁμαρτίαν τὴν πρὸς θάνατον· ἔστι δὲ καὶ ἰδιαζόντως τισὶ παρεπόμενα, ὧν ἡ παράβασις, οἷς μὲν ἐδόθη κατέχεσθαι, ἐπιζήμιος· οἷς δι’ οὐ παρείληπται, καὶ τὸ μὴ συντηρεῖν ἀκατάκριτον. καὶ τὰ μὲν οἰκουμενικαῖς καὶ κοιναῖς τυπωθέντα ψήφοις, πᾶσι προσήκει φυλάττεσθαι· ἃ δέ τις τῶν πατέρων ἰδίως ἐξέθετο ἢ τοπικὴ διωρίσατο σύνοδος, τῶν μὲν φυλαττόντων τὴν γνώμην οὐ παρίστησι δεισιδαίμονα, οὐ μὴν

154 Ep. 290 (III, 129, 171–178 L/W): εἰ δ’ ὅτι κανόνας οὓς ᾔδεισαν οὐκ ἐφύλαξαν, οὐδεὶς ἂν δίκαια ποιῶν ἐπιμέμψοιτο· ἀλλ’ ὅτι φύλακες ὧν παρέβαλον ἐχρημάτισαν, ἐν τούτῳ παρὰ Θεοῦ ἐδοξάσθησαν· τὸ μὲν γὰρ τὰ δοθέντα συντηρεῖν γνώμης ἐστὶ σταθερᾶς, καὶ τὴν καινοποιὸν ἀποπεμπούσης προαίρεσιν, τὸ δ’ ἂν μὴ παρείληφε, χρείας μὴ καλούσης νομοθετεῖν, ἢ φυλάττειν ἐπιχειρεῖν, νεωτεροποιοῦ διανοίας καὶ ῥεμβομένης ἐστὶ περισσεύματα. (Übers.) nach Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 297. 155 Vgl. Ep.  290, (III, 133, 309–310 L/W): ὁμοῦ τε τῆς δωρεᾶς τοῦ βαπτίσματος, καὶ τῆς ἀρχιερατικῆς ἠξιώθησαν χάριτος [Zusammen mit der Gabe der Taufe wurden sie zugleich der Gnade eines Erzbischofs (bzw. Patriarchen) gewürdigt]. 156 Dieser Punkt ist äußert wichtig, besonders auch im Anschluss an die Mystagogie Par. 67–72 (S. 62–69, Pol.). 157 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 173.

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τοῖς γε μὴ παραδεξαμένοις τὸ παρορᾶν ἐπικίνδυνον158 [Und es sind tatsächlich (Dinge) allen gemeinsam, worin auch alle genötigt sind, diese zu bewahren, und vor allem anderen sind es Dinge, welche den Glauben angehen, wobei auch das geringfügige Abweichen eine Todsünde ist (wörtlich: eine Sünde, die zum Tod führt). Es gibt aber auch auf besondere Weise manche andere (Sachen), welche diese begleiten, (und) deren Verstoß für diejenigen, die beauftragt waren, sie zu bewahren, strafbar ist. Denen aber, diese (Sachen) nicht überliefert sind, sei auch deren Nichtbeachtung nicht strafbar· und es ist allen zukommende Pflicht, das von ökumenischen und allgemeingültigen Stimmen Festgelegte zu bewahren; das, was aber jemand der Kirchen(Väter) persönlich geäußert oder eine Partikularsynode festgelegt hat, wird keiner die Meinung derer, welche (Letzteres) bewahren, als heterodox betrachten; und überhaupt ist die Nichtberücksichtigung solcher Bestimmungen denjenigen, denen dieses (von einer Partikularsynode Festgelegte) nicht überliefert ist, nicht gefährlich].

Unter dem oben dargelegten Blickwinkel ist die Synode von Serdika für eine Partikularsynode zu halten, deren Beschlüsse (auch der zehnte Kanon, der die ἀθρόον-Weihe verbietet)159 keine allgemeine Gültigkeit beanspruchen können.160 Nur die Festlegungen, welche von den Ökumenischen Konzilen aufgenommen worden sind, müssen von allen lokalen Kirchen angewendet werden. Anders verhält es sich im Falle der Beschlüsse und der liturgischen Vielfalt161 der Partiku-

158 Ep. 290 (III, 130, 200–205 L/W). 159 Καὶ τοῦτο ἀναγκαῖον εἶναι νομίζω, ἵνα μετὰ πάσης ἀκριβείας καὶ ἐπιμελείας ἐξετάζοιτο, ὥστε ἐάν τις πλούσιος ἢ σχολαστικὸς ἀπὸ τῆς ἀγορᾶς ἀξιοῖτο ἐπίσκοπος γενέσθαι, μὴ πρότερον καθίστασθαι, ἐὰν μὴ καὶ ἀναγνώστου καὶ διακόνου καὶ πρεσβυτέρου ὑπηρεσίαν ἐκτελέσῃ, ἵνα καθ’ ἕκαστον βαθμόν, ἐάνπερ ἄξιος νομισθείη, εἰς τὴν ἀψίδα τῆς ἐπισκοπῆς κατὰ προκοπὴν διαβῆναι δυνηθείη [Und ich bin der Meinung, dass dies notwendig ist, damit man mit großer Genauigkeit und Sorgfalt prüfte, dass, wenn man, sei er reich oder den wissenschaftlichen Studien ergeben, Anspruch darauf hätte, Bischof zu werden, nicht das Amt antritt, bevor er den Dienst des Lesers, des Diakons und der Presbyters geleistet hat, um gemäß jeder dieser Stufen, vorausgesetzt gewiss, dass man ihn dazu für würdig hielte, bis zur Spitze des Bistums gemäß seinem Fortschritt gelangen zu können]. Siehe Lauchert, KANONES 1961, 62–63. 160 Siehe Zymaris, Synode von (879–80) 2000, 157. 161 Siehe Ep. 290, (III, 132, 266–274 L/W): ὅρα δέ, εἰ βούλει, πρὸς τοῖς εἰρημένοις καὶ τὰς τῶν λειτουργικῶν ἑτερότητας, τὰς ἐν ταῖς εὐχαῖς, τὰς ἐν ταῖς ἐπικλήσεσι, τὰς ἐν τάξει καὶ ἀκολουθίᾳ, τᾶς ἐν τῷ τοῦ χρόνου μήκει, καὶ τῇ βραχύτητι, τὰς ἐν πλήθει καὶ ὀλιγότητι· … καὶ ἡ τῶν εἰρημένων ἑτερότης τε καὶ παραλλαγὴ τὴν ἑνοειδὴ καὶ θεοποιὸν χάριν τοῦ πνεύματος ἀπληθύντως τε καὶ ἀπαραλλάκτως ὑποδέξασθαι τὰ ἐφ’ οἷς ταῦτα τελεῖται οὐ διεκώλυσεν [In Hinblick auf das, was schon erwähnt worden ist, achte auch, wenn du möchtest, auf die liturgischen Unterschiede, auf die Unterschiede bei den Gebeten und Fürbitten, auf die Unterschiede bei der kirchlichen Ordnung und Observanz, auf die Unterschiede bezüglich der Länge und Kürze in der Zeit und bezüglich der größeren oder geringeren Anzahl (von Gebeten bei der Liturgie) … und der Unterschied sowie die Vielfalt in den genannten Dingen war nicht hinderlich, dass das, was dabei vollbracht wird, ohne Vermehrung und Änderung die einfältige und die Vergöttlichung bewirkende Gnade des Geistes empfängt].

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larsynoden, welche die rituelle Besonderheit jeder dieser Kirchen ausmachen und nicht zur Pflicht für die gesamte Kirche gemacht werden dürfen. Die Kirche lässt sich auf die ἀθρόον-Weihe ein, wenn eine außerordentliche Situation dies gebietet, und dies darf nicht für einen gegen die Kanones verstoßenden Akt gehalten werden.162 Obwohl Photios in seinen Ausführungen an den Papst seine Weihe als eine aus dem Bewusstsein der Kirche annehmbare Tat zu beweisen versucht, gibt er trotzdem in der Synode von 861 seine Zustimmung dazu, dass man fortan und zur Vermeidung eventueller Probleme, die sich aus einer unterschiedlichen Auslegung der Tradition ergeben würden, die ἀθρόον-Weihe nicht mehr praktizieren soll. In diesem Zusammenhang bemerkt der Kirchenhistoriker V. Pheidas: Die Verantwortung für die Einheit der Kirche erlaubte einerseits keine Auseinandersetzung hinsichtlich der Frage der Legitimität der kirchlichen Praxis einer Parikularsynode; andererseits gab sie auch keinen Raum für das Infragestellen der Legitimität der kirchlichen Praxis der Partikularsynoden, welches sich aus einer willkürlichen Durchsetzung eines urteilslosen Anspruchs auf Gleichförmigkeit beim Ritus ergeben würde. Eine solche Durchsetzung würde die traditionelle Auffassung vom kanonischen Status und von der Bedeutung einer lokalen Kirche verletzen.163

In Hinblick auf die Forderung des Papstes nach der Rückgabe des Illyricums drückt Photios seine Beteuerung aus, trotz guten Willens nicht in die Kompetenzen des Kaisers eingreifen zu wollen.164 Für ihn ist es üblich, dass sich die Grenzen der Jurisdiktion oder Ansprüche auf ein kirchliches Gebiet den politischen Umständen und Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen anpassen.165

162 Siehe Zymaris, Synod of (879–80) 2000, 163. 163 Siehe Pheidas, Ἡ εὐθύνη τῆς Ἐκκλησιαστικῆς ἡγεσίας κατὰ τὸν ἱερὸ Φώτιο, in: Photios 2011, 455. Der Satzbau ist wesentlich geändert, damit der deutschsprachige Leser mehr Klarheit über den Sinn des Gesagten gewinnt. 164 Siehe Ep.  290 (III, 136, 404–406 L/W): Περὶ δέ γε τῆς χειροτονίας αὐτόθεν πάλαι λαμβανόντων ἐκοινολογήσαντο ἡμῖν οἱ τῆς ὑμῶν ὁσιότητος τοποτηρηταί, ὡς χρεὼν εἴη τούτους ἐπαναστραφῆναι καὶ πρὸς τὴν οἰκείαν παλινδρομῆσαι προμήτορα. Ἀλλ’ εἰ μὲν ἐν ἡμῖν τὸ τοῦ βουλήματος κῦρος ἔκειτο καὶ μὴ συνεμεμέριστο τῇ βασιλείᾳ ἡ πρᾶξις, οὐκ ἂν ἀπολογίας ἔδει, αὐτὸ δὲ τὸ ἔργον κρεῖττον ὂν τῆς ἀπολογίας ἐδείκνυτο [In Hinblick aber auf diejenigen, welche die Pristerweihe ehedem von hier (vom Bischofsstuhl von Konstantinopel) empfangen haben, haben die Gesandten eurer Heiligkeit uns zur Kenntnis gebracht, dass das Richtige und Passende wäre, dass diese Leute umkehren und zur eigenen Stadtmutter zurücklaufen. Wenn aber die Macht zu entscheiden bei mir läge und die Vorgangsweise nicht mit der kaiserlichen Gewalt verbunden wäre, wäre keine Verteidigung/Rechenschaft nötig; aber der geltende Zustand hat sich besser erwiesen als eine Verteidigung]. Dazu auch Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 174. 165 Siehe Ep.  290 (III, 136, 406–414 L/W): ἐπεὶ δὲ τὰ ἐκκλησιαστικά, καὶ μάλιστα γε τὰ περὶ τῶν ἐνοριῶν δίκαια, ταῖς πολιτικαῖς ἐπικρατείαις τε καὶ διοικήσεσιν συμμεταβάλλεσθαι εἴωθεν …

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Aus der Darlegung des argumentativen Vorgehens des Photios zur Erklärung und damit Unterstützung seines Aufstiegs zum Patriarchenthron (mit Berufung unter anderem auf die Vielfalt der kirchlichen Bräuche und der unterschiedlichen Praxis in West- und Ostkirche), lässt sich ein scheinbarer166 oder deutlicher Widerspruch167 zu dem, was er in seiner Enzyklika geäußert hat, ausmachen. Dort kritisiert er mit erstaunlicher Schärfe den Versuch des Papstes, die lateinischen Sitten und Gebräuche in Bulgarien durchzusetzen, was bedeutet, dass er keine Toleranz gegenüber der rituellen Verschiedenheit des anderen aufzeigt. Die der Synode von 861 folgenden kirchlich-politischen Ereignisse führen im Laufe des ersten Patriarchats des Photios zu einer Eskalation der Auseinandersetzung, die in das Schisma von 867 münden sollte. Papst Nikolaos machte den ersten Schritt dazu. Nachdem er die Beschlüsse des Konzils von 861 bedacht hatte, verschickte er, trotz des freundlichen Briefes des Photios, im März 862 drei Briefe, an den Patriarchen, an Kaiser Michael III. und „an die orientalischen Patriarchen und Bischöfe“.168 In dem ersten, an Photios gerichteten Brief zögerte Nikolaos nicht, den päpstlichen Primatsanspruch gegenüber einem renitenten Untergebenen hervorzuheben.169 Die Kirche von Rom wird als caput omnium ecclesiarum bezeichnet. Die Beschlüsse des Papstes können nie rückgängig gemacht werden: Constat enim sanctam Romanam ecclesiam per beatum Petrum principem apostolorum, qui dominico ore primatum ecclesiarum suscipere promeruit, omnium ecclesiarum caput esse, et ab ea rectitudinem atque ordinem in cunctis civitatibus et ecclesiasticis institutionibus, quas secundum canonicas et synodicas santorumque patrum sanctiones inviolabiliter atque irrefragabiliter retineret, requirere ac sectari. Et ideo consequens est, ut quod ab huius sedis rectoribus plena auctoritate sancitur, nullius consuetudinis praepediente occasione, proprias

[Weil es üblich ist, dass sich Kirchenangelegenheiten und besonders die Rechte bezüglich Jurisdiktionsgrenzen nach den politischen Hoheitsgebieten und Verwaltungen ändern …]. Dazu auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 134–135. 166 Es handelt sich dabei um einen angeblich existierenden Widerspruch. Das lässt sich in der Enzyklika beweisen. 167 Siehe Despoina Lialiou, Παράδοση και Ἀνανέωση κατά τον Ἅγιο Φώτιο, in: Θεολογία 84/1 (2013) 14–15. Lialiou sieht in den Äußerungen des Photios in seinem ersten Brief an Papst Nikolaos und später in seiner Enzyklika an die östlichen Patriarchen einen wichtigen bzw. deutlichen Widerspruch in Hinsicht auf die Beibehaltung der Sitten und Gebräuche, die den Kern des Glaubens nicht verletzen. Nach Lialiou hält Photios das Filioque im ersten Brief für eine Sitte (ἔθος), die nicht die Einheit des Glaubens verletzt, während er er in der durch einen polemischen Charakter gekennzeichneten Enzyklika als etwas Gesetzwidriges betrachtet, das zu verurteilen ist. 168 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 135; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 175. 169 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 175.

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tantum sequendo voluntates, removeatur, sed firmius atque inconcusse teneatur.170 [Es steht nämlich fest, dass die heilige römische Kirche durch den seligen Petrus, den Apostelfürsten, der es verdient hatte, aus dem Mund des Herrn den Primat über die Kirchen zu erlangen, das Haupt aller Kirchen ist und von ihr in allen staatlichen und kirchlichen Belangen Recht und Ordnung, welches beides sie gemäß den kanonischen und synodalen Beschlüssen der heiligen Väter unverletzlich und unverbrüchlich bewahrt, zu erbitten und diesem Folge zu leisten. Und daraus folgt, dass, was von den Inhabern dieses Sitzes in Ausübung ihrer vollkommenen Autorität festgelegt wird, keinesfalls unter dem Vorwand alter Gewohnheit, indem man aber nur dem eigenen Willen folgt, verändert werden darf, sondern fester und unerschütterlich zu halten ist].171

Darüber hinaus seien die Kanones von Serdika von allgemeiner Gültigkeit und daher auch für Konstantinopel verpflichtend. Was die früher von Photios zur rechtlichen Anerkennung seiner überstürzten Beförderung herangezogenen Kanones angeht, so seien sie im gegebenen Fall nicht anwendbar, da der betreffende Stuhl nicht vakant gewesen sei!172 Das ist genau der strittige Punkt, der sich auch im Brief des Nikolaos an den Kaiser deutlicher erkennen lässt. Die Absetzung des Ignatios ist für den Papst ungültig, da es noch keine vollständige Untersuchung der Sache gegeben habe! Deshalb sei die Ersetzung des ehrwürdigen Patriarchen Ignatios durch Photios nicht anzuerkennen.173 Denn Photios habe die Weihestufen nicht ordnungsgemäß durchlaufen und sei als Laie in ungeziemender Weise zum Bischof bestellt worden.174 Dieses unzweideutige und unverstellte Infragestellen der Legitimität von Photios’ Weihe wird in ein gegenüber Photios äußerst beleidigendes Benehmen münden. Im dritten Brief wird der Patriarch als Ehebrecher (μοιχός), blutbefleckt (μιαρός) und Übeltäter (κακοῦργος) bezeichnet!175 Die Reaktion sowohl des Kaisers als auch des Photios auf diese Herausforderung diente der Deeskalation und war durchaus vernünftig. Sie haben absolut nichts unternommen und dadurch eine Haltung von hoher diplomatischer Reife und Geschicklichkeit, welche die damalige byzantinische Politik kennzeichnete, an den Tag gelegt. Beide haben eher gewartet, oder vielmehr gehofft, dass der Papst seine Haltung ändern würde.176 Aber vergeblich! Und aus welchem Grund? Natür-

170 Mansi, XVI, 69DE. 171 Übers nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 175. 172 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 50–51; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 136. 173 Siehe Katerellos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 136; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 175; Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 50–51; Mansi XVI 68E–72E. 174 Siehe Mansi XVI 68E–72E. 175 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 136 mit Verweis auf Hans Grotz, Erbe wider Willen. Hadrian II (867–872) und seine Zeit, Wien/Köln/Graz 1970, 85. 176 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 96.

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lich wegen der Beeinflussung durch kurzsichtige Einflüsterer wie des Ignatianermönchs Theognostos,177 der den Papst auf die Seite des abgesetzten Patriarchen Ignatios zu ziehen versuchte.178 Dieser Mönch, der den kirchlich-politischen Interessen des Kaiserreichs und speziell der Konstantinopolitaner Kirche schlechte Dienste erwiesen hat, legte dem Papst einen Libellus vor,179 der Berichte über die Verfolgungen der Ignatianer durch Photios und Bardas enthielt. Er hat ihm den kämpferischen Einsatz seiner Vorgänger Julius, Innozenz und Leo für den rechten Glauben in Erinnerung gebracht und ihn damit gereizt und ermuntert, sich in die internen Angelegenheiten der byzantinischen Kirche einzumischen. Wohl unter diesem Einfluss des Theognostos und veranlasst von Berichten über die Unruhen zwischen den Anhängern des Ignatios und des Photios wird Nikolaos noch härter gegenüber Photios werden. Diese Haltungsänderung180 wird mit der Einberufung des Konzils von 863 in Rom, das gegen Photios Entscheidungen treffen sollte, zum Ausdruck gebracht. Das Konzil erließ 6 Kanones: Der erste Kanon bezeichnete Photios als μοιχός, in Hinblick darauf, dass Ignatios nicht regelgerecht abgesetzt wurde: in ovile dominicum more furis atque latronis ingrediens ac si violentus, rapax et sceleratus adulter irrupit (der in den Schafstall des Herrn wie ein Dieb und Räuber eintrat und wie ein gewaltsamer, räuberischer und verbrecherischer Ehebrecher eindrang).181 Photios sei wie ein Eindringling, Mietling, Räuber und Ehebrecher über die „Braut Christi“ herge-

177 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 96. 178 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 96: „… Instead of ambassadors (scil. from the Byzantine Emperor), other people came to Rome, namely the so-called champions of Ignatius, the principal mischief-makers in all the troubles that had divided the Byzantine Church. The most prominent among them were the abbot Theognostos and his followers, all trying to draw the Pope to their side“. 179 Siehe Mansi XVI, 293E–301B: Λίβελλος περιέχων πάντα τὰ κατὰ τὸν μέγαν Ἰγνάτιον, πεμφθεὶς πρὸς Νικόλαον πάπαν Ρώμης, προσωποποιηθεὶς ὑπὸ Θεογνώστου μοναχοῦ καὶ ἀρχιμανδρίτου τῆς πρεσβυτέρας Ρώμης καὶ ἐξάρχου Κων/λεως εἰς ὄνομα Ἰγνατίου τοῦ Πατριάρχου [Ein Libellus, der alles enthält, was gegen den großen Ignatios unternommen wurde, abgeschickt an Papst Nikolaos von Rom, persönlich eingereicht von Theognostos, dem Mönch und Presbyter des älteren Roms und Exarchen von Konstantinopel, im Namen des Patriarchen Ignatios]. Dazu siehe Katerellos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 137, Anm. 336. 180 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 98: „If we compare these new decisions (sc. the decisions of the Synod of 863 in Rom) issued by Nicholas with the contents of his letter to Michael, Photius and the Eastern Patriarchs, in 862, we note, indeed, an immense ‚progress’ in the Pope’s mental attitude towards Photius; and it is also too easy to guess who was responsible for this none of course, but Theognostos and his friends: and the Pope himself confessed as much, when he mentioned in the same letters the rumours brought to Rome by people coming from Constantinople“. 181 Siehe Mansi XV, 179C. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 138.

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fallen, da zum Zeitpunkt seiner Ordination der rechtmäßige Bischof noch gelebt habe.182 Da auch Photios die päpstlichen Legaten bestochen und harte Verfolgungen gegen die Anhänger des Ignatios unternommen habe, müsse er jeder klerikalen Weihestufe enthoben werden: „Weil (Photios) dies und Ähnliches gegen die evangelischen, apostolischen, prophetischen und kanonischen Satzungen unternommen hat, sei er durch die Autorität des allmächtigen Gottes und der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus und zugleich aller heiligen und verehrungswürdigen sechs allgemeinen Konzilien und nicht zuletzt durch das Urteil des Hl. Geistes durch uns jeder priesterlichen Ehre und des Titels entledigt und jedes Amtes im Klerus völlig enthoben“.183 Der zweite Kanon setzte (erneut) die Exkommunizierung des Gregorios Asbestos durch, weil er an der Weihe des Photios beteiligt war, obwohl er schon von Papst Benedikt exkommuniziert worden war: postquam a synodo episcopatus officio privatus et a decessore meo sanctae memoriae papa Benedicto obligatus est … diffinimus atque statuimus omni sacerdotali carere atque privatum fore ministerio [Nachdem er von der Synode des Bischofsamtes enthoben und von meinem Vorgänger Papst Benedikt seligen Angedenkens verurteilt worden ist …, bestimmen und beschließen wir, dass er jeden priesterlichen Dienstes entkleidet und ein Privatmann sein soll].184 Der dritte Kanon schrieb vor, dass alle von Photios erteilten Weihen als ungültig anzusehen seien. Alle, die von ihm geweiht worden waren, müssten in den Laienstand zurückkehren: Eos vero, quos Photius neophytus … in quolibet ecclesiastico ordine provexit … omni clericali officio privamus [Die aber, die der Neuling Photios in welches kirchliche Amt auch immer befördert hat, … entheben wir jeglichen klerikalen Amtes].185 Der vierte Kanon votierte für die Wiedereinsetzung des Ignatios auf den Patriarchenthron. Er sei willkürlich von diesem Thron abgesetzt worden, von Leuten, „die keine Macht hatten, ihn zu richten, noch eine Autorisierung durch den apostolischen Stuhl“ (qui nullam eum iudicandi potestatem vel ab apostolica

182 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 177. 183 Angaben und Übers. (wenig geändert) nach Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 177–178; Can I (MGH. Con. IV, 143, 10–14 Hartmann): Haec et his similia contra evangelica, apostolica, prophetica atque canonica instituta se efferens sit Dei omnipotentis et beatorum apostolorum prinicpum Petri ac Pauli et omnium simul sanctorum atque venerandorum sex universalium conciliorum auctoritate necnon et spiritus sancti per nos iudicio omni sacerdotali honore et nomine alienus et omni clericatus officio prorsus exutus. Dazu auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 138. 184 Mansi XV, 180E–181A. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 138. 185 Mansi XV, 181B. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 139.

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sede auctoritatem habuerint). Er sei daher wieder „in seine frühere Ehre, Würde und Position“ einzusetzen, „mitsamt dem früheren patriarchalen Rang und den bischöflichen Ehrenzeichen und Ämtern“ (pristino honori, pristinae dignitati et sedi, pristino gradui et patriarchio ac pristinis pontificalibus infulis atque officiis).186 Der fünfte Kanon erklärte Ähnliches für die Anhänger des Ignatios. Alle sollten ihre frühere Position und ihren ursprünglichen Rang zurückerhalten.187 Der sechste Kanon verurteilte erneut den Ikonoklasmus und exkommunizierte den feindlich gegen die Bilder gesinnten Patriarchen Johannes Grammatikos (837–842) und seine Anhänger.188 Zugleich billigte er erneut den Glauben an die heiligen Ikonen. Die Bilder Christi, Mariens und der Heiligen sollten „unversehrt weiterbestehen und unverletzt bleiben“ (illibata persistere atque intemerata manere).189 Die Beschlüsse der Synode von 863 stellten zusätzlichen Zündstoff zum Feuer dar, das zwischen Rom und Konstantinopel schon längst entflammt war. Im eigentlichen Sinne spiegeln sie auch den angewachsenen ignatianischen Einfluss in Rom wider, vor allem in der Überzeugung, dass mit dem herrschenden Patriarchen (scil. Photios) kein Ausgleich in Sachen Illyricum möglich sein würde, anders als möglicherweise mit Ignatios.190 Natürlich blieb Konstantinopel dieser Herausforderung gegenüber nicht untätig. Der Kaiser selbst reagierte auf diese Synode, indem er ein „unverschämtes“ (so unpassenderweise D. Stiernon191) Schreiben (vielleicht auf Veranlassung des Photios)192 an den Papst schickte. Darin wandte sich Michael III.193 in ungewöhnlich, aber wohl gerechtfertigt scharfem Ton an den Papst, missbilligte seine Einmischung in die internen Angelegenheiten der Kirche von Konstantinopel und warf ihm vor, dass er die Entscheidung des Kaisers und des Patriarchen, den Fall von Ignatios Absetzung wegen guten Willens revidieren zu lassen, missachtet habe.194 Denn der Fall des Ignatios sei eine rein disziplinäre Angelegenheit, welche die patriarchalische Synode ohne Berufung an den Papst

186 Mansi XV, 179C. Vgl. Gemeinhardt, Filioque-kontroverse 2002, 178. 187 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 178. 188 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 178; Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 139. 189 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 178. 190 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 179 191 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 55. 192 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 56. 193 Das Schreiben ist uns nicht erhalten. Siehe dazu K. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 139, Anm. 346 mit Verweis auf Grotz, Erbe wider Willen 1970, 100. 194 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 139–140; H.-G. Beck, Geschichte 1980, 103.

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entscheiden könne.195 Die Einschaltung Roms sei nur im Fall der Verurteilung des Ikonoklasmus und der Bilderfrage notwendig gewesen, und deswegen habe Konstantinopel Rom um Unterstützung angerufen.196 Die Beschlüsse des 7. ökumenischen Konzils seien von absoluter und allgemeiner Gültigkeit. Daher sei jede nachträgliche Einschaltung sogar in der Sache der Bilderverehrung überflüssig.197 Der Kaiser zögert auch nicht, die Verantwortlichen für diese Haltungsänderung des Papstes zu benennen. Es sei der Mönch Theognostos, der dem byzantinischen Kaiserreich schlechte Dienste erwiesen habe, indem er über Michael und Photios Verleumdungen verbreitete. Bei diesem Verräter und Verschwörer liege die Quelle des Missverständnisses und der Spannung.198 Infolgedessen fordere er den Papst auf, ihm die Betrüger und seine Helfershelfer auszuliefern. Weigere sich der Papst, dieser Forderung nachzukommen, sei der Kaiser entschlossen, eine militärische Expedition nach Italien zu schicken, um Nikolaos zur Kapitulation zu zwingen. Der Papst solle also diesen Brief als Ultimatum auffassen.199 Die Antwort des Nikolaos, die von seinem tüchtigen Sekretär Anastasios dem Bibliothekar200 verfasst wurde, stellt das eindrücklichste Dokument des neuerlich gesteigerten päpstlichen Primatsanspruchs dar;201 und dies begleitet von einem Stil, der nur darauf abzielte, die von der lateinischen Kirche vertretene Position über den päpstlichen Primat noch stärker und deutlicher zum Ausdruck zu bringen. Konkreter: Die Sorge um die eine Heilige Katholische und Apostolische Kirche (2 Kor 11, 28) trägt der Bischof von Rom: „… Weder vom Kaiser, noch vom gesamten Klerus (ab omni clero), noch von Königen, noch vom Volk wird der Richter gerichtet werden (iudex iudicabitur). Der erste Sitz wird von niemandem gerichtet werden (Prima Sedes non iudicabitur a quoquam). … Die Vorrechte der römischen Kirche (Ecclesiae Romanae privilegia), durch den Mund Christi im seligen Petrus bekräftigt, in der Kirche selbst verfügt, seit alters beachtet, von (den) heiligen allgemeinen Synoden (a sanctis universalibus synodis) gefeiert und von der gesamten Kirche ununterbrochen verehrt, können keinesfalls verringert, keinesfalls beeinträch-

195 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 56. 196 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 56. 197 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 140. 198 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 56. 199 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 56. 200 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 57. Über die Person des Bibliothekars, der von Nikolaos wegen seiner guten Kenntnis des Griechischen zu seinem persönlichen Sekretär befördert wurde. Siehe Ernst Perels, Papst Nikolaus I und Anastasios Bibliothecarius, Berlin 1920; Paul Devos, Anastase le Bibliothécaire. Sa contribution à la correspondance pontificale, in: Byzantion 32 (1962) 97–115. 201 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 181.

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tigt, keinesfalls verändert werden; denn das von Gott gelegte Fundament, vermag menschliches Unterfangen (conatus) nicht zu beseitigen … Jene Vorrechte also … zwingen uns, „Sorge für alle Kirchen Gottes zu tragen“ (2 Kor 11, 28)“.202 Darüber hinaus sei der Kaiser verpflichtet, den Anforderungen desjenigen, der an Petri Stelle sitzt, zu gehorchen.203 Der Papst könne kraft der Entscheidungen durch die ökumenischen Synoden in die internen Angelegenheiten einer anderen Kirche, in diesem Fall der von Konstantinopel, eingreifen. Ein solcher Eingriff sei daher gerechtfertigt, wenn man auch den 9. Kanon von Chalkedon204 berücksichtigt, der nach der Auslegung des Nikolaos das Recht gibt, an eine höhere Instanz zu appellieren.205 Die Hervorhebung des überragenden Status des römischen Stuhls und der Anspruch auf den Primat wird zugespitzt, indem Nikolaos die Ansicht ins Feld führt, dass dieser Stuhl seine hochgeachtete, vorrangige Position dem Apostelfürsten Petrus und nicht einem Konzilsbeschluss, etwa dem

202 Ritter (Übers.), Kirchen-und Theologie-Geschichte in Quellen, Neukirchen-Vluyn 2001, Bd. II, 65–66. 203 Siehe Mansi XV, 187B–188E: cuius nos praecipue cura et quotidiana secundum Apostolum (2 Kor. 2, 22), sollicitudo constringit … Ergo imperator, considera, si illos dixit audiendos, qui super cathedram Moysi sedebant, quanto potius his, qui super cathedram Petri resident, esse existimetis obaudiendum? [Deren tägliche Pflege und Sorge uns nach dem Apostel besonders verpflichtet … Also, Kaiser, bedenke, wenn er sagte, dass die zu hören sind, die auf dem Stuhl des Moses saßen, um wieviel mehr meint ihr, dass man denen gehorchen muss, die auf dem Stuhl des Petrus sitzen?] Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 142. 204 Siehe Mansi XV, 201C: Si clericus habet causam adversus episcopum proprium vel adversus alterum, apud synodum provinciae iudicetur; quod si adversus eiusdem provinciae metropolitanum episcopus vel clericus habet querelam, petat primatem dioceseos aut sedem regiae urbis Constantinopolitanae [Hat ein Kleriker einen Prozess mit seinem eigenen oder einem anderen Bischof, so soll er durch die Synode der Provinz gerichtet werden. Hat aber ein Bischof oder Kleriker einen Streit mit dem Metropoliten derselben Provinz, so soll er damit den Primas (Exarchen) der Diözese oder den Bischofsstuhl der Kaiserstadt Konstantinopel befassen und dort gerichtet werden]. Übers nach Gemeinhardt (Filioque-Kontroverse 2002, 182), der auch eine Erläuterung des Kanons liefert: „In Chalkedon wurde das Verhältnis dieser „Exarchen“ zu Konstantinopel dahingehend erklärt, dass dieses keine höhere, sondern eine konkurrierende Gerichtsinstanz darstellen sollte. Es wurde also dasselbe Problem wie in Serdika behandelt – für die östliche Reichshälfte.“ 205 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 143. Vgl. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 182. Gemeinhardt bemerkt: Nikolaos übersetzte „ἔξαρχος“ mit „primas“ in spezifisch geistlichem Sinne und drehte damit die Reihenfolge der Appellation schlicht um: [Dass aber die heilige Synode, jemand anderen als Primas der Diözese bezeichnen sollte als den Stellvertreter des ersten Apostels, leuchtet keineswegs ein. Denn jener ist der Primas, weil er als Erster (primus) und Höchster (summus) gilt].

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6. Kanon des ersten ökumenischen Konzils von Nizäa (325) verdankt.206 Und neben Petrus sei auch Paulus der Apostel der alten Kaiserstadt, wohingegen Konstantinopel nicht den traditionellen Apostelsitzen Alexandrien und Antiochien zur Seite treten könne, denn von diesen drei herausragenden Kirchen erwartet der Glaubenseifer aller Kirchen zweifellos die Richtschnur der seligen Apostel Petrus und Paulus.207 Allen diesen drei Kirchen stehe die Sorge um alle anderen Kirchen zu, denn diese seien unmittelbar mit den Aposteln Petrus und Paulus verbunden: Per has igitur tres praecipuas ecclesias omnium ecclesiarum sollicitudo beatorum apostolorum principum Petri ac Pauli procul dubio moderamen expectat [Durch diese drei herausragenden Kirchen erwartet also die Umsicht aller Kirchen zweifellos die Lenkung der seligen Apostelfürsten Petrus und Paulus].208 Die daraus resultierenden Vorrechte geben nach Nikolaos dem Bischof von Rom die Möglichkeit, die Aufsicht über die anderen Kirchen zu führen und sich sogar in deren Angelegenheiten einzumischen. In diesem Geist ist auch der Eingriff in die internen Angelegenheiten der Kirche von Konstantinopel gerechtfertigt. Rom sei darin verwickelt wegen der rechtswidrigen Absetzung des Ignatios und des dem kanonischen Recht widersprechenden Aufstiegs des Photios zum Patriarchenthron.209 Dieser habe nicht durch die Tür, sondern auf anderem Wege die Hürde des Herrn betreten, den Hirten vertrieben und die Schafe zerstreut (vgl.

206 Vgl. Rhalles-Potles, Σύνταγμα 1852, Bd. II, 128: Τὰ ἀρχαῖα ἔθη κρατείτω τὰ ἐν Αἰγύπτῳ καὶ Λιβύῃ καὶ Πενταπόλει, ὥστε τὸν ἐν Ἀλεξανδρείᾳ ἐπίσκοπον πάντων τούτων ἔχει τὴν ἐξουσίαν· ἐπειδὴ καὶ τῷ ἐν Ῥώμῃ ἐπισκόπῳ τοῦτο σύνηθές ἐστιν. Ὁμοίως δὲ καὶ κατὰ τὴν Ἀντιόχειαν, καὶ ἐν ταῖς ἄλλαις ἐπαρχίαις τὰ πρεσβεῖα σώζεσθαι ταῖς ἐκκλησίαις [Man sollte die alten Sitten in Ägypten, Libyen und Pentapolis wahren, sodass der Bischof von Alexandrien die Gewalt über all diese Gebiete hat, weil dieses auch für den Bischof von Rom üblich ist. Auf ähnliche Weise sollte man auch in Hinsicht auf (den Bischofsstuhl) von Antiochien auch in anderen Landgebieten die (Ehren)vorrechte für die (Orts)kirchen beibehalten und wahren]. 207 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 183; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 144–145. 208 Mansi XV, 205C. Vgl. Katerellos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 144. 209 Siehe Mansi XV, 206AB: Haec igitur et his similia nos pro cunctis ecclesiis sollicitos reddunt: haec etiam de Constantinopolitana ecclesia impigram curam arripere vehementer hortantur: haec inquam Ignatium patriarcham nulla regula nulloque ordine ecclesiastico dictante deiectum tamquam fratrem adiuvare compellunt. Nam et inter cetera is, per quem nobis praecipuae ista sunt privilegia collata: Tu aliquando conversus, audivit a Domino confirma fratres suos [Diese und ähnliche Umständen machen uns um alle Kirchen besorgt. Sie fordern uns dringend auf, auch um die Kirche von Konstantinopel unermüdliche Sorge walten zu lassen; sie drängen uns also, den Patriarchen Ignatios, der ohne das Gebot einer Regel oder einer kirchlichen Ordnung abgesetzt wurde, als Bruder zu unterstützen. Denn auch unter anderem hörte der, durch den uns in besonderer Weise diese Vorrechte übertragen worden sind, vom Herrn: Du, wenn du einmal bekehrt bist, stärke deine Brüder]. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 145.

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das Hirtengleichnis Joh 10).210 In diesem Zusammenhang schlägt Nikolaos dem Kaiser auch vor, Abgesandte nach Rom zu schicken, sodass der Fall des Ignatios und Photios erneut von dort aus gerichtet wird. Der Apostolische Stuhl ist nach Nikolaos’ Verständnis die höchste Autorität, welche das Recht hat, eine causa revidieren zu lassen oder vielmehr über sie ein Urteil auszusprechen: patet profecto sedis apostolicae, cuius auctoritate maior non est, iudicium a nemine fore retractandum, neque cuiquam de eius liceat iudicare iudicio [Es steht also völlig fest, dass das Urteil des apostolischen Stuhls, der die höchste Autorität hat, von niemandem neu aufgerollt werden darf, und es soll niemandem erlaubt sein, über dessen Urteil zu richten].211 Diese ohne Zweifel starke Hervorhebung des Primatsanspruches vonseiten des Papstes und zugleich das Infragestellen der patriarchalen Rechte des Stuhls von Konstantinopel, die sich aus dem in Rede stehenden Brief erkennen lassen, sollen den Leser nicht in die Irre führen, als ob es sich nur um eine rein kirchlichkanonische Frage handle, die ausschließlich mit dem Wiedererlangen der verletzten Autorität des Heiligen Stuhls innerhalb der gesamten Kirche verbunden war. Nein, auf gar keinen Fall. Man setzte damals viel Wichtigeres aufs Spiel. Etwas, das sich sicherlich nicht auf theologische Sachverhalte beschränkte, sondern sich auch auf politische und geostrategische Interessen erstreckte! Und das war der Versuch des Patriarchats von Konstantinopel, die byzantinischen Einflusszonen auf Mähren, Bulgarien und auf die Nation der Russen zu erweitern, und zugleich die Bemühungen des Papstes, diesen Einfluss zu bändigen und zu beschränken. Diese Tendenz des Patriarchats von Konstantinopel, sich über die eigenen Jurisdiktionsgrenzen hinaus zu begeben (wegen der Existenz barbarischer Völker an den Grenzen des byzantinischen Reiches, welche potentiell in der Zukunft eine Drohung darstellen könnten), begann mit der Allianz zwischen Michael III. und dem Mährenfürsten Rastislav (846–870) sichtbar zu werden; diese Allianz brachte einerseits das Mährenreich mit dem mächtigen Kaiserreich in enge Verbindung und nahm andererseits die zukünftige Unterstellung Bulgariens unter Konstantinopel vorweg, indem sie Bulgarien sowohl an Mähren als auch an Byzantium band.212 Die Früchte dieser Allianz konkretisierten sich in der von Photios und Kaiser Michael geplanten Aussendung der Missionare Kyrillos und Methodios zur Christianisierung von Großmähren und damit zur Stärkung des byzantinischen kirchlich-polischen Einflusses auf westliche Gebiete, die Rom nahe lagen! Mit der

210 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 63. 211 Siehe Mansi XV, 210A. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 147. 212 Siehe Vasiliki Blusidou, Ὁ Βυζαντινὸς αὐτοκρατορικὸς θεσμὸς καὶ ἡ πρώτη ἐκθρόνιση τοῦ Πατριάρχη Φωτίου, in: Symmeikta 7 (1987) 33–40, bes. 33.

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Einbeziehung Mährens in die byzantinische Einflusszone bildete sich eine Macht, die der Allianz zwischen den fränkischen Königen und den Bulgaren Paroli zu bieten vermochte und der Expansion der Franken im zentralen Europa Schranken setzen sollte.213 Die endgültige Zuwendung des mährischen Fürsten Rastislav zum byzantinischen Kaiserreich hat die Pläne des bulgarischen Khans Boris, zusammen mit dem fränkischen König Ludwig dem Deutschen (Ludovicus Germanicus [840–876]), Mähren anzugreifen, scheitern lassen und daher die Wiederausrichtung Bulgariens nach dem Osten beschleunigt. Die Folge war, dass Boris auch das Christentum endgültig von den Byzantinern übernahm und sich auch Bulgarien dadurch endgültig unter den Einfluss Konstantinopels begab.214 Gleich nach dem Übertritt der Mähren zum Christentum (863) wirkten (seit 864/65) byzantinische Missionare in Bulgarien, und Khan Boris I. hat sich nach byzantinischem Ritus taufen lassen und von seinem kaiserlichen Paten den Namen Michael übernommen.215 Im Rahmen der Erweiterung seines Einflusses und seiner missionarischen Tätigkeit hat das byzantinische Reich außer Mähren und Bulgarien auch die „skythische, ungesittete und ungebildete Ethnie“ der Russen einbezogen, von welcher Photios in seiner Enzyklika behauptet, sie sei bereits (von Konstantinopel) christianisiert worden.216 Alle diese Entwicklungen, die anzeigen, dass (auch) damals Religion und Politik eng miteinander verknüpft waren, haben den ehrgeizigen Papst Nikolaos alarmiert, der den kirchlichen Einfluss Roms allmählich sinken und den Konstantinopeler Stuhl durch seine missionarische Ausdehnung eine aktive über seine bis damals von den ökumenischen Synoden, besonders durch den 28. Kanon von Chalkedon, festgelegten Jurisdiktionsgrenzen hinausgehende Rolle übernehmen sah. Nikolaos hätte nie akzeptieren können, dass sowohl Mähren als auch Bulgarien, das damals ein Teil des alten Illyricum war und dessen Rückkehr unter die römische Jurisdiktion er schon in seiner ersten Korrespondenz mit Photios gefordert hatte,217 von nun an unter dem geistigen und kirchlich-politischen Einfluss von Konstantinopel stehen würde. Konkreter gesagt war Nikolaos sehr beunruhigt, denn er sah ein, dass der Stuhl von Konstantinopel seine missionarische, jurisdiktionell grenzüberschreitende Tätigkeit nach Westen erweiterte, was Nikolaos bis dahin für ein ausschließlich dem Papsttum zugewiesenes Privileg

213 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 151. 214 Siehe Blusidou, Ὁ Βυζαντινὸς αὐτοκρατορικὸς θεσμός 1987, 34. 215 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 180. 216 Siehe Enzyklika (I, 50, 293–305 L/W). Dazu siehe Ahrweiler, Les relations entre les Byzantins et les Russes au IXe siècle, in: Bulletin d’Information et de Coordination de l’Association Internationale des Études Byzantines 5 (1976) 57–70. 217 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 70; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 179.

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hielt. Dennoch muss man in diesem Punkt sagen, dass nicht strittig war, dass der römische Bischof der alleinige Patriarch des Abendlandes war. Strittig waren allein die Grenzen. Bevor es im nennenswerten Maße Christentum in Mähren wie in Bulgarien gab, konnte niemand, weder der Römer noch der Konstantinopeler, irgendwelche Ansprüche geltend machen. Jetzt aber bot sich dem Papst dank der „Illegitimität“ der Wahl des Photios ein Vorwand, sich als regelnder Faktor in die kirchlichen Angelegenheiten Konstantinopels einzumischen und besonders auf die zum ersten Mal in das Blickfeld tretende, wie ihm (scil. dem Papst) schien, grenzüberschreitende missionarische Aktivität des Patriarchats von Konstantinopel zu reagieren, welche Photios die Führung des Titels eines eigentlich „ökumenischen Patriarchen“ zu erlauben schien.218 Als Bulgarien zum Schauplatz des Aufeinandertreffens von östlichem und westlichem Christentum wurde,219 verschärfte sich allmählich die Spannung zwischen Rom und Konstantinopel mit einem Höhepunkt im Jahr 866, als die aus rein politischem Blickwinkel verständliche220 Beharrlichkeit des Photios, Boris das Recht für eine autonome Kirche unter der Autorität eines bulgarischen Bischofs zu verweigern, diesen dazu geführt hat, sich an Rom zu wenden.221 Enttäuscht von der byzantinischen Weigerung, ihm einen eigenen Patriarchen zu konzedieren, wandte sich Khan Boris im August 866

218 Hier muss man Kritik an Blusidou (Ὁ Βυζαντινὸς αὐτοκρατορικὸς θεσμὸς 1987, 34–35) üben, die dem Begriff „ökumenisch“ nicht die richtige Bedeutung beimisst. In östlicher Tradition bedeutete er einfach: byzantinischer Reichspatriarch, d.  h. den Ehrenvorrang des Konstantinopeler Throns vor den anderen östlichen Patriarchaten. Siehe Dvornik, Byzanz und der römische Primat, Stuttgart 1966, 91. Dazu auch Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. ΙΙ, 845–848. Das aber ging den Westen gar nichts an und hätte dort kein Grund zur Aufregung sein müssen. George Demacopoulos bietet in seiner vor ca.  13  Jahren erschienenen Studie [Gregory the Great and the Sixth-Century Dispute over the Ecumenical Title, in: Theological Studies (2009) 600–621, bes. 616–619], vier Deutungsmöglichkeiten bezüglich des Titels „Οἰκουμενικός“ an: a) der Titel impliziere ein universales Jurisdiktionsrecht für die ganze christliche Welt, ungeachtet der politischen Grenzen des römischen Kaiserreiches, b) der Titel deute ein Jurisdiktionsrecht innerhalb des eigenen Patriarchates (in diesem Fall des von Konstantinopel) an, c) der Titel impliziere ein erweitertes Jurisdiktionsrecht verbunden mit konkreten kirchlichen und politischen Vorrechten innerhalb des Kaiserreiches und d) der Titel beziehe sich ausschließlich auf den Erzbischof der kaiserlichen Hauptstadt. Demacopoulos gelangt zu der Ansicht, dass man wegen der Vagheit des Begriffes im 6. Jh. zu unterschiedlichenen Interpretationen veranlasst werden könnte, was bei Papst Gregorios, der in dem Titel ein universales Jurisdiktionsrecht in dem Titel sah, tatsächlich der Fall war. Demacopoulos plädiert am Ende seiner Ausführung für die dritte Deutung. 219 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 179. 220 Mit Recht bemerkt (in diesem Zusammenhang) Stiernon, dass Photios Boris kein Zugeständnis machen könnte, weil dies den politischen Interessen von Byzanz zuwidergelaufen wäre. Siehe Konstantinopel IV 1967, 69. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 152. 221 Siehe Blusidou, Ὁ Βυζαντινὸς αὐτοκρατορικὸς θεσμὸς 1987, 36.

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gleichzeitig an den ostfränkischen König Ludwig und den Papst in Rom mit der Bitte um Entsendung von Missionspriestern zusammen mit einem Brief (an den Papst), der Fragen zu kirchlichen Sachverhalten enthielt.222 In der Hinwendung des Boris an Rom sah Nikolaos die Möglichkeit, das gewaltsam und willkürlich abgetrennte Illyricum unter seine Jurisdiktion zurückzubringen.223 Mit diesem Ziel hat er eine vielköpfige Mission unter der Leitung des Formosus von Ponto (dem späteren Papst) und Paulus von Populonia zusammen mit einer Antwort auf die gestellten Fragen nach Bulgarien geschickt. Diese Antwort sollte die kirchlich rituell-disziplinären Probleme, welche der Khan stellte, lösen. Das Briefstück, das nicht ein griechenfeindliches Dokument ist,224 insofern es die Riten und Sitten der östlichen Kirche nicht diffamiert, wohl aber in einem spezifischen Sinn antikonstantinopolitanisch ist,225 stellt die Verschiedenheiten der Bräuche von Lateinern und Byzantinern in einem offensichtlich für die Lateiner günstigen Sinne dar.226 Es verweigert dem Patriarchen von Konstantinopel den zweiten Platz in der hierarchischen Ordnung, da das Privileg der patriarchalen Würde nur Rom, Alexandrien und Antiochien zustehe.227 Die Abwertung des Throns von Konstantinopel im Vergleich zu den anderen Patriarchaten einerseits und die Hervorhebung des Heiligen Stuhls andererseits tritt anlässlich des Verlangens der Bulgaren nach einem eigenen leitenden Bischof in den Vordergrund: Ob Ihr nun wollt, dass für euch ein Patriarch oder Erzbischof oder Bischof geweiht wird – in jedem Fall mögt ihr diesen angemessenerweise von niemand anderem erbitten als vom Bischof des Sitzes des heiligen Petrus, bei dem sowohl das Bischofs- als auch das Apostelamt seinen Anfang nimmt … Wahrhaftig als Patriarchen zu bezeichnen sind die, welche apostolische Sitze durch die Sukzession der Bischöfe innehaben, d.  h. die jenen Kirchen vorstehen, welche sich als von den Aposteln gegründet erweisen, nämlich Rom, Alexandrien und Antiochien … Die Kirche von Konstantinopel hat weder ein Apostel gegründet, noch

222 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 152 mit Verweis auf Johannes Tarnanidis, Ἡ διαμόρφωση τοῦ αὐτοκεφάλου τῆς Βουλγαρικῆς Ἐκκλησίας (864–1235), Thessaloniki 1976, 53. 223 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 153; Vgl. V. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 110. 224 Siehe Stiernon, Konstantinopel  IV 1967, 71, mit Verweis auf Basileios Dennis, The „AntiGreek“ Character of the Response ad Bulgaros of Nicholas I, in: OCP 24 (1958) 165–174. Dieser Ansicht ist auch Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 185; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 153–154. 225 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 185. 226 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 71; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 154. 227 Vgl. PL 119, 978. Dazu Pheidas, Ἐκκλ. 1994, Bd. II, 110; Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 71; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 186–187.

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hat die Synode von Nizäa, die berühmter und ehrwürdiger ist als alle anderen Konzilien, sie irgendwie erwähnt; einzig weil Konstantinopel Neu Rom heißt, wurde sein Oberhirte mehr durch die Gunst der Herrscher als aus einem einsichtigen Grund Patriarch genannt.228

Die römische Mission errang in Bulgarien glänzende Erfolge. Allmählich wurden die lateinischen Bräuche durchgesetzt und der griechische Klerus alsbald abgeschoben. Noch im Laufe des Sommers oder Herbstes 867 schickte Boris unverzüglich eine neue Gesandtschaft nach Rom, die beim Papst die Ernennung des Formosus zum Erzbischof229 der Bulgaren erwirken sollte.230 Für Konstantinopel war das Überlaufen der Bulgaren zum lateinischen Christentum ein Schock.231 Die Unterstellung der bulgarischen Kirche unter die Jurisdiktion des Papstes, die Vertreibung der byzantinischen Missionare sowie die Einführung lateinischer Praktiken (Samstagfasten, Priesterzölibat)232 und Formulierungen dogmatischer Art (Einfügung des Filioque in das Glaubenssymbol) wurden von Konstantinopel für gesetzwidrig und daher unannehmbar gehalten und trieben folglich die Spannung zwischen Rom und Konstantinopel auf die Spitze.233 Und all das stand 228 Vos tamen sive patriarcham sive archiepiscopum sive episcopum vobis ordinari postuletis, a nemine nunc velle congruentius, quam a pontifice sedis beati Petri, a quo et episcopatus et apostolatus sumpsit initium … Veraciter illi habendi sunt patriarchae, qui sedes apostolicas per successiones pontificum obtinent, id est qui illis praesunt ecclesiis, quas apostoli instituisse probantur, Romanam videlicet et Alexandrinam et Antiochenam. … Nam Constantinopolitanam ecclesiam nec apostolorum quisquam instituit nec Nicaena synodus, quae cunctis synodis celebrior et venerabilior est, eius mentionem aliquam fecit: sed solum, quia Constantinopolis nova Roma dicta est, favore principum potius quam ratione, patriarcha eius pontifex appellatus est. Siehe P.  Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 186–187; Übers. nach Ritter, Quellen 2001, 66. 229 Nach Stiernon (Konstantinopel IV 1967, 71 mit Verweis auf PL 119, 1007D) handelte es sich im eigentlichen Sinne um einen Erzbischof, der seine Jurisdiktion nicht ausüben konnte, bevor er nicht vom römischen Stuhl das Pallium empfangen hat, wie rechtlich alle Erzbischöfe Galliens, Germaniens und anderer Länder. Ich stimme Stiernon nicht zu. Nein: eigentlich ging es um die kirchliche Selbständigkeit oder Autokephalie, gleichgültig wie man das Amt des leitenden Bischofs nannte, ob als Erzbischof, Metropolit oder Patriarch. 230 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 72. 231 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 72. 232 Photios hat gegen das Samstagfasten den 64. apostolischen Kanon herangezogen, der vom Quinisextum in seinem 55. Kanon rezipiert worden war (Siehe unten Anm. 252). Auch in Hinblick auf das Priesterzölibat beruft sich Photios auf den 4. Kanon von Gangra, der ebenso vom Quinisextum in seinem 13. Kanon rezipiert worden war. Siehe Conc. Quinisextum Can 13 (FC 82, S. 98–202 Ohme). Dazu auch Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 194–195. Zur Diskussion um einen Enthaltsamkeitszölibat und dessen Entwicklung im Westen sowie im Osten vgl. etwa H. Parish, Clerical Celibacy in the West: c. 1100–1700, London/New York 2010. Im Osten vgl. Konstantinos Pitsakis, Clergé marié et célibat dans la législation du Concile in Trullo: le point de vue oriental, in: The Council in Trullo Revisited 1995, 263–306. 233 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. ΙΙ, 111.

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auch in Verbindung mit der Versendung mehrerer umfangreicher Schreiben des Papstes von November 866, unter anderen gerichtet an den Kaiser und an Photios. Das erste und längste Schreiben an Kaiser Michael ist voller Ermahnung, die Mahnungen des Papstes, die Forderungen nach Gerechtigkeit anzunehmen. Nach einem Rückblick auf die Ereignisse, die sich in Konstantinopel abgespielt hatten, spricht der Papst von der Tyrannei gewisser Vipern und gewisser Vatermörder. Dabei spielte er deutlich auf die Gruppe um Gregorios Asbestos und Photios an.234 Die Hauptschuld an der Illegitimität der Erhebung des Photios zum Patriarchen trage die Teilnahme des Schismatikers und Abgesetzten Gregorios Asbestos an seiner Weihe, der, um nun das Übrige beiseite zu lassen, von Gregor aus Syrakus oder anderen Schismatikern eingesetzt, im Gegenteil zerstört, gegen jedes Recht einer anderen Kirche nicht vorstehen kann (Qui, ut cetera nunc omittamus, a Gregorio Syracusano vel ceteris schismaticis institutus, immo destructus, contra omne fas alterius praesidere non potest ecclesiae).235 Als einen Schismatiker konnte der Papst den neuen Patriarchen (Photios) gemäß den Kanones nicht gültig ordinieren.236 „Wenn man behaupte, er habe sich ausgesöhnt (d.  h. er sei wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen), frage er (der Papst): Durch wen? Jedenfalls nicht durch die höhere Autorität. Die Aussöhnung sei also widerkanonisch“.237 Schließlich erklärt der Papst dem Kaiser noch einmal, dass Photios und Ignatios aufgefordert seien, sich zu einem Prozess in Rom zur endgültigen Lösung der causa einzufinden. Das Schreiben an Photios ist in einem ganz anderen (viel schärferen) Stil verfasst. Vielleicht ist dies die beleidigendste Epistula, die je ein Papst einem Patriarchen geschickt hat.238 Der Papst beginnt mit den Worten: „Zahlloser Übel-

234 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 72. Vgl. auch Mansi XV, 218CD: quod quidam … contra pastorem et magistrum suum, fratrem videlicet et comministrum nostrum Ignatium ecclesiae praefatae sanctissimum patriarcham, insurrexissent, quidam vero instar viperarum ac parricidarum parentem proprium, eumdem scilicet beatissimum virum, ferinis dentibus impetissent et ab ecclesia ipsa, cui iure praesidebat, tyrannidis suae cornu penitus removissent [Dass sich manche … gegen ihren Hirten und Lehrer, nämlich unseren Bruder und Mitdiener Ignatios, den heiligsten Patriarchen der zuvor genannten Kirchen erhoben hatten, einige aber nach Art von Vipern und Vatermördern den eigenen Vater, nämlich denselben seligsten Mann mit wilden Zähnen angriffen und von eben der Kirche, der er mit Recht vorstand, im Überschwang ihrer Tyrannei völlig entfernten]. 235 Mansi XV, 225B; Dazu siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 157; Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 73 236 Siehe Mansi XV, 225D: nihil autem habuit, nihil dedit [Er hatte aber nichts, er gab nichts]. 237 Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 73. 238 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 157.

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taten bist Du schuldig befunden“.239 Er nennt Photios einen Vatermörder, eine Schlange, einen Juden: Nam et si te homicidam dicimus, non mentimur … Porro si te viperam appellamus, non fallimur … Extremo, si te Iudaeis comparamus, fortasse non modicum quidem a vero discedimus [Denn, auch wenn wir dich einen Mörder nennen, lügen wir nicht … außerdem, wenn wir dich als Viper bezeichnen, täuschen wir uns nicht  … zuletzt, wenn wir dich den Juden gleichstellen, entfernen wir uns wohl kein bisschen von der Wahrheit].240 Außer der gesetzwidrigen Abdankung des Ignatios vom Patriarchenthron (man müsse Ignatios gemäß der kanonischen Ordnung wiedereinsetzen), wirft er ihm seine früheren Beziehungen zur Partei Gregors von Syrakus vor. Wenn Photios das Amt des Patriarchen, das er sich widerrechtlich angeeignet habe, weiterhin ausübe, werde er mit allen seinen Anhängern bis an sein Lebensende exkommuniziert.241 Der Eingriff des Nikolaos in die internen Angelegenheiten der Kirche von Konstantinopel erreicht seinen Höhepunkt, als er neben zwei Briefen an Ignatios und Kaiserin Theodora, in denen er jenen zur Geduld und diese dazu ermahnt, ihren Einfluss auf ihren Gatten auszuüben, noch drei andere Briefe in den Osten verschickte: an die Senatoren Konstantinopels, an den Klerus und schließlich an die drei anderen östlichen Patriarchen. Das Rundschreiben an die Senatoren forderte diese auf, für die Gerechtigkeit zu kämpfen, die Gemeinschaft mit Photios aufzugeben und sich an den Verfolgungen gegen Ignatios nicht zu beteiligen.242 In seinem Brief an den Klerus unterstrich Nikolaos die Ungültigkeit der Weihe des Photios durch Gregor Asbestos, wie er es in der Beweisführung seines Schreibens an Michael III. dargelegt habe.243 In seinem Brief an die anderen Patriarchen des Ostens endlich erklärte Nikolaos die Ungültigkeit der Absetzung des Ignatios und des Prozesses, der gegen ihn in Gang gesetzt wurde.244

239 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 73. 240 Mansi XV, 260D–261A. Vgl. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 158. 241 Siehe D.  Stiernon, Konstantinopel  IV 1967, 73–74; K.  Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 159. 242 Siehe PL 119, 1089C–1091A. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 74; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 159 (bezeichnend ist die Formulierung: et a communione invasoris neophyti, ac adulteri Photii omnino suspendere – und von der Gemeinschaft mit Photios, dem neu geborenen Eindringling und Ehebrecher vollständig abstand zu nehmen). 243 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 74, mit Verweis auf PL 119, 1067A–1089C. 244 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 74, mit Verweis auf PL 119, 1092BC: Denique et cum Photio adultero ac Ecclesiae invasore atque neophyto, quod sibi multipliciter prohibitum fuerat, in sacrosancta mysteria communicaverunt et Ignatium virum senem et sanctum ac per duodecim annos innocenter Ecclesiam Dei regentem et nobiscum et vobiscum atque cum universali et orthodoxa Ecclesia communicantem, Graecorum factioni perniciosissimae concinnantes damnaverumt et sacerdotalibus infulis exspoliatum ab Ecclesiae regimine modis omnibus expulerunt [Schließ-

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Diese Hartnäckigkeit des Papstes im Kampf gegen Photios hätte lediglich zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Rom und Konstantinopel führen können. Photios hätte all die gegen seine Person gerichteten Beleidigungen um des Friedens willen erdulden können. Was er aber auf gar keinen Fall glaubte erdulden zu können, waren die vom Papst gegen Byzanz gerichteten Provokationen, wie die Ausweisung der griechischen Missionare aus Bulgarien und die Abkehr vom ostkirchlich-byzantinischen Ritus. Photios ließ seinen Zorn freien Lauf. Seit vier Jahren hatte er zu den römischen Bannflüchen geschwiegen. Jetzt war für ihn das Maß voll.245 Er fühlte sich von den Umständen gezwungen, auf die beharrliche Herausforderung des Nikolaos endlich zu reagieren. Der erste Schritt seiner Reaktion war die Veröffentlichung der Enzyklika aus dem Frühjahr 867. Es ist das ein klassisches Dokument, in welchem sich die Polemik des Photios widerspiegelt. Mit ihm lud Photios seine östlichen Kollegen zu einer Synode nach Konstantinopel und benannte die entscheidenden Dissenspunkte konzise.246 Die Einführung setzt reichlich polemisch und emotional ein: „Es scheint, es gab immer bei dem eigentlich Bösen nie eine Sättigung sowohl an schlechten Handlungen als auch an (böswilligen) Erfindungen und Hinterlistigkeiten, die er sich von Anfang an ausgedacht hat, sie gegen das menschliche Geschlecht in Gang zu setzen. Vielmehr, in abertausenden Irrungen hat er vor der Fleischwerdung unseres Herrn Menschen in fremde und illegitime Taten irren lassen; durch diese hat er auch das menschliche Geschlecht an seine Tyrannei fest angebunden … danach aber hat er auch nicht aufgehört, durch unzählige Irrlehren und Verlockungen diejenigen, die ihm folgsam waren, zu überlisten und auf Abwege zu führen“.247 lich haben sie auch mit Photios, dem Ehebrecher, Eindringling in der Kirche und Neuling, was ihnen vielfach verboten worden war, Gemeinschaft in den heiligen Mysterien gehalten und den Ignatios, einen alten und heiligen Mann, der zwölf Jahre hindurch untadelig die Kirche Gottes geführt hat und mit uns und euch und mit der gesamten rechtgläubigen Kirche in Gemeinschaft steht, verurteilt, indem sie der verderblichsten Parteiung der Griechen folgten, haben ihn der bischöflichen Gewänder beraubt und vom Steuer der Kirche völlig vertrieben]. 245 Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 75. 246 In diesem Zusammenhang werde ich nicht auf die Filioque-Frage eingehen, sondern mich gründlicher nur mit den Dissenspunkten beschäftigen, die sich auf Unterschiede in Sitten und Gebräuchen zwischen West- und Ostkirche beziehen. Der Filioque-Frage in Bezug auf die Enzyklika, gehe ich im zweiten Teil der Arbeit nach. 247 Ep. 2 (I, 40, 5–12 L/W): οὐκ ἦν ἄρα, ὡς ἔοικεν, κόρος τῷ πονηρῷ τῶν κακῶν, οὐδέ τι τῶν ἐφευρημάτων καὶ μηχανημάτων πέρας, ἃ κατὰ τοῦ ἀνθρωπίνου γένους ἐξαρχῆς ἀνακινεῖν ἐμελέτησεν· ἀλλὰ μυρίαις μὲν ὅσαις ἀπάταις, πρὸ τῆς ἐν σαρκὶ τοῦ δεσπότου παρουσίας, τὸν ἄνθρωπον ὑπηγάγετο, εἰς ἀλλοφύλους καὶ παρανόμους ἀποβουκολήσας πράξεις, ἐξ ὧν καὶ τὴν κατ’ αὐτοῦ τυραννίδα, κατὰ κράτος ἀνεδήσατο, μυρίαις δὲ καὶ μετὰ ταῦτα πλάναις καὶ δελεάσμασιν ὑποσκελίζειν καὶ παρασύρειν τοὺς αὐτῷ πειθομένους οὐ διέλιπεν.

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Danach nimmt der Verfasser auf die ökumenischen Synoden (d.  h. die von Ost wie West akzeptierten Reichskonzilien) Bezug. Sie haben die Häresien aller Art glänzend bekämpft und so obsiegt.248 Der Acker Christi bringe nach der Gewinnung wilder Völker für das Christentum viele Früchte hervor. Der Schwerpunkt der Ausführung wird gleich auf die Bulgarenfrage verlegt. Anfänglich, obwohl sie ein barbarisches und christusfeindliches Volk waren, haben sich die Bulgaren erstaunlicherweise dem christlichen Glauben zugewandt:249 Doch jetzt  „noch war es nicht einmal zwei Jahre her, dass dieser Stamm die rechte Religion der Christen in Ehren hielt, da tauchten gottlose und abscheuliche Männer – warum sollte man, als ein Gottesfürchtiger, sie nicht so nennen! – aus der Finsternis auf, Männer, die dem westlichen (Erd-) Teil entstammten. – Oh, wie kann ich, was folgt, in Worte fassen? Diese Männer sind über dieses in die Gottesfurcht eben erst eingeführte, sich neukonstituierende Volk wie ein Blitz, wie ein Erdbeben, wie eine Hagelflut (hergefallen); oder, um es noch passender zu formulieren, sie sind wie ein einsam lebendes, wildes Tier in den geliebten, frisch angelegten Weinberg des Herrn (eingedrungen und) haben ihn mit Hufen und Zähnen niedergetreten, d.  h. mit Trampelpfaden von schändlicher Lebensart, mit Verderbnis der Lehren; und auf dem Höhepunkt ihrer Dreistigkeit angelangt, haben sie ihn unter sich verteilt und zerstört; waren sie doch auf jede Art von List darauf bedacht, wie sie diese (scil. die Bulgaren) ins Verderben zu stürzen und unversehens von den rechten und reinen Lehren und dem unbefleckten Glauben der Christen zu entfremden vermöchten“.250 248 Siehe Ep. 2 (I, 40, 13–19 L/W): ἐντεῦθεν Ἄρειος καὶ Μακεδόνιος καὶ Νεστόριος Εὐτυχής τε καὶ Διόσκορος καὶ τὸ λοιπὸν τῆς ἀσεβείας σύνταγμα, καθ’ ὧν αἱ ἅγιαι καὶ οἰκουμενικαὶ συνεκροτήθησαν ἑπτὰ σύνοδοι … τὰς πονηρὰς παραφυάδας τῇ μαχαίρᾳ τοῦ πνεύματος αὐτορρίζους ἐκθερίσαντες καὶ καθαρὸν παρασκευάσαντες ἀναφυῆναι τῆς ἐκκλησίας τὸ λήιον [Infolgedessen Ariοs und Maκedoniοs sowie Eutyches und Dioskοrοs und das übrige Regiment der Gottlosigkeit, gegen die die sieben heiligen und ökumenischen Synoden einberufen wurden … und die die von sich selbst gewachsenen üblen Sprösslinge mit dem Schwert des Geistes abernteten und das Saatfeld der Kirche (so) vorbereiteten, damit es sauber wiederwächst]. 249 Siehe Ep. 2 (I, 41, 47–48 L/W): Ἀλλά γε δή, καὶ Βουλγάρων ἔθνος βαρβαρικόν καὶ μισόχριστον εἰς τοσαύτην μετέκλινεν ἡμερότητα καὶ θεογνωσίαν [Aber ganz sicher auch das bulgarische Volk, das barbarisch und christusfeindlich war, hat sich in diese so große Sanftheit und Gotteserkenntnis gewendet]. 250 Ep. 2 (I, 42, 55–67 L/W): οὕπω γὰρ ἐκείνου τοῦ ἔθνους, οὐδ’ εἰς δύο ἐνιαυτούς, τὴν ὀρθὴν τῶν Χριστιανῶν τιμῶντος θρησκείαν, ἄνδρες δυσσεβεῖς καὶ ἀποτρόπαιοι (καὶ τί γὰρ οὐκ ἄν τις εὐσεβῶν τούτους ἐξονομάσειεν;)  – ἄνδρες ἐκ σκότους ἀναδύντες  – τῆς γὰρ ἑσπερίου μοίρας ὑπῆρχον γεννήματα – οἴμοι, πῶς τὸ ὑπόλοιπον ἐκδιηγήσομαι; – οὗτοι, πρὸς τὸ νεοπαγὲς εἰς εὐσέβειαν καὶ νεοσύστατον ἔθνος, ὥσπερ κεραυνὸς ἢ σεισμὸς ἢ χαλάζης πλῆθος, μᾶλλον δὲ οἰκειότερον εἰπεῖν, ὥσπερ ἄγριος μονιὸς ἐμπηδήσαντες, τὸν ἀμπελῶνα Κυρίου τὸ ἠγαπημένον καὶ νεόφυτον καὶ ποσὶν καὶ ὀδοῦσιν, ἤτοι τρίβοις αἰσχρᾶς πολιτείας καὶ διαφθορᾷ δογμάτων, τόγε εἰς τόλμαν ἧκον

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Der „frisch angelegte“, neugegründete Weinberg des Herrn – darum ging es eigentlich: die Errungenschaften byzantinischer Kirchenpolitik aufrechtzuerhalten und ihren Abbau durch die Einführung der lateinischen rituellen Neuerungen um jeden Preis zu verhindern. Aus den Ausführungen des Photios ergibt sich, dass die sieben ökumenischen Synoden mit der Bekämpfung der aufgetauchten Häresien ein festes dogmatisches Gebäude, ein vollkommenes Ganzes von theologischen und disziplinären Ansichten festgelegt haben, das jetzt durch das Einfallen der Lateiner in Bulgarien und mit der Einführung der disziplinären und dogmatischen Neuerungen in Gefahr schwebt. Diese Neuerungen sind nach der Darlegung des Photios die folgenden:251 a) Das Sabbatfasten. Der einzige Samstag, den das byzantinische Christentum als Fastensabbat kennt, ist der Karsamstag.252 b) Sie haben die erste Fastenwoche der „großen Quadragesima“ (Μεγάλη Τεσσαρακοστή) ausfallen lassen. Es handelt sich dabei um die so genannte Woche der „Τυρινή“ [d.  h. die Woche gleich vor der Μεγάλη Τεσσαρακοστή, (vierzigtätige Fastenzeit)], die als Woche des absoluten Fastens galt.253 c) Die Proklamation des Priesterzölibats in allen Weihestufen.254 Das widersprach deutlich der kanonischen Tradition des Ostens und zielte darauf ab, Spannung zwischen den Bulgaren und den Byzantinern zu schaffen. In den Augen der Bulgaren sollten nun als rechtmäßig geweihte Priester nur noch die den Zölibat ausübenden lateinischen Priester und nicht die Byzantiner gelten.255 Dies

τὴν αὐτῶν, κατανεμησάμενοι ἐλυμήναντο· ἀπὸ γὰρ τῶν ὀρθῶν καὶ καθαρῶν δογμάτων καὶ τῆς τῶν Χριστιανῶν ἀμωμήτου πίστεως, παραφθείρειν τούτους καὶ ὑποσπᾷν, κατεπανουργήσαντο. 251 Siehe Ep. 2 (I, 42, 69 – 43, 100 L/W). 252 Siehe Ep. 2 (I, 42, 69–72 L/W). Dabei beruft sich Photios auf den 64. Apostolischen Kanon, der eindeutig verbietet, dass ein Kleriker oder Laie am Samstag oder Sonntag fasten dürfe. Siehe Can App. 64 (SC 336, 298, 297–299 Metzger). Dieser Kanon wurde vom Concilium Quinisextum in seinem 55. Kanon rezipiert: „Weil wir erfahren haben, dass man in der Stadt Rom entgegen dem überlieferten kirchlichen Brauch während der heiligen Fastenzeit der Quadragesima an deren Samstagen fastet, hat die heilige Synode beschlossen, dass auch in der Kirche der Römer der Kanon unerschütterlich in Geltung steht, der sagt: ‚Wenn ein Kleriker am heiligen Sonntag beim Fasten gefunden wird oder am Samstag – mit Ausnahme des einen und einzigen – soll er abgesetzt werden; ein Laie soll ausgeschlossen werden‘“. Siehe Conc. Quinisextum Can 55 (FC 82, S. 249 Ohme). Siehe dazu Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 194. 253 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 163. 254 Das widerspricht dem Kanon 6 des Quinisextums, nach dem, einem Subdiakon, Diakon und Presbyter erlaubt ist, vor der Weihe zu heiraten. Siehe Conc. Quinisextum Can 6 (FC 82, S. 190–191 Ohme). Siehe dazu Vasileios Stephanidis, Ἐκκλ. Ἱστορία, Athen 1959, 96–97. 255 Siehe Dimitrios Gonis, Ἡ δραστηριότητα τῆς Δυτικῆς Ἐκκλησίας κατά τήν ἐποχή τοῦ ἱεροῦ Φωτίου καί σήμερα στήν Ἀνατολική Εὐρώπη, in: Photios 2011, 384–385.

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implizierte, dass alle Sakramente, welche von byzantinischen Priestern vollzogen waren, sich in den Augen der Bulgaren als ungültig erwiesen.256 d) Die Toleranz der Kirche den Konkubinen der Priester gegenüber und deren unehelichen Kindern.257 e) Die Wiederholung der Myronsalbung und damit die Herabwürdigung der schon vollzogenen Taufe. Nach Photios haben sich die Lateiner nicht gescheut, die vom Priester nach der Taufe gespendete Salbung mit dem Chrisam, d.  h. die Firmung zu wiederholen, mit der Begründung, sie stehe allein den Bischöfen zu.258 f) Die Fälschung des „allerheiligsten“ Symbols mit der Einführung der Neuerung des Filioque; dieser Neuerung gemäß gehe der Hl. Geist nicht vom Vater allein, sondern auch vom Sohne aus.259 Photios weist zusätzlich in seiner Enzyklika auf wichtige Elemente hin. Ihm seien aus Italien durch Briefe viele widerrechtliche Taten vonseiten des Papstes zu Ohren gekommen.260 Diejenigen, welche Photios über diese Gesetzwidrigkeiten informiert haben, waren die italienischen Bischöfe Basileios Zosimas und Metrophanes, die „vor derartiger Tyrannei in Jammer ausgebrochen waren und in Tränen die Kirchen zur Rache aufforderten“.261 Darüber hinaus spielt Photios auf eine bereits im Frühjahr 867 einberufene Lokalsynode an, die die lateinischen Missionare und ihre Neuerungen verurteilt haben soll, und zwar allein durch Applikation der bestehenden synodalen Ent-

256 Siehe Gonis, Ἡ δραστηριότητα τῆς Δυτικῆς Ἐκκλησίας κατά τήν ἐποχή τοῦ ἱεροῦ Φωτίου καί σήμερα στήν Ἀνατολική Εὐρώπη, in: Photios 2011, 385. 257 Siehe Ep.  2 (I, 42, 72–77 L/W): τὴν ὁδὸν τῶν παραβάσεων ἐμπλατύνοντες, καὶ τῆς εὐθείας τρίβου καὶ βασιλικῆς διαστρέφοντες, καὶ δὴ καὶ τοὺς ἐνθέσμῳ γάμῳ πρεσβυτέρους διαπρέποντας, … μυσάττεσθαί τε καὶ ἀποστρέφεσθαι παρεσκεύασαν [Den Weg der Übertretungen ausbreitend und sich von der richtigen und könglichen Straße abwendend, haben sie tatsächlich Folgendes angestiftet, dass man die Presbyter, die sich in gültiger Ehe befinden und (im kirchlichen Leben) auszeichnen, verabscheut und sich von denen abwendet]. 258 Siehe Ep. 2 (I, 42, 80 – 43, 90 L/W): ἀλλά γε δή καὶ τοὺς ὑπὸ πρεσβυτέρων μύρῳ χρισθέντας ἀναμυρίζειν αὐτοὶ οὐ πεφρίκασι, ἐπισκόπους ἑαυτοὺς ἀναγορεύοντες καὶ τὸ τῶν πρεσβυτέρων χρίσμα ἄχρηστον εἶναι καὶ εἰς μάτην ἐπιτελεῖσθαι τερατευόμενοι [Aber sicherlich diese Leute scheuten sich nicht, die von den Presbytern mit Salböl Gefirmten wieder zu salben, indem sie sich selbst als Bischöfe erklärten und phantasierten, dass die Salbung durch die Presbyter ungültig sei und vergeblich vollbracht werde]. 259 Siehe Ep. 2 (I, 43, 101–106 L/W). 260 Siehe Ep. 2 (I, 51, 322–328 L/W): καὶ γὰρ δή, καὶ ἀπὸ τῶν τῆς Ἰταλίας μερῶν, συνοδική τις ἐπιστολὴ πρὸς ἡμᾶς ἀναπεφοίτηκεν ἀῤῥήτων ἐγκλημάτων γέμουσα … [Und sicherlich, auch aus den Gebieten Italiens ist zu uns ein synodaler Brief voll mit unsagbaren Verbrechen gelangt]. 261 Siehe Ep. 2 (I, 51, 328–331 L/W): οἳ τὴν τοιαύτην τυραννίδα ἀπωδύροντο καὶ πρὸς έκδίκησιν τῶν ἐκκλησιῶν ἐξεκαλοῦντο δακρύοντες.

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scheidungen, wie er betonte.262 Unklar ist, ob diese Synode die Lateiner aufgrund ihrer theologischen Irrtümer verurteilte, d.  h. ob hier schon das Filioque thematisiert worden war.263 Noch ein Hinweis: Photios spricht deutlich von einem Gerücht, dass manche apostolischen Kirchen das 7. ökumenische Konzil nicht kennen und es daher nicht mit den sechs anderen zu den ökumenischen Synoden zählen.264 Die bevorstehende Synode solle darum unter anderem den Rang von Nizäa II (787) als siebte ökumenische Synode festschreiben und sie den sechs anderen Synoden zur Seite stellen.265 Unternimmt man eine Würdigung des oben besprochenen Rundschreibens des Photios, gelangt man erstens sofort zur Einsicht, dass dieses Schreiben einen ganz anderen Stil und eine ganz andere Zielsetzung als Epistula 2 an Nikolaos (861–862) hat. Im Brief an Nikolaos macht Photios den Papst auf die Verschiedenheit der Sitten und Gebräuche zwischen West- und Ostkirche und auf den gegenseitigen Respekt aufmerksam, den beide Kirchen einander schulden. Der Grundgedanke, der den ganzen Brief durchzieht, ist der folgende: Jede Kirche soll

262 Siehe Ep. 2 (I, 47, 219–224 L/W): τοὺς δὲ νέους τῆς ἀποστασίας προδρόμους, τοὺς θεραπευτὰς τοῦ ἀντικειμένου, τοὺς μυρίων ἐνόχους θανάτων, τοὺς κοινοὺς λυμεῶνας, τοὺς τὸ ἁπαλὸν ἐκεῖνο καὶ νεοσύστατον εἰς τὴν εὐσέβειαν ἔθνος τοσούτοις καὶ τηλικούτοις σπαραγμοῖς διασπαράξαντας, τούτους τοὺς ἀπατεῶνας καὶ θεομάχους συνοδικῇ καὶ θείᾳ κατεκρίναμεν ψήφῳ, οὐ νῦν αὐτῶν τὴν ἀπόφασιν καθορίζοντες, ἀλλ’ ἐκ τῶν ἤδη συνόδων καὶ ἀποστολικῶν θεσμῶν τὴν προωρισμένην αὐτοῖς καταδίκην ὑπεκφαίνοντες καὶ πᾶσι ποιοῦντες ἐπίδηλον [Nun die neuen Vorläufer der Abtrünnigkeit, die Diener des Teufels, die Schuldigen für unzählige Todesfälle, die gemeinen Verderber, welche jenes sanfte und in den christlichen Glauben neu eingeweihtes Volk (scil. der Bulgaren) mit so großem und so vielem Zerreißen zerrissen haben, diese Betrüger und Gottbekämpfer haben wir durch synodale und göttliche Stimme verurteilt, indem wir das Urteil über sie nicht jetzt bestimmt haben, sondern indem wir die aus den schon bestehenden Synoden und apostolischen Regelungen schon vorher gegen sie bestimmte Verurteilung zum Vorschein bringen und allen bekannt geben]. Dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 189. 263 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 189. 264 Siehe Ep.  2 (I, 52, 352–354): φήμη γὰρ ἧκεν εἰς ἡμᾶς, ὥς τινες τῶν ὑπὸ τὸν ἀποστολικὸν ὑμῶν θρόνον Ἐκκλησίαι, μέχρι τῆς ἕκτης τὰς οἰκουμενικὰς ἀριθμῆσαι συνόδους, τὴν ἑβδόμην οὐκ ἴσασιν [Es ist uns zu Ohren gekommen, dass manche (Orts-)Kirchen, die unter eurem apostolischen Stuhl stehen, während sie die ökumenischen Synoden nur bis zur sechsten (ökumenischen) Synode aufzählen, die siebte nicht kennen]. 265 Siehe Ep. 2 (I, 52, 349–353 L/W): Καὶ τοῦτο δὲ προστεθῆναι χρεὼν τοῖς γράμμασιν ἡγησάμεθα, ἵνα τὴν ἁγίαν καὶ οἱκουμενικὴν ἑβδόμην σύνοδον τοῖς ἁγίαις καὶ οἰκουμενικαῖς ἓξ συνόδοις συντάττειν καὶ συναριθμεῖν παντὶ τῷ ὑφ’ ὑμῶν τῆς Ἐκκλησίας παραδοθείη πληρώματι [Wir waren auch der Meinung, dass es notwendig ist, auch unserem (Rund-)Schreiben hinzuzufügen, damit der euch unterstellten kirchlichen Gesamtheit (Pleroma) eingeschärft wird, die heilige und ökumenische siebte Synode den sechs heiligen ökumenischen Konzilien beizuordnen und beizuzählen].

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den Ritus der anderen respektieren und darf auf gar keinen Fall ihren eigenen Ritus auf die andere Kirche übertragen und ihn dort durchsetzen. In der Enzyklika dagegen herrscht ein anderer Ton, und zwar ein polemischer, in dezidiert antirömischer Akzentuierung. Es wird also eine völlig andere Haltung erkennbar, die viele Forscher (ältere und jüngere) zu der Behauptung geführt hat, Photios sei sich selbst gegenüber inkonsequent.266 Diese Behauptung gewinnt verstärkte Plausibilität, wenn man auch in Erwägung zieht, dass er in seinem Versuch, die byzantinischen Sitten und Gebräuche zu schützen, ihnen Allgemeinverbindlichkeit zuspricht. Konkreter, in Hinblick auf das Fasten, zieht Photios den 64. Apostolischen Kanon heran, der eindeutig verbietet, dass ein Kleriker oder Laie am Samstag oder Sonntag fasten dürfe, was bereits das Concilium Quinisextum in seinem 55. Kanon rezipiert hatte.267 Ebenfalls führt Photios, diesmal in Hinsicht auf die Frage des Priesterzölibats, den auch vom Quinisextum rezipierten vierten Kanon von Gangra an.268 Wenn also diese zwei erwähnten Kanones von allgemeiner Gültigkeit sind, weil vom Quinisextum, d.  h. von einem ökumenischen Konzil rezipiert, warum ist es dann nicht der gleiche Fall beim zehnten Kanon von Serdika und in Bezug auf die unvermittelte, ἀθρόον-Weihe? Denn auch die „heiligen Kanones“ von Serdika wurden vom Quinisextum (in Kanon 2) rezipiert!269 Macht sich Photios, indem er sich deutlich in seiner Enzyklika auf das Quinisextum beruft, wie manche behaupten, einer offenbaren Lüge schuldig?270 Zu dieser Frage kann man sich folgendermaßen äußern: Der Streit sowohl um Serdika als auch um die in der Enzyklika erwähnten Kanones vom Quinisextum zeigen, dass in beiden Fällen zwei unabhängig voneinander ausdifferenzierte kanonistische Traditionen aufeinanderprallen. 271 Obwohl die Kanones des 6. ökumenischen Konzils von der Ostkirche völlig rezipiert worden sind, hat der Westen sie verworfen. Die Kanones des 6. ökumenischen Konzils (680–681) waren eigentlich dieselben Kanones des elf Jahre

266 Siehe Richard Haugh, Photius and the Carolingians, The Trinitarian Controversy, Belmont 1975, 95; Lialiou, Παράδοση καὶ Ἀνανέωση κατὰ τὸν Ἅγιο Φώτιο, 2013, 14–15. 267 Siehe oben Anm. 252. 268 „Wenn jemand gegen einen verheirateten Priester urteilt, dass er nicht die Liturgie feiern und das Opfer darbringen darf, dann sei er verdammt.“ Siehe Conc. Gangr., Can 4 (48, 244–246 = 81, 12–14 Lauchert). Angaben nach P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 195, Anm. 108. Vgl. Conc. Quinisextum Can 13 (FC 82, S. 200–202 Ohme). 269 Siehe Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 95. 270 Siehe Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 95, mit Verweis auf Hergenröther, Photius 1867, Bd. I, 444–445. 271 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 195. Zum Quinisextum siehe die Monographie von H. Ohme, Das Concilium Quinisextum und seine Bischofsliste (= AKG 56), Berlin 1990 und seine Edition der Akten desselben in: ACO Ser. Sec., Vol. 2, pars 4, Berlin 2013.

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später einberufenen Quinisextums, in dem die Westkirche kaum vertreten war. Als die Kanones des Quinisextum Papst Sergios I. (687–701) vorgelegt wurden, hat er sich geweigert, sie zu unterschreiben mit der Behauptung, sie seien ungültig und voller neuer Irrlehren!272 Erst später hat die römische Kirche die Kanones des 6. ökumenischen Konzils akzeptiert und zwar nur die, die der römischen Praxis nicht widersprachen.273 Jede Kirche behielt also für sich nur diejenigen Kanones, die mit ihrer eigenen rituellen Praxis und Tradition kompatibel waren. Genau so ist es im Fall der Kanones von Serdika. Photios hat nie behauptet, dass diese Kanones seiner Kirche unbekannt gewesen seien. Aber was er nur andeuten wollte, war, dass der zehnte Kanon von Serdika nie von der Kirche von Konstantinopel praktiziert worden war, wie die Beispiele der Patriarchen Tarasios und Nikephoros es beweisen.274 Die angedeutete Toleranz gegenüber der rituellen Praxis jeder Kirche, von der Photios im zweiten apologetischen Brief an Nikolaos sprach, galt nicht mehr ab dem Moment, in dem der Heilige Stuhl versucht hat, seinen eigenen Ritus willkürlich und widerrechtlich in der neugegründeten Kirche von Bulgarien durchzusetzen, von der Konstantinopel glaubte, dass sie unter seiner Jurisdiktion stand.275 Der Angriff gegen die lateinischen Bräuche erklärte sich aber sicherlich nicht nur aus der Unrechtmäßigkeit ihrer Durchsetzung in Bulgarien, sondern auch aus deren Widerspruch zu der etablierten rituellen Tradition und der kanonischen Ordnung, die in der Ostkirche herrschte.276 Diese etablierte rituelle Tradition bildete ein auf festen Grundlagen gestütztes kulturelles Gebäude, das man aus Respekt für seine Tradition (in unserem Falle der des Photios) um jeden Preis aufrechterhalten sollte. Photios’ Beunruhigung bestand darin, dass man mit der Vernachlässigung selbst der geringsten rituellen Praxis seiner Tradition unbewusst zu der Verachtung des ganzen Dogmas geführt werden könnte.277

272 Siehe Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 95. 273 Siehe Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 95. 274 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 92, Anm. 2. Dvornik schließt sich auch Haugh (Photius and the Carolingians 1975, 95) an. 275 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 112. Natürlich erklärt sich diese Überzeugung, obwohl alles noch im Fluss war, wohl aus der Tatsache, dass die Bulgaren das Christentum von der Kirche von Konstantinopel übernommen hatten. Konstantinopel glaubte also mit Recht, dass es die Mutterkirche der Bulgarischen sei. 276 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 113 277 Siehe Ep. 2 (I, 42, 67–68 L/W): οἶδεν δὲ καὶ ἡ μικρὰ τῶν παραδοθέντων ἀθέτησις καὶ πρὸς ὅλην τοῦ δόγματος ἐπιτρῖψαι καταφρόνησιν [Nun, auch die geringste Abschaffung des Überlieferten (scil. der dogmatischen Tradition), ist imstande, zur völligen Missachtung des Dogmas beizutragen].

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Fazit: Photios sah in dem seiner Meinung nach willkürlichen Eingriff der lateinischen Missionare in Bulgarien (Ausweisung der byzantinischen Missionare, Ungültigerklärung ihrer Sakramente, Abbau des byzantinischen Ritus) die Gefahr, dass das byzantinisch-griechische kulturelle Gebäude allmählich abgebaut werden und damit der kirchlich-politische (durch Religion und Kultur) Einfluss des Kaiserreichs auf die noch nicht ernstlich christianisierten Bulgaren verloren gehen könne! Mit der Verteidigung des byzantinischen Ritus betont er nicht nur die kulturell-religiöse Besonderheit dieser Völker, die sich damals in ersten Ansätzen herausbildete, sondern auch deren kirchliche Abhängigkeit vom Konstantinopeler Thronos, die er um jeden Preis sicherstellen wollte. Wie F. Dvornik sehr zutreffend bemerkt, hat der päpstliche Eingriff in Bulgarien eine entscheidende Änderung von Photios (bis 867 milderer) Haltung gegenüber dem Papst bewirkt.278 Das an die apostolischen Stühle des Ostens gerichtete Einladungsschreiben (Enzyklika) hatte als Ergebnis die Einberufung einer Synode zur Beseitigung der aus dem lateinischen Bekehrungseifer in Bulgarien entstandenen Probleme. Diese Synode sollte im Juli oder August 867 zusammentreten. Leider wurden die Akten der Versammlung (zusammen mit den Aufzeichnungen der Synode von 861) zwei Jahre später auf Veranlassung der Synode von 869/70 verbrannt.279 Man kann mit Sicherheit vermuten, dass Photios durch die Einberufung einer allgemeinen Synode das letzte Mittel sah, um den Bulgarenfürsten zur Rückkehr zur konstantinopolitanischen „Mutterkirche“ zu bewegen.280 Zudem kann man aus den Quellenangaben den Rückschluss ziehen, dass Photios’ Polemik nicht an die lateinische Christenheit insgesamt,281 sondern an den Papst Nikolaos und an die lateinischen Missionare gerichtet war, welche mit ihrem Bekehrungseifer Unruhe in Bulgarien gestiftet hatten. Im Gegensatz zu Photios generalisierte Nikolaos die Vorwürfe, die Photios gegen die lateinischen Missionare richtete, indem er in seinem Versuch, Verbündete auf seine Seite zu ziehen, dem Erzbischof von Reims, Hinkmar, den Eindruck

278 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 130. 279 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 111; P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 197. 280 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 198, mit Verweis auf F. Dvornik, The Photian Schism 1948, 119: „as the decisions of a local Council had failed to produce the desired effect (scil. to put increased pressure on Boris), perhaps those of a General Council would have a better chance, the more so as the Council was also to condemn Nicholas’ line of conduct“. 281 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 198 mit Verweis auf Conc. Const. a. 869/70, epistula encyclica (Mansi XVI, 412A) actio X (198B); Niketas, Vita Ignatii (PG 105, 537B); Metrophanes von Smyrna (Mansi XVI, 417D).

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vermittelte, diese Vorwürfe richteten sich gegen die lateinische Kirche insgesamt und daher zugleich auch gegen die Franken.282 Diese Tendenz lässt sich deutlich an einem Brief ablesen, den Nikolaos etwas später, im Oktober 867, also kurz nach dem Konzil, an Hinkmar geschickt hat, ohne etwas von der Verurteilung zu ahnen. Diesem Brief zufolge proklamierte Photios die Herabsetzung des Heiligen Stuhls von seiner führenden Position in der gesamten Kirche und initiierte die Ansicht, dass dem Patriarchen von Konstantinopel der kirchliche Primat zustehe, besonders nachdem die politische Macht von Rom auf Konstantinopel übergegangen sei: „Was Wunder, wenn diese sich solches anmaßen, da sie sich doch auch rühmen und behaupten, damals, als die Kaiser aus der Stadt Rom nach Konstantinopel übersiedelten, sei auch der Primat des römischen Sitzes auf die Kirche von Konstantinopel übergegangen und mit den kaiserlichen Insignien seien auch die Vorrechte der römischen Kirche dorthin übertragen worden, sodass sich auch Photios selbst, der Eindringling in dieselbe Kirche (vgl. Joh  10, 1–5) in seinen Schriften Erzbischof und universaler Patriarch nennt“.283 Der Geist und die Zielsetzung des Briefes sind ein deutlicher Beweis, dass Nikolaos damals „zu weit gegangen war“ und absichtlich versuchte, „Öl ins Feuer zu gießen“, da kein konstantinopolitaner Patriarch je eine solche globale Bedeutung dem Begriff „Ökumenischer Patriarch“ zugewiesen hat.284 Die oben dargelegten Fakten rechtfertigen gewissermaßen den gegen Nikolaos und die lateinischen Missionare gerichteten scharfen Widerstand der Konstantinopolitaner Synode von 867. Diese Synode war eine Feier des Sieges über alle Häresien und besonders über den Ikonoklasmus.285 Das Filioque wurde nicht

282 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 123. 283 Mansi XV, 358D: Sed quid mirum, si haec isti praetendunt, cum etiam glorientur atque perhibeant, quando de Romano urbe imperatores Constantinopolim sunt translati, tunc et primatum Romanae sedis ad Constantinopolitanam ecclesiam transmigrasse et cum dignitatibus regiis etiam ecclesiae Romanae privilegia translata fuisse? Ita ut eiusdem invasor ecclesiae Photius etiam ipse se in scriptis suis archiepiscopum atque universalem patriarcham appellet. Siehe dazu Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 203; Dvornik, Photian Schism 1948, 124; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 165. 284 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 125. Im Gegensatz zu Dvornik, vertritt Hergenröther (Photius 1869, Bd. I, 662 und Bd. III, 170) die Ansicht, dass Photios ein solches Dogma proklamiert hat. Dvornik widerlegt die Auffassung von Hergenröther sehr überzeugend auf den Seiten 125–129 seiner Studie. 285 Siehe John Meijer, A successful Council of Union. A theological Analysis of the Photian Synod of 879–880 (= Analekta Vlatadôn 23), Thessaloniki 1975, 29.

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speziell thematisiert, wohl aber als häretisch klassifiziert,286 da alle Häresien im Allgemeinen abgewiesen und verurteilt wurden.287 Formal war die Synode „ökumenisch“ (da auch das Abendland mindestens symbolisch vertreten war), insofern Vertreter der drei orientalischen Patriarchen anwesend waren288 und Nizäa  II (787) feierlich zum 7. ökumenischen Konzil erklärt wurde. In seiner Homilie gibt Photios der Versammlung den Anstrich einer synodalen „Ἀνακεφαλαίωσις“: „Keine Art von Gottlosigkeit soll künftig frei sprechen“!289 An der Synode waren auch der Kaiser persönlich sowie alle Senatoren beteiligt. Der Kernpunkt der Anklage waren die Person des Nikolaos und seine widerrechtlichen Taten in Bulgarien sowie die Einführung des Filioque und der lateinischen Bräuche dort selbst.290 Sowohl die päpstliche Missionspolitik in Bulgarien als auch der Abbau des byzantinischen Ritus hat die kirchlich-politische Erweiterung des Kaiserreichs (durch die Schaffung neuer Einflusszonen) in Gefahr gebracht.291 Auch aus diesem Grund wurde ein Bannfluch über Nikolaos verhängt, der sicherlich, wie sich aus den Fakten zeigen lässt, keine rein kirchliche Begründung hatte. Kanon 6 des Gegenkonzils von 869/70 referiert: „Gegen den seligen Papst Nikolaos hat er teuflische Anklagen und Beschuldigungen mit dem Ziel seiner Absetzung zusammengetragen und verwegen und rücksichtslos den Bannfluch ausgesprochen gegen ihn selbst und alle, die mit ihm Gemeinschaft haben“.292 Die Belegung des Papstes mit dem Bannfluch schien damals wegen der gegebenen Fakten (Eingriff in Bulgarien, Abbau des byzantinischen Ritus, Neue-

286 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 199. 287 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 30. 288 Die jedoch in den Quellen als „falsi vicarii“ eingestuft werden. Siehe Gemeinhardt, FilioqueKontroverse 2002, 199 mit Verweis auf Conc. Const. a. 869/70, actio X (198B); Vita Ignatii (537B). 289 Siehe Photios, Hom. XVIII 3 (S. 311 Mango). Vgl. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 199. 290 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 30. Vgl. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994 Bd. II, 111. 291 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 30 mit Verweis auf Laourdas, Byzance et la primauté romaine, Paris 1964, 105. 292 Conc. Const. a. 869/70, Can. VI: … depositorias accusationes et crimina contra beatissimum papam Nicolaum commovisse; et anathema procaciter et audacter contra eum et cunctos communicantes ei saepe promulgasse … (COGD II/1, S. 30 Gemeinhardt). Dazu D. Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 324. Kritikern zufolge war die Verurteilung des Papstes das einzige Ziel dieser Synode. Einzig Metrophanes notiert, dass Photios selbst den Papst verteidigt habe, insofern man keinen Abwesenden verurteilen dürfe, aber von den anwesenden Bischöfen überstimmt worden sei. Siehe dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 199 Anm. 129.

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rung des Filioque)293 in den Augen der Byzantiner völlig gerechtfertigt zu sein. Die These von H.-G. Beck, es handle sich dabei um einen verzweifelten Akt des Patriarchen, seine eigene Position zu retten, da er von Rom „endgültig“ abgesetzt worden war, oder, Photios habe sich auf Druck des Kaisers auf eine kämpferische Haltung gegen den Papst eingelassen,294 entbehrt m.  E. jeder Grundlage. Denn Photios hat auf die Herausforderung des Papstes sachlich, d.  h. aus kirchlichkanonischer und dogmatischer Sicht, reagiert. Mit dessen Verurteilung und mit der Abweisung der lateinischen Sitten und Bräuche richtete Photios sich gegen die Politik des Heiligen Stuhls und nicht gegen die lateinische Kirche insgesamt, wie P. Gemeinhardt295 in seiner historischen Studie zum Filioque sehr zutreffend bemerkt. Die Beschlüsse der Synode von 867 waren das Ergebnis der Eskalationen zwischen Rom und Konstantinopel. Photios hat versucht, mit der Übersendung der Konzilsakten an Kaiser Ludwig II. einschließlich dem Anathema gegen den Papst für diese Beschlüsse auch gesamtkirchliche Unterstützung zu finden,296 war doch die Auseinandersetzung zwischen Nikolaos und Ludwig II. auch dem Osten nicht verborgen geblieben. Infolgedessen war es nicht völlig abwegig zu hoffen, dass die Beschlüsse der Synode von 867 auch im Westen in Kraft gesetzt werden könnten.297 Doch unabhängig von der Rezeption der Beschlüsse der Synode von 867 oder deren Ignorierung im Westen, wurde das „eigenartige“ Schisma, das vielmehr die Merkmale eines Abbruches der kirchlichen Gemeinschaft zwischen West- und Ostkirche und nicht die einer vollendeten Kirchentrennung trug,298 mit den Ergebnissen der Synode von 867 faktisch beendet. Der Tod des Nikolaos vor dem Bekanntwerden der Konzilsakten im Westen sowie die geänderte Machtkonstellation in Konstantinopel haben zu dieser Entwicklung beigetragen.

293 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 129: „Contrary to what we are made to believe, Photius spoke of the Pope, until the Council of 867, as little as possible. I have already pointed out his efforts to obtain Nicholas’ recognition and his deliberate silence after Nicholas’ reiterated refusal. It must be admitted that till 867 Photius’ attitude was perfectly dignified“. Derselben Meinung ist auch Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 75. 294 Siehe Geschichte 1980, 106. 295 Siehe Filioque-Kontroverse 2002, 198, 201. 296 Die Synode von 867 sprach ihm eine Huldigung aus. Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 199, mit Verweis auf Vita Ignatii (537BC). 297 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 112. 298 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 93–94.

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1.5 Der Sturz des Photios, sein Exil und die kirchlichpolitischen Ereignisse bis zu seinem zweiten Patriarchat – Die Synoden von Rom und Konstantinopel im Jahr 869 Die Ermordung Michaels  III. durch Basileios  I. den Makedonier (am 24. Sept. 867) hat die Machtkonstellation völlig geändert. Das, „photianische“ Schisma war daher faktisch beendet, noch bevor im Westen jemand genauere Kenntnis davon erlangte und im Osten daraus Konsequenzen gezogen werden konnten.299 Wie jeder Usurpator musste der neue Kaiser klugerweise vor allem das Wohlwollen jener Schichten innerhalb der byzantinischen Gesellschaft suchen, bei denen er eine Abneigung gegen seinen Vorgänger vermuten durfte.300 Das waren jene Kreise, die sich um Ignatios herum geschart hatten, d.  h. die Extremisten, welche unter der Herrschaft von Michael und Bardas in Ungnade gefallen waren. Diese Annäherung implizierte zugleich die Wiedereinsetzung des abgesetzten Ignatios auf den Patriarchenthron. So ist es geschehen. Gleich am Tag nach dem Machtwechsel hat Basileios die Abdankung des Photios verlangt und sie ohne Widerstand auch erreicht.301 Danach verwies er ihn in das Kloster von Skepe, das vermutlich an der europäischen Küste des Bosporus lag. Am übernächsten Tag schickte er den Drungarios Elias zur Insel Terebinthos, um Ignatios mit großem Prunk abzuholen und zum Hause seiner Familie zu geleiten.302 Mit Sicherheit waren es nicht persönliche Gründe oder eine Abneigung gegen Photios, die Kaiser Basileios zu diesem Schritt veranlassten, sondern vorwiegend politische Erwägungen, die ihn leiteten.303 Diesen Erwägungen lag die Einsicht zugrunde, dass es immer besser sei, den Heiligen Stuhl zum Bundesgenossen denn zum Feind zu haben, und daher die Beziehungen zu Rom wiederherzustellen.304 So ist der Kaiser den Weg der Versöhnung mit Rom gegangen. Gleich nach seiner Machtergreifung schickte er den Spatharios Euthymios zum Papst Nikolaos mit einem Brief, in dem er ihn über die Änderung der politischen Verhältnisse informierte. Er habe, so schrieb er reichlich schmeichlerisch, die Macht dank den Gebeten des Papstes (divinis orationibus vestris) übernehmen können, gerade in

299 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 201. 300 Siehe Beck, Geschichte 1980, 107. 301 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 137: „The procedure (of Photius’ dethronement) was also canonical and true to Byzantine tradition: Photius’ resignation was sent in soon after the coup d’état, probably the day after, and Ignatius’ installation took place only on 3 November, the anniversary of his first enthronement“. 302 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 83. 303 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 680. 304 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 83.

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dem Augenblick, in dem die Kirche von Byzanz, ihres rechthmäßigen Hauptes beraubt, von der Tyrannei unterdrückt und einem käuflichen Hirten unterstellt, an einer „unheilbaren Krankheit“ gelitten habe.305 Nikolaos war schon gestorben und konnte den Brief so nicht mehr erhalten. Sein Nachfolger Hadrian II. (867–872) aber schwenkte rasch auf die Linie seines Vorgängers ein.306 Der vernachlässigte Ignatianer-Mönch Theognostos trat wieder in den Vordergrund. Hadrian schickte ihn nach Konstantinopel mit zwei Briefen, einem an den Kaiser und einem an Ignatios, in denen er unter anderem die Entscheidung des Kaisers billigte, Ignatios wieder auf den Patriarchenthron einzusetzen.307 Die Absetzung des Photios hatte ernsthafte Konsequenzen für die Hierarchie der Kirche von Konstantinopel. Basileios hatte sich im ersten Brief nach dem Schicksal der von Photios geweihten Bischöfe erkundigt, wie er mit den von Photios geweihten Bischöfen verfahre solle. In einem zweiten Schreiben an den neuen Papst überließ er ihm die Entscheidung über deren Schicksal.308 Er bat um Entsendung von Legaten zu einem Konzil, jedoch mit der Empfehlung, gegenüber den „Photianern“, die durch die Lateransynode (861) in den Laienstand zurückversetzt worden waren, Milde walten zu lassen.309 Zu diesem Zweck schickte er die Bischöfe Johannes von Sylaion und Petros von Sardeis als Vertreter von Ignatios und Photios nach Rom, damit sich der Papst um die vorliegende Angelegenheit bei der bevorstehenden Synode in Rom kümmern soll. Der Vertreter des Photios,

305 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 83–84. Vgl. Mansi XVI, 46B: Habebat itaque in quibus malis ecclesiam nostram, quando imperii divinis orationibus vestris gubernacula suscepimus, invenerimus, male iacentem, insanabiliter languentem, legitimo rectore denudatam, tyrannide detentam, alieni pastoris servituti subiectam, omnia instar ancillae patientem magis quam more reginae quidquam gerentem [Es zeigt sich also, in welcher schlechten Situation wir unsere Kirche antrafen, als wir das Steuerruder der Herrschaft dank Euren göttlichen Gebeten übernommen haben: übel darniederliegend, unheilbar siechend, des legitimen Lenkers beraubt, von Tyrannei gehalten, der Knechtschaft unter einem fremden Hirten unterworfen, alles eher wie eine Sklavin erleidend als nach Art ein Königin etwas vollbringend]. 306 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 227: „Bei aller versöhnlichen Rhetorik steuerte Hadrian gegenüber dem Osten einen kompromisslosen Kurs, während er in den Auseinandersetzungen zwischen Rom und dem westfränkischen Episkopat eher bereit war, die verhärteten Fronten zu entschärfen“. Dazu auch siehe Beck, Geschichte 1980, 107. 307 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 115. 308 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 140; P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 230: „Dieser Verzicht auf eigene Entscheidungskompetenzen lässt sich als geschickter politischer Schachzug begreifen – der Wechsel auf dem Patriarchenthron war ja immer von Rom gefordert worden, sodass Basileios sich seinen Kritikern gegenüber auf die römische Autorität berufen und zudem hier die Verantwortung für den Umgang mit Photios’ Gefolgsleuten abladen konnte“. 309 Siehe Beck, Geschichte 1980, 107; vgl. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 228–229.

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Petros, aber hat es nicht bis Rom geschafft; er ertrank auf der Überfahrt nach ­Italien.310 So war der angeklagte Photios bei der Synode (Anfang Juni 869) gar nicht vertreten. Der Papst konnte nun ungestört schalten und walten. In seiner eröffnenden allocutio sprach er unverblümt die römischen Vorwürfe gegen Photios aus: Er sei zur Patriarchenwürde „nicht schrittweise oder nach und nach“ (non gradatim vel sensim) aufgestiegen; daher gelte: „Er selbst hat sich der Gemeinschaft mit jenem allerseligsten Vorsteher (scil. Ignatios) entzogen, und dadurch hat er sich die Ausstoßung aus der ganzen Kirche, welche mit diesem allerseligsten Patriarchen in Gemeinschaft steht, zugezogen und sich zweifelsohne unter die Schismatiker eingereiht. Denn gegen die heiligen apostolischen Kanones hat er mit Hilfe weltlicher Macht die konstantinopolitanische Kirche mit tyrannischer und ehebrecherischer Waghalsigkeit überfallen“.311 Trotz vielfacher Ermahnungen habe er sich dazu verstiegen, „häufig Konventikel der Böswilligen (conventicula malignorum) zu versammeln, denen er als Räuberfürst (princeps latronum) selbst vorstand.“312 Mit der Bezeichnung des Photios und seiner Anhänger als Räuber zog man Parallelen zur „Räubersynode“ von Ephesus (449), d.  h. mit einem Pseudokonzil, von dem keine Erinnerung und keine Spur übrigbleiben sollten.313 Die Verbrennung der Akten des Konzils von 867 und dessen Gleichsetzung mit der Räubersynode von Ephesus (449) bezeugt auch symbolisch die Unerbittlichkeit der päpstlichen Politik gegenüber der photianischen Entschiedenheit,

310 Siehe Beck, Geschichte 1980, 107. Vgl. Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 94. (Mansi XVI, 7A; PL 122, 1290). 311 Siehe Gemeinhardt (Übers. und Angaben), Filioque-Kontroverse 2002, 231 mit Verweis auf Conc. Const. a. 869/70, Actio VII (Mansi XVI, 122C–131C = MGH. Conc. IV (340, 15  f, 17–21 Hartmann): semetipsum ab eiusdem beatissimi praesulis communione fecit extraneum et per hoc ab universali ecclesia quae ipsi beatissimo patriarchae communicabat se reddidit prorsus extorrem atque inter schismaticos procul dubio constitutus contra sacros apostolicos canones saecularibus usus potestatibus ecclesiam Constantinopolitanam tyrannica et adulterina temeritate pervasit. 312 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 231 (MGH Conc. IV, 341, 8  f Hartmann). 313 Vgl. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 232 (MGH Conc. IV, 342, 36  – 343, 2 Hartmann): conciliabulum cum gestis suis quod Constantinopoli nuper adversus sedis apostolicae gremium immo contra veritatem sub tyrannice imperante Michaele congregatum est ita sententiae vestrae falce recidatur ut nullum de eo monumentum nullum remaneat omnino vestigium sed ad sui damnationem vel execrationem Ariminensi synodo vel Ephesino latrocinio sit modis omnibus comparandum [Das Pseudokonzil, welches in Konstantinopel neulich gegen den apostolischen Stuhl gegen die Wahrheit unter der kaiserlichen Tyrannei Michaels zusammengekommen ist, möge mitsamt seinen Akten durch die Sense eures (scil. des Papstes) Spruches derart abgemäht werden, dass keine Erinnerung und keine Spur davon übrigbleibt, dass es also im Blick auf seine Verdammung und Auslöschung vielmehr der Synode von Rimini oder dem Räuberkonzil von Ephesus in jeder Hinsicht vergleichbar ist]. Siehe dazu auch Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 99.

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die byzantinischen kirchlich-politischen Interessen in Bulgarien zu verteidigen und die päpstlichen Gebietsansprüche abzuweisen. Die Beschlüsse der in Rede stehenden Synode sind in den folgenden 5 Kanones zusammenzufassen:314 1) Die photianische Synode von 867 wurde entsprechend der „Räubersynode“ von Ephesus für null und nichtig erklärt. Ihre Akten sollten vernichtet, verbrannt und mit dem Bannfluch belegt werden: ipsius execranda gesta … penitus abolenda decernimus; ut ita igni voranda tradantur et anathemate perpetuo percellantur [Wir beschließen, dass dessen verfluchte Gesten … völlig aus der Welt zu schaffen sind, damit sie so dem verzehrenden Feuer übergeben werden und vom ewigen Bannfluch zerschmettert werden]. 2) Gleiches sollte für die conventicula des Photios gegen seinen Vorgänger Ignatios gelten, also auch für die Synode von 861, an der auch Vertreter des Papstes teilgenommen hatten. 3) Gegen Photios wurde das Anathema ausgesprochen; sollte er sich reumütig zeigen, so könne ihm gegebenenfalls der Zugang zur Laienkommunion zugestanden werden. 4) Alle, die mit Photios den gleichen Weg gegangen seien, würden, falls sie sich reumütig zeigten und der Gemeinschaft mit Ignatios anschlössen, nicht von der Kommunion ausgeschlossen. 5) Falls jemand diese zweite sogenannte „Räubersynode“ verteidigen sollte, müsse man über ihn das Anathema aussprechen, eine schwerwiegende Entscheidung, die nicht nur für die Gläubigen in Konstantinopel, sondern auch für die in Alexandrien, Antiochien, Jerusalem und überhaupt für alle Gläubigen gelten sollte.315 Die für die Person des Photios äußerst herabwürdigenden Ergebnisse der Synode von Rom (869) fanden ihre Zuspitzung, als Hadrian in zwei Briefen Basileios und Ignatios über die Beschlüsse der Synode von Rom informierte und zusätzlich sein persönliches Urteil abgab, dass Photios, Gregor von Syrakus und alle, die ihre Ordination von Photios erhalten haben, abgesetzt sind.316 Darüber hinaus sollten die byzantinischen Kleriker, welche an dem photianischen Konzil teilgenommen hatten, wie der ehemalige Patriarch (Photios) mit den „Fesseln des Banns“ (vincula anathematis) belegt werden, „wenn sie nicht mit eigener Stimme und Unterschrift alles, was auf ebendiesem Räuberkonzil von übelriechenden Mäulern ausgeworfen worden ist, verdammen“ (nisi propria voce ac subscriptione

314 Die Angaben nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 232–233 (347, 19  – 349, 123 Hartmann). 315 Siehe P. Gemeinhardt (Angaben), Filioque-Kontroverse 2002, 233 (349, 10–12 Hartmann). 316 Siehe D. Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 100.

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illa, quae in eodem latrocinio foetidis a faucibus eructata sunt, anathematizarint).317 D.  h. man sollte in Konstantinopel den von den päpstlichen Legaten vorgelegten Libellus satisfactionis unterschreiben, um vom Papst begnadigt zu werden.318 Diese Entwicklung ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie sich Basileios in seinen politischen Erwägungen geirrt hatte. Basileios hätte keinen weiteren Grund gehabt, sich gegen Photios und dessen Anhänger zu richten, da alle Anhänger des Ignatios mit der Absetzung des Photios und der Wiedereinsetzung des Ignatios völlig zufrieden gewesen seien. Jedoch, mit der Verurteilung all jener, die die Akten der Synode von 867 unterschrieben hatten, beschwor der Papst einen zugespitzten kirchenpolitischen Zwist herauf.319 Am 5. Oktober 869 ist endlich eine Synode in der Hagia Sophia einberufen worden, welche als Wendepunkt der Ost-West-Beziehungen gelten darf. Zwar sollte sie die Wiederherstellung des Einvernehmens zwischen Rom und Byzanz

317 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 233 (343, 4–6 Hartmann). 318 Siehe D. Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 100; P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 233: „Der hier vorgesehene libellus satisfactionis sollte für Verlauf und Rezeption des bald in Konstantinopel zusammentretenden Konzils fatale Folge haben“. Nach K. Katerellos (Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 191–192) sind in diesem Text unter anderem vier Punkte zu berücksichtigen: a) Rom stelle den Ort der unverfälschten Hinterlegung des katholischen Glaubens: haec quae dicta sunt, rerum probantur effectibus: quia in sede apostolica immaculata est semper catholica reservata religio et sancta celebrata doctrina – Das, was gesagt wurde, wird durch die Ergebnisse bestätigt, weil auf dem apostolischen Stuhl die katholische Religion immer unbefleckt bewahrt und die heilige Lehre gefeiert wurde (Mansi XVI, 27E). b) Die Verurteilung des Photios sei gültig, solange er auf die Beschlüsse der Pseudo-Synode von 867 bestehe: donec sedis apostolicae sanctionibus inobediens perseverans eius sententiam tam de se quam de patriarcha nostro Ignatio spreverit et conciliabuli acta, quod se auctore contra sedis apostolicae reverentiam congregatum est, anathematizare distulerit – solange er sich den Bestimmungen des heiligen Stuhls hartnäckig widersetzt und dessen Urteil über ihn und unseren Patriarchen Ignatios missachtet und es verabsäumt, die Akten des Räuberkonzils zu verdammen (Mansi XVI, 28A). c) Es werden alle, die die zwei Synoden von 861 und 867, die den Patriarchen Ignatios und den päpstlichen Primat abgewiesen haben, angenommen haben, mit dem Bannfluch belegt: quae sub Michaele imperatore bis contra beatissimum patriarcham Ignatium et semel adversus apostolicae sedis principatum factione conspiraverunt – was sie unter Kaiser Michael zweimal gegen den seligsten Patriarchen Ignatios und einmal gegen den Primat des apostolischen Stuhls verschwörerisch beschlossen haben (Mansi XVI, 28C). d) Wer dieses Dokument unterschreibe, nehme zugleich all das, was der Heilige Stuhl über den Patriarchen Ignatios beschlossen hat, an: porro de venerabilissimo Ignatio patriarcha nostro et de iis, qui ex parte huius sunt, quod auctoritas apostolicae sedis vestrae decrevit, tota mente sequimur et religiosa devotione veneramur – außerdem befolgen wir mit vollem Bewusstsein und religiöser Hingabe, was die Autorität eures heiligen Stuhls über unseren ehrwürdigsten Patriarchen Ignatios und über die, die auf seiner Seite sind, beschlossen hat (Mansi XVI, 28C). 319 Siehe V. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 115–116.

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besiegeln, erreichte aber das genaue Gegenteil und führte zur – lange nachwirkenden – Verschärfung struktureller und inhaltlicher Divergenzen.320 Die allgemeine Verachtung und Missbilligung dieser Synode durch die überwiegende Mehrheit der Bischöfe des ökumenischen Patriarchats war bemerkenswert. In der ersten Sitzung wurde der byzantinische Klerus nur von Ignatios, fünf Metropoliten und sieben Bischöfen vertreten.321 Die Enthaltung der Bischöfe der konstantinopolitanischen Kirche setzte sich fort, indem in der zweiten Sitzung nur 10 Mitglieder den Libellus unterzeichneten, während in der dritten die Metropoliten Theodoulos von Ankyra und Nikephoros von Nizäa ihre Unterschrift verweigerten. An der vierten Sitzung nahmen 36, an der neunten 66 und an der letzten 103 teil; das ist ein Siebentel der Gesamtzahl der Hierarchen, die sich unter der Jurisdiktion der Kirche von Konstantinopel befanden.322 Dieser starke Widerstand der Hierarchie des ökumenischen Sitzes gegen die päpstlichen Ansprüche und Herausforderungen, wie sie im Libellus satisfactionis ihren Niederschlag fanden, erklärt sich nicht nur aus der Wertschätzung von Amt und Person des Photios als Verteidigers der Rechte der konstantinopolitanischen Kirche, sondern auch aus der tiefen Einsicht, dass der römische Stuhl und dessen Repräsentanten mit ihren Anliegen von der kanonischen und kirchlichen Ordnung in vielerlei Hinsicht abwichen.323 Mit dieser Einstellung dem Hl. Stuhl gegenüber wollten die Hierarchen der Kirche von Konstantinopel in ihrer Mehrheit die Durchsetzung des päpstlichen Rechtsprimats auf die ganze Ostkirche verhindern.324 Die folgenden Ereignisse sind nach V. Pheidas325 sehr aufschlussreich: a) Konzilsvorsitzender war der Patricius Baanes und nicht die päpstlichen Legaten. b) Die päpstlichen Legaten wurden verpflichtet, ihre (vom Papst gegebenen) Empfehlungsbriefe der Synode vorzulegen, um an ihr teilnehmen zu können. c) Der Libellus satisfactionis war nicht von der Mehrzahl der Hierarchen unterschrieben worden, und manche waren dazu vom Kaiser gezwungen worden. d) Es wurde von Photios trotz der Einwände der päpstlichen Legaten eine formelle Apologie, die er der Synode ablegen sollte, verlangt. e) Es wurde nicht nur von den Bischöfen, sondern auch vom Patricius Baanes im Gegensatz zum päpstlichen Primat die Institution

320 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 234. 321 Siehe V. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 116. Vgl. P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 235. 322 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 146, mit Berufung auf Dvornik, Photians Schism 1948, 146. 323 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 117. Vgl. Dvornik, Photians Schism 1948, 146. 324 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 117. 325 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 117.

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der Pentarchie326 hervorgehoben. f) Im Rahmen der Pentarchie sollte die endgültige und unwiderrufliche Entscheidung über Photios’ Absetzung getroffen werden. Die Äußerung des Vertreters des Patriarchats von Jerusalem belegt das: Διὰ τοῦτο τὰς πατριαρχικὰς κεφαλὰς ἐν τῷ κόσμῳ ἔθετο τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον, ἵνα τὰ ἐν τῇ Ἐκκλησία τοῦ θεοῦ ἀναφυόμενα σκάνδαλα δι’ αὐτῶν ἀφανίζωνται. Τοιγαροῦν τοῦ προκαθημένου θρόνου τῆς πρεσβυτέρας Ρώμης μηδαμῶς ἀποδεξαμένου τὸν Φώτιον, μήτε μὴν τῶν τῆς ἀνατολικῆς τῶν τριῶν θρόνων, τοῦ Ἀλεξανδρείας τοῦ Ἀντιοχείας, τοῦ Ἱεροσολύμων, οὐκ ἦν χρεία μετακαλεῖσθαι αὐτὸν εἰς ἐξέτασιν καὶ ἀνάκρισιν327 [Aus diesem Grund hat der Hl. Geist in dieser Welt die patriarchalen Häupter eingesetzt, damit die in der Kirche Gottes auftauchenden Skandale durch sie zum Verschwinden gebracht werden. Nachdem nun der den Vorsitz innehabende Thronos des alten Rom auf gar keine Weise Photios akzeptiert hat, die drei (anderen) Stühle des Ostens, d.  h. von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, (diese Absetzung) jedoch nicht (verweigerten), wäre es nicht notwendig, ihn zur Prüfung und gerichtlichen Befragung herbeizurufen]. In der Kirche gab es also für diese Sicht kein administrativ-juridisches Oberhaupt, sondern eine „fünfspitzige Herrschaft“ (πεντακόρυφον κράτος) der Kirche, d.  h. die fünf Patriarchen, welche im kirchlichen Körper die Funktion der fünf Sinneswahrnehmungen ausübten und die vom Hl. Geist als Bewahrer der Authentizität der Wahrheit und des Glaubens sowie der kanonischen Ordnung eingesetzt worden sind.328 Patricius Baanes äußerte sich mit Berufung auf Mt 16, 18 dazu folgendermaßen: Sollten sich zwei von den fünf Patriarchen irren, dann könnte man sich den anderen dreien zuwenden. Sollten sich drei von den fünf Patriarchen irren, dann könnte man sich den anderen zwei zuwenden. Sollten sich die vier von den fünf Patriarchen irren, dann wäre der einzige, der sich als Garant der Einheit und der Wahrheit des Glaubens erwiesen hätte, übriggeblieben. Dieser wäre sogar imstande, den übrigen Teil der Kirche ins Leben oder zur Wahrheit zurückzurufen: Posuit Deus ecclesiam suam in quinque patriarchiis et definivit in evangeliis suis, ut nunquam aliquando penitus decidant, eo quod capita ecclesiae sint; etenim illud quod dicitur: Et portae inferi non praevalebunt adversus eam, hoc denuntiat, quando duo ceciderint, currunt ad tria; cum tria ceciderint, currunt ad duo; cum vero quatuor forte ceciderint, unum, quod permanet in omnium capite Christo Deo nostro, revocat iterum reliquum corpus ecclesiae: nunc autem toto terrarum orbe concordante non habes excusationis modum, quemadmodum olim factum est [Gott gründete seine Kirche in fünf Patriarchen und er bestimmte in seinen Evangelien,

326 Dazu siehe Pheidas, Ὁ Θεσμὸς τῆς Πενταρχίας τῶν Πατριαρχῶν. Ἀπὸ τὴν Ε´ Οἰκουμενικὴν Σύνοδον μέχρι σήμερον (553–2012), Athen 2012. 327 Mansi XVI, 317–320. Dazu Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 118. 328 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία1994, Bd. II, 119.

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dass sie nie völlig abfallen, weil sie Häupter der Kirche sind; denn das, was gesagt wird: Und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen, besagt folgendes: Wenn zwei fallen, laufen sie zu den drei anderen; wenn drei fallen, laufen sie zu den zwei anderen; wenn aber etwa vier fallen, dann ruft das eine Haupt, das in Christus, unserem Gott, dem Haupt, bleibt, wieder den übrigen Leib der Kirche zurück. Jetzt aber, da die ganze Welt übereinstimmt, hast du keine Möglichkeit einer Ausrede, wie es einst geschehen ist].329

Die Tatsache, dass der römische Primat in den Rahmen der Pentarchie eingebunden wurde, was faktisch den Stuhl von Konstantinopel aufwertete,330 wird auch von der Berufung auf Kanon 6. von Nizäa (325) bestätigt. Kanon 21 der Synode von 869/70 bestätigt zwar unbestritten den Ehrenvorrang von Rom und hebt ihn hervor, kontextualisiert ihn aber innerhalb der Struktur der Pentarchie, die als die höchste Autorität innerhalb der Kirche betrachtet wird. In der Reihenfolge der patriarchalen Stühle tritt jetzt (im Gegensatz zum Antwortschreiben von Papst Nikolaos an die Bulgaren aus dem Jahr 866)331 Konstantinopel an zweiter Stelle auf. Jeder Patriarch, wer auch immer es ist, unterliegt dem Urteil (mit der gebührenden Ehrfurcht) der übrigen Patriarchen und im Rahmen der darauf bezogenen Institution der Pentarchie.332 Eine Generalsynode, d.  h. ein ökumenisches Konzil

329 Mansi XVI, 140–141. Siehe dazu Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 119; Katerelos, Ὁ ἱερὸς Φώτιος καὶ τὸ πρωτεῖον τοῦ ἐπισκόπου Ρώμης, in: Photios 2011, 711. 330 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 241, mit Verweis auf Dvornik, Photius, Nicholas I and Hadrian II, in: BySl 34 (1973) 33–50, bes. 47: „The doctrine of the Pentarchy was elaborated upon and clearly defined. It did not deny the primacy of Rome, but the concept was certainly not ‚Nicholaite‘“. 331 Siehe Ritter, Quellen 2001, 66. 332 Siehe COGD II/1 (S. 43–44 Gemeinhardt): Dominicum sermonem, quem Christus sanctis apostolis et discipulis suis dixit, quia: „Qui vos recipit, me recipit“ (Mt 10, 40); „et qui vos spernit, me spernit“ (Lk 10, 16), ad omnes etiam qui post eos secundum ipsos facti sunt summi pontifices et pastorum principes in ecclesia catholica dictum esse credentes, definimus, neminem prorsus mundi potentium quemquam eorum, qui patriarchalibus sedibus praesunt, inhonorare aut movere a proprio throno tentare, sed omni reverentia et honore dignos iudicare: praecipue quidem sanctissimum papam senioris Romae, deinceps autem Constantinopoleos patriarcham, deinde vero Alexandriae ac Antiochiae atque Hierosolymorum [Im Glauben, dass das Herrenwort, das Christus seinen heiligen Aposteln und Jüngern gesagt hat, nämlich: Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf; und wer euch verachtet, verachtet mich, auch zu allen gesagt wurde, die nach ihnen und in ihrem Sinne in der katholischen Kirche oberste Bischöfe und Oberhirten wurden, bestimmen wir, dass überhaupt niemand von den Mächtigen der Welt irgendeinen von denen, die Patriarchensitzen vorstehen, entehren oder von ihrem eigenen Thron zu entfernen versuche, sondern sie für jeglicher Achtung und Ehrfurcht würdig halte; und zwar vor allem den heiligen Papst des älteren Rom, danach aber den Patriarchen von Konstantinopel, dann den von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem]. Siehe Konzil von Konstantinopel (869), Can 21 (Übers.), Enchiridion symbolorum 661 D/H.

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bleibt der höchste Schiedsrichter. Dies steht sicherlich in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der früheren Synoden von Konstantinopel (381) und Chalkedon (451), nicht aber mit den Ansichten und Zielen des ehrgeizigen Papstes Nikolaos, der den Primat anders als die Byzantiner bewertete.333 Kanon 13 (des im Griechischen abgekürzten Textes) schreibt auch vor, dass besonders gegen den Patriarchen von Alt-Rom keinesfalls auf Basis erfundener Vorwürfe vorgegangen werden dürfe, „was erst neulich Photios tat und viel früher schon Dioskur“. Darüber hinaus verbietet er unter Androhung des Bannfluchs, dass ein Kaiser oder weltlicher Herrscher den Papst von Rom oder irgendeinen der fünf Patriarchen absetzt. Das ist eine Angelegenheit, für die ausschließlich die ökumenische Synode zuständig ist: εἰ δὲ συγκροτηθείσης συνόδου οἰκουμενικῆς γένηταί τις καὶ περὶ τῆς ἐκκλησίας τῶν Ρωμαίων ἀμφιβολία, ἔξεστι εὐλαβῶς καὶ μετὰ τῆς προσηκούσης αἰδοῦς διαπυνθάνεσθαι περὶ τοῦ προκειμένου ζητήματος καὶ δέχεσθαι τὴν λύσιν, καὶ ἢ ὠφελεῖσθαι ἢ ὠφελεῖν, μὴ μέντοι θρασέως ἀποφέρεσθαι κατὰ τῶν τῆς πρεσβυτέρας Ρώμης ἱεραρχῶν [wenn aber ein ökumenisches Konzil versammelt wurde und sich auch in bezug auf die Kirche der Römer irgendein Zweifel ergeben hat, so steht es frei, behutsam und mit der gebührenden Ehrfurcht Untersuchungen über die vorliegende Frage anzustellen, die Lösung anzunehmen und entweder Hilfe zu bekommen oder zu helfen, nicht jedoch dreist Klage zu erheben wider die Bischöfe des älteren Rom].334 Die zitierte Äußerung der Synode von 869/70 ist nach der wohl zutreffenden Beobachtung von V. Pheidas, eine deutliche und dem kanonischen Recht entsprechende Anerkennung der Möglichkeit, dass ein ökumenisches Konzil ein Urteil über irrende Päpste ausspricht.335 In diesem Fall müsste das Konzil ein Urteil über Photios fällen, ungeachtet der Tatsache, dass die Teilnahme der Bischöfe daran, wie schon erwähnt, sehr gering war und es keine authentische Vertretung der Pentarchie gab. Photios stellte die Gültigkeit der Synode in Frage, da die Patriarchen von Alexandrien, Antiochien und Jerusalem nicht persönlich anwesend waren. Aus diesem Grund hätte (nach V. Pheidas) das Urteil von deren Vertretern keine volle Legitimität.336 Die Legitimität der päpstlichen Repräsentanz auch seitens des Papstes stellte der Photianer Zacharias von Chalkedon in Frage, wenn er bemerkte: „Auch für Papst Nikolaos und die übrigen Patriarchen muss der Kanon an erster Stelle stehen

333 Siehe COGD II/1, (S. 7  f Gemeinhardt). 334 Siehe Konzil von Konstantinopel (869), Can 21, Enchiridion symbolorum 664 D/H. Siehe dazu Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 119. 335 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 120. 336 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 121.

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(canon princeps est), und wenn sie diesem entsprechend handeln, tun sie nichts als das, was sie lehren. Wenn sie aber anders handeln, ob es Papst Nikolaos oder jemand anderer ist, geben wir uns damit nicht zufrieden … Wenn also all dies von Nikolaos gemäß dem Kanon getan wurde, folgen wir ihm und stimmen überein und bekräftigen es und wollen nichts Gegenteiliges kennen; wenn es aber gegen den Kanon geschehen ist, dann schelten oder verwerfen nicht wir es, sondern der Kanon selbst; und so meine ich, dass auch mit doppelter Mühe, welche man gegen den Patriarchen aufwendet, der uns geweiht hat, niemand, der recht befördert wurde, verdammt werden kann“.337 Diese Einwände der Photianer konnten Photios’ Schicksal, das schon vorherbestimmt war, nicht ändern. Ob er freiwillig auf der Synode erschienen wäre oder gar nicht,338 wäre gleichgültig gewesen. Letzten Endes wurde er dazu gezwungen. Photios konnte schlussendlich dem Bannfluch und der Verdammung nicht entgehen. Das geschah in der siebten Sitzung der Synode in Anwesenheit von nur 38 Bischöfen, in der Photios in Begleitung des Gregor Asbestos mit seinem Hirtenstab eintrat. Das machte die Ignatianer und die Legaten zornig. Marinus befahl: „Nehmt diesen Stab aus den Händen! Der Stab ist das Zeichen der bischöflichen Würde. Er darf ihn hier auf keinen Fall tragen; „denn er ist ein Wolf und kein Hirte“ (quia lupus est et non pastor)“.339 In dieser durchaus feindseligen Atmosphäre verlangte man von Photios, den Libellus satisfactionis zu unterschreiben, eine Forderung, die er natürlich ablehnte, indem er betonte, dass er und Gregor selbst bereit seien, nur dem Kaiser, aber nicht den Legaten Rechenschaft abzulegen. Es heißt in den Protokollen: „Die hochheiligen Vikare von Alt-Rom und der orientalischen Patriarchate fragen Dich: Unterschreibst Du die Erklärung der heiligen und allgemeinen Synode, wie man es von Dir fordert? Photios sagte: Der Herr bewahre unseren heiligen Kaiser auf viele Jahre. Darum beten wir, Gregor (von Syrakus) und ich zumal. Unserem heiligen Kaiser leisten wir Rechenschaft, nicht aber den Vikaren. Der erlauchte Patricius Baanes sagte zu Photios: Hast Du sonst noch etwas darüber hinaus zu sagen? Photios sagte: Wenn sie auf das gehört

337 Mansi XVI, 87A-C. (Übers.) nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 236. Vgl. Katerellos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 232 mit Verweis auf Mansi XVI, 348D: οἱ κανόνες ἄρχουσι καὶ τῶν πατριαρχῶν, εἰ γοῦν ἔξω τῶν κανόνων ποιοῦσι, οὐ στοιχοῦμεν αὐτοῖς [Die Kanones (der Kirche) herrschen sogar auch über die Patriarchen; wenn nun diese (scil. die Patriarchen) etwas außerhalb der Kanones tun, folgen wir ihnen dann nicht]. 338 Er hatte alle Vorladungen abgelehnt: ἐγὼ προαιρέσει οὐκ ἔρχομαι, βίᾳ δὲ ἐλεύσομαι [Ich komme aus meinem eigenen Willen nicht, wenn aber mir gegenüber Gewalt angewendet wird, werde ich kommen]. Siehe Mansi XVI, 340A. 339 Mansi XVI, 96C–97D. Angaben nach Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 145. Dazu auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 241.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

hätten, was wir ihnen damals gesagt haben, würden sie diese Frage nicht stellen. Wenn sie ihren Beschluss als Ausdruck ihrer Sinnesänderung gefasst haben, dann sollen sie dies durch die Tat bezeugen …“.340 Wie Photios haben sich auch die anderen Photianer-Bischöfe Zacharias von Chalkedon und Euthymios von Cäsarea geweigert, den Libellus zu unterschreiben, und eine Revision des ganzen Prozesses verlangt, was die päpstlichen Legaten nicht billigen konnten und wollten.341 Die Diskussion über Photios konnte nicht auf eine erneute Prüfung des Problems hinauslaufen, da die Entscheidungen darüber (Verurteilung) schon in Rom (863) getroffen worden waren. Daher war der Synode nichts anderes übrig geblieben, als die in Rom durch Papst Nikolaos beschlossene Verdammung des Photios zu bestätigen und zu beglaubigen.342 Zur Bekräftigung dieser Haltung haben die Vikare die päpstlichen Briefe an den Klerus von Konstantinopel vom 13. Nov. 866),343 die Briefe Hadrians an Basileios vom 1. August. 868344 und an Ignatios vom selben Tage345 ins Feld geführt und verlesen lassen. Da sich Photios nicht reumütig zeigte, schlugen sie vor, seine in Rom erfolgte Verurteilung und seine Anathematisierung zu bestätigen: propterea proferendam esse iterum super eum anathematis sententiam duximus [Daher hielten wir es für richtig, wieder über ihn das Urteil des Bannfluchs vorzubringen].346 Auf eine Ansprache des Ignatios, der sich hier erstmals in die Verhandlungen einschaltete,347 folgten die Anathemata gegen Photios und seine Anhänger: Φωτίῳ τῷ … βουλευτικῷ (Höfling) καὶ ἐπιβήτορι (Eindringling) ἀνάθεμα Φωτίῳ τῷ κοσμικῷ (dem Weltmann) καὶ ἀγοραίῳ (Agitator) ἀνάθεμα. Φωτίῳ τῷ νεοφύτῳ (Frischgetauften) καὶ τυράννῳ (Tyrann) ἀνάθεμα. Φωτίῳ τῷ σχισματικῷ (Schismatiker) καὶ κατακεκριμένῳ (schon Verurteilten) ἀνάθεμα.

340 Mansi XVI, 97D. (Abschnitt aus der zweiten Vorladung des Photios 29. Okt. 869). Angaben nach Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 318. 341 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 146. 342 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 242. 343 Siehe Mansi XVI, 101A–119D; 360D–369C. Angaben nach Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 243–244. 344 Siehe Mansi XVI, 120A–121A; 369DE. 345 Siehe Mansi XVI, 121A–122B; 369E–371A. 346 Siehe Mansi XVI, 132A. 347 Ignatios erinnerte an die Heimsuchungen, die er unter der Herrschaft und der Usurpation des Photios habe erdulden müssen. Dann dankte er dem Kaiser wegen seiner Initiative, ihn auf dem Patriarchenthron wiedereinzusetzen. Zum Schluss seiner Intervention rief er die Angeklagten zur Vereinigung mit ihm auf: „Kommt allesamt, schließt euch uns an, damit wir in einer Herde unter einem einzigen Hirten vereint sind. Lasst uns Gott loben aus einmütigem Herzen“ (Mansi XVI, 133B). Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 147.

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Φωτίῳ τῷ τέκτονι τῶν ψευσμάτων (Lügenschmied) ἀνάθεμα. Φωτίῳ τῷ μοιχῷ (Ehebrecher) καὶ πατροκτόνῳ (Vatermörder) ἀνάθεμα. Τῷ νέῳ Διοσκόρῳ (dem neuen Dioskur) ἀνάθεμα. Τῷ νέῳ Ἰούδᾳ (dem neuen Judas) ἀνάθεμα. Πᾶσι τοῖς ὀπαδοῖς αὐτοῦ καὶ ὑπασπισταῖς (allen seinen Anhängern und Gefolgsleuten) ἀνάθεμα.348 Neben den ausgesprochenen Anathemata hat die Synode manche Kanones erlassen, die sich besonders auf Photios beziehen: Kanon 2 (mit Berufung auf Hebräer 13, 7) gebietet, dass man verpflichtet ist, alle von den Päpsten Nikolaos und Hadrian in Bezug auf Ignatios und Photios getroffenen Entscheidungen ohne Einschränkung zu befolgen.349 Kanon 4 betrachtet die Herrschsucht und Machtgier als die eigentliche Ursache der kirchlichen Skandale. Diese Sucht habe Photios, jedwede kirchliche Ordnung zu verletzen und gegen die Kanones zu verstoßen. Er sei ein Usurpator und zudem niemals Bischof gewesen; alle von ihm und den durch ihn konsekrierten Bischöfen vorgenommenen Handlungen seien darum nichtig.350 Kanon 6 verdammt Photios wegen des conciliabulum von 867. Er habe mit Übermaß an Kühnheit den Bannfluch über Nikolaos und alle, die mit ihm in Gemeinschaft waren, aussprechen lassen. Photios sei rechtmäßig von Nikolaos verurteilt worden, da er sich gesetzwidrig den Patriarchenthron von Konstantinopel angeeignet habe.351 Kanon 7 verbietet ihm und allen anderen Verurteilten, Ikonen zu malen und auf welcher Stufe auch immer als Lehrer tätig zu werden. Diese Dinge dürfen nicht von unwürdigen Menschen ausgeübt werden.352 Dem 9. Kanon gemäß sind seine

348 Siehe Mansi XVI, 381CD. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 147; Gemeinhardt, FilioqueKontroverse 2002, 237. 349 Siehe COGD II/1 (S. 24–25 Gemeinhardt); Mansi XVI, 160G–161B; 400B. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 174–175; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 261. 350 Siehe COGD II/1 (S. 26–27 Gemeinhardt). Vgl. Mansi XVI, 162BCD; 400DE. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 261. 351 Siehe COGD II/1 (S. 29–30 Gemeinhardt): ἐπείπερ κατεφωράθη Φώτιος μετὰ τὴν ἐξενεχθεῖσαν κατ᾽ αὐτοῦ δικαιοτάτην ἀπόφασιν παρὰ τοῦ ἁγιωτάτου πάπα Νικολάου, διὰ τὴν ἀθεσμοτάτην ἐπίβασιν τῆς κωνσταντινουπολιτῶν ἐκκλησίας [Weil sicherlich Photios nach dem gegen ihn rechtmäßig vom heiligsten Papst Nikolaos ausgesprochenen Urteil aufgrund des gesetzwidrigen Besteigens des Throns der Kirche von Konstantinopel verurteilt wurde]. Vgl. Mansi XVI, 164Ε–165B; 401CDE. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 262. 352 Siehe COGD II/1 (S. 31 Gemeinhardt); Mansi XVI, 164–164CD; 401E–403A. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 263.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

ehemaligen Philosophieschüler von den Verpflichtungen, die sie ihm gegenüber eingegangen sind, entbunden.353 Dem 25.354 Kanon gemäß werden alle Bischöfe, Priester, Diakone und Subdiakone der »großen Kirche« (von Konstantinopel), die von Methodios und Ignatios konsekriert oder ordiniert worden waren und weder die Partei des Photios verlassen noch dem Konzil beitreten wollten, gemäß dem Dekret des Papstes Nikolaos abgesetzt und für immer in den Laienstand zurückversetzt; sollten sie sich bekehren, werden sie bloß zum Empfang der Sakramente zugelassen.355 Diese auf Photios bezogenen Kanones bezeugen, dass die in Rede stehende Synode, die sich selbst für ökumenisch erklärte, mehr den Akzent auf eine Übereinstimmung zwischen den Päpsten einerseits und der Synode andererseits im Umgang mit Photios und weniger auf dogmatische Fragen356 legte. Im „Horos“ der Synode lesen wir, „dass Photios mit derartiger und häufiger Anstrengung und Leichtfertigkeit die ganze heilige katholische und apostolische Kirche heimsuchte, in Verwirrung stürzte und erschütterte und davon absolut nicht ablassen oder bereuen wollte und es ablehnte, sich dem Beschluss und Urteil der heiligen Patriarchatssitze zu unterwerfen, und wie ihn schon vor langem der allerseligste Papst Nikolaos verurteilt hatte, wie auch dessen Nachfolger, der hochheilige Papst Hadrian, so hat ihn auch diese heilige und allgemeine Synode getadelt und schließlich mit dem Bannfluch belegt“.357 Diese feindliche Haltung gegenüber Photios, die sich an allen Phasen der Synode von 869/70 ablesen lässt, hatte unwiderufliche Konsequenzen für die schon wegen des bulgarischen Problems vergifteten Beziehungen zwischen Rom und Byzanz. Das Vertrauen auf Rom und das Ansehen Roms in der byzantinischen

353 Siehe COGD II/1 (S. 32–33 Gemeinhardt); Mansi XVI, 164CDE; 404B. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175. 354 Vgl. COGD II/1 (S. 46–47 Gemeinhardt). Dieser Kanon ist allem Anschein nach erst in letzter Minute als letztes Mittel hinzugefügt worden. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175. 355 Siehe Mansi XVI, 177ABC. Dazu Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 175; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 264. 356 Die einzige dogmatische Definition der Synode von 869/70 richtet sich gegen den Ikonoklasmus (Kanon 3, Mansi XVI, 16C–162A; 400CD), während die Sache des Hervorgangs des Geistes nicht einmal erwähnt wird. Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 241–242. 357 Siehe COGD II/1 (S. 22 Gemeinhardt): Hunc itaque, qui sic affectavit et talibus ac tot conatibus et temeritatibus turbavit et concussit totam sanctam catholicam et apostolicam ecclesiam et nullatenus converti ac poenitere voluit neque subdi decreto et iudicio sanctarum patriarchalium sedium consensit, ut eum et multum ante anathematizavit beatissimus papa Nicolaus ac deinde successor eius sanctissimus Hadrianus papa, ita et sancta haec et universalis synodus reprobavit et anathemati magis ac magis mandavit.

Das zweite Patriarchat des Photios 

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Gesellschaft erhielt mit dieser Synode einen empfindlichen Stoß. Ein Konzil kam zum Abschluss, das dem Frieden zwischen den Kirchen wenig dienlich war.358 Nach dem Ende der Synode musste sich Photios wieder in Haft begeben. Er wurde nicht fern von der Hauptstadt nach Skepé verbracht, wo sein Oheim, der Patriarch Tarasios, ein Kloster gegründet hatte und begraben lag.359 Von dort konnte der abgesetzte Patriarch, der niemals den Anspruch aufgab, allein der legitime Patriarch zu sein und die Sache des wahren Glaubens zu vertreten, ungehindert einen Briefwechsel mit seinen engen Freunden und ergebenen Anhängern tätigen, und sie dadurch in der Treue erhalten und in der Hoffnung auf einen abermaligen Umschwung bestärken.360 Das Exil hat nicht lange gedauert. Der Kaiser wurde sich allmählich dessen bewusst, dass er die Dienste des großen Mannes nicht entbehren konnte. So gestattete er dem Photios die Rückkehr aus dem Exil. Für diese Rückkehr waren wiederum vorwiegend politische Erwägungen leitend, vor allem der Umstand, dass sich zwischen Rom und Byzanz unterdessen längst neue, erhebliche Zwistigkeiten und Spannungen wegen der Bulgarenmission ergeben hatten, die nur der „alte gewaltige Streiter“ Photios in Angriff zu nehmen vermochte.361

1.6 Das zweite Patriarchat des Photios und die darauf bezogenen kirchenpolitischen Ereignisse. Einheitliche kirchliche Politik der Patriarchen Ignatios und Photios in Bulgarien – Die Synode von 879/80 Wie brüchig das synodale Abkommen war, das im Jahr 869/70 zwischen Rom und Byzanz erreicht wurde, zeigt ein Ereignis vom Februar 870, zum Abschluss des Konzils. Eine bulgarische Gesandtschaft war in Konstantinopel eingetroffen, mit der Absicht, die Frage der administrativen Zugehörigkeit der neugegründeten Kirche von Bulgarien durch die Synode klären zu lassen. Die aufgeworfene heikle Frage lautete: „Welcher Kirche wir uns zu unterstellen haben, begehren wir von den Vertretern der höchsten Patriarchen zu wissen“.362

358 Beck, Geschichte 1980, 109. 359 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 680. 360 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 680. 361 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 681. 362 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 243 Anm. 267 mit Verweis auf Lib. pont. (II 182, 23  f. Duchense): Usque hodie pagani fuimus et nuper ad gratiam christianitatis accessimus, ideoque, ne in aliquo errore videamur, cui ecclesiae subdi debeamus, a vobis, qui vices

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Der bulgarische Fürst Boris strebte immer nach einem eigenen Patriarchen (jeder Patriarch ist autonom) oder autokephalen Erzbischof, was ihm bis zu diesem Zeitpunkt weder Rom noch Byzanz gewährte. Das gerade tagende Konzil bot also die Gelegenheit, diese Frage entscheiden zu lassen, d.  h. zu welchem Patriarchat (Rom oder Konstantinopel) Bulgarien in Zukunft gehören solle.363 Die päpstlichen Legaten hatten versucht, dieser ebenso subtilen wie brennenden Frage zu entgehen mit dem Vorwand, sie seien nicht vom Hl. Stuhl beauftragt, über diese Frage ein Urteil auszusprechen. Der Hl. Stuhl allein habe das Recht, über jede Angelegenheit in der Kirche zu richten.364 Die byzantinischen Vikare reagierten als treue Untertanen von Byzanz und stellten sich gegen die Legaten: „Es ist reichlich unangemessen, dass ihr euch, die ihr das Reich der Griechen bedroht und Verträge mit den Franken schließt, im Reich unseres Kaisers die Ordinationsrechte vorbehalten wollt. Da wir vernehmen, dass das Land der Bulgaren einst zum Machtbereich der Griechen gehörte und griechische Priester hatte, urteilen wir, dass es der heiligen konstantinopolitanischen Kirche, von der es durch das Heidentum abgefallen ist, nun durch das Christentum wieder zufallen möge“.365 Die Vertreter der orientalischen Patriarchate sprachen sich also für die Zugehörigkeit der bulgarischen Kirche zum Patriarchat von Konstantinopel aus, was die päpstlichen Legaten irritiert hat. Sie brachten ein Schreiben366 des Papstes Hadrian an den Patriarchen Ignatios zum Vorschein, in dem dieser in aller Form

summorum patriarcharum geritis, nosse desideramus [Bis heute waren wir Heiden und neulich sind wir zur Gnade des Christentums herangetreten, und daher wollen wir, um nicht in irgendeiner Weise den Eindruck zu erwecken, dass wir irren, von Euch, die ihr die höchsten Patriarchen vertretet, wissen, welcher Kirche wir uns zu unterstellen haben]. Vgl. Dvornik, Photian Schism 1948, 151–154; Beck, Geschichte 1980, 109; Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία II 1994, 122; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 300–304. 363 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 300. 364 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 192 mit Verweis auf Lib. pont. (II 189 Duchesne); Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 300–301; Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 243. 365 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 243–244 mit Verweis auf Lib. pont. (II 184 Duchesne): Satis indecens est ut vos qui Graecorum imperium detrectantes Francorum ­foederibus inheretis, in regno nostri principis ordinandi iura serventur. Quapropter Vulgarum patria ex Grecorum potestate dudum fuisse et Grecos sacerdotes habuisse comperimus, sanctae ecclesiae Constatninopolitanae a qua per paganismum recesserat, nunc christianismus restitui iudicamus. Dazu auch Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 192; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 302. 366 Der genaue Inhalt dieses Schreibens ist nicht bekannt. Eine direkte Bezugnahme darauf findet sich jedoch im Schreiben des Nachfolgers Hadrians, Papst Johannes’ VIII., an Fürst Boris. Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 193; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 303.

Das zweite Patriarchat des Photios 

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gewarnt wurde, sich in Bulgarien einzumischen.367 Ignatios ließ sich nicht einmal dazu herbei, das Schreiben zu lesen. Stattdessen hat er versucht, diplomatisch zu verhandeln mit der Äußerung, dass er nichts Feindliches gegen den apostolischen Stuhl unternehmen und weder als ein unerfahrenes Kind noch als ein alter Mann, der den Verstand verloren habe, seine Entscheidung treffen werde.368 Diese Verschleppungspolitik des Ignatios, die sich an seiner Äußerung erkennen lässt, wurde mit Taten fortgesetzt. Er ließ erneut griechische Missionare nach Bulgarien schicken und hat dadurch die lateinischen Missionare samt ihren Bischöfen dazu gezwungen, das Land zu verlassen. Darüber hinaus missachtete er auch wiederholte Ermahnungen von Papst Hadrian, der sich über die byzantinische Wiedereinmischung in Bulgarien beschwerte, völlig. Er trat der Behauptung Hadrians entgegen, indem er im diplomatischen Stil darauf aufmerksam machte, dass für die Entscheidung in Bezug auf Bulgarien nicht er, sondern der Kaiser selbst verantwortlich gewesen sei; außerdem hätten die Lateiner die griechischen Missionare ebenso verjagt, wie jetzt die griechischen die Lateiner.369 Neben dieser Missachtung darf man auch die fehlende Umsetzung der Beschlüsse der Synode von 869/70 gegen die Anhänger des Photios nicht unberücksichtigt lassen. Manche von ihnen hat Ignatios auf ihre Posten wiedereingesetzt und mit der Mission in Bulgarien betraut.370 Wie bei Photios ist auch bei Ignatios eine völlig einheitliche, den strategischen Interessen des Kaiserreichs dienende Verteidigungslinie in der Sache Bulgarien zu erschließen.371 Die Erwartungen des Papstes, Bulgarien dem westlichen Patriarchat einzuverleiben, hat er über Bord

367 Die Mehrheit der Forschung plädiert dafür, dass der Papst a priori die Nichteinmischung in Bulgarien als conditio sine qua non für die Anerkennung des Ignatios forderte. Siehe Beck, Geschichte 1980, 109; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 303. Diese These bekräftigt auch die Forderung der päpstlichen Legaten an Ignatios: Er solle Sorge tragen, dass in Bulgarien keine unerlaubten Ordinationen vorgenommen würden, „damit nicht der heilige apostolische Stuhl, der dir das Deine wieder verschafft hat, durch dich das Seine verliert“ (Lib. pont. II 184, 17  f. Duchense). Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 244. 368 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 244 Anm. 268 mit Verweis auf Lib. pont. (II, 184, 21  f Duchesne): Absit a me ut ego his praesumtionibus contra decorem sedis apostolicae implicer, qui nec ita iuveniliter ago ut mihi subripi valeat, nec ita seniliter deliro, ut quod in aliis reprehendere debeo ipse admittimus [Es sei fern von mir, dass ich mich in diese Anmaßung gegen die Würde des apostolischen Stuhls verstricke, denn ich handle weder so jugendlich, dass es mir entwendet werden kann, noch habe ich solche Alterstorheit, dass ich selbst begehe, was ich bei anderen tadeln muss]. Dazu siehe auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 304. 369 Siehe Beck, Geschichte 1980, 109. 370 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 123. 371 Eigene Bemerkung.

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geworfen.372 Das so oft beschworene gute Einvernehmen zwischen Rom und Byzanz (zwischen Hadrian auf der einen Seite und Ignatios und Basileios auf der anderen) lief zu diesem Zeitpunkt den Interessen des Apostolischen Stuhls zuwider. Die byzantinische national-einheitliche kirchlich-politische Linie setzte den Plänen der Päpste Nikolaos und Hadrian, Bulgarien dem westlichen Patriarchat einzuverleiben, eine unüberwindliche Grenze – und damit den römischen Primatsansprüchen überhaupt.373 Ignatios hielt bis zu seinem Tod (877) in Hinblick auf Bulgarien unerschütterlich an der Linie des Photios fest. Das lässt sich an folgenden Ereignissen ablesen. Im Herbst 871 schickte er den Mönch Theognostos nach Rom mit der Bitte, manche Entscheidung, die in der Synode von 869/70 getroffen worden war, rückgängig zu machen. Darüber hinaus bat er um Milde gegenüber den Anhängern des Photios und um Anerkennung der Möglichkeit, sie zu höheren Weihen zuzulassen,374 d.  h. Ignatios bat um eine Rehabilitierung der Kleriker als unverzichtbares Element zur Wiedergewinnung des gestörten Friedens in der Kirche.375 Die Antwort des Papstes auf diese Bitte um eine mildere Haltung gegenüber den Anhängern des Photios war absolut negativ: „Wir können an den Entscheidungen nichts ändern, besonders in Hinblick auf die Ordination des Photios“.376 Hadrian blieb also der Linie treu, die Nikolaos vorgezeichnet hatte.377 Aber genauso blieb auch Ignatios der Linie des Photios treu, indem er in einem Schreiben an Hadrian (Sommer 872) mit Nachdruck betonte, dass die lateinischen Missionare mit Recht aus Bulgarien vertrieben worden waren, weil sie zuerst die

372 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 123: „Patriarch Ignatios hat (in der Sache Bulga­ rien) die Erwartungen des Hl. Stuhls nicht bewahrheitet; selbst wenn er von seiner Haltung zurückgetreten wäre, hätte er dem päpstlichen Stuhl Bulgarien nicht ausliefern können“. 373 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 244. 374 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 198 mit Verweis auf Mansi XVI, 205B, 375 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 200 mit Verweis auf Mansi XVI, 203B–204A (in Hinblick auf den Brief des Kaisers Basileios an den Papst, in dem er auch den Heiligen Vater um Wiederherstellung der abgesetzten Anhänger des Photios bat). Denn die Strafmaßnahmen gegen die von Photios geweihten Kleriker haben wegen Personalmangels die Kirche von Konstantinopel in eine äußerst schwierige Lage geführt. Das bedeutete, dass die seelsorgerischen Belange der Gläubigen nicht befriedigt werden konnten. Dazu siehe auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 307. 376 Siehe K. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 308 mit Verweis auf Mansi XVI, 207A: nil possumus ab eo quod iam constitutum est ordinare diversum vel disponere, maxime de Photii consecratione aliquantisper versum. 377 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 201.

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byzantinischen weggejagt hatten.378 Die Antwort Hadrians kurz vor seinem Tod ist ein unerschütterlicher Beweis dafür, dass damals der Streit eigentlich um Bulgarien und um Ansprüche ging, die die römische Kirche auf dieses neuchristianisierte Gebiet erhob. Der Vorwand, sich darin einzumischen, war Photios. Dieser erwies sich in den Augen des Papstes als Stein des Anstoßes. Die Konstantinopolitaner Kleriker wurden aus keinem anderen Grund aus Bulgarien vertrieben als diesem, dass sie in Gemeinschaft mit Photios standen und manche von ihnen aus dem Laienstand sofort (d.  h. ohne Wahrung der Zwischenstufen) zu Diakonen geweiht worden waren.379 Der Nachfolger Hadrians, der bisherige Erzdiakon von Rom Johannes VIII., sollte ohne Bedenken diese harte und bedrohende Haltung fortsetzen. Nach zwei Briefen an Fürst Boris, in denen er auf den Primat Roms hinwies und die Jurisdiktionsrechte des Apostolischen Stuhls in Bulgarien verteidigte,380 beklagte er sich bei Kaiser Basileios über die von Ignatios geübte Bulgarien-Politik: Der Patriarch, so schrieb er, habe keine Bedenken getragen, sich gegen die heilige apostolische Kirche aufzulehnen, von der er die Bischofswürde erhalten habe. Er sei in frecher Weise in Bulgarien eingefallen, das von den Legaten des Hl. Stuhles bekehrt und getauft worden sei: „Infolgedessen haben wir es für notwendig gehalten, ihn vorzuladen, und wir ordnen an, dass er sich vor diesem Apostolischen Stuhl, dem wir, ausgestattet mit der Machtvollkommenheit Gottes, vorstehen, alsbald einzufinden hat. Hier soll er über diese und andere Missbräuche Rechenschaft ablegen“.381

378 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 202. Über die Antwort des Hadrian siehe Mansi XVI, 413CD. 379 Siehe Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 203) mit Verweis Ep. 42 (MGH Epp. VI. 762, 13–17 Perels): „Εἰ γοῦν λέγεις προτέρους ὑμᾶς τοὺς πρεσβυτέρους τῆς Κωνσταντινουπολιτῶν διοικήσεως εἰς τὴν προῤῥηθεῖσαν χώραν λειτουργεῖν ἀποκωλῦσαι, οὐκ ἀρνούμεθα. Ἦσαν τοῦ Φωτίου κοινωνοὶ καὶ συμμύσται, οὓς οὐ μόνον εἰς τὴν Βουλγάρων χώραν, ἀλλὰ καὶ εἰς πᾶσαν ἐκκλησίαν ὡς ἱερεῖς ἐνεργεῖν ἐκωλύσαμεν καὶ κωλύομεν. Ἔδει οὖν σε εἰδότα τοῦτο, μηδὲν εἰς τὴν τῶν Βουλγάρων χώραν τοιοῦτον διαπράξασθαι“ [Wenn du behauptest, wir hätten unsererseits Priester der Diözese Konstantinopel an der Feier der Liturgie in dem genannten Territorium gehindert, so streiten wir das nicht ab. Aber der Grund war, dass sie in Gemeinschaft mit Photios standen und von ihm die Weihe erhalten hatten. Wir haben ihnen die Ausübung des priesterlichen Amtes nicht nur in Bulgarien verboten, sondern in der ganzen Kirche und wir bleiben dabei (bei diesem Verbot). Da Ihr das shon wusstet, hättet Ihr in Bulgarien nichts Ähnliches (gegen den lateinischen Klerus) unternehmen dürfen]. 380 Dazu siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 203–204; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 310–311. Ausführlicher dazu siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 246– 248. 381 Siehe Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 205 mit Verweis auf Fragmenta 40 (MGH Epp. VII. 296, 33–34 Kehr): necessario eum vocare duximus et apostolicae sedi, cui auctore deo praesidemus, praesentari sancimus, quatinus de his et aliis excessibus rationem reddere valeat.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

Die Reaktion des Kaisers auf diesen drohenden Brief bestand darin, den Papst aufzufordern, eine Gesandtschaft nach Konstantinopel zu schicken, um die immer noch bestehenden Reibungspunkte zwischen Rom und Byzanz endgültig auszuräumen. Die Gesandten Johannes’ VIII., Eugen von Ostia und Paul von Ancona, die im Sommer des Jahres 878 in Konstantinopel eintrafen, überbrachten drei Briefe, einen an Boris, einen an Boris’ Vertrauten Petros und einen dritten an den Klerus von Konstantinopel. In diesem letzten Brief setzte Johannes seinem Amtsbruder Ignatios eine dreißigtägige Frist, nach deren Ablauf sich „kein Bischof und überhaupt kein Kleriker, der von ihm (scil. Ignatios) ordiniert oder vielmehr widerrechtlich ordiniert wurde (qui tuae ordinationis, immo inordinationis [sic!] sunt), in den Grenzen Bulgariens aufhalten darf“ (… ut … nullus episcopus, nullus omnino clericus, qui tuae ordinationis, immo inordinationis sunt, intra omnes Bulgarum fines inveniatur). Johannes schreibt weiter: „Keinesfalls werden wir dulden, dass die, die du dort unrechtmäßig eingesetzt hast und die dank Gottes Hilfe längst als vom apostolischen Stuhl exkommuniziert anzusehen sind, durch den Irrtum ihrer Sünde die Herzen der neuen Schüler Gottes infizieren“!382 Eine gleichlautende Mahnung geht an Ignatios, der innerhalb von dreißig Tagen den griechischen Klerus, der dabei ist, „fremde Ernte einzubringen“, zurückrufen soll. Sonst werde er selbst auch exkommuniziert werden. Sollte er in Widerspenstigkeit beharren, werde er von diesem Patriarchat, das er durch die Huld der römischen Kirche erhalten hat, abgesetzt werden.383 Diese Drohung des Hl. Stuhles, über Ignatios den Bannfluch auszusprechen, hat sich nie verwirklicht. Als die päpstlichen Legaten in Konstantinopel eintrafen (Sommer 878) war Ignatios schon längst verstorben (23. Okt. 877). Vor seinem Tod hat er sich mit seinem alten Rivalen Photios versöhnt, wie uns Photios berichtet: „Wir haben uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bemüht, den Frieden mit ihm (scil. Ignatios) herzustellen und zu sichern. Dieser Friede wurde im (kaiserlichen) Palast geschlossen, als Ignatios zu uns kam. Wir fielen beide auf die Knie nieder und baten einander für alles, was wir einer dem anderen angetan hatten, um Vergebung und gewährten sie. Als er dann krank wurde und uns zu sehen begehrte, besuchten wir ihn, nicht einmal oder zweimal, sondern häufig […] So hat er sich völlig davon überzeugt, dass wir es gut mit ihm meinten, und er hat seine engsten Freunde unserer besonderen Umsicht anvertraut, damit wir 382 Siehe Gemeinhardt (Übers. und Angaben), Filioque-Kontroverse 2002, 248 mit Verweis auf Ep. 68 (MGH Epp. VII, 63, 17–21 Perels): non enim patimur eos, quos ibidem tu illicite constituisti, quos et ab apostolica esse iam sede huius rei gratia constat excommunicatos, errore suae praevaricationis corda novorum domini famulorum inficere. Dazu auch Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 206; mit Verweis auf Mansi XVII, 68C–69B. 383 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 207 mit Verweis auf Mansi XVII, 67A–68C.

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für ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit Sorge trügen. Von seinen Freunden kann ihm keiner den Vorwurf machen, er habe es an liebevoller Fürsorge für sie fehlen lassen“.384 Drei Tage nach dem Tod des Ignatios war nun Photios wieder auf dem Patriarchenstuhl.385 Eine seiner ersten Aufgaben war die Rehabilitierung des Ignatios und dessen Wiederaufnahme vor der gesamten Kirche (Kanonisation).386 Schnell hat Photios versucht, seine wiedergewonnene Position auf feste Grundlagen zu stellen, auch mit Hilfe des Kaisers, der dem durch die Sarazenen bedrängten Papst, die byzantinische Flotte geschickt hatte, welche jenen vor Neapel (879) eine schwere Niederlage beibrachte.387 Diese in politisch-strategischer Hinsicht unerwartete, wohl aber angenommene Hilfe milderte die hartnäckige Haltung des Papstes gegenüber Byzanz, mit folgendem Ergebnis: Der Papst zeigte Toleranz für den Eingriff des Kaisers, Photios ohne die vorangehende ofizielle Genehmigung des Papstes wieder auf den Patriarchenstuhl einsetzen zu lassen.388 P. Gemeinhardt bemerkt hinsichtlich der von Papst Johannes wahrgenommenen kirchlichpolitischen Konstellationsänderung Folgendes sehr zutreffend: „Das Insistieren auf den Prärogativen des römischen Stuhls, und der Druck, einen politischen Verbündeten nicht verlieren zu dürfen, bildeten den spannungsreichen Kontext, in dem Johannes VIII. seine Zustimmung zu der nach Konstantinopel einberufenen Synode gab“.389 Die Synode von 879/80, die von manchen Fachleuten orthodoxer Herkunft, die in der ökumenischen Bewegung bewandert sind, als eine feste Basis zur Überwindung der immer noch bestehenden Differenzen und daher zum erfolgreichen Vorankommen des immer noch durchzuführenden Dialogs der Liebe zwischen

384 Siehe D. Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 210 mit Verweis auf Mansi XVI, 424CD. 385 Siehe D. Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 211 mit Verweis auf Dvornik, The Patriarch Photius in the light of the recent research 1958, 20, 35, 39, 56. 386 F. Dvornik, The Patriarch Photius in the light of recent research 1958, 55–56: „In the newly discovered version of the Synodicon Vetus there is a passage which clearly indicates that ‚Photius canonized Ignatius placing his name in the diptychs among the saints’. In reality in the Typicon of Hagia Sophia, revised most probably in the second patriarchate of Photius, we find a commemoration of Ignatius on October 22. Moreover, in the recently – discovered series of standing Church Fathers reproduced in mosaics, on the north wall of the nave in Hagia Sophia, is a portrait of the Patriarch Ignatius“. 387 Siehe K. Ziegler, in: PRE, Art.: Photios, 1947, 681–682; P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 248; H.-G. Beck, Geschichte 1980, 111: „Historisch betrachtet ist die Wiedereinsetzung des Photios ebenso ein Resultat der Vermengung disparater Interessen wie auch seine Absetzung“. 388 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 249. 389 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 249.

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der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche betrachtet wird,390 hatte nur vorläufig das Schicksalhafte (man denke an den großen Bruch von 1054, an dessen ‚spätere Auswirkung‘ allem Anschein nach kein Zeitgenosse dachte) verschieben können.391 Die historischen Geschehnisse hatten damals den Prozess der Entfremdung zwischen West und Ost auf eine weitere Stufe gebracht. Vor der Einberufung der Synode hatte Kaiser Basileios einen Brief an den Papst gerichtet, in dem diesem die Wiedereinsetzung des Photios auf den Patriarchenstuhl bekannt gemacht und die Bedenken der päpstlichen Legaten gegenüber dem neuen Patriarchen (Photios) missbilligt wurden. Außerdem verlangte der Kaiser, die von der Synode 869/70 verurteilten Kleriker zu rehabilitieren.392 Gemäß dem Kaiser sei sich Patriarch Photios durchaus dessen bewusst, dass er nach dem gemeinsamen Wunsch der Kirche von Konstantinopel zu seinem eigenen Patriarchenthron (εἰς τὸν ἴδιον θρόνον) zurückgekommen sei, was natürlich bedeutete, dass er seine Absetzung von der Synode 869/70 für gesetzwidrig und daher ungültig hielt.393 Johannes  VIII. schickte im August 879 durch den Kardinalpriester Petrus von San Crisogono Briefe an den Kaiser, an Photios, an die schon versammelten orientalischen Vertreter, an führende Persönlichkeiten der Ignatianer sowie ein Commonitorium mit detaillierten Anweisungen an die römischen Legaten Eugen von Ostia und Paul von Ancona, die sich Petrus von San Crisogono anschließen würden.394 Der Brief an den Kaiser enthielt eine große Zahl an Fragen mit Zuspitzung auf den päpstlichen Primat: So habe a) Rom das Recht, die Entscheidungen eines Konzils aufzuheben, wenn ein höheres Gut es erfordere. Im vorliegenden Fall handle es sich um den Frieden und die Einheit der byzantinischen Kirche. In Anbetracht der Notwendig-

390 Karmiris, Monumenta 1960, Bd. I, 219; Grigorios Larentzakis, Vielfalt in der Einheit aus der Sicht der orthodoxen Kirche. Versuch einer Selbstdarstellung, in: Öfo 8 (1985) 69; ders., Konziliarität und Kirchengemeinschaft, in: Ökumenisches Forum 10 (1987) 175; ders., Die Pflicht der Orthodoxie zur Besänftigung und Einheit. Entwicklungen und Perspektiven in großen Themen des ökumenischen Dialogs (= Collecta Academica XI), Athen 2014, 168–177; Vlasios Pheidas, in: Episkepsis, Jahrgang 12, Nr. 262, 15.11.1981, 12; Ioannis Pheidas, Die Ökumenizität des photianischen Konzils des Jahres 879/80 in Konstantinopel aus orthodoxer Sicht, in: Θεολογία 82 (2011) 247–258. Mit der Wichtigkeit dieser Synode als Eingungsbasis zwischen West- und Ostkirche setzte sich schon längst der renommierte katholische Theologe Francis Dvornik in seiner Studie, Byzanz und der römische Primat, Stuttgart 1966, 145, auseinander. Siehe auch Hans Joachim Schulz, Die sieben ökumenischen und die späteren abendländischen Konzilien. Der unterschiedliche Grad der Verankerung in der altkirchlichen Überlieferung, in: OFo 5 (1991) 265–280, 271. 391 Siehe Zymaris, Synod von 879/80, 2000, 13. 392 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 125 mit Verweis auf Mansi XVII, 397B-D. 393 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 125–126 mit Verweis auf Mansi XVII, 413Β. 394 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 249.

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keit, diesem höheren Gut nachzukommen, akzeptiere der Hl. Stuhl die Wiedereinsetzung des Photios sowie im Einklang mit den anderen Patriarchenstühlen die Aussöhnung mit seinen Anhängern.395 Die Einwilligung zur erneuten Inthronisation des Photios bedeutete für Johannes nicht den Verzicht auf die römische Autorität, welche die Gültigkeit der Kanones zu beschützen habe. Johannes erklärte weiter, dass die Synode von 869/70 nicht widerrufen, sondern nur die Gültigkeit mancher ihrer Kanones momentan aufgehoben werde. Fortan aber sollten diese Kanones strikt angewendet werden.396 b) Photios werde verziehen: Der Papst gewähre ihm Verzeihung und mache ihm aber zugleich für seine Widerspenstigkeit und Auflehnung die Auflage, wegen der Schuld, die er auf sich geladen habe, öffentlich vor der Synode um Verzeihung zu bitten.397 In seinem Brief an Photios schrieb Johannes entsprechend: „Wenn du zum Zeichen der Wiedergutmachung in der üblichen Weise vor dem Konzil Abbitte leistest und öffentlich wiedergutmachst, und wenn alle in einmütiger Übereinstimmung deiner Wiedereinsetzung zustimmen, dann gewähren wir Dir in Anbetracht der inständigen Bitten, mit denen unser geistlicher Sohn Basileios, der allerchristlichste Kaiser, sich für Dich bei uns verwendet hat, und um des Friedens der heiligen Kirche von Konstantinopel willen Verzeihung“.398

395 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 215 mit Verweis auf Mansi XVI, 484C. Am Anfang der Synode führten die Legaten genau diese Idee ins Feld, nämlich, dass der Papst durch sie den Frieden in der Kirche von Konstantinopel wiederherstellen lässt. Die orientalischen Bischöfe haben darauf mit der Behauptung reagiert, der Frieden und die Einheit seien schon vorhanden. Ziel der Synode sei nur die Bestätigung und synodale Anerkennung der schon vorhandenen Einheit. Siehe Zymaris, Synod of (879/80) 2000, 49 mit Verweis auf Mansi XVII, 384A. 396 Mit der Bemerkung, dass man, das, was selten geschieht (d.  h. die ἀθρόον-Weihe), nicht zum Gesetz machen solle (Mansi XVI, 513B): ἀλλ’οὐ χρὴ τὸ σπάνιον νόμον γίνεσθαι. Siehe D. Stiernon, Konstantinopel IV 1967, 215. D. Stiernon (ebd., 215) unterstreicht: „Die Anerkennung des Photios dürfe nicht als eine Außerkraftsetzung des Konzils verstanden werden, das Photios im Jahre 869 verurteilt hatte“. 397 Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 324 mit Verweis auf Mansi  XVI, 504DE: παρέχομεν σοι, ἵν’ ἡ ἁγία τῆς Κων/πόλεως ἐκκλησία εἰρηνεύσῃ συγνώμην καὶ ἀποδίδομεν σοι τὴν κοινωνίαν καὶ βαθμόν, ἐνώπιον μέντοι τῆς συνόδου ἔλεον αἰτοῦντι [Wir gewähren euch, damit die Kirche von Konstantinopel wieder in Frieden sei, die Verzeihung und geben dir die Gemeinschaft (mit uns) und (euren kirchlichen) Rang, (unter der Voraussetzung), dass du vor der Synode um Verzeihung bittest]. 398 Siehe Stiernon (Übers.), Konstantinopel IV 1967, 216 mit Verweis auf MGH Ep. VII (184, 2–40 Kehr): satisfaciens coram synodo misericordiam secundum consuetudinem postulaveris ac si evidenti correctione utaris et … si quia spiritalis filius noster Basilius christianissimus imperator apud nos pro te multis precibus intervenit, omnes uno voto, uno consensu et una concordia in tua restitutione convenerint, veniam pro pace sanctae Constantinopolitanae ecclcsiae tibi concedimus.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

c) Johannes spielte auf die ἀθρόον-Weihe deutlich an. Es sei selbstverständlich, dass diese gnadenweise zugestandene Anordnung keinen Präzedenzfall darstellen könne für die Erhebung von Neophyten zu kirchlichen Würden.399 Die ἀθρόον-Weihe solle nie wiederholt werden.400 d) Ein weiterer Punkt bezog sich auf Bulgarien. Johannes beanspruchte die völlige Unterstellung Bulgariens unter die Jurisdiktion des römischen Stuhls. Photios sollte auf jeden Jurisdiktionsanspruch in diesem Land verzichten. Falls er Ordinationen für Bulgarien vornahm oder den dort befindlichen Bischöfen das Pallium schickte, sollte er der Exkommunikation verfallen.401 Auf dieses Verlangen müsste Konstantinopel so schnell wie möglich reagieren und Bulgarien dem Hl. Stuhl zurückgeben;402 und kraft seiner apostolischen Autorität untersagte der Papst jede Ordination durch die Vorsteher der Konstantinopeler Kirche in eben dieser Diözese Bulgarien.403

399 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 323 mit Verweis auf Mansi  XVI, 484AB: ταῦτα δὲ ὁρίζοντες, ἀποστολικῇ δήπου ἐξουσίᾳ, καὶ τοῖς σεβασμίοις τῶν ἁγίων πατέρων διατάγμασι, θεσπίζομεν οὕτως, ὥστε μετὰ τὴν ἀποβίωσιν τοῦδε τοῦ πατριάρχου μηδένα ἐκ λαϊκῶν ἢ βουλευτικῶν εἰς τιμὴν πατριαρχικὴν ψηφίζεσθαι ἢ προβιβάζεσθαι· οὐ δεῖ γὰρ ἀθρόον προαρπάζειν ἢ ἐξιδιοποιεῖσθαι τὸ ὀφειλόμενον τῇ πολυχρονίῳ δοκιμῇ τοῦ βίου [Nun bestimmen wir dieses, und sicherlich durch apostolische Autorität und die ehrwürdigen Anordnungen unserer heiligen Väter legen wir folgendermaßen fest, dass nach dem Tod dieses Patriarchen weder ein Laie noch ein Politiker zur patriarchalen Würde die Stimme erlangt oder dazu erhoben wird; denn man darf nicht auf einmal räuberisch ergreifen oder sich zu eigen machen, was einem durch langjährige Probe und Prüfung im Leben zusteht]. 400 Siehe Mansi XVII, 404A. 401 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 324 mit Verweis auf Mansi  XVII, 405BC: Ἀξιοῦμεν δὲ καὶ τοῦτο τὴν ὑμῶν εὐσέβειαν, μήτε ὁ ἀδελφὸς καὶ συλλειτουργὸς ἡμῶν Φώτιος ὁ ἁγιώτατος μήτε τις τῶν αὐτοῦ διαδόχων ἀπὸ τοῦ νῦν χειροτονήσῃ εἰς Βουλγαρίαν μήτε αὐτοχειρίᾳ μήτε δι’ ὠμοφορίου ἀποστελλομένου μήτε διεκδικῇ τὴν εἰρημένην ἐπαρχίαν τῶν Βουλγάρων ὡς ἰδίαν αὐτοῦ [Wir erachten für angemessen und bitten eure Heiligkeit auch darum, dass weder unser Mitbruder und (mit uns) den Gottesdienst Feiernde heiligste Patriarch Photios noch irgendeiner seiner Nachfolger fortan in Bulgarien eigenhändig oder durch StellvertreterBischöfe (wörtlich: durch Aussendung des omophorions-Palliums) eine Ordination vornimmt; und dass er (fortan) keinen Anspruch auf das erwähnte Gebiet der Bulgaren hat und dies als ein Gebiet, das unter seinem Jurisdiktionsrecht steht (wörtlich: eigenes), betrachtet]. 402 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 324 mit Verweis auf Mansi XVI, 505Α: ἀποδοθῆναι τὴν ταχίστην βουλόμεθα ἡμῖν τὴν Βουλγαρικὴν ὑμῶν ἐπαρχίαν [Wir möchten, dass das Gebiet in Bulgarien uns möglichst schnell zurückgegeben wird]. 403 Siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 324 mit Verweis auf Mansi XVI, 505Β: τοῦ λοιποῦ δὲ πᾶσαν ἐκκλησιαστικὴν χειροτονίαν τῶν Κων/λεως προέδρων ἐν τῇ αὐτῇ διοικήσει τῆς Βουλγαρίας ἀποστολικῇ ἀποκόπτομεν αὐθεντίᾳ [Dazu nehmen wir auch den Vorstehern der Kirche von Konstantinopel durch (unsere) apostolische Autorität (das Recht) weg, künftig im Gebiet von Bulgarien jede Art von Priesterweihe vorzunehmen].

Das zweite Patriarchat des Photios 

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In seinem Brief an den Patriarchen Photios schnitt der Papst die folgenden Fragen an: a) Er nahm die schon längst erfolgte Wiederbesetzung des Patriarchenstuhles an und drückte sein Bedauern aus, dass seine Vertreter nicht vom Anfang an die Messe mit Photios feiern wollten (εὐθέως οὐκ ἠθέλησαν συλλειτουργῆσαι), da sie nicht die entsprechende Anweisung bekommen hatten.404 b) Er schlug vor, eine gewisse Milde gegenüber den von Ignatios geweihten Bischöfen, die noch immer nicht Photios als legitimen Patriarchen anerkannten, walten zu lassen.405 c) Er verlangte für die Zukunft das ausdrückliche Untersagen jeder ἀθρόονWeihe406 d) und erklärte das gesamte Konzil von 869/70 (und mit ihm die römische Synode von 869) für ungültig.407 Für beide unrechtmäßigen Synoden (ἄδικοι Σύνοδοι) sollte gelten: „es wird nicht anerkannt, was von ihnen gegen den heiligen Photios mit List unternommen wurde … Alles wird beseitigt und verstoßen, alles, was gegen ihn beschlossen wurde, wird entkräftet und zunichte gemacht“.408 Dieser ausdrückliche Verzicht auf die Beschlüsse der Synode von 869 und 870 (in Rom und Konstantinopel), die sich, notabene, in der griechischen Version der Briefe erkennen lässt (und die von der lateinischen Version in diesem Punkt stark abweicht),409 bekräftigt die schon in der Forschung etablierte These, dass die vorliegenden Briefe (von den Griechen) entsprechend410 modifiziert – man

404 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 126 mit Verweis auf Mansi XVII, 413B. 405 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 126 mit Verweis auf Mansi XVII, 416C. Im Fall, dass die Ignatianer nicht die Anweisungen des Papstes befolgten, setzten sie sich selbst zugleich außerhalb der Kirche. 406 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, mit Verweis auf Mansi XVII, 416D: ἵνα ἀπὸ τοῦ παρόντος, ἐκ λαϊκῶν μηδεὶς ἀθρόως ἐπὶ τὸν μέγαν τῆς ἀρχιερωσύνης θρόνον, ὅς έστι φοβερός, καὶ θεοῦ μεσιτεία ἐπέχων, ἀναβιβάζηται [Damit sich fortan niemand aus den Laien zum großartigen Patriarchenthron, der Furcht erregend ist und die göttliche Mittlerschaft innehat, erhebt]. 407 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 126 mit Verweis auf Mansi XVII, 416E: τὴν δὲ γενομένην κατὰ τῆς σῆς εὐλαβείας σύνοδον ἐν τοῖς αὐτόθι ἠκυρώσαμεν καὶ ἐξωστρακίσαμεν παντελῶς  … [Die Synode, die gegen eure Frömmigkeit stattgefunden hat, haben wir hier für ungültig erklärt und gänzlich verworfen …]. 408 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 252 mit Verweis auf Mansi XVII, 401C: οὐ γὰρ ἀπεδείχθησαν παρ’ αὐτῶν τὰ κατὰ τοῦ ἁγιωτάτου Φωτίου τυρευθέντα … πάντα γὰρ πέπαυται καὶ ἐξωστράκισται· πάντα τὰ κατ’ αὐτοῦ ἠκύρωται καὶ ἠχρείωται. 409 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 252 Anm.  297 sowie Meijer, A successful Council of Union 1975, 41. 410 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 250 mit Verweis auf Hergenröther, Photius 1867 Bd. I, 396, der von einer „photianischen Censur“ spricht und bemerkt: „An Ausmerzung unbequemer Stellen war man in Byzanz längst gewöhnt“.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

könnte auch sagen: gefälscht – worden waren, sodass ihr Inhalt von der Synode akzeptiert werden konnte.411 Darüber hinaus ist in der griechischen Version von einer Absolution, die der Papst dem Patriarchen erteilen könne, keine Rede, denn zurückerhalten habe Photios nur seinen Stuhl, der ihm gehörte.412 Die bedeutendste Abweichung der griechischen von der lateinischen Version bezieht sich aber auf die Verpflichtung des Photios, um Verzeihung zu bitten. In der griechischen Version413 ist eine solche Verpflichtung, welche selbstverständlich das Ansehen des Patriarchen verletzen würde und aus diesem Grund von den Griechen nie akzeptiert werden könnte, nicht vorhanden.414

1.7 Die Beschlüsse der Synode von 879/80 Die Synode von 879/80, deren Einberufung eigentlich darauf abzielte, den Frieden und die Einheit in der gesamten Kirche wiederherzustellen,415 hat nur drei Kanones verabschiedet: Der erste Kanon schreibt vor, dass die Kleriker oder Laien, die vom Papst abgesetzt, verurteilt oder mit dem Bannfluch belegt worden sind, weiterhin auch für Photios verurteilt bleiben. Dies gilt auch umgekehrt. Jede vom Photios verhängte Verurteilung sollte auch vom Papst anerkannt werden.416

411 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 40–56; V. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd.  II, 127; Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 350; Gemeinhardt (Filioque-Kontroverse 2002, 254) bemerkt dazu: „Insofern damit dem Konzilsplenum eine byzantinisch interpretierte Primatstheorie vorgetragen wurde, die für den konkreten Streitfall anschlussfähig war, sollte m.  E. nicht von einer Fälschung gesprochen werden“. 412 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 251 mit Verweis auf Mansi XVII, 413B. 413 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 42–43 und 221–223 (Brief des Papstes an Photios – Konstantinopolitanische Version). 414 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 80–81. J. Meijer bemerkt: „the Constantinopolitan version thus eliminated the condition that Photius would be recognized if he asked for mercy before the synod. Photius was orthodox; he had not been wrong. Why therefore should he ask for mercy? The Roman legates, who had learned to understand the real situation of the Church of Constantinople, and who became convinced of the rightness of the Byzantine opinion, agreed to omit this condition“. 415 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 181–182: „Pope John’s goodwill and benevolence were, as his letters witnessed, inspired by his desire for unity, and for this purpose he had sent his legates; he considered it his own task to restore unity and peace, as an expression of his pastoral care for the well-being of the Church … Photius too attached great importance to the restoration of unity, and at the synod he frequently expressed his joy in this connection“. 416 Siehe Can I (COGD II/1, S. 69, 9–21 Gemeinhardt), bei Mansi VII, 497DE: Ὥρισεν ἡ ἁγία καὶ οἰκουμενικὴ σύνοδος, ὥστε, εἰ τινες τῶν ἐξ Ἰταλίας κληρικῶν ἢ λαϊκῶν ἢ ἐπισκόπων,  … ὑπὸ

Die Beschlüsse der Synode von 879/80 

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Der zweite Kanon dekretiert, dass diejenigen Bischöfe, welche ins klösterliche Leben zurückkehren wollen, von ihren Ämtern endgültig und unwiderruflich entbunden werden.417 Der dritte Kanon beabsichtigt, die Person des Bischofs vor eventuellen Erniedrigungen vonseiten der Laien zu schützen. So belegt der Kanon denjenigen aus dem Stand der Laien mit dem Bannfluch, der ohne Grund oder mit gefälschten Vorwürfen einen Bischof behelligt (schlägt) oder einkerkert.418 Außer den oben erwähnten Kanones hat die Synode von 879/80 (in der vierten Sitzung am Dezember 879) die folgenden fünf Capitula verabschiedet: 1) Damit die gute kirchliche Ordnung (ἐκκλησιαστική εὐταξία) und der Respekt gegenüber den Kanones der Väter gewahrt bleibt, soll die Kirche von Konstantinopel fortan keine Laienpromotion auf den Patriarchenthron vornehmen.419 Diese Bestimmung war eine Klausel, die ex post die Legitimität der Erhebungen des Tarasios und des Photios sicherstellte: „Was nämlich selten passiert ist, selbst wenn es sehr gut war, darf nicht für später zum Gesetz gemacht werden“ (τὰ γὰρ γινόμενα σπάνια εἰ καὶ λίαν ἀγαθὰ εἴη, νόμος τοῖς μετέπειτα καθίστασθαι οὐ δύναται).420 In Hinblick auf diesen Vorbehalt haben zugleich manche wichδεσμὸν ἢ καθαίρεσιν ἢ ἀναθεματισμὸν παρὰ τοῦ ἁγιωτάτου πάπα Ἰωάννου ἐγένοντο, ἵνα ὦσιν οἱ τοιοῦτοι καὶ παρὰ Φωτίου τοῦ ἁγιωτάτου πατριάρχου Κωνσταντινουπόλεως ἐν τῷ αὐτῷ τῆς ἐπιτιμίας ὅρῳ, τουτέστιν ἢ καθῃρημένοι ἢ ἀναθεματισμένοι ἢ ἀφωρισμένοι [Das heilige und ökumenische Konzil legte fest, dass, wenn manche Kleriker, Laien oder Bischöfe aus den Gebieten von Italien vom heiligsten Papst Johannes in Ketten gelegt wurden, oder unter Absetzung oder Bahnfluch stehen, unter der gleichen Bestimmung von Strafe auch solche vom heiligsten Patriarchen von Konstantinopel Photios sind, d.  h. abgesetzt, verdammt oder entweiht sind …]. Dazu siehe auch Meijer, A successful Council of Union 1975, 269. 417 Siehe Can II, (COGD II/1, S. 70, 49–55), bei Mansi XVII, 504Ε: εἴ τις ἐπίσκοπος ἢ εἴ τις ἄλλος τοῦ ἀρχιερατικοῦ ἀξιώματος πρὸς τὸν μοναχικὸν θελήσοι κατελθεῖν βίον καὶ τὸν τῆς μετανοίας τόπον ἀναπληρῶσαι, μηκέτι τοῦτον τῆς ἀρχιερατικῆς ἀντιποιεῖσθαι ἀξίας. 418 Siehe Can III (COGD II/1, S. 70–71), bei Mansi XVII, 504C: Εἴ τις τῶν λαϊκῶν … τολμήσειεν ἐπίσκοπόν τινα τύψαι ἢ φυλακίσαι, ἢ χωρὶς αἰτίας ἢ καὶ συμπλασάμενος αἰτίαν, ὁ τοιοῦτος ἀνάθεμα ἔστω. 419 Siehe actio IV, Mansi, XVII, 488Ε ὥστε μηκέτι ἀπὸ λαϊκῶν εἰς τὸν Κωνσταντινουπόλεως προάγεσθαι θρόνον. 420 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 257. Vgl. Can. XVII der Synode von 861 (Mansi XVII, 548CD). Diesem Kanon gemäß soll derjenige, der in die oberste Weihestufe emporsteigen (d.  h. Patriarch werden) will, wohlgeordnet, nach dem Ablauf eines gewissen Zeitraums und nachdem er in der Frömmigkeit, in der Tugend, und Hochherzigkeit erprobt ist, alle klerikalen Weihestufen (Probemönch, Ersten Leser, Akolouth, Diakon, Presbyter, Bischof) durchlaufen und nicht in der Lage sein, eine dieser Stufen allzu rasch und hastig einnehmen zu können: καὶ τοῦτο θεσπίσαι παραινοῦμεν … μηδεὶς ἀπὸ κοσμικῶν ἀξιωμάτων εἰς τὴν ἀρχιερατικὴν τάξιν ψηφίζηται καὶ χειροτονῆται  … προέρχεσθαι δὲ τὸν τοιοῦτον βουλόμεθα καθ’ ἕκαστον βαθμὸν τῆς ἐκκλησίας δοκιμαζόμενον, πρῶτον ἀναγνώστην, ἔπειτα ἀκόλουθον, εἶτα διάκονον, αὖθις

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

tigen Mitglieder der Synode Folgendes zu bedenken gegeben: Eine Erhebung zum Patriarchenthron aus dem Laienstand würde auf gar keinen Fall der Kirchlichen Ordnung widersprechen (τοῦτο κατ’ οὐδὲν ἐναντιοῦται τῷ ἐκκλησιαστικῷ θεσμῷ). Der apostolische Stuhl von Alexandrien, der von Antiochien und sogar der von Konstantinopel werden nie darauf verzichten, jemanden, sei er aus dem Laien-, dem Mönchs oder Priesterstand, zum Patriarchenthron zu erheben, wenn es sich erweise, dass er allen anderen in der Tugend überlegen sei.421 Denn Christus sei nicht nur wegen der Kleriker in die Welt herabgestiegen und habe auch niemanden, weder die Kleriker noch das ganze kirchliche Volk (Pleroma) von der Erlangung eines Kampfpreises aufgrund der Tugend ausgeschlossen“.422 Eine weitere Bestimmung legte auch fest, dass jeder Kirche erlaubt ist, unangefochten ihre eigenen alten Sitten und Bräuche zu bewahren.423 2) In Bulgarien sollten weder Photios noch irgendeiner seiner Nachfolger fortan das Pallium übersenden oder Ordinationen vornehmen.424 Dies bedeutete natürlich einen völligen Verzicht auf die Juridiktionsvorrechte von Byzanz in Bulgarien, was eine Forderung des römischen Stuhls war, die selbstverständlich nie verwirklicht wurde und nie verwirklicht werden konnte. Bereits in der diese Angelegenheit betreffenden Diskussion hat Photios selbst deutlich auf die Schwierigkeit angespielt, dieses Verlangen zu befriedigen, indem er bemerkte, dass die Kirche von Bulgarien auch zu den Kirchen gehöre, die in der Regierungsgewalt des östlichen Kaisertums miteingeschlossen sind (τῇ τῆς βασιλικῆς ἀνατολῇ συμπεριέχονται ἀρχῇ).425 3) Allen gegen Photios durchgeführten Synoden wurde ihre rechtmäßige Gültig­keit abgesprochen. Im Kapitel  X des (byzantinisch interpretierten) Commonitoriums liest man Folgendes: Τὴν γενομένην σύνοδον κατὰ Φωτίου τοῦ

πρεσβύτερον, μετὰ ταῦτα ἐπίσκοπον, δηλονότι μεμαρτυρημένον ἐπ’ εὐλαβείᾳ καὶ λόγων μελέτη, ὅτι ἐν τοῖς ὑποδεεστέροις τάγμασι τοῦ τοιούτου χρονίζοντος δοκιμάζεται ἥ τε ἀρετὴ αὐτοῦ καὶ λοιπὴ καλοκἀγαθία. 421 Siehe actio IV, Mansi  XVII, 488E–489A: καὶ γὰρ ἡ Ἀλεξάνδρεια καὶ ὁ πατριαρχικὸς τῆς Ἀντιοχείας θρόνος, ἀλλὰ μὴν καὶ ὁ τῆς ἁγίας πόλεως, ἐν οἵῳ δ’ ἂν τάγματι, εἴτε λαϊκῶν εἴτε μοναχῶν εἴτε κληρικῶν εὕρωσι ἀρετῇ πρὸς τοὺς λοιποὺς πλεονεκτοῦντα, ἐπὶ τὸν πατριαρχικὸν θρόνον ἀναβιβάζειν οὐ παραιτοῦνται. 422 Siehe Mansi XVII, 489A: οὐ γὰρ διὰ μόνους τοὺς κληρικοὺς κατῆλθεν ὁ Χριστὸς ἐπὶ γῆς, οὐδὲ τούτοις μόνοις ἀπέκλεισε τὰ τῆς ἀρετῆς ἆθλα, ἀλλὰ παντὶ τῷ χριστιανικῷ πληρώματι. 423 Siehe Mansi XVII, 489B: ἕκαστος θρόνος ἔσχεν ἀρχαῖά τινα παραδεδομένα ἔθη. καὶ οὐ χρὴ περὶ τούτων πρὸς ἀλλήλους διαφιλονεικεῖν καὶ ἐρίζειν. 424 Siehe actio II, Mansi  XVII, 488AB. ὅπως ἐν τῇ τῶν Βουλγάρων χώρᾳ μήτε ὠμόφορον ἀποστείλητε μήτε χειροτονία ποιήσητε [Damit ihr im Land der Bulgaren weder das Pallium übersendet noch irgendeine Weihe vornimmt]. 425 Siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 128 mit Verweis auf Mansi XVII, 420AB.

Die Beschlüsse der Synode von 879/80 

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ἁγιωτάτου πατριάρχου ἐν Ῥώμῃ ἐπὶ Ἀνδριανοῦ τοῦ μακαριωτάτου πάπα, καὶ τὴν γενομένην σύνοδον ἐν Κωνσταντινουπόλει κατὰ τοῦ αὐτοῦ ἁγιωτάτου Φωτίου, ὁρίζομεν παντελῶς ἐξωστρακισμένην καὶ ἀποκεκηρυγμένην εἶναι καὶ μήτε μετὰ ἁγίων συνόδων συναριθμεῖσθαι ἢ συγκαταλέγεσθαι· μήτε μὴν σύνοδον ὅλως καλεῖσθαι ἢ ὀνομάζεσθαι [Die Synode, die in Rom gegen den heiligen Patriarchen Photios unter dem seligen Papst Hadrian stattfand, und die Synode, die in Konstantinopel gegen den heiligen Patriarchen Photios durchgeführt wurde, erklären wir rundheraus für abgetan und öffentlich widerrufen; keinesfalls dürfen sie zu den heiligen Synoden gezählt werden oder mit diesen genannt werden; noch sind sie überhaupt Synoden zu nennen oder so zu bezeichnen].426 Eine 180°-Drehung in der Haltung des Heiligen Stuhls gegenüber Photios ist festzustellen, wodurch man einen Einblick in die damals ausgeübte Politik gewinnt. Vom „Räuber, Ehebrecher und Übeltäter“ wird Photios zum „θαυμασιώτατος καὶ εὐλαβέστατος ἀρχιερέας θεοῦ καὶ πατριάρχης ἀδελφός … καὶ συλλειτουργός, καὶ τῆς κοινωνίας τῆς πρὸς τὴν ἁγίαν τῶν Ρωμαίων ἐκκλησίαν σύμμοιρός τε καὶ συμμέτοχος καὶ κληρονόμος“ [höchst bewundernswerten und gottesfürchtigsten Erzbischof Gottes und Patriarchen, Bruder, Mitdiener und Teilhaber und Miterbe an der Gemeinschaft mit der heiligen römischen Kirche].427 Mit der Nichtigkeitserklärung der antiphotianischen Synoden wurde das materielle und gesetzwidrige Hindernis endgültig beseitigt, um Photios als rechtmäßigen Inhaber des Patriarchenstuhles anerkennen zu können.428 4) In der fünften Sitzung (26 Jan. 880) wurde auf Initiative des Photios die zweite Synode von Nizäa (Nizäa II von 787) in die Reihe der ökumenischen Synoden aufgenommen, was natürlich die Sanktionierung der Bilderverehrung bedeutete.429 Die Hinzurechnung des II. Konzils von Nizäa zu den ökumenischen Synoden war auch die unabdingbare Bedingung und zugleich Bestätigung der Wiedervereinigung zwischen Ost- und Westkirche: πρέπον ἐστὶ μετὰ πάσης τῆς γενομένης ἀποδοχῆς καὶ ἑνώσεως τῆς τῶν Ῥωμαίων ἐκκλησίας διὰ μεσιτείας του ἁγιωτάτου ἡμῶν πατριάρχου Φωτίου καὶ ἐπὶ τῇ ὑποθέσει

426 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 258 mit Verweis auf Mansi XVII, 489E–472A. 427 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 226. Aus dem Brief des Papstes Johannes VIII. an den Kaiser (Konstantinopolitanische Version). 428 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 258. 429 Das zweite Konzil von Nizäa war, obwohl es in Hinblick auf seine Beschlüsse hinsichtlich der Bilderverehrung von allen Patriarchaten anerkannt worden war, war bis zu diesem Zeitpunkt trotzdem nicht zu den ökumenischen Synoden gezählt worden. Dazu siehe Vlasios Pheidas, Ἀποδοχὴ καὶ συναρίθμησις τῆς Ζ’ Οἰκουμενικῆς Συνόδου, 787, εἰς τὴν Ἀνατολὴν καὶ εἰς τὴν Δύσιν, in: Études Theologiques 9 (1990) 67–84.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

ταύτῃ συμφωνῆσαι ἡμῖν, ὡς ἂν μηδὲ ἐν τούτῳ εἴη ἐν ἡμῖν διαφωνία. καὶ ὁ μὴ οὕτω φρονῶν καὶ ὀνομάζων τὴν ἁγίαν καὶ οἰκουμενικὴν ἐν Νικαίᾳ τὸ β’ ἑβδόμην σύνοδον, ὡς καὶ ὁ θεοσεβέστατος πρεσβύτερος καὶ καρδινάλιος προεῖπεν, ἔστω ἀνάθεμα430 [Angemessen ist es, dass wir nach aller Wiederherstellung und Einigung mit der Kirche der Römer durch die Vermittlung unseres heiligen Patriarchen Photios auch in dieser Hauptfrage übereinstimmen, sodass auch hierin keine Zwietracht unter uns herrsche. Wer also anders denkt und nicht die zweite heilige und ökumenische Synode in Nizäa als siebte bezeichnet, wie es auch der gottgelehrte Kardinalpriester (scil. Petrus) ausgesprochen hat, der sei verdammt].

5) Abschließend wurde die Gemeinschaft mit Photios als unverzichtbares Kriterium der Zugehörigkeit zur wahren Kirche beschrieben.431 Die durchaus bewusste Anerkennung des Photios als rechtmäßigen Patriarchen und die Nichtigkeitserklärung der gegen ihn durchgeführten Synoden in der Zeit von Hadrian und Ignatios wird von der Unterschrift der päpstlichen Legaten und vom Text, der sie begleitet, bezeugt: Ich, Paulus, unwürdiger Bischof der Stadt Ancona, Legat des Heiligen Apostolischen Stuhles und des seligen Herrn Johannes, des Oberhauptes der römischen, katholischen und apostolischen Kirche und allgemeinen Papstes, anerkenne gemäß dem Auftrag, dem Befehl und der Zustimmung des hochheiligen, apostolischen und ökumenischen Papstes Johannes, mit der Zustimmung der Kirche von Konstantinopel, mit der Zustimmung der Legaten der übrigen drei Patriarchate und mit der Bestätigung dieses heiligen ökumenischen Konzils den ehrwürdigen Photios, den rechtmäßigen Patriarchen, der kanonisch zu seiner Patriarchenwürde geweiht worden ist, und stehe in Gemeinschaft mit ihm gemäß dem Sinn und Wortlaut der (päpstlichen) Briefe und des Commonitorium.

430 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 259 mit Verweis auf Mansi XVII, 493E–496A. Über die Wichtigkeit der Anerkennung des II. Konzils von Nizäa als ökumenisch und die Implikationen dieser gewichtigen Entscheidung im Rahmen des Konzils von 879/80 aus historisch-ökumenischer und orthodoxer Sicht siehe die Studien von Ioannis Pheidas, Die Ökumenizität des photianischen Konzils des Jahres 879/80 in Konstantinopel aus orthodoxer Sicht, in: Θεολογία 82/1 (2011) 247–258 und Theodoros Alexopoulos, Das Konzil des Großen Photios von 879/80 und dessen Horos als Einigungsbasis zwischen der in Trennung befindlichen Christen. Seine gemeinsame offizielle Anerkennung als Achtes Heiliges Ökumenisches Konzil vonseiten der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche. Arbeitsentwurf zum Thema der Vertiefung der Einheit zwischen den Christen anhand der Enzyklika der Großen und Heiligen Synode auf Kreta (Par. I.3), in: KuD Heft 1 (2018) 1–35. 431 Siehe Gemeinhardt (Übers.), Filioque-Kontroverse 2002, 263 mit Verweis auf actio VII, Mansi XVII, 524C. Zehn Jahre nach seiner Verurteilung konnte Photios aus dem Mund der römischen Legaten hören: „Wenn jemand ihn nicht als heiligen Patriarchen anerkennt und nicht die Gemeinschaft mit ihm aufnimmt, dann gebührt ihm das Los des Judas, und er möge überhaupt nicht zu den Christen gerechnet werden“ [εἴ τις αὐτὸν οὐκ ἔχει πατριάρχην ἅγιον, καὶ τὴν μετ’ αὐτοῦ κοινωνίαν οὐκ ἀσπάζεται, ἔστω ἡ μέρις αὐτοῦ μετὰ τοῦ Ἰούδα, καὶ μὴ συγκαταταγείη ὅλως μετὰ τῶν χριστιανῶν.

Die Beschlüsse der Synode von 879/80 

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Ich verwerfe und anathematisiere das Konzil, das in der heiligen Kirche von Konstantinopel gegen ihn einberufen wurde. Alles, was in der Zeit Hadrians frommen Angedenkens, des damaligen römischen Papstes, auf welche Weise auch immer gegen ihn (scil. Photios) begangen worden ist, all das erkläre ich gemäß dem Commonitorium als außer Kraft gesetzt, anathematisiert und verworfen, und ich ordne dieses auf keinen Fall unter die Zahl der heiligen Konzilien ein. Wer auch immer die heilige Kirche Gottes spalten und sich von seinem eigenen Oberhirten und ökumenischen Patriarchen, dem heiligen Photios, trennen will, soll aus der heiligen Kirche Gottes ausgeschieden werden und exkommuniziert bleiben, bis er zur heiligen Kirche Gottes zurückkehrt und mit dem heiligen ökumenischen Patriarchen Gemeinschaft hält und dem Urteil des Apostolischen Stuhles Folge leistet. Außerdem gebe ich dem heiligen ökumenischen Konzil, das zur Zeit Hadrians  I., des römischen Papstes hochseligen Angedenkens, und des Tarasios, des heiligen Patriarchen von Konstantinopel, zum zweiten Mal in Nizäa zusammengetreten ist, um sich mit den heiligen und verehrungswürdigen Bildern zu befassen, den Namen des VII. Konzils und zähle es den sechs heiligen (ökumenischen) Konzilien hinzu. Ich habe eigenhändig unterschrieben.432

Nimmt man dies zusammen mit dem Zeugnis des Photios sowohl im Brief an den Erzbischof von Aquileia als auch in der Mystagogie, wonach die Vertreter des Papstes den dogmatischen Beschluss der Synode von 879/80 freiwillig unterschrieben und besiegelten,433 so sehe ich darin einen gewichtigen, schwer zu bestreitenden Beweis dafür, dass die Legaten damals durchaus wussten, was sie taten,434 zumal sie ihre Zustimmung zu dem vom Konzil verabschiedeten „Horos“ gaben, der jede Hinzufügung oder Auslassung im Glaubenssymbol untersagte. Über den Horos, der das „Verbot eines anderen Glaubens“ enthält, und damit zur normativen Ablehnung und Verurteilung der Filioque-(Neuerung) wird, schreibe ich unten (im Teil  II), wenn ich mich mit den der Mystagogie vorausgehenden Texten befasse. Wichtig ist nun dabei zu unterstreichen, dass die dogmatische Äußerung der Synode von 879/80 den Ansichten und Zielen des Photios ganz entsprach.435 Unabhängig davon war das in Rede stehende Konzil eine wichtige Station in der Geschichte der gesamten Kirche. Denn es hat: a) das ignatianische Konzil von 869/70 gegen Photios für nichtig erklärt, b) die Synode 787 zu den ökumenischen Synoden gezählt, c) den Frieden und die Einheit nicht nur innerhalb der Kirche von Konstantinopel, sondern auch im Zusammenhang mit der Kirche

432 Siehe actio V, Mansi XVII, 508BCD. Übers nach Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 227. Dazu siehe auch Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 342–343. 433 Siehe Ep. 291 (III, 150, 372 – 151, 378 L/W). 434 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 194–196. 435 Siehe Stratoudaki-White, Patriarch Photios and the Conclusion of Iconoclasm, in: GOTR 44 (1999) 341–355, 352; George Dragas, The Eighth Ecumenical Council: Constantinople IV (879/880) and the Condemnation of the Filioque Addition and Doctrine, in: GOTR 44 (1999) 357–369; Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 127–128.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

von Rom wiederhergestellt, d) die kanonische und theologische Grundlage für die Vereinigung zwischen Ost- und Westkirche durch ihren dogmatischen Beschluss gelegt, e) auf den gegenseitigen Respekt der rituellen Sitten und Bräuche beider Traditionen hingewiesen und diese keineswegs als Trennungsgründe verstanden, f) den Filioquezusatz direkt verurteilt ohne zugleich den römischen Stuhl für einen solchen Akt zur Verantwortung zu ziehen.436 Und noch eine zweite Bemerkung: Die Synode versteht sich als heilig und ökumenisch. Das wird nicht nur durch die Unterschriften verschiedener Bischöfe bezeugt, die daran teilgenommen haben,437 sondern auch durch den Beschluss des Kaisers, das Nicaenum-Constantinopolitanum (NC) verlesen und bestätigen zu lassen statt ein neues Glaubenssymbol zu verfassen.438 Erst recht geht es aus der Selbstbezeichnung (in den Akten) als heilige Synode hervor, welche unter dem Heiligsten und ökumenischen Patriarchen Photios zur Einheit der Heiligen und Apostolischen Kirche Gottes zusammengerufen worden war.439 Fazit: Die Synode von 879/80 befindet sich in vollem Einklang mit den ihr vorausgehenden sieben ökumenischen Synoden, und zwar in den folgenden wichtigen Punkten: a) Das Konzil hat den normativen-verbindlichen Stellenwert des NC für alle Christen ausdrücklich in seiner ursprünglichen Form, in der die ihm vorausgehenden ökumenischen Synoden es auch kannten, wieder feierlich bestätigt und bekräftigt. b) Es hat die kanonische Ordnung der fünf Bischofsstühle auf Basis der Beschlüsse der früheren ökumenischen Synoden wieder bestätigt und jede künftige Änderung diesbezüglich streng verboten. c) Die kanonische Basis der Alten Kirche besteht in der kanonisch herausragenden Stellung der fünf alten Bischofsstühle und nur auf dieser Basis kann man in der Zukunft aufbauen.

436 Siehe Dragas, The Eighth Ecumenical Council 1999, 359. 437 Prokopios von Caesarea, Gregorios von Ephesus, Johannes von Herakleia. Dazu siehe Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 344 mit Verweis auf Mansi XVII, 509E–512A. 438 Siehe actio VI, Mansi XVII, 513E–516A: Ἐξ ἅπαντος τρόπου ὀφείλει ὁ τῆς Νικαίας συνόδου ὅρος, ὃν καὶ αἱ λοιπαὶ ἅγιαι καὶ οἰκουμενικοὶ σύνοδοι ἐπεκύρωσάν τε καὶ ἐπῳκοδόμησαν, τοῦτον καὶ ἐν ταύτῃ τῇ μεγάλῃ καὶ οἰκουμενικῇ συνόδῳ ἀναγνωσθῆναι [In jeder Hinsicht ist es angemessen, dass man den Horos von Nizäa, den die übrigen heiligen ökumenischen Synoden besiegelt und befestigt haben, auch bei dieser großen und ökumenischen Synode rezitiert]. Dazu siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 133. 439 Siehe Francis Dvornik, Which Councils are Ecumenical: in: Photian Studies 1948, 314–328.

Die Beschlüsse der Synode von 879/80 

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d) Es hat auf den gegenseitigen Respekt der rituellen Sitten und Bräuche beider Traditionen hingewiesen und diese keineswegs als Trennungsgründe verstanden. e) Es hat das ihm vorausgehende Konzil von Nizäa (787) als ökumenisch anerkannt, da dieses im gesamten kirchlichen Bewusstsein schon längst als solches galt. Die Beschlüsse des Konzils könnte man – und damit würde man zu einem in den Quellen fundierten wissenschaftlichen Ergebnis kommen – als einen persönlichen Sieg des Photios betrachten, der darin alle seine Zielsetzungen, nämlich die Deeskalation der Spannung zwischen Rom und Konstantinopel und die Durchsetzung seiner Position zum Verbot eines anderen Glaubens als den des im NC überlieferten, erfüllt sah. Von der Durchsetzung seiner theologischen Position und deren „unzweifelhafter440 und unverzüglicher“ Annahme durch den Papst (mittels seiner Legaten) spricht Photios klar und deutlich in der Mystagogie, in der er Johannes als „meinen Johannes“ bezeichnet.441 Das eindeutige Zeugnis des Photios in der Mystagogie zeigt, dass sich der römische Stuhl damals an die neuen Umstände, d.  h. an die Festigung von Photios’ kirchlicher Politik, angepasst hatte. Nur eine gemäßigte Haltung gegenüber der Kirche von Konstantinopel diente Roms Interesse und war von Gewinn. Die Nachfolger des Johannes sahen in der Person des Photios einen starken Gegner, der immer bereit war, die Interessen der Ostkirche nicht nur in Bulgarien, sondern auch in Süditalien zu verteidigen. Die Lage hat sich aber wieder geändert, als Photios von Kaiser Leo VI. ge­ zwun­gen wurde, auf sein Amt zu verzichten. Wie ich am Anfang meines historischen Überblicks betont habe, wirkten sich die rasch wechselnden politischen Verhältnisse auf die damaligen Protagonisten positiv wie negativ aus. So wie der Tod von Kaiser Michael III. den ersten Sturz des Photios herbeigeführt hatte, genau so brachte der Tod des Basileios seinen zweiten und endgültigen Sturz mit sich.442 Die Gründe, die zu diesem Sturz geführt haben, sind unklar. Vermutlich

440 Papst Johannes VIII. hat den Beschlüssen des Konzils zugestimmt unter dem Vorbehalt: Si fortasse nostri legati in eadem sinodo contra apostolicam preceptionem egerint nos nec recipimus nec iudicamus alicuius existere firmitatis [Wenn sich erweisen sollte, dass unsere Legaten auf dieser Synode gegen die apostolische Vorschrift gehandelt haben, werden wir diese nicht akzeptieren und müssen ihr jegliche Bestätigung verweigern]. Siehe Ep. 258 (MGH Epp. VII, 228, 15  f Kehr). Dieser Klausel, so Gemeinhardt, sollte man keine große Bedeutung zumessen. Sie ist weniger als konkrete Drohung, denn als Selbstschutz gegen innerrömische Kritiker anzusehen. Siehe Filioque-Kontroverse 2002, 267; Vgl. Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 134. 441 Siehe Myst. 89 (S. 94, 2–3 Pol.). 442 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 683.

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 Skizzierung des historischen Kontexts, in dem Patriarch Photios gelebt hat

sind sie in den Misshelligkeiten und Meinungsverschiedenheiten zwischen Vater (Basileios) und Sohn (Leo  VI.) zu suchen. Photios hielt wohl zum regierenden Kaiser, und dies hat natürlich zu einer Spannung mit und letzten Endes zur Entfremdung von seinem ehemaligen Schüler geführt.443 Kaum hatte Leo jedenfalls den Thron bestiegen, so ließ er in der Sophienkirche eine Anklage gegen Photios verlesen und nötigte ihn, in aller Öffentlichkeit vom Patriarchenstuhl abzutreten und sich in ein Kloster zurückzuziehen.444 Im Kloster konnte nun Photios, nicht mehr durch weltliche Angelegenheiten abgelenkt, sich der Pflege der heidnischen Klassiker widmen und dort auch die berühmteste seiner Schriften in systematischdogmatischer Hinsicht, die Mystagogie des Hl. Geistes, abfassen. Am Ende der Schrift spielt er deutlich auf die schwierige Lage an, in der er sich befindet. Über die letzen Jahre seines Lebens besitzen wir wenige Informationen, außer, dass er im Exil starb und in der Kirche der Eremia oder des Jeremias am Merdosagar begraben wurde.445 Photios soll in den letzten Jahrzehnten des 9. Jahrhunderts gestorben sein. Nach Papadopoulos-Kerameus ist der Todestag der 6. Febr. 897.446

443 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 683. Dazu auch Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 136. 444 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 683. Die Abdankungsurkunde des Patriarchen wurde vom Logothetes Johannes Agiopolites und dem Magister Andreas verlesen und die Abdankung sofort ausgeführt. Zusammen mit Photios wurde auch Erzbischof Theodoros Santabarenos von Euchaita seines Amtes enthoben. Im Gegensatz zu jenem aber widerfuhr ihm eine grausame Strafe, da er eng mit Basileios verbunden war. Dazu siehe Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, Bd. II, 136. 445 Siehe Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 683. 446 Siehe Ὁ Πατριάρχης Φώτιος ὡς πατὴρ ἅγιος τῆς ὀρθοδόξου καθολικῆς ἐκκλησίας, in: BZ 8 (1899) 647–670, 647. Es bleibt jedoch unklar, in welchem Jahr genau Photios gestorben ist. Siehe dazu Ziegler, in: PRE, Art.: Photios 1941, 683. Mischa Meier in: Art.: Photius (LACL) 2002, 579–581, gibt die Jahre 893/894 als mögliche Todesjahre an.

2 Die der Mystagogie voraufgehenden und auf das Filioque Bezug nehmenden Dokumente in chronologischer Reihenfolge 2.1 Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή) Die Enzyklika1 aus dem Frühjahr 867 stellt das erste und wichtigste schriftliche Dokument dar, durch welches das Filioque als die größte Häresie gebrandmarkt wird, mit einer bemerkenswerten polemischen antilateinischen Haltung, die sicherlich nicht nur auf theologischen, sondern vorwiegend auf politischen Gründen beruht (zunehmendes Einflussnehmen der lateinischen Missionare auf Bulgarien und Abbau des byzantinischen Ritus). Durch dieses berühmte Rundschreiben versuchte Photios die anderen erzbischöflichen Stühle des Ostens in Hinblick auf den willkürlichen und gesetzwidrigen Eingriff der Lateiner in Bulgarien sowie gegen die Neuerung des Filioque zu alarmieren. Er bittet die anderen Patriarchen, Vertreter zu einem Konzil nach Konstantinopel zu entsenden, um mit den „Übeltätern“ (scil. den lateinischen Missionaren) abzurechnen. Die Enzyklika ist eigentlich das Ziehen des Säbels aus der Scheide, der zornige Ausbruch des Patriarchen nach einem langjährigen Stillschweigen um des Friedens willen und aus nationaler Zweckmäßigkeit heraus trotz der von Papst Nikolaos gegen seine Person gerichteten Verleumdungen (wegen seiner Erhebung zum Patriarchenthron).2 Er wollte ja nicht den Kaiser in eine unendliche Auseinandersetzung mit dem apostolischen Stuhl verwickeln, in eine Auseinandersetzung, aus der kein sicheres Ergebnis bezüglich der kirchlich-politischen Interessen Konstantinopels zu erwarten gewesen wäre. Der berühmte Historiker H. G. Beck hebt die Wichtigkeit des Dokuments bezüglich der Sache des Filioque hervor: „Die ganze Frage (scil. der Lehre, dass der Hl. Geist vom Vater allein ausgehe, wie er sie dann später

1 Der volle Titel lautet: Ἐγκύκλιος ἐπιστολὴ πρὸς τῆς ἀνατολῆς ἀρχιερατικοὺς θρόνους, Ἀλεξανδρείας φημὶ καὶ τῶν λοιπῶν· ἐν ᾖ περὶ κεφαλαίων τινῶν διάλυσιν πραγματεύεται, καὶ ὡς οὐ χρὴ λέγειν ἐκ τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ τὸ πνεῦμα προέρχεσθαι, ἀλλ’ ἐκ τοῦ πατρὸς μόνον [Rundschreiben an die erzbischöflichen Sitze des Ostens, d.  h. Alexandrias und der anderen; in dem man mit der Lösung mancher Hauptfragen beschäftigt ist und dass man nicht sagen soll, der Hl. Geist gehe vom Vater und Sohn aus, sondern allein aus dem Vater]. Das Rundschreiben ist an die apostolischen Bischofsstühle des Ostens gerichtet. Dies ist ein anachronistischer Vorgang, insofern als schon 787 in Nizäa nur die Vertreter der orientalischen Patriarchen, die längst unter fremder Herrschaft standen, teilgenommen hatten. Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 198. 2 Siehe Teil. I, Anm. 238–244. https://doi.org/10.1515/9783110790269-002

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 Dokumente in chronologischer Reihenfolge

in seiner Mystagogie entfaltet) wird von Photios schon während des ersten Patriarchats (858–867, das zweite 877–886) in seiner berühmten Enzyklika aufgerollt“.3 Die Enzyklika ist kritisch von B. Laourdas und L. G. Westerink 1983 (Leipzig) ediert und befindet sich als Epistula 2 im Band I (Seiten 40–53) der Reihe „Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Tevbneriana“ (Photii Patriarchae Constantinopolitani Epistulae et Amphilochia). Aus dieser Edition werde ich im Folgenden zitieren. Folgende Gliederung veranschaulicht die Binnenlogik des Textes: – Einführung (Bekämpfung der im Laufe der Jahrhunderte aufgetauchten Häresien durch die Kirche, die in einer stilistischen Akzentuierung als vielfältige Verführungen des „Bösen“ betrachtet werden. Die Kirche hat gegen sie mittels der ökumenischen Synoden glänzend triumphiert.4 – Bezugnahme auf Bulgarien (Der geliebte Weinberg des Herrn wurde mit Füßen zertreten. Kurze Aufzählung der nach der Meinung des Photios lateinischen Gesetzwidrigkeiten).5 – Bezugnahme auf die Frage des Filioque, welches als Krone allen Übels (κακῶν κορωνὶς) bezeichnet wird (Widerlegung mittels 12 überwiegend logischer Argumente).6 – Erneute Bezugnahme auf Bulgarien. (Hier nun detailliertes Prüfen der lateinischen sittlichen Gesetzwidrigkeiten mit Berufung auf die apostolischen Kanones und die Kanones der ökumenischen Synoden).7 – Kurze Bezugnahme: a) auf das Volk der Russen, b) auf die dem Patriarchen mitgeteilten Gesetzwidrigkeiten der Lateiner in Italien, c) Anerkennung und Aufmunterung zur Anerkennung von Nizäa  II (787) als ökumenische Synode.8 – Epilog.9 Zur historischen Situierung der Enzyklika gibt es einiges zu bemerken. Zuerst, dass ihr eine von Photios im Frühjahr 867 einberufene lokale Synode vorangeht. Diese verurteilte den gesetzwidrigen Eingriff und die „Neuerungen“ der lateinischen Missionare in Bulgarien, und zwar allein durch die Applikation der

3 Beck, Kirche und theologische Literatur im Byzantinischen Reich (= Byzantinisches Handbuch II/1), München 1959, 520–528; 521–522. 4 (I, 40, 5 – 41, 47 L/W). 5 (I, 41, 47 – 43, 100 L/W). 6 (I, 43, 101 – 46, 199 L/W). 7 (I, 47, 205 – 50, 292 L/W). 8 (I, 50, 292 – 53, 387 L/W). 9 (I, 53, 388–399 L/W).

Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή) 

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bestehenden Entscheidungen, wie Photios selbst mit Nachdruck beteuerte.10 So gewappnet wandte sich Photios in seiner Enzyklika, in welcher die Akten dieser Lokalsynode resümiert werden und das Filioque als häretisch gebrandmarkt wird, an die Patriarchen der Ostkirche.11 Eine zweite Bemerkung: In der Enzyklika spricht der Patriarch von ungerechten Taten der lateinischen Missionare in Bulgarien, die ihm durch ein Gerücht zu Ohren gekommen und von denen er schwer betroffen sei.12 Das bedeutet, dass die durch die byzantinischen Missionare übermittelten Informationen auf dem neuesten Stand waren, was den Patriarchen dazu gezwungen hat, auf den Eingriff des römischen Stuhls in Bulgarien zu reagieren. Von einem neuen Gerücht und von Männern, die aus den westlichen Gebieten kommen und unter dem Vorwand der Rechtgläubigkeit eine gottlose Lehre ins Feld führen, spricht auch der Patrikios, Philosoph und Lehrer (wie er sich selbst bezeichnet), Niketas von Byzanz, im Vorwort seiner Syllogistischen Kapitel und stellt sich als einer der Ersten dar, der ohne fremde Aufforderung die neueingeführte Lehre des Filioque zu bekämpfen versucht.13 Dieses Element in Zusammenhang auch mit der stilistischen und lexikalischen Ähnlichkeit des Vorworts der Syllogistischen Kapitel mit dem Vorwort der Enzyklika14 sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass die beiden Texte (Enzy-

10 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 189 mit Verweis auf Ep. 2 (I, 47, 223–226 L/W): τούτους τοὺς ἀπατεῶνας καὶ θεομάχους συνοδικῇ καὶ θείᾳ κατεκρίναμεν ψήφῳ· οὐ νῦν αὐτῶν τὴν ἀπόφασιν καθορίζοντες, ἀλλ’ ἐκ τῶν ἤδη συνόδων καὶ ἀποστολικῶν θεσμῶν τὴν προωρισμένην αὐτοῖς καταδίκην ὑπεκφαίνοντες καὶ πᾶσι ποιοῦντες ἐπίδηλον [Diese Betrüger und Gottbekämpfer haben wir durch synodale und göttliche Stimme verurteilt. (Das haben wir getan), indem wir das Urteil über sie nicht jetzt bestimmt haben, sondern indem wir die aus den schon bestehenden Synoden und apostolischen Regelungen schon vorher gegen sie bestimmte Verurteilung zum Vorschein brachten und allen bekannt gegeben haben]. 11 Siehe Beck, Geschichte 1980, 105; 12 Siehe Ep. 2 (I, 47, 207–209 L/W): ἦλθε ἡ τούτων φήμη εἰς τὰς ἡμετέρας ἀκοάς· ἐπλήγημεν διὰ μέσων τῶν σπλάχνων καιρίαν πληγὴν … 13 Siehe Syll. Kap. (85–87 Hergenröther): νυνὶ δ’ αὖ ὡς φήμης τινὸς εἰς ἡμᾶς περιαγγελθείσης, ὅτιπερ ὁ αὐτὸς μισόκαλος Σατὰν περὶ τὰ ἑσπέρια μέρη ἐν προσχήματι μὲν ὀρθοδοξίας ἄνδρας … κατὰ τοῦ παρακλήτου καὶ ζωαρχικοῦ θείου πνεύματος ἀναφανδὸν κηρύττειν ἐξεπαίδευσε … [Nun aber, nachdem ein Gerücht uns verkündet wurde, nämlich dass der gegen das Gute gesinnte Satan in den westlichen Gebieten manche Männer unter dem Vorwand der Rechtgläubigkeit angestiftet hat, ganz offen gegen den Parakleten und göttlichen Geist, der Ursache jedes Lebens ist, zu lehren …]. 14 Vgl. das Vorwort der Syll. Kap. (S. 84 Hergenröther): ποικίλη καὶ πολυσχιδὴς … ἡ τοῦ πονηροῦ δαίμονος ἀπάτη  … τὸ γένος τῶν ἀνθρώπων ἀπὸ τῆς εὐθείας ὁδοῦ ἐπὶ  … ὁδοὺς τῆς δυσεβείας ἀποσύρουσα …; ὁ τῶν ζιζανίων σπορεύς, ὁ τοῦ κακοῦ ἐφευρέτης, mit dem Vorwort der Enzyklika (Ι, 40, 5–10 L/W): οὐκ ἦν ἄρα ὡς ἔοικεν, κόρος τῷ πονηρῷ τῶν κακῶν, οὐδέ τι τῶν ἐφευρημάτων καὶ μηχανημάτων πέρας ἃ κατὰ τοῦ ἀνθρωπίνου γένους ἐξ ἀρχῆς ἀνακινεῖν ἐμελέτησεν … μύριαις

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 Dokumente in chronologischer Reihenfolge

klika und Syllogistische Kapitel) zeitlich nicht weit voneinander abgefasst sein können. Einer der beiden Verfasser hat Einfluss auf den anderen genommen. Wer es war, kann man nicht mit Sicherheit sagen, sondern nur vermuten.15 Das Filioque nimmt einen gewichtigen Raum innerhalb des Rundschreibens ein. Es ist schon in seinem Titel ausdrücklich angedeutet. Der auf das Filioque Bezug nehmende längere Abschnitt beginnt, nachdem Photios seinem Leser zuerst knapp und zusammenfassend Auskunft über den illegitimen Eingriff der lateinischen Missionare in Bulgarien gegeben hat.16 Genau auf diesen Teil des Werkes, in dem das Filioque allein thematisiert wird, werde ich vertiefend eingehen. Gleich nach der zusammenfassenden Darlegung der liturgischen und rituellen Neuerungen der lateinischen Missionare und ihrer Gesetzwidrigkeiten in Hinblick auf den Kanon, welche sowohl den kulturellen als auch dogmatischen Einfluss von Byzanz abzubauen drohten,17 kommt Photios zum wichtigsten Punkt, der von einem dogmatischen Verstoß handelt. Hieran lässt sich ersehen, dass er beabsichtigte, im Laufe des Briefes vom weniger Bedeutsamen zum Bedeutendsten voranzuschreiten. Er nimmt zuerst Bezug auf die liturgischen Neuerungen der Lateiner und am Ende weist er deutlich auf den wichtigsten Verstoß auf dogmatischer Ebene, das Filioque, das „die Krone allen Übels“ (κακῶν κορωνίς) sei, hin.18 Der Übergang vom vorausgehenden Zusammenhang zu dem des Filioque ist schlicht und nicht unstrukturiert angelegt. Folgender einleitender Satz bezeugt diese Feststellung: ἀλλὰ γὰρ οὐχὶ μόνον εἰς ταῦτα παρανομεῖν ἐξηνέχθησαν, ἀλλὰ καὶ εἴ τις κακῶν ἐστι κορωνίς, εἰς ταύτην ἀνέδραμον [Denn sie sind aber nicht nur in Hinblick auf diese Dinge (scil. die oben dargelegten Gesetzwidrigkeiten in Bulgarien) dazu gelangt, widerrechtlich zu handeln, sondern sind sogar, wenn es einen Gipfel des Bösen gibt, zu diesem (Gipfel) hinaufgestiegen].19 Dieser schlichte Übergang schwächt m.  E. die These derjenigen ab, welche behaupten, dass der in der Epistula 2 auf das Filioque Bezug nehmende Abschnitt

ἀπάταις  … πλάναις καὶ δελεάσμασι ὑποσκελίζειν καὶ παρασύρειν τοὺς αὐτῷ πειθομένους οὐ διέλιπεν. 15 Es gehört nicht zur Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, einen ausführlichen Vergleich zwischen beiden Werken zu ziehen. Berührungspunkte in der Argumentation des gelehrten Niketas von Byzanz und des Patriarchen Photios werden im Rahmen des Kommentars zur Mystagogie des Photios aufgezeigt werden. 16 Siehe Ep. 2 (I, 42, 65 – 43, 100 L/W). 17 Siehe Ep. 2 (I, 42, 67–68 L/W): οἶδεν δὲ καὶ ἡ μικρὰ τῶν παραδοθέντων ἀθέτησις καὶ πρὸς ὅλην τοῦ δόγματος ἐπιτρῖψαι καταφρόνησιν [Nun, auch die geringste Abschaffung des Überlieferten (scil. der dogmatischen Tradition), ist imstande, zur totalen Missachtung des Dogmas beizutragen]. 18 Siehe Ep. 2 (I, 43, 102 L/W). 19 Ep. 2 (I, 43, 101–102 L/W).

Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή) 

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eine Interpolation eines zu dieser Zeit kursierenden Textes mit Argumenten gegen das Filioque sei, welcher die kohärente Struktur des gemeinsamen Briefes verletze.20 Ist der mit dem Filioque verbundene Abschnitt schlicht und fein eingeleitet, wird er auch entsprechend abgeschlossen: καὶ μύρια ἄν τις τὴν ἄθεον αὐτῶν γνώμην διελέγχων, τοῖς εἰρημένοις ἐπιμετρήσειεν, ἃ τῆς ἐπιστολῆς ὁ νόμος οὐκ ἐᾷ νῦν ἐντάττειν οὐδὲ παρατίθεσθαι. διὸ καὶ ἅπερ εἴρηνται στοιχειωδῶς τε καὶ ἐν τύπῳ ἀπηγγέλθησαν, τῶν κατὰ μέρος ἐλέγχων καὶ τῆς ἐν πλάτει διδασκαλίας, θεοῦ διδόντος εἰς τὴν κοινὴν ταμιευομένων συνέλευσιν [Man könnte bei der Widerlegung ihrer gottlosen Meinung noch Vieles zu dem, was ich gesagt habe, hinzufügen, was aber einzufügen und (ausführlicher) zu zitieren der Umfang des Briefes nicht erlaubt. Aus diesem Grund wurde das, was gesagt worden ist, elementar und skizzenhaft formuliert, während die Widerlegungen im Einzelnen und die ausführliche lehrhafte Darstellung, wenn Gott es gewährt, für die allgemeine Synode aufgespart bleibt]“.21 Die oben vorgelegte Äußerung ist ein deutlicher Beweis dafür, dass sich der Patriarch in den Anfängen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der neu eingeführten Lehre des Filioque befand und dass er zu dieser Frage später in einem wahrscheinlich ausführlicheren Versuch zurückkommen wird. Dies ist mit der späteren Abfassung der Mystagogie, welche eine detaillierte Fortsetzung und Entwicklung der in der Enzyklika vorgelegten Argumente ist, völlig kompatibel. Denn was ist eigentlich die Mystagogie? Eine Sammlung (und noch nicht einmal eine endgültige) von Notizen und Argumenten gegen das Filioque, die der Patriarch im Laufe seiner Karriere gesammelt hat.22 Der gewichtigste Hinweis aber, dass sich die Enzyklika zu einer „Mystagogie“ entwickelt hat, besteht in den zahlreichen inhaltlichen und wörtlichen Übereinstimmungen mit dieser. Viele Passagen überschneiden sich in beiden Texten. Es wird darauf im Rahmen des Kommentars zur Mystagogie hingewiesen werden. Jetzt wende ich mich der inhaltlichen Analyse der Enzyklika in Bezug auf das Filioque zu, welches das Hauptthema dieser Arbeit darstellt.

20 Siehe Tia Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 59–60. Mit Verweis auf Paul Speck, Die griechischen Quellen zur Bekehrung der Bulgaren und die zwei ersten Briefe des Photios, in: Polypleuros Nous. Miscellanea für Peter Schreiner zum 60. Geburtstag, Cordula Scholtz/George Makris (Hgg.), ByA 19, München/Leipzig 2000, 342–359. Gemeinhardt (Filioque-Kontroverse 2002) sowie Theresia Hainthaler [Die Enzyklika des Photios an die Patriarchen des Ostens. Eine Vorlage für antilateinische Polemik, in: OS 60 (2011) 266–279] übernehmen in ihren Analysen nicht die Meinung von Speck und von Kolbaba, dass die Enzyklika eine Kompilation sei. Ich schließe mich ihnen an. 21 Ep. 2 (I, 47, 200–204 L/W). 22 Siehe Myst. 96 (S. 104, 1–3 Pol.)

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 Dokumente in chronologischer Reihenfolge

Der erste Einwand des Photios gegen das Filioque bezieht sich auf einen ekklesiologischen Kernpunkt, an dem er unerschütterlich und im Einklang mit seinen Äußerungen (in anderen Werken) festhält: Eine allgemeine Gültigkeit besitzt allein das, was von einer ökumenischen Synode festgelegt worden ist.23 Im Fall des Filioque handelt es sich um eine einseitig vorgenommene wesent­liche Änderung, nämlich eine Hinzufügung im Glaubensbekenntnis, was nach dem Verständnis des Photios, dessen Wegweiser die Beschlüsse der heiligen ökumenischen Konzilien sind, nicht erlaubt ist: πρὸς γάρ τοι τοῖς εἰρημένοις ἀτοπήμασιν καὶ τὸ ἱερὸν καὶ ἅγιον σύμβολον, ὃ πᾶσι τοῖς συνοδικοῖς καὶ οἰκουμενικοῖς ψηφίσμασιν ἄμαχον ἔχει τὴν ἰσχύν, νόθοις λογισμοῖς καὶ παρεγγράπτοις λόγοις καὶ θράσους ὑπερβολῇ κιβδηλεύειν ἐπεχείρησαν (ὢ τῶν τοῦ πονηροῦ μηχανημάτων), τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον οὐκ ἐκ τοῦ πατρὸς μόνον, ἀλλά γε καὶ ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι καινολογήσαντες24 [Denn wahrlich in Hinzufügung zu den vorher erwähnten Verstößen, haben sie versucht, das allerheiligste Symbol, welches durch alle synodalen und ökumenischen Beschlüsse unbestrittene Gültigkeit besitzt, mit falschen Gedanken, schriftwidrigen Worten und einem Übermaß an Frechheit zu verfälschen (oh, was für Kunstgriffe des Bösen!), indem sie die Neuerung einführten, der Hl. Geist gehe nicht aus dem Vater allein, sondern auch aus dem Sohn hervor]. Τίς ποτε τοιαύτην παρὰ τῶν πώποτε ἀσεβησάντων φωνὴν ἤκουσεν ῥαγεῖσαν; ποῖος σκολιὸς ὄφις εἰς τὰς ἐκείνων καρδίας τοῦτο ἠρεύξατο;25 [Wer hat je von denen, die einmal eine gottlose Lehre formuliert haben, eine solche Stimme gehört, die sie zum Ausbruch kommen ließ? Welche heimtückische Schlange hat (diese Lehre) in ihr Herz einfließen lassen?]. Der erste Einwand des Photios richtet sich also darauf, eine „Neuerung“ im NC eingeführt zu haben. „Ἐκπορεύεσθαι“ wird als exklusiver Terminus für die Existenzweise des Geistes beansprucht (statt προέρχεσθαι).26 Diese Annahme ist keine willkürliche Annahme des Photios, sondern sie stützt sich vor allem auf die Bibel und auf die darauf gegründete trinitätstheologische Denken der drei kappadozischen Kirchenväter. In diesem Zusammenhang tritt zum ersten Mal das „μόνον“ zur Betonung eines Ursprungsverhältnisses des Geistes nur mit dem Vater auf. In den früheren Schriften des Patriarchen wird der Akzent mehr

23 Vgl. Ep. 290 (III, 130, 204–205 L/W): τὰ οἰκουμενικαῖς καὶ κοιναῖς τυπωθέντα ψήφοις [Das, was durch ökumenische und gemeinsame Stimmen festgelegt worden ist]. 24 Ep. 2 (I, 43, 102–107 L/W). Übers. (wenig geändert) nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 190. 25 Ep. 2 (I, 43, 107–108 L/W). 26 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 191.

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auf die τριὰς παναγία, die ὑπερούσιος οὐσία,27 deren Wesenseinheit und Gleichursprünglichkeit jenseits aller innerweltlich-zeitlichen Vorgänge festgestellt werden soll, verlegt.28 Trotz der Abwesenheit einer nachdrücklichen Beteuerung des „μόνον“ (im Verlauf der Argumentation), gilt der Terminus „ἐκπόρευσις“ als die einzige Bezeichnung für die Ursprungsweise des Hl. Geistes, die ihre Ursache in der Person des Vaters hat: „Denn so ist die Dreiheit in Hinblick auf die zeitliche Vorstellung wie auf dasselbe Wesen gleichermaßen im Vater gegründet, aus welchem der eine auf unerforschliche und unaussprechliche Weise gezeugt wird, der andere jedoch hervorgeht; so wird sie theologisch recht gepriesen werden“.29 Die Wesensgleichheit und Naturgleichheit wird im Vater gegründet. Dieser erhält als absoluter Ursprung und als Bewirker jeglicher Unterscheidung innerhalb der Trinität einen deutlich logischen Vorrang den anderen zwei Hypostasen (Sohn und Geist) gegenüber. Zentral ist also die Person des Vaters, in der das gemeinsame Wesen, dem alle drei Personen gleichermaßen teilhaftig sind, seine Begründung findet. Es gibt kein vorher existierendes Wesen, in dem die göttlichen Personen ihren Vereinigungspunkt finden, sondern der Vater als Urgrund teilt zeitlos jeder Person, der einen durch Zeugung, der anderen durch Hervorbringung sein Wesen mit. Das tut er, weil er die absolute und einzige Ursache ist. Bei Photios spielt die Kategorie der absoluten Ursächlichkeit, die gänzlich in der griechischen Philosophie begründet ist, eine zentrale Rolle. Die Einführung eines zweiten Verursachenden ist für den Patriarchen (im Fall des Filioque) etwas Unannehmbares. Absoluter Ursprung bedeutet einziger Ursprung: Monarchie. Wenn Sohn und Geist nicht nur aus dem Vater hervorgingen, sondern dazu noch der Geist mit dem Sohn eine weitere Ursache besäße, dann wäre die Monarchie der Gottheit unmöglich zu bewahren: „Wer von denen, die zu den Christen zählen, würde es jemals aushalten, in die heilige Dreiheit zwei Ursachen einzuführen, den Vater nämlich (als Ursache) des Sohnes und des Geistes, den Sohn aber wiederum für den Geist, und die Alleinursprünglichkeit in eine Zweigottheit aufzulösen und die Theologie der Christen als nichts Geringeres als hellenistische Mythologie zu schmähen und gegen die Würde der überwesentlichen und monarchischen (durch einen einzigen Ursprung gekennzeichneten) Dreiheit zu freveln“?30

27 Vgl. PG 102, 1017–1024. 28 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 191. 29 Ep. 288 (III, 117, 85–88 L/W): οὕτω γὰρ καὶ τῆς χρονικῆς ἐννοίας ὁμοτίμως ἡ τριὰς ὑπεριδρυθήσεται καὶ τῆς αὐτῆς οὐσίας τῷ πατρί, ἐξ οὗπερ ὁ μὲν ἀρρεύστως καὶ ἀρρήτως γεγέννηται, τὸ δὲ ἐκπεπόρευται, θεολογικῶς ὑμνολογηθήσεται. Siehe Gemeinhardt, (Übers.) Filioque-Kontroverse 2002, 191. 30 Ep. 2 (I, 44, 110–114 L/W): τίς ὅλως ἀνάσχοιτο τῶν ἐν Χριστιανοῖς τελούντων ἐπὶ τῆς ἁγίας τριάδος δύο εἰσάγειν αἴτια, υἱοῦ μὲν καὶ πνεύματος τὸν πατέρα, τοῦ πνεύματος δὲ πάλιν τὸν

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Dabei ist zu beachten, wie viel Wert Photios auf die Idee der Monarchie des Vaters legt. Das ist kein Zufall, da, wie schon gesagt, diese Idee in den Texten seiner Vorgänger und vor allem bei den Kappadoziern tief verwurzelt ist.31 Die zentrale Achse, um die sich die ganze weitere Problematisierung des Autors dreht, ist der Versuch zu zeigen, dass mit der Aufhebung der Monarchie durch Einführung einer zweiten Ursache in die Gottheit die absolute Einheit des dreieinigen Gottes nicht mehr gewahrt bleiben kann. Um aufzuweisen, dass die Verletzung der Idee der Monarchie gottlos ist, führt Photios eine Reihe von logischen Argumenten (reductiones ad absurdum) ins Feld. „Aus welchem Grund aber dürfte der Geist auch vom Sohn hervorgegangen sein? Denn wenn das Hervorgehen vom Vater vollkommen ist (es ist ja vollkommen, weil vollkommener Gott aus vollkommenem Gott ist), welcher (Art) wäre dann das Hervorgehen vom Sohn, und wozu? Denn dieses wäre überflüssig und zwecklos“.32 Das Argument hat ein besonderes Gewicht, nicht nur weil es sich in der Mystagogie (Par. 7) wiederholt, sondern auch weil es von späteren wichtigen Autoren wie Gregor von Zypern zum Beweis der Unhaltbarkeit des Filioqueansatzes gebraucht wurde). So wendet sich Gregorios Kyprios, der Theologe des 13. Jh., an diejenigen, die sich für ein Hervorgehen des Geistes auch aus dem Sohn einsetzen, und führt folgenden Gedanken ins Feld: „Entweder bezeichnet ihr die Existenz des Geistes aus dem Vater als unvollkommen, die sich aber durch den

υἱόν, καὶ εἰς διθεΐαν τὴν μοναρχίαν λύειν καὶ μηδὲν ἧττον τῆς Ἑλληνικῆς μυθολογίας τὴν τῶν Χριστιανῶν σπαράττειν θεολογίαν, καὶ τῆς ὑπερουσίου καὶ μοναρχικῆς τριάδος ἐξυβρίζειν τὸ ἀξίωμα; Siehe Gemeinhardt (Übers. wenig geändert) Filioque-Kontroverse 2002, 19  f. 31 Siehe Bas. Caer., Hom. contra Sabelianos, PG 31, 609B: ἔστι μὲν γὰρ ὁ Πατήρ, τέλειον ἔχων τὸ εἶναι καὶ ἀνενδεές, ρίζα καὶ πηγὴ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ Ἁγίου Πνεύματος [Denn der Vater, indem er in Hinblick auf seine Existenz (absolut) vollkommen und unbedürftig ist, ist die Wurzel und die Quelle des Sohnes und des Hl. Geistes]; Greg. Naz., Or. 29.2 (SC 250, 178, 6–7 Gallay): ἡμῖν δὲ μοναρχία τὸ τιμώμενον (wir dagegen verehren die Alleinherrschaft); Greg. Nyss., Ad Graecos (GNO III/1, 25, 4–8 Mueller): ἓν γὰρ πρόσωπον καὶ τὸ αὐτό, τοῦ Πατρός, ἐξ οὗπερ ὁ Υἱὸς γεννᾶται καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκπορεύεται· διὸ δὴ καὶ κυρίως τὸν ἕνα αἴτιον μετὰ τῶν αὐτοῦ αἰτιατῶν ἕνα θεόν φαμεν τεθαρρηκότως [Denn es ist eine und dieselbe Person, die des Vaters, aus der der Sohn gezeugt wird und der Hl. Geist ausgeht; deshalb nennen wir im eigentlichen Sinne und in Freimut den einen Verursachenden zusammen mit seinen (beiden) Verursachten einen Gott]; Dion. Areop., Div. Nom. II.5 (PTS 33, 128, 11–12 Suchla): μόνη δὲ πηγὴ τῆς ὑπερουσίου θεότητος ὁ Πατήρ [Der Vater sei dagegen die einzige Quelle der über jedes Wesen hinausliegenden Gottheit]. 32 Ep. 2 (I, 44, 115–117 L/W): Διὰ τί δὲ καὶ ἐκπορευθείη τοῦ υἱοῦ τὸ πνεῦμα; εἰ γὰρ ἡ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπόρευσις τελεία (τελεία δέ, ὅτι θεὸς τέλειος ἐκ θεοῦ τελείου), τίς ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπόρευσις, καὶ διὰ τί; περιττὸν γὰρ ἄν εἴη τοῦτο καὶ μάταιον.

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Sohn vervollkommnet, oder als irgendwie überflüssig und als eine, die bei den Theologen nutzlos und umsonst überliefert ist“.33 Das zweite logische Argument zielt darauf ab, einfach zu zeigen, dass die Vermischung der hypostatischen Eigentümlichkeit ein Durcheinander bei den Relationen zwischen den göttlichen Personen verursachen würde. D.  h.: Warum sollte der Sohn nicht auch vom Geist gezeugt sein, wenn der Geist, wie aus dem Vater, auch aus ihm hervorgeht?34 Das dritte Argument, das sich im größten Teil wörtlich in der Mystagogie findet (im Par. 32), weist auf ein unausgewogenes Verhältnis hin, das sich ergeben würde, falls man dem Sohn ein zusätzliches Privileg, den Geist hervorzubringen, zuschreiben würde: „Bedenke auch Folgendes: Wenn die Eigentümlichkeit des Geistes in seinem Hervorgehen aus dem Vater und auf ähnliche Weise die des Sohnes in seinem Gezeugt-Werden (vom Vater) erkannt wird, wenn aber ihrem Geschwätz entsprechend der Geist auch vom Sohn ausgeht, dann unterscheidet sich der Geist vom Vater durch mehr Merkmale als der Sohn; denn einerseits haben Vater und Sohn (etwas) Gemeinsames, den Hervorgang des Geistes aus beiden, andererseits hat der Geist den Hervorgang aus dem Vater wohl aber auch den aus dem Sohn eigen. Wenn sich aber der Geist vom Vater durch mehr Unterschiede als der Sohn unterscheidet, dann müsste der Sohn dem Wesen des Vaters näher stehen. Und so taucht die Kühnheit des Makedonios gegen den Geist erneut auf, indem sie auf deren (scil. der Gottbekämpfer) Bühne und Szene auftritt“.35

33 De Processione Spiritus Sancti, PG 142, 237C:  …ἢ ἀτελῆ τὴν ἐκ τοῦ Πατρὸς ὕπαρξιν τοῦ Πνεύματος λέγετε, τελειουμένην δὲ διὰ τοῦ Υἱοῦ, ἢ περιττήν τινα καὶ τοῖς θεολόγοις εἰκαίως παρειλημμένην; 34 Siehe Ep. 2 (Ι, 44, 118–120 L/W): Ἔτι δέ, εἰ ἐκπορεύεται τοῦ υἱοῦ τὸ πνεῦμα, ὥσπερ ἐκ πατρός, τί μὴ καὶ ὁ υἱὸς ἐκ τοῦ πνεύματος γεννᾶται, ὥσπερ ἐκ πατρός, ἵνα εἴη πάντα τοῖς ἀσεβοῦσιν ἀσεβῆ, καὶ αἱ γνῶμαι καὶ τὰ ῥήματα, καὶ μηδὲν αὐτοῖς ἀτόλμητον ὑπολείποιτο; [Noch dazu: wenn der Geist, wie aus dem Vater, (auch) aus dem Sohn hervorgeht, warum wäre dann nicht auch der Sohn vom Geist, wie auch vom Vater, gezeugt? Damit alles, was zu den Gottlosen gehört, d.  h. sowohl ihre Meinungen als auch ihre Worte Gottloses wäre, und gar nichts ihnen übriggeblieben wäre, was sie noch unversucht gelassen haben]. 35 Siehe Ep.  2 (I, 44, 122–131 L/W): Σκόπει δὲ κἀκεῖνο. εἰ γὰρ ἐν ᾧ τοῦ πατρὸς ἐκπορεύεται τὸ πνεῦμα ἡ ἰδιότης ἐπιγινώσκεται αὐτοῦ, ὡσαύτως δὲ καὶ ἐν ᾧ γεννᾶται ὁ υἱὸς ἡ τοῦ υἱοῦ, ἐκπορεύεται δέ, ὡς ὁ ἐκείνων λῆρος, καὶ τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ, πλείοσιν ἄρα ἰδιότησιν διαστέλλεται τὸ πνεῦμα τοῦ πατρὸς ἤπερ ὁ υἱός. κοινὸν μὲν γὰρ πατρὶ καὶ υἱῷ ἡ ἐξ αὐτῶν τοῦ πνεύματος πρόοδος, ἰδία δὲ τοῦ πνεύματος ἡ τε ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπόρευσις καὶ μὴν καὶ ἡ ἐκ τοῦ υἱοῦ. εἰ δὲ πλείοσιν διαφοραῖς διαστέλλεται τὸ πνεῦμα ἤπερ ὁ υἱός, ἐγγυτέρω ἂν εἴη τῆς πατρικῆς οὐσίας ὁ υἱὸς ἥπερ τὸ πνεῦμα· καὶ οὕτως ἡ Μακεδονίου πάλιν κατὰ τοῦ πνεύματος παρακύψει τόλμα, τὸ ἐκείνων ὑποδυομένη δρᾶμα καὶ τὴν σκηνήν.

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Im vierten Argument unterscheidet der Autor deutlich zwischen denjenigen Eigentümlichkeiten, welche zum göttlichen Wesen gehören, wie die Herrschaft, die Gottheit, die Unkörperlichkeit usw. und denjenigen, die jeder einzelnen Hypostase zuzuweisen sind. Geht der Geist aus dem Vater und aus dem Sohn hervor, verwandelt sich die Eigenschaft des Hervorgehens in eine Eigentümlichkeit des Wesens, d.  h. wird zum gemeinsamen Merkmal aller drei Hypostasen in gleichem Maße und deshalb muss auch der Geist aus sich selbst hervorgegangen sein, d.  h. zugleich Verursachendes und Verursachtes werden.36 Anders gesagt: Indem man ein Merkmal, (das eigentlich weder hypostatisch, da es nicht zu allen drei Personen gehört, noch gemeinsam ist, da an diesem nur die zwei von den drei Personen Anteil haben) den zwei Personen der Gottheit und den zwei anderen Hypostasen, nicht aber der dritten Person zuschreibt, macht man den Geist zu etwas Untergeordnetem. In der Fortsetzung (fünftes Argument) wird gefragt: „Denn wenn das auf zwei alternierende Prinzipien Bezugnehmen ein Merkmal nur des Geistes ist, wie ist es nicht ein ausschließlich zugewiesenes Spezifikum des Geistes, seinen Ursprung in mehreren Ursprünge (als in einem) zu haben“?37 Sechstes (logisches) Argument: „Wenn die (Gegner), indem sie eine neue Lehre in Hinblick auf die Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn eingeführt haben, den Geist aus (dieser Gemeinschaft) ausschließen, der Vater sich mit dem Sohn hinsichtlich des Wesens und nicht in Hinsicht auf eine (bestimmte) der (hypostatischen) Eigentümlichkeiten verbindet, dann sondern sie den Geist von der Gemeinschaft (mit den zwei anderen Personen) in Hinblick auf das Wesen ab“.38

36 Siehe Ep.  2 (I, 44, 132–138 L/W): εἰ πάντα τὰ κοινὰ πατρὸς καὶ υἱοῦ καὶ τοῦ πνεύματος πάντως ὑπάρχει κοινά, ὡς τὸ θεός, τὸ βασιλεύς, τό κύριος, τὸ δημιουργός, τὸ παντοκράτωρ, τὸ ὑπερούσιον, τὸ ἁπλοῦν, τὸ ἀσχημάτιστον, τὸ ἀσώματον, τὸ ἀόρατον, ἁπλῶς τὰ ἄλλα πάντα, κοινὸν δὲ πατρὸς καὶ υἱοῦ ἡ τοῦ πνεύματος ἐξ αὐτῶν πρόοδος, καὶ ἐξ ἑαυτοῦ ἄρα ἐκπορευθήσεται τὸ πνεῦμα, καὶ ἀρχὴ ἔσται αὐτὸ ἑαυτοῦ καὶ αἴτιον ἅμα καὶ αἰτιατόν [Wenn alles, was Vater, Sohn und Hl. Geist gemeinsam haben, ihnen in jeder Hinsicht gemeinsam ist, wie (z.  B.) das Gott-Sein, das König-Sein, das Herr-Sein, das Schöpfer-Sein, das Weltherrscher-Sein, das Über-jedes-Wesenhinausliegend-Sein, das (absolut) Einfach-Sein, das Gestaltlos-Sein, das Unkörperlich-Sein, das Unsichtbar-Sein, sowie in einfacher Weise alles andere, (wenn) aber der Hervorgang des Geistes dem Vater und dem Sohn etwas Gemeinsames ist, (so) wird der Geist folglich von sich selbst hervorgegangen werden, und wird Ursache seiner selbst sowie zugleich Verursachendes und Verursachtes sein]. 37 Ep. 2 (I, 45, 139–140 L/W): Ἀλλὰ καὶ εἰ μόνου πνεύματός ἐστι τὸ εἰς ἀρχὰς ἀναφέρεσθαι διαφόρους, πῶς οὐκ ἔστιν μόνου πνεύματος τὸ πολύαρχον ἔχειν ἀρχήν; 38 Ep. 2 (I, 45, 141–144 L/W): εἰ οἷς πατρὶ καὶ υἱῷ κοινωνίαν ἐκαινούργησαν, τὸ πνεῦμα τούτοις ἀποτειχίζουσιν, πατὴρ δὲ κατ’ οὐσίαν υἱῷ, ἀλλ’ οὐ κατά τι τῶν ἰδιωμάτων εἰς κοινωνίαν συνάπτεται, τῆς κατ’ οὐσίαν ἄρα συγγενείας τὸ πνεῦμα περιορίζουσιν.

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Die Erklärung des Arguments sieht wie folgt aus: Vater und Sohn sind in Hinblick auf das Wesen verbunden und nicht in Hinblick auf die Hypostase. Sonst wären sie miteinander identisch. Alles, was Vater und Sohn gemeinsam haben, kann nicht als persönliche Eigentümlichkeit betrachtet werden, sondern nur als Eigentümlichkeit des Wesens. Wenn jetzt Vater und Sohn an derselben Eigentümlichkeit Anteil haben, indem sie gemeinsam den Geist hervorbringen, dann wird das Hervorgehen des Geistes eine Eigentümlichkeit des Wesens. Der Geist aber kann nicht an dem Hervorbringenlassen des Geistes Anteil haben. So haben Vater und Sohn an etwas Anteil, an dem der Geist nicht teilhat. Deshalb wäre er von der Gemeinschaft mit diesen beiden wesensmäßig abgesondert.39 Das siebte Argument ist eine Verlegung des Gewichts von der reinen Logik auf die Autorität der Väter und der kirchlichen Tradition. Im NT wird ausdrücklich gesagt, dass der Geist vom Vater ausgeht, während zugleich der Chor der Kirchenväter und die Heiligen Synoden diese Lehre des Evangeliums bestätigen. Die Meinung, dass der Geist auch vom Sohn ausgeht, widerspricht dem Evangelium, der Lehre der Väter und der der Synoden: „Siehst du ein, wie diese, um vielmehr die Mehrheit (der im rechten Glauben Stehenden) zu überlisten, sich selbst vergeblich den Namen des Christen zugeschrieben haben? Der Geist geht vom Sohn aus. Woher hast du das gehört? Von welchen Evangelisten hast du ein solches (geäußertes) Wort? Welcher Synode entstammt dieses gottlose Wort? Unser Herr und Gott sagt ‚der Geist, der vom Vater ausgeht‘, die Väter dieser neuen Gottlosigkeit aber sagen, der ‚Geist‘, der ‚vom Sohn ausgeht‘. Wer wird nicht die Ohren vor diesem Übermaß an Gottlosigkeit schließen? Diese (Gottlosigkeit) widerspricht der Lehre der Evangelien, widersetzt sich den heiligen Synoden und steht letzten Endes im Widerspruch zu den seligen und heiligen Vätern, Athanasius d. Gr., dem in der Theologie berühmten Gregor von Nazianz, dem königlichen Gewand der Kirche, Basileios d. Gr., dem goldenen Mund der Ökumene, dem Meer der Weisheit, den wahrhaftig Goldmündigen (Johannes Chrysostomos). Aber warum sage ich diesen oder jenen? Diese gottlose und Gott bekämpfende Stimme rüstet sich gegen alle heiligen Propheten, Apostel, Hierarchen, Märtyrer und selbst gegen die Worte des Herrn“.40

39 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2005, 69. 40 Ep. 2 (I, 45, 146–159 L/W): Ὁρᾷς ὡς μάτην οὗτοι, μᾶλλον δ’ εἰς πρόχειρον θήραν τῶν πολλῶν, τὸ τῶν Χριστιανῶν ἑαυτοῖς ἐπέθεσαν ὄνομα; ἐκπορεύεται τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ. πόθεν ἤκουσας τοῦτο; ἐκ ποίων εὐαγγελιστῶν τὴν φωνὴν ἔχεις ταύτην; ποίας συνόδου τὸ βλάσφημον τοῦτο ῥῆμα; ὁ κύριος καὶ θεὸς ἡμῶν φησιν· ‘τὸ πνεῦμα, ‘ὃ παρὰ τοῦ πατρὸς ἐκπορεύεται’· οἱ δὲ τῆς καινῆς ταύτης δυσσεβείας πατέρες ‘τὸ πνεῦμα’, φασίν, ‘ὃ παρὰ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύται’. τίς οὐ κλείσει τὰ ὦτα πρὸς τὴν ὑπερβολὴν τῆς βλασφημίας ταύτης; αὕτη κατὰ τῶν εὐαγγελίων ἵσταται, πρὸς τὰς ἁγίας ἀπομάχεται συνόδους, τοὺς μακαρίους καὶ ἁγίους παραγράφεται πατέρας, τὸν

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Das achte (logische) Argument findet sich fast wörtlich im 35. Paragraphen der Mystagogie. Es besteht in einem binären Gegensatz, nämlich, dass das Hervorgehen des Geistes vom Sohn entweder dem vom Vater identisch oder verschieden ist. Wäre es mit dem Hervorgehen aus dem Vater identisch, vermischten sich die Hypostasen des Vaters und des Sohnes in eine. Wäre es ihm (dem Hervorgehen aus dem Vater) gegensätzlich oder (in etwas) verschieden, müsste man den Geist zwangsläufig in zwei Teile zerteilen, in einen Teil, der vom Vater ausgeht und in einen anderen Teil, der aus dem Sohn hervorgeht.41 D.  h. der Geist wird zu einem Zusammengesetzten, da er sich auf zwei unabhängig voneinander stehende Prinzipien zurückbezieht (neuntes Argument).42 Zwei alternierende Prinzipien können keine absolute Einfachheit gründen. Zehntes (logisches) Argument (Vgl. Myst. Par 37): „Wenn der Sohn vom Vater gezeugt ist, während der Geist vom Vater und Sohn ausgeht, welcher (Art) wäre die Neuerung in Hinblick auf den Geist auszudenken? Etwa, dass wieder etwas Anderes (scil. etwa eine vierte Person) aus ihm (dem Geist) hervorgeht? Dann würden dieser gottbekämpfenden Ansicht nach, nicht drei, sondern vier oder, besser, unendlich viele Hypostasen sein, indem von der vierten Hypostase wieder

μέγαν Ἀθανάσιον, τὸν ἐν θεολογίᾳ περιβόητον Γρηγόριον, τὴν βασίλειον τῆς ἐκκλησίας στολήν, τὸν μέγαν Βασίλειον, τὸ χρυσοῦν τῆς οἰκουμένης στόμα, τὸ τῆς σοφίας πέλαγος, τὸν ὡς ἀληθῶς Χρυσόστομον. καὶ τί λέγω τὸν δεῖνα ἢ τὸν δεῖνα; κατὰ πάντων ὁμοῦ τῶν ἁγίων προφητῶν, ἀποστόλων, ἱεραρχῶν, μαρτύρων, καὶ αὐτῶν τῶν δεσποτικῶν φωνῶν ἡ βλάσφημος αὕτη καὶ θεομάχος φωνὴ ἐξοπλίζεται. 41 Siehe Ep.  2 (I, 45, 160–165 L/W): Τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεται; πότερον τὴν αὐτὴν ἐκπόρευσιν ἢ τῆς πατρῴας ἀντίθετον; εἰ μὲν γὰρ τὴν αὐτήν, πῶς οὐ κοινοῦνται αἱ ἰδιότητητες, αἷς καὶ μόναις ἡ τριὰς τριὰς εἶναι καὶ προσκυνεῖσθαι χαρακτηρίζεται; εἰ δὲ ἐκείνης ἀντίθετον, πῶς ἡμῖν οὐ Μάνεντες καὶ Μαρκίωνες τῷ ῥήματι τούτῳ προκύπτουσιν, τὴν θεομάχον πάλιν κατὰ τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ γλῶσσαν προτείνοντες; [Der Geist geht (nach gegnerischer Auffassung) vom Sohn aus. Ist das dasselbe Hervorgehen (wie das aus dem Vater), oder ist es dem aus dem Vater entgegengesetzt? Ist er identisch, werden davon dann nicht die Eigenschaften (der einzelnen Hypostasen) gemeinsam sein, durch welche gerade allein die (göttliche) Trinität als Dreiheit charakterisiert wird, im Sein wie in der Anbetung? Ist er aber jenem entgegengesetzt, wie werden sich dann nicht Leute wie Mani und Markion mittels dieser (neuen) Lehre ergeben, indem sie ihr gottfeindliches Geschwätz gegen Vater und Sohn ganz öffentlich zur Sprache bringen?]. 42 Siehe Ep.  2 (I, 45, 166–168 L/W): Πρὸς δέ γε τοῖς εἰρημένοις, εἰ ἐκ τοῦ πατρὸς μὲν ὁ υἱὸς γεγέννηται, τὸ τὲ πνεῦμα ἐκ τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεται, ὡς εἰς δύο αἰτίας ἀναφερόμενον οὐδὲ τὸ σύνθετον εἶναι διαδράσειεν [Zu dem, was schon gesagt wurde: wenn einerseits der Sohn vom Vater gezeugt ist, andererseits der Geist aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, könnte er (scil. der Geist) dem Zusammengesetzt-Sein nicht entgehen, da er auf zwei Ursachen seinen Rückbezug nimmt].

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eine andere ausgehen würde und von dieser (wieder) eine andere, bis zu dem Punkt an dem sie zum heidnischen Polytheismus herabsinken“.43 Der Autor führt ein anderes Argument, das schon auf das erste Argument Bezug nimmt, ins Feld. Dieses Argument hat genau den gleichen Inhalt, ist aber ein wenig geändert formuliert: „… denn, wenn gewiss das Hervorgehen des Geistes vom Vater zum Ins-Sein-Gelangen (des Geistes) beiträgt, wozu wird das Hervorgehen auch vom Sohn dem Geist dienen, da das Hervorgehen vom Vater zum Ins-Sein-Gelangen (des Geistes) (völlig) ausreicht? Denn niemand hätte gewagt zu sagen, dass etwas von den Eigenschaften, die zum gemeinsamen Wesen (der Trinität) gehören, zu etwas anderem beitragen würde, da jene selige und göttliche Natur über jede Zweiheit und Zusammensetzung erhaben (zu finden) ist“.44 Das zwölfte (logische) Argument ist ein ganz wichtiges, das einen normativaxiomatischen Charakter angenommen hat. Es besteht in der Überlegung, dass alles, was der Trinität nicht gemeinsam ist, einem von den dreien (Personen) zukommen muss; es handelt sich dabei um die rechte Unterscheidung zwischen dem Gemeinsamen (κοινὸν) und dem Eigentümlichen (ἴδιον). Diese Unterscheidung ist von ausschlaggebender Bedeutung, damit die Einheit innerhalb der Dreiheit gesichert wird. Indem (von den Gegnern) das Hervorbringen des Geistes als etwas verstanden wird, an dem die Hypostase des Vaters und die des Sohnes gemeinsam beteiligt sind, müsste dieses Axiom zwangsläufig zur Aussage führen, dass der Geist als dritte Hypostase an dieser Eigenschaft der beiden anderen Personen Anteil hat, mithin sich selbst aussendet bzw. aus sich selbst hervorgeht, was jedoch offensichtlich unmöglich ist. Das Argument lautet, wie folgt: „Abgesehen von dem Gesagten gilt: Falls alles, was nicht gemeinsames Merkmal der allmächtigen, wesenseinen und übernatürlichen (die Natur transzendierenden) Trinität ist, ausschließlich einer einzigen der drei (Hypostasen) angehört, und falls das Hervorbringen des Geistes nicht (allen) Dreien gemeinsam ist, so ist es ausschließlich einer einzigen unter den Dreien zuzuschreiben. Für welche von diesen beiden (Alternativen) werden sich (diese Leute) entscheiden?

43 Ep. 2 (I, 46, 169–174 L/W): Ἔτι δέ, εἰ ἐκ τοῦ πατρὸς ὁ υἱὸς γεγέννηται, τὸ δὲ πνεῦμα ἐκ τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεται, τίς ἡ καινοτομία τοῦ πνεύματος, μὴ καὶ ἔτερόν τι αὐτοῦ ἐκπεπορεῦσθαι; ὡς συνάγεσθαι κατὰ τὴν ἐκείνων θεομάχων γνώμην μὴ τρεῖς, ἀλλὰ τέσσαρας τὰς ὑποστάσεις, μᾶλλον δ᾽ ἀπείρους, τῆς τετάρτης αὐτοῖς ἄλλην προβαλλούσης, κἀκείνης πάλιν ἑτέραν, μέχρις ἂν εἰς τὴν Ἑλληνικὴν πολυπλήθειαν ἐκπέσωσιν; 44 Ep. 2 (I, 46, 175–178 L/W): Πρὸς δέ γε τοῖς εἰρημένοις κἀκεῖνο ἄν τις ἐπισκοπήσειεν, ὡς εἴπερ ἡ τοῦ πνεύματος ἐκ τοῦ πατρὸς πρόοδος εἰς ὕπαρξιν συντελεῖ, τί συνοίσει τῷ πνεύματι ἡ ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπόρευσις, τῆς πατρικῆς ἀρκούσης εἰς ὕπαρξιν; οὐ γάρ τις εἰς ἕτερόν τι τῶν περὶ τὴν οὐσίαν συντελεῖν κατατολμήσειε λέγειν, πάσης διπλόης καὶ συνθέσεως τῆς μακαρίας καὶ θείας ἐκείνης φύσεως ὡς ἀπωτάτω κειμένης.

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Dass der Geist vom Vater ausgeht? Werden sie (damit) nicht der ihnen so teuren und neuen Mystagogie (geheimnisvollen Lehre) abschwören? Sagen sie aber, er gehe aus dem Sohn hervor, warum hatten sie nicht den Mut, sogleich am Anfang ihre gegen Gott ankämpfende Lehre in vollem Ausmaß zu enthüllen, nämlich, dass sie nicht nur den Sohn am Hervorgehenlassen des Geistes beteiligt sehen (wörtl. den Sohn in den (Prozess) des Hervorgehenlassens des Geistes hineinlegen/hineinstellen), sondern auch, dass sie diese Eigenschaft des Hervorbringens vom Vater wegnehmen? Daraus würde natürlich folgen, indem sie mit der Hervorbringung auch die Zeugung an einen anderen Platz versetzt haben, Wunder zu erzählen, nämlich, dass auch der Sohn nicht vom Vater, sondern der Vater vom Sohn gezeugt worden wäre, damit sie dadurch die Vordermänner nicht nur der Gottlosen, sondern auch der Wahnsinnigen werden“.45 Das dreizehnte Argument ist im eigentlichen Sinne eine inhaltliche Wiederholung des vorherigen Arguments: „Denn alles was in der allerheiligsten, wesenseinen und überwesentlichen Trinität gedacht und gesagt wird, entweder gemeinsam ist oder ausschließlich einer einzigen der drei (Personen) angehört und falls das Hervorbringen des Geistes weder (allen Dreien) gemeinsam ist, noch, wie sie (die Gegner) behaupten, einer einzigen der drei (Personen) angehört – möge er uns gnädig sein und die Blasphemie auf die Köpfe dieser Leute fallen lassen –46, gehört die Hervorbringung des Geistes also der lebenspendenden und alles durchwaltenden Dreiheit überhaupt nicht“.47 Die Enzyklika stellt den Grundstein zum Aufbau der antifilioquistischen Theologie im 9. Jh. dar. Photios hat nach seiner zweiten und endgültigen Absetzung (886) seine Enzyklika zu einer schroff antirömischen „Mystagogie“ ausgebaut,

45 Ep. 2 (I, 46, 181–192 L/W): Χωρὶς δὲ τῶν εἰρημένων, εἰ πᾶν ὅπερ μή ἐστι κοινὸν τῆς παντοκρατορικῆς καὶ ὁμοουσίου καὶ ὑπερφυοῦς τριάδος ἑνός ἐστι μόνου τῶν τριῶν, οὐκ ἔστι δὲ ἡ τοῦ πνεύματος προβολὴ κοινὸν τῶν τριῶν, ἑνὸς ἄρα ἐστὶν μόνου τῶν τριῶν. πότερον οὖν ἐκ τοῦ πατρὸς φήσουσιν ἐκπορεύεσθαι τὸ πνεῦμα; καὶ πῶς οὐκ ἐξομόσονται τὴν φίλην αὐτοῖς καὶ καινὴν μυσταγωγίαν; εἰ δ’ ἐκ τοῦ υἱοῦ, τί μή κατ’ ἀρχὰς ἐθάρρησαν αὐτῶν ὅλην ἐκκαλύψαι τὴν θεομαχίαν, ὡς οὐ μόνον τὸν υἱὸν εἰς τὴν τοῦ πνεύματος προβολὴν ἐγκαθιστῶσιν, ἀλλὰ καὶ τοῦ πατρὸς ταύτην ἀφαιροῦνται; οἷς ἀκόλουθον δήπου καὶ τὴν γέννησιν τῇ προβολῇ συμμετατιθέντας μηδὲ τὸν υἱὸν ἐκ τοῦ πατρός, ἀλλὰ τὸν πατέρα τερατολογεῖν ἐκ τοῦ υἱοῦ γεγεννῆσθαι, ἵνα μὴ τῶν δυσσεβούντων μόνον, ἀλλὰ καὶ τῶν μαινομένων ὦσιν πρωτοστάται. Vgl. Myst. 36 (S. 34 Pol.). 46 Vgl. Myst. 9 (S. 10 Pol.). 47 Ep. 2 (I, 46, 193–199 L/W): ἐπεὶ γὰρ ἅπαν, ὃ θεωρεῖται καὶ λέγεται ἐν τῇ παναγίᾳ καὶ ὁμοφυεῖ καὶ ὑπερουσίῳ τριάδι, ἤ κοινόν ἐστι πάντως ἢ ἑνὸς καὶ μόνου τῶν τριῶν, ἡ δὲ τοῦ πνεύματος προβολὴ οὔτε κοινόν ἐστιν, ἀλλ’ οὐδ’ ὡς οὗτοί φασιν ἐνὸς καὶ μόνου τινός, ἵλεως δὲ ἡμῖν εἴη, καὶ εἰς τὰς ἐκείνων τρέποιτο τὸ βλάσφημον κεφαλάς, οὐκ ἄρα ὅλως ἐστὶν ἐν τῇ ζωαρχικῇ καὶ παντελείῳ τριάδι ἡ τοῦ πνεύματος προβολή.

Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή) 

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aus der er nahezu alle späteren Argumente zur Bekämpfung des Filioque schöpfen sollte.48 Aus dem Rundschreiben ergeben sich folgende gewichtige Elemente: 1) Das unerschütterliche Festhalten an der Tradition der dem Patriarchen voraufgehenden Kirchenväter im Blick auf die Idee der Monarchie (μοναρχία). Wenn Sohn und Geist nur aus dem Vater hervorgingen und zusätzlich der Geist mit dem Sohn eine weitere Ursache besäße, dann wäre die Monarchie der Gottheit unmöglich zu bewahren.49 2) Die in der kappadozischen Trinitätstheologie festgelegte Unterscheidung zwischen dem Verursachenden und Verursachten (αἴτιον – αἰτιατόν).50

48 Siehe Klaus Wessel, Dogma und Lehre in der orthodoxen Kirche von Byzanz, in: Handbuch der Dogmen-und Theologiegeschichte, Göttingen 1982, Bd. I, 351. 49 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 193. 50 Die Unterscheidung innerhalb der Trinität zwischen Verursachendem und Verursachten ist eine Idee, die wiederum in der kappadozischen Trinitätstheologie verankert ist. Siehe Greg. Nyss., Ad Ablabium quod non sint tres dei (GNO III/1, 55, 24 – 56, 10 Mueller): „τὸ ἀπαράλλακτον τῆς φύσεως ὁμολογοῦντες τὴν κατὰ τὸ αἴτιον καὶ αἰτιατὸν διαφορὰν οὐκ ἀρνούμεθα, ἐν ᾧ μόνῳ διακρίνεσθαι τὸ ἕτερον τοῦ ἑτέρου καταλαμβάνομεν, τῷ τὸ μὲν αἴτιον πιστεύειν εἶναι τὸ δὲ ἐκ τοῦ αἰτίου· καὶ τοῦ ἐξ αἰτίας ὄντος πάλιν ἄλλην διαφορὰν ἐννοοῦμεν· τὸ μὲν γὰρ προσεχῶς ἐκ τοῦ πρώτου, τὸ δὲ διὰ τοῦ προσεχῶς ἐκ τοῦ πρώτου, ὥστε καὶ τὸ μονογενὲς ἀναμφίβολον ἐπὶ τοῦ υἱοῦ μένειν, καὶ τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς εἶναι τὸ πνεῦμα μὴ ἀμφιβάλλειν, τῆς τοῦ υἱοῦ μεσιτείας καὶ αὐτῷ τὸ μονογενὲς φυλαττούσης καὶ τὸ πνεῦμα τῆς φυσικῆς πρὸς τὸν πατέρα σχέσεως μὴ ἀπειργούσης.“ [Indem wir das Unveränderte der Natur bekennen, weigern wir uns nicht den Unterschied gemäß der Relation Verursachendes-Verursachtes zu glauben, in dem wir nur wahrnehmen, dass sich das eine von dem anderen unterscheidet. Denn das eine sei Verursachendes, das andere sei aus dem Verursachenden. Bezüglich dessen aber, was Verursachtes ist, bemerken wir einen weiteren Unterschied. Denn das eine ist unmittelbar aus dem Ersten, während das andere mittels des unmittelbar (aus dem Ersten Hervorgegangenen) aus dem Ersten ist, sodass das (Attribut) ‚Eingeboren-Sein‘ unbestritten dem Sohn verbleibt und kein Zweifel daran besteht, dass der Geist aus dem Vater ist, da die Mittlerschaft des Sohnes das ‚Eingeboren-Sein‘ für ihn (scil. den Sohn) wahrt, und den Geist von seiner natürlichen (wesenhaften) Beziehung zum Vater nicht ausschließt]. Diese Stelle ist von ausschlaggebender Bedeutung, denn sie wurde von den so genannten byzantinischen Befürwortern des Filioque im 14. Jh. verwendet, die Plausibilität eines Ausgehenlassens des Geistes aus dem Vater durch den Sohn zu zeigen. Bei einem solchen Fall wird beiden, Vater und Sohn die Eigenschaft, Ursache zu sein, zugewiesen, unter der Annahme aber, dass der Vater als eine erste Ursache, der Sohn aber als eine zweite Ursache gedacht wird. Dazu siehe Theodoros Alexopoulos, Die Berufung der byzantinischen Filioquisten des 13. Jh. auf Gregor von Nyssa zur Begründung des Filioque. Analyse des Gregor-Zitats aus der Schrift „Ad Ablabium“ τὸ μὲν γὰρ προσεχῶς ἐκ τοῦ πρώτου, τὸ δὲ διὰ τοῦ προσεχῶς ἐκ τοῦ πρώτου [Das eine ist unmittelbar aus dem Ersten, während das andere mittels des unmittelbar (aus dem Ersten Herausgegangenen) aus dem Ersten ist], in: SVigChr 106 (2011) 609–621; Georgios Panagopoulos, Die Vermittlung des Sohnes beim ewigen Ausgang des Hl. Geistes aus dem Vater nach Gregor von Nyssas Ad Ablabium (GNO III/1, 55, 21 – 56, 10 Mueller), in: SVigChr 106 (2011) 383 – 397.

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3) Die in derselben Tradition festgelegte Unterscheidung zwischen dem Gemeinsamen (κοινὸν) und Eigentümlichen (ἴδιον) hinsichtlich der in der Trinität beobachteten Merkmale.51 Diese können nur entweder allen drei Personen gleichwertig oder nur einer der drei angehören: „Wenn alles, was nicht der allmächtigen und wesensgleichen und übernatürlichen Dreiheit gemeinsam ist, allein einem von den dreien zukommt, das Hervorbringen des Geistes jedoch nicht den dreien gemeinsam ist, dann kommt dies folglich einem von den dreien zu“.52 Aus dieser Definition stammt das photianische „μόνος“.53 Dieses Axiom haben im 13. Jh. die sogenannten dem Filioque positiv geneigten Theologen, Nikephoros Blemmydes und Johannes Bekkos versucht zu überflügeln, indem sie die Aussendung des Geistes durch den Sohn als eine in der Mitte zwischen der natürlichen und der hypostatischen befindliche Eigentümlichkeit betrachtet haben.54 4) Das unerschütterliche Festhalten an den von der kappadozischen Theologie [besonders von Gregor von Nazianz (Fünf Reden zur Theologie) und von Gregor von Nyssa (38. Brief)] etablierten Begriffen der „γέννησις“ und „ἐκπόρευσις“ zur Beschreibung der Existenzweise der göttlichen Personen. Durch diese Relationen, die keineswegs wechselseitige Beziehung meinen, können die Hypostasen voneinander unterschieden werden.55 5) Die Verwendung einer Terminologie dionysianischer – (neuplatonischer) Herkunft, wie „ζωαρχικός“, „μοναρχικός“, „ὑπερούσιος“, welche die Transzendenz Gottes zu unterstreichen und hervorzuheben beabsichtigen. 6) Der Rückgriff auf philosophische Begriffe, wie auf den Begriff der Vollkommenheit und den des absoluten Ursprungs zum Entwickeln des Widerlegungsbeweisganges. Absolute Vollkommenheit lässt keine Hinzufügung oder Verminderung zu, während der absolute Ursprung keine Teilung in sich aufnehmen kann. Das Zurückführen des Geistes auf zwei Ursprünge bedeutet einerseits, dass

51 Vgl. Greg. Nyss., De Or. Dom. (GNO VII/2, 42, 22–25 Callahan): κοινοῦ δὲ ὄντος τῷ υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι τοῦ μὴ ἀγεννήτως εἶναι, ὡς ἂν μη τις σύγχυσις περὶ τὸ ὑποκείμενον θεωρηθείη, πάλιν ἔστιν ἄμικτον τὴν ἐν τοῖς ἰδιώμασιν αὐτῶν ἐξευρεῖν, ὡς ἂν καὶ τὸ κοινὸν φυλαχθείη καὶ τὸ ἴδιον μὴ συγχυθείη [Da aber das Nicht-ohne-Ursache-Sein dem Sohn und dem Geist gemeinsam ist, so kann man andererseits wieder den Unterschied in ihren Eigentümlichkeiten unvermischt finden, damit keine Vermischung hinsichtlich des Zugrundeliegenden stattfinde, damit sowohl das Gemeinsame gewahrt als auch das Eigene nicht in Vermischung gerät]. Vgl. auch Myst. 36 (S. 34 Pol.). 52 Ep. 2 (I, 46, 181–184 L/W). 53 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 193. 54 Siehe Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 229–230. Die Unhaltbarkeit einer solchen Alternative wird im Rahmen des Kommentars mit Berufung auch auf die „Syllogistischen Kapitel“ des Niketas von Byzanz gezeigt werden. 55 Siehe Oberdorfer, Filioque 2001, 91

Die Enzyklika (Ἐγκύκλιος Ἐπιστολή) 

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jeder von diesen zwei Ursprüngen nicht absolut einfach sein kann und andererseits, dass der Geist zwangsläufig in zwei (Geister) geteilt werden muss. 7) Das Filioque ruft alte Häresien, wie die der Pneumatomachen, ins Gedächtnis zurück, indem es den Sohn näher an den Vater als an den Geist rückt.56 8) Die Enzyklika hat einen scharfen antirömischen Charakter, der aus der geschichtlichen Konstellation, d.  h. dem Eingriff der lateinischen Missionare in Bulgarien, zu erklären ist. Sie ist auch die erste scharfe Formulierung vonseiten des Ostens gegen das Filioque, das als Häresie und als schwere dogmatische Abweichung gebrandmarkt wird. Während alle anderen Unterschiede vor allem ritueller Art in einer gewissen Hinsicht und im Rahmen der unterschiedlichen Traditionen in den Kirchen von Rom und Byzanz toleriert werden könnten (dies lässt sich deutlich aus dem Schreiben des Photios an Papst Nikolaos herauslesen),57 reichte allein die „Blasphemie“ des Filioque, die sich gegen die allheilige Dreieinigkeit wendet, aus, damit man über die Lateiner den Bannfluch ausspräche.58 Was bedeutet dies? Dass Photios zwischen dem, was als legitime rituelle Vielfalt toleriert werden kann, und dem, was als Grundwahrheit des Glaubens gilt und von den ökumenischen Synoden festgelegt ist, deutlich unterscheidet. Das Filioque ist natürlich nur auf die zweite Ebene zu setzen und nur aus diesem Blickwinkel zu beurteilen. Es gehört zwar in die liturgische Praxis der römischen Kirche, ist aber kein gewöhnlicher Brauch, sondern eine schwerwiegende dogmatische Abweichung vom rechten Glauben, vor allem von jenem, der von der gesamten Kirche im Laufe der Jahrhunderte feierlich bekräftigt und bestätigt worden ist. Raum für Toleranz findet sich nach Photios in gegenseitigem Respekt und Anerkennung59 der verschiedenen rituellen Traditionen, nicht aber in der wesentlichen Veränderung dessen, was als Grundwahrheit des Glaubens im Gewissen der gesamten Kirche festgesetzt ist.

56 Siehe Ep. 2 (I, 44, 128 L/W): ἐγγυτέρω ἂν εἴη τῆς πατρικῆς οὐσίας ὁ υἱὸς ἤπερ τὸ πνεῦμα. 57 Siehe Teil I Anm. 158 mit Verweis auf Epistula 290. 58 Siehe Ep. 2 (I, 49, 273–276 L/W): οὐ μὴν ἀλλὰ καὶ ἡ κατὰ τοῦ πνεύματος, μᾶλλον δὲ καθ’ ὅλης τῆς ἁγίας τριάδος, ὑπερβολὴν οὐ λείπουσα βλασφημία, κἂν μηδὲν ἕτερον εἴη τῶν προειρημένων τετολμημένον, ἐξαρκεῖ καὶ μόνον μυρίοις αὐτοὺς ὑπαγαγεῖν ἀναθέμασιν. 59 In der Enzyklika wird den lateinischen Missionaren mit Schärfe vorgeworfen, sie hätten die von den byzantinischen Priestern vollzogenen Sakramente für ungültig erklärt. Vgl. z.  B. (I, 42, 80 – 43, 86 L/W).

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2.2 Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque Der dogmatische Beschluss (Horos) der Synode von 879/80 stellt ein wichtiges Dokument in Hinblick auf das Filioque dar. Denn er brachte damals in den Augen des Photios den gemeinsamen Glauben des Westens60 und des Ostens zum Ausdruck; dieser konnte und durfte für ihn kein anderer als der im Nicaeno-Constantinopolitanum überlieferte sein, weil alle ökumenischen Synoden (seit Chalkedon) ihn ununterbrochen bestätigt oder bekräftigt hatten und er sich daher allgemeiner Gültigkeit für die ganze Kirche erfreute. Die zu dieser Zeit von beiden Seiten angestrebte Wiederherstellung der kirchlichen Gemeinschaft bestand nicht nur in der Anerkennung des Photios als legitimen Patriarchen von Konstantinopel, sondern darüber hinaus im Wiedergewinn der Kircheneinheit, die er hauptsächlich wegen der Eingriffe der römischen Kirche in Bulgarien zum Abbau des byzantnischen Ritus gestört sah. Und Einheit müsse vor allem Einheit in demselben Glauben bedeuten.61 Es müsse eine dogmatische Grundlage geben, welche die Einheit zwischen Rom und Konstantinopel wiederherstellen und zugleich die Ökumenizität der in Konstantinopel damals einberufenen Synode sichern würde.62 In dieser Hinsicht brachte der Horos der Synode von 879/80 das Bewusstsein der daran beteiligten Väter zum Ausdruck, Mitglieder der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu sein und in Kontinuität und Übereinstimmung mit der Tradition zu stehen.63 Aus diesem Grund wollten sie kein neues 60 Bis zu dieser Zeit verkündete die römische Kirche das Symbol (NC) ohne das Filioque. Insofern konnten die päpstlichen Legaten den dogmatischen Beschluss der Synode von 879/80 guten Gewissens unterzeichnen. Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 266. Ähnlicher Meinung ist auch F. Dvornik, Photian Schism 1948, 196. 61 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 183. 62 Siehe Stiernon, Konstantinopel IV 1975, 230. 63 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 183–184. Das Sich-im-Einklang-Befinden der Lehre eines Konzils mit der Lehre der ihm vorausgehenden Konzilien stellt gemäß dem in Chieti (2016) verabschiedeten Dokument über „Primat und Synodalität im ersten Jahrtausend“ (Nr. 18) das wichtigste Kriterium für die Rezeption eines Konzils und dessen Anerkennung als ökumenisch dar: „Das kirchliche Verständnis der Kriterien für die Rezeption eines Konzils als ökumenisches Konzil entwickelte sich im Verlauf des ersten Jahrtausends. Das siebte ökumenische Konzil (Nizäa  II, 787) gab zum Beispiel, veranlasst durch geschichtliche Umstände, eine ausführliche Beschreibung der Kriterien, wie sie damals verstanden wurden: die Zustimmung (symphonia) der Oberhäupter der Kirchen, die Mitwirkung (synergeia) des Bischofs von Rom und die Zustimmung der übrigen Patriarchen (symphronountes). Ein ökumenisches Konzil muss seine eigene ordnungsgemäße Nummer in der Abfolge ökumenischer Konzilien tragen, und seine Lehre muss im Einklang mit der Lehre der vorausgehenden Konzilien stehen. Die Rezeption durch die Kirche als ganze war immer das letzte Kriterium für den ökumenischen Charakter eines Konzils“.

Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque 

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Glaubenssymbol verabschieden, sondern einfach den Glauben im Rahmen des im NC Überlieferten erneuern, um damit ihre gemeinsame kirchliche Gesinnung zu beteuern.64 Dieses Festhalten an der dogmatischen Tradition machte die Erarbeitung einer neuen Glaubensformel, welche die Gefahr in sich bergen konnte, die Reinheit des Glaubens (πίστεως καθαρότης)65 zu beeinträchtigen, nutzlos und überflüssig.66 Die Notwendigkeit, dem überlieferten Glauben treu zu bleiben, hat sie dazu geführt, einen dogmatischen Beschluss auf eine Weise zu formulieren, die jede Veränderung (sei es eine Hinzufügung oder eine Wegnahme) untersagte, welche die Integrität der überlieferten Wahrheit zu verletzen drohte! Der Horos der Synode von 879/80 in Konstantinopel wurde von der Forschung unterschiedlich wahrgenommen. Über die Kernfrage, ob im Horos der Synode von 879/80 eine direkte oder indirekte Bezugnahme auf das Problem des Filioque zu erschließen ist, was natürlich breitere Auswirkungen auf die dogmatische Legitimität der späteren lateinischen Pneumatologie haben würde, haben sich viele ältere Forscher, welche über ein großes Renommée verfügen und unterschiedlicher konfessioneller Herkunft entstammen (z.  B. Hergenröther, Bolotov, Jugie, Dvornik, Grumel, Pheidas), mit gegensätzlichen Meinungen geäußert. An dieser Debatte hat, wie man erwarten könnte, auch die neuere Generation der Forscher (Stratoudaki-White, Haugh, Meijer, Dragas, Gemeinhardt), teilgenommen und hat wiederum unterschiedliche Positionen bezogen. Alle Beiträge lassen sich in den folgenden zwei voneinander abweichenden Positionen zusammenfassen: Beim Horos von 879/80 handelt es sich um keine direkte Bezugnahme auf die strittige Frage des Filioque und daher kein deutliches (verbis explicitissimis) dogmatisches Ablehnen dieser Lehre.67 Dies wird einerseits mit der Feststellung

64 Unter diesem Blickwinkel scheint die Bemerkung von Gemeinhardt (Filioque-Kontroverse 2002, 264) sehr zutreffend zu sein: „Gemäß der Initiative des Kaisers zur Formulierung des Horos sollte die wiedergewonnene Einheit durch das Bekenntnis des einigenden Glaubens bekräftigt werden, und zwar nicht durch eine neue Formel, sondern durch die neuerliche Rezeption des Credos von Nizäa-Konstantinopel. Damit stellten sich die Konzilsväter in die Tradition der ökumenischen Synoden“. 65 Die Formulierung entstammt dem Horos; siehe unten im Text. 66 Siehe Meijer, A successful Council of Union 1975, 184. 67 Meijer, A successful Council of Union 1975, 186: „The Horos, however, said nothing about the theological content of the filioque. The reason that the addition was not condemned by name was that the filioque was not so important“. Diese Meinung vertrat auch am Ende des 19. Jh. der berühmte russische Theologe Vasily Bolotov, der sich in seinen 33 „Thesen“ zum Filioque folgendermaßen äußerte (These 26): Photios und seine Nachfolger standen in Interkommunion mit der abendländischen Kirche, ohne von ihr eine konziliare Ablehnung des Filioque „verbis explicitissimis“ zu bekommen, und auch, wie wir sehen, ohne sie von der abendländischen Kirche zu fordern. Siehe „Thesen über das Filioque von einem russischen Theologen“, in: Révue Interna-

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begründet, dass aus den Akten des Konzils keine inhaltliche Auseinandersetzung über das Filioque nachzuweisen ist,68 andererseits aus der unbestreitbaren Tatsache, dass die römische Kirche bis zu dieser Zeit das Symbol ohne das Filioque aussprach.69 Aus diesem Grund habe es den Legaten kein Problem bereitet, den Horos zu unterzeichnen.70 Nach einer völlig entgegengesetzten Position handelt es sich (überwiegend den Ausführungen der orthodoxen Forschung nach) beim Horos der Synode von 879/80 um eine indirekte, wohl aber deutliche Bezugnahme auf die in Rede stehende Kernfrage, sogar selbst um eine deutliche Verurteilung des Filioqueansatzes, da der Horos das formelle Verbot jeglichen Zusatzes und jeder Auslassung vorschreibt.71 Dabei könnte man die Beobachtung anstellen, dass dieses Verbot ein Standardverbot seit Ephesus 431 sei.72 Das wäre wohl sicherlich eine sehr

tional de Théologie, 24 (1898) 681–712, 705. Über die Auseinandersetzung von Bolotov mit Photios siehe Gamillscheg, Die Kontroverse um das Filioque 1996, 82–85. 68 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 266 mit Verweis auf Hergenröther, Photius 1867b, 516 („von Dogma ward in der ganzen Synode geschwiegen“) und Martin Jugie, Origine de la controverse sur l’addition du Filioque au symbole. Photius en a-t-il parlé?, in: RSPhTh 28 (1939) 369–385, 379: „On n’y trouvera rien de plus et rien de moins, rien qui suggère une arrière pensée de frapper d’une manière toute spéciale l’addition du Filioque au symbole“. 69 Siehe Dvornik, Photian Schism 1948, 196: „Nowhere was the doctrine of the Filioque questioned: the only objection was the addition of the formula to the symbol. It is well known that the Roman Church in those days still recited the Symbol without the addition“. 70 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 266. Mit Verweis auch auf Dvornik, Photian Schism 1948, 196. Siehe gleich oben Anm. 68. 71 Diese Position vertritt einstimmig die orthodoxe Forschung. Dazu siehe kennzeichnend: Pheidas, Ἐκκλ. Ἱστορία 1994, 134. Pheidas hebt Folgendes hervor: „Alle an der Synode (scil. von 879/80) beteiligten Bischöfe habe den von der Synode verabschiedeten Horos so verstanden, dass er den Filioquezusatz im Glaubenssymbol verurteilt. Dies bestätigt Photios in seiner speziellen Abhandlung über die Mystagogie des Hl. Geistes“. Vgl. Despoina Stratoudaki-White, Patriarch Photios and the Conclusion of Iconoclasm, in: GOTR 44 (1999) 341–355, 352: „This was a great victory of Patriarch Photius who fought violently the new heresy of the double Procession of the Holy Spirit“. Der gleichen Meinung ist auch Dragas (The Eighth Ecumenical Council 1999, 360), der im Horos eine dezidiert kanonisch-theologische Verurteilung des Filioque sieht. Mit der angeführten Position des Pheidas bin ich nicht ganz einverstanden. Die Legaten waren sich damals nicht nur ihrer Verantwortung, ihrer historischen Pflicht bewusst, den gestörten Frieden zwischen Rom und Konstantinopel wiederherzustellen, sondern auch der Tatsache, dass sich Photios nie erlaubt hätte, einen dogmatischen Beschluss ohne Bezug auf das Filioque zu verabschieden. Er hat es schaffen können, wenn auch diplomatisch gerahmt. 72 …  Ὥρισεν ἡ ἁγία σύνοδος, ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προφέρειν ἢ γοῦν συγγράφειν ἢ συντιθέναι παρὰ τὴν ὁρισθεῖσαν παρὰ τῶν ἁγίων πατέρων τῶν ἐν τῇ Νικαέων συνελθόντων σὺν ἁγίῳ πνεύματι … [Das heilige Konzil legte fest, dass es keinem erlaubt sei, ein anderes Glaubensbekenntnis vorzubringen oder auch abzufassen oder zusammenzustellen als das, welches von

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zutreffende Beobachtung, wenn man den Horos als einen rein normativen Text und unabhängig von der geschichtlichen Konstellation und der Art und Weise (Stil, verwendete Terminologie), in der er verfasst wurde, betrachtet. Der Horos hängt aber mit für die Einheit der Kirche besonderen Ereignissen zusammen und bezieht sich daher auf eine ganz konkrete geschichtliche Konstellation, an die er gebunden ist. Es handelt sich zwar auch hier, wie bei Ephesus, um die deutliche Warnung, keinen anderen Glauben als den im NC überlieferten darzulegen, eine deutliche Warnung, die aber auf bestimmte Adressaten abzielt. Bei diesen handelt es sich besonders um die fränkischen Missionare, welche das Symbol verändert aussprechen. Dies lässt sich deutlich aus der Art der Verwendung ganz konkreter Verben mit großem inhaltlichen und stilistischen Gewicht zeigen: οὐδὲν ἀφαιροῦντες, οὐδὲν προστιθέντες, οὐδὲν ἀμείβοντες, οὐδὲν κιβδηλεύοντες [Indem wir nichts wegnehmen, nichts hinzufügen, nichts vertauschen, nichts verfälschen]. Dazu kommen auch folgende Ausdrücke, welche den Horos mit einem ganz außerordentlichen Stil bekleiden und welche dessen inhaltliche und stilistische Nähe zu der Enzyklika, die einen ausgesprochen polemischen Charakter hat, beweisen: Εἰ δέ τις ἑτέραν ἔκθεσιν  … τολμήσειεν ἀναγράψασθαι καὶ ὅρον πίστεως ὀνομάσαι … καὶ ταῖς ἰδίαις εὐρεσιολογίαις τοῦτο περιάψαι … καὶ ῥήμασι νόθοις ἢ προσθήκαις ἢ ἀφαιρέσεσι τὴν ἀρχαιότητα τοῦ ἱεροῦ τοῦτου σεβασμίου ὅρου κατακιβδηλεῦσαι ἀποθρασυνθείη  … [Wenn aber jemand wagen würde,  … eine andere Glaubensdarlegung zusammenzuschreiben und als Richtschnur des Glaubens zu bezeichnen … und mit dem Fündlein des eigenen Erfindungsreichtums begründet … und mit schändlichen Reden oder Zusätzen oder Wegnahmen die Ursprünglichkeit dieser heiligen und gepriesenen Richtschnur zu verfälschen sich erkühnte …]. Meine These lautet also: Die Abfassung des Horos der Synode von 879/80 ist mit besonderen geschichtlichen Umständen verbunden, nämlich dem päpstlichen missionarischen Eingriff in Bulgarien und der daraus resultierenden und aus der lateinischen Praxis herkommenden Veränderung des Glaubenssymbols, was eine deutliche Bezugnahme darauf im vorliegenden synodalen Beschluss unausweichlich machte.73 Bevor ich auf die Darlegung und Analyse des Horos eingehe, gebe ich Folgendes zu bedenken:

den in Nizäa mit dem Heiligen Geist versammelten heiligen Vätern festgelegt wurde]. Siehe: Enchiridion symbolorum 265 D/H. 73 Diese These wird auch von einer relativ neu publizierten historischen Studie von Edward Siecienski bestätigt mit dem Titel: The Papacy and the Orthodox. Sources and History of a Debate, Oxford 2017, 224.

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a) Das Konzil ist für die Wiederherstellung der gestörten kirchlichen Gemeinschaft einberufen worden. Es war ein Vereinigungskonzil, dessen Erfolg unter anderem mit der Anerkennung des Photios als legitimen Patriarchen und mit der Verdammung und daher Für-ungültig-Erklärung des Konzils von 869/70 d.  h. mit allem, was gegen ihn unternommen wurde, verbunden war. Photios war die zentrale Figur des Konzils. Nichts hätte also ohne seine Zustimmung oder seine unmittelbare Beteiligung verabschiedet werden können. b) Aus der Analyse der Enzyklika hat sich ergeben, dass Photios sehr stark gegen die Hinzufügung des Filioque ins Glaubenssymbol eingestellt war. Seine ganze Argumentation besteht in den späteren auf das Filioque direkt Bezug nehmenden Schriften, dem Brief an den Erzbischof von Aquileia und der Mystagogie, in der Überzeugung, dass dieser Zusatz die Einheit und Gleichheit des dreieinigen Gottes verletzt. Seine Einwände hatten also eine feste dogmatische Basis. Hätte der Horos keine deutliche Bezugnahme auf den Filioque-Zusatz impliziert, hätte sich Photios nicht darauf in den zwei erwähnten späteren Werken berufen. Das tut er aber und macht den Leser auf die Rechtgläubigkeit der päpstlichen Vertreter und deren Empfindlichkeit hinsichtlich der Nichtveränderung des Symbols aufmerksam.74 Ich biete jetzt eine Übersetzung des dogmatischen Glaubensdekretes mit dessen Analyse: Τοῦ Κυρίου καὶ Σωτῆρος ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ τὴν σεπτὴν καὶ θείαν διδασκαλίαν τοῖς τῆς διανοίας κόλποις ἀδιστάκτῳ γνώμῃ καὶ πίστεως τεθεμελιωμένην καθαρότητι, καὶ τῶν αὐτοῦ ἁγίων μαθητῶν καὶ ἀποστόλων τὰς ἱερὰς διατάξεις καὶ τοὺς κανονικοὺς τύπους ἀπλανεστάτῃ κρίσει συνεξισοῦντές τε καὶ συνδιασώζοντες, ναὶ δὴ καὶ τῶν ἁγίων οἰκουμενικῶν ἑπτὰ συνόδων, ὡς τοῦ αὐτοῦ καὶ ἑνὸς Ἁγίου Πνεύματος ταῖς ἐπιπνοίαις ἰθυνομένων τε καὶ ἐνεργουμένων, τὸ κήρυγμα καὶ τοὺς κανονικοὺς θεσμοὺς ἀπαρατρώτους τε καὶ ἀκαπηλεύτους, εἰλικρινεστάτῃ τε καὶ ἀκλονήτῳ δόξῃ τιμῶντες καὶ συνδιαφυλάττοντες, ἀποβαλλόμεθα μὲν οὓς ἐξεκκλησίασαν, στέργομεν δὲ καὶ ἀποδοχῆς ἀξίους ἔχομεν οὓς οἷα δὴ ὁμοδόξους ἢ καὶ τῆς εὐσεβείας καθηγητὰς τιμὴν καὶ σέβας ὅσιον ὀφειλομένους ἀπέφηναν. Οὕτω περὶ τούτων φρονοῦντές τε καὶ κηρύττοντες, τὸν ἄνωθεν ἐκ πατέρων καὶ μέχρις ἡμῶν κατεληλυθότα τῆς ἀκραιφνεστάτης τῶν χριστιανῶν πίστεως ὅρον καὶ διανοίᾳ καὶ γλώσσῃ στέργομέν τε καὶ πᾶσι διαπρυσίῳ τῇ φωνῇ περιαγγέλλομεν, οὐδὲν ἀφαιροῦντες, οὐδὲν προστιθέντες, οὐδὲν ἀμείβοντες, οὐδὲν κιβδηλεύοντες. Ἡ μὲν γὰρ ἀφαίρεσις καὶ ἡ πρόσθεσις, μηδεμιᾶς ὑπὸ τῶν τοῦ πονηροῦ τεχνασμάτων ἀνακινουμένης αἱρέσεως, κατάγνωσιν εἰσάγει τῶν ἀκαταγνώστων καὶ ὕβριν τῶν πατέρων ἀναπολόγητον. Τὸ δὲ κιβδήλοις ἀμείβειν ρήμασιν ὅρους πατέρων πολὺ τοῦ προτέρου χαλεπώτερον. Διὸ τὸν ἐξ ἀρχῆς τῆς πίστεως ὅρον πόθῳ θείῳ καὶ διανοίας εὐθύτητι ἡ ἁγία καὶ οἰκουμενικὴ αὕτη σύνοδος ἐνστερνιζομένη τε καὶ θειάζουσα, καὶ τὸ τῆς σωτηρίας στερέωμα ἐν αὐτῷ θεμελιοῦσά τε καὶ ἀνεγείρουσα, οὕτω φρονεῖν καὶ κηρύσσειν πᾶσιν ἐκβοᾷ. „Πιστέυω εἰς ἕνα θεόν, πατέρα, παντοκράτορα“, καὶ ἐφεξῆς μέχρι τέλους.

74 Siehe Ep. 291 (III, 150, 372–151, 378 L/W); Vgl. auch Myst., 89 (S. 94, 2–15 Pol.).

Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque 

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Οὕτω φρονοῦμεν, ἐν ταύτῃ τῇ ὁμολογίᾳ τῆς πίστεως ἐβαπτίσθημεν, δι’ αὐτῆς πᾶσαν αἵρεσιν θραυομένην τε καὶ καταλυομένην ὁ τῆς ἀληθείας λόγος ἀπέδειξε∙ τοὺς οὕτω φρονοῦντας ἀδελφοὺς καὶ πατέρας τῆς ἄνω πολιτογραφίας ἐπιγραφόμεθα. Εἰ δέ τις ἑτέραν ἔκθεσιν, παρὰ τοῦτο δὴ τὸ ἱερὸν Σύμβολον, τὸ ἄνωθεν ἐκ τῶν μακαρίων καὶ ἱερῶν πατέρων ἡμῶν μέχρις ἡμῶν διαφοιτῆσαν, τολμήσειεν ἀναγράψασθαι καὶ ὅρον πίστεως ὀνομάσαι, συλῆσαι τὸ ἀξίωμα τῆς τῶν ἐκείνων θεσπεσίων ἀνδρῶν ὁμολογίας, καὶ ταῖς ἰδίαις εὐρεσιολογίαις τοῦτο περιάψαι, κοινόν τε μάθημα τοῦτο προθεῖναι πιστοῖς, ἢ καὶ τοῖς ἐξ αἱρέσεως τινος ἐπιστρέφουσι, καὶ ῥήμασι νόθοις ἢ προσθήκαις ἢ ἀφαιρέσεσι τὴν ἀρχαιότητα τοῦ ἱεροῦ τοῦτου σεβασμίου ὅρου κατακιβδηλεῦσαι ἀποθρασυνθείη, κατὰ τὴν ἠδὴ καὶ πρὸ ἡμῶν ἐκφωνηθεῖσαν ψῆφον ὑπὸ τῶν ἁγίων καὶ οἰκουμενικῶν συνόδων, εἰ μὲν τῶν ἱερομένων εἴη τις, παντελεῖ καθαιρέσει τοῦτον καθυποβάλλομεν, εἰ δὲ τῶν λαϊκῶν, τῷ ἀναθέματι παραπέμπομεν.75 [Indem wir die verehrungswürdige und göttliche Lehre unseres Herrn, welche in der Tiefe unseres Denkens in unerschütterlicher Entschlossenheit und Reinheit des Glaubens gegründet ist, und die heiligen Gesetze sowie die kanonischen Anordnungen seiner heiligen Jünger und Apostel (scil. die apostolischen Kanones und Konstitutionen) in ganz und gar irrtumslosem Urteil (einander) gleichsetzen (gleich gewichten) und sie gemeinsam (sorgfältig) bewahren, ja (indem wir) gewiss auch die Botschaft (Verkündigung) und die kanonischen Satzungen der heiligen sieben ökumenischen Synoden, welche durch die Inspiration ein und desselben Hl. Geistes geleitet und wirksam sind, unverletzt und unverfälscht mit ganz und gar lauterem und unerschütterlichem Sinn verehren und gemeinsam aufrechterhalten, verwerfen wir diejenigen, welche die (scil. vorgenannten Synoden) exkommunizierten; dagegen heißen wir willkommen und halten wir für der Aufnahme würdig diejenigen, welche sie (scil. die ökumenischen Konzilien) als Glaubensgenossen (Zeugen desselben Glaubens) und als Lehrer der Gottesfurcht aufgezeigt haben, denen Ehre und heiliger Respekt gebührt. Indem wir über diese (Dinge) so denken und sie verkündigen, halten wir uns mit unserem Denken und unserer Sprache an der von Anfang an von den Vätern bis zu uns gelangten Richtschnur des unversehrten reinen Glaubens der Christen und verkünden sie allen mit durchdringender Stimme, indem wir nichts wegnehmen, nichts hinzufügen, nichts vertauschen, nichts verfälschen. Denn das Wegnehmen oder das Hinzufügen, ohne dass eine von den Machenschaften des Teufels motivierte Irrlehre existierte, führt zur Geringschätzung dessen, was nicht (und nie) geringgeschätzt werden kann, und zu unentschuldbarem Hochmut (Hybris) gegenüber den Vätern. Denn das Verändern mit verfälschten Wörtern der dogmatischen Beschlüsse der Väter ist viel schlimmer als das Erste. Deshalb, indem diese heilige und ökumenische Synode mit göttlichem Begehren (erfüllt) und mit freimütigem Denken das von Anfang her (überlieferte) Glaubensdekret zu Herzen nimmt76 und es als

75 Der vorgelegte Text ist von Peter Gemeinhardt ediert und findet sich in der vor zirka 8 Jahren erschienenen Ausgabe des Corpus Christianorum Conciliorum Oecumenicorum Generalium Decreta (CCCOGD) betitelt: The General Councils of Latin Christendom. From Constantinople IV (869–870) to Lateran V (1512–1517), Bd. II/1, London 2014, 65–67. Hervorhebungen in kursiv im griechischen Text und in der deutschen Übersetzung des Verfassers. 76 Die Übersetzung „etwas zu Herzen nehmen“ entspricht dem griechischen Verb: ἐν-στερνίζομαι. In der neulich erschienenen Ausgabe von CCCOGD steht das Partizip ἐω-στερνιζομένη, was sicherlich ein Druckfehler ist.

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etwas, das von göttlicher Inspiration erfüllt ist, betrachtet und darauf das feste Gebäude des Heils gründet und errichtet, macht (es) Allen laut bekannt, dass sie (die Synode) so denkt und predigt: Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, und so weiter bis zum Ende. So denken wir; in diesem Glaubensbekenntnis sind wir getauft; durch dieses (Glaubensbekenntnis) hat das Wort der Wahrheit jede Irrlehre als brüchig und verderblich erwiesen. Alle, die so denken, zählen wir zu Brüdern, Vätern und zu denjenigen, welche der Bürgerschaft der höheren Stadt teilhaftig geworden sind. Wenn aber jemand wagt, neben diesem heiligen Symbol, welches von Anfang an von unseren seligen heiligen Vätern bis zu uns weitergegeben worden ist, eine andere Glaubensdarlegung zusammenzuschreiben und als Richtschnur des Glaubens zu bezeichnen, und damit die Würde des Bekenntnisses jener göttlichen Männer entehrt und mit dem Fündlein des eigenen Erfindungsreichtums begründet und dieses den Gläubigen oder jenen, die sich gerade von einer Irrlehre abgewandt haben, als allgemeine Lehre vorschreibt und mit schändlichen Reden oder Zusätzen oder Wegnahmen die Ursprünglichkeit dieser heiligen und gepriesenen Richtschnur zu verfälschen sich erkühnt (gemäß dem schon vor uns verkündeten Beschluss der heiligen ökumenischen Synoden) – wenn es jemand aus dem Priesterstand ist, verurteilen wir ihn, aus diesem endgültig ausgeschlossen zu werden; wenn es aber ein Laie ist, sprechen wir den Bannfluch über ihn aus].

Liest man den Text mit Aufmerksamkeit und mit einer gewissen Sorgfalt, gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass Photios entscheidend an der Verfassung des Horos mitgewirkt oder zugespitzter ausgedrückt, dass er ihn sogar in Anlehnung an seine Enzyklika selbst verfasst hat! Dies zeigt sich in der Ähnlichkeit der Terminologie, im Denkstil, in der Ausdruckweise und im Argumentationsduktus auf Schritt und Tritt, (wenn man den Horos mit anderen Schriften des Patriarchen vergleicht). Ausdrücke wie, ἀδίστακτος γνώμη und πίστις,77 ἁπλανέστατη κρίσις,78 πίστεως καθαρότης,79 ἀκλόνητη δόξα,80 εὐθήτις διανοίας,81 obwohl sie zu allgemein und auch anderweitig vielfach belegt sind, sind trotzdem in dem

77 Unter vielen Belegen vergleiche besonders, Hom. 2 (17, 20 Laourdas); 12 (126, 15); Vgl. auch Ep. 291 (III, 150, 371–372 L/W): … τρανῶς μεθ᾿ ἡμῶν καὶ ἀδιστάκτως τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ τοῦ πατρὸς ἀνεκήρυξαν (scil. oἱ πρέσβεις τῆς πρεσβυτέρας Ῥώμης) ἐκπορεύεσθαι [In aller Deutlichkeit und ohne jeden Zweifel haben mit uns verkündet, dass der Hl. Geist aus dem Vater hervorgeht] und Ep. 284 (III, 73, 2443 L/W): ὀρθῶς τε καὶ ἀδιστάκτως [In aller Deutlichkeit und ohne jeden Zweifel]. 78 Vgl. Ep. 284 (III, 73, 2441 L/W). 79 Vgl. Ep. 1 (I, 3, 31 L/W). 80 Vgl. Amph. 35 (IV, 130, 24–25 L/W); Ep.  108 (I, 148, 11–12 L/W); Ep.  174, (II, 61, 408 L/W): ἀκλόνητον φρόνημα [unerschütterliche Gesinnung]. 81 Vgl. Ep.  1 (I, 17, 477 L/W): εἰλικρινεῖ διαθέσει καὶ γνώμης εὐθύτητι καὶ ἀδιστάκτῳ πίστει ἀποδέχεσθαι καὶ στέργειν (scil. τὴν τῆς πίστεως ἡμῶν τῶν Χριστιανῶν ὁμολογίαν). [Mit herrlicher Gesinnung, Aufrichtigkeit der Meinung sowie unerschütterlichem Glauben nehmen wir das Bekenntnis unseres Glaubens als Christen an und halten ihm die Treue].

Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque 

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nicht so umfangreichen Text sehr prägnant und gezielt verwendet, sodass man den Eindruck gewinnt, dass daran ein leitender Geist (ἰθύνων νοῦς) mit Sorgfalt und einer konkreten Zielsetzung gearbeitet hat. Es kann kein Zufall sein, dass sich all diese Ausdrücke, die auch in den Werken des Photios belegt sind, in einem so kurzen Text finden lassen! Dazu kommen noch andere wichtige Ausdrücke, mit denen sich der Horos auf einen Zusatz im Glaubenssymbol oder eine Streichung daraus bezieht. So spricht man im Horos von den „Kunstgriffen“ und in ähnlicher Weise in der Enzyklika von den „Machenschaften“ des Teufels.82 Im Horos ist die Rede von dem sich Erkühnen83 (eine Irrlehre einzuführen) und in der Enzyklika von dem Übermaß an Kühnheit.84 Im Horos wird der Versuch (einiger Leute), das heilige Symbol zu verfälschen (κιβδηλεύειν), streng verurteilt und in der Enzyklika wird den lateinischen Missionaren vorgeworfen, dass sie das Symbol mit falschen Gedanken und unrechtmäßig hinzugefügten Worten (ῥήμασι νόθοις) zu verfälschen suchten.85 Im Horos wird direkt das Fündlein (εὑρεσιολογίαι) angeschnitten, was wiederum in der späteren Mystagogie vorkommt.86 Die Lehre der Väter ist wiederum nach Photios in Anlehnung an den platonischen Sprachgebrauch das wichtigste Lehrstück (μάθημα),87 und im Horos ist es streng verboten, den Gläubigen etwas anderes als dieses Lehrstück darzulegen. Neben diesen und anderen88 wörtlichen und stilistischen Übereinstimmungen des Horos mit den Schriften des Photios wird im Argumentationsduktus des Horos der Aspekt der Unanfechtbarkeit der Beschlüsse der ökumenischen Synoden sehr stark betont, was vom ekklesiologischen Standpunkt aus an ähn82 Siehe Ep. 2 (I, 43, 106 L/W). 83 ἀποθρασύνεσθαι. Genau dieses Verb verwendet Photios in anderen Schriften und nur im Zusammenhang mit Ketzern. Kennzeichnenderweise vgl. Ep. 284 (III, 29, 865; 30, 958; 59, 1929 L/W). 84 Siehe Ep. 2 (I, 43, 105 L/W): θράσους ὑπερβολῇ [Übermaß an Kühnheit]. 85 Siehe Ep. 2 (I, 43, 104–115 L/W). 86 Siehe Myst. 67 (S. 62, 7 Pol.). 87 Siehe Ep. 1 (I, 17, 479–480 L/W): τοῦτο γὰρ τῶν ἀποστόλων τὸ κήρυγμα, τοῦτο τῶν πατέρων τὸ μάθημα, τοῦτο τῶν οἰκουμενικῶν συνόδων τὸ φρόνημα [Das ist die Verkündigung der Apostel, das ist das Lehrstück der Väter, das ist die Gesinnung der ökumenischen Synoden]. Vgl. auch Ep. 291 (III, 150, 367 L/W): τοῦ ἐκτειθεμένου τῆς πίστεως ἁγίου μαθήματος τῆς τριαδικῆς ὁμουσιότητος [Des in Hinblick auf den Glauben dargelegten heiligen Lehrstückes der dreieinigen Wesenseinheit] und Myst. (S. 90, 13 Pol.). 88 ἄνωθεν πολιτογραφία. Vgl. Hom. 2 (23, 30 Laourdas): ὁ δὲ βασιλεὺς τῆς δόξης καὶ τῶν ὅλων κηδεμὼν παράδεισον κληροδοτεῖ καὶ φῶς ὑπέρλαμπρον χορηγεῖ εἴς τε τὴν μετ᾽ ἀγγέλων συναυλίαν πολιτογραφεῖ [Der König der Herrlichkeit dagegen und Fürsorger von allen gibt uns als Erbe das Paradies und gewährt ein überglänzendes Licht und macht uns zum Bürger im Engelchor]; Adjektiv ἀπαράτρωτος. Vgl. Ep. 1 (I, 9, 246–247 L/W): τὸ ὀρθὸν καὶ ἀπαράτρωτον τῆς ὀρθοδοξίας φρόνημα [Die richtige und unversehrte Gesinnung der rechten Glaubenslehre].

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liche Äußerungen89 des Patriarchen erinnert und deutlich zeigt, dass Photios in dieser Sache konsequent denkt. Das durch die Jahrhunderte überlieferte Symbol, welches von den ökumenischen Synoden ununterbrochen bestätigt, bekräftigt und besiegelt worden ist, ist wegen seiner Ursprünglichkeit heilig, verehrungswürdig und besitzt eine unanfechtbare Kraft.90 Jede Hinzufügung eines falschen Gedankens oder unrechtmäßig hineingeschriebener Worte91 und jede Wegnahme würde also die Authentizität des Symbols verletzen und würde die größte Gesetzwidrigkeit (παρανομία)92 darstellen. Mit dem ausdrücklichen und strikten „Verbot eines anderen Glaubens“ ist also der normative und verbindliche Charakter des NC in den Vordergrund gestellt und dessen allgemeine Gültigkeit durch den Horos der Synode von 879/80 deutlich hervorgehoben. In Hinsicht auf die Verbindlichkeit des NC, befindet sich der dogmatische Beschluss der Synode von 879/80 in Übereinstimmung mit dem Horos von Chalkedon (451), der konkrete Änderungen bzw. Hinzufügungen im Symbol untersagte, sowie mit dem der sechsten ökumenischen Synode von Konstantinopel (681), der auch jede Änderung im NC durch die Einführung eines neuen Ausdruckes oder neuerfundenen Begriffes streng verbietet: „Wir beschließen, dass keiner einen anderen Glauben vortragen, niederschreiben, verfassen oder anders denken und lehren darf; die es aber wagen, einen anderen Glauben zu verfassen, hervorzuholen, zu lehren, oder denen, die sich vom Heidentum, Judentum oder irgendeiner Häresie zur Anerkennung der Wahrheit bekehren wollen, ein anderes Bekenntnis zu übergeben; oder (die es wagen), einen neuen Ausdruck bzw. einen neuerfundenen Begriff einzuführen, um das, was jetzt von uns festgesetzt worden ist, umzustoßen: Diese … werden mit dem Anathema belegt“.93 Würde man jetzt

89 Siehe Ep. 290 (III, 130, 200–208 L/W). Photios zieht eine scharfe Trennlinie zwischen dem, was alle Christen stets zu befolgen hätten, weil es durch allgemeine Festlegungen (οἰκουμενικαῖς καὶ κοιναῖς ψήφοις) statuiert worden sei, und dem, was einzelne Väter oder Partikularsynoden geäußert hätten und was dementsprechend nicht allen Gemeinden des orbis christianus zur Pflicht gemacht werden dürfe. Dazu siehe auch Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 173 und Teil I Anm. 158. 90 Siehe Ep. 2 (Enzyklika) (I, 43, 104 L/W): τὸ ἱερὸν καὶ ἅγιον σύμβολον, ὃ πᾶσι τοῖς συνοδικοῖς καὶ οἰκουμενικοῖς ψηφίσμασιν ἄμαχον ἔχειν τὴν ἰσχύν. 91 Siehe Ep. 2 (I, 43, 104–105 L/W). 92 Siehe Ep. 2 (I, 43, 101 L/W). 93 Siehe: Enchiridion symbolorum 559 D/H: „ὁρίζομεν ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προφέρειν, ἤγουν συγγράφειν ἢ συντιθέναι ἢ φρονεῖν ἢ διδάσκειν ἑτέρως· τοὺς δὲ τολμῶντας ἢ συντιθέναι πίστιν ἑτέραν ἢ προκομίζειν ἢ διδάσκειν, ἢ παραδιδόναι ἕτερον σύμβολον τοῖς ἐθέλουσι ἐπιστρέφειν εἰς ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας ἐξ Ἑλληνισμοῦ ἢ ἐξ Ἰουδαϊσμοῦ, ἢ γοῦν ἐξ αἱρέσεως οἵας οὖν, ἢ καινοφωνίαν, ἤτοι λέξεως ἐφεύρεσιν πρὸς ἀνατροπὴν εἰσάγειν τῶν νυνὶ παρ’ ἡμῶν

Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque 

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vermuten, dass mit „καινοφωνίαν, ἤτοι λέξεως ἐφεύρεσιν“ (im Horos des 6. ökumenischen Konzils) nicht einfach eine Wiederholung des Verbots von Chalkedon, sondern eher eine Anspielung auf das Filioque (das schon von den Synoden von Toledo 589 und 638 im Westen eingeführt war) gemeint sei, wäre diese Hypothese von der Wahrheit nicht weit entfernt. Denn eine solche Vermutung wird durch die Tatsache gestärkt, dass es tatsächlich bereits am Ende der ersten Hälfte des siebten Jahrhunderts (645–647) eine Diskussion über das Filioque gab, wie Maximus der Bekenner bestätigt.94 Aus diesem Zusammenhang scheint mir also die Annahme richtig zu sein, dass sich die gesamte (nicht nur die Ost-) Kirche schon 200 Jahre vor der photianischen Synode von 879/80 der Gefahr, die von einer zukünftigen, einseitig vorgenommenen Interpolation ins Glaubensbekenntnis ausgeht, und der kanonischen Konsequenzen, welche eine solche Interpolation für die Einheit der gesamten Kirche implizieren könnte, völlig bewusst war und sich ihr entziehen wollte. Zieht man all dieses in Erwägung, kann man leicht zu der rhetorischen Frage gelangen: Was ist also unter den schändlichen Reden oder Zusätzen (ῥήμασι νόθοις ἢ προσθήκαις) im Horos der Synode von 879/80 gemeint, wenn nicht das Filioque?95 Das Filioque war in der Tat damals neben dem Eingriff der lateiniδιορισθέντων … ἀναθεματίζεσθαι αὐτούς“. Vgl. auch Kanon 1, Concilium Quinisextum, in: Fontes Christiani M.-A. Aris/S. Döpp/F. Dünzl/W. Geelings/R. Ilgner/R. Kany/R. Schieffer (Hgg.), Turnhout 2006, Bd. 82, 176, 22 – 178, 12 (Eingeleitet und übersetzt von Heinz Ohme): Καὶ συνελόντι φάναι, πάντων τῶν ἐν τῇ τοῦ θεοῦ ἐκκλησίᾳ διαπρεψάντων ἀνδρῶν, οἳ γεγόνασοι „φωστῆρες ἐν κόσμῳ, λόγον ζωῆς ἐπέχοντες“, τὴν πίστιν κρατεῖν βεβαίαν καὶ μέχρι συντελείας τοῦ αἰῶνος ἀσάλευτον διαμένειν θεσπίζομεν καὶ τὰ αὐτῶν θεοπαράδοτα συγγράμματά τε καὶ δόγματα·  … ἡμεῖς γὰρ οὔτε προστιθέναι τι, οὔτε μὴν ὑφαιρεῖν κατὰ τὰ προορισθέντα παντελῶς διεγνώκαμεν ἢ καθ’ ὁντιναοῦν δεδυνήμεθα λόγον [Wir setzen fest, dass der Glaube aller in der Kirche Gottes ausgezeichneten Männer, die ‚in der Welt Leuchten geworden sind und das Wort des Lebens festgehalten haben‘ (Phil 2, 15  f ), fest bewahrt werden und bis zur Vollendung der Zeiten unerschüttert bleiben soll, genauso wie ihre gottgegebenen Schriften und Lehren … Denn wir sind völlig entschlossen und können es aus welchem Grund auch immer nicht, zu dem zuvor Beschlossenen weder etwas hinzufügen noch etwas weglassen]. 94 Als erstes wichtiges Dokument in der Sache des Filioque gilt der Brief des Maximus Confessor an Marinos im Jahr 645 oder 646. In diesem Brief zieht Maximus einen subtilen, aber wohl deutlichen Unterschied zwischen a) ἐκπορεύεσθαι und b) προϊέναι. Letzteres beziehe sich mehr auf die ewige Manifestation oder die heilsgeschichtliche Sendung des Geistes durch den Sohn (so die Auffassung mancher Forscher des Maximus). Dazu siehe E. Sciecienski, The Filioque 2010, 78–85. 95 Siehe Venance Grumel, Le decret du synode photien de 879–880 sur le symbole de foi, in: EOr 37 (1938) 357–372, 365: „À quelle parole fausse ont pu penser les membres du synode, sinon, bien qu’il n’y en a pas dʹ autre qui ait été ajoutée au Symbole, et que déjà il y avait controverse à ce sujet entre Grecs et Latins?“ Siehe auch Dragas, The Eighth Ecumenical Council 1999, 365: „What else could Saint Photios have in mind but the Filioque? Was there any other threat to the Creed at that time“?

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schen Missionare96 in Bulgarien der wichtigste Reibungspunkt zwischen Konstantinopel und Rom. Photios war sich der breiteren zukünftigen Auswirkungen dieses Problems ganz bewusst und wollte in den Beschlüssen der Synode von 879/80 eine indirekte wohl aber ebenso ausdrückliche Verurteilung dieser Lehre erreichen. Er wollte eine Schranke, ein dogmatisch-verbindliches „Gerüst“ gegen die anstürmende „Irrlehre“ schaffen.97 Wie G. D. Dragas richtig bemerkt, verwendeten die lateinischen Missionare und die fränkischen Theologen das Filioque in ihrer liturgischen Praxis schon längst98 und übten einen enormen Druck auf die Päpste aus, dieses offiziell anzuerkennen. Rom hätte Widerstand leisten können, aber für wie lange noch? Nach Dragas hatte der Patriarch damals mit Sicherheit in Erwägung gezogen, dass ein dogmatischer Beschluss eines ökumenischen Konzils, der denjenigen schwere Strafen bereitet hätte, die den ursprünglichen Glauben zu verfälschen wagten, zukünftig den Respekt aller eingebracht; so wäre man der Gefahr entgangen.99 Eine ähnliche Annäherung bietet der in der theologischen Wissenschaft kompetente Kardinal Joseph Hergenröther. Ich führe seine Erklärung zur Sache wörtlich an, denn ich glaube, dass sie dem Leser zum genauen Verständnis der Problematik sehr hilfreich sein kann, zumal sie von einem römisch-katholischen Kirchenhistoriker stammt: „Vom Dogma war in dem ganzen Synodaldokument nicht die Rede. Photios hütete sich jetzt den Kampf zu erneuern; der häretische Okzident war ihm jetzt befreundet. Er hatte nicht, wie einst vom Bischof Donatus und seinen Begleitern ein Glaubensformular von den päpstlichen Legaten verlangt, vielmehr sie als Brüder und Freunde unbedingt willkommen geheißen; seine Reden ihnen gegenüber strömten von Liebe und Eintrachtsversicherungen über. Dennoch einen Schritt wollte er noch gegen das verhasste Dogma der Lateiner tun, um für den Wiederausbruch der Feindseligkeiten mit Rom – denn das Verfahren des Nikolaos, der einst den Zacharias und Rodoald desavouiert hatte, stand ihm noch im Gedächtnis – eine starke Waffe zu haben, um in den Augen der Orientalen nicht als ganz von seiner früheren Lehre abgekommen und abgefallen, als sich selber untreu zu erscheinen, um seine Union mit Rom auch bei denen zu rechtfertigen, die er einst gegen dessen Häresien aufgeregt, um seiner Doktrin die Herrschaft in der orientalischen Kirche zu sichern. Er ging daran sehr vorsichtig und suchte eine indirekte Verdammung der im Abendland herrschenden Lehre vom Heiligen

96 Siehe Siecienski, The Papacy and the Orthodox, 2017, 224. 97 Siehe Dragas, The Eighth Ecumenical Council 1999, 365: „The purpose of this Horos could not be anything but a buffer against the coming storm, which he (scil. Photios) foresaw“. 98 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 195–196 99 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 365.

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Geist zu sanktionieren. So viel er sich auch von der Gefälligkeit und Nachgiebigkeit der römischen Legaten versprechen konnte, auf eine förmliche und direkte Verdammung dieser Lehre ließen sie sich doch in keinem Fall ein; sie hätten sich im Okzident als Verräter des Glaubens gebrandmarkt. Photios musste einen Mittelweg zwischen der ihm so wünschenswerten Proskription dieses Dogma und dem völligen Hinwegsehen über die erst durch ihn in weiteren Kreisen zum Bewusstsein gebrachte und angeregte dogmatische Differenz zu finden: Er lag in dem Verbot jedes Zusatzes zum Symbol. Darin konnte er sich auf das christliche Altertum stützen, darin stand ihm das Benehmen des Papstes Leo III. zur Seite, darin erschien er als Gegner jeder kirchlichen Neuerung als Verteidiger des Ansehens der Synoden und der Väter“.100 Ich finde die vorgelegte Erklärung Joseph Hergenröthers sehr interessant und äußerst wichtig. Sie benennt alle Elemente, mit deren Hilfe man zu einem sicheren Schluss über die Entwicklung der Dinge im Blick auf die Überwindung des Problems „Filioque“ zu dieser Zeit gelangen kann. Die nach vielen Bemühungen erlangte Wiedereinigung zwischen Rom und Konstantinopel musste um jeden Preis gewahrt bleiben. Beide Seiten waren sich damals des theologischen Dissenses des Filioque bewusst, der sich anlässlich des Eingriffs der lateinischen Missionare in Bulgarien und ihres Versuches, dort das byzantinische Ritus-Gebäude zu stürzen, zugespitzt hatte101 und in den Vordergrund gerückt worden war (besonders von Photios in der Enzyklika, weil das byzantinische Jurisdiktionsinteresse in Bulgarien damals bedroht war). Photios, ein scharfblickender, tüchtiger Mann, sah voraus, dass irgendwann in der Zukunft das Problem wiederauftauchen würde und bemühte sich, die kanonische Basis zur Abwehr des Filioquismus zu schaffen. Das ist ihm gelungen, ohne zugleich das Ansehen der römischen Kirche zu besudeln. Wie? Indem er den Horos auf eine Weise verfasst hat, in der der Hauptverantwortliche für die Einführung der Irrlehre und damit für die Änderung des Symbols namentlich nicht genannt, sondern nur angedeutet wird, und zwar abstrakt. Diese Haltung steht völlig im Einklang mit seinen Ausführungen in der Mystagogie, in der die lateinische Kirche namentlich nie angegriffen, sondern eher die Orthodoxie der römischen Päpste hervorgehoben wird.102 Beim Horos der Synode von 879/80 spürt man die Tendenz des Verfassers, die direkte Auseinandersetzung mit einem namentlich konkreten Gegner zu vermeiden, ohne sich zugleich 100 Photius 1867b, 516. 101 Siehe G. Larentzakis, Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381) und das Filioque in der heutigen Ökumene. Tendenzen und Erwartungen, in: Μνήμη Συνόδου Ἁγίας B‘ Οἰκουμενικῆς (ἐν Κωνσταντινουπόλει 381), Πατριαρχικὸν Ἵδρυμα Πατερικῶν Μελετῶν, Thessaloniki 1983, 598–635. 102 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 285–289.

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auf Kompromisse im Blick auf die Verbndlichkeit des durch die ökumenischen Synoden überlieferten und besiegelten Glaubens (scil. des NC) einzulassen.103 Aufgrund all dieser vorgelegten Daten, bin ich der Auffassung, dass die Behauptung mancher Forscher, dass das Filioque bei der Synode von 879/80 und besonders bei ihrem Horos als Zusatz zum Glaubenssymbol nicht behandelt wurde,104 nicht nachvollzierbar ist. Ganz im Gegenteil. Die Synode bedroht konkret jeden, der das Symbol durch eine Hinzufügung oder Wegnahme zu verändern wagt, mit schwerer Bestrafung und genau dieses Bestehen auf der Verurteilung jedes Verfälschers verbindet sich mit der Absicht des Photios, das Filioque indirekt, wohl aber deutlich zu sanktionieren. Die genaue Prüfung des Textes des Horos gibt uns unerschütterliche Beweise inhaltlicher, stilistischer und terminologischer Art, welche die Vermutung, der Patriarch selbst sei eventuell an der Abfassung des Horos unmittelbar beteiligt, mehr als plausibel machen. Photios war ja sicher zu diesem Zeitpunkt die starke kirchliche Autotität, die alles unter ihrer Kontrolle hatte und haben wollte. In jedem Fall, selbst wenn im Horos der Filioque-Zusatz mit Stärke, Entschlossenheit und Tüchtigkeit angegriffen wurde, war sich Photios dessen bewusst, dass dieser Beschluss allein nicht ausreichen würde, diese dogmatische Abweichung endgültig außer Kraft zu setzen. Sein Brief an den Erzbischof von Aquileia sowie sein Hauptwerk gegen das Filioque, die Mystagogie des Hl. Geistes, die ihm folgten, beweisen diese Feststellung. Auf diese dem Horos der Synode von 879/80 nachfolgenden Abhandlungen beruft sich der Patriarch, um seinen Leser auf die Sanktionierung des Filioque aufmerksam zu machen: „Die von dort (scil. aus Rom) entsandten Stellvertreter des zum Chor des Heiligen zählenden Johannes – als ob jener selbst anwesend gewesen wäre und mit uns die Rechtgläubigkeit bedacht hätte – haben das Symbol des Glaubens, das von allen ökumenischen Synoden gemäß der Lehre des Herrn sowohl verkündigt als auch bekräftigt wurde, wie völlig Gleichdenkende in Stimme und Zunge eigenhändig unterzeichnet“.105 Einen letzten interessanten Gesichtspunkt will ich noch in Hinblick auf den Horos und dessen Relevanz für heute ansprechen. Den Horos der Synode von

103 Siehe G. Dragas, The Eighth Ecumenical Council 1999, 365. 104 Siehe H. G. Beck, Geschichte 1980, 112. Vgl. auch Jugie, Origine de la controverse sur l’addition du Filioque au symbole, 1939, 379; F. Dvornik, Photian Schism 1948, 196. 105 Ep. 291 (III, 150, 372  – 151, 378 L/W): ἀλλὰ γὰρ καὶ συνόδου συγκροτηθείσης ἐπί τισιν ἐκκλησιαστικοῖς κεφαλαίοις, οἱ ἐκεῖθεν ἀπεσταλμένοι τοῦ ἐν ἁγίοις Ἰωάννου τοποτηρηταί, ὡς αὐτοῦ παρόντος ἐκείνου καὶ συνθεολογοῦντος ἡμῖν τὴν εὐσέβειαν, τῷ συμβόλῳ τῆς πίστεως τῷ διὰ πασῶν τῶν οἰκουμενικῶν συνόδων κατὰ τὴν δεσποτικὴν φωνὴν καὶ κηρυσσομένῳ καὶ κρατουμένῳ ὡς ὁμόφρονες καὶ φωνῇ καὶ γλώσσῃ καὶ ἰδιοχείρῳ γραφῇ καθυπεσημήναντο. Vgl. Myst., 89 (S. 94, 7–12 Pol.).

Der „Horos“ des Konzils von 879/80 in Bezug auf das Filioque 

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879/80 könnte man sicherlich ins Feld des heute zu führenden Dialogs zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche führen und von ihm einen guten Gebrauch machen. Vorläufige Frucht dieses Dialogs ist der in Ravenna am 13.10.2007 verabschiedete Text, mit dem man den Horos in Verbindung bringen könnte, da im Text von Ravenna ein zentraler Gedanke, der im Horos der Synode von 879/80 hervorgehoben wurde, enthalten ist. Dieser Gedanke bezieht sich auf den verbindlichen Charakter der Beschlüsse der ökumenischen Synoden und auf die äußerste Begrenztheit für eine lokale Kirche, einseitig Änderungen in Glaubenssachen vorzunehmen. Der Text von Ravenna (Nr. 33) lautet wie folgt: „Es ist klar …, dass ein und derselbe Glaube in all den Ortskirchen geglaubt und gelebt werden, dieselbe eine Eucharistie überall gefeiert werden und ein und dasselbe apostolische Amt in all den Gemeinden tätig sein muss. Eine Ortskirche kann nicht das Glaubensbekenntnis verändern, das von ökumenischen Konzilien formuliert wurde, obgleich die Kirche immer auf neue Probleme angemessene Antworten geben muss, die sich auf die Schrift gründen und in Übereinstimmung und in Zusammenhang stehen mit den früheren dogmatischen Aussagen (BariDokument, Nr. 29). Gleicherweise kann eine Ortskirche nicht einen grundlegenden Punkt bzgl. der Form des Amtes durch eine einseitige Entscheidung ändern und keine Ortskirche kann die Eucharistie in absichtlicher Trennung von anderen Ortskirchen feiern, ohne ernsthaft die kirchliche Communio zu beeinträchtigen. In all diesen Dingen beeinträchtigt man das Band der Communio selbst, also das Sein der Kirche selbst“.106 Aus der Sicht mancher orthodoxen Theologen enthält dieser Abschnitt aus dem Text von Ravenna eine sehr deutliche Anspielung auf die einseitig vorgenommene Hinzufügung des Filioque ins Glaubenssymbol von seiten der lateinischen Kirche.107 Diese Bemerkung ist m.  E. sehr wichtig, wenn man auch das im selben Text von Ravenna über die allgemeine Kraft der Beschlüsse der ökumenischen Synoden Gesagte in Betracht zieht: „Wenn im Verlauf der Geschichte ernste Probleme entstanden, die die universale Communio und Übereinstimmung zwischen Kirchen betrafen … nahm man zu ökumenischen Synoden Zuflucht. Diese Synoden waren ökumenisch, nicht bloß, weil sie Bischöfe von allen Regionen und insbesondere die der fünf größeren Sitze Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem entsprechend der alten Ordnung (τάξις) versammelten. Sie waren es auch, weil ihre feierlichen dogmatischen Entscheidungen und ihre

106 Siehe Dokumente Wachsender Übereinstimmung (DwÜ), J. Oeldermann/Fr. Nüssel/U. Swarat/A. Vletsis (Hgg.), 4 Bde., Leipzig 2012, Bd. 4, 842. 107 Siehe Georgios Martzelos, Ὀρθοδοξία καί σύγχρονοι διάλογοι, Thessaloniki 2008, 263. Vgl. Teil IV, Anm. 175.

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gemeinsamen Formulierungen des Glaubens, besonders in kritischen Punkten, für alle Kirchen und alle Gläubigen zu allen Zeiten und an allen Orten gelten. Deswegen bleiben die Entscheidungen der ökumenischen Synoden normativ“.108 Diese letzte Äußerung im Text von Ravenna (der natürlich noch keinen verbindlichen dogmatischen Text mit allgemeiner Gültigkeit für die ganze Kirche, sondern einstweilen nur einen Annäherungsversuch zwischen der orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche darstellt) nähert sich dem Geist des Horos der Synode von 879/80 an, der in den Beschlüssen der ökumenischen Konzilien eine allgemeine Verbindlichkeit für die ganze Kirche sieht. Im Horos wird allererst die Suffizienz des im Konzil von Konstantinopel (381) verabschiedeten und von den ihm nachfolgenden Konzilien bekräftigten und bestätigten Glaubensbekenntnisses mit Nachdruck beteuert.109 Photios beabsichtigte m.  E. damals, das Filioque indirekt, wohl aber deutlich und endgültig außer Kraft zu setzen, ohne zugleich die Wiederherstellung der kirchlichen Gemeinschaft zwischen Rom und Konstantinopel in Gefahr zu bringen und die lateinische Kirche direkt angreifen zu müssen.110 Aus diesem Grund wird die lateinische Kirche im Horos von 879/80 weder namentlich genannt noch als Urheber einer Irrlehre bezeichnet. Ihr Ansehen wurde damals auf gar keinen Fall beeinträchtigt. Keine offizielle bzw. direkte Verurteilung der römischen Kirche lässt sich in der dogmatischen Äußerung der Synode feststellen. Der Horos wendet sich geschickt und unbestimmt gegen diejenigen, die sich erkühnen, das Symbol mit falschen Begriffen zu verändern. Darunter ist nicht die römische Kirche in ihrer Gesamtheit zu verstehen, sondern eher ist an die fränkischen Missionare gedacht, die vom damaligen Papst Nikolaos nach Bulgarien geschickt worden waren und die das NC samt Filioque dorthin importiert und damit den Zündstoff für den Konflikt zwischen West- und Ostkirche gelegt hatten.111 Auch Photios in seiner Polemik gegen den Filioque-Ansatz hatte damals nie seinen Angriff auf die römische Kirche als eine Institution innerhalb der Pentarchie gerichtet, sondern auf den illegitimen Eingriff der fränkischen Theologen ins NC abgestellt und immer auf die Rechtgläubigkeit der römischen Päpste hingewiesen.112

108 Siehe Text von Ravenna, Nr. 35, in: DwÜ, 842. 109 Siehe Gemeinhardt, Concilium Constantinopolitanum IV – 879–880, in: CCCOGD II/1, 57. 110 Die fränkischen Missionare waren es, die damals direkt angegriffen worden waren, weil sie das von Anfang her durch die Väter überlieferte Symbol zu verändern gewagt haben. Siehe Gemeinhardt, Concilium Constantinopolitanum IV, 2014, 57. 111 Siehe Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 195. Vgl. Siecienski, The Papacy and the Orthodox 2017, 224. 112 Siehe Siecienski, The Papacy and the Orthodox 2017, 231.

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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Fazit: Im Horos der Synode von 879/80 wird mit einem recht kräftigen Endurteil jede Änderung bzw. Hinzufügung oder Wegnahme in dem überlieferten und von allen sieben ökumenischen Synoden feierlich und ununterbrochen besiegelten Glaubensbekenntnis streng zurückgewiesen, ohne dass auch der römische Stuhl als Urheber eines solchen Aktes namentlich zur Verantwortung gezogen und beschuldigt wird. Dieses wissenschaftlich nachgewiesene Ergebnis erleichtert heute die Lage der römisch-katholischen Kirche bedeutend und entkräftet die Position mancher aus fundamentalistischen Kreisen stammenden Orthodoxen, die heute behaupten, dass die römisch-katholische Kirche damals offiziell als Urheber einer häretischen Lehre verurteilt worden sei. Der Horos von 879/80 nimmt deutlich auf die Enzyklika des Patriarchen im Jahr 867 Bezug und steht völlig im Einklang mit seiner Grundzielsetzung, die textuelle Integrität und ökumenische Tragweite des Glaubensbekenntnisses zu wahren, welche in den Augen des Photios und der orthodoxen Seite gewiss mittels des verabschiedeten Horos sichergestellt wurde. Die Integrität des NC sollte sich aber später als ein kritischer Reibungspunkt für die Fortsetzung der Filioque-Kontroverse erweisen.113

2.3 Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque Der Brief an den Erzbischof von Aquileia, gerichtet an eine in Italien einflussreiche und mächtige kirchliche Person,114 welche Photios gleichgesinnt war, wurde zu dieser Zeit115 mit dem konkreten Ziel verfasst, diese Person im Kampf gegen die (gemäß der Beschlüsse des Konzils von 879/80) illegitime Interpolation des Filioque und gegen die dogmatischen Konsequenzen, die aus dieser Abweichung resultierten, zu unterstützen und zur Verteidigung der byzantinischen dogmati-

113 Siehe Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 58. 114 Es ist bis heute strittig, um welche Person es sich handelt, da es seit dem 6. Jahrhundert zwei „Patriarchate“ von Aquileia gab; Hergenröther (Photius 1867b, 640  f.) und Haugh (Photius and the Carolingians 1975, 131 Anm. 2) weisen den Brief Walpert von Aquileia zu, während Kolbaba in ihrer vor zirka 14  Jahren erschienenen Studie (Inventing Latin Heretics 2008, 104–110) mit guten Gründen an Palladius, den damaligen Bischof von Grado, als Adressaten des Briefes denkt. 115 Der Brief ist zwischen 883 und 884 geschrieben, da der Papst Johannes VIII. in einer Weise erwähnt wird, als sei er unter den Heiligen (τοῦ ἐν ἁγίοις Ἰωάννου πάπα), d.  h. als sei er längst gestorben. Sein Nachfolger Hadrian wird auch nicht erwähnt (anders Myst. 89), was ein Hinweis darauf sein könnte, dass der Brief zur Zeit des Marinus (882–884) entstanden ist. Dazu Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 270 Anm. 360. Dieses Indiz ist aber kein sicheres Argument dafür, dass der Brief genau in dieser Zeit verfasst wurde.

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schen Linie im Westen aufzufordern.116 Die Tatsache, dass Photios anderthalb Jahrzehnte nach der Abfassung der Enzyklika das Thema des Hervorgehens des Hl. Geistes wieder aufnahm, zeigt, dass sich der dogmatische Beschluss der Synode von 879/80 nicht entscheidend auf die endgültige Lösung des Problems ausgewirkt hat und dass das Filioque im Westen weiter gelehrt wurde. Das Filioque-Problem war auf dem Konzil von 879/80 zwar hinsichtlich des NC-Textes auf höchster Ebene thematisiert, theologisch jedoch noch keineswegs gelöst worden.117 Die dem Brief an den Erzbischof von Aquileia folgende Mystagogie, welche die umfassendste (dritte) Abhandlung der Photios gegen das Filioque ist, bestärkt diese Feststellung und zeigt, dass der Osten diese theologische Neuerung noch systematischer und ausführlicher entkräften wollte. Der vorliegende Text vermittelt im Vergleich zum Text der Enzyklika dem Leser einen ganz anderen Eindruck. Während in der Enzyklika die Widerlegung des Filioque mithilfe rein logischer Argumente unternommen wird, erfolgt dessen Bestreitung und Abweisung im Brief an den Erzbischof von Aquileia nicht nur mit theologisch-logischen Argumenten, sondern auch mit Rekurs auf die Rechtgläubigkeit der römischen Päpste und auf Bibelstellen (Joh. 16, 14; Gal. 4, 6), die nach der Meinung des Photios von den Lateinern falsch ausgelegt werden. In Hinblick auf das argumentative Vorgehen des Patriarchen zeigt sich, dass der Brief an den Erzbischof von Aquileia dem Inhalt und der Art der Verfassung nach der Mystagogie viel näher als der Enzyklika steht.118 Die Berufung auf die Orthodoxie der römischen Päpste könnte man als Kernpunkt der im vorliegenden Brief dargelegten Argumentation bezeichnen: „Vom Chor der gotterfüllten Väter, der eine (streng bestimmte) Zahl übersteigt, wurden die Erzbischöfe Roms belehrt und von diesen haben sie durch die Darlegung der heiligen Lehre des Glaubens (des Glaubensbekenntnisses) das unverfälschte Dogma von der dreifaltigen Wesensgleichheit empfangen, sodass sie (dies) allen Orten im Westen weitergegeben haben … alle diese haben mit uns sehr deutlich und in unerschütterlicher Entschlossenheit öffentlich bekannt gemacht, dass der Hl. Geist vom Vater ausgeht“.119

116 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 110. 117 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 270. 118 Sowohl die inhaltlichen als auch die wörtlichen Übereinstimmungen des Briefes mit der Mystagogie des Hl. Geistes werden im Kommentar der Mystagogie weiter unten gezeigt werden. 119 Ep. 291 (III, 150, 355–399 L/W): χορὸν θεοφόρων πατέρων ἀριθμοῦ κρείττονα, ἐξ ὧν καὶ οἱ … τῆς Ρώμης ἀρχιερεῖς ἐκδιδαχθέντες καὶ διὰ τοῦ ἐκτιθεμένου τῆς πίστεως ἁγίου μαθήματος τῆς τριαδικῆς ὁμουσιότητος ἀπαραχάρακτον τὸ δόγμα παρειληφότες, τοῖς κατὰ τὴν δύσιν πᾶσαν παραδεδώκασιν μέρεσιν … τρανῶς μεθ’ ἡμῶν καὶ ἀδιστάκτως τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ τοῦ πατρὸς ἀνεκήρυξαν ἐκπορεύεσθαι.

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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Folgende Gliederung veranschaulicht die Binnenlogik des Textes: Einführung mit Begrüßung des Adressaten Darstellung des Problems Beginn der Widerlegung mit kurzem Rückgriff auf die Rechtgläubigkeit der römischen Kirche in der Sache des Hervorgehens des Hl. Geistes Widerlegung durch logische Argumente Fortsetzung des Argumentierens anhand von Bibelstellen Berufung auf die Kirchenväter und besonders auf die lateinischen. Es könne sein, dass sich manche von diesen nicht mit dogmatischer Genauigkeit ausgedrückt hätten. Ihre Äußerungen besäßen keine allgemeine Gültigkeit und verbindlichen Charakter wie die der ökumenischen Konzile. Schluss mit Rückgriff auf das Konzil von 879/80

Ich biete im folgenden eine Analyse des Texts mitsamt der Übersetzung ausgewählter wichtiger Abschnitte. Nach der freundlichen Begrüßung des Adressaten kommt Photios unmittelbar zur Sache: „Nun aber, indem wir auf solche Weise uns an eure heilige Tugend hängen (festhalten) und uns über eure Errungenschaften brüsten und freuen, haben wir uns (große) Hoffnung gemacht, das, was uns nun zu Ohren kam – möge doch dies nicht sein, leidet doch darunter nicht der Körper, sondern (vor allem) die Seele ‒, durch sie (eure Tugend) außer Kraft zu setzen und (haben es) für richtig gehalten, diese Leidenschaft ans Licht zu bringen. Es ist uns nämlich zu Ohren gekommen, dass manche von diesen, die im Westen sind ‒ ich weiß (wirklich) nicht, wie ich dies ohne Bedauern sagen kann ‒ entweder weil sie nicht gut genug in den Worten des Herrn geübt sind oder die dogmatischen Beschlüsse und Lehren der Väter und der Synoden zu wenig beachten oder (weil) sie deren (dogmatische) Genauigkeit verachten, oder (weil) sie ihren Geist in derartigen Sachen abgestumpft haben, oder ich weiß nicht, wie man es anders ausdrücken kann ‒ trotzdem nun ‒ möge es doch nicht sein! ‒ ist zu unseren Ohren gekommen, dass manche von diesen im Westen (die Neuerung) einführen, nämlich dass der göttliche und heilige Geist nicht nur von Gott Vater, sondern auch vom Sohn ausgeht und daher durch diese Lehre einen großen Schaden unter den Glaubenden verursachen“.120 120 Ep. 291 (III, 140, 35–49 L/W): Ἀλλ’ οὕτω περὶ τῆς ἱερᾶς ὑμῶν ἀρετῆς ἔχοντες καὶ τοῖς ταύτης ἐνσεμνυνόμενοί τε καὶ ἡδόμενοι κατορθώμασι, τὸ νῦν ἡμῶν ταῖς ἀκοαῖς ἐπιπέσον ‒ ὡς εἴθε μὴ ὤφελε· ψυχῆς γάρ ἐστι καὶ οὐ σώματος ἄλγημα ‒ διὰ ταύτης ἀποθέσθαι μεγάλην ἐλπίδα λαβόντες, καὶ αὐτὸ τὸ πάθος ἀνακαλύψαι δεῖν ᾠήθημεν. ἀνηνέχθη γὰρ μέχρι τῶν ἡμετέρων ἀκοῶν ὥς τινες τῶν κατὰ τὴν δύσιν ‒ οὐκ οἶδα πῶς ἂν ἀλύπως εἴπω ‒, μὴ καλῶς ταῖς κυριακαῖς φωναῖς ἐξασκηθέντες, ἢ τῶν πατρικῶν τε καὶ συνοδικῶν ὅρων καὶ δογμάτων ἔχοντες λόγον οὐδένα, ἢ

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Aus diesem kleinen einführenden Abschnitt bekommt man einen ersten Eindruck über die Position des Photios hinsichtlich derjenigen, welche die Neuerung des Filioque heimlich einführen (παρεισάγουσι): Entweder seien diese nicht gut genug in der Lehre des Evangeliums geübt oder lenkten nicht die gebührende Aufmerksamkeit auf die synodalen und dogmatischen Beschlüsse oder missachteten deren Genauigkeit oder letzten Endes sei ihr Geist getrübt. Was dem Leser noch auffällt, ist die Verwendung eines „starken“ Verbs, des „ἐπιπίπτειν“, das den schweren Schlag anzeigt, den der Patriarch erlitten hat, als ihm zu Ohren gekommen ist, dass manche Leute in Italien das allheilige Symbol verändert aussprechen. Das Partizip Aorist „ἐπιπέσον“ weist auf einen schweren und heftigen Schlag hin, was man mit einer Ohrfeige gleichsetzen könnte. Wie eine Ohrfeige den ganzen Körper erschüttern würde, genau so hat diese neue Lehre den Patriarchen seelisch erschüttert und in Unruhe versetzt. Diese Neuerung, nämlich dass der Hl. Geist auch vom Sohn ausgeht, bringe nach Photios die Gläubigen in Verwirrung, weil sie vor allem nicht nur im Widerspruch zur Hl. Schrift, sondern auch zum Wort des Herrn selbst stehe.121 Wenn sie nicht schnell zur Vernunft kommen und sich nicht des Ausmaßes ihres Abgleitens (vom rechten Glauben) bewusst werden und sich nicht freiwillig als Kinder und Schüler der Frömmigkeit zeigen, besteht nach Photios dann wirklich die Gefahr, „dass sie nicht nur von den anderen Gütern, sondern auch von der frommen Gesinnung und (sogar) vom göttlichen Geist selbst (endgültig) herabfallen werden, weil sie den Geist erniedrigen, indem sie tatsächlich als Dogma behaupten, er gehe aus dem Sohn hervor, und durch dieses zweite Hervorgehen gegen ihn freveln und damit auch das eine Hervorgehen verspotten“.122 Photios fängt an, seine Position deutlicher zu entfalten und nimmt in einem ersten Schritt auf das unbestrittene Zeugnis der römischen Päpste Bezug. Er referiert zuerst Papst Leo I., der entscheidend zur Einberufung des 4. ökumenischen Konzils beigetragen und mittels seiner schriftlichen Äußerung in der Form eines

τῆς ἐκεῖθεν ἀκρίβειας ὑπερορῶντες, ἢ τὸν νοῦν πρὸς τὰ τοιαῦτα φέροντες πεπωρωμένον, ἢ οὐκ οἶδ’ ὅπως ἄν τις καὶ φαίη ‒ ὅμως οὖν ‒ ὡς εἴθε μὴ ὤφελεν ‒ ἧκεν εἰς ἡμετέρας ἀκοὰς ὥς τινες τῶν ἀνὰ τὴν δύσιν τὸ θεῖόν τε καὶ πανάγιον πνεῦμα οὐ μόνον ἐκ τοῦ θεοῦ καὶ πατρὸς, ἀλλὰ καὶ ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι παρεισάγουσι καὶ πολλὴν ἐντεῦθεν τὴν βλάβην διὰ τῆς τοιαύτης φωνῆς τοῖς πειθομένοις ἀπεργάζονται. 121 Siehe Ep. 291 (III, 141, 51 L/W). 122 Ep. 291 (III, 141, 58–62 L/W): ἐκπεσοῦνται γὰρ μετὰ τῶν ἄλλων ἀγαθῶν καὶ τοῦ τῆς εὐσεβείας φρονήματος καὶ αὐτοῦ τοῦ θείου πνεύματος, ὡς ταπεινοῦντες τὸ πνεῦμα, οἷα δὴ ἐκ τοῦ υἱοῦ δογματίζοντες ἐκπορεύεσθαι, καὶ δευτέρᾳ προόδῳ αὐτὸ ἐνυβρίζοντες, χλευάζοντες δὲ καὶ τὴν μίαν ἐκπόρευσιν.

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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Briefes (διὰ τῆς οἰκείας ἐπιστολῆς)123 zum Besiegen des Nestorios und Eutyches geführt hat. Darin verkündete er auch, dass der Hl. Geist gemäß den vorhergehenden synodalen Beschlüssen aus dem Vater, nicht aber ebenso aus dem Sohn hervorgeht.124 Als Zweiter kommt Leo III., ein Glaubenseiferer, der „den Christen des Westens auftrug, die heilige Trinität ausschließlich in griechischer Sprache zu verherrlichen und sie theologisch zu reflektieren, damit das unbefleckte Lehrstück unserer Rechtgläubigkeit niemals in irgendeiner Weise durch die Sprache der Barbaren verfälscht würde“.125 Die von ihm angebrachten Silberschilde mit dem Text des NC stünden allen Christen als Warnung vor Augen (εἰς ὄψιν ἁπάντων), den überlieferten Glauben nicht eigenmächtig zu verändern.126 Und dies „damit es niemals für die im Geheimen wirkenden Verfälscher und neue Lehren Einführenden eine Methode gäbe, die fromme Lehre unserer Christen zu verfälschen und den Sohn als zweite Ursache für den Geist, der in gleichem Rang wie der gezeugte Sohn aus dem Vater hervorgeht, einzuführen“.127 Zum Chor der Erzbischöfe Roms, welche den überlieferten Glauben unverändert beibehalten haben, wird auch Papst Hadrian I. gezählt, der sich in seinem Antwortschreiben an den Patriarchen Tarasios (den Onkel des Vaters des Pho-

123 Damit ist der sogenannte Tomus ad Flavianum gemeint. Vgl. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 275, Anm. 376. 124 Siehe Ep. 291 (III, 141, 71–75 L/W): ὁ μὲν τῇ τετάρτῃ καὶ οἰκουμενικῇ ἁγίᾳ συνόδῳ πολλὴν συνεισενεγκὼν τὴν συγκρότησιν διά τε τῶν εἰς πρόσωπον σταλέντων ἱερῶν ἀνδρῶν καὶ διὰ τῆς οἰκείας ἐπιστολῆς, δι’ ἧς καὶ Νεστόριος καὶ Εὐτυχὴς καταβέβληνται, ἐν ᾗ καὶ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ τοῦ πατρὸς κατὰ τὰς πρὸ αὐτοῦ συνοδικὰς ψήφους, ἀλλ᾽ οὐχὶ καὶ ἐκ τοῦ υἱοῦ, ἀνεκήρυττεν ἐκπορεύεσθαι [Der eine (scil. Leo I.), der zur Einberufung des vierten und ökumenischen heiligen Konzils vieles beigetragen hat, mittels der an seiner Stelle abgesandten heiligen Männer sowie seines Briefes, durch den die Häresie des Nestorios und Eutyches außer Kraft gesetzt wurde, und in dem er gemäß den früheren synodalen Stimmen öffentlich bekanntgab, dass der Hl. Geist aus dem Vater, aber nicht auch aus dem Sohn hervorgeht]. 125 Ep. 291 (III, 141, 77–80 L/W): οὗτος (scil. ὁ Λέων) ὁ τῆς εὐσεβείας θερμὸς ζηλωτής, ὡς ἂν κατὰ μηδένα τρόπον μηδαμῶς παραχαράττοιτο βαρβάρῳ γλώσσῃ τὸ ἄχραντον ἡμῶν τῆς εὐσεβείας μάθημα, Ἑλληνίδι φωνῇ … τοῖς ἐν τῇ δύσει δι’ αὐτοῦ δοξολογεῖν καὶ θεολογεῖν τὴν ἁγίαν τριάδα παραδέδωκεν [Dieser Leo, der eifrige Bewunderer der Frömmigkeit, damit das unbefleckte Lehrstück unserer Frömmigkeit-Religion in gar keiner Weise durch die Sprache der Barbaren verfälscht würde, hat den (nachkommenden Christen) des Westens weitergegeben, die heilige Trinität ausschließlich in der griechischen Sprache zu verherrlichen und über sie Theologie zu betreiben]. Diese Behauptung verbindet Photios merkwürdigerweise in Myst. 87 (S. 92, 17–23 Pol.) mit Leo IV. Dazu siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 276, Anm. 377. 126 Siehe Ep. 291 (III, 141, 80 – 142, 87 L/W). 127 Ep. 291 (III, 142, 84–87 L/W): καὶ μηδαμόθεν τοῖς κρυφίοις παραχαράκταις καὶ καινολόγοις μέθοδος εἴη κιβδηλεύειν ἡμῶν τῶν Χριστιανῶν τὴν εὐσέβειαν καὶ δεύτερον αἴτιον εἰσάγειν παρὰ τὸν πατέρα τὸν υἱὸν τοῦ ὁμοτίμως τῷ γεννηθέντι υἱῷ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευομένου πνεύματος.

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tios)128 als weise und umsichtig denkend erweisend, deutlich und offenkundig erklärt hat, dass der Hl. Geist aus dem Vater, nicht aber aus dem Sohn hervorgeht.129 Der letzte schwer zu bestreitende Beweis für die Rechtgläubigkeit der römischen Päpste ergibt sich aus der gemeinsamen Unterzeichnung des dogmatischen Beschlusses durch die päpstlichen Legaten in der Unionssynode von 879/80 in Konstantinopel, die ungefähr drei oder vier Jahre zuvor stattfand: Als eine Synode wegen einiger kirchlicher Fragen zusammenkam, haben die von dort (scil. aus Rom) entsandten Stellvertreter des zum Chor des Heiligen zählenden Johannes – als ob jener selbst anwesend gewesen wäre und mit uns die Rechtgläubigkeit bedacht hätte – das Symbol des Glaubens, das von allen ökumenischen Synoden gemäß der Lehre des Herrn sowohl verkündigt als auch bekräftigt wurde, wie völlig Gleichdenkende in Stimme und Zunge eigenhändig unterzeichnet.130

Die Berufung des Photios auf die „Orthodoxie“ der römischen Päpste und sein gezielter Versuch deren Autorität in Anspruch zu nehmen, da „sie derselben Gesinnung mit der katholischen und apostolischen Kirche und den heiligen Bischöfen vor ihnen und den apostolischen Festlegungen waren“,131 dient einerseits dazu, die Lateiner mit Waffen aus ihrer eigenen Waffenkammer (d.  h. der lateinischen Tradition) anzugreifen, andererseits das theologisch-dogmatische Profil der westlichen Kirche zu schützen, unter Berücksichtigung dessen, dass sie vor ein Paar Jahren offiziell jede Neuerung in Hinblick auf das Symbol abgelehnt hatte. Dieser Haltung des Patriarchen wird man später in der Mystagogie begegnen, in der die römische Kirche nicht direkt angegriffen wird, sondern diejenigen, welche mit Berufung auf einzelne Zitate ihrer Väter die Neuerung des Filioque nicht nur als

128 Siehe Teil. I Anm. 8, 9. 129 Siehe Ep. 291 (III, 150, 361–365 L/W). Dabei bemerkt Gemeinhardt mit Verweis auf Ambrosius Esser [Photios, Patriarch von Konstantinopel, in: OS 9 (1960), 26–46, S. 45] und Beck [Die Byzantinische Kirche im Zeitalter des photianischen Schismas, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. II/1 1966, 197–218, S. 215], dass Photios die von Tarasios coram synodo bezeugte – und von Hadrian gegen die Karolinger verteidigte – Denkmöglichkeit einer Beteiligung des Sohnes am Hervorgehen des Geistes (δι᾿ υἱοῦ) unterschlägt. Dazu siehe P.  Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 276. 130 Ep. 291 (III, 150, 372  – 151, 378 L/W): ἀλλὰ γὰρ καὶ συνόδου συγκροτηθείσης ἐπί τισιν ἐκκλησιαστικοῖς κεφαλαίοις, οἱ ἐκεῖθεν ἀπεσταλμένοι τοῦ ἐν ἁγίοις Ἰωάννου τοποτηρηταί, ὡς αὐτοῦ παρόντος ἐκείνου καὶ συνθεολογοῦντος ἡμῖν τὴν εὐσέβειαν, τῷ συμβόλῳ τῆς πίστεως τῷ διὰ πασῶν τῶν οἰκουμενικῶν συνόδων κατὰ τὴν δεσποτικὴν φωνὴν καὶ κηρυσσομένῳ καὶ κρατουμένῳ ὡς ὁμόφρονες καὶ φωνῇ καὶ γλώσσῃ καὶ ἰδιοχείρῳ γραφῇ καθυπεσημήναντο. Übers. (wenig geändert) nach P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 277. 131 Ep. 291 (III, 141, 68–70 L/W): τὰ αὐτὰ φρονοῦντες τῇ καθολικῇ καὶ ἀποστολικῇ ἐκκλησίᾳ καὶ τοῖς πρὸ αὐτῶν ἁγίοις ἀρχιερεῦσι καὶ τοῖς ἀποστολικοῖς θεσπίσμασιν …

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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einen integrierenden Bestandteil der römischen Kirchenvätertradition darzustellen versuchen, sondern auch dies als verbindliches Dogma definieren.132 Nach der Berufung auf die Rechtgläubigkeit der römischen Päpste versucht Photios, der Frage des Hervorgehens des Geistes sachlich nachzugehen: Ein zweiter Schritt ist nun die Berufung auf das Wort des Herrn selbst (Κυριακή φωνή), welches glänzender als jeder Strahl hervorleuchtet und welches das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater bezeugt:133 Wenn nun diese, welche auf gottlästerliche Weise gelehrt haben, dass der Geist vom Sohn ausgeht, auch spät, zu diesem Leuchter emporblicken würden, würden sie (sofort) mit ihrer Beschäftigung im Irrtum und in Dunkelheit aufhören; erleuchtet vom Licht der Frömmigkeit, würden sie (dann) zusammen mit den Frommen in das geheime Gehege der Orthodoxie eintreten, das Licht der Orthodoxie ausstrahlend und sich besonders vor dem geliebten Schüler des Herrn Scheu empfindend, den Eingeweihten und Einführenden in die himmlischen Lehren, der den Namen des Johannes des Theologen trägt; und sie würden ihn in ihrer Bitte um Verzeihung als Fürsprecher in den Vordergrund stellen (zumal) wegen (all)dem, was sie früher gegen diesen gottgelehrtesten Theologen und Lehrer und dessen Schüler aufgestellt haben.134

In diesem Punkt fängt Photios mit der Entfaltung logischer Argumente an, welche die Unhaltbarkeit der Filioque-Alternative zeigen sollen: Wenn der Hl. Geist aus dem Vater und aus dem Sohn hervorgeht, dann würden zwei Ursachen in die göttliche Dreieinigkeit eingeführt und damit ginge das Dogma der Monarchie verloren. Die Existenz zweier Ursprünge innerhalb der Dreiheit würde den einen und absoluten Urgrund in zwei zerteilen, was verwegen und verwerflich ist, in dem Sinne, dass damit die Einfachheit dieses absoluten Urgrundes aufgehoben würde.135 132 Vgl. in Bezug auf das Verb δογματίζειν Ep. 291 (III, 141, 60; 143, 120.134; 144, 174  f. L/W) 133 Siehe Ep. 291 (III, 142, 108–110 L/W). 134 Ep. 291 (III, 142, 110–115 L/W): πρὸς ἣν ἀναβλέποντες κἂν ὀψὲ γοῦν οἱ ἐκ τοῦ υἱοῦ τὸ πνεῦμα δυσφημήσαντες ἐκπορεύεσθαι, παυσάσθωσαν τῆς ἐν πλάνῃ καὶ σκότῳ διατριβῆς, καὶ τῷ φωτὶ τῆς εὐσεβείας ἐλλαμπόμενοι εἰς τὰς ἄδυτον ἐχούσας μάνδρας τὴν τῆς ὀρθοδοξίας αἴγλην τοῖς εὐσεβέσι συνεισιέτωσαν, καταιδούμενοι μάλιστα καὶ τὸν ἐπιστήθιον τῶν οὐρανίων δογμάτων μύστην καὶ μυσταγωγόν, τὸν τῆς θεολογίας Ἰωάννην ἐπώνυμον∙ καὶ εἰς πρεσβείαν προβαλλέτωσαν συγνώμης τυχεῖν οἷς ἀπ’ ἐναντίας αὐτοῦ τε τοῦ διδασκάλου καὶ τῶν μαθητῶν τοῦ θεολογικώτατου πάλαι ποτὲ ἐπανέστησαν. 135 Siehe Ep. 291 (III, 143, 119–123 L/W): … δύο πάντως καὶ ἀρχαὶ συνεισέρχονται καὶ ἡ ἐν τῇ τριάδι μοναρχία φροῦδος οἰχήσεται. δύο γὰρ φανερῶς τοῖς οὕτω λέγουσι τὰ αἴτια συνανακηρύσσεται, ἐξ ὧν καὶ ἡ μία ἀρχὴ εἰς δύο ἀρχάς … συνδιασχίζεται [Es werden gewiss zwei Prinzipien in der Trinität zugleich eingeführt werden und die in der Trinität (herrschende) Monarchie (des Vaters) wird als nutzlos sofort verschwinden. Denn es werden offensichtlich gemäß denen, die so behaupten (scil. dass der Hl. Geist auch vom Sohn ausgeht), zwei Ursachen ausgerufen, aus denen die eine Ursache in zwei Ursachen zerteilt wird].

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Photios setzt seine Argumentation weiter fort, indem er die Frage der Vollkommenheit anschneidet. In der göttlichen Dreiheit muss zwangsläufig der Begriff des Vollkommenen herrschen. Im Fall des Filioque wird dem Göttlichen eine Art von Unvollkommenheit zugeschrieben. Inwiefern? Insofern als dass ein Hervorgehen des Geistes auch vom Sohn auf einen Mangel beim Hervorgehen (des Geistes) aus dem Vater hinweist. Mit einem zweiten Hervorgehen aus dem Sohn scheint das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater einer Vervollkommnung bedürftig zu sein, was natürlich die Idee von der absoluten Vollkommenheit der Hypostase des Vaters beeinträchtigen würde. Die gleiche Logik gilt in Hinsicht auf das Hervorgehen aus dem Sohn. Dieser allein reicht nicht aus, eine vollkommene Hypostase (die des Geistes) ins Sein zu bringen.136 Wenn nun der Geist aus zwei unvollkommenen Wesenheiten (Vater und Sohn) hervorginge, müsste er selbst als unvollkommen und zusammengesetzt gelten.137 Das oben vorgebrachte Argument findet sich in der Mystagogie (Par. 7 und 31) und stellt einen zusätzlichen Beweis für die inhaltliche und stilistische Nähe des an den Erzbischof von Aquileia gesandten Briefes mit dem Hauptwerk des Patriarchen gegen das Filioque dar. Dasselbe Argument ist auch bei späteren Autoren, die sich gegen den lateinischen Zusatz gewehrt haben, wie z.  B. bei Gregorios Kyprios, zu finden, was natürlich zeigt, dass sich die byzantinischen Theologen im späteren Mittelalter, nach dem Unionskonzil von Lyon (1274) vom Photios inspirieren ließen.138

136 Dieser Ausdruck muss uneigentlich und auf eine Weise verstanden werden, die der Erhabenheit Gottes angemessen ist. 137 Siehe Ep. 291 (III, 143, 123–131 L/W): … εἰ μὲν τελεία ἡ ἐκ τοῦ πατρός ἐστιν ἐκπόρευσις, τίς ἡ χρεία τῆς δευτέρας ἐκπορεύσεως, ἤδη τῆς τελειότητος ἐκ τῆς πατρικῆς προόδου καθορωμένης τῷ πνεύματι; εἰ δ’ ἀτελής, τίς ὑποίσει τὸ ἄτοπον; πρῶτον μὲν γὰρ ὁ τοῦτο φάναι τολμήσας τῇ παντελείῳ τριάδι τὸ ἀτελὲς ἐναπέρριψεν· ἔπειτα δὲ καὶ ἐκ δύο πάλιν ἀτελῶν τὸ τελειοποιὸν πνεῦμα συγκατεσκεύασεν, ναὶ δὴ καὶ σύνθετον ἀπετέλεσεν ὡς ἐκ δύο τινῶν αἰτίων· καὶ τότε … ἀτελῶς ἐξ ἑκατέρου ἐκπορευομένου τοῦ πνεύματος [Wenn das Hervorgehen aus dem Vater vollkommen ist, was ist dann die Notwendigkeit des zweiten Hervorgehens, da die Vollkommenheit wegen des Hervorgehens aus dem Vater beim Geist schon erkennbar ist? Wenn aber das Hervorgehen unvollkommen ist, wer wird dann das Widersinnige ertragen? Denn einerseits hat derjenige, der es gewagt hat, so etwas (über die Trinität) auszusprechen, (sofort) der absolut vollkommenen Dreiheit das Unvollkommene zugewiesen. Andererseits hat er den die Vollendung bringenden Geist aus zwei unvollkommenen (Teilen) zusammengesetzt; und er hat ja doch einen Geist zur Vollendung gebracht, der aus irgendwelchen zwei Ursachen ist; und letzten Endes hat er (dies eingerichtet), dass der Geist aus jeder dieser beiden Ursachen unvollkommen hervorgeht]. 138 Vgl. De processione Spir. Sancti, PG 142, 273D. Siehe dazu Theodoros Alexopoulos, Die Argumentation des Patriarchen Gregorios II. Kyprios zur Widerlegung des Filioque-Ansatzes in der Schrift De Processione Spiritus Sancti, in: BZ 104/1 (2011) 1–39 bes. 18.

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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Dritter (logisch entwickelter) Einwand gegen das Filioque: „Wenn der Sohn aus dem Vater mittels der Zeugung hervorgeht, der Geist aber aus dem Sohn mittels der Hervorbringung, dann wird der Geist in den Rang eines Enkels versetzt werden“.139 Dadurch werde eine genetische Linearität in die Dreiheit eingeführt, d.  h. eine Ordnung, welche sozusagen drei „Generationen“ umfasse, insofern der Geist als Hervorbringung des Gezeugten, d.  h. als Nachkomme des Sohnes und als Enkel des Vaters aufzufassen wäre.140 Vierter Einwand: Wenn auch der Geist (zusammen) mit der Zeugung des Sohnes (vom Vater) ausgeht, und wenn zugleich der eine gezeugt wird, der andere (der Geist) aus dem Gezeugten hervorgeht, wäre auch der Geist des Sohnes nicht weniger gewesen, indem er vom Vater mittels der Zeugung seine Hervorbringung hernimmt/empfängt, wenn sicherlich der Vater einerseits den Sohn zeugt, der Geist andererseits zusammen (zugleich) mit dem Sohn hervorgeht, der mittels der Zeugung (auch aus dem Vater) hervorgeht. Denn falls für diese Leute (scil. die Filioque-Fürsprecher) einerseits der eine Zeitpunkt den Sohn aus dem Vater durch Zeugung hervorbringt, andererseits der andere Zeitpunkt bewirkt, dass der Geist aus dem Sohn hervorgeht, – denn sie werden vielleicht auch dies (von einem irreführenden Gedanken) getrieben erfinden –, dann wird diese (Annahme) zwangsläufig dazu führen, dass der Geist später als die Zeugung des Sohnes ins Sein gelangt ist. Wenn sie sich aber von diesem offensichtlichen Kampf gegen Gott entfernen, indem sie sich schnell der Gefahr, die (sich in diesem Kampf birgt) bewusst werden, werden sie selbst dazu geführt, den Hl. Geist als gezeugt zu bekennen.141

Zwischen Zeugung und Hervorgang kann es keine zeitliche Differenz geben, denn in der Dreiheit können nicht Zeitkategorien gelten. Alle drei göttlichen Personen sind gleichewig. Durch das Filioque wird eine temporale Subordination des Geistes unter den Sohn eingeführt.142

139 Ep. 291 (III, 143, 134–136 L/W): εἰ γὰρ ὁ μὲν υἱὸς ἐκ τοῦ πατρὸς διὰ γεννήσεως πρόεισι, τὸ πνεῦμα δὲ ἐκ τοῦ υἱοῦ δι’ ἐκπορεύσεως, εἰς υἱωνοῦ τάξιν περιστήσεται. 140 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 273. 141 Ep. 291 (III, 143, 142 – 144, 150 L/W): εἰ γὰρ τῇ τοῦ υἱοῦ γεννήσει ἐκπορεύεται καὶ τὸ πνεῦμα καὶ ἅμα ὁ μὲν γεννᾶται, τὸ δὲ τοῦ γεννωμένου ἐκπορεύεται, οὐδὲν ἔλαττον τοῦ υἱοῦ καὶ τὸ πνεῦμα ἂν εἴη ἐκ τοῦ πατρὸς τὴν πρόοδον λαμβάνον διὰ γεννήσεως, εἴπερ γεννᾷ μὲν ὁ πατὴρ τὸν υἱόν, τὸ πνεῦμα δὲ τῷ υἱῷ διὰ γεννήσεως προϊόντι συμπρόεισιν. εἰ μὲν ἄλλος αὐτοῖς καιρὸς τὸν υἱὸν ἐκ τοῦ πατρὸς ὑποβάλλει τῇ γεννήσει, ἄλλος δὲ τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ ποιεῖ ἐκπορεύεσθαι – τάχα γὰρ καί τοῦτο συνελαυνόμενοι ἀναπλάσουσι –, πάντως τὸ πνεῦμα νεώτερον τῆς τοῦ υἱοῦ γεννήσεως ἀναγκάσει ὑποστήσασθαι. εἰ δὲ ταύτης τῆς περιφανοῦς θεομαχίας τὸν κίνδυνον ὑφορῶντες ἀποστήσονται, εἰς τὸ γεννητὸν ὁμολογεῖν τὸ πνεῦμα ἑαυτοὺς συνελάσουσιν. 142 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 273. Derselbe Gedankengang tritt wieder in der Mystagogie, im Paragraph 64 auf.

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Neben der temporalen Subordination wird es auch eine Duplizität der Geister geben: Wenn nämlich der Geist vom Sohn ausgeht, (und zwar) weder nach noch vor der Zeugung des Sohnes (vom Vater) – denn diese zeitlichen Kategorien sind von der allheiligen Trinität denkbar weit entfernt zu halten –, wenn nun also der Geist zugleich aus dem Vater und aus dem Sohn hervorgeht, wird auch das, was der Hervorbringung unterliegt, zusammen mit den (beiden) hervorbringenden Hypostasen in zwei geteilt werden und statt einem wird es für sie zwei Geister geben, deren einer aus dem Vater, deren anderer aber aus dem Sohn hervorgeht. Und es gibt nichts solcher Art, das als etwas Neues hervorgebracht wird, nicht einmal bei den Dingen, die ihre Existenz durch Erschaffung bekommen. Man kann aus einund derselben Hypostase (deutlich) voneinander unterschiedene Dinge im Blick auf die Hypostase herkommen sehen; ein- und dasselbe aber hinsichtlich der Hypostase, das aus zwei unterschiedlichen (Ursachen) kommt und das zusammen mit den hervorbringenden Hypostasen nicht mitgeteilt wird, hat weder die Natur (der Bereich des Geschaffenen) noch das, was höher als die geschaffene Natur liegt, (je) gesehen.143

Die Vorgehensweise besteht also, wie leicht festzustellen ist, in einer in der reinen Logik begründeten Argumentation, welche mit philosophischen Axiomen vor allem mit dem der Einfachheit verbunden ist sowie in einer reductio ab absurdum besteht, ausgehend von einer kontradiktorischen Disjunktion zwischen Zeugung des Sohnes und Hervorbringung des Geistes auf der Basis der Monarchie des Vaters.144 Im Brief an den Erzbischof von Aquileia bekommt man einen ersten Eindruck der photianischen exegetischen Reflexion in Hinblick auf manche von den Gegnern zur Begründung des Filioque herangezogenen Bibelstellen, von denen der Patriarch indirekt, d.  h. mittels der ihm von den byzantinischen Missionaren vermittelten Informationen,145 Kenntnis besitzt. Eine erste Stelle ist Gal 4, 6 „Gott hat den Geist seines Sohnes ausgesandt.“ Wenn aus dieser Stelle die Filioque-Befürworter auf ein Hervorgehen des Geistes 143 Ep. 291 (III, 145, 183–193 L/W): εἰ γὰρ ἐκπορεύεται μὲν τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ, οὐχ ὕστερον δὲ τῆς αὐτοῦ γεννήσεως οὐδὲ πρότερον ‒ ἐν γὰρ τῇ παναγίᾳ τριάδι τὰ χρονικὰ ταῦτα προσρήματα παντελῶς ἀπελήλαται ‒ εἰ τοίνυν ἅμα μὲν ἐκπορεύεται τοῦ πατρός, ἅμα δὲ τοῦ υἱοῦ, συνδιαιρεθήσεται ταῖς τῶν προβαλλομένων ὑποστάσεσι καὶ αὐτὸ τὸ προβαλλόμενον, καὶ δύο ἀνθ’ ἑνὸς αὐτοῖς ἔσται τὸ πνεῦμα, τὸ μὲν τοῦ πατρός, τὸ δὲ τοῦ υἱοῦ ἐκπορευόμενον. καὶ γὰρ οὐδέν ἐστι τοιοῦτον καινιζόμενον οὐδὲ ἐπὶ τῶν διὰ γενέσεως λαβόντων τὴν ὕπαρξιν· διάφορα μὲν γὰρ ὁρᾶν ἐστι καθ’ ὑπόστασιν ἐκ μιᾶς καὶ τῆς αὐτῆς προϊόντα ὑποστάσεως, ἓν δὲ καὶ τὸ αὐτὸ καθ’ ὑπόστασιν ἐκ διαφόρων προϊέναι καὶ μὴ συνδιαιρεῖσθαι ταῖς προβαλλομέναις ὑποστάσεσιν οὔτε ἡ γένεσις οἶδεν οὐδὲ εἴ τι κρεῖττον τῆς γενέσεως. 144 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 273. 145 Siehe Ep. 291 (III, 144, 153 L/W) das Verb ἀκούειν mit Akkusativ, das auf einen indirekten Ohrenzeugen hinweist.

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auch vom Sohn schließen, dann ist dies eine reine Verfälschung (παραχάραξις) und Missdeutung der von Gott inspirierten Worte.146 An dieser Stelle sei nach Photios die innertrinitarische Zusammengehörigkeit von Sohn und Geist angesprochen, welche im gemeinsamen Hervorgehen beider aus dem einen und einzigen Ursprung in absolut gleichwertiger Weise begründet ist. Die Erläuterung der Stelle von Photios lautet wie folgt: Nun sagt der (über das Irdische) erhabene Mensch, dass der Geist des Sohnes vom Vater ausgesandt ist. Sag (bitte) auch du dasselbe Wort wie Paulus. Denn der Geist sei Geist des Sohnes, weil nie gesehen wurde, dass er ihm (dem Sohn) (dem Wesen nach) fremd ist, mit ihm im Widerspruch oder im Gegensatz zu stehen, sondern, wie er desselben Wesens und derselben Macht (wie er) ist, genau so ist er desselben Willens und derselben Meinung (mit Ihm) sowie desselben Rückbezuges in gleicher Weise auf das Eine (Verursachende), von dem das eine (Verursachte) gezeugt, das andere (Verursachte) hervorgegangen ist. Er (scil. Paulus) hat gesagt, er sei Geist des Sohnes. Dasselbe sollen auch sie (die Filioque-Anhänger) sagen. Niemand wird ihnen eine ketzerische Ansicht vorwerfen. Er hat nicht gesagt, Er gehe aus dem Sohn hervor. Wenn manche (aber) solches lehren, setzen sie sich nicht nur über die Lehre des Paulus hinweg, sondern zeigen sich einer ketzerischen Ansicht schuldig. Wenn sie nun aber deswegen, weil es ‚Geist des Sohnes‘ heißt, phantasieren, dass er auch (aus ihm) hervorgeht, lehren sie (damit) in verbindlicher Weise (zugleich), dass auch der Vater aus dem Sohn hervorgeht. Denn der Vater heißt überall Vater des Sohnes. Und (in diesem Fall) würden diese (Leute) (absichtlich) viele Hervorbringer und Ursachen des Geistes aufstellen.147

Dieselbe Argumentation in Hinblick auf Gal. 4, 6 findet sich in der Mystagogie in den Paragraphen 57–60. In der Mystagogie behandelt Photios auch die Stelle Joh. 16, 14 „Jener wird von dem Meinen nehmen und euch verkündigen“ ausführlich, und zwar in den Paragraphen 20–30. Mit dieser wichtigen Stelle beschäftigt sich der Patriarch auch in dem vorliegenden Brief an den Erzbischof von Aquileia. Diese Stelle bringen die Gegner vor und lästern nicht nur dem Herrn selbst, sondern werfen ihm sogar mit der falschen Deutung dieser Stelle vor, er sei der

146 Siehe Ep. 291 (III, 144, 161 L/W). 147 Ep. 291 (III, 144, 164–173 L/W): τὸ πνεῦμα τοίνυν τοῦ υἱοῦ ὁ μετάρσιος ἄνθρωπος λέγει ἀπεστάλθαι παρὰ τοῦ πατρός. λέγε καὶ σὺ τὴν αὐτὴν τῷ Παύλῳ φωνήν· ἔστι γὰρ τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ, ἐπεὶ μηδ’ ἀλλότριον μηδ’ ἀντιφθεγγόμενον αὐτῷ μηδ’ ἀντινομοθετοῦν ὤφθη ποτέ, ἀλλ’ ὥσπερ τῆς αὐτῆς οὐσίας καὶ δυνάμεως, οὕτω καὶ τῆς αὐτῆς βουλῆς καὶ γνώμης καὶ τῆς αὐτῆς ὁμοίως πρὸς τὸ ἕν, ἐξ οὗ τὸ μὲν γεγέννηται, τὸ δὲ ἐξεπορεύθη, συννεύσεως. εἶπεν εἶναι τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ· οὕτω κἀκεῖνοι λεγέτωσαν· οὐδεὶς αὐτοὺς αἱρέσεως ὁ γραφόμενος. οὐκ εἶπεν, ἐκπορεύεται τοῦ υἱοῦ· ἂν τοῦτό τινες λέγωσιν, καὶ τὴν Παύλου διδασκαλίαν ἐξυβρίζουσιν καὶ δόξης αἱρετικῆς αὑτοὺς ἐνόχους δεικνύουσιν. εἰ δ’ ὅτι λέγεται τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ, διὰ τοῦτο φαντάζονται καὶ τὸ ἐκπορεύεσθαι, καὶ τὸν πατέρα τοῦ υἱοῦ δογματίζουσιν ἐκπορεύεσθαι· λέγεται γὰρ ὁ πατὴρ πανταχοῦ τοῦ υἱοῦ. καὶ πολλοὺς δ’ ἂν οἱ τοιοῦτοι προβολέας καὶ αἴτια τοῦ πνεύματος ὑποστήσονται.

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Gesetzgeber dieser Lästerung.148 Die Deutung des Photios lautet wie folgt: „Der Herr sagt nämlich nicht: ‚von mir‘ (ἐξ ἐμοῦ), sondern: ‚von dem Meinen‘ (ἐκ τοῦ ἐμοῦ) und meint damit: (von dem) des Vaters; daher sollten sie nicht vermuten, dass etwas anderes neben dem Vater und dem Geist sei und des Sohnes genannt werde“.149 Die Stelle wird als Erklärung von Joh. 15, 26 interpretiert, sodass der Vater als Ursprung dessen, was des Sohnes ist und was der Geist von diesem empfängt, prädiziert wird.150 Im Blick auf Joh. 15, 26 und 16, 14, benutzt auch Photios die Gelegenheit, zwischen dem Empfangen (der Gnadengaben) von einer anderen Hypostase und dem wesenhaften Hervorgehen, um in die Existenz zu gelangen, scharf zu unterscheiden.151 Das Erste bezieht sich auf die gemeinsame Wirkung der Gottheit im Blick auf die Seienden, während das Zweite ausschließlich auf die Existenzweise der individuellen Hypostasen bezogen ist.152 Neben die exegetische Reflexion, welche von den Gegnern herausgefordert wird, da sie unzweideutige Bibelstellen ins Feld führen, tritt der Versuch des Verfassers, direkt auf berühmte Väter der römischen Kirche Bezug zu nehmen (Ambrosius, Augustinus, Hieronymus) und deren theologische Position in Hinblick auf das Hervorgehen des Geistes aus dem Sohn zu erklären: Freilich sagen sie (scil. die Gegner): Auch der große Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und manche, die diesen ebenbürtig sind und ihnen gleichkommen, die gemäß ihrer Tugend und der Vorbildlichkeit/Strahlkraft ihres Lebens einen berühmten Namen haben, haben in ihren vielen Schriften dargelegt, dass der Geist aus dem Sohn hervorgeht; und man muss ihnen (denjenigen, die sich auf die genannten römischen Väter berufen) Glauben schenken, dass sie (diese Väter) so reden und denken und nicht die Väter entwürdigen und gegen sie verleumderisch vorgehen, als wären sie einer häretischen Meinung verfallen.153

148 Siehe Ep.  291 (III, 145, 207–210 L/W): τὴν κυριακὴν φωνὴν αὑτοῖς ὑποβάλλονται, οὐκ ἀγαπητὸν ἡγούμενοι δι’ ἑαυτῶν τὸν δεσπότην δυσφημεῖν, εἰ μὴ καὶ τὸν δυσφημούμενον νομοθέτην τῆς δυσφημίας κατηγορήσουσιν. 149 Ep. 291 (III, 146, 221–224 L/W). 150 Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 272. 151 Siehe Ep. 291 (III, 146, 236–240 L/W): οὐ γὰρ ἀεὶ τὸ λαμβάνειν εἰς τὴν τοῦ ἐκπορεύεσθαι διάνοιαν ἐκλαμβάνεται, ἀλλ’ ἔσθ’ ὅτε καὶ πολλὴν τὴν παραλλάγην ὑπαινίττεται. ἄλλο γάρ ἐστι τὸ λαμβάνειν καὶ ἀπαρύεσθαι ἀφ’ ἑτέρας ὑποστάσεως ἑτέραν ὑπόστασιν καὶ ἄλλο τὸ πρὸς οὐσίωσιν τε καὶ ὑπόστασιν ἐκπορεύεσθαι [Denn das (von jemandem) etwas immer zu bekommen, kann auf gar keinen Fall mit dem Hervorgehenlassen begrifflich zusammenfallen, sondern impliziert manchmal eine große Abweichung in der Bedeutung. Denn es ist etwas anderes von etwas zu bekommen und von einer anderen Hypostase eine andere Hypostase abzuschöpfen und etwas anderes das „Hervorgehen“, um ins Sein und in eine (eigenständige) Existenz zu gelangen). Vgl. Myst. 21 (S. 20 Pol.). 152 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 273. 153 Ep. 291 (III, 146, 245 – 147, 249 L/W): Ναί, φησίν, ἀλλ’ Ἀμβρόσιος ὁ μέγας καὶ Αὐγουστῖνος καὶ Ἱερώνυμος καί τινες τούτοις ὁμοταγεῖς τε καὶ ἰσοστάσιοι, μέγα ὄνομα ἐπ᾽ ἀρετῇ καὶ βίου λιπόντες

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Der Patriarch ist sich dessen bewusst, dass sich die Filioque-Befürworter auf die Väter und Autoritäten ihrer Tradition berufen, deren Lehren maßgebend für die römische Kirche sind. Deshalb muss er damit vorsichtig umgehen, d.  h. seinen Standpunkt gegen das Filioque deutlich machen und zugleich das Ansehen dieser Väter schützen. Er fängt mit einem quantitativen Argument an: Es kann wohl sein, dass zehn oder zwanzig Väter diese Lehre (des Filioque) ausgesprochen haben; nun aber gibt es unzählige, welche dagegen waren und sich daher im Gegensatz zu diesen wenigen Vätern, aber in absoluter Übereinstimmung mit den Beschlüssen der ökumenischen Synoden befanden.154 „Die Beschlüsse der heiligen Synoden widerlegen diejenigen, die etwas anderes als die Lehre des Herrn behaupten“.155 Die Lehre des Herrn spiegelt sich also in den Beschlüssen der ökumenischen Synoden wider. Derjenige, der zu zeigen versucht, dass seine Väter in Widerspruch zum Wort des Herrn stehen (τῷ κοινῷ δεσπότῃ καὶ διδασκάλῳ ἀντιφθεγγομένους),156 erweist sich mit einer solchen Haltung als „Schüler Hams“, indem er die Blöße seiner Väter aufdeckt.157 Im Gegensatz dazu gibt es manche, die von der Kirche genährt wurden und (die) heiligen Lehren nicht vergessen haben, die sich wie Sem und Japhet bemühen, die väterliche Blöße zu bedecken.158 Die sogenannte „Blöße“ (ἀσχημοσύνη) der Väter besteht nach Photios nicht in ihrer Lebensweise oder in ihrer Festigkeit im Glauben, sondern vor allem in der Tatsache, dass manche sich in der Freimütigkeit ihres Redens manchmal zu spitzen Aussagen verstiegen hatten, „was uns weder zu sagen noch zu tun erlaubt ist“.159 Das ist aber logisch erklärbar und absolut verständlich, wenn man als gutwilliger Betrachter die besonderen Umstände und die geschichtliche Konstellation, unter denen sich diese Väter geäußert hatten, in Betracht zieht. Eine mildere Haltung gegenüber diesen Vätern gebietet sich seiner Meinung nach aus folgenden Gründen: 1) aus dem Versuch dieser Väter, sich den besonderen Umständen ihrer Zeit (περιστάσεις πραγμάτων)160 anzupassen; 2) aus ihrem kämpferischen Einsatz gegen neu auftretende Häresien (ὁ μὲν ἴσως αἱρέσει

λαμπρότητι, τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐν πολλοῖς αὐτῶν λόγοις συνέταξαν ἐκπορεύεσθαι· καὶ δεῖ τούτοις πειθομένους οὕτω λέγειν καὶ φρονεῖν, καὶ μὴ ἀτιμάζειν πατέρας εἰς αἱρετικὴν δόξαν διαβάλλοντας (Übers. nach Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 273 wenig geändert). 154 Siehe Ep. 291 (III, 147, 250–255 L/W). 155 Ep. 291 (III, 150, 347–348 L/W). 156 Ep. 291 (III, 147, 263–264 L/W). 157 Ep. 291 (III, 147, 273–275 L/W). 158 Ep. 291 (III, 147, 275–277 L/W). 159 Ep. 291 (III, 148, 290–291 L/W): ἃ μήτε λέγειν ἡμῖν μήτε πράττειν ἔξεστι. 160 Ep. 291 (III, 148, 284 L/W).

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μαχόμενος);161 3) aus ihrem Versuch, sich der Schwäche ihrer Zuhörer anzupassen (τῇ ἀσθενείᾳ τῶν ἀκροατῶν συγκατιών);162 4) aus ihrer eigenen Schwäche, die sie als Menschen inne haben und die sie dazu gebracht hat, ein wenig von der dogmatischen Genauigkeit abzuweichen. Das soll aber keine schwere Strafe nach sich ziehen.163 Deshalb sei es eine vernünftige Haltung, wenn man mit den Äußerungen der Väter vorsichtig umginge, d.  h. in jedem Fall sorgfältig unterscheide und nicht, was zu bestimmten Zeiten nützlich gewesen sein mochte, als allgemeines Dogma behaupte.164 So sollte man mit den Vätern im Geist der „οἰκονομία“ umgehen und ihnen den gebührenden Respekt erweisen, d.  h. die von der dogmatischen Genauigkeit Abgefallenen in den Chor der Kirchenväter miteinschließen, selbst wenn sie eine Irrlehre, in diesem Fall die des Filioque, vertreten haben: Dazu noch, wenn sich die erwähnten Väter (scil. Ambrosius, usw.) über die vorliegende Frage (des Hervorgehens des Geistes) gegen die Darlegung des Glaubens der genannten (unzähligen) Väter (deren Lehren mit denen der ökumenischen Konzilien übereinstimmen) geäußert und mit großer Kühnheit Einwände gegen sie erhoben haben und sich ihr gegenüber untreu erwiesen und an derselben abwegigen Ansicht festgehalten haben und aufgrund dieser ihr Leben, nach allen Widerlegungen ins Verderben geführt haben, ist es notwendig, dass man sie wegen ihrer (falschen) Gesinnung (aus dem Schoß der Kirche) hinausdrängt. Wenn sie aber falsch geredet oder aus irgendeinem uns jetzt unbekannten Grund vom geraden Weg abgewichen sind, und wenn niemand gegen sie weder eine gerichtliche Untersuchung anordnet noch sie zum Erfahren der Wahrheit herausgefordert hat, werden wir vielmehr ihren Namen in den Chor der Väter eintragen, als ob sie (diese falsche Lehre) nicht ausgesprochen hätten, aufgrund der Strahlkraft ihres Lebens und der Ehrfurcht vor der Tugend sowie der Untadeligkeit ihrer sonstigen Frömmigkeit, ohne dass wir aber ihren irrigen Meinungen folgen. Alle diejenigen, welche gegen sie gewaltsam (und willkürlich) vorgehen (jene Väter so darstellen), als ob sie im Widerspruch mit dem Zeugnis des Wortes des Herrn stünden, gewähren ihnen zwar dem bloßen Wort nach, Väter der Kirche zu sein, aber nach der Tatsache und ihrem Streben stellen sie sich auf die Seite der Vatermörder und Vaterkämpfer (wörtl. sie treiben sich selbst ins Land der Vätermörder und der Bekämpfer der Väter weg). Wir aber, weil wir uns bewusst geworden sind, dass manche andere unserer hochseligen Väter und Lehrer in vielen Fällen und mehrmals in der Genauigkeit der richtigen Dogmen abgewichen sind, und einerseits den Punkt, in dem sie abgewichen sind, nicht zu eigen machen, andererseits die Männer aber willkommen heißen, nehmen wir genauso auch diese, wenn sie dazu geführt worden waren zu behaupten, dass der Geist aus dem

161 Ep. 291 (III, 148, 287 L/W). 162 Ep. 291 (III, 148, 288 L/W). 163 Siehe Ep. 291 (III, 149, 315–318 L/W): ἡμεῖς δέ, ἐπεὶ καὶ ἄλλους τινὰς τῶν μακαρίων ἡμῶν πατέρων καὶ διδασκάλων ἐν πολλοῖς πολλάκις τῆς ἀκριβείας τῶν ὀρθῶν δογμάτων παρενεχθέντας καταλαμβάνοντες, τὸ μὲν παρενεχθὲν οὐ προσιέμεθα, τοὺς ἄνδρας δὲ ἀσπαζόμεθα … 164 Siehe Ep. 291 (III, 148, 295–300 L/W).

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Sohn hervorgeht, das, was (sicherlich) im Widerspruch zum Wort des Herrn steht, nicht an, schließen aber andererseits sie nicht aus der Herde des Herrn nicht aus.165

Besondere Umstände (Kampf gegen Häretiker bzw. Arianer, Sabellianer), Anpassung an die Schwäche der Zuhörer, menschliches Versehen haben also nach Photios manche berühmten Denker/Theologen, wie z.  B. Dionysios von Alexandrien, zur Formulierung abwegiger Lehren geführt. Es sei aber nicht die Autorität eines einzelnen Kirchenvaters oder einer kleinen Gruppe von Kirchenvätern, die eine Einzelmeinung in eine Lehrmeinung von allgemeiner Gültigkeit für die ganze Kirche verwandelt. Dies sei ein allmählicher Prozess, der innerhalb des gesamten Corpus der Kirche (Mehrheit der Väter, Konzilien) stattfindet. Auf den Konsens dieses Corpus, d.  h. auf die überwiegende Mehrheit der Väter und besonders auf die Beschlüsse der heiligen ökumenischen Synoden solle man sich stützen, um jene richtige Lehre in den Vordergrund zu stellen, welche sagt, dass der Geist aus dem Vater hervorgeht.166

165 Ep. 291 (III, 148, 301 – 149, 320 L/W): Ἔτι δέ, εἰ μὲν ὑπομνησθέντες περὶ τοῦ προκειμένου κεφαλαίου τῶν εἰρημένων πατέρων ἀντεῖπεν τὸ σύνταγμα καὶ πρὸς ἔνστασίν τινα καὶ ἀπείθειαν ἀπεθρασύνετο διέμεινάν τε τῇ αὐτῇ παρατροπῇ τῆς δόξης καὶ ἐπ’ αὐτῇ τὸν βίον μετὰ τοὺς ἐλέγχους κατέστρεψαν, ἀνάγκη τούτους συναποβάλλεσθαι τῷ φρονήματι. εἰ δὲ παρεφθέγξαντο μὲν ἢ διά τινα δὲ αἰτίαν νῦν ἡμῖν ἀγνοουμένην τῆς εὐθύτητος ἐξετράπησαν, οὐδεμία δὲ ζήτησις αὐτοῖς προσενήνεκται οὐδ’ εἰς μάθησιν τῆς ἀληθείας οὐδεὶς αὐτοὺς παρεκάλεσεν, πατέρας μὲν οὐδὲν ἔλαττον αὐτοὺς εἰ καὶ μὴ τοῦτο εἶπον ἐπιγραψόμεθα διά τε τὸ τοῦ βίου λαμπρὸν καὶ τῆς ἀρετῆς τὸ αἰδέσιμον καὶ τῆς ἄλλης εὐσεβείας τὸ ἀκατάγνωστον, τοῖς δὲ λόγοις τούτων ἐν οἷς παρηνέχθησαν οὐχ ἑψόμεθα. ὅσοι δὲ τούτους βιάζονται εἰς ἀντίθετον μαρτυρίαν ἐλθεῖν τῆς δεσποτικῆς φωνῆς, οὗτοι λέξει μὲν γυμνῇ τόν πατέρα τούτοις χαρίζονται, ἔργῳ δὲ καὶ πάσῃ σπουδῇ εἰς τὴν τῶν πατραλοιῶν καὶ πολεμίων χώραν ἑαυτοὺς ἀπελαύνουσιν. Ἡμεῖς δέ, ἐπεὶ καὶ ἄλλους τινὰς τῶν μακαρίων ἡμῶν πατέρων καὶ διδασκάλων ἐν πολλοῖς πολλάκις τῆς ἀκριβείας τῶν ὀρθῶν δογμάτων παρενεχθέντας καταλαμβάνοντες, τὸ μὲν παρενεχθὲν οὐ προσιέμεθα, τοὺς ἄνδρας δὲ ἀσπαζόμεθα, οὕτω καὶ τοὺς εἴ τινες ὑπηνέχθησαν εἰπεῖν τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι, τὸ μὲν παρὰ τὴν δεσποτικὴν φωνὴν οὐ δεχόμεθα, ἐκείνους δὲ τῆς τῶν πατέρων ἀγέλης οὐκ ἀποκρίνομεν. Vgl. auch Ep. 291 (III, 149, 329–331 L/W): ἀλλ’ οὖν ἐν οἷς γε τῆς ἀληθείας ὠλιγώρησαν, καὶ παρηνέχθησαν φθέγξασθαι ἀπεναντίας τοῦ κοινοῦ καὶ ἐκκλησιαστικοῦ δόγματος, ἐν τούτοις μὲν οὐχ ἑπόμεθα· τῆς πατρικῆς τιμῆς καὶ δόξης οὐμενοῦν οὐδὲν αὐτῶν περικόπτομεν [Nun aber in den Dingen (des Glaubens), in denen sie (unsere seligen Väter und Kirchenlehrer) die Glaubenswahrheit vernachlässigt haben und dazu verleitet wurden, sich gegen das gemeinsame Dogma der Kirche zu äußern, folgen wir diesen Leuten nicht; zugleich aber in Hinblick auf die väterliche Ehre und Anerkennung (diesen Leuten gegenüber), verringern wir durchaus nichts davon]. Damit sind wichtige Namen aus dem Chor der Väter gemeint, wie Dionysios von Alexandrien, Methodios von Olymp, Irenäus von Lyon, Euseb von Caesarea. Dazu siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 275, Anm. 375. 166 Siehe Ep.  291 (III, 150, 354–356 L/W): Πατέρας ζητεῖς συνηγόρους τῷ φρονήματι; τὸν δεσπότην αὐτὸν ἔχεις· τῶν οἰκουμενικῶν συνόδων τὰς ψήφους· χορὸν θεοφόρων πατέρων

182 

 Dokumente in chronologischer Reihenfolge

Nach der Berufung auf den Consensus der überwiegenden Mehrheit der Väter und die ununterbrochene Kette der ökumenischen Konzilien, nimmt der Patriarch auf die römischen Päpste als Leuchter und Bewahrer der Wahrheit Bezug, deren Rechtgläubigkeit als Beispiel gegen die „Gegner“ dienen sollte.167 Die Rechtgläubigkeit Roms kulminiert in der Unterzeichnung des dogmatischen Beschlusses der Synode von 879/80 in Konstantinopel kraft des eigenen Willens der päpstlichen Gesandten.168 Da sich die römische Kirche mit den anderen vier Patriarchaten in Übereinstimmung befindet, sollte sie – und besonders der Adressat des Briefes – im Westen die Irrenden zum Glauben leiten und sie mit der „Stimme des Herrn“ (δεσποτικὴ φωνή) vertraut machen „als Erkenntnisweg und Richtschnur des Glaubens“ (ὡς γνώμονι καὶ κανόνι τῆς πίστεως).169 In der Analyse des Briefes an den Erzbischof von Aquileia lassen sich wichtige Elemente erkennen, welche man in den folgenden Punkten zusammenfassen kann: ‒ Im Gegensatz zu der Enzyklika führt Photios nicht nur Argumente, die sich auf die reine Logik stützen, sondern auch Argumente, die sich aus der Bibelauslegung ergeben und aller Wahrscheinlichkeit nach von den „Gegnern“ veranlasst sind. D.  h. Photios fühlt sich verpflichtet, sich der Herausforderung der Gegner zu stellen, Bibelstellen heranzuziehen und auszulegen, die das Filioque auf den ersten Blick zu begünstigen scheinen. Das Eingehen des Patriarchen auf die Untersuchung wichtiger Stellen, wie Gal 4, 6 und Joh. 16, 14 zeigt, dass er sich auf eine direkte170 oder auch nur indirekte Weise mit den von den Lateinern seiner Zeit vorgelegten Argumenten vertraut gemacht hat. Eigentlich handelt es sich bei dem Brief an den Erzbischof von Aquileia um den ersten Versuch des Patriarchen, sich mit konkreten Stellen zu befassen, die sich auf das Verhältnis zwischen Sohn und Geist beziehen. Dieser Deutungsversuch wird sich in der späteren Mystagogie fortsetzen, in der mehrere Stellen aus der Bibel angeführt werden. ἀριθμοῦ κρείττονα. Im Gegensatz zu der kleinen Zahl der Väter, welche nach der Meinung der Gegner gesagt haben sollen, dass der Geist aus dem Sohn hervorgeht, kann man nach Photios sich auf die überwiegende Mehrzahl der Väter berufen, die kein Filioque gelehrt haben. Siehe Ep. 291 (III, 147, 250–251 L/W): ὡς εἰ δέκα ἢ καὶ εἴκοσί τινες τῶν πατέρων ταύτην εἶπον τὴν φωνήν, μυρίοι δὲ οὐκ ἐφθέγξαντο. 167 Siehe oben Anmerkungen 124, 125, 126 und 131. 168 Sie oben Anm. 130. 169 Siehe Ep. 291 (III, 151, 387  f L/W). Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 277. 170 Die ältere Forschung (J.  Hergenröther, Photius, 1867, II, 642–644; R.  Haugh, Photios and the Carolingians 1975, 107–131) behauptet, Photios habe das Werk des Ratramnus von Corbie vorgelegen. Tia Kolbaba (Inventing Latin Heretics 2008, 115) meint, dass sich Photios im vorliegenden Brief mit lateinischen Argumenten auseinandersetzt.

Der Brief an den Erzbischof von Aquileia gegen das Filioque 

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‒ Nimmt die exegetische Reflexion einen wichtigen Platz im Brief ein, wird auch zugleich die logische Argumentation nicht vernachlässigt. Argumente rein logischer Herkunft, welche sich auf die Idee der Vollkommenheit und der Einfachheit und der Zeitlichkeit171 beziehen, sind in der Schrift von ausschlaggebender Bedeutung. ‒ Man bemerkt sofort das unerschütterliche Festhalten an der Idee der Monarchie, d.  h. an die logische und nicht ontologische-wesensmäßige Vorrangstellung (πρόταξις) des absoluten ureinfachen Urgrundes, der die Einheit in der Dreiheit garantiert. ‒ In kanonischer Hinsicht wird das Filioque angegriffen, indem der Patriarch direkt auf den dogmatischen Beschluss der Synode von 879/80 Bezug nimmt und ihn als wichtigen historischen Beweis verwendet, um zu zeigen, dass auch die römische Kirche keine Veränderung des Glaubenssymbols, sei es eine Hinzufügung oder eine Wegnahme, zulässt. ‒ In ekklesiologischer Hinsicht ist das einmütige Zeugnis der Kirche zu beachten, als deren Repräsentanten im lateinischen Westen die rechtgläubigen römischen Päpste fungieren.172 ‒ Gegen die Äußerungen vereinzelter Väter der Kirche, die das Filioque begünstigen, wird der Consensus Patrum und die Autorität der ökumenischen Konzilien angeführt. Jeder Vater kann sich irren, die allgemeine Kirche aber in ihrer Gesamtheit und im Rahmen der ökumenischen Synoden kann dies nicht! Eine eventuelle Abweichung eines einzelnen Vaters der Kirche von der dogmatischen Genauigkeit kann nur dann „akzeptiert“ werden, wenn sie nicht von einigen, die die Beschlüsse der Konzilien missachten und unabhängig davon wirken, willkürlich zum Dogma erhoben wird. Mit einzelnen Fällen, welche zugunsten der οἰκονομία (Anpassung an die besonderen Umstände) die ἀκρίβεια (kanonische Genauigkeit) hintanstellen, sollte man poimenisch und mit Verständnis umgehen: Über ihre Irrtümer sollte man lieber schweigen, anstatt sie bloßzustellen.173 ‒ Diejenigen, welche das Filioque mit ihrer Lehre zu begünstigen scheinen, werden namentlich nicht genannt, was auf eine diplomatische und gemessene Haltung des Patriarchen hinweist, die sich mit dem Geist der Synode von 879/80 im Einklang befindet: Das Ansehen der römischen Päpste und deren Rechtgläubigkeit in Kerninhalten des Glaubens muss um jeden Preis gewahrt werden.

171 Es wird deutlich auf die temporale Subordination des Geistes hingewiesen. 172 P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 277. 173 Siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 277.

3 De Spiritu Sancti Mystagogia: Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar 3.1 Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung 3.1.1 Zur Überlieferung und zu den Ausgaben von J. Hergenröther und V. Polidori In meiner Beschäftigung mit der Rede über die Mystagogie des Hl. Geistes (Λόγος περὶ τῆς τοῦ Ἁγίου Πνεύματος μυσταγωγίας), die als die wichtigste polemische Schrift gegen das Filioque im 9. Jh. gilt und aufgrund deren Patriarch Photios bis heute als Patron der antirömischen Polemik angesehen wird, stütze ich mich auf die Ausgabe von V. Polidori, die 2018 erschienen ist und die heute maßgebliche Textfassung der Schrift bietet.1 Bis 2018 stand einzig die Ausgabe von J.  Hergenröther zur Verfügung, die in der Patrologia Graeca abgedruckt ist.2 Aus römischen Handschriften war der Text allerdings bereits Leo Allatius (De ecclesiae occidentalis et orientalis perpetua consensione, Köln 1648) und Angelo Mai (Scriptorum veterum nova Collectio  I, Rom 1831) bekannt.3 Erst Kardinal J.  Hergenröther hat ihn, genau tausend Jahre nach der Erhebung des Photios zum Patriarchen, im Druck herausgegeben (Regensburg 1857).4 Diese Ausgabe wurde in der Patrologia Graeca von J. – P. Migne, in Band 102 (ohne Angabe des Jahres), (zusammen mit Animadversiones Historiae et Theologicae, col. 399 – 542) nachgedruckt. Hergenröther hat 4 Handschriften benutzt: 1) den Monacensis graecus 27, der die Schrift unvollständig enthält5, 2) den Vaticanus graecus 19236, 3) den Vaticanus Palatinus graecus 216,7 und 4) den Vaticanus Columnensis 138.8

1 Siehe Fozio. Mistagogia del Sancto Spirito. Edizione critica a cura di Valerio Polidori. Presentazione di Luciano Canfora (Carocci, Rom 2018). 2 In Band 102, 279A–392A. 3 Siehe Hergenröther, Praefatio zur Schrift De Spiritus Sancti Mystagogia, PG 102, 266AB. 4 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 277B Anm. 43. 5 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 265A. Dieser Codex endet in Kap. 67 (nach Hergenröther) mitten in einem Satz (siehe ebd. 345B). 6 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 267D. 7 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 266B. 8 Die Codices Columnenses, aus dem Besitz der römischen Familie Colonna, waren in die Biblio­ theca Vaticana gelangt, und A. Mai versah sie mit neuen Signaturen. Daher trägt dieser Codex jetzt die Signatur Vaticanus graecus 2195 (darin die Spiritus Sancti Mystagogia auf S. 271–410). https://doi.org/10.1515/9783110790269-003

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung 

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Auf der Suche nach noch unedierten Schriften des Photios war Hergenröther zunächst auf den Monacensis graecus 27 gestoßen. Dort finden sich laut Hergenröther hinter den Akten der Konzilien, die 869 und 879 in Konstantinopel in Sachen Photios abgehalten wurden, auf dem Blatt 449a unter dem Titel „Φωτίου Πατριάρχου κατὰ Λατίνων“ in 14 Paragraphen dieselben Argumente, dass der Heilige Geist nur vom Vater ausgeht, die man auch in der 2. Epistula des Photios (ed. Londi. a. 1651, p. 51–54)9 nachlesen kann. Der Wortlaut stimme genau überein. Auf dem Blatt 450a folgen dann unmittelbar nach den oben erwähnten 14 Argumenten die Worte: Τοῦ αὐτοῦ περὶ τῆς τοῦ ἁγίου Πνεύματος μυσταγωγίας καὶ ὅτι ὥσπερ ὁ Υἱὸς ἐκ μόνου τοῦ Πατρὸς ἱεορολογεῖται γεννᾶσθαι, οὕτω καὶ τὸ ἅγιον Πνεῦμα ἐκ μόνου τοῦ αὐτοῦ αἰτίου θεολογεῖται ἐκπορεύεσθαι· λέγεται δὲ τοῦ Υἱοῦ εἶναι ὡς ὁμούσιον καὶ ἀποστελλόμενον δι’ αὐτοῦ, ohne einen expliziten äußeren Hinweis, dass ein neues Werk beginnt. Hergenröther bemerkt dazu, er habe sofort erkannt, dass es sich hier um das berühmte Buch De Spiritu Sancto des Photios handle, wenn auch nicht um den vollständigen Text.10 Hergenröthers Wissen von der Existenz dieses Buches ging auf die zwei oben genannten Gelehrten zurück. Der erste von ihnen, Leo Allatius, bezeichnete das Buch als Tractatus sane luculentissimus und zitierte mehrmals daraus in seinen Werken.11 Wie Hergenröther in seiner Einleitung bemerkt, haben mehrere Autoren, die ausführlicher über die griechische Kirchen- oder Literaturgeschichte schrieben, ihre Bemerkungen über das Werk dem Allatius entnommen.12 Der zweite Gelehrte war Kardinal Angelo Mai. Der gelehrte Kardinal hatte festgestellt, dass andere Schriften des Photios über den Hl. Geist schon publiziert seien, aber dieses Buch noch nicht gedruckt vorliege, obwohl es in mehr als einer Handschrift im Vatikan sowie in anderen Bibliotheken enthalten sei.13 Zur editorischen Situation muss man sagen, dass die verdienstvolle Ausgabe Hergenröthers von 1857 nicht den Erwartungen entspricht, die heute an eine kritische Ausgabe zu stellen sind. Es wären viel mehr Handschriften zu berücksichtigen; ferner hat Hergenröther keine recensio seiner 4 Handschriften vorgenommen (Feststellung der Abhängigkeitsverhältnisse, Stemma), die zu einer Abschätzung von deren Überlieferungswert führen würde; er erklärt, er habe im wesentlichem

9 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 265B. 10 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 266A.  Polidori hat auf Basis der handschriftlichen Überlieferung auf 7 verschiedene Varianten in der Betitelung des Werkes aufmerksam gemacht (S. XLVIII – XLIX). 11 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 265C – 266A. 12 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 266AB, Anm. 8. 13 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 266B.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

den Text einer einzigen Handschrift abgedruckt, des Vaticanus 1923,14 und nur selten eine bessere Lesart aus einer anderen aufgenommen. Seine Angaben über Varianten in den Anmerkungen sind zudem unsystematisch. Trotzdem ist diese Ausgabe bis heute eine brauchbare Arbeitsgrundlage. Eine moderne kritische Ausgabe müsste erstens die handschriftliche Grundlage verbreitern, denn außer den genannten Handschriften lassen sich erwiesenermaßen noch weitere finden, zweitens die inzwischen verbesserten Methoden der recensio anwenden und drittens mit Hilfe von selectio und emendatio den bestmöglichen Text herstellen. Diesen Mangel hat die neue Ausgabe der Mystagogie von Valerio Polidori (2018) abgedeckt. Sie erfüllt mit großer Sorgfalt die Anforderungen einer modernen Editionstechnik. Polidori hat sich gründlicher als Hergenröther in die handschriftliche Überlieferung vertieft und 17 Handschriften kollationiert; sein gedruckter Text weicht (nach seinen eigenen Angaben, S. LXVI) in 179 Fällen von demjenigen Hergenröthers ab. Bei einer Durchsicht ergibt sich allerdings, dass die Abweichungen meistens kleine Details betreffen: Partikel, Verbalformen und ähnliches. Hätte man, nur auf die Textfassung von Hergenröther gestützt, eine Übersetzung der Mystagogie angefertigt, wäre an der Übersetzung verhältnismäßig wenig zu ändern. Polidoris’ Edition ist trotzdem eine herausragende wissenschaftliche Leistung philologischer Art. Sie ist aber natürlich nicht unangreifbar. Man wird nicht immer Polidoris textkritischen Entscheidungen zustimmen können. Z.  B. entscheidet er sich in Par. 44, Zeile 10 gegenüber Hergenröthers σπορᾶς für die Lesart εἰσπορᾶς, ein Wort, das in keinem Lexikon zu finden ist. Dazu kommen noch kleinere typographische Probleme wie das Fehlen von Spiritus und die Uneinheitlichkeit von Groß-/Kleinschreibung bei Wörtern wie δεσπότης oder δημιουργός. Polidoris’ Text stellt also für mich eher eine Diskussionsgrundlage dar. Wo mein Textverständnis von dem Polidoris abweicht, ist dies in einer Anmerkung erklärt. Zum Schluss ist auch zu beachten, dass im Text von Hergenröther bei seiner Einspeicherung in den elektronischen Thesaurus Linguae Graecae (TLG) nach Schätzung von Polidori und mir etwa 30 Fehler aufgetreten sind. Diese Fehler sind in der Ausgabe von Polidori beseitigt.

14 Siehe Hergenröther, Praefatio, PG 102, 270A: ut nonnisi paucissimis in locis ab eo recedendum esse rati simus.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung 

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3.1.2 Zur Frage der Datierung, des Verfassers und des Adressaten Die Quelle selbst weist auf einen Zeitpunkt hin, nach welchem (Terminus post quem) sie entstanden sein muss. Konkret verweist sie auf ein historisches Ereignis, das von großer Bedeutung für die Wiederherstellung der in den 60en Jahren des 9. Jahrhunderts abgebrochenen kirchlichen Gemeinschaft zwischen Rom und Konstantinopel ist, nämlich auf das Konzil von 879/80 und dessen dogmatischen Beschluss, dem auch Papst Johannes VIII. durch seine Legaten zustimmte und in dem das überlieferte nizäno-konstantinopolitanische Glaubenssymbol (NC) ohne jede Änderung als unbestrittene und unanfechtbare dogmatische Grundlage aller Christen besiegelt ist: „Mein Johannes – (ich nenne ihn) „mein“ aus verschiedenen Gründen, vor allem aber, weil er sich mehr als die anderen unsere (Auffassungen) zu eigen machte –; dieser unser Johannes also mutig im Geist, mutig in der Frömmigkeit und mutig darin, jede Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit zu verabscheuen und zu bekämpfen und auch fähig, nicht nur religiöse, sondern auch politische Satzungen durchzusetzen, die Unordnung in Ordnung zu verwandeln, dieser mit Gnade erfüllte Erzbischof Roms hat mittels seiner gottesfürchtigen und berühmten Stellvertreter Paulus, Eugenius und Petrus, Erzbischof und Priester Gottes, die an unserer Synode teilnahmen, ebenso wie die katholische Kirche und die Erzbischöfe Roms vor ihm das Glaubenssymbol gebilligt und durch die Meinung, das Wort und die heiligen Hände dieser (vorher) erwähnten berühmten und wunderbaren Männer unterschrieben und besiegelt. Ja auch der nach ihm kommende heilige Hadrian hat uns einen synodalen Brief geschickt, wie es alte Gewohnheit ist, in dem er denselben Glauben verkündete und lehrte, dass der Geist vom Vater ausgeht“.15 Der am Ende erwähnte Papst Hadrian III. trat sein Amt 884 an; dies ist sicherlich ein erster Terminus post quem. Der zweite Anhaltspunkt, der allerdings auf eine spätere Datierung der Mystagogie hinweist, ist im letzten Abschnitt der Mystagogie zu finden (Par. 96). Dort spricht Photios von der Schwierigkeit der Lage, in der er sich befindet (Gefangenschaft, Mangel an Arbeitsmitteln, Bücher usw.), was sicherlich auf das zweite Exil des Patriarchen von 886 bis zu seinem Tod im Jahr 897 anspielt. Für die spätere Datierung der Schrift, d.  h. nach dem Jahr 884, spricht auch eine äußere Quelle, die sich aber unmittelbar auf die Mystagogie bezieht, weil dort das gleiche Thema, das Filioque, angeschnitten wird. Es handelt sich um den Brief des Patriarchen an den Erzbischof von Aquileia in dem Photios seinen Leser auf den dogmatischen Beschluss der Synode von 879/80 aufmerksam

15 Myst. 89, (S. 94, 2–15 Pol.);

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

macht: „Als eine Synode wegen einiger kirchlicher Fragen zusammenkam, haben die von dort (scil. aus Rom) entsandten Stellvertreter des zum Chor des Heiligen zählenden Johannes – als ob jener selbst anwesend gewesen wäre und mit uns die Rechtgläubigkeit bedacht hätte  – das Symbol des Glaubens, das von allen ökumenischen Synoden gemäß der Lehre des Herrn sowohl verkündigt als auch bekräftigt wurde, wie völlig Gleichdenkende in Stimme und Zunge eigenhändig unterzeichnet“.16 In diesem Brief nimmt Photios direkt auf den (Dez. 882) verstorbenen Papst Johannes VIII. Bezug als einen, der unter den Heiligen (τοῦ ἐν ἁγίοις Ἰωάννου πάπα) sei. Hergenröther argumentiert mit Recht, dass der Brief an den Erzbischof von Aquileia vor der Thronbesteigung seines Nachfolgers Hadrian III. (17. Mai 884) verfasst sei, da er den neuen Papst nicht erwähnt, was später in der Mystagogie an der oben besprochenen Stelle (Par. 89) ausdrücklich geschieht!17 Dort wird Hadrian von Photios namentlich als Nachfolger genannt, der ebenfalls die Unversehrtheit des Glaubensbekenntnisses verteidigt.18 Aus der inneren Quellenkritik ergibt sich auch ein zusätzlicher Hinweis auf eine spätere Datierung der vorliegenden Schrift, besonders, wenn man diesen Hinweis mit einer Information aus der viel früher verfassten Enzyklika verbindet. Ganz am Ende der Mystagogie beteuert Photios mit Nachdruck, dass diese Schrift eine unvollständige Sammlung von Skizzen sei, die aus der persönlichen Beschäftigung des Patriarchen mit dem Filioque entstanden sind, und dass dieses Unterfangen durch zusätzliches Erforschen und die Angabe von neuen Zitatenbelegen vervollständigt werden könne.19 Diese Information ist völlig kompatibel mit der Enzyklika des Patriarchen, in der er beteuert, dass er erst am Anfang seiner Beschäftigung mit der Angelegenheit des „Filioque“ sei und noch nicht genügend Material gesammelt habe: „man könnte auch bei der Widerlegung ihrer gottlosen Meinung ganz Vieles zu dem, was ich gesagt habe, hinzufügen, was jetzt aber der Umfang des Briefes nicht 16 Ep. 291 (III, 150, 372 – 151, 378 L/W). Übers. (wenig geändert) nach Gemeinhardt, FilioqueKontroverse 2002, 277. 17 Siehe Hergenröther, Photius 1867 Bd. II, 634. 18 Siehe Myst. 89 (siehe oben Anm. 15). 19 Siehe Myst. 96 (S. 104, 1–9 Pol.): „Du hast also (mit dem Vorhergehenden) die umrisshaften Unterrichtungen [wörtlich: Skizzen] in der Hand, um die du gebeten hast … Wenn einmal der Herr meine Bücher und meine Sekretäre aus der Gefangenschaft zurückführt, so wirst du vielleicht … die Schriftbelege in Händen haben, die die neuen Geistbekämpfer (Pneumatomachen) vorbringen … Und insbesondere wirst du zusätzlich die gegen sie geführten Widerlegungen aufgrund jener Schriftbelege, die sie selber vorbringen, in Händen haben, aber ebenso ihre diesbezüglichen Verfälschungen und Manipulationen“; dieselbe Meinung vertritt auch R. Haugh, Photius and the Carolingians 1975, 141.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung 

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einzufügen und (ausführlicher) zu zitieren erlaubt. Aus diesem Grund wurde das, was gesagt worden ist, elementar und skizzenhaft formuliert, während die detaillierten Beweise und die ausführliche lehrhafte Darstellung, wenn Gott es gewährt, für die allgemeine Synode aufgepasst bleibt“.20 Die im Jahr 867 (d.  h. mitten in der Krise mit der Westkirche) verfasste Enzyklika, die fragmentarisch die Einwände gegen das Filioque enthält, wurde also ca. 20 Jahre später zur Mystagogie weiterentwickelt. Diese Εrwägung, nämlich, dass die Mystagogie eine vertiefende – wenn auch nicht vollständige Darlegung – von Argumenten gegen das Filioque ist, die der Patriarch ansatzweise zum ersten Mal in seiner Enzyklika entfaltet hat, die ihrerseits wiederum als eine Fortsetzung dessen erscheint, was Photios schon im Brief an den Erzbischof von Aquileia geschrieben hatte – auch diesem Brief steht die Mystagogie nahe –, spricht neben anderen Argumenten für die Zuweisung dieser Schrift an Photios. Zugunsten der Autorschaft des Photios sprechen auch die schlagenden inhaltlichen, stilistischen und gedanklichen Parallelen zu anderen Schriften des Patriarchen. Die in der Mystagogie des Photios besonders geläufigen und beliebten Ausdrücke und Redeformen werden im Rahmen des Kommentars aufgezeigt werden. In der Einführung gebe ich dem Leser eine Kostprobe vor allem der stilistischen Übereinstimmungen der Mystagogie mit anderen Werken des hochgelehrten Mannes, auf die zum größten Teil schon längst Kardinal J. Hergenröther hingewiesen hat.21 1) τῆς θείας προνοίας εὐμενὲς ἡμῖν ὁρώσης (Myst. 1, S. 4, 4 Pol.). Vgl. Amph. 21 (IV, 77, 319  – 320 L/W); ebd., 67 (V, 64, 50  – 51 L/W): τῆς θείας προνοίας εὐμενέστερον ἡμᾶς ἐφορώσης. 2) ὢ γλώσσης ἀσεβεῖν τολμηρᾶς (Myst. 4, S. 6, 4–5 Pol.). Vgl. Ep. 1 (I, 5, 98 L/W): ὢ τῆς τολμηρᾶς ἐκείνης καὶ γλώσσης καὶ διανοίας.22 3) τρέποιτο τὸ βλάσφημον εἰς τὰς τῶν αἰτίων κεφαλὰς (Myst. 9, S. 10, 4 Pol.). Vgl. Ep. 30 (I, 81, 44 – 45): τρέποιτο τὸ βλάσφημον εἰς τὰς τῶν ἀναισχυντούντων κεφαλὰς. Vgl. auch Ep. 284 (III, 37, 1213 L/W). 4) Τὴν μέντοι βασίλειον στολήν, τὸν μέγαν Βασίλειον (Myst. 77, S. 74, 1 Pol.). Vgl. Ep. 2 (I, 45, 154 – 155 L/W). 5) γυμνῇ τῇ κεφαλῇ (Myst. 88, S. 92, 6 Pol.). Vgl. Amph. 72 (V, 75, 34 L/W).

20 Ep. 2 (I, 47, 200–204 L/W): καὶ μύρια ἄν τις τὴν ἄθεον αὐτῶν γνώμην διελέγχων τοῖς εἰρημένοις ἐπιμετρήσειεν, ἃ τῆς ἐπιστολῆς ὁ νόμος οὐκ ἐᾷ νῦν ἐντάττειν οὐδὲ παρατίθεσθαι. διὸ καὶ ἅπερ εἴρηται στοιχειωδῶς τε καὶ ἐν τύπῳ ἀπηγγέλθησαν, τῶν κατὰ μέρος ἐλέγχων καὶ τῆς ἐν πλάτει διδασκαλίας θεοῦ διδόντος εἰς τὴν κοινὴν ταμιευομένων συνέλευσιν. 21 Siehe Photius 1867 Bd. III, 154–155. 22 Eigener Verweis.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

6) τὸ φρικτὸν τῆς πίστεως (Myst. 88, S. 92, 7 Pol.). Vgl. Amph. 43 (IV, 170, 360 L/W). 7) Εἰ δέ ποτε Κύριος ἡμῖν τὴν αἰχμαλωσίαν ἐπιστρέψει τῶν βιβλίων καὶ τῶν ὑπογραφέων ἡμῶν (Myst. 96, S. 104, 2–3 Pol.). Vgl. Amph. 78 (V, 102, 13 L/W); ebd., 180 (V, 234, 74 – 75): πρὸς γε τὴν παροῦσαν χρείαν καὶ τὴν συνέχουσαν ἡμᾶς τῶν ὑπογραφέων ἐρημίαν καὶ τῶν βιβλίων τὴν αἰχμαλωσίαν ἱκανά σοι καὶ ταῦτα.23 Vgl. auch Ep. 98, Basilio imperatori (I, 133, 21–22; 134, 27 L/W): βιβλίων ἀφαίρεσις.24 Trotz dieser schlagenden stilistischen Übereinstimmungen zwischen der Mystagogie und anderen Abhandlungen des Photios, welche J. Hergenröther mit Recht zum sicheren Schluss geführt haben, das Buch der Spiritus Sancti Mystagogia sei eine originelle Arbeit des Photios,25 sind von der heutigen Forschung gewichtige Argumente gegen die Autorschaft des Photios erhoben worden.26 Der gewichtigste Einwand gegen die Autorschaft des Photios kommt von T. Kolbaba27 und bezieht sich auf den schon lange bemerkten Wechsel des Adressaten in verschiedenen Kapiteln der Mystagogie.28 Dieser abrupte plötzliche Wechsel des Adressaten von einem Freund zu einem Gegner und umgekehrt ist laut T. Kolbaba ein starkes Indiz dafür, dass der Text eine Kompilation aus zwei voneinander unabhängigen und vor der Mystagogie verfassten und kursierenden Hauptquellen (Source 1 und 2) ist.29 Die Kapitel, die an einen Freund gerichtet sind, seien mehr theologisch, während die, die an einen Gegner gerichtet sind, eher exegetisch seien, indem sie auf die Schrift oder auf Väterzitate Bezug nehmen.30 Gegen die Behauptung der Forscherin ist Vieles und Gewichtiges einzuwenden:

23 Eigener Verweis. 24 Eigener Verweis. 25 Siehe Photius 1867, Bd. III, 157. 26 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 87 – 92. Zu dieser Feststellung gelangt T. Kolbaba auf Basis von vier Beobachtungen: a) der unterschiedliche (theologische oder exegetische) Ansatz der verschiedenen vermeintlichen Quellen in Bezug auf das gleiche Argument, b) der Gebrauch des Begriffs μυσταγωγέω/ία/ός, der nur in einem Kapitel vorkommt, c) die offensichtlich verschiedenen Empfänger der Schrift in den verschiedenen Kapiteln, d) die inkonsistente Aufteilung in Kapitel in der handschriftlichen Überlieferung. Siehe Polidori, Fozio 2018, S. XXIV. 27 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 87–92. 28 Manche Kapitel sind an einen Gegner während mache andere an einen Freund gerichtet sind. Z.  B. Kap. 1–6, 10, 11, 14, 18, 38, 39, 43, 66, 69, 96 sind an einen Freund gerichtet. Dagegen Kap. 2, 48–59, 68, 69–78, 81–87, 90–95 an einen Gegner. 29 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 77. 30 Siehe Kolbaba, Inventing Latin Heretics 2008, 77

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Man sollte sich zuerst fragen – und dies hat sicherlich T. Kolbaba nicht getan –, warum die betreffende Schrift zu einer anderen Zeit als im 9. Jh. hätte geschrieben werden sollen, außerdem, in welchen Denkwelten der Verfasser beheimatet ist, in welchen sozialen, kulturellen und kirchlich-politischen Verhältnissen und Denkschemata er sich befunden hat. Noch mehr sollte man sich die Frage stellen, in welcher historischen Situation der Text entstanden ist. Zunächst bestätigt Photios selbst die Beobachtung, dass die Mystagogie eine Sammlung von Argumenten und umrisshaften Skizzen ist. Dies schließt zugleich nicht aus, dass er diese Sammlung unter besonderen Umständen, nämlich in der Exilzeit, angefertigt hat, und dies vor allem indem er von anderen, früheren Quellen und Abhandlungen, die sich unmittelbar auf die Thematik bezogen (z.  B. die Syllogistischen Kapitel des Niketas von Byzanz), reichlich Gebrauch gemacht hat. Der zusammengesetzte Charakter des Traktats sollte also nicht notwendig zu der Annahme führen, dass er von verschiedenen Autoren stammt.31 Zweitens kann der Wechsel des Adressaten mit stilistischen Gründen erklärt werden: der Verfasser gibt seiner Abhandlung die Form einer Disputation, um sie lebendiger zu gestalten und damit das Interesse des Lesers wachzuhalten. Das ist ein einfacher rhetorischer Kunstgriff, der in der rhetorischen Terminologie zu den Figuren der Anrede, das heißt zur „Apostrophe“,32 gehört. Eine solche Technik ist aus der Rhetorik bekannt und Photios war sicherlich mit den Methoden der Rhetorik sehr gut vertraut. Wer ist aber der Adressat der Schrift? Der Stil der Schrift, die Art der Entfaltung der Argumente und der in vielen Punkten auf rein logische Kriterien gegründete Beweisgang führen uns zu der plausiblen Vermutung, dass der Adressat ein hochgelehrter Mann mit einem gewissen philosophischen33 und theologischen

31 Siehe Polidori, Fozio 2018, S. XXIV. 32 Die Apostrophe ist die Abwendung vom normalen Publikum und die Anrede eines anderen, vom Redner überraschend gewählten Zweitpublikums. Diese Anwendung hat auf das normale Publikum eine pathetische Wirkung, da sie beim Redner Ausdruck eines in den normalen Redner-Publikum-Bahnen nicht zu haltenden Pathos ist: die Apostrophe ist sozusagen ein pathetischer Verzweiflungsschritt des Redners. Als Zweitpublikum kommen für die Apostrophe in Frage: der Prozessgegner, nichtanwesende lebende oder tote Personen, Sachen (Vaterland, Gesetze, Wunder usw.). Siehe Heinrich Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik, 2 Bde., München 1973 (2. Auflage), Bd. I, 377–378. 33 Patriarch von Konstantinopel Johannes Bekkos (1275–1282), der eine ausführliche Widerlegung zur Mystagogie geschrieben hat, schreibt die Schrift Photios zu und betitelt seine Widerlegung folgendermaßen: Ἀντιῤῥητικὰ τοῦ λόγου, ὃν ὁ Φώτιος κατὰ Λατίνων πρός τινα φιλόσοφον Εὐσέβιον ἔγραψε, οὗ ἡ ἐπιγραφή· Περὶ τῆς τοῦ ἁγίου Πνεύματος Μυσταγωγίας, abgedruckt bei Migne, PG 141, 28A–864B (Edition durch Hergenröther).

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Niveau war, der auch zum engeren Freundeskreis des Patriarchen gehörte.34 Der andere Adressat, der in mehreren Kapiteln als Gegner auftritt, ist wahrscheinlich aus rein stilistischen Gründen eine fingierte Person, ein um der Abhandlung und Diskussion willen künstlich konstruierter Gegner. Dieser fiktive Gegner dient innerhalb einer dialektischen Auseinandersetzung als Ansprechpartner, der die Einwände des Patriarchen gegen die neuerfundene Lehre des Filioque wahrnehmen soll. Drittens, wenn man die ganze Abhandlung über den Hl. Geist berücksichtigt, liegt es auf der Hand, dass ihr Inhalt nur der besonderen Situation des Patriarchen Photios entspricht.35 Nachdem er vom Kaiser zur Abdankung gezwungen wurde, befindet er sich in Gefangenschaft. Unter diesen Umständen fühlt sich der Verfasser verpflichtet etwas Ausführlicheres über die Neuerung des Filioque zu schreiben, das damals der wichtigste theologische Reibungspunkt mit Rom war. Die Schrift hat daher eine sehr konkrete Zielsetzung, nämlich die Unhaltbarkeit der Filioque-Alternative zu beweisen, und dies ist mit den vor der Mystagogie verfassten Abhandlungen des Photios, d.  h. der Enzyklika und dem Brief an den Erzbischof von Aquileia, völlig kompatibel. Wie im Rahmen des Kommentars gezeigt werden wird, steht der Brief an den Erzbischof von Aquileia inhaltlich und stilistisch der Mystagogie am nächsten. Der vierte Gesichtspunkt, der in Erwägung gezogen werden muss, ist die Tatsache, dass der polemische Charakter der Schrift nicht nur den kirchlichgeschichtlichen Umständen (Eingriff der lateinischen Missionare in Bulgarien, Veränderung des Symbols) entspricht, sondern sich auch mit dem polemischen Charakter der früheren Schriften des Photios (Enzyklika, Brief an den Erzbischof von Aquileia) in Einklang befindet. An der Schrift lässt sich deutlich eine konkrete zielgerichtete antilateinische bzw. antifilioquistische Haltung erkennen, welche den Schlusspunkt einer kohärenten Linie markiert, welche die Enzyklika zum Ausgangspunkt hat. Das fünfte Argument bezieht sich auf eine relativ neu erschienene Studie, die das antihäretische Vokabular des Photios auf Basis von Werken, deren Autorschaft außer Zweifel steht, wie der Bibliothek, der Schrift gegen die Manichäer und der Briefe, untersucht hat.36 Nach dieser Studie passt das in den genannten Werken verwendete antihäretische Vokabular sehr gut zu dem, das in der Mystagogie zu 34 So vermutet auch Hergenröther, PG 102, 267CD. Siehe Myst. 96 (S. 104, 1–2 Pol.): Τὰς μὲν οὖν ὑποτυπώσεις ταύτας, ὥσπερ ᾔτησας, ἔχεις, ἀνδρῶν ἐμοὶ σεβασμιώτατε καὶ φιλομαθέστατε. Nur in einer Handschrift (Vat. Gr. 2195) wird als Adressat ein Bischof Beda genannt (Polidori S. XLVIII). 35 Siehe Hergenröther, Photius 1867, Bd. III, 155. 36 Es handelt sich um den Aufsatz von Rosa Salvemini, Empietà e follia nella caratterizzatione degli eretici. Alle origini del lessico di Fozio, in: Nicolaus 27 (2000) 355–389.

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finden ist. Besonders auffällig ist die Stilisierung der Häresie als „θεομαχία“, als Kampf gegen Gott, und als „δυσσέβεια“, als Gotteslästerung, oder als „ἀσέβεια“, als Respektlosigkeit vor Gott.37 Das entspricht zusammen mit anderen Bezeichnungen wie z.  B. μηχανουργία, γλωσσαλγία, λῆρος, θρασύτης, λύσσα, μανία u.  a. der typisch photianischen Einstellung gegen die Häretiker seiner Zeit und macht seinen besonderen, kämpferischen Stil aus.38 Und nun kommt der sechste und wichtigste Einwand. In der Schrift entfaltet sich ein Argumentationsverlauf, der im Gedankengang nicht nur mit den erwähnten früheren Schriften, sondern auch mit den anderen Schriften philosophischer Natur – wie z.  B. mit den Amphilochia – völlig übereinstimmt, zumal er sich auf dieselben axiomatischen Annahmen und theologischen Analysen stützt. Solche Prinzipien, die in der Mystagogie als unanfechtbare und unbestrittene Axiome im Argumentationsgang gelten, sind auch in den früheren Werken des Photios zu finden. Es sind dies die folgenden: a) Die Idee der Monarchie des Vaters als des Garanten der Einheit innerhalb der Trinität. b) Das Prinzip der Unwandelbarkeit der hypostatischen Eigentümlichkeiten. c) Die Unterscheidung zwischen dem Verursachenden und dem Verursachten, und d) das Axiom: „Wenn alles, was nicht der allmächtigen und wesensgleichen und übernatürlichen Dreiheit gemeinsam ist, allein einem von den dreien zukommt, das Hervorbringen des Geistes jedoch nicht den dreien gemeinsam ist, dann kommt dies folglich allein einem von den dreien zu“.39 In Hinblick auf die Gedankenfolge und den Argumentationsverlauf sollte man letzten Endes nicht außer Acht lassen, dass sich die Mystagogie auch in zwei anderen Punkten auf derselben Linie wie die früheren polemischen Schriften des Photios bewegt: a) hinsichtlich der Orthodoxie, das heißt, der Rechtgläubigkeit der römischen Päpste. Die Berufung auf die Häupter der römischen Kirche zeigt die Tendenz des Verfassers, die Autorität der römischen Päpste in Anspruch zu nehmen und die Lateiner seiner Zeit mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Die römischen Hierarchen „dachten dasselbe wie die katholische und apostolische Kirche und die heiligen Bischöfe vor ihnen und die apostolischen Zeugen“.40

37 Siehe Polidori, Fozio 2018, S. XXVI. 38 Siehe Polidori, Fozio 2018, S. XXVI–XXVII. 39 Myst. 36 (S.  34, 1–3 Pol.). Vgl. Ep.  2 (I, 46, 181–184 L/W): εἰ πᾶν ὅπερ μή ἐστι κοινὸν τῆς παντοκρατορικῆς καὶ ὁμοουσίου καὶ ὑπερφυοῦς τριάδος ἑνός ἐστι μόνου τῶν τριῶν, οὐκ ἔστι δὲ ἡ τοῦ πνεύματος προβολὴ κοινὸν τῶν τριῶν, ἑνὸς ἄρα ἐστὶν μόνου τῶν τριῶν. 40 Ep. 291, (III, 141, 68 L/W): τὰ αὐτὰ φρονοῦντες τῇ καθολικῇ καὶ ἀποστολικῇ ἐκκλησίᾳ καὶ τοῖς πρὸ αὐτῶν ἀρχιερεῦσι καὶ τοῖς ἀποστολικοῖς θεσπίσμασιν.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

b) hinsichtlich der ökumenischen Tragweite und des verbindlichen Charakters der Beschlüsse der ökumenischen Konzile. Der Filioque-Ansatz ist nicht nur theologisch unhaltbar, sondern auch kirchlich-kanonisch illegitim, da seine Hinzufügung ins Glaubensbekenntnis eine einseitig vorgenommene Entscheidung vonseiten der Lateiner war. Sowohl in der Mystagogie als auch in seinen früheren Schriften legt Photios Wert darauf, den ekklesiologischen und den theologischen Aspekt der Sache deutlich auseinander zu halten.

3.1.3 Zur Gliederung der Mystagogie Eine ausführliche Gliederung der Mystagogie soll die Binnenlogik und den systematischen Charakter des Werkes veranschaulichen. 1) Einleitung (Par 1 – 2). Der Verfasser erklärt, warum er dieses Werk überhaupt in Angriff genommen hat: er will dem Ersuchen eines Freundes entsprechen. 2) (Par. 3 – 19). Den Anfang bildet eine Gruppe von Argumenten gegen die Lateiner ex ratione theologica. Sie stützen sich auf eine Logik, die überwiegend in der patristischen und philosophischen Denkwelt und Lehre verwurzelt ist. Mit ihnen soll die Unhaltbarkeit der abendländischen Doktrin bewiesen werden. 3) (Par. 20 – 30). Es folgt eine exegetische Reflexion mit ausführlicher Analyse von Joh. 16, 14: „Er wird von dem Meinen nehmen und es euch verkündigen“. Der Verfasser weist den Leser auf eine subtile aber sehr wichtige Unterscheidung zwischen dem „Empfangen“ (λαμβάνειν) und dem „Hervorgehen um ins Sein zu gelangen“ (πρὸς οὐσίωσιν ἐκπορεύεσθαι) hin. 4) (Par 31 – 47). Dieser Teil der Schrift enthält eine Reihe von neuen theologischen Argumenten, von denen mehrere aus der früheren Enzyklika übernommen sind. Wie bei der ersten Gruppe bilden auch hier theologische Prinzipien die Basis der Beweisführung. Kernpunkt ist die Verletzung der Symmetrie innerhalb der Trinität, falls das Filioque angenommen wird. 5) (Par. 48  – 60). Es folgt eine ausführliche Besprechung der Paulusworte Gal 4,6. Photios parodiert die darauf bauende Beweisführung der Gegner, indem er aus deren Interpretation absurde Schlussfolgerungen ableitet. Den Ausdruck „Geist des Sohnes“ legt er im Sinne bloßer Wesensgleichheit und Wesensidentität, aber keineswegs im Sinne eines Ursprungsverhältnisses aus. 6) (Par. 61 – 64). In diesem Teil findet sich eine im Vergleich zur Gruppe Par. 3–19 kleinere Gruppe von logischen Argumenten, die Folgendes beweisen sollen: Wenn sich der Geist auf eine doppelte Ursache rückbezieht, so wird er dann in zwei geteilt und kann – unter Berücksichtigung des zeitlichen Aspekts – neben dem Hervorgehen auch die Zeugung als Existenzgrund auf sich nehmen.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Einführung 

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7) (Par. 66 – 77). Nun wird das Zeugnis einzelner lateinischen Väter und der Umgang mit ihren Irrtümern angesprochen. Einzelne berühmte lateinische Väter, wie Ambrosius, Augustinus und Hieronymus haben nach Meinung der Gegner das Filioque tatsächlich gelehrt. Selbst wenn diese berühmten Väter sich in einzelnen Glaubensfragen geirrt haben, sei dies nach Photios entweder wegen besonderer pastoraler Umstände (Verteidigung des Christentums gegen eine Häresie, z.  B. gegen den Arianismus) oder einfach wegen eines theologischen Irrtums geschehen, in den jeder Mensch verfallen kann. Man dürfe eine persönliche, eventuell irrtümliche Meinung eines einzelnen Vaters nicht einseitig zum Dogma der Kirche erheben und ihr allgemeine Gültigkeit beimessen. Nur eine im Rahmen eines ökumenischen Konzils gemeinsam getroffene Entscheidung besitze unanfechtbare Autorität und unbestrittene Gültigkeit und könne als Dogma gelten. 8) (Par. 78 – 89). Hier wird auf die nicht in Frage stehende Rechtgläubigkeit der römischen Päpste hingewiesen. Diese werden als Väter der Väter bezeichnet, weil sie von Damasus bis zu Hadrian III. im Symbol das Ausgehen des Geistes aus dem Vater bekannten. Nach dem Konzil von Chalkedon ist es verboten, im Symbol einen Zusatz zu machen (Par. 80). 9) (Par. 90 – 94). Es folgt ein Nachtrag zu dem über Gal 4, 6 Gesagten mit Rücksicht auf andere verwandte Formeln, wie Jes 11, 2; 61, 1; Röm 8, 9 u.  a. Anhand dieser Stellen und der verschiedenen vom Hl. Geist gebrauchten Ausdrücke (Spiritus Filii und Spiritus Christi), die nach Photios nichts anderes als die Wesensidentität des Geistes mit dem Sohn zeigen, werden aus der von den Lateinern behaupteten Identität beider Formeln neue absurde Konsequenzen gezogen. 10) (Par. 95 – 96). Photios beschuldigt in einer kurzen Rekapitulation seine Gegner des Ungehorsams gegen Christus, gegen seine Apostel und gegen die ökumenischen Synoden, die das Glaubensbekenntnis unversehrt bewahrt haben. Er beschuldigt sie weiterhin ihres Widersinns, ihrer Taubheit gegenüber den klaren logischen Deduktionen, der Verfälschung der Väter, der Lüge und der Verleumdung des Apostels Paulus. 11) (Par. 96). Epilog. Zum Schluss verspricht Photios seinem Leser, noch weitere von den Lateinern angeführte Stellen mitzuteilen und deren Interpretation zu widerlegen. Dadurch soll die Gesinnung der Abtrünnigkeit (ἀποστασίας φρόνημα) bekämpft werden.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

3.2 Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung Περὶ τῆς τοῦ (παν)ἁγίου Πνεύματος μυσταγωγίας καὶ ὅτι ὥσπερ ὁ Υἱὸς ἐκ μόνου τοῦ Πατρὸς ἱερολογεῖται γεννᾶσθαι, οὕτω καὶ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ μόνου καὶ τοῦ αὐτοῦ αἰτίου θεολογεῖται ἐκπορεύεσθαι· λέγεται δὲ τοῦ υἱοῦ εἶναι ὡς ὁμοούσιον καὶ ἀποστελλόμενον δι’ αὐτοῦ.

(1.) αʹ. Ἐν πολλοῖς μέν εἰσιν οἱ ἔλεγχοι πολυστίχοις ἐσπαρμένοι λόγοις, δι’ ὧν ἡ ὀφρὺς κατασπᾶται τῶν τὴν ἀλήθειαν ἐν ἀδικίᾳ κατέχειν φιλονεικούντων. Ἐπεὶ δὲ τὸ σὸν μεγαλοπρεπὲς καὶ θεοφιλέστατον σπούδασμα σύνοψίν τινα τῶν ἐλέγχων καὶ ὑποτύπωσιν ἐξῃτήσατο γενέσθαι, τῆς θείας προνοίας εὐμενὲς ἡμῖν ὁρώσης οὐκ ἀνάξιον τοῦ σοῦ θείου ἔρωτος οὐδὲ τῆς αἰτήσεως τὸ πέρας ἐπιτεθήσεται.

(2.) βʹ. Ἐστὶν οὖν κατ’ αὐτῶν ὀξὺ καὶ ἄφυκτον βέλος καὶ πρὸ τῶν ἄλλων ἁπάντων ἡ κυριακὴ καὶ θηρίον ἅπαν καὶ πᾶσαν ἀλώπεκα καταβροντῶσά τε καὶ ἐξαφανίζουσα φωνή. Τίς αὕτη; τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς ἡ λέγουσα ἐκπορεύεσθαι. Ἐκ τοῦ Πατρὸς ὁ Υἱὸς ἐκπορεύεσθαι τὸ Πνεῦμα μυσταγωγεῖ· καὶ σὺ τελεστὴν ἄλλον ἐπιζητεῖς, δι’ οὗ τελεσθήσῃ, μᾶλλον δὲ συντελεσθήσῃ τὴν ἀσέβειαν καὶ μυθολογεῖν τὸ Πνεῦμα προέρχεσθαι τοῦ Υἱοῦ; Εἰ τοῦ κοινοῦ Σωτῆρος καὶ δημιουργοῦ καὶ νομοθέτου τὰ δόγματα τῆς σῆς ἡττᾶσθαι παρανοίας ὁρμὴν οὐκ ἔπτηξας ἀναλαβεῖν, τί ἄν τις ἕτερον ζητήσῃ λαβεῖν, δι’ οὗ τὴν σὴν κατακράτος ἀπελέγξει δυσσεβῆ σπουδήν; εἰ σὺ τοὺς δεσποτικοὺς ὑπερορᾷς νόμους, τίς τὴν σὴν εὐσεβῶν οὐ βδελύξεται δόξαν; τί δ’ ἄν σε τοῦ πτώματος ἕτερον ἀναστήσῃ; τίς δὲ θεραπείας περίνοια τὴν ὁλοσώματον θεραπεύσῃ πληγήν; οὐχ ἣν ὁ σωτήριος ἐπαφῆκε λόγος, ἀλλ’ ἣν ἡ ἑκούσιος ἐμβάθυνε νόσος· καὶ τῆς δεσποτικῆς διδασκαλίας τὸ ἴαμα εἰς ἀμύθητον ἐξ ἀπειθείας μεταβαλεῖν ἐφιλονείκησε δηλητήριον· μᾶλλον δὲ τὴν ὑπέρμαχον καὶ κατὰ τῶν ἐχθρῶν ῥομφαίαν ὑποδραμόντος τοῦ ζητήσαντος εἰς τὴν ἐκείνων μετα-

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Über die Mystagogie1 des (All)heiligen Geistes und darüber, dass, wie in heiligmäßiger Weise gesagt wird, der Sohn werde aus dem Vater allein gezeugt, ebenso auch in gottgemäßer Weise gelehrt wird, auch der Heilige Geist gehe aus dem einzigen2 und selben Verursachenden hervor; es wird aber auch gesagt, dass er des Sohnes sei,3 weil er (mit Ihm) wesensgleich und durch Ihn gesandt ist.4 (1.) Es finden sich wohl in vielen umfangreichen Büchern5 Argumente verstreut, mit deren Hilfe der Hochmut derer gedämpft wird,6 die darin wetteifern, die Wahrheit unrechtmäßig niederzuhalten.7 Da du aber in deinem großartigem und gottgefälligem Eifer darum gebeten hast,8 wir möchten einen Überblick und eine Skizze dieser Argumente vorlegen, so wird, wenn nur die göttliche Vorsehung gnädig auf uns schaut, ein Ergebnis erzielt werden, das deiner Gottesliebe und deines Verlangens nicht unwürdig ist. (2.) Nun gibt es gegen sie einen scharfen und unentrinnbaren Pfeil, und zwar vor allen anderen, nämlich die Stimme des Herrn, die jedes wilde Tier und jeden Fuchs10 niederdonnert und vernichtet. Welche Stimme das ist? Jene, die sagt, dass der Geist vom Vater ausgeht.11 Vom Vater, so lehrt uns der Sohn in geheimnisvoller Weise, geht der Geist aus – und du12 suchst nach einem anderen Offenbarer [wörtlich: Mysterienpriester], der dich bis zur Vollendung einweihen soll, der aber vielmehr deine Gottlosigkeit vollenden wird, und fabulierst, dass der Geist aus dem Sohn hervorgeht?13 Wenn du nicht davor zurückgeschreckt bist, einen Ansturm zu unternehmen, durch den die Lehren des gemeinsamen Erlösers, Schöpfers und Gesetzgebers deinem Wahnsinn unterliegen sollten, welches andere Mittel könnte man da zu ergreifen suchen, mit dem man dein gottloses Streben machtvoll zurückweisen könnte? Wenn du die Gesetze des Herrn missachtest, welcher fromme Mensch wird dann nicht deine Meinung verabscheuen? Welches andere Mittel könnte dich von deinem Fall wieder aufstehen lassen? Welcher ärztliche Erfindungsreichtum könnte die Wunde heilen, die deinen ganzen Körper bedeckt? Dies ist nicht eine Wunde, die das Wort des Erlösers dir zugefügt hat, sondern eine, die deine selbstverschuldete [wörtlich: freiwillige] (Geistes-) Krankheit tief hat eindringen lassen; und sie hat beharrlich darauf hingewirkt, die heilbringende Kraft der Lehre des Herrn durch Ungehorsam in ein unsägliches Gift zu verwandeln – oder vielmehr: das übermächtige Schwert,14 das (eigentlich) gegen die Feinde gerichtet ist, in den Dienst der feindlichen Seite zu stellen, indem der (theologisch) Forschende es unterläuft. Darum will ich, obwohl du durch das

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

τάξασθαι μοῖραν· διό σε καὶ κάτῳ κείμενον τῇ διστόμῳ μαχαίρᾳ τοῦ Πνεύματος οὐδὲν ἔλαττον ὅμως καὶ ἡμεῖς τὸ ὑπὲρ τοῦ κοινοῦ δεσπότου φίλτρον καὶ πρόθυμον ἐνδεικνύμενοι, ὅσα καὶ λογισμοὶ τῆς ἱερᾶς καθοπλιζούσης ἡμᾶς στρατηγίας εἰς παράταξιν ἀνακινοῦσιν, οὐδὲ τὰ ἐκ ταύτης τραύματα διαφυγεῖν σε φροντίδος ἔξω ποιήσομεν.9

(3.) γʹ. Εἰ γὰρ ἐξ ἑνὸς αἰτίου, τοῦ Πατρός, ὅ τε Υἱὸς καὶ τὸ Πνεῦμα προάγεται, εἰ καὶ τὸ μὲν ἐκπορευτῶς, ὁ δὲ γεννητῶς, γίνεται δὲ πάλιν ὁ Υἱὸς τοῦ Πνεύματος παραγωγός, ὡς ἡ βλασφημία βοᾷ, πῶς ἂν ὁ τῆς ἀκολουθίας ἀνάσχοιτο λόγος μὴ οὐχὶ καὶ τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ παρακτικὸν εἶναι συμμυθολογεῖν; ὁμοτίμως γὰρ ἀμφοῖν τοῦ αἰτίου προεληλυθότων, εἰ θάτερον τῷ ἑτέρῳ τὴν τοῦ αἰτίου χρείαν ἀναπληροῖ, οὐδὲ θατέρῳ τὸ ἕτερον, μὴ οὐχὶ τὴν ἴσην ἀμειβόμενον χάριν αἴτιον γενέσθαι τῆς ἀπαραλλάκτου τάξεως ἡ συντήρησις ἀπαιτεῖ;

(4.) δʹ. Ἄλλως τε δέ, εἰ ὁ μὲν Υἱὸς τῆς πατρικῆς ὑπὲρ λόγον ἁπλότητος οὐκ ἐξίσταται, τὸ δὲ Πνεῦμα εἰς διπλοῦν αἴτιον ἀναφέρεται καὶ ἐκ διπλῆς προβολῆς ὑφίσταται, πῶς οὐκ ἐπακολουθήσει τὸ σύνθετον; πῶς δ’ οὐχὶ τοῦ Υἱοῦ τὸ ἔλαττον ἔχειν τὸ ἰσότιμον Πνεῦμα βλασφημηθήσεται; πῶς ἡ τῆς Τριάδος ἁπλότης, ὢ γλώσσης ἀσεβεῖν τολμηρᾶς, οὐ ἕξει τὸ οἰκεῖον ἀξίωμα νοθευόμενον;

(5.) εʹ. Τίς εἶπε τῶν ἱερῶν καὶ περιωνύμων πατέρων ἡμῶν τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι; ποία σύνοδος οἰκουμενικαῖς ὁμολογίαις στηριζομένη καὶ ἐνδιαπρέπουσα; μᾶλλον δὲ τίς ἱερέων καὶ ἀρχιερέων θεόλεκτος σύλλογος οὐ ταύτην τὴν διάνοιαν καὶ πρὶν φανῆναι τῇ τοῦ παναγίου Πνεύματος ἐπιπνοίᾳ κατεψηφίσατο; δι’ ὧν γὰρ τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς κατὰ τὴν δεσποτικὴν μυσταγωγίαν τελεσθέντες καὶ αὐτοὶ λαμπρῶς τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι καὶ μεγαλοφώνως ἀνεκήρυττον· καὶ δὴ καὶ τοὺς μὴ φρονοῦντας οὕτως ὡς τῆς καθολικῆς καὶ ἀποστολικῆς ἐκκλησίας ὑβριστὰς τῷ ἀναθέματι καθυπέβαλον· ἐκ παλαιῶν τῶν χρόνων τὴν ἀρτιγενῆ δυσσέβειαν προφητικοῖς προορῶντες ὄμμασι καὶ αὐτὴν μετὰ τῆς προλαβούσης πολυ-

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zweischneidige Messer des Geistes (schon) am Boden liegst, trotzdem nichts desto weniger auch selbst die Liebe und Dienstbereitschaft für unseren gemeinsamen Herrn an den Tag legen, und, insofern auch die Rücksicht auf mein heiliges Führungsamt15 [wörtlich: Feldherrenamt], das mir die Waffen in die Hand gibt, zur offenen Auseinandersetzung [wörtlich: Schlacht] anstachelt, es als Teil meiner Sorgepflicht ansehen [wörtlich: es nicht außerhalb meiner Sorge stellen], dass du auch denjenigen Wunden entgehst, die sie dir zufügen kann [wörtlich: dass du auch nicht den Wunden aus dieser Schlacht entgehst]. (3.) Wenn nämlich von einem einzigen Verursachenden,16 nämlich dem Vater, sowohl der Sohn als auch der Geist seinen Ausgang nimmt, freilich der eine durch Hervorgehen, der andere durch Zeugung,17 und wenn wiederum der Sohn zum Hervorbringer des Geistes wird, wie die Blasphemie hinausposaunt, wie könnte man dann die logische Folge hinnehmen, damit auch das Märchen zu erzählen, dass auch der Geist den Sohn hervorbringe? Da sie beide gleichrangig18 aus dem (einen) Verursachenden hervorgegangen sind, und wenn das eine für das andere die Funktion der Ursache erfüllt, aber nicht das andere für das eine, verlangt dann nicht die Bewahrung der unveränderlichen Ordnung,19 dass es die gleiche Gunst erwidert, (also) dessen Ursache wird?20 (4.) Und außerdem wie wird man, wenn einerseits der Sohn die jede Vernunft übersteigende Einfachheit21 des Vaters nicht verlässt, andererseits der Geist auf ein doppeltes Verursachendes zurückgeführt wird und seine Existenz von einer doppelten Hervorbringung erhält, der Folgerung entgehen, er sei etwas Zusammengesetztes? 22 Wird der Geist, der doch gleicher Ehre ist (wie der Sohn), nicht dadurch gelästert, dass man ihn für geringer als den Sohn hält? Wird nicht die Einfachheit der Trinität – wehe der Zunge die (so) zu lästern wagt! – eine Verfälschung der eigenen Würde erfahren? (5.) Wer unter unseren heiligen und weitberühmten Vätern hat behauptet, dass der Geist vom Sohn ausgehe?23 Welche Synode, die sich auf ökumenische (allgemein rezipierte) Bekenntnisse stützt und auszeichnet, oder vielmehr, welche von Gott erwählte Versammlung von Priestern und Bischöfen Bischöfen hat diesen Gedanken nicht, bevor er in Erscheinung trat, durch Eingebung des Heiligen Geistes verurteilt? In die Mystagogie des Herrn eingeweiht, haben sie nämlich in Hinblick auf den Geist des Vaters auch ihrerseits in aller Klarheit und unüberhörbar verkündet, er gehe vom Vater aus,24 und sie belegten sogar alle, die nicht so denken, mit dem Bannfluch als Frevler gegen die katholische und apostolische Kirche. Seit alter Zeit haben sie die neu entstehende Gottlosigkeit mit prophetischen Augen vorhergesehen und sie mitsamt der bereits vorher und in mannig-

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

μεροῦς ἀποστασίας καὶ γραφῇ καὶ λόγοις καὶ διανοίᾳ κατεδίκαζον. Ἐδογμάτισεν εὐθὺς τῶν οἰκουμενικῶν καὶ ἁγίων ἑπτὰ συνόδων ἡ δευτέρα τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι, διεδέξατο ἡ τρίτη, ἐβεβαίωσεν ἡ τετάρτη, σύμψηφος ἡ πέμπτη κατέστη, συνανεκήρυξεν ἡ ἕκτη, ἐπεσφράγισε λαμπρῶς ἀγωνίσμασιν ἡ ἑβδόμη· καθ’ ἑκάστην αὐτῶν ἔστι περιφανῶς καθορᾷν παρρησιαζομένην τὴν εὐσέβειαν, καὶ τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρός, ἀλλ’ οὐ ἐκ τοῦ Υἱοῦ θεολογούμενον ἐκπορεύεσθαι. Σὲ δὲ τίς ἀγέλη δυσσεβοῦσα μετεδίδαξε, τίς τῶν ἀντινομοθετούντων τῷ δεσπότῃ καταπεσεῖν εἰς ἀθέσμους δόξας ὑπηγάγετο;

(6.) ςʹ. Ἀλλὰ κἀντεῦθεν ἔστιν αὐτῶν φωράσαι τὸ δυσσεβὲς καὶ πρὸς θεομαχίαν αὐτόνομον. Εἰ γὰρ πάντα ὅσα ἐστὶ κοινὰ κατὰ τὴν ἀδιάφορον καὶ ἀμερῆ, ἁπλῆν τε καὶ ἑνιαίαν κοινότητα· εἰ πάντα ὅσα τούτων ἐστί, Πνεύματος καὶ Πατρός, ταῦτα πρόσεστι καὶ Υἱῷ· ὡσαύτως δὲ καὶ ὅσα ἐνθεωρεῖται τῷ Πνεύματι καὶ Υἱῷ, οὐκ ἔστι μὴ συνομολογεῖν ἐνυπάρχειν καὶ τῷ Πατρί· οὐ μήν, ἀλλ’ οὐδὲ ὅσα Υἱῷ καὶ Πατρί, οὐδὲ τούτων οὐδὲν ἔστι τοῦ Πνεύματος ἀποστερεῖν· ἐννόει μοι βασιλείαν, ἀγαθότητα, τὸ τῆς οὐσίας ὑπερούσιον, τὴν ὑπὲρ ἔννοιαν δύναμιν, τὸ ἀΐδιον, τὸ ἀσώματον, τὰς μυρίας καὶ συστοίχους φωνάς, αἷς ἡ ὑπέρθεος θεολογουμένη Θεότης τοῖς εὐσεβέσιν ἄνωθεν παραδέδοται. Εἰ οὖν οὕτω ταῦτα θεωρεῖται, καὶ οὐδείς ἐστι τῶν ἐν Χριστιανοῖς, ὃς εἰς μαχόμενον ἀπενεχθείη διαβούλιον· ἐστὶ δέ, ὡς ὁ αἱρετίζων νεανιεύεται λόγος, ἡ τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσις Πατρὸς καὶ Υἱοῦ κοινόν, εἴη ἂν καὶ τὸ Πνεῦμα, οὗ τί ἂν γένοιτο πρὸς δυσσέβειαν τολμηρότερον, εἰς τὴν τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσιν μεριζόμενον, καὶ τὸ μὲν αὐτοῦ προάγον, τὸ δὲ προαγόμενον, καὶ τὸ μὲν αἴτιον, τὸ δὲ αἰτιατόν, καὶ πολλὴ ἄλλη θεομαχίας παράταξις.

(7.) ζʹ. Ἀλλὰ γὰρ ἐκπορεύεται τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ; Τί δήποτε προσλαμβάνον, ὅπερ οὐκ ἔσχεν ἐκπορευόμενον τοῦ Πατρός; εἰ μὲν γὰρ ἔστι τι λαβεῖν καὶ εἰπεῖν, ὃ προσείληφε, πῶς οὐχὶ χωρὶς τῆς προσλήψεως ἀτελές; ἢ πάντως γε μετὰ τὸ προ-

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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faltiger Gestalt auftretenden Apostasie sowohl schriftlich als auch mündlich, wie auch in ihrem Denken verdammt. Gleich am Anfang hat unter den sieben heiligen ökumenischen Synoden die zweite (Konstantinopel 381)25 als Dogma formuliert, dass der Heilige Geist vom Vater ausgehe; ihr ist die dritte (Ephesus 431)26 gefolgt; diesen Glaubenssatz hat die vierte (Chalkedon 451)27 bestätigt, die fünfte (Konstantinopel II 553)28 hat ihm beigestimmt, die sechste (Konstantinopel III 680/81)29 ihn mitverkündet und die siebte (Nizäa II 787)30 mit kämpferischem Einsatz glänzend besiegelt. An jedem dieser Konzilien kann man überdeutlich erkennen, wie (rechte) Gottesfurcht mit Freimut bekannt und in gottgemäßer Weise gelehrt wird, dass der Geist vom Vater, aber nicht vom Sohn ausgeht. Welche gottlose Herde aber hat dich umzudenken gelehrt? Welcher von denen, die entgegen dem (Willen des) Herren Gesetze aufstellen, hat dich verführt, in widergesetzliche Ansichten zu verfallen? (6.) Aber auch aus Folgendem kann man ihrer Gottlosigkeit und ihrem eigenwilligen Kampf gegen Gott auf die Spur kommen (unmittelbar erfassen). Wenn alles, was nach (dem Prinzip) der unterschiedslosen, unteilbaren, einfachen und einheitlichen Gemeinschaft gemeinsam ist – wenn all das, was diesen (zwei) eigen ist,31 dem Geist und dem Vater, auch dem Sohn zukommt; und wenn man gleichermaßen auch von allem, was im Geist und im Sohn erschaut wird, notwendig zugeben muss, dass es auch im Vater vorhanden ist, dann ist es gewiss auch unmöglich, von allem, was dem Sohn und dem Vater angehörig ist, irgendetwas dem Geist vorzuenthalten. Ich meine die Königsherrschaft, die Güte, das Überdas-Sein-Hinausliegende des Wesens, die jeden Gedanken übersteigende Macht, die Ewigkeit, Körperlosigkeit und die unzähligen einander entsprechenden Aussagen, durch welche die in gottgemäßer Weise ausgesagte übergöttliche Gottheit von Anfang an den Frommen überliefert ist. Wenn man nun die Sache so betrachtet, und es keinen unter den Christen gibt, der sich zu einer widersprechenden Meinung verstiege, und (wenn) andererseits, wie die häretische Lehre verwegen behauptet, das Hervorgehen des Geistes ein gemeinsames Merkmal von Vater und Sohn ist, 32 dann müsste auch der Geist – was wäre verwegener in seiner Gottlosigkeit als dieses? – im Hinblick auf das Hervorgehen des Geistes geteilt sein: 33 ein Teil von ihm wäre hervorbringend, der andere hervorgebracht, der eine verursachend, der andere verursacht, und so folgte ein weiteres großes Gefecht im Kampf gegen Gott. (7.) Aber geht der Geist vom Sohn aus? Was empfängt er zusätzlich, was er nicht bereits erhalten hätte, als er vom Vater ausging? Wenn es nämlich etwas zu fassen und zu sagen gibt, was er zusätzlich empfangen hätte, wäre er dann nicht ohne dieses zusätzlich Empfangene unvollkommen?34 Oder durchaus auch nach

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σλαβεῖν; εἰ δὲ μηδὲν προσείληφεν, ἐπιφύεται γὰρ κἀνταῦθα τά τε ἄλλα, καὶ τὸ διπλοῦν καὶ σύνθετον, καταθρασυνόμενον τῆς ἁπλῆς τε καὶ ἀσυνθέτου φύσεως, τίς ὁ λόγος τῆς οὐδὲν παρασχεῖν δυναμένης ἐκπορεύσεως;

(8.) ηʹ. Σὺ δὲ καὶ τοῦτο λογισμοῖς ἐπισκόπει· εἰ γεννᾶται μὲν ὁ Υἱὸς ἐκ τοῦ Πατρός, ἐκπορεύεται δὲ τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ, τίς ἂν ἐπινοηθείη σχέσις ἄλλη, καθ’ ἣν καὶ τὸ Πνεῦμα τῆς ἑτέρου προαγωγῆς ἑαυτῷ τὸ προνόμιον συνδιασώσει καὶ τῆς ὁμοφυοῦς οὐσιώσεως οὐ φαυλίσει τὸ ἀξίωμα;

(9.) θʹ. Ὅρα δὲ κἀντεῦθεν· εἰ τοῦ Πατρὸς ἐκπορευόμενον τὸ Πνεῦμα καὶ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται, τίς ἀντιπεσεῖται λόγος μὴ καταπεσεῖν ἐξ ἀνάγκης, ὢ φρενὸς ἄκρατον μεθυούσης τὴν ἀσέβειαν, τὸ τῶν ἰδιωμάτων ἀμετάπτωτον καὶ ὁ Πατὴρ, ἴλεως δ’ ἡμῖν εἴη καὶ τὸ βλάσφημον εἰς τὰς τῶν αἰτίων τρέποιτο κεφαλὰς, ψιλὸν ἂν εἴη περιλειπόμενος ὄνομα, κοινοποιηθέντος ἤδη τοῦ χαρακτηρίζοντος αὐτὸν ἰδιώματος, καὶ εἰς ἓν πρόσωπον τῶν δύο συναλειφομένων θεαρχικῶν ὑποστάσεων· καὶ ἀναβλαστήσει πάλιν ἡμῖν ὁ Σαβέλλιος, μᾶλλον δέ τι τέρας ἕτερον ἡμισαβέλλειον.

(10.) ιʹ. Οὐδὲ γὰρ οὐδ’ ἡ κατὰ τὸν Υἱὸν ἐννοουμένη νυνὶ καὶ προτεινομένη πρὸς ἀποφυγὴν τοῦ ἀτοπήματος γέννησις οὔμενουν οὐδὲν ἀνεκτότερον τὸ δύσφημον ἀπεργάσοιτο τοῦ πατρικοῦ ἰδιώματος, λέγω δὴ τοῦ δηλοῦντος τὸ τῆς ἐκπορεύσεως αἴτιον· τούτου δὴ τούτου κατὰ τοὺς τῶν δυσσεβῶν μύθους εἰς τὸ τοῦ Υἱοῦ ἀναχεομένου τε καὶ συνθλιβομένου ἰδίωμα, κατατομὴ γὰρ πάλιν καὶ διαίρεσις καὶ τοῦ ἀμερίστου μερισμός· εἰ γὰρ τὸ μὲν αὐτοῦ τῶν ἰδιωμάτων δίδωσιν ὁ Πατήρ, καὶ τῆς κατ’ αὐτὸ χαρακτηριζούσης αὐτὸν ἐξίσταται ἰδιότητος, τοῦ δὲ συντηρεῖ τὸ ἀκήρατον, πῶς οὐχὶ τὸ μὲν αὐτοῦ δώσουσιν ἐνθεωρεῖσθαι τῷ ἰδιώματι, τὸ δὲ συνδιαιρεῖσθαι τῇ καινοτομίᾳ τοῦ ἰδιώματος; Καὶ ἀλλὰ γὰρ φρίττειν ἔστι, ὅτι καὶ μέχρι τούτων τὴν βλασφημίαν αὐτῶν προαγαγεῖν ὑπηνέγκαμεν.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Empfang dieses Zusätzlichen? Hatte er jedoch nichts zusätzlich empfangen  – weil in diesem Fall neben anderem Zwiefaltigkeit und Zusammensetzung dazu kommen, eine freche Beleidigung gegen die einfache und unzusammengesetzte Natur –, was ist dann der Sinn eines Hervorgehens, das nichts hinzufügen kann? (8.) Du aber prüfe mittels logischer Überlegungen auch das Folgende: Wenn der Sohn aus dem Vater gezeugt wird und der Geist vom Sohn ausgeht, welche andere Beziehung ließe sich ausdenken, nach der auch der Geist das Vorrecht, einen anderen hervorzubringen, für sich selbst bewahren wird und die Würde (Fähigkeit), eine (andere) Wesenheit gleicher Natur ins Sein gelangen zu lassen, nicht verachten wird?35 (9.) Betrachte die Sache auch aus dem folgenden Blickwinkel: Wenn der Geist, welcher vom Vater ausgeht, auch vom Sohn ausgeht, welcher Grund wird dagegenstehen – oh, welcher Verstand, trunken von ungemischter Gottlosigkeit! –, dass die Unwandelbarkeit36 der Sondereigenschaften zwangsläufig dahinfallen wird und der Vater – möge er uns gnädig sein und die Blasphemie auf den Kopf der Verantwortlichen fallen lassen – als ein bloßer Name übrig bleiben wird, da das ihn kennzeichnende Merkmal nunmehr zu einem gemeinsamen Merkmal gemacht worden ist und als Folge sich die zwei erzgöttlichen Hypostasen zu einer Person verschmelzen; und dann wird von neuem Sabellius37 oder vielmehr ein halb-sabellianisches Ungeheuer aufsprießen. (10.) Aber selbst der auf den Sohn bezogene nun zur Vermeidung des Widersinnigen eingeführte (Begriff) „Zeugung“ würde keinesfalls die Lästerung gegen die Eigentümlichkeit „Vater“ (zu sein) erträglicher machen; ich meine jene Eigentümlichkeit, welche sein Ursache-Sein für das Hervorgehen erkennen lässt; eben diese soll ja nach den Fabeleien der Gottlosen in die Eigentümlichkeit des Sohnes hinüberfließen und mit ihr vermengt [wörtlich: zusammengepresst] werden, was nämlich wiederum eine Zerreißung, Trennung, und Teilung des Unteilbaren bedeuten würde. Wenn nämlich der Vater eines seiner eigenen Merkmale mitteilt und aus der durch dieses bestimmten, ihn kennzeichnenden eigenen Art und Weise heraustritt, während er die Unversehrtheit des anderen bewahrt, müssen (die Gegner) dann nicht zugeben, dass das eine (Merkmal) in seiner (des Vaters) Eigentümlichkeit (allein) zu sehen ist, das andere (Merkmal) aber bei der Neubestimmung der Eigentümlichkeit (des Sohnes) nicht zerteilt wird?38 Und es lässt einen wirklich (der Gedanke) schaudern, ihre Gotteslästerung bis zu dieser Konsequenz weiterverfolgt zu haben.

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(11.) ιαʹ. Χωρὶς δὲ τῶν εἰρημένων, εἰ δύο αἴτια ἐν τῇ θεαρχικῇ καὶ ὑπερουσίῳ Τριάδι καθορᾶται, ποῦ τὸ τῆς μοναρχίας πολυΰμνητον καὶ θεοπρεπὲς κράτος; Πῶς οὐχὶ τὸ τῆς πολυθεΐας ἄθεον ἐπεισκωμάσει; Πῶς δ’ οὐκ ἐν προσχήματι Χριστιανισμοῦ ἡ δεισιδαιμονία τῆς ἑλληνικῆς πλάνης τοῖς ταῦτα λέγειν τολμῶσιν οὐ συνεισελάσει;

(12.) ιβʹ. Πάλιν εἰ δύο αἴτια τῆς μοναρχικῆς Τριάδος ἐπαναβέβηκε, πῶς οὐχὶ καὶ τὸ τρίτον τῆς αὐτῆς συνανακύψει γνώμης προερχόμενον; Ἅπαξ γὰρ τῆς ἀνάρχου καὶ ὑπεραρχίου ἀρχῆς τῆς οἰκείας ἕδρας τοῖς δυσσεβέσι περιτραπείσης καὶ εἰς δυάδα διατμηθείσης, νεανικώτερον καὶ πρὸς τὴν Τριάδα ἡ κατατομὴ τῆς ἀρχῆς προελεύσεται, ἐπεὶ κἀν τῇ ὑπερφυεῖ καὶ ἀμερεῖ καὶ ἑνιαίᾳ τῆς Θεότητος φύσει τὸ τριαδικὸν μᾶλλον ἢ τὸ δυαδικὸν ἀναφαίνεται, οἷα δὴ καὶ τοῖς ἰδιώμασιν ἁρμοζόμενον.40

(13.) ιγʹ. Ἆρα Χριστιανῶν ἀκοαῖς ἀνεκτὰ ταῦτα; ἆρ’ οὐκ ὀργὴν καὶ θρῆνον, τὰ τῶν παθῶν ὡς ἐπίπαν ἀσυνδύαστα, οἱ δυσσεβεῖν θρασυνθέντες εἰς ἓν ἐπ’ αὐτῶν συνελθεῖν οὐ βιάζονται; ὀργὴν μέν, οἷς τοσαύτην ἀπόνοιαν ἀνελάβοντο· θρῆνον δέ, οἷς πρὸς ὄλεθρον ἀβοήθητον καταφέρονται· ἡ γὰρ εὐσέβεια, καὶ ὀργιζομένη, τὸν τοῦ ὁμοφυοῦς οἶκτον οὐκ ἀποτίθεται.

(14.) ιδʹ. Σκοπεῖν δὲ τὸ τῆς δυσσεβείας μέγεθος οὐδὲ διὰ τῶν ῥηθησομένων ἐστὶ δυσχερές. Εἰ γὰρ μετὰ τὴν ἄναρχον καὶ πατρικὴν ἀρχὴν καὶ αἰτίαν ὁμοουσίου πάλιν ἀρχὴ καθίσταται καὶ αἴτιον ὁ Υἱός, πῶς ἄν τις διαφύγοι μὴ δύο λέγειν ἐν τῇ Τριάδι παραλλαττούσας ἀρχάς, τὴν μὲν τὸ ἄναρχον ἔχουσαν καὶ ἐστηριγμένην ἐν αὐτῷ, τὴν δὲ ἀρχομένην τε ἅμα καὶ πρὸς ἀρχὴν ἀνατρέχουσαν καὶ συμμεταφερομένην τῇ τῶν σχέσεων διαφορᾷ;

(15.) ιεʹ. Εἰ δ’ αἴτιος ὁ Πατὴρ τῶν ἐξ αὐτοῦ, οὐ τῷ λόγῳ τῆς φύσεως, τῷ δὲ λόγῳ τῆς ὑποστάσεως, ὁ δὲ λόγος τῆς πατρικῆς ὑποστάσεως οὐδενὶ μέχρι νῦν περιορίζειν καὶ τὴν τοῦ Υἱοῦ ὑπόστασιν δεδυσσέβηται, οὐδὲ γὰρ οὐδὲ Σαβελλίῳ τὴν υἱοπατορίαν τερατευσαμένῳ δεδυσφήμηται, οὔμενουν οὐκ ἂν εἴη οὐδενὶ τρόπῳ οὐδενὸς τῶν ἐν τῇ Τριάδι αἴτιος ὁ Υἱός.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(11.) Doch abgesehen von dem Gesagten: wenn zwei Ursachen in der erzgöttlichen, alles Sein transzendierenden Trinität erkannt werden, was ist dann mit der viel gepriesenen, gottgeziemenden Herrschaft der (göttlichen) Monarchie?39 Wird nicht die gottlose Lehre des Vielgötterglaubens jubilieren? Und wird nicht gleichzeitig unter dem Deckmantel des Christentums der Aberglaube des heidnischen (hellenischen) Irrtums bei denen, die solches zu lehren wagen, Einzug halten? (12.) Ferner: Sind einmal zwei Verursachende in der monarchischen Trinität emporgestiegen, wird nicht das Dritte ebenfalls auftauchen, welches aus demselben Gedanken hervorgegangen ist? Von dem Augenblick an, da der ursprungslose und überanfängliche Ursprung von den Gottlosen von seiner eigenen Basis gestürzt und in eine Zweiheit zerteilt ist, wird diese Zerschneidung des Ursprungs unaufhaltsam (mit jugendlichem Ungestüm) weiter in die ganze Trinität vorstoßen, weil auch in dem übernatürlichen ungeteilten und einfachen Wesen der Gottheit eher das Triadische als das Dyadische in Erscheinung tritt, wie es ja auch den Eigentümlichkeiten (der göttlichen Personen) angemessen ist. (13.) Können Christenohren dergleichen ertragen? Werden nicht Zorn und Wehklage, zwei meist unvereinbare Leidenschaften (Emotionen), bei ihnen zwangsläufig in eins zusammenfallen, weil sie durch ihre gottlose Kühnheit dazu zwingen? Zorn, weil sie in solchen Wahn verfallen sind, Wehklage, weil sie dem unentrinnbaren Verderben entgegentreiben. Denn die Gottesfurcht legt, auch wenn sie von Zorn erfasst wird, das Mitleid mit dem Mitmenschen nicht ab. (14.) Das Ausmaß der Gottlosigkeit zu begreifen wird aber auch nach dem, was wir sogleich besprechen werden, nicht schwerfallen. Wenn nämlich nach dem ursprunglosen väterlichen Ursprung, der auch Ursache ist, wiederum der Sohn zum Ursprung und Verursachenden eines ihm Wesenseinen wird, wie wird sich die Aussage vermeiden lassen, es gebe in der Trinität zwei alternierende Prinzipien,41 von denen das eine die Ursprungslosigkeit besitzt und darin fest gegründet ist, das andere gleichzeitig einen Ursprung hat und sich auf eine Ursache rückbezieht und sich mit der Verschiedenheit- (Änderung) der Bezüge (hin und her) übertragen lässt?42 (15.) Wenn aber der Vater nicht aufgrund seiner Natur, sondern aufgrund seiner Hypostase43 Verursacher derer ist, die aus ihm hervorgehen, und sich bislang niemand zu der gottlosen Behauptung verstiegen hat, der Begriff der väterlichen Hypostase begrenze/definiere auch die des Sohnes – denn selbst Sabellius, der den Begriff der Sohn-Vaterschaft hervorgezaubert hat, hat eine solche Verleumdung nicht behauptet –, dann dürfte der Sohn auf gar keinen Fall Verursacher einer der Personen in der Trinität sein.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(16.) ιςʹ. Οὐδὲ τοῦτο δὲ χρὴ παραδραμεῖν, ὅτι καὶ αὐτὴν τὴν ὑπόστασιν τοῦ Πατρὸς εἰς δύο τὸ δυσσέβημα διαιρεῖ· ἢ πάντως γε τὸ τοῦ Υἱοῦ πρόσωπον εἰς μέρος ἀνειλῆφθαι τῆς πατρικῆς ὑποστάσεως νομοθετεῖ. Εἰ γάρ, ὡς εἴρηται, οὐ τῷ λόγῳ τῆς φύσεως, τῷ δὲ λόγῳ τῆς ὑποστάσεως αἴτιός ἐστιν ὁ Πατὴρ τῶν ἐξ αὐτοῦ, ἐστὶ δὲ καὶ τοῦ Πνεύματος αἴτιος ὁ Υἱός, ὡς ἡ θεομαχία βοᾷ, ἢ συμμεριζόμενον ἀποφῆναι τὴν πατρικὴν ὑπόστασιν τὸν Υἱόν, ἐξ ἧς καὶ τὸ αἴτιον παρέσχε λαβεῖν, ἢ τὸν Υἱὸν ἀναπληροῦντα τὸ πρόσωπον τοῦ Πατρός, ἐκεῖνο τὲ συναποτολμῆσαι λέγειν πρὸ τῆς ἀναπληρώσεως ἐνδεές· καὶ τὸν Υἱὸν μέρος χρηματίσαντα πατρικόν, τὸ φρικτὸν τῆς Τριάδος μυστήριον εἰς δυάδα περιτεμεῖν.

(17.) ιζʹ. Καὶ πολὺ ἂν εἴη ζιζανίων ἄλλο πλῆθος ἀπὸ τῆς ἐξ ἀρχῆς καταβληθείσης πονηρᾶς ἀναβλαστάνον σπορᾶς· ἣν οὐχὶ καθευδόντων, ὡς ἔοικεν, ἀλλὰ τὸν κατὰ ψυχὴν ἐγρηγορότων θάνατον καὶ ζητούντων τῶν φρενοβλαβῶν, ὅπως τὸν ἄνωθεν καὶ εὐγενῆ καὶ σωτήριον ἐπινοθεύσωσι σπόρον, ἐπελθὼν ὁ τοῦ γένους ἐχθρὸς ταῖς αὐτῶν κατέσπειρεν ἀθλίαις ψυχαῖς. Καὶ γὰρ ἅπαν κυρίως ἴδιόν τινος ἐπὶ δύο τινῶν ἀπ’ ἐκείνου πραγματικῶς λαμβανόμενον, καὶ κατὰ θατέρου μὲν ἀληθῶς λεγόμενον, κατὰ δὲ τοῦ ἑτέρου οὐκέτι, ἑτεροφυῆ τὰ προτεθέντα δείκνυσιν· αὐτίκα τὸ γελαστικὸν ἀνθρώπου κυρίως ἴδιον ὂν καὶ Ἰησοῦ μὲν εἰ τύχοι τῷ δημαγωγῷ τοῦ Ἰσραὴλ ἁρμοζόμενον, τῷ δὲ ἐπιστάντι αὐτῷ ἀρχιστρατήγῳ τῆς τοῦ Κυρίου δυνάμεως κατὰ πάντα διϊστάμενον, ὁρᾷν ἐναργῶς δίδωσιν οὐχ ὁμοφυῆ τὸν δημαγωγὸν οὔμενουν τῷ ἀρχαγγέλῳ νομίζειν οὐδ’ ὁμοούσιον. Καὶ ἐπὶ τῶν ἄλλων ἁπάντων ὁ διὰ τῆς αὐτῆς μεθόδου προϊὼν σαφῶς τε καὶ ἀταλαιπώρως εὑρήσει τὴν αὐτὴν θεωρίαν προβαίνουσαν. Εἰ δὲ τοῦτο πανταχοῦ κρατεῖ καὶ τὴν αὐτὴν ἀποσώζει διάνοιαν, ἐστὶ δὲ τοῦ Πνεύματος ἡ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπόρευσις τὸ πατρικὸν ἀνακηρύττουσα ἴδιον, τοῦτο δὲ κατὰ τὸ φρύαγμα τῆς αἱρέσεως ἐφαρμόζεται μὲν τῷ Υἱῷ, κατὰ δὲ τοῦ Πνεύματος οὐδαμῶς, οὕπω γάρ τις τοῦτο τὸ δύσφημον ἐνενόησε, τὸ ἑξῆς αὐτοὶ κατὰ τῆς ἑαυτῶν κεφαλῆς οἱ τῶν τηλικούτων κακῶν εἰσηγηταὶ συναγέτωσαν· εἰ δὲ μὴ πατρικὸν ἴδιον τὴν τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσιν φήσουσι, δηλονότι οὐδὲ τοῦ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(16.) Unmöglich können wir auch daran vorbeigehen, dass jene Ausgeburt der Gottlosigkeit selbst die Hypostase des Vaters in zwei Teile teilt oder jedenfalls doch vorschreibt, dass die Person des Sohnes in einen Teil der Hypostase des Vaters aufgenommen ist. Denn wenn der Vater, wie gesagt, nicht aufgrund der Natur, sondern aufgrund der Hypostase Verursacher derer ist, die aus ihm hervorgehen, aber auch der Sohn Verursacher des Geistes ist, wie die gottfeindliche Lehre verkündet, muss man folgende Alternative für richtig erklären: Entweder gewinnt der Sohn zugleich an der Hypostase des Vaters Anteil, die ihn auch befähigte, Ursprung zu sein, oder der Sohn ergänzt die Person des Vaters, was die verwegene Behauptung zur notwendigen Folge hat, vor dieser Ergänzung habe sie einen Mangel aufgewiesen, und durch die Bezeichnung des Sohnes als eines Teils des Vaters beschneidet man zwangsläufig das Schaudern erregende Geheimnis der Trinität, sodass eine Zweiheit entsteht.44 (17.) Und eine weitere große Menge Unkraut45 könnte es geben, die aus der von Anfang an ausgesäten üblen Saat aufsprießt. Der Feind des Menschengeschlechts war über sie (die Menschen) gekommen und säte diese Saat in ihre unglücklichen Seelen, anscheinend nicht während sie schliefen, sondern während sie im Wachen ihren seelischen Tod erlebten, wobei sie in ihrer Sinnesverwirrung (selber) bestrebt waren, die anfängliche edle und Heil bringende Saat zu verfälschen. Denn immer, wenn etwas im eigentlichen Sinne irgendeinem eigentümlich ist, tatsächlich (aber) bei zweien, die es von ihm empfangen haben, angetroffen wird, und wenn man bezüglich des einen sagt, (es komme ihm) in Wahrheit (zu), bezüglich des anderen aber nicht, so weist dies darauf hin, dass es sich bei dem zur Sprache Gebrachten um zwei wesensverschiedene Dinge handelt.46 (Nehmen wir) als Beispiel das Vermögen zu lachen als eine Haupteigentümlichkeit des Menschen: Es passt gegebenenfalls zu Josua, dem Führer des Volkes Israel, doch zum Oberbefehlshaber der Heeresmacht des Herrn, der zu ihm trat,47 passt es auf gar keinen Fall. Dies lässt uns klar erkennen, dass man keineswegs annehmen kann, der Führer Israels habe dieselbe Natur oder dasselbe Wesen wie der Erzengel gehabt. Und für alle anderen Fälle wird man, wenn man mit derselben Methode vorgeht, deutlich und ohne Mühe sehen, dass dieselbe Theorie (Regel) durchgängig gilt. Gilt dies aber überall und hat denselben Sinn, und enthält das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater eine klare Aussage über das Proprium des Vaters, und ist dieses entsprechend der Prahlerei der Ketzer zwar auf den Sohn zu übertragen, auf den Geist aber unter keinen Umständen – einen solchen Schimpf hat sich bislang noch niemand einfallen lassen –, dann sollen die, die solche üble Dinge (in die Debatte) einführen, von nun an selbst (die Konsequenzen) gegen sich [wörtlich: gegen ihren Haupt] ziehen. Werden sie aber behaupten, dass das Hervorgehen des Geistes kein Proprium des Vaters sei, ist es selbstverständlich

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Υἱοῦ· ἐπεὶ δὲ οὐδὲ τοῦ Πνεύματος, λεγέτωσαν οἱ πάντα λέγειν θρασεῖς, πῶς ὃ μηδενός ἐστιν ἴδιον τῶν τριῶν, ἀλλὰ μηδὲ κοινόν, χώραν ὅλως ἔχει θεωρεῖσθαι ἐφ’ ἑνός τινος τῶν ὑποστάσεων τῶν θεαρχικῶν;

(18.) ιηʹ. Παραπλήσιον δὲ τοῖς εἰρημένοις καὶ τοῦτο· Εἰ τὸ ἴδιον τοῦ Πατρὸς εἰς τὴν ἰδιότητα μεταβάλλεται τοῦ Υἱοῦ, καὶ τὸ ἴδιον δηλονότι τοῦ Υἱοῦ εἴη ἂν εἰς τὴν ἰδιότητα μεταβαλλόμενον τοῦ Πατρός. Ἅπαξ γὰρ ὁδὸν ἀνατεμούσης τῆς δυσσεβοῦς γλωσσαλγίας, δι’ ἧς τὰ τῶν ὑποστάσεων χαρακτηριστικὰ ἰδιώματα μεταπίπτειν καὶ ἀντιπεριΐστασθαι βούλεται, καὶ ὁ πατὴρ αὐτοῖς, ὦ βάθος ἀσεβείας, ὑπελεύσεται τὴν γέννησιν, ὅτι γεγέννηται ὁ Υἱός· ἔδει γὰρ τοὺς πάντα τολμητάς, ὡς ἔοικε, μηδὲ τὴν τοιαύτην θεομαχίαν ἀτόλμητον λιπεῖν.

(19.) ιθʹ. Καθόλου δὲ ἐπὶ πάντων τῶν κυρίως ἰδίων, ἐπειδ’ ἄν τι τούτων κατά τινος πραγματικῶς ὑποστάσεως ἀπὸ τοῦ πρώτως ἐξιδιωσαμένου μεταλαμβανόμενον ἀληθεύοι, εἰ καὶ μὴ τὸ ἀξίωμα τῆς ἀντιστροφῆς αὐτῷ συνεπάγοιτο, ἐκεῖνο δὴ τὸ παρέχον ἑτέρῳ μετέχειν τοῦ ἰδιώματος εἰς λόγον ὁρῶμεν ἀναγόμενον φύσεως. Εἰ οὖν ὅπερ ἦν ἴδιον ἀπ’ ἀρχῆς ἐγνωσμένον τοῦ Πατρός, τοῦτο δίδωσιν ἡ τόλμα παρεῖναι καὶ τῷ Υἱῷ, συνοράτω καὶ ἄκουσα, πρὸς οἷον αὐτῆς τέλος καταστρέφει τὸ θεοστυγές· ἀκόλουθον δ’ ἄρα, ὡς ἔοικεν, ἧν τοῖς ἐρασταῖς τοῦ ψεύδους, κατὰ τῶν ἰδιωμάτων ἐφάπαξ ἐκμεμηνόσι, τοῦ Πατρὸς καὶ αὐτήν γε παντελῶς τὴν ὑπόστασιν εἰς φύσιν ἀναλῦσαι καὶ τὸ αἴτιον ὅλως περιελεῖν τῶν θεαρχικῶν ὑποστάσεων.

(20.) κʹ. Ναί, φησίν, ἀλλ’ ὁ Σωτὴρ ἔφη τοὺς μαθητὰς μυσταγωγῶν, ὅτι Τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται καὶ ἀναγγελεῖ ὑμῖν. Καὶ τίνα ἂν λάθοις, ὡς ἐπὶ τὴν τοῦ Σωτῆρος κατέφυγες φωνήν, οὐχ ἵνα συνήγορον εὑρήσῃς, ἀλλ’ ἵνα καὶ αὐτὸν τὸν δεσπότην, ἀένναον τῆς ἀληθείας πηγήν, εἰς διαφωνίαν ἐξυβρίσῃς; οὕτω γὰρ ἡ σὴ γλῶσσα πάντα τολμᾷν ἐστιν ἀσελγὴς καὶ τῶν ἀλήπτων λαβὰς συμπλάττειν καὶ ἐπινοεῖν. Εἰ γὰρ αὐτὸς οὗτος ὁ δημιουργὸς τοῦ γένους καὶ προνοητὴς νῦν μὲν τὸ Πνεῦμα διδάσκει ἐκπορεύεσθαι τοῦ Πατρός, οὐδαμῶς προστιθείς, ὅτι καὶ ἐξ ἑαυτοῦ, ἀλλ’

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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auch kein Proprium des Sohnes, und da es auch kein Proprium des Geistes ist, sollen sie, wo sie doch alles zu sagen wagen, die Frage beantworten: Wie kann das, was weder ein eigentümliches Merkmal eines der drei noch (allen dreien) gemeinsam ist,48 überhaupt bei irgendeiner einzelnen der drei erzgöttlichenthearchischen49 Hypostasen gesehen werden? (18.) Eine ähnliche Überlegung wie das Gesagte ist auch Folgendes: Wenn sich das, was dem Vater eigen ist, in die Eigenschaft des Sohnes verwandelt, dann dürfte sich natürlich auch die Eigenschaft des Sohnes in die des Vaters verwandeln lassen. Denn wenn einmal das gottlose Geschwätz den Weg gebahnt hat, auf dem es die kennzeichnenden Merkmale der Hypostasen miteinander vertauscht und durcheinander ersetzt50 sehen möchte, (dann) wird für sie auch der Vater – was für ein Abgrund von Gottlosigkeit! – der Zeugung unterliegen, weil der Sohn gezeugt ist. Denn es leuchtet doch ein, dass diejenigen, die sich alles zutrauen, auch diese Art, Gott zu bekämpfen, nicht unversucht lassen dürfen. (19.) Überhaupt gilt von jedem (Proprium), das im eigentlichen Sinne (einer Sache) eigen ist: Wenn eines davon faktisch wahrheitsgemäß einer Hypostase zugesprochen wird, übertragen von der (Person), die es primär zu eigen hatte (auf eine andere Person), auch wenn die Würde der Wechselseitigkeit51 nicht gleichzeitig mit diesem Idiom übertragen werden kann, dann sehen wir, dass das, was einem anderen die Möglichkeit gibt, an seiner Eigentümlichkeit teilzunehmen, zur Geltung einer Wesensordnung aufsteigt.52 Daraus folgt: Wenn sie in ihrer Verwegenheit das, was von Anfang an anerkannte Eigentümlichkeit des Vaters war, auch dem Sohn zuerkennen, dann müssen sie, ob sie wollen oder nicht, gleichzeitig einsehen, zu welchem Ziel ihre Gottesfeindschaft führt. Hiervon wäre die Folge für die Liebhaber der Lüge, wie es scheint, da sie nun einmal gegen die Eigentümlichkeiten rasen, dass sie selbst die Hypostase des Vaters völlig in Natur53 aufgehen lassen und das (den Aspekt des Verursachenden) Verursachende vollkommen aus dem Bereich der erzgöttlichen Hypostasen verbannen. (20.) Einverstanden, erwidert (der Gegner), aber der Heiland hat, als er die Apostel in die Geheimnisse der Lehre einführte, gesagt: „der Geist wird von dem Meinen nehmen und euch verkündigen“.54 Und (doch): Vor wem könntest du verbergen, dass du Zuflucht beim Wort des Erlösers gesucht hast, nicht mit der Absicht, einen Fürsprecher (für deine Meinung) zu finden, sondern um dem Herrn selbst, der ewig fließenden Quelle der Wahrheit, (in Hochmut) einen Widerspruch anzudichten? Denn so zügellos ist deine Zunge, die sich an alles wagt, Handhaben für das Unfassliche erfindet und ausdenkt. Dieser selbst nämlich, der unser Geschlecht erschaffen hat und es mit seiner Vorsehung lenkt, lehrt einerseits das

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ἐκεῖνον αἴτιον μόνον, ὥσπερ τῆς ἑαυτοῦ γεννήσεως, οὕτω καὶ τῆς τοῦ Πνεύματος ἐκπορεύσεως, θεολογεῖσθαι μυσταγωγεῖ· νῦν δέ, ὡς σὺ λέγεις, διότι φησίν· Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται, περιεῖλε μὲν σιγῇ βαθείᾳ τὴν προτέραν μυσταγωγίαν· καίτοι γε πρὸς δευτέραν ἐλθόντα τελετὴν ἔδει καὶ τῆς προτέρας ἀναμνῆσαι καὶ συνάψαι τὰ τοσοῦτον ἀλλήλων τῇ θεωρίᾳ διεστηκότα· ὁ δέ, τοῦτο μὲν δέον πράττειν, οὐ ποιεῖ· ἀντὶ δὲ τοῦ ἐκπορεύεσθαι τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς εἰς ἑαυτὸν τὴν ἐκπόρευσιν τοῦ Πνεύματος μετάγει· πῶς οὐχὶ τὴν σὴν ἔκθεσμον διαφωνίαν τῆς ἐνυποστάτου καὶ ἀναλλοιώτου κατασκεδάζων ἀληθείας οὐχ ἑάλως δίκην ὀφείλων;

(21.) καʹ. Ἐπεὶ δέ σε οὐδὲ τὰ τῶν παίδων εἰδέναι ἡ τοῦ ἀδυνάτοις ἐπιχειρεῖν ἀπεστέρησε θρασύτης, ἀλλά γε νῦν, εἰ καὶ μὴ πρότερον, συνιέναι σε χρή, ὡς οὐδὲν οὕτω λαμπρῶς ἵσταται κατὰ τῆς σῆς ἀπονοίας, ὡς ἡ δεσποτικὴ καὶ σωτήριος αὕτη φωνή. Εἰ μὲν γὰρ ἔλεγεν· Ἐξ ἐμοῦ λήψεται, οὐδ’ οὕτως τό σοι σπουδαζόμενον ἐλάμβανε πέρας· πλὴν ἀλλ’ εἶχέ τινα πρόφασιν ἡ πλάνη. Οὐδὲ γὰρ οὐδὲ τὸ λαμβάνειν ἀπό τινος χρείας ἄλλης χάριν, καὶ τὸ πρὸς οὐσίωσιν ἐκπορεύεσθαι εἰς ταυτὸ συνάγεται τῇ διανοίᾳ· πολλοῦ γε καὶ δεῖ. Ἐπεὶ δὲ τῆς τοσαύτης ἀσεβείας τὸ μέγεθος ὁ Σωτὴρ προορῶν οὐδὲ τοιαύτην ἀφῆκε φωνήν, ἵνα μὴ πολλοὺς διὰ σοῦ ἡ τοῦ Πονηροῦ κακουργία κατανεμηθῇ, πῶς ἀντὶ τοῦ κατηγορεῖν τὸν δεσπότην οὐκ εἰς τὴν τοῦ δεσπότου διὰ συγγνώμης [οὐ]56 καταφεύγεις φιλανθρωπίαν καὶ τὰ τῆς καρδίας ὑπανοίγεις ὦτα τῇ ἐκείνου διδασκαλίᾳ;

(22.) κβʹ. Εἶπεν ὁ Σωτὴρ ὅτι, οὐκ, Ἐξ ἐμοῦ λήψεται, ἀλλ’, Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται. ᾜδει γὰρ ὁ πάντας ἐλθὼν τῇ ἀληθείᾳ διδάξαι συμφωνεῖν πολλῷ μᾶλλον συντηρεῖν ἀνεπίληπτον τὴν συμφωνίαν ἑαυτῷ· Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται· πολλὴν καὶ μεγάλην, εἰ καὶ βραχεῖ παραλλάττει ῥήματι, τὸ ἐκ τοῦ ἐμοῦ πρὸς τό ἐξ ἐμοῦ τὴν διαφορὰν ἔχει· τὸ μὲν γάρ ἐξ ἐμοῦ αὐτὸν τὸν εἰπόντα τὴν φωνὴν συνεισάγει· τὸ δὲ ἐκ τοῦ ἐμοῦ πάντως ἕτερον πρόσωπον παρὰ τὸν εἰπόντα· τοῦτο δὲ ποῖον ἂν εἴη, ἐξ οὗ λαμβάνει τὸ Πνεῦμα, εἰ μὴ ὁ Πατήρ; οὐδὲ γὰρ οὐδ’ ἄλλο τι θεομαχοῦντες ἀναπλάσσουσιν· οὔτε γὰρ ἐξ ἑτέρου Υἱοῦ, οὐ μήν, ἀλλ’ οὔτ’ ἐξ αὐτοῦ τοῦ λαμβάνοντος Πνεύματος.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Hervorgehen des Geistes aus dem Vater, ohne hinzuzufügen, dass er auch aus ihm (dem Sohn) (hervorgegangen sei),55 sondern lehrt uns stattdessen das Geheimnis, dass nur von jenem (dem Vater) die theologische Aussage zu machen sei, er sei die (einzige) Ursache, sowohl von seiner eigenen (des Sohnes) Zeugung, als auch vom Hervorgehen des Geistes, andererseits aber hat er, wie du behauptest, mit den Worten „aus dem Meinen wird er nehmen“ zwar seine erste Belehrung durch tiefes Schweigen aufgehoben, er hätte doch, als er zur zweiten geheimnisvollen Belehrung [wörtlich: Mysterienweihe] voranschritt, auch die erste erwähnen und diese so verschiedenen Dinge gedanklich miteinander verbinden müssen; er aber tut nicht, was er tun müsste, und überträgt das Hervorgehen des Geistes auf sich selbst, anstatt zu lehren, dass der Geist vom Vater ausgeht; wenn dem so ist, bist du nicht als strafwürdig überführt, da du deinen haltlosen Widerspruch gegen die enhypostatische (in ihrer eigenen Hypostase wahrhaftig existierende) und unveränderliche Wahrheit ausstreust? (21.) Weil deine Dreistigkeit, das Unmögliche zu wagen, dich nicht einmal mehr wissen lässt, was selbst Kindern bekannt ist, musst du wenigstens jetzt, wenn schon nicht vorher, einsehen, dass nichts so klar deiner Unvernunft entgegensteht wie dieser Ausspruch des Herrn und Erlösers. Wenn es hieße: „er wird von mir nehmen“, dann hätte (zwar) auch in diesem Fall dein Bemühen keinen Erfolg. Immerhin gäbe es dann aber für deinen Irrtum eine Ausrede. Denn „von einem etwas zu bekommen“, um irgendeinem Mangel abzuhelfen, oder aber „hervorgehen“, um zur Existenz zu gelangen, fallen keinesfalls begrifflich zusammen.57 Weit gefehlt! Weil aber der Heiland die Größe einer solchen Gottlosigkeit vorhersah, hat er auch kein solches Wort hinterlassen, damit sich nicht die Tücke des Bösen (des Teufels) durch dich (wie ein Feuer oder eine Pest) auf viele ausbreite. Warum suchst du da nicht, statt Vorwürfe gegen den Herrn zu erheben, Zuflucht bei seiner Menschenfreundlichkeit mittels der Verzeihung und tust nicht die Ohren deines Herzens für seine Lehre auf? (22.) Der Heiland hat nicht gesagt, „Er wird von mir nehmen“, sondern „Er wird von dem Meinen nehmen“. Er, der kam, um alle zu lehren, im Einklang mit der Wahrheit zu sein, wusste erst recht, mit sich selbst in unanfechtbarer Übereinstimmung zu bleiben. „Er wird von dem Meinen nehmen“ (sagt er). Es besteht doch ein gewaltiger Unterschied zwischen dem „von dem Meinen“ und dem „von mir“, selbst wenn sich am Wortlaut nur wenig ändert. Denn das „von mir“ bringt den, der den Ausspruch getan hat, selbst mit ins Spiel, während das „von dem Meinen“ eine andere Person neben dem Sprecher einführt. Und wer anders könnte diese Person sein, von der der Geist „nimmt“, als die Person des Vaters? Etwas Anderes werden auch sie in ihrem Kampf gegen Gott nicht erfinden; weder („nimmt“)

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Ὁρᾷς ὅπως οὐδὲ τὰ τῶν παίδων σοι παρεῖναι φιλεῖ; καὶ γὰρ καὶ παῖδες ἴσασιν ἄρτι φοιτῶντες εἰς γραμματιστοῦ, τὸ μέν, ἐξ ἐμοῦ, αὐτὸν συνεισάγει τὸν προάγοντα τὴν τοῦ λόγου περικοπήν, τὸ δὲ ἐκ τοῦ ἐμοῦ ἕτερον πρόσωπον ἐμφαίνει, ἡνωμένον μὲν δεσμοῖς58 οἰκειώσεως τῷ εἰπόντι, διάφορον δὲ πάντως τῇ ὑποστάσει· πρὸς ὃ καὶ τῶν ἀκροατῶν τὴν διάνοιαν ἀπλανῶς φέρεσθαι παραπέμπει· ὥστε τὸ σὸν προσφύγιον, εἴπερ ὅλως ἕλοιο ἀντὶ τοῦ δυσσεβεῖν εὐσεβεῖν, μετανοίας ἄν σοι προσφύγιον γένοιτο, οὐδεμία δὲ πρὸς τὸ θεομαχεῖν ἀφορμή.

(23.) κγʹ. Τί οὖν; οὐκ ἔδει σε ταῦτα, εἰ μή τι ἄλλο πρὸ τοῦ βλασφημεῖν, ἃ καὶ παῖδες ἴσασιν, εἰδέναι ζητεῖν; Πῶς δέ σε φόβος οὐκ ἔλαβε, καίτοι δραστήριον ὄντα κρύψαι κακουργίαν, ἀνέδην οὕτω τῶν δεσποτικῶν ῥημάτων κατορχεῖσθαι καὶ καταψεύδεσθαι; καὶ ἃ μήτε τὸ ἀκόλουθον τοῦ λόγου μήτε τῆς διανοίας ἐπιτρέπει τὸ ἀνύβριστον, ταῦτα λέγειν οὐ ἐρυθριᾷς τὸν δεσπότην ἀποφαίνεσθαι; Καὶ γὰρ τὸ μέν, ἐξ ἐμοῦ, δηλονότι μὴ ἐφθέγξατο· σὺ δὲ εἰ καὶ μὴ τῇ φωνῇ, μηχανῇ δὲ τῇ τοῦ κακουργεῖν τὸ ἐκ τοῦ ἐμοῦ μεταπλάσας εἰς τό ἐξ ἐμοῦ καὶ τὸ διὰ ταύτης σοι νομιζόμενον δηλοῦσθαι τῆς προσφορᾶς τὸν Σωτῆρα διδάσκειν κατηγορῶν ἅμα τρία ταῦτα διαρρήδην συκοφαντεῖς· εἰπεῖν ὃ μὴ εἶπε, μὴ εἰπεῖν ὅπερ εἶπε, καὶ νοῦν ἐκδιδάσκειν, ὃν οὐ μόνον οὐκ ἐδήλωσε τῇ φωνῇ, ἀλλὰ καὶ τοὐναντίον τῇ μυσταγωγίᾳ τῇ αὐτοῦ μαχόμενον ἔστι σαφῶς καθορᾷν· καὶ τέταρτον ἀντινομοθετοῦντα εἰσάγεις ἑαυτόν. Πῶς καὶ τίνα τρόπον; Αὐτὸς μὲν εἶπε· Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται, ἀλλ’ οὐκ ἐξ ἐμοῦ· σὺ δὲ διδάσκειν αὐτὸν διϊσχυρίζῃ, ἅπερ ἡ ἐξ ἐμοῦ λέξις δοκεῖ σοι παραδηλοῦν· ὥστε ὃ μὲν εἴρηκεν, ἀναιρεῖς· ὃ δὲ οὐκ ἔφησεν, ὡς εἰρημένον συγκροτεῖς. Τὸν γὰρ νοῦν βοᾷς ἧς οὐκ εἶπε φωνῆς δογματίζειν αὐτὸν τοῖς μαθηταῖς καὶ δι’ αὐτῆς διδάσκειν ὃ μηδόλως ἐγνώσθη διὰ τῶν ἀχράντων χειλέων προαγαγών. Καὶ ἡ μὲν ἐνυπόστατος σοφία τοῦ Θεοῦ τὸ Πνεῦμα μυσταγωγεῖν ἐκπορεύεσθαι τοῦ Πατρός· σὺ δ’ ὥσπερ ἐλέγχειν πᾶσαν σπουδὴν ὑπελθὼν διαφωνοῦντα πρὸς ἑαυτόν, τὸ Πνεῦμα κράζεις μεταδιδάσκειν ἐκπορεύεσθαι ἐξ αὐτοῦ, καὶ τῆς μὲν προτέρας ἐξίστασθαι θεολογίας, διὰ δὲ τῆς δευτέρας ἐκείνης τε παραφαῦλον ποιεῖν καὶ οὐδὲ αὐτῇ τὸ κύριον

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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nämlich er (der Geist) von einem anderen Sohn, wahrlich nicht, noch von dem Geist, der ja selbst der Nehmende ist. Du siehst, nicht einmal (der Verstand) der Kinder möchte auf deiner Seite sein. Denn selbst die Kinder, die gerade in die ABC-Schule gehen, wissen, dass das „von mir“ den Sprecher selbst mit einführt, der den betreffenden Textabschnitt vorträgt, während das „von dem Meinen“ eine andere Person zum Vorschein kommen lässt, die mit dem Sprecher durch ein Band59 der Zugehörigkeit verknüpft ist, sich aber der Hypostase nach deutlich von ihm unterscheidet. Hierauf will der Satz auch den Sinn der Hörer lenken, ohne eine Abweichung zuzulassen. Infolgedessen wird [wörtlich: deine Zuflucht] der Text, zu dem du Zuflucht nimmst, falls du viel lieber in Gottesfurcht anstatt in Gottlosigkeit leben willst, eine Zuflucht im Sinne eines Sinneswandels sein, aber kein Sprungbrett zur Auflehnung gegen Gott. (23.) Was (folgt) nun (daraus)? Hättest du nicht, statt Gott zu lästern, bestrebt sein müssen, eine Ahnung zu bekommen, wenn schon nicht von anderem (Höherem), dann (wenigstens) davon, worauf sich selbst Kinder verstehen? Wie hat dich keine Angst ergriffen, obschon du tatkräftig bemüht bist, deine Übeltaten zu verbergen, so unbedenklich die Worte des Herrn mit Füßen zu treten und Lügen darüber zu verbreiten? Und du schämst dich nicht, dem Herrn in den Mund zu legen, was weder die logische Folgerichtigkeit noch ein nicht-hochmütiges Denken60 zulässt? Er hat nämlich das „von mir“ offensichtlich nicht gesagt, du aber hast, wenn auch nicht ausdrücklich, dann zumindest durch eine trickreiche Verdrehung61 aus dem „von dem Meinen“ das „von mir“ gemacht, und indem du dem Heiland vorwirfst zu lehren, was deiner Einbildung nach durch diese Äußerung ausgedrückt wird, verleumdest du ihn offen, und zwar gleichzeitig mit folgenden drei Behauptungen: erstens soll er gesagt haben, was er nicht gesagt hat, zweitens soll er nicht gesagt haben, was er gesagt hat, und drittens soll er einen Gedanken gelehrt haben, von dem er nicht nur kein Wort hat verlauten lassen, sondern im Gegenteil, von dem auch deutlich einzusehen ist, dass er seiner geheimnisvollen Lehre widerspricht. Und viertens führst du ihn als einen Gesetzgeber ein, der sich selbst widerspricht. Wie und auf welche Weise? Er (der Heiland) selbst hat gesagt: „Er wird von dem Meinen nehmen“, aber nicht „von mir“; du aber beteuerst, er lehre, was eigentlich nach deiner Meinung in der Wendung „von mir“ impliziert ist. Also hebst du auf, was er gesagt hat, und dem, was er nicht gesagt hat, applaudierst du, als hätte er es gesagt. Du tönst heraus (posaunst aus), er verkünde seinen Jüngern als Dogma den Sinn eines Wortes, das er nicht gesagt hat, und lehre sie dadurch etwas, was bekanntlich überhaupt nicht je über seine unbefleckten Lippen gekommen ist. Und während die enhypostatische Weisheit Gottes geheimnisvoll lehrt, dass der Geist vom Vater ausgeht, rufst du aus, als ob du dich jeder Mühe unterzögest, ihm einen Widerspruch zu sich selbst nachzuweisen, dass er seine Lehre geändert

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

συντηρεῖν. Ἅπαξ γὰρ τῆς ἐν χάριτι θεολογίας ὑπὸ τῆς χάριτος περιτρεπομένης οὐδαμοῦ τὸ βέβαιον τὴν διαμονὴν εὑρήσει.

(24.) κδʹ. Ἀκούειν δ’ ἄνωθέν ἐστι καιρὸς καὶ τῶν κυριακῶν λογίων τῶν εἰρημένων καὶ τῆς διανοίας, ἧς τὰ ῥήματα διερμηνεύουσι τὸν σκοπόν· οὐδὲ γὰρ ἔλαττον, ἀλλὰ καὶ πολλῷ μᾶλλον δι’ αὐτῶν τῆς ἀσεβείας στηλιτεύεται τὸ ἀναιδές. Μετὰ γὰρ τὸ εἰπεῖν, ὅτι Πορεύομαι πρὸς τὸν Πατέρα, ὑποκατιὼν ἐπάγει ῥήμασι αὐτοῖς· Ἀλλ’ ὅτι ταῦτα λελάληκα ὑμῖν, λύπη πεπλήρωκεν ὑμῶν τὴν καρδίαν. Ἀλλ’ ἐγὼ τὴν ἀλήθειαν λέγω ὑμῖν· συμφέρει, ἵνα ἐγὼ ἀπέλθω· ἐὰν γὰρ ἐγὼ μὴ ἀπέλθω, ὁ Παράκλητος οὐκ ἐλεύσεται πρὸς ὑμᾶς. Καὶ μετ’ ὀλίγον· Ἔτι πολλὰ ἔχω λέγειν ὑμῖν, ἀλλ’ οὐ δύνασθε βαστάζειν ἄρτι· ὅταν δὲ ἔλθῃ ἐκεῖνος, τὸ Πνεῦμα τῆς ἀληθείας, ὁδηγήσει ὑμᾶς εἰς πᾶσαν τὴν ἀλήθειαν· οὐ γὰρ λαλήσει ἀφ’ ἑαυτοῦ, ἀλλ’ ὅσα ἂν ἀκούσῃ, λαλήσει καὶ τὰ ἐρχόμενα ἀναγγελεῖ ὑμῖν. Πάντα ὅσα ἔχει ὁ Πατήρ, ἐμά ἐστι· διὰ τοῦτο εἶπον, ὅτι ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται καὶ ἀναγγελεῖ ὑμῖν. Ἆρ’ οὐχὶ ταῦτα ἱερὰ καὶ θεόχρηστα λόγια, καὶ τὸ τῆς εὐσεβείας μυστήριον οὐ παρέχεται σαφῶς ἐννοεῖν; καὶ τὴν αἰτίαν οὐκ ἐμφανίζει, δι’ ἣν εἰπεῖν ταῦτα ἐδικαίωσεν ὁ Σωτήρ, καὶ τὴν ἐξ ἀρχῆς μυσταγωγίαν οὐκ ἀκήρατον συντηρεῖ, καὶ πᾶσαν οὐ καταισχύνει συκοφαντίαν καὶ δυσσεβείας ἁπάσης ἐκκόπτει ἀφορμήν; Ἐπεὶ γὰρ εἶδε τοὺς μαθητὰς εἰς ἀθυμίαν καταπεσόντας, ὅτιπερ αὐτοῖς παρὼν ἀνεῖπε τὸν κατὰ σῶμα χωρισμὸν καὶ ὅτι πορεύεται πρὸς τὸν Πατέρα, διὰ ταῦτα τούτους ἰδὼν εἰς κατηφείας λογισμὸν κατενεχθέντας, ἀνακτώμενός τε καὶ σὺν ἀληθείᾳ ψυχαγωγῶν, πρῶτον μέν, ὅτι συμφέρει αὐτοῖς τὸ ἀπελθεῖν αὐτόν, ἐκδιδάσκει· εἶτα διερμηνεύων καὶ ὅπως συμφέρει, Ἐὰν γὰρ ἐγώ, φησί, μὴ ἀπέλθω, ὁ Παράκλητος οὐκ ἐλεύσεται πρὸς ὑμᾶς. Αἱ δὲ τοιαῦται φωναὶ δηλονότι πρὸς τὸ μεγαλεῖον αὐτοὺς τοῦ Πνεύματος ἀνυψοῦσθαι διανιστῶσιν· ὥσπερ καὶ τό, Οὐ δύνασθε βαστάζειν ἄρτι. Ἀλλὰ πότε; Ὅταν ἔλθῃ τὸ Πνεῦμα τῆς ἀληθείας· ἐκεῖνο γὰρ ὑμᾶς ὁδηγήσει εἰς πᾶσαν τὴν ἀλήθειαν. Ἄλλο πάλιν ἐνταῦθα τοῦ Πνεύματος μέγεθος ἀναφυόμενον θαυμαστὸν καὶ τοῖς μαθηταῖς ἀναπτυσσόμενον καὶ μετεωρίζον αὐτῶν τὴν διάνοιαν εἰς ἄφατον ὕψος, ἐν ᾧ τοῦ Πνεύματος αὐτοῖς καθ’ ὑπερβολὴν διέλαμπε τὸ ἀξίωμα.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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habe: Der Geist gehe von ihm selbst aus; von seiner früheren Gotteslehre rücke er ab, würdige sie durch diese zweite Lehre herab und bewahre auch dieser nicht ihre Gültigkeit. Denn wenn einmal die Gnadentheologie von der Gnade selbst umgestoßen wird, dann wird nirgendwo mehr die Verlässlichkeit Bestand haben. (24.) Es ist die Zeit gekommen, ganz vorne anzufangen, und sowohl auf die Worte zu hören, die der Herr gesagt hat, als auch auf deren Sinn, dessen Absicht die Worte zum Ausdruck bringen. Denn nicht weniger, sondern noch viel mehr wird die Frechheit der Gottlosigkeit durch diese gebrandmarkt. Nachdem er nämlich gesagt hatte: „Ich gehe zu meinem Vater“,62 fährt er im Weiteren fort mit den Worten: „Weil ich aber solches zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer geworden. Ich sage euch jedoch die Wahrheit: Es ist gut, dass ich fortgehe. Denn so ich nicht fortgehe, kommt der Tröster nicht zu euch“.63 Und kurz danach (heißt es): „Ich habe euch noch viel zu sagen, doch ihr könnt es noch nicht (er)tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommt, wird er euch zur vollen Wahrheit leiten. Denn er wird nichts aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was noch aussteht, das wird er euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: „Er wird von dem Meinen nehmen und euch verkündigen“. Sind dieses nicht heilige und gottverkündete Worte?64 Lassen sie uns nicht das Geheimnis der Gottesfurcht deutlich begreifen? Legen sie nicht den Grund offen, weshalb der Erlöser es für richtig hielt, so zu reden? Bewahren sie nicht die ursprüngliche geheimnisvolle Lehre unversehrt? Beschämen sie nicht jegliche Verleumdung und entziehen jeder Gottlosigkeit den Boden? Da er sah, dass seine Jünger niedergeschlagen sind, weil er in ihrer Gegenwart von der körperlichen Trennung gesprochen hat und davon, dass er zum Vater gehe; weil er gesehen hat, wie sie deswegen in traurige Gedanken versunken sind, richtet er sie wieder auf und ist ihnen ein wahrer Seelenführer. Zunächst belehrt er sie, es sei zu ihrem Besten, wenn er fortgehe, und sodann erklärt er ihnen auch, wieso es vorteilhaft (für sie) sei: „Denn“, so sagt er, „wenn ich nicht fortgehe, wird der Tröster nicht zu euch kommen“.65 Solche Aussagen sollen den Aposteln ein Anreiz sein, sich zur Erhabenheit des Geistes emporzurichten, ähnlich dem Spruch: „Ihr könnt es jetzt (noch) nicht ertragen“.66 Wann aber dann? „Wenn der Geist der Wahrheit kommt, denn dieser wird euch zur vollen Wahrheit leiten“. Hier ist wiederum von einer anderen Erhabenheit der Herrlichkeit des Geistes die Rede, die staunenerregend in die Höhe wächst, sich vor den Aposteln entfaltet und ihren Sinn in eine unaussprechliche Höhe emporführt, in der ihnen die Würde des Geistes im Übermaß erstrahlte.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(25.) κεʹ. Τί οὖν; Εἰκὸς ἦν αὐτοῖς ὧδέ που περὶ τοῦ Πνεύματος ἀνηγμένοις διαλογίζεσθαι. Σὺ δὲ παρών, ὦ διδάσκαλε, βαστάζειν ἡμᾶς τὸ βάρος οὐκ ἐνίσχυες τῶν ἀποῤῥήτων. Ὁ δὲ Παράκλητος ἐπελθὼν βελτίους ἡμᾶς καὶ ἰσχυροτέρους εἰς τὸ φέρειν αὐτῶν τὴν γνῶσιν ἀβαρῶς παρασκευάσει. Καὶ σὺ μὲν ἐπὶ μέρους ἡμῖν τὴν ἀλήθειαν ἀνεκάλυψας· ἐκεῖνος δὲ ὁδηγήσει ἡμᾶς εἰς πᾶσαν τὴν ἀλήθειαν· καὶ σοῦ μὲν μυσταγωγοῦντος ἔτι δεόμεθα καὶ σοφίας καὶ δυνάμεως καὶ ἀληθείας· ἐκεῖνος δὲ παραγεγονὼς πάντων ἡμῖν τὴν ἀπόλαυσιν ἄφθονον παράσχοι. Εἰ τοίνυν σὺ ταῦτα, ἡ ἐνυπόστατος σοφία καὶ ἀλήθεια, διδάσκεις, οὐκ ἐπιδιστάζειν ἡμᾶς προσῆκε καὶ τῆς πρὸς τὸ μεῖζον ἐξαλλαττούσης τιμῆς τε καὶ δόξης τὸ Πνεῦμα παρ’ ἡμῶν ἀξιοῦσθαι.

(26.) κςʹ. Ἐπειδὴ οὖν τὰ ὑψηλὰ περὶ τοῦ Πνεύματος εἰσηγεῖται μὲν τοῖς μαθηταῖς ὁ Σωτήρ, ἀποσκευαζόμενός τε αὐτῶν τὸ ἀθυμοῦν, ἅμα δὲ καὶ τὸ Πνεῦμα ἐν ἀληθείᾳ θεολογῶν, λογισμοῖς δ’ ἀνθρώπινον ἧν οὐκ εὐαγέσιν ἀνακυμαίνεσθαι τὸν νοῦν τῶν μαθητῶν· – δεινὸν γὰρ ἡ ψυχὴ λύπῃ κάτοχος γενομένη καὶ τὸ κριτήριον ἀχλύϊ συναναθολώσασα τῆς μεταβολῆς τὸ σωτήριον ἀντιμεθέλκειν εἰς τὸ βλαβερόν – διὰ τοῦτο ὡς ἂν μὴ τὸ Πνεῦμα μεῖζον παραδέξωνται τοῦ Υἱοῦ, ἅτε δὴ τὰ μείζω παρεχόμενον, καὶ λογισμὸς αὐτοῖς ἐπέλθοι τὴν ὁμοφυΐαν ὑβρίζων καὶ τὸ ἰσότιμον αὐτῶν εἰς ἀνισότητα διασπῶν, ὡς ἄριστος καὶ τῶν σωμάτων καὶ τῶν ψυχῶν ἰατρὸς τὸ σωτήριον προκαταβάλλεται φάρμακον.

(27.) κζʹ. Εἰ δέ γε τοὺς μαθητὰς μὴ συνεῖχον, μηδ’ ἀνεσόβουν, μηδὲ συνετάραττον τοιοῦτοι λογισμοὶ, κρείττω γὰρ τῆς τοιαύτης συγχύσεως καὶ ταραχῆς τὸν ἱερὸν ἐκεῖνον χορὸν εὐλαβέστερον ἴσως ὁμολογεῖν, ἀλλ’ οὖν ὁ τῆς κακίας εὑρετὴς καὶ τεχνίτης τὸ βέλτιον τῇ τοῦ χείρονος φαντασίᾳ περιβαλεῖν, πολλοὺς ἂν ἔσχε τῆς οἰκείας ποιήσασθαι θήραμα μηχανῆς καὶ δόξαν αἱρετίζουσαν κατασπεῖραι ταῖς τῶν ἀνθρώπων ψυχαῖς· ἣν αὐτῇ καταβολῇ καὶ αὐτῷ τεχνίτῃ καταισχύνων τε καὶ διασκεδάζων ὁ Σωτὴρ ὀξέως καὶ θεοπρεπῶς ἐπιφέρει λέγων, ὡς Οὐ λαλήσει ἀφ’ ἑαυτοῦ, ἀλλ’ ὅσα ἂν ἀκούσῃ, λαλήσει· καὶ γὰρ καὶ περὶ αὐτοῦ ἦν προειρηκώς, ὅτι Πάντα ἃ ἤκουσα παρὰ τοῦ Πατρός μου, ἐγνώρισα ὑμῖν, οἷον· Ἀμφοῖν ἡμῖν ἐκ τοῦ Πατρός ἐστι τὸ διδάσκειν καὶ φωτίζειν τὰς διανοίας ἡμῶν. Διὸ καὶ διότι προϊὼν ἔφησε περὶ τοῦ Πατρός, ὅτι Ἐγώ σε ἐδόξασα ἐπὶ τῆς γῆς· ἀλλὰ καὶ ὁ Πατὴρ δοξάζει

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(25.) Was nun? Man kann sich vorstellen, dass sie, (durch diese Worte) auf eine höhere Stufe (der Einsicht) gelangt, etwa folgende Gedanken über den Geist entwickelten: Du, (unser) Lehrer, hast uns, obwohl du bei uns bist, nicht so gekräftigt, dass wir die Last der Geheimlehren zu tragen vermöchten; wenn dagegen der Paraklet kommt, wird er uns bessern und stärken, ihre Erkenntnis ohne Beschwer zu ertragen. Du hast uns nur einen Teil der Wahrheit enthüllt, er aber wird uns zur vollen Wahrheit leiten. Und obwohl du uns geheimnisvolle Dinge lehrst, bedürfen wir noch immer der Weisheit, der Kraft und der Wahrheit; wenn er aber zu uns gekommen ist, soll er uns den reichlichen Genuss all dessen bescheren. Wenn du also, die enhypostatische (in ihrer eigenen Hypostase bestehende) Weisheit und Wahrheit, uns dieses lehrst, wäre für uns angebracht, nicht länger zu zweifeln und (müssten) den Geist einer gesteigerten Ehre und Verherrlichung würdigen. (26.) Da also der Erlöser seine Jünger in diese hohe Lehre über den Geist einführt, ihre Verzagtheit überwindet und gleichzeitig die wahre theologische Lehre über den Geist entfaltet, da es aber andererseits menschlicher Schwäche entsprochen hätte, wenn im Geist der Jünger unfromme Gedanken aufgewallt wären – denn schlimm ist es, wenn die Seele, von Schmerz überwältigt und im Urteilsvermögen getrübt, die Heil bringende Wandlung in Schädliches verwandelt  –, deshalb stellt er im voraus, damit sie nicht den Geist als größer auffassten als den Sohn, insofern er Größeres spendet, und damit ihnen nicht ein Gedanke komme, der die Wesenseinheit67 der (göttlichen) Natur beleidigte und ihre Ranggleichheit68 in Ungleichheit auseinanderreiße, als der beste Arzt für Leib und Seele die Heil bringende Arznei bereit. (27.) Aber angenommen, die Jünger waren von solchen Überlegungen nicht beherrscht, erregt oder verwirrt – es wäre ja wohl frommer zu bekennen, dieser heilige Chor sei über eine solche Verwirrung und Aufregung erhaben gewesen –, so hätte doch (jedenfalls) der Erfinder des Bösen und der Meister in der Kunst, das Bessere mit dem Wahnbild des Schlechteren zu umhüllen, vermocht,69 viele Menschen zur Beute seiner List zu machen und eine ketzerische Lehre in ihre Seelen zu säen. Diese Ansicht mitsamt der List und ihrem Erzeuger hat der Erlöser zuschanden gemacht und zerstreut, indem er, treffsicher und gottgeziemend, hinzufügte: „Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hört, das wird er reden“.70 Denn auch über sich selbst hatte er zuvor gesagt: „Alles, was ich von meinem Vater gehört habe, das habe ich euch kundgetan“, so als (wollte er sagen): Uns beiden ist es vom Vater gegeben, euren Sinn zu belehren und zu erleuchten. Aus diesem Grund, und weil er im Fortgang (seiner Rede) über den Vater gesagt hat: „Ich habe dich auf Erden verherrlicht“71 – aber auch der Vater verherrlicht den Sohn, sagt er doch „Und ich habe dich verherrlicht und werde dich verherrlichen“;72 jetzt

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

τὸν Υἱόν· καὶ ἐδόξασα γὰρ ἔφη, καὶ δοξάσω· νυνὶ δὲ καὶ τὸ Πνεῦμα δοξάζει ὁ Υἱὸς διὰ τῶν προειρημένων ὑψηλῶν τε καὶ θεοπρεπῶν φωνῶν· διὰ τοῦτο μετ’ ὀλίγον ἐπιφέρει, ὅτι Ἐκεῖνος ἐμὲ δοξάσει, πανταχοῦ τὸ ὁμοούσιον καὶ ὁμοφυὲς καὶ τὸ τῆς ὁμοτιμίας ἀξίωμα ἀκήρατον συντηρῶν· ὡς ἄν τις εἴποι· κοινόν ἐστι τῆς ὑπερουσίου καὶ ὑπερδεδοξασμένης Τριάδος τὸ παρ’ ἀλλήλων ἀρρήτῳ λόγῳ δοξάζεσθαι. Δοξάζει τὸν Πατέρα ὁ Υἱός, ἀλλὰ καὶ ὁ Πατὴρ τὸν Υἱόν δοξάζει καὶ τὸ Πνεῦμα· καὶ γὰρ ἐκεῖθεν αὐτῷ τῶν χαρισμάτων ὁ πλοῦτος πηγάζει· ἀλλὰ καὶ τὸ Πνεῦμα τὸν Πατέρα, ὅτι ἐρευνᾷ, μᾶλλον δὲ οἶδε τὰ βάθη τοῦ Θεοῦ καὶ ἀποκαλύπτει αὐτά, καθόσον ἐστὶν ἀνθρωπίνῃ φύσει ληπτόν, τοῖς παρασκευακόσι ἑαυτοὺς ἐπιτηδείους δέξασθαι τὴν ἐκεῖθεν τῆς θεογνωσίας αὐγήν. Δοξάζει δέ, ὥσπερ εἴρηται, νῦν ὅ τε Υἱὸς τὸ Πνεῦμα καὶ τὸ Πνεῦμα τὸν Υἱόν, καὶ ἔστιν αὐτῶν ὥσπερ κοινὸν ἡ βασιλεία καὶ ἡ δύναμις καὶ τὸ κράτος, οὕτω καὶ ἡ δόξα, καὶ οὐ μόνον ἡ παρ’ ἡμῶν ἀναφερομένη, ἀλλὰ καὶ ἣν αὐτοὶ δέχονται παρ’ ἑαυτῶν.

(28.) κηʹ. Ἐκεῖνος ἐμὲ δοξάσει· τουτέστιν, οὔτε διότι δόξαν ἀνῆψα τῷ Παρακλήτῳ, διὰ τοῦτο μείζονα αὐτὸν ἀπεφηνάμην ἐμοῦ, οὔτε πάλιν διότι Ἐκεῖνος, ἔφην, δοξάσει ἐμέ, ἐμαυτὸν ἐκείνου προτίθημι τῇ τιμῇ. Δοξάσει ἐμέ, τουτέστιν ὅσον ἐκείνου τὸ ὕψος κατανοεῖς, τὴν ἐμὴν δι’ αὐτοῦ δόξαν ἔνεστί σοι ἀναθεωρεῖν· καὶ γὰρ ὥσπερ ἐγὼ ἃ ἤκουσα παρὰ τοῦ Πατρός, ἐδίδαξα ὑμᾶς, οὕτω κἀκεῖνος λήψεται ἐκ τοῦ ἐμοῦ καὶ φωταγωγήσει ὑμᾶς· ἐπίσης ἡ τῶν χαρισμάτων ἀένναος ἡμῶν βρύει πηγή, ἐπίσης ἡ ἐξ ἀϊδίου πρόοδος ἐκ τοῦ Πατρός, ἐπίσης τὸ ὁμοούσιον καὶ ὁμοφυές· πάντα τὴν ἰσοτιμίαν μυσταγωγεῖ· πανταχόθεν τὸ μεῖζον καὶ τὸ ἔλαττον ἀπελαύνεται.

(29.) κθʹ. Εἶτα εἰπών, ὅτι λήψεται, λαμπρῶς ἀνακηρύττει, καὶ ἐφ’ ᾧ λήψεται· οὐδὲ γὰρ ἵνα ἐκπορευθῇ, φησίν, οὐδ’ ἵνα ὑποστῇ, πρόσεχε ταῖς δεσποτικαῖς, ἄνθρωπε, φωναῖς· ἀλλὰ διὰ τί λήψεται; διὰ τί; Ὥστε τὰ ἐρχόμενα ἀναγγεῖλαι ὑμῖν· καὶ γὰρ τοῦτο προαναφθεγξάμενος ἐπισφραγίζει πάλιν λέγων· Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται καὶ ἀναγγελεῖ ὑμῖν. Σαφέστερον δ’ ἀνακαλύπτων, τί ποτέ ἐστιν ὃ λέγει, Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται, συντόμως ἐπάγει· Πάντα ὅσα ἔχει ὁ Πατήρ, ἐμά ἐστιν, ὥστε τὰ ἐμὰ λαμβάνων, καὶ ἐκ τοῦ ἐμοῦ Πατρὸς λαμβάνει. Καὶ οὐδὲ μέχρι τούτου τὴν αὐτὴν διάνοιαν

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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aber verherrlicht der Sohn auch den Geist durch die angeführten erhabenen und gotteswürdigen Aussagen –, aus diesem Grund (also) fährt er wenig später fort: „Jener wird mich verherrlichen“73, und bewahrt damit allenthalben die (Wesens-) und Natureinheit74 und die Würde der Gleichrangigkeit75 unversehrt. Es ist, als ob man sagte: Gemeinsames Merkmal der alles Sein und alle Verherrlichung übersteigenden Trinität ist, dass (alle Personen) voneinander auf unaussprechliche Weise verherrlicht werden. Der Sohn verherrlicht den Vater, aber auch der Vater verherrlicht den Sohn und den Geist. Denn dort (beim Vater) ist für diesen (den Geist) die Quelle des Reichtums der Gnadengaben.76 Doch auch (umgekehrt) verherrlicht der Geist den Vater; denn er „erforscht“ oder besser „kennt die Tiefen (Abgründe) der Gottheit“77 und enthüllt sie in dem Maße, wie die menschliche Natur sie begreifen kann, denen, die sich in geeigneter Weise vorbereitet haben, den Glanz (die Erleuchtung) aus der Gotteserkenntnis zu empfangen.78 Jetzt aber verherrlicht, wie gesagt, sowohl der Sohn den Geist als auch der Geist den Sohn, und wie ihnen Königtum, Macht und Herrschaft gemeinsam sind, so auch die Verherrlichung, und zwar nicht nur die, die wir ihnen darbringen, sondern auch die, die sie von einander empfangen. (28.) „Jener wird mich verherrlichen“;79 das bedeutet: Weder habe ich dadurch, dass ich dem Paraklet Herrlichkeit beigemessen habe, ihn als mir überlegen erklärt noch weise ich umgekehrt dadurch, dass ich gesagt habe, „jener wird mich verherrlichen“, mir eine höhere Ehrenstellung als ihm zu. „Er wird mich verherrlichen“, das heißt (vielmehr): In dem Maße, wie du seine Hoheit begreifst, vermagst du durch ihn meine Herrlichkeit zu schauen. Denn, wie ich euch das gelehrt habe, was ich von meinem Vater gehört habe, so wird auch er von dem Meinen nehmen und euch zum Licht führen. In gleichem Maße sprudelt unsere immer fließende Quelle der Gnadengaben,80 in gleichem Maße das seit Ewigkeit währende Hervorgehen aus dem Vater, in gleichem Maße auch die Wesens- und Natureinheit,81 alles lehrt in geheimnisvoller Weise die Gleichheit des Ranges; ein Mehr oder Weniger wird in jeder Hinsicht ausgeschlossen. (29.) Wenn er in der Folge sagt, „Er (der Geist) wird nehmen“, dann verkündet er ganz klar auch den Zweck, zu dem er „nehmen“ wird. Weder um seinen Ausgang zu nehmen, sagt er, noch um zur Existenz zu gelangen – achte genau, Mensch, auf die Worte des Herrn –. Aber wozu dann wird er „nehmen“? Wozu? „Um euch zu verkündigen, was kommen wird“. Was er also damit verkündigte, besiegelt er, indem er erneut spricht: „Er wird von dem Meinen nehmen und euch verkündigen“. Und um klarer zu erläutern, was eigentlich mit den Worten „Er wird von dem Meinen nehmen“ meint, fügt er in kurzer Formulierung (unmittelbar danach) hinzu: „Alles, was der Vater hat, das ist mein“. Daraus ergibt sich: Indem (der

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ἀναπτύσσων προάγει, ἀλλ’ ἔτι τελειότερον αὐτὴν ἀνακαλύπτων καὶ βεβαιούμενος λέγει· Διὰ τοῦτο εἶπον, ὅτι ἐκ τοῦ ἐμοῦ λαμβάνει· διότι ἐν τῷ Πατρὶ μὲν ἔστι τὰ ἐμά· τὸ δὲ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς λαμβάνει· καὶ γὰρ τὰ τοῦ Πατρὸς ἐμά ἐστιν· ὥστε μόνον οὐχὶ βοᾷ· Ὅταν λέγω τοῦ ἐμοῦ, πρὸς τὸν ἐμὸν Πατέρα χρὴ τοὺς λογισμοὺς ὑμῶν ἀναφέρειν καὶ μὴ πρὸς ἕτερον ἐπιστρέφεσθαι. Οὐδὲ γὰρ οὐδεμίαν πρόφασιν ὑμῖν ὑπελειπόμην, ἣν οὐ περιεῖλον, πρὸς ἕτερόν τι ταῖς φαντασίαις ὑποσύρεσθαι, μάλιστα διότι καὶ προδιηλέχθην ὑμῖν, ὅτι πάντα ὅσα ἔχει ὁ Πατήρ, ἐμά ἐστιν.

(30.) λʹ. Τί τῶν ἀχράντων τούτων λογίων λαμπρότερον; τί δὲ παραστῆσαι σαφέστερον; ὅτι τό, Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται, πρὸς τὸ Πατρικὸν παραπέμπει πρόσωπον καὶ ὡς τὴν τῶν χαρισμάτων ἐνέργειαν ὡς αἰτίου παρὰ τοῦ Πατρὸς ἱερολογεῖται τὸ Πνεῦμα λαμβάνειν, τῶν χαρισμάτων ἐκείνων, οἷς ἐνισχύσει τοὺς μαθητὰς τῶν ἐρχομένων μὲν τὴν ἐπίγνωσιν σὺν εὐσταθεῖ καὶ ἀπεριτρέπτῳ φρονήματι φέρειν, καθίστασθαι δὲ καὶ τῶν ἀθεάτων μηδεμιᾶς παρακολουθούσης δυσχερείας θεατὰς καὶ δὴ καὶ τῶν ὑπὲρ λόγον ἔργων δημιουργούς. Ἆρ’ οὐ πανταχόθεν σοι πᾶσα πρόφασις ἀσεβείας περικέκοπται; Ἆρ’ ἔτι τολμήσεις συκοφαντίας καὶ ψεύδη κατὰ τῆς ἀληθείας ἐπινοεῖν ἢ κατὰ τῆς ἑαυτοῦ μηχανορραφεῖν σωτηρίας;

(31.) λαʹ. Ἐγὼ δ’ οὖν οὐδὲ τοῦ λοιποῦ σε φροντίδος ἔξω σταίην, εἰ μὲν ἀνιάτως ἔχεις καὶ ἐλέγχειν καὶ ἐπιτιμᾷν καὶ κάτω κείμενον ἔτι βάλλειν, εἰ δὲ πρὸς θεραπείαν ὁρᾷς, φάρμακόν σοι προσάγειν ἐκ τοῦ αὐτοῦ κρατῆρος τῆς ἀληθείας ἀκεσώδυνόν τε καὶ καθαρτήριον τῆς νόσου. Εἰ γὰρ, ὦ τί ἂν σέ τις προσείποι; τοῦ Πνεύματος ἡ ἐκπόρευσις ἡ ἐκ τοῦ Πατρὸς τελεία, τελεία δὲ ὅτι Θεὸς τέλειος ἐκ Θεοῦ τελείου, τί πότ’ ἂν ἡ ἐκ τοῦ Υἱοῦ συνεισενέγκοι; εἰ μὲν γάρ τι συνεισήνεγκεν, εἰπεῖν δεήσει καὶ ὃ συνήνεγκεν· εἰ δὲ παρὰ τὴν θεϊκὴν τοῦ Πνεύματος ὑπόστασιν οὐδὲν ἕτερόν ἐστιν οὔτε λαβεῖν οὔτε εἰπεῖν, τί καὶ τὸν Υἱὸν ὑβρίζειν ἔγνως τῷ ψεύδει καὶ τὸ Πνεῦμα, καὶ σὺν αὐτοῖς γε καὶ πρὸ αὐτῶν τὸν Πατέρα;

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Geist) das Meine nimmt, nimmt er auch von meinem Vater. Und er führt die Entfaltung desselben Gedankens nicht (nur) bis zu diesem Punkt fort, sondern offenbart ihn noch vollkommener und bekräftigt ihn mit den Worten: „Deshalb habe ich gesagt, dass er von dem Meinen nimmt“; denn einerseits ist im Vater, was mein ist, andererseits nimmt der Geist vom Vater. Denn was des Vaters ist, das ist mein. Folglich ist es fast, als riefe er aus: Wenn ich „von mir“ sage, dann müsst ihr eure Gedanken auf meinen Vater richten und sie nicht einem anderen zukehren. Denn ich habe euch überhaupt keinen Vorwand hinterlassen, den ich euch nicht weggenommen hätte, euch in euren Einbildungen zu etwas Anderem wegtreiben zu lassen, zumal ich euch zuvor auseinandergesetzt habe, „alles, was der Vater hat, das sei mein“. (30.) Was gibt es Erhellenderes als diese makellosen Worte? Was kann es deutlicher darlegen? Denn „Er wird von dem Meinen nehmen“ verweist auf die Person des Vaters,82 und es wird vom Geist in heiligmäßiger Weise ausgesagt, dass er die Fähigkeit, die Gnadengaben zu bewirken, vom Vater als (Quelle-) Ursache empfängt?83 Jener Gnadengaben, mit welchen er die Jünger „stärken“ wird, mit festem und unerschütterlichem Sinn die Erkenntnis des Zukünftigen zu ertragen, ferner das, was nicht geschaut werden kann, zu schauen, ohne dabei eine Schwierigkeit zu empfinden, und schließlich sogar Werke schaffen zu können, die jede Vernunft übersteigen.84 Ist dir also von allen Seiten nicht jeglicher Anlass zur Gottlosigkeit weggenommen [wörtlich: abgeschnitten, aus der Hand geschlagen]? Wirst du noch länger wagen, Verleumdungen und Lügen gegen die Wahrheit zu erdenken oder Ränke gegen deine eigene Erlösung zu schmieden? (31.) Ich dagegen werde auch in Zukunft nicht aufhören, mich um dich zu kümmern [wörtlich: dich aus dem Bereich der Sorge zu entlassen]:85 falls du dich als unheilbar erweist, dich zu widerlegen und zurechtzuweisen; und selbst wenn du schon auf dem Boden liegst, noch immer auf dich einzuschlagen; hast du aber deine Heilung im Blick, dir ein Medikament aus demselben Mischkrug der Wahrheit zu verabreichen, welches den Schmerz stillt und die Ausscheidung der Krankheit bewirkt. Ist nämlich – oh du, wie soll man dich anreden? – das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater vollkommen, und das, weil er als vollkommener Gott aus einem vollkommenem Gott (hervorgeht), was könnte dann noch das Hervorgehen aus dem Sohn beitragen? Denn, wenn es etwas beigetragen hat, dann wird man auch benennen müssen, was er beigetragen hat;86 ist aber außer der göttlichen Hypostase des Geistes nichts zu „nehmen“ oder zu benennen, warum hast du dann beschlossen, mit deiner Lüge sowohl den Sohn als auch den Geist zu entehren und zusammen mit ihnen und vor ihnen den Vater?

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(32.) λβʹ. Πάλιν δὲ εἰ ἐν ᾧ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεται τὸ Πνεῦμα, ἡ ἰδιότης ἐπιγινώσκεται αὐτοῦ, ὡσαύτως δὲ καὶ ἐν ᾧ γεννᾶται ὁ Υἱός, ἡ τοῦ Υἱοῦ· ἐκπορεύεται δέ, ὡς ὁ ἐκείνων λῆρος, καὶ τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Υἱοῦ, πλείοσιν ἄρ’ ἰδιώμασιν διαστέλλεται τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρός, ἤπερ ὁ Υἱός. Ἡ μὲν γὰρ πρόοδος ἡ ἐκ τοῦ Πατρός, εἰ καὶ τὸ μὲν πρόεισι γεννητῶς, τὸ δὲ ἐκπορευτῶς, ἀλλ’ οὖν ἐπίσης αὐτῶν ἑκάτερον ἀφορίζει τῆς πατρικῆς ὑποστάσεως· ἀποδιαστέλλεται δὲ τὸ Πνεῦμα καὶ δευτέρᾳ διαφορᾷ, ἣν αὐτῷ τὸ διπλοῦν τῆς ἐκπορεύσεως προξενεῖ· εἰ δὲ πλείοσι διαφοραῖς διαστέλλεται τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα ἤπερ ὁ Υἱός, ἐγγυτέρω ἂν εἴη τῆς πατρικῆς οὐσίας ὁ Υἱός, καὶ διπλῶν ὄντων ἰδιωμάτων τῶν ἀφοριζόντων τὸ Πνεῦμα θατέρῳ τούτων ὑποβεβηκέναι τοῦ Υἱοῦ τῆς ὁμοφυοῦς πρὸς τὸν Πατέρα συγγενείας τὸ ἰσότιμον δυσφημηθήσεται Πνεῦμα, καὶ οὕτως ἡ Μακεδονίου πάλιν κατὰ τοῦ Πνεύματος ἀναδύσει λύσσα, τῆς ἐκείνου δυσσεβείας δι’ ἑαυτῆς ἀνακαλουμένη τὸ ἥττημα.

(33.) ληʹ. Ἀλλὰ καὶ εἰ μόνου Πνεύματός ἐστι τὸ εἰς ἀρχὰς ἀναφέρεσθαι διαφόρους, πῶς οὐχὶ καὶ μόνου Πνεύματος ἀκόλουθον λέγειν τὸ εἰς πολύαρχον ἀναφέρεσθαι ἀρχήν.

(34.) λδʹ. Ἔτι δὲ εἰ ἐν οἷς Πατρὶ καὶ Υἱῷ κοινωνίαν οἱ πάντα θρασεῖς ἐκαινούργησαν, τὸ Πνεῦμα τούτοις ἀποτειχίζουσι· Πατὴρ δὲ κατ’ οὐσίαν Υἱῷ, ἀλλ’ οὐ κατά τι τῶν ἰδιωμάτων εἰς κοινωνίαν συνάπτεται, τῆς κατ’ οὐσίαν ἄρα πατρικῆς συγγενείας τὸ ὁμοούσιον Πνεῦμα ὑπερορίζουσι.

(35.) λεʹ. Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται· πότερον τὴν αὐτὴν ἐκπόρευσιν ἢ τῆς πατρῴας ἀντίθετον; εἰ μὲν γὰρ τὴν αὐτήν, πῶς οὐ κινοῦνται αἱ ἰδιότητες, αἷς καὶ μόναις ἡ Τριὰς τριὰς εἶναι καὶ προσκυνεῖσθαι χαρακτηρίζεται; εἰ δὲ ἐκείνης ἀντίθετον, πῶς οὐ Μάνεντες ἡμῖν καὶ Μαρκίωνες πάλιν τῷ βλασφήμῳ οὕτω συναναχορεύσουσι ῥήματι, τὴν θεομάχον πάλιν κατὰ τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ γλωσσαλγίαν πλατύνοντες;

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(32.) Und wiederum: Wenn die Eigentümlichkeit des Geistes in seinem Hervorgehen aus dem Vater und auf ähnliche Weise die des Sohnes in seinem GezeugtWerden erkannt wird,87 wenn aber ihrem Geschwätz entsprechend auch der Geist vom Sohn ausgeht, dann unterscheidet sich der Geist vom Vater durch mehr Merkmale88 als der Sohn. Denn das Hervorgehen aus dem Vater, obwohl es im einen Fall durch Zeugung und im anderen durch Ausgehen erfolgt, grenzt jedenfalls jede der beiden Personen (Sohn und Geist) in gleicher Weise von der Hypostase des Vaters ab. Der Geist aber unterscheidet sich noch durch einen zweiten Unterschied, den ihm das doppelte Hervorgehen verschafft. Wenn sich aber der Geist vom Vater durch mehr Unterschiede als der Sohn unterscheidet, dann müsste der Sohn dem Wesen des Vaters näherstehen;89 und da die den Geist abgrenzenden Eigenschaften doppelt sind, wird der gleichrangige Geist gelästert, weil er in Hinblick auf die wesensmäßige Verwandtschaft des Sohnes zum Vater, welche die Gleichheit der Natur einschließt, untergeordnet ist. Und auf diese Weise taucht die Raserei des Makedonios90 gegen den Geist wieder auf, indem sie durch sich selbst die Niedertracht seiner Gottlosigkeit ins Gedächtnis zurückruft. (33.) Wenn es indes allein auf den Geist zutrifft, dass er auf verschiedene Prinzipien zurückzuführen ist, ist es dann nicht folgerichtig, auch allein vom Geist91 auszusagen, dass er sich auf einen „polyarchischen“ (vielfältigen) Ursprung rückbezieht? (34.) Weiterhin: Indem die (Gegner), die vor nichts zurückschrecken, eine neue (Art) von Beziehung92 zwischen Vater und Sohn einführen und damit den Geist [wörtlich: mit dem Bau einer Trennmauer] von ihm absondern – der Vater aber ist mit dem Sohn wesensmäßig, nicht jedoch nach irgendeiner Eigentümlichkeit gemeinschaftlich verbunden  –, verbannen sie den wesenseinen Geist aus der wesensmäßigen Gemeinschaft mit dem Vater. (35.) Der Geist geht (nach gegnerischer Auffassung) vom Sohn aus. Ist das dasselbe Hervorgehen (wie das aus dem Vater), oder ist es dem aus dem Vater entgegengesetzt?93 Ist es dasselbe, geraten dann nicht die Eigenschaften (der einzelnen Hypostasen) in Bewegung,94 durch welche gerade allein die (göttliche) Trinität als Dreiheit charakterisiert wird, im Sein wie in der Anbetung?95 Ist er aber jenem entgegengesetzt, werden sich dann nicht Leute wie Mani96 und Markion97 wieder gegen uns dem Chor der gottlästerlichen Rede anschließen und erneut ihr gottfeindliches Geschwätz gegen Vater und Sohn ausbreiten?

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(36.) λζʹ. Ἐπὶ δὲ τοῖς εἰρημένοις εἰ πᾶν ὃ μή ἐστι κοινὸν τῆς παντοκρατορικῆς καὶ ὁμοουσίου καὶ ὑπερφυοῦς Τριάδος, ἑνός ἐστι μόνου τῶν τριῶν· οὐκ ἔστι δὲ ἡ τοῦ Πνεύματος προβολὴ κοινὴ τῶν τριῶν, ἑνὸς ἄρα καὶ μόνου ἐπὶ τῶν τριῶν. Πότερον οὖν ἐκ τοῦ Πατρὸς φήσουσιν ἐκπορεύεσθαι τὸ Πνεῦμα, καὶ πῶς οὐκ ἐξομόσονται τὴν φίλην αὐτοῖς καὶ καινὴν μυσταγωγίαν; εἰ δὲ ἐκ τοῦ Υἱοῦ, τί μὴ κατ’ ἀρχὰς εὐθὺς ἐθάρρησαν ὅλον αὐτῶν ἐξεμέσαι τὸν ἰόν, ἀλλὰ κατὰ μέρος ἀναβλύζουσιν; ἐχρῆν γὰρ, εἴπερ ἦσαν πεποιθότες αὐτῶν τῷ δυσσεβήματι, ἐξ ἀρχῆς ἀνομολογεῖν, ὡς οὐ μόνον τὸν Υἱὸν προβολέα τοῦ Πνεύματος δογματίζουσιν, ἀλλὰ καὶ τὸν Πατέρα τῆς προβολῆς ἀπελαύνουσιν· οἷς ἀκόλουθον δήπου καὶ τὴν γέννησιν τῇ προβολῇ συμμετατιθέναι καὶ συμμεταφέρειν, καὶ μηδὲ τὸν Υἱὸν ἐκ τοῦ Πατρός, ἐκ δὲ τοῦ Υἱοῦ τερατολογεῖν τὸν Πατέρα τὴν γέννησιν ἔχειν, ἵνα μὴ μόνον τοὺς ἠσεβηκότας ἐξ αἰῶνος ἀποκρύψωσιν, ἀλλὰ καὶ τῶν μεμηνότων ἐλέγχωνται μανικώτεροι.

(37). ληʹ. Ἔτι δὲ εἰ ἐκ τοῦ Πατρὸς ὁ Υἱὸς γεγέννηται, τὸ δὲ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται, τίς ἡ καινοτομία τοῦ Πνεύματος, 99 μὴ καὶ ἕτερόν τι αὐτοῦ ἐκπορεύεσθαι, ὡς συνάγεσθαι κατὰ τὴν θεοβλαβῆ γνώμην μὴ τρεῖς, ἀλλὰ τέσσαρας τὰς ὑποστάσεις, μᾶλλον δὲ ἀπείρους, τῆς τετάρτης αὐτοῖς ἄλλην πάλιν προβαλλούσης, κἀκείνης ἑτέραν, μέχρις ἂν καὶ τῆς ἑλληνικῆς ὑπερελάσωσι πολυθεΐας.

(38.) ληʹ. Ἀλλὰ κἀκεῖνο κατ’ αὐτῶν ἔστιν ἀφεῖναι· ποῖον δὴ τοῦτο; εἰ πάντα ὅσα πρόσεστι τῷ Υἱῷ, τοῦ Πατρὸς λαμβάνων ἔχει, ἐκεῖθεν ἂν εἴη λαβὼν καὶ τὸ αἴτιον εἶναι τῆς τοῦ Πνεύματος ἐκπορεύσεως· πόθεν οὖν ἡ ἑτεροκλινὴς αὕτη φιλοτιμία, δι’ ἧς ὁρᾶται μὲν ὁ Υἱὸς τῆς τοῦ Πνεύματος ἐκπορεύσεως αἴτιος, τὸ δὲ Πνεῦμα, καίτοι τὸ ἰσότιμον ἔχον καὶ ἐκ τῆς αὐτῆς ὁμοταγῶς τε καὶ ὁμοτίμως προεληλυθὸς οὐσίας τῶν ἴσων γερῶν ἀποστέρηται;

(39.) λθʹ. Πάλιν αἴτιος ὁ Πατήρ, αἴτιος δὲ καὶ ὁ Υἱός· τίνα γοῦν δικαιώσουσιν οἱ τῶν ἀτολμήτων διαιτηταὶ τὴν αἰτίαν μᾶλλον ἔχειν; Εἰ μὲν γὰρ τὸν Πατέρα, πῶς

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(36.) Abgesehen von dem Gesagten gilt: Falls alles, was nicht gemeinsames Merkmal der allmächtigen, wesenseinen und übernatürlichen Trinität ist, ausschließlich einer einzigen der drei (Hypostasen) angehört,98 und falls das Hervorbringen des Geistes nicht den Dreien gemeinsam ist, so ist es ausschließlich einer einzigen unter den Dreien zuzuschreiben. Für welche von diesen beiden (Alternativen) werden sich (diese Leute) entscheiden? Dass der Geist vom Vater ausgeht? Werden sie (damit) nicht der ihnen so teuren neuen Mystagogie (geheimnisvollen Lehre) abschwören? Sagen sie aber, er gehe aus dem Sohn hervor (, so fragt man sich): Warum hatten sie nicht von Anfang an den Mut, sogleich ihr ganzes Gift auszuspeien, sondern würgen es stückweise heraus? Denn wenn sie zu ihrer gottlosen Lehre volles Vertrauen hätten, hätten sie von Anfang an bekennen müssen, dass sie nicht nur den Sohn als Hervorbringer des Geistes dogmatisch verkünden, sondern auch, dass sie den Vater von dieser Hervorbringung ausschließen. Daraus würde natürlich folgen, gleichzeitig mit der Hervorbringung auch die Zeugung auf einen anderen Platz zu versetzen und zu übertragen und die monströse Behauptung aufzustellen, dass auch der Sohn nicht vom Vater, sondern der Vater vom Sohn gezeugt sei. Damit würden sie nicht nur die Gottlosen aller Zeiten in den Schatten stellen, sondern sich als wahnsinniger als (alle) Wahnsinnigen entlarven. (37.) Ferner, wenn der Sohn vom Vater gezeugt ist, während der Geist vom Vater und dem Sohn ausgeht, was bedeutet dann die Neuerung beim Geist? [wörtlich: was ist die Neuerung des Geistes]. Etwa, dass wieder etwas anderes aus ihm hervorgeht?100 Dann wären nach dieser gottlosen Ansicht nicht drei, sondern vier Hypostasen die Folge, ja sogar unendlich viele,101 weil von ihrer vierten Hypostase wieder eine andere ausgehen würde, und von dieser (wieder) eine andere, bis zu dem Punkt, an dem sie sogar den heidnischen Polytheismus102 übertroffen haben. (38.) Wir können jedoch auch folgenden Einwand gegen sie richten. Was ist das? Wenn der Sohn alles, was ihm zukommt, als vom Vater Empfangenes hat, so dürfte er von ihm auch die Fähigkeit empfangen haben, das Hervorgehen des Geistes zu verursachen. Woher also diese unausgewogene Gunsterweisung,103 nach der der Sohn als Verursacher des Hervorgehens des Geistes erscheint, während der Geist, obwohl er den gleichen Rang besitzt und demselben Wesen in gleicher Ordnung und gleichem Rang entstammt, dennoch der gleichen Vorrechte beraubt wird? (39.) Nochmals: Verursacher ist der Vater, Verursacher ist aber (nach der Theorie der Gegner) auch der Sohn. Wer (von beiden) wird nach dem Urteilsspruch derer, die Schiedsrichter in Dingen spielen, an die sich niemand heranwagen kann, das Ursache-Sein im höheren Maße besitzen?104 Wenn sie dies dem Vater zuer-

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

οὐκ ἐπείσακτον καὶ νόθον καὶ ὕβρις αὐτοῖς καὶ αὐτή γε ἡ συσκευασθεῖσα τιμὴ τοῦ Υἱοῦ, μάλιστα τὸ κῦρος ἔχοντος ἤδη ἅτε καὶ τὸ πλέον τοῦ Πατρός; Εἰ δὲ ὁ Υἱός, φεῦ τῆς βαρυτέρας τόλμης· Οὐ γὰρ ἐνόμισαν ἀρκέσειν αὐτοῖς εἰς ὅσον ἀσεβεῖν εἴλοντο διατεμεῖν καὶ συμμερίζεσθαι τῷ Υἱῷ τὴν πατρικὴν αἰτίαν, εἰ μὴ καὶ τὸ πλέον ἀφαιρήσουσι καὶ ἀντὶ τοῦ Πατρὸς τῷ Πνεύματι τὸν Υἱὸν ἀντεισάξουσιν αἴτιον.

(40.) μʹ. Τί λέγεις; Ἔλαβεν παρὰ τοῦ Πατρὸς ὁ Υἱὸς ἐξ αὐτοῦ διὰ γεννήσεως προελθὼν καὶ προάγειν ἕτερον ὁμοφυές; Πῶς οὖν καὶ αὐτὸς ὁ Υἱὸς προάγων ὁμοφυὲς τὸ Πνεῦμα οὐ μετέδωκεν, ὡς μετέλαβεν, τῆς ὁμοίας δυνάμεως καὶ τιμῆς, ἵνα κἀκεῖνο πάλιν ὁμοφυοῦς ἔχῃ προόδῳ καὶ ὑποστάσει ἐναγλαΐζεσθαι; Καίτοι γε ἐχρῆν τὸν Υἱόν, εἰ καὶ μὴ δι’ ἕτερόν τι, ἀλλ’ οὖν γε πρὸς τὴν τοῦ Πατρὸς ἀναγόμενον μίμησιν ἐφ’ ὁμοίαις ἐνεργείαις συνδιασώζειν τὸ ὅμοιον.

(41.) μαʹ. Ἐγὼ δὲ οὐδὲ ταύτην δοίην ἂν σιγῇ τὴν ἀτοπίαν μείζονα λέγειν, εἰ καὶ μὴ τῇ φύσει, ἄπαγε· ὁμοούσιος γὰρ ἡ Τριάς, ἀλλά γε τῷ αἰτίῳ τὸν γεγεννηκότα τοῦ γεννήματος μυσταγωγεῖ μὲν ἡ δεσποτικὴ φωνή· διδάσκει δὲ μυηθεὶς ἐκεῖθεν καὶ ὁ τῶν ἱερῶν πατέρων ἡμῶν χορός· μείζονα δὲ τῷ αἰτίῳ τοῦ Πνεύματος τὸν Υἱὸν οὔτε θείων ἔστι ἀκούειν Λογίων, ἀλλ’ οὐδὲ νοῦς εὐσεβὴς μέχρι νῦν ἑάλω διανοηθείς· ἡ δέ γε θεομάχος γλῶσσα οὐ τῷ αἰτίῳ τὸν Υἱὸν μείζονα τοῦ Πνεύματος μόνον, ἀλλὰ καὶ τῆς πατρικῆς ἐγγύτητος ποῤῥωτέρω ποιεῖ.

(42.) μβʹ. Ἔτι δὲ εἰ αἴτιος τοῦ Πνεύματος ὁ Υἱός, πῶς οὐκ ἂν εὑρεθείη δεύτερον ὑποφυόμενον αἴτιον ἐν τῇ ὑπεραρχίῳ καὶ ὑπερφυεῖ τῆς Τριάδος ἀρχῇ; καὶ τό τε αἰτιατὸν καὶ μηδὲ πρὸς ὕβριν τῆς πρώτης ἀρχῆς μεμηχανημένον μόνον, ἀλλὰ καὶ αὐτοῦ ἐκείνου, περὶ οὗ κατασχηματίζεται ἡ τιμή; τὸ γὰρ μηδέ τινα χρείαν μηδ’ αὐτῷ μηδὲ μηδενὶ παρέχειν, ἀλλὰ μηδ’ ἀφορμὴν μηδαμόθεν εὑρίσκειν ὥστε παρασχεῖν, πῶς οὐ μᾶλλον ἀποφανεῖται τὸν Υἱὸν περιϋβρισμένον καὶ τιμῆς ὀνόματι

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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kennen, ist dann nicht gerade der von ihnen konstruierte Rang des Sohnes etwas von außen Herangetragenes, Unechtes und eine Beleidigung für sie, da der Vater von vornherein im höchsten Grade die eigentliche Geltung (als Ursprung) und den größeren Anteil (am Ursache-Sein) besitzt? Ist es dagegen der Sohn (als Verursacher zu betrachten), dann wehe über diese noch schlimmere Verwegenheit! Denn sie glaubten, es sei für sie nicht genug, nachdem sie (einmal) entschlossen waren, gottlos zu sein, das väterliche Ursache-Sein zu zerstückeln und einen Teil auch dem Sohn zuzuweisen, wenn sie ihm nicht auch den Hauptanteil (davon) wegnehmen und statt dem Vater den Sohn als das (eigentlich) Verursachende für den Geist einführen. (40.) Was sagst du? Hat der Sohn, aus dem Vater durch Zeugung hervorgegangen, von ihm auch (die Fähigkeit) empfangen,105 etwas anderes von derselben Natur hervorzubringen? Wieso hat dann auch der Sohn selbst, als er den Geist, der mit ihm derselben Natur ist, hervorbrachte, diesem nicht eine ebensolche Kraft und Ehre mitgeteilt, wie er sie selbst empfangen hatte, damit auch jener sich wiederum mit dem Hervortreten und Ins-Sein-Gelangen eines ihm Wesenseinen brüsten könne? Dann wäre es doch notwendig, dass der Sohn, wenn schon nicht aus anderen Gründen, wenigstens wegen seiner Erhebung zur Nachahmung des Vaters, die Ähnlichkeit (mit Ihm) durch ähnliches Wirken106 bewahrt. (41.) Ich möchte aber auch folgenden Widersinn nicht in Schweigen hüllen. Der Ausspruch des Herrn lehrt in geheimnisvoller Weise, den Zeugenden (Vater) größer zu nennen als den Gezeugten (Sohn),107 wenn schon nicht aufgrund der Natur – das sei ferne, denn die Trinität ist wesensgleich –, so doch aufgrund des Ursache-Seins; durch ihn eingeweiht, lehrt das auch der Chor unserer heiligen Väter. Dass der Sohn aber nach seinem Ursache-Sein größer als der Geist sei, ist weder aus den göttlichen Worten zu vernehmen, noch hat sich bis jetzt ein frommer Geist gefunden, der diesen Gedanken gefasst hätte. Aber die gottfeindliche Zunge lässt nicht nur den Sohn hinsichtlich des Ursache-Seins größer als den Geist sein, sondern entfernt ihn noch weiter von der Nähe zum Vater. (42.) Hinzu kommt auch Folgendes: Wenn der Sohn Verursacher des Geistes ist, sollte sich da nicht ein zweites untergeordnetes108 Verursachendes in dem übergrundhaften und überwesentlichen109 Ursprung der Trinität finden lassen? In einem solchen Fall ist das Verursachte nicht nur zur Kränkung des ersten Grunds ausgedacht worden, sondern auch zur Kränkung gerade dessen, um dessentwillen die Ehrung gebildet wird. Wird denn nicht der Umstand, dass dieses Verursachte weder sich selbst noch einem anderen irgendeinen Nutzen verschafft, ja sogar nirgends einen Anlass gibt, einen solchen zu verschaffen, den Sohn als

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

κακουργοτέραν τὴν ὕβριν ποιεῖ; καὶ γὰρ τοῦ Πνεύματος πατρόθεν ἐξ ἀϊδίου τὴν ἐκπόρευσιν ἀνενδεῆ κεκτημένου, ποίας ἂν ἄλλης προαγωγῆς ἢ οὐσιώσεως τὸ συμπλασθὲν αὐτοῖς αἴτιον ἐπιγνωσθήσεται χορηγόν;

(43.) μγʹ. Πῶς δ’ οὐκ εἰς δύο αὐτοῖς διαμερισθήσεται τὸ Πνεῦμα; τὸ μὲν ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ ὡς ἀληθῶς καὶ πρώτου αἰτίου προϊόν, ἀναίτιος γάρ· τὸ δὲ ἐκ τοῦ δευτέρου καὶ αἰτιατοῦ· οὐκ ἀναίτιον γάρ· καὶ οὕτως δ’ οὐ τάξει μόνῃ καὶ σχέσει καὶ αἰτίᾳ τὴν τοῦ Πνεύματος ἑτερότητα καὶ παραλλαγὴν ἡ αἵρεσις δραματουργεῖ, ἀλλὰ καὶ εἰς τετράδα ἀντὶ Τριάδος τὸ σέβας ἡμῶν ἀπωθεῖσθαι τολμᾷ, μᾶλλον δ’ οὐδὲν ἀνύβριστον καταλιπεῖν τῶν ἐν τῇ ὑπεραγάθῳ Τριάδι καὶ δημιουργῷ τοῦ παντὸς οὐδεμίαν παραλείπει σπουδήν.

(44.) μδʹ. Καὶ μὴν εἰ αἴτιος μὲν τοῦ Πνεύματος ὁ Υἱός, ἀμφοῖν δ’ αἴτιος ὁ Πατήρ, εὑρεθήσεταί τι αἴτιον ἐν τῇ τελείᾳ καὶ τελειοποιῷ Τριάδι τοῦ μὲν κυρίως καὶ πρώτου αἰτίου τῆς τελειότητος ἀπεληλαμένον, ἀτελὲς δὲ καὶ ἡμίτομον ἢ σύνθετον, ἐξ ἀτελοῦς καὶ τελείου τὴν σύνθεσιν ἀναδεδεγμένον. Καὶ σκοπεῖν ἔξεστιν, ὅπως ἡ μὲν μυθολογία ἐν τοῖς ἐν γενέσει καὶ φθορᾷ τοὺς ἱπποκενταύρους πάλαι παίζουσα ἀναπλάττει, ἡ δὲ θεομαχία ἐν τοῖς ἀϊδίοις καὶ ἀναλλοιώτοις ἢ τὸ ἡμίτομον ἢ τὸ ἐξ αἰτίου τε καὶ αἰτιατοῦ συμπεπλασμένον αἴτιον οὐ φρίττει μετὰ σπουδῆς τερατολογοῦσα· καὶ οὐδέτερον αὐτῶν τὸ ἀτελὲς παραχωρεῖ διαφεύγειν· ἑκάτερον γὰρ εἰ καὶ πρὸς ἄλληλα προβάλλεται διαμάχεσθαι, τοιαῦτα γὰρ τῆς ἀσεβοῦς (εἰ)σπορᾶς112 τὰ γεώργια, ὅμως εἰς τὴν αὐτὴν τοῦ ἀτελοῦς ὕβριν ἄμφω συνάγει.

(45.) μεʹ. Χωρὶς δὲ τῶν εἰρημένων, εἰ ἕν ἐστι τὸ Πνεῦμα καὶ ὑπερφυῶς τε καὶ κυρίως ἕν, ὥσπερ καὶ ὁ Πατὴρ καὶ ὁ Υἱὸς εἰλικρινῶς τε καὶ ὑπὲρ λόγον ἕν, πῶς αὐτὸ τὸ δυαδικὸν τῶν αἰτίων οὐκ ἔκθεσμον ἅμα καὶ ἀδύνατον ἐπιγράφεσθαι;

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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noch mehr entwürdigt erscheinen lassen und die Lästerung unter dem Schein der Ehre noch verschlimmern? Denn da der Geist von Ewigkeit her sein Hervorgehen aus dem Vater besitzt und eines Weiteren nicht bedarf,110 von welcher anderen Hervorbringung oder Seinswerdung wird das von ihnen künstlich konstruierte Verursachende als Stiftendes erkannt werden? (43.) Wird für sie nicht der Geist in zwei Teile zerfallen; einen, der aus dem Vater hervorgeht, der das wahrhafte und erste Verursachende ist  – denn er ist ohne Ursache – und einen anderen, der von dem zweiten Verursachenden (ausgeht), das gleichzeitig Verursachtes ist – denn es ist nicht ohne Ursache –?111 Und auf solche Weise setzt die Ketzerei nicht nur in Hinblick auf Rangordnung, Relation und Ursächlichkeit das Anderssein und das Abweichende des Geistes in Szene, sondern sie wagt sogar unsere Hochachtung von der Dreiheit auf eine Vierheit zu verschieben! Oder vielmehr, sie setzt allen Eifer daran, nichts was in der übergütigen Trinität enthalten ist, die auch Schöpfer des Alls ist, vom Frevel zu verschonen. (44.) Und doch, wenn der Sohn Verursacher des Geistes, der Vater aber Verursacher für beide ist, dann wird sich in der vollkommenen und vollkommen machenden Trinität ein Verursachendes finden, welches von der Vollkommenheit des eigentlichen und ersten Verursachenden113 weit entfernt ist, etwas das unvollkommen und in Hälften zerschnitten oder (aus solchen) zusammengesetzt ist,114 weil es seine Zusammensetzung aus etwas Unvollkommenem und etwas Vollkommenem empfangen hat. Es lässt sich beobachten, dass sich die Mythologie in den alten Zeiten im Bereich des Werdens und Vergehens spielerisch die Kentauren ausdenkt, während die Gotteslästerung [wörtlich: der Kampf gegen Gott, die Theomachie] nicht davor zurückschaudert, im Bereich des Ewigen und Unveränderlichen in vollem Ernst monströse Geschichten von dem Halbierten oder dem aus Verursachendem und Verursachtem zusammengesetzten Verursachenden zu erzählen; auch lässt sie es nicht zu, dass eins von beiden von dem (Charakter) des Unvollkommenen ausgenommen bleibt. Denn obwohl sie vorschützt, dass die beiden zueinander im Widerspruch stehen – denn das sind die Früchte der gottlosen Saat –, führt sie dennoch beide gemeinsam zu demselben Schimpf des Unvollkommenen. (45.) Doch nicht genug mit dem Gesagten; falls nämlich der Geist eines ist, übernatürlich und eigentlich eines, genau so wie der Vater und der Sohn ganz klar und unaussprechlich je eines sind, ist es da nicht ungesetzlich und gleichzeitig unmöglich, dass ihm (dem Geist) die Zweiheit115 von Ursachen zugeschrieben wird?

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(46.) μςʹ. Διὰ ταῦτα τοίνυν καὶ τὰ τοιαῦτα, κἂν ὀψὲ γοῦν ἀναλαβεῖν ὑμᾶς προσήκει συναίσθησιν τῶν ἠσεβημένων, καὶ τῆς καθολικῆς καὶ ἀποστολικῆς Ἐκκλησίας ἀντὶ τῆς πολυπλανοῦς δεισιδαιμονίας συνελθεῖν τῷ φρονήματι καὶ μυηθῆναι μὲν καθαρῶς τὴν εὐσέβειαν, ἀναμαθεῖν δὲ πιστεύειν ἐξ ὅλου τοῦ νοῦ καὶ διανοίας μὴ δισταζούσης, ὡς ἕκαστον μὲν πρόσωπον τῆς ὁμοουσίου καὶ θεαρχικῆς Τριάδος ἀφράστῳ λόγῳ εἰς κοινωνίαν μὲν ἀδιάστατον συνάπτονται τῇ φύσει, κατὰ δὲ τὸν τῆς ὑποστάσεως λόγον ἀμετάβλητον φυλάττουσιν ἀλλήλαις τὸν τῶν ἰδιωμάτων χαρακτῆρα· οὐ γὰρ χώραν δίδωσιν ἐν αὐτοῖς τὸ συγκεχυμένον ἐπελθεῖν ἡ διάκρισις· ἄπαγε· ἀλλ’ ὥσπερ οὐδένα μερισμὸν ἢ διαίρεσιν ἡ κατὰ φύσιν κοινωνία παραδέχεται, οὕτως οὐδὲ τὰ ἐξ ὧν ἑκάστη τῶν τριῶν χαρακτηρίζεται, οὐμενοῦν εἰς οὐδεμίαν σύγχυσιν οὐδαμοῦ ἀναφύρεται. Ὥσπερ δὲ πάλιν ὁ Υἱὸς γεννᾶται μὲν ἐκ τοῦ Πατρός, διαμένει δ’ ἀναλλοίωτον ἑαυτῷ τὸ τῆς υἱότητος συντηρῶν ἀξίωμα, οὕτω καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ πανάγιον ἐκπορεύεται μὲν τοῦ Πατρός, μένει δ’ ἀμετάβλητον ἑαυτῷ συντηροῦν τὸ ἐκπορευτόν· καὶ καθ’ ὃν λόγον ἐξ ἀναιτίου τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα προϊὸν ἑτέρου γέννησιν ἢ ἐκπόρευσιν οὐ θεουργεῖ, οὐδὲ διά τινος μεταβολῆς τὴν ἐκπόρευσιν αὐτοῦ καινοτομεῖ· οὕτω δὴ καὶ ὁ Υἱὸς γεννώμενος ἐξ ἀναιτίου τοῦ Πατρὸς οὔτε διὰ γεννήσεως, οὐ μήν, ἀλλ’ οὐδὲ δι’ ἐκπορεύσεως οὐδεμίαν ἂν θεουργίαν οὐδενὸς ὁμοφυοῦς ἀνάσχοιτο ὑποβαλεῖν οὐδὲ σχέσεως ἑτέρας ἐπεισαγωγῇ τὸ προνόμιον ἐπινοθεύειν τῆς υἱότητος.

(47.) μζʹ. Ἐκεῖνο δὲ μὴ καθορῶντα δικαίως ἄν σε γραφοίμην ἑκουσίου πηρώσεως. Εἰ μὲν γὰρ κατὰ τὸν λόγον τῆς φύσεως ὁ Πατὴρ προβάλλεται τὸ Πνεῦμα, τῆς αὐτῆς δὲ φύσεως ἡ Τριάς, τότε δὴ τότε μετὰ πολλῶν καὶ ἄλλων συγγενῶν ἀτοπημάτων, ἐκ τίνος ἂν ἀφορμῆς ἐξώρμας μυθολογεῖν τὸ δυσσέβημα; Οὐ γὰρ μόνον εἰς προβολέα τοῦ Πνεύματος ὁ Υἱὸς ἄν σοι μετεβάλλετο, ἀλλὰ καὶ αὐτὸ τὸ Πνεῦμα εἴς τε τὴν τοῦ Υἱοῦ γέννησιν καὶ τὴν ἰδίαν προβολὴν ἐτέμνετό τε καὶ κατεμερίζετο· καὶ σιγὴ τἆλλα ἐχέτω, ὅτι τε ἄμεινον, καὶ οὐδὲ τῷ ῥήματι τὰ ἀτοπώτερα μὴ προφερόμενα τοῖς νουνεχῶς καὶ σὺν εὐλαβείᾳ διερευνῶσιν οὐκ ἄδηλον ἔχει τὴν κατανόησιν. Ἀλλ’ οὕτω μὲν εἰ τῷ λόγῳ τῆς φύσεως, οὐχὶ δὲ τῷ λόγῳ τῆς ἰδίας ὑποστάσεως ὁ Πατὴρ τὸ Πνεῦμα εἴ τις προβάλλεσθαι τερατεύσοιτο. Εἰ δὲ καθὸ Πατὴρ ὁ Πατὴρ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(46.) Aus diesen und ähnlichen Gründen nun ziemt es sich, dass ihr, spät, aber, doch, endlich zum Bewusstsein eurer Gottlosigkeiten gelangt, euch der Gesinnung der Katholischen und Apostolischen Kirche anschließt, statt götzendienerisch mal hier-, mal dorthin herumzuirren, und euch rein (vorbehaltlos) in den frommen Glauben einweihen lasst und von neuem aus ganzem Herzen und mit zweifelsfreiem Sinn glauben lernt, dass sich eine jede Person der wesenseinen und erzgöttlichen Trinität aus einem unaussprechlichen Grund (mit den zwei anderen) ihrer Natur nach in untrennbarer Gemeinschaft verbindet, während aufgrund der Hypostase alle drei (Personen) die Ausprägung der Eigenschaften untereinander unwandelbar beibehalten. Denn die Unterschiedenheit erlaubt nicht, dass sich in ihnen eine Vermischung einschleicht116 – das sei ferne –, sondern, wie die in ihrer Natur liegende Gemeinschaft keine Teilung oder Trennung zulässt, so vermengen sich auch die Eigentümlichkeiten, durch die eine jede der drei Hypostasen gekennzeichnet ist, auf gar keinen Fall zu einem Mischmasch.117 Und wie wiederum der Sohn vom Vater gezeugt wird, sich aber beständig den Rang der Sohnschaft unverändert bewahrt, so geht auch der überheilige Geist vom Vater aus, bleibt aber unverändert, indem er für sich das Hervorgegangen-Sein bewahrt.118 Und wie der Geist, indem er vom Vater, der (selbst) ursprunglos ist, ausgeht, weder mit göttlicher Kraft die Zeugung oder Hervorbringung eines anderen verursacht noch durch irgendeine (Art von) Umwandlung eine Neuerung119 an seinem Hervorgegangen-Sein bewirkt, so dürfte es auch beim Sohn, der von dem ursprungslosen Vater gezeugt wird, unzulässig sein, dass er weder durch Zeugung – dies gewiss nicht! –, aber auch nicht durch Hervorbringung, etwas anderes Wesensgleiches durch göttliches Wirken produziert und unterschiebt, oder dass er durch Hinzufügung einer anderen Relation das Privileg der Sohnschaft verfälscht. (47.) Wenn du das (alles) nicht einsehen willst, könnte ich dich mit Recht einer absichtlichen Verstümmelung120 (des Geistes) anklagen. Wenn nämlich der Vater aufgrund der Natur121 den Geist hervorbringt, die Trinität aber derselben Natur ist, dann (fragt man sich) – unter vielen anderen ähnlichen Unsinnigkeiten –: Was war der Ausgangspunkt für dein Unternehmen, solche gottlosen Fabeln zu erdichten? Denn nicht nur würde sich der Sohn in deiner Auffassung in einen Hervorbringenden des Geistes verwandeln, sondern auch der Geist selbst würde getrennt und geteilt werden, einerseits in die Zeugung des Sohnes, andererseits in die Hervorbringung seiner selbst. Das Übrige soll mit Schweigen übergangen werden, weil es besser ist und weil die größeren Widersinnigkeiten, auch wenn sie nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, für diejenigen, die sie mit Verstand und Ehrfurcht erforschen, nicht schwer zu durchschauen sind. Aber so verhält es sich, wenn jemand die gottlose These vertreten sollte, dass der Vater den Geist aufgrund seiner Natur, nicht aufgrund seiner eigenen Hypostase hervorbringt. Wenn

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ἱερολογεῖται προβάλλειν τὸ Πνεῦμα καὶ τοῖς εὐσεβέσιν οὐκ ἐπιδιστάζεται· οὔτε ὁ Υἱός, καθὸ θεολογεῖται Υἱός, διὰ τῆς τοῦ Πνεύματος προβολῆς τὸ τῆς υἱότητος καινοτομήσει ἀξίωμα, οὐδὲ τῷ Πατρὶ περικόψας εἰς ἑαυτὸν μεταστήσει τὴν αἰτίαν τοῦ προβλήματος, ὥσπερ οὐδὲ τῆς περὶ αὐτὸν ἀστασιάστου τε καὶ ἀρρεύστου γεννήσεως. Οὐ γάρ ἐστιν, οὐκ ἔστι ταῦτα φύσεως, καθ’ ἣν ἡ κοινωνία δοξάζεται, ἀλλ’ ὑποστάσεως ἰδιώματα, δι’ ὧν τὴν ἐν τῇ Τριάδι θεολογοῦμεν διάκρισιν.

(48.) μηʹ. Εἶεν, ἀλλὰ γάρ φασί τινες τοὺς αἱρεσιώτας λέγειν· Πῶς δὲ τὸν κήρυκα τῆς Ἐκκλησίας, τὸν τῆς οἰκουμένης διδάσκαλον οὐ ἂν ἀλοίητε παραγραφόμενοι Παῦλον; ἐκεῖνον τὸν οὐράνιον ἄνθρωπον, ὃς μέγα τε καὶ ὡς ἀληθῶς οὐράνιον ἀνακέκραγεν· Ἐξαπέστειλεν ὁ Θεὸς τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ εἰς τὰς καρδίας ὑμῶν, κρᾶζον· Ἀββᾷ, ὁ Πατήρ. Εἰ οὖν Παῦλος ὁ τῶν ὀρθῶν δογμάτων γνώμων τὸ Πνεῦμα λέγει ἐκ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι, πῶς οἱ μὴ τοῦτο παραδεχόμενοι αὐτὸν τὸν μυσταγωγὸν τῶν οὐρανίων οὐ παραγράφονται; Καὶ τίς ἐστι Παῦλον τὸν θεωρὸν τῶν ἀπορρήτων ὃς ἁπάσαις ψήφοις παραγράφεται, ὁ πρὸς τὸν διδάσκαλον αὐτοῦ καὶ κοινὸν δεσπότην ἀντιφθεγγόμενον ἐπιδεῖξαι σπουδάζων, ἢ ὁ τὴν πρὸς αὐτὸν συμφωνίαν αὐτοῦ διὰ σεβάσματος ἄγων καὶ ἀνυμνῶν; Εἰ γὰρ ὁ δεσπότης μὲν ἐκ τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι μυσταγωγεῖ, Παῦλον δὲ ἡ αἵρεσις δογματίζειν εἰσάγει ἐκ τοῦ Υἱοῦ, τίς ἂν εἴη ὁ παραγραφόμενος; μᾶλλον δὲ ὁ γραφόμενος αὐτὸν δεσποτικῆς ἀντιλογίας καὶ δίκην ἄφυκτον τοῦ τολμήματος χρεωστεῖν. Ὁρᾷς, ὅπως ἔγνως τὸν τῆς οἰκουμένης διδάσκαλον τῶν διδασκαλικῶν γερῶν μὴ ἀποστερεῖν, ὅπως τὸν πρὸς τὴν εὐσέβειαν ὁδηγὸν ἀντὶ τοῦ δι’ αἰδοῦς ἄγειν καὶ σεβάσματος ἐπιρρήτω γνώμῃ δυσφημεῖς; Ἀλλ’ οὐδὲν ἡ αἵρεσις καινότερον τοῦ συνήθους ποιεῖ. Ἡ γὰρ αὐτὸν συκοφαντήσασα τὸν Υἱὸν καὶ Λόγον τοῦ Θεοῦ εἰς διαφωνίαν ἐκπεσεῖν, πῶς οὐκ ἀκόλουθα πράττει ἑαυτῇ καὶ τὸν αὐτοῦ γνήσιον θεράποντα καὶ μαθητὴν εἰς ἀντιλογίαν ἀντανιστῶσα καὶ φιλονεικοῦσα δεῖξαι τοῦ διδασκάλου διορθωτήν.

(49.) μθʹ. Ποῦ δὲ Παῦλος, ἄνθρωπε, λέγει τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ; εἶναι μὲν γὰρ τοῦ Υἱοῦ οὐδὲ γὰρ ἀλλότριον, μὴ γένοιτο, κἀκεῖνος εἶπε καὶ ἡ τοῦ Θεοῦ Ἐκκλησία συνομολογεῖ καὶ συνεπίσταται· ἐκπορεύεσθαι δὲ ἐκ τοῦ Υἱοῦ,

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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aber der Vater als Vater, wie in gottgemessener Weise gelehrt und von den Rechtgläubigen nicht bezweifelt wird, den Geist hervorbringt, dann wird der Sohn, sofern er der theologischen Lehre gemäß als Sohn betrachtet wird, weder durch die Hervorbringung des Geistes an der Würde seiner Sohnschaft etwas verändern [wörtlich: neuern122], noch dem Vater das Ursache-Sein für das Hervorgebrachte verkürzen und auf sich selbst übertragen, ebenso wenig wie das Ursache-Sein für seine eigene Zeugung, die ohne (sexuelle) Erregung und (Samen-)Ausfluss erfolgt. Nein, (all) das sind keine Eigenheiten der Natur, auf der die glorreiche Gemeinschaft (der Trinität) beruht, sondern Besonderheiten der Hypostase, aus denen wir den Unterschied innerhalb der Trinität theologisch erklären.123 (48.) So weit, so gut. Aber die Irrlehrer wenden ein, wie manche berichten: „Wie könnt ihr euch dem Vorwurf entziehen, dass ihr Paulus, den Herold der Kirche, den Lehrer der ganzen Ökumene seiner Autorität beraubt; ihn, den himmlischen Menschen,124 der mit lauter und wahrhaft himmlischer Stimme ausgerufen hat: „Gott hat den Geist seines Sohnes in eure Herzen ausgesandt, der da ruft: Abba Vater“?125 Wenn nun Paulus, dieser Maßstab126 für richtige Lehren, sagt, der Geist gehe vom Sohn aus, dann berauben doch diejenigen, welche diese (Ansicht) nicht annehmen, den Mystagogen der himmlischen (geheimnisvollen) Dinge“? Ja, wer ist es, der Paulus einstimmig seiner Autorität beraubt, ihn, der das Geheime geschaut hat? Ist es der, der sich bemüht, ihm einen Widerspruch127 gegen seinen Lehrer und unsern gemeinsamen Herrn nachzuweisen, oder ist es der, der dessen Übereinstimmung mit dem Herrn ehrfürchtig anerkennt und preist? Denn wenn der Herr einerseits geheimnisvoll lehrt, dass der Geist aus dem Vater hervorgeht, die Ketzer aber Paulus mit der Lehre vorführen, er gehe vom Sohn aus, wer ist es dann, der ihm die Autorität abspricht? Doch vielmehr der, der ihn der Widerrede gegen den Herrn beschuldigt, eine Kühnheit, für die er unentrinnbarer Strafe verfallen sei? Siehst du, wie du entschlossen bist, den Lehrer der Ökumene seiner Lehrerwürde128 zu berauben, wie du den Anführer der Frömmigkeit, statt ihm Scheu und Ehrfurcht entgegenzubringen, mit einer widersprüchlichen Meinung in Misskredit bringst? Aber die Ketzerei macht nichts Neues, nur das, was man an ihr gewohnt ist. Denn indem sie die Verleumdung ausgesprochen hat, der Sohn und das Wort Gottes sei in Widerspruch zu sich selbst geraten, bleibt sie sich da nicht selbst treu, indem sie seinen echten Diener und Schüler (Paulus) zur Widerrede erhebt und streitsüchtig versucht, ihn als Korrektor seines Lehrers zu erweisen? (49.) Wo aber, o Mensch, sagt Paulus,129 der Geist gehe vom Sohn aus? Dass er (der Geist) des Sohnes „sei“,130 hat er ja gesagt – denn das ist ja nichts Ungewöhnliches, Gott bewahre –, und auch die Kirche Gottes bekennt dies mit ihm und weiß das genau so wie er. Dass er jedoch vom Sohn „ausgehe“, das ist weder über seine

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

οὔτε διὰ τῆς ἐκείνου θεορρήμονος γλώττης προελήλυθεν, οὐ μήν, ἀλλ’ οὐδὲ τῶν εὐσεβῶν οὐδεὶς (πολλοῦ γε καὶ δεῖ συκοφαντίας τοιαύτης) ἐγράψατο, ἀλλ’ οὐδ’ ἀκοῇ τὸ δύσφημον ἀνάσχοιτο δέξασθαι. (50.) νʹ. Εἶπεν ὁ Παῦλος, ὁ τῷ δρόμῳ τοῦ θείου κηρύγματος βραχύτερον αὐτοῦ τῆς σπουδῆς τὸ τῆς οἰκουμένης ἐλέγξας μέγεθος, Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ. Διὰ τί οὖν μὴ καὶ σὺ τοῦτο λέγεις, ἀλλὰ κακουργεῖς καὶ τὰ ἄνω κάτω ποιεῖς καὶ διαστρέφεις τὸ ῥῆμα τοῦ κήρυκος· καί, τὸ βαρύτερον, τὴν σὴν διαστροφὴν καὶ βλασφημίαν εἰς τὴν τοῦ διδασκάλου παραπέμπεις φωνήν;

(51.) ναʹ. Ἔφη, Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ· καλῶς γε καὶ θεοσόφως. Σὺ δὲ τί δήποτε παραχαράττεις τὴν φωνὴν καὶ ἃ μὲν εἶπεν οὐ λέγεις, ἃ δὲ οὐδ’ ἐνενόησεν ὡς ἐκείνου λέγοντος κηρύττειν οὐκ ἐρυθριᾷς; Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ· οὐδὲ γάρ, οὐδ’ ἦν ἄλλως βέλτιον εἰπεῖν· καὶ γὰρ ὁμοφυὲς τοῦ Υἱοῦ καὶ ὁμοούσιον καὶ τῆς αὐτῆς δόξης καὶ τιμῆς καὶ κυριότητος· ὁ τοίνυν λέγων· Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ, τῆς φύσεως μὲν ἐκδιδάσκει τὸ ἀπαράλλακτον, τὴν δὲ αἰτίαν οὐδαμοῦ συνεισάγει τῆς ἐκπορεύσεως· καὶ τὴν μὲν κατ’ οὐσίαν οἶδεν ἑνότητα, τὸν δ’ ὁμοφυῶς προαγαγόντα τὴν ὑπόστασιν οὐμενοῦν οὐδαμῶς συνανακηρύττει, οὐδὲ τὸν αἴτιον ὑποδείκνυσι.

(52.) νβʹ. Τί δέ; Οὐ θεολογεῖται παρὰ πᾶσι καὶ ὁ Πατὴρ εἶναι τοῦ Υἱοῦ; Ἆρ’ οὖν σὺ διὰ τοῦτο καὶ γέννησιν ἀναστρέψεις αὐτῷ; Εἰ δ’ ὁ Πατὴρ λέγεται μὲν τοῦ Υἱοῦ, οὐ ὅτι γεγέννηται, ἀλλ᾽ ἐπειδὴ ὁμοούσιος· εἰ βούλει δὲ ὅτι γεγέννηκεν· πῶς ἐνταῦθά σοι Τὸ Πνεῦμα ῥηθὲν τοῦ Υἱοῦ ἀντὶ τοῦ λέγειν αὐτὸ αἴτιον καὶ προαγωγὸν εἰς τὴν τοῦ προαγομένου καὶ αἰτιατοῦ τάξιν παρεσύρη; Εἰ γὰρ πού σε καὶ ἀσεβεῖν διὰ τῆς τῶν φωνῶν ὁμοιότητος ἔρως κατεῖχεν, ἐπίσης μὲν ἂν ἧς ἀσεβῶν ὥσπερ προβολέα τὸ Πνεῦμα λέγων τοῦ Υἱοῦ, οὕτως καὶ τὸ ἀνάπαλιν τοῦ Πνεύματος τὸν Υἱόν· πλὴν ἀλλ’ ἥ γε πλάνη διά τινος ἂν ἀφορμῆς καὶ παραδείγματος ἐδόκει προϊέναι· νῦν δέ σοι καὶ τὸ ἄλογον θεομαχεῖ καὶ τὸ θεομάχον πρὸς τὸ ἔμπληκτον περὶ τῆς ὑπερβολῆς φιλονεικεῖ καὶ ἀντερίζει.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Göttliches kündende Zunge gekommen, wahrlich nicht, noch hat es je einer der Rechtgläubigen geschrieben – fern sei eine derartige Lästerung –, noch würde er es ertragen, diese Beschimpfung anzuhören. (50.) Was Paulus gesagt hat,  – er, der durch den Lauf seiner göttlichen Verkündigung dartat, dass die Größe der Ökumene geringer war als sein Eifer –, ist: „Der Geist seines Sohnes“.131 Warum denn sagst auch du das nicht, sondern entstellst es, bringst alles durcheinander und verdrehst das Wort des Predigers, und, ja noch schlimmer, überträgst deine Verdrehung und Lästerung auf die Worte des Lehrmeisters?132 (51.) Er (Paulus) hat gesagt: „Der Geist des Sohnes“. Und das ist ganz richtig gesagt und voll göttlicher Weisheit. Du aber, warum verfälschst du die Worte und sagst nicht, was er gesagt hat, errötests du dich aber nicht, das als seine Worte auszugeben, woran er nicht einmal gedacht hat? Er hat gesagt „Der Geist seines Sohnes“; denn man konnte es anders überhaupt nicht besser sagen. Er (der Geist) ist nämlich derselben Natur wie der Sohn, desselben Wesens und auch derselben Herrlichkeit, Würde und Herrschaft.133 Derjenige, der sagt „Der Geist seines Sohnes“, erklärt damit die Unterschiedslosigkeit der Natur, auf keinen Fall aber führt er damit den Grund des Hervorgehens ein. Einerseits weiß er um die Einheit in Hinblick auf das Wesen, andererseits aber macht er dabei über den, der in wesensgleicher Weise die Hypostase (des Geistes) hervorgebracht hat, überhaupt keine offene Aussage, und er deutet auch nicht auf den Verursacher hin.134 (52.) Was nun? Wird nicht in theologischer Rede von allen auch über den Vater gesagt, dass er „des Sohnes ist“? Wirst du nun aus diesem Grund (ihr Verhältnis) umdrehen und ihm (dem Vater) das Gezeugt-Sein zuschreiben? Wenn aber gesagt wird, der Vater sei „des Sohnes“, dann wird das nicht gesagt, weil er gezeugt worden ist, sondern weil er wesensgleich ist; wenn du aber willst, weil er gezeugt worden ist, wie kommt es, dass du hier (im Fall des Geistes) die Formel „der Geist des Sohnes“ statt zu einer Aussage über sein Ursache-Sein und sein Hervorbringen gewaltsam zu einer Einordnung (in die Kategorie) des Hervorgebrachten und Verursachten umgedeutet hast?135 Denn wenn dich irgendwie die Lust beherrschte, aus der Ähnlichkeit der Ausdrücke (Geist des Sohnes – Geist des Vaters) unbedingt eine Gottlosigkeit abzuleiten, dann wärest du ebenso gut gottlos wie mit der Behauptung, der Geist sei Hervorbringender des Sohnes, so auch umgekehrt mit der Behauptung, der Sohn sei Hervorbringender des Geistes. Nur gäbe es bei dem (ersteren) Irrweg wenigstens den Schein, dass er aus irgendeiner Basis und einem Musterbeispiel hervorgehe; jetzt aber (bei letzterer Behauptung) befindet sich deine Unvernunft im Kampf gegen Gott, und dein Kampf gegen Gott wetteifert und streitet mit deiner Verrücktheit darum, wer größer ist.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(53.) νγʹ. Ἱερολογεῖ τοίνυν ἡ Ἐκκλησία καὶ τὸν Υἱὸν εἶναι τοῦ Πατρός, καὶ τὸν Πατέρα τοῦ Υἱοῦ· καὶ γὰρ ὁμοούσια· καὶ οὐ δήπου διότι θεολογεῖται γεγεννῆσθαι ὁ Υἱὸς ἐκ τοῦ Πατρός, καὶ διότι λέγεται καὶ ὁ Πατὴρ τοῦ Υἱοῦ, διὰ τοῦτο καὶ ἀνάπαλιν δυσφημήσομεν· οὕτως οὖν κἀπειδὰν ἱερολογοῦμεν τὸ Πνεῦμα εἶναι τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ, τὸ μὲν ὁμοούσιον πάντως πρὸς ἑκάτερον ταῖς φωναῖς συνεισάγομεν· ἴσμεν δ’ ὅτι ὁμοούσιον μέν ἐστι τῷ Πατρί, διότι ἐξ αὐτοῦ ἐκπορεύεται· ὁμοούσιον δὲ τῷ Υἱῷ, οὐχ ὅτι ἐκπορεύεται, ἄπαγε· ἐπεὶ μηδὲ κἀκεῖνος αὐτῷ διὰ τὴν γέννησιν, ἀλλ’ ὅτι ἐξ ἑνὸς καὶ ἀμερίστου αἰτίου πρὸ αἰώνων τε καὶ ὁμοταγῶς ἑκατέρῳ ἡ πρόοδος.

(54.) νδʹ. Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ. Σύνες, ὦ οὗτος, καὶ μὴ τὴν τοῦ κήρυκος τῆς ἀληθείας θεόσοφόν τε καὶ σωτήριον φωνὴν ὀλεθρίου πάθους σαυτῷ συσκευάζῃς ὑπόθεσιν. Οὐκ ἔστιν ἐργώδης ἡ ἀνάνηψις, οὐκ ὀξυτέρας δεῖται φρενὸς οὐδ’ ἐμβαθύνειν ἐρρωμένης τοῖς κρυφιωτέροις· ἄλλο σημαίνει, Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ, καὶ ἕτερον μυσταγωγεῖ, Τὸ Πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορευόμενον. Μηδέ σε ἡ ὁμοιότης τῶν πτώσεων εἰς ἀνίατον συνελαυνέτω πτῶμα. Πολλὰ γὰρ τῶν ῥημάτων τῷ ὁμοίῳ προαγόμενα τῆς φωνῆς τύπῳ οὐ τὸν ὅμοιον νοῦν οὐμενοῦν οὐδ’ ἐγγὺς διερμηνεύει· καὶ πλεῖστον ἄν σοι τοιούτων κατάλογον ἠθροισάμην, εἰ μή σου τὸ ἀπειθὲς τὴν ἐμὴν σπουδὴν μετέβαλλεν εἰς ὄκνον.

(55.) νεʹ. Σὺ δ’ ἂν ἴσως εἰπεῖν ὑπαχθείης, μᾶλλον δὲ τοῖς σοῖς δουλεύων νόμοις ἀνάγκην ἔχεις μὴ ἀφίστασθαι τῆς ἀτοπίας· Ἐπειδὴ τὸ ἀπαύγασμα τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ ἐκ τοῦ φωτὸς φῶς ὁ Υἱὸς οὐ τοῦτο μόνον θεολογεῖται, ἀλλὰ καὶ αὐτός φησιν· Ἐγώ εἰμι τὸ φῶς τοῦ κόσμου, ἔστι δὲ τὸ φῶς τοῦ φωτὸς ὁμοούσιον „ὁ Υἱὸς τοῦ Πατρός“, τὸν ἐκ τῆς σῆς σοφίας καὶ γνώμης καὶ γλώττης συμπλακέντα σοι βρόχον κἂν ὀψὲ γοῦν, ἵνα μὴ λέγω σαὐτῷ περιθεῖναι, ἀλλ’ οὖν δίκαιος ἦσθα παραιτεῖσθαι (καὶ)138 ζητεῖν τὸν διὰ τῆς ἀγχόνης ὄλεθρον ὅπως γένοιτό σοι διαφυγεῖν.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(53.) Nun sagt die Kirche in heiligmäßiger Weise, sowohl der Sohn sei „des Vaters“ als auch der Vater sei „des Sohnes“ eben, weil beide wesensgleich sind. Und ganz sicher werden wir nicht deshalb, weil theologisch gelehrt wird, der Sohn sei vom Vater gezeugt, und weil es (andererseits) heißt, der Vater sei „des Sohnes“, in lästerlicher Weise das Umgekehrte behaupten (nämlich: dass der Vater vom Sohn gezeugt sei). So implizieren wir denn auch, wenn wir in heiligmäßiger Weise sagen, der Geist sei „des Vaters“ und „des Sohnes“, er sei mit diesen beiden Aussagen völlig wesensgleich.136 Wir wissen jedoch, dass er einerseits mit dem Vater wesensgleich ist, weil er von ihm ausgeht, mit dem Sohn aber wesensgleich ist, nicht weil er von ihm ausgeht  – bewahre  –; denn auch jener ist aufgrund der Zeugung nicht wesensgleich mit ihm, sondern weil für jede von beiden Personen (Sohn und Geist) das Hervorgehen aus dem einen und ungeteilten Grund vor aller Zeit und gleichrangig erfolgt ist.137 (54.) „Der Geist seines Sohnes“: Denk nach, du da, und mache nicht die von göttlicher Weisheit erfüllten, heilbringenden Worte des Verkündigers der Wahrheit zum Ausgangspunkt einer für dich selbst verderblichen Leidenschaft. Es ist keine große Mühe, nüchtern zu werden, es bedarf keines besonders großen Scharfsinns, der sich in die geheimnisvolleren Mysterien zu vertiefen vermag. „Der Geist seines Sohnes“ hat die eine Bedeutung, und eine andere geheimnisvolle Lehre steckt in dem Spruch „der Geist, der vom Vater ausgeht“. Die Ähnlichkeit der Fälle soll dich nicht zu einem irreparablen Fehler [wörtlich: unheilbaren Sturz] führen. Denn viele Ausdrücke, die in ähnlicher sprachlicher Form geäußert werden, drücken nicht denselben Sinn, nicht einmal näherungsweise, aus. Ich könnte dir einen unendlich langen Katalog von solchen Ausdrücken zusammenstellen, wenn nicht deine Unbelehrbarkeit meinen Eifer in Zögern verwandelte. (55.) Du aber könntest vielleicht verleitet werden zu sagen, oder vielmehr siehst du dich unter der Sklaverei deiner (Interpretations-)Regel gezwungen, nicht von deinem Widersinn abzulassen: Da nicht nur in gottgemäßer Weise gelehrt wird, der Sohn sei „der Abglanz des Vaters“139 und „Licht vom Licht“, sondern er auch selbst bezeugt „Ich bin das Licht der Welt“,140 da ferner das Licht dem Licht wesensgleich ist, ist der Sohn „des Vaters wesensgleich“.141 Es wäre recht und billig, dass du den Strick, den du dir aus deiner Weisheit und Einsicht und Wortgewandtheit geflochten hast, wenn auch spät – um nicht zu sagen: dir selbst um den Hals legst, so doch dich vom Tod durch den Strang freibittest und alles daran setzst, um zu vermeiden, dass dieser Tod dich treffe.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(56.) νςʹ. Εἶπεν ὁ θεῖος Παῦλος ὁ τῷ πλάτει τοῦ εὐαγγελικοῦ κηρύγματος τὸν γύρον τῆς οἰκουμένης στενοχωρήσας· Ἐξαπέστειλεν ὁ Θεὸς τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ· ὃ μὲν εἶπε λέγοντα οὐδεμίαν σε δίκην ἀπαιτοῦμεν· ὃ δὲ μὴ εἶπεν, ὡς ἐκείνου κηρύσσοντος δογματίζοντα ἐν δίκῃ σε γραφόμεθα ποινῆς ἔνοχον εἶναι καὶ ἀσεβείας. Εἶπεν ἐκεῖνος ὁ οὐράνιος ἄνθρωπος· Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ· σὺ δὲ ὥσπερ καὶ τὸν τρίτον οὐρανὸν ὑπεραναβὰς καὶ ἀπορρητοτέρων ῥημάτων αὐτήκοος γεγονὼς ἐκείνου μὲν τὴν φωνὴν ὡς ἀτελῆ παραγράφῃ καὶ τῆς σῆς πίστεως ἀπελαύνεις, τελειοποιῶν δὲ τὸ ἐκείνου ἀτελὲς ἀντὶ τοῦ λέγειν Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ τὸ Πνεῦμα δογματίζεις, φεῦ τῆς ἀνυπερβλήτου τόλμης· ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ· καὶ ταῦτα δραματουργῶν καὶ βλασφημῶν τὸν βλασφημούμενον οὐδεμίαν λαμβάνεις αἰδὼ διδάσκαλον καὶ συνήγορον ἐπιγράφεσθαι. Ὄντως ἔδειξας, ἐκ ποίου πνεύματος ἐνεργούμενος καὶ πληρούμενος τὸν τηλικοῦτον καὶ τοσοῦτον ἰὸν τῆς ἀσεβείας ἐξήμεσας.

(57.) νζʹ. Βούλει σοι καὶ ἑτέρας ἱερὰς παραθείην φωνάς, δι’ ὧν σοι καὶ τὸ τῆς ἀπονοίας καὶ παρανοίας στηλιτεύεται κακομήχανον; Ἱερολογεῖται τὸ πανάγιον Πνεῦμα, Πνεῦμα σοφίας, Πνεῦμα συνέσεως, Πνεῦμα γνώσεως, Πνεῦμα ἀγάπης, Πνεῦμα σωφρονισμοῦ, Πνεῦμα υἱοθεσίας. Οὐ γὰρ ἐλάβετε, φησί, πνεῦμα δουλείας εἰς φόβον, ὁ τὸ ἀνέσπερον τῆς ἀληθείας φῶς τῷ τοῦ ἡλίου δρόμῳ συνεξαπλώσας καὶ πᾶσαν τὴν γῆν ταῖς ἐκεῖθεν ἀκτῖσι περιλαβών, ἀλλὰ Πνεῦμα υἱοθεσίας· καὶ πάλιν, Οὐ γὰρ ἔδωκεν ὑμῖν πνεῦμα δουλείας, ἀλλὰ Πνεῦμα σοφίας καὶ ἀγάπης καὶ σωφρονισμοῦ. Καὶ δὴ καὶ Πνεῦμα πίστεως λέγεται καὶ ἐπαγγελίας καὶ δυνάμεως καὶ ἀποκαλύψεως, βουλῆς τε καὶ ἰσχύος καὶ εὐσεβείας καὶ πραότητος· Ἐὰν καὶ προληφθῇ ἄνθρωπος ἔν τινι παραπτώματι, ὑμεῖς, φησίν, οἱ πνευματικοί, καταρτίζετε αὐτὸν ἐν Πνεύματι πραότητος, Παῦλος ἡ πυρίνη γλῶσσα τοῦ Πνεύματος. Καὶ δὴ καὶ Πνεῦμα αἰσθήσεως· λέγει γὰρ τὰ Λόγια· Ἰδοὺ κέκληκα ἐξ ὀνόματος τὸν Βεσελεήλ· ἐπλήρωσα αὐτὸν Πνεῦμα σοφίας καὶ ἐπιστήμης καὶ αἰσθήσεως. Οὐ μήν, ἀλλὰ καὶ ταπεινώσεως λέγεται Πνεῦμα, ὥς που ψάλλουσιν οἱ παῖδες τῷ πυρὶ δροσιζόμενοι· Ἀλλ’ ἐν ψυχῇ συντετριμμένῃ καὶ Πνεύματι ταπεινώσεως προσδεχθείημεν. Ἀλλὰ καὶ κρίσεως Πνεῦμα καὶ καύσεως λέγεται, δι’ ὧν ἡ τιμωρητική τε καὶ καθαρτικὴ τοῦ Πνεύματος ἐμφανίζεται δύναμις. Καὶ γὰρ Ἡσαΐας βοᾷ· Καθαριεῖ αὐτοὺς Κύριος Πνεύματι κρίσεως καὶ Πνεύματι καύσεως. Ἀλλὰ μὴν καὶ Πνεῦμα πληρώσεως ὁ τῶν προφητῶν συμπαθέστατος Ἱερεμίας λέγει· Ἡ ὁδὸς τῆς θυγατρὸς τοῦ λαοῦ μου οὐκ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(56.) Der göttliche Paulus, der durch die weltweite Verkündigung des Evangeliums den Umkreis der bewohnten Erde verengte, hat gesagt: „Gott hat den Geist seines Sohnes ausgesandt“.142 Wenn du sagst, was er gesagt hat, dann erheben wir keine Anklage gegen dich; falls du aber als verbindliche Lehre ausgibst und ihm in den Mund legst, was er nicht gesagt hat, so reichen wir eine gerichtliche Klage ein, dass du der Straffälligkeit und der Gottlosigkeit schuldig bist. Jener himmlische Mensch143 hat gesagt „Der Geist seines Sohnes“; du aber, als ob du noch höher als bis in den dritten Himmel aufgestiegen wärest und mit eigenen Ohren noch geheimere Worte gehört hättest,144 streichst sein Wort als unvollkommen durch und verbannst es aus deinem Glauben; und anstatt zu sagen, „Der Geist seines Sohnes“, vervollkommnest du seine (scil. des Paulus) Unvollkommenheit und gibst als verbindliche Lehre aus, der Geist – wehe deiner unübertroffenen Verwegenheit! – gehe vom Sohn aus. Und während du diese Dinge in Szene setzst und Schmähungen aussprichst, hast du nicht die geringste Scheu, den Geschmähten als Lehrer und Verteidiger zu beanspruchen. Du hast tatsächlich gezeigt, von welchem Geist durchdrungen und erfüllt du eine solche Menge derart bitteren Gifts der Gottlosigkeit145 ausgespien hast. (57.) Willst du, dass ich dir noch andere heilige Aussprüche vorlege, durch welche die üble List deines Wahnsinns und deiner Verleumdung gebrandmarkt wird? Der allheilige Geist wird heiligmäßig gelehrt als Geist der Wahrheit,146 Geist des Verstandes, Geist der Erkenntnis,147 Geist der Liebe, Geist der Besonnenheit,148 Geist der euch zu Söhnen macht. Denn „ihr habt nicht den Geist der Furchtsamkeit empfangen, dass ihr euch fürchten müsstet“ sagt der (scil. Paulus), der das Licht der Wahrheit, das keinen Abend kennt, dem Lauf der Sonne folgend, ausgebreitet hat und mit den davon ausgehenden Strahlen die ganze Erde umfasst hat, „sondern (fährt er fort) den Geist der euch zu Söhnen macht“.149 Und wiederum: „Er hat euch nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern den Geist der Weisheit, der Liebe und der Besonnenheit“.150 Vollends wird er Geist des Glaubens und der Verheißung genannt, (Geist) der Kraft und der Offenbarung, des Rates und der Stärke, der Gottesfurcht151 und der Sanftmut. „Würde so ein Mensch etwa bei einem Fehler ertappt, so sollt ihr, die ihr Menschen des Geistes seid, ihm mit dem Geist der Sanftmut wieder aufhelfen“,152 so sagt Paulus, die feurig brennende Zunge des Geistes.153 Und gewiss wird er auch Geist der Kenntnis genannt. Denn so sagt die Schrift: „Siehe, ich habe Beseleel mit seinem Namen gerufen, ich habe ihn mit (göttlichem) Geist der Weisheit, des Verstandes und der Kenntnis erfüllt“.154 Und damit nicht genug; er wird aber auch Geist der Demut genannt, wie ihn an einer Stelle die (drei) Knaben, die mitten im Feuer155 Kühlung empfangen, besingen: „Möchten wir vielmehr angenommen werden mit einer zerknirschten Seele und einem Geist der Demut“.156 Er wird aber auch Geist des Gerichts und des Verbrennens genannt,

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

εἰς ἅγιον οὔτε εἰς καθαρὸν Πνεῦμα πληρώσεως· ἀντὶ τοῦ· Οὐ πεπλήρωται καθαροῦ καὶ ἁγίου Πνεύματος. Τί οὖν διὰ τοῦτο σὺ τὴν ὀφρὺν ἀνασπᾷς; ἐκ τῶν χαρισμάτων, ἅπερ αὐτὸ χορηγεῖ καὶ χαρίζεται, τὸ πανάγιον θεομαχήσεις ἐκπορεύεσθαι Πνεῦμα καὶ τὴν ὕπαρξιν καὶ τὴν ἐκπόρευσιν ἐκεῖθεν ἑλκύσαι; καὶ μή σε τῆς ἀσεβείας ἡ πρόσκλησις ἐκ τῶν δεξιῶν ὑποδραμοῦσα τὴν σὴν ἀναπείσῃ κατασοφίζεσθαι σωτηρίαν, ὅτι μὲν γὰρ ὁ Υἱὸς καὶ Λόγος τοῦ Θεοῦ καὶ Σοφία καὶ Δύναμις καὶ Ἀλήθεια τοῖς ἱεροῖς ἡμῶν ἀνακηρύττεται Λόγοις, πᾶσιν ἡ γνῶσις ἐξήπλωται· ὅτι δὲ καὶ τὸ πανάγιον Πνεῦμα οὐ μόνον λέγεται τοῦ Υἱοῦ, ἀλλὰ καὶ τῶν χαρισμάτων, ὧν τῆς διανομῆς τὸ κῦρος ἔχει, ἐπίσης ὁ νοῦν ἔχειν ἠξιωμένος Χριστοῦ συνεπίσταται.

(58.) νηʹ. Τοιγαροῦν ὁ σὸς νόμος ἐπιτάξει σοι, μᾶλλον δὲ συναναγκάσει, μὴ μόνον ἐκ τοῦ Υἱοῦ λέγειν τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι, διότι τοῦ Υἱοῦ λέγεται, ἀλλὰ καὶ ἐκ τῆς συνέσεως καὶ ἐκ τῆς τῶν χαρισμάτων διανομῆς καὶ ἀπὸ τῶν μυρίων ἄλλων θεοπρεπῶν ἐνεργειῶν τε καὶ δυνάμεων, ὧν τὸ πανάγιον Πνεῦμα πηγὴ καὶ χορηγὸς δοξολογεῖται καὶ ἐπιγινώσκεται, μάλιστα δὲ ἐκ τῆς πίστεως καὶ τῆς ἀποκαλύψεως, τῆς ἐπαγγελίας τε καὶ τῆς κρίσεως καὶ συνέσεως· ὅτι μηδὲ κακουργεῖν σοι πάρεστιν μηδὲ λίαν βουλομένῳ τούτοις ὀνομάζεσθαι τὸν Υἱόν.

(59.) νθʹ. Εἰ δέ τις ἐν τούτοις Πνεῦμα νομίσοι παραλαμβάνεσθαι οὐκ αὐτὸ τὸ πανάγιον καὶ ὁμοούσιον τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ Πνεῦμα, ἀλλὰ τὰ ἐκεῖθεν βρύοντα χαρίσματα, διότι πρὸς ἐκεῖνο τὴν ἀναφορὰν ἔχει καὶ αὐτὸ ταῦτα διανέμει, τὴν τοῦ Πνεύματος ἐπωνυμίαν οἰκειώσασθαι, καίτοι πολλὰ λέγειν ἔχων ὅμως νῦν οὐκ ἐρῶ. Διὰ τί; Διότι εἰ καὶ τοῦτο συγχωρηθείῃ, οὐδὲν ἔλαττον αὐτῶν ἀπελέγχεται τῆς παρανομίας τὸ ἐπιχείρημα· ἐπεὶ γὰρ τοῦ Πνεύματος λέγεται τὰ χαρίσματα, ὁ δὲ καινὸς αὐτοῖς ἐπιτάσσει νόμος, ἐκεῖθεν προϊέναι κηρύσσειν τὸ Πνεῦμα, οὗ καὶ εἶναι λέγεται, οὐκέτι τὸ Πνεῦμα ὧν λέγεται, ταῦτα προάγειν ἐροῦσιν, ἀλλ’ ἀντιστρέψαντες φήσουσι τῆς συνέσεως ἐκπορεύεσθαι καὶ προϊέναι τὸ χάρισμα καὶ τῆς σοφίας καὶ τῶν ἄλλων ἁπάντων τῶν προειρημένων· ὥστε οὐ τὸ χάρισμα ἤτοι διὰ τοῦ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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wodurch die strafende und läuternde Kraft des Geistes anschaulich gemacht wird. Denn Jesaja ruft aus: „Der Herr wird sie reinigen mit einem Geist des Gerichts und mit einem Geist des Verbrennens“.157 Indessen nennt ihn Jeremias, der mitfühlendste unter den Propheten auch „Geist des Erfüllt-Seins“: „Der Weg der Tochter meines Volkes (führt) nicht zu einem heiligen noch zu einem reinen Geist des ErfülltSeins“,158 – das steht für „sie ist nicht erfüllt von einem reinen und heiligen Geist“ –. Warum nun ziehst du die Augenbrauen darüber hoch? Wirst du dich wider Gott erheben (mit der Behauptung), von den Gnadengaben, die er selbst verleiht und schenkt, gehe der allheilige Geist hervor und beziehe daraus seine Existenz sowie sein Hervorgehen?159 Dass dich (nur ja) nicht die Versuchung zur Gottlosigkeit heimtückisch [wörtlich: von rechts her] ereile und dich verleite, durch deine eigene Weisheit dein Heil zu verspielen! Dass der Sohn in unserer Hl. Schrift auch als Logos Gottes, als Weisheit und Kraft und Wahrheit (Gottes) verkündet wird, dieses Wissen ist allgemein verbreitet; dass aber auch der allheilige Geist nicht nur (Geist) „des Sohnes“ genannt wird, sondern auch (Geist) „der Gnadengaben“, über deren Austeilung er die Verfügungsmacht besitzt,160 das weiß gleichfalls (zumindest) derjenige, der gewürdigt ist, den Geist Christi161 zu besitzen. (58.) Infolgedessen wird dir deine Interpretationsregel befehlen oder dich vielmehr zwingen, zu sagen, der Geist gehe nicht nur vom Sohn aus, weil es in der Bibel heißt, er sei „des Sohnes“, sondern auch von dem Verstand und der Austeilung der Gnadenbaben und von den unzähligen anderen gottgeziemenden Wirkungen und Kräften, als deren Quelle und Spender der allheilige Geist gepriesen und erkannt wird,162 und besonders von dem Glauben und der Offenbarung, der Verheißung und dem Gericht und dem Verstand. Denn du kannst diese Ausdrücke nicht (so) verdrehen, auch wenn du noch so sehr wolltest, dass der Sohn durch sie bezeichnet wird. (59.) Wenn jemand dagegen glaubt, an diesen Stellen sei „Geist“ nicht aufzufassen als der allheilige, mit Vater und Sohn wesenseine (Hl.) Geist, sondern die aus ihm hervorquellenden Gnadengaben163 hätten sich, weil sie auf ihn zurückgehen und er sie austeilt, den Namen „Geist“ zu eigen gemacht, so will ich darüber im Augenblick nichts sagen, obwohl ich vieles zu sagen vermöchte. Warum? Weil, selbst wenn dies zugestanden wird, ihr (der Gegner) gesetzwidriges Unterfangen trotzdem widerlegt wird. Da es nämlich von jenem Geist heißt, er sei Geist „der Gnadengaben“,164 ihnen (scil. den Gegnern) die neue Interpretationsregel hingegen gebietet zu verkündigen, der Geist gehe aus dem hervor, als „dessen“ er bezeichnet werde, so werden sie nicht länger sagen, der Geist bringe das hervor, als dessen er bezeichnet wird; vielmehr werden sie umgekehrt sagen, vom Verstand und von der Weisheit und von allen anderen genannten Dingen gehe die

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

πνευματικοῦ χαρίσματος τὸ Πνεῦμα οὐδὲ τὴν σύνεσιν χορηγεῖ οὐδὲ τὴν σοφίαν ἢ τὴν δύναμιν, οὐδὲ τὴν υἱοθεσίαν οὐδὲ τὴν ἀποκάλυψιν, οὐδὲ τὴν πίστιν, οὐδὲ τὴν εὐσέβειαν· ἀλλὰ μᾶλλον τοὐναντίον ἡ σύνεσις καὶ ἡ ἀποκάλυψις καὶ ἡ εὐσέβεια καὶ ἡ πίστις καὶ ὁ σωφρονισμὸς προάγουσι τὰ χαρίσματα, ἅπερ σοι φίλον καλεῖν Πνεύματα, καὶ τῶν ἄλλων ὡσαύτως ἕκαστον, μᾶλλον δὲ, εἴπερ ἕκαστον τῶν χαρισμάτων πνεῦμά σοι καλεῖσθαι νομίζεται, καὶ τῷ ἀριθμῷ τῶν δωρεῶν τὸ πλῆθος τῶν πνευμάτων συναύξεται, καὶ οὐδὲν ἐνταῦθά σοι Πνεῦμα εἰπεῖν ἢ χάρισμα διαφέρει· οὗ δὲ λέγεται εἶναι τὸ Πνεῦμα, ἐκεῖθεν ἡ σὴ νομοθεσία προέρχεσθαί τε καὶ προάγεσθαι κελεύει· ἕκαστον ἄρα σὺ τῶν χαρισμάτων ἢ τῶν πνευμάτων εἰς δύο τεμὼν ἀνθ’ ἑνὸς πλείω ποιήσεις; ἵν’ ᾗ τὸ μὲν χορηγοῦν, τὸ δὲ χορηγούμενον, καὶ τὸ μὲν προάγον, τὸ δὲ προαγόμενον, ἡ πίστις πίστιν καὶ ἡ σύνεσις σύνεσιν καὶ ἡ αἴσθησις αἴσθησιν, καὶ πόσον ἄν τις καταναλώσῃ χρόνον τὸν σὸν διερχόμενος λῆρον.

(60.) ξʹ. Ἀλλὰ γὰρ καὶ τοῦτο καθ’ ἑαυτῆς ἡ αἵρεσις συνάγει· τὸ μὲν πανάγιον Πνεῦμα διανεμεῖ χαρίσματα τοῖς ἀξίοις· αὕτη δὲ οὐδὲν, ὡς ἔοικεν, ἀρεσκομένη, οὐδὲ τῇ τούτου διανομῇ, τέμνει ταῦτα καὶ λεπτύνει καὶ εἰς πλείους μοίρας καταμερίζει, ἵν’ ἔχοι τοὺς αὐτῇ πειθομένους φιλοτιμεῖσθαι ταῖς δωρεαῖς ἐπὶ μᾶλλόν τε καὶ δαψιλέστερον· καὶ γέγονεν αὐτοῖς ἡ τῆς διανοίας ταραχὴ καὶ σύγχυσις τὴν τῶν πραγμάτων φύσιν καὶ τάξιν εἰς ἀνατροπὴν καὶ φυρμὸν περιτρέπουσα, καὶ ἡ πρώτη καταβολὴ τοῦ δυσσεβήματος μυρίας αἱρέσεις ἀποτίκτουσα. Ἀλλὰ γὰρ εἰ καὶ ἀποχρώντως ἔχει ταῦτα πείθειν τε τοὺς μὴ παντελῶς εἰς ἀσέβειαν ἀποβεβηκότας καὶ τοὺς ἀναισχυντεῖν ἑλομένους διελέγχειν καὶ τοὺς δεισιδαιμονεῖν ἐπικλιθέντας ἐπανορθοῦσθαι, ἀλλ’ οὖν οὐδὲ τὰ λείποντα παραλείψομαι. Ἄλλος μὲν γὰρ τῶν νοσούντων ἑτέρᾳ θεραπείᾳ, ἕτερος δὲ δι’ ἑτέρας ἢ ἀπαλλάσσεται τοῦ νοσήματος, ἢ ἑκὼν διελέγχεται καὶ διὰ μοχθηρίαν γνώμης τὸ ἀνίατον ὑφιστάμενος.

(61.) ξαʹ. Διόπερ οὐδὲ ταῦτα παριδεῖν δίκαιον. Εἰ γεγέννηται μὲν ὁ Υἱὸς ἐκ τοῦ Πατρός,166 ἐκπορεύεται δὲ τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Υἱοῦ, πῶς οὐχὶ ἡ δυσσέβεια κατὰ τὴν οἰκείαν δόξαν οὐκ εἰς υἱωνὸν τὸ Πνεῦμα παραπέμπει καὶ τὸ φρικτὸν τῆς θεολογίας ἡμῶν οὐκ εἰς μακροὺς ἀπελάσει λήρους;

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Gnadengabe aus und komme sie her. Also: nicht die Gnadengabe  – oder der Geist durch Vermittlung der Geistgabe – verleiht den Verstand oder die Weisheit, die Kraft oder die Kindschaft, oder die Offenbarung oder den Glauben oder die Frömmigkeit. Vielmehr ist (dann) das Gegenteil der Fall: der Verstand, die Offenbarung und die Besonnenheit bringen die Gnadengaben hervor, die du „Geister“ zu nennen beliebst, und auch jede andere (Gabe) in entsprechender Weise. Oder vielmehr steigt dann, wenn es dir als Gesetz gilt, dass jede dieser Gaben Geist genannt werde, gleichzeitig mit Zahl der Gaben auch die Menge der Geister und es ist in diesem Fall für dich kein Unterschied, ob du Geist sagst oder Gnadengabe. Als „wessen“ der Geist bezeichnet wird, daraus geht er auch hervor und daraus wird er hervorgebracht, so gebietet es deine Gesetzgebung. Indem du also jede der Gaben oder jeden der Geister in Zwei teilst, wirst du statt eines Geistes mehrere schaffen, sodass sich ein Geist ergibt, der verleiht, und einer, der verliehen wird, einer, der hervorbringt, und einer, der hervorgebracht wird, nämlich der Glaube den Glauben, der Verstand den Verstand, die Kenntnis die Kenntnis. – was für eine ungeheure Zeitverschwendung, wenn einer dein Geschwätz bis zum Ende durchdenkt –! (60.) Aber es gibt noch etwas, das die Ketzerei gegen sich vorbringt. Der allheilige Geist verteilt Gaben an die Würdigen.165 Jene (scil. die Ketzerei) aber, weil sie, wie es scheint, mit nichts zufrieden ist, auch nicht mit der Austeilung durch diesen, zerschneidet diese (Gaben) und verkleinert und zerteilt sie in mehrere Stücke, um zu erreichen, dass ihre Anhänger ihren Ehrgeiz durch mehr und reichlichere Gaben befriedigen können. Und so ist es gekommen, dass die Störung und Verwirrung ihres Sinnes die Natur und die Ordnung der Dinge in Umwälzung und Verwirrung stürzt, und die erste Aussaat der Gottlosigkeit unzählige Ketzereien gebiert! Jedoch, selbst wenn das Gesagte ausreicht, um diejenigen zu überzeugen, die nicht vollends in der Gottlosigkeit gelandet sind, (ferner) diejenigen vollständig zu widerlegen, die sich für ein unverschämtes Handeln entschieden haben, und diejenigen aufzurichten, die in den Aberglauben gefallen sind, so wollen wir dennoch auch das noch Ausstehende nicht übergehen. Denn ein Patient wird durch diese, ein anderer durch jene Therapie von der Krankheit befreit, oder aber es erweist sich, dass er aus freien Stücken und wegen Minderwertigkeit seines Denkens der Unheilbarkeit verfallen ist. (61.) Aus diesem Grund ist es keinesfalls angebracht, Folgendes zu übergehen: Wenn der Sohn vom Vater gezeugt ist, der Geist aber vom Sohn ausgeht, wird nicht die Gottlosigkeit nach ihrer eigenen Ansicht den Geist zum Enkel167 machen und das schauererregende Geheimnis (Mysterium tremendum) unserer Gotteslehre in endloses Geschwätz abirren lassen?

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(62.) ξβʹ. Ἴδοις δ’ ἂν κἀντεῦθεν τὴν ὑπερβολὴν τοῦ δυσσεβήματος. Εἰ προσεχὲς μέν ἐστιν αἴτιον τοῦ Πνεύματος ὁ Πατήρ, ὥσπερ καὶ τοῦ Υἱοῦ· ἀμέσως γὰρ ὁμοίως ἥ τε γέννησις καὶ ἡ ἐκπόρευσις· οὐδὲ γὰρ διὰ μέσου τινὸς ὁ Υἱὸς γεννᾶται· ἀμέσως δ’ ὁμοίως καὶ τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεται· λέγει δὲ τῶν ἀσεβῶν ὁ λῆρος ἐκπορεύεσθαι τὸ Πνεῦμα καὶ ἐκ τοῦ Υἱοῦ, τὸ αὐτὸ ἂν αἴτιον ὁ Πατὴρ καὶ πόρρω καὶ προσεχὲς αἴτιον εἶναι τοῦ αὐτοῦ ἀναρρηθείη, ὅπερ οὐδὲ ἐπὶ τῆς ῥεούσης καὶ ἀλλοιουμένης φύσεως ἔστιν ἐπινοεῖν.

(63.) ξγʹ. Ὁρᾷς τοῦ δυσσεβήματος τὸ παράλογον; Ὅρα κἀντεῦθεν· Ἅμα μὲν τοῦ Πατρὸς γεννᾶσθαι τὸν Υἱὸν καὶ ἅμα τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι, ἀκόλουθόν τε θεολογεῖν καὶ τῆς ἀσωμάτου καὶ ὑπερφυοῦς οὐσίας τοὺς νόμους ἐστὶ μὴ ἀγνοεῖν· ἅμα δὲ τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι μὲν τοῦ Πατρός, ἐκπορεύεσθαι δὲ καὶ τοῦ Υἱοῦ, τὸ γὰρ πρότερον καὶ ὕστερον τῆς ἀϊδίου Τριάδος ἀλλότριον, πῶς οὐχ ἡ διαφορὰ τῶν θεουργικῶν αἰτίων διαφόρους οὐ συναπαρτίσει τὰς ὑποστάσεις, καὶ τομὴν ἐπαφήσει κατὰ τῆς ἀτμήτου καὶ ἁπλῆς καὶ ἑνιαίας τοῦ Πνεύματος ὑποστάσεως; Τῆς μὲν γὰρ αὐτῆς ὑποστάσεως διαφόρους προελθεῖν ἐνεργείας τε καὶ δυνάμεις, μάλιστά γε ἐπὶ τῶν ὑπερφυῶν καὶ κρεῖττον ὑφισταμένων λόγου, ῥᾷόν τέ ἐστι συνιδεῖν καὶ μυρία λαβεῖν τὰ μαρτύρια· εἰς διάφορα δὲ τὴν ἀναφερομένην ὑπόστασιν αἴτια οὐδαμῶς ἔστιν εὑρεῖν μὴ τῷ διαφόρῳ τῶν αἰτίων καὶ αὐτὴν μὴ συνδιαφέρειν ἑαυτῆς καὶ συνδιατέμνεσθαι.

(64.) ξδʹ. Ἐπὶ δέ γε τοῖς εἰρημένοις·171 εἰ πᾶν ὅπερ ἕν ἐστι μὲν τῷ Θεῷ, οὐκ ἐν τῇ ἑνότητι δὲ καὶ ὁμοφυΐᾳ τῆς παντοκρατορικῆς ὁρᾶται Τριάδος, τοῦτο δή, τοῦτο πάντως ἑνός ἐστι τῶν τριῶν· ἡ δὲ τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσις οὐκ ἔστι τῆς ἐν τῇ Τριάδι θεωρουμένης ὑπερφυοῦς ἑνάδος, ἑνὸς ἄρα καὶ μόνου ἐστὶ τῶν τριῶν. Προσέχειν δὲ δεῖ καὶ τῇ τοιαύτῃ τοῦ λόγου διασκέψει· εἰ γὰρ ἐκπορεύεται μὲν τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ, οὐχ ὕστερον δὲ οὐδὲ πρότερον ἤπερ αὐτὸς γεννᾶται ἐκ τοῦ Πατρὸς, ὡς πορρωτάτω γὰρ τὰ χρονικὰ ταῦτα προσρήματα τῆς ὑπεραϊδίου Θεότητος, ἐν τῷ γεννᾶσθαι τὸν Υἱὸν ἐκ τοῦ Πατρός, ἐν τούτῳ ἄρα τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεται τοῦ Υἱοῦ· εἰ οὖν ἐν ᾧ διὰ γεννήσεως πρόεισιν ὁ Υἱός, ἐν τούτῳ δι’ ἐκπορεύσεως προάγει τὸ Πνεῦμα, καὶ προάγοντί τε καὶ προαγομένῳ συνυφίσταται, τοῦτο γὰρ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(62.) Du kannst auch aus Folgendem das Übermaß der Gottlosigkeit ablesen: Wenn der Vater die unmittelbare Ursache des Geistes wie auch des Sohnes ist; denn ohne Vermittlung (geschieht) ebenso die Zeugung wie das Hervorgehen:168 der Sohn wird ja ohne Dazwischentreten eines anderen gezeugt; und genau so unmittelbar geht auch der Geist (vom Vater) aus.169 Das dumme Geschwätz der Gottlosen hingegen besagt, der Geist gehe auch vom Sohn aus. Daraus ergäbe sich, dass dasselbe Verursachende, nämlich der Vater, gleichzeitig zum mittelbaren (entfernteren) und unmittelbaren Verursachenden von (ein und) demselben erklärt würde, was nicht einmal bei der im Fluss befindlichen und der Veränderung unterworfenen Natur denkmöglich ist. (63.) Siehst du, auf welchen Widersinn die Gottlosigkeit hinausläuft? Doch achte auch auf Folgendes: Dass vom Vater gleichzeitig der Sohn gezeugt wird und der Geist ausgeht, das ist (logisch) folgerichtige Gotteslehre und ignoriert nicht die Gesetze, die für das unkörperliche und übernatürliche Sein (scil. Gottes) gelten. Wenn aber der Geist vom Vater und (im Sinne der ketzerischen Lehre) gleichzeitig auch vom Sohn ausgehen soll – denn ein Vorher und Nachher ist der ewigen Trinität fremd –, wird dann nicht der Unterschied der göttlich wirkenden (theurgischen) Ursachen zugleich auch die Hypostasen als unterschiedliche ausmachen und (so) eine Trennung in der untrennbaren, einfachen und einheitlichen Hypostase des Geistes verursachen?170 Dass von ein und derselben Hypostase unterschiedliche Wirkungen und Kräfte ausgehen, das ist, zumal bei denjenigen (Hypostasen), die den Bereich des Natürlichen und Vernünftigen übersteigen, leichter einzusehen, und dafür lassen sich unzählige Zeugnisse beibringen. Aber dass eine Hypostase, die auf verschiedene Ursachen zurückgeht, nicht auch selber durch die Verschiedenheit der Ursachen in sich selbst unterschiedlich und getrennt wäre, das ist nirgends zu finden. (64.) Dem Gesagten ist noch Folgendes hinzuzufügen: Wenn alles, was in Gott eines ist, aber nicht in der Einheit und Wesensgleichheit der allgewaltigen Trinität zu erkennen ist, dann handelt es sich in jedem Fall um ein (Merkmal) einer der drei (Personen). Das Hervorgehen des Geistes aber ist nicht der übernatürlichen Einheit zuzurechnen, wie sie in der Trinität erschaut wird. Es ist also einer einzigen unter den drei (Personen) zugehörig. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit jedoch auch auf eine Überlegung folgender Art richten. Wenn nämlich der Geist vom Sohn ausgeht, (und zwar) weder nach noch vor dessen Zeugung vom Vater – denn diese zeitlichen Kategorien sind von der urewigen Gottheit denkbar weit entfernt zu halten  –, so geht folglich gleichzeitig mit der Zeugung des Sohnes vom Vater in diesem Augenblick der Geist aus dem Sohn hervor. Wenn nun zu demselben Zeitpunkt, in dem der Sohn durch Zeugung hervorgeht, er durch Her-

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

τῆς ἀσεβοῦς εἰσπορᾶς172 τὸ γεώργιον· ἐν ᾧ ἄρα γεννᾶται ὁ Υἱός, ἐπίσης ἂν εἴη τὸ Πνεῦμα καὶ συγγεννώμενον τῷ Υἱῷ καὶ ἐκπορευόμενον ἐξ αὐτοῦ· ὥστε τὸ Πνεῦμα γεννητόν τε ἅμα καὶ ἐκπορευτόν· γεννητὸν μέν, ὅτι τῷ Υἱῷ γεννωμένῳ συμπρόεισιν, ἐκπορευτὸν δέ, ὅτι διπλῆν ὑπομένει τὴν ἐκπόρευσιν· ὧν τί ἂν φωραθείη πρὸς ἀσέβειαν ἢ πρὸς μανίαν χαλεπώτερον;

(65.) ξεʹ. Ὁρᾷς σου τὰ σοφίσματα καὶ τῶν χρήσεων τὴν παράχρησιν, εἰς οἷόν σε βόθρον πλάνης καὶ ἀπωλείας συνώθησε· καὶ ὅτι τό, Ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται, καὶ δὴ καὶ τό, Ἐξαπέστειλεν ὁ Θεὸς τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ, οὐ μόνον οὐδεμίαν συνηγορίαν τῇ σῇ βλασφήμῳ παρέχονται γλώσσῃ, ἀλλὰ καὶ πάντων μᾶλλον τὴν τόλμαν αὐτῆς διελέγχουσι καὶ τὴν δίκην ἐπάγουσιν ἄφυκτον. Ἀλλὰ μέχρι τίνος δεῖ σχολάζειν τοῖς ἀκριβῶς ἤδη καὶ πολυμερῶς ἀποδεδειγμένοις, δέον καὶ εἴ τι ἕτερον αὐτοῖς προκομίζεται τῆς κακοσχόλου γνώμης διασκορπίσαι;

(66.) ξςʹ. Ἀμβρόσιον καὶ Αὐγουστῖνον καὶ Ἱερώνυμον καί τινας ἑτέρους τῷ δόγματι τῆς Ἐκκλησίας ἀντανιστῶσι· καὶ γάρ φασιν αὐτοὺς τὸ Πνεῦμα δογματίζειν ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ· Καὶ δεῖ τοὺς ἱεροὺς πατέρας μὴ δυσσεβείας ὑπάγειν ἐγκλήματι. Ἢ γὰρ εὐσεβῶς ἐδογμάτισαν καὶ χρὴ τοὺς, ὅσοι πατέρας αὐτοὺς ἐπιγράφονται, συμφρονεῖν αὐτῶν τῷ φρονήματι, ἢ τῶν δυσσεβῶν εἰσηγητὰς δογμάτων γεγονότας κἀκείνους μετὰ τοῦ φρονήματος ὡς ἀσεβεῖς ἀποπέμπεσθαι. Ταῦτά τινες οἱ νεανικοὶ μὲν τὴν ἀπόνοιαν, δεδιότες δὲ μὴ πού τι τῶν ἀτολμήτων διαφυγὸν174 αὐτῶν τὴν τόλμαν ἄπρακτον, ὅσα γε τῇ σφῶν γνώμῃ καὶ σπουδῇ, γένοιτο. Οὐδὲ γὰρ οὐδ’ ἤρκεσεν αὐτοῖς οὔτε τῆς δεσποτικῆς φωνῆς ἡ διαστροφὴ οὔτε τοῦ κήρυκος τῆς εὐσεβείας ἡ πρὸς ἀσέβειαν διαβολή· ἀλλ’ ἀτελὲς αὐτῶν ἡγοῦνται τὸ σπούδασμα, εἰ μὴ καὶ οὓς πατέρας ὑμνοῦσι ζητήσουσι δι’ ὧν ἐξυβρίζουσιν. Ἁπλοῦς δὲ τῆς ἀληθείας ὁ καταισχύνων αὐτοὺς κἀνταῦθα λόγος, Σύνετε, λέγων, ὅποι φέρεσθε, μέχρι τίνος ὑμῶν τὸν ὄλεθρον εἰς αὐτὰ τὰ τῆς ψυχῆς ἐμβαθύνετε καίρια.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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vorbringung den Geist ins Dasein ruft, dann gelangt er gleichzeitig mit dem Hervorbringenden und dem Hervorgebrachten zur Existenz  – das nämlich, siehst du, ist die Ernte der gottlosen Saat –! Während also der Sohn gezeugt wird, wäre also der Geist sowohl mit dem Sohn zugleich gezeugt und von ihm ausgehend. Infolgedessen wäre der Geist zugleich gezeugt und ausgegangen; gezeugt, weil er zusammen mit dem gezeugten Sohn hervorgeht, ausgegangen, weil ihm ein doppeltes Hervorgehen widerfährt. Was ließe sich Fürchterlicheres an Gottlosigkeit oder Wahnsinn ausfindig machen? (65.) Du siehst, in welchen Abgrund von Irrtum und Verderben dich deine Spitzfindigkeiten und die missbräuchliche Verwendung von Zitaten haben stürzen lassen, und dass auch das „Von dem Meinen wird er nehmen“, wie natürlich auch das „Gott hat den Geist seines Sohnes gesandt“ nicht nur keinerlei Verteidigung für deine gottlose Zunge bieten, sondern mehr als alles andere ihre Verwegenheit bloßlegen und ihr eine unvermeidbare Bestrafung zuziehen. Aber wie lange müssen wir noch Zeit verlieren mit Dingen, die wir bereits akribisch und detailliert aufgezeigt haben, während es gilt, noch andere Argumente zu zerstreuen, falls sie wegen ihres übelmüßigen Denkens173 vorzubringen haben. (66.) Sie stellen Ambrosius, Augustinus, Hieronymus und manche andere dem Dogma der Kirche entgegen.175 Denn diese dogmatisieren, so behaupten sie, der Geist gehe aus dem Sohn hervor.176 „Wir dürfen nicht die heiligen Väter dem Vorwurf der Ketzerei aussetzen. Denn entweder haben sie rechtgläubig gelehrt; dann müssen sich diejenigen, die sie als ihre Väter anerkennen, mit ihrer Gesinnung identifizieren. Oder sie haben gottlose Lehren eingeführt; dann müssen sie (deshalb) mitsamt ihrer Gesinnung als Gottlose ausgeschlossen werden“. Dies sagen177 einige Leute, die zwar jugendliche Kühnheit in ihrer Unvernunft haben, aber andererseits sich davor fürchten (Sorge haben), dass irgendeine äußere Verwegenheit ihrer Kühnheit entgehe und zumindest in Hinblick auf ihr Meinen und Streben ungetan bliebe. Denn es war ihnen überhaupt nicht genug, weder die Worte des Herrn zu verfälschen178 noch den Herold des rechten Glaubens in den üblen Ruf der Gottlosigkeit zu bringen; vielmehr betrachten sie ihr Bemühen als unvollkommen, als sie nicht einen Grund suchten, sich auch über die zu empören, die sie als Väter preisen. Aber auch hier ist das Wort der Wahrheit unzweideutig, welches sie beschämt, indem es zu ihnen sagt: Seid verständig (und bedenkt), wohin ihr euch treiben lasst, wie tief ihr euer Verderben in den Wesenskern eurer Seele eindringen lasst!

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(67.) ξζʹ. Τίνες πατέρας τοὺς ἱεροὺς ἄνδρας ὡς ἀληθῶς νομίζουσιν, οὓς ἠνάγκασεν ὑμᾶς ὁ δύσερως τῆς ἀποστασίας ἔρως ὑπερασπιστὰς προκομίζειν τοῦ δυσσεβήματος; Τίνες αὐτοῖς μᾶλλον τὸ πατρικὸν διασώζουσιν δίκαιον; οἱ μηδὲν αὐτοὺς ἀντιφθέγγεσθαι τῷ κοινῷ δεσπότῃ μηδόλως παραδεχόμενοι, ἢ οἱ τούτους βιαζόμενοι πρὸς ἀντίπαλον καταστῆναι τῆς δεσποτικῆς φωνῆς μαρτυρίαν καὶ τὴν θαυμαστὴν ἐκείνην μυσταγωγίαν, δι’ ἧς θεολογοῦμεν τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι, διαστρέφειν ἰδίαις εὑρεσιλογίαις; Καὶ γὰρ πῶς οὐ ἔστι κατάδηλον, ὡς ἡ αἵρεσις ῥήματι μὲν τοὺς εἰρημένους ἄνδρας πατέρας καλεῖν, γυμνῷ γὰρ καὶ τιμῆς ἁπάσης οὐ φθονεῖ μεταδιδόναι τῷ ὀνόματι,179 ἔργῳ δὲ καὶ τῇ κατασκευαζούσῃ μηχανῇ τὸ οἰκεῖον βούλημα εἰς τὴν τῶν θεομάχων καὶ φθοροποιῶν μοῖραν αὐτοὺς ἀπελαύνουσιν, εἰ μήπω ἄρα οἱ πάντα τολμηταὶ τοιούτοις αὐτῶν τοὺς πατέρας προνομίοις νομίζουσιν ἐπαγλαΐζεσθαι;

(68.) ξηʹ. Ἀνεῖπεν Ἀμβρόσιος ἢ Αὐγουστῖνος ἢ ὅστις ἕτερος τῆς δεσποτικῆς φωνῆς ἐναντία· τίς τοῦτό φησιν; εἰ μὲν ἐγώ, τῶν σῶν πατέρων ὑβριστής εἰμι· εἰ δὲ σὺ μὲν λέγεις, ἐγὼ δὲ κωλύω, σὺ μὲν ὑβρίζεις, ἐγὼ δέ σε τῶν πατέρων ὑβριστὴν καταψηφίζομαι. Ἀλλά, φησί, γεγράφασι ταῦτα καὶ τοῖς ἐκείνων λόγοις ἐμπεριέχεται, τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι. Καὶ τί τοῦτο; Εἰ μὲν διδαχθέντες οὐ μετέθεντο, εἰ τοῖς δικαίοις ἐλέγχοις οὐ μετεβάλοντο, τὸ σὸν ἔργον λέγεις καὶ τὴν σὴν ἀνουθέτητον γνώμην, ἄλλη πάλιν αὕτη κατὰ τῶν σῶν πατέρων συκοφαντία, εἰς τὴν ἐκείνων ἀναφέρεις διδασκαλίαν. Εἰ δὲ οἷα τὰ ἀνθρώπινα καίτοι τὰ ἄλλα τοῖς ἀρίστοις ἐνευθυνοῦντες ἢ ἀγνοίᾳ τινὶ περιέπεσον ἢ παροράματι ὑπηνέχθησαν, οὐκ ἀντεῖπον δὲ διδασκόμενοι οὐδὲ πρὸς τὸ νουθετοῦν ἀπηυθαδειάσαντο, τί τοῦτο πρὸς σέ; Πῶς δὲ εὑρήσεις ἐκείνους καταφυγὴν ὧν οὐδὲν ὅμοιον πρὸς τὰ σά, τὴν ἄφυκτον δίκην ἀποφυγεῖν; Εἰ γὰρ ὧν σὺ μὲν ἀπολαύεις ἐκείνοις οὐδὲ γέγονε μετασχεῖν, πολλῶν δ’ ἄλλων προσόντων αὐτοῖς θαύματος ἀξίων, δι’ ὧν ἀρετὴ διαλάμπει καὶ εὐσέβεια, τὸ σὸν ἐξ ἀγνοίας ἢ κατὰ παρόρασιν ἐρρήθη δυσσέβημα, τί τὸ ἐκείνων ἀνθρώπινον ἥττημα νόμον μὲν ὥστε δυσσεβεῖν ἑαυτῷ συνεισφέρεις, ἐκ δὲ τοῦ σοῦ νόμου τοὺς μηδὲν τοιοῦτο νομοθετεῖν φωραθέντας παρανόμους ἀποφαίνεις καὶ ἀσεβείας ἐσχάτης ἐν προσωπείῳ στοργῆς καὶ εὐνοίας δίκην ἀπαιτεῖς; οὐ γὰρ καλά σοι τῶν ἀγωνισμάτων τὰ ἐπίχειρα. Ἀλλ’ ὅρα τῆς ἀσεβείας τὴν

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(67.) Wer sind die, die die heiligen Männer wahrhaft als Väter betrachten, welche der böse Drang (vom rechten Glauben) abzufallen, euch gedrängt hat, als Verteidiger der Ketzerei vorzuführen? Wer sind die, die ihnen am meisten das Väterrecht wahren? Diejenigen, die annehmen, dass sie in keiner Hinsicht unserem gemeinsamen Herrn widersprechen, oder die, die sie zwingen, im Widerspruch zu dem Wort des Herrn als Zeuge aufzutreten und mit ihren eigenen erfundenen Begriffen181 jene wunderbare göttliche Offenbarung zu verdrehen, nach der wir lehren, dass der Geist vom Vater ausgeht? Ist es denn nicht augenscheinlich, dass die Ketzerei182 nur dem Wort nach die genannten Männer (scil. Ambrosius etc.) als Väter bezeichnet – dem bloßen Namen neidet sie nicht den Anteil an aller Ehrerbietung –, während sie sie nach den Taten aber und den Machenschaften, durch die sie ins Werk setzen, was ihnen beliebt, auf die Seite der Gottesfeinde und Verderber schieben? Es sei denn,183 sie, die sich alles zutrauen, bildeten sich ein, ihre Väter könnten sich mit solchen Vorrechten brüsten. (68.) „Ambrosius, Augustinus oder irgendwelche andere haben Aussagen gemacht, die dem Wort des Herrn widersprechen“. Wer behauptet das? Wenn ich es bin, dann bin ich ein Lästerer deiner Väter; wenn aber du es sagst, ich dich hingegen hindere, dann bist du der Lästerer, ich aber verurteile dich als Lästerer der Väter. „Aber“, so wendet man (scil. die Lästerer der Väter) ein, „sie (scil. die Väter) haben dieses geschrieben und es ist in ihren Büchern enthalten, dass der Geist vom Sohn ausgeht.“ Und was soll das bedeuten?184 Wenn sie (eines Besseren) belehrt worden sind, sich aber nicht umstimmen ließen, wenn sie trotz schlagender [wörtlich: gerechter] Widerlegungen ihren Standpunkt nicht änderten, so beschreibst du damit dein eigenes Verhalten und überträgst deine eigene unbelehrbare Einstellung – das ist eine weitere Verleumdung gegen deine Väter! – auf ihre Lehre. Wenn sie aber, wie es Menschenart ist, obschon sie sich ansonsten freudig an die besten Lehren anschlossen, entweder in Unwissenheit fielen oder durch ein Versehen zu Fall kamen, jedoch einer (richtigen) Belehrung nicht widersprachen und auch nicht gegen Zurechtweisung hartnäckig blieben, was hat das dann mit deiner Sache zu tun? Und wie wirst du eine Zuflucht bei denen finden, deren Verhalten mit dem deinen keinerlei Ähnlichkeit hat, um der unvermeidlichen Bestrafung zu entgehen? Wenn sie nämlich nicht einmal Gelegenheit hatten, das zu erlangen, wovon du profitieren kannst, sondern deine gottlose Lehre aus (bloßer) Unkenntnis oder durch ein Versehen185 ausgesprochen haben, obschon vieles andere bei ihnen Bewunderung verdient und ihre Tugend und Frömmigkeit in hellem Licht erstrahlen lässt, wie kannst du dann ihr menschliches Versagen dir als Freibrief zur Gotteslästerung heranziehen und warum erklärst du aufgrund deines Gesetzes diejenigen zu Gesetzesbrechern, die nicht überführt worden sind, solche Gesetze zu erlassen, und verlangst unter dem Vorwand der Liebe und des Wohlwollens, sie

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ὑπερβολὴν καὶ τῆς κακοσχόλου γνώμης τὸ ἀσύνετον. Εἰς συνηγορίαν ἄγουσι τὸν δεσπότην, πεφώρανται συκοφαντοῦντες· ἐκάλεσαν συνηγόρους τοὺς μαθητάς, ἑάλωσαν κἀκείνους τὸν αὐτὸν τρόπον περιβάλλοντες συκοφαντίαις· κατέφυγον πάλιν εἰς πατέρας, καὶ ἀντὶ τιμῆς μεγάλην αὐτῶν καταχέουσι βλασφημίαν.

(69.) ξθʹ. Καὶ πατέρας μὲν καλοῦσι, καλοῦσι γάρ, ἀλλ’ οὐχ ἵνα τὸ τῶν πατέρων ἀπονείμωσι γέρας, ἀλλ’ ἵν’ εὑρήσωσι δι’ ὧν ἂν γένοιντο πατραλοῖαι. Καὶ οὐδὲ τὴν τοῦ θεσπεσίου Παύλου φρίττουσι φωνήν, ἣν αὐτοὶ κατὰ τῶν πατέρων αὐτῶν μετὰ πολλῆς ἀπορρίπτουσι τῆς κακουργίας. Καὶ γὰρ οὗτος ὁ τὴν ἐξουσίαν λαβὼν δεσμεῖν καὶ λύειν, καὶ τὸ τοῦ δεσμοῦ φοβερὸν ἅμα καὶ κραταιὸν, μέχρι γὰρ αὐτῆς ἀναφέρεται τῆς βασιλείας τῶν οὐρανῶν, οὗτος δὴ μεγάλῃ καὶ διαπρυσίῳ κέκραγε τῇ φωνῇ· Κἂν ἡμεῖς ἢ ἄγγελος ἐξ οὐρανοῦ εὐαγγελίζηται ὑμῖν παρ’ ὃ εὐαγγελιζόμεθα ὑμῖν, ἀνάθεμα ἔστω. Παῦλος ἡ ἀσίγητος τῆς Ἐκκλησίας σάλπιγξ ὁ τοσοῦτος καὶ τηλικοῦτος τοὺς παρὰ τὸ Εὐαγγέλιον ἕτερόν τι τολμῶντας φρόνημα λαβεῖν καὶ παρεισάγειν τῷ ἀναθέματι παραπέμπει· καὶ οὐ τοὺς ἄλλους μόνον, οἵτινες τοῦτο τολμήσειαν, ἀραῖς ἀνυπερβλήτοις ὑπάγει, ἀλλὰ καὶ ἑαυτόν, ἔνοχος εἰ ὀφθείη, πρὸς τὴν ἴσην συνωθεῖ δίκην. Καὶ οὐδὲ μέχρι τούτου τὸ φοβερὸν τῆς ἀποφάσεως περιγράφει, ἀλλὰ καὶ τὸν οὐρανὸν αὐτὸν ἐρευνᾷ· κἂν ἄγγελον εὕρῃ τοῖς ἐπὶ γῆς ἐκεῖθεν ἐπιστάντα καὶ ἕτερόν τι παρὰ τὸ εὐαγγελικὸν εὐαγγελιζόμενον κήρυγμα, τοῖς ὁμοίοις δεσμοῖς ὑποβάλλει καὶ τῷ διαβόλῳ παραπέμπει. Καὶ σὺ πατέρας ἀνακαλῶν ἐφ’ ὕβρει μὲν τῶν δεσποτικῶν δογμάτων, ἐφ’ ὕβρει δὲ τοῦ κηρύγματος, οὗ γεγόνασι κήρυκες οἱ μαθηταί, ἐφ’ ὕβρει πασῶν τῶν οἰκουμενικῶν συνόδων, ἐφ’ ὕβρει δὲ τῆς ἀνὰ πᾶσαν τὴν οἰκουμένην κηρυττομένης εὐσεβείας, οὐ φρίττεις οὐδὲ τρέμεις οὐδὲ καταπτήσσεις τὴν ἀπειλήν; ἀλλὰ καὶ τοὺς σοὺς πατέρας εἰ μὴ ταύτης κοινωνοὺς ποιήσεις, ἀβίωτόν σοι τὸν βίον ἡγῇ· καὶ ὁ μὲν οὐδὲ τὴν ἀσώματον εὐλαβεῖται φύσιν, οὐδὲ ὅτι ὡς νόες καθαροὶ καθαρῶς καὶ ἀμέσως τῷ κοινῷ παριστάμενοι δεσπότῃ, οὐδὲν τούτων δυσωπήσεως ἀφορμὴν ποιεῖται, ἀλλὰ τοῖς ἐπιγείοις ἐν ἴσῳ πρὸς τὸ ἀνάθεμα κατασπᾷ. Σὺ δὲ Ἀμβρόσιον καὶ Αὐγουστῖνον καὶ τοὺς ἄλλους, φεῦ τιμῆς ὀλεθρίας, πατέρας καλῶν κατὰ τῆς δεσποτικῆς ἀνθοπλίζων μυσταγωγίας ἀνεκτότερον οἴει τὸ κατάκριμα ἢ κατὰ σεαυτοῦ ἢ κατ’ ἐκείνων ἐπισπᾶσθαι; Οὐ γὰρ καλήν γε τὴν ἀμοιβὴν τοῖς σοῖς ἀπονέμεις πατράσιν· οὐ καλὰ τὰ τροφεῖα τοῖς γεννησαμένοις ἀντεισφέρεις· ἀλλὰ γὰρ εἰς μὲν τοὺς μακαρίους ἄνδρας ἐκείνους, ὥσπερ οὐδὲν αὐτοῖς τῶν σῶν μετῆν σοφισμάτων, οὐδὲ τῆς ἀπει-

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wegen äußerster Gottlosigkeit zu bestrafen? Das Entgelt für deinen kämpferischen Einsatz ist kein edles. Schau vielmehr auf das Übermaß der Gottlosigkeit und den Unverstand (deines) übelmüßigen Denkens. Sie zitieren den Herren herbei – und wurden bei einer Verleumdung ertappt. Sie haben die Jünger als Fürsprecher gerufen – und wurden überführt, dass sie auch diese ebenso in spitzfindige Verfälschungen verwickelten. Sie haben wiederum bei den Vätern Zuflucht gesucht, aber anstatt sie zu ehren, überschütten sie diese mit einem Schwall an Verhöhnung. (69.) Ferner: Sie nennen sie „Väter“  – das tun sie in der Tat  –, aber nicht in der Absicht, ihnen das Vorrecht der Väter zuzuerkennen, sondern um Mittel und Wege zu finden, wie sie Vatermörder werden könnten.186 Und sie schrecken auch nicht vor dem Ausspruch des Göttliches kündenden Paulus zurück, den sie mit viel Bosheit gegen ihre Väter schleudern. Denn dieser, der die Vollmacht bekommen hat, (die Sünden) zu binden und zu lösen187 – und die Macht seiner Bindung ist furchterregend und stark, erstreckt sie sich doch bis zum Königreich der Himmel –, er hat mit lauter und durchdringender Stimme ausgerufen: „Wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würde, das anders ist, als wir es euch predigen, der sei verflucht“.188 Paulus, die nie verstummende Trompete der Kirche, dieser so große und so bedeutende (Mann), überantwortet diejenigen der Verfluchung, die es wagen, einen anderen, dem Evangelium widersprechenden Gedanken zu fassen und (in die Kirche) einzuschmuggeln.189 Und nicht nur gegen andere, die das wagen sollten, stößt er keiner Steigerung fähige Verfluchungen aus, sondern auch sich selbst belegt er, falls er sich als schuldig erweisen sollte, mit der gleichen Strafe. Und nicht einmal hierauf beschränkt er sein furchterregendes Urteil, sondern sucht sogar den Himmel ab. Und wenn er einen Engel finden sollte, der von dort aus (an die Menschen) auf die Erde käme190 und eine andere Botschaft als die des Evangeliums verkündete, schlägt er ihn in dieselben Fesseln und überantwortet ihn dem Teufel. So wird es auch dir ergehen: Wenn du die „Väter“ aufrufst, um gegen die verbindlichen Lehren des Herrn zu freveln, gegen die Verkündigung zu freveln, deren Herolde die Jünger sind, gegen alle ökumenischen Synoden zu freveln, gegen den auf der ganzen Ökumene verkündeten Glauben zu freveln, schauderst du da nicht, zitterst du nicht, verkriechst du dich nicht vor dem, was dir droht? Du aber hältst sogar dein Leben für unerträglich, wenn du nicht deine Väter zu Teilhabern dieses Frevels machen kannst. Dabei hat er (scil. Paulus)191 nicht einmal vor der unkörperlichen Natur (scil. den Engeln) Scheu; und dass sie als reine Geister in Reinheit und unmittelbar vor den gemeinsamen Herrn treten, ist für ihn kein Anlass sich zurückzuhalten; vielmehr reißt er sie in gleicher Weise wie die Irdischen in das Anathema herab. Wenn du hingegen Ambrosius und Augustinus und die anderen – wehe, was für eine verderbliche Ehre – Väter nennst und zum Kampf mit der geheimen Lehre des

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

θείας καὶ ἀσεβείας, οὕτως οὐδὲ τὸ σὸν ἀνάθεμα χώραν εὑρήσει διαβαίνειν· σὺ δὲ δι’ ὧν ὅμως ἐκεῖθεν νομίζεις τὸ δυσσεβὲς συγκροτεῖσθαι, λαμπροῖς τοῖς ἔργοις καὶ φωνῆς ἁπάσης γεγωνότερον κεκραγόσι κατ’ αὐτῶν τὸ ἀνάθεμα προκομίζεις.

(70.) οʹ. Καὶ οὐ τοῦτό φημι, ὅτι πάντως ἅπερ σὺ κατηγορεῖς, ἐκείνοις οὕτω περιφανῶς δογματίζεται, ἀλλ’ εἰ καὶ τοιοῦτόν τι συνέπεσεν αὐτοὺς εἰπεῖν, ἄνθρωποι γὰρ ἦσαν καὶ ἀνθρωπίνου παρολισθήματος οὐκ ἔστι διαπαντὸς ὑπεράνω φέρεσθαι τὸν ἐκ πηλοῦ καὶ ῥεούσης ὕλης συγκείμενον· ἔσθ’ ὅτε δὲ καὶ τοῖς ἀρίστοις ἐπιφύεταί τινα κηλῖδος ἴχνη· ἀλλ’ οὖν εἴ τι παρηνέχθησαν ἐνασχημονῆσαι, τοὺς εὐγνώμονας ἂν τῶν τοῦ Νῶε παίδων ἐμιμησάμην, καὶ ἀντὶ περιβολαίων τῇ σιωπῇ μᾶλλον καὶ εὐγνωμοσύνῃ τὴν πατρικὴν ἐπεκάλυψα ἀσχημοσύνην, οὐχὶ δ’ ὥσπερ σὺ κατὰ τὸν Χὰμ διεπραξάμην· μᾶλλον δὲ σὺ πολὺ πικρότερον ἐκείνου καὶ ἀναιδέστερον τοὺς πατέρας οὓς λέγεις εἰς ἀσχημοσύνην στηλιτεύεις· ὁ μὲν γὰρ οὐχ ὅτι ἀπεκάλυψεν, ἀλλ’ ὅτι μὴ ἐπεκάλυψε, τὴν ἀρὰν ὑπέχει· σὺ δὲ καὶ ἀποκαλύπτεις, καὶ σεμνύνῃ192 τῇ τόλμῃ· καὶ ὁ μὲν τοῖς ἀδελφοῖς τὸ ἀπόρρητον ἐκφέρει, σὺ δὲ οὐκ ἀδελφοῖς, οὐδὲ πρὸς ἕνα ἢ δύο, ἀλλ’ ὅσα γε τῇ σῇ σπουδῇ καὶ ἀναισχυντίᾳ τὴν οἰκουμένην θέατρον καθίζων μέγα μὲν σαλπίζεις, ὡς οἱ σοὶ πατέρες ἐνασχημονοῦσι· ἐνασελγαίνεις δ’ αὐτῶν ταῖς ἀσχημοσύναις, καὶ τρυφᾷς τὴν κατ’ ἐκείνων ἀτιμίαν· καὶ συγχορευτὰς ζητεῖς δι’ ὧν τὴν ἐκείνων ὕβριν καὶ ἀσχημοσύνην εἰς τὸ λαμπρότατον πανηγυρίσεις.

(71.) οαʹ. Εἶπεν Αὐγουστῖνος καὶ Ἱερώνυμος τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι. Καὶ πόθεν ἔστι λαβεῖν ἢ δοῦναι πίστιν, τοσούτου ῥεύσαντος χρόνου, ὅτι μὴ αὐτῶν κεκακούργηται τὰ συντάγματα; Μὴ γὰρ νομίσεις μόνον σαυτὸν εἶναι θερμὸν πρὸς ἀσέβειαν καὶ τολμηρὸν τὰ ἀτόλμητα, ἀλλ’ ἐκ τῆς σῆς ἀναλογίζου μᾶλλον γνώμης, ὅτι καὶ τηνικαῦτα οὐδὲν τὸ κωλύον ἦν τοιούτων σκευῶν εὐπορῆσαι τὸν πολυμήχανον τοῦ γένους ἐχθρόν.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Herrn rüstest, glaubst du, dir oder ihnen eine erträglichere Verurteilung zuzuziehen? Denn du teilst ja deinen Vätern keine gute Gegengabe zu, du erstattest denen, die dich erzeugt haben, keinen guten Erzieherlohn. So wird denn zwar, ebenso wie jene seligen Männer keinerlei Anteil an deinen Spitzfindigkeiten, an deinem Ungehorsam und deiner Gottlosigkeit hatten, so auch die Verfluchung deiner Person keine Stelle finden, um zu ihnen durchzudringen. Du aber meinst trotzdem, von dort erhalte deine gottlose Lehre Bekräftigung, und bringst eben dadurch mit deinen offensichtlichen Taten, die lauter als jede Stimme schreien, das Anathema gegen sie an die Öffentlichkeit. (70.) Ich meine nicht, dass das, was du behauptest, von jenen (scil. den Vätern) ohne Einschränkung so offen gelehrt wird; aber selbst wenn sie zufällig etwas dergleichen gesagt haben sollten  – sie waren schließlich Menschen, und wer aus Schlamm und vergänglicher Materie besteht, kann nicht immer über einen menschlichen Fehltritt193 erhaben sein; manchmal zeigen sich selbst bei den Edelsten gewisse Spuren von Flecken –; jedenfalls würde ich, wenn sie sich zu etwas Unziemlichem haben hinreißen lassen, eher die Edeldenkenden unter den Söhnen Noahs zum Vorbild nehmen194 und statt mit Kleidern vielmehr mit Schweigen und Wohlwollen die väterliche Schande bedecken,195 und würde nicht so wie du nach dem Vorbild des Ham handeln. Stattdessen behandelst du sie noch feindseliger und schamloser als dieser und prangerst die von dir sogenannten Väter wegen Verstoßes gegen den Anstand an. Denn Ham hat sich den Fluch (Noahs) zugezogen, nicht weil er enthüllt hat, sondern weil er die Blöße seines Vaters nicht verhüllt hat, während du sie enthüllst und dich auch noch mit deiner Verwegenheit brüstest. Ferner tut jener (nur) seinen Brüdern das zu Verschweigende kund, während du es nicht (nur) deinen Brüdern und nicht einem oder zweien,196 sondern soweit dein Tatendrang und deine Schamlosigkeit (es vermögen) die ganze Ökumene zum Theaterpublikum machst und laut hinausposaunst, wie deine Väter sich unanständig benehmen; gleichzeitig weidest du dich an ihrer Unanständigkeit und genießt ihre Entehrung und suchst nach Mitsängern in deinem Chor, um deren Beschimpfung und Schande möglichst öffentlichkeitswirksam zu feiern. (71.) Augustinus und Hieronymus haben gesagt, dass der Geist vom Sohn ausgeht. Woher kann man denn Sicherheit gewinnen und vermitteln, dass, wo so viel Zeit verflossen ist, ihre Schriften nicht verdorben worden sind? Bilde dir nur nicht ein, du seiest der Einzige, der auf Gottlosigkeit brennt und wagt, woran man sich nicht wagen darf; ziehe vielmehr aus deiner eigenen Einstellung den Schluss, dass es in entsprechender Weise auch damals nichts gab, das dem erfinderischen Feind unseres Menschengeschlechts im Wege stand, eine große Menge derartiger Werkzeuge [wörtlich: Gefäße] zur Verfügung zu haben.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(72.) οβʹ. Εἶπον οὓς σὺ λέγεις ταῦτα. Εἰ δὲ διά τινα περίστασιν ἢ πρὸς Ἑλληνιστῶν ἀντιφερόμενοι λύσσαν ἢ πρὸς ἄλλην αἱρετικὴν διαμαχομένοι δόξαν ἢ τῇ τῶν ἀκροατῶν συγκαταβαίνοντες ἀσθενείᾳ, ἢ πόσα τοιαῦτα καθεκάστην ὁ ἀνθρώπινος ἐπιδείκνυσι βίος· εἰ οὖν ἐκείνοις διά τι τούτων ἢ καὶ διὰ πλείω τοιαύτην ἐκείνοις ἀφεῖναι συνέπεσε φωνήν, πῶς σὺ τὸ μὴ κατὰ δογματικὴν ἐκείνοις ἔννοιαν εἰρημένον, δόγμα καὶ νόμον ποιῶν σαυτῷ μὲν ἀβοήθητον τὴν ἀπώλειαν ἐπάγεις, ἐκείνους δὲ συγκατασπᾷν τῇ σῇ φιλονεικεῖς ἀπονοίᾳ;

(73.) ογʹ. Εἶπεν ὁ τῆς οἰκουμένης κήρυξ ὁ τῶν ἀπορρήτων θεωρός, ὁ τὴν ἀνθρωπίνην φύσιν τοῖς καθ’ ἑαυτὸν ἐξευγενίσας τρόποις· εἶπεν ἐκεῖνος πρὸς τοὺς Ἑλληνιστὰς πολλῷ τῷ λόγῳ ῥέοντας ἀντιφερόμενος καὶ τὴν ἐκείνων ὀφρὺν ἄνω τεινομένην κάτω παρασκευάσας νεύειν, μᾶλλον δὲ πρὸς τὴν ἀσθένειαν αὐτῶν συγκατιών, τί εἶπε; Διερχόμενος καὶ ἀναθεωρῶν τὰ σεβάσματα ὑμῶν, εὗρον καὶ βωμὸν ἐν ᾧ ἐπεγέγραπτο· ἀγνώστῳ Θεῷ· ὃν οὖν ἀγνοοῦντες εὐσεβεῖτε, τοῦτον ἐγὼ καταγγέλλω ὑμῖν. Τί οὖν; Δι’ ὧν τῆς ἐκκλησίας ὁ διδάσκαλος τοὺς Ἑλλήνων σοφοὺς ἐθήρα, καὶ τῆς ἀσεβείας πρὸς τὴν εὐσέβειαν ἐχειραγώγει καὶ μετέφερε, ταῦτα σὺ δόγμα ποιήσεις, καὶ κηρύττειν τολμήσεις τὸν καθαιρέτην τῶν εἰδώλων καταγγέλλειν, ὃν ἐσέβετο καὶ ὠνόμαζεν ὁ Ἑλληνισμὸς ἄγνωστον Θεόν; Οὐ γὰρ θαυμαστόν σου τὸ τῆς σοφίας δραστήριον καὶ τῶν κακοσχόλων ἡ πλοκὴ σοφισμάτων. Ἀνειμένος ἦν ὁ βωμὸς τῷ Πανί· ἡ δὲ τῶν Ἀθηνῶν πόλις τοῦ τιμωμένου τέως μὴ συνιέντες τὸ ὄνομα ἐπέγραφον τῷ βωμῷ· ἀγνώστῳ Θεῷ. Ἐπεὶ γὰρ ἐκ τῶν προφητικῶν χρησμῶν καὶ τῶν δεσποτικῶν λογίων ὁ περιδέξιος ἐκεῖνος καὶ οὐράνιος ἄνθρωπος μὴ πειθόμενον ἑώρα τὸ Ἑλληνικόν, ἐξ αὐτῶν αὐτοὺς τῶν θεοστυγῶν σεβασμάτων εἰς τὸ τοῦ δημιουργοῦ μετακαλεῖται σέβας· ἐξ αὐτῶν τῶν τοῦ διαβόλου προγραμμάτων τῆς αὐτοῦ καταψηφίζεται τυραννίδος· ἐκ τῶν ὀχυρωμάτων καταστρέφει τὸ κράτος αὐτοῦ τῆς ἐξουσίας· ἀπὸ τῆς πλάνης γεωργεῖ τὴν εὐσέβειαν· ἐκ τῆς ἀπωλείας βλαστοὺς ἡμῖν προβάλλεται σωτηρίας· ἐκ τῆς τοῦ διαβόλου παγίδος εἰς τὸν δρόμον ἐνισχύει τοῦ εὐαγγελίου· βαλβίδα ποιεῖται τὴν κορυφὴν τῆς ἀποστασίας τῆς εἰσόδου, δι’ ἧς ἦν αὐτοῖς εἰς τὸν νυμφῶνα Χριστοῦ καὶ τὴν ἄχραντον αὐτοῦ παστάδα εἰσελθεῖν τὴν ἐκκλησίαν. Οὕτως ἦν ἐκεῖνος ὁ μετάρσιος νοῦς διὰ τῶν ὅπλων τοῦ ἐχθροῦ αὐτὸν κατατιτρώσκειν τὸν ἐχθρὸν καὶ αἰχμαλωτίζειν δραστήριός τε καὶ τὴν ἄνωθεν ἑαυτῷ φέρειν ἰσχύν. Τί οὖν; Διότι

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(72.)  Die, die du nennst, haben dies (tatsächlich) gesagt. Wenn sie das aber wegen irgendeines (besonderen) Umstandes (taten), sei es im Widerstand gegen die Tollwut des Heidentums, oder in der Auseinandersetzung mit einer anderen, ketzerischen Ansicht, oder in Anpassung an die Schwäche ihrer Zuhörer, oder was sonst das Menschenleben tagtäglich mit sich bringt: Wenn es ihnen also aus einem oder mehreren dieser Gründe zugestoßen ist, eine Äußerung dieser Art zu tun, wieso machst du das, was jene nicht im dogmatischen Sinne äußerten,197 zum Dogma und Gesetz, und bereitest damit nicht nur dir selber das Verderben, in dem es keine Hilfe gibt, sondern setzst deinen Ehrgeiz darein, auch jene durch deinen Wahnsinn mit hinabzuziehen? (73.) Es sagte der Verkünder der Ökumene, der Beschauer der unaussprechlichen Geheimnisse, er, der die menschliche Natur durch seine Lebensart veredelt hat; jener sagte, indem er den Vertretern des Heidentums entgegentrat, die in langen Reden dahinfließen, und sie dazu brachte, ihren Hochmut niederzuhalten [wörtlich: ihre in die Höhe steigende Augenbraue herabzuziehen], oder vielmehr, indem er sich ihrer Schwäche anpasste, – was hat er gesagt –? „Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer betrachtet und ich fand einen Altar, darauf stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch den, den ihr unwissend verehrt“.198 Was nun? Das, wodurch der Lehrer der Kirche die Weisen der Griechen zu gewinnen [wörtlich: zu jagen] und von der Gottlosigkeit zur Frömmigkeit zu leiten und hinüberzuführen suchte, willst du zum Dogma machen, und willst wagen zu erklären, dass der Zerstörer der Götzenbilder den verkündet, den das Heidentum verehrte und den unbekannten Gott nannte? Man braucht sich nicht zu wundern über die Durchschlagskraft deiner Weisheit und die Verflechtung deiner übelmüßigen Spitzfindigkeiten-Sophismen! Der Altar war dem Pan gewidmet, und die Bürger von Athen, die den Namen des verehrten (Gottes) zunächst nicht verstanden, schrieben auf den Altar: „Dem unbekannten Gott“. Da nämlich dieser jeder Lage gewachsene himmlische Mensch sah, dass die Griechen den Wahrsprüchen der Propheten und den Worten des Herrn keinen Glauben schenkten, ruft er sie aufgrund ihrer eigenen gottverhassten religiösen Bräuche hinüber zur Verehrung des Schöpfers; aufgrund der schriftlichen Verlautbarungen des Teufels selbst verurteilt er seine tyrannische Gewalt von seinen Bollwerken aus stürzt er die Herrschaft seiner Macht, aus dem Irrtum heraus kultiviert er die Frömmigkeit, aus dem Verderben streut er für uns die Saat des Heils aus, aus der Falle des Teufels gewinnt er Kraft für die Rennbahn des Evangeliums; die Spitze der Abtrünnigkeit macht er zum Sprungbrett, zum Eingangstor, durch das sie in das Brautgemach Christi und seine unbefleckte Kammer, die Kirche, eintreten konnten. So wirkungsvoll war dieser (über das Irdische) erhabene Geist, dem Feind selbst durch seine eigenen Waffen tödliche Wunden beizubringen, ihn

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Παῦλος τοῖς ὅπλοις τοῦ ἐχθροῦ καθεῖλε τὸν ἐχθρόν, διὰ τοῦτο σὺ τὰ τοῦ ἐχθροῦ τιμήσεις ὅπλα καὶ θεῖα ὅπλα καλέσεις, καὶ πρὸς τὴν σὴν ὠθήσεις ταῦτα σφαγήν; Καὶ πόσα ἂν ἔνεστι τοιαῦτα παραδείγματα παρ’ αὐτῷ τῷ πάντα ἐν σοφίᾳ τῇ τοῦ Πνεύματος δυνάμει διακυβερνήσαντι λαβεῖν.

(74.) οδʹ. Τί δὲ δεῖ παραδειγμάτων; Αὐτὸς διαπρυσίῳ λέγει τῇ φωνῇ· Ἐγενόμην τοῖς Ἰουδαίοις ὡς Ἰουδαῖος, ἵνα Ἰουδαίους κερδήσω· τοῖς ὑπὸ νόμον ὡς ὑπὸ νόμον, ἵνα τοὺς ὑπὸ νόμον κερδήσω· τοῖς ἀνόμοις ὡς ἄνομος, μὴ ὢν ἄνομος Θεῷ, ἀλλ’ ἔννομος Χριστῷ, ἵνα κερδήσω ἀνόμους. Ἆρ’ οὖν σὺ διὰ τοῦτο τὸν Ἰουδαϊσμὸν ἀνακαινίσεις, ἢ τὴν ἀνομίαν ἀντὶ τῶν θείων καὶ ἀνθρωπίνων θεσμῶν ἐμπολιτεύεσθαι τῷ βίῳ νομοθετήσεις, καὶ ἀνακράξεις ἀναισχύντως, μᾶλλον δὲ λίαν ἀθέως, ὡς Παύλου εἰσὶ ταῦτα καὶ αἱ ἐντολαὶ καὶ τὸ κήρυγμα;

(75.) οεʹ. Παρὰ πόσοις δὲ καὶ ἄλλοις τῶν μακαρίων καὶ ἁγίων πατέρων ἡμῶν ἔνεστι τοιαῦτα εὑρεῖν. Ἐννόει μοι τὸν τῆς Ῥώμης ἀρχιερέα Κλήμεντα, καὶ ἃ τὴν ἐπωνυμίαν ἐκεῖθεν φέρει, Κλημέντια, ἵνα μὴ λέγω τὰ γεγραμμένα, ὡς ὁ παλαιὸς λόγος, κατὰ τὸ τοῦ κορυφαίου Πέτρου γεγενῆσθαι πρόσταγμα, τὸν Ἀλεξανδρείας Διονύσιον ἐξ ἀντιπνοίας τῆς πρὸς τὸν Σαβέλλιον μικροῦ τῷ Ἀρείῳ χεῖρα προτείνοντα· τὸν ἐν ἱερομάρτυσι λάμποντα τῶν Πατάρων200 τὸν μέγαν Μεθόδιον, ὃς ἀγγέλων τὴν ἀσώματον καὶ ἀπαθῆ φύσιν πρὸς ἔρωτα βρότειον καὶ ὁμιλίαν σωμάτων καταπεσεῖν οὐκ ἐλαύνει δόξης. Ἐάσειν μοι δοκῶ Πάνταινον καὶ Κλήμεντα, Πιέριόν τε καὶ Πάμφιλον καὶ Θεόγνωστον, ἄνδρας τε ἱεροὺς καὶ τῶν ἱερῶν διδασκάλους μαθημάτων, ὧν τὰς θέσεις οὐ πάσας πάντως δεχόμενοι, καλοῦ γε βίου καὶ τῆς ἄλλης ἱερολογίας γέρας αὐτοῖς ἀπονέμοντες, διὰ πολλῆς τιμῆς καὶ ἀποδοχῆς ἄγομεν· μάλιστά γε Πάμφιλον καὶ Πιέριον, ἅτε δὴ καὶ μαρτυρικοῖς ἄθλοις ἐνδιαπρέψαντας· μεθ’ ὧν καὶ τοὺς ἀπὸ Δύσεως παρατρέχομεν· Εἰρηναῖόν τε τὸν ἀρχιερέα Θεοῦ καὶ τὴν τῶν ἱερῶν ἐφορείαν τῶν Λουγδούνων δεξάμενον, καὶ Ἱππόλυτον τὸν αὐτοῦ μαθητὴν καὶ ἐν ἀρχιερεῦσι μάρτυρα· ἄνδρας θαυμασίους μὲν ἐν πολλοῖς, ἔσθ’ ὅτε δὲ τῆς ἀκριβείας λόγους αὐτῶν ἐνίους οὐκ ἀναστέλλοντας κατασύρεσθαι.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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in Gefangenschaft zu nehmen und die von oben kommende Kraft sich zunutze zu machen. Was nun? Weil Paulus den Feind durch seine eigenen Waffen vernichtet hat, wirst du deswegen die Waffen des Feindes ehren, sie zu göttlichen Waffen ernennen und mit diesen zustoßen, um dich selbst abzuschlachten? Und wie viele (andere) Beispiele solcher Art kann man von dem hernehmen, der gestärkt vom Hl. Geist alles in Weisheit gelenkt hat? (74.) Aber wozu braucht man Beispiele? Er selbst sagt mit durchdringender Stimme: „Den Juden bin ich geworden wie ein Jude, auf dass ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind wie einer unter dem Gesetz, auf dass ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne; den Gesetzlosen wie ein Gesetzloser – wiewohl ich nicht gesetzlos bin vor Gott, sondern unter dem Gesetz vor Christus, auf dass ich die Gesetzlosen gewinne“.199 Willst du nun deswegen das Judentum erneuern, oder die Gesetzlosigkeit zum Gesetz erheben, damit sie an der Stelle der göttlichen und menschlichen Satzungen das menschliche Leben bestimme, und wirst du dann unverschämt, oder vielmehr mit übermäßiger Gottlosigkeit ausrufen, dies seien die Anordnungen und die Botschaft des Paulus? (75.) Bei wie vielen anderen unserer seligen und heiligen Väter sind solche Dinge vorzufinden! Denk an den Erzbischof von Rom, Clemens,201 und an die Klementinen, welche seinen Namen tragen, – um nicht zu sagen, wie die alte Überlieferung (will), dass die Niederschrift auf Befehl des höchsten (der Apostel), des Petros geschah  –; (denk) an Dionysios von Alexandrien,202 der in seinem Widerstand gegen Sabellius dem Arius fast die Hand gereicht hätte; (denk) an den glänzenden unter den heiligen Märtyrern, den großen Methodios von Patara,203 der von seiner Lehre (die Möglichkeit) nicht ausschließt, dass die unkörperliche und leidenschaftslose Natur der Engel in die Liebe zu Sterblichen und in den Verkehr der Körper herabgesunken ist. Ich denke, ich lasse den Pantainos204 beiseite und Clemens, Pierios und Pamphilos und Theognostos,205 Männer, die heilig und Meister der heiligen Lehren sind, deren Stellungnahmen wir nicht in ihrer Gesamtheit uneingeschränkt akzeptieren, denen wir aber wegen ihrer guten Lebensweise und ihrer übrigen heiligen Lehre Respekt zollen, und die wir in hoher Ehre und Anerkennung halten, besonders Pamphilos206 und Pierios,207 die sich auch in Märtyrerkämpfen ausgezeichnet haben. Mit diesen (Leuten) erwähnen wir kurz auch die aus dem Westen: Irenäus,208 den Bischof Gottes, der die Leitung der Heiligen von Lyon erhalten hatte, und seinen Schüler Hippolytus,209 den Märtyrer unter den Bischöfen, Männer, die zwar in vielerlei Hinsicht bewundernswert waren, aber manchmal nicht abwenden konnten, dass manche ihrer Äußerungen (dogmatische) Genauigkeit vermissen ließen.210

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(76.) οςʹ. Ἆρ’ οὖν καὶ κατὰ τούτων ἁπάντων τὸ σὸν προκομίσεις διλήμματον καὶ τὰς ὀφρῦς ἀνατείνων ἐρεῖς· Ἢ δεῖ τοὺς ἄνδρας τιμῶντα καὶ ἃ τούτοις γέγραπται μὴ παραγράφεσθαι, ἢ παραγραφομένους τῶν ῥημάτων ἔνια καὶ αὐτοὺς ἐκείνους συμπαραγράφεσθαι; Καὶ πῶς οὐχὶ μᾶλλον καὶ δικαιότερον τὸ σὸν οὗτοι κατὰ σοῦ περιδέξιον οὐκ ἀντιστρέψουσιν, Ἄνθρωπε, λέγοντες, τί συνάπτεις τὰ ἀσύναπτα; Εἰ μὲν ἀληθῶς πατέρας ἡμᾶς καλεῖς, πῶς οὐ φρίττεις ἀνθοπλίζειν κατὰ πατέρων καὶ, τὸ βαρύτατον, κατὰ τοῦ κοινοῦ δεσπότου πάντων καὶ δημιουργοῦ; Εἰ δ’ ἅπαξ ἐνασελγαίνειν σπούδασμά σοι καθ’ ἡμῶν, πῶς οὐ μέμηνας ἐμφανῶς πατέρας τε ἅμα καλῶν καὶ τὰς πατραλοίας χεῖρας ἐπανατείνων ἡμῖν; Καὶ διὰ πόσων ἂν ἑτέρων διέλθοι τὸ σὸν κατὰ σοῦ φερόμενον σόφισμα! Ἀλλὰ γὰρ ὥσπερ τοὺς εἰρημένους πατέρας, οὕτω δὴ καὶ ταῦτα ἐῶμεν τὰ νῦν.

(77.) οζʹ. Τὴν μέντοι βασίλειον στολήν, τὸν μέγαν Βασίλειον τίς οὐκ οἶδε ψυχῆς μὲν θαλάμοις ἀκήρατον συντηροῦντα τὴν εὐσέβειαν, ὑποσιγῶντα δὲ τοῦ Πνεύματος τὴν θειότητα; Ὦ ψυχῆς θεῖον ζεούσης φίλτρον, τὴν φλόγα δὲ τέως οὐκ εἰς τὸ λαμπρότερον ἀναρριπιζούσης, ἵνα μὴ θᾶττον συναποσβεσθῇ αὐτῇ προόδῳ καὶ αὐτῇ παρρησίας λαμπρότητι. Οὗτος οὖν οἰκονομῶν ἐν κρίσει τοὺς λόγους αὐτοῦ καὶ μᾶλλον ἀνακηρύττεσθαι τῇ κατὰ μικρὸν ἐπιδόσει μεθοδεύων τὴν εὐσέβειαν – ἐπειδὰν γὰρ ἠρέμα ταῖς τῶν ἀνθρώπων ψυχαῖς ἐμβαθύνοιτο, κραταιοτέρα τοῦ δόγματος ἡ φλὸξ ἀναδίδοται· τῷ τάχει δὲ καὶ τῇ ἀθρόᾳ προσβολῇ τῆς λαμπηδόνος πολλάκις τὸ νοερὸν ὄμμα, καὶ μάλιστα τῶν πολλῶν, ἐξαμαυροῦσθαι εἴωθεν, καθάπερ καὶ ἀστραπὴ τὰς ὄψεις ἐπισκοτίζει καὶ μάλιστα τὰς ἀσθενέστερον διακειμένας, διὰ τοῦτο σιγᾷ μὲν ὃ πρὸ παντὸς ἄλλου κηρύσσειν ἐπυρπολεῖτο· ἔπραττε δὲ τὴν σιγὴν ὥστε μᾶλλον καιροῦ παρόντος μεγαλοφωνότερον ἔχειν τὸ σιωπώμενον κηρύσσειν· πολύστιχον ἂν συνθείη βιβλίον, εἴ τις τῶν τοιούτων τὰ ὀνόματα καὶ τὰς αἰτίας, δι’ ἃς πολλάκις τὸ τῆς ἀληθείας οὐ προῆγον ἄνθος, ὡς ἂν αὐτό τε τὸ ἄνθος ὡραῖον εὐανθήσῃ, ἥ τε βλάστησις ἐπιδοίη μᾶλλον καὶ τὸν καρπὸν συλλέξωσι πολυπλάσιον, γραφῇ παραδοῦναι βουληθείη· ἀλλ’ ἐκείνους μὲν ἀγάμεθα καὶ τῆς ὑπὲρ λόγον ἐπιπνοίας καὶ τῆς ἐν σοφίᾳ οἰκονομίας· εἰ δέ τις τὰ τοιαῦτα ὡς νόμους καὶ δόγματα παρεισάγειν τῇ ἐκκλησίᾳ βιάζοιτο, ἐχθρὸν μὲν αὐτὸν τῶν ἁγίων ἡγούμεθα, ἐχθρὸν δὲ τῆς ἀληθείας καὶ λυμεῶνα τῆς εὐσεβείας, καὶ δίκαις καταδικάζομεν, ἃς αὐτὸς ἑαυτῷ γεγονὼς ἔνοχος παρέσχε.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(76.) Wirst du nun auch gegen all diese dein Dilemma vorbringen, deine Augenbrauen hochziehen und sagen: Entweder dürfen wir, indem wir diese Männer ehren, auch ihre Schriften nicht zurückweisen, oder wir müssen, indem wir einige ihrer Aussagen ablehnen, mit ihnen auch sie selbst zurückweisen?211 Und werden nicht diese mit noch größerem Recht dein geschicktes Dilemma gegen dich wenden, indem sie sagen: „O Mensch, wieso verbindest du Dinge, die miteinander nicht zu verbinden sind? Wenn du uns wahrhaftig Väter nennst, schreckst du dann nicht davor zurück, gegen die Väter zu rüsten, und, was am schwersten wiegt, gegen den gemeinsamen Herrn und Schöpfer von allem?212 Wenn du aber einmal fest entschlossen bist, gegen uns zu wüten, bist du (dann) nicht offensichtlich wahnsinnig, uns Väter zu nennen und zugleich vatermörderische Hände gegen uns zu erheben?“ Und wie viele andere (Gestalten) könnte deine Spitzfindigkeit annehmen, indem sie sich gegen dich wendet! Aber wie die oben erwähnten Väter, so wollen wir auch dies einstweilen auf sich beruhen lassen. (77.) Das königliche Purpurgewand, Basileios (der Königliche) der Große, wer wüsste nicht, dass er zwar die Frömmigkeit im Innersten seiner Seele unversehrt bewahrte, aber die Göttlichkeit des Geistes mit Schweigen überging?213 Oh (welch eine) Seele, die von göttlicher Liebe brennt, die aber einstweilen die Flamme nicht zu hellerem Glanz entfacht, damit sie nicht allzu schnell zugleich mit ihrem Hervortreten und dem Glanz der offenen Rede wieder erlösche! Dieser nun machte mit umsichtiger Überlegung von seinen Worten Gebrauch214 und beging eher den Weg, in kleinen Dosen (allmählich) die fromme Lehre zu verkünden; – denn wenn sich diese unbemerkt in die Herzen der Menschen einsenkt, lodert die Flamme des Dogmas (umso) stärker auf. Durch die Schnelligkeit und das plötzliche Hereinbrechen des Glanzes jedoch wird oft das geistige Auge, zumal bei den Vielen, getrübt, so wie der Blitz die Augen blendet, vor allem die schwächeren; –deswegen verschweigt er, was er vor allem anderen zu verkünden brannte; dieses Schweigen übte er, um, wenn die rechte Zeit käme, das Verschwiegene lauter verkünden zu können. Man könnte ein umfangreiches Buch verfassen, wenn man schriftlich die Namen solcher Menschen festhalten wollte sowie die Gründe, aus denen sie oft die Blüte der Wahrheit nicht offen sehen ließen, damit die Blume selbst zu schöner Blüte komme und der Spross besser wachse und sie vielfältige Frucht sammeln könnten. Aber wir bewundern jene zwar wegen ihrer jede Vernunft übersteigenden Inspiration und ihrer weisen Anpassung an die Umstände.215 Wenn aber jemand darauf bestehen sollte, solche Dinge als Gesetz und Dogma in die Kirche einzuführen, betrachten wir ihn als Feind der Heiligen, als Feind der Wahrheit und Verderber der Frömmigkeit und verurteilen ihn zu Strafen, die er sich mit seiner Schuld selbst zugezogen hat.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(78.) οηʹ. Προκομίζεις σὺ τοὺς ἐκ δύσεως πατέρας, μᾶλλον δὲ τὸν βαθὺν τοῦτον ζόφον πάσης φιλονεικεῖς καταχέαι τῆς οἰκουμένης. Ἐγὼ δέ σοι φῶς ἀνέσπερον τῆς εὐσεβείας καὶ νοερὸν ἀπ’ αὐτῆς ἀνάψω τῆς δύσεως, οὗ τὴν λαμπηδόνα τὸ σὸν οὐχ ὑποστήσεται μὴ ἀφανισθῆναι σκότος· Εἶπεν Ἀμβρόσιος τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι. Ἀπὸ τῆς σῆς αὕτη γλώττης προέρχεται ἡ ὀμίχλη. Ἀλλ’ ἀντιφθέγγεται τὴν ὀρθοδοξίαν ἀστράπτων ὁ τρισόλβιος Δάμασος· καὶ θᾶττον ὁ σὸς ἐξαφανίζεται γνόφος. Καὶ γὰρ οὗτος τὴν δευτέραν σύνοδον, ἧς τὰ πέρατα τῆς οἰκουμένης τὰ δόγματα στέργουσι, ἐπικυρῶν, λαμπρῶς ὡς ἐκ τοῦ Πατρὸς ἀνομολογεῖ ἐκπορεύεται τὸ Πνεῦμα. „Εἶπεν Ἀμβρόσιος ἢ Αὐγουστῖνος.“ Ἄλλη πάλιν ἀχλὺς τοῦ σοῦ στόματος προχεομένη. Ἀλλὰ Κελεστῖνος οὐκ εἶπεν, οὐκ ἤκουσεν, οὐκ ἐδέξατο, ἀλλὰ αὐγὴν ὀρθοδοξίας ἀστράψας τῶν σῶν ῥημάτων τὴν ἀχλὺν διασκεδάζει.

(79.) οθʹ. Καὶ τί με δεῖ περὶ τῶν ἄλλων σχολάζειν; Λέων ὁ μέγας, ὁ τὰς ἱερὰς τῆς Ῥώμης φροντίδας ἱερωτέρας ἀποδείξας, ὁ τῆς τετάρτης στῦλος συνόδου· οὗτος διά τε τῶν θεοπνεύστων αὐτοῦ καὶ δογματικῶν ἐπιστολῶν, διά τε τῶν ἀναπληρούντων αὐτοῦ τὸ προνόμιον, διά τε τῆς συμφωνίας, δι’ ἧς ἐκείνην τὴν μεγάλην καὶ θεόλεκτον ὁμήγυριν κατηγλάϊζεν, τὴν αὐτὴν τῆς ὀρθοδοξίας φωτοχυσίαν εἰς πᾶσαν οὐ τὴν δύσιν μόνον, ἀλλὰ καὶ τὰ τῆς ἀνατολῆς ἀπαυγάζων ὅρια, τὸ πανάγιον Πνεῦμα διαπρυσίως ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι ἀναδιδάσκει· καὶ οὐ τοῦτο μόνον, ἀλλὰ καὶ τοὺς ἕτερόν τι παρὰ τὸ τῆς συ-νόδου φρόνημα δογματίζειν ἀντανισταμένους, ὅσους μὲν ἱερωσύνης βαθμὸς ἔχει, τῆς ἱερωσύνης γυμνοὺς ἀποφαίνει, ὅσοι δὲ τὴν ἰδιωτῶν χώραν πληροῦσιν, εἴτε βίον ὑπέδραμον τὸν μονάδα, εἴτε πολιτείᾳ συνεξετάζονται δήμου, τῷ ἀναθέματι παραπέμπει. Καὶ γὰρ ἅπερ ἡ θεόπνευστος σύνοδος ὁρίζει, Λέων ὁ θεσπέσιος διὰ Πασχασίνου καὶ Λουκηνσίου καὶ Βονιφατίου τῶν ἱερῶν ἀνδρῶν ἀναφανδὸν ἐπισφραγίζει, ὡς μυριάκις ἔστιν αὐτῶν ἐκείνων ἀκούειν, οὐκ αὐτῶν δὲ μόνον, ἀλλὰ καὶ τοῦ ἀπεσταλκότος αὐτούς. Καὶ γὰρ συνοδικὰς ἐπιστολὰς ἐπιστέλλων τῶν τοποτηρητῶν αὐτοῦ καὶ τοὺς λόγους καὶ τὸ φρόνημα καὶ τὰς ψήφους οὐκ ἐκείνων ἢ αὐτοῦ γε μᾶλλον εἶναι καὶ μαρτύρεται καὶ διαβεβαιοῦται· καίτοι γε καὶ εἰ μηδὲν προσῆν τοιοῦτον, ἀποχρώντως ἔχει τὸ ἀντ’ αὐτοῦ δοῦναι τοὺς συνεδριάσαντας τῇ συνόδῳ καὶ τὸ πέρας λαβούσης ὁμολογεῖν ἐμμένειν τοῖς ἐψηφισμένοις.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(78.) Du bringst die Väter des Westens vor, oder vielmehr du hast den Ehrgeiz, diese tiefe Finsternis des Abendlandes auf die ganze Ökumene auszugießen. Ich aber werde für dich ein geistiges Licht der Frömmigkeit, das keinen Abend kennt, aus dem Westen selbst entzünden, gegen dessen Leuchten deine Dunkelheit nicht standhalten wird, ohne zu verschwinden. „Ambrosius hat gesagt, der Geist gehe vom Sohn aus“.216 Dieser Nebel kommt aus deiner Zunge hervor. Aber es widerspricht ihm der die Rechtgläubigkeit ausstrahlende, dreimal selige Damasus,217 und alsbald verschwindet deine Finsternis. Denn auch dieser bestätigt das zweite (ökumenische) Konzil, dessen dogmatische Lehren alle Enden der Ökumene annehmen, und bekennt in aller Deutlichkeit, dass der Hl. Geist vom Vater ausgeht. „Ambrosius oder Augustinus hat gesagt“. Wieder ein anderer Nebel, der von deinem Mund ausströmt. Coelestinus218 hingegen hat (dies) nicht gesagt, nicht gehört, nicht angenommen, sondern lässt den Glanz der Rechtgläubigkeit erstrahlen und zerstreut den Nebel deiner Worte. (79.) Und warum soll ich mich auch mit den anderen (scil. Vätern des Westens) aufhalten? Leo der Große,219 der Roms heilige Sorge (um das Wohl der Kirche) zu noch größerer Heiligkeit erhoben hat, die Säule des vierten ökumenischen Konzils, hat sowohl durch seine von Gott inspirierten dogmatischen Briefe als auch durch (die Vertreter), die sein Vorrecht ausübten, wie auch durch die Zustimmung, mit der er dieser großen und vom Gott gewählten Versammlung Glanz verliehen hat, denselben Lichtstrahl der Orthodoxie nicht nur auf den ganzen Westen, sondern bis auf die Grenze des Ostens ausgegossen und lehrt ausdrücklich, dass der allheilige Geist vom Vater ausgeht.220 Und dies ist nicht das Einzige, sondern von denjenigen, welche sich auflehnten und eine andere dogmatische Lehre als die des Konzils vertraten, erklärt er diejenigen, die im Rang des Priestertums stehen, als ihres Priesteramtes verlustig, und diejenigen, die den Platz von Laien einnehmen, ob sie ins Mönchsleben eingetreten sind oder zur Lebensweise des Volkes zählen, belegt er mit dem Anathema. Denn eben das, was das von Gott inspirierte Konzil festlegt, besiegelt vor aller Augen der wunderbare Leo durch die heiligen Männer Paschasinus, Lucentius und Bonifatius,221 wie man tausendmal von diesen selbst hören kann und nicht nur von ihnen, sondern auch von dem, der sie geschickt hat. Denn, indem er synodale Briefe abschickt, bezeugt und bestätigt er, dass die Worte und das Denken und die Stimmen seiner Vertreter nicht deren eigene, sondern eher seine eigenen waren. Freilich, selbst wenn nichts dergleichen vorläge, reicht es, dass er an seiner Stelle Teilnehmer an das Konzil delegiert hat und (diese) nach dem Ende des Konzils zugestimmt haben, dass sie an dem Beschlossenen festhalten.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(80.) πʹ. Ἀλλὰ γὰρ οὐδέν ἐστιν οἷον αὐτῶν τῶν ἱερῶν ἀκούειν ῥημάτων· λέγει γὰρ μετὰ τὴν ἔκθεσιν τῆς πίστεως, ἣν ἡ πρώτη καὶ δευτέρα σύνοδος κρατύνουσα παρέδωκεν· Ἤρκει μὲν οὖν εἰς ἐντελῆ τῆς εὐσεβείας ἐπίγνωσιν καὶ βεβαίωσιν τὸ σοφὸν καὶ σωτήριον τοῦτο τῆς θείας χάριτος σύμβολον. Ἐντελῆ φησιν, οὐκ ἐλλειπῆ, οὐδὲ προσθήκης δεομένην ἢ ἀφαιρέσεως. Καὶ πῶς ἐντελῆ; Τοῖς ἐπαγομένοις πρόσεχε. Περί τε γάρ, φησιν, τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ Ἁγίου Πνεύματος ἐκδιδάσκει τὸ τέλειον. Εἶτα πῶς ἐκδιδάσκει τὸ τέλειον; Τὸν μὲν Υἱὸν ἐκ τοῦ Πατρὸς ἀναβοᾷ γεννηθῆναι, τὸ δὲ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι. Καὶ μετ’ ὀλίγα· Καὶ διὰ μὲν τοὺς τῷ Πνεύματι τῷ Ἁγίῳ μαχομένους τὴν χρόνοις ὕστερον παρὰ τῶν ἐπὶ τῆς βασιλευούσης πόλεως ἑκατὸν πεντήκοντα συνελθόντων πατέρων περὶ τῆς τοῦ Πνεύματος οὐσίας παραδοθεῖσαν διδασκαλίαν κυροῖ. Καὶ πῶς ἐκύρωσαν οὗτοι τὴν τοῦ Πνεύματος οὐσίαν; Ἢ δῆλον εἰπόντες τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι. Ὥστε ὁ ἄλλο τι παρὰ τοῦτο διδάσκων τὸ κῦρος ἀνατρέπει καὶ συγχεῖ καὶ φύρει, τό γε ἧκον εἰς τόλμαν τὴν αὐτοῦ, αὐτὴν τοῦ Πνεύματος τὴν οὐσίαν. Εἶτα, διὰ τοὺς τῷ Πνεύματι τῷ ἁγίῳ μαχομένους. Καὶ τίνες ἐμάχοντο; Πάλαι μὲν οἱ Μακεδόνιον ἀντὶ τῶν ἀχράντων Λογίων διδάσκαλον σφίσιν αὐτοῖς ἀνειπόντες· νῦν δὲ οἱ ἀντὶ τοῦ Χριστοῦ καὶ τῆς αὐτοῦ μυσταγωγίας – 222· ἀλλ’ οὐκ ἔχω τίνα καλέσω· οὕτως ἐστὶν αὐτῶν ἀκέφαλον τὸ δυσσέβημα· πλὴν ἀντὶ τοῦ Σωτῆρος οἱ τῇ ἀπωλείᾳ προσδεδραμηκότες. Ἀλλὰ ταῦτα μὲν ἥ τε σύνοδος πολυγλώσσῳ καὶ πνευματοκινήτῳ φθέγγεται φωνῇ, καὶ Λέων ὁ πάνσοφος συναναβοᾷ καὶ ψήφοις ἁπάσαις ἐπασφαλίζεται. Σὺ δὲ τὸν νοῦν ἐπίστησον τοῖς ἐφεξῆς· πρὸς γὰρ τῷ τέλει τῆς ὅλης τοῦ λόγου περικοπῆς ὧδέ φησι· Τούτων τοίνυν μετὰ πάσης πανταχόθεν ἀκριβείας τε καὶ ἐμμελείας παρ’ ἡμῶν διατυπωθέντων ὥρισεν ἡ ἁγία καὶ οἰκουμενικὴ σύνοδος, ἧς δηλονότι κορυφαῖος Λέων ὁ βασιλικὸν καὶ τὸν νοῦν καὶ τὰ ῥήματα κεκτημένος. Τί ὥρισεν; Ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προσφέρειν ἤγουν συγγράφειν ἢ συντιθέναι ἢ φρονεῖν ἢ διδάσκειν ἑτέρους· τοὺς δὲ τολμῶντας ἢ συντιθέναι πίστιν ἑτέραν ἤγουν προκομίζειν ἢ διδάσκειν ἢ παραδιδόναι ἕτερον σύμβολον τοῖς ἐθέλουσιν ἐπιστρέφειν εἰς ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας ἐξ Ἑλληνισμοῦ ἢ ἐξ Ἰουδαϊσμοῦ, ἢ γοῦν ἐξ αἱρέσεως οἱασδηποτ’ οὖν, τούτους, εἰ μὲν εἶεν ἐπίσκοποι ἢ κληρικοί, ἀλλοτρίους εἶναι τοὺς ἐπισκόπους τῆς ἐπισκοπῆς, καὶ τοὺς κληρικοὺς τοῦ κλήρου· εἰ δὲ μονάζοντες ἢ λαϊκοὶ εἶεν, ἀναθεματίζεσθαι αὐτούς.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(80.) Aber nichts ist so (wichtig), wie die heiligen Worte (des Konzils) selbst zu hören. Denn sie (scil. die vierte Synode) sagt nach der Darlegung des Glaubensbekenntnisses, welche uns die erste und zweite Synode bekräftigend überliefert hat: „Es würde nun zwar zur vollständigen Erkenntnis und Festigung des rechten Glaubens dieses weise und heilsame Bekenntnis der göttlichen Gnade genügen“.223 Sie sagt: „zur vollständigen“, nicht „zur mangelhaften“, sie (scil. die Glaubenserkenntnis) bedarf keiner Hinzufügung oder Verminderung.224 Und inwiefern ist sie vollständig? Achte auf das, was folgt. Denn es lautet: „Denn es (scil. das Bekenntnis) lehrt über den Vater, den Sohn und den Hl. Geist das Vollkommene“.225 Und weiter, wie lehrt es das Vollkommene? Einerseits sei der Sohn, so ruft sie aus, vom Vater gezeugt, andererseits aber gehe der Geist vom Vater aus. Und kurz danach: „Auch bekräftigt es – wegen derer, die den Hl. Geist bekämpfen – die einige Zeit später von den 150 in der Kaiserstadt versammelten Vätern überlieferte Lehre über das Wesen des Geistes“.226 Und wie haben diese (scil. Väter) das Wesen des Geistes bekräftigt? Offenkundig, indem sie gesagt haben, dass der Geist vom Vater ausgeht? Derjenige also, der etwas anderes als das lehrt, hebt die Gültigkeit (des Konzils) auf, und verwirrt und befleckt, soweit seiner Dreistigkeit möglich, eben dieses Wesen des Geistes. Sodann: „wegen derer, die den Hl. Geist bekämpfen“.227 Und welche waren es, die (den Geist) bekämpften? Einst waren es diejenigen, die Makedonios228 an Stelle der Hl. Schrift sich zu ihrem Lehrer ernannten; heutzutage aber diejenigen, die an Stelle Christi und seiner heiligen Lehre … – Aber ich kann (hier) niemanden mit Namen nennen –; so kopflos ist ihre Gottlosigkeit; (ich kann) nur (sagen): diejenigen, die sich, statt dem Erlöser anzuschließen, in die Verdammnis gestürzt haben. Diese Dinge verkündet das Konzil mit vielzüngiger und von Geist erregter Stimme, und der allweise Leo erhebt seine Stimme mit ihm und beglaubigt es einstimmig. Du aber richte deinen Sinn auf das Folgende: Denn am Ende des ganzen Abschnitts der Schrift heißt es so: „Da dies also von uns in jeglicher Hinsicht mit aller Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit festgesetzt wurde, beschloss das heilige und ökumenische Konzil“229 – dessen offensichtliches Haupt Leo ist –, der sowohl das Denken als auch die Sprache eines Königs besaß. Was hat (das Konzil) festgelegt? „Dass keiner einen anderen Glauben vortragen, niederschreiben, verfassen, denken oder andere lehren darf. Und diejenigen, welche es wagen, einen anderen Glauben oder ein anderes Glaubensbekenntnis denen, die sich zur Erkenntnis der Wahrheit aus dem Heidentum, dem Judentum oder aus welcher ketzerischen Gruppe auch immer bekehren wollen, vorzutragen, zu lehren oder zu überliefern – diese sollen, wenn es Bischöfe oder Kleriker sein sollten, abgesetzt werden, die Bischöfe vom Bischofsamt, die Kleriker von ihrem geistlichen Amt; wenn es aber Mönche oder Laien sein sollten, sollen sie mit dem Anathema belegt werden“.230

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

(81.) παʹ. Ἐμβλέψατε, οἱ τυφλοί, καὶ ἀκούσατε, οἱ κωφοί, οὓς τὸ σκότος κατέχει τῆς αἱρετικῆς ἐγκαθημένους δύσεως· ἐνατενίσατε πρὸς τὸ ἀείφωτον τῆς ἐκκλησίας φέγγος καὶ ἐμβλέψατε πρὸς τὸν γενναῖον Λέοντα· μᾶλλον δὲ τῆς τοῦ Πνεύματος, οἷα δι’ αὐτοῦ σαλπίζει καθ’ ὑμῶν, ἐνωτίσασθε σάλπιγγος· καὶ φρίξατε εἰ μή τινα ἄλλον δυσωπούμενοι, ἀλλά γε τὸν ὑμέτερον πατέρα· μᾶλλον δὲ δι’ αὐτοῦ καὶ τοὺς ἄλλους, οἳ ταῖς προλαβούσαις συνόδοις εὐαρεστοῦντες εἰς τὸν χορὸν τῶν λογάδων πατέρων ἐγγράφονται. Σὺ πατέρας ὀνομάζεις Αὐγουστῖνον καὶ Ἱερώνυμον καὶ τοιούτους ἄλλους· καλῶς γε ποιεῖς, οὐ ἐφ’ οἷς καλεῖς, ἀλλ’ ὅτι μὴ καὶ τὴν ἀθέτησιν τῆς πατρικῆς αὐτῶν ὀνομασίας σαυτῷ ποιεῖς σεμνολόγημα. Καὶ εἰ μέχρι τούτου τὸ περὶ τῶν πατέρων σοι μηχάνημα προῄει, ὅσον ἦν ἀτελὴς ἡ κακουργία, τοσοῦτον ἂν μετριώτερον ἀπῄτει τὴν δίκην. Ἄρχειν γὰρ ἀσεβούσης γνώμης, εἰς τέλος δὲ μὴ ἐξάγειν ταύτην, περικόπτειν ἐστὶ τὴν σφοδρότητα τοῦ ἄγους· τὸ δὲ πραΰνει καὶ ἐξευμενίζεται τὸ ἀπαραίτητον τῆς δίκης. πατράσι καθ’ ὧν ἐνασελγαίνεις μορμολύττειν ἡμᾶς ἔγνως. Ἀλλ’ ὅ γε τῶν πατέρων χορός, οὓς κατὰ τῆς σῆς μηχανῆς προβάλλεται ἡ εὐσέβεια, πατέρες πατέρων εἰσί· καὶ γὰρ ὅτι καὶ αὐτῶν ἐκείνων, οὓς νομίζετε πατέρας, οὐκ ἂν ἀρνηθείητε· εἰ δέ γε ὑμεῖς, ἀλλ’ οὐκ ἐκεῖνοι.

(82.) πβʹ. Ἐννοήσατε τὸν ὁμόθρονον τούτοις καὶ τὴν δόξαν ἰσοστάσιον, τὸν κλεινὸν Βιγίλιον· τῇ πέμπτῃ μὲν καὶ αὐτὸς ἐφειστήκει συνόδῳ· οἰκουμενικαῖς δὲ καὶ αὐτὴ καὶ ἁγίοις ψηφίσμασιν ἐλλαμπρύνεται. Οὗτος οὖν οἷα δὴ κανὼν ἀπαρέγκλιτος τοῖς ὀρθοῖς αὐτῆς ἐναρμοζόμενος δόγμασι, τά τε ἄλλα συμφώνους ἀφίησι φωνάς, καὶ τὸ πανάγιον καὶ ὁμοούσιον Πνεῦμα τοῖς τε πρὸ αὐτοῦ καὶ τοῖς σὺν αὐτῷ πατράσιν ἐν ἴσῳ καὶ ὁμοίῳ ζήλῳ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἀνεκήρυξεν ἐκπορεύεσθαι καὶ τοὺς εἴ τι ἄλλο κατὰ λόγον δόγματος παρὰ τὴν ὁμόψηφον καὶ κοινὴν τῶν εὐσεβούντων πίστιν προάγειν ἕλοιντο τοῖς ἴσοις δεσμοῖς τοῦ ἀναθέματος ὑπηγάγετο.

(83.) πγʹ. Ἴδοις δ’ ἂν καὶ τὸν καλὸν καὶ ἀγαθὸν Ἀγάθωνα τοῖς αὐτοῖς ἀνδραγαθήμασι σεμνυνόμενον· καὶ γὰρ αὐτὸς τὴν ἕκτην σύνοδον, οἰκουμενικῷ δὲ καὶ αὐτὴ διαλάμπει ἀξιώματι, παρών, εἰ καὶ μὴ σώματι, γνώμῃ δὲ καὶ πάσῃ σπουδῇ, διὰ τῶν αὐτοῦ τοποτηρητῶν συνεκρότει τε ταύτην καὶ κατηγλάϊζε· διὸ τό τε σύμβολον τῆς

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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(81.) Öffnet eure Augen, ihr Blinden, und hört zu, ihr Tauben, die ihr von der Finsternis des ketzerischen Westens umfangen seid, in der ihr sitzt.231 Richtet euren Blick auf das ewig leuchtende Licht der Kirche und schaut den mutigen Leo an. Oder vielmehr hört zu,232 was die Trompete des Geistes durch diesen (scil. Leo) gegen euch erschallen lässt; schämt euch und empfindet Schauder, wenn nicht vor einem anderen, so zumindest vor eurem Vater, oder vielmehr durch diesen auch vor den anderen, die mit den vorhergehenden Synoden einverstanden waren und in den Chor der gewählten Väter eingeschrieben wurden. „Väter“ nennst du Augustinus, Hieronymus und andere ihresgleichen. Damit tust du recht, nicht aus dem Grund, dass du sie so nennst, sondern weil du, ihnen den Namen „Väter“ abzuerkennen, für dich selbst nicht für (so) eine Tat hältst, mit der du dich brüsten könntest. Und wenn deine Kunstgriffe in Hinblick auf die Väter so weit gingen, dass ihre schädliche Wirkung erfolglos blieb, würden sie eine umso mildere Strafe verlangen. Denn mit einer gottlosen Ansicht einen Anfang zu machen, sie aber nicht zu Ende zu führen, heißt die Schwere des Frevels zu beschränken; dies aber besänftigt und beschwichtigt die Unerbittlichkeit des Urteils. Deine Absicht ist es, uns mit (der Autorität) der Väter einzuschüchtern, mit denen du ein freches Spiel treibst. Aber der Chor derjenigen Väter, welche die Frömmigkeit gegen deine Kunstgriffe ins Feld führt – das sind sicherlich Väter der Väter. Denn dass sie Väter eben jener sind, die ihr als Väter betrachtet, könnt ihr nicht bestreiten. Wenn ihr das aber doch tut, (tun) jene (selber) es nicht. (82.) Denkt an den berühmten Vigilius,233 der auf dem gleichen Thron saß wie sie und dessen Ansehen das gleiche Gewicht hat. Bei der fünften (ökumenischen) Synode war auch er zugegen, und auch diese ist durch ihre ökumenischen234 und heiligen Beschlüsse mit Glanz erfüllt. Er (scil. Vigilius) nun, fügte sich als unbiegsame Richtschnur in deren (der fünften ökumenischen Synode) richtige Lehrentscheidungen ein; er machte in manch anderen Dingen übereinstimmende Aussagen, und über den allheiligen und wesenseinen Geist verkündete er, mit gleich großem und ähnlichem Eifer wie die Väter vor ihm und die Väter seiner Zeit, dass er vom Vater ausgehe;235 und wenn jemand sich entschlösse, eine andere Lehre als den einstimmigen und gemeinsamen Glauben der Frommen mit dem Geltungsausspruch eines Dogmas vorzubringen, so unterwarf er diese den gleichen Banden des Bannfluchs. (83.) Du könntest auch auf den guten und tugendhaften Agathon236 blicken, der sich durch dieselben tugendhaften Taten würdevoll auszeichnet. Denn dieser auch hat das sechste Konzil – auch dieses strahlt wegen seines ökumenischen Ranges hervor –, wenn schon nicht körperlich, so doch im Geist und mit vollem Eifer anwesend, durch seine Stellvertreter mitgestaltet und mit Glanz erfüllt. Des-

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

εἰλικρινοῦς ἡμῶν καὶ καθαρᾶς πίστεως ἀπαράλλακτον καὶ κατὰ τὰς προλαβούσας συνόδους ἀκαινοτόμητον συνετήρησε καὶ τοὺς παρακινεῖν τι τῶν ὅσα δογματίζει θρασυνομένους, μάλλον τῶν ἐξ ἀρχῆς δογματισθέντων, ἐπισφραγίζων εἰς τὰς ἴσας ἀρὰς ἀπορρίπτει.

(84.) πδʹ. Πῶς δ’ ἂν παρέλθοιμι σιγῇ τοὺς ἀρχιερέας Ῥώμης, Γρηγόριόν τε καὶ Ζαχαρίαν, ἄνδρας ἀρετῇ διαπρέψαντας καὶ διδασκαλίαις θεοσόφοις τὸ ποίμνιον συναυξήσαντας, ναὶ δὴ καὶ θαυμάτων χαρίσμασι διαλάμψαντας; Καὶ γὰρ τούτων εἰ καὶ μηδέτερος οἰκουμενικοῖς προνομίοις ἀνηγμένῃ συνεδρίασε συνόδῳ, ἀλλ’ οὖν λαμπρῶς τε καὶ περιφανῶς κατὰ μίμησιν ἐκείνων τὸ πανάγιον Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς θεολογοῦσι ἐκπορεύεσθαι. Ὁ μὲν μετὰ τὴν ἕκτην οὐ πολλοῦ ῥυέντος ἐνακμάσας χρόνου ὁ θεῖος Γρηγόριος· Ζαχαρίας δὲ ὁ θεσπέσιος πέντε καὶ ἑξήκοντα καὶ ἑκατὸν ὕστερον ἔτεσιν· οἳ τὸ δεσποτικὸν καὶ πατρικὸν δόγμα καὶ κήρυγμα ὡς ἐν ἀχράντῳ τῇ ψυχῇ καὶ καθαρᾷ θαλαμεύοντες παστάδι ἐκεῖθεν ἀκήρατον, ὁ μὲν τῇ λατινίδι γλώσσῃ, ὁ δὲ τῇ ἑλλάδι φράσει, Χριστῷ τῷ ἀληθινῷ Θεῷ καὶ νυμφίῳ τῶν ψυχῶν ἡμῶν διὰ τῆς εὐσεβοῦς λατρείας τὸ ποίμνιον συνηρμόσαντο. Ἀλλ’ ὥσπερ εἶπον, οὗτος ὁ σοφὸς Ζαχαρίας ἄλλα τε τῶν ἱερῶν γραμμάτων τοῦ ἱεροῦ Γρηγορίου καὶ τὰς ὡς ἐν διαλόγῳ τυπουμένας ὠφελείας διὰ τῆς Ἑλλάδος εἰς τὴν οἰκουμένην ἀπήχησε σάλπιγγος· αὕτη τοίνυν ἡ θεοφόρος ξυνωρὶς πρὸς τῷ τέλει τοῦ δευτέρου τῶν διαλόγων, ἡνίκα καὶ τῷ ἀρχιδιακόνῳ Πέτρῳ, ἀνὴρ δ’ ἧν οὗτος θεοφιλὴς, διαπορουμένῳ, τί δήποτε μᾶλλον τῷ βραχεῖ τῶν ἁγίων λειψάνων ἢ τοῖς ὁλοκλήροις τῶν θαυμάτων πάρεισιν αἱ δυνάμεις, ἄμφω μὲν λύσιν ἐπάγει τῆς θείας χάριτος ἀπολαύειν· μᾶλλον δὲ τὴν ἐνέργειαν ἐπιδείκνυσθαι τῷ βραχεῖ· ἐπειδὴ περὶ μὲν τῶν ὁλοκλήρων οὐδενὶ διανίσταται λογισμός, μὴ τῶν ἁγίων, ὧν λέγεται, εἶναι· οὐδ’ ὅτι μὴ βρύειν ταῦτα δύναται θαυμάτων ἐπιστασίᾳ τῶν καλλινίκων ψυχῶν, αἳ τοῖς τῶν σωμάτων συνδιήθλησαν ἀγῶσι καὶ πόνοις· οὐκ ὀλίγοις δὲ τῶν ἀσθενεστέρων238 ταῦτα διακειμένων τῷ δισταγμῷ τὸ βραχὺ καθυβρίζεται, ὅτιπερ ἁγίων οὐκ ἔστιν, ἀφ’ ὧν ὀνομάζονται, καὶ ὅτι μὴ τῆς αὐτῆς καὶ ταῦτα καταξιοῦται χάριτός τε καὶ ἐπιφοιτήσεως· διὰ τοῦτο μᾶλλον ἐν οἷς τὸ ἀμφίβολον ἐδόκει κρατεῖν, ἐν ἐκείνοις ὑπὲρ ἐλπίδα πᾶσαν τῷ τε πλήθει καὶ μεγέθει ἡ ἐνυπόστατος καὶ ἀκένωτος πηγὴ τῶν ἀγαθῶν εἰς τὸ δαψιλέστερον πηγάζει τὰ θαύματα. Τὴν οὖν εἰρημένην ἀπορίαν ὁ μέν, ὡς ἔφθην εἰπών, λατινίδι, ὁ δὲ δι’ ἑλληνιζούσης ἑρμηνείας μετὰ καὶ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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wegen hat er das Symbol unseres ungetrübten und reinen Glaubens unverändert und gemäß den vorangehenden Konzilien frei von Neuerungen bewahrt;237 und diejenigen, die so dreist waren, etwas von dem zu ändern, was es als Dogma lehrt, oder vielmehr, was von Anfang her als Dogma galt, hat er durch seine Beglaubigung mit den gleichen Bannflüchen belegt. (84.) Wie könnte ich die Erzbischöfe von Rom, Gregoriοs239 und Zacharias,240 mit Stillschweigen übergehen, Männer, die sich durch Tugend ausgezeichnet haben, und durch ihre Lehren göttlicher Weisheit die Herde vermehrt haben, ja sogar auch durch die Gnadengabe von Wundertaten hervorleuchteten? Denn obwohl keiner von ihnen an einem Konzil, das zum ökumenischen Rang erhoben wurde, teilgenommen hat, lehren sie doch jedenfalls klar und deutlich in Nachahmung dieser (Konzilien), dass der allheilige Geist vom Vater ausgeht. Der Eine, der göttliche Gregorios, hatte seine Blütezeit nicht viele Jahre nach Verstreichen der sechsten Synode, und der wunderbare Zacharias 165 Jahre später. Sie haben die Lehre und Verkündung des Herrn und der Väter gleichsam in der unbefleckten Seele und dem reinen Gemach in ihrer Seele verborgen und von dort her unversehrt hervorgebracht, der eine in lateinischer, der andere in griechischer Sprache, und durch ihre fromme Verehrung die Herde mit Christus, dem wahren Gott und Bräutigam unserer Seelen, vermählt. Aber, wie gesagt, dieser weise Zacharias hat unter anderen heiligen Schriften des hl. Gregorios auch die gleichsam in Dialogform geprägten nützlichen Schriften241 mittels der griechischen (Sprache wie mit einer) Trompete in der ganzen Ökumene erklingen lassen. Dieses gotterfüllte Zweigespann nun gibt am Ende des zweiten Dialogs,242 als der Erzdiakon Paulus – er war auch ein gottgeliebter Mensch – die Frage aufwirft, warum die wundertätigen Kräfte mehr bei kleinen Reliquien der Heiligen auftreten als bei den vollständigen Körpern, die Lösung: Beide (scil. Partikel wie Körper) hätten Anteil an der göttlichen Gnade; aber ihre Wirksamkeit trete mehr bei den kleinen (Partikeln) in Erscheinung. Denn bei den vollständigen (Körpern) erhebt sich bei niemandem ein Zweifel, ob sie (tatsächlich) den Heiligen angehören, denen sie zugeschrieben werden, und daran, ob diese von Wunder(-Kräften) überquellen können, weil sie unter der Kontrolle der siegreichen Seelen stehen, die mit den Kämpfen und Qualen der Körper gemeinsam gelitten haben. Aber bei nicht wenigen der in dieser Sache schwächer Glaubenden werden die kleinen Partikel durch den Zweifel missachtet, dass diese nicht den Heiligen angehören unter deren Namen sie stehen, und dass sie derselben Gnadengabe und Innewohnung gewürdigt werden. Aus diesem Grund lässt die wesenhafte und unerschöpfliche Quelle des Guten bei jenen (Reliquien), bei denen die Unsicherheit stärker zu sein scheint, die Wunder über jede Hoffnung hinaus an Zahl und an Größe in besonders reichem Maße fließen. Das besagte Problem hat, wie ich schon vorher

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

πολλῶν ἄλλων προδιευκρινηθέντων ἐπιλυσάμενος ὧδέ πως μετ’ ὀλίγον ἐπάγει· Τὸ παράκλητον Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς προέρχεται καὶ ἐν τῷ Υἱῷ διαμένει.

(85.) πεʹ. Ταύτην τὴν ἱερολογίαν ὁ πρόδρομος μὲν τῶν ἐν τῇ χάριτι πρῶτος ἀνεῖπεν, τῶν πιστῶν δὲ παρ’ αὐτοῦ τὸ πλῆθος ἐμυήθη, καὶ ἡ εὐσέβεια διαπαντὸς ὁρᾶται ταύτῃ λαμπρυνομένη. Καὶ γὰρ ἐκεῖνος ὁ μικροῦ δέω φάναι ὑπὲρ ἄνθρωπον ἄνθρωπος τὸν τοῦ παντὸς δεσπότην καὶ δημιουργόν, τὸ τοῦ κόσμου καθάρσιον, τὴν πηγὴν τῆς ζωῆς καὶ τῆς ἀθανασίας ῥείθροις βαπτίζων Ἰορδάνου καὶ τοὺς οὐρανοὺς ὁρῶν ἀνεῳγμένους, θαῦμα θαύμασι μαρτυρούμενον, ἐν εἴδει μὲν περιστερᾶς τὸ πανάγιον Πνεῦμα κατερχόμενον ἐθεάσατο· ἀφῆκε δὲ φωνὴν ἡ ἀληθῶς τοῦ Λόγου φωνὴ ἐν τῷ ὁρᾷν τὰ ἀθέατα· Εἶδον τὸ Πνεῦμα καταβαῖνον ὡσεὶ περιστερὰν καὶ μένον ἐπ’ αὐτόν. Μένει τοίνυν καταβαῖνον ἀπὸ τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα ἐπὶ τὸν Υἱόν· εἰ βούλει δέ, καὶ ἐν τῷ Υἱῷ· οὐδεμίαν γὰρ ἐνταῦθα παραλλαγὴν ἡ τῶν πτώσεων εἰσάγει διαφορά. Καὶ ὁ προφήτης δὲ Ἡσαΐας ἄνωθεν τὰ παραπλήσια χρησμολογῶν καὶ τὸν χρησμὸν εἰς πρόσωπον ἀναφέρων Χριστοῦ· Πνεῦμα Κυρίου, φησίν, ἐπ’ ἐμέ· οὗ εἴνεκεν· ἔχρισέ με. Ἤκουσάς ποτε τῶν κλεινῶν ἐκείνων Γρηγορίου ἢ Ζαχαρίου, τάχα γάρ σου μᾶλλον οὗτοι τὸ ἀναιδὲς διαλύουσιν εἰς αἰδώ· ἤκουσας λεγόντων αὐτῶν· Τὸ Πνεῦμα ἐν τῷ Υἱῷ μένει· καὶ πῶς εὐθὺς οὐκ ἀνέδραμες ἐκεῖθεν εἰς τὴν τοῦ Παύλου φωνήν, δι’ ἧς φησι, Τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὐτοῦ, καὶ ἀντὶ τοῦ τερατολογεῖν τὴν ἐκπόρευσιν διανέστης εἰς τὸ νοεῖν, ὡς ἐπεὶ τὸ Πνεῦμα μένει ἐν τῷ Υἱῷ, εἰκότως ἂν λέγοιτο τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ; Ἡ γὰρ ἐν τῷ Υἱῷ τοῦ Πνεύματος μονὴ αἰτία ἂν οὐκ ἀφανὴς εἴη οὐδὲ διὰ βίας ἄγουσα πρὸς πειθώ, διὰ τί λέγεται τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ· ποῖον γὰρ ἐγγύτερον ἡ ἀποστολικὴ χρῆσις χαρίζεται νοεῖν, τὸ Πνεῦμα μένειν ἐν τῷ Υἱῷ, ἢ ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ; μᾶλλον δὲ καὶ αὐτή γε ἡ σύγκρισις ἀπειρόκαλον. Τὸ μὲν γὰρ ὅ τε τοῦ κοινοῦ δεσπότου σαλπίζει βαπτιστὴς καὶ ὁ προφήτης πάλαι προθεσπίζει, καὶ αὐτὸς ὁ Σωτὴρ ἀναγινώσκων τὸ λόγιον ἐπισφραγίζει· καὶ ταύτην ἡ εὐσέβεια τὴν μυσταγωγίαν ἐκεῖθεν λαβοῦσα πᾶσι πιστοῖς διδάσκαλος πρόκειται· σὺ δὲ τῶν ζοφερῶν τῆς δυσσεβείας ἀναδὺς πυλῶν, ἀντὶ τοῦ δοξολογεῖν σε τὸ Πνεῦμα μένειν ἐν τῷ Υἱῷ καὶ ἐπὶ τὸν Υἱόν, θεομαχεῖς ἐκπορεύεσθαι λέγων τοῦ Υἱοῦ. Διαμένει ἐν τῷ Υἱῷ· διὰ τοῦτό ἐστι τοῦ Υἱοῦ· καὶ ὅτι τῆς αὐτῆς, ὡς ἔφθην εἰπών, φύσεώς τέ ἐστι καὶ θεότητος καὶ δόξης καὶ βασιλείας καὶ δυνάμεως· εἰ βούλει δέ, καὶ ὅτι χρίει τὸν Χριστόν· Πνεῦμα γὰρ Κυρίου, φησίν, ἐπ’ ἐμέ· οὗ εἵνεκεν ἔχρισέ με· καὶ διότι ἐπισκιάσαντος αὐτοῦ τῇ Παρθένῳ ἡ ὑπὲρ λόγον

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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gesagt habe, der eine auf Latein, der andere in griechischer Übersetzung mit einer Menge von vorangehenden Erläuterungen gelöst, und fährt dann später etwa so fort: „Der Tröster-Geist geht vom Vater aus und weilt im Sohn“.243 (85.) Diese heilige Lehre hat zuerst der Vorläufer der Begnadeten (scil. Johannes der Täufer) verkündigt, und von ihm wurde die Menge der Gläubigen (in diese Lehre) eingeweiht, und man sieht, dass die Frömmigkeit zu jeder Zeit durch sie erhellt wurde. Denn als dieser Mensch, den ich beinahe Übermensch nennen würde, den Herrn und Schöpfer des Alls, die Läuterung der Welt, die Quelle des Lebens und der Unsterblichkeit, im Wasser des Jordan taufte und die Himmel geöffnet sah, ein Wunder, das durch Wunder bezeugt wird, da schaute er den allheiligen Geist, in Gestalt einer Taube (vom Himmel) herabkommen, und tat beim Schauen des Nicht-Schaubaren den Ausspruch – er, der wahrhaft die Stimme des Logos ist:244 „Ich sah, dass der Geist herabstieg wie eine Taube und auf ihm blieb“.245 So steigt also der Geist vom Vater herab und bleibt auf dem Sohn, oder wenn du willst, auch im Sohn. Denn hier bewirkt der Unterschied der Fälle keinen Bedeutungswandel. Auch der Prophet Jesaja, der (auf Eingebung) von oben Ähnliches weissagte und die Prophezeiung auf die Person Christi bezog, sagt: „Der Geist des Herrn ist auf mir, darum dass er mich gesalbt hat“.246 Hast du je (die Aussage) dieser berühmten Männer Gregorios oder Zacharias gehört – vielleicht verwandeln sie doch deine Unverschämtheit in Scham –; hast du gehört wie sie sagen, „Der Geist weilt im Sohn“247 und hast du nicht gleich auf das Wort des Paulus zurückgegriffen, der sagt „Der Geist seines Sohnes,“ und bist du nicht, statt Wunderdinge über das „Hervorgehen“ zu erzählen, zu dem Gedanken angeregt worden, dass der Geist, weil er im Sohn weilt, mit Recht „Geist des Sohnes“ genannt werden kann? Denn das Weilen des Geistes im Sohn dürfte kein unbedeutender Grund sein und ohne Gewalt zu einer überzeugenden Erklärung führen, warum er „Geist des Sohnes“ genannt wird. Denn welche Deutung legt das Zitat des Apostels näher, „der Geist weilt im Sohn“ oder er „geht aus dem Sohn hervor“? Ja, schon diese Alternative selbst ist eine Abgeschmacktheit. Denn das Erstere verkündet mit Trompeterstimme der Täufer des gemeinsamen Herrn, und der Prophet sagt es vor langer Zeit voraus, und der Erlöser selbst besiegelt es, indem er diesen Spruch anerkennt.248 Die Frömmigkeit (der Kirche) hat diese geheimnisvolle Lehre von dort genommen, und steht (jetzt) allen Gläubigen als Lehrer zu Gebote; du aber bist aus den finsteren Pforten der Gottlosigkeit aufgestiegen, und statt den Geist zu preisen, dass er im Sohn und auf dem Sohn weilt, kämpfst du gegen Gott, indem du sagst, er gehe vom Sohn aus. Er weilt beständig im Sohn; darum ist er „(Geist) des Sohnes“; und, wie ich schon früher sagte, weil er derselben Natur, Göttlichkeit, Herrlichkeit, Königschaft und Macht ist; wenn du aber willst, auch weil er Christus salbt, denn er sagt: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ὑπέστη σύλληψις καὶ ὁ ἀνέκφραστος καὶ ἄσπορος προῆλθε τόκος· ναὶ δὴ καὶ διότι ἀποστέλλει αὐτόν· Εὐαγγελίσασθαι γάρ, φησί, πτωχοῖς ἀπέσταλκέ με. Πόσον οὖν ἄμεινόν σοι καὶ ἀκολουθότερον ἧν καὶ νοεῖν καὶ λέγειν, ὡς δι’ ἕν τι τῶν τεθεωρημένων ἢ καὶ διὰ πλείω λέγεται Πνεῦμα Υἱοῦ καὶ Πνεῦμα Χριστοῦ, ἀλλὰ μὴ ταῦτα τοιαῦτα ὄντα καὶ τηλικαύτην ἰσχὺν ἔχοντα καὶ ἀκολουθίαν παρ’ οὐδὲν θέμενον ἀναπλασμοῖς ἰδίοις καὶ φαντασίαις ἀνυποστάτοις ἐπιχειρεῖν τῆς ἐκκλησίας τὰ δόγματα διαφθείρειν; Πλὴν αὖθις ὁ κλεινὸς Ζαχαρίας καὶ Γρηγόριος παρίτω τῆς σῆς δόξης τοὺς ἐλέγχους ἔτι μοι συνεργαζόμενος· ὁ γὰρ ἐκ τῶν οἰκείων ἔλεγχος καὶ τοῖς ἀναιδεστάτοις αἰδεσιμώτερος.

(86.) πςʹ. Εἰ τοίνυν Ζαχαρίας καὶ Γρηγόριος τοσούτοις ἔτεσιν ἀλλήλων διεστηκότες οὐκ ἔσχον τὰς γνώμας περὶ τῆς τοῦ παναγίου Πνεύματος ἐκπορεύσεως διϊσταμένας, δηλονότι καὶ ὁ μέσον ἀμφοῖν χορὸς ἱερὸς κατὰ διαδοχὴν τῶν ἱερατικῶν τῆς Ῥώμης προστάντες θεσμῶν τὴν αὐτὴν ἀκαινοτομήτως ἐπρέσβευόν τε καὶ συνδιέθαλπον πίστιν· ὑπὸ γὰρ τῶν ἄκρων τὰ μέσα ὥσπερ ῥᾶον συνέχεται καὶ συναπαρτίζεται, οὕτω συγκροτεῖται καὶ συγκατευθύνεται. Καίτοι γε εἴ τις τῶν τε φθασάντων καὶ τῶν ἑπομένων ἁγίων ἀνδρῶν πρὸς ἀλλότριον ἀποκλίνων φωραθείη φρόνημα, οὐκ ἄδηλός ἐστιν, ὡς ἐν ᾧ τῆς ἐκείνων ἑαυτὸν διέρρηξε πίστεως, ἐν τούτῳ καὶ τοῦ χοροῦ καὶ τοῦ θρόνου καὶ τῆς ἀρχιερωσύνης ἑαυτὸν συνεξέτεμεν. Οὕτω μὲν οὖν τῶν εἰρημένων ἁγίων ἀνδρῶν ὁ χορὸς ἐν εὐσεβείᾳ τὸν βίον ὅλον διεφύλαττεν.

(87.) πζʹ. Ἀλλ’ ἀγνοεῖς τὰ παλαιά, καὶ ὄκνον ἔχεις τῶν σῶν πατέρων καὶ ὡς ἀληθῶς πατέρων ἀναθεωρεῖν τὸ φρόνημα; Χθές, καὶ οὔπω δευτέρα γενεὰ παρῆλθε, Λέων ἐκεῖνος ὁ περιώνυμος, ὁ καὶ θαύμασιν ἔχων ἔστιν οἷς ἐνσεμνύνεσθαι, πᾶσαν ἁπάντων ἐκκόπτων πρόφασιν αἱρετικήν· ἐπείπερ τὸ ἱερὸν τῶν πατέρων ἡμῶν μάθημα πολλάκις ἡ λατινὶς φθεγγομένη διὰ τὸ τῆς φωνῆς ἐνδεές τε καὶ τῷ πλάτει τῆς ἑλληνίδος μὴ συνεπεκτείνεσθαι οὐ καθαρῶς οὐδ’ εἰλικρινῶς οὐδὲ περὶ πόδα τοὺς λόγους ἥρμοζε τῷ νοήματι, καὶ πολλοῖς παρεῖχε περὶ τὴν πίστιν ἑτεροθρησκείας ὑπόληψιν τῶν ὀνομάτων ἡ στενοχωρία μὴ ἐξαρκοῦσα διερμηνεύειν τῆς διανοίας τὴν ἀκρίβειαν· διὰ δὴ τοῦτο ὁ θεόσοφος ἐκεῖνος ἀνὴρ εἰς ἐνθύμιον κατέστη, καὶ τό γε τῆς πρὸς τὸ ἐνθύμιον ῥοπῆς αἴτιον ὑπῆρχε μετὰ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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hat“;249 dann weil dadurch, dass er die Jungfrau überschattete,250 die jede Vernunft übersteigende Empfängnis stattfand und sich die unaussprechliche ohne Zeugung geschehene Geburt vollzog; ja sogar, weil er (der Geist) ihn aussendet: Denn, so sagt er, „er hat mich ausgesandt, den Armen die frohe Botschaft zu verkünden“.251 Wie viel besser wäre es für dich und auch folgerichtiger, zu denken und zu sagen, dass wegen eines oder auch mehrerer der angeführten Gründe, er „Geist des Sohnes“ und „Geist Christi“ genannt wird, anstatt all diese Gründe, die so beschaffen sind und solche Kraft und Folgerichtigkeit haben, für nichts zu achten, und zu versuchen mit eigenen Fiktionen und wesenslosen Vorstellungen die Lehre der Kirche zu verderben! Es sei denn, ich lasse wiederum den berühmten Zacharias und Gregorius auftreten; denn sie stehen mir in der Widerlegung deiner Meinung auch noch bei;252 eine Widerlegung aus dem (Munde) der eigenen (Leute) führt ja auch die Schamlosesten zu mehr Respekt. (86.) Wenn nun Zacharias und Gregorios, die so viele Jahre voneinander entfernt sind, keinen Meinungsunterschied bezüglich des Hervorgehens des allheiligen Geistes hatten, so ist es offenkundig, dass der zwischen diesen beiden stehende heilige Chor, der in (amtlicher) Nachfolge den Heiligtümern von Rom vorstand, denselben Glauben ohne Neuerung253 bekannte und bewahrte [wörtlich: pflegte]; denn, wie von den Endpunkten das Mittlere besonders leicht zusammengehalten und zu einem Ganzen gefügt wird, so wird es (scil. das Mittlere) auch gemeinsam organisiert und geleitet. Wenn sich indessen bei einem von den vorhergehenden und nachfolgenden heiligen Männern herausstellt, dass er zu einer abweichenden Auffassung neigte, dann ist nicht in Abrede zu stellen, dass er, indem er sich vom Glauben jener (Männer) losgerissen hat, sich eben hiermit gleichzeitig aus dem Chor dieser Männer, ihrer Amtswürde und ihrer Hohen-Priesterschaft ausgeschlossen hat. In dieser Weise wahrte also der Chor der genannten heiligen Männer die Frömmigkeit sein ganzes Leben lang. (87.) Aber (vielleicht) sind dir die alten (Lehren) unbekannt, und du zögerst, das Denken deiner Väter und der wahrhaften Väter aufs Neue zu studieren? Gestern (erst), die zweite Generation ist noch nicht vergangen, hat jener weithin berühmte Leo,254 der in seinen Wundertaten etwas hat, worauf er stolz sein kann, jeden Vorwand zur Irrlehre für alle ausgeräumt! Denn das heilige Lehrstück unserer Väter (scil. das Glaubensbekenntnis) erklang (im Westen) oft in lateinischer Sprache; diese Sprache konnte (aber) wegen ihrer Armut und weil sie die Breite255 des griechischen (Wortlautes) nicht erreicht, die Worte nicht rein, ungetrübt und passgenau256 dem Gedanken zuordnen; und so erweckte bei vielen die Beschränktheit der Worte den Eindruck einer Heterodoxie in Glaubensdingen hervor, da sie nicht ausreichte, um die Genauigkeit des Denkens zu wiederzugeben. Aus diesem

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

τῆς προειρημένης αἰτίας ἡ νῦν ἀνέδην αἵρεσις παρρησιαζομένη ὑπὸ τοῖς ὀδοῦσι τηνικαῦτα κατὰ τὴν Ῥωμαίων πόλιν λαλουμένη· τὸ δὲ ἐνθύμιον, Ἑλλάδι γλώσσῃ πρόσταγμα δοῦναι τὸ τῆς πίστεως ἱερὸν μάθημα καὶ τοὺς Ῥωμαίους λέγειν· καὶ γὰρ διὰ ταύτης τῆς θεοπνεύστου ἐπινοίας τό γε τῆς φωνῆς ἐνδεὲς εἰς ἀναπλήρωσιν ἀποκαθίσταται καὶ εὐρυθμίαν· καὶ τῶν εὐσεβούντων ἀπελαύνεσθαι τὴν ἐξ ὑπολήψεως ἑτεροδοξίαν, ναὶ δὴ καὶ τὸ τοῦ ἄγους ἀρτιφυὲς θᾶττον τῆς Ῥωμαϊκῆς πρόρριζον ἐκκόπτεσθαι πολιτείας. Διόπερ οὐ μόνον ἐν αὐτῇ τῇ Ῥωμαίων πόλει προγράμματά τε καὶ προθέματα ἔθετο, κατὰ τὰς μυστικὰς ἱερολογίας τὸ ἱερὸν τῆς πίστεως ἡμῶν σύμβολον, καθ’ ὃν τρόπον καὶ κατ’ ἀρχὰς συνοδικοῖς καὶ φωναῖς καὶ ψηφίσμασιν ἐκπεφώνηται, Ἑλλάδι γλώσσῃ καὶ παρ’ αὐτοῖς ἐκείνοις τοῖς τὴν Ῥωμαίων φωνὴν ἀφιᾶσιν ἀπαγγέλλεσθαι, ἀλλὰ καὶ πανταχοῦ τῶν ἐπαρχιῶν αἳ τὴν Ῥωμαίων ἀρχιερωσύνην δι’ εὐλαβείας καὶ ἡγεμονίαν ἄγουσι, τὸ αὐτὸ φρονεῖν καὶ πράττειν, ἀραῖς τε τοῦ δόγματος τὸ ἀμετάθετον ἀσφαλισάμενος καὶ λόγοις καὶ γράμμασι συνοδικοῖς διεπέμψατο.

(88.) πηʹ. Καὶ ἦν ἡ πρᾶξις οὐκ αὐτοῦ μόνον ἀρχιερατεύοντος τὸ σεβάσμιον ἔχουσα· ἀλλὰ καὶ ὁ πρᾶος καὶ ἐπιεικὴς καὶ ἀσκητικοῖς ἀγῶσιν ἐναγλαϊζόμενος, ὁ κλεινὸς Βενέδικτος ὁ μετ’ ἐκεῖνον τοῦ ἀρχιερατικοῦ θρόνου διάδοχος, τὸ αὐτὸ καὶ στέργειν καὶ κρατύνειν οὐ τὴν δευτέραν τάξιν ἔχειν ἐσπούδαζεν, εἰ καὶ δευτερεύειν αὐτὸν ὁ χρόνος ὑπέταττεν. Εἰ δέ τις μετ’ ἐκείνους γλώσσῃ δολερᾷ καὶ τιμὴν (τί μή) πλαττομένῃ, οὐ γὰρ ἐθάρρει γυμνῇ τῇ κεφαλῇ πρὸς τὰ κάλλιστα καὶ θεοφιλέστατα παρατάττεσθαι ἀλλ’ ὡς οὐδὲ τὸ φρικτὸν τῆς πίστεως ἀνὰ χειλέων ἁπάντων περιφέρεσθαι, προκάλυμμα τῆς γνώμης θέμενος, τὸ ῥηθὲν θεοσεβέστατον καὶ ὠφελιμώτατον ἔργον τῶν ἐκκλησιῶν περιέκειρέ τε καὶ ἐλυμήνατο· οὐκ ἐμὸν γὰρ ὀνόματι τὰς παλαμναίους πράξεις διεξιέναι· αὐτὸς ἂν εἰδείη· μᾶλλον δὲ πικρῶς οἶδεν ἤδη καὶ ἀθλίως τὴν δίκην ἐκεῖθεν εἰσπραττόμενος τῆς ὑφάλου τόλμης· ἀλλ’ ἐκεῖνος μὲν, σιγᾷ γὰρ καὶ αὐτός, εἰ καὶ μὴ ἑκὼν, εἰς τὸ τῆς σιγῆς ἀπερρίφθω χωρίον. Ὁ δέ γε θεσπέσιος Λέων οὐ μέχρι τῶν εἰρημένων προήγαγε τὴν καλὴν ταύτην καὶ θεοκίνητον πρόνοιάν τε καὶ πρᾶξιν· ἀλλὰ καὶ γὰρ ἦσαν ἐν τοῖς θησαυροφυλακίοις τῶν κορυφαίων Πέτρου καὶ Παύλου ἐκ παλαιοτάτων χρόνων καὶ εὐσεβείας ἀνθούσης ἀποτεθησαυρισμέναι τοῖς ἱεροῖς κειμηλίοις ἀσπίδες δύο, αἳ γράμμασί τε καὶ ῥήμασιν ἑλληνικοῖς ἔλεγον τὴν πολλάκις εἰρημένην ἱερὰν τῆς ἡμῶν πίστεως

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Grund kam jener gottweise Mann auf einen Einfall – und die Ursache, auf diesen Gedanken zu verfallen war außer dem genannten Grund auch die Irrlehre, die heute frei und offen ausgesprochen wird, damals aber (nur) in der Stadt Rom hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wurde. Der Einfall (war folgender): eine Vorschrift zu erlassen, das heilige Lehrstück des Glaubens solle auch von den Römern in griechischer Sprache257 gesprochen werden. Durch diese von Gott inspirierte Eingebung wird der Mangel der Sprache behoben, die Lücke gefüllt und Ausgewogenheit hergestellt. Außerdem (war die Absicht), die (nur) mutmaßlich bestehende Heterodoxie von den Gläubigen abzuwehren, ja auch den frisch aufkeimenden Frevel beizeiten mit der Wurzel aus der römischen Gemeinde auszurotten. Deshalb erließ er nicht nur in der Stadt Rom selbst Bekanntmachungen und Edikte,258 in den heiligen Mysterienfeiern (Messen) solle das heilige Symbol unseres Glaubens in der Weise, wie es schon von Anfang an in Verlautbarungen und Beschlüssen der Synoden formuliert ist, in griechischer Sprache auch bei denjenigen, die Latein sprechen, vorgetragen werden, sondern (man solle) auch überall in den Provinzen, die die Hohe-Priesterschaft der Römer respektieren und ihre Führung anerkennen, ebenso denken und handeln; und indem er die Unveränderlichkeit dieses (dogmatischen) Erlasses mit Bannflüchen bekräftigte, versandte ihn weithin in Abhandlungen und Synodalbriefen. (88.) Und diese Praxis genoss den Respekt (aller) nicht nur während seiner Amtszeit als Erzbischof; sondern auch der milde und nachsichtige und für seine asketischen Kämpfe ausgezeichnete, berühmte Benedikt,259 der nach ihm sein Nachfolger in der erzbischöflichen Würde war, war bestrebt, nicht den zweiten Platz bei der Wahrung und Stärkung desselben (Glaubens) einzunehmen, obwohl die Zeit ihm die zweite Stelle anwies.260 Wenn aber jemand nach diesen beiden mit betrügerischer Zunge, die alles Mögliche Ehrenhaftes261 ausdenken konnte – denn er hatte nicht den Mut, sich mit bloßem Kopf gegen das Vorzüglichste und Gottgefälligste aufzustellen – unter dem Vorwand, das Schauder erregende Mysterium des Glaubens dürfe nicht262 auf den Lippen aller in Umlauf kommen, das gottgefällige und nützliche Werk der Kirchen beschnitten und verdorben hat, – es ist nicht meine Aufgabe seine verbrecherischen Taten unter Nennung des Namens263 darzulegen – so mag er selbst (davon) wissen. Vielmehr weiß er, dass er sich inzwischen schon mit Bitternis und Elend, die Strafe für seine tückische Kühnheit zugezogen hat. Aber jener (soll)  – denn er selbst schweigt, obzwar nicht freiwillig264 – in den Raum des Schweigens verstoßen sein; der wunderbare Leo265 dagegen hat seine gute und von Gott inspirierte vorsorgliche Tätigkeit nicht auf das beschränkt, wovon wir gesprochen haben. Denn es gab in den Schatzkammern der Apostelfürsten, Petrus und Paulus seit früheren Zeiten her und als die Frömmigkeit in Blüte stand, zwei unter den heiligen Kleinodien aufbewahrte

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ἔκθεσιν· ταύτας ὑπαναγνωσθῆναι κατενώπιον τοῦ Ῥωμαϊκοῦ πλήθους καὶ εἰς ὄψιν ἁπάντων ἐλθεῖν ἐδικαίωσεν, καὶ πολλοὶ τῶν τεθεαμένων τηνικαῦτα καὶ ἀνεγνωκότων ἔτι τῷ βίῳ παραμένουσιν.

(89.) πθʹ. Ἀλλ’ οὕτω μὲν καὶ οὗτοι τὴν εὐσέβειαν ἤστραπτον καὶ τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς ἐθεολόγουν ἐκπορεύεσθαι. Ὅτι δὲ ὁ ἐμὸς Ἰωάννης, ἐμὸς γὰρ τά τε ἄλλα καὶ ὅτι πλέον τῶν ἄλλων ἐξῳκείωτο τὰ ἡμέτερα· οὗτος τοίνυν ὁ Ἰωάννης ὁ ἡμέτερος, ὁ τὸν νοῦν μὲν ἀνδρεῖος, ἀνδρεῖος δὲ τὴν εὐσέβειαν, ἀνδρεῖος δὲ μισεῖν καὶ καταβάλλειν ἀδικίαν πᾶσαν καὶ δυσσέβειαν, καὶ οὐχ ἱεροῖς θεσμοῖς μόνον, ἀλλὰ καὶ πολιτικοῖς ἐπαρκεῖν δυνάμενος καὶ τὸ ἄτακτον εἰς τάξιν μεταβάλλειν· οὗτος ὁ κεχαριτωμένος τῆς Ῥώμης ἀρχιερεὺς διὰ τῶν αὐτοῦ θεοσεβεστάτων καὶ περιδόξων τοποτηρητῶν Παύλου καὶ Εὐγενίου καὶ Πέτρου τῶν ἀρχιερέων καὶ ἱερέων Θεοῦ ἐν τῇ καθ’ ἡμᾶς συνόδῳ παραγεγονότων ὡς ἡ καθολικὴ τοῦ Θεοῦ ἐκκλησία καὶ οἱ πρὸ αὐτοῦ τῆς Ῥώμης ἀρχιερεῖς τὸ τῆς πίστεως ἀποδεχόμενος σύμβολον γνώμῃ καὶ γλώσσῃ καὶ χερσὶν ἱεραῖς τῶν εἰρημένων περιφανεστάτων καὶ θαυμασίων ἀνδρῶν ὑπέγραψέ τε καὶ ἐπεσφραγίσατο. Ναὶ δὴ καὶ ὁ μετ’ ἐκεῖνον ἱερὸς Ἀνδριανὸς συνοδικὴν ἡμῖν ἐπιστολήν, ὥσπερ ἔθος παλαιόν, ἀναπέμψας, τὴν αὐτὴν εὐσέβειαν δι’ αὐτῆς ἀνεκήρυττε καὶ τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς ἐθεολόγει ἐκπορεύεσθαι. Τούτων δὴ τῶν ἱερῶν καὶ μακαρίων ἀρχιερέων Ῥώμης οὕτω διὰ βίου καὶ πεφρονηκότων καὶ διδαξάντων καὶ ἀπὸ τῶν ἐπικήρων πρὸς τὴν ἀκήρατον ζωὴν ἐν τῇ αὐτῇ ὁμολογίᾳ μεταστάντων, τίνας ἂν σχοῖεν εἰπεῖν οἱ τὴν αἱρετικὴν νόσον νοσήσαντες, ἐξ ὧν τὸ δηλητήριον φάρμακον τῆς τηλικαύτης ἀσεβείας ἐξέπιον, καὶ οὐκ αὐτίκα τούτους ἀντιπάλους τοῖς ὀρθοδοξίᾳ τὰ ἑσπέρια καταφωτίσασι θριαμβεύουσιν;

(90.) Ϟʹ. Ἀλλὰ γὰρ οὕπω τὴν πλάνην ταύτην ἀποθέσθαι βούλεσθε; Ἐγὼ γοῦν καὶ ἑτέρας ὑμῖν ἐπῳδὰς ἐκ τῶν τοῦ Πνεύματος λογίων ἐπᾴσομαι, εἰ καὶ τῆς βυούσης ἀσπίδος τὰ ὦτα πρὸς τὰς τῶν ἐπᾳδόντων φωνὰς πρὸ τῆς μετανοίας τὴν μίμησιν μελετήσετε. Πνεῦμα Θεοῦ λέγεται τὸ πανάγιον Πνεῦμα· φησὶ γὰρ ὁ Σωτήρ· Εἰ δὲ ἐγὼ ἐν Πνεύματι Θεοῦ ἐκβάλλω τὰ δαιμόνια. Πνεῦμα τοῦ Πατρός· Οὐ γὰρ ὑμεῖς ἐστε οἱ λαλοῦντες, πάλιν ἡ αὐτὴ τῆς ἀληθείας πηγή, ἀλλὰ τὸ Πνεῦμα τοῦ Πατρὸς ὑμῶν τὸ λαλοῦν ἐν ὑμῖν. Καί, Πνεῦμα τοῦ Θεοῦ, Ἡσαΐας βοᾷ· Καὶ ἐπαναπαύσεται ἐπ’ αὐτὸν Πνεῦμα τοῦ Θεοῦ. Πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ Θεοῦ· Παῦλος ὁ μεγαλόφωνος τῶν ὀρθῶν δογμάτων κήρυξ· Ὑμεῖς δὲ οὐκ ἐλάβετε τὸ πνεῦμα τοῦ κόσμου, ἀλλὰ τὸ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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Schilde, welche mit griechischen Lettern und Worten die (im Vorhergehenden) immer wieder genannte heilige Darlegung unseres Glaubens enthielten;266 er (scil. Leo) ordnete an, diese im Angesicht der gesamten römischen Bevölkerung laut zu verlesen und allen sichtbar zur Schau zu stellen; und viele von denen, die diese Schilde damals gesehen und gelesen haben, sind noch am Leben. (89.) So ließen denn auch diese die Frömmigkeit erstrahlen und lehrten, dass der Hl. Geist vom Vater ausgeht. Mein Johannes267 – (ich nenne ihn) „mein“ unter anderem auch deswegen, weil er sich mehr als die anderen unsere (Auffassungen) zu eigen machte –; dieser unser Johannes also mutig im Geist, mutig in der Frömmigkeit und mutig darin, jede Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit zu verabscheuen und zu bekämpfen und auch fähig, nicht nur religiöse, sondern auch politische Satzungen durchzusetzen, die Unordnung in Ordnung zu verwandeln, dieser mit Gnade erfüllte Erzbischof Roms hat mittels seiner gottesfürchtigen und berühmten Stellvertreter Paulus, Eugenius und Petrus, Erzbischöfe und Priester Gottes, die an unserer Synode teilnahmen, ebenso wie die katholische Kirche und die Erzbischöfe Roms vor ihm das Glaubenssymbol gebilligt und durch die Meinung, das Wort und die heiligen Hände dieser (vorher) erwähnten berühmten und wunderbaren Männer unterschrieben und besiegelt.268 Ja auch der nach ihm kommende heilige Hadrian269 hat uns einen Synodalbrief geschickt, wie es alte Gewohnheit ist, in dem er denselben Glauben verkündete und lehrte, dass der Geist vom Vater ausgeht. Von diesen heiligen und seligen Erzbischöfen Roms, die in ihrem ganzen Leben so gedacht und gelehrt haben und die von dem vergänglichen Leben zum unvergänglichen mit demselben (Glaubens-)Bekenntnis hinübergegangen sind – welche (von diesen) könnten die, die an der ketzerischen Krankheit erkrankt sind, nennen, von denen sie das verderbliche Gift dieser großen Gottlosigkeit getrunken hätten, ohne diese sogleich als Widersacher derer anzuprangern, die den Westen mit dem rechten Glauben erleuchtet haben? (90.) Wollt ihr noch immer nicht diesen Irrtum ablegen? Ich wenigstens (allerdings) werde noch andere Zaubersprüche aus den Orakeln des Geistes über euch singen, wenn ihr euch, statt euch eines Besseren zu besinnen, in der Nachahmung der Natter übt, die ihre Ohren gegen die Stimme der (Schlangen-)Beschwörer schließt.270 „Geist Gottes“ wird der allheilige Geist (in der Hl. Schrift) genannt. Lautet doch ein Wort des Heilands: „Wenn aber ich im Geist Gottes Dämonen austreibe“,271 – (an anderer Stelle wird er) „Geist des Vaters“ (genannt): „Denn nicht ihr seid es, die da reden“, wieder dieselbe Quelle der Wahrheit, „sondern der Geist eures Vaters, der in (oder: durch) euch spricht“.272 – Und „Geist Gottes“ ruft Jesaja aus: „Und es wird auf ihm ruhen der Geist Gottes“.273 – „Geist aus Gott“ sagt Paulus, der stimmgewaltige Herold, der rechte Dogmen verkündet: „Ihr habt

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ Θεοῦ· καί, Εἰ δὲ Πνεύματι Θεοῦ ἄγεσθε, οὐκ ἐστὲ ἐν σαρκί. Πνεῦμα Κυρίου, Ἡσαΐας βοᾷ· Πνεῦμα Κυρίου ἐπ’ ἐμέ, οὗ εἵνεκεν ἔχρισέ με. Πάλιν λέγεται Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ, Πνεῦμα Χριστοῦ, Πνεῦμα τοῦ ἐγείραντος Ἰησοῦν Χριστόν, ὡς Παῦλος πάλιν μυσταγωγεῖ· Ἐξαπέστειλεν ὁ Θεὸς τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ αὑτοῦ ἐν ταῖς καρδίαις ὑμῶν κρᾶζον· Ἀββᾶ, ὁ Πατήρ· καί, Τὸ Πνεῦμα τοῦ ἐγείραντος Ἰησοῦν Χριστὸν οἰκεῖ ἐν ὑμῖν· καί, Ὑμεῖς οὐκ ἐστὲ ἐν σαρκί, εἴπερ Πνεῦμα Χριστοῦ οἰκεῖ ἐν ὑμῖν· καί, Εἴ τις Πνεῦμα Χριστοῦ οὐκ ἔχει, οὗτος οὐκ ἔστιν αὐτοῦ. Προσέσχες πάντως, ὅτι τὸ Πνεῦμα λέγεται τοῦ Θεοῦ, ἐκ τοῦ Θεοῦ τε καὶ Πατρός, καὶ Κυρίου καὶ τοῦ ἐγείραντος Χριστὸν ἐκ νεκρῶν καὶ Πνεῦμα τοῦ Πατρός. Ἆρα οὖν ὅταν λέγῃ· „Πνεῦμα Θεοῦ ἢ Πατρὸς ἢ Κυρίου ἢ τοῦ ἐγείραντος Ἰησοῦν Χριστόν, ἢ Πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ Θεοῦ“, αὐτὸ τοῦτο δηλοῦσιν αἱ φωναί, ὅπερ ἐσήμαινεν ἡ λέγουσα τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι τοῦ Πατρός; ἢ οὐδεὶς οὕτω ἀνόητος οὐδ’ αὐτῶν τῶν ἁπλῶν ῥημάτων εἰς ἐσχάτην ἄγνοιαν ἥκων, ὡς μὴ ῥᾷον ἔχειν συνορᾷν, ὅτι τῶν εἰρημένων ἕκαστον, εἰ καὶ περὶ τὰ αὐτὰ λέγεται πρόσωπα, ἀλλ’ οὖν ἕτερον ἡ λέξις παρίστησι σημαινόμενον ἡ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι τὸ Πνεῦμα, καὶ ἕτερον ἡ Πνεῦμα Θεοῦ ἢ Κυρίου ἢ τῶν εἰρημένων ἕκαστον λέγουσα. Τὸ μὲν γὰρ τὴν ἐκπόρευσιν τῷ ῥήματι ἀπαγγέλλει, τὰ δὲ οὐκ ἔτι· ἀλλ’ εἰ καὶ διότι αὐτοῦ ἐκπορεύεται, ταῦτα λέγεται, πλὴν ἀλλ’ οὐδεμία γε τῶν φωνῶν τῶν εἰρημένων τὸ ἐκπορεύεσθαι ταῖς λέξεσιν ἑρμηνεύει. Καὶ γὰρ περιφανῶς ἕτερόν ἐστιν εἰπεῖν ἐκπορεύεσθαι τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα, καὶ ἄλλο σημαίνουσι τοῖς ὀνόμασιν αἱ τὸ Πνεῦμα λέγουσαι τοῦ Θεοῦ καὶ Κυρίου καὶ τὰ ὅμοια.

(91.) Ϟαʹ.283 Καίτοι γε εἰ καὶ ἑκάστη τῶν φωνῶν ἐσήμαινε τὴν ἐκπόρευσιν, ὅτιπερ αὐτοῖς ῥήμασι θείοις ἀνερρήθη τὸ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύεσθαι, καὶ τοῦτο πρὸς ἡμῶν ἂν ἦν· μυριάκις γὰρ κατὰ τὴν ὑπόθεσιν ταύτην ἐκπορεύεσθαι νοουμένου τοῦ Πνεύματος ἐκ τοῦ Πατρός, πῶς οὐδ’284 ἅπαξ εἴρηται ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ; Οὐ γὰρ ἔχει χώραν εἰπεῖν, ὡς εἴρηται διὰ τῶν λόγων, οἳ μηδόλως τοῦτο σημαίνουσι τῇ φωνῇ, καὶ ὅτι μήτε θείοις, ἀλλ’ οὐδ’ ἀνθρωπίνοις καὶ πνευματοφόροις ῥήμασι κατὰ λέξιν ποθὲν285 ἐρρήθη τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι τοῦ Υἱοῦ· καὶ εἰ τὸ μὲν λέγεσθαι τὸ Πνεῦμα τοῦ Θεοῦ καὶ τὰ παραπλήσια τὴν ἐκπόρευσιν ἔχουσι πρώτην αἰτίαν καὶ κυριωτάτην, καὶ γὰρ ὁμοούσιον, διότι ἐκπορεύεται, οὐ διότι δὲ ὁμο-

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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nicht den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott empfangen“;274 ferner: „Wenn ihr vom Geist Gottes geleitet werdet, so seid ihr nicht im Fleisch“.275 – „Geist des Herrn“ ruft Jesaja aus: „Der Geist des Herrn (ruht) auf mir, darum dass er mich gesalbt hat“.276  – Und wiederum heißt er: „Geist des Sohnes“, „Geist Christi“, „Geist dessen, der Jesus Christus auferweckt hat“, wie Paulus wieder geheimnisvoll lehrt: „Gott hat den Geist seines Sohnes in eure Herzen ausgesandt, der da ruft: Abba, Vater“,277 und: „der Geist dessen, der Jesus Christus auferweckt hat, wohnt in euch“,278 und: „ihr seid nicht im Fleisch, wenn der Geist Christi in euch wohnt“,279 und: „wenn einer den Geist Christi nicht hat, dann ist dieser nicht sein“.280 Du hast überall bemerkt,281 dass vom Geist Gottes, (vom Geist) aus Gott und dem (oder des) Vater(s), vom Geist des Herrn und auch von dem die Rede ist, der Christus von den Toten erweckt hat, und vom Geist des Vaters. Wenn es nun heißt: „Geist Gottes“ oder „des Vaters“ oder „des Herrn“ oder „dessen, der Jesus Christus auferweckt“ oder „Geist aus Gott“, meinen dann etwa die (genannten) Ausdrücke eben dasselbe, was gemeint war mit der Aussage, der Geist gehe vom Vater aus? Oder wird niemand derart unverständig sein und auf der äußersten Stufe der Unwissenheit über einfache Wörter stehen, dass er nicht ganz leicht einzusehen vermag, dass, wenn auch eine jede der zitierten Wendungen eine Aussage über dieselben Personen enthält, dann doch die Wendung „der Geist geht vom Vater aus“ einen anderen Bedeutungsgehalt hat als die Wendungen „Geist Gottes“, „Geist des Herrn“ usw.? Denn das eine ist eine verbale Aussage über das Hervorgehen, das andere eben nicht282; aber selbst wenn diese Aussagen aus dem Grund gemacht werden, weil er (der Geist) von ihm (dem Vater) ausgeht, spricht doch keine der angeführten Formulierungen ausdrücklich das Hervorgehen (des Geistes vom Vater) aus. Es ist nämlich augenscheinlich etwas anderes zu sagen, der Geist gehe vom Vater aus; und etwas anderes bezeichnen die nominalen Ausdrücke, die lauten „Geist des Vaters“, „Geist des Herrn“ und dergleichen. (91.) Indes, selbst wenn jede dieser Aussagen das Hervorgehen bezeichnen würde, da ja in der hl. (göttlichen) Schrift selbst286 durch Verben das Hervorgehen vom Vater kundgetan worden ist, so würde auch das zu unseren Gunsten sprechen; denn während der Geist unter dieser Voraussetzung unzählig oft aufzufassen ist als der, der vom Vater ausgeht, warum wird nicht ein einziges Mal ausdrücklich gesagt, er gehe vom Sohne aus? Es gibt nämlich keine Möglichkeit zu erklären, dies sei (implizit) mit den Worten, die das gar nicht ausdrücklich bezeichnen, ausgesagt, und auch nicht, weil weder in göttlichen noch in menschlichen geisterfüllten Worten287 jemals ausdrücklich gesagt wurde, dass der Geist vom Sohn ausgehe. Und wenn einerseits der Ausdruck „Geist Gottes“ und Ähnliches das Hervorgehen zur primären und wichtigsten Ursache hat  – denn (der Geist) ist (ihm) wesensgleich, weil er aus ihm hervorgeht, nicht aber, weil er wesensgleich

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ούσιον, ἐκπορευτόν· τὸ δὲ λέγεσθαι Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἢ Χριστοῦ ἢ τὰ τοιαῦτα ἐκ πολυμεροῦς πρόεισιν αἰτίας, διότι τε γὰρ ὁμοούσιον καὶ διότι χρίει αὐτὸν καὶ διότι μένει ἐπ’ αὐτὸν καὶ διότι ἐν αὐτῷ. Εἰ οὖν τὸ ἐκπορεύεσθαι τὴν κυριωτάτην ἐπέχον αἰτίαν, δι’ ἣν τὸ Πνεῦμα λέγεται εἶναι τοῦ Θεοῦ καὶ Κυρίου καὶ τὰ τοιαῦτα, ὅμως οὐ δίδωσιν αὐτοῖς ἀπαγγέλλειν τὸ ἐκπορεύεσθαι, πῶς δυνατόν, ἐφ’ οὗ πλείω τὰ αἴτια θεωρεῖται, δι’ ὧν ὑμνολογεῖται τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ καὶ Χριστοῦ, ἐπὶ τούτου ζητεῖν καίτοι μηδὲ συναριθμουμένην τοῖς αἰτίοις ἀπαραίτητον τὴν ἐκπόρευσιν;

(92.) Ϟβʹ. Σὺ δὲ ἄρα τὰ ὦτα καὶ τὴν διάνοιαν ἀνατείνων πρὸς ἀσέβειαν, ἐπειδὰν ἀκούσῃς τὸ Πνεῦμα τοῦ Χριστοῦ ἢ τοῦ Υἱοῦ, πάντα παραδραμὼν ἐξ ὧν τῆς θεολογίας ἦν σοι μὴ διεκπεσεῖν, εἰς ὃ μηδεὶς εἰπεῖν κατηνέχθη, πρὸς ἐκεῖνο κατὰ κεφαλὴν τρέχεις. Εἴρηται τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεσθαι τοῦ Πατρός, εἴρηται καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ Θεοῦ, καὶ τὰ ἄλλα, ὧν πολλάκις ὁ λόγος ἀνέπτυξε τὴν διήγησιν· καὶ οὐδὲν τούτων πλὴν τῆς προτέρας φωνῆς σημαίνει τὴν ἐκπόρευσιν· εἴρηται τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ καὶ Χριστοῦ καὶ τὰ παραπλήσια, οὐδαμοῦ δὲ ὅτι τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται. Μηδαμῶς οὖν εἰρημένης τῆς ἐκπορεύσεως, πῶς οὐ παντελῶς ἀσύνετόν τε καὶ παράφορον εἰς ἐκεῖνο τὰς φωνὰς ἀνάγειν, εἰς ὃ μηδαμῆ μηδαμῶς ἐκπεφώνηται; Οὐ γὰρ δὴ καὶ τοῦτο τολμήσουσιν οἱ πάντα θρασεῖς εἰπεῖν, ὡς ἔστι ῥήμασιν αὐτοῖς ἐκ τῶν ἱερῶν Λογίων λαβεῖν τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεσθαι.

(93.) Ϟγʹ. Σὺ δέ μοι σκόπει κἀντεῦθεν· τὸ Πνεῦμα λέγεται τοῦ Χριστοῦ, καὶ ὅπως λέγεται, οὐ χαλεπὸν ἐκ τοῦ Ἡσαΐου μαθεῖν, μᾶλλον δὲ καὶ ἐξ αὐτῆς τῆς δεσποτικῆς ἀναγνώσεως καὶ φωνῆς· Πνεῦμα γὰρ ἐπ’ ἐμέ, φησίν, οὐ εἵνεκεν ἔχρισέ με· ὥστε τὸ Πνεῦμα ἄλλον μὲν τρόπον λέγεται τοῦ Κυρίου, ἕτερον δὲ τοῦ Υἱοῦ· τὸ μὲν γὰρ ὡς ὁμοούσιον· τὸ δὲ εἰ καὶ ὁμοούσιον, ἀλλὰ νῦν γε διὰ τὸ χρίσμα λέγεται τοῦ Υἱοῦ· Χριστοῦ γὰρ Πνεῦμα, ὅτι χρίει αὐτόν· Πνεῦμα γὰρ ἐπ’ ἐμέ, αὐτή φησιν ἡ Ἀλήθεια, οὗ εἵνεκεν ἔχρισέ με. Χρίει τὸ Πνεῦμα τὸν Χριστόν· ἄνθρωπε, πῶς νοεῖς; καθ’ ὃν λόγον μετέσχε σαρκὸς καὶ αἵματος καὶ γέγονεν ἄνθρωπος, ἢ καθ’ ὃν ἐξ

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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ist, ist er etwas (aus ihm) Hervorgegangenes288 –; andererseits aber der Ausdruck „Geist des Sohnes“ oder „Christi“ und Ähnliches sich aus vielfältigen Ursachen ergibt – denn (man sagt so), weil der Geist (ihm) wesensgleich ist, weil er ihn salbt, weil er auf ihm ruht und weil er in ihm ist –; wenn nun aber das Hervorgehen (im ersteren Fall), obwohl es die wichtigste Ursache einnimmt, weswegen der Geist „Gottes“, „des Herrn“ und dergleichen genannt wird, ihnen trotzdem nicht das Recht gibt, das Hervorgehen auszusagen, wie ist es dann (im zweiten Fall) möglich, dort, wo mehrere Ursachen in Betracht kommen, um derentwillen er als Geist „des Sohnes“ und „Christi“ gepriesen wird, das Hervorgehen spekulativ zu erschließen [wörtlich: zu suchen], wenn dieses doch nicht einmal in der Aufzählung der Ursachen notwendig mit eingeschlossen ist? (92.) Du indes richtest also deine Ohren und deinen Sinn auf die Gottlosigkeit, und sobald du nur vom „Geist Christi“ oder „des Sohnes“ reden hörst, lässt du alles außer Acht, was dir ermöglichte, bei der rechten Gotteslehre zu bleiben [wörtlich: nicht aus der rechten Gotteslehre herauszufallen], und rennst Hals über Kopf auf Behauptungen zu, zu denen sich noch niemand verstiegen hat. Es wird gesagt, der Geist gehe vom Vater aus; es wird gesagt, er sei sowohl (Geist) des Sohnes als auch Gottes und wie die Ausdrücke alle lauten mögen, die ich oft genug aufgezählt habe; und keine von diesen Aussagen mit Ausnahme der ersten bezeichnet das Hervorgehen; es ist gesagt worden, der Geist sei des Sohnes und Christi und dergleichen, nirgends aber (heißt es), dass der Geist vom Sohn ausgehe. Da nun aber nirgends vom Hervorgehen die Rede ist, ist es da nicht vollkommen unsinnig und abwegig, die (fraglichen) Ausdrücke darauf zu beziehen, worauf sie nie und nimmer ausdrücklich bezogen worden sind? Denn sie, die sich erfrechen, alles zu behaupten, werden ja wohl nicht auch noch diese Aussage wagen, es lasse sich buchstäblich aus den heiligen Worten289 (der Schrift) die Aussage entnehmen, der Geist gehe vom Sohn aus. (93.) Du aber betrachte die Sache auch aus dem folgendem Blickwinkel: Vom Geist wird gesagt, er sei „Geist Christi“. Und in welchem Sinne das gesagt wird, ist ohne Mühe von Jesaja zu erfahren oder vielmehr sogar aus den Worten, die der Herr anerkannte und aussprach: „Denn der Geist des Herrn ruht auf mir, sagt er, um dessentwillen, dass er mich gesalbt hat“.290 Daher ist in einem anderen Sinn vom Geist des Herrn, in einem anderen (vom Geist) des Sohnes die Rede; einerseits, insofern er wesensgleich (mit dem Vater) ist; andererseits, wenn er auch wesensgleich (mit dem Sohn) ist, so wird er doch an dieser Stelle wegen der Salbung „Geist des Sohnes“ genannt. Denn er ist „Geist Christi“ (des Gesalbten), weil er ihn salbt. „Denn der Geist ruht auf mir“, sagt die Wahrheit selbst, „um dessentwillen, dass er mich gesalbt hat“. Der Geist salbt den Gesalbten Christus: wie verstehst

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

ἀϊδίου ὑπῆρχε Θεός; Ἀλλὰ τὸ μὲν δεύτερον οὐκ ἂν οἶμαί σε, εἰ καὶ πάντα θρασὺς ἦσθα, θρασυνθῆναι εἰπεῖν. Οὐ γὰρ χρίεται ὡς Θεός, ἄπαγε, ὁ Υἱός. Οὐκοῦν καθὸ ἄνθρωπος χρίεται τῷ Πνεύματι ὁ Χριστός· καὶ καθὸ χρίει τὸ Πνεῦμα τὸν Χριστόν, λέγεται Πνεῦμα Χριστοῦ. Σὺ δὲ λέγεις· Ἐπειδὴ λέγεται Πνεῦμα Χριστοῦ, πάντως καὶ ἐκπορεύεται ἐξ αὐτοῦ. Οὐκοῦν τὸ Πνεῦμα τοῦ Χριστοῦ οὐ καθὸ Θεὸς ἐξ αὐτοῦ προελεύσεται, ἀλλὰ καθὸ ἄνθρωπος, καὶ οὐκ ἀπ’ ἀρχῆς καὶ πρὸ αἰώνων καὶ ἅμα τῷ Πατρὶ οὐσιώθη, ἀλλὰ τηνικαῦτα, ἡνίκα καὶ τὸ ἀνθρώπινον προσελάβετο φύραμα ὁ Υἱός.

(94.) Ϟδʹ. Ἐπίστησον τὸν νοῦν καὶ ἀνάνηψον τῆς πλάνης, ἄνθρωπε, μηδὲ τὴν σαυτοῦ πληγὴν καὶ τὸ τραῦμα πᾶσαν ἐπιδείξῃς θεραπείαν ἐλέγχοντα. Τὸ Πνεῦμα δοξολογεῖται τοῦ Χριστοῦ, διότι χρίει αὐτόν· ὁ δὲ σὸς τῆς ἀπωλείας νόμος προστάττει λέγειν, διότι ἐκπορεύεται αὐτοῦ· ἐκπορεύεται δὲ τοῦ Χριστοῦ, ὡς ὁ λόγος ἔδειξε διὰ τῆς σῆς δόξης βαδίζων, οὐ καθὸ Θεὸς ὁ Χριστός, ἀλλὰ καθὸ τὸ ἡμέτερον προσελάβετο φύραμα. Εἰ οὖν καθὸ τοῦ ἡμετέρου μετέσχε φυράματος, κατὰ τοῦτο ἐκπορεύεται τὸ Πνεῦμα τοῦ Χριστοῦ, ἐκπορεύεται δὲ πάλιν καὶ τοῦ Υἱοῦ καθὸ Θεὸς, τῆς σῆς γὰρ ταῦτα τῆς νομοθεσίας τὰ προστάγματα, ὁμοούσιος ἂν ἡ ἀνθρωπίνη φύσις τῇ Θεότητι συλλογισθείη, εἴπερ τὸ Πνεῦμα ὁμοούσιον τοῦ Υἱοῦ καί γε δὴ τοῦ Χριστοῦ· ἐκπορεύεσθαι μὲν γὰρ ποιεῖς αὐτὸ καὶ πρὸ τῆς σαρκώσεως καὶ μετὰ τὴν σάρκωσιν, τὸ δὲ ὁμοούσιον οὔπω περιεῖλες. Εἰ οὖν ὁμοούσιον μὲν τὸ Πνεῦμα τοῦ Υἱοῦ, ὁμοούσιον δὲ καὶ τῇ προσληφθείσῃ φύσει, ἐξ αὐτῆς γὰρ αὐτὸ κελεύεις ἐκπορεύεσθαι, εἴη ἂν ἀλύτοις λόγοις ἀποδείξεων ὁμοούσιος καὶ ἡ ἐν τῷ Χριστῷ θεότης τῇ ἐν αὐτῷ ἀνθρωπότητι. Ἐῶ δὲ νῦν παριστάνειν, ὡς καὶ κατὰ τοῦ Πατρὸς τὸ σὸν συνάγει δόγμα διὰ τῆς αὐτῆς τῶν λόγων θεωρίας τὸ τῆς σαρκὸς ὁμοούσιον· καὶ τί ἂν εἴη τῆς ἀσεβείας ἀθεώτερον ἢ τῆς πλάνης ἀθλιώτερον;

(95.) Ϟεʹ. Σὺ δὲ οὔπω βούλει συνιδεῖν, εἰς οἵους σε κρημνοὺς καὶ βάραθρα ψυχικῆς διαφθορᾶς ἐναπορρίπτει καὶ κατορύττει τὸ μὴ βούλεσθαί σε Χριστῷ μηδὲ τοῖς αὐτοῦ μαθηταῖς πείθεσθαι, μηδὲ ταῖς οἰκουμενικαῖς ἕπεσθαι συνόδοις, μηδὲ πρὸς

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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du das, oh Mensch? In Hinsicht darauf, dass er Fleisch und Blut angenommen hat und Mensch wurde, oder in Hinsicht darauf, dass er von Ewigkeit her als Gott existierte? Ich aber möchte nicht glauben, dass du dich erdreistest, das Zweite zu sagen, wenn du auch in allem dreist bist. Nicht als Gott wird der Sohn ja gesalbt, das sei fern! Also wird Christus insofern er Mensch (wurde), vom Geist gesalbt.291 Und insofern der Geist Christus salbt, heißt er Geist Christi. Du aber hältst entgegen: Weil er Geist Christi genannt wird, geht er auf jeden Fall auch von ihm aus. Also geht der Geist Christi von ihm aus, nicht insofern er Gott, sondern insofern er Mensch ist, und nicht von Anfang an und vor aller Ewigkeit und gleichzeitig mit dem Vater ist er ins Sein gelangt, sondern zu dem Zeitpunkt als der Sohn das (stoffliche) Gemenge der menschlichen Natur annahm.292 (94.) Komm wieder zu Sinnen, erwache aus dem Rausch, oh Mensch, der dich hat irregehen lassen [wörtlich: ernüchtere dich aus dem Irrgang], und zeige, dass sich deine Wunde und deine Verletzung nicht jeder Therapie verweigern. Der Geist wird als Geist Christi gepriesen, weil er ihn (scil. Christus) salbt, während deine Regel des Verderbens vorschreibt zu sagen: weil er von ihm ausgeht. Er geht, wie die Argumentation, auf der Bahn deiner Lehrmeinung fortschreitend, gezeigt hat, von Christus aus, nicht insofern Christus Gott ist, sondern insofern er das (stoffliche) Gemenge unserer Menschennatur angenommen hat. Wenn nun der Geist insofern von Christus ausgeht, als er an unserer Menschennatur Anteil hat, aber andererseits auch vom Sohn ausgeht, insofern dieser Gott ist – so lauten ja die Vorschriften deiner Gesetzgebung –, dann müsste man den Schluss ziehen, dass die menschliche Natur mit der Gottheit wesensgleich ist, wenn der Geist wesensgleich mit dem Sohn, und natürlich auch mit Christus ist. Du lässt ja den Geist sowohl vor als auch nach der Inkarnation ausgehen, die Wesensgleichheit hast du ihm aber noch nicht weggenommen. Wenn also der Geist mit dem Sohn wesensgleich ist, wesensgleich aber auch mit der (in der Inkarnation) angenommenen Natur – gebietest du doch, dass er von dieser ausgehe –, dann dürften dank der Logik unerschütterlicher Beweise auch die Gottheit in Christus mit der menschlichen Natur wesensgleich sein.293 Ich unterlasse es jetzt nachzuweisen, dass deine Lehrmeinung auch bezüglich des Vaters zu der logischen Folgerung führt, dass er mit dem Fleisch (des Inkarnierten) wesensgleich ist. Was aber könnte gottloser sein als diese Lästerung und unglückseliger als dieser Irrtum? (95.) Du aber willst noch (immer) nicht einsehen, auf welche Klippen und in welche Abgründe seelischen Verderbens dich deine Weigerung abstürzen und (schließlich) begraben (sein) lässt, Christus294 und seinen Jüngern295 nicht gehorchen zu wollen, auch nicht den ökumenischen Konzilien296 zu folgen und den (logischen) Schlüssen297 und auch denen, die sich anhand der Worte der Hl. Schrift

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

τὰς λογικὰς ἐφόδους καὶ αὐτὰς διὰ τῶν ἱερῶν προϊούσας Λογίων μηδαμῶς τὸν νοῦν ἐπιστρέφειν· ἀλλὰ κατηγορεῖς μὲν τοῦ κοινοῦ δεσπότου, καταψεύδῃ δὲ τοῦ γενναίου Παύλου, κατεξανίστασαι δὲ τῶν οἰκουμενικῶν καὶ ἁγίων συνόδων, διασύρεις δὲ πατέρας καὶ τοὺς σοὺς ἀρχιερεῖς καὶ πατέρας ὡς ἀληθῶς πατέρων τῆς διανοίας ἐξοστρακίζων εἰς κόρακας ἀποπέμπεις καὶ πρὸς τὰς λογικὰς κωφεύεις θεωρίας· καὶ πάντα σοι κατεπόθη τὰ σωτήρια εἰς τὸ τῆς ἐπισφαλοῦς προλήψεως πάθος. Ἀλλ’ ἀνθ’ ἡμῶν σοι Δαβὶδ ὁ μελῳδὸς καὶ θεοπάτωρ ἐμβοήσεται· Σύνετε δή, ἄφρονες ἐν τῷ λαῷ, καὶ μωροὶ ποτέ φρονήσατε· μήποτε ἁρπάσῃ ὁ κοινὸς τοῦ γένους ἐχθρὸς τοσαύταις ἡμᾶς περιβάλλων πάγαις ὡς λέων ἄγριος καὶ ὠρυόμενος τὰς ψυχὰς ἡμῶν καὶ οὐ μὴ ᾖ ὁ ῥυόμενος.

(96.) Ϟςʹ. Τὰς μὲν οὖν ὑποτυπώσεις ταύτας, ὥσπερ ᾔτησας, ἔχεις, ἀνδρῶν ἐμοὶ σεβασμιώτατε καὶ φιλομαθέστατε. Εἰ δέ ποτε Κύριος ἡμῖν τὴν αἰχμαλωσίαν ἐπιστρέψει τῶν βιβλίων καὶ τῶν ὑπογραφέων ἡμῶν, τάχα ἂν ἕξεις τοῦ παναγίου Πνεύματος ἡμῖν ἐμπνέοντός σε καὶ ἐπινεύοντος καὶ τὰς χρήσεις, ἃς οἱ νέοι προκομίζουσιν πνευματομάχοι, μᾶλλον δὲ οἱ καθ’ ὅλης ἐκμανέντες τῆς ὑπεραγάθου καὶ τρισυποστάτου Θεότητος· οὐδὲν γὰρ αὐτοῖς τῶν ἐν αὐτῇ παραλέλειπται, ὃ μὴ ταῖς οἰκείαις ἀπονοίαις καθυβρίζουσι· ναὶ δὴ καὶ τοὺς ἐπαγομένους αὐτοῖς ἐξ ὧν αὐτοὶ προάγουσι χρήσεων ἐλέγχους, ἀλλὰ καὶ τὴν περὶ ταῦτα κακουργίαν αὐτῶν καὶ μηχανουργίαν· καὶ μὴν καὶ τῶν μακαρίων καὶ θεοσόφων πατέρων ἡμῶν τὰς ἀπαραγράπτους μαρτυρίας, δι’ ὧν αὐτῶν καταισχύνεται καὶ πάσης εὐσεβείας ἀπελαύνεται τῆς ἀποστασίας τὸ φρόνημα.

Die Mystagogie des Heiligen Geistes – Griechischer Text – Übersetzung 

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ergeben, auch nur die geringste Beachtung zu schenken. Stattdessen erhebst du gegen den gemeinsamen Herrn Vorwürfe, verbreitest Lügen über den vortrefflichen Paulus, erhebst dich gegen die ökumenischen und heiligen Synoden, verhöhnst die Väter und deine eigenen Bischöfe,298 verhängst ein Scherbengericht über die, die wahrhaft Väter der Väter sind,299 verbannst sie aus deinem Denken, schickst sie in die Wüste [wörtlich: zu den Raben] und verschließt deine Ohren gegenüber den logischen Beweisen. Alle Arzneien hast du (erfolglos) geschluckt, die das Leiden deiner gefährlichen Voreingenommenheit zu heilen vermöchten. Doch anstelle von mir soll Psalmist und Gottesvater David in die Ohren schreien: „Seid verständig, ihr Narren im Volk, und ihr Toren werdet (endlich) einmal klug“.300 Damit uns nicht etwa der gemeinsame Feind des Menschengeschlechts zur Beute mache [wörtlich: raube], der uns mit so vielen Fallstricken umgarnt, wie ein wilder, brüllender Löwe unsere Seelen, und es ist keiner da, der uns rettet.301 (96.) Du hast also (mit dem Vorhergehenden) die umrisshaften Unterrichtungen [wörtlich: Skizzen]302 in der Hand, um die du gebeten hast, der du für mich einer der verehrungswürdigsten und lernbegierigsten Menschen bist.303 Wenn einmal der Herr uns die Gefangenschaft und die Abstinenz von meinen Büchern und Sekretären abwendet,304 so wirst du vielleicht, sofern mir der allheilige Geist seinen Anhauch und seine gnädige Hilfe gewährt, auch die Belege305 in Händen haben, die die neuen Geistbekämpfer (Pneumatomachen) vorbringen oder, mehr noch, diejenigen die gegen die ganze übergütige, dreihypostatische Gottheit toben – denn sie haben von dem, was die Gottheit betrifft, nichts übergegangen, was sie nicht durch ihren Wahnsinn für gering und unwürdig halten. Und insbesondere wirst du zusätzlich die gegen sie geführten Widerlegungen aufgrund jener Belege, die sie selber vorbringen, in Händen haben, aber ebenso ihre diesbezüglichen Verfälschungen und Manipulationen; und endlich auch die unanfechtbaren Zeugnisse unserer seligen, von Gottesweisheit erfüllten Väter,306 durch welche das Denken ihrer Abtrünnigkeit zuschanden gemacht und von jeglicher Frömmigkeit weit entfernt gehalten wird.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

3.3 Theologischer Kommentar 1. Mystagogie heißt wörtlich Einweihung – Einführung in ein Geheimnis. Mystagogie bezeichnete ursprünglich die Unterweisung von Jüngern in einen antiken Mysterienkult (Siehe LThK, 1998, Bd.  VII, 570–572). Basileios d.  Gr. liefert uns eine einleuchtende Definition im christlichen Kontext davon. Mystagogie bedeutet Einführung in die Gotteslehre (ἡ πρὸς τὴν θεογνωσίαν εἰσαγωγή). Siehe De Spir. Sancto XXIX.75 (SC 17, 516, 26–27 Prusche). Wenn man diese Definition des Basileios mit der sogenannten „Theologia Mystica“ des Ps.-Dion. Areopagita verbindet, wo von den „θεῖαι μυσταγωγίαι“ (Einführungen in die göttlichen Geheimnisse) die Rede ist, sowie mit der an die übergöttliche Gottheit gerichteten Fürbitte, die Priester in das höchste Geheimnis einzuleiten, in dem die absoluten und unveränderlichen Geheimnisse der Gotteskunde (Theologie) verborgen liegen, kann man mit Sicherheit darauf schließen, dass es sich um eine Unterweisung in eine geheimnisvolle Lehre handelt, welche die entsprechende geistige Vorbereitung erfordert. Siehe Dion. Areop., Theol. Myst. I.1; 2 (PTS 36, 141–142, 1; 142, 15–16 Ritter): τριὰς ὑπερούσιε καὶ ὑπέρθεε … ἴθυνον ἡμᾶς ἐπὶ τὴν τῶν μυστικῶν λογίων ὑπεράγνωστον καὶ ὑπερφαῆ ἀκρότατην κορυφήν, ἔνθα τὰ ἁπλᾶ καὶ ἀπόλυτα καὶ ἄτρεπτα τῆς θεολογίας μυστήρια ἐγκεκάλυπται [Dreieinigkeit, erhaben über alles Sein, alles Göttliche … geleite uns zum Gipfel der geheimnisvollen Worte empor, hoch über alles Nichtwissen wie über alles Lichte hinaus. Dort wo die Mysterien der Gotteskunde in überlichtem Dunkel geheimnisvoll verhüllten Schweigens absolut, einfach und unwandelbar verborgen liegen]. Ebenso ist bei Photios hier eine Einführung, eine Einweihung des Lesers in das Geheimnis der Trinität und präziser in die theologische Lehre über den Hl. Geist gemeint. Für andere Bedeutungen des Wortes siehe in: Patristic Greek Lexikon, G. W. H. Lampe (Hg.), Oxford/N. York 1961 (1994)2 890–891. Siehe auch Dion. Areop., Eccl. Hier. I.1 (PTS 36, 63, 6 Heil/Ritter). 2. Das „ἐκ μόνου“ im Titel des Werkes verweist auf die präzise inhaltliche Be­ stimmung des Dissenses mit den Lateinern und bezieht sich auf die Stelle PG 102, 300A (S. 2 Pol.), wo Photios biblisch argumentierend bemerkt, dass der Herr selbst uns das Geheimnis lehrt, von jenem (dem Vater) sei die theologische Aussage zu machen, er sei die einzige Ursache, ebenso wie von seiner eigenen (des Sohnes) Zeugung, so auch vom Hervorgehen des Geistes. Das photianische „ἐκ μόνου“ ist innerhalb der späteren orthodoxen patristischen Tradition weder als Ergänzung bzw. Hinzufügung, wie das Filioque, noch als Änderung im Symbol des Glaubens zu verstehen. Das „ἐκ μόνου (τοῦ πατρός)“ wird nur um der Wahrheit Willen und im Rahmen der theologischen Diskussionen ins Feld geführt, betont Gregor Palamas im 14. Jh. Nach Gregor stützt sich das Hervorgehen des Geistes allein aus dem Vater nur auf das Evangelium nach Johannes 15, 26. Wie

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bei der Zeugung des Sohnes der Vater als einzige Ursache mitgedacht wird, selbst wenn er nicht explizit als solche genannt wird, genau so ist dies der Fall beim Hervorgehen des Hl. Geistes. Das „allein aus dem Vater“ ist dabei offensichtlich mitgemeint. Siehe: Logos Apodeiktikos I.2 (I, 31, 11–17 Bobrinsky/Chrestou): Καὶ ἡνίκα᾿ ἂν ἀκούοις ἐπὶ τοῦ αὐτοῦ συμβόλου, τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, εὐθὺς ἐξ ἀνάγκης συνυπακουόμενον νόμιζε τὸ μόνου καὶ μὴ προσθήκην ἄλλως νόμιζε ἡμῶν, ὑπὲρ ἀληθείας διὰ τὴν σὴν ἀθέτησιν ἐν ταῖς πρὸς ὑμᾶς διαλέξεσι προστιθέντων ἀκροώμενος. Εἰ δὲ μή, οὐδ᾿ ἐπὶ τῆς ἐκ τοῦ πατρὸς τοῦ υἱοῦ γεννήσεως ἐάσεις συνυπακούεσθαι τὸ μόνου· [Und wenn du im gleichen Bekenntnis hörst „der Hl. Geist, der aus dem Vater ausgeht“, so sollst du dir vorstellen, dass (der Zusatz) „allein“ sofort und notwendig mitgemeint ist, und halte ihn nicht für einen Zusatz (ins Bekenntnis) von uns, wenn du hörst, dass wir diesen Zusatz, weil du ihn auslässt, bei den Diskussionen mit euch um der Wahrheit willen vornehmen. Andernfalls darfst du auch bei der Zeugung des Sohnes vom Vater nicht zulassen, dass ein „allein“ mitgemeint ist]. Ebenso wie Palamas hat auch sein Vorgänger Niketas Stethatos das „ἐκ μόνου“ nicht als eine Hinzufügung oder wesensnotwendige Explikation des Bekenntnisinhalts von 381, sondern als eine erläuternde Antwort/Reaktion auf den neu erfundenen Zusatz (scil. das Filioque) der Lateiner verstanden: τί οὖν; οὐ προσθήκη τὸ „μόνου“; οὐχί, ὁπότε καὶ μὴ ἐκφωνούμενον συννοεῖται. εἰ μὴ γὰρ καὶ ἄλλος ἐν τῇ τριάδι πατήρ, ἀλλ’ εἷς, ὡς ὁ Παῦλός φησι, θεὸς ὁ πατήρ, αὐτόθεν δῆλον ὅτι καὶ μόνος … εἰ δὲ καὶ προσθήκη, σὺ ταύτης αἴτιος, ὁ τὴν ὄντως προσθήκην εἰσαγαγών, τὸ „ἐκ τοῦ υἱοῦ“, κἀμοὶ δεδωκὼς ἐξ ἀνάγκης τὴν πρόφασιν τοῦ προσθεῖναι τὸ „μόνου“, πρὸς ἀναίρεσιν τῆς παρὰ σοῦ καινοτομηθείσης προσθήκης. καὶ πῶς προσθήκη ἡ τῆς προσθήκης ἀναίρεσις; [Was nun? Ist das „allein“ nicht eine Hinzufügung? Sicher nicht, denn jedesmal, wenn es nicht ausgesprochen wird, ist es (sowieso) mitgemeint. Wenn es nämlich keinen anderen Vater in der Trinität gibt, als den Vater, der wie Paulus sagt, der eine Gott ist, liegt es auf der Hand, dass er auch allein (der Vater) ist … Wenn nun aber das „allein“ als eine Hinzufügung wahrgenommen wird, bist du selbst ihr Urheber, der du tatsächlich den Zusatz „aus dem Sohn“ eingeführt hast, und das hat mich notwendigerweise dazu veranlasst, das „allein“ hinzuzusetzen, um den von dir neu erfundenen Zusatz aufzuheben. Und wie kann dann die Aufhebung eines Zusatzes selbst ein Zusatz sein?]. Siehe „Σύνθεσις κατὰ Λατίνων“ 29.3 (II, 408, 10–17 Michel). Dazu siehe auch P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 389. 3. Vgl. Gal 4, 6; Vgl. auch z.  B. Kyr. Alex., Com. Ad Ioannem VII.39, PG 73, 753A; ebd., XII.22.23, PG 74, 716B; De Trinitate Oratio III, PG 75, 840C. 4. Vgl. Joh 15, 26. Die Sendung des Hl. Geistes durch den Sohn, welche unzweideutig eine biblische Begründung hat, wird vom östlichen Christentum als Sendung der Gnadengaben des Geistes und nicht als Mitteilung der Hypostase des

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Hl. Geistes selbst für die Seienden interpretiert. Daher wird aus der Sendung des Hl. Geistes durch den Sohn nicht auf das Hervorgehen auch vom Ihm geschlossen. Siehe Greg. Pal., Logos Apodeiktikos II.11 (I, 87, 12–17 Bobrinsky/Chrestou): Λατῖνοι δὲ φρενοβλαβῶς ἀντιθετικῶς ἐκείνῳ νοῦσι καὶ δογματίζουσι· οὐ γὰρ συνορῶσι ὡς τὰ χαρίσματα ταῦτα καὶ αἱ ἐνέργειαι, καθ’ ἃς διὰ τοῦ υἱοῦ χορηγεῖται τὸ πνεύμα τὸ ἅγιον, οὐ παρὰ τοῦ υἱοῦ μόνον, ἀλλὰ καὶ παρ’ αὐτοῦ δίδονται καὶ ἀνωτάτω πατρός. πᾶν γάρ, φησί, δώρημα τέλειον ἄνωθέν ἐστι παρὰ τοῦ πατρὸς τῶν φώτων [Die Lateiner denken und dogmatisieren in ihrem Wahnsinn in Gegensatz zu ihm (scil. Joh. von Damaskus). Sie sehen nicht ein, dass diese Gnadengaben und die Wirkungen, entsprechend denen der Hl. Geist durch den Sohn gewährt wird, nicht nur vom Sohn, sondern auch von dem Höchsten, dem Vater selbst gegeben werden. Denn die Bibel sagt: „Jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, vom Vater der Lichter“ (Jak 1, 17)]. 5. Hier stößt man auf eine deutliche Aussage des Photios, es gebe vor ihm andere Abhandlungen, die auf das brisante Thema des Hervorgehens des Hl. Geistes schon längst Bezug genommen haben. Wenn man diese Information mit dem Prolog der Schrift „Syllogistische Kapitel“ verknüpft, in dem der Verfasser für sich in Anspruch nimmt, er sei der Erste oder einer der Ersten gewesen, der sich mit dem gleichen Thema befasst hat, könnte man vermuten, dass damit auf den byzantinischen Gelehrten Niketas von Byzanz angespielt wird, der ungefähr ein Zeitgenosse des Photios war und dem kaiserlichen Hof (von Michael III 842–847 und Leo dem Weisen 886–912) sehr nahe stand. Die Einführung der Syllogistischen Kapitel unterscheidet sich aber deutlich von jener der Mystagogie. Dort wird explizit auf die angeblich erst vor kurzem bekannt gewordene Lehre westlicher Theologen (d.  h. fränkischer Missionare) vom Ausgang des Hl. Geistes auch vom Sohn Bezug genommen, eine für griechische Theologen unerträgliche Lehre. Und sobald er von dieser Gottlosigkeit erfahren habe, habe sich der Verfasser sofort an die Arbeit gemacht, diese Lehre zu widerlegen: Νυνὶ δ᾿ αὖ ὡς φήμης τινὸς εἰς ἡμᾶς περιαγγελθείσης, ὅτιπερ ὁ αὐτὸς μισόκαλος Σατὰν περὶ τὰ ἑσπέρια μέρη μὲν προσχήματι ὀρθοδοξίας ἄνδρας οὐκ εὖ περὶ τὴν πίστιν διακείμενους καὶ στερέμνιον οὐδαμῶς ἔχοντας λαβόμενος οὐχ ἧττον, δυσσέβειαν τῆς προῤῥηθείσης ἀσεβείας κατὰ τοῦ παρακλήτου καὶ ζωαρχικοῦ θείου πνεύματος ἀναφανδὸν κηρύττειν ἐξεπαίδευσε … τοιγάρτοι τοῦδε ἡμῖν διαγγελθέντος τοῦ δυσσεβήματος, ἐποτνιώμην, ἐδυσχέραινον καὶ διαπύρῳ καὶ θείῳ ζήλῳ βαλλόμενος ἐμαυτὸν ἐπιδοῦναι πρὸς ἔλεγχον καὶ ἀνατροπὴν τοῦδε τοῦ δυσσεβήματος ἐπειρώμην [Nun aber wiederum, da uns zu Ohren gekommen ist, dass der gegen das Gute gesinnte Satan selbst in den westlichen Gebieten unter dem Vorwand der Rechtgläubigkeit einige Männer, die im Glauben nicht das Richtige vertraten und darin gar keine Festigkeit und Standhaftigkeit besaßen, völlig ergriffen und sie dazu angestiftet hat, gegen den Parakleten und den lebenschaffenden göttlichen Geist die Gott-

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losigkeit des vorher erwähnten Frevels ganz offen zu lehren … Deswegen nun, nachdem diese gottlose Lehre uns zu Ohren gekommen ist, war ich entrüstet und niedergeschlagen und habe, vom feurigen und göttlichen Eifer getrieben, mich an die Arbeit gesetzt und den Versuch unternommen, diese gottlose Lehre zu widerlegen und außer Kraft zu setzen]. Siehe J. Hergenröther, Monumenta graeca ad Photium eiusque historiam pertinentia, Regensburg 1869, 85–86. Das Ganze weist, wie die Enzyklika des Photios an die östlichen Patriarchen im Jahr 867 zeigt, auf die seit 866 in Bulgarien wirkenden fränkischen Missionare, welche die vorher dort tätigen byzantinischen Priester verdrängten und ihre Glaubensund Gottesdienstregeln einführten. Die gleiche Bezugnahme beider Werke, d.  h. der Enzyklika und der Syllogistischen Kapitel auf den Missionierungskonflikt zwischen Rom und Konstantinopel in Bulgarien, ist ein Hinweis darauf, dass die Syllogistischen Kapitel zwischen zirka 867–870 verfasst wurden. Siehe dazu K. Förstel, Niketas von Byzanz. Schriften zum Islam (= Corpus Islamochristianum, Series Graeca 5), Würzburg 2000, 10–11. 6. wörtlich: Die Braue derer herabgezogen wird. 7. Vgl. Röm 1, 18. 8. Die Erklärung des Verfassers, er sei der Bitte eines Freundes entgegengekommen, sich zum Thema schriftlich und detailliert zu äußern, entspricht dem literarischen Topos der Widmung, die in der antiken griechischen Literatur verwurzelt ist. Unter der Widmung eines literarischen Werkes versteht man die Nennung einer Person aus dem Umkreis des Autors, d.  h. eines geschätzten Freundes oder eines Kollegen in der Absicht, mit der Veröffentlichung eine Ehrung oder einen Dank an diese Person zu verbinden. Dabei scheint der Empfänger ein geschätzter Freund aus dem kirchlichen Umkreis des Photios zu sein, eventuell ein Bischof, da Photios am Ende des Werkes ihn als einen der Verehrungswürdigsten und Lehrbegierigsten bezeichnet. Siehe Myst. 96 (S. 104, 1–2 Pol.): Τὰς μὲν οὖν ὑποτυπώσεις ταύτας, ὥσπερ ᾔτησας, ἔχεις, ἀνδρῶν ἐμοὶ σεβασμιώτατε καὶ φιλομαθέστατε. Zum literarischen Topos der Widmung siehe, H. Görgemanns, Art.: Widmung, in: Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, 12. Bde., Stuttgart 2003, Bd. 12/2, 508. 9. Bei Polidori steht ποιήσομαι, was aber zu dem vorherigen ἡμεῖς nicht passt. 10. Vgl. Richter 15, 4; Hoheslied 2, 15. 11. Vgl. Joh  15, 26. Diese Bibelstelle ist sicherlich unzweideutig. Sie bespricht zuerst die Sendung des Geistes auf der Ebene der Heilsgeschichte durch die Aussage „Wenn der Beistand-Paraklet gekommen ist, den ich euch senden werde“ und verweist zugleich auf seine innergöttliche, immanente Herkunft aus dem Vater durch die Aussage „der aus dem Vater hervorgeht“. 12. Mit der rhetorischen Figur einer an einen fiktiven Gegner gerichteten rhetorischen Frage soll die Abhandlung für den Leser lebendiger und spannender werden. Eine solche Technik entspricht der rhetorischen Figur der Apostrophe,

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welche die Abwendung vom normalen Publikum und die Anrede eines anderen, vom Redner überraschend gewählten Zweitpublikums ist. Siehe meine Einführung in die Mystagogie, Anm. 32. 13. Das ist die berühmte Lehre des Filioque, welche die lateinischen Missionare mitsamt deren rituellen Neuerungen in Bulgarien eingeführt haben sollen und die Photios in seiner Enzyklika im Jahr 867 als Gipfel des Bösen (κακῶν κορωνίς) bezeichnet. Siehe Ep. 2 (I, 42, 101–102, 100 L/W). 14. Vgl. Apk 1, 16. 15. Das könnte aus der inneren Quellenkritik heraus ein Hinweis darauf sein, dass Photios zur Zeit der Abfassung des Werks immer noch eine führende Position, nämlich die des Patriarchen, einnimmt. 16. Die Hypostase des Vaters stellt nach Photios den einzigen Verursachenden innerhalb der Trinität dar. Vgl. Myst. 53 (S. 48, 8–9 Pol.): Ἐξ ἑνὸς καὶ ἀμερίστου αἰτίου πρὸ αἰώνων τε καὶ ὁμοταγῶς ἑκατέρῳ (τῷ Υἱῷ καὶ τῷ Πνεύματι) ἡ πρόοδος. Die Hervorhebung eines einzigen Urgrundes innerhalb der Trinität geht auf die kappadozische Theologie, besonders auf Gregor von Nazianz und konkreter auf die folgende Aussage zurück: εἷς μὲν θεός, εἰς ἓν αἴτιον τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ πνεύματος ἀναφερομένων. Siehe Greg. Naz., Or. 20.7 (SC 270, 70, 1–2 Mossay). Vgl. ebd., Or. 42.15 (SC 384, 82, 17–18 Bernardi): ἕνωσις δὲ ὁ Πατήρ, ἐξ οὗ καὶ πρὸς ὃν ἀνάγεται τὰ ἑξῆς. Vgl. auch Greg. Nyss., Ad Graecos (GNO III/1, 25, 4–8 Mueller): ἓν γὰρ πρόσωπον καὶ τὸ αὐτὸ, τοῦ Πατρός, ἐξ οὗπερ ὁ Υἱὸς γεννᾶται καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκπορεύεται· διὸ δὴ καὶ κυρίως τὸν ἕνα αἴτιον μετὰ τῶν αὐτοῦ αἰτιατῶν ἕνα θεὸν φαμεν τεθαρρηκότως. Dazu siehe, J. P. Egan, αἴτιος/Author, αἰτία/Cause, ἀρχή/Origin: Synonyms in Selected Texts of Gregory Nazianzen, in: StP 27 (1993) 102–107; R. Gross, Divine Monarchy in Gregory of Nazianzus, in: JECS 14/1 (2006), 105–116; Chr. Beeley, Divine Causality and the Monarchy of God the Father in Gregory of Nazianzus, in: HTR 100/2 (2007) 199–214. 17. „γέννησις“ und „ἐκπόρευσις“ sind die zwei Termini, die besonders Gregor von Nazianz, auf die Bibel gestützt, für das jeweilige Proprium (ἴδιον) des Sohnes und des Hl. Geistes festgelegt hat. Siehe B.  Oberdorfer, Filioque 2001, 83 und 90–91. 18. Die Homotimie, d.  h. die Gleichrangigkeit des Hl. Geistes zum Vater und Sohn, war der neue Bekenntnisinhalt des zweiten ökumenischen Konzils. Im völligen Widerspruch zur neuplatonischen und vor allem zur arianischen Grundauffassung, dass sich die Hypostasen des Göttlichen in Stufung befinden, hat das Konzil vom Konstantinopel 381 für ein und allemal festgesetzt, dass die drei Hypostasen der Gottheit einander koordiniert, nicht subordiniert gedacht sind. Siehe A. M. Ritter, Dogma und Lehre in der Alten Kirche, in: Handbuch der Dogmenund Theologiegeschichte, in: C.  Andresen/A.  M.  Ritter (Hgg.), Göttingen 1999, 202 und W. D. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte 2 Bde.,

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Gütersloh 1995, Bd. I, 45; F. Dünzl, Kleine Geschichte des trinitarischen Dogmas 2011, 134. 19. Dabei ist der verwendete Begriff „τάξις“ im Sinne von Symmetrie zu verstehen. Denn in der Gottheit gibt es in Wirklichkeit keine Ordnung. Photios stellt in einem anderen Zusammenhang die Frage deutlicher: Denn wie kann es überhaupt eine Ordnung dort geben, wo das (absolut) Gleiche nicht die geringste Veränderung in sich zulässt? Siehe Bibliothek, Cod. 222/195b (Bd. III, 193, 20–21 Henry): ποῦ γὰρ τάξις, ἔνθα τὸ ἴσον ἀπαράλλακτον (wo soll es überhaupt Ordnung geben, da wo Gleichheit und Unveränderlichkeit ist?). Gegen jede Art von Ordnung innerhalb der Trinität spricht sich deutlich auch der heilige Gregor Palamas aus. Die Heilige Dreifaltigkeit übersteige jede Art von Ordnung (ὑπὲρ πᾶν εἶδος τάξεως εἶναι). Siehe De processione Spiritus Sancti II.33 (I, 61, 21 Chrestou). Dazu siehe M. Knežević, The Order (τάξις) of Persons of the Holy Trinity in Apodictic Treatises of Gregory Palamas, in: Philotheos 12 (2012) 84–102. 20. Der Gedankengang des Photios basiert auf der reinen Logik. Vorausgesetzt, dass in der Trinität absolute Symmetrie und Gleichwertigkeit herrscht, müsste auch der Sohn dem Geist die absolut gleiche Gunst erwidern, nämlich, dass auch der Geist die Fähigkeit bekommt, Ursache des Sohnes zu werden. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. XXII (S.  134 Hergenröther). Vgl. auch Nik. Methonis, Κεφαλαιώδεις ἔλεγχοι τοῦ παρὰ Λατίνοις καινοφανοῦς δόγματος, τοῦ ὅτι τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται, in: Bibliotheca Ecclesiastica, A. Demetrakopoulos (Hg.), Leipzig 1866, cap. 7, Bd. I, 363. 21. Der Begriff Einfachheit, der einen rein philosophischen Hintergrund hat und auch bei vielen mit Philosophie beschäftigten Kirchenvätern häufig anzutreffen ist, schließt jede Art der Zusammensetzung und Teilbarkeit aus. Die Einfachheit bezeichnet eine metaphysisch und ontologische höchststufige Entität, d.  h. Gott. Nach Platon muss Gott einfach und nicht zusammengesetzt, mithin ewig und unwandelbar sein (Resp 380d, 382e), was schon die Etymologie des Namens A-pollon (nicht Vieles) aufweise (Kratylos 405b–406a; vgl. Plotin Enn. V  5, 6, 24–34). An genau derselben Linie halten die geistigen Erben der Philosophie Platons, die Neuplatoniker, fest. Als absolute Einfachheit gilt gemäß dem neuplatonischen Denken das rein in sich Geschlossene, das Wahre, Unveränderliche an sich. Für Plotin kann allein das absolute Eine als absolute Einfachheit bezeichnet werden. Als absolut Einfaches hat das Eine nichts in sich (V 6, 4, 11–12), es ist nicht unterschieden in etwas und in ein anderes als seine Bestimmung (VI 9, 5, 30–33; VI 8, 12, 14–15), hat nichts was ihm akzidentiell zukäme (VI 9, 6, 15–16), ist eidetisch nicht bestimmt (ἀνείδεον, VI 9, 3, 43–44; VI 7, 32, 9–10). Dazu siehe G. Huber, Das Sein und das Absolute 1955, 54–55; J. Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen 1992, 179–180; C. Schäfer, Platon-Lexikon, Darmstadt 2007, 106; in: LThK, Art.: Einfachheit, Bd. III, 542. Wie bei der Hypostase des Vaters als des absoluten,

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einfachen Urgrundes, das Prinzip der absoluten Einfachheit als dessen wesentliches Merkmal herrschen muss, genau so muss sich dieses Prinzip auch an der Hypostase des Sohnes und an der des Hl. Geistes erkennen lassen, damit es in der Trinität symmetrische Verhältnisse geben kann. 22. Die Zusammensetzung ergibt sich als logische Schlussfolgerung aus folgender Überlegung: Wenn absolute Einfachheit jede Art von Unterscheidung und Teilbarkeit ausschließt, und wenn der Sohn als Einziggeborener seinen Ursprung nur auf eine Ursache nämlich den Vater bezieht, so sollte es auch für den Geist gelten. Er sollte nämlich seinen Ursprung auf nur eine Ursache beziehen und nicht auf eine doppelte, den Vater und den Sohn. So argumentiert z.  B. Nikolaos Methonis, der in seiner Argumentation gegen die Lateiner stark von Photios beeinflusst ist: πῶς δὲ καὶ ἁπλοῦν τὸ μὴ ἐξ ἑνός, ἀλλ’ ἐκ δύο, τοῦ μὲν ἀναιτίου αἰτίου, τοῦ δὲ αἰτιατοῦ καὶ αἰτίου; [Wie könnte aber das, was nicht aus einer Ursache, sondern aus zwei Ursachen ist, einfach sein, da einerseits die erste Ursache ein unverursachtes Verursachendes, andererseits die zweite Ursache zugleich ein Verursachtes und Verursachendes ist?]. Siehe Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 19 (I, 368 Demetrakopoulos). 23. Diese Frage hat einen mehr rhetorischen Charakter, da es besonders in der westlichen Tradition bis zur Zeit des Photios viele Väter gegeben hat, die eine solche Lehre direkt oder indirekt entfaltet haben. Siehe unten Anm. 176. 24. Vgl. Joh 15, 26; 1. Kor 2, 12 25. Das 2. ökumenische Konzil von Konstantinopel hatte als wichtige Aufgabe, die (wegen der Pneumatomachen) neu aufgebrochene Frage nach Wesen und Würde des Hl. Geistes, die das Konzil von Nizäa 325 völlig unentschieden gelassen hatte, zu beantworten bzw. zu ergänzen. In der pneumatologischen Klausel (als dem Novum) des Symbols wird dem Hl. Geist die Herrenwürde (τὸ κύριον) zuerkannt (vgl. 2. Kor 3, 17  f.), und er wird als lebenspendend (τὸ ζωοποιόν) bezeichnet (vgl. 1. Kor 15, 45; Joh 6, 63). Ebenso wird seine innertrinitarische Stellung, mit einer biblischen Wendung, als vom Vater ausgehend (ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, vgl. Joh 15, 26; 1. Kor 2, 12) genauer beschrieben. In dieser Wendung erkennt man die Haltung des Konzils, darauf deutlich hinzuweisen, dass der Vater sowohl für den Hl. Geist als auch für den Sohn „Quelle“ und „Prinzip der Gottheit“ ist, und zwar einziges Prinzip. Diese Betonung des Hervorgehens des Hl. Geistes allein aus dem Vater ist aus der dogmengeschichtlichen Situation des Konzils von 381 heraus erklärlich. Siehe A. M. Ritter, Dogma und Lehre in der Alten Kirche, in: Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte 1999, 210–211, Anm. 260. Vgl. auch ebd., Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol, Göttingen 1965, 299  f. 26. Beim dogmatischen Beschluss des Konzils von Ephesus, das sich hauptsächlich mit der Frage der Christologie beschäftigt hat, wird das „Verbot eines anderen Glaubens“ als des von Nizäa/Konstantninopel (NC) festgelegten deutlich hervor-

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gehoben: ὥρισεν ἡ ἁγία σύνοδος ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προφέρειν ἤ γουν συγγράφειν ἢ συντιθέναι παρὰ τὴν ὁρισθεῖσαν παρὰ τῶν ἁγίων πατέρων τῶν ἐν τῇ Νικαέων συναχθέντων σὺν ἁγίῳ πνεύματι [Das Konzil legte fest, dass es keinem erlaubt sei, ein anderes Bekenntnis vorzubringen, abzufassen oder zusammenzustellen als das, welches von den in Nikaia mit dem Hl. Geist versammelten heiligen Vätern festgelegt wurde]. Siehe Enchiridion symbolorum 265 D/H. 27. Das 4. ökumenische Konzil von Chalkedon (451) proklamierte an zwei Stellen den Text des NC gemeinsam mit dem von Nizäa als Ausdruck des allgemein anerkannten katholischen trinitarischen Glaubens. Das N und NC wurden zunächst zu Beginn von Actio III als Grundlage der aktuellen Verhandlungen dargelegt, und danach in Actio V zur Definition des einen und einzigen verbindlichen Glaubens vorangestellt. Allerdings weichen diese Textfassungen des griechischen NC signifikant voneinander ab. Siehe dazu. P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse, 2002, 42–44. Diese Mehrdeutigkeit des in Chalkedon approbierten NC-Textes macht nach Gemeinhardt die Frage nach Herkunft, Verbreitung und Durchsetzung des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel zu einem der am wenigsten abgeschlossenen Themen der patristischen Forschung. Siehe ebd., 41. Der Horos von Chalkedon untersagte indirekt konkrete Änderungen bzw. Hinzufügungen im Symbol (NC), indem er seine Vollständigkeit hervorhob: Ἤρκει μὲν οὖν εἰς ἐντελῆ τῆς εὐσεβείας ἐπίγνωσιν τε καὶ βεβαίωσιν τὸ σοφὸν καὶ σωτήριον τῆς θείας χάριτος σύμβολον· περί τε τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος ἐκδιδάσκει τὸ τέλειον καὶ τοῦ κυρίου τὴν ἐνανθρώπησιν τοῖς πιστοῖς δεχομένοις παρίστησιν [Es genügt nun zwar zur vollständigen Erkenntnis und Festigung des rechten Glaubens dieses weise und heilsame Bekenntnis der göttlichen Gnade genügen; denn seine Lehre über den Vater und den Sohn und den Hl. Geist ist vollkommen, und es stellt denen, die es gläubig annehmen, die Menschwerdung des Herrn dar]. Siehe Enchiridion symbolorum 300 D/H. Siehe Conc. Chalc. a. 451, Actio V (ACO II 1,2, 130, 4–11 Schwarz). Vgl. auch Myst. 80 (S. 78, 3–5 Pol.). 28. Siehe Conc. Const. a. 553, Actio I (ACO IV/1, 8, 28 – 29, 9, 10 Schwarz) und Eutychii Epistula ad Vigilium (ACO IV/1, 235, 14–16 Schwarz): δεχόμεθα δὲ καὶ τοὺς ρν΄ ἁγίους πατέρας ἐν Κωνσταντινουπόλει συνελθόντας, οἵτινες τὸ ἅγιον μάθημα ἐσαφήνισαν καὶ τὰ περὶ τῆς θεότητος τοῦ ἁγίου πνεύματος ἐτράνωσαν … 29. Auch der Horos der 6. ökumenischen Synode von Konstantinopel (681) schließt jedwede Änderung im NC durch die Einführung eines neuen Ausdruckes oder neu erfundenen Begriffes streng aus: ὁρίζομεν ἑτέραν πίστιν μηδενὶ ἐξεῖναι προφέρειν, ἤγουν συγγράφειν ἢ συντιθέναι ἢ φρονεῖν ἢ διδάσκειν ἑτέρως· τοὺς δὲ τολμῶντας ἢ συντιθέναι πίστιν ἑτέραν ἢ προκομίζειν ἢ διδάσκειν, ἢ παραδιδόναι ἕτερον σύμβολον τοῖς ἐθέλουσι ἐπιστρέφειν εἰς ἐπίγνωσιν τῆς ἀληθείας ἐξ Ἑλληνισμοῦ ἢ ἐξ Ἰουδαϊσμοῦ, ἢ γοῦν ἐξ αἱρέσεως οἵας οὖν, ἢ καινοφωνίαν, ἤτοι λέξεως ἐφεύρεσιν πρὸς ἀνατροπὴν εἰσάγειν τῶν νυνὶ παρ’ ἡμῶν διορισθέντων …

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ἀναθεματίζεσθαι αὐτούς [Wir beschließen, dass keiner einen anderen Glauben vortragen, niederschreiben, verfassen oder anders denken und lehren darf; die es aber wagen, einen anderen Glauben zu verfassen, hervorzuholen, zu lehren, oder denen, die sich vom Heidentum, Judentum oder irgendeiner Häresie zur Anerkennung der Wahrheit bekehren wollen, ein anderes Bekenntnis zu übergeben; oder (die es wagen), einen neuen Ausdruck bzw. einen neuerfundenen Begriff einzuführen, um das, was jetzt von uns festgesetzt worden ist, umzustoßen: Diese … werden mit dem Anathema belegt]. Siehe Enchiridion symbolorum 557 D/H. 30. Auch im dogmatischen Beschluss des zweiten Nizänums, der sich hauptsächlich mit der heiklen Frage des Ikonoklasmus und dessen Verurteilung befasst hat, ist das Verbot eines anderen Glaubens und das Festhalten an den Beschlüssen der ihm vorangehenden sechs ökumenischen Synoden ein sine qua non: … οὐδὲν ἀφαιροῦμεν, οὐδὲν προστίθεμεν, ἀλλὰ πάντα τὰ τῆς καθολικῆς ἐκκλησίας ἀμείωτα διαφυλάττομεν· καὶ ἑπόμενοι ταῖς ἁγίαις οἰκουμενικαῖς ἕξ συνόδοις … Vgl. Mansi XIII, 376C. 31. Dabei stößt man auf die in der kappadozischen Theologie verwurzelte wichtige Unterscheidung zwischen dem, was allen drei Personen der Trinität gemeinsam (κοινόν) und dem, was jeder einzelnen Person eigen (ἴδιον) ist. Diese subtile Unterscheidung ist besonders auf den 38. Brief des Basileios d.  Gr. an seinen Bruder Gregorios (An Gregor den Bruder. Über den Unterschied von Wesen und Hypostase) zurückzuführen. Demzufolge bezieht sich das Gemeinsame in der Trinität auf das Wesen und auf die an ihm beobachtbaren Merkmale, wie z.  B. das Ungeschaffene, Unbegreifliche, Unendliche usw., während das Eigene jeweils mit einer einzelnen Hypostase verbunden ist: ἐπεὶ οὖν τὸ μέν τι κοινὸν ἐν τῇ ἁγίᾳ Τριάδι, τὸ δὲ ἰδιάζον ὁ λόγος ἐνεθεώρησεν, ὁ μὲν τῆς κοινότητος λόγος εἰς τὴν οὐσίαν ἀνάγεται, ἡ δὲ ὑπόστασις τὸ ἰδιάζον ἑκάστου σημεῖόν ἐστιν [Da nun unsere Abhandlung das eine als etwas Gemeinsames in der Heiligen Trinität, das andere aber als Spezifikum angesehen hat, bezieht sich der Begriff „das Gemeinsame“ auf das Wesen, die Hypostase aber ist „das Spezifische“ eines jeden]. Siehe Ep. 38.5 (Ι, 89, 60–63 Courtonne). Übers. nach W. D. Hauschild, Basilius v. Caesarea, Briefe (BGL 32, S. 88). Vgl. mit Greg. Nyss., Or. Dom. (GNO VII/2, 42, 22–25 Callahan): κοινοῦ δὲ ὄντος τῷ υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι τοῦ μὴ ἀγεννήτως εἶναι, ὡς ἂν μή τις σύγχυσις περὶ τὸ ὑποκείμενον θεωρηθείη, πάλιν ἔστιν ἄμικτον τὴν ἐν τοῖς ἰδιώμασιν αὐτῶν διαφορὰν ἐξευρεῖν, ὡς ἂν καὶ τὸ κοινὸν φυλαχθείη καὶ τὸ ἴδιον μὴ συγχυθείη [Da aber das Nicht-ohne-Ursache-Sein dem Sohn und dem Geist gemeinsam ist, so kann man andererseits wieder den Unterschied in ihren Besonderheiten unvermischt finden, damit keine Vermischung hinsichtlich des Zugrundeliegenden stattfinde, damit sowohl das Gemeinsame gewahrt als auch das Spezifische nicht konfundiert wird]. Dazu siehe L.  Turcescu, The Concept of Divine Persons in Gregory of Nyssa’s To His Brother Peter, on the Difference

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Between Ousia and Hypostasis, in: GOTR 42/1–2 (1997) 63–82. Bezüglich der Autorschaft des 38. Briefes, behauptet die neueste Forschung, er stamme aus der Feder Gregors von Nyssa. Siehe G. Maspero, Who wrote Basil’s Epistula 38? A Possible Answer through Quantitative Analysis, in: SVigChr 124 (2010) 579–594. 32. Betrachtet man das Hervorgehenlassen des Hl. Geistes als ein gemeinsames Idiom-Proprium von Vater und Sohn, würde man nach Photios der längst etablierten Ansicht der Kappadozier, nach der dieses Proprium allein dem Vater zuzuweisen ist, widersprechen. Siehe Greg. Naz., Or. 31.9 (SC 250, 292, 10–13 Gallay): αὐτὸ δὲ τὸ μὴ γεγενῆσθαι, καὶ τὸ γεγενῆσθαι, καὶ τὸ ἐκπορεύσθαι, τὸν μὲν πατέρα, τὸν δὲ υἱόν, τὸ δὲ τοῦθ΄ ὅπερ λέγεται πνεῦμα ἅγιον προσηγόρευσεν, ἵνα τὸ ἀσύγχυτον σῴζηται τῶν τριῶν ὑποστάσεων ἐν τῇ μιᾷ φύσει τε καὶ ἀξίᾳ τῆς θεότητος [Wenn wir vielmehr von Ungezeugt-Sein, Gezeugt-Sein und Hervorgehen sprechen, so bekennen wir damit den Vater, den Sohn und den Hl. Geist, um auf diese Weise das Unvermischte der drei Personen in der einen und würdevollen Natur der Gottheit zu wahren]. Gregor von Nazianz verdankt die Theologie die Begriffe ἀγεννησία, γέννησις, und ἐκπόρευσις zur Benennung der personkonstituierenden Merkmale der einzelnen Hypostasen. Dazu siehe B. Oberdorfer, Filioque 2001, 75. 33. Das ist die logische Folgerung, wenn man die axiomatische Annahme, manches sei gemeinsam und manches sei eigen in der Trinität, in Erwägung zieht. Denn, damit das Hervorgehen des Geistes vom Vater vom Hervorgehen vom Sohn deutlich und auch gedanklich unterschieden werden kann, muss der Geist zwangsläufig eine weitere Teilung in sich aufnehmen (ein Teil wäre vom Vater und ein anderer Teil vom Sohn hervorgegangen), was natürlich die Aufhebung der Einfachheit der Hypostase des Geistes implizieren würde. 34. Vgl. Ep. 291 (III 143, 124–126 Westerink): εἰ μὲν τελεία ἡ ἐκ τοῦ πατρός ἐστιν ἐκπόρευσις, τίς ἡ χρεία τῆς δευτέρας ἐκπορεύσεως  … εἰ δ’ ἀτελής, τίς ὑποίσει τὸ ἄτοπον; Die Grundvoraussetzung dieses vorgelegten Arguments liegt darin, dass jede Existenzweise, Zeugung des Sohnes und Hervorgehen des Geistes, in der Trinität vollkommen sein muss, damit die Dreiheit durch keinen Mangel gekennzeichnet wird. Absolut nicht bedürftig zu sein, d.  h. absolut autark zu sein, ist eine Grundvoraussetzung der Transzendenz des Absoluten gemäß der antiken Philosophie. Siehe Plotin, Enn. VI 9, 6, 17–26: δεῖ μὲν γὰρ ἱκανώτατον ὂν (τὸ Ἓν) ὃ ἁπάντων καὶ αὐταρκέστατον καὶ ἀνενδεέστατον εἶναι [Weil das Eine das Zureichendste von allem und das Selbstgenügsamste ist, muss es auch das Unbedürftigste sein]. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. IV (S. 95, Hergenröther): εἰ τελεία ἡ ἐκπόρευσις, ἐπεὶ καὶ θεὸς τέλειος τὸ πνεῦμα, ἐκ τελείου δήλονοτι θεοῦ καὶ πατρὸς ἀχρόνως προελθόν· εἰ δὲ τοῦτο, περιττὴ καὶ ματαία ἡ ἐκ τοῦ υἱοῦ πρόοδος τοῦ πνεύματος [Wenn der Hervorgang (des Geistes vom Vater) vollkommen ist, weil der Geist auch vollkommener Gott ist, ist er dann von einem offensichtlich vollkommenen Gott und Vater zeitlos hervorgegangen; wenn sich die Sache aber so

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verhält, ist der Hervorgang des Geistes aus dem Sohn überflüssig und nutzlos]. Vgl. auch mit Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 3 (Ι, 361 Demetrakopoulos): εἰ τελεία ἡ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπόρευσις τοῦ ἁγίου Πνεύματος, (τελεία δέ, ὅτι θεὸς τέλειος ἐκ θεοῦ τελείου τοῦ Πατρὸς τὸ Πνεῦμα), τί δήποτε συντελεῖ πρὸς ταύτην ἡ ἐκ τοῦ Υἱοῦ; Εἰ μὲν γὰρ καὶ αὕτη συνεισφέρει τι, οὐ τελεία ἐκείνη [Wenn der Hervorgang des Heiligen Geistes vom Vater vollkommen ist, – denn er ist ja vollkommen, weil der Geist vollkommener Gott aus einem vollkommenen Gott, dem Vater, ist – was trägt dann der Hervorgang (auch) vom Sohn dazu bei? Denn wenn dieser Hervorgang selbst nun etwas dazu beiträgt, ist jener (vom Vater) dann nicht vollkommen]. Genau das gleiche Argument legt auch im 13. Jh. Gregor von Zypern, Patriarch von Konstantinopel (1283–1289) zur Widerlegung des Filioque vor. Siehe De processione Spiritus Sancti, PG 142, 273D: καὶ εἰ αἴτιος ὁ μονογενὴς αὐτοῦ καὶ ἀρχή, ὡς τέλειον ἐκ πατρὸς εἶναι τὸ πνεῦμα, καὶ ἐκ μόνου τοῦ πατρὸς ἐκπορεύεσθαι, … ἢ ἀτελῆ τὴν ἐκ τοῦ πατρὸς ὕπαρξιν τοῦ πνεύματος λέγετε, τελειουμένην δὲ διὰ τοῦ υἱοῦ, ἢ περιττήν τινα καὶ τοῖς θεολόγοις εἰκαίως παρειλημμένην [Und wenn der Einziggeborene Verursacher und Prinzip des Geistes ist, weil der Geist aus dem Vater vollkommen ist und nur aus dem Vater ausgeht …, dann bezeichnet ihr die Existenz des Geistes aus dem Vater entweder als unvollkommen, die sich aber durch den Sohn vervollkommnet, oder als irgendwie überflüssig und als eine, die bei den Theologen nutzlos und umsonst überliefert ist]; Vgl. auch Myst. 31 (S. 32, 5–7 Pol.); Ep. 291, siehe Teil II, Anm. 137. 35. Dabei ist zu beachten, dass gemäß dem Prinzip der Gleichheit und Wesensidentität innerhalb der Dreifaltigkeit jeder einzelnen Person das gleiche Vorrecht zugewiesen werden müsste, d.  h., dass der Geist dasselbe Privileg wie Vater und Sohn besitzen würde, eine weitere (vierte) göttliche Person ins Sein gelangen zu lassen, was aber zu einem inneren Widerspruch führt. 36. Vgl. Eulogios bei Photios, Bibliothek Cod. 230/278a (V, 40, 8–17 Henry): ἐπὶ δὲ τῆς ἁγίας Τριάδος αἱ ἰδιότητες ἀκίνητοι μένουσαι, συνάπτονταί πως, διὰ τῆς ἀδιαιρέτου ἑνώσεως  … τῆς συναφείας (scil. τῶν ὑποστάσεων) πανταχόθεν ἐπικρατούσης καὶ μηδ’ ἐν τοῖς ἰδιώμασι καινοτομούσης τὸ ἀδιαίρετον. Vgl. auch Nik. Byz., Cap. Syll. VII (S. 107 Hergenröther): πῶς ἂν ἔτι εἶεν ἰδιότητες κινουμέναί τε καὶ μεταπίπτουσαι ἢ πῶς ἂν ἡ τριὰς τριὰς εἶναι πιστευθῇ, τῶν ἰδιοτήτων μεταπιπτουσῶν καὶ συγχεομένων; ebd., XIV (S. 119 Hergenröther). Die Idee des Unwandelbaren der hypostatischen Eigentümlichkeiten ist ein unverzichtbarer Bestandteil der photianischen Argumentation zur Abwehr des Filioque. Diese Idee ist in der kappadozischen Trinitätstheologie verankert. Siehe Greg. Naz., Or. 39.12 (SC 358, 174, 19–176, 23 Moreschini): οὔτε τοῦ πνεύματος ἢ εἰς πατέρα μεταπίπτοντος ἢ εἰς υἱόν, ὅτι ἐκπεπόρευται καὶ ὅτι θεός, … ἡ γὰρ ἰδιότης ἀκίνητος· ἢ πῶς ἂν ἰδιότης μένοι κινουμένη καὶ μεταπίπτουσα; Greg. Nyss., Or. Dom. (GNO VII/2 42, 12–14 Callahan): ἄλλ’ ἐν τῇ κοινότητι τῆς φύσεως ἀκοινώνητος ἡ τῶν

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ἰδιαζόντων θεωρεῖται διάκρισις. Vgl. Joh. Dam., Expositio Fidei 77; IV.4 (PTS 12, 174, 4–5 Kotter). Dazu siehe T. Alexopoulos, Das Unwandelbare – Unbewegliche der hypostatischen Eigentümlichkeiten beim Hl. Photios, den Kappadozischen Kirchenvätern und den areopagitischen Schriften (in Griechisch), in: Θεολογία 78/1 (2007) 241–263. 37. Über seine Person ist nur sehr wenig bekannt. Geboren in Pentapolis von Libyen, lebte er zirka zwischen dem Ende des 2. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts. Gemäß dem Bericht von Hippolyt (Haer. 9,11,1; 12,16.19) sei Sabellius ein wichtiger Anhänger des Noëtus von Smyrna, eines Repräsentanten des sog. Patripassianismus, gewesen. Sabellius gilt als Vertreter des sog. „modalistischen Monarchianismus“, nach dem der Sohn als eine Seinsweise (modus) der göttlichen Alleinherrschaft (Μonarchia) angesehen wird und damit nicht als eine selbstständige Person der Trinität, sondern nur als eine Erscheinungsform des Vaters gilt. Siehe Art.: Sabellius, in: Lexikon der Antiken Christlichen Literatur (von nun an LACL), S.  Döpp/W.  Geerlings (Hgg.), Freiburg/Basel/Wien 2002, 616. 38. Dabei argumentiert Photios logisch und auf der Basis der Grundidee der Einfachheit. Sein Argument entfaltet sich, wie folgt: Der Vater als einzige Arché in der Trinität zeugt den Sohn und bringt den Geist hervor. Beim ersten Fall, bewahrt er für sich dasjenige Merkmal, das ihm ausschließlich zugewiesen ist, nämlich Vater seines Einziggeborenen zu sein, während beim zweiten Fall, das ihm zugewiesene Merkmal, Hervorbringer des Geistes zu sein, dem Sohn auch mitteilt. Das bedeutet wiederum, dass die Arché eine innere Entgegengesetztheit in sich aufweist, nämlich, auf der einen Seite ein Idiom (Erzeuger zu sein) unversehrt zu behalten und auf der anderen Seite zugleich ein anderes Idiom (Hervorbringer zu sein) einer anderen Person zu kommunizieren! 39. Die Idee der Monarchie, d.  h. die Rolle der Person des Vaters als Unrgrund und Prinzip der Gottheit, gehört zu den Kernpunkten der kappadozischen Trinitätstheologie, die Photios in der treuen Nachfolge patristischen Denkens einfach hier wiedergibt. Siehe Bas. Caes., Ep. 125, 3 (II 34, 29–30 Courtonne); Greg. Naz., Or. 29.2 (SC 250, 178, 6–7 Callay): ἡμῖν δὲ μοναρχία τὸ τιμώμενον. Diese Idee ist bei späteren Kirchenvätern vorzufinden. Siehe kennzeichnend bei Dion Areop., Div. Nom. II.5 (PTS 33, 128, 11–12 Suchla): μόνη πηγὴ τῆς ὑπερουσίου θεότητος ὁ πατήρ; Joh. Dam., Expositio Fidei I.8 (PTS 12, 19, 30–31 Kotter): εἰς ἕνα πατέρα τὴν πάντων ἀρχὴν καὶ αἰτίαν, οὐκ ἔκ τινος γεννηθέντα, ἀναίτιον δὲ καὶ ἀγέννητον μόνον ὑπάρχοντα; Ebd. I.12b (36, 57): μόνος γὰρ αἴτιος ὁ πατήρ. Siehe A. Bletsis, Die Drei-Einigkeit als „Kreuz für den menschlichen Intellekt“? in: Filioque-Kontroverse 2001, 201–224, 214. Über Monarchie siehe auch oben Anm. 16. 40. Wird auch dem Sohn die Mitursächlichkeit an der Existenzweise des Geistes zugeschrieben, dann muss, damit die Ausgewogenheit innerhalb der Trinität

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

gewahrt bleibt, diese Mitursächlichkeit zwangsläufig auch dem Geist zugewiesen werden, weil in dem übernatürlichen, ungeteilten und einfachen Wesen der Gottheit eher das Dreifache als das Zweifache in Erscheinung tritt, wie es auch bei den Idiomen/hypostatischen Eigentümlichkeiten der göttlichen Personen angemessen ist. Anders gesagt: Die Fähigkeit, Ursache zu sein, muss zur Bewahrung der Symmetrie zwangsläufig dreifach (d.  h. auch dem Geist) zugewiesen werden. 41. Es handelt sich dabei um die Dyarchie, d.  h. die Herrschaft zweier Prinzipien in der Trinität, welche das Dogma der Monarchie des Vaters automatisch aufhebt. 42. Wird auch dem Sohn die Beteiligung beim Hervorgehen des Hl. Geistes zuerkannt, ergibt sich dann ein Widerspruch im Ursprung-Sein des Sohnes. Denn der Sohn erweist sich gleichzeitig als ein Ursprung, der sowohl verursacht ist, als auch die Funktion eines Verursachenden erfüllt. Er gilt in diesem Fall als ein in sich gespaltenes Prinzip, als ein Verursachendes und zugleich Verursachtes (αἴτιον καὶ αἰτιατόν), was mit der Idee der absoluten Einfachheit des absoluten Ursprungs nicht kompatibel ist. Damit weist die Hypostase des Sohnes eine innere Verschiedenheit in sich. Über die Idee der Einfachheit als wesentlichen Grundzugs des Urprinzips hat sich Pseudo-Dion. Areopagita deutlich geäußert: πᾶσα γὰρ δυὰς οὐκ ἀρχή, μονὰς δὲ ἔσται πάσης δυάδος ἀρχή· καίτοι ἄτοπον ἐξ ἑνὸς καὶ τοῦ αὐτοῦ δύο παντελῶς ἐνάντια προϊέναι καὶ εἶναι καὶ αὐτὴν τὴν ἀρχὴν οὐχ ἁπλῆν καὶ ἐνιαίαν, ἀλλὰ μεριστὴν καὶ δυοειδῆ καὶ ἐναντίαν ἑαυτῇ καὶ ἠλλοιωμένην [Es fungiert nämlich keine Zweiheit als Ursprung, wohl aber ist die Einzigkeit Ursprung jeder Zweiheit. Gleichwohl ist es abgeschmackt, dass aus demselben zwei völlige Gegensätze hervorgehen und existieren sollen, dass ferner der Ursprung selbst nicht schlicht und einfach, sondern geteilt und zweigestaltig, sich selbst entgegengesetzt und entfremdet sein soll]. Siehe Div. Nom. IV.21 (PTS 33, 168, 22 – 169, 3 Suchla). Übers. nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 59, 30–38). 43. Vgl. Myst. 47 (S. 44, 9–10 Pol.). Dabei stößt man auf eine subtile wohl aber wichtige Unterscheidung zwischen dem Verursachendes-Sein aufgrund der Hypostase und dem aufgrund der Natur. In diesem Zusammenhang will Photios damit hervorheben, dass der Vater als Vater, als eigenständige Hypostase den Sohn zeugt und den Hl. Geist hervorbringt. Wäre der Vater aufgrund seiner Natur Ursache der von ihm Herkommenden gewesen, dann würde das eine Übertragung der persönlichen Eigenschaft des Vaterseins auf den Sohn bedeuten. Weder die Zeugung des Sohnes noch das Hervorbringen des Geistes sind nach Photios Merkmale der Natur, sondern sie sind Eigenschaften der Hypostase (des Vaters), durch die man imstande ist, einen (logischen und nicht ontologischen) Unterschied innerhalb der Trinität zu erkennen. Die Unterscheidung zwischen „τῷ λόγῳ τῆς ὑποστάσεως“ und „τῷ λόγῳ τῆς φύσεως“ sollte später (im 13. Jh.) ein Reibungs-

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punkt in der Auseinandersetzung (bezüglich des Hervorgehens des Geistes auch vom Sohn) zwischen Gregor von Zypern und den byzantinischen Filioquisten Johannes Bekkos und Konstantin Melitiniotis werden. Gregor von Zypern besteht darauf, dass Ursprung und Ursache der Existenz des Sohnes und des Geistes nicht die gemeinsame Ousia sondern die väterliche Hypostase sei: οὐ γὰρ ὅτι ἐκ τῆς οὐσίας αὐτοῦ ἐλέγομεν τὸν υἱὸν καὶ τὸ πνεῦμα, διὰ τοῦτο καὶ ἀρχὴν αὐτὸν καὶ αἰτίαν ὁμολογοῦμεν· ἀλλ’ ὅτι ἀρχὴ φυσικὴ καὶ αἰτία τῶν οὐσιωδῶς ἐξ αὐτοῦ ὑποστάντων, ἀπαθῶς καὶ ἀχρόνως, διὰ τοῦτο ἐκ τῆς οὐσίας ἐκεῖνα αὐτοῦ [Denn nicht deswegen, weil wir sagten, Sohn und Geist entstammten seinem (scil. des Vaters) Wesen, bekennen wir ihn als Ursprung und Ursache, sondern deswegen, weil er der Natur nach Ursprung und Ursache derer ist, die aus ihm, leidenschaftslos und zeitlos wesenhaft in die Existenz gerufen werden, sagen wir, dass diese (scil. Sohn und Geist) ihm entstammen]. Siehe De processione Spir. Sancti, PG 142, 272A. 44. Die Annahme des Filioque hat, wie sich bei diesem logischen Argument zeigen lässt, weitere Konsequenzen in Hinblick auf die Einfachheit und besonders auf die Hypostase des Vaters innerhalb der Trinität: a) Das Ursprung-Sein des Vaters wird zerschnitten, da der Sohn durch seine Beteiligung (in welchem Maße ist nicht klar!) an dieser Eigenschaft einen gewissen Anteil an der Hypostase des Vaters gewinnt. Eine solche Alternative widerspricht der Grundregel der henologischen Reduktion (bei Plotin), nämlich: Der Ursprung von jeglichem ist einfacher als dieses selber (Enn. V 3, 16, 7–8). b). Gewinnt der Sohn Anteil an der Hypostase des Vaters, an dessen Fähigkeit Ursprung zu sein, bedeutet dies, dass der Vater durch einen Mangel aufweist, der durch den Sohn ergänzt wird. 45. Vgl. Mt 13, 25–40. Der folgende Satz ist grammatikalisch unklar und vielleicht korrupt. Die Übersetzung versucht, seinen möglichen Sinn auszudrücken. 46. Dieses axiomatische Prinzip hängt unmittelbar mit der von den drei Kappadoziern festgelegten Unterscheidung zwischen dem, was allen drei Personen der Trinität gemeinsam (κοινόν) und dem, was jeder einzelnen Person eigen (ἴδιον) ist (siehe oben Anm. 31) zusammen. Falls das, was als ausschließlich einer Person (dem Vater) zugewiesenes Merkmal gilt, einer weiteren zweiten Person (dem Sohn) übertragen wird, hört es sofort auf, eine persönlich zugewiesene Eigenschaft zu sein. Wenn nun aber dieses Merkmal nur der zweiten Person und auch der dritten (Hl. Geist), die als wesensidentisch mit den zwei anderen betrachtet wird, zugewiesen wird, entsteht ein unausgewogenes Verhältnis in der Trinität, da der Geist eines solchen Merkmales, das als konstitutives Merkmal der trinitarischen Wesensgleichheit gelten sollte, entbehrt ist. 47. Vgl. Jos 5, 13–15. 48. Vgl. Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 11 (I, 365 Demetrakopoulos): εἰ δὲ μήτε κοινὴ τῶν τριῶν, μηθ’ ἑνὸς τινος τῶν τριῶν ἰδία, οὐδ’ ἄρα ὅλως θεωρήσεται ἐπὶ

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τῆς τριάδος ἡ τοῦ πνεύματος προβολὴ, καὶ συνοιχήσεται καὶ τὸ πνεῦμα [Wenn aber die Eigentümlichkeit (des Hervorgangs des Hl. Geistes) weder als eine der Drei (Personen) gemeisame noch als eine einer von den dreien ausschließlich zugewiesene Eigentümlichkeit gedacht wird, wird das Hervorgehen des Geistes dann nicht völlig als eine Eigentümlichkeit der ganzen Trinität wahrgenommen und wird daher auch der Geist selbst (als eigenständige Hypostase) aufgehoben werden]. 49. Mit dem auf Ps.-Dion. Areopagita zurückgehenden Begriff „Thearchie“ (θεαρχία), der einen zentralen Begriff seiner Metaphysik darstellt, wird ein für die Idee seiner göttlichen Mystagogie zentraler Begriff eingefüht. Damit ist die Ursache, der Ursprung der Vergöttlichung und des Gut-Werdens (ἀρχὴ τοῦ θεοῦσθαι καὶ ἀγαθύνεσθαι) gemeint. Dieser gottheitliche Grund der Vergöttlichung, der im Nous des Mysten innewohnt, muss zugleich als Ursprung der göttlichen Namen, der Prädikationen Gottes, verstanden werden. Diese sind die wohltätigen Hervorgänge durch die der menschliche Geist zur Bildung von Gottesprädikaten veranlasst wird: καὶ πᾶσαν ὡς εἰπεῖν, τὴν ἱερὰν τῶν θεολόγων ὑμνολογίαν εὑρήσεις πρὸς τὰς ἀγαθουργοὺς τῆς θεαρχίας προόδους ἐκφαντορικῶς καὶ ὑμνητικῶς τὰς θεωνυμίας διασκευάζουσαν [Und du wirst finden, dass sozusagen der gesamte ehrwürdige Lobgesang der biblischen Schriftsteller die Gottesnamen auf offenbarende und hymnische Weise im Hinblick auf die wohltätigen Ausgänge des Prinzips der Vergöttlichung darbietet]. Siehe Div. Nom. I.4 (PTS 33, 112, 7–10 Suchla). Übers (wenig geändert) nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 23, 39–42). Dazu W. M. Neidl, Thearchia. Die Frage nach dem Sinn von Gott bei Pseudo-Dionysius Areopagita und Thomas von Aquin. Dargestellt anhand der Texte von Peri Theion Onomaton und des dazu verfassten Kommentars des Aquinaten, Regensburg 1976. 50. Es handelt sich dabei wiederum um das Prinzip der Unwandelbarkeit (ἀμετάπτωτον) der hypostatischen Eigentümlichkeiten. Siehe oben Anm. 36. 51. Die Inkonvertibilität der „Proprietates personales“ ist das herrschende Prinzip zur Bewahrung der unvermengten und unvermischten Gründung der Hypostasen nach Ps.-Dion. Areopagita. Siehe Div. Nom. II.4 (PTS 33, 125, 19–21 Suchla): τὰ δὲ διακεκριμένα τὸ πατρὸς ὑπερούσιον ὄνομα καὶ χρῆμα τοῦ υἱοῦ καὶ πνεύματος οὐδεμιᾶς ἐν τούτοις ἀντιστροφῆς ἢ ὅλως κοινότητος ἐπεισαγομένης [Die geschiedenen Namen sind dagegen die alle Begriffe überschreitende Bezeichnung und Realität von Vater und Sohn und Heiligem Geist, und bei diesen führt sich keine Umkehrung oder Gemeinsamkeit ein]. Übers. nach B. R. Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 31, 29–31). Vgl. Greg. Nyss., Or. Dom. III (GNO VII/2, 43, 6 Callahan). 52. Vgl. Nik Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 17 (I, 371, Demetrakopoulos): οὐδὲν ἴδιόν τινος ὑποστάσεως ἑτέρᾳ ὑποστάσει ἐφαρμόζειν δύναται· ἀλλ’ ἐπειδὰν ἴδιόν τι ἀπὸ τοῦ

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πρώτως ἐξιδιωσαμένου μεταλαμβανόμενον κατά τινος ὑποστάσεως πραγματικῶς ἀληθεύει, ἐκεῖνο τὸ πρώτως αὐτὸ ἐξιδιωσάμενον εἰς λόγον ἀνάγεται φύσεως [Kein Attribut, das als besonderes Proprium einer Hypostase gilt, kann einer anderen Hypostase zugewiesen warden. Wenn sich aber eine von ihrem primären Eigner hinsichtlich der Hypostase (eines Anderen) übernommene Eigentümlichkeit sich als wirklich wahr erweist, dann steigt jener ursprüngliche Träger dieser Eigentümlichkeit zur Bestimmungsgrund der Natur (des Letzteren) auf]. 53. Wenn Ursprung sein nicht mehr eine Eigentümlichkeit des Vaters ist, wäre die Folge davon, dass dies nicht mehr eine Eigentümlichkeit der Hypostase, sondern der allgemeinen Natur ist. Wenn aber die Hypostase des Vaters die von den anderen zwei Personen unterscheidende kennzeichnende Eigentümlichkeit verliert, ist er der Grundlage seiner persönlichen Eigenständigkeit (Ursprung zu sein) beraubt und er lässt sich auf die Kategorie des gemeinsamen Wesens abstufen. Damit ist er aber als eigene Hypostase von den anderen Personen nicht unterscheidbar. 54. Vgl. Joh 16, 14. 55. Das „auch aus dem Sohn“ (καὶ ἐξ αὐτοῦ) weist auf das sogenannte Filioque hin. Die Tatsache, dass das Wort des Herrn selbst den Vater als einzigen Urheber (μόνον αἴτιον) sowohl der Zeugung als auch des Hervorgehens des Geistes benennt, lässt nach Photios keinen Raum für eine Missdeutung. Trotzdem erfolgt nach Photios eine solche Missdeutung der biblischen Stelle vonseiten der Lateiner, wenn sie das ausdrückliche Wort des Herrn über die Monoprinzipialität des Vaters außer Acht lassen und stattdessen die Ursache des Ursprung-Seins des Geistes mit der Hypostase des Logos willkürlich verbinden. 56. Das zweite οὐ hier ist sinnlos. Entweder ist es eine mechanische Wiederholung des vorigen οὐκ, oder ein Schreibfehler. Polidori behält es trotzdem (S. 20, 10). 57. Dabei zieht Photios einen subtilen und gewichtigen Unterschied zwischen dem Verb „λαμβάνειν“ (Empfangen) und dem „πρὸς οὐσίωσιν ἐκπορεύεσθαι“ (Hervorgehen um in die Existenz zu gelangen) und damit eine deutliche Grenze zwischen immanenter und ökonomischer Trinität, zwischen Theologia und Oikonomia. Es ist auf gar keinen Fall legitim, den ewigen, zeitlosen Hervorgang des Hl. Geistes mit dem Empfangen dessen Gnadengaben (Charismata) durch die Jünger gleichzusetzen. Der Empfang der Gnadengaben des Geistes durch die Jünger bezieht sich auf die Heilsgeschichte und verweist auf das gemeinsame Wirken der Trinität, auf die Schöpfung, hin, d.  h. auf ihre Wirkung ad extra. Vgl. Ep. 291 (III, 146, 238–240 L/W): ἄλλο γάρ ἐστι τὸ λαμβάνειν καὶ ἀπαρύεσθαι ἀφ’ ἑτέρας ὑποστάσεως ἑτέραν ὑπόστασιν καὶ ἄλλο τὸ πρὸς οὐσίωσίν τε καὶ ὑπόστασιν ἐκπορεύσθαι. 58. Polidori nimmt die Lesart θεσμοῖς auf, die in fast allen Handschriften überliefert ist, aber keinen Sinn ergibt; δεσμοῖς ist nur in einem Codex Marcianus (J bei

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Polidori) überliefert, der spät, aber wertvoll ist (Polidori S. XLI). Die von Polidori übernommene Lesart θεσμοῖς passt nicht in den Zusammenhang. Vater und Sohn sind innerhalb der Trinität wegen der Wesenseinheit miteinander verbunden. Vgl. Joh 10, 30: „ich und der Vater sind eins“. 59. Siehe gleich oben Anm. 58. 60. Ein Denken, das keinen Hochmut, „Hybris“, in sich enthält, ein Denken, das die Grenzen der Vernunft und der Moral nicht überschreitet. 61. Vgl. Ep. 291 (III, 146, 231–236 L/W): πῶς γὰρ οὐκ αἰσχύνονται, τοῦ σωτῆρος λέγοντος ὅτι τὸ πνεῦμα ἐκ τοῦ ἐμοῦ λήψεται καὶ ἀναγγελεῖ ὑμῖν, αὐτοὶ τὸ ἐκ τοῦ ἐμοῦ οὐχ ὡς εἶπεν ὁ σωτὴρ ἐξακούοντες, ἀλλὰ τοῦτο παραγραφόμενοι, ἀντ’ ἐκείνου τὸ ἐξ ἐμοῦ ἀντιγράφουσι; [Wie schämen sich denn diese Leute nicht, die, wenn der Heiland lehrt, dass der Geist „von dem Meinen nehmen und euch verkündigen wird“, dieses „von dem Meinen“ nicht wie es der Heiland gesagt hat, verstehen, sondern es umschreiben und statt dessen „von mir“ schreiben?]. 62. Joh 14, 12. 63. Joh 16, 6–7. 64. Vgl. Ep. I (I, 3, 35 L/W): θεόχρηστον μάθημα. Vgl. Philo, Legatio ad Gaium ΧΧΧΙ [577], Philo: in ten Volumes, F. H. Colson/G. H. Whitaker (Hgg.), Cambridge Massachusetts 1962, Bd. X, 210, 2: „θεόχρηστα λόγια“ in Bezug auf die Gesetze (νόμοι). Wörter mit -χρηστ- deuten auf Orakelsprüche: χρηστήριον heißt Orakel. 65. Joh 16, 7. 66. Joh 16, 12. 67. Vgl. Myst. 64 (S. 58, 1–2 Pol.); Amph. 315 (VI/1, 121, 99 L/W). 68. Vgl. Myst. 28 (S.  30, 8–9 Pol.). Die absolute Gleichrangigkeit lässt bei den Hypostasen weder Wachstum noch irgendeine Verminderung zu: πανταχόθεν τὸ μεῖζον καὶ τὸ ἔλαττον ἀπελαύνεται. Vgl. ebd., 38 (S. 36, 5 Pol.): τὸ ἰσότιμον ἔχον (τὸ Πνεῦμα). Vgl. auch Amph. 188 (V, 249, 3–4 L/W): τῆς ὑπεραγίας τριάδος ὁμοφυοῦς τε καὶ τὸ ἱσότιμον κεκληρωμένης; Bibliothek, Cod. 222/195b (III, 193, 20–21 Henry): ποῦ γὰρ τάξις, ἔνθα τὸ ἴσον ἀπαράλλακτον; 69. Hier müsste der Ausdruck umgekehrt sein, und zwar: „das Schlechtere mit dem Wahnbild des Besseren.“ Dies scheint plausibel zu sein, wenn man einen ähnlichen Zusammenhang im Par. 42 berücksichtigt: „wird es nicht den Sohn als noch mehr entwürdigt erweisen und die Lästerung unter dem Schein der Ehre noch verschlimmern?“ 70. Vgl. Joh 16, 13 71. Vgl. Joh 17, 4. 72. Vgl. Joh 12, 28. 73. Vgl. Joh 16, 14. 74. Vgl. Myst. 28 (S. 30 7–8 Pol.): ὁμοούσιον καὶ ὁμοφυές; ebd., 51 (S. 46, 4 Pol.). Vgl. auch Amph. Ep. 284 (III, 21, 621 L/W). Vgl. auch den Ausdruck: ὁμοφυὲς καὶ

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ὁμοδύναμον (Natur- und Krafteinheit der Trinität). Siehe Amph. 43 (IV, 161, 38 L/W) und 49 (V, 20, 188 L/W). 75. Über den Begriff der Homotimie siehe oben Anm. 18. 76. Vgl. Myst. 28 (S. 30, 6 Pol.). 77. Vgl. 1. Kor 2, 10. 78. Vgl. Amph. 182 (V, 239, 21–22 L/W): καὶ ὅσον ἐστὶν δυνατὸν ἀνθρωπίνῃ φύσει δέξασθαι τὰς ὑπερανῳκισμένας αὐγὰς τῆς ἐκεῖθεν ἐλλάμψεως [und soweit der menschlichen Natur möglich ist, die alles transzendierenden Lichtstrahlen, welche aus dem Glanz von dort hervorkommen, zu empfangen]. 79. Vgl. Joh 16, 14. 80. Die Quelle aller Gnadengaben ist die Person des Vaters, die als Quelle der Gottheit gedacht wird. Das bestätigt sich weiter unten im Par. 30. 81. Siehe oben Anm. 74. 82. Nach Photios sei syntaktisch zwischen „von mir“ und „von dem Meinen“ zu unterscheiden, da letzteres neben dem Sprechenden einen Dritten impliziere, von dem Christus selbst empfange, nämlich den Vater. Vgl. ebd., 22 (S. 20, 3–6 Pol.). 83. Dabei unterscheidet Photios zwischen der Hypostase selbst des Hl. Geistes und den Gnadengaben (Charismata) des Geistes, die heilsgeschichtlich den Jüngern mitgeteilt werden. Die heilsgeschichtliche Mitteilung der Gnadengaben (durch den Sohn) an die Jünger darf nach Photios auf gar keinen Fall mit dem hypostatischen Hervorgang des Geistes (nur) aus dem Vater vermischt werden. Eine Vermischung solcher Art, d.  h. zwischen missio und processio des Geistes aus dem Sohn ist in der lateinischen Theologie zur Zeit des Photios deutlich erkennbar. Siehe P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 214–215. Genau so erkennbar ist das in der sich darauf stützenden lateinischen Trintätstheologie des Spätmittelalters. Siehe kennzeichnend Thomas Aquinas, Contra Gentiles (IV.24, 180–181 Wörmer): Amplius. Ioan. XVI, dicit Filius de Spiritu Sancto: „Ille me clarificabit, quia de meo accipiet“. Non autem potest dici quod accipiat id quod est Filii, non tamen accipiat a Filio: utputa si dicatur quod accipiat essentiam divinam, quae est Filii a patre; unde et subditur, „Omnia quaecumque habet Pater, mea sunt. Propterea dixi vobis quia de meo accipiet“: si enim omnia quae Patris sunt, et Filii sunt, oportet quod auctoritas Patris, secundum quam est prinicipium Spiritus sancti, sit et Filii. Sicut ergo Spiritus Sanctus accipit de eo quod est Patris a Patre, ita accipit de eo quod est Filii a Filio [Ferner, der Sohn sagt Joh 16, 14 vom Hl. Geist: „Er wird mich verherrlichen, weil er von dem Meinen nehmen wird“. Doch kann man nicht sagen, er nehme an, was dem Sohn gehört, er sei denn, er empfinge es vom Sohn. Beispielsweise wenn es heißt, er nehme die göttliche Wesenheit, die der Sohn vom Vater hat, an. Daher wird auch hinzugefügt: „Alles was der Vater hat, ist mein. Deshalb habe ich euch gesagt ‚Er nimmt von dem Meinen‘“. Wenn

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nämlich alles, was dem Vater gehört, auch dem Sohn gehört, so muss die Autorität des Vaters in Hinblick darauf, dass er der Ursprung des Hl. Geistes ist, auch dem Sohn eignen. Wie also der Hl. Geist vom Vater annimmt, was des Vaters ist, so nimmt er auch vom Sohn an, was des Sohnes ist]. Eine derartige Auslegung der Stelle (16, 14) aus dem Evangelium nach Johannes geht auf Augustinus zurück. Siehe Contra Maximinum II.12,1 (CChr. SL, 558, 1 – 559, 24 Hombert). Auf einen ähnlichen Gedanken in Bezug auf die Auslegung von Joh 5, 19 stößt man bei dem berühmten byzantinischen Anhänger des Filioque, dem Patriarchen von Konstantinopel Joh. Bekkos. Indem Kyrill von Alexandrien wörtlich zitiert, versteht Bekkos das Verhältnis von Vater und Sohn so, dass der Sohn abgesehen wom „Vater-Sein“ alle Wesenseigenschaften vom Vater empfängt, und das beinhaltet auch die aktive Hervorbringung des Geistes. Er schreibt: Denn ebenso, wie der Sohn vom Vater die Ousia hat, hat er auch die Güter der Ousia (ἔχει γὰρ ὀ υἱὸς ἐκ πατρὸς ὥσπερ τὴν οὐσίαν οὕτω καὶ τὰ τῆς οὐσίας ἀγαθά), in: Epigraphae 10; Kyr. Alex., Commentarii in Joannem, II.6 (PG 73, 360B), P. E. Pusey (ed.), Oxford 1872, 3 Bde., Bd. I, 326. Angaben (in Hinblick auf Kyr. Alex.) nach A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 233. 84. Vgl. 1 Kor 12, 1–31. 85. Hier ergibt das Wort σταίην nicht den richtigen Sinn. Vielleicht ist dafür eher das in einem Codex (J bei Polidori) überlieferte θείην einzusetzen. Der Satz erinnert an die brutalen Worte im Par. 2, Ende. Dort gibt es auch die Formel „φροντίδος ἔξω ποιήσομαι“. 86. Vgl. Ep. 291 (III 143, 124–126 L/W). Siehe oben Anm. 34. 87. Vgl. Ep.  38.4, (I, 85, 27–35 Courtonne): τοῦτο γνωριστικὸν τῆς κατὰ τὴν ὑπόστασιν ἰδιότητος σημεῖον ἔχει, τὸ μετὰ τὸν υἱὸν καὶ σὺν αὐτῷ γνωρίζεσθαι, καὶ τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ὑφεστάναι. Ὁ δὲ υἱὸς, ὁ τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον πνεῦμα δι’ ἑαυτοῦ καὶ μεθ’ ἑαυτοῦ γνωρίζων, μόνος μονογενῶς ἐκ τοῦ ἀγεννήτου φωτὸς ἐκλάμψας, οὐδεμίαν κατὰ τὸ ἰδιάζον τῶν γνωρισμάτων τὴν κοινωνίαν ἔχει πρὸς τὸν πατέρα ἢ πρὸς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, ἀλλὰ τοῖς εἰρημένοις σημείοις μόνος γνωρίζεται [So hat er (scil. der Hl. Geist) dieses klar erkennbare Merkmal für das Spezifikum seiner Hypostase, dass er nach dem Sohn und zusammen mit ihm erkannt wird und dass er aus dem Vater seine Existenz hat. Der Sohn aber, der den aus dem Vater hervorgehenden Geist durch sich und mit sich kundtut, hat – weil er allein in eingeborener Weise aus dem ungewordenen Licht ausgestrahlt ist – im Blick auf das Spezifische seiner Merkmale keine Gemeinsamkeit mit dem Vater oder mit dem Hl. Geist, sondern wird durch die genannten Merkmale als einziger kenntlich gemacht]. Übers. nach W. D. Hauschild, Basilius von Caesarea Briefe (BGL 32, S. 85–86). 88. Das widerspricht dem Axiom, das die kappadozische Trinitätstheologie und besonders Gregor von Nazianz festgelegt hat, nämlich, dass sich jede einzelne

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Hypostase durch eine einzige ihr zugewiesene Eigentümlichkeit von der anderen unterscheidet. Siehe Greg. Naz., Or. 20.6 (SC 270, 70, 25–27 Mossay): τὸν ἕναν θεὸν τηρεῖν καὶ τὰς τρεῖς ὑποστάσεις ὁμολογεῖν, εἴτ’οὖν τρία πρόσωπα καὶ ἑκάστην μετὰ τῆς ἰδιότητος [den einen Gott wahren und die drei Hypostasen bekennen, demnach drei Personen und eine jede mit der ihr zugewiesenen Eigentümlichkeit]. 89. Indem sich der Hl. Geist durch mehr Merkmale als der Sohn vom Vater unterscheidet, ist er dem Wesen nach mehr als der Sohn von ihm entfernt und grenzt sich daher von ihm deutlich ab. Das bedeutet eine Unterordnung und Ausgrenzung des Geistes aus der Wesensgemeinschaft mit beiden anderen Hypostasen. 90. Bischof von Konstantinopel (342–346 und 351–360). Er war der Nachfolger des vom Kaiser Konstantios verbannten antiarianischen Bischofs Paulus, der im Jahr 350 starb. Er bekamm die volle Unterstützung des Kaisers Konstantios, der gegen den Begriff Homoousios gewandt war, und unternahm erbitterte Verfolgungen gegen die Homoousianer. In diesem Sinne weihte er seine Gefährten Eleusios und Marathonios zu Bischöfen von Kyzikos und Nikomedia, um seine Pläne besser umsetzen zu können. Auf der Synode von Seleukeia (359) stand er auf der Seite der Homöusianer gegen Akakios von Kaisareia und wurde von diesem auf der Synode von Konstantinopel (360) verurteilt und durch Eudokios ersetzt. Sein Name lebt fort unter „Makedonianer“, wie sie seit Damasus I genannt werden. Keiner der Zeitgenossen nennt ihn aber als Urheber der pneumatomachischen Irrlehre. Erst Didymos der Blinde (De Trinitate II.10, PG 39, 633) und ein anonymer Autor des pseudoathanasianischen Dialogs Adversus Macedonium (PG 28, 1291–1337) machen Makedonios zum Urheber des Makedonianismus. Eine eigene „makedonianische“ Kirchenstruktur hat Makedonios aber nicht aufgebaut, weswegen er nicht als Häresiarch (etwa analog zu Eunomius/den Eunomianern) zu bezeichnen ist. Siehe V. Grumel, Art.: Makedonios, in: LThK 6 (1961) 1314–1315; F. Loofs, in: RE 12 (1903) 41–48; M. Orphanos, Ὁ Υἱὸς καὶ τὸ Ἅγιο Πνεῦμα εἰς τὴν τριαδολογίαν τοῦ Μ. Βασιλείου. Συμβολὴ εἰς τὴν περὶ Ἁγίας Τριάδος διδασκαλίαν αὐτοῦ, Athen 1976, 113–115 Anm. 1; V. H. Drecoll, Die Entwicklung der Trinitätslehre des Basilius von Cäsarea. Sein Weg vom Homöusianer zum Neonizäner, Göttingen 1996, 144 Anm. 23. 91. Nach der Korrektur πνεύματος von Hergenröther. Die Handschriften haben (bis auf J bei Polidori S. 34) πατρός (vom Vater). Diese Alternative übernimmt – meiner Meinung nach zu Unrecht – Polidori. Denn, wenn man die Mystagogie mit den Syll. Kapiteln des Niketas von Byzanz vergleicht, sieht man deutlich, dass bei Niketas genau derselbe Gedanke wie bei Photios vorkommt: ἀλλ’ εἰ μὲν ἀναιτίως (scil. ὁ υἱὸς αἴτιος τοῦ πνεύματος), ἔσονται ἐν τῇ ὑπερφυεῖ καὶ ὑπερουσίῳ τριάδι δύο ἀρχικαὶ καὶ ἄναρχοι κατ’αἰτίαν ὑποστάσεις, καὶ διὰ τοῦτο δύο ἀρχαὶ καὶ αἴτια

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

καὶ τὸ σεβαζόμενον τῆς μοναρχίας κράτος ἀπόλλυται καὶ ἡ πολυπληθία τῶν σεβομένων παρ’ Ἕλλησιν θεῶν συνεισφρήσεται, ἀλλὰ καὶ τὸ πνεῦμα ἔσται μόνον ἐξ ἁπάντων πολύαρχον ἀρχὴν ἔχον [Wenn aber einserseits der Sohn auf unverursachte Weise Ursache des Geistes ist, werden innerhalb der übernatürlichen und über jede Wesenheit hinausliegenden Trinität dann zwei ursprüngliche und im Blick auf die Ursache grundlose Hypostasen und aus diesem Grund zwei Ursprünge und zwei Ursachen sein, und (dadurch) geht sowohl die vielgepriesene Herrschaft der Monarchie verloren, sowie die Vielfalt der von den Griechen verehrten Götter wird wieder Einlass finden, aber auch wird der Geist, das einzige von allen (Wesen) sein, das einen vielfältigen Ursprung hat]. Siehe Cap. Syll. VI (S. 103–104 Hergenröther). 92. Mit einem Hervorgehen des Geistes auch vom Sohn wird eine neue Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn, d.  h. ein neues Merkmal, gestiftet, was beiden Hypostasen gemeinsam ist. Von dieser Beziehung aber wird der gleichrangige und wesenseine Hl. Geist ausgeschlossen, obwohl er im Blick auf das Prinzip der Wesenseinheit und Homotimie innerhalb der Trinität daran Anteil haben sollte. 93. Dabei stellt sich eine logische Frage. Wenn man einen Hervorgang des Geistes auch aus dem Sohn annimmt, muss man zeigen, wie sich dieser Hervorgang aus dem Sohn zu dem Hervorgang aus dem Vater verhält. Ist er identisch mit dem aus dem Vater? Wäre er mit ihm identisch, würde das bedeuten, dass die zwei den Hervorgang des Geistes bewirkenden Hypostasen des Vaters und des Sohnes zu einer vermischt werden. Ist er nicht identisch, würde das bedeuten, dass die eine Hypostase des Geistes in zwei geteilt wird, d.  h. einen Teil, der aus dem Vater und in einen Teil, der aus dem Sohn hervorgeht. Siehe unten Myst. 43 (S. 40, 1 Pol.). Vgl Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 4 (I, 361–362 Demetrakopoulos): ἡ τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσις ἐκ τοῦ Πατρός τε καὶ ἐκ τοῦ Υἱοῦ ἢ μία καὶ ἡ αὐτή ἐστιν, ἢ ἄλλη καὶ ἄλλη· εἰ μὲν οὖν μία, κοινὸν τοῦτο τῶν δύο Πατρός τε καὶ Υἱοῦ τὸ προάγειν τὸ Πνεῦμα ἐξ ἑαυτῶν· οὐκ ἄρα ἴδιον τοῦ Πατρός· τὸ γὰρ ἴδιον οὐ κοινόν, οὐδὲ τὸ κοινὸν ἴδιον … εἰ δὲ μὴ μία καὶ ἡ αὐτή, ἀλλ’ ἄλλη μὲν ἡ παρὰ τοῦ Πατρὸς, ἄλλη δὲ ἡ παρὰ τοῦ Υἱοῦ τοῦ Πνεύματος πρόεσις, ἢ ἁπλῶς αἱ δύο διάφοροι ἢ καὶ ἐνάντιαι· … εἰ δ’ ἁπλῶς αἱ προέσεις διάφοροι, τίς ἡ τούτων διαφορά; καὶ πῶς τὸ ἐκ δύο διαφόρων τούτων ὑφεστὸς ἓν καὶ ἁπλοῦν, ἀλλ’ οὐκ δύο ἢ σύνθετον; [Das (doppelte) Hervorgehen des Geistes aus dem Vater und dem Sohn ist entweder ein und dasselbe oder es sind zwei verschiedene Dinge. Wenn es eines ist, ist es dann ein gemeinsames Merkmal des Vaters und des Sohnes, dass beide aus sich selbst den Geist hervorbringen. In einem solchen Fall ist nun (das Hervorgehen des Geistes) kein Proprium des Vaters allein; denn weder ist das Eigentümliche etwas Gemeinsames noch das Gemeinsame etwas Eigentümliches … Wenn nun aber das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater und dem Sohn nicht ein und das-

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selbe ist, sondern das Hervorgehen aus dem Vater das eine und das Hervorgehen aus dem Sohn das andere ist, entweder sind beide Hervorgänge bloß verschiedenartig oder sogar einander entgegengesetzt; … wenn sich aber beide Hervorgänge einfach voneinander unterscheiden, welcher ist dann (genau) ihr Unterschied? Und wie kann das, was aus diesen beiden voneinander verschiedenen (Ursachen) hervorkommt, nur eines und (absolut) einfach, und nicht entweder zwei oder etwas Zusammengesetztes sein?] 94. In Cod. Marc. gr. Z findet sich die Variante: κοινοῦνται (vergemeinschaftet). Siehe Polidori Fozio 2018, 34. 95. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll., XI (S.  114 Hergenröther):  … ἐν ταῖς θεαρχικαῖς ὑποστάσεσι τὰ ὑποστατικὰ ἰδιώματα μιᾷ μόνῃ (scil. ὑποστάσει) προσεῖναι, δι’ ὧν ἡ τριὰς τριὰς εἶναι γνωρίζεται καὶ χαρακτηρίζεται καὶ παρ’ ἡμῶν τῶν χριστιανῶν πιστεύεται καὶ προσκυνεῖται [(Es ist notwendig), dass bei den erzgöttlichen Hypostasen die hypostatischen Eigenschaften nur einer Person zugewiesen werden, durch welche die Dreifaltigkeit als solche erkannt und charakterisiert und von uns Christen geglaubt und angebetet wird]. 96. Der Perser Mani (216–277 n. Chr.) wuchs in der judenchristlichen Taufsekte der Elkesaiten auf. Er war der Vertreter einer dualistischen gnostischen Weltreligion, die in dem Gegeneinander zweier Prinzipien, des Lichtes und des Finsternissses bestand. Sein gnostisches System war eine Mischung vielfältiger religiöser Strömungen und wurde von christlich-jüdischem Denken, Zoroastrismus, Buddhismus und der hellenistischen Kultur beeinflusst. Siehe Art.: Mani, in: LACL (2002) 477–481. 97. Markion stammte aus Sinope in Pontus. Er schloss sich um 140 der Christengemeinde in Rom an, mit der es aber 144 zum Bruch kam. Danach begann er seine eigene Missionstätigkeit, die bei den Christen breiten Anklang gefunden hat. Anhänger des Markion sind im Westen bis ins 4. Jh. bezeugt, im Osten bis ins 5. Jh. Markion akzeptierte eine von allen judaistischen Aussagen gereinigte Überarbeitung der Paulusbriefe. Die hermeneutische Basis seiner Überarbeitung neutestamentlicher Texte war der Gegensatz zwischem dem atl. Schöpfergott, der gerecht, aber auch Urheber allen Übels ist, und dem absolut gütigen Gott, der sich in Christus geoffenbart hat. Er vertrat eine sehr strenge moralische Haltung, die in radikaler Askese und völliger sexueller Enthaltsamkeit bestand. Sein Auftreten forcierte die theologische Reflexion über die Grundlagen und Inhalte des christlichen Glaubens und veranlasste die Festlegung des ntl. Kanons. Siehe Art.: Markion, in: LACL (2002) 483–484. 98. Dabei handelt es sich um ein Grundaxiom des photianischen Denkens, das sich aus der ihn reichlich beeinflussenden kappadozischen Tradition speist, nämlich, dass Eigenschaften innerhalb der Trinität entweder allen drei Personen zukommen müssen, d.  h. mit der göttlichen Ousia verbunden sind (wie z.  B. Schöp-

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

fungs- und Erleuchtungskraft etc.), oder einer der drei Hypostasen exklusiv zugesprochen werden (wie z.  B. Gezeugt-Sein usw.). Vgl. Eustr. Nik., Λόγος πρὸς τοὺς λέγοντας, ὅτι ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ ἐκ τοῦ Υἱοῦ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκπορεύεται (Ι, 58 Demetrakopoulos): πᾶν ὁτιοῦν ἐπὶ τῆς ἁγίας Τριάδος λαμβανόμενον, ἢ κοινὸν τῶν τριῶν ὑποστάσεων λαμβάνεται, ἢ ὡς ἴδιον μιᾶς ἐξ αὐτῶν, οὐδὲν δέ ἐστιν, ὃ τῶν δύο κοινὸν λαμβάνεται, ὥστε καὶ τὸ αἴτιον ἢ ἑνὸς ἔσται ἴδιον ἢ κοινῶς τῶν τριῶν. Πρὸς μὲν οὖν τὰ κτιστὰ καὶ τὰ δοῦλα κοινὸν τῶν τριῶν, πρὸς ἄλληλα δὲ μόνου τοῦ Πατρός [Alles, was überhaupt an der Heiligen Dreiheit wahrgenommen wird, wird entweder als etwas den drei Hypostasen Gemeinsames wahrgenommen oder als etwas einer von ihnen Eigentümliches; es gibt aber nichts, was zwei von ihnen als etwas Gemeinsames haben, sodass auch das Verursachendes-Sein entweder einer Hypostase eigentümlich ist oder den dreien gemeinsam. In Hinsicht auf die geschaffenen Dinge und die Knechte ist das Verursachendes-Sein den dreien Personen gemeinsam, in Hinblick auf (das Verhältnis der drei Personen zueinander) kommt es aber allein dem Vater zu]. Vgl. auch Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 11 (I, 364 Demetrakopoulos). Dieses Axiom stellten die byzantinischen Filioquisten des 13. Jh. in Frage und versuchten es zu entkräften. Nikephoros Blemmydes versteht z.  B. die Aussendung des Geistes vom Vater und Sohn als ein Medium zwischen der natürlichen und der hypostatischen Eigentümlichkeit (μέσην φυσικῆς τε καὶ ὑποστατικῆς ἰδιότητος). Siehe Oratio II.11 (S. 176 Laemmer). Anders als Blemmydes kann Johannes Bekkos die Aussendung des Geistes als tatsächlich gemeinsame Eigenschaft des Vaters und des Sohnes verstehen, eine Eigentümlichkeit zweier Hypostasen in der Trinität, wie z.  B. auch das Verursacht-Sein: Dafür, dass es etwas gibt, was dem Sohn und dem Vater gemeinsam ist und was der Geist nicht hat, ist nach J.  Bekkos die ganze Schrift Zeuge, die den Geist des Vaters auch Geist des Sohnes nennt und erklärt, dass der Sohn den Geist aussendet und entspringen und aufquellen lässt, wie ihn auch der Vater aussendet und quellen und emporsprudeln lässt. … Und deswegen sei dem Vater und dem Sohn die Aussendung des Hl. Geistes nicht auf solche Art gemeinsam wie die anderen gemeinsamen Eigenschaften, an denen auch der Geist mit ihnen teilhat. Siehe Refutatio Photiani libri VI, PG 141, 745AB. Dazu siehe A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 229–230. In seiner Refutatio gegen Photios hat Johannes Bekkos sicherlich nicht die frühzeitige-prophetische Widerlegung seines Arguments durch Niketas von Byzanz in Erwägung gezogen. Niketas argumentiert folgendermaßen: Es ist für alle annehmbar, dass der Vater als Ursprung der Gottheit Ursache für den Sohn und den Geist, für den einen auf die Weise der Zeugung, für den anderen auf die Weise des Hervorgehens, ist. Bezüglich des Ursache-Seins kann man also nicht zulassen, dass der Vater sowohl mit dem Sohn als auch mit dem Geist eine Gemeinsamkeit aufweist [οὐκ ἐκχωρεῖ κατὰ ταὐτὸ κοινωνεῖν τῷ υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι]. Wenn nun aber angenommen wird, dass der Sohn auch den

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Geist hervorbringt, bedeutet dieses, dass auch ihm (zusammen mit dem Vater) die Eigenschaft des Ursache-Seins zugewiesen wird. In einem solchen Fall stellt sich die Frage: Wie ist es möglich, dass der Sohn mit dem „Ursache-Sein“ (αἴτιον εἶναι) an dem Merkmal mit dem Vater Anteil hat, das zugleich als Unterscheidungsmerkmal (weil er auch zugleich vom Vater gezeugt, d.  h. verursacht ist) hinsichtlich seines Verhältnisses zum Vater gelten soll? Dabei ergibt sich ein logischer Widerspruch. Siehe Cap. Syll. XII (S. 116 Hergenröther). 99. Ich gliedere diesen Satz anders als die bisherigen Herausgeber und setze ein Fragezeichen. 100. Vgl. Ep. 2 (I, 46, 168–171 L/W). 101. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. III (S. 93 Hergenröther): ἐστὶ δὲ πατρὸς καὶ υἱοῦ ἡ τοῦ πνεύματος ἐξ αὐτῶν ἐκπόρευσις, ὡς τινες φασίν, ἀνάγκη καὶ τοῦ πνεύματος εἶναι· εἰ δὲ τοῦτο, ἢ ἐξ αὐτοῦ τὸ πνεῦμα ἐκπορευθήσεται καὶ ἔσται κατὰ ταὐτὸν αὐτὸ ἑαυτοῦ αἴτιον καὶ αἰτιατὸν, ἢ ἕτερον προβαλεῖται πνεῦμα καὶ τοῦτο πάλιν κατὰ τὸ συναγόμενον ἄλλο καὶ τοῦτο ἐπ’ ἄπειρον, ὅπερ κατὰ πολὺ χεῖρον τῆς ἑλληνικῆς μυθοποϊίας εὕρηται [Ιst nun das Hervorgehen des Geistes aus diesen (beiden) dem Vater und dem Sohn eigen, wie manche behaupten, muss es auch dem Geist eigen sein. Wenn sich die Sache aber so verhält, wird entweder der Geist von sich selbst hervorgehen und wird demgemäß selbst sein eigener Verursachender und Verursachtes oder er wird einen anderen Geist hervorbringen und dieser wird gemäß der logischen Konsequenz einen anderen und das bis ins Unendliche passieren, was sich als viel schlimmer als die griechische/heidnische Fabelerzählung herausstellt]. 102. Vgl. Ep. 2 (I, 46, 174 L/W): ἑλληνικὴ πολυπληθεία. 103. Nach Photios entsteht unausweichlich ein unausgewogenes Verhältnis in der Trinität, wenn der Vater dem Sohn durch die Zeugung neben allen anderen Gaben auch die Fähigkeit mitteilt, den Geist hervorzubringen. Warum wird nicht dem Geist durch das Hervorgehen eine entsprechende Gunst erwiesen, da beide aus der gleichen Ursache gleichrangig und zeitlos in die Existenz gelangen? Dieses Argument übernimmt vorbehaltlos und fast wörtlich auch der byzantinische Gelehrte Nik. Methonis in seinen Widerlegungen gegen die Lateiner. Siehe (in fast wörtlicher Übereinstimmung mit Photios) Ἔλεγχοι, cap. 17 (I, 368 Demetrakopoulos): πόθεν οὖν ἡ ἑτεροκλινὴς αὕτη φιλοτιμία, δι’ ἧς ὁ μὲν Υἱὸς ἔλαβε παρὰ τοῦ Πατρὸς τὸ αἴτιος εἶναι τοῦ Πνεύματος, τὸ δὲ Πνεῦμα, καίτοι τὸ ἰσότιμον ἔχον καὶ ἐκ τῆς αὐτῆς ὁμοταγῶς τε καὶ ὁμοτίμως προεληλυθὸς αἰτίας, ὅμως τῶν ἴσων γερῶν ἐστέρηται … 104. Photios argumentiert dabei mittels der reinen Logik. Welche von den beiden Ursachen besitzt in höherem Maße das Ursache-Sein, der Vater oder der Sohn? Eine genaue Gleichheit wird nicht in Betracht gezogen. Weist man dem Vater in höherem Maße das Ursache-Sein zu, da er als Ursprung der Gottheit gedacht

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

wird, zu, wozu dann diese erfundene Ehre für den Sohn? Weist man dem Sohn in höherem Maße das Ursache-Sein zu, wird dann der Vorrang des Vaters als Arché in der Trinität aufgehoben. Teilen sie beide das Ursache-Sein im gleichen Maß, entsteht eine Zwietracht, da die Fähigkeit des Ursache-Seins in Zwei geteilt wird und nicht in vollem Maße der einen oder der anderen Person gehört. 105. Dabei stößt man auf ein sehr wichtiges Argument zur Begründung des gemeinsamen Hervorgangs des Geistes aus dem Vater und dem Sohn, nämlich, dass dem Sohn durch die Zeugung vom Vater, der als Urgrund der Gottheit gilt, nicht nur das Gottsein, sondern auch die Fähigkeit, das Vermögen, den Geist hervorzubringen, verliehen wurde. Ein solcher Gedanke ist zuerst bei Augustinus vorzufinden. Er spricht deutlich von einer Mitteilung einer grundlegenden hypostatischen Eigentümlichkeit, des Ursache-Seins, vom Vater an den Sohn, die im Rahmen der Wesenseinheit in der Trinität erklärt zu sein scheint: Ideo autem addidi prinicipaliter, quia et de filio spiritus sanctus procedere reperitur. Sed hoc quoque illi pater dedit (non iam existenti et nondum habenti), sed quidquid unigenito verbo dedit gignendo dedit. Sic ergo eum genuit, ut etiam de illo donum commune procederet et spiritus sanctus spiritus esset amborum [‚Urgrundhaft‘ fügte ich aber deshalb hinzu, weil sich feststellen lässt, dass der Geist auch vom Sohn ausgeht. Aber auch dies gab ihm der Vater, nicht als er schon existierte, aber es noch nicht besaß, sondern alles, was der Vater dem eingeborenen Wort gab, gab er ihm durch Zeugung. So also zeugte ihn der Vater, dass auch aus diesem das gemeinsame Geschenk hervorgeht und der Hl. Geist der Geist von beiden ist]. Siehe De Trinitate XV/17, 29 (CChr. 50A 503, 57 – 504, 62 Mountain/Glorie). Vgl. auch ebd., XV/26, 47 (528, 94–100; 528, 106 – 509, 118); Contra Maximinum II.14,1 (CChr. SL 87A, 568, 9 Hombert). Diesen Gedanken übernahmen vorbehaltlos die lateinischen Filioquisten aus der Zeit des Photios. Einer davon Ratramnus, von Corbie, wiederholt in seiner Schrift Contra Graecorum opposita das Argument des Augustinus, dessen Theologie für ihn maßgebend ist. Nach Ratramnus gilt der Vater als die Quelle der Gottheit, aus der der Sohn durch die generatio auch das Vermögen empfängt, den Geist hervorzubringen: et sicut accepit de Patre Filius nascendo substantiam, sic itidem accepit a Patre ut Spiritum veritatis mittere a se procedendo [So wie der Sohn vom Vater seine Substanz empfing, indem er geboren wurde, ebenso hat er vom Vater die Fähigkeit empfangen, den Geist der Wahrheit dadurch zu senden, dass er von ihm ausgeht]. Siehe C. Graec. III 2, (PL 121, 229C). Erstaunlicherweise tritt genau dasselbe Argument mehrere Jahrhunderte später in offiziellen Dokumenten auf, wie z.  B. in der Bulle „Magnus Dominus“ im Glaubensbekenntnis, das die Delegierten der Kiever Metropolie vor dem Papst ablegen mussten, um in die Union von Brest (1596) einzutreten: et ex utroque aeternaliter tanquam ab uno principio et unica spiratione procedit. Cum id quod sancti Doctores et Patres dicunt, ex Patre per Filium procedere Spiritum Sanctum, ad hanc intelligentiam tendat, ut

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per hoc significetur Filium quoque esse, secundum Graecos quidem causam, secundum Latinos vero prinicipium subsistentiae Spiritus Sancti, sicut et Patrem. Cumque omnia quae Patris sunt, ipse Pater unigenito Filio suo gignendo dederit, praeter esse Patrem, hoc ipsum quod Spiritus Sanctus procedit ex Filio, ipse Filius aeternitaliter habet, a quo aeternitaliter etiam genitus est [Und dass er (der Hl. Geist) von Ewigkeit her von beiden wie aus einem Prinzip und einer einzigen Hauchung hervorgeht. Da die Aussage der heiligen Lehrer und Väter, der Hl. Geist gehe aus dem Vater durch den Sohn hervor, so zu verstehen ist, dass dadurch gesagt wird, dass auch der Sohn, gemäß den Griechen Ursache, gemäß den Lateinern aber Prinzip des Wesens des Hl. Geistes ist wie auch der Vater, und da alles, was des Vaters ist, der Vater selbst dem einziggeborenen Sohn bei der Zeugung gegeben hat außer dem Vater-Sein, hat der Sohn diese Eigenheit selbst, dass der Hl. Geist aus dem Sohn hervorgeht, von Ewigkeit her von dem (erhalten), von dem er von Ewigkeit her gezeugt ist]. Siehe E. C. Suttner, Quellen zur Geschichte der Kirchenunionen des 16. bis 18.  Jahrhunderts, B.  Hallensleben/N.  Wyrwoll (Hgg.), Münster 2017, 74–75. Vgl. auch Bulle über die Union mit den Griechen „Laetentur caeli“) vom 6. Juli 1439, in: Enchiridion symbolorum 1301 D/H. Siehe Teil IV, Anm. 170. 106. Unter Berücksichtigung dessen, dass in der Trinität Gleichwertigkeit und Gleichrangigikeit herrschen soll, stellt Photios die logische Frage, nämlich, warum der Sohn dem Geist auch das Vermögen des Hervorbringens nicht weitergegeben hat, genau so wie er es vom Vater durch die Zeugung bekommen hat? Wenn der Vater etwas weitergibt, muss der Sohn im Rahmen der Wesenseinheit und der sogenannten operatio inseparabilis innerhalb der Trinität ein ähnliches Wirken aufweisen, d.  h. auch einer anderen (dritten) Person ein Entsprechendes Vermögen weitergeben. 107. Es handelt sich dabei um Joh 14, 28, eine Stelle, die im arianischen Streit eine gewichtige Rolle hatte. Aus der Bezeichnung, dass der Vater größer als der Sohn (μείζων τοῦ Υἱοῦ) ist, ergab sich bei den theologischen Auseinandersetzungen des 4. Jh. das Problem, ob die Zuordnung von Vater und Sohn nicht eine Subordination des Sohnes unter den Vater beinhaltet, und  – wenn ja  – wie diese Subordination zu beschreiben ist. Die vorliegende Stelle hat die Väter und die kirchlichen Schriftsteller des 4. Jh. intensiv beschäftigt. Aus der Beschäftigung damit haben sich verschiedene Interpretationen ergeben: a) dass sich diese Stelle nicht auf die Hypostase des Logos, sondern auf die menschliche Natur Christi im Rahmen der Menschenwerdung bezieht [Greg Naz., Or. 29.18 (SC 250, 216, 18–29 Gallay], b) dass bei dieser Stelle auf die Zuordnung zwischen Verursachendem und Verursachtem in der Trinität hingewiesen wird [Bas. Caes., CE I.25 (SC 299, 262, 28–34 Sesboué], c) dass durch diese Stelle die Kenose – Entäußerung (Phil 2, 7), d.  h. der Verzicht Jesu auf die göttlichen Attribute bei der Menschwerdung zum Ausdruck gebracht wird [Kyr. Alex., Thesaurus 2, PG 87, 664–665; Ad Ioannem

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

10, PG 74, 313CD], d) dass dabei auf die Anpassung Christi an die besonderen Umstände, d.  h. an den unvollkommenen Glauben der ihm zuhörenden Jünger, higewiesen wird (Joh. Chrys., Ad Ioannem, 75.4, PG 59, 407–408). Auf Photios trifft diese vierte Interpretationsalternative zu. Siehe Ep. 176 (ΙΙ, 64, 40–41 L/W: οὐδὲν δὲ ἴσως κωλύει καὶ ῥῆμα τοῦτο ὑπολαβεῖν συγκαταβάσεως, διὰ τὴν τῶν ἀκροατῶν ἀσθένειαν ἐσχηματισμένον πρὸς τὸ ταπεινότερον. Dazu siehe S. Sakkou, Ὁ Πατήρ μου μείζων μού ἐστιν“. Α΄ Κριτικὴ κειμένου καὶ ἑρμηνεία, Thessaloniki 1968; M. Orphanos, Ὁ Υἱὸς καὶ τὸ Ἅγιον Πνεῦμα εἰς τὴν Τριαδολογίαν τοῦ Μ. Βασιλείου, Athen 1976, 77–78. 108. Wörtlich: im Verborgenen wachsendes. Polidori versteht die Stelle wie ich im Sinne von untergeordnetes. Der Sohn erweist sich als ein dem Vater untergeordnetes Verursachendes, da er das Ursache-Sein vom Vater empfängt und zugleich als Gezeugtes wesenmäßig von ihm abhängig ist. 109. Beide Bezeichnungen beinhalten das Präfix ὑπὲρ, welches die Erhabenheit Gottes über alles, was zum Bereich des Seienden gehört (d.  h. Ursprung, Wesen etc. miteingeschlossen), zum Ausdruck bringt. 110. Dabei wiederholt Photios das, was er in den Paragraphen 7 und 31 sagt, nämlich, dass das Hervorgehen des Hl. Geistes vom Vater absolut vollkommen und ohne Mangel sei, da in einem anderen Fall, der Vater als eine unvollkommene Hypostase zu denken wäre. 111. Die Argumentation des Photios stützt sich dabei auf das folgende Prinzip: Die Einheit ist Grund der Identität, während die Zweiheit als Spaltung (τομή) und Auflösung (διάλυσις) den Grund der Andersheit in sich trägt. Siehe Amph. 181 (V, 238, 126–130 L/W): ἔτι δὲ ἡ δυὰς τά τε ἴχνη τοῦ μὴ ὄντος ἐν ἑαυτῇ πρώτη μάλιστα φέρει (λύσεώς τε γὰρ πρὸ τῶν ἄλλων αὕτη πηγὴ καὶ τομῆς καὶ σκεδασμοῦ) καὶ πᾶσιν αἰτία φέρειν ἐν ἑαυτοῖς τῆς φθορᾶς τὰ προοίμια· ἡ τριὰς δὲ τὸ ἄτμητον εἰκονίζει πρώτη καὶ ἀσκέδαστον, καὶ εἰ τι ἄλλο μετέχει τῆς ἀδιαιρέτου τε καὶ ἀσκεδάστου φύσεως, ἐξ αὐτῆς μετειληφὸς ἐπιγιγνώσκεται [Darüber hinaus bringt in höchstem Maße die Zweiheit als erste die Spuren des Nichtseienden in sich. Denn sie ist selbst vor allen Dingen die Quelle der Auflösung, Spaltung und Zerstreuung sowie die Ursache aller Dinge, dass sie die ersten Spuren der Vergänglichkeit in sich tragen. Die Dreiheit dagegen spiegelt als erste das Unteilbare und Unzerstreubare wieder; und wenn etwas anderes an der unteilbaren und unzerstreubaren Natur Anteil hat, wird ihm dies zuerkannt, was es von ihr bekommen hat]. Indem sich der Sohn und der Geist auf ein und denselben Urprung, den Vater, beziehen, sind sie wesenmäßig mit ihm und miteinander identisch. Im Fall des Filioque bezieht sich der Geist aber nicht auf denselben Ursprung, sondern auf zwei voneinander abweichende Ursprünge. Denn der Vater besitzt von Natur aus das UnverursachtSein; ebenso besitzt der Sohn naturgemäß das Verursacht-Sein (vom Vater). In Bezug auf den Geist ist also ein Anderssein in der Ursächlichkeit vorhanden. Das

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führt zwangsläufig auch zu einer inneren Spaltung im Sein des Geistes. Denn wenn der Geist aus zwei Ursprüngen sein Dasein hat, würde er auch mit sich selbst nicht identisch sein, da er jeweils als ein anderer vom Vater und vom Sohn herkommen würde. 112. In diesem Punkt macht Polidori in seiner Ausgabe keine Anmerkung, warum er sich für die Variante εἰσπορᾶς, die in keinem Lexikon vorzufinden ist, entschieden hat. Nachträglich hat er erklärt, dass es sich dabei um einen Neologismus des Photios handle. Polidori macht darauf aufmerksam, dass es in manchen Handschriften die Lesarten εἰ σπορᾶς und εἰς σπορᾶς gibt. Die erste ist sinnlos, die zweite hätte einen Sinn, wenn im Text statt τῆς den Genitiv τοῦ gäbe. So würde es heißen: τοῦ ἀσεβοῦς τῆς εἰς σπορᾶς τὰ γεώργια. Es bleibt also die Variante εἰσπορᾶς, die eine von Photios selbst vorgenommene künstliche Zusammensetzung von der Präposition εἰς und dem Substantivum σπορᾶς sei. 113. Damit ist die Hypostase des Vaters gemeint. Dieser Ausdruck soll aber den Leser nicht zur verfehlten Annahme führen, es gebe neben dieser ersten eine zweite untergeordnete Ursache. 114. Der Sohn erweist sich als ein unvollkommenes Verursachendes, weil: a) er als solches einen inneren Widerspruch in sich aufweist, Verursachendes und Verursachtes zugleich zu sein, und b) dies eine Zusammensetzung in der Gottheit kreiert. All das führt, wie Photios betont, zum Schimpf des Unvollkommenen. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. (S. 95 Hergenröther): τελεία ἡ ἐκ πατρὸς τοῦ πνεύματος ἐκπόρευσις ἐστιν ἢ οὐ; εἰ μὲν οὖν τελεία καὶ διὰ τοῦτο συλλήπτορα τὸν υἱὸν ἔχειν ἐν τῇ τοῦ πνεύματος προβολῇ, ἀτελὴς ἔσται ὁ πατὴρ καὶ τὸ πνεῦμα, καὶ διὰ τοῦτο οὐ τέλειος θεὸς ὁ πατὴρ, οὐδὲ μὴν τὸ πνεῦμα [Ist das Hervorgehen des Geistes vom Vater vollkommen oder nicht? Wenn es also vollkommen ist und der Vater deswegen den Sohn als Mithelfer beim Hervorbringen des Geistes hat, wird sich dann sowohl der Vater als auch der Geist als unvollkommen erweisen; und aus diesem Grund ist weder der Vater noch der Geist vollkommener Gott]. 115. Das Einessein ist der Grundzug des Eigenstandes jeder der drei Hypostasen. Wenn jede Hypostase numerisch als eine einzige betrachtet wird, wie kann eine von den dreien eine doppellte Rolle in sich aufweisen, nämlich Verursachendes und Verursachtes zugleich zu sein? Wie kann auch eine Zweiheit überhaupt entstehen, wo absolute Einheit herrscht? 116. Vgl. Bas. Caer., Ep.  38.4 (I, 87, 83–84 Courtonne): ἀλλά τις ἄρρητος καὶ ἀκατανόητος ἐν τούτοις καταλαμβάνεται καὶ ἡ κοινωνία καὶ ἡ διάκρισις [Es wird bei den göttlichen Personen eine unaussprechliche und unbegreifliche Gemeinschaft wie auch Unterscheidung wahrgenommen]. 117. Vgl. ebd., (I, 87, 85–87 Courtonne): οὔτε τῆς τῶν ὑποστάσεων διαφορᾶς τὸ τῆς φύσεως συνεχὲς διασπώσης, οὔτε τῆς κατὰ τὴν οὐσίαν κοινότητος τὸ ἰδιάζον τῶν γνωρισμάτων ἀναχεούσης [Wobei weder der Unterschied der Hypostasen den

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Zusammenhang und die Kontinuität der Natur zerreißt noch die Gemeinschaft im Wesen das Spezifische der Merkmale verwischt]. 118. Vgl. Greg. Nyss., Or. Dom. III (GNO VII/2, 42, 18–21 Callahan): ἀλλ’ ὥσπερ τὸ ἄνευ αἰτίας εἶναι, μόνου τοῦ πατρὸς ὄν, τῷ υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι ἐφαρμοσθῆναι οὐ δύναται, οὕτω τὸ ἔμπαλιν τὸ ἐξ αἰτίας εἶναι, ὅπερ ἴδιόν ἐστι τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ πνεύματος, τῷ πατρὶ ἐπιθεωρηθῆναι φύσιν οὐκ ἔχει [Aber wie das Ohne-Ursache-Sein, das nur dem Vater eigen ist, dem Sohne und dem Geist nicht beigelegt werden kann, so kann auch umgekehrt das Aus-einer-Ursache-Sein, das dem Sohn und dem Geist eigen ist, dem Vater nicht beigelegt werden]. 119. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. (S. 104 Hergenröther): τίς ἡ καινοτομία τῆς ὑιικῆς ὑπάρξεως; 120. ἑκουσίου πηρώσεως: Polidori verweist auf Greg. Nyss., Adv. Apol. (GNO III/1, 214, 23 Mueller). 121. Vgl. Myst. 15 (S. 12, 1–2 Pol.). Siehe oben Anm. 43. Wenn sich das Hervorbringen des Geistes auf die Natur bezieht, wird es dann zum Idiom der gemeinsamen Natur und muss zwangsläufig auch der dritten Person, d.  h. dem Geist, zugeteilt werden, damit ein ausgewogenes Verhältnis in der Trinität gewahrt bleibt. Das würde aber bedeuten, dass auch der Geist an seinem Idiom, dem Hervorgehenlassen beteiligt sein sollte und daher an der Hervorbringung seiner selbst oder einer vierten Person Anteil haben sollte. Die Vermischung zwischen Idiomen, die zur gemeinsamen Natur gehören, und Eigenschaften, die einer bestimmten Hypostase ausschließlich zugewiesen sind, ist nach Photios die unmittelbare Konsequenz des Filioque. 122. Vgl. oben Anm. 119. 123. Der Unterschied der Hypostasen zueinander besteht in den jeweiligen persönlichen Idiomen. Siehe Greg Nyss., Or. Dom. III (GNO VII/2, 42, 5–14 Callahan): μία … τῆς ἁγίας τριάδος ἡ φύσις, οὐ συγχεομένης ἐφ’ ἑκάστης τῶν ὑποστάσεων τῆς κατ’ ἐξαίρετον ἐπιθεωρουμένης αὐταῖς ἰδιότητος, οὐδὲ τῶν γνωρισμάτων ἐν ἀλλήλοις ἀλλασσομένων ὥστε τὸ σημεῖον τῆς πατρικῆς ὑποστάσεως ἐπὶ τὸν υἱὸν ἢ τὸ πνεῦμα μετενεχθῆναι, ἢ τοῦ υἱοῦ πάλιν ἑνὶ τῶν προκειμένων ἐφαρμοσθῆναι, ἢ τὴν τοῦ πνεύματος ἰδιότητα τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ ἐπιφαίνεσθαι, ἀλλ’ἐν τῇ κοινότητι τῆς φύσεως ἀκοινώνητος ἡ τῶν ἰδιαζόντων διάκρισις [Die Natur der Hl. Dreifaltigkeit ist als eine erwiesen, jedoch so, dass bei jeder der drei Hypostasen die ihnen notwendig zukommende Eigenschaft nicht vermischt wird und ihre Merkmale untereinander nicht vertauscht werden, etwa so, dass das Kennzeichen der väterlichen Hypostase auf den Sohn oder auf den Geist übertragen, oder umgekehrt das des Sohnes einer der vorliegenden Hypostasen angeheftet würde, oder die Eigenschaft des Geistes auch an dem Vater oder dem Sohn erschiene. Vielmehr wird in der Gemeinsamkeit der Natur doch die Unterscheidung des Besonderen als ein Nicht-Gemeinsames gedacht].

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124. Vgl. 1. Kor 15, 47. 125. Gal 4, 6. Vgl. Ep. 291 (III, 144, 155–157 L/W). 126. Der Ausdruck kommt bei Photios häufig vor. Vgl. Ep. 284 (III, 53, 1724 L/W): γνώμων εὐσεβείας. 127. Vgl. Ep. 291 (III, 144, 166–167 L/W): μηδ’ ἀντιφθεγγόμενον (τὸν Παῦλον) αὐτῷ (τῷ δεσπότῃ) μηδ’ ἀντινομοθετοῦν. Vgl. unten Anm. 132. 128. An dieser Stelle ist eine Negation überliefert, die den Gedankengang verwirrt und wohl auf einem Schreibfehler beruht. 129. Ich folge hier einem Vorschlag von Hergenröther zur Verbesserung des überlieferten Textes. Diesen Vorschlag hat auch Polidori in seiner Ausgabe übernommen. 130. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. (S. 99–100 Hergenröther): ὅθεν καὶ παρὰ πάσῃ τῇ γραφῇ οὐχ εὕρηται ὅτι ἐκ τοῦ υἱοῦ ἐκπορεύεται, ἀλλ’ ὅτι πνεῦμα υἱοῦ λέγεται [daher findet sich auch in der ganzen Hl. Schrift nicht, dass der Geist aus dem Sohn hervorgeht, sondern dass er Geist des Sohnes genannt wird]. 131. Vgl. Gal 4, 6. 132. Vgl. Ep. 291 (III, 144, 164–173 L/W): τὸ πνεῦμα τοίνυν τοῦ υἱοῦ ὁ μετάρσιος ἄνθρωπος λέγει ἀπεστάλθαι παρὰ τοῦ πατρός. λέγε καὶ ἐσὺ τὴν αὐτὴν τῷ Παύλῳ φωνήν· ἔστι γὰρ τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ, ἐπεὶ μηδ’ ἀλλότριον μηδ’ ἀντιφθεγγόμενον αὐτῷ μηδ’ ἀντινομοθετοῦν ὤφθη ποτέ  … εἶπεν εἶναι τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ· οὕτω κἀκεῖνοι λεγέτωσαν· οὐδεὶς αὐτοὺς αἱρέσεως ὁ γραφόμενος. οὐκ εἶπεν, ἐκπορεύεται τοῦ υἱοῦ· ἂν τοῦτό τινες λέγωσιν, καὶ τὴν τοῦ Παύλου διδασκαλίαν ὑβρίζουσιν καὶ δόξης αἱρετικῆς αὑτοὺς ἐνόχους δεικνύσουσιν [Dieser (scil. Paulus) zu den himmlischen Realitäten emporgehobene Mensch sagt, dass der Geist des Sohnes vom Vater gesandt ist; du sollst auch das gleiche Wort wie Paulus sagen. Denn es ist der Geist des Sohnes, weil sich der Geist nie als dem Sohn (dem Wesen nach) fremd, ihm widersprechend oder entgegengesetzt zu sein erwiesen hat. … (Paulus) hat gesagt, er sei Geist des Sohnes. Das sollen auch diese Leute sagen; und niemand wird gegen sie eine Anklage wegen Häresie erheben. Er hat nicht gesagt, der Geist gehe aus dem Sohn hervor. Wenn manche Leute das behaupten, beschimpfen sie nicht nur die Lehre des Paulus, sondern zeigen sich auch als einer Irrlehre schuldig]. 133. Vgl. Bas. Caes., Contra Eunomium V, PG 29, 761B: μία θεότης, καὶ μία κυριότης, καὶ ἁγιότης, μία Πατρὸς καὶ Υἱοῦ καὶ ἁγίου Πνεύματος, διὰ τὸν ἕνα τοῦ βαπτίσματος ἁγιασμόν [Eine Gottheit und eine Herrschaft sowie eine Heiligkeit, des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes, aufgrund der einen Heiligung durch die Taufe]. Vgl. auch Greg. Naz., Or.  31.12 und 28 (SC 250, 298, 17–18; 330, 2–4 Gallay): ἡ τοῦ ἑνὸς προσκύνησις τῶν τριῶν ἐστι προσκύνησις, διὰ τὸ ἐν τοῖς τρισὶν ὁμότιμον τῆς ἀξίας καὶ τῆς θεότητος; … σέβειν θεὸν τὸν Πατέρα, θεὸν τὸν Υἱόν, θεὸν τὸ Πνεῦμα τὸ Ἅγιον, τρεῖς ἰδιότητας, θεότητα μίαν, δόξῃ καὶ τιμῇ, καὶ οὐσίᾳ

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

καὶ βασιλείᾳ μὴ μεριζόμενην … [Die Anbetung des einen ist die Anbetung der drei, da bei allen drei die Würde gleich ist wie auch die Gottheit … Gott den Vater, Gott den Sohn und Gott den Hl. Geist verehren, die in Hinblick auf ihre Eigentümlichkeiten drei, in Hinblick auf die Gottheit eins sind, ohne Teilung der Herrlichkeit, der Ehre, der Wesenheit, der königlichen Herrschaft …]. 134. Ganz anders als Photios legten die lateinischen Zeitgenossen die Wendung „der Geist des Sohnes“ aus, wie z.  B. Ratramnus von Corbie. Siehe Contra Graecorum Opposita I.7, PL 121, 238C: Ergo si spiritus sanctus non procedit a Christo, quomodo Spiritus dicitur esse Christi? Procedit igitur a Christo, quia non ex subiectione, nec ex particulari sectione dicitur eius esse, sed quod eius de substantia substantialiter procedat [Wenn also der Hl. Geist nicht aus Christus hervorgeht, wieso nennt man ihn dann Geist Christi? Also geht er aus Christus hervor, weil er nicht wegen der Unterwerfung oder wegen eines Teilabschnitts als seiner bezeichnet wird, sondern weil er wesensmäßig aus dessen Wesenheit hervorgeht]. Vgl. Ebd. II.2, 254A; II.4, 291A. Diese Logik stützt sich auf Augustinus in C. Maxim. II.14,1 (CChr. SL 87A, 570, 31–38 Hombert): et quia de utroque procedit, sicut iam ostendimus, unde et spiritus patris dictus est, ubi legitur: „Si autem spiritus eius, qui suscitavit Christum a mortuis, habitat in vobis, et spiritus filii, ubi legitur: Qui autem spiritum Christi non habet, hic non eius“. Non enim duo sunt spiritus sancti tanquam singuli singulorum, unus patris, alter filii, sed unus potius patris et filii [Und weil der Hl. Geist aus beiden hervorgeht, wie wir schon gezeigt haben, wird er deswegen auch als Geist des Vaters bezeichnet, wo es heißt: wenn aber der Geist dessen, der Christus von den Toten aufererweckt hat, in euch wohnt (Röm 8, 11), und Geist des Sohnes, wo es heißt: Wer den Geist Christi nicht hat, der gehört ihm nicht (Röm 8, 9). Denn es gibt keine zwei Hl. Geister, gleichsam je einen jedes einzelnen, einen des Vaters, einen anderen des Sohnes, sondern vielmehr einen Geist des Vaters und des Sohnes]. Übers. nach J.  Sieben, Augustinus  – Werke 2008, 318, 24–27. 135. Die Frage, die Photios seinem (fiktiven) Gegner stellt, ist sehr plausibel: Wenn der Genitiv Geist des Sohnes auf die Ursächlichkeit des Sohnes gegenüber dem Geist hinweist, dann sollte der Ausdruck Vater des Sohnes auf eine Ursächlickeitsbeziehung zwischen Sohn und dem Vater, d.  h. auf eine Versetzung der Hypostase des Vaters auf die Kategorie des Verursachten hindeuten. Das ist aber absurd, da der Ausdruck Vater des Sohnes und umgekehrt Sohn des Vaters eindeutig auf eine Relation im Rahmen der Konsubstantialität innerhalb der Trinität verweist. Diese Ansicht ist bei den Kappadoziern deutlich begründet. Bei Basileios von Caesarea z.  B. wird zwischen denjenigen Namen, die von sich selbst ausgesagt werden, (καθ’ ἑαυτὰ λεγόμενα) und solchen, die auf einen Bezug hinweisen (τὰ δηλωτικὰ τῆς πρὸς ἄλληλα σχέσεως), wie es bei den Namen Vater und Sohn der Fall ist. Siehe CE II.9 (SC 305, 36, 11–13 Sesboué). Ähnlich betont Gregor von Nyssa,

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dass der Name des Sohnes auf die wesensmäßige Relation zu seinem Erzeuger (φυσικὴ πρὸς τὸν γεννήτορα σχέσις) hinweist. Siehe Eun. III.1, 136 (GNO II, 49, 14 Jaeger). Siehe dazu M. Delcogliano, Basil of Caesarea’s Anti-Eunomian Theory of Names. Christian Theology and Late-Antique philosophy in the Fourth Century Trinitarian Controversy (= SVigChr 103), Leiden 2010, 248–253. 136. Der Begriff „ὁμοούσιος“ mache nach Basileios von Caesarea das „Übel“ des Sabellius wieder gut, weil er jede Vorstellung von Identifizierung und Vermischung der Hypostasen auschließt und zugleich deren besonderen Charakter einführt. Außerdem stellt er die Unveränderlichkeit des göttlichen Wesens sicher: αὕτη δὲ ἡ φωνὴ καὶ τὸ τοῦ Σαββελίου κακὸν ἐπανορθοῦται· ἀναιρεῖ γὰρ τὴν ταυτότητα τῆς ὑποστάσεως καὶ εἰσάγει τελείαν τῶν προσώπων τὴν ἔννοιαν· οὐ γὰρ αὐτό τι ἐστιν ἑαυτῷ ὁμοούσιον, ἀλλ’ ἕτερον ἑτέρῳ· ὥστε καλῶς ἔχει καὶ εὐσεβῶς, τῶν τε ὑποστάσεων τὴν ἰδιότητα διορίζουσα καὶ τῆς φύσεως τὸ ἀπαράλλακτον παριστῶσα [Dieser Begriff beseitigt auch das Übel des Sabellius. Denn er macht die Identität der Hypostase unmöglich und gibt eine vollkommene Vorstellung von den Personen. Etwas Bestimmtes kann ja nicht mit sich selbst wesenseins sein, sondern eines mit einem anderen. Deswegen verhält der Begriff sich gut und fromm, weil er die eigene Existenz der Hypostasen definiert und die Nichtunterschiedenheit der Natur ausdrückt]. Siehe Ep. 52.3 (Ι, 135, 1 – 136, 6 Courtonne). Übers. nach W.  D.  Hauschild, Basilius v. Caesarea, Briefe (BGL 32, S.  116). Ein anderer Brief von Basileios, die Epistula 9, die in das unmittelbare Umfeld der Entstehung von Adversus Eunomium gehört, ist ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass Basileios als Nizäner zu bezeichnen ist, d.  h. als einer, der sich von der Position der Homöer deutlich abgrenzt und die grundsätzliche nizänische Bedeutung des Homoousios vertritt. Siehe V. H. Drecoll, Die Entwicklung der Trinitätslehre 1996, 43. Zum Begriff des Homoousios siehe H. Kraft, Ὁμοούσιος, in: ZKG 66 (1954/55) 1–24; C. Stead, The Significance of Homoousios, in: StP 3 (= TU 78), Berlin 1961, 397–412. Einen umfassenden Überblick darüber bietet die Studie von N. Xexakis, Die Theologie des Homoousios. Beitrag zur orthodoxen Trinitätslehre (in Griechisch), Athen 2003. 137. Vgl. Amph. 28 (IV, 105, 31–32L/W): ἐκ τοῦ αὐτοῦ κατὰ γε τὸ πλεῖστον ἅμα μὲν καὶ ὁμοτίμως προερχόμενα, οὐ κατὰ τὸν αὐτὸν τρόπον τὴν πρόοδον ἔχοντα [Beide Verursachten kommen einerseits in höchstem Maße und zugleich aus derselben Ursache hervor, haben andererseits ihren Hervorgang nicht auf dieselbe Weise]. Das Entstammen beider Verursachten aus dem einen und einzigen ungeteilten Prinzip, stellt ihre Gleichrangigkeit, Gleichheit sowie den zeitlosen Charakter ihres Daseins sicher. Nimmt man ein doppeltes Hervorgehen des Geistes an, müsste dies in jedem Fall zeitlos sein. Aber: πῶς ἐγχωρεῖ ὁμοῦ τι ἀχρόνως καὶ συναϊδίως ἐκ δύο αἰτίων τὸ εἶναι ἔχειν, εἰ μὴ ἀμφότερα ἔσονται συναίτια καὶ πρῶτα αἴτια, ἢ πῶς ἐκχωρεῖ ἓν αἰτιατὸν ἐκ δύο αἰτίων τὸ εἶναι ἔχειν, τοῦ ἑνὸς αἰτίου καὶ

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

αὐτοῦ ἅμα τοῦ ἐξ αὐτοῦ αἰτιατοῦ ἐκ θατέρου αἰτίου τὴν ὕπαρξιν ἔχοντος; [Wie ist es möglich, dass etwas sein Dasein aus zwei Ursachen zugleich zeitlos und gleichewig hat, wenn nicht beide Mitursachen und erste Ursachen werden? Oder wiederum, wie ist es möglich, dass ein Verursachtes sein Dasein aus zwei Ursachen hat, indem das eine Verursachende und das ihm entstammende Verursachte selbst ihr Dasein zugleich aus unterschiedlicher Ursache haben]. Siehe Nik. Byz., Cap. Syll. XVIII (S. 123 Hergenröther). 138. Dieses καὶ findet sich nur in einer einzigen Handschrift. Weder Hergenröther noch Polidori haben es in den Text gesetzt, berücksichtigen es aber in der Übersetzung. 139. Vgl. Hebr 1, 3. 140. Vgl. Mt 5, 14; vgl. Joh 8, 12; 9, 5; 12, 46. 141. Der überlieferte Text ist so nicht zu verstehen; vielleicht ist ein Stück Text ausgefallen, das ich sinngemäß (in spitzen Klammern) zu ergänzen versuche. 142. Vgl. Gal 4, 6. 143. Vgl. 1. Kor 15, 47  f. 144. Vgl. 2. Kor 12, 2. 145. Vgl. Hom. 16 (S. 155, 6 Laourdas). 146. Vgl. Ex 28, 3; Dt 34, 9; Jes 11, 2; Sir 39, 8. 147. Vgl. Jes 11, 2. 148. Vgl. 2. Tim 1, 7. 149. Vgl. Röm 8, 15. 150. Vgl. 2. Tim 1, 7. Das in den Handschriften überlieferte Wort δουλείας (Knechtschaft) ist nach 2. Tim 1, 7 wohl in δειλίας (Furchtsamkeit) zu verbessern. 151. Vgl. Sir 34, 14. 152. Vgl. Gal 6, 1. 153. Vgl. Apg 2, 3. 154. Vgl. Ex 31, 2–3. 155. Statt τῷ πυρὶ ist vielleicht zu lesen πυρὶ. So z.  B. Greg. Naz., Or. 5.40 (SC 309, 376, 2 Bernardi). 156. Vgl. Dan 3, 39. 157. Vgl. Jes 4, 4. 158. Vgl. Jer 4, 11–12. 159. Dieses Problem bespricht Photios schon oben im Par. 30, wo er betont, dass man von den Gnadengaben des Geistes, die aus dem Vater als Quelle der Gottheit den Jüngern durch den Sohn mitgeteilt werden, nicht auf das ewige Hervorgehen des Geistes auch vom Sohn schließen darf. Die Mitteilung der Gnadengaben des Geistes an die Jünger darf auf keinen Fall mit dem ewigen Hervorgang des Geistes vom Vater gleichgesetzt oder vermischt werden.

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160. Photios untermauert seine Argumentation, indem er seinen Leser darauf aufmerksam macht, dass für die Verteilung der Gnadengaben des Geistes nicht nur der Sohn verantwortlich ist, sondern auch die Hypostase des Hl. Geistes selbst, die ihre Güter den Würdigen schenkt. 161. Vgl. 1. Kor 2, 16. 162. Dabei weist Photios darauf hin, dass die Wahrnehmung der göttlichen Wirkungen und Kräfte zur Grenze der menschlichen Erkenntnis über Gott wird. Alle gotteswürdigen Bezeichnungen, die wir Gott zuweisen, sind im eigentlichen Sinne eine Interpretation seiner wollwohlenden Vorsehung und Wirkungskraft auf die Welt. In diesem Sinne liest man bei Gregor von Nyssa: τὰς ποικίλας τῆς ὑπερκειμένης δυνάμεως ἐνεργείας κατανοοῦντες, ἀφ’ ἑκάστης τῶν ἡμῖν γνωρίμων ἐνεργειῶν τὰς προσηγορίας ἁρμόζομεν [Indem wir die vielfältigen Wirkungen der (über die Seienden) hinausliegenden Macht wahrnehmen, fügen wir (dabei) die Benennungen von jeder der uns bekannten Tätigkeiten her hinzu]. Siehe Ad Ablabium (GNO III/1, 44, 7–9 Mueller). 163. Hier wird wiederum vo Photios präzisiert, dass man die Hypostase des Hl Geistes selbst nicht mit seinen an die Würdigen auszuteilenden Gnadengaben vermischen darf. Diese Präzisierung wird auch bei der späteren antifilioquistischen Kritik vorgenommen. Beim Einhauchen des Geistes an die Jünger (λάβετε Πνεῦμα Ἅγιον) bemerkt der Filioque-Kritiker Gregor Palamas, dass es sich bei dieser Stelle (Joh 20, 22–23) nicht um die Natur oder die Hypostase des Hl. Geistes handele, sondern um seine Wirkung (ἐνέργεια); denn niemand könne nach Gregor Palamas der Natur und der Hypostase des Hl. Geistes teilhaftig werden. Vgl. Logos Apodeiktikos II.6 (I, 83, 1–6 Chrestou): οὐ γὰρ ἐμφυσήσας εἶπεν ὁ κύριος, λάβετε πνεῦμα τὸ ἅγιον, ἀλλὰ χωρὶς τοῦ ἄρθρου, λάβετε πνεῦμα ἅγιον, δηλαδὴ βραχύ τι τοῦ πνεύματος. Σαφὲς οὖν ὡς μερικὴν τοῦ πνεύματος ἐνέργειαν διὰ τοῦ ἐμφυσήματος ἔδωκεν, οὐκ αὐτοῦ τὴν φύσιν ἢ τὴν ὑπόστασιν· ἀμερὴς γὰρ παντάπασιν ἡ τοῦ θείου πνεύματος φύσις καὶ ὑπόστασις [Denn der Herr hat beim Einhauchen nicht gesagt empfanget den Hl. Geist, sondern ohne den Artikel, nämlich empfanget Hl. Geist, d.  h. einen geringen Teil des Geistes. Es ist also deutlich, dass er beim Einhauchen (den Jüngern) die Energie des Geistes teilweise mitgeteilt hat, nicht seine Natur oder seine Hypostase. Denn die Natur und die Hypostase des Hl. Geistes ist in jeder Hinsicht unteilbar]. 164. Hier muss es anstelle von „ἐπεὶ γὰρ τοῦ Πνεύματος λέγεται τὰ χαρίσματα“ heißen: ἐπεὶ γὰρ τὸ πνεῦμα λέγεται τῶν χαρισμάτων entsprechend dem Zitat in Par. 57 (S. 52, 27; 54, 28–29 Pol.): ὅτι δὲ τὸ πανάγιον Πνεῦμα οὐ μόνον λέγεται τοῦ Υἱοῦ, ἀλλὰ καὶ τῶν χαρισμάτων … 165. Vgl. oben Par. 30 und 57. Statt διανεμεῖ ist besser διανέμει zu akzentuieren. 166. Hier habe ich ein Komma eingefügt.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

167. Vgl. Ep. 291 (III, 143, 134–136 L/W): εἰ γὰρ ὁ μὲν υἱὸς διὰ γεννήσεως πρόεισι, τὸ πνεῦμα δὲ ἐκ τοῦ υἱοῦ δι’ἐκπορεύσεως, εἰς υἱωνοῦ τάξιν περιστήσεται [Denn, wenn der Sohn einerseits mittels der Zeugung seinen Ausgang nimmt, der Geist aber mittels des Hervorgangs aus dem Sohn, wird er in den Rang eines Enkels gestellt]. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. 2 (S. 92–93 Hergenröther): ἐκπορεύεται (scil. τὸ Πνεῦμα) δὲ καὶ τοῦ υἱοῦ, ἀνάγκη δεῆσθαι τὸν υἱὸν ἑτέρου υἱοῦ ἐν τῇ φανερώσει καὶ μεταδώσει ἐξ αὐτοῦ τοῦ πνεύματος· εἰ δὲ τοῦτο, ἐσται τοῦ υἱοῦ υἱὸς καὶ διὰ τοῦτο υἱωνὸς ἀναφαινόμενος [Geht aber der Geist auch vom Sohn hervor, ist es notwendig, dass der Sohn bei der Offenbarung und Mitteilung des Geistes aus ihm eines anderen Sohnes bedürftig ist; wenn es aber so ist, wird er Sohn des Sohnes und erweist er sich dadurch als Enkel]. Vgl. auch Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 22 (I, 369 Demetrakopoulos): εἰ μὲν ὁ Υἱὸς ἐκ τοῦ Πατρὸς, τὸ δὲ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Υἱοῦ, τάχα καὶ εἰς υἱωνοῦ τάξιν τὸ Πνεῦμα ὑπάγεται, καὶ οὐδ’ ἂν ἀμέσως ἐκ τοῦ Πατρὸς ἐκπορεύοιτο τὸ ἐκ τοῦ Υἱοῦ, τοῦ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἀμέσως γεννωμένου ἐκπορευόμενον· εἰ δὲ καὶ ἐκ τοῦ Πατρὸς ἀμέσως (ἀμέσως γὰρ ὁμοίως ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ οὐ διὰ μέσου τινός καὶ ὁ Υἱὸς γεννᾶται καὶ τὸ Πνεῦμα ἐκπορεύεται), τὸ αὐτὸ ἂν αἴτιον, ὁ Πατήρ, καὶ προσεχὲς εἶναι καὶ πόρρω ῥηθείη τοῦ αὐτοῦ Πνεύματος [Wenn einerseits der Sohn aus dem Vater, andererseits der Geist aus dem Sohn ist, wird der Geist schnell in den Rang des Enkels zurückgereiht, und es würde (in diesem Fall) das, was aus dem Sohn ist, nicht unmittelbar aus dem Vater hervorgehen, indem er unmittelbar aus dem vom Vater gezeugten (Sohn) hervorgeht. Wenn nun der Geist auch aus dem Vater unmittelbar hervorgeht – denn sowohl der Sohn als auch der Geist werden unmittelbar und in gleicher Weise aus dem Vater ohne jemandes Mittlerschaft hervorgebracht, der eine durch Zeugung, der andere durch Hervorgang –, gäbe es dann dasselbe Verursachende, nämlich den Vater, und dieses Verursachende könnte zugleich unmittelbar und entferntes Verursachendes desselben Geistes genannt werden]. 168. Eine solche Prämisse des Photios entspricht sowohl der Idee der Gleichheit als auch der der Symmetrie. Denn eine Vermittlung des Sohnes bei der Existenzweise des Geistes durch Hervorgehen aus dem Vater, würde ein unausgewogenes Verhältnis innerhalb der Trinität verursachen, da der Sohn in seinem GezeugtSein vom Vater, keiner Vermittlung bedürftig ist. Das bestätigt sich im Text unmittelbar danach. 169. Die Unmittelbarkeit der Existenzweise des Geistes durch den Vater haben die so genannten byzantinischen Filioquisten des 13 Jh. in Frage gestellt, indem sie die Idee der Mittlerschaft des Sohnes beim Hervorgang des Geistes ins Feld geführt und damit einen neuen Akzent in der schon längst zwischen West- und Ostkirche entfachten Auseinandersetzung über den Ausgang des Hl. Geistes gesetzt. Die wesensmäßige Mittlerstellung des Sohnes beim Hervorgang des Geistes stiftet nach den byzantinischen Filioque-Anhängern keine Dyarchie innerhalb der Gott-

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heit und dient vor allem dazu, dass Sohn und Geist nicht als Geschwister gedacht werden: εἰ γὰρ οὐ μέσος ὁ υἱὸς φύσει τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ πνεύματος, ἀντιδιῄρηται κατὰ πᾶσαν ἀνάγκην τῷ πνεύματι, καὶ ὁ μονογενὴς οὐ τῷ ὄντι μονογενής· ὄλωλε καὶ ἡ κλῆσις οὐχ ἦττον τοῦ πνεύματος. Καὶ δύο λοιπόν, τό τε πνεῦμα καὶ ὁ υἱός, ἀδελφοί, καὶ ὁ πατὴρ ἀμφοτέρων πατήρ· καὶ οὕτω τὸ μοναδικὸν τῆς Τριάδος ἐκλέλοιπε [Denn wenn der Sohn wesensmäßig nicht in die Mitte zwischen Vater und Geist tritt, dann steht er zwangsläufig dem Vater im Hinblick auf den Geist entgegen, und der Eingeborene bleibt nicht mehr in Wirklichkeit Eingeborener, und es geht vielmehr die Benennnung „Geist“ verloren. Auch gibt es nur zwei Geschwister, den Geist und den Sohn, und der Vater ist Vater beider; und auf solche Weise hört der monarchische Charakter der Dreiheit auf zu bestehen]. Siehe K. Melitiniotis, Antirr. I (S. 144, 4–9 Orphanos). 170. In den Augen eines hochgelehrten Theologen wie Photios, der sich mit den philosophischen und logischen Prämissen sehr gut auskennt, ist innerhalb der urewigen Trinität jedes zeitliche Auseinanderfallen fernzuhalten. Unter Berücksichtigung dessen, ist ein gemeinsames Hervorbringen des Geistes ab utroque d.  h., vom Vater und dem Sohn, nicht denkbar. Denn wenn das Hervorbringen des Geistes vom Vater und Sohn gleichzeitig erfolgt – und so muss es sein –, müssten sich dann Vater und Sohn in eine einzige Hauptursache mischen. Wären aber sie beide zwei voneinander deutlich unterschiedliche Haupt- und Erstursachen geblieben, dann müsste die einfache und unteilbare Hypostase des Geistes in zwei Teile geteilt werden. Vgl. Nik. Byz., Cap. Syll. 18 (S. 123 Hergenröther). Siehe oben Anm. 137. 171. An dieser Stelle setzte ich einen Hohepunkt. 172. Das Wort εἰσπορά ist in keinem Wörterbuch zu finden. Sollte es heißen ἐπισπορᾶς oder ἐπισπορίας? Das Letztere findet man in Liddell-Scott und bedeudet: Nachsäen. Siehe oben Anm. 112. 173. κακόσχολος γνώμη ist ein von Photios häufig verwendeter Ausdruck zur Bezeichnung der Häresie und ist nach Polidori neben anderen Ausdrücken, wie z.  B. γλωσσαλγία, λῆρος, εὑρεσιολογία, ein Hinweis darauf, dass der Autor der Mystagogie kein anderer als Photios selbst sein kann. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, S. XXVII mit Verweis auf R.  Salvemini, Empietà e follia nella caratterizzatione degli eretici. Alle origini del lessico di Fozio, in: Nicolaus 27 (2000) 355–389. 174. Statt διαφυγὸν ist vielleicht διαφύγῃ zu lesen. 175. Vgl. Ep. 291 (III, 146, 245 – 147, 2 L/W). Dabei ist zu beachten, dass Photios dem Dogma der Kirche, d.  h. dem verbindlichen Lehrsatz des Glaubens, einen wesentlich höheren Wert als der theologischen Meinung einzelner Väter zuweist. 176. Bezüglich Ambrosius (333/334  – 397) gibt es Indizien mit einer filioquistischen Nuance, oder zugespitzt gesagt, Stellen, die deutlich für das Filioque sprechen. Die Stelle, die eine solche Annahme stützt, lautet: Neque cum (Filius) de

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Patre exit, de loco recedit, et quasi corpus a corpore separator neque cum est cum Patre, tanquam in corpore corpus includitur: Spiritus quoque sanctus cum procedit a Patre et Filio, non separatur. Non separatur a Patre, non separatur a Filio [Weder weicht er (scil. der Sohn), wenn er aus dem Vater kommt, von der Stelle und wird dabei gleichsam als Körper vom Körper getrennt, noch wird er, wenn er im Vater ist, gleichsam im Körper als Körper eingeschlossen. Auch der Hl. Geist wird nicht getrennt, wenn er vom Vater und vom Sohn ausgeht. Er wird nicht getrennt vom Vater, er wird nicht getrennt vom Sohn]. Siehe De Spir. Sancto I.11,120 (CSEL 79, 67, 41–45 Faller). Siehe P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 217–218. Die Möglichkeit einer profilioquistischen Interpretation der Theologie des Ambrosius räumt auch E. Siecienski ein. Trotzdem bemerkt er, dass es unbekannt bleibt, ob Ambrosius selbst den von der späteren lateinischen Lehre über das Filioque implizierten Lehrinhalt akzeptiert hätte. Siehe E.  Siecienski, Filioque 2010, 58. Was Augustinus von Hippo (354–430) angeht, ist die Forschungslage viel deutlicher. Seine profilioquistische theologische Entfaltung war, wie P.  Gemeinhardt (Die Filioque-Kontroverse 2002, 217) zutreffend bemerkt hat, für die Befürworter des Filioque im 9. Jh. (wie Ratramnus von Corbie und Aeneas von Paris) maßgebend. Dies bedeutet, dass die westlichen Denker in der Zeit des Photios nicht nur aus Augustinus Argumente zum Untermauern des Filioque heranzogen, sondern auch andere lateinischen Autoritäten (wie etwa Ambrosius) im Sinne augustinischer Trinitätslehre interpretierten. Bei Augustinus findet man mehrere Filioque-Belege, die eine Binnenlogik haben. In seinem berühmten Werk „De Trinitate“ stößt man auf vier solche Belege: a) IV 20, 29; b) V 14,15; c) XV 17,29; d) XV 26,45. Eine ausführliche Darlegung samt Analyse aller dieser Filioque-Belege bietet Th. Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 201–235. Andere gewichtige Filioque-Belege sind in Contra Maximinum Arrianum, einer seiner späteren Schriften zu finden: II.14,1 (CChr. SL 87, 568, 4 – 569, 11 Hombert). Übers. nach. J. Sieben, Augustinus – Werke 2008, 318, 3–8: De patre est filius, de patre est spiritus sanctus, sed ille genitus, iste procedens. Ideo ille filius est patris, de quo est genitus. Iste autem spiritus utriusque, quoniam de utroque procedit. Sed ideo, cum de illo filius loqueretur ait: „De patre procedit“, quoniam pater processionis eius est auctor, qui talem filium genuit et gignendo ei dedit, ut etiam de ipso procederet spiritus sanctus [Der Sohn ist vom Vater, der Hl. Geist ist vom Vater, doch der eine gezeugt, der andere hervorgehend. Deswegen ist der eine Sohn des Vaters, von dem er gezeugt wurde. Der andere jedoch ist Geist beider, weil er aus beiden hervorgeht. Aber deswegen sagte der Sohn, als er von ihm sprach: „Er geht aus dem Vater hervor“ (Joh 15, 26), weil der Vater, der einen solchen Sohn zeugte, und es ihm durch das Zeugen gab, dass auch aus ihm der Hl. Geist hervorgehe, der Urheber dieses Hervorgehens ist]. Bezüglich Hieronymus und dessen Auftauchen in den späteren lateinischen „Florilegia“ als Befürworter des Filioque, ist eine gewisse Reserve angebracht. Denn die in Florilegien der spä-

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teren Zeit sehr oft zitierte Schrift des Hieronymus war nicht seine eigene, sondern die Interpretatio libri Didymi De Spiritu Sancto, eine Übersetzung von Didymusʼ Werk, die 387 fertiggestellt wurde. Das griechische Original des Didymus ist nicht erhalten. Wie getreu die lateinische Übersetzung des Hieronymus ist, ist eine strittige Frage. Manche Gelehrte vermuten, dass spätere lateinische Herausgeber den Text ergänzten oder redigierten. Die meisten sind sich darüber einig, dass es eindeutig Grund zur Befürchtung gibt, dass spätere Hände seine Arbeit manipuliert haben, und dass es wahrscheinlich ist, dass das Gewicht dieses Zeugnisses durch die Wiederherstellung der griechischen Abhandlung erheblich verringert würde. Siehe E. Siecienski, Filioque 2010, 36.57 mit Verweis auf H. B. Swete, On the History of the Doctrine of the Holy Spirit from the Apostolic Age to the Death of Charlemagne, Eugene, Oregon 2004, 94–95. Orthodoxe Theologen, wie John Meyendorff, haben argumentiert, dass Hieronymus „kaum als Befürworter des Filioque angesehen werden kann.“ Siehe J. Meyendorff, Byzantine Theology: Historical Trends and Doctrinal Themes, NY 1974, 60. 177. Der folgende Satz scheint in der Überlieferung gestört zu sein und ist nicht sicher zu rekonstruieren. Die „Sorge“ dieser Leute (scil. der Gegner) ist ironisch zu verstehen. 178. Vgl. Ep. 291 (III, 147, 270 L/W): διαστροφὴ τῆς θεολογίας. 179. In diesem Punkt entscheide ich mich für die Variante, die sich in der Ausgabe von Hergenröther findet (PG 102, 346) und die auch in mehreren Handschriften überliefert ist. Polidori (S. 62, 9) schlägt Folgendes vor: γυμνὸν καὶ τιμῆς ἁπάσης οὐ φθονεῖ μεταδιδόναι τοῦ ὀνόματος. 180. Damit einer Figur der alten Kirche die Bezeichnung „Vater der Kirche“ zuerkannt wird, müssen vier Kriterien erfüllt sein: a) Antiquitas, b) Fides Orthodoxa, c) Sanctitas vitae, d) Approbatio Ecclesiae. Dazu siehe S.  Papadopoulos, Πατρολογία Αʹ, Athen 1994, 77–79; ders. Διαπίστωση καὶ Διακήρυξη τῆς Ἁγιότητας τῶν Ἁγίων, Κατερίνη 1990; A. Alivizatos, Ἡ Ἀναγνώρισις τῶν Ἁγίων ἐν τῇ Ὀρθοδόξῳ Ἐκκλησία», Θεολογία 19 (1941–48) 18–52; J.  Kotsonis, „Ἁγίων Ἀνακήρυξις“, in: Θ.Η.Ε. 1 (1962) 272–273. 181. Vgl. den Horos der Synode von 879/80, in: CCCOGD (II/1, 65–67 Gemeinhardt). 182. Der Begriff „Ketzer oder Häretiker“ (vom griech. „αἵρεσις“ abgeleitet, „Wahl“ oder „Gewähltes“) wurde im frühen Christentum zunehmend im Sinne einer willkürlichen Auswahl aus dem Lehrgut der Kirche verwendet. Später bezeichnete man damit schwerwiegende Abweichungen von den Grundlehren der einen katholischen und apostolischen Kirche, die die Wahrheit des Evangeliums entscheidend verkürzen. Dieser abwertende Sinn ist schon sehr früh bei Ignatius von Antiochien (Trall 6, 1) vorzufinden: „So rufe ich euch nun zu, doch nicht ich, sondern die Liebe Jesu Christi. Gebraucht nur die christliche Speise und enthaltet

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

euch des fremden Gewächses, das Häresie ist! Sie mengen sich (scil. ihrer Leute) Jesus Christus bei und täuschen Vertrauenswürdigkeit vor, reichen gleichsam todbringendes Gift mit Honigwein vermischt, welches der Unwissende in böser Lust gerne nimmt; es ist aber sein Tod“. Siehe Geschichte des Christentums, C. Andresen/A. M. Ritter (Hgg.), Stuttgart/Berlin/Köln 1993, Bd. VI/1, 176. 183. Statt εἰ μήπω ist wohl εἰ μή πως zu lesen. 184. Diese Frage hat m.  E. eine tiefere Bedeutung. Denn Photios will damit darauf hinweisen, dass die Tatsache, dass manche Väter von einem Hervorgehen des Geistes auch vom Sohn sprechen, keine unmittelbare Konsequenz für die allgemeine dogmatische Lehre der Kirche in sich birgt. Das, was für Photios zählt, sind die allgemeinen Bestimmungen der ökumenischen Synoden (τὰ μὲν οἰκουμενικαῖς καὶ κοιναῖς τυπωθέντα ψήφοις) und nicht die persönliche Meinung und Lehre einzelner Autoren, die zur Sphäre eines „theologoumenon“ (siehe unten Anm. 197) gehören. Siehe Ep. 290 (III, 130, 200–205 L/W). 185. Vgl. παρόρασιν mit παρολίσθημα in Myst. Par. 70 (S.  68, 1 Pol.). Dabei ist der Versuch des Photios deutlich, die lateinischen Väter irgendwie in Schutz zu nehmen. 186. Vgl. Dion. Areop. Ep. VII.2 (PTS 36, 166, 7–8 Ritter). Vgl. auch Plato Soph. 241d; Act Joh 48–54. 187. Vgl. Mt 16, 19 und 18, 18. 188. Vgl. Gal 1, 8. 189. Die Lehre des Evangeliums, dass der Geist aus dem Vater hervorgeht (Joh 15, 26), hat für Photios eine normative, unanfechtbare und unwiderrufliche Geltung. 190. Vgl. Lk 2, 9. 191. Vom Zusammenhang her ist dabei auf Paulus als Subjekt zu schließen. Polidori (S. 67 in der Übersetzung) setzt Paulus als Subjekt an den Anfang des Satzes. Im Zusammenhang (Mt 16, 19 und 18, 18) ist aber nicht von Paulus die Rede, sondern von Petrus bzw. den Jüngern im Allgemeinen. 192. Die Handschriften haben offenbar alle σεμνύνῃ, auch Hergenröther. Das ἐν ist eine Hinzufügung von Polidori; ich sehe aber keinen Grund dafür. 193. Vgl. Par. 68 (S. 64, 9 Pol.) 194. Vgl. Gen 9, 18–29. 195. Durch das aus dem AT entnommene Bild (Gen. 9) will Photios einerseits indirekt aber deutlich sagen, dass kein Vater in seiner theologischen Spekulation und Entfaltung fehlerfrei ist, andererseits, dass man mit der Lehre einzelner Väter vorsichtig umgehen muss und sie nicht direkt, vorbehaltlos und ohne Prüfung zum Dogma erhebt. Eine verantwortliche Haltung wäre nach Photios in dem Fall, dass man, falls sich ein Kirchenvater geirrt hat, seinen Irrtum nicht zum Vorschein bringt, sondern eher bedeckt.

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196. Vgl. Mt 18, 16. 197. Dabei stößt man auf einen sehr interessanten Punkt bezüglich der Unterscheidung zwischen dem, was als Dogma gilt, und dem, was als eine persönliche theologische Meinung zu betrachten ist. Beim ersten Fall muss man sich sehr genau, d.  h. mit dogmatischer Akribie, äußern. Beim zweiten Fall ist eine gewisse Freiheit in der theologischen Entfaltung, die manchmal nicht ganz akribisch sein kann, erlaubt. In diesem Zusammenhang will Photios sagen, dass eine abweichende Stimme (eines oder einzelner Väter) eine legitime und bereichernde Polyphonie ist, wenn sie im Rahmen einer Widerlegung, Erläuterung oder Entfaltung einer Lehre unternommen wird. Diese Polyphonie im Sinne einer ergänzenden Interpretation eines theologischen Sachverhaltes, die den Kern des Glaubens trifft (z.  B. das Hervorgehen des Hl. Geistes), darf nie, wenn sie keinen durch die ökumenischen Synoden verbindlichen Charakter erhalten hat, zum Dogma erhoben werden. Die ununterbrochene Kette von Dogmen und Lehrentscheidungen, deren Wahrung die Kontinuität und die Wahrheit des gemeinsamen Glaubens sicherstellt, darf nicht unterbrochen werden. Eine ähnliche Vorstellung bezüglich der Unterscheidung zwischen Dogma und „Theologoumenon“ ist auch bei Gregor Palamas vorzufinden. Die Polyphonie ist nach Gregor etwas Legitimes und Erlaubtes, wenn man über Angelegenheiten des Glaubens fragt und sich darüber Gedanken macht. Im theologischen Streit ist es nicht absolut notwendig, die Begrifflichkeiten sorgfältig abzuwägen, sondern man muss sich auf den Skopos des Gesagten konzentrieren. So Gregor Palamas: „Die Widerlegung zur Verteidigung der rechten Lehre (ὑπερ τῆς εὐσεβείας ἀντιλογία) ist das eine, das Bekenntnis des Glaubens (ὁμολογία τῆς πίστεως) das andere. Und im Fall der Widerlegung, muss derjenige, der die Widerlegung unternimmt, die Begriffe nicht sehr sorgfältig und genau abwägen, wie auch Basileios d. Gr. sagt. Im Fall des Bekenntnisses des Glaubens wird (dogmatische) Genauigkeit in allem aufrechterhalten und gesucht“. Siehe Tomos Synodikos III, PG 151, 723B. Dazu siehe K. Heyden, Gregorios Akindynos: Der verkannte Vermittler im Streit um die göttliche Energie (nicht nur) im 14. Jahrhundert, in: OS 62/2 (2013) 193–219, 215. An diese Linie hat sich am Ende des 19. Jahrhunderts der berühmte russiche Theologe V. Bolotov gehalten, der zwischen a) Dogma, b) Theologoumenon und c) der privaten theologischen Meinung unterschieden hat. Unter Theologoumenon verstand Bolotov eine theologische Meinung derjenigen Väter, die als „διδάσκαλοι τῆς οἰκουμένης“ genannt sind. Alle Theologoumena dürfen als erlaubte Lehre betrachtet werden, solange für sie (durch die Beschlüsse der ökumenischen Synoden) keine dogmatische Autorität beansprucht wird. Im Fall des Filioque ist das, dass man sich auf die Autorität von Augustinus beruft, als eine erlaubte theologische Meinung zu betrachten, unter der Bedingung, dass es kein Dogma zum Ausduck bringt, das man zu den notwendigen verbindlichen Artikeln des

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

Glaubens aufzählen müsste. Siehe „Thesen über das Filioque von einem russischen Theologen“, in: Révue Internationale de Théologie, 24 (1898) 681–712, beachte 682–687. Für manche Theologen von heute wie G.  Larentzakis sei das Filioque mehr als eine theologische Meinung und mehr als ein Theologoumenon. Siehe Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381) und das Filioque in der heutigen Ökumene. Tendenzen und Erwartungen, in: Μνήμη Συνόδου Ἁγίας Β‘ Οἰκουμενικῆς (ἐν Κωνσταντινουπόλει 381), Πατριαρχικὸν Ἵδρυμα Πατερικῶν Μελετῶν, Thessaloniki 1983, Bd. I, 598–635, bes. 617 198. Vgl. Apg 17, 23. 199. Vgl. 1. Kor 9, 20–21. 200. Dabei sollte die Initiale des Wortes groß geschrieben sein, damit es eine Übereinstimmung mit dem ihm nachfolgenden Λουγδούνων gibt. 201. Nach dem Zeugnis von Irenäus von Lyon wird Clemens als ein Episkopos betrachtet, der als Primus inter pares eines Presbyterkollegiums der römischen Gemeinde gegen Ende des 1.  Jh. vorstand. Als historischer Kern seiner legendarischen Passion scheint sich seine unter Kaiser Trajan (98–117 n. Chr.) erfolgte Verbannung nach Cherson sowie sein dortiges Martyrium (durch Ertränken) und Begräbnis abzuzeichnen. Siehe Art.: Clemens von Rom, in: LACL (2002) 155. 202. Geb. wohl im letzten Jahrzehnt des 2. Jh. war Dionysios Heide und Spross einer reichen Familie Alexandriens, der sich nach eigenem Zeugnis durch die Lektüre unterschiedlicher Schriften zum Christentum bekannte. 231/232 n. Chr. wurde er zum Leiter der alexandrinischen Katechetenschule und 247/248 zum Bischof von Alexandrien. Er starb 264/265. Siehe Art.: Dionysios von Alexandrien, in: LACL (2002) 201–202. 203. Methodios war laut Hieronymus (Vir. Ill. 83) und Sokrates (h. e. 6, 13) Bischof des lykischen Olympus, später von Tyrus und ist 311 unter Kaiser Maximus Daia den Märtyrertod gestorben. Von seinen zahlreichen theologischen Werken ist vieles verlorengegangen oder nur in Bruchstücken erhalten geblieben. Von seinem überwiegend aus Dialogen bestehenden Gesamtwerk ist im Original nur das Symposion seu convivium vollständig erhalten. Andere wichtige Schriften, wie De libero arbitrio, De resurectione mortuorum sind in griechischer Sprache fragmentarisch überliefert, denen sich z.  T. stark gekürtzte slavische Version des 11.  Jh. zur Seite stellt. Die im Mittelalter sehr populäre Schrift, die mit seinem Namen verbunden ist, die Revelationes Sancti Methodii oder Pseudomethodius, ist jedoch nicht von ihm verfasst worden, sondern erst drei Jahrhunderte später. Methodios zeigt sich in seinem Werk von der origenischen Allegorese beeinflusst. In seiner Anthropologie und Christologie war er geprägt durch Irenäus v. Lyon, philosophisch durch Aristoteles, die Stoa und Platon. Zugleich hat er in Hinsicht auf ethische Themen, wie z.  B. die Jungfräulichkeit, die er als Angleichung an Gott betrachtet, einen wichtigen Einfluss auf spätere Autoren, wie Gregor von Nyssa

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(in seinem Traktat De Virginitate) ausgeübt. Photios bezieht sich auf Methodios in seiner Bibliothek in den Codici 235–237. Siehe Art.: Methodios, in: LACL (2002) 502–503. 204. Pantainos († ca.  216) war eine Figur des 2.  Jahrhunderts, über die widersprüchliche Informationen vorliegen. Aus verschiedenen Quellen lässt sich herausstellen, dass Pantainos sich zuerst der Philosophie gewidmet hatte und dass er sich später von der Stoa zum Christentum bekehrt hat. Um ca. 180 wurde er Leiter der Katechetenschule von Alexandria (Eus. h. e.  5, 10) und erfreute sich hohen Ansehens. Diese Schule war eine der ersten bekannten Katechetenschulen und einflussreich in der Entwicklung der christlichen Theologie. Sein bedeutendster Schüler und Nachfolger, Clemens von Alexandrien, auf den er von allen Lehrern den stärksten Einfluss ausübte (Eus. h. e. 5, 11; 6, 13, 2; Clemens, Strom. I 11, 2, 14), beschreibt ihn als „sizilianische Biene“, also als einen fleißigen Mann des Geistes. Diese Bezeichnung darf aber nicht zur Annahme führen, dass er aus Sizilien kam. Pantainos war nicht schriftstellerisch tätig. Das, was wir über seine Lehre wissen, ist hauptsächlich Klemens von Alexandrien zu verdanken, der Notizen zu seiner Lehre gemacht und bewahrt hat. Pantainos war der erste, der behauptet hat, dass der Verfasser des Briefes an die Hebräer Paulus sei (Eus. h. e. 6, 14, 4). Der spätere Versuch, ihm den Brief an Diognet zuzuweisen, hat eine zu schwache Basis. Siehe Art.: Pantainos, in: LThK 8 (1963) 24; H. Chadwick, Art.: Pantänus, in: RGG 5 (1961), 37; P. Chrestou, Πατρολογία Bd. II, Thessaloniki 1991, 762–764; B. Altaner, Patrologie 1950, 158–159; M. Frenschkowski, Art.: Pantaenus, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Bd. 16, 1186–1189. 205. Theognostos war 248/249–282 Leiter der alexandrinischen Katechetenschule. Von einem dem Origenes verpflichteten, umfangreichen Werk mit dem Titel „Τοῦ μακαρίου Θεογνώστου Ἀλεξανδρέως καὶ ἐξηγητοῦ ὑποτυπώσεις“ [Des seligen Theognostos’ von Alexandrien und Exegeten Umrisse/Skizzen] berichtet Photios in seiner Bibliothek [Cod. 106/86b (II, 72–74 Hénry)]. Ihm zufolge handelte es sich dabei um eine systematische Zusammenfassung der christlichen Glaubenslehre in sieben Büchern. Erhalten sind nur vier Fragmente und ein unsicheres Stück (fr. incertum). Siehe Art.: Theognostos, in: LACL (2002) 689. 206. Es handlet sich dabei um Pamphilos von Cäsarea. Pamphilos, geboren in Beirut, studierte in Alexandrien, dem kulturellen Zentrum seiner Zeit, in der Schule des Pierios. Er wurde von Bischof Agapios zum Presbyter geweiht und 307 unter Statthalter Urbanus inhaftiert. Im Gefängnis verfasste er zusammen mit seinem Schüler Eusebios von Cäsarea eine Apologie für Origenes. Unter Kaiser Maximinus Daia wurde Pamphilus auf Befehl des Statthalters Firminianus am 16.2.310 enthauptet (Eusebius, h.e. 7, 32, 25; 8, 13, 6). Siehe Art.: Pamphilos, in: LACL (2002) 543.

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207. Pierios, ein alexandrinischer Presbyter (Ende 3. Jh.), war, wie Photios in der Bibliothek [Cod. 119/93a (II, 93, 33 Hénry)] berichtet, Professor (ὑφηγητής) des Pamphilos und Leiter des Didaskaleions. Seine Schriften, besonders die Homilien, waren weit verbreitet. Er flüchtete – entweder wegen der diokletianischen Verfolgung oder wegen der Zerwürfnisse mit Petrus I. – von Alexandrien nach Rom. Photios hält ihn für einen tüchtigen Schreiber, berichtet er aber zugleich, dass Pamphilus zwei gleichrangige οὐσίαι oder φύσεις in Gott, die Unterordnung des Hl. Geistes, sowie die Präexistenz der Seelen lehrte; wieweit dies zutrifft, ist umstritten. Siehe Art.: Pierios, in: LACL (2002) 581–582. 208. Geboren in der 1. Hälfte des 2. Jh. in Kleinasien war Irenäus eine herausragende Figur der alten Kirche. Im Jahr 177 wurde er zum Nachfolger des Lyoner Bischofs Pothinus, der unter Kaiser Marc Aurel (161–180) den Märtyrertod erlitten hat. Er genießt sehr hohes Ansehen in der Literatur der Väter der Kirche wegen seines Hauptwerkes „Ἔλεγχος καὶ ἀνατροπὴ τῆς ψευδωνύμου γνώσεως“ (Gegen die Häresien). Das Werk ist im griechischen Original nur fragmentarisch erhalten. Der größte Teil dieser Bruchstücke findet sich in Form von Zitaten bei späteren Autoren, vor allem bei Hippolyt, Eusebios von Cäsarea, Epiphanios von Salamis von Zypern und Johannes von Damaskus; größere Teile von Buch 5 hat ein Jenaer Papyrus bewahrt. Vollständig überliefert ist das Werk nur in einer sehr wörtlichen lateinischen Übersetzung, die ins 4. Jh. zurückgeht; hinzu kommen Fragmente in armenischer und syrischer Sprache. Bezüglich seiner theologischen Leistung kann man bemerken, dass sie im Kampf gegen die Gnosis, in der essentiellen Unterscheidung dieser Häresie von der Lehre des Christentums, besteht. Die Auseinandersetzung des Irenäus mit der Gnosis kennzeichnet seine Originalität und die langfristige Bedeutung seiner Lehre für die Theologie der Folgezeit. Siehe Art.: Irenäus von Lyon, in: LACL (2002) 351–355. 209. Geboren vor 170 in Kleinasien oder in Alexandrien war Hippolyt etwa 189/190 unter Viktor I. und Zephyrinus römischer Presbyter. Unter dem Bischof von Rom Zephyrinus geriet er in Konflikt mit Kallist, weil dieser, wie Hippolyt behauptet, den Modalismus, Monarchianismus oder Patripassianismus vertrat. Als Kallist 217 zum römischen Bischof gewählt wurde, wurden Hippolyt und seine Anhänger als Ditheisten verurteilt. Der so genannten modalistische Streit dauerte von 222 bis 235. 235 wurde er durch Kaiser Maximinus Thrax nach Sardinien verbannt, wo er noch im selben Jahr starb. Die Zuweisung zahlreicher unter seinem Namen laufenden Werke ist in der heutigen Forschung problematisch und umstritten. Wie die Apologeten Justin, Athenagoras, Theophilos und Tertullian vertrat Hippolyt ein Subordinationsmodell bezüglich des Verhältnisses des Logos zum Vater: Der Logos sei erst zu der Zeit und in der Weise hervorgetreten, wie der Vater es wollte. Hippolyt, dessen Polemik gegen Kallist wertvolle Einblicke in die sozialen Aufgaben und disziplinären Probleme der röm. Kirche des 3. Jh. bietet, war einer der

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letzten röm. Autoren griechischer Sprache, der infolge der Latinisierung zwar im Westen schnell in Vergessenheit geriet, jedoch im Osten weite Verbreitung fand. Siehe Art.: Hippolyt, in: LACL (2002) 336–338. 210. Eine unabdingbare Vorraussetzung für die unbeschränkte bedingungslose Aufnahme eines Kirchenvaters in das kirchliche Bewusstsein ist die dogmatische Richtigkeit und Genauigkeit, das Bewahren des rechten Glaubens in Kernpunkten: πάντων τῶν ἐν τῇ τοῦ θεοῦ ἐκκλησίᾳ διαπρεψάντων ἀνδρῶν, οἳ γεγόνασι „φωστῆρες ἐν κόσμῳ, λόγον ζωῆς ἐπέχοντες“, τὴν πίστιν κρατεῖν βεβαίαν καὶ μέχρι συντελείας τοῦ αἰῶνος ἀσάλευτον διαμένειν θεσπίζομεν καὶ τὰ αὐτῶν θεοπαράδοτα συγγράμματά τε καὶ δόγματα [Wir setzen fest, dass der Glaube aller in der Kirche Gottes hervorragender Männer, die Leuchten in der Welt geworden sind und das Wort des Lebens festhalten (Phil 2, 15  f ), fest bewahrt werden und bis zur Vollendung der Zeiten unerschüttert bleiben soll, genauso wie ihre gottgegebenen Schriften und Lehren]. Siehe Can. 1 von Quinisextum, in: Μonumenta (I, 229 Karmiris). Übers. nach H. Ohme, Das Konzil Quinisextum (Fontes Christiani 82), Turnhout 2006, 176–177. Die Tatsache, dass sich manche Väter der Kirche, die sich eines hohen Ansehens erfreuen, in einzelnen Punkten des Glaubens nicht dogmatisch genau geäußert haben, reduziert nach Photios ihre Wertschätzung und Beachtung von dem kirchlichen Pleroma nicht. 211. Dabei versucht Photios das Pseudo-Dilemma seines fiktiven Gegners zu entkräften. Denn die Betrachtung und Aufnahme mancher herausragenden Männer in das kirchliche Bewusstsein als Väter bedeutet nicht unbedingt, dass sie in allen ihrer Schriften hundertprozentig dogmatisch korrekt waren. Umgekehrt stellt das Verfehlen der Väter in manchen, nicht wesentlichen Punkten des Glaubens kein Hindernis dafür dar, dass man ihnen die Bezeichnung „Väter“ zuweist. 212. Gemeint ist die deutliche Äußerung des Herrn selbst, dass der Geist aus dem Vater hervorgeht (Joh 15, 26). 213. Diese Haltung des Basileios von Cäsarea, die im Rahmen einer von der Weisheit geleiteten Oikonomia (σοφή οἰκονομία. Siehe Myst. S. 76, 17 Pol.), d.  h. der Anpassung der Lehrer der Kirche an die Schwäche der Zuhörer, zu erklären ist, wird bei Gregor von Nazianz belegt, der sich in seinem 58. Brief darüber beschwert, dass Basileios nicht öffentlich und expressis verbis den Hl. Geist Gott nennt, wie es beim Vater und Sohn schon der Fall ist. In seinem Versuch diese Haltung des Basileios irgendwie zu rechtfertigen, bemerkt Gregor zugleich, dass es viel besser ist, eine gewisse „Oikonomia“ bezüglich der Verkündigung der Wahrheit walten zu lassen, indem man eine gewisse Zurückhaltung wegen der besonderen pastoralen Umstände übt, anstatt die Wahrheit selbst durch deren Verkündigung (κήρυγμα) in aller Öffentlichkeit und angesichts (dogmatisch) unreifer Zuhörer zu verderben (βέλτιον οἰκονομηθῆναι τὴν ἀλήθειαν, μικρὸν εἰξάντων ἡμῶν, ὥσπερ νέφει τινι, τῷ καιρῷ, ἢ καταλυθῆναι τῷ φανερῷ τοῦ κηρύγματος). Siehe Greg.

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Naz., Ep. 58 (GCS 53, 23–24 Gallay). Die wichtigste Bedingung für die Ausübung von Oikonomia ist, dass der rechte Glaube selbst ohne Abstriche bewahrt bleibt. Dennoch, muss auf diejenigen, denen vom ersten Blick die Ausübung von Oikonomia befremdlich zu sein scheint, Rücksicht genommen werden, sodass man mit ihnen zu einer Übereinstimmung zugunsten der dogmatischen Wahrheit gelangen kann. Denn diese Leute sehen die Sache folgendermaßen ein: „Es ist viel besser, das Eigene mittels der Wahrheit zu bewahren anstatt es nutzlos zu machen und das Fremde mittels einer angeblich angewendeten Oikonomia nicht aufzunehmen“ (πολὺ γὰρ εἶναι βέλτιον, τὸ ἡμέτερον φυλάττειν διὰ τῆς ἀληθείας, ἢ τοῦτό γε ἀχρειοῦν καὶ μὴ προσλαμβάνειν τὸ ἀλλότριον διὰ τῆς δῆθεν οἰκονομίας). Siehe Ebd., (GCS 53, 54, 4–5 Gallay). Dazu siehe S. Papadopoulos, Γρηγόριος ὁ Θεολόγος καὶ οἱ προϋποθέσεις τῆς Πνευματολογίας αὐτοῦ, Athen 1989, 75–81. Die Wahrheit wird, wie sich aus den Ausführungen des Basileios in seiner Schrift „Über den Hl. Geist“ zeigen lässt, etwas öffentlich durch das Kerygma verkündigt, aber eben so, dass nicht alles gesagt wird. Es bleibt aus der ungeschriebenen Überlieferung (ἄγραφος παράδοσις) immer etwas Geheimnisvolles, das die Väter mit Schweigen bewahrt und später allmählich unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände ans Licht gebracht haben. Auf dem Schweigen basiert nach Basileios die Unterscheidung zwischen Dogma und Kerygma. Das Dogma ist das, was die Christen aus der geschriebenen Lehre-Überlieferung (ἐκ τῆς ἐγγράφου διδασκαλίας) haben, Kerygma, das was sie aufgrund der apostolischen Überlieferung annehmen und zwar in geheimnisvoller Weise (ἐν μυστηρίῳ). Das Dogma wird mit Schweigen belegt, während das Kerygma öffentlich verkündigt wird. Das, was bei den „Kerygmata“ nicht in voller Klarheit gesagt wird, d.  h. irgendwie verschwiegen ist, findet sich im Dogma. Siehe Bas. Caes., De Spiritu Sancto 27.66 (SC 17, 480, 1–4; 484, 56–57 Prusche). Dazu siehe V. H. Drecoll, Die Entwicklung der Trinitätslehre 1996, 258–259. 214. Vgl. Ps 111, 5 (LXX). 215. Die Oikonomia hat in der Literatur der Kirchenväter eine vielfältige Bedeutung. Die häufigste Verwendung des Wortes bezieht sich aber besonders auf das Leiten, Lenken, Verwalten und Ordnen. Man unterscheidet besonders bei den Kappadoziern zwischen drei Nuancen: a) Oikonomia als Ordnung und Maßnahme, b) Oikonomia als Walten Gottes und allgemeines Geschehen und c) Oikonomia als Verwalten und Kirchliche Oikonomia. Diese letzte Nuance, die auch bei Photios im Zusammenhang mit Glaubensfragen steht, sei nach Anastasios Sinaites eine freiwillige großmutige Anpassung an die Schwäche der Gläubigen, die zu deren Heilung erfolgt (ἑκούσιος συγκατάβασις πρὸς σωτηρίαν τινῶν ἐπιτελουμένη). Siehe Viae Dux (Ὁδηγός), PG 89, 77C. Die Anwendung einer solchen Oikonomia muss aber nach Eulogios (bei Photios) sehr vorsichtig erfolgen und zwar unter der Bedingung, dass der rechte Glaube unbeeinträchtigt, unversehrt bleibt. Die

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Oikonomia darf also nicht zu Ungunsten der dogmatischen Wahrheit angewendet werden: … τότε τὰς οἰκονομίας ὁ ὀρθὸς λόγος μεταχειρίζεται, ὅτε τὸ δόγμα τῆς εὐσεβείας οὐδὲν παραβλάπτεται· ἐκείνου γὰρ ἀκηράτου καὶ ἀκαπηλεύτου μένοντος, ἡ οἰκονομία περί τι τῶν ἔξωθεν αὐτοῦ χώραν εὑρίσκει συνίστασθαι [Die rechte Lehre verwendet die kirchliche Oikonomia nur dann, wenn das Dogma der Frömmigkeit nicht missachtet wird; wenn dieses unversehrt und unverfälscht bleibt, kann die Oikonomia dann (nur) bezüglich dessen standhalten, was um das Dogma herum wahrgenommen wird]. Siehe Eulogios bei Photios in der Bibliothek Cod. 227/244a (IV, 112, 34–37 Henry). Über den Begriff der Oikonomia bei den Vätern siehe die Studie von G. Richter, Oikonomia. Der Gebrauch des Wortes Oikonomia im Neuen Testament, bei den Kirchenvätern und in der theologischen Literatur bis ins 20. Jahrhundert (= AKG 90), Berlin 2005. 216. Bezüglich Ambrosius siehe oben Anm. 176. 217. Geboren um 305 vermutlich in Rom und dort gestorben (11.12.384), war Diakon des Liberius, schloß sich zeitweise dem Gegenbischof Felix und dann wieder dem aus dem Exil zurückgekehrten Liberius an. Mit kaiserlicher Hilfe wurde er am 1.10.366 zum Bischof von Rom. Unter seinem Namen sind verschiedene Texte mit z.  T. komplizierter Überlieferungsgeschichte erhalten. Siehe Art.: Damasus, in: LACL (2002) 183–185. Mit dem vom Photios bezüglich Damasus Geäußerten dürfte der sogenannte Tomus Damasi gemeint sein. Der Tomus Damasi ist ein vermutlich im Anschluss an eine römische Synode 382 entstandenes Bekenntnis mit angeschlossener ausführlicher Anathematismen-Reihe (24 insgesamt), gerichtet an den Bischof Paulinus von Antiochien. Acht mit Anathematizamus eingeleitete Sätze verurteilen u.  a. die Gegner des homoousion, die Makedonianer und die Apollinaristen. Der neunte Abschnitt wendet sich gegen die Bischofstranslation (Meletios), die folgenden 15 mit Si quis beginnenden Sätze verwerfen einzelne theologische Positionen der genannten Gruppierungen. Besonders bezüglich der Homoousie des Sohnes mit dem Vater d.  h. der Besiegelung der Theologie von Nizäa steht dort in aller Deutlichkeit Folgendes: Ἐπειδὴ μετὰ τὴν ἐν Νικαίᾳ σύνοδον αὕτη ἡ πλάνη ἀνέκυψεν ὥστε τολμᾶν τινας βεβήλῳ στόματι εἰπεῖν τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον γεγενῆσθαι διὰ τοῦ υἱοῦ, ἀναθεματίζομεν τοὺς μὴ μετὰ πάσης ἐλευθερίας κηρύττοντας σὺν τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ τῆς καὶ τῆς αὐτῆς οὐσίας τε καὶ ἐξουσίας ὑπάρχειν τὸ ἅγιον πνεῦμα [Weil nach der in Nizäa stattgefundenen Synode diese Irrlehre aufgetaucht ist, sodass manche Leute mit frevelhaftem und unreinem Mund zu sagen wagen, dass der Hl. Geist durch den Sohn geschaffen wurde, belegen wir mit dem Anathema diejenigen, die nicht mit (Geistes- und Meinungs) Freiheit verkünden, dass der Hl. Geist zusammen mit dem Vater und dem Sohn einer Macht und eines Wesens ist]. Siehe Ep. 4 = Tomus/Fidei Damasi = 24 Anathematismen, C. H. Turner (EOMIA I/2, 1, 284, 1 – 285, 8). Siehe auch die lateinische Fassung in Enchiridion symbolorum 152 D/H. Obwohl die 24 Ana-

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thematismen zur Abwehr der nach dem nizänischen Konzil aufkommenden pneumatologischen Irrlehre angeführt werden, enthält der Tomus Damasi bemerkenswerterweise keine deutliche Äußerung bezüglich des Hervorgangs des Geistes. Siehe B.  Oberdorfer, Filioque 2001, 131. Trotzdem steht beim 16. Anathematismus deutlich fest, dass der Hl. Geist ebenso wie der Sohn wahrhaftig und im eigentlichen Sinne vom Vater ist! Dies impliziert, dass der Vater als der einzige Ursprung der Gottheit gedacht wird. Siehe Enchiridion symbolorum 152 (D/H). Einen unfassenden Überblick über die Person des Damasus bietet die Studie von U. Reutter, „Damasus, Bischof von Rom (366–384). Leben und Werk (= STA 55), Tübingen 2009“ an. Nach den Ergebnissen dieser Studie (S. 428 Anm. 687) gelte Damasus zusammen mit Ambrosius als verantwortlich für die Durchsetzung des lateinischen „Neunizänismus“ im Westen. Der Tomus Damasi (überliefert in zwei Versionen, so Reutter S. 397) sei vollkommen in der lateinischen und griechischen Tradition einzubetten. 218. Coelestin I. (422–432) versuchte als Nachfolger von Bonifatius I. den römischen Primat zu festigen, stieß dabei 424 allerdings auf den Widerstand afrikanischer Bischöfe. Außerdem bekämpfte er den Pelagianismus und seit 430 Nestorios. Gegen Nestorios berief er ein Konzil in Rom 430. In Ephesos (431) ließ er sich durch drei Legaten vertreten. Siehe RGG4 2 (1999) 413–414. Er approbierte die ephesinische Versammlung, vor allem die Rechtmäßigkeit der Verurteilung des Nestorios. Siehe Conc. Ephes. (ACO I 1,3, 57, 23–27 Schwarz). 219. Leo I. wurde gegen Ende des 4. Jh. in Rom geboren. Er war tuskischer Herkunft und hat sehr früh im Klerus der Stadt die Aufmerksmakeit auf sich gezogen und gelangte zu einflussreichen Positionen. Um 430 bekleidete er bereits die führende Stellung eines Archidiakon. Zum Nachfolger von Sixtus III. wurde Leo, während er sich auf einer diplomatischen Mission in Gallien befand, in Abwesenheit gewählt. Am 20.09.440 erfolgte seine Ordination. Sich der kirchlichen Gesamttradition verpflichtet wissend, ergriff er in der christologischen Lehrfrage selbst die Initiative und legte die westliche Zwei-Naturen-Lehre in einem feierlichen Brief, dem Tomus an Flavian nieder (Ep. 28 vom Juni 449; Siehe Enchiridion symbolorum 290–295 D/H). Als 451 das vierte ökumenische Konzil von Chalkedon zusammentrat, wurde auch Leos Tomus zusammen mit zwei Lehrbriefen Kyrills von Alexandrien unter Akklamationen verlesen. Wesentliche Aussagen daraus fanden in der von einem Ausschuss erarbeiteten Glaubensdefinition (Horos), dem Chalcedonense, Eingang. Siehe LACL (2002) 447. 220. Die Besiegelung und Rezeption der Konzilsbeschlüsse durch Leo (mittels seiner Legaten) ist ein unbestrittenes historisches Faktum [Conc. Chal. Actio V (ACO II 1,2, 130, 25–29 Schwarz)]. Diese Aufnahme der Beschlüsse des Konzils, die unmittelbar mit der Rezeption des NC verbunden ist, bezog sich außer Zweifel auch auf die theologische Lehre über den Hl. Geist, welche die Väter beim 2. ökumenischen

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Konzil zum Ausdruck gebracht hatten (τὴν παρὰ τῶν ἐπὶ τῆς βασιλευούσης ρν΄ συνελθόντων πατέρων περὶ τῆς τοῦ πνεύματος οὐσίας παραδοθεῖσαν διδασκαλίαν κυροῖ). Siehe ebd. (ACO II 1,2, 129, 2–4 Schwarz). Unter Berücksichtigung dessen, dass das Konzil in aller Deutlichkeit beschoss, dass man keinen anderen Glauben vortragen, niederschreiben, verfassen oder anders denken und lehren sowie kein anderes Symbol als das NC vorlegen darf (ACO II 1,2, 130, 5–11 Schwarz), halte ich die Behauptung von P. Gemeinhardt (Die Filioque-Kontroverse 2002, 286), dass mit der offiziellen Rezeption der Beschlüsse des Konzils kein exklusivierendes Präjudiz hinsichtlich der Lehre vom Hl. Geist gesetzt wurde, für irreführend. Denn die Bestätigung/Besiegelung der (vom  2.  ökumenischen Konzil) „überlieferten Lehre bezüglich des Wesens des Hl. Geistes“ kann nichts anders meinen als, dass der Hl. Geist „vom Vater ausgeht und dass er zusammen mit dem Vater und dem Sohn mitangebetet und verherrlicht wird“. 221. Siehe Conc. Chal. actio V (ACO II 1,2, 130, 26 Schwarz). 222. Hier füge ich einen Gedankenstrich ein, um klar zu machen, dass der Satz mit einer Aposiopese abbricht. Eigentlich müsste jetzt ein Name folgen, aber Photios weiß keinen zu nennen. 223. Siehe Conc. Chal. actio V (ACO II 1,2, 128, 15–16 Schwarz). 224. Dies ist eine sehr zutreffende Bemerkung des Photios über den Text der chalkedonensischen Glaubensdefinition, die den Leser darauf aufmerksam machen will, dass das Glaubensbekenntnis (NC) die vollständige und einzige wahre Lehre über die Dreifaltigkeit ist. 225. Conc. Chal. actio V (ACO II 1,2, 128, 16–17 Schwarz). 226. Ebd., (ACO II 1,2, 129, 1–4 Schwarz). 227. Ebd., (ACO II 1,2, 129, 1–2 Schwarz). D.  h. die Pneumatomachen. 228. Siehe oben Anm. 90. 229. Conc. Chal. actio V (ACO II 1,2, 130, 4–5 Schwarz). 230. Ebd., (ACO II 1,2, 130, 5–11 Schwarz). 231. Vgl. Ps. 106,10. 232. Hier ist ἐνωτίσασθε statt ἐνωτίσασθαι zu lesen. 233. Vigilius war von 537 bis 555 Bischof von Rom. Er hielt an den Beschlüssen des ökumenischen Konzils von Chalkedon und den Formulierungen des Tomus seines berühmten Vorgängers Leo  I. fest. Durch eine Verurteilung der Drei Kapitel  543/544 (Origenes, Ibas von Edessa und Theodoret von Cyrus) suchte Kaiser Justinian I. die abtrünnigen Monophysiten zu gewinnen und zitierte Vigilius nach Konstantinopel, um ihm die Zustimmung abzutrotzen. Dies geschah in Form des Judicatum vom 11.4.548, doch musste Vigilius aufgrund heftiger Proteste der nordafrikanischen Bischöfe seine Entscheidung zurücknehmen. Die mit ökumenischer Besiegelung endgültige Verurteilung der Drei Kapitel geschah im Rahmen des von Justinian einberufenen 5. ökumenischen Konzils von Kon-

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stantinopel, an dem aber Vigilius und seine Legaten nach wiederholten Aufrufen und Ermahnungen von Seiten der Synode nicht teilnahmen. Am Ende konnte sich Vigilius dem kaiserlichen und synodalen Druck nicht widersetzen und akzeptierte mit der Unterzeichnung eines zweiten Constitutum, (das im Widerspruch zum Constitutum vom 14.5.553 steht, in dem er die Rechtgläubigkeit des Theodoret und Ibas verteidigt hatte) die Beschlüsse der Synode. Damit gewann das Konzil ökumenische Gültigkeit (und besitzt sie bis heute). Siehe Art.: Viglius, in: LACL (2002) 720. Einige Forscher behaupten, es gebe einen Brief des Vigilius (Epistula II ad Eutychium), in dem er deutlich die Drei Kapitel mit Anathema belegt und sich den Beschlüssen der Synode unterwirft. Siehe dazu Meletios Metropolit von Nikopolis, Ἡ Πέμπτη Οἰκουμενικὴ Σύνοδος (Εἰσαγωγή, Πρακτικά, Σχόλια), Athen 1985, 605–609 mit Verweis auf J. Straub, Die Verurteilung der Drei Kapitel durch Vigilius, in: Kleronomia 2 (1970) 347–375; Über die Haltung des Vigilius zum 5. ökumenischen Konzil, siehe E. Zettl, Die Bestätigung des 5. ökumenischen Konzils durch Vigilius, Bonn 1974. 234. Polidori (S. 82) bietet im Text die Lesart einiger Handschriften οἰκουμενικαῖς, was grammatisch schwer zu verstehen ist. Ich bleibe bei der Lesart οἰκουμενικοῖς. Vgl. ebd., 87 (S. 92, 19–20): συνοδικοῖς ψηφίσμασι. 235. In der Sache des Hervorgangs des Hl. Geistes findet man keine ausdrückliche und präzise Aussage von Vigilius. In seinem Credo in der Epistula encyclica ad universum ecclesiam vom 5.  Februar 552 (PL 69, 53B–59B; Enchiridion symbolorum 412–515 D/H) und der Epistula decretalis ad confirmationem concilii vom 8. Dezember 553 (ACO IV 1, 245, 9 – 247, 39 Straub) bekennt er sich zu den vier allgemeinen Konzilien (ACO IV 1, 245, 23 – 246,1). Zur Trinität heißt es in der Epistula encyclica: Nihil in deitate quippe discretum est, cum tantum personarum proprietas manifesta distinctione signetur. Totum ergo quod Trinitas est permanet consubstantialis et indiscreta divinitas [Denn nichts in der Gottheit ist unterschieden, weil nur die Eigentümlichkeit der Personen durch die offensichtliche Unterscheidung bezeichnet wird. Alles also, was die Dreifaltigkeit ist, bleibt wesensgleiche und ununterschiedene Gottheit]. Siehe Enchiridion symbolorum 415 D/H; Dazu P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 286 Anm. 418. Dabei ist zu beachten, dass Vigilius von einer Eigentümlichkeit der Personen spricht, sowie (gleich am Anfang des Briefes) von dem Glauben der 318 Konzilväter (in Nizäa), den die drei anderen heiligen Konzilien (Konstantinopel 381, Ephesus 432, Chalkedon 452) veröffentlichten. 236. Agatho nutzte seine kurze Amtszeit als Papst (678–681) zur Wiederversöhnunng Roms mit Konstantinopel nach dem monotheletistischen Streit. Die im März 680 unter Agathos’ Leitung stattfindende römische Synode bekannte sich zum Dyotheletismus und Dyoenergismus in Christus und verurteilte die Monotheleten sowie die Monoenergeten. Mit seinen zwei an Kaiser Konstantin  IV.

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gerichteten synodalen Briefen Consideranti mihi (27.3.680; Enchiridion symbolorum 542–545 D/H) und Omnium bonorum spes (Enchiridion symbolorum 546–548 D/H) trat Agatho als Hüter und Richtschnur des wahren Glaubens auf, da er mit Präzision und theologischem Geschick den Dyophysitismus von Chalkedon entfaltete. Diese zwei Briefe sind vom theologischen Standpunkt und Stellenwert dem berühmten Tomus Leonis gleichzusetzen. Agatho vertarb noch während des Konzils und wird sowohl in der westlichen (10.1) als auch in der byzantinischen Kirche (19./20.2) als Heiliger verehrt. Siehe Art.: Agatho, in: LACL (2002) 11–12; B. 237. Agatho sandte im Vorfeld des 6. ökumenischen Konzils einen synodalen Brief, mit dem Titel Omnium bonorum spes, in dem der dritte Artikel des NC zwar paraphrasiert ist, aber die Formel „ex Patre procedentem“ beibehalten wurde: Credentes in Deum Patrem … et in Filium eius … et in Spiritum Sanctum, Dominum et vivificatorem, ex Patre procedentem, cum Patre et Filio coadorandum et conglorificandum [Wir glauben an Gott, den Vater … und an seinen Sohn … und an den Hl. Geist, den Herrn und Lebensspender, der aus dem Vater hervorgeht und gemeinsam mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht werden muss]. Siehe Enchiridion symbolorum 546 D/H. Dazu siehe P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 286–287. 238. In der Ausgabe von Polidori stand ἀσθενέστερον, was sicherlich ein Fehler ist. 239. Gregor I. der Große ist 540 in Rom geboren († 12.03.604). Er entstammte einer vornehmen römischen Senatorenfamilie. Am 3. Sept. 590 wurde er als Nachfolger des Pelagius  II Bischof von Rom. Sein hohes Ansehen in der Kirchegeschichte beruht nicht nur auf seinern administrativen Tätigkeiten als Reformpapst, sondern auch auf seiner schriftstellerischen Tätigkeit, die ihm durch Bibelkommentare und Homilien ein Fortleben in den späteren Jahrhunderten gewährt. Leben und Wirken Gregors schildern die mit legendären Zügen versehene Vita S.  Gregorii eines unbekannten Mönchs (um 713) sowie Paulus Diaconus (Ende 8. Jh.) und Johannes Diaconus (9. Jh). Die Vita S. Gregorii hat Photios aller Wahrscheinlichkeit nachgelesen, da er im vorliegenden Paragraphen genauer beschreibt, warum wundertätige Kräfte mehr bei kleinen Reliquien der Heiligen als bei vollständigen Körpern auftreten. Siehe Art.: Gregor I., in: LACL (2002) 292. 240. Zacharias (3.12.741 – 15.3.752) war der letzte griechische Papst in einer Reihe italo-griechischer und griechisch-syrischer Päpste, die mit Papst Theodor (642– 649) angefangen hat. Aus der Zeit vor 741 sind kaum Informationen über ihn vorhanden. Nach einer Hypothese (auf der Basis von Lib. Pont.) könnte Zacharias mit jenem Zacharias „diaconus sanctae Romanae Ecclesiae“ identisch sein, der die Akten einer lokalen römischen Synode von 732 unterschrieben hat. Zacharias’ Laufbahn als Papst ist durch eine bemerkenswerte aktive Einmischung in die

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Politik gekennzeichnet, durch die er sich Verdienste erwarb. Durch sein tatkräftiges Eingreifen nach dem Aufruf des Exarchen wurde Ravenna vor der Eroberung durch die Langobarden bewahrt. Darüber hinaus trug Zacharias zur Annäherung Roms mit den Franken, und konkreter zum Aufstieg Pippins d. J. auf den fränkischen Thron und damit zur Errichtung und Legitimation der karolingischen Dynastie, bei. Ihm ist auch die Durchführung einer erfolgreichen Agrapolitik, die Einrichtung und Restaurierung von kirchlichen Gebäuden sowie die vielseitige Unterstützung des Klerus und der Bedürftigen zu verdanken. Siehe Art.: Zacharias, in RGG4 8 (2005) 1773 und in LThK 10 (1994) 1361–1362. Über die griechischen Päpste siehe die (vom Kings College) angenommene Diss. von P. Theodoropoulos, The Riddle of the Greek Popes. Social Change and Imperial Influence in Seventhand Eighth Century Italy, London 2018. 241. Die nach ihrer literarischen Form benannten „Dialogi“ Gregors des Großen sind 593/4 entstanden und wurden von Papst Zacharias (741–752) ins Griechische übersetzt. Sie bilden in vier Büchern eine Sammlung von Lebensbeschreibung heiligmäßiger Männer Italiens. Das 2. Buch enthält ausschließlich die älteste für die spätere Hagiographie bedeutsame Vita des berühmten Asketen Benedikt von Nursia (480–547). Im 4. Buch werden wichtige eschatologische Themen, wie Tod, Fegefeuer, Himmel und Hölle behandelt. Neulich wurde von der Forschung die Frage der Authentizität der Dialogi aufgeworfen, die aber noch nicht abschließend geklärt ist. Siehe Art.: Gregor I., in: LACL (2002) 293. 242. Das ist ein deutlicher Beweis, dass sich Photios mit der behandelten Thematik gut ausgekannt und selbst in das Werk vertieft hat. 243. Im zweiten Buch der Dialogi sieht Photios eine Kontinuität im Denken beider Päpste, Gregors des Großen und Zacharias, dass der Hl. Geist vom Vater ausgeht und im Sohn ruht! Dabei ist aber eine schwierig zu erklärende Diskrepanz (auf die P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 287 hingewiesen hat) zwischen dem lateinischen Original und der griechischen Übersetzung zu beachten. Denn im lateinischen Original lautet die Passage „Cum enim constet quia Paracletus Spiritus a Patre semper procedat et Filio“, während in der griechischen Übersezung (von Zacharias, die aller Wahrscheinlichkeit nach Photios vor Augen hat) „φανερὸν οὖν ὑπάρχει, ὅτι τὸ παράκλητον πνεῦμα ἐκ τοῦ πατρὸς προέρχεται, καὶ ἐν τῷ υἱῷ διαμένει“. Siehe Gregor I., dial. II.38,4 (SC 260, 248, 30–32 De Vogüé/ Antin); gr. Übers., PL 66, 204B. Gemeinhardt kann diese Diskrepanz nicht erklären, bemerkt aber bedeutungsvoll, dass der Annahme einer bewussten Fälschung durch Photios Folgendes widersprechen würde: a) dass ein solcher Fälschungsversuch den eigenen hermeneutischen Prinzipien des Patriarchen entgegenstünde und b) dass ein schon vor 876 (d.  h. vor der Abfassung der Mystagogie) niedergeschriebener Vermerk des Johannes Diaconus zu Zacharias’ Übersetzung deutlich besagt, dass es schon vor der Zeit des Photios eine Fälschung durch die

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Griechen gegeben habe. Siehe Johannes Diaconus, Vita Gregorii Magni IV.75, PL 75, 225AB: Quos libros Zacharias, sanctae Ecclesiae Romanae episcopus, Graeco Latinoque sermone doctissimus, temporibus Constantini imperatoris post annos ferme centum septuaginta quinque in graecam linguam convertens, Orientalibus ecclesiis divulgavit, quamvis astuta Graecorum perversitas in commemoratione Spiritus sancti a Patre procedentis, nomen Filii suaptim radens abstulerit [Diese Bücher hat Zacharias Bischof der heiligen Kirche von Rom, der Griechisch und Latein sehr gut beherrschte, zur Zeit des Kaisers Konstantin nach ungefähr 175 Jahren ins Griechische übersetzt und in den östlichen Kirchen bekannt gemacht hat, obwohl die schlaue Verkehrtheit der Griechen bei der Erwähnung des Hl. Geistes, der vom Vater ausgeht, den Namen des Sohnes absichtlich ausradiert und entfernt hat (Eigene Übers.)]. Bei genauerem Betrachten der Passagen in der Mystagogie (Par. 84 und 85) und in Dialogi II.38 lässt sich deutlich erkennen, dass sich der Kontext auf das Herabkommen des Hl. Geistes über die Jünger zu deren geistiger Stärkung bezieht und zwar in Anschluss an Joh 16, 10 und 17, was sicherlich im Zusammenhang mit dem vorherigen Kapitel im Johannesevangelium 15, 26 (Wenn der Paraklet kommt, den ich zu euch aussende, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht …) steht. An diesen Zusammenhang anknüpfend, stellt Photios im unmittelbar darauffolgenden Par. 85 die folgende Frage: Denn welche Deutung legt der Wortlaut des Apostels (Joh 1, 32) näher, dass, „der Geist im Sohn weilt“ oder dass er „aus dem Sohn hervorgeht“? Nicht außer acht zu lassen ist auch, dass sich spätere Autoren der Ostkirche auf die Orthodoxie der römischen Päpste berufen wie z.  B. auf Gregor I. und präziser auf die Stelle, die Photios (unter Berücksichtigung der griechischen Übersetzung der Dialogi) im vorliegenden Abschnitt verwendet. Siehe Eustr. Nik., Λόγος πρὸς τοὺς λέγοντας, ὅτι ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ ἐκ τοῦ Υἱοῦ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον ἐκπορεύεται, (I, 68 Demetrakopoulos): Εὕρηται πρὸς τῷ τέλει τοῦ δευτέρου τῶν διαλόγων ἐπὶ λέξεως ὡτωσί. „Φανερὸν οὖν ὑπάρχει, ὅτι τὸ παράκλητον Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς προέρχεται, καὶ ἐν τῷ Υἱῷ διαμένει“ [Es findet sich am Ende des zweiten Buches der Dialogi wörtlich Folgendes: es liegt auf der Hand, dass der tröstende Geist aus dem Vater hervorgeht und im Sohn weilt]. Dazu siehe auch P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 514–515. 244. Vgl. Mt 3, 3. 245. Vgl. Joh 1, 32. 246. Vgl. Lk 4, 18. 247. Vgl. Joh. Dam., De Fide Orthodoxa, I.7 (PTS 12, 16, 19–20 Kotter): δύναμιν οὐσιώδη, αὐτὴν ἐφ’ ἑαυτῆς ἐν ἰδιαζούσῃ ὑποστάσει θεωρουμένην, ἐκ τοῦ Πατρὸς προερχομένην καὶ ἐν τῷ Λόγῳ ἀναπαυομένην [Eine Kraft des göttlichen Wesens, die in ihrer eigenen besonderen Hypostase betrachtet wird, und die aus dem Vater fließt und im Sohn ruht]. Im ewigen Weilen und Ruhen des Geistes im Sohn sieht man einen Anknüpfungspunkt der römisch-katholischen Traditionen mit der

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orthodoxen, was sich auch in der Äußerung der päpstlichen Klarstellung zum Hervorgang des Hl. Geistes (1995) deutlich erkennen lässt: „Der Hl. Geist ist eine substanzielle Kraft, die in ihrer eigenen, verschiedenen Hypostase, die vom Vater ausgeht und im Worte ruht, betrachtet wird“. Siehe Das römische Dokument über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 23–33, bes. 30. 248. Vgl. Lk 4, 17–18. 249. Vgl. Lk. 4, 18. 250. Vgl. Lk. 1, 35. 251. Vgl. Lk. 4, 18. 252. Statt ἐστι, das Hergenröther bevorzugt, ist mit Polidori die Lesart einiger Handschriften ἔτι vorzuziehen. 253. Vgl. das 7. ökumenische Konzil von Nizäa, Mansi  XIII, 377B: ἁπάσας τὰς ἐκκλησιαστικὰς ἐγγράφως ἢ ἀγράφως τεθεσπισμένας ἡμῖν παραδόσεις ἀκαινοτομήτως φυλάττομεν [Wir bewahren ohne Neuerung alle kirchlichen (dogmatisch) festgelegten Traditionen, die uns in schriftlicher oder nicht-schriftlicher Form (mündlich) überliefert worden sind]. Siehe oben Anm. 30. 254. Es handelt sich dabei um Leo IV. (10.4.847–17.07.855), da Benedikt III. (855– 858) als der genannt wird, der ihm in der Erzpriesterwürde nachgefolgt ist (Myst. 88, S. 3 und 127 Anm. 88 Pol.): ὁ μετ’ ἐκεῖνον τοῦ ἀρχιερατικοῦ διάδοχος). Gregorios Asbestos, der Erzbishof von Syracus und Anhänger des Photios, hat wegen seiner Verurteilung durch Ignatios bei Papst Leo IV. appelliert, der die Verurteilung nicht anerkannte. Siehe P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 167 mit Verweis auf D. Stiernon, Interprétation et opposition en Orient, in: M. Maccarrone (Hg.), Il primato del vescovo di Roma nel primo millennio (= Pontifico Comitato di Scienze Storiche. Atti e Documenti 4), Città del Vaticano 1991, 661–705, 674. 255. πλάνει bei Hergenröther ist wohl ein Druckfehler. Alle Handschriften haben (nach Polidori) πλάτει. 256. περί πόδα wörtlich „um den Fuß“, d.  h. passend wie ein Schuh. Diese Redensart ist in der alten Komödie und bei Lukian (Hist. Conscr. 14) belegt. Photios hat die Redensart wohl aus einem attizistischen Lexikon entnommen; sie findet sich z.  B. im Suda-Lexikon, A. Adler (ed.), 5 Bde., Leipzig 1928–1938, Bd. IV, 106. 257. Das im Text befindliche „καὶ“ macht die Vermutung Gemeinhardts (Die Filioque-Kontroverse 2002, 288), dass das NC im römischen Taufritus zu dieser Zeit auch griechisch gesprochen werden konnte, plausibel. Auch nach Polidori ist nicht auszuschließen, dass das Rezitieren des Glaubenssymbols in griechischer Sprache zumindest in den päpstlichen Liturgien tatsächlich für einen bestimmten Zeitraum geschehen sein könne. Siehe Fozio 2018, 127, Anm. 87. 258. Ein solches Dekret ist, wie P. Gemeinhardt bemerkt, nicht bezeugt; es ließe sich als ein Reflex darauf verstehen, dass im römischen Taufritus das NC auch griechisch gesprochen werden konnte. Wahrscheinlich liegt dabei eine Verwechs-

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lung mit Leo III. vor, über dessen Handlungsweise Photiοs unzureichend informiert war. Siehe Die Filioque-Kontroverse 2002, 288. 259. Benedikt III. (29.09.855–17.4.858), war Nachfolger Leos IV. Die Partei Kaiser Ludwigs II. erhob Anastasios (III) Bibliothekarios (21–24.9.855) zum Gegenpapst, der aber bald weichen musste. Ohne Zerwürfnis mit dem Kaiser konnte Benedikt, die Selbständigkeit des Papsttums weiter festigen und dessen innerkirchlichen Einfluss stärken. In den westlichen Quellen wird Benedikt als eine Person großer Hingabe und Inspiration dargestellt. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 127, Anm. 88. Siehe auch Art.: Benedikt III., in: LThK 2 (1994) 204–205. 260. Der folgende Satz ist nicht eindeutig zu verstehen; an mehreren Stellen gehen die Handschriften auseinander und Photios selbst will offenbar manches im Unklaren lassen. 261. Statt τί μή haben andere Handschriften τιμήν: Ehre, Ehrenhaftes (so auch Polidori). 262. ὡς οὐδὲ ist der von Polidori erstellte Text, die Handschriften haben u.  a. οὐδὲ (so auch Hergenröther) oder ὡς οὐ δεῖ. 263. Welcher Papst hier gemeint ist, ist unklar. Mit diesem ungenannten Papst ist nach Polidori Nikolaοs I (858–867) gemeint, mit dem Photios persönlich ständig im Konflikt war. 264. εἰ καὶ μὴ ἑκὼν könnte nach Polidori bedeuten: a) die Handlung des Schweigens, b) zum Schweigen verurteilt sein. Er zieht das Erstere vor. 265. Es handelt sich dabei um Leo III. (26.12.795–12.6.816). Über Herkunft, Erziehung und Laufbahn Leos geben die Quellen wenig Auskunft. Nach den Angaben des Lib. Pont. steht nur fest, dass er seit früher Jugend im Dienst der römischen Kirche stand. Leo  III. wurde am Begräbnistag Hadrians  I. einstimmig als sein Nachfolger gewählt. Bezüglich der Frage des Hervorgangs des Geistes bejahte Leo zwar die Lehre des Filioque, indem er es als „novissima definitio“ bezeichnete, lehnte aber dessen Einfügung in das überlieferte Bekenntnis (NC) ab: „Ich habe die Erlaubnis gegeben zu singen, nicht aber beim Singen irgendetwas hinzufügen, wegzunehmen oder zu ändern …“ (non autem cantando quippiam addendi, minuendi seu mutandi). Manche Forscher rühmen die zu dieser Zeit (gleich nach der Aachener Synode 809 und unter dem Druck der Franken) „konsequente ökumenische Haltung“ Leos sowie die Weisheit seiner Stellungnahme zur Frage des Filioque, manche aber nicht. Siehe P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 160–164, beachte 162. Siehe auch Art.: Leo III., in: LThK 6 (1994) 822–823. 266. Eine gewichtige lateinische Quelle der Liber pontificalis aus dem 9. Jh. bestätigt die Bemerkung des Photios und weist darauf hin, dass man in Rom zu dieser Zeit an der Textgestalt des NC ohne Filioque festhielt. Siehe Lib. Pont. (II, 26, 18–20 Duchesne): Hic vero pro amore et cautela orthodoxae fidei fecit ubi supra scutos ex argento II, scriptos utrosque simbolo, unum quidem litteris grecis et alium

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

latinis, sedentes dextra levaque super ingressu corporis [Dieser (scil. Leo) brachte um der Liebe und der Sorge um den rechten Glauben willen zwei Schilde aus Silber an, auf denen jeweils das Symbol aufgeschrieben war, auf dem einen in griechischen Buchstaben und auf dem anderen in lateinischen, rechts und links über den Zugang zum Grab]. Übers. nach P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 163, Anm. 294. Nach dem Zeugnis Petrus Abaelards wurde eine dritte Tafel in St. Paul, welche den NC-Text ohne das Filioque enthielt, angebracht. Siehe dazu H. Willjung, (Hg.), Das Konzil von Aachen 809, Hannover 1998 (MGH, Conc. 2, Suppl. 2) 117–120; mit Verweis auch auf V. Peri, Leone III e il „filioque“. Ancora uno falso et l’autentico simbolo romano, in: RSLR 6 (1970) 268–297 (284). 267. Es handelt sich um Johannes VIII (872–882), der die Dekrete des 8. Konzils von Konstantinopel (879–880), welche die Verwendung des Filioque ausdrücklich untersagten, durch seine Legaten unterzeichnet hat. Über sein Pontifikat und die abenteuerlichen Ereignisse um die Konzilsakten, siehe J. Mejer, A Successful Council of Union 1975, 44–55; P.  Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 267–269; D. Arnold, Johannes VIII: Päpstliche Herrschaft in den karolingischen Teilreichen am Ende des 9. Jahrhunderts, Frankfurt 2005, 797. 268. Siehe Mansi XVII, 508BCD. Siehe Teil I. Anm. 432. 269. Hadrian III. hat nur wenige Monate regiert (vom 17.5.884 bis Mitte Sept. 885). Berufen von Kaiser Karl III. d. Dicken, um in Deutschland eine Neubesetzung von Bistümern und die Nachfolge des unmündigen, illegitimen Kaisersohnes Bernhard zu decken, starb er schon bei der Anreise nahe Modena. Sein Grab in der Abtei Nonantola wurde viel besucht, sein Kult am 2.06.1891 bestätigt. Er hat sich in Hinsicht auf die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel an die Linie seines Vorgängers (Johannes VIII.) gehalten, wie aus dem von Photios Gesagten zu erschließen ist. Siehe Art.: Hadrian, in: LThK 4 (19602) 1307. 270. Vgl. Ps 57/LXX, 5–6. 271. Vgl. Mt 12, 28. 272. Vgl. Mt 10, 20. 273. Vgl. Jes 11, 2. 274. Vgl. 1 Kor 2, 12. 275. Vgl. Röm 8, 9. 14. 276. Vgl. Jes 61, 1. 277. Vgl. Gal 4, 6. 278. Vgl. Röm 8, 11. 279. Vgl. Röm 8, 9. 280. Vgl. Röm 8, 9. 281. Sinnvoller wäre hier ein Imperativ: „Achte  … darauf“, dann wäre statt προσέσχες zu lesen πρόσεχε oder πρόσχες, eine in der LXX-Psalmen häufige Form.

Theologischer Kommentar 

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282. An dieser Stelle will Photios darauf hinweisen, dass sich die Wendungen, „Geist Gottes“, „Geist des Vaters“, „Geist des Herrn“ auf die Präsenz und Wirkung des Hl. Geistes im Rahmen der Heilsgeschichte (ökonomische Trinität) und nicht auf die ewigen innertrinitarischen Relationen zwischen den göttlichen Personen (immanente Trinität) beziehen. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 129. Besonders im Blick auf die Wendung „Geist des Herrn“ kann nach Photios der (auch in philologischer Hinsicht unbegründbare) Schluss, dass der Geist auch dem Sohn seine Existenz verdankt, nicht zwingend sein. Bei Wendungen dieser Art handelt es sich gemäß der Interpretation des Patriarchen um Aussagen, die sich auf die Beziehungen der trinitarischen Personen zueinander in ihrem heilsökonomischen Wirken beziehen. Aus diesen Aussagen, kann man nach Photios keine Seins-Aussage über die Beziehungen der trinitarischen Personen zueinander erschließen. Eine deutliche Entsprechung von immanenter und ökonomischer Trinität sah der berühmte katholische Theologe K. Rahner in seinen Bemerkungen zum dogmatischen Traktat „De Trinitate“, in: Schriften zur Theologie, Bd. 4, Einsiedeln 1960, 10–133; beachte115. Spezielle Studien über das Verhältnis zwischen Theologia und Oikonomia sind E.  Jüngel, Das Verhältnis von „ökonomischer“ und „immanenter“ Trinität, in: ZThK 72 (1975) 353–364; C. Schönborn, Immanente und ökonomische Trinität. Zur Frage des Funktionsverlustes der Trinitätslehre in der östlichen und westlichen Theologie, in: FZPhTh 27 (1980) 247–264; G. Blum, Oikonomia und Theologia, Der Hintergrund einer konfessionellen Differenz zwischen westlichem und östlichem Christentum, in: OS 22 (1984) 281–301; A. Bletsis, Die immanente Trinität ist die „doxologische Trinität“. Die Entsprechung von „Theologia“ und „Oikonomia“ als Vorraussetzung einer Annäherung der Trinitätsmodelle von Ost und West, in: Una Sancta 64/1 (2009) 8–28; Th. Alexopoulos, Auf dem Weg zu einem Konsens zwischen den Schwesterkirchen des Westens und des Ostens? Ein theologischer Vorschlag im Blick auf die Ökumenizität der Synode von 879/80, das Filioque und das Verhältnis zwischen Theologia und Oikonomia, in: Catholica 72/3 (2018) 1–29; ders. Der Zugang zum Unzugänglichen und die radikale Begrenztheit eines Analogieschlusses aus der Oikonomia auf die Theologia beim Hl. Gregor von Nyssa, in: Gregory of Nyssa. In Canticum Canticorum, G. Maspero/M. Brugarolas/I. Vigorelli (Hgg.), Leiden 2018, 379–389. 283. Dieses Kapitel stellt den Leser vor besonders große sprachliche Schwierigkeiten. Der Satzbau ist sehr verschlungen, und der handschriftliche Text scheint an einigen Stellen durch Korruptelen so gestört zu sein, dass er nicht sicher zu rekonstruieren ist. Der Text beginnt mit einem langen hypothetischen Satz (mit εἰ eingeleitet), dem aber keine Apodosis folgt, und setzt mit einem anderen εἰ fort. Man merkt auch in den Wendungen „αὐτοῖς ῥήμασι θείοις ἀνερρήθη“ und „οὐ γὰρ ἔχει χώραν εἰπεῖν, ὡς εἴρηται διὰ τῶν λόγων“ einen Anakolouth.

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

284. Das „οὖδ“ ist wahrscheinlich ein Druckfehler in der Ausgabe von Polidori. Das Richtige ist οὐδ’. 285. Das überlieferte ποθὲν scheint mir unmöglich zu sein. Vielleicht ist das ποτ’ ἀνερρήθη einer Handschrift (J) das Richtige. Das würde den Ausdruck ῥήμασι θείοις ἀνερρήθη in Zeile 2 aufgreifen. 286. Joh 15, 26. 287. Mit den „göttlichen Worten“ ist sicherlich die Hl. Schrift gemeint. Die Schrift ist für Photios das in der Geschichte geoffenbarte Wort Gottes und hat normativen Charakter. In dieser Hinsicht fragt er seinen Gegner mit Recht, warum in der Schrift kein einziges Mal ausdrücklich gesagt wird, dass der Geist auch vom Sohn hervorgeht? Andererseits kann das, was er als „inspiriertes menschliches Wort“ bezeichnet, nicht auf die Werke der großen kirchlichen Schriftsteller der Vergangenheit bezogen werden, da in weiten Teilen der Mystagogie derselbe Photios auf Fälle hinweist, in denen die Väter in die Irre gingen. Daher kann man sich vorstellen, dass sich Photius hier mit den „menschlich inspirierten Worten“ eher auf die Texte der dogmatischen Beschlüsse (Horoi) der ökumenischen Synoden bezieht, die von der gesamten Kirche befolgt und offiziell besiegelt wurden. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 129. 288. In diesem Punkt begegnet man einer sehr wichtigen theologischen Aussage, die den Kernpunkt der kappadozischen und der ihr folgenden östlichen Trinitätslehre ausmacht. Hier wird festgestellt, dass die Wesenseinheit-Konsubstantialität die Wirkung, d.  h. das unmittelbare Ergebnis des Hervorgehens, und nicht deren Ursache ist. Wenn man sich das von Photios in Par. 15 Gesagte (der Vater sei aufgrund der Hypostase und nicht aufgrund der Natur Ursache dessen, was aus ihm hervorgeht) zurückerinnert, kann das gemeinsame Wesen keine Kausalität (Zeugen oder Hervorbringen) aufweisen, da dieses Vorrecht, diese Fähigkeit als eine individuelle Eigenschaft/Eigentümlichkeit der Hypostase des Vaters betrachtet wird. Hat die Hypostase des Sohnes irgendwie an dieser Fähigkeit Anteil, löst sich die nur einer Person zugewiesene hypostatische Eigenschaft in eine Eigenschaft der Natur auf, d.  h. sie wird zu einem gemeinsamen Merkmal (κοινὸν ἰδίωμα). 289. Vgl. Dion Areop., Eccl. Hierarchia I.4 (PTS 67, 67, 7 Heil/Ritter): Οὐσία γὰρ τῆς καθ’ ἡμᾶς ἱεραρχίας ἐστὶ τὰ θεοπαράδοτα λόγια [Wesen unserer (kirchlichen) Hierarchie sind die vom Gott überlieferten Worte]. 290. Vgl. Jes 61, 1; Lk 4, 18. 291. An dieser Stelle präzisiert Photios, was mit der Wendung Geist Christi gemeint ist. Geist Christi wird der Hl. Geist insofern genannt, als er Christus als Menschen salbt! Der Gesalbte sei nicht das Wort, das von Ewigkeit her Gott ist, sondern der in seiner Menschheit inkarnierte Christus. Die Salbung des Herrn bezieht sich nach Photios ganz spezifisch auf die Heilsgeschichte und nicht auf die ewigen

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innertrinitarischen Beziehungen. Photios scheint daher nahezulegen, dass, wenn die ökonomische Trinität ein treuer Spiegel der immanenten Trinität wäre, es eine Zeit geben würde, in der Christus nicht Gott war! Bezüglich der Wendung Geist Christi und der Interpretation von Jes 61, 1 lässt sich eine erstaunliche Übereinstimmung zwischen Photios und Augustin erkennen. Bei Augustin zeigt sich das innere Verhältnis zwischen dem Herrn und dem Geist nicht nur in der Verleihung des Geistes (konkreter: der Gnadengaben des Geistes) an die Jünger, sondern im Empfangen des Geistes durch Jesus als Menschen. Christus „empfing den Hl. Geist als Mensch, er goss ihn aus als Gott. Wir (die Menschen) aber können dieses Geschenk zwar nach unserem bescheidenen Maß empfangen, über andere es auszugießen aber vermögen wir nicht“ (Accepit quippe ut homo, effudit ut deus. Nos autem accipere quidem hoc donum possumus pro modulo nostro; effundere autem super alios non utique possumus). Siehe De Trinitate XV, 26, 46 (CChr. 50A, 527, 72–74 Mountain/Glorie). Das Problem aber, das bei Augustin auftaucht, liegt darin, dass er bei der Mitteilung der Gaben des Geistes (durch Christus als Gott) an die Jünger, dies als passendes Bild demonstrieren wollte, dass der Hl. Geist nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn hervorgeht. Siehe De Trinitate IV, 20, 29 (CChr. 50, 200, 106–110 Mountain/Glorie). Aus dem von Photios an der vorliegenden Stelle Gesagten ergibt sich Folgendes: Die Ähnlichkeit heilsökonomischer Ereignisse (Salbung von Christus als Mensch) mit dem innertrinitarischen Sein (Wesenseinheit von Christus als Gott mit dem Hl. Geist als gleichrangige Hypostase der Trinität) dürfen nicht zu einer Vermischung der Verhältnisse der trinitarischen Personen zueinander (in unserem Fall Sohn im Verhältnis zum Hl. Geist) im Rahmen der Heilsgeschichte mit deren Verhältnissen in der Ewigkeit führen. Die Übertragung „ökonomischer“ Relationen in Aussagen über das Sein des dreieinigen Gottes dürfte nach B. Oberdorfer im Fall des Westens nicht einseitig und selektiv sein. Oberdorfer bemerkt zutreffend: „So spielt der Geist offenkundig eine entscheidende Rolle bei der Inkarnation des Logos und insgesamt in seinem Heilswerk, ohne dass dies Auswirkungen auf die Bestimmung des innertrinitarischen Verhältnisses von Sohn und Geist hätte“. Siehe B. Oberdorfer, Filioque. Werbeschrift für ein Problem, in: MJTh XII 2000, 117–137, 131. 292. Dabei besteht nach Photios bei der Annahme, der Geist gehe von Christus hervor, weil er Geist Christi sei, die unmittelbare Konsequenz, darin, dass man in die immanente Trinität das Element der Zeitlichkeit einführt. Das würde in Bezug auf das Gott-Sein des Hl. Geistes bedeuten, dass der Geist vor der Inkarnation nicht existierte, wenn man das ewige Hervorgehen mit der durch den Sohn erfolgten heilsgeschichtlichen Mission des Geistes in Verbindung bringt. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 130. 293. Photios bekämpft in einem letzten Angriff die Auslegung, welche die Äquivalenz zwischen dem „Geist des Sohnes“ und „dem Geist, der vom Sohn ausgeht“

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 Einführung – Griechischer Text mit Übersetzung und Kommentar

begründet und die Argumentation ins Absurde treibt. Da das Neue Testament den Ausdruck „Geist des Sohnes“ sowie den Ausdruck „Geist Christi“ gleichbedeutend verwendet, kann man nach der Logik schließen, dass der Heilige Geist sowohl mit dem Sohn als Gott als auch mit Christus als Menschen wesensgleich ist. Daraus würde folgen, dass die göttliche Natur mit der menschlichen wesensgleich ist, was sicherlich widersinnig ist. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 130. 294. Damit ist das Wort des Herrn in Joh 15, 26 gemeint. 295. Damit ist das apostolische Wort und besonders das von Paulus, den Photios unmittelbar danach nennt, gemeint. 296. Damit sind alle 7 ökumenischen Synoden gemeint, welche die richtige Lehre bezüglich des Hervorgehens des Hl. Geistes bekräftigt haben. 297. Damit ist die Argumentation gemeint, die das ganze Werk durchzieht und die sich auf die Logik und auf philosophische Axiome stützt. 298. Photios nennt die Bischöfe von Rom ἀρχιερεῖς. Der Titel „Papst“, der bereits seit mehreren Jahrhunderten für die Kirche von Rom bezeugt ist, taucht in der Mystagogie niemals auf, was unter anderem darauf hindeutet, dass ein anderes Werk, das unter dem Namen des Photios überliefert wurde, pseudoepigraphisch ist. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 130. 299. Wer gemeint ist, ergibt sich aus Kap. 81. 300. Vgl. Ps 93LXX, 8. 301. Vgl. 1 Petr 5, 8; Ps 7, 3; 21, 14. 302. Dieser genaue Ausdruck „Skizzen“ weist darauf hin, dass es sich bei der Mystagogie um keine vollkommene und systematisch gegliederte Abhandlung handelt, sondern um einen ersten zusammenfassenden Versuch, die Lehre des Filioque zu widerlegen. 303. Diese Bezeichnung für den Adressaten des Werkes könnte bedeuten, dass die Abhandlung an einen gelehrten Bischof oder Freund des Photios gerichtet ist. Man könnte auch zugleich vermuten, dass es sich dabei wahrscheinlich um eine literarische Fiktion handelt. Die Erwähnung eines Bischofs Beda, der nur im Codex A angegeben wird, scheint ebenfalls völlig unbegründet. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 130. 304. Die Trennung von Büchern und Sekretären ist ein Topos, der bereits in dem Brief an Kaiser Basileios I. auftaucht (siehe Einführung in die Mystagogie Anm.  24), den Photios während seines ersten Exils schrieb. Das könnte zuerst ein Hinweis darauf sein, dass die Mystagogie oder zumindest dieser letzte Teil während des ersten Exils von Photios geschrieben worden ist. Das kann aber nicht so der Fall sein. Denn die Indizien aus der inneren Quellenkritik, d.  h. die Erwähnungen von Papst Johannes VIII., der Synode der Jahren 879–80 und Hadrians III., die sicherlich nicht zum Zeitpunkt des ersten Exils gehören, widersprechen einer solchen Vermutung. Dennoch deuten nach der Meinung von Polidori

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stilistische Überlegungen eher darauf hin, dass es sich bei diesem letzten Paragraphen um eine literarische Fiktion oder um einen redaktionellen Zusatz der letzten Stunde handeln könnte, der Photios nicht unbedingt selbst zuzuschreiben ist. Siehe V. Polidori, Fozio 2018, 130. 305. Um welche Belege sollte es sich dabei handeln? Die wichtigsten Belege aus der Hl. Schrift, die angeblich das Filioque befürworten würden, sind von Photios in der Mystagogie und besonders in den Paragraphen 20–29 und 48–60 ausführlich behandelt. Unter der Annahme, dass dieser Abschnitt das letzte Kapitel der Mystagogie ist, könnte dieser Satz der Beweis sein, dass der Autor nicht über Quellen aus erster Hand verfügte, wie z.  B. die Väterzitate (besonders aus der lateinischen Tradition), die die karolingischen Theologen zu dieser Zeit bereits zusammengestellt hatten, um das Filioque zu rechtfertigen. Wegen seiner Inhaftierung ist Photios nicht in der Lage, sich einen vollkommenen Einblick in die Problematik zu verschaffen und hofft das in der Zukunft tun zu können. Vor allem aber weist dieser Satz darauf hin, dass die Mystagogie eine erste und unvollkommene Abhandlung zur Frage des Hervorgang des Geistes darstellt und dass ein weiterer Versuch in dieser Richtung folgen wird. 306. Die folgende intensivere Untersuchung wird sich also auf Kirchenväterbelege beziehen. Solche Belege sollen nach Photios von den sogenannten neuen Pneumatomachen entweder verfälscht oder irrtümlich ausgelegt worden sein. In diesem Absatz wird gesagt, dass die jetztige Arbeit aus folgenden Teilen besteht: a) aus Argumenten und Zitaten der Filioque-Anhänger, b) aus einer Veranschaulichung der falschen Interpretation dieser Zitate, c) aus Aussagen der Väter zum selben Thema. Diese Synthese spiegelt ziemlich gut die Form des Werks in der endgültigen Form wider, in der es erhalten ist, und nicht eine oder mehrere seiner Quellen. Auch aus diesem Grund ist anzunehmen, dass bei diesem Absatz auf eine spätere Ergänzung der Mystagogie hingewiesen wird, welche das theologische Gerüst aufbauen soll, nach dem das Filioque zukünftig endgültig außer Kraft gesetzt werden kann. Dazu auch V. Polidori, Fozio 2018, 131.

4 Forschungsergebnisse – Grundzüge des ­theologischen und philosophischen Denkens des Photios und dessen Relevanz für die heutige ökumenische Diskussion zum Thema Filioque 4.1 Schlussfolgerungen aus der Erforschung der Mystagogie Die Mystagogie des Hl. Geistes, die neben den so genannten Syllogistischen Kapiteln des Niketas von Byzanz als die wichtigste kontroverstheologische Schrift gegen das Filioque im 9. Jh. gilt, stellt kein systematisch gegliedertes Werk dar, das die ganze Filioque-Problematik umfasst und analytisch darlegt, sondern ist eher eine umrisshafte Skizze von Argumenten, die sich in einem großen Teil auf die rein primär philosophische Logik aber auch auf Axiome der vor Photios entfalteten und auskristallisierten Trinitätslehre der drei Kappadozier stützen. Die Bezugnahme des Patriarchen auf die kappadozischen Kirchenväter steht völlig außer Zweifel. Mit der Mystagogie bietet Photios seinem Leser keine Abhandlung, welche den Filioque-Ansatz mit einem einzigen „Schlag“ außer Kraft setzen soll, sondern eher eine erste umfassende Einspruchsrede dazu. Dieser erste Versuch soll mit zusätzlichen Belegen (Väterzitaten) weitergeführt werden, wie er am Ende der Abhandlung deutlich erschließen lässt.1 Ein entsprechend „erster“ Versuch in Hinsicht auf die Widerlegung des Filioque mittels logischer Argumente sollen die so genannten Syllogistischen Kapitel von Niketas von Byzanz (in der zweiten Hälfte des 9. Jh.) gewesen sein. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, welches dieser beiden Werke als erstes verfasst wurde, aber man kann anhand der inneren Quellenkritik vermuten, dass eher die Syllogistischen Kapitel vor der Mystagogie verfasst worden sind.2 In vielen Fällen lässt sich sowohl eine inhaltliche als auch eine fast wörtliche Übereinstimmung zwischen beiden Werken feststellen. Man kann mit einiger Sicherheit sagen, dass es zu dieser Zeit in Konstantinopel anlässlich der (durch die lateinischen Missionare in Bulgarien) neu auftretenden Lehre des Filioque einen lebendigen theo-

1 Siehe Kommentar Anm. 300 2 Siehe Kolbaba, Inventing latin Heretics 2008, 121: „Regardless of its relative obscurity, however, this treatise is also one of the first of its kind, and it deserves to take its place with the Mystagogia – perhaps ahead of the Mystagogia – as one of the earliest attempts to refute the idea of the double procession of the Holy Spirit.“ Siehe auch Kommentar Anm. 5. https://doi.org/10.1515/9783110790269-004

Schlussfolgerungen aus der Erforschung der Mystagogie 

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logischen Austausch unter den byzantinischen Gelehrten gab. Zwei, die sich in diese Sache vertieft hatten, waren zweifellos Niketas und Photios. Wie groß die Bedeutung des Photios und seiner Mystagogie für die FilioqueAuseinandersetzung ist, wird an der Tatsache deutlich, dass wichtige ihm nachfolgende byzantinische Gelehrte, wie u.  a. Eustratios von Nizäa (1050–1120) oder Nikolaos Methonis († 1165) in ihren Widerlegungen von den photianischen Argumenten reichlichen Gebrauch gemacht haben.3 Im Gegensatz zu den erwähnten Autoren hat die Mystagogie auf die sogenannten byzantinischen Filioquisten des 13. Jh. und besonders auf den Patriarchen von Konstantinopel Johannes Bekkos herausfordernd gewirkt.4 Johannes Bekkos hat mit seiner detaillierten Widerlegung der Mystagogie den Versuch unternommen, seine unionsfreundliche Politik theologisch zu untermauern. Wie groß die Wirkung der Mystagogie ist, lässt sich letzten Endes auch an einem wissenschaftsgeschichtlichen Detail deutlich erkennen, nämlich, an dem Versuch des renommierten römisch-katholischen Theologen und Photios-Experten Kardinal Joseph Hergenröther (1824–1890), in seiner großen dreibändigen Monographie (Photius, Patriarch von Konstantiniopel) die Trinitätslehre und die Argumente des Photios gebündelt zugänglich zu machen und zu widerlegen.5 In kanonisch-historischer Hinsicht lässt sich die große Wirkung der Mystagogie  – besonders in Verbindung mit der Enzyklika von 867, die sich zu einer ausführlicheren Abhandlung gegen das Filioque ausgeweitet hat – auf spätere konstantinopolitanische Quellen zum Jahr 1054, und zwar auf das so genannte „Semeioma“ der damaligen Lokalsynode (Σύνοδος ἐνδημοῦσα) in Konstantinopel (am 24.6) unter dem Vorsitz des Patriarchen Michael Kerularios deutlich erkennen. Ohne Photios explizit beim Namen zu nennen, greift man im „Semeioma“ fast wörtlich auf die Enzyklika zurück und bezeichnet das Filioque als einen fal-

3 Siehe Kommentar Anm. 21, 33, 47, 51, 96, 101, 164. Monumenta (I, 337 Karmiris). Vgl. Markos Orphanos, Der Ausgang des Hl. Geistes …, in: Geist Gottes – Geist Christi 1981, 46. 4 Siehe Einführung in die Mystagogie Anm. 33. Dazu siehe A. Riebe, Rom in Gemeinschaft mit Konstantinopel 2005, 124. Riebe (S. 108, Anm. 31–35) weist zwar darauf hin, dass Bekkos fast sein ganzes Leben lang (bis um die 50) kein Befürworter der Kirchenunion war, gelangt aber anhand von Zeugnissen vorwiegend jener Personen, die zu dieser Zeit (13. Jh.) oder unmittelbar danach (erste Hälfte des 14. Jh.) dem Unionsvorhaben freundlich zugeneigt waren (Nik. Gregoras, G. Metochites), zu der Schlussfolgerung, dass die Sinnesänderung des Bekkos von einem Gegner zu einem Befürworter der Wiedervereinigung zwischen Ost- und Westkirche nicht aus purem Opportunismus, wie seine Gegner ihm vorwarfen, sondern aus ehrlicher Überzeugung vollzogen wurde. 5 Ausführlich entfaltet Hergenröther seine Sicht des Filioque-Problems auf den Seiten 684–711, sowie auf den Seiten 369–427 seine systematische Rekonstruktion der photianischen Trinitätslehre.

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 Forschungsergebnisse

schen Gedanken, als ein unrechtmäßig in das Glaubenssymbol hingeschriebenes Wort und letztlich als ein gotteslästerndes Dogma: „Das allerheiligste Symbol welches durch alle synodalen und ökumenischen Beschlüsse unbestrittene Gültigkeit besitzt, wollen wir niemals mit falschen Gedanken, unrechtmäßig hineingeschriebenen-schriftwidrigen Worten und einem Übermaß an Kühnheit antasten noch auf gleiche Weise wie jene sagen, dass der Hl. Geist aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht – oh, was für Kunstgriffe des Bösen –, sondern aus dem Vater … sie (scil. οἱ τῆς καινῆς ταύτης δυσσεβείας πατέρες – die Väter dieser neuen Gottlosigkeit) wollen überhaupt nicht einsehen, dass sie weder von den Evangelisten ein solches Wort innehaben noch dass sie sich von einer ökumenischen Synode dieses gottlästernde Dogma erworben haben“.6 Im sogenannten „Semeioma“ von 1054 findet man keine neuen Argumente gegen das Filioque, sondern eher ein „Copy-paste“ photianischer Argumente aus der Mystagogie, wie z.  B. das zentrale, auf die kappadozische Theologie zurückzuführende trinitätstheologische Axiom: „Alles, was nicht der allmächtigen und wesensgleichen Trinität gemeinsam ist, kommt allein einem der drei zu. Wenn jedoch das Hervorbringen des Geistes nicht den dreien gemeinsam ist, kommt es folglich einem der drei zu“.7 Das ist der Grundsatz und Ausgangspunkt für die allgemeine photianische Auffassung der Dreifaltigkeit.8 Darüber hinaus wird im „Semeioma“ – immer im Anschluss an Photios – hervorgehoben, dass, wenn man ein doppeltes Hervorbringen des Geistes auch aus dem Sohn annähme, wäre der Geist durch mehr Merkmale vom Vater verschieden als der Sohn, was sicherlich implizieren würde, dass der Sohn dem Wesen des Vaters näher stünde als der Geist.9 Strenggenommen trägt das „Semeioma“ des Michael Kerularios zur Filioque-Kontroverse gar nichts Neues bei, erweckt aber die Mystagogie im 11. Jh. zu neuem Leben.

6 Semeioma, in Monumenta (I, 344 Karmiris): τὸ ἱερὸν καὶ ἅγιον σύμβολον, ὁ πᾶσι τοῖς συνοδικοῖς καὶ οἰκουμενικοῖς ψηφίσμασιν ἄμαχον ἔχειν τὴν ἰσχύν, νόθοις λογισμοῖς καὶ παρεγγράπτοις λόγοις καὶ θράσους ὑπερβολῇ μὴ κιβδηλεύειν ἐθέλομεν, μηδὲ παραπλησίως ἐκείνοις ἐκ τοῦ πατρὸς καὶ ἐκ τοῦ υἱοῦ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον (ὢ τῶν τοῦ πονηροῦ μηχανημάτων) ἀλλ’ ἐκ τοῦ πατρὸς φαμὲν ἐκπορεύεσθαι … μηδὲ ἐννοεῖν ὅλως ἐθέλοντες … ὅτι οὔτε ἀπὸ εὐαγγελιστῶν τὴν φωνὴν ἔχουσιν ταύτην, οὔτε ἀπὸ Οἰκουμενικῆς Συνόδου τὸ βλάσφημον τοῦτο κέκτηνται δόγμα. Vgl. Photios, Ep. 2 (I, 43, 104–105 L/W): τὸ ἱερὸν καὶ ἅγιον σύμβολον, ὃ πᾶσι τοῖς συνοδικοῖς καὶ οἰκουμενικοῖς ψηφίσμασιν ἄμαχον ἔχειν τὴν ἰσχύν, νόθοις λογισμοῖς καὶ παρεγγράπτοις λόγοις καὶ θράσους ὑπερβολῇ … 7 Semeioma, in Monumenta (I, 345 Karmiris). Vgl. Myst. 36 (S. 34, 1–3 Pol.). 8 Siehe Joseph Slipyi, Die Trinitätslehre des byzantinischen Patriarchen Photios, in: ZKTh 45 (1921) 68. 9 Siehe Monumenta (I, 345 Karmiris). Vgl. Myst. 32 (S. 32, 1–6 Pol.).

Schlussfolgerungen aus der Erforschung der Mystagogie 

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In Hinsicht auf die lateinischen Kirchenväter, die nach der Meinung der „Gegner“ das Filioque deutlich gelehrt haben, nimmt Photios Ambrosius, Augustinus und Hieronymus in Schutz. Für ihn ist eine gewisse theologische „Polyphonie“ legitim und erlaubt, wenn man sie unter besonderen pastoralen Umständen, d.  h. im Rahmen einer Widerlegung, Erläuterung oder Entfaltung einer Lehre unternimmt. Diese Polyphonie – im Sinne einer ergänzenden Interpretation eines theologischen Sachverhaltes, die den Kern des Glaubens trifft (wie z.  B. das Hervorgehen des Hl. Geistes)10 – darf, wenn sie keinen verbindlichen Status durch die ökumenischen Synoden erhält, von niemandem einseitig zum Dogma erhoben werden.11 Für Photios zählt allein das, was von ökumenischen und allgemeingültigen Stimmen einvernehmlich festgelegt worden ist.12 Obwohl Photios den lateinischen Kirchenvätern gute Absichten nicht völlig abspricht, ist der Stil seiner Argumentation gegenüber seinen fiktiven „Gegnern“ polemisch, beleidigend und herabsetzend. Man mag diese Feindseligkeit den Zeitumständen zuschreiben und dabei an den Eingriff der lateinischen Missionare in Bulgarien, die Exkommunikation des Photios durch die Synode von 869 und die den Beschlüssen der Synode von 879/89 zuwiderlaufende Weiterverwendung des Filioque denken. Seine Schrift war aber eben nicht darauf gerichtet Andersdenkende zu überzeugen und zu gewinnen, sondern die eigenen Anhänger auf die eigene Sichtweise einzuschwören. Der polemische Charakter der Mystagogie dürfte also neben anderem (kirchlich-politische Zwistigkeiten zwischen Westund Ostkirche in Hinblick auf Jurisdiktionsansprüche) ein wichtiger Grund sein, warum der Westen zum größten Teil gegenüber der herausragenden kirchlichen und theologischen Autorität des Photios für immer misstraurisch und ablehnend geblieben ist.

10 So betrachtet das Konzil von Ferrara-Florenz das Filioque als einen erläuternden Zusatz zu einer Glaubenssache. Dies lässt sich an dem Dekret des Unionkonzils über die Union mit den Griechen (Laetentur Caeli, 6. Juli 1439) deutlich erkennen: Diffinimus insuper explicationem verborum illorum „Filioque“ veritatis declarandae gratia et imminente tunc necesssitate licite ac rationabiliter Symbolo fuisse appositam [Wir bestimmen überdies, dass die Erläuterung jener Worte, nämlich das Filioque, zum Zwecke der Verdeutlichung der Wahrheit und aufgrund einer damals bestehenden Notwendigkeit erlaubtermaßen und vernünftigerweise dem Bekenntnis beigefügt worden ist]. Siehe Enchiridion symbolorum D/H 1302. 11 Siehe Myst. 72 (S. 68, 5–7 Pol.): „wieso machst du das, was jene (scil. die lateinischen Väter) nicht im dogmatischen Sinne äußerten zum Dogma und Gesetz, und bereitest damit nicht nur dir selber das Verderben, in dem es keine Hilfe gibt, sondern setzst deinen Ehrgeiz darein, auch jene durch deinen Wahnsinn mit hinabzuziehen?“ 12 Ep. 290 (III, 130, 204–205 L/W).

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 Forschungsergebnisse

4.2 Grundzüge der photianischen Trinitätslehre 4.2.1 Gibt es tatsächlich eine radikale Beziehungslosigkeit zwischen Sohn und Geist? Die moderne Filioque-Forschung13 hat immer wieder die Frage aufgeworfen, ob ein spezifisches Ursprungsverhältnis zwischen Sohn und Geist notwendig ist, damit sich beide Personen als eigenständige Hypostasen voneinander unterscheiden können.14 Mit anderen Worten: Es fehlt nach der Meinung mancher Forscher15 beim trinitätstheologischen Denkschema des Photios, und im erweiterten Sinn dem der Kappadozier, eine engere Beziehung zwischen Sohn und Geist analog zu der Vater-Sohn-Beziehung und Vater-Geist-Beziehung. Zuerst muss man sich m.  E. fragen, wozu eine derartige wesensmäßige Beziehung zwischen Sohn und Geist dienlich ist? Die Antwort soll lauten: damit sich beide Verursachten voneinander unterscheiden können. Zu diesem Zweck haben die sogenannten byzantinischen Filioquisten des 13. Jh., Johannes Bekkos und Konstantin Melitiniotis, die Idee der Mittlerschaft des Sohnes beim Hervorbringen des Hl. Geistes entwickelt.16 Für Melitiniotis und Bekkos wäre die Wesenseinheit zwischen Sohn und Geist ohne die Vermittlung des Sohnes als brüderlich zu bezeichnen.17 Ein solcher Gedanke widerspricht aber dem, was die Kappadozische Trinitätstheologie schon längst bezüglich der Rolle der hypostatischen Eigentümlich13 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 296. 14 Siehe Wendebourg, Geist oder Energie 1980, 78. 15 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 296–297; 381–382. 16 Siehe dazu Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 105–110. Die Idee einer Mittlerschaft des Sohnes beim Hervorgang des Geistes, welche der innergöttlichen Ursprungskausalität des Vaters nicht widersprechen würde, ist auch in der früheren lateinischen Theologie, genauer in Tertullians Adversus Praxean VIII.7 (CChr. SL 2, 1168, 42–47) zu finden. Dazu siehe M. Seewald, Das „filioque“ – gedeutet als christologisches Axiom (2010) 303–328, bes. 318–319. 17 Siehe K. Melitiniotis, Antirr. I (144, 4–9 Orphanos): Εἰ γάρ οὐ μέσος κατὰ τὴν αὐτοῦ δόξαν ὁ Υἱὸς φύσει τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Πνεύματος, ἀντιδιῄρηται κατὰ πᾶσαν ἀνάγκην τῷ Πνεύματι, καὶ ὁ Μονογενὴς οὐ τῷ ὄντι Μονογενής· ὄλωλε καὶ ἡ κλῆσις οὐχ ἦττον τοῦ Πνεύματος. Καὶ δύο λοιπόν, τό τε Πνεῦμα καὶ ὁ Υἱός, άδελφοί, καὶ ὁ Πατὴρ ἀμφοτέρων Πατήρ· καὶ οὕτω τὸ μοναδικὸν τῆς Τριάδος ἐκλέλοιπε [Denn wenn der Sohn, seiner (scil. des Greg. Kyprios) Ansicht nach, nicht wesensmäßig in die Mitte zwischen den Vater und den Geist tritt, dann widersetzt er sich zwangsläufig dem Geist, und der Eingeborene bleibt nicht mehr in Wirklichkeit Eingeborener, und es geht vielmehr auch die Benennung des Geistes verloren. Auch gibt es nur zwei Geschwister, den Geist und den Sohn, und der Vater ist Vater beider; und auf solche Weise hört der monadische Charakter der Dreiheit auf zu bestehen]. Vgl. J. Bekkos, Refutatio libri Photii 24, PG 141, 800CD. Dazu siehe Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 107.

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keiten zur Ausformung des Eigenstandes jeder der drei göttlichen Personen ausgeführt hat.18 Schon bei Gregor von Nazianz steht deutlich fest, dass die einzigartige Weise des zur Existenz-Gelangens des Hl. Geistes durch Hervorgehen (ἐκπόρευσις) vom Vater den Eigenstand der Hypostase des Hl. Geistes als solche ausmacht; und das reicht völlig dafür aus, dass der Hl. Geist im gleichen Maße als vollkommener Gott gedacht wird: ἢ ἀγέννητον (scil. τὸ ἅγιον πνεῦμα) πάντως ἢ γεννητόν. καὶ εἰ μὲν ἀγέννητον, δύο τὰ ἄναρχα. εἰ δὲ γεννητόν, ὑποδιαίρει πάλιν· ἢ ἐκ τοῦ Πατρὸς τοῦτο ἢ ἐκ τοῦ Υἱοῦ. καὶ εἰ μὲν ἐκ τοῦ Πατρός, υἱοὶ δύο καὶ ἀδελφοί … τὶ οὖν ἐστί, ὃ λείπει τῷ Πνεύματι, πρὸς τὸ εἶναι Υἱόν; εἰ γὰρ μὴ λεῖπόν τι ἦν, Υἱὸς ἂν ἦν. Οὐ λείπειν φαμέν· οὐδὲ γὰρ ἐλλειπὴς θεός· τὸ δὲ τῆς ἐκφάνσεως, ἵν’ οὕτως εἴπω, ἢ τῆς πρὸς ἄλληλα σχέσεως διάφορον, διάφορον αὐτῶν καὶ τὴν κλῆσιν πεποίηκεν … αὐτὸ δὲ τὸ μὴ γεγενῆσθαι καὶ τὸ γεγενῆσθαι καὶ τὸ ἐκπορεύεσθαι, τὸν μὲν Πατέρα, τὸν δὲ Υἱόν, τὸ δὲ τοῦθ’ ὅπερ λέγεται Πνεῦμα ἅγιον προσηγόρευσεν, ἵνα τὸ ἀσύγχυτον σώζηται τῶν τριῶν ὑποστάσεων ἐν τῇ μία φύσει τε καὶ ἀξίᾳ τῆς θεότητος [Der Hl. Geist ist entweder überhaupt ungezeugt oder gezeugt. Ist er ungezeugt, so haben wir zwei ursprungslose Wesen. Ist er aber gezeugt, so muss man wieder eine Unterscheidung vornehmen: Er ist entweder aus dem Vater oder aus dem Sohn gezeugt. Ist er aus dem Vater gezeugt, so haben wir zwei Söhne und Brüder … was fehlt denn eigentlich dem Geist, um Sohn zu sein? Denn wenn ihm nichts fehlte, wäre er Sohn. Wir antworten: Es fehlt ihm nichts, weil eben Gott nichts fehlt. Aber der Unterschied in der Offenbarungsweise (der drei Personen), wenn ich so sagen darf, oder der in ihrem Verhältnis zueinander hat den Unterschied in ihren Bezeichnungen bewirkt … wenn wir vielmehr von Ungezeugt-Sein, Gezeugt-Sein und Hervorgehen sprechen, so bekennen wir damit den Vater, den Sohn und den so genannten Hl. Geist, um auf diese Weise das Unvermischte der drei Personen in der einen und würdevollen Natur der Gottheit zu wahren].19 Die Sache der unterschiedlichen Relationen, aufgrund derer Sohn und Geist eine jeweils andere Bezeichnung in sich aufnehmen, verhält sich bei Photios genauso. Bei ihm, wie bei Gregor dem Theologen liegt die Eigenart jeder der Hypostasen in der Einzigartigkeit ihrer Existenzweise: „Von dem Hervorgang wird, mein Lieber, theologisch (gottgemäß) gelehrt, dass er sich für den Sohn und den Geist zugleich und ohne Abstand vom Vater aus vollzieht; kein Grund wird aber dazu zwingen, dass sich der Geist in die Benennung des Sohnes wandelt oder die brüderliche Beziehung in sich aufnimmt,

18 Siehe Kommentar Anm. 32 mit Verweis auf Oberdorfer, Filioque 2002, 75. 19 Greg. Naz., Or. 31.7 und 9 (SC 250, 286, 2–5; 290, 1 – 292, 5; 292, 10–14 Gallay). Übers. (wenig geändert) nach J. Barbel, Gregor von Nazianz 1963, 229, 233–234.

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 Forschungsergebnisse

weil wir auch das Umgekehrte weder denken noch sagen können, d.  h. dass sich der Sohn in den hervorgegangenen Geist verwandelt oder sich seine Beziehung (scil. des Geistes) zu eigen gemacht hat. Denn es ist nicht so, weil die Gotteslehre besagt, dass (beide) aus demselben (Grund) hervorgehen, als differenziere sich entweder der Geist, indem er aus seiner eigenen Eigentümlichkeit heraustritt, zur Sohnschaft hin, oder als vermenge sich der Sohn, indem er sich von der ihn kennzeichnenden Zeugung entfernt, auf das spezifische Merkmal des Geistes hin. Denn beide gehen aus demselben (Grund) hervor, doch nicht auf dieselbe Weise, und der Hervorgang eines jeden von beiden erfolgt nicht nach derselben Eigenart. Denn einerseits entstammt der Sohn dem Vater durch Zeugung, andererseits der Geist durch Hervorgehen. Wie nun die Relationen, denen gemäß der Hervorgang jedes von beiden erfolgt, unterschiedlich sind – denn es ist keineswegs so, nein, keineswegs, dass sich entweder die Zeugung das Proprium des (erfolgten) Ausgangs im eigentlichen Sinne zu eigen macht, aber auch nicht so, dass dem Hervorgehen der Charakter der Zeugung beigelegt wird –, genauso behalten nun die, von denen man in heiligmäßiger Weise lehrt, dass sie nach unterschiedlichen Relationen aus dem Vater hervorgehen, sowohl eine unterschiedliche Benennung als auch eine unterschiedliche den Hypostasen innewohnende Eigentümlichkeit, die ihnen die eigene Relation (von vorneherein) bestimmt hat“.20 Durch das oben dargelegte Photios-Zitat gewinnt man einen guten Einblick in die Frage, warum Sohn und Geist in keinem geschwisterlichen Verhältnis zueinander stehen: Sohn und Geist sind keine Geschwister zueinander, weil das eigene spezifische Merkmal, das auf eine verschiedenartige Existenzweise hinweist, für den Sohn ein anderes ist als für den Geist. Das beantwortet aber nicht die Frage, warum eine wesensmäßige direkte Beziehung des Sohnes zum Geist analog zu der Vater-Sohn-Beziehung verneint wird. Diese Frage lässt sich veranschaulichen mittels der Analogie des Feuers. Im brennenden Feuer lassen sich

20 Amph. 28 (IV, 105, 4–22 L/W): Ἡ μὲν πρόοδος, ὦ βέλτιστε, ἅμα τε καί ἀδιαστάτως ἐκ τοῦ πατρὸς τῷ τε υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι θεολογεῖται, οὐδεὶς δ’ ἀναγκάσει λόγος εἰς τὴν τοῦ υἱοῦ μεταπεσεῖν τὸ πνεῦμα προσηγορίαν ἢ τὴν ἀδελφικὴν ἀναδέξασθαι σχέσιν, ὅτι μηδὲ τὸ ἀναπαλίν ἐστιν ἐννοεῖν ἢ λέγειν, ὡς ὁ υἱὸς εἰς τὸ ἐκπορευτὸν μετέστη πνεῦμα ἢ τὴν ἐκείνου σχέσιν ἐξιδιώσατο … οὐ γάρ, διότι ἐκ τοῦ αὐτοῦ θεολογοῦνται προϊέναι, ἢ εἰς υἱότητα τὸ πνεῦμα συνδυασθήσεται τῆς ἰδίας ἐξιστάμενον ἰδιότητος, ἢ ὁ υἱὸς τῆς χαρακτηριζούσης αὐτὸν ἀποστὰς γεννήσεως, εἰς τὸ τοῦ πνεύματος ἰδίωμα συγχυθήσεται· ἐκ τοῦ αὐτοῦ γὰρ ἄμφω, ἀλλ’ οὐχ ὡσαύτως οὐδὲ κατὰ τὴν ἰδιότητα τὴν αὐτὴν ἡ ἑκατέρου πρόοδος· καὶ γὰρ ὁ μὲν υἱὸς τοῦ πατρὸς προῆλθε διὰ γεννήσεως, τὸ πνεῦμα δὲ δι’ ἐκπορεύσεως. ὥσπερ οὖν αἱ σχέσεις καθ’ ἃς ἡ πρόοδος ἑκατέρου διαφέρουσιν (οὐ γὰρ ἐστιν, οὐκ ἔστιν οὔτε ἡ γέννησις τὸ τῆς κυρίως ἐκπορεύσεως οἰκειουμένη ἰδίωμα, ἀλλ’ οὐδὲ ἡ ἐκπόρευσις τὸν τῆς γεννήσεως χαρακτῆρα ἐναρμόζεται), οὕτω δὴ οὕτω καὶ ἃ κατὰ τὰς διαφόρους σχέσεις ἱερολογεῖται τοῦ πατρὸς προέρχεσθαι διάφορον ἔχουσι καὶ τὴν κλῆσιν καὶ τὴν ἐν ταῖς ὑποστάσεσιν ἰδιότητα ἃς αὐτοῖς τὸ τῶν σχέσεων ἀφώρισεν ἰδιότροπον.

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zwei voneinander strikt unterschiedliche Merkmale, Qualitäten, Manifestationen deutlich erkennen: das Wärmen und das Leuchten. Alle zwei Merkmale sind zugleich strikt gedanklich zu unterscheiden, aber weder miteinander vermischt noch voneinander zeitlich oder räumlich zu trennen. Beim Feuer hilft weder die Wärme dem Sehvermögen, das sinnlich Erfassbare wahrzunehmen, weil dies eine Eigenschaft des Lichtes ist, noch wird dem Licht die Eigenschaft des Verbrennens (Verzehrtwerdens) der zugrundeliegenden Materie, soweit sie beim Brennen leuchtet, beigelegt.21 Zugleich nimmt weder die Wärme ihren Ausgang aus dem Licht, noch verdankt das Licht sein Dasein der Wärme, sondern beide sind auf das brennende Feuer zurückzuführen. Eine Existenz- oder Abhängigkeitsbeziehung beider zueinander wäre in diesem Fall eher überflüssig. So führt Photios zum Abschluss seines Gedankens aus: „Während beide (scil. Wärme und Licht) also in der Hauptsache demselben Verursachenden gleichzeitig und gleichwertig entstammen, ohne sicherlich auf dieselbe Weise ihren Ausgang zu nehmen, bewahrt jedes Einzelne (für sich) in der Gemeinschaft der Existenz unvermischt und unwandelbar die Verschiedenheit der Idiome in Hinblick auf das andere“.22 Das Eigentümliche, das besondere Merkmal, die persönliche Eigenschaft (nach dem kappadozischen Sprachgebrauch: „τὸ ἴδιον  – ἰδιάζον σημεῖον  – ἰδιότης“23 ist also für den Eigenstand jeder Hypostase konstitutiv und unabdingbar. Werden die persönlichen Eigentümlichkeiten übertragbar und wandelbar, kann der eigenständige Charakter jeder Hypostase in der Trinität nicht gewahrt bleiben. Diese Grundannahme resultiert aus der kappadozischen Trinitätslehre. Sie diente im trinitätstheologischen Konstrukt der Ostkirche bis hin zur Zeit des Photios einerseits zur Sicherung der höchsten Stufe von Einheit inner-

21 Vgl. Amph. 28 (IV, 105, 27–31 L/W): Ἀλλ’ οὔτε τὸ καυστικὸν συνεργεῖν τῇ ὄψει, τὸν ἀέρα διαυγάζον πρὸς τὴν ἀντίληψιν τῶν ὁρατῶν, τοῖς γε σωφρονοῦσιν ἔνεστιν εἰπεῖν (ἴδιον γὰρ τοῦτο τοῦ φωτίζοντος), οὐ μὴν οὐδὲ τὸ φθαρτικὸν τῆς ὑποκειμένης ὕλης οὐδεὶς ἂν ἀποδοῦναι, καθό γε φωτίζει, παρενεχθείη τῷ φωτί· οὐδὲ μεταδώσει θατέρῳ τὸ ἕτερον τοῦ ὀνόματος, δι’ οὗ τὴν γνῶσιν παρέχεται τῆς ὑπάρξεως. 22 Amph. 28 (IV 105, 32 – 106, 36 L/W): οὕτω γοῦν ἐκ τοῦ αὐτοῦ αἰτίου κατά γε τὸ πλεῖστον ἅμα μὲν καὶ ὁμοτίμως προερχόμενα, οὐ κατὰ τὸν αὐτὸν δὲ τρόπον τὴν πρόοδον ἔχοντα, ἐν τῇ κοινωνίᾳ τῆς ὑπάρξεως καὶ τὸ διάφορον τῶν ἰδιωμάτων ἑκάτερον ἀσυγχύτως καὶ ἀμεταβλήτως συνδιασῴζει πρὸς ἑκάτερον. 23 Siehe Greg. Nyss., Or. Dom. (GNO VII/2, 42, 25 Callahan); Greg. Nyss., oder Bas. Caes., Ep. 38.3 (I, 84, 41–47 Courtonne): ἐπεὶ δὲ χρὴ διὰ τῶν ἰδιαζόντων σημεῖων ἀσύγχυτον ἐπὶ τῆς Τριάδος τὴν διάκρισιν ἔχειν … [Da man durch die spezifischen Merkmale die Unterscheidung bei der Trinität unvermischt beibehalten muss …]; vgl. Greg. Nyss., oder Bas. Caes., Ep. 38.5 (I, 89, 48–49): ἀλλ’ ἐν τῇ κοινότητι τῆς οὐσίας τὰς γνωριστικὰς ἰδιότητας ἐπιλάμπειν ἑκάστῳ [In der Gemeinsamkeit des Wesens leuchten die charakteristischen Spezifika bei jedem (scil. der in der Trinität Geglaubten) auf].

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 Forschungsergebnisse

halb der Trinität ohne Vermischung der Hypostasen und andererseits zugleich zur Wahrung ihrer Identität ohne Teilung. Diese Grundannahme lässt sich auch von einer renommierten lateinischen Autorität des Spätmittelalters, Richard v. St. Viktor bewahrheiten: „Die persönliche Eigentümlichkeit ist das, wodurch jeder der ist, der er ist. Falls du sie für mitteilbar hieltest, behauptetest du, dass eine Person auch zwei Personen sein könnte. Persönliche Eigentümlichkeit ist völlig unmitteilbar, entzogen“.24

4.2.2 Das absolut einfache, d.  h. keine Art von Teilung in sich aufweisende Verursachende (ἀμέριστον αἴτιον) als Unterscheidungsträger innerhalb der Trinität und als Garant der Einheit – Auseinandersetzung mit zentralen lateinischen Argumenten [a) tanquam ab uno principio, b) relationes oppositae, c) principaliter] mit Hilfe philosoph-logischer Axiome aus der griechisch-byzantinischen Patristik Das Problem, das sich logischerweise aus dem trinitarischen Geflecht „ein Wesen – drei (gleichwertige) Hypostasen ergibt, hängt unmittelbar mit der Frage zusammen, wie die höchste Stufe von Einheit innerhalb der Trinität am besten und am effizientesten erreicht werden kann. Zugleich muss auch eine deutliche Unterscheidung vorliegen, die aber nicht zur Aufteilung der Trinität in voneinander abgetrennte „Teile“ führen darf. Wie entsteht eine solche Art von Unterschied, eine sogenannte paradoxe „Unterschiedenheit, die verbunden ist, und eine Verbundenheit, die unterschieden ist“ (διάκρισις συνημμένη καὶ διακεκριμένη συνάφεια)?25 Des Weiteren, wie kann man sagen, dass sich keine Person der Trinität in die Benennung der anderen wandelt, sondern den Eigenstand seiner Existenz ohne Vermischung oder Verminderung für sich behält? Antwort: Indem jede Person die für ihre Existenz grundlegende und bestimmende eigene Relation für sich unabdingbar bewahrt. Wie entsteht also das sogenannte „ἰδιότροπον“ der Relationen, durch die gleichzeitig die Gefahr einer Vermischung oder einer Teilung vermieden wird? Die kappadozische Theologie hat versucht, das Problem zu lösen, indem sie die Idee der Monarchie des Vaters erläutert und entfaltet hat. Diese Entfaltung ist nicht willkürlich entstanden, sondern aus einem ausgewogenen Verhältnis zwi-

24 Siehe Richard v. St. Viktor, De Trinitate, IV.17. Siehe Markus Mühling/Martin Wendte (Hgg.), Entzogenheit in Gott. Beiträge zur Rede von der Verborgenheit der Trinität (= Ars Disputandi Supplement Series Bd. 2), Utrecht 2005, S. vii. 25 Siehe Greg. Nyss., oder Bas. Caes., Ep. 38.4 (I, 87, 90–91 Courtonne).

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schen einer biblisch fundierten Interpretation, nach der die Hypostase des Vaters den zwei anderen logisch deutlich vorangestellt wird (der Sohn ist vom Vater gezeugt, der Hl. Geist geht vom Vater aus), und der philosophischen Prämisse des klassischen griechischen Denkens und zwar der des absoluten Ursprungs.26 Durch die Lektüre Gregors von Nazianz verschafft man sich einen klaren Einblick in die Idee der Monarchie des Vaters und deren grundlegender Eigenschaft als Ursache jeder Unterscheidung und Ausdifferenzierung überhaupt: „Du, bestimme auch unsere Frömmigkeitslehre (über die Trinität), indem du lehrst, dass du einerseits einen Gott, der ungezeugt ist, den Vater, kennst, andererseits einen gezeugten Herrn, den Sohn, den man als Gott bezeichnet, wenn man ihn für sich allein betrachtet, und als Herren, wenn man ihn zusammen mit dem Vater anredet. Das eine wegen der (gemeinsamen) Natur, das andere wegen der Monarchie; und einen Heiligen Geist, der aus dem Vater hervorgeht oder auch aus ihm herkommt. (Verstehe), dass man nicht zulassen darf, dass der Vater einer anderen Arché unterliegt, damit man kein Erstes anstelle des Ersten einführt und deswegen dem Ersten das Sein umgestürzt wird. Man darf auch nicht behaupten, der Sohn oder der Heilige Geist seien ohne Grund, damit man die Eigenschaft des Vaters nicht abschafft. Denn beide sind nicht ohne Grund und trotzdem sind zugleich irgendwie wiederum ohne Grund, was (sicherlich) ein Paradox ist. Denn einerseits sind sie in Hinblick auf die Ursache nicht ohne Grund, weil sie von Gott (dem Vater) sind, selbst wenn beide nach ihm sind, wie im Fall des Lichtes, das der Sonne entstammt“.27 26 Siehe dazu Jens Halfwassen, Der absolute Ursprung bei Plotin, in: „Einheit und Vielheit als metaphysisches Problem“, Johannes Brachtendorf/Stephan Herzberg (Hgg.), Tübingen 2011, 61–82. 27 Or. 25.15 (SC 284, 192, 18 – 194, 30 Mossay/Lafontaine): Ὁρίζου δὲ καὶ τὴν ἡμετέραν εὐσέβειαν, διδάσκων ἕνα μὲν εἰδέναι Θεὸν ἀγέννητον, τὸν Πατέρα· ἕνα δὲ γεννητὸν Κύριον, τὸν Υἱόν· Θεὸν μὲν, ὅταν καθ’ ἑαυτὸν λέγηται, προσαγορευόμενον· Κύριον δὲ, ὅταν μετὰ Πατρὸς ὀνομάζηται· τὸ μὲν διὰ τὴν φύσιν, τὸ δὲ διὰ τὴν μοναρχίαν. Ἓν δὲ Πνεῦμα ἅγιον, προελθὸν ἐκ τοῦ Πατρὸς ἢ καὶ προϊόν· … Μήτε ὑπὸ ἀρχὴν ποιεῖν τὸν Πατέρα, ἵνα μὴ τοῦ πρώτου τι πρῶτον εἰσαγάγωμεν, ἐξ οὗ καὶ τὸ εἶναι πρώτῳ περιτραπήσεται· μήτε ἄναρχον τὸν Υἱὸν ἢ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον, ἵνα μὴ τὸ Πατρὸς ἴδιον περιέλωμεν. Οὐκ ἄναρχα γὰρ, καὶ ἄναρχά πως· ὃ καὶ παράδοξον. Οὐκ ἄναρχα μὲν γὰρ τῷ αἰτίῳ· ἐκ Θεοῦ γὰρ, εἰ καὶ μὴ μετ’ αὐτὸν, ὡς ἐξ ἡλίου φῶς. Auf dieses wichtige Zitat hat schon Christopher Beeley im Gespräch mit anderen Gelehrten (John Egan, Richard Cross, Louis Ayres, John Behr) in Bezug auf die Frage, wie die Kausalität und Monarchie bei Gregor von Nazianz zu verstehen ist, hingewiesen. Beeley gelangt mit Recht zur Einsicht, dass bei Gregor der Vater die Wurzel der trinitarischen Unterscheidungen sei, sowie, dass er als Ursache die göttliche Einheit aufrechterhalte. Am Ende seiner Studie bezeichnet Beeley die von manchen Gelehrten (Theodore de Régnon, John Meyendorff) entfaltete Dichotomie zwischen Wesen und Person und die damit verbundene Frage der Prioriät der Person gegenüber dem Wesen und umgekehrt, als eine Frage, die dem trinitarischen Dogma des Nazianzeners nicht gerecht wird. Nach Gregor von Nazianz sei

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 Forschungsergebnisse

Dieses klassische Zitat ist ein Beleg dafür, welche Bedeutung die kappadozische Trinitätslehre der Hypostase des Vaters als einziger Quelle der Gottheit beimisst. Diese besondere Rolle bzw. Vorrangstellung des Vaters sucht das kappadozische Trinitätsdenken nicht nur in der Bibel, sondern auch im klassisch-philosophischen Denken zu begründen. Dies lässt sich deutlich am Axiom der absoluten, ursprünglichen und grundlosen Arché (τὸ τῆς ἀρχῆς ἀξίωμα) erkennen,28 das keinen infiniten Regress, keinen endlosen Rückgang, in einer unendlichen Reihe von Prinzipien zulässt.29 D.  h., wenn der Vater, als Vater und Erzeugender von Anfang an kein Ursprung in der Gottheit wäre, müsste man eine andere ihm vorangehende „erste“ Arché voraussetzen, der Sohn und Geist entstammen würden. Der Vater steht in der Trinität an erster Stelle (προτετάχθαι), weil ihm innertrinitarisch die Ehre des Verursachenden (τιμὴ τοῦ αἰτίου)30 zugewiesen ist und weil sich die Trinität in ihrer heilsgeschichtlichen Selbstäußerung-Selbsterschließung nach außen auf eine geordnete Weise offenbart hat.31 Das eine und absolut einfache Urprinzip garantiert die Unveränderlichkeit in der Einheit der

Gott der Vater keine Art von göttlicher Person, die vorrangig oder unabhängig von der göttlichen Natur existiert. Siehe Divine Causality and the Monanrchy of the Father in Gregory of Nazianzus, in: HTR 100/2 (2007) 199–214, bes. 206–208 und 213. Beeley liefert aber (S. 208 Anm. 57–58) keine Erklärung, in welchen philosophischen Prämissen die Idee eines einzigen Ursprungs und daher eines einzigen Unterscheidungsträgers innerhalb der Dreiheit begründet ist. 28 Siehe Greg. Naz., Or. 2.38 (SC 247, 140, 9 Bernardi). Vgl. Or. 29.9 (SC 250, 194, 8–9 Gallay): τι γὰρ τοῦ ἀπ’ ἀρχῆς πρεσβύτερον … [Was gibt es Älteres als das, was von Anfang an da war?]. Vgl. Plotin Enn. VI 8, 11, 8–9: ἀρχῆς δὲ τῆς πάσης οὐκ ἔστιν ἀρχή. 29 Siehe Plotin Enn. III 8, 10, 20–23: Διὸ καὶ ἡ ἀναγωγὴ πανταχοῦ ἐφ’ ἕν. καὶ ἐφ’ ἑκάστου μέν τι ἕν, εἰς ὃ ἀνάξεις, καὶ τόδε πᾶν εἰς ἓν τὸ πρὸ αὐτοῦ, οὐχ ἁπλῶς ἕν, ἕως τις ἐπὶ τὸ ἁπλῶς ἓν ἔλθῃ· τοῦτο δὲ οὐκέτι ἐπ’ ἄλλο [Darum führt der Rückgang überall auf eines. Und bei einem jeden gibt es eines, worauf du es zurückführen kannst, und dieses Ganze auf das eine vor ihm, das nicht schlechthin eines ist, bis man zu dem schlechthin Einen kommt – dieses aber ist nicht mehr auf ein anderes rückführbar]. Dazu Gerhard Huber (Übers.), Das Sein und das Absolute. Studien zur Geschichte der ontologischen Problematik in der spätantiken Philosophie, Basel 1955, 54. Vgl. Johannes Skythopolis, In librum De Divinis Nominibus XIII (PTS 62, 446, 6–10 Suchla): τῶν μὲν οὖν ἐν ἀριθμοῖς διαιρέσεων εἰς πλῆθος τὸ πέρας εἰς μονάδα ἀνάγεται. ἡ δὲ ἀρχὴ ἐν ἑκάστῳ γένει τὸ ἁπλούστατον ἐστιν. καὶ ἐν τοῖς οὖσιν οὖν, εἴτε ἓν τὰ πολλά ἐστιν εἴτε τὸ ἓν πολλά ἐστιν, ἀρχή τις καὶ στοιχεῖον τὸ ἁπλούστατόν ἐστιν [Das Ende jeder numerischen Unterteilung in eine Vielheit ist auf die Monade zurückzuführen. Die Arché ist in jeder Gattung das (absolut) Einfachste. Auch innerhalb der Seienden, mag das Viele eines oder das Eine vieles sein, stellt eine Arché und Grundelement das Einfachste überhaupt dar]. 30 Siehe Amph. 188 (V, 251, 57 L/W). 31 Siehe Amph. 190 (V, 256, 88–89 L/W): οὐκοῦν εἰκότως ἡ τοῦ πατρὸς ἀπεκαλύφθη πρῶτον γνῶσις, καὶ κατὰ προκοπὴν ἡ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ πνεύματος [Nun wurde selbstverständlich die Erkenntnis des Vaters uns zuerst offenbart und danach im Fortschritt die des Sohnes und des Geistes].

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Natur (τὸ ἀπαράλλακτον τῆς συμφυΐας) sowie die wesensgleiche und gleichewige Hervorbringung (προβολή) beider Verursachten.32 Eine derartige Vorrangstellung ist nur logisch und nicht ontologisch zu verstehen, wie etwa beim brennenden Feuer, das gegenüber seinen beiden Manifestationen, nämlich Leuchten und Wärmen, gedanklich vorzuordnen ist. Um Ursache und Träger jeglicher Unterscheidung sein zu können, darf das eine und einzige Verursachende, nämlich der Vater nicht die geringste Teilung in sich aufweisen (ἀμέριστον),33 d.  h. es muss absolut einfach sein. Absolute Einfachheit bedeutet kurz und bündig das, was aus jedem Gegensatz herausgenommen ist, das, was von jeder Zweiheit gereinigt ist,34 das völlig Unbedürftige (αὐταρκέστατον).35 Einfachheit bedeutet also Ausschluss jeder wie immer gearteten ontologischen Struktur.36 Unter Berücksichtigung dieser aus der Philosophie stammenden Prämisse kann der Urgrund in der Trinität nur ein einziger sein und dieses kann nur die Hypostase des Vaters sein. Denn ein Zusammenwirken zweier oder mehrerer gleichursprünglicher und voneinander unabhängiger Prinzipien wäre selbst grundlos, da jede Vielheit (von Prinzipien) ein ursprünglicheres Einheitsprinzip

32 Siehe Amph. 190 (V, 254, 18–23 L/W): ἀλλ’ ὁ πατὴρ αἴτιος τῶν ἐξ αὐτοῦ πεφυκότων, τοῦ μὲν κατὰ τὴν γέννησιν, τοῦ δὲ κατὰ τὴν ἐκπόρευσιν, εἰς αὐτὸν ὡς εἰς ἀρχὴν συμφυοῦς τε καὶ συνανάρχου προαγωγῆς ἀναφερομένων. Ἀλλ’ αὕτη μὲν ἡ ἀπόδοσις τὸν πατέρα δείκνυσιν εὐλόγως τῶν ἐξ αὐτοῦ προτετάχθαι, οὐκέτι δὲ καὶ διότι τοῦ πνεῦματος ὁ υἱός· [Aber der Vater ist Verursacher dessen, was ihm wesentlich entstammt, des einen hinsichtlich der Zeugung, des anderen hinsichtlich des Hervorgangs; und beide sind auf ihn zurückzuführen, als den Grund ihrer wesenseinen und gleichrangigen bzw. gleichewigen Hervorbringung. Aber diese Zuweisung weist darauf hin, dass der Vater logischerweise dem vorangestellt ist, was ihm entstammt, zeigt aber auf gar keinen Fall, aus welchem Grund der Sohn dem Geist vorangestellt sein sollte]. 33 Siehe Myst. 53 (S. 48, 8–9 Pol.). 34 Siehe Proklos, In Parm. VI (1076, 33 – 1077, 3 Cousin): … οὔτε ὅλον οὔτε μέρος, οὔτε ταὐτὸν οὔτε ἕτερον, οὔτε ἑστὼς οὔτε κινούμενον· πάσης γὰρ ἐξῄρηται τὸ ἓν ἀντιθέσεως, πάσης ὑπερήπλωται σχέσεως, πάσης δυάδος καθαρεύει, παντὸς πλήθους αὐτῶν καὶ τῶν συστοίχων τῶν διττῶν αἴτιον ὂν καῖ τῆς πρώτῆς δυάδος καὶ πάσης σχέσεως καὶ πάσης ἀντιθέσεως [(Das Eine) ist weder Ganzes noch Teil, weder Identität zu sich selbst noch Andersheit, weder im Stand noch in Bewegung. Denn das Eine ist jedem Gegensatz entnommen, über jede Beziehung hinaus entfaltet, von jeder Zweiheit gereinigt, es ist selbst die Ursache jeder Vielheit und koordinierter Paaren von Gegensätzen, und auch jeder ursprünglichen Zweiheit, jeder Relation und jedes Gegensatzes. Dazu Werner Beierwaltes (Übers.), Proklos. Grundzüge seiner Metaphysik, Frankfurt 1965, 345. 35 Siehe Plotin Enn. VI 9, 6, 17–26: δεῖ μὲν γὰρ ἱκανώτατον ὂν (τὸ Ἓν) ὃ ἁπάντων καὶ αὐταρκέστατον καὶ ἀνενδεέστατον εἶναι. Vgl. V 4, 1, 12. Dazu siehe Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen 1992, 102; Paul Gavrilyuk, Plotinus on Divine Simplicity, in: Modern Theology 35/3 (2019) 442–451. 36 Huber, Das Sein und das Absolute 1955, 54.

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voraussetzt, welches die Zuordnung und das Zusammenwirken jener (sekundären) Prinzipien erst ermöglicht.37 Demnach könne es in der Trinität in doppelter Hinsicht nicht zwei zusammenwirkende Prinzipien geben, einerseits weil, jede Zweiheit von einer ursprünglichen Einheit abhängig ist,38 andererseits, weil jede Zweiheit die Unterscheidung in sich wesentlich trägt, d.  h. Quelle der Auflösung, Spaltung und Zerstreuung ist.39 Die absolute Einfachheit des Urprinzips und dessen Vorrang gegenüber jeder Vielheit und daher auch der Zweiheit lässt sich in den philosophischen Überlegungen von Johannes Damaskus gegen die Manichäer deutlich erkennen: „Die Zwei aber sind keine Arché. Denn die Arché der beiden ist eine andere, nämlich die Einzigkeit. Wenn du also über die Arché disputierst, sprich von einer Arché, damit die Arché vollkommen sei. Denn die Einzigkeit (μονάς) ist von Natur aus Arché der Zweiheit. Wenn es also zwei Archaí gäbe, wo bliebe da die von Natur aus frühere Arché, d.  h. die Einzigkeit“?40

37 Siehe Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen 1992, 101 mit Verweis auf Plotin Enn. V 1, 9, 23–27 und V 1, 9, 13–20. 38 Siehe Plotin V 1, 5 6–8: καὶ γὰρ πρὸ δυάδος τὸ ἕν, δεύτερον δὲ δυὰς καὶ παρὰ τοῦ ἑνὸς γεγενημένη ἐκεῖνο ὁριστὴν ἔχει, αὕτη δὲ ἀόριστον παρ’ αὐτῆς [Denn vor der Zweiheit ist das Eine, die Zweiheit ist erst das Zweite und von dem Einen her entstanden, sie hat jenes als ihr Bestimmendes, während sie selbst von sich selbst her unbestimmt ist]; V 6, 4 (11–13): τὸ μὲν γὰρ ἁπλοῦν οὐκ ἂν παρ’ ἄλλου εἴη, ὃ δ’ ἂν πολὺ ᾖ ἢ δύο, δεῖ αὐτὸ ἀνηρτῆσθαι εἰς ἄλλο [Denn das, was einfach ist, könnte nicht von einem anderen her sein, was aber Vieles oder auch nur Zweiheit ist, das muss selber von einem anderen abhängen]. DazuHalfwassen (Übers.), Der Aufstieg zum Einen 1992, 102–103. 39 Siehe Photios Amph. 181 (V, 238, 126–130 L/W): ἔτι δὲ ἡ δυὰς τά τε ἴχνη τοῦ μὴ ὄντος ἐν ἑαυτῇ πρώτη μάλιστα φέρει (λύσεώς τε γὰρ πρὸ τῶν ἄλλων αὕτη πηγὴ καὶ τομῆς καὶ σκεδασμοῦ) καὶ πᾶσιν αἰτία φέρειν ἐν ἑαυτοῖς τῆς φθορᾶς τὰ προοίμια [Darüber hinaus bringt in höchstem Maße die Zweiheit als erste die Spuren des Nichtseienden in sich. Denn sie ist selbst vor allen Dingen die Quelle der Auflösung, Spaltung und Zerstreuung sowie die Ursache aller Dinge, dass sie die ersten Spuren der Vergänglichkeit in sich tragen]. Vgl. Jamblich, Theol. Arithm., ed. V. de Falco (1922)/ed. addendis et corrigendis adiunctis cur. Ulrich Klein, Stuttgart 1975, cap. II.9, 6–7: τῆς γὰρ μονάδος ἕνωσιν δηλούσης, ἡ δυὰς ὑπεισελθοῦσα διαχωρισμὸν δηλοῖ [Während die Monade Einung kundtut, zeigt die Zweiheit, die sich eingeschlichen hat, Absonderung-Trennung]. 40 Contra Manichaeos 3 (PTS 22, 353, 21 – 354, 24 Kotter): Τὰ δὲ δύο οὐκ ἀρχή· ἄλλη γὰρ ἀρχὴ τῶν δύο, ἡ μονάς. Περὶ ἀρχῆς οὖν διαλεγόμενος, μίαν ἀρχὴν εἰπέ, ἵνα ᾖ τελεία ἡ ἀρχή· φύσει γὰρ μονὰς ἀρχὴ δυάδος. Εἰ οὖν δύο ἀρχαί, ποῦ ἡ φύσει πρότερα ἀρχή, τουτέστιν ἡ μονάς; Vgl. Div. Nom. IV.21 (PTS 33, 168, 22 – 169, 3 Suchla): πᾶσα γὰρ δυὰς οὐκ ἀρχή, μονὰς δὲ ἔσται πάσης δυάδος ἀρχή· καίτοι ἄτοπον ἐξ ἑνὸς καὶ τοῦ αὐτοῦ δύο παντελῶς ἐνάντια προϊέναι καὶ εἶναι καὶ αὐτὴν τὴν ἀρχὴν οὐχ ἁπλῆν καὶ ἐνιαίαν, ἀλλὰ μεριστὴν καὶ δυοειδῆ καὶ ἐναντίαν ἑαυτῇ καὶ ἠλλοιωμένην [Es fungiert nämlich keine Zweiheit als Ursprung, wohl aber wird die Einzigkeit Ursprung jeder Zweiheit sein. Gleichwohl ist es abgeschmackt, dass aus ein und demselben zwei völlige Gegensätze hervorgehen und existieren und ferner der Ursprung selbst nicht schlicht und einfach,

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Eine Zweiheit oder eine in sich geteilte Einzigkeit (Vater und Sohn) kann daher kein absolutes, einfaches Urprinzip in der Trinität sein. Denn nähme man zwei Prinzipien in der Trinität an, „wie würde sich die Aussage vermeiden lassen, es gebe in der Trinität zwei alternierende Prinzipien, von denen das eine die Ursprungslosigkeit besitzt und darin fest gegründet ist, das andere gleichzeitig einen Ursprung hat und sich auf eine Ursache rückbezieht und sich mit der Verschiedenheit- (Änderung) der Bezüge (hin und her) übertragen lässt“?41 Darüber hinaus, „wenn der Geist vom Vater und vom Sohn ausgeht, würde das Eine den Zweien entstammen und es gäbe zwei Archaí des Einen. Denn der Hl. Geist ist einer wie der Vater einer ist sowie der Sohn einer ist. Vater und Sohn sind aber nicht eines, sondern zwei, wenn auch beide naturgemäß eines sind. Denn sie sind einer und ein anderer, wenn auch sie nicht das eine und das andere sind … (In einem solchen Fall) würde jede Einzigkeit, die in den Seienden zu betrachten ist, der Zweiheit entstammen, und die Zweiheit wäre Ursprung der Einzigkeit, was (sicherlich) widersinnig und der allgemeinen Vernunft widersprechend ist; denn der allgemeinen Vernunft gemäß stellen alle das Eine und die Einzigkeit der Zweiheit und jeder Zahl voran, weil demnach die Einzigkeit Ursprung der Zweiheit und jeder Zahl ist …; und wie kann (völlig) einfach sein, das, was nicht dem einen, sondern den zweien entstammt, von denen das eine ein ursacheloses Verursachendes, das andere aber zugleich Verursachtes und Verursachendes ist“?42 Eine plausible Lösung wäre es (nach Auffassung der Lateiner) zu behaupten, dass der Hl. Geist den beiden, Vater und Sohn, entstamme, als ob es sich (beim Hervorgang des Geistes) um ein Prinzip handle, weil das Wesen des Vaters und des Sohnes (wegen der Homoousie) eins sei!43 Auf eine solche Alternative, die auf

sondern geteilt und zweigestaltig, sich selbst entgegengesetzt und entfremdet sein soll]; Greg. Pal., Logos Apodeiktikos I.20 (I, 48, 24–25 Bobrinsky/Chrestou): οὐκ ἐκ τῆς δυάδος προάγεται τὸ ἕν, οὐδ’ εἰς τὴν δυάδα ἀναφέρεται [Das Eine wird weder aus der Zweiheit hervorgbracht noch geht es auf sie zurück]. 41 Siehe Myst. 14, im Kommentar Anm. 42. 42 Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 1 und 19 (I, 360 und 368 Demetrakopoulos): εἰ τὸ Πνεῦμα ἐκ τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ ἐκπορεύεται, εἴη ἂν τὸ ἓν ἐκ τῶν δύο καὶ δύο ἀρχαὶ τοῦ ἑνός· ἓν γὰρ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον, ὥσπερ καὶ ὁ Πατὴρ εἷς καὶ ὁ Υἱὸς εἷς. Πατὴρ δὲ καὶ Υἱὸς οὐχ εἷς, ἀλλὰ δύο, εἰ καὶ τῇ φύσει ἓν· ἄλλος γὰρ καὶ ἄλλος, εἰ καὶ μὴ ἄλλο καὶ ἄλλο … εἴη ἂν καὶ πᾶσα ἡ ἐν τοῖς οὖσι θεωρουμένη μονὰς ἐκ δυάδος, καὶ ἡ δυὰς ἀρχὴ τῆς μονάδος, ὅπερ ἄτοπον καὶ τῇ κοινῇ ἐνάντιον ἐννοίᾳ, καθ’ ἣν τὸ ἓν πάντες καὶ τὴν μονάδα δυάδος τε καὶ παντὸς προτάττουσιν ἀριθμοῦ, ὡς ἄρα τῆς μονάδος ἀρχῆς οὔσης δυάδος τε καὶ παντὸς ἀριθμοῦ … πῶς δὲ καὶ ἁπλοῦν τὸ μὴ ἐξ ἑνός, ἀλλ’ ἐκ δύο, τοῦ μὲν ἀναιτίου αἰτίου, τοῦ δὲ αἰτιατοῦ καὶ αἰτίου; Siehe Kommentar Anm. 22. 43 Siehe Eustr. Nik., Ἔκθεσις (I, 98 Demetrakopoulos): εἰ δὲ φήσουσιν (scil. οἱ Λατίνοι), ἀλλ’ εἰ καὶ ἐκ δύο ὡς ἐξ ἑνὸς διὰ τὸ οὐσίαν εἶναι μίαν Πατρὸς καὶ Υἱοῦ, πάλιν πρὸς τοῦτο ἀντιθησόμεθα. Von diesem lateinischen Argument gibt Eustratios im Gespräch mit dem Mailänder Erzbischof

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 Forschungsergebnisse

Basis des trinitarischen Denkens Augustins im Laufe der synodalen Entwicklung der Kirche in offiziellen Dekreten des Westens auftritt,44 hat die spätere byzantinische antifilioquistische Patristik folgendermaßen reagiert: „Wenn die Zwei, die dem Wesen nach eines sind (vgl. Joh 10,30), Ursachen des Eines sind, wird das, was nicht Ursache ist, folglich nicht wesensgleich (mit den beiden anderen) sein. Denn, wenn dieses (was nicht Ursache ist) mit diesen (scil. Vater und Sohn) wesensgleich ist, wird zwangsläufig dieses auch Ursache (in vielerlei Hinsicht) sein: a) entweder Ursache dieser beiden, oder b) eines davon, oder c) Ursache seiner selbst oder d) einer vierten Person. Wenn es einerseits Ursache dieser beiden oder eines davon ist, wird dasselbe zum selben in Hinblick auf dasselbe Verursachtes und Verursachendes sein. Wenn es Ursache seiner selbst ist, wird es zu sich selbst Verursachtes und Verursachendes sein. Falls es Ursache einer vierten Person ist, dann entweder einer, die mit den drei anderen Personen dasselbe Wesen hat (und dann wird die Gottheit keine Dreiheit mehr sondern Vierheit sein) oder einer, die in Hinblick auf das Wesen etwas geringer ist“.45 Fazit: Wenn die Grundvoraussetzung für das gemeinsame VerursachendesSein beider Hypostasen, des Vaters und des Sohnes, ihre Wesenseinheit und Wesensidentität (Homoousie) ist, wie kann dann nicht aufgrund derselben Voraussetzung eine entsprechende Eigenschaft für den Geist postuliert werden? Des Weiteren würde die Auffassung, dass der Geist (wegen der Wesensgleichheit innerhalb der Trinität) „aequaliter ab utroque“ (ex Patre et Filio) hervorgeht,

Petrus Grossolano in Konstantinopel Zeugnis. Dazu siehe P. Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 512–513. Auf dasselbe Argument stößt man bei einem byzantinischen Theologen des 12. Jh., Basileios von Achrida, der die griechische Position zum Filioque folgendermaßen in Frage stellt: „Wenn nun der Hervorgang des Geistes aus dem Wesen des Vaters erfolgt und aus demselben Wesen auch der Sohn ist, wie könnt ihr dann sagen, der Geist gehe aus dem Vater hervor, nicht aber aus dem Sohn? Denn Vater und Sohn sind vom demselben Wesen“. Angaben nach Gemeinhardt (Ebd., 530, Anm. 61). Genau das gleiche Argument lebt in den Ausführungen des anonymen Verfassers des „Tractatus Contra Graecos“ (1252) weiter fort. Dazu siehe Andrea Riedl, Kirchenbild und Kircheneinheit, Berlin/Wien 2020, 100. 44 Siehe den dogmatischen Beschluss von Lyon (1274): non tanquam ex duobus principiis, sed tanquam ex uno principio; in: Enchridion symbolorum 850 D/H. Vgl. Konzil von Ferrara-Florenz 1300 D/H. Dazu siehe Einführung in die Problematik des Filioque …, Anm. 64. Dieses Argument findet sich auch bei Anselm von Canterbury. Dazu siehe Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 478, Anm. 313. 45 Eustr. Nik., Ἔκθεσις (I, 98 Demetrakopoulos): εἰ τὰ δύο ἔστι ταῦτα κατ’ οὐσίαν αἴτια τοῦ ἑνός, οὐκ ἔσται κατ’ οὐσίαν ταυτὸν τὸ μὴ αἴτιον· εἰ δὲ ταυτὸν κατ’ οὐσίαν καὶ τοῦτο ἐκείνοις, ἔσται αἴτιον καὶ αὐτὸ ἐξ ἀνάγκης, καὶ ἢ ἐκείνων ἀμφοῖν, ἢ θατέρου ἐκείνων, ἢ ἑαυτοῦ, ἢ τετάρτου τινός. εἰ μὲν οὖν ἐκείνων, ἢ ἀμφοῖν, ἢ θατέρου, ἔσται τὸ αὐτὸ πρὸς τὸ αὐτὸ κατὰ τὸ αὐτὸ αἰτιατόν τε καὶ αἴτιον· εἰ δὲ ἑαυτοῦ, ἔσται αὐτὸ πρὸς ἑαυτὸ αἰτιατόν τε καὶ αἴτιον· εἰ δὲ τετάρτου τινός ἢ ὁμουσίου τοῖς τρισί, καὶ οὐκ ἔσται τριὰς ἡ θεότης, ἀλλὰ τετράς, ἢ κατ’ οὐσίαν ἐλάττονος.

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als ob es sich dabei um ein und nicht um zwei Prinzipien handelte „tanquam ab uno principio“, (d.  h. im Sinne einer Ko-Prinzipialität des Sohnes, welche die Monarchie des Vaters nicht in Frage stellen würde) nach der Meinung der an der photianischen Argumentatinonslinie treu bleibenden byzantinischen Autoren die Einführung zweier Ursachen in die Trinität unsausweichlich machen: Eine solche Auffassung, dass der Hl. Geist auf seine Weise nicht etwa aus zwei Quellen, sondern wahrhaftig aus einer Quelle hervorgeht, würde gemäß dem byzantinischen Theologen Neilos Kabasilas (1298–1363)46 der Gefahr der Annahme zweier Prinzipien und Ursachen in der Trinität nicht entgehen. Denn ist der Sohn an der Eigenschaft des Hervorbringens, das als spezifische und konstituierende Eigenschaft der Person des Vaters gilt, beteiligt, kann dann der eine und einzige Erzeuger des Sohnes, nämlich der Vater, weder numerisch mit dem einen Hervorbringer, Vater und Sohn, zusammenfallen noch mit ihm identisch sein. Beim einen Hervorgehen des Geistes aus Vater und Sohn und dies in Vergleich zum einen Erzeugenden des Sohnes, nämlich dem Vater, ist keine arithmetische Entsprechung festzustellen. Denn der eine Erzeugende (Vater) kann auf gar keinen Fall mit dem einen Hervorbringenden, Vater und Sohn, numerisch der gleiche, d.  h. einer, sein. Demzufolge kann zwangsläufig weder der eine „γεννήτωρ“ als „προβολεύς“ noch der eine „προβολεύς“ (d.  h. Vater und Sohn), als „γεννήτωρ“ betrachtet werden. Gäbe es eine arithmetische Entsprechung zwischen dem einen Erzeugenden und dem „einen“ Hervorbringenden, wäre ein wechselseitiger Austausch der Eigenschaften des Hervorbringens mit der des Erzeugens möglich.47 Diese Entsprechung gibt es aber nicht. Und diese numerische Nichtentsprechung und Nichtidentität des Erzeugers und des Hervorbringers

46 Über Nikolaos Kabasilas siehe: Athanasios Aggelopoulos, Der Stammbau der Familie Kabasilas (griechisch), in: Makedonika 17 (1977) 374–375; 394–395; Alexander Kazhdan, „Kabasilas Neilos“, in: Lexikon des Mittelalters 5 (1990–1991) 845. 47 Siehe Konstantinos Liakouras, Die Lehre vom Ausgang des Hl. Geistes nach Neilos Kabasilas, Athen 1997, 258, Anm. 19, mit Verweis auf De processione Spiritus sancti, I, 1, 26, Marcianus gr. II 9, f. 23v–24r. Der Grundgedankengang von Kabasilas lautet wie folgt: [Wenn Vater und Sohn als einziger Hervorbringender ein (einziges) Verursachendes des Hl. Geistes sind, der Vater aber als einziger Erzeugender allein Ursache des Sohnes ist, dann muss man zwangsläufig unter dieser Voraussetzung zwei Ursprünge und zwei Verursacher für die Gottheit annehmen. Denn es verhält sich so: Der eine einzige Erzeuger, nämlich der Vater, ist nicht zahlenmäßig mit dem einen einzigen Hervorbringenden, nämlich dem Vater und dem Sohn, identisch. Woraus ergibt sich das? Daraus, dass (weil) diese nicht austauschbar sind. Miteinander austauschbar sind die Dinge, soweit sie als zahlenmäßig identisch ausgesagt werden. Es liegt auf der Hand, dass das hier nicht der Fall ist (dass sie nicht austauschbar sind). Denn einerseits ist der eine Erzeuger zwangsläufig auch Hervorbringender, der eine Hervorbringende aber, d.  h. Vater und Sohn, ist nicht unbedingt auch Erzeugender].

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hat also deren eindeutige numerische Verschiedenheit zur Folge und bestimmt die Betrachtung des einen Erzeugers und des einen Hervorbringers auf die Zahl nach zwei, die sich strikt voneinander unterscheiden. Das bedeutet letzten Endes die Einführung zweier Prinzipien in die Dreiheit: „Demnach ist der eine Erzeugende mit dem einen Hervorbringer numerisch nicht identisch; wenn aber beide miteinander nicht identisch sind, sind sie notwendig voneinander unterschieden. Es sind also der eine Erzeugender und der eine Hervorbringer numerisch zwei. Und jeder von beiden ist Arché und Quelle der Gottheit. Wenn sich aber die Sache so verhält, wie wird es nicht zwei Quellen und Prinzipien der Gottheit geben, die sich numerisch voneinander unterscheiden“?48 Wenn Vater und Sohn nicht als ein absolut einfaches einziges Prinzip für den Hl. Geist auftreten können, ohne die Idee der Monarchie des Vaters, d.  h. die Idee des einen einzigen absolut einfachen Verursachenden in Frage zu stellen, muss man zwangsläufig ein anderes logisches Argument entwickeln, welches die Haltbarkeit des Filioqueansatzes stärken und absichern soll. Der lateinische Westen hat versucht, das Filioque durch eine Reduktion auf die grundlegende Ursprungsrelation der innertrinitarischen Relationen zu erläutern, nämlich „deus de deo“.49 Dieser Gedanke konkretisiert sich im folgenden Grundgesetz, das auf den berühmten Anselm von Canterbury zurückgeht: „Quatenus nec unitas amittat aliquando suum consequens, ubi non obviat aliqua relationis oppositio, nec relatio perdat quod suum est, nisi ubi obsistit unitas inseparabilis“ [Sofern die Einheit niemals das verliert, was ihre Konsequenz ist, wo nicht irgendein Gegensatz der Beziehung im Wege steht, verliert auch die Beziehung nicht das, was ihr eigen ist, außer wo die untrennbare Einheit im Wege steht].50 Das bedeutet, dass sich

48 De processione Spiritus sancti, I, 1, 26, Marcianus gr. II 9, f. 24r, zit. nach Liakouras, Die Lehre vom Ausgang des Hl. Geistes 1997, 259, Anm. 20: οὐκ ἄρα δύο ταὐτὸν τῷ ἀριθμῷ ὁ εἷς γεννήτωρ τῷ ἑνὶ προβολεῖ· εἰ δὲ οὐ ταὐτόν, πάντως ἕτερον. Δύο ἄρα τῷ ἀριθμῷ ὁ εἷς γεννήτωρ καὶ ὁ εἷς προβολεύς· ἔστι δὲ ἑκάτερον τοῦτων ἀρχὴ καὶ πηγὴ τῆς θεότητος. Ὥστε τούτων κειμένων πῶς οὐ δύο ἀρχαὶ καὶ πηγαὶ θεότητος, ἀλλήλων τῷ ἀριθμῷ διαφέρουσαι; 49 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 489. Vgl. Siehe Oberdorfer, Filioque. Werbeschrift für ein Problem, in: MJTh XII 2000, 128. 50 Siehe edd., 488 mit Verweis auf De processione Spiritus sancti, in: Sancti Anselmi Cantuariensis Archiepiscopi Opera Omnia, Franciscus Salesius Schmitt (Hg.), Bde. I–VI, Bad Seckau – Rom – Edinburgh 1938–1961 (ND Stuttgart – Bad Cannstatt 19842), Bd. II, 181, 2–4. Vgl. Thomas Aquinas, Summa Theologiae  I, 36, 2c; Summa Contra Gentiles, IV, 24: In rebus enim, remota materiali distinctione, quae in divinis personis locum habere non potest, non inveniuntur aliqua distingui nisi per aliquam oppositionem … Relinquitur igitur unam personam divinam ab alia non distingui nisi oppositione relationis: sic enim filius a patre distinguitur secundum oppositionem relativam patris et filii. Non enim in divinis personis alia relativa oppositio esse potest nisi secundum originem [Abgesehen vom materiellen Unterschied, der in den göttlichen Personen nicht

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die göttlichen Personen nur durch Ursprungsrelationen, d.  h. zwischen dem quod procedit und dem a quo procedit konstituieren können. Daraus ergibt sich, dass eine analoge Beziehung zwischen Sohn und Geist gefordert wird, damit sich diese voneinander unterscheiden können.51 Zu diesem Grundaxiom kommt die thomistische Annahme, dass jede Person in der Trinität ein doppeltes Ursprungsverhältnis zu den zwei anderen Personen aufweisen soll, wie es bei der Person des Vaters der Fall ist – er zeugt den Sohn und bringt den Hl. Geist hervor –, damit eine gewisse Symmetrie von doppelten Ursprungsrelationen bestehen kann.52 Aus einer solche Annahme, ergibt sich, dass der Sohn ein doppeltes Verhältnis zu den anderen zwei Personen, Vater und Geist haben soll, wie auch der Geist zum Vater und Sohn: der Sohn wird vom Vater gezeugt und bringt den Hl. Geist hervor. Der Hl. Geist wiederum geht vom Vater, aber auch vom Sohn aus. Dabei stellt sich nach Nikolaos Methonis die logische Frage: „Der Hervorgang des Geistes vom Vater und dem Sohn ist ein und derselbe oder der eine und der andere? Wenn er nun einer ist, dann ist das Hervorbringen des Geistes aus Vater und Sohn ein gemeinsames Proprium beider. Demzufolge stellt es kein Proprium des Vaters dar; denn weder ist das Eigentümliche gemeinsam noch das Gemeinsame eigentümlich, sondern es war (von Anfang an), dass er den Geist aus sich selbst hervorbringt, ein Proprium des Vaters. Man muss auch dieses zugeben, dass der Vater, insofern er der Vater ist, in (absolut) vollkommener Weise zugleich

statthaben kann, lässt sich unter den Dingen nur dann etwas unterscheiden, wenn ein gewisser Gegensatz vorkommt … Mithin verbleibt, dass sich eine göttliche Person von einer anderen nur aufgrund eines relationalen Gegensatzes unterscheidet. So unterscheidet sich nämlich der Sohn vom Vater gemäß dem relativen Gegensatz zwischen Vater und Sohn, denn es kann in den göttlichen Personen keinen anderen relativen Gegensatz geben als den hinsichtlich des Ursprungs]. Übers. nach Markus H. Wörner, Thomas Aquinatis Summae contra gentiles libri quattuor, Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, Bd. IV, S. 183. Dieses Grundaxiom hat gewichtige dogmatische Verlautbarungen der katholischen Kirche geprägt, wie die Bulle „Cantate Domino“ (4. Febr. 1442). Siehe Enchiridion symbolorum 1330 D/H: omniaque sunt unum, ubi non obviat relationis oppositio [Alles ist eins, wo sich keine Gegensätzlichkeit der Beziehung entgegestellt]. 51 Siehe in Bezug auf Thomas Aquinas, Simon, Das Filioque bei Thomas von Aquin 1994, 45. 52 Siehe Simon (Übers. wenig geändert), Das Filioque bei Thomas von Aquin 1994, 46 mit Verweis auf STh I, 36: Relationes autem personas distinguere non posunt, nisi secundum quod sunt oppositae. Quod ex hoc patet, quia pater habet duas relationes, quarum una refertur ad filium, et alia ad spiritum sanctum; quae tamen, quia non sunt oppositae, non constituunt duas personas, sed ad unam personam Patris tantum pertinent [Die Beziehungen können die Personen aber nur unterscheiden insofern sie gegensätzlich sind. Dies erhellt aus dem folgenden: Der Vater hat zwei Beziehungen, von denen die eine zum Sohn hingeht und die andere zum Hl. Geist; da diese aber nicht gegensätzlich sind, begründen sie nicht zwei Personen, sondern gehören zu der einen Person des Vaters].

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den Sohn zeugt und den Geist hervorbringt und dass ihm (scil. dem Vater) voll und ganz das Proprium des Vater-Seins zugewiesen ist, wie auch dem Sohn, dass er vom ihm gezeugt ist und dem Geist, dass er aus ihm hervorgeht; und wie wird das, was eigentümlich ist, zu etwas Gemeinsamem? Es sei denn, man ließe den Vater und den Sohn in eine Person zusammenfallen und erweckt damit Sabellius zu neuem Leben. Aus diesem Grund muss das eine und persönliche Proprium notwendig zu einer Person gehören. Wenn wiederum der Hervorgang (des Geistes vom Vater und dem Sohn) nicht ein und derselbe ist, sondern der Hervorgang vom Vater der eine und der vom Sohn der andere ist, dann sind beide Hervorgänge entweder einfach zwei voneinander verschiedene oder aber einander entgegengesetzte. Aber einander entgegengesetzt dieselben zu bezeichnen, gehört zur Häresie des Markion aus Pontus und des Mani von Persien, die die Ansicht zweier einander entgegengesetzter Prinzipien vertraten. Wenn aber andererseits die Hervorgänge einfach verschiedenartig sind, was ist dann ihr Unterschied? Und wie kann das, was aus diesen zwei verschiedenen besteht, eines und einfach und nicht entweder zwei oder etwas Zusammengesetztes sein“?53 Gibt es einen dritten Weg, durch den die lateinische Theologie der logischen Sackgasse, die sich aus orthodoxer Sicht ergibt, entgehen könnte? Ja es gibt ihn, und zwar diesen, der besagt, dass der Hl. Geist ursprünglich (principaliter) aus dem Vater sei.54 Diese in der augustinischen theologischen Spekulation verwurzelte Idee hat bei der Wiener Studientagung bezüglich des päpstlichen Dokuments über die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Hl. Geistes (15–17.05 1998) Anlass zu einer neuen Diskussion gegeben. Metropolit J. Zizioulas von Pergamon stellte damals in seinem Beitrag folgende Frage: „Bedeutet der Ausdruck principaliter notwendig die Unterordnung des Sohnes 53 Nik. Methonis, Ἔλεγχοι, cap. 4 (I, 361–362 Demetrakopoulos): ἡ τοῦ Πνεύματος ἐκπόρευσις ἐκ τοῦ Πατρός τε καὶ ἐκ τοῦ Υἱοῦ ἢ μία καὶ ἡ αὐτή ἐστιν, ἢ ἄλλη καὶ ἄλλη· εἰ μὲν οὖν μία, κοινὸν τοῦτο τῶν δύο Πατρός τε καὶ Υἱοῦ τὸ προάγειν τὸ Πνεῦμα ἐξ ἑαυτῶν· οὐκ ἄρα ἴδιον τοῦ Πατρός· τὸ γὰρ ἴδιον οὐ κοινόν, οὐδὲ τὸ κοινὸν ἴδιον, ἀλλ’ ἦν καὶ ἴδιον τοῦ Πατρὸς τὸ ἐξ ἑαυτοῦ προάγειν τὸ Πνεῦμα. Δεῖ γὰρ ὁμολογεῖσθαι καὶ τοῦτο, τὸ τὸν Πατέρα, ᾗ Πατέρα, τέλειον ἐξ ἑαυτοῦ γεννᾶν τὸν Υἱὸν ἅμα καὶ προάγειν τὸ Πνεῦμα, καὶ ὅλον τούτῳ αὐτῷ τὸ πατρικὸν ἀπονενεμεῖσθαι ἰδίωμα, ὥσπερ τῷ Υἱῷ τὸ ἐξ αὐτοῦ γεννᾶσθαι καὶ τῷ Πνεύματι τὸ ἐξ αὐτοῦ ἐκπορεύεσθαι· καὶ πῶς κοινοῦται τὸ ἴδιον; εἰ μὴ καὶ Πατὴρ καὶ Υἱὸς εἰς ἓν συνάγοιντο πρόσωπον, κἀντεῦθεν μέλλει Σαβέλλιος ἀναζῆν. Τὸ γὰρ ἓν προσωπικὸν ἰδίωμα ἑνὸς ἀνάγκη εἶναι προσώπου· εἰ δὲ μὴ μία καὶ ἡ αὐτή, ἀλλ’ ἄλλη μὲν ἡ παρὰ τοῦ Πατρός, ἄλλη δὲ ἡ παρὰ τοῦ Υἱοῦ τοῦ Πνεύματος πρόεσις, ἢ ἁπλῶς αἱ δύο διάφοροι ἢ καὶ ἐνάντιαι· ἀλλὰ τὸ μὲν ἐναντίας ταύτας εἰπεῖν, τῆς Μαρκίωνος τοῦ Ποντικοῦ καὶ Μάνεντος τοῦ Πέρσου ἐστὶν αἱρέσεως, τῶν ἐναντίας δύο πρεσβευόντων ἀρχάς· εἰ δ’ ἁπλῶς αἱ προέσεις διάφοροι, τίς ἡ τούτων διαφορά; καὶ πῶς τὸ ἐκ δύο διαφόρων τούτων ὑφεστὸς ἓν καὶ ἁπλοῦν, ἀλλ’ οὐκ ἢ δύο ἢ σύνθετον; 54 Siehe Augustinus De Trinitate, XV/17, 29; 26, 47 (CChr. SL 50A, 503, 57–58; 529, 113–115 Mountain/Glorie).

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im ontologischen Hervorgehen des Geistes? Das Filioque scheint zwei Ursprünge der persönlichen Existenz des Geistes vorzuschlagen, einer davon (der Vater) kann die erste und ursprüngliche Ursache (principaliter oder πρῶτον καὶ ἀρχικὸν αἴτιον)55 genannt werden, während der andere (der Sohn) als eine zweite Ursache betrachtet werden kann, wenn auch als eine Ursache, die nicht principaliter ist“.56 Wie ist also das „principaliter“ in Hinblick auf den Sohn aufzufassen?57 a) Dass der Sohn als zweite Ursache neben dem Vater betrachtet wird, da der Vater gemäß Augustinus der Urheber (auctor)58 des Hervorgangs des Hl. Geistes ist? Eine solche Annahme würde eine gewisse Unterordnung des Sohnes bedeuten. Denn er ist in einer solchen Hinsicht nicht in absoluter Weise die erste und ursprüngliche Ursache.59 b) Dass der Sohn als eine vermittelnde Ursache konzipiert wird? Auch in dieser Hinsicht erweist sich der Sohn als eine Ursache, die in Vergleich zum Vater nicht desselben Ranges und Wertes ist, weil er eine vermittelnde Funktion erfüllt.60 c) Dass der Sohn als eine mit dem Vater gleichwertige Ursache61 ist? In diesem Fall muss der Sohn die gleichen Eigenschaften-Vorrechte, wie der Vater haben: D.  h., dass er an der Eigenschaft der ursachelosen Ursache in absoluter Gleichwertigkeit mit dem Vater Anteil haben soll, was sicherlich nicht der Fall ist. Denn er ist vom Vater gezeugt, d.  h. er weist seinerseits ein passives Ursprungsverhältnis zu ihm auf. Dazu noch besitzt der Sohn in dieser Hinsicht das Vorrecht Ursache zu sein nur in einem beschränkten Maß. Sein 55 Eine solche Alternative bietet der byzantinische Filioquist Konstantin Melitiniotis an. Siehe auch Einführung in die Problematik, Anm. 48 und 66. 56 Siehe Das Dokument über die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Hl. Geistes aus griechisch-orthodoxer Sicht, in: Vom Heiligen Geist 1998, 142. 57 Mit dieser heiklen Frage hat sich die Wiener Studientagung intensiv beschäftigt, nämlich vor allererst, ob das augustinische principaliter im Sinne von „erster Ursprung“ mit dem Verständnis als „alleiniger Grund und Ursprung“ gleichbedeutend ist. Diese Frage wurde weiterer Klärung anheimgestellt. Siehe Bericht der Studientagung, in: Vom Heiligen Geist 1998, 220. Vgl. Oberdorfer, Filioque 2001, 544. 58 Siehe C. Maxim. II.14, 1 (CChr. SL 87, 568, 9 – 569, 11 Hombert): de patre procedit, quoniam pater processionis eius est auctor, qui talem filium genuit et gignendo ei dedit ut etiam de ipso procederet spiritus sanctus [„Er geht aus dem Vater hervor“, weil der Vater, der einen solchen Sohn zeugte und es ihm durch das Zeugen gab, dass auch aus ihm der Hl. Geist hervorgehe, der Urheber dieses Hervorgehens des Hl. Geistes ist]. Übers. nach Sieben, Augustinus – Werke 2008, 319, 6–8. 59 Von einer ersten und ursprünglichen Ursache (προκαταρκτικὴ αἰτία) spricht der byzantinische Filioquist K. Melitiniotis. Siehe Einführung in die Problematik, Anm. 48 und 66. 60 Eigene Überlegung 61 Dabei verweise ich auf das 4. Konzil von Lateran (1215), in dem es heißt, dass der Hl. Geist aus beiden in gleicher Weise (pariter ab utroque) ist. Siehe Enchiridion symbolorum D/H 800.

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Vorrecht ist defizitär, weil er es nur in Hinblick auf den Geist und nicht auf den Vater, d.  h. nicht absolut symmetrisch, ausüben kann.62 d) Dass der Sohn eine mit dem Vater gleichwertige Ursache darstellt, die von ihm befähigt ist, die gleiche Funktion zu erfüllen? Das wäre gemäß Anselm von Canterbury die zutreffendste Interpretation des augustinischen Gedankens, der Hl. Geist gehe principaliter a patre hervor: „Dass der Hl. Geist ursprünglich-prinzipiell aus dem Vater sei, bezeichnet nichts anderes, als dass der Sohn selbst, aus dem der Hl. Geist ist, vom Vater hat, dass der Hl. Geist aus ihm ist“.63 Einer solchen Deutung wäre nach Photios Folgendes entgegenzusetzen: „Was sagst du? Hat der Sohn, aus dem Vater durch Zeugung hervorgegangen, von ihm auch (die Fähigkeit) empfangen, etwas Anderes von derselben Natur hervorzubringen? Wieso hat dann auch der Sohn selbst, als er den Geist, der mit ihm derselben Natur ist, hervorbrachte, diesem nicht eine ebensolche Kraft und Ehre mitgeteilt, wie er sie selbst empfangen hatte, damit auch jener sich wiederum mit dem Hervortreten und Ins-Sein-Gelangen eines ihm Wesenseinen brüsten könne? Dann wäre es doch notwendig, dass der Sohn, wenn schon nicht aus anderen Gründen, dann wenigstens wegen seiner Erhebung zur Nachahmung des Vaters, die Ähnlichkeit (mit ihm) durch ähnliches Wirken bewahrt“.64 D.  h. es müsste nach Photios die Übertragung der Ursächlichkeit vom Vater auf den Sohn mittels Zeugung eine entsprechende, gleiche Funktion auch für den Geist implizieren. In dieser Hinsicht würde die Symmetrie gebieten, dass die Fähigkeit, Ursache zu sein, vom Vater mittels des Hervorgangs dem Geist direkt und ohne Vermittlung übertragen wird. Der von Photios oben vorgelegte Einwand, der sich auf logische Argumentation stützt, bestätigt die Ansicht von H.-G.  Beck, dass der Syllogismus im byzantinischen Mittelalter seinen Triumph in der Theologie gefeiert hat.65 Diese Festellung wird plausibler, wenn man noch in Erwägung zieht, dass Photios in der

62 Eigene Überlegung. 63 De processione Spiritus sancti, (II, 213, 27–29 Schmitt). Dazu Gemeinhardt (Übers.), FilioqueKontroverse 2002, 483. Vgl. Augustin, De Trinitate XV/17, 29 (CChr. 50A 503, 57 – 504, 62 Mountain/Glorie). Vgl. auch Augustin, De Trinitate XV/26, 47 (528, 94–100; 528, 106 – 509, 118); Siehe Kommentar Anm. 105. 64 Siehe Myst. 40 und Kommentar Anm. 103. Allerdings wird die hier unterschiedliche Bedeutung von Zeugen und Hervorbringen ignoriert und das Hervorgehen-Lassen mit der Zeugung inhaltlich als symmetrisch gleichgesetzt und beides auf Existenzbegründung und Ursächlichkeit nivelliert. 65 Siehe Beck, Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich, 1959, 618.

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Mystagogie nicht losgelöst von den mit dem klassischen philosophischen Denken eng verbundenen Axiomen und logischen Prämissen denken kann. Eine der wichtigsten davon sei die Idee des absoluten Ursprungs, der in seiner absoluten Einfachheit, als der absolut unbegründete Grund, Ursache jeder Unterscheidung bzw. Entzweiung und Ausdifferenzierung sein kann. Apodiktisch kann daher in der Trinität nur Folgendes gelten: τὰ δύο ἐκ τοῦ ἑνὸς und nie τὸ ἓν ἐκ τῶν δύο.66

4.2.3 Einheit und Dreiheit und über diese beiden hinaus Die geheimnisvolle Paradoxie von Einheit und Dreiheit, die der menschliche Geist durch einen einfachen Eingriff des Denkens nicht zu erfassen vermag,67 lässt sich im folgenden Satz zusammenfassen: „Denn die Dreiheit ist in Wahrheit eine Monade und die Monade ist eine Dreiheit zugleich; und weder eine Monade, die die Dreiheit einschränkt, noch eine Dreiheit, die die Monade durchschneidet“.68 Die „Eins“ und die „Drei“ als uns vertraute Worte, die mit unserem Erkenntnisvermögen kompatibel sind69 und mittels deren sich Gott (in seinem Herabsteigen-συγκατάβασις) uns geoffenbart hat, seien im eigentlichen Sinne weder Zahl noch Zahlenprinzip.70 Die „Eins“ sei ein Zeichen für die unfassbare Verborgenheit, und bringt das unsagbare Mysterium der göttlichen Existenz auf geheimnisvolle Weise zum Ausdruck, während die „Drei“ ein Zeichen für das offenbarende Wirken Gottes sei, das dem, was der Teilung und (Vergänglichkeit) unterliegt, die Erkenntnis der unteilbaren und unfassbaren Gottheit enthüllt.71 Die Gottheit wird auch

66 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 382. 67 Siehe Bibliothek, Cod. 230/278a (V, 41, 5–6 Henry). 68 Bibliothek, Cod. 230/278a (V, 41, 35–38 Henry): Μονὰς γὰρ ἀληθῶς ἡ τριάς, καὶ τριὰς ἡ μονάς, οὔτε διότι μονάς, τὴν τριάδα συστέλλουσα, οὔτε διότι τριάς, τὴν ἑνάδα διατέμνουσα. 69 Siehe Amph. 181 (V, 237, 93–94 L/W): διὰ τῶν ἡμῖν συντρόφων φωνῶν τὴν ἀκατάληπτον αὐτοῦ θεογνωσίαν παραγυμνοῦσθαι καὶ ἀναπτύσσεσθαι; 70 Siehe Amph. 182 (V, 240, 25–26 L/W): ἓν οὖν τὸ θεῖον καὶ τρία οὐ κατὰ τὴν ἀριθμητικὴν τεχνολογίαν; Bibliothek Cod. 222/189b (III, 176, 2  – 177, 1 Henry): ἐπεί γε αὐτὴ καθ’ ἑαυτὴν ἡ θεία φύσις οὔτε προτέτακται οὔτε ὑποτέτακται ἀλλὰ καὶ πάσης ὑπερίδρυται καὶ ἀριθμήσεως καὶ μοναδικῆς ἐπινοήσεως εἴπερ καὶ ὁ ἀριθμὸς καὶ ἡ μονὰς περὶ οὐσίαν, τὸ δὲ θεῖον ὑπερούσιον [Denn die göttliche Natur an sich ist weder als vorher noch als nachher klassifiziert, sondern sie besteht über jeglicher Zahl und Einheit, da sowohl die Zahl als auch die Einheit die Substanz betreffen, während das Göttliche über jedes Wesen steht]. 71 Siehe Amph. 183 (V, 241, 1–6 L/W): τὸ ἓν καὶ τὰ τρία ἐπὶ τῆς θεαρχικῆς θεολογούμενα φύσεως οὐκ ἀριθμός ἐστιν κυρίως οὐδ’ ἀρχὴ ἀριθμοῦ, ἀλλὰ τὸ μὲν ἓν σύμβολόν τέ ἐστι τῆς ἀπερινοήτου κρυφιότητος καὶ αἰνιγματίζει τὸ ἄρρητον τῆς ὑπάρξεως, τὴν ἐκφαντορίαν δὲ τὰ τρία διαπλοῖ καὶ παραγυμνοῖ τοῖς μεριστοῖς τὴν γνῶσιν τῆς ἀμερίστου καὶ ἀκαταλήπτου θεότητος.

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als Dreiheit „auch aufgrund des dreihypostatischen Hervorscheinens der überwesentlichen Erzeugungskraft“ (διὰ τὴν τρισυπόστατον τῆς ὑπερουσίου γονιμότητος ἔκφανσιν) genannt, der sich jegliche Abstammung in Himmel und Erde verdankt:72 „Das über jeden Intellekt und Erfassungskraft hinausliegende Wesen offenbart sich (den Seienden) und entfaltet sich durch die Bezeichnung-Namensgebung Vater, Sohn und Hl. Geist, wie auch dessen Verborgenes und Unfassbares sich auf das Eine einschränkt, ohne dass es sich seiner überwesentlichen Verborgenheit gedanklich entzieht; und indem die Namen (der Hypostasen) auseinandertreten, wird dadurch Folgendes theologisch gelehrt, nämlich, die unsagbare und unzerstörbare Wesenseinheit und die Unmöglichkeit zur Vervielfältigung, dessen, was gedanklich (in der Trinität) erfasst wird; und das, was keiner Vermehrung unterliegen kann, indem es aus der Einheit nicht heraustritt, vervielfältigt sich auf eine (paradoxe) Weise, die der (numerischen oder quantitativen) Vermehrung gar nicht entspricht, aufgrund der Dreiheit. Und einerseits sprosst das Eine die Drei hervor und die Drei entfernen sich von der Einfachheit und Wesenseinheit des Einen nicht“.73 Die Gottheit ist also in Wirklichkeit weder die Zahl „Eins“ oder eine Einheit noch die Zahl „Drei“, oder eine Dreiheit, eher übersteigt sie jede Einheit und Dreiheit, weil sie über das Sein hinausliegt. Denn die Idee der Aufzählung ist immer und gänzlich mit dem Bereich des Seins verbunden.74 Photios greift in diesem Punkt auf Dionysios Areopagita zurück, den er in seinen Ausführungen über die Frage, wie die Gottheit als Einheit und Dreiheit zu verstehen ist, wörtlich zitiert: „Das sagte rätselhaft vor uns der in die unsagbaren Dingen Eingeweihte, der von dem eingeweiht wurde, der das Unaussprechliche lehrt, der große Dionysios, nämlich, dass der gemäß seiner Erhabenheit Verursachende jedes intelligiblen Seienden ‚weder Eins noch Einheit‘ ist und setzt ihn damit über alles, was wir (im Bereich des Geschaffenen) verehren; und er setzt ihn offensichtlich vor allem

72 Siehe Amph. 182 (V, 240, 36–37 L/W). Vgl. Kapriev, Philosophie in Byzanz, Würzburg 2005, 181. 73 Amph. 183 (V, 241, 6–13 L/W): ἐκφαίνεται γὰρ ἡ ὑπὲρ νοῦν καὶ πᾶσαν κατάληψιν οὐσία, τῇ τοῦ πατρὸς ἀναπλουμένη καὶ υἱοῦ προσηγορίᾳ καὶ πνεύματος, ὥσπερ ἐπὶ τὸ κρύφιον καὶ ἀκατανόητον συστέλλεται τῷ ἑνί, τῆς ὑπερφυοῦς μηδ’ ἐπινοίᾳ στερουμένη κρυφιότητος. καὶ τῶν ὀνομάτων ἀλλήλων διισταμένων ἡ ἄρρητος δι’αὐτῶν καὶ ἀσυναίρετος θεολογεῖται τῶν νοουμένων συνάφεια καὶ τὸ ἀπλήθυντον οὐκ ἐξιστάμενον τῆς ἑνότητος πρόεισιν ἀπληθύντως τῇ τριάδι πληθυνόμενον· καὶ τὸ μὲν τὰ τρία βλαστάνει, τὰ δὲ τῆς τοῦ ἑνὸς ἁπλότητος καὶ συναφείας οὐ διίσταται. 74 Siehe Amph. 182 (V, 240, 54–56 L/W): ἐπὶ τῶν κυρίως ἀριθμητῶν καὶ προσθήκη γίνεται καὶ ἀφαίρεσις τῶν ἀριθμουμένων, ἐπὶ δὲ τῆς ὑπερουσίου καὶ ἀκαταλήπτου τριάδος πῶς ἂν ὅλως ἐννοηθείη τοῦτο; [Bei den Dingen, die im eigentlichen Sinne zählbar sind, kann sowohl Addition als auch Subtraktion dessen, was gezählt ist, erfolgen, aber wie könnte man bei der überwesentlichen und unfassbaren Dreiheit so etwas überhaupt erdenken?]. Vgl. auch oben Anm. 68.

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anderen und auch vor jeder Zählung. Und wiederum: Sehen wir, dass die Thearchie auf geheiligte Weise gepriesen wird, einerseits als Monas und Einheit wegen der Einfachheit und Einheit ihrer übernatürlichen Unteilbarkeit, durch die wir wie durch eine einende Kraft geeint und, indem sich die in uns geteilten Verschiedenheiten auf überweltliche Weise zusammenschließen, zu einer gottähnlichen Einzigkeit und gottnachahmenden Einung geführt werden; andererseits als Trias (Pass auf: er nennt sie nicht zählbar), sondern wegen des dreihypostatischen Hervorscheinens der überwesentlichen Erzeugungskraft, aus der ‚alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden stammt und ihren Namen besitzt‘(Eph 3, 15)“.75 Die allheilige Dreifaltigkeit, die über jeder Vernunft und Zahl steht, ist weder als eine Dreiheit von Göttern noch als drei Götter (jeder für sich) zu erfassen.76 Die Drei (Personen) durchdringen sich gegenseitig in so einer Weise, in der jede Person die ihre Existenz konstituierende Eigentümlichkeit unverändert und unangetastet für sich behält und bewahrt.77 Photios beschreibt die Perichorese (περιχώρησις),78 d.  h. die gegenseitige Durchdringung der göttlichen Hypostasen, folgendermaßen: „Der Vater ist gänzlich im Sohn und der Sohn befindet sich (auch) gänzlich im Vater und der Hl. Geist befindet sich gänzlich in jeder der mit ihm wesenseinen (anderen zwei) Personen; und jeder von den zwei anderen Personen hat den Hl. Geist gänzlich inne. Denn solcher Art ist die gegenseitige Durchdringung der immateriellen (göttlichen) Personen und besonders des überwesentlichen Wesens: jede Hypostase lässt nichts von dem, was zu ihr gehört, außen zurück; sie führt wiederum (in die perichoretische Gemeinschaft mit den anderen Personen) nichts Fremdes ein; (im Gegenteil) indem sie das sie kennzeichnende Merkmal

75 Amph. 182 (V, 240, 27–38 L/W): τοῦτο δὲ ἄρα καὶ πρὸ ἡμῶν ὁ τῶν ἀπορρήτων μύστης ὑπὸ τοῦ τὰ ἀνέκφραστα μυσταγωγοῦντος ὁ μέγας μυηθεὶς Διονύσιος αἰνιττόμενος ἔλεγεν ὡς ὁ παντὸς νοητοῦ καθ’ ὑπεροχὴν αἴτιος ῾οὔτε ἕν ἐστιν οὔτε ἑνότης’, ὑπερτιθεὶς αὐτὸν τῶν ἐν ἡμῖν ἁπάντων τιμίων, καὶ δὴ καὶ δῆλον ὡς πρὸ τῶν ἄλλων καὶ τῆς συναριθμήσεως· καὶ πάλιν ῾ὁρῶμεν τὴν θεαρχίαν ἱερῶς ὑμνουμένην, ὡς μονάδα μὲν καὶ ἑνάδα διὰ τὴν ἁπλότητα καὶ ἑνότητα τῆς ὑπερφυοῦς ἀμερείας ἐξ ἧς ὡς ἑνοποιοῦ δυνάμεως ἑνιζόμεθα καὶ τῶν μεριστῶν ἡμῶν ἑτεροτήτων ὑπερκοσμίως συμπτυσσομένων εἰς θεοειδῆ μονάδα συναπτόμεθα καὶ θεομίμητον ἕνωσιν. Τριάδα δέ’  – πρόσεχε, οὐ γὰρ ὡς ἀριθμητὴν φησιν  –, ἀλλὰ ῾διὰ τὴν τρισυπόστατον τῆς ὑπερουσίου γονιμότητος ἔκφανσιν, ἐξ ἧς πάσα πατριὰ ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ γῆς ἐστίν τε καὶ ὀνομάζεται’. Vgl. Dion Areop., Div. Nom. I.4 (PTS 33, 112, 11 – 113, 2 Suchla); Theol. Mystica V (PTS 36, 149, 8 Ritter). 76 Siehe Amph. 182 (V, 240, 45–47 L/W). 77 Siehe Amph. 182 (V, 240, 47–49 L/W): τὰ ἐν τῇ ὑπεραγίᾳ καὶ ὁμοουσίῳ τριάδι λαμβανόμενα πρόσωπα φανερὸν ὡς δι’ ἀλλήλων τὰς ἰδιότητας ἀχράντους καὶ ἀκηράτους διασῴζοντα χωρεῖ. 78 Über den Begriff περιχώρησις siehe die Studie von Vasileios Tsigos, Περιχώρησις. Θεολογικό περιεχόμενο τοῦ ὅρου καὶ οἱ ἐφαρμογές του κατὰ τὴ Δογματική τῆς Ὀρθοδόξου Ἐκκλησίας, Thessaloniki 2015.

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mit sich (immer) bringt, vermischt sie es weder noch verdirbt sie es, noch verwandelt sie es in das Merkmal der anderen Hypostasen, sondern (jede) Hypostase durchdringt ganz und gar die andere, ohne ihre persönliche Eigentümlichkeit mit einer anderen Eigentümlichkeit zu vermischen, ohne sie wiederum zusammenzudrücken oder wegzustoßen und ohne eine Neuerung einzuführen, nämlich, dass sich die hypostatischen Eigentümlichkeiten gegenseitig durchdringen. Denn von den Leidenschaften, welche die materielle Natur betreffen, lässt sich überhaupt nichts in der seligen und unbefleckten Natur beobachten“.79 Alle drei göttlichen Personen existieren in tiefer Verbundenheit miteinander in einer der göttlichen Erhabenheit angemessenen Weise (θεοπρεπῶς), ohne dass ihre Eigentümlichkeiten, nämlich Ungezeugt-Sein, Gezeugt-Sein und Hervorgehenlassen vertauscht werden.80 In dieser tiefen, wesensmäßigen Verbundenheit bezeugt sich der christliche Gott als einfache Wesenheit und triadische Monarchie: eine immaterielle Eins, die eine der Zahl und der Aufzählung nicht unterliegende Triade und keine Dyade ist. Die triadische Monarchie impliziert keine Teilungsursache, wie dies bei materiellen Dingen, welchen Vergänglichkeit und Veränderlichkeit zukommt, der Fall ist. Gott ist eine Triade, denn die Dyade ist synonym mit der Zusammensetzung (σύνθεσις), der Teilung (τομή) sowie der Zerstreuung (σκεδασμός) und trägt letzten Endes die Spuren des Nichtseienden in sich.81 In der drei-hypostatischen Erscheinungsweise wird nach der Auffassung des Photios die Vollkommenheit des Göttlichen sichtbar. Die „Drei“ sei eine heilige Zahl, in der die Vollkommenheit verborgen ist, weil darin Anfang, Mitte und Ende auf einmal zusammenfallen: „Es ist unmöglich, dass man bei einer anderen Zahl außer der Zahl „Drei“ Folgendes beobachtet, dass beide Spitzen (Anfang und Ende) in unveränderlicher und einheitlicher Gleichheit mit der Mitte zusammen-

79 Amph. 314 (VI/1, 117, 23–35 L/W): ὁ πατὴρ ὅλος ἐστὶν ἐν τῷ υἱῷ καὶ ὁ υἱὸς ὅλος ἐστὶν ἐν τῷ πατρί, ὡσαύτως δὲ καὶ τὸ πανάγιον πνεῦμα ἐν ἑκατέρῳ τε τῶν ὁμοφυῶν προσώπων ὅλον ἐστὶ καὶ ἑκάτερον αὐτῶν ὅλον ἔχει ἐν ἑαυτῷ. τοιαύτη γὰρ ἡ τῶν ἀσωμάτων, καὶ μάλιστα τῆς ὑπερουσίου οὐσίας ἡ τῶν προσώπων εἰς ἄλληλα περιχώρησις· οὐδὲν ἔξωθεν τῶν ἑαυτῆς ἀπολιμπάνει, οὐδὲν ἀλλότριον συνεισάγει, ἀλλὰ καὶ τὸ χαρακτηριστικὸν συνεπιφέρουσα ἰδίωμα οὐ συγχεῖ τοῦτο οὐδὲ φύρει οὐδὲ συμμεταβάλλει ταῖς τῶν λοιπῶν ὑποστάσεων ἰδιότησιν, ἀλλ’ ἔστι μὲν ἡ ὑπόστασις ὅλη ἐν ὅλῃ περιχωροῦσα, οὐκ ἀναχέουσα δὲ τὸ ἰδίωμα τῷ ἰδιώματι, οὐ συνθλίβουσα καὶ διωθούμενη, οὐ τοῖς ἰδιώμασι τὴν περιχώρησιν καινοτομοῦσα· οὐδὲν γὰρ ὅλως ἐν τῇ μακαρίᾳ καὶ ἀκηράτῳ φύσει τῶν κατὰ τὴν ὕλην παθῶν ἐνορᾶται. 80 Siehe Amph. 314 (VI/1, 117, 46–50 L/W). 81 Siehe Amph. 181 (V, 238, 114–116 L/W): τριὰς δὲ καὶ οὐχὶ δυὰς ὁ θεός, ἵνα μὴ τὴν αἰτίαν καὶ ἀρχὴν τῆς τομῆς καὶ τοῦ σκεδασμοῦ ἐν ἑαυτῷ φέρων τὴν ἑνιαίαν καὶ ἄτμητον καὶ πηγὴν πάσης ἑνότητος ἐνυβρίσῃ φύσιν [Gott ist Dreiheit und keine Zweiheit, damit er nicht gegen diejenige Natur frevelt, welche einheitlich, unteilbar und Quelle jeder Einheit ist, indem er den Grund und die Ursache der Teilung und der Zerstreuung in sich trägt].

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fallen. Was nun unter den Zahlen das Gleiche, das Unveränderliche und Dimensionslose innerhalb des Unvermischten unterstreicht und irgendeinen heiligen Gedanken unserer Theologie wiederspiegelt, dies hat die geheimnisvolle Tradition der Kirche in ihrem philosophischen Betreiben vernünftig ausgedacht und lehrt damit, eher mittels dieser als mit einer anderen Zahl die Entfaltung der triadischen Monarchie“.82 Während die Zweiheit Ursache des Verderbens ist, „bildet die Dreiheit als erste das Unteilbare und Unzerstreutbare ab; und wenn etwas anderes an der unteilbaren und unzerstreuten Natur Anteil hat, wird es dadurch (genau) erkannt, dass es von ihr es bekommen hat. Deshalb hat das Göttliche begreiflicherweise die Ursache des Fließens, der Auflösung und des Verderbens von sich losgemacht und hat für sich in Anspruch genommen, dass es durch die Dreiheit erkannt wird, welche das Unveränderliche, das Unzerstreutbare und Unauflösbare darstellt“.83 Dieser arithmetischen Spekulation des Photios über Trias als Symbol der Vollkommenheit, in dem die drei Momente Anfang, Mitte und Ende in eins zusammenfallen, liegt sicherlich sowohl die patristische Tradition als auch das klassische philosophische Denken zugrunde.84 Schon der Hl. Gregor von Nazianz gilt innerhalb der Theologie der Väter als Vorläufer einer solchen Konzeption, indem er 82 Amph. 181 (V, 237, 95–101 L/W): ἐπ’ οὐδενός ἐστι λαβεῖν τῶν ἄλλων ἀριθμῶν πλὴν τῆς τριάδος ἀπαραλλάκτῳ καὶ ἑνιαίᾳ ἰσότητι τὰ ἄκρα τῷ μέσῳ συναπτόμενα· ὃ τοίνυν ἐν ἀριθμοῖς τὸ ἴσον καὶ ἀπαράλλακτον καὶ ἀδιάστατον ἐν τῷ ἀσυγχύτῳ ὑπογράφει καὶ ἱερὰν τινα φαντασίαν τῆς ἡμῶν θεολογίας ἐνοπτρίζει, εἰκότως ἐφιλοσόφησεν ἡ μυσταγωγὸς τῆς ἐκκλησίας χρήσις δι’ ἐκείνου μᾶλλον ἢ δι’ ἑτέρου τινὸς ἀριθμοῦ τὴν ἀναπλουμένην τῆς τριαδικῆς μοναρχίας ἐκδιδάσκειν. 83 Amph. 181 (V, 238, 128–133 L/W): ἡ τριὰς δὲ τὸ ἄτμητον εἰκονίζει πρώτη καὶ ἀσκέδαστον, καὶ εἴ τι ἄλλο μετέχει τῆς ἀδιαιρέτου τε καὶ ἀσκεδάστου φύσεως, ἐξ αὐτῆς μετειληφὸς ἐπιγινώσκεται. διὸ τὸ θεῖον εἰκότως τῆς ῥοῆς καὶ λύσεως καὶ φθορᾶς αἰτίαν ἀπεσείσατο, διὰ δὲ τῆς εἰκονιζούσης τριάδος τὸ ἄρρευστόν τε καὶ ἀσκέδαστον καὶ ἀδιάλυτον ἐπιγινώσκεσθαι κατηξίωσεν. 84 Siehe Aristoteles De Caelo 268a13: Καθάπερ γάρ φασι καὶ οἱ Πυθαγόρειοι, τὸ πᾶν καὶ τὰ πάντα τοῖς τρισὶν ὥρισται· τελευτὴ γὰρ καὶ μέσον καὶ ἀρχὴ τὸν ἀριθμὸν ἔχει τὸν τοῦ παντός, ταῦτα δὲ τὸν τῆς τριάδος [Denn wie auch die Pythagoreer behaupten, sei das ganze Universum und alle Dinge durch die Dreiheit bestimmt-definiert; denn das Ende, die Mitte und der Anfang hat die Zahl, die das Ganze angeht, inne, und diese (Merkmale) besitzt (vor allem) die Drei. Vgl. Jamblich, Theol. Arithm., III.13 (S. 14, 13–17 Pistelli): ὅτι ἡ τριὰς ἐξαίρετόν τι παρὰ τοὺς ἀριθμοὺς κάλλος εἴληχε καὶ εὐπρέπειαν, πρῶτον μὲν τὰς τῆς μονάδος δυνάμεις ἐνεργοὺς πρωτίστη παρασχοῦσα, περισσότητα, τελειότητα, ἀναλογίαν, ἕνωσιν, πέρας [Die Tatsache, dass die Trias bei den Zahlen eine besondere Zierde und Würde gewonnen hat, (lässt sich daran zeigen), dass sie zuallerst die wirksamen Kräfte der Monas gewährleistet, d.  h. das Überreichliche, die Vollkommenheit, die Analogie, die Einung, die Vollendung]. Vgl. Proklos, In Tim. II 223, 10–13: πρόσεστι δὲ καὶ τὸ τὴν τριάδα πρῶτον ἀριθμὸν οὖσαν καὶ πρώτως ὅλον ἀρχὴν καὶ μέσα καὶ τελευτὴν ἔχον ὁμοιοῦσθαι πρὸς τὴν μονάδα τὴν ἑνιαίως ἅπαν περιέχουσα τὸ πλῆθος [Die Dreiheit als erste Zahl und als erstlich Ganzes Anfang, Mitte und Ende umfassend, gleicht außerdem der Einheit, die einig die gesamte Mannigfaltigkeit umfasst]. Angaben nach Beierwaltes (Übers.), Proklos 1965, 26.

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die Ansicht ins Feld führte, dass sich die Monade aufgrund der Bereicherung (διὰ τὸ πλούσιον) und der Vollkommenheit (διὰ τὸ τέλειον)85 in eine Triade bewegtentfaltet und in ihr darin vollendet habe.86 Denn die Trias übersteigt die Teilung und Zusammensetzung der Dyade, die mit dem materiellen Seienden verbunden ist, und weist zugleich darauf hin, dass sich die Gottheit weder einschränkt und schrumpft noch in das Unendliche ausbreitet.87 Diese Ansicht übernimmt außerdem Maximus Confessor, der sie in seinen philosophischen Ausführungen vertieft,88 was sicherlich darauf hinweist, dass es eine ununterbrochene theologisch-philosophische Kette gibt, die mit den Kappadoziern anfängt und sich über Maximus und Johannes von Damaskus bis zu Photios hin und darüber hinaus erstreckt und einen Beweis für die enge Verbindung zwischen Theologie und Philosophie im Denken der Väter darstellt.

4.2.4 Unerkennbarkeit und Erkennbarkeit Gottes – Die gütigen Wirkungskräfte und Lichtstrahlen In seiner unteilbaren Einheit und zugleich jeglicher Zählung und Vervielfältigung sich entziehenden Dreiheit89 ist Gott nach Photios wahrhaftig unkommunizierbar (ἀληθῶς ἀκοινώνητος).90 Gott steht über jedem diskursiven Denken, jeder logischen, zeitlichen, oder räumlichen Kategorie und ist deshalb ein unaussprechliches Wunder, das jenseits jeglichen Verstehens ist: „Das Göttliche ist unsagbar wie auch unfassbar; denn es ist nicht möglich, durch subtile und einfache Überlegungen gewisse Dinge zu erfassen, die voher existieren und durch die die voranschreitende Vernunft uns die Erkenntnis und das Erfassen jenes

85 Siehe Or. 23.8 (SC 270, 298, 11 Mossay). 86 Siehe Or. 29.2 (SC 250, 180, 13 Gallay): μονὰς ἀπ’ ἀρχῆς εἰς δυάδα κινηθεῖσα μέχρι τριάδος ἔστη. 87 Siehe Or. 23.8 (SC 270, 298, 9–13 Mossay): μονάδος μὲν κινηθείσης διὰ τὸ πλούσιον, δυάδος δὲ ὑπερβαθείσης – ὑπὲρ γὰρ τὴν ὕλην καὶ τὸ εἶδος ἐξ ὧν τὰ σώματα –, Tριάδος δὲ ὁρισθείσης διὰ τὸ τέλειον, πρώτη γὰρ ὑπερβαίνει δυάδος συνθέσιν, ἵνα μήτε στενὴ μένῃ ἡ θεότης, μήτε εἰς ἄπειρον χέηται. 88 Maximus deutet den Ausdruck „δυάδος δὲ ὑπερβαθείσης sowie „τριάδος δὲ ὁρισθείσης“ (bei Gregor von Nazianz Or. 23.8, oben Anm. 86) so, dass sich die göttliche Natur jeder Zusammensetzung entziehe und absolut vollkommen sei. Siehe Quaestiones et dubia 105 (CChr. SG 10, 79, 1–5 Declerck). Dazu siehe den Beitrag von Georgi Kapriev, Arithmology in the Work of Maximus the Confessor, in: Medieval Bulgarian Art and Letters in a Byzantine Context, Elka Balakova/ Margaret Dimitrova/Mark A. Johnson (Hgg.), Sofia, 2017, 235–246, bes. 236–237. 89 Siehe oben Anm. 70. 90 Siehe Amph. 183 (V, 241, 14 L/W).

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seligen und unsagbaren Wunders gewähren würde“.91 Gott ist zwar in Hinsicht auf die kataphatische Redeweise als „der Seiende“ (ὁ ὤν), als Ursprung-Arché (ἀρχή) und in Hinblick auf die apophatische Redeweise als „der überwesentlich Seiende“ (ὁ ὑπερουσίως ὤν), als über jeden Ursprung hinausliegende Ursprung (ὑπεράρχιος ἀρχή) zu bezeichnen.92 Das heißt: Das Göttliche kann sowohl als „innerhalb der Seienden“ (ἐν τοῖς οὖσιν), d.  h. wegen seiner schöpferischen Kraft Anwesendes, als auch als „NichtsSeiendes“ (οὐδὲ τῶν ὄντων)93 im Sinne des über jeden Seinsbereich hinaus Liegenden angeredet werden. Dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jede Bezeichnung, die dem Göttlichen zugewiesen wird, aus der Perspektive des geschaffenenen Seienden, d.  h. aus dem (Bereich), der ihm nachgeordnet ist,94 erfolgt, während es in Wahrheit über jedem Namen steht, weil nach Photios kein Name imstande sei, mit Genauigkeit das Gesuchte darzustellen.95 Alle Gott rechtmäßig zugewiesenen Bezeichungen, wie z.  B. Weisheit, Anfangslosigkeit, Ewigkeit, Körperlosigkeit treffen auf das göttliche Wesen gar nicht zu, sondern sind eher sprachliche Konstrukte und Schemata menschlicher Vernunft, unvollkommene Abbildungen (εἰκόνες) einer rein transzendenten über den Bereich des Seienden hinausliegenden Wirklichkeit.96 Im eigentlichen Sinne besteht kein Bild, keine Bestimmung und kein Begriff von Gott an sich.97 91 Amph. 180 (V, 232, 1–4 L/W): ἄρρητον μὲν τὸ θεῖον, ὥσπερ καὶ ἄληπτον, διότι μηδ’ ἔστιν μηδ’ ἐπινοίαις ψιλαῖς προϋφεστηκότα τινὰ λαβεῖν δι’ ὧν ὁ λόγος προϊὼν τὴν γνῶσιν καὶ κατάληψιν τοῦ μακαρίου ἐκείνου καὶ ἀφθέγκτου παράσχοι θεάματος. 92 Siehe Amph. 90 (= Ep. 163, III, 21, 6–7 L/W). 93 Siehe Amph. 75 (V, 86, 19–20 L/W). 94 Siehe Amph. 180 (V, 232, 2 L/W). Vgl. Plotin, Enneades, V 3, 14, 1–8: λέγομεν μέν τι περὶ αὐτοῦ, οὐ μὴν αὐτὸ λέγομεν; ἀλλ’ οὕτως ἔχομεν, ὥστε περὶ αὐτοῦ μὲν λέγειν, αὐτὸ δὲ μὴ λέγειν· καὶ γὰρ λέγομεν, ὃ μὴ ἔστιν, ὃ δὲ ἐστιν, οὐ λέγομεν· ὥστε ἐκ τῶν ὕστερον περὶ αὐτοῦ λέγομεν [Wir sagen zwar etwas über es aus, bringen es aber nicht selbst zur Sprache; und wir verhalten uns (dem Absoluten gegenüber) so, dass wir etwas über es sagen, es selbst aber nicht aussagen; und wir sprechen davon, was (das Absolute) nicht ist, was es aber ist, sagen wir nicht; so machen wir Aussagen über (das Absolute) aus dem (Bereich), der ihm nachgeordnet ist]. 95 Siehe Amph. 27 (IV, 101, 43–44 L/W). 96 Siehe Amph. 36 (IV, 133, 81–93 L/W). Vgl. Dion. Areop., Div. Nom. II.8 (PTS 33, 132, 14–17 Suchla): οὐδὲ γὰρ ἔστιν ἀκριβὴς ἐμφέρεια τοῖς αἰτιατοῖς καὶ τοῖς αἰτίοις, ἀλλ᾿ ἔχει μὲν τὰ αἰτιατὰ τὰς τῶν αἰτίων ἐνδεχομένας εἰκόνας, αὐτὰ δὲ τὰ αἴτια τῶν αἰτιατῶν ἐξῄρηται καὶ ὑπερίδρυται κατὰ τὸν τῆς οἰκείας ἀρχῆς λόγον [Denn es gibt keine exakte (oder: vollkommen zutreffende) Ähnlichkeit zwischen den verursachten Dingen und den Ursachen, sondern einerseits besitzen die verursachten Dinge die in sich aufgenommenen Bilder der Ursachen, andererseits aber sind die Ursachen entsprechend der Gesetzmäßigkeit ihres Charakters als Ursachen den verursachten Dingen enthoben und entrückt]. Übers. nach Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 35, 37–40). 97 Siehe Kapriev, Philosophie in Byzanz 2005, 167.

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Da es keine adaquäten Namen für Gott gibt, muss man sowohl die bejahende als auch die verneinende Methode anwenden, um sich Gott anzunähern. Die positiven, kataphatischen Bezeichnungen weisen auf die Beziehung Gottes zu seinen Geschöpfen hin (τὴν σχέσιν τοῦ κτίστου πρὸς τὰ κτίσματα),98 während die apophatischen Bestimmungen erklären, was Gott nicht ist, d.  h. dass Gott nichts aus dem Bereich des geschaffenen Seins ist.99 Wenn also Gott als Vater bezeichnet und gepriesen wird, trifft diese Bezeichung nicht auf das Wesen Gottes zu, sondern sie ist eine der Gottes Transzendenz unangemessene Bezeichnung, da sie ihm deswegen zugewiesen wird, weil wir sie im menschlichen Bereich als ehrenvoll (ἐκ τῶν καθ’ ἡμᾶς τιμίων) bezeichnen und verstehen:100 „Denn es gibt bei uns nichts Liebenswürdigeres, mehr Ehrfurcht Gebietendes oder Ehrenvolleres als die Bezeichung Vater, noch etwas, das in Hinblick auf die Wohltätigkeit vertrauter oder näher ist“.101 Das beweist Folgendes: „Alles, was wir über Gott aussagen und denken, das sagen und denken wir aus den uns verwandten Dingen und Worten mittels eines Analogieschlusses“.102 Fazit: „Es ist offensichtlich möglich, eine gewisse umfassende Erkenntnis, zu gewinnen, dass Gott tatsächlich existiert und dass dieser das überwesentliche Eine ist, der Ursprung über jedem Ursprung und das Gute, das als Quelle des Guten über jedem Guten steht. Und mittels mancher Bilder und Abbildungen, die aus dem, was Gott nachgeordnet ist, erfasst werden können, ist man in der Lage, diese unbeschreibliche und unsagbare Schönheit dieser überwesentlichen und übernatürlichen Gottheit zu betrachten“.103 98 Siehe Amph. 75 (V, 86, 23–24 L/W). 99 Siehe Amph. 75 (V, 86, 30  – 87, 33 L/W): ἐπὶ μόνης γὰρ τῆς ἀρρήτου καὶ πολυωνύμου καὶ ὑπερφυοῦς φύσεως ὁ καταφατικὸς τῶν ὀνομάτων τύπος σύνδρομον ἴσχει τὴν σημασίαν τοῖς διὰ τῶν ἀποφατικῶν ἢ στερητικῶν φωνῶν σχηματισμοῖς δηλοῦσι τὸ βούλημα [Denn nur bei der unsagbaren, mehrnamigen und überwesentlichen Natur stimmt der kataphatische Typ von Namen mit dem überein, was man durch verneinende und durch Privation kennzeichnende Worte zu sagen beabsichtigt]. 100 Siehe Bibliothek, Cod. 222/193a (III, 185, 42 Henry). Siehe auch Einführung in die Problematik, Anm. 99 in Bezug auf die Bezeichnung „ἀγαθόν“. 101 Bibliothek, Cod. 222/193a (III, 185, 1–4 Henry): οὐδὲν γὰρ τῶν παρ’ ἡμῖν τῆς πατρικῆς προσηγορίας οὔτε ἡδύτερον οὔτε τιμιώτερον οὔτε αἰδισιμώτερον, ἀλλ’ οὐδ’ οἰκειότερον οὔτε πρὸς εὐεργεσίαν ἐγγύτερον. 102 Bibliothek, Cod. 222/195b (III, 192, 23–25 Henry): πᾶν γὰρ ὃ λέγομεν περὶ θεοῦ ἢ νοοῦμεν, ἐκ τῶν καθ’ ἡμᾶς πραγμάτων τε καὶ ῥημάτων τὰ περὶ αὐτῆς ἀναλόγως καὶ λέγομεν καὶ νοοῦμεν. 103 Amph. 180 (V, 234, 67–72 L/W): φανερόν ἐστιν δυνατὸν εἶναι θεωρίαν θηρᾶσαί τινα, ὅτι τε ἔστιν θεός, καὶ οὗτος ὑπερούσιον ἓν καὶ ὑπεράρχιος ἀρχὴ καὶ ὑπεράγαθος ἀγαθότης ὡς πηγὴ ἀγαθότητος. καὶ ἀλλων δ’ ὥσπερ ἰνδαλμάτων τινῶν καὶ εἰκασμάτων  … δυναμένων ἀπὸ τῶν ὑστέρων παραληφθῆναι, δι’ ὧν ἔστιν εἰς τὸ ἀμήχανον ἐκεῖνο καὶ ἀνέκφραστον κάλλος τῆς ὑπερουσίου καὶ ὑπερφυοῦς θεότητος ἐνατενίζειν.

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Gott gibt sich also nach Photios hininsichtlich seines Wesens nicht und zugleich doch zu erkennen, indem er in seine Beziehung zu den Seienden, zu den Geschöpfen, eingeht. Das „Wie“ dieser Beziehung präzisiert Photios in seinen Amphilochien. Das geschaffene Seiende hat keinen Anteil an der unmitteilbaren Wesenheit Gottes, sondern an den Lichtstrahlen, die die Gottheit in ihrer gütigen Vorsehung ständig hervorbringt, und zwar in einem solchen Maß, wie es der Erkenntnis und dem Erfassungsvermögen der Menschen entspricht.104 Die unfassbare und transzendente Gottheit lässt in ihrer vorsorglichen Wirkung auf die Geschöpfe zu, dass man im Bereich des geschaffenen Seins ihre Herrlichkeit und Existenz durch Symbole, Spuren und Bilder erkennt.105 Aber was ist diese vorsorgliche Wirkung, die die Beziehung Gottes zu den Seienden ermöglicht? Photios nennt sie ausdrücklich die „Energie“, die zusammen mit dem Wesen (οὐσία) und der Kraft (δύναμις) zu jenen drei in Gott erkennbaren Merkmalen gehört, die seiner Erhabenheit angemessen sind.106 Diese Energie ist immer mit einem bestimmten Wesen verbunden, denn, wie Photios emphatisch unterstreicht, gibt es kein Wesen ohne seine eigene Energie (οὐκ ἔστι φύσις ἀνενέργητος);107 und sie lässt sich unterschiedlich zum Ausdruck bringen, 104 Siehe Amph. 182 (V, 239, 12–13 L/W): οὐχ ὅλην τὴν αἴγλην ἐναυγάζουσα, ἀλλ’ ὃσην ἡ ἀνθρωπίνη φύσις δυνατὴ παραδέχεσθαι. 105 Siehe Amph. 181 (V, 235, 19–21 L/W): ἀπὸ τῶν γνωρίμων ἡμῖν σύμβολά τινα καὶ ἴχνη ἡ ἄρρητος καὶ ἀνεπινόητος θεότης τῆς ἐπιγνώσεως αὐτῆς ἐλλάμψαι προνοουμένη διὰ τῆς τριαδικῆς ἀπηξίωσεν ἐμφανίζεσθαι θεολογίας. 106 Siehe Amph. 181 (V, 235, 22–25 L/W): ὅσα θεοπρεπῆ καθορῶμεν ἐν τῷ θείῳ εἰς τρία συγκεφαλαιοῦσθαι φύσιν ἀπ’ ἀρχῆς εὑρίσκομεν εἰληφότα, καὶ οὔτε εἰς ἐλάττονα οὔτε εἰς πλείονα συναγόμενα. εἰς ποῖα δὴ ταῦτα; είς οὐσίαν καὶ δύναμιν καὶ ἐνέργειαν. 107 Siehe Amph. 195 (= Ep. 36, I, 87, 4 L/W). Vgl. Greg Pal., Pro Hesychastis III.1.24 (I, 637, 5–7 Chrestou); 31 (643, 3); 34 (646, 22); III.2.7 (662, 30–31): ἐνέργειά ἐστι φυσικὴ ἡ δηλωτικὴ πάσης οὐσίας δύναμις, ἧς μόνον ἐστέρηται τὸ μὴ ὄν· τὸ γὰρ ὄν, οὐσίας τινὸς μετέχον, καὶ τῆς δηλούσης αὐτὴν φυσικῶς μεθέξει πάντως δυνάμεως [Eine naturhafte Wirkung ist die Kraft, welche jedes Wesen zum Vorschein bringt, und welcher nur das Nichtseiende beraubt ist; denn das Seiende, indem es an irgendeinem Wesen Anteil hat, wird in jeder Hinsicht auch naturhaft an der Kraft, die das Wesen offenbart, Anteil haben]. Vgl. Joh. Dam., Expositio Fidei, 59; III.15 (PTS 12, 144, 6–12 Kotter): Ἰστέον δέ, ὡς ἄλλο ἐστὶν ἐνέργεια καὶ ἄλλο ἐνεργητικὸν καὶ ἄλλο ἐνέργημα καὶ ἄλλο ἐνεργῶν. Ἐνέργεια μὲν οὖν ἐστιν ἡ δραστικὴ καὶ οὐσιώδης τῆς φύσεως κίνησις· ἐνεργητικὸν δὲ ἡ φύσις, ἐξ ἧς ἡ ἐνέργεια πρόεισιν· ἐνέργημα δὲ τὸ τῆς ἐνεργείας ἀποτέλεσμα· ἐνεργῶν δὲ ὁ κεχρημένος τῇ ἐνεργείᾳ ἤτοι ἡ ὑπόστασις. Λέγεται δὲ καὶ ἡ ἐνέργεια ἐνέργημα, καὶ τὸ ἐνέργημα ἐνέργεια, ὡς καὶ τὸ κτίσμα κτίσις. Οὕτω φαμέν· πᾶσα ἡ κτίσις, τὰ κτίσματα δηλοῦντες [Man muss wissen, dass etwas anderes die Energeia, etwas anderes das Wirkende, etwas anderes das Ergebnis der Wirkung und etwas anderes der Wirkende ist. Energeia heißt also die drastische und wesentliche Bewegung der Natur. Das, was eine Wirkung aufweist, heißt die Natur, aus der auch die Energeia hervorgeht. Das Bewirkte ist das Ergebnis dieser Energeia; und der Wirkende ist der, der von dieser Wirkung Gebrauch macht, d.  h. die Hypostase. Man pflegt auch die Energeia als

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d.  h. als schöpferische Vorsehung (δημιουργικὴ πρόνοια), als Verteilung von Charismen (χαρισμάτων διανομή), oder als Gabe (δωρεά).108 Mit diesem Ansatz tritt Photios in die Fußstapfen der ihm vorausgehenden großen Väter, wie der drei Kappadozier, Dionysios Areopagita und Johannes von Damaskus, und er erweist sich als Vorläufer der umfassenden und von Gregor Palamas systematisch dargelegten Energienlehre.109

4.2.5 Photios’ Denken im ökumenischen Kontext und im Gespräch mit modernen Lösungsansätzen – Eine Antwort zum Problem des Verhältnisses zwischen Theologia und Oikonomia mit Hilfe der antiken Philosophie und der griechisch-byzantinischen Patristik In den letzten Jahrzehnten ist es zu neuen Betrachtungen und Erwägungen in Hinsicht auf die Filioque-Frage gekommen. Nennnenswert sind vor allem zwei verabschiedete Dokumente, nämlich einerseits das Dokument über die lateinische Überlieferung zum Ausgang des Heiligen Geistes,110 andererseits das Dokument des Nordamerikanischen Orthodox-Katholischen Beratungsausschusses über das Filioque mit dem Titel „The Filioque: A Church Dividing Issue?“.111 Ich befasse mich hauptsächlich mit dem ersten Dokument und vor allem mit der wissenschaftlichen Diskussion zwischen in der Thematik bewanderten Fach-

Bewirktes zu nennen und umgekehrt, wie das Geschöpf Schöpfung. In dieser Hinsicht sagen wir: die ganze Schöpfung, und meinen damit die Geschöpfe]. 108 Siehe Amph. 181 (V, 236, 40 L/W). 109 Über die Energienlehre des Gregor Palamas siehe kennzeichnend: John Meyendorf, A Study of Gregory Palamas, NY 1974, bes. 222–227; Amphilochios Radovic, The Mystery of the Holy Trinity according to Saint Gregory Palamas (griechisch), Thessaloniki 1991, bes. 176–201; Alex Torrance, Precedents for Palamas’ Essence-Energies Theology in the Cappadocian Fathers, in: VigChr 63 (2009) 47–70; David Glenn Butner, Communion with God. An energetic defense of Gregory Palamas, in: Modern Theology 32/1 (2016) 20–44; David Bradshaw, Essence and Energies: What kind of distinction? in: Pemptousia 06/4 (2019) 5–35; 110 Verabschiedet am 13.07.1995. Anlässlich der Veröffentlichung dieses Dokuments wurde eine Arbeitstagung vom 15.–17.5.1998 in Wien von der Stiftung Pro Oriente zu dessen Auswertung organisiert und ein Sammelband (Vom Heiligen Geist, Pro Oriente XXI, Tyrolia: Wien 1998) dazu publiziert. 111 Verabschiedet am 25.10.2003. Dazu siehe das erste Feedback aus orthodoxer Sicht: Th. Alexopoulos, Der Konsenstext des nordamerikanischen Orthodox-Katholischen Theologischen Beratungsausschusses bezüglich Filioque: „The Filioque: A Church-Dividing Issue“? Der Versuch einer ersten Würdigung aus orthodoxer Sicht, in: OFo 32/2 (2018) 159–175.

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leuten unterschiedlicher Konfessionen, die im Rahmen der damit verbundenen Studientagung in Wien (15–17.05.1998) entfacht wurde.112 Bei der internationalen Studientagung in Wien wurde auf Photios den Großen drei Mal und zwar nur namentlich Bezug genommen, ohne dass man auf konkrete Argumente seiner Trinitätslehre genauer einging.113 Die Diskussion ging im letzten Teil der Tagung um das vielseitige und heikle Thema des Verhältnisses zwischen Theologia und Oikonomia, dessen Klärung nach der Meinung vieler Forscher zur Lösung des Filioque-Problems entscheidend beitragen könnte.114 Im Rahmen dieser Diskussion ist man, besonders durch die Anregung des Metropoliten von Pergamon Johannes Zizioulas, zur Überzeugung gelangt, dass die Lösung zum Filioque zuerst in der Klärung des Verhältnissses zwischen diesen zwei Ebenen, besser gesagt in der Einigung zwischen Ost- und Westkirche darüber, bestünde.115 Eine solche Einigung gab es bei der Diskussion damals nicht. Orthodoxerseits plädierte man zwar für eine deutliche Unterscheidung zwischen Theologia und Oikonomia und nicht für eine Vermischung, indem das ewige Hervorgehen des Geistes vom Vater mit seiner heilsgeschichtlichen Sendung vom Vater und Sohn identifiziert wird.116 In Hinsicht auf die Ursprungsrelationen könne

112 Und dies, weil ich schon in einer vor zirka drei Jahren erschienenen Studie eine Würdigung bezüglich des Dokuments des nordamerikanischen Orthodox-Katholischen Beratungsausschusses unternommen habe. Siehe oben Anm. 111. 113 Siehe Vom Heiligen Geist 1998, 91.128.170. 114 Siehe Mathias Haudel, Hermeneutische und trinitätstheologische Grundlagen, in: FilioqueKontroverse 2011, 272. Gleich am Anfang heißt es: „Zur Lösung des Filioque-Problems verweisen die Dialoge zwischen Ost- und Westkirchen immer wieder auf zwei hermeneutische und trinitätstheologische Grundfragen, von deren Beantwortung sie einen maßgeblichen Beitrag zur Überwindung der Filioque-Kontroverse erhoffen. Zum einen geht es um die hermeneutische Frage nach dem angemessenen Verhältnis von ökonomischer und immanenter Trinität, mit dem das Verständnis der Energienlehre zusammenhängt … Zum anderen geht es in den Dialogen um die trinitätstheologische Frage, welches Verhältnis diejenigen innertrinitarischen Beziehungen, die den Ursprung der trinitarischen Personen betreffen, zu denjenigen beziehungen haben, die in den anderen gegenseitigen Realtionen innertrinitarischer Existenz hervortreten“. 115 Siehe John Zizioulas, Das Dokument über die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 147: „Ich frage mich, ob wir jemals im Filioque übereinstimmen können, ohne uns zuvor über die Unterscheidung zwischen der immanenten und der heilsökonomischen Dreifaltigkeit geeinigt zu haben, und auf eine Position, dass wir die Beziehungen, dass die drei Personen der Dreifaltigkeit in der Ökonomie verbunden sind, nicht in das ewige Leben Gottes einsetzen können. Das Vatikanische Dokument scheint in dieser Hinsicht unbefriedigend“. Darauf bezieht sich auch Athanasios Bletsis, (Die immanente Trinität ist die „doxologische Trinität“ 2009, 8–28, bes. 8), um zu einer plausiblen Lösung des Filioque-Problems aus orthodoxer Sicht zu gelangen. 116 Siehe Daniel Munteanu, Die Filioque-Kontroverse 2010, 165.

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man nach G.  Martzelos117 die immanenten Beziehungen nicht durch die Heilsökonomie darstellen, während nach G. Larentzakis die immanente Trinität nicht in der ökonomischen Trinität wiedergespiegelt werden könne. Die Entäußerung Gottes in der Heilsökonomie sei nicht „wesenhaft“ (sie könne nicht dem göttlichen „Wesen“ zugeschrieben werden), man könne von ihr nicht auf das göttliche „Wesen“ schließen.118 Im Gegensatz zur orthodoxen Position wurde aus katholischer Sicht basierend auf dem augustinischen Gedankenerbe, dem zufolge die Sendung des Geistes durch den Sohn an die Jünger ein deutliches Zeichen dafür sei, dass der Hl. Geist auch aus ihm hervorgeht,119 die Meinung vertreten, dass alle Aussagen, die wir über die immanente Trinität machen können, aus nichts anderem resultieren können, als aus der ökonomischen Erfahrung des Geistes und der damit verbundenen Frage, was denn für ein Geist es ist.120 Für die römisch-katholische sowie für die evangelische Theologie gibt es unbestritten einen engen Zusammenhang zwischen immanenter und ökonomischer Trinität. So heißt es (aus evangelischer Sicht) nach A. M. Ritter: „Bereits in den ältesten dogmatischen Kontroversen wird ersichtlich, dass auch der Osten stark daran interessiert war, die Heilsökonomie und die Theologie nicht zu weit auseinanderzureißen. Ansonsten ginge nämlich ein Grundanliegen, das von Anfang an in der christlichen Theologie besteht, verloren: In der Offenbarung trete uns kein anderer Gott entgegen als der, der ist. Daran hänge das ganze Heil. Eine Unterscheidung zwischen Theologie und Ökonomie sei wohl notwendig, aber auf keinen Fall soll es eine Scheidung sein. Manche orthodoxen Explikationen legen freilich den Verdacht nahe, dass diese beiden Ebenen zu weit auseinandergerückt werden. Dies sei auch ein Grund für die Schwierigkeiten, die im Westen bestanden haben, auch bei Karl Barth“.121 Die Berufung Ritters auf K. Barth ist hier nicht zufällig, denn er (scil. Barth) selbst war in der Entfaltung seines Offenbarungsgedankens in Hinblick auf das gemeinsame Wirken des dreieinigen Gottes derjenige, der eine direkte Verbin117 Siehe Berichte der Arbeitsgruppen, in: Vom Heiligen Geist 1998, 199. 118 Siehe Berichte der Arbeitsgruppen, in: Vom Heiligen Geist 1998, 205. 119 Siehe De Trinitate  IV/20, 29 (CChr. SL 50, 199, 101–102 Mountain/Glorie): Et sicut spiritui sancto donum dei esse est a patre procedere, ita mitti est cognosci quod ab illo procedat [Wie für den Hl. Geist Geschenk-Gottes-sein so viel ist wie aus dem Vater hervorgehen, so bedeutet für ihn Gesandt-werden so viel wie erkannt werden, dass er aus ihm hervorgeht]. Vgl. Georg Günter Blum, Oikonomia und Theologia 1984, 294: „Im Westen hatte der Einfluss Augustins zur Folge, dass in der lateinischen Theologie am Prinzip der Analogie zwischen geschöpflichem und göttlichem Sein festgehalten wurde“. 120 Siehe Bernd Jochen Hilberath, Berichte der Arbeitsgruppen, in: Vom Heiligen Geist, 1998, 200. 121 Berichte der Arbeitsgruppen in: Vom Heiligen Geist, 199.

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dung-Einheit zwischen immanenter und ökonomischer Trinität sah122 und damit K. Rahner den Weg zur apodiktischen Aussage „die ökonomische Trinität ist die immanente Trinität und umgekehrt“ gewiesen hat.123 Letzterer sieht allerdings ein, dass es beim Analogieschluss von Gottes Wirken in der Heilsgeschichte auf das innere Wesen Gottes eine Begrenztheit gibt, d.  h., dass alles, was von der immanenten Trinität gewusst werden kann, nur durch das genannt werden, was von der ökonomischen Trinität geoffenbart ist.124 Das ist genau der Punkt, worauf sich m.  E. die westliche und östliche Position einigen kann. Man kann überhaupt nur in dem Maße (ἀναλόγως)125 über Gott reden, in dem er mittels seines Offenbarungswirkens Aufschluss über seine Existenz gibt. Einer solchen sowohl von katholischen als auch evangelischen Theologen126 vertretenen Ansicht würde aber erstaunlicherweise auch Photios’ Denken zugrunde liegen: „Alles, was über Gott ausgesagt und gedacht wird, wird aus den uns verwandten Dingen mittels eines Analogieschlusses ausgesagt und konzipiert. Denn die allerheiligste Dreiheit ist gleichwertig und gleichmächtig und verwaltet alles um unseres Heiles Willen, und alles, was wir über sie theologisch aussagen können, das gewährt sie uns und nimmt es (als Seinsaussage) wiederum in sich auf“.127 Das würde bedeuten, dass wenn man Gott die Bezeichnung des Seienden (z.  B. anhand Ex 3, 14: Ich bin der Seiende) beimisst, die ihm im uneigentlichen

122 Siehe Wohlfart Pannenberg, Systematische Theologie 1988, Bd. I, 356. Vgl. Karl Barth, Kirchliche Dogmatik, Bd. I/1, Zürich 1975, 496–514. 123 Siehe Karl Rahner, Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte, in: Mysterium Salutis. Grundriß heilsgeschichtlicher Dogmatik, Johannes Feiner/Magnus Lörer (Hgg.), Einsiedeln/Zürich/Köln 1967, Bd. II, 328.335 und 337. Diesem Grundansatz hat auch E. Jüngel Beifall gespendet, indem er betonte, dass „das Sein Gottes ad extra wesentlich seinem Sein ad intra entspricht“. Siehe Gottes Sein ist im Werden. Verantwortliche Rede vom Sein Gottes bei Karl Barth. Eine Paraphrase, Tübingen 1967, 35. Zugleich hat dieser Ansatz auch Einwände und Fragen hervorgerufen. Siehe R. Stolina, »Ökonomische« und »immanente« Trinität 2008, 209 mit Verweis auf Yves Congar, Der Hl. Geist 1982, 334: „Kann man das freie Mysterium der Ökonomie und das innerlich notwendige Mysterium der Drei-Einheit miteinander identifizieren? … Engagiert und offenbart Gott in seiner Selbstmitteilung sein ganzes Mysterium“? 124 Siehe Ralf Stolina, »Ökonomische« und »immanente« Trinität? 2008, 205 mit Verweis auf Rahner, Der Dreifaltige Gott 1967, 352. 125 Siehe auch oben Anm. 102. 126 Siehe oben Anm. 120.121. 127 Photios, Bibliothek Cod. 222/195b (Bd. III, 192, 23–29 Henry): πᾶν γὰρ ὃ λέγομεν περὶ θεοῦ ἢ νοοῦμεν, ἐκ τῶν καθ’ ἡμᾶς πραγμάτων τε καὶ ῥημάτων τὰ περὶ αὐτῆς ἀναλόγως καὶ λέγομεν καὶ νοοῦμεν. Ἰσότιμος δὲ καὶ ἰσοσθενὴς ἡ παναγία Τριάς, πάντα πρὸς τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν οἰκονομοῦσα, καὶ ὅσα θεολογεῖν αὐτὴν δυναμούμεθα, αὐτὴ ταῦτα φιλανθρώπως ἡμῖν χαριζομένη πάλιν προσίεται.

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Sinne beigemessen wird, ohne dass diese Aussage uns einen Einblick in das Wesen Gottes verschafft. Denn Photios sagt: „Das Sein ist bei der über jeden Ursprung hinausliegenden Trinität etwas (ganz) anderes als bei uns; denn dort (scil. auf der Ebene des über das Sein Hinausliegenden) ist das Seiende etwas, das über das Sein hinausliegt, während in unserer Welt dieses ein nicht im eigentlichen Sinne Seiendes ist“.128 Diese radikale Seins-Transzendenz Gottes, die im neuplatonischen Denken besonders hervorgehoben wird,129 trifft auf das griechisch-byzantinische patristische Denken des Photios völlig zu. Gott ist nichts von alldem, was es gibt (μηδὲν τῶν πάντων);130 und wir sind in der Lage, uns über ihn irgendwie eine trübe Vorstellung von dem zu verschaffen, was er uns in seiner vorsorglichen Entäußerung offenbart. Denn das, was wir überhaupt von ihm eigentlich wissen können, ist dass er exisitiert, ohne dass er in seinem An-Sich-Sein getroffen wird.131 Gott bleibt in seiner immanenten Existenzweise, in seinem An-Sich-Sein absolut unaffiziert, weil alles, was wir über ihn uns vorstellen und aussagen können, sich aus der Interpretation seines Wirkens auf uns ergibt. Gottes Existenz wird nur aus unserer Perspektive, jener des geschaffenen Seins, gesagt und gedacht, das Gott als seinen Urgrund vorraussetzt: „Das Sein, so wie wir von jenem (scil. dem absoluten Einen) sagen, es sei, haben wir aus dem, was nach Ihm ist“.132 In dieser Hinsicht erweist sich die mit Denken des Photios zusammenfallende Aussage Plotins nicht nur als wahrhaftig, sondern als zur genaueren Bestimmung des Verhältnisses zwischen Theologie und Ökonomie äußerst hilfreich: Der Gehalt jeder Aussage über Gott, ist nicht aus ihm geschöpft, sondern aus dem Bereich des Seins.133 Und das bedeutet wiederum, dass jede Seinsaussage über Gott, wie

128 Bibliothek Cod. 230/278a (V, 40, 17–19 Henry): καὶ δὴ καὶ τὸ εἶναι ἄλλο τι ἐστιν ἐπὶ τῆς ὑπεραρχίου τριάδος καὶ ἄλλο τὸ ἐν ἡμῖν· ἐκεῖ μὲν γὰρ τὸ ὂν ὑπὲρ τὸ εἶναι, ἐνταῦθα δὲ οὐδὲ κυρίως ὄν. 129 Bei Plotin ist das absolute Eine „auch nicht das Ist“ (VI 7, 38, 1); „Es ist nicht“ (VI 7, 38, 11); „wir tun selbst das Ist von ihm fort“ (VI 8, 8, 14). Angaben nach Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen 1992, 156. 130 Siehe Amph. 180 (V, 232, 18–19 L/W). 131 Siehe Amph. 180 (V, 232, 23 – 233, 25 L/W): τῆς ἐκεῖθεν αὐγῆς ὡς δι’ ἐμφάσεων διανιστώσης ἡμῶν τὸν νοῦν καὶ φωταγωγούσης, εἰ καὶ μὴ πρὸς τὸ εἰδέναι τί ποτ’ ἐστὶ θεός, ἀλλ’ οὖν γε μὴ ἀγνοεῖν ὅπερ ὅλως ἐστίν [der von dort herkommende Lichstrahl, welcher wie durch Blitze/Bilder unseren Geist aufregt und ans Licht führt, wenn schon nicht zum Wissen, was Gott in Wirklichkeit ist, so doch zum Nichtwissen, dass er überhaupt ist]. 132 Siehe Plotin Enn. VI 8, 11, 7–8: τὸ μὲν οὖν εἶναι, ὡς λέγομεν ἐκεῖνο εἶναι, ἐκ τῶν μετ’ αὐτό. Vgl. Photios oben Anm. 69 und 102. 133 Siehe Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen 1992, 156 mit Verweis auf Huber, Das Sein und das Absolute 1956, 81.

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z.  B. „Gott ist Liebe“134 oder „Gott ist das Gute“ aus einer Übertragung der Seinsbestimmungen und Denkschemata auf dasjenige resultiert, was wegen seiner wesensmäßigen Transzendenz einer solchen Aussage enthoben ist, und dass diese Seinsaussagen wiederum als insuffizient und konventionell zu betrachten sind. Dazu Photios sagt: „So wie das Göttliche von allen zeitlichen Dingen ein nicht-zeitliches Wissen hat, von geteilten Dingen ein ungeteiltes, von fließenden Dinge ein nicht-fließendes, so erkennt jedes geborene Wesen das Über-Zeitliche zeitlich, das Ungeteilte geteilt und das Unbeschreibliche mit einer vertrauten Sprache, die durch Namen und Wörter gestaltet wird“.135 Eine absolut genaue Entsprechung zwischen dem, was Gott in Wirklichkeit ist, und dem, was Gott uns offenbart, gibt es also nicht.136 Zu dieser Feststellung, die auf Dionysios Areopagita beruht, kommt ein schlagkräftiges Zitat aus Photios, welches das Verhältnis beider Ebenen mit Präzision veranschaulicht und damit m.  E. die Basis für eine breite Einigung zwischen West und Ostkirche darstellen kann. Der Bemerkung A. M. Ritters, „In der Offenabarung tritt uns kein anderer Gott entgegen, als der, der (wirklich) ist“ kann die orthodoxe Theologie zwar zustimmen, aber nur mit einer Präzisierung, die aus orthodoxer Sicht mit der Unterscheidung zwischen Gottes Wesen und Energie verbunden ist: In der Offenbarung tritt uns kein anderer Gott entgegen als der, der in Wirklichkeit ist, „aber nicht genau in der Weise, wie er in seinem An-Sich-Sein ist, sondern wie es dem Erkenntnisvermögen derjenigen, denen er sich in unaussprechlicher Akkommodation offenbart, möglich und vorteilhaft ist“ (οὐχ ὡς ἔστιν, ἀλλ’ ὡς ἑκάστῳ τῶν ἐμφανιζομένων δυνατὸν καὶ συμφέρον).137

134 Mit den Worten ‚Gott ist Liebe‘ oder ‚die göttlichen Personen sind durch gegenseitige Liebe verbunden‘ meint die Ostkirche nach V. Lossky eine gemeinsame Manifestation, die Liebes-Energie, welche die drei Hypostasen besitzen, denn die Vereinigung der Drei ist sogar höher als die Liebe. Diese Ansicht ist ein klares Zeichen dafür, dass beim östlichen Denken jede relationale Seinsbestimmung nicht in einen direkten Zusammenhang mit der geoffenbarten Tatsache der immanenten Perichorese bzw. Koinonia zu bringen ist: Siehe Evgeny Pilipenko, Einheit als sakramentales Ereignis 2014, 226–227 mit Berufung auf Vladimir Lossky, Betrachtungen über die mystische Theologie 2009, 98. 135 Bibliothek Cod. 222/189b (III, 176, 35 – 177, 6 Henry): Ὥσπερ οὖν τὸ θεῖον τὰ ἐν χρόνῳ πάντα ἀχρόνως ἐπίσταται καὶ ἀμερίστως τὰ μεριστὰ καὶ ἀρρεύστως τὰ ῥέοντα, οὕτω πᾶσα γεννητὴ φύσις καὶ τὸ ὑπέρχρονον ἐν χρόνῳ νοεῖ, καὶ μεμερισμένως τὸ ἀμέριστον καὶ τὸ ἄφθεγκτον διὰ συντρόφου φωνῆς ὀνόμασι διαμορφουμένης καὶ ῥήμασιν. 136 Siehe oben Anm. 96 zu Dion. Areop., Div. Nom. II.8 (PTS 33, 132, 14–17 Suchla). 137 Siehe Photios, Bibliothek Cod. 222/189b (Bd. III, 176, 17–21 Henry): ζητεῖ γὰρ διὰ τί προτέτακται ὁ πατὴρ τοῦ υἱοῦ, εἶτα τὸ πνεῦμα τρίτον συντάσσεται. ὡς ἡ θεία φύσις ἄρρητος οὖσα καὶ ἀκατάληπτος, δῆλον ὡς οὔτε λογισμῷ τινι οὔτε ῥήματι αὐτὸ τοῦτο ὅπερ ἐστὶν ἐκκαλύπτεται ἢ ὀνομάζεται, οἷς δ’ ἂν καὶ ἐμφάνειαν δι’οἰκονομίαν ἄφατον καταστῇ οὐχ ὡς ἔστιν, ἀλλ’ ὡς ἑκάστῳ

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Der eine einzige und selbe dreifaltige Gott gibt sich in seinem heiligenden Wirken zu erkennen, während er zugleich in seinem inneren „Sein“ absolut verschlossen bleibt. Das ist der Grundansatz der orthodoxen Theologie, der in der folgenden Aussage des Gregor Palamas zusammengefasst ist: „Absolut unerkennbar und unaussprechlich ist sowohl das, was die Einung (in der Gottheit) dem Wesen nach, sowie das, was die hypostatische Unterscheidung angeht; genau so unerkennbar und unaussprechlich ist das, was die in jeder Hinsicht unvermischte wesenmäßige Verbundenheit (der drei Personen) betriffft. Solcher Art sind diese Dinge, weil man ihrer überhaupt nicht teilhaftig werden kann. Deshalb ist es auch unmöglich, ein entsprechendes Muster für sie innerhalb der Schöpfung zu finden“.138 Dementsprechend sollte man, wenn man z.  B. über die innertrinitarischen Hervorgänge (Zeugung und Hervorgang) oder über Begriffe wie Arché oder Ursache (αἰτία) spricht und sie mit Gott (in seinem An-Sich-Sein) in Verbindung bringt, mit einer gewissen Zurückhaltung vorgehen, d.  h. mit dem Vorbehalt, dass diese Seinsbestimmungen aus dem Seinsbereich geschöpft sind, besser gesagt, aus unserer Erfahrung in diesem Bereich von Relationen (wie z. B einer kausativen, zwischen einer Ursache und deren Ergebnis etc.) und anderen Bestimmtheiten, die wiederum mittels der Negation (Apophasis) negiert werden müssen.139

τῶν ἐμφανιζομένων δυνατὸν τε καὶ συμφέρον, οὕτως αὑτῆς τοῦ κάλλους τὰς μαρμαρυγὰς ἐνίησί τε τοῖς εἰς αὐτὴν ἀτενίζουσι καὶ παραπολαύειν παρέχεται [Er (scil. der Mönch Hiob, der Verfasser eines Buches, mit dem sich Photios in der Bibliothek befasst) will wissen, warum der Vater dem Sohn vorgeordnet, und danach der Geist als dritter (mit Vater und Sohn) zusammengestellt wird. (Und Photios antwortet:)  wie es offensichtlich ist, dass die göttliche Natur, die unaussprechlich und unbegreiflich ist, weder mittels eines logischen Gedankens noch eines Wortes als das geoffenbart oder benannt wird, was sie genau ist – wenn sie sich aber in unausprechlicher Akkommodation manchen offenbare (nicht so wie sie ist, sondern in einer Weise, die denjenigen, denen sie sich offenbart, möglich und vorteilhaft ist –, genau so sendet sie die Strahlen ihrer Schönheit in die, die auf sie hinschauen, ein und gibt sich diesen hin, damit sie von ihr einen Genuss bekommen)]. 138 Greg. Pal., Orationes Dogmaticae  I.25 (Bd. II, 86, 36  – 87, 3 Chrestou): ὑπεράγνωστα καί ὑπεράρρητά ἐστι καί τά τῆς οὐσιώδους ἑνώσεως καί τά τῆς ὑποστατικῆς διακρίσεως καί τά τῆς ἀμιγοῦς παντάπασι καί ἀφύρτου συμφυΐας. Τοιαῦτά δε ἐστίν, ἐπεί καί τελέως ἐστιν ἀμέθεκτα. Διὸ οὐδ’ ὑπόδειγμα ἐπί τούτων ἐπί τῆς κτίσεως εὑρεῖν. 139 Selbst die Kategorie des Ursprungs soll nach Vladimir Lossky apophatisch verstanden werden. Denn sie besagt nur den Unterschied, aber nicht das „Wie“ der göttlichen Hervorgänge. Dazu Athanasios Bletsis, Die Drei-Einigkeit als „Kreuz für den menschlichen Intellekt“? in: FilioqueKontroverse 2011, 201–224, 208 mit Verweis auf Lossky, Die mystische Theologie der morgenländischen Kirche, Graz 1961, 71. Im Apophatismus der orthodoxen Hymnologie-Doxologie sieht Bletsis mit Recht eine sichere Basis jeglicher theologischen Entfaltung und Darlegung der Glaubenslehre. Darin werden alle Antinomien des menschlichen Geistes und der menschlichen Sprache aufgehoben. Siehe ebd. 223–224.

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Denn Gott ist über das Sein hinaus, während unsere Bestimmungen zu ihm aus nichts anderem als aus dem Horizont des erschaffenen und endlichen Seins abgeleitet sind. Deshalb fühlt sich Gregor der Theologe gezwungen, den innertrinitarischen Hervorgängen jede analoge Beziehung zum Sein abzusprechen,140 während Augustinus den Begriff „ἐκπόρευσις“ mittels der analogen Beziehung zwischen einem Geber und einem Gegebenen, einem Schenker und einem (von beiden, von Vater und Sohn) Geschenkten141 zu erläutern versucht. Die Gabe Gottes (donum dei) setzt aber gedanklich einen Geber voraus, und das, was gegeben und geschenkt wird, weist auf eine innere Gemeinschaft mit dem Geber (Vater und Sohn) hin.142 Auf den gleichen Versuch wie Augustinus die jede Vernunft und Denkbarkeit übersteigenden Ursprungsverhältnisse in der Trinität durch aus der geschaffenen Wirklichkeit entnommene Analogien (wie durch die Kategorien der Liebe, des Geschenkes oder der Willensfreiheit) auszulegen, stößt man bei manchen prominenten orthodoxen Theologen, die an der Wiener Studientagung (1998) teilgenommen und eine Unterscheidung zwischen den von den Kappadoziern häufig verwendeten Begriffen Quelle (πηγή) und Ursprung (ἀρχή) vorgenommen haben. Dieser Unterscheidung zufolge, bedeute der Begriff Ursache, immer auf den Vater bezogen, einen freien, vollendeten und persönlichen Urheber, während der Begriff Quelle auf eine „natürlichere“ und daher unpersönliche Vorstellung hinweise.143

140 Siehe Or.  20.11 (SC 270, 78, 1  – 80, 1 Gallay): ἀκούεις γέννησιν; τὸ πῶς μὴ περιεργάζου· ἀκούεις ὅτι τὸ πνεῦμα προϊὸν ἐκ τοῦ πατρὸς; τὸ ὅπως μὴ πολυπραγμόνει [Du hörst das Wort „Zeugung“; mach dir über das „Wie“ keine Gedanken. Du hörst, dass der Geist dem Vater entstammt; mach dich über das „Wie“ nicht wissbegierig]. 141 Siehe De Trinitate V/14, 15 (CChr. SL 50, 222, 5–12 Mountain/Glorie). Dazu Alexopoulos, Der Ausgang 2009, 210. 142 Siehe Oberdorfer, Filioque 2001, 120. Oberdorfer bemerkt zutreffend: „Es fragt sich allerdings, welche Bedeutung der Begriff Geschenk innerhalb der Trinität haben soll, wenn anders es im vollkommenen Sein keinen Mangel und keine Übertragung von Gütern geben kann. Aus diesem sachlichen Problem erklärt es sich, dass Augustinus unmittelbar an die Behandlung des Begriffs donum den Gedanken anschließt, der Geist sei eine gewisse unaussprechliche Gemeinschaft (ineffabilis quaedam patris filiique communio) von Vater und Sohn“. 143 Siehe Zizioulas, Das Dokument über die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 142. Diesem Ansatz trat bei der Diskussion Prof. Heron (reform.) entgegen mit der Bemerkung: „Ich frage mich, ob Sie (scil. Zizioulas) nicht ein wenig weitergehen als Ihre Tradition in der Gewichtung der αἰτία und deren Implikation von Personalität, die Sie besonders betonen“. Siehe ebd., 173. Zur weiteren Kritik der Ansicht Zizioulas’ siehe, N. Loudovikos, Person instead of Grace and dictated Otherness: John Zizioulas’ final theological position, in: The Heythrop Journal 48 (2009) 1–16 und Pilipenko, Einheit als sakramentales Ereignis 2014, 223–236.

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 Forschungsergebnisse

Eine solche Interpretation des Begriffs Ursache ergibt sich sicherlich nicht aus den Ausführungen des Photios in der Mystagogie, in der er von dem unteilbaren Verursachenden (ἀμέριστον αἴτιον)144 und der Monarchie145 die Rede ist, ohne beide Begriffe mit irgenwelchen Seinskategorien in Verbindung zu bringen. Die orthodoxe Trinitätslehre legt zwar (nicht nur in der Person des Photios, sondern auch allgemein) ein großes (Über)Gewicht auf die in der Hypostase des Vaters wurzelnde Monarchie, versteht diese Ursächlichkeit jedoch nicht als eine „freiwillige“ Initiative eines dreipersonal internen Dialogs, sondern in erster Linie als die alleinige absolute Quelle der Gottheit, welche der Vater den anderen Hypostasen – dem Sohn und dem Geist – zusammen mit dem Sein ewig mitteilt.146 Eine Zuordnung der Kategorie des Willens zur Hypostase des Vaters würde einerseits eine Relativierung der Absolutheit des Urprinzips (der Vater könnte den Sohn nicht zeugen, wenn er nicht wollte), andererseits eine Übertragung existenzieller Begriffe, welche die äußere Wirkung der göttlichen Personen in ihrer Beziehung zu den Geschöpfen bestimmen, auf die inneren Beziehungen der Dreieinigkeit implizieren.147 Der Grundzug der östlichen Theologie ist also ein starker Apophatismus, der unter der Prämisse der abgründigen Kluft, der Asymetrie und absoluten Wesensungleichheit zwischen ungeschaffenem (ἄκτιστον) und geschaffenem (κτιστόν)148 Sein eine radikale Trennung in Hinblick auf das An-Sich-Sein Gottes und auf das An-Sich-Sein des Seienden von ökonomischer und immanenter Trinität bedeutet. Diese Kluft wird durch die energetische und analogische Entäußerung Gottes

144 Siehe Myst. 53, Kommentar, Anm. 137. 145 Siehe Myst. 11, Kommentar, Anm 39. 146 Pilipenko, Einheit als sakramentales Ereignis 2014, 225–226. 147 Siehe Pilipenko, Einheit als sakramentales Ereignis 2014, 226 mit Verweis auf Lossky, Betrachtungen über die mystische Theologie 2009, 102. 148 Siehe Greg. Nyss., Adv. Mac. (GNO III/1 104, 8–15 Mueller): Μέσον γάρ τούτων ἐπιγινώσκει ὁ λόγος οὐδέν, ὥστε τινὰ φύσεως ἰδιότητα ἐν μεθορίῳ τοῦ τε κτιστοῦ καὶ τοῦ ἀκτίστου καινοτομηθεῖσαν μεταξὺ τούτων εἶναι νομίζεσθαι ὡς καὶ ἀμφοτέρων μετέχειν καὶ οὐδέτερον τελείως εἶναι. Οὐδὲ γὰρ ἐνδέχεται μίξιν τινὰ τῶν ἐναντίων καὶ συμπλοκὴν ἐννοῆσαι τοῦ κτιστοῦ πρὸς τὸ ἄκτιστον συνανακιρναμένων καὶ δύο τῶν ἐναντίων εἰς μίαν ὑπόστασιν συμμιγνυμένων [Denn das Wort der Hl. Schrift anerkennt nichts Mittleres zwischen diesen (scil. der über- und der unterlegenen Natur), so dass man auf die Idee kommen könnte, es gebe im Grenzbereich zwischen Geschaffenem und Ungeschaffenem irgendeine neu eingeführte eigentümliche Form von Natur mitten zwischen diesen, sodass sie an beidem teilhätte und doch keins von beidem vollkommen wäre. Sie (die Schrift) lässt es nämlich unter keinen Umständen zu, irgendeine Vermischung und Verbindung des Gegensätzlichen zu erdenken, indem sich das Geschaffene mit dem Ungeschaffenen vermengt und sich zwei gegensätzliche Dinge zu einer einzigen Substanz (Wirklichkeit) vermischen].

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zu den Seienden,149 was einen angeblich latenten Agnostizsmus im Namen der Transzendenz Gottes mildert. Eine solche (östliche) Tendenz unterscheidet sich stark von einer westlichen Tendenz, die eine rationale und pauschale Übertragung sämtlicher Relationszusammenhänge auf das innertrinitarische Sein vornimmt,150 und damit in der heutigen orthodoxen Theologie zum Teil einen gewichtigen Einfluss gehabt hat.151 Beiden Tendenzen und hermeneutische Nuancierungen, die sich sehr wohl in der Schrift feststellen lassen, können trotz ihrer Abweichung voneinander neue Interpretationswege öffnen und uns eventuell zu einer Lösung des FilioqueProblems führen. Dazu könnte man kommen, wenn anhand der so genannten Tendenzen, die eine differenzierte Zuordnung von ewiger innertrinitarischer Wesensstruktur Gottes und kontigentem Heilshandeln pro nobis (Einheit und Distinctio) implizieren, eine Unterscheidung zwischen denjenigen trinitarischen Beziehungen, die innertrinitarische Ursprungsverhältnisse betreffen (Zeugung, Hervorgang), und denjenigen, die dem Beziehungsgefüge der weiteren innertrinitarischen Existenz gehören (Ruhen des Geistes im Sohn, Geist des Sohnes etc.), d.  h. zwischen Ursprungs- und Existenzbeziehungen, vornehmen würde.152 Eine solche Alternative ist schon vor einigen Jahren (2006 und 2011) von M. Haudel vorgeschlagen worden und markiert einen neuen interessanten Ansatz, um zu einem Kompromiss zwischen der Tendenz einer intrapersonalen Reduktion auf die Wesenseinheit (im Westen) und der reinen Verabsolutierung des patromonistischen Prinzips (im Osten, besonders bei Photios)153 gelangen zu können. Präzi149 Siehe Dion. Areop., Div. Nom. I.2 (PTS 33 110, 11–13 Suchla): οὐ μὴν ἀκοινώνητόν ἐστι καθόλου τἀγαθὸν οὐδενὶ τῶν ὄντων, ἀλλ’ ἐφ’ ἑαυτοῦ μονίμως τὴν ὑπερούσιον ἱδρῦσαν ἀκτῖνα ταῖς ἑκάστου τῶν ὄντων ἀναλόγοις ἐλλάμψεσιν ἀγαθοπρεπῶς ἐπιφαίνεται [Dennoch ist das Gute im Allgemeinen nicht unmitteilbar für irgendein Wesen, sondern es lässt den beständig in ihm selbst gründenden überwesentlichen Strahl durch Einstrahlungen, die jedem einzelnen Seienden angemessen sind, auf gütige Weise hervorleuchten]. Übers. nach Suchla, Ps. Dion. Areop., Die Namen Gottes (BGL 26, 22, 43–46). 150 Siehe Haudel, Selbsterschließung des dreieinigen Gottes 2006, 525. 151 Dieser Einfluss besteht in der Auffassung, die Kirche sei Abbild bzw. Ikone der Heiligen Dreifaltigkeit. Das würde nach der Meinung der Befürworter dieser Tendenz in trinitätstheologischer Hinsicht implizieren, dass „die Verbundenheit-Geimeinschaft des Lebens in der Kirche jene Gemeinschaft widerspiegelt, die das göttliche Leben selbst darstellt: das Leben der Dreieinigkeit“. Siehe das Dokument des Anglikanisch-Orthodoxen Dialogs „Die Kirche des Dreieinigen Gottes“ I.3, in: DwÜ, Bd. 4, 198. Über die orthodoxen Einwände zu dieser Frage siehe Pilipenko, Einheit als sakramentales Ereignis 2014, 224 Anm.  7; Jennifer Wassmuth, Die Rückkehr der Tradition 2019, bes. 329–339. 152 Siehe Haudel, Selbsterschließung des dreieinigen Gottes 2006, 525. 153 Siehe Haudel, Hermeneutische und trinitätstheologische Grundlagen, in: Filioque-Kontroverse 2011, 296.

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 Forschungsergebnisse

ser führt Haudel, nachdem er auf alle neutestamentlichen Aussagen, welche ein Existenzverhältnis des Geistes zum Sohn besagen (Gal 4, 6; Joh 14, 16; Joh 15, 2; Joh 16, 7; Joh 16, 14; Joh 16, 15; 6 u.  a.) hingewiesen hat, Folgendes aus: „Diese biblischen Aussagen geben zu erkennen, dass der Hl. Geist zwar heilsökonomisch vom Vater und vom Sohn gesandt wird und so auch von beiden ausgeht,154 aber dabei in ein bedeutend differenziertes Relationsgefüge mit Vater und Sohn eingebunden ist, das differenzierte Rückschlüsse von den ökonomischen auf die immanenten trinitarischen Beziehungen zulässt. Hinsichtlich seines Ursprungs geht er (scil. der Hl. Geist) nämlich aus dem Vater hervor, von dem er durch den Sohn gesandt wird, was einer exklusiven Filioque-Tradition (Vater und Sohn als zwei Prinzipien) widerspricht. Doch umgekehrt stehen einem einseitigen photianischen-palamitischen Verständnis vom Ausgang aus dem Vater ‚allein‘ (μόνου) die Hinweise auf die konstitutive Verbindung des Geistes mit dem Sohn entgegen. Ist der Sohn heilsökonomisch an der Sendung und dem Ausgang des Geistes beteiligt, der wiederum von ihm nimmt und auf ihm ruht, so müssen solche Beziehungen eine innertrinitarische Grundlage haben, da sich Gott in seiner Selbsterschließung treu bleibt (2 Tim 2, 13) und seine heilsökonomische Gegenwart hypostatische Rückschlüsse auf die innertrinitarischen Beziehungen erlaubt. Es kommt in diesem Zusammenhang … zum Vorschein, dass es neben den innertrinitarischen Ursprungsbeziehungen vielfältige andere Beziehungen zwischen den trinitarischen Personen gibt, die ihre gegeseitige trinitarische Existenz betreffen, wie z.  B. das Ruhen des Geistes im Sohn, aus dem der Geist deshalb ausstrahlen bzw. in diesem Sinne ausgehen kann, und zwar auf der Existenz- und nicht auf der Ursprungsebene. Dabei sind die konstitutiven Verbindungen auf der innertrinitarischen Existenzebene durchaus in den Ursprungsbeziehungen verwurzelt. Aufgrund der heilsökonomisch erkennbaren interdependenten Beziehungen zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist wird die Bedeutung dieser Existenzbezüge für die in ihrem Kontext heilsökonomisch angezeigten Ursprungsbeziehungen offenbar. Wie der Geist heilsökonomisch vom Vater durch den Sohn gesandt wird bzw. durch den Sohn vom Vater erbeten wird, so geht er auch innertrinitarisch aus dem Vater des Sohnes  – und somit durch den Sohn  – hervor (zumal die Vaterschaft schon begrifflich nicht ohne den Sohn denkbar ist), so dass der immanente Hervorgang des Geistes ebenso mit der Beziehung zwischen Vater und Sohn zu tun hat wie die heilsökonomische Sendung des Geistes  … Aus diesen Verbindungen zwischen den trinitarischen Personen auf der Ebene der Ursprungsbeziehungen (Vater zeugt Sohn durch die Hauchung des Geistes)

154 Ein solcher Schluss ergibt sich aus diesen Aussagen nicht „automatisch“, siehe im Folgenden.

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resultiert, dass der Geist auf der Ebene der gemeinsamen trinitarischen Existenz von Sohn und Geist – dem biblischen Zeugnis entsprechend – auf dem Sohn ruht und deshalb aus ihm ausstrahlen bzw. hervortreten kann“.155 Diesem Ansatz, der eigentlich auf die Komplementarität der Trinitätslehre östlicher und westlicher Tradition hindeuten will, kann man Folgendes entgegenhalten: Haudel lässt sich hier methodologisch sehr stark von dem westlichen (besonders von Karl Rahner vertretenen) Axiom der genauen Entsprechung zwischen Theologia und Oikonomia beeinflussen. Dies lässt sich daran zeigen, dass er aus den biblischen Aussagen, die gemäß der von ihm verwendeten Terminologie auf eine „Existenzbeziehung“ zwischen den göttlichen Personen hinweisen, willkürlich (am Anfang des vorgelegten Abschnitts) darauf schließt, dass der Hl. Geist aus beiden (Vater und Sohn) ausgeht. Wie sich in der Argumentation des Photios in der Mystagogie feststellen lässt, begründet keine von diesen biblischen Aussagen, auf die sich Haudel beruft, eine Ursprungsbeziehung zwischen Sohn und Geist, sondern sie verweisen eher auf die Wesenseinheit von Sohn und Geist, die wiederum in ihrem gemeinsamen Rückbezug auf das eine Verursachende, d.  h. den Vater begründet ist. Wie Photios in der Mystagogie (Par. 85) bemerkt, deuten Aussagen, wie „Geist des Sohnes“ (Gal 4, 6), „Der Geist des Herrn ist auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt hat“ (Lk 4, 18) oder „Ich sah, dass der Geist herabstieg wie eine Taube und auf ihm blieb“ (Joh 1, 32) auf die wesensmäßige VerbindungHomousie zwischen den Hypostasen des Sohnes und des Geistes hin und dürfen auf gar keinen Fall dazu führen, auf einen hypostatischen Hervorgang des Geistes auch vom Sohn zu schließen: Denn welche Deutung, fragt Photios, legt der Wortlaut des Apostels näher, dass „der Geist im Sohn weilt“ oder dass er „aus dem Sohn hervorgeht“? Darüber hinaus ist Haudels Grundunterscheidung zwischen so genannten Ursprungs- und Existenzbeziehungen nachvollziehbar, da sie der in der patristischen Tradition (besonders bei den Kappadoziern) verwurzelten Unterscheidung zwischen einer kausativen und einer perichoretischen Ebene in der Trinität völlig entspricht. Haudel hat auch Recht, wenn er bemerkt, dass die konstitutiven Verbindungen auf der innertrinitarischen Existenzebene durchaus in den Ursprungsbeziehungen verwurzelt seien. Eine solche Bemerkung entspricht genau dem, was Photios in der Mystagogie ausführt: „Denn (der Geist) ist (ihm, scil. dem Vater) wesensgleich, weil er aus ihm hervorgeht; er ist nicht etwas (aus ihm) Hervorgegangenes, weil er mit (ihm) wesensgleich ist,“ (Myst. 91).

155 Haudel, Selbsterschließung des dreieinigen Gottes 2006, 529.

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 Forschungsergebnisse

Es gibt also einen deutlichen Vorrang der Ursprungsbeziehungen gegenüber den Existenzbeziehungen, da letztere die ersteren voraussetzen und durch sie gestaltet werden können. D.  h., dass die wechselseitigen Existenzbeziehungen zwischen Sohn und Geist – z.  B. Der Sohn sendet den Geist (Joh 16, 7) und der Geist kommt in der Taufe Christi herab (Joh 1, 33)156 – erst dann begründet sind und ihre vollkommene Gestalt auf perichoretischer Ebene nehmen können, wenn zuerst auf kausativer Ebene die Konstitution des Sohnes und des Geistes als selbständige Hypostasen durch ihren Ursprung vom Vater vollzogen sind. Nur vollkommene Ursprungsbeziehungen können entsprechend vollkommene Existenzbeziehungen etablieren. Darin liegt genau die Grundintention des monopatristischen Prinzips der Kausalität des Vaters, d.  h. die Beziehungen zwischen den göttlichen Personen auf kausativer Ebene als irreversible Beziehungen zu gründen, welche eine konkrete Unterscheidung des Sohnes und des Geistes vom Vater ermöglichen und einen Relativismus der Personen (d.  h. als ob es sich dabei um Erscheinungsformen einer einzigen Wesenheit handelte) ausschließen.157 Eine Milderung oder Abschwächung des Prinzips der nach orthodoxem Verständnis auschließlich auf den Vater bezogenen Monarchie würde eine Relativierung der Person des Vaters als absolut vollkommene Ursache in der Trinität158 mit sich bringen, was wiederum eine Relativierung der Vollkommenheit seiner Hervorgänge, nämlich der Zeugung und des Hervorgangs, und damit der Existenzen des Sohnes und des Geistes zur Folge hätte.159

156 Mit Recht bemerkt Ulrich Kühn (aus evangelisch-lutherischer Sicht) in der Wiener Tagung, dass es in der Bibel mehrere Aussagen gibt, welche auf ein aktives Handeln des Geistes hinweisen und bezeugen, dass das Verhältnis von Sohn und Geist das Verhältnis einer Wechselseitigkeit ist. Siehe Wiederentdeckung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 76– 77. Eine ähnliche Bemerkung macht von orthodoxer Seite auch Georgios Martzelos, der folgendes hervorhebt: „Im Sinne des Ursprungs kann man die immanenten Beziehungen nicht durch die Heilsökonomie darstellen. Ein Beispiel: Es gibt Bibelstellen, die besagen, dass der Hl. Geist den Sohn sendet bzw. dass der Sohn durch den Hl. Geist gesendet wird. Was bedeutet das nun für die immanente Trinität? Bedeutet es, dass der Sohn durch den Geist seinen Ursprung hat? Auf gar keinen Fall!“ Siehe Berichte der Arbeitsgruppen, in: ebd., 1998, 199. Dazu siehe Munteanu, Die Filioque-Kontroverse 2010, 164: „Der innertrinitarische Ausgang des Hl. Geistes darf nicht mit der heilsgeschichtlichen Sendung durch den Vater und den Sohn verwechselt werden. Auch der Sohn wird vom Vater und dem Geist gesandt, was nicht einschließt, dass die heilsgeschichtliche Sendung des Sohnes vom Vater und vom Geist ein innertrinitarisches Spirituque hinsichtlich der Zeugung des Sohnes rechtfertigen würde“. 157 Siehe Christos Garidis, Aspekte der aktuellen Reflexion über das Filioque-Problem – eine kritische Gegenüberstellung, in: Von der Communio zur kommunikativen Theologie 2008, 73–82, bes. 80. 158 Siehe Myst. 7 und 31; Kommentar, Anm. 34 und 114. 159 Siehe Garidis, Aspekte der aktuellen Reflexion über das Filioque-Problem 2008, 81.

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Zur folgendenden abschließenden Überlegung von Haudel „Wie der Geist heilsökonomisch vom Vater durch den Sohn gesandt wird bzw. durch den Sohn vom Vater erbeten wird, so geht er auch innertrinitarisch aus dem Vater des Sohnes  – und somit durch den Sohn  – hervor (zumal die Vaterschaft schon begrifflich nicht ohne den Sohn denkbar ist), so dass der immanente Hervorgang des Geistes ebenso mit der Beziehung zwischen Vater und Sohn zu tun hat wie die heilsökonomische Sendung des Geistes“160 kann man mit einem Begriffersatz (bezogen diesmal auf den Sohn und sein Abhängigkeitsverhältnis im Rahmen der Heilsgeschichte vom Geist) Folgendes emphatisch entgegenhalten: „Wie der Sohn heilsökonomisch vom Vater durch den Geist, d.  h. durch die Mitwirkung des Geistes in die Welt als der Mensch gewordene (durch den Hl. Geist von der Jungfrau Maria) Logos Gottes gesandt wird, so wird er auch innertrinitarisch aus dem Vater in der Anwesenheit seines Geistes (da die Trinität gleichewig ist) und somit durch den Geist gezeugt – zumal der Hervorbringer (προβολεύς) schon begrifflich nicht ohne sein Hervorgebrachtes (πρόβλημα) denkbar ist –, so dass der immanente Hervorgang der Zeugung des Sohnes ebenso mit der Beziehung zwischen Vater und Geist zu tun hat wie die heilsökonomische Sendung des Sohnes“.161 Mein Versuch, hier die Begriffe zu ersetzen, um die aktive Mitwirkung auch des Hl. Geistes im Rahmen der Heilsgeschichte zu betonen, würde, wie ich annehme, jeden Leser dazu führen, eigene Schlüsse bezüglich der Wechselseitigkeit des Verhältnisses zwischen Sohn und Geist zu ziehen, vor allem aber wahrzunehmen, dass der Rückschluss von der Oikonomia auf die Theologia (immanente Trinität) symmetrisch und nicht einseitig (zugunsten einer Beteiligung des Sohnes an der Existenzweise des Geistes), wie Haudel es tut, sein soll. Am Ende des vorgelegten Abschnitts verweist Haudel sehr zutreffend in Hinblick auf die Existenzebene auf das Ruhen des Geistes im Sohn und auf sein Ausstrahlen durch ihn, zwei wichtige Aspekte, die mit Recht in die Diskussion bei der Wiener Studientagung (1995) eingebracht und als Einigungs- und Verständigungspunkte zwischen Ost- und Westkirche angesehen wurden. Beide Aspekte lassen sich in den altkirchlichen Quellen belegen, besonders bei Johannes von Damaskus, auf den die römische Klarstellung über den Ausgang des Hl. Geistes (1995) verweist: „Der Hl. Geist ist eine substanzielle Kraft, die in ihrer eigenen, verschiedenen Hypostase, die vom Vater ausgeht und im Worte ruht, betrachtet

160 Haudel, Selbsterschließung des dreieinigen Gottes 2006, 529. 161 Siehe oben Anm. 156 mit Bezugnahme auf Kühn und Munteanu.

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 Forschungsergebnisse

wird“.162 In Hinsicht auf das Ausstrahlen des Geistes durch den Sohn besonders aufschlussreich ist ein Dokument aus der palamitischen Synode von 1351. Im von der Synode angenommenen Bekenntnis des Hl. Gregor Palamas heißt es: „Denn der Hl. Geist ging auch selbst vor aller Zeit unveränderlich und unversehrt, nicht durch Zeugung, sondern durch Hervorgang hervor, indem er mit dem Vater und dem Sohn immer in Verbindung ist, aus dem Vater hervorgehend und im Sohn ruhend, indem er die Einung (mit den zwei anderen Personen) unvermischt und den Unterschied ohne Teilung wahrt … Ein Geist, der sich in seiner eigenen Hypostase befindet, vom Vater ausgehend und durch den Sohn sich offenbarend, der selbst auch Ursache aller Seienden ist, weil sie in ihm vollzogen sind. Derselbe Geist hat die gleiche Ehre wie der Vater und der Sohn abgesehen vom Ungezeugt- und Gezeugt-Sein. Er (derselbe Geist) wurde auch vom Sohn zu seinen eigenen Jüngern gesandt, d.  h. geoffenbart … deshalb wird er nicht allein vom Sohn, sondern auch vom Vater und durch den Sohn gesandt. Er kommt von ihm und offenbart sich. Denn ein gemeinsames Werk ist die Sendung, d.  h. die Offenbarung des Geistes. Er offenbart sich nicht seinem Wesen gemäß  – denn niemand hat jemals Gottes Wesen gesehen oder ausgesagt –, sondern gemäß der Gnade und der Kraft und der Energie, die dem Vater, dem Sohn und dem Geist gemeinsam ist“.163

162 Expositio Fidei, I.7 (PTS 12, 16, 19–20 Kotter): δύναμιν οὐσιώδη, αὐτὴν ἐφ’ ἑαυτῆς ἐν ἰδιαζούσῃ ὑποστάσει θεωρουμένην, ἐκ τοῦ Πατρὸς προερχομένην καὶ ἐν τῷ Λόγῳ ἀναπαυομένην. Siehe Das römische Dokument über den Ausgang des Heiligen Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 30. Bezüglich des Ausstrahlens des Geistes durch den Sohn siehe Greg. von Zypern, Apologia, PG 142, 267AB. Dazu siehe Papadakis, Crisis in Byzantium 1996, 95; Savvatos, Ἡ θεολογικὴ ὁρολογία 1997, 195–196; J. C. Larchet, La vie et l’oeuvre théologique de Grégoire II de Chypre 2012, 110. 163 Tomos Synodikos III, in Monumenta (I, 408 Karmiris): ἐκ Πατρὸς γὰρ καὶ αὐτὸ πρὸ πάντων τῶν αἰώνων ἀῤῥεύστως καὶ ἀπαθῶς, οὐ γεννητῶς, ἀλλ’ ἐκπορευτῶς προῆλθεν, ἀδιαίρετον ὂν τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ, ὡς ἐκ τοῦ Πατρὸς προερχόμενον καὶ ἐν Υἱῷ ἀναπαυόμενον, ἀσύγχυτον καὶ τὴν ἕνωσιν ἔχον, καὶ ἀμέριστον τὴν διαίρεσιν … Πνεῦμα αὐθυπόστατον, ἐκ Πατρὸς ἐκπορευόμενον καὶ δι’ Υἱοῦ φανερούμενον, αἴτιον καὶ αὐτὸ τῶν γεγονότων πάντων, ὡς ἐν αὐτῷ τετελεσιουργημένων· τὸ αὐτὸ καὶ ὁμότιμον Πατρὶ καὶ Υἱῷ, χωρὶς τῆς ἀγεννησίας καὶ τῆς γεννήσεως. Ἐπέμφθη δὲ παρὰ τοῦ Υἱοῦ πρὸς τοὺς οἰκείους μαθητάς, τουτέστι πεφανέρωται … διὸ μὴ μόνον παρὰ τοῦ Υἱοῦ, ἀλλὰ καὶ παρὰ τοῦ Πατρὸς, καὶ διὰ τοῦ Υἱοῦ πέμπεται· καὶ παρ’ αὐτοῦ ἔρχεται φανερούμενον. Κοινὸν γὰρ ἔργον ἡ ἀποστολὴ, δηλονότι ἡ φανέρωσις τοῦ Πνεύματος. Φανεροῦται δὲ οὐ κατὰ τὴν οὐσίαν – οὐδεὶς γὰρ ποτε θεοῦ φύσιν ἢ εἶδεν ἢ ἐξηγόρευσεν – ἀλλὰ μετὰ τὴν χάριν καὶ τὴν δύναμιν καὶ τὴν ἐνέργειαν, ἥτις κοινή ἐστι Πατρὸς καὶ Υἱοῦ καὶ Πνεύματος.

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4.2.6 Epilog Die Beschäftigung mit der Mystagogie, einer äußerst wichtigen Quelle für die frühe antirrhetische byzantninische Literatur in Hinsicht auf die Frage des Hervorgangs des Geistes, brachte viele interessante Aspekte ans Licht. Mit dem Epilog möchte ich diese Aspekte zusammenfassend hervorheben und zugleich wichtige Elemente aus dem Denken einer wichtigen theologischen Autorität, wie der des Photios, herausziehen. Diese Elemente könnten eventuell den heutigen Dialog bereichern und zum Nachdenken anregen, wie die christlichen Konfessionen allmählich zu einem Einvernehmen beim Thema des Filioque gelangen könnten. Ganz besonders ließ die Beschäftigung mit der Mystagogie Folgendes hervortreten, nämlich, dass beim Filioque neben einer theologischen eine eminent philosophisch-logische Dimension erkennbar ist. Diese Feststellung lässt sich besonders an den philosophisch-logischen Argumenten zeigen, auf welche die griechisch-byzantinische Patristik (Niketas von Byzanz, Eustratios von Nizäa, Nik. Methonis, Nik. Stethatos, Neilos Kabasilas, Gregor von Zypern, Gregor Palamas) zurückgegriffen hat. Von daher ist, plausibel zu machen, warum das Filioque aus der Sicht der byzantinischen Theologen, die zur Zeit des Photios oder nach ihm wirkten, ein ernsthaftes kontroverstheologisches Problem darstellt. Die Position des Photios bezüglich der göttlichen Monarchie im Sinne von Alleinursächlickeit sowie sein Rückgriff auf die in der neuplatonischen Philosophie verwurzelte Idee der absoluten Einfachheit,164 welche jegliche Zusammensetzung sowie Teilung ausschließt, war für die oben erwähnten byzantinischen Theologen maßgebend. Außerdem gilt: Obwohl bei allen modernen Dokumenten und Diskussionen zum Filioque-Problem intensiv auf das patromonistische Prinzip, d.  h. die Idee der Monarchie,165 Bezug genommen wurde und immer noch wird, ist die FilioqueForschung trotzdem bis dato zu keiner vertiefenden Analyse gekommen, welche Bedeutung diese Idee aus philosophischer Sicht für das trinitarische Dogma haben könnte. Die Mystagogie lässt klar und deutlich hervortreten, warum es in der Dreiheit einen alleinigen Ursprung geben muss. Dieser muss als Garant für die Wesensgleichheit stehen. Der Schlüsselsatz für eine solche Vermutung lautet: „Der Geist ist dem Vater wesensgleich, weil er aus ihm hervorgeht, nicht aber, weil er wesensgleich ist, ist er etwas (aus ihm) Hervorgegangenes“.166

164 Siehe Myst. 4. 165 Z. B. Siehe den Bericht der Studientagung, in: Vom Heiligen Geist 1998, 218. Charakteristisch heißt es im Punkt 3: „Das römische Dokument hält zu Recht fest, dass beide Überlieferungen von der ‚Monarchia des Vaters‘ als Grundlage der Gotteslehre und Pneumatologie ausgehen“. 166 Siehe Myst. 91, Kommentar Anm. 288

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Die zentrale Achse, um die sich jegliche Diskussion über das Filioque-Thema drehen sollte, wäre m.  E. die Frage, wie die Wesenseinheit und zugleich Unterscheidung (die keine Teilung in sich implizieren würde) und infolgedessen die Symmetrie innerhalb der Trinität am besten und am effizientesten gewahrt bleiben kann. Durch den logischen Vorrang des gemeinsamen Wesens? Wie kann dann das, was gemeinsam ist, Grund einer Unterscheidung sein? Durch den logischen Vorrang zweier gleichrangiger Ursprünge (Vater und Sohn)? Wie kann dann eine Zweiheit, die schon in sich eine Teilung der Eigenschaft des Ursprungs-Seins aufweist überhaupt Grund der Einfachheit sein? Oder durch den logischen Vorrang – der ist ja biblisch begründet – der quellenhaften Gottheit (πηγαία θεότης), d.  h. der Person des Vaters, der in seiner absoluten Einfachheit Grund jeder Unterscheidung – die in der eigenartigen Existenzweise jeder der beiden anderen Hypostasen liegt – und Einheit (in der Form der absoluten Wesensgleichheit) ist? Auf diese Fragen hat die griechische Patristik in Anlehnung an die neuplatonische Philosophie mit der Hervorhebung der Person des Vaters als Einheit stiftenden Prinzips innerhalb der Dreiheit eine m.  E. überzeugende Antwort geben können. Und sie hat im Laufe der Jahrhunderte daran konsequent festgehalten. Ein Einwand also gegen das photianische Axiom des „unteilbaren Verursachenden“ (ἀμερίστου αἰτίου), d.  h. gegen das Axiom der Monarchie, ist zugleich ein Einwand gegen das in der neuplatonischen Philosophie fundierte Prinzip des absoluten Ursprungs, der in seiner an sich absoluten Einfachheit, d.  h. in seinem an sich keinen Widerspruch aufweisenden Eins- und Geschlossen-Sein, Grund und Ursache jeglicher relationaler Ausdifferenzierung sein kann. Diese relationale Ausdifferenzierung konkretisiert sich beim trinitarischen Entwurf des Photios in den verschiedenartigen Existenzweisen, der Zeugung für den Sohn und dem Hervorgang für den Geist. In dieser Hinsicht muss man auch bemerken  – und das könnte sicher ein kritischer Punkt zur orthodoxen photianischen Syllogistik sein –, dass der grundlegende Gedanke des Photios der ist, dass er die Proprien des Sohnes und des Geistes, nämlich das Gezeugt-Sein und das Hervorgebracht-Sein, zwar lexikalisch streng auseinanderhält, sie aber inhaltlich und bedeutungsmäßig auf ein und dasselbe, nämlich auf das Verursacht-Sein, einebnet. Zeugung und Hervorbringen sind zwar in unterschiedlicher Weise existenzbegründend, worin aber dieser Unterschied genau liegt, bleibt (meiner Meinung nach wegen des Einflusses Gregors des Theologen)167 dem Leser der Mystagogie völlig verschlossen. Photios legt also auf Basis der kappadozischen Theologie beide Hervorgänge auf der Ebene des Verursacht-Seins aus, ohne eine weitere Erklärung zu bieten,

167 Or. 20.11 (SC 250, 78, 1 – 80, 1 Gallay). Siehe oben Anm. 140

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was genau Zeugung oder Hervorgang bedeutet. In Gegensatz zum photianischen Denken ist das Denken Augustins in Hinblick auf die Erläuterung des Begriffs „ekporeusis“ und der innertrinitarischen Verhältnisse allgemein an der Verwendung menschlicher Analogien orientiert.168 Augustinus versucht beide Hervorgänge seinem Leser anhand der Bibel plausibel und verständlich zu machen. Besonders in Hinblick auf die Zeugung könnte man sagen, dass bei Augustinus Zeugung als Weitergabe der eigenen Eigenschaften und Potentiale vom Erzeuger an seinen wesensgleichen Erzeugten gedacht wird. Aus der Zeugung ergibt sich ein vollkommenes, treues Abbild des einzigen Erzeugers. Der vom Vater gezeugte Sohn ist das perfekte Ebenbild des Vaters mit allen Eigenschaften und Fähigkeiten und Tätigkeiten des Vaters, auch mit der Fähigkeit des Hervorbringens. Denn, was der Vater tut, das tut auch der Sohn in gleicher Weise (Joh 5, 19). Was für einen gewichtigen Einfluss dieser augustinische169 Gedanke für die Ausformung und Auskristallisierung der späteren lateinischen Lehrsätze gehabt hat, lässt sich vor allem an der Bulle über die Union mit den Griechen „Laetentur caeli“ (vom 6. Juli 1439) deutlich zeigen. Dort heißt es: „Dabei erklären wir, dass das, was die heiligen Lehrer und Väter sagen, (nämlich) dass der Hl. Geist aus dem Vater durch den Sohn hervorgehe, auf ein solches Verständnis hinausläuft, dass dadurch bedeutet wird, dass auch der Sohn gemäß den Griechen zwar Ursache, gemäß den Lateinern aber Prinzip der Hypostase des Heiligen Geistes ist, so wie auch der Vater. Und weil der Vater selbst alles, was des Vaters ist, seinem einziggeborenen Sohn durch Zeugung gab, außer dem Vatersein, hat der Sohn selbst

168 Über die Verwendung von menschlichen Analogien zur Erläuterung der Trinität bei Augustinus siehe B. Oberdorfer, Filioque 2001, 119–125. Umfassender Alfred Schindler, Wort und Analogie in Augustins Trinitätslehre, Tübingen 1965. 169 Siehe Kommentar, Anm.  103. Es ist nicht nachvollzierbar, anhand welcher quellennaher Analyse die Kommissionsmitglieder der Anglikanisch-Orthodoxen Dialogs bei der Erarbeitung des gemeinsam verabschiedeten Textes unter dem Titel „Die Kirche des Dreieinigen Gottes“ im Kap. I.16 zu folgender Äußerung bezüglich Augustinus gelangt sind: „Für die orthodoxe Theologie ist und kann deshalb nicht der Sohn die Quelle des Seins des Hl. Geistes sein; und darin stimmt insbesondere der hl. Augustinus überein, selbst wenn seine Anhänger nicht immer so vorsichtig waren“. Siehe DwÜ 2012, Bd. 4, 201. Eine solche These entspricht den Ergebnissen der historischen Forschung zum Filioque gar nicht. Siehe kennzeichnend Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse 2002, 217: „Maßgebend für Ratramnus (von Corbie) ist Augustin; die anderen Autoritäten werden im Sinne augustinischer Trinitätslehre interpretiert, so etwa Ambrosius“. Derselben Auffassung ist auch Oberdorfer (Filioque 2001, 171), wenn er auf Franz Courth (Trinität. In der Scholastik, Freiburg i. Br. 1985, 12) verweist: Anselm von Canterbury habe „wie kein Theologe vor ihm und nach ihm in so weitem Umfang das Erbe des Bischofs von Hippo aufgegriffen“.

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eben dieses, dass der Hl. Geist aus dem Sohn hervorgeht, von Ewigkeit her vom Vater, von dem er auch von Ewigkeit her gezeugt ist“.170 Einer solchen Alternative könnte man in einer Art von Exercitatio mentis auf Basis dessen, was sich aus der Untersuchung der Mystagogie ergibt, Folgendes entgegenhalten: Eine absolute Symmetrie innerhalb der Trinität unter Berücksichtigung der ewigen Ursprungs-Verhältnisse (aeternaliter) und der herrschenden Wesenseinheit würde gebieten, dass der Vater auch dem Geist mittels des Hervorgangs alles, was er hat, „gibt“, außer dem Vatersein, d.  h. entweder an der Zeugung des Sohnes beteiligt zu sein oder die Hervorbringung einer anderen, vierten Person zu verursachen. Gäbe der Vater durch den Hervorgang nicht auch dem Geist alles, was er hat, wäre der Geist einer grundlegenden Funktion-Fähigkeit, d.  h. des Ursache-Seins beraubt und damit als Hypostase in der Dreiheit den zwei anderen untergeordnet. Darüber hinaus „brüstet sich der Sohn mit der Ehre, Prinzip des Geistes zu sein“, ergibt sich nach Photios die logische Frage: „Warum teilt er (διὰ τὸ οὐσίαν εἶναι μίαν Πατρὸς καὶ Πνεύματος)171 dem Geist nicht eine ebenso gleiche Ehre und Kraft mit, wie er sie selbst vom Vater in aller

170 Enchiridion symbolorum 1301 D/H: declarantes, quod id, quod sancti doctores et patres dicunt, ex patre per filium procedere spiritum sanctum, ad hanc intelligentiam tendit, ut per hoc significetur, filium quoque esse secundum Graecos quidem causam, secundum Latinos vero principium subsistentiae spiritus sancti, sicut et patrem. Et quoniam omnia, quae patris sunt, pater ipse unigenito filio suo gignendo dedit, praeter esse patrem, hoc ipsum quod spiritus sanctus procedit ex filio, ipse filius a patre aeternaliter habet, a quo etiam aeternaliter genitus est. Der renommierte katholische Theologe Yves Congar (Der Hl. Geist, 1982, 444–445) greift auf diese Bulle zurück, um Elemente zu einem Einvernehmen zwischen Ost- und Westkirche zu entdecken. Ebenso äußerst sich auch B. Hallensleben in ihrem Beitrag: Von der Stasis zur Anastasis – Vom Aufstand zur Auferstehung. Gottes Geist und der Kampf um die Gemeinschaft, in: Veni, Sancte Spiritus 2018, 699–711, bes. 705. Bezüglich Congars’ Position stelle ich einen gewissen Widersruch fest: Obwohl er sich auf das Unionskonzil von Ferrara-Florenz beruft, das das Filioque mit Rückgriff auf Augustinus deutlich dogmatisch festlegt und für die katholische Kirche als ökumenisches Konzil gilt, macht er trotzdem in derselben Studie den Vorschlag, das Filioque im Credo, d.  h. im NC, seitens der römisch-katholischen Kirche wegzulassen! Siehe Der Hl. Geist 1982, 453. Damit schließt Congar an Pannenberg und Moltmann an, die auch für eine Auslassung des Filioque plädieren. Siehe Systematische Theologie 1988, Bd. I, 345–346 und Trinität und Reich Gottes 1980, 197. Für eine Nichtwiederverwendung des Filioque plädiert auch das ökumenische Memorandum, das von einer Gruppe von Theologen aus verschiedenen christlichen Traditionen verfasst wurde, die sich (vom 26.–29. Okt. 1978 und vom 23.–27. Mai 1979) auf Schloss Klingenthal bei Strassburg in Frankreich trafen: „Deshalb empfehlen wir …, dass die ursprüngliche Form des dritten Artikels des Glaubensbekenntnisses ohne das Filioque überall als normativ anerkannt und wiederhergestellt werden sollte, so dass die gemeinsame Christenheit mit dieser Formel ihren gemeinsamen Glauben an den Hl. Geist zu bekennen vermag“. Siehe Geist Gottes – Geist Christ 1981, 23. 171 Vgl. oben Anm. 43 mit Berufung auf Nik. Methonis.

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Ewigkeit empfangen hatte, damit dann er wenigstens wegen seiner Erhebung zur Nachahmung des Vaters, die Ähnlichkeit (mit Ihm) durch ein ähnliches Wirken bewahrt“?172 Dazu kann man fragen, wie es möglich ist, dass ein Verursachtes, nämlich der Geist, der Gefahr einer Teilung entgeht, wenn es seine Existenz aus zwei Prinzipien hat? Denn in einem solchen Fall ist das eine Prinzip ursprungslos, das andere entstammt dem ersten und ist in sich verschieden, da es zugleich Prinzip und Prinzipiiertes ist. Schließlich, wie kann es sein, dass der Sohn zusammen mit dem Vater und wegen der wesenmäßigen Gemeinschaft mit ihm am Merkmal Prinzip zu sein gleichermaßen (pariter)173 Anteil hat, und sich zugleich vom Vater seiner Hypostase nach durch dasselbe Merkmal ausdifferenziert?174 Anders gesagt: wenn sich Vater und Sohn als eigenständige Hypostasen dadurch voneinander unterscheiden, dass der Vater αἴτιος und der Sohn αἰτιατός ist, ist es nach der Logik der Byzantiner widersinnig, dass beide andererseits an dem Merkmal des αἴτιον εἶναι (Ursache-Sein in Hinblick auf den Geist) im gleichen Maße Anteil haben. Die Filioque-Problematik erfordert also eine intensive Beschäftigung mit den mittelalterlichen byzantinischen Quellen durch die man einen umfassenden und tiefen Einblick in dieses facettenreiche Problem gewinnen kann. Auch hat das Filioque neben seinem theologisch-philosophischen dogmatischen Aspekt auch einen kirchlich-kanonischen, da es sich dabei um eine nachträgliche und einseitig vorgenommene Einfügung in den Bekenntnistext eines ökumenischen Konzils handelt.175

172 Siehe Myst. 40, Kommentar, Anm. 104. 173 Dabei verweise ich auf die Äußerung des 4. Konzils von Lateran (1215). Siehe oben Anm. 61. 174 Siehe Myst. 43, und Kommentar, Anm. 96 und 134 mit Berufung auf Niketas von Byzanz: καὶ γὰρ ὥσπερ ἐν οἷς κοινωνεῖ τῷ υἱῷ καὶ τῷ πνεύματι οὐ πέφυκε τὸ παράπαν διαστέλλεσθαι και διαχωρίζεσθαι, οὑτοσὶ καὶ καθὸ τὴν διάκρισιν καὶ διαστολὴν ἔχει πρὸς τὸν υἱὸν καὶ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἔχει ἀδύνατον κατὰ ταὐτὸ ἐπικοινωνεῖν [Und wie es von Natur aus nicht angebracht ist, dass der Vater mit dem Sohn und dem Geist darin übereinstimmt, worin er sich von beiden trennt und unterscheidet, genauso ist es unmöglich, dass er (der Vater) eben darin, worin er sich vom Sohn und dem Hl. Geist ausdifferenziert und unterscheidet, mit (beiden) die Gemeinschaft teilt]. Siehe Cap. Syll. XII (S. 116 Hergenröther). Siehe auch Kommentar Anm. 98. 175 Siehe Hofrichter, Einführung in die Problemlage, in: Vom Heiligen Geist 1998, 36; Munteanu, Die Filioque-Kontroverse 2010, 164; Grigorios Larentzakis, Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381) und das Filioque in der heutigen Ökumene. Tendenzen und Erwartungen, in: Μνήμη Συνόδου Ἁγίας B‘ Οἰκουμενικῆς (ἐν Κωνσταντινουπόλει 381), Πατριαρχικὸν Ἵδρυμα Πατερικῶν Μελετῶν, Thessaloniki 1983, Bd. I, 598–635, bes. 627. Siehe Teil II Anm. 24 in Bezug auf Photios. Siehe auch den Bericht der Studientagung, in: Vom Heiligen Geist 1998, 219. Vgl. Riedl, Kirchenbild und Kircheneinheit, 2020, 231 mit Verweis auf den anonymen Verfasser des „Tractatus Contra Graecos“ (1252).

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Als zweites wichtiges Element würde ich das Beharren des Photios auf der theologisch-dogmatischen Wichtigkeit, der synodalen Bekräftigung (durch die ökumenischen Konzilien) und der – daraus resultierenden – ökumenischen Tragweite des Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses als einem für die ganze christliche Welt verbindlichen Text nennen. In dieser Hinsicht sehe ich einen gewichtigen Anschlusspunkt des Photios an die Äußerung der päpstlichen Klarstellung von 1995, in der festgestellt wird, dass die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche die konziliare, ökumenische, normative und unwiderrufliche Geltung des Symbolums, das in griechischer Sprache im Jahre 381 in Konstantinopel vom zweiten ökumenischen Konzil proklamiert/bestätitgt/angenommen wurde, als Ausdruck des einen gemeinsamen Glaubens der Kirche und aller Christen anerkennt. Kein Glaubensbekenntnis, das einer besonderen liturgischen Tradition eigen sein mag, kann diesen Ausdruck des Glaubens, wie ihn die ungeteilte Kirche gelehrt und bekannt hat, widersprechen.176 Ein weiteres wichtiges theologisches Element, das sich aus der Beschäftigung mit der Mystagogie ergibt, besteht in der Überzeugung, dass der Vater allein, als das in sich keine Teilung, keine Verschiedenheit, keinen inneren Gegensatz oder Widerspruch aufweiseinde absolut einfache Verursachende (ἀμέριστον αἴτιον) innerhalb der überwesentlichen Dreiheit der einzige Ursprung ohne Ursprung (ἄναρχος ἀρχή) und daher die einzige Quelle (πηγή) sowohl des Sohnes als auch des Heiligen Geistes ist. Die Hervorhebung der Hypostase des Vaters als einzigen Prinzips innerhalb der Gottheit beruht auf der philosophischen Grundannahme, dass die Unterscheidung überhaupt nur aus der absoluten Einheit entstehen und sich entfalten kann, während die Zweiheit, welche die Teilung in sich enthält, kein Unterscheidungsträger sein kann: Es gilt also im Denken des Photios immer die philosophische Grundannahme τὰ δύο ἐκ τοῦ ἑνὸς und nie τὸ ἓν ἐκ τῶν δύο.177 In diesem Zusammenhang muss man betonen, dass auch die westliche Theologie am Prinzip der Monarchie, der Alleinursprünglichkeit des Vaters als

176 Vgl. Walter Kasper, Der Gott Jesu Christi, Mainz 1982, 263–264; Wolfhart Pannenberg, Die Bedeutung des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel für den ökumenischen Dialog heute, in: ÖR 31 (1982) 129–140, bes. 132–135; Athanasios Basdekis, Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel. Ökumenisches Glaubensbekenntnis und ökumenische Wirklichkeit, in: Θεολογία 57/3 (1986) 549–568; Grigorios Larentzakis, Das Glaubensbekenntnis des 2. ökumenischen Konzils (381) von Konstantinopel. Einst und heute. Einführung zum „Gemeinsam den einen Glauben bekennen“, in: ÖFo (1994), 81; Ders., Τό καθῆκον τῆς Ὀρθοδοξίας γιά Καταλλαγή καί Ἑνότητα 2014, 33–35 und 82–83; Munteanu, Die Filioque-Kontroverse 2010, 180. 177 Siehe Gemeinhardt, Filioque-Kontroverse 2002, 382.

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einziger Quelle für den Sohn und den Geist, festgehalten hat,178 im Spätmittelalter aber in einer von der orthodoxen Tradition abweichenden Form: a) Der Vater sei als Ursprung ohne Ursprung (principium sine principio)179 der Ursprung „principaliter-prinzipiell“ des Hl. Geistes;180 und b) er bilde zusammen mit dem Sohn, der Ursprung vom Ursprung ist (principium de principio),181 das eine gemeinsame Prinzip, aus dem der Hl. Geist hervorgeht.182 Was für eine logische konsequenz eine solche Alternative für die Idee der Monarchie gemäß den argumentativen und theologisch-logischen183 Prämissen des Photios und der Photios’ gleichgesinnten byzantnischen Theologen des 13. und 14.  Jahruhunderts haben kann, lässt sich aus dem folgendem Gedanken erschließen: Ein Ursprung, der gleichzeitig durch zwei Funktionen/Merkmale, das principium-esse sine principio und das principium-esse de principio, gekennzeichent ist, kann kein absolut einfacher Urgrund sein, da er einen inneren Gegensatz in sich enthält.184 Einen weiteren die heute durchzuführende Diskussion über das Filioque bereichernden Punkt sehe ich in der allmählich gewonnenen Überzeugung beider Seiten (katholisch und orthodox), dass sich, historisch gesehen, das Filioque in Auseinandersetzung mit einer die Kiche bedrohenden theologischen Abweichung

178 Ein wichtiges Zeugnis dafür bietet Maximus Confessor, der in seinem Brief an Marinus (PG 91, 136AB) schreibt: „Sie (scil. die Lateiner) erwiesen sich selbst als diejenigen, die den Sohn zur Ursache des Geistes nicht machen. Denn sie wissen in der Tat, dass der Vater die alleinige Ursache des Sohnes und des Geistes ist, des einen durch Zeugung, des anderen durch Hervorgang; indem sie offenkundig machten, dass dieser (scil. der Geist) durch den Sohn hervorgeht (προϊέναι), zeigten sie damit zugleich die Einheit und Unveränderlichkeit des Wesens auf.“ Damit sei nach Oberdorfer (Filioque 2001, 142) die augustinische Konzeption einer vermittelnden KoPrinzipialität des Sohnes beim Hervorgang des Geistes aus dem Vater nivelliert. Zum diesem Maximus’ Zeugnis siehe das römische Dokument über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 27; Siecienski, The Filioque 2010, 80–81. Bei Photios in der Mystagogie wird allerdings als Standardbegriff zum Aufzeigen des Zur-Existenz-Gelangens des Geistes aus dem Vater nur das „πρὸς οὐσίωσιν ἐκπορεύεσθαι“ verwendet. Siehe Myst. 21. 179 Siehe die Bulle Cantate Domino (4. Febr. 1442), in: Enchiridion symbolorum 1331 D/H. 180 Siehe oben Anm. 54 mit Verweis auf Augustinus. 181 Siehe die Bulle Cantate Domino, in: Enchiridion symbolorum 1331 D/H. 182 Siehe das 2. Konzil von Lyon, in: Enchiridion symbolorum 850 D/H. Vgl. Das römische Dokument über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 28. 183 Siehe oben Anm. 28: τὸ τῆς ἀρχῆς ἀξίωμα in Bezug auf Gregor von Nazianz sowie Anm. 40 in Bezug auf Joh. von Damaskus und Gregor Palamas. Man darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht lassen, dass auch die mittelalterliche lateinische Trinitätstheologie an rein logischen Prämissen festgehalten hat. Ein klares Indiz dafür ist das Argument von Anselm: ubi non obviat aliqua relationis oppositio. Siehe oben Anm. 50. 184 Siehe oben Anm. 40.41.

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entfaltet hat. Das ist besonders der Fall bei Augustinus, der sich mit dem Arianismus auseinandersetzen musste, oder z.  B. bei der Synode von Cividale del Friuli 796, die den spanischen Adoptianismus185 zu bekämpfen versucht hat. Im Westen wurde von den Synoden von Toledo (589 und 693) das Filioque zu pastoralen Zwecken, d.  h. um die trinitarische Wesensgleichheit hervorzuheben, in die Liturgie eingeführt.186 Eine solche Annahme ist damit kompatibel, was Photios in der Mystagogie und in dem Brief an den Erzbischof von Aquileia unterstreicht, nämlich, dass die Darlegung einer neuen Lehre unter besonderen pastoralen Umständen zur Erläuterung der Wahrheit oder zur Bekämpfung einer Häresie erlaubt ist, es sei denn, dass diese Lehre einseitig zu einem Dogma erhoben wird, was den Entscheidungen der ökumenischen Synoden widersprechen würde.187 Das, was für die Einheit der Kiche zählt, ist nicht die persönliche Meinung oder die theologische Entfaltung eines einzelnen Vaters oder einzelner Väter, sondern das, „was durch ökumenische und gemeinsam getroffene Stimmen festgelegt ist“.188 Aus der Erforschung der Mystagogie hat sich auch ein weiterer Punkt ergeben, der mit dem Versuch des Photios zu tun hat, ein auf Augustinus direkt zurückzuführendes und von der späteren lateinischen Tradition übernommenes wichtiges Argument zu entkräften. Das ist jenes Argument, nach dem der Vater dem Sohn durch Zeugung die Fähigkeit gab, den Geist mithervorzubringen (Myst. 40 und 42). Die Auseinandersetzung des Photios mit diesem gewichtigen Argument stellt keinen Beweis dafür dar, dass Photios die Schriften des Augustinus direkt vor Augen hatte. Er bekommt aller Wahrscheinlichkeit nach Informationen zu den Argumenten der Lateiner seiner Zeit von den byzantinischen Missionaren in Bulgarien, die zu dieser Zeit zusammen mit den lateinischen Missionaren dort wirkten. Der Schlüsselsatz für eine solche Annahme lautet: „Die, die du nennst, haben dies (tatsächlich) gesagt“. Wenn sie das aber wegen irgendeines (besonderen) Umstandes taten …“ (Myst. 72). Das Ruhen des Geistes im Sohn stellt einen weiteren aus der Erforschung der Mystagogie hervorgehenden wichtigen Punkt dar, der im heutigen Dialog von Fachleuten aus allen drei christlichen Konfessionen besonders positiv (als unumstrittene Basis zur Verständigung in der Sache des Filioque) schon ausgewertet

185 So mit Recht der gemeinsam verabschiedete Text des nordamerikanischen Orthodox-Katholischen Theologischen Beratungsausschusses zum Filioque: „The Filioque: A Church-Dividing Issue“, im Jahr 1999. Dazu siehe meinen Aufsatz in Anm. 111. 186 Siehe Das römische Dokument über den Ausgang des Hl. Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 26. Über die spanischen Synoden zum Filioque, siehe Oberdorfer, Filioque 2001, 134–141. 187 Siehe Myst. 72, Kommentar Anm. 197; Ep. 291, Teil II, Anm. 160–163. 188 Photios Ep. 290, Bd. III (130, 204–205 L/W): τὰ οἰκουμενικαῖς καὶ κοιναῖς τυπωθέντα ψήφοις.

Grundzüge der photianischen Trinitätslehre 

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worden ist.189 D.  h. dass der Hl. Geist hinsichtlich der Perichorese, des Sich-gegenseitig-Durchdringens der drei göttlichen Personen, als Geist des Vaters und des Sohnes im Sohn weilt und damit die Wesensgleichheit mit ihm aufzeigt. Nun gibt es nach Photios keinen Anhaltspunkt, dass man aus dem Ruhen des Geistes im Sohn auch auf einen ewigen Hervorgang aus ihm schließen könnte.190 In der Mystagogie wie in anderen Schriften des Photios, den Amphilochien und der berühmten Bibliothek, lässt sich eine starke Hervorhebung der Apophatik feststellen. Ausdrücke mit dem Präfix ὑπέρ wie z.  B. ὑπερούσιος, ὑπεράρχιος (ἀρχή), ὑπερφυὴς (Myst. 11, 12 und 36) zeigen eine starke Akzentuierung der apophatischen Redeweise, die sich an die Ansicht des (Pseudo)-Dionysios Areopagita anschließt, nämlich, dass es keine exakte (oder: vollkommen zutreffende) Entsprechung zwischen Theologia (immanente Trinität) und Oikonomia (ökonomische Trinität) gibt.191 Demgemäß gibt es nach der Meinung des Photios keinen genauen, völlig exakten Entsprechungszusammenhang zwischen der sich (im Rahmen der Heilsgeschichte) in verschiedenen Stationen, Schöpfung-Versöhnung und Vollendung offenbarenden Trinität und der Trinität in ihrem Inneren. Dies würde bedeuten, dass die heilsgeschichtliche Sendung des Geistes (präziser der Gnadengaben des Geistes) durch Jesus Christus an die Jünger nicht mit dem immanenten, ewigen Hervorgang des Geistes aus dem Sohn zu verbinden ist, wie dies bei Augustinus charakteristisch der Fall ist.192 Eine direkte Verbindung zwischen den beiden Ebenen (Oikonomia und Theologia) würde nach Photios zu der nicht haltbaren Annahme führen, dass man aus der Tatsache, dass der Geist Christus (als Mensch) salbt (Myst. 85 und 90), auf dessen Abhängigkeits-/ Ursprungsverhältnis zum Sohn schließen sollte. Zum Schluss möchte ich noch folgenden Punkt besonders in Hinblick auf den theologischen und stilistischen Charakter der Mystagogie hervorheben: Selbst wenn die Mystagogie wie die Enzyklika wegen der Schärfe ihrer Ausdrücke mit Recht als eine Streitschrift „par excellence“ betrachtet wird, die für die Entstehung der theologisch-polemischen Textgattungen im Frühmittelalter eine maßgebliche Rolle gespielt hat,193 erklärt sich diese Polemik sicherlich aus der historischen Verortung der Schrift. Die Mystagogie ist erstens eine Reaktion auf den

189 Siehe Myst. 85.91 und oben Anm. 156/162. Siehe auch die ökumenischen Dokumente von Münich 1982 (Nr. I.6) und von Valamo 1988 (Nr. I.6), in: Dokumente des offiziellen Orthodox-Katholischen Dialogs, hg. v. Pro Oriente, Wien 2010, 4.25. Siehe auch Das römische Dokument über den Ausgang des Heiligen Geistes, in: Vom Heiligen Geist 1998, 30. Siehe Kommentar Anm. 247. 190 Siehe Myst. 85. 191 Siehe oben Anm. 124–127 und 136–137. Über Dion. Areop. siehe oben Anm. 96. 192 Siehe oben Anm. 119. 193 Siehe A. Riedl, Kirchenbild und Kircheneinheit, 2020, 1.

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 Forschungsergebnisse

wachsenden Versuch der fränkischen Theologie in der Karolingerzeit (besonders im Rahmen der Synode von Aachen), das Filioque dogmatisch zu etablieren. Zweitens ist sie eine Reaktion darauf, dass das Filioque in Italien  – deswegen der Brief an den Erzbischof von Aquileia – trotz des einstimmig verabschiedeten Horos der Synode von 879/80 weiterverwendet wurde, und eventuell auch darauf, dass Marinus (Dez. 882 – April 884), die versöhnliche Politik seines Vorgängers Johannes VIII. gegenüber Konstantinopel nicht beibehalten wollte und sich weigerte (in der Folge der Synode von 879/80), die Akten des photianischen Konzils zu unterschreiben. Es ist vielleicht kein Zufall, dass Photios in der Mystagogie auf Marinus, der zwischen Johannes VIII. und Hadrian III. den päpstichen Stuhl innehatte, gar nicht eingeht.194 Daraus kann man einen Einblick in die Gründe gewinnen, warum Photios in der Mystagogie dezidiert die These verwirft, der Hl. Geist gehe nicht nur aus dem Vater (allein), sondern auch aus dem Sohn hervor. Der polemische Stil der Schrift erklärt sich nicht nur aus ihrer historischen Verortung und ihrem Inhalt, sondern auch einfach aus den Methoden der antiken Rhetorik. Zu vergleichen sind etwa die Reden Ciceros gegen Catilina. Dazu gehörte außer dem argumentum ad hominem auch die Verwendung von Metaphern und Gleichnissen wie im Fall der Mystagogie aus dem Bereich der Medizin. Diese Strategie der Rhetorik greift Photios auf, um dem christlichen Publikum seine theologische Positionen durch reichliche Verwendung von Metaphern, Vergleichen, Bildern und Gleichnissen zu vermitteln und erweist sich damit als ein würdiger Nachfolger vieler Väter, vor allem seines Vorgängers auf dem konstantinopolitanischen Thron, des berühmten Johannes Chrysostomos.195

194 Siehe V. Stephanidis, Ἐκκλησιαστικὴ Ἱστορία, Athen 1959, 366. Dazu auch K. Katerelos, Ἡ Ρώμη καὶ τὸ παπικὸ πρωτεῖο 2020, 357. Ein starkes Indiz für Stephanidis ist die Tatsache, dass Marinus Photios keinen synodalen Brief nach seiner Inthronisierung geschickt hat, weil sich Photios geweigert hat, die Legitimität seiner Wahl anzuerkennen. Einer anderen Meinung ist F. Dvornik (The Photian Schism 1948, 224), der behauptet, dies sei kein Beweis dafür, dass Marinus die griechenfreundliche Politik seines Vorgängers nicht beibehalten habe. Dafür spreche, dass Marinus den Zacharias von Anagni in seinem engen Kreis als Bibliothekar weiter behalten hat. 195 Siehe kennzeichennd Joh. Chrys., De sancto Meletio Antiocheno, PG 50, 516, 28–41: αἱρετικῆς τὴν πόλιν ἀπήλλαξε (scil. ὁ Μωϋσῆς) πλάνης, καὶ τὰ σεσηπότα μέλη καὶ ἀνιάτως ἔχοντα τοῦ λοιποῦ σώματος ἀποκόψας, ἀκέραιον τὴν ὑγείαν ἐπανήγαγε τῷ πλήθει τῆς Ἐκκλησίας. Vgl. [ACO – Concilium universale Nicaenum secundum (787), Doc. 4, S. 482, 10 Lamberz]: αὐτοὶ γὰρ (scil. oἱ ἅγιοι πατέρες) πάσα πλάνην αἱρετικῶν ἐξωθοῦσι καὶ τὸ σεσηπὸς μέλος, εἰς ἀνίατα νοσεῖ, ἐκκόπτουσι.

Abkürzungsverzeichnis ACO ACPQ AHC AKG AugStud BETL BGBE BGL BKV BZ BzA CCCOGD CChr. SG CChr. SL COD CFi DOP DSp DTC ΕΕΘΣΠΑ ΕΕΘΣΠΘ EO EthSt FC FKDG FSÖTh FZPhTh GNO GOTR HTR IJOT IJSTh IKZ JECS JEH JES JRPh KuD LACL LThK MAB MdKI MGH Conc. MGH Epp. MMHST

Acta Conciliorum Oecumenicorum American Catholic Philosophical Quarterly Annuarium Historiae Conciliorum Arbeiten zur Kirchengeschichte Augustinian Studies Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese Bibliothek der griechischen Literatur Bibliothek der Kirchenväter Byzantinische Zeitschrift Beiträge zur Altertumskunde Corpus Christianorum Conciliorum Oecumenicorum Generalium Decreta Corpus Christianorum Series Graeca Corpus Christianorum Series Latina Conciliorum Oecumenicorum Decreta Cogitatio Fidei Dumbarton Oaks Papers Dictionnaire de Spiritualité Dictionnaire de Théologie Catholique Ἐπιστημονικὴ Ἐπετηρὶς τῆς Θεολογικῆς Σχολῆς τοῦ Παν/ου Ἀθηνῶν Ἐπιστημονικὴ Ἐπετηρὶς τῆς Θεολογικῆς Σχολῆς τοῦ Παν/ου Θεσσαλονίκης Echos d’Orient Erfurter Theologische Studien Fontes Christiani Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie Gregorii Nysseni Opera Greek Orthodox Theological Review Harvard Theological Review International Journal of Orthodox Theology International Journal of Systematic Theology Internationale Kirchliche Zeitschrift Journal of Early Christian Studies Journal of Ecclesiastical History Journal of Ecumenical Studies Jahrbuch für Religionsphilosophie Kerygma und Dogma Lexikon der Antiken Christlichen Literatur Lexikon für Theologie und Kirche Münchener Arbeiten zur Byzantinistik Materialdienst des konfessionskundlichen Instituts in Bensheim Monumenta Germaniae Historica, Concilia Monumenta Germaniae Historica, Epistulae Münchener Monographien zur historischen und systematischen Theologie

https://doi.org/10.1515/9783110790269-005

400  MThSt MThZ OCP OFo ÖFo ÖR OS PBR PG PL PTS QFG RÉAug REB RechAug RevByz RGG RevSR RHE RhM RHPhR RITh RSPhTh SC SJTh STAC STGMA StP StrThS SVigChr ThH ThPh TRE TS TThZ US VigChr ZAC ZKG ZKTh ZPE ZThK

 Abkürzungsverzeichnis

Marburger Theologische Studien Münchener Theologische Zeitschrift Orientalia Christiana Periodica Orthodoxes Forum Ökumenisches Forum Ökumenische Rundschau Ostkirchliche Studien The Patristic and Byzantine Review Patrologia Graeca Patrologia Latina Patristische Texte und Studien Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte Revue d’Etudes Augustiniennes (et Patristiques) Revue des Études Byzantines Recherches Augustiniennes Revue Byzantine Religion in Geschichte und Gegenwart Revue des Sciences Religieuses Revue d’Histoire Ecclésiastique Rheinisches Museum für Philologie Revue d’Histoire et de Philosophie religieuse Revue Internationale de Theologie Revue des sciences philosophiques et théologiques Sources Chrétiennes Scottish Journal of Theology Studien und Texte zu Antike und Christentum Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters Studia Patrisitica Strassburger Theologische Studien Supplements to Vigiliae Christianae Théologie Historique Theologie und Philosophie Theologische Realenzyklopädie Theological Studies Trierer Theologische Zeitschrift Una Sancta Vigiliae Christianae Zeitschrift für Antikes Christentum Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift für Katholische Theologie Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Zeitschrift für Theologie und Kirche

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