Performativität als medienpädagogische Perspektive: Wiederholung und Verschiebung von Macht und Widerstand [1. Aufl.] 9783839410950

Verschiebung und Wiederherstellung von Bedeutung - diese Doppelbewegung des Performativen versucht das Buch in Bezug auf

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Performativität als medienpädagogische Perspektive: Wiederholung und Verschiebung von Macht und Widerstand [1. Aufl.]
 9783839410950

Table of contents :
INHALT
Einleitung
Der Ertrag der Perspektive ‚Performativität’
Zur Struktur des Buches
Performativität, Medien und Pädagogik
Theoretische Verortung, Verhandlung des Begriffs
Performativität – Performance – Performanz?
Performativität und Pädagogik
Medienpädagogik
Performativität und Medien
Differenz als Effekt des Performativen
Damit das Denken die Richtung ändert: Poststrukturalistische Ideen in der Pädagogik
„Dekonstruktion ist nicht, was du denkst“
Vom Sprechakt zur Dekonstruktion
Das Performative in der Sprechakttheorie
Différance – die Verschiebung von Bedeutung
Itérabilité als Wiederherstellung von Sinn
Zwei Bewegungen der Dekonstruktion: Kritik und Verschiebung
Das Performative als Kritik essentieller Logiken
... und als queere Praxis
Dekonstruktion Now! Dechiffrierung von Symboliken
Differenz: performative Akte des Unterscheidens
Differenz als Qualität von Beziehungen
Differenz als Nicht-Zugehörigkeit
Subjektivität als das Vermögen zu sprechen
Denkbewegungen um Performativität
„What do the media do to the people?” Der Diskurs im ungelesenen Text
‚Diskurs’ theoretisiert den Zusammenhang von Macht und Sprechen
Die Dialektik von Macht und Sprechen bei Foucault
Die Aussage
Sagbarkeit: Prozeduren der Ausschließung
Die Strukturen des Diskurses
Exkurs: Performativität des Sprechens – linguistische Ergänzungen
Das Dispositiv: Praxen der Stabilisierung
Exkurs: Zur Struktur fiktionaler Texte
Fiktion als Einigung darauf, was nicht wirklich, aber möglich ist
Regeln der Fiktion: Wie funktionieren fiktionale Geschichten?
Verhandlung der Fiktion: Einladung zum Trek
Diskurs und Medium: Doppelte Motive des Performativen
“What do the people do to the media?” Praxen der Be-Deutung
Der gelesene Text
Symbolische Ordnungen entdecken – Themen der Cultural Studies
Problematik des Kulturbegriffs
Kulturelle Codierung von Texten
Codes und Dekodierungen, Chiffres des Alltags
Kulturproduktion
Artikulation
(De)Kodierung als Technik
Readings: Das Vergnügen des Be-Deutens
Exkurs: Digitale Medien, Vergnügen und Partizipation
Das performative Vergnügen artikulativer Signifizierungspraxen
Further down the road
Resümee: Vorgehen und Aufbau der Untersuchung
Dem Resümee entkommen: Figuren der Reflexion
Performativität als medienpädagogische Perspektive
Unsichtbar normativ
Dethematisierung
Reading als performative Praxis
Resignifizierende Wirksamkeit
Verschiebung und konstitutives Unbehagen
Performative Medienpädagogik?
„On the road“
Anhang
Literatur
Filmographie

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Britta Hoffarth Performativität als medienpädagogische Perspektive

Britta Hoffarth (Dr. phil.) lehrt und forscht an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Ihre Forschungsinteressen gelten Kultur und Medien, Differenz, Gender und Sprache.

Britta Hoffarth

Performativität als medienpädagogische Perspektive Wiederholung und Verschiebung von Macht und Widerstand

Die vorliegende Publikation entstand als Dissertation an der Fakultät für Erziehungswissenschaften der Universität Bielefeld.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2009 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus Lektorat & Satz: Britta Hoffarth Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1095-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

I N H AL T Einleitung Der Ertrag der Perspektive ‚Performativität’ Zur Struktur des Buches

7 11 14

Performativität, Medien und Pädagogik Theoretische Verortung, Verhandlung des Begriffs Performativität – Performance – Performanz? Performativität und Pädagogik Medienpädagogik Performativität und Medien

17 18 22 24 26 30

Differenz als Effekt des Performativen Damit das Denken die Richtung ändert: Poststrukturalistische Ideen in der Pädagogik „Dekonstruktion ist nicht, was du denkst“ Vom Sprechakt zur Dekonstruktion Das Performative in der Sprechakttheorie Différance – die Verschiebung von Bedeutung Itérabilité als Wiederherstellung von Sinn Zwei Bewegungen der Dekonstruktion: Kritik und Verschiebung Das Performative als Kritik essentieller Logiken ... ... und als queere Praxis Dekonstruktion Now! Dechiffrierung von Symboliken Differenz: performative Akte des Unterscheidens Differenz als Qualität von Beziehungen Differenz als Nicht-Zugehörigkeit Subjektivität als das Vermögen zu sprechen Denkbewegungen um Performativität

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„What do the media do to the people?” Der Diskurs im ungelesenen Text ‚Diskurs’ theoretisiert den Zusammenhang von Macht und Sprechen Die Dialektik von Macht und Sprechen bei Foucault Die Aussage

39 41 43 45 50 59 64 67 70 73 77 78 80 82 88

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Sagbarkeit: Prozeduren der Ausschließung Die Strukturen des Diskurses Exkurs: Performativität des Sprechens – linguistische Ergänzungen Das Dispositiv: Praxen der Stabilisierung Exkurs: Zur Struktur fiktionaler Texte Fiktion als Einigung darauf, was nicht wirklich, aber möglich ist Regeln der Fiktion: Wie funktionieren fiktionale Geschichten? Verhandlung der Fiktion: Einladung zum Trek Diskurs und Medium: Doppelte Motive des Performativen

111 118 120 128 139 140 142 144 147

“What do the people do to the media?” Praxen der Be-Deutung Der gelesene Text Symbolische Ordnungen entdecken – Themen der Cultural Studies Problematik des Kulturbegriffs Kulturelle Codierung von Texten Codes und Dekodierungen, Chiffres des Alltags Kulturproduktion Artikulation (De)Kodierung als Technik Readings: Das Vergnügen des Be-Deutens Exkurs: Digitale Medien, Vergnügen und Partizipation Das performative Vergnügen artikulativer Signifizierungspraxen

155 155 162 170 178 182 187 190 196 205 212 216

Further down the road Resümee: Vorgehen und Aufbau der Untersuchung Dem Resümee entkommen: Figuren der Reflexion Performativität als medienpädagogische Perspektive Unsichtbar normativ Dethematisierung Reading als performative Praxis Resignifizierende Wirksamkeit Verschiebung und konstitutives Unbehagen Performative Medienpädagogik? „On the road“

221 223 227 229 229 232 233 235 238 240 241

Anhang Literatur Filmographie

243 247 267

EINLEITUNG

“Sometimes Truth is stranger than fiction.” (Bad Religion 1994) „And not only is the fictional universe affected by what happens in the real world; the real world is affected by what happens in the space-time of fiction.“ (Bernardi 1998: 103)

Die Fragen danach, wie Medien und Kommunikation zusammenhängen und welche Bedeutung sie für unseren Alltag haben, markieren ein zentrales Forschungsfeld der Erziehungswissenschaft des 20. Jahrhunderts (vgl. Vollbrecht 2001: 25). „Wir leben in einer Zeit, die von Kommunikations- und Informationstechnologien in einer bislang nicht da gewesenen Weise bestimmt wird“ (Hipfl 2002: 37). Für die Pädagogik, die sich als Wissenschaft mit den Feldern Bildung und Erziehung auseinandersetzt, stellt sich die Frage, welche Bedeutung diese Einflüsse in den Lebenswelten der Adressaten von pädagogischem Handeln für die Anforderungen an sinnvolle pädagogische Konzeptionen haben. Als eine zentrale pädagogische Aufgabe in einer Zeit der Kommunikationstechnologien lässt sich deshalb die Notwendigkeit feststellen, die Beziehungen zwischen eben diesen Technologien und sozialen Praxen zu beobachten und zu theoretisieren. Pädagogisch bedeutsam erscheinen hier vor allem die Aspekte dieser Beziehungen, die soziale Ordnungen herstellen. Denn diese Technologien und Praxen erscheinen als durch einen steten Kampf um Bedeutungen, um Positionen in Gefügen der Macht und Normalisierung strukturiert (vgl. Hipfl 2002: 42), an welchem Medien maßgeblich beteiligt sind. Das Interesse, dem mit der vorliegenden Untersuchung Ausdruck verliehen wird, gilt der Herstellung von Differenzverhältnissen im alltagsmedialen Kontext Fernsehen. Ausgangspunkt dieses Interesses war 7

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

die Beobachtung, dass in der Erzählung von Fernsehserien wie bspw. der Science Fiction-Serie Star Trek1 Differenzverhältnisse Phänomene darstellen, die von den Zuschauenden verstanden, erkannt und in gewisser Weise gelesen werden. Das heißt, das Andere, also das als Anderes filmisch in Szene Gesetzte scheint als solches sichtbar und in seiner Differenz zum Normalen erkennbar zu sein. Doch diese Differenz bleibt nicht unschuldig, der Unterschied, den sie erzeugt, markiert nicht einfach divergierende Positionen, um sie in ihrer Unterscheidbarkeit gleichwertig nebeneinander stehen zu lassen. Vielmehr ist jede Differenz unmittelbar durch eine Figur von Unter- und Übergeordnetsein strukturiert. Ein kurzer Abschnitt aus der Star Trek-Episode „Verbotene Liebe“ soll die Intelligibilität von Differenzmarkierungen verdeutlichen. Die Szene zeigt ein Gespräch zwischen zwei Offizieren unterschiedlicher planetarischer Herkunft: Riker: Darf ich fragen, wie es auf einem Planeten ist, auf dem es kein Geschlecht gibt? Soren: Ich fürchte, ich weiß nicht, was Sie meinen. Riker: Naja, wer führt, wenn Sie tanzen? Falls Sie tanzen. Soren: Tun wir. Und: Wer größer ist, führt. Riker: Ohne den Kampf der Geschlechter gibt es wahrscheinlich viel weniger Streit. Soren: Nur weil wir kein Geschlecht haben, bedeutet das nicht, dass wir keine Konflikte kennen. Wir sind sehr selbstbewusst. Wir lieben einen guten Streit. Riker: So unterschiedlich sind unsere Spezies eigentlich gar nicht. Soren: Vielleicht nicht. 1

8

Die vor allem in den USA, später aber auch in Europa populär gewordene Fernsehserie „Star Trek – The Next Generation“ (dt. „Star Trek – Das nächste Jahrhundert“) entstammt dem Genre des Science Fiction und erzählt in einzelnen, voneinander weitgehend unabhängigen Episoden mit etwa 45 Minuten Länge Geschichten der Besatzung des Raumschiffs Enterprise. Sieben Jahre lang, von 1987 bis 1994, wurden 177 Episoden über die Enterprise, ihren Captain Jean-Luc Picard und seine Crew gedreht. TNG, wie die Serie von ihren Fans abgekürzt wird, entwickelt sich zur „bisher erfolgreichsten SF-Serie in der Geschichte des Fernsehens“ (Rauscher 2003: 138). An einigen Stellen der vorliegenden Arbeit sollen Dialoge kurzer Star Trek-Szenen zur Illustration der hier vorgenommenen Überlegungen eingeflochten werden. Eine genaue Kenntnis des gesamten popkulturellen Ereignisses Star Trek wie auch der Erzählung oder sämtlicher Figuren der Next-Generation-Episoden ist zum Verständnis der Beispielszenen nicht erforderlich. Im Anhang werden die drei Episoden, denen die Dialogbeispiele entnommen wurden, sowie ihre zentralen Figuren kurz vorgestellt.

EINLEITUNG

In dem kurzen Gesprächsausschnitt fallen verschiedene DifferenzKonstruktionen unvermittelt ins Auge. Die verschiedenen Herkünfte der Beteiligten, Unterscheidungen, die sich mit dem Begriff der Spezies gar in einer biologistischen Lesart zuspitzen. Offenbar werden geschlechtliche Differenzen in Verschränkung mit natio-ethno-kulturellen Differenzen zum Thema gemacht, indem Differenzen der kulturellen Praxen markiert werden. Die Praxis Tanzen ist in einer Kultur der Menschen, sofern sie hier zu Tage tritt, mit verschiedenen – und zwar scheinbar geschlechtlichen – Eigenschaften der Tanzenden verstrickt, wie Rikers Frage vermuten lässt. Gleichwohl verweist Riker auf so etwas wie den Kampf der Geschlechter, der der Unterscheidung in ebendiese inhärent zu sein scheint. Anschließend an diese ersten Überlegungen lässt sich folgende Forschungsfrage formulieren: Welche Machtverhältnisse äußern sich in diesen Inszenierungen von Differenzen und was geschieht mit ihnen in der medialen Zirkulation? Es lassen sich hierzu mehrere weiterführende Fragen formulieren. Welche Mechanismen in diesem kurzen Text aktivieren beim Zusehen bzw. Lesen ein Wissen um bestimmte Differenzen? Welcher Art ist das produktive Moment dieses Erkennens des Anderen? Oder ist es sogar im Sinne einer dem Medium „impliziten Pädagogik“ (Winter 2004: 13) normativ und reproduktiv? Welches Verständnis des Verhältnisses von Medien und Wirklichkeit veranschaulichen diese Fragestellungen? Die hiermit artikulierten Forschungsfragen verweisen auf einige zunächst diffus miteinander in Beziehung stehenden Topoi wie Differenzverhältnisse, Subjekt oder Handlungsvermögen, deren Präzisierung ebenso wie ihre Öffnung für eine medienpädagogische Perspektive das Ziel der vorliegenden Untersuchung sein soll. Sofern ich mich mit der Frage nach Herstellungsmomenten von Differenz befasse, so ist dieses Befassen auf besondere Art zu charakterisieren: Differenz kann mit Löw als spezieller Modus einer Beobachtung von Phänomenen sowie einer „Erklärung von Welt“ (Löw 2001: 122) verstanden werden. Dieser Modus fasst soziale Verhältnisse unter einer bestimmten Schwerpunktsetzung in den Blick, die Aspekten des Unterscheidens gilt. Der Differenzbegriff stellt seit einigen Jahren ein bedeutsames Thema der Erziehungswissenschaft dar (vgl. Lutz/Wenning 2001: 11). Den folgenden Überlegungen liegen einige grundsätzliche Prämissen zugrunde, welche auf die intensive Diskussion des Begriffes im erziehungswissenschaftlichen Diskurs verweisen. Erstens: Differenz kann als ein Phänomen verstanden werden, das hergestellt wird, sie ist nicht schlichtweg vorhanden. Werden – zweitens – Filme, Serien oder Talk9

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

shows rezipiert, dann sind in ihnen Differenzverhältnisse erkennbar: Das Andere, Abweichende ist als solches vom Zuschauer erkennbar oder eher: Lesbar, wie später deutlich werden wird. Eine weitere Annahme prägt ein politisches Motiv der vorliegenden Untersuchung: Differenz stellt – drittens – ein Phänomen dar, dem das Moment eines Machtunterschieds innewohnt (vgl. Lutz/Wenning 2001: 20). Nemitz umschreibt dies mit einem mathematischen Begriff: „Binäre Schemata [wie das Andere und das Normale, B.H.] sind asymmetrisch“ (Nemitz 2001: 188). Aus diesem Grunde ist dieses Verhältnis besonders interessant für ein erziehungswissenschaftliches Forschungsprojekt2. Ein Unterschied machtvoller und weniger machtvoller Positionierungen offenbart sich etwa in der Beispielszene dadurch, dass das Andere der Verpflichtung unterliegt, sich dem Normalen erklären zu müssen. Damit wird dieses als abweichend Markierte auf sprachliche Art und Weise sichtbar gemacht. Für die Medienpädagogik ist dies bedeutsam, da Medien Texte zur Verfügung stellen, die von den Nutzern in ihre eigenen sozialen Texte eingewoben werden. Lässt sich eine Perspektive entwickeln, mit der die Beteiligung von Medien an der Herstellung von Machtverhältnissen konkretisiert werden kann, so bedeutet dies für die Medienpädagogik, dass sie in der Lage ist, die Mechanismen, mit denen dies geschieht, genau zu beobachten und ihnen möglicherweise angemessen zu begegnen. Die Vielzahl der Anknüpfungspunkte, die sich einer pädagogisch motivierten Betrachtung in diesen Hypothesen eröffnen, wie etwa die Beziehung zwischen Medium und Nutzer oder die Beziehung zwischen Mediennutzung und Handlungsfähigkeit der Nutzer, wird in den folgenden Überlegungen in einem zentralen Begriff zusammengeführt. Zur Zusammenführung dieser verknüpfbaren Fäden soll der Begriff der Performativität herangezogen werden. Er erfüllt in der vorliegenden Untersuchung verschiedene Funktionen. Zum einen ermöglicht er es, die losen Enden, die sich im Forschungsinteresse ergeben und die sich etwa auf populäre Medien wie Fernsehserien, auf Differenzen und Machtunterschiede oder auf eine Öffnung der Medienpädagogik gegenüber diesen Themen beziehen, miteinander zu verknüpfen. Zum anderen stellt er den Versuch dar, weitgehend als poststrukturalistisch bezeichnete theoretische Ansätze in eine medienpädagogische Perspektive einzuflechten, die Verhältnisse der Macht als auf verschiedenen Ebenen in pädagogische Handlungsfelder eingebunden versteht. Im Begriff des Performativen verschalten sich in der Untersuchung also Konzepte, Perspektiven und 2

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Dies setzt die Annahme voraus, dass Machtverhältnisse sowie ihre Analyse ein Thema der Erziehungswissenschaft darstellen (vgl. Winter 2004: 9, Giroux 1994, Mecheril/Witsch 2006: 15).

EINLEITUNG

Gegenstände, deren genauerer Zusammenhang noch zu ermitteln sein wird: Um Pädagogik, Macht und Differenz geht es dort ebenso wie um eine populäre Fernsehserie und das Motiv der Wirksamkeit des Zuschauers. Der Gegenstand der Untersuchung ist somit der Begriff der Performativität und die Konkretisierung seiner Bedeutung für die Schärfung eines medienpädagogischen Blicks auf die Herstellung von Machtverhältnissen. Hierbei soll der Begriff entfaltet werden, womit im besten Sinne des Wortes sowohl ein Auseinanderfalten dessen gemeint ist, was bisher in verschiedenen wissenschaftlichen Zusammenhängen unter Performativität verstanden wird, als auch ein fortschreitendes Selbstentfalten des Begriffes unter den theoretischen Bedingungen einer dekonstruktivistischen, diskurstheoretischen sowie durch die Cultural Studies geprägten Reflexion ermöglicht werden soll, deren Ansätze, die für diese Frage bedeutsam erscheinen, in den einzelnen Kapiteln dieser Untersuchung ausführlicher vorgestellt werden. Hierbei soll deutlich werden, inwiefern Performativität als Begriff und Perspektive medienpädagogisch relevant werden kann und in welcher Form die genannten theoretischen Zugänge Begriff und Perspektive ermöglichen und begrenzen.

D e r E r t r a g d e r P e r s p e k t i ve ‚ P e r f o r m a t i v i t ä t ’ Poststrukturalistische Perspektiven in die Erziehungswissenschaft mit einzubeziehen stellt ein Anliegen verschiedener erziehungswissenschaftlicher Auseinandersetzungen des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts dar3. Die Topoi, die in dieser Diskussion verhandelt werden, erscheinen oft als Infragestellung zentraler Kategorien der Pädagogik wie Subjekt oder Identität, Bildung oder Erziehung selbst und schließen stets eine selbstreferentielle Reflexion der eigenen pädagogischen Professionalität sowie eine kritische Betrachtung ihrer Zielsetzungen und Handlungsfelder mit ein. Ein für die Pädagogik produktives Moment dieser Ansätze lässt sich in einer Denkschleife entdecken, auf welche Martina Koch aufmerksam macht: Die Erziehungswissenschaft bildet ihren Gegenstand nicht ab, sie bringt ihn immer erst hervor (vgl. Koch 2000: 49), sie reagiert nicht auf Zustände, sie bringt diese mit hervor. In Bezug auf meine Fragestellung verstehe ich dies als Hinweis darauf, dass die begrifflichen, methodi3

Vgl. etwa Weber et al. 2006, Pongratz et al. 2004, Fritzsche et al. 2001, Lutz et al. 2001. 11

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

schen oder theoretischen Werkzeuge, die zur Beschreibung pädagogischer Wirklichkeit herangezogen werden, auch den Gegenstand, den sie abbilden wollen, selbst erzeugen. Die Instrumente, mit denen einer gegenwärtig wahrgenommenen Problemlage begegnet werden sollen, riskieren immer auch, reproduktiv wirksam zu werden. Die Pädagogik selbst erscheint damit als performativ. In diesem Sinne ist der Begriff des Performativen zu verstehen als soziale Wirklichkeit unter bestimmten Gesichtspunkten, die zu einem späteren Zeitpunkt präzisiert werden sollen, in den Blick fassend. In dieser Untersuchung wird vorgeschlagen, das Potenzial eines poststrukturalistisch gefärbten Begriffs ‚Performativität’ für eine differenzkritische und Machtverhältnisse infragestellende, medieninteressierte Pädagogik zu überprüfen. Für eine pädagogische Verhandlung von Differenz, Differenzverhältnissen und ihre Entstehungsbedingungen ist die in dieser Untersuchung theoretisierte Perspektive auf verschiedene Arten ertragreich. Die Auseinandersetzungen unterschiedlicher Disziplinen wie Kultur-, Theater- oder Sprachwissenschaften haben den Begriff der Performativität zum Teil an Kontur verlieren lassen, gleichsam jedoch in den vergangenen Jahren für die Sozialwissenschaften populär gemacht. In seinem Kontext werden Begriffe wie Handeln, Ritualität, Wiederholung, Inszenierung, Aufführung, Performanz oder Performance relevant. In dieser Untersuchung geht es darum, den Begriff für eine pädagogische Perspektive zu präzisieren und in Bezug auf die Frage nach der Herstellung von Differenz nutzbar zu machen. In diesem Zusammendenken der verschiedenen Ansätze im Begriff der Performativität entfalten sich aus den verschiedenen Zusammensetzungen synergetische Effekte. Es geht um eine Erweiterung der Räume und Situationen von Erziehung und Bildung, die unter der Perspektive Performativität nach den ihnen inhärenten Darstellungen, Ritualen und Differenzverhältnissen, den Bedeutungen von Körpern sowie dem Handlungsvollzug (vgl. Wulf et al. 2007: 9) befragt werden. Diese Räume können etwa dazu genutzt werden, neue Lesarten der Zusammenhänge von Erziehung und Widerständigkeit entstehen zu lassen. Das Konzept der Performativität für Medienpädagogik nutzbar zu machen, erscheint insofern angemessen, weil es ein Spiel der Ambivalenzen und Widersprüche im Kontext von Mediennutzung, Medien im Alltag und Medienbildung ermöglichen kann. Entwicklung und Subjektivierung stellen zentrale pädagogische Themen dar. Die Frage nach der Herstellung von Verhältnissen der Differenz ist in diesem Zusammenhang entscheidend, da Verläufe der Konstruktion in Subjektivierungsprozessen einerseits Normen und Hie12

EINLEITUNG

rarchien reproduzieren, auf der anderen Seite jedoch immer auch widerständige Akte enthalten, die mitunter dominanzkritisch wirken. Mit Rainer Winter gehe ich davon aus, dass es zur Aufgabe einer kritischen Pädagogik zählt, „das Verhältnis von Macht, subordinierten Subjektpositionen und gesellschaftlichen Praktiken“4 (Winter 2004: 9) in einer Weise aufmerksam zu untersuchen, die untergeordnete „modes of subjectivity“ (McLaren 1995: 74, zit. nach Winter ebd.) aufdeckt und ihnen anerkennenden Raum gewährt. Eine kritische Erziehungswissenschaft stellt sich wissenschaftstheoretisch immer mehrfach verortet dar. Sie erscheint immer schon in sich selbst gebrochen, weil sie die eigenen Werte sowie Handlungsziele kritisch reflektiert (vgl. Mecheril 2006d: 321). Selbstkritik üben zu können verweist damit auf das Vermögen, Kriterien für eine Analyse des eigenen Handelns zu entwickeln, welche die eigene Verstrickung in ungleiche Machtverhältnisse und ihre Reproduktion mitdenkt (vgl. Koch 2000: 60). Plößer thematisiert das in Anlehnung an Butler mit der Figur der pädagogischen Souveränität, welche die eigene Unsouveränität anerkennt (vgl. Plößer 2005: 217, vgl. Butler 2003: 11). Winter macht darauf aufmerksam, dass eine kritische Pädagogik nicht allein das Subversive im Aneignungsprozess als Moment des Widerständigen verstehen kann, sondern vor allem „die Aushandlung und die Produktion von Bedeutungen“ (Winter 2004: 8) zwischen pädagogisch Professionellen und den Adressaten der Pädagogik reflektiert. Besonders die Verhandlung von Medientexten, ob nun im Alltag der Mediennutzer oder in der konkreten pädagogischen Situation, erfordert diesen kritischen Raum zur Verhandlung von Bedeutungen, wie zu einem späteren Zeitpunkt deutlich wird. Das den hier verhandelten Ideen zugrundegelegte kritische Interesse an Mechanismen der Herstellung von Macht, das sich vor allem auf Medien bezieht, steht jedem Verständnis von Repräsentation skeptisch gegenüber. Auf einer zeichentheoretischen Ebene sollen die in dieser Untersuchung angelegten Denkbewegungen dazu anregen, die in der wissenschaftlichen Diskussion angelegte Dichotomie des Verhältnisses von Textualität und Performativität in Frage zu stellen, um im Zusammenspiel der beiden Konzepte das Produktive einer in Grundzügen semiotisch angelegten pädagogischen Perspektive auf Medien zu eröffnen. Dies erfordert eine theoretische Erweiterung eines Textbegriffs, der von einer binären Repräsentationskonstitution Wirklichkeit-Medium 4

In der vorliegenden Arbeit tauchen die Begriffe Praktiken und Praxen äquivalent auf und werden nicht weiter differenziert. 13

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

ausgeht. Diese Erweiterung stellt ebenso eine vermutete Kongruenz von Textinhalt und Textaussage in Frage. Diese Infragestellung möchte ich noch zuspitzen, indem ich untersuche, inwiefern mediale Texte selbst eine performative Struktur besitzen, die die Kongruenz von Inhalt und Aussage verschiebt und inkongruent werden lässt. Mit dem Hinzufügen praxis- und kulturtheoretischer Perspektiven soll die Problematisierung der Repräsentation erweitert werden, es soll um die Befragung der „Praktiken des Repräsentierens“ (vgl. Wulf et al. 2007: 9) gehen. Dieses Vorhaben lässt sich mit Göttlich verorten als „an der Nahtstelle von Handlung, Semiotik und Textualismus“ (Göttlich 2004: 170) angelegt. Das performativitätstheoretische Konzept des Textes ist für eine Pädagogik, die sowohl kontextuelle, symbolisch vermittelte Bedingungen sozialer Differenz als auch die Bedeutung von Medien im Alltag der Individuen reflektiert, von besonderem Nutzen, weil sich in dem Ereignis der Signifizierung, der Bedeutungszuweisung, eine Bruchstelle pädagogischer Vorhersagbarkeit (etwa von Medienwirkungen oder -nutzungsformen) wiederfindet. Das bedeutet, die Pädagogik hat es mit einer Unbestimmtheit zu tun, die dem Ereignis der Bedeutungsherstellung innewohnt, welche jedoch von einem – mit später eingeführten Begriffen als diskursiv gesetzt zu verstehenden – Rahmen begrenzt wird und handlungsermöglichend sowie handlungsbeschränkend wirksam wird. Einen Umgang mit dieser Bruchstelle zu entwickeln, liegt im pädagogischen Interesse und erfordert die Reflexion dieser Praxen der Signifikation. Der mit dieser Untersuchung zu entwickelnde Blick auf Praxen des Sprechens, Handelns, Ritualisierens soll reflexive Spielräume von Erziehung und Bildung eröffnen und damit nach Wulf et al. zu einem Begriff werden, „der das reflexive Potenzial der traditionellen Bestimmung des Begriffs [Bildung, B.H.] beibehält, aber Bildungsprozesse nicht nur als kognitive und evaluative, sondern als körperliche und soziale Vollzüge versteht“ (Wulf et al. 2007: 12).

Zur Struktur des Buches In einem ersten Schritt soll es darum gehen, den Begriff der Performativität in seinem wissenschaftlichen Kontext zu verorten. Mit dieser Verortung soll auch die Frage beantwortet werden, inwiefern der Begriff bisher in der Pädagogik zur Verwendung gekommen ist. Ziel dieser kontextualisierenden Betrachtung ist es, verschiedene Bedeutungen von Performativität vorzustellen und so den Begriff in einem ersten Schritt zu umkreisen. Bei näherer Betrachtung medienpädagogischer Themen soll ein das Verständnis dafür entstehen, warum 14

EINLEITUNG

der Begriff des Performativen als verschiedene Konzepte miteinander vernähend für eine medienpädagogische Reflexion gewinnversprechend sein könnte. In diesem Zusammenhang findet eine Auseinandersetzung mit dem dieser Untersuchung zugrundeliegenden Medienbegriff statt, um eine erste theoretische Verknüpfung des Performativen und des Medialen zu ermöglichen. Daran anschließend soll das Nachdenken über das Thema Performativität unter drei zentralen Blickrichtungen zugespitzt werden. Ziel des zweiten Kapitels der Untersuchung ist es, das Konzept Performativität begrifflich zu grundieren. Die Fläche, auf der dies geschehen soll, stellt Jacques Derridas Ansatz der Dekonstruktion zur Verfügung. Derridas Theoretisierungen ermöglichen eine sprachwissenschaftliche Verdichtung des Begriffes Performativität, die erläutert, was sich darunter verstehen lässt, und ihn konzeptionell öffnet für erziehungswissenschaftliche Denklogiken, welche pädagogische Handlungsfelder reflexiv abtasten. In diesem zweiten Kapitel soll weiterführend ein politisches Interesse des dekonstruktivistischen Ansatzes ausgelotet werden, das sich aus der radikalen Infragestellung des normativen Charakters von Bedeutungen ergibt. Interessant ist dies vor allem vor dem Hintergrund der sich anschließenden Überlegungen, die sich mit den Prozeduren der Herstellung von Bedeutung und damit auch Differenz befassen. Was im Rahmen dieser Untersuchung mit dem Begriff der Differenz verhandelt wird, soll sich an dieser Stelle unter anderem aus Ausführungen zum Ansatz der Dekonstruktion nach Jacques Derrida entwickeln. Das dritte Kapitel setzt den bisher entwickelten Begriff des Performativen unter diskurstheoretischer Perspektive in ein Verhältnis zum Konzept ‚Medientext’. Die Begriffe der Diskurstheorie Michel Foucaults sollen dazu genutzt werden, das produktive Potenzial des Medientextes, machtvolle Bedeutungen und damit Verhältnisse der Differenz hervorzubringen, zu erarbeiten. In diesem Kapitel werden exemplarisch einzelne Ausschnitte der Serie „Star Trek – Das nächste Jahrhundert“ mit einbezogen, deren diskurstheoretische Diskussion das Verhältnis zwischen diskursiven Praxen, außermedialen Machtverhältnissen und fiktionalem Text erschließen sollen. Da es vor allem um die Erschließung eines Textes gehen soll, der in erster Linie sprachlich kodiert ist, soll der diskurstheoretische Ansatz dazu dienen, das Verhältnis von Sprache und der Reproduktion machtvoller Diskurspositionen zu diskutieren. Im Begriff der Performativität soll hier die normative Autorität des medialen Textes erörtert werden. Um die Behauptung dieser Autorität zu determinieren, wird im vierten Kapitel mit den Cultural Studies eine Position erarbeitet, die das Per15

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

formative des Prozesses der Mediennutzung in den Blick fasst. Die Hinterfragung medialer Autorität erscheint aus einer handlungstheoretischen Perspektive interessant, da es im Rahmen dieser Untersuchung als ein Ziel der Pädagogik definiert wird, die Handlungsfähigkeit der Individuen in besonderer Weise ins Auge zu fassen, die sich als diese aufmerksam beobachtend und grundsätzlich bestärkend beschreiben lässt. Die Cultural Studies bieten meines Erachtens mit der Konzeption sozialer Praxen als kulturelle Praxen ein Begriffsbündel, das zweierlei ermöglicht: Zum einen die Reflexion diskursiver Strukturen, die zur Verfestigung bestehender Machtverhältnisse dienen, zum anderen die Konzeption eines Subjektes, dessen Praxen der Bedeutungsherstellung und -infragestellung als diesen Strukturen widerständig gegenüberstehend zu entwerfen ist. Die in den vorangehenden drei Kapiteln geleisteten Auseinandersetzungen sollen im abschließenden Kapitel als Grundlage für ein pädagogisches Weiterdenken dienen, das sich zum einen der vielfältigen Verstricktheit der an pädagogischen Situationen beteiligten Individuen in repressive Machtverhältnisse bewusst ist, zum anderen jedoch immer auch idealistisch die Befragung dieser Verhältnisse sucht. Dafür sollen die bis dahin erarbeiteten und für medienpädagogische Fragestellungen bedeutsam erscheinende Momente der Beziehung zwischen Medium und Nutzer unter der mehrdimensionalen Perspektive Performativität diskutiert werden.

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P E R F O R M AT I V I T ÄT , M E D I E N U N D P ÄD AG O G I K

An dieser Stelle sollen die verschiedenen losen Fäden, die sich im Konzept der Performativität zu einem Bündel finden und für die vorliegende Untersuchung relevant sind, in einem ersten Versuch aufgegriffen und miteinander verknüpft werden. Dazu gehört zunächst, einen Einblick in den wissenschaftlichen Diskurs über das Performative zu vermitteln. Einerseits ist eine solche topographische Eingrenzung des Forschungsfeldes für das weitere Vorgehen unerlässlich, um den Gegenstand des Performativen zu präzisieren, andererseits jedoch stellt sich eine Eingrenzung schwierig dar, sofern der Begriff selbst zunächst unklar bleibt und erst in den anschließenden Kapiteln Gelegenheiten für Präzisierungen gefunden werden. Der Forschungs-Diskurs über das Performative stellt sich als nahezu unüberschaubar vielfältig dar1. Wie Andrea Seier erklärt, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Disziplinen mit ihm beschäftigt: „Über die Philosophie der 50er Jahre, die Literaturwissenschaft in den 80er Jahren bis hin zu den Gender Studies in den 90er 1

Schumacher verweist auf den Umstand, mit dem akademische Texte zu Performance, Performanz oder Performativität zu ringen haben. Sie sind „häufig dadurch gekennzeichnet, dass sie zunächst die verschiedenen, durchaus gegenläufigen Lesarten der Begriffe in Anthropologie, Theaterwissenschaften, Sprachphilosophie, Texttheorien oder Cultural Studies betonen, um dieses Gemengelage in weiteren Schritten dann als tendenziell produktive Ausgangsbasis für die jeweils anvisierte spezifische Konzeptualisierung zu bestimmen“ (Schumacher 2002: 383). Dem Dilemma, sich an dieser Stelle also notwendig zu wiederholen, entgeht auch der vorliegende Text nicht. Jedoch wird die Diversität der Lesarten, die dem Begriff des Performativen zugrunde liegt, als Hinweis darauf verstanden, dass es sich um einen Begriff handelt, der genau deshalb an den Schnittstellen verschiedener akademischer Disziplinen auftaucht, weil er dort vernetzendes Potenzial besitzt, ein Aspekt, welcher auch im Rahmen dieser Arbeit bedeutsam wird. 17

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Jahren durchläuft der Begriff unterschiedliche Stadien der Spezifikation, der Verallgemeinerung und schließlich der Neuordnung“ (Seier 2005: 52). In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich der Begriff im Zuge eines performative turn, wie weiter unten genauer erläutert, mehr und mehr zu einem Fluchtpunkt für Sozial- und Kulturwissenschaften (vgl. Bachmann-Medick 2007: 104, Fischer-Lichte 2007: 10). Um einen ersten Eindruck dessen zu ermöglichen, was es mit dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung auf sich hat, werden im Folgenden einige der aktuellen, vor allem sozial- und kulturwissenschaftlicher Forschung entlehnten Beschäftigungen mit dem Begriff der Performativität vorgestellt. Es soll sich eine Darstellung des aktuellen (medien)pädagogischen Debatte anschließen, die verdeutlicht, wo sich Anknüpfungspunkte für den Begriff des Performativen eröffnen.

Theoretische Verortung, Verhandlung des Begriffs Nach der Kulturwissenschaftlerin Doris Bachmann-Medick vollziehen die Wissenschaften bestimmte historische Wendungen, die sich als turns bezeichnen lassen. Begleitet werden diese von als Paradigmensprünge (Bachmann-Medick 2007: 7) zu bezeichnenden Wechseln bzw. Weiterentwicklungen und Infragestellungen von Argumentationslinien oder wissenschaftlichen Schwerpunkten. Einerseits lassen sich diese veränderten Schwerpunktsetzungen als solche identifizieren und somit bestimmte turns von anderen abgrenzen, andererseits, so BachmannMedick, lassen sich genealogisch Entwicklungen, Bezüge und kritische Infragestellungen zwischen sozusagen aufeinander folgenden turns ausmachen. Lassen sich in den turns der Wissenschaften auch nicht immer Paradigmenwechsel ausmachen, so formuliert sich doch in ihrer Anrufung die Infragestellung ebensolcher paradigmatischen Setzungen. Das heißt, der Begriff des turns dient der Beschreibung von Richtungswechseln und versucht, bestimmte Dynamiken wissenschaftlicher Auseinandersetzungen einzufangen, deren Ausgangspunkt die Neuverhandlung paradigmatischer Setzungen darstellt. Somit stellt der Begriff weniger die Auseinandersetzung selbst dar als vielmehr die Beobachtung von Differenzen und Prozessen. Die derzeitige Beschäftigung mit dem Performativen lässt sich zurückverfolgen bis zur Auseinandersetzungen mit der nach Gustav Bergmann in den 1950er Jahren und später bspw. von Richard Rorty als linguistic turn (vgl. Rorty 1967: 9, Sandbothe 2000, Bachmann-Medick

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2007) bezeichneten sprachanalytische Denkwende in der Philosophie des 20sten Jahrhunderts (vgl. Bublitz 1994: 1). Zentrales Thema dieser Beschäftigung ist die Vorstellung, dass sich „jenseits der Sprache und des Sprachgebrauchs keine Realität“ verbirgt (Bachmann-Medick 2007: 34), was zu der umgekehrt formulierten Erkenntnis führt: „Jegliche Analyse von ‚Wirklichkeit’ ist sprachlich determiniert“ (ebd., vgl. Bublitz 1994: 1). Mit Bublitz lassen sich zwei zentrale Strömungen unterscheiden: die analytische Philosophie befasst sich vornehmlich damit, eine formale Logik dazu zu nutzen, sprachliche Probleme zu klären, sowie die „ordinary language philosophy“, die Philosophie der normalen Sprache, deren Augenmerk der Verwendung der Alltagssprache gilt (vgl. ebd.). Mit der Hinwendung der philosophischen Aufmerksamkeit zum Phänomen Sprache erfahren zeichentheoretische Ansätze neue Beachtung, wie sie etwa Ferdinand de Saussure Anfang des 20sten Jahrhunderts vertrat. Im Sinne dieser Ansätze handelt es sich bei Sprache um ein System aus Zeichen, deren Identität sich aus ihrer Differenz zueinander ergibt2. Bedeutung selbst stellt sich somit als Effekt eines sprachlichen Prozesses und Wirklichkeit damit als durch Symbole vermittelt dar. Der performative turn entwickelte sich wesentlich in Auseinandersetzung mit dem sprachtheoretischen Modell des linguistic turn. Zum einen spielte hierbei die Kritik an dem Sprachzentrismus eine Rolle, dem eine eher handlungsorientierte Forschungsperspektive nachfolgen sollte, zum anderen verlagerte sich die Perspektive mehr auf das Prozesshafte der Bedeutungskonstruktion, das Werden und Herstellen von Bedeutung (vgl. Seier 2003: 67, Fischer-Lichte 1999: 20). Dabei wird allerdings nicht das sprachzentrierte Modell durch ein performatives Modell ersetzt, sondern sie werden als „zwei Modalitäten der Konstitution von Wirklichkeit und Wirklichkeitserfahrung“ (Fischer-Lichte 2002: 293) konzipiert, die in einem Spannungsverhältnis stehen. Dieses Verhältnis bezeichnet ein wesentliches Thema dieser Untersuchung, da sich in ihm die Frage danach wiederfindet, in welchem Verhältnis der mediale Text zu einer performativen Konstruktion von Differenz steht. In dieser Frage artikuliert sich damit eine essentielle Schnittstelle der Auseinandersetzung zwischen linguistic und performative turn: Inwiefern ist das Textuelle performativ? Die Medien- und Kulturwissenschaftlerin Andrea Seier verbindet mit dem Begriff des Performativen zunächst Irritation auf semantischer 2

Auf de Saussures Ansatz und seine Bedeutung für eine Engführung des Performativitätsbegriffs gehe ich anschließenden Kapitel genauer ein. 19

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Ebene. Aufgrund der zahlreichen Verwendungsweisen in verschiedenen Disziplinen lässt er eine konkrete Trennschärfe vermissen, die z.B. eine Abgrenzung zu Begriffen wie Performanz oder Performance erschwert. Performativität scheint teils zur Beschreibung der Beschaffenheit von Kultur, teils als Bezeichnung einer bestimmten (Forschungs-)Perspektive genutzt zu werden, dann wieder, um einen neuen Blick auf alte Praxen zu beschreiben (vgl. Seier 2005: 68). Dementsprechend schließe ich mich Seiers Ansicht an, nach der eine produktive Systematisierung des Begriffs in der Form erforderlich erscheint, dass sie „Uneindeutigkeiten im positiven (produktiven) Sinne zulässt und [...] zu unterschiedlichen und kontroversen Lesarten durchaus einlädt. [...] Es ist, mit anderen Worten, die Gratwanderung zwischen Präzision und (produktiver) Uneindeutigkeit, die es in diesem Feld zu bewältigen gibt“ (Seier 2005: 7).

Dieser Forderung soll zunächst entsprochen werden, indem einleitend der aktuelle wissenschaftliche Diskurs des Begriffes vorgestellt wird. In den folgenden Kapiteln soll eine Präzisierung des Begriffes im Kontext der Dekonstruktion sowie seine Öffnung in einer Begriffe der Diskurstheorie Michel Foucaults sowie Ansätze der Cultural Studies reflektierenden Auseinandersetzung erfolgen. Zurückführen lässt sich der Begriff des Performativen auf eine Wortschöpfung des Sprachtheoretikers John Langshaw Austin. Wie er in den 1960ern posthum veröffentlichten Vorlesung „How to do things with words“ darstellt, geht Austin davon aus, dass Sprechen nicht einfach dazu dient, Dinge zu beschreiben, sondern vielmehr weiterführend wirksam ist: Worte produzieren und ordnen, verbinden und trennen, sind somit performativ, indem sie handeln. Im sich anschließenden Kapitel werde ich Austins Ansatz sowie die kritische Weiterentwicklung seiner Ideen durch Jacques Derrida vertiefen. Der sprachtheoretische Ansatz Austins stellt eine Art argumentativen Ausgangspunkt für die in dieser Untersuchung verhandelten Überlegungen zum Performativen dar, wie noch deutlich werden wird. Über die Grenzen sprachtheoretischer Disziplin hinaus entwickelte der Begriff des Performativen eine große Bedeutung. Wie Wulf et al. (2007: 12) konstatieren, sind neben der performativen Sprechakttheorie Austins weitere Referenzen eines Begriffs des Performativen auszumachen: 1. die Auseinandersetzung mit den Begriffen Kompetenz und Performanz im Rahmen der Transformationsgrammatik Noam Chomskys, 2. kultur- und theatertheoretische Bearbeitungen künstlerischer Darstellungsformen, 3. der sich auf Judith Butler beziehenden 20

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

Genderforschung, die Geschlecht als Aufführung versteht sowie 4. die im Sonderforschungsbereich „Kulturen des Performativen“ vertretene Konzeption kultureller Handlungen als Performances. Sibylle Krämer rekonstruiert diese Perspektiven in einer aktuellen „Landkarte des Diskurses über Performativität“ (Krämer 2004: 14). Sie präzisiert drei zentrale Konzeptionen, die Wulfs Referenztypen des Begriffes aufgreifen. Nach Krämer handelt es sich hierbei zum Ersten um eine universalisierende, zum Zweiten um eine iterabilisierende sowie zum Dritten um eine korporalisierende Konzeption von Performativität. Unter der universalisierenden Konzeption fasst Krämer die Konstruktion performativer Äußerungen durch Austin, die verdeutlicht, dass Sprache keinen repräsentativen Charakter als Medium der Beschreibung der Welt besitzt, sondern „Weltzustände“ (ebd.) selbst hervorbringt. Sprechen wird somit zur „Keimzelle sozialen Handelns“ (Krämer 2004: 15). Als universalisierend kann Austins Konzept betrachtet werden, da es von idealen Kommunikationsbedingungen ausgeht: Die Sprechenden sind jeglichen Differenzverhältnissen enthoben. Sprechen wird hier konzipiert als das „mögliche Sprechereignis“ (ebd.). Mit der iterabilisierenden Performativität bezeichnet Krämer ein von Jacques Derrida in Auseinandersetzung mit der Sprechakt- sowie der Zeichentheorie entwickeltes performatives Konzept. In diesem wird das Vermögen der Sprache, sozial zu handeln, als Ergebnis der Wiederholung von Zeichen betrachtet, das diese Zeichen zwar zitiert, aber in ihrer Zitathaftigkeit auch alteriert und somit eine Differenz der Zeichen erzeugt. Nach Krämer ergänzt Judith Butler Derridas Konzeption, indem sie der „Macht des Sprechens“ (Krämer 2004: 16) noch die Bedingung der Aufführung, der Inszenierung hinzufügt. Als drittes Feld identifiziert Krämer das der korporalisierenden Performativität, das sich, wie auch mit Wulf et al. schon angemerkt, vom „reproduktiven Charakter als der definierenden Bedingung alles Semiotischen“ (Krämer 2004: 17) löst und sich dem Flüchtigen der künstlerischen Aufführung als Performance zuwendet. Im Fokus dieser theoretischen Richtung steht die Idee, dass „ein durch die Erfahrung der Performance inspiriertes Konzept von Theatralität ein Modell abgeben kann für die schöpferische Metamorphose der wahrgenommenen Welt, im Wechselverhältnis von Akteur und Betrachter“ (Krämer 2004: 18, vgl. Phelan 1993: 146, vgl. Seier 2005: 69).

Wie zu Beginn erklärt und in diesem kurzen Einblick in den Performativitätsdiskurs erläutert, spielen in der Entwicklung des Grundgedankens von Performativität die Begriffe Sprache, Text und Zeichen, 21

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ebenso aber auch Konzepte von Inszenierung und Handeln eine große Rolle. Das diese Konzepte miteinander verflechtende Potenzial des Begriffes qualifiziert ihn besonders für das Ziel dieser Untersuchung, die Herstellung von Differenz im Kontext (der Rezeption) medialer Texte zu untersuchen. Eine performativitätstheoretische Perspektive scheint für ein solches erziehungswissenschaftliches Unterfangen ertragreich, da sich in ihm bedeutsame Konzepte vernähen lassen. Sprache wird hiermit als machtvollen Inszenierungen des Alltags zugrundeliegend verstanden. Sie erscheint als Instrument, dessen sich diese Inszenierungen bedienen, um Subjekte hervorzubringen. Das pädagogische Augenmerk auf diese Inszenierungen im Allgemeinen und mediale Inszenierungen im Besonderen zu richten, bedeutet, Handlungsfelder, -möglichkeiten und -grenzen unter performativitätstheoretischen und damit mindestens ambivalenten Perspektiven zu betrachten, wie später deutlich werden wird.

Performativität – Performance – Performanz? Die unterschiedlichen theoretischen und teils interdisziplinär angelegten Beschäftigungen mit dem Begriff des Performativen weisen an einzelnen Stellen immer wieder Verschaltungen mit den Begriffen Performanz sowie Performance auf, ohne dass auf den ersten Blick eine differenzierte Unterscheidung der einzelnen Konzepte zu erkennen wäre. Um den in dieser Untersuchung zentralen Begriff der Performativität entfalten zu können, ist es meiner Ansicht nach notwendig, ihn von den Begriffen der Performance und Performanz abzugrenzen, die teilweise synonym verwendet oder im Sinne einer Übertragung aus dem Englischen in das Deutsche als miteinander verknüpft verstanden werden. Die Präzisierung des Begriffs der Performativität wird im folgenden Kapitel differenzierter stattfinden. Während der englische Begriff der Performance sich aus theatertheoretischer Blickrichtung konzeptualisieren lässt, stellt sich die Klärung dessen, was unter Performanz zu fassen ist, etwas schwieriger dar. Die Begriffe Performanz und Performativität werden an einigen Stellen synonym benutzt (vgl. etwa den Gebrauch bei Göttlich et al. 2003: 205, Wirth 2002: 9) und es lagern sich „disparate Bedeutungen und Wissensfelder“ (Seier 2005: 68) in ihnen an, ohne unmittelbar markiert zu werden. Göttlich et al. kennzeichnen Performanz als

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„prozesshafte und kreative Aktualisierung von Kompetenz, im Sinne der Sprechakttheorie als das, was man tut, im anthropologischen Sinne als charakteristisch für Rituale und Zeremonien, im Sinne ästhetischer Praktiken von Performances als Inszenierung, im Sinne technologischer und ökonomischer Diskurse als Leistungs- und Durchsetzungsvermögen in Konkurrenzsituationen“ (Göttlich et al. 2003: 205).

In der Ähnlichkeit dieser Aufzählung mit den weiter oben mit Krämer bzw. Wulf angelegten Nachzeichnungen des Performativitätsdiskurses wird deutlich, dass die Begriffe Performanz und Performativität an vielen Stellen äquivalent benutzt werden, weil ihre Abgrenzung voneinander schwer zu leisten ist. Auch mit Uwe Wirth kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem in der Sprechakttheorie eingeführten Begriff um den der Performanz handelt (vgl. Wirth 2002: 10, vgl. auch Mersch 2003: 71). In dieser Untersuchung wird jedoch auch im Kontext der Sprechakttheorie der Begriff der Performativität dem Begriff der Performanz vorgezogen, da er m.E. das Prozesshafte des Sprechaktes ebenso wie die Beteiligung des Subjektes an diesem Prozess deutlicher in den Vordergrund rückt als dies der Begriff der Performanz vermag. Der Begriff der Performance kann noch einmal als von Performativität und Performanz gesondert betrachtet werden, wird jedoch u.a. (vgl. Seier 2005: 8) mit Performanz ins Deutsche übersetzt. Nach Christoph Wulf et al. bezeichnet der Begriff der Performance „vor allem künstlerische Handlungen“ (Wulf et al. 2007: 13). Wulf et al. konzipieren Performance weiter als Begriff, „der die vielfältigen Prozesse von theatralen Faktoren“ bezeichnet, „die Darstellung vor Zuschauern, die Inszenierung als Semiotisierung der Darstellung“ (Wulf et al. 2007: 24). Nach den Performance Studies (vgl. Carlson 1996, Fischer-Lichte 2001, 2004) wird Performance als „eine spezifische Form des Theaters“ (Seier 2005: 86) verstanden, eine „Form der Aufführung, die nicht Darstellung (von etwas) ist, sondern als ein spezifisches Raum- und Zeiterlebnis nur auf sich selbst im flüchtigen Moment seiner Aufführung verweist“ (ebd.). Laut Phelan besteht das Charakteristische der Performance darin, sich „den Techniken der Speicherung“ (Seier 2005: 69) zu entziehen: „Performance’s only life is the present. Performance cannot be saved, recorded, documented, or otherwise participate in the circulation of representations of representations: once it does so, it becomes something other than Performance” (Phelan 1993: 146).

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

In dieser Eigenschaft medialer Performance, allein im Verschwinden gegenwärtig zu sein, sich dem Kreislauf der Reproduktion zu entziehen und damit das Notwendige der Repräsentation aufzubrechen, erkennt Phelan das Subversive der Performance, eine „Technik der Verweigerung“ (Seier 2005: 69)3. In der Beschäftigung mit den vielfältigen Bedeutungs- und Verwendungszusammenhängen des Performativen wird deutlich, dass die Begrifflichkeiten an einigen Stellen semantisch nah beieinander liegend benutzt werden: Die Begriffe Performativität, Performanz und Performance besitzen augenscheinlich Nahtstellen, die sich in ihrer repräsentationskritischen Auseinandersetzung mit Formen der Darstellung befassen, wie zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Konzept der Inszenierung vertieft werden soll. Jedoch lassen sich die Begriffe Performanz und Performance von der Konzeption des Performativen abgrenzen, sofern letztere sich sprachtheoretisch herleiten lässt, wie in der vorliegenden Untersuchung projektiert. In diesem Sinne erscheint es möglich, Performanz zu definieren als das, was performt wird, das Geleistete, das Dargestellte, das Spiel, die Inszenierung. Die Performance ließe sich demnach als das ‚Spiel im Spiel’, die künstlerisch gerahmte und als solche gekennzeichnete Performanz konzipieren, während die Performativität in diesem Verhältnis eher so etwas darstellt wie die Bedingung, die Fähigkeit, der Fakt des Dargestellt-Werdens. Dieser letzte Gedanke soll in dieser Untersuchung vertieft und differenziert werden. Auf die Begriffe Performanz sowie Performance wird daher im Rahmen der folgenden Präzisierung des Begriffes der Performativität weitgehend verzichtet.

Performativität und Pädagogik Um den Begriff Performativität in dieser Untersuchung in Bezug auf Differenzkonstruktionen in und um Medien entfalten zu können, möchte ich zunächst aufzeigen, welches Interesse derzeit die Erziehungswissenschaften an dem Begriff entwickeln, um eine Einordnung des hier zu erarbeitenden Ansatzes in einen (inter)disziplinären Kontext zu ermöglichen. Sich in pädagogischen Zusammenhängen auf den Begriff des Performativen einzulassen, ist eine relativ junge Entwicklung. Christoph 3

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Wie zu einem späteren Zeitpunkt deutlich werden wird, lässt sich diese Konzeption auf Jacques Derridas Ansatz der différance problematisieren, die davon ausgeht, dass Präsenz immer Referenz voraussetzt. Ohne Referenzialität wäre demnach eine Performance nicht als solche lesbar.

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

Wulf et al. veröffentlichten 2007 eine Aufsatzsammlung, deren Texte verschiedene aktuelle Konzeptionen versammeln, welche den Zusammenhang von Performativität und Erziehungswissenschaft dokumentieren. Ein Ziel dieser Dokumentation sehen die Autorinnen darin, interessante Wirkungen des in den Kultur- und Sozialwissenschaften zu konstatierenden performative turn für die Erziehungswissenschaften aufzuzeigen (vgl. Wulf et al. 2007: 8). Zentrale Themen der sich aus Sicht der Autoren schon länger ankündigenden Denkbewegung sind beispielsweise „Sprache, Körper, Sozialität, Macht, Handeln“ (ebd.), die sich auch als zentrale erziehungswissenschaftliche Themen identifizieren lassen. Das erziehungswissenschaftliche Interesse, den Entwurf des Performativen zu konkretisieren, entwickelte sich vor allem aus einer Kritik an einer textuell-semiotisierenden Konzeption pädagogischer Wirklichkeit, deren Kontur sich einer hermeneutischen Entschlüsselung zu ergeben scheint. Das heißt, mit einem performativen Ansatz geht eine Lesart pädagogischen Wirkens einher, die nicht vom Konzept des Verstehens pädagogischer Kontexte ausgeht, sondern eher von dem des Konstruierens pädagogischer Kontexte. Wie deutlich werden wird, schließt eine performativitätstheoretische Perspektive das Konzept des Textuellen nicht aus, sondern vielmehr dekonstruktiv verschoben mit ein. Auf den genealogischen, aber auch ambivalenten Zusammenhang von Semiotik und Performativität gehe ich im zweiten Kapitel genauer ein. Wie in Wulfs Textsammlung deutlich wird, ist die Beschäftigung mit dem Begriff des Performativen auf eine bestimmte Weise akzentuiert. Die Beiträge des Buches sind thematisch gebündelt durch die Überschriften „Ästhetische und soziale Bildung“, „Identitätsbildung“, „Institutionelle und virtuelle Bildung“ und „Performative Ethnographie“. Wie sich aus dieser Bündelung – und vertiefend in den einzelnen Beiträgen – lesen lässt, werden im wesentlichen vier pädagogische Räume eröffnet, in denen eine Betrachtung des Performativen bedeutsam wird:

• • • •

Der Ereignischarakter von Bildungssituationen. Die institutionelle Rahmung von Bildungsprozessen. Jugend als liminaler Raum ritualisierter Übergänge. Mediale Welten des Spielens.

Aspekte, die hier als Forschungsperspektiven entdeckt werden können, beziehen sich zum einen auf Bildung und Erziehung als Aufführung, zum anderen auf alltägliche Selbstinszenierungspraxen der Individuen 25

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

(vornehmlich derer, die als Zielgruppen für die Pädagogik interessant werden). „Pädagogische Performativität akzentuiert die Interaktivität der Handlungen, den körperlich-mimetischen Nachvollzug, das In-Szene-Setzen und Rahmen pädagogischer Prozesse, liminale Situationen, in denen sich Übergänge vollziehen und die Zeitlichkeit resp. die Ereignishaftigkeit der Vollzüge“ (Wulf et al. 2007: 31).

Wulf et al. geht es darum, Erziehungs- und Bildungswirklichkeiten als inszeniert und symbolisch über die Situation hinaus verweisend zu konzipieren. Das Potenzial dieser Lesart pädagogischer Wirklichkeiten liegt in der Aufdeckung des Rituellen als Aspekt von Bildungs- und Erziehungsprozessen, der in allen Instanzen der Sozialisation eine Rolle spielt: Inszenierungen konstituieren den Charakter von Gruppen, etwa familiäre Zusammenhänge etc., sie machen Zugehörigkeit sozial erfahrbar, beschreibbar und vollziehbar. Mit anderen Worten, ein performativitätstheoretischer Blick gilt besonders symbolischen Praxen (als auf bestimmte Art mit Bedeutung aufgeladene Handlungen), die die Funktion besitzen, Zugehörigkeiten zu konstruieren. Diese Funktion ist besonders interessant, da diese Praxen, indem sie gleichsam Nicht-Zugehörigkeiten markieren, zur Herstellung von Verhältnissen der Differenz beitragen. Die Frage danach, was mit dem Begriff der Differenz bezeichnet werden kann, gehe ich im folgenden Kapitel nach. Mit dieser Perspektive bietet sich ein besonderer Blick auf das Verhalten der Sozialisanden, auf Spiele, Rituale, Praxen des Kind- und Jugendlich-Seins. Es rückt bspw. der Aufführungscharakter von Stilen ins Blickfeld der Pädagogik: Das In-der-Welt-Sein wird unter dieser Perspektive als durch Inszenierung gestaltet verstanden. Medien rücken damit zweifach ins Zentrum des Interesses. Sie stellen sozialisierende Räume zur Verfügung, in denen ästhetische (Selbst-)Erfahrungen gemacht werden und können zudem als Inszenierungsmaschinen verstanden werden, die mit speziellen Mitteln Ausschnitte sozialer Wirklichkeit besonders herausstellen.

Medienpädagogik Da es sich bei der vorliegenden Untersuchung um eine Beschäftigung mit dem Begriff des Performativen handelt, die in den weiten akademischen Feldern zwischen Pädagogik und Medien zu verorten ist, soll im Folgenden verdeutlicht werden, warum es für eine medien26

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

interessierte Pädagogik bedeutsam ist, Performativität zu theoretisieren. Eine Darstellung einiger derzeit in der Medienpädagogik verhandelter Konzeptionen soll zunächst einen Einblick in das Forschungsfeld ermöglichen. Kübler macht in einem Rückblick auf die Geschichte der Medienpädagogik darauf aufmerksam, dass sich seit den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts eine kritische Medienforschung in der Pädagogik etablieren konnte. Die Leitidee dieser Zeit des „kritischen Rezipienten“ versteht Kübler als durch die Einflüsse der Kritischen Theorien Adornos vermittelt (vgl. Kübler 2006: 17). Im Zuge dieser Entwicklung entstanden erste medienpädagogische Bildungskonzepte aus der sich entwickelnden pädagogischen Haltung, informelle Bildungs- und somit auch Medienkontexte als relevante Erziehungskontexte analysieren zu wollen (vgl. Kübler 2006: 18). Nach Hipfl (2004) befasst sich die heutige Medienpädagogik vornehmlich mit drei Problemfeldern. Sie beschäftigt sich mit der Frage danach, „was uns die Medien sagen und wie und warum sie es gerade in der spezifischen Art und Weise machen“ (Hipfl 2004: 1), wie diese Aspekte thematisiert werden können und letztlich damit, was all dies mit dem „unserem Leben“ (ebd.) zu tun hat. Hipfls Ansicht nach geht medienpädagogisches Arbeiten darüber hinaus, der Herstellung von Medienprodukten begleitend zur Seite zu stehen, zumal Kinder und Jugendliche als „’early adopters’ oft die eigentlichen Experten“ (Moser 2006: 217) darstellen (vgl. Hipfl 2004: 2). Von diesem technisch-didaktischen Standpunkt aus erscheint die Medienpädagogik nahezu als obsolet (ebd.), weniger jedoch von einem Standpunkt aus, der Medienbildung als „Medienalphabetisierung“ (Moser 2006: 227), als das Vermögen, Medienprodukte zu lesen, versteht. Ähnlich wie andere sozialwissenschaftliche Felder ist das der Medienpädagogik gekennzeichnet durch ein stetes Spannungsverhältnis zwischen pragmatischem Handlungsanspruch einerseits und theoretisierenden Reflexionsbedarf andererseits4. Das bedeutet, sie muss theoretische Reflexionen immer wieder auf „pädagogische Umsetzbarkeit“ (Aufenanger 2004: 302) überprüfen. Ziel medienpädagogischer Theorie ist es, pädagogisches Handeln zu ermöglichen, das Räume der Bildung und Selbstbildung mit verschiedenen medialen Kontexten eröffnet. Die Medienpädagogik bekommt damit den Auftrag, eine gerichtete Medienerziehung zu reflektieren und für pädagogische Handlungsfelder zu kon-

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Vgl. etwa Plößer 2005: 9 zum Verhältnis feministischer Theorie und Praxis. 27

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zipieren sowie Medienbildungs- und Medienentwicklungsprozesse zu optimieren (vgl. Spanhel 2006: 180). Während der Entwicklung medienpädagogischer Auseinandersetzungen im zwanzigsten Jahrhundert ist ein paradigmatischer Wechsel der wissenschaftlichen Einstellung zur Frage zu beobachten, in welcher Beziehung Medieninhalte und Mediennutzer zueinander stehen. Dieser Wechsel führte zu einer stärkeren Subjektorientierung, mit der davon ausgegangen wird, dass das Individuum nicht nach einem SenderEmpfänger-Modell von Medien beeinflusst wird, sondern diese auf kreative Weise (vgl. Göttlich 2004: 169) und in seinem eigenen Interesse nutzt. Jüngere medienpädagogische Argumentationen gehen davon aus, dass sich die Alltagsrealität der Individuen von einer Realität der elektronischen Medien unterscheiden lässt. Allerdings wird die Frage nach dem Verhältnis dieser Realitäten in der Medienpädagogik und ihr nahestehenden Disziplinen ständig neu verhandelt. Aus einer konstruktivistischen Perspektive lässt sich beim derzeitigen Diskussionsstand festhalten: „Medienangebote lassen sich [...] nicht als Abbilder von Wirklichkeit bestimmten, sondern sie stellen Angebote an kognitive und kommunikative Systeme dar, um im Rahmen ihrer Systembedingungen Wirklichkeitskonstruktionen in Gang zu setzen. Und ähnlich ist auch der Alltag nicht als primäre Lebenswelt zu verstehen, sondern als ein Resultat von Prozessen der Wirklichkeitskonstruktion, an der verschiedenste Sozialsysteme mit ihren Deutungsmustern Anteil haben: Politik, Recht, Wissenschaft, Religion, Kunst usw. – wobei dazu dann eben auch die audiovisuellen Medien als eines dieser Systeme dazugehören“ (Moser 2005: 29).

Im Laufe der 90er Jahre formten sich in beobachtender Begleitung neuer technologischer Entwicklungen und der Etablierung der Medienpädagogik als bedeutender erziehungswissenschaftlicher Plattform verschiedene Konzepte, deren Ziel es darstellte, den gesellschaftlichen Bedingungen und Anforderungen sowie den verschiedensten MedienCharakteren gemäß Impulse für eine angemessene Medienerziehung zu entwickeln. Mit Baacke entwickelt sich in dieser Zeit „Faszination“ (Baacke 1994: 168) zu einem Begriff, der einen pädagogisch relevanten Aspekt des Verhältnisses vom Mediennutzer zum Medientext beschreibt. Damit erhalten die „Entrückungen in Traumwelten, Spiegelungen zwischen Identifikationen und Projektionen“ (Vollbrecht 2001: 51), die das Mediennutzungsverhalten maßgeblich begleiten, eine wissenschafts28

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theoretische Aufwertung als analytische Kategorie. Subjektorientierung entwickelt sich zu einem zentralen Thema der Medienpädagogik sowie das Verständnis von Mediennutzung als „situations-, bedürfnis- und entwicklungsbezogene Handlung“ (ebd.). Vor allem das bildungstheoretische Konzept der Medienkompetenz, das von der Erlernbarkeit eines angemessenen Umgangs mit den verschiedenen Medien ausgeht, formuliert ein medienpädagogisches Handlungskonzept, das diesem Verständnis gerecht zu werden versucht. Nach Baacke (1998) stellen Medienkunde, Mediennutzung, Medienkritik sowie Mediengestaltung die vier zentralen Momente des in der Medienpädagogik verhandelten Medienkompetenzkonzepts dar. Medienkompetenz wird hier konzipiert als eine „Lernaufgabe“ (Baacke 1999: 31). Diese fordert die Ausbildung von Handlungskompetenz und Kommunikationskompetenz und soll den Nutzer „befähigen, die neuen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung souverän handhaben zu können“ (ebd.). Kompetenz meint hier nicht allein ein abgeschlossenes Ensemble von Kenntnissen und Fähigkeiten, sondern bezeichnet sowohl einen (auch paradoxen) Prozess der Auseinandersetzung als auch eine Weise gelingenden In-der-Welt-Seins. Das stellt den Anspruch an Erziehung, gezielte „pädagogisch-professionelle Handlungsakte in systemischen Zielkontexten“ (ebd.) leisten zu können. Um Bildung mit Medien zu ermöglichen, müssen in diesen Kontexten subjektorientierte und medienbasierte „Bildungsgelegenheiten“ (ebd.) zur Verfügung gestellt werden. Mit Bachmair kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich in der Benennung von Medienkompetenz als einer „von Politik, Wirtschaft und Schule akzeptierten“ (Bachmair 2005: 255) Zielsetzung eine Bildungsaufgabe der Medienpädagogik angesichts durch Enttraditionalisierung brüchig gewordener Lebens- und vielfältiger Medienwelten nicht erschöpft (Bachmair 2005: 264). Vielmehr benötigt die Medienpädagogik aktuell Konzepte, die Medien im Feld zwischen den Koordinaten Subjektivität, kulturelle Handlungfähigkeit und Machtverhältnisse neu verorten. Interessante Ausgangspunkte bieten nach Bachmair hierbei vor allem „Handlungs- und Aneignungsmuster“, mit denen sich Mediennutzer in bestimmten „Kulturinszenierungen“ verorten (ebd.). Ausgehend von der weitgehend in der an Medien interessierten Pädagogik geteilten Auffassung, die Vermittlung eines kritischen Umgangs mit Medien sei eine zentrale medienpädagogische Aufgabe (vgl. Kübler 2006: 40), kann hier mit dem Konzept der Performativität angeknüpft werden. Dieses kann verstanden werden als an Medium und Subjekt sowie Praxen der Kritik an Machtverhältnissen orientiert, wie nachfolgend im einzelnen zu zeigen sein wird. 29

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Bisher sind Medien und Mediennutzung unter der Perspektive Performativität, die praxis-, kultur- sowie diskurstheoretische Forschung in einen engeren Zusammenhang setzt, für eine erziehungswissenschaftliche Forschung vor allem unter dem Aspekt des Rituellen sowie im Zusammenhang mit interaktiven Medien thematisiert worden5. Als erkenntnistheoretisches Konzept mit vor allem sprachwissenschaftlicher Grundierung taucht Performativität im Feld der medienforschenden sowie -praktischen Pädagogik nur am Rand und in der Regel in der konzeptionellen Figur der Performanz auf6. Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel, mit dem Begriff des Performativen eine differenzsensible erziehungswissenschaftliche Perspektive auf den Kontext Mediennutzung zu erarbeiten. Die Perspektive Performativität soll die Herstellung von Verhältnissen der Dominanz im Prozess der Mediennutzung zum Gegenstand einer erziehungswissenschaftlichen Diskussion machen. Die folgenden Überlegungen werden weniger in praktischen Handlungskonzepten münden, die ein Bild davon zeigen sollen, wie eine Medienpädagogik der Performativität praktisch aussehen könnte. Vielmehr soll in dieser Untersuchung ein konzeptueller Raum entstehen, der mit dem Begriff des Performativen für Störungen selbstverständlicher Setzungen sorgt, die pädagogische Konzepte öffnen und einen kritischen Grund bieten, auf dem diese neu verhandelt werden können.

Performativität und Medien Verschiedene Thesen sprechen für eine medienpädagogische Inspektion der Anschlussstellen des Performativen. Wie Wulf et al. unter anderem mit Foucault feststellen, spielt der Aspekt der Inszenierung und besonders der Selbstinszenierung in modernen Gesellschaften eine immer bedeutendere Rolle (vgl. Wulf et al. 2007: 10). Nicht nur rücken hier 5

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Vgl. hierzu etwa Jörissen 2007, Marotzki 2007. Bausch et al. diskutieren verschiedene Medieninszenierungen wie etwa Werbung oder Talkshows unter dem Gesichtspunkt der rituellen Vergemeinschaftung (vgl. Bausch et al. 1999). Ebenso wenig erscheinen in der vielfältigen Diskussion um Gewalt in den Medien machttheoretische Konzepte auf, die sowohl den inszenatorischen Charakter medialer Texte wie auch die Eingebundenheit der Nutzer in soziale Machtverhältnisse in den Blick fassen. Die akademische Diskussion entzündet sich je an öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema Medien und Gewalt, bei denen in der Regel die Wirkung der Medien vereinfachend als Ursache für die Gewalt gesehen wird (vgl. Kunczik et al. 2006: 145).

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

neue digitale Medien wie das Internet mit verschiedenen CommunityPlattformen und Chat-Foren, in denen filigrane Darstellungen entwickelt und kommuniziert werden, als Bühnen der Selbstdarstellung junger Nutzer ins pädagogische Blickfeld, sondern auch weniger interaktive Medien wie das Fernsehen stellen im Alltag Texte zur Verfügung, die in soziale Inszenierungen eingearbeitet werden (vgl. Bausch et al. 2001: 249). Ein weiterer für die Pädagogik bedeutsamer Aspekt liegt in dem Potenzial des Begriffes, verschiedene soziale Ereignisse miteinander zu verschalten. „So ermöglicht der Begriff des Performativen, soziales und pädagogisches Handeln generell in einem neuen Licht zu sehen. Was bis in die 90er Jahre hinein [...] nur negativ als nicht-intentional oder mystifizierend als kreativ gefasst werden konnte, erhält mit dem Begriff des Performativen, der auf Körperlichkeit, Habitualität, Dramaturgie, spielerischen Freiraum, Mimesis und durchdringende Macht des Handelns gleichermaßen hinweist, eine theoretische Form“ (Wulf et al. 2007: 11).

Diese Überlegungen sollen im Folgenden konzeptionell vertieft werden, indem zunächst auf den Medienbegriff eingegangen wird. Daraufhin soll die Vernähung des Performativen mit dem Medialen im Begriff der Inszenierung erläutert werden. Umgangssprachlich wird der Begriff Medium im Allgemeinen im Plural verwendet. Unter Medien versteht man die Anzahl aller alltäglich zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel wie etwa Zeitschriften und Fernsehen, Gameboy und X-Box, Bücher und Comics. Im Unterschied zum Alltagwissen existieren in den (Natur-, Geistes-, Kultur- und Sozial-)Wissenschaften vielfältige Auseinandersetzungen- mit der Frage, was tatsächlich unter einem Medium zu verstehen sei. Der Begriff Medium kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und bezeichnet die Mitte oder den Mittelpunkt. Kerlen bezeichnet den Begriff Medium daher als Begriff, der eine Beziehung bezeichnet: „Es befindet sich zwischen zwei sich auf einander beziehenden Gegenständen“ (Kerlen 2003: 9). Das Medium ist somit Bestandteil eines Kommunikationsprozesses. Im philosophischen Kontext bezeichnet der Medienbegriff jedoch noch weiter „alles Vermittelnde [...], es muss keinen technischen oder kommunikativen Zusammenhang aufweisen“ (Leschke 2003: 12). Mit einer gemeinhin gültigen begrifflichen Bestimmung und damit vermeintlich unverrückbaren Festlegung tun sich Medientheorien und Metatheorien jedoch schwer: „Die Anstrengung des Begriffs, die Theo31

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

rie und damit Wissenschaft generiert, ist als bloße Explikation des Begriffs nicht zu haben. Begriffe weisen immer schon über sich hinaus, sie sind Wechsel, die ihrer Einlösung in zugehörigen theoretischen Modellen harren“ (Leschke 2003: 18f). Eine Schwierigkeit liegt insbesondere darin, die Komplexität der Beziehung verschiedener Typen von Medien sowie Kontexte ihres phänomenologischen Auftauchens und die Praxen der sie nutzenden Individuen theoretisch zu erfassen. Besonders während des 20. Jahrhunderts und in Begleitung technologischer Neuerungen auf dem Gebiet elektronischer Kommunikation, Dokumentation und Inszenierung entwickelte sich eine intensive Geschichte medientheoretischer Auseinandersetzung mit dem MedienBegriff, auf die an dieser Stelle nur kurz aufmerksam gemacht werden soll, da sie an anderer Stelle umfangreich dargestellt zu finden ist (vgl. Weber 2003, Leschke 2003, Faulstich 2004, Kümmel et al. 2004, Frederking et al. 2008). Nach Leschke lässt sich ein Bedarf akademischer Beschäftigung mit Medien immer dann beobachten, sobald „Medien oder Medialität problematisch geworden sind. Dies kann prinzipiell auf den unterschiedlichsten Ebenen geschehen, und die differenten Ebenen wie ästhetische und kulturelle Phänomene, soziale und ökonomische Prozesse sowie Wahrnehmungsstrukturen erklären die Involviertheit der differenten Wissenschaftstypen bei der theoretischen Thematisierung der Medien. Dieses Problematisch-Werden von Medien ist historisch immer dann zu beobachten gewesen, wenn ein Funktionswandel von Medien stattgefunden hat oder aber wenn neue Medien aufgetaucht sind“ (Leschke 2003: 22).

Margreiter systematisiert mit einem Rückblick auf die vergangene Jahrzehnte vier wesentliche Diskursrichtungen der aktuellen medientheoretischen Diskussion. Sowohl moderne als auch postmoderne Medientheorien fließen hier zusammen, und schließlich weisen „Systemtheorie und Radikaler Konstruktivismus, philologische, historische und ethnologische Forschungen über die ‚alten’ Medien Oralität, Literalität und Buchdruck, [...] die fachphilosophische Fokussierung und Weiterführung sprach- und symboltheoretischer Ansätze in Richtung eines medial turn“ (Margreiter 1999: 10). Solche Systematiken helfen zum einen, einen ersten Einblick in die verschiedenen Bewegungsrichtungen aktueller theoretischer Diskussionen zu vermitteln, schränken jedoch das offene Blickfeld durch ihre strenge Kategorisierung stark ein. Als charakteristisch für die Evolution dieser Richtungen zeichnet sich die Form der Verhandlung von Medien ab: Je enger sie verwoben sind mit dem Alltag der Leute 32

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

und je intensiver sie sich in ihn integrieren, desto spezifischer befassen sich die Wissenschaften mit den Phänomenen der Medien selbst, ihren spezifischen Wirkungen, ihrem Verhältnis zu dem, was im allgemeinen Wirklichkeit genannt wird sowie mit ihren Nutzern. Es lässt sich allerdings feststellen, dass das wissenschaftliche Interesse an Medien unterschiedlich gewichtig ist. „Telegraph, Grammophon, Tonband und CD-Player haben kaum theoretische Debatten ausgelöst, umgekehrt erzeugten das Buch, Zeitungen und Zeitschriften, die Fotographie, der Film, der Rundfunk, das Fernsehen, Internet und CD-ROM eine massive medientheoretische Dynamik“ (Leschke 2003: 16).

In dieser Untersuchung soll es um das Medium Fernsehen gehen, das – ähnlich wie der entsprechend jüngere Computer – als eines der meistdiskutierten Medien betrachtet werden kann. Hartmut Winkler (2004) definiert Medien (verschiedene Medientheorien kumulativ referierend) als technische Maschinen gesellschaftlicher Vernetzung mit symbolischem Charakter, die die Form ihres Inhalts beeinflussen sowie Raum- und Zeitverhältnisse überwinden und deren Nutzung sie selbst weitgehend zum Verschwinden bringt. Mit Stauff gehe ich allerdings davon aus, dass sich über eine derart technologische Definition des Mediums hinaus eine Öffnung des Begriffs fruchtbar erweisen könnte. Diese sollte auf Eindeutigkeit und Präzision eher verzichten, da sich dadurch ein Blick auf die „Verflechtung von Praktiken, Apparaten, Diskursen etc.“ (Stauff 2004: 7) entwickeln lässt, der der vielfältigen Verstricktheit dessen, was jeweils medial in die Lebensformen der Individuen eingebunden ist, gerecht zu werden versucht. Der Medientheoretiker Jean Baudrillard pointiert die Verstricktheit von Medien und Alltag der Individuen aus einem kritischen Blickwinkel: „Obwohl sich die Medien derartig einmischen und wie ein Virus endemisch, chronisch und panisch präsent sind, können sie in ihren Wirkungen nicht mehr isoliert betrachtet werden [...] Auflösung des Fernsehen im Leben, Auflösung des Lebens im Fernsehen – eine nicht mehr zu unterscheidende chemische Auflösung“ (Baudrillard 1978a: 33).

Er verweist mit dem Bild der Auflösung auf die Problematik, der die Individuen ausgesetzt scheinen, die Wahrnehmung des Reellen von der Wahrnehmung des Inszenierten zu trennen. Gleichwohl ist seine Aussage als Verweis auf die akademische Schwierigkeit zu verstehen, 33

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Medien vom kontextuellen Netz von Nutzung, Alltag, Wissen und Subjektbildung isoliert zu betrachten. Uwe Wirth erklärt Medialität mit Verweis auf den Zeichentheoretiker Charles Peirce als „durch eine nicht-reduzierbare Drittheit ausgezeichnet“ (Wirth 2001: 48, vgl. Kloesel et al. 2000: 431), womit das Medium eine diffuse Sonderstellung im Zirkel der medialen Kommunikation (vgl. Marris et al. 2005: 472) einnimmt, die es sowohl zum Zentrum als auch zum Außenstehenden der Kommunikation werden lässt. Als Erzählmedium moderner Alltagsmythen nimmt das Fernsehen in den Biographien seiner Nutzer eine zentrale Rolle ein, die eine Überprüfung dieser Vorstellungen „funktionaler Vermittlungsaufgaben eines Mediums“ (Göttlich 2007: 143) in seinem Falle also ebenso schwierig wie notwendig macht. Seinen konstruktivistischen Beitrag sehen Göttlich et al. unter anderem in der „Transformation von Ereignissen zu Berichten über Ereignisse“ (ebd.). Dieses hier als Transformation gefasste Moment bezeichnet auf seine Weise das selbstverständlichste Charakteristikum des Mediums Fernsehen und ist zugleich nur schwer zu theoretisieren. Der Begriff versucht, das Moment der Verwandlung sozialer Wirklichkeiten in Ausschnitte sozialer Wirklichkeiten zu erfassen, es greift metaphorisch oder tatsächlich den Prozess des Verwandelns und Umformens auf, spricht ihm somit zerstörerische und gestalterische Kräfte zu. Das Charakteristische des Prozesses liegt darin, dass er etwas Neues hervorbringt, das allerdings mit den hier diskutierten Definitionen der Eigenschaften der Medien nicht genauer gefasst werden kann. In der vorliegenden Untersuchung wird vorgeschlagen, dieser Schwierigkeit mit dem Konzept des Performativen zu begegnen, das den Aspekt des Hervorbringens aus dem Begriff der Transformation mitdenkt, jedoch die Linearität einer schlichten Verwandlung eher skeptisch betrachtet. „As the human adventure enters a new millennium, media culture continues to be a central organizing force in the economy, politics, culture, and everyday life” (Kellner 2003: VII). Mit Kellner lassen sich Medien als strukturierender Faktor und damit von großer Bedeutung für den Alltag der Individuen ausmachen. Die Beziehungen zwischen Medien, Mediennutzern und dem alltäglichen Leben stellen den Fokus der vorliegenden Untersuchung dar. Von Interesse ist hier allerdings nicht allein die organisierende Bedeutung der Medien für die Alltagskultur7,

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Alltagskultur findet mit Hügel statt in einer „routinierten, pragmatischen Bewegung in einer gewohnten, als unhinterfragte Normalität bewohnten Welt“ (Hügel 2003: 23). Hauptkennzeichen des Alltagskulturellen ist die Herstellung des Normalen (etwa bestimmte Zugehörigkeiten) durch tätige (auch ritualisierte) Wiederholung.

PERFORMATIVITÄT, MEDIEN UND PÄDAGOGIK

sondern auch das produktive Moment der Differenzkonstruktion als das Besondere der Beziehung zwischen Nutzer und Medium zu erarbeiten. Sich mit der Frage der nach dem Verhältnis von Performativität und Medien zu beschäftigen ist vor allem deswegen interessant, weil die verschiedenen Medien selbst oft rituell in den Alltag der Menschen eingebunden sind. Ein weiterer Grund besteht allerdings auch darin, dass der Begriff des Performativen eine für einen pädagogischen Blick spannende Perspektive auf das charakteristisch Theatralische, Spielerische und inszenatorisch Besondere des Verhältnisses zwischen Medium und Nutzer sowie Medium und Wirklichkeit wirft. Dieser konzeptuelle Raum, der sich im Performativen eröffnet, kann für eine medienpädagogische Subjektorientierung insofern als gewinnbringend verstanden werden, als Theater, Spiel und Inszenierung im Zusammenhang mit Praxen der Aneignung neue praktische Bildungsorte ermöglichen könnte. Wie der Performance-Theoretiker Carlson erklärt, besitzen zahlreiche alltägliche Situationen performativen Charakter: „Many sorts of activity – political rallies, sporting events, public presentations, costume balls, religious rites – are clearly performative and are widely and rightly recognized as such. Many other activities, among them writing, everyday social interactions, and indeed almost any social or cultural activity, can surely be considered performative even if they are not normally thought of in that way” (Carlson 1996: 198).

Soziale Situationen entstehen auf der Basis ritueller Inszenierungen, egal, ob es sich um eine Hochzeit oder ein Frühstück, Bildungs- oder Erziehungskontexte handelt (vgl. auch Wulf et al. 2001: 10), ob sie gemeinhin als solche – Inszenierungen – erkannt werden oder nicht. Der aufgrund steter Benutzung und mangelnder Präzision sehr offen erscheinende Begriff der Inszenierung lässt sich für den Einstieg mit Barbara Becker wie folgt skizzieren: Er bezeichnet ein absichtsvoll eingesetztes „Ensemble von Techniken und Praktiken, mit denen etwas zur Erscheinung gebracht wird, wobei der Prozess des Erscheinens selbst mit eingeschlossen ist“ (Becker 2004: 415). Wie Becker verdeutlicht, werden zwei Betrachtungsweisen des Begriffs voneinander unterschieden. Zum einen wird Inszenierung betrachtet als ästhetisierender Prozess des Zuschaustellens bestimmter Ereignisse, zum anderen als eine kulturell-kommunikative Kategorie, in der sich das Selbst bestimmter Individuen bzw. Gruppen darstellt. Inszenierung beruht also auf einem weites „Spektrum an Kulturtechniken, mit denen etwas zur

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Erscheinung gebracht, in Szene gesetzt wird, das ohne Inszenierung unsichtbar, ja inexistent bliebe“ (Kolesch et al. 2002: 363). Iser hebt vor allem das produktive Moment des Phänomens hervor, indem er Inszenierung als „Möglichkeitsraum der menschlichen Selbstauslegung“ (ebd., vgl. Iser 2002: 243) versteht, in dem die „Selbstentfaltung der Individuen“ (Wulf et al. 2007: 10) ermöglicht wird. Inszenierungen im Alltag sind oft rituell eingebettet in „Inszenierungskulturen“ (ebd.). Das angemessene Verhalten der Individuen in diesen Kulturen signalisiert semantisch und syntaktisch eine Zugehörigkeit zum entsprechend inszenierten Kontext. Das heißt, eine Inszenierung, die zum Ziel hat, eine Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe deutlich zu machen, basiert auf einem Wissen um bestimmte inszenatorische Technologien bzw. der Kompetenz, diese anwenden zu können, indem symbolische Zeichen präsentiert werden, die von anderen erkannt werden können (vgl. Mecheril 2003: 127). Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Fußballverein etwa benötigt die Inszenierung über bestimmte fußballkulturelle Artefakte wie etwa eine Fahne, ein Schal oder ein Trikot, die von anderen erkannt, gelesen werden können, sogar müssen, um individuell als sinnhaft konstruiert werden zu können. Auch in pädagogischen Räumen sind Inszenierungen von Bedeutung, etwa um einen bestimmten Bildungszusammenhang wie eine Schulklasse sicht- und erfahrbar zu machen sowie um diesen Zusammenhang von anderen Räumen wie etwa Freizeit abzugrenzen. Der Begriff der Inszenierung findet vor allem dort Verwendung, wo es um das soziale und körperliche Arrangement pädagogischer Räume geht, etwa beim Lernen oder der Dramaturgie von Unterrichtsdidaktik. Wie schon zuvor angemerkt, spielt der Aspekt der Inszenierung in Bezug auf Medien – gleichsam als Form des Anordnens von Zeichen mit spezieller Bedeutung – eine besondere Rolle. Medien wie das Fernsehen nutzen spezielle Techniken der Inszenierung. Mediale Inszenierungen übernehmen nach Göttlich (2003) bspw. die Funktion, Alltagserzählungen dramatisch zu überhöhen. Damit übernehmen sie auch die Aufgabe, Traditionen, Rituelles wie auch Kulturelles fortzuschreiben (vgl. Göttlich et al. 2003: 207, Göttlich et al. 2007: 163). Allerdings sind selbst die „Gebrauchs- und Nutzungsweisen von Medien als Ausdruck spezifischer Alltagspraxen“ der Individuen verstehen (Göttlich 2004: 174), ein Aspekt, der zu einem späteren Zeitpunkt mit den Cultural Studies vertieft werden soll. Diese Settings der Inszenierung – sowohl mediale als auch reale – verweisen auf eine Vermitteltheit der Ereignisse, auf ihren prozessualen und ihren Aufführungscharakter und die Rolle von Handeln als per-

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formatives Herstellen von Wirklichkeiten und Kulturen, Gemeinschaften und Differenzen. Mit Winkler (2004) lassen sich mediale Texte als Orte der Normalisierung, aber auch von Differenz und Brüchen konzipieren, wie noch zu vertiefen sein wird. Das Potenzial dieser Bruchstellen unter der Perspektive Performativität, die den Blick für Medien als diskursive Schnittstellen öffnet, für ein pädagogisches Weiterdenken herauszuarbeiten, ist ein Ziel der vorliegenden Untersuchung. Inwiefern Medien an der Nahtstelle zwischen Wirklichkeit, Inszenierung und Diskurs agieren, zitieren, performieren, transformieren, inwiefern sie einer Authentizität der Repräsentation und damit normativer Autorität Ausdruck verleihen, ist eine Frage, die in den folgenden Kapiteln beantwortet werden soll. Der Verlust der Konturen des den medialen Text lesenden Subjekts oder vielmehr die Sorge darum sowie eine Art der Re-Konturierung der Subjekt-Figur spielt in dieser Konzeption des medialen Textes eine zentrale Rolle, auf die im Rahmen der folgenden Ausführungen zu Dekonstruktion, Diskurstheorie und Cultural Studies genauer eingegangen wird.

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D I F F E R E N Z AL S E F F E K T D E S P E R F O R M AT I V E N

„Das herrschende Gesetz drohte, ‚Ärger zu machen’, ja einen ‚in Schwierigkeiten zu bringen’, nur damit man keine ‚Unruhe stiftete’. Daraus schloss ich, dass Schwierigkeiten unvermeidlich sind und dass die Aufgabe ist, herauszufinden, wie man am besten mit ihnen umgeht, welches der beste Weg ist, in Schwierigkeiten zu sein.“ (Butler 1992: 7)

Das folgende Kapitel soll den Begriff des Performativen, dessen Ort auf der ihn umgebenden akademischen Landkarte vorangehend erläutert wurde, genauer präzisieren. Dazu wird vor allem der sprachtheoretische Einfluss der Dekonstruktion nach Jacques Derrida genutzt. Was für die Fragestellung nach der Konstruktion von Differenz besonders interessant erscheint, ist Derridas Verknüpfung des zunächst mit Austin linguistischen Problems der Herstellung von Bedeutung mit der sozialen Problematik der Herstellung von Differenz. Der folgende Text dient also dazu, die hier verwendeten Begriffe Performativität und Differenz auf der Folie der Dekonstruktion genauer zu fassen.

Damit das Denken die Richtung ändert: Poststrukturalistische Ideen in der Pädagogik Mitte der 80er Jahre setzt in den Erziehungswissenschaften eine intensive Phase der Rezeption sogenannter poststrukturalistischer Theorien ein. Hiermit beginnt eine Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Kategorien erziehungswissenschaftlichen Denkens wie Subjekt und Identität, Aufklärung, Repräsentation oder Autonomie. Die Konsistenz dieser Begriffe fällt einer radikalen Infragestellung zum Opfer, die von 39

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

der Pädagogik eine kategorische Neupositionierung bezüglich dieser ihre Arbeit begleitenden Konzepte erfordert. Diese Rezeptions-Phase ist begleitet von einer steten Besorgnis um die potenzielle Auflösung der Gewissheit über die Konsistenz essentieller pädagogischer Konzepte. Erst Ende der 80er Jahre wird sie im Rahmen der Diskussion um die Postmoderne als Phänomen bzw. historischen Ort abgelöst. Poststrukturalistische Ideen besitzen zu diesem Zeitpunkt der Diskussion den vorübergehenden Status eines „einheitlichen Paradigmas“ (Ehrenspeck 2001: 27). Differenzierte Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichen Positionen dieses vielfältigen Feldes und entsprechende Konsequenzen für eine pädagogische Theorie und Praxis werden von verschiedenen Theoretikerinnen in der darauffolgenden Phase erarbeitet. Der Schwerpunkt dieser rezeptiven Auseinandersetzung liegt weniger auf den methodischen Anschlüssen als vielmehr auf der Entwicklung einer reflexiven Kritik1 zentraler Konzepte und Positionen der Pädagogik sowie einem Umgang mit der Unbestimmtheit erziehungswissenschaftlicher Praxis. An den sich hieraus ergebenen Bruchstellen, der Kritik essentieller Setzungen, der Benennung des Unbestimmten und vor allem: der Infragestellung von Differenz-Setzungen, sollen die Überlegungen der vorliegenden Untersuchung angeknüpft werden. In diesem Kapitel geht es darum, eine erste begriffliche Grundlage für eine mögliche Diskussion medienpädagogischer Konzeptionen von Differenzkonstruktionen zu schaffen. Besonders in den Überlegungen der Dekonstruktion nach Jacques Derrida als einer philosophischen Denkrichtung sehe ich Anschlussstellen für ein pädagogisches Weiterdenken, das kritische Subjekt- und Handlungskonzepte sowie einen macht-aufmerksamen Blick auf mediale Texte und pädagogische Handlungsfelder miteinander verknüpft. Um die sich durch diese Denkrichtung eröffnenden Perspektiven nutzbar zu machen, sollen im Folgenden einige Grundzüge einer dekonstruktivistischen Argumentation nach Derrida erläutert werden.

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Siehe zur Kritik des Subjektbegriffs in der Erziehungswissenschaft etwa Ehrenspeck 2001: 29, Koller 2001: 37.

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

„Dekonstruktion ist nicht, was du denkst“2 „Nun gut, wenn du eine Erdnuss als Zeichen definierst, dann muss die Semiotik sich ganz offenbar auch mit Erdnussbutter beschäftigen.“ (Eco 1987: 26)

Neben den zahlreichen Verständnissen, die zum Teil vielleicht auch Unoder auch Missverständnissen sein können, die es davon gibt, was Dekonstruktion macht, kann oder bedeutet, sind es Derridas Schriften selbst, die es einem nicht leicht machen, sich erkenntnistheoretisch mit ihnen zu befassen (vgl. Dreisholtkamp 1999: 11). Dennoch soll in diesem Teil der Untersuchung versucht werden, ein bestimmbares Miss-, Un- oder Verständnis dessen, was unter dem Begriff Dekonstruktion zu verstehen sein könnte, für die Entwicklung eines Begriffs des Performativen zu entwickeln. Das Ziel dieser Auseinandersetzung ist es weniger, ein geschlossenes Bild dessen zu vermitteln, was Dekonstruktion als Theorie, Methode oder Haltung bedeuten kann. Vielmehr geht es in dem vorliegenden Kapitel darum, auf der Folie ihrer Begrifflichkeiten ein Konzept von Performativität zu entwickeln, um damit der Frage auf die Spur zu kommen, wie das Fernsehen erkennbare Differenzverhältnisse herstellt, sowie das Pädagogische als auch Politische eines dekonstruktivistischen Denkens herauszuarbeiten, dessen herrschaftskritischer Gestus implizit eine dieser Untersuchung zugrundeliegende Haltung artikuliert. Um die zeichen- und sprachtheoretischen Grundlagen der Performativität darzulegen, gehe daher deskriptiv auf die Ausführungen Jacques Derridas zur Dekonstruktion ein. Seine Texte sind durch einen besonderen Schreibstil gekennzeichnet, der immer wieder auch auf den Inhalte seiner Schriften verweist. Um die in seinem Schreiben umgesetzten Prinzipien seiner Theorie, die es nachfolgend zu erläutern gilt, aber auch die von einer ausdrucksstarken Wortwahl vermittelte Atmosphäre, die seine Ausführungen begleitet, einzufangen, sollen seine Aussagen im Text immer wieder Raum finden. Als ein Charakteristikum der Auseinandersetzung mit dekonstruktivistischen Ansätzen erscheint es, dass es mit dem Fortlauf der Beschäftigung immer schwieriger wird, ihre Ideen in Worte zu fassen, ohne ihnen auf die ein oder andere Art gewaltsam begegnen zu müssen, 2

Bennington 1996. Eine deskriptive Darstellung der Dekonstruktion scheint sich notwendig selbst relativieren zu müssen. 41

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

da bildungstheoretische Konzepte von Erklären und Verstehen ad absurdum geführt zu werden scheinen (vgl. Dreisholtkamp 1999: 12). Das wissenschaftliche Werk Jacques Derridas wird als ein facettenreiches Konstrukt rezipiert, das mit Bennington3 eine besondere, sehr persönliche Beschäftigung mit seinen Texten erfordert4, bevor man sich ihm mit der erforderlich erscheinenden Sachlichkeit nähern kann. In der folgenden Auseinandersetzung mit seinen Begriffen wird diese Ambivalenz immer wieder stilistisch und inhaltlich aufblitzen und als notwendige Begleiterscheinung einer der Dekonstruktion angemessenen Lesart angenommen werden müssen. Eine rekonstruktive oder referierende Auseinandersetzung mit den Überlegungen Jacques Derridas steht dabei in einem gewissen paradoxen Kontrast zu den Aussagen ebendieser Theorie. Einige seiner Grundbegriffe sollen vorgestellt werden – obwohl eine Explizierung und Bedeutungsfixierung nicht in Derridas Sinne sein können, wie wir noch sehen werden, während sie methodisch und auch methodologisch betrachtet gleichsam notwendig sind. Insofern werden seine Begriffe im Rahmen dieses Forschungsvorhabens gewissermaßen als ein Instrumentarium betrachtet, dessen man sich unter einer bestimmten Fragestellung bedient, während man sich seiner Auslassungen bewusst ist und die Darstellungen und Verwendungen immer als unzureichend akzeptiert. Die Dekonstruktion soll durch die Darstellung in diesem Kapitel transparenter, durchschaubar werden, um dem ihr inhärenten Konzept von Performativität auf die Schliche kommen zu können. Gehe ich also davon aus, dass Derrida grundsätzlich nur missverständlich zu lesen ist, dann wäre dies in seinen Augen keine falsche Lektüre, sondern allenfalls eine andere. Denn mit Derrida kann die Intention des Autors keine stabile Variable im Prozess der Konstruktion von Bedeutung sein, welcher der Lektüre eines Textes zugrunde liegt, wie der Literaturwissenschaftler Jonathan Culler erklärt: „Da die Bedeutung

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Geoffrey Bennington beschreibt sein Projekt, über Derridas Leben zu schreiben, als Versuch, dessen Theorie zu öffnen: „G.B. wollte das Denken J.D.s hinreichend systematisieren, um ihm die Form einer interaktiven Software zu verleihen, die bei all ihren Schwierigkeiten prinzipiell jedem Benutzer zugänglich wäre“ (Bennington 1994: 7). Bennington schickt seinem Buch „Jacques Derrida“ (1994) eine einleitende Erklärung voraus, die verdeutlicht, dass eine Beschäftigung mit diesem Philosophen ohne persönliche Anteilnahme schwierig ist: „So kann man sich Derrida als die äußerste Bescheidenheit vorstellen: Als einen, der sich ganz und gar dem Lesen und Wiederlesen seiner Vorgänger widmet, entschlossen, noch dem geringfügigsten Detail, dem unscheinbarsten Komma ihre Zeit zu lassen, als ein Hüter des Buchstabens alter Texte“ (Bennington 1994: 14).

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

kontextgebunden ist, reichen Intentionen nicht aus, um Bedeutungen zu determinieren. Der Kontext muss hinzugezogen werden“ (Culler 1988: 142). Denn „alle Kontexte sind im Prinzip offen“ (Zima 1994: 56), das endgültige Determinieren von Sinn beim Lesen eines Textes oder dem Anschauen einer Fernsehserie also unmöglich. Und nicht nur der offen, nicht determinierbare Kontext macht die endgültige Setzung, Fixierung des Sinns unmöglich, sondern auch das Zitat oder besser, der Vorgang des Zitierens. Wie auch Jacques Derrida greifen Jonathan Culler und Jörg Zima in der Artikulation ihrer Ideen auf Schrift als intelligibles Zeichensystem zurück, was ihren Text für meine Zwecke wiederholbar macht. Doch die Wiederholung ihrer Formulierungen wiederholt die von ihnen genutzten Zeichen nicht repräsentativ, sie dekontextualisiert und missversteht sie, wie Bennington erklärt: „Um dasselbe wie Derrida zu sagen, sind wir zur Rekonstruktion gezwungen (und wollten doch der Dekonstruktion Ausdruck verleihen), werden zur analytischen Trockenheit genötigt (und wollen doch die ganze Tragweite und das Genie einer Schrift, eines Schreibens zur Sprache bringen), sind schließlich dem notwendigen Risiko des Irrtums ausgesetzt (und wollen doch zuverlässig und exakt sein)“ (Bennington 1994: 21).

In diesem Sinne einer Reflexion des Risikos, das Ziel zu verfehlen, soll im Folgenden Derridas Ansatz rekonstruktiv erläutert werden.

Vom Sprechakt zur Dekonstruktion „Also ist die Semiotik im Grunde die Disziplin, die alles untersucht, was man zum Lügen verwenden kann.“ (Eco 1987: 26)

Wie zu Beginn erwähnt wird die Dekonstruktion unter dem auch problematisierten5 Etikett einer poststrukturalistischen Strömung der Philosophie handhabbar gemacht. Diese Theorien sind einem politi5

Münker et al. erläutern verschiedene Schwierigkeiten. Im Begriff des Post-Strukturalismus findet sich der Verweis auf den Strukturalismus, einer in der Sprachwissenschaft gründenden philosophischen Denkrichtung. Jedoch stellt der Poststrukturalismus weder eine einheitliche Weiterentwicklung des Strukturalismus noch seine „kritische Überwindung“ (Münker et al. 2000: IX) dar. Daher lässt sich mit Münker et al. sagen: „Über den Poststrukturalismus schreiben heißt, ihn zu erfinden“ (ebd.). 43

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

schen6 Gerechtigkeitsempfinden verbunden, das sie zur „rettenden Kritik“7 an gesellschaftlichen Missständen werden lassen könnte. Im Rahmen dieser Untersuchung wird es als ein Merkmal poststrukturalistischer Ideen verstanden, sich sozialen Strukturen bevorzugt macht-, herrschafts- und begriffskritisch zu nähern (vgl. Schmidt 2001: 269) und diese Annäherung stilistisch zu integrieren. Auch Münker et al. entdecken hier ein zentrales Motiv poststrukturalistischen Denkens: „Der charakteristische Denk- und Schreibstil als zentrales Merkmal der Poststrukturalisten ist zunächst der (nicht nur) literarische Ausdruck einer Abgrenzung von gewohnten Reflexionsweisen, etablierten Darstellungsformen, traditionellen Diskurspraktiken. Hinter dieser Abgrenzung steckt freilich mehr als das Streben nach Originalität: Die Bewegung der Differenzierung steht stellvertretend für ein allgemeines Plädoyer für die Differenz“ (Münker et al. 2000: X).

Aus der hier durch Infragestellung gewohnter Begrifflichkeiten ermöglichten Position lassen sich zwar zunächst verwirrende, jedoch auch hoffnungsvolle Begriffsprognosen entwickeln, die tendenziell um Handlungskonzepte bemühten Sozial- und Kulturwissenschaften wie der Pädagogik als nützliche Wegweiser dienen können (vgl. Fritzsche 2001: 10). Bspw. ermöglichen sie eine Diskussion von für die pädagogische Praxis stets relevanten Differenz-Kategorien wie etwa Geschlecht (vgl. hierzu Wartenpfuhl 2000; Plößer 2005), deren Ziel es ist, den Subjekten in Auseinandersetzung mit den die Differenz begleitenden Machtverhältnissen Handlungsmöglichkeiten einzuräumen (vgl. Schmidt 2001: 273).

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Die Hinterfragung bestimmter Machtformationen geschieht mit dem Ziel, Hierarchie und damit (eine durch Normen legitimierte) Herrschaft abzubauen. Über Foucault schreibt Raab: „Im Zentrum Foucaults Interesse steht die kritische Analyse eines historisch entstandenen Macht-WissenKomplexes und dessen Bedeutung für die Gesellschaft“ (Raab 1998: .20). Wie Raab weiter zeigt, basiert der postmoderne Feminismus auf dieser und anderen Ideen poststrukturalistischer Vertreter und hat insbesondere die Dekonstruktion zu einer politischen Strategie weiterentwickelt. Strauß ist der Ansicht, dass Moral selbst durch die Dekonstruktion ihrer metaphysischen Setzung überführt werden muss (vgl. Strauß 2001: 12). Die politische Dimension der Dekonstruktion wird weiter unten ausführlicher diskutiert. Weigel verweist hier auf die Anknüpfungspunkte zwischen Frankfurter Schule, also der Denktradition der Kritischen Theorie, und Poststrukturalismus, die in der Rezeptionsgeschichte beider Theorien weniger hervorgehoben wurden als ihre Differenzen (vgl. Weigel 1995: 5).

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Die Theorie der Dekonstruktion entstand als philosophische Kritik am metaphysischen und strukturalistischen Denken, das ideologisch bestimmte Entitäten wie die Einheit und Autonomie des „cartesianischen Subjekts“ (Hauskeller 2000: 10) und auch das Subjekt selbst als voraussetzbar und selbstverständlich betrachtet. Aus kritischen Perspektive der Dekonstruktion lässt sich die These formulieren: Aus der Annahme von Entitäten – und ihrer Selbstverständlichkeit, der ihnen eingeschriebenen Normativität – ergeben sich Hierarchien und sozial wirksame Herrschaftsverhältnisse (vgl. Schmidt 2001: 270). Derridas Auseinandersetzungen mit Ansätzen der Zeichentheorie sowie der Sprachwissenschaft eröffnet einen für die Pädagogik relevanten Raum der Reflexion sowohl von Differenzverhältnissen als auch von Handlungskonzepten dar (vgl. Wimmer 2006: 29, Wulf et al. 2002: 21), da sich, wie im Folgenden deutlich werden soll, Differenz und Handeln performativ miteinander verknüpft darstellen. Der Gewinn durch diesen speziellen zeichentheoretischen Zugang zu Thema Differenz liegt darin, dass soziale Praxen als Zeichen in einem kulturellen Text verstanden werden können, die bestimmten (in sich brüchigen) Regeln und Strukturen unterliegen. In einem ersten Schritt möchte ich daher die sprachtheoretische Herkunft des Konzepts des Performativen vorstellen, um in einem zweiten Schritt die von Derrida daraus entwickelten Begriffe der différance und itérabilité zu erläutern.

Das Performative in der Sprechakttheorie John L. Austin gilt als Begründer der Sprechakttheorie, die er 1962 als pragmatische Betrachtung von Äußerungen und Kritik westlicher Sprachphilosophie entwarf. Der Titel „How to do things with words“ des Buches, das nach John Langshaw Austins Ableben in den 60er Jahren veröffentlicht wurde, zielt auf eine zentrale These seiner Untersuchung und dieses Forschungsvorhabens ab: Nämlich dass mit Hilfe sprachlicher Äußerungen die verschiedensten Arten von Handlungen vollzogen werden können. Austin kritisiert die Einschätzung der philosophischen Disziplinen, dass der Sinn von Aussagen derjenige sei, einen Sachverhalt zu beschreiben und zwar entweder richtig oder falsch. Austins Ansicht nach wird hierbei eine große Anzahl der Sätze ungerechtfertigt marginalisiert, zu „Pseudoaussagen“ (Austin 1989: 26) gemacht. Um diese Unterscheidung aufzufangen, entwirft Austin die Kategorien der konstativen – hier steht der lokutionäre Teil einer Aussage im Mittelpunkt – sowie der

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

performativen Äußerung – die gekennzeichnet ist durch den illokutio nären Akt des Sprechers, eine Position zu beziehen. Der Teilakt der Lokution umfasst bei Austin den phonetischen Akt des Sprechens, den phatischen Akt, in dem gemäß grammatikalischer Regeln und eines bestimmten Vokabulars formuliert wird und den rhetischen Akt der Bedeutungsfestlegung (Austin 1963: 110)8. Die Illokution ist der eigentliche Akt der durch Sprache vollzogenen Handlung. Zu den konstativen Äußerungen zählen demnach jene, die der Beschreibung eines Sachverhalts dienen und entweder falsch oder richtig sein können, z.B. die Äußerung ‚Der Himmel ist blau’ oder ‚Diese politischen Maßnahmen stellen vor dem internationalen Gesetz eine Menschenrechtsverletzung dar’. Die performativen Äußerungen bezeichnen im Gegensatz dazu diejenigen, die weder falsch noch richtig sind und „im Grunde die Handlung vollziehen, auf die sie sich zugleich beziehen“ (Culler 1988: 125), z.B. diese: ‚Ich verspreche dir, zu Weihnachten bekommst du einen Hund’. Austin selbst setzt sich damit auseinander, dass eine Theorie des Sprechens nur durch Sprache vermittelt werden kann und demnach den Tücken ihrer Struktur ausgesetzt ist9. Die Definition einer performativen Äußerung besagt, dass der syntaktische bzw. semantische Satzteil, der sie zu einer solchen macht, beispielsweise hier: ‚Ich bitte dich, mit mir einen Kaffee zu trinken’ das ‚Ich bitte dich’ auch weggelassen werden kann: „Bitte, geh mit mir einen Kaffee trinken“. Gleichsam zeigt Culler, dass im Grunde jede nach Austin als konstativ bezeichnete Äußerung durch ein Supplement wie „Ich bestätige“ erweitert werden kann. Hier wird die Hierarchie der Äußerungen, wie Austin sie kritisiert und dennoch wiederholt, ins Schwanken gebracht: „Die performative Äußerung ist nicht eine verfehlte konstative Äußerung, ganz im Gegenteil: die konstative Äußerung ist ein Sonderfall der performativen“ (Culler 1988: 126)10.

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Searle bezeichnet diesen Akt der Bedeutungsfestlegung als propositionalen Akt (vgl. Searle 1971: 38f). Dieser besteht bei ihm aus der Referenz (einem Bezugnehmen auf die Welt) und der Prädikation (einer Aussage über die Welt). 9 Wie Derrida anmerkt, schreibt Austin selbst in seinem fünften Vortrag über die Sprechakttheorie: „Ich muss wieder erklären, dass wir hier ins Stolpern gekommen sind. Zu spüren, wie der feste Boden des Vorurteils unter einem wegrutscht, ist erheiternd, hat jedoch seine Tücken“ (Derrida 1988: 348). Krämer (2003) weist darauf hin, dass der Stil, indem Austin seine Vorlesungen abhielt, selbst Aufführungscharakter besaß. 10 Nach und nach löst Austin in seinen Ausführungen das binäre Modells der konstativen und performativen Äußerungen auf (vgl. Seier 2005: 44). 46

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Cullers Anmerkung besagt, dass alle Äußerungen als performativ verstanden werden können, da jede zunächst als konstativ identifizierte Äußerung streng genommen eine performative ist, deren illokutionärer Part sich verbirgt, vom Sprecher nicht entblößt wird. Austin jedoch engt das Feld der performativen Akte ein. Nur die ernsthaften Äußerungen, betont er, seien untersuchungswürdige Aussagen (vgl. Austin 1962: 31). Sei es der Schauspieler auf der Bühne oder der Dichter im Vers, ihre Aussagen können nicht als ernsthaft gelten (vgl. Austin 1962: 44). Und dazu zählen weitere: Die Aussagen im Spiel beispielsweise, im Rollenspiel von Kindern oder Erwachsenen, in der Parodie, der Satire, dem Witz. Diese Unterscheidung Austins zwischen ernsthaften und nicht-ernsthaften performativen Äußerungen wird zu einem späteren Zeitpunkt im Zusammenhang mit dem Thema Diskurs und Fiktionalität noch einmal interessant werden. Bei einer Untersuchung performativer Aussagen kommt man nicht umhin, nach ihrem Erfolg oder Misserfolg zu fragen, denn eine performative Aussage wäre „keine performative Aussage, wenn sie nicht misslingen könnte, wenn sie nicht unter unangemessenen Umständen verwendet werden könnte“ (Culler 1988: 128). Ob nun einer performativen Äußerung, einem illokutionären Akt die Perlokution gelingt, also das entsprechende Ziel (ein Versprechen zu halten, jemanden zu warnen, jemanden zu begrüßen) erreicht wird, ist von zentraler Bedeutung für ihre Betrachtung, denn dem Gelingen eines Versprechens muss die Möglichkeit der sozialen Handlungsweise Versprechen zugrunde liegen. Austin teilt die Fälle des Ge- bzw. Misslingen in drei Kategorien ein. Zunächst muss der Sprechende eine autorisierte Position haben, aus welcher er spricht, ansonsten ist seine Äußerung nichtig (vgl. Austin, 1962: 133). Wird ein performatives Präfix wie „Ich gratuliere dir“ missbräuchlich benutzt, stimmt also die Intention des Sprechers nicht mit seiner Äußerung überein, ist er unaufrichtig, so misslingt die performative Aussage nach Austin ebenfalls (Austin 1962: 137). Und letztlich muss die performative Äußerung mit dem Kontext übereinstimmen. Man gratuliert niemandem zu einem Verlust oder behandelt in der Regel niemanden als Feind, nachdem man ihn willkommen geheißen hat (Austin 1962: 133). Diese soziale Praxis existiert nicht als Konvention, das heißt, sie ist zwar möglich, aber nicht gebräuchlich bzw. verständlich. Einzig intelligibel ist sie dann, wenn sie ironisch gemeint oder ein Schauspiel ist, das bspw. den Feind in vermeintlicher Sicherheit wiegen soll. Doch den Fall der Ironie sowie der Lüge schließt Austin ebenso wie das Schauspiel von den ernsthaften Äußerungen aus.

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Austins Kritiker, zu denen auch Jacques Derrida zählt11 stellen die Frage, inwiefern diese Klassifizierung der unernsthaften Aussagen vertretbar ist. Austin kreiert in seiner Theorie – u.a. dadurch, dass er „’ernsthaft’ in Anführungszeichen“ (Culler 1999: 132) setzt – eine hierarchische Beziehung zwischen ernsthaften und nicht-ernsthaften Äußerungen. Als Kriterium dieser Unterscheidung führt er die Intention des Sprechenden an: wenn dieser ein Versprechen abgeben oder jemanden bedrohen oder beschenken will, ist die Ernsthaftigkeit seiner Äußerung gewährleistet. Worin steckt die Schwierigkeit dieser Unterscheidung? Zum einen setzt sie die Intention des Sprechenden und des Autors eines Textes als entscheidendes Kriterium, welche Äußerung als performativ gelten kann. Intention kann allerdings nicht als essentiell Vorsprachliches gelten, sondern ist nur wieder Effekt von Sprechen, sozialen Praxen etc., sie besitzt daher keinen ursprünglichen Charakter, ist nicht authentisch. Diese Setzung der Authentizität schließt zahlreiche Sprechakte und Texte, vor allem mediale Texte, als performative Texte aus: Fiktionen z.B. können nach Austin nicht performativ sein. Die Fernsehserie Star Trek als fiktionales Schauspiel besitzt nach Austins Ansatz nicht die Kraft des Performativen, keine sprachliche Verdichtung sozialer Praxen:

• •

Der Text selbst kann nicht performativ sein, weil er nicht spricht, keine Versprechen gibt und keine Schiffe benennt sowie die Intention des Autors ist nicht mehr unmittelbar mit dem Text verknüpfbar.

Diese Unterteilung in ernsthafte und nicht-ernsthafte Äußerungen möchte ich allerdings mit Derrida in Frage stellen, da ich davon ausgehe, dass Performativität jeder Praxis – diskursiv oder nicht-diskursiv12 – innewohnt und damit auch ihrer Verdichtung in Form eines literarischen Textes oder einer Fernsehserie. Die Fiktion hebt sich nur dort von der Realität ab, wo ihr diskursiv Unterschiede zugewiesen werden. Die Grenzen dessen, welche Ereignisse als wirklich und welche als fiktional klassifiziert werden, müssen sprachlich definiert werden. Beispielsweise benutzen Kinder im Spiel ganz besondere Sprech-Konstruktionen, die items of make-believe, um zu verdeutlichen, wo sich das Fiktive von der realen Umgebung abhebt. 11 In dem Buch „Limited Inc.“ fasst Derrida seine Kritik an Austins Ausschlüssen zusammen. 12 Der dieser Arbeit zugrundeliegende Diskursbegriff sowie die Unterscheidung von diskursiv und nicht-diskursiv wird im sich anschließenden Kapitel erörtert. 48

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Klassische Beispiele dafür sind die Äußerungen: „Das ist jetzt mal ein Schiff!“ oder „Im Spiel kommst du jetzt nach Hause!“, wobei das sprachliche Konstrukt ‚Das ist jetzt mal’ im Sinne von ‚es stellt dar’ und ‚im Spiel’ als entsprechende Markierungen dienen, auf die sich die Beteiligten vorher diskursiv geeinigt haben. Das heißt, die entsprechenden Markierungen der Fiktion beruhen auf Übereinkünften13. Auf den Terminus der performativen Äußerung bezogen heißt das: Wenn die performative Äußerung des Begrüßens nicht als allgemein intelligible soziale Praxis vollzogen werden könnte, dann wäre dies sowohl in der Fiktion als auch im Spiel nicht möglich. Des Weiteren würde natürlich auch eine ironische Wiederholung einer Begrüßung nicht funktionieren, da Ironie die unwahre Übertreibung einer reellen Aussage darstellt. Doch Culler gibt zu bedenken, dass diese Bedingung der Nachvollziehbarkeit auch andersherum funktioniert oder sagen wir, in einem gesellschaftlichen Kontext wechselseitig verknüpft ist mit ihrer Umkehrung: „wenn eine Figur in einem Schauspiel kein Versprechen geben könnte, gäbe es auch keine Versprechen im wirklichen Leben“ (Culler 1988: 132). Allerdings benötige ich zur Bestimmung dessen, was genau das Gelingen performativer Äußerungen letztlich ermöglicht, Kriterien, die darauf verzichten, die Autor-Intention zu ontologisieren. Das Kennzeichen gelingender (performativer) Äußerungen ist, dass sie den Effekt sozialer Konventionen darstellen, sie sind konventionalisiert und normiert. Um eine Begrüßung oder ein Versprechen zu formulieren, muss es die Verfahrensweise des Begrüßens sowie des Versprechens geben, müssen diese auf wiederholbaren Strukturen basieren. Wiederholbarkeit sozialer Praxen oder auch Signifikanten lässt erst zu, dass diese naturalisiert, das heißt, als selbstverständlich eingestuft werden. Der Signifikant, in diesem Fall die performative Äußerung, ist unabhängig von Intention und Kontext prinzipiell wiederholbar. Derrida sieht hierin das Paradigma der itérabilité. „Könnte eine performative Äußerung erfolgreich sein, wenn ihre Formulierung nicht eine codierte oder iterierbare Äußerung wiederholte, oder anders gesagt, wenn die Formel, die ich verwende, um eine Versammlung zu eröffnen, ein Schiff zu taufen oder eine Heirat zu vollziehen, nicht als mit einem iterierbaren Modell konform zu identifizieren wäre, wenn sie also nicht auf irgendeine Weise als ‚Zitat’ identifizierbar wäre?“ (Derrida 1988: 150)

13 Zur Vertiefung einer Theorie des Fiktionalen s. weiter unten. 49

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Dass eine Fiktion funktionieren kann, ist nur möglich, wenn es einen iterierbaren Text gibt, auf den sie sich zitierend beziehen kann: „Die Möglichkeit, die Zeichen (marques) zu wiederholen und damit zu identifizieren, ist in jedem Code impliziert, macht diesen zu einem mitteilbaren, übermittlungsfähigen, entzifferbaren Gerüst, das für einen dritten, also für jeden möglichen Benutzer überhaupt, wiederholbar ist“ (Derrida 1988: 333, Herv. i. O).

Die Rolle des Autors führt Derrida selbst als Überschuss an: „Schreiben heißt, ein Zeichen (marque) zu produzieren, das eine Art ihrerseits nun produzierende Maschine konstituiert, die durch mein zukünftiges Verschwinden prinzipiell nicht daran gehindert wird, zu funktionieren und sich lesen und nachschreiben zu lassen“ (Derrida 1988: 334, Herv. i. O.).

Mit Derrida – und im Gegensatz zu Austin, nach dessen Ansatz die Fiktion als ‚unrein’ gelten muss, denn in seinen Auge könnte sie nie gelingende Äußerungen produzieren – gehe ich davon aus, dass ein performative nur als gelungen gelten kann, wenn es ein Zitat darstellt, wenn es eine Wiederholung schon gesellschaftlich konventionalisierten Handelns darstellt. In den nun folgenden Abschnitten soll mit Derridas Argumentation in zwei erörternden Schritten ein Begriff des Performativen hergeleitet werden, der durch das Paradox der Verunmöglichung sowie der Wiederherstellung von Sinn gekennzeichnet ist.

Différance – die Verschiebung von Bedeutung „Erst heute wird mir klar, dass in den meisten Fällen die Realität der Dinge nicht vermittelt wird. Sie muss hergestellt werden. Dadurch entsteht dann Bedeutung. Aber damals wusste ich das natürlich noch nicht.“ (Murakami 1996: 76)

Ein ersten Zugang zu einem der zentralen Konzepte Derridas lässt sich entwickeln, indem man zunächst einen Blick auf die Ansätze des Sprachtheoretikers Ferdinand de Saussure wirft. Ferdinand de Saussure lehrte zu Anfang des 20. Jahrhunderts Grundlagen der Sprachwissenschaft. Den Kern seiner Annahmen bildet die 50

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Definition des kleinsten Elementes einer jeglichen Struktur: des Zeichens. Dieses besteht laut de Saussure aus zwei miteinander in Zusammenhang stehenden Momenten: dem Signifikant (das Lautbild, das Bezeichnende) und dem Signifikat (das Bezeichnete). Eine weitere seiner Prämissen war, dass das System Sprache nur aufgrund seiner inhärenten Differenzen funktionieren kann. Ein Zeichen verdankt seine Bedeutung nur seiner Differenz zu allen anderen Zeichen. „Die Art und Weise, wie wir das Wort ‚Brot’ verwenden, ist sowohl bestimmt durch die Art und Weise, wie sich der Signifikant ‚Brot’ von Signifikanten ‚Boot’ oder ‚Schrot’ unterscheidet, als auch durch die Abgrenzung des Signifikats ‚Brot’ von anderen Signifikaten wie ‚Brötchen’, ‚Kuchen’ oder ‚Croissants’“ (Münker et al. 2000: 4).

Der Sinn, die kollektiv nachvollziehbare Bedeutung eines Gegenstands, also in diesem Fall des Brots, das auf dem Tisch liegt, ergibt sich demnach erst aus seiner Differenz zu anderen Dingen wie etwa dem Tisch, auf dem es liegt, dem Stuhl, dem Fenster. Ebenso wie sich die Identität seiner Bezeichnung ‚Brot’ erst aus ihrer Differenz zur Bezeichnung ‚Tisch’ ergibt. „Innerhalb ein und derselben Sprache begrenzen sich gegenseitig alle Worte, welche verwandte Vorstellungen ausdrücken: Synonyma wie denken, meinen, glauben haben ihren besonderen Wert nur durch die Gegenüberstellung; wenn meinen nicht vorhanden wäre, würde sein ganzer Inhalt seinen Konkurrenten zufallen“ (Saussure 1967: 138, Herv. i. O.).

Derrida stimmt Saussure also insofern zu, als die Identität des Zeichens durch seine Differenz von anderen Zeichen bestimmt sei. „Das Spiel der Differenz“ beschreibt Derrida (1988: 35) „als Bedingung der Möglichkeit des Funktionierens eines jeden Zeichens“, und bestätigt er hiermit Saussures Annahme, radikalisiert sie jedoch auch. Denn es geht hier um nichts mehr und nichts weniger als ein Spiel der Differenzen – im Gegensatz zur fixen Struktur, von der mit Saussure auszugehen ist. Was Derrida hiermit kritisch anmerkt, ist Folgendes: Saussures Aussagen basieren auf der Annahme einer Sinnpräsenz, einer konkreten gegenwärtigen Seinsweise, der Essentialität und Authentizität des Zeichens. Saussure geht davon aus, dass das durch die Differenz bezeichnete Zeichen einzigartig und somit mit einer fixen Bedeutung befüllt ist.

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Doch Derrida vertritt die Ansicht, dass Sinn nicht anwesend sein kann14, „weil jedes Zeichen unablässig auf andere, vorausgegangene oder nachfolgende Zeichen verweist und dadurch den Zerfall der eigenen Identität und der Sinnpräsenz bewirkt“ (Zima 2000: 52). „Und wenn die Bedeutung des Sinns (in der allgemeinen Bedeutung des Wortes Sinn, nicht aber von Bezeichnung) unendliches Einbegriffensein ist? Die unbestimmte Rückverweisung eines Signifikanten auf einen Signifikanten?“ (Derrida 1985: 44) fragt Derrida und stellt fest, dass „die différance bewirkt, dass die Bewegung des Bedeutens nur möglich ist, wenn jedes sogenannte ‚gegenwärtige’ Element, das auf der Szene der Anwesenheit erscheint, sich auf etwas anderes als sich selbst bezieht, während es das Merkmal (marque) des vergangenen Elementes an sich behält und sich bereits durch das Merkmal seiner Beziehung zu einem zukünftigen Element aushöhlen lässt, wobei die Spur sich weniger auf die sogenannte Zukunft bezieht als auf die sogenannte Vergangenheit und die sogenannte Gegenwart durch eben diese Beziehung zu dem, was es nicht ist: absolut nicht ist, nicht einem eine Vergangenheit oder eine Zukunft als modifizierte Gegenwart, konstituiert“ (Derrida 1988: 42).

Zum einen muss also ein Zeichen, um Bedeutung zu erzeugen, sich in eine Äquivalenzkette mit anderen Zeichen begeben oder dorthin gegeben werden. Das Zeichen entzieht sich einer eindeutig bestimmbaren Identität sowohl räumlich als auch zeitlich. Es ist konstituiert durch die Verweise auf vor- sowie nachgängige Zeichen. Culler benutzt das Bild eines fliegenden Pfeils, um diesen Umstand zu veranschaulichen15. 14 Seine Argumentation entsteht im Rahmen seiner Metaphysikkritik. Diese Arbeit definiert Derrida als Metaphysikkritiker im Sinne Krauß’: „Derrida begreift seine Überlegungen als Beitrag zur Metaphysikkritik. Entscheidendes Merkmal aller metaphysischen Denker sei ihr Fortschreiben einer onto-theologischen Tradition, die die Wahrheit des Seins immer als Präsenz, als selbstidentische Gegenwart definiert. Dieses Präsenzdenken schlage sich in einem bestimmten Wahrheits- und Sprachbegriff nieder, der die Schrift gegenüber der phonetischen Sprache als sekundär zurückdrängt und vom Primat des immateriellen Signifikats gegenüber dem materiellen Signifikant ausgehe. Derrida will nun zeigen, dass das, was die Metaphysik aus dem Inneren von Wahrheit und Sprache als ‚böse’ und sekundär ausschließen will, dieser Sprache von Anfang an strukturbestimmend innewohnt, ja Sprache überhaupt erst möglich macht“ (Krauß 2001: 16f). 15 „Nehmen wir zum Beispiel den Flug eines Pfeils. Wenn Realität das ist, was an irgendeinem gegebenen Augenblick präsent ist, dann stellt der Pfeil ein Paradox dar. Zu jedem gegebenen Augenblick befindet er sich an 52

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Derridas Praxis, Begriffe, denen eine – wenn nicht fixe, so doch nachvollziehbare16 – sozial relevante Bedeutung innewohnt, als „sogenannte“ (Derrida 1988: 42) zu bezeichnen, charakterisiert implizit seinen Standpunkt in Bezuf auf eine wie auch immer gerechtfertigte Behauptung von Sinn. Derrida geht nicht davon aus, dass sich eine Bedeutung – beispielsweise des Begriffes „Vergangenheit“ – herausstreichen ließe, die diesen Begriff grundsätzlich und vollkommen für alle Zeiten ausfüllt. Das Problem des Bedeutens nennt Culler auch „das Paradox von Struktur und Ereignis“ (Culler 1999: 106), und er argumentiert, dass Bedeutung zunächst einmal das Ergebnis von Ereignissen ist. Welche Ereignisse aber bestimmen, fixieren letztlich die Struktur, wenn auch nur für einen Moment? Dies können nur Ereignisse sein, die ihrerseits von Strukturen determiniert sind. „Die Strukturen selbst sind immer Produkte“ (ebd.) und wir finden bei der Untersuchung der Sprache nur „nichtursprüngliche Ursprünge“ (Culler 1999: 107) stellt Culler heraus. Sinn stellt sich somit als ein Prozess des ständigen Verweisens in einer Äquivalenzkette von Verweisungszusammenhängen dar. „Das Spiel der Differenzen setzt in der Tat Synthesen und Verweise voraus, die es verbieten, dass zu irgendeinem Zeitpunkt, in irgendeinem Sinn, ein einfaches Element als solches präsent wäre und nur auf sich selbst verwiese“ (Derrida 1986: 66), erklärt Derrida und definiert damit u.a., was er unter Präsenz versteht: ein reines auf-sich-selbst-Verwiesensein, das kein Zeichen leisten kann. Das System der Verkettung, das sich aus der so gearteten Konstitution der Zeichen ergibt, ist ein komplexes Gewebe, dem Derrida den Namen Text (vgl. Derrida 1986: 67) gibt. „Das, was ich also Text nenne, ist praktisch alles. Es ist alles, das heißt, es gibt einen Text, sobald es eine Spur gibt, eine differentielle Verweisung von einer Spur auf die andere. Und diese Verweise bleiben nie stehen. Es gibt keine Grenzen der differentiellen Verweisung einer Spur auf die andere. Eine Spur einem bestimmten Ort; er ist immer an einem bestimmten Ort und nicht in Bewegung. Wir möchten, und das ist sehr berechtigt, darauf bestehen, dass der Pfeil von Anfang bis Ende seines Fluges sich in Bewegung befindet, und doch ist seine Bewegung zu keinem gegenwärtigen Augenblick präsent. Es erweist sich, dass die Präsenz der Bewegung nur zu erfassen ist, wenn jeder Augenblick schon von der Spur der Vergangenheit oder der Zukunft markiert ist. Bewegung kann also nur präsent sein, wenn der gegenwärtige Augenblick nicht ein Gegebenes ist, sondern ein Produkt der Beziehung von Vergangenheit und Zukunft“ (Culler 1999: 105). 16 Nachvollziehbar bedeutet hier, das Zeichen erfüllt im Rahmen eines bestimmten Diskurses eine historische und kollektiv lesbare Funktion. 53

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

ist weder eine Anwesenheit noch eine Abwesenheit. Folglich setzt dieser neue Begriff des Textes, der ohne Grenzen ist – ich habe deshalb gesagt, auch als scherzhafte Bemerkung, es gäbe kein Außerhalb des Textes – folglich setzt dieser neue Begriff des Textes voraus, dass man in keinem Moment etwas außerhalb des Bereiches der differentiellen Verweisungen fixieren kann, das ein Wirkliches, eine Anwesenheit oder eine Abwesenheit wäre, etwas, das nicht es selbst wäre, markiert durch die textuelle différance, durch den Text als différance mit einem ‚a’. Ich habe geglaubt, dass es notwendig wäre, diese Erweiterung, diese strategische Verallgemeinerung des Begriffes des Textes durchzuführen, um der Dekonstruktion ihre Möglichkeit zu geben, der Text beschränkt sich folglich nicht auf das Geschriebene, auf das, was man Schrift nennt im Gegensatz zur Rede. Die Rede ist ein Text, die Geste ist ein Text, die Realität ist ein Text in diesem neuen Sinne. Es handelt sich also nicht darum, einen Graphozentrismus gegen einen Logozentrismus oder gegen einen Phonozentrismus wiederherzustellen, und auch keinen Textzentrismus. Der Text ist kein Zentrum. Der Text ist diese Offenheit ohne Grenzen der differentiellen Verweisung“ (Derrida in Engelmann 1999: 2017).

Mit diesem offenen Verständnis von Text ergibt sich der Dekonstruktion als einer Lesart im Sinne einer Interpretationsstrategie18 eine besondere Möglichkeit: Sofern ich Wirklichkeiten, Interaktionen, Positionierungen als Text bezeichne, lassen sie sich auch als solche untersuchen, in Frage 17 Das Zitat stammt aus einem Interview, das Jan Engelmann 1987 mit Jacques Derrida führte. In einem anderen Interview sagt Derrida zur Frage nach der Bedeutung von Text und Methodik – ernst, aber nicht ohne Augenzwinkern: „Was ich Dekonstruktion nenne, kann natürlich Regeln, Verfahren oder Techniken eröffnen, aber im Grunde genommen ist sie keine Methode und auch keine wissenschaftliche Kritik, weil eine Methode eine Technik des Befragens oder der Lektüre ist, die ohne Rücksicht auf die idiomatischen Züge des Gegenstandes in anderen Zusammenhängen wiederholbar sein soll. Die Dekonstruktion hingegen befasst sich mit Texten, mit besonderen Situationen, mit der Gesamtheit der Philosophiegeschichte, innerhalb derer sich der Begriff der Methode konstituiert hat. Wenn die Dekonstruktion also die Geschichte der Metaphysik oder die des Methodenbegriffs befragt, dann kann sie nicht einfach selbst eine Methode darstellen. Die Dekonstruktion setzt die Umwandlung selbst des Begriffes des Textes und der Schrift voraus. [...] Ich nenne eine Institution ebenso wie eine politische Situation, einen Körper oder einen Tanz ‚Text’, was offenbar zu vielen Missverständnissen geführt hat, weil man mich beschuldigte, die ganze Welt in ein Buch zu stecken. Das ist offensichtlich absurd" (Rötzer 1987). 18 Eine Interpretationsstrategie, die jedoch über das hermeneutische Deuten eines immanenten Textsinns hinausgeht, da der Sinn für sie nicht textimmanent sein kann. Es geht vielmehr um eine Konstruktion historisch möglicher Lesarten. 54

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DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

auch immer sei; und wir müssen ebenfalls alles vermerken, was sie nicht ist, das heißt alles; und dass sie folglich weder Existenz noch Wesen hat“ (ebd.). Dennoch benötigt eine wissenschaftliche Darstellung eines hypothetisch existierenden Dings eine Definition, mit der sie arbeitet, selbst wenn das Ding sich einer solchen Ontologisierung widersetzt. Die différance kann also – vorübergehend – verstanden werden als eines von verschiedenen Konstitutionsprinzipien der Sprache, die einen fixen Sinn unterminieren, ihn verwerfen. Derrida erklärt, différance sei „jene Bewegung, durch die sich jeder Sprache oder noch weiter gefasst: jeder Code, jedes Verweisungssystem im Allgemeinen ‚historisch’ als Gewebe von Differenzen konstituiert (Derrida 1988: 41). „Différance bezeichnet demnach sowohl eine ‚passive’ Differenz, die als Bedingung des Bedeutens schon gegeben ist, und den Akt des Unterscheidens, der Differenzen selbst erzeugt“ (Culler 1999: 108). Für die Bedeutung eines jeden Zeichens heißt das, dass sie nie endgültig fixiert werden kann, sich laufend verändert. Die permanent differierenden Verweisungen sind nie vollbracht, nie am Ende angekommen, nie gegenwärtig in dem Sinne, dass eine wie auch immer geformte Identität aus ihrem irritierenden Gehäuse herauslösbar wäre (vgl. Krauß 2001: 17). Derrida entwirft mit der différance die Subjektposition als einen sich jedem Begreifen (im buchstäblichen Sinne) entziehenden Signifikant, der sich wie ein Molekül verändert, das unter ständig wechselnden Kontextbedingungen seine Form und der Stoff somit den Aggregatzustand wechselt. Der Signifikant ‚Subjektposition’ hat also keine ihm natürlich innewohnende Bedeutung, sondern entwickelt diese im dialektischen Austausch mit seinem Kontext. In der Annahme der différance artikuliert sich eine für die Fragestellung der Untersuchung grundsätzliche Positionierung, die auf mindestens zwei Ebenen Konsequenzen für die Untersuchung mit sich bringt. 1) Mit der Verleugnung einer essentiellen Identität der Dinge lasse ich mich auf eine strittige Haltung ein, deren Problem sich daraus ergibt, dass die Bedeutung der Zeichen sich willkürlich zu ergeben scheint. Wenn ich aber von einer grundsätzlichen Nähe von Sprechen und Handeln, Text und performativer Praxis ausgehe – die im folgenden noch zu vertiefen sein werden, wie kann Handeln ermöglicht werden, wenn Lesen, Dechiffrieren, Verstehen und das Handeln selbst unmöglich werden?

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Dieser Frage ist zu entgegnen, dass sich hinter der Problematisierung einer fixierbaren Bedeutung des Zeichens und somit der Annahme der Arbitrarität der Zeichen keine Verleugnung gegebener Machtverhältnisse verbirgt. Die Dekonstruktion markiert lediglich die (einzig fixierbare) Eigenschaft der Zeichen, keine Eigenschaften zu besitzen, sondern zugewiesen zu bekommen. Das Zeichen und die ihm zugesprochene Eigenschaft sind ebenso wie Signifikant und Signifikat trennbar. Damit sind sie zwar theoretisch beliebig kombinierbar, jedoch gibt die Struktur hegemonialer Diskurse eine überschaubare Anzahl Kombinationsmöglichkeiten vor, die zwar erweitert werden kann, dafür jedoch in der Regel langwierige kulturelle Auseinandersetzungen benötigt. Ein Beispiel dafür: Der Signifikant Stein ist gekoppelt an ein Signifikat, das bestimmten wahrnehmbaren Parametern wie Beschaffenheit, Aussehen, Gewicht etc. entsprechen muss, um den Signifikanten zu bestätigen. Dieses dann stimmige Ensemble von Signifikant und Signifikat ist in bestimmte kulturelle Praktiken eingebunden, beispielsweise erfüllt es Funktionen als Baumaterial. In seiner Funktion lässt sich auch seine primäre kulturelle Bedeutung erkennen. Eine Umdeutung desselben Steins z.B. als Waffe oder Schmuckstück benötigt machtvolle diskursive Bedingungen, die eine Lösung des Signifikats von seiner primären Einordnung in das konvetionalisierte System kultureller Praxen ermöglichen. Dies kann jedoch, so die Dekonstruktion, nicht einfach immer und überall geschehen, denn Bedeutungen werden durch dominante Diskurse zugewiesen, wie im folgenden Kapitel deutlich wird. 2) Weitere Konsequenzen der différance für die Untersuchungspers pektive ergeben sich aus der eben formulierten. Diese politische, da hegemoniale Identitätslogiken in Frage stellende Haltung bemüht einen fragenden Gestus, mit dem ich mich den Gegenständen meiner Untersuchung nähere. Sobald ich Identifikationen für unmöglich erkläre, entziehe ich jeglicher wissenschaftlichen Objektivität die Glaubwürdigkeit. Habe ich dann noch eine Chance, ergebnisorientiert zu forschen? Der Abschied von (einer Illusion) der Objektivität, die im konstruktivistischen Sinne allenthalben eine vermeintliche, da ein Konstrukt der Objektivität sein kann, ist nicht mehr als der Abschied von der Behauptung einer Authentizität und Wahrheitsbefugnis wissenschaftlicher Aussagen. Die différance begeht nicht den Fehler, absolutistisch Grenzen der Wahrheit festzulegen, sondern verweist allein auf ihre diskursive Bedingtheit. Demnach entbindet ein dekonstruktivistisches Verständnis nicht davon, Aussagen zu formulieren, die innerhalb einer wissenschaftlichen Sprachraums als intelligibel gelten. Vielmehr weist die différance 58

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

auf die Notwendigkeit des Sprechenden, des wissenschaftlich agierenden Subjekts, seine Position als auch die Bedingungen des Sprechens auf das Eingebundensein in die Strukturen der Macht, in denen es sich bewegt, sowie auf Störungen und Brüche derselben hin zu überprüfen. Wenn différance als eine Bewegung, eine ständige Störung der Imagination von Sinn zu verstehen ist, benötigt das Zeichen eine weitere Technologie, um erkennbar zu bleiben: es muss wiederholt werden. Im Folgenden soll mit der Erörterung des Konzepts der itérabilité ein zweiter Schritt zu einer Engführung des Performativitätsbegriffs unternommen werden.

Itérabilité als Wiederherstellung von Sinn „Das Geheimnis der Comics liegt in den Bildzwischenräumen.“ (McCloud 2001: 5)

Wenn ich die différance als Eigenschaft der Zeichen verstehe, die diese zugleich eindeutig und verschwommen erscheinen lässt, so muss ich davon ausgehen, dass ein weiteres Prinzip notwendig ist, die Bedeutung der Signifikanten vorübergehend zu fixieren. Die différance hält die Zeichen und ihre Systeme in ständiger Bewegung, verlangt immer wieder nach Bestätigung sowie Infragestellung, zersetzt, verwirft und verflüssigt die Signifikanten und ihre Bedeutungen. Dennoch halten die Zeichen dieser Erosion stand, nicht, weil eine ihnen inhärente Materialität dies ermöglicht, sondern vielmehr ihr unaufhörliches, hartnäckiges Wiederauftauchen im Zirkel der alltäglichen Diskurse. Im Folgenden soll der Begriff der itérabilité, der diese wiederholende Eigenschaft der Zeichen benennt, mit Derrida erklärt werden. In seiner Diskussion eines semiotischen Begriffes der Kommunikation formuliert Derrida die Kritik, dieser Begriff impliziere „eine Transmission [...]; eine Transmission, die darin besteht, dass die Identität eines bezeichneten Objekts, eines Sinns oder eines Begriffs, die von Rechts wegen vom Übergangs- und Bezeichnungsvorgang selbst abgetrennt werden können, von einem Subjekt zum anderen weitergeleitet werden soll. Die Kommunikation setzt Subjekte (deren Identität und Präsenz vor dem Bezeichnungsvorgang gegeben sein muss) und Gegenstände (bezeichnete Begriffe, einen intendierten Sinn, den der Weg der Kommunikation weder konstituieren noch von Rechts wegen verändern darf) voraus“ (Derrida 1986: 62, Herv. i. O.). 59

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Sinn stellt in dieser semitoischen Idee der Transmission ein essentiell identitäres Kennzeichen von Texten dar. Für Derrida hingegen kann das nicht funktionieren. Er fragt: „Steht es denn fest, dass Kommunikation ein einzelner, eindeutiger, rigoros beherrschbarer und übertragbarer – mitteilbarer – Begriff entspricht“ (Derrida 1988: 325)? Und auf der Basis seiner Kritik der Sinnübertragung weist Derrida darauf hin, dass es nötig wird „eine gewisse Verallgemeinerung und Verschiebung des Schriftbegriffs“ (Derrida 1988: 327) zu provozieren, um diesen nicht mehr unter einer Kategorie von Kommunikation zu fassen, die als Übermittlung eines abgeschlossenen Sinnes verstanden wird. Mit der différance ist also davon auszugehen, dass die Transmission von Sinn zum Scheitern verurteilt ist. Jedoch kommuniziert die Schrift nach Derrida nichtsdestoweniger recht ereignisreich. Dabei muss Kommunikation – vor allem, wenn sie nicht mehr mündlich, sondern schriftlich vollzogen wird – eine bestimmte Bedingung erfüllen, um zu gelingen: Die Lesbarkeit ihrer Texte muss gewährleistet sein. „Meine ‚schriftliche Kommunikation’ muss, trotz des völligen Verschwindens eines jeden bestimmten Empfängers überhaupt, lesbar bleiben, damit sie als Schrift funktioniert, das heißt, lesbar ist. Sie muss in völliger Abwesenheit des Empfängers oder der empirisch feststellbaren Gesamtheit von Empfängern wiederholbar – ‚iterierbar’ – sein.“ (Derrida 1988: 333)

Unabhängig vom Kontext des Senders, des Schreibens oder des Empfängers muss eine Schrift, eine systematische Ansammlung von Signifikaten im Zusammenhang mit diskursabhängig entstandenen Signifikanten, zitiert, dekontextualisiert, wiederholt werden können, um als Schrift gelten zu können21. Schrift ist somit eine „iterierbare Struktur“ (Derrida 1988: 334) und ihre Kerneigenschaften lauten: 1. Sie kommuniziert nicht etwas Anwesendes und ist somit nicht Kommunikation von Bewusstsein, 2. sie existiert abgelöst von einem hermeneutischen Horizont des Sinns sowie 3. im Konflikt der Absetzung des Begriffs der Viel-Bedeutsamkeit (Polysemie) vom Begriff der Verstreuung (Dissémination) und 4. sie steht vor der Problematik, dass die Übersättigung

21 Der geschriebene Text verweist über den Moment ebenso wie über den Autor hinaus: „Schreiben heißt, ein Zeichen (marque) produzieren, das eine Art ihrerseits nun produzierende Maschine konstituiert, die durch mein zukünftiges Verschwinden prinzipiell nicht daran gehindert wird, zu funktionieren und sich lesen und nachschreiben zu lassen. Ich sage ‚mein zukünftiges Verschwinden’, um diese Behauptung unmittelbar einsichtig zu machen“ (Derrida 1988, S.334). 60

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des Begriffs Kontext die Beschreibung desselben verunmöglicht (vgl. Derrida 1988: 334). Derrida vertritt hiermit die Ansicht, dass Aussagen, die in Bezug auf die Struktur der Schrift gemacht werden können, auf alle Zeichensysteme ausgedehnt gelten. Jedes Zeichensystem, von der Sprache bis zu den nichtsprachlichen Praktiken der Diskurse regelt sich über folgende „wesentliche Prädikate“22 des Schriftbegriffs: Ein schriftliches Zeichen besteht über seine Anwesenheit, über seine eigene Gegenwart hinaus. Es ist unabhängig von der Anwesenheit eines lesenden Subjekts. Dazu gehört seine grundsätzliche Iterierbarkeit. Das Zeichen besteht folglich jenseits von Zeit und Subjekt und es ist wieder-schreibbar. Ein weiteres Merkmal von schriftlichen Zeichen ist ihre relative Unabhängigkeit von jeglichem Kontext. Sie sind unabhängig von dem Moment ihrer Produktion (dem unendlichen und unbeschreibbaren Moment ihrer Schaffung durch einen Schreibenden) sowie von dem des Augenblicks, in dem sie gelesen werden. „Es gehört zum Zeichen, schlechterdings lesbar zu sein, selbst wenn der Augenblick seiner Produktion unwiederbringlich verloren ist und selbst, wenn ich nicht weiß, was ein angeblicher Autor-Schreiber in dem Augenblick, in dem er es schrieb, das heißt, es seiner Führerlosigkeit überließ, bewusst und mit Absicht hat sagen wollen“ (Derrida 1988: 335).

Zeichen können aus ihrem Text herausgelöst werden, ohne dass dabei jedes Funktionieren verloren geht – obwohl stets die Möglichkeit besteht, dass sich ihre im Moment des Schreibens vorübergehend fixierte Bedeutung ändert. Diese Tatsache lässt sich auf die Eigenschaft der Wiederholbarkeit des Zeichens zurückführen. Ein drittes wichtiges Merkmal des Zeichens ist die Verräumlichung: das Zeichen erscheint (zeitunabhängig). Es nimmt Platz ein. Die itérabilité ist, wie deutlich wird, nicht allein eine Eigenschaft des Zeichens bzw. von Zeichensystemen. Ebenso wie die Differenz, die in der différance wirksam wird, räumt sie die Möglichkeit einer vorrübergehenden Identität ein, deren einzig Fixes darin besteht, für einen Moment innerhalb eines bestimmten Kontextes vermeintlich erkennbar zu sein. Dadurch, dass das Zeichen potenziell wiederholt werden kann und muss, erschließt sich ihm eine relative Unabhängigkeit vom Kontext (der Intention sowie der Be-Deutung), das heißt, das Zeichen besitzt eine

22 Derrida führt dies in „Signatur, Ereignis, Kontext“ (vgl. Derrida 1988: 335) genauer aus. 61

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Form, kann erkennbar, muss aber – und hierin begrenzt sich die Unabhängigkeit – nicht nur im hegemonialen Sinne lesbar sein. Interessant an diesem notwendigen Vorgang der Iteration ist seine Brüchigkeit. Denn der Wiederholung ist eigen, dass sie nie exakt sein kann. Das heißt, die Kopie eines Zeichens ist ihrem Original vergleichbar, aber sie ist nicht das Original (welches unter dieser Voraussetzung und der Annahme der Dekonstruktion, dass es keinen reinen Ursprung geben kann, selbst eine Kopie darstellt). Das Zitat eines Zeichens ist schon immer das Zitat eines Zitats. Kopie und vermeintliches Original stehen daher nicht in einer hierarchischen Beziehung zu einander, die das Original auf- und die Kopie abwerten würde (wie es das neuzeitliche Denken vorgibt). Der diskursive Kontext definiert Bedeutung und damit Aussage des Zeichens immer neu. Ein Code, den allein zwei Subjekte lesen und schreiben können, ist dennoch ein Code, selbst wenn eines der Subjekte oder beide verschwinden sollten (vgl. Derrida 1988: 333). Der Code bleibt bestehen, auch wenn er nicht mehr intelligibel sein sollte. „Daran wird deutlich, dass nicht die Subjekte, sondern der Code selbst als Organon der Wiederholbarkeit das Funktionieren der Kommunikation sichert“ (Zirfas 2001: 80). Der Code, das Chiffre, der Text ist nie in sich geschlossen, er muss offen bleiben, um kommunizierbar zu sein. Das heißt, seine eigene Unabgeschlossenheit bedingt sowohl sein Erscheinen als auch sein Verschwinden. Dass der Text wiederholbar ist, heißt, er wird wiederholt und er muss wiederholt werden, um zu funktionieren. Und während der Code arbeitet, während er in neue Kontexte eingesetzt wird, zersetzt sich seine ursprüngliche Bedeutung. Seine Subversion (vgl. ebd.) ist gleichbedeutend mit den Bedingungen seines Erscheinens. Das Zitat ist immer die Erschaffung einer neuen, situativ aktiven Seinseinheit, die sich selbst augenblicklich wieder zersetzt, nachdem sie ihre Pflicht als Zeichen im Kontext erfüllt hat. Itérabilité kann als Bedingung für Zeichensysteme und damit als Voraussetzung für soziale Praxen der Kommunikation verstanden werden. Der Signifikant wird somit erst dann zu einer Mitteilung, zum Zitat eines Ereignisses, wenn er wiederholt wird. Nachdem Derrida den semiologischen Begriff der Kommunikation als Übertragung von Sinn nachhaltig kritisiert, kommt ihm Austins Ansatz der Kommunikation schon näher. Dieser definiert Kommunikation über sein Konzept der Perlocution als das Anstoßen einer Bewegung, „eine Operation und das Hervorrufen einer Wirkung“ (Derrida 1988: 340). Sprechen besitzt demnach einen quasi-physikalischen Wirkungscharakter, denn zu kommunizieren heißt, Zeichen anzustoßen, Kräfte weiterzuleiten, Dinge unverhersehbar zu verändern. „Die Kommunikation ist gerade nicht auf die 62

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Regeln der Konventionen reduzierbar, ein Sprechakt, eine Bedeutung lässt sich nicht vollständig ableiten aus dem vorhandenen Code“ (Krauß 2001: 21). Und da Derrida die itérabilité als notwendige Bedingung der Kommunikation und Kommunizieren selbst als wiederholendes Sprechen konzipiert, wird nun das Zitat, das zitierende Sprechen (im Spiel, auf der Bühne, in der Fiktion, im Selbstgespräch), das Austin als unernst ausschließt, zum allgemeine Kennzeichen eines jeden Codes und damit zur Bedingung einer performativen Äußerung, die jenseits von Gelingen oder Nicht-Gelingen immer intelligibel bleibt. Ich habe vorangehend in der Erörterung der Begriffe différance und itérabilité mit Derrida die grundsätzlichen Facetten des Performativitätsbegriffes eingeführt. In einem ersten Schritt wurde mit dem Begriff der différance erläuternd gezeigt, dass eine Annahme von Sinn fiktiv ist, da dieser nie tatsächlich präsent sein kann. In einem zweiten Schritt und in gewisser Weise daran anknüpfend setzt sich die Darstellung der itérabilité mit einem zentralen Charakteristikum jeglichen Sprechens auseinander, das in der Eigenart der Zeichen besteht, wiederholbar sein zu müssen. Das zeitliche Moment der Wiederholbarkeit, sich auf etwas immer schon Zurückliegendes zu beziehen, einen Referenzrahmen zu zitieren, irritiert, denn itérabilité und différance erscheinen reziprok aufeinander bezogen, die eine ist die notwendige Bedingung der anderen, ohne dass sich ein Ursprung entdecken lässt. In dieser Reziprozität entfaltet sich das Produktive der Performativität, sie ereignet sich dort, wo itérabilité und différance, wo Wiederholung und Verschiebung ineinander greifen und sowohl Neues hervorbringen als auch Konventionen aktualisieren. Die Differenz selbst, das Konzept, das in diesem Text eine bedeutende Rolle spielen soll, blieb bisher eher implizit, wenig konturiert. Und doch ist es schon in Momenten der différance und itérabilité enthalten. Mit Plößer ist Differenz als ein der Performativität inhärentes Moment zu verstehen (vgl. Plößer 2005: 99), da die différance Bedeutungsverschiebungen hervorruft, durch welche die Kopie nie exakt das Original wiederholt. Etwas zu zitieren, indem eine Referenz zu einem vorher bestehenden Signifikanten hergestellt, eine Verwandtschaft zu ihm festgestellt wird, heißt damit immer auch, einen neuen Signifikanten hervorrufen. Performativität ist also als eine hervorbringende Bewegung zu verstehen. Plößer erläutert, dass das Prinzip der Performativität als Schnittstelle zwischen Subjekt und Diskurs funktioniert (ebd.), und damit ein Ereignis markiert, indem sich das politische Moment der Prozesse formiert, die schließlich die Subjekte hervorbringen. Sowohl die Wiederholung der Norm als auch ihre Störung sind in diesem Moment enthalten. Normen lassen verschiedene 63

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Arten von Subjektpositionen entstehen, diejenigen, die innerhalb der Norm funktionieren sowie diejenigen außerhalb der Norm. Das Aufdecken dieser den Strukturen inhärenten Ungleichheit ist politisches ein Moment der Dekonstruktion.

Zw e i B ew e g u n g e n d e r D e k o n s t r u k t i o n : K r i t i k 23 u n d V e r s c h i e b u n g Den Blick für das Performative der Sprache zu schärfen ist deshalb bedeutsam, weil dieser Blick Verhältnisse ins Auge fasst, genauer: Er kann nicht sehen, ohne Verhältnisse zu registrieren. Gekennzeichnet sind diese Verhältnisse dadurch, dass sich in ihnen Differenz artikuliert: Zeichen sind insofern erkennbar, als sie sich voneinander absetzen. Differenz erfordert damit jedoch immer auch den Akt des Unterscheidens. Als Philosoph sucht Derrida nach einer Möglichkeit, „die einer formalisierenden, totalisierenden Praxis – sei es der Lektüre, des Sprechens und Schreibens oder einer solchen Praxis auf anderen Gebieten, z.B. in der Architektur – entgegengesetzt oder danebengesetzt“ (Engelmann 1999: 18) werden könnte. Er formulierte darin die Kritik einer Praxis, die sich der Herstellung von Binaritäten hingibt, ohne diese und ihre Produktionsmechanismen zu hinterfragen. Und dies ist nicht selten eine Praxis, die Positionen erschafft, welche aus zwei Gründen machtvoll sind: Sie verschleiern das historische Moment ihrer Herrschaft, den Prozess, durch den sie Macht erlangt haben, und sie markieren andere als machtlos und schließen diese somit von bestimmten Rechten aus. Diese Herrschaft gilt es, dekonstruktiv zu determinieren: „Bei einem klassischen philosophischen Gegensatz hat man es nicht mit der friedlichen Koexistenz eines Vis-à-vis, sondern mit einer gewaltsamen Hierarchie zu tun... Einer der beiden Ausdrücke beherrscht (axiologisch, logisch usw.) den anderen, steht über ihm. Eine Dekonstruktion des Gegensatzes besteht zunächst darin, im gegebenen Augenblick die Hierarchie umzustürzen“ (Derrida 1986: 88).

23 Plößer macht darauf aufmerksam, dass Derrida selbst dem Begriff der Kritik im Sinne der Aufklärung gegenüber skeptisch bleibt (vgl. Plößer 2005: 52), da sich in ihr immer auch wieder Positionen ergeben, die normativ erscheinen müssen, um Kritik üben zu können. Nach Plößer kann dieser Schwierigkeit nur begegnet werden, indem die kritische Position sich selbst immer wieder auf ihre „impliziten Voraussetzungen und Ausschlüsse“ (ebd.) überprüft. 64

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Das Interesse der Dekonstruktion kann also darin gesehen werden, die Wirksamkeit des Performativen strategisch zu nutzen und damit Reduktionen und Ausschließungen in Texten (soziale Texte, Medientexte oder Interaktionen, diskursive und nicht-diskursive Praktiken umfassend) aufzuspüren und zu verschieben. Insofern ich also davon ausgehe, dass die Dekonstruktion sowie eine dekonstruktivistische pädagogische Position gleichsam zielführend, also in irgendeiner Form gerichtet sind, unterstelle ich der Dekonstruktion eine gewisse Anwendbarkeit, als besäße sie den Charakter einer methodischen Praxis. Diese unterstellte Praxis der Dekonstruktion lässt sich in einem direkten instrumentellen Kontext der différance konzipieren. Die Bewegung der différance findet nach Derrida im Verborgenen statt. Mit der Dekonstruktion lässt sie sich jedoch entlarven und gleichsam aktivieren: Wo Differenzen machtvoll inszeniert sind, sind mehr Differenzen verdeckt, lassen sich Bedeutungen gezielter vervielfältigen (vgl. Krauß 2001: 17). „Auf der einen Seite geht es um das Aufspüren binärer Logiken, die spezifische Bedeutungen erzeugen und privilegieren und andere Möglichkeiten von Bedeutungen wiederum verwerfen, verschweigen oder herabsetzen. Diese entweder/oder-Struktur wird hinterfragt und es wird gezeigt, in welchem Zusammenhang sowie in welchem Interesse privilegierte und herabgesetzte Bedeutungen erzeugt werden. In einem nahezu zeitgleich erfolgenden zweiten Schritt wird durch das Erkennen der Abhängigkeitsbeziehung zwischen dem Privilegierten und Herabgesetzten die entweder/oder-Struktur dezentriert, und es wird sichtbar, wie das Eine in und durch das Andere geschaffen wird. Durch diese Verschiebung wird deutlich, wie binäre Oppositionen von vielfach sich durchkreuzenden Differenzen getragen werden und wie sie sich gegenseitig verschlüsseln“ (Wartenpfuhl 2000: 123).

Das Aufspüren und in-den-Mittelpunkt-Stellen stellt also nur den ersten Schritt der Dekonstruktion dar. Man könnte sagen, die Dekonstruktion lässt sich durch zwei Bewegungen (vgl. Krauß 2001: 17) charakterisieren. Die zweite Bewegung ergibt sich nach Wartenpfuhl aus dem Motiv, nicht wieder in den metaphysischen Gestus der (vermeintlichen) Fixierung von Bedeutung verfallen zu wollen. „Die Intervention der Dekonstruktion“ (ebd.) vervollständigt sich im Schritt der Neueinschreibung der Signifikanten durch Wiederholung und Verschiebung. Krauß (2001: 18) akzentuiert insbesondere drei Aspekte, die das der Dekonstruktion immanente ethische Selbstverständnis besonders kennzeichnen.

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1. Aufgabe der Dekonstruktion ist es, das Scheitern machtvoller Konstruktionen von wie primär-sekundär, innen-außen, natürlichkünstlich aufzuzeigen. Die Dekonstruktion versteht unter der Struktur des metaphysischen Aktes der Präsenzbehauptung einen Verstoß gegen eine ethisch fundierte Gleichstellung der Signifikanten. 2. Die Dekonstruktion versteht Sprache von sich aus als gewaltsam, weshalb sie der Metaphysik, die Gewalt moralisch als etwas Böses, von außen Einwirkendes versteht, vorwirft, ihre eigene Gewaltsamkeit zu verdecken. Jede Differierung, so die Dekonstruktion, verhindert andere Bedeutungen und bleibt so notwendig immer konflikthaft. Man kann also auch als Dekonstrukteur keine normative Position beziehen, ohne metaphysisch zu werden. 3. Das Potenzial der Dekonstruktion liegt also nicht einem Wieder-GutMachungs-Gestus, sondern darin, die Gewaltsamkeit totalisierender Setzungen offen zu legen. Damit eröffnet sie dem Sprecher die Möglichkeit der Selbstreflexivität. Er kann sich darüber bewusst werden, welche Setzungen er aus welchem Grund benutzt und somit wird die Einschreibung einer Verschiebung geöffnet. „Und es ist allein diese Selbstreflexivität, die den Kern der ethischen Wende der Dekonstruktion ausmacht. Man könnte die Dekonstruktion als Selbstreflexion der Différance bezeichnen, als Bewusstsein des unumgänglichen Gewaltcharakters jeder Bedeutung bezeichnen. Im Hinblick auf eine Ethik der Dekonstruktion würde sie dementsprechend das Bewusstsein der Ambivalenz jeder ethischen Position bezeichnen“ (Krauß 2001: 19).

Die différance ist hier somit das entscheidende Moment, das die Authentizität jeglicher Position in Frage stellt und sie damit (durch Reflexion) ethisch erst ermöglicht. Eine Möglichkeit, Dekonstruktion in diesem Sinne politisch nutzbar zu machen, soll im Folgenden exkursiv vorgestellt werden, um das politische Potenzial dieser Philosophie und damit ihre Bedeutsamkeit für die pädagogische Reflexion von Handlungsmöglichkeiten deutlich zu machen.

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Das Performative als Kritik essentieller Logiken ... Interessant wird die doppelte Bewegung der Dekonstruktion vor allem da, wo sie sich vom semiologischen Spinnen einer kritisch-kritischenDenkform ablöst und selbst strategisch und performativ in kulturelle Praxen der Distinktionsherstellung transformieren lässt. Im Rahmen politisch motivierter akademischer Auseinandersetzungen wie bspw. der Genderforschung wurde das praktische Potenzial dieser Kritik und die Qualität der Dekonstruktion als ein „erkenntnispolitisches Strategienbündel“24 (Mecheril et al. 2006: 11) erarbeitet. Hierin formiert sich ein Interesse, mit den Werkzeugen der Dekonstruktion, Wissen über soziale Strukturen zu sammeln und in eine Form politischer Parteinahme zu transformieren. Diese Strukturen werden aus dekonstruktivistischer Perspektive als durch Machtverhältnisse geprägt verstanden, deren Effekte es aufzudecken und neu einzuschreiben gilt. Durch eine dekonstruktivistische Sicht- und Denkweise entzündete sich innerhalb der feministischen Theorie eine intensive Debatte, die grundlegende Annahmen ins Wanken brachte. Eine feministische Lesart, die sich als differenztheoretisch bezeichnen lässt (vgl. Stoller 2001), da eine ihr zentrale Annahme von der grundsätzlichen Unterschiedlichkeit von männlich und weiblich ausgeht, konzipiert Geschlecht grundsätzlich als einen lebensweltlich relevanten Faktor. Das heißt, es wird davon ausgegangen, dass Geschlecht in verschiedenen Situationen als individuell und strukturell relevant erfahren wird. Vor allem die Kategorie des weiblichen Geschlechts stellt nach dieser Auffassung das Fundament einer allgegenwärtigen Benachteiligungspolitik dar (vgl. Rose 2000: 240). Diese Vorannahmen gehen zentral von einer Binarität der Geschlechter aus und werden daher aus poststrukturalistischer feministischer Warte – etwa von der Philosophin Judith Butler – problematisiert, da sie durch zahlreiche Ausschlüsse charakterisiert sind: „Die feministische Theorie ist zum größten Teil davon ausgegangen, dass eine vorgegebene Identität existiert, die durch die Kategorie ‚Frau(en)’ bezeichnet wird“ (Butler 1992: 15). Nach Butlers Ansicht stellt die kate24 Mecheril et al. benutzen den Begriff des erkenntnispolitischen Strategienbündels, um die Vielfältigkeit der Ansätze der Cultural Studies zu beschreiben, auf die ich an anderem Ort eingehen werde. Der Begriff lässt sich an dieser Stelle zur Beschreibung der pragmatischen Anknüpfungspunkte der Dekonstruktion verwenden. Unter anderem auch deswegen, weil die Erkenntnispolitik von Dekonstruktion und Cultural Studies Ähnlichkeiten entdecken lassen wie etwa eine kritische Beschäftigung mit Verhältnissen sozialer Ungleichheit. 67

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gorische Verbegrifflichung, die sprachliche Fassung ‚Frau’ ein Problem dar, da sie eine weibliche Identität voraussetzt. Es kann jedoch aus einer dekonstruktivistischen Perspektive nicht von der Essentialität weiblicher Identität ausgegangen werden, da diese als kontingent, brüchig, ambivalent und prozessual konzipiert wird (vgl. Raab 1998: 34, Hauskeller 2000: 19). Identität selbst stellt sich erst in der Inszenierung von Authentizität performativ her. Aus der Infragestellung der Naturalisierung des weiblichen Geschlechts jedoch erwächst ein der feministischen Politik inhärentes Problem, das das feministische Projekt des Widerstands gegen männlich konnotierte Machtverhältnisse selbst in Frage stellt: „Die Frage nach dem Subjekt des Feminismus [...) verlangt nach politischer Gewissheit und nach Garantien, die jedoch nicht ohne weiteres zu haben sind, höchstens für den Preis, in identitätslogischen und identitätspolitischen Prinzipien verfangen zu bleiben – und damit in jenen gesellschaftliche regulierenden und disziplinierenden Vollzügen, die durch Identifizieren Subjekte dingfest machen [...]. Oder anders gesagt: Subjekte müssen in ihrer Identität kulturell erkennbar sein. Und jede Subjekte, die nicht den Normen (als Normalisierung im Sinne von Foucault) der kulturellen Erkennbarkein entsprechen, erscheinen als Fehlentwicklungen oder logische Unmöglichkeiten“ (Wartenpfuhl 2000: 127).

Die poststrukturalistische Infragestellung des Subjektstatus motiviert also zunächst eine Diskussion, in der es vornehmlich darum geht, das Fehlen eines Subjekts, einer „Kollektividentität Frau“ (Raab 1998: 64), auf die sich feministische Theorie und Praxis beziehen können, zu thematisieren. In dieser selbstreflexiven Auseinandersetzung wird deutlich, dass die Notwendigkeit besteht, Kategorien zu bilden, die sich als repräsentativ und praktikabel erweisen, dass diesen Kategorien jedoch die Verfestigung hegemonialer Machtverhältnisse immanent ist. „Somit ist der Versuch, ein feministisches Subjekt, das heißt die Kategorie ‚Frau’ zu definieren, selbst ein Effekt moderner Machtverhältnisse. Mit anderen Worten: Feministische Politik, die auf der Grundlage einer feministischen Subjektkategorie arbeitet, ist genau in diese Machtverhältnisse involviert, gegen die sie opponieren will. Aus diesem Grund plädieren feministische Poststrukturalistinnen dafür, anstelle von Identitätslogiken, die mit Subjektkategorien arbeiten, die Prozesse und Legitimationsstrukturen der Subjektkonstituierung zum Ausgangspunkt feministischer Politik zu machen“ (Wartenpfuhl 2000: 127).

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Die These, die Kategorie ‚Frau’ repräsentiere eine homogene, universale und essentielle Subjektivität, steht demnach in der Kritik, Differenzen, die es innerhalb dieser Kategorie gebe, zu negieren. Als Ablehnung einer identitätslogischen Argumentation führt eine dekonstruktivistische Haltung im poststrukturalistischen Feminismus zur Problematisierung von Kategorien wie Sexualität, Körper und Geschlecht selbst. Natur und alles normativ als natürlich Konzipierte (beispielsweise Körper und besonders geschlechtlich kodierte Körper) entstehen erst durch eine naturalisierende Beschreibung, die Natürlichkeit wird durch Bezeichnung als Konstrukt erst erschaffen. Die differenz-feministische Unterteilung von Geschlecht in Sex und Gender, also (männlichen und weiblichen) Geschlechtskörper sowie (männliche und weibliche) Geschlechtsidentität, besitzt in ihrer Anrufung des dezidiert weiblichen bzw. männlichen Körpers eine affimierende Wirkung für das heteronormierte Konstrukt Geschlecht. Die politische Konsequenz aus dekonstruktivistischer Warte lautet demnach: „Die Alternative besteht für den poststrukturalistischen Feminismus in der Auflösung der ‚sexgender’-Trennung hin zur Untersuchung der Funktionsmechanismen der diskursiven Produktion von Geschlecht“ (Raab 1998: 66). Hierin findet sich Derridas Forderung nach Aufdeckung und Verschiebung wieder. Geschlecht als binär zu naturalisieren und davon auszugehen, die damit geschaffenen Schablonen stünden repräsentativ für jeden offen, ist trügerisch. Wie Plößer erklärt, sind Repräsentationen „nie objektiv oder einfach nur abbildend, sondern stets performativ und damit an der Generierung von sozialen Verhältnissen produktiv beteiligt“ (Plößer 2004: 110). Die Ausschlüsse, die im Diktum der Geschlechterdifferenz nachhaltig eingeschrieben sind, ereignen sich im Weiblichen als Gegensatz des Männlichen sowie im Homosexuellen als Gegensatz des Heterosexuellen. Sich diesen Setzungen zu entziehen, ermöglichen nach Plößer verschiedene Möglichkeiten widerständiger Politiken. Eine davon stellt die Queer-Politik (vgl. Plößer 2004: 123) dar, auf welche ich an dieser Stelle exkursiv verweisen möchte, um den alltagspraktischen Gehalt der „doppelten politischen Geste“ (Wartenpfuhl 2000: 154) zu unterstreichen. Gleichsam wird deutlich, inwiefern die theoretische Konzeption der Dekonstruktion und widerständige Praxen der Infragestellung einer dominanten Geschlechter-Matrix einer unauflöslichen Spannung ausgesetzt sind.

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... und als queere Praxis Das englische Wort queer heißt übersetzt sonderbar, eigenartig oder auch schwul (vgl. Hark 1993: 103). „In den USA fungierte dieser Begriff als Schimpfwort gegen jene, die den gesellschaftlichen Normen geschlechtlicher und sexueller Identitäten nicht entsprachen und er ließe sich – im Sinne der negativen Verwendung gegen Homosexuelle – am ehesten mit pervers vergleichen“ (Perko 2003: 28). Beschimpfungen fügen nach Butler Verletzung zu, sie entwürdigen das Subjekt, indem sie ihm einen entmachteten Ort zuweisen: „Was der Sprechakt also tut, ist, das Subjekt in einer untergeordneten Position zu konstituieren“ (Butler 1998: 33). Im Falle des Wortes queer geschieht dies in der performativen Verknüpfung sexueller Inhalte (Homosexualität) mit der Stigmatisierung als sozial Abweichende. Die Verknüpfung verschiedener Topoi führt dazu, dass neue machtvolle Bedeutungsfelder, Felder des Unterscheidens und des Entmachtens entstehen, die dominante von subordinaten Diskursen trennen. Im Diskurs der Sexualität wird bislang beispielsweise die Homosexualität der Heterosexualität untergeordnet. Die Machtlosigkeit von marginalisierten Positionen äußert sich darin, dass dem Marginalisierten, dem an den Rand gedrängten, keine Möglichkeit eingeräumt wird, im Sexualitätsdiskurs (neue) Normen zu definieren. Doch die Geschichte des Begriffes queer zeigt, dass Bedeutungen arbiträr, verhandelt, wandelbar und kontextabhängig sind und ihre Sinnhaftigkeit sich neu einschreiben lässt. Denn der Begriff wurde von Subjekten, die durch ihn stigmatisiert und damit ihres Subjektstatus entledigt werden sollten, zur Selbstbeschreibung gewählt. In diesem Moment der Aneignung verdeutlicht sich auch das der Widerständigkeit und Ermächtigung. Damit kehrt sich sein performatives Potenzial quasi gegen die dominante Macht der Disziplinierung, indem das stigmatisierte Individuum der Disziplin zuvor kommt. Die Queer Theory bezieht ihre theoretischen Grundlagen aus der Dekonstruktion, der von Butler weiterentwickelten feministischen Theorie und Foucaults Diskurs- und Machttheorie. Sie problematisiert die sexuellen und geschlechtlichen Kategorien, die mit konsistenten Identitätslogiken arbeiten. Dazu zählt sie sowohl ein hetero- als auch homonormatives Verständnis, also Verständnisse, die von einer binären Geschlechtertrennung ausgehen und diese These zur impliziten (und damit normativen) Voraussetzung machen. Ein Ziel einer kritischen, queeren Infragestellung dieser Normen ist es, auf die Verknüpftheit identitärer, binärer und geschlechtlicher Strukturen mit dominanten Positionen auf-

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merksam zu machen. Als ein Ziel sowohl queerer Theoretisierungen als auch queerer Praxen kann es gesehen werden, „Identitäten und Kategorien als permanent offen, dynamisch und veränderbar zu betrachten. [...] [Es, B.H.] besitzt kein Identitätsmerkmal das Potenzial, alle anderen Merkmale zu beherrschen oder zu ordnen. Der Queer-Kritik an einer Dominanz von bestimmten Identitätsmerkmalen in der Fremd- und Selbstbestimmung geht es aber nicht einfach darum, das Subjekt als eine Pluralität von Identifizierungen zu würdigen, sondern – wie schon bei Butler zu beobachten war – die Formen und Weisen der Subjektivierungen, Identifikationsprozesse und Selbstbeziehungen der Subjekte bzw. der Subjektpositionen innerhalb der Dispositive zu analysieren“ (Moebius 2003: 284).

Queer stellt damit eine Praxis der dekonstruktiven Theorie dar, binäre Unterscheidungspraxen in Frage zu stellen. Homo- und Heterosexualität werden als historische Kategorien begriffen, die den Rahmen bilden für gesellschaftlich dominant gewordene symbolische Konzepte von Körper, Sexualität und Geschlecht. Die Queer Theory favorisiert ein Identitätskonzept im Sinne Derridas, wenn sie davon ausgeht, dass Identität kein in sich geschlossenes Seins-Moment darstellt, sondern vielmehr abhängig ist von einem hinzugefügten Außen. Im Fall der hegemonialen Sexualitäten-Setzung heißt das: Heterosexualität wird als das Normale, Homosexualität als das Andere konstruiert. Sowohl das eine als auch das andere Begehren und die damit verknüpften Argumentationen jedoch greifen auf Identitätslogiken zurück, die andere situierte Positionen (Bi- respektive Multisexualität, Transsexualität, Transvestismus, Drag etc.) verwerfen, indem sie diese als Außen begreifen (vgl. Castro Varela 1999, Butler 1997). Queer versucht damit in seiner Verwendung zu einem Begriff werden, der mehr leistet als reine Identitätsarbeit. Queere Praxen dienen dazu, dem verdeckten Moment der naturalisierenden Inszenierung von Geschlechteridentitäten und Geschlechtskörpern entgegen zu wirken. Die Strategien changieren zwischen der Wahl einer bestimmten Lebensform, die sich einer geschlechtlichen Identifikation möglichst verweigert auf der einen Seite und auf der anderen Seite Ironisierung, Übersteigerung und Parodie. Diese inszenieren selbst die Inszenierung, um dem Verdeckten des Geschlechts eine sichtbare Bühne zu geben, damit ihm die unsichtbare Bühne geschlechtlicher Festschreibung entzogen wird. Z.B. werden Darstellungen des Geschlechtskörpers durch die Strategie des Crossdressings irritiert, um die engen Grenzen der normativen Zweigeschlechtlichkeit zu verflüssigen.

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Dennoch ist die Gefahr, sich erneut in alten Logiken zu verstricken, stets vorhanden, wie Moebius (2003: 288) anmerkt. Seiner Ansicht nach benötigt die queere Praxis eine Rückbindung an drei wesentliche Momente der Selbstreflexion und Selbst-Infragestellung: Inwiefern werden Sexualität und Geschlecht in der queeren Praxis als Bricolage, als Bastelei definiert? Ist das Verständnis von Identität und der Geschlossenheit von Differenzen ein rein additives? Inwiefern greifen die Praxen auf alte Geschlechterstereotypen zurück25? In diesen rekursiven Fragestellungen wird die zuvor erwähnte Spannung deutlich, unter der sich die Schere von Theorie und Praxis öffnet. Plößer versteht dieses Verhältnis gerade im Sinne der Performativität und besonders aus pädagogischer Perspektive als eine „produktive Interaktion“ (Plößer 2005: 242). Denn wenn es der Pädagogik um die Beschreibung sozialer Wirklichkeit (vgl. Plößer 2005: 164) sowie Hinterfragung „hierarchischer Subjektpositionen“ (Fritzsche et al. 2001: 10) geht, benötigt sie Techniken der Reflexion zur Rückbindung ihrer Wirklichkeitskonstruktionen an konkrete Konstruktionsbedingungen. Auch hier also schließen die Aufdeckung von Konstruktionsmechanismen an den Versuch an, Hierarchien umzuschreiben und marginalisierten Subjekten Handlungsformen an die Hand zu geben, die den Genuss einer legitimen Identität zeitweise möglich machen. 25 Ein Ausschnitt aus Thomas Meineckes Roman „Tomboy“ verdeutlicht den Aspekt der Vergenderung von Kleidung: „In Majorie Garbers Buch Vested Insterests hatte Vivian vor einigen Wochen von den Hasty Puddings genannten Shows gehört, bei denen alle Rollen von Männern gespielt wurden. 1917, wenige Wochen vor dem Kriegseintritt der USA, waren die Bostoner Zeitungen voller ausführlicher Berichterstattungen über die Streitigkeiten zwischen dem örtlichen Zensor und der Universität gewesen, nachdem sich die genetisch männlichen Darsteller der Tanzmädchen angeblich geweigert hatten, auf der Bühne Seidenstrümpfe zu tragen. Die Bostoner Legislative aber, doppelzüngig genug, fand Vivian, hatte es strikt verboten, dass Revue Girls mit nackten Beinen aufträten, weshalb sich nun der gestrenge Zensor genötigt sah, die aufreizende Bestrumpfung auch der Damenimitatoren obrigkeitlich durchzusetzen. Vivian saß längst wieder an ihrem Computer. Ein Junge im Tanzkleid war, 1917 in Boston, kurz bevor er in den Kriegsdienst eingezogen wurde, so sehr ein Mädchen, dass auch sein bloßes Bein als das eines solchen gedeutet wurde, weshalb es, hauchdünn bestrumpft, welcher geschlechtlichen Bestimmung zugeführt würde? Einer doppelt feminisierten? Und war damit der bezeichnenden Funktion von Kleidung eine quasi tautologische Qualität zugewachsen oder vielmehr deren Dialektik unter Beweis gestellt wurde? Der jungen Studierenden brummte der Kopf: Das Weibliche schien ihr nicht mehr zu sein als eine Hülle, ein Kostüm, ein paar durchsichtiger Strümpfe. Doch welchen kategorisierten Stellenwert würde in diesem Szenarium ein unbestrumpftes genetisch weibliches Tanzmädchen besetzen“ (Meinecke 2000: 8f)? 72

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D e k o n s t r u k t i o n N ow ! D e c h i f f r i e r u n g v o n S ym b o l i k e n Im Sinne eines textuellen Verständnisses dessen, wie soziale Wirklichkeit geordnet ist, lässt sich eine dekonstruktivistische Strategie der Kritik an Verhältnissen der Differenz auch als Akt des Dechiffrierens konzipieren. Wenn ich davon ausgehe, dass soziale Wirklichkeit symbolisch strukturiert, durch mit konventionellen Bedeutungen aufgeladen ist, besteht die Notwendigkeit, diese entschlüsseln, dechiffrieren zu können, um die sich in ihr manifestierenden Machtverhältnisse offenzulegen und möglicherweise sogar zu demontieren. In den vorangegangenen Überlegungen, die sich mit verschiedenen Politiken der Dekonstruktion befassen, wurden vor allem zwei Perspektiven deutlich, durch die sich eine gewisse Rahmung des vorliegenden Textes charakterisieren lässt. Zum einen verweise ich mit der Darstellung ihrer Entstehung aus Ideen der Zeichentheorie auf eine bestimmte Konsistenz von Differenz, auf die ich später noch eingehen werde, zum anderen bediene ich mich der von Derrida entwickelten Kritik der Binarität, um ein Konzept von Performativität zu entwickeln, das eine Hinterfragung sozialer Praktiken auf Mechanismen der Reproduktion von Machtverhältnissen ermöglicht. Diese hinterfragende und machtkritische Haltung ist ein grundsätzliches Moment der Motivation, diese Untersuchung durchzuführen, und sich mit dem Zusammenhang zwischen Medien, Differenzverhältnissen und Subjekten zu beschäftigen. Daher möchte ich im Folgenden zunächst darstellen, inwiefern ein dekonstruktivistischer Ansatz als Werkzeug einer (Herrschafts-)Kritik fungieren kann. Eine vor allem herrschaftskritisch ausgerichtete Perspektive auf Dekonstruktion bietet die Arbeit von Gutiérrez Rodriguez. Ihre Erläuterungen sind für einen pädagogisch interessierte Blick besonders aufgrund ihrer handlungspragmatischen Interpretation der theoretischen Grundlagen Derridas sowie ihrer Entwicklung eines methodischen Kritikkonzepts interessant. „Dekonstruktion“, so Gutiérrez Rodriguez, „untersucht auf der Ebene sprachlicher Symbolik die Denksysteme, in denen die Selbstwahrnehmung und das Verständnis von Welt eingebunden sind“ (Gutiérrez Rodriguez 1999: 14). Dekonstruktion kann als Prozess verstanden werden (Gutiérrez Rodriguez 1999: 54), dessen Wirkungsmacht in der Möglichkeit liegt, „eine transzendentale Logik auf ihre Strukturen zurückzuführen und scheinbare ‚WahrheitenSetzungen’ zu zerlegen“ (vgl. Derrida 1967: 33). Mit dem Versuch der Dekonstruktion sollen konzeptuelle Vorstellungen und Logiken „destrukturiert“ (Gutiérrez Rodriguez 1999: 55) werden. Das heißt, ein Ziel 73

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dekonstruktivistischen Vorgehens könnte darin bestehen, diese Logiken ihrem sinnstiftenden Kontext zu entwenden, und damit so die Konstruiertheit und bestenfalls mögliche Entstehungszusammenhänge ihrer Sinnsetzung freizulegen: Vorstellungen, Ideen, Konzepte und Verständnisse können auf Kontexte ihrer Entstehung, Kontexte ihrer Artikulation und auf Wirkung und Funktionen hin überprüft werden. Für die vorliegende Untersuchung sind vor allem diese Wirkung interessant, deren Ergebnis ein Differenzverhältnis zwischen bestimmten Subjektpositionen darstellt. Sinnsetzungen (und in gewisser Weise auch Differenzsetzungen) als Effekt bestimmter Verständnisse zu rekonstruieren, macht Werkzeuge notwendig. Wie im Zusammenhang mit der Beschreibung queerer Praxen gezeigt wurde, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Theorie in die Praxis zu transformieren, etwa die der Ironisierung des Geschlechtskörpers. In dieser Untersuchung werden der Diskurs- sowie der Dispositivbegriff, welche im folgenden Kapitel erläutert werden, als Instrumente dienen, in diesem Fall als diskursiv zu bezeichnende historische Differenzsetzungen zu rekonstruieren. Die dekonstruktivistische Kritik selbst stellt ein Werkzeug der Demontage von Strukturen dar, die als zentrale Funktion haben, zu erheben und unterdrücken (vgl. Plößer 2005: 44). In der Form einer Radikalisierung, einer Intensivierung der différance, fügt die Dekonstruktion „dem Fundament hegemonialer Logiken Risse“ (Gutiérrez Rodriguez 1999: 55) zu und macht die Struktur und damit die Gewordenheit aller Setzungen sichtbar und jegliche Wahrheiten-Setzung angreifbar. Das Bezogenund Verwobensein von Lebensbedingungen, die sich in den kritischen Artikulationen des Selbstverständlichsten sichtbar machen lassen, lässt Rückschlüsse zu auf die Ordnung, innerhalb derer sich das Subjekt als solches situativ positioniert. Dekonstruktion bedeutet somit, hier nichts zu übersehen, nichts hinzunehmen, sich nicht abzufinden und – aus Perspektive der Wissenschaftlerin – das eigene Übersehen-Wollen, das Hinnehmen-Wollen und Für-Selbstverständlich-Erklären zu reflektieren. Hierin wird ein weiteres Mal die Zweischrittigkeit dekonstruktivistischen Vorgehens relevant. Der eine Schritt der Dekonstruktion vertritt die Aufdeckung der Strukturen und fordert den Hinweis auf ihre verdeckten Machteinschreibungen. Die Dekonstruktion kann demnach als eine Haltung verstanden werden, „der es darum geht, die Anerkennung des Rechts auf Differenz festzuhalten und die Reproduktion der Sprache der Ausschließung um eigenen Sprechen zu vermeiden“ (Zirfas 2001: 100). Insofern fordert ein dekonstruktivistisches Vorgehen neben einer kritischen Betrachtung des zu Beforschenden immer auch die Selbstreflexivität des Forschenden, sein

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Sprechen und seine Disponiertheit in der Welt im Blick zu behalten und immer wieder in Frage zu stellen. Als zweiten Schritt eines dekonstruktivistischen Vorgehens habe ich mit Krauß weiter oben die Neueinschreibung alter Bedeutungen identifiziert. Die Wiederholbarkeit von Zeichen ist notwendig, damit sie gelesen werden können, denn sie ermöglicht eine Spur der Präsenz von etwas, das als Bedeutung wahrgenommen werden kann und den Text intelligibel macht: Er scheint sinnhaft in den Erlebnishorizont des Lesers eingebettet werden zu können. Im Prozess der Wiederholung jedoch ist nicht nur die Stetigkeit des Zeichens, sondern gerade auch seine Instabilität zu suchen. Hier ergibt sich die Möglichkeit der Verschiebung oder Verzerrung seiner Bedeutungen, die im Prozess der Wiederholung verborgen steckt. Das Moment der différance, der Inkongruenz von vermeintlichem Original und vermeintlicher Kopie erzeugt eine Spannung an der Stelle, von der aus eine Kongruenz der beiden erwartet und diese Erwartung allerdings enttäuscht wird. Wie die kurze Erläuterung zur Queer Theory gezeigt hat, ist es dem Subjekt möglich, diese normative Grauzone zwischen Erwartung und Enttäuschung zu betreten und sich ihrer zu ermächtigen und die Enttäuschung der normativen Erwartungshaltung zu nutzen, um Irritation hervorzurufen. Eine Irritation, die zur Ironisierung und damit Infragestellung der Norm genutzt werden kann. Ich habe im ersten Teil dieses Kapitels die Herleitung des Begriffes der Performativität aus der Sprechakttheorie Austins gezeigt und diese Herleitung durch Derridas Kritik und seinen Austins Überlegungen vertiefenden Ansatz der itérabilité ergänzt. An dieser Stelle interessiert es mich, ein Konzept von Performativität konkret werden zu lassen, mit dem ich das Spiel zwischen Medientexten und Subjekten untersuchen kann. Die Grundannahmen des Performativitätskonzeptes, die bisher in den Ansätzen der Dekonstruktion vorgestellt wurden, beziehen sich zum einen auf die abstrakte Ebene der Zeichen und konkretisieren sich zum anderen auf der Ebene des Handeln der Subjekte. Sie lassen sich in vier Thesen zusammenfassend darstellen:

• • • •

Codes und Zeichen sind arbiträr. Sprechen kann verstanden werden als Handeln, Handeln dient dem Wirksamwerden des Subjekts und damit seiner Verortung in der Welt. Strukturen sind wiederholbar und verschiebbar. Bedeutungen können neu eingeschrieben werden.

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In den Phänomenen der Wiederholung und Verschiebung ereignet sich das Performative und bringt Differenz als Strukturmoment sozialer Ordnungen hervor. Sprechen, als eine Bewegung im Zeichensystem der Sprache, ist eine Bewegung in Strukturen bestimmter Kodierungen. Ebenso wie Sprechen als Wirksamwerden des Subjekts verstanden werden kann, wird das Tätigwerden des Subjekts als performativ in dem Sinne konzipiert, dass es Verweischarakter besitzt. Menschliche Handlungen sind Akte des Verweisens: „Diese im allgemeinen konstruierten Akte, Gesten und Inszenierungen erweisen sich insofern als performativ, als das Wesen oder die Identität, die sie angeblich zum Ausdruck bringen, vielmehr durch leibliche Zeichen und andere diskursive Mittel hergestellt und aufrechterhaltene Fabrikationen/Erfindungen sind“ (Butler 1991: 200).

Subjekte inszenieren sich körperlich, gestisch, sprachlich. Indem sie ihr Sprechen und Handeln dazu nutzen, um sich in der Welt zu verorten, verweist ihr Handeln auf symbolische Ordnungen der Macht, die diese Welt strukturieren. Wie in Derridas Konzeption der différance erläutert, stellt Differenz ein elementares Strukturmoment dieser sozialen Ordnungen dar. Das Konzept der Dekonstruktion ist in all seiner Komplexität und seinem Anspruch an den kritischen Gestus des Kritikübenden als eine Form politischer Praxis zu verstehen. Dekonstruktion in ihrer doppelten Bewegung des Aufdeckens und Versetzens prägt im Rahmen dieser Untersuchung meine Forschungshaltung: der dekonstruktive Blick ermöglicht das kritische Fragen ebenso wie er es stört, da es sich seiner selbst nicht sicher sein kann. Performativität zu theoretisieren, bedeutet im Sinne dieser Praxis, einen bestimmen Blick auf soziale Praxen zu werfen. Verstehe ich mit diesem Konzept Sprechen als Handeln und Handeln als Aufführung, als „cultural performance“ (Wulf et al. 2002: 9), dann heißt das, mein durch die Dekonstruktion kritisch gestörter Blick fokussiert kulturelle Praxen der Distinktion, bringt Prozesse der Aufführung und Inszenierung, der Wiederholung und Verschiebung an die Oberfläche. Mit der hier vorgenommenen speziellen Engführung dieses Blicks auf das Hervorbringen von Differenzverhältnissen, werden nicht allein ritualisierte Alltagspraxen beobachtbar, sondern zusätzlich die ihnen inhärenten und durch stete Wiederholung reproduzierten Machtverhältnisse. Im Folgenden soll näher bestimmt werden, was in der vorliegenden Untersuchung unter dem Begriff der Differenz gefasst wird.

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D i f f e r e n z : p e r f o r m a t i ve Ak t e des Unterscheidens Wie gezeigt wurde, besitzt Sprechen die Eigenart, produktiv zu sein, indem es Bedeutungen hervorbringt. Diese performative Eigenart basiert auf dem steten und notwendigen Auseinanderbrechen von Signifikant und Signifikat: Das Bezeichnete ist nie identisch mit dem Bezeichnenden, weshalb die Bezeichnung nie ihr Ziel erreicht. Dennoch sind Bezeichnungen intelligibel. Sie stellen Wiederholungen und damit Zitate schon da gewesener Bezeichnungen dar und sichern damit ihre Nachvollziehbarkeit. In dieser Wiederholung verbirgt sich jedoch nicht nur stabilisierendes Potenzial, sondern auch etwas die Stabilität Irritierendes. Ebenso wie die vollendete Bezeichnung scheitern muss, scheitert auch die Wiederholung, ist nie perfekt und letztlich doch (nur) wieder eine unvollendete Kopie einer unvollendeten Kopie. Dieser Faktor des Destabilisierenden stellt das Spielfeld dar, auf dem sich Differenz als der Identität vorgängiger und notwendiger Schritt präsentiert. Differenz ist nicht allein ein sprachlicher Effekt performativen Sprechens, sie besitzt soziale Relevanz. Differenz ist kein Zustand und beschreibt als Begriff nicht die Qualität von Dingen oder Personen. Sie hat keine eindeutig benennbare Substanz, ist nicht greifbar und es ist nicht möglich, eine Theorie zu formulieren über „Das Andere“, die all seine Facetten abdeckt. So wie différance immer der Verweis auf andere und wieder andere ist, stellt Differenz die Abwesenheit des Eigenen dar. Sprechen bringt Distinktion hervor, um Subjektivität zu ermöglichen. Als ein leerer Signifikant, als Zeichen, das dem Individuum überall begegnet, bietet das Andere eine Oberfläche der Projektion, die es ermöglicht, dem unbeschriebenen Signifikanten in unterschiedlichen konstruktiven Akten Bedeutung zu verleihen. Wie im Folgenden veranschaulicht werden soll, stellt Differenz nicht allein ein abstraktes Moment der Beziehung zwischen Zeichen dar, sondern vielmehr noch ein Zuordnungskriterium, das Beziehungen zwischen Subjekten strukturiert. In dieser Funktion ermöglicht es die Stilisierung einer sozialen Ordnung, die das Vertraute, das Eigene erst ermöglicht. Differenz existiert daher nur im Relationsgefüge dieser Ordnung. In der Form biographisch bedeutsamer Kriterien (wie Ethnizität, Geschlecht oder Alter) übernimmt die Konstruktion der Differenz die Funktion, soziale Wirklichkeiten zu strukturieren. Ich werde im Folgenden mit Reuter (2002) auf soziologische Kategorien der Fremdheitsforschung zurückgreifen, um die lebensweltliche Relevanz des Begriffes der Differenz zu erläutern. Ich verstehe unter dieser Setzung Differenz: 1. Als Ordnungskategorie in Beziehungen 77

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zwischen Individuen, 2. als affirmierendes Moment von Gruppen, 3. als Legitimation von Hierarchien sowie 4. als Subjektivierungstechnologie.

D i f f e r e n z a l s Q u a l i t ä t vo n B e z i e h u n g e n Wenn wir etwas vor uns haben, von dem wir sagen, es sei anders, fremd, dann sagt es im Gegensatz zur Intention dieser Aussage nichts aus darüber, welche Eigenschaften es hat, sondern vielmehr über unser Verhältnis zu ihm. Differenz ist keine Eigenschaft eines Gegenstandes, einer Person oder einer Gruppe. Sie ist der Modus einer Beziehung, in der Subjekte zueinander stehen. Die Qualität dieser Beziehung ist besonders markiert durch die Benennung des Eigenen und des Anderen. Das Eigene gilt hier als das Identität- und Heimatstiftende, das Andere als verunsichernd und Unruhe stiftend (Reuter 2002: 10). Anders ist das, was als solches bezeichnet wird, nicht weil es an sich different ist, sondern weil die Differenz als relevant empfunden wird. Sie ist keine der Bezeichnung vorgängige Eigenschaft der Dinge, sondern steht also erst am Ende eines performativen Prozesses, in dem vom Subjekt kreativ gelesen wird, welche Differenzen tatsächlich differenz-stiftend – und damit identitätsstiftend – wirken. Die Erklärung dieses Prozesses, in dem diese Lesart – die, wie noch zu zeigen sein wird, in Zusammenwirkung mit diskursiver Normalitätsproduktion – stattfindet, wird weiter unten im Text aufgegriffen. In der alltäglichen Interaktion ist die Begegnung mit dem Anderen eine durchdringende Erfahrung. Begegnungen an öffentlichen Plätzen bspw. sind meist von sehr unterschiedlicher Bedeutung für die sinnhafte Gestaltung individueller Tagesabläufe, so dass ritualisierte Verhaltensmuster nötig werden, um zu Interaktionen zu differenzieren und kategorisieren. Ritualisiert sind jegliche Arten der Kommunikation, verbale wie paraverbale, etwa Körpersprache, die Lautstärke einer Unterhaltung oder der Abstand, der zu anderen Individuen eingehalten wird. Das alltägliche Anderssein in öffentlichen Räumen wird in westlichen Gesellschaften normativ begleitet von ritualisierter Gleichgültigkeit (Reuter 2002: 29). Differenz entsteht also sehr konkret durch eine soziale Nähe. Ganz im Gegensatz zur hegemonialen Darstellung von Andersheit als Bedrohung einer systemischen Ordnung kann davon ausgegangen werden, dass Differenz nicht nur zur Stabilisierung dieser Ordnung beiträgt, sondern sogar als Bestandteil derselben funktioniert. Gleichzeitig stellt sie eines der Produkte dieser Ordnung dar.

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„Dabei täuscht die Vertrautheit und ‚Normalität’ von Ordnungen leicht darüber hinweg, dass normal geordnete Verhältnisse nicht naturgegeben, sondern prekäre menschliche Konstruktionen sind [...], die auf Unterscheidungen basieren und damit immer zwei Seiten besitzen“ (Reuter 2002: 42).

Die Idealisierung von Grundkonzeptionen bieten kollektiv-identifikatorische Potenziale: Sie ermöglich die Herstellung von Gemeinschaft und somit von kollektiver Bedeutung. Das Eigene manifestiert sich hier als Schutzraum des Vertrauten, als semantisch transparentes Territorium (vgl. ebd.), dem das Unvertraute als riskantes Gebiet gegenübergestellt wird. Es wird deutlich, dass der Prozess der Ausgrenzung des Anderen vornehmlich der Herstellung des Eigenen verfasst ist, der Definition von Nicht-Zugehörigkeit ist die von Zugehörigkeit eng verbunden. Beides, das Innen wie das Außen sind damit eine Imagination, deren Funktionalität jedoch – wie bei vielen sozialen Konstruktionen – darin besteht, als durch eine dem Subjekt sowie dem Diskurs vorgelagerte Natur zu erscheinen. Die potenzielle Bedrohung des Eigenen durch das Andere stilisiert eine Gemeinschaft, unabhängig davon, ob sie auf real erfahrbaren Gemeinsamkeiten (z.B. Nachbarschaft) oder rein abstrakten Institutionen (z.B. Nation) beruht, zu einer schützenswerten Einrichtung. Zu ihrem Schutz werden Grenzen geschaffen, die Konstruktionen verschiedener Ordnungen darstellen, bspw. Normen und Riten, die Verhaltensgrenzen festlegen, oder nationale Grenzen, die Trennungen sprachlicher oder kultureller Art darstellen. Ausgrenzung ist somit nicht allein ein plausibles Mittel zur Erhaltung innerer Gemeinschaft, sondern dient auch zu ihrer rituellen Wiederherstellung. Die Thematisierung von Unterschieden zwischen Fremden und Vertrauten sowie die von Gemeinsamkeiten zwischen den Mitgliedern einer Gruppe, die Wiederholung und Bestätigung gemeinsamer Rituale sowie die Instandhaltung von Diskursen – u.a. über das Andere – erzeugen im Inneren Kräfte der Kohäsion und nach außen Kräfte der Abstoßung. Ein Charakteristikum dieser Kräfte des Abstoßens liegt in der Konzeption des Anderen als Abweichenden. Das Wesen der Abweichung allerdings liegt nicht im als deviant Erscheinenden selbst, sondern in den diskursiven Regeln, die sein Handeln als Abweichung vom Normalen stigmatisieren. Gruppen schaffen Abweichung erst dadurch, dass sie Regeln aufstellen, deren Nicht-Befolgen sanktioniert wird. Abweichendes Verhalten wird produziert durch seine Sanktion und ist demnach der Effekt sozialer Aushandlungsprozesse. Der Regelverstoß wird demnach doppelt und auch konstitutiv bedeutsam, denn er

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„markiert das Vorhandensein gültiger Regeln, auf die sich die Gruppe der Reagierenden bei ihrer ‚Anzeige’ des Regelverletzers beruft, zeigt aber gleichzeitig, dass eine soziale Ordnung der Wirklichkeit durch die Gesellschaftsmitglieder in ihren ablaufenden, aktuellen Handlungen konstruiert, produziert, interpretiert und rekonstruiert wird, indem er auffordert, durch die Sanktion des Abweichlers diese Regeln zu reproduzieren bzw. neu zu definieren“ (Reuter 2002: 46).

Abweichung sowie Unvertrautes und Andersartigkeit sind nicht den Dingen oder Personen vorgängig. Ihnen gehen Verständnisse voraus, die sie als vorgängig erscheinen lassen. Sie stellen allerdings vielmehr Konzepte dar, die Interaktionen historischer Aushandlungen entspringen und damit kontextabhängig variieren. Ihnen ist immanent, dass ihre Historizität verschleiert wird und sie als zeitlose gesellschaftliche Wahrheiten inszeniert werden, um glaubhaft, um legitim zu sein. Hierin verkörpert sich das Paradox der Differenz: Die Erfahrung des Anderen als anormal widerspricht demnach seiner tatsächlichen Funktion, in der es die Ordnung des Innen und ihre Normalität überhaupt erst ermöglicht. Demnach kann Normalität nur dort entstehen, wo das Anormale ihre Grenzen markiert.

Differenz als Nicht-Zugehörigkeit Ich möchte den Differenz-Begriff an dieser Stelle in einen Zusammenhang bringen mit dem Begriff der Zugehörigkeit im Sinne Mecherils, um die Relevanz von Differenzverhältnissen für Individuen zu verdeutlichen. Der Begriff der Differenz bezeichnet ein Verhältnis, das durch Nicht-Zugehörigkeit gekennzeichnet ist. Das Konzept der Zugehörigkeit selbst stellt die Qualität eines Verhältnisses dar zwischen „einem Element und einer Menge“ (Mecheril 2003: 119). Gleichwohl bezeichnet der Begriff einen „symbolischen Sachverhalt“ (ebd.). Die besondere Qualität dieses Sachverhalts ist nicht den Dingen oder Verhältnissen inhärent, vielmehr ist er mit Bedeutung aufgeladen, die über den Moment hinaus weist, also gewissermaßen historisch ist. Im Begriff der Zugehörigkeit artikuliert sich eine „Beziehung der Nähe zu anderen Elementen [...], die ein Gemeinhaben von als signifikant erachteten Merkmalen“ (Mecheril 2003: 120) charakterisiert. Zugehörigkeit ist strukturiert durch zwei stabilisierende Aspekte: Zum einen ist ihr symbolischer Gehalt verborgen. Zum anderen bedient sich Zugehörigkeit der Inszenierung eines Verständnisses der Fraglosigkeit, die ebenfalls im Verborgenen stattfindet. Zugehörigkeit konstituiert sich nach Mecheril 80

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in drei Aspekten, die in einem variierenden Verhältnis zueinander stehen: „Mitgliedschaft, Wirksamkeit und Verbundenheit“ (Mecheril 2003: 135). Mitgliedschaft ergibt sich zunächst auf der Ebene der Erfahrung als Identifikation: Ich bin in der Lage, mich als Teil eines Zusammenhangs zu identifizieren und kenntlich zu machen, weil ich „im Rahmen einer Praxis der Repräsentation [...] nachweisen kann, wie jede andere zu sein“ (Mecheril 2003: 139). Die Gemeinsamkeiten der Individuen, auf denen eine solche Mitgliedschaft basiert, sind symbolischer Essenz, sie werden in einem Prozess der Konstruktion von Gemeinsamkeiten hergestellt (ebd.). Mitgliedschaft ist ein Aspekt bewusster und betonter Zugehörigkeit. Innerhalb der formalen Grenzen, die Mitgliedschaften stecken, besitzt das Individuum entsprechende Grade der Handlungsmöglichkeiten. Handeln heißt in diesem Fall, sich über das Tätigwerden in einem sozialen Kontext selbst-inszenierend, biographisch relevant und sozial anerkannt zu positionieren. Diese Disposition besitzt zum einen Signalwirkung für den Kontext, exponiert also, zum anderen fördert sie eine identifikatorische Näherung an den Kontext. Der Begriff der Wirksamkeit betont damit die Fähigkeit des Individuums, aktiv zu werden, ein gewisses Maß an Kontrolle auszuüben und das Bewusstsein darüber seiner Selbstbeschreibung hinzuzufügen. Wirksamkeit „kann allgemein als eine Art Handlungsfähigkeit verstanden werden, in deren Rahmen es Personen möglich ist und ermöglicht wird, hinsichtlich für sie selbst bedeutsamer Aspekte Stellungnahmen zu entwickeln und diese Stellungnahmen in signifikante interaktive Situationen handlungsrelevant und wirkungsvoll einzubringen“ (Mecheril 2003: 169).

Soziales Handeln schafft und intensiviert Zusammenhänge zwischen dem Individuum und seinem Kontext. Die subjektive Sinnhaftigkeit des Handelns ist mit dem Kontext assoziiert, indem erfolgreiches Handeln im Rahmen einer bestimmten, dem Individuum bewussten Geschichte interpretierbar wird. Gleichzeitig versichert der Handelnde sich der Tatsache, dass sein Handeln soziale Anerkennung findet, inwiefern er sich im entsprechenden Kontext zur Geltung bringen kann. Der soziale Raum, der sich im Zusammensein der Subjekte konstituiert, erzeugt durch die Erfahrung der Anerkennung subjektiver Seins-Weisen die Legitimation des eigenen Handelns und stellt damit bis auf weiteres die Identifikation von Selbstwahrnehmung und Fremdinterpretation sicher. Handeln hat somit immer auch die Funktion, das Individuum in Bezugnahme auf einen konkreten Kontext zu positionieren und zu konstituieren.

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Individuen empfinden sich einem Kontext zugehörig, wenn dieser für sie auf eine „subjektiv bedeutsame und sozial anerkannte“ (Mecheril 2003: 219) Weise mit ihrer Geschichte und ihrer Weise, sich selbst zu rekonstruieren, verbunden ist. Das Verhältnis der Individuen zum Zugehörigkeit stiftenden Kontext macht hiermit auch einen Teil des Selbstverständnisses der Individuen aus. Der Kontext nimmt Einfluss auf dieses Selbstverständnis, über entsprechende im ihm inhärenten Zugehörigkeitskonzept vertretene Regulierungen vereinnahmt er den Einzelnen und diszipliniert ihn in eigenem Interesse. Denn je sicherer es ist, dass sich der Einzelne dahingehend verhält, wie es innerhalb des Sinnkontextes der Gruppe bejaht wird, desto stabiler funktioniert das Gemeinsame (vgl. Mecheril 2003: 242). Es existiert so etwas wie eine gegenseitige Verpflichtung von Kontext und Individuum, das sich den Strukturen jedoch nicht allein formell, sondern auch emotional-affektiv verbunden fühlt. „Verbundenheitsanzeichen werden in formellen Zugehörigkeitskonzepten als Mitgliedschaftskriterien, in informellen Konzepten als Mitgliedschaftssignale gehandhabt“ (ebd.). Mecherils Konzept der Zugehörigkeit verdeutlicht, inwiefern ein Differenzbegriff lebensweltliche Relevanz besitzt, indem Differenzen soziale Ordnungen stabilisieren und die Subjekte darin festschreiben. Ein wesentliches Moment der stetigen Stabilisierung und gleichwohl der riskanten Infragestellung dieser Ordnungen stellt das Vermögen der Individuen dar, sprechen zu können, weil sie sozial sind und sprechen zu müssen, um Subjekt zu sein.

S u b j e k t i vi t ä t a l s d a s V e r m ö g e n z u s p r e c h e n Subjektkonzepte in ihrer „schillernden Vagheit“ (Zima 2000: 1) werden spätestens seit neuzeitlichen Diskussionen um die Bedeutung von Handlungsfähigkeit, Wissen und Verantwortung in Frage gestellt. Innerhalb dieser Diskurse gelten sie als richtungsweisend für Handlungs- und Ethikkonzepte. Da das Forschungsvorhaben davon ausgeht, dass Subjektivität ein Effekt sprachlicher Aushandlungsprozesse ist, soll die Argumentation Derridas in diesem Zusammenhang vorgestellt werden. Derridas Kritik am Subjektbegriff und dem Diskurs, der diesen vornehmlich seit Descartes’ Identifizierung des autonomen Subjekts begleitet, ist oft implizit, etwa zu finden in Derridas Vortrag zur différance (Derrida 1999). Die Frage nach der Kategorie des Subjekts, so wie sie

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die jüngere Forschung formuliert26, ist vergleichbar mit der Frage nach dem ‚Wer?’ des Handelns und des Sprechens. Derrida entlarvt die voraussetzungsreiche Formulierung: „In der Frage [...] wird vorausgesetzt, dass man heute für die sichtbarste Konfiguration einer bestimmten philosophischen Meinung etwas namens ‚Subjekt’ identifizieren kann“ (Derrida 1998: 267). Ihm erscheint die Frage als verdeckte Artikulation der Angst der Wissenschaft, ‚das Subjekt’ als Konstrukt zu verlieren. Doch im Gegensatz dazu ist er der Meinung, dass ‚das Subjekt’ durch die ideologisch motivierte Anrufung derselben Diskussion weiterhin reproduziert wird. „Das ontologische Befragen, das sich auf das subjectum in seinen cartesianischen und post-cartesianischen Formen bezieht, ist alles andere als eine Liquidierung“ (Derrida 1998: 269). Nach Derridas Meinung ist also die Auslöschung des Subjekts nicht das Ziel dieses Diskurses, den seiner Einschätzung nach besonders Lacan, Althusser und Foucault (vgl. Derrida 1998: 268) beeinflusst haben. Dennoch betrachtet Derrida das, was in diesem Diskurs und allen vor ihm als ‚Subjekt’ bezeichnet wurde, sehr skeptisch: „Ich würde mich nicht auf eine Diskussion einlassen, in deren Verlauf man zu wissen glaubte, was das Subjekt sei; jene ‚Person’, bei der es als selbstverständlich gelten würde, sie stelle für Marx, Nietzsche, Freud, Heidegger, Lacan, Foucault, Althusser und einige andere das gleiche dar, und über deren ‚Liquidation’ sich alle einig wären. [...] Also erstens: was geschieht mit jenen Fragestellungen, die offenbar eine klassische Bestimmung des Subjekts implizit voraussetzen (die wissenschaftliche oder sonstige Objektivität; Ethik, Recht, Politik und so weiter); und zweitens: wer oder was ‚antwortet’ auf die Frage nach dem ‚Wer’“ (Derrida 1998: 270).

Die Konventionen dieses Diskurses stellen ihm die Charakteristik des Subjekts als Unterworfenem, als Auf-sich-selbst-Bezogenem zu wenig in Frage. Eine Ortsbestimmung des Subjekts (vgl. Derrida 1998: 271) reicht Derrida hier nicht aus. „Im Text oder in der Schrift, zumindest in jener Form, in der ich sie zu untersuchen versuche, gibt es, ich würde nicht sagen, einen Platz (und diese Topologie eines gewissen zuweisbaren Nicht-Platzes, notwendig und unauffindbar zugleich, ist eine eigene Frage), sondern eine Instanz [...] für das ‚Wer’; ein ‚Wer’, das von der Problematik der Spur und der différance bedrängt wird, 26 Verschiedentlich motivierte Auseinandersetzungen mit dem Subjektbegriff finden sich etwa bei Mecheril 2006c, Paulus 2001, Hauskeller 2000, Zima 2000, Honneth 2000, Gutiérrez Rodriguez 1999, Koller 1999, Raab 1998, Lorey 1996. 83

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von der Affirmation, der Signatur und dem sogenannten Eigennamen“ (Derrida 1998: 272).

Das Subjekt identifiziert Derrida hier also als eine bedrängte Instanz. Inwiefern könnte sie als bedrängt verstanden werden? Die Instanz, von der wir hier sprechen, ist der Effekt eines Diskurses, der die Fähigkeit zu Handeln an gewisse konsistente Eigenschaften knüpft: Souveränität, Autonomie, Bewusstsein. Konsistenz aber ist kein Zustand der fixierten Dauerhaftigkeit, sondern allein Ergebnis der itérabilité. In der itérabilité werden Muster – beispielsweise Verhaltensweisen, Argumentationsstränge oder Handlungen – wiederholt, um sie zu etablieren. Doch keine Wiederholung ereignet sich, wie gezeigt wurde, ohne den Einfluss der différance. Das bedeutet, dass die Wiederholung das Wiederholte jedes Mal ein wenig verschiebt, einer Veränderung öffnet, sich der exakten Kopie verschließt. Somit ist eine Form von Anwesenheit, besonders von dauerhafter Anwesenheit einer Selbsterkenntnis, wie ein Bewusstsein sie beispielsweise voraussetzt, nicht gegeben. Ein Muster als nichtidentische Kopie verweist auf die Abwesenheit eines nicht-identischen Originals. Ein Instanz, die also dadurch bedrängt wird, dass sie den Charakter der Instanz nicht erfüllen kann. Verwirft jedoch Derrida den Begriff der Instanz, den des Subjekts? „Nicht unbedingt. In der Diskussion bewahre ich den Namen vorläufig als Index, ich sehe aber keine Notwendigkeit, das Wort Subjekt um jeden Preis zu bewahren, vor allem dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Kontext und die Konventionen des Diskurses gerade das wieder einführen, was in Frage steht“ (Derrida, 1998: 271).

Entledigt die wissenschaftliche Disziplin sich der derzeitigen Problematik des Subjekts, indem sie den Begriff als solchen nicht mehr nutzt, das Subjekt nicht mehr anruft (vgl. Zima 2000: IX), um dem Sprechenden und Handelnden eine Bezeichnung zu geben? Und ist demnach nicht vielleicht genau das der Fall: Der Begriff des Subjekts bezeichnet ein ‚Wer’, das es so, wie die Frage gestellt wird, nicht geben kann? „Im Ausdruck ‚die Frage nach dem ‚Wer’?’ könnte sich die Betonung später auf das Wort ‚Frage’ verlegen, nicht nur, um zu fragen, wer die Frage stellt oder auf wen sie sich bezieht (so oft bestimmt die Syntax bereits die Antwort), sondern auch, ob es das Subjekt, nein, das ‚Wer’ bereits vor dem Vermögen zu fragen gibt“ (Derrida 1998: 272).

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Das Vermögen zu fragen stellt in diesem Zusammenhang zum einen das Vermögen zu sprechen oder das zu hören (vgl. Moebius 2003: 132) dar, zum anderen aber auch das Vermögen, Kriterien zu entwickeln, um sich selbst befragen zu können. Das Sprechen ermöglicht die Herstellung von Subjektivitäten27. Sprache als ein Handlungskonzept auszuarbeiten, wie es der Ansatz der Performativität vorschlägt, bedeutet, das Konzept des Subjekts als der Handlung notwendig vorgängig in Frage zu stellen. Wenn Sprechen Handeln ist, und Sprechen Subjektivitäten hervorbringt, bedeutet das im Umkehrschluss, dass Handeln erst das Subjekt erkennbar werden lässt. Das, was dem Handeln und damit dem Sprecher letztlich vorgängig ist, sind (gesellschaftliche) Kontexte und damit Diskurse. Nach Derrida soll der Begriff des Subjekts also nicht einfach abgelehnt werden. Denn es gibt: „dieses ‚Ja, ja’, das antwortet, ohne vorher eine Frage bilden zu können, das ohne Autonomie verantwortlich ist, vor jeglicher und im Hinblick auf jegliche mögliche Autonomie des Wer-Subjekts und so weiter. Der Selbstbezug kann in dieser Situation nur différance, das heißt Anderssein oder Spur sein. Die Verpflichtung wird dadurch nicht nur keinesfalls abgeschwächt, sondern findet darin im Gegenteil ihre einzige Möglichkeit, und diese ist weder subjektiv noch menschlich“ (Derrida 1998: 273).

Derrida erkennt den Versuch, das Subjekt neu einzuschreiben, ihm nicht mehr die „Gestalt der Selbstbeherrschung, der Selbstentsprechung, als Mitte und Ursprung der Welt“ zu geben, „sondern vielmehr als begrenzte Erfahrung der Nicht-Selbstidentität“, als „Erfahrung der Interpellation, die insofern unabwendbar ist, als sie vom anderen kommt, und der Spur des Anderen, mit all den Paradoxa und Aporien des Vor-demGesetz-Seins“ (Derrida 1998: 277). „Mit welchem Recht sollte man dies als ‚Subjekt’ bezeichnen? Und mit welchem Recht wollte man umgekehrt verbieten, dies als ‚Subjekt’ zu bezeichnen“ (ebd.)? Indem Derrida hier die neuere Subjektdiskussion paraphrasiert, sich auf eine Metaebene über dem Subjekt begibt, zeigt er, dass die Festlegung sowie die Verweigerung eines Begriffes sich als Instrumente der Definitionsmacht offenbaren. Er inszeniert den Text, als stünde er mit seinen Äußerungen außerhalb des Diskurses, was man ihm nicht abnehmen darf, da es nach Derrida selbst nicht sein kann. Als betrachte er den Streit um das Subjekt 27 Wir finden hier einen Verweis auf die Idee Foucaults, Subjektivität könne nicht vordiskursiv sein, sowie einen Hinweis auf die Performativität von Sprache wieder, Konzepte, die zu einem späteren Zeitpunkt vertieft werden sollen. 85

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

von einer Position außerhalb des Streits. Also vermittelt er. Er versucht, den Subjekt-Begriff nicht zu indizieren, sondern ihn zu vergessen: „Um schnell zu machen, würde ich sagen, dass man eine (post-dekonstruktive) Neubestimmung der Verantwortung des ‚Subjekts’ in dem von jeglicher Frage implizit vorausgesetzten Bezug zum ‚Ja oder zur Zusage suchen muss. Es erschien mir jedoch stets besser, sobald dieser Weg geebnet ist, dieses Wort erst einmal zu vergessen“ (Derrida 1998: 279).

Das heißt also, ohne der Problematik den notwendigen Respekt zu verweigern, könnte man davon ausgehen, dass ‚das Subjekt’ nie existiert hat. „Niemals hat es für irgendjemanden Das Subjekt gegeben, und genau darauf wollte ich hinaus. Das Subjekt ist eine Fabel, das hast du sehr gut aufgezeigt, und sich dafür zu interessieren, was eine solche Fabel an hergebrachter Rede und Fiktion voraussetzt, heißt nicht aufzuhören, das Subjekt ernst zu nehmen (es ist der Ernst an sich) ...“ (Derrida 1998: 276).

Das Subjekt stellt für Derrida also eine Fabel dar, eine sprachliche Konstruktion mit möglicherweise moralischen Zielsetzungen. Etwas, das es nicht geben kann, sondern das nur abstrakt imaginiert wird. Also muss man sich die Argumentationsschleife des Diskurses über das, was dieser Diskurs Subjekt nennt, im Klaren sein. „Die Notwendigkeit, überall dort, wo man auf die Frage nach dem ‚Wer?’ nicht nur mit Ausdrücken des Subjekts, sondern mit solchen des Daseins antwortet, begriffliche Oppositionen ermitteln zu müssen, die noch nicht ausreichend [...] untersucht worden sind, beunruhigt mich nicht, sondern macht mir Sorgen und setzt mich außerdem einem Zwang aus. (..) Ein Diskurs über das ‚Subjekt’, über das, was den Platz des Subjekts (des Rechts, der Moral, der Politik, alles Kategorien, die denselben Turbulenzen unterliegen) einnehmen wird (oder ersetzen wird), kann nur durch die Erfahrung einer Dekonstruktion grundlegend umgeformt, wenn nicht sogar neu begründet werden. [...] Mich stört nicht, dass er (der Subjektbegriff, B.H.) nicht angemessen ist: das Subjekt kann oder darf vermutlich keinen Begriff haben, der dem angemessen ist, was man Verantwortung nennt. Diese trägt eine wesentliche Maßlosigkeit in sich, und dies muss so sein“ (Derrida 1998: 283).

Derrida zufolge ereignen sich im Namen des Gesetzes, zu verstehen als informelle Norm, oppositionelle Begriffspaare, die gewaltsame Ausschlüsse beinhalten – wenn ich das Subjekt definiere, seine Grenzen 86

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

festsetze, wen schließe ich aus dieser Definition aus? Wer ist außerhalb der Grenzen? Wem verweigere ich damit dem Status des Subjekts? –, die „stark, subtil, manchmal sehr implizit“ (Derrida 1998: 285) sind. Diese Oppositionen verlangen nach einer Dekonstruktion, bevor eine Distanz zum „unrechtmäßig abgegrenzten“ (Derrida 1998: 285) Subjektbegriff erreicht werden kann. Die Dekonstruktion wäre in diesem Fall ein anderes Gesetz, genauso fordernd: Es würde Verantwortung zuteilen. Die Hierarchien, die damit zusammenhängen, dass das Subjektsein eines Zuspruchs, einer Anrufung im Sinne einer Verleihung der Subjektwürde, bedarf, sind sehr konkret. Ziel einer theoretischen Öffnung des Subjektbegriffes, wie sie hier versucht wird zu formulieren, vielleicht sogar einer Dekonstruktion oder Dezentrierung seiner Bedeutung, ist es, die Hierarchisierung der Subjekte und Nicht-Subjekte aufzuheben (vgl. Derrida 1998: 292). „Autorität und Autonomie (denn selbst, wenn sie sich dem Gesetz unterwirft, stellt eine solche Unterjochung Freiheit dar) werden durch dieses Schema eher dem Mann (homo et vir) als der Frau und eher der Frau als dem Tier zugesprochen“ (Derrida 1998: 292).

Subjektivität – im neuzeitlichen Sinne – ist also ein Status, der kraft des Diskurses verliehen wird. Die Dekonstruktion zielt nun nicht darauf ab, den Begriff des Subjekts neu einzuschreiben, vielleicht wäre das ein Nebeneffekt, jedoch ein zu vernachlässigender. Vielmehr ist es ihr Anliegen, die Mechanismen, die dazu führen, einen Status, der im modernen Diskurs ‚Subjekt’ geheißen hätte, zu hinterfragen. „Es geht also nicht darum, dieser ungeheuren Vielfalt traditioneller Diskurse über den Menschen, das Tier, die Pflanze oder den Stein einen anderen Diskurs über dieselben ‚Dinge’ entgegenzustellen, sondern darum, jede begriffliche Maschinerie, die es bis heute gestattet hat, vom ‚Subjekt’ zu sprechen, in ihrer Eigennützigkeit unablässig zu analysieren. Und eine Analyse ist stets etwas mehr und etwas anderes als eine Analyse. Sie wandelt um – oder übersetzt eine in Gang befindliche Umwandlung“ (Derrida 1998: 285).

Auf den Begriff des Subjekts aufgrund seiner historischen Aufladung zu verzichten, ist demnach weder Anliegen der hier formulierten Kritik noch einer Reflexion der Konzepte wissenschaftlicher Disziplinen wie der Erziehungswissenschaft zuträglich. Die Praxis, den Subjektbegriff stets auf seine Setzungen zu hinterfragen, soll damit im Rahmen dieser Untersuchung als Konzept dienen, mit dem ein erziehungswissenschaft87

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

licher Blick auf alltägliches Medienhandeln möglich wird, der sensible ist für symbolische Inszenierungen von Machtverhältnissen in Settings der Differenz sowie die Potenziale für Widerständigkeit innerhalb hierarchischer Strukturen.

D e n k b ew e g u n g e n u m P e r f o r m a t i v i t ä t Mit den Ausführungen zu Derridas Denkbewegung der Dekonstruktion habe ich erste Schritte unternommen, die Begriffe Performativität sowie Differenz für mein Vorhaben näher zu bestimmen. Mit den Ausführungen zu différance und itérabilité habe ich festgestellt, dass das Ereignis der Performativität eintritt, wo immer in Prozessen der Iterabilität, die ich als Vermittlungsprozesse verstehe, Repräsentationsverhältnisse hergestellt werden sollen. Es ist deutlich geworden, dass Repräsentation letztlich immer an der différance scheitern und daher Illusion bleiben muss. Performativität ist diesen Prozessen inhärent, da es sich bei der differänten Wiederholung um einen Vorgang handelt, der Bedeutungen neu einschreibt. Ereignishaft ist das Performative, weil es sich nicht letztlich kontrollieren lässt und die Neueinschreibung, die Resignifizierung sich nicht vorhersehen und – bestimmen lässt. Ich gehe davon aus, dass Sprechen dazu dient, soziale Ordnungen und in diesen Ordnungen Subjektpositionen herzustellen. Ziel des Sprechaktes ist daher auch immer Distinktion, denn die Herstellung von Subjektpositionen ist mit Prozessen des Ausschließens und Abgrenzens verknüpft. In diesem Sinne wurde Differenz als Effekt sozialer Praxen des Unterscheidens definiert, in dem Strukturen der Zugehörigkeit bzw. Nicht-Zugehörigkeit reproduziert werden. Die Strukturen, die hiermit erzeugt werden, können als grundsätzlich an Verhältnisse der Dominanz gebunden verstanden werden, da im Sinne Derridas davon auszugehen ist, dass Differenzen auf Hierarchien beruhen. Die Dekonstruktion bezeichnet hiermit einen erkenntnistheoretischen Rahmen, innerhalb dessen sich zum einen im Begriff der Performativität das Herstellungsmoment von Differenzverhältnissen vertiefen lässt. Zum anderen wird mit dieser Rahmung einer bestimmten Haltung Ausdruck verliehen, der eine ebenfalls performative Herangehensweise inhärent ist. Diese Haltung ist gekennzeichnet durch das Bestreben, machtvolle Differenzverhältnisse aufzuspüren, wobei sie der performativen Verfestigung dieser Verhältnisse durch ihre Benennung nicht entgehen kann. Gleichwohl verflüssigt sie dieselben durch stete 88

DIFFERENZ ALS EFFEKT DES PERFORMATIVEN

Hinterfragung und ist um resignifizierende Erweiterung sozialer Praxen bemüht. In den folgenden Kapiteln möchte ich zwei Aspekte der bis hierher formulierten Überlegungen vertiefen. Zum einen betrachte ich das Performative medialer Texte aus einer diskurstheoretischen Perspektive. Dieser theoretische Zugang soll die bisher vorgestellten Eckpunkte dekonstruktivistischer Überlegungen ergänzen um eine genauere Betrachtung der Zirkulation gesellschaftlicher Wahrheit innerhalb medialer und speziell fiktionaler Texte. Mein Fokus liegt hierbei auf der sprachlichen Produktion von Differenz als Akt der Festigung von Machtpositionen. Zum zweiten interessiert mich die Frage, ob der Prozess der Zirkulation dominanter Wahrheiten unterbrochen werden kann, wenn der Leser des medialen Textes während des Lesens einen Umgang mit den vom Text angebotenen Differenzkonstruktionen entwickelt. Dieser Frage soll im Anschluss an die nun folgenden diskurstheoretischen Überlegungen unter der Perspektive der Cultural Studies nachgegangen werden.

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„W H AT D O T H E M E D I A D O T O T H E P E O P L E ?” 1 DER DISKURS IM UNGELESENEN TEXT

„Der Text (sollte sein) jene ungenierte Person, die Vater Politik ihren Hintern zeigt.“ (Barthes 1974: 79)

Im vorhergehenden Kapitel habe ich über Derridas Auseinandersetzung mit Austin einen Begriff der Performativität definiert, der vor allem semiologisch geprägt ist. Das heißt, das Performative an sich findet in meiner Darstellung der derridaschen Performativität zunächst auf der Ebene der Zeichen statt: In der itérabilité, der steten Wiederholung der Zeichen, entsteht ihre différance, die das Zeichen zitiert, jedoch fehler-

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Vgl. Göttlich 2004: 172. Dieses Zitat paraphrasiert eine frühe Fragestellung medienwirkungstheoretischer Forschung in der ersten Hälfte des 20sten Jahrhunderts. Hier wurde davon ausgegangen, dass Medien wie triviale Romane oder das Kino zu einer „Verwässerung und Verwüstung eines ‚ästhetischen Sinnes’“ (Vollbrecht 2001: 26) führen mussten. Diesem Verständnis von Medienwirkung liegt die Annahme zugrunde, dass mediennutzende Individuen moralisch und ideologisch einer diffusen und manipulativen medialen Macht weitgehend schutzlos ausgesetzt waren. Im Kontext meiner Arbeit stellt dieser Bezug einen ironisierten Zugang zur zweischrittigen Betrachtung der Konstruktion von Differenz dar: Während es in diesem Kapitel um das produktive Moment des medialen Textes geht, wird im folgenden Kapitel das des Lesers unter dem Titel „What do the people to the media“ betrachtet werden. Als ironisierend ist dieser erste Zugang zu verstehen, da es erklärtes Ziel der vorliegenden Arbeit ist, zu zeigen, inwiefern der Leser des medialen Textes über das Vermögen verfügt, im Semiotischen wirksam zu werden (wie im nachfolgenden Kapitel ausgearbeitet), die binäre Gegenüberstellung von Text und Leser sich im Performativen möglicherweise sogar auflösen lässt. 91

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

haft zitiert. Im Folgenden möchte ich dieses Konzept, wie eingangs angekündigt, durch eine diskurstheoretische Vertiefung erweitern und in dieser Erweiterung auf den Medientext beziehen. Besonders der semiotische Ansatz, der davon ausgeht, dass von audiovisuellen Medien produzierte Effekte als textuelle Gewebe aus Ketten symbolisch aufgeladener Zeichen zu verstehen sind, erschließt analytisch interessante Blickwinkel, aus denen sich Mechanismen der Reproduktion von Machtverhältnissen betrachten lassen. „Medien wie Film, Fernsehen oder Computer konstituieren sich in anhaltenden Prozessen, die nicht zum Abschluss kommen und auf einem komplexen Verhältnis von Ereignis und performativer Wiederholung basieren. Das heißt auch das Medium gewinnt seine performative Macht durch die Historizität seiner Konventionen, die über seine gegenwärtige Verfasstheit hinausweisen bzw. diese in einem Prozess vergangener und zukünftiger Transformationen einbetten“ (Seier 2005: 82).

Das Medium Fernsehen nutzt in der Erzählung von Fiktionen Bezüge zu realen Ereignissen, die es performativ wiederholt. Diese Wiederholung bringt Konventionen hervor, indem sie bestimmte soziale Wahrheiten normalisiert, wie in diesem Kapitel genauer gezeigt werden soll. Aufgrund der technologischen Möglichkeit, Filme und Serien zu speichern und zu wiederholen, ist es möglich, dem medialen Text Star Trek eine besondere Beachtung zu schenken, einen intensiveren Blick auf textuelle Strukturen von Bild und Sprache zu werfen, als es in flüchtigen Settings des alltäglichen Lebens möglich ist. Mein Augenmerk gilt vor allem performativen Momenten sprachlicher Ereignisse, wie beispielsweise Dialogen der Serie. Mit den begrifflichen Werkzeugen Michel Foucaults, von denen ich im Folgenden die für meine Überlegungen wesentlichen Theoreme vorstellen möchte, entwickle ich einen Blick auf das Performative der Fernsehserie Star Trek2. Ziel meiner Überlegungen und exemplarischen Diskussion einiger Szenen3 soll sein, eine Aussage darüber zu treffen, 2

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In der Pädagogik fand die Auseinandersetzung mit den Ansätzen Foucaults unter verschiedenen Gesichtspunkten statt. 2004 erschien unter dem Titel „Nach Foucault“ eine Textsammlung, die die Rolle des Forschers sowie die Aufgabe der Pädagogik in den Blick fasst, Subjekte im Spannungsfeld von Führung und Selbstführung zu bilden und zu erziehen (vgl. Pongratz et al. 2004: 10). Weitere Beschäftigungen mit der Bedeutung Foucaults für pädagogische Fragestellungen finden sich etwa in Volkers 2007, Ricken 2006, Kessl 2005, Andresen 2004. Der Begriff Szene aktiviert ein Wissen um bestimmte Rahmenbedingungen, die eine Situation, eine Handlung, eine Aktion von anderen

„W HAT DO THE MEDIA DO TO THE PEOPLE?“

welche diskursiven Technologien der Inszenierung von Machtverhältnissen im Medientext zur Verfügung stehen. Den Medientext Star Trek sehe ich dabei als eine konzentrierte Form der Artikulation gesellschaftlicher Diskurse (bspw. über Fremdheit, Geschlecht, Rasse, Gesundheit oder Technologie) an. Wie Bernardi in seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Kategorie Rasse bei Star Trek erklärt: „My criticisms and arguments are less about the true meanings of Star Trek, if there is such a thing, than about the patterns, trends, and relationships – the textual characteristics and sociopolitical projects – that inform and facilitate the mega-text’s significance“ (Bernardi 1998: 22).

Das Medium Fernsehen bedient sich der Performativität des Sprechens sowohl in Form diskursiver Praxen als auch nicht- oder nach-diskursiver Praxen (z.B. in der visuellen Darstellung sozialer Praxen der Körpersprache, Inszenierung, Ritualisiertheit) etc., um bestimmte Sprechformen über Differenz zu perpetuieren. „Fernsehen ist insofern an Machteffekten beteiligt, als es hervorbringt, anreizt und ermöglicht“ (Stauff 2004: 7). Die Form dieses Hervorbringens ist in dem vorliegenden Text von Interesse. Der Medienwissenschaftler Markus Stauff geht davon aus, dass sich wissenschaftliche Auseinandersetzungen mit dem Medium Fernsehen ebenso wie das Medium selbst stets in einem Zustand des Übergangs befinden: „Für die Wissenschaft ist Fernsehen [...] scheinbar zu einem problematischen Objekt geworden: Seine Gegenwart stellt sich als heterogen und vielfältig dar, dominiert von vorübergehenden Realisierungsformen, die zum einen widersprüchlichen Linien folgen und zum anderen schon bald wieder verschwunden sind“ (Stauff 2004: 5).

Dies betrifft sowohl die sich ständig neu entwickelnden Technologien in Produktion und Übertragung als auch die Rezeptionsformen. Heterogenität und Veränderung, so Stauff, können so als ein zentrales Merkmal des Fernsehens verstanden werden (vgl. Stauff 2004: 6). Die Medienabgrenzen. Der Begriff ist sowohl auf Ausschnitte medialer Texte als auch auf außermediale Texte anwendbar. Hierin artikulieren sich performative Momente des Textuellen: „Eine Szene ist als Szene deshalb wahrnehmbar, weil sie auf der gerahmten Wiederholung vorgängiger Handlungen und Muster beruht, die jedoch nicht als solche exponiert sind“ (Kolesch et al. 2002: 248). 93

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

theoretikerinnen Kloock et al. gehen davon aus, dass „Formen der Organisation, besonders die Strukturen von Wissen und Herrschaft [...] von Techniken der Kommunikation bestimmt“ (Kloock et al. 1997: 47) werden. Medien spielen für diese Techniken eine zentrale Rolle, da jedes Medium „eine spezielle Tendenz der Kommunikation“ (ebd.) hervorbringt. Mit Marshall McLuhans Formel, das Medium sei die Botschaft (vgl. McLuhan 1992: 17) lässt sich festhalten, dass jedes Medium eine eigene Technologie des Kommunizierens entwickelt, die sich auch jeweils eigenwillig auf die Formen des Mediengebrauchs auswirkt4. Gleichsam geht McLuhan davon aus, dass der Inhalt des Mediums selbst ein Medium darstellt (vgl. McLuhan 1992: 18), „Sprache ist der Inhalt der Schrift, diese ist Inhalt des Buchdrucks“ (Kloock et al. 1997: 49) etc. Weiter geht McLuhan davon aus, dass dieser Inhalt die Wirkungsweise des Mediums verschleiert. In der vorliegenden Untersuchung soll diesem Diktum der Wirkungsweise von Medien allerdings widersprochen, mindestens soll es gestört werden. Im Begriff des Performativen verbirgt sich, wie vorhergehend gezeigt wurde, nicht allein das Motiv der affirmierenden Wiederholung, sondern auch das der Verschiebung, der Veränderung, die die Repräsentation durchbricht. Kann das Fernsehen als performativ betrachtet werden, stellt sich die Frage nach seiner Wirkungsweise auf spezielle Art: „Fernsehen als ein kulturelles Objekt zu betrachten, das erst in der Überschneidung vielfältiger kultureller Praktiken eine – immer schon heterogene und ›inkonsistente‹ – Wirksamkeit erhält“ (Stauff 2004: 7). Medieninhalte wie etwa Fernsehserien verstehe ich als textuell strukturierte „Medienereignisse“ (Moser 2006: 230). Mit Doelker gehe ich davon aus, dass alle medialen Äußerungen „als Texte betrachtet werden. Wenn wir uns auf die etymologische Grundlagenbedeutung von Gewebe, Geflecht, Zusammenfügung besinnen, steht bei dieser Metapher nichts im Wege, sie auch auf das Bild auszudehnen, denn in der televisuellen Darbietung werden eben nicht nur Wörter, sondern auch Bilder und Töne und Wörter zusammengefügt, zusammengebaut, ‚geflochten’“ (Doelker 1989: 23).

Die Text-Metapher deutet noch auf mehr hin als auf ein Gefüge von Bedeutungen. Sie hinterfragt nach Barthes ebenso wie nach Derrida das hermeneutische Konzept des Verstehens, da Sinnhaftigkeit nicht selbst-

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McLuhans theoretische Ansätze sind vielfältig diskutiert worden. Wie Jäckel erklärt, setzt sich beispielsweise Eco mit der Problematik dieser Ansätze auseinander, konzeptionell undifferenziert zu bleiben (vgl. Jäckel 2008: 267).

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verständlicher Gehalt eines Textes und Ergebnis einer erfolgreichen Lektüre darstellt. „Text heißt Gewebe; aber während man dieses Gewebe bisher immer als ein Produkt, einen fertigen Schleier aufgefasst hat, hinter dem sich, mehr oder weniger verborgen, der Sinn (die Wahrheit) aufhält, betonen wir jetzt bei dem Gewebe die generative Vorstellung, dass der Text durch ein ständiges Flechten entsteht und sich selbst bearbeitet; in diesem Gewebe – dieser Textur – verloren, löst sich das Subjekt auf wie eine Spinne, die selbst in den konstruktiven Sekretionen ihres Netzes aufginge“ (Barthes 1974: 94).

Das Subjekt, das im Gewebe der Bedeutungen hervorgebracht wird, wird als dem Text Unterworfenes konzipiert (vgl. Lüders 2004: 55), wie weiter unten vertieft wird. Aus diskurstheoretischer Sicht stellt Sprechen als Artikulation innerhalb eines sozial relevanten Zeichensystem ein Instrument der Vermittlung dar, es stellt symbolische Verbildlichungen der Welt zur Verfügung. „Auch so unschuldig anmutende Wörter wie ‚wir’, ‚hier’, ‚jetzt’, ‚gut’, ‚sein’ sind sprachliche Handlungen, da sie Weltbilder zum Ausdruck bringen, und durch die Wiederholung der entsprechenden Worte diese Weltbilder perpetuieren. Mit den genannten Wörtern werden beispielsweise Konzeptionen von Identität, Raum, Zeit, Qualität und Existenz zum Ausdruck gebracht“ (Landwehr 2001: 10).

Den Vorgang des Sprechens begleitet ein bestimmtes Verständnis von Sprache, das davon ausgeht, sie bilde die Wirklichkeit ab, wie sie ist. Dieses Verständnis stellt ein notwendiges Kriterium zur Verständigung dar, welches diese konfliktfrei zu ermöglichen vermag. Wirklichkeit wird hiermit im kollektiv geteilten Alltagswissen einer Sprachgemeinschaft als vorsprachlich konzipiert – nach Landwehr ein „Trugschluss“ (Landwehr 2001: 10). Erkenntnistheoretische Ansätze des linguistic turn, den die Sozialund Kulturwissenschaften Mitte des 20sten Jahrhunderts erfahren haben und der u.a. als Effekt der Sprechakttheorie gesehen wird, kritisieren diese Vorannahme auf der Basis konstruktivistischer Konzeptionen von Wirklichkeit, die davon ausgehen, dass sprachliche Beschreibungen sozialer Wirklichkeit erst der Herstellung derselben dienen (vgl. etwa Berger 1999, Foerster et al. 2000). Eine solche Idee stellt Konzepte wie Sinn und Bedeutung nicht nur in Frage, indem sie ihre Beschaffenheit und ihr Auftreten anzweifelt, sondern lehnt ihre Konzeption als essentialistisch ab. Das führt zu der Prämisse: Sprechen ist nicht unmittelbar und ver95

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stehbar, Sprechen besitzt eine Handlungsebene, ist dadurch performativ, dass es Worte symbolisch mit dem Handeln verbindet (vgl. Winkler 2004: 97). Die sprachliche Konstruktion von Wirklichkeiten stellt Zusammenhänge her, die auf bestimmte Weise strukturiert sind. Sie ist niemals abzulösen von Macht- und Herrschaftsverhältnissen, Interessen und Ideologien, die gesellschaftlich wirksam sind, das heißt, Wirkungen besitzen für die Subjekte (vgl. Landwehr 2001: 10). Da die Erfahrungen sozialer Wirklichkeit sich nicht weitläufig gleichen, kommt es immer wieder zu Störungen des Sprechens, die zugunsten des pragmatischen Bedürfnisses der Kommunikation ausgeräumt werden müssen. Das Sprechen bedient sich also Regeln der Stabilisierung, um Kontinuitäten herzustellen. Der Begriff des Diskursiven dient dazu, das regulative Moment von Sprache, Ordnungen herzustellen, zu beschreiben. Nach Keller vermittelt sich Beziehung des Menschen zur Welt „durch kollektiv erzeugte symbolische Sinnsysteme oder Wissensordnungen [...]. Der Bezug auf den Begriff ‚Diskurs’ erfolgt dann, wenn sich die theoretischen Perspektiven und die Forschungsfragen auf die Konstitution von Welt im konkreten Zeichengebrauch und auf zugrunde liegende Strukturmuster oder Regeln der Bedeutungs(re-)produktion beziehen. Diskurse lassen sich als mehr oder weniger erfolgreiche Versuche verstehen, Bedeutungszuschreibungen und Sinn-Ordnungen zumindest auf Zeit zu stabilisieren und dadurch eine kollektiv verbindliche Wissensordnung in einem sozialen Ensemble zu institutionalisieren“ (Keller 2004: 7).

Keller stellt den Diskursbegriff als zentralen Referenzpunkt dieses Kapitels vor: Es geht darum, bestimmte Formen des Sprechens, als welche Diskurse zu verstehen sind, als mit Autorität versehene gesellschaftliche Räume zu thematisieren. Ich möchte mir eine diskurstheoretische Forschungsperspektive, die „sich mit dem Zusammenhang zwischen Sprechen /Schreiben als Tätigkeit bzw. sozialen Praktiken und der (Re-)Produktion von Sinnsystemen/Wissensordnungen, den darin eingebundenen sozialen Akteuren, den diesen Prozessen zugrunde liegenden Regeln und Ressourcen sowie ihren Folgen in sozialen Kollektiven“ (ebd.) befasst, in der vorliegenden Untersuchung zu nutze machen, um damit die im Medientext dargestellten sprachlichen Praktiken auf ihr performatives Potenzial zu untersuchen. Der Rekurs auf die Diskurstheorie sowie den dekonstruktivistischen Performativitätsbegriff soll es mir ermöglichen, letztlich eine Aussage über das performative Moment des medialen Textes zu formulieren. 96

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Aus verschiedenen Gründen werden die theoretischen Erläuterungen im folgenden Text in Bezug zur Fernsehserie Star Trek gesetzt. Ein zentraler Grund liegt in der noch zu problematisierenden Eigenschaft diskurstheoretischer Konzepte, von Foucault selbst auch als Analysekategorien angelegt zu sein. Machtreproduktion ist ein Moment jeden Sprechens und findet verdeckt statt. Die Begriffe der Diskurstheorie können methodisch als Instrumente verstanden werden, mit denen eine Aufdeckung der Macht, ihrer Strategien und Bewegungen möglich erscheint. Ich möchte diese Eigenschaft der foucaultschen Begriffe illustrieren, indem ich sie in ein Verhältnis zu dem fiktionalen Text Star Trek setze. Darüber hinaus möchte ich mit dieser besonderen Setzung von Fiktion und Theorie eine Perspektive anbieten, der sich aktuelle und jüngere diskurstheoretische sowie analytische Projekte selten öffnen: Im Sinne Austins’ Unterscheidung von ernsthaft und nicht-ernsthaft wird hier unterschieden zwischen ernstzunehmenden, untersuchungswürdigen Texten und solchen, die vermeintlich für die Analyse weniger interessant zu sein scheinen. Zu Letzteren gehören – quasi nach sprechakttheoretischen Kriterien aus der Gruppe der ernsthaften bzw. ernstzunehmenden Texte ausgeschlossen – u.a. fiktionale Texte, sowohl fiktionale Literatur als auch Computerspiele oder Fernsehserien. Klassischerweise befassen sich diskurstheoretisch motivierte Untersuchungen mit der Analyse reportierender Textsorten wie Nachrichten oder Berichterstattung. Diese Untersuchung soll keine diskursanalytische Betrachtung Star Treks leisten, sondern vielmehr als einen weiterführenden Schritt ermöglichen, indem die Begriffs-Werkzeuge des Handwerkskasten Diskurstheorie in ihrer Tauglichkeit für die Demontage audiovisueller fiktionaler Texte überprüft werden sollen. Populäre mediale Texte wie Star Trek interessieren aus machtkritischer Perspektive vor allem in Hinsicht auf ihre „gesellschaftliche Bedingtheit“ und ebenso auf die „soziale Determiniertheit von Textproduktion, -rezeption und -inhalten“ (Landwehr 2001: 70) hin. Eine diskurstheoretische Betrachtung, die sich vor allem an Foucault anlehnt, ermöglicht dies, da sie über eine linguistische bzw. sprechakttheoretische Untersuchung der Texte hinausgeht: Sie fragt nach den sozialen Implikationen von Sprache sowie denen nicht-sprachlicher Praxen, nach der Produktion von Macht und Normalität, der Herstellung und Funktion von Kollektivsymbolen und Ideologien und den Technologien der Subjektivierung, genauer: sie stellt die Frage, warum und welche Subjektpositionen machtvoll agieren können und warum andere nicht.

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Wie im Folgenden gezeigt werden soll, entwickelte Foucault in seiner Kritik gesellschaftlicher Machtverhältnisse mit den Begriffen des Diskurses, der Aussage sowie des Dispositivs Instrumente zur Beschreibung von Mechanismen, die in der Lage sind, Subjekte zu unterdrücken, indem sie diese erst hervorbringen.

‚Diskurs’ theoretisiert den Zusammenhang von Macht und Sprechen „Es erfordert inzwischen einigen Mut, das Wort ‚Diskurs’ in wissenschaftlichen Diskussionen auszusprechen oder niederzuschreiben. Seine inflationäre Verwendung und die nahezu gänzliche Beliebigkeit seiner inhaltlichen Ausfüllung haben kaum dazu beigetragen, ihn als analytische Kategorie zu etablieren, sondern führten vielmehr dazu, dass regelmäßig ein Aufstöhnen zu vernehmen ist, sobald vom ‚Diskurs’ die Rede ist.“ (Landwehr 2001: 65)

Mit Landwehr scheint es ratsam, den Begriff dessen, was in dieser Untersuchung unter Diskurs verhandelt werden soll, genauer zu bestimmen. Er macht darauf aufmerksam, dass es derzeit drei populäre Konzeptionen von Diskurs gibt (ebd.), deren Schwerpunkte eher linguistisch, in der Tradition Jürgen Habermas’ sowie in der Michel Foucaults5 zu verorten sind. In der vorliegenden Untersuchung soll der Ansatz Foucaults eine zentrale Rolle spielen, da seine Beobachtung der Entstehung dessen dient, was allgemein als Wahrheit angenommen wird. „Welche Art von Behauptung stellt man eigentlich auf, wenn man sagt, durch Sprache verletzt worden zu sein? Im Grunde schreibt man der Sprache eine Handlungsmacht zu, nämlich die Macht zu verletzen [...]. Man behauptet also, dass die Sprache handelt“ (Butler 1997: 9).

Sprache bzw. Sprechen kann berühren, verändern und verletzen, und dafür stehen ihr, wie in Kapitel 2) dargelegt wurde, verschiedene Mittel zur Verfügung. Die Ausübung von Macht ist damit ein strukturelles Charakteristikum von Sprechen. Dieses Sprechen entfaltet allerdings erst 5

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Auf die Unterschiede der Ansätze soll hier nicht weiter eingegangen werden, vielmehr soll auf die von Landwehr vorgenommene Vertiefung verwiesen werden (Landwehr 2001: 68f).

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seine ganze Wirkkraft, wenn es auf Bedeutungen zurückgreifen kann, welche nur unter bestimmten – man könnte sie aus der Perspektive der Diskurstheorie als systematische bezeichnen – Bedingungen entstehen können. Solche Sprech-Systeme als Diskurse zu verstehen, macht es möglich, die soziale Rahmung, in der sich Bedeutungen entwickeln, mit einzubeziehen in ein Modell des performativen Funktionierens medialer Texte. Sprechen bezeichnet mit Mecheril et al. „Voraussetzung, Medium und Konsequenz des Vermögens Einzelner [...], sich sozial handelnd zu artikulieren, darzustellen und zu verändern“ (Mecheril et al. 2006a: 356). Indem der Einzelne fraglos sprachlich handelt (vgl. Mecheril et al. 2006a: 357), seine Form der artikulativen (Selbst-)Darstellung von anderen nicht in Frage gestellt wird, kann er sich selbst als in seinem sozialen Kontext wirksam wahrnehmen. Sprechen übernimmt damit die Funktion, ihn in diesem Kontext einzuordnen. Dieses ordnende Sprechen strukturiert soziale Situationen. Es schafft „eine Orientierung durch die kollektive und umfassende Einbindung der Einzelnen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines gemeinschaftlichen Kontextes“ (ebd.). In diesem Sinne als durch gemeinschaftliche Kontexte navigierend verstanden, besitzt Sprache auf zwei Arten Macht. Sie ist ebenso ermächtigend, indem sie Individuen wirksam werden lässt, wie auch unterwerfend, indem sie diese identifiziert, anrufbar macht und in dieser Anrufung verfehlt: „Der Prozess der Subjektivierung muss nun sowohl als Ermächtigungsprozess als auch als Vorgang der Unterwerfung, als Ermächtigung durch Unterwerfung sowie Unterwerfung durch Ermächtigung verstanden werden“ (Mecheril et al. 2006a: 358). In dieser Ambivalenz zeigt sich, dass das Bezeichnende der Sprache das, was es bezeichnet, zugleich auch hervorbringt. Das Bezeichnen allerdings muss legitimiert sein. Das „Vermögen zu sprechen“ (Mecheril et al. 2006a: 366) bedeutet nicht allein, über Kompetenz zu verfügen, grammatisch richtig zu sprechen, sondern vielmehr noch bedeutet es, durch den sozialen Kontext legitimiert zu sein, sprechen zu dürfen. „Sprache stellt einen Raum und ein Medium sozialer Distinktion dar. Mit Sprache werden soziale Unterschiede ausgedrückt und produziert, mit und in Sprache werden diese Differenzen überdies erfahrbar wie auch verständlich (gemacht). Die Unterschiede, die mit Sprache, dem Schreiben und dem Sprechen hervorgebracht werden, sind relevante Unterschiede, weil sie in einem systematischen Zusammenhang zu Differenzen stehen, in denen gesellschaftliche Positionen und Anerkennung zum Ausdruck kommen“ (Mecheril 2006a: 360). 99

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Wird Macht verstanden als das Vermögen, wirksam werden zu können, heißt das also in Bezug auf Sprache, dass der sprachliche Raum genutzt wird, um mit der Herstellung von Differenzverhältnissen bestimmte machtvolle Positionen stützen. Der französische Philosoph Michel Foucault theoretisiert diesen Zusammenhang unter dem Begriff des Diskurses. Hierunter versteht er besonders geregelte Sprechweisen, deren Funktion es ist, bestimmte soziale Ordnungen herzustellen und zu stabilisieren sowie andere zu verhindern. Die hier eingefangenen Momente dieser Theorie sollen es ermöglichen, ein Konzept der Performativität medialer Texte zu entwickeln, um die Frage zu beantworten, inwiefern mediale Texte durch die Konstruktion von Bedeutung und Differenz produktiv werden. Einige von Foucaults Begriffen wie z.B. der der Aussage oder der des Dispositivs sollen erläutert werden, um dem performativen Sprechen fiktionaler Medien, also ihrer Art, Ereignisse, Gegenstände, Beziehungen oder Interaktionen zu präsentieren, zu konstruieren und zu inszenieren, auf die Spur zu kommen. Es geht mir darum, der Produktion von Macht und der Macht der sprachlichen Produktion auf die Spur zu kommen. Der Diskursbegriff ist als ein Konstrukt der Sozialforschung zu verstehen, das nach Keller eigentlich eine Unterstellung beinhaltet. Es behauptet, „dass spezifischen empirischen Daten, die zunächst als singuläre, in Zeit und Raum verstreute Ereignisse (Äußerungen) existieren und dokumentiert sind, ein Zusammenhang, eine Regel oder Struktur unterliegt“ (Keller 2004: 79). Diese Struktur, so die These der vorliegenden Untersuchung, formiert sich in einer performativen Zirkulation von Aussagen über das Andere, in denen sich bestimmte Verständnisse des Anderen sowie Machtverhältnisse zwischen dem Anderen und dem Eigenen reproduzieren. Michel Foucault erklärt eine Menge solcher Aussagen zu einem Diskurs, „die einem gleichen Formationssystem zugehören“ (Foucault 1981: 156). Das heißt, es gibt Regeln, die festschreiben, welche Aussagen zu welchem Diskurs dazugehören, also im Diskurs als sinnhaft und wahrhaftig wahrgenommen werden, und welche nicht. Diese besondere Materialität von Aussagen, die darüber entscheidet, unter welchen Bedingungen eine Aussage eine bestimmte Bedeutung annimmt, unterscheidet die Beschaffenheit der Aussage von der des Satzes oder der Proposition, wie im Folgenden mit Foucault zu zeigen sein wird. Im Diskurs finden sich Sprechbewegungen, die Wahrheiten von Nicht-Wahrheiten trennen, Bewegungen, die von Subjekten vollzogen 100

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werden und sich in ihnen vollziehen. Der Diskurs ist zugleich vom Subjekt formbar und zugangsbeschränkt. Den Diskurs als Subjekt formen, beeinflussen zu können, bedeutet, Definitionsmacht über soziale Wirklichkeiten und kollektive Wirklichkeitskonzepte zu besitzen. Die sich in gesellschaftlichen Diskursen wirksam formierende Macht vollzieht ihre Bewegungen nach bestimmten Regeln. Die Begriffe, die Foucault einführt, um die Strukturen der Diskurse zu erfassen, ermöglichen es, zu einem Modell der Beschreibung von sozialen Praktiken zu gelangen, in denen Sprache die Macht besitzt, soziale Wirklichkeiten zu erschaffen, leibliche Körper zu erfinden, Biographien, Normalität und Abweichung herzustellen und Subjekte zu disziplinieren. Disziplinierung bedeutet, dass bestimmte Formen des Subjekt-Seins zugelassen werden, während andere im doppelten Wortsinn ausgeschlossen sind. Sprechen besitzt diese machtvolle Bedeutung für das Subjekt aufgrund seiner systematischen Verflechtung mit sozialen Verhältnissen der Dominanz und Subordination, denn „Diskurse bilden ‚theorie-praktische Komplexe’, die nicht nur mit einer Reihe von Praktiken verwoben sind, die ihnen selbst äußerlich angeheftet sind; vielmehr handelt es sich um die Systeme des Sprechens, der Rationalisierung und der Argumentation, die die Verflechtungen der Macht, der Legitimation und des Handelns erzeugen. Beide erweisen sich als unmittelbar identisch: Weder gibt es Tätigkeiten, die nicht in einem Denken gründen, noch umgekehrt Weisen des Wissens oder der Interpretation, die nicht zugleich praktisch wirksam wären“ (Mersch 1999: 165).

Der Diskurs als System des Sprechens ist allerdings nicht statisch, sondern prozessual zu verstehen: „’Diskurs’ steht mithin für die Eigendynamik semantischer und kultureller Prozesse, die sich, auf materielle Anordnungen des diskursiv Konstruierten bezogen“ (Bublitz 2003: 7, vgl. Foucault 1973: 150), in Wechselwirkung mit materiellen Institutionen befinden und in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden müssen. Die Wechselwirkung diskursiver Prozesse mit materiellen Institutionen sowie nicht-diskursiven Praktiken wird in diesem Kapitel unter dem Begriff des Dispositivs näher betrachtet. „Ans Sprachliche angelehnt, aber nicht ausschließlich darauf beschränkt, bildet ‚Diskurs’ den wichtigsten ‚physikalischen Begriff’, den Foucaults Diskurstheorie einsetzt, um zu beschreiben, was gesagt wird und was sichtbar ist“ (Bublitz 2003: 8). Diskurse ordnen die Produktion von Wahrheit, indem sie Plausibilität erzeugen. Sie stellen ein Regelsystem zur Verfügung, das Aussagen ermöglicht, die als wahr, als plausibel anerkannt werden. Damit kann der Diskurs auch als ein Ordnungsprinzip des Sprechens be101

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zeichnet werden. Soziale bzw. diskursive Praxen sind konventionalisierte Denk- und Handlungsformen, die Situationen und Beziehungen strukturieren und bestimmen. In ihnen bestätigt sich das So, auf-diese-Art-machen-wir-das!, das die Interaktion der Individuen innerhalb von Gruppen organisiert und inszeniert sowie die Gruppe nach außen präsentiert. Hannelore Bublitz expliziert diesen Begriff im Hinblick auf ein an Foucault angelehntes diskursanalytisches Vorgehen, auf das im Rahmen dieser Untersuchung zu einem späteren Zeitpunkt Bezug genommen wird. An dieser Stelle ist neben dem Begriff der sozialen Praxen bzw. Praktiken die von Bublitz artikulierte, dem diskurstheoretischen Befragen von Sprech-Zusammenhängen inhärente kritische Haltung interessant, die auch als der vorliegenden Untersuchung zugrundeliegend verstanden werden soll: „Diskursanalyse in der Tradition der Foucault’schen Diskurstheorie etabliert eine kritische Perspektive, die das Vertrauen in die Wahrhaftigkeit der Rede und ihre – im Rekurs auf unverzerrte Sprechsituationen – implizite Infragestellung asymmetrischer Machtbeziehungen durch eine explizit machtkritische Analyse überschreitet. Diskursanalyse verschreibt sich geradezu apodiktisch der Auffassung einer unlösbaren Verschränkung von Wissen, Sprache und Macht, womit zugleich auf die Machtwirkungen und die Materialität des Diskurses abgehoben wird. Der Begriff der diskursiven Praktiken bildet gewissermaßen ein Scharnier, an dem sich Reden und Handeln, Sprache und Macht als Realität und Sinn erzeugende Praktiken verschränken“ (Bublitz 2003: 9).

Der Diskurs stellt also eine endliche Anzahl von Aussagen zur Verfügung, die Individuen machen können, um sich innerhalb der Ordnung zu positionieren. Die Grenzen des Diskurses müssen von den Individuen gewusst werden, um richtige Aussagen von falschen Aussagen unterscheiden zu können und an den Praxen des ‚So-machen-wir-das’ Teil zu haben. Das Machtvolle der Diskurse geht wesentlich auf das Moment der Disziplinierung zurück, das dem Sprechen innewohnt. Weiter oben bin ich mit Landwehr et al. davon ausgegangen, dass Sprechen Spuren hinterlässt, das heißt, es schreibt sich in die Subjekte ein. Indem sie das Performative der Sprache nutzen, werden dominante Politiken institutionalisiert und versucht, eine kulturelle Einheit zu konstituieren (vgl. Bublitz 1999: 32), die sich gleichsam über eine Spaltung der Kulturen herstellt. Bublitz erkennt hierin eine „Strategie der Fragmentierung“ (ebd.): „’Die Gesellschaft’ muss permanent gegen die ‚gefährlichen Individuen’ und ‚gefährlichen Klassen’ verteidigt werden, die sie selbst als solche produ102

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ziert“ (ebd.). Diskurse werden damit zu Technologien der Herrschaft (vgl. Bublitz 1999: 33). Diskurse zirkulieren unter anderem dadurch so etwas wie Normalität, indem sie Abweichungen markieren. Sprechen stellt eine Art der Kontrolle dessen dar, was gesagt werden darf, aber, wie Bublitz betont, auch dessen, was gedacht werden darf: „Auf der Ebene der gesellschaftlichen Teilungspraktiken (individuelle und institutionelle Praktiken) werden die im Wissensarchiv entwickelten Denkkategorien (als Gesetz dessen, was gedacht oder gesagt werden kann) zu sozialen Einordnungs- und Klassifikationsmechanismen, zu Mechanismen der sozialen Differenzierung“ (Bublitz 1999: 34).

Denkkategorien und Verständnisse, Wissensarten und Konventionen gehen somit aus dem Archiv des Sagbaren hervor und bestimmen dieses. Dieses dialektische Verhältnis soll im Folgenden mit Foucault genauer erläutert werden.

D i e D i a l e k t i k vo n M a c h t u n d S p r e c h e n bei Foucault Foucaults Interesse galt der historischen Entwicklung solcher konventionalisierter Denkformen, die er mit beeindruckender, jahrhundertealter Macht ausgestattet sah, wie etwa die Wissenschaften. Laut Mersch handelt es sich bei Diskursen dieser Art um „dichte heterogene Gewebe der Wissensformen und ihrer Repräsentationen, der sozialen Gegebenheiten und politischen Institutionen, der Technologien der Macht und der Prozesse der Normierung, die der Singularität dessen, ‚was wir sind’, zu allererst Gestalt verleihen“ (Mersch 1999: 165). Foucault widmete seine Forschung vor allem deshalb der Geschichte der Wissenschaften, da es zu seinen Zielen gehört, die Konstruiertheit gesellschaftlicher Wahrheiten freizulegen. Er wollte nach dem suchen, was gemeinhin als selbstverständlich gilt, um es von Jahrhunderte altem Staub zu befreien und seine ganz und gar nicht naturgewachsene Beschaffenheit zu präsentieren. Dabei spezialisierte er sich in seinen Werken auf die großen Wahrheitsproduzenten der Medizin und der Rechtswissenschaft. Eckpunkte seines Schaffens waren die Beschäftigungen mit den großen Metaerzählungen der Moderne: Körper, die Disziplinierung und das Subjekt. Seine Entlarvungen bringen die verzweigten Zusammenhänge von Wissen und Macht ans Licht. Er entwickelt einen Machtbegriff, der den Ideen einer einseitig ‚von oben nach unten’ wirkenden, regierenden Macht etwas entgegen zu setzen versucht. „Unter 103

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Macht [...] ist zunächst zu verstehen: die Vielfältigkeit von Kräfteverhältnissen“ (Foucault, 1983: 113), die ein dynamisches Netz aus Machtbeziehungen knüpfen, das sich selbst ständig wiederholt, reproduziert und verschiebt. Foucault konstruiert die Metapher eines „nicht zentrierten, sondern lokalen und zeitlich ausgedehnten, bewegliches Geflechts gesellschaftlicher Beziehungen“ (Hauskeller 2000: 212). Macht ist nach Foucault ein produktives Prinzip der Gesellschaft, was sie produziert und kontrolliert und wodurch sie gleichzeitig kontrolliert wird, ist gesellschaftliches Wissen. Diese Macht dient der Kontrolle des Individuums, sie verdinglicht sich in Institutionen und Technologien, erklärt Foucault in den 1970ern, um später hinzuzufügen: „Die Macht ist nicht etwas, was man erwirbt, wegnimmt, teilt, was man bewahrt oder verliert; die Macht ist etwas, was sich von unzähligen Punkten aus und im Spiel ungleicher und beweglicher Beziehungen vollzieht“ (Foucault 1983: 115). Für Foucault stellt sich das Phänomen der Macht als heterogen und vielfältig verortet dar. Macht ist demnach nicht etwas, das Individuen innehaben können. Macht ist ein Prinzip der Verteilung, der Bewegung, der Plausibilisierung. „Macht ist [...] bereits in den diskurskonstituierenden Regeln verankert. In der Sichtbarmachung einer verdeckt operierenden Macht liegt der Schlüssel eines diskursanalytischen Verfahrens, das kritische Perspektiven auf die Oberflächenwirkung der Macht eröffnet. Es eröffnet zugleich Ein-Sichten in die historische Entstehung einer quasi-natürlichen Ordnung der Dinge. Es verweist auf Konstruktionen, Technologien, Durchregelung und Schematisierung, worin der Augenschein Natur und Wesen der Dinge, der Körper und der Subjekte vermutet wird. Schließlich wird durch dieses Verfahren das Natürliche selbst in Frage gestellt; es erscheint aus diskursanalytischer Perspektive als Machteffekt des kulturell Konstruierten und technologisch Hergestellten“ (Bublitz 2003: 10).

Bestimmte Sprecher-Positionen können machtvoll sein, und den Individuen, die sie besetzen, gebührt der Status des Subjekts – doch nicht alle Individuen besitzen diesen Status, er wird unter ganz unterschiedlichen Bedingungen zu- oder aberkannt. Was also die Betrachtung diskursiver Praxen versucht, ist eine Erklärung des Prozesses dieser Legitimierung von Subjektivierung und Ent-Subjektivierung: Unter welchen Umständen spricht ein Individuum als diskursiv bestätigtes Subjekt? „Gesellschaft erscheint so in eine Vielzahl lokaler Kämpfe um Macht und Ordnung zersplittert, die immer prekär bleiben muss. Sie bildet ein Netzwerk 104

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vielfältiger Kräfteverhältnisse, die nicht primär auf Verbot, Zwang und Verhinderung, also auf eine ‚neinsagende Gewalt’, sondern auf den hervorbringenden und intensivierenden, aber darin zugleich auch einschränkenden und begrenzenden Charakter von Ordnungs- und Klassifikationsverfahren, die ‚normend, normierend, normalisierend wirken’ (Foucault 1976: 236), abstellen“ (Bublitz 2003: 8).

Macht ist nicht gleichzusetzen mit Repression – gleichwohl die Macht in der Lage ist, hierarchische Strukturen der Herrschaft zu reproduzieren. Foucault findet das Subjekt von der Macht bewegt und diese bewegend. Das Subjekt spricht und ist durch Sprache bestimmt. Diese Bestimmtheit bedeutet, es ist „einer Reihe gesellschaftlicher Regulierungen unterworfen“ (Butler 1991: 145), die es disziplinieren. Normative Kräfte wirken über Zwänge, Verpflichtungen und Zurichtung, aber ebenso über verhandelbare Konventionen, sozial konstruierte und diskursiv naturalisierte Konventionen auf das Individuum ein und machen es zum Subjekt oder verwehren ihm seine Subjektivität. Dieses Kennzeichen ist es, was die Macht problematisch macht. Sie unterscheidet zwischen Subjekt und Nicht-Subjekt. Im Zentrum der Macht-Kritik steht also nicht die Macht selbst, sondern ihre Herrschaft, die sich in Machtungleichheitsverhältnissen äußert: „Der Grund dafür, dass die Macht herrscht, dass man sie akzeptiert, liegt ganz einfach darin, dass sie nicht nur als neinsagende Gewalt auf uns lastet, sondern in Wirklichkeit die Körper durchdringt, Dinge produziert, Lust verursacht, Wissen hervorbringt, Diskurse produziert; man muss sie als ein produktives Netz auffassen, das den ganzen sozialen Körper überzieht und nicht so sehr als negative Instanz, deren Funktion in der Unterdrückung besteht“ (Foucault 1997: 35).

In der Definition dessen, was Macht darstellt, spielt für Foucault vor allem die Produktion von Wahrheit eine entscheidende Rolle. Seine Fragestellungen drehen sich darum, wie die Mechanismen der Macht arbeiten und Wahrheit produzieren, wie Diskurse zirkulieren. Wie im Folgenden deutlich wird, hängt die Macht, etwas Wahres zu sagen, eng mit den Regeln zusammen, die das Sprechen in den Diskursen organisiert. Ein Moment des Performativen des Diskurses kann an dieser Stelle schon festgehalten werden: Das Erzeugen von Bedeutungen und ihre Naturalisierung sowie die Normalisierung sozialer Praxen durch Regeln des Diskurses. Bei einer Aufdeckung solcher Regeln wird zutage gefördert,

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„wie der [...] Diskurs als Praxis, der sich an ein bestimmtes Feld von Gegenständen wendet, der sich in den Händen einer gewissen Zahl von statuarisch bezeichneten Individuen befindet, der schließlich bestimmte Funktionen in der Gesellschaft zu erfüllen hat, sich über Praktiken artikuliert, die ihm äußerlich und selbst nicht diskursiver Natur sind“ (Foucault 1981: 234).

D i e Au s s a g e Es wird deutlich, inwiefern der Begriff Diskurs die Kategorie dessen, was untersucht werden soll, genauer beschreibt als der weiter gefasste Begriff der Sprache, der in der Untersuchung an mehreren Stellen gebraucht wird: Sprache ist ein System unendlich vieler Aussagen, die möglich sind, der Diskurs hingegen eines, in dem nur eine begrenzte Anzahl von Aussagen formulierbar ist. Die Frage nach dem Ort einer Aussage und damit auch nach ihrer strategischen Funktion ist für eine Untersuchung von Machtstrukturen bedeutsamer, als die Frage danach, was in der Aussage eigentlich gesagt wurde. Foucault bezeichnet die Aussage in einer physikalischgeometrischen Metapher als „Punkt ohne Oberfläche“, als ein „Korn, das an der Oberfläche eines Gewebes auftaucht, dessen konstitutives Element es ist. Ein Atom des Diskurses“ (Foucault 1981: 117). Eine Aussage lässt sich, wie Foucault anschaulich zeigt, nicht mit logischen, grammatikalischen oder sprechakttheoretischen Kriterien messen, die alle zu sehr eingrenzen, was jeweils eine Proposition, einen Satz oder einen Sprechakt darstellt, sie lassen der Aussage seiner Ansicht nach nicht ihre „Ausdehnung“ (Foucault 1981: 122)6. Ebenso wie eine „Tabelle der botanischen Arten“ (Foucault 1981: 119f) oder die Reihe verschiedener, nicht zusammenhängender Buchstaben eine Aussage sein können, kann auch eine Graphik eine Aussage darstellen. Und Foucault geht in der Entgrenzung seiner Identifikation der Aussage noch weiter: Warum sollte nicht ein einzelnes Zeichen eine Aussage darstellen können? Dann wäre die notwendige Bedingung des 6

Im vorhergehenden Kapitel wurde erläutert, inwiefern John Austin sich im Rahmen seiner Sprechakttheorie mit dem ähnlichen Problem auseinander setzt, als er versucht, zu definieren, worin genau eine Äußerung besteht. Er problematisiert vor allem die Marginalisierung einiger Aussagen als ‚Pseudoaussagen’. Austins Unterscheidung in lokutionäre und illokutionäre Akte können Foucault allerdings nicht ganz überzeugen, die Austinsche Definition des Sprechaktes ist ihm zu wenig genau. Aussagen sind seiner Ansicht nach gleichzeitig mehr und weniger als der Sprechakt. Jedoch ist es möglich, in jeder Aussage eine Proposition, einen Satz oder einen Sprechakt zu entdecken.

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Auftretens der Aussage die Existenz des Zeichens (vgl. Foucault 1981: 123). „Das ‚Atom’ des Diskurses, die Aussage, wird durch ihr Auftreten, ihr In-Erscheinung-Treten, mithin durch ihre Sichtbarkeit und Wiederholbarkeit definiert“ (Bublitz 2003: 5) konstatiert Bublitz. In Foucaults Diskussion dieser Wiederholbarkeit von Aussagen können wir uns an das Motiv der itérabilité Derridas erinnert fühlen. Foucault schreibt: „Eine Aussage existiert außerhalb jeder Möglichkeit, wiederzuerscheinen; und das Verhältnis, das sie mit dem unterhält, was sie aussagt, ist nicht identisch mit einer Menge von Anwendungsregeln. Es handelt sich um ein einzigartiges Verhältnis. Und wenn unter diesen Bedingungen eine identische Formulierung wiederauftaucht, sind es immer dieselben Wörter, die benutzt werden, sind es substantiell dieselben Namen, ist es insgesamt derselbe Satz, aber es ist nicht zwangsläufig dieselbe Aussage“ (ebd.)7.

Während Austin den Sprechakt abgrenzt von solchen Aussagen, die er ‚nicht ernsthaft’ nennt, und eben nicht als Aussagen anerkennt, ordnet Foucault den Sinn der Struktur unter. Er ist der Ansicht, dass es Aussagen gibt, bei denen man davon ausgeht, dass sie keinen Sinn haben können: „‚Farblose grüne Ideen schlafen wütend.’ Zu sagen, dass ein Satz wie dieser keinen Sinn hat, setzt tatsächlich voraus, dass man bereits eine bestimmte Anzahl von Möglichkeiten ausgeschlossen hat: man gibt zu, dass es sich nicht um die Erzählung eines Traumes handelt, dass es sich nicht um einen poetischen Text handelt, dass es sich nicht um eine kodierte Nachricht handelt, auch nicht um das Sprechen eines unter Einfluss von Drogen stehenden, sondern um einen Aussage-Typ, der auf bestimmte Weise mit einer sichtbaren Realität im Verhältnis stehen muss“ (Foucault 1981: 131).

Die Aussage hat also keinen klaren Rahmen, der ihren Anfang und ihr Ende, ihren Wahrheitsgehalt oder ihre Falschheit begrenzt. Sie beruht auf kontextueller Aushandlung, ist mit einem Referential verbunden, das nicht durch etwas Wirkliches konstituiert ist, sondern durch Gesetze des Möglichen, durch die Regeln des Diskurses, die etwas für existent erklären oder nicht.

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Dies wäre auch nach der itérabilité nicht der Fall. Derrida sieht in der Wiederholbarkeit (des Zeichens) die Unabhängigkeit von einem wie auch immer gegebenen Kontext: Die Aussage als Zitat, als Kopie und Original zugleich. 107

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Vier Merkmale der Aussage lassen sich mit Foucault explizieren. Seine Öffnung des Aussage-Begriffs möchte ich mir dabei zu nutze machen, indem ich den medialen Text Star Trek als ein Gewebe narrativer Aussagen betrachte. Von besonderem Interesse sind dabei zum einen inszenatorische Aussageformen (die etwa so erfragt werden könnten: Inwiefern stellt die räumlich Darstellung der Figuren, die Beleuchtung, der Bildausschnitt bestimmte Sprecherpositionen her?) sowie zum anderen die tatsächlich im Schauspiel getätigten Aussagen (wer spricht mit welcher Autorität?). 1) Eine Aussage findet in einem Raum von Relationen und Möglichkeiten statt, der begrenzt ist. Für den Text eines fiktionales Mediums wie der Fernsehserie bedeutet das: Das Vorhandensein eines allgemeinen Verständnisses erscheint notwendig. Es muss ein Wissen darüber geben, was im Rahmen dieser Fiktion, dieser Nicht-Wirklichkeit als möglich angesehen wird, welche Aussagen als mögliche Aussagen bestehen können, was als sagbar gilt. Die Bezeichnung des Fiktionalen wirkt hierbei wie eine sprachliche Prothese, wie die schon zuvor beschriebenen items of makebelieve, eine Erweiterung des Möglichkeitsraumes um das diskursivendliche Unendliche. Ausgehend davon, dass sich auch fiktionale Texte auf einen Kontext der Nachvollziehbarkeit (etwa subjektiv erfahrbarer oder anderweitiger normativ ‚plausibler’ Wahrheiten wie physikalische Gesetze oder die erkennbare Begründung von Handlungen durch Gefühle etc.) und einen Rahmen der Imaginierbarkeit beziehen müssen, also eine Referentialität besitzen müssen, die sich auf ausgehandelte Konventionen stützt, sind auch die in diesem Rahmen machbaren Aussagen begrenzt. Aussagen ziehen ihre Sinnhaftigkeit also aus ihrem kontextuellen Eingebettet-Sein und ihrer Wiederholbarkeit. 2) Eine Aussage konstituiert sich nicht durch die Intention des sprechenden Subjekts, sie positioniert das Subjekt. Ein weiteres Merkmal ist das ihrer Unabhängigkeit von einer auf ein Subjekt zurückgeführten Intentionalität: Aussagen „lassen sich nicht auf die intentionalen Absichten eines Individuums, auf souveräne Subjektivität oder auf ein Kollektivbewusstsein zurückführen“ (Bublitz 2003: 6). Somit gibt es kein Denken und damit kein Sprechen von Ursprung, sondern eher von Bewegung und Verweisen. Laut Foucault zeigt sich der Autor nicht in der Aussage, er bleibt ihr fern und verbirgt sich. Wiederholbare Aussagen, deren Sinn sich in der Wiederholung nicht verschiebt, deren Wahrheits- und Wirklichkeitsgehalt relativ fixiert bleibt, auch wenn der Kontext sich ändert – Foucault nimmt hier das Beispiel einer 108

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mathematischen Funktion – benötigen nicht das Subjekt als Autoren. Wird die Aussage jedoch – bspw. durch ihre Markierung als illokutionärer Akt – in einer Reihe von Aussageereignissen, auf die sich bezogen wird, lokalisiert, so positioniert sich auch das Subjekt. Methodisch heißt das für Foucault: „Eine Formulierung als Aussage zu beschreiben besteht nicht darin, die Beziehungen zwischen dem Autor und dem, was er gesagt hat (oder hat sagen wollen oder, ohne es zu wollen, gesagt hat) zu analysieren; sondern darin, zu bestimmen, welche Position jedes Individuum einnehmen kann und muss, um ihr Subjekt zu sein“ (Foucault 1981: 139).

In seiner Analyse ist Foucault also das Subjekt nicht nur nicht unwichtig – wie in seiner Kritik des Autors (vgl. Foucault 1991: 20) vielleicht gelesen werden könnte –, sondern in ihrem Kern geht es genau um die Position des Subjekts, die durch die Untersuchung der Aussage offen gelegt werden kann. Die Analyse verknüpft diese Positionierung des Subjekts mit der Konstruktion von Macht, Ungleichheit und Herrschaft. 3) Aussagen stehen in Relation zu anderen Aussagen, von denen jede ein Verweis auf weitere Aussagen ist. Ein drittes Merkmal der Aussage: Sie hat „stets Ränder, die von anderen Aussagen bevölkert sind“ (Foucault 1981: 142). Der luftleere Raum, in dem ein Satz oder eine Proposition bestehen können, reicht einer Aussage demnach nicht aus. Ihre Referentialität bedeutet vielmehr, dass sie sich auf andere Aussagen bezieht. Foucault unterscheidet diese Ränder von dem, was unter ‚Kontext’ verstanden wird, da sie diesen erst ermöglichen: „Das assoziierte Feld, das aus einem Satz oder einer Folge von Zeichen eine Aussage macht und ihnen gestattet, einen determinierenden Kontext, einen spezifischen repräsentativen Inhalt zu haben, bildet ein komplexes Raster. Es wird zunächst durch die Folge anderer Formulierungen konstituiert, in die die Aussage sich einschreibt und wovon sie ein Element bildet (ein Spiel von Erwiderungen, die eine Konversation bilden, die Architektur eines Beweises, von seinen Prämissen einerseits, seinem Schluss andererseits begrenzt, die Folge der Aussagen, die eine Geschichte konstituieren)“ (Foucault 1981: 143).

Die Aussage stellt ihr Thema in der Architektur dieses Bedeutungsraums aus. Gleichwohl besteht ihr Thema nur im Feld eines bestimmten Wissens, da es eine Assoziation und damit eine Konstruktion von Bedeutung erst ermöglicht. Der fiktionale Text muss demnach die Grenzen 109

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des Wirklichen markieren. Die Narration Star Trek bedient sich in seiner Inszenierung des Nicht-Wirklichen auf der Ebene von Kultur bestimmter Marker, die verschiedene Praxen und Seinsweisen voneinander unterscheidbar machen. Als solche Marker dienen Aussehen und Verhalten der Figuren, Sprechweise, Darstellung von Ritualen etc. 4) Aussagen besitzen einen materiellen Status. Das vierte Merkmal der Aussage nach Foucault liegt in ihrer Materialität. Derselbe Satz bekommt unter verschiedenen Umständen wie Schriftlichkeit, Mündlichkeit, Historizität oder Fiktionalität einen jeweils anderen materiellen Status: „Eine Aussage bedarf einer Substanz, eines Trägers, eines Orts und eines Datums" (Foucault, 1981: 147). Es gibt also so etwas wie ein Koordinatensystem der Materialität von Aussagen. Allerdings geht dieses nach Foucault über ein rein räumlichzeitliches Verständnis hinaus. Es ist eher eine Frage der Institution der Aussage als der Lokalisierung, denn ihr materieller Status setzt die Grenzen ihrer Re-Inskription und Transkription (vgl. Foucault 1981: 150). Ein und dieselbe Behauptung, beispielsweise die Behauptung, dass die Erde eine Scheibe sei, ist nach Foucault „vor und nach Kopernikus“ (ebd.) nicht dieselbe Aussage, denn was sich eben nach den als plausibel anerkannten Erkenntnissen Kopernikus’ geändert hat, ist „das Verhältnis dieser Behauptungen zu anderen Propositionen, ihre Anwendungsbedingungen und Reinvestitionsbedingungen, ist das Feld von Erfahrung, von möglichen Verifizierungen, von zu lösenden Problemen, worauf man sie beziehen kann“ (ebd.). Die Aussagen des fiktionalen Textes Star Trek, seien sie nun inszenatorischer oder sprachlicher Art, besitzen also dadurch einen besonderen Status, so dass sie zum einen als fiktional, zum anderen aber vor allem als literarisch, als medial und damit vermittelt gelesen werden müssen. Die Materialität dieser Aussagen unterscheidet sich von der Materialität einer mündlichen Narration (nicht-)fiktionaler Ereignisse. Das Mediale stellt hier eine als Science Fiction klassifizierte Beschreibung nicht-stattgefundener Ereignisse dar. Dennoch löst sich die Materialität seiner Aussagen nicht auf, sondern sie bleiben lesbar, da sie sich auf Aussagen außerhalb des Schauspiels beziehen und diese zitieren. „Die Aussage ist also nicht eine Struktur (das heißt eine Menge von Beziehungen zwischen variablen Elementen, die so eine vielleicht unendliche Zahl von konkreten Modellen gestattet), sie ist eine Existenzfunktion, die den Zeichen eigen ist und von der ausgehend man dann durch die Analyse oder die 110

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Anschauung entscheiden kann, ob sie einen ‚Sinn ergeben’ oder nicht, gemäß welcher Regel sie aufeinander folgen und nebeneinander stehen“ (Foucault 1981: 126).

Der Befund lautet demnach: Alles, aber mindestens ein Zeichen stellt eine Aussage dar. Sie speist sich aus dem begrenzten Aussagenpool eines Diskurses, reguliert durch seine Ausschließungen des Falschen. Dieser Zustand der Aussage ist nach-diskursiv, aber vor-dem-Gelesenwerden. Die Aussage ist der noch ungelesene Text. Wie deutlich wird, kann die Herstellung bestimmter Aussageverhältnisse der Distinktionsherstellung dienen. Die Aussage findet im Diskurs in einer bestimmten Rahmung des Möglichen sowie des Unmöglichen statt, wie im Folgenden mit dem Begriff des Sagbaren erklärt werden soll.

S a g b a r k e i t : P r o z e d u r e n d e r Au s s c h l i e ß u n g Das Subjekt, seine Position sowie sein Handeln sollen hier als Effekt eines diskursiven Kontextes verstanden werden. Mit Foucault gehe ich außerdem davon aus, dass nicht jede Subjekt- und Sprecherposition auch allen Individuen gleichermaßen zugänglich ist. Hiermit stellt sich eine der zentralen Fragen auf der Suche nach den Regeln des Diskurses: Unter welchen Bedingungen entsteht eine Positionierung des Subjekts, wer darf unter welchen Umständen sprechen, wer ist autorisiert, Subjekt zu sein? Was der Diskurs ist, ist das, was gesagt wird, weil es gesagt werden kann. Was der Diskurs ist, grenzt sich von dem ab, was nicht gesagt werden kann. Das Interessante und auch das Komplizierte an der Frage der Sagbarkeit ist also, dass das Sagbare verschiedenen „Prozeduren der Ausschließung“ (Foucault 1996: 11) unterliegt. Die Regulierung des Sagbaren ist deswegen interessant, weil sie die Ungleichverteilung der Macht durch Mechanismen der Ressourcenverteilung8 und herrschaftsermöglichende Rituale stabilisiert. Kritik an Herrschenden z.B., die als eine Form des Widerstands gegen die Herrschaft zu verstehen ist, ist nur im Korsett besonderer Aussage-Formen möglich. „Die sichtbarste und vertrauteste [Prozedur, B.H.] ist das Verbot. Man weiß, dass man nicht das Recht hat, alles zu sagen, dass man nicht bei jeder Gelegenheit von allem sprechen kann, dass schließlich nicht jeder Beliebige über 8

Der Begriff Ressourcenverteilung bezieht sich z.B. auf die Ressourcen Zeit, Geld, Platz, die unter den Individuen ungleich verteilt und damit unmittelbar an den Besitz oder Nicht-Besitz von Macht gekoppelt sind. 111

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alles Beliebige reden kann. Tabu des Gegenstands, Ritual der Umstände, bevorzugtes oder ausschließliches Recht des sprechenden Subjekts – dies sind die drei Typen von Verboten, die sich überschneiden, verstärken oder ausgleichen“ (Foucault 1996: 11).

Es geht also an dieser Stelle wesentlich um zwei Aspekte der Sagbarkeit. Sowohl um diejenigen, die nicht sprechen dürfen als um auch die Gegenstände, über die nicht gesprochen werden darf. 1) Die Dinge, über die nicht gesprochen werden darf. Der Diskurs markiert alles mögliche Sagbare, abgegrenzt von allem Nicht-Sagbaren: „Unterhält man sich beispielsweise über den Planeten, den wir bewohnen, könnte man (vom sprachlichen Standpunkt) durchaus die Behauptung aufstellen: ‚Die Erde ist eine Scheibe.’ Tatsächlich äußert jedoch niemand diesen grammatikalisch korrekten Satz, da man (sozial) diese Aussage nicht machen darf, wenn man in einem Gespräch ernst genommen werden will“ (Landwehr 2001: 12).

Und ernst genommen zu werden bedeutet, als Subjekt erkannt und anerkannt zu werden und die Chance auf eine Position zu erlangen, von der aus Wahrheiten artikuliert werden könnten. Die Abgrenzung trennt also ein sprechendes Subjekt vom sprachlosen Nicht-Subjekt. In der Star Trek-Episode „Verbotene Liebe“ wird die Funktion dieser Prozedur besonders deutlich: Riker: Feuere zweiten Impuls ab. Soren: Delta vier. Riker: Es funktioniert. Ich schalte jetzt den Computer auf Automatik. Soren: Commander, erzählen Sie mir von ihren Geschlechtsorganen. Riker: Äh. Soren: Ist das ein unangenehmes Thema für Menschen? Riker (schweigt kurz): Nein, aber das ist kein Thema, über das man so beiläufig spricht. Soren: Ich bin an Ihren Paarungspraktiken interessiert. Wie ist der Ablauf bei zwei Geschlechtern?

Informelle Regeln, die Riker scheinbar optimal trainiert hat, strukturieren das Sprechen über Sexualität und besonders über den Topos der Geschlechtsorgane im Kontext Arbeitsplatz. Optimal trainiert zu sein bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht nur über das Wissen, sondern 112

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auch entsprechende Affekte zu verfügen, die das Sprechen regulieren. Das Sprechen über Sexualität gehört nach diesen informellen Regeln in den diskursiven Bereich der intimen Beziehungen, den Diskurs der Medizin und der sexuellen Aufklärung. Wird der Gegenstand außerhalb dieser Diskurse thematisiert, reagiert der Diskurs mit Disziplinierungen. Er mobilisiert die Mechanismen, welche die Prozedur der Ausschließung überwachen, in diesem Fall z.B. den Affekt des Schuldgefühls aufgrund unmoralischen Verhaltens oder etwa des Erschreckens vor unerwarteter Intimität bzw. der Angst vor sexualisierter Belästigung. Sprech-Verbot und Disziplinierung – hier etwa inszeniert durch das kurze Schweigen Rikers – dienen dem Schutz dominanter Diskurse. Der Tabubruch wird mit Schweigen – oder in diesem Fall mit dem Verweis auf das Sprechverbot „Das ist kein Thema, über das man so beiläufig spricht – wieder unter Kontrolle gebracht, gleichwohl Soren diesen Versuch ignoriert, also auch den Hinweis auf das Verbot entweder nicht als solchen zu verstehen scheint oder sich darüber hinwegsetzt. 2) Die, die nicht sprechen dürfen. Ein weiteres regulierendes Moment neben dem Verbot ist das der Grenzziehung. Nicht jedes Individuum darf alles sagen und überall sprechen9. Oder vielmehr: Eine Möglichkeit zu sprechen besteht, aber nicht

9

Die amerikanische Autorin Marilyn French lässt in ihrem Roman „Frauen“ eine ihrer Protagonistinnen ihre Jugend und junge Ehe in den 50er Jahren Revue passieren: „Als Mira jung war, durfte die allgemeine Konversation nur bestimmte stillschweigend festgelegte Themen umfassen. Man konnte über die eigenen Kinder sprechen, aber dabei durften keine Probleme erwähnt werden, es sein denn, die Kinder waren noch sehr klein. Erziehung zur Sauberkeit – ja. Versagen in der High School – nein. Nächtliche Zechgelage – niemals. Man konnte endlos über das eigene Haus diskutieren und durfte auch von Geld sprechen, aber nie über Geldprobleme. Die Kosten für den neuen Wasserboiler waren kein Geheimnis, Steuererhöhungen ebenfalls nicht, aber Zahlungsschwierigkeiten waren tabu. Man konnte über den eigenen Mann oder die eigene Frau sprechen, aber auch das wieder nur auf eine bestimmte Art. Es durfte erwähnt werden, dass er gerade dem Golfclub beigetreten war, sich einen neuen Rasenmäher gekauft hatte oder befördert worden war. Heikel wurde es, wenn man berichtete, dass er zur Steuerprüfung vorgeladen worden war. Und wenn man erzählte, dass er am Sonnabendabend in eine Schlägerei verwickelt worden war, waren die Zuhörer über die Tatsache an sich weniger entsetzt als darüber, dass man so etwas erzählte“ (French 1998: 421). Mira erlebt das Sprechverbot als eine Konvention, als „stillschweigend festgelegt“(ebd.). Die Logik dieser Konvention erschließt sich nicht aus den Inhalten dessen, was gesagt oder verschwiegen werden soll, sondern vielmehr aus den Regeln, die den Alltag, das soziale Miteinander der Individuen strukturieren. Sprechen und Schweigen sind hierbei die 113

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jedes Individuum kann dadurch wirksam werden und gestaltend am sozialen Miteinander einer Gruppe teilhaben sowie die entscheidende Anerkennung als Subjekt ernten. Die unterschiedliche Verteilung von Ressourcen der Macht wie Geld, Wissen, symbolisches, soziales und kulturelles Vermögen (vgl. Keller 2004: 70) stellen zugangsregulierende Kriterien zu begehrten Sprecherpositionen in Diskursen dar. „Seit dem Mittelalter ist der Wahnsinnige derjenige, dessen Diskurs nicht ebenso zirkulieren kann wie der der anderen: Sein Wort gilt für null und nichtig, es hat weder Wahrheit noch Bedeutung, kann vor Gericht nichts bezeugen, kein Rechtsgeschäft und keinen Vertrag beglaubigen“ (Foucault 1996: 12).

Der „Wahnsinnige“ kann sich hinstellen und einen beliebigen Vertrag unterschreiben, aber seine Unterschrift stellt vor dem Gesetz oder jeder entscheidenden Institution keine Autorität dar, er kann etwas sagen, doch er wird nie die Wahrheit sagen10. Der Wahnsinnige besitzt nicht den Status des Subjekts, der notwendig ist, um plausibel zu sprechen. Das bedeutet auch: „Das, was als Wahrheit gilt, ist nur eine Behauptung innerhalb eines bestimmten Sprach- bzw. ‚Wahrheitsspiels’“ (Keller 2004: 50). Im Falle der Romanfigur Mira im Roman „Frauen“ von Marylin French ist nicht Wahnsinn oder geistige Gesundheit das regulierende Kriterium, sondern die Verknüpfung von Geschlecht und Normalität mit bestimmten Subjektpositionen. Es scheint für die Figur unmöglich, während eines Gesprächs in der Nachbarschaft das Wort zu ergreifen und ein Ereignis persönlichen Scheiterns zu erzählen, denn das, was in diesem sozialen Kontext als Scheitern definiert wird, ist das Nicht-Sagbare, das Unaussprechliche. Erfahrungen bedrohlicher Art, die leiblich und biographisch die Individuen formen, Armut, Gewalt, Unglück, werden als nicht-artikulierbar und damit nicht-aushandelbar markiert. Setzte sich Mira über diese Regelung hinweg, wäre die Konsequenz, dass sie unumwunden ihren – ohnehin nur sozial und ökonomisch eingeschränkten und damit prekären – Subjektstatus einbüßen

Mittel, die der Normalisierung und Einschreibung dieser Regeln in die Biographien der Beteiligten gleichermaßen dienen. 10 Foucaults Interesse galt z.B. der Distinktion von geistiger Krankheit und geistiger Gesundheit und ihr Zusammenhang mit der Macht, die Wahrheit sagen zu können. Man könnte hier auch vom Ausländer sprechen oder vom Kind oder bezogen auf das Star Trek Universum: vom anderen Wesen, dem Romulaner, Klingonen, J’naii: Gruppierungen von Individuen, denen der Subjektstatus von der dominanten Gruppierung der FöderationsMitglieder vorenthalten bleibt. 114

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würde, sobald sie gegen die Regeln der Sagbarkeit ihres sozialen Kontextes verstößt. Die Grenze, von der Foucault spricht, ist die zwischen Subjekt und Nicht-Subjekt, zwischen demjenigen, das sprechen darf und dem, dem es nicht erlaubt ist. Als ein drittes Ausschließungssystem neben dem Verbot erstens und der Grenzziehung zweitens identifiziert Foucault den Gegensatz zwischen Wahrem und Falschem. Foucault sieht den Willen zum Wissen als Willen zur Wahrheit in jeglichem menschlichen Streben, insbesondere findet er ihn in der Geschichte der Wissenschaften. In der Narration Star Trek und vor allem im Mythischen11 der Mission der Enterprise und ihrer Crew formiert sich dieses Streben nach Wahrheit als ein zentrales idealistisches Motiv der Handlungsfähigkeit. Der Wille zum Wissen motiviert zu Ent-Deckungen, relativiert dabei und legitimiert zweifelhafte andere Handlungsmaximen12 Positionierungen. Im Vorspann der Serie konstatiert eine Stimme aus dem Off: „Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir befinden uns in einer fernen Zukunft. Dies sind die Abenteuer des neuen Raumschiffs Enterprise, das viele Lichtjahre von der Erde entfernt ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen. Die Enterprise dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“ (Star Trek – Das nächste Jahrhundert, 1987).

Das Wahre wird in diesem mythologischen Grundgedanken Star Treks zur ideologisierten Ware, deren Bedeutungen zur Natur und damit selbstverständlich werden. Hegemoniale Diskurse sichern sich darüber ab, indem sie bestimmen, was als jeweils gültiges Wissen gilt. Die His-

11 Ich bezeichne die Narration der Star Trek Mission als mythisch, weil es sich hier um eine Metapher, eine als grundlegenden menschlichen Auftrag inszenierte Erzählung handelt, welche die Metapher der Suche nach dem heiligen Gral zitiert, die sich in vielen verschiedenen Beispielen der Literatur von der Antike bis zur Postmoderne als wiederkehrendes Motiv findet. Durch die Verwebung dieses Motivs mit unterschiedlichen historischen Kontexten und Konzepten sowie seine affektive Aufladung verwischt seine Konstruiertheit, auf die ich durch den Begriff des Mythos hinweisen möchte. Vergleiche zur Vertiefung des Begriffs bei Barthes 1970. 12 Wie etwa die Maxime, niemals in den Entwicklungsprozess fremder Kulturen manipulierend einzugreifen. Dieses Prinzip wird unter der Bezeichnung „die Oberste Direktive“ an verschiedenen Stellen der Serie wiederholt. 115

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torizität des Wissens wird verschwiegen, Wissen wird „gewertet, sortiert, verteilt und zugewiesen“ (Foucault 1996: 15). Im folgenden Szenenausschnitt der Star Trek-Episode „Das Standgericht“ findet eine Unterhaltung zwischen Picard, dem Kapitän der Enterprise, und dem ranghöheren Admiral Satie statt. Es zeichnet sich ab, dass sich die Rangbezeichnungen – als das Sprechen von außen regulierende Techniken – von großer Bedeutung für den Verlauf des Gesprächs darstellen. Picard: Der Gedanke, dass ein Klingone den Romulanern Informationen liefert, ist für mich mehr als erschreckend. Ist Ihnen bekannt, ob die Sternenflotte in letzter Zeit auf eine andere Klingonen-Romulaner-Verbindung gestoßen ist? Satie: Ich glaube, ich bin nicht ermächtigt, Ihnen mitzuteilen, was die Sternenflotte weiß oder nicht weiß. Picard: Mit diesem Schiff habe ich mehrere (-) mehrere Begebenheiten überstanden, die vermuten lassen, dass es eine Allianz zwischen diesen beiden Mächten gibt. Satie: Wir sind uns dessen bewusst, Captain. Jetzt müssen wir uns allerdings auf die aktuelle Situation konzentrieren.

Die verschiedenen Aussagen lassen sich als strategische und damit an Machtverhältnisse geknüpfte Positionierungen innerhalb des dominierenden Diskurses des Verratsverdachts rekonstruieren. Die erste Aussage Picards erklärt, dass ‚Informationen’ der Sternenflotte, also speziell einsetzbares Wissen, über Kriterien der ethnischen Zugehörigkeit zugangsreguliert sind. Während der Status des Klingonen innerhalb dieses Systems prekär ist – die Sternenflotte steht mit der klingonischen Regierung in ständigem diplomatischen Kontakt und der Besuch des klingonischen Offiziers an Bord der Enterprise ist Ausdruck dieser integrativen Politik, jedoch wird dem klingonischen Habitus13 von Seiten der Besatzung Misstrauen entgegen gebracht –, sind ‚die Romulaner’ fraglos ausgeschlossen aus dem Kanon des Wissensaustauschs. Die affektiv motivierte Aussage Picards „Der Gedanke [...] ist für mich erschreckend“ sendet ein ganz bestimmtes Signal der Interpretation 13 Der Begriff Habitus verweist hier sowohl auf vom Zusschauer wiederkehrend beobachtbare und damit scheinbar als berechtigte Zuschreibungen verifizierbare Verhaltensweisen als auch auf Stereotypen, Konstruktionen von klingonisch (und damit vor allem nicht-menschlich) markierten Verhaltensweisen durch die menschliche Besatzung der Enterprise. Dazu gehört etwa die stetige Verehrung des Stovo’Kor, wo der klingonische Krieger nach dem glorreich in der Schlacht erlittenen Ehrentod unter seinen ebenso gefallenen Ahnen weiterlebt, bestimmte religiöse Riten etc. 116

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der Gesprächssituation. Er erwartet einen intimen Austausch persönlicher Einschätzungen der politischen Lage der Situation. Admiral Satie jedoch entzieht sich dieser Definition der Situation. Indem sie betont, „nicht ermächtigt“ zu sein, Informationen an Picard weiterzugeben, ändert sie den Fokus des Gesprächs von emotionaler Verbundenheit zu einer professionellen Distanz, die vor allem auf die militärische Hierarchie der Sternenflotte verweist, in der Picard ihr unterstellt ist und damit auch ihren Interpretationen von Wirklichkeit und Wahrheit unterworfen ist. Und diese Tatsache ist symbolisch dadurch markiert, dass Satie über eine Art von Wissen verfügt, zu der sie Picard den Zugriff verwährt. Die von Foucault genannten Prozeduren der Ausschließung, das Verbot, die Grenzziehung und die Trennung von Wahrem und Falschem organisieren als externe Prozeduren diese Diskurse. Doch auch im Innern identifiziert Foucault Kontrollmechanismen, die vor der Unordnung des Diskurses schützen sollen: den Kommentar, den Autor sowie die Organisation der Disziplinen (vgl. Foucault 1996: 22). Während der Kommentar vor allem den Zufall des Diskurses zähmt, indem er den Text, auf den er sich bezieht, wiederholt und „in gewisser Weise vollendet“ (ebd.) und durch Wiederholung den Zufall auffängt, steht der Autor für den Wunsch der Identifikation mit einem abstrakten „Index der Wahrheit“ (ebd.). Sein Name wird indiziert und funktioniert quasi als durch seine soziale Position institutionalisierte Autorität, er übernimmt so die Rolle eines legitimen Wissensverwalters. Auch die Disziplinen beziehen sich auf ein Konzept des ‚Wahren’, und damit geben sie Wissenschaftlern Instrumente an die Hand, innerhalb ihrer Disziplin und als Autoritäten stellvertretend für alle Nicht-Wissenschaftler Wahrheiten zu formulieren, sofern sie im Diskurs als autorisierte Sprecher installiert sind. Durch diese Regeln wird der Diskurs organisiert, innerhalb dieser Grenzen spricht und wirkt er. Im Phänomen der Sagbarkeit offenbart sich ein wichtiges performatives Moment des medialen Textes. Das Fernsehen reproduziert in seinem Text Star Trek, wie gezeigt wurde, bestimmte Regeln darüber, was gesagt werden darf und was nicht. Damit werden die Grenzen des Diskurses – was gehört dazu, was nicht – aktualisiert. In einem rekonstruktiven Blick auf den Dialog zwischen Picard und Satie lässt sich festhalten, dass der Diskurs Autoritäten einsetzt, die seiner Stabilisierung dienen. Doch der Text reproduziert nicht allein die Regeln des Diskurses, sondern auch ihre Bedeutung innerhalb der sozialen Ordnung: Welches Subjekt befolgt welche Regel, welchen Regeln folgen welche Ausnahmen? Auch hier verbergen und erneuern sich stets Inszenierungen von Machtverhältnissen. Der Fernsehtext expliziert die Regeln des Dis117

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kurses nicht selbst. Aussagen wie die von Riker („Das ist kein Thema, über das man so beiläufig spricht“) oder die von Satie („Ich glaube, ich bin nicht ermächtigt, Ihnen mitzuteilen, was die Sternenflotte weiß oder nicht weiß“) stellen einen Verweis auf konventionalisierte Sprechverbote dar. Deren Artikulation ebenso wie ihre Aufhebung ist an die Autorität konkreter Sprecherpositionen geknüpft. Indem der Fernsehtext diese informellen Regeln reproduziert, erlangt er normative Wirkung.

Die Strukturen des Diskurses Foucault identifiziert den Diskurs als ein gefährliches Instrument, das eine Gesellschaft dringend unter Kontrolle zu halten versucht, damit es nicht das Unterste zu oberst kehrt. Foucault setzt voraus, „dass in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen“ (Foucault 1996: 11).

Was genau ist das Bedrohliche des Diskurses, das Michel Foucault in ihm sieht? Die Gefahr, von der Foucault hier spricht, liegt vor allem in seiner prinzipiellen Ungerichtetheit und grundsätzlichen Unbezähmbarkeit. Und gefährlich sind diese vor allem für hegemoniale Positionen, das heißt, für Subjekte, für die Sprechenden des Diskurses. Die Ungerichtetheit ist nicht prinzipiell immer und überall gleich, denn es gibt Strategien, mit denen der Diskurs instrumentalisiert werden kann. Aber diese bewusst eingesetzten Strategien garantieren nicht die totale Kontrolle des Diskurses und damit aller Positionen, die er ermöglicht. Die grundsätzliche Unbezähmbarkeit des Diskurses bedarf einer latenten Steuerung, da er sonst dem Subjekt nicht mehr als Mittel zur Herrschaft dienen kann. Denn der Diskurs selbst ist eine Ressource der Macht. Das mit Sprecherrechten versehene Subjekt bewegt sich in ihm und lässt sich von der Autorität der Macht legitimieren. Das Individuum, das noch nicht Subjekt ist, da es ohne Macht ist, schreibt die Regeln des Diskurses nicht fest und sich nicht in den Körper der Wahrheit ein. Denn dieser ist normiert, das heißt, in ihm ist festgehalten, wer Experte der Wahrheit ist und wer nicht. Diese Mächte, die im Diskurs am Werke sind, organisieren sich nach Foucault in bestimmten Regeln der Formation. Eine Formation diskursiver Elemente erkennt Foucault dann, „wenn eine bestimmte Anzahl von Äußerungen 118

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in einem ähnlichen System der Streuung beschrieben werden kann, und wenn sich für die Gegenstände des Diskurses eine gewissen Regelmäßigkeit feststellen lässt“ (Landwehr 2001: 78). Die jeweiligen Formationsregeln grenzen einen bestimmten Diskurs von anderen Diskursen ab. Landwehr (ebd: 79) sowie Keller unterscheiden mit Foucault „vier Grundmomente von Diskursen, die im Hinblick auf ihre Formationsregeln analysiert werden“ (Keller 2004: 46) und wie folgt systematisiert werden können: 1) Der Diskurs grenzt sich durch seinen Gegenstand von anderen Diskursen ab. 2) In ihm wird das Subjekt der Aussage wirksam. Es verortet sich in einem konkreten institutionellen Umfeld und steht in einem erkennbaren Verhältnis zu den Gegenständen des Diskurses. Es ist durch die Autorität seiner Position legitimiert, über diese zu sprechen. 3) Die Aussagen des Diskurses sind hierarchisch organisiert, Verallgemeinerungen, Evolutionsmythen14 etc. spielen hierbei eine ordnende Rolle. 4) Es entwickeln sich Strategien, die zur Kohärenz des Diskurses beitragen. Bestimmte Themen und Theorien des Diskurses kristallisieren sich heraus und beziehen sich auf andere Diskurse (vgl. Keller 2004: 46). Diskursen liegen also sozialwissenschaftlich erfragbare Strukturen zugrunde, die es z.B. ermöglichen, diskursive Formationen auszutauschen, ohne dabei auf komplett neue diskursive und nicht-diskursive Artefakte (Dinge, Begriffe oder Rituale) zurückgreifen zu müssen. Durch eine

14 In dem im vorangehenden Kapitel diskutierten Ausschnitt der Star TrekEpisode „Verbotene Liebe“ scheint an einer Stelle die diskursive Macht von Evolutionsmythen durch: Crusher: Sie meinen also, das wäre ein Spiel für Frauen, weil wir Frauen schwach sind und Hilfe brauchen? Worf: Ja. Crusher: Erst heute Nachmittag gab ich einem der J’naii zu verstehen, dass eine solche Ansicht vollkommen antiquiert ist. Der Aspekt des Machtverhältnisses, das sich in Crushers Sprechen qua Wissens- bzw. Erfahrungsunterschied artikuliert, entwirft zwei Subjektpositionen, von der die eine, nämlich die des Sprechers (Crusher), mit Definitions-Macht ausgestattet ist, während die Möglichkeit der zweiten Position (der J’naii bzw. Worfs), wahr zu sprechen, verworfen wird. 119

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Verschiebung der Diskurselemente zueinander entstehen neue Bedeutungen der Elemente des Diskurses. Diese Regeln unterwerfen auch die kleinste Einheit des Diskurses, die Aussage, konkreten Anforderungen. Hierin wird das performative Moment der Formationsregeln deutlich: Sie lassen sich dekontextualisieren und bringen neue diskursive Zusammenhänge hervor, die wiederum dominante Subjektpositionen von subordinaten unterscheidbar machen. Die Erfragbarkeit dieser Strukturen ist für eine pädagogische Perspektive auf machtvolles Sprechen interessant, da sich damit Werkzeuge entwickeln lassen, die das Sprechen der Subjekte analytisch durchdringbar machen. Praxen der Unterscheidung, die sich auf diskursive Strukturen zurückführen lassen, können sichtbar gemacht werden.

Exkurs: Performativität des Sprechens – linguistische Ergänzungen Wie deutlich wird, entwickelt sich mit Foucault eine Forschungsperspektive, die den performativen Akt der Herstellung sozialer Ordnungen nicht dem autonom handelnden und frei entscheidenden Subjekt, sondern vom Subjekt gelösten, regelgeleiteten Praktiken zuspricht (vgl. Bublitz 2003: 13). Ein Exkurs, der sprachwissenschaftliche Implikationen dieser Perspektive vertieft, soll an dieser Stelle Foucaults Idee der Verknüpfung von Macht und Sprache systematisieren, indem der Rhetorik entnommene Kategorien als konkrete Begriffe genutzt werden, um Machtbewegungen der Sprache einzufangen. Methodisch haben die folgenden Ausführungen nicht die Funktion, eine diskursanalytische Betrachtung Star Treks einzuleiten. Die Fortführung dieses Ansatzes wäre an anderer Stelle durchaus gewinnbringend, da, wie deutlich wurde, der Text zahlreiche Anknüpfungspunkte bietet, diskursive Praxen der Unterscheidung zu entdecken. Dies stellt jedoch nicht das Ziel der vorliegenden Untersuchung dar. In Anlehnung an Foucault entstanden vor allem im Laufe der 1990er Jahre methodische Ansätze der Diskursforschung, die das Erforschen der Sprache systematisieren. Die linguistisch inspirierten Perspektiven teilen die machtkritische Haltung Foucaults. Sie befassen sich ebenso wie er mit ernsthaften Texten (siehe bspw. Rassismusforschung Margret und Siegfried Jägers). Die Kritische Diskursanalyse (Jäger 2004) bezieht sich auf Foucaults Theorien, entwickelt jedoch maßgeblich Impulse für ein systematischeres Vorgehen. Im Folgenden stelle ich einige Ideen dieser Entwicklung vor, die ausschnitthaft auf das Material Star Trek bezogen werden, um ein Bild davon zu vermitteln, welche instrumentel120

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len Methode-Möglichkeiten sich in Bezug auf Medien mit der Diskursanalyse ergeben. Foucault fragte danach, „welche Basisstruktur, welches Grundmuster in spezifischen historischen Epochen den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Klassifikationsprozessen zugrunde liegt. [...] Dabei schließt Foucault von beobachtbaren Regelmäßigkeiten in (bspw. wissenschaftlichen) Texten auf eine zugrunde liegende Regelstruktur, einen Code. [...] Er gräbt die Wissensordnungen vergangener Zeitalter aus, ohne Stellung zu deren Wahrheits- und Sinngehalten zu nehmen. [...]“ (Keller 2004: 44).

Gleichwohl die Untersuchung so gearteter Grundmuster für diese Untersuchung wichtig ist, geht es mir in diesem konkreten Kontext weniger um eine Analyse historischer Prozesse in wissenschaftlichen Texten als vielmehr um eine Momentaufnahme sprachlicher Praxen und – mit Keller – „um die Beschreibung und Analyse der materialen Existenz von Diskursen in Gestalt seriöser Sprechakte. Der Begriff ‚Diskurs’ bezeichnet – so Foucault – eine Menge von an unterschiedlichen Stellen erscheinenden, verstreuten Aussagen, die nach demselben Muster oder Regelsystem gebildet worden sind, deswegen ein- und demselben Diskurs zugerechnet werden können und ihre Gegenstände konstituieren. Aufgabe des Diskursanalytikers ist dann die Rekonstruktion dieses Regelsystems; so kann die zunächst nur hypothetische Zugehörigkeit von Aussagen zu einem Diskurs nachgezeichnet werden“ (ebd.).

Die im Textkörper der Star Trek-Dialoge freizulegenden Diskursformationen treten vor allem in Gestalt von als Sprechakte inszenierten (und narrativ dargebotenen) Bedeutungen auf. Ein diskurstheoretischer Blick prüft dieses Auftreten auf die Regelmäßigkeiten und Ränder seiner Aussagen sowie auf dominante/hegemoniale und widerständige Bedeutungen. „Foucaults Interesse an solchen Regelsystemen bezieht sich nicht auf die sprachlich-grammatikalischen Muster des Sprachgebrauchs, sondern einerseits auf die semantische Ebene der Bedeutungen bzw. die Regeln der Bedeutungserzeugung und andererseits auf die institutionell eingebetteten, stabilisierten Praktiken der Diskursproduktion. Die Diskursanalyse zielt auf die Rekonstruktion der institutionell-praktischen, symbolisch-semantischen VerknappungsMechanismen, die zum Auftauchen spezifischer Aussagen an bestimmten Stel-

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len führen. Nicht alles, was sich sagen ließe, wird gesagt; und nicht überall kann alles gesagt werden“ (Keller 2004: 45).

Keller stellt das Konzept Dominique Maingueneaus (1991) vor, demzufolge vier Merkmale einer archäologischen Diskursanalyse nach Foucault für die Untersuchung richtungsweisend sind (vgl. Keller 2004: 48): 1) Die Analyse untersucht den „Ort des Aussagens, das heißt, den historisch, sozial und kulturell bestimmten Ausgangspunkt (nicht: Ursprung) einer Serie ähnlicher Aussagen. Es ist dies der Ort des legitimierten Sprechens, der Ort einer zumindest gewissen Institutionalisierung und damit der Ort der Macht. Dies ist auch der Platz, den ein Subjekt einnehmen muss, wenn es im Rahmen eines Diskurses etwas sagen will, das als wahr gelten soll“ (ebd.). 2) Sie dokumentiert die „Einschreibung, das heißt das Aussagen als Wiederholung ähnlicher Aussagen. Durch diese Gleichförmigkeit generieren miteinander verbundene Aussagen ein Ordnungsschema bzw. diskursive Regelmäßigkeiten“ (ebd.). 3) Sie fragt nach den „Grenzen und dem Interdiskurs, das heißt nach den Grenzziehungen, den Verboten des Sagbaren, und den Verbindungen und Vermittlungselementen zu anderen Diskursen“ (ebd.). 4) Diese drei genannten Elemente konstituieren das Archiv, „die in den Texten einer diskursiven Tradition gespeicherten und im Verhältnis zu allen denkbaren Sätzen über einen Gegenstand faktisch immer ‚seltenen’ Aussagemöglichkeiten, welche eine bestimmte aktuelle (Wieder-) Aussageweise legitimieren“ (ebd.). Die von Jürgen Link (z.B. 2003) sowie Margret und Siegfried Jäger (z.B. 1993) im deutschsprachigen Raum entwickelte Vorgehensweisen einer Kritischen Diskursanalyse bietet hierzu linguistische Erweiterungen an, die für Aufdeckung von Praxen der Distinktion interessant sein können, sofern sie die Verfolgung von Machtlinien im Text erleichtern. Foucaults Ansatz soll aus diesem Grund um die Analysekategorien sprachlich-rhetorischer Mittel ergänzt werden. Die theoretische Perspektive, die sich hieraus entwickelt, lässt eine Analyse der Verknüpfung diskursiver Funktionen mit strategisch einsetzbaren rhetorischen Stilmitteln zu, die verdeckte Mechanismen der Machtreproduktion zu enttarnen versucht. 122

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Jürgen Link (1988: 48, zit. nach Keller 2001: 31) versteht unter Diskurs „ein institutionalisiertes Spezialwissen, einschließlich der entsprechenden ritualisierten Redeformen, Handlungsweisen und Machteffekte“. Ein Interdiskurs ist damit „die Gesamtheit all der Diskurselemente [...], die nicht speziell, sondern mehreren Einzeldiskursen gemeinsam sind. Wie etwa das Beispiel der ‚Fairness’ zeigt, wandern bestimmte Diskurselemente aus einem speziellen Ausgangsdiskurs, hier dem des Sports, als ‚Metaphern’ heraus und durch eine Vielzahl von Diskursen hindurch (hier z.B. durch den politischen, juristischen usw.), wodurch sie spontan zu fundamentalen ideologischen Konzepten der Zivilgesellschaft werden“ (ebd.).

Interdiskursive Bewegungen lassen sich bei Star Trek in der Folge „Verbotene Liebe“ finden, in dessen Haupthandlungsstrang es weitgehend um die kulturelle Setzung von Sexualitäts-Ordnungen geht. Im unten angeführten Dialog zwischen Soren, Commander des Wissenschaftsteam der J’naii und Riker, dem 1. Offizier der Enterprise, geht es um eine erste neugierige Annäherung zwischen den beiden, motiviert durch die Wahrnehmung einer zentralen Differenz: Die J’naii besitzen weder einen geschlechtlich kodierten Körper noch ist ihr gesellschaftliches Leben in dem Sinne organisiert, wie es die Mitglieder der Enterprise kennen und praktizieren, deren Körper und Verhalten als strikt männlich oder weiblich erkennbar sein müssen. Soren: Wir verwirren Sie, nicht wahr? Riker: Ein wenig. Es ist schwer zu begreifen, dass es kein Geschlecht gibt. Soren: Es ist für uns genauso schwer, die merkwürdige Teilung Ihrer Spezies zu begreifen. Männchen und Weibchen. Sie sind männlich? Riker: Hmhm. Soren: Erzählen Sie mir von den Männern. Was gibt es für Unterschiede zu den Frauen? Riker: Phuuu. (-) Schnipsel und Schnecken und ein Pferdeschwänzchen. Soren: Sie haben einen Pferdeschwanz? Riker: Das ist ein altes Kinderlied. Mädchen sind aus Zucker und Gewürz gemacht und die Jungs eben aus Schnipseln und – Schnecken.... (bricht ab) Soren: Das klingt, als ob es besser wäre, eine Frau zu sein. Riker: Es ist eine altmodische Betrachtungsweise der Geschlechter. Das heißt aber nicht, dass es keinen echten Unterschied gibt. Männer sind im allgemeinen größer. Ihr Körperbau ist stärker. Wir haben unterschiedliche Geschlechtsorgane und Männer können keine Kinder gebären.

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Soren: Und was ist mit den Gefühlen oder emotionalen Verhaltensweisen? Sind sie verschieden? Riker: Die meisten glauben das. Aber diese Frage kann wohl niemand eindeutig beantworten. Darf ich fragen, wie es auf einem Planeten ist, auf dem es kein Geschlecht gibt? Soren: Ich fürchte, ich weiß nicht, was Sie meinen. Riker: Naja, wer führt, wenn Sie tanzen, falls Sie tanzen.

Neuzeitliche Diskurse des Geschlechts und der Sexualität sind verschränkt mit Diskursen der Fortpflanzung, der Gesundheit und des Körpers, aber auch mit solchen der Erotik, der Romantik und der Familie. In Rikers Frage „Wer führt, wenn Sie tanzen?“ wird deutlich, dass Geschlecht als Ordnungssystem funktioniert, das die Positionen der Subjekte in Interaktion nach Zugehörigkeit unterteilt. Der Verweis auf das Kinderlied, in dem die Unterscheidung der Geschlechter über Metaphern aus dem – klar geschlechtlich kodierten – diskursiven Bereich von Kinderspielzeug, Tieren und Haushalt umschrieben wird, verdeutlicht, dass auch hier die interdiskursive Umschreibung einer ideologischen Aufwertung dient. Der kindliche Körper weist die erforderlichen Merkmale einer eindeutigen geschlechtlichen Identifizierung auf, jedoch sind diese nicht erotisch kodiert wie beim Erwachsenen, sondern (vermeintlich) kodiert durch Verhaltensweisen, Neigungen und Gegenstände des Alltags wie wirbellose Kleintiere oder Küchengewürze. Diese dienen als auf weitere Diskurse verweisende Zeichen im ausfransenden Geschlechtsdiskurs. Siegfried Jäger schließt sich Jürgen Links Definitionen von Diskurs weitgehend an, erweitert jedoch das rhizomartige Konstrukt Links um den Aspekt der Dynamik: Diskurs ist ein „Fluss von Wissen bzw. sozialen Wissensvorräten durch die Zeit“ (Jäger in Keller et al. 2001: 82). Das Ziel der aus diesen Grundmomenten entwickelten Kritischen Diskursanalyse sieht Jäger darin, herrschende Diskurse in ihren Machtwirkungen in Frage zu stellen, indem ihre Widersprüche, ihr (Ver)Schweigen und die Grenzen ihrer Sagbarkeitsfelder aufgedeckt werden und indem ihre Wahrheit als Konstruktion entlarvt wird. Wesentlich eher als Foucault ist Jägers Anliegen ausgerichtet auf eine handhabbare Methodik der Diskursanalyse. Die Regeln des Diskurses, die vorangehend mit Foucault entwickelt wurden, nennt Jäger Tricks, mit denen eine Gesellschaft versucht, das Feld des Sagbaren zu kontrollieren. Dazu gehören z.B. „Verleugnungsstrategien, Relativierungsstrategien, Enttabuisierungstrategien“ (Jäger 2001: 84), die dafür sorgen, den herrschenden Diskurs zu kräftigen und Gegendiskurse zu schwächen. „Das Sagbarkeitsfeld kann durch direkte Verbote und Ein124

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schränkungen, Anspielungen, Implikate, explizite Tabuisierungen, aber auch durch Konventionen, Verinnerlichungen, Bewusstseinsregulierungen etc. eingeengt, aber auch zu überschreiten versucht werden“ (ebd.). Diese Stärkungen des Diskurses werden durch weitere Bindemittel verklebt, zu denen bspw. Kollektivsymboliken und Bildbrüche zählen. Kollektivsymboliken verkörpern kulturelle Stereotypen (vgl. ebd.). Die am Diskurs teilhabenden Individuen haben Zugriff auf einen Vorrat an Kollektivsymboliken, ein „Repertoire an Bildern“ (ebd.) zur Beschreibung und Deutung einer gemeinsamen Wirklichkeit. Bildbrüche oder auch Katachresen „funktionieren in der Weise, dass sie Zusammenhänge zwischen Aussagen und Erfahrungsbereichen stiften, Widersprüche überbrücken, Plausibilitäten und Akzeptanzen erzeugen etc.“ (ebd.) Zur Verdeutlichung greife ich auf ein weiteres AussageBeispiel einer Szene aus der Episode „Verbotene Liebe“ zurück. Commander Soren bricht während der Gerichtsverhandlung das Schweigetabu, mit dem ihre Position belegt ist, weil sie nicht der gesellschaftlich geforderten Geschlechtslosigkeit entspricht: Soren: Ich bin es leid zu lügen. Ich bin weiblich. Ich wurde so geboren. Ich habe diese Gefühle, dieses Verlangen schon mein Leben lang in mir. Es ist nicht unnatürlich. Ich bin nicht krank, nur weil ich auf diese Art empfinde. Es muss mir nicht geholfen werden. Und ich muss ganz sicher nicht geheilt werden. Was nötig wäre und was alle, die genauso sind wie ich, brauchen würden, ist euer Verständnis und euer Mitleid. Wir haben euch doch in keinster Weise verletzt. Und dennoch werden wir angegriffen und verachtet, nur weil wir anders sind. Aber was wir alle tun unterscheidet sich in nichts von dem, was Ihr tut. Wir reden und lachen, wir jammern über die Arbeit und fragen uns, wie es ist, wenn man alt wird. Wir sprechen über unsere Familien und wir machen uns Sorgen über die Zukunft. Und wir weinen miteinander, wenn die Dinge hoffnungslos erscheinen. All die schönen Dinge, die Ihr miteinander tut, tun wir ebenfalls genau wie Ihr. Und dafür werden wir alle Abtrünnige genannt und Außenseiter und Kriminelle? Wer gibt Euch das Recht dazu, uns zu bestrafen? Wer gibt Euch das Recht, uns gewaltsam zu ändern? Mit welchem Recht glaubt Ihr, diktieren zu können, wie zwei Personen sich lieben dürfen?

Mit verschiedenen Metaphern umkreist Sorens Rede den politischen Zustand der gesellschaftlich qua Geschlecht Benachteiligten. Begriffe wie ‚unnatürlich’, ‚Mitleid’, ‚verletzt’, ‚angegriffen’ und ‚verachtet’ beschreiben die Benachteiligung und stehen hier in starkem Kontrast zu Begriffen wie ‚ ‚reden’, ‚lachen’ oder ‚Zukunft’, die zur Verdeutlichung eines Idealzustandes der Akzeptanz positiv belegt sind.

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Rhethorische Mittel wie Katachresen, Verbildlichungen, Akteursoder Handlungsmarker verweisen auf Sinnzusammenhänge, die in ihrem Gebrauch miterzeugt werden, „Bedeutungen liegen in den Diskursen also nicht als lose, unzusammenhängende Zeichenpartikel vor, sondern in strukturierten Formen, als vortypisierte und im Rekonstruktionsprozess aus der Beobachtungsperspektive wiederum typisierbare Bestandteile kollektiver Wissensvorräte“ (Keller 2004: 93).

Rhetorische Mittel können unter anderem dazu dienen, den Interaktionspartner zu disziplinieren. Passive Satzkonstruktionen und Unterbrechungen signalisieren Definitionsmacht über die Situation, verändern und bestimmen das Tempo der Konversation und markieren Sprecherlaubnis bzw. Sprechverbote. Ironie als satirisches sprachliches Element nutzt einen verletzenden Zynismus als Ressource und kann dazu dienen, Interaktionspartner und ihre Diskurspositionen in Frage zu stellen, indem sie diese lächerlich macht. Sie führt damit ihren Subjektstatus ad absurdum, wie eine Szene aus „Das Gesicht des Feindes“ erkennen lässt. Commander Tereth vom romulanischen Warbird Kasara klagt in dieser Interaktion den romulanischen Geheimdienst, den Tal Shiar, an und unterstellt Major Rakal – alias Counsellor Troi – Skrupellosigkeit. Troi (Rakal): Die Fracht gefährdet Ihr Schiff nicht. Sonst wäre sie nicht geladen worden. Tereth: Ah! Der Tal Shiar ist tief besorgt um die Sicherheit und das Wohlergehen des Militärs. Ich bin sicher, dass jede Person auf der Brücke dieses Schiffes mehr als nur einen Bericht über persönliche Erfahrungen mit dem Tal Shiar abliefern könnte. Aber ich bezweifle, dass viele an diese Treffen in liebevoller Erinnerung zurückdenken. Deshalb muss ich Sie bitten, mir zu verzeihen, Major, wenn ich zögere, Ihre Versicherung anzunehmen, dass diese Fracht keine Gefahr für meine Besatzung bedeutet. Ich lasse die Container öffnen und überprüfen. Troi (Rakal): Diese Fracht ist Eigentum des Tal Shiar. Sie werden sie nicht anrühren. Tereth: Wer will mir das vorschreiben? Troi (Rakal): Ich. Und da ich annehme, dass Sie sich nicht wünschen, einer weiteren persönlichen Erfahrung mit dem Tal Shiar entgegenzusehen, rate ich Ihnen, meine Anordnungen nicht in Frage zu stellen. Also, lassen Sie Kurs setzen in Richtung 102.4: In den Kaleb-Sektor!

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Die Ironie der Aussage Tereths „Ah! Der Tal Shiar ist tief besorgt um die Sicherheit und das Wohlergehen des Militärs.“ sowie „Deshalb muss ich bitten, mir zu verzeihen ...“ haben in dem Gespräch die Funktion, den Unwillen (oder noch stärkere Gefühle wie Wut) Tereths über die Mission im Besonderen und das Vorgehen des Geheimdienstes im Allgemeinen zu kommunizieren. Überdies drückt Tereth mit diesem rhethorischen Mittel ihre Verachtung für Rakal und ihren diskursiven Kontext aus. Gleichzeitig spricht sie ihre Empfindungen damit nicht direkt aus, wird also nicht konkret, indem sie den Geheimdienst anklagt und sich damit womöglich in Gefahr bringt. Ironie dient damit der Diskreditierung des Subjektstatus. Indem jedoch Rakal alias Troi nicht auf diese Provokation eingeht, hebelt sie deren Wirkung aus und stärkt damit nur ihre Position gegenüber Tereth. Die Wirkung von Ironie als diskursiver Strategie lässt sich aus dieser Blickrichtung als nicht kalkulierbar prognostizieren. Sie dient als probates Mittel des Protestes, jedoch noch lange nicht als effektive Strategie des Widerstandes. Das hängt damit zusammen, dass der Sprecher seine Position im Diskurs gleichzeitig erklärt und vernebelt, indem er dem Interaktionspartner verschiedene Möglichkeiten der Interpretation und der Reaktion bietet. Ein weiteres, direkteres Mittel der Disziplinierung ist der Akteursmarker. Die folgende Szene verdeutlicht die besondere Rolle von Akteursmarkern im Zusammenhang disziplinierender Aussagen. Counsellor Troi verhört in der Episode „Das Standgericht“ gemeinsam mit Commander Riker G’Dan, einen klingonischen Austauschoffizier, der in Verdacht geraten ist, Informationen über die Enterprise an Dritte weitergegeben zu haben: Troi: G’dan, wir haben bestätigte Berichte, dass schematische Zeichnungen unserer Diliziumkammer in die Hände der Romulaner gelangt sind.

Direkte Namensäußerungen wirken (je nach Kontext unterschiedlich stark) pädagogisch aufgeladen, der Adressat der Aussage, der Angesprochene, wird damit ermahnt, der Konversation und dem Sprechenden besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In einer Konversation zwischen Individuen mit vergleichbarer Position im Diskurs wirkt diese Art der Anrede distinktiv, sie kommuniziert Machtunterschiede direkt. Während Troi G’dan so ansprechen kann, weil sie das Verhör führt, wäre das umgekehrt nicht denkbar. Es gibt allerdings verschiedene Modi der Bedeutung von Namensnennungen. Z.B. spielt im Zusammenhang mit dem Militär, bspw. der Sternenflotte, der den Rang bezeichnende Titel eine große Rolle, hier 127

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definiert sich die symbolische Hierarchie über militärische Abzeichen, die Ansprache besitzt demonstrativen Charakter, sie verdeutlicht hierarchische Unterschiede, wie die offensichtliche Zurechtweisung eines Sternenflottenmitglieds durch Captain Picard veranschaulicht: Picard: Rühren, Fähnrich. Und ich bin Captain.

Wie also in dieser kleinen Auswahl rhetorischer Mittel deutlich wird, stehen eine Reihe sprachlicher Strategien zur Verfügung, die eingesetzt werden können, um Subjektpositionen in Interaktionen zu stärken oder zu schwächen. Aus einer diskurstheoretischen Perspektive lässt sich feststellen, dass diese Mittel nicht frei im Raum des Diskurses schweben, sondern die Möglichkeit ihrer Verwendung verknüpft ist mit den Ordnungen der Macht innerhalb des Diskurses. Die Subjekte bewegen sich in ihm und formulieren ihn, jedoch stellt er die begrenzte Anzahl seiner Aussagen nicht jedem gleichermaßen zur Verfügung. Über diese Verfügbarkeit reguliert sich die Hierarchie des Diskurses.

D a s D i s p o s i t i v: P r a x e n d e r S t a b i l i s i e r u n g Jaques-Alain Miller: "Was du als Dispositiv einführst, stellt sich offensichtlich viel heterogener dar als das, was du Episteme nanntest." Michel Foucault: "Unbedingt." (Foucault 1987: 123)

In meiner Beschreibung dessen, was Foucault unter ‚Diskurs’ versteht (ein Sprechen, das sich der Inszenierung eines bestimmten Topos verschreibt), bekommt dieses Sprechen eine Beweglichkeit, die der Diskurs durch bestimmte Regeln wieder einzufangen versucht. Diese Regeln dienen der Stabilisierung des Diskurses sowie der Stabilisierung der Verhältnisse. Foucault identifiziert über das Sprechen hinaus weitere Praxen, die der Stabilisierung der Macht dienen und als quasi-diskursiv, post- oder nicht-diskursiv bezeichnet werden können. Soziale Ordnungen, in denen sich Individuen organisieren, stellen sich über Machtbewegungen her, deren Systematik auf einem „entschieden heterogenen Ensemble“ (Foucault 1978: 119) beruht, „das Diskurse, Institutionen, architekturale Einrichtungen, reglementierende Entscheidungen, Gesetze, administrative Maßnahmen, wissenschaftliche Aus128

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sagen, philosophische, moralische oder philantropische Lehrsätze, kurz: Gesagtes ebenso wohl wie Ungesagtes umfasst“ (ebd.),

und das, davon gehe ich aus, als Organisationsprinzip sozialer Wahrheiten funktioniert. Als Institutionen bezeichnet Foucault „Instanzen, die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen ermöglichen und den Modus festlegen, in dem die einen oder anderen sanktioniert werden; es gibt einen Status für jene, die darüber zu befinden haben, was wahr ist und was nicht“ (Foucault 1978: 51). Als Institutionen verstehe ich in diesem Sinne in der Regel formell eingesetzte, bspw. staatliche Autoritäten, die qua (historischer, aber gesellschaftlich legitimierter) Berufung Funktionen der Kontrolle übernehmen (Militär oder Polizei). Institutionen sind Vergegenständlichungen sozialer Praxen, vor allem in ihren Funktionen artikulieren sich Bedürfnisse und Lebensstile, die als kollektive soziale Wahrheiten inszeniert werden. Bspw. wird davon ausgegangen und damit nicht in Frage gestellt, dass es die Mehrheit einer Gesellschaft befürwortet, mit der Polizei eine Institution zu besitzen, deren Funktion es ist, bestimmte Gesetze zu schützen. Accessoires der Institutionen sind sowohl Symbole als auch Gegenständliches (z.B. Uniformen als Symbole der Etabliertheit). Der Begriff soziale Wahrheiten umschreibt, dass jede Wahrheit vermittelt, ausgehandelt, erlernt, durchgesetzt, also diskursiv produziert und legitimiert sein muss, bevor sie als selbstverständlich wahr gelten kann. Zwischen diesen einzelnen Elementen, den Institutionen, ihren Vergegenständlichungen und den diskursiven Praxen, die sich hervorgebracht haben und dauerhaft hervorbringen, spannt sich das Dispositiv als ein Netz ihrer stetigen (Re-)Produktion. Der Begriff Dispositiv bezeichnet die Beziehungen der Elemente zueinander. Im Dispositiv wirken Diskurse. Sie besitzen den Raum, sich zu verschieben, können einmal argumentativ Strategien der Subversion rechtfertigen, dienen dann wieder der Naturalisierung und damit Verhüllung hegemonialer Taktiken. Dispositive, wie Foucault sie untersucht, entstehen aus einem „strategischen Imperativ“ (ebd.) und entwickelten sich zu einer Verknüpfung von Institutionen, Wahrheiten und disziplinarischen Maßnahmen, die sich immer weiter verästeln und sozusagen im Namen der Wahrheit, also dessen, was eine Gesellschaft als Wahrheit verhandelt und akzeptiert, verzahnen und immer detaillierter vorgehen. Die strategische Beschaffenheit des Dispositivs ergibt sich aus der Produktivität dieser Wahrheit:

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„Wichtig ist, so glaube ich, dass die Wahrheit weder außerhalb der Macht steht noch ohne Macht ist [...]. Die Wahrheit ist von dieser Welt; in dieser wird sie aufgrund vielfältiger Zwänge produziert. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ordnung der Wahrheit; das heißt sie akzeptiert bestimmte Diskurse, die sie als wahre Diskurse funktionieren lässt; es gibt Mechanismen und Instanzen, die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen ermöglichen und den Modus festlegen, in dem die einen oder anderen sanktioniert werden; es gibt bevorzugte Techniken und Verfahren zur Wahrheitsfindung; es gibt einen Status für jene, die darüber zu befinden haben, was wahr ist und was nicht“ (Foucault 1987: 52).

Fünf entscheidende Charakteristika bestimmen die „politische Ökonomie“ der Macht, sie stellen quasi (historische) Regeln zur Verfügung, die definieren, was Wahrheit ist und damit dafür sorgen, dass die Macht machtvoll bleibt: 1. Das Zentrum der Wahrheit liegt im wissenschaftlichen Diskurs und den Institutionen, die ihn produzieren. 2. Es werden dauernd ökonomische und politische Forderungen an sie gestellt. Es gibt ein gesellschaftlich legitimiertes Bedürfnis nach Wahrheit. 3. Die Wahrheit ist vor allem verbreitet in Diskursen der Disziplinierung der Subjekte und ihrer Körper(lichkeit). 4. Ihre Produktion und Verteilung geschieht weitgehend unter der Kontrolle politischer und ökonomischer Apparate („Universität, Armee, Presse, Massenmedien“, ebd.). 5. Um die Wahrheit werden stetig ideologisierte Kämpfe geführt. Zur Veranschaulichung der Mechanismen und des Aufbaus hegemonialer Dispositive möchte ich im Folgenden eine Szene aus der Star Trek-Episode „Das Standgericht“ daraufhin befragen, mit welchen Mitteln sich die jeweils als hegemonial inszenierte Wahrheit stabilisiert. In dieser Szene werden die Kämpfe um die Wahrheit und die im Dispositiv miteinander verwobenen Kräfte (und ihre narrative/konzeptionelle Rückbindung an einen essenzialistischen Kulturbegriff) auf unterschiedliche Art verkörpert. Sowohl in der Episode „Das Standgericht“ als auch in „Verbotene Liebe“ und „Das Gesicht des Feindes“ werden Szenarien arrangiert, in denen Institutionen wie z.B. das Gericht bzw. die zur Rechsprechung eingesetzten Personen oder das Militär die für die Produktion von Wahrheiten notwendige Autorität repräsentieren. Die Situiertheit der

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Wahrheit wird deutlich, jedoch an jeweils unterschiedlichen Kontexten festgemacht. Die Institutionen des Gerichts sowie des Verhörs, die sprachlichen Praxen der Tabuisierung bzw. Zensur, des Verrats und des Geständnisses bilden in der Folge „Das Standgericht“ jeweils die Knotenpunkte des Dispositivs. Zum einen ist es vorrangig das Dispositiv der Staatsmacht, zum andern das der Kontrolle der Sexualität, wie im Folgenden gezeigt werden soll. In der Narration von „Das Standgericht“ führt eine besondere Situiertheit von Wahrheit zum Widerstand gegen die entsprechende Institution: Die eigentliche, laut Common Sense15 der Serie nie anzweifelbare Autorität in Person des Captains steht am Schluss der Folge selbst in einer öffentlichen Befragung als Angeklagter. Captain Picard steht vor einem zwar als machtvoll, aber auch als moralisch übermotiviert inszenierten und dadurch in seiner Legitimiertheit eingeschränkten und diskursiv sehr instabilen Gericht. Durch die Entlarvung des Gerichts als Machtspiel überführt er die Autorität der Richterin einer als unangemessen inszenierten Selbstgerechtigkeit und fanatischen Radikalität. Damit stellt er die ursprünglich von ihr ethisch begründete Positionierung nicht nur in Frage, sondern bringt sie in eine Situation, in der ihr Subjektstatus gefährdet wird, wie in der folgenden Szene deutlich wird. Zur kurzen Beschreibung der Szene: Das Verhör, dem Admiral Satie Jean-Luc Picard unterzieht, ist öffentlich, eine ganze Reihe Mitglieder der Crew des Schiffes ist anwesend. Picard sitzt auf einem erhöhten Platz vor den Zuhörern sowie den Verhörführenden Satie, Sabin und ihrer Assistentin. Zusätzlich sitzt als höchste Autorität auch ein Admiral des Sternenflottenkommandos unter den Zuhörenden, dem Satie unterstellt ist. Er verkörpert quasi die letzte Instanz, die über wahr und falsch, schuldig und nicht-schuldig entscheidet, ist jedoch nicht direkt am Geschehen beteiligt. Der folgende Dialog spielt sich nur zwischen Satie und Picard ab, er stellt das Ende der Verhör-Szene dar. Admiral Satie: Sagen Sie mir, Captain: Haben Sie sich eigentlich von der Gefangenschaft bei den Borg vollständig erholt? Picard: Ja, ich habe mich vollkommen erholt. Admiral Satie: Es muss grauenhaft für Sie gewesen sein, in einen von ihnen verwandelt worden zu sein. Gezwungen zu werden, Ihr Wissen von Operationen der Sternenflotte weiterzugeben, um den Borg zu helfen. Wie viele Ihrer Schiffe gingen verloren? 39? Und der Gesamtverlust an Leben belief sich, so15 Common Sense ist hier zu verstehen als Übereinkunft zwischen Text und Leser. Auf dieses Kennzeichen fiktionaler Literatur gehe ich im Exkurs „Zur Struktur fiktionaler Texte“ genauer ein. 131

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viel ich weiß, auf 11.000. Ich wundere mich, wie Sie nachts ruhig schlafen können, obwohl Sie so viel Zerstörung verursacht haben. Ich stelle Ihre Handlungen in Frage, Captain. Ich stelle Ihre Entscheidungen in Frage. Ich stelle Ihre Loyalität in Frage. Picard: Wissen Sie, als ich ein Schuljunge war, habe ich einige Worte gehört: Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, sind wir alle unwiderruflich gefesselt. Diese Worte wurden ausgesprochen von Richter Aaron Satie, als Weisheit und Warnung. Wenn die Freiheit irgendeines Menschen zum ersten Mal beschnitten wird, ist das ein Schaden für alle. Ich fürchte, dass heute ... Admiral Satie: Wie können Sie es wagen? Sie, der Sie mit den Romulanern verkehren, nehmen den Namen meines Vaters, um Ihre verräterischen Argumente zu stützen. Das ist eine Beleidigung für alles, was mir teuer ist, und Sie benutzen diese Worte, um die Vereinte Föderation der Planeten zu beseitigen. Mein Vater war ein großartiger Mensch. Sein Name steht für Integrität und Prinzip. Sie beschmutzen seinen Namen, wenn Sie ihn aussprechen. Er liebte die Föderation, aber Sie, Sie korrumpieren sie. Sie wollen unsere Lebensweise zugrunde richten. Ich werde Sie als das entlarven, was Sie sind. Ich habe schon größere Männer als sie vernichtet, Picard! – Ich habe nichts mehr hinzuzufügen.

Diskurstheoretisch betrachtet werden in dieser Szene die Wirkmächte zweier unterschiedlicher, besonders starker Dispositive sichtbar, die nicht unabhängig voneinander wirken. ich möchte das eine das Dispositiv der Staatsmacht nennen, das andere das Dispositiv der Disziplinierung der Affekte. Das Staatsmacht-Dispositiv fußt in dieser Situation auf drei Säulen: Erstens der Institution des Staates und seiner Repräsentanten, in diesem Fall in Verkörperung der Admiralin Satie, zweitens den sprachlichen Praxen der Ideologisierung, der Befragung, Verdächtigung und dem Geständnis sowie drittens den nicht-diskursiven Praxen, bspw. der Raumanordnung während des Verhörs, in der sich das historische Motiv des Prangers, der öffentlichen Zuschaustellung des Angeklagten widerspiegelt. Des Weiteren zählt das Motiv der Loyalität, die Bedingungslosigkeit der Ergebenheit an ein Konstrukt wie den Staat bzw. in diesem Fall die Föderation der Planeten zu den nicht-diskursiven Praxen. Das von Satie verwandte sprachliche Klimax der Wiederholung „Handlungen-Entscheidungen-Loyalität“ verweist auf die elementare Bedeutung, die der absoluten Ergebenheit des Individuums gegenüber dem abstrakten Konstrukt der Föderation zugesprochen wird. Admiral Satie zielt in ihrer Befragung darauf ab, Picard als illoyal zu inszenieren. 132

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Indem sie auf eine zurückliegende Episode anspielt, in der Picard von den Borg, Wesen einer kybernetischen Kultur, entführt wurde und in der Picards Handlungsweise den Anweisungen des Sternenflottenkommandos zuwider gelaufen war, stellt sie seine Person und seine Position im vorrangigen Diskurs in Frage. Sie erinnert die Zuhörer daran, dass Picard von den Borg gefangen genommen und assimiliert16 worden war, mit der Frage „Haben Sie sich vollständig erholt?“ formuliert sie Zweifel an seiner Rehabilitation und damit seiner Loyalität gegenüber der Föderation. Diese Infragestellung zielt darauf ab, den Subjektstatus Picards in Zweifel zu ziehen und ihn damit vor dem Gericht als unglaubwürdig darzustellen. Durch die formellen Regeln, die die Situation im Verhör und die Positionen der Beteiligten zueinander organisieren, ist Picards Position mit weniger Macht ausgestattet als Admiral Saties. Ihre Frage lässt keine richtige Antwort zu, mit der Picard seinen Status stärken könnte. Die Kommunikation ist nicht auf die Situation und die Klärung offener Fragen ausgerichtet, sondern sie dient einzig und allein der langfristigen Infragestellung des Status Picards. Picards Aussage allerdings verschiebt die Beziehungen der Positionen zueinander. Sein Sprechen, das im Gegensatz zu dem Sprechen der zuvor Verhörten wesentlich machtvoller ist, da er über die Situation hinausgehend qua Stellung als Kapitän mehr Autorität besitzt, ist wahr im Sinne des Wahrheitssystems Saties. Auf der Ebene des Diskurses hält Picard sich an die Regeln, die Satie mit dem Verhör vorgegeben hat, nämlich die Ideologie der Fahnentreue gegenüber der Föderation als un16 Die Borg, als kybernetische und nach menschlichen Maßstäben der Moral als skrupellose Rasse/Kultur inszeniert, assimilieren andere Wesen, indem sie ihre Körper und ihr Bewusstsein verändern. Einige körperliche Fähigkeiten werden verbessert, bspw. die Sehfähigkeit, gleichzeitig werden die neu entstandenen Körper an ein Kommunikationssystem angeschlossen, in dem sie Entscheidungen ähnlich einem Rechner automatisiert und schnell gemeinsam koordiniert treffen. Assimilierte Wesen fügen sich sofort nahtlos in das System ein. Sie besitzen keine eigene, vom System abgetrennte Persönlichkeit und kein eigenes Urteilsvermögen mehr und damit auch nicht jenes bedeutsame Moment, welches bei Star Trek oft über den Begriff der Individualität ideologisiert wird. Picard war für eine kurze Zeit mit diesem System verbunden, hatte jedoch im Vergleich mit anderen Drohnen, als welche die gewöhnlichen arbeitenden Borg bezeichnet werden, eine Sonderstellung und konnte daher durch einen medizinischen Eingriff sowohl seinen menschlichen Körper als auch seine Eigenständigkeit zurück erlangen. Dennoch wird in einigen Episoden Star Treks deutlich, dass ihn dieses Erlebnis geprägt hat. Auf Picards Assimilierung gibt es verschiedene Perspektiven: eine, die ihn als Opfer versteht, sowie eine andere, hier vertreten von Satie, die ihn als Täter zur Verantwortung zieht bzw. zur Bedrohung für die Föderation erklärt. 133

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hinterfragtes Maß aller Dinge zu verstehen. Gleichzeitig aber hinterfragt Picard diese Ideologie, indem er die Auswirkung auf das Handeln dessen, der sich auf sie beruft, anfechtet. Picard verteidigt sich damit nicht, sein Aufbrechen der Regeln fordert Satie heraus. Hier kommt das zweite zuvor identifizierte Dispositiv ins Spiel. Das Dispositiv der affektiven Disziplinierung greift in Form einer Setzung informeller und formeller Regeln. Es ist anderen Dispositiven (wie dem der Staatsmacht) übergeordnet, das heißt, es wirkt in das Dispositiv der Staatsmacht hinein, stellt grundsätzliche Bedingungen an dieses und andere Dispositive. Seine Vergegenständlichung findet dieses Dispositiv vor allem in formalen Settings, bspw. in der Anordnung öffentlicher Räume, der Ordnung der zur Verfügung stehenden Aufenthalts-, Sitzoder Liegemöglichkeiten, Erhöhungen oder Vertiefungen zur Markierung besonderer Positionen oder Stellungen und der Privatisierung von Emotionen durch bestimmte sprachliche und nicht-sprachliche Praxen (wie z.B. der Normalisierung der Sexualität im Diskurs der Heteronormativität etc.). Dieses Dispositiv ist durch verschiedenen Institutionen vertreten, wie in diesem Fall durch das Gericht. Dazu gehören auch Bildungsinstitutionen sowie Institutionen der Medizin oder des Militärs. Seine diskursiven Praxen bestehen ähnlich dem Staatsmacht-Dispositiv aus dem Verhör und dem Geständnis sowie der Ideologisierung abstrakter nicht-sprachlicher Praxen wie dem Gehorsam oder der Kontrolle der Gefühle. Am Schluss der Szene veranlasst Picards Aussage über ihren Vater die Admiral zu einer besonderen Reaktion. Mit dem Gestus der Empörung beschimpft sie Picard, eine Reaktion, mit der sie die engen und von ihr selbst gesetzten formellen Grenzen der Situation überschreitet. Diese Überschreitung hat konkrete Auswirkungen auf ihren Status innerhalb der Macht. Indem Satie die Regeln der Situation nicht mehr befolgt, die besagen, dass Emotionen und persönliche Anliegen unter Kontrolle zu halten sind, verliert sie selbst mit dieser Kontrolle auch ihren SubjektStatus, der ihr zuvor qua Autorisation als Richterin und Admiral zugestand. Im diskursiven Zusammenhang der Rationalität, in dem sich die Figur Picard, dessen Glaubwürdigkeit nun wieder hergestellt ist, aber auch die besondere Interaktionsform des Verhörs bewegen, gilt der affektive Kontrollverlust als Risikofaktor der Subjektivität und damit der Sprechposition. In dieser Episode wird deutlich, dass die Situiertheit dessen, was als wahr gilt, sich auf institutionelle Autoritäten – hier: das Verhör – zu beziehen hat, um plausibel zu sein. Gleichwohl ist die (gerichtliche) institutionalisierende Autorität nur eine vorübergehende und angekoppelt an 134

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das Wissen um die Regeln, innerhalb derer sie funktionieren kann. In diesem Fall löst sich die Autorität im Affekt auf, sie wird nichtig, sobald die Regeln der emotionalen Kontrolle überschritten werden. Bezogen auf das Dispositiv bedeutet dies: Die Verknüpfung von Institutionen mit konkreten (performativen, weil rituellen) sprachlichen und nicht-sprachlichen Praxen bringt unterschiedliche SubjektPositionen hervor, die in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit voneinander zu unterscheiden sind. „In der Verschränkung (multi-)diskursiver Ordnungskategorien und institutioneller Praktiken verfestigen sich diskursive Praktiken zu Mustern heterogener Wirklichkeitskonstruktionen und materieller Strukturen, die sich den Anstrich zeitloser Wahrheiten geben. Es ist die Materialität der Diskurse, die den Dingen, den Körpern und den Subjekten über die Zuweisung einer spezifischen Bedeutung hinaus, eine gesellschaftliche, gleichwohl aber naturalisierte Existenz verleihen“ (Bublitz 2003: 11).

Das Dispositiv kann insofern als performativ verstanden werden, als es immer auch als Zitat sozialer Rituale gelesen werden kann. Im Dispositiv-Konstrukt formieren und wiederholen sich symbolische Inszenierungstechnologien: „Rituelle Szenen repräsentieren eine über die Szene hinausgehende und sie doch (mit-)konstituierende [...] Macht“ (Wulf et al. 2007: 25). Bestimmte Subjektpositionen werden hier als machtvoll, andere als machtlos in Szene gesetzt. Es gibt unterschiedlich legitimierte Sprecherpositionen, die unterschiedlich plausible Wahrheiten verbreiten können. Das Wahre nach Foucault (1978: 53f) ist nicht das Wahre der Dinge, das ihnen inhärent ist und das es zu entdecken gilt, sondern es ist zu erkennen durch „das Ensemble von Regeln, nach denen das Wahre vom Falschen geschieden und das Wahre mit bestimmten Machtwirkungen ausgestattet wird“ regelt die Naturalisierung des Wahren. Der Begriff des Wahren lässt sich mit Foucault durch zwei Momente fokussieren:

• •

Unter Wahrheit ist eine Sammlung von geregelten Verfahren für Produktion, Gesetz, Verteilung, Zirkulation und vor allem Wirkungsweise der Aussagen zu verstehen. Das Konzept des Herrschaftssystems der Wahrheit besagt, dass sie an Machtsysteme gebunden ist, welche sie durch Wiederholung stützen.

In den beschriebenen Szenarien der Episoden werden von den mächtigen Positionen der Institutionen aus durch bestimmte (sprachliche und 135

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nicht-sprachliche) Strategien Machtwirkungen erzeugt und – in diesem Fall – regiert. Die Konzeption des foucaultschen Dispositivs ist an vielen Orten und auf verschiedene Arten diskutiert worden. Auf einen in dieser Diskussion genannten Kritikpunkt soll an dieser Stelle kurz eingegangen werden, da er für die Untersuchungsperspektive von Bedeutung ist. Im Rahmen der Kritischen Diskursanalyse, die sich eng an Foucaults Überlegungen anlehnt, konkretisieren vor allem Margarete und Siegfried Jäger in ihren Arbeiten die Ansätze Foucaults in Bezug auf ihre methodische Schärfe. Zu sprechen und damit (kulturell bzw. kulturell kodiert) zu handeln heißt für Jäger vor allem, auf ein diskursives das heißt gesellschaftliches/ historisches/ situiertes Archiv von Wissen zurückzugreifen. Wissen sind für ihn „alle Arten von Bewusstseinsinhalten bzw. von Bedeutungen, mit denen jeweils historische Menschen die sie umgebende Wirklichkeit deuten und gestalten“ (Jäger 2001: 81). Für Jäger ist das Dispositiv zu verstehen als „Zusammenspiel diskursiver Praxen (= Sprechen und Denken auf der Grundlage von Wissen), nichtdiskursiver Praxen (= Handeln auf der Grundlage von Wissen) und ‚Sichtbarkeiten’ bzw. ‚Vergegenständlichungen’ (von Wissen durch Handeln/Tätigkeit)“ (Jäger 2001: 82). Im Dispositiv entwickelt er damit ein Modell, das es ermöglicht, sich den Wirkungen, den Effekten des Sprechens in Form der Vergegenständlichungen ausführlicher zu widmen. Foucault selbst sieht die Aufgabe des Analysten darin, „nicht – nicht mehr – die Diskurse als Gesamtheiten von Zeichen (von bedeutungstragenden Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen), sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen für mehr als nur zur Bezeichnung der Sachen. Dieses mehr macht sie irreduzibel auf das Sprechen und die Sprache. Dieses mehr muss man ans Licht bringen und beschreiben“ (Foucault 1981: 74, Herv. i. O.).

Foucaults Perspektive nähert sich damit einer sozialkonstruktivistischen, kulturwissenschaftlichen Perspektive an: Die Teilhabe an Kultur (also einer kontextuellen Situiertheit des Subjekts) geschieht durch die Konstruktion kultureller Artefakte. Diese stehen im Dispositiv in einer Verbindung mit diskursiven Praxen, wie Jäger ausführt: „Was diese Elemente verknüpft, ist nichts anderes, als dass sie einem gemeinsamen Zweck dienen [...]. (Das sie verknüpfende, B.H.) Band existiert in 136

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Form der menschlich-sinnlichen Tätigkeit oder Arbeit, die Subjekt und Objekt, die sozialen Welten und die gegenständlichen Wirklichkeiten miteinander vermittelt, also durch nichtdiskursive Praxen, die in Foucaults DispositivDefinition zumindest nicht explizit vorkommen“ (Jäger 2001: 91).

Foucaults eigene Beschränkung auf das Diskursive soll also in diesem Modell der Verbindung diskursiver und nicht-diskursiver Praxen aufgeschoben werden, um einem erweiterten Blick auf die Konstruiertheit sozialer Wirklichkeit durch gestaltende Wirksamkeit der Subjekte zu eröffnen. Keller umschreibt dies so: „Mit dem Begriff des Dispositivs bezeichnet Foucault nunmehr das Maßnahmenbündel, das einen Diskurs trägt und in weltliche Konsequenzen umsetzt. Dazu zählen Gesetze, architektonische Manifestationen wie der Gefängnisbau [...], Redepraktiken wie die Beichte u.a., Praktiken, das heißt routinisierte bzw. institutionalisierte Verhaltens- und Handlungsmuster [Damit ist das Dispositiv ein, B.H.] Ensemble von Maßnahmen (etwa Gesetze, Verordnungen, behördliche Zuständigkeiten, materielle Objekte), das für einen spezifischen, bspw. politischen, ökonomischen oder technischen Zweck bereitgestellt wird“ (Keller 2004: 50).

Foucaults Entwurf des Dispositiv und dessen spätere Rezeption ist begleitet durch eine Diskussion des Unterschieds zwischen diskursiven und nicht-diskursiven Praxen, wie Jäger mit Waldenfels zeigt: Es „ist unklar, wie (bei Foucault, S.J.) die Grenze zwischen diskursiven und nicht diskursiven Praktiken gezogen und wie sie überbrückt wird, ja, es bleibt unklar, ob sie überhaupt gezogen werden muss. Ich denke, Foucault hat sich selber in eine gewissen Sackgasse manövriert, indem er die Ordnungsformation der Geschichte in seiner Theorie zunächst als Wissensordnungen (Epistemai), dann als Redeordnungen (Discours) konzipiert hat, anstatt von einer Ordnung auszugehen, die von sich aus die verschiedenen Verhaltensregister des Menschen verteilt, auf sein Reden und Tun (!), aber auch auf seinen Blick, auf seine Leibessitten, seine erotischen Beziehungen, seine technischen Hantierungen, seine ökonomischen und politischen Entscheidungen, seine künstlerischen und religiösen Ausdrucksformen und anderes mehr“ (Waldenfels 1991: 291, zit. nach Jäger 2001: 94).

Ohne weiter auf diese notwendige, jedoch an anderer Stelle (u.a. durch Jäger) eindringlicher geführte Diskussion eingehen zu können, habe ich mich mit diesem knappen Seitenblick in meiner Beschäftigung mit dem Dispositiv-Begriff und seiner In-Bezug-Setzung zu Ausschnitten aus der 137

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Serie Star Trek entschieden, analytisch die diskursiven Praxen von den nicht-diskursiven zu unterscheiden. Dennoch stehen, wie schon weiter oben erwähnt, diese Einheiten in direkter Verbindung zueinander, da Sprache innerhalb der diskurstheoretischen Logik immer als dem Tun vorgängig und damit als für das Verständnis des Tuns determinierend verstanden wird. Sinnvoll erscheint mir diese Unterteilung deswegen, weil sie es im Konzept des Dispositivs ermöglicht, die nachsprachlichen Instrumente der Macht als Technologien des Medientextes zu betrachten, indem ich Gegenständliches, Institutionen und Sprechen in ihrer jeweils eigenen Bedeutung für die Herstellung der Macht befragen kann. Sprachliche Praxen wie das Verhör zu unterscheiden von nachsprachlichen (in foucaultscher Tradition als nicht-sprachliche bezeichnet) wie der Ordnung des Verhör-Raumes, ermöglicht eine Analyse hegemonialer Machtstrukturen aus verschiedenen Blickwinkeln. Eine solch simple Ent- und Unterscheidung ist bei Foucault laut Jäger allerdings nicht zu finden. Er kritisiert in dessen Vorgehen die „mangelnde Bestimmung der Vermittlung von Diskurs (Sagbarem/Gesagtem), nicht-diskursiven Praxen (Tätigkeiten) und Sichtbarkeiten (Produkten/Gegenständen)“ (Jäger 2001: 95). Die angedeutete Diskussion soll hier nicht aufgelöst werden, vielmehr werden die verschiedenen Positionen miteinander vermischt. Da ich mich für eine Trennung der diskursiven und nicht-diskursiven Praxen entscheide, gehe ich wie schon erwähnt davon aus, dass der Diskurs der Tätigkeit, dem Handeln, dem Ritual etc. immer voraus geht. Im Falle einer machtanalytischen Betrachtung einer Fernsehserie wie Star Trek eröffnet sich durch diese Unterscheidung die Möglichkeit, das Arrangement der Darstellung, also die Mittel der Inszenierung als Zeichen eines diskursiven Codes genauer zu untersuchen. Wie zuvor ausgeführt verstehe ich Differenz als Macht-Moment einer Beziehung zwischen zwei Individuen, die von diesen durch diskursive und nichtdiskursive Praxen hergestellt wird. Bestimmte Praxen der Distinktion beziehen sich auf Kultur als einem Differenzmoment, das Diskurse von Entwicklung und Sozialisation mit denen von Rasse und Nation verknüpft. Kulturelle Prägung wird hier in Form einer essentiellen Begründung der Differenz zwischen Individuen zugrunde gelegt17. 17 Ein Star Trek-Beispiel dafür findet sich im Verhältnis von Menschen und Klingonen. Die Unterschiede zwischen Individuen beider Gruppierungen werden vielfach – vor allem in Bezug auf den Diskurs des Militärs, der Strategie und der Männlichkeit – als wesentlich inszeniert. Die Unterscheidung zeigt sich als relevant für Lebensentwürfe, Entscheidungen, die Führung von Beziehungen etc. Eingebettet sind diese Inszenierungen in Erzählungen der Herkunft, des Aufwachsens und gleichwohl des freien Willens des Individuums, das sich rational zwischen richtigen und fal138

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In Bezug auf eine solche Konstruktion von Kultur können nichtdiskursive Praxen auch als Zeichen betrachtet werden, die innerhalb eines Zeichensystems gelesen werden können. Rainer Winter (1999: 37) formuliert dies so: „Kultur lässt sich als eine diskursive Formation begreifen“. Individuen begreifen sich denkend und handelnd als kulturelle. Oder geschlechtliche. Sie verstehen sich als bestimmten Zusammenhängen zugehörig oder nicht-zugehörig, jeweils in Abhängigkeit davon, welche Art der Auseinandersetzung ihr jeweiliger Kontext von ihnen fordert. Doch indem sie ihr Handeln denkend begleiten, formulieren sie es sprachlich. Innerhalb dieser sprachlichen Strukturierung weisen sie ihrem Handeln Bedeutung zu. Ich verstehe damit das Dispositiv als eine Ergänzung des sprachreflexiven Diskurs-Modells, da die nach-sprachlichen Momente nichtdiskursiver Praxen als Bestandteile kultureller bzw. kulturalisierender Inszenierung Beachtung finden. Dies erscheint wichtig vor dem Hintergrund ihrer unmittelbaren (leiblichen) Bedeutung für die Subjekte18.

Exkurs: Zur Struktur fiktionaler Texte Aus dieser Perspektive lässt sich das Erkennen und die Inszenierung der Fiktion im Text Star Trek ebenfalls als eine diskursive Praxis verstehen. Interessant ist der fiktionale Text aus dieser Sicht vor allem deshalb, weil er keinen reportierenden Text darstellt. Er steht in einem sehr komplexen Verhältnis zu dem, was primär als Wirklichkeit wahrgenommen wird. Das Interesse der Diskursanalyse liegt vor allem in der Analyse der Ernsthaftigkeit19 von Texten und der Beantwortung der Frage, wie diese schen Praxen entscheiden kann und muss. Das Dilemma dieser paradoxen Perspektive findet in der Figur Commander Worfs seine Verkörperung. Zur Geschichte: Worf verlor seine klingonischen Eltern bei einem Angriff durch Menschen und wurden daraufhin auf der Erde von einem menschlichen Ehepaar großgezogen. Die Ambivalenz seiner Figur – sein klingonischer Ursprung ist dank der deutlichen körperlichen Merkmale nicht zu ignorieren – zeigt sich in zahlreichen Situationen, in denen er zwischen verschiedenen (menschlichen oder klingonischen) Praxen wählen muss, um eine Problemlösung zu ermöglichen. 18 Auf die strukturierende Bedeutung, die nicht-sprachliche Praxen wie Gegenstände, Wahrnehmungen oder ganz konkret Medien auf den Alltag der Individuen haben, gehe ich im anschließenden Kapitel ein. 19 Wie im vorhergehenden Kapitel dargelegt, unterteilt Austin das Feld der Sprechakttheorie in ernsthafte (eine Gratulation zum Geburtstag) und nicht-ernsthafte Äußerungen (z.B. die eines Schauspielers) und – vor allem das ist hier wichtig – hierarchisiert diese beiden Gruppen, indem er 139

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entsteht. Ebenso befasst sich Stuart Hall, wie noch zu zeigen sein wird, aus Cultural Studies-Perspektive in seinem Aufsatz „Kodieren/Dekodieren“20 vornehmlich mit ernsthaften Texten, NachrichtenTexten, Texten, die sich in einem Bezug zur sozialen Wirklichkeit ihrer Rezipienten befinden, der darauf gründet, dass die Rezipienten ihn als repräsentativ, als eine intelligible soziale Wirklichkeit beschreibend empfinden. Es sind Texte, die nicht als ‚als-ob’-Texte aufgefasst werden, sie bedienen sich Inszenierungstechnologien, die den Eindruck von Authentizität entstehen lassen. Die nun folgende, Fiktionalität unter dem Aspekt der Ernsthaftigkeit diskutierende Auseinandersetzung funktioniert als eine Art Nahtstelle zwischen diskurstheoretischen und sich anschließenden Erläuterungen der Ansätze der Cultural Studies. Die Fiktion als populärer medialer Text ist eingebettet in ein Dispositiv der Inszenierung von NichtFiktionalem und Fiktionalem. In diesem Dispositiv etwa erhält das Medium Fernsehen die Autorität, die Trennung von Fiktional und NichtFiktional zu verifizieren. Im Folgenden sollen einige fiktionstheoretische Aspekte unter Bezugnahme auf meine Vorannahmen zur Konstruiertheit von Differenz und Bedeutung vorgestellt werden. Das Ziel dieser exkursiven Betrachtung liegt darin, die Besonderheit des medialen Textes Star Trek, die ich in seiner diskursiven Markierung als fiktionaler Text sehe, mit theoretischen Mitteln zu systematisieren.

Fiktion als Einigung darauf, was nicht wirklich, aber möglich ist Ein Fernseh-Text, bspw. die Episode einer Serie, aber ebenso ein Spielfilm, charakterisiert sich sowohl durch die Abwesenheit seines Autors als auch eines Sprechers im Sinne klassischer face-to-facenicht-ernsthafte Äußerungen aus der Klasse der Sprechakte ausschließt. Der Diskurstheorie offenbart sich die Problematik der Ernsthaftigkeit auf andere Weise. Sie problematisiert genau diese Unterscheidung, die Behauptung, eine Aussage sei ernsthaft und würdig, während die andere Aussage (z.B. die Aussage eines als geistig krank Bezeichneten) es nicht sei, weil sie nicht den entsprechenden Kodex der Wahrheit entspricht, das heißt, dem hegemonialen Diskurs zuarbeitet. 20 In der vorliegenden Arbeit werden verschiedene Schreibweisen von Kodieren bzw. Dekodieren benutzt, die darauf zurück zu führen sind, dass die jeweiligen Autoren die Begriffe unterschiedlich ausbuchstabieren. Trotz Differenzen in den Schreibweisen werden diese Begriffe hier jedoch äquivalent benutzt. 140

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Kommunikation, da es sich um einen medialen, einen vermittelten Text handelt. Damit ist er im Moment seines Erscheinens auf dem Bildschirm gewissermaßen von einer identifizierbaren Position entkoppelt, die als für den Text verantwortlich gelten könnte. Er geschieht im Augenblick, befindet sich aufgezeichnet auf einem Trägermaterial, Papier, Zelluloid, Metall. Die Vermitteltheit des Textes unterscheidet ihn von dem, was das Individuum Wirklichkeit nennt. Das Sprechen dieses Textes, sein momentanes Erscheinen jedoch ist unmittelbar. Dieses Sprechen selbst ist dem Zuschauer präsent, erscheint als unmittelbar, real, wirklich und sinnlich erfahrbar. Der Text selbst überschreitet in diesem Moment die Grenze des televisuellen Mediums. Während des Produktionsprozesses wird im Text durch die Codierung einer intendierten Botschaft eine „mit dem Text verfolgte Illokutionsabsicht“ (Zipfel 2001: 36) formuliert. Auf anderen Ebenen des Textes entsteht eine Vereinbarung über den Fiktionalitätscharakter von Star Trek auf ähnlich Art und Weise. So funktionieren z.B. Peritexte wie etwa die Genre-Bezeichnung ScienceFiction als Illokutionsindikatoren (vgl. Zipfel 2001: 57), die etwas darüber aussagen, wie der Leser den Text zu (be-)deuten, mit Bedeutung zu füllen hat. Die Intention der Autoren der Fernsehserie ist für den Rezipienten im Leseprozess eher als nachrangig zu betrachten. So etwas wie die (vermutete) Intention der Autoren wird z.B. in diskursiven Zusammenhängen kollektiver Rezeption durch die Zuschauer thematisiert. Nach John Fiske gehört diese Spezialität medialer Texte zu einem der vielen Vergnügen, die der Leser erlebt: The „ability to move in and out the text, simultaneously to affirm and deny its textuality, is pleasurable because it is a movement under the control of the viewer“ (Fiske 2006: 119). Dem Leser steht frei, sich auf das Angebot der Fiktion einzulassen, es für eine bestimmte Zeit als real gelten zu lassen oder sich ihm zu verschließen. Was genau als Fiktion zu bezeichnen ist, ist das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses und den Rückgriff auf gesellschaftliches Wissen, es stellt also einen diskursiven Effekt dar. Erzählen als diskursive und kulturelle Praxis ist ein komplexer, „aus Behauptungen zusammengesetzter illokutionärer Akt“ (Zipfel 2001: 60). Ein wichtiges Charakteristikum der Fiktionalität ist, wenn die „Präsuppositionalstruktur natürlicher Sprache nicht gegeben“, also die Bedingung, dass „referierende Ausdrücke wie Eigennamen und Kennzeichnungen auf tatsächlich existierende Objekte Bezug nehmen, nicht erfüllt ist“ (Zipfel 2001: 68). Um genau zu sagen, was fiktiv ist, muss man eigentlich erst kennzeichnen, was als wirklich gilt, um das Fiktive, Nicht-Wirkliche davon abzugrenzen. 141

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Doch worin liegt, aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive betrachtet, aus der doch beides als konstruiert gelten muss, der Unterschied des Fiktionalen und des Nicht-Fiktionalen? Beide sind das Ergebnis von Konstruktionsprozessen. Doch die Konventionen der Prozesse sowie die Regeln, mit denen die Ergebnisse markiert und voneinander unterscheidbar werden, stellen diskursive Regeln dar. Diese Regeln schreiben vor, wo die Grenze zwischen fiktiv und nicht-fiktiv verläuft. Entscheidend ist der unterschiedliche Charakter der Regeln, nach denen sich die Texte Wirklichkeit und Fiktion voneinander unterscheiden. Was als wirklich und was als nicht-wirklich gilt, wird von den medienerfahrenen Individuen erlernt, die Trennung von beidem basiert auf gesellschaftlichem Wissen. Umberto Eco bezeichnet dieses Wissen als die Enzyklopädie (vgl. Zipfel 2001: 75f), bei Foucault findet sich dieses Wissen in Form eines Archives, aus Sicht des Sozialkonstruktivismus kann es als Alltagswissen bezeichnet werden (vgl. Villa 2000: 73). Die unterschiedlichen Konzepte lassen ihren kleinsten gemeinsamen Nenner in einem Pool an diskursiv legitimierten Tatsachen und Wahrheiten finden, die von den Individuen einer kulturellen Gruppe gewusst werden können. Fiktionalitäts-Konventionen orientieren sich maßgeblich an Diskursen, die sich damit befassen, wie dem Mediennutzer das Gefühl vermittelt werden kann, dass er sich aus seiner letztlich körperlich erfahrenen Wirklichkeit herauslösen und in eine andere, literarisch, fiktionale hineinbegeben kann.

Regeln der Fiktion: Wie funktionieren fiktionale Geschichten? Die Kategorien Ereignisträger, Ort und Zeit bezeichnen Parameter, die Fiktionalität oder Nicht-Fiktionalität einer Geschichte messbar erscheinen lassen. Anhand dieser Parameter lassen sich narrative Ereignisketten als (nicht-)wirklich identifizieren. Fiktive Geschichten sind nie ganz und gar fiktiv. Es kommen immer Elemente vor, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie in der als real wahrgenommenen Welt als bekannt vorausgesetzt werden: „Fiktive Geschichten bestehen aus fiktiven Ereignissen. [...] Man kann nicht-wirkliche Geschichten dahingehend unterscheiden, ob sie nach der geltenden Wirklichkeitskonzeption als möglich oder als nicht-möglich angesehen werden“ (Zipfel 2001: 8). Unter Ereignisträgern versteht man z.B. die Figuren einer Geschichte, ausgestattet mit möglichen oder nicht-möglichen Eigenschaften. Dasselbe gilt für die Kategorien Ort und Zeit. Auch hier gibt es mögliche 142

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und nicht-mögliche Konzeptionen von Orten, mögliche und nichtmögliche Zeitpunkte, Zeiträume und Zeitverhältnisse, wie z.B. eine Woche mit mehr als sieben Tagen auf einem Planeten mit zwei Sonnen. „Die Fiktivität der Geschichte eines Erzähltextes kann [...] nicht nur auf möglichem Nicht-Wirklichen beruhen, sondern auch auf NichtWirklichem, das im Rahmen der Wirklichkeitskonzeption als nichtmöglich anzusehen ist“ (Zipfel 2001: 84). Zum Lesen von Geschichten – und ebenfalls zum Sehen von Geschichten – gehört es auch, die notwendig unvollständig gehaltenen Bildanteile aufzufüllen. Auf das Vervollständigen fiktiver Welten, das Hinzuschreiben und Füllen von über den Erzähltext hinausgehende Eigenschaften fiktiver Elemente sind in der Fiktionalitätstheorie zwei Perspektiven entstanden. Zum einen erklärt das Realitätsprinzip, dass die fiktive Welt vom Leser möglichst nah an der realen Welt konzipiert wird. So „können zur fiktiven Welt alle Sachverhalte der realen Welt gerechnet werden, sofern sie nicht durch den Erzähltext ausdrücklich aufgehoben oder negiert werden“ (Zipfel 2001: 85). Ein Beispiel dafür ist etwa die Vermutung, dass ebenso wie alle dem Leser als real bekannten Menschen zur Toilette müssen, auch Figuren in Science Fiction ihre Notdurft verrichten. Aufgrund der Tatsache, dass es gegen die Konvention verstößt, jemand anderem dabei zuzusehen, wird es als für die Geschichte nicht relevant aus der Fiktion gestrichen. Dennoch kann der Leser diese nicht dokumentierten Körperfunktionen zu den Verhaltensmustern der Figuren ergänzen, muss dies aber nicht artikulieren, da das Selbstverständliche ihrer Verborgenheit sowohl in der medialen Inszenierung als auch im nicht-medialen echten Leben praktiziert wird. Die zweite Perspektive besteht im Prinzip der allgemeinen Überzeugungen. Sie besagt, was als möglich und wirklich angesehen wird, sei kontextabhängig. Die Bilder, Ereignisse, das Verhalten der Personen, die gesellschaftliche Rahmung kultureller Praxen eines Romans des 18. Jahrhunderts können nicht ausschließlich mit Erfahrungen des 20. Jahrhunderts vervollständigt werden. Die historische und kulturelle Bedingtheit des Textes bzw. dessen, was im Rezeptionsprozess und im Produktionsprozess als wirklich angesehen wird, muss während des Lesens reflektiert werden. Beide Perspektiven stehen nicht in einem einander widersprechenden, sondern vielmehr in einem ergänzenden Verhältnis zueinander. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch bei vorhandenem Wissen um die Kontexte und Bedingungen eines Textes (etwa die Lektüre Shakespeares und damit verbunden die Aktivierung des eigenen Wissens um den Kontext ‚England im 16. Jahrhundert’) 143

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eine Vervollständigung der Geschichte immer nah an der dem Leser eigenen Wirklichkeitskonstitution geschieht (z.B. die Interpretation der emotionalen Disposition beteiligter Figuren in Macbeth, die Naivität des schottischen Königs Duncan oder die Intrige der Lady Macbeth), so dass seine Konzeption der Gegenwart und Wirklichkeit, die für sein unmittelbares Erleben relevant sind, auch seine Lesart der textuellen fiktionalen Wirklichkeit prägen.

Verhandlung der Fiktion: Einladung zum Trek Für Gabriel stellt Fiktion einen „exotic kind of discourse“ (Gabriel 1982: 541) dar. Als exotisch kann dieser Diskurs betrachtet werden, da im Vergleich etwa zum Diskurs der Wissenschaften die Fiktion, ob erzählt, im Theater gespielt oder verfilmt, in erster Linie, als ein Spiel verstanden werden kann: hier wird etwas erzählt, eine Welt erschaffen, die nicht echt ist, sondern nur von einer echten erzählt. Während sich der Diskurs der Wissenschaften, der der Religionen, der des Straßenverkehrs oder der Erziehung vor allem bemüht, als zur wirklichen Welt gehörend anerkannt zu werden, bemüht sich diese Textform des Fiktionalen, eine Welt zu erschaffen, die sich in konkreten Parametern von der Wirklichkeit unterscheiden lässt. Den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion zu bestimmen, ist signifizierende Leistung des Lesers. Rezeptionskontexte und –situationen sowie Medienformen unterbreiten dem Rezipienten auch entsprechende Lesemöglichkeiten von Texten. Zu Anfang des 21. Jahrhunderts gehört es in einem so ausreichend mit Fernsehgeräten ausgerüsteten Gebiet wie bspw. Deutschland zur Kompetenz der Fernsehzuschauer – Individuen, die mit Ressourcen ausgestattet wurden, entsprechende InterpretationsKompetenzen zu erwerben – , den non-fiktionalen Gehalt von Tagesnachrichten von dem möglicherweise fiktionalen eines Spielfilms zu unterscheiden. In einer Serie wie Star Trek lädt vor allem das Angebot visueller Inszenierung dazu ein, den Inhalt der Serie als fiktionale Geschichte zu rekonstruieren. Die Figuren sind teilweise erkennbar nicht-menschlich, ihre Kleidung entspricht keinen einer westlichen Lesart bekannten Standards und die Bühne, auf der die Szenen spielen, ist von der Ästhetik her technisch-geradlinig, was der Interpretation eines Idioms futuristischen Designs entspricht. Der Zuschauer, der im Folgenden auch als Leser des Medientextes bezeichnet wird, wird also eingeladen, das Erzählte als Fiktion einzustufen. Die Produktion aktiviert beim Leser, in diesem Fall auch Zuschauer, Wissen um Stereotypen einer fiktiven Welt, indem be144

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stimmte (stereotype, aber in diesem Kontext auch neue) Bedeutungen aktiviert, abgerufen und unterfüttert werden (vgl. Zipfel 2001: 206). Im Konzept der Einladung in die Fiktion verbirgt sich gleichwohl die Einwilligung des Lesers, daran teilzuhaben: Innerhalb der Rahmung, die ihm die Disponiertheit in Diskursen setzt, lässt er sich auf eine Regelung ein, die entscheidet, was als wirklich oder fiktiv gilt, eine Norm, nach der der Inhalt einer Nachrichtensendung bzw. einer Science Fiction-Serie interpretiert werden soll. Die Interpretation geschieht immer unter diskursiven Bedingungen, die einer Lesart Vorschub leisten, die der dominanten Einschätzung darüber entspricht, was wirklich oder nicht-wirklich ist. Das Individuum, das sich als Star Trek-Fan in Interaktionen dazu hinreißen lässt, beispielsweise die Fiktivität der Narration anzuzweifeln, büßt mit dieser Rekonstruktion möglicherweise seine ernstzunehmende Sprecherposition in diesem Kontext ein. Das Subjekt, das sich auf diese Art widerständig zeigt, indem es der diskursiv dominanten Trennung von Fiktion und Nicht-Fiktion eine Absage erteilt, geht das Risiko ein, dass seine Widerständigkeit, nämlich den dominanten Diskurs abzulehnen, als Inkompetenz gedeutet wird, den dominanten Diskurs als solchen zu erkennen. Fiktionalitätstheorien blicken zum einen auf die Produktionsseite eines Textes, zum anderen auf die Seite des Lese-Prozesses, also die Rezeption dieses Textes. Mein Interesse gilt vor dem Hintergrund sowohl performativitäts- als auch diskurstheoretischer Perspektiven weniger der Produktion des Textes als vielmehr seiner Codiertheit, also der Anordnung der Zeichen (bspw. Markierungen des Text als fiktional etc.) und ihrer Wirkung. Des Weiteren interessiert mich der Prozess der Konstruktion von Bedeutung im Rahmen der Rezeption, des Lesens von Texten. Die folgenden Ausführungen beziehen sich aufgrund dieser Interessensschwerpunkte auf die entsprechenden Aspekte der Fiktionalitätstheorie. Rezeption stellt nach Zipfel „die Aufnahme und das Verstehen eines Textes sowie die damit unmittelbar verbundenen Reaktionen“ (Zipfel 2001: 229) dar, was jedoch aus sozialkonstruktivistischer Perspektive erweitert werden muss. Zwar spielen unmittelbare affektive und kognitive Reaktionen einen Rolle, jedoch sind sie immer auch mit einem Interpretationsprozess verbunden, was bedeutet, dass im Prozess der Wahrnehmung durch die spezifische historische Situation des Subjekts als Leser schon sehr konkrete Prozesse der signifizierenden Kategorisierung und auch Klassifizierung stattfinden. Doch welche im Text codierten Merkmale ermöglichen es dem Leser, einen Text als fiktional zu erkennen? Hier lässt sich sowohl davon ausgehen, dass diese Merkmale intentional (also im Produktionsprozess) 145

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in die Textstruktur eingebaut wurden, als auch davon, dass strukturelle Merkmale von Texten abhängig sind von Lese-, also Interpretationsprozessen (vgl. Zipfel 2001: 231). Fiktionssignale sind also nach einer rezeptions- bzw. lesart-zentrierten Konzeption solche Signale, die es ermöglichen, einen Text als fiktional zu lesen und damit von nicht fiktionalen zu unterscheiden. In der Kategorisierung der Signale folge ich noch einmal der Systematik Zipfels. Er unterscheidet zwischen textuellen und paratextuellen Fiktionssignalen. Textuelle Fiktionssignale lassen sich zum einen auf der Ebene der Geschichte ausmachen (vgl. Zipfel 2001: 234) und werden dann Fiktivitätssignale genannt. „Wenn in der Geschichte einer Erzählung sich Dinge ereignen, die nach den Vorstellungen der herrschenden Wirklichkeitskonzeption als nicht möglich angesehen werden müssen, wird der Leser die erzählte Geschichte als fiktiv ansehen und damit den Erzähl-Text als fiktionalen rezipieren“ (ebd.). Wird eine Geschichte durch dieses Merkmal klassifiziert, lässt sie sich literaturwissenschaftlich der Phantastik zuordnen. Zum anderen zeigen sich textuelle Signale der Fiktion auf der Ebene der Erzählung (Zipfel 2001: 235), hier Fiktionalitätssignale genannt. Hier geht es beispielsweise um die Identifikation des Erzählers, der Figuren oder der Erzählsituation als phantastisch. Paratextuelle Signale, die eine Einstufung des Textes als fiktional zulassen, sind etwa Titel, Untertitel, Gattungsbezeichnung, Vorwort, Nachwort, Klappentext etc., je nachdem, um welche Art Medium es sich handelt, innerhalb dessen der Text stattfindet (vgl. Genette 1989). Das erkennende (im Sinne eines ent-deckenden) bzw. interpretierende Lesen von Fiktionssignalen, die dem Text quasi ab Werk inhärent – also nach der gängigen Meinung bzw. dem hegemonialen Diskurs als Fiktionssignale gemeint – sind, gehört zur Rezeptionsleistung des Lesers. Welche Signale letztlich wie gedeutet werden, ist also – rein theoretisch – unabhängig vom Text selbst und von seinen Produktionsbedingungen. Hempfer setzt dem Erkennen und Verstehen von fiktionalen Texten Kompetenzen voraus: „Fiktionssignale sind kommunikativ relevant und damit notwendig historisch variabel, sie garantieren, dass ein Text von den Rezipienten bei adäquater Kenntnis der zeitgenössischen jeweils gültigen Diskurskonventionen als ein fiktionaler verstanden wird“ (Hempfer 1990: 121). Das kann zwar insofern als gegeben angenommen werden, als historische Diskurse die Regeln dafür festlegen, was als wirklich und was als fiktional gilt. Wie jedoch weiter unten zu sehen sein wird, ist aus der Perspektive der Cultural Studies allerdings die Annahme zu problematisieren, dass allein Kenntnis und Verstehen des Lesers, wenn es allein kognitive Aspekte des Umgangs mit Medieninhalten bezeichnen soll, für eine Klassi146

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fizierung reicht. Interessant ist hier vor allem der Umstand, dass das Wissen um die Trennung von wahr und fiktiv den Leser nicht daran hindert, den fiktiven Ereignissen, Personen und Orten temporär Bedeutung zuzuweisen, sie somit als relevant zu signifizieren. Diese Bedeutungen unbegrenzt zur Verfügung und lassen sich unabhängig davon entfalten, innerhalb welcher Diskurszusammenhänge sie als sinnhaft zu bezeichnen sind. Aus diskurstheoretischer Sicht stellen Bedeutungen historisch konventionalisierte (und daher endlich viele) Überformungen dar, die in der Fiktion spielerisch zitiert werden. Diskurse dienen dazu, die Unzählbarkeit von Bedeutungen zu zähmen. Es gibt Bedeutungen, die (durch die Codierung) im Text signifiziert sind. Star Trek muss auf bestimmte konventionalisierte Bedeutungen zurückgreifen, um sicher zu stellen, dass der Text intelligibel bleibt und der Zuschauer/Leser sich auf die Vereinbarung, das Fiktionale zu akzeptieren, einlässt.

Diskurs und Medium: D o p p e l t e M o t i ve d e s P e r f o r m a t i ve n „Das Schreiben ist dies: die Wissenschaft von der Wollust der Sprache, ihr Kamasutra (für diese Wissenschaft gibt es nur ein Lehrbuch: das Schreiben selbst).“ (Barthes 1974: 12)

Mein Ziel in diesem Kapitel bestand darin, das Performative eines medialen Textes mit Fokus auf die Inszenierung von Machtverhältnissen im Text herauszuarbeiten. Ich habe daher aus diskurstheoretischer Perspektive einen Blick auf die Praxen der Herstellung von Machtverhältnissen in audiovisuellen Fiktionen wie z.B. Star Trek entwickelt. Mein Interesse galt hierbei in erster Linie dem Versuch, machtanalytische und methodische Momente diskurstheoretischer Überlegungen zur Befragung sogenannter populärkultureller Medientexte heranzuziehen. Dieses Interesse ergab sich aus folgenden Vorannahmen:

• •

In diesen Texten konzentrieren sich gängige Praxen der Machtstabilisierung, als populäre Medien dienen sie der Perpetuierung dieser Praxen, zur Perpetuierung dominanter Wahrheiten wird das Performative sowohl der Medien als auch des Diskurses genutzt.

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Ich verstehe die im vorliegenden Text erläuterten Begriffe Foucaults als Werkzeuge, die der sozialwissenschaftlichen Beschreibung sozialer Prozesse dienen, durch welche sprachliche und nach-sprachliche Praxen der Bedeutungsherstellung kulturalisiert werden. Unter dem Begriff der Kulturalisierung möchte ich hier die Ritualisierung und damit Etablierung bestimmter Subjektpositionen sowie die Vergegenständlichung bestimmter sozialer Praxen in Form von Institutionen fassen. Mit den Konzepten des Diskurses, der Aussage und des Dispositivs beschreibe ich den performativen Charakter des Sprechens, Beziehungen, speziell Machtverhältnisse hervorzubringen. Der Zusammenhang von Sprechen und Macht findet in einer reziproken Beziehung der Reproduktion der Macht durch das Sprechen der Subjekte und des Verkörperns der Subjekte durch die Macht statt. Während der Begriff des Diskurses eine durch bestimmte Regeln strukturierte Sprechweise beschreibt, umfasst der des Dispositivs das Zusammenspiel von Diskursen und den von ihnen hervorgebrachten Institutionen und Praxen. Beide stehen in Beziehung zueinander, das Dispositiv, bspw. das Praxen-Ensemble (z.B. ‚Hochschulbildung’), wird getragen durch die Institutionen (z.B. der Hochschulen oder verschiedener politischer Gremien wie der Hochschulrektorenkonferenz etc.). In ihm verschränken und etablieren sich spezielle Praxen wie auch Lebensstile, Zeitmanagement-Kompetenzen mit Sprechweisen wie Karriere-, Zukunfts- oder wissenschaftlichen Diskursen. Diskurse verkörpern „für die Herstellung einer gesellschaftlichen Einheit und Ordnung konstitutive Problematisierungsweisen und Klassifikationsvorgänge, die über Denkkategorien und Teilungspraktiken zugleich deren Fragmentierung bewirken“ (Bublitz 1999: 22). Der Begriff Diskurs bezeichnet, wie die Diskurstheoretikerin Hannelore Bublitz weiter schreibt, „eine Praxis und nicht wie die Sprache einen Gegenstand“ (Bublitz 1999: 23), gleichwohl formieren sich Diskurse in Sprechen und Sprache und besitzen damit in Form von Interaktionen eine unmittelbare Materialität. Die Materialität und Produktivität von Diskursen besteht nicht darin, dass sie Gegenstände benennen und beschreiben, sondern dass sie diese in eben diesen sozialen Praxen des Benennens und Beschreibens erst hervorbringen21. Diese Qualität des Diskurs- sowie des Dispositivbegriffes wurde vorangehend illustriert, indem ich sie auf Beispielszenen aus den Star Trek-Episoden bezogen habe. Diese Form der Rekonstruktion des Star 21 Mit Bublitz gehe ich auch davon aus, dass die Methode der Diskursanalyse schon inhärenter Bestandteil der Diskurstheorie ist (vgl Bublitz 1999: 27). Die Begriffe der Theorie, die hier vorgestellt wurden, sind immer schon Instrumente der Analyse. 148

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Trek-Materials wurde begleitet von einer besonderen Reflexion: Die diskurstheoretische Betrachtung konstruiert ihren Gegenstand, sie bildet nicht einfach Text, soziale Wirklichkeit oder Diskurse ab, sie ist gleichwohl selbst Teil der Macht-Strukturen, die sie beschreibt. Aus diesem Blickwinkel sind die Ordnungen der Diskurse und Dispositive, die ich als Autorin dieser Untersuchung reproduziere und inszeniere, situiert durch eine spezielle Subjektposition und letztlich nur aus dem Blickwinkel dieser Position relevant. „Diskurse sind symbolische Ordnungen, die wieder auf symbolische Ordnungen verweisen“ (Bublitz 1999: 27f). Symbolisch sind diese Ordnungen insofern, als sich bspw. die Beziehungen der Individuen in als ritualisiert zu bezeichnenden Inszenierungen von Differenz formieren, die auf mit Bedeutung aufgeladenen Vergegenständlichungen und Verhaltensweisen aufbauen (bspw. in der Star Trek-Episode „Das Gesicht des Feindes“: Der Machtkampf zwischen Militär und Geheimdienst festigt sich in Uniformen und rituellen Drohgebärden). Ziel der (immer unvollständigen und immer perspektivischen) Beschreibung und Analyse dieser symbolischen Ordnung ist allerdings nicht nur, diese zu erfassen, sondern auch, die Strukturen der Macht und Machtlosigkeit, die ihnen zu Grunde liegen, offen zu legen und damit angreifbar zu machen. Dieser quasi dreifache Fokus der Diskurstheorie, in dem sie

• • •

symbolische Ordnungen beschreibbar macht, die ihnen zugrundeliegenden Machtmechanismen offen legt, und sie damit angreifbar macht,

besitzt die performativen Momente des Wiederholens und Verschiebens, wie ich sie im vorangehenden Kapitel mit Derrida herausgearbeitet habe. Momente des Performativen sind im vorangehenden Kapitel auf verschiedene Arten relevant geworden, die ich im Folgenden noch einmal zusammenfassen darstellen möchte. Ziel dieser Zusammenfassung ist es, die Bedeutung dieses Aufblitzens von Performativität im Medium für die zentrale Fragestellung dieser Untersuchung herauszuarbeiten: Wie werden im medialen Text Machtverhältnisse konstruiert? Im Text wurde mit gelegentlichem22 Rückgriff auf die Science Fiction-Serie Star Trek ein diskurstheoretischer Blick auf die Inszenierung von Machtverhältnissen im Medium Fernsehen entwickelt, um der Frage nachzugehen, inwiefern der mediale Text im Hinblick auf die Konstruktion von Machtverhältnissen als performativ verstanden werden kann. 22 Die Gelegenheiten der Star Trek-Referenzen wurden vorab erläutert. 149

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Die Diskurstheorie wurde aus zwei Gründen wichtig für diese Untersuchungsfrage: Zum einen stellt sie ein sensibles Instrument der Betrachtung von Machtverhältnissen dar, zum anderen liegt ihr Fokus auf der Erforschung sprachlicher Strukturen. Dieser Umstand ist vor allem deswegen wichtig, weil ich das mediale Produkt als ein textuelles, nachdiskursives Gewebe verstehe, wie oben erläutert. Diskurse stellen Technologien der Normalisierung dar, das heißt, sie sorgen dafür, dass bestimmte Praxen als selbstverständlich, wahr und richtig von anderen nicht-wahren, falschen Praxen abgegrenzt werden. Dafür nutzen sie ihre inhärente performative Eigenschaft der Wiederholung: Der Eindruck der Selbstverständlichkeit entsteht da, wo fraglos zitiert und die Praxis des Zitierens nicht diszipliniert wird. In dieser Funktion reproduzieren Diskurse Machtverhältnisse. Sprechen erneuert und affimiert dominante Diskurspositionen und diskursimmanente Wahrheiten durch ständige Wiederholung. Differenzen zwischen Diskurspositionen werden so zur normativen Setzung. Diskurse strukturieren das gesellschaftliche Leben und damit das, was Individuen als soziale Wirklichkeit wahrnehmen. Daher können sie als Archiv gesellschaftlichen Wissens bezeichnet werden, denn in ihnen kumuliert sich die Menge gesellschaftlicher Wahrheiten und Nicht-Wahrheiten sowie die Menge der sie selbst begrenzenden Regeln. Bestandteil dieses gesellschaftlichen Wissensarchivs ist das Wissen um soziale Ordnungen und auch darum, welches Individuum aufgrund welcher Bedingungen bzw. Bedeutungen bestimmte Sprecher-Rechte hat oder nicht. Anders formuliert: Aus dekonstruktivistischer Perspektive stellen Prozesse der Konstruktion von Differenz – gleichwohl sie jeglichen Strukturen inhärente Stabilisierungsprozesse darstellen – Ungleichheitsverhältnisse her. Das Ungleiche dieser Positionen, die da in Beziehung zueinander gesetzt werden, besteht darin, dass sie unterschiedlich mit Macht ausgestattet sind. Die Diskurstheorie theoretisiert diese Macht als das Vermögen (zugleich im Sinne eines Kapitals als auch im Sinne einer Kompetenz), zu sprechen und eine Wahrheit zu verkünden. Das besondere an Foucaults Machtbegriff, mit dem er versucht, eine den Entwicklungen der (Post)Moderne angemessene Definition für Herrschaftsverhältnisse zu finden, ist, dass er ohne die Konstruktion von Herrschaft auskommt. Macht organisiert sich nach Foucault dezentral, wirkt nicht von oben nach unten, sondern ist in ihren Wirkungsrichtungen nicht vorhersagbar. Die Regeln des Diskurses dienen der Zähmung dieser unsichtbaren Macht. Diese diskursiv gezähmte Macht hingegen ist sehr wohl gerichtet und beherrschend, sie ist gekennzeichnet durch

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„W HAT DO THE MEDIA DO TO THE PEOPLE?“

„ungeheure Produktivität [...], die mit ihren Wissens- und Disziplinartechniken die Subjekte beherrscht und erzeugt. Die Kontroll- und Disziplinartechniken (Kontrolle der Tätigkeiten, die hierarchische Überwachung, die normierende Sanktion, die Prüfung) machen einerseits alle Individuen gleich (sie gelten sowohl in den Gefängnissen und in der Psychiatrie wie in Militär, Schule und akademischen Ausbildungen), wie sie sowohl die Individualität der Subjekte, wie auch die Wissens-Macht der Disziplin, die sie ermittelt erst erzeugen“ (Althans 2001: 144).

Diese Macht ist sichtbar nur in den Praxen und hörbar nur im Sprechen der Subjekte und im Schweigen derer, denen der Subjektstatus verwehrt wird. Sie ist der Motor des Diskurses und bedient sich seiner, indem sie sich in ihm absichert und verschiebt. „Die (audiovisuellen) Medien sind ein Ort, an dem das Wissen um die Wahrheit, um das ‚wahre Leben’ zirkuliert und ‚die darüber zu befinden haben, was wahr ist und was nicht’ (Foucault 1978: 51)“ (Bublitz 2000: 281). In diesem Zirkel der Sicht- und Hörbarkeit spielt das Fernsehen als dominantestes der audiovisuellen Alltagsmedien eine große Rolle (vgl. Pradler 2007). Seiner sinnlichen Erfahrbarkeit von Verhältnissen der Dominanz ist zu eigen, dass die Mittel selbst, mit denen sie inszeniert werden, im Verborgenen bleiben. Ihre normative Wirkmacht entfalten soziale Praxen dann, wenn sie wiederholbar sind und wiederholt werden und wenn im Dunkeln bleibt, wie dies geschieht. Außerdem muss ihre Funktion verborgen bleiben, das heißt, handelt es sich um diskursive Praxen, die der Aktualisierung von Machtverhältnissen dienen, so muss dies verschleiert bleiben, da sie sonst ihre Wirkmacht verlieren. Die Sichtbarkeit und Hörbarkeit der Macht bedient sich der Medien, um Diskurse außermedialer Realitäten zu transportieren und zu transformieren. Wie gezeigt wurde, besitzen gerade fiktionale Medien eine spezielle Beziehung zur Rekonstruktion von Wirklichkeit. Einen Teil dessen, was allgemein als Wirklichkeit bezeichnet wird, wird durch den fiktionalen Text Star Trek scheinbar ignoriert, etwa das physikalische Gesetz der zeitlichen Linearität, das den Lauf der Zeit unveränderbar und es tatsächlich unmöglich macht, in die Zukunft oder die Vergangenheit zu schauen oder gar zu reisen, also die Grenzen dieser linearen Setzung zu überwinden. Andere Momente des Wirklichen, wie etwa bestimmte Ideen von der Beschaffenheit interpersonaler Beziehungen, verweisen auf alltagsrelevantes Wissen. Verschiedene Wissensformen und Kompetenzen sind notwendig und determiniert, da die grundsätzliche Intelligibilität des codierten Medientextes den Ausgangspunkt des kommunikativen Aktes der Herstellungen des Medientextes darstellt. Medientexte als besonders vermittelte Form des Sprechens weisen Dis151

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

kursfragmente (sowohl dominanter als auch subordinater Diskurse) auf. Dies ist eine notwendige Bedingung, da es ein grundsätzliches Kriterium von Sprechen ist, verstanden zu werden. Würde sich mediales Sprechen nicht – zumindest zum großen Teil – auf Diskurse beziehen, die von den Individuen gewusst werden können, wäre es unmöglich, dem Text Bedeutungen zuzuweisen. Eine weitere Facette der Performativität lässt sich im medialen Text entdecken. Ich gehe davon aus, dass der Text als eine Form des Sprechens verstanden werden kann. Ihm liegen Codierungen zugrunde, die mit Moser als semiotisch konzipiert werden können (vgl. Moser 2006: 229). Ihnen liegen analysierbare „Strukturen und Regeln“ (ebd.) zugrunde. Die televisuelle Inszenierung findet in Form einer (schau)spielerisch umgesetzten Erzählung statt. Der ungelesene Text (Star Trek), der mit Diskursen angereichert auf seine Lektüre wartet, der in Form gespeicherter Daten abrufbar auf verschiedenen Speichermedien existiert, besitzt keine eigene Bedeutung (bis er gelesen wird), vielmehr verkörpert er einen diskursiven Code. Darin verweist er auf ein Archiv von Diskursen, er inkorporiert den historischen Verweis auf Wahr- und Falschheiten, deren Gemeinsamkeit es ist, entzifferbar zu sein. Jedoch ist die Chance des Diskurses im ungelesenen Text, tatsächlich entziffert werden zu können, ebenfalls historischen Möglichkeiten und Grenzen unterstellt. Die Fiktion als besondere Form des medialen Textes stellt einen bestimmten Code dar, der innerhalb der Regeln der Diskurse besteht und zu kennzeichnen ist, der sie sie nach bestimmten Regeln verschiebt und im Rahmen bestimmter Bedingungen Unwahres wahr erscheinen lässt. Insofern der fiktionale Medientext als Perpetuum Mobile diskursiver Fragmente auftritt, bietet er die so fragmentierten Diskurse seinen Nutzern als Projektionsfläche an. Die medientextuell zersplitterte Reproduktion der Diskurse entwirft damit brüchige Kopien reeller Machtverhältnisse. Das Performative des fiktionalen Medientextes besteht darin, ein weltvergessenes (oder besser mediumvergessenes) Eintauchen in den Text zu erzeugen: Die „awareness of the medium“ (Bolter et al. 2000: 154, zit. in Seier 2006: 104), das Bewusstsein aufzuheben, dass es sich nicht im eine primäre Erfahrung, sondern um das Erleben eines medialen Textes handelt. Der Text erzeugt demnach in der Inszenierung etwas, das als Unmittelbarkeit erlebt wird. Das Rekurrieren des Fiktionalen auf Un/Mögliches bzw. Un/Wirkliches setzt immer Vorstellbares voraus, von dem es sich absetzen kann. Diskurse formieren das Vorstellbare. Sie erscheinen insofern in der Fiktion, als sie die Konventionen des Möglichkeitsraumes, innerhalb dessen sie stattfinden, festschreiben. Medien besitzen die Kraft, der Aktualisierung und Bestärkung von Diskursen und Dispositiven zu dienen. 152

„W HAT DO THE MEDIA DO TO THE PEOPLE?“

Eine zentrale Frage des Kapitels lautete: Wie macht der Sprecher den anderen zum (machtlosen) anderen? Nach der Lektüre Foucaults könnte eine Antwort hier lauten: indem er ihn als sprachlosen anderen inszeniert. Mit Foucault lässt sich wie oben verdeutlicht zeigen, dass die Verteilung des Rechts zu Sprechen (und damit: das Recht, an einem bestimmten Diskurs teilzuhaben) ein Mittel der Regulierung von Machtverhältnissen darstellt. Ich gehe nun bei einem medialen Text von einem Mehrfach-Moment der Performativität im Sinne der Zusammenarbeit von différance und itérabilité aus: 1) Zum Ersten wiederholt/zitiert der mediale Text außermediale Diskurse, wenn auch fragmentiert. Fragmentiert bedeutet allerdings nicht, dass er einfach wahllos Bruchstücke der Diskurse wiederholt, sondern er konzentriert alle bedeutsamen Aussagen und Regeln des Diskurses, um sie in dichterer Form in Szene zu setzen. 2) Zum Zweiten sorgen technische Möglichkeiten dafür, dass die Daten ständig abrufbar/wiederholbar sind. 3) Im Spiel des Fiktionalen stellt das Übergehen reeller Grenzen diese erst her. Fiktionalität zeigt die Grenzen des Realen erst auf, schafft aber durch seine Setzung des Phantastischen einen Raum, der notwendigerweise Bezug auf reelle Diskurse benötigt. 4) Inszenierungen des fiktionalen Anderen zeigen damit Konstruktionsmechanismen realer Differenzverhältnisse auf. Dieses stetige (potenzielle) Wiederholen und Zitieren ist das charakteristisch Performative des Mediums. Es besitzt allerdings nicht allein affirmierende Wirkung. Wie Seier (2006: 86) herausstellt, besitzen Aspekte der Produktivität und Prozessualität immer auch Wirkungen der Diskontinuität. Aus dekonstruktivistischer Perspektive ergibt sich mit der Kombination der itérabilité und der différance in diesem Performativ eine besondere Möglichkeit. Im Zitat kann das Zitierte, das Kopierte verschoben werden. Es kann Teile seiner Bedeutung verlieren sowie neue hinzugewinnen. Es entsteht eine Art Sicherheitslücke, durch die codierte Bedeutungen verloren gehen können. In dieser Lücke ist das Spiel der Bedeutungen nicht zu 100 Prozent kontrolliert und entzieht sich damit den Regeln des Diskurses. Interessant wird diese Lücke vor allem da, wo es um das Subjekt geht, das – als Effekt von Diskursen verstanden – immer auch zu einem Ort des Widerständigen werden kann, ebenso wie der Text komplexe 153

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

symbolische Arrangements sowie „widersprüchliche oder ironisch gebrochene Codes“ (Moser 2006: 231) miteinander kombinieren kann. Im folgenden Kapitel möchte ich vor allem die Idee vertiefen, inwiefern das Subjekt mit der Bedeutungslücke des Medientextes performativ verfährt. Meine theoretische Landkarte soll damit durch einen Abstecher in die Cultural Studies um weitere wissenschaftliche Topoi ergänzt werden, die den Begriff des Performativen weiter ausdifferenzieren sollen.

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“W H AT D O T H E P E O P L E D O T O T H E M E D I A ?” 1 P R AX E N D E R B E -D E U T U N G

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die Konstruktion von Differenz als eine Form der Herstellung von Machtverhältnissen zu konzipieren, die der Inszenierung durch soziale Praxen bedarf. Medientexte sowie die Nutzung von Medien werden dabei als für die Individuen relevante Inszenierungstechnologien und somit in den Prozess der Konstruktion verstrickt verstanden. Pädagogisch ist dies interessant, wenn ich davon ausgehe, dass Konstruktionsprozesse von Differenz für die Herstellung von Subjektivität bedeutsam sind. Im nun folgenden Teil der Untersuchung gehe ich daher auf die Frage ein, inwiefern das Subjekt in der normativen Matrix der Diskurse, wie sie vorangehend erörtert wurde, wirksam werden kann. Die Frage nach der Wirksamkeit der Subjekte sowie nach Räumen von Handlungsmöglichkeit wird hier mit Mecheril als eng mit der Frage nach der Herstellung von Machtverhältnissen verknüpft verstanden (vgl. Mecheril 2006c: 131). Diese Verknüpfung soll im Folgenden unter der Perspektive Performativität erarbeitet werden.

Der gelesene Text „Der Text ist ein historischer Gegenstand wie der Baumstamm.“ (Dosse 1996: 490)

Ich möchte im Folgenden den vorangehend erläuterten diskurstheoretischen Ansatz der Konstruktion von Bedeutungen durch den Medientext um eine eher subjektorientierte Perspektive erweitern. Bis hierher habe ich die Fernsehserie Star Trek als einen ungelesenen Medientext behandelt, dessen performatives Potenzial darin liegt, Be1

Göttlich 2004: 172. 155

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

deutung in Form von diskursiven Verweisfragmenten zu speichern. Diese Bedeutungsfragmente werden in dem Moment aktiviert, in dem der Text auch gelesen wird. In diesem Teil der Untersuchung möchte ich mich mit der Frage auseinandersetzen, inwiefern sich der Leser eines fiktionalen Textes in ein Verhältnis zu diesen Bedeutungsstücken setzt. Sowohl semiotische Arbitrarität medialer Texte als auch ihre soziale Vermitteltheit, das heißt, ihr Stattfinden in bestimmten diskursiven Rahmungen, beruhen auf zwei Bewegungen: Zum einen auf der diskursiven Re-/Produktion und damit Zirkulation von Wissen, zum anderen auf der (unendlich vielfältigen) Situiertheit des Lesens, des Individuums, des Auftretens des Textes sowie einer Form der ReZirkulation, einer wiederholenden Verschiebung des im Medientext Zirkulierenden. Das Wissen, das in den Diskursen zirkuliert, ist, wie gezeigt wurde, keine Form absoluten Bewusstseins über die Wahrheit der Dinge. Vielmehr handelt es sich dabei um durch historische Aushandlung legitimierte Wahrheit-Setzungen, die nur in dem entsprechenden historischen Rahmen sowie aufgrund einer bestimmten Inszenierung die Autorität einer Wahrheit besitzen. Diese Sichtweise problematisiert ein spezielles Konzept von Bedeutung, das auch schon im Zusammenhang mit der Dekonstruktion vorgestellt wurde. Die Texte und ihre Bedeutung sind durch ein besonderes Repräsentationsverhältnis miteinander verknüpft. Unter Repräsentation versteht Hepp den „Prozess, durch den Mitglieder einer Kultur sowohl sprachliche als auch weitere Zeichensysteme dazu benutzen, Bedeutung zu produzieren. Repräsentation fasst dabei die konventionelle Beziehung zwischen ‚Sachen’ und ‚Zeichen’ einerseits und zwischen ‚Zeichen’ und ihren korrespondierenden, mentalen ‚Konzepten’ andererseits“ (Hepp 2004: 36).

Der Begriff der Repräsentation dient in diesem Zusammenhang also nicht der Erklärung eines Abbildungs-Zusammenhangs im Sinne eines Verhältnisses absolut legitimierter Vertretung zwischen den Dingen und ihren Bezeichnungen. Vielmehr ist damit eine Form des Verweises gemeint, die als vermittelt, von Konventionen gesteuert, also prozessual zu verstehen ist. Bedeutung ist damit eine vorübergehende und somit historisch situierte Einigung auf eine bestimmte symbolische Funktion, die allerdings fluktuiert. Wie kontrollierbar ihre Fluktualität sich darstellt, hängt von der Dynamik der Diskurse ab, innerhalb derer sie zu verhandeln ist. Arbiträr werden Symbole dann, wenn sie Teil des Alltags der Individuen werden, wenn sie lesbar und gelesen (und in Frage gestellt) werden. 156

“W HAT DO THE PEOPLE DO TO THE MEDIA?”

Die mediale Darstellung von Ausschnitten sozialer Wirklichkeiten dient verschiedenen sozialen Prozessen: Der Normalisierung, Identifizierung und Wiederaneignung, aber auch der Verschiebung und Reifizierung. Der mediale Text selbst findet seine diskursive Ideologisierung in sprachlichen, aber auch technologischen Mechanismen. Ziel des nun folgenden Textes ist es, den Begriff der Performativität in Bezug um einen bestimmten Aspekt zu ergänzen, den ich mit Subjektorientierung benennen möchte. Im ersten Kapitel wurde Performativität unter dem theoretischen Einfluss der Dekonstruktion als eine wiederholende und wieder- bzw. neu-einschreibende Praxis konzipiert, die im darauffolgenden Kapitel unter dem Aspekt des performativen medialen Textes vertieft wurde. Aus der diskurstheoretischen Beschäftigung mit dem fiktionalen Medientext entwickelte sich der Performativitätsbegriff als Beschreibung der Perpetuierung außermedialer Diskurse im medialen Text. Mein Beispiel Star Trek etwa wird damit zum Motor verschiedener Diskursfragmente, die mittels bestimmter Inszenierungstechniken Bedeutungen zirkulieren. Für die Frage nach der Konstruktion von Machtverhältnissen im Medientext heißt dies, dass medial inszenierte Differenzen zu normativen Setzungen werden. Um das konstruktive/performative Potenzial eines kulturellen Textes wie Star Trek über eine diskurstheoretische Betrachtung hinaus zu untersuchen, möchte ich den bisher vorgestellten theoretischen Konzepten der Dekonstruktion und der Diskurstheorie noch ein weiteres zur Seite stellen. Inwiefern ich mich mit eben Star Trek als einem kulturellen Text beschäftige, erkläre ich mit Begriffen eines durch vielfältige Ansätze geprägten wissenschaftlichen Feldes, das etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts unter dem Begriff der Cultural Studies bekannt geworden ist und das sich insbesondere mit dem Alltag der Subjekte, mit dem, was Kultur bedeutet, als einem komplexen, von Macht durchzogenen System sozialer Praxen beschäftigt. In diesem Teil der Untersuchung soll es darum gehen, das bisher vorgestellte Konzept des performativen Textes um eine Perspektive zu ergänzen, die sich mit des Aspekt des Performativen im Kontext der Text-Rezeption befasst. Ich möchte herausarbeiten, welche Momente des Lesens für die Konstruktion von Differenz bedeutsam sind, welche Rolle vom Text angebotene Bedeutungen und Diskursfragmente spielen und wie die Praxen des Lesers aussehen. Damit gehe ich davon aus, dass der Text nicht etwa in Form kognitiv erfassbarer Bedeutungsbausteine in das Bewusstsein des Lesenden einsinkt, und die im Text stattfindenden Beschreibungen sich dort repräsentativ widerspiegeln, sondern der Lesende wesentlich die Substanz des Textes – seine diskursive Fragmen157

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

tiertheit – verändert, während er ihn liest, während er sich an ihn erinnert, über ihn spricht, ihn zitiert etc. Diese Annahme stellt die Frage nach dem Charakter der Beziehung Medium-Subjekt-Kontext und sieht die Konstruktion von Bedeutung und Differenz in Abhängigkeit von der Disponiertheit2 des lesenden Subjekts. „Der Bezug auf den Subjektbegriff dient im Rahmen der vorliegenden Studie als der Untersuchung der Frage, in welcher Weise Individuen Möglichkeiten zukommen, ihr sozial vorstrukturiertes Vermögen, sich in affirmative und transformative Welt- und Selbstverhältnisse zu begeben, wirksam werden zu lassen“ (Mecheril 2003: 52).

Eine Orientierung am Subjekt ist von großer Bedeutung für ein pädagogisches Interesse an Medien und Mediennutzung. Der Anspruch von Bildung und Erziehung ist maßgeblich daran auszurichten, wer das Subjekt dieser Bildung und Erziehung darstellt. Hierbei ist es meines Erachtens wichtig, die (diskursiven und nach-diskursiven) Praxen, in denen Individuen ihre Subjektivität und ebenso ihre Kulturalität – wie sie Kultur herstellen respektive wie sie sich als kulturelle Subjekte inszenieren – hervorbringen, zum Zentrum des pädagogischen Interesses zu machen, da eine Betrachtung dieser Praxen ein Erkennen des Subjekts erst möglich macht. Individuen werden als Teilnehmer einer performativen Kultur der Inszenierung verstanden (vgl. Fischer-Lichte 2002, 2007). Wie zu Beginn der Untersuchung behauptet, stellt die Konstruktion von Differenzverhältnissen einen Bestandteil dieser Inszenierungskultur dar, in der es zentral um die Konstruktion von Binaritäten wie Außen und Innen, Fremdes und Eigenes geht. Der Begriff Kultur soll an dieser Stelle zunächst die Bezeichnung dessen markieren, was die Inszenierung herstellen soll. Damit ist der Kulturbegriff im mehrfachen Sinne wichtig für die folgenden Betrachtungen: Kultur bezeichnet zum einen eine Perspektive, mit der ich meinen Gegenstand betrachte, zum zweiten einen Effekt performativen Handelns sowie zum dritten seinen KonText, auf den sich das Handeln immer wieder beziehen muss, um erkennbar zu bleiben.

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Mecheril erklärt Disponiertheit als „Bezogenheit des Individuums auf einen Kontext“ (Mecheril 2004: 204). Dispositionen ermöglichen ein Wirksamwerden und sind zugleich „Resultate der Erfahrung, wirksam zu sein“ (ebd., vgl. auch Mecheril 2004: 215). Sie beschreiben Positionen in einer sozialen Ordnung, die sich durch vielfältige Faktoren bedingen und unterschiedlich aufeinander bezogen sind.

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„Nun ist es kein Zufall, dass innerhalb dieses iterabilisierenden Performativitätsansatzes Begriffe wie ‚Schrift’, ‚Zitat’, ‚Zeichen’, ‚Text’ und ‚ReSignifikation’ federführend sind. So wie es in der Genese der Idee performativer Äußerungen und den daran anschließenden Positionen der ‚universalisierenden Performativität’ es um Attribute sprachlich-symbolischer Handlungen geht, so rücken auch in der ‚iterabilisierenden Performativität’ text- und sprachbezogene Handlungen ins Zentrum: Die Semiotik des Diskursiven gibt weiterhin den Rahmen an, in dem das Performative Gestalt annimmt. Die konstituierende Funktion diskursiver Handlungen ist dann dadurch verbürgt, dass ‚Kultur’ mehr oder weniger mit ‚Text’ gleichgesetzt wird“ (Krämer 2004: 17).

Ich gehe davon aus, dass ein diskurstheoretisch motiviertes Anliegen darin besteht, den Subjektbegriff der Postmoderne3 von verschiedenen modernen Vermutungen wie bspw. der Autonomie und des freien Willens zu befreien. Das Subjekt gilt seither nicht mehr als Urheber, sondern als Effekt der Diskurse, als ihnen unterworfen (vgl. Zima 2000: 206). Es ist nach-sprachlich und sein Handeln damit immer schon mitbestimmt durch die Wahrheiten seines diskursiven, kulturellen Kontextes. Zwei Punkte dieser diskurstheoretischen Argumentation sind für die weiteren Überlegungen wichtig: 1) Der Diskurs beruht auf einer endlichen Summe von Aussagen und kontrolliert diese, wie gezeigt wurde, durch konkrete Regeln wie z.B. das Verbot oder den Ausschluss. Darüber hinaus kontrolliert er ebenso die Positionen, von denen aus diese Aussagen getätigt werden können. Seine Regeln legen fest, wer welche Aussagen treffen kann. Wie in den Beispielen aus Literatur und Fernsehen im vorangehenden Kapitel gezeigt wurde, ist das Sprechen von Wahrheit nicht von allen Positionen 3

Ich möchte an dieser Stelle nur kurz darauf verweisen, dass der Begriff der Postmoderne umstritten ist. Weder lässt sich mit ihm eine genaue historische Epoche oder eine Gesinnung benennen, noch leistet er eine gesellschaftliche Zustandsbeschreibung gegen Ende des 20sten Jahrhunderts oder eine Kunstform, sondern vielmehr vermischen sich diese Formen in ihm. Einer der größten Theoretiker zum Begriff der Postmoderne ist der Philosoph Jean-Francois Lyotard, der die Ambivalenz des Begriffs etwa im Werk „Das postmoderne Wissen“ (Lyotard 1986) diskutiert. Hohl et al. nutzen den Begriff der Spätmoderne bzw. der „reflexiven Moderne“ (Hohl et al. 2006: 9), um „aktuelle gesellschaftliche Strukturveränderungen“ (Hohl et al. 2006: 7) zu benennen, mit denen eine kontingente Neuverortung des Begriffes in den Sozialwissenschaften einhergeht. An dieser Stelle soll mit dem Begriff der Postmoderne auf die poststrukturalistische Kritik des Subjekts als eine Auseinandersetzung mit Verständnissen der Moderne aufmerksam gemacht werden. 159

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

des Diskurses aus – und schon gar nicht von außerhalb des Diskurses – möglich. Reguliert wird diese Ausschließung durch bestimmte Mechanismen der Disziplinierung, die mit dem Verlust des Subjektstatus drohen. Die Enteignung des Subjekts, der Verlust des Subjektstatus findet statt, sofern das Subjekt in einem bestimmten Diskurs nicht mehr sprechen darf, es ist dann nicht mehr in der Lage ist, Wahrheiten zu formulieren, den Diskurs mit zu lenken. 2) Diese Prämisse führt zur einer zweiten, in diesem Kontext wichtigen Achse des diskurstheoretischen Subjektbegriffs. Das Subjekt existiert nicht vor dem Sprechen. Es ist erst, wenn es spricht, und es kann die Position des Sprechers nur dann beziehen, wenn der Diskurs sie ihm eingeräumt hat, es entsprechend mit Macht ausgestattet hat. Das Subjekt lässt sich als Effekt des Wahrheit-Sprechens rekonstruieren:

• • • • •

Subjekt ist, wer sprechen darf, wem die (in)formellen Regeln der Situation das Recht zu sprechen zubilligen. Was das Subjekt sagt, kann nur wahr sein, wenn dieses bereits als Subjekt identifizierbar, das heißt, den Regeln des Sprechens des jeweiligen Diskurses unterworfen ist. Das Subjekt erkennt sich nicht selbst, es entsteht erst im sprachlichen Handeln und dann auch nur innerhalb der Rahmung, die ihm das Sprechen vorgibt. Das Handeln des Subjekts ist verstrickt in Zusammenhänge diskursiver Legitimitätskämpfe. Das Subjekt handelt nicht autonom, das heißt, es ist nicht frei in seinen Entscheidungen, sondern dem Diskurs verhaftet: Der Diskurs vollzieht sich im Subjekt (vgl. Müller-Funk 2006: 192).

Was das Subjekt der Diskurstheorie charakterisiert, ist seine Unterworfenheit unter die Strukturen des Sprechens als „unterworfene, zurechtgestutzte Einheit“ (Zima 2000: 226, vgl. Hohl et al. 2006: 15). Seine Handlungsfähigkeit steht in Abhängigkeit von den Diskursen, in denen es sich bewegt, aus denen es jedoch nicht ausbrechen kann. Die Diskurse, die zum einen die Menge möglicher Aussagen innerhalb ihrer Grenzen bestimmen, beschränken zum anderen auf eine ähnliche Weise auch die Menge möglicher Positionen, von denen aus bestimmte Aussagen gemacht werden können. „Subjektivierung erfolgt durch Gegenstandskonstitution, dadurch, dass [...] [das Subjekt, B.H.] sich selbst und andere zum Gegenstand diskursiver Prakti160

“W HAT DO THE PEOPLE DO TO THE MEDIA?”

ken macht. Das ‚Andere’, Abweichende wird ebenso als Objekt von Wissenspraktiken konstituiert wie das ‚normale’ Subjekt, das sich zum Maßstab aller Dinge, so auch ‚der anderen’ macht“ (Bublitz 1999: 35).

Damit ist das Subjekt nicht allein Effekt normalisierender „Konstitutionsprozesse und Regierungstechnologien“ (ebd.), es macht sich selbst zu ihrem Gegenstand, ist also an der steten Aktualisierung und Aufrechterhaltung dieser Prozesse maßgeblich beteiligt. Vorangehend habe ich das Subjekt mit Derrida als bedrängte Instanz identifiziert, deren Stabilität, ebenso jedoch auch Instabilität, sich aus der différance und der itérabilité, der Wiederholbarkeit der Strukturen des Sprechens ergibt. Der instabile Charakter der Wiederholung ist es, welcher eine Kopie entstehen lässt, die dem Original immer nur ähnlich, aber nicht mit ihm identisch ist. In dieser dem Performativen inhärenten Struktur, in diesem logischen Zwischenraum der Verschiebung ergibt sich für das nachdiskursive Subjekt – so meine These – ein Moment der agency, der Handlungsfähigkeit. Das Subjekt ist nicht nur das sprechende Subjekt, es tritt auch als (re)signifizierendes Subjekt in Erscheinung. Mit Ansätzen der Cultural Studies soll im Folgenden der Begriff der agency diskutiert werden, welcher das Vermögen bezeichnet, in einem kulturellen Handlungsraum wirksam zu werden, sowie das Vermögen, mit der itérabilité im Sinne einer artikulativen Signifizierungspraxis Widerständigkeit zu artikuliert werden. Mit Mecheril verstehe ich Wirksamkeit in Handlungsräumen selbstverortendes Tätigwerden (vgl. Mecheril 2003: 197). Wirksamwerden kann das Individuum nur innerhalb eines bestimmten, diskursiv gerahmten Handlungsspielraumes. Handeln heißt mit Mecheril (2003) in diesem Fall, sich über das Tätigwerden in einem sozialen Kontext selbst-inszenierend, biographisch relevant und sozial anerkannt zu disponieren. Diese Disposition besitzt zum einen Signalwirkung für den Kontext, in dem sich das Individuum bewegt, zum anderen fördert sie eine identifikatorische Näherung an diesen Lebenskontext. Sie „kann allgemein als eine Art Handlungsfähigkeit verstanden werden, in deren Rahmen es Personen möglich ist und ermöglicht wird, hinsichtlich für sie selbst bedeutsamer Aspekte Stellungnahmen zu entwickeln und diese Stellungnahmen in signifikante interaktive Situationen handlungsrelevant und wirkungsvoll einzubringen“ (Mecheril 2003: 169).

Indem Individuen (re-konstruktiv) tätig werden, schaffen und intensivieren sie Zusammenhänge zwischen sich und ihrer räumlichen, aber 161

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

auch zeitlichen und sozialen Umgebung. Die Sinnhaftigkeit ihres Tuns entwickeln sie in Auseinandersetzung mit diesem Kontext ihres Handelns, indem erfolgreiches Handeln im Rahmen einer bestimmten, dem Individuum bewussten Geschichte interpretierbar wird. Gleichzeitig versichert der Handelnde sich, inwiefern sein Handeln soziale Anerkennung (oder eben Ablehnung) findet und er sich im entsprechenden Kontext zur Geltung bringen, seine diskursive Spur in das Wahrheitsprechen des Kontextes einschreiben kann. Der Raum, der sich im Zusammensein der Subjekte konstituiert, erzeugt durch die Erfahrung der Anerkennung subjektiver Seins-Weisen die Legitimation des eigenen Handelns und stellt damit bis auf weiteres die Identifikation von Selbstwahrnehmung und Fremdinterpretation sicher. Handeln hat somit immer auch die Funktion, das Individuum in Bezugnahme auf einen konkreten Kontext zu positionieren und zu konstituieren. Im Rahmen meiner Rekonstruktion der Herstellung von Machtverhältnissen im fiktionalen Medientext interessieren mich vor allem Praxen der Mediennutzung als kulturelle Inszenierungen und Inszenierungen von Kultur. Die Nutzung von Medien verstehe ich als das sich-in-ein-Verhältnis-Setzen des Subjekts zu Medien und damit als eine kulturelle Praxis, wie zu einem späteren Zeitpunkt vertieft werden soll. Um dem Begriff des Kulturellen zu stärkeren Konturen zu verhelfen, sollen zunächst einige Themen der Cultural Studies vorgestellt, da in dieser Inspektion von Themen sowohl eine Konturierung der, wenn man so will, Disziplin Cultural Studies als auch eine Weiterführung der in dieser Untersuchung angelegten Überlegungen möglich werden. In diesem Kontext werden die Begriffe Kultur und Text unter einer von den Cultural Studies geprägten Perspektive eingehend diskutiert. Dieses Konzept soll vor allem unter dem Aspekt der Artikulation als Praxis resignifizierenden Vergnügens verdichtet werden.

S ym b o l i s c h e O r d n u n g e n e n t d e c k e n – Themen der Cultural Studies Je intensiver sich eine akademische Auseinandersetzung mit den unter dem Label Cultural Studies versammelten Ansätzen gestaltet, desto schwieriger erscheint es, der Diversität der Ansätze gerecht zu werden. Zum ersten, weil wissenschaftliches Schreiben hier deshalb problematisch wird, weil genau die Grenzen dieses Schreibens sowie der von ihm produzierten Perspektiven durch die Cultural Studies selbst kritisiert werden. Zum zweiten, weil die verschiedenen Ansätze sich einer Logik der Äquivalenz und des akademischen Konsenses sowohl metho162

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disch als auch methodologisch entziehen – eine Problematik, die nicht selten aus der Selbstreflexivität der Ansätze resultiert. Nichtsdestoweniger soll die Bezeichnung Cultural Studies zur Beschreibung der hier vertretenen Perspektive genutzt werden, um die für meine weiteren Überlegungen wichtigen Eckpunkte zusammenzufassen. Ohne also die Vielfalt der unter dem Label Cultural Studies vereinten Ansätze zwingend reduzieren zu wollen, stelle ich den Versuch einer umfassenden Darstellung im Folgenden eher zugunsten eines pragmatischen Blicks zurück. Als ein besonderes Thema der Cultural Studies definiert Rainer Winter den Aspekt der (Beobachtung von) Veränderung: „Es geht um Veränderungen von Bedeutungen, Einstellungen und Werteorientierungen, um die Entfaltung des produktiven und kreativen Potenzials der Lebenswelt, um die Kritik an Machtverhältnissen, um Momente der Selbstermächtigung, die vielleicht schnell vergehen, aber trotzdem prägend und einflussreich sein können“ (Winter 2001: 31).

Das heißt nicht, dass eine Cultural Studies-Perspektive selbst die Umstände bzw. Bedeutungen verändern wollen, aber sie beobachtet die Veränderungen im Leben der Leute4 mit großer Aufmerksamkeit. In diesem Sinne stellen die Cultural Studies wesentlich eher einen (beobachtenden, beschreibenden, ethnographischen) Blick auf Alltagskultur dar als etwa eine Theorieschule, die ihr Potenzial vor allem darin sieht, angemessene und kohärent erscheinende Kategorien zur Beschreibung sozialer Wirklichkeiten zu entwickeln. Ich möchte mich in diesem Kapitel Begriffen der Cultural Studies zuwenden, die eine Perspektive auf die Beziehung zwischen medialem Text und den Leuten ermöglichen, mit der sich der performative Aspekt seiner Subjektivität in den Vordergrund stellen lässt.

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Der Begriff der Leute findet in verschiedenen Cultural Studies-Texten Verwendung (vgl. etwa Hepp 2004: 70). Er stellt den Versuch dar, das intellektuelle Stigma von Begriffen wie z.B. Individuen aufzuheben, die einer akademischen Sprache entspringen. In dieser Aufhebung formuliert sich nicht nur die Kritik verschiedener Cultural Studies-Vertreter an einer Spaltung zwischen intellektueller Hochkultur und populärer Subkultur, die als ungleiches Machtverhältnis verstanden wird. Ein zweites Anliegen, das sich in der Benutzung des Begriffes artikuliert, ist auch, in den akademischen Auseinandersetzungen mit dem Gegenstand von Alltagskultur ein anerkennendes Verhältnis zu eben diesem Gegenstand zu üben, indem Begriffe alltäglicher Sprache als angemessene (Selbst)Bezeichnungen in die Beschreibung der Kulturen aufgenommen werden. 163

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Richard Johnson, ein Theoretiker der Cultural Studies, schätzt an einigen der prägnantesten Eigenschaften der Cultural Studies ihre prinzipielle „Offenheit und theoretische Vielseitigkeit, reflexive, wenn nicht gar befangene Haltung und vor allem den kritischen Impetus. Damit meine ich Kritik im umfassende Sinne des Wortes, [...] Verfahrensweisen, die andere Traditionen auf ihren positiven Gehalt sowie ihre Beschränkungen hin untersuchen. [...] Aus dieser Perspektive gesehen sind die Cultural Studies ein Prozess, eine Art Alchimie, die nützliches Wissen produziert“ (Johnson 1999: 140).

Johnsons Aussage lässt vermuten, dass sich in einer Beschreibung dessen, was mit Cultural Studies zu fassen ist, auf so etwas wie reflexive Selbstbeschreibungen zurückgreifen lässt, die in Auseinandersetzung mit den eigenen Entstehungskontexten entwickelten. Die Ursprünge der Cultural Studies-Ideen verorten sich eher außerhalb der sich als intellektuelle Hochkulturen inszenierenden Universitäten in praktischen pädagogischen Zusammenhängen. Für spätere theoretische Auseinandersetzungen und Selbstbeschreibungen erscheint diese Selbstbeschreibung der Cultural Studies bedeutsam, da sie eine gewisse skeptische Haltung gegenüber informellen und als natürlich inszenierten Machtunterschieden kultiviert. Mit Johnson lassen sich darüberhinaus einige Vorannahmen der Cultural Studies formulieren, die sich vor allem aus ihrer politischen Verbundenheit mit marxistischen Grundideen ergeben. Sie befassen sich mit der Frage danach, was als Kultur bezeichnet werden kann. Mit Johnson lassen sich ein erstes Verständnis umschreibend drei zentrale Thesen dazu formulieren: 1. Kulturelle Prozesse bringen Lebensformen hervor, in denen Bildung, Geschlecht, natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit oder andere Differenzerfahrungen relevant werden, und werden durch diese beeinflusst. 2. Kultur ist der Raum, in dem Individuen und Gruppen unterschiedlich zur Artikulation eigener Bedürfnisse befähigt sind. Ein Vermögen, wirksam zu werden, ist in diesem Raum unterschiedlich verteilt. 3. Kultur ist weder ein autonomes, noch ein von außen determiniertes Feld ist, „sondern ein Bereich gesellschaftlicher Kämpfe und Differenzen“ (Johnson 1999: 141f). Diese Vorannahmen sind für nachfolgende Überlegungen zum Begriff des Performativen wichtig, weil sie Kultur als eine mögliche Erwei164

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terung des Handlungsraumes der Subjekte problematisieren, in welchem sich das Performative der Medien möglicherweise relativiern lässt. Das Verhältnis von Medientext und Subjekt, von Wirksamkeit und Normativität soll in diesem im Folgenden mit den Cultural Studies zu konzipierenden Raum neu ausgelotet werden. Die Cultural Studies stellen nach Johnson eine geistige und politische Denktradition dar, die entweder „in ihrem Verhältnis zu akademischen Fächern, in Bezug auf theoretische Paradigmen oder durch die für sie typischen Untersuchungsobjekte definiert werden“ (Johnson 1999: 143) kann. Eine ihrer Untersuchungsperspektiven gilt nach Winter dem „Eingebettetsein von Produktivität in mundane Praktiken und alltägliche Gebrauchsweisen, die symbolische Formen, kulturellen Objekte und Technologien ‚gegen den Strich’ lesen oder in dekonstruktiver Weise anders benutzen, als die Gebrauchsanweisung vorschreiben“ (Winter 2001: 14).

Alltägliche Gebrauchsweisen, nicht-alltägliche Praxen, das in-der-WeltSein und besonders das widerspenstig-in-der-Welt-Sein der Subjekte ziehen also die ethnographisch motivierte Aufmerksamkeit der Cultural Studies an. Bewegungen von und um Bedeutungen im Sinne von Kämpfen um symbolische Ordnungen stellt hierbei ein zentrales Motiv sozialer Praxen dar. Ihre den Praxen gegenüber als wohlwollend und anerkennend zu bezeichnende Perspektive gründet auf der Idee eines sich selbstermächtigenden Subjekts, welches sie durch Praxen der Artikulation und aktiven Zeichenproduktion markiert sieht. Das Leben der Subjekte erscheint als strukturiert durch so etwas wie „Prozessszenarios – bspw. gängige story lines oder ‚Drehbücher’ für Situationen/Handlungen (‚Restaurantbesuch’, ‚Behördengang’, ‚Liebeswerbung’) – oder phänomenbezogene Begriffsassoziationen (Was ist ‚Kaffee’, ‚Tee’, ein Biertrinker’ usw.) [...], die für spezifische soziokulturelle Kontexte als relativ standardisiert oder typisiert, von allen TeilnehmerInnen gewusst und aktualisierbar“ (vgl. Keller 2004: 108) sind. Was hier mit Szenario bezeichnet wird, ist ein Set für die Handelnden sinnhaft miteinander verknüpfter sozialer Handlungsweisen, ein ritualisiertes So-wird’s-gemacht. Es beschreibt durch diskursive Regeln strukturierte, im allgemeinen Selbstverständnis einer bestimmten Gruppe Individuen als normal inszenierte und damit kollektiv legitimierte soziale Handlungsweisen. Zentraler Aspekt der Cultural Studies-Konzeption von Kultur ist das Eingebundensein dieser kulturellen Praxen in gesellschaftliche Macht165

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verhältnisse. Diese Verhältnisse sind hierarchisch organisiert. Subjekte positionieren sich in ihnen, indem sie sich durch Teilhabe an Diskursen Sprecherpositionen erarbeiten, sofern sie das Vermögen dazu besitzen. Auf der Zugangsbeschränkung, nicht allen Individuen gleiches Vermögen der Teilhabe einzuräumen, gründet das hierarchische Prinzip sozialer Ordnungen. Subjekte bewegen sich, durch dieses Prinzip gehindert, nicht frei im kulturellen Raum, denn kulturelle Hierarchien basieren auf der Ungleichverteilung gesellschaftlicher Ressourcen, welche durch die Regeln der Diskurse geschützt und stabilisiert werden, welche also dafür sorgen, dass es ein gesellschaftliches Unten und Oben gibt. Bachtin beschäftigt sich mit dieser Logik in seinen Studien zur Bedeutung des Karnevalesken in mittelalterlichen Kulturen wie der Cultural Studies-Theoretiker Stuart Hall beschreibt: „In Bachtins ‚Karneval’ ist es gerade die Reinheit dieser Unterscheidung, die überschritten wird. Das Untere dringt in das Obere ein, verwischt dabei die hierarchische aufgezwungene Ordnung und schafft dabei nicht nur den Triumph einer Ästhetik über die andere, sondern unreine und hybride Formen des ‚Grotesken’, in denen die Abhängigkeit des Unteren vom Oberen und umgekehrt enthüllt wird, die unentwirrbar durchmischte und ambivalente Natur jeden kulturellen Lebens, die Umkehrbarkeit kultureller Formen, Symbole, Sprache und Bedeutung: die Überschreitung stellt die Willkür der Praxis kultureller Macht bloß, die Mechanismen der Vereinfachung und des Ausschlusses, auf denen die Konstruktion jeder Grenze, Tradition und kanonischer Formation beruhen und auf denen jedes hierarchische Prinzip kultureller Abschließung gründet“ (Hall 2000: 119).

Das Charakteristische des Karnevalesken ist die Verkleidung als Mittel der Entkleidung des mythisch Inthronisierten. Auch nach Gurjewitsch verweist Bachtins Diskussion des mittelalterlichen Karnevals auf das Komische als ein Moment sowohl des Vergnügens als auch des Widerständigen. „Bachtin betonte, dass im Herzen des Karnevals die Idee der Umkehrung der Wirklichkeit stand, nämlich die Tradition, die etablierte gesellschaftliche und religiöse Ordnung auf den Kopf zu stellen“ (Gurjewitsch zit. nach Bremmer 1999: 60). Bachtin selbst schreibt: „Das Lachen verfügt keine Verbote und Einschränkungen. Macht Gewalt, Autorität sprechen niemals die Sprache des Lachens“ (Bachtin 1990: 35). Sowohl eine Denklogik von Unten-Oben als auch das Motiv des Widerständigen im Vergnüglichen tauchen als Themen bei den Cultural Studies auf, wie Halls Bachtin-Rezeption zeigt.

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Doch die Reflexion des Oben und Unten einer binären Struktur stellt nur einen ersten Schritt der Kritik dar, der zweite fordert eine widerständige Opposition gegen die Ungerechtigkeit dieses Verhältnisses, das immer ein Machtverhältnis darstellt5. Das Modell des Karnevals als Moment des Widerstands in Halls Beschreibung wird zu einer Metapher des (widerständigen) Umsturzes, in der Hall die Konstruiertheit gesellschaftlicher Hierarchien entlarvt sieht. Ebenso wie in der Dekonstruktion und auch der Diskurstheorie formiert sich hier in den Cultural Studies im Motiv der Aufdeckung und Entlarvung die politische Pflicht der Kritik6, einer Infragestellung von (diskursiv legitimierten) Machtverhältnissen und die eines Plädoyers für die Interessen der „Subordinierten, Marginalisierten und Ausgeschlossenen“ (Winter 2001: 15). Das Moment der Repräsentation, das üblicherweise in der Interessenvertretung zu finden ist, ist mit der Dekonstruktion zu problematisieren: Wie kann ein Zeichen ein anderes vertreten, wenn sie nie dasselbe sein können? Stuart Hall löst das Problem der Repräsentation im Begriff der Artikulation auf. Artikulation ist hier zu verstehen als Metapher für die Herstellungen von Beziehungen und Verbindungen. Die Verbindung, die hergestellt wird, ist nicht als eine identitätsstiftende zu verstehen, „in der eine Struktur die andere perfekt wiederholt, reproduziert, oder sogar ‚ausdrückt’“ (Hall 1994: 112), sondern vielmehr als eine Widersprüche und Unterschiede anerkennende Verknüpfung. Auf eine Vertiefung des Begriffs der Artikulation nach Hall gehe ich weiter unten ein. Neben der Kritik an der diskursiven Konstruktion eines Oben und Unten der Kultur stellt die Beobachtung (und das Ermächtigungsmoment) widerständiger Praxen ein zentrales Thema der Cultural

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Für Stäheli eröffnet sich in dieser binären Unterscheidung ein ambivalentes Moment der Stärke der Cultural Studies, da sich einerseits hierdurch Risse in der Stabilität sozialer Ordnungen analysieren lassen (vgl. Stäheli 2004: 160). Er kritisiert jedoch, dass andererseits Macht damit als homogener Block konzipiert wird, dem die Alltagspraxen nur als oppositionell gegenübergestellt werden können. Wie im Folgenden allerdings deutlich gemacht werden soll, ist gerade dieses performative Moment für soziale Praxen (der Aneignung) charakteristisch, das als potenziell immer auch reproduktiver Teil von Machtverhältnissen zu verstehen ist. Stärker noch ist diese Frage eingebunden in grundsätzliche theoretische Überlegungen wie beispielsweise die Positionierung der Cultural Studies im institutionellen Rahmen wissenschaftlicher Forschung und Bildung. Die politische Frage war eine Motivation der Begründung der Cultural Studies als Disziplin. 167

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Studies dar7. In dieser Ausrichtung zeigt sich die prinzipielle Anerkennung des Ideenreichtums kultureller Handlungsweisen, welche Winter als eines der Projekte der Cultural Studies beschreibt: „Deshalb befassen sie sich mit Subkulturen, Gegenkulturen, Minderheiten, alternativen Strömungen, mit deren Widerstandsformen, Widerspenstigkeiten, symbolischen Veränderungen sowie mit kleinen, oft unbemerkt bleibenden Veränderungen in alltäglichen Praktiken“ (Winter 2001: 14f). Diese Beobachtung und Beschreibung sozialer Wirklichkeiten als bis ins kleinste, zunächst banal erscheinende Detail durch hegemoniale Macht und Gegenmacht8 strukturiert verlangt nach einer methodischen Verortung in ebendiesem Feld der Ambiguität, die Grossberg im Begriff der Reflexivität zu fassen versucht: „Cultural Studies sind immer reflexiv, positionieren sich selbst und ihre Bereiche/Ansprüche, grenzen ihr eigenes Feld ein und gestehen ihre Unvollständigkeit ein. [...] Folglich sind ihre Projekte immer politisch, immer parteiisch, aber ihre Politik ist immer kontextuell definiert“ (Grossberg 1999: 55).

Mit den Cultural Studies kann also davon ausgegangen werden, dass der politische Standpunkt niemals unideologisch, also frei von moralischer Färbung sein kann. Für die Cultural Studies als Disziplin bedeutet das zum einen, dass sie selbst nie absolut wahr sprechen sowie niemals die marginalisierten Subjekte, mit denen sie sympathisieren, auch repräsentieren können, zum anderen, dass auch die Individuen nie losgelöst vom Kontext wahrgenommen werden dürfen. Eine Cultural StudiesPerspektive auf Machtverhältnisse kann sich ihrer selbst nie sicher sein, da sie potenziell immer bestimmte Aspekte, marginalisierte Positionen und subordinate Momente übersehen oder auch vernachlässigen muss. Daher bedarf sie einer Mischung akademischer Kompetenzen, die ihrem jeweiligen Gegenstand gegenüber eine kritische, selbstkritische und detailsensible Haltung ermöglichen:

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Vgl. hierzu Studien von Paul Willis (1979) oder Peter McLaren (1993) u.a. Diese Gegenmacht ist nicht in Form einer binären entgegengesetzten Opposition zu verstehen, mehr im Sinne Foucaults als ein Zerren von verschiedenen Standpunkten aus. Hegemoniale Macht bedeutet hier: dominante Diskurse, die Wahrheiten produzieren, Gegenmacht bedeutet: Splitter kleiner, subordinater Wahrheitenproduzenten, die um ihre Legitimität ringen, zerren von verschiedenen Seiten an der dominanten Wahrheit und auch aneinander.

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„Die Eigenschaften, die [...] konstitutiv für die Praxis von Cultural Studies sind, sind folgende: Disziplin, radikale Kontextualität (und zwar in dreierlei Hinsicht – anti-reduktionistisch; ihre Objekte sind diskursive Allianzen, ihre Methode ist die Artikulation), Theorie, Politik, Interdisziplinarität und Selbstreflexivität über ihren theoretischen, politischen, kulturellen und institutionellen Ort“ (Grossberg 1999: 56).

Auf diese Art begibt sich der wissenschaftliche Blick der Cultural Studies nah an den Gegenstand heran, um sich gleich darauf wieder zu entfernen: Das Erkennen des Objekts wird erst durch das Von-ihm-wegZoomen, die Distanz zum Objekt durch das Anerkennen seines Kontextes durchführbar. Lawrence Grossberg sieht in Halls Studie „Policing the crisis“ einen gelungenen Versuch, die Dynamik der Kontextsensibilität zu theoretisieren: „Policing the Crisis ist zum Großteil eine Darlegung der sozialen Konstruktion dieser Realität durch eine Analyse der Praktiken der medialen Produktion von Neuigkeiten und deren Beziehungen zu Institutionen und Strukturen sozialer Kontrolle. [...] Ein Ereignis oder eine Praxis (ja sogar ein Text) steht nicht außerhalb der kontextuellen Kräfte, die dieses bzw. diese entstehen ließen“ (Grossberg 1999: 59).

Die verschiedenen Kräfte, die hier thematisiert werden, werden verkörpert durch „Institutionen und Strukturen sozialer Kontrolle“ (ebd.), sind aus dem vorangehenden Kapitel als Wirkweisen des Dispositivs bekannt und stellen hier mit Grossberg nicht nur den Kontext von Praxen der Mediennutzung, sondern auch bestimmte Produktionsbedingungen von Medientexten dar. Das textuelle (Sprech-)Ereignis ist erst Effekt seines Kontextes. „Der Kontext ist alles, und alles ist kontextuell“9 (Grossberg 1999: 60).

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Derrida bezeichnet, wie vorangehend erklärt, aus der Perspektive seiner dekonstruktivistischen Untersuchungspraxis heraus dieses Alles als Text. Der Begriff des Textes kann im Vergleich zum Kontext als umfassender verstanden werden. Der Kontext ist ein auf ein bestimmtes Objekt bezogener Text. Der Kontext des Konflikts zwischen Tereth und Troi ist bspw. die kulturelle Geschichte Romulus’, die Geschichte des Widerstandes gegen die Herrschaft von Militär und Geheimdienst etc. Tatsächlich lässt sich der Kontext sowie der Text dieses Konflikts niemals ganz erfassen. Es soll hier aber auch nicht um eine umfassende Bestimmung der Aussagen verschiedener am Star-Trek-Text beteiligter Texte sowie Kontexte gehen, sondern um die Charakterisierung ihrer Funktionen im Wechselspiel der Mächte. 169

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Womit sich also Cultural Studies befassen, sind die Fragmente, die das alltägliche Leben der Individuen strukturieren, Prozesse, in denen diese zu Subjekten in Diskursen werden, Kontexte, in denen Menschen Beziehungen führen, einkaufen gehen, Musik hören oder Science Fiction-Serien sehen und ‚Wir’ sagen. Diesen Prozessen ist das Kämpfen um Bedeutungen, in denen sich Macht symbolisch imaginiert, inhärent. Cultural Studies betrachten diese Praxen, in denen Menschen Kultur herstellen, indem sie tun, was sie tun und sich dabei auf Zeichen beziehen, die sie selbst und andere als kulturell bedeutsam anerkennen. Und sie tun dies auf eine besondere Weise, mit einem optimistischen Gestus, der davon ausgeht, dass diese Praktiken Wirkung zeigen, Subjekte also als kreative Akteure wirksam werden und dass in Räumen der Herrschaft auch Widerstand möglich ist. Zum einen ist es dieser Gestus, der für ein Weiterdenken des Performativen im Zusammenhang von Medientext, Subjekt und Pädagogik erkenntnistheoretisch vielversprechend zu sein scheint, da er erst den Grundgedanken der agency, der Wirksamkeit der Subjekte in diskursiven Machtnetzen denkbar macht. Zum anderen konzipieren die Cultural Studies diese agency als brüchig, als ambivalenten Möglichkeitsraum, zu betrachten unter der Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit von Hegemonie und Widerstand. Mecheril et al. erklären, dass unter dieser Cultural Studies-Perspektive die Entscheidung getroffen wird, „pädagogische Situationen, Handlungen und Konzepte, so sie pädagogisch relevant sind, als ‚kulturelle’ Phänomene’ zu verstehen und unter der Perspektive ‚Kultur’ zu analysieren“ (Mecheril et al. 2006: 13). Das Besondere dieses Ansatzes liegt in der analytischen Ernsthaftigkeit, mit der alltagsweltliche Handlungen und Erfahrungen beobachtet und beschrieben sowie in ihrer Verknüpftheit mit Machtverhältnissen untersucht werden (vgl. ebd.).

Problematik des Kulturbegriffs „Kultur und Krise gehen Hand in Hand.“ (Eagleton 2001: 55)

Der Kulturbegriff, der bis zu dieser Stelle immer wieder als ein Thema der Cultural Studies zwischen den Zeilen aufblitzte, soll nun genauer in den Blick gefasst werden, um herauszuarbeiten, inwiefern er für meine Frage nach der Performativität des Lesers interessant ist. Den Begriff selbst konzeptuell zu fassen ist nicht ganz problematisch, denn zum einen wird er sowohl im Alltag als auch in der Wissenschaft als Bezeichnung für zahlreiche, auch voneinander abweichende 170

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Konzepte verwendet, zum anderen ist seine Konzeption für die Forschungsperspektive der Cultural Studies von so großer Bedeutung, dass sie dadurch quasi nach Offenheit und Unbestimmtheit des Begriffs verlangt (vgl. Müller-Funk 2006: IX). Das Ringen um den Begriff Kultur kann zunächst in der Ablehnung von Begriffen wie Tradition, Vererbung, nationale/regionale Verbundenheit oder Rasse sowie der „klassischen, soziologischen Idee distinktiver, kulturell-homogener Entitäten“ (Reuter 2004: 239) fixiert werden. Mecheril et al. konzipieren „Kultur als Medium der Verschränkung von Macht und Subjektivität“ (Mecheril et al. 2006: 9). Gleichwohl verstehen sie den Begriff als Analyseperspektive der Cultural Studies, die dazu dient, „die polyphonen, stets umstrittenen und umkämpften, komplexe der Konstruktion von sozialen Differenzen und Identitäten zu beschreiben und zu untersuchen“ (ebd.). Das als Kultur Bezeichnete stellt sich als ein „konfliktäres Feld“ (Hepp 2004: 42) dar, in dem die ausgetragenen Kämpfe den Individuen maßgeblich dazu dienen, sich Positionierungen im diskursiven kulturellen Raum zu erarbeiten. Konkret lassen sich vor diesem Hintergrund vier repräsentationskritische Ausschlüsse konstatieren, mit der sich die Offenheit des Begriffes eingrenzen lässt: 1. Wird er zur Beschreibung von Eigenschaften einer Gruppe herangezogen, muss man sich kontextgebunden seiner Angemessenheit versichern. Interpersonale Konflikte etwa, die auf (inter)kulturelle Eigenschaften Beteiligter zurückgeführt werden, beziehen sich möglicherweise viel eher auf andere als kulturelle Differenzkonstruktionen. 2. Mit der Verwendung dieses Begriffs geht eine Homogenisierung einher: Den unter diesen Begriff subsumierten Individuen werden äquivalente Wesens- und Verhaltenseigenschaften zugesprochen. 3. Verhalten auf einen kulturellen Ursprung zurückzuführen, bedeutet, Mitglieder einer Gruppe auf ein bestimmtes gleichsam angeborenes Repertoire an Verhaltensweisen festzuschreiben. 4. Die Verwendung des Kulturbegriffs oder der Bezug auf ein Konstrukt wie kulturelle Differenzen läuft Gefahr, den Machtaspekt in Beziehungen außer acht zu lassen, weil der Begriff Kultur selbst normalisierende Tendenzen besitzt, sofern er nicht genauer bestimmt wird. So gehe ich weiterführend mit Andreas Hepp davon aus, dass sich der Begriff im Sinne der Cultural Studies gegen Konzepte von Nation und Nationalkultur richtet, „wonach einzelnen Nationen spezifische Kulturen 171

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entsprächen, die in spezifischen Territorien (‚Nationalstaaten’) zu lokalisieren sind. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die Gesellschaften einzelner Staaten in eine Vielzahl von Kulturen bzw. Subkulturen zerfallen“ (Hepp 2004: 43). „Denn die Cultural Studies sind eben nicht der Auffassung, dass Kultur sich in erster Linie durch die Gemeinsamkeit von Werten und Bedeutungen bestimmen ließe und als verbindender Kitt der Gesellschaft anzusehen sei. Vielmehr zeigen ihre Vertreter das Aufbrechen oder das Fehlen eines Konsens in Wert- und Bedeutungsfragen und die ihnen zugrunde liegenden Konflikte auf, indem sie die nach Lebensform, Klasse, Geschlecht, Alter und ethnischer Zugehörigkeit differenzierten und hierarchisierten Gesellschaften untersuchen und so die Vorstellung einer Kultur als Trugbild entlarven“ (Winter 1999: 47).

Wie Hepp in seinem Buch „Cultural Studies und Medienanalyse“ schildert, entwickelten sich die ersten Theorien, die im Kontext der Cultural Studies entstanden, in den 50er Jahren des 20sten Jahrhunderts in Auseinandersetzung mit vor allem zwei Theorie-Konzepten: Kulturalistischen sowie strukturalistischen Theorien (vgl. Hepp 2004: 24). Stuart Halls reflexiver Rückblick mit dem Titel „Die zwei Paradigmen der Cultural Studies“ (erschienen u.a. in Bromley et al. 1999: 113f) thematisiert diese Auseinandersetzung in ihrer für die ideentheoretische Selbstreflexion der Cultural Studies essentiellen Weise. Hall diskutiert hier ein Konzept, das Kultur als prozessual sowie als Effekt menschlichen Handelns versteht. Individuen stellen den Gemeinschaftszusammenhang Kultur über diskursive und nicht-diskursive Praxen her, die sie einem endlichen System zur Verfügung stehender Praxen entlehnen. Soziale Praxen erfüllen als kulturelle Zeichen immer auch eine Funktion der Distinktion, bringen also gezielt Differenzverhältnisse hervor, um Grenzziehungen (etwa zwischen Gruppen von Individuen) und damit Zugehörigkeiten bestimmbar zu machen. Damit wird Kultur zu einem Problem „des Ortes, der Zugehörigkeit oder der Teilnahme“ (Grossberg 1999: 50). Unabhängig davon ob es sich um diskursive Praxen (wie Bezeichnungen, Erklärungen, Geständnisse, Versprechen etc.) oder materielle Gegenstände wie Bücher, Saatgut oder Hammer handelt, um Schuhmoden oder Science Fiction-Literatur, ob die sprachliche Ebene (also die Zeichenkette Saatgut geschrieben oder gesprochen) oder die gegenständliche Ebene (die Samenkörner auf der Handfläche) betrachtet wird: Gegenstände lassen sich als Praxen und damit als kulturelle Zeichen lesen, da sie historisch mit Bedeutung aufgeladen sind. Und die Notwendigkeit der Bezeichnung sowie der Klassifizierung ergibt sich immer erst aus der unmittelbaren Funktion für das soziale Gefüge einer 172

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Gruppe und der Fähigkeit der Individuen, die Praxen lesen zu können, sie also in ein Verhältnis zu setzen mit von ihnen gewussten Bedeutungen und damit Ordnungen herzustellen. Lesen meint hier nicht allein das Entziffern, Identifizieren und Verstehen von Zeichen sowie den Verweis auf eine Form von kulturellem Wissen, sondern auch die schöpferische Fähigkeit des Subjekts, diese Zeichen in einer Beziehung zu sich selbst wie auch anderen Zeichen zu setzen (vgl. Hall 1999: 104). Die Kreativität im Akt des Lesens liegt also in der (mehr als spielerisch denn als systematisch zu verstehenden) Herstellung sowie Zuweisung von Bedeutung. Dass es sich bei dieser Lesart von Lesen um ein für die vorliegende Untersuchung zentrales Konzept handelt, wird nachfolgend unter den Stichworten Artikulation sowie Vergnügen ausführlicher diskutiert. Cultural Studies arbeiten mit einem Verständnis von Kultur, das diesen Begriff nicht final definiert, sondern ihn zwar als bestimmte Aspekte – nämlich etwa soziales Handeln – der sozialen Wirklichkeit besonders fokussierend versteht, ihn jedoch auch als strittig und stets in Frage stellend konzipiert. Nichtsdestoweniger bleibt er als Begriff programmatisch. Mit ihm beschreiben die Cultural Studies ein mehrdimensionales Feld der Auseinandersetzungen, sowohl auf der Ebene des Verständnisses als auch auf der Ebene kultureller Praxen. Eigen ist den Verständnissen von Kultur allein die Ansicht, dass es sich hier um einen umkämpften, seiner selbst stets unsicheren Begriff handelt, ebenso wie das, was er bezeichnet, da jede Bezeichnung das Risiko der Reduktion in sich trägt. Die begriffliche Unabgeschlossenheit dieses Konzepts wird innerhalb der Cultural Studies als notwendig betrachtet, um dem fragmenthaften, flüchtigen Charakter dessen, als was Kultur letztlich begriffen werden soll, gerecht zu werden zu können10.

10 Ein sprachwissenschaftlich motiviertes Zaudern gegenüber fixierenden Definitionen sozialer Gruppen aufgrund der Heterogenität und Differenz der Subjekte, die sie fassen sollen, zeigt auch Hannelore Bublitz. Sie sieht diese Zerrissenheit und Umkämpftheit etwa für ein Verständnis von Gesellschaft bzw. gesellschaftlichen Machtverhältnissen als konstitutiv: „Gesellschaft erscheint so in eine Vielzahl lokaler Kämpfe um Macht und Ordnung zersplittert, die immer prekär bleiben muss. Sie bildet ein Netzwerk vielfältiger Kräfteverhältnisse, die nicht primär auf Verbot, Zwang und Verhinderung, also auf eine ‚neinsagende Gewalt’, sondern auf den hervorbringenden und intensivierenden, aber darin zugleich auch einschränkenden und begrenzenden Charakter von Ordnungs- und Klassifikationsverfahren, die ‚normend, normierend, normalisierend wirken’ (Foucault 1976: 236), abstellen“ (Bublitz 2003: 8). 173

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Im Rahmen dieser Untersuchung soll Kultur als Begriff die Funktion übernehmen, die Formen sozialer Ordnung beschreibbar zu machen, welche auf Prozessen sozialer Aushandlungen beruht. Diese Ordnungsformen entziehen sich einer endgültigen Definition, jedoch lassen sich einige ihrer Eckpunkte fixieren:

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Sie sind in ihrer Konsistenz zersplittert. Die Bedeutungen zirkulieren in ihnen in diskursiver Form, sie sind fluide und umkämpft. Im Kampf um dominante Positionen spiegelt sich der Kampf für das gute, würdevolle Leben11.

In diesem Kampf um das gute Leben geht es auch um das Ringen um machtvolle Sprecherpositionen im Diskurs. Machtverhältnisse, die sich selbst stetig zu reproduzieren versuchen, lassen denjenigen am Rand des Diskurses wenig Handlungsraum, sich Definitionsmacht zu erarbeiten. Die Rolle der Medien ist in dieser Auseinandersetzung zentral. Sie stellen Vehikel dominanter (und subversiver) Bedeutungen dar und sind damit Instrumente dieses Kampfes. Medien in ihrer instrumentellen Rolle für die Bedeutungs-Zirkulation und ihrer Verknüpftheit mit sozialen Praxen spielen als eine große Rolle für die Produktion des Zugehörigkeitszusammenhangs Kultur, da sie Diskurs und Praxen miteinander verschweißen und motorisieren. Als Motor kultureller Praxen wiederholen sie performativ fragmentierte Diskurse und Diskurswahrheiten. Im vorangehenden Kapitel wurde deutlich, dass diese Wahrheiten nicht als essentiell zu verstehen sind, sondern als Inszenierungen des Wahren. Dennoch sind sie diskursiv legitimiert, sie stellen somit das Ergebnis sozialer Verhandlungen dar und daher bestimmte soziale Verbindlichkeiten her. Medien stellen daher nicht nur diskursiv kulturelle Wahrheiten zur Verfügung. Sie nutzen diese, um Wahrheiten über Kultur zu formulieren. Wahrheiten über Kultur formulieren bestimmte Verständnisse davon, wie die Kultur selbst funktioniert, innerhalb derer sie entstanden sind und auf die sie und (möglicherweise) ihre Leser sich beziehen. Sie perpetuieren, das heißt, sie führen eine Art Alltagswissen über diese Kultur, ihre Eigenheiten, Selbst- und Fremdverständnisse fort, in dem sie diese performativ in die Praxen integrieren. Bspw. könnten Wahrheiten über Kultur sein, dass Kultur etwas ist, das man sich nicht aus11 Vgl. hierzu Grossberg: „Cultural Studies sind immer daran interessiert, nachzuspüren, wie Macht in die Möglichkeiten der Menschen, ihr Leben auf würdige und sichere Art zu verbringen, eindringt, sie beschneidet und sich ihrer bemächtigt" (Grossberg 1999: 62). 174

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suchen kann, sondern von Geburt an hat, dass Kultur etwas ist, was unveränderlich mit dem Wesen einer Person verbunden ist. Wahrheiten über Kultur, Staat, Gesundheit sind letztlich immer kulturell verfasst, sie lassen sich als historisch situierte Verständnisse konzipieren. Kulturelle Praxen dienen dazu, diese Wahrheiten zu perpetuieren oder auch zu torpedieren. Als kulturelle Praxen verstehe ich dabei kollektive und individuelle Verhaltensweisen, die performativ kulturelle Zusammenhänge herstellen. Sie sind Weisen des In-der-Welt-Seins, Formen der Selbstinszenierung, aber auch „Weisen der Unterscheidung, sie erzeugen Unterschiede und werden durch Unterscheidungen erzeugt. Kulturelle Praxen zu untersuchen heißt insofern: in alltagsweltlichen Handlungen ersichtlich werdende und diese Handlungen konstituierende symbolische Unterscheidungsweisen zu analysieren“ (Mecheril et. al. 2006: 13).

Die Herstellung von Differenz ist demnach konstitutiv für ein Verorten des Subjekts in Zusammenhängen der Kultur. Mediale Texte, die für die (Selbst-)Inszenierung der Individuen eine große Rolle spielen, Handlungen, Tätigkeiten, Verhalten und Sprache (z.B. in Aussagen der Figuren, aber auch in einer bestimmten Darstellung von Charakteren und Geschichten) reproduzieren Differenzen als normal und selbstverständlich. Die Erfahrung von Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Kontexten ist in diesem Alltagswissen operational an essentialisierende Konzepte von Kultur gekoppelt. Die Problematik des Essentialismus verbirgt sich in der speziellen normativen Inszenierung von Sprechakten, Taten, Körpern und Gegenständen als kulturelle Praxen, in ihrer naturalisierten Verkleidung als selbstverständliches Somachen-wir-das bzw. So-ist-das. Für das Interesse der vorliegenden Untersuchung ist dies relevant, weil sich Praxen und Diskurse in einem Spannungsverhältnis befinden. Beide besitzen performative Momente, Momente der Reproduktion von Bedeutungen, Momente des Normativen und Widersprüchlichen. Gerade in Bezug auf Verhältnisse der Differenz tritt diese Spannung zutage. Im umkämpften Feld geht es darum, die Definitionsherrschaft darüber zu erlangen, was gemeinhin als gleiches und was als anderes gilt, welche Dispositionen in einer hierarchischen Ordnung zueinander stehen. Hierin findet die Verknüpfung von Bedeutung, sozialen Praxen und Macht statt. Die Zirkulation von dominanten Bedeutungen ist das Performativ kultureller Praxen. Kultur kann demnach als offen und prozessual verstanden werden und bringt Diffe-

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renzen hervor (vgl. Krüger-Potratz 1999: 158), deren Konstrukthaftigkeit sie allerdings verbirgt. Der Begriff der Kultur somit stellt ein wissenschaftliches Konstrukt dar, das lebensweltlich relevante Kategorien beschreibbar machen soll. Ebenso wie Gesellschaft oder Nation ist Kultur ein abstrakter Begriff mit wenig konkretem Bezug für die in ihr lebenden Individuen, dessen Bedeutung sich erst in ideeller Aufladung verdichtet. Die Schwierigkeit, den Begriff Kultur zu fassen, verdeutlicht, dass seine Verhandlung selbst in einem umkämpften Raum stattfindet: „Es gibt eine Vielzahl von Tropen, die gegenwärtig verschiedene Diskurse über Kultur organisieren: Ästhetische Diskurse über Unterscheidungen, anthropologische Diskurse über Rituale und Lebensweisen, sozialpsychologische Diskurse über Kommunikation und politische Diskurse über den öffentlichen Bereich. Es gibt auch eine Reihe von Problemzusammenhängen, die sich mit diesen Tropen überschneiden: Gemeinschaft, Ideologie, Hegemonie, Identität und Subjektivität, der Körper und Machtformationen“ (Grossberg 1999: 44).

Cultural Studies sind bemüht, dieser Vielfalt der Diskurse über Kultur Rechnung zu tragen, da sich in ihr die Brechung eines Konsenses der Werte und Bedeutungen widerspiegeln, die Kultur(en) selbst ausmacht. Konflikte – vor allem Interessenskonflikte – scheinen sowohl das Konzept als auch die Realität von Kultur mehr zu prägen als Gemeinsamkeit und Geschlossenheit. Kultur als Begriff zur Beschreibung sozialer Praxen scheint in dieser Funktion eher einen flüchtigen Charakter zu besitzen denn als treffende wissenschaftliche Kategorie fungieren zu können. In dieser Schwierikeit liegt allerdings, wie Rainer Winter erklärt, ein in den Cultural Studies liegendes Vergnügen (vgl. Winter 1999: 47). Versuche der Cultural Studies, Begriffe zu bestimmten, erscheinen damit eher als Versuche, Begriffe in der Spannung ihrer Unbestimmtheit zu halten, um essentialistische Festschreibungen zu vermeiden. Die prinzipielle Offenheit des Kulturbegriffs wird als notwendig erachtet, um den Einfluss verschiedener Verständnisse von Kultur auf ihre Beschreibung angemessen zu reflektieren. Sowohl der anerkennende Blick auf Differenzkonstruktionen, Diversität und Ambivalenz als auch das Aushebeln wissenschaftlicher Stringenz innerhalb ihrer eigenen Regeln bestimmen diese Form akademischer Auseinandersetzung. Trotz der Schwierigkeit, Kultur zu fassen, möchte ich ein Verständnis von Kultur formulieren, das den bisher vorgestellten Charakteristika der Cultural Studies, die ja meinen Blick maßgeblich prägen sollen, 176

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Rechnung trägt und die für den Begriff des Performativen ausdifferenzierende Überlegungen relevanten Facetten beleuchtet. Zentral für diese Überlegungen ist die Idee des mit seinem Kontext verschränkten Subjekts, das zu verstehen ist als „in sozialen, politischen und gesellschaftlichen Kräftefeldern“ (Mecheril et al. 2006: 9) hervorgebrachtes Phänomen. Das Widerstreitende, das diese Verschränktheit des Subjekts kennzeichnet, findet sozial verhandelt statt und ist performativ produktiv. Was ich also für diesen Untersuchungszusammenhang mit dem Begriff Kultur erfassen möchte, lässt sich als ein in der Geschichte flüchtiges, dennoch prägnantes Auftauchen von Praxen des Doing Self sowie Praxen der Distinktion, in welchen sich sozial vermittelt (und gemeinsam als relevant inszenierte) bestimmte BedeutungsSets verdichten. Kultur ist damit auch zu verstehen als die „Summe der verfügbaren Beschreibungen, mittels derer Gesellschaften ihre gemeinsamen Erfahrungen [...] ausdrücken“ (Hall 1999: 17). Diese Beschreibungen sind insofern performativ, als sie ritueller Inszenierungen bedürfen, wiederholt werden müssen, um wahrhaftig zu sein und andere Beschreibungen neu zu bedeuten. Kulturelle Praxen sind damit charakterisiert durch konflikthafte Auseinandersetzung mit der diskursiven Zirkulation dominanter Bedeutungen. Performativität steht hier in engem Zusammenhang mit Konflikthaftigkeit von Praxen. Denn jede Form der Inszenierung von Kultur, von Zugehörigkeit und Konsistenz bedarf des Verweises auf das Andere, das Äußere von Kultur und Zugehörigkeit, des Verweises auf die eigene Zerrissenheit. Hierbei wird deutlich, dass es sich bei der inszenierten Authentizität kultureller Geschlossenheit um eine Fiktion handelt, die jedoch in ihrer alltäglichen Verhandlung stets fraglos als authentisch gelten muss. Denn die Imagination des Abgeschlossenen, Fixen stellt einen Fluchtpunkt inmitten des konflikthaften Verhandelns dar, ohne den es nahezu richtungslos wäre. Das Gemeinsame dessen, was innerhalb eines diskursiven Zusammenhangs unter Kultur verstanden wird, bedarf der Nacherzählung durch die Medien, um performativ immer wieder hergestellt werden zu können. Diese Erzählung „stellt einen Zusammenhang von Geschichten, Vorstellungen, Landschaften, Szenarien, geschichtlichen Ereignissen [...] Symbolen und Ritualen her, die die geteilten Erfahrungen und Sorgen, Triumphe und vernichtenden Niederlagen“ (Hall 1994: 202) inszenieren und die einen kollektiven kulturellen Rahmen herstellen. „Als Mitglied einer solchen ‚vorgestellten Gemeinschaft’ sehen wir uns selbst an dieser Erzählung teilhaben“ (ebd.). Der Kulturbegriff erscheint neben der performativitätstheoretischen Perspektive als eine weitere, einen differenzkritischen Blick schärfende

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Facette. Inwiefern ist es also sinnvoll, diese beiden miteinander zu verknüpfen? Ich habe Kultur vorangehend als einen Raum und Zeitpunkt beschrieben, in dem Kämpfe um Bedeutungen stattfinden. Die Unabgeschlossenheit des Begriffs kann dazu genutzt werden, Festschreibungen von Differenzen, in denen sich Machtverhältnisse artikulieren, zu vermeiden, um Heterogenität zu ermöglichen. Im Raum des Kulturellen können Differenzen auf verschiedene Momente (Gender, Ethnie, geographische Herkunft, Musik- oder Lebensstile) bezogen werden, je nachdem, welche im Kampf um Bedeutungen relevant erscheinen. Der im vorangehenden Kapitel eingeführte Begriff des Diskurses eröffnete für meine Perspektive einen praxistheoretischen Blick, der das Handeln der Individuen vor allem in Bezug auf seine sprachliche Determiniertheit einfängt. Handeln erscheint also sprachlich vorstrukturiert und damit in gewisse Konventionen eingebunden. Denn soziale Praxen stellen ritualisierte und vor allem diskursiv legitimierte Handlungsweisen dar. Kultur als sinnhafte Rahmung dieser Praxen zu betrachten (die für die Individuen einen kollektiven Bezugspunkt darstellt), ist nur eine Möglichkeit von vielen, die gewählt wurde, weil sie der Reflexion der Strukturen gleichwohl eine Reflexion des HandlungsPotenzials der Individuen zur Seite stellt. In einem weiterführenden Schritt möchte ich das Produktive dieses Handelns betrachten, das über die Grenzen diskursiver Determinierung oder Legitimierung hinweg zu schreiten scheint.

K u l t u r e l l e C o d i e r u n g vo n T e x t e n Kultur wird mit den vorangehend formulierten Überlegungen zu einer „Ansprache“ (Mecheril 2004: 25), die Erfahrungen artikulierbar macht, indem sie sie für den sozialen Zusammenhang als sinnhaft erscheinen lässt. Mediale Texte stellen diskursive Räume zur Verfügung, innerhalb derer diese Ansprache imaginiert werden kann. Innerhalb dieser Räume finden die kulturellen Auseinandersetzungen um dominante und subordinate Bedeutungen statt. Der Cultural Studies-Theoretiker Fiske entwickelt mit der Diskussion um die Bedeutung des Fernsehens innerhalb der Populärkultur einen medientheoretischen Standpunkt, mit dem die Diskussion des Kulturbegriffs weiter zugespitzt werden soll. Fiske konzipiert das Fernsehen als Medium der Zirkulation kultureller Bedeutungen, da es

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einem „cultural consensus“ (Fiske et al. 1978: 88) Ausdruck verleiht, der vorgibt, was als wirklich und wahr angesehen wird und diese Aussagen naturalisiert, Individuen in die soziale Ordnung einbindet, indem es orientierende und status-vergewissernde Funktion übernimmt, während es die dem kulturellen Konsens zugrundeliegenden Ideologien und Mythen jedoch verschleiert, damit den Individuen Selbstbeschreibungskategorien an die Hand gibt, um sie ihres kulturellen Status ebenso wie ihrer kulturellen Identität zu versichern und ein Gefühl kultureller Zugehörigkeit zu vermitteln, das Handeln kultureller Repräsentanten zelebriert, erklärt, interpretiert und rechtfertigt sowie Ideologien und Mythologien die Kultur affirmierend einsetzt und damit zur Zähmung des Diskurses instrumentalisiert (vgl. ebd.).

Fiske räumt dem Fernsehen hiermit eine normalisierende Autorität ein, die diesem dialektisch durch die in ihm inszenierten Diskurse verliehen wird. Wie auch Bachmann-Medick mit Geertz feststellt, besitzen (mediale) Texte eine kulturelle Codierung. Sie sind nur über eine „Vermittlungsachse der Herausbildung kultureller Kodierungen verstehbar“ (Bachmann-Medick 2004: 23). Diese besteht aus aneinandergereihten Übersetzungsprozessen, einer zunehmenden „Aufladung mit wechselnden Symbolen und Bildern“ (ebd.), sowie letztlich der „Überlagerung mit neuen Bedeutungsschichten“ (ebd.). Diese findet als Anreicherung der Texte mit neuen Bildern im Austausch mit dem sozialen Kontext des Lesers statt. Somit lässt sich festhalten, dass die „unmittelbare Begegnung zwischen Text und Leser/Interpret gleichermaßen unterbrochen“ (ebd.) ist durch die Unmöglichkeit, Aussagen und Bedeutunge des Textes im eigenen Bewusstsein zu repräsentieren. Jenseits der Perspektive Derridas lässt sich der Text aus linguistischer Perspektive rekonstruieren als „komplexes Zusammenspiel von Produktion, Rezeption, Illokutionsstruktur und Sprachhandlungszusammenhang“ (Zipfel 2001: 38). Heinemann et al. erklären: „Unter Texten werden Ergebnisse sprachlicher Tätigkeit sozial handelnder Menschen verstanden, durch die in Abhängigkeit von der kognitiven Bewertung der Handlungsbeteiligten wie auch des Handlungskontextes vom Textproduzenten Wissen unterschiedlicher Art aktualisiert wurde, das sich in Texten in spezifischer Weise manifestiert und deren mehrdimensionale Struktur konstituiert. Die Struktur eines Textes indiziert zugleich die Funktion, die einem Text von einem Produzenten in einem bestimmten Interaktions179

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prozess zugeschrieben wurde und stellt die Basis für einen komplexen Interpretationsprozess des Textrezipienten dar“ (Heinemann et al. 1991: 126).

Gehe ich aber darüber hinaus von durch Symbole vermittelten, also in Zeichen codierten sozialen Wirklichkeiten aus, so reicht ein an Interpretation orientierter Ansatz nicht aus, der Interpretation als Verstehen eines dem Text inhärenten Sinnzusammenhangs konzipiert, dem der Versuch zugrunde liegt, eine Intention des Autors bzw. eine authentische, dem Text zugrundeliegende Botschaft offen zu legen. Vielmehr wird es aus performativitätstheoretischer Perspektive bedeutsam, im Akt des Lesens erstens eine Rekonstruktion der Struktur von Wirklichkeitsrekonstruktionen als auch zweitens eine Rekonstruktion von kulturellen Zeichen(kontexten) zu verstehen. Damit wäre Interpretation im Sinne einer performativen Rekonstruktion sowohl mehr als auch weniger als das hermeneutische Deuten. Das Verstehen der Wirklichkeit ist zwar nicht abgeschlossen noch abschließbar, gleichwohl ist Wirklichkeit nur innerhalb eines bestimmten diskursiven Rahmens durch das Individuum deutbar. Diese diskursive und auch dispositive Rahmung ist jedoch durch das Medium letztlich nicht zähmbar. Kultur mit den Cultural Studies (vgl. Johnson 1999: 165) als durch Zeichen vermittelt und damit als Text zu verstehen, setzt in gewissem Sinne die Eigenschaft sozialer Praktiken voraus, lesbar zu sein (vgl. ebd.). Im vorangehenden Kapitel wird jedoch die Strenge dieses Konzepts durch das Theoretisieren des performativen Textes gelockert, da die Ordnung der Zeichen, aus welcher der Text besteht, über ihre Struktur hinaus wirksam wird, indem sie performativ Diskursschnipsel wiederholt. Aus dieser Perspektive lässt sich festhalten: Das Individuum liest (die eigenen und die fremden) kulturellen Praxen wie einen Text und entwickelt situiert ihm angemessen erscheinende Lesarten als Grundlagen, auf denen Handlungen vollzogen werden. Produkte wie ein neuer Volkswagen Golf wären hiermit ebenso ein lesbarer kultureller Text wie die seine Produktion begleitenden Marketingstrategien, das Gespräch mit einem Verkäufer, Werbeslogans etc. Diese Texte und textuellen Settings stellen Mechanismen dar, die das Produkt sowie die Kontexte seiner Nutzung symbolisch mit Bedeutung aufladen (vgl. Johnson 1999: 139). Die Bedeutung eines Schokoriegels ist ähnlich textuell strukturiert, ebenso die einer Kücheneinrichtung, eines Kinofilm, eines Frühstücks oder eines Kinobesuchs. Sowohl das Auto als auch der Kinofilm stellen zum einen selbständige kulturelle Texte dar (sie binden jeweils ein eigenes diskursives Universum mit Bedeutungen und Verweisen), können

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aber ebenso als Zeichen in einem größeren gesellschaftlichen, politischen oder künstlerischen Text gelesen werden. „Dabei ist es grundlegend, dass (sprachliche) Zeichen nicht isoliert auftreten, sondern innerhalb von Texten, die wiederum in Diskursen lokalisiert sind. Dieser Feststellung liegt ein recht weiter Textbegriff zugrunde, nach dem nicht nur Gedrucktes als Text zu charakterisieren ist, sondern beispielsweise auch Fernsehsendungen einschließlich aller auditiven und visuellen Elemente, da auch sie konventionell als Einheit von unterschiedlichen, miteinander ‚verwobenen’ Elementen wahrgenommen werden“ (Hepp 2004: 30).

Die Metaphorik der Textualität12 sowie des Lesens betont die besondere Klassifikation von Wirklichkeiten und Fiktionen. Ihr Unterschied besteht zu einem grundsätzlichen Teil darin, dass (fiktionale oder nichtfiktionale) Texte nicht die Wirklichkeit darstellen, sie diese jedoch wiederholen und die von ihr zu entwickelnden Lesarten damit gleichwohl strukturieren. Hier soll mit dem Begriff der Lesart unterstrichen werden, dass der Akt, indem Fernsehsendungen, Inhalte von Tageszeitungen oder virtuelle Wirklichkeiten in Computerspielen individuell wahrgenommen werden, ein konstruktiver ist. Einen Text über eine Bergbesteigung zu lesen, bedeutet für den Rezipienten nicht dieselbe Erfahrung wie das Erlebnis, den Berg selbst zu besteigen. Mit der Rezeption des Textes besitzt er nicht das Wissen und die Erfahrung einer Bergbesteigung, sondern allenfalls das Wissen und die Erfahrung, einen Text darüber gelesen zu haben. Dennoch spielen Erfahrungen textueller Art insofern eine Rolle, als sie auf jede neue Erfahrung Einfluss nehmen, etwa indem sie Handlungen und Entscheidungen beeinflussen, indem sie abstrahiertes Wissen um Konsequenzen oder Verständnisse sozialer Praxen im Akt des Lesens neuer Wirklichkeitsangebote reproduzieren oder in Frage stellen, teilweise verwerfen oder als dominante Konzepte beibehalten. Als Erfahrung formt sich mit Mecheril et al. das „Erleben und das (Wieder-)Erzählen“ (Mecheril et al. 2006b: 225) der eigenen Position. „‚Erfahrung’ kann pragmatistisch verstanden werden als sich im Kontext von Handlungsvollzügen ergebende, nicht epiphänomenale, sondern für Handlungen konstitutive Bedeutungszuschreibung und Repräsentation“ (ebd.). Erfahrungen ergeben sich mit Dewey aus Interaktion und Tätigkeit im Praxisfeld des Alltags und besitzen sowohl ein aktives als auch ein passives Moment (vgl. Dewey 1916), die miteinander verschränkt sind: Das des trying, des 12 Jenseits einer linguistischen Klassifizierung durch die klassischen sieben Kriterien Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität. 181

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Versuchens, sowie des undergoings, des Erleidens. Die Veränderung, die diese Verschränkung mit sich bringt, ist in sich ungebrochen. Dewey bezeichnet sie daher als „primäre Erfahrung“ (Schäfer 2005). Primär ist diese Erfahrung insofern, als ihr ein reflexives, (rück)blickendes Zuwenden erst noch nachfolgt. Die sekundäre Erfahrung wird wirksam, sobald primäre Erfahrungen nicht mehr fraglos funktionieren. Die Veränderung entwickelt somit rückwirkend Anbindung an relevante Signifikanten. Der Aspekt der Tätigkeit im Moment der Erfahrung medialer Texte erscheint also als vermittelt. Doch tritt im Konzept des signifizierenden Lesens eine Form des Wirksamwerdens in Kraft, welche die Dichotomie von Aktiv-Passiv eher in Frage stellt, wie im Folgenden deutlich werden soll.

C o d e s u n d D e ko d i e r u n g e n , C h i f f r e s d e s Al l t a g s Im vorangehenden Kapitel habe ich Texte als durch Diskurse strukturiert vorgestellt und sie zu den Besonderheiten fiktionaler Medien in ein Verhältnis gesetzt. Der mediale Text, ein performativer Transformator diskursiver Splitter, bekommt aus einer Cultural Studies Perspektive durch den Begriff des kulturellen Textes eine konkrete Materialität. Mediale Texte können als von Diskursen und Dispositiven (und damit Inszenierungen von Machtverhältnissen) durchzogen und damit als Gewebe kultureller Bedeutungen verstanden werden. Der mediale Text Star Trek etwa reproduziert, wie weiter oben am Beispiel einer Szene der Episode „Das Standgericht“ gezeigt wurde, Dispositive der Disziplinierung, in denen bestimmte Diskurse über Machtverhältnisse zirkulieren. Auch in der dritten Episode, „Das Gesicht des Feindes“ zeigen sich dispositive Mechanismen. Ich möchte diese im Folgenden an einer weiteren kurzen Beispielszene erläutern und verdeutlichen, inwiefern diese Codierung des Textes als kulturelle Codierung verstanden werden. Das Thema der Star-Trek-Episode „Das Gesicht des Feindes“ ist wesentlich die Auseinandersetzung der Sternenflotten-Kultur mit der Kultur der Romulanerinnen. Ihr im Verlauf der Serie wiederkehrend relativ einseitig darstelltes Verhältnis ist gekennzeichnet dadurch, dass die romulanischen Praxen in erster Linie als militaristisch und berechnend dargestellt werden und sich von den als humanistisch inszenierten Praxen der Enterprise-Crew absetzen. Diese Darstellung wird in der hier vorgestellten Episode in Gesprächen zwischen Counsellor Troi als Major Rakal und Captain Tereth des romulanischen Warbirds aktualisiert, 182

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jedoch gleichsam in Frage gestellt, weil diese Episode erstmalig Einblick in die romulanische Politik und Kultur zulässt Es wird deutlich, dass das Verhältnis zwischen beiden auf dem Planeten Romulus dominanten politischen Gruppen – dem Geheimdienst, Tal Shiar genannt, und dem Militär – durch politische, offen und verdeckt stattfindende Machtkämpfe geprägt ist. Der Geheimdienst charakterisiert sich, wie deutlich wird, durch größere Grausamkeit, auf die seine Vorherrschaft gründet. Der diffusen Konstruktion des Reiches, sowohl als Staatsform als auch als ideologische Bezugsgröße relevant, fühlen sich beide Gruppen zum einen verpflichtet, zum anderen aber auch als Führer legitimiert: Troi: „Wir sichern uns die Loyalität des Volkes. Glauben sie womöglich, das Reich würde ohne unseren Schutz besser dastehen?“ Tereth: „Ihren Schutz? Wovor denn? Wie kann denn das Reich von den Worten eines alten Mannes bedroht werden? Von einem ergebenen Bürger, der sich erlaubte, seine eigene Meinung zu haben. Wovor haben die Tal Shiar denn unser Reich schützen wollen, als sie diesen alten Mann, meinen Vater, mitten in der Nacht aus seinem Haus gezerrt haben?“

Das Thema der kurzen Dialog-Sequenz ist das Verhältnis der beiden Parteien zueinander, verkörpert durch Deana Troi als Major Rakal vom Tal Shiar und Commander Tereth als Vertreterin des Militärs. Während das Militär zuerst der außenpolitischen Verteidigung der Gesellschaft (dem Planeten Romulus, dem Reich) dient, sorgt die Observation von Gesellschaft und Militär durch den Geheimdienst für die innenpolitische Sicherheit der Integrität dieser Gesellschaft. Das Vorgehen des Tal Shiar schließt physische und psychische Disziplinierung wie gewaltsame Misshandlungen mit ein, weshalb der Geheimdienst gefürchtet wird. Diese Formen der Bedrohung zählen ebenfalls zu den disziplinierenden Mitteln, die dem Geheimdienst zur Verfügung stehen und seine Position festigen. Das Dispositiv der Herrschaft wird auf Romulus geregelt durch gewaltsame Autorität. Wesentlich gestützt wird es

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durch die Institutionalisierung der staatlichen Gewalt, maßgeblich repräsentiert durch den Tal Shiar, durch die diskursiven Praxen der Denunziation, Bedrohung, Zensur und Kritik sowie durch die nicht-diskursiven Praxen des Gehorsams und der Kontrolle der Affekte.

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Inwiefern kann hierbei von einer kulturellen Codierung des Star TrekTextes gesprochen werden? Die Institutionen und Praxen, auf die sich das dominante Autoritäten-Dispositiv stützt, stellen performativ reproduzierte Zitate außermedial erfahrbarer Institutionen und Praxen dar, die dem Leser bekannt sein müssen, um signifiziert werden zu können. Im Text werden kulturelle Wahrheiten enkodiert, die ein bestimmtes Wissen um Bedeutungen und Symbole (etwa Uniformen oder militärische Umgangsformen, fiktionale Gemeinschaften wie das Volk oder das Reich) aktivieren. Star Trek zirkuliert damit einen Code, der insofern kulturell ist, als er diskursive und nicht-diskursive Praxen lesbar macht. Medientexte wie Fernsehserien stellen damit konkrete Orte zur Verfügung, an denen kulturelle Praxen inszeniert werden und technologisch gesehen weitgehend losgelöst von räumlichen und zeitlichen Einschränkungen abgerufen werden können. Gleichwohl transformieren sie bestimmte Diskursfragmente über das, was jeweils unter Kultur verstanden wird, aber vielmehr noch das, was mit dem jeweiligen Zugehörigkeitszusammenhang identifiziert wird, also die Menge und Art der Praxen, die als gemeinsame und fraglose Praxen verstanden werden. Sie stellen Instrumente zur Verfügung, mit denen sowohl Identifikation mit Kultur(en) als auch Distinktion zu anderen Kulturen hergestellt werden kann. Dieses Verständnis von Kultur aktiviert ein Wissen um Inklusion (vgl. Mecheril 2003: 25), das auf einem System von Zeichen basiert. Um diese Perspektive zu veranschaulichen, möchte ich im Folgenden einen Blick auf die Konstitution der Zeichen werfen, die in diesem System fluktuieren. Ein Zeichensystem verstehe ich mit Derrida, wie weiter oben erklärt, als ein System von Signifikanten, die auf Signifikate verweisen. Jedoch besitzen Zeichen unterschiedliche Materialitäten, transportieren Bedeutungen auf unterschiedliche Art. Hepp differenziert mit dem Semiotik-Theoretiker Charles Sanders Peirce drei Gruppen von Zeichen: das Index, das Ikon und das Symbol (vgl. Hepp 2004: 28f). Ein Indexzeichen kann verstanden werden als eine Art Symptom, für den Leser besitzt es eine Wirkung wie ein Schlüssel: Es veranlasst zu (kulturell vorgegebenen) Schlussfolgerungen, steht immer in direkter Beziehung zu einem Assoziationsfeld (Hepp nennt hier beispielsweise Fingerabdrücke als Zeichen für die Anwesenheit einer Person oder Erröten als Index für das Gefühl der Scham, ein anderes Beispiel wäre die Schlussfolgerung von Rauch auf Feuer, von Regentropfen auf Gewitter etc.): „Indexikalische Zeichen erscheinen zwar in dem Sinne als ‚natürlich’, als sie keinen Urheber bzw. Adressaten im engeren Sinne haben. Dennoch sind sie insoweit als kulturell lokalisiert zu begreifen, als sie erst in einer kulturell 184

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vermittelten Beobachterperspektive als Zeichen bestehen“ (Hepp 2004: 28, Herv. i. O.).

Im Unterschied dazu soll das Ikon beim Betrachter ganz konkrete Assoziationen bewirken, wie es zum Beispiel Piktogramme auf den Türen öffentlicher Toiletten oder einige Verkehrsschilder, auf denen menschenähnliche Figuren abgebildet sind, tun. Sie reduzieren Wissen um kulturelle Praxen – etwa geschlechtlich codierte Kleidungsstile oder Stereotype von Leiblichkeit – auf einzelne visuelle Zeichen als Inszenierung kleinster gemeinsamer kultur-praktischer Nenner. Sie markieren ein vom Signifikat abstrahiertes Konstrukt, eine Stilisierung, genauer noch: Eine stilisierte Darstellung, die auf bestimmte inhärente kulturelle Verständnisse bspw. von Geschlecht und Arbeitsteilung hinweist. Stuart Hall problematisiert ihre scheinbare Natürlichkeit: „Ikonische Zeichen sind [...] in besonderer Weise prädestiniert, als natürlich ‚gelesen’ zu werden, da zum einen visuelle Wahrnehmungscodes weit verbreitet sind, zum anderen dieser Zeichentyp weniger willkürlich ist als ein linguistisches Zeichen“ (Hall 1999: 100). Winter erweitert diese Betrachtung kritisch: „Ikonische Codes, die den Eindruck der Natürlichkeit und Transparenz erwecken, verbergen, wie tief sie im kulturellen Repertoire verankert sind“ (Winter 2001: 132). Der Zeichenbereich der Symbole ist in seiner semantischen Aufladung wesentlich komplexer. Symbole sind gesellschaftlich mit Bedeutung überfrachtete Zeichen(ketten und kombinationen), die zum Beispiel ideologisches, aber auch technologisches Wissen transportieren. Denkmäler besitzen beispielsweise diesen symbolischen Wert oder auch die Praxis der Oscar-Verleihung, die getragen wird von Diskursen und Diskursverschränkungen um die Konzepte ‚Ruhm’, ‚Ehre’ und ‚Anerkennung’. Alltägliches Händeschütteln oder der Sprechakt des Beglückwünschens sind ebenfalls symbolische und gleichsam performative Akte, deren Bedeutung über das, was eigentlich geschieht, nämlich das Schütteln der Hände und der Akt des Sprechens, hinausgeht. In dieser Klassifizierung von Zeichengruppen soll deutlich werden, dass es sich bei kulturellen Praxen um die diskursive Materialisierung historischen Wissens handelt: Ihre Setzung fordert und ordnet ein bestimmtes Wissen (etwa um geschlechtsspezifische Kleidung und geschlechtsspezifisches Verständnis von Körper) und ein damit verknüpftes (erwünschtes) Verhalten in einer Praxis der Normalisierung als Selbstverständlichkeit sozialer Wirklichkeiten. Indexikalische, ikonische und symbolische Zeichen nehmen in Form von Vergegenständlichungen als kulturelle Artefakte am Leben der Individuen teil. Unter einem kulturellen Artefakt verstehe ich vor allem 185

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Gegenständliches, etwa ein Kleidungsstück oder ein Gebrauchsgegenstand, aber auch Veranstaltungen, bestimmte Textarten, ein Medium oder eine Handlungsweise, welche Teil kultureller Lebenswelten sind: Vom Löffel bis zur Theaterpremiere, all das, was als historischer Effekt sozialer Prozesse theoretisiert werden und eine Bedeutung zugeschrieben bekommen kann. Der Begriff des Artefakts beschreibt damit diskursive Praxen, deutet allerdings betont auf ihre Historizität und Künstlichkeit, auf die Erzeugtheit der Gegenstände und ihrer Bedeutung hin. Das Artefakt besitzt eine Geschichte, es ist mit den (Lebens-)Geschichten von Individuen bedeutsam verwoben. Im Bereich der Kleidungskultur wurde z.B. während des 20sten Jahrhunderts die Levi’sJeans von einem Nutzgegenstand zu einem Prestigegegenstand umgedeutet. Ökonomisches Ziel der Um/Neu/Be-Deutung war vor allem Absatzsteigerung der Produktionsfirma. Erreicht wurde die ideologische Aufladung dieses Kleidungsstücks durch die diskursive Verknüpfung mit industriekulturellen (Wohlstands-)Werten wie Jugendlichkeit, Cool ness, Abenteuerlust, Körperlichkeit oder Sex. John Fiske zeigt, dass durch die Dekontextualisierung von Jeans, beispielsweise durch Ausstellung in einem Museum, der performative Charakter dieses Gegenstands deutlich wird: „A pair of jeans in a museum of fashion is not totally meaningless – depending on their relationships to other garments in the display they could carry a number of generalized meanings about twentieth-century-America – but they are still an impoverished text. Their meanings can be brought to fruit in only intertextually, by including the ways they are promoted commercially, the ways they are worn and talked/thought about by their users, and the meanings that the press and other social commentators make of them“ (Fiske 2006: 124).

In seiner Betrachtung des „turn to things“13 (Wieser 2004: 93), den die Sozialwissenschaften in den vergangenen zwei Jahrzehnten erlebten, macht Wieser zugleich einen „performative oder practice turn“ (ebd., vgl. Bachmann-Medick 2007: 105) aus. Mit Wieser gehe ich davon aus, dass die semantische Materialität der Dinge und Körper im Zusammenhang mit sozialen Praxen stehen. Die Gegenstände leisten so etwas wie „Vermittlungs- oder Übersetzungsarbeit“14. Ein Beispiel dafür wären 13 Ein Begriff, der die sich intensivierende wissenschaftliche Beschäftigung mit den sozialen Konstruktion der Bedeutung von Alltagsgegenständen fassen soll. 14 In der Akteur-Netzwerk-Theorie, auf die ich im Folgenden nicht weiter eingehe, werden diese Gegenstände als Aktanten im Sinne Bruno Latours bezeichnet (vgl. Latour 1998: 29). 186

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Signale im Straßenverkehr, durch die bestimmte Warnungen in ikonische Zeichen übersetzt werden, die vom Verkehrsteilnehmer nach einem konkreten System dekodiert werden und an denen sich entsprechend das Handeln der Teilnehmer orientiert. „Da wir inmitten der Dinge leben, nehmen diese an unseren Handlungen teil. Das Besondere an ihnen ist, dass sie Handlungen bzw. Interaktionen rahmen. Bekommt man in einem Hotel den Zimmerschlüssel mit einem schweren Anhänger ausgehändigt, dann ‚spielt’ das Ding mit dem in den Anhänger ‚eingeschriebenen’ Wissen an Situationen und ihren Praktiken mit“ (Wieser 2004: 96).

Die Gegenstände stellen daher aus einer zeichentheoretischen Cultural Studies-Perspektive nicht allein Leerstellen dar, Zeichen, die mit Bedeutung aufgefüllt werden, sondern sie partizipieren an Situationen, gestalten diese mit und strukturieren und kontextualisieren durch die Materialisierung kulturellen Wissens soziales Handeln. Damit wird jedes triviale Ding, jede Vergegenständlichung zu einem Medium (vgl. Wieser 2004: 101). Gegenstände und Texte sind als Signifikanten in den ständigen (Kultur-)Prozess der Bedeutungskonstruktion, -verifizierung, infragestellung mit einbezogen. Soziale Praxen, die diese Gegenstände in Form von Artefakten mit in ihre Inszenierung von Sinn und Bedeutung mit einbeziehen, ordnen und reproduzieren damit performativ historische Machtordnungen.

Kulturproduktion Kultur ist mit den Cultural Studies als ein performatives Projekt zu verstehen, das ein Feld des Kampfes um sozial vermittelte Bedeutungen darstellt. An der Arbeit an diesem prozessualen und zerrissenen Projekt Kultur sind alle sich aufeinander und ihren entsprechenden Kontext beziehenden Individuum beteiligt. Jedoch sind sie in diesem Feld auf unterschiedliche Weise wirksam, wie sich bspw. im binären Konzept der Populärkultur vs. Hochkultur15 zeigt. Auch die Populärkultur ist laut 15 Der Begriff der Populärkultur ist ein zentraler Begriff der Cultural Studies. Er bezeichnet jene kulturellen Praxen, die sich von denen der sogenannten Hochkultur absetzen, die leichter zugänglich sind, etwa aufgrund ihrer materiellen Verfügbarkeit. Fiske, Hall oder Grossberg haben versucht, den Begriff der Populärkultur aus dieser dichotomisierenden Klammer zu befreien. Teilweise löst sich diese Spannung in dem Verständnis von populärer Kultur als alltäglicher Lebensweise (vgl. Hügel 2003: 2). Rowe schreibt dazu 1995: „In this book popular culture is treated as an ensemble 187

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Hepp (2004: 44) organisiert als ein ambivalentes Feld. In der (begrifflichen wie diskursiven) Abgrenzung der Hochkultur zur vermeintlichen Massenkultur äußert sich sowohl Abwertung als auch machtvolle (Selbst-)Inszenierung. Ambivalent ist diese Inszenierung zweier geschlossener Felder, da im Konfliktfeld ‚populär vs. majoritär’ etwa die populäre Kultur unterworfen erscheint, weil in ihr Mainstream-Diskurse für eine industrielle Massenvermarktung sorgen (durch „hegemoniale Kulturproduktion der Platten-, Film- und Musikindustrie“ (ebd.)). Andererseits besitzt die populäre Kultur auch einen machtvollen Aspekt, da sie Individuen Bedeutungsrepertoires zur Beschreibung des eigenen Alltags anbietet, durch die jene sich auf eigensinnige Art dieses Alltags bemächtigen. Populärkultur stellt sich als ein Feld dar, das durch verschiedene Konzepte des kulturellen Materialismus geprägt ist. Das Feld der Kultur strukturiert sich (zurückgehend auf Raymond Williams, etwa nach seiner Monographie „Innovationen: über den Prozesscharakter von Literatur und Kultur“ von 1977) durch die Elemente der Kulturpraktik, Produktionsmittel, Institutionen sowie Formation. Nachfolgend möchte ich diese Begriffe der Beschreibung von populärkulturell eingebundenem Tätigsein skizzieren, da sie Perspektiven auf Strukturen performativer Handlungsmöglichkeit eröffnen. Mit Hepp verstehe ich unter Kulturpraktik eine „konventionell vermittelte, komplexe Handlungsform [...], die nicht von ihrem soziokulturellen bzw. diskursiven Kontext getrennt betrachtet werden kann“ (Hepp 2004: 45) und gleichwohl zur Rekonstruktion desselben beiträgt. Kultur ist hier also sowohl Produkt als auch Bezeichnung eines Tätigkeitsprozesses und damit selbst eine Praxis. Kultur wird getan, was Hörning et al. treffend mit dem Begriff des Doing Culture bezeichnen (vgl. Hörning 2004: 10): „Die gesellschaftliche Wirklichkeit ist keine ‚objektive Tatsache’, sondern eine ‚interaktive Sache des Tuns’“ (ebd., vgl. hierzu auch Berger 1999: 55f). Mit Williams klassifiziert Hepp zwei verschiedene Klassen von Mitteln der Kulturproduktion (vgl. Hepp 2004: 46): Inhärente (wie Tanzen, Singen, Sprechen) und nichtinhärente (Instrumente, Hilfsmittel) Ressourcen. Die Art des Zugangs zu diesen Produktionsmitteln macht ihre Unterscheidung sinnhaft. Der Zuof pleasurable forms, meanings and practices, whose costituents are neither static nor unambiguous, and which cannot be insulated from the social processes and structures in which they are imbedded” (Rowe 1995: 7). Das performative Moment populärer Praxen, nicht vom Alltäglichen zu abstrahieren, sondern dasselbe künstlerisch zu überformen (vgl. Göttlich et al. 2007: 164), findet in den Cultural Studies eine anerkennende Betrachtungsweise. 188

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gang zu nicht-inhärenten Produktionsmitteln ist vor allem von ökonomischen Ressourcen, aber auch vom Zugang zu (industriellen) Kenntnissen, Techniken und Technologien abhängig. Das Schreiben setzt beispielsweise nicht nur Fähigkeit der Schriftbeherrschung und den Besitz entsprechender Schreibutensilien voraus, sondern auch die Verbreitung der Fähigkeit des Lesens (vgl. ebd.). Die professionalisierte Produktion von Kultur steht im Kontext von Institutionen. Drei verschiedene Verhältnisse von Kulturproduzenten zu Institutionen lassen sich explizieren:

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Die Kulturproduzenten können selbst Teil von Institutionen sein. Das Verhältnis wird geregelt durch Patronage. Das Verhältnis wird marktwirtschaftlich geregelt.

Durch die industriellen Möglichkeiten der Massen(kultur)produktion entwickelte sich der westliche Markt zur regulierenden Kraft der Produktion. Besondere Arten von Institutionen kristallisierten sich als für Kulturschaffende relevant heraus. Im Bereich der Distribution von Musik-CD beispielsweise übernehmen spezielle Firmen, die mit der Produktion im eigentlichen Sinne nichts zu tun haben, die Hauptaufgabe der z. T. weltweiten Verteilung des Kulturproduktes. Mehr noch: Institutionen regulieren den Markt. Sie erteilen Aufträge, womit sie aus diskurstheoretischer Sicht Ideologien distribuieren. Machtvolle, weil ressourcenreiche Medien der Ideologieindustrie finden sich etwa in der Filmund Fernsehwerbebranche. Produziert wird, was potenziell Käufer findet. Diese bedarfsorientierte und bedarfsschaffende Marktorganisation fordert von Kulturschaffenden, sich verschiedenen Formationen anzuschließen, um der Kontrolle durch Institutionen des Marktes entgegentreten zu können bzw. ihr gewinnbringend zu entsprechen. Diese Formationen lassen sich durch die Organisation ihrer Mitgliedschaft unterscheiden (vgl. Hepp 2004: 47):

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formale Mitgliedschaft, geregelt durch Ernennung oder Aufnahmemechanismen, Mitgliedschaft, geregelt durch öffentliche Unterstützung, Mitgliedschaft durch fortdauernde gemeinsam Arbeit (Gruppenidentifikation).

Kulturelle Produkte, die als solche ausgewiesen sind (das heißt, Konventionen, Praxen bestimmen, welche Produkte dazugehören, welcher Text als Literatur bezeichnet wird, was zur Kunst gehört etc.) lassen sich in ihrer kulturellen Form voneinander unterscheiden. Kulturelle Formen sind „als konventionelle Handlungsmuster Gemeinbesitz“ (Hepp 2004: 189

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48), setzen Handlungsstandards, wecken Rezeptionserwartungen und dienen damit der Orientierung im großen Feld kultureller Praxen und Produkte. Jedoch sind hier Variationen möglich wie z.B. die Parodie, die sich über gewisse Grenzen hinwegsetzt. Gezähmt werden solche widerständigen Diskurs-Formen durch die Regeln der Ökonomie. Kulturprodukte müssen auf Akzeptanz bei anderen Kulturschaffenden und Rezipienten treffen, da sie sonst ungehört, still und unsichtbar bleiben, das heißt, im Diskurs nicht als relevant wahrgenommen werden. Diskurstheoretisch formuliert: Sie müssen sich strategisch günstige Sprecherpositionen erarbeiten, um im Kulturfeld wahrgenommen zu werden, das Sprechen im Kulturellen ist immer auch gekoppelt an Fragen der Macht. Professionelle Kulturproduktion ist allerdings ein spezieller Teil der kulturellen Praxiszusammenhänge des Alltags, des Doing Culture, und ihre Darstellung im Rahmen dieser Untersuchung dient vor allem der Unterscheidung professioneller Praxen von alltäglichen Praxen der Kulturproduktion. Vielmehr findet professionelle Kulturproduktion innerhalb einer diskursiven Rahmung statt, die durch alltägliche kulturelle Praxen festgelegt wird, in denen die Produktion von Kultur weniger der Hervorhebung spezieller Praxen dient als vielmehr ihrer Normalisierung.

Ar t i k u l a t i o n Der Ursprung des Begriffs Artikulation ist nach Hall ein doppelter: „Der Ausdruck ist ambivalent, er kann ‚sich gliedern’ (wie in den Gliedern des Körpers oder als anatomische Struktur) oder ‚ausdrücken’ heißen“ (Hall 1994: 116). Der Begriff Artikulation in seiner Nutzung durch die Cultural Studies besitzt ebenfalls eine zweifache Ausrichtung. Zum einen bezeichnet er das signifizierende Tätigwerden des Subjekts, zum anderen aber auch einen methodischen Zugang. Die erste Ausrichtung konzipiert Kultur als Tätigwerden und verdichtet damit das Konzept des alltäglich Kultur reproduzierenden Individuums. „Artikulation nennen wir jene Praxis, die auf eine solche Weise eine Beziehung zwischen Elementen etabliert, dass deren Identität sich in der Folge der Artikulationspraxis ändert. Die strukturierende Gesamtheit, die aus der Artikulationspraxis resultiert, nennen wir Diskurs. Die unterschiedlichen Positionen, soweit sie innerhalb eines Diskurses artikuliert in Erscheinung treten, nennen wir Momente. Zur Abgrenzung dazu nennen wir jede Differenz, die nicht diskursiv artikuliert ist, Element“ (Laclau et al. 1985: 105). 190

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Artikulation stellt einen Prozess der Bedeutungsproduktion dar, und damit im Sinne eines „Doing Differences“ (Hörning 2004: 11) auch einen Prozess der Verhandlung sozialer Ordnungen sowie hegemonialer16 Disziplinierungstechnologien. Aus diskurstheoretischer Perspektive stellt eine Artikulation eine Verknüpfung zwischen verschiedenen Diskurssträngen her. In medialen Texten treten Artikulationen in der Funktion der Diskursstrangverknüpfung oft in Form symbolischer Verkörperung durch zentrale Figuren auf. Bei Star Trek ist bspw. die besondere Funktion der Figuren Deana Troi und Beverly Crusher interessant. In den zentralen Rollen Counsellor Trois als (psychosoziale oder auch therapeutische) Beraterin oder Dr. Crushers als Oberstem Medizinischen Offizier verknüpfen sich zum einen die Themen Gesundheit und Leistungsfähigkeit, da diese beiden Figuren die Aufgabe haben, Mitglieder der Mannschaft, die durch mangelnde Leistungsfähigkeit (Unkonzentriertheit, Unfreundlichkeit oder allgemein ungenügende Effektivität) auffallen, als krank bzw. beratungswürdig zu markieren und ihre Unauffälligkeit und Funktionalität wieder herzustellen. Zum anderen verkörpern sie dominante Diskurse um Weiblichkeit und Fürsorge, da beide Figuren als Frauen dechiffrierbar sind – die Inszenierung des männlich bzw. weiblich kodierten Körpers wird bei Star Trek vor allem durch die körpernahen Uniformen sowie die ebenso geschnittene Freizeitkleidung betont – und die Verantwortung für das physische und psychische Wohl ihrer Kollegen tragen. Disziplinierend ist ihre Funktion innerhalb des sozialen Systems der Enterprise insofern, als sie für die Funktionsfähigkeit der anderen Mitglieder sorgen und sie aus dem Verkehr ziehen, sobald bzw. solange diese nicht mehr funktionieren, ihre Unterstützung liegt in der Beseitigung von Disfunktionalität. In dieser Praxis ist eine bestimmte Definition des Subjektstatus impliziert: Auf der Enterprise besitzt nur derjenige Subjektstatus, der nützlich ist für die Gemeinschaft. Nützlich ist nur, wer innerhalb bestimmter Parameter als

16 Hegemonie ist „ein komplexer Zustand sozialer Autorität [...], den ein ‚historischer Block’ durch eine Verbindung von Zwang und Zustimmung über eine gesamte Gesellschaftsformation erringt“ (Hepp 2004: 51). Unter hegemonialen Bedingungen Herrschaft auszuüben heißt, „Zustimmung zu gewinnen, untergeordnete Interessen einzubeziehen, populär zu werden“ (Hall 1989: 74, zit. nach Hepp 2004: 52). Hegemonie bedeutet damit „kein Verschwinden kultureller Differenzen, vielmehr ist es der Moment der Konstruktion eines kollektiven Willens gerade über die Differenzen hinweg. Hegemonie ist, wie Stuart Hall feststellt, „die harmonisierende Artikulation von Differenzen, die nicht verschwinden“ (vgl. Hall 1994: 85 in Hepp 2004: 52). „Hegemonie ist ein Zustand ‚völliger sozialer Autorität’“ (Hall 1994: 121). 191

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gesund zu bezeichnen ist. Dies ist eine weitere These, die sich in den Figuren Troi und Crusher artikuliert. Der Begriff Artikulation bezeichnet hier ein Modell, in dem Diskurse ihre normative Wirkung besonders dann entfalten, wenn sie zusammen geschlossen werden. Was das Subjekt aus Sicht der Cultural Studies maßgeblich bestimmt, ist sein Vermögen zum Handeln. In der Handlungsfähigkeit des Subjekts liegt auch seine Fähigkeit zur Macht. Es wird in der Welt, in der es lebt, in seinem gesellschaftlichen Kontext, in seinen Beziehungen wirksam und verändert diese. In Ergänzung der sprachorientierten diskurstheoretischen Prämisse, die das Subjekt als Effekt der Diskurse versteht, findet sich hier ein soziokultureller Ansatz, der die Verknüpfung zwischen Individuum und Gesellschaft als komplexes Spiel zwischen Positionierung, Konstruktion und Rekonstruktion versteht. Das Individuum nimmt Impulse nicht nur auf, sondern (re)produziert diese. Ebenso strukturieren sich die Machtverhältnisse. Das Individuum ist nicht allein unterdrückt bzw. machtlos, es reproduziert Macht sowie Machtverhältnisse. Artikulation ist hier zu verstehen als diese Verknüpfung zwischen Integration und Opposition, „die zusammengenommen ein dynamisches Modell der Zirkulation populärer Praktiken begründen“ (Winter 1999: 45). Kultur erscheint hiermit „als gesellschaftliches Pastiche aus einer Vielzahl sich überschneidender kultureller Stile, die um öffentliche Aufmerksamkeit konkurrieren“ (ebd.). Aber was hat das genau mit Machtverhältnissen zu tun? Aus diskurstheoretischer Perspektive betrachtet rückt hierbei vor allem der machtstrategische Aspekt kulturellen Agierens in den Fokus. Bei diesem Konkurrieren der verschiedenen Stile geht es darum, bestimmten Lebensweisen Ausdruck zu verleihen, um eine Sprecherposition innerhalb hegemonialer Diskurse zu erlangen, die die Artikulation von Wahrheiten ermöglicht. Diese Wahrheiten sind deshalb so bedeutsam, weil sie den Fortbestand des dominanten Diskurses sichern. Die dominanten Diskurse einer Kultur setzen den stilistischen Rahmen, innerhalb dessen Ressourcen wie Geld, Zeit und Raum, garantierte Zuhörerzahlen oder Chartplatzierungen bestimmten Subjektdispositionen einfacher zugänglich sind als anderen. Im Begriff der dominanten Diskurse manifestiert sich das Bündel Konventionen, das sich in dominanten Wahrheiten sowie dominanten kulturellen Praxen artikuliert. Jedoch gibt es neben diesen Praxen auch subordinate Dispositionen, weniger sichtbar, weniger medial perpetuiert, diskursiv an den Rand gedrängt. Welche Praxen dominante und welche subordinate Wahrheiten wiederholen, ist den Praxen nicht inhärent, sondern kontextuell zu er192

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schließen. Es kommt auf das „Verhältnis von kulturellen Praktiken und ihren jeweiligen sozialen Kontexten an“ (Winter 1999: 45). Zum einen befinden sich diese Verhältnisse in ständiger Bewegung: Bedeutungen werden zugeschrieben und bewahrt, aber auch verworfen und ersetzt. Dadurch geraten auch Machtverhältnisse in Bewegung. Allerdings sind diese einer großen Anzahl von Faktoren unterworfen, so dass sie sich gegen allzu schnelle Bewegungen mit großer Trägheit wehren. Das bedeutet, dass sich im arbiträren Workflow der Bedeutungen Machtverhältnisse nur sehr langsam verschieben. Neben der Kategorie des kulturellen Handelns ist für den Cultural Studies-Theoretiker Lawrence Grossberg die der Erfahrung, die das Individuum besitzt, von Bedeutung. In seinem Sinne fragt Winter: „Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den Erfahrungen der Ermächtigung und Entmächtigung im Umgang mit Populärkultur und den Strukturen politischer und ökonomischer Macht? Wie sind bzw. werden lokale Praktiken mit übergreifenden gesellschaftlichen Kontexten artikuliert“ (Winter 1999: 45)?

Nicht Widerständigkeit, sondern Empowerment, Ermächtigung ist die Kategorie, die für Grossberg und Winter die Voraussetzung für kulturelles Handeln darstellt. Die Kontrolle, die das Individuum bis zu einem gewissen Grad über das eigene Leben besitzt, ist ein Indikator für seine Disponiertheit in seinem eigenen sozialen Kontext: Wie, auf welche Art inszeniert es seine Kulturalität, auf welche Art ist es zugehörig, ist es Subjekt? Kulturelle Praxen (wie z.B. das gemeinsame Anschauen von Fernsehserien oder Kinofilmen, der Besuch von Konzerten oder einzelne Musikgenres) werden erst durch Konfiguration von Praxen und ihre jeweiligen Kontexte interessant. Wenn ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat auf seiner Wahlkampftour während eines öffentlichen Auftritts durch sein Saxophonspiel verschiedene Diskurse miteinander zu vereinen versucht. Dass sein Auftritt durch die Musik möglicherweise unkonventionell erscheint, dient ihm zum Stimmenfang, falls das Etikett unkonventionellen Vorgehens ein von den Wählern geschätztes Etikett darstellt. Um sein Saxophonspiel so funktionalisieren zu können, benötigt der Saxophonist Zugang zu bestimmtem Wissen: Er muss wissen, welches Bild er von seiner Person inszenieren will, er muss wissen, wen er mit der Inszenierung erreichen will, und er muss wissen, welches Handeln, welche Inszenierung bei den entsprechenden Zielgruppen den angestrebten Eindruck hinterlassen kann. Er schafft Interpretations193

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angebote, bietet verschiedene mögliche Lesarten an, die er selbst allerdings nicht bis ins letzte Detail planen bzw. kontrollieren, aber mit Kenntnis machtvoller Diskurse beeinflussen kann. Nach Grossberg gehört zu einer akademischen Beobachtung popkultureller Phänomene dieser Art, wie z.B. in Jugendkulturen, die Analyse folgender Aspekte: „das ökonomische Terrain, die strukturelle Position der Jugend, die jeweiligen Zusammenhänge von Macht und Identität, die Medienökonomie, die Popularität verschiedener Musikstile bei verschiedenen Publika, die dominanten Gefühlsstrukturen“ (Grossberg 1999: 45). Dabei wird das handelnde Subjekt nicht vom kulturstudierenden Beobachter idealisiert, die Begrenztheit seiner Möglichkeiten genau wie die Möglichkeiten selbst liegen im Blick der Cultural Studies: „Die Cultural Studies weigern sich zwar anzunehmen, dass Menschen kulturelle Schwachköpfe seien, und sie dementsprechend zu behandeln: Dennoch gilt für sie nicht, dass diese immer alles unter Kontrolle haben, immer Widerstand leisten, aufmerksam sind und in vollem Bewusstsein ihrer Lage handeln“ (Grossberg 1994: 74).

Das handelnde Subjekt, das sich mit seinem Handeln kulturell verortet, ist somit zwar performativ, da es Gleichheiten und Differenzen herstellt, jedoch bleibt es durch machtvolle Diskurse diszipliniert. Die Konstruktion von Differenz steht mit einer grundsätzlichen Diversität der Lesarten in Zusammenhang. Unter Lesen verstehe ich damit einen performativen Akt der Bedeutungs- und Distinktionsproduktion. Dies bezeichnet der Begriff der Artikulationslinien: „Cultural Studies rekonstruieren [...] ihr Objekt, indem sie die Beziehungen aufzeigen“ (Grossberg 1999: 63), die es zum Kontext hat. Aus einer antiessentialistischen Perspektive bedeutet dies, „dass es nicht notwendigerweise Beziehungen gibt. Beziehungen sind eine Illusion. Ihre Erscheinung wird durch Macht erzeugt, und daher ist die einzige Antwort auf eine Beziehung, sie zu dekonstruieren, loszuwerden, zu verleugnen“ (Grossberg 1999: 64).

Das klingt zunächst paradox, heißt jedoch, dass Beziehungen zwischen Zeichen nicht notwendig, aber real sind. Sie werden im Text und während des Lesens des Textes hergestellt. Das heißt auch, dass es sich nicht notwendig um dieselben Beziehungen handelt, die von verschiedenen Lesern des Textes hergestellt werden.

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„Ein Text muss nicht das bedeuten, was 90% der Leser aus ihm herauszulesen glauben. Es ist aber dennoch so, dass er für 90% eben dies bedeutet, weil eine Beziehung zwischen Worten und jener Bedeutung hergestellt wurde. Diese Worte, jener Text, haben in dieser Bedeutung ihre Artikulation gefunden“ (Grossberg 1999: 65).

In der Artikulation geschieht also dieses: Eine Beziehung zwischen verschiedenen Zeichen wird dort hergestellt, wo keine Beziehung besteht – oder wo eine bestand, entsteht eine neue, sofern sie dem (sozialen) Kontext von Nutzen, sofern sie sinnhaft befüllbar ist. Die Artikulation bezeichnet den semiotischen Prozess der Bedeutungszuweisung, indem Signifikant und Signifikat miteinander sinnhaft verknüpft werden. Eine alte Artikulation kann hierin aufgelöst und eine neue geschaffen werden. Die Artikulation nutzt das Potenzial der différance, die Möglichkeit der Reifizierung, der Verschiebung von Bedeutung. Dies ist der Prozess, in dem sich Praxen neu formieren und neue Bedeutungen alten widersprechen, von ihnen abweichen, sie verzerren oder sie ergänzen. In diesem Sinne schreibt auch Grossberg: „Artikulation verlangt sowohl nach Dekonstruktion als auch nach Rekonstruktion“ (Grossberg 1999: 67). Der Begriff der Artikulation bezeichnet den Konstruktionsprozess, in dem Bedeutungen hergestellt und in ein Ordnungssystem mit anderen Bedeutungen eingefügt werden. Das heißt, es entstehen Relationen der Bedeutungen und damit der Dinge zueinander bzw. schon bestehende Relationen werden genutzt, um soziale Ordnungen zu erschaffen oder zu legitimieren. Zum Beispiel ist es für diese Ordnungen wichtig, ob etwa widerständige – einer konventionellen Lesart zuwiderlaufende – Lesarten einer hegemonialen Wahrheit vom Text ermöglicht und vom Leser gelesen werden. Hier verdeutlicht sich, dass auch dominante Perspektiven, die sich im hegemonialen Diskurs als Wahrheiten inszenieren, nicht bis ins letzte Detail kontrollierbar sind. Sobald der Text zum Lesen frei gegeben ist, werden seine Aussagen (nur unter Umständen, nicht notwendigerweise) dekontextualisiert, demontiert, neu interpretiert. ‚Unter Umständen’ kann bedeuten, dass es unbestimmte Bedingungen gibt, die Lesarten ermöglichen können, die nicht das vermeintlich eigentlich Gemeinte (eine Intention des autorisierten Textproduzenten) bzw. im Text codierte dominante Bedeutungen aus dem Text herauslesen respektive in ihn hineinlesen, sondern andere oder gar gegensätzliche Botschaften entdecken. Diese unbestimmten Bedingungen sind aber nicht notwendig gegeben, sie entstehen durch bestimmte Praxen des Lesens. Bestimmte Lese-Kontexte können also zu Bedingungen des anders Lesens werden, sofern sie im Prozess der Artikulation Wirkungen zeigen. Artikulation 195

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stellt damit eine Praxis der Aneignung kultureller Texte dar, dem das Moment der agency innewohnt: Der Leser wird signifizierend tätig. Star Trek als ein medialer Text stellt den Effekt historischer Prozesse der Codierung von Bedeutungen dar, in der sich, wie schon gezeigt wurde, Artikulationen verknüpfen.

(De)Kodierung als Technik Im Folgenden möchte ich vor allem das Moment der Artikulation diskutieren, welches den Prozess der Mediennutzung selbst als Teil performativer Praxen der Resignifizierung konzipiert. Ich gehe mit Mikos (vgl. Mikos et al. 2007: 9) davon aus, dass Mediennutzung ein Prozess ist, bei dem mediale Bedeutungen nicht kognitiv operationalisiert, sondern kreativ bearbeitet werden. Mediennutzung wird in diesem Zusammenhang nicht als Vorgang der Konsumption verstanden, sondern vielmehr als ein Konstruktionsprozess. Was aus den medialen/vermittelten Zutaten entsteht, ist eine ReKonstruktion dessen, was innerhalb einer Kultur (unter Kultur) verstanden wird, Kultur entsteht, wie gezeigt wurde, in einem Prozess, der selbst Teil kultureller Produktion ist17. Diesen Medien-Kommunikationsprozess beschreibt Stuart Hall als komplexe Struktur von „durch die Artikulation miteinander verbundener, aber eigenständiger Momente“ von „Produktion, Zirkulation, Distribution/Konsum, Reproduktion“ (Hall 1999: 92) und versucht damit sowohl Praxen der Mediennutzung und als auch der Wirklichkeitskonstruktion in einem gemeinsamen Konzept zu vereinen. „Der Gegenstand dieser Praktiken sind Bedeutungen und Nachrichten in Gestalt besonderer Zeichenträger, die wie jede Kommunikations- oder Sprachform mittels Codeoperationen im Rahmen der syntagmatischen Kette eines Diskurses organisiert sind“ (Hall 1999: 93). Halls Entwurf des televisuellen Kommunikationsprozesses erklärt er in einem Modell des Enkodierens und Dekodierens. In der Produktion, die vor allem auf einer technischen Infrastruktur, bestimmten Produktionsverhältnissen sowie einem Wissensrahmen beruht, werden sinnhafte Bedeutungsstrukturen im Text kodiert. Diese Produktionsverhältnisse sind dem „diskursiven Regelwerk der Sprache unterstellt“ (Hall 1999: 95). Dekodiert werden diese Bedeutungen, indem sie – nach ihrer reinen 17 Das ‚tiefste Innere’, das Authentische der Kultur wird demnach von den Kulturagenten, als welche die Individuen verstanden werden können, selbst als solches konstruiert. Authentizitätsfiktion ist also nicht allein Teil, sondern vielmehr auch ein Ziel der Inszenierung. 196

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allem eine sehr marginalisierte Sprecherposition. Daher passt hier auch der Begriff der Reibung. Die Position dieser Art kritischer Texte ist politisch prekär, ihre Macht, diskursiv zirkulierende Botschaften zu produzieren, ist begrenzt, sie stehen in einem widerständigen Verhältnis zu dominanten diskursiven Botschaften. Als Beispiele lassen sich bestimmte Diskurs-Auslassungen anführen, sie stellen Lücken im Text dar: Inszenatorische Abwesenheiten in der Darstellung sozialer Wirklichkeiten. Dazu gehören etwa in Seifenopern inszenierte Familienmodelle18. Anders-sexuelle als heteronormative Beziehungen finden selten an prominenter Stelle statt19, Ethnizität wird in der Regel zum Thema, indem das ‚kulturell Andere’ inszeniert wird. Positionierung in populären Medien sind zeitlich und räumlich zu strukturieren. Die unterschiedlichen Medien wie Fernsehen, Tageszeitungen, Internet oder Belletristik sind im Alltag ihrer Nutzer an verschiedenen Stellen anzutreffen. Die Beziehung Nutzer, Alltag und Medien ist gekennzeichnet durch wechselseitige Einflussnahme: Welches Medium wann genutzt wird, hängt einerseits vom Angebot des Mediums ab, welches sich andererseits am Profil seines Nutzers orientiert. Populär ist eine mediale Positionierung (wie z.B. eine vorabendliche Fernsehsendezeit oder die erste Seite der Tageszeitung) dann, wenn sie besonders viele Nutzer anspricht. Dies gilt hauptsächlich für kommerzielle Medien, die davon abhängig sind, durch hohe Nutzerzahlen ihr Fortbestehen zu sichern. Aus konstruktivistischer Sicht auf die Problematik der Authentizität der Inszenierung lässt sich die Frage aufwerfen, inwiefern der Nutzer zwischen authentischen Nacherzählungen und Fiktionen unterscheidet.

18 Diese reproduzieren in der Regel klassische Modelle der Kleinfamilie, oft auch, indem sie Abweichungen wie so genannte Patchworkfamilien etc. problematisieren. Verschiedene Formen wissenschaftlicher Beschäftigungen mit dem Thema Familie in Soap Operas entwickeln sich derzeit erst (vgl. z.B. Magin 2006). 19 Im Frühjahr 2006 ging auf sehr populärem Sendeplatz die amerikanische Serie „L-Word“ auf Sendung, die Alltagsgeschichten lesbischer Frauen in Los Angeles erzählen möchte. Einerseits ein sehr provokantes Unternehmen, da männliche Figuren hier unüblicher Weise höchstens Nebenrollen einnehmen und die weiblichen Figuren, wie gezeigt wird, besonders sexuell gut ohne männlich attribuierte Körper, Körperteile oder gendercodierte Rollenspiele auskommen. Gleichzeitig ist das Unternehmen jedoch vielleicht gar nicht so riskant: Es bietet eine reiche Anzahl dominanter (etwa pornographischer) Lesarten, die Figuren gehören zum Großteil der weißen amerikanischen Mittel- bis Oberschicht an und die insznierten lesbischen Lebensformen spielt mit dominant kodierten Stereotypen. Alles in allem findet hier zwar eine Inszenierung subordinater Lebensformen statt, jedoch bleibt sie innerhalb dominanter Diskurse relativ widerstandsfrei. 198

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Die Bilder, die wir bspw. während einer Nachrichtensendung sehen, zeigen nur eine Auswahl dessen, was es vor Ort zu sehen gäbe, Kameraführung, Bildausschnittswahl und möglicherweise die Dramaturgie der Nachricht ähneln einer fiktionalen Geschichte und machen somit doch alles andere als Wirklichkeit abzubilden. Stuart Hall erkennt dieses Problem als eines der diskursiven Form: „Ereignisse können lediglich im Rahmen der audio-visuellen Konventionen des televisuellen Diskurses bezeichnet werden. In dem Moment, in dem ein Ereignis unter dem Vorzeichen des Diskurses steht, ist es sämtlichen komplexen formalen ‚Regeln’, vermöge deren Sprache bezeichnet und Bedeutung erzeugt wird, unterworfen“ (Hall 1999: 94).

Weiter erklärt er: „Die ‚Nachrichtenform’ ist die notwendige ‚Erscheinungsform’ des Ereignisses“ (ebd.). In diesem Prozess der Kommunikation (beispielsweise beim Fernsehen) stellt die Rezeption einen Teil des Produktionsprozesses dar. Nachrichten müssen durch Sendestrukturen sinnhaft codiert sein, dass heißt, sie müssen Bedeutungen anbieten, mit denen ein möglichst großes und im Rahmen dominanter gesellschaftlicher Diskurse vielfältiges Publikum20 arbeiten kann, die es innerhalb hegemonialer Diskurse entziffern kann. Ebenso muss im Moment der Dekodierung vom Leser die Leistung erbracht werden, die angebotenen Bedeutungen in ein System von Bedeutungen, Verständnissen, Erfahrungen, Wissensformen und affektiver Bedürfnisse zu integrieren. „In einem ‚determinierten Moment’ bedient sich die Struktur eines Kodes und bringt eine ‚Nachricht’ hervor: In einem anderen determinierten Moment hält die ‚Nachricht’ vermittels ihrer Dekodierung Einzug in die Struktur gesellschaftlicher Praktiken“ (Hall 1999: 96). In diesem Prozess stehen die decodierten Bedeutungsstrukturen nicht in einem engen semantischen Verwandtschaftsverhältnis zu den vormals encodierten Bedeutungsstrukturen, Hall sieht hierin das besondere kreative Potenzial dieses Kommunikationsvorgangs: Es kommt potenziell zu Missverständnissen und „Verzerrungen“ (Hall 1999: 98). Abhängig ist das verstehende bzw. missverstehende Dekodieren von Bedeutungen von der sozialen Disponiertheit des dekodierenden Individuums. 20 Das heißt, individuelle Vielfältigkeit bezieht sich auf konkrete DifferenzParameter, die dem Alltagswissen der Individuen präsent sind. Geschlecht, Bildungsbiographie, Milieu, Hautfarbe oder natio-ethno-kultureller Hintergrund sind Marker dieser vermuteten Vielfältigkeit. Sie bezieht sich nicht auf Haar- oder Augenfarbe, Vorliebe für bestimmte Schuhmarken oder Teesorten, da diese laut Alltagswissen nicht auf Unterschiede hindeuten, die den Kontext individueller Wirklichkeitskonstruktion beeinflussen: Sie sind selbst schon Teil davon. 199

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Doch nicht nur individuelle Disponiertheiten führen zu Missverständnissen in Form von Umdeutungen, auch die Arbitrarität des Zeichens spielt im Prozess der Be-Deutung eine Rolle: „Das televisuelle Zeichen ist komplex. Es besteht aus der Kombination zweier DiskursTypen, dem visuellen und dem auditiven. Darüber hinaus ist es Peirces Terminologie zufolge ein ikonisches Zeichen, weil es ‚einige der Eigenschaften der Sache, die es repräsentiert, besitzt’“ (Hall 1999: 98). Doch der Moment der Repräsentation im Visuellen ist problematisch: „Da der visuelle Diskurs eine drei-dimensionale Welt auf eine zweidimensionale Ebene überträgt, kann er selbstverständlich nicht der Referent oder das Konzept sein, das er bezeichnet. Der Hund im Film kann bellen, aber nicht beißen“ (Hall 1999: 99, Herv. i. O.). Die (außermediale) Wirklichkeit eines (möglicherweise beißenden) Hundes ist diskursiv vermittelt, Abbildungen, die dem, was als wirklich erkannt wird, besonders nahe kommen, werden deswegen als wirklich wahrgenommen, weil sie als natürlich codiert sind. Der Code selbst ist naturalisiert, die Kompetenz, ihn entschlüsseln zu können, wird bei Teilnehmern einer Kultur vorausgesetzt. Und, wie Hall hervorhebt, das „Wirken naturalisierter Codes offenbart nicht die Transparenz und ‚Natürlichkeit’ der Sprache, sondern die Tiefe, den Gewöhnungsgrad und die Quasi-Universalität der angewandten Kodes“ (ebd.) Es sagt also weniger etwas darüber aus, wie der Text funktioniert als vielmehr darüber, wie notwendig er für das Subjekt ist, um Norm(alität) herzustellen. Hall bleibt in seinem Ansatz des Enkodierens/Dekodierens dem klassischen Sender(Enkodierer)-Empfänger(Dekodierer)-Modell verbunden. Sein Punkt ist nicht die Annahme, dass der Leser Texte selbst erschafft (vgl. Winter 2001: 131), die Texte sind seiner Ansicht nach schon vor dem Akt des Lesens vorhanden und mit Bedeutung aufgeladen. Allerdings räumt dieses Modell durch den Begriff des Missverständnisses die Möglichkeit einer Verzerrung der Botschaft (vgl. Hall 1999: 105) ein, die, wie Winter erklärt, auch unter dem Begriff der abweichenden Dekodierung vom Zeichentheoretiker Umberto Eco diskutiert wurde. Der Leser, als Adressat einer Botschaft, dekodiert sie demnach möglicherweise nicht entsprechend dem (während der Produktion entwickelten) Ziel der Enkodierung: „Sobald es signifikante soziale oder historische Differenzen zwischen den Produzenten und Zuschauern gibt, wird ein medialer Text mittels einer anderen Gruppe von Codes und Konventionen decodiert werden als derjenigen, die bei seiner Encodierung bzw. Produktion verwendet worden sind“ (Winter 2001: 131). 200

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Wenn ich also von einem codierten Text ausgehe, stehen mir mit ‚Code’, ‚Lesart’ und ‚Botschaft’ verschiedene Begriffe zur Verfügung, die den Kontext der Textwirkung zu beschreiben versuchen. Der Leser selbst kennt nur den Text, seinen ‚Code’ und die von ihm selbst entwickelte ‚Lesart’, Begriffe, die nachfolgend voneinander abgegrenzt werden sollen. ‚Botschaft’ steht für das, was die Intention des Textes genannt werden kann, für die Idee des Produzenten, des Autors. Der Leser besitzt allerdings keinen verbindlichen Zugriff auf authentische Informationen über diese Idee, noch kann davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit besteht, authentisch Intentionen rekonstruieren zu können. Darüber hinaus muss aus dekonstruktivistischer Sicht davon ausgegangen werden, dass es keine Repräsentationen dieser Idee im Text geben kann, sondern nur Annäherungen an diese. Als Botschaft lässt sich die vom Textproduzenten intendierte Interpretation bezeichnen. Das Ziel des Autors ist es, den Rahmen möglicher Interpretationen einzuengen, um Kontrolle über die Wirkungen des Textes zu üben. Hierzu wird auf Mittel der Inszenierung, auf einen konventionalisierten Code zurückgegriffen. Die Mittel der Inszenierung besitzen die Aufgabe, beim Leser verschiedene Wissensformen zu aktivieren, die schon Informationen zu Dechiffrierung der dominanten DiskursBotschaft enthalten. Mit Hall stellt Winter allerdings fest: Die „Bedeutungen einer Botschaft lassen sich nicht eindeutig fixieren“ (Winter 2001: 132), das Unterfangen der authentischen Übertragung einer Botschaft ist daher zum Scheitern verurteilt. Der Code eines Textes lässt sich ebenso wie seine Botschaft nicht fixieren. Die zur Inszenierung der Botschaft verwendeten Mittel verweisen auf dominante Lesarten, jedoch nicht zwangsläufig. Die Lesart letztlich entzieht sich potenziell dieser Kontrolle, indem Missverständnisse, widerständige Motivation oder die differente Disponiertheit des Lesers einen völlig anderen Code entstehen lassen. Code, Botschaft und Lesart sind verschiedene Momente des Textes, die hermeneutisch betrachtet in diskrepanter Beziehung zueinander stehen. Mediale Texte sind demnach zwar polysem, das heißt, sie verweisen auf eine Vielzahl von Bedeutungen, dies jedoch nicht im Sinne eines Pluralismus gleichrangiger Bedeutungen, sondern eher im Sinne einer nach Dominanz sortierten Hierarchie: „Wir sprechen von dominant, nicht ‚determiniert’, weil es immer möglich ist, ein Ereignis mittels mehr als einer ‚Markierung’ zu ordnen, zu klassifizieren, zuzuschreiben und zu dekodieren. Aber wir sprechen von ‚dominant’, weil es ein Muster ‚bevorzugter Lesarten’ gibt; und diesen ist die institutionelle, poli-

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tische und ideologische Ordnung einbeschrieben, und sie sind selbst schon institutionalisiert worden“ (Hall 1999: 103).

Für Hall stellt die soziale Wirklichkeit einer Gesellschaft eine Landkarte der Bedeutungen dar, „und in solche ‚Landkarten der Bedeutungen’ ist die gesamte Bandbreite sozialer Bedeutungen, Praktiken und Bräuche, von Herrschaft und Interesse ‚einbeschrieben’“ (Hall 1999: 102). Dominante Bedeutungen werden durch die Strukturen hegemonialer Diskurse als Wahrheiten inszeniert, z.B. indem sie ihren ideologischen Gehalt verschleiern und die Aussagen als natürlich legitimiert darstellen. Die Hegemonietheoretikerinnen Ernesto Laclau und Chantal Mouffe entwickelten aus den Ansätzen der poststrukturalistischen Diskurstheorie sowie der Semiotik eine Sozialtheorie der Konstruktion von individuellen und kollektiven Identitäten, in welcher Diskurs als eine symbolische Sinnordnung der Gesellschaft verstanden wird. Diese symbolische Ordnung umfasst ihrer Ansicht nach konkrete, materiale Objekte, Handlungsweisen bzw. Praktiken sowie Subjektpositionen. „Die Beziehungen zwischen den Elementen dieser Ordnung werden durch Bedeutungszuschreibungen hergestellt und stabilisiert; jede soziale Praxis ist immer eine Praxis der Sinnerzeugung, egal, ob es um die Herstellung eines Objektes, um eine Körperbewegung oder um Sprechen geht – alles wird zum Zeichenträger, auch da, wo keine explizite Absicht der Zeichenübermittlung oder Kommunikation vorhanden ist. [...] Diskurse sind Systeme von Differenzbildungen, also von internen und außenbezogenen Abgrenzungen, die vorübergehend gesellschaftlich-institutionell stabilisiert wurden. Sie zielen darauf ab, den Sinnüberschuss, also die unendliche Vielfalt möglicher Interpretationsweisen, die allem Zeichengebrauch inhärent ist, zu reduzieren, zu fixieren, zu stabilisieren und damit gängige, akzeptierte und geteilte Interpretationsweisen hervorzurufen“ (Laclau et al., zit. nach Keller 2004: 52).

Nach der Logik der Differenz (wie auch der différance im Sinne der Dekonstruktion) lässt sich also mit Laclau et al. festhalten: Einzelne Aussagen des Diskurses ebenso wie Subjektpositionen gewinnen ihre Bedeutung und ihren Sinn in Relation zur Struktur der diskursinternen Differenzierungen. Neben dieser Logik der Differenz erfüllt der dominante Diskurs jedoch auch eine Logik der Äquivalenz (vgl. Keller 2004: 53), er sorgt nämlich für die Vereinheitlichung dieser internen Differenzen: Indem er – zeichentheoretisch gesprochen – leere Signifikanten zu symbolisch aufgeladenen und damit sinnstiftenden Zeichen (wie etwa ‚der Feind’, ,die Freiheit’) erklärt, erschafft er „eine abstrakte, mit unterschiedlichen 202

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Bedeutungen auffüllbare Chiffre“ (ebd.), die zur imaginativen Geschlossenheit des Diskurses beiträgt. Hegemoniale, das heißt dominante Diskurse neigen zur Entwicklung umfassender Weltbilder, in denen sie „alle sozialen Beziehungen in einer Gesamtstruktur einordnen. Dabei handelt es sich jedoch immer um eine Tendenz zur Hegemonialität; aufgrund der von Antagonismen und Sinnüberschüssen, von Brüchen, Konflikten u.a.m. gekennzeichneten Situation der Gefüge verfügbarer Sinnordnungen bleiben diese immer in Bewegung. Zwar bieten Diskurse mehr oder weniger feststehende Subjektpositionen an, doch die Subjekte stehen immer im Schnittfeld mehrerer und unterschiedlicher Diskurse und damit Subjektpositionen“ (Keller 2004: 54).

Neue Aussage-Ereignisse werden der institutionellen, politischen und ideologischen Ordnung eingeschrieben, wenn sie Markierungen/Codierungen zulassen, die dominante (das bestehende Machtsystem reproduzierende) Ideologien wiederholen – das heißt, wenn sie der dominanten Ideologie von Nutzen sein können. Dieser Prozess ist jedoch nicht in sich geschlossen, da er immer auch Abweichungen und Widerstände, Verzerrungen und Missverständnisse zulässt. Das Dekodieren von Texten besitzt somit immer eine kontextuelle Komponente. Lesarten entwickeln sich im Raum sozialer Kontexte, innerhalb derer sich das Individuum verortet. Der Vorgang des Lesens, der Interpretation und Rekonstruktion der Bedeutungsangebote eines Textes, die Verknüpfung mit bekannten Bedeutungsmustern respektive Ideologien sind situiert. Der ideologische Ort als augenblickliche diskursive Eingebundenheit des Subjekts in seinen Kontext im Moment der Lektüre spielen bei der Dekodierung ebenso eine Rolle wie die mit der Textproduktion potenziell verarbeiteten und im Text angebotenen Bedeutungen. Auch das heißt nicht, dass jede Lektüre eine beliebig hohe Anzahl von Lesarten zulässt – grundsätzlich schon, diskursiv nicht –, die Verortung der Subjekte ist immer auch schon eine diskursive Setzung, ebenso wie der Text und die ihm inhärenten Botschaften selbst. Richard Johnson formuliert als kontextuelle Bedingungen der Konsumtion oder Lektüre „die asymmetrische Verteilung von Macht und Ressourcen auf materieller wie kultureller Ebene ebenso wie die schon existierenden Ensembles von Kulturelementen, die innerhalb eines bestimmten gesellschaftlichen Milieus [...] aktiv sind, sowie die gesellschaftlichen Verhältnisse, von denen diese Kombinationen abhängen. Diese Diskurs- und Bedeutungsreservoirs bilden ihrerseits

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das Rohmaterial für die neue kulturelle Produktion. Somit gehören sie zu den spezifisch kulturellen Produktionsbedingungen“ (Johnson 1999: 149).

Hall stellt drei hypothetische Positionen vor (vgl. Hall 1999: 107), mittels derer die Dekodierung televisueller Diskursfragmente seiner Ansicht nach konzipiert werden kann: den dominant-hegemonialen Ansatz, den Ansatz des ausgehandelten Kodes sowie den Ansatz des oppositionellen Kodes. Der dominant-hegemoniale Ansatz geht davon aus, dass Leser die dominante Bedeutung einer Nachricht komplett übernimmt. Interessant in diesem Zusammenhang ist nach Hall vor allem die Frage nach den Produktions- bzw. Reproduktionsbedingungen eines hegemonialen Codes und seiner professionellen Inszenierung durch Kriterien technischer Umsetzung, Präsentation, Bildauswahl etc. Der Ansatz des ausgehandelten Codes gesteht dem Publikum zu, dass es eine gewisse Kompetenz besitzt, die Mechanismen der Präsentation zu erkennen und damit in der Lage ist, den hegemonialen Code als solchen zu entschlüsseln. Es erweitert jedoch den Umgang damit um die kreative Umdeutung von Teilen der Bedeutung und ihre Situierung in einen speziellen, individuellen Kontext. „Es steht zu vermuten, dass der weitaus größte Anteil von ‚Missverständnissen’ aus den Widersprüchen und Trennungen zwischen hegemonial-dominanten Codierungen und ausgehandelten korporativen Dekodierungen entsteht“ (ebd.). Auch laut dem Ansatz des oppositionellen Codes basiert der Prozess der Dekodierung auf einem grundsätzlichen Verständnis der dominanthegemonialen Bedeutungsstrukturen, jedoch führt eine derartige Entlarvung der transportierten Ideologien hier zu widerständigem Lesen in Form gegensätzlicher Be-Deutung (im Sinne einer Um-Deutung) hegemonial codierter Zeichen. Die von Hall vorgeschlagenen Ansätze möchte ich vor dem Hintergrund der hier geführten Diskussion über das Verstehen und Missverstehen dominanter oder subordinater Botschaften bzw. die Kodierung von Texten und die Pluralität von Lesarten, nutzen, um für mein Forschungsinteresse zentrale Momente herauszuarbeiten. Perspektivisch formuliert besteht die Möglichkeit,



dass Botschaften, die in Texten codiert sind, als solche entschlüsselbar sind, sofern die Leser über entsprechendes Wissen verfügen, welches sie die Semantik des Codes erkennen lässt. Dieses Wissen ist kein formelles Bildungswissen, sondern ein informelles Alltagswissen, bedingt durch die Disponiertheit der Lesenden,

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dass die Reflexion der Botschaft, des Codes und der eigenen Disponiertheit eine von der Botschaft möglicherweise abweichende Lesart zulässt, je nach Abhängigkeit vom Kontext des Individuums sowie der Lesesituation, dass ein Wissen um die (Bedeutungs- und Code-)Strukturen des Textes und das Erkennen dominanter Wahrheiten widerständige Lesarten und Missverständnisse erst ermöglicht.

Hinter der Dekodierung eines Textes bzw. die Entwicklung einer Lesart verbirgt sich ein Prozess semiotischer Aushandlung, der sich als performativ verstehen lässt. Bestimmte kulturelle Wissensformen stellen die Grundlage dar, auf der enkodierte Bedeutungen dekodiert werden und damit bestimmte Diskurschiffre entziffert werden können. Diese Entzifferung ist ein Moment der Zirkulation von Bedeutungen und kontextuell bedingt: Die Wiederholung des Enkodierten kann durch ein Missverstehen im Prozess der Dekodierung verzerrt werden, worin sich das Moment der différance wiederholt. Jedoch kann ein konkretes Wissen um die im Text kodierten Diskurse ebenfalls zu einer Art gezieltem Missverstehen führen, das diese Codes außer Kraft setzt und möglicherweise dennoch unter Kontrolle bleibt.

Readings: Das Vergnügen des Be-Deutens Wie vorangehend deutlich wurde, sind Leseprozesse Aushandlungsprozesse, innerhalb derer Leser Bedeutungen im Text dekodieren, rekonstruieren oder produzieren. Warum aber sollte es für den Lesenden von Interesse sein, neben den dominanten und damit leicht zugänglichen Bedeutungen im Text subordinate Readings zu entwickeln, die diese codierten Bedeutungen unterlaufen? Diese Readings, bis zu dieser Stelle mit dem Begriff der Lesarten übersetzt, entstehen in Abhängigkeit zur sozialen Disponiertheit des lesenden Subjekts. Ein wichtiges Moment dieser Disponiertheit ist seine emotionale Positionierung zum Medientext. Zeichen und Zeichensysteme stehen, sobald sie mit Bedeutungen aufgeladen werden, in Beziehung zu persönlichen Erlebnishorizonten der Individuen. Bedeutungsherstellung und Distinktion sind eng verknüpft mit emotionalen Disponiertheiten. Im vorangehenden Kapitel wurde während der Beschäftigung mit der Diskurstheorie vor allem der performative Aspekt des textuellen Codes diskutiert: das Geflecht von Bedeutungen, auf die der mediale 205

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Text verweist. An dieser Stelle möchte ich die Perspektive der Cultural Studies nutzen, das, was der Leser mit dem Text macht, auf widerständige, das heißt, sich der dominanten Bedeutung des Textes widersetzende Motivationen zu untersuchen. Unter Widerständigkeit verstehe ich mit Mecheril „Handlungsvermögen, das eine verändernde Unruhe in das System des degradierenden Unterscheidens einbringt und dieses System nicht schlicht bestätigt und fortführt“ (Mecheril 2006c: 135). Das System, welches Praxen der Unterscheidung zur Festigung eines Herrschaftsverhältnisses nutzt, stellt sich aus der Perspektive derjenigen, die von im ausgeschlossen werden, als illegitim dar. Henry Giroux definiert Widerstand als etwas der Popkultur Inhärentes: „Popular culture offers resistance to the notion that useful culture can only be produced within dominant regimes of power. This distinction between mass and popular culture is not meant to suggest that popular culture is strictly a terrain of resistance. Popular culture does not escape commodification, racism, sexism, and other forms of oppression, but it is marked by fault lines that reject the high/low culture divide while simultaneously attempting to affirm a multitude of histories, experiences, cultural forms, and pleasures” (Giroux 1994).

Widerständigkeit bezeichnet hiermit die besondere Qualität einer oppositionellen Praxis der Vielfältigkeit, diese Unterscheidungspraxen zur Wiederlegung dominanter Ideologien umzukehren. Mit Hepp und aus der Perspektive der Cultural Studies verstehe ich unter Ideologien diskursive Wahrheitseffekte: „Ideologeme sind nichts anderes als soziokulturelle Orientierungsmuster, die kommuniziert werden und damit diskursiv gefasst sind und in Zusammenhang stehen mit Wirklichkeitsdefinitionen sozial Mächtiger“ (Hepp 2004: 31). Diese Orientierungsmuster dienen dazu, die Welt zu erklären, Handeln und Denken zu legitimieren und Beziehungen zwischen Individuen Verhaltens- oder Handlungsweisen, Lebensformen oder Gegenstände als Vergegenständlichungen dieser Lebensformen, Hochzeiten oder Fahrräder können als kulturelle Zeichen klassifiziert werden. Zur Ideologisierung kultureller Zeichen schreibt Hall (1999: 101), sie erhalten „ihren vollen ideologischen Wert auf der Ebene ihrer ‚assoziativen’ Bedeutung [...], denn hier werden Bedeutungen nicht in der natürlichen Wahrnehmung festgelegt (das heißt sie sind nicht vollkommen naturalisiert worden), und ihr Bedeutungs- und Assoziationsfluss kann umfassender ausgeschöpft und umgewandelt werden“. 206

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Der mediale Text als Gewebe kultureller Zeichen stellt also zahlreiche ideologische Angebote an Lesarten zur Verfügung, die je nach diskursivem Kontext des Subjekts als angemessen oder weniger angemessen empfunden werden. Die arbiträre Unkontrollierbarkeit der Bedeutungen im Text sowie der Vielfalt der Lesarten, die demnach entwickelt werden können, entsprechen einer „Variabilität der Lesarten des polysemischen Textes [...], die in einem durch den überdeterminierten Text vorgegebenen Rahmen kontextualisiert und begrenzt ist“ (Mecheril 2006c: 134). Ideologisch aufgeladene Zeichen stellen Anknüpfungspunkte für in historischen Diskursen verdichtete Affekte her und bekommen damit identifikationsstiftende Bedeutung. Diesen Aspekt hat in den britischen Cultural Studies besonders John Fiske unterstrichen. Der Cultural Studies-Theoretiker hat sich in seinen Studien vor allem den affektiven Aspekten der Nutzung populärer Medien gewidmet. Sein Interesse gilt dem Vergnügen, womit Fiske das affektive Moment bezeichnet, mit dem sich die Individuen dem Lesen von Texten hingeben. Vergnügen kann nach Fiske die Fähigkeit bedeuten, Kontrolle über Teile des eigenen Lebens zu besitzen sowie die Fähigkeit, sich selbst zu genügen. Aber mit der Nutzung von Medien, ob es sich nun um Romane, Musikalben, Computerspiele oder Gameshows handelt, strukturieren die Nutzer auch ihren Alltag: „Routine lives require routine pleasures; one of the essential functions of cultural forms is that they should give a shape to time, so narrative and music (our two dominant cultural forms) give pattern and structure to time that enable us to have some sense of control over it“ (Fiske 2006: 65).

Das Vergnügen besteht nach Fiske also auch darin, in der Nutzung medialer Texte Wirklichkeiten symbolisch und faktisch, nämlich zeitlich und räumlich, zu ordnen. Das wird noch unterstützt durch die Tatsache, dass Medien zur Verfügung stehen und nutzbar sind, sofern im Alltag Bedarf besteht oder Zeit erübrigt wird, sie passen sich also dem Alltag der Individuen an. Ebenso wie die dem Individuum zur Verfügung stehende Zeit nach Struktur verlangt, positioniert es sich und seine Lebensform während des Lesens zu anderen Individuen und Lebensformen. „So the stories about a top model marrying a leper or a 77-year-old woman eloping with a 90-year-old ‚boyfriend’ are pleasurable because they enable those whose sexual relationships ‚fail’ to accord with the romantic ideology of the ‚normal’ couple to question the norms rather than their own experience“ (Fiske 2006: 116). 207

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Das Vergnügen, das bei der Lektüre von Geschichten über das Abnorme, das Abweichende empfunden wird, liegt hier also nicht darin, dass hier die eigenen Praxen oder die individuelle Produktion von Normalität bestätigt werden. Vielmehr sind diese Vergnügen, so Fiske, „pleasures of seeing the dominant, controlling explanations of the world at the point of breakdown, pleasures that are particularly pertinent to those who feel barred from participating in controlling discourses of any sort, scientific or not. The sensational is the excessive failure of the normal“ (ebd.).

Für Fiske riskiert der Leser hierbei nicht seine Integrität als Subjekt, weil diese Geschichten grundsätzliche Normen des Zusammenlebens in Frage stellen. Das kollektiv geteilte Wissen über das Ideal, welches sich hinter den Normen verbirgt, ist brüchig, da die Alltagserfahrungen der Sujekte zeigen, wie unerreichbar dieses Ideal tatsächlich ist. Diese Unerreichbarkeit setzt das Subjekt permanent unter Leistungsdruck und schürt Versagensängste. Der mediale Text wird somit beruhigend und bekräftigend, er bestätigt die Alltagserfahrungen des Subjekts vom Versagen der Normalität. Das Erleben der Unvollkommenheit, der Absage an das Konzept der Normalität verdeutlicht, dass Normen allein Idealen Ausdruck verleihen. Die Bedeutungen, welche sich im Text entfalten, entziehen sich somit jeglicher Kontrolle: „these meanings overflow, and escape control; they require productive reading, they never come readymade“ (Fiske 2006: 112). Eine Fernsehserie wie z.B. Star Trek stellt damit einen Text zur Verfügung, auf den sich verschiedene Leser auf unterschiedlichste Art und Weise beziehen können, indem sie Zusammenhänge herstellen zwischen dem Text und ihrem Leben, ihren Beziehungen und Erfahrungen: „it’s a text full of gaps, it provokes its producerly viewers to write in their meanings, to construct their culture from it“ (Fiske 2006: 122)21. Das Lesen des Textes wird damit zu einem Einschreiben eigener Bedeutungen, zu einer performativen Resignifizierung. Die gaps, die Lücken im Text Star Trek können etwa das Triviale des alltäglichen Lebens betreffen, das zumindest dann keine Erwähnung in der Geschichte findet, wenn es nicht der Entwicklung der Narration sowie der Figuren dient. Besonders an diesen Stellen fügt der Leser seine eigenen Erfahrungen ein. Das Alltagswissen um die Notwendigkeit von Körperpflege oder das Alltagswissen darum, wie Biographien verlaufen 21 Fiskes Begriff von culture ist hier zu verstehen als Bündel von Praxen, die sich sinnstiftend aufeinander beziehen und auf das Leben der beteiligten Individuen einwirken. 208

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können, werden genutzt, um die Teile der Fiktion, die nicht extra Erwähnung finden oder explizit dargestellt werden, dem eigenen Alltagswissen um Normalität entsprechen zu lassen. Das Performative des medialen Textes, das zunächst in Form eines autoritären Normativs festgemacht wurde, wird unter dieser Perspektive des Vergnügens und der widerständigen Lesarten brüchig. Auch im Moment des Intertextuellen22 als Eigenschaft des gelesenen Textes, performativ über sich hinaus zu verweisen, lässt sich Widerständigkeit gegen die regierende Autorität des Textes selbst theoretisieren. Wie zuvor festgestellt wurde, besteht jeder populäre Text aus Zitaten und Wiederholungen. Diese Zeichen in den Kodes populärer Texte verweisen aufeinander, verweisen auf ähnliche Zeichen, zitieren einander, ironisch, lustvoll, kritisch, anmaßend, in jedem Fall immer weiter zirkulierend. Letztlich sind Original und Kopie qualitativ nicht voneinander zu unterscheiden, jedenfalls nicht auf eine essentialisierende Art, die dem Begriff Original etwas Ursprüngliches und dem Begriff Kopie etwas Nachfolgenden, nicht-Originären unterstellt. In der Populärkultur ist das textuelle Zitieren verwandter populärer Texte ein Mittel, mit dem der Text quasi aus sich heraustritt und seine Kulturalität – nämlich sein in einer Kultur des Lesens Verortet-Sein – thematisiert. Vom Mediennutzer wird die Identifikation solcher intertextueller, also andere populäre Text zitierenden und damit performativen Zitate als Vergnügen empfunden, da sie den Erkennenden als als wissend markiert: Eine Pointe ist dann witzig, wenn der Bezug, den sie herstellt, für den Leser erkennbar und erzählbar, also reinszenierbar und diese Reinszenierung artikulierbar ist. Vergleichbar verhält es sich mit Zitaten: Ein unerkanntes Zitat verfehlt jegliche Wirkung. Es ist nur ein Zitat, wenn es Wirkung zeigt, es kann als Zitat nur Wirkung zeigen, wenn es als Zitat erkennbar ist. Populäre Texte haben die Aufgabe, kulturelle Bedeutungen zirkulieren zu lassen: „Popular texts are to be used, consumed, and discarded, for they function only as agents in the social circulation of meaning and 22 Intertextualität bezeichnet das besondere Verhältnis (literarischer) Texte zueinander, sich gegenseitig zu zitieren. Das Konzept geht auf Kristeva zurück: „Jeder Text baut sich als Mosaik von Zitaten auf“ (Kristeva 1972: 348). Populäre Texte besitzen ein großes Maß an (inszenierter) Intertextualität. Der Begriff bezeichnet den performativen Aspekt des Verweisens, Zitierens, Persiflierens anderer Texte. Jeder Text steht in Beziehung zu anderen Texten. Texte treten demnach nie isoliert und abgeschlossen auf. Bedeutung ist nichts Text-Immanentes, sondern vielmehr das Ergebnis einer Betrachtung. Zur Kompetenz, populäre Texte lesen zu können, gehört in großem Maße, ihre Intertextualität entziffern zu können, d.h. also, Zitate als solche dechiffrieren zu können und ihre meta-textuelle Bedeutung zu genießen. 209

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pleasure; as objects they are impoverished“ (Fiske 2006: 123). Sie erfüllen damit eine Aufgabe als Mittler, denn: „Popular culture circulates intertextually“ (Fiske 2006: 124). Populärkultur zirkuliert intertextuell, ihre Texte sind ein Mosaik aus gekennzeichneten Zitaten, Plagiaten und Anspielungen und damit selbstreferentiellen Verweisen auf andere Texte. Fiske identifiziert drei Sorten von Inter-Texten:

• • •

Primary texts bezeichnen bspw. den Popstar Madonna, Artefakte und Produkte. Secondary texts beziehen sich direkt auf Primärtexte, Werbung für CD, Presse, Kritik. Tertiary texts bezeichnen Unterhaltungen, Verhaltensweisen (direkte Zitate populärer Figuren, Popstars etc. oder die Imitation ihrer Art, sich zu kleiden etc.).

Eine Figur von globalem Wiedererkennungseffekt wie z.B. die Sängerin Madonna oder eine Serie wie Star Trek sind zu verstehen als ein „set of meanings in a process“ (Fiske 2006: 124), eine Setzung von Bedeutungen, die sich immer in Bewegung, in Zirkulation befinden. Ein Aspekt der Intertextualität populärer Texte ist ihre Wiederholbarkeit. Die Popularität populärer Medien bezieht sich zum großen Teil auf die Möglichkeit, ihre Inhalte seriell zu veröffentlichen und zu wiederholen. Der Text selbst wird dadurch zu etwas Unvollständigem, da nicht abgeschlossenen, auch hierzu trägt wesentlich seine Prozessualität im Gegensatz zu einer unterstellten Abgeschlossenheit bei. Bedeutsam ist diese Offenheit deswegen, weil sie zahllose performative Anschlussmöglichkeiten für Lesarten bietet. In diesem dynamischen Gebäude der Unabgeschlossenheit ist widerständiges Lesen mit einem Mal nicht mehr riskant (im Sinne einer Verweigerung der Norm, die den Subjektstatus gefährden könnte), sondern ist Teil des Systems. Der Soziologe und Kulturwissenschaftler Michel de Certeau benutzt zur Beschreibung dieser Praxis den Begriff des textuellen Wilderns. De Certeau fixiert damit besonders den taktischen Aspekt widerständiger Praxen, wie Winter erklärt: „De Certeaus Interesse konzentriert sich auf das Netz der Antidisziplin, das durch die Taktiken der Konsumenten hervorgebracht wird. Diese agieren in einem dynamischen und sich verändernden Feld sozialer Kräfte, dem sie nicht entkommen können, dessen Regeln und Normen sie aber auf geschickte Weise unterlaufen, pervertieren und transformieren können. Er zeigt [...], dass den dominanten Strategien einer Gesellschaft, die den sozialen Raum organisieren, durch Taktiken Widerstand entgegengesetzt wird, welche die Strategien gegen 210

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sich selbst kehren bzw. ihren Einfluss beschränken. Im Zentrum seiner Theorie stehen demnach lokale und räumlich begrenzt partikulare Praktiken, die – wenn auch zeitlich und räumlich begrenzt – eine oppositionelle Kraft entfalten können. Sie folgen der Logik der Differenz, der Singularität und der Unordnung. Im Gegensatz zu Strategien sind Taktiken nicht systematisch organisiert, sie artikulieren aber durch ein geschicktes Ausnutzen der sich bietenden Gelegenheiten eine Andersheit im Raum der Macht – kleine Unterschiede, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden dürfen“ (Winter 1999: 40).

Der Charakter des Widerstands in de Certeaus Sinne offenbart sich demnach dadurch, dass er ungerichtet und unorganisiert ist. Die Artikulation des Nicht-Konformen erscheint hierin als Protest gegen die Norm. De Certeau entdeckt die „oppositionelle Kraft“ (ebd.) in der Kreativität, die sich auch in der Vielzahl der Lesarten niederschlägt, die Konsumenten aus ihren Medientexten entwickeln. Lesarten entziehen sich wie der Text auch einer Regierung. Diese Unmöglichkeit, Lesarten regieren zu können, entsteht schon allein dadurch, dass ihre Zahl sich der normierten Setzung bestimmter diskursiv möglicher Lesarten entzieht. Widerstand findet hier nicht statt, indem Individuen sich kollektiv und bewusst mit ungleicher Machtverteilung auseinandersetzen und den hegemonialen Diskursen gemeinsam die Entsprechung verweigern. Die politische Kraft dieser Form des Widerstands liegt in der unkontrollierbaren Vereinzeltheit und Diversität individuellen Denkens und Imaginierens. Diese widerständige Diversität subordinater Lesarten hat im Raum der Macht einen problematischen Status. Sie verstößt gegen die Regeln, die das Miteinander der Individuen strukturieren, die es für sie reibungslos gestalten. Reibungslos ist dieses Miteinander, so lange die Regeln fraglos sind und eingehalten werden, sofern ihre Ausschlüsse und Zumutungen von den Individuen ertragen werden. Und genau diese Setzung des Fraglosen überschreitet die Artikulation der Diversität. In ihr offenbaren sich Zumutungen und der Unwillen der Individuen, diese weiter zu ertragen. In ihr wird der dominante Diskurs als solcher entlarvt und damit auch seine naturalisierenden Mechanismen, die dafür sorgen, dass er nicht als dominant und hegemonial, sondern als selbstverständlich und als Common Sense inszeniert, anerkannt und reproduziert wird. Artikulationen sind also zerstritten und kampflustig, dennoch liegen in der Artikulation der Andersheit Formen des Vergnügens. John Fiske nutzt für seine Konzeption dieses (widerständigen) Vergnügens vor allem den semiotischen Zugang Roland Barthes. Mit Barthes identifiziert er zwei Arten des Vergnügens an der Nutzung medialer Texte, zum 211

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einen Plaisir und zum anderen Jouissance. Unter Plaisir versteht Fiske das „Vergnügen am Wiedererkennen, an der Bestätigung und am Aushandeln der eigenen persönlichen Erfahrung und sozialen Identität in Interaktion mit den im Text repräsentierten Bedingungen“ (Fiske 1989: 54). Das Individuum hat teil an einem Wissen um kulturelle Muster, innerhalb derer sich der entsprechende mediale Text verortet. Fiske betont, „dass es in der Interaktion mit medialen Texten nicht nur das Vergnügen innerhalb dominanter Ideologien gibt, wie z.B. das maskuline Vergnügen im klassischen Hollywood-Film, dessen Voraussetzung ist, dass die Frau zum Objekt des männlichen Blicks wird [...], sondern auch die lustvoll erfahrene Bestätigung von anderen Identitäten und oppositionellen Bedeutungen, die Differenzen artikulieren“ (Winter 1999: 42).

Jouissance konzipiert Barthes im Vergleich dazu als das eher genussvolle Verweigern etablierter Strukturen: Hierin findet sich das Vergnügen des Heraustretens „aus den dominanten kulturellen Rahmenbedingungen“ (Winter 1999: 42), etwa durch das ritualisierte Schauen von Horror-Filmen. Für Fiske symbolisiert dieses ausweichende Vergnügen „Fluchtlinien aus dem Gefüge der beherrschenden Alltagswirklichkeit, die mit einer Distanzierung vom Sinn für das eigene Selbst oder die Welt verbunden sind“ (Winter 1999: 43). Besonders die Jouissance verkörpert in ihrem Gestus des Heraustretens eine Widerständigkeit, indem – etwa durch überzeichnete Inszenierung – eine unbestimmte Kritik an dominanten Ideologien geübt wird.

Exkurs: Digitale Medien, Vergnügen und Partizipation Das Performative kultureller Praxen der Artikulation findet sich genau in dem Moment des affektiven Hineinsenkens in die zirkulierenden Texte, in der Resignifizierung der in ihnen verhandelten Bedeutungen sowie ihrer artikulativen Re- oder Neu-Inszenierung. Während der polyseme Text in seiner Iteration des außermedialen Diskurses performativ wird, iteriert und resignifiziert der performative Leser eben diese textuellen Iterationen. Das Performative Moment der Nutzung audio-visueller Medien, die, wie zu Beginn erklärt wurde, nicht als klassisch interaktiv zu verstehen sind, findet demnach auf der semiotischen Ebene statt. Im Moment des popkulturellen Vergnügens lassen sich dennoch möglicherweise aus einer parallelen Betrachtung interaktiver Medien Schlüsse über den Zusammenhang von Performativität 212

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und Partizipation ziehen, die für ein pädagogisches Weiterdenken über den Kontext audiovisueller Medien nützlich sein könnte. Dazu möchte ich kurz noch einmal auf einen Aspekt der Fiktionalitätstheorie hinweisen. Der Begriff des make-believe (vgl. Kendall 1990), auf den ich weiter oben eingegangen bin, bezeichnet weniger den Versuch eines Autors, einen Rezipienten etwas glauben machen zu wollen, als vielmehr eine Haltung, die der Rezipient gegenüber dem Text einnimmt. Er signalisiert eine Bereitschaft, nicht-mögliche bzw. nichtwirkliche Ereignisse für einen konkreten, räumlich und zeitlich festgesteckten Rahmen für möglich bzw. wirklich zu halten. Er setzt die Regeln für ein Spiel, in dem die Hauptregel lautet: ‚Alles, was du jetzt siehst, liest oder hörst, ist vielleicht nicht unbedingt wirklich, aber mindestens möglich’. Rezeption ist demnach auch Teilnahme an einem (kulturellen) Spiel, in dem der Leser zum Spieler und damit zum Requisit der Erzählung wird, da die Möglichkeiten und Grenzen seiner eigenen Wahrnehmung die Bedeutungen im Text erst möglich werden lassen. Auf diese fiktionalitätstheoretischen Ansatz bezieht sich die Hypertext- und Cyberspace-Forschung, von der ich ein Modell der Rezeption entleihen möchte, um es im Folgenden in Beziehung zu setzen zum Medium Fernsehen. Die Ideen Janet Murrays sollen hier nicht als repräsentativ für die Hypertextforschung vorgestellt werden, vielmehr dienen sie exemplarisch der Erweiterung unserer bisherigen, durch Fiktionalitätstheorie und Cultural Studies beeinflussten Perspektive auf den Prozess der Medienrezeption. Murrays Grundmodell bezieht sich auf den Aspekt der Partizipation im Kontext digitaler Medien. Sie identifiziert drei „characteristic delights“ (Murray 1997: 126) der Mediennutzung: Immersion, Agency und Transformation. Diese drei Vergnügen, wie sie sich mit Fiske bezeichnen lassen, untersucht Murray vor allem im Kontext der Nutzung digitaler narrativer Medien. Ihre Forschung befasst sich mit Computerspielen, die eine narrative Struktur aufweisen, so genannte MultiUser-Dungeons, textbasierte Rollenspiele in Netzwerken. Für die Frage nach der Performativität der Mediennutzung ist vor allem das interessant, was sich von Murrays konstruktivistischer und partizipativer Perspektive für einen neuen Blick auf die Nutzung von Fernsehtexten anbietet. Der Aspekt der Transformation, der in Computerspielen die Möglichkeit kennzeichnet, z.B. gestalterisch in die Programmierung der Spiele einzugreifen erscheint hierfür unangemessen, da es sich bei dem Fernsehen technisch gesehen um ein nicht interaktiv zu manipulierendes Gerät handelt, mit dem lediglich Texte unveränderlich empfangen werden und der Leser also auf dieser Ebene nur sehr begrenzt – etwa durch Ein- bzw. Ausschalten der Programme wirksam werden und Kontrolle 213

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ausüben kann. In den Konzepten der Immersion sowie der Agency scheinen sich jedoch Aspekte wiederzufinden, die auch im Kontext der Cultural Studies betont werden: Das Vergnügen des Versinkens in einer Geschichte und das Vergnügen, in einem bestimmten Raum handlungsfähig zu werden. Hinter dem Begriff der Immersion verbirgt sich eine spezielle Erfahrung, wie Murray erklärt. „The experience of being transported to an elaborately simulated place is pleasurable in itself, regardless of the fantasy content. We refer to this experience as immersion. Immersion is a metaphorical term derived from the physical experience of being submerged in water. We seek the same feeling from a psychologically immersive experience that we do from a plunge in the ocean or swimming pool: the sensation of being surrounded by a completely other reality, as different as water from air, that takes over all of our attention, our whole perceptual apparatus“ (Murray 1997: 98).

Das Eintauchen in die Geschichte nimmt die Sinne des Lesers in Anspruch, welcher durch die körperliche Wahrnehmung – in erster Linie auditiv und visuell – an einer Geschichte teilhat, die eigentlich nicht wirklich passiert. Für Murray ist Immersion vor allem als „participatory activity“ Aspekt des Umgangs mit digitalen Medien interessant. Auch sie geht davon aus, dass Inhalte nicht passiv konsumiert werden, sondern dass sich Lesarten ergeben, die sich in Abhängigkeit von der Disponiertheit des Individuums entwickeln. Gleichzeitig erweitert sie, ebenso wie Fiske, das Sender-Empfänger-Modell (etwa des EncodingDecoding-Ansatzes Halls) um den Aspekt einer besonders gelagerten Beteiligtheit des Individuums: Das Lesen eines Textes führt nur dann zur Konstruktion eigener Bedeutung im Text, wenn die Möglichkeit besteht, emotionale Anknüpfungspunkte zu finden. „The act of reading is far from passive: we construct alternate narratives as we go along, we cast actors or people we know into the roles of the characters, we perform the voices of the characters in our heads, we adjust the emphasis of the story to suit our interests, and we assemble the story into the cognitive schemata that make up our own systems of knowledge and belief“ (Murray 1997: 110).

Aus dieser Perspektive, die sich sowohl als konstruktivistisch als auch als kognitiv-lernpsychologisch verstehen lässt, entwickelt Murray den Begriff der agency: „Agency is the satisfying power to take meaningful action and see the results of our decisions and choices“ (Murray 1997: 126). Beim Computer lässt sich diese Form der Kontrolle nachvoll214

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ziehen. Mit einem Maus-Klick entsteht auf dem Bildschirm Bewegung, etwa, wenn sich ‚ein neues Fenster öffnet’, wie die Metaphorik der Windows-Sprache es nennt, und der Nutzer erkennt sich selbst als Ursache dieser Bewegung. Agency lässt sich übersetzen mit Tätigkeit, Vermittlung, aber auch Wirkung. Murray stellt hier die These auf, dass es dem Individuum einen Genuss bereitet, aktiv am Geschehen der Geschichte teilzuhaben, beispielsweise am Computer durch Mausklicks Rätsel zu lösen, den Fortgang der Geschichte zu beschleunigen oder zu bremsen etc. Hierdurch ist es dem Rezipienten möglich, die vermeintliche Passivität des Konsumierens zu durchbrechen, er kann wirksam werden, einen Effekt erzeugen, indem er handelt. Es besteht allerdings aus performativitätstheoretischer Sicht ein Unterschied darin, ob ein Satz in einem Textverarbeitungsprogramm oder mit Stift auf Papier geschrieben wird. Johnson sieht in diesem Unterschied einen Durchbruch auf technologischer Ebene in der „Idee vom Computer als einem symbolischen System, einer Maschine, die mit Darstellungen oder Zeichen umgeht, statt mechanisch mit Ursache und Wirkung zu arbeiten, wie etwa die Entkörnungsmaschine für Baumwolle oder das Automobil“ (Johnson 2000: 25). Als performativ kann dieses Wirksamwerden gelesen werden, da es „Handeln“ auf spielerische Art und Weise im binären Code des Digitalen wiederholt. Seine Wirkung findet auf semiotischer Ebene statt. Ebenso wie der Computer ein „symbolisches System“ (ebd.) darstellt, ist auch die Wirkung des Handelns auf performative Weise symbolisch und zitierend. In Bezug auf den Begriff des Performativen im Umgang mit Medien lassen sich zwei für diese Untersuchung relevante Punkte festhalten. Zum einen strukturiert der Charakter des jeweiligen Mediums (ob es sich nun um ein Buch, eine Fernsehsendung oder ein Computerspiel handelt) den Rahmen, innerhalb dessen das Individuum überhaupt wirksam werden kann. Des Weiteren stellt das differenzierte Interface23 des Computers ganz andere (technische) Mittel zur Verfügung, um (inter)aktiv zu werden, als das Buch oder der Fernseher. Zum anderen lässt sich in Bezug auf den Umgang mit Fernsehserien sagen, dass sich Performativität in diesem Fall in einem anderen Sinne vermittelt als bei einem Computerspiel. Der Nutzer wird hier dadurch resignifizierend tätig, dass er einen situierten Umgang mit den dargebotenen Bedeutungen entwickelt, nicht indem er durch Maus-Klick visuell erfahrbare Reaktionen auf dem Bildschirm auslöst. 23 Der Begriff Interface bezeichnet die sogenannte Schnittstelle, den Teil des Computers, der der Kommunikation dient. Nach Johnson versteht man darunter die „Software, welche die Interaktion zwischen Benutzer und Computer ermöglicht“ (Johnson 2000: 24). 215

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

Murrays Begriffe eröffnen daher kein komplett neues Spektrum an Aspekten der Mediennutzung. Doch illustriert sich in ihren Thesen noch einmal deutlicher der von Fiske herausgearbeitete Zusammenhang zwischen emotionaler Beteiligung am Geschehen und der performativen Konstruktion von Bedeutungen: „The popular text is a text of struggle between forces of closure and openness, between the readerly and the producerly, between the homogeneity of the preferred meaning and the heterogeneity of its readings. It reproduces and recreates the struggle between the disciplinary power of the social order and the multiple resistances to this power, the multiple bottom-up powers that contest differently the more singular top down power. Popular texts must offer popular meanings and pleasures – popular meanings are constructed out of the relevances between the text and everyday life, popular pleasures derive from the production of these meanings by the people, from the power to produce them“ (Fiske 2006: 126).

Das performative Vergnügen a r t i k u l a t i ve r S i g n i f i z i e r u n g s p r a x e n Das vorhergehende Kapitel befasst sich mit den Ansätzen der Cultural Studies unter einer Perspektive, die das Individuum im Prozess der Mediennutzung als performativ wirksam theoretisiert. Damit sollte ein für die Pädagogik notwendiger subjektorientierter Blick auf Praxen des Alltags entwickelt werden, welche aus diskurstheoretischer Perspektive als sprachlich determiniert und damit bestimmten Verunmöglichungen unterworfen konzipiert werden. Ich habe mich der Ansätze der Cultural Studies auf verschiedene Arten bedient, von denen mir insbesondere zwei bedeutsam erscheinen. Zum einen habe ich ihr konzeptuelles Archiv benutzt, um die Konzepte von Macht, Kultur und Wirksamkeit in Bezug auf meine Frage nach dem Performativen in der Mediennutzung zu setzen. Zum anderen habe ich mir einen Teil ihrer methodischen Reflexionen zu eigen gemacht, mit denen sie ihre Haltung sowohl gegenüber wissenschaftlichem Denken und Handeln, als auch gegenüber den Objekten ihrer Untersuchung, den Lebensformen und dem Alltag der Individuen, argumentativ vertreten. Der in dieser Untersuchung gewählte Zugang zu den Cultural Studies lässt sich dennoch weniger als methodisch bezeichnen. Wichtiger erschien es mir, das politische Interesse der Cultural Studies an einer semiotischen Theoretisierung alltagskultureller Praxen zu unterstreichen. Hiermit eröffnet sich meiner Ansicht nach bei der Frage 216

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nach den die Mediennutzung begleitenden Konstruktionsprozessen eine Perspektive, die für dekonstruktivistische sowie diskurstheoretische Ansätze Anschlussmöglichkeiten bietet. Ein Aspekt des politischen Projekts der Cultural Studies (vgl. Winter 2004: 1) liegt vor allem in ihrem Anspruch, verdeckte Herrschaftsverhältnisse aufzudecken. Herrschaftsverhältnisse stellen bestimmte Formen ungleicher Machtverhältnisse dar, die durch diskursive Strukturen der Normalisierung naturalisiert und geschützt werden. Ähnlich wie ein dekonstruktivistisches Selbstverständnis verfolgen die Cultural Studies mit einer kritischen Haltung das Ziel, die Prozesse der Normalisierung und die Konstruiertheit sozialer Machtverhältnisse zu entlarven, jedoch beziehen sich ihre Analysen im Vergleich zur Dekonstruktion wesentlich unmittelbarer auf soziale Praxen. Dieser Anschluss ermöglicht es, den Ansatz als eine Art Schnittstelle zwischen Diskurs-, kritischer Zeichen- und konstruktivistischer Medientheorie zu verorten. Innerhalb der Wissenschaften sind die Cultural Studies aufgrund ihrer interdisziplinären Orientierung und ihrem Interesse für das Singuläre alltäglicher Praxen, aber auch aufgrund ihrer steten Infragestellung der etablierten Wissenschaften selbst ein umkämpftes Themengebiet (vgl. Hepp et al. 2003: 11). Cultural Studies haben sich selbst in diesem Kampf als ambivalent thematisiert (vgl. ebd.). Zum einen mussten sie sich als Wissenschaft im Diskurs der Wissenschaften positionieren, um als Disziplin, die den Alltag als der Beforschung würdig einordnete, gehört und als relevant signifiziert zu werden, was – diskursiv betrachtet – auch eine stilistische Aufwertung ihres Untersuchungsgegenstandes der Alltagspraxen mit sich brachte. Zum anderen problematisieren ihre Vertreter jedoch diese Positionierung und ihre Notwendigkeit selbst als kulturelle Konstruktion, die die bestehenden Machtverhältnisse reproduziert. In der damit einhergehenden Kritik der Unhinterfragtheit wissenschaftlicher Verortungen, der Schwierigkeit der Wissenschaften, sich selbst als Effekte gesellschaftlicher Diskurse und damit als historisch und kritisierbar zu verstehen sehe ich eine weitere Qualität der politischen Ausgerichtetheit der Cultural Studies. Hierin artikuliert sich das ihnen inhärente kritische (Selbst-)Bewusstsein ihres wissenschaftlichen Vorgehens, gleichwohl einhergehend mit einer steten Reflexion des eigenen politischen Standortes: „Als unhinterfragbarer Bestandteil der Forschung wird die fortlaufende und explizite Reflexion der Position der oder des Forschenden angesehen“ (ebd.). Während die zuvor dargestellten Ansätze der Dekonstruktion und der Diskurstheorie Performativität auf das Sprechen sowie den im medialen Text reproduzierten Diskurs fokussieren, habe ich nun mit einem durch 217

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

die Cultural Studies geformten Blick das Unterbrechen dieses reproduktiven Moments medialer Texte thematisiert. Ziel des Kapitels war es, in der vielfältigen Methodologie der Konzepte und Selbstbeschreibungen, die unter dem akademischen Etikett der Cultural Studies verhandelt werden, ein Konzept von Performativität zu entwickeln, welches das Subjekt, dessen Sprechen, Handeln und Deuten im Kontext von Mediennutzung Praxen der Bedeutungsherstellung dient und dem gleichwohl ein widerständiges Moment innewohnt, ins Zentrum der Betrachtungen stellt. Die Notwendigkeit, dem deskurstheoretischen Entwurf des autoritären Textes ein Denken des widerständigen Moments entgegenzusetzen, ergibt sich in der pädagogischen Diskussion des Zusammenhangs von Sprache, Macht und Subjektivität. Ein pädagogisches Denken von Handlungsfähigkeit der Subjekte benötigt ein Thematisieren von Wirksamkeit. Dieses Thema der Wirksamkeit eröffnete sich im Moment signifizierender Praxen. Die Konzepte Performativität oder Subjekt stellen Figuren dar, um welche sich die versetzende erkenntnispolitischen Denkbewegungen der Cultural Studies indirekt anordnen (vgl. Mecheril 2006: 119). Jedoch arbeiten ihre Theoretisierungen alltäglicher Praxen (beispielsweise die Konzepte von Artikulation, Vergnügen oder Lesart) sowie ihre Entwürfe dessen, was in den Cultural Studies unter Kultur verstanden wird, mit einem am Konzept Wirksamkeit orientierten Subjektbegriff, der sich nicht unwesentlich an die foucaultsche Diskurstheorie anlehnt: „Diskurse produzieren, wie es Hall in Anlehnung an Foucault formuliert [...] spezifische ‚Orte’, von denen aus einzelne Wissensformen und Bedeutungszuschreibungen den größten Sinn machen und an denen sich Subjekte (beispielsweise im Akt der Rezeption) positionieren können“ (Hepp 2004: 37).

Subjektpositionen stellen Orte dar, von denen aus das Subjekt spricht: Es artikuliert hegemoniale und damit dominante, gleichwohl subversive/subordinate und damit widerständige Lesarten, die dominante Wahrheiten in Frage stellen. Unterschiedliche Lesarten ein und desselben Textes entstehen zum einen durch die Divergenz des Kontextualisiert-Seins und die Disponiertheit der Individuen. Zum anderen ergeben sie sich aus der polysemen Unabgeschlossenheit des Textes. Sowohl Subjektpositionen als auch ihre Lesarten sind konstituiert durch ihre jeweiligen Positionierungen in unterschiedlichen Diskursen, die sich in den Individuen jeweils überkreuzen und vernetzen. Signifizierende Praxen verstehe ich mit den Cultural Studies als kulturell situiert. Das bedeutet, dass sie nur innerhalb eines kulturellen 218

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Kontextes als sinnhaft erkennbar sind und notwendigerweise in Bezug zu diesem Kontext zu setzen sind: sie werden als diesem Kontext angemessen bzw. unangemessen inszeniert. Ich habe mit dem Begriff der Kultur ein zentrales, aber dennoch strittiges Konzept der Cultural Studies dargestellt. Es ist nicht Ziel dieser Untersuchung, die Strittigkeit des Konzepts aufzulösen, dennoch habe ich weiter oben auf die Problematik eines unreflektierten Kulturbegriffs verwiesen. Ein Kulturverständnis zu präzisieren, ist deshalb für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung, weil ich davon ausgehe, dass Mediennutzung eine kulturelle Praxis darstellt, durch welche wiederum Verständnisse von Kultur reproduziert, in Frage gestellt und vermittelt werden. Gleichsam gehe ich davon aus, dass Differenz einen Effekt kultureller Praxen darstellt. Die Praxis einer signifizierenden Lektüre ist angebunden an den polysemen Text. In ihrer Schilderung einer abstrakten, also bewusst auf sinnhafte Verknüpfungen verzichtenden TheaterPerformance erläutert die Theaterwissenschaftlerin Fischer-Lichte ein besonderes Lese-Erlebnis: „Damit waren neue Bedingungen für das Zuschauen geschaffen. Denn der Zuschauer sah sich wohl kaum aufgefordert, nach vorgegebenen zusammenhängenden Bedeutungen zu suchen und sich abzumühen, in der Aufführung konsistent formulierte Botschaften zu entschlüsseln. Statt dessen eröffnete sich ihm die Möglichkeit, die vor seinen Augen und Ohren ablaufenden Aktionen als Material zu betrachten und die Art ihres Vollzuges zu beobachten oder auch den einzelnen Handlungen Bedeutungen beizulegen, die ihm aufgrund seiner spezifischen Wahrnehmungsmuster, Assoziationsregeln, Erinnerungen, Diskurse u.a. einfielen. Zuschauen wurde so seinerseits als Tätigkeit, als ein Handeln bestimmt“ (Fischer-Lichte 2002: 282).

Fischer-Lichte konstatiert diese Verschiebung als Effekt einer Performance mit dem Titel „untitled event“ aus dem Jahr 1952. Aufgrund der Tatsache, dass hier kein klassisches Theaterstück und kein zusammenhängender literarischer Text inszeniert wurde, sondern viele einzelne, scheinbar miteinander nicht zusammenhängende Ereignisse von verschiedenen Akteuren ausgeführt wurden, wurde die übliche mit einer schaustellerischen Ästhetik verbundene Narrativität des Dargestellten durchbrochen: Ein gebrochener Text entstand. Ich gehe mit den Cultural Studies sowie mit Derridas Konzeption der différance davon aus, dass diese Brüchigkeit immanenter Bestandteil jedes medialen respektive sozialen Textes ist. Die Brüchigkeit ist durch den polysemischen Bedeutungsüberhang textimmanent, gleichwohl 219

PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

bricht sich jede Idee von Repräsentation durch die unkontrollierbare Diversität der Lesarten auch außerhalb des Textes.

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F U R T H E R D O W N T H E R O AD

„Stuart Hall once described the purpose of theory as helping us get a bit further down the road.“ (Grossberg 1997: 305) „Die Neurose ist eine Notlösung.“ (Barthes 1974: 11)

Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Begriff des Performativen für eine medienpädagogische Verhandlung der Konstruktion von Differenz nutzbar zu machen. Dieses abschließende Kapitel nähert sich zwei Anforderung an: Zum einen sollen die in dieser Untersuchung entwickelten Reflexionen über die Zusammenhänge zwischen Performativität, Medientext und Readings zu einem abrundenden Schluss gebracht werden, der den Weg der Überlegungen nachskizziert sowie wesentliche Erkenntnisse bilanzierend herausstellt. Zum anderen möchte ich diesen Schluss im Sinne eines Weiterdenkens aufschieben, um zu verdeutlichen, in welcher Form das hier als Erkenntnis Bezeichnete aus medienpädagogischer Perspektive einen Erkenntnisgewinn darstellt. Erkenntnisgewinn meint dabei sowohl eine Öffnung pädagogischer Handlungsspielräume als auch eine kritische Erschließung ihrer Grenzen. Während der inhaltlichen, formellen und informellen Auseinandersetzungen, in deren Spannungsfeld diese Studie entstanden ist, und der Richtungswechsel und Infragestellungen, welche diese Auseinandersetzungen mit sich brachten, konkretisierte sich die Fragestellung oder vielmehr der Weg des Forschens erst in einer quasi nachträglichen Reflexion. In der Beschäftigung mit den Theorien der Dekonstruktion, welche die politische Haltung der Untersuchung illustrieren und das konstruktive Moment der Herstellung von Bedeutung herausstellen sollten, sowie 221

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der Diskurstheorie als methodischer Ressource, geriet nach und nach der Begriff des Performativen in das sich stetig erweiternde Blickfeld auf das Thema der Differenz. In diesem Begriff eröffnete sich eine immer vielversprechendere Perspektive auf die Verknüpfung sozialer Praxen mit der Inszenierung von Differenzverhältnissen. Diese Verknüpfung hebt den (Dominanz re-)produktiven Charakter dieser Verhältnisse sowie das diesen Charakter brüchig erscheinen lassende Moment der Wirksamkeit sozialer Praxen besonders hervor. Aufgrund dieser Öffnung erschien ein weiterer Faktor im Blick des Forschungsinteresse: Das über den Text hinausgehende Moment des Lesens. In dieser Erweiterung artikuliert sich das Interesse, die prinzipielle Unkontrollierbarkeit von Bedeutung nicht allein als herrschaftsaffirmierend zu verstehen, sondern auch ein widerständiges Potenzial in ihr zu entdecken. Die Beschäftigung damit erscheint idealistisch, da sich im Aspekt des Widerständigen eine Hoffnung auf Verschiebung der Machtverhältnisse artikuliert. Jedoch wird Widerständigkeit im Rahmen dieser Untersuchung ebenso wie Herrschaft als Strukturmoment von Beziehungen verstanden und damit verweist der Begriff nur wieder auf das Kontroll-Moment der Bedeutung, weil dominante Diskurse stets in Frage stehen und an ihrer Stabilisierung arbeiten. Zur Theoretisierung des widerständigen Moments in diesen diskursiven Strukturen wurden Ansätze der Cultural Studies hinzugezogen. Das Schleifenförmige des Forschungsprozesses lässt sich nachträglich selbst als Performativ wissenschaftlichen Schreibens verstehen, da sich Forschungsinteresse und theoretische Ansätze gegenseitig in ihren Perspektiven verschoben und neue hervorbrachten. Die Beeinflussung des Blickwinkels durch die Beschäftigung mit den poststrukturalistischen Theorien und das immer wieder irritierte Weiterdenken der eigenen Fragestellungen spiegelt sich indirekt in der Präsentation der Überlegungen wider. Die Vorstellung theoretischer Ansätze aus Dekonstruktion, Diskurstheorie und Cultural Studies und ihre Einarbeitung in die Argumentation wird diesen nicht gerecht, sie handelt den Theorien inhärente Begriffe und Argumentationslinien nur unangemessen fragmentarisch ab. Dem liegt der Versuch zugrunde, einzelne gewinnbringende Ansätze, Konzepte und Perspektiven verschiedener wissenschaftlicher Themengebiete wie etwa der drei hier kombinierten, zwar dekontextualisiert, jedoch nicht weniger ergiebig miteinander zu vernähen. Göttlich et al. nutzen zur Erläuterung eines solchen Vorgehens die vorsichtige Metapher der Werkzeugkiste: „Theorie wird in diesem Sinn als strategische Ressource benutzt. Werden neue Werkzeuge gebraucht, so werden diese hergestellt“ (Göttlich et al. 2002: 7).

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FURTHER DOWN THE ROAD

In diesem Sinne war es nicht Aufgabe der vorangehenden Kapitel, komplexe Theoriegebäude erschöpfend zu rekonstruieren, sondern vielmehr aus für meine Fragestellung relevanten Facetten dieser Theorien nützliche Werkzeuge zu konstruieren.

R e s ü m e e : V o r g e h e n u n d Au f b a u der Untersuchung Ich habe mich im vorliegenden Text der Frage der Konstruktion von Differenz im Medium Fernsehserie aus drei theoretischen Richtungen angenähert: aus einer Kritik ermöglichenden, dekonstruktivistischen, einer Machtverhältnisse als sprachlich strukturiert problematisierenden, diskurstheoretischen sowie einer durch die Cultural Studies inspirierten ressourcen- und subjektorientierten Richtung. Mit der Dekonstruktion habe ich erstens einen Ansatz vorgestellt, der vor allem durch die radikale Infragestellung binärer Begriffskonstrukte für meine Fragestellung interessant ist. Dieser Ansatz konzipiert Differenz zum einen als ein flüchtiges, aber notwendiges, da Bedeutung ermöglichendes Merkmal der Zeichen, zum anderen als Strukturmoment sozialer Beziehungen und als Effekt einer Inszenierung. Es wurde gezeigt, dass der aus dem theoretischen Fundus der Sprechakttheorie stammende Begriff der Performativität zunächst vornehmlich die Eigenschaft des Sprechens beschreibt, zu handeln. Derridas Begriffe der différance und der itérabilité vertiefen diesen produktiven Aspekt des Performativen. Différance bezeichnet vor allem die jedem (Zeichen-)Verhältnis innewohnende Differenz, während itérabilité die Bedingung von Zeichen benennt, wiederholbar zu sein. Performativ bedeutet daher zunächst: (verschiebend) wiederholend und Differenzen erzeugend. Derridas Theoretisierung einer dekonstruktivistischen Lektüre liegt eine repräsentations- und damit machtkritische Haltung zugrunde, die in dieser Untersuchung als wichtiges Moment pädagogischer Reflexion begriffen wird. Von Interesse ist diese Reflexion vor allem deswegen, weil sie Verhältnisse ins Auge fasst. Gekennzeichnet sind diese Verhältnisse also dadurch, dass sie Differenz artikulieren. Differenzen werden in Akten des Unterscheidens hergestellt und damit als Effekt sozialer Praxen verstanden. Das Brisante an Verhältnissen der Differenz besteht darin, dass diese Positionen hervorbringen, die auf unterschiedliche Weise mit dem Vermögen ausgestattet sind, wirksam zu werden. Dieses Vermögen wurde mit dem Begriff der machtvollen Disposition umschrieben.

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Ich habe diese Überlegungen über Praxen der Unterscheidung sowie die Herstellung dominanter und subordinater Positionen vor allem in Bezug auf mediale Texte und ihre Rezeption vertieft. Interessant ist dies insofern, als Medien Orte zur Verfügung stellen, an denen diskursive Wahrheiten lesbar werden. Der Vielschichtigkeit des konstruktiven Prozesses der Distinktionsherstellung habe ich versucht gerecht zu werden, indem ich in einem zweiten Schritt zunächst mit den Instrumenten der Diskurstheorie die Verstricktheit des fiktionalen Medientextes mit Diskursen der Lebenswirklichkeit erörtert habe. Unter Lebenswelt verstehe ich mit Fritz den „fasslichen und das heißt geordneten Wirklichkeitsbereich, an dem [das Subjekt, B.H.] in unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teilnimmt, den er als schlicht gegeben vorfindet und als fraglos erlebt“ (Fritz 1997: 15). Die Herstellung von Differenz besitzt die Funktion, diese Ordnungen der Wirklichkeit zu stabilisieren. Mit der Diskurstheorie beziehe ich damit die Position, die Inszenierung und das symbolische Posieren der Macht als allgegenwärtiges Moment sozialer Praxen zu begreifen. Der Diskursbegriff beschreibt dabei Ordnungen des Sprechens, die bestimmte Subjektpositionen ermöglichen und andere verhindern. Das regulierende Moment des Diskurses sorgt damit für Ungleichverteilungen der Macht, die prinzipiell überall wirksam ist. Herrschaftsverhältnisse entstehen dadurch, dass das Vermögen, dominante Wahrheiten aussprechen zu können, sich als zugangsreguliert darstellt. Das potenziell freie Spiel der Zeichen und Bedeutungen wird gebändigt durch die strengen Regeln und die Trägheit des Diskurses: „Iteration und Zitat sind in ein Dispositiv der Macht eingebettet“ (Wirth 2002: 35). In diesem Zusammenhang wurde auch ein exemplarischer Zugang zum Medientext Star Trek hergestellt. Mit diskurstheoretischen Konzepten wie der diskursiven Praxis oder des Dispositivs habe ich einen theoretischen Rahmen entworfen, der das Performative der Fernsehserie Star Trek für eine machtsensible Betrachtung öffnet. Hier wurde auf den Zusammenhang von Macht und Sprechen eingegangen, um zu verdeutlichen, dass das Textuelle - als die Verschriftlichung des Sprechens Strukturen der Ungleichheit hervorbringt. In diesem Zusammenhang habe ich Foucaults Prozeduren der Ausschließung als Regeln des Sagbaren erläutert, da sich in ihnen das strategische Moment der Zugangsregulierung zu machtvollen Positionen offenbart. Das Performative des Diskursiven habe ich durch Foucaults Begriff des Dispositivs herausgearbeitet, in dem sich die Verdichtung von Diskursen in institutionellen Vergegenständlichungen sowie nicht-diskursiven Praxen bzw. den Beziehungen zwischen diesen einzelnen Elementen erkennen lässt. Die Star Trek-Szenen, die an dieser Stelle diskutiert wurden, haben zunächst 224

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die theoretischen Begriffe illustriert. Daraufhin sollte mit ihrer Diskussion darauf verwiesen werden, dass sich diskursive Praxen der Inszenierung von Machtverhältnissen im Medientext mit Hilfe diskurstheoretischer Begriffe analytisch differenzieren lassen. Wie deutlich wurde, erscheint das Dispositiv in diesem Zusammenhang auf zweifache Weise bedeutsam. Zum einen taucht es im medialen Text als performatives Zitat außermedialer Dispositive auf. Zum anderen aber ist dieses Zitat selbst eingebunden in ein Dispositiv, dessen Apparaturen, etwa Kamera, Fernseher oder Fernbedienung, selbst als Vergegenständlichung nicht-diskursiver Praxen erscheinen. Der mediale Text Star Trek als Diskurse reproduzierendes Vehikel wird im Dispositiv Fernsehen demnach zum institutionalisierten Sprechen über soziale Wirklichkeit und damit auch über Differenzen, Verhältnisse der Macht und Kulturen. Es erscheint daher sinnvoll, Medien mit Stauff „als apparativ konsolidierte Anordnungen zu beschreiben, die Menschen zu Subjekten machen, indem sie diesen eine spezifische und eindeutige Wahrnehmung vorschreiben“ (Stauff 2004: 142). Medien werden unter dieser Perspektive interessant, weil sie Technologien darstellen, die Diskurse im Alltag der Subjekte zirkulieren lassen. Die Dispositive als etablierte gesellschaftliche Settings, in denen sich Normen institutionalisieren, stellen Rahmungen her, innerhalb derer Medien zu Apparaten diskursiver Reproduktion werden können. Reportagen, Comics, Fernsehserien sind Texte, die Bedeutungen in Form historisch gereifter Konventionen angelagert haben. Durch Medien wie Fernsehen, Internet oder Zeitschriften gewinnen diese Bedeutungsanlagerungen im Alltag der Subjekte an Präsenz, ihre mediale Inszenierung wird sicht- und hörbar, wiederholbar – und vor allem: Sie wird zu einem Thema in den Interaktionen der Subjekte, das heißt, sie regt weitere iterative und damit resignifizierende Zirkulationen an. Die unendliche Vielfalt der in den Texten verwobenen Bedeutungen, weiter oben als Polysemie bezeichnet, ermöglicht eine Praxis des Zitierens, deren performatives Potenzial vor allem im Anders-Zitieren liegt, also in der Resignifizierung von Bedeutungen. Hiermit gerät ein weiteres Moment des Performativen in den Blick: Das resignifizierende Lesen der Subjekte. Aus dekonstruktivistischer Sicht erscheint es naheliegend, die Brüchigkeit der Verstricktheit des Subjekts in dominante Diskursstrukturen herauszustellen, um den kreativen Anteil am Prozess der Herstellung von Bedeutung und Differenz während der Mediennutzung in den Blick zu nehmen. Es geht um das widerständige Moment, hegemoniale Wahrheiten zu missverstehen, sie zu verzerren, subversiv zu be-deuten. Nach Göttlich offenbart sich im Konzept der Polysemie, 225

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„dass der ‚Kampf’ um Bedeutungen ein äußerst wechselvolles Handlungsfeld von Widerstand und Unterordnung, Opposition und Komplizenschaft, Affirmation und Kritik ist, das sich nicht nur unter dem Einfluss und der Kontrolle sozialer Machtstrukturen vollzieht, sondern auch auf der semiologischen und schließlich diskursiven Ebene angesiedelt ist“ (Göttlich 2004: 174).

Ich habe drittens das performative Moment der Lektüre mit Hilfe der Cultural Studies theoretisiert1, deren Ansätze herrschaftskritischer Beobachtung des Alltags die Mediennutzung als kulturelle Praxis verstehen. Diese Praxis stellt sich als in ganze Ensembles von Praxen eingebettet dar, die der Herstellung von (bspw. als kulturell inszenierten) Subjektpositionen dienen. Was kollektiv als Zugehörigkeitszusammenhang, als Kultur oder Gesellschaft empfunden, verstanden und bezeichnet wird, wird durch Bilder aus Medien gespeist und in ihnen inszeniert (vgl. Marotzki 2007: 177). Fernsehen wird damit zu einem Ort kultureller Performativität. Das signifzierende Tätigwerden des Subjekts in diesem Feld habe ich mit den Cultural Studies als Artikulation bezeichnet. In der Artikulation formt sich das Widerständige kultureller Praxen als Moment der Performativität. Obwohl dominante Diskurse und ebenso dominante Wahrheiten in Medientexten eingeschrieben sind, entwickeln die Subjekte potenziell eigen(sinnig)e Lesarten der Texte sowie Formen der Resignifizierung der in den Texten perpetuierten Bedeutungen. Der von Stuart Hall als Dekodierung bezeichnete Prozess des Lesens besitzt einen performativen Aspekt, der besonders auf das Destabilisierende – mit Derrida „Dekonstruierende“ – dieses Prozesses verweist. Aufgrund der Diversität der Readings sowie der impliziten Möglichkeit, die Botschaften des Textes zu missverstehen und damit den Prozess gradliniger Vermittlung im Sinne einer auf Repräsentation beruhenden Zeichenwiederholung zu durchbrechen, entzieht sich das dekodierende Lesen potenziell der Kontrolle durch die Diskurse. Das Dekodieren der Bedeutung wird hier zum Resignifizieren, Bedeutungen werden vervielfältigt und zerstreut, dominante Bedeutungen können 1

Keller thematisiert die Notwendigkeit interdisziplinären Vorgehens als dem Phänomen der Medienanalyse inhärent: „Angesichts der enormen Bedeutung von audiovisuellen Medienformation und -inhalten (Fernsehen, Film, Fotographie, Comics, Werbung) werden sich Diskursanalysen zukünftig stärker mit der Analyse und Interpretation solcher Daten befassen müssen. Dabei können Anschlüsse an die Cultural Studies hilfreich sein. Eine vergleichbare Erweiterung diskursanalytischer Perspektiven erfordert der Einbezug von nicht-textförmigen Bestandteilen von Dispositiven (Artefakte wie Gebäude, Maschinen, Technologien) sowie der Praxiszusammenhänge, auf die Diskurse treffen“ (Keller 2004: 77).

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damit ihrer Dominanz beraubt werden. Mit Fiske gehe ich davon aus, dass diesem Aspekt der Zurückweisung dominanter Bedeutungen sowohl ein Moment semiotischer Kontrolle als auch des Vergnügens durch eine Resignifzierung dominanter Bedeutungen innewohnt, das als popkulturelles Vermögen des Subjekts zu verstehen ist, sich in den kontextuellen Ordnungen seiner Lebenswelt wirksam werdend und sinnhaft zu verorten. Signifikationsprozesse stellen in diesem Sinne Prozesse der „Selbstvergewisserung und der Selbstverwirklichung“ (Moser 2006: 229) dar. Performativität wird vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse zu einem Begriff, mit dem ich das Unbestimmte, Ungerichtete, Ereignishafte der Produktion von Machtverhältnissen zu fassen versuche. Sein Potenzial für die Pädagogik sehe ich darin, dass er in dieser Eigenschaft sowohl das Performative der Medien in Form dominanzgesättigter und Machtverhältnisse aktualisierender kultureller Texte als auch das Performative der Subjekte, diese Sättigung durch die Praxis des Gegen-denStrich-Lesens potenziell zu unterminieren, reflektierbar macht2.

Dem Resümee entkommen: Figuren der Reflexion „Ich genieße an einer Erzählung also nicht direkt ihren Inhalt, nicht einmal ihre Struktur, sondern vielmehr die Kratzer, die ich auf dem schönen Umschlag hinterlasse.“ (Barthes 1974: 19) „Erstens kommt die Pädagogik immer zu spät. [...] Zweitens reagiert die Pädagogik auf den Vorsprung der Schildkröte nicht selten mit einer Orientierung an für sie nicht immer angemessenen Theorien.“ (Andresen 2007: 131)

Zu Beginn dieser Untersuchung habe ich das Beobachten und Theoretisieren von Beziehungen zwischen Technologien der Kommunikation und sozialen Praxen als eine zentrale Aufgabe einer medieninteressierten Pädagogik identifiziert. Im Anschluss an den Versuch, sich einer Theoretisierung dieses Zusammenhangs anzunähern, soll nun die pädagogische Dimension dieser Annäherung illustriert 2

„Das Performativ wird zu dem Moment, in dem nicht nur eine Aktualisierung, sondern zugleich auch eine Verschiebung diskursiver Machtkonstellationen stattfindet“ (Seier 2005: 60). 227

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werden. Die bis zu diesem Punkt geleisteten Überlegungen für eine pädagogische Blickrichtung weiter zu präzisieren und zu systematisieren, kann als Teil dieser Illustration verstanden werden, stellt allerdings ein nicht unproblematisches Unterfangen dar. „Pädagogik ist eine Handlungswissenschaft“ (Wulf et al. 2007: 11). Wie zu Beginn vermerkt, konnte das Ziel der hier verhandelten Variationen des Themas Performativität allerdings nicht sein, einer intervenierenden pädagogischen Praxis aus einer theoretischen Reflexion heraus Handlungsanweisungen zu erteilen. Vielmehr erscheint das dichotome Theorie-Praxis-Modell als der Verschränktheit erziehungswissenschaftlicher Forschungsfragen und -reflexionen mit durch Pluralität und Unbestimmtheit gekennzeichneten Erziehungswirklichkeiten unangemessen3. Mit der Reflexion dieser Problematik befasst sich etwa der Erziehungswissenschaftler Michael Wimmer in seiner Diskussion des Erziehungsbegriffs unter dekonstruktivistischer Perspektive: „Das Verhältnis von Theorie und Praxis erfährt eine grundlegende Transformation. Theorie kann weder als Gelingungsbedingung der Praxis verstanden werden noch als eine ihr ganz äußerlich bleibende Beobachtungs- und Reflexionswissenschaft. Und Praxis kann weder als die Gegenwärtigung von intendierten und berechenbaren Wirkungen aufgefasst noch als Feld zugleich regelhafter, statistischer und kontingenter Ereignisse verstanden werden, in dem erziehungswissenschaftliches Wissen, Verstehen und Deuten zwar unerlässlich sind, aber in dem das Handeln in hohem Maße von Fiktionen, Routinen und unkontrollierbaren personalen, institutionellen und situativen Bedingungen abhängig bleibt. [...] Der Sinn des Pädagogischen offenbart sich weder in der Theorie noch in der Praxis als voneinander getrennter Sphären“ (Wimmer 2006: 367).

Das Feld erziehungswissenschaftlicher, pädagogischer und somit auch medienpädagogischer Praxen ist aus dieser Blickrichtung bestimmt durch den Charakter des Ereignishaften, dem nach Wimmer die Aporie der Unmöglichkeit inhärent ist. Unmöglich ist demnach, erziehungswissenschaftlichem Wissen eine Funktionalität zu unterstellen ebenso wie es unmöglich ist, pädagogische Praxen strategisch einzusetzen, um pädagogische Situationen gelingend abzuschließen. Die im Folgenden vorgestellten Denkfiguren lassen sich somit verstehen als Aufmerksamkeitsrichtungen, die medienpädagogisches Handeln auf spezielle – nämlich das Performative in den Blick fassende – Art verdichten. 3

Die Diskussion dieses Modells (etwa bei Hobmair 2002: 21) verdeutlicht allerdings, dass die Kritik an der Dichotomie selbst kaum ohne die dichotome Begriffsbildung Theorie-Praxis auskommt.

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Performativität als medienpädagogische P e r s p e k t i ve Retrospektiv lässt sich das Ziel der vorliegenden Untersuchung darin beschreiben, Performativität theoretisierende Ansätze von als poststrukturalistisch bezeichneten und durch Essentialismus-Kritik gekennzeichneten Denkrichtungen für eine medieninteressierte Pädagogik anschlussfähig zu machen. Mit dieser Verknüpfung wird der Beobachtung sowie dem Theoretisieren von Beziehungen zwischen technologischer Inszenierung und sozialen Praxen ein bestimmter Modus verliehen. Dieser Modus lässt sich zunächst umschreiben mit einer Sensibilität gegenüber der Herstellung von Dominanzverhältnissen sowie den ihnen inhärenten Ausschlüssen, welche durch den Begriff der Differenz fokussiert werden. In Anlehnung an Mecheril et al. lässt sich formulieren: Wird die Perspektive Performativität von der Medienpädagogik „für eine erziehungswissenschaftliche Reflexion zunutze gemacht“ (Mecheril et al. 2006: 13), beinhaltet dies auch eine Entscheidung dafür, „pädagogische Situationen, pädagogische Handlungen und Konzepte“ (ebd.) unter Berücksichtigung einer Verschaltung der Aspekte diskursive Technologien der Inszenierung, Praxen der Wiederholung bzw. Verschiebung von Machtverhältnissen und Wirksamkeit zu (re)konstruieren. Abschließend sollen für diese Aspekte relevante Facetten unter zwei Gesichtspunkten diskutiert werden. Zunächst soll der Faktor der Inszenierungstechnologie medialer Texte unter den Stichworten Unsichtbarkeit des Normativen und Dethematisierung erläutert werden. Anschließend gehe ich unter Verwendung der Begriffe Readings, Wirksamkeit und Unbehagen auf sich für die Medienpädagogik ergebende Konsequenzen der bisherigen Überlegungen ein.

Unsichtbar normativ In den vorangehenden Überlegungen wurde deutlich, dass mediale Texte ein normatives Potenzial besitzen. Das in Kapitel 3) angeführte Beispiel der Star Trek Episode „Das Standgericht“ zeigte, dass diskursive Strukturen, die außerhalb der Medien wirksam sind, im Text inszeniert werden wie etwa das Dispositiv der Disziplinierung der Affekte. Die vorgestellte Szene wiederholt das Dispositiv performativ und aktiviert

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damit ein beim Zuschauer vorhandenes Wissen um Affektkontrolle4, das zur Dekodierung der dominanten Diskurse im medialen Text notwendig ist, damit der Inhalt der Narration weiter verfolgt werden kann. Das Charakteristische performativer Prozesse besteht darin, dass sie etwas Geschichtliches wiederholen: „Die Handlung, die man ausführt, der Akt, den man performiert, ist in gewissem Sinne ein Akt, der schon eingesetzt hat, bevor man auf dem Schauplatz erschienen ist“ (Butler 2002: 312). Die Erkenntnis des Vermögens medialer Texte, normativ wirksam zu werden, verdeutlicht in diesem Zusammenhang, dass der Text selbst in das dominante Dispositiv der Affekt-Kontrolle eingebunden ist, innerhalb dessen das Medium Fernsehen als Institution normalisierend auftritt. Normalisierung benötigt sowohl den Aspekt der Wiederholung als auch den Aspekt der Verborgenheit. Wie vorangehend herausgearbeitet wurde, agieren Dispositive im Verborgenen, ihre Wirkmacht ist dadurch geschützt, dass sie als selbstverständlich inszeniert werden. Althans bezeichnet Unsichtbarkeit als das zentrale „Charakteristikum der Disziplinarmacht“ der Diskurse (Althans 2001: 145). Um dem Normativen des Unsichtbaren zu entgehen, muss es sichtbar gemacht werden5. Voraussetzung dafür ist die Erkenntnis der historischen Gesetztheit des Normativen, die Bublitz so zusammenfasst: „Eine der wichtigsten Lektionen des Dekonstruktivismus besteht in der Einsicht, dass ‚Natur’ immer schon als kulturell konstruierte Bedeutung besteht, ebenso wie soziale Wirklichkeit immer schon sprachlich ‚gemacht’ und erschlossen wird. [...] Was dekonstruktivistisch überwunden wird, ist die falsche

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Bestandteil dieses Wissens ist die Kenntnis sozialer Praxen der AffektDisziplinierung, die bspw. auf eigene Erfahrungen zurückgeht. „Praktisches Wissen ist performativ: Es ist körperlich, ludisch, rituell und zugleich historisch, kulturell; performatives Wissen bildet sich in face-toface-Situationen und ist semantisch nicht eindeutig; es ist ästhetisch und entsteht in mimetischen Prozessen; performatives Wissen hat imaginäre Komponenten, enthält einen Bedeutungsüberschuss und lässt sich nicht auf Intentionalität reduzieren; es artikuliert sich in Inszenierungen und Aufführungen des alltäglichen Lebens“ (Wulf et al. 2001: 13). Die Aktivierung dieses Wissens verleiht der Praxis, die hier gewusst werden muss, um das Geschehen als sinnhaft einzustufen, normativen Charakter: da die Inszenierung das Dispositiv allein zitiert ohne dies zu thematisieren, findet der Verweis im Verborgenen statt. Die Verborgenheit ist das, was die Praxis zur Norm erhebt und damit ein machtvoller Aspekt diskursiver resp. dispositiver Figuren. Die diskurstheoretische Motivation der Aufdeckung findet nach Mersch „auf der Ebene der Performativität“ (Mersch 1999: 171) statt, da sie analytische Kräfte mobilisiert, die Verhältnisse stets verschieben.

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Hoffnung auf eine Unmittelbarkeit und Transparenz der Dinge, die ihr Wesen augenscheinlich offenbaren“ (Bublitz 2003: 35).

Die zweifache Bewegung der Performativität wird auch im fiktionalen Text Star Trek wirksam. Zum einen erscheint sie im Medientext selbst, das heißt, im Text finden Inszenierungen reeller, vom Publikum gewusster Diskurse statt. Das Medium Fernsehen bedient sich einer semiotischen Performativität der Inszenierung in Form diskursiver Praxen als auch nicht- oder nach-diskursiver Praxen (z.B. in der visuellen Darstellung sozialer Praxen der Körpersprache, Inszenierung, Ritualisiertheit) etc. In der Auseinandersetzung mit Star Trek wird deutlich, dass der fiktionale Medientext als dichtes, diskursives Gewebe zu verstehen ist. Das Performative dieses Gewebes besteht darin, Diskurse über die Wirklichkeit aufzugreifen und diese fragmentiert – das heißt auf ihre dominanten Wahrheiten konzentriert – stetig zu wiederholen bzw. auf entsprechenden Speichermedien gespeichert und abrufbar stets für eine Wiederholung bereit zu halten. Der Medientext Star Trek erscheint dabei als Form der Artikulation (dominanter) gesellschaftlicher Diskurse (bspw. über Fremdheit, Geschlecht, Rasse, Gesundheit, Technologie oder Affekte). Zum anderen wird das Performative in der binären Unterscheidung von Fiktionalem und Nicht-Fiktionalem wirksam. Der fiktionale Text ist eingebettet in außermediale Diskurse, die das Verständnis von Fiktionalität – und damit auch dessen, was unter Nicht-Fiktionalität verstanden wird – erst festlegen. Die binäre Trennung von fiktional und nichtfiktional verbirgt die Tatsache, dass auch in der Fiktion auf Inszenierungen reeller Machtverhältnisse zurückgegriffen werden muss, um diese verstehbar zu inszenieren. Gleichsam stellen sich Verhältnisse der Dominanz außerhalb fiktionaler Medien – etwa in non-fiktionalen Texten oder auch reell erfahrbar – über die Wiederholbarkeit ritueller Machtdarstellungen her, nutzen also ebenfalls Mittel der Inszenierung, um überhaupt als Verhältnisse der Dominanz erkennbar zu sein. Ein fiktionaler Text wie etwa Star Trek besitzt die paratextuelle Bezeichnung fiktional als vorausgeschickte Klassifikation. Fiktionalität stellt sich als das Ergebnis einer diskursiven Verhandlung dessen dar, was als nicht-wirklich, nicht-echt, nicht-authentisch verstanden wird. Fiktionale Texte müssen jedoch reelle Diskurse zitieren, um intelligibel zu bleiben, sonst werden sie für die Leser irrelevant. An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass es sich bei Bedeutungen um historisch konventionalisierte Formungen handelt, die in der Fiktion zitiert werden. Auch hier rückt wieder das Spielerische dieser Iteration ins Blickfeld, da die Frage, ob ein medialer Text als fiktional oder nicht-fiktional zu ver231

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stehen ist, verschiedene ernsthafte sowie nicht-ernsthafte Verhandlungsformen zulässt. Intelligibel ist der fiktionale Text dann, wenn die in ihm zitierten Bedeutungen den Lesern plausibel erscheinen. In diesen zwei Wirksamkeiten von Performativität im Medientext lassen sich die eingangs mit Derrida erarbeiteten beiden Momente des Performativen wieder entdecken: Die itérabilité sorgt dafür, dass die Diskurse wiederholbar bleiben, die différance erzeugt verschobene, fragmentierte Kopien der Diskurse.

Dethematisierung Normativ erscheinen mediale Texte nicht allein in dem, was sie thematisieren, sondern auch in dem, was sie verschweigen. Durch die Perpetuierung dominanter Diskurse treten Ausschließungsmechanismen in Kraft, die subordinate Subjektpositionen sowie widersprüchliche Lesarten zu zähmen versuchen. Die These, Medien repräsentierten die Wirklichkeit, die sich aus der Perspektive der Repräsentationskritik als unhaltbar erwiesen hat, lässt sich trotz dieser Kritik relativ legitim umkehren: Was Medien nicht repräsentieren, ist den Zuschauern nicht präsent. Das heißt, subordinate Diskurse, die nicht in Medien aufgegriffen werden, haben geringe Chancen, kulturell zirkuliert zu werden. Vor allem in Dispositiven zeigen sich starke Ordnungen des Diskursiven, denn hier greifen die symbolischen Bedeutungen nachdiskursiver Installationen (Gegenstände, diskursiv legitimierte Autoritäten). Doch auch in den diskursiv geordneten informellen Regeln sozialer Zugehörigkeitszusammenhänge, im So-machen-wir-das agiert das Normative im Verborgenen. Praxen der Dethematisierung (vgl. Gottuck 2008: 72, Mecheril 2004: 199) stellen diskursive Strategien zur Verfügung, die bestehende Machtverhältnisse stärken. Dethematisieren bedeutet, Praxen der Unterscheidung nicht als solche zu benennen, schweigend ein Tabu zu errichten, das durch Praxen der Disziplinierung sowie Selbstdisziplinierung wie bspw. „Scham“ (Gottuck 2008: 72) reguliert wird. Mit Foucault kann hier von dem Nicht-Sagbaren gesprochen werden, das praxistheoretisch vor allem in einem normativen So-macht-man-das-nicht mündet, das in deutlichem Kontrast zum Somachen-wir-das zu lesen ist, da hier das Kulturelle eine normative Chiffrierung erhält. Denn das, was nicht der Rede wert ist, ist unantastbar, aber auch unberührbar. Dadurch entsteht die Fiktion einer Authentizität des So-wirds-gemacht. „Authentisierungsfiktionen“ (Maassen 2001: 291) leben davon, dass ihre Konstruiertheit verdeckt bleibt. Mit Mecheril lässt sich davon ausgehen dass diese Fiktionen dazu 232

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dienen, die Legitimiertheit von Unterscheidungspraxen, mit denen Herrschaft ausgeübt wird, zu untermauern (vgl. Mecheril 2004: 205). Das Wissen um die Konstruiertheit sozialer Setzungen stellt jedoch ein wichtiges Moment dar in dem pädagogischen Anliegen, sich kritisch mit Verhältnissen der Dominanz zu befassen. Eine dekonstruktivistische Entlarvung der ideologischen Färbung eines medialen Textes, aber auch die Reflexion, wo Praxen der Normalisierung bzw. Dethematisierung für die Subjekte notwendig erscheinen, gehören zu dieser Form pädagogischer Kritik. Gleichsam kann die Pädagogik der Gefahr, normativ zu agieren, nicht entgehen: Voraussetzungen und die Naturalisierung von Voraussetzungen (vgl. Bublitz 2003: 36) in Frage zu stellen, erscheint dennoch als nicht normativer pädagogischer Versuch, Praxen der Dethematisierung ihre Wirkmacht zu nehmen, indem sie ans Licht gezerrt werden. Dominante Setzungen bedürfen einer riskanten dekonstruktivistischen Zersetzung, indem man sie „wiederholt, subversiv wiederholt und sie verschiebt bzw. aus ihrem Kontext herausnimmt, in dem sie als Instrumente der Unterdrückungsmacht eingesetzt wurden“ (Butler 1993a: 52). Mit Butler lässt sich Derridas PerformativitätsBegriff als normative und normierende Zitatförmigkeit verstehen, „in der sich die Kraft der Autorität durch spezifische Praktiken so akkumuliert, dass die performativen Äußerungen als Bildungsrituale von Subjekten gelten können“ (Zirfas 2001: 85). Dennoch ist dem Performativen der Bruch mit dem früheren Kontext inhärent, „denn die performative Praxis wird von keinem Kontext, keiner Autorität, keiner Konvention, keiner Intentionalität vollständig beherrscht“ (ebd., vgl. Butler 1998: 200, Derrida 1993: 129).

R e a d i n g a l s p e r f o r m a t i ve P r a x i s Die vorangehend verdeutlichten Mechanismen der Inszenierung, die Fernsehtexten inhärent sind, bieten jedoch aufgrund ihrer polysemen Brüchigkeit Anknüpfungspunkte für Resignifizierungspraxen. Die Aneignung medialer Texte, die grundsätzlich auf „normalisierten Seh- und Lesegewohnheiten“ (Kleiner 2005: 342) basiert, wird ebenso grundsätzlich gestört durch die Eigenschaft subordinater Bedeutungen, sich unkontrolliert zu zerstreuen und somit möglicherweise durch die diskursiven Netze der Kontrolle zu schlüpfen. Aufgrund der Eigenschaft des Performativen, zwar von Kontexten, Autoritäten und Konventionen behelligt zu werden, jedoch unbeherrscht zu bleiben, ergeben sich ungerichtete und gleichsam unrichtbare Kräfte. Es ist daher immer möglich, Lesarten dominanter Texte zu entwickeln, an denen widerständige 233

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Praxen festgemacht werden können. Die Unabgeschlossenheit des medialen Textes besitzt nicht zwingenden, sondern vielmehr ereignishaften Charakter. Das Performative des medialen Textes, das sich in einer (schau)spielerischen Inszenierung von Raum, Körperlichkeit und Sprache entwickelt, kann dabei auch sowohl als unkontrolliert als auch als strategisch nutzbar gedacht werden. Denn er ist in der Lage, gezielt bestimmte reelle Räume, Körper oder Settings zu zitieren, welche sich gleichsam in den Readings jeder Kontrolle entziehen. Die Performativität des Textes ereignet sich damit auch außerhalb des Textes, sie ereignet sich sogar in seiner Abwesenheit. Sie bezieht sich sowohl auf die Readings, die verstreuten Lesarten, sowie auf die Zirkulation des Textes in der (populären) Kultur, in der die Leser sich verorten: Er kann diskutiert, aufgeführt, ausgestellt, ausgetauscht und wieder aufgeführt werden (vgl. Maassen 2001: 289), hiermit ändert er seinen Textkörper, wird quasi transmedial (vgl. ebd.). Wesentlich ist in der Figur des Transmedialen die Frage nach der Plausibilität von Bedeutungen. Diese wird über den Text hinaus verhandelbar. Die (in diskursiven Strukturen der Dominanz, aber auch der Ermöglichung widerständiger Praxen angelegte) Disponiertheit des lesenden Subjekts ist insofern Aspekt dieser Verhandlung, als sie eine diskursive Rahmung setzt. Diese Rahmung lässt bestimmte Bedeutungszuweisungen zu, während sie andere zu verhindern weiß. Gleichsam ist sie nie fixiert und ihre Umklammerung des Subjekts brüchig, so dass immer auch unwahrscheinliche Bedeutungen hindurchschlüpfen. Diese Unwahrscheinlichkeit beschreibt Mecheril mit Bhabha im Begriff des Hybriden: „Hybridität und hybrides Handlungsvermögen versteht Bhabha als Phänomen der Überschreitung und Zurückweisung binärer Unterscheidungen. Diese ‚interstitial agency’, diese Wirksamkeit im Bereich zwischen den theoretisch kontingenten, aber/und empirisch robusten ‚Vernähungen’, dem dritten Raum, ist in zweierlei Hinsicht ‚widerständig’. Zum einen widersetzt sich Hybridität dem universellen Anspruch binär unterscheidender Schemata [...], sie verweigert sich der allein oppositionellen Repräsentation und Konstruktion sozialer Prozesse und Antagonismen. Das widerständige Potenzial von Hybridität besteht zum zweiten darin, dass Hybridität die hegemoniale Praxis der dominanten Kultur unterwandert und unterläuft“ (Mecheril 2006c: 135).

Wird nun von davon ausgegangen, dass hybride Lesarten medialer Texte möglich sind, so wird dies für eine pädagogische Perspektive interessant, weil sich in der Entwicklung einer interstitial agency die Figur der Repräsentationskritik ebenso wie die des wirksam werdenden Sub234

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jekts materialisiert. Die Pädagogik sieht sich einer grundsätzlich unendlich großen Vielzahl von Readings ausgesetzt, mit denen sie einen Umgang finden muss. Denn sie muss damit rechnen, dass sich das Widerständige dieser Lesarten nicht in ihrem Sinne gegen dominante Diskurse richtet, sondern in einer doppelten Weise als widerständig zu verstehen ist: Nämlich als potenziell gegen sie selbst eingesetzt. Hier bedarf es sensibler Selbstreflexivität, die, wie schon zu Beginn angedeutet, die Ermöglichung der eigenen pädagogischen Unsouveränität anerkennt (vgl. Plößer 2005: 217).

Resignifizierende Wirksamkeit Die Aufmerksamkeit dekonstruktivistisch radikalisierten pädagogischen Handelns gilt somit vor allem dem Vermögen der Subjekte, wirksam zu werden, unter dem besonderen Aspekt der Ermöglichung von Wirksamkeit. Wirksamkeit „kann als eine Art Handlungsfähigkeit verstanden werden, in deren Rahmen es Personen möglich ist und ermöglicht wird, hinsichtlich für sie selbst bedeutsamer Aspekte Stellungnahmen zu entwickeln und diese Stellungnahmen in signifikante interaktive Situationen handlungsrelevant und wirkungsvoll einzubringen“ (Mecheril 2003: 169).

Diese Art Handlungsfähigkeit muss im Kontext pädagogischer Situationen immer doppelt gedacht werden, da es sich sowohl um ein pädagogisch professionalisiertes Wirksamwerden als auch um ein Wirksamwerden der pädagogisierten Individuen handelt, welche z.T. wechselseitig aneinander gebunden sind. Wirksamkeit habe ich weiter oben mit Mecheril als „Machtphänomen“ (Mecheril 2006c: 131) bezeichnet. Das heißt auf den Kontext Medien bezogen, dass soziale Settings, an deren Setzungen Medien beteiligt sind, Individuen mit unterschiedlichem Vermögen ausstatten, wirksam werden zu können. Das Vermögen, Stellungnahmen zu entwickeln, die für sich selbst und für andere relevant sind, findet in diesen Settings auf zwei Arten der Artikulation statt: zum einen im sich den Text aneignenden, resignifizierenden Lesen, zum anderen im Zirkulieren der eingeschriebenen Bedeutungen in der Interaktion mit anderen. In diesem Vermögen, wirksam zu werden, wird die Macht von Artikulationen und Re-Artikulationen sichtbar, eine diskursive Spur zu hinterlassen, also Aussagen zu formulieren, die wahr sein können.

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Da davon ausgegangen werden kann, dass sich im normativen Gestus medialer Texte dominante Diskurse eingeschrieben haben, erscheint die Frage interessant, inwiefern Wirksamkeit und Widerständigkeit miteinander verknüpft werden können. „’Widerstand’ kann in spezifischen historischen Situationen im Verhältnis von diskursiven Strukturen, kultureller Praxis und subjektiven Erfahrungen entstehen“ (Winter 2006: 28). In welcher Form kann das Subjekt in seinem Vermögen, wirksam Bedeutungen zu signifizieren und zu zirkulieren, als widerständig verstanden werden? Wie die Beschäftigung mit den Begriffen der Cultural Studies zeigt, stellt die Verhandlung von Bedeutungen einen wesentlichen Bestandteil des umkämpften Raumes von Kultur und ein wesentliches Ziel kultureller Praxen dar. Differenzverhältnisse sind ein Strukturmerkmal dieses Raumes. Die Subjektbeziehungen in diesem Raum sind somit von Differenzen gekennzeichnet und werden ebenso wie Subjektpositionen erst in Praxen der Unterscheidung möglich. Es wurde gezeigt, dass diese Verhältnisse der Differenz nie frei sind von Dominanz. Im Begriff des Kulturellen artikuliert sich eine Lesart von Verhältnissen der Zugehörigkeit. Diese benötigen die Inszenierung von Gemeinsamem und Anderem in erkennbaren Praxen, die eine Imagination des Kollektiven performativ inszenieren, indem sie diese selbstreferentiell, das heißt also auf sich selbst bezogen und ritualisiert wiederholen. Kultur bzw. die ihr zugeschriebenen Praxen besitzen ein Moment des Zeitlichen und Prozessualen, ein Moment der Herstellung, das zugleich ihre Stärke, jedoch auch ihre Schwäche bedeuten kann. Die Stärke liegt darin, dass das prozessuale Moment iterativ ist, die Schwäche hingegen beruht auf dem Prinzip der différance: Das Zitat ist nicht das Original, sondern immer schon etwas anderes. Das artikulative Resignifizieren dominanter Bedeutungen, also das Nutzen der différance, um dominante Bedeutungen neu einzuschreiben, kann als widerständige Praxis mediennutzender Subjekte verstanden werden, durch die diese wirksam werden. Mit dem Begriff der Dissémination lässt sich (mit Derrida 1995) – in Abgrenzung zum Begriff der Polysemie – die Vervielfältigung von Bedeutung sowie die Unzählbarkeit möglicher Lesarten bezeichnen, die die Lektüre eines Textes hervorbringen kann. Lesen heißt somit Artikulation: für den Leser relevante Bedeutungen - und damit der Text - werden erst im Moment der Lektüre hervorgebracht. Während die im Zusammenhang mit der Diskurstheorie erörterte Polysemie als textuelles Charakteristikum die Vielfalt der im Text kodierten Bedeutungen bezeichnet, beschreibt der Begriff der Dissémination die Vielfalt von Be-deutungsprozessen im Vorgang des

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Lesens. Dissémination ist das performative Ereignis des Lesens sowie dem zirkulierenden Austausch der Lesenden untereinander. Wie weiter oben gezeigt wurde, ist davon auszugehen, dass der Prozess des Enkodierens auch die Einschreibung dominanter Diskurse in Medientexte darstellt. Medien wie das Fernsehen stellen – zu jeder Zeit und fast überall abrufbar – visuelle und auditive Texte zur Verfügung, die – ungelesen – ein schlummerndes Archiv potenziell zahlloser Bedeutungen beherbergen, die zur Dekodierung der ihnen inhärenten symbolischen Strukturen bereit stehen. Doch die Unendlichkeit der Menge von Bedeutungen ist ein rein theoretischer Wert. Tatsächlich kodiert und dekodierbar sind allein die Bedeutungen, die diskursive Anbindung erlauben, das heißt, deren Sinnhaftigkeit sich während des Kodierens und Dekodierens ergibt. Mediale Texte müssen lesbar sein, sie müssen also über ein kulturelles Chiffre verfügen, das sich durch Lesen sinnhaft wieder erzeugen und damit in individuelle, jedoch diskursiv hervorgebrachte Sinnstrukturen einfügen lässt. Dennoch entspricht das Dekodierte nicht zwingend dem Enkodierten. Die Sinnhaftigkeit der Anbindung an lose Diskurs-Enden, in welche die Subjekte sich einschreiben, ist unabgeschlossen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Dissémination im Leseprozess die Funktion übernehmen kann, eine ungestörte gesellschaftliche Zirkulation dominanter Bedeutungen zu unterbrechen. Wirksamkeit entfaltet eine widerständige Spannung also dort, wo dominante Wahrheiten durch subversive Resignifzierung dekontextualisiert werden. Diesem Moment wohnt ein affektiver Aspekt inne, der weiter oben mit dem Begriff des Vergnügens gefasst wurde. Vergnügen ergibt sich nach Fiske aus Aspekten der Kontrolle, des Affekts, der Identifikation, Abgrenzung sowie der Diffusion von Normalität. Diese Formen des Vergnügens befinden sich potenziell „in einem widerspenstigen Verhältnis zur hegemonialen Ordnung, sie bedrohen diese und symbolisieren Unordnung sowie Widerstand. Fiske [...] fasst unter populäre Vergnügen einerseits die affektive Energie, eigene Bedeutungen der sozialen Erfahrung zu produzieren, andererseits die Lust, der sozialen Disziplin, den Identitäts- und Normalitätszuweisungen der dominanten Kultur zu entgehen, ihnen zu entrinnen oder sie symbolisch in Frage zu stellen“ (Göttlich et al. 2000: 10).

Dieses Empfinden besitzt den Charakter einer individuellen Zurückeroberung strukturell eingegrenzter Handlungsspielräume und ist somit als eine Form artikulativer Aneignung zu verstehen. Gleichwohl kann dieses Vergnügen der Kontrolle auch als eine Kontrollfiktion verstanden 237

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werden, da das Subjekt nicht in der Form Kontrolle über dominante Strukturen besitzt, die ihm erlaubt, diese zu verändern. Der Zusammenhang von Wirksamkeit und Widerständigkeit bedeutet demnach nicht, dass ein vom Subjekt als kohärent empfundenes Wirksamwerden aus sich heraus gegen dominante diskursive Strukturen widerständig ist. Kulturelle Praxen bzw. popkulturelle Praxen erscheinen nicht per se als gegen eine Matrix der Macht gerichtet, da der Effekt widerständiger Praxen nicht zwangsläufig zu einer Veränderung der Strukturen (vgl. Winter 2006: 29) führt. Das Konzept des Wirksamwerdens der Subjekte in resignifizierenden Praxen trägt vielmehr zum einen dem Umstand Rechnung, dass Verständnissen von Welt sowie der eigenen Verortung darin Prozesse des Be-Deutens zugrunde liegen. Zum anderen verschiebt sich mit dem Begriff Wirksamkeit die pädagogische Perspektive vom Blick auf die (dominanten) Strukturen, gegen die es – normativ formuliert – Widerstand zu leisten gilt, hin zu einem Blick auf die Selbstverortung des Subjektes. „Das Paradigma des Performativen schärft den Blick für die Art und Weise, wie [...] Subjektivität [...] aus einer kulturellen Praxis heraus entsteht“ (Maassen 2001: 298). Signifizierende, artikulative Verschiebungen dominanter Setzungen bleiben dennoch situativ und unorganisiert. Die im Text kodierten Bedeutungen werden performativ überstiegen, ohne jedoch zwingend dominante Bedeutungen zu konterkarieren. Medienpädagogisch bedeutsam ist es daher, „die für den Alltag relevante Bedeutung von Texten in deren sozialem Gebrauch“ (Winter 2006: 30) zu realisieren und das Moment des Widerspenstigen (vgl. Hörning et al. 1999) ebenso wie das Aufblitzen einer Matrix der Dominanz aufmerksam zu beobachten und zu analysieren, unter welchen Bedingungen es für die Subjekte notwendig ist, diese Matrix zu verschieben oder zu zitieren.

Verschiebung und konstitutives Unbehagen Eine Medienpädagogik, die bestimmte Zusammenhänge unter der Perspektive Performativität betrachtet, erfordert eine „performative practice“ (Giroux 2000: 132), „that suggests that educators and others need to rethink the ways in which culture is related to power, and how and where it functions both symbolically and institutionally as an educational, political, and economic force“ (ebd.: 133). Dieses Neu-, Wiederund Überdenken der Beziehung zwischen Kultur, Macht und ihren pädagogischen und politischen Kräften erfordert von einer performativen Praxis Medienpädagogik mit Henry Giroux gleichsam eine Auflösung einer der Pädagogik impliziten „political agenda“ (ebd.: 140). 238

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Das erzieherische Ziel der Pädagogik selbst bleibt nach Giroux im Dunkeln und entfaltet, erhellt sich erst als kulturelles Arbeitsfeld (vgl. ebd.) im Moment der pädagogischen Situation. Zeitdiagnostisch ließe sich mit Winter die Forderung formulieren: „Im Zeitalter des Neoliberalismus und der zunehmenden Privatisierung öffentlicher Räume ist [...] die Entwicklung einer Ethik erforderlich, die das Verhältnis von Macht, subordinierten Subjektpositionen und gesellschaftlichen Praxen reflektiert“ (Winter 2003: 9). Die Kriterien für eine solcherart ethisch motivierte kritische Pädagogik, der eine dekonstruktivistische Haltung innewohnt und die Praxen der Herstellung von Dominanzverhältnissen gegenüber skeptisch ist, variieren jedoch mit dem Kontext. Sie sind Effekt steter Reflexionen von Bedingungen und Dispositionen. „No longer satisfied with a pedagogy of knowlegde, we now must consider the possibilities of a pedagogy of voices (Mohanty), and of liberation (McLaren), a pedagogy of place (Giroux), of desire, style, and presence (Dyson), of desiring machines (McLaren)” (Grossberg 1997: 383).

Der Blick dieser mit Giroux als performativ zu verstehenden Pädagogiken gilt besonders Praxen der Distinktion, die er aus subjektorientierter und gleichsam kontextbesonnener Perspektive fokussiert. Mit Plößer muss eine solche Pädagogik immer auch selbstreflexiv und sich der aporetischen Spannung bewusst sein, die ihr immanent ist (vgl. Plößer 2004: 226): Sie reflektiert die eigenen, Subjektdispositionen hervorbringenden Praxen unter der Fragestellung, inwiefern diese Differenzverhältnisse herstellen und Verhältnisse der Dominanz aktualisieren, um dem „diskursiven Imperativ“ (Plößer 2005: 99) des eigenen Handelns zuvor zu kommen. Das Unabgeschlossene und Unabschließbare einer solchen Theoretisierung von Pädagogik ebenso wie die Diagnose ihrer Unmöglichkeit, Unpünktlichkeit und Unbestimmtheit kann nur mit einigem Unbehagen aufgenommen werden. Unbehagen entsteht dort, wo Ungewisses, Irritationen und Spannungen ein Ideal des Gelingens verhindern. Der Versuch jedoch, dieses Unbehagen aufzulösen, ist aussichtslos, da es als dem Pädagogischen inhärent zu verstehen ist (vgl. Plößer 2005: 211). Dennoch erfordert diese Unmöglichkeit des Notwendigen und Abgeschlossenen pädagogischer Situationen eine Pädagogik, die sich mit Wimmer als gerecht wahrnehmen kann (vgl. Wimmer 2006: 369). Allerdings entfaltet sich das, was sich als Gerechtigkeit (un)möglicherweise ereignen könnte, allein situativ: Machtverhältnisse sind zwar durch Diskurse strukturell vorgegeben, durchziehen einander jedoch gleich einer sich stetig verändernden Matrix der Macht, die sich 239

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in Form unterschiedlich mit Macht ausgestatteter Disponiertheiten in der Erziehungssituation materialisiert.

P e r f o r m a t i ve M e d i e n p ä d a g o g i k ? Medienpädagogik verliert mit der Perspektive Performativität die Eindeutigkeit als Grundlage für Handlungsreflexionen, gewinnt allerdings die Anerkennung aporetischer Schwingungen hinzu. Dieser Gewinn äußert sich in einer neuen Orientierung, die sich mit Mecheril als pädagogische Praxis des Verschiebens bezeichnen lässt. „Verschiebung kennzeichnet eine (pädagogische) Praxis, die in einem doppelten Sinne auf Ordnung bezogen ist“ (Mecheril 2004: 223). Zum einen ist eine verschiebende pädagogische Praxis bemüht, soziale Ordnungen, deren Herrschaft im Verborgenen agiert, in der Produktion ihrer Ausschlüsse kritisch zu beobachten sowie diese Ordnungen zu verrücken (vgl. ebd.). „’Verschieben’ ist eine beständige Unruhe, die pädagogisches Handeln und Reflektieren in die Zugehörigkeitsordnungen, die sie selbst mitproduziert, einbringt“ (ebd.). Doch die pädagogische Praxis der Verschiebung bezieht sich noch in einer zweiten Weise auf Ordnungen. Indem sie Ordnungen verrückt und zersetzt, stellt sie Unordnung her. So produziert sie eine Position, die innerhalb dominanter Diskurse als illegitim (vgl. ebd.: 224) zu verstehen ist. Aus dieser Positioniertheit heraus entwickelt sie eine selbstlegitimierende Praxis, mit der sie sich „in ihrer Widerständigkeit“ (ebd.) gefallen kann. Jedoch kann das durch die ständige Anwesenheit des Ungewissen ausgelöste Unbehagen in diesem Fall als Ressource einer solchen Pädagogik der Verschiebung verstanden werden. Denn da das Ungewisse stets auch an dieser beteiligt ist, kann auch eine Pädagogik, deren Ziel es ist, Verhältnisse der Macht unter dem Aspekt der Verschiebung ins Auge zu fassen, sich ihrer selbst nie sicher sein. Eine medienpädagogische Unruhe kann im Sinne maximalen Zulassens von Disponiertheiten (vgl. Mecheril 2003a: 81), des unbehaglichen Hybriden, unüberschaubar Vielfältigen und riskant Widerständigen genutzt werden, um Praxen der Mediennutzung einen Raum zu geben, in dem die Subjekte wirksam und möglicherweise widerständig werden können. Die pädagogische Notwendigkeit, gerecht zu handeln, bleibt bestehen, ändert jedoch ihren Fokus. Es gilt nicht, einer bestimmten Ethik nach angemessen zu handeln, sondern situativ zwischen der Matrix der Dominanz, dem Potenzial widerständiger Lesarten sowie der Disponiertheit des Subjekts zu verhandeln, was gerecht in diesem Fall be240

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deutet. Performative Pädagogik heißt demnach: dem eigenen Unbehagen nachzuspüren, die situative Bedeutsamkeit von Differenzen sensibel zu verfolgen, Unterscheidungspraxen im Blick zu behalten, zwischen Störungen (Dissémination) und Bekräftigung zu changieren6. „Yet a performative pedagogy does more than textualize everyday life and reveal dominant machineries of power; it is also, as Lawrence Grossberg points out, ‘about remaking the context where context is always understood as a structure of power’. Pedagogical work in this sense informs and extends cultural studies’s long-standing concern with mobilizing knowledge and desires that may lead to significant changes in minimizing the degree of oppression in people’s lives” (Giroux 2000: 134).

„On the road“7 Die hier unternommenen Überlegungen, das Konzept der Performativität in medienpädagogische Reflexionen weiter zu denken, sind als erste Impulse zu verstehen und bedürfen an verschiedenen Stellen geplant und ungeplant der Präzisierung und Ergänzung. Diese sollen jedoch im Rahmen dieser Untersuchung nicht mehr vorgenommen, sondern an anderem Ort weitergeführt werden. Der Weg, auf welchen die hier anstellten Überlegungen ihre Leser bestenfalls bringen sollten, führt nicht direkt in die pädagogische Praxis. Vielmehr sollen die im Rahmen dieser Untersuchung diskutierten Konzepte auf Umwege und Nischen aufmerksam machen und ihren Beitrag dazu leisten, erziehungswissenschaftliche Theorien weiterzuentwickeln. Da der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf der diskursiven Erzeugung von Differenz lag, konnte etwa das Performative visueller Inszenierungen kaum berücksichtig werden, womit sich weitere medienpädagogisch interessante Anknüpfungsmöglichkeiten an die Theorie des Performativen ergeben.

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Störungen sind für eine verschiebende Pädagogik mehrfach bedeutsam. Zum einen ist es ihr – nicht normativ, jedoch – potenziell ein Anliegen, Ordnungen zu stören, Diskurse zu stören, Machverhältnisse zu stören, etwa indem Praxen der Dethematisierung und Normalisierung aus ihrer Verborgenheit hervorgeholt werden. Zum anderen ist Pädagogik auch immer selbst schon gestört. Reflexion als Teil pädagogischer Profession zu verstehen, bedeutet, dass Pädagogik immer schon eine „gestörte Praxis“ (Mecheril 2006d: 321) darstellt. Als Drittes erscheint das dem Pädagogischen inhärente Unbehagen als steter Störfaktor. Kerouac 2000. 241

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Der Begriff des Performativen besitzt das Potenzial, in weiterführenden Überlegungen zu einem Angelpunkt medienpädagogischer Reflexion der Herstellung von Differenz zu werden. Somit bleibt das Konzept zweifach bedeutsam, wenn es auch als performative Aufgabe der Pädagogik verstanden wird, Praxen der Ermächtigung zu mobilisieren und Räume resignifizierender Wirksamkeit zu eröffnen.

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A N H AN G

An dieser Stelle soll in einige bedeutsame inhaltliche Aspekte der Serie Star Trek eingeführt werden, um den Zusammenhang zur Frage nach Differenzverhältnissen zu erläutern. Dazu erscheint es notwendig, knapp auf einige Einzelheiten des narrativen Kosmos, der sich im Laufe der Jahrzehnte um die in den 60er Jahren entstandene Science-Fiction-Saga entsponnen hat, einzugehen. Zahlreiche wissenschaftliche Auseinandersetzungen haben sich auf verschiedene Art mit den mittlerweile fünf Star Trek-Serien1 beschäftigt. Der Zeitpunkt, zu dem sich die Geschichten um das Raumschiff Enterprise ereignen, ist das 24. Jahrhundert. Das Forschungsschiff Enterprise gehört zur Sternenflotte, einer Flotte von Kampf- sowie Wissenschaftsraumschiffen der Vereinten Föderation der Planeten. Hierbei handelt es sich um einen politischen und wirtschaftlichen interstellaren Zusammenschluss, der sowohl zum Schutz als auch zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Mitgliedstaaten bzw. Mitgliedplaneten der Föderation dienen soll. Interstellare Begegnungen zwischen Wesen unterschiedlicher Herkunft stellen ein wesentliches Thema der Narrationen der Serie dar, vor deren Hintergrund auf verschiedene Arten Spannungsbögen errichtet, sowie Beziehungen und Figuren entwickelt werden: Charaktere unterschiedlicher Herkunft „allow us to see stories as politicized allegories and characters as potent symbols“ (Bernard 1998: 75).

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Die deutschsprachigen Titel lauteten jeweils: Raumschiff Enterprise (ausgestrahlt von 1966-1969), Raumschiff Enterprise – Das Nächste Jahrhundert (1987-1994), Deep Space Nince (1993-1999), Voyager (19952001) und Enterprise (2001-2005). 243

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Unter der in dieser Arbeit gewählten Perspektive erscheint ein einfaches Nacherzählen der Episoden nicht möglich, da dieses, wie in der Konzeption des Performativen (vor allem in Kapitel 2) deutlich wird, immer schon eigene Lesarten sowie eine performative Verschiebung des Originaltextes hervorruft. Da gleichwohl das Konzept des Originaltextes beispielsweise im Konzept der Intertextualität2 problematisiert wird, soll diese Schwierigkeit im Folgenden jedoch pragmatisch vernachlässigt werden. In der Episode „Verbotene Liebe“ unterstützt die Besatzung der Enterprise Wissenschaftler der J’naii bei der Aufklärung eines ShuttleUnfalls. Bei der Zusammenarbeit der Offiziere wird deutlich, dass der Kontakt von großer Neugier aufeinander geprägt ist, da die Gesellschaften nicht nur sozial unterschiedlich organisiert sind, sondern diese Organisation auf der verschiedenen Bedeutung von Geschlecht für die Mitglieder dieser Gesellschaften beruht. Während die Menschen zweigeschlechtlich organisiert sind, kennen die J’naii keine zweigeschlechtliche Trennung und ebenso wenig die damit in menschlichen Gesellschaften einhergehenden Arbeitsteilungen, welche geschlechtlich kodierte Inszenierungen aufweisen. Commander Riker von der Enterprise und Commander Soren vom Wissenschaftsteam der J’naii verlieben sich – gegen die Regeln der J’naii – ineinander. Riker findet heraus, dass die geschlechtliche Homogenität, auf der das soziale System der J’naii gründet, politisch begründet ist. Das bedeutet, dass Personen, die Verhaltensweisen zeigen, die geschlechtlich kodiert sind, einer sogenannten psychotektonischen Behandlung unterzogen werden. Sorens Vergehen, sich in ein männliches Mitglied der Menschen verliebt zu haben, wird dementsprechend diszipliniert. In der Episode „Das Gesicht des Feindes“ stellt Deana Troi die Hauptfigur dar. Sie ist in der Rolle des Counsellors als psychosoziale Beraterin der Enterprise tätig. Da sie vom Planeten Betazed stammt, besitzt sie eine besondere Begabung: „Durch ihre telepathischen Fähigkeiten kann Deana Troi die Gefühlsschwankungen anderer Lebewesen er2

Der Begriff Intertextualität verweist darauf, dass Texte immer voller Verweise auf andere Texte stecken und daher keine authentische, eigene Aussage besitzen. Bernardi stellt mit Barthes fest, dass sich die Bedeutung von Texten daher immer im Spiel befindet: „If a text is intertextual and thus in play, the theory argues, then it cannot be seen as a static structure behind which lies a single truth or fixed meanings. Each text, then encourages a plurality of meanings and readings, becoming a facilitator and processor of signification” (Bernardi 1998: 113).

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ANHANG

kennen“ (Rauscher 2003: 143). In dieser Episode wird Troi von romulanischen3 Widerstandskämpfern entführt, um politisch verfolgte Hauptpersonen der romulanischen Widerstandskämpfern von der romulanischen Regierung unbemerkt ins Territorium der Förderation zu bringen. Dies gelingt ihr nur unter der Voraussetzung, dass ihre Herkunft unerkannt bleibt. Da auf dem Planeten Romulus das politische Leben wesentlich durch den Machtkampf zwischen militaristischer Regierung und dem Geheimdienst Tal Shiar strukturiert ist, ist der Alltag auf dem romulanischen Warbird, einer speziellen Schiffsklasse, auf der Troi sich in der Rolle Major Rakals wiederfindet, geprägt von Misstrauen der Crew-Mitglieder gegeneinander und dem steten Kampf um Legitimität und Autorität. Diese Episode ist deshalb von besonderem Interesse für die vorliegenden Arbeit, weil es hier um Differenz auf der Ebene von Praxen geht: Troi kann dieses Abenteuer nur bestehen, wenn sie die sozialen Praxen imitiert, die für die Romulaner, unter denen sie sich bewegt, selbstverständlich sind. Dies macht das Rituelle und die Gesetztheit dieser Praxen deutlich. Die dritte Episode, die in Auszügen betrachtet wird, ist „Das Standgericht“. An Bord der Enterprise wird ein klingonischer4 Wissenschaftler als Spion der Romulaner enttarnt und festgenommen. Eine Explosion im Maschinenraum löst kurz darauf den Verdacht aus, dass sich noch weitere verdeckte Personen auf dem Raumschiff befinden, die dieses sabotieren. Admiral Satie kommt an Bord, um die Ermittlungen in diesem Fall zu leiten. Da es sich bei den Anklagepunkten um Übermittlung sensibler Daten an Dritte sowie Sabotageverdacht handelt, geht es Satie in diesem Fall nicht allein um die Enterprise, sondern vielmehr um den Schutz der Föderation. Mehrere Crewmitglieder, darunter auch Captain Jean-Luc Picard geraten in Verdacht, am Verrat beteiligt zu 3

4

Bei Romulus handelt es sich um einen Planeten, mit dem sich die Föderation der Vereinten Planeten zur Zeit der Enterprise in einem Zustand instabilen Friedens befindet. Die Grenzen der jeweiligen Territorien werden durch einen Streifen der „Neutralen Zone“, die nach einem gemeinsamen Abkommen von beiden Parteien nicht passiert werden darf, sowie ständige Patrouillen gesichert. Die Beziehung der Föderation zu dem klingonischen Planeten Kronos hat eine lange Geschichte innerhalb der Star Trek-Narration. Gegen Ende der Ära Kirk (Raumschiff Enterprise) schließt die Föderation nach schwierigen Verhandlungen Frieden mit Kronos. Die Erzählung dieses Verhältnisses ist auch in späteren Episoden geprägt durch eine Inszenierung rassischer, kultureller und sozialer Differenzen, ebenso wie das im Vergleich noch junge Verhältnis zwischen Mitgliedern der Föderation und Romulanern. 245

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sein. Interessant ist diese Folge, weil die während der Ermittlungen vorgenommenen Untersuchungen und Verhöre besonders solche Mitglieder (oder deren Eltern) der Enterprise-Crew betreffen, die nicht von der Erde, sondern von anderen Planeten stammen. Was hier thematisiert wird, ist eine rassistisch motivierte Inquisition5. Es wurde keine spezielle Auswahl der Episoden vorgenommen. Als inter-rassische Konflikte inszenierte Differenzen wie sie in allen drei ausgewählten sowie zahlreichen anderen Star Trek-Episoden auftauchen, sind nützlich, den Darstellungscharakter von Differenz deutlicher zu umreißen, stellen jedoch nicht den Fokus der vorliegenden Arbeit dar, da die Frage nach Differenz zahlreiche Verhältnisse sowie Praxen ihrer Herstellung ins Auge fasst, von denen die Praxis Rasse nur eine darstellt. Bei dem Blick auf Verhältnisse der Differenz geht es in dieser Arbeit besonders um den Modus der Herstellung dieser Verhältnisse. Für die Diskussionen im Text wurden Szenen gewählt, die etwa zur Illustration bestimmter – bspw. diskurstheoretischer – Begriffe besonders geeignet erschienen, wie sich konkreten Fall, z.B. in Kapitel 3) erkennen lässt.

5

Zur Bedeutung von Rasse bei Star Trek siehe auch Bernardi 1998, Pounds 1999.

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PERFORMATIVITÄT ALS MEDIENPÄDAGOGISCHE PERSPEKTIVE

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Filmographie Star Trek – Das nächste Jahrhundert Star Trek – The next Generation USA 1987-1994, 177 Episoden Patrick Stewart, Brent Spiner, Michael Dorn, Jonathan Frakes, Gates McFadden, Levar Burton, Marina Sirtis, Whoopi Goldberg, Dwight Schulz, Colm Meaney u.a. Episode 95 Das Standgericht The drumhead Dt. Erstausstrahlung: 17.03.1994 Buch: Jeri Taylor Episode 117 Verbotene Liebe The outcast Dt. Erstausstrahlung: 27.04.1994 Buch: Jeri Taylor Episode 140 Das Gesicht des Feindes Face of the enemy Dt. Erstausstrahlung: 06.06.1994 Buch: Naren Shankar, Rene Echevarria

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Pädagogik Kathrin Audehm Erziehung bei Tisch Zur sozialen Magie eines Familienrituals 2007, 226 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-89942-617-5

Johannes Giesinger Autonomie und Verletzlichkeit Der moralische Status von Kindern und die Rechtfertigung von Erziehung 2007, 218 Seiten, kart., 23,80 €, ISBN 978-3-89942-795-0

Fabian Lamp Soziale Arbeit zwischen Umverteilung und Anerkennung Der Umgang mit Differenz in der sozialpädagogischen Theorie und Praxis 2007, 258 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN 978-3-89942-662-5

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Pädagogik Antje Langer Disziplinieren und entspannen Körper in der Schule – eine diskursanalytische Ethnographie 2008, 310 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-932-9

Paul Mecheril, Monika Witsch (Hg.) Cultural Studies und Pädagogik Kritische Artikulationen 2006, 322 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-89942-366-2

Christiane Thompson, Gabriele Weiss (Hg.) Bildende Widerstände – widerständige Bildung Blickwechsel zwischen Pädagogik und Philosophie 2008, 228 Seiten, kart., 26,80 €, ISBN 978-3-89942-859-9

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Pädagogik Autostadt GmbH (Hg.) DENK(T)RÄUME Mobilität Bildung – Bewegung – Halt 2005, 176 Seiten, kart., 17,80 €, ISBN 978-3-89942-357-0

Ruprecht Mattig Rock und Pop als Ritual Über das Erwachsenwerden in der Mediengesellschaft März 2009, 264 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1094-9

Thomas Brüsemeister, Klaus-Dieter Eubel (Hg.) Zur Modernisierung der Schule Leitideen – Konzepte – Akteure. Ein Überblick

Christian Schütte-Bäumner Que(e)r durch die Soziale Arbeit Professionelle Praxis in den AIDS-Hilfen

2003, 426 Seiten, kart., 26,80 €, ISBN 978-3-89942-120-0

2007, 304 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-717-2

Wiltrud Gieseke, Steffi Robak, Ming-Lieh Wu (Hg.) Transkulturelle Perspektiven auf Kulturen des Lernens

Ellen Schwitalski »Werde, die du bist« Pionierinnen der Reformpädagogik. Die Odenwaldschule im Kaiserreich und in der Weimarer Republik

Juli 2009, ca. 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1056-7

2004, 394 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-89942-206-1

Peter Kossack Lernen Beraten Eine dekonstruktive Analyse des Diskurses zur Weiterbildung 2006, 218 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN 978-3-89942-294-8

Thorsten Kubitza Identität – Verkörperung – Bildung Pädagogische Perspektiven der Philosophischen Anthropologie Helmuth Plessners 2005, 352 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-89942-318-1

Felicitas Lowinski Bewegung im Dazwischen Ein körperorientierter Ansatz für kulturpädagogische Projekte mit benachteiligten Jugendlichen 2007, 242 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN 978-3-89942-726-4

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