Philosophie und linguistische Theorie 9783110841992, 9783110035698

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Philosophie und linguistische Theorie
 9783110841992, 9783110035698

Table of contents :
Vorwort
I Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein
II Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung
III Zur philosophischen Bedeutung der Sprachwissenschaft
IV Der paradigmatische Satzbegriff
V Der Begriff der Bedeutung als transzententalphilosophischer Schlüsselbegriff
VI Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft
VII Bezeichnungs- und Erkenntnisvermögen
VIII Fundamentalistische Ansätze, Analysierbarkeit
IX Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen
X Selbstbewußtsein
XI Zum semantischen Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem
XII Objekt- und Metasprache
XIII Die Dimension der Pragmatik und die Idee der Tiefenstruktur
XIV Humboldts Alternative
Register

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SIMON - PHILOSOPHIE UND LINGUISTISCHE THEORIE

W DE G

JOSEF SIMON

PHILOSOPHIE UND LINGUISTISCHE THEORIE

W A L T E R DE G R U Y T E R B E R L I N - NEW YORK 1971

JSBN 3 11003569 3 © 1971 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Gösdien'sdie Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30 Printed in Germany Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Satz und Druck: Walter Pieper, Würzburg Umschlag: Rudolf Hübler, Berlin

Vorwort

Daß Philosophie immer audi Sprachkritik sei, ist ein Gedanke, der sich bis auf Parmenides und Plato zurückführen läßt. Die historisch gewordene Sprache wird dabei als ein Medium angesehen, das der Klarheit des Denkens entgegenstehe. Ihre Struktur sei nicht unmittelbar an ihr selbst in ihrer Logik zu erkennen, und deshalb sei von der „Oberflächenform" der Grammatik einer Einzelsprache eine tieferliegende, verborgene logische Struktur zu unterscheiden. Eine linguistische Theorie, die das Verhältnis einer „Oberflächenstruktur" einzelner Sprachen zu einer darunterliegenden universalen „Tiefenstruktur" nach Regeln zu bestimmen sucht wie die Transformationsgrammatik, scheint demnach prädestiniert zu sein, die Wissenschaft von den Sprachen als eine universale Wissenschaft bestimmen zu können, indem sie Denkmodelle an die Hand gibt, nach denen sich die Sprachen in ihrer besonderen Gestalt als Spezifikationen von Sprache überhaupt streng wissenschaftlich sollen begreifen lassen. — Neben diesem wissenschaftstheoretischen Impuls für die Selbstbestimmung der Linguistik als Wissenschaft scheint aber auch eine Bestimmung des Verhältnisses der einzelsprachlichen Erscheinungsformen zu einer universalen Theorie der menschlichen Sprache in einer Zeit, in der das Sprachproblem oft das vorherrschende philosophische Problem genannt wurde, von höchstem philosophischen Interesse zu sein. Noam Chomsky spricht in diesem Zusammenhang von einer Art Synthese zwischen philosophischer Grammatik und struktureller Linguistik, die Gestalt anzunehmen beginne. Er selbst hält von der Linguistik her eine allgemeine Theorie des menschlichen Geistes für möglich und knüpft bewußt an die spekulative, rationale oder transzendentale Grammatik an, deren Namen Kant nodi verwendete. — Es wurde sogar gefragt, ob die Linguistik im Begriff sei, die Philosophie zu verdrängen. In vorsichtigeren Äußerungen wird überlegt, ob die allgemeine Linguistik etwa für die Philosophie die Bedeutung erhalten könnte, die bisher die Mathematik für sie hatte.

VI

Vorwort

Die vorliegende Arbeit möchte in einer Art ständiger Konfrontation insbesondere transzendentalphilosophischer und linguistischer Ansätze zu der Überlegung beitragen, welche Bedeutung jeweils die eine Seite für die Selbstbestimmung der anderen zu gewinnen vermag. Gerade die Herausarbeitung des Unterschiedes zwischen philosophischer und einzelwissenschaftlich-linguistischer Fragerichtung könnte dabei nicht nur für die Linguistik, sondern auch für die Selbstbestimmung der Philosophie von Gewinn sein und zu einer kritischen Position gegenüber der tradierten Sprache und leitenden Topoi philosophischer Reflexion führen. In diesem Sinn versteht diese Untersuchung sich in erster Linie philosophisch und erst in zweiter Linie als wissenschaftstheoretisch. Bemerkungen zu einer Theorie der Linguistik haben dementsprechend nur sehr allgemeinen Charakter. Wenn dabei in erster Linie auf Arbeiten der von Chomsky begründeten „Transformationsgrammatik" Bezug genommen wird, soll, wie die Ausführungen im einzelnen darlegen, keineswegs eine bestimmte linguistische Richtung „grundsätzlich" vor anderen ausgezeichnet werden. Vielmehr ergibt sich dies aus dem eigenen universellen, explizit an die philosophische Tradition einer rationalen oder transzendentalen Grammatik anknüpfenden Anspruch dieser Theorie. Dieser Anspruch wie diese Tradition selbst sind Gegenstand der Kritik (und nicht etwa die Frage, ob die betreffenden linguistischen Autoren die Tradition, wenn sie sidi auf sie berufen, im einzelnen so wiedergeben, wie der historische Kontext der philosophischen Texte es nahelegte). — Ebenso wird die Ausführung selbst rechtfertigen müssen, warum die Idee einer Transzendentalphilosophie als Idee einer universalen philosophischen Theorie immer wieder im Hinblick auf den transzendentallogischen Ansatz Kants exemplifiziert wird und nicht etwa an späteren Ansätzen, wie ζ. B. dem Edmund Husserls, der zumindest explizit ausführlichere Erörterungen des Sprachproblems enthält. Auf breiterem Raum wäre eine Auseinandersetzung mit der phänomenologischen Idee einer transzendentalen Logik und Grammatik unumgänglich. Da aber im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nur einige Haupttopoi einer Diskussion des Verhältnisses zwischen Philosophie und allgemeiner linguistischer

Vorwort

VII

Theorie zur Sprache kommen konnten, erschien eine Beschränkung vor allem auf Kant gerechtfertigt, weil in dessen kritischer Philosophie die Idee einer transzendentalen Philosophie im Anschluß an die rationalistische Tradition präzise gefaßt ist und damit zugleich die ihr genuin innewohnende Problematik beispielhaft zum Vorschein kommt. •— Eine einleitende Abgrenzung gegen den Begriff des Transzendentalen bei Wittgenstein schien dagegen erforderlich zu sein, weil sich die These von einer Transzendentalität der Sprache in vielem auf Wittgenstein beruft. Zudem versteht sich die generative Grammatik mit der Lehre von einem Transformationsteil der Grammatiken selbst als Verbindungsglied zwischen den von Wittgensteins „Tractatus" ausgehenden Vorstellungen von einer verborgenen universalen logischen Struktur von Sprache überhaupt und der sich an die späteren „Philosophischen Untersuchungen" anlehnenden These von einer prinzipiell unbegrenzten Mannigfaltigkeit nur jeweils immanent geregelter Gebrauchsweisen von Sprache („Sprachspiele"). Dieser Schrift liegt ein Vortrag zugrunde, der unter dem Titel „Philosophie und Sprachwissenschaft" auf dem IX. Deutschen Kongreß für Philosophie in Düsseldorf gehalten wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort I II III

V

Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

1

Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung

9

Zur philosophischen Bedeutung der Sprachwissenschaft

IV Der paradigmatische Satzbegriff

13 21

V Der Begriff der Bedeutung als transzententalphilosophisdier Schlüsselbegriff

28

VI

Zur Axiomatik der Spradiwissensdiaft

38

VII

Bezeidinungs- und Erkenntnisvermögen

44

Fundamentalistische Ansätze, Analysierbarkeit

50

VIII

IX Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff

X XI XII XIII

logisdier Formen

62

Selbstbewußtsein

70

Zum semantisdien Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem Objekt- und Metasprache

81 95

Die Dimension der Pragmatik und die Idee der Tiefenstruktur

102

XIV Humboldts Alternative

108

Register

123

I

Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

In der gegenwärtigen philosophischen Diskussion ist Spradie nicht mehr nur als spezieller Gegenstand einer besonderen Disziplin „Sprachphilosophie" begriffen. Es ist von Sprache vielfach als von einer „transzendentalen" Voraussetzung einer jeden Zuwendung zu speziellen Gegenständen die Rede, von der gesagt wird, daß sie bestimmend sei für die Konstitution dieser Gegenstände im Bewußtsein. Man beruft sich dabei auf die These W . v. Humboldts, daß verschiedene Sprachen nicht nur verschiedene „Klänge", sondern auch verschiedene „Weltansichten" bedeuteten. Die Reflexion auf Sprache gewinnt somit den Charakter einer philosophischen Grunddisziplin. Wenn in solchen Reflexionen von einem „transzendentalen" Charakter der Spradie gesprochen wird, geschieht das allerdings in einem Sinn, der die herkömmliche Bedeutung dieses philosophischen Terminus sehr ausweitet. Das hat zu mancherlei Verwirrungen geführt und vor allem diejenigen philosophischen Richtungen irritiert, in denen man gewohnt war, die Bedeutung des Begriffs „transzendental" zuerst in Kontexten der Kantisdien Philosophie zu sudien. — Es soll zunächst versucht werden, zur Klärung dieser Sachlage und zur Übersetzung versdiiedener Terminologien oder verschiedener philosophischer Begriffssysteme ineinander beizutragen, um — über terminologische Sperren hinweg — das Problembewußtsein der traditionellen Philosophie für gegenwärtige philosophische Bemühungen fruchtbar zu madien. Wenn im folgenden Namen philosophischer Autoren, insbesondere der Kants, genannt werden, geschieht das in der Absicht, auf einen Problemzusammenhang hinzuweisen, ohne ihn immer an Ort und Stelle extensiv darstellen zu können. Es geht also ζ. B. nicht um Kantphilologie, wenn zunächst versucht wird zu vergegenwärtigen,

2

Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

was „transzendental" bei Kant heißen sollte und weshalb Kant dem mit diesem Wort bezeichneten Problem so viel Arbeit widmete 1 . Kant nannte „alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unsern Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt beschäftigt"2. Diese Definition wurde in der zweiten Auflage der „Kritik der reinen Vernunft" etwas abgewandelt. Dort wird die Erkenntnis, die sich „mit unserer Erkenntnisart von Gegenständen, insofern diese a priori möglich sein soll", beschäftigt, transzendental genannt 3 . Diesen beiden Definitionen soll noch eine dritte aus der „Kritik der Urteilskraft" gegenübergestellt werden, die zwar umständlicher, aber doch nodi klarer ist. „Ein transzendentales Prinzip ist dasjenige, durch welches die allgemeine Bedingung a priori vorgestellt wird, unter der allein Dinge Objekte unserer Erkenntnis überhaupt werden können." 4 Allen diesen Definitionen ist gemeinsam, daß nicht alles, was für die Konstitution dieses oder jenes Gegenstandes in seiner Besonderheit im Bewußtsein eine Rolle spielen mag, deshalb „transzendental" heißen soll. Also ist audi nicht das, was dazu dient, einzelne Gegenstände im aufnehmenden Bewußtsein gegeneinander abzugrenzen und somit zu „bestimmen", „transzendental". Die Sprache — insofern sie diese Rolle spielen soll, wenn von ihr angenommen wird, daß sie Welt aufgliedere und den sie sprechenden Individuen einen bestimmten „Zugriff"5 zur Welt vorgebe — wäre demnach noch nicht „transzendental" zu nennen. Natürlich kann es kein Verbot geben, den Begriff „transzendental" auch in dieser weiteren Bedeutimg zu verwenden. Aber dann geht doch eine sprachliche Distinktion verloren, die es erlaubt, ein ihr entsprechendes, differenziertes Problembewußtsein mit in die gegenwärtigen Diskussionen des Sprach- und Erkenntnisproblems einzubringen. 1

2

3 4 5

Zur historischen Dimension vgl. N. Hinske, Kants Weg zur Transzendentalphilosophie, Stuttgart 1970. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Erste Auflage (A), S. 11 f. Die Kritik der reinen Vernunft wird im folgenden nach A (erste Auflage) oder Β (zweite Auflage) mit folgender Seitenzahl zitiert. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 25. Kant, Kritik der Urteilskraft, dritte Auflage S. XXIX. Vgl. zu diesen Positionen die Arbeiten von L. Weisgerber und B. L. Whorf.

Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

3

Die Sprache (als „Bezeichnungsvermögen" ) ist, wenn vorerst einmal an der Kantischen Terminologie festgehalten wird, um begriffliche Verwirrung zu vermeiden, sicherlich gerade nicht transzendental. „Die" Sprache existiert auch nur als Vielheit von „Einzelsprachen", letztlich von individuellen Sprechakten. Transzendental können (neben den „reinen Formen der Anschauung", Raum und Zeit) nur die Begriffe sein, unter deren Voraussetzung gedacht werden kann, daß Dinge überhaupt Objekte unserer Erkenntnis werden könnten. Letzten Endes sind also die Begriffe transzendental, die sich nicht auf einzelne Gegenstände beziehen, sondern auf einen „Gegenstand als solchen" unter dem einzigen Aspekt, wie gedacht werden könne, daß er überhaupt Gegenstand sei, ganz abgesehen von dem, als was dieser Gegenstand näher bezeichnet ist. Die transzendentalen Überlegungen zielen auf Vollständigkeit von Bedingungen für die Denkmöglichkeit von Erkenntnis, nicht auf die Frage der Konstitution von einzelnen Tatsachen in der Erkenntnis, wenngleich natürlich die Möglichkeit der Besonderung von Gegenständen zur Erkenntnismöglichkeit gehört. Dieser Aspekt läßt sich dann allerdings nicht mehr transzendentalphilosophisch abhandeln, da in einer Transzendentalphilosophie eine vorauszusetzende Besonderungsmöglichkeit, etwa durdi ein dem „Erkentnisvermögen" gegenübergesetztes „Bezeichnungsvermögen", nur noch allgemein genannt werden kann, ohne sie näher, ζ. B. als diese menschliche Sprache, zu charakterisieren6. Die These von der Transzendentalität der Sprache geht weitgehend von einer Interpretation des „Tractatus logico-philosophicus" Wittgensteins aus, den Stenius einen Kantischen Philosophen nennt 7 . Es ist aber offensichtlich, daß der „Tractatus" von diesen Kantischen Fragen 6

7

Die Sprache wird deshalb von Kant auch in der „Anthropologie", nicht aber in der Transzendentalphilosophie behandelt. Vgl. Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, Akademie-Ausgabe Bd. VII, S. 191 ff. Kant spricht lediglich von einer „transzendentalen Grammatik", die aber gerade als überspradilich „in unserm Verstände" liegend und als „einer jeden Sprache" vorgeordnet konzipiert ist. Vorlesungen über die Metaphysik, Darmstadt 1964, S.78, bzw. Prolegomena S 39. E. Stenius, Wittgenstein's Tractatus, deutsch: Wittgensteins Tractat. Eine kritische Darlegung seiner Hauptgedanken, Frankfurt a. M. 1969, S. 279 ff.

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Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

nicht handelt. Der Satz, „die Grenzen meiner Sprache" bedeuteten „die Grenzen meiner Welt"8, und der Satz, „die Logik" sei „transzendental"9, haben hier wohl zu Mißverständnissen Anlaß gegeben. Wie der erste Satz zu verstehen ist, zeigt vielleicht am besten ein Satz, der sich etwas früher im „Tractatus" findet: „Die empirische Realität ist begrenzt durch die Gesamtheit der Gegenstände."10 „Gegenstand" ist in Wittgensteins Terminologie nichts irgendwie empirisch Vorfindliches, sondern bestimmt durch die „Möglichkeit seines Vorkommens in Sachverhalten"11, wie sie in Sätzen beschrieben werden. Er entspricht korrelativ den „Namen", deren Gesamtheit in sich alle Möglichkeiten enthält, sie zu Sätzen zusammenzustellen und so in ihnen Wirklichkeit darzustellen, wie wir sie uns denken. Anders als innerhalb einer Sprache als dem Inbegriff ihrer Namen (d. h. ihrer Wörter, reduziert auf den Begriff von Relata in Aussagesatzrelationen) kann über Wirklichkeit nicht gesprochen werden, anders kann die Wirklichkeit nicht in dem Sinne „abgebildet werden", daß die Abbildung dann, als Satz dieser Sprache, entweder wahr oder falsch ist. Die Möglichkeiten, uns Wirklichkeit vorzustellen, sind die Möglichkeiten dieser Sprache. Insofern die Logik nach Wittgenstein reine Beziehungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten von irgendwelchen Sätzen einer Sprache darstellt, die wahr oder falsch sein können, und von nichts anderem handelt als von Funktionen zwischen Wahrheitswerten (wahr oder falsch) der Einzelsätze und der aus ihnen zusammengesetzten Sätze, bleibt sie innerhalb der Grenzen einer Sprache und damit innerhalb der Grenzen „meiner" Welt. Sie, und mit ihr alle Wahrheitsmöglichkeit, bleibt auf „meine Welt", d. h. auf meine Vorstellung von Welt bezogen, und in diesem Zusammenhang versteht sich dann der fragliche Satz, die Logik sei „transzendental", sie sei „keine Lehre, sondern ein Spiegelbild der Welt"12. „Transzen8

L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, Schriften, Frankfurt a. M. 1960, Bd. I, Satz 5.6. 9 Ebd. Satz 6.13. Ό Ebd. Satz 5.5561 » Ebd. Satz 2.0123. » Ebd. Satz 6.13

Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

5

dental" heißt hier, sie gehöre mit der Sprache als logisdies Gerüst einer jeden Sprache zur Vorstellung von Welt, weil sie zu den Bedingungen gehöre, Welt darzustellen oder Wirklichkeit in Sätzen, die per definitionem entweder wahr oder falsch sind, auf „ja oder nein"13 zu fixieren, und sie sei damit auch das logische „Gerüst der Welt"14, besser: der mir möglichen Weltvorstellung. Von der transzendentalen Frage Kants ist in alledem nichts enthalten. Die Logik ist nach Wittgenstein die innere Logik meiner Vorstellungen, ob sie nun wahr sind oder nicht15. Sie heißt hier als Logik „meiner" Sprache „transzendental", weil unreflektiert vorausgesetzt ist, daß diese Sprache (und damit ihre Logik) sich immer schon auf Welt beziehe16. Daß eine Sprache im Sinne einer Vorurteilsstruktur auch Wirklichkeit verdecken könnte, also das eigentliche Motiv einer transzendentalen Reflexion auf eine sprachliche Vorurteilsstrukturen übersteigende, allgemein zu reflektierende Erkenntnismöglichkeit, tritt nicht in den Blick. Von zwei einander logisch entgegengesetzten Sätzen einer beliebigen Sprache ist, wenn die Sätze den immanenten Regeln dieser Sprache entsprechend sinnvolle Sätze sind (d. h. wenn das Prädikat in ihnen ein semantisch mögliches Prädikat zu dem Subjekt des Satzes ist, wie z. B. „hoch" zu „Haus", nidit aber „grün" zu „Fleiß"), immer ein Satz wahr, der andere falsch, ohne daß damit gesagt wäre, wie gedacht werden könne, daß überhaupt ein Satz wahr sein, d. h. über nur meine Art der Vorstellung hinausführen könne. Das liegt auf derselben Ebene wie der logische Tatbestand, daß eine tautologische Formulierung immer wahr ist. Es ist selbst eine tautologische Formulierung. „Transzendental" hat bei Wittgenstein also auch die Bedeutung, daß die Sätze der Logik „Scheinsätze" seien17, die » Ebd. Satz 4.023. " Ebd. Satz 6.124. 15 Vgl. W. Schulz, Wittgenstein. Die Negation der Philosophie, Pfullingen 1967, S. 19. 16 Hier liegt eine Parallele zum Heideggerschen Begriff des „In-der-Welt-seins". Zum Vergleich von Wittgenstein und Heidegger vgl. audi Κ. O. Apel, Wittgenstein und Heidegger, Philosophisches Jahrbudi der Görres-Gesellschaft, 75. Jg. 1. Halbband, München 1967. 17 Wittgenstein, Tractatus, Satz 6.2.

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Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

nicht von der Wirklichkeit handelten, sondern von der formalen Beziehung zwischen Sätzen. Sie beinhalten, so wie nach Kant die transzendentalen Sätze, keine Erkenntnis von Gegenständen. Nur in dieser negativen Bestimmung des Transzendentalen stimmen Kant und Wittgenstein überein. Die formale Logik ist nach Kant nicht transzendental, denn es geht in ihr nur um formale Beziehungen zwischen Sätzen und deren Wahrheitswerten, also um die „Form der Wahrheit"18, um formale Kriterien der Verknüpfung von als „wahr" oder „falsch" bereits bewerteten Sätzen. In einer transzendentalen Logik aber geht es darum, wie gedacht werden könne oder was als Voraussetzung angenommen werden müsse, damit gedacht werden könne, daß Sätze sich überhaupt auf Wirklichkeit beziehen oder, was dasselbe ist, wahr oder falsch und damit Elemente dieses logischen Gegensatzes sein können. Die transzendentale Logik soll „Logik der Wahrheit" sein. Soll nun diese Frage für Sätze überhaupt oder allgemein beantwortet werden, so muß die transzendentale Logik, ähnlich wie die formale, zunächst von allem Inhalt einzelner Sätze absehen. Sie muß auf etwas reflektieren, das Sätzen als solchen gemeinsam ist. Das ist die synthetische Form der Sätze selbst, nicht der formallogischen Satzverknüpfungen. Satzverknüpfungen kommen in der transzendentalen Logik Kants nur insofern in Betracht, als sie wiederum einen Satz ergeben, der sich nur als synthetisches Ganzes auf Realität beziehen soll, wie ζ. B. ein hypothetisches Urteil. Die allgemeine Satzform Wittgensteins (ρ, ξ, Ν (ξ)) ist dagegen eine Satzverknüpfungsformel und bezieht sich auf Satzverbindungen, die sich unmittelbar nur in ihren analytisdien Teilsätzen auf Wirklichkeit beziehen sollen. Es ist in der transzendentalen Logik zu überlegen, inwiefern gedacht weiden kann, daß die (allgemeine) Form von (einzelnen) Sätzen etwas über deren Erkenntnisfunktion besagt. Die formale Logik beschäftigt sich (als Prädikatenlogik) mit möglichen Formen von Sätzen, die einzelne Sätze durch Modifikationen, ζ. B. durch „Quantoren", durch Position oder Negation, durch modale Zusätze usw., zur Eindeutigkeit 18

Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 84.

Der BegriS des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

7

von Urteilen bestimmen. Auch die transzendentale Logik hat zunächst, weil sie transzendental sein und nicht von besonderen Sätzen handeln will, keinen anderen Gegenstand als diese Formalität. Weil sie nun nichts anderes hat als das, was (alle) Sätze als solche eindeutig ausrichtet, als allgemeine Voraussetzung für die Frage, ob sie ihrem Inhalt nach wahr seien, bleibt keine andere Möglichkeit, als davon auszugehen, daß dieses Formale an Sätzen, mit dem sich traditionell die formale Logik beschäftigt hatte, zugleich konstituierend sei für die Bedeutung von Sätzen im objektiven Sinn. („Bedeutung" ist nach Kant die Möglichkeit des Bezugs auf einen Gegenstand, also die objektive Gültigkeit19.) Was (einzelnen) Sätzen überhaupt als Form zur Eindeutigkeit zukommt, soll konstituierend sein für den möglichen Bezug auf Gegenstände, insofern sie überhaupt Gegenstände sind. Die Anschauung von einem „Gegenstande überhaupt" wird „in Ansehung einer der logischen Funktionen zu Urteilen als bestimmt angesehen"20. Bestimmung geschieht dieser Voraussetzimg nach durch das Ansehen von etwas als bestimmt von der Satzform her, weil anders nicht gedacht werden kann, daß so Verschiedennartiges wie Sätze und Realität überhaupt in ihrem Bestimmtsein übereinstimmen könnten. Das ist Bedingung für eine allgemeine Antwort auf die Frage, wie gedacht werden könne, daß Sätze überhaupt wahre Sätze, d. h. bei Kant: objektiv gültige Sätze sein können. Die Formulierung dieser Bedingung drückt keine Erkenntnis aus. Sie formuliert die Bedingung der Denkmöglichkeit jeder Erkenntnis (und nicht der Widerspruchsfreiheit der Erkenntnisse untereinander wie die formale Aussagenlogik) und ist darin „transzendental". Aus der Kantischen Überlegung folgt zwingend, daß die Sprache, außer einem gewissen formalen Aspekt ihrer Sätze überhaupt, auf den sie reduziert werden müßte, gerade nicht transzendental sein kann. Auch Wittgenstein behauptet das nicht direkt von der Sprache, sondern von der „Logik" der Sprache. Aber „Logik" hat hier nur den Aspekt der funktionalen Abhängigkeiten der Wahrheitswerte zusammengesetzter 19

Vgl. ebd. Β 300. » Ebd. Β 128.

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Der Begriff des Transzendentalen bei Kant und Wittgenstein

Sätze von den Wahrheitswerten der Elementarsätze, d. h. der inneren Widersprudisfreiheit sprachlicher Handlungen. Sie haben dieselbe Logik wie Handlungen überhaupt und sind darüber hinaus in einem unproblematisierten Sinn als Abbildungshandlungen spezifiziert. Die Form dieser Abbildung soll sich auch nicht wiederum abbilden lassen, über sie lasse sich nichts sagen, weil sinnvolles Sprechen sich bereits immer schon innerhalb einer Sprache als einer Form des Abbildens aufhalte21. Von hier aus ergibt sich dann die Notwendigkeit, Sprache als von innen her geregelte, besondere „Sprachspiele" zu verstehen, von denen das des „Abbildens" eines unter vielen möglichen sei, die ihrer „Regel" „blind" folgten22. Diese Konsequenz aus einer offenen Frage des „Tractatus" zieht Wittgenstein in seinem Spätwerk, den „Philosophischen Untersuchungen", aus denen dann in der Tat jeder „transzendentale", d. h. die philosophische Dimension einer ontologia generalis annehmende Aspekt verbannt ist.

21 22

Wittgenstein, Tractatus, Satz 2.172. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, Schriften, Bd. I, S. 386.

II Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung

Da in einer „transzendentalen Logik" unbegrenzt allgemein gefragt werden muß, ist der Gegenstand, um dessen Erkenntnis es in Kants Fragestellung geht, notwendig ein „Gegenstand überhaupt", nicht ein wirklicher Erkenntnisgegenstand. Das ist keine Schwäche der Kantischen Philosophie, in deren Selbstverständnis Philosophie die Kenntnis der eigenen Grenzen bedeutet, sondern gerade deren Stärke als Philosophie. Es ist eingesehen, daß Erkenntnistheorie wegen ihrer allgemeinen Fragestellung nach der Möglichkeit von Erkenntnis überhaupt auch nur von einem „Gegenstand überhaupt" reden kann und daß die Antwort auf diese Fragestellung, wie etwa die „transzendentale Logik" sie geben kann, die Frage nach den besonderen Erkenntnisarten besonderer Gegenstände völlig offen und im Unbegriffenen lassen muß. Es ist eingesehen, daß es nur insoweit einen rationalen ErkentnisbegrifE geben kann, als die Gegenstände der Erkenntnis zugleich „Gegenstände überhaupt" sind, und daß man sich gnoseologisch nur darüber Rechenschaft geben kann, inwieweit denkbar ist, daß überhaupt etwas erkennbar ist, nicht aber darüber, ob diese oder jene besondere, etwa sprachlich bedingte Erkenntnis, die man von etwas habe, Erkenntnis sei. Audi die Spuren einer Abbildtheorie, wie sie sich in Wittgensteins „Tractatus" finden1, sind bei Kant getilgt. Etwas ist nach Kant überhaupt Gegenstand, insofern es nicht nur Anschauung, sondern logisch bestimmte, unter die Bestimmungen einer Urteilsbildungslogik gefaßte Anschauung ist. In die Konstitution der einzelnen Gegenstände, wie einzelne Urteile sie beschreiben, spielt demnach nach Kant die „Logik", aber als Logik der Urteilsbildung, nicht der Urteilsverknüpfung hinein. Daß die Relata der logisdien Relation oder die „empirischen Begriffe", wie etwa Sprachen sie an die Hand geben, dabei um der reinen Formalität willen in ihrer Besonder1

Wittgenstein, Tractatus, Satz 2.1.

10

Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung

heit gleichgültig sein müssen, bestimmt die Anschauung (als das Gegebensein von einzelnem) im Zusammenhang der transzendentalen Frage der Gegenstandskonstitution zur „reinen" Anschauung. Empirische Qualitäten werden aus der Reflexion auf das Gegenstandseinkönnen der Gegenstände um der „transzendentalen" Möglichkeit dieser Reflexion willen ausgeschlossen. Sie werden vom transzendentallogischen Ansatz her notwendig zu reinen, gleichgültigen Quantitäten. So gibt Kant zugleich einen Grund dafür an, weshalb in einem rational durchleuchteten Sinne „eigentlich" nur der mathematisch dargestellte Gegenstand einem Gegenstand entspreche, von dessen Möglichkeit eine allgemeine Theorie möglidi sei. Nur hier fallen Reinheit und (wissenschaftsspezifische) Besonderheit zusammen, weil nur hier die Reinheit die Besonderheit ist. „Eigentliche", von einem rationalen Wissensbegriii her durchleuchtete Wissenschaft ist dann auch nach Kant in einer jeden besonderen Wissenschaft nur soviel, „als darin Mathematik anzutreffen ist"2. Der transzendentale Ansatz des Philosophierens muß notwendig, weil er ein ganz allgemeiner, nach Bedingungen von Erkenntnis und von Gegenständen „überhaupt" fragender ist und eine allgemeine Theorie liefern will, ein Ansatz gegen die Sprachen sein, soweit sie auf eine jeweils für eine besondere Sprache charakteristische Art bestimmte Symbole anbieten, deren semantische Interpretation auf Inhaltliches abzielt und die, selbst wenn sie innerdisziplinär „geregelt" sind, dodi nicht als von einer obersten „Einheit" einer jeden denkbaren Regelung her als geregelt begriffen werden können. Das Problembewußtsein Kants ist in diesem Punkt so zugeschärft und die transzendentale Philosophie ist in seiner „Kritik" der herkömmlichen Transzendentalphilosophie oder „ontologia generalis" in so enge Grenzen gewiesen, daß selbst so relativ allgemeine Begriffe wie „Materie" oder „Bewegung" als Grundbegriffe einer Wissenschaft von der körperlichen Natur (Physik) die strenge, „eigentliche" Wissenschaftlichkeit dieser Wissenschaft trüben und „abgesonderte (obzwar an sich empirische) 2

Kant, Metaphysisdhe Anfangsgründe der Naturwissenschaft, Akademieausgabe Bd. IV, S. 470.

Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung

11

Begriffe" genannt werden3. Vom Gebrauch soldier Begriffe und damit von der Abgrenzung des Gegenstandes der durch sie umrissenen besonderen Wissenschaften gibt es in einer transzendentalen Überlegung schon keine Notwendigkeit verbürgende Rechenschaft mehr, weil sie sich, im Unterschied zu mathematischen Begriffen, nicht in einer reinen Anschauung konstruieren lassen und ihrer jeweiligen etnzelsptadilichen („symbolischen") Bedeutung verhaftet bleiben. Ihre Interpretation bleibt historisch auf einzelsprachliche Bedeutungsfelder und Begriffsdichotomien (ζ. B. Materie — denkendes Wesen) bezogen und ergibt sich nicht in einer „Grammatik der reinen Vernunft". Besondere Sprachen sind allenfalls unter einem besonderen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkt „geregelte" Sprachen, ζ. B. als Wissenschaftssprache einer besonderen Disziplin. Solche Begriffe bleiben lediglich einer Einzelwissenschaft als deren besondere Grundbegriffe vorangestellt. Sie grenzen deren besonderen Gegenstandsbereich ab und gehören zu deren begrifflichem oder „metaphysischem" Teil, der sich nicht als notwendig deduzieren läßt und deshalb irgendwoher aus gegenüber einer sich so konstituierenden Wissenschaft dann „vorwissenschaftlichen" oder „lebensweltlichen" Erfahrungskontexten „aufgelesen" sein muß. Die der Philosophie gegenüber selbstkritische Frage nach den Möglichkeiten der Philosophie muß einräumen, daß einer reinen, transzendentalen Philosophie auch das Individuelle der besonderen Wissenschaften, selbst das der Physik als einer Wissenschaft von der materiellen Natur, ineffabile bleibt in seiner Differenz zu einer „reinen Naturwissenschaft", deren Begriff bei Kant ja noch nicht die spezifischen Bestimmtheiten der Physik im heutigen Sinn impliziert. Die „transzendentale" Grammatik ist ihrer Fragestellung nach allgemeiner als die Regelung jeder denkbaren „Wissenschaftssprache", die notwendig „empirischer Begriffe" und besonderer Regeln ihres Gebrauchs bedarf.4

J Ebd. S. 472. 4 VgL J. Simon, Begriff und Beispiel, Zur Aporie einer Philosophie und Systematik der Wissenschaften, dargestellt am Wissenschaftsbegrifi Kants, Kant-Studien 1971, Nr. 3.

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Die Allgemeinheit transzendentaler Fragestellung

Die ganze Sprache in ihrer Unübersichtlichkeit und ihren einzelsprachlichen Ausprägungen als „transzendental" zu bezeichnen, bedeutete demgegenüber die Preisgabe eines kritischen Bewußtseins. Es müßte dann konsequenterweise das gekonnte Eingespieltsein in eine beliebige Sprache schon als Voraussetzung objektiv gültigen Sprechens ausgegeben werden, wenn nur sichergestellt wäre, daß andere sich in gleicher Weise eingespielt hätten und deshalb keinen Widerspruch erhöben. Transzendentalität würde, entgegen dem kritischen Denken Kants, zu einer blind funktionierenden „Intersubjektivität", die immer noch nur besondere und deshalb von „reiner Vernunft" unterschiedene Vorurteilsstruktur sein könnte. Eher wäre die kritische Einsicht Kants zu betonen, daß wir dennoch auf besondere Begriffe, über deren Erkenntnisfunktion eine transzendentale Rechtfertigung eingesehenermaßen nicht möglich ist, auch in den „exakten" Wissenschaften angewiesen bleiben und daß diese Wissenschaften wohl hinsichtlich ihrer immanent geltenden Methoden, nicht aber hinsichtlich eines transzendentalen Selbstbegriffs als Erkenntnis „exakt" genannt werden können. Eine solche Einsicht wäre sowohl gegenüber den Möglichkeiten der Philosophie wie auch gegenüber sich verabsolutierenden besonderen Perspektiven der philosophischere Standpunkt.

III Zur philosophischen Bedeutung der Sprachwissenschaft

Damit ist die Hauptschwierigkeit eines jeden sich auf Sprache beziehenden Philosophierens ausgesprochen. Zunächst steht das konkrete Sprachliche — auch in den einzelnen Wissenschaften — von seiner Funktion in der Erkenntnis her dem kritischen Bemühen um Wissen auf dem Weg zur transzendentalen Selbstreflexion dieses Bemühens entgegen. Es ist das unüberschaubare, nicht seinerseits in eine bestimmbare Gegenständlichkeit zu bringende Moment des Wissens, dasjenige, was die Möglichkeit einer Transzendentalphilosophie problematisch erscheinen läßt. Aber gerade aus diesem Grunde verdient es das besondere Interesse einer sich selbst gegenüber kritischen Philosophie. Will nun die Philosophie sich der Sprache in dieser, wie es mißverständlich heißt, „transzendentalen" Bedeutung zuwenden, so vergegenständlicht sie die Sprache gleichwohl schon in dem Begriff „Sprache". Das Verfügen über diesen Begriff täuscht vor, es werde auch über das infinite Sprachliche verfügt, das mit ihm summarisch bezeichnet wird. Dadurch, daß der Schein entsteht, der Faktor „Sprache" sei in der Selbstreflexion der Erkenntnis kalkulierbar, kommt es zu Mißverständnissen innerhalb dieser Versuche der Selbstbestimmung des Wissens, in die Sprachliches gerade als unreflektierte Voraussetzung selbst wiederum hineinspielt. Sprachwissenschaft ist die systematische Form gegenständlicher Sprachbetrachtung. Sie verdient daher das besondere Interesse der Philosophie, der an der Art und Weise solcher „Vergegenständlichung" gelegen sein muß. Sie könnte Aufschluß darüber geben, in welchem Sinne Sprache aufgefaßt ist, wenn auf sie als auf ein Ganzes reflektiert ist, wie es ja erforderlidi wäre, wenn ihre Bedeutung für die Gegenstandskonstitution allgemein (oder transzendentalphilosophisch) abgehandelt werden soll, auch wenn diese Bedeutung zunächst negativ als das begriffen ist, was einer sich selbst als Erkenntnis begreifen wollenden Erkenntnis im Wege steht.

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Zur philosophischen Bedeutung der Sprachwissenschaft

Allerdings bedarf zuvor der Ausdruck „gegenständliche Sprachbetrachtung" einer Erläuterung. In allem Sprechen geschieht zugleich eine Reflexion auf das Gesprochene, in der es kontrolliert und hinsichtlich der Wortwahl und des Satzbaus auf den Zweck der Rede hin gesteuert wird. Diese Reflexion, die alles Sprechen begleitet, „vergegenständlicht" Sprache in einem gewissen Sinn. Aber sie richtet sich nicht über die jeweilige Sprechsituation und über das jeweils Gesagte hinaus auf eine Sprache (la langue) im Ganzen als auf einen Gegenstand, etwa um dessen Struktur zu untersuchen und mit den Strukturen anderer Sprachen zu vergleichen1. Nur im Sinn einer Reflexion auf Sprache als Ganzes wird im folgenden „gegenständliche Sprachbetrachtung" verstanden. In ihr wird also nicht lediglich ein gesprochener Satz aus einer Spredisituation heraus zitiert, so wie es geschehen mag, wenn man an bereits Gesagtes noch einmal anknüpft oder etwas „darüber" sagen möchte, indem man es ζ. B. bestätigt oder bestreitet. In „gegenständlicher Sprachbetraditung" wird von aus der Sprechsituation gelösten Sätzen als von exemplarischen Teilen eines gegenständlichen Gebildes „Sprache" gesprochen, und die betreffenden Sätze werden schon im Hinblick auf diese Funktion, Paradigmen zu sein, gebildet. Ihre Bildung verdankt sich der Absicht des Sprechenden, nicht anderen etwas über etwas zu sagen, sondern etwas über einen sich so erst konstituierenden Gegenstand „Sprache" mitzuteilen. Sie verfolgt von vornherein eine ganz andere Intention als das reflektierende Rückbeziehen auf Sätze oder Redeteile im Sprachvollzug selbst. Ein Gegenstand „deutsche Sprache" ζ. B. existiert in den Mustersätzen, die zu seiner Exemplifizierung gebildet werden. Jemand, von dem man sagt, daß er die deutsche Sprache beherrsche, und der in der Terminologie der generativen Sprachwissenschaft als Beispiel eines „kompetenten Sprechers" dieser Sprache gelten könnte, spricht zunächst nicht „die" deutsche Sprache, sondern — wenn man es schon von der Vorstellung her, dem Begriff „deutsche Sprache" entspreche etwas in objektiver Realität, ausdrückt — gewisse „Teile" dieser Sprache. Er beherrscht 1

Vgl. de Saussures Unterscheidung zwischen „langue" und „parole". Cours de linguistique générale, hrg. von Ch. Bally und A. Sediehaye, 1916.

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„sie" insoweit, als er „ihren" Wortschatz, „ihre" Syntax im Laufe seines Lebens gelernt hat, und er wird sie so tradieren, wie er sie hat lernen können, und nicht, wie er sie idealiter hätte lernen können, so daß die „Kompetenz" bei verschiedenen Individuen, vor allem insofern sie verschiedene soziale Rollen einnehmen, außerordentlich verschieden ausfallen dürfte 2 . Keinesfalls ist das sprachwissenschaftliche Konstrukt „deutscher Satz" für wirkliches Sprechen ein mögliches „Handlungsmuster". Die Reflexion auf solche „Handlungsmuster" reflektiert auf sie als auf scheinbar apriorische Vorgegebenheiten, die diese Reflexion aus ihrer eigenen lebensweltlichen Situation heraus jeweils selbst erst aufbaut, um an ihnen dann einer scheinbar situationsenthobenen Intersubjektivität scheinbar rein „vernünftiger" Bedingungen sicher zu sein, die Kant unter dem Begriff reiner Verstandeshandlungen im Sinn hatte. Es ist kein Zufall, daß die Paradigmen in den Grammatiken, auch in den moderneren, etwas Künstliches an sich haben, selbst dann, wenn sie mit geläufigen Sätzen „wörtlich" übereinstimmen. Sie sind als Beispiele erdacht für etwas, das seinerseits nur in diesen Beispielen seine Existenz hat. Das Zitieren eines Satzes im Sprechakt als rückbezügliches Reden über Gesagtes und das Sprechen über Sätze als Beispielsätze „der" Sprache sind grundverschiedene Verhaltensweisen. Man könnte von der Reflexion im Sprechen als „Sprechreflexion" die Reflexion auf einen Satz als Beispiel für den Bau einer Sprache als „Sprachreflexion" unterscheiden. Die Sprachreflexion geht von dem Postulat aus, Spra2

Der Begriff der „Kompetenz" ist, wenn von solchen realen Bedingungen abgesehen wird, als reiner Möglichkeitsbegriff gefaßt, als die ideelle Voraussetzung der Möglichkeit, ein ideelles Gebilde „la langue" im Sinne irgendeiner Spradie lernen zu können. Sie ist dann Inbegriff von Regeln „einer jeden Sprache", als Projektion dessen, was von der Linguistik her zur Gewinnung eines Gegenstandes „Spradie überhaupt" vorauszusetzen ist. Die „Einzelsprache" muß dann als Spezifikation soldi einer „Sprache überhaupt" gelten. Da soldi ein Sprachbegriff nur ideeller Leitbegriff einer Reflexion auf Spradie sein kann, der selbst nicht im Sinne eines „Gegenstandes überhaupt" transzendentallogisdi (ein für allemal) abzuleiten ist, versteht sidi das eigenartige Schwanken jeder auf einen „richtigen" Gebrauch „einer" Spradie achtenden Wissenschaft zwischen normativem (die Richtigkeit festhaltendem) und empirischem (dem historischen Gebrauch nachgebendem) Aspekt.

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che sei im Ganzen als Gegenstand vor ein Subjekt zu bringen, das als diesem Gegenstand frei gegenüberstehendes oder reines Subjekt dennoch seinerseits irgendwie über Kategorien seiner Sprachbetrachtung verfüge. Der Begriff des Subjekts konstituiert sich in dieser Vorstellung als Begriff reinen Verstandes. Vor allem sprachliche „Universalien" als Merkmale, die Sprachen „als solchen" oder einer jeden denkbaren Sprache „wesentlich" zukommen sollen, hätten dann vor den einzelsprachlichen Ausprägungen kategorialer Formen liegende „vor-sprachliche" Kategorien der Sprachbetrachtung zu sein, als Kategorien eines den „Sprachen überhaupt" sprachfrei gegenüberstehenden Verstandes. Dieser Verstand hätte selbst „rein" zu sein von allem sprachlichen Einfluß, da Sprachliches insgesamt von vornherein zu seinem von ihm erzeugten Objekt zu zählen wäre. Von Chomsky ist konsequenterweise der dementsprechende Begriff einer „cartesianischen Linguistik"3 geprägt worden als Name für eine Wissenschaftskonzeption, die davon ausgeht, Sprache in solchen universalen Kategorien allgemein beschreiben und von diesem Ansatz aus auch objektive Korrelate zu diesen Kategorien im vorgestellten „Gegenstand Sprache" finden zu müssen, die dann dem Konstrukt eines möglichen idealen Sprechers einer „Sprache" als dessen reines „Sprachvermögen" umreißende „eingeborene Ideen" zugedacht sein müssen4. Daß den „formalen Universalien" wissenschaftlicher Beschreibung auch objektive, von Chomsky sogenannte „substantielle Universalien" in den Sprachen entsprechen sollen, scheint dadurch gewährleistet zu sein, daß der beschreibende Verstand zugleich als der eines Sprache erzeugenden leiblichen Sprechers angesehen wird. Der Verstand des Linguisten soll in allen seinen Kategorien identisch sein mit objektiven („eingeborenen") Kategorien des Sprechers, insbesondere mit dem Verstand 3 4

Vgl. N. Chomsky, Cartesian Linguistics, New York und London 1966. Für den Begriff der „eingeborenen Ideen" gilt Entsprechendes wie für den Begriff der „Kompetenz" (s. Anm. 2). Letztlich zeigt sich bei Chomsky selbst, daß die Theorie von eingeborenen Ideen in der Sprachwissenschaft auch nicht im Sinne einer rationalistischen Doktrin, sondern als empirische Hypothese zu verstehen ist, die weit davon entfernt ist, Erklärungsadäquatheit zu besitzen (vgl. Kapitel VI).

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dessen, der solche „Ideen" im Prozeß der Spracherlernung aktiviere5. Der scheinbar empirische, aber in Wirklichkeit von allen konkreten Lebensbedingungen absehende „Befund", daß jeder grundsätzlich jede „Sprache" zu lernen imstande sei, scheint diese Konstruktion eines bei allen identischen und in diesem Begriff verdinglichten Verstandes zu untermauern. Aber hier ist schon die Idee einer reinen Möglichkeit als des reinen Vermögens zum Erlernen jeder beliebigen Sprache unkritisch aufgenommen gegen die Tatsache, daß schwerlich irgend jemand jemals irgendeine „Sprache", wie die Linguistik sie von den gebildeten Paradigmen her projiziert, erlernt hat. Das Theorem, jeder könne grundsätzlich jede Sprache lernen und jeder verfüge deshalb über das gleiche angeborene Sprachvermögen, wird adäquater formuliert, wenn man sagt, jeder könne sprechen lernen, aber niemand lerne, wenn er sprechen lernt, eine „Sprache" im Sinne eines bestimmten verfügbaren objektiven Gebildes. Er lernt innerhalb bestimmter Kontexte den Gebrauch der innerhalb dieser Kontexte gebräuchlichen Wörter, d. h. er lernt, mit diesen Wörtern Sätze zu bilden, so daß er zugleich sich als Partner dieses nachträglich mehr oder weniger umschreibbaren, aber nicht rigid geregelten Gebrauchs ausweist und in einem der jeweiligen Situation genügenden Sinn „verstanden" wird. Dennoch steht fest, daß die Sprachwissenschaft der Vorstellung einer Sprache als eines objektiven Gebildes bedarf und darüber hinaus als allgemeine Sprachwissenschaft auch in universalen Beschreibungskategorien über Sprache überhaupt sprechen muß. Die Trennung zwischen „la langue" und „la parole" hat der Sprachwissenschaft als dieser besonderen Disziplin methodisch die Richtung gewiesen, in der sich ihr spezifischer Gegenstand konstituiert. „La langue" (und darüber hinaus auf dem Wege des abstrahierenden Sprachvergleichs „le langage") ist der Gegenstand der Sprachwissenschaft. Insofern sie sich auch mit „la parole", dem Sprechakt, beschäftigt, gerät sie in eine unklare Nachbarschaft zu anderen Wissenschaften 5

Vgl. N. Chomsky, Aspects of the Theory of Syntax, Cambridge Mass. 1965, S. 25; deutsch: Aspekte der Syntax-Theorie, Frankfurt a. M. 1969, S. 41.

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wie Soziologie, Psychologie usw. und verliert die strenge Identität ihrer Methode. „La langue" ist der Gegenstand der Sprachwissenschaft, wie er sich in der systematisierten Form der gegenständlichen Sprachbetrachtung konstituiert. Gerade die Analyse moderner, konsequent methodenbewußter Ansätze wie der generativen Grammatik und ihrer transformationsgrammatischen Weiterbildung ist für den Vorgang gegenständlicher Sprachbetrachtung aufschlußreich. Damit ist diese Analyse auch aufschlußreich für die Philosophie, insofern in ihr, wie in der Philosophie der Gegenwart, das Sprachproblem thematisch geworden ist und einen zentralen Platz einnimmt. Sie vermag der Philosophie Hinweise zu geben, welchen Bedingungen diese vergegenständlichende (ontologisierende) Sicht auf Sprache notwendig, d. h. in der Konsequenz des eigenen Ansatzes folgt und welcher spezielle Sprachbegriff sich notwendig als deren Resultat ergibt. Es zeigt sich in der Nachkonstruktion dieser gegenständlichen Betrachtung in ihrer systematischen Form, in welche Konsequenzen dann auch eine Philosophie geraten muß, die sich der Sprache als einem „vorhandenen" Gegenstand zuwendet. Diese Konsequenzen ergeben sich als methodische Bedingtheit einer jeden wissenschaftlichen Analyse von Sprache, von der sich die der Sprache zuwendende Philosophie nur insofern distanzieren kann, als sie sie in ihrer zweckrationalen Notwendigkeit ins philosophische Bewußtsein aufnimmt. Zum Ausgangspunkt der Betrachtung soll der Begriff „sprachlidhes Universale" dienen. Er soll im folgenden sehr weit gefaßt werden. Zunächst ist der Begriff „Sprache" selbst ein sprachliches Universale, wenn er als „la langue" verstanden wird, als ein bestimmter, vorgegebener Rahmen, in dem alles Sprechen von Personen geregelt sein soll, von denen man sagt, sie sprächen „dieselbe" Sprache. Dieser Begriff bedeutet, wie schon angemerkt, insofern eine Idealisierung, als es unwahrscheinlich ist, daß überhaupt zwei Personen streng „dieselbe" Sprache sprechen, denn dann müßten sie ja über denselben Wortschatz, über dieselben Möglichkeiten der Satzbildung verfügen, mit den Wörtern dieselben Bedeutungen verknüpfen usw. Sie müßten dieselbe Lebensgeschichte haben, in deren Zusammenhang sie sich dieselbe Sprache angeeignet hätten. Auch wenn gesagt wird, die eine

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„Kompetenz" einer Sprache würde von den sie Sprechenden auf vielfältige Weise in individueller „Performanz" verwendet, ist im Begriff einer solchen „Kompetenz" der Begriff einer in Regeln umrissenen Sprache hypostasiert 6 . W e n n darüber hinaus — sowohl um die Bedingung der Exemplifizierbarkeit wie der Analysierbarkeit von Sprache willen — gesagt wird, „alles" Sprechen vollziehe sich in „allen" Sprachen in Sätzen, dann ist der Begriff „Satz", insofern er von dem Begriff „la langue" her als Begriff für Teile einer „langue" konzipiert

wird, ein weiteres sprachliches

Universale. Dabei ist dann nicht an eine bestimmte einzelgrammatische Form zu denken wie etwa an die Satzform der indogermanischen Sprachen. „Satz" kann vom universalen Ausgangspunkt der Betrachtung her nur verstanden werden als ein aus dem Kontext isolierbares, in sich sinnvolles Gebilde, an dem — pars pro toto — „die" Sprache, als deren Teil er vorgestellt wird, studiert werden soll. Dieser Satzbegriff deckt sich mit dem Begriff des linguistischen Satzbeispiels (Paradigmas), wie es sich in den Sprachtheorien findet.

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Diese Bemerkungen können natürlich nicht meinen, es sei „sinnlos", z.B. von „der" deutschen Sprache zu sprechen. Es kommt nur darauf an, die besonderen (und deshalb nicht transzendentalen) Bedingungen zu bedenken, unter denen es sinnvollerweise geschieht, um nicht Gefahr zu laufen, hier einen an sich seienden Gegenstand als einen Inbegriff festliegender Regeln anzunehmen. Das Merkwürdige sprachlicher „Regeln" besteht gerade darin, daß ihre gekonnte (und akzeptierte) Verletzung neue Möglichkeiten sprachlichen Ausdrucks schaffen kann. Diese „poetische" Dimension darf nicht von vornherein aus dem Sprachbegriff ausgeschlossen werden. Man denke an die „metaphorische" Verletzung von Semantikregeln, an etwa durch das Abbrechen eines Satzes verletzte Syntaxregeln, wobei das Abbrechen zum Ausdrucksmittel geworden ist. Der Maßstab des Normalen, von dem her die Verletzung als solche bestimmt werden soll, ist demgegenüber, zumindest von einem transzendentalen Aspekt her, willkürlich. Er resultiert zunächst daraus, daß die Linguistik, über den transzendental zu rechtfertigenden Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" hinaus, eines als „diese" Sprache bestimmten Gegenstandes bedarf, und von daher muß sie dem empirischen „native speaker" die Idee eines „idealen Sprecher-Hörers" entgegensetzen und gewisse Äußerungen als abweichend bestimmen können. Die Regeln der Linguistik sind deshalb konstitutiv ambivalent gegenüber den Begriffen von Gesetzeshypothesen und normativen Regeln. Entsprechend unscharf muß der Begriff vom sprachlichen „Gegenstand" sein.

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Der Satz in diesem (paradigmatischen) Sinn ist ebenfalls ein notwendiges sprachtheoretisches Konstrukt. Man kann diesen Begriff dadurch problematisieren und als Konstrukt ausweisen, daß man darauf verweist, daß ein einzelner Satz nur aus einem Kontext und aus einem sympragmatisdien Umfeld als dem Hintergrund seiner Bildung heraus in seinem konkreten Sinn voll verständlich ist. Selbst wenn man „Satz" nun einfach umgekehrt als die kleinste aus sich selbst heraus sinnvolle Einheit definiert, bleibt ein Satz eingebettet in eine prinzipiell uferlose, niemals ganz in die Reflexion hineinzuholende Umgebung. Bleibt dies bedacht, dann entsteht auch nicht das philosophische Mißverständnis, ein einzelnes (sprechendes) Subjekt sei das empirische Subjekt der Satzbildung. Gerade der „gute" Sprecher verhält sich in hohem Maße rezeptiv mit Rücksicht auf das sympragmatische Umfeld, mit Rücksicht auf eine vermutete, den Zuhörenden geläufige Ausdrucksweise usw., so daß die von der „eigenen" unterschiedene Art des Sprechens der Angesprochenen die Sätze mitbildet. Ein Subjekt als Vollzieher sprachlicher Normen ist eine sprachfremde Vorstellung. Das Heideggersche Diktum, der Mensch spreche nur, indem er der Sprache entspreche7, hat seine gewisse Berechtigung, wenn Sprache zuvor schon nicht als allgemeines Organon, sondern als etwas zugleich einer Situation Abgehörtes begriffen ist 8 .

7 8

M. Heidegger, Unterwegs zur Sprache, Pfullingen 1959, S. 33. Der Fortschritt von einer Satz- zu einer Textlinguistik bedeutet nur eine graduelle Veränderung dieser Problemlage. Er berührt die Frage einer philosophischen Reflexion sprachwissenschaftlicher Voraussetzungen insofern nicht prinzipiell, als natürlich audi hier ein isolierter, wenn audi erweiterter Zusammenhang um der Gewinnung eines finiten (paradigmatischen) Gegenstandes willen als in sich sinnvoll abzusondern ist.

IV Der paradigmatische Satzbegriff

Die Sprachwissenschaft konstruiert den Begriff der Sprache (langue) vom Satzbeispiel aus. Das Symbol „S" für „Satz" steht an der Spitze der Baumdiagramme der generativen Grammatik. Da auch in Logik und Erkenntnistheorie vom Satz ausgegangen wird, ist es philosophisch aufschlußreich, welcher spezielle Sprachbegriff sich mit der Voraussetzung des Begriffs des isolierten Satzes, verstanden als Beipiel für den Bau von Sprachen, verbindet und sich in ihnen niedergeschlagen hat. In der formalen Logik wird ein Satz „p" als Gebilde vorausgesetzt, von dem es sinnvoll sei zu sagen, es sei entweder wahr oder falsch, und in der Erkenntnistheorie wird nach einer möglichen Zuordnung eines Satzes „p" zu einer Tatsache „x" gefragt, wobei „x" dann als Tatsache gilt, wenn es in einer Sprache „S" einen Satz „p" gibt, dessen Wahrheitsbedingungen von „x" erfüllt werden1. Auch hier ist also „p" Beispiel für eine Sprache „S", die durch „p" repräsentiert ist. Daß es eine Sprache „S" „gibt", wird vorausgesetzt und gilt wiederum als Tatsache. Daß es „S" (als Tatsache) gebe, hängt aber davon ab, daß es Sätze wie „p", „q" usw. „in" Sprachen gebe, denn „S" kann nur durch die Beispiele „p", „q" usw. charakterisiert werden, genauer dadurch, daß „p", „q" usw. zugleich als Beispiel für ein „S", das nur in diesen Beispielen gegeben ist, angesehen werden. Die Nennung der Beispiele muß auf „S" verweisen. „S" ist nur in dieser Verweisung da 2 . 1

2

Vgl. G. Patzig, Satz und Tatsache, in: Argumentationen, Festschrift für J. König, hrg. v. H. Delius u. G. Patzig, Göttingen 1964, S. 191. Nach dem „Tractatus" Wittgensteins ist die Sprache „die Gesamtheit der Sätze" (4.001), und „das Satzzeichen ist eine Tatsache" (3.14). Es wird zum sinnvollen Satz durch seinen Gebrauch. „Wird ein Zeichen nicht gebraucht, so ist es bedeutungslos" (3.328). Erst im Gebrauch wird es Zeichen. Der Gebrauch besteht in der Kombination zu einer Form, die dieselbe sein soll wie die des dadurch „abgebildeten" Sachverhalts (Isomorphic). Sprache, als „Gesamtheit der Sätze", besteht also darin, daß die einzelnen Sätze dieselbe durchgehende

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Der paradigmatische Satzbegrifl

„Sprache" gehört, wenn sie als Gegenstand thematisch wird, zu den gnoseologisch problematischen „Gegenständen", die nur in „ihren" Teilen, niemals aber als Ganzes vorliegen, und darüberhinaus gehört sie nur insofern zu ihnen, als etwas Vorliegendes als Beispiel für sie angesehen wird wie außerdem noch bei „Welt", „Gesellschaft" usw. Der Satz scheint die empirische Basis zu sein, in der sich die Vorstellung einer „Sprache" exemplifizieren kann3. Es ist aber je eine andere

3

Form (der Abbildung) haben. Sie existiert, indem sie „in der Logik der Abbildung" „ruht" (4.015). Sie wird in ihrem Gebrauch erzeugt. Der Satz der späteren „Philosophischen Untersuchungen", die „Bedeutung eines Wortes" sei „sein Gebrauch in der Sprache" (Nr. 43), ist hier vorweggenommen. In der Spätschrift wird diese Idee insofern konsequent weitergeführt, als jetzt etwas dieses bestimmte „etwas" nur innerhalb eines Sprachspiels ist, in dem es als dieses bestimmte dargestellt ist. „Was es, scheinbar, geben muß, gehört zur Sprache. Es ist in unserem Spiel ein Paradigma; etwas, womit verglichen wird" (Nr. 50). Erst ein bestimmter Gebrauch von Zeichen soll ihnen verweisende Bedeutung verleihen (ihre Kombination zu „Aussagesätzen") und dadurch eine Vorstellung außersprachlicher Entitäten entstehen lassen. Auch ob ein Zeichen ein Wort oder ein Satz ist, soll sich erst im Gebrauch ergeben, d. h. dadurch, daß es als Wort oder als Satz gebraucht wird. Die Satzgrenze wird in diesem Werk zur Grenze eines Sprachspiels erweitert, aus dem heraus Sätze gebildet werden. Die Regel der Satzbildung wird zur „blind" befolgten Regel des umfassenderen Spiels, dessen Teil die Bildung einzelner Sätze wird. Die Frage nach der Wahrheit des einzelnen Satzes verliert sich in der Vorstellung eines sich selbst nicht gegenständlich werden könnenden Zusammenhangs einer bestimmten Gebrauchsform von Sprache und erscheint demnach in ihrer transzendentallogisdien Ausprägung als sinnlos. Daß aber die Gebrauchsform, Zeichen zu Sätzen zu kombinieren, die Basis des „Vergleichs" sein soll, bleibt weiter vorausgesetzt. Denn nur Überschaubares, in sich Abgeschlossenes und deshalb zu Vergegenständlichendes kann Seite in einem Vergleich sein. Von diesem Verhältnis von Ganzem und Teil, in dem nur „Teile" Gegenstände sein können und deshalb „pro to to" stehen müssen, ist etwa die phänomenologische Betrachtungsweise Husserls abzugrenzen, nach der Teil schon „im weitesten Sinne" das ist, „was ,in' einem Gegenstande unterscheidbar oder . . . in ihm .vorhanden' ist" (Logische Untersuchungen III § 2). Hier wird immer nur vom Ganzen als Gegenstand ausgegangen. (Vgl. hierzu P. Hartmann, Theorie der Grammatik, Den Haag 1963, S. 346ff.: „Husserls Situierung einer logisch-apriorischen Grammatik in einer Lehre von Ganzen und Teilen".) Analoges gilt allgemein für Husserls „Idee der reinen Grammatik", die vom Unterschied zwischen „selbständigen und unselbständigen Bedeutungen" ausgehend der traditionellen Analyse der Sprache als eines in Satzparadigmen vorliegenden Gegenstandes folgt. Abweichende Bestimmungen dieses Verhältnisses von Teil und Ganzem finden sich dagegen in der „Wissenschaft der

Der paradigmatiche Satzbegriff

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Einstellung, ob idi einen Satz als etwas ansehe, was „in" einer Sprache als deren Teil existiert, oder als etwas, was als aktual ausgesprochener Satz in seinem „Gebrauch" existiert. Im ersten Fall sehe idi auf den Satz, im zweiten folge ich seinem Sinn, den mir der Satz, als vorliegendes Gebilde (Satzzeichen) betrachtet, aber gerade nicht aufschließt. Im ersten Fall existiert der Satz als ein Gebilde von einer gewissen Struktur, die beliebig oft akustisch dargestellt und analysiert werden kann, im zweiten Fall existiert er in diesem flüchtigen, unwiederholbaren Gebrauch, der ihn an die Person bindet, die ihn spricht, an die, an die er gerichtet ist, an die Situation, aus der heraus er verständlich wird, usw., und „seine" pure Wiederholung würde normalerweise schon seinen Sinn, der ja audi von den Zuhörern mitkonstituiert wird, um eine Nuance modifizieren. Es würde ein anderer Satz. Nur in einer Ansehung, als hätte er als paradigmatisdi vorliegendes Gebilde (Satzzeichen) zugleich auch schon verstehbare Bedeutung, hat er für sich eine „Bedeutung", die gelöst von der Situation und von dieser besonderen akustischen Erscheinung über den Gebrauch hinaus angebbar wäre. Im zweiten Fall wird der Satz verstanden, genauer: es wird nicht der „Satz" verstanden, sondern die Situation, deren Teil er ist und die durch sein Hinzukommen erst eine sinnvolle, intersubjektiv verstehbare werden soll. Diese beiden Betrachtungsweisen eines Satzes, einmal als Teil einer Sprache und einmal als Teil einer Situation, lassen sich weder gegeneinander ausspielen noch darf die eine für die andere genommen werden, wie es in der Ansehimg eines vorliegenden Gebildes als sinnvollen Satzes geschieht. Man kann sinnvoll sagen, man verstehe eine Sprache, wenn man einen Satz als einen „ihrer" Sätze versteht, aber auch, man verstehe mit dem Satz eine Situation. Nur folgt das eine nicht aus dem anderen. Man kann eine Situation und den zu ihr gehöLogik" Hegels, nach der sich Ganzes und Teil so ineinander reflektieren, daß der Teil, als das unmittelbar Existierende oder als erscheinende Gegenständlichkeit, auf das Ganze, als auf das „an sich" Existierende der Reflexion, verweist, von dem her erst der Teil seine Existenz haben soll. Diese Bestimmungen dürften dem Phänomen der Sprache näher stehen (Hegel, Wissenschaft der Logik, ed. G. Lasson, Leipzig 1948, Bd. II, S. 139).

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renden Satz verstehen, ohne „kompetent" die Sprache zu verstehen, in der der Satz gesprochen ist, wenn die Situation auch ohne ihn schon relativ eindeutig ist. Man kann aber auch den Satz (und mit ihm die Sprache) verstehen, ohne die Situation durch ihn verstanden zu haben, so daß man ihn z. B. übersetzen könnte, nicht aber die Situation erklären. In der Regel fördert allerdings das Verständnis der Sprache das der Situation und umgekehrt. Zum vollen Verständnis dürften beide Komponenten gehören, und man wird den Prozeß des Verstehens nur durch beide adäquat beschreiben können. Das zeigt aber gerade, daß die Isolierung einer von ihnen abstrakt ist und zu einem unwahren Begriff von Sprache führt. Die Abstraktion, die in der Vorstellung von Sprache als gegenständlichem Gebilde liegt, führt zur Bildung eines Substantivs „Sprache", verstanden als Bezeichnung eines gegenständlichen Gebildes. (Dieses Substantiv kann an und für sich, je nach der Situation, in der es gebraucht wird, ganz andere Funktionen im Sprachgebrauch übernehmen, z. B. kann von der „deutlichen Sprache" die Rede sein, die jemand gesprochen habe, oder von der „englischen Sprache", insofern damit der Inbegriff gewisser phonologischer und syntaktischer Eigentümlichkeiten gemeint ist, ohne damit auch schon eine gewisse Semantik mitzumeinen, wie sie ja vom linguistischen Transzendentalismus vorausgesetzt werden muß.) Der Ausdruck „Sprachgebrauch" kommt selbst schon von der Vorstellung eines solchen Gegenstandes „Sprache" her, der, als Besitz, dann gebraucht und im Gebrauch vielleicht abgewandelt werde. Von diesem Inbegriff einer Abstraktionsrichtung her wird dann umgekehrt der Ausgang der Abstraktion, der gesprochene Satz, als bloßes Beispiel verstanden. Er wird Paradigma. Seine Bildung (Generation) muß in dieser Sicht ihren Ursprung in der „Sprache" haben, „in" der er existieren soll. Da sie selbst nur ein Gedankending ist — denn allein der Satz existiert sinnlich — wird in diesem Verständnis der aus „der Sprache" abgeleitete Satz ebenfalls zu einem bloßen Gedankending, zu einem strukturalen Gebilde aus den in dieser Sprache möglichen Strukturen, also ein reines Möglichkeitsgebilde. Seine konkrete Lautgestalt wird ihm selbst gegenüber akzidentell, so wie auch schon eine besondere Sprache vom zugleich be-

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schreibenden wie generativen Ausgangspunkt von Sprache überhaupt her als akzidentell angesehen werden muß, ein Dilemma, daß die Voraussetzung eines besonderen „Transformationsteils" einer generativen Grammatik als der Transmission zur Struktur der phonetischen Erscheinung bedingt. Es ist davon zu abstrahieren, daß Gesprochenes sich in seinem Sinn nicht allein solchen allgemeinen Regeln verdankt, audi nicht, wenn die Regeln als Regeln zur „Erzeugung" einer infiniten Mannigfaltigkeit von Sätzen angesehen werden 4 , sondern dem Anlaß in der Situation, die schon die Wahl der Sprache wie der Sprachform bedingt, und daß darüberhinaus audi die besondere Regel durchaus verletzbar ist, wenn die Situation es verlangt oder erlaubt. Es ist ferner davon abgesehen, daß sein konkreter Sinn an dieser Situation hängt und mit ihr vergeht. Der nächste Schritt von diesem Abstraktionspunkt aus besteht darin, dem Satz als Beispiel, analog zum Satz in der Situation, Bedeutung zuzusprechen. Er soll als dieser Satz Beispiel für (bedeutende) Sprache sein. Zu einem sprachlichen Satz gehört, daß er Bedeutung hat; denn in der Situation hat er Bedeutung und wird verstanden. Wenn er sein Bedeutendsein auch unter dem Aspekt des Beispiels behalten soll, muß gefragt werden können, worin denn „seine" Bedeutung bestehe. Eine solche Frage wäre in der Sprechsituation gerade ein Indiz dafür, daß er nicht verstanden wurde, also für den Fragenden, so wie er gebildet wurde, keine Bedeutung hatte. In der Betrachtung als Beispiel muß seine ihm abstrakt zugelegte Bedeutung auf „Außersprachliches" verweisen, weil Sprache als fürsichseiendes, innen-geregeltes und in sich geschlossenes gegenständliches Gebilde betrachtet ist. Der Begriff des Verweisens auf Außersprachliches kraft seiner Bedeutung entsteht erst in der Konsequenz dieser gegenständlichen Sprachbetrachtung. Dieses Außersprachliche kann aber nun nicht mehr die 4

Gerade wenn solche Regeln der Generation von Sätzen als „rekursive" Funktionen bestimmt sind, kann „das internalisierte System von Regeln" nur einer von vielen Faktoren sein, „die determinieren, wie eine Äußerung in einer bestimmten Situation gebraucht und verstanden wird" (N.Chomsky, Language and Mind, 1968, deutsch: Sprache und Geist, Frankfurt a. M. 1970, S. 49). Z. B. bleibt das „Wie oft" der rekursiven Regelanwendung, das einen Satz charakterisieren soll, von der Regel selbst her unbestimmt.

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Der paradigmatische Satzbegriff

Situation sein, aus der der Satz isoliert wurde, denn es soll ihm ja gerade etwas für sich Feststehendes, Substantielles, ihm als einem isolierten Gebilde Entsprechendes zugeordnet sein. Die Situation ist längst vergangen. Sie ist auch nicht zu rekonstruieren. So entsteht der Gedanke eines substantiellen Außersprachlichen, das zugleich, als etwas ebenfalls Unsinnliches, dem strukturalen Gebilde „Satz" (bzw. seinen analytischen Teilen) zugeordnet sein soll, als einem Gebilde, das nidit hic et nunc entsteht, sondern prinzipiell von jedem gebildet werden kann, der die Fähigkeit hat, „die" Sprache zu sprechen, deren Teil der fragliche Satz sein soll. Die Bedeutung wird im Zusammenhang mit dem „Vermögen" eines solchen idealen Sprechers paradigmatischer Sätze ebenfalls zu einem reinen Möglichkeitsgebilde, weil sie Bedeutung eines solchen isolierten, von der Situation wirklichen Sprediens abgehobenen, aber von syntaktischen und semantischen Regeln der Sprache her prinzipiell möglichen Satzes sein soll. Dabei herrscht die Vorstellung, daß die faktische Bildung gerade dieses Satzes als Aktualisierung soldier allgemeinen Potenzen sich nach der intendierten Bedeutung richten solle. Man postuliert dann, es sei möglich, diese Bedeutung in dieser Sprache auszudrücken (in einer anderen vielleicht nicht), jedoch worin denn die Bedeutung bestehen soll, läßt sich prinzipiell nur in einer Sprache sagen, in der man „sie" auch ausdrücken kann. Sie ist von ihrem sie anzeigenden Ausdruck nur intentional zu unterscheiden, ihre Nennung zumindest ist nur möglich, wenn auch, von den besonderen Möglichkeiten einer Sprache her, ihr zugeordnet vorgestellte Sätze möglich sind. Also auch Thesen, die davon ausgehen, in bestimmten „Sprachen" seien bestimmte Bedeutungen ausdrückbar, andere dagegen nicht, und die in diesem Sinne von einer Sprachbedingtheit des Denkens und Handelns sprechen, hängen konstitutiv von dem hier skizzierten Sprachbegriff ab 5 . Es ist in einer kritischen Philosophie nicht möglich, ohne weiteres von der Funktion „der" Sprache zu sprechen, vom Einfluß „der" Sprache auf die Weise der Weltbegegnung usw., ohne sich 5

Vgl. etwa die These Weisgerbers von einem durch eine spradilidie „Zwischenwelt" bedingten sprachlichen „Zugriff" zur Welt.

Der paradigmatische Satzbegriff

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Gedanken über den zugrunde gelegten Sprachbegriff zu machen. Hier ist stillschweigend vorausgesetzt, daß es lediglich von „den Sprachen" als von Spezifizierungen eines allgemeinen Gegenstands „Sprache überhaupt" abhänge, ob etwas sagbar sei oder nicht, nicht aber von der Situation oder der Lage der Sprechenden, zu der allerdings ihr jeweiliges, aber eben individuelles Sprachvermögen gehört. Die Vorstellung einer sprachlichen „Zwischenwelt" zwischen Menschen und „der" Welt verkürzt die Sprache um ihre sozial und individuell bedingten Komponenten und hat in der Konsequenz dieses abstrakten Sprachbegriffs notwendigerweise einen dementsprechend verkürzten Begriff menschlicher Möglichkeiten und einen falschen Begriff von etwa vermeidbaren Beschränkungen dieser Möglichkeiten zur Folge.

V

Der Begriff der Bedeutung als transzendentalphilosophischer Schlüsselbegriff

Bedeutung ist von diesem Sprachbegriff aus konstituiert als Verweisung auf etwas Außersprachliches, auf das hin sprachliche Gebilde gebildet werden 1 , so daß ζ. B. verschiedene sprachliche Gebilde „dieselbe" Bedeutung (Synonymie) oder eines verschiedene Bedeutungen (Homonymie) haben können sollen. Mit diesem Bedeutungsbegriff hängt das zentrale Postulat der prinzipiellen Übersetzbarkeit zusammen. Zwei sprachliche Ausdrücke, gedeu1

Der Begriff der Bedeutung wird im folgenden nicht auf die Wortbedeutung, etwa im Gegensatz zum Satz-„Sinn", beschränkt. Das ist im Rahmen dieser Überlegungen schon deshalb nicht möglich, weil ζ. B. bei Kant Bedeutung als Beziehung (eines Urteils, bzw. eines urteilsbildenden Verstandesbegriffs) auf ein Objekt (vgl. Β 300) verstanden ist und auch diese Bedeutung von Bedeutung hier mitdiskutiert werden maß. So hat η adi Kant der (urteilsbildende) reine Verstandesbegriff „transzendentale Bedeutung", weil sich von ihm her der Begriff von einem „Gegenstande überhaupt" konstituiert. Er ist aber nur von „empirischem Gebrauch", d.h. er kann nur zusammen mit empirischen Begriffen sich auf wirkliche Objekte („Dasein") als deren Bestimmung beziehen (vgl. Β 305). Ist Semantik als Theorie der Bedeutungen verstanden, so könnte in diesem weiten Sinn die Aussagenlogik als Semantik der logischen Junktoren, die Logik der Formen zu (einzelnen) Urteilen im Sinne der Kantischen Kategorien als „transzendentale Semantik" verstanden werden. Kant spricht sinngemäß von einem „vollständigen Wörterbuch" (B 109) der reinen Verstandesbegriffe und der aus ihnen abgeleiteten Begriffe. Im linguistischen Sinn handelt es sich bei den Namen dieser beiden Arten von Begriffen jedoch um Namen für syntaktische, zu der Verknüpfung und Bildung von Sätzen gehörende Kategorien, und deshalb soll der Terminus „Semantik" im folgenden für die Theorie der in solche Kategorien einzusetzenden Namen der von Kant so genannten „empirischen" Begriffe, also der Namen im engeren Sinne verwendet werden. Wenn hier der Terminus „Semantik" so auf einen engeren Bereich als der Terminus „Bedeutung" bezogen wird, hängt das mit dem Umstand zusammen, daß es ζ. B. nach Kant eigentlich syntaktische Kategorien sind, die bewirken, daß sich die Wortbedeutungen als Namen für empirische Begriffe überhaupt auf ein Objekt beziehen, also von Bedeutung sein können. Diese terminologischen Besonderheiten ergeben sich aus der Gegenüberstellung transzendentalphilosophischer und linguistischer Gesichtspunkte.

Der Begrifi der Bedeutung als transzendental-philosophischer Schlüsselbegriff

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tet als Aussagesätze oder Sätze über „etwas", haben demnach dann dieselbe Bedeutung, wenn der eine dann wahr ist, wenn der andere wahr ist und umgekehrt. Sprachen sind in diesem Sprachbegriff prinzipiell aufeinander abbildbare und über das tertium comparationis der Bedeutung aneinander meßbare Gebilde. Es macht dabei keinen Unterschied, ob man sagt, die Bedeutung sei der mögliche Bezug eines sprachlichen Gebildes auf einen Gegenstand oder sie ergebe sich aus dem Gebrauch dieses Gebildes in bestimmten, sich wiederholenden Situationen. Auch im letzteren Fall ist vorausgesetzt, die Situation lasse sich von dem Sprachlichen abtrennen und ihm als bedeutungspräzisierender Faktor gegenüberstellen. Daß dieses oder jenes gesagt und daß „es" so oder so formuliert wird, gehört aber mit zur Situation, und nur in einer vergröbernden Betrachtungsweise ist es „dieselbe" Situation, die nun ihrerseits als etwas vom sprachlichen Verhalten Abgetrenntes vorgestellt, angeblich „an sich" synonymen sprachlichen Gebilden ihre Bedeutung verleiht2. Es soll hier schon in Kürze angedeutet werden, warum auf solchen differenzierenden Unterschieden sprachlichen Ausdrucks insistiert wird. Natürlich kann eine Bedeutung „genügend" exakt erfaßt sein, wenn gesagt wird, „p" und „q" (etwa als Ausgangssatz und Zielsatz einer Transformation im Sinne der Transformationsgrammatik) hätten dieselbe Bedeutimg, sie bezögen sich auf denselben Gegenstand oder sie würden in „derselben" Situation verwendet. Es kommt aber sehr darauf an, was hier „genügend" heißt. Wenn gesagt wird, „p" und „q" hätten dieselbe Bedeutung, kann das streng genommen, da ein transzendentaler Bezugspunkt des Bedeutungsvergleichs nicht gegeben ist, nur heißen, vom jeweiligen Gesichtspunkt des Vergleichs aus sei da kein Bedeutungsunterschied und vor ihm sei mit dieser Identifizierung die Bedeutung beider genügend exakt oder audi so exakt wie möglich bestimmt, wobei die Bedingung der Möglichkeit eben nur eine relative, aber keine transzendentale Bedingung der Möglichkeit sein 2

Es gehört zur bestimmten historischen Situation, daß in ihr dieses oder jenes so gesagt werden konnte und gesagt wurde, daß es diese oder jene Wirkung hatte. Dadurch wurde die Situation erst diese bestimmte, sidi unwiederholbar verändernde oder bestimmende.

30 Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophischer Scfalüsselbegrifí

kann. — Der Kantische transzendentalphilosophisdie Ansatz kann durchaus als Versuch gesehen werden, die Grenzen zu bestimmen, innerhalb derer „Bedeutung" als Möglichkeit des Bezuges auf einen Gegenstand von einem universalen Gesichtspunkt aus zu bestimmen wäre. Das Ergebnis lautete dann im Sinne Kants, dies sei nur bei „reinen" Verstandesbegriffen, nicht aber bei empirischen Begriffen möglich3. Philosophie beschäftigt sich in der Tat immer mit denselben Fragen, ohne weiterzukommen, wenn sie sich nicht entschließt, die Hypostasierung eines Bedeutungsbegriffs in Frage zu stellen, der in Wirklichkeit auf der Voraussetzung einer nur relativ „genügenden" Exaktheit beruht; denn das impliziert gerade ein sich Drehen im Kreise, ein Übergewicht des als bestimmt Geltenden und sich in dieser Bestimmung Konstituierenden gegenüber den Versuchen weiterführender, differenzierterer Bestimmung, die in die Anerkennung sich darin darstellender besonderer Subjektivität einmünden könnte. Schon deshalb kann Philosophie nicht in ihrer universalen Fragestellung „exakte Wissenschaft" sein, weil Bedeutungsexaktheit wesentlich an ein geltendes Maß „genügender" oder „befriedigender" Exaktheit gebunden ist und es absolute, sozusagen transzendental zu rechtfertigende Exaktheit hier nicht geben kann. „Vollkommen" exakt kann eine Bestimmung nur innerhalb eines geltenden Rahmens, innerhalb geltender Ansprüche an Bestimmtheit sein, und vollkommene Exaktheit ist dann erreicht, wenn diese Ansprüche einer bestehenden Intersubjektivität vollkommen befriedigt sind. Philosophie hat dagegen die Aufgabe, solche intersubjektiven Geltungen kritisch zu befragen und ihren Absolutheitsanspruch in seiner Vorurteilsstruktur aufzuweisen. Die begriffliche Bindung von Bedeutung nicht an wirkliche Situation, sondern an Situationsschemata nimmt gerade der Sprache ihre eigene, möglicherweise situationsverändernde Bedeutung. Sie nimmt der Reflexion die Möglichkeit zu begreifen, daß z. B. die Wahl eines angeblichen „Synonyms" gerade aus der Intention heraus geschehen könnte, die Situation, in der es gebraucht wird, dadurch zu verändern oder 3 Vgl. Kapitel XI.

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aufzubrechen, statt nur „dasselbe mit anderen Worten" zu sagen und damit dann letztlich im Üblidhen zu verweilen. Die Bindung der Bedeutung an Situationsschemata vergegenständlicht „Situation" in einer Vorstellung, in der der Situationscharakter der Situation, d. h. ihre Unwiederholbarkeit gerade negiert ist. Ein Gegenstand „Situation x" ist in dieser Auflassung an die Stelle des problematischen Begriffs eines Gegenstandes „x" getreten. Die Vorstellung der Wiederholbarkeit einer Situation im Situationsschema setzt ihre sprachliche Beschreibung, die sie verallgemeinert, voraus. Damit ist vorausgesetzt, daß die Termini dieser Beschreibung ihre Bedeutung von Beschreibung zu Beschreibung durchhalten, letztlich also wieder, daß die Situation der Beschreibung von sich wiederholenden Situationen sich nicht nur wiederholt, sondern noch immer dieselbe ist. Die Vorstellung eines „Schemas" setzt voraus, daß eine umgreifende Situation noch andauere. Der traditionelle Begriff sich durchhaltender Bedeutungen (oder auch von Bedeutungen an sich) wurzelt letztlich in dieser Voraussetzung eines Zeitflusses ohne Veränderung im Subjektiven, d. h. von institutionalisierten Formen von Intersubjektivität. Daß solche Interpretationen von „Bedeutung" einleuchten, zeigt lediglich, wie sehr sie sich im allgemeinen Bewußtsein festgesetzt haben und wie sehr sich in ihnen mit dieser Festsetzung der Begriff von Sprache pervertiert hat, eine Tatsache, die nicht ohne Einfluß bleiben kann auf die bestehenden Fähigkeiten der Ausschöpfung der mit der Sprachbegabung gegebenen Freiheitsräume. Dieser Umstand wird dadurch belegt, daß ζ. B. ästhetische Reflexionen unter diesem vorherrschenden („traditionellen") Sprachbegriff innerhalb der Philosophie zumeist randlich geblieben sind. Wenn in der generativen Grammatik der poetische (schöpferische) Sprachgebrauch besondere Schwierigkeiten bereitet, wird der anderen Bereichen gegenüber ebenso abstrakte Charakter dieser systematischen Form gegenständlicher Sprachbetrachtung nur besonders deutlich. Gleichwohl ist es auch philosophisch aufschlußreich, die Methode der Sprachwissenschaft nachzuzeichnen, um aufzeigen zu können, wie sehr scheinbar selbstverständliche Grundbegriffe der tradierten Philosophiesprache von dem gemeinsamen Prinzip vergegenständlichender

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Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophischer Schlüsselbegriff

Sprachbetrachtung her mit dieser besonderen Methode einer Einzelwissenschaft zusammenhängen. Der Aufweis solcher Parallelitäten zu einzelwissenschaftlich notwendigen Postulaten bedeutet zugleich die Kritik des universalen Anspruchs. Selbst dann, wenn in der „systematischen" Philosophie von Sprache explizit nicht die Rede ist, ist die Philosophiesprache in ihren Haupttermini weithin in diesem Sinne aufgebaut. Der Wittgenstein des „Tractatus" postuliert zufolge dieses audi von ihm geteilten Ansatzes richtig, daß die „Welt" in isolierte, jeweils einem wahren Satz zugedachte „Tatsachen" „zerfallen" müsse, wenn gegenüber einem einzelnen Satz „p" entscheidbar sein solle, ob er wahr oder falsch sei4. Ein Satz „p" ist hier dadurch ein (Aussage-) Satz einer Sprache „S", daß er in deren System die Funktion hat, sich über die Bedeutung seiner Teile und deren syntaktische Konstellation auf einen Gegenstand „G" (einen „Sachverhalt" im Sinne Wittgensteins) beziehen zu können, so daß die Gesamtheit der isolierten wahren Sachverhalte die dieser Sprache entsprechende Welt ist. Dieser Sprachbegriff, demzufolge isolierte Sätze selbständige Paradigmen zur Struktur von Sprachen (langues) sind, hat erst gnoseologisch den Begriff solcher „außersprachlichen", substantiellen Gegenstände im Gefolge, auf die die Sätze, in dem Moment ihrer Selbständigkeit gegenüber ihrem kontextlichen Gebrauch, hinweisen sollen. Damit hängt der mehrfach zitierte „Skandal" der Philosophie hinsichtlich der Frage nach der Realität der Außenwelt zusammen. Er ergibt sich notwendig in der Folge dieser unsere Philosophiesprache historisch bestimmenden Sprachauffassung. Es wäre übereilt, diesen Sprachbegriff schlicht als falsch auszugeben. Er ist abstrakt im Sinne der Verabsolutierung eines einseitigen Moments. Solche Abstraktionen geschehen und haben ihre eigene Wirklichkeit. Dieser abstrakte Sprachbegriff ist seinerseits historisch bedingt, nämlich durch systematische „Absonderung" empirischer Begriffszusammenhänge, wie sie sich einzelsprachlich in bestimmten philosophiehistorischen Situationen eingespielt haben, in denen dann die entsprechenden Wörter wie ζ. B. „Satz", „Gegenstand", „wahr" usw. 4

Wittgenstein, Tractatus, Satz 1.2.

Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophisdier Schlüsselbegriff

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diese interdependenten Bedeutungsregelungen erfuhren und durch ihre Absonderung aus fließenden lebensweltlichen Zusammenhängen als universale „Grundbegriffe" gedanklicher Orientierung fixiert wurden. Der Begriff der Wahrheit ist innerhalb»solcher interdependenten Regelungen, in denen er als absolut bestimmt werden soll, gerade auf diese bestimmte Weise relativiert. Er ist hier Moment einer bestimmten, an ihre Voraussetzungen gebundenen gegenständlichen Sprachauffassung, die nur von den methodischen Postulaten einer Einzelwissenschaft her um der Bestimmtheit ihres Gegenstandes willen zu rechtfertigen ist. Von einem solchen abstrakten (abgesonderten) Sprachbegriff her ist es aber möglich und in einer um einen abgegrenzten Gegenstand „Sprache" bemühten Sprachwissenschaft sogar erforderlidi, Sprachen generell so anzusehen, als entsprächen sie diesem Begriff und als entsprächen den „formalen Universalien" dieser Sprachbetrachtung „substantielle Universalien" in der Struktur von Sprache überhaupt, ja als sei Sprache von solchen Universalien her als auf seine Elemente hin analysierbares ontisches Ganzes gegeben. Dieses Ansehen ist unter bestimmten vorausgesetzten Zwecken zweckmäßig, also rational, da es die systemstabilisierende Komponente der Sprache einseitig hervorkehrt. Dieser Sprachbegriff schafft die ideelle Voraussetzung dafür, Sprachen vom Zweck her zu konstruieren, damit sich eine eindeutige Zuordnung von „Sätzen", in die die „Sprache", und „Tatsachen", in die die „Welt" analytisch zerfallen soll, herstellen läßt. Das allgemeine Schema einer solchen Konstruktion ist das Schema ,„p' ist bedeutungsgleidh mit ,q'" (d. h. zwei Zeichen haben dieselbe Bedeutung, oder die Bedeutung ist auch ohne Bindimg an nur ein Zeichen angebbar und das heißt dann auch einem isolierten Zeichen zusprechbar), wobei „q" zur „gleichen" Sprache wie „p" gehören kann oder zu einer anderen. Das vorherrschende Sprachverständnis dieser Art ist also nicht nur historisch, sondern auch anthropologisch bestimmt. Menschen vermögen Zwecke zu setzen, weil sie sprachliche Wesen sind und deshalb über Allgemeinbegriffe „verfügen", solange und soweit ihre soziale Lebenswelt Identität von Bedeutungen gewährleistet. Sie vermögen diese Fähigkeit dann auch auf die Sprache, die sie ihnen gewährt, zurückzu-

34 Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophischer Sdilüsselbegriff

wenden und, auf der Basis noch als „selbstverständlich" intersubjektiv geltender Zeichen, andere Zeichen konventionell in einem geregelten Verständnis festzusetzen (κατά συνθήκην). Diese aristotelische Ansicht von sprachlichen Zeichen hielt .sich ebenfalls in ihrer von den Bedingungen ihrer Möglichkeit gelösten (verabsolutierten) Form durch bis hinein in den neuzeitlichen Gedanken des von sich aus urteilenden, über Sprache frei verfügenden Subjekts und der damit einhergehenden „idealistischen" Freiheitsidee. Allein an dem abstrakten Schema ,,,ρ' bedeutet ,q'" zeigt sich die Problematik eines Sprachbegriffs, der den Terminus „Sprache" in rein gegenständlicher Bedeutung nimmt. Wenn gesagt wird, „p" und „q" hätten dieselbe Bedeutung, dann ist nicht nur dieser Satz metasprachlich gegenüber „p" und gegenüber „q", sondern „p" ist, wenn er die Bedeutung von „q" charakterisieren soll, metasprachlich gegenüber „q" und umgekehrt, je nachdem, welcher Satz durch welchen erklärt werden soll. Wenn man von einer solchen strengen Trennung zwischen Objekt- und Metasprache ausgeht, handelt es sich also nur zum Schein um dieselbe Sprache (denselben Modus der Abbildung), denn ein Satz, der besagt, zwei Sätze hätten dieselbe Bedeutung, kann doch nur den Sinn haben, einen nicht gleich verstandenen Setz durch einen anderen (d. h. durch einen anderen Modus der Abbildung) zu erklären und einen eventuell vermuteten Unterschied der Bedeutung zu verneinen. Für denjenigen, der „p" versteht, nicht aber „q", wird durdi ,,,ρ' bedeutet ,q'" Sprache durch Sprache scheinbar erweitert. Er soll so auch „q" verstehen lernen. Das gelingt aber nur, wenn er den „metasprachlichen" Satz „,p' bedeutet ,q'", also in diesem Kontext auch „q", schon versteht. Dann hatte er „q" nur in dem ersten Kontext nicht verstanden, weil er in das eingeschränkte Sprachspiel des Sprechers, das keine Bedeutungsnuance zwischen „p" und „q" intendiert, nicht eingespielt war. Wenn ζ. B. jemand nicht versteht, was der Ausdruck „b + a" bedeuten soll, wird möglicherweise gesagt, er bedeute in dem fraglichen Zusammenhang nichts anderes als „a + b", oder wenn jemand stutzt, weil ihm gesagt wird, der Gärtner litte unter dem Wetter, wird man ihm sagen, gemeint sei dasselbe, als wäre gesagt, er werde durch das Wetter geschädigt. Oder: ist der Satz

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„,weather' bedeutet auf englisch ,Wetter"' ein deutscher Satz, obwohl er doch ein englisches Wort enthält? Die Beispiele sollen zeigen, daß die Trennung zwischen Objekt- und Metasprachen nicht geeignet ist, „Kunstsprachen" von der „natürlichen" als ihrer letzten „Metasprache" abzuheben, sondern sich selbst nur „künstlich", d. h. in der „natürlichen" Sprache konstruieren läßt. Sie ist „künstlich", wenn diese Termini „Sprachen" wie Gegenstände voneinander unterscheiden sollen. Dagegen geschieht sie laufend in der „natürlichen" Spradhe selbst und ist von daher als „künstlich" festgehaltene Unterscheidung möglich. Der Gegensatz zwischen Kunst und Natur wird in Bezug auf Sprache fragwürdig. Das Einspielen besonderer „Sprachen" ist sprachlich natürlich möglich, aber es entstehen so keine neuen „Sprachen" als isolierte Gebilde, die aus sich heraus leben könnten.Es geschieht lediglich die sprachliche Konstruktion eines Gegenstandes „Sprache". Diese Konstruktion ist Bedingung dafür, daß Sprachen überhaupt als in sich identische, abgrenzbare und gegenständlich zu betrachtende Gebilde angesehen werden können und als in den Regeln ihrer Absonderung geregelte reflexiv zu betrachten sind. Ein Gegenstand „Sprache" ist selbst schon etwas sprachlidi Konstruiertes, aber niemals ist das mit „Sprache" in gegenständlicher Bedeutung Gemeinte der genetische Oberbegriff aller sprachlichen Erscheinungen. Sätze können deshalb zwar als Beispiel für einen Gegenstand „Sprache" angesehen werden, aber sie liegen diesem sie bestimmenden Ansehen, durch das sich erst der Gegenstand „Sprache" konstituiert, wesentlich immer voraus. Sie fallen nur in dem Ansehen, nicht aber an und für sich unter diesen Begriff. Das mögliche Bedeutungsunterschiede einschränkende (Definitions-) Schema „p bedeutet q" oder, auf „Aussagesätze" bezogen, „p ist wahr, wenn q wahr ist, und umgekehrt" ist, als Schema der Konstruktion künstlicher Sprachen, selbst ein sprachlicher Satz. Wenn er verstanden werden soll, muß vorausgesetzt sein, daß „p" und „q" Sätze oder zumindest doch sprachliche Gebilde, also bedeutend sind. Aber sie sollen nicht verschiedene Bedeutung haben. Es wird in diesem Satz ein an sich „in dieser Sprache" möglicher diakritischer Unterschied, der ja gemacht wird, verneint. Diese Verneinung soll die „Aussage" des meta-

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Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophischer Schlüsselbegrifi

sprachlichen Satzes über die 0¿>/V¿ísprache sein. Der Sprachgebraudi, auf den sich diese Reduktion nicht bezieht, ersdieint als „Metasprache" gegenüber dem durch die Reduktion Bestimmten. Determination ist auch hier Negation. Wenn nun aber die Frage, welche möglichen diakritischen Merkmale einer Sprache tatsächlich ausgeschöpft werden, der Sprachpragmatik angehören soll, wie es vom strukturellen Gesichtspunkt her zu fordern ist, dann bedeutet eine Definition wie „p bedeutet q" ein die Sprachpragmatik regelndes Moment, das zugleich aber eine semantische Regel aufstellt und demnach eine Kompetenz bewirkt. Es zeigt sich damit deutlich der reduktive Charakter des axiomatischen Aufbaus von identifizierbaren Sprachen, der nötig ist, damit sie Gegenstände der gegenständlichen Sprachbetrachtung werden können. (Bildlich gesprochen: Sie müssen in die sie beschreibende Sprache hineingenommen werden können.) Das Ansehen sprachlicher Gebilde als wiederholbarer Paradigmen geschieht schon unter einer solchen reduktiven, etwa das Ausdrucksmittel der Wiederholung als bedeutungslos (redundant) bestimmenden Perspektive, unter der sie erst Sätze einer Sprache „S" sind5. Es kann zusammengefaßt werden: 1. Sprache als Gegenstand einer Wissenschaft fällt notwendigerweise unter einen reduktiven Sprach5

Das Axiom „a = a" kann als Spezialfall von „p bedeutet q" angesehen werden, demzufolge, wie es in axiomatisierten Sprachen gefordert ist, der Stellenunterschied des Zeichens „a° (redits oder links vom Gleichheitszeichen) in einem Kontext oder seine Wiederholung generell ohne zusätzliche Bedeutung sein sollen, d. h. es soll für sich, als dieses isolierte Zeichen, seine Bedeutung charakterisieren. — Ein Spezialfall wäre eine „Redundanzregel" wie „p ist in q enthalten", derzufolge „p" immer auch „q" mitmeint („Mensch" z. B. „sterbliches Wesen"), aber nicht umgekehrt; d. h. die konkrete Bedeutung von „p" ist nicht mit einer vergegenständlichten „Lesart" von „q" zugleich vergegenständlicht. Eine „Finitisierung" von „q" bedeutet nicht auch die von „p". Solche Regeln beziehen sich auf gewisse partielle Übereinstimmungen des Gebrauchs hinsiditlich des Allgemeineren, so wie auch die auf ihnen aufbauende Syllogistik ihre „Beweise" von den allgemeineren Prämissen her führt, in Bezug auf die tibereinstimmung vorausgesetzt werden muß. Sie reduziert den Sprachgebrauch quasi auf einen (bereits oder nodi) geregelten Teil. Während „a = a" sagen soll, daß ein (Satz-)Zeichen seine Bedeutung „selbst" charakterisiert, beinhaltet „p ist in q enthalten" noch eine partielle Interpretationshilfe für den Gebrauch von „p" durch ein anderes, dann, um einen regressus ad infinitum zu vermeiden, letztlich durch sich selbst („q = q") charakterisiertes Zeichen.

Der Begriff der Bedeutung als transzendental-philosophischer Schlüsselbegriff

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begriff, der sich nur in Absprachen über künstliche, Sprache schon voraussetzende „Sprachen" erfüllt. Solche Absprachen vollziehen sich aber immer schon als „Gebrauch" einer sie ermöglichenden, aber mit der vergegenständlichten wesentlich nicht identischen und auch nicht auf sie abbildbaren Sprache. 2. Wissenschaftssprachen mit dem Postulat exakter Bedeutungsrelationen fallen unter diesen reduktiven Sprachbegriff. 3. Philosophische gnoseologische Reflexionen, die nach der Denkmöglichkeit einer Entsprechung der Bedeutung von isolierbaren sprachlichen Gebilden und objektiven Gegenständen fragen, partizipieren implizit auch dann an diesem reduktiv gewonnenen Begriff von Sprache, wenn sie das Sprachproblem nicht explizit reflektieren. Es ist dabei gleichgültig, ob sich die Aussage nach dem Gegenstand, oder, wie bei Kant, der Gegenstand nach der (Form der) Aussage richten soll. Allerdings ist bei Kant erkannt, daß auf dieser Basis ein rationaler Erkenntnisbegriff nur möglich ist, wenn der Gegenstand als von der Form der Aussage her bestimmt gedacht wird. Nur unter dieser Voraussetzung einer „kopernikanischen Wendung" läßt sich dann Bedeutung transzendental als möglicher Bezug auf einen „Gegenstand überhaupt" begründen.

VI Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft

Nach diesem Exkurs in prinzipielle Überlegungen soll der Faden wieder bei dem Versuch aufgenommen werden, das Prinzip gegenständlicher Sprachbetrachtung am Beispiel moderner linguistischer Theorien zu verfolgen, in denen es konsequent entwickelt ist, so daß Linguistik sich hier als strenge, methodenbewußte Wissenschaft verstehen kann. Als Konsequenzen eines einzelwissenschaftlichen Ansatzes, der Sprache als stabile Struktur in einem Schnitt durch deren „diachronische" Dimension „synchronisch" vor sich bringen muß, können linguistische Theorien der philosophischen Reflexion als Spiegel dienen und dazu beitragen, daß sie sich negativ abgrenzt und angeblich „rein" philosophische Grundbegriffe in ihren speziellen Voraussetzungen bestimmen und kritisieren kann. Der Ansatz beim paradigmatisch aufgefaßten Satz in dem erörterten weiten Sinne, in dem noch jede einzelsprachliche grammatische Form außer acht bleibt, ist der Philosophie und der Linguistik weithin gemeinsam1. Dieser Hinweis gibt einen ersten Anhaltspunkt dafür, daß die Philosophie die Haupttopoi ihrer tradierten Philosophiesprache eher dem skizzierten Prinzip gegenständlicher Sprachbetrachtung als einer Reflexion auf ihre eigene sprachliche Bedingtheit verdankt2. Nicht nur Kant setzt über den Begriff der Urteilsform, wenn 1

2

Inwieweit Sprachwissenschaft das „konkrete Sprechereignis" (vgl. K. Bühler, Sprachtheorie, Jena 1934) einbeziehen kann, hängt davon ab, inwieweit sie gegenüber dem transzendental zu rechtfertigenden Begriff eines wissenschaftlichen Gegenstandes „überhaupt" und damit gegenüber ihren Anforderungen an Wissenschaftlichkeit in einer spezialwissensdiaftlichen Axiomatik ihren ihr eigenen Gegenstand spezifiziert, d. h. vom Ideal einer aus reinen Prinzipien zu rechtfertigenden „objektiven Gültigkeit" zugleich abrückt. In ihrer Einleitung zu K. Bühlers „Die Axiomatik der Sprachwissenschaften" weist E. Ströker darauf hin, daß im Gegensatz zu dem Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Naturphilosophie die einzelwissenschaftliche Beschäftigung mit der Sprache auch historisch einer philosophischen Besinnung auf Sprache

Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft

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er nach Wahrheit fragt, sprachlich beim „Aussagesatz", also ganz selbstverständlich bei einem isolierbaren, seine transzendentale Bedeutung „selbst" hinreichend charakterisierenden Gebilde „Satz" an, in dessen Begriff schon von jeder besonderen sprachlichen Fassung abgesehen ist. Gerade indem so beim Urteil angesetzt wird, zeigt sich, in welcher Bedeutung dessen sprachliche Entsprechung, der Satz, schon verstanden sein muß, um auf diese Weise übergangen worden zu sein: als etwas, was Beispiel dafür ist, wie Sprache sich überhaupt als verfügbares Mittel eines mit diesem Ansatz ebenfalls in bestimmter Weise begriffenen Denkens auf Außersprachliches zu beziehen vermag. Audi am Ausgangspunkt moderner philosophischer, sowohl logischer wie gnoseologischer Reflexion steht wie selbstvertändlich der Satz in diesem Sinn. Dabei müßte es für die Kantische Philosophie, die sich der Reflexion auf ihre Voraussetzungen verpflichtet weiß, selbstverständlich sein, daß Begriffe wie „Satz" und die korrespondierenden Begriffe „Urteil" und „Gegenstand" weder reine Verstandesbegriffe noch in reiner Anschauung konstruierbare Begriffe sein können. Sie müssen aus dem Erfahrungskontext konkreten Sprechens „abgesondert" und in einer der Bedeutungen, die sie in diesem Kontext annehmen konnten und historisch angenommen haben, festgehalten worden sein. Sie sind in ihrem wissenschaftlichen Gebrauch keine philosophischen oder reinen Verstandesbegriffe, sondern Begriffe, die, als solche, einer besonderen (wenn auch bei Kant in ihrer Besonderheit noch nicht bewußten) Wissenschaft als deren Grundbegriffe zusammen mit einem geschlossenen Begriffsgefüge, das diese Begriffe wechselseitig definiert, axiomatisch vorangestellt worden sind, damit diese Wissenschaft „in ein besonderes System zu bringen" ist und eine „Wissenschaft ihrer eigenen Art" sein kann 3 . Es sind Begriffe, die so, wie sie in einer besonderen Wissenschaft gebraucht werden, nicht einem reinen Verstand entspringen, sondern als „an sich empirische"4 aus ihrem Gebrauch im sich aus der Situation heraus reflektierenden Sprechakt aufgelesen sein müssen. als Ganzes vorhergeht (K. Bühler, Die Axiomatik der Sprachwissenschaften, Einleitung und Kommentar von E. Ströker, Frankfurt a. M. 1969, S. 8). 3 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, a.a.O. S. 472 f. * Ebd.

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Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft

Man kann hinzufügen, daß sie, als empirische, unter einem bestimmten Ansehen, unter einer bestimmten Perspektive aufgelesen und festgehalten sein müssen, so daß in ihre Auswahl und in die Bedeutung, in der sie aus dem Sprachgebrauch „abgesondert" werden, eine vom transzendentalen Gesichtspunkt aus gesehen „willkürliche", wenn einzelwissenschaftlich auch sehr zweckmäßige Vorentscheidung notwendig mit eingegangen ist. Kant spricht zwar ausdrücklich nur von „abgesonderten (obzwar an sich empirischen) Begriffen" im Hinblick auf „Naturwissenschaft", von der er gleich zwei Beispiele nennt: die Wissenschaft von der körperlichen Natur, die den empirischen Begriff der Materie (und dessen Bestandteile) neben die reinen Verstandesbegriffe in ihre Grundbegriffe aufnimmt, um zu ihrem besonderen Gegenstandsgebiet zu gelangen, und die Wissenschaft von denkenden Wesen, die aus (innerer) empirischer Erfahrung den Begriff eines existierenden denkenden Wesens in ihre Grundbegriffe aufnimmt (Physik und Psychologie). Aber „Naturwissenschaft" ist hier nicht im modernen Sinn als Gegenbegriff zu „Geisteswissenschaft" verstanden. Sie steht als Inbegriff der Wissenschaften, in denen überhaupt „Dasein", unter welchen empirischen Begriffen auch immer, vorausgesetzt ist, im Gegensatz zur Mathematik als einer Wissenschaft, in der das nicht geschieht, weil sie ihre besonderen Begriffe nach Kant in. „reiner Anschauung" zu konstruieren vermag. Eine Wissenschaft, die als „Universalien" die „an sich empirisdhen Begriffe" „sprachliches Wesen", „Satz", usw. (und in Korrespondenz zu näher von ihrer Form her spezifizierten Sätzen (Aussagen) den Begriff des außersprachlichen „Gegenstandes") aufläse, um dadurch ihren Rahmen zu bestimmen, wäre dementsprechend die Einzelwissenschaft „Sprachwissenschaft". Hier kann es nicht um eine vollständige Axiomatik der Sprachwissenschaft im einzelnen gehen, die wegen des grundsätzlich „an sich empirischen" Charakters ihrer Grundbegriffe ohnehin wesentlich einer fließenden Diskussion ausgesetzt bleiben muß 5 , sondern nur um den Hinweis, daß der philosophische Begriff eines Satzes und der ihm 5

Vgl. hierzu die Auseinandersetzung K. Bühlers mit den Grundbegriffen de Saussures. (Die Axiomatik der Sprachwissenschaften, a.a.O.)

Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft

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korrespondierende eines in einem isolierbaren Satz bedeuteten Gegenstandes Begriffe sind, die als „an sich empirische", wenn sie in der Philosophie verwendet werden, eine bestimmte Perspektive ihrer Absonderung aus dem empirischen Gebrauch (in dem „Satz" ζ. B. je nach Situation sehr Verschiedenes bedeuten kann) mit in die Philosophie hineintragen. In den Einzelwissenschaften ist diese Perspektive notwendig, damit sie ihre systematisch durchgehaltene Betrachtungsweise der Realität überhaupt abgrenzen und sich zu besonderen Disziplinen disziplinieren können. In der Philosophie könnte die unreflektierte Übernahme solcher Bedingungen von Wissenschaftlichkeit im einzelwissenschaftlichen Sinne dagegen nur im vollen Bewußtsein ihrer Unvermeidlichkeit und im gleichzeitigen Bewußtsein der damit vollzogenen Vorentscheidung und der durch sie bedingten Konsequenzen geschehen. Der „an sich empirische" Charakter der Grundbegriffe, die eine Einzelwissenschaft in ihrer Besonderheit umreißen, also auch der Grundbegriffe (Universalien) der Wissenschaft vom Gegenstand Sprache, gibt ihnen in der „Wissenschaftstheorie" dieser Wissenschaften einen ambivalenten Charakter. In der Konzeption Chomskys kommt dieser Zug besonders klar zum Ausdruck. Auf der einen Seite spricht er ontologisierend von den linguistischen Universalien als von dem menschlichen Geist eingeborenen Ideen im Sinne des traditionellen Rationalismus. Das Sprachen lernende Kind verfüge über eine solche „Universalien" implizierende „linguistische T h e o r i e . . d i e die Form der Grammatik einer möglichen menschlichen Sprache spezifiziert". Wie der Linguist bilde es eine „Strategie" aus, „um eine Grammatik der passenden Form auszuwählen, die sich mit den primären sprachlichen Daten verträgt"6. Chomsky spricht von einer angeborenen Theorie potentieller struk6

Chomsky, Aspects S. 25, Aspekte S. 41. Diese „auszuwählende" spezielle Grammatik muß den Sprung von der Grammatik einer menschlichen Sprache „überhaupt" zu dem vorliegenden sprachlichen Gebilde so überbrücken, daß dieses als bloßer Modus jener Sprache „überhaupt" verstanden werden kann. Das Gelingen dieser Überbrückung ist dann dem historischen Prozeß linguistischer Forschung überantwortet.

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Zur Axiomatik der Sprachwissenschaft

tureller Beschreibung7, „die umfassend und entwickelt genug ist, daß" das Kind „aus der wirklichen Situation heraus, in der ein Zeichen auftritt, bestimmen kann, welche strukturellen Beschreibungen für dieses Zeichen passend sein könnten." — Auf der anderen Seite wird die These von einer angeborenen, linguistische Universalien implizierenden Theorie eine „Hypothese" genannt. Als solche bedürfte sie der empirischen Bestätigung. Die in ihr vorkommenden („universalen") Grundbegriffe wären dann vom Linguisten aus irgendwelchen anderen Kontexten, in denen sie bedeutend sein konnten, abzusondern und im Kontext dieser Hypothese als Bestandteile einer „angeborenen" Theorie mit neuen Bedeutungen zu verbinden gewesen. Die Hypothese dieser Einzelwissenschaft sieht sie hypothetisch als „angeborene" Universalien in einer Theorie „über die Form der Sprache als solche"8 an, weil anders ihr Gebrauch in der wissenschaftlichen Beschreibung von Sprache („descriptive adequacy") nicht auch zugleich als (bedeutende) Beschreibung von etwas, was wirklich in sich Entsprechungen zu diesem Termini hätte, d. h. als Erklärung („explanatory adequacy"), zu verstehen wäre. Es erweist sich demnach als Hypothese dieser Wissenschaft, daß „Verstehen" (und in umgekehrter Richtung das „Erzeugen" ) von Sprache ebenso verlaufe wie die Theorienbildung des Linguisten, nämlich als Spezifikation einer Theorie über „Sprache überhaupt" im Hinblick auf die „primären sprachlichen Daten". Diese Hypothese hat den Zweck, daß sich die Daten der Sprachwissenschaft in der wissenschaftlichen Einstellung auf sie als Spezifikation des Begriffs „menschliche Sprache" wissenschaftlich verstehen lassen. Die Bestandteile einer „transzendentalen", „im Verstände" „als solchem" liegenden Grammatik, und damit auch der Verstand im Begriff eines Inbegriffs solcher Formen, sind hier als Teile einer empirischen Hypothese gesehen, wie eine Einzelwissenschaft sie in ihrem Grundcharakter als empirische Wissenschaft schon in der Abgrenzung ihres Gegenstandsbereichs aufstellt, die aber, da sie der empirischen Bestätigung bedarf, weder insgesamt noch bezüglich der 7

8

„an innate theory of potential structural descriptions", (Chomsky, Aspects S. 32). Chomsky, Aspects S. 27; Aspekte S. 43.

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Sachhaltigkeit ihrer Begriffe selbst den Status von apriorischer Gewißheit erlangen kann, den sie von den in ihr vorkommenden Universalien (in deren Auffassung als angeborene, apriorische Begriffe) postulieren muß. Nach Chomsky wäre es „utopisch zu erwarten, daß beim derzeitigen Stand der Linguistik auf weiten Strecken Erklärungsadäquatheit" 9 und damit eine Deckung zwischen Grammatik im subjektiven Sinn, der des „Linguisten", und Grammatik im objektiven Sinn, der des „Kindes" im Prozeß des Sprechenlernens, zu erreichen sei.

9

Chomsky, Aspects S. 26; Aspekte S. 42.

VII Bezeidinungs- und Erkenntnisvermögen

Wenn empirisdhe Begriffe „abgesondert" und als Grundbegriffe festgesetzt werden, fragt sich immer, in welcher ihrer Bedeutungen, die sie in den prinzipiell unbestimmten lebensweltlichen Situationen angenommen hatten, sie abgesondert, fixiert und in die Philosophie übernommen werden, anders als bei reinen Verstandesbegriffen, die ja ihrem Begriff nach nicht erst abgesondert und aus dem jeweiligen fließenden Gebrauch isoliert werden müssen, weil sie ihrem Begriff nach allen Gebrauch bestimmen sollen, insofern er nur logisch bestimmt ist, d. h. überhaupt in sich auf etwas hin logisch ausgerichtet ist. Die Deduktion objektiv gültiger oder reiner Verstandesbegriffe wäre deshalb, wie Kant klar gesehen hat, das einzige Mittel eines voraussetzungs-, vorentscheidungs- oder vorurteilsfreien Ansatzes „reiner" Philosophie. Von daher versteht sich Kants Skepsis gegen jede „symbolische" Erkenntnis, verstanden als nicht „reines", sondern auf ein „Bezeichnungsvermögen" angewiesen bleibendes Erkenntnisvermögen, wie es das menschlidie faktisch ist. Dieses mit einem „Bezeichnungsvermögen" nodi verbundene „Erkenntnisvermögen" wird von Kant von dem Erkenntnisvermögen unterschieden, das „auf Verstand gegründet" 1 und deshalb transzendental zu begründen ist. Seine Natur näher zu umreißen, wird im Hinblick auf die Sprache der Philosophie selbst wichtig, insofern sie, wie auch die Auseinandersetzung mit Kant zeigt, selbst in einer Deduktion „reiner" Verstandesbegriffe von „Urteilsformen" her auf empirische Begriffe wie z. B. „Satz", „Urteil", „Gegenstand" usw. angewiesen ist. Es empfiehlt sich auch hier, Kants Ausführungen zu folgen, weil die Reflexion in seiner Philosophie besonders zugeschärft erscheint. Das „Bezeichnungsvermögen" ist nach Kant ein „Vermögen der Er1

Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, Ákademieausgabe Bd. V I I , S. 196.

Bezeichnungs- und Erkenntnisvermögen

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kenntnis des Gegenwärtigen als Mittel der Verknüpfung der Vorstellung des Vorhergesehenen mit der des Vergangenen" 2 . Dieses so angesehene Gegenwärtige heißt „Symbol". Es ist, als „Mitte" zwischen dem Gewesenen und dem Zukünftigen, das nur „assoziativ" (d. h. mittels einer Nachbarschaft in der Zeit als der inneren Form des Psychischen, hier des Gedächtnisses), aber noch nicht in einem reinen Verstandesbegriff verknüpft, bloß „Mittel des Verstandes". Es vermag daher „nur indirekt durch eine Analogie mit gewissen Anschauungen, auf welche der Begriff" des Verstandes direkt „angewandt werden kann", dem Verstandesbegriff durch Darstellung eines Gegenstandes „Bedeutung zu verschaffen"3. Die symbolische Erkenntnis ist hier eindeutig eine unvollkommene Vorstufe der Verstandeserkenntnis, eine „einige Zeit hindurch nützliche und nötige Hülle". Ihre Unterscheidung von der Sache selbst ist „Aufklärung" 4 . Die symbolische Erkenntnis setzt ein, wo dié Substitution unter einen Verstandesbegriff „noch" nicht gelingt. Sie verschafft dem Verstandesbegriff vorgreifend dadurch Bedeutung in einem Bereich, in dem er (noch) nicht angewendet werden kann, daß ein gegebener Anschauungsgegenstand über die erst im empirischen Gedächtnis festgehaltene Einheit der Bezeichnung in Analogie zu der der Bestimmung durch Verstandesbegriffe in einem analogen Sinn als „Gegenstand" gesehen wird. Statt im Verstand, zufolge des „Schemas" „transzendentaler Zeitbestimmungen", ist Abwesendes, als „Vorhergesehenes" und „Vergangenes", auf Grund von 2 3

4

Ebd. S. 191. Ebd. — Diese „gewissen Anschauungen" sind hier wohl die mathematischen Anschauungen. Ebd. S. 192 — Vgl. Wittgenstein, Tractatus, Satz 4.002: „Die Sprache verkleidet den Gedanken. Und zwar so, daß man nach der äußeren Form des Kleides nicht auf die Form des bekleideten Gedankens schließen kann." Im Unterschied zu Wittgenstein soll allerdings der Gedanke nicht durch Konstruktion doer idealen Sprache, sondern aus sich selbst heraus deutlich werden. Der Gedanke reidit vom transzendentalen Betrachtungspunkt Kants aus prinzipiell nicht bis in eine Analyse der empirischen Begriffe hinab, die demnach also wesentlich nur symbolisch und in wechselseitiger Analogie zu anderen zu bezeichnen wären. Kants Philosophie versteht sich als kritisch, d. h. als grenzziehend gegenüber weitergehenden Ansprüchen der Vernunft, die Wittgensteins will Entlarvung dieses VernunftsbegrifFs selbst durch Analyse der Sprache sein.

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Ähnlichkeiten über das Gedächtnis, d. h. in einem eingeübten Zeitzusammenhang des empirischen Subjekts verbunden, und diese Verbindung objektiviert sidi in einem „Gegenwärtigen", dem Zeichen, das selbst sinnlich ist und nur als „Mittel" „der Vorstellung durch Begriffe" dient. „Aufklärung" wird nun ausdrücklich als Unterscheidung dieser gelernten Verknüpfung durch Analogie mit der des Verstandes von der im Verstand selbst bezeichnet. Es ist geradezu das Kennzeichen des „abgesonderten", d. h. wie ein transzendentaler angesehenen empirischen Begriffs, daß er erst symbolisch im kontextlichen Zusammenspiel mit anderen Zeichen und noch nicht charakteristisch durch sein „eigenes" Zeichen von sich selbst her dargestellt ist und auf nur symbolischer Erkenntnis als empirischer Übereinstimmung in der Bezeichnung beruht, die einer Verstandesverknüpfung sozusagen vorauseilt und vorgreift, und von der es deshalb auch nicht schon ein Kriterium ihrer objektiven Gültigkeit geben kann. Man könnte sagen, insofern etwas überhaupt räumlich-zeitlicher oder auch nur zeitlicher Gegenstand ist, kann es als im Verstand bestimmt begriffen werden. Insofern es aber darüber hinaus in einer spezifischen Differenz näher als dieses oder jenes, ζ. B. auch als „Sprache" oder „Satz", bestimmt ist, ist es nur in Analogie zu seinem Bestimmtsein als „Gegenstand überhaupt" bestimmt, weil diese nähere Bestimmung nicht als von einem reinen Verstandesbegriff her, also nicht als notwendige Bestimmung begriffen werden kann. Bestimmung nach Analogie wirkt daher in jedem bestimmten Gegenstand, dessen Bestimmung Dasein voraussetzt. Es ist nämlich durch den empirischen Begriff das gegenwärtige Dasein des unter ihm Gefaßten als „Mittel der Verknüpfung des Vorhergesehenen mit dem Vergangenen" angesehen, und dafür, daß Daseiendes „allgemein" ist, d. h. sich in derselben Bestimmung duchhält, oder daß derselbe Begriff durchgängig diesem Gebrauch unterliegt, gibt es keine notwendige Begründung. Notwendigkeit läßt sich nach Kant nur vom Gebrauch der Verstandesbegriffe darlegen, weil ohne sie überhaupt nicht etwas „Gegenstand" sein könnte. Für den Gebrauch der Sprache und des Satzes ist das sogar besonders anschaulich. Es besteht keine Notwendigkeit, daß die „Regel" des vorliegenden, daseienden Beispielsatzes sich durchhält, weder als Regel der Bildung von Sätzen, die

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sich durch eine gemeinsame Regel zu einer Satzart zusammenschlössen, noch als Beispiel für den Bau einer Sprache überhaupt, so daß es audi nur gesetzt sein kann, daß es sich überhaupt um eine Regel und um ein Beispiel (für anderes derselben Art) handelt. Der Schlüsselbegriff ist hier der der Analogie. Wittgenstein spricht in seinem späten Werk, den „Philosophischen Untersuchungen", von „Familienähnlichkeiten" des unter einem sprachlichen Zeichen Zusammengefaßten. So kann unter dem empirischen Begriff „Satz" sehr Verschiedenartiges zusammengefaßt werden, weil das Zeichen „Satz" verschiedene Vorstellungen zu assoziieren vermag. Der Punkt, von dem aus Analogien zwischen dem Zusammengefaßten gesehen werden, kann wechseln, er muß sich nicht als einheitlicher Gesichtspunkt einer Begriffsbildung durchhalten. Auch nach Kant können „Menschen, die der Sprache nach einig sind, in Begriffen himmelweit von einander abstehen"5, und „wer sich immer nur symbolisch ausdrücken kann, hat noch wenig Begriffe des Verstandes, und das so oft Bewunderte der lebhaften Darstellung, welche die Wilden (bisweilen auch die vermeinten Weisen in einem noch rohen Volk) in ihren Reden hören lassen, ist nichts als Armut an Begriffen und daher auch an Wörtern, sie auszudrücken; ζ. B. wenn der amerikanische Wilde sagt: ,Wir wollen die Streitaxt begraben', so heißt das so viel als: Wir wollen Frieden machen, und in der Tat haben die alten Gesänge von Homer bis zu Ossian oder von einem Orpheus bis zu den Propheten das Glänzende ihres Vortrags bloß von dem Mangel an Mitteln, ihre Begriffe auszudrücken, zu verdanken"6. Kant sieht in dieser Art der Begriffsbildung, im Gegensatz zum späten Wittgenstein, einen ausgesprochenen Mangel der Sprache gegenüber den Ansprüchen einer Vernunft, der es zugleich mit dem gegenständlichen Begriff um einen Selbstbegriff der möglichen Wahrheit dieses Begreifens geht, was im Hinblick auf den Begriff des empirischen Begriffs auch von Kants „transzendentalem" Ansatz her nicht gelingen kann. Hinter diesen Ausführungen, die zunächst wenig Verständnis für die historische Dimension der Kultur zu verraten scheinen, steht lediglich 5

Kant, Anthropologie, a.a.O. S. 193. « Ebd. S. 191.

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eine konsequente Durchführung der transzendentalphilosophischen Position, die, wie ausgeführt, allerdings selbst eine von der interdependenten Feststellung ihrer Grundbegriffe her bedingte ist, so daß sich diese Bedingtheit auch auf ihre Konsequenzen überträgt. Die besondere Schwierigkeit, die Metaphorisches und Poetisches der Transformationsgrammatik bereiten, ist hier überhaupt erst nicht aktuell. Das Schöne, das nach Kant „ohne Begriff gefällt", ist von seinem Sprachbegriff her etwas dem Begriff gegenüber Vorläufiges, weil es durch das transzendentallogisch unmögliche Mittel der Analogie Verstehen vorgibt und dadurch in eine „vorläufige" Einheit des Bewußtseins zu führen versucht. Moderne linguistische Ansätze können aber nicht so konsequent vorgehen wie Kant, da sie, neben dem Gesichtspunkt der strengen Wissenschaftlichkeit einer Wissenschaft, nach deren Bedingungen Kant ausschließlich fragt, auch den ihres besonderen Gegenstandes „Sprache", der hier ja nicht nur „Beispiel" sein kann, zur Geltung zu bringen versuchen, und unter dessen Begriff, als unter einen empirischen oder symbolischen, sehr verschiedene Gesichtspunkte „symbolischer" Begriffsbildung ihre Resultate eintragen. Die beiden Postulate der strengen, sich ihrer objektiven Gültigkeit in der Reflexion auf einen „Gegenstand überhaupt" versichernden Wissenschaftlichkeit und eines abgegrenzten Gegenstandsbereichs lassen sich, wie Kant gesehen hat, schon nicht für eine „Wissenschaft von der körperlichen Natur" (Physik), ja überhaupt für keine Wissenschaft zusammenbringen, die sich spezifischer versteht als eine „reine Naturwissenschaft" und die spezifiziertes Dasein in begrifflicher Abgrenzung von anderem, anders bestimmten Dasein (ζ. B. Körper, lebende, denkende, handelnde, sprechende Wesen usw.) voraussetzt. Denn alle Begriffe von spezifiziertem Dasein sind empirische Begriffe. Abgrenzungen dieser Art gehören zu besonderen Verhaltensweisen7. Sie bringen als solche all die „Mängel" empirischer Begriffe in eine Wissenschaft mit ein, vor allem das Fehlen einer gesicherten „transzendentalen", obersten Einheit der Begriffsbildung und damit möglicherweise sehr heterogene Blickwinkel auf das, wovon der empirische Be7

Vgl. hierzu den Wittgensteinschen Begriff des Spradispiels (Philosophische Untersuchungen, a.a.O.).

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griff begriffliche Einheit vortäuscht, wenn sein nur symbolischer Charakter vergessen wird und „Zeichen für Sachen und umgekehrt genommen werden"8. Das würde zu keinen Verwirrungen führen, wenn, wie die Sprachwissenschaft es als „regulativen Grundsatz" voraussetzen muß, „die semantischen Relationen" im Sinne absolut feststehender Beziehungen tatsächlich den „Gegenstand ,Sprache'" konstituierten 9 . Es gehört zum strengen, restriktiven Sinn der Kantischen Vernunftkritik, daß eben nur nodi der reine Verstandesbegriff als „conceptus" im traditionellen Sinn, d. h. als objektiv gültiger Begriff, verstanden werden darf und daß nur er einer rigiden semantischen Relation zu seinem Gegenstand, dem „Gegenstand überhaupt" entspricht, weil er als Prinzip der Konstitution von „Gegenständen überhaupt" selbst konzipiert ist. Dieser Standpunkt sieht den Ursprung aller Verwirrung, audi der moralischen, darin, daß Menschen sich im unkritischen Verlassen auf symbolisch vorgetäuschte Begrifflichkeit assoziativ „am Leitseil der Sinnlichkeit führen" lassen10. Kants Versuch einer Rückführung aller Erkenntnis, von der ein rationaler Begriff ihrer möglichen Wahrheit soll gegeben werden können, auf die Einheit einer transzendentalen Apperzeption kann von hier aus als Sprachkritik verstanden werden. Allerdings bleibt diese Kritik vor der eigenen historisch vermittelten Philosophiesprache stehen, auf die sie angewiesen ist. Wir finden keinen Hinweis eines Bewußtseins davon, daß auch Grundbegriffe wie „Satz" und der diesem empirischen Begriff korrespondierende Gegenstandsbegriff empirische Begriffe sind, in deren Bildung jene transzendentale Einheit natürlich nicht nachgewiesen werden kann. Lediglich ihr interdependenter „Gebrauch" innerhalb der „Kritik der reinen Vernunft" , wie z. B. die Definition des Urteils durch objektive Gültigkeit und der objektiven Gültigkeit von der Urteilsform her, bringt in sie eine allerdings nur „systematische" Einheit11. 8

Kant, Anthropologie, a.a.O. S. 193. ' K. Bühler, Die Axiomatik der Sprachwissenschaften, a.a.O. S. 56. 10 Kant, Anthropologie, a.a.O. S. 196. 11 Zum Begriff des Systematischen vgl. Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, a.a.O., Vorrede; dazu vom Vf. „Begriff und Beispiel", a.a.O.

VIII Fundamentalistische Ansätze, Analysierbarkeit

Es könnte versucht werden, auch Begriffe wie „Satz" und „Gegenstand" konstruktivistisch zu hintergreifen und ihre Bildung so nachzukonstruieren, daß alle situationsverhafteten und deshalb nicht wiederholbaren, also unkontrollierten Implikationen ausgeschaltet oder zumindest bewußt und kalkulierbar gemacht würden. Für den Satzbegriff ist solch ein Versuch unternommen worden Ein Satz ist dabei in seiner „einfachst möglichen" Form als „Elementaraussage"2 aufgefaßt, als ursprüngliche Prädikation, deren allgemeine Form in dem Symbol „x ε Ρ" ausgedrückt sein soll, „x" soll dabei, als „Eigenname" , ein „Dieses", ein Einzelding bezeichnen, „P" einen „Prädikator", durch den dem „x" ein Prädikat in Form eines Allgemeinbegriffs zugesprochen wird. Alle „Aussagesätze" werden als aus solchen elementaren Prädikationen zusammengesetzte Sätze aufgefaßt, so daß von daher ein allgemeiner Satzbegrijff konstruiert wäre. Das ist keine „Konstruktion" eines Begriffs wie die der mathematischen Begriffe bei Kant, die in „reiner" Anschauung geschehen soll, damit sidi ihr nichts Empirisches beimischt. Es ist übergangen, daß, wie bei Kant, die Theoreme einer transzendentalen Ästhetik aufgestellt und akzeptiert sein müßten, um eine nicht selbst schon empirisch bedingte Konstruktion der Begriffe eines auch in seinen Relata „reinen" Verstandesurteils als möglich erscheinen zu lassen. Diese Konstruktion kann daher das Empirische der empirischen Begriffe nicht eliminieren. Sie kann nicht durch einen Aufweis einer untersten Basis allen Sprechens Sprache so zerlegen, daß die Elemente, als im Grunde vorsprachliche, quasi am Grenzübergang zur Sprache in sprachliches Verhalten erst hineinführende Handlungsschemata, aus Sprache hinaus und auf Handlung als auf eine fundamentalere Gattung zu der Spezies sprachlicher 1

Vgl. W. Kamiah und P. Lorenzen, Logische Propädeutik, Vorschule des vernünftigen Redens, Mannheim 1967. 2 Ebd. S. 35.

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Handlungen hin verwiesen. Sie verweist vielmehr auf eine Gebrauchsform empirischer, also sprachlicher Begriffe, deren vermeintliche Einfachheit nicht „a priori" feststeht, schon deshalb nicht, weil auch das formale Symbol „x ε Ρ" vielfach deutbar ist und „x" und „P a nicht nur allgemeine Leerstellen für empirische Begriffe, sondern auch in dieser Allgemeinheit als syntaktische „Kategorien" eines Schemas selbst empirische Begriffe einer Sprache sind. Der Begriff „Dieses" und der Begriff „Eigenname", durch den etwas als etwas „Eigenes" sich gegen anderes „Dieses" absondern soll, sind empirische Begriffe mit ihren a priori unbestimmbaren, hier vorwiegend philosophie-historischen Gebrauchsspuren und Interpretationsmöglichkeiten innerhalb eingefahrener Verstehenshorizonte, die sie in unkontrollierbarer Weise mit in ihre Absonderung zu Grundbegriffen einer sich als fundamental verstehenden Wissenschaftssprache hinübernehmen und hinübernehmen müssen, gerade insofern sie auch in diesem abgesonderten Gebrauch „allgemein" verständlich bleiben sollen3. Denn aus dem „allgemeinen" Verstand deduzierbar können sie nun einmal ihrer inhaltlichen Bedeutung wegen nicht sein. Allenfalls sind sie definitorisdh, d. h. durch Umschreibung mit anderen empirischen, selbst aber Undefinierten Begriffen eingeführt. Dasselbe gilt für den Begriff „Prädikator", der deutlich in Analogie zu dem Begriff „Prädikat" indogermanischer oder verwandter Grammatiken gebildet ist 4 . Diese Begriffe haben ihre historisch-empirischen Spuren insofern an sich, als Assoziationen anderer empirischer 3

4

Zu dieser Problematik vgl. L. Eley, Metakritik der formalen Logik, Den Haag 1969, insbesondere die Kritik an der Husserlsdhen Auffassung der „Eigenbedeutungen" als „formlos", S. 265 ff. Ein Lernen dessen, was „Prädikator" heißen soll, anhand von Beispielen, setzt einen Vorbegriff von dem voraus, wozu denn die Beispiele Beispiele sein sollen, d. h. einen empirischen, eingeübten Gebraudi eines Begriffs, an dem sich ein disziplinierter terminologischer Gebrauch orientieren kann. Die Beschreibung eines elementaren sprachlichen „Handlungsschemas" durch Begriffe wie „Dieses", „Prädikator" usw. bedeutet daher notwendig die Konstruktion eines solchen „elementaren" Schemas aus einem niditelementaren Betraditungspunkt in einer niditelementaren Sprache. Die Einlösung des Begriffs einer soldien Konstruktion als „Rekonstruktion" elementarer Lernvorgänge oder Sprachaufbauprozesse bleibt so dahingestellt. (Vgl. hierzu K. Lorenz, Elemente der Sprachkritik, Frankfurt a. M. 1970, insbes. S. 167 ff.)

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Begriffe ihre Intension wie ihre Extension mitbestimmen. Man kann mit ihrer Hilfe die Sprache so wenig hintergreifen wie mittels irgendeines anderen empirischen Begriffs. Empirische Begriffe sind insgesamt, wie Kant klar gesehen hat, transzendentalphilosophisch fragwürdig, auch und vor allem dann, wenn man sich weiter nichts bei ihrer Hypostasierung zu „transzendentalen" Begriffen der Beschreibung von Elementen „einer jeden Sprache" denkt und deshalb in einem bestimmten, eingespielten Gebrauch befangen bleibt. Kant hat das Angewiesensein der Philosophiesprache auf empirische Begriffe wohl gesehen, wenn er davon spricht, daß die Philosophie der objektiven Gültigkeit ihrer Begriffe nicht so sicher sein darf, weil sie sie nicht, wie die Mathematik, konstruieren kann. Aber er hat nicht entsprechende Konsequenzen gezogen. Sonst hätte er nicht an der Idee einer „transzendentalen Grammatik" festhalten können, denn eine „transzendentale Grammatik" dürfte doch, wie er schreibt, nur Begriffe a priori oder nur aus solchen und „reinen" Anschauungsbestimmungen abgeleitete Begriffe enthalten5. (Hätte er diese Konsequenz gezogen, dann wäre allerdings letztlich auch sein Mathematikbegriff in sie einzubeziehen gewesen, der ebenfalls vom Begriff der reinen Urteilsform her konzipiert ist, allerdings als dessen Anwendung auf konstruierbare Begriffe.) Die Kantische Idee einer vorurteilsfreien Bestimmimg von Natur durch „reine" Vernunft ist in fundamentalistischen Rekonstruktionsver5

Wie steht es ζ. B. mit dem Begriff der Zeit? Die Zeit ist nach Kant kein empirischer Begriff, sondern reine Form der Anschauung. Aber ist nicht der Zeitbegriff ein empirischer Begriff? Es könnte immerhin vermutet werden, daß „Zeitbestimmung überhaupt", die nach Kant „transzendentales Schema" sein soll, sich von einzelspradilithen, besonderen Grammatiken und deren Möglichkeit der Zeitbestimmung her ableite und daß die Möglichkeit sprachlicher Zeitmarkierung erst ein dementsprechendes Bewußtsein möglicher Zeitbestimmung „überhaupt" entstehen lasse. Die Idee einer „transzendentalen Grammatik", die Zeitbestimmungen wie „das praesens, perfectum, plusquamperfectum" als etwas ansieht, was als „Grund der menschlichen Sprache" „in unserm Verstände liegt" (Kant, Vorlesungen über die Methaphysik, Darmstadt 1964, S. 78), müßte sich auch dann noch diesen Einwand gefallen lassen, wenn in allen bekannten Sprachen solche Bestimmungen empirisch angetroffen würden, denn was daraus auf „alle" Sprachen induktiv übertragen würde, könnte deshalb noch nicht als apriorische Form verstanden werden.

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suchen sprachlicher Handlungsschemata reduziert zur Idee allgemeiner Akzeptabilität. Sie suggerieren, durch reines Zusehen werde dieser Rekonstruktionsversuch eines Aufbaus vernünftigen Redens plausibel, während sie in Wirklichkeit durch die Verwendung historisch eingespielter Begriffe wie „Eigenname" und „Prädikator" schon auf einen historischen Verstehenshorizont hin „auslegen". Die „metasprachliche" Bestimmimg einer „einfachsten" Grammatik einer einzelnen oder einer jeden Sprache muß ihrerseits a priori nicht angebbaren Normen der Akzeptabilität in Syntax und in der Verwendung der empirischen Begriffe— und nicht nur denen dieser einfachsten „Grammatikalität" — genügen6. Akzeptabilität bezieht sich dabei notwendig auf eine zufällige, „noch" oder „bereits" bestehende Übereinstimmung einer mehr oder weniger abgegrenzten Sozietät, deren Übereinkunft „in der Sprache" der in Begriffen und Regeln — und das allein heißt im transzendentalphilosophischen Sinn auch in der Sprache — höchstens vorauseilen kann. Das Kantische Apriori, das um des aufklärerischen Impetus der Kantischen Philosophie willen intendiert wird, wird, wenn dennoch von allgemeiner „Übereinstimmung" ausgegangen werden soll, ersetzt durch das, was jedermann einsieht, ζ. B. daß ein elementarer Satz „die" Form „x ε Ρ" habe, d. h. so und nicht anders zu zerlegen sei, wenn immer sich seine Bedeutung aufschließen soll, ohne daß der Begriff eines „jedermann" noch in die kritische Selbstreflexion hineingezogen würde. Als Wahrheit gilt das, demgegenüber (faktisch) nichts anderes einfällt, weil „vernünftiges Reden" nun einmal eine Basis allgemeinen Einvernehmens in gängigen Grundansichten braucht. Dem Standpunkt, daß eine solche Basis notwendig sei, ist nicht zu widersprechen. Aber daraus folgt keineswegs, daß die Basis, die man gerade betritt, die verläßliche Basis des Philosophierens ist. Daß 6

Nach der Terminologie der „generativen Grammatik" könnte ein unendlich langer, aber nach gültigen Einsetzungsregeln gebildeter Satz immer nodi „grammatikalisch" sein, aber natürlich, da er das endliche psydhische Fassungsvermögen überstiege, nicht „akzeptabel". Ein grammatisdi falscher Satz kann dagegen akzeptiert und verstanden werden. Ebenso können semantische Regelverletzungen, etwa spontan gebildete „Metaphern", situationsaufschließend wirken und verstanden werden. Sie können „bedeutender" sein als der Regel folgende, aber nichtssagend gewordene Begriffsverknüpfungen.

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eine solche, im Kantischen Sinn „historische" (ex datis gegebene) Basis eines Gefüges empirischer Begriffe — hier als Werkzeug einer Sprachanalyse — objektiv gültig sein könnte, ist auch im Rahmen der Kantischen Philosophie nicht bestritten. Es ist dort nur eingesehen, daß kein Begriff davon möglich ist, wie sie rein transzendental zu begründen ist, um damit objektiv gültig sein zu müssen. Mit anderen Worten: es gibt von ihr keinen rationalen Wahrheitsbegriff. Dem steht nicht entgegen, daß man das Wort „wahr" audi in einem anderen, bescheideneren Sinne verwenden kann, eben als einen empirischen, in dieser oder jener Bedeutung jeweils semantisch eingespielten und verwendeten, aber nicht prinzipiell eindeutigen Begriff. Der philosophische Wahrheitsbegriff entspringt ja der Frage, ob das, was allgemein akzeptiert wird, zu Redit akzeptiert wird, d. h. dem aufkommenden Zweifel an einem eingespielten Organon des Verstehens (wie z. B. dem der vorkantischen Metaphysik), dem natürlich rein historisch gesehen auch wieder, wenn es um die Lösung besonderer, abgegrenzter Probleme geht, zustimmende Beteiligung folgen kann. Was vom Satzbegriff als einem Grundbegriff der tradierten Philosophiesprache schon deshalb gilt, weil er in sich mit einer sehr komplexen sprachphilosophischen Problematik belastet ist und sich deshalb nicht als das „Elementare" von selbst versteht, gilt entsprechend von dem korrelationalen Begriff eines Gegenstandes, von dem in nur interdependenten Definitionen der Begriffe „Satz", „wahr" und „Gegenstand" gesagt wird, er existiere, wenn der entsprechende Satz wahr sei. Die gleichen kritischen Einwände sind also gegen die drei sich wechselseitig bestimmenden Grundbegriffe — „Satz", „wahr" und „Gegenstand" — zu erheben und damit gegen das fundamentale Begriffsgefüge einer Transzendentalphilosophie, in die ihrem Sinn nach die Sprache nicht hineingezogen werden darf. Nicht ohne Grund sagt Kant, im Unterschied zu den Sprachursprungstheorien des 18. Jahrhunderts, so gut wie nichts über den philosophischen Status der empirischen Begriffe und über die Art ihrer Genese, denn allgemein läßt sich darüber nichts sagen. Sie sind auf vielfältige, nicht in eine Einheit der Reflexion hineinzuziehende Weise historisch entstanden. In diesem Sinne bleibt Sprache historisch, d. h. sie ist nicht — auch nicht in der

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Reduktion auf eine (generative) Grammatik ihrer Generation — transzendental7. Unter den vielfachen Bedeutungen des Wortes „Gegenstand" kann für eine Transzendentalphilosophie nur die eine in Frage kommen, nach der ein Gegenstand das ist, was einem wahren Urteil entspricht. Der allgemeine Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" hätte also einen allgemeinen Begriff von einem „Urteil überhaupt" zur Voraussetzung, der allen Sprachen gemeinsam wäre oder auf den sich doch Satzformen aller denkbaren Einzelsprachen zurückführen lassen müßten. Eine solche Gemeinsamkeit dürfte sich nicht durch Induktion ergeben, sie müßte sich deduktiv aus Prinzipien herleiten lassen, die allen Sprachen vorgeordnet wären als die des Verstandes schlechthin. Es zeigte sich, daß damit auch eine einheitliche Bedeutungssphäre gegenüber allen Sprachen vorausgesetzt wäre, auf die sie — je auf ihre Art — verwiesen, weil die Verstandesbegriffe allein noch nichts bedeuteten (sie sind nach Kant von nur „empirischem Gebrauch" und bedürften daher einer geregelten Basis empirischer Begriffe), so daß umgekehrt in allen Sprachen identische Modi der Verweisung (modi significandi) auf diese identische Bedeutungssphäre aufzufinden sein müßten. In ihnen müßte sich Gemeinsames widerspiegeln, z. B. die Struktur der „Gegenstände überhaupt" in der der „Sätze überhaupt", der „Eigenschaften" in der der möglichen Prädikate usw. Wenn die allgemeine elementare Satzform „x ε Ρ" lauten soll, wobei „x" als Bezeichnung für ein Individuum — was auch immer philosophisch darunter zu verstehen sein mag — „gemeint" ist, dem anfänglich in einer elementaren Aussage die Bestimmung „P" prädikativ zugesprochen wird und das damit als bestimmbares Unbestimmtes angesehen ist, bleibt zu bedenken, daß Unbestimmtheit und Bestimmbarkeit eigentlich nicht miteinander zu vereinbaren sind. Es wird ja nicht einem unmittelbaren „Dieses-da" eine Bestimmung zugesprochen, sondern einem schon sprachlich Bestimmten — und wäre es 7

Die „generative Grammatik" versteht die Generation eines Satzes deshalb auch zu Recht als bloßes Modell, das Leitlinien zu einem Versuch der Rekonstruktion seiner Verständlichkeit anbieten soll. Von daher bleibt die Idee der Konstruktion von Sprache selbst hypothetisch.

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auch, in welcher Bedeutung dieses Wortes auch immer, nur als „Dieses-da" (d. h. als etwas, dessen Bestimmung geschehen soll und das damit schon bezeichnet und ausgezeichnet ist) bestimmt — wird eine weitere sprachliche Bestimmung zugesprochen. Absolut Unbestimmtes kommt als Basis sprachlicher Bestimmung nicht in Betracht. Wird etwas als „rot" bestimmt, so ist es zuvor, oder auch damit, als etwas bestimmt, das rot sein kann, aber nicht unbedingt sein muß, und das in dieser schon sehr differenzierten Bestimmung bereits vorliegt. Die sprachliche Bewegung verläuft nicht nur in eine Richtung, vom Subjekt zum Prädikat, sondern zugleich auch in die entgegengesetzte, vom Prädikat zum Subjekt. „Dieses-da ist rot" besagt in der Regel, daß das Gemeinte ein materielles, ausgedehntes Ding und bereits unter diesem empirischen Begriff als bestimmt angesehen oder vorbestimmt ist, so daß die Analyse der Sprache auch nicht in einer es bestimmenden Aussage auf ihre Basis stieße. Es liegt hier gar kein anfängliches Prädizieren vor. Kant hatte im Grunde diesen Sachverhalt anerkannt, der einen fundamentalistischen, von der Idee eines Unbestimmten her konstruierten Sprachbegriff ausschließt. Deshalb läßt er zunächst auch nur solche Begriffe in einer Wissenschaft, die ihres Gegenstandes a priori gewiß sein soll, zu, die sich seiner Theorie nach in reiner Anschauung konstruieren lassen und nicht schon vorgegebenes sprachliches Bestimmtsein voraussetzen8. Er schließt empirische Begriffe aus dem Begriff einer reinen Wissenschaft im „eigentlichen" Sinne aus. Solche reinen, konstruierbaren Begriffe sind nach Kant die mathematischen Begriffe. Zwar läßt sich zeigen, daß auch auf sie die Konstruierbarkeit in reiner Anschauung nicht zutrifft, aber der transzendentalphilosophische Gedankengang fordert doch konsequent eine solche Konstruierbarkeit in reiner Anschauung, mit deren Begriff nichts anderes gemeint ist als eine Anschauung bar jeder empirisch-begrifflichen Vorbestimmtheit und bar jeder vorgängigen Bezogenheit auf eine Sprache und deren semantisches Relationsgeflecht, die dann, da Raum und Zeit keine von der Erfahrung abgezogenen Begriffe sein sollen, allein räumlich und zeitlich bestimmt, keineswegs aber völlig uribe8

Vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Transzendentale Methodenlehre.

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stimmt ist. Sie ist kein tinbestimmtes Unmittelbares, weil das ein Unbegriff wäre. Aber sie ist doch nach Kants Gedankengang nicht empirisch-begrifflich vorbestimmt, so daß sich im Hinblick auf sie eine Transzendentalphilosophie entwickeln ließe, wenn — und auch diese „Schwäche" seines Ansatzes ist Kant völlig klar — mit dem Bezug auf sie überhaupt schon ein Bezug auf etwas oder auf „Dasein" gegeben wäre. Da die Anschauung von einzelnem, zu bestimmendem Dasein allein in empirischen Begriffen gegeben sein kann, reicht die Transzendentalphilosophie ihrem universalen Ansatz nach nur bis zur Vorstellung von „Dasein überhaupt" und gelangt in der Reflexion auf Daseinsbestimmung auch nur bis zum Begriff eines „Gegenstandes überhaupt". Hinter diese Konsequenzenfolge der Kantischen Gedankengänge kann eine kritische Philosophie nicht mehr zurückfallen. So könnte man mit gewissem Recht unter der Voraussetzung der Kantischen Lehre vom Raum „x ε Ρ" als allgemeine fundamentale Satzform (ursprüngliche Prädikation) ausgeben, wenn man diese Form ζ. B. als „dieses ist eine Linie" interpretieren würde, weil „dieses" dann ein in reiner Anschauung Gezogenes, das den „Namen" „Linie" nur post festum erhielte, und nicht etwas Empirisch-Begriffliches bedeuten würde, das von einem Wort her als etwas objektiv Bestimmtes nur angesehen ist. Die Bezeichnung als „Linie" wäre willkürlich (κατά συνθήκη ν), aber sie hätte doch ihren systematischen Stellenwert in einem System von anderen, ebenfalls „an sich" zufälligen Bezeichnungen wie „Fläche", „Körper" usw. In Euklids Definitionen definieren sich solche Begriffe nur wechselseitig, während sie nach Kant auf a priori gegebenen Verhältnissen der reinen Anschauung beruhen, so daß sie in diesem bestimmten Verhältnis zueinander sich in ihr konstruieren ließen und in diesen Relationen nicht mehr auch in ihrer Gesamtheit willkürlich wären. Man kann nicht den Kantischen Begriff einer reinen Anschauung aufgeben und dennoch Konstruktion für eine transzendentale Methode halten, von der Kant schon, wie er in der „transzendentalen Methodenlehre" ausführt, wußte, daß sie eine philosophische, auf Dasein gerichtete Methode nicht sein kann. Das Problem der Sprache ist von Kant zu ernst genommen worden, als daß er es hätte durdi Konstruktion von Sprache hintergreifen wol-

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len. Verstand kann nach Kant von sich aus keine Sprache verständigen Redens aufbauen oder nachkonstruieren, weil für ihn konkrete sprachliche Bezeichnung von etwas eo ipso schon eine sich im Symbol „verbergende", vorausliegende Verknüpfung anstelle der durch Verstandesbegriffe gewesen ist, auf der als einer für ihn selbst nicht analysierbaren Basis er im Falle von Daseinsbestimmung seine kategorialen Synthesen so aufbauen muß, als hätte er in ihnen eine feste Basis. Verstand ist hier für Kant etwas, was an die Stelle prinzipiell unübersichtlicher sprachlicher Verhältnisse treten soll, und zwar so, daß dann die Verknüpfung in einem sprachlichen Begriff nur noch nachträglich zu der im Verstandesbegriff hinzukommen soll. Im Sinne einer nachträglichen Markierung der Ordnung des Verstandes, die dieser, so wie er bei allen Menschen über die Grenzen von Einzelsprachen hinweg derselbe ist, zuwege bringen soll, ist erst der Mangel, „Begriffe... auszudrücken" behoben9. Die Bedeutung der Kantischen Kritik besteht aber gerade darin, daß in ihr eingesehen ist, daß solch eine allgemeine Verstandesordnung (außer im mathematischen Bezug auf „reine Anschauung") nur bis zum Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" reichen kann und daß für die unterscheidenden Bezeichnungen für Daseiendes, wie sie schon in die protowissenschaftlichen Teile der empirischen Wissenschaften, wie ζ. B. Physik und Psychologie, eingehen müssen, wieder empirische Begriffe mit ihrer transzendentalphilosophischen Unzulänglichkeit einzutreten haben. Eine konkrete Wissenschaftssprache läßt sich überhaupt nicht unter alleiniger Anleitung des Verstandes konstruieren. Sie ist, so wie sie ist, „historischen" Ursprungs. Die kopernikanische Wendung läßt sich nicht so vollziehen, daß sich von der transzendentalen Einheit her noch ein Bezeichnungsvermögen für unterschiedliches Dasein systematisch aufbauen ließe. Die These von einer Ablösung der Philosophie durch „logische Analyse der Sprache" partizipiert demnach von vornherein an einem Sprachbegriff, der sich seinerseits dem Postulat der Analysierbarkeit von Sprache verdankt. Interessanterweise versucht J. J. Katz in seiner Be9

Kant, Anthropologie, a.a.O. S. 191.

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Stimmung von „Analytizität" statt an die Carnapsche Bestimmung des analytischen Wahren als „wahr nur kraft der Bedeutung", deren Schwierigkeiten und deren alleinige Ausrichtung auf künstliche Sprachen er sieht, für die Sprachwissenschaft „auf den Kantischen Begriff der Analytizität" zurückzugehen10. Der oberste Grundsatz aller analytischen Urteile lautet bei Kant: „Keinem Ding kommt ein Prädikat zu, welches ihm widerspricht"11, d. h. welches in einem Widerspruch zu einer Bestimmung steht, die im Begriff des Subjekts zu diesem Prädikat bereits „enthalten" ist. Katz sieht noch zu beseitigende Mängel dieser Kantischen Erklärung darin, „daß sie auf Konstruktionen der Form Subjekt-Prädikat hin entwickelt ist, was ihren Wirkungsbereich streng zu beschränken scheint, und sich auf solche schwer festlegbaren Konzeptionen wie .Begriff', ,Denken', ,Enthaltensein' etc. stützt, die, da sie nicht analysiert sind, uns die Entscheidung in diffizilen Grenzfällen zu einem Problem machen"12. Der zweite Punkt dieser Kritik weist darauf hin, daß zur Bestimmung des Analytischen nichtanalysierte Begriffe verwendet werden müssen, eine Beobachtung, die nicht den Kantischen Begriff des Analytischen, wohl aber die Vorstellung einer durchgehenden Analysierbarkeit von Sprache stören muß, die Kant nicht behauptet und nicht beansprucht. Der erste Teil dieser Kritik will den Begriff des Analytischen über das formale SubjektPrädikatverhältnis hinaus auf komplexere sprachliche Gebilde ausdehnen. Die generative Grammatik bedarf der Vorstellung einer durchgehenden Analysierbarkeit ihres Gegenstandes von der Vorstellung der Erklärungsadäquatheit ihrer deskriptiven Termini her, unter die sie Sprache so zu fassen versucht, daß sich deren Bau bis in die letzte Einzelheit als aus Elementen nach Regeln generiert verstehen läßt. Zu diesem Zweck definiert Katz die Kantischen Begriffe „Subjekt" und „Prädikat" in einem seinem Ziel gemäßen Sinn. „Die Wortreihe σ ist das Subjekt von S ( = Satz) nur in dem Fall, daß σ die gesamte Reihe von Endelementen im tieferliegenden Phrasemarker für S darstellt, der 10

11 12

J. J. Katz, The Philosophy of Language, New York-London 1966, S. 190 deutsch: Philosophie der Sprache, Frankfurt a. M. 1969, S. 173. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 190. Katz, The Philosophy of Language, S. 190; Philosophie der Spradie, S. 173.

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Fundamentalistische Ansätze, Analysierbarkeit

von einer Knotenstelle ,Nominalphrase' beherrscht wird, und daß über dieser Knotenstelle unmittelbar eine mit der Bezeichnung ,Satz' steht, die von keiner weiteren überragt wird."13 Anschließend folgt eine entsprechende Definition von „Prädikat". Mit anderen Worten heißt das: Ein Satz zerfällt in einen „Subjekt" genannten Nominalteil und einen „Prädikat" genannten Verbalteil, die sich ihrerseits als „Reihe" von „Endelementen" im Aufbau des ganzen Satzes darstellen. Das geht natürlichweit über Kant hinaus, denn hier ist mit dem Terminus „Endelemente" intendiert, daß die letzten Schritte einer syntaktischen Analyse solche formalen Differenzierungen darstellen, die syntaktisch nicht weiter zu differenzieren sind und in die unmittelbar bereits für sich feststehende lexikalische Einheiten eingesetzt werden können14. Analysierbarkeit von Sprache bis auf solche Einheiten hin ist vorausgesetzt. Unterste syntaktische Kategorisierangen in der wissenschaftlichen Beschreibung des sprachlichen Materials sollen zugleich Elemente dieses Materials selbst umfassen, so daß die beschreibende Sprache der Grammatik der Grammatik der zu beschreibenden Sprache bis in „ihre" Elemente folgen können soll, statt sie nur in Elemente zu,zerlegen. Dies Vermögen der „Grammatik" als einer zur Beschreibung und Erklärung von Sprache fähigen Sprache ist zugleich mit der vollkommenen Analysierbarkeit der Sprache vorausgesetzt. Es ist dieselbe Voraussetzung. Absolute Reflexion (Vergegenständlichung) von Sprache und Analysierbarkeit folgen demselben (einzelwissenschaftlichen) Bedürfnis, solche Voraussetzungen aufzustellen und sie dann in einem prinzipiell unendlichen Forschungsprozeß gegenüber einem infiniten Sprachmaterial auf ihre Erklärungsmächtigkeit hin zu befragen. Audi eine philosophische Reflexion der Sprache als Erkenntnismittel könnte sich nur in einer (philosophischen) Sprache vollziehen. Die Philosophie kann aber im Unterschied zu einer Einzelwissenschaft solche hypothetischen Voraussetzungen nicht aufstellen, da es ihr nicht nur um eine möglichst adäquate Grammatik als eine hypothetische Sprachtheorie über vorliegende sprachliche Äußerungen zu tun sein » Ebd. S. 174. 14 Vgl. audi Chomsky, Aspekte § 2.3.3.

Fundamentalistisdie Ansätze, Analysierbarkeit

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kann, wenn sie nach der Bedeutung von Sprache für den Erkenntnisprozeß selbst fragen will. Von hier aus wird deutlich, was es mit der Idee eines transzendentalen Charakters von Sprache auf sich haben könnte. Sie läßt sich nur unter einem Verzicht auf kritische historische Einsichten der Philosophie aufstellen, in denen menschliches Denkvermögen sich über sich selbst und seine Bedingtheit klarer zu werden versuchte. Daß Sprache mit ihren unkonstruierten und deshalb auch von keinem einheitlichen Gesichtspunkt her gebildeten überlieferten Begriffen, die zudem der gegenwärtige Gebrauch verändert, in diesen Reflexionen als vom transzendentalen Ansatz unbewältigter Rest zurückbleibt, und daß der transzendentale, vermeintlich unmittelbar in „reiner Vernunft" ansetzende Begriff einer Transzendentalphilosophie der Sprache, die in ihm kritisiert werden sollte, seinerseits verhaftet bleibt, wurde Anlaß weiterer philosophischer Überlegungen, wie sie vor allen Dingen in der Philosophie Hegels zum Ausdruck gekommen sind. Diese Überlegungen bilden den historisch-systematisch nächsten Punkt, den „transzendentallinguistische" Reflexionen überspringen.

IX Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen

Der Gedanke eines reinen „Anfangs der Wissenschaften", der mit dem einer möglichen Transzendentalphilosophie, die Wissenschaft sein könnte, zusammenfällt, ist in der „Wissenschaft der Logik" von Hegel als irrtümlicher, nicht auf seine eigene Bedingtheit reflektierender Gedanke kritisiert worden. Die „Wissenschaft der Logik" Hegels ist die Destruktion dieses Gedankens als gegenläufige Bewegung zu einer „reinen" transzendentalen Logik. Sie destruiert zunächst die Meinung eines möglichen Anfangs beim „Sein" als bei einem „unbestimmten Unmittelbaren", an dem ein Anfang des Bestimmens ansetzen könnte. Als durch Prädikate Bestimmbares könnte es nicht selbst ein Unbestimmtes schlechthin, sondern nur ein in Relation zu diesem Prädikat stehendes relatives Unbestimmtes sein. Die Kategorie des „unbestimmten Unmittelbaren" bedeute als diese allgemeinste Bestimmung „nichts" und damit „dasselbe" wie die des „Nichts". „Sein" in der Bestimmung eines „unbestimmten Unmittelbaren" und „Nichts" sind „dasselbe" 1 . Hatte Kant „Sein" „kein reales Prädikat" genannt, so fügt Hegel hinzu, „Sein" sei, in der Bestimmung eines „unbestimmten Unmittelbaren", auch kein reales Subjekt, kein ύποκείμενον, das irgendeiner prädikativen Bestimmung zugrunde liegen könnte. Nur bereits in einer Bestimmung Vermitteltes kann als einer Bestimmung gegenüber Bestimmbares und damit als deren „Unmittelbares" angesehen werden. Das besagt der Satz, es gebe nichts, was nicht zugleich unmittelbar und vermittelt sei 2 . „Der Verstand bestimmt und hält die Bestimmungen fest; die Vernunft ist negativ und dialektisch, weil sie die Bestimmungen des Verstandes", hier dessen Selbstbestimmung, das einzig Be1 2

Hegel, Wissenschaft der Logik, a.a.O. Bd. I, S. 66 f. Ebd. S. 52.

Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen

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stimmende gegenüber einem „unbestimmten Unmittelbaren" sein zu können, „in Nichts auflöst"3. Der Verstand, bei Kant bestimmt als das Vermögen kategorialen Urteilens, unterscheidet das Subjekt als ein Unbestimmtes vom bestimmenden Prädikat. Hegel sieht, daß in jeder Bestimmung das zu Bestimmende immer schon ein vorgängig Bestimmtes sein muß und daß es ein Mißverständnis ist, wenn der Verstand das Verstehen zu verstehen versucht, indem er alle Bestimmungen an sich zieht und deshalb sich gegenüber nur Unbestimmtes beläßt, d. h. wenn er in sich einen Anfang, eine Arche oder ein Prinzip des Bestimmens in einem Schnitt durch eine diachronische Entwicklung zu fixieren sucht. Die transzendentalphilosophisdhe Trennung zwischen apriorischer Form und gegebenem Inhalt des Denkens wird insofern kritisiert, als jeder Inhalt dadurch ein möglicher Inhalt des Denkens oder Bestimmens ist, daß er schon eine Denkform an sich hat, die also wesentlich dem angeblich ersten, die Gegenständlichkeit überhaupt erst bestimmen sollenden (transzendentalen) Bestimmen noch vorhergegangen sein muß und in der er sich als bestimmbar präsentiert, so daß Form und Inhalt sich nicht abstrakt auf eine subjektive und spontane und eine objektive Seite verteilen lassen. Damit ist, wenn man sich so ausdrücken will, bereits die Semantik in die Logik hineingezogen. In Wirklichkeit ist die abstrakte Trennung zwischen Semantik und syntaktischer Form praktisch undurchführbar, wie gerade moderne linguistische Theorien aufweisen. Sie erweist sich als abstrakte Verstandesbestimmung. Die zentrale Hegelsdhe Kategorie des „spekulativen Satzes" weist ebenfalls in diese Richtung4. Sie meint die begriffene Satzform, in der die Bewegung ebensogut vom Prädikat zum Subjekt wie vom Subjekt zum Prädikat verläuft. Das zu Bestimmende wird nicht nur deiktisch als „Einzelnes", sondern immer auch als Allgemeines begriffen. Es ist in der Bewegung des Satzes deshalb niemals nur ein Einzelnes oder Dieses-da, sondern immer ein vorgängig schon Bestimmtes (Allgemei3 4

Ebd. S. 6. Vgl. vom Vf.: Die Kategorien im „gewöhnlichen" und im „spekulativen" Satz. Bemerkungen zu Hegels Wissenschaftsbegriff, Wiener Jahrbuch für Philosophie, Bd. III, Wien 1970.

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Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen

nes), audi wenn kein bestimmender Kontext zurüdcverfolgt oder rekonstruiert werden kann. Die aktuale Bestimmung oder Prädikation selbst bestimmt das Subjekt nicht nur im Sinne dieser Prädikation und nicht zum erstenmal, sondern als etwas, das, wenn diese Bestimmung möglich sein soll, schon bestimmt gewesen und in dieser Bestimmung schon verstanden ist, und da die Bestimmung, wenn sie akzeptiert wird, wirklich ist, wird sie auch möglich und damit das zu Bestimmende schon bestimmt gewesen sein. Man kann nicht beim Unbestimmten anfangen, sondern nur beim sprachlich schon Bestimmten. Der Verstand ist in der Meinung des Gegenteils unwahr. Man kann auch nicht „die" Sprache konstruieren oder nachkonstruieren, da man wesentlich, d. h. aus dem konkreten Begriff der Sprache selbst heraus weder objektiv noch subjektiv zu ihren Anfängen zurückfinden kann. Man kann bei Sprachverwirrungen nur zu einem allgemein als geltend akzeptierten Sprachzustand, nicht aber zu einem „Anfang" des Sprechens zurückfinden. Verstand kann nur ansetzen, wenn Sprache schon Begriffe zur Bezeichnimg der Reflexion auf sprachliche Tätigkeit neben den direkten Bezeichnungen für Dinge und Tätigkeiten gebildet hat. Hegel spricht in diesem Zusammenhang von der „Voreiligkeit der Sprache"5 und davon, daß sich die logischen Kategorien nicht zuerst im Verstand, sondern „zunächst" in der Sprache finden6. Wenn dagegen nicht schon zugleich mit diesen sprachlichen (empirischen) Begriffen erkennbare, durchgehende Regeln des Gebrauchs gegeben sind, als deren Gesamtheit Verstand sich begreifen könnte, liegt das am empirischen Wesen dieser Begriffe selbst, in deren Bildung Analogien und Ähnlichkeiten, oder, wie Humboldt schreibt, Auseinandergehen so gut wie Übereinstimmen eine Rolle gespielt haben. Wenn ein übereinstimmender Gebrauch merklich nicht mehr gewährleistet ist und deshalb Reflexionen auf Regeln einsetzen, sind nicht Regeln „der" oder auch nur „dieser" Sprache verletzt, sondern nur ein bestimmtes Ideal von Sprache, nämlich das, 5

6

Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Sämtliche Werke, hrg. v. H. Glockner, Stuttgart 1961, Bd. 11, S. 100. Hegel, Wissenschaft der Logik, a.a.O., Bd. I, S. 9.

Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen

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sie habe, im Sinne Lockes, vor allem stabilisierendes Medium des Informationsflusses innerhalb stabiler Intersubjektivitäten zu sein. Die Tatsache eines nicht mehr gewährleisteten identischen Sprachgebrauchs ist nicht an sich, sondern nur gegenüber diesem angestrebten Zweck ein Negativum. Sie kann ebensogut Indiz für die Unwahrheit des Zustandes sein, in dem solche Identität als „Übereinkunft in der Sprache" möglich erschien, weil alle sich in der Regel so auf sprachliche Zeichen hin verhielten, als sei Sprache Mittel der Information innerhalb disziplinierter Intersubjektivitäten und nicht audi mögliches Mittel ihrer Kritik und Auflösung, und als hätten alle beim Vernehmen sprachlicher Zeichen nowendig die gleichen Vorstellungen. Dabei kann die Annahme solcher gleichen Vorstellungen nur Resultat einer Projektion aus dem Eintreten des erwarteten Verhaltens auf sprachliche Zeichen hin sein, die ihren „auslösenden" Zeichencharakter ebenfalls nur innerhalb solcher stabiler Geltungszusammenhänge haben können. Nur innerhalb soldier stabiler sprachregelnder Vorurteilsstrukturen hat „Verstand", von Kant zum Vermögen zu urteilen überhaupt hypostasiert, einen Boden (Fundament) geregelter empirischer Begriffe, derer er auch als „reiner" zur Bestimmung von „Dasein" bedarf, und kann positiv werden, quasi als eine der Möglichkeiten der Vernunft, die positiv, aber, gegenüber Positivem, auch negativ ist. Daraus folgt, daß in dem Begriff eines „Gegenstandes" von Verstandesbestimmungen sich notwendig solch eine Struktur vor den eigentlichen Verstandesurteilen als Vorurteilsstruktur niedergeschlagen hat. Aufklärung kann deshalb nicht in deren systematischer Leugnung, sondern nur in der Einsicht in ihre Notwendigkeit bestehen. Die Gegenständlichkeit der Gegenstände, ihre Qualität, so und nicht anders zu sein, als sie bestimmt sind, verdankt sich in Wahrheit nicht einem „reinen" Verstand, sondern dieser Struktur oder der entsprechenden disziplinierten Intersubjektivität des Verhaltens, als dessen Teil das identisdie Sichverhalten auf tradierte spradilidhe Zeichen hin zu begreifen ist. Unter dem Oberbegriff von „reinen Verstandeshandlungen", die als aus einer obersten Einheit heraus geregelte, in ihrer Identität wiederholbare erscheinen, wird ihre wirkliche Bedingtheit gerade verdeckt, so daß sich dieser philosophische Begriff eines angeb-

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Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logischer Formen

lidi reinen Verstandes gerade einer Aufklärung menschlicher Bedingtheit über sich selbst in den Weg stellt. So begreift eine sich sich selbst unter dem Namen dieses Verstandes vorstellende Vernunft in dem Versuch, sich zu begreifen, „nichts", wie denn auch ihr noch nicht näher als konkretes „Dasein" bestimmtes Material der Anschauung, seiner Bestimmung als das „unbestimmte Unmittelbare" nach, als dasselbe bestimmt ist wie unter der Bestimmung des „Nichts" als einer reinen (leeren) Versandesbestimmung (ens rationis), in der nidits Konkretes gegeben sein kann. Der Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" suggeriert, daß allen Gegenständen ein identisches Prinzip der Vergegenständlichung in ihrer jeweiligen sich durchhaltenden Bestimmtheit innewohne, so daß ihre jeweilige Bezeichnung als nachträgliches Moment an ihnen begriffen und nominalistisch von ihnen selbst abgehoben werden könnte. Unter diesem Verstandesaspekt folgt die Bezeichnung dem Gegenstände konstituierenden Prinzip des Verstandes als einer allgemein konstituierenden Einheit, und es ist möglich, von da, d. h. von diesem falschen Selbstbegriff her eine Begriffsbildung durch Zusammenfassung von sinnlich Ähnlichem unter wechselnden Gesichtspunkten als überwunden zu verstehen. Es entsteht ein Pathos der reinen, vorurteilsfreien Sachlichkeit, das sich als in einem rationalen Prinzip begründet versteht, und damit ein korrelatives, nur halb durchdachtes Pathos vermeintlicher Rationalität, die aber nur als die zweckgebundene Rationalität wissenschaftlich-gegenständlicher Sprachbetrachtung zu begreifen ist. Über diesen arglosen Begriff von Rationalität war allerdings die Philosophie mit der Kritik Hegels an Kant und am Kantischen Begriff des Verstandes und der VerstandesbegriJffe, die Hegel insgesamt in ihrem universalen Anspruch als „etwas Unwahres"7 bezeichnet, hinaus. Mit der Kritik des Verstandes im Kantischen Sinn war der transzendentalphilosophische Ansatz, den Kant zum erstenmal in seiner Kritik der traditionellen Transzendentalphilosophie als einer ontologia generalis kritisierte, zum zweitenmal und diesmal in der letztmöglichen Variante eines transzendentalen Idealismus kritisiert worden. Die alte Onto7

Ebd. S. 27.

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logie, an deren universale Begriffe audi die allgemeine Linguistik anzuknüpfen versucht, ließ sidi nach Kant nur nodi in einer transzendentalidealistischen Umkehrung rechtfertigen, indem ihre Bestimmungen auf den Status von transzendentalsubjektiven Bestimmungen von (begrifflich nicht vorbestimmten) Anschauungsgegenständen reiner Anschauung restringiert wurden. Nun erweist sich — analog zu der Hegeischen Einsicht der Bindung scheinbar rein vernünftig zu begründender Moralität an bestehende konkrete Sittlichkeit — daß das Empirische, d. h. das nicht allgemein als objektiv gültig zu begreifende des empirischen Begriffs dem angeblich reinen Begriff immer schon Grundlage sein muß und daß eine vorherrschende Perspektive der transzendentalidealistisdien Konstruktion eines Begriffs von Wahrheit als Grundlage notwendig vorgegeben ist. „Reine Anschauung", die einer Transzendentalphilosophie trotz ihres Allgemeinheitscharakters das Moment der Anschauung (eines einzelnen Objektes)8 allgemein gewährleisten und sie damit zu einem transzendentalphilosophischen Erkenntnisbegriff befähigen sollte, erweist sich als die von Heterogenität oder vom möglichen Einspruch in geltende Sprachregelungen freie Anschauung oder als Gewähr eines identischen Moments der Bestimmbarkeit des rational zu Bestimmenden®. Diese Kritik des Begriffs eines transzendentalen Verstandes hebt ihren Gegenstand allerdings nicht auf. Sie begreift ihn in seiner Notwendigkeit. Auch der Schein von Wahrheit ist in den Bedingungen seiner Realität zu begreifen, wenn Philosophie nicht rein negativ und damit willkürlich nur die „Idee" einer „wahren Welt" gegenüber der des Scheins vorgeben will. Worin die relative „Wahrheit" der „Verstandeswelt" besteht, ist schon in der Kantischen Fragestellung, wie „Metaphysik als Wissenschaft" möglich sei, angezeigt. Der Begriff der Wissenschaft ist in dieser Frage der leitende, bestimmende Begriff. Der der Metaphysik soll in dem Rahmen einer möglichen Wissenschaft bestimmt werden. Wissenschaft ist nun im „idealen" Fall in der Tat ein 8 9

Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 741. Vgl. v. Vf.: Sprache und Raum. Philosophische Untersuchungen zum Verhältnis zwischen Wahrheit und Bestimmtheit von Sätzen, Berlin 1969.

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Hegels Kritik der Unmittelbarkeit und sein Begriff logisdier Formen

intersubjektiv diszipliniertes Verhalten. Sprachwissenschaft muß, als Wissenschaft, sich im Sinne disziplinierten Verhaltens ihren Gegenstand „Sprache" konstituieren. Sie muß daher die in der Philosophie zu kritisierenden Perspektiven auf Sprache beibehalten und sogar systematisch durchhalten und sich in ihrer Wissenschaftssprache so zu diesem Gegenstand verhalten, wie die Transzendentalphilosophie es menschlichem Verhalten allgemein zuschrieb. Während die Transzendentalphilosophie dieser Verallgemeinerung des im Besonderen Notwendigen zu einem allgemeinen „Vermögen" ihren Status verdankt, bewahrt die Sprachwissenschaft dieses „Vermögen" als einen besonderen, einer Einzelwissenschaft eigentümlichen Aspekt und kann somit der Philosophie als Spiegel dafür dienen, die besondere Bedingtheit der als allgemein (transzendental) angenommenen „Bedingungen der Möglichkeit" zu erkennen, in einer umgekehrten Analogie zur mittelalterlichen „spekulativen Grammatik", die in universalen Formen der Grammatik einen universalen Verstand wie im Spiegel zu erblicken glaubte. Die allgemeine Sprachwissenschaft stellte sidi somit als diejenige Wissenschaft heraus, in der gegenständliche Sprachbetraditung und deren universale Bestimmungen vom Zwecke der Gewinnung ihres spezifischen Gegenstandes her notwendig und rational gerechtfertigt sind, deren Gegenstand, unter diesen Bestimmungen betrachtet, aber umgekehrt sich als Ideal von Sprache abzeichnet, wie es letztlich nur in Wissenschaften als eingespielten, intersubjektiv disziplinierten Spradiverhaltensformen zu rechtfertigen wäre. Sie kann nur Wissenschaft sein, wenn zugleich ihr Gegenstand unter dem Ideal einer Sprache betrachtet wird, dessen Realisierung nur im Bezug auf das kontrollierte restriktive Sprachverhalten in Wissenschaften gewollt sein kann, so daß sich in ihr als dieser Einzelwissenschaft letztlich der Begriff der Adäquatheit zwischen Begriff und Gegenstand auf dem Wege einer Restriktion sowohl des Begriffs (von Sprache) wie auch des Gegenstandes (spezifiziert als Wissenschaftssprache) ideal zu eifüllen scheint. In der Aufgabenstellung einer wissenschaftlichen Reflexion von Wissenschaftssprache entläßt die Philosophie den Topos der adaequatio zwischen einem vom reinen Urteilsbegriff her konzi-

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pierten Begriff des Gedankens und dem Begriff einer dieser Konzeption von Gedanken korrespondierenden Objektivität aus dem Umkreis der eigenen philosophischen Fragestellung10.

10

Die generative Grammatik verdankt wesentliche Impulse den wissenschaftslogischen Sprachreflexionen des sog. logischen Positivismus, vor allem Wittgensteins und Carnaps. Vgl. J. J. Katz, The Philosophy of Language, S. 18 ff.; Philosophie der Sprache, S. 24 ff.

X Selbstbewußtsein

Diese Überlegungen lassen den audi von Kant verwendeten Terminus transzendentaler „Vermögen" eines „transzendentalen" Subjekts, an den der linguistische Begriff der reinen „Kompetenz" anklingt, in seinem historischen Sinn verständlisch werden. „Vermögen" ist das, was Verstand vermag und wozu er sich selbst bestimmen kann. Die mit einer Wissenschaftssprache notwendig einhergehende reduktive Sprachregelung als gewollte Reduktion des Sprachgebrauchs auf geregelte Eindeutigkeit hin erscheint als Vermögen der Selbstbestimmung oder Selbstdisziplinierung. Der Begriff eines als „ursprünglich" verstandenen Selbstbewußtseins, der zu dem des Verstandes im Kantischen Sinn gehört, erscheint als der eines Subjekts soldher Bestimmung seiner selbst. Durch sie reguliert das in jeweiligen, transzendental nicht zu bestimmenden empirisdien Zusammenhängen bestimmte empirische Subjekt sieb in der Regelung seiner Sprache zum „transzendentalen" hin, und im selben Akt, in dem es sich somit seiner selbst in der Feststellung seiner selbst als „Identität" bewußt wird, konstituiert es vor sich Gegenstände, die dem Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" zu entsprechen vermögen, weil sie in einer Korrelation zu als transzendental vorausgesetzten Regeln der Urteilsbildung verstanden sind. Da in der allgemeinen Sprachwissenschaft der Gegenstand darüberhinaus ein besonderer sein soll, nämlich „die" Sprache, bleibt offenkundig, daß hier dieser empirische, das Gegenstandsgebiet gegenüber einem „Gegenstand überhaupt" spezifizierende Begriff aus seinem empirischen Gebrauch (mittels der Absonderung von Paradigmen) „abgesondert" und daß durch diese Absonderung eine besondere Perspektive auf ihn festgehalten und verabsolutiert ist, von der dieses empirisdien Charakters und dieser empirischen Herkunft wegen unmöglich gesagt werden kann, daß sie eine transzendentale Perspektive sei. Identität des Selbstbewußtseins im transzendentalphilosophischen Sinn, als Identität der Bedingungen und des Gegenstandes der Er-

Selbstbewußtsein

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kenntnis, ist der Punkt, von dem her Philosophie sich selbst „rein" begründen könnte. Die Sprache müßte, insoweit sie zu den Bedingungen der Erkenntnis gehört, in einer transzendentalen Reflexion unverstellt zugleich Gegenstand der Erkenntnis sein können. Wenn nun eine Vergegenständlichung von Sprache einen bestimmten (abgesonderten, aber „an sich" empirischen) Begriff von Sprache voraussetzt, gelingt eine Vergegenständlichung von Sprache in dem Sinn, in dem sie in die Erkenntnis hineinwirken könnte, wesentlich nicht. „Selbstbewußtsein" , im transzendentalphilosophischen Sinn eines Subjekts, das sich als Erkenntnissubjekt zugleich sich selbst als Inbegriff von transzendentalen Erkenntnisbedingungen vorstellen könnte, ist dann im Sinne einer strengen Identität nicht möglich. Vielmehr besteht „Selbstbewußtsein" im Bewußtsein dieser Unmöglichkeit, d. h. der eigenen Endlichkeit als Bewußtsein. „Identität des Selbstbewußtseins" erweist sich — auch wenn wie bei Kant sinnliche Anschauung als dazukommende Erkenntnisbedingung gefordert ist — als Vorstellung eines nichtsprachlichen, d. h. nichtmenschlichen oder göttlichen Bewußtseins, der gegenüber die zusätzliche Forderung, daß, als Attribut der Endlichkeit, sinnliche Anschauung hinzuzukommen habe, fremd und äußerlich bleiben muß. Die Spezifizierung des Verstandesbegriffs zu dem eines menschlichen Verstandes, ohne die dieser Begriff für einen rationalen Erkenntnisbegriff nutzlos bleibt, hätte sich als Preisgabe des Ansatzes bei einer voraussetzungslosen Identität im Selbstbewußtsein zu vollziehen, nicht durch die Nennimg zusätzlicher Bedingungen zu dem Ansatz bei einer solchen Identität, die, soweit Sprache in der Reflexion der Erkenntnis eine Rolle spielen soll, nur möglich wäre, wenn sich die Sprache, so wie sie zu den Bedingungen der Erkenntnis gehören soll, zugleich in dieser selben Sprache darstellen ließe. Sie müßte, um dargestellt werden zu können, syntaktisch und semantisch überschaubar, also letztlich eine formalisierte, reduzierte Sprache sein, d. h. nicht die Sprache, die man meint, wenn man von ihrer transzendentalen Bedeutung spricht. Der Ausgang vom einzelnen, sich in seiner Bedeutung angeblich „selbst" charakterisierenden und deshalb ohne Kontext bedeutenden Satz (in einem noch höheren Maße der vom einzelnen Urteil) gibt vor, durch dessen Absonderung Sprache als Ganzes exem-

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plansch vor das Subjekt bringen und selbst sprachlich darstellen zu können. Er ist deshalb der wirkliche, den Schein eines Ausgangs bei einem „ursprünglichen" in sich identischen Selbstbewußtsein ermöglichende Ausgangspunkt. Selbstbewußtsein vollzieht sich, indem es sich in einem anderen „als" es „selbst" anschaut. In dieser (paradigmatischen) Vorstellung von sich setzt es den Schein absoluter Reflexion als Identität mit sich. Im vorgestellten Satz setzt es sich aus „seiner" Sprache heraus. „Ich" ist in der Tat bei Kant als dasjenige Vermögen gesetzt, das Sätze in ihrer Funktion als Beispiel für Regeln der Satzbildung überhaupt bilden kann. Von hier aus ergibt sich die Möglichkeit einer kritischen Nachzeichnung der Herkunft philosophischer Grundbegriffe, die sich aus dem Prinzip der Identität im Selbstbewußtsein herleiten sollen. Sie leiten sich aus dem Prinzip gegenständlicher Sprachbetrachtung her und bleiben genuin an den von diesem Prinzip bestimmten (sprachwissenschaftlichen) Sprachbegriff gebunden. Die Sprachwissenschaft kann als Wissenschaft der Philosophie negativ Bedingungen vorführen, unter denen sie als Reflexion auf ihre eigenen sprachlichen Voraussetzungen selbst als Wissenschaft auftreten könnte, und damit auch zeigen, daß eine philosophische Reflexion dieser Bedingungen als Wissenschaft nicht gelingen kann. Es ist ein Paradox der Transzendentalphilosophie, daß sie einerseits diesen Anspruch der Selbstieflexion erhebt, also ihre (subjektiven) Bedingungen gegenständlich vor sich zu bringen versucht, andererseits aber lehrt, daß der Gegenstand sich erst vor dem Subjekt konstituiere und erst in seiner Vorstellung (als Erscheinung) das ist, als was er erkannt werden kann. Dank ausgebreiteter wissenschaftstheoretischer Reflexionen ist gegenwärtig mehr von den Bedingungen und der Problematik systematischer Wissenschaft und dank der Fortschritte einer wissenschaftlichen Sprachbetrachtung auch wissenschaftlich mehr von den besonderen Problemen wissenschaftlich-gegenständlicher Sprachbetrachtung bewußt als bei Kant und auch bei Hegel. Das ergibt die Möglichkeit, das Problem der Selbstreflexion in diesen sprachlichen Zusammenhängen neu zu formulieren. Vor allem die idealistischen Anstrengungen, Prin-

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zipien der Wissenschaftlichkeit aus einem reinen Selbstbewußtsein oder Ich-Prinzip zu deduzieren, können klarer in ihrem antinomischen Charakter bestimmt werden. Die Philosophie kann nicht mehr den Anspruch erheben, einen allgemeinen Begriff von Wissenschaft, der dann für alle Einzelwissenschaften verbindlich sein sollte, deduzieren zu wollen oder vom Verstand her eine Grammatik „einer jeden Sprache" abzuleiten. Diese Versuche waren im Grunde schon bei Kant gescheitert, sobald der Begriff eines Gegenstandes überhaupt einzelwissenschaftlich spezifiziert werden sollte. Von diesem Punkt der Wissenschaftstheorie an, also im Grunde von ihrem Anfang an, der bei den Wissenschaften zu liegen hätte, muß die Philosophie einzelne Wissenschaften mit ihrer besonderen Begrifflichkeit aus empirischen und nicht transzendentalen Begriffen „zum Beispiel" nehmen, in denen der faktisch anzutreffende Gebrauch die Methode vorzeichnet (usus dat methodum) und nicht eine transzendentale Regel. Die Philosophie gewinnt in einer „transzendentalen Methodenlehre" nicht ihre eigene positive Methode, die nur aus dem Verstand geschöpft wäre. Sie erkennt negativ, daß sie über eine solche „philosophische" Methode a priori ihrer selbst niemals sicher sein kann1. Folgt sie einer bestimmten Methode, d. h. ist historisch in ihr eine bestimmte Methode schulmäßig im „Gebrauch", so kann ein kritischer Fortschritt nur darin bestehen, diese Methode in ihrer Besonderheit deutlich zu bestimmen und sie als eine besondere, verdecktermaßen den Methoden von Einzelwissenschaften analoge aufzuweisen. Die Philosophie mag vielleicht der Ort sein, an dem sich einzelwissensdiaftliche methodische Ansätze schon einzuspielen beginnen, ehe sich die entsprechenden Wissenschaften institutionell und klar umrissen konstituiert haben, und sie kann sich möglicherweise erst dann deutlich von ihnen emanzipieren, wenn sidi diese Einzelwissenschaften als solche von der Philosophie zu lösen beginnen, weil eben die Methoden von Anfang an keine philosophischen sein konnten, insofern sie einen geregelten Gebrauch und damit ein identisches Sidiverhalten gegenüber der Erfahrung von Wirklichkeit implizierten, in dem Wirklichkeit nur in einer sprachlich festge1

Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 763.

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stellten Perspektive in Betracht kommen kann, als Stabilisierung einer der vielen „lebensweltlichen" Perspektiven in der geregelten Semantik der Begriffe und der geregelten Syntax ihrer Verknüpfungsmöglidikeiten. So mag die Methode der Physik sich lange innerhalb der Philosophie vorbereitet haben, und erst das Heraustreten der Physik als „selbständige", d. h. von der eigenen, nicht transzendental zu bestimmenden Methode her sich konstituierende Wissenschaft gibt die Möglichkeit, diese Methode als nur besondere in ihrem historischen Charakter zu begreifen. Der Nachvollzug dieses Vorgangs findet sich für die Physik in der Entwicklung der Philosophie Kants. Dasselbe würde dann für die allgemeine Sprachwissenschaft gelten müssen, die sich in der letzten Zeit nach dem Vorbild anderer Wissenschaften auf ihre Methode besinnt und sie bemerkenswerterweise in der vorkantischen und Kantischen Philosophie, ζ. B. als „Cartesian Linguistics", ferner in der Logik und Grammatik von Port Royal und in der mittelalterlichen Sprachtheorie vorgezeichnet sieht. Durch diese Anknüpfungsmöglichkeit werden weniger die Sprachwissenschaften philosophisch begründet als die bezüglichen Philosopheme als im Grunde einzelwissenschaftliche Topoi entdeckt. Wenn Kant nach den „Bedingungen der Möglichkeit" von Erkennntnis fragt, dann fragt er nach den Bedingungen der Möglichkeit eines Begriffs von „Übereinstimmung" mit einem sprachlich als „Satz" erscheinenden „Urteil" als einer Synthese (Einheit der Synthesis), die für sich und in Isolation gegen andere Urteile wahr sein können soll. Er fragt nach deren so verstandener Möglichkeit, und von dieser in der Geschichte der Philosophie angelegten Fragerichtung her kommt er zu der Einsicht, daß das Urteil von seiner Bildung als Synthesis her als das Bestimmende in dem Verhältnis zwischen Urteil und Gegenstand anzusehen ist. Die Möglichkeit der Urteilshandlung, d. h. die Möglichkeit, in der Bildung eines Urteils Wirklichkeit zu erfassen, war im Grunde immer schon der vorausgesetzte oberste Ausgangspunkt der philosophischen Überlegungen. Die oberste Einheit der Apperzeption ist das Faktum der Voraussetzung eines so verstandenen Urteilsvermögens. Urteilen in diesem Sinne ist angesehen als eine Handlung, die möglich ist. Freiheit als der formale Bestimmungsgrund von Hand-

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lungen überhaupt wird hier spezifiziert als Freiheit in der Sprache, derzufolge es einem sich zusammen mit dieser reinen Möglichkeit in seinem Selbstbegriii konstituierenden „Selbstbewußtsein" a priori möglich sein soll, einen Satz, losgelöst vom Kontext und der Situation, also auch ohne Rücksicht auf Vorurteile, so zu bilden (bzw. zu verstehen), daß damit „ursprünglich" zu urteilen angefangen oder jedesmal wieder eine neue Kausalreihe initiiert werde. Der transzendentalphilosophische Ansatz ist somit nur die Konsequenz der traditionellen Fixierung auf den isolierten Satz als einen möglichen Ausdruck von Wahrheit. Von dieser Fixierung aus gesehen muß dann schließlich Wahrheit von der Satzbildung oder von der Form der Urteilshandlung als einer Einheit von Synthesis von Begriffen her verstanden werden. Der weitere Schritt ist das Verständnis des (theoretischen) Gegenstandsbegriffs von dieser vorausgesetzten (praktischen) Möglichkeit her. Ihre Voraussetzung ist der Punkt, an dem das empirisch-sprachliche Subjekt sich unkritisch als transzendentales Urteilsvermögen mit objektiver, sprachliche Vorgegebenheit durchstoßender Gültigkeit versteht, und damit der Punkt, in dem sich der Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" in einem solchen Zusammenhang konstituieren muß. Die formale Urteilshandlung als Akt der Synthesis von wie auch immer bestimmten Begriffen allein kann dann, als „Funktion" zu urteilen, noch die „Substanz" von Gegenständen, d. h. deren Gegenständlichkeit ausmachen. Die verknüpften Begriffe selbst können dabei, soweit sie empirische Begriffe und in ihren spezifischen Bedeutungen mit den Spuren ihres herkömmlichen Gebrauchs behaftet sind, nur eine akzidentelle Rolle spielen. Da Synthesis allein dagegen ohne zu synthetisierende Begriffe keinen Sinn ergibt, bleibt die apodiktische Gewißheit eines Urteils nur gewährleistet, wenn diese Begriffe, wie nach Kant die mathematischen, in reiner Anschauung konstruierbar sind, d. h. ebenfalls einer Handlung entstammen, die ihre Möglichkeit innerhalb reiner, d. h. auch, nicht von empirischen Begriffen geschichtlich vorherbestimmter Anschauung gewährleistet sieht. Von diesem Gegenstandsbegriff her, der in der Idee unmittelbar als objektiv gültig möglidier und zugleich freier Urteilshandlungen begründet ist, ergibt sich die gnoseologische Auszeichnung der Mathe-

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matik als einer ihres Gegenstandes a priori gewissen Wissenschaft und damit schließlich die Lehre, in einer Wissenschaft könne nur soviel „eigentliche" Wissenschaft enthalten sein, „als darin Mathematik anzutreffen ist"2. Wissenschaften, die über die mathematische Fassung ihrer Syntax hinaus empirische Begriffe benötigen, um den reinen Verstandesbegriffen, die den rein formalen „Funktionen zu urteilen" entsprechen, „Sinn und Bedeutung" geben zu können 3 , bleiben diesbezüglich bloße Versuche, da eben diese empirischen Begriffe wesentlich empirischen, transzendentalphilosophisch nicht nachzukonstruierenden Sinnzusammenhängen verhaftet sind, insofern sie überhaupt inhaltlich etwas bedeuten. Im Zusammenhang dieser Gedankengänge stellt sich Selbstbewußtsein dar als Vorstellung der Möglichkeit, daß die Sprache, durch die das urteilende Subjekt bestimmt wird, dieselbe Sprache sei wie die, die sich in den von ihm produzierten Urteilen exemplarisch darstellen soll. Das geäußerte, vorliegende Urteil soll, von seiner Form her, exemplarisch für alle/ möglichen Urteile, also auch für alle prinzipiell nicht in die Reflexion hineinzuziehenden Vorurteile stehen. Damit ist die sich als absolute Reflexion oder als Identität im Selbstbewußtsein verstehende Reflexion a priori auf das Formale an möglichen Sprachen beschränkte Reflexion. Soll nun an dem Begriff ihrer Absolutheit festgehalten werden, dann ist Sprache, um das Moment der Beschränktheit der Reflexion auszuschalten, a priori als formalisierte Sprache zu verstehen, ein Anspruch, dem die Mathematik gerecht zu werden scheint, wenn auch gerade von einer solchen formalisierten Sprache gezeigt werden kann, daß sie als ihre eigene Metasprache nicht möglich ist 4 . Soll dagegen auch ein möglicher Einfluß der Sprache im Sinne 2 Kant, Metaphysische Anfangsgriinde der Naturwissenschaft, a.a.O. S. 470. 3 Ebd. S. 478. 4 Eine Identität zwischen Objekt- und Metasprache setzte zunächst voraus, daß jede dieser Seiten für sich in sich identisch sei, d. h. sich als „dieselbe" Sprache durchhielte. Abgesehen davon, daß eine solche Starrheit für die normale Sprache nicht angenommen werden kann, hat Gödel gezeigt, daß es unmöglich ist, ein formales System aufzustellen, in dem alle Metaaussagen über es formuliert werden können. (K. Gödel, Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme, Monatshefte für Mathematik und Phy-

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einer von ihr mitgetragenen Vorurteilsstruktur auf das urteilende Subjekt reflektiert werden, so muß natürlich an die nicht formalisierte „normale" Sprache gedacht werden, der gegenüber die Erklärungsadäquatheit einer grammatischen Theorie schon deshalb „utopisch" bleiben muß, weil das Verfahren der Bestätigung einer solchen wie differenziert auch immer konzipierten Theorie von der prinzipiellen Unendlichkeit des sprachlichen Materials her notwendig nur empirisch sein kann 5 . Es wird jeweils diejenige Grammatik zu „rechtfertigen"

5

sik, Bd. 38, 1931; vgl. hierzu und generell zum Problem der Reflexion G. Frey, Sprache, Ausdruck des Bewußtseins, Stuttgart 1965). Zum Problem der „Selbstreflexion der Sprache" vgl. K. O. Apel, Sprache und Reflexion, Akten des XIV. Internationalen Kongresses für Philosophie, Wien 1968. Die an Peirce orientierten Arbeiten Apels postulieren eine semiotisdie Transformation der transzendentalen Reflexion Kants, der bekanntlich eine „Einfachheit" des transzendentalen Subjekts fordert, „eben darum, weil man gar nichts an ihm bestimmt" (A 355), aber nicht den Schluß zuläßt, das Subjekt sei einfach als Identität mit sich selbst. Es ist nicht nur nicht als einfache Reflexion in sich selbst beurteilt (bestimmt), sondern, als Ursprung des Urteilens, überhaupt nicht selbst beurteilt und deshalb „einfach". Es kann ihm daher auch gar keine Eigenschaft oder irgendein empirischer Umstand der Urteilsbildung zu- oder abgesprochen werden, ζ. B. auch nicht „Sprache", die ja nidit als „reines" Vermögen zu begreifen wäre. Jede Beurteilung des Subjekts, auch die, ihm sei überhaupt oder in seiner Sprache Selbstreflexion möglich oder nicht möglich, könnte schon Vorurteil sein, das sich dann in den Begriff objektiv gültigen Urteilens konstitutiv einschlidie. Es handelte sich um ein Urteilen vor der Begründung der Möglichkeit objektiv gültigen Urteilens. Damit ist „Erklärungsadäquatheit", wie Chomsky sie in Anlehnung an den — von Kant kritisierten — Cartesianischen Begriff einer „res" cogitans als Substanz, die denkt, postuliert, zusammen mit dem Begriff möglicher „substantieller Universalien" oder dem Subjekt als einer „res" „eingeborener Ideen" ausgeschlossen. Da diese Begriffe von Chomsky letzten Endes nur hypothetisch angesetzt werden und „Erklärungsadäquatheit" zumindest vom gegenwärtigen Stand der Linguistik her für utopisch gehalten wird, ist sie auch hier insofern ausgeschlossen, als sie mit dem Abschluß der Linguistik als Wissenschaft zusammenfallen würde. — Als Ziel muß die Linguistik sie jedoch, wegen der Bestimmung ihres besonderen Gegenstandes in Differenz zu dem Begriff eines „Gegenstandes überhaupt", bis zu dem die kritische transzendentale Reflexion allein gelangt, voraussetzen. Dadurch wird sie empirisch forschende Wissenschaft. Dadurch sind ihre beschreibenden Begriffe aber auch wesentlich von „objektiver Gültigkeit" oder von der Bestimmung der objektiven Spracherzeugung entfernt. Sie bleiben als empirische Begriffe selbst der Interpretation ausgesetzt und erlangen Eindeutigkeit, als Voraussetzung der Beziehung auf ein Objekt, nur innerhalb eines innerdisziplinär eingespielten, aber transzendental nicht zu rechtfertigenden Gebrauchs.

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sein, die unter anderen relativ am besten zu erklären vermag 6 . Sobald dagegen diese empirische Methode durdi die Idee einer transzendentalen oder rationalen Grammatik, d. h. durch den Ansatz bei einem „reinen", in sich absolut identischen Selbstbewußtsein ersetzt wird, ist der sprachkritische Aspekt schon ausgeschaltet, so wie er auch in jedem Subjekt ausgeschaltet ist, das in seinen Urteilen die Möglichkeit unmittelbarer Objektivität beansprucht, d. h. sich selbst unmittelbar und unkritisch unter der Idee eines freien, urteilsvermögenden Wesens ansieht 7 . Ganz entsprechend stellt Apel an die Stelle des Kantischen Subjektbegriiis die „Idee der Realisierung einer unbegrenzten Interpretationsgemeinschaft, die jeder, der überhaupt argumentiert (also jeder, der denkt!), implizit als ideale Kontrollinstanz voraussetzt" (K. O. Apel, Szientismus oder transzendentale Hermeneutik, in: Hermeneutik und Dialektik, H. G. Gadamer zum 70. Geburtstag, hrg. v. R. Bubner, K. Cramer und R. Wiehl, Tübingen 1970, Bd. I, S. 140). Der hier zugrunde gelegte Sprachbegriff, der inhaltlich in enger Beziehung zu Hegels Begriff des „spekulativen Satzes" stehen dürfte, geht davon aus, „daß jedes Gedankenzeichen in einem anderen, das auf es folgt, übersetzt oder interpretiert wird" (Ch. S. Peirce, Collected Papers, Bd. 5, § 284). Sprache ist so nicht mehr als entweder vom Verstand oder von einer von ihr streng abgesetzten Metasprache her a priori oder vor ihrem Gebrauch syntaktisch und semantisch geregelte Sprache verstanden, sondern als sich in ihrem Gebrauch „unbegrenzt" selbst interpretierende Sprache, wobei natürlich die Unbegrenztheit der Vorstellung einer in soldier „Selbstreflexion" der Sprache zu erreichenden „Identität" im Wege steht. Sie bildet ein Moment der „Nichtidentität" im Begriff der Voraussetzung eines „jeden, der denkt". Dadurch ist der Begriff einer solchen „Interpretationsgemeinschaft" von der einfachen Vorstellung übereinstimmender Intersubjektivität im Gebrauch geregelter und in einer Regelung zu einem instrumentellen rigiden Gebilde vergegenständlichter Sprachen unterschieden. Der Kantische Begriff des transzendentalen „ursprünglichen Selbstbewußtseins" erhält, sobald er als Selbstbewußtsein eines sprachlichen Wesens bestimmt und selbst der Beurteilung unterzogen wird, dieses Moment der Unbestimmtheit. Es ist das Moment einer unbegrenzt weiter bestimmbaren „Materie", die von einem angesetzten Begriff „Selbstbewußtsein" in der Bedeutimg von Subjekt-Objekt-Identität nicht „erklärungsadäquat" zu bestimmen ist. 6 7

Chomsky spricht von „justification" (Aspects, a.a.O. S. 18 ff.). Wenn Chomsky dennoch von einer „Synthese von philosophischer Grammatik" (mit der Theorie von eingeborenen Ideen eines sprechenden „Wesens" als Bestandteil) „und struktureller Linguistik" spricht (Sprache und Geist, a.a.O. S. 109), hat das zunächst die Rechtfertigung, daß in einer Wissenschaft von einem besonderen Gegenstand „an sich" empirische Begriffe als transzendentale Be-

Selbstbewußtsein

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Von diesem, natürlich alles Sprechen über etwas „begleitenden", deshalb aber noch nicht alle Skepsis und Kritik unmittelbar von vornherein ausschaltenden Ansehen her versteht sich, daß die „Deduktionen" aus solch einem „transzendentalen" Selbstbewußtsein antinomisch sein müssen. Die „Idee" der Freiheit begleitet generativ die Urteilshandlung, derzufolge ein Anschauungsgegenstand „als bestimmt angesehen" wird 8 . Daß sie nur „Idee" ist, müßte natürlich auch ein sich als freies, sprachlich nicht determiniertes Urteilsvermögen begreifendes Selbstbewußtsein zur bloßen „Idee" bestimmen, solange nicht in der Unterscheidung zwischen empirischem (d. h. auch, einer „symbolischen" Sprache noch verhaftetem) und transzendentalem Subjekt das transzendentale so wie das empirische und damit auch eine „transzendentale Einheit des Selbstbewußtseins" als Faktum „angesehen" wäre. Kant löst die sich von einem solchen Ansatz her notwendig ergebenden Antinomien bekanntlich dadurch auf, daß er sagt, das Subjekt könne lediglich Anschauungsgegenstände „bestimmen", so daß nur innerhalb dieser Dimension des Bestimmens von Determination im objektiven Sinne zu reden sei, und nur insofern das Subjekt selbst zeitliche Erscheinung sei, sei es auch determiniert. Seine sprachlichen Äußerungen in der

8

griffe a priori angesehen sein müssen, damit diese Wissenschaft als Spezifikation zu einer Wissenschaft von einem „Gegenstand überhaupt", d. h. als rational gerechtfertigte Wissenschaft angesehen werden kann. Sobald aber versucht wird, daraus eine philosophische Theorie des Geistes abzuleiten, geht die mit Kant erreichte kritische Einsicht in diese Notwendigkeit eines „Ansehens als" wieder verloren. Der ideologisch-unkritische Charakter eines solchen Regresses wird besonders deutlich, wenn etwa die abgewogene Sprachphilosophie Humboldts ebenfalls als „platonistische Theorie" in diesem vorkritischen Sinn gedeutet wird (ebd. S. 127) oder, wie in Chomskys Interview „Linguistics and Politics", sogar eine Art philosophischer Lehre von einer ahistorisdien Natur des menschlichen Geistes im Sinne der vorkritisdien Aufklärung erstrebt wird, so daß hier der Linguist, nun aber im offensichtlichen Gegensatz zu Humboldt, zu dem Urteil kommt, es habe, „außer der zufälligen, keine Bedeutung für den Menschen" , „ob er die eine oder die andere Sprache" spreche. Die historisch gewordene Individualität wird so — zugleich mit einer gewiß nur in Korrespondenz zu der jeweils erreichten Sprachentwicklung möglichen geistigen und kulturellen Bildung — im Kontext eines politischen Gesprächs — als bedeutungslos erachtet (Linguistics and Politics, deutsch in: Sprache und Geist, a.a.O., S. 184 f.). Fiant, Kritik der reinen Vernunft, Β 128.

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Dimension der Zeit wären solche durch das Bestimmen „gegebener" Daten aktuell veranlaßten Erscheinungsgegenstände, die „Kompetenz", der sie sich in ihrer Struktur verdankten, dagegen nicht. Die sprachliche Vergegenständlichung auch dieser „Kompetenz" hätte dann eine erklärende „Metasprache" zu einer Sprache zu sein, die ihrem Wesen nach als Sprache über Erscheinmgsgegenstände oder als von außen zufällig veranlagte Sprache spezifiziert wäre, denn nur so war sie von dieser „Objektsprache" begrifflich zu unterscheiden. Das ist insofern eine unmögliche Vorstellung, als dann ein finîtes Regelsystem, etwa in der Vorstellung seiner iterativen Anwendung, Erklärungsadäquatheit für alle möglichen sprachlichen Äußerungen aus beliebigen Anlässen, wie sie wirklich geäußert werden, besitzen müßte. Denn es liegt im Begriff der Anschauung (und damit auch des Anschauungsgegenstandes und des Vollzugs seiner hinreichenden sprachlichen Bestimmung), daß in ihr etwas für das Subjekt „zufällig" als „dieses" gegeben ist. Auch z. B. die „Zufälligkeit", wie oft etwa die iterative Anwendung einer Regel erfolgt sei, um diese Anschauung (hinreichend) bestimmen zu können, wäre aus ihr selbst zu erklären9. Als Ausweg bleibt nur, daß dann die Anschauung von einem Gegenstande überhaupt von solchen Regeln her „als bestimmt angesehen", d. h. daß solche Adäquatheit schlicht vorausgesetzt wird, indem der Begriff der (einzelnen) Anschauung dem des „Gegenstandes überhaupt" (als bloßes „Beispiel") subsumiert wird. Die aktuellen sprachlichen Äußerungen über Anschauungsgegenstände werden reduziert auf eine Sprache, für die eine vergegenständlichte Kompetenz „faktisch" Adäquatheit besitzt, aber eine solche Sprache existiert nicht faktisch, oder sie kann nicht Sprache über „daseiende" Anschauungsgegenstände sein. Der Vorschlag zur Lösung der sich von der Beanspruchung der Idee von einer Einheit des Selbstbewußtseins her ergebenden Antinomien, der die Voraussetzung einer solchen Einheit stützen soll, hebt sich selbst auf.

9

Vgl. Kap. IV, Anm. 4.

XI Zum semantischen Wahrheitsbegrifí und zum linguistischen Semantikproblem

Auch diese Ausführungen verstehen sich nicht lediglieli als Kritik einer historischen Position. Sie wollen noch einmal vom zentralen Begriff des Selbstbewußtseins her auf die Bedingtheit der Grundbegriffe sowie audi der antinomisdien Grundprobleme der tradierten Philosophiespradie verweisen und in diesem Sinne zusammenfassen. Der Kantisdie Begriff des Selbstbewußtseins erwies sich dabei als der eigentliche Ort der Voraussetzung der Möglichkeit, durch formale Analyse der Struktur vorliegender sprachlicher Gebilde „die" Sprache exemplarisch vor sich zu bringen, so, daß sich das Subjekt in vorgestellten Regeln der Bildung solcher Gebilde spiegeln und damit sein Selbstbewußtsein als von unreflektierten Voraussetzungen freies, „ursprüngliches" Vermögen sozusagen mit einem Mal und zeitlos gewinnen könnte. Moderne Ansätze der analytischen Philosophie gehen zwar nicht vom Begriff des Selbstbewußtseins, statt dessen aber unmittelbar von der Voraussetzung der Möglichkeit wahrer Sätze aus, wenn sie Sprache syntaktisch soweit zu analysieren vorgeben, daß sich im Wege dieser Analyse Sätze ergeben sollen, von denen es sinnvoll sei zu sagen, sie könnten wahr sein, weil sich an dieser analysierten Gestalt unmittelbar im Sinne einer Aufhebung von Sprache in Handlungen ablesen lasse, was zu einer Entscheidung der Frage, ob sie wahr seien, zu tun sei. Das Selbstbewußtsein liegt dann im besonderen, möglichst fachspezifischen (methodischen) Wissen um die Art dieses Tuns und ist von daher natürlich nicht mehr als „transzendentales" Selbstbewußtsein zu verstehen. Hier ist ein vom Kantisdien Ansatz her vom Begriff des Verstandes notwendig fernzuhaltendes „Verstehen" der empirischen Begriffe solcher Aussagen vorausgesetzt und damit eine Intersubjektivität des Verstehens, die nicht notwendig überall und immer dieselbe ist. Da sich dagegen die analytische Methode im Selbstverständnis einer Philosophie, die sich als „logische

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Zum semantischen Wahrheitsbegrifï und zum linguistischen Semantikproblem

Analyse der Sprache" versteht, durchhalten soll, muß dem logischsyntaktischen Teil der analysierten Sprache deren Semantik als ein gegebenes Lexikon von Werten zugeordnet werden, die in syntaktische Kategorien der analysierten Basis eingesetzt werden können. (Nach der Idee der Transformationsgrammatik wird zusätzlich ein Transformationsteil postuliert, der diese aus syntaktischen Kategorien und eingesetzten Werten gebildete „Tiefenstruktur" in die besondere grammatische Erscheinungsform einer Einzelsprache umformt.) Die Wahrheitsfrage wird von der logischen Analyse der Sprache an die Punkte eines sprachlichen Zusammenhangs, ζ. B. eines theoretischen Modells, verwiesen, an denen sie sinnvoll gestellt werden kann. Das sind die Punkte, an denen man Handlungsanweisungen unmittelbar ablesen können soll. An ihnen muß aber eine bestimmte Interpretation oder Lesart der eingesetzten empirischen Begriffe schon vollzogen sein, wenn dieser Sinn erfaßt und gezieltes Handeln überhaupt möglich sein soll. Die Wahrheitsfrage kann diesem Ansatz nach also nur innerhalb eines bestimmten Verstehenszusammenhanges auftreten, ohne diesen selbst in Frage zu stellen. Während Kant die aus seinem Begriff der Gegenstandskonstitution abgestreiften empirischen Begriffe, die synthetisiert werden, hinsichtlich der Bestimmung nichtmathematischer Gegenstände doch wieder — aus irgendeinem Sprachgebrauch — aufnehmen muß, damit die Synthesis überhaupt als Synthesis von Bestimmtem „Sinn und Bedeutung" erhält, kommt die analytische Philosophie schon ihrer Fragestellung nach wesentlich nicht über ein mögliches Befangensein in empirischen Begriffen, d. h. in einer bestimmten „Sprache", in der sie semantisch geregelt wären, hinaus. Das zeigt sich, wenn gefragt wird, wann, also unter welchen Bedingungen ein elementarer Satz „wahr" genannt werden können soll, nach der allgemeinen Form „p ist wahr, wenn q", denn dieses Schema ist ein Schema der Übersetzung von in ihrem Sinn fraglichen Sätzen aus empirischen Begriffen in Sätze aus anderen empirischen Begriffen, die unter denselben Umständen nicht fraglich erscheinen. Die Wahrheitsfrage muß solch einem Schema nach notwendig irgendwo innerhalb der empirischen Geltung empirischer Sätze in einem unreflektierten Vertrauen in die Sprache zum Stillstand kommen.

Zum semantisdien Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem

83

Das transzendentallogische Problem Kants ist in dieser semantischen Wahrheitsformel verdrängt. An die Stelle der Beantwortung der Wahrheitsfrage wird die wissenschaftsimmanente

Sinnfrage eines

Satzes gesetzt: Ein Satz ist sinnvoll, wenn er wahr oder falsch sein kann, also verifizierbar, bzw. falsifizierbar ist. Es ist dann nach dem Sinn des Wortes „verifuierbar" zu fragen. Diese Frage stellt sich als Frage nach einem bestimmten Tun. Was wird normalerweise innerhalb des Verfahrens einer bestimmten Wissenschaft getan, um einen Satz „p" zu verifizieren? Es leuchtet ein, daß die Antwort nicht mehr generell

gegeben werden kann, da sie für einen Satz „pi"

sicher

anders ausfällt als für einen anderen Satz „p2a (pi ist wahr, w e n n . . p2 ist wahr, wenn . . .),

es sei denn,

„pi" und „p2K seien nur

verschiedene Zeichen für denselben Satzsinn. Damit ist aber auch gesagt, daß die Wahrheitsfrage hier nicht mehr Gegenstand einer „transzendentalen", d. h. nach allgemeinen Bedingungen der Möglichkeit wahrer Sätze fragenden Philosophie sein kann 1 . Sie ist hier eher 1

Zur Kritik des semantischen Wahrheitsbegriffs im Anschluß an Tarskis, Carnaps und Stegmüllers Arbeiten vgl. E. Tugendhat, Tarskis semantische Definition der Wahrheit und ihre Stellung innerhalb der Geschichte des Wahrheitsproblems im logisdien Positivismus, Philosophische Rundschau, 8. Jg. 1960, S. 131 ff. Tugendhat betont, daß man nicht bei der Frage nach der Wahrheit von (einzelsprachlich gebildeten) Sätzen, sondern „erst bei der Wahrheit des Urteils . . . vor demjenigen Verhältnis" stehe, „auf das sich seit jeher die philosophische Problematik bezogen hat" (S. 136). Man könnte auch sagen, daß der traditionelle Urteilsbegriff, vor allem im Kantischen Verständnis als „Verhältnis, das objektiv gültig ist" (B 142), sich schon mit der Einsicht in die Notwendigkeit der Aufnahme „an sich empirischer Begriffe", sobald es um die Bestimmung von „Dasein" geht, nicht mehr „rein" erfüllen läßt. Von da an müßte der von seinen Begriffen her den Wörtern einer historischen Sprache „noch" verhaftete Satz (in seiner Ansicht als „Beispiel" für ein Urteil) an die Stelle des als objektiv gültig zu begründenden Urteils treten. Dann wäre ein „semantischer", d. h. transzendental nicht zu begründender Wahrheitsbegriff anstelle des „syntaktischen" der transzendentalen Logik erforderlich. „Wahrheit" in dieser engeren Bedeutung bleibt so letztlich an das pragmatische Eingespieltsein in das Verständnis der Symbole der Sprache gebunden, in der der Satz formuliert worden ist. Es ist eine solche eingespielte, im Extremfall formalisierte Sprache vorausgesetzt, um wenigstens anstelle der Wahrheit des einen von der transzendentalen Regel seiner Bildung her begriffenen Urteils quasi ersatzweise die Wahrheit des isolierten Satzes einer Sprache setzen zu können. Auf diese Weise wäre der Begriff der Wahrheit als Entsprechung des „Sachverhalts" zu

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Zum semantisdien Wahrheitsbegrifl und zum linguistischen Semantikproblem

eine Frage der Verfahrens einer besonderen empirischen Wissenschaft als eine der Philosophie, da man empirisch wissen und beschreiben muß, was in einem bestimmten Interaktionszusammenhang getan zu werden pflegt, um zu prüfen, ob ein Satz „wahr" ist oder nicht. Man muß selbst in diesen Zusammenhang „verstehend" eingespielt sein und seine Regeln kennen. An dieser Stelle wird die Differenz der logischen Orte von transzendentaler Grammatik und Semantik besonders deutlich. Semantik kann keine transzendentale Wissenschaft sein, denn die Bedeutung empirischer Begriffe kann immer nur durch die schon verstandenen Bedeutungen anderer empirischer Begriffe, etwa in einem Wörterbuch, umschrieben werden. Semantik kann nur von einem besonderen Verstehenszusammenhang auf einen anderen besonderen Verstehenszusammenhang zurückführen. Gerade deshalb sollten oder mußten sich nach Kant die objektiven Gegenstände in Ansehung einer logischen Syntax (einer Anschauung in Ansehving einer der logischen Funktionen zu urteilen als bestimmt) konstituieren, wenn überhaupt eine Antwort auf die Frage nach der Möglichkeit einer nicht durch den Gebrauch einer bestimmten, tradierten Sprache verstellten Objektivität als möglich sollte gedacht werden können. Logische Wahrheitsfunktionen könnten sich an und für sich audi auf ganz anderes als auf Sprache beziehen. Sie könnten allgemein als die Logik von Handlungsabläufen interpretiert werden. Nur wenn feststehen soll, daß „p" und „q" usw. in den sogenannten „Wahrheitstafeln" der formalen Logik Sätze sein sollen und sich am (einzelnen) Satz (gegenüber der sogenannten „Wirklichkeit") Wahrheit entscheiden soll, nur wenn die Worte „wahr" und „falsch" also schon so interpretiert werden, sind allgemeine Regeln der Logik auf den besonderen Gegenstand „Sprache" projiziert. Formale Logik läßt sich auf Sprache demnach nur anwenden, wenn der einzelne Satz, „p" und „q" usw., als das angesehen ist, was für sich genommen entgegengesetzte Werte annehmen kann, die dann, auf den Satz bezogen, als „wahr" und „falsch" inder Möglichkeit der Bildung einer in sich begrenzten Einheit, ob sie nun Urteil oder Satz sein soll, wenn auch in einer philosophisch problematischen Fassung, zu erhalten versucht.

Zum semantisdien Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem

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terpretiert werden. In diesem Ansehen ist der Satz „Aussagesatz". Es ist erst nach dieser Interpretation notwendig, „p" audi die Elemente von Sätzen überhaupt zuzusprechen und den inneren Bau von „p" nach solchen Strukturelementen zu befragen, sie zu analysieren und damit über eine reine „Aussagenlogik" (in der die Variablen aber nicht von sich aus schon „Aussagen" symbolisieren müssen) hinauszugehen. Diese Elemente müssen dann selbst bedeutend und die eigentlichen bedeutenden Elemente sein als die Materie, aus der Sätze „gebildet" werden. Es muß sich um Zeichen handeln, die kraft ihrer Bedeutung für sich schon auf „Gegenstände" (hier im Sinne des „Tractatus" Wittgensteins) verweisen und die durch die Art ihrer Konstellation zu einem Satz den Sinn dieses Satzes bewirken, d. h. auf etwas verweisen, was der Fall ist, wenn der Satz „wahr" ist, und was nicht der Fall ist, wenn er „falsch" ist. Es entsteht das Postulat einer semantischen Relation zwischen „Namen" und „Gegenständen" oder „Wörtern" und „Begriffen" in einem objektiven Sinn, obwohl, wie Kant gesehen hatte, mit dem Gebrauch eines Wortes als symbolischen Zeichens keinerlei Gewißheit seines identischen, von einem Begriff her geregelten Gebrauchs gegeben sein kann. Dabei ist die Genesis dieses Postulats zu bedenken. Sein Ursprung ist das Prinzip gegenständlicher Sprachbetrachtung und der Ausgang vom isolierten Satz als Paradigma sprachlicher Struktur, demzufolge die „Satzvariable" als mögliche Variable in formallogischen Zusammenhängen angesehen war. Erst im Rückgang zur Sprache in ihrer konkreten Bestimmtheit und Struktur (in der Sätze über die in ihnen vorkommenden Elemente, die kleiner als ein Satz sind, miteinander verwoben sind und einen nur beschränkt zu objektivierenden „Text" bilden) und zu der Interpretation der Werte „w" als „wahr" und „f" als „falsch" entsteht das Postulat der bedeutenden Satzelemente, deren Auswechslung innerhalb der Satzgrenze den Satz unter anderen außersprachlichen Umständen wahr sein lassen soll, so daß von diesem Ansatz her dann auch die Wörter ihre festen außersprachlichen Korrelate postulieren. Es entstehen Postulat und Problem einer wissenschaftlichen Semantik, und mit dem Problem fester objektiver Korrelate zu Namen entstehen die philosophischen Probleme um deren „Realität" (Universalien-

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Zum semantisdien Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem

streit). Die Semantiktheorie der transformationeilen Grammatik operiert hier mit dem Begriff einer „Lesart", die als „Lesart" einer Wörterbucheintragung eine Wortbedeutung repräsentiere. „Die philosophische Idee eines Begriffs wird hier als Idee einer Lesart rekonstruiert, die entweder eine Lexikonlesart oder eine abgeleitete Lesart für einen Konstituenten kleiner als ein ganzer Satz ist, während die philosophische Idee einer Proposition (oder Feststellung) als Idee einer abgeleiteten Lesart für einen ganzen Aussagesatz wiedergegeben wird." 2 Deutlich ist hier der Satz das „Ganze", von dem aus analysiert wird, und nicht etwa der Kontext. Außerdem wird eine Markierung, also eine Festsetzung einer bestimmten Lesart von Wörtern, die deren „Bedeutung" als Ausrichtung auf Außersprachliches festlegen soll, ausdrücklich als „Konstrukt" der Sprachwissenschaft bezeichnet 3 . D. h. zur Konstitution ihres spezifischen Gegenstandes benötigt die Sprachwissenschaft solche Konstruktionen von feststehenden Lesarten, die im wirklichen Sprachgebraudi natürlich nicht abstrakt feststehen, sondern sich jeweils so ergeben, daß der ganze, prinzipiell unbegrenzte vorangegangene Kontext, das sympragmatische Umfeld und andere Faktoren die Lesart des Folgenden mitbestimmen. Weder der „Begriff" ist aus seiner sprachlichen Umgebung zu lösen noch dessen objektives Korrelat aus seinem Ding- und Erfahrungszusammenhang, zu dem auch die sprachlichen Bestimmungsversuche und die Umstände für deren befriedigende Exaktheit gehören. Die philosophische Idee eines Begriffs und das Dilemma, ob solche Begriffe nun „real" oder nur „flatus vocis" seien, resultieren aus einem Postulat gegenständlicher Sprachbetrachtung, wie sie von einer methodenbewußten Sprachwissenschaft konsequent betrieben und in ihren Bedingungen verdeutlicht wird, und nicht unmittelbar aus einer „Analyse" der Sprache in ihrem wirklichen Gebrauch, die „unmittelbar", d. h. ohne Vergegenständlichung in einem herangetragenen Sprachbegriff, auch nicht möglich ist. Gleichwohl setzt die Erkenntnistheorie bei der Idee des Begriffs in 2

J. J. Katz, The Philosophy of Language, S. 157; Philosophie der Sprache, S. 143. 3 Ebd. S. 142.

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diesem Sinne an, wenn sie von der Synthesis soldier Begriffe zu Orteilen ausgeht und fragt, wie gedacht werden könne, daß diesen Synthesen „etwas in der Wirklichkeit" entspreche. Sie geht als transzendentale Reflexion auf die „Mittel" der Erkenntnis notwendig nicht unmittelbar von der Sprache und ihrer Funktion im Erkennen, sondern von Konstrukten gegenständlicher Sprachbetrachtung aus, in der Sprache Gegenstand ist, als sei das Problem der Gegenständlichkeit von Gegenständen schon gelöst und als hätte Sprache als solche keinen Einfluß auf die Konstitution auch dieses Gegenstandes und seiner „Struktur" im Bewußtsein. Hier liegt ihr πρώτον ψευδός, von dem her sie dann letztlich auch den Begriff eines der allgemeinen Form einer solchen „Synthesis" von Begriffen entsprechenden Gegenstandes konstruiert, um ihrer transzendentalen Reflexion „Bedeutung" zu verschaffen. Die Vorstellung von Lesarten, die in einem imaginären Lexikon markiert sein könnten, um zu charakterisieren, wie ein gegebenes Zeichen bezeichnet und zu lesen sei oder worin seine Bedeutung bestehe, impliziert die Vorstellung eines feststehenden und daher feststellbaren Gebrauchs von sprachlichen Zeichen, deren festliegende Bedeutungen im aktualen Gebrauch nur noch syntaktisch nach von dem semantischen Material abhebbaren Regeln kopuliert würden, so daß die Reflexion auf allgemeine Regeln der Syntax zugleich die Reflexion auf allgemeine transzendentale Bedingungen von „Gegenständen überhaupt" sein könnten. Da diese Vorstellung offensichtlich für natürliche Sprachen nicht als zutreffend behauptet werden kann, solange die Erklärungsadäquatheit der Sprachwissenschaft als „utopisch" oder nur als deren „regulative" Idee gelten muß, muß die Erkenntnistheorie letztlich von der Vorstellung einer künstlichen Sprache ausgehen, in der ein geregelter Gebrauch von Zeichen konstruiert wäre und, was bei Kant noch nicht ausgeführt ist, eine entsprechende Semantiktheorie postulieren4. In Wirklichkeit existiert natürlich auch keine „Wissen4

Daß sie bei Kant im Unterschied zu der Forderung Lockes, nur definierte Wörter zu gebrauchen, im Rahmen einer Transzendentalphilosophie nicht postuliert wird, muß aber als Ausdruck des kritischen Bewußtseins Kants von der Unbegrenzbarkeit eines solchen Unternehmens gewertet werden. Vgl. Kap. X, Anm. 5.

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Zum semantischen WahrheitsbegrifiE und zum linguistischen Semantikproblem

schaftssprache" als Sprache, die in irgendeiner wirklichen Wissenschaft, in der Physik ζ. B., so in Gebrauch wäre und in der es eine transzendental zu rechtfertigende Gewißheit über einen rigid geregelten Gebrauch oder über feststehende Lesarten der Zeichen gebe. Intersubjektive Einheit der Lesarten ist auch hier nicht apodiktisch gewiß, sondern höchstens in einem den jeweiligen Ansprüchen genügenden Maße der Fall. Deshalb ist eine Semantiktheorie audi prinzipiell nicht geeignet, den Begriff einer Gegenständlichkeit oder Objektivität zu konstituieren, in der auch nur die Intersubjektivität der Subjekte einer bestimmten Wissenschaft notwendig übereinstimmte. Konventionalistische Theorien, die von der Idee eines geregelten Zeichen- und Sprachgebrauchs ausgehen, reichen hier prinzipiell nicht weit genug, da Absprache oder gar Abriditung zu einem Gebrauch niemals die in einem Begriff vom transzendentalen Subjekt intendierte Gewißheit verbürgen, daß alle sich durchgehend an ihn halten oder daß reine Vernunft von sich aus ihn verlangte. (Kant verfiel deshalb auch nicht auf den Gedanken, die Sprache als „transzendental" anzusehen.) Das Vermögen zu urteilen bedeutet in solchen Zusammenhängen immer zugleich das Vermögen, die Konstituentien, die kleiner als ein Urteil sind oder seine Teile ausmachen, produktiv abweichend zu gebrauchen und in der Bildung eines Urteils etwa die Bedeutung eines Zeichens dadurch um eine Nuance zu verschieben, daß Zeichen so figuriert werden, wie es bislang nicht üblich war. Das wird möglich sein, wenn die Situation dennoch ein Verständnis dieser neuen Figuration ermöglicht oder sich sogar nur durch eine solche unübliche Konfiguration aufschließen läßt. Eine Gewißheit über Regeln des Zeichengebrauchs könnte es nur geben, wenn dieser Gebrauch, wie Kant sagt, im „Verstände" als Teil einer transzendentalen Grammatik geregelt wäre5. Es gehört zu dieser Idee eines transzendentalen Verstandes, daß er bei allen derselbe sein soll. „Regeln des Verstandes" könnten daher allein Konstituens von Objektivität im transzendentalphilosophischen Sinne sein, und Sprache ist deshalb in ihrer Wirklichkeit und Fülle, aber auch in der Vor5

Kant, Vorlesungen über die Metaphysik, a.a.O., S. 78.

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Stellung eines konventionellen Systems aus dem Inbegriff transzendentaler Regeln auszuschließen. Zur „transzendentalen Grammatik" sollten darum nach Kant auch nur grammatische Formen gehören können und gerade nicht die Idee eines „Lexikons" anstelle der unübersehbaren und unkontrollierbaren Menge empirischer oder inhaltlicher Begriffe, wie sie wirklich in den Schattierungen ihrer Bedeutungen gebraucht werden6. Es ist allerdings hinzuzufügen, daß die Idee eines inhaltlichen Begriffs, an der auch Kant mit seinem Begriff vom empirischen Begriff festhält, der Vorstellung einer starren Zuordnung von Zeichen und Bedeutung ihrerseits entstammt, so als läse man den einzelnen Wörtern „ihre" Bedeutung ab und als gäben die Abstände zwischen Zeichen schon einen Hinweis auf semantische Analysierbarkeit7. Aber die Forderung, in eine transzendentale Überlegung sei in Korrektur der Theorie Kants eine semantische Dimension aufzunehmen, um von ihr her zum Begriff eines bestimmten Gegenstandes wie auch nur dem einer körperlichen Natur als dem spezifischen Gegenstand der Physik zu gelangen, erweist sich als unhaltbar. Daß Kant letztlich audi eine Semantiktheorie hätte konzipieren müssen, läßt nicht die Sprache zu den transzendentalen Bedingungen rechnen, sondern zerstört den zuvor konzipierten Begriff transzendentaler Bedingungen. Die genannte Forderung führt auch zu keinem „relativen Apriori" als einem Apriori besonderer Wissenschaften. Denn ein solches Apriori müßte doch wenigstens im regionalen Gebrauch dieser durch es protowissenschaftlich zu umreißenden Wissenschaft feststehen. Man könnte sagen, das sei faktisch weitgehend der Fall, und es ließen sich doch gewisse Wahrscheinlichkeitsaussagen darüber aufstellen, daß man sich innerhalb einer Wissenschaft so verhalte, als folge man sprachlichen Regelungen. Damit entsteht aber das Problem einer Bestimmung dessen, 6

7

Kant meint mit „Regeln des wirklichen Gebrauchs der Wörter" affensichtlich nicht Regeln, die gewährleisten, daß sie durchgehend in gleicher Bedeutung gebraucht würden, sondern Regeln ihrer Verknüpfung zur Darstellung eines Urteils in einem Satz, also syntaktische Regeln (Prolegomena § 39). Zum Begriff des „Lexikons" vgl. Chomsky, Aspects, a.a.O. S. 84 ff. Vgl. E. Husserl, Logische Untersuchungen IV.

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was der Fall ist, also audi der Erkennntnis, auf einer weiteren Ebene. Es wäre eine empirische Theorie der Wissenschaften gefordert, in der, als einer Wissenschaft von den Wissenschaften, natürlich dieselben Konstitutionsprobleme wieder auftauchten. Eine Theorie vom Apriori dürfte sich nicht auf das berufen, von dem es heißt, es sei regional der Fall. Sie müßte von dem handeln, was überhaupt und überall, d. h. transzendental zu gelten habe und deshalb aller Zuwendung zu dem, was der Fall sein kann, vorauszugehen hätte. Ihrem Apriori hätte Notwendigkeit innezuwohnen. Aber es zeigt sich nicht die transzendental, d. h. allgemein zu begründende Notwendigkeit einer normativ festgehaltenen Lesart von welchen Zeichen auch immer, auch und gerade nicht um der Bedingung willen, von anderen verstanden zu werden. Die These des Nominalismus ist transzendentalphilosophisch nicht aufzuheben. Der Kantische Ansatz bei einem gesetzten Vermögen freier Urteilsbildung setzte bei einem Vermögen zu urteilen überhaupt an, wobei unterstellt werden darf, daß dabei, außerhalb der Mathematik, zugleich an ein Angewiesensein auf die in der tradierten Sprache vorgegebenen empirischen Begriffe gedacht war, wie sie sich zufällig anboten. Notwendigkeit sah Kant, wie gesagt, nur im Gebrauch der Formen der Synthesis dieser Begriffe, nicht in ihnen selbst, so daß sein Ansatz bei einer Urteilsfreiheit (bei der Möglichkeit, Urteilshandlungen als Spezialfall freier Handlungen überhaupt zu vollziehen) zugleich den notwendigen Gebrauch einer dieser Funktionen zu urteilen einschloß. Diese Freiheit der Vernunft, überhaupt zufolge der Kategorien urteilen zu können, hat ihre materiale Bedingung in der Freiheit des Urteilens gegenüber allen besonderen und deshalb in ihrer Art „zufälligen" Sprachen und deren tradiertem, Vorurteile mitschleppenden Gebrauch, und ihre formale in der Voraussetzung, daß die Kategorien mehr als nur Formen einer besonderen Sprache, daß sie transzendental seien. Daß Kant, über eine transzendentale Logik hinausgehend (die als reine Mathesis nicht auch schon ein transzendentales Übergreifen der besonderen Spracharten bedeutete), auch von einer transzendentalen Grammatik sprechen kann, wird dadurch möglich, daß er noch einen weiteren Bereich des Apriori ansetzt, nämlich die reinen Formen

Zum semantisdien Wahrheítsbegrifí und zum linguistischen Semantikproblem

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der Anschauung. Von daher können reine Raum- und vor allem reine Zeitbestimmungen dazukommen, so daß er zu der Auffassung gelangen kann, eine transzendentale Grammatik, „die den Grund der menschlichen" und nicht nur einer besonderen „Sprache" enthalten soll, könne audi Formen „z. B.wie das praesens, perfectum, plusquamperfectum", „adverbia" oder ähnliches enthalten 8 . Man wird sich im klaren darüber sein müssen, daß es ohne das Postulat einer transzendentalen Ästhetik, die den Begriff „reiner Zeitbestimmungen" an die Hand geben könnte, bei einer transzendentalen Logik (ohne solche „grammatischen" Bestimmungen) bleiben muß, so sehr wir auch überzeugt sein mögen, daß ähnliche Formen wie die von Kant aufgezählten oder analoge in allen bekannten Sprachen vorhanden sind. Eine solche Theorie grammatischer Universalien bleibt rein induktiv, solange reine Raum- und Zeitbestimmungen nicht als apriorische Formen vorausgesetzt sind. Sprachwissenschaftlich gesehen ist das eine Tugend. Wenn von sprachwissenschaftlichen Ansätzen aber transzendentalphilosophische Ambitionen ausgehen, ist das ein Widerspruch. Sprachliche „Universalien" , nach denen empirische Sprachwissenschaften forschen, sind nicht schon wegen einer vermuteten Universalität zugleich Bestandteile einer möglichen transzendentalen oder spekulativen Grammatik, deren Idee heute wohl noch leerer wird bleiben müssen als in der Absicht Kants, der immerhin reine Verstandesregeln mit reinen Raumund Zeitbestimmungen zu einer Vielzahl von „abgeleiteten, aber ebenso reinen" Begriffen glaubte kombinieren zu können. Es wäre in der Tat ein philosophischer Rückschritt hinter Einsichten in die Bedingtheiten menschlicher Vernunft und damit deren Selbstverdunkelung, bei dieser Problemlage gar eine Semantiktheorie einer projektierten transzendentalen Theorie anheften zu wollen, so notwendig der Versuch einer solchen Theorie für die besondere Wissenschaft von der Sprache als der konsequenten Form gegenständlicher Sprachbetrachtung auch ist. Was aber aus dem selbst transzendental nicht abzuleitenden protowissenschaftlichen Ansatz einer besonderen Wissenschaft 8

Vgl. Anm. 5.

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Zum semantischen Wahrheitsbegriff und zum linguistischen Semantikproblem

heraus gefordert ist, kann nidit deshalb schon Bestandteil einer philosophischen transzendentalen Theorie werden. Man wird also sagen müssen: Sollte eine allgemeine Theorie wissenschaftlicher Erkenntnis möglich sein, so müßte sie eine Semantiktheorie enthalten, weil eine logische Syntax allein nur zu dem leeren Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" führen könnte, der gegenüber den Problemen der besonderen Wissenschaften zu allgemein (leer) ist. Man kann eine solche Theorie auch postulieren, indem man etwa sagt, es müsse in diesen Wissenschaften Sprachregelungen entweder durch Einspielen oder durch ausdrückliche Absprache geben, und die Theorie könnte allgemeine Verfahren solcher Regelungen entwickeln. Es bleibt aber wesentlich offen, ob solche Verfahren dann auch ausnahmslos so angewendet werden, wie Kant von der „Anwendung" der Kategorien glaubte sprechen zu können, weil er sie als die notwendigen Regeln des Verstandes selbst ansah. Werden diese Verfahren nur weitgehend angewendet, was am ehesten gewährleistet zu sein scheint, wenn die Theorie einen wirklich vorherrschenden Sprachgebrauch, ζ. B. des Wortes „verifizieren", historisch oder, was hier dasselbe ist, empirisch feststellt und ihn dann streng methodisch ausrichtet, so wird die Theorie selbst zu einer empirischen Wissenschaft (Methodologie); denn ob ein gewisser Sprachgebrauch „weitgehend" vorherrscht, kann nur empirisch festgestellt werden9. Die Theorie müßte ihrem Selbstverständnis nach ausschließen können, daß er nicht angewendet wird, so daß gefolgert werden könnte, er sei wirklich allgemein oder, was nur dann dasselbe wäre, transzendental. Transzendentale Theorie kann, wie Kant es formuliert, allein die „Lehre von den allgemeinen Begriffen a priori" sein10. Natürlich kann auch, wie gesagt, der Begriff „transzendental" anders, d. h. weiter gebraucht werden. Aber es wird ja ein bestimmter Zweck verfolgt, wenn er gebraucht wird, und dieser Zweck ist eine Theorie 9

10

Von daher versteht sich auch das merkwürdige Schwanken der generativen Grammatik in ihrem Selbstverständnis zwischen normativer, vom „idealen Sprecher-Hörer" einer Sprache aus denkender und empirisdier Wissenschaft, die sich an den empirisdi-zufälligen Äußerungen eines „native speaker" zu verifizieren hätte. Kant, Vorlesungen über die Metaphysik, a.a.O. S. 78.

Zum semantisdien WahrheitsbegrifE und zum linguistischen Semantikproblem

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der Erkenntnis, die ihrerseits Allgemeingültigkeit beansprucht. Kant hat deren Grenzen aufgewiesen. Es könnte allerdings zutreffen, daß die Setzung dieses Zwecks ihrerseits in ihren Bedingungen aufgewiesen und damit philosophisch kritisiert werden kann. Sie zielt auf Übereinstimmung zwischen Verstand und Gegenständen. Um „Übereinstimmung" begründen zu können, werden in den verschiedenen gnoseologischen Versuchen dann jeweils die beiden Seiten, die übereinstimmen sollen, so definiert, daß Übereinstimmung zwischen ihnen denkbar erscheint, so wie es etwa in Kants oberstem Grundsatz aller synthetischen Urteile a priori geschieht, wenn es dort heißt, die „Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung" seien zugleich „die Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung"11. So kommt der Begriff eines „Gegenstandes" zustande, der in seinen Bedingungen mit denen der Erfahrung übereinstimmt. Die Vorstellung eines solchen Gegenstandes nennt Kant „die bloß intelligible Ursache der Erscheinungen überhaupt" oder „transzendentales Objekt". Sie ist nach ihm notwendig, „bloß, damit wir etwas haben, was der Sinnlichkeit als einer Rezeptivität korrespondiert"12, d. h. damit der Gedanke der Rezeptivität der Erkenntnis in dem vom Satzbegriff her postulierten Objektbegriff gewahrt bleibt. Die Sinnlichkeit ist einerseits immer schon mit der Aufhebung der zu synthetisierenden empirischen Begriffe in der Form ihrer Synthesis aufgehoben, von der her sich zunächst der Begriff des transzendentalen Objekts konstituiert. Der Gedanke der Rezeptivität der Erkennntnis verlangt nun statt des aufgehobenen rezeptiven Verhaltens gegenüber solchen sprachlich vorgegebenen empirischen, sich auf Daseiendes beziehenden Begriffen in ihrer vom transzendentalen Gesichtspunkt her „zufälligen" Mannigfaltigkeit die Vorstellung einer Ursache der Erscheinungen überhaupt, d. h. die Rezeptivität wird als Rezeptivität gegenüber der Sprache, wie sie tradiert ist, aufgehoben, um die Vorstellung eines ursprünglichen Urteilsvermögens zu ermöglichen. Sie kehrt aber in der Vorstellung eines „Objekts überhaupt" als einer Ursache der Erscheinungen not11

Kant, Kritik der reinen Vernunft, Β 197. " Ebd. Β 522 f.

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Zum semantisdien Wahrheitsbegrifl und zum linguistischen Semantikproblem

wendig wieder, damit Erkenntnis sich überhaupt noch als Erkenntnis von etwas, das jeweils der als spontan möglich vorausgesetzten freien Urteilsbildung entsprechen soll, verstehen kann. Das „zufällige" Angewiesensein auf eine tradierte Sprache kehrt wieder als die abstrakte Vorstellung der Notwendigkeit, das dem sich sonst als freies Vermögen begreifenden Subjekt „etwas" als Gegenstand seiner Bestimmung gegeben sein muß, das es affiziert. So muß dem Begriff eines „transzendentalen" Subjekts der Erkenntnis die Vorstellung eines „transzendentalen" , nun als vollkommen sprachtranszendent vorgestellten Objekts entsprechen. Sie resultiert letztlich daraus, daß das Subjekt, als spontanes Urteilsvermögen begriffen, zugleich als Inbegriff formaler Urteilsregeln vorgestellt sein muß, die der relativen Zufälligkeit sprachlicher Regeln der Aussagen über Natur entgegengesetzt werden können und deren Begriff eigentlich das transzendentale Subjekt ausmacht. Dieses transzendentale Objekt ist seinem Begriff nach der intelligible Rest der aufgehobenen Rezeptivität gegenüber der Sprache, der bei der Konstruktion eines transzendentalen Urteilsvermögens im Interesse eines Begriffs von einem Gegenstand noch postuliert ist. Dieser Gedankengang zeichnet nach, welchen Voraussetzungen die Vorstellung einer der Erkenntnis vorausliegenden Objektivität sich verdankt, die einem spontan erkennenden Subjekt „gegenüber" liegen soll. Sie resultiert unmittelbar aus dem Begriff eines solchen erkennenden Subjekts, das in dem Begriff eines „transzendentalen Objekts" notwendig objektive Bedeutungskorrelate zu seinen a priori als möglich angesetzten synthetischen Leistungen in seinem Selbstverständnis als Urteilsvermögen postuliert. Man wird von dieser Überlegung aus sagen können, daß — ebenso wie die Idee einer die Semantikkomponente einbeziehenden universalen Grammatik nur ideell, nicht aber als realisiert begriffen werden kann — auch die Idee einer solchen „-objektiven" Wirklichkeit vor aller sprachlichen Vermittlung nur normative Idee einer sich als in einer solchen „Objektivität" kulminierend begreifenden Erkenntnis sein kann.

XII Objekt- und Metasprache

Das Prinzip gegenständlicher Sprachbetrachtung folgt einer vorgezeichneten Möglichkeit natürlicher Sprachen und setzt Sprache selbst zum Objekt sprachlicher Bestimmung. Auch von dieser Fähigkeit der „Selbstreflexion" kann allerdings nicht a priori, sondern nur induktiv gesagt werden, daß sie zu „einer jeden" Sprache gehöre1. Zudem ist der Begriff „Selbstreflexion" in diesem Zusammenhang insofern problematisch, als das Wort „Sprache" im Bezug auf einen Gegenstand Sprache sicherlich nicht dasselbe bedeutet wie im Bezug auf die diesen Gegenstand darstellende Sprache. Nennt man die dargestellte Sprache „Objektsprache", die darstellende deren „Metasprache", so bleibt die Metasprache im Vergleich zu der Objektsprache relativ unbestimmt. Sie selbst erhielte eine ihrer Objektsprache entsprechende Bestimmtheit erst in einer „Metametasprache", in der sie selbst zur Objektsprache würde. Das Wort „Metasprache" meint also wesentlich etwas Unbestimmtes. Ist Bedeutung mit Kant definiert als Beziehung auf ein (dadurch bestimmtes) Objekt, so ist es nur in Analogie zu dem Wort „Objektsprache" von Bedeutung. So muß es sich verhalten, damit sinnvolle Aussagen über die Bedeutung isolierter sprachlicher Zeichenketten überhaupt möglich sind. In der Metasprache werden solchen überschaubaren objektsprachlichen Gebilden Bedeutungen zugesprochen, während sich in ihr selbst erst jeweils durch eine wechsel1

J. Lohmann rügt in seinem Buch „Philosophie und Sprachwissenschaft" (Berlin 1965, S. 60) den „Grundfehler der bisherigen Sprachwissenschaft", „die Struktur der (im Sinne des zum vollen ,Selbstbewußtsein' erwachten .Subjekts') ideal vollendeten Spradie . . . der Sprache überhaupt" zuzusprechen. Diese sei „aber de facto sogar bis heute erst auf dem Wege zu diesem Ideal". Es wäre hinzuzufügen, daß die Bestimmung dieses Ideals zum Maßstab von dem historisch konzipierten Topos eines sich selbst denkenden und darin als voraussetzungslos bestimmenden Wesens stammt. Es handelt sidi um den Leitbegriff gegenständlicher, alle sprachliche Bedingtheit in das Objekt des Denkens einbeziehender Sprachbetrachtung eines demgegenüber unmittelbar als frei angesetzten, also historisch utopischen Subjekts.

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Objekt- und Metasprache

seitige Interpretation der in der Rede verflochtenen Zeichen deren Bedeutung in einem im Grunde unendlichen Prozeß einspielt, so daß man im Bezug auf sie nicht sagen kann, dieses oder jenes Zeichen „habe" (vor jedem Gebrauch) diese oder jene Bedeutung. Wenn man dennoch von der Bedeutung isolierter Zeichen der Metasprache spricht, spricht man, wie gesagt, in Analogie, quasi schon im Vorgriff auf eine ausstehende metametasprachlidie Regelung. Analoges Reden spielt demnach auch in den Ausdrude von der Möglichkeit der „Selbstreflexion" hinein. Die reflektierende Sprache ist nur analog zu der reflektierten eine „bestimmte" Sprache. Die Reflexionen Kants zeigen wieder besonders deutlich, daß um der Bestimmtheit des Gegenstandes willen das bestimmende (transzendentale) Subjekt unbestimmt bleiben muß. Vor allem kann von ihm nicht gesagt werden, in welcher (bestimmten) Sprache es bestimme, streng genommen nicht einmal, daß es überhaupt in „einer" bestimmten Sprache bestimme, denn Einheit und Bestimmtheit sind hier dasselbe. Auf der anderen Seite setzt aber Kant voraus, daß das Subjekt urteilen kann, ja er bestimmt es als Urteilsvermögen. Damit ist vorausgesetzt, daß seine Urteile, so, wie sie jedes für sich zu einer Einheit der Synthesis verknüpft werden, „etwas" bedeuten. D. h. die „Sprache" dieses Subjekts müßte, wenn sie überhaupt näher zu charakterisieren wäre, jedenfalls als (durchgängig bestimmte) Objektsprache verstanden sein. Es müßte sich um eine „Objektsprache überhaupt" handeln, gleichgültig dagegen, wie sie im einzelnen von einer Metasprache her bestimmt wäre. Nur in diesem Sinn wird die Sprache (als normale Sprache) bei Kant gleichgültig. „Geregeltheit überhaupt" ist immer schon vorausgesetzt. Die Unbestimmtheit des transzendentalen Subjekts bedeutet nur die Gleichgültigkeit jeder besonderen Bestimmtheit, nicht aber die von Bestimmtheit überhaupt. Es ist als immer schon bestimmt verstanden, so daß deshalb das Metasprachenproblem und damit der Scheincharakter seiner Reflexion als Selbstbewußtsein nicht in Erscheinung treten. Mit der Reflexion auf das Metasprachenproblem träte nämlich zugleich seine von der bestimmenden Metasprache herkommende Unbestimmtheit und damit es selbst als materielles, d. h. weiter zu bestimmendes Wesen in Erscheinung.

Objekt- und Metasprache

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Die Unbestimmtheit der Metasprache lind die damit bestehende Niditidentität von Meta- und Objektsprache bringen eine wesentliche Unbestimmtheit in den Sprachbegriö selbst hinein, die sich nur künstlich vom Gegenstandsbegriff fernhalten läßt, nämlich dadurch, daß die Reflexion auf die metasprachliche Bedingtheit der objektsprachlichen Bestimmtheit unterbleibt. Es wird davon abgesehen, daß dem Satzzeichen der Objektsprache Bedeutung zugesprochen werden muß, die es als es selbst „haben" soll, und davon ausgegangen, daß es als es selbst oder von ihm selbst her, ohne Interpretation mittels anderer Zeichen, „seine" Bedeutung charakterisiere. Erst im so verstandenen Zeichen (als Zeichen einer durch sich selbst geregelten Objektsprache) spiegelt sich das einzelne Subjekt als Urteilsvermögen zufolge der Urteile als selbständige Einheiten bildenden Kategorie. Diese unterlassene Reflexion ist Bedingung des Ausgangs von „Reflexion in sich". Aber auch eine explizite Trennung zwischen Objekt- und Metasprache verwendet das Wort „Sprache" als Oberbegriff so, als wären beide im selben Sinne Sprachen, die man folglich auch auseinanderhalten könnte, so, als könnte die Objektsprache aus sich selbst heraus bedeutend und die Metasprache aus sich selbst heraus bestimmt sein, oder als wären beide je für sich sowohl bedeutende wie auch bestimmte Sprache und als wäre damit die Reflexion auf einen sowohl bedeutenden wie audi bestimmten Gegenstand Sprache möglich. Es ist audi hier davon abgesehen, daß von einer in sidi bestimmten (geregelten) „ (Objekt-) Sprache" als Sprache nur die Rede sein kann, insofern angenommen wird, daß eine andere „Sprache" („Metasprache") ihr Bedeutungen zuschreibt. Diese andere „Sprache" kann aber ihrerseits nur in Analogie zu einer „Objektsprache" eine bestimmte Sprache sein. Um einen Gegenstand „Sprache" zu gewinnen, ist davon abgesehen, daß im vergegenständlichenden Blick auf Sprache jeweils eine von den beiden Komponenten Bedeutung und Bestimmtheit unscharf bleiben muß. Dieser einen solchen Gegenstand „Sprache" als Einheit von Bestimmtheit (als der Voraussetzung von „Gegenstand überhaupt" ) und Bedeutung (als der spezifischen Eigenschaft eines Gegenstandes „Sprache") suggerierenden Trennung zufolge soll ein Satz der Form „p ist wahr" ein metaspradilicher Satz über einen objektsprachlichen Satz „p" sein.

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Objekt- und Metasprache

Er soll aber, wenn die Objektsprache in der Metasprache bestimmt sein soll, genau dann wahr sein, wenn „p" wahr ist, so daß in dieser Sicht „ist wahr" ein redundanter Bestandteil wäre. Dasselbe soll für „p ist falsch" und „nicht p" gelten2. Das Wort „wahr" wird in „p ist wahr" — insofern diesem Satz als diesem isolierten Gebilde Bedeutung zugesprochen wird — als objektsprachlicher Terminus verwendet, so als sei seine Bedeutung durch es charakterisiert, d. h. als sei das philosophische Wahrheitsproblem kein Problem und als stehe selbstverständlich fest, was „Wahrheit" bedeute. Die damit zugleich als metasprachlich und objektsprachlich gedeutete Aussage („p ist wahr") geht davon aus, Wahrheit sei ein wie auch immer feststellbares Attribut von Sätzen als isolierbaren, sich „selbst" interpretierenden Gebilden, während eine Aussage „p" normalerweise ein hinsichtlich ihrer Bedeutung unselbständiges Moment in einem unübersehbaren Spradizusammenhang ist. Ihre Verstehensbedingungen und ihre Lesart haben sich innerhalb dieses Kontextes ergeben, und zwar so, daß niemals gewiß ist, daß sie auch bei nur zwei Personen übereinstimmen. Ob eine Aussage „wahr" ist, wird eigentlich nur innerhalb soldier Zusammenhänge thematisch, ohne daß dabei notwendig ein allgemeiner Maßstab vorauszusetzen wäre, der angäbe, was man damit meint, wenn man man sagt, „sie" sei „wahr". Meistens wird damit eine Zustimmung zum Gesagten, so wie es im Kontext verstanden wurde, ausgedrückt, ohne daß dadurch explizit würde, wie es denn verstanden wurde. Also besagt „p ist wahr" möglidierweise etwas anderes als der Satz „p" selbst, „p ist wahr" könnte bedeuten: „ich bin derselben Meinung", oder aber auch: „ich glaube es", oder: „ich habe es ebenfalls so gesehen" usw. (Eine Aufzählung einer als abzählbar vorgestellten Vielzahl solcher „Verwendungen" im Sinne eines „ordinary language approach" befindet sich allerdings selbst schon innerhalb des — wenn auch hier noch nicht systematisch durchgeführten — Prinzips gegenständlicher Sprachbetrachtung.) Das Postulat, es sei eine metasprachliche Ebene von einer objektsprachlichen systematisch zu unterscheiden, muß dem Objektsprach2

Vgl. hierzu die Diskussion bei P. F. Strawsen in „Truth", Analysis 9, 1949.

Objekt- und Metasprache

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lidien als vorliegenden Gebilden eine feste Bedeutung als möglichen Bezug auf eine objektive Wirklichkeit zuschreiben. Das geht sicherlich an der sprachlichen Realität vorbei. Sprachzeichen haben nicht als diese gegenständlichen Gebilde solche Bedeutungen, weder als isolierte Wörter, noch „nur im Zusammenhange des Satzes"3 und audi nicht im Zusammenhang einer umfassenderen, aber dodi als überschaubar dargestellten „Theorie"4, sondern nur in einem weiteren Zusammenhang, den ein endliches Subjekt nicht vor sich bringen kann. Im Scheitern dieses Versuchs begreift es sich als endliches, der absoluten Reflexion seiner Bedingungen gerade nicht fähiges Subjekt. Es kann sich also audi nicht als Subjekt der „Handlung", die den Satz herstellte, bzw. seine „Herstellung" als eindeutigen Ausdrude noch einmal „metasprachlich" zu reflektieren vermöchte, begreifen. Hier hat die Handlungsdefinition der Sprache ihre Grenze. Sie hat sie an der Grenze des Satzes, die aber nicht die des Sinnes ist. So vollzieht sich das Metasprachliche als Konstruktion von Satzbildungsregeln und im Zuschreiben objektiver Korrelate zu isolierten sprachlichen Gebilden. Es konstruiert sich Gegenstände wie „Sprache", „Satz" usw., deren Namen als Namen dieser Konstrukte natürlich insofern eine eindeutige Bedeutung haben, als es Namen für die Anweisung zur (vorstellungsmäßigen oder technischen) Herstellung ihnen entsprechender, also eindeutiger Objekte sind5. Erst in solchen Zusammenhängen kann es dann zu der weiteren ( „metasprachlichen" ) Überlegung kommen, ob etwa verschiedene Zei3 4

5

Wittgenstein, Tractatus, Satz 3.3. Vgl. Quine's These, nadi der nicht ein einzelner Satz, sondern nur jeweils eine ganze Theorie mit der Empirie konfrontiert wird. W. Quine, Two Dogmas of Empirism, in: From a Logical Point of View, Cambridge 1953, S. 42. Natürlich ist selbst das berühmte Lügner-Paradox nur unter dieser Voraussetzung einer a priori oder vor allem Gebraucht geregelten Semantik antinomisch. In einer konkreten Sprechsituation, in der ein Kreter sagen würde, daß alle Kreter lügen, würden — solange er als Sprecher sinnvoller Sätze anerkannt ist — die Bedeutungen der verwendeten Wörter so aufzufassen versucht, daß sie sich in dieser Situation zu einem Sinn arrangierten, d. h. man würde entweder diesen Kreter oder diesen seinen Satz als Ausnahme „verstehen" und unterstellen, der Satz sei so oder so gemeint. „Vernunft" in diesem anerkennenden Sinn wäre früher als ein an die Regel bindender „Verstand".

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Objekt- und Metasprache

chen dieselbe Bedeutung haben oder nicht, wie bei der Frage, ob „p" und „p ist wahr", weil sie unter gleichen Umständen wahr sein sollen, auch dasselbe bedeuten oder inwiefern „Morgenstern" und „Abendstern" gleiches bedeuten 6 oder ob etwa die grammatische Transformation vom Aktiv ins Passiv eine Änderung der Bedeutung bewirke oder nicht. Es ist in einer Semantiktheorie notwendig zu postulieren, daß es verschiedene Zeichen gebe, die dieselbe Bedeutung „besäßen". Anders kann nicht „über" die Bedeutung eines Zeichens wie über einen Gegenstand gesprochen werden. Wenn gesagt oder festgesetzt werden soll, welche Bedeutung ein Zeichen „z" habe, muß gesagt werden können: „z bedeutet y". Mit der Zuspräche einer festen Bedeutung zu einem Zeichen geht also zugleich die Verselbständigung der Bedeutung gegenüber diesem Zeichen einher, denn sie muß, um festgestellt werden zu können, auch einem anderen Zeichen zugesprochen werden können, so wie das in Vokabeltabellen oder auch in der Gegenüberstellung von Definiertem und Definierendem zu geschehen pflegt. Solche verselbständigten Bedeutungen werden in den Metatheorien der Wissenschaften als Gegenstände der Forschung angesehen, denen gegenüber der sprachliche Ausdruck zufällig sein soll. So wird gefragt, ob ein mit einem Satz „p" „gemeinter" „Sachverhalt" der Fall sei oder nicht. Gegenständliche Sprachbetrachtung von einer Metasprache her ist konstitutiv für diese Art wissenschaftlicher Fragestellung. Von ihr her muß jede „Verifizierung", bzw. „Falsifizierung" wegen des ideellen (Modell-) Charakters solcher Projektionen von „Sachverhalten" unendlich inadäquat bleiben, so daß es wesentlich nodi einer zusätzlichen Erklärung bedarf, welche Folgen ein Experiment für solche Modelle praktisch haben soll. Diese Erklärung bindet erst wieder an die konkrete „pragmatische" Situation zurück, nachdem die wissenschaftstheoretische Metasprache von der Forschungsabsicht her ihren abgehobenen Gegenstand „Wissenschaftssprache dieser Wissenschaft" und damit auch spezifische „Gegenstände" dieser Wissenschaft praktisch konstruiert hatte. Es wäre auch inkonsequent, lediglich das Ver6

Vgl. G. Frege, Über Sinn und Bedeutung, in: Funktion, Begriff, Bedeutung, Göttingen 1966, S. 47.

Objekt- und Metasprache

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hältnis der Wissenschaftstheorie zu ihren spezifischen Gegenständen, den Wissenschaften, naiv realistisch anzusetzen. Da nun aber die sogenannte „normale" Sprache als „letzte" Metasprache angesetzt werden muß, scheint sie den Rang eines letzten Konstituens zu erhalten und von daher als „transzendental" gelten zu müssen. Aber das wäre nur zu vertreten, wenn sie die die Wissenschaftssprachen regelnden Metasprachen mit Notwendigkeit so aus sich heraussetzen müßte, wie sie es faktisch tut, d. h. wenn hier das quid facti zugleich als ein quid iuris zu begreifen wäre. Hier liegt aber der Unterschied zwischen der Sprache und dem „Verstand" im Kantischen Sinne offen zutage. Da es zur „letzten" Metasprache keine weitere Metasprache mehr geben kann, ist sie notwendigerweise gerade nicht mit Notwendigkeit versehen. Ein „letztes" „x bedeutet y" stellt das Verständnis des erklärenden „y" dem gewohnten, so oder so eingespielten Verständnis anheim.

XIII Die Dimension der Pragmatik und die Idee der Tiefenstruktur

Die allgemeine Semiotik postuliert aus solchen Schwierigkeiten heraus neben der Dimensionen der Syntax und der Semantik als dritte Dimension die der Pragmatik. Wenn es aber schon paradox erscheinen muß, in eine transzendentale Grammatik neben die Syntax- eine Semantiktheorie aufzunehmen, so steigern sich die Schwierigkeiten angesichts der Pragmatik als der Lehre vom wirklichen Zeichengebrauch, obwohl immer wieder mit Recht auf die Notwendigkeit der Pragmatik hingewiesen wird. Sollen doch ζ. B. die Bedeutungen aller sogenannten „Indikatoren" wie „ich", „du", „da", „dort", „jetzt" enger als die anderer Wörter zur Pragmatik gehören, weil sie ihre Bedeutung nur im aktualen Sprachgebrauch gewinnen. „Ich" ζ. B. verweist auf den momentanen Sprecher und nicht auf einen allgemeinen „Gegenstand" im Sinne eines „Sprechers überhaupt", wie die generative Grammatik ihn im Begriff eines Sprecher-Hörers als des Subjekts einer Sprache überhaupt konzipiert2. Ferner sollen zur Pragmatik alle Züge individueller Sprachgestaltung gehören, wie Stil im allgemeinen, Ironie, Metaphorik usw. Aber, wenn Ironie dazugehört, warum dann nicht auch der „Ernst" einer „schlichten" Aussage?3 Warum nicht die Absidit, sich für eine gewisse Redezeit, ζ. B. solange „wissenschaftlich" gesprochen wird, an eine eingespielte, metasprachlich jederzeit zu rechtfertigende Schicht von Bedeutungen faktisch zu halten und sich entsprechend diszipliniert zu verhalten? Und wenn die Situationsabhängigkeit von Bedeutungsnuancen (Konnotationen) dazugehören soll, warum dann nicht der „Kern" der Bedeutungen, der ja, wie ζ. B. bei 1 2

3

Vgl. die Arbeiten von K. O. Apel, hierzu Kap. X , Anm. 5. Vgl. K. Bühlers Unterscheidung zwischen Zeig- und Nennwörtern, K. Bühler, Spraditheorie, Jena 1934. Vgl. M. Heideggers Begriff des „Gestimmtseins", Sein und Zeit, Tübingen 1953, S. 134 ff.

Die Dimension der Pragmatik und die Idee der Tiefenstruktur

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einer Bedeutung wie der des Wortes „Tisch" oder ähnlicher Dingwörter, nur deshalb als „Kern" und von einem „metaphorischen" Gebrauch abgehoben verstanden sein kann, weil die sympragmatischen Umfelder sich hier wenig verschieben und in relativ fundamentalen oder doch in einer Lebenspraxis fundamental gewordenen Bedürfnissen verankert sind? Die besondere Trennung einer Pragmatik von einer festeren Semantik und im Gefolge davon auch die Forderung, sie zu berücksichtigen, verstehen sich allein von der Vorstellung, erst seien da Syntax und Semantik als feste Strukturen einer Sprache, deren Ungenügen dann natürlich nicht übersehen werden kann. So wie die Aufnahme einer Semantiktheorie in die Idee einer transzendentalen Grammatik diese in ihrer vermeintlichen Transzendentalität zerstört, so müßte die Aufnahme der Pragmatik die in der Sprachwissenschaft zweckdienliche Trennung zwischen Syntax und Semantik aufheben, da sie gerade besagt, daß der Gebrauch der Wörter in einem Kontext und in der von Kontexten umgebenen Satzbildung erst die Bedeutungen letztgültig, d. h. wie sie hier gemeint sind und vernommen werden, konstituiert. Dabei steht hinter der Idee der Pragmatik allerdings immer noch die (im Kantisch-n Begriff des Transzendentalen schon kritisch preisgegebene) Vorstellung, es ließen sich bestimmte, typische Situationen von Sprachgebraudi transzendental bestimmen, in denen die Subjekte in diesem Gebrauch übereinstimmen würden. Allenfalls ließe sidi empirisch beobachten, daß Subjekte sich so zueinander und zu ihrer Umgebung verhalten, als stimmten sie im Zeichengebraudi überein. Auch hier würde eine empirisch beobachtende Wissenschaft in den Rang einer transzendentalen erhoben. Gegenständliche Sprachbetrachtung muß nun aber um der Gewinnung eines umrissenen Gegenstandes willen zunächst die pragmatische Dimension der Sprachverwendung (Performanz) von ihrem eigentlidien Gegenstand, der sogenannten „Kompetenz", abspalten. Nach Chomsky gibt es deshalb „kaum einen Grund, die traditionelle Auffassung in Frage zu stellen, daß die Erforschung der Sprachverwendung nur in dem Maße vorankommen kann, wie es Einsichten in die zugrunde lie-

104

Die Dimension der Pragmatik und die Idee der Tiefenstruktur

gende Kompetenz erlauben"4. Das ist selbstverständlich, wenn schon diese Trennnung, analog zu einem verfügbaren Werkzeug und seiner Verwendung, vollzogen ist, und in einer gegenständlichen Sprachbetrachtung muß sie vollzogen sein, um der Bestimmtheit ihres Gegenstandes willen. Die Performanz ist dann nur die jeweilige Art der stimmlichen Aktualisierung einer rein „mentalen" Sprachkompetenz, die „Aufführung" der Sprache, wie sie sich in gegenständlicher Sprachbetrachtung im Sprechakt konstituiert, wobei dem Sprecher wie einem Schauspieler bei der Aufführung eines Stückes gewisse subjektive Freiheiten eingeräumt sein sollen. Auch die „Wahl" einer besonderen Sprache zum Ausdrude objektiver Bedeutungen wäre konsequenterweise noch zu diesen „Freiheiten" zu rechnen, wenn sie auch natürlich für den eine Einzelsprache untersuchenden Wissenschaftler immer schon als bereits vollzogen vorgestellt sein muß. Die Transformationsgrammatik hat erneut erkannt, daß, wie kritisch hinzuzufügen ist, in diesem Zusammenhang gegenständlicher Sprachbetrachtung eine dargebotene „Oberflächenstruktur" von einer ihr zugrunde liegenden „Tiefenstruktur" zu unterscheiden ist, da von der Idee einer rein logisch-syntaktischen Synthesis von Bedeutungselementen her nicht die einzelsprachliche grammatische Form eines Satzes von sich aus rekonstruiert werden kann. Dabei sollen die semantische Ebene und deren allgemeine syntaktische Kategorisierung in Nominal-, Prädikatteil usw. in der Tiefe liegen und dann nach weiteren Regeln einer Einzelsprache (dem „Transformationsteil" ihrer Grammatik) in das Repräsentationssystem der lautlichen Oberfläche „codiert" werden, so daß ein Empfänger, seinerseits diese Repräsentation „decodierend", verstehen können soll, wobei durchaus verschiedene Repräsentationen die gleiche semantische Interpretation auf der „Basis" verlangen können müssen. Man kann audi umgekehrt sagen: Um Sprache erst auf logische Syntax und Semantik reduzieren zu können, muß ein den Einzelsprachen zugeschriebener Transformationsteil abgehoben werden5. 4 5

N. Chomsky, Aspekte, a.a.O., S. 21; Aspects, a.a.O., S. 10. Daß die semantische Interpretation eines Satzes nur von seinen lexikalischen Einheiten und den grammatischen Funktionen und Relationen abhänge, die in der zugrunde liegenden Struktur, in der sie auftreten, repräsentiert sind, daß

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Das Grundmodell dieser Auflassung hat die allgemeine Form „p hat dieselbe Bedeutung wie q". Die als semantisch unwirksam empfundene Umformung von der semantischen Basis zur Oberfläche oder audi von „p" zu „q" als möglichen Varianten dieser Umformung heißt „Transformation" 6. Eine ähnliche Auflassung vertritt E. Koschmieder, wenn er etwa fragt: „welche Strukturelemente verwendet die betreffende Sprache zum Ausdruck bestimmter Noeme", und „was für ein Noem soll durch jedes einzelne Strukturelement der betreffenden Sprache zum Ausdruck gebracht werden?" 7 , und unter Aufnahme des Husserlschen Noembegrifls die eigene Art der Repräsentation einer bestimmten Sprache von als übersprachlich vorgestellten semantischen und syntaktischen Grundelementen unterscheidet. Gewiß ist diese Voraussetzung in aller vergleichenden Sprachwissenschaft unentbehrlich. Sie dürfte zur einzelwissenschaftlichen Axiomatik einer solchen Wissenschaft zu rechnen sein. Aber philosophisch melden sich hier dodi, sowohl im Bezug auf diesen Ansatz wie auch auf den der Transformationsgrammatik und auch im Bezug auf den sich hier ergebenden Begriff sprachlicher Freiheiten, die dann dasselbe besagten wie Bedeutunglosigkeit, eihebliche Bedenken. „p hat dieselbe Bedeutung wie q" muß die Grundform aller Transformation sein. Diese Grundform ist ein Übersetzungsschema. Denn auch wenn man die „Noeme" oder die syntaktisch kategorisierten semantischen Elemente der „Basis" als das ansieht, was allem sprachlichen Ausdrude „zugrunde liegen" soll, so daß es auch von allem einzelsprachlichen Ausdruck gleichermaßen verschieden wäre, muß dodi gesagt werden, worin ein solches Element seine Bestimmung hat. Die Definition des Semems oder des Tagmems wird einer Repräsentation in einer Einzelsprache zuzuordnen sein. Wenn z. B. gefragt wird, weldie

6

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also die semantisdie Interpretation nur an der „Tiefenstruktur" ansetze, bezeichnet Chomsky im Anschluß an Katz und Fodor als „the basic idea that has motivated the theory of transformational grammar since its inception" (Aspects, S. 136; Aspekte, S. 173). (Er schwächt diese These allerdings dann in einigen Punkten ab.) Vgl. N. Chomsky, Aspects, a.a.O., S. 132: „ . . . transformation cannot introduce meaning-bearing elements." E. Kosdimieder, Beiträge zur allgemeinen Syntax, Heidelberg 1965, S. 84.

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Strukturelemente das Deutsche zum Ausdruck der Vergangenheit verwende8, dann fragt sich sofort, was „Vergangenheit" hier heißen soll. Wenn damit etwas anderes gemeint ist als der Inbegriff dessen, was durch gewisse grammatische Formen ausgedrückt werden soll, was tautologisch wäre, dann müßte angenommen werden, das Wort „Vergangenheit" verweise auf dasselbe wie diese Formen und wie gewisse andere Formen in anderen Sprachen, die „Vergangenheit" anders ausdrückten. Dient hier nicht wieder ein einzelsprachliches Wort, das deutsche Wort „Vergangenheit", als Maßstab, und meint dieses deutsche Wort nun wieder dasselbe wie ζ. B. das englische „past tense" oder wie „past time" ? Man wird wohl, da „past tense" wiederum nur eine grammatische Formengruppe meint, an „past time" denken müssen, wäre aber, sobald man damit etwas diesen Ausdrücken für Zeitbestimmung gegenüber Vorgegebenes meint, im Grunde schon bei der Annahme transzendentaler, d. h. nicht durch einzelsprachliche, empirische Begriffe vorgezeichneter reiner Zeitbestimmungen, wie Kant sie konsequenterweise, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, voraussetzte. Diese sprachwissenschaftlichen Ansätze führen ihrerseits in redit schwierige philosophische Überlegungen, wie z. B. zum Problem einer transzendentalen Ästhetik, wenn sie nicht nur als einzelwissenschaftlich zweckmäßige Postulate und Konstrukte angesehen werden. So sind sie einer Theorie des Übersetzens solange dienlich, als die damit verbundenen philosophischen Fragen unberührt bleiben und Übersetzen sich immer von dem Erfolg her versteht, in einer Zielsprache Verständnis zu erreichen. Ein solcher Erfolg hängt aber von einer Lebenspraxis ab, in der er als „befriedigend" empfunden wird, und ist transzendental unbegründbar. Er verweist unter kritisch-philosophischen Maßstäben nicht auf den Begriff von einem Objekt, in dem sich Übereinstimmung treffen sollte. Wer eine fremde Sprache auf ihre Grammatik hin analysiert, wird zufrieden sein können, wenn er zu dem Schluß kommt, gewisse Formen drückten z. B. die „Vergangenheit" aus, d. h. das, was deutsche Leser dabei zunächst assoziieren, oder sie seien eine Ent8

Ebd.

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sprechung zu „past tense" im Englischen. In der Praxis wird er aber wissen, wie vorläufig solche theoretischen Analogien zu nehmen sind. Gerade soldi ein Verständnis hatte Kant nur „symbolisch" genannt und von dem durch transzendentale Begriffe unterschieden. Es folgt der Analogie, die nach Hamann allerdings auch die „Seele" Somatischer Schlüsse ist 9 . Übersetzen will ja gar nicht wie transzendentale Logik und Grammatik aus dem Bereich der Sprachen herausführen, sondern nur innerhalb dieses Bereichs von einer Sprache in die andere überleiten, so daß das philosophische Sprachproblem, das in Sprachen möglicherweise Vorurteilsstrukturen überliefert sieht, in dieser Praxis nicht akut wird. Eine Übersetzung wird sich als gelungen verstehen, wenn die diskursive Methode der Überleitung oder der Abbildung sprachlicher Elemente auf Elemente der Zielsprache subjektiv befriedigend gelingt. Die Idee der Transzendentalphilosophie besteht dagegen gerade in der Idee eines Kriteriums objektiver Gültigkeit von Aussagen im Durchbruch durch vorgegebene empirische Begriffe, zu denen in diesem Sinn auch die einzelsprachlichen grammatischen Formelemente gehören, soweit sie sich nicht von einer „transzendentalen Grammatik" her als einer in jedem Verstand liegenden Grammatik ableiten lassen.

9 J. G. Hamann, Sämtliche Werke, hrg. v. J. Nadler, Bd. II, Wien 1950, S. 61.

XIV Humboldts Alternative

Nach W. v. Humboldt kann man dagegen aus dem Kreis einer Sprache nur hinausgehen, insofern man „zugleich in den Kreis einer andren Sprache hinübertritt"1. Der wesentliche Unterschied der Humbold tschen Sprachansicht gegenüber den transformationsgrammatischen Modellen besteht — trotz der Berufung der generativen Grammatik auf den Humboldtschen Terminus des „Erzeugern" — darin, daß der Gang von einer Sprache zur anderen nicht über eine übersprachliche, transzendental zu konstituierende Basis verlaufen soll. Es ist nach Humboldt nicht zuerst eine „Vorstellung" von der Bedeutung da, die nach Regeln, die nur für eine einzelne Sprache als deren grammatische Syntax charakteristisch sein sollen, in eine Oberflächenstruktur zu „codieren" und von einem Hörer dann wieder zu „decodieren", d. h. auf eine Tiefenstruktur zurückzuführen und auf dieser tieferliegenden Basis semantisch zu interpretieren seien, obwohl auch Humboldt diese Topoi als solche der Reflexion auf Sprache selbstverständlich bekannt sind. Nach Humboldt ist die besondere einzelsprachliche „grammatische Form", nach der Terminologie der Transformationsgrammatik die „Oberflächenform" (surface), gerade entscheidend für die Möglichkeit, in dieser Sprache Gedanken nicht nur auszudrücken, sondern neu zu entwickeln. Der „Gedanke" ist hier als eng mit der einer besonderen Sprache eigenartigen grammatischen Form zusammengehörend konzipiert2. Es soll in dieser Hinsicht einen Unterschied bedeuten, ob 1 2

W. v. Humboldt, Gesammelte Schriften, Akademie-Ausgabe, Berlin 1903 ff., Bd. VI, S. 180. Vgl. W. v. Humboldt, Über das Entstehen der grammatischen Formen, und ihren Einfluß auf die Ideenentwicklung, a.a.O., Bd. IV, S. 285 ff. Allerdings sind diese Ansätze Humboldts noch kaum als Hypothesen empirischer Sprachforschung verwendet worden, obwohl ja, wegen des prinzipiell empirischen, bzw. historischen Charakters der Grundbegriffe, die den Gegenstandsbereich einzelner Wissenschaften spezifizieren, ebenso prinzipiell Alternativen zu diesen Grundbegriffen und dem in ihnen als „Bestandteil" Mitgedachten möglich sind.

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eine Sprache im Vergleich zu anderen für Grammatisches oder Formales ausdrücklich bestimmte Formwörter ausgebildet hat und es damit lautlich bezeichnet, ob es durch Wortfolge usw. ausgedrückt wird oder ob es schließlich jedesmal „hinzugedacht" werden muß. An die Stelle der Idee einer universalen Sprachform, deren eigentlicher Ort der Verstand sei und deren besondere einzelsprachliche Markierung in dieser Besonderheit bedeutungslos bleibe, tritt die „innere" Sprachform der konkreten Einzelsprache, ja letztlich die Form des „jedesmaligen Sprechens"3, und Denken wird als Auseinandersetzung mit den vorhandenen Möglichkeiten besonderer Sprachen verstanden, derer es sich bedienen kann, auch und gerade wenn es darum geht, über in besonderen Sprachen vorgezeichnete Bahnen hinauszuführen. An die Stelle eines „transzendentalen" Ansatzes der Überwindung sprachlicher Bedingtheiten ein für alle mal (Kant) tritt die Arbeit des Geistes an der Sprache als an der Form seiner Institution in der Welt. So soll die Markierung bestimmter kategorialer Verhältnisse in bestimmten Sprachen, ζ. B. die Markierung als Subjekt und als Prädikat mit Hilfe der Flexion, dazu verhelfen, das Denken institutionell vom jedesmaligen „Hinzudenken" oder Formen eines sprachlichen Materials zu entlasten und ihm auf dieser quasi institutionellen Basis die Möglichkeit geben, sich über die so vor das Bewußtsein gebrachten Möglichkeiten hinaus zu entwickeln, sich selbst aufzustufen und weiterzudenken. Vormalige Denkleistungen werden so zum Material neuer herabgesetzt. Das Formale ist hier kein fester transzendentaler Rahmen mehr, innerhalb dessen allenfalls inhaltliche Weiterentwicklungen möglich wären. Es ist als etwas sich selbst über die Verschiedenheiten des Sprachbaues Entwickelndes, aber nicht als etwas mit einem Bau irgendeiner Sprache positiv Zusammenfallendes oder als etwas allen Sprachen Gemeinsames verstanden. In diesem Sinne ist nach Humboldt das „ganze Streben" einer Sprache „formal"4. Als Streben geht es darauf aus, in 3 W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. VII, 1, S. 46. 4 Die Subsumption von Sprache unter den Begriff „Form", zusammen mit anderen Formen des „Kombinierens" (vgl. P. Hartmann, Theorie der Grammatik, Den Haag 1963), zieht notwendig einen Schnitt durch den Humboldtsdien Begriff der Form, der „dynamisch" ist und nicht als eine von „dynamis" reine, dem

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sich Bezeichnungsmöglichkeiten für Kategoriales zu entwickeln, um darüberhinausgehend in einer „Abbildung" audi der bisherigen „Form der Abbildung" auf es zu „reflektieren" und somit vormalige Synthesis selbst zum Material neuer, entweder negativer oder positiver, bestimmen zu können. Erkenntnisvermögen und Bezeichnungsvermögen sind nicht mehr wie bei Kant (oder auch in der Konsequenz der die konkrete Bezeichnung an der Oberfläche von der tieferliegenden Bedeutung abhebenden Transformationsgrammatik) einander abstrakt entgegengesetzt. Hier ist nicht scharf zwischen Objekt- und Metasprache unterschieden. Vielmehr ist nachfolgendes Sprechen im Prinzip immer schon als „metasprachlich" gegenüber vorangegangenem angesehen 5 . Zumindest wird

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jeweiligen Inhalt gegenüber gleichgültige Form verstanden werden kann. Die Humboldtsche Form ist lebende Form und meint weniger die in gegenständlicher Sprachbetrachtung als „Grammatik" von einem „Wörterbuch" zu unterscheidende Form, von der er sagt, sie sei „kaum ihrem todten Gerippe vergleichbar" (a.a.O., Bd. VI, S. 147). Vgl. hierzu Humboldts Begriff der Reflexion, wie er in der frühen Notiz „Über Denken und Sprechen" (a.a.O., Bd. VII, S. 581—583) entwickelt wird. Sprachliche Einheiten (wie z. B. Sätze) markieren diesem Sprachbegriff zufolge wesentlich unselbständige „Abschnitte", die das denkende und sprechende Subjekt innerhalb seiner Intention, Sprache so zu formen, daß sie anderen in einer Situation etwas sagen kann, sich selbst als Gegenstand seiner Reflexion entgegenstellt, indem es „in seiner fortschreitenden Tätigkeit einen Augenblick still" steht, um „das eben Vorgestellte in eine Einheit zu fassen". Das geschieht dadurch, daß es solche „Abschnitte" mit den ihm verfügbaren Mitteln seiner Sprache sinnlich markiert. Die „Abschnitte" bleiben also von ihrer Formung her verschwindende, „augenblickliche" Gestaltungen der alles Sprechen begleitenden Sprechreflexion (vgl. oben S. 15). Sie gehören nur in diesem, ihre Aufhebung so gut wie ihre Bildung einschließenden Sinn „im weitesten Verstände des Worts" zur „Sprache" (Über Denken und Sprechen, a.a.O.; vgl. hierzu auch W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. VI, S. 181 ff.). Sie lassen wesentlich als bedeutende „Elemente" zugleich eine „freie Behandlung, abermalige Trennung und neue Verbindung" zu (ebd.). Die ihnen entsprechenden „Vorstellungen" werden „in wirkliche Objektivität hinüberversetzt, ohne darum der Subjektivität entzogen zu werden" (W. v. Humboldt, a.a.O., VII, 1, S. 55). Nur in ihr sind sie „substantiell". D.h., daß auch der „jedesmalige" Gebrauch als bedeutungskonstituierend gilt und daß Bedeutung nicht aus semantisch vorgegebenen Einheiten „der" Sprache nach Syntaxregeln kombiniert wird, so daß „Sprache" auch nie als Ganzes gegeben sein kann (vgl. W. v. Humboldt, ebd., S.47). Die „Macht", als die sie auf den individuellen Sprachgebrauch

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eine Sprache nach den in ihr angelegten Möglichkeiten beurteilt, daß es sich so verhalten könne. Man könnte sagen, Sprechen sei nach Humboldt wesentlich immer auch reflexives Sprechen, nicht über einen anderen Gegenstand „Sprache", sondern über das zuvor in derselben Sprache Gesprochene, das dadurch erst in seiner Bedeutung sich präzisiere, so wie das Folgende dadurch, daß es sich als Präzision gerade dieses Vorausliegenden versteht, erst seine konkrete Bedeutung erhält. Das impliziert nun die Aufhebung der Vorstellung universaler, allen Sprachgebraudi gleichförmig durchziehender Kategorien, die an einem vorgegebenen Material symbolischer Begriffe unabhängig vom Bau der einzelnen Sprachen stets von neuem und damit immer die gleichen Gedanken repräsentierend ansetzten. Diese Ansicht impliziert auch einen Verstehensbegriff, demzufolge Sprache nicht nur ein beliebiger und prinzipiell austauschbarer Code der sinnlichen Verschlüsselung von sprachtranszendenten „Gedanken" ist. Die Fassung eines Gedankens ist zwar Humboldt zufolge nicht schon durch eine Sprache so vorgezeichnet, daß sie ihn aufzwänge. Aber gerade verstanden als produktive „Ideenentwicklung" über vorgezeichnete Bahnen hinaus ist der Gedanke in einer Sprache von deren besonderem Bau her angelegt. Das Besondere, nicht das Universale, ist hier Bedingung der Möglichkeit produktiver Synthesis. Das hat Konsequenzen für den Sprachenvergleich. Es ist nicht primär zu fragen, ob das, was in einer Sprache gesagt werden könne, auch in eine andere übersetzbar sei, sondern ob ein Gedanke, der bezeichnet werden kann, weil er von einer bestimmten Sprache und von deren besonderen Reflexionsmöglichkeiten her konzipiert werden konnte, auch ohne die Hilfe dieser besonderen „grammatischen Formen" dieser besonderen Sprache oder in jeder anderen Sprache für ein endliches Wesen mit endlicher psychischer Kapazität zu konzipieren gewesen wäre. Die Frage der Übersetzbarkeit ist demgegenüber sekundär. Daß ein Gedanke, der mittels einer Sprachform konzipiert wurde, dann nachträglich auf irgendeine Weise mehr oder zurückwirkt, ist diesem nicht als System vorgeordnet. Sie wirkt jeweils nur so auf Sprechen und Denken, wie sie im Gebrauch selbst entwickelt und individualisiert ist, so daß von hier aus gesehen diachronische Sprachbetrachtung der synchronischen wesentlich komplementär bleibt.

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weniger befriedigend in jede andere Sprache übersetzt werden kann, setzt audi Humboldt voraus. Die Frage, ob Übersetzung von einer Sprache in eine andere möglich sei, kann aber nicht mehr bedeuten, ob „dasselbe" in verschiedenen Sprachen ausdrückbar wäre, sondern nur noch, ob eine vom jeweiligen Zweck der Rede her befriedigende Wiedergabe des in einer Ausgangssprache konzipierbaren und konzipierten Gedankens in einer Zielsprache gelinge. Die Vorstellung eines spradineutralen Gedankens, der nur noch sprachlich zu vermitteln sei, ist fallen gelassen. So ist nach Humboldt auch Verstehen innerhalb „einer" Sprache „kein Zusammentreffen der Vorstellungsweisen" der Sprechpartner „in einem unteilbaren Punkt, sondern ein Zusammentreffen von Gedankensphären, von welchen der allgemeinere Teil sich deckt, der individuellere überragt". Es heißt weiter: „Dadurch wird das geistige Fortschreiten des Menschengeschlechts möglich." 6 Demnach ist „Bedeutung" nicht als etwas verstanden, das im vorgegebenen Rahmen „einer" Sprache im Sprechakt von einem Partner zum anderen möglichst unverändert hinübertransponiert werden sollte, so daß Sprache an der Tauglichkeit dazu zu messen wäre. „Alle Übereinstimmung" ist hier zugleich wesentlich produktives „Auseinandergehen"7. Es heißt bei Humboldt sogar: „Es läßt sich auch nicht behaupten, daß die Sprache, als allgemeines Organ, diese Unterschiede mit einander ausgleicht. Sie baut wohl Brücken von einer Individualität zur andren und vermittelt das gegenseitige Verständnis; den Unterschied selbst aber vergrößert sie eher, da sie durch die Verdeutlichung und Verfeinerung der Begriffe klarer ins Bewußtsein bringt, wie er seine Wurzeln in die ursprüngliche Geistesanlage schlägt."8 Auch dem Hörenden wird dadurch, daß im Verstehen bei ihm nicht die gleichen, sondern „entsprechende" Vorstellungen geweckt werden sollen, ein Moment produktiver Tätigkeit zugestanden9. Wegen dieses dynamischen Moments im Sprechakt ist schließlich Sprache nicht nur „Ergon", sondern „Energeia", etwas sich « W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. V, S. 418 f. 7 Ebd. Bd. VI, S. 183. « Ebd. Bd. VII, 1, S. 169. 9 Ebd. S. 170.

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in sich selbst, nämlich im „jedesmaligen Sprechen", in dem sie allein Existenz hat, Fortbildendes. Sie ist nicht mehr verstanden als in sich prinzipiell abgeschlossenes Gebilde, audi nicht ihrer „Form" nach. An die Stelle von (transzendentalen) Regeln der Synthesis tritt hier als das eigentlich produktive Moment die gegen die (in gegenständlicher Sprachbetrachtung notwendige) Konzeption der Sprache als Regelsystem sich abhebende Möglichkeit der „individuellen Ausgestaltung" , von der natürlich auch wieder nur auf diesem Hintergrund sinnvoll zu reden ist. Sie bedeutet die Möglichkeit des Gedankens. Während sich nach Kant das Denken in transzendentalen Regeln vollzieht, hebt es sich bei Humboldt gerade vermöge der von der Vorstellung solcher Regeln bereits abweichenden einzelsprachlichen grammatischen Form auch von solchen einzelsprachlichen allgemeinen Bahnen ab und ist dadurch erst produktives Denken. Produktives Denken ist hier gewissermaßen „als solches" Übergang in eine „andere" Sprache oder Veränderung der Ausgangssprache. Es wird nicht nur innerhalb einer selbst unveränderten Sprache von einem „terminus a quo" zu einem „terminus ad quem", sondern ebensogut von einer Sprache als einer Möglichkeit von Denken, als „lingua a qua", zu einer veränderten als einer damit geschaffenen neuen Möglichkeit des Denkens, als „lingua ad quam", übergegangen. Gegenüber dem, was man als „transzendentale Grammatik" aus allen Sprachen herauspräparieren kann, ist auch die „Individualität einer Sprache" als Nationalsprache „nur vergleichsweise eine solche". „Die wahre Individualität" liegt „nur in dem jedesmal Sprechenden"10. „Die Sprache liegt nur in der verbundenen Rede, Grammatik und Wörterbuch sind kaum ihrem toten Gerippe vergleichbar."" Sie liegt also nicht in einer allgemeinen Regel der Synthesis, sondern in dieser selbst. Ihr gegenüber wären Regelreflexionen prinzipiell a posteriori, ihre Ergebnisse wären induktiv gewonnen. So wie sich philosophiehistorisch der Schritt vom Denken der Realität des Allgemeinen zu der des Einzeldinges vollzogen hat, so vollzieht sich hier der von der Norm zu deren individuellem, sie nicht nur differenzierendem, sondern auch veränderndem Volilo Ebd. Bd. VI, S. 182, § 65. « Ebd. S. 147, S 32.

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zug, und gerade in der abweichenden, von der Norm allein her nicht zu erklärenden individuellen Differenz wird deren Produktivität und welterschließende Kraft gesehen. Von übersprachlichen, im „Verstand" liegenden Normen eines jeden verständigen Sprachgebraudis her hatte Kant den Begriff eines „Gegenstandes überhaupt" zu konzipieren versucht. Das Einzelding sollte doch wenigstens „als solches" noch als in Universalien (des Verstandes) begründet gedacht werden. Die von Kant eingesehene Notwendigkeit der Aufnahme „an sich empirischer Begriffe" ließ diesen Versuch scheitern. Es hätte paradoxerweise eine semantische Theorie solcher Begriffe (Semantiktheorie) zum Transzendentalen gerechnet werden müssen. Ein Begriffsuniversalismus im vorkantischen Sinn wäre zu restaurieren gewesen. In der Tat arbeiten Semantiktheorien auch mit solchen Begriffsregionen wie „belebt", „unbelebt" usw. und mit regelrechten Begriffspyramiden mit dem Ziel, „Redundanzregeln" (wie z. B. die, daß mit „Mensch" immer auch „physisches Objekt" gemeint sei, aber nicht umgekehrt12) zu erhalten,die „semantische Kategorien der Sprache", „d.h. die semantischen Kategorien für alle natürlichen Sprachen im Gegensatz zu denen einer Einzelsprache" einschließen13. Für praktische Übersetzungsregeln (und vor allem für maschinelles Übersetzen) sind solche Semantikregeln, wenn sie über die Vorschläge von Katz hinausgehend genügend differenziert werden, sicher von Nutzen. Sie gliedern den Wortschatz im Sinne einer syntaktischen Einsetzbarkeit auf und ergänzen die syntaktischen Regelanweisungen. Es war aber Kant bereits vollkommen deutlich, daß auch solche weiten Begriffe wie „physisches Objekt" niemals in einen transzendentalen (d. h. „Sprache überhaupt" notwendig, also von außersprachlichen Prinzipien her aufgliedernden) Status erhoben werden können. Reiner Verstand gliedert nicht, und deshalb gibt es hier auch kein Notwendigkeit garantierendes Prinzip dafür, daß diese Begriffe nach Regeln, d. h. immer im gleichen Verstand gebraucht würden. Die Übereinstimmung in ihrem Gebrauch ist immer nur von praktischer Identität. Wenn es bei Humboldt heißt, 12

Vgl. J. J. Katz, The Philosophy of Language, S. 229; Philosophie der Sprache, S. 209. » Ebd. S. 213.

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„erst im Individuum" erhalte „die Sprache ihre letzte Bestimmtheit"14, wird diese Einsicht über die in eine Verschiedenheit sprachlicher „Zugriffe" zur Welt hinaus nur noch prononcierter ausgesprochen. Es wird noch einmal betont, daß Sprache als Sprache nicht transzendental sein kann. Denn individuelle Bestimmtheit bedeutet, daß Sprache da, „wo aber von ihrem Einfluß die Rede ist"15, d.h. wo sie für die wirkliche Erschließung von Welt in Betracht kommt und wo sie somit philosophisch interessant wird, im „Unbemerkbaren", nicht zu vergegenständlichenden und nur gegenüber dem Sprachbegriff gegenständlicher Betrachtung via negationis aufzuzeigenden Individuellen wirkt. Es gibt nun nach Humboldt „mehrere Stufen, auf denen die Allgemeinheit der Sprachformen sich auf diese Weise individualisiert, lind das individualisierende Prinzip ist dasselbe: das Denken und Sprechen in einer bestimmten Individualität". Bezeichnenderweise soll dadurch sowohl „die Verschiedenheit in der Sprache der Einzelnen, wie der Nationen" entstehen16. Die Unterschiede sind hier nach Humboldt nur graduell. „Es ist überall nur ein Mehr oder Weniger", und man muß daher, wenn man den wirklichen Einfluß der Sprache bestimmen will, „bis zur letzten Stufe herabsteigen"17. Das, was wirkt, liegt hier „unten", im Individuellen, und nicht „oben" in der Idee einer universalen Regel. Da auch hier gelten muß, daß das Individuelle in einem noch auszuführenden Sinn "ineffabile" ist, könnte man, um einer petitio principii willen, d. h. um doch irgendwie einen Einfluß der Sprachen in allgemeinen Aussagen bestimmen zu können, „die Grenze da finden wollen, wo die Sprache, wenn auch individuell nuanciert, sich doch derselben Wörter bedient"18. Audi dann wäre man schon bei einem einzelsprachlich aufgefächerten „Transzendentalismus", etwa bei einem linguistischen Relativismus Whorf'scher Ausprägung19 oder bei einer muttersprachlichen Erschließung der Welt im Sinne Weis14

W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. VI, S. 182. '5 Ebd. S. 183. " Ebd. 17 Ebd. 18 Ebd.

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gerbers. Solche Theorien können sich jedoch in diesem Punkt nicht auf Humboldt berufen. Denn ein solcher individuell nur nuancierter Sprachgebrauch einer National- oder Volkssprache „ist schon bei den verschiedenen Klassen einer Nation nicht ganz der Fall"20. Mit einem solchen Hinweis bringt Humboldt die soziale Komponente der Sprache in die Überlegungen hinein, die aber, wie um der Klarheit willen festgehalten werden muß, ihren „transzendentalen" Charakter aufhebt. Andere Differenzierungen, etwa nach " Wissenschaftssprachen", hätten einen ähnlichen Effekt, und das Resultat Humboldts besteht darin, daß Sprache nur in einer bis zum „Unbemerkbaren" hinabgehenden Differenzierung ihr Dasein hat, daß sie also nur in dieser demnach auch allgemein nicht feststellbaren Ausprägung in philosophischen Überlegungen in Frage käme, statt in abstrakten Regeln als den Gegenständen einer gegenständlichen Sprachbetrachtung, deren Bestimmung auch Humboldt als nur „in vielfacher Hinsicht zweckmäßig"21 bezeichnet. Transzendentalphilosophie ist damit hier erst kritisch an ihre Grenze geführt. „Das Prinzip der Freiheit" hat so nicht nur praktischphilosophische, sondern auch theoretische Relevanz. Es wiikt in die Konstitutionsprinzipien der Gegenstände hinein, von denen deshalb allerdings kein allgemeiner Begriff mehr gelingt. Ebensogut kann man sagen, Freiheit gegenüber dem, „was dawider ist", etwas anders zu bestimmen, also gegenüber der Gegenständlichkeit der Gegenstände, werde so auch erst theoretisch begreiflich, im Sinne einer Erkenntnistheorie, die nicht nur Theorie von der Erkenntnis von Gegenständen sein kann, wie sie sind oder erscheinen, sondern von Gegenständen, insofern sie prinzipiell anders bestimmt sein könnten als in vorgegebener Bestimmtheit, d. h. von Gegenständen der Praxis und der Freiheit. Dann wären sie erst als die Gegenstände der (theoretischen) Weltansicht freier Menschen bestimmt. „Denn es kann im Menschen etwas aufsteigen, dessen Grund kein Verstand in den vorhergehenden Zuständen aufzufinden vermag."22 Das ist eine deutliche Absage an 19

Vgl. B. L. Whorf, Language, Thought, and Reality, New York, London 1959. » W. v. Humboldt, a.a.O. Bd. VI, S. 183. 21 Ebd. Ebd. S. 184.

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den Begriff des Verstandes als des allein nach Regeln konstituierenden Prinzips. Regeln bestimmen die prinzipielle Gleichheit des Neuen mit „vorhergehenden Zuständen". Andererseits ist nicht eine unbestimmte Idee von Freiheit gegenüber aller Regel vertreten. Die Reflexion auf Sprache soll Freiheit in den Grenzen ihrer jeweiligen Möglichkeit bestimmen, denn von dem Bau einer besonderen Sprache her sollte sich die Möglichkeit der (institutionellen) Entlastung vom jedesmaligen Hinzudenken des Kategorialen ergeben. Auch einer endlichen Gedächtnis- und Denkkapazität sollten sich dadurch höhere Denkmöglichkeiten und damit auch Freiheit gegenüber vorgezeichneten Bahnen erschließen23. Nicht nur von einem allgemeinen Verstand hinzugedachte, sondern in der „Oberflächenform" einer Sprache sinnlich vernehmbar markierte besondere „Formalität" soll nach Humboldt das „Denkvermögen" erhöhen24. Damit sind Sprache und Denken erst in einer produktiven Beziehung zueinander gesehen. Weder wird nur von einem sprachtranszendenten Denkansatz noch nur von sprachlicher Befangenheit des Denkens gesprochen. In diesem Verhältnis ist „Denkvermögen" etwas, was sich selbst dadurch entwickelt, daß es in einer geistig bereits höher entwickelten Einzelsprache die Möglichkeit findet, bisherige synthetische Denkleistungen in sprachlichen Markierungen vor sich zu bringen, um dann auf dieser zugrunde gelegten Basis neue Synthesis zustande zu bringen, deren zureichenden „Grund kein Verstand in den vorhergehenden Zuständen aufzufinden vermag", wenn sie eben auch in den „vorhergehenden Zuständen" einer bestimmten Sprache ihre notwendige (aber nicht zureichende) Bedingung hatte. Das individualisierende Prinzip Humboldts, das fließend von der Idee einer „Sprache überhaupt" über die der nationalen Sprachen, von Sprachen der „verschiedenen Klassen einer Nation" bis zur „eigenen Sprache" des produktiven Individuums verläuft, stößt sich quasi an 23

Die Ausklammerung solcher Indizien der Endlichkeit und ihre Zurechnung zur Psychologie im Interesse der Lösbarkeit philosophischer Probleme muß einer Aufklärung über die menschliche Kondition notwendig den Blick verstellen, obwohl sie, wie immer wieder betont werden muß, einzelwissenschaftlich erst einen abgrenzbaren Objektbereich konstituiert. » W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. IV, S. 305.

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der Idee einer transzendentalen Grammatik „einer jeden Sprache" (Kant) als oberem Grenzwert ab und hat als unteren Grenzwert die Vorstellung einer „eigenen Sprache" einer einzelnen Person. Beide Grenzwerte dürften „rein" unmöglich sein, aber zwischen ihnen läßt sich doch der dynamische Aspekt des Humboldtschen SprachbegrifEs in seiner Richtung andeuten. Als produktiv wird das Abweichen, das individualisierende Moment angesehen. Der demgegenüber universalere Aspekt eines Regelsystems wird lediglich als dessen „aufgehobene" Voraussetzung vorgestellt, als ein Gegenstand, den die Reflexion auf Sprache sich in solcher rückwärts gewandter gegenständlicher Sprachbetrachtung erst konstituiert. Die Vorstellung von Sprache als Regelsystem verdankt sich einer Vorstellung, gegen deren Verabsolutierung Humboldt sich entschieden wendet. Sie verdankt sich der gegenständlichen Sprachbetrachtung, die „in vielfacher Hinsicht zweckmäßig" ist, aber gerade an den philosophischen Implikationen des Sprachproblems vorbeigeht. Eine Wissenschaft, deren erklärtes Ziel es ist, „sprachliche Universalien" darzulegen25, wird solcher Zweckmäßigkeit folgen müssen, ebenso eine Philosophie mit einem solchen vorgegebenen Ziel, das sich dann aber schon als Versuch versteht, das stabilisierende Übereinstimmung im schon Geltenden garantierende Moment von Sprache abstrakt hervorzukehren. Das Moment des „Auseinandergehens" innerhalb sprachlicher Kommunikation und der Umstand, daß Sprache nur so zur Wirklichkeit gebracht werden kann, „daß an einen gewagten Versuch ein neuer sich anknüpft"26, ist dann negiert. Denn mit ihm ist ja negiert, daß Verstehen sich allein über Regeln herstellte, die im „Codieren" und „Decodieren" syntaktisch-semantischer Relationen zu beachten wären. Es gelingt nur dann, wenn einer in die Sprache des anderen übersetzt. Die Andersheit des anderen wäre zugleich mit der eigenen Individualität des Sprechers der Regel subsumiert, wenn es allein von der Regel her eine Gewißheit solchen Gelingens geben sollte. Es wäre auch negiert, daß mittels Sprache über die eingespielten Bahnen eines geregelten 25

26

Vgl. J. J. Katz, The Philosophy of Language, S. 227; Philosophie der Sprache, S. 207. W. v. Humboldt, a.a.O., Bd. VI, S. 160.

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„Sprachspiels" hinaus etwas zu sagen möglich wäre, z. B. über dieses „Sprachspiel" selbst, um die Befangenheit in ihm zu durchbrechen oder es überhaupt zu verändern, um es in einem einer veränderten Lebenspraxis adäquateren Sprachverhalten aufheben zu können. „Verstehen" ist hier eher als gegenseitiges Verdeutlichen der Unterschiede, als Möglichkeit ihrer Bewußtwerdung, denn als Ubereinstimmung im „Selben" verstanden. Es heißt hier immer zugleich, den anderen in seiner individuellen Auflassung des „Selben" zu verstehen oder „anzuerkennen" — um einen entsprechenden Hegeischen Begriff in diesem Zusammenhang anklingen zu lassen27. Gegenüber den transzendentalphilosophischen Versuchen, die im Grunde Versuche der Ausklammerung des philosophischen Sprachproblems darstellen, kommt hier über die Reflexion auf das sich der vergegenständlichenden Reflexion entziehende Wesen der Sprache ein Begriff des Geistes ins Spiel, der sich eher an der individuell ausgeprägten sprachlichen Artikulation als an universalen sprachlichen oder gar übersprachlichen transzendentalen Regeln des einen Verstandes orientiert. Es darf am Schluß dieser Überlegungen nicht übergangen werden, welchen prinzipiellen Schwierigkeiten sich soldi eine Alternative gegenübersieht. Sie kann sich letztlich nicht allgemein rechtfertigen, sondern nur negativ gegen das abheben, was sie als das „Unwahre" kritisiert. Wenn nämlich jemand behauptet, er habe von den möglichen „Ausdrudesweisen" oder „Oberflächenstrukturen" „a" und „b", deren geregelte Überleitung ineinander nach der Theorie der Transformationsgrammatik eine „Transformation" darstellen und deren Unterschied demnach kein Unterschied der Bedeutung sein soll, wegen eines damit intendierten Bedeutungsunterschieds die eine der anderen vorgezogen, und es wird nun von ihm verlangt, er solle verbal angeben, worin denn dieser Bedeutungsunterschied bestehe, den er meine, dann gerät der Gefragte notwendig in Verlegenheit. Hatte er doch einen solchen, ihm aber wesentlichen Bedeutungsunterschied gemeint, daß er glaubte, ihn nur auf diese Weise ausdrücken zu können, und nun wird verlangt, er solle (nach dem Schema „p bedeutet q") „das27

Vgl. Hegel, Phänomenologie des Geistes, Leipzig 1949, S. 471: „. . . ein gegenseitiges Anerkennen, welches der absolute Geist ist."

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selbe" anders sagen. Da er dies nun gerade seiner Intention wegen, solange er sie nicht in einer „allgemeineren" Vorstellung aufgehoben sein läßt, nicht kann, rechnet man solche „Versionen" syntaktischer oder semantischer Art dem individuellen Belieben einer sprachtheoretisch irrelevanten psychischen Verfassung zu und schließt ihr Bedeutendsein systematisch aus. Solchen systematischen Ausschlüssen ist gemeinsam, daß eine Rede nur insoweit als bedeutend gelten soll, als sie sich in schon Gesagtes, schon Verstandenes und schon Akzeptiertes nach Regeln transformieren läßt, d. h. insofern sie in den Regeln mit „vorhergehenden Zuständen" übereinstimmt. Die wissenschaftlich unvermeidbare Abhebung einer durchgehenden Bedeutung vom Gebrauch, einer Kompetenz von einer Performanz und von sogenannten bloßen Nuancen des Gebrauchs, die nicht auch solche der Bedeutung sein sollen, reicht — auf dem Wege der Wiederannäherung vom Gesichtspunkt einer allgemeinen logischen Mathesis her an den besonderen Gegenstand Sprache — doch nicht bis zu dem, was Sprache wirklich ist. Sie erreicht Sprache nicht so, wie sie in ihrem Vollzug wirkt und wie sie auch verstanden wird, wenn das, was der Sprechende mit der Artikulation seiner Vorstellung ausspricht, auch dem Hörenden in dessen „anderer Sprache" etwas sagt oder bedeutet. Anerkennendes Verstehen sucht nicht nach Regeln, es sucht, auch bei Regelverletzungen, nach Sinn. Die Kantische Theorie von der Gegenstandskonstitution lehrt, daß es gar nicht möglich ist, von einer allgemeinen Theorie der Konstitution wissenschaftlicher Gegenstände sprunglos bis zu einem Begriff vom besonderen Gegenstand einer Wissenschaft, hier der Sprachwissenschaft, zu gelangen. So muß die Sprachwissenschaft um ihres besonderen Gegenstandes willen aus der vorwissenschaftlichen Reflexion auf Sprachliches heraus Merkmale ihres Gegenstandes aufnehmen, die nicht mehr von einem Gegenstandsbegriff gedeckt sind, wie er sich als Korrelat zu der logischen Synthesis in einer transzendentalen Theorie ergeben kann. Die Sprachwissenschaft hat wie andere Wissenschaften diese Spannung zwischen dem Pol der strengen Wissenschaftlichkeit und den Erfordernissen ihres besonderen Gegenstandes zu tragen. Es wird nicht prinzipiell festzusetzen sein, wo sie

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genau zwischen diesen Polen die Grenze zwischen Kompetenz und bloßer Performanz zu ziehen habe und worin demnach ihr eigentlicher Gegenstand besteht. Bühler ζ. B. möchte, als Psychologe, den konkreten Sprechvorgang einbezogen wissen. Der Philosophie dagegen kann es, wenn sie auf sprachliche Bedingtheiten reflektiert, nicht darum gehen, Sprache gemäß den Postulaten einer wissenschaftlichen Sprachbetrachtung zu bestimmen. Sie will das Sprachproblem insoweit bewußt werden lassen, als vom wirklichen „Einfluß" der Sprache die Rede sein kein. Dieser Einfluß als Einfluß auf das Denken als Ideenentwicklung und als Theorienbildung vollzieht sich gerade im individuell ausgeprägten Gebrauch, in dem Sprache wirklich existiert (als „Oberflächenform", jetzt aber verstanden als noch über die einzelsprachlich zu charakterisierende „Grammatizität" hinaus bis zur tatsächlichen „Akzeptabilität" im wirklichen Vollzug führenden jeweils „geprägten", sich „lebend" entwickelnden Form). Der Gedanke der individuellen Sprachform wird hier dem der transzendentalen entgegengestellt. Damit scheinen sich einer des Sprachproblems bewußten Philosophie prinzipielle Schwierigkeiten in den Weg zu stellen. Das Individuelle ist „ineffabile" und in der Reflexion unwiederholbar. Aber auch der andere Pol, die „transzendentale Grammatik", konnte nicht mehr sein als leitende Idee. Darstellen ließ auch sie sich nur mit der Syntax und den Worten einer Einzelsprache und nur durch Hinweise nach dem Schema, daß eine grammatische Form einer Sprache Si „dasselbe" sei wie eine bestimmte grammatische Form einer Sprache S2. Die Bestätigung solcher Aussagen kann nur „intuitiv" erfolgen oder einleuchten, d. h. unter gegebenen Umständen befriedigen. Das sogenannte Transzendentale kann sidi nicht selbst rein vorstellen, so daß seine Vermittlung sich nicht allein nach transzendentalen Gesichtspunkten vollziehen kann. Der Hinweis auf die Wirklichkeit der Sprache in ihrer individuellen, „jedesmaligen" Form ist so ideell, aber auch so wesentlich wie der entgegengesetzte Ansatz bei der Idee einer „transzendentalen Grammatik", die sich von hier aus, in ihrem ebenfalls rein ideellen Charakter, als „spekulative" zu verstehen gibt, und von der Kant

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noch ausgehen zu können glaubte, „weil er sich", wie Hamann kritisiert, „den bisher gesuchten allgemeinen Charakter einer philosophischen Sprache als bereits erfunden, im Geiste geträumt"28.

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J. G. Hamann, Sämtliche Werke, Bd. III, Wien 1951, S. 289.

Register

Abbildung 4, 8, 22, 34; Form der — 110; Abbildtheorie 9 Ablichtung 88 Absprache 3 7 , 8 8 , 9 2 Adäquatheit 68,80; erklärungsadäquat, Erldärungsadäquatheit 16, 43, 59, 77 f., 80, 87; descriptive adequacy — explanatory adequacy 42 Ästhetik, transzendentale 50, 91, 106 Akzeptabilität 53, 121 Analogie 45, 47 f., 64, 95 f., 107 Analyse der Sprache 54, 56; logische — 58; syntaktische — 60; Analysierbarkeit 50, 58—60, 89; Analytizität 59 Anfang 62—64 Anschauung, reine 10 f., 57, 67, 75; sinnliche — 71 Anschauungsgegenstand 80 Anthropologie 3, 44 Antinomie 79 f. Apel, K. O. 5, 77 f., 102 Apperzeption, transzendentale 49; Einheit der — 74 Apriori 89 f. aristotelisch 34 Aufklärung 45 f., 65, 79 Aussagenlogik 28, 85; Aussagesatz 29, 35, 39, 85 f.; Elementaraussage 50 Auseinandergehen 64, 112,118 Ausgangssprache 112 f. Außersprachliches 25 f., 28, 39, 86 Axiom 36; Axiomatik 105; — der Sprachwissenschaften 38, 40 Baumdiagramm 21 Bedeutung 7, 22 f., 25 f., 28—31, 33 f., 37, 44 f., 59, 71, 76, 82, 84—89, 95—100, 103, 105, 108, 110—112, 119 f.; transzendentale — 28; —sbegriff 30; —relation 37; —snuancen 102; Wort — 28

Begriff 85—87; abgesonderter, obzwar an sich empirischer — 10, 39 f., 44, 46, 71, 78, 83, 114; empirischer — 9, 11, 28, 45—48, 50—54, 56—58, 65, 67, 73, 76 f., 82, 84, 89 f., 107; mathematischer — 11, 56; reiner — 67; reiner konstruierbarer — 56; in reiner Anschauung konstruierbarer — 39; symbolischer — 111; transzendentaler — 73; —sbildung 66; —sdidiotomie 11; —spyramide 114; —sregion 114; philosophische Grundbegriffe 38, 72; Verstandes—, reiner Verstandes— 30, 39, 44 f., 66, 76 Beispiel 15, 21, 24 f., 35, 39 f., 46—48, 51, 7 2 f , 80, 83; Satz— 21; s . a . Paradigma Beschreibung 60; strukturelle — 42 Bestimmtheit 95—97, 104, 115 f. Bezeichnung 45, 58; —^vermögen 3, 44, 110 Bühler, K . 38—40, 49, 102, 121 Carnap, R . 59, 69, 83 Chomsky, N. V f . , 16f., 25, 41—43, 60, 77—79, 89, 103—105 Code 111 Dasein 28, 40, 46, 57, 65 f., 83 Denken 111, 113, 117; denkendes Wesen 11,40; Denkvermögen 117 Determination 36, 79 diachronisch 38, 63 Dieses-da 55 f., 63 descriptive adequacy 42; deskriptive Termini 59 Eigenname 50 f., 53 Einfluß der Sprache 115,121 Einzelsprache V, 3, 15, 104, 109, 114, 121

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Einzelwissenschaft 33, 41, 60, 68, 73 Eley, L. 51 Endlichkeit 71,117 Energeia 112 Entlastung 117 Ergon 112 Erkenntnis 94; symbolische — 44—46; rationaler —begriff 37; —theorie 9, 21, 86 f., 116; —vermögen 3, 44, 110; Bedingungen der — 71 Erklärung 42, 60, 100; —sadäquatheit 16, 43, 59, 77 f., 80, 87 Erzeugen, Erzeugung 25, 42, 108 Euklid 57 explanatory adequacy 42 Extension 52 Falsifizierung 100 Finitisierung 36 flatus vocis 86 Flexion 109 Fodor, J. A. 105 Form 63, 109, 113, 121; grammatische — 106, 108, 113, 121; einzelsprachlich grammatische — 104; — der Abbildung 110; elementare Satz— 55; Sprach— 111; individuelle Sprach— 121; innere Sprach— 109; universale Sprach— 109; allgemeine Satz— 6; — der Wahrheit 6 Frege, G. 100 Freiheit 74 f., 79, 90, 116 f.; —sidee 34; —sraum 31; Urteils— 90 Frey,G. 77 Funktion, rekursive— 25, 75 Ganzes und Teil 22 f. Gebrauch 11, 17, 23, 46, 49, 64, 73, 77, 87—90, 96, 103, 110 f., 120 f.; empirischer — 28, 55; Sprach— 24, 36,40, 65,86,92,114; individueller Sprach— 110; poetischer Sprach— 31; Zeichen— 102 f.; s. a. Pragmatik Gedächtnis 45 f. Gegenstand 4, 32, 39 f., 44, 50, 54 f., 74, 85, 87, 93; — überhaupt 9, 15,

28, 37, 66, 70, 75, 97, 114; —skonstitution 120; — Sprache 16, 35 f., 49; gegenständliche Sprachbetrachtung, wissenschaftlich gegenständliche Spradibetiachtung, Prinzip gegenständlicher Spradibetrachtung 14, 38, 66, 72, 85, 87, 95, 98, 103 f., 110, 113, 116, 118; Anschauungs— 80 Geist 119; —steswissenschaft 40; Arbeit des Geistes 109; Theorie des Geistes V, 79 Generation 24 f., s. a. Grammatik, generative; Sprachwissenschaft, generative Gestimmtsein 102 Godei, Κ. 76 Grammatik 41, 43, 60, 68, 73, 77, 104 106, 110, 113; generative — VII, 21, 25, 31, 53, 55, 59, 69, 92, 102, 108; logisch apriorische — 22; philosophische — V, 78; rationale — V f . , 78; spekulative — V, 68, 91; transzendentale — V f., 3,11, 42, 52, 78, 84, 88—91, 102 f., 107, 113, 118, 121; universale — 94; — von Port Royale 74; Transformations— V f . , 18, 29, 48, 82, 104 f., 108, 110, 119; grammatische Form 106, 108, 113, 121; einzelsprachliche grammatische Form 104; grammatische Theorie 77; grammatische Universalien 91; Grammatizität 121 Hamann, J . G . 107, 122 Handlung, sprachliche 8; —sdefinition der Sprache 99; —smuster 15; —sschema 50, 53; Urteils— 74 f., 79 Hartmann, P. 22, 109 Hegel, G. W. F. 23, 61—64, 66 f., 72, 119 Heidegger, M. 5, 20,102 Hinske, N, 2 Homonymie 28 Humboldt, W. ν. 1, 64, 79, 108—118

Register Husserl, E. VI, 22, 89, 105 Hypothese 42; empirische — 16; — empirischer Sprachforschung 108; Gesetzes— 19 Ich 72,102 Ideen, eingeborene 16,41, 77 f.; —entwiddung 108, 111 Identität 70—72, 76—78 Individualität 79, 112 f., 115, 118 Individuum 115 Indikatoren 102 Information 65 Institution 109 Intension 52 Interpretation, semantische 10, 104; —sgemeinsdiaft 78 Intersubjektivität 12, 15, 30 f., 65, 78, 81,88 Ironie 102 Junktoren 28 justification 78 Kamiah, W. 50 Kant, I. V—VII, 1—3, 5—7, 9—12, 15, 28, 30, 38—40, 44 f., 47—50, 52 f., 56—59, 62 f., 65—67, 70—79, 81—85, 87—93, 96, 103, 106 f., 109 f., 113 f., 118, 120 f. Kategorie 63 f., 92; semantische — 114; syntaktische — 28, 51; —η der Sprachbetrachtung 16; Kategorisierung 60 Katz, J. J. 58 f., 69, 86, 105, 114, 118 Kompetenz 15 f., 19, 36, 70, 80,103 f., 120 f.; kompetenter Sprecher 14; s. a. Vermögen Konnotation 102 Konstrukt 86 f., 99, 106; sprachtheoretisches, sprachwissenschaftliches — 15, 20 Konstruktion 50 f., 57; Re— 51, 55 Kontext 17, 19 f., 34, 39, 64, 75, 86, 98, 103; Erfahrungs— 11 kopernikanische Wendung 37, 58

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Kosdimieder, E. 105 Kritik 65; Sprach— 49; kritische Philosophie 57 Kunstsprache 35; künstliche Sprache 59, 87 langue 14 f., 17—19, 32; s. a. Sprache Lebenspraxis 103,106,119; s. a. Praxis; Lebenswelt, soziale 33 Lesart 82, 86—88, 90, 98 Lexikon 82, 87, 89; s. a. Wörterbuch; lexikalische Einheit 60 Linguistik V, 38, 67, 77; s. a. Sprachwissenschaft; Cartesianische — 16; strukturelle — V, 78; Text— 20; linguistischer Relativismus 115; linguistischer Transzendentalismus 24; linguistische Universalien 41 f. Lodce, J. 65,87 Logik 4 f., 7—9, 21, 63; formale — 6 f., 84; transzendentale — VI, 6 f., 9, 62, 90 f., 107; — der Wahrheit 6; Aussagen— 28, 85; Prädikaten— 6; logische Syntax 84, 104 Lohmann, J. 95 Lorenz, K. 51 Lorenzen, P. 50 Materie 10 f., 40, 78 Mathematik V, 10,40, 75 f. Metaphorik, metaphorisch 19, 48,102 f. Metasprache 34—36, 76, 78, 80, 95— 98, 100 f., 110 Methode 73 f., 78; analytische — 81; transzendentale — 57; transzendentale —nlehre 57, 73; Methodologie 92 Modell 55, 82, 100 modi significandi 55 Name 4,85; Eigen— 50 f., 53 native speaker 19, 92 Noem 105 Nominalphrase 60; Nominalteil 104 Nominalismus 90 Norm 113 f.

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Notwendigkeit 101, 114 Oberflächenform V, 108, 117, 121; Oberflächenstruktur V, 104, 108, 119 Objekt 106; physisches — 114; transzendentales — 93 f.; —Sprache 34— 36, 76, 80, 95—98, 110; Objektivität 69, 88, 94, 110 ontologia generalis 8, 10, 66 ordinary language approach 98 Parmenides V Paradigma, paradigmatisch 14 f., 17, 19 f., 22, 24,26, 32, 38, 70; s. a. Beispiel parole 17: s. a. Sprechakt Patzig, G. 21 Peirce, Ch. S. 77 f. Performanz 19, 103 f., 120 f. Perspektive 36, 40 f., 67, 70, 74 Philosophie, analytische 81 f.; kritische — 57; —spräche, Sprache der — 32, 38. 44. 49, 52, 54; philosophische Grundbegriffe 38. 72; philosophische Sprache 122; philosophisches Wahrheitsproblem 98; s. a. Sprach—, Transzendental— Physik 10 f., 40, 48, 58, 74, 89 Plato V Poetisches, poetisch 19, 31, 48 Port Royal, Grammatik von 74 Positivismiis, logischer 69 Prädikat 51, 56, 59, 63, 109; reales — 62; —teil 104; —enloçik 6; elementare Prädikation 50; ursprüngliche Prädikation 57; Prädikator 50 f., 53 Pragmatik 102 f.; Sprach— 36; s. a. Gebrauch Praxis 116; Lebens— 103, 106, 119 Prinzip, individualisierendes 115; transzendentales — 2; — gegenständlicher Sprachbetrachtung 38, 72, 85, 95, 98 Psychologie 18, 40, 58

Quantoren 6 Quine, W. 99 Raum 57 Realität 113; — der Außenwelt 32 Reflexion VI, 14, 38, 48,54, 60,64, 68, 76 f., 96 f., 110 f., 117—119, 121; absolute — 72, 76, 99; gnoseologische — 37; transzendentale — 71, 77, 87; wissenschaftstheoretische — 72; — auf Sprache 14, 108; — in sich 97; Selbst— 13, 53,72,77 f., 95 f.; Selbst— der Sprache 77; Sprach— 15, 69; Sprech— 15, 110 Regel 19, 46 f., 64, 115—120; normative — 19; —system 80, 118; — der Urteilsbildung 70; Redundanz— 36, 114; Semantik— 19, 36, 114; Syntax— 19; Übersetzungs— 114 Rekonstruktion 51, 55 rekursive Funktion 25, 75 Relation, semantische 49; Bedeutungs— 37 Repräsentation 104 f. res cogitans 77 Rezeptivität 93 f. Rolle, soziale 15 Sachverhalt 32, 83, 100 Satz 4 f., 15, 19—22, 24, 32 f., 38— 41, 44, 46 f., 49 f., 54, 71, 74 f., 83 —86, 98—100; spekulativer — 63; —beispiel 21, s. a. Paradigma; allgemeine —form 6; elementare —form 55; —grenze 22; —variable 85; —Verknüpfung 6; —zeichen 21, 23, 97; Aussage— 29, 35, 39, 85 f.; strukturales Gebilde — 26 Saussure, F. de 14, 40 Schulz, W. 5 Selbstbewußtsein 70—73, 75 f., 78— 81, 95 f. Semantik 24, 28, 63, 74, 82, 84 f., 94, 102—104; —regel 19, 36, 114; —theorie 87—89, 91 f., 100, 114;

Register semantische Interpretation 10, 104; semantische Kategorie 114; semantische Relation 49; semantisdier Wahrheitsbegriff 83 Semiotik 102; semiotische Transformation 77 Semem 105 Sinn 23, 99 Simon, J. Π, 63, 67 Sittlichkeit 67 Situation 15, 17, 20, 23—26, 29—31, 41, 44, 75, 88, 100, 103; —sschema 30 f.; Sprech— 14 soziale Komponente der Sprache 116 Soziologie 18 Sprach(e) 13 f., 17 f., 21, 23 f., 26, 32—35, 37, 46, 48, 64, 70, 76, 81, 84, 87, 95—97, 99, 101, 110—113, 117, 120; — überhaupt 15, 27; besondere — 104; formalisierte — 71, 76, 83; ideale — 45; künstliche, Kunst— 35, 59, 87; natürliche, normale — 35, 77, 95 f., 101; philosophische — 122; tradierte — 94; Verschiedenheit des —baues 109; —begriff 27, 32 f.; reduktiver —begriff 36 f.; gegenständliche —betrachtung 87, 103 f., 110, 113, 116, 118; wissenschaftlich gegenständliche —betrachtung 66, 72; Prinzip gegenständlicher —betrachtung 38, 72, 85, 98; —entwicklung 79; —erlernung 17; —form 111; individuelle—form 121; innere—form 109; universale —form 109; Hypothese empirischer —forschung 108; —gebrauch 24, 36, 40, 65, 86, 92, 114; individueller —gebrauch 110; poetischer —gebrauch 31; individuelle —gestaltung 102; —kritik V, 49; —philosophie 1; —pragmatik 36; —reflexion 15, 69; —regelung 67; reduktive —regelung 70; —spiel VII, 8, 22, 34, 48, 119; mittelalterliche —theorie 74; —ursprungstheorie 54; restriktives —verhalten 68;

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—vermögen 16 f., 27; —Verwendung 103; —Wissenschaft 13, 18, 31, 33, 40, 42, 49, 68, 70, 72, 74, 86 f., 91, 95, 120; s. a. Linguistik; Axiomatik der —Wissenschaft 38, 40; generative —Wissenschaft 14; vergleichende —Wissenschaft 105; Einzel— V, 3, 15, 104, 109, 114, 121; Meta— '34—36, 76, 78, 80, 95—98, 100 f., 110; Objekt— 34— 36, 76, 80, 95—98, 110; Philosophie—, — der Philosophie 32, 38, 44, 49, 52, 54; Wissenschafts— 11, 37, 51, 58, 68, 70, 87, 100 f., 116; Ziel— 106 f., 112; Einfluß der — 115, 121; Gegenstand — 16, 35 f., 49; s. a. langue; Handlungsdefinition der — 99; Individualität einer — 113; Selbstreflexion der — 77; soziale Komponente der — 116; systemstabilisierende Komponente der — 33; Transzendentalität der — VII, 3; sprachliche Universalien 16, 18 f., 118; sprachliche Zwischenwelt 26 f. Sprechakt 17, 104, 112; s. a. parole; Sprechenlernen 43; Sprechreflexion 15, 110 Sprecher, idealer 16, 26; kompetenter— 14; Sprecher-Hörer, idealer Sprecher-Hörer 19, 92, 102; native speaker 19, 92 Stegmüller, W. 83 Stenius, E. 3 Strawsen, P. F. 98 Ströker, E. 38 f. Struktur 14, 23, 85; —element 105 f.; Oberflächen— V, 104, 108, 119; Tiefen— V, 82, 104 f., 108; strukturales Gebilde Satz 26; strukturelle Beschreibung 42; strukturelle Linguistik V, 78 Subjekt 56, 59, 63, 96, 109; empirisches — 46; reales — 62; transzendentales— 70, 77, 79, 94, 96; Subjektivität 110

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Substanz 75, 77 Symbol 45, 58 synchronisch 38 Synonym, Synonymie 28—30 Syntax 53, 74, 76, 87, 92, 102 f., 108, 121; logische — 84, 104; —regel 19; syntaktische Kategorie 28, 51; syntaktische Analyse 60 Synthesis, Einheit der 74 f., 96 System 39, 57; Regel— 80, 118; systemstabilisierende Komponente der Sprache 33 Tagmem 105 Tarski, A. 83 Tatsache 21, 32 f. Teil und Ganzes 22 f. Textlinguistik 20 Theorie 99; grammatische — 77; konventionalistisdie — 88; Meta— 100; —bildung 42; — des Geistes V, 79 Tiefenstruktur V, 82, 104 f., 108 Transformation 29, 100, 105, 119; —sgrammatik Vf., 18, 29, 48, 82, 104 f., 108, 110, 119; —steil VII, 25, 104 transzendental 1—8, 10—13, 19, 29, 37, 44, 46—48, 54, 92; —e Ästhetik 50, 91, 106; —e Apperzeption 49; —e Bedeutung 28; —e Einheit 58; —e Grammatik Vf., 3, 11, 42, 52, 78, 84, 88—91, 102 f., 107, 113, 118, 121; —e Logik VI, 6 f., 9, 62, 90 f., 107; —e Methode 57; —e Methodenlehre 57, 73; —es Objekt 93 f.; —es Prinzip 2; —es Subjekt 70, 77, 79, 94, 96; —es Urteilsvermögen 75; —e Zeitbestimmung 45; Transzendentalität der Spradie, VII, 3; Transzendentalphilosophie VI, 3, 13, 54 f., 57, 61 f., 66-48, 72, 87, 107, 116 Tugendhat, E. 83 Übereinstimmung, Übereinstimmen 53, 64, 74, 93, 106, 112, 114, 119

Übersetzung, Übersetzen 106 f., 112, 114; Theorie des Übersetzens 106; Ûbèrsetzungsregel 114; Übersetzungsschema 82, 105; Übersetzbarkeit 111; prinzipielle Übersetzbarkeit 28 Unbestimmtheit 78, 96 f. Universalien 40 f., 43, 114; formale — 16, 33; grammatische — 91; linguistische — 41 f.; sprachliche — 16, 18 f., 118; substantielle — 16, 33, 77; Universalienstreit 85 Urteil 7, 9, 28, 39, 44, 49, 55, 74, 76, 83 f., 87 f., 96; hypothetisches — 6; Regel der —sbildung 70; —sfreiheit 90; —shandlung 74 f., 79; —svermögen 74, 79, 93 f., 96 f.; transzendentales —svermögen 75 Verhalten 65; diszipliniertes — 68; restriktives Sprach— 68 Verifizierung, verifizieren 83, 100 Vermögen 68, 70, 81, 90; s. a. Kompetenz; Bezeichnungs— 3, 44, 110; Denk— 117; Erkenntnis— 3, 44, 110; Sprach— 16 f., 27; Urteils— 74, 79, 93 f., 96 f.; transzendentales Urteils— 75 Verschiedenheit 115; — des Sprachbaues 109 Verstand 16 f., 62—66, 68, 70, 73, 78, 88, 92, 101, 107, 109, 114, 117; reiner — 114; transzendentaler — 67; —esbegriff 45, 66, 76; reiner —esbegriff 30, 39, 44; —esbestimmung 65 f. Verstehen 42, 63, 81, 112, 119; anerkennendes — 120 Vorurteil 75—77,90; —sstruktur 5,30, 65, 77, 107 Wahrheit, wahr 32 f., 54, 67, 83, 98; —sbegriS 54; semantischer —sbegrifi 83; —sfrage 82 f.; —sfunktion 84; —sproblem 98; —stafel

Register 84; —swerte 4, 7; Form der — 6; Logik der — 6 Weisgerber, L. 2, 26, 115 Welt 4 f., 32 f.; —ansieht 1; —begegnung 26; soziale Lebens— 33; spraddidie Zwischen— 26 f. Whorf, B. L. 2, 115 f. Widerspruch 59; —sfreiheit 8 Wirklichkeit 73 f., 84, 87, 94, 99 Wissenschaft 11, 39, 68, 73; eigentliche — 10, 76; empirische — 58, 84; —sspradie 11, 37, 51, 58, 68, 70, 87, 100 f., 116; —stheorie, 41, 73, 101; Einzel— 33, 41, 60, 68, 73; Geistes— 40; Natur— 40; Sprach— s. Sprache; —stheoretische Reflexion 72

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Wittgenstein, L. VII, 3—9, 21, 32, 45, 47 f., 69, 99 Wort 85; —bedeutung 28; —schätz 18, 114; Wörterbuch 84, 110, 113; s.a. Lexikon; Zeig— und Nennwörter 102 Zeichen 34, 36, 42, 46, 49, 85, 87—90, 96 f., 99 f.; —Charakter 65; Satz— 21, 23, 97 Zeit 52; -^bestimmung 106; —bestimmung überhaupt 52; reine —bestimmung 91; transzendentale —bestimmung 45 Zielsprache 106 f., 112 Zwischenwelt, sprachliche 26 f.

J O S E F SIMON

Sprache und Raum Philosophische Untersuchungen zum Verhältnis zwischen Wahrheit und Bestimmtheit von Sätzen Groß-Oktav. XVI, 327 Seiten. 1969. Broschiert DM 38,—; Ganzleinen DM 48,— STEPHEN ULLMANN

Grundzüge der Semantik Die Bedeutung in sprachwissenschaftlicher Sicht (The Principles of Semantic) Deutsche Fassung von Susanne Koopmann Groß-Oktav. X, 348 Seiten. 1967. Kartoniert DM 28,—

Wortgeographie und Gesellschaft Herausgegeben von Walter Mitzka (Festgabe für Ludwig Erich Schmitt) Groß-Oktav. VIII, 684 Seiten. 1968. Ganzleinen DM 120,—

Zeitschrift für Deutsche Sprache Fortführung der von Friedrich Kluge begründeten Zeitschrift f ü r Deutsche Wortforschung In Verbindung mit Ralph Farell, Emil Öhmann, Otto Springer Herausgegeben von Werner Betz Groß-Oktav. Jährlidi 3 Hefte. Band 27. 1971. DM 36,—

w DE

G

Walter de Gruyter - Berlin - New York

FERDINAND DE SAUS SURE

Grundfragen der Allgemeinen Sprachwissenschaft Herausgegeben von Ch. Bally und A. Sechehaye unter Mitwirkung von A. Riedlinger. Übersetzt von Hermann Lommel 2. Auflage. Oktav. Mit neuem Register und einem Nachwort von Peter von Polenz. XVI, 294 Seiten. 1967. Engl. Br. DM 12,— ERNST

OTTO

Stand und Aufgabe der Allgemeinen Sprachwissenschaft 2., durchgesehene und erweiterte Auflage mit einem Anhang: Kritik der Sprachkritik von Ernst Otto und einem Nachwort von Gerhard Haselbach. Groß-Oktav. VIII, 191 Seiten. 1965. Nachdruck 1969. Ganzleinen DM 28,— WALTER

MITZKA

Kleine Schriften zur Sprachgeschichte und Sprachgeographie Herausgegeben von Ludwig Erich Schmitt Mit 1 Frontispiz. Groß-Oktav. XII, 454 Seiten. 1968. Ganzleinen DM 86,— E R N S T OTTO

Sprachwissenschaft und Philosophie Ein Beitrag zur Einheit von Forschung und Lehre Oktav. 78 Seiten. 1949. DM 3,—

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Walter de Gruyter - Berlin - New York

Beiträge zur Einheit von Bildung und Sprache im geistigen Sein Festschrift zum 80. Geburtstag von Ernst Otto Herausgegeben von Gerhard Haselbach und Günter Hartmann Mit 1 Bildnis. Groß-Oktav. XI, 445 Seiten. 1957 Ganzleinen DM 45,—

GERHARD H A S ELBACH

Grammatik und Sprachstruktur Karl Ferdinand Beckers Beitrag zur Allgemeinen Sprachwissenschaft in historischer und systematischer Sicht Groß-Oktav. Mit 3 Tafeln. XII, 299 Seiten. 1966 Ganzleinen DM 64,—. FELIX

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Schöpferische Sprache und Rhythmus Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Erich Simenauer Groß-Oktav. 115 Seiten. 1959. Ganzleinen DM 12,— E R N S T KONRAD

SPECHT

Sprache und Sein Untersuchungen zur sprachanalytischen Grundlegung der Ontologie Oktav. VIII, 155 Seiten. 1967. Ganzleinen DM 38,—

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Walter de Gruyter - Berlin - New York