Passa und Ostern. Untersuchungen zur Osterfeier der alten Kirche

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Passa und Ostern. Untersuchungen zur Osterfeier der alten Kirche

Table of contents :
Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfeier am Sonntag
§ 1. Jüdisches und christliches Passa
§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi für das quartodezimanische Passa
§ 3. Melito von Sardes – kein Quartodezimaner
§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag
§ 5. Die Osterentscheidung von Nicaea
§ 6. Auseinandersetzungen über den Ostertermin nach dem nicaenischen Konzil
Kapitel II. Altes und neues Passa
§ 7. Typologie und Allegorie
§ 8. Passatypologie
§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12
Kapitel III. Karfreitag und Ostern
§ 10. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des zweiten und dritten Jahrhunderts
§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des vierten und fünften Jahrhunderts: Der Westen
§ 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im vierten und fünften Jahrhundert: Der Osten
Kapitel IV. Ostern und Parusie
§ 13. Die Parusieerwartung in der quartodezimanischen Passafeier
§ 14. Parusieerwartung und Auferstehungshoffnung in der Osterfeier der alten Kirche
Schluß
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abkürzungen
Quellen: Predigten zum Osterfestkreis und verwandte Literatur
Literatur
Quellenregister

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Wolfgang Huber

Passa und Ostern Untersuchungen zur Osterfeier der alten Kirche

Verlag Alfred Töpelmann Berlin 1969

Beiheft zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche Herausgegeben von Walther Eltester Beiheft 35

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

© 1969 by Alfred Töpelmann, Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomedianisdien Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Paul Funk, Berlin 30 Archiv-Nr. 3825691

Herrn Prof. D. Walther Eltester in Dankbarkeit zugeeignet

Vorwort Die Frage nach der Entstehung und Entwicklung der diristlichen Feste scheint gegenwärtig nur ein eingeschränktes Interesse zu erwecken. Dennoch ist die Ausgestaltung und Formung des Kirchenjahres ein Thema, in dem verschiedene Linien der Kirchengeschichte, die oft nur unverbunden nebeneinandergestellt werden, zusammentreffen. Denn die Geschichte der Osterpredigt und des Osterfestes in den ersten christlichen Jahrhunderten, um die es in dieser Arbeit geht, erweist sich als ein Schnittpunkt von Dogmengeschichte und kirchlicher Wirklichkeit. So eröffnet dieses Thema die Möglichkeit, von einem einseitigen Verständnis der Dogmengeschichte als einer reinen Geschichte der Ideen und der großen Theologen wegzukommen hin zu einem Verständnis der Dogmengeschichte, das diese in Relation zum Leben der Kirche sieht. Und ebenso zeigt sich der Zusammenhang der Geschichte der kirchlichen Feste mit dem Wandel in der Gestalt der Kirche. Die Geschichte der Hermeneutik muß bei diesem Thema ebenso mitbedacht werden wie die Geschichte der Christologie; denn es geht im Wandel der Osterfeier und des Osterverständnisses zugleich um die Frage nach dem Verständnis des Alten und Neuen Testaments wie um die Frage nach dem Verständnis von Tod und Auferstehung Jesu — und damit um auch uns heute noch bewegende Fragen. Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 1965/66 von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen als Dissertation angenommen worden. Die Überarbeitung für den Druck habe ich im Frühjahr 1967 abgeschlossen; seitdem erschienene oder mir zugänglich gewordene Literatur konnte ich nur in Ausnahmefällen berücksichtigen. Meinen Eltern habe ich für vielfache Unterstützung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine namhafte Druckkostenbeihilfe zu danken. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. D. Walther Eltester, der diese Arbeit angeregt, mit seinem Rat und seiner Hilfe ständig begleitet und schließlich in die Reihe der Beihefte zur Z N W aufgenommen hat. Heidelberg, im November 1968 Wolfgang Huber

Inhaltsverzeichnis Seite

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfeier am Sonntag—

l

§ 1. Jüdisches und christliches Passa 1. Das jüdische Passa 2. Verbindungen zwischen jüdischem und quartodezimanischem Passa . . 3. Unterschiede zwischen jüdischem und quartodezimanischem Passa . . .

1 2 3 8

§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi für das quartodezimanische Passa 1. Zur Quellenlage 2. Hippolyts Bericht über die Quartodezimaner 3. Das Gedächtnis des Todes Jesu im quartodezimanischen Passa 4. Die Anerkennung der »johanneischen« Passionschronologie durch die Quartodezimaner 5. Das Gedächtnis der Auferstehung Jesu im quartodezimanischen Passa § 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner 1. Verlesung und Erklärung von Exodus 12 2. Das Zeugnis des Polykrates von Ephesus 3. Melitos Schrift »Über das Passa« 4. Melitos Osterpredigt

25 31 31 33 37 41

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag 1. Neuere Thesen zum Ursprung der Osterfeier am Sonntag 2. Die Entstehung der Osterfeier am Sonntag in Jerusalem 3. Die Einführung der Osterfeier am Sonntag in Rom

45 45 49 55

§ 5. Die Osterentscheidung von Nicaea 1. Selbständige christliche Osterberechnung und Anschluß an den jüdischen Passatermin 2. Der Charakter der Osterentscheidung von Nicaea 3. Die Osterfeier »mit den Juden«

61 61 64 69

§ 6. Auseinandersetzungen über den Ostertermin nach dem nicaenischen Konzil 1. Osterfeier »mit den Juden« nach dem Konzil von Nicaea 2. Quartodezimaner und Montanisten

75 75 84

Kapitel II. Altes und neues Passa § 7. Typologie und Allegorie 1. Grundsätzliche Erwägungen 2. »Zweistufige« und »dreistufige« Typologie 3. Die typologische Theorie des Melito von Sardes 4. Die typologische Theorie der Zeit nach Melito

12 12 14 16 21

89 89 89 92 95 104

X

Inhaltsverzeichnis Seite

§ 8. Passatypologie 1. Passatypologie im Neuen Testament 2. Pascha — Passio 3. Pascha — Transitus 4. Passa und Eucharistie 5. Passatypologie und Judenpolemik 6. Das Zurücktreten der Passatypologie

108 108 112 120 129 135 137

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12 1. Die Frage der exegetisdien Traditionen 2. Einzelne Interpretationen 3. Abhängigkeit von Traditionen und Eigenständigkeit

139 140 141 146

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

148

§ 10. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des zweiten und dritten Jahrhunderts 148 1. Melito von Sardes 149 2. Tertullian 150 3. Die monardiianische Osterpredigt 152 4. Origenes 155 § 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des vierten und fünften Jahrhunderts: Der Westen 1. »Historisierung« des Osterfestkreises im vierten Jahrhundert Exkurs: Zur Entstehung des Himmelfahrtsfestes 2. Ambrosius und Origenes 3. Augustin 4. Andere lateinische Autoren 5. Der Sieg der »historisierenden« Auffassung: Leo der Große

156 156 158 165 170 178 183

§ 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im vierten und fünften Jahrhundert: Der Osten 1. Die alte Osterauffassung bei Euseb von Cäsarea und Athanasius . . . . 2. Christologische Ursachen für die neue Auffassung des Osterfestes . . . 3. Soteriologische Ursachen für die neue Auffassung des Osterfestes . . . 4. Die Höllenfahrt Christi 5. Predigtreihen 6. Christi Himmelfahrt

186 186 189 194 197 203 206

Kapitel IV. Ostern und Parusie

209

§ 13. Die Parusieerwartung in 1. Die Parusieerwartung 2. Die Parusieerwartung 3. Die Parusieerwartung

209 209 213 215

der quartodezimanischen Passafeier in der Epistula Apostolorum am Passa im Judentum in der Nacht im Neuen Testament

§ 14. Parusieerwartung und Auferstehungshoffnung in der Osterfeier der alten Kirdie 1. Die termingebundene Parusieerwartung in der altkirdilichen Osterfeier 2. Auferstehung Christi und Endauferstehung

218 218 223

Inhaltsverzeichnis

XI Seite

Schluß

229

Quellen- und Literaturverzeichnis

230

Abkürzungen 230 Quellen: Predigten zum Osterfestkreis und verwandte Literatur . . . . 231 Literatur 235

Quellenregister

247

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfeier am Sonntag 5 1.

Jüdisches und christliches Passa

Die erste christliche Gemeinde verblieb zunächst innerhalb des jüdischen Volkes; als Juden unterwarfen sich die ältesten Christen noch zumindest im Äußerlichen den Ordnungen des Judentums. Zwar entstanden schon früh besondere christliche Gottesdienst- und Fasttage. Doch zeigen auch diese noch auf ihre Weise die Abhängigkeit vom Judentum. Die Christen setzten sich polemisch von den Juden ab, indem sie, statt wie diese am Montag und Donnerstag, am Mittwoch und Freitag fasteten 1 ; daß etwa die Didaskalie 2 die Wahl der beiden Fasttage aus der Passionschronologie — es handle sich um den Tag der Gefangennahme und den der Kreuzigung Christi — begründet, vermag diesen Tatbestand nicht zu verschleiern. Allein schon die Wahl zweier Fasttage spricht dafür, daß der christliche Brauch dem jüdischen seinen Ursprung verdankt. Gleiches gilt für die Sonntagsfeier 5 , durch die die Christen sich von der Sabbatfeier der Juden trennten. Die Loslösung der Christen von den jüdischen Fast- und Gottesdiensttagen geht in sehr frühe Zeit zurück. Im Termin ihrer Passafeier 4 jedoch sind die Christen den Juden länger treu geblieben. Noch am Ende des zweiten Jahrhunderts feierte ein großer Teil der Christen der römischen Provinz Asia Passa am 14. Nisan, also am Tag des jüdischen Passafestes. Es handelt sich dabei jedoch nicht nur um eine Gleichheit des Termins.

1

1

Vgl. Did. 8 i.

2

H . Achelis - J . Flemming, Die ältesten Quellen des orientalischen Kirdienredits II, T U 25, Leipzig 1904, S. 107, 11 und 25 ff. Weitere Belege für diese Begründung der Fasttage bei A. Jaubert, L a date de la Cine. Calendrier biblique et liturgie chritienne, Paris 1957, S. 87 ff.

3

Vgl. v. a. C. Callewaert, D e Jeruzalemsdie Oorsprong van den Zondag. Ons Liturgisch Tijdschrift 1934/35, S. 1 f f . ; 31 ff., 53 f f . ; 77 f f . ; W. Rordorf, Der Sonntag. Geschichte des Ruhe- und Gottesdiensttages im ältesten Christentum, 1962. Siehe unten S. 49 ff.

1

Zu ihrer Abhängigkeit vom jüdischen Passa vgl. den grundlegenden Aufsatz von E. Schwartz, Osterbetraditungen. Gesammelte Schriften V, 1963, S. 1—41; ders., Christliche und jüdische Ostertafeln, 1905, S. 104—121.

Huber

2

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

1. Das jüdische Passa Nach seinem Ursprung ist das israelitische Passa eine kultische Handlung, die ihren Sitz im Hirtenleben hat 5 . Unmittelbar vor dem alljährlich im Frühjahr stattfindenden Weidewechsel aus dem Wüstenbereich ins Kulturland begehen die Hirten einen apotropäischen Ritus, in dem jede Familie ein Kleinvieh als Opfer darbringt und die Zelteingänge mit seinem Blut bestreicht. Schon früh hat Israel diesen Ritus übernommen6. Sein Zweck ist nun nicht mehr die Abwehr von Dämonen, die Herden und Menschen bedrohen, sondern Passa ist ein kultischer Akt, in dem sich Israel seine Errettung aus der ägyptischen Knechtschaft vergegenwärtigt. Jahwe steht im Mittelpunkt der Feier, deren Gegenstand das Grund-Ereignis der israelitischen Heilsgeschichte ist. Dabei ist es nicht ganz sicher, ob das Fest im Kulturland immer gefeiert wurde. Erst die Reform des Josia im Jahr 621 v.Chr. jedenfalls zieht das — vorher in der Einzelfamilie gefeierte — Passafest an das zentrale Heiligtum in Jerusalem und verbindet es mit dem Frühlingsfest der Massot7. Das Fest erfährt eine allmähliche Ausbildung8. Zum Hauptfest Israels wird es aber erst nach der Rückkehr aus dem Exil 9 ; es erhält diese überragende Bedeutung nicht nur im Kultus des Jerusalemer Tempels, sondern audi bei den Samaritanern10. Passa ist das 5

Vgl. L. Rost, Weidewechsel und altisraelitischer Festkalender. Z D P V 66,

1943,

S. 2 0 5 — 2 1 6 . 6

Vgl. H . - J . Kraus, Zur Geschichte des Passah-Massot-Festes im Alten Testament. EvTheol 18, 1958, S. 4 7 — 6 7 ; ders., Gottesdienst in Israel, 2. Aufl., 1962, S. 61 ff.; E. Kutsch, Erwägungen zur Geschichte der Passahfeier und des Massotfestes. Z T h K 55, 1958, S. 1 — 3 5 .

* Vgl. I I Reg 23 22; D t 16 1 ff. Nach I I Reg 23 22 wird durch die josianisdie Reform ein Brauch wieder eingeführt, der schon in der Richterzeit bestanden hatte. D a f ü r , daß diese Nachricht historisch glaubwürdig ist, führt H . - J . Kraus J o s 5 10 ff. an, den Bericht von einem Passa-Massot-Fest, das »ganz Israel« am Gilgal beging. H . - J . Kraus, Gilgal — Ein Beitrag zur Kultusgeschichte Israels.

Vgl.

V T 1, 1951,

S. 1 8 1 — 1 9 9 ; ders., Gottesdienst in Israel, S. 67, 191. 8

Vgl. Lev 234 ff.; E z 45 21 ff.

9

Num 2 8 ; Esr6i9ff.

10

Vgl. J . Jeremias, Die Passahfeier der Samaritaner und ihre Bedeutung für das Verständnis der alttestamentlichen Passahüberlieferung ( B Z A W 59), 1932. — In denselben Zusammenhang gehört vielleicht der unter den Elephantine-Urkunden erhaltene Massot-Erlaß Darius' I I . aus dem J a h r 4 1 9 v.Chr. (Pap. Cowley N r . 2 1 ; H . Greßmann, Altorientalische Texte zum Alten Testament, 2. Aufl. 1926, S. 4 5 3 ; K . Galling, Textbuch zur Geschichte Israels, 1950, S. 73), der dieses Fest in der jüdischen Siedlung in Elephantine einführen soll; allerdings ist es nicht völlig sicher, ob in einer geringen Textlücke das Passa erwähnt war. Vgl. P . G r i l o t , Etudes sur le Papyrus Pascal d'Elephantine. V T 4, 1954, S. 3 4 9 — 3 8 4 ; ders., Le Papyrus Pascal d'Elephantine et le probleme du Pentateuque. V T 5, 1955, S. 2 5 0 — 2 6 5 .

§ 1. Jüdisches und christliches Passa

3

Fest, bei dem sich die ganze Kultgemeinde versammelt, um in Reinheit Gott zu ehren11; es wird zum großen Wallfahrtsfest des Judentums. Nach den Schätzungen von J. Jeremias12 strömten in der letzten Zeit vor der Zerstörung des Tempels 85 000 bis 125 000 Wallfahrer alljährlich zum Passa nach Jerusalem. Schon im ersten vorchristlichen Jahrhundert war die Zahl der Festteilnehmer so groß, daß die Passalämmer zwar noch auf dem Tempelvorplatz geschlachtet, aber nicht mehr dort verzehrt wurden 13 . Neben das Gedächtnis der vergangenen Heilsgeschichte tritt dabei im jüdischen Passa die Erwartung des kommenden Messias. In der Passanacht soll der Messias erscheinen. Die vier wesentlichen Ereignisse der Heilsgeschichte fallen in diese eine »Nacht der Beobachtung«14: sie ist die Nacht der Schöpfung, die Nacht des Abrahambundes, die Nacht der Befreiung aus Ägypten, die Nacht der bevorstehenden Erlösung, in der Moses und der Messias, mit dem Memra Jahwes zwischen sich, auf dem Gipfel der Wolke kommen werden15. Auch Hieronymus kennt diese Messias-Erwartung der Juden 16 : Traditio Iudaeorum est, Christum media nocte venturum in similitudinem Aegypti temporis, quando Pascha celebratum est, et exterminator venit, et Dominus super tabernacula transiit, et sanguine agni postes nostrarum frontium consecrati sunt.

In der Nacht der vergangenen Erlösung wird also die zukünftige Erlösung erwartet".

2. Verbindungen zwischen jüdischem und quartodezimanischem Passa Diese jüdische Passa-Erwartung hat Eingang in das christliche Passafest gefunden 18 . Die frühen Christen erwarten in der Passanacht die Parusie des Herrn. Man darf freilich diese christliche Passaerwartung nicht 11

Vgl. Esr 6 2i.

12

J.Jeremias, Jerusalem zur Zeit Jesu, 3. Aufl. 1962, S. 90—98; ders., Die Abendmahlsworte Jesu, 3. Aufl. 1960, S. 36.

13

J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, S. 37.

14

(vgl. Ex 12 42), d. h. die »Nacht, auf die man acht hat, weil sie beachtenswert ist« (Billerbeck IV, 1, S. 54). S. dazu wie zu dem ganzen Abschnitt unten S. 213 ff.

15

Targ. Jer. II Ex 15 ie; vgl. J. Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, S. 198 (mit weiterer Literatur).

16

in Matth. IV, 25, 6 (PL 26, 192 A).

17

Vgl. Mekh. Ex 12 *s, zitiert bei J. Jeremias, aaO.

18

Vgl. audi unten S. 209 ff.

1*

4

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

überbewerten 19 . Eindeutig begegnet sie zuerst in der Epistula Apostolorum20; in der Folgezeit findet sie sich nur in vereinzelten Texten. Doch beschränkt sich die Verbindung von christlichem und jüdischem Passa nicht auf den gleichen Termin und die beiden gemeinsame eschatologische Erwartung. Allerdings können weitere Verbindungslinien zwischen jüdischer und christlicher Feier nur hypothetisch gezogen werden, da ausreichende Quellen für die älteste Zeit des christlichen Passa nicht zur Verfügung stehen. Dennoch seien, bevor wir uns der durch Quellen besser belegten Feier des 2. Jahrhunderts zuwenden, einige Vermutungen vorausgeschickt. Nach Pes 10 iff.21 — einem Text, von dem man annehmen kann, daß er den Verlauf des Passa auch für die ältere Zeit zutreffend wiedergibt — gehört zu den festen Bestandteilen des Passamahles, daß einer der jüngeren Teilnehmer nach der Bedeutung dieser Nacht fragt. Zur Beantwortung dieser Frage erzählt und erläutert der Hausvater die Auszugsgeschichte im Anschluß an Dt 26 5-11. Dabei liegt großes Gewicht auf der Erläuterung der drei Besonderheiten des Passamahles: Passalamm, ungesäuertes Brot und Bitterkräuter. Etwas Ähnliches ist schon für die frühe christliche Passafeier wahrscheinlich32, allerdings mit dem Unterschied, daß nicht Dt 26 5-11 verlesen wird, wie nach Pes 10 4 23, sondern der Bericht von der Einsetzung des Passa in Ex 12; an die Verlesung des Textes schließt sich eine Auslegung an. Das älteste direkte Zeugnis für diesen Brauch ist die Osterpredigt des Melito von Sardes. Ein weiterer Zusammenhang läßt sich noch wahrscheinlich machen. Beim jüdischen Passa wurden die Hallel-Psalmen 24 im Wechselgesang vorgetragen. Die erste Hälfte dieses Passa-Hallel 28 wurde nach der Passahaggada, der Erläuterung des »Besonderen dieser Nacht« durch den Hausvater, die zweite Hälfte 28 nach Schluß der Mahlzeit rezitiert27. Dabei kam 19 20

21 22 23

24 25 26 27

Zu der Frage, ob sie sich schon im Neuen Testament findet, s. unten S. 215 ff. Kap. 16 f.; C.Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern nach der Auferstehung, T U 43, Leipzig 1919, S. 56—59; H . Duensing, Epistula Apostolorum, Kleine Texte 152, Bonn 1925, S. 14 f.; ders. bei Hennecke-Sdineemelcher, Neutestamentliche Apokryphen Bd. I, 3. Aufl. Tübingen 1959, S. 134 f.; zu der von B.Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, 1953, S. 78 ff. vorgeschlagenen Textkorrektur s. unten S. 209 f. Vgl. Billerbeck IV, 1, S. 56 ff. Zum Einzelnen s. unten S. 209 ff. D t 26 s—n begegnet auch nicht in den alttestamentlichen Lektionen für die Ostervigil, die uns aus späterer Zeit überliefert sind. Vgl. etwa A. Rahlfs, Die alttestamentlichen Lektionen der griechischen Kirche. Gött.Gel.Nachr. 1915, S. 28—136, und für Jerusalem F. C. Conybeare, Rituale Armenorum, Oxford 1905, S. 520 ff. Ps 113—118. nach den Schammaiten Ps 113, nach den Hilleliten Ps 113 und 114. Ps 114 bzw. 115 bis 118. Pes 10 7.

§ 1. Jüdisches und christliches Passa

5

dem abschließenden Psalm 118 besondere Bedeutung zu. Ps 118 25-29 wurde als »liturgische Antizipation der Parusie des Messias rezitiert«28: Im Wechselgesang vorgetragen, schildern die Verse die Ereignisse am Tage der Parusie. Diesen Tag der Parusie bezeichnet der Vers 24: »Dies ist der Tag, den Jahwe gemacht hat«29. Das Neue Testament verrät in der Erzählung vom Einzug Jesu in Jerusalem30 bereits Kenntnis von der messianischen Deutung31 des Psalms32. Es entspricht genau dem Midrasch, daß die Worte aus P s l l 8 dem einziehenden Messias entgegengerufen werden33. Aus den Quellen des 2. und 3. Jahrhunderts34 läßt sich weder für das quartodezimanisdie35 Passa noch für die Osterfeier am Sonntag die Ver23 29 30 31 32

33

34

35

Jeremias, Abendmahlsworte, S. 30. Midr. Ps. 118, § 2 2 ; vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, S. 247 f. M e l i »f.par. Vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, S. 248 f. Vgl. zur Einzugsgesdiichte noch J. Wellhausen, Das Evangelium Marci, 2. Aufl. Berlin 1909, S. 87 f.; Billerbeck I, S. 845 ff.; auch F. Hahn, Christologische Hoheitstitel, FRLANT 83, 2. Aufl. Göttingen 1964, S. 87. Zu den weiteren neutestamentlidien Belegen für Ps 118 und seine messianisdie bzw. esdiatologisdie Deutung (Mc 8 31 f. par; Mt 23 39 par) vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, S. 249 f. Wenigstens für die Eudiaristiefeier ließe sich die Verwendung von P s l l 8 aus Did 101 nachweisen, wenn die von J. Jeremias, Abendmahlsworte, S. 245, Anm. 1 vorgeschlagene Konjektur ωσαννά τ φ οΐκφ Δαυίδ anstelle des von der Handschrift überlieferten ωσαννά τ φ θεφ Δαυίδ berechtigt wäre. Doch handelt es sich bei dieser Konjektur um eine Erleichterung, die wohl nicht zu vertreten ist, so daß die Didache als Beleg f ü r die altkirchliche Verwendung von P s l l 8 nicht in Frage kommt. B. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 9, Anm. 1, vertritt die Meinung, die »korrekte Schreibweise« sei nicht Quartodezimaner, sondern Quartadecimaner, da der Name diejenigen bezeichne, »die die quarta deeima (sc. des Mondmonats) einhalten«. Daraus werde das Substantiv τεσσαρεσκαιδεκατϊτες bzw. »quartadeeimani« gebildet, »das in den älteren lat. Quellen bzw. Ubersetzungen aus dem Griechischen begegnet«. Leider kann Lohse für diese letzte These nur PG 83,405/06, d. h. aber die von Migne aus der Theodoret-Ausgabe von J . L. Schulze, Halle 1769 ff. (!) übernommene Ubersetzung von Theodorets Haereticarum Fabularum Compendium III, 4 (der Stelle über die τεσσαρεσκαιδεκατϊτες) anführen. Schulzes lateinische Ubersetzung ist ihrerseits eine Überarbeitung der Obersetzung, die J. Sirmond seiner Theodoret-Ausgabe, Paris 1642, beigegeben hat. Wesentlich weiter zurück führt aber der auch von den Lexica (Klotz s. v.; Georges s. v.) gegebene Hinweis auf Cassiodors Historia ecclesiastica. Der Index der Ausgabe von JacobHanslik (CSEL71, 1952) verzeichnet für Quartodecimani folgende Stellen: Hist, eccl. IX, 38, Z. 43, 49, 85 f., 161; X, 20, Z. 37 f. X I I , 4, Z. 36. Unter den Varianten zu diesen Stellen begegnet zwar quarto deeim anni und audi quartuor deeim anni bzw. -os (Zeugnisse dafür, daß die Abschreiber den Ausdruck nicht mehr verstanden haben), aber niemals quartadeeimani. Alle Varianten weisen auf quarto-

6

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

Wendung von Ps 118 nachweisen. Jedoch zeigen die Osterpredigten des 4. und 5. Jahrhunderts, daß zu dieser Zeit dem Psalm 118 eine besondere Bedeutung zukam. Die Quellen ergeben für die lateinische Kirche mit Sicherheit, für die griechische Kirche mit großer Wahrscheinlichkeit, daß der spätere »Osterpsalm« Psalm 118 schon im vierten Jahrhundert zu den Lektionen des Ostersonntagsgottesdienstes gehörte36. Da frühere Quellen fehlen, läßt sich der Beweis nicht führen, daß dieser Brauch im jüdischen Passa seine Wurzel hat. Doch wenn man die besondere Bedeutung, die dem Psalm dort zukam, bedenkt, mag man wohl eine solche Verbindung für möglich halten. Man kann es indessen nicht für ausgeschlossen halten, daß die Aufnahme des Psalms unter die Lesungen des Ostersonntags nicht dem jüdischen Brauch, sondern der christlichen Exegese entstammt. Im jüdischen Passa wurde der Psalm eschatologisch, als Beschreibung der zukünftigen Parusie des Messias, verstanden. Seine Verwendung in der neutestamentlichen Einzugsgeschichte zeigt schon eine gewisse Wandlung: Ps 118 25 f. werden dem gegenwärtig einziehenden eschatologischen Messias entgegengerufen. Die Interpretationen des Psalms in den späteren Osterpredigten machen an einem einzelnen Punkt den Wandel deutlich, der sich vom jüdischen über das quartodezimanische Passa zur ausgebildeten altkirchlichen Osterfeier vollzogen hat. Wie im jüdischen, so stand auch im quartodezimanischen Passa die Erwartung der Parusie in der decimani als älteste Lesart zurück. Audi die lateinischen Obersetzungen der Akten des Konzils von Ephesus, die der Mitte des 6. Jahrhunderts angehören, bieten ausschließlich Quartodecimanus als Wiedergabe des griechischen τεσσαρεσκαιδεκατίτα (vgl. Schwartz, A C O I , 3, S. 132, 5 ff.; I I , 3 , 1 , S. 215, 22 ff.). Auch in der lateinischen Übersetzung des Kanon 7 von Laodicea (C. H. Turner, Ecclesiae Occidentalis Monumenta Iuris Antiquissimi I I , S. 346) ist nach der überwiegenden Mehrheit der Zeugen Quartodecimani zu lesen. Merkwürdig ist die Fassung, die die Epitome Hispana dem Kanon gibt: sie spridit von Quartadecimafus (Turner, S. 347) und meint damit offenbar, diese »Sekte« sei — ebenso wie die Novatianer von dem im selben Zusammenhang erwähnten Novatian — von einem Mann namens Quartadecimatus gegründet worden. Die Schreibweise Quartedecimani begegnet zuerst bei Ferrandus, Breviatio Canonum (PL 67, 177 C ; vgl. Forcellini s. v.). Doch da von Ferrandus noch keine kritische Edition vorliegt, ist auf diese Schreibweise kein Verlaß. Während Lohse »Quartodezimaner« als eine »spätere Wortbildung« bezeichnet, ist es vielmehr die älteste textkritisch gesicherte Schreibweise; ich halte deshalb mit der früheren Forschung an ihr fest. (Einige Hinweise 2u dem Vorkommen von quarto- und quartadecimanus verdanke ich dem Thesaurus linguae latinae, München.) 86

Vgl. für die griechische Kirche: Gregor von Nyssa, Horn. I, I I I , I V in Christi Resurrectionem (PG 46, 605 A, 656 D, 681 C); Ps. Epiphanius, Horn. I I I in die Resurrectionis ( P G 4 3 , 465 B); für die lateinische Kirche: Augustin, Sermo Guelferb, 8 (G. Morin, Miscellanea Agostiniana I, 1931, S. 465), Sermo 120, 230, 258 (PL 38, 678, 1103, 1194); Hieronymus, In die dominica Paschae I, I I (S. 545, 548

7

§ 1. Jüdisches und christliches Passa

Passanacht sehr stark im Vordergrund 37 . »Der Tag, den Jahwe gemacht hat,« 38 ist nach der jüdischen Auslegung der Tag der Parusie. Daß auch die frühen Christen den Vers so verstanden haben, ist möglich. In den späteren Osterpredigten jedoch ist »der Tag, den der Herr gemacht hat«, der Tag der Auferstehung Christi. E r ist der Tag der Erfüllung, der Tag, der die einmalige und ausgezeichnete Bedeutung hat, die die Juden dem Tag der Parusie zuschrieben. Für die Christen hat sich am Auferstehungstag der »eschatologische« Tag, den die Juden noch erwarten, bereits ereignet. Eigentlich kann dieser Tag weder Tag noch Nacht genannt werden 39 , »Tag nicht, weil die Sonne nicht scheint, Nacht nicht, weil keine Finsternis herrscht« 40 . An diesem Tag, »der Spitze und Akropolis aller Feste«, machte Gott dem Unglauben der Heiden und ihren Festen ebenso ein Ende wie dem Passa der Juden; »an diesem Tag erfüllte er den ganzen Typos, den Schatten und die Prophezeiung« 41 . Dieser einmalige, von allen unterschiedene Tag wiederholt sich in jeder Osterfeier. Dieser Tag ist das Licht, das die Finsternis vertreibt. Deshalb kann Augustin Ps 118 24, wenn er an Ostern darüber predigt, auch auf die Neugetauften und auf die Kirche beziehen. Die Neugetauften sind »der Tag, den der Herr gemacht hat«, weil sie in der Taufe, die ein Nachvollzug des Todes und der Auferstehung Christi ist, Licht geworden sind und sich so der Tag der Auferstehung, der der Welt das Licht brachte, in ihnen widerspiegelt42. Meistens beschränkt sich die Bezugnahme auf Ps 118 auf den Vers 24; doch ist das nicht immer so. Hieronymus etwa hält eine ganze Predigt 43 über diese Lektion des Ostersonntags. E r beginnt seine Auslegung mit Vers 19 den er als Befehl des von der Hölle zurückkehrenden und in den Himmel aufsteigenden45 Herrn deutet, und schließt mit den Versen 25 f., bei denen er ausdrücklich darauf hinweist, daß sie sich bereits M c l l s f . finden. In der Auslegung des V . 24 geht er über seine Vorgänger hinaus. Er bezieht ihn nicht nur auf den Tag der Auferstehung und die jährliche Gedächtnisfeier dieses Tages, sondern auf jeden SonnMorin, CChL 78); Gaudentius von Brescia, Tractatus I, III (S. 22, 33 Glück, CSEL 68); Maximus von Turin, Sermo 53 (S. 214 Mutzenbecher, CChL 23); Ps. Ambrosius, Sermo 35 (PL 17, 697); Ps. Augustin, Sermo Caillau-Saint-Yves 1 , 2 7 ; 1 , 3 1 ; 1 , 3 3 ; Sermo Mai 90; Sermo Mai 155 (PLS II, 954, 965, 970, 1199, 1254); Caesarius von Arles, Sermo 204 (S. 819 Morin, CChL 104). 37

Vgl. dazu unten S. 209 ff.

38

Ps 118 24; s. oben S. 4 ff.

39

Vgl. Sadi 14 n.

40

Gregor von Nyssa, PG 46, 605 A.

41

Ps. Epiphanius, PG 43, 468 B.

42

Augustin, PL 3 8 , 6 7 8 , 1 1 9 5 .

43

CChL 78, 548—551.

44

»Aperite mihi portas, iustitiae: ingressus in eas confitebor

45

Vgl. dazu unten S. 180 f.

Domino.«

s

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

tag. Der Sonntag ist als der wöchentliche Gedenktag der Auferstehung der von Christus geschaffene Tag, der den Christen eigen ist und sich von allen Tagen der Juden, der Häretiker und der Heiden unterscheidet. Jeden anderen Tag haben die Christen mit den Nichtchristen gemeinsam; doch »dies dominica, dies resurrectionis, dies Xpistianorum, dies nostra est«4e. Auch Hieronymus dient der Vers also dazu, darauf hinzuweisen, was die Christen von den Juden, die christlichen Feiertage von den jüdischen und das christliche Hauptfest Ostern von dem jüdischen Hauptfest Passa unterscheidet. Die Rezitation des Psalmes 118, die ihn zu diesen Ausführungen veranlaßt, ist in die christliche Osterfeier vielleicht aus dem jüdischen Passa übernommen worden. 3. Unterschiede zwischen jüdischem und quartodezimanischem Passa An diesem Punkt liegen also, wenn unsere Vermutung richtig ist, das, was Passa und Ostern verbindet, und das, was beide trennt, dicht beieinander. Der ursprüngliche Zusammenhang der beiden Feste ist allerdings schon sehr stark in den Hintergrund getreten. Doch auch schon in der ältesten Gestalt der christlichen Osterfeier, die uns bekannt ist, im Passafest der Quartodezimaner, sind neben dem Gemeinsamen die Unterschiede nicht zu übersehen47. Die älteste Gemeinde feierte zwar am selben Tag wie die Juden Passa, doch nahm sie von Anfang an nicht am Schlachten des Passalamms und am Passamahl teil48. Das ist schon deshalb sehr wahrscheinlich, weil uns die urchristliche Literatur keinerlei Andeutung über eine (spätere) Lösung der Christen von dem jüdischen Passamahl überliefert hat. Die Schlachtung des Passalammes war für die Christen überflüssig geworden, weil Christus als das Passalamm für sie getötet worden war49. Es bestand also von Anfang an der große Unterschied zwischen Juden und Christen, daß sich die Christen an dem eigentlichen Passaritus nicht beteiligten. «

C C h L 78, S. 550.

47

B. Lohse, D a s Passafest der Quartadecimaner, hat die Bedeutung dieser U n t e r schiede, o b w o h l sie sich z u m Teil audi seinen Darlegungen entnehmen lassen, nicht genügend gewürdigt.

48

Vgl. Lohse, aaO., S. 112 f., A n m . 4.

49

I Cor 5 7; vgl. neben vielen anderen Stellen auch Justin, D i a l . 7 2 , 1 : Aus dieser Stelle kann man nicht w i e A . Schlatter ( D i e Kirche Jerusalems v o m Jahre 7 0 — 1 3 0 . BFchrTh 2, 3, 1898, S. 77) und J. Jeremias (ThWbV, S. 901, A n m . 49) schließen, d a ß der Sprechende das Passalamm v o r sich hat, und d a ß damit hier ein Beleg für die Teilnahme der Christen am Passamahl vorliege. Diese christliche, v o n Justin (wie später auch v o n Laktanz; vgl. Instit. I V , 18, 22; S. 355, 5 ff. Brandt) auf Esra zurückgeführte Prägung ist ja keine jüdische Passahaggada, sondern eine christliche typologische D e u t u n g des jüdischen Passa.

§ 1. Jüdisches und christliches Passa

9

Das quartodezimanische Passa wurde am 15.Nisan um 3 Uhr morgens durch die Feier von Agape und Eucharistie abgeschlossen. Das zeigt eine Stelle der Epistula Apostolorum. Innerhalb der Anweisungen, die der Auferstandene seinen Jüngern über das Passa gibt, heißt es50: Man wird einen der Jünger ins Gefängnis werfen, „und er wird sehr betrübt und traurig sein, weil während ihr das Pascha feiert, er, der im Gewahrsam ist, es nicht mit euch gefeiert hat. Und ich werde meine Kraft in der Gestalt eines Engels senden, und das Tor des Gefängnisses wird sich öffnen, und er wird herauskommen und zu euch kommen, um mit euch zu wachen und zu ruhen. Und wenn ihr beim Hahnenschrei meine Agape und mein Gedächtnis vollendet, so wird man ihn wiederum nehmen und ihn zum Zeugnis ins Gefängnis werfen . .

Die Zeit des Hahnenschreis war auch später der Termin, zu dem das Osterfasten beendet wurde51. Darauf, daß damit etwa drei Uhr morgens gemeint ist, führt auch eine Stelle in der Syrischen Didaskalie, die hier wahrscheinlich eine quartodezimanische Quelle verwendet 52 : »Wie also der vierzehnte des Passah fällt, so müßt ihr es beobachten, denn weder der Monat noch der Tag in einem jeden Jahr trifft auf dieselbe Zeit, sondern ist veränderlich. Ihr müßt also fasten, wenn jenes Volk das Passah feiert, und eifrig sein, um euer Wachen zu erfüllen mitten im (Fest) ihrer Ungesäuerten.«

Das heißt: das Fasten wird über das Ende des jüdischen Passa und den Beginn des Festes der ungesäuerten Brote hinaus ausgedehnt, und zwar, wie Lohse aus dem im Text Folgenden erschlossen hat, bis drei Uhr 53 . Wurde das quartodezimanische Passa um drei Uhr abgeschlossen, so dauerte es — worauf der Text der syrischen Didaskalie auch ausdrücklich hinweist — länger als das jüdische Passa 54 . Nach Pes 10 9 war es den 50

Kap. 15; Schmidt, S. 52—54; Hennecke-Sdineemelcher, S. 134.

61

Vgl. Dionysius von Alexandrien, Epistula Canonica (S. 94 Fei toe); Const. Αρ. V , 1 8 , 2 (ed. Funk I , S. 289,14).

52

Kap. 21 (H. Achelis - J . Flemming, Die ältesten Quellen des orientalischen Kirchenrechts I I , T U 25, Leipzig 1904, S. 114,10 ff.). Zur Redaktion des Kap. 21 der Didaskalie vgl. E. Schwartz, Christliche und jüdische Ostertafeln, 1905, S. 105 ff.; K . Holl, Ein Bruchstück aus einem bisher unbekannten Brief des Epiphanius. Ges. Aufs. II, 1928, S. 204—224 (209 ff.).

63

Lohse, aaO., S. 49. An der von Lohse interpretierten Stelle geht der Text wieder auf die Nacht von Samstag zum Sonntag über und redet von den drei Nachtstunden, die man allein am Passa fasten dürfe. Sehr wahrscheinlich ist damit die Zeit von Mitternacht bis drei Uhr gemeint.

64

Anders Lohse, aO., S. 119 f.: »Das quartadecimanische Passa fand genau zu der gleichen Zeit wie das jüdische Passa statt, d. h. am Abend des 14. Nisan bis zum 15. 3 Uhr.« So, obwohl Lohse, aaO., S. 42, vermerkt, daß das jüdische Passa um Mitternacht endet. A. Strobel, Untersuchungen zum esdiatologischen Verzögerungsproblem, 1961, S. 231 u. ö., meint allerdings, ursprünglich habe die Eucharistiefeier schon um Mitternacht stattgefunden. Doch kann Mt 25 β den Beweis nicht liefern. Die von Strobel S. 237 darüber hinaus gegebenen Belege für das Bredien des

10

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Juden verboten, das Passa länger als bis Mitternacht zu feiern: »Das Passalamm macht nach Mitternacht die Hände unrein« 55 . Die Christen fasteten also nicht nur während der ganzen Dauer des jüdischen Passa, sondern noch darüber hinaus. Erst bei Morgengrauen brachen sie das Fasten durch die Feier von Agape und Eucharistie56. Das jüdische Passamahl begann nach Einbruch der Dunkelheit; zur Vorbereitung ging ihm ein halbtägiges Fasten voraus 57 . Lohse hat sich58 um den Nachweis bemüht, daß das Fasten der Quartodezimaner erst am Abend begann, zu genau der Zeit also, zu der die Juden das Passamahl begannen. Jedoch ist Lohses Argumentation nicht stichhaltig. Der oben zitierte Text der Epistula Apostolorum gibt nur Auskunft über den Schluß des Fastens, nicht über dessen Beginn. Ebenso wenig sagt die angeführte Stelle aus dem 21. Kapitel der Didaskalie, die Christen sollten mit dem Fasten beginnen, wenn die Juden das Passa feierten; sie fordert lediglich, daß man während der Dauer des jüdischen Passa das Fasten nicht beenden dürfe. D a die Quellen über den Anfang des Fastens also keine Auskunft geben, sind wir auf Vermutungen angewiesen. Wahrscheinlicher ist, daß das Fasten auch schon zumindest einen Teil des Tages umfaßte 59 . Denn anderenfalls hätten die Quartodezimaner am späten Nachmittag vor Einbruch der Dunkelheit 60 noch eine Mahlzeit zu sich nehmen können. Das Fasten von Einbruch der Dunkelheit bis zum frühen Morgen hätte dann kaum einen anderen Charakter gehabt als das Vorpassafasten der Juden, das »die Eßlust für das Passamahl anregen« sollte61. Doch das Fasten hatte nicht nur eine in irgendeiner Weise vorbereitende Funktion, sondern war innerhalb der quartodezimanischen Passa-1 feier von selbständiger Bedeutung. Das Fasten der Christen hatte schon begonnen, wenn die Juden sich zum Passamahl versammelten, und es dauerte noch an, wenn das Passamahl beendet war. Dieser Gegensatz

55 06 57 68 CB

80

81

Fastens um Mitternacht sind so spät, daß sie für die älteste Zeit keine Beweiskraft haben. S. auch unten S. 217 f. Den anderen Ausweg — nämlich zu behaupten, daß audi das jüdische Passa erst um drei Uhr endet — hat erst L. Goppelt, Die apostolische und nachapostolische Zeit (Die Kirche in ihrer Geschichte 1 A), Göttingen o. J . (1962), S. 139, eingeschlagen, ohne für diese Behauptung Belege zu geben. In der Bestimmung des Festinhalts folgt Goppelt B. Lohse. Weitere Belege Billerbeck IV, 1, S. 54. Vgl. Lohse, aaO., S. 84 ff. Pes 10 ι. aaO., S. 48 f. Mehr kann man nicht sagen. Es bleibt also ungeklärt, ob das christliche Passafasten etwa gleichzeitig mit dem jüdischen Vorpassafasten begann. Das war bei den Juden die Zeit der Hauptmahlzeit; vgl. J . Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, S. 39. So Lohse, aaO., S. 73, über das Vorpassafasten der Juden im Anschluß an A . W. Groenman, H e t Vasten bij Israel, Leiden 1906, S. 253 £f.; Billerbeck, IV, 1, S. 56.

§ 1. Jüdisches und christliches Passa

11

zwischen dem Essen der Juden und dem Fasten der Christen ist entscheidend. Während die Juden feiern, trauern die Christen und fasten stellvertretend für die Juden, »weil sie am Tage des Festes Christus gekreuzigt haben«62. Dieses Verständnis des christlichen Passafastens entspringt so unmittelbar der direkten Gegenüberstellung mit dem jüdischen Passa, daß man sein hohes Alter für wahrscheinlidi halten muß. Lohse hat 6 8 weitere Belege für diese Interpretation des Fastens zusammengestellt, von denen allerdings einige ausscheiden. Das gilt vor allem für eine Stelle aus den Jeremia-Homilien des Origenes 64 , in der Origenes von Christen spricht, die „das jüdische Fasten" einhalten. Ferner vermag ich in den Stellen, die Lohse aus Melitos PassaHomilie zitiert, keine Verwandtschaft mit der angeführten Diataxis-Stelle zu entdecken; vielmehr fehlt die Fastenbegründung der Diataxis bei Melito. In § 80 6 5 stellt Melito nicht wie die Diataxis das Passamahl der Juden und das Fasten der Christen, sondern die Festfreude der Juden und das Leiden Christi einander gegenüber66. Das zweite Melito-Zitat 67 entstammt dem Abschnitt über die Typologie von alttestamentlichem Passa und Leiden Christi; das dritte schließlich®8 steht am Ende des Abschnitts über Passa und Passion: „Deshalb ist das Geheimnis des Passa vollendet in dem Leib des Herrn." — Alle genannten Stellen aus Origenes und Melito sprechen nicht von dem Passafasten der Christen; so bleibt als Beleg außer der Diataxis vor allem noch die auf dieselbe Grundschrift wie die Diataxis zurückgehende syrische Didaskalie 69 , von der die von Lohse 70 zitierten Stellen aus den Apostolischen Konstitutionen abhängig sind.

Für das Verhältnis von jüdischem und quartodezimanischem Passa ergeben diese ersten Feststellungen Folgendes: Das christliche Passa hat sich aus dem jüdischen entwickelt. Es fändet an demselben Tag wie das jüdische Passa statt. Wie die Juden so erwarten auch die ältesten Christen in der Passanacht die Parusie des Messias. Der jüdischen Passahaggada entspricht die Verlesung und Erklärung von Exodus 12. Vielleicht entspringt die Verwendung von Psalm 118 als Lektion des Ostergottesdienstes der Rezitation dieses Psalms am Schluß des jüdischen Passamahles. Neben diese Gemeinsamkeiten treten die Unterschiede: Die Christen beteiligen sich nicht am Passamahl, sondern fasten, während das Passalamm gegessen wird, stellvertretend für die Juden. Das Fasten beginnt vor dem Anfang des Passamahles und wird nach dessen Schluß am frühen Morgen durch die Feier von Agape und Eucharistie beendet. 62

63 64 65 66 67 68 68 70

So die von Epiphanius zitierte Diataxis, auf die sich die Audianer berufen: Haer. 7 0 , 1 1 , 3 (S. 244, 9 ff. Holl). Die quartodezimanische Herkunft der Diataxis ergibt sich aus dem Zitat Haer. 70, 10, 2 (S. 243, 1 ff. Holl). Vgl. unten S. 13. aaO., S. 62 ff. Jer.-Hom. X I I , 12 (S. 100, 15 f. Klostermann). S. 29 Lohse; S. 120 Testuz; zu den Ausgaben s. unten S. 12 f., Anm. 9. Vgl. zu dieser Gegenüberstellung unten S. 18 f. § 44; S. 20 Lohse; S. 74 Testuz. § 56; S. 23 Lohse; S. 92 Testuz. S. 105, 16 ff.; S. 107, 6 ff.; S. 114, 12 ff. Achelis-Flemming. aaO., S. 64.

12

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

5 2.

Die Bedeutung von Tod und Auferstehung für das quartodezimanische Passa

Christi

1. Zur Quellenlage Bekanntlich sind die Zeugnisse über das Passafest der Quartodezimaner äußerst spärlich. Neben Eusebs mit Quellenzitaten verbundenem Bericht über den Osterstreit zur Zeit Viktors von Rom (um 195) 1 sind die Kap. 15—17 der Epistula Apostolorum2 eine wichtige Quelle. Daß die Epistula Apostolorum quartodezimanischen Ursprungs ist, ist allerdings nicht so sicher, wie Carl Schmidt3 annahm. Schon H . Lietzmann 4 machte gegen Schmidts These geltend, daß in der Epist. Apost. die Passafeier keinmal auf den 14. Nisan datiert sei. Allerdings zog Lietzmann selbst in der „Geschichte der Alten Kirche" 5 die Epist. Apost. zur Darstellung des quartodezimanischen Passa heran. Merkwürdig ist, daß Lohse® die quartodezimanische Herkunft der Epist. Apost. für ganz selbstverständlich hält, wofür er einfach auf Schmidts Argumentation verweist. Denn Schmidts wichtigstes Argument, daß die Passafeier nach der Epist. Apost. ausschließlich dem Gedächtnis des Todes Jesu gelte, kann für Lohse die quartodezimanische Herkunft dieser Schrift eigentlich nicht beweisen, da er leugnet, daß das Gedächtnis des Todes Jesu Festinhalt des quartodezimanischen Passa gewesen sei. Das bemerkt mit Recht audi W. Rordorf 7 , der Schmidts These deshalb anscheinend eher für unwahrscheinlich hält. — Mir scheint, obwohl eine gewisse Unsicherheit bleibt, doch für die quartodezimanische Herkunft der Epist. Apost. zu sprechen, daß bei der Passafeier das Gedächtnis der Auferstehung gegenüber dem Leidensgedächtnis noch stärker im Hintergrund bleibt, als uns das für die Osterfeier am Sonntag bezeugt und als es für diese wahrscheinlich ist. D a ß das Gedächtnis der Auferstehung auch in der Epist. Apost. nicht vollständig fehlt, soll später deutlich werden 8 .

Neben diesen beiden Quellen hat B. Lohse für seine Darstellung des quartodezimanischen Passa vor allem die »Passa-Homilie« des Melito von Sardes9, den wenig ergiebigen Bericht des Epiphanius über die Quar1 2

3 4 5 6

7 8 9

H.E. V, 23—25 (S. 488—498 Schwartz); in Übersetzung bei Lohse, aaO., S. 10—13. S. 52—59 Schmidt; S. 13—15 Duensing (Kl. Texte 152, Bonn 1925); wiederholt bei Lohse, aaO., S. 14—15; Hennecke-Schneemelcher I, S. 133—135. Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 368 ff., 577 ff. Z N W 2 0 , 1921, S. 173 ff. Bd. 2; 3. Aufl. Berlin 1961, S. 130. aaO., S. 13 f., 32 u. ö. M. Hornschuh, Studien zur Epistula Apostolorum (PTS 5), Berlin 1965, S. 101, meint, es handle sich um eine »besondere Ausprägung quartadezimanischen Festbrauches«; doch kann er seine Annahme einer quartodezimanischen Sondergruppe nicht hinreichend begründen. Zum Ursprung der Osterfeier am Sonntag. ThZ 18, 1962, S. 167—189 (174 Anm. 1). S. unten S. 32. Zuerst ediert von C. Bonner, The Homily on the Passion by Melito Bishop of Sardis and some Fragments of the Apocryphal Ezekiel (Studies and Documents X I I ) , London/Philadelphia 1940, auf Grund eines zum Teil Chester-Beatty, zum Teil der Michigan-Universität gehörenden Codex (Faksimile-Ausgabe des Codex

§ 2 . Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi

13

todezimaner10 und denjenigen über die Audianer11 herangegezogen. Der Wert des Berichtes über die Audianer liegt darin, daß Epiphanius in ihm Teile einer von diesen verwendeten Schrift, der »Diataxis«, zitiert, die eine ältere Rezension der syrischen Didaskalie darstellt und zumindest teilweise quartodezimanischen Ursprungs ist12. Daß die Audianer selbst aber keine Quartodezimaner waren, soll später gezeigt werden13. Ebenso ist der Nachweis, daß Melito von Sardes kein Quartodezimaner war, einem besonderen Abschnitt vorbehalten14. Zunächst bleibt seine Predigt unberücksichtigt. Die Quellenlage macht zwei Grundsätze unumgänglich15: 1. Es ist nicht auszuschließen, daß die quartodezimanische Passafeier einen größeren Festinhalt hatte, als sich den wenigen Zeugnissen unmittelbar entnehmen läßt. 2. Es ist sehr wahrscheinlich, daß in den Punkten, in denen die Anhänger der Osterfeier am Sonntag nidit gegen die Quartodezimaner polemivon F. G. Kenyon, The Chester Beatty Biblical Papyri, Fase. V I I I , 1941), des O x y rhynchos-Papyrus 1600, der die §§ 57—63 enthält, zweier syrischer und eines koptischen Fragments. Eine Studienausgabe, die auf Bonners Ausgabe beruht, aber über die handschriftlichen Grundlagen nur unzureichend Auskunft gibt, hat B. Lohse vorgelegt: Die Passa-Homilie des Bisdiofs Meliton von Sardes. Textus minores X X I V , Leiden 1958. Sie ist jetzt überholt durch die Edition einer zweiten griechischen Handschrift durch M. Testuz, Militon de Sardes, Homelie sur la Paque. Papyrus Bodmer X I I I , Cologny Geneve 1960. Diese Handschrift ist zwar älter als der Chester-Beatty-Michigan-Codex (sie gehört vielleicht noch dem 3. Jahrhundert an), bietet aber häufig schlechtere Lesarten als jener. Ihre Bedeutung liegt vor allem darin, daß die Lücken des Chester-Beatty-Michigan-Codex mit ihrer Hilfe geschlossen werden können. Für die Textkritik von Bedeutung sind noch eine lateinische Epitome der Predigt (ed. H . Chadwick, Α Latin Epitome of Melito's Homily on the Pascha. J T S N S 11, 1960, S. 76—82) und eine — die Vorlage offenbar häufig erweiternde — georgische Übersetzung der §§ 1—45 in der Handschrift Iviron georg. 11, f. 98rb—lOOvb (vgl. zu anderen in dieser Handschrift erhaltenen Texten unten S. 132, S. 203 ff.), deren Veröffentlichung von N . Birdsall vorbereitet wird. Dr. Birdsall hat mir freundlicherweise eine englische Übersetzung des Textes zur Verfügung gestellt. — Eine deutsche Übersetzung der Predigt hat J . Blank veröffentlicht: Meliton von Sardes, Vom Passa. Die älteste christliche Osterpredigt. Übersetzt, eingeleitet und kommentiert von J . Blank (Sophia 3), Freiburg 1963. Als Textgrundlage verwendet Blank in etwas einseitiger Weise vorwiegend den Papyrus Bodmer X I I I . 10

Haer. 50 (S. 244 ff. Holl).

11

Haer. 70 (S. 233 ff. Holl).

12

S. oben S. 11, Anm. 62; unten S. 18.

13

S. unten S. 72 ff., S. 79.

14

S. unten S. 31 ff.

15

die m. E . bei Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, nicht immer beachtet sind.

14

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

sierten, audi tatsächlich Übereinstimmung zwischen den beiden Parteien herrschte. Das gilt vor allem dann, wenn die Ubereinstimmung in allen anderen als den angeführten Fragen ausdrücklich konstatiert wird. 2. Hippolyts Bericht über die Quartodezimaner Unter diesen Gesichtspunkten verdient der Bericht des Hippolyt über die Quartodezimaner erneutes Interesse: »Gewisse andere, streitsüchtig in ihrem Wesen, unwissend nach dem Grad ihrer Erkenntnis, vor allem aber kämpferisch in der Art ihres Vorgehens, behaupten, man müsse das Passa am 14. des ersten Monats entsprechend der Vorschrift des Gesetzes feiern, unabhängig davon, auf welchen Wochentag es falle. Sie übersehen dabei, was im Gesetz geschrieben steht, nämlich daß der verflucht sein werde, der es nicht so hält, wie es angeordnet wird, und achten nicht darauf, daß den Juden das Gesetz gegeben wurde als denjenigen, die künftig das wahre Passa beseitigen, das sich unter die Heiden ausbreitet und im Glauben erkannt wird, jetzt also nicht dem Buchstaben nach gehalten wird. Sie achten also nur auf dieses eine Gebot und sehen dabei nicht auf das Wort des Apostels: „Ich bezeuge jedem, der sid> beschneiden läßt, daß er schuldig ist, das ganze Gesetz zu halten." In allem anderen aber stimmen diese Leute mit allem überein, was der Kirche von den Aposteln überliefert ist.«16 16

"Ετεροι δέ τίνες φιλόνεικοι τήν φύσιν, Ιδιώται τήν γνώσιν, μαχιμώτεροι τον τρόπον, συνιστάνουσι δεΐν τό πάσχα τη τεσσαρεσκαιδεκάτη τοΰ πρώτου μηνός φυλάσσειν κατά τήν τοΰ νόμου διαταγήν, έν η αν ήμέρςι έμπέση, ύφορώμενοι τό γεγραμμένον έν νόμφ [ώς] έπικατάρατον εσεσθαι τον μή φυλάξαντα οίίτως ( ώ ς ) διαστέλλεται, ού προσέχοντες δτι Ίουδαίοις ένομοθετεΐτο τοις μέλλουσι τό άληθινόν πάσχα άναιρείν, τό ε'ις εθνη χωρήσαν και πίστει νοούμενον, ού γράμματι νΰν τηρούμενον οΐ μιφ ταύτη προσέχοντες έντολη ούκ άφορώσιν είς τό είρημένον ύπό τοΰ Αποστόλου, δτι »διαμαρτύρομαι παντι περιτεμνομένφ οτι όφειλέτης έστί τοΰ πάντα τον νόμον ποιήσαι«. έν δέ τοις έτέροις ούτοι συμφονοΰσι προς πάντα τά τη έκκλησίςι άπό των άποστόλων παραδεδομένα (Refut. VIII, 18; S. 237 f. Wendland). Freilich richtet sich Hippolyt unter der Vorgabe, allgemein über die Quartodezimaner zu sprechen, besonders gegen deren römischen Vertreter Blastus und nicht gegen die kleinasiatischen Quartodezimaner. Das hat E. Schwartz bereits in seinen Osterbetrachtungen (Ges. Sehr. V, S. 18, Anm.) behauptet. Seine Argumentation wird durch das, was er später (Zwei Predigten Hippolyts, 1936, S. 43 ff.) über das Verhältnis von Ps. Tertullian, adv. haer. zu Hippolyt gesagt hat, nodi sicherer. An der späteren Stelle nimmt er nicht mehr Abhängigkeit des Ps. Tertullian von Hippolyt an, sondern zeigt umgekehrt, daß die pseudotertullianische Schrift auf den römischen Bischof Zephyrin zurückgeht, dem Hippolyt antwortet. Die aktuellpolemische Bestimmung der Sdirift Hippolyts tritt damit nur deutlicher ans Lidit. Und so will er auch mit seiner Darstellung der Quartodezimaner in erster Linie Blastus treffen, der einen Teil der römischen Gemeinde auf die Seite des quartodezimanischen Brauches ziehen will (vgl. Euseb, H.E. V, 15; S. 468, 22 ff. Schwartz; H.E. V, 20,1; S. 480, 16 ff. Schwartz). Unterschiede zwischen Blastus und den kleinasiatischen Quartodezimanern kann man aber Hippolyts Darstellung nicht

§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi

15

Hippolyt versucht an dieser Stelle, seine Gegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Sie beobachten den jüdischen Passatag in Befolgung der alttestamentlichen Passagesetzgebung. Doch gerade damit verstoßen sie gegen das alttestamentliche Gesetz, das jeden verflucht, der das Gesetz nicht hält 17 . Denn nach dem alttestamentlichen Gesetz war das Passa ausgerichtet auf die zukünftige Erfüllung im wahren Passa, das die Grenzen Israels überschreiten sollte, »das sich unter die Heiden ausbreitet und im Glauben erkannt, nicht dem Buchstaben nach gehalten wird«. Damit aber verstoßen die Quartodezimaner gegen den Satz des Paulus 18 , der es für die Pflicht der Beschnittenen18 erklärt, dem ganzen Gesetz gehorsam zu sein. Indem die Quartodezimaner das Gesetz dem Wortlaut nach erfüllen, machen sie sich aber gerade gegenüber seinem eigentlichen Sinn schuldig. Doch uns interessiert hier nicht die Argumentationsweise des Hippolyt, sondern die Frage, welche Informationen der Text über die Quartodezimaner liefert. Für diese Frage ist vom letzten Satz auszugehen. Nach diesem stimmen die Quartodezimaner in allem mit der (römischen) Kirche und damit mit der apostolischen Uberlieferung überein, außer in dem einen, daß sie den 14. Nisan für das einzig gültige Passadatum halten. Hippolyt verschweigt dabei, daß der Grund, aus dem sie dieses Datum aufzugeben nicht bereit sind, nicht nur und nicht einmal in erster Linie das Festhalten an der alttestamentlichen Passagesetzgebung ist, sondern vielmehr die Einsetzung durch die Apostel, auf die sie sich berufen. So verweist schon Irenaus 20 und noch Theodoret 21 darauf, daß die Quartodezimaner sich auf den Apostel Johannes berufen. Und Polykrates von Ephesus zitiert in seinem Brief an Viktor von Rom sogar zwei Apostel, Philippus und Johannes, zur Legitimation des quartodezimanischen Brauchs22. Jedenfalls hat nach Hippolyts Meinung der Streit zwischen Rom und Kleinasien, angezettelt von den streitsüchtigen und unwissenden Quartodezimanern, seine Grundlage lediglich in der Terminverschiedenheit. Während die Römer das Passa — in Freiheit von dem Buchstaben des alttestamentlichen Passagesetzes — am Sonntag feiern, begehen die Quartodezimaner es am 14. Nisan, auf welchen Wochentag dieser auch falle. An dem Festinhalt der quartodezimanischen Passafeier hat Hippoentnehmen. Deshalb ist es erlaubt, den in letzter Zeit nicht genügend berücksiditigten Text Hippolyts in eine Untersuchung, die den Quartodezimanern allgemein gilt, einzubeziehen. 17

Hippolyt gibt hier D t 27 23 L X X frei wieder.

18

Gal. 5 3.

19

Hippolyt sieht also in den Quartodezimanern judaisierende Christen.

20

bei Euseb, H . E . V, 2 4 , 1 6 (S. 496,11 Schwartz).

21

Haer. Fab. Comp. III, 4 (PG 83,405).

22

bei Euseb, H . E . V, 24, 2 f. (S. 490, 16 ff. Schwartz). Vgl. dazu unten S. 36 f.

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Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

lyt nichts auszusetzen. Er muß — zumindest nach Hippolyts Meinung — mit dem der römischen Osterfeier übereingestimmt haben; sonst könnte Hippolyt nicht kategorisch erklären, daß er alle Differenzen, vielmehr die einzige Differenz zwischen der römischen Kirche und den Quartodezimanern nun angegeben habe, und daß sie in allem anderen mit dem übereinstimmten, was der Kirche von den Aposteln überliefert sei23. 3. Das Gedächtnis des Todes Jesu im quartodezimanischen Passa Genauso wenig wie in dem Bericht Hippolyts ist in den anderen Quellen über die Quartodezimaner von einem Unterschied des Festinhalts die Rede. Für die älteste Osterfeier am Sonntag, deren Kern die Vigil in der Nacht vom Samstag zum Sonntag und das Brechen des Fastens in der Eucharistiefeier war, läßt sich nachweisen, daß ihr Inhalt der Umschlag von der Trauer über Leiden und Tod Christi in die Freude über seine Auferstehung ist, die sich dann in den fünfzig Tagen der Pentekoste fortsetzt24. Dabei liegt in der ältesten Tradition das Hauptgewicht der eigentlichen Osterfeier auf dem Passionsgedächtnis, wie Irenäus25 unter Verweis auf Dt 16 6 betont. Doch wie jeder Herrentag ist auch der Ostersonntag Gedenktag der Auferstehung, und die fünfzig Tage der Pentekoste sind darin von gleicher Bedeutung (ισοδυναμεί) wie der Herrentag28. Währertd B. Lohse für das römische Osterfest 27 zugibt, daß es zum Gedächtnis von Tod und Auferstehung Christi gefeiert wurde, bestreitet er28, daß audi die quartodezimanische Passafeier ursprünglich diesen Festinhalt gehabt oder auch nur dem Gedächtnis des Todes Jesu gegolten habe. Lohse trägt folgende Argumente vor: Der Termin des quartodezimanischen Passa richte sich nicht nach den Daten der Passionsgeschichte, 23

Epiphanius, Haer. 50,1, 3 (S. 244,21 ff. Holl) führt diesen Gedanken weiter aus, indem er beispielhaft dogmatische Gegenstände nennt, in denen die Quartodezimaner mit der Großkirche übereinstimmen.

24

Vgl. hierzu und zum Folgenden O. Casel, Art und Sinn der ältesten christlichen Osterfeier. JLW 14, 1938, S. 1—78 (10 ff.). S. audi unten S. 148 ff.

25

Haer. IV, 2 0 , 1 (S. 173 Harvey).

28

Irenäus in dem Fragment aus der Sdirift über das Passa bei Ps. Justin, Quaestiones et responsa ad orthodoxos (Otto, Justini opera III, 3. Aufl., S. 188; Irenäus ed. Stieren, Frg. VIII, S. 829); vgl. Tertullian, D e ieiun. 13 f.; Adv. lud. 10; D e bapt. 19; De cor. 3 u. ö.

27

»Römisches Osterfest« nach dem Ort, der in den Auseinandersetzungen am Ende des 2. Jahrhunderts das Wort für diese Observanz führt, nicht nach dem Ursprung der Osterfeier am Sonntag, der — wie auch derjenige des quartodezimanischen Passa — in Jerusalem zu suchen ist. Vgl. unten S. 49 ff. Das Passafest der Quartadezimaner, S. 119 f.

28

§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi

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sondern nach dem Termin des jüdischen Passa; es heiße einfach πάσχα und nicht wie das großkirchliche Fest in späterer Zeit σωτήριον πάσχα; es werde mit Fasten begangen, »das — nach den ältesten Quellen — stellvertretend für die Juden stattfand (nicht zur Erinnerung an Jesu Tod)«; wie beim jüdischen Passa werde Exodus 12 verlesen und erklärt; am Passatag werde die Parusie Christi erwartet; die Feier werde am 15. Nisan um 3 Uhr durch Agape und Eucharistie abgeschlossen. Nun weist aber Lohse selbst darauf hin, »daß ohne Jesu Tod und Auferstehung dieses Passa nicht verständlich ist. Denn man aß nur darum (vor dem Jahre 70 n.Chr.) keine Passalämmer mehr, weil Jesus als das wahre Passalamm geopfert war«. Schon I Cor 5 6-8 zeigen, daß bereits mit der ältesten Passafeier das Gedächtnis des Todes Jesu verbunden gewesen ist. Lohses Aufstellungen über das quartodezimanische Passa schließen diese Verbindung auch gar nicht, wie er meint, aus: Die Ubereinstimmung des Termins des jüdischen und des quartodezimanischen Passa erklärt sich zunächst daraus, daß die Urgemeinde, in der die Wurzeln des quartodezimanischen Passa zu suchen sind, zunächst im Verband des Judentums blieb. Bedenkt man aber, daß nach der Passions-Chronologie, die uns zuerst im Johannesevangelium begegnet, aber sicher wesentlich älter als dieses ist und nach einem Teil der neuesten Untersuchungen sogar als die historisch zutreffende gilt28, Jesus am Passatag gekreuzigt wurde, so ist es kaum vorstellbar, daß dieser Gedanke, der auch unabhängig vom Johannesevangelium fortgewirkt hat, die christliche Passafeier nicht von den ersten Anfängen an beeinflußt haben sollte. Die Typologie Passalamm — gekreuzigter Christus ergab sich dann ebenso von selbst wie die Verbindung des jüdischen Passa mit dem Gedächtnis des Todes Jesu. Im übrigen ist, wie wir oben sahen30, die Ubereinstimmung des Termins von jüdischem und christlichem Passa nicht so genau, wie Lohse es darstellt: Das christliche Passa dauerte länger als das jüdische, und das Passafasten der Christen begann früher als die jüdische Passamahlzeit31. Doch wenden wir uns zunächst Lohses anderen Argumenten zu. D a ß die Begriffsverbindung σωτήριον πάσχα erst in späterer Zeit begegnet, kann nicht als Argument gewertet werden, selbst wenn man nicht mit der Möglichkeit rechnet, daß uns quartodezimanische Dokumente, die diese Verbindung enthielten, verloren gegangen sind. Denn genauso wenig wie das Fehlen dieses Ausdrucks ausschließt, daß man am Passatag das Heil der Parusie erwartete, schließt es aus, daß man des durch die 29

2

Vgl. vor allem A. Strobel, Der Termin des Todes Jesu. Z N W 51, 1960, S. 69—101.

30

Oben S. 9 f.

31

D a sich aus der Epistula Apostolorum nidit ergibt, daß das Fasten erst am Abend begann, ist durch sie also nicht die Meinung, das quartodezimanische Passa habe, im Anschluß an die johanneische Chronologie, dem Gedächtnis des Todes Jesu gegolten, »definitiv als irrig erwiesen«; so im Anschluß an Lohse audi Jeremias, Abendmahlsworte, S. 77.

Huber

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Kreuzigung geschenkten Heils gedachte. — Alle anderen Elemente des quartodezimanischen Passa, die Lohse in unserem Zusammenhang anführt, begegnen uns auch im großkirchlichen Osterfest und können schon deshalb nicht, wie Lohse meint, »die Annahme verbieten, daß das quartadecimanisdie Passa zur Erinnerung an Jesu Tod eingesetzt worden ist«. Denn wäre das so, dann müßten diese Elemente aus der Passafeier verschwinden, sobald das Gedächtnis des Todes Jesu ihr Inhalt wird. Doch begegnet etwa das stellvertretende Fasten für die Juden auch noch im 21. Kapitel der syrischen Didaskalie 32 .

In der Didaskalie erklärt der Auferstandene seinen Jüngern in ausführlicher Rede33, das Passafasten geschehe nicht um seinetwillen, sondern um der Juden willen. Dennoch wird die Wahl der beiden Fasttage, die Christus einsetzt, Mittwoch und Freitag, mit Leiden und Tod Christi begründet. Nach der Passionschronologie der Didaskalie sind das der Tag der Gefangennahme und der Kreuzigung34. So kann auch das Fasten, das für die ungläubig gebliebenen Juden geschieht, aus dem Zusammenhang des Gedächtnisses von Leiden und Tod Christi nicht gelöst werden. Mag man es bei dem aus der Didaskalie gegebenen Beleg noch für möglich halten, daß die Verbindung von Fasten und Tod Christi erst auf einer zweiten Stufe der Überlieferung hergestellt wurde und beide ursprünglich noch völlig getrennt waren, so wird diese Vermutung durch die Diataxis, jene von Epiphanius zitierte ältere Rezension der Didaskalie, widerlegt35. Diese gibt als Begründung für das stellvertretende Fasten für die Juden an, daß die Juden an dem Tage des Passafestes Christus gekreuzigt haben. Weil sie diese ihre Sünde nicht selbst bereuen und ihretwegen fasten, fasten die Christen für sie. Auch hier ist also der Tod Christi der eigentliche Grund des Passafastens der Christen. Diese Stelle zeigt, daß die Aussage der Didaskalie, das Fasten geschehe nicht um Christi willen, nicht dahingehend verstanden werden kann, das Fasten für die Juden habe mit dem Gedächtnis des Todes Christi prinzipiell nichts zu tun. So erweist sich an den ältesten Belegen für das »stellvertre32

S. 103—114 Achelis-Flemming; vgl. Schwartz, Ostertafeln S. 105 ff.; Holl, Ges. Aufs. I I , S. 209 ff.; C.Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 649 ff.; O. Casel, J L W 14, S. 28 ff.

33

S. 107, 5 ff. Achelis-Flemming.

34

S. 107, 10 und 25 ff. Achelis-Flemming. Eingeschoben ist ein Abschnitt (S. 107, 10—23), der alle sechs Tage der Karwoche zu Fasttagen erklärt.

35

H a e r . 7 0 , 1 1 , 3 (S. 2 4 4 , 9 ff. Holl). Dadurch, daß das »Fasten für die Juden« auch schon in der Diataxis begegnet, wird C. Schmidt's Meinung (Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, T U 43, S. 655 ff.), es handle sidi bei diesem Gedanken um eine Erfindung des Verfassers der Didaskalie, als irrig erwiesen. Dazu, daß die Diataxis eine »abweichende und altertümliche Rezension« der Didaskalie ist, vgl. E. Schwartz, Ostertafeln S. 108 f. Daß die von der Diataxis wiedergegebene Auffassung des Passafastens wirklich hohes Alter beanspruchen kann, zeigt Barn 7 5, wo diese Auffassung ebenfalls anklingt.

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tende Fasten« Lohses These36, Fasten zur Erinnerung an Jesu Leiden und Fasten für die Juden seien »ursprünglich offenbar nicht zusammengehörig«, als unrichtig. Vielmehr zeigen die zitierten Fastenbegründungen die ursprüngliche Einheit beider Aspekte: die Stellvertretung für die Juden hat ihre Ursache in dem Kreuzestod Jesu. Mit der fortschreitenden Trennung vom Judentum tritt lediglich ein bereits in den ältesten Fastenbegründungen enthaltenes Element, das Gedächtnis der Kreuzigung, in den Vordergrund, nicht eine völlig neue Begründung an die Stelle einer alten. Ähnliches gilt für die Parusieerwartung. Lohses These, daß die Quartodezimaner die Parusie Christi in der Osternacht erwarten37, wird unter anderem gerade dadurch bestätigt38, daß die Verbindung von Ostern und Parusieerwartung audi lange nach der Verdrängung des quartodezimanischen Passa aus der Kirche und lange nach dem Ende der Periode der Naherwartung noch begegnet39. Ich beschränke mich hier auf den letzten Beleg aus der patristischen Zeit, eine Stelle aus den Etymologien des Isidor von Sevilla 40 : *Cuius nox (sc. die Nacht der Ostervigil) ideo pervigil ducitur, propter adventum Regis ac Dei nostri, ut tempus resurrectionis eius nos non dormientes, sed vigilantes inveniat. Cuius noctis duplex ratio est, sive quod in ea vitam tunc recepit cum passus est, sive quod postea eadem hora qua resurrexit ad iudicandum venturus est

Nach Lohses Darstellung ist das Gedächtnis des Todes Jesu erst sehr allmählich in die quartodezimanische Passafeier eingedrungen41. Zwar finde es sich in den Briefen des Polykrates und des Irenäus nicht42; doch die Epistula Apostolorum erwähne es zu Beginn ihrer Anordnungen über das Passafest, schweige aber im Folgenden davon. Bei der »zweiten« Gruppe von Quartodezimanern43, von der Epiphanius berichte, werde es schon stärker betont. Ausgeprägt finde es sich dann in dem Bericht des Theodoret von Kyros über die Quartodezimaner 44 . 88

37

38

38 40 41 42

43 44

2*

aaO., S. 64. Möglicherweise zeigen schon Mc 2 20 par die Ursprünglichkeit der Begründung jeglichen Fastens, nicht nur des Passafastens, aus der Kreuzigung Jesu (vgl. Behm, ThWb IV, S. 933, Anm. 65; W. Rordorf, Der Sonntag, S. 125). So haben jedenfalls schon die Apostolischen Konstitutionen V, 18, 2 (S. 289, 15 ff. Funk) und Epiphanius, De fide 22, 2 f. (S. 522 f. Holl) diese Stellen verstanden. Sie wurde zuerst bezweifelt von K. G. Kuhn in seiner Rezension des Buches von Lohse, ThLZ 81, 1956, 682 ff. Zu der Frage, ob die Parusie-Erwartung am Passa in Spuren bereits im Neuen Testament zu erkennen ist, s. unten S. 215 ff. Vgl. unten S. 218 ff. Etymol. VI, 17,12 (PL 82, 248 A). aaO., S. 120 f. Dieses Argument vermag nichts zu beweisen, da in den beiden Briefen vom Festinhalt schlechterdings überhaupt nicht die Rede ist. S. dazu unten S. 85 f. Haer. fab. comp. III, 4 (PG 83,405 A).

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Jedoch führt der Text unserer ältesten Quelle über das quartodezimanische Passa, der Epistula Apostolorum, zu einem anderen Ergebnis. Sie spricht vom Leiden Christi nicht nur zu Beginn der Anordnungen über das Passa, sondern auch am Ende des 15. Kapitels. Nach dem äthiopischen Text fragen die Apostel den Herrn 45 : »O Herr, hast du denn nicht das Trinken des Pascha vollendet?«4® Diese Worte beziehen sich nicht in erster Linie auf den Kelch der Eucharistie47, sondern auf den »Kelch des Leidens«; denn es handelt sich um eine deutliche Anspielung auf das Wort Jesu in der Gethsemaneszene: »Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.«48 Dieser Kelch ist das Leiden und Sterben, das Christus von Gott auferlegt ist und das er auf sich genommen hat. Im Text der Epist. Apost. fragen die Apostel, ob sie Leiden und Sterben auch noch erdulden müßten nach dem Tode Jesu, und erhalten zur Antwort: Ja, bis zur Parusie. Entscheidend ist an dieser Stelle, daß sie den Kelch, der das Leiden Christi ist, als Passa bezeichnet. Von hier aus betrachtet, ist der Anfang des Kapitels nicht ein Vorspann, der zum Folgenden keine Beziehung hat. Vielmehr gibt der Einleitungssatz das Thema der gesamten Passafeier an: »Und ihr begeht also das Gedächtnis meines Todes, d. h. das Pascha«49. Das Gedächtnis des Todes Jesu ist das beherrschende Motiv der Passafeier. Nach dem äthiopischen Text ist das Passa das Gedächtnis des Todes Jesu. Und dieser Gedanke läßt sich zurückverfolgen bis zur Aussage von I Cor 5 7: τό πάσχα ημών έτύ-θη Χριστός, die Passa und Tod Christi schlechthin identifiziert. J.Jeremias 5 0 räumt ein, daß nach Epist.Apost. 15 die Passafeier »auf das Gedächtnis der Passion bezogen« ist; aus demselben Kapitel jedodi sdiließt er 51 , »daß das quartodezimanische Passa ursprünglich nicht, wie das Passafest des 2. Jhdts., dem Gedächtnis der Passion, sondern der Erwartung der Parusie galt«. Es werden also zwei 45 46

47

48 49

s

Hennecke-Schneemelcher I, S. 134. Vgl. den koptischen Text, in dem es heißt: »O Herr, ist es etwa wiederum eine Notwendigkeit, daß wir den Kelch nehmen und trinken?« So Casel, JLW 14, S. 5 und Duensing, der aaO. zur zitierten Stelle lediglich auf Mt 26 27 f.; Mc 14 23; I Cor 11 25f. verweist. Mt 26 39. So der äthiopische Text; der koptische heißt: »Und ihr gedenkt meines Todes! Wenn nun das Pascha stattfinden wird . . . « . Beides Hennecke-Schneemelcher I, S. 133, in der Übersetzung von Duensing. Lohse zieht aaO., S. 120 (im Anschluß an die Ubersetzung des koptischen Textes bei Schmidt, S. 53) im Gegensatz zu seinem Abdruck des Textes S. 14 das Ende von Kap. 14 zu Kap. 15 und schreibt: »Nach meinem Heimgang zum Vater, so gedenket ihr meines Todes. Wenn nun das Passah stattfinden wird . . . « . Wieder abweichend S. 41: »Nach meinem Heimgang so gedenket ihr meines Todes . . . « .

» Art. πάσχα ThWb V, S. 895—903 (S. 902 mit Anm. 60). Ebenda S. 901 mit Anm. 53.

01

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verschiedene Ergebnisse aus dem gleichen Text erhoben, was zeigt, wie hypothetisch die Behauptung ist, die Passafeier sei vom Gedächtnis des Todes Jesu ursprünglich unabhängig. Ep. Apost. 15 zeigt solche Unabhängigkeit jedenfalls nidit. Daß es sich bei der Trennung von Parusieerwartung und Passionsgedächtnis um eine Isolierung von ursprünglich Zusammengehörigem handelt, soll unten 52 bei den Bemerkungen über die Eucharistie noch deutlicher werden.

4. Die Anerkennung der »johanneischen« Passionschronologie durch die Quartodezimaner Wenn die quartodezimanische Passafeier von Anfang an mit dem Gedächtnis des Todes Jesu verbunden ist, dann läßt sich von ihrer Betrachtung die Frage nach den verschiedenen Passionschronologien nicht mehr isolieren, zu der wir nun zurückkehren53. Verschiedene Argumente sprechen dafür, daß die Quartodezimaner sich derselben Tradition anschließen, der wir auch im Johannesevangelium begegnen. Das quartodezimanische Passa läßt sich bis in die älteste Zeit der urchristlichen Gemeinde zurückverfolgen54. In ihr war aber aller Wahrscheinlichkeit nach die Tradition von der Kreuzigung Christi am 14. Nisan sehr beherrschend, wie sie auch in späterer Zeit gegenüber der von den Synoptikern vertretenen Tradition führend blieb. So ist es das Nächstliegende anzunehmen, daß sich die älteste christliche Passafeier in Ubereinstimmung mit der ältesten christlichen Passionschronologie befunden hat. Aber auch für die spätere Zeit macht schon die Tatsache, daß sich die Quartodezimaner auf Johannes als den Begründer ihrer Tradition beriefen, die Ubereinstimmung mit der Chronologie des diesem zugeschriebenen Evangeliums wahrscheinlich55. Schließlich wird aber der 52

S. unten S. 25 ff.

63

B. Lohse hat in seiner Rezension der Ubersetzung der Passahomilie Melitos durch Blank (ThLZ 89, 1964, 363 f.) diese Fragestellung ausdrücklich nochmals mißbilligt: »Statt in der Richtung weiterzufragen, die die Forschung hinsichtlich der Quartodezimaner und besonders der Passa-»HomiIie« seit einem Jahrzehnt genommen hat, argumentiert Verf. von neuem mit der Differenz zwischen synopt. und joh. Passionschronologie, um dann zu behaupten, daß die quartodezimanische Passafeier am Datum des Herrentodes (nadi Joh.) orientiert sei.« Idi halte diese Fragestellung ebenso für zulässig und für notwendig wie der hier Angegriffene; daß die Frage nach Lohses Meinung keine Rolle spielen soll, liegt an Lohses Verengung des Festinhalts des quartodezimanischen Passa, der im übrigen auch Blank nicht zugestimmt hat.

54

Vgl. v. a. Lohse, aaO., S. 89 ff.

65

Die lebhafte Diskussion des altkirchlichen Passastreites im 19. Jahrhundert kreiste um die Meinung, die Berufung der Quartodezimaner auf Johannes schließe die johanneische Verfasserschaft des vierten Evangeliums aus; denn das quartodezimanische Passa sei eine Wiederholung des Passamahles, das Jesus nach der synop-

22

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Schluß, daß die vom Johannesevangelium vertretene Passionschronologie auch für die Quartodezimaner die einzig gültige war 56 , dann zwingend, wenn man anerkennt, daß die Quartodezimaner bei ihrer Passafeier am 14. Nisan des Todes Jesu gedachten. Es ist unvorstellbar, daß sie sich derjenigen Chronologie, nach der Christus am 15. Nisan gekreuzigt wurde, angeschlossen haben, da sie sonst ihrem Festhalten an dem jüdischen Passatermin die Legitimation entzogen hätten. Sie hätten dann zu einer Zeit das Fasten gebrochen und die Freudenfeier von Agape und Eucharistie begangen, zu der nach ihrer eigenen Meinung der Zeitpunkt des Todes Jesu noch bevorstand. 57 . Wenn hier davon die Rede ist, daß die Quartodezimaner sich der vom Johannesevangelium vertretenen Chronologie angeschlossen haben, so kann das nicht in dem Sinn gemeint sein, als hätten sie diese Passionschronologie exegetisch aus dem Johannesevangelium erhoben und nach dem exegetischen Tatbestand den Festinhalt ihrer Passafeier bestimmt. Vielmehr bestand die Passionschronologie, nach der Jesus am Tag des jüdischen Passa gekreuzigt wurde, unabhängig vom Johannesevangelium und vor diesem. Sie verdankte aller Wahrscheinlichkeit nach der Typologie von Passa und Kreuzestod Jesu ihre Entstehung und ihr Durchsetzungsvermögen 58 . Diese eigenartige Verbindung von Typologie und Chronologie bestimmt auch das Johannesevangelium 59 ; die Quartodezimaner waren sich der Tatsache bewußt, daß sie an dieser Schrift einen Halt finden konnten. Doch bestimmend für ihr Beharren auf der dort vertretenen Passionschronologie war nicht eine exegetische Feststellung, sondern die liturgische und typologische Tradition. Lohse hat seinen Widerspruch gegen die These, die Quartodezimaner hätten sich tischen Tradition am 14. Nisan mit seinen Jüngern hielt; die Quartodezimaner seien also Anhänger der synoptischen Chronologie gewesen und der Apostel J o hannes, der ein auf dieser beruhendes Passafest eingeführt habe, könne nicht der Verfasser des Evangeliums sein. — In Wirklidikeit läßt sich jedoch dieses Argument zur Beantwortung der Frage nach dem Verfasser des 4. Evangeliums gerade nicht anführen; denn diese Differenz zwischen der Tradition des Apostels Johannes und dem Johannesevangelium besteht nicht. Vgl. zur Forschung des 19. J a h r hunderts v. a. die ausführliche und farbige Darstellung bis 1860 bei A. Hilgenfeld, Der Passastreit der alten Kirche, Halle 1860, S. 3 — 1 2 4 , und die bis zur Gegenwart fortgeführte Darstellung bei B. Lohse, aaO., S. 2 0 — 3 6 . 96

Vgl. zuletzt audi W . H . Cadman, The Christian Pascha and the Day of Crucifixion — Nisan 14 or 15? Studia Patristica V, T U 80, Berlin 1962, S. 8 — 1 6 ; V. Grumel, Le probleme de la date pascale aux I l l e et IVe siecles. Revue des etudes byzantines 18, 1960, S. 163—178 (163).

57

Vgl. Η . Sdiürmann, Die Anfänge der christlichen Osterfeier. Theol. Quartalschrift

5S

Vgl. unten S. 108 ff.

59

S. unten S. 110 f.

131, 1951, S. 4 1 4 — 4 2 5 (417).

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der »johanneisdien« Chronologie angeschlossen, in folgende drei Punkte zusammengefaßt 60 : »1. Das quartadecimanische Passa findet zur gleichen Zeit wie das jüdische statt, also am Vorabend des 15. Nisan; das aber ist — nach jüdischer Rechnung — der Tag nadi dem 14. Nisan. 2. Bei den Passa-Osterstreitigkeiten berufen sich die Quartadecimaner nicht auf die johanneische, sondern auf die synoptische Datierung: sie sehen in ihrer Passafeier eine Fortsetzung des letzten Passa Jesu. 3. Es wird in der ältesten Zeit so gewesen sein, daß man einfach das jüdische Passa in verdiristlichter Form weiterfeierte. Dabei wird man kaum den Widerspruch zwischen Johannes und den Synoptikern als störend empfunden haben. Gerade wenn das quartadecimanische Passa in die ersten Anfänge des Christentums zurückreicht und nicht ein Fest zur Erinnerung an Jesu Todestag, sondern eben das christliche Passa war, brauchte man die johanneische Datierung nicht als Widerspruch dagegen aufzufassen . . . « . ad 1) Lohse vertritt die Meinung, das Fasten der Quartodezimaner habe erst am Abend und damit nach jüdischer Rechnung am 15. Nisan angefangen. Lege man die johanneische Chronologie zugrunde, so habe das Fasten also erst nach dem Zeitpunkt der Kreuzigung stattgefunden®1. Wie oben62 gezeigt wurde, fehlt dafür aber jeder Beleg. Es wurde dort auf Grund von der Frage der Passionschronologie unabhängiger Erwägungen für wahrscheinlich gehalten, daß das Fasten audi mindestens einen Teil des Tages schon andauerte; dann fasteten die Quartodezimaner also zur Zeit der Kreuzigung nach »johanneischer« Chronologie. ad 2) Für das zweite Argument beruft sich Lohse auf die Fragmente aus der Passaschrift des Apollinaris von Hierapolis im Chronikon Paschale63. Ohne sie im einzelnen zu begründen, vertritt er die Meinung, Apollinarius habe, indem er die johanneische Chronologie verteidigte, das quartodezimanische Passa bekämpft, dessen Vertreter sich auf die synoptische Chronologie beriefen. Wie unten64 zu zeigen ist, war jedoch gerade Apollinarius ein Anhänger der quartodezimanischen Praxis. Da hingegen die von Apollinarius Angegriffenen keine Quartodezimaner waren, fehlt jeder Beleg dafür, daß die Quartodezimaner in ihrem Passa eine »Fortsetzung des letzten Passa Jesu« sahen. Das würde an sich noch nicht ausschließen, daß das dennoch der Fall war. Jedoch sprechen folgende Gründe dagegen: Wenn man65 annimmt, daß Jesu letztes Mahl ein Passamahl war 66 und die synoptische Darstellung zutreffend ist, dann ergeben sich vor 60 61 62 63 64 65 66

Das Passafest der Quartadecimaner, S. 136 f. Vgl. auch ebenda S. 49 f. S. oben S. 10 f. ed. Dindorf I, S. 13 f. S. unten S. 38 f. mit Jeremias, Abendmahlsworte, v. a. S. 35 if. Wenn man mit Strobel (s. oben S. 17, Anm. 29) u. a. die Historizität der johanneischen Passionschronologie annimmt, so ist das natürlich ausgeschlossen. Jedoch gilt in diesem Fall die Feststellung von Jeremias (aaO., S. 82), »daß die PassaAtmosphäre Jesu letztes Mahl auch dann umgab, falls es am Abend vor dem Passa stattgefunden haben sollte«. Diese Feststellung bleibt auch dann bestehen, wenn man weder den johanneisdien noch den synoptischen zeitlichen Ansatz der Kreuzigung Jesu als ursprünglich anerkennt. Denn auch dann wird man als historisch annehmen müssen, daß die Kreuzigung Jesu zur Zeit des Passa stattfand.

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

allem folgende schwerwiegenden Differenzen zwischen dem »Passamahl« Jesu und dem Passa der Quartodezimaner: Jesu letztes Mahl fand genau zu der gleichen Zeit statt wie das jüdische Passamahl; wie bei diesem so wurde auch bei jenem das Passalamm gegessen. Zu dieser Zeit jedoch fasteten die Quartodezimaner; ihre Mahlzeit fand — ohne Passalamm — erst am frühen Morgen statt. Mit der Feier von Agape und Eucharistie wiederholten sie nicht einmal das Passamahl Jesu, sondern übten einen kirchlichen Brauch, der zwar auf Jesu Einsetzung bei seinem letzten Mahl zurückgeführt wurde, aber nicht auf einen Tag des Jahres beschränkt war. — Es ist auch unwahrscheinlich, daß die Quartodezimaner das Passa Jesu in der Weise wiederholten, daß sie — wie Jesus nach der Darstellung des Lukas selbst — zur Zeit des jüdischen Passa fasteten 67 . Man müßte dann doch erwarten, daß das in den synoptischen Berichten einen stärkeren Niederschlag gefunden hätte67®. Wenn die Urgemeinde diesen Brauch von Jesus übernahm — warum kann man dann den Verzicht Jesu, vor seinem Tode das Passa zu essen, nur indirekt aus dem Bericht des Lukas erschließen? Man sollte dann doch einen direkten Hinweis darauf, daß Jesus fastete, erwarten. Jedoch tritt das, wenn es überhaupt aus Lc 22 15.17 mit Recht erhoben wird, vollkommen zurück hinter dem Eindruck, daß bei Jesu »letztem Mahl« wirklich eine Mahlzeit stattfand. Es gibt für das Fasten der Christen zur Zeit des jüdischen Passamahles auch eine andere Erklärung 6 8 : das Gegenüber von freudigem Passamahl der Juden und Kreuzestod Jesu zur Zeit des Passa veranlaßte die Christen, für die, die Jesus kreuzigten, zu fasten, während diese das Passamahl aßen. Das ist die Erklärung, die die ältesten Quellen geben 69 . ad 3) Daß das christliche Passa nicht einfach ein »jüdisches Passa in verchristlichter Form« ist, zeigen schon die Unterschiede zwischen beiden, auf die in § 1 hingewiesen wurde, und die auch Lohse im allgemeinen anerkennt. Wenn schon die ersten Christen es für nötig hielten, sich wenigstens teilweise (aber in ganz entscheidenden Teilen) vom jüdischen Passa zu trennen, dann war die Ursache sicher das für sie grundlegende Ereignis von Tod und Auferstehung Christi. Sollte das ganz ohne Einfluß auf ihre Passafeier geblieben sein? Die »bei den Quartadecimanern gebräuchliche Bezeichnung Jesu als Passalamm« 70 setzt nicht notwendig die johanneische Passionschronologie voraus 71 ; aber sie setzt voraus, daß die Quartodezimaner ihre Passafeier von der Tötung des Passalammes Christus nicht trennen konnten — denn wie hätte sonst die Bezeichnung bei ihnen geläufig werden können? Die Verbindung von Passafeier und Ge67

67a

Jeremias, Abendmahlsworte, S. 204. In diesem Abschnitt (S. 199 ff.) legt Jeremias dar, daß Jesus sich nach Lc 2215.17 nicht an der Mahlzeit beteiligte, sondern sich ganz bewußt ausschloß und nur die Speisen benedizierte und an die Jünger verteilte. Vgl. etwa F. Hahn, Die alttestamentlichen Motive in der urchristlichen Abendmahlsüberlieferung. EvTheol 27, 1967, S. 337—374. Hahn versucht dort (S.352— 358) den Nachweis zu erbringen, daß Lc 22 15—ie eine Kultätiologie der urchristlichen Passafeier ist.

68

Anders Jeremias, Abendmahlsworte, S. 204: »Es gibt f ü r dieses seltsame Nichthalten des Passamahles schlechterdings keine andere Erklärung als die, daß die Urgemeinde das Beispiel Jesu fortsetzt.«

69

Vgl. die Diataxis bei Epiphanius, Haer. 70, 11, 3 (S. 244, 9 ff. Holl); vgl. oben S. 10 f. So Lohse, aaO., S. 137, Anm. 1. Ebenda.

70 71

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däditnis des Todes Jesu war aber nur möglich bei Anerkennung der Chronologie, nach der Jesus am Tag des Passa gekreuzigt wurde. So vermögen die von Lohse angeführten Argumente die These, daß die Quartodezimaner die johanneische Chronologie anerkannten, nicht zu widerlegen.

5. Das Gedächtnis der Auferstehung Jesu im quartodezimanischen Passa Daß Agape und Eucharistie und damit das »Brechen des Fastens«72 konstitutiv für das Passafest der Quartodezimaner waren und von dem Fasten nicht abgetrennt werden können, deutet darauf hin, daß von dem Gedächtnis des Todes Christi, das zum Festinhalt des quartodezimanischen Passa gehörte, das Gedächtnis der Auferstehung nicht gelöst werden kann73. Gewiß stand in dem quartodezimanischen Passa das Gedächtnis des Todes im Vordergrund, wie das in ähnlicher Weise auch für die erste Zeit der großkirchlichen Osterfeier in manchen Quellen bezeugt ist74. Aber daß das Gedächtnis des Todes von dem der Auferstehung vollkommen isoliert gewesen sei, ist nicht nur für das großkirchliche, sondern auch für das quartodezimanische Passa75 ausgeschlossen — für dieses schon dadurch, daß die Mahlfeier, durch die das Fasten gebrochen wurde, nicht bloß das eucharistische Mahl zum Gedächtnis des Todes, sondern auch das Freudenmahl der Agape war. Daß zur Agapefeier das Element der Freude wesentlich hinzugehört, wird beispielsweise daraus deutlich, daß sie nach der Darstellung Tertullians 76 mit einem »Wettstreit geistlicher Darbietungen« beendet wurde. Das vermag den allgemeinen Charakter der Agapefeiern zu veranschaulichen; ein Beleg für die besondere Form der Agape als Abschluß des quartodezimanischen Passa kann es nicht sein. Lohse vertritt folgende Auffassung über die das quartodezimanische Passa abschließende Mahlfeier' 7 : Agape und Eucharistie sind eine Feier; es handelt sich also um eine andere und ursprünglichere Form als die bei Justin (Apol. I 65—67) bezeugte, die Agape und Eucharistie trennt. Agape und Eucharistie werden in einer Form gefeiert, wie sie Didache 9 ι — 10 β bezeugt ist. Nun ist Justin nicht der erste, der die Trennung von Agape und Eucharistie bezeugt. Sie ist vielmehr bereits im 1. Korintherbrief vorausgesetzt. Denn nur, wenn Agape und Eucharistie nicht eine unauflösliche Einheit bildeten, sondern in einer gewissen Selbständigkeit nebeneinander standen, ist der Rat des Paulus an einige Gemeindeglieder, sie sollten die Sättigungsmahlzeit zu Hause zu sich nehmen und nur die 72 73 74 75

79 77

Euseb, Η . Ε. V, 23,1 (S. 488, 12, 16 f. Schwartz). Vgl. auch Casel, JLW 14, 1938, S. 5, 13 ff. S. oben S. 16. Für das quartodezimanische Passa hat in neuerer Zeit v. a. C. Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 611 u. ö., die These vertreten, es habe ausschließlich dem Gedächtnis des Todes Jesu gegolten. Apol. 39, 6. aaO., S. 84—89.

26

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Eucharistie in der versammelten Gemeinde feiern, verständlich 78 . Ebenso erklären sich die Mißstände bei den Mahlfeiern der Korinther, die durch diese Regelung behoben werden sollen, am einfachsten, wenn man die Trennung von Agape und Eucharistie annimmt 79 . Aber audi die von Lohse herangezogene Didadie ist wahrscheinlich ein Beleg nicht für die Einheit, sondern für die Trennung von Agape und Eucharistie 80 . In 78

Vgl. I Cor 11 34.

78

Vgl. K . Völker, Mysterium und Agape. Die gemeinsamen Mahlzeiten in der alten Kirche, Gotha 1927, S. 75 ff.; A.M.Schneider, Stimmen aus der Frühzeit der Kirche (Am Lebensstrom 5), Köln 1948, S. 23, Anm. 11; G. Bornkamm, Herrenmahl und Kirche bei Paulus. Studien zu Antike und Christentum, 2. Aufl. München 1963, S. 138—176; E.Schweizer, Abendmahl I. Im N T . R G G 3. Aufl. Bd. I, Sp. 11; C.Schneider, Die paulinischen Abendmahlsstellen, in: Abendmahlsgespräch, hg. v. d. Evangelischen Akademie der Pfalz, 1958, S. 32 f.; Jeremias, Abendmahlsworte, S. 114 f. Etwas abweichend H . Schürmann, Die Gestalt der urchristlichen Eucharistiefeier. MüThZ 6, 1955, S. 120 ff.; P. Neuenzeit, Das Herrenmahl. Studien zur paulinischen Eucharistieauffassung. Studien z. A. u. N T . I, München 1960, S. 69 ff.: Eucharistie und Agape bilden noch das eine Herrenmahl; es kündigt sich erst eine relative Selbständigkeit der beiden Teile an. Nach W. Schmithals, Die Gnosis in Korinth, F R L A N T N F 48, Göttingen 1956, S. 209 ff. ist das Herrenmahl in Korinth eine kultische Mahlzeit, die mit einer Agape nichts zu tun hat. Die Anweisungen des Paulus in I Cor 11 beziehen sich auf eine Störung und Profanierung dieser kultischen Mahlzeit durch Gnostiker. Dagegen Bornkamm, aaO., S. 175 f. (vgl. ebenda S. 141 ff.), der mit Recht hervorhebt, daß von Gnostikern nicht die Rede ist und daß Paulus sich offenbar gegen »Cliquenwirtschaft« während der in der Gemeinde (vor der Eucharistie) abgehaltenen Agapefeier richtet.

80

Vgl. v. a. A. Harnack, Die Lehre der zwölf Apostel, Leipzig 1884; Conolly, Downside Review 55, 1937, S. 477—489; M. Dibelius, Die Mahl-Gebete in der Didache. Z N W 37, 1938, S. 32—41 = Botschaft und Geschichte I I , Tübingen 1956, S. 117— 127; auch J.-P. Audet, La Didache. Instructions des Apötres, Paris 1958, S. 410 ff. Anders v. a. H. Lietzmann, Messe und Herrenmahl, 3. Aufl. Berlin 1955, S. 230 ff., nach dessen Analyse Did 10 β vor 9 5 stehen muß. 10 6 und 9 5 sind dann die Aufforderung zur Teilnahme an der Eucharistie, der 10 iff. das eudiaristische Dankgebet folgt. Doch handelt es sich in Kap. 10 nicht um ein Dankgebet für die Eucharistie, den sakramentalen Genuß von Brot und Wein, sondern für die Sättigungsmahlzeit. Bei dieser Annahme erklärt sich die Formulierung von 10 ι am einfachsten; auch erübrigt sich dann die Umstellung von 10 β vor 9 s: auf das Dankgebet für die Sättigungsmahlzeit folgt die Aufforderung zur Teilnahme am Sakrament. — Im übrigen kann die Didache nur als ein Beispiel für die Form von »Agape und Eucharistie« überhaupt, nicht als Quelle für die besonderen liturgischen Formen der Passafeier angesehen werden. Der Versuch von A. Greiff, Das älteste Pascharituale der Kirche, Did. 1—10, und das Johannesevangelium (Johanneische Studien I), Paderborn 1929, Did 1—10 als ein antiochenisches Passarituale des ersten Jahrhunderts zu erklären, kann nicht als gelungen angesehen werden. Von dem Problem der zeitlichen und örtlichen Ansetzung der Didache abgesehen, liegt der Hauptfehler der Argumentation Greiffs darin, daß er aus Ähnlichkeiten des liturgischen Mahls von Did 9—10 mit dem jüdischen Passamahl schließt, daß dieses Mahl der Didache am christlichen Passa begangen wurde (vgl. v. a. S. 139 ff.).

§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi

27

Did 9—10 sind nicht eudiaristische Gebete im späteren Sinn aufgezeichnet, also nicht Gebete, die für Brot und Wein danken, in denen die Gemeinde Leib und Blut Christi empfängt. Sondern die »Eucharistie«, von der Did 9—10 sprechen, ist eine Sättigungsmahlzeit, die dem sakramentalen Genuß von Brot und Wein vorausgeht. Darauf, daß das Sakrament dem Sättigungsmahl folgen soll, deutet Did 10 6 hin. Aber an dieser Stelle wendet sich die Didadie anderen Fragen zu und spricht erst wieder in c. 14 von der Eucharistie. Nicht nur Justin, sondern schon der 1. Korintherbrief und die Didadie bezeugen also die Trennung von Agape und Eucharistie. Freilich ist Justin ein Zeuge für ein weiter fortgeschrittenes Stadium dieser Trennung: bei ihm sind Eucharistie und Agape zeitlich und räumlich vollkommen voneinander geschieden. Aber die Trennung kommt nicht erst zu seiner Zeit auf, sondern begegnet in schwächerer Form schon in der Zeit der ältesten Christenheit. Ob es daneben noch eine Form des Herrenmahles gab, die beide Teile unauflöslich miteinander verband, und welche Bedeutung einer solchen Form zukam, läßt sich nicht mehr feststellen. Audi über die Form der Feier von Agape und Eucharistie beim quartodezimanischen Passa geben die Quellen keine Auskunft. Das erschwert die Beantwortung der Frage, welches der Sinn der quartodezimanischen Feier von Agape und Eucharistie war. Betrachtet man die beiden Teile des Herrenmahles getrennt, so ergibt sich, daß bei der Agape der Gedanke des Gemeinsdiaftsmahles, und zwar vor allem dessen eschatologischer Aspekt: die himmlische Gemeinschaft am Ende der Zeit, sehr stark im Vordergrund stand 81 , während in der Eucharistie dem Gedächtnis des Todes Jesu die größere Bedeutung zukam. In der Gesamtfeier von Agape und Eucharistie verbanden sich beide Elemente zu einer Einheit. Demgegenüber sieht Lohse den Sinn der Feier von Agape und Eucharistie beim quartodezimanischen Passa ausschließlich in der eschatologisdien Erwartung. Entweder im Sinn des zukünftigen Kommens (»Marana tha«: unser Herr komm) oder in einer Prolepse dieses Kommens (»Maran atha«: unser Herr ist gekommen) steht die Feier unter dem Zeichen der Parusie des Messias. Es scheint mir hier die Isolierung eines Teiles einer Gesamtauffassung vorzuliegen, die nicht zertrennt werden kann. Die Mahlfeier ist gewiß bezogen auf die zukünftige Vollendung. Schon in I Cor 1124—29 steht dieses Element stark im Vordergrund 82 . Doch hat die Feier des Herrenmahls darin ihre Parallele zur jüdischen Passafeier, daß sie sich nicht nur auf die zukünftige Vollendung, sondern auch auf die geschehene Erlösung bezieht. I Cor 11 2β heißt es: όσάκις γαρ εάν έσθίητε τόν αρτον τοϋτον και τό ποτήριον πίνητε, τον θάνατον τοϋ κυρίου καταγγέλετε, αχρι ου ελθχ]. Die Feier des Herrenmahls ist die Verkündigung des Todes Jesu 83 . In dieser Feier wird nidit nur das zukünftige Kommen, sondern auch der vergangene Tod Christi vergegenwärtigt. Denn die Elemente der Eucharistie sind Leib und Blut Christi, die er für die Menschen in den Tod gegeben hat. Die Epistula Apostolorum drückt in den Anweisungen über das Passa denselben Gedanken aus 84 : »Und wenn ihr beim Hahnenschrei meine Agape und mein Gedächtnis 81

Das zeigt gerade das 10. Kapitel der Didadie.

82

Vgl. die Wendung αχρι οΐ ελθη (V. 2«). 83 "Wegen des γάρ ist καταγγέλετε indikativisch zu verstehen; vgl. Jeremias, Abendmahlsworte, S. 243, Anm. 4. Dennoch schwingt in diesem Indikativ ein imperativisches Element mit: Die Stiftung des HerrenmaÜles ist die Aufforderung zur Proklamation des erlösenden Todes Jesu. 84

Kap. 15; Hennedce-Schneemelcher I, S. 134.

28

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

vollendet . . . « Hier begegnet ein von Lc 22 19; I Cor 11 24 f. geprägter Sprachgebrauch, der die Eucharistie mit »mein Gedächtnis« bezeichnet: Das Gedächtnis des Todes Jesu ist nicht etwas, das zur Eucharistiefeier etwa noch hinzukommt, sondern dieses Gedächtnis verwirklicht sich in der Eucharistie selbst. Die Epistula Apostolorum setzt diesen Sprachgebraudi als geläufig voraus. Deshalb und wegen I Cor 11 26 wird man der Interpretation des εις τήν άνάμνησιν im Wiederholungsbefehl der Abendmahlsworte nach Paulus und Lukas 8 5 durch J . Jeremias8® m. E. nicht folgen können 8 7 . Wenn Jesus die Jünger auffordert, das Herrenmahl zu seinem Gedächtnis zu wiederholen, so sagt er das nicht aus Furcht, die Jünger könnten ihn vergessen 88 . Vielmehr geschieht die Wiederholung des Herrenmahls zum Gedächtnis Christi, weil sein Tod in der Feier gegenwärtig ist. Jeremias hat demgegenüber, von jüdischem Sprachgebrauch ausgehend, είς τήν άνάμνησιν als »damit Gott meiner gedenke« interpretiert; das bedeute, daß Gott durch die Feier des Herrenmahls »an die ausstehende Vollendung des Heilswerks erinnert« werden solle 89 . Er hat den Wiederholungsbefehl folgendermaßen paraphrasiert 9 0 : »Schließt euch weiterhin durch den Tischritus als die Heilsgemeinde zusammen, damit Gott auf diese Weise tagtäglich um die Herbeiführung der Vollendung in der Parusie angefleht werde.« Jeremias hat als nächste Parallele f ü r das eschatologisdie Verständnis des άνάμνησις-Befehls Did 10 5 f. angeführt. Aber gerade diese Stelle widerlegt, wie mir scheint, Jeremias' Auffassung. H i e r bittet die Gemeinde am Ende des Gebets um das Kommen der Parusie. Diese Bitte beginnt: μνήσθητι, κύριε, της εκκλησίας σου τοϋ ρύσασθαι αυτήν άπό παντός πονηρού καΐ τελειωσαι αΰτήν έν τχ) άγάπχι σου. Auch hier wird Gott darum gebeten, daß er gedenke, jedoch nicht, daß er Christi gedenke, sondern der Kirche; ihrer soll er gedenken und sie zur Vollendung führen. So fehlt für die Interpretation, Gott solle Christi gedenken, jede Parallele. Außerdem ist es nicht einleuchtend, daß mit dem »daß Gott meiner gedenke« das Warten der Kirdie auf die End Vollendung ausgedrückt sein soll; denn der auferstandene und erhöhte Christus unterscheidet sich gerade dadurch von der Kirche, daß er bereits »vollendet« und »beim Vater« ist. Wie die Eucharistiefeier in der Spannung zwischen Gedächtnis des Todes Jesu und Parusieerwartung steht 91 , so steht die mit ihr mehr oder weniger eng verbundene Agape ebenfalls in der Spannung zwischen dem bereits geschenkten und dem noch erhofften Heil. Es ist zumindest sehr wahrscheinlich, daß die Freude, der in der Agape85 86

I Cor 11 24 f.; Lc 24 ie. Abendmahlsworte, S. 229 ff.

87

Die Frage der Historizität des Wiederholungsbefehls lasse ich hier außer acht. Bejahend zuletzt außer Jeremias auch Neuenzeit, Das Herrenmahl, S. 111 ff. mit weiterer Literatur. Verneinend zuletzt etwa E. Schweizer, Das Herrenmahl im Neuen Testament. Neotestamentica, Zürich 1963, S. 344—370 (367).

88

Vgl. Jeremias, aaO., S. 242. aaO., S. 244. aaO., S. 245. E. Schweizer, Das Abendmahl, eine Vergegenwärtigung des Todes Jesu oder ein eschatologisches Freudenmahl, ThZ 2, 1946, S. 81—101, spricht von der »zuinnerst bedingten Zusammengehörigkeit« dieser beiden Elemente. Vgl. dens. in: Neotestamentica, S. 359 ff.

89 90 91

§ 2. Die Bedeutung von Tod und Auferstehung Christi

29

feier Ausdruck gegeben wird, nicht nur Antizipation der Freude in der zukünftigen Vollendung, sondern zugleidi Freude über das durch die Auferstehung Christi geschenkte Leben ist. Der Herr, der bei der Parusie wiederkommen wird, ist auferstanden und erhöht. — Im Folgenden sollen die Belege dafür, daß man bei der quartodezimanischen Passafeier auch der Auferstehung Christi gedachte, noch vermehrt werden.

Die Epistula Apostolorum betont, daß der, der den Jüngern die Anordnungen über das Passa gab, derjenige war, der gestorben und auferstanden ist92. Wenn man annehmen könnte, daß am Ausgang des 2. Jahrhunderts Kleinasien noch geschlossen der quartodezimanischen Praxis folgte, dann müßte man auch als Verfasser der Πράξεις Παύλου einen Quartodezimaner annehmen93. Doch läßt sich das nicht zwingend nachweisen, da Kleinasien am Ende des 2. Jahrhunderts kein einheitlicher quartodezimanischer Block mehr war84. Jedenfalls ist dieser Kleinasiat neben Tertullian95 der erste, der uns von der mit dem Passa beginnenden Pentekoste als von einer Freudenzeit berichtet, in der man nicht weine und die Knie nicht beuge96. Am Passa vollzieht sich der Umschwung von der Trauer zur Freude, in der man während fünfzig Tagen der Erhöhung des Herrn gedenkt. Auch nach Eusebs Bericht über den Passastreit gedachten die Quartodezimaner bei ihrem Passa der Auferstehung. Euseb zitiert gegen die Quartodezimaner gerichtete Synodalbeschlüsse97, die erklären, das Mysterium der Auferstehung des Herrn von den Toten dürfe nur am Herrentag begangen werden98. Dieselbe Formel verwendet Euseb auch in seinem Referat über die Einleitung des Briefs des Irenäus an Viktor von Rom, 92

03

94 95 96

97 88

Ep. Apost. 18 (Hennecke-Schneemelcher I, S. 135 [Äth.]): »Dies ist, als er gekreuzigt worden, gestorben und auferstanden war, indem er dieses sagte, und das Werk, das im Fleisch vollbracht wurde, dadurch, daß er gekreuzigt wurde, und seine Himmelfahrt — dies ist die Vollendung der Zahl.« C. Schmidt, Acta Pauli, Leipzig 1904, S. 205, Anm. 1; ders., Πράξεις Παύλου, Hamburg 1936, S. 127—130; ders., Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 714; L. Vouaux, Les actes de Paul et ses lettres apocryphes, Paris 1913, S. 100; O. Casel, JLW 14, 1938, S. 15; W. Schneemelcher, Paulusakten, in: Hennecke-Schneemelcher II, S. 241, u . a . folgen dem Zeugnis Tertullians (De baptismo 17, CSEL 20, 215), daß der Verfasser ein kleinasiatischer Presbyter sei. Abweichend A. Harnack, Geschichte der altchristlichen Literatur bis Eusebius, Chronologie I, 1897, S. 641, Anm. 2: der Verfasser sei ein hellenistischer Judenchrist aus Ägypten. Daß er Quartodezimaner sei, betonen ausdrücklich Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 714, und Casel, aaO. S. unten S. 33 ff. De ieiun. 2,13 f.; de bapt. 19 u. ö. ed. C. Schmidt, 1936, S. 26; Übs. bei Hennecke-Schncemeldier II, S. 255. Vgl. J. Boeckh, Die Entwicklung der altchristlidien Pentekoste. Jahrb. f. Liturgik u. Hymologie 5, 1960, S. 1—45 (38 f.). Η . Ε. V, 23, 2 (S. 488, 17 ff. Schwanz). Vgl. E. Preuschen, RE 3, S. 727 s. v. Passah.

30

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

in der Irenaus mit diesem Argument seine Ubereinstimmung mit der römischen Osterpraxis bekundet". Nun hat man allerdings dieses Referat des Euseb über den Brief des Irenäus für unzutreffend erklärt: diese Begründung für die Osterfeier am Sonntag entspreche nicht dem Brauch des 2. Jahrhunderts, sondern spiegle die Auffassung der Zeit Eusebs wider 100 . Doch muß man es zumindest für möglich halten, daß Euseb hier nicht die Formulierungen seiner eigenen Zeit gebraucht, sondern diejenigen, die er in den ihm vorliegenden Synodalakten vorfand. Man hat den Eindruck, daß er den Synodalbeschluß wörtlich zitieren will und daß er dessen knappe Formulierung für das Referat über den Brief des Irenäus übernimmt. Außerdem fällt es schwer, eine Begründung der Osterfeier am Sonntag zu finden, die durch die von Euseb gegebene verdrängt worden sein soll; auch im 2. Jahrhundert läßt sich die Bindung der Osterfeier an den Sonntag nicht anders als durch den Verweis auf die Auferstehung Christi am Sonntag begründen. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Osterfeier im 2. Jahrhundert schon in der Weise auf den einen Inhalt des Gedenkens an die Auferstehung. Jesu konzentriert war, wie das im 4. Jahrhundert dann weithin der Fall war. Es bestehen also keine Bedenken gegen die Annahme, daß Euseb an den zitierten Stellen die Argumentation seiner Quellen zutreffend wiedergibt; dann wird aber den Quartodezimanern sowohl in den Synodalbeschlüssen wie in dem Brief des Irenäus implizit vorgeworfen, daß sie der Auferstehung Christi an einem anderen Tag als dem Sonntag, nämlich am 14. bzw. in den frühen Morgenstunden des 15. Nisan gedenken101. Daß die Auferstehung in der ältesten christlichen Osterfeier gegenüber dem Tod Jesu in den Hintergrund trat, erklärt sich wohl daraus, daß dem Gedächtnis der Auferstehung von der Zeit der ersten Christenheit an schon die Wochenfeier am Sonntag galt 102 ; so konnte es in der ältesten christlichen Jahresfeier zunächst mehr im Hintergrund bleiben. Daneben erklärt sich das Ubergewicht des Todesgedächtnisses aus der Annahme über den Termin des Todes Jesu am Passatag und aus der gewichtigen " 9 H . E . V, 2 4 , 1 1 (S. 494, 10 f. Sdiwartz). 100

Chr. Mohrmann, Le conflit pascal au l i e siecle. Note plilologique. V C 16, 1962, S. 154—171 (158 f.; vgl. S. 156, 169): die Begründung der Osterfeier am Sonntag sei »assez interessante, parce qu'elle reflete clairement, non pas l'usage du l i e siecle, mais la conception de P i q u e du temps d'Eus^be«. Leider hat Chr. Mohrmann ihre These nicht näher begründet. Vgl. auch B. Lohse, D a s Passafest der Quartodezimaner, S. 136: Euseb »nimmt die Gesichtspunkte, unter denen er den Passastreit schildert, aus seiner eigenen Zeit«.

101

Ein weiteres Argument dafür, daß die Quartodezimaner bei ihrer Passafeier audi der Auferstehung Christi gedachten, unten S. 54 f.

102

Vgl. die oben S. 1, Anm. 3, zitierten Arbeiten von C. Callewaert und W. Rordorf. Zum Verhältnis von Osterfeier am Sonntag und wöchentlicher Sonntagsfeier s. unten S. 49 ff.

§ 3. Mejito von Sardes — kein Quartodezimaner

31

Rolle der Eucharistie innerhalb der christlichen Passafeier. Die Bindung der Osterfeier an den Sonntag führte nicht zu einer sprunghaften Verlagerung des Gewichts vom Tod auf die Auferstehung Christi. Der Wandel ist vielmehr ein allmählicher; noch lange bleibt es der christlichen Osterfeier eigentümlich, daß sie das gesamte Heilsgeschehen, das in Kreuz und Auferstehung seinen Höhepunkt und in der Parusie sein Ziel hat, in sidi umfaßt. Der Festinhalt des quartodezimanischen Passa beschränkt sich nicht auf das stellvertretende Fasten für die Juden und die Parusieerwartung, sondern umfaßt audi das Gedächtnis des Todes Jesu und, wahrscheinlich allerdings in geringerem Grade, das seiner Auferstehung. Dabei gehört konstitutiv zum quartodezimanischen Passa die Anerkennung der Passionschronologie, nach der Jesus am 14. Nisan gekreuzigt wurde.

§ 3.

Melito von Sardes — kein

Quartodezimaner

1. Verlesung und Erklärung von Exodus 12 Wir haben bisher eines der Elemente des quartodezimanischen Passa, die Lohse1 zusammengestellt und als Argumente gegen die Meinung gewertet hat, zum Festinhalt des ältesten christlichen Passa habe das Gedächtnis des Todes Jesu gehört, übergangen, nämlich die Verlesung und Erklärung von Exodus 12, dem Bericht von der Einsetzung des alttestamentlichen Passa. Auch dieser Bestandteil der quartodezimanischen Passafeier kann aber Lohses These nicht unterstützen. Denn man vollzog von Anfang an das Gedenken an den Tod Jesu gerade innerhalb der Erklärung von Exodus 12; schon I Cor 5 7 impliziert eine solche Auslegung von Ex 12 auf den Kreuzestod Jesu. Lesung und Erklärung von Ex 12 verbinden die urchristliche Passafeier nicht nur mit dem jüdischen Passa, sondern trennen es auch von ihm, und zwar dadurch, daß die Kreuzigung Jesu als das wahre Passa der Opferung des Lammes im jüdischen Passa als die Wahrheit dem nun vergangenen Typus in der Auslegung von Ex 12 gegenübergestellt wird 2 . Ein großer Teil der altkirchlichen Osterpredigten beschäftigt sich mit dieser Typologie 3 . Das älteste Beispiel, in dem sie breiter ausgeführt wird, ist die Osterpredigt 4 des Melito von Sardes 5 . Sie bietet Lohse den Beleg 1

Das Passafest der Quartadecimaner, S. 119 f.

2

Vgl. dazu unten S. 108 ff.

3

S. unten S. 112 ff.

4

F. L. Cross hat Zusammenhänge der Homilie mit der jüdischen Haggadha zu zeigen versucht: JThSt N S 11, 1960, S. 162 f. (Rezension der Ausgabe der Homilie durdi Lohse) und The Early Christian Fathers, London 1960, S. 104 ff. Dennoch wird man an der Bezeichnung »Homilie« bzw. »Predigt« festhalten müssen. Anders

32

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

für seine These, daß bei der quartodezimanischen Passafeier Ex 12 vorgelesen und erklärt wurde6. Dabei interpretiert Lohse im Anschluß an Kenyon 7 , Zuntz 8 , Wifstrand 9 und Manson 10 , denen auch andere gefolgt sind 11 , den Anfang der Homilie dahingehend, daß der Text von Ex 12 zunächst hebräisch verlesen und dann ins Griediisdie übersetzt worden sei; daran habe sich die Auslegung angeschlossen12. Dieser Interpretation ist jedoch nur schwer beizustimmen, da sie dazu zwingt, für διασαφέω eine Bedeutung anzunehmen (»übersetzen«), die sonst nicht belegt ist 13 . Deshalb liegt es schon aus sprach-

5

β 7

8 9 10

11

12

15

außer Cross anscheinend Lohse in seiner Rezension von Blank, ThLZ 89, 1964, 363 f. Daß Melito von Pes 10 5 abhängig sein soll, wie Cross (The early Christian fathers, S. 108 f.) annimmt, erscheint mir wenig wahrscheinlich; die von Cross gegebenen Belege vermögen die Beweislast nicht zu tragen. Es besteht deshalb kein Anlaß, die Predigt als Haggadha zu bezeichnen oder sie in die Nähe der jüdischen Haggadha zu rücken. S. oben S. 12 f., Anm. 9. Daß Melito Bischof gewesen sei, wie Euseb behauptet (H.E. IV, 26,1; S. 380,21 Schwartz), hat P. Nautin, Lettres et icrivains chretiens des l i e et I l l e siecles. Patristica II. Paris 1961, S. 71, mit guten Gründen bestritten. Zur Korrektur von Nautins Auffassung von επισκοπή im Brief des Polykrates an Viktor von Rom (Euseb, H.E. V, 24, 5; S. 492, 5 Schwartz) vgl. Chr. Mohrmann Le conflit pascal au lie siecle. Note philologique. V C 16, 1962, S. 154—171 (158): έπισκοπή bedeutet nicht den vom Himmel kommenden Episkopat, den Melito erwartet, sondern die Parusie. Vgl. außer den Belegen bei Chr. Mohrmann audi Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Fase. 2, Oxford 1962, S. 532 s. v. έπισκοπή Β 1 (»divine visitation; of manifestation of divine activity, revelation of God's power and glory in his dealings with man«), wo unsere Stelle noch ergänzt werden könnte. Vgl. ebenfalls Lohse, aaO., S. 11, der έπισκοπή mit »Wiederkunft« übersetzt. aaO., S. 75. The Chester Beatty Biblical Papyri. VIII. Enoch and Melito, London 1941, S. 10, Anm. 1. On the opening sentence of Melito's Paschal Homily. H T h R 36, 1943, S.299—315. The Homily of Melito on the Pascha, VC 2, 1947, S. 201—223 (217). Rez. v. P . E . K a h l e , The Cairo Geniza, 1947. Dominican Studies 2, 1947, S. 183— 192 (192). zuletzt etwa P. Kahle, Die Kairoer Genisa, Berlin 1962, S. 170 ff.; Β. Kipper, Numquid pericopae Veteris Testamenti in coetibus liturgicis christianorum lingua hebraica recitabantur? EL 77, 1963, S. 396 referiert lediglich Kahles These nach P. Kahle, Der hebräische Bibeltext, Stuttgart 1961, S. 43 f. Die Anfangsworte der Homilie heißen (S. 11 Lohse; S. 1 Testuz): ή μέν γραφή της Ε β ρ α ϊ κ ή ς έξόδου άνέγνωσται και τά ρήματα τοϋ μυστηρίου διασεσάφηται, πώς τό πρόβατον θύεται και πώς ό λαός σώζεται. Vgl. Liddell-Scott S. 411 s.v. διασαφέω: »make quite clear, show plainly«. Der jüdisch-alexandrinische Bibelausleger Aristobul verwendet διασαφεΐν in demselben Sinn wie σημαίνειν, έπισημαίνειν und άπαγγέλλειν f ü r die allegorische Auslegung eines Textes oder für die Verwendung eines Wortes in allegorischem Sinn durch einen biblisdien Autor; vgl. N . Walter, Der Thoraausleger Aristobulos. T U 86, Berlin 1964, S. 136; die Belegstellen sind die Aristobul-Fragmente bei Euseb, Prae-

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

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lichen Gründen näher, die Stelle folgendermaßen zu übersetzen: »Die Schriftstelle vom Auszug der Hebräer ist verlesen und die Worte des Mysteriums sind jetzt klar.« Eine andere Möglichkeit wäre: »Die Schriftstelle aus dem Buch Exodus der Hebräer ist verlesen und die Worte des Mysteriums sind jetzt erklärt.« 14 Die Entscheidung zwischen diesen beiden Möglichkeiten fällt schwer; jedoch ist sie für die Feststellung des Sinns nicht wesentlich. In jedem Fall handelt es sich um eine der in Melitos Predigt üblichen parallelen Bildungen; beide Sätze besagen dasselbe: Die Hörer haben gerade den Textabschnitt Ex 12 gehört; er ist ihnen deshalb gegenwärtig und der Prediger kann ihn der Gemeinde auslegen 15 .

Der Anfang der Osterpredigt dokumentiert also keinen anderen Brauch als den auch in späteren Jahrhunderten der Alten Kirche bekannten und jedenfalls dort eindeutig für die Osterfeier am Sonntag gültigen: der Text von Ex 12 wird auf Griechisch verlesen und der Gemeinde erklärt. 2. Das Zeugnis des Polykrates von Ephesus Nachdem der erste Herausgeber Bonner in Melitos Predigt eine »Karfreitagspredigt« gesehen hatte16, wird nun allgemein angenommen, sie sei bei einem quartodezimanischen Passa gehalten worden; ihr Verfasser Melito von Sardes17 sei ein Quartodezimaner18. Dieses Urteil stützt

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15

3

paratio Evangelica VIII, 10, 3.6.8. (S. 452,1.7.13 Mras); X I I I , 12, 15 (S. 197, 5 Mras) für die parallelen Ausdrücke; VIII, 10, 5 (S. 452, 7 Mras) und X I I I , 12,11 (S. 195, 21 f. Mras) für διασαφεΐν. So C. Bonner, The Homily on the Passion, S. 168; vgl. ders., A supplementary note on the opening of Melito's Homily. H T h R 36, 1943, S. 317—319. Schon die lateinische Epitome hat den Text folgendermaßen verstanden: »Scripturam quidem Hebraici exitus et verba mysterii, dilectissimi fratres, audistis* (Chadwick, JTS 11, 1960, S. 77, 1 f.); sie stützt damit den ersten der beiden oben gegebenen Übersetzungsvorschläge. Es erübrigt sith also auch der Hinweis auf die 2. Spalte der Hexapla. Kahle, Die Kairoer Genisa, S. 172, weist darauf hin, daß Origenes diese ebenso wie die anderen Texte der Hexapla direkt von den Juden übernommen habe. Dennoch nimmt er die Benutzung eines Umschrifttextes, wie ihn die 2. Spalte der Hexapla bietet, durch Melito an, obwohl man auch im Judentum selbst die Benutzung soldier Texte allenfalls bis ins 2. Jahrhundert, also gerade die Zeit Melitos, zurückverfolgen kann. — B. Gärtner, John 6 and the Jewish Passover, 1959, S. 33 ff. lehnt die Interpretation, nach der Ex 12 auf Hebräisch verlesen wurde, ab.

18

The Homily on the Passion by Melito Bishop of Sardes, S. 19.

17

Die Bedenken P. Nautins (L'Homelie de »Meliton« sur la Passion. R H E 44, 1949, S. 429—438; Le dossier d'Hippolyte et de Μέΐϊωη. Patristica I, Paris 1953, S. 50 ff.) gegen die Verfasserschaft des Melito sind nach der Auffindung und Herausgabe des Papyrus Bodmer X I I I , der wahrscheinlich noch dem 3. Jahrhundert angehört und Melito als Verfasser nennt (wie auch die von Bonner zuerst edierte Handschrift), hinfällig geworden. Denn der terminus ante quem der Predigt ist damit die 2. H ä l f t e des 3. Jahrhunderts und der Name des Melito dann der einzige, den die

Huber

34

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

sich auf die Erwähnung Melitos in dem Brief, den Polykrates von Ephesus zur Verteidigung der quartodezimanischen Praxis um 195 an Viktor von Rom schrieb. Nun kann über die polemische Absicht dieses Briefes, die Vorsicht gegenüber den einzelnen Angaben geraten sein läßt, kein ZweiÜberlieferung als Namen des Verfassers nodi bereithält. Nautins Meinung, ein derart schwülstiger Stil, wie ihn diese Predigt zeige, sei im 2. Jahrhundert völlig undenkbar, ist von Wif strand (s. oben Anm. 9) widerlegt worden; die von Wifstrand aus der gleichzeitigen nichtchristlichen Literatur gegebenen Parallelen zeigen, daß die Predigt in der Adaption der asianisdien Rhetorik einen nicht unwesentlichen Schritt auf dem Weg der Hellenisierung des Christentums bedeutet. Eine negative Beurteilung erfährt die Predigt auf Grund ihres Stils auch bei W. Jaeger, Das frühe Christentum und die griechische Bildung, 1963, S. 44 f. Vgl. aber zur stilistischen Bedeutung der Predigt als des ersten Beispiels der syro-palästinensischen poetischen Homilie und einer Vorform des byzantinischen Kontakions A. Kambylis in ThLZ 92, 1967, Sp. 279—285. Die Frage, ob Melito wirklich der erste christliche Schriftsteller war, der die asianische Rhetorik in solchem Umfang verwandte, läßt sich definitiv nicht beantworten; seine Osterpredigt ist jedenfalls das älteste Beispiel für eine solche Übernahme literarischer Kunstmittel des Heidentums. Daß dem Melito die Verwendung des asianisdien Stils zuzutrauen ist, zeigt das ironische Urteil, das Tertullian über ihn fällt; er spricht von dem »elegans et declamatorium Ingenium« des Melito (Hieronymus, De vir. ill. 24; S. 22 Richardson, TU 14,1), von seinem »rhetorischen Talent«. — Nach der Meinung von O.Michel (Hebräerbrief, 11. Aufl. Göttingen 1960, S.4) haben wir allerdings bereits im Hebräerbrief »die erste Predigt vor uns, die alle Mittel der antiken Rhetorik und Sprachformen kennt und ins Christentum überträgt«. Doch zeigt ein Vergleich mit Melitos Osterpredigt, daß — von den Zweifeln abgesehen, die sich der Einordnung des Hebräerbriefs in die Gattung der Predigt entgegenstellen — seine Übernahme der antiken Rhetorik eine sehr eingeschränkte ist. Auch wenn man nicht leugnet, daß der Hebr. manche Stilmittel der griechischen Rhetorik verwendet, kann doch von Kenntnis und Verwendung all ihrer Mittel und Sprachformen nicht die Rede sein. Der asianisdien Rhetorik des Melito steht er jedenfalls noch sehr fern. Stilistisch näher stehen bei Melitos Osterpredigt die beiden letzten Kapitel (c. 11 f.) des Diognetbriefs. Sie sind m. E. zeitlich nach der Predigt Melitos anzusetzen. L. W. Barnard (The Epistle ad Diognetum, two units from one author? ZNW 56, 1965, S. 130—137), der diese beiden letzten Kapitel von demselben Verfasser herleitet wie den ersten Teil des Diognetbriefs und die Unterschiede zwischen beiden Teilen aus ihren verschiedenen Entstehungszeiten, ihren verschiedenen Adressaten und ihrem unterschiedlichen Zweck erklärt, datiert c. 11 f. auf ca. 140. Nach dem Vorgang anderer erklärt auch Barnard die beiden Kapitel als Osterpredigt oder Teil einer Osterpredigt. Das ist aber dann ausgeschlossen, wenn man mit Recht in I i i die Adressaten bzw. Zuhörer des Textes bezeichnet findet. Daß die Zuhörer einer Osterpredigt ausschließlich solche sind, die »Schüler der Wahrheit werden (wollen)«, oder daß eine Osterpredigt doch in erster Linie an sie gerichtet ist, muß man als unwahrscheinlich ansehen. Handelt es sich aber um eine Ansprache an die Katediumenen unmittelbar vor ihrer Taufe in der Osternacht, dann müßte man doch einen deutlichen Hinweis auf die Taufe in dem Text finden. Auch aus 12 s (τό

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

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fei bestehen. Das zweite Fragment, das Euseb aus dem Brief zitiert19, lautet in Ubersetzung folgendermaßen20: »Ich könnte die Bischöfe, die bei mir sind, (namentlich) anführen, die gemäß eurer Aufforderung von mir zusammengerufen werden sollten, und die ich zusammengerufen habe. "Wenn ich ihre Namen schriebe, wäre es eine große Menge. Sie kennen meine unbedeutende Persönlichkeit und haben meinem Brief zugestimmt; denn sie wissen, daß ich nicht umsonst graue Haare trage, sondern stets in Christus Jesus gewandelt bin.«

Nach der Darstellung des Polykrates war also auf der Synode, die er auf die Aufforderung des römischen Bischofs hin zusammengerufen und bei der sich eine sehr große Anzahl von Bischöfen versammelt hatte, vollkommene Ubereinstimmung erzielt worden: man hielt einhellig, im Widerstand gegen den römischen Bischof und die von ihm vertretene Osterpraxis, an der überlieferten Passafeier am 14. Nisan fest. Doch warum fügte Polykrates seinem Brief, den er mit Zustimmung der Synode schrieb, nicht wirklich eine Liste der anwesenden und beistimmenden κυρίου πάσχα προέρχεται) ergibt sich nicht, daß die Ansprache in der Osternacht selbst gehalten ist; schließlich scheint mir auch 11 4 nicht eindeutig auf ein hohes Fest, das dann nur das Osterfest sein könnte, hinzuweisen. Wahrscheinlicher ist mir, daß es sich um ein Fragment einer Ansprache aus dem vorösterlichen Katechumenenunterricht handelt. Unter den zahlreichen Thesen, die über die beiden Kapitel aufgestellt wurden, verdient in unserem Zusammenhang diejenige von Eduard Schwartz (Zwei Predigten Hippolyts, SbMü 1936, H . 3, S. 33, Anm. 1; S. 47, Anm. 1), nach der es sich in Diogn. 11 f. um ein Bruchstück aus einem der beiden verlorenen Traktate Hippolyts über das Osterfest handelt, besondere Erwähnung; zwingend nachweisen läßt sie sich wohl nicht. Für weitere Thesen über den Autor vgl. die Zusammenstellung bei H . J. Marrou, A Diognete (SCh 33), Paris 1951, S. 242 f. und dessen eigene Überlegungen S. 244—268. Zuletzt hat sich S. Petrement, Valentin est-il l'auteur de Pepitre k Diognke? R H P h 46, 1966, S. 34—62, zu der Frage geäußert. Auf die Verwandtschaft zwischen Diognet 11 f. und Melito haben bereits C. Bonner, The Homily on the Passion, S. 60—62, und H . C. Meediam, The Epistle to Diognetus, Manchester 1949, S. 67, hingewiesen. Vgl. dazu auch noch P. Nautin, Le dossier d'Hippolyte et de Militon, S. 124 ff.; ders., Lettres et ecrivains des l i e et I l l e siecles, S. 168 ff. 18 18

20

3*

Vgl. statt vieler Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 15. Die Worte, mit denen Euseb dieses Zitat einleitet, sind von Lohse falsch übersetzt worden, τούτοις έπιφέρει περι των γραφόντι συμπαρόντων καΐ όμοδοξούντων επισκόπων ταϋτα λέγων (Η. Ε. V, 24,8; S. 492, 17 f. Schwartz) kann nicht heißen (Lohse, aaO., S. 11): »Diesen (Zeilen) fügte er (eine Liste) der Bischöfe bei, die bei ihm waren, während er (den Brief) schrieb, und die mit ihm einer Meinung waren«. Das könnte man erwarten; s. das Folgende oben im Text. Doch aus dem Brief des Polykrates ergibt sich das Gegenteil. Euseb setzt sich mit diesem nicht in Widerspruch, sondern schreibt: »Diesen Zeilen fügt er Folgendes über die Bischöfe bei, die bei ihm w a r e n . . . « Euseb, H.E. V, 24, 8 (S. 492, 19 ff. Schwartz).

36

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Bischöfe an?21 War die Zahl der versammelten Bischöfe wirklich so groß und ihre Meinung wirklich so einhellig, so hätte eine namentliche Liste ihren Eindruck auf den römischen Bischof gewiß nicht verfehlt. Schon aus wenig späterer Zeit kennen wir eine Reihe solcher Bischofslisten, die dem jeweils vertretenen Standpunkt größeren Nachdruck verleihen sollten22. Polykrates »fürchtete nicht, daß er zu viele Namen zu schreiben habe und zu viele unterschreiben lassen müsse, sondern daß er deren nicht genug habe«23. Aus der eleganten, durch ihre feierliche Umständlichkeit allerdings schon Bedenken erregenden Floskel, mit der er eine namentliche Aufzählung der seinem Brief zustimmenden Bischöfe umgeht, läßt sich noch entnehmen, daß die von ihm postulierte Einheit in der Frage des Osterfestes keineswegs bestand. Wie das Verhältnis zwischen Quartodezimanern und Nicht-Quartodezimanern in Wirklichkeit war, hat er allerdings zu verschleiern vermocht. Die Konsequenz, daß nur noch eine verschwindend geringe Minderheit in Kleinasien der quartodezimanischen Praxis anhing24, wird man aus der Stelle nicht ziehen können; dagegen spricht schon die Bedeutung des Streites, die nicht erst Euseb ihm gegeben hat, sondern die bereits in den von ihm zitierten Dokumenten sichtbar wird. Ähnlich wie bei dem Schlußsatz des eusebianischen Exzerpts von Polykrates' Brief ist auch an dessen Anfang die polemische Absicht unverkennbar 25 . Polykrates beginnt dort die Liste der στοιχεία, die Zeugen für das Alter und die Kontinuität der quartodezimanischen Praxis sind, 21

Vgl. zum Folgenden P. Nautin, Lettres et ecrivains chretiens des l i e et I l l e si^cles, 1961, S. 73 f.

22

Vgl. Cornelius von Rom an Fabius von Antiochien (Euseb, H.E. VI, 43, 2 und 21; S. 612, 18 ff.; 6 2 2 , 2 4 ff. Schwartz); die Briefe der karthagischen Synoden von 252, 254 und 255 bei Cyprian, Ep. 57, 67, 70 (S. 650, 735, 766 Härtel), vor allem den von Nautin in diesem Zusammenhang nidit erwähnten antimontanistisAen Synodalbrief des Serapion von Antiochien (190—211): Euseb. H.E. V, 19, 1—4 (S. 478, 20 ff. Schwartz). Vgl. dazu zuletzt C. Andresen, Zum Formular frühchristlicher Gemeindebriefe, Z N W 56, 1965, S. 233—259 (253).

23

Nautin, aaO., S. 74. Diese Auffassung ersdieint mir wahrscheinlicher als die von C. Andresen, aaO., S. 254 f., dargelegte: Dem Brief Viktors von Rom fehlte eine Unterschriftenliste, da der römische Bischof einer solchen nicht bedurfte. U m dieser römischen Autorität seine eigene kleinasiatische Autorität entgegenzustellen, verzichtete Polykrates auf die Unterschriften der anwesenden Bischöfe, die an sich vom Formular des Synodalbriefes erfordert wurden. Diese Erklärung könnte nur dann überzeugen, wenn Polykrates audi auf den oben zitierten umständlichen Satz verzichtet hätte. Dafür, daß auch römische Synodalbriefe eine Unterschriftenliste sehr wohl enthalten konnten, vgl. den oben, Anm. 22, zitierten Brief aus dem novatianischen Streit.

24

So Nautin, aaO., S. 74.

25

Euseb, H.E. V, 2 4 , 2 (S. 490, 3 ff. Schwartz).

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

37

mit dem Apostel Philippus und seinen zwei Töchtern und Johannes. Gewiß kann Polykrates mit Recht das hohe Alter der Passafeier am 14. Nisan behaupten; und die Berufung auf den Apostel Johannes ist uns audi anderweitig bezeugt26. Sollte jedoch die in der Uberlieferung völlig einmalige Hinzufügung des »Apostels« Philippus27 vielleicht darin ihren Grund haben, daß sich Viktor zur Begründung des Machtanspruchs der römischen Kirche, dem sich die Kleinasiaten zu fügen hätten, auf die beiden Apostel Petrus und Paulus berufen hatte?28 Sollten also den beiden »römischen« Aposteln die beiden Apostel gegenübergestellt werden, die in Kleinasien besondere Verehrung genossen? Vielleicht zitiert Polykrates auch die Namen der anderen »Leuchten« Kleinasiens mehr aus apologetischen als aus »historischen« Gründen. Der bewußten Geschichtsfälschung wird man ihn audi dann nidit bezichtigen dürfen. Er trägt einfach die Namen berühmter kleinasiatischer Männer zusammen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, und nimmt gar nicht sonderlich Rücksicht darauf, ob diese Männer nun wirklich Wortführer oder auch nur Anhänger der quartodezimanischen Praxis waren. 3. Melitos Schrift »Über das Passa« Der Brief des Polykrates hat schon bei Euseb den Eindruck hervorzurufen vermocht29, daß in Kleinasien in der ganzen Zeit bis hin zu Polykrates über den Termin des Passafestes eine einhellige Meinung bestand. So hat er Nachrichten, die er an anderer Stelle gibt, nidht mit dem Streit zwischen Kleinasien und Rom in Zusammenhang gebracht. In dem Schrif26

Brief des Irenaus: Euseb, H.E. V, 24, 16 ( S . 4 9 6 , 1 1 Schwartz); in späterer Zeit Theodoret, Haer. Fab. Comp. III, 4 (PG 83, 405).

21

Es handelt sich um den »Evangelisten«, der zum Apostel aufgewertet wird (vgl. etwa H. Lietzmann, Geschichte der alten Kirdie I, 3. Aufl. 1953, S. 198; II, 2. Aufl. 1953, S. 131). Vgl. zu ihm Act 6 s; 8 5 ff.; 21 8f. An der letzten Stelle werden nicht nur zwei (wie bei Polykrates), sondern vier Töchter des Philippus erwähnt. Gerade die Aufwertung des Evangelisten zum Apostel spricht für die oben gegebene Interpretation.

28

Vgl. Nautin, aaO., S. 31,67. Vgl. zu diesem »Traditionsbeweis« im übrigen H . Koch, Petrus und Paulus im zweiten Osterstreit. Z N W 19, 1919/20, S. 174—179 (178 f.); W. Köhler, Omnis ecclesia Petri propinqua, 1938, S. 26 f.; H . von Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht, S. 185. Vgl. zum Fehlen des Paulus unter den kleinasiatischen »Stoicheia« audi Κ. Holl, Der Kirchenbegriff des Paulus in seinem Verhältnis zu dem der Urgemeinde. Ges. Aufs. II, 1928, S. 44—67 (66 f.). Es drückt sich darin die Entwicklung aus, durch die nach dem Weggang des Paulus in Kleinasien der Einfluß der Urgemeinde übermächtig wurde; vgl. audi G. Bornkamm, Art. πρεσβΰς, ThWb VI, 1958, S. 670, Anm. 115.

29

H.E. V, 2 3 , 1 ; 2 4 , 1 ( S . 4 8 8 , 7 ; 490, 7 ff. Schwartz).

38

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

tenverzeichnis des Melito zitiert Euseb audi die Anfangsworte einer (verlorengegangenen) Schrift »Über das Passa«30: »Als Servilius Paulus 31 Prokonsul der Asia war, entstand zu der Zeit, als Sagaris als Märtyrer starb, in Laodicea eine große Auseinandersetzung über das Passa, das gerade in jene Tage (sc. des Martyriums des Sagaris) fiel.«32

Über den Gegenstand dieser Auseinandersetzung können wir diesen Worten zunächst nichts entnehmen. Sie war Anlaß einer literarischen Fehde, die wir aus den Angaben und Zitaten Eusebs und des Chronikon Paschale noch rekonstruieren können. Aus dem Chronikon Paschale wissen wir von einer Schrift über das Passa, die der Bischof Apollinarius von Hierapolis verfaßte, den Euseb als unmittelbaren Zeitgenossen des Melito erwähnt33. In dieser Schrift34 vertritt Apollinarius den quartodezi30

Euseb, H.E. IV, 26,3 (S. 382, 11—13 Schwartz). Ο. Perler, Ein Hymnus zur Ostervigil von Melito? (Paradosis 15), Freiburg (Schweiz) 1960, S. 31 f., hält es für möglich, daß uns in der Passahomilie und dem Osterhymnus, der sich im Papyrus Bodmer X I I I unmittelbar hinter der Homilie findet, Teile der Schrift Melitos über das Passa erhalten seien. Doch zumindest teilweise muß Melito in seiner Schrift auf die aktuellen Streitfragen eingegangen sein; es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, daß er innerhalb einer Schrift so sehr im literarischen Stil zwischen Streitschrift, Homilie und Hymnus gewechselt hat. — Daß Melito seine Schrift zur Zeit des Passafestes abgefaßt habe, wie Perler zur Unterstützung seiner These vorbringt, geht aus ihren bei Euseb zitierten Einleitungsworten nicht hervor.

31

So muß doch wohl trotz Rufins Text »sub Sergio Paulo« gelesen werden. E. Schwartz hatte zwar noch in der editio maior den Text Rufins als »durch Zufall richtig« angesehen und war damit der auf Waddington, Fastes asiatiques, S. 226, beruhenden Meinung von L. Duchesne, La Question de la Paque au Concile de Nicee, R Q H 28, 1880, S. 9, gefolgt, nach der L.Sergius Paullus, Prokonsul der Asia zwischen 164 und 168 (Prosop. Imp. Rom. 3, 221) in unserem Text gemeint ist. Dieselbe Ansicht vertreten neuerdings E. Westermayer, PWK Suppl. VI, 1935, 818, und M. Richard, La Question Pascale au lie siecle. L'Orient Syrien 6, 1961, S. 179—212 (194). E. Schwartz hat aber seine Meinung in der editio minor korrigiert und diese Korrektur im Einleitungsband zu Eusebs Kirchengeschichte (GCS Euseb II, 3, Leipzig 1909) S. LXXXVII, begründet: Daß Rufin »sub Sergio Paulo« statt »sub Servilio Paulo« schreibt, ist als Reminiszenz an Act 13 7 leicht zu erklären. Daß aber alle griechischen Handschriften und die syrische Übersetzung Σερουιλίου statt eines ursprünglichen Σεργίου schreiben, ist durch die Annahme einer Verschreibung oder einer Assoziation nicht zu begründen und ohne jede Parallele. Man muß deshalb eher den von Euseb benutzten Melito-Text für verderbt halten als Rufin den Vorzug vor der gesamten sonstigen Überlieferung geben. Da aber das von Melito gemeinte Jahr nicht feststeht, kann auch die griechische und syrische Überlieferung richtig sein.

38

Das folgende καΐ έγράφη ταΰτα kann nicht mehr wörtlich dem Text Melitos entsprechen.

33

Η . Ε. IV, 26,1 (S. 380, 21 f. Schwanz).

34

Das Fragment Chronikon paschale ed. Dindorf I, S. 13 f.

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

39

manischen Standpunkt35. Er wendet sich gegen diejenigen, die aus Unwissenheit und Streitlust behaupten, der Herr habe am 14. Nisan mit seinen Jüngern das Passalamm gegessen und sei am 15. Nisan gekreuzigt worden. Für diese Behauptung berufen sich die Gegner des Apollinarius auf Matthäus. Doch tun sie das nach der Meinung des Apollinarius nicht zu Redit; denn es kann keinen Widerspruch zwischen den Evangelien geben. Apollinarius will seine Gegner nicht anklagen, sondern belehren; doch ist uns die Begründung seiner Behauptung leider nicht überliefert. Er beharrt darauf, daß die Kreuzigung Christi am 14. Nisan stattfand: »Der 14. ist das wahre Passa des Herrn, das große Opfer . . . « Abgesehen von dem, was oben36 schon für die Tatsache vorgebracht wurde, daß sich die Quartodezimaner der »johanneischen« Chronologie anschlossen und der »synoptischen« Chronologie ablehnend gegenüberstanden, zeigt die zuletzt zitierte Stelle ganz deutlich, daß Apollinarius ein Quartodezimaner war. Der 14. Nisan, an dem Christus gekreuzigt wurde, ist für ihn das »wahre Passa«. Nahm Melito denselben Standpunkt ein wie Apollinarius? — Nachdem er die Anfangsworte der Schrift Melitos über das Passa zitiert hat, fährt Euseb fort37: τούτου δέ τοΰ λόγου μέμνηται Κλήμης ό Άλεξανδρεύς έν Ιδίφ περί τοϋ πάσχα λόγφ, δν ώς έξ αίτιας της τοϋ Μελίτωνος γραφής φησιν έαυτόν συντάξαι. »Diese Schrift erwähnt Klemens von Alexandrien in seiner eigenen Schrift über das Passa, von der er sagt, er habe sie aus Anlaß der Schrift des Melito verfaßt.« 3 8 35

Hilgenfeld, Der Paschastreit der alten Kirche, S. 255 ff., ist der Meinung, Apollinarius sei ein Gegner der Quartodezimaner gewesen. B. Lohse, aaO., S. 93, 123, folgt ihm darin, obwohl für ihn Hilgenfelds Argument, daß ein Angriff gegen die synoptische Chronologie, wie ihn Apollinarius führt, ein Angriff gegen das quartodezimanische Passa sei, nicht stichhaltig sein kann. Vgl. oben S. 22 ff. Aus den Worten des Apollinarius läßt sich nicht als Standpunkt seiner Gegner entnehmen: »weil Jesus das Passa vor seinem Tod gefeiert habe, müsse man es auch jetzt noch halten« (so Lohse, S. 93). Vgl. auch oben S. 23 f. Zu welchen Schwierigkeiten es führt, wenn man nicht erkennt, daß Apollinarius Quartodezimaner, seine Gegner aber keine Quartodezimaner waren, zeigt Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 625: Die Gegner des Apollinarius, die die synoptische Chronologie anerkannten, waren auch Quartodezimaner; »aber die Substanz ihres Festes war von derjenigen der kleinasiatisdien Kirche verschieden«. Das wäre also eine neue Gruppe, von der die Quellen völlig schweigen. In Wirklichkeit aber begegnet uns die anti-quartodezimanische Haltung jener Gruppe zur Zeit des Apollinarius auch sonst, wie gleich zu zeigen ist.

36

S. oben S. 21 ff.

87

H.E. IV, 26, 3 (S. 382, 15 — 384, 2 Schwanz).

38

Dieselbe Schrift des Klemens erwähnt Euseb auch H.E. VI, 13,9 (S. 584,19 Schwartz).

40

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

Man hat schon lange erkannt, daß έξ αίτιας hier den Sinn von »polemisch gegen« haben muß39. Klemens von Alexandrien war nun gewiß kein Quartodezimaner; denn in Alexandria feierte man schon lange vor dem Ende des 2. Jahrhunderts Ostern am Sonntag40. Die Folgerung, die man deshalb allgemein zieht41, ist also sehr naheliegend: Melito verfaßte, aus Anlaß der in Laodicea entstandenen Streitigkeiten, eine Schrift, in der er den quartodezimanischen Standpunkt vertrat; Klemens schrieb eine polemische Schrift gegen Melito, in der er das quartodezimanische Passa angriff 42 . Nun zeigen die Fragmente, die das Chronikon paschale43 aus dieser Schrift des Klemens aufbewahrt hat, daß Klemens in ihr — ebenso wie Apollinaris von Hierapolis vor ihm — die johanneisdie Chronologie verteidigt. Genauer gesagt, findet er diese Chronologie in allen Evangelien wieder: Alle Evangelien stimmen darin überein, daß Jesus nicht vor seinem Tod das Passa feierte, sondern am Tag des Passa, dem 14. Nisan, gekreuzigt wurde; er aß vor seinem Tod nicht mehr wie in den vorangegangenen Jahren das Passa, sondern er war selbst das Passa, das »Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird« 44 . Auch als Nichtquartodezimaner und Alexandriner konnte Klemens — im übrigen mit einer sehr ähnlichen Argumentationsweise wie Apollinarius — die Ansicht vertreten, Jesus sei am 14. Nisan gekreuzigt worden; denn diese Meinung war auch in Alexandrien und Rom zu dieser Zeit vorherrschend45. Wenn nun die Verteidigung der johanneischen Chronologie der Hauptinhalt einer 89

Vgl. etwa Hilgenfeld, aaO., S. 253 ff.; E. Schürer, Die Passastreitigkeiten des 2. Jahrhundert. ZhistTh 40, 1870, S. 182—284 (229). Diese Interpretation ist verschiedentlich bestritten worden, vgl. etwa O. Casel, JLW 14, 1938, S. 9, zuletzt W. H . Cadman, Studia Patristica V, T U 80, S. 14. Ähnlich, aber in der Harmonisierung noch weitergehend, J. Daniilou, Figure et £v£nement chez Meliton de Sardes. Cullmann-Festschrift, 1962, S. 282—292 (291): Klemens habe die Schrift des Melito benutzt, in der wir die Passa-Homilie sehen dürften.

40

Vgl. K. Holl, Ges. Aufs. II, S. 215 ff. und unten S. 52.

41

Vgl. ζ. B. Lohse, aaO, S. 123, Anm. 3.

42

Der Zusammenhang wird von K. Baus, Von der Urgemeinde zur frühchristlichen Großkirdie, in H. Jedin, Handbuch der Kirchengesdiichte, Bd. 1, S. 311, ohne Grund umgedreht: Melito schreibt eine Erwiderung auf die Sdirift des Klemens von Alexandrien und begründet in ihr das quartodezimanische Passa mit der synoptischen Chronologie.

43

ed. Dindorf I, S. 14 f.; Klemens Fr. 28 (S. 216 f. Stählin, Bd. 3).

44

Jes 53 7.

45

Vgl. für Rom etwa das Fragment aus Hippolyts Syntagma im Chronikon paschale ed. Dindorf I, S. 13 (dazu E. Schwartz, Osterbetrachtungen. Ges. Sehr. V, S. 17 f., Anm. 1: der Gegner des Hippolyt ist Blastus. Anders C. Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 620) und das Fragment aus Hippolyts Schrift über das Passa (Chronikon paschale ed. Dindorf I, S. 13; Hippolyt, Kleine Schriften, S. 270, Adielis).

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

41

gegen Melito gerichteten Schrift war, dann muß Melito die synoptische Chronologie vertreten haben40; er stand dann also auf der Seite derjenigen, gegen die auch Apollinarius von Hierapolis polemisiert hatte. Da aber die quartodezimanische Passafeier an die Anerkennung der johanneisdien Chronologie gebunden war, war Melito kein Quartodezimaner; vielmehr griff er in seiner Schrift das quartodezimanische Passa an einem seiner Fundamente, nämlich der Frage der Chronologie, an. 4. Melitos Osterpredigt Zu demselben Ergebnis führt eine Betrachtung der Osterpredigt. Lohse zieht diese als Dokument für das quartodezimanische Passa heran, zitiert sie allerdings zur Bestimmung des Festinhalts des quartodezimanischen Passa auffallend wenig47. Nun fehlt auch das für Lohse wichtigste Element des quartodezimanischen Festes, die Parusieerwartung am Passa, in der Homilie vollständig 48 . Lohse meint sie allerdings in drei Zeilen des letzten Abschnitts der Predigt finden zu können49. Ich zitiere den Abschnitt im gesamten; es handelt sich um eine Rede des Auferstandenen: »Daher kommet alle, ihr Stämme der Menschen, in Sünden wie in Sauerteig gebettet, und empfanget Vergebung der Sünden. Denn ich bin eure Vergebung, idi das Passa des Heils, das Lamm, das für eudi geschlachtet wurde, ich euer Lösegeld, ich euer Leben, ich eure Auferstehung, ich euer Licht, idi eure Rettung, ich euer König. Idi führe euch hinauf in die Höhen des Himmels; idi werde euch dort auferstehen lassen; idi werde euch dort den Vater, der von Ewigkeit ist, zeigen; ich werde eudi auferstehen lassen durch meine Redite.« 50 48

47

48

Vgl. z. B. Hilgenfeld, Pasdiastreit, S. 250 ff.; Sdiwartz, Ges. Sehr. V, S. 17 f., Anm. 1; Lohse, aaO., S. 123. ausführlicher nur in dem Abschnitt über »Lesung und Erklärung von Ex 12«, aaO., S. 75—77. So schon Blank in seiner Ubersetzung der Passa-Homilie S. 40, 95. Lohses Erwiderung (ThLZ 89, 1964, 363 f.) vermag midi nicht zu überzeugen. Zu der von ihm herangezogenen Stelle s. gleich im Text. — Ebenso stellt auch N . Hyldahl, Zum Titel Περί Πάσχα bei Meliton. Studia Theologica 19, 1965, S. 55—67 (66) zutreffend fest, daß die Predigt, wenn die Parusieerwartung das Charakteristikum des quartodezimanischen Passa sei, nicht quartodezimanischen Ursprungs sein könne. Hyldahl kommt in seiner die Schwierigkeiten klar erkennenden Untersuchung (die nach Abschluß der vorliegenden Arbeit erschienen ist) deshalb zu keiner neuen Erklärung des Tatbestands, weil ihm die Meinung, Melito von Sardes sei Quartodezimaner gewesen, als unumstößliche Tatsache feststeht.

46

§103 (S. 36 Lohse; S. 148—150 Testuz); vgl. auch Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 81.

50

Lohse (ThLZ 89, 1964, 363 f.) hat Blank vor allem vorgeworfen, daß er (Meliton von Sardes. Vom Passa S. 130) die letzten drei Stidien präsentisch statt futurisch übersetzt; hätte er das Futur belassen, so hätte er also Lohses These niemals anzugreifen vermocht. Allerdings ist in dem Text der Wechsel vom Präsens zum Futur

42

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Die Unterschiede dieses Textes gegenüber der Epistula Apostolorum und der in ihr ausgesprochenen Parusieerwartung 51 sind deutlich. Nach dieser wacht die Gemeinde in der Passanacht, weil in ihr der Herr wiederkommen wird; bei Meli to aber verkündigt, wenn an unserer Stelle von der Eschatologie überhaupt die Rede ist52, der auferstandene Herr der Gemeinde die Gewißheit der Endauferstehung. Die Verbindung von Passa und Parusie in der Epistula Apostolorum und anderen Texten ist allein schon durch den Termin gegeben: die Passanacht ist die Nacht der Parusie; diese Parusie wird als nahe bevorstehend erwartet. Die Verbindung von Ostern und Endauferstehung in der Predigt Melitos ist dagegen lediglich sachlicher Art. Die Auferstehung Christi ist das Unterpfand der Endauferstehung der Gläubigen53. Weil Christus den Tod schon besiegt hat, kann und wird er am Ende der Zeiten die Gläubigen der Endauferstehung entgegenführen. Weil Christus den Tod schon besiegt hat, kann die Erhöhung der Gläubigen in den Himmel aber anstatt futurisch auch präsentisch, das heißt als schon gegenwärtige Wirklichkeit ausgesagt werden. Noch deutlicher tritt der Charakter des zitierten Abschnitts ans Licht, wenn man ihn mit dem unmittelbar vorangehenden vergleicht. Dort wird das Heilswerk Christi in einer Reihe paralleler Aorist-Partizipien ausgedrückt54: »Ich bin, spricht er, der Christus, idi, der löste den Tod und triumphierte über den Feind und mit Füßen trat den Hades und band den Starken und hinaufführte den Menschen bis zu den Höhen des Himmels, ich, spricht er, der Christus.«

Ist in dem nun folgenden Stück, das vorhin zitiert wurde, präsentisch angesagt, daß Christus die Menschen in den Himmel emporführe, so wird dem hier in perfektischer Weise Ausdruck gegeben. Denn das Heil ist durch Christus vollendet; aber gerade deshalb kann es als gegenwärtig empfunden werden. Sachlich besteht also zwischen beiden Aussagen keine Differenz. Ebensowenig aber sollen durch den Wechsel vom Präsenz zum Futur in dem oben zuerst wiedergegebenen Abschnitt zwei getrennte, zu verschiedenen Zeiten sich verwirklichende Heilsereignisse dargestellt werden. Solcher Tempuswechsel zeigt nur den alle Zeit um(von ανάγω zu αναστήσω) nicht sehr einleuchtend. Folgt man dem Text von Bonner/Lohse, so fällt die Zeile: »ich werde euch dort auferstehen lassen«, in der man auch eine nachträgliche Verdoppelung durch den Schreiber der Hs. Β oder einen seiner Vorgänger zu sehen geneigt ist, weg; die futurischen Sätze werden dann auf zwei reduziert. 51 Vgl. auch unten S. 209 f. 52 Vgl. G. Racle, Studia Patristica IX, S. 268: »On peut se demander si Militon envisage une ultime venue, une seconde parousie du Christ.« Racle spricht geradezu (aaO., S. 269) von einer »deseschatologisation«. 53 Vgl. auch unten S. 223 ff. « § 102 (S. 35 Lohse; S. 148 Testuz).

§ 3. Melito von Sardes — kein Quartodezimaner

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spannenden Charakter der Heilstat Christi an. Von der Eschatologie im engeren Sinn oder gar von einer Parusieerwartung in der Passanacht aber ist nirgendwo die Rede. So hat man von vornherein den Eindruck, daß die Ausführungen des Melito mit der quartodezimanischen Parusieerwartung in der Osternacht nichts zu tun haben. Es kommt zu den inhaltlichen noch eine formale Erwägung hinzu: Melito bedient sich in seiner Predigt der asianischen Rhetorik. Das bedeutet, daß er jeden Gedanken, der ihm wichtig ist, in vielen parallelen oder antithetischen Gliedern breit ausführt. Wichtig sind ihm also etwa die Gedanken über τύπος und άλήθεια54", die Typologie der Auszugsgeschichte55, die Darstellung der Heilsgeschichte6" und der Gedanke, daß Tod und Auferstehung Christi die Wendung des Heils von den Juden zu den Heiden bewirkt haben 57 . All diese Gedanken werden breit ausgeführt und oftmals wiederholt. Die Ausführungen über die Erhöhung der Gläubigen in den Himmel jedoch beschränken sich auf wenige, die futurisch formulierten gar nur auf zwei bzw. drei Zeilen gegen Schluß der Predigt. Im Gesamten der Predigt und selbst innerhalb der Rede des Auferstandenen 58 fehlt ihnen jegliches Eigengewicht. Es ist ein beiläufig eingeführter »eschatologischer« Ausblick, wie er sich gegen Ende einer Predigt nahelegt. Diese Feststellungen führen zu folgender Alternative: Entweder ist die Predigt von einem Quartodezimaner; dann ist die Bestimmung des Festinhalts des quartodezimanischen Passa durch Lohse verfehlt: Die Parusieerwartung hat dann nicht die zentrale Bedeutung, die er ihr zuspricht. Oder Melito, der Verfasser der Predigt, ist kein Quartodezimaner. Darauf, daß die zweite Lösung die richtige ist, führten schon die Überlegungen zu der Auseinandersetzung zwischen Melito und Klemens von Alexandrien, in der Melito die synoptische Passionschronologie vertrat. Dasselbe ergibt sich nun wahrscheinlich auch aus einer Stelle der Osterpredigt. Innerhalb der großen Scheltrede gegen Israel heißt es59: καΐ άπέκτεινάς σου τον κύριον έν tfj μεγάλη έορτη: »und du tötetest deinen Herrn an dem großen Festtage.«

Im Anschluß daran wird in rhetorischer Breite die Festfreude der Juden geschildert. Nun findet sich die Entgegensetzung von Festfreude der Juden und Trauer der Christen, bezogen auf den Passaabend, auch in M

a S. unten S. 95 ff.

65

v. a. §§ 11 ff. (S. 13 ff. Lohse; S. 34 ff. Testuz); s. unten S. 99 ff.; S. 112 f.

66

§§ 46 ff. (S. 20 ff. Lohse; S. 78 ff. Testuz).

57

§ § 7 2 ff. (S. 27 ff. Lohse; S. 110 ff. Testuz).

58

§§ 102 f. (S. 35 f. Lohse; S. 148 f. Testuz).

59

§ 79 Ende (S. 29 Lohse; S. 120 Testuz); eine ganz ähnlidie Formulierung § 92 Ende (S. 33 Lohse; S. 136 Testuz).

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Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

der quartodezimanische Traditionen aufnehmenden Diataxis60. Jedoch handelt es sich bei Melito, genauer betrachtet, um eine Entgegensetzung des Leidens Christi und der Festfreude der Juden. Die Kreuzigung Christi fand aber nicht am Abend, sondern am Tage statt. Wahrscheinlich bezeichnet ή μεγάλη εορτή audi nicht den Passatag, also den 14.Nisan, sondern, wie ή μεγάλη ημέρα*1 den 15.Nisan, den ersten Tag der Ungesäuerten Brote82. Die Festfreude der Juden begann in der Nacht vom 14. auf den 15. Nisan, die nach jüdischer Rechnung bereits zum 15. Nisan gezählt wurde, mit dem Passamahl. Der 15. Nisan war also der erste, der »große« Festtag. An ihm, so ist die Meinung des Melito, wurde Jesus gekreuzigt63. Drei Gründe sprechen also gegen die bisherige Annahme, daß Melito ein Quartodezimaner war, und daß seine Predigt an einem quartodezimanischen Passa gehalten wurde: l . D i e von Euseb erwähnte Schrift Melitos über das Passa ist nicht zur Verteidigung, sondern als Angriff gegen das quartodezimanische Passa und die diesem zugrundeliegende johanneische Passionschronologie verfaßt. 2. Der Inhalt der PassaHomilie entspricht nicht dem, was wir aus anderen Quellen vom Festinhalt des quartodezimanischen Passa wissen. 3. Auch in der PassaHomilie erkennt Melito die synoptische Passionschronologie an. Was hat Polykrates von Ephesus dazu bewogen, Melito in seine Liste der Zeugen für das quartodezimanische Passa aufzunehmen? Die Gründe dafür müssen wohl ähnlicher Art gewesen sein wie die für die Aufnahme des »Apostels« Philippus und seiner zwei Töchter und für den die Verhältnisse verschleiernden Schlußsatz des Briefes64. Polykrates rühmt den Melito"0 als einen, der sein ganzes Leben unverheiratet blieb06 und im heiligen Geist lebte, und der deshalb der Parusie und der Endauferstehung entgegenwartet. Er führte also ein vorbildliches Leben; deshalb kann man nicht auf dem falschen Wege sein, wenn man ihm in der Frage des Ostertermins nachfolgt. Uber die Charakterisierung Melitos durch 60

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62

63

64 65 68

Diataxis der Audianer: Epiphanius, Haer. 7 0 , 1 1 , 3 (S. 244, 9 ff. Holl). Vgl oben S. 11, Anm. 62. Vgl. Joh. 19 3i; A p o l l i n a r i s von Hierapolis, Frg. im Chronikon paschale ed. Dindorf I, S. 13. In denselben Zusammenhang gehört die Bezeichnung des ersten Tags der Azyma als σάββατος μέγας im Polykarpmartyrium 21 (S. 1 3 1 , 9 Funk-Bihlmeyer). Alle Belege stammen aus dem kleinasiatischen Raum und liegen, sieht man vom Johannesevangelium ab, zeitlich sehr dicht beieinander. Vgl. auch O. Perler, Ein Hymnus zur Ostervigil von Melito? S. 29; ders., L'Evangile de Pierre et Meliton de Sardes. Rev Bibl 71, S. 584—590 (590). Man kann also nicht, wie B. Gärtner, John 6 and the Jewish Passover, LundKopenhagen 1959, S. 32, es tut, unter Berufung auf diese Stelle behaupten, Melito erkenne die »johanneische« Chronologie an. S. oben S. 33 ff. Euseb, H.E. V, 24, 5 (S. 492, 3 ff. Schwartz). Das ist der Sinn von εύνοϋχος, vgl. schon Leclerq, D A L C I, 2862.

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

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Polykrates geht die Nachricht Tertullians noch hinaus, der nicht nur über Melitos elegans et declamatorium ingenium spottet, sondern weiterhin schreibt, er werde von den meisten als ein Prophet angesehen67. Das erklärt zur Genüge, warum der Name Melito im Brief des Polykrates nicht fehlen durfte. Polykrates bemüht sich in ihm, außer Philippus und seinen Töchtern und Johannes, mit denen die Liste der στοιχεία beginnt, und seinen eigenen Vorfahren, mit denen sie schließt, hervorragende Männer der kleinasiatischen Kirche zu nennen. So nennt er eine Reihe von Männern, die Bischöfe und Märtyrer waren: den berühmten Polykarp von Smyrna, Thraseas und Sagaris. Zu ihnen fügt er noch den »seligen« Papirius und Melito, der wegen seines heiligmäßigen Lebens, als Schriftsteller und als »Prophet« auch über die Grenzen Kleinasiens hinaus berühmt geworden war, hinzu. Man sieht, wie die Auswahl von στοιχεία Kleinasiens dazu bestimmt ist, auf Viktor von Rom Eindruck zu machen. Natürlich kann in ihr der berühmte Melito von Sardes nicht fehlen. Ob sich Polykrates dessen bewußt war, daß Melito bereits von der quartodezimanischen Tradition abgerückt war, wird man bezweifeln können. Großes Aufsehen kann seine, vom in Kleinasien Üblichen abweichende, Stellungnahme jedenfalls nicht erregt haben. Möglicherweise hat Polykrates ihn genauso gutgläubig als Quartodezimaner genannt, wie Viktor diese Nennung als zutreffend anerkannte. So konnte der erste, der sich in Kleinasien für eine neue OsteraufFassung eingesetzt hatte, als einer der großen Anhänger der quartodezimanischen Praxis bezeichnet werden; denn er hatte sich mit seinem neuen Verständnis des Osterfestes nicht durchgesetzt.

§ 4.

Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

Die letzten Ergebnisse bedürfen der Einordnung in die Geschichte des Osterfestes im 2. Jahrhundert. Es ist notwendig, dazu etwas weiter auszuholen. 1. Neuere Thesen zum Ursprung der Osterfeier am Sonntag Im Gegensatz zur älteren Forschung haben C . W . Dugmore 1 und W . Rordorf 2 auf verschiedenen Wegen nachzuweisen gesucht, daß der Osterfeier am Sonntag ein höheres Alter zukomme, als bisher angenommen wurde. Rordorf findet die erste Spur einer Osterfeier am Sonntag in Act 12 3 ff.3. Die E r 67

Hieronymus, De vir. ill. 24 (S. 22 Richardson, T U 14, 1).

1

Lord's Day and Easter. Neotestamentica et Patristica. Freundesgabe Cullmann,

2

Zum Ursprung des Osterfestes am Sonntag. ThZ 18, 1962, S. 1 6 7 — 1 8 9 .

3

aaO., S. 183 f.

Leiden 1962, S. 2 7 2 — 2 8 1 .

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

zählung von der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis zeigt vielleicht Anklänge an das Passakapitel Ex 12 4 : bei Nacht kommt der Engel in das Gefängnis, gibt dem Petrus einen Schlag und fordert ihn auf, er solle sich gürten, die Sandalen anziehen und den Mantel umwerfen 5 . Die Jünger, zu denen er kommt, sind in der Nacht noch beim Gebet versammelt. Doch die Übernahme von Elementen der Passatradition zwingt nicht zu der Annahme, die Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis sei in der Osternacht gedacht, wie Rordorf annimmt. Es müßte sich dann allerdings um die Nacht zum Ostersonntag handeln; denn die Nacht vom 14. zum 15. Nisan ist durch den Zusammenhang ausgeschlossen. Doch stößt die Annahme, es sei die Osternacht gemeint, auf unüberwindliche Schwierigkeiten: Petrus wird in den Tagen der Ungesäuerten Brote verhaftet; nach der Woche der Azyma will Herodes ihn dem Volk vorführen lassen. In der Nacht davor wird Petrus aus dem Gefängnis befreit. Da die Azyma, die am 15. Nisan beginnen, am 21. Nisan beendet werden, kann es sich also frühestens um die Nacht vom 21. zum 22. Nisan handeln®. Wenn man die Hypothese annimmt, es habe zu dieser Zeit (d. h. zumindest zur Zeit der Abfassung der Apostelgeschichte) eine Osterfeier am Sonntag gegeben, so hätte diese sich mit Sicherheit nach dem Passa der Juden gerichtet; Ostersonntag wäre, wie es für die spätere Zeit bezeugt ist, der Sonntag nach dem Passa der Juden gewesen, also frühestens der 15. und spätestens der 21. Nisan. Denn für das 1. Jahrhundert und für Syrien-Palästina die zuerst von Hippolyt bezeugte und zu seiner Zeit nur für Rom und seinen Einflußbereich gültige Regel anzunehmen, daß die gültigen Daten für den Ostersonntag der 16. bis 22. Nisan (nach dem Beginn der selbständigen christlichen Vollmondberechnung muß man sagen: die X V I — X X I I lunae) gewesen seien7, ist unmöglich. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß als Tag des 14. Nisan ein Sonntag angenommen sei, könnte die Befreiung des Petrus nicht auf die Osternacht gelegt werden; denn auch dann fiele der Ostersonntag auf den 21., nicht auf den 22. Nisan. — Die Züge, die in dieser Erzählung aus der »Passa-Tradition« übernommen sind, erklären sich nicht daraus, daß die Szene in der Osternacht, sondern eher daraus, daß sie zur Zeit des Passa gedacht ist, wahrscheinlich aber einfach aus dem Septuaginta-Stil der hier von Lukas übernommenen Quelle 8 . Damit, daß Rordorfs These über Act 12 3ffhinfällig ist, wird aber auch seine Herleitung des Ostersonntags aus jüdischen Traditionen undurchführbar 9 . Es handelt sich dabei um zweierlei Traditionen: nach der einen fand vor Beginn der 50 Tage des jüdischen Wochenfestes eine Vigilfeier statt, bei der des Durchzugs durch das Rote Meer ge4

Vgl. A. Strobel, Passa-Symbolik und Passawunder in Act X I I , 3 ff. NTSt 5, 1957/58, S. 210—215, dessen Folgerungen ich allerdings nicht zustimmen kann. H . Conzelmann, Apostelgeschichte. Handbuch z. N T , Tübingen 1963, z. St. lehnt Strobels These ohne nähere Begründung ab. In der Epistula Apostolorum c. 15 (26) (Hennecke-Schneemelcher I, S. 133 f.), die eine andere Fassung der Erzählung enthält, ist die Befreiung des Jüngers auf die Passanacht datiert, ebenso bei Ephraem dem Syrer (vgl. E. Haenchen, Die Apostelgeschichte, 4. Aufl. Göttingen 1961, S. 326, Anm. 4).

5

Vgl. Ex 12 Ii. Vgl. auch E. Haenchen, Die Apostelgeschichte, S. 326. Vgl. E. Schwartz, Ostertafeln, S. 30 ff.; Osterbetrachtungen. Ges. Sehr. V, S. 25 f. Vgl. Haenchen, aaO., S. 325 u. ö. aaO., S. 179 if. im Anschluß an J. van Goudoever, Biblical Calendars, Leiden 1959, S. 124 ff., 164 ff. (Die 2. Aufl. 1961 war mir nicht zugänglich).

6 7 8 8

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

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dadit wurde. Nach der anderen fand diese Vigilfeier am Ende der Woche der Ungesäuerten Brote statt. Goudoever und Rordorf vermuten einen ursprünglichen Zusammenhang zwischen den beiden Traditionen. Dann würden die 50 Tage erst nach Abschluß der Woche der Ungesäuerten Brote beginnen, und die Vigilfeier würde die beiden Festzeiten verbinden. Diese Möglichkeit der Verbindung der beiden Traditionen scheint zu bestehen 10 . Doch ist es dann ausgeschlossen, die christliche Osterfeier aus diesen Traditionen herzuleiten, da sie — außer in Rom in Ausnahmefällen — nie am Ende der jüdischen Azyma stattfand, sondern immer in die Woche der Ungesäuerten Brote fiel11. Ebenso unmöglich ist es m. E., das christliche Fasten in der Karwoche von der Woche der Ungesäuerten Brote herzuleiten 12 , die immer nadi dem jüdischen Passa anfing, während das Fasten der Christen nur in den seltenen Fällen am Tag nach dem jüdischen Passa begann, in denen der 14. Nisan auf einen Sonntag fiel. Wie sich das Fasten während der ganzen Karwoche aus dem Fasten am Mittwoch und Freitag entwickelt hat, zeigen noch die verschiedenen Schichten des 21. Kapitels der syrischen Didaskalie 13 . Einen anderen Weg schlägt Dugmore ein, indem er 14 die ältesten Belege für κυριακή ήμερα nicht auf den Sonntag, sondern auf den Ostertag deutet. Das führt zu einer Umkehrung der bisherigen Anschauung: das Ursprüngliche ist nicht die wöchentliche Sonntagsfeier, sondern die Osterfeier am Sonntag. Der erste sichere Beleg für den Sonntag ist nach Dugmores Auffassung Justin, Apol. I 67: τήν δέ τοϋ ήλιου ήμέραν xoivfi πάντες τήν συνέλευσιν ποιούμεθα, έπειδή πρώτη έστίν ήμέρα κτλ. Doch sind Dugmores Nachweise nidit stichhaltig. Um bei seinem spätesten Beleg zu beginnen: In den Apostolischen Konstitutionen heißt es bei der Beschreibung des christlichen Passa: Die Christen sollen sich in der Kirche versammeln έπιφωσκοΰσης μίας σαββάτων, ήτις 10

Belege bei Goudoever, aaO., S. 126 ff., und Rordorf aaO., S. 183. Zum Kalender des Jubiläenbuches, nach dem die Pentekoste am Sonntag nach dem Ende der Woche der Ungesäuerten Brote (die ihrerseits immer am Mittwoch endet) beginnt, vgl. v. a. A. Jaubert, La date de la Cene. Calendrier biblique et liturgie diretienne. Paris 1957, S. 24, 27, 32; das Material zur sadduzäischen Ansetzung des Wochenfestes Billerbeck II, 598 f.

11

Ebenso unwahrscheinlich ist die Herkunft der christlichen Osterfeier aus den vor allem vom Jubiläenbuch vertretenen Traditionen, in denen die jüdischen Hauptfeste auf einen bestimmten Wochentag fixiert waren. A. Jaubert, aaO., S. 72, hat auf Grund des postulierten Zusammenhangs mit dem Jubiläenbuch das hohe Alter der Osterfeier am Sonntag behauptet. Ähnlich will neuerdings auch Κ. A. Strand, John as Quartodeciman: a Reappraisal. JBL 84, 1965, S. 251—258 (252), die Osterfeier am Sonntag aus dem solaren Jubiläen-Kalender herleiten und auf Petrus und Paulus zurückführen. Doch nach dem Jubiläenbuch wird das Passa am Mittwoch gefeiert. Die Osterfeier am Sonntag aber verdankt ihre Entstehung dem Zusammentreffen der an keinen bestimmten Wochentag gebundenen Passafeier mit der wöchentlichen Sonntagsfeier der Christen. Diese Sonntagsfeier, nicht der Kalender des Jubiläenbuches, ist die Voraussetzung für das Entstehen des Osterfestes am Sonntag.

12

Rordorf, ebenda. S. oben S. 1, S. 9. v. a. aaO., S. 276 ff. Ähnlich argumentiert neuerdings auch L. T. Geraty, The Pascha and the Origin of Sunday Observance. Andrews University Seminary Studies 3, 1965, S. 85—96.

13 14

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

εστί κυριακή, άπό εσπέρας εως άλεκτοροφωνίας 15 . κυριακή ist hier kein terminus technicus f ü r den Ostertag 18 , sondern bezeichnet wie an anderen Stellen der Apostolischen Konstitutionen 17 den Sonntag schlechthin. Der Satz besagt nicht, daß lediglich diese besondere μία σαββάτων die κυριακή ist, sondern er identifiziert μία σαββάτων und κυριακή; der ungriechisdie Ausdruck μία σαββάτων wird erläutert: jeder erste Tag nach dem Sabbat, und so auch der Ostertag, ist ein Herrentag. D a ß in Did 141 eine Jahresfeier gemeint sein soll, ist äußerst unwahrscheinlich. Auch wenn man die Lesart κατά κυριακήν δέ κυρίου nicht für ursprünglich halten sollte 18 , kann man aus der Stelle nicht die Bezeichnung ήμερα κυρίου für den Ostersonntag entnehmen und schließen, daß Did 14 von der jährlichen Osterfeier handle. Der Inhalt von Did 14 weist eindeutig auf die wöchentliche Sonntagsfeier: an diesem Tag soll die Gemeinde sich zur Eucharistie versammeln, nachdem ein jeder vorher seine Übertretungen bekannt hat; aller Streit innerhalb der Gemeinde soll vorher beigelegt sein. Wenn man in Did 14 ι eine Anweisung für die Sonntagsfeier sieht, dann wird man 19 auch κυριακή ήμερα in Ape 1 ίο als »Sonntag« verstehen und ebenso in Ignatius, Ad Magn. 9 i eine Anspielung auf den Sonntag finden20. Dort heißt es: Ei ουν ol έν παλαιοΐζ πράγμασιν άναστραφέντες είς κοινότητα ελπίδος ήλθον, μηκέτι σαββατίζοντες, άλλα κατά κυριακήν ζώντες, έν fj καΐ ή ζωή ήμών άνέτειλεν δι' αϋτοΰ καΐ τοΰ θανάτου αύτοϋ κτλ. Dugmore paraphrasiert den ersten Teil des Zitates folgendermaßen 21 : »no longer keeping the Jewish Sabbath (i.e. living by the strict letter of the law), but living by Easter (i. e. in the Easter faith)«. Nun trifft es gewiß zu, daß Ignatius hier nicht einfach die Ablösung des Haltens des jüdischen Sabbat durch den Sonntags-

15

Const. Ap. V, 19, 3 (S. 291, 5 ff. Funk).

19

so Dugmore, S. 279.

17

etwa Const. Ap. II, 47, 1; II, 59,3; 111,6,5; VII, 23, 3; VII, 36,2, 6; VIII, 33, 2 (S. 143, 10; 193, 5; 408, 7; 434, 6.27; 538, 11 Funk).

18

Es ist die Lesart des Codex 54 aus dem Jerusalemkloster in Konstantinopel. J. P. Audet, La Didach£, Paris 1958, S. 72, und ihm folgend Dugmore, aaO., S. 276 f., übernehmen die Lesart der von G. Peradse, Die »Lehre der zwölf Apostel« in der georgischen Überlieferung. Z N W 31, 1932, S. 111—116, bekanntgemachten georgischen Übersetzung, aus der sich als griechischer Text καθ' ήμέραν κυρίου ergeben soll. Aber vielleicht sollte man das doch f ü r eine nachträgliche Glättung des ursprünglichen Textes halten.

18

Gegen Dugmore, aaO., S. 277. A. Strobel (Die Passa-Erwartung als urchristliches Problem in Lc 1720f. Z N W 49, 1958, S. 157—196 [185]; Zum Verständnis von Mat XXV, 1—13. NovTest 2, 1958, S. 199—227 [225]; Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, 1961, S. 252) behauptet, κυριακή ήμερα in Ape 1 10 sei der 16. (bzw. der 15. oder 16.) Nisan. Zwingend erscheint das nicht. Vor allem beruht Strobels Argumentation, die spätere Quellen, die von der Osterfeier am Sonntag ausgehen, heranzieht, auf einem Anachronismus. Selbst wenn hier der Sonntag nach dem 14. Nisan — das kann im übrigen auch der 17. bis 20. Nisan sein — gemeint ist, dann war das zur Zeit des Apokalyptikers noch kein besonderer Sonntag; Strobel aber meint, er bezeichne hier »nicht nur irgendeinen gewöhnlichen Sonntag«. Vgl. W. Rordorf, Der Sonntag, S. 206 ff. a.a.O., S. 279 f.

20 21

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

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gottesdienst meint 22 , sondern die Uberwindung des jüdischen Gesetzes durch die Gnade Christi 223 . Doch veranschaulicht er das durch die Entgegensetzung des jüdischen und des christlichen Gottesdiensttages. Hätte er die jährlichen Hauptfeste einander gegenüberstellen wollen, so hätte er statt vom Sabbat wahrscheinlich vom jüdischen Passa geredet. Da er aber vom Sabbat spricht, so wird er auch mit der κυριακή einen wöchentlich wiederkehrenden Tag, der im Gegensatz zum Sabbat den Christen eigentümlich ist, meinen, also den Sonntag. Der folgende Relativsatz widerlegt diese Interpretation nicht23, sondern macht deutlich, daß schon für Ignatius der Sonntag der wöchentliche Gedenktag der Auferstehung war 24 . Als Gedenktag der Auferstehung und Himmelfahrt nennt auch der Barnabasbrief 25 den »achten Tag«.

2. Die Entstehung der Osterfeier am Sonntag in Jerusalem An den soeben geschilderten Versuchen ist die Erkenntnis hervorzuheben, daß nur ein Teil der ältesten Christenheit das quartodezimanische Passa beging. Es hat sich auch aus unserer bisherigen Untersuchung ergeben, daß etwa die synoptische Evangelien-Uberlieferung das quartodezimanische Passa nicht kennt; dieses ist vielmehr nur im JohannesEvangelium vorausgesetzt26. Daraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß die Osterfeier am Sonntag auf die Zeiten der frühesten Christenheit zurückgeht. Meines Erachtens konnten Rordorf und Dugmore keine neuen Belege geben, aus denen sich die frühe Entstehung der Osterfeier am

4

22

Daß auch das sachlich richtig wäre, wird nicht durdi den Hinweis auf die Wiedereinführung des Sabbat als Gottesdiensttages der Christen im 4. Jahrhundert widerlegt. Vgl. C. W. Dugmore, The Influence of the Synagogue upon the Divine Office, Oxford 1944, v. a. S. 28 ff., der allerdings der Meinung ist, der Sabbat sei ohne Unterbrechung bis ins 5. Jahrhundert Gottesdiensttag der Christen geblieben. Vgl. auch die Weiterführung der Argumentation Dugmore's bei Κ. A. Strand, Another Look at Lord's Day in the Early Church and in Rev 1 10. NTSt 13, 1966/67, S. 174—181. Strand setzt sich in diesem Aufsatz auseinander mit W. Stott, A Note on the Word κυριακή in Rev 1 ίο. NTSt 12,1965, S. 70—75.

23

Gegen die Meinung von H . Schlier, Religionsgeschichtliche Untersuchungen zu den Ignatiusbriefen, Gießen 1929, S. 44 ff., Anm. 2, Ignatius meine mit κυριακή den Tauftag, vgl. Rordorf, Der Sonntag, S. 209, Anm. 85. Schlier kommt zu seinem Ergebnis, indem er in dem Relativsatz das ή ζωή ήμών άνέτειλεν und das και τοΰ θανάτου αύτοϋ auseinanderreißt und hier zwei verschiedene Gedankengänge, den der Epiphanie und den der Taufe sieht. Doch fehlt im Zusammenhang jede Anspielung auf die Taufe; so erklärt sich der Satz besser, wenn man annimmt, daß nach Ignatius der Sonntag der Tag des Mysteriums Christi ist, durch das den Christen das Heil geschenkt wird. Das Mysterium Christi aber umfaßt Tod und Auferstehung.

24

D a f ü r weitere Belege aus der ältesten Zeit bei Rordorf, Der Sonntag, S. 208 f.

25

Barn 15 9.

28

Vgl. auch Κ. A. Strand, John as Quartodeciman: a Reappraisal. JBL 84, 1965, S. 251—258.

Huber

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Sonntag herleiten ließe; man muß deshalb wieder zu den Nachrichten zurückkehren, die Euseb in seiner Kirdiengeschichte bei der Darstellung der Osterstreitigkeiten mitteilt27. Euseb beginnt seine Darstellung damit, daß er dem Brauch der Gemeinden in Asia, die den 14. Nisan einhielten, den Brauch der ganzen übrigen Kirche, die Ostern am Sonntag feierte, gegenüberstellt28. Zur Bekräftigung dieser kirchlichen Sitte fand in der Zeit des Osterstreites eine Reihe von Provinzialsynoden statt, die alle den Christen in der ganzen Oikumene als έκκλησιαστικόν δόγμα mitteilten, »daß man an keinem anderen Tag als dem Herrentag das Geheimnis der Auferstehung des Herrn von den Toten feiern dürfe, und daß wir allein an diesem Tag das Brechen des Passafastens beobachten sollten«29. Als erste der Synoden, die hierfür eintraten, nennt Euseb30 eine palästinensische Provinzialsynode, die unter dem Vorsitz der Bischöfe Narcissus von Jerusalem und Theophilus von Cäsarea stattfand. Die Synode berief sich für ihre Osterpraxis auf ihre apostolische Uberlieferung31 und forderte, ihr Brief solle in Abschriften an alle Gemeinden verschickt werden32. Schließlich wies sie auf ihre Ubereinstimmung mit der Kirche von Alexandria hin; regelmäßig verständige man sich mit den Alexandrinern über den richtigen Termin des Ostertages33. Der Sonntag gilt in all diesen Quellen als Tag der Auferstehung. Diese Verbindung des Gedächtnisses der Auferstehung mit dem Sonntag ist so alt, daß man fragen kann, ob nicht die Erinnerung an die erste Erscheinung des Auferstandenen für die Ersetzung des jüdischen Sabbat durch den christlichen Sonntag maßgeblich gewesen ist 34 . Neuerdings ist man über diese These noch hinausgegangen und hat die Sonntagsfeier auf die Einsetzung durch den Auferstandenen selbst zurückgeführt 35 . Die Parallele der Fasttage 36 führt aber doch eher zu einer anderen Auffassung über die Anfänge der 27

28 29

30 31 32 33 34 35

36

Zu deren Interpretation ist für unseren Zusammenhang grundlegend K. Holl, Ges. Aufs. II, S. 215 ff., dem ich mich im folgenden weitgehend anschließe. H.E. V, 23,1 (S. 488, 7 ff. Schwartz). Euseb, H.E. V, 23,2 (S. 488, 18 ff. Schwartz). Man sollte das nicht so interpretieren, als handle es sich bei den Auseinandersetzungen um zwei verschiedene Probleme, die miteinander in Beziehung stehen (so Chr. Mohrmann, Le conflit pascal au l i e siecle. VigChr 16, 1962, S. 155: »II s'agissait de deux problimes en relation l'un avec l'autre«): die Frage des Ostertermins und die Frage, wann das Fasten gebrochen werden soll, sind schlicht identisch. H.E. V, 23,3 (S. 488, 22 ff. Schwartz). H.E. V, 25 (S. 496, 28 f. Schwartz). ebenda (S. 498,1 f. Schwartz). ebenda (S. 498, 3 ff. Schwartz). so H . Lietzmann, Geschichte der alten Kirche I, S. 60 f. Vgl. W.Rordorf, Der Sonntag, 1962, S. 226 ff. v. a. S. 230 und 233; vorher schon ähnlich J . Danielou, Liturgie und Bibel, dt. Übersetzung 1963, S. 245, der aus Joh 20 schließt, daß die regelmäßige Sonntagsfeier schon unmittelbar nach der Auferstehung begann. S. oben S. 1.

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

51

Sonntagsfeier 37 , die yon E. Schwartz 38 folgendermaßen formuliert worden ist: »Wie der Mittwoch und der Freitag, so war auch der Tag nach dem Sabbat ursprünglich nicht um einer besonderen geschichtlichen Bedeutung willen gewählt — die welche das Reich erwarteten, lebten nicht der Erinnerung, sondern der Hoffnung —, sondern wegen des Unterschiedes von dem offiziellen Judentum. Man darf an Muhammed erinnern, der, als die Juden und Christen auf ihn nicht hörten, durch neue Kultusformen seinen din zu einem neuen erhob und den Freitag zum Tag des Islam an Stelle des Sabbats und des Sonntags machte. War aber der Sonntag einmal zum Tag des Herrn geworden, so wurde er auch zum Tag der Auferstehung; und je mehr die Auferstehung den Charakter des persönlichen Erlebnisses verlor und zur historischen Tatsache verdichtet wurde, umso mehr mußte die bestimmte Datierung auf den Sonntag in die Geschichten von der Auferstehung eindringen.« So konnte die Urgemeinde eine neue Gliederung der Wodie der jüdischen Woche gegenüberstellen und doch zugleich am jüdischen Passatermin festhalten. Aber das urchristliche Passa wandte sich ja audi in seinem entscheidenden Gehalt kritisch gegen das Judentum; und die neue Gliederung der Woche barg den Anlaß dafür schon in sich, daß sich die Christenheit auch in ihrem Ostertermin vom Judentum löste.

In Jerusalem hat die quartodezimanische Passafeier ihren Ursprung39. Man muß also in Jerusalem und Palästina den Brauch gewechselt haben; das muß schon geraume Zeit vor dem Ende des 2. Jahrhunderts geschehen sein. Soviel — aber auch nicht mehr — ergibt sich daraus, daß man sich für die Osterfeier am Sonntag auf die »apostolische Überlieferung« beruft. Die Osterfeier am Sonntag ist am Ende des Jahrhunderts schon fest eingewurzelt; ja, die Erinnerung daran, daß in den Gemeinden Palästinas in früherer Zeit Ostern nicht am Sonntag, sondern am 14. Nisan gefeiert worden war, scheint verloren gegangen zu sein. Holl 40 erklärt den Wechsel von der quartodezimanischen zur neuen Pra37

4*

Es ist konsequent, daß Lietzmann, aaO., S. 61, nicht nur die Einführung der Sonntagsfeier, sondern auch die Einrichtung der christlichen Fasttage aus historischer Erinnerung erklärt und sich dafür auf das 21. Kapitel der syrischen Didaskalie (s. oben S. 1) beruft. Doch ist bei einer solchen Deutung die Chronologie der Synoptiker, die von derjenigen der Didaskalie abweicht, vollkommen unverständlich. Die Chronologie der Didaskalie kann deshalb nur als nachträgliche Erklärung der christlichen Fasttage verstanden werden.

38

Osterbetrachtungen. Gesammelte Schriften V, S. 37.

30

Vgl. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 101 if.; Holl, Ges. Aufs. II, S. 214: »Denn nur in der Urgemeinde konnte der Grundsatz entstehen, für den Kleinasien später so leidenschaftlich kämpfte, daß man Ostern mit den Juden feiern müßte. Dort, wo die Erinnerung an das letzte Mahl und an die Umstände der Kreuzigung lebendig blieb und man alljährlich das damals Durchlebte wieder durchlebte, dort, und nur dort konnte es als selbstverständlich erscheinen, daß man diesen Zusammenhang mit der jüdischen Feier bei der eigenen Erinnerungsfeier festhielt.« Vgl. allerdings dafür, daß die Erinnerung an das letzte Mahl Jesu bei den Quartodezimanern kaum eine Rolle spielte, oben S. 23 f., zu der Bedeutung der Formel »mit den Juden feiern« unten S. 69 ff.

40

aaO., S. 215 f.

52

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

xis damit, daß »in Palästina, vor allem in Jerusalem, nach dem zweiten jüdischen Krieg die Uberlieferung abgerissen« sei. Die jerusalemische Gemeinde in Aelia wurde betont heidenchristlich; alle Beschnittenen waren von Aelia ausgeschlossen. Daß das ein bedeutender Wendepunkt in der Geschichte der Urgemeinde und fernerhin der Ursprung der Auseinandersetzungen über das Osterfest war, betont ausdrücklich Epiphanius42. Die Osterfeier entwickelt sich aus der quartodezimanischen Passafeier. Beides sind Vigilfeiern, die durch das Herrenmahl am frühen Morgen abgeschlossen werden43. Sehr wahrscheinlich ist der Brauch, während der Passafeier Exodus 12 zu verlesen und zu erklären, schon von den Quartodezimanern geübt und dann in die Osterfeier am Sonntag übernommen worden. Selbst Spuren der Parusieerwartung in der Passanacht finden sich noch, auf die Osternacht übertragen, in späterer Zeit44. Daß die Osterfeier am Sonntag aus dem quartodezimanischen Passa herzuleiten ist, wird schließlich daran deutlich, daß man sich in den Ursprungsgebieten der Sonntagsfeier lange Zeit bemühte, den Ostertermin möglichst dicht an den 14. Nisan heranzuschieben. So gilt auch noch für die alexandrinische Osterberechnung schon der 15. Tag des Mondmonats als zulässiges Datum des Ostersonntags45. Der — von den Alexandrinern im Gegensatz zu den von Antiochia abhängigen Gemeinden allerdings schon bald selbständig berechnete — 14. Nisan beherrscht die Osterberechnung vollständig; die Verbindung zwischen jüdischem und christlichem Passa ist in Alexandria, das — wie man dem Brief der palästinensischen Synode entnehmen kann 46 — die Osterfeier am Sonntag schon früh von Jerusalem übernahm, noch relativ eng. 42

Haer. 7 0 , 9 , 9 (S. 242, 19 f. Holl).

43

B. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 121, ist der Meinung, daß lediglidi einzelne Elemente des quartodezimanischen Passa in die Osterfeier am Sonntag übernommen und dabei umgedeutet wurden, daß die Osterfeier am Sonntag jedodi einen anderen Ursprung habe als das quartodezimanisdie Passa. Die Zweifelhaftigkeit dieser These zeigt sich schon daran, daß man für die Osterfeier am Sonntag keinen selbständigen Ursprung nachweisen kann. Zu Rordorfs Versuch in dieser Richtung s. oben S. 45 ff.

44

S. unten S. 218 ff.

45

Vgl. E. Schwartz, Ostertafeln, S. 8; Ges. Sehr. V, S. 25. D a ß mit diesem Ansatz die Anerkennung der »synoptischen Passionschronologie« zusammengehört, wie Schwartz — unter Verweis auf den Prolog des Theophilus (ed. B. Krusch, Studien zur mittelalterlichen Chronologie, Leipzig 1880, S. 225) — annimmt, ist nicht zutreffend; überwiegend sind die Alexandriner schon in der älteren Zeit genau wie die Römer Anhänger der Chronologie, die vom Johannesevangelium repräsentiert wird. Vgl. Anm. 47 und oben S. 39 ff. Zudem würde Sdiwartz' These zu der unhaltbaren Konsequenz führen, daß die Alexandriner, wenn sie an der X V lunae Ostern, d. h. in der Nadit von der X I V zur X V lunae die Ostervigil feierten, der Auferstehung vor dem von ihnen angenommenen Termin des Todes Jesu gedachten.

46

S. oben Anm. 31.

§ 4 . Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

53

Die römische Osterfeier entfernt sich schon etwas weiter vom quartodezimanischen und damit auch vom jüdischen Passa. In Rom gilt die Regel, daß das früheste gültige Mondalter des Ostersonntags der 16. Tag des Mondmonats ist. Das ist nicht daraus zu erklären, daß im Judentum dem 16. Nisan als dem Anfangstag des fünfzigtägigen Wochenfestes besondere Bedeutung zukam 47 , sondern daraus, daß der Schwerpunkt der Vigilfeier sich noch stärker auf das Gedächtnis der Auferstehung Christi verlagerte. Der Tag der Auferstehung Christi war aber (nach »johanneischer Chronologie«) der 16. Nisan. Das ist jedenfalls Hippolyts Meinung, der uns als erster die römische Regel über das gültige Mondalter der Ostersonntage mitteilt 48 . Die Fragmente aus Hippolyts Syntagma und aus seiner Schrift über das Passa lassen darauf schließen, daß — über den akuten polemischen Anlaß hinaus — die Anerkennung der »johanneischen Chronologie« für sein Verständnis des Osterfestes wesentlich war. Dafür waren nicht exegetische Gesichtspunkte maßgebend, sondern das sich einer bestimmten Tradition anschließende Osterverständnis, nach dem Jesus am Tag des jüdischen Passa gekreuzigt worden und zwei Tage danach auferstanden war 49 . Die Übernahme der »johanneischen Chronologie« und die römischen Ostersonntags-Regeln scheinen unmittelbar zusammenzuhängen; nur auf Grund der »johanneischen Chronologie« ergab sich als Tag der Auferstehung Christi der 16. Tag des Mondmonats 50 . 47

So E. Schwartz, Ostertafeln, S. 32; Ges. Sehr. V, S. 25 ff. Die besondere Bedeutung des 16. Nisan bei den Juden wird zwar von Klemens von Alexandrien (Frg. im Chronikon Paschale ed. Dindorf I, S. 15) angeführt zur Bestätigung seiner Behauptung, daß Christus am 16. Nisan auferstanden, also am 14. Nisan gekreuzigt worden sei. Doch kann audi er schon sich die besondere Bedeutung des 16. Nisan nicht mehr unabhängig von der Auferstehung Christi klarmachen. Noch viel weniger gilt das sicher für die von den Juden noch weiter entfernten Römer. Schon bei Klemens wirkt der Verweis auf den ersten Tag des Wochenfestes ein wenig wie ein Gelehrtenfund; auf einem solchen beruht aber wohl kaum ein liturgischer Brauch.

48

Schwartz, Ostertafeln, S. 30.

49

Von »johanneischer« und »synoptischer« Chronologie kann in dem ganzen Zusammenhang nur in uneigentlichem Sinn die Rede sein; denn dieser Sprachgebrauch kann das Mißverständnis erwecken, als nähmen das Osterfest betreffende Veränderungen und Auseinandersetzungen von der Exegese und nicht von der Gesamtauffassung des Festes selbst ihren Ausgang.

60

D a s wird nicht dadurch widerlegt, daß schon der ps.-cyprianisdie Komputist des Jahres 243 sich der synoptischen Chronologie anschließt (De pascha computus 21, S. 267 Härtel), wie Schwartz, Ges. Sehr. V, S. 26, meint. Denn das kann auch darauf zurückzuführen sein, daß der Komputist den Sinn der Regeln der römischen Osterberechnung nicht mehr verstanden hat. Im übrigen ist Schwartz' Meinung (ebenda), die Kirchenväter des 2. und 3. Jahrhunderts hätten die Differenz der Passionsdironologien mit »harmonistischer Gleichgültigkeit« behandelt, nicht ganz zutreffend; vgl. oben S. 21 ff. und S. 37 ff. Richtig ist nur, daß bei den Auseinandersetzungen nicht maßgebend war, daß eine bestimmte Chronologie in einem Evan-

54

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Daß die XVI lunae in Rom als frühestes Osterdatum gilt, zeigt lediglich das Bemühen, den Ostersonntag als Tag der Auferstehung am »richtigen« Zeitpunkt zu begehen; es ergibt sich aber daraus nicht mit Notwendigkeit, daß damit auch der »Freitag in seiner Sonderbedeutung dem Sonntag gegenüber zu seinem Recht« gebracht wird51. Daß nun audi der »Karfreitag« nicht mehr vor den 14. Nisan bzw. die XIV lunae fällt, ist eine zunächst belanglose Konsequenz aus der Regel über das Mondalter des Ostersonntags. Auf diese allein kommt es aber in der ältesten Zeit an; es fehlen für die erste Zeit der römischen Osterfeier alle Belege, aus denen sich eine selbständige Bedeutung des »Karfreitags« erschließen ließe. Es ist allerdings der Erwägung wert, ob man in der römischen Ostersonntags-Regel eine der Voraussetzungen für die selbständige Bedeutung zu sehen hat, die der Karfreitag seit dem 4. Jahrhundert erhalten sollte52. Allein eine Betrachtung der Eigentümlichkeiten der Ostervigil und der verschiedenen Regeln über das zulässige Mondalter des Ostersonntags führt schon zu dem Ergebnis, daß sich die Osterfeier am Sonntag aus der quartodezimanischen Passafeier entwickelt hat. Es findet also eine Verlegung des Osterfestes von einem beliebigen Wochentag auf den Sonntag statt. Wie ist diese Verlegung zu erklären? Sie ist nur dann verständlich, wenn schon in der quartodezimanischen Passafeier ein Element enthalten war, das auf die Bindung an den Sonntag als den der Feier einzig gemäßen Tag hindrängte. Nun ist es nicht zweifelhaft, daß man deshalb den Sonntag für den einzigen Tag erklärte, an dem Ostern gefeiert werden dürfe, weil der Sonntag als Tag der Auferstehung galt53. Die Osterfeier — genauer: das Brechen des Fastens (άπονηστίζεσθαι) — mußte deshalb am Sonntag stattfinden, weil man in ihr der Auferstehung gelium vertreten war, sondern daß diese Chronologie sich mit dem Osterverständnis selbst verband. — M. Richard (L'Orient Syrien 6, 1961, S. 196 f.) hat die römische Regel über den Ostersonntag aus der Anerkennung der synoptischen Chronologie erklärt. Soter habe sie, veranlaßt durch die laodicenischen Streitigkeiten (s. oben S. 37 ff.), übernommen und deshalb bestimmt, daß der frühestmögliche Ostersonntag die XVI lunae, der Tag nach der Kreuzigung nach synoptischer Datierung, sei. Hippolyt, durch die Schriften des Apollinarius und des Melito (den Richard für einen Anhänger der johanneischen Chronologie hält) von der Richtigkeit des johanneischen Kreuzigungsdatums überzeugt, habe dann seine Deutung der Osterregel vorgetragen; diese Deutung könne aber auch schon vor ihm aufgetaucht sein. Auszuschließen ist es nicht, daß die Entwicklung so verlaufen ist, obwohl mir der Einfluß der Kleinasiaten auf Rom hier überschätzt zu sein scheint. Doch scheint mir die Hypothese, daß eine ursprüngliche »synoptische« Begründung der Osterregel erst nachträglich durch die »johanneische« verdrängt worden sei, nicht notwendig zu sein. 51

So Holl, aaO., S. 219.

52

S. unten S. 183 ff., S. 189 ff.

53

Vgl. auch oben S. 30 mit Anm. 100.

§ 4 . Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

55

Christi gedachte. Dann aber war dieses Gedächtnis schon Bestandteil des quartodezimanischen Festes54; man verlegte diese Feier auf den Sonntag, weil man eine Jahresfeier zum Gedächtnis der Auferstehung Christi an jedem anderen Wochentag als unangemessen empfand 55 . So erklärt sich die Entwicklung des Osterfestes, wie es in Jerusalem und Alexandrien zuerst begangen wurde, aus dem quartodezimanischen Passa; in der römischen Form der Osterfeier, die sich aus der jerusalemisch-alexandrinischen weiterbildete, ist noch deutlicher sichtbar, welchen Wert man auf den »richtigen« Termin legte. 3. Die Einführung der Osterfeier am Sonntag in Rom Wann hat Rom die Osterfeier am Sonntag übernommen? Die einzige Quelle, die darüber Auskunft zu geben vermag, ist eine vielbehandelte Stelle in dem Brief, den Irenäus aus Anlaß des Osterstreits zwischen Rom und Kleinasien an den römischen Bischof Viktor schrieb. Irenäus erinnert Viktor daran, daß auch schon in früherer Zeit Verschiedenheiten des Passafastens und des Passatages geherrscht hätten, und daß man dennoch den Frieden bewahrt habe. Dann heißt es58: »Unter denen, (die Frieden gehalten haben,) haben auch die Presbyter vor Soter, die der Gemeinde vorstanden, an deren Spitze du jetzt stehst — wir meinen Anicet, Pius, Hyginus, Telesphorus und Xystus — weder selbst »gehalten« (έτήρησαν) nodi das den Ihren gestattet. Und niditsdestoweniger haben sie, obwohl sie selbst nicht »hielten« (μή τηροΰντες), mit denen Frieden gehalten, die aus solchen Gemeinden kamen, in denen man »hielt« (έτηρεΐτο) — dabei war doch das »Halten« (τό τηρεΐν) ein größerer Anstoß f ü r die, die nicht »hielten« (τοις μή τηροϋσιν) — ; und niemals wurde jemand wegen dieser A r t ausgeschlossen.«"

Es folgt der Bericht von dem Besuch Polykarps von Smyrna in Rom (um 155). Obwohl der römische Bischof Anicet den Polykarp nicht zum μή τηρεΐν, Polykarp aber den Römer auch nicht zum τηρεΐν58 überreden konnte bzw. hätte überreden können (falls sie es überhaupt versucht 64

Weitere Argumente hierfür oben S. 25 ff.

65

Das heißt nicht, d a ß man in der Osterfeier am Sonntag ausschließlich der Auferstehung Jesu gedacht hätte; vielmehr blieb auch der Tod Christi Bestandteil des Festinhalts (vgl. dazu unten S. 148 ff.). Aber außer dem Auferstehungsgedächtnis gibt es keinen Grund für die Verlegung der Feier auf den Sonntag. Mit der Scheu der heidenchristlichen Bischöfe von Aelia Capitolina, ein judendiristliches Fest, so wie es war, zu übernehmen (so M.Richard, L'Orient Syrien, 6, 1961, S. 188), scheint mir die Entwicklung nicht ausreichend erklärt zu sein.

56

Euseb, H . E . V, 24, 14 (S. 494, 28 ff. Schwartz).

67

Vgl. auch die Übersetzung dieser Stelle bei M. Richard, La lettre de Saint Irenie au Pape Victor. Z N W 56, 1965, S. 260—282 (261).

58

Euseb, H . E . V, 24, 16 (S. 496, 10 ff. Schwartz).

56

Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

hätten)58, hielten sie Frieden untereinander; Anicet gestattete dem Polykarp sogar, die Eucharistie auszuteilen. Die entscheidende Frage ist, wie das absolut gebrauchte τηρεΐν bzw. μή τηρεΐν zu verstehen ist. Obwohl Irenaus vorher von verschiedenen Arten des Fastens vor dem Passa redet, ist damit sicherlich nicht das Einhalten des Fastens gemeint60. Irenaus spricht von den verschiedenen Fastengebräuchen nur, um die Frage des richtigen Ostertermins zu bagatellisieren: diese Frage ist ja nicht die einzige, in der es unterschiedliche Meinungen und Bräuche gibt; so hält man in verschiedenen Gemeinden auch das Fasten verschieden lang. Daß mit τηρεΐν und μή τηρεΐν nidit das Fasten gemeint sein kann, ergibt sich ferner auch daraus, daß sich unter den verschiedenen Gruppen, die Irenäus anführt, keine findet, die überhaupt nicht fastete. Aber das müßte doch der Fall sein, wenn sich das μή τηρεΐν auf das Fasten beziehen sollte. Schließlich ist bei dieser Deutung vorausgesetzt, daß der zitierte Abschnitt aus dem Brief des Irenäuf unmittelbar an das von Euseb vorher Exzerpierte anschließt. Das läßt sich aber nicht beweisen; es ist sogar unwahrscheinlich, da Euseb mit einer neuen Einleitung einsetzt61. Der Gegensatz von τηρεΐν und μή τηρεΐν meint nicht den Gegensatz zwischen Gruppen, die verschieden lang fasten, sondern den Gegensatz zwischen solchen, die etwas einhalten und solchen, die dieses nicht einhalten. 50

Die zweite Interpretation hat M. Richard, La Question pascale au l i e si^cle. L'Orient Syrien 6, 1961, S. 179—212 (189 ff.) vorgeschlagen. Er übersetzt οΰτε γαρ ό 'Ανίκητος τον Πολύκαρπον πεΐσαι έδύνατο: »Anicet en effet n'aurait pas pu decider Polycarpe« und οΰτε μην ό Πολύκαρπος τον Άνίκητον επεισεν τηρεΐν: »et Polycarpe n'a pas essayέ de dέcider Anicet «k cel£brer.« Μ. Richard folgert daraus, daß es zwischen Anicet und Polykarp gar nicht zur Diskussion über die Passafrage kam, und daß Irenäus den Grund dafür deutlich angibt: eine solche Diskussion war von vornherein aussichtslos. Auf Einwände von Chr. Mohrmann (VC 16, 1962, S. 163 f.) hat M. Richard selbst in Z N W 56, 1965, S. 260—282 (268 ff.) geantwortet. Richard schlägt nun folgende Obersetzung der zitierten Stellen vor (ebenda S. 261): »Anicet, en effet, ne pouvait pas dέcider . . . Polycarpe«; »et Polycarpe n'a pas presse Anicet d'observer«. Seine inhaltliche Auffassung der Stelle hat Richard mit dieser Abwandlung der Übersetzung aber nicht geändert; allerdings räumt er die Möglichkeit, daß doch ein Gespräch zwischen Polykarp und Anicet über die Osterfrage vorausgesetzt sei, nun ein (vgl. ebenda S. 273 f.).

60

So zuerst Th. Zahn, Geschichte des neutestamentlichen Kanons, Bd. 1, Erlangen 1888, S. 180 ff.; Forschungen zur Geschichte des Kanons und der altchristlichen Literatur, Bd. 4, Erlangen-Leipzig 1891, S. 283 ff.

" Vgl. A. Jülicher, ThLZ 17, 1892, 160 f.; H.Koch, Pascha in der ältesten Kirche. ZwissTh N F 20, 1914, S. 289—313 (301); K . H o l l , Die Schriften des Epiphanius gegen die Bilderverehrung. Ges. Aufs. II, S. 351—387 (374, Anm. 3). — Auch B. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 12, 114, 116, verbindet die beiden Abschnitte ohne nähere Begründung sehr eng, indem er zu τό είδος (S. 496, 5 Schwanz) »des Fastens« ergänzt.

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

57

Der Gegenstand dieser Differenz ist mit Sicherheit das Passa. Doch stehen sich nun zwei Interpretationen gegenüber: L. Duchesne62, B.Lohse63 und Chr. Mohrmann"4 erklären — mit Varianten — τηρεΐν zum terminus technicus der Quartodezimaner"5. τηρεΐν bedeutet dann: den Tag des quartodezimanischen Passa einhalten68. Diejenigen, die ihn nicht einhalten, feiern nach dieser Interpretation Ostern am Sonntag. Man entnimmt dann der Stelle zugleich eine Nachricht darüber, wann diese Differenz zwischen τηρεΐν und μή τηρεΐν entstanden sei, das heißt wann man in Rom die Osterfeier am Sonntag eingeführt und sich dadurch von den Quartodezimanern getrennt habe: In der Amtszeit des Xystus, des ältesten der von Irenäus genannten Bischöfe, sei die Osterfeier am Sonntag in Rom eingeführt worden67. Doch hat Karl Holl 68 gegen diese Interpretation schwerwiegende Bedenken geltend gemacht: Irenäus will mit dem Namen Xystus keinen Anfangspunkt bezeichnen; er verfolgt die Liste der römischen Bischöfe von Soter rückwärts, soweit seine, vielleicht schon dunkle, historische Kenntnis reicht69. Einzelheiten gibt er dann lediglich für Anicet — und für keinen seiner Vorgänger — an. Ist es also unwahrscheinlich, daß Irenäus mit dem Namen des Xystus einen Wendepunkt anzeigen will, so liegt das bei dem Namen des Soter sehr viel näher. Er grenzt Soters Vorgänger ganz deutlich von diesem und seinen Nachfolgern ab70 und be62

63 64 es 66 67 68 m 70

La question de la Päque au concile de Nicee. R Q H 28, 1880, S. 5—42 (5 ff.); Histoire ancienne de l'Eglise I, 3. Aufl. Paris 1907, S. 289. aaO., S. 114 ff. VC 16, 1962, S. 166 ff. »Ir£nee savait parier la langue des >combattantsPresbyter vor Soter< erwähnt, so weist er auf die Gespräche zwischen Polykarp und Aniket . . . hin. Soter war ja Anikets Nachfolger. Mehr ist damit nidit ausgesagt.« Aber damit ist die Formulierung nicht erklärt. Warum bringt Irenäus, wenn er nur auf die Gespräche zwischen Anicet und Polykarp hinweisen will, den Namen Soters ins Spiel? Und warum nennt er auch die Vorgänger Anicets namentlich?

58

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

merkt, daß auch schon in der Zeit vor Soter ein Gegensatz in der Osterfrage bestanden habe. Daß dieser Gegensatz größer gewesen sei als der im Osterstreit, läßt sich dem Satz: καίτοι μάλλον εναντίον ήν τό τηρεϊν τοις μή τηροϋσιν, den Irenaus als Parenthese einfügt, vielleicht nicht mit Sicherheit entnehmen71. Doch warum weist Irenäus ausdrücklich darauf hin, daß audi damals Grund zu einer Auseinandersetzung bestanden hätte (die nur nicht stattfand, weil man den Frieden höher schätzte als »Uniformität«), und daß nicht erst seit Soter dafür Anlaß besteht — wenn nicht deshalb, weil sich die Differenz zur Zeit des Soter gewandelt hat? Viktor soll ihm nicht erwidern, in der Zeit vor Soter habe zum Streit ja gar kein Grund bestanden, Irenäus könne ihm also die Vorgänger des Soter nicht als Vorbilder der Friedfertigkeit vor Augen stellen! — Wenn audi die Differenz der damaligen Zeit eine andere war, so war sie doch — der Darstellung des Irenäus zufolge — nicht minder erheblich und hätte genauso gut wie die gegenwärtige zum Streit führen können. Wenn nun einerseits Rom vor Soter nicht zusammen mit den Quartodezimanern das Passa gefeiert hat, andererseits aber zu Soters Zeit ein Wandel eingetreten ist, dann bleibt nur der Schluß, daß unter Soter die Osterfeier am Sonntag eingeführt wurde, ohne daß man vorher in Rom Passa in anderer, nämlich quartodezimanischer Weise gefeiert hätte. Vor der Einführung der Osterfeier am Sonntag beging man in Rom überhaupt kein Osterfest; »den Quartodezimanismus hat Rom übersprungen« 72 . 71

So eindeutig, wie Lohse es aaO., S. 116 f. (gegen Duchesne, Histoire ancienne de l'Eglise I, S. 289; Holl, aaO., S. 217) darstellt, ist der Ausdrude allerdings nicht. Lohse muß zugeben, daß bei seiner Übersetzung des μάλλον als »durchaus« »an sich εναντίον völlig ausreichend« wäre, d. h. μάλλον überflüssig ist. Aber diese Interpretation des μάλλον als »durchaus« ist möglich; man entgeht mit ihr der Notwendigkeit, zu μάλλον etwas ergänzen zu müssen; diese Notwendigkeit besteht nur dann, wenn man μάλλον im Sinne von »mehr« versteht. Für das Verständnis des Satzes ist die Entscheidung zwischen den beiden genannten Möglichkeiten nicht sehr wesentlich. Im übrigen ist Lohses Ubersetzung des ganzen Satzes nicht korrekt; er übersetzt »und dabei bestand doch durchaus ein Gegensatz zwischen dem Einhalten (des Tages) und denen, die ihn nicht einhielten«. Das hieße: τοϋ τηρεϊν καΐ των μή τηρούντων. Es stünde dann aber besser auch für τοϋ τηρεϊν ein personaler Ausdruck. So wie er dasteht, hat der Satz aber einen schärferen Sinn (s. die Obs. oben S. 55): Wenn man überhaupt über diese Frage streiten soll, dann hätte es in der Zeit vor Soter ganz gewiß (bzw.: erst recht) Streit geben müssen; denn für die, die nicht »hielten«, war doch das »Halten« ganz bestimmt eine anstoßerregende Sache.

72

Holl, aaO., S. 218. Zu demselben Ergebnis kommt auch M.Richard, L'Orient Syrien 6, 1961, S. 182 ff. Ebenda S. 199 ff. widerlegt Richard die Einwände, die O. Casel (Art und Sinn der ältesten christlichen Osterfeier, JLW 14, 1938, S. 1—78 [S. 11 f., Anm. 16]) gegen Holls These über die Einführung der Osterfeier in Jerusalem und Rom vorgebracht hat.

§ 4. Anfänge und Ausbreitung der Osterfeier am Sonntag

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Dann ist also zu dem absolut gebrauchten τηρεΐν und μή τηρεϊν zu ergänzen: την ήμέραν τοϋ πάσχα73. Das ist durch die Untersuchung der Bedeutung von τηρεϊν durch Chr. Mohrmann74 keineswegs widerlegt. Chr. Mohrmann kommt zu folgenden Ergebnissen: τηρεϊν ist in jüdischen und judenchristlichen Kreisen gebräuchlich für die Beobachtung einer bestimmten Sitte. Im Hirten des Hermas erscheint es regelmäßig für das Fasten und die Buße. Es ist im 2. Jahrhundert aber kein geläufiger terminus f ü r die Osterfeier wie etwa αγει/ν. Polykrates von Ephesus gebraucht es einmal zur Bezeichnung der quartodezimanischen Praxis 75 . In absolutem Gebrauch begegnet es nur in dem Brief des Irenaus. Daraus schließt Chr. Mohrmann, daß es sich bei dem absoluten Gebrauch des Worts um eine zum Zweck der Polemik geprägte Abbreviatur handelt, die in den judenchristlichen, quartodezimanischen Kreisen Kleinasiens entstanden und von Irenäus übernommen worden ist. τηρεΐν bedeutet das Einhalten des quartodezimanischen Brauches; ot μή τηροΰντες sind die, die einem anderen Brauch folgen. Chr. Mohrmann geht dabei davon aus, daß τηρεΐν im Profangriechischen nicht für die Feier eines Festtages gebraucht werde 76 ; das trifft aber nicht zu 77 . Aber auch davon abgesehen, ist ihre Argumentation nicht schlüssig. Wenn das absolut gebrauchte τηρεΐν ein terminus technicus f ü r die quartodezimanische Passafeier war, der nicht nur den Quartodezimanern, sondern auch Irenäus und vor allem Viktor von Rom (der ja verstehen mußte, was Irenäus meinte) geläufig war — warum verwendet dann nicht auch Polykrates diesen fest geprägten Ausdruck, sondern vielmehr eine umständliche Formel? 78 Es erscheint deshalb zweifelhaft, daß wir es mit einem terminus technicus der Quartodezimaner zu tun haben; die Formel des Polykrates zeigt aber, daß es durchaus möglich war, τηρεΐν für das Feiern eines Festes zu gebrauchen. Diese Verwendung von τηρεΐν liegt bei Irenäus vor. Er kann in seinem Zusammenhang auf ein Objekt zu τηρεΐν verzichten, weil es selbstverständlich ist, welches Fest gemeint ist. Daß er von zwei Gruppen, die beide Ostern, wenn auch an verschiedenen Tagen, feiern, als von τηροΰντες und μή τηροϋντες spricht, ist äußerst unwahrscheinlich. Viel eher ist es möglich, daß er τηροϋντες diejenigen nennt, die Ostern (um das es ja in der ganzen Auseinandersetzung geht) feiern, μή τηροΰντες diejenigen, die das nicht tun.

Die Meinung, in Rom sei die Osterfeier um 165 eingeführt worden, wird nicht dadurch widerlegt, daß der römische Bischof schon dreißig Jahre später mit solchem Nachdruck für die Osterfeier am Sonntag eintrat und den Quartodezimanern androhte, er werde mit ihnen die Ge73

Das ist m. W. zuerst von Fr. Bleek, Beiträge zur Evangelienkritik, Berlin 1846, S. 156 f„ vorgeschlagen worden, worauf A. Hilgenfeld, Der Paschastreit in der alten Kirche, Halle 1860, S. 55, aufmerksam macht, dann von Holl, aa.O, S. 218.

74

VC 16, 1962, S. 166 ff. Dort die Einzelbelege für das Folgende. Euseb, Η . Ε. V, 24, 6 (S. 492, 6 Schwartz). »τηρεΐν ne s'emploie pas, dans le grec profane, pour la celebration d'un jour de fete ou de rites religieux« (aaO., S. 166). Darauf machte mich M.Richard freundlicherweise in einem Brief vom 1.10.1964 aufmerksam. Vgl. jetzt Z N W 56, 1965, S. 266. ούτοι πάντες έτήρησαν τήν ήμέραν της τεσσαρεσκαιδεκάτης τοϋ πάσχα . . . (Euseb, Η . Ε. V, 24,6; S. 492, 6 f. Schwartz).

75 76

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

meinschaft brechen79. Denn genau diesen plötzlichen Eifer macht Irenäus dem römischen Bischof zum Vorwurf.Nach Eusebs Bericht schreibt er an Viktor, »es komme Viktor ganz gewiß nicht zu, ganze Kirchen Gottes, die an einem althergebrachten Brauch festhalten, aus der Gemeinschaft auszustoßen« 80 . Damit sagt Irenäus recht deutlich, daß der Brauch der römischen Kirche (im Gegensatz zu dem der Quartodezimaner) ziemlich jungen Ursprungs ist, und daß er den Angriff gegen die Quartodezimaner deshalb für eine unangebrachte Anmaßung des römischen Bischofs hält. Die vereinzelten Nachrichten lassen doch in Umrissen die Geschichte des Osterfestes im 2. Jahrhundert erkennen. Wo man zu Beginn des Jahrhunderts überhaupt Ostern feiert, begeht man es durchweg noch am 14. Nisan. Dann aber lösen sich — zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt, aber vermutlich bald nach 135 — Jerusalem und ihm folgend Alexandrien von diesem Brauch. Sie feiern Ostern an dem ersten Sonntag, der dem 14. Nisan folgt, weil der Sonntag der Tag der Auferstehung Christi und somit der der Osterfeier gemäße Tag ist. Die Herkunft dieses Osterfestes am Sonntag aus dem quartodezimanischen Passa ist noch deutlich zu erkennen. In Rom, wo man bis dahin keinerlei Osterfeier gekannt hatte, wird dieses Fest unter Bischof Soter (um 165) eingeführt. Zur gleichen Zeit aber beginnt es auch schon in Kleinasien einzudringen. In Laodicea entsteht um 165 Streit, weil sich eine Gruppe bildet, die Ostern am Sonntag feiern will. Melito von Sardes ist in Kleinasien der erste, der sich literarisch auf die Seite der jerusalemisch-römischen Praxis stellt. Viktor von Rom steht also um 195 keinem geschlossenen quartodezimanischen Block in der römischen Provinz Asia gegenüber. Vielmehr feiert man in manchen Kreisen Kleinasiens Ostern schon genauso lange am Sonntag wie in Rom. Doch Viktor, wahrscheinlich durch das Auftreten des Quartodezimaners Blastus in Rom selbst gereizt31, will die Anhänger des Blastus in Rom — möglicherweise Christen aus der Asia — dazu zwingen, am selben Tag wie die übrigen Christen Roms Ostern zu begehen, und zugleich erreichen, daß es in allen Kirchen der »Ökumene« nur eine Osterfeier gibt, die mit derjenigen der römischen Kirche übereinstimmt. Deshalb droht er den Quartodezimanern den Bruch der kirchlichen Gemeinschaft an. Es ist sicher, daß er diese Drohung nicht wahr79

So Lohse, D a s Passafest der Quartadecimaner, S. 118, Anm. 4.

80

τφ γε μην Βίκτορι προσηκόντως, ώς μη άποκόπτοι δλας εκκλησίας θεοΰ άρχαίου εθους παράδοσιν έ π ι τ η ρ ο ύ σ α ς . . . (Euseb, Η . Ε. V, 2 4 , 1 1 ; S. 4 9 4 , 1 2 f. Schwartz).

81

Nach den spärlichen Angaben bei Ps. Tertullian (Adv. haer. 8; S. 225, I f f . Kroymann, C S E L 47) und Euseb (H.E. V, 15 u. 20, 1; S. 458, 19 ff. u. 480, 17 f. Schwartz) könnte Blastus audi schon zur Zeit des Bischofs Eleutherus in Rom aufgetreten sein. Doch ist es wahrscheinlich, daß sein Schisma erst in der Zeit Viktors entstand; der Passastreit begann dann also mit innerrömischen Auseinandersetzungen (vgl. auch M.Richard, L'Orient Syrien 6, 1961, S. 198 f.).

§ 5. Die Osterentscheidung von Nicaea

61

gemacht hat. Von einem solchen Geschehnis müßten noch Spuren zu entdecken sein. Doch ob er es unterließ, weil Irenaus und andere gegen ein solches Vorgehen protestieren, oder weil man in den quartodezimanischen Kirchen seiner Forderung wenigstens im allgemeinen nachgab, wissen wir nicht. Man kann das erste nur vermuten und dafür geltend machen, daß ein derart plötzlicher Bruch mit einer alten Uberlieferung, auf der die Quartodezimaner doch zunächst mit solcher Hartnäckigkeit bestanden, nicht recht wahrscheinlich ist; man wird eher annehmen, daß sich in den quartodezimanischen Gebieten der Ubergang zur Osterfeier am Sonntag, der sich seit den sechziger Jahren des zweiten Jahrhunderts anbahnte, allmählich und schrittweise vollzog. Doch über alles einzelne fehlt uns jede Nachricht. Von wenigen Spuren abgesehen82, verliert sich die Geschichte der quartodezimanischen Kirchen im Dunkel.

§ 5.

Die Osterentscheidung von Nicaea

Im 3. Jahrhundert setzt sich die Osterfeier am Sonntag immer mehr durch; schon jener Blastus, der versucht, in Rom das quartodezimanische Passa einzuführen 1 , ist eine vereinzelte Erscheinung, die nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß die quartodezimanische Observanz ihre Anhänger immer mehr verliert. Im 4. Jahrhundert begegnet sie nur noch in schismatischen Gruppen 2 . 1. Selbständige christliche Osterberechnung und Anschluß an den jüdischen Passatermin In den Auseinandersetzungen am Ende des 2. Jahrhunderts hatte das Datum des 14. Tages des ersten Mondmonats ( = 14. Nisan) noch keine Rolle gespielt. Alle waren sich darüber einig, daß man sich in der Bestimmung der XIV lunae nach den Juden richtete. Das macht etwa noch die syrische Didaskalie ausdrücklich zur Regel: »Ihr müßt nun, liebe Brüder, in betreff der Tage des Passah mit Sorgfalt Nachforschung anstellen, und euer Fasten mit ganzem Eifer halten. Beginnet aber, wann eure Brüder von dem Volke (sc. der Juden) das Passah halten. . . . Darum sollt ihr vom zehnten an, das ist der Montag unter den Tagen des Passah, fasten« 3 .

Diese Aussagen können nur so verstanden werden, daß man nach der Anweisung der Didaskalie Ostern am Sonntag nach dem 14. Nisan der Juden feiern und das Fasten am Montag vor diesem Termin beginnen 82 1

S. unten S. 84 ff. S. oben S. 60.

2

S. unten S. 84 ff.

3

S. 111,14 ff.; 111, 31 ff. Adielis-Flemming.

62

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

sollte. Vom jüdischen 14.Nisan aus bestimmte sich der Ostertermin der Christen4. Erst im 3. Jahrhundert begann man in Alexandrien und Rom, die X I V lunae selbständig und unabhängig von den Juden zu bestimmen. Möglicherweise war der Anlaß dazu, daß die Juden — etwa zu Beginn des Jahrhunderts — eine neue Berechnung des 14. Nisan eingeführt hatten, die auf die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche keine Rücksicht mehr nahm5. Daß die Juden des vierten Jahrhunderts die Tagundnachtgleiche nicht mehr beachteten, zeigt die Ostertafel von Sardika aus dem Jahr 342, die eine Liste jüdischer Passadaten enthält6. Aber schon aus dem Ostertraktat des Anatolius von Laodicea, der den 19jährigen Osterzyklus in Alexandrien einführte7, können wir einen solchen Wechsel der jüdischen Passaberechnung entnehmen. Anatolius stellt dort unter anderem die Regel auf, daß die X I V lunae nicht vor das Frühlingsaequinoctium, d. h. für ihn den 22. März 8 , fallen dürfe. Denn mit diesem Tag beginne der erste Monat des lunisolaren Jahres; man dürfe aber Ostern nicht im 12. Monat (also vor dem Frühlingsaequinoctium) feiern. E r fährt dann fort 9 : »Diese Regel stammt nidit von uns; vielmehr war sie den Juden der früheren Zeit bekannt und wurde vor Christus bei ihnen genau beobachtet; das kann man dem entnehmen, was Philo, Josephus 10 , Musäus gesagt haben, und nicht nur diese, sondern audi die noch älteren beiden Agathobule, die sogenannten Lehrer Aristobuls, der seinen 4

Ähnlich die Vita Polycarpi per Pionium II 4 (S. 402 Funk-Diekamp, Patr. Apost. I I , 3. Aufl.; Rede des Paulus in Smyrna): man dürfe Ostern nicht außerhalb der Woche der jüdischen Azyma feiern, wie die Häretiker, vor allem die Phryger, es täten; man müsse es aber auch nicht mit Notwendigkeit am 14. Nisan feiern. Diese Stelle macht es wahrscheinlich, daß die Schrift in die Zeit vor dem Konzil von Nicäa gehört (vgl. E. Schwartz, De Pionio et Polycarpo, Göttingen 1905, S. 25), nicht etwa in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts (so C. Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 715; vgl auch P. Meinhold, PWK 21/2, 1680 f. s. v. Polykarp, der sich Schmidt anschließt, mit weiterer Literatur). — Davon, daß man in Syrien nebeneinander das quartodezimanische Passa und die Osterfeier am Sonntag begangen habe, wie A. Strobel, Untersuchungen zum eschatologisdien Verzögerungsproblem, 1961, S. 286, Anm. 1, unter Hinweis auf die syrische Didaskalie behauptet, kann keine Rede sein. Die quartodezimanischen Züge in der syrischen Didaskalie stammen aus ihren Quellen (vgl. etwa oben S. 9), nicht etwa daher, daß die Gemeinde, in der sie entstand, noch das quartodezimanische Passa feierte.

5

Vgl. V. Grumel, Le probleme de la date pascale aux I l l e et IVe siecles. R E B 18, 1960, S. 163—178.

β

Veröffentlicht bei E. Schwartz, Christliche und jüdische Ostertafeln, S. 122 f.

7

Vgl. dazu Schwartz, Ostertafeln, S. 65 ff.

8

Vgl. V. Grumel, La date de l'equinoxe vernal dans le canon pascal d'Anatole de Laodicie. Melanges Ε. Tisserant Bd. I I , 1964, S. 217—240.

8 10

Euseb, H.E. V I I , 32, 16.19 (S. 722, 27 ff.; 726, 3 ff. Schwartz). Vgl. zur Passaberechnung bei Philo und Josephus Schwartz, Ostertafeln, S. 138 ff.

§ 5. Die Osterentsdieidung von Nicaea

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Namen zu Recht trägt . . . D a ß der erste Monat bei den Hebräern zur Zeit des Aequinoctium war, beweisen auch die Unterweisungen des Buches Henoch« 11 .

Ebenso argumentiert um 300 der alexandrinische Bischof Petrus gegen Kleriker, deren Wortführer ein gewisser Tricentius ist12. Diese lehnen offenbar die selbständige Osterberechnung der alexandrinischen Kirche ab und fordern, man müsse sich darin den Juden wieder anschließen. Zur Erwiderung 13 erklärt Petrus, daß man sich in dieser Frage nur deshalb von den Juden getrennt habe, weil diese die Osterberechnung in Verwirrung gebracht hätten, indem sie aufhörten, sich nach dem Frühjahrsaequinoctium zu richten. Daß sie früher Passa nach dem Aequinoctium zu feiern pflegten, könne man den Schriften der »hebräischen Weisen« entnehmen. — Schließlich begegnet dieselbe Argumentation noch in der pseudochrysostomischen Osterpredigt von 38714: die hebräischen Weisen, wie Philo, Josephus und andere, werden als Zeugen dafür angeführt, daß man Passa erst nach dem Frühlingsaequinoctium feiern dürfe. Daß die Juden den eigenen Grundsätzen untreu geworden waren, war bestimmt nicht der einzige, aber vielleicht doch einer der Gründe dafür, daß man in den kirchlichen Zentren Alexandrien und Rom anfing, das Osterdatum selbständig zu berechnen. Wesentlicher als die falsche Passaberechnung der Juden wird für diesen Entschluß aber der Wille gewesen sein, Ostern zu einem eigenständigen christlichen Fest zu machen. Der schon beobachtete15 Prozeß der fortschreitenden Ablösung des christlichen Osterfestes vom jüdischen Passa setzt sich in der selbständigen Osterberechnung fort. Doch schlossen sich die Gemeinden, die nicht im Einflußbereich Alexandriens oder Roms lagen, auch weiterhin zum großen Teil der jüdischen Osterberechnung an. Am längsten folgte man den Juden in Antiochien und den von ihm abhängigen Gemeinden. In dieser 11

Henoch 72 ff.

12

Dieser Tricentius ist wahrscheinlich identisch mit dem von Epiphanius, Haer. 70, 9, 9 (S. 242, 17 f. Holl) erwähnten Kreskentius, der in Auseinandersetzung mit Alexander von Alexandrien gestanden haben soll. Vgl. L. Duchesne, La question de la Paque au concile de Nicee. R Q H 28, 1880, S. 31, Anm. 1; E. Schwartz, Ostertafeln, S. 116. C. Schmidt, Gespräche Jesu mit seinen Jüngern, S. 612 ff., nimmt an, daß Tricentius Quartodezimaner war, weil er die άνάμνησις τοΰ πάθους feiern wollte. Doch geht aus der Argumentation des Petrus deutlich hervor, daß Tricentius nicht von der Osterfeier am Sonntag, sondern nur von der selbständigen Osterberechnung der Alexandriner abweichen will. Die Gründe, die A. Strobel, Z N W 51, 1960, S. 85, dafür anführt, daß Tricentius Montanist gewesen sei, scheinen mir nicht ausreichend zu sein.

13

erhalten im Chronikon Paschale, ed. Dindorf I, S. 4 ff. v. a. 9, 4 ff.

14

S. 125 Floeri-Nautin (SCh48, 1957). Ebenda S. 18 ff. findet sidi die Zusammenfassung der Gründe, deretwegen die Predigt auf 387 zu datieren ist. Zur Frage nach ihrem Verfasser s. unten S. 196, Anm. 59.

15

S. oben S. 52 ff.

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Kapitel I. Quartodezimanisdies Passa und Osterfest

Haltung zeigt sich — wie in derjenigen Alexandriens und Roms der Wille zur Eigenständigkeit des Osterfestes — das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit von jüdischem Passa und christlichem Ostern. 2. Der Charakter der Osterentsdieidung von Nicaea So stand Konstantin, als er daranging, die Einheit der Kirche im gesamten römischen Reich herzustellen, in der Frage des Ostertermins drei verschiedenen Gruppen gegenüber: einer römischen, einer alexandrinischen und einer antiochenischen. Denn die römische und die alexandrinische Osterberechnung stimmten untereinander auch nicht überein16. Doch wesentlicher war der Gegensatz dieser beiden Parteien zu denjenigen, die auf eine selbständige Osterberechnung überhaupt verzichteten. So fand in der Folgezeit die Verständigung zwischen Rom und Alexandrien sozusagen inoffiziell und ohne, daß man davon besonderes Aufhebens gemacht hätte, statt. Durch Konzessionen von beiden Seiten einigte man sich seit Konstantin auf gemeinsame Ostertermine 17 . Doch die abweichende Praxis der antiochenischen Gruppe wurde, nachdem schon die Synode von Arles 314 einen einheitlichen Ostertermin gefordert hatte18, zu einem der wichtigsten Gegenstände der Verhandlungen von Nicaea19. Offensichtlich wurde auch in der Osterfrage auf dem Konzil ein gewisses Ergebnis erzielt. Ob das Konzil in dieser Frage einen formellen und bindenden Entschluß faßte, ist allerdings zweifelhaft. Athanasius hebt den Unterschied zwischen den Beschlüssen gegen die Arianer und denen in der Osterfrage deutlich hervor 20 : Das Konzil habe keinen genauen Ostertermin vorgeschrieben, άλλά περί τοΰ πάσχα >εδοξε τά ύποτεταγμέναmit den Juden< formell verbieten.« Epiphanius, Haer. 69, 11, 2 (S. 160, 31—161, 4 Holl). Vgl. F. Daunoy, La question pascale au concile de Nicee. EO 24, 1925, S. 424—444 (435 f.).

23

24 25

26 27

5

Horn. adv. Jud. III (PG 48, 865): (die Väter von Nicäa) »ταϋτα ένομοθέτησαν«. In diesem Zusammenhang gehört das angebliche Osterdekret von Nicäa bei Pitra, Iuris ecclesiastici Graecorum historia et monumenta, 1.1, 1864, S. 435. Es handelt sich dabei lediglich um ein zusammenfassendes Referat von Konstantins Brief an die Gemeinden vom Juni 325 (S. 54 ff. Opitz, Werke des Athanasius III, Urkunde 26); vgl. J . Schmid, Die Osterfestfrage auf dem ersten allgemeinen Konzil, Wien 1905, S. 66; H.-G. Opitz, Die Zeitfolge des arianischen Streites von den Anfängen bis zum Jahre 328. Z N W 33, 1934, S. 131—199 (S. 154, Anm. 120).

Huber

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

behauptet hat 2 8 . In dem Brief Kaiser Konstantins an die Gemeinden über das Osterfest v o m Juni 3 2 5 2 9 , in dem der Verfasser des Chronikon P a schale die E x k o m m u n i k a t i o n s a n d r o h u n g gelesen haben will, findet sich d a v o n keine Spur. Ein G r u n d dafür, d a ß es anscheinend nicht zu einem offiziellen K o n zilsdekret k a m , ist wohl darin zu sehen, d a ß m a n sich nicht darüber verständigen konnte, ob der Ostertermin nach der Weise der R ö m e r oder der der Alexandriner zu berechnen sei. S t a t t einer solchen grundsätzlichen Bestimmung über die gültige Osterberechnung einigte man sich in der Folgezeit v o n F a l l zu F a l l über das Osterdatum. Der Annahme, in Nicaea sei weder der alexandrinischen nodi der römischen Osterberechnung der Vorzug gegeben worden, widerspricht allerdings eine Behauptung Leos des Großen 30 : »Studuerunt quidem sancti patres occasionem huius erroris (gemeint der Osterfeiertag an verschiedenen Sonntagen im gleichen Jahr) auferre omnem hanc curam Alexandrino antistiti delegantes (quoniam apud Aegyptios huius supputationis antiquitus tradita videbatur esse peritia) per quem quotannis dies praedicte sollemnitatis sedi apostolicae iudicarentur, cuius scripti ad longinquiores ecclesias iudicium generale percurreret.« Daß Leo mit den sancti patres die Väter des Konzils von Nicaea meint, kann nicht zweifelhaft sein. Er, der römische Bischof, behauptet also, das Konzil habe den Alexandrinern die ausschließliche Verantwortung für die Berechnung des Osterfestes überlassen und die Aufgabe des römischen Bischofs auf die Publikation des ihm aus Alexandrien mitgeteilten Termins innerhalb seines Einflußbereichs beschränkt. Dieser Brief Leos an den Kaiser Marcian aus dem Jahr 453 nimmt damit eine Behauptung auf, die schon wenige Jahre vorher in der dem römischen Bisdiof dedizierten sogenannten Zeitzer Ostertafel aus dem Jahr 447 begegnet31: »Unde cum ex iudicio venerabilium patrum Aegyptiae ad haec scientiae emineret auctoritas, ita paschalis revolutionis ordinem credidimus digerendum, ut, ubi duplicem denuntiationem opinionum diversitas facit, subnotatio nostra non desit et quid electatione tua, ad quam cuncta respiciunt, dignius videatur, ostendat.« Der Verfasser der Zeitzer Ostertafel, die uns nur bruchstückhaft überliefert ist, sieht sich vor die Notwendigkeit gestellt, wegen der faktischen Überlegenheit der alexandrinischen Osterberechnung über die römische den überkommenen 84jährigen Zyklus so zu korrigieren, daß die Differenzen zur alexandrinischen Berechnung auf ein Minimum reduziert werden. Die von ihm angebrachten Korrekturen sind sehr unvollkommen, da die grundsätzlichen Fehler des römischen Zyklus bestehen bleiben32. Man 28

29

ed. Dindorf I, S. 17, 20 ff. Spätere Belege für diese Meinung bei J . Sdimid, Die Osterfestfrage auf dem ersten allgemeinen Konzil, S. 90 f. S. 54 ff. Opitz, Werke des Athanasius III, Urkunde 26.

30

Ep. 121 nach der Zählung der Ballerini; ediert von Krusdi, Studien zur christlichmittelalterlichen Chronologie, S. 257 ff.; neu ediert von Schwartz, ACO II, 4, S. 75 f. Idi zitiere nach Schwartz.

31

S. 507, 3 ff. Mommsen, Chron. minora I (MGH AA IX). Vgl. Schwartz, Ostertafeln, S. 70 ff.

32

§ 5. Die Osterentscheidung von Nicaea

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hat den Verdacht, daß er von der angeblichen Übertragung der Berechnung des Osterfestes an die Ägypter nur spricht, um sein Verfahren zu legitimieren. Dieser Verdacht verstärkt sich, wenn man den Gründen nachgeht, aus denen dieselbe Behauptung auch bei Leo dem Großen auftaucht. Wahrscheinlich ist sie dort von der Zeitzer Ostertafel übernommen 3 3 . Für das J a h r 455 differierten, wie auch schon für 454, die römische und die alexandrinische Osteransetzung um eine Woche 3 4 . Nach der römischen sollte Ostern am 17., nach der alexandrinischen am 24. April gefeiert werden. Leo hatte schon in der Auseinandersetzung um das Osterfest des Jahres 454 nachgegeben und versuchte deshalb frühzeitig, für 455 eine Einigung zugunsten des römischen Ostertermins zu erzielen. E r fragte zunächst, schon am 24. J u n i 451, seinen R a t geber in den Fragen der Osterberechnung, den Bischof Pascasinus von Lilybaeum, nach seiner Meinung 3 5 . Dessen Antwort ist leider nicht erhalten; wenn er so urteilte, wie in der Frage des Osterfestes von 4 5 4 3 e , fiel sie zugunsten der alexandrinischen Ansetzung aus. Leo wandte sich nun direkt an den alexandrinischen Bischof Proterius und fragte an, ob die späte Ansetzung des Ostertermins nicht vielleicht auf eine fehlerhafte H a n d schrift oder den Irrtum eines Abschreibers zurückgehe 37 . D a ihm diese »Vermutung« von Proterius natürlich nicht bestätigt wurde, wandte er sich schließlich an den Kaiser und bat ihn, dafür zu sorgen, d a ß die Ägypter oder andere die Ansetzung des Osterdatums für 455 überprüften, damit so ein einheitlicher Termin herbeigeführt werde 3 8 . Gleichzeitig mit diesem Brief an den Kaiser schickte Leo einen zweiten Brief nach K o n stantinopel, in dem er seinem dortigen Vertrauensmann 3 9 , dem Bischof Julian von Cos, seine wahre Absicht mitteilte; mit der H i l f e des Kaisers wollte er nämlich wenigstens für das J a h r 455 den römischen Ostertermin durchsetzen 40 . U m das zu erreichen, beauftragte er Julian, beim Kaiser häufig darauf zu dringen, daß die Frage (zugunsten der Römer) entschieden werde. Allerdings gab der alexandrinische Bischof trotz weiterer Versuche Leos nicht nach und hatte überdies für den alexandrinischen Ansatz die besseren Argumente vorzutragen 4 1 , so daß man auch im J a h r e 455 Ostern an dem von den Alexandrinern angegebenen Tag feierte. Der Zweck, den Leo also wieder nicht erreicht hatte, war, die Alexandriner zur Anerkennung des römischen Ostertermins zu zwingen. Sein Zugeständnis gegenüber dem Kaiser, das der alexandrinischen Berechnung den Vorrang gegenüber der römischen einräumte, sdieint, wenn man den Brief an Julian von Cos daneben hält, lediglich ein 33

Aus dem Brief Leos wiederum ist die Behauptung in den Prologus Cyrilli c. 2 (ed. Krusch, Studien zur christlich-mittelalterlichen Chronologie, S. 338) übernommen, der nicht, wie Hilgenfeld (Der Paschastreit der alten Kirche, S. 368) es tut, als selbständiges Zeugnis angeführt werden kann, sondern, wie Krusch (aaO., S. 89 ff.) nachgewiesen hat, eine spanische Fälschung aus dem 7. Jahrhundert ist.

34

Vgl. auch Krusch, aaO., S. 129 ff.

35

Ep. 88 (Ballerini), Schwartz, A C O I I , 4, S. 46 f.

30

Epistola Pascasini, ed. Krusch, aaO., S. 245 ff.

37

Das ergibt sich aus dem Antwortbrief des Proterius, ed. Krusch, aaO., S. 270.

38

Ep. 121; s. oben Anm. 30.

39

den Leo zur Unterstützung des Kampfes gegen die Häretiker nach Konstantinopel

40

Ep. 122 (Ballerini), Schwartz, aaO., S. 76 f.

41

Ep. Proterii (Krusch, aaO., S. 272).

entsandt hatte; vgl. E p . 111 (Ballerini), Schwartz A C O I I 4, S. 62 ff. (64, 3ff.).

5*

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

diplomatischer Trick gewesen zu sein: Da das Konzil von Nicaea den Alexandrinern als den in Fragen der Chronologie Erfahreneren die Beredinung des Osterfestes übertragen habe, wolle er, der römische Bischof, sich dieser Beredinung normalerweise gern fügen. Doch müsse in einem Fall wie dem des Jahres 455, in dem ein offensichtlicher Fehler der Alexandriner vorliege 42 , der Kaiser selbst für die richtige Bestimmung des Ostertermins Sorge tragen. Die Behauptung Leos über die Osterentscheidung von Nicaea diente also lediglich dem Zweck, den Kaiser zum Eingreifen zu veranlassen. Allerdings wird die historische Glaubwürdigkeit der Behauptung der Zeitzer Ostertafel und des römischen Bischofs, deren »kirchenpolitische« Hintergründe wir gerade erkannt zu haben meinten, scheinbar durch ein weiteres Dokument unterstützt. Unter den Briefen des Ambrosius findet sich ein an die Bischöfe der Aemilia gerichtetes Schreiben, das die Richtigkeit des alexandrinischen Osterdatums für das Jahr 387 nachweisen soll 43 . Der Verfasser vertritt die Meinung, das nicaenische Konzil habe den (alexandrinischen) 19jährigen Osterzyklus als einzig verbindlichen eingeführt 44 . Diese Behauptung aber zeigt, daß es sich bei diesem »Brief des Ambrosius« um eine Fälschung handelt, die frühestens im 6. Jahrhundert entstanden ist 45 . Sie übernimmt diese Behauptung und manches andere aus dem Prolog des Dionysius Exiguus zu seinem Osterzyklus 46 und aus der lateinischen Übersetzung des Briefes des Proterius 47 . Träfe die von Dionysius Exiguus, dem Ps. Ambrosius und anderen aufgestellte Behauptung, das Konzil von Nicaea habe den 19jährigen Zyklus eingeführt, zu, so wäre es vollkommen unverständlich, wieso die Alexandriner sich in den Jahren 333, 346 und 349 der römischen Osteransetzung fügten 48 ; ebenso unerklärlich wäre es, wieso man in Rom noch zwei Jahrhunderte lang an dem 84jährigen Osterzyklus festhalten konnte. D a ß dieser dann schließlich durch die alexandrinische Osterberechnung verdrängt wurde, hatte nicht in einer Entscheidung des nicänischen Konzils, sondern in den Schwächen des römischen Zyklus seinen Grund 49 . Gegen die Behauptung des Dionysius Exiguus und der anderen spricht schließlich, daß sie in den ältesten Quellen zur Osterentsdieidung von Nicaea keine Parallele hat. Ist aber die Annahme des Ps. Ambrosius, man habe in Nicaea den 19jährigen Osterzyklus zum allgemeingültigen erhoben, irrig, dann gilt das gleiche für die Meinung, man habe dort den Ägyptern das Recht zugesprochen, den Ostertermin zu bestimmen. Denn beide Ansichten sind in der Substanz identisch 50 . Da beide in den Quellen des 4. Jahrhunderts fehlen, verdienen sie die gleiche Bewertung. 42

43 44 45 46

47

48 49 50

Nach römischer Auffassung überschritt das Datum des 24. April die zulässige Ostergrenze des 21. April. Ep. 23 (PL 16, 1069—1078). aaO., 1069. Vgl. Krusch, aaO, S. V; Schwartz, Ostertafeln, S. 54. ed. B. Krusch, Studien zur christlich-mittelalterlichen Chronologie. Die Entstehung unserer heutigen Zeitrechnung. Abh. Β 1937, Η . 8, S. 63 ff. ed. Krusch, Studien zur christlich-mittelalterlichen Chronologie, Leipzig 1880, S. 266 ff. Vgl. Schwartz, Ostertafeln, S. 47 f. Ebenda, S. 58 ff. Das ist J. Schmid entgangen; deshalb lehnt er (Die Osterfestfrage auf dem ersten allgemeinen Konzil, S. 99) die erste Meinung ab, hält jedoch (ebenda, S. 124) die zweite für zutreffend.

§ 5. Die Osterentsdieidung von Nicaea

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3. Die Osterfeier »mit den Juden« Man beschränkte sich also in Nicaea darauf, die Bestimmung des Ostersonntags nach dem Passa der Juden abzulehnen, ohne eine der konkurrierenden Osterberechnungen zur allein gültigen zu erheben. Doch richtete sich die Entscheidung von Nicaea wirklich gegen jene, die Ostern am Sonntag nach dem jüdischen Passa feierten? Daß es sich nur um sie und nicht um die Quartodezimaner handelt, hat zuerst L. Duchesne nachgewiesen51: In keinem der ältesten Dokumente, die wir über die Osterentscheidung von Nicaea besitzen52, ist die Rede davon, daß Ostern von der angegriffenen Gruppe nicht am Sonntag gefeiert würde. Es wird ihnen vielmehr vorgeworfen, daß sie sich in der Bestimmung des Ostertermins nach den Juden richten. Es sei, so heißt es in dem Brief Konstantins an die Gemeinden vom Juni 325, unwürdig, sich in der Feier dieses Festes den Juden anzuschließen. »Denn es ist in der Tat ganz widersinnig, wenn jene sich rühmen können, daß wir ohne ihre Unterweisung nicht im Stande wären, dieses Fest zu feiern«53. Im Folgenden findet das Argument Verwendung, das uns auch schon bei Anatolius und Petrus von Alexandrien begegnet ist54: Nach dem Mord an Christus haben die Juden den Verstand verloren und können seitdem das Passadatum nicht mehr berechnen; deshalb feiern sie sogar zweimal in einem Jahr Passa55. Gemeint ist, daß die Juden in manchen Jahren Passa vor dem Frühlingsaequinoctium begehen und dann also in den zwölf Monaten zwischen zwei Frühlingsaequinoctien zweimal Passa feiern. Aus den Quellen geht audi hervor, welche Gegenden sich in der Osterberechnung den Juden anschließen: Es ist nicht die Provinz bzw. Diözese Asia, in der im 2. Jahrhundert die quartodezimanische Praxis vorherrschend war; diese erscheint vielmehr unter den Gebieten, die mit Rom und Alexandrien einig sind58; Syrien, Mesopotamien und Kilikien57 sind vielmehr die Gegenden, die von der Auffassung der anderen abweichen58. 01 52

53 61 55

56 57

58

R Q H 2 8 , 1880, v. a. S. 23 ff. Es handelt sich vor allem um den Synodalbrief an die alexandrinische Gemeinde (Athanasius, De Decretis 36, 12; S. 36, 18 ff. Opitz, Werke des Athanasius II); Athanasius, De Synodis 5 (S. 233, 32 ff. Opitz); Athanasius, Ep. ad Afros 2 (PG 26, 1032 C) und um den Anm. 53 genannten Brief. Brief Konstantins (S. 5 5 , 2 2 ff. Opitz). S. oben S. 62 f. Brief Konstantins (S. 55, 24 ff. Opitz). Vgl. audi Epiphanius, Haer. 50, 3, 3 (S. 248, 7 ff. Holl). Brief Konstantins (S. 5 7 , 1 Opitz). Dort bestanden vielleicht die »antiochenische« und die »alexandrinische« Praxis nebeneinander; so Duchesne, aaO., S. 26. Vgl. die nächste Anmerkung. Das geht negativ daraus hervor, daß Konstantin sie unter den Gegenden, die der selbständigen Berechnung folgen (zu denen er auch Kilikien zählt), nicht nennt,

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Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

Folgende Argumente hat Duchesne im wesentlichen für seine Meinung, die auf dem Konzil Angegriffenen seien keine Quartodezimaner gewesen, vorgetragen: 1. Die abgelehnte Osterpraxis herrschte nicht, wie der Quartodezimanismus im 2. Jahrhundert, in der Provinz bzw. Diözese Asia, sondern im Orient, genauer in Syrien, Mesopotamien und Kilikien. 2. Es wird nicht gesagt, die Christen des Orients feierten an demselben Tag, sondern zu derselben Zeit (καιρός) wie die Juden das Passa. Nun könnte man diese Argumente noch als ungenügend ansehen. Man könnte einwenden, die Nachricht über die Ausbreitung jener Praxis zeige gerade, daß das quartodezimanische Passa nicht auf die Provinz Asia beschränkt war 59 . Ferner könnte man, was wichtiger ist, vorbringen, die Wendungen »zusammen mit den Juden feiern« und Ostern »zu demselben Zeitpunkt wie die Juden begehen«60 ließen sich nur auf die Quartodezimaner deuten61. Diesen Wendungen muß deshalb weiter nachgegangen werden. positiv aus Athanasius, D e Synodis 5, 1 (S. 233, 33 Opitz); Ep. ad Afros 2 ( P G 26, 1032 C ) , nach dem der abweichende Brauch audi in Kilikien herrscht. Allgemeiner wird von den Gemeinden im Orient gesprochen, ζ. B. im Synodalbrief (De Decretis 36, 12; S. 36, 19 Opitz); und Euseb, D e soll, pasch. 8 ( P G 24, 701 C ) . 59

So B. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 17. Lohse verweist dabei auf Euseb, H . E . V , 24, 9 (S. 494, 2 Schwartz): »Viktor versuchte, . . . die Gemeinden von ganz Asia zusammen mit den benachbarten Kirchen

auszuschließen.«

Hier zeige Euseb Kenntnis davon, »daß es auch außerhalb Kleinasiens Quartadecimaner gab« (gemeint ist natürlich nicht Kleinasien, sondern die Provinz Asia). Doch verdient Eusebs präzisere Auskunft H . E . V , 23, 1 (S. 488, 8 Schwartz) den Vorzug. Der ungenauere Ausdruck entspringt nämlich Eusebs antirömischer Tendenz in der Darstellung

des Osterstreites;

er ist mit

Irenäus der Meinung, daß

Viktors

Plan, die quartodezimanischen Gemeinden auszuschließen, anmaßend war; deshalb stellt er ihn möglichst kraß dar: nicht nur die Gemeinden der Asia, sondern auch noch die angrenzenden wollte Viktor ausschließen. I m Gegensatz zum römischen Bischof behandelt Euseb die Quartodezimaner eigentlich sehr wohlwollend; denn sie hatten zu seiner Zeit keinerlei Bedeutung mehr (vgl. Schwartz, G C S Euseb I I I / 3 , S. 30). — A u f Theodoret, Haer. fab. comp. I I I , 6 ( P G 83, 509) kann man sich für die Meinung, der »Orient« (und nicht nur die Asia) sei einmal quartodezimanisch gewesen, erst recht nicht berufen, wie Lohse das (S. 18) tut; denn dort redet Theodoret nicht nur von den Quartodezimanern und nicht nur vom Orient. Es heißt bei ihm: »Von Montanisten, Novatianern und Quartodezimanern ist der Osten allenthalben befreit, befreit (davon) ist auch Ägypten und Libyen (wo es also nach Lohses Meinung dann doch auch Quartodezimaner gegeben haben müßte), frei ist von diesen auch der Westen; jetzt gibt es nur noch kleine Reste in Asia und Pontos . . .«. Dann folgt eine lange Liste von Ländern

(die ausnahmslos

im

»Orient« liegen!), die keine dieser Häresien aufnahmen (vgl. auch unten S. 85). — D a ß die Zurückdrängung der Quartodezimaner auf die Osterentscheidung

von

N i c ä a zurückzuführen sei, behauptet Theodoret im übrigen mit keinem Wort. 60

Athanasius, Ep. ad Afros 2 ( P G 2 6 , 1032 C).

81

B. Lohse, aaO., S. 17 f., gegen Duchesne: »Die Bemerkung über die Bedeutung von

§ 5. Die Osterentscheidung von Nicaea

71

In seiner ersten Osterpredigt 62 legt Gregor von Nyssa ausführlich die Gründe für das Datum der Osterfeier und die allegorische Bedeutung dieses Datums dar. An einer Stelle treibt er den Gedankengang dadurch voran, daß er einen Juden einführt, der gegen die bisherigen Darlegungen folgenden Einwand vorbringt: Man kann das Passagesetz des Mose nicht teilweise, sondern nur ganz erfüllen. »Wenn euch also die παρατήρησις des 14. (sc. Nisan) am Herzen liegt, dann müssen auch die Bitterkräuter und die Azyma beachtet werden« 63 . Gregor räumt sofort ein, daß den Christen die Beobachtung des 14. am Herzen liegt. Er übergeht dabei die, ihm für seinen Gedankengang unwesentliche, Tatsache, daß die X I V lunae der Christen sich seit der selbständigen christlichen Osterberechnung von dem 14. Nisan der Juden unterscheidet, und beschränkt sich auf die Aussage, daß beiden die παρατήρησις des 14. wichtig sei. Doch bedeutet das nicht, daß Gregor von Nyssa am 14. Nisan, auf welchen Wochentag er audi falle, und nicht am Sonntag Ostern feiern würde. Genausowenig wie »παρατήρησις des 14.« ist »Feiern mit den Juden« in dem Sinn der quartodezimanischen Praxis aufzufassen. Daß beides zu unterscheiden ist, geht mit aller Deutlichkeit aus dem Werk des Filastrius von Brescia über die Häresien hervor 64 . Denn Filastrius, auf dessen Zeugκ α ι ρ ό ; und >zusammen mit den Juden< ist wohl etwas zu spitzfindig. Bei unbefangenem Lesen kann man das nur auf den 14. Nisan beziehen.« — Auf die anderen Argumente, die Lohse, aaO., S. 18, gegen Dudiesne noch vorgebracht hat, braucht hier nicht ausführlicher eingegangen zu werden; sie seien nur knapp erwähnt. Daß in Nicäa »keineswegs ein einheitliches Osterfest hergestellt worden« sei, da auch weiterhin die römische und alexandrinische Osterberechnung nebeneinander bestanden, ist kein Argument gegen Dudiesnes These. Um der orientalischen Praxis wirksam begegnen zu können, verschleierte man den Gegensatz zwischen Alexandrien und Rom und behauptete, in der ganzen Oikumene, vor allem auch in Rom und Alexandrien, feiere man Ostern am selben Tag, nur in einigen wenigen Gebieten des Orients nicht (ζ. B. Brief Konstantins, S. 56, 23 Opitz; Euseb, De soll, pasch. 8, PG 24, 701 C). Im übrigen wurde seit dem Konzil von Nicäa trotz der verschiedenen Osterberechnungen ein einheitlicher Ostertermin durch Kompromisse zwischen Rom und Alexandrien vereinbart (vgl. Schwartz, Ostertafeln, S. 44 ff.; oben S. 68). — Die zutreffende Darstellung Theodorets, daß die Quartodezimaner den 14. Nisan feierten (Haer. fab. comp. III, 4; PG 83, 405 A/B), widerlegt nicht die Meinung, daß sich die nicänische Entscheidung nicht gegen die Quartodezimaner richtete. — Zu Epiphanius, Haer. 50, 1 , 5 (S. 245 5 ff. Holl )vgl. unten S. 85 ff. Warum soll, wie Lohse meint, außer den Quartodezimanern nur noch die dort erwähnte Gruppe dafür in Frage kommen, durch das Konzil bekämpft worden zu sein? 62 63 64

PG 46, 600—628. PG 46, 617 D. Dagegen, Filastrius als selbständigen Zeugen anzuführen, könnte sprechen, daß er in seinem Werk über die Häresien von Epiphanius, auf den gleich einzugehen ist, abhängig ist. Vgl. zu dieser Abhängigkeit A. Harnack, Chronologie II, S. 222; ders.,

72

Kapitel I. Quartodezimanisches Passa und Osterfest

nis in der Diskussion m. W. bisher nodi nicht hingewiesen wurde, trennt diejenigen, die behaupten, man müsse an der XIV lunae Passa feiern65, und die deshalb Passa nicht immer am Sonntag, sondern auch an anderen Wochentagen feiern66, von denen, die es für notwendig halten, »Passa mit den Juden zu feiern«67. Daß diese Ostern nicht am Sonntag feiern, behauptet er mit keinem Wort. Aber daß sie statt der katholischen Kirche den Juden folgen, wirft er ihnen mit scharfen Worten vor: damit werden sie Teilhaber des Verbrechens der Juden (nämlich der Kreuzigung Jesu) und gehen zusammen mit ihnen zugrunde68. Stellt man diese Tatsache, daß Filastrius die Quartodezimaner und diejenigen, die Ostern »mit den Juden« feiern, in zwei getrennten Abschnitten behandelt und einen Zusammenhang zwischen beiden Gruppen überhaupt nicht erwägt, neben die andere, daß in der ältesten Uberlieferung von den Quartodezimanern nie gesagt wird, sie feierten Passa »mit den Juden«, dann wird unwiderleglich, daß man diejenigen, die »mit den Juden« feiern, nicht mit den Quartodezimanern identifizieren kann 69 . Auch Epiphanius unterscheidet im übrigen die Quartodezimaner von denen, die Passa mit den Juden feiern. Von den einen ist Haer. 5070, von den anderen, nämlich von der zu ihnen gehörenden Sekte der Audianer, ist Haer. 70 71 die Rede. Im Unterschied zu Filastrius spricht zwar EpiphaMarcion, Nachdruck Darmstadt 1960, S. 25; E. Schwartz, Zwei Predigten Hippolyts, S. 37 f. und v. a. K. Holl in den Anmerkungen seiner Epiphaniusausgabe. An den hier zu behandelnden Stellen aber ist Filastrius von Epiphanius weitgehend unabhängig. Filastrius, Haer. 87 beruht gegenüber Epiphanius, Haer. 70 offenbar auf eigener Information: während Epiphanius nur von den Audianern spricht, handelt Filastrius allgemein von denen, die Passa »mit den Juden« feiern. Aber audi für Filastrius, Haer. 58 läßt sich kein direkter Einfluß von Epiphanius, Haer. 50, nachweisen. So ist der selbständige Hinweis auf Filastrius in unserem Zusammenhang sehr wohl am Platz. 65

Haer. 5 8 , 1 (S. 241 Heylen, CChL 9): 'Alii sunt, qui de die paschae ambigunt, adserentes quartadecima luna celebrandum esse pascham.«

66

ebenda, § 2: »et cum hoc faciunt, diem non dominicam semper custodiunt paschae, non computantes horas et dies, sed secunda aut tertia aut quarta aut quinta aut sexta die celebrant.«·

67

Haer. 87, 1 (S. 255 Heylen): >Alia est haeresis, quae adserit facere pascham.ο

68

ebenda, §§ 2 und 3. Auch Lohse, nach dessen Meinung man »bei unbefangenem Lesen« (aaO., S. 18) »mit den Juden feiern« nur auf die Quartodezimaner beziehen kann, hat keinen Beleg gegeben, der eindeutig von den Quartodezimanern spricht und ihnen vorwirft, sie feierten Passa »mit den Juden«. Das (von Duchesne und Schwartz allerdings noch nicht herangezogene) klare Zeugnis des Filastrius, das eindeutig gegen seine Auffassung spricht, hat auch Lohse übersehen.

69

70 71

S. 2 4 4 , 1 2 ff. Holl. S. 2 3 2 , 1 6 ff. Holl.

saluberrima

cum. ludaeis

debere

§ 5. Die Osterentsdieidung von Nicaea

73

nius ausdrücklich von einem Zusammenhang zwischen Juden und Quartodezimanern, indem er sagt, diese hingen noch jüdischen Mythen an72. Die Formulierung, daß die Quartodezimaner Passa »mit den Juden« feierten, sucht man auch bei ihm vergeblich. In dem Kapitel über die Audianer begegnet der Ausdruck allerdings und wird dort auch genau interpretiert, um nicht zu sagen: definiert73: Μετά γαρ 'Ιουδαίων βούλονται τό Πάσχα έπιτελεΐν, τουτέστιν φ καιρώ οί 'Ιουδαίοι ποιοΰσι τά παρ' αύτοϊς "Αζυμα, τότε αύτοΐ φιλονεικοΰσι τό Πάσχα αγειν. »Denn sie wollen mit den Juden das Passa feiern, das heißt: zu der Zeit, zu der die Juden ihre Azyma begehen, zu dieser Zeit feiern sie aus lauter Streitsucht das Passa«.

Der Text zeigt deutlich, daß Duchesnes »Bemerkung über die Bedeutung von καιρός und >zusammen mit den Judensterben< k o m m t >Passa halten* 22 «.

Melito leitet also den Namen Passa von παθεΐν, »leiden, sterben« ab. Diese Herleitung hat für ihn selbstverständlich auch schon für das alttestamentliche Passa Gültigkeit. Nicht nur das Passa der Christen ist im Leiden und Sterben Christi begründet, sondern auch das alttestamentliche Passa hat darin seine Grundlage, wie der Name des Festes zeigt. Denn παθεΐν kann von einem Lamm nicht ausgesagt werden; das Ereignis, das 19

Vgl. z u m Folgenden Chr. Mohrmann, Pascha, Passio, Transitus. EL 66, 1952, S. 37 bis 5 2 = Etudes sur le latin des chritiens, R o m 1958, S. 2 0 5 — 2 2 2 . Ich verzichte auf vollständige Wiedergabe des Materials, beschränke midi vielmehr auf Beispiele und gebe Ergänzungen zu den Ausführungen v o n Chr. Mohrmann.

20

Lc 24 26; A c t 1 a; 3 is; 17 3; 26 23; H e b r 9 26; 13 11; I Petr 3 »s v. 1. Vgl. W. Michaelis, T h W b V , 9 1 0 — 9 2 3

(911 f.) E. Haenchen, Apostelgeschichte,

S, 109, A n m . 2. Für das lateinische pati

4. Aufl.

1961,

hat diese »Begriffsverengung« St. J. W .

T e e u w e n , Sprachlicher Bedeutungswandel bei Tertullian (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums 1 4 , 1 ) , Paderborn 1926, S. 4 4 f., bereits bei Tertullian nachgewiesen;

vgl.

audi

Η.

Janssen,

Kultur

und

Sprache,

Nijmwegen

1938,

S. 147 ff. 176. 21

§ 46 (S. 2 0 Lohse, S. 78 Testuz).

22

ά π ό τοΰ π α θ ε ΐ ν τό π ά σ χ ε ι ν — so nach der Handschrift Β.

Α h a t : έκ γά{> τοΰ

π ά θ ε ( Ι ) ν ( κ α ι π ά σ - ) χ ε ι ν . D a das v o n Bonner vorgeschlagene καί unverständlich ist, w i r d m a n mit Β τ ό lesen müssen. Chr. Mohrmann hat (aaO., S. 207) das π ά σ χ ε ι ν weggelassen.

§ 8. Passatypologie

113

schon dem alttestamentlichen Fest seinen Namen gibt, ist also nicht die Schlachtung des Passalammes, sondern der Kreuzestod Jesu. Das bedeutet nicht, daß das Schlachten der Passalämmer für das alttestamentliche Passa nicht konstitutiv wäre, und auch nicht, daß für die Typologie das Schlachten der Passalämmer nicht entscheidende Bedeutung hätte. Im Gegenteil zeigt die auch auf das alttestamentliche Passa ausgedehnte Etymologie, wie konsequent Meli to in der Durchführung der Typologie ist: von vornherein ist das Vorbild ausgerichtet auf die Wahrheit, die es ablösen wird. Um die Etymologie und damit die Typologie ganz eindeutig zu machen, gibt Melito, worauf man m. W. bisher noch nicht aufmerksam gemacht hat, dem Wort πάσχειν eine neue Bedeutung: πάσχειν, jedem Zuhörer Melitos geläufig, heißt jetzt bei ihm nicht nur »leiden, sterben«, sondern »Passa feiern« 23 . Nur so ist die Stelle sinnvoll zu verstehen. Sie entspricht dann auch der unmittelbar vorangehenden Einleitung des zweiten Abschnitts der Predigt, in dem Melito von der »Einsetzung des Mysteriums« berichten will 24 . Das »Mysterium« ist das Todespassa Jesu als Grundlage der alljährlich wiederholten Passafeier 25 . Ziel des Abschnittes ist es also, den Zusammenhang zwischen der Kreuzigung Jesu und dem Passa, und zwar sowohl dem Passa der Juden wie dem Passa der Christen, darzustellen. Dieser Zusammenhang wird gleich zu Beginn mit der neuen Verwendung von πάσχειν im Sinn von »Passa feiern« auf eine sehr einprägsame Formel gebracht. Diese Formel enthält im Kern die typologische Auffassung Melitos, nach der das Passa des Alten Testaments nur vom Tode Jesu als seinem eigentlichen Ziel her zu verstehen ist. Melito behauptet in seiner kurzen Formel, daß man, wenn man vom Feiern des Passa spreche, damit zugleich schon vom Kreuzestod Jesu spreche. Durch seine von Späteren nicht aufgenommene Verwendung des Wortes πάσχειν geht Melito in der Identifikation von Passa und Tod Jesu noch viel weiter als alle nach ihm. Melito ist der erste Zeuge für die Etymologie πάσχα — πάσχειν. Sie ist offenbar erst auf christlichem Boden entstanden und hat von Anfang an die Aufgabe, den typologischen Bezug zwischen Passa und Christus auszudrücken. Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch Hippolyt die Etymolgie πάσχα— πάσχειν kennt. In den im Chronikon Paschale erhaltenen Fragmenten aus dem Syntagma und der Schrift über das Passa führt er sie zwar nicht eigens ein, aber er setzt sie wohl als bekannt voraus; sie ist dann also schon zu seiner Zeit ziemlich geläufig. Im Syntagma 26 erwidert er seinem Gegner 27 , der behauptet, Christus habe vor seinem Tod das Passa ge23

Damit keine Verwirrung entsteht, muß Melito deshalb πάσχειν = sterben in den Aorist setzen.

24

8

§ 46 (S. 20 Lohse, S. 78 Testuz).

25

Vgl. § 56 (S. 23 Lohse, S. 92 Testuz) und § 65 (S. 25 Lohse, S. 102 Testuz).

26

Chronikon Paschale ed. Dindorf I, S. 13, 11 ff.

27

S. oben S. 14 f., S. 40, S. 60.

Huber

114

Kapitel II. Altes und neues Passa

halten und man müsse es genauso tun: φ καιρώ επασχεν ό Χριστός ούκ Εφαγε τό κατά νόμον πάσχα. ούτος γαρ ην τό πάσχα τό προκεκηρυγμένον και τό τελειοΰμενον τη (ορισμένη ήμέρςι.

Und in der Schrift über das Passa heißt es38: τό δέ πάσχα ούκ εφαγεν, άλλ' επαθεν.

Die Argumentationsweise Hippolyts, der sich dabei noch des Gleichklangs von εφαγεν und επαθεν bedient2', läuft notwendig auf die PassaEtymologie und -Typologie hinaus: Christus aß das Passa nicht, weil er selbst das Passa ist; und er ist das Passa, weil er an dem vorherbestimmten Tag gestorben ist. Dafür, daß Hippolyt die Etymologie πάσχα — πάσχειν tatsächlich kannte, spricht auch, daß sie bereits seinem »Lehrer« Irenäus geläufig war30; es spräche ebenfalls dafür, daß sie in der unter seinem Namen und dem des Chrysostomus überlieferten Osterpredigt begegnet31, wenn diese, wie Nautin 32 annimmt, von Hippolyts Schrift über das Passa abhängig wäre. In der Diskussion über Autor und Entstehungszeit dieser Predigt ist man zu sehr verschiedenen Ergebnissen gekommen. Die Zusdireibung an Hippolyt begegnet im Florilegium Edessenum anonymum 33 , in der Doctrina Patrum 3 4 und in einem Florileg des Laterankonzils von 64 9 35 , vor allem aber in einer Handschrift aus Grottaferrata (saec. VIII/IX), die, nur noch bruchstückhaft auf uns gekommen, einst die ganze Predigt enthielt. Das hat Ch. Martin veranlaßt, die Predigt zu einem Werk Hippolyts zu erklären 36 . Jedoch bestehen erhebliche Differenzen zwischen der Predigt und den Werken Hippolyts, die diese Zusdireibung ausschließen31. P. Nautin hat deshalb die Frage der Entstehungszeit neu untersucht und die Predigt auf die 2. Hälfte des 4. oder auch den 28

Chron. pasch, ed. Dindorf I, S. 13. Schon Lc 22 n wird dieser Gleichklang ausgewertet, wenn auch nicht in typologischem Interesse, sondern mit dem Zweck, den engen Zusammenhang zwischen Jesu letztem Mahl und seinem Kreuzestod darzustellen. 30 Haer. IV, 20, 1 (S. 173 Harvey); Demonstratio 25 (S. 769 Barthoulot, P O 12). 31 S. 139.175 Nautin, SCh 27. 32 ebenda, S. 51 ff. 33 S. 268 f. Adielis (Hippolyt Kleine Schriften); P. Nautin, Le dossier d'Hippolyte et de Meliton, S. 74 ff. 34 Nautin, ebenda. 35 S. 270 Achelis. ' · Un Περί τοΰ πάσχα de S. Hippolyte retrouve. RSR 16, 1926, S. 148—165; Fragments palimpsestes d'un discours sur la Paque attribue έ saint Hippolyte de Rome (Krypt. Ba LV). Melanges Franz Cumont, 1936, I, S. 321—363. 37 Vgl. R. H . Conolly, New attributions to Hippolytus. JTS 46, 1944/45, S. 192—200; P. Nautin, SCh 27, S. 34 ff. Ch. Martin hielt danach zwar nicht mehr unbedingt an der Zusdireibung an Hippolyt, aber immer noch an der Datierung in die 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts fest (Rezension der Ausgabe von Nautin: Nouvelle Revue Thiologique 84, 1952, S. 652). 29

§ 8. Passatypologie

115

Anfang des 5. Jahrhunderts datiert 3 8 und das folgendermaßen begründet: Die Predigt zeige ein gesteigertes Interesse an der Göttlichkeit des Logos; sie sei deshalb mit Sicherheit erst nach Beginn der arianischen Streitigkeiten entstanden. Für den Prediger seien der Geist Christi und seine Gottheit eine Einheit; die Inkarnation sei nach seiner Auffassung die Vereinigung dieses Geistes Chrsti mit einem beseelten Körper. Darin zeige die Predigt große Verwandtschaft mit der Lehre des Apollinarius von Laodicea; es sei also anzunehmen, daß sie vor der endgültigen kirchlichen Verurteilung des Apollinarismus zu datieren sei 39 . 38

39

8*

S C h 27, S. 46 ff.; unterstützt von Chr. Mohrmann, N o t e sur l'homelie pascale V I de la collection pseudo-Chrysostomienne dite »des petites trompettes«. Melanges Μ. Andrieu, 1956, S. 351—360. Der Meinung Nautins hat sich anscheinend audi St. Czerwik, Homilia paschalis apud patres usque ad saeculum quintum. Investigatio liturgico-pastoralis, R o m 1961, S. 31 if., angeschlossen, der Nautins Argumentation wohl zustimmend referiert, zugleich aber bemerkt, es handle sich um eine der ältesten Osterpredigten. D a diese am Pontificium Athenaeum Anselmianum in R o m vorgelegte Dissertation, obwohl sie 1961 in Rom gedruckt wurde, nach meinen Erfahrungen nahezu unzugänglich ist, sei eine kurze Charakteristik erlaubt (vgl. audi das kurze Referat über die Arbeit von I. B. in E L 76, 1962, S. 365 f.). Die Einleitung (S. 12—23) gibt einen knappen Überblick über die Ausbildung des Kirchenjahres in der alten Kirche. Dann werden im ersten Kapitel (S. 25—73) die Osterpredigten der alten Kirdie der Reihe nach kurz charakterisiert, wobei der Verfasser zwischen der »älteren Predigt«, deren ältestes Beispiel die Predigtelemente im 1. Petrusbrief, deren letztes die Predigten des Zeno von Verona sind, und der Predigt seit der Mitte des 4. Jahrhunderts unterscheidet. Im Anschluß an B. Dreher, Die Osterpredigt von der Reformation bis zur Gegenwart, Freiburg 1951, S. 13, läßt er diese zweite Gruppe mit den Osterpredigten des Gregor von Nazianz beginnen. Das Kapitel leidet zum einen unter seiner Unvollständigkeit; von den dem Ambrosius zugeschriebenen Predigten, die man etwa vermißt, begegnet man dann der einen (die der Verfasser für echt hält; s. dazu unten S. 122, Anm. 84) zwar auf S. 86, 107, 161; doch außerdem fehlen, von der syrisdien Literatur abgesehen, die Predigten von Asterius Sophista, Basilius, Amphilochius von Ikonium, Makarius/Symeon, Severian von Gabala, Hieronymus, Optatus, Priszillian, Maximinus Arianus, schließlich ein Teil der Augustin- und fast alle Ps.Augustin-Predigten. Zum anderen fehlt dort, wo der Verfasser auf die literarkritisdien Fragen eingeht, jede eigene Stellungnahme und Weiterführung, wie die Ausführungen über die Ps.Chrysostomus- bzw. Ps.Hippolyt-Predigt besonders deutlich zeigen. — D a s 2. Kapitel (S. 75—109) behandelt als alttestamentliches Vorbild und Vorbereitung des Passa-Mysteriums das Gesetz, die Schöpfung, den jüdischen Passa-Ritus und den Durchzug durch das Rote Meer. D a s 3. Kapitel (S. 110—144) hat die Erfüllung des Passamysteriums in Christus, d. h. sein Kommen, Leiden und Tod, die Höllenfahrt und die Verherrlichung zum Gegenstand. Das 4. Kapitel (S. 145—172) handelt von der Teilnahme der Christen am Passa-Mysterium, und zwar von der Taufe, der Eucharistie, dem neuen sittlichen Leben und der verheißenen Endvollendung. Der Schluß (S. 173 bis 179) sucht Folgerungen aus der Osterpredigt der alten Kirche für die gegenwärtige Osterverkündigung zu ziehen. — Die Schwäche der Kapitel 2 bis 4 scheint mir darin zu bestehen, daß der Ansatz des Kapitels 1, zwei Perioden der altkirchlichen Osterpredigt zu unterscheiden, kaum wieder aufgenommen wird. Die Besonderheit

116

Kapitel II. Altes und neues Passa

Doch ist die Nähe unseres Predigers zu Apollinaris nicht so groß, wie Nautin annimmt. Denn davon, daß der Mensch, mit dem sich der Logos verbindet, unvollkommen sei, sei es daß er ohne Seele 40 , sei es daß er zwar mit Körper und Seele, aber ohne Geist gedacht werden müsse 41 , ist bei ihm nicht die Rede. Genauso wenig zwingend ist die Behauptung, die Predigt könne erst nach den arianischen Streitigkeiten verfaßt sein. Vielmehr hat M. Richard 4 2 gezeigt, daß die Predigt vorarianischen, nämlich monarchianischen Ursprungs ist. Die von ihr vertretene Christologie deckt sich nahezu vollständig mit derjenigen, die Hippolyt dem römischen Bischof Kallist zum Vorwurf macht 43 . Wie Kallist scheidet auch der Prediger nicht Gott und den Logos oder, wie er sich ausdrückt, den göttlichen Geist voneinander; wie für Kallist so nimmt auch für ihn der Begriff des »göttlichen Geistes« eine zentrale Stelle ein; wie für Kallist so ist audi für ihn die Inkarnation eine Inkarnation Gottes selbst. D a s alles zeigt, daß die Predigt einen monarchianischen Verfasser hat und in der ersten H ä l f t e des 3. Jahrhunderts wahrscheinlich in Rom entstanden ist. D a ß der Prediger den Traktat Hippolyts über das Passa benutzt hat, ist damit nidit ausgeschlossen. Man könnte es sogar für wahrscheinlicher halten, daß ein in R o m ungefähr gleichzeitig mit Hippolyt lebender Verfasser diesen Traktat kannte, als daß ein Prediger am Ende des 4. Jahrhunderts, der im Osten lebte, ihn benutzt hätte. Aber mit Sicherheit läßt sich diese Abhängigkeit keinesfalls nachweisen 44 . Es spricht für sie eigentlich nur, daß der Prediger nidbt nur die Etymologie πάσχα-πάσχειν verwendet, sondern darüber hinaus genau wie Hippolyt die Frage, ob Jesus vor seinem Tod das Passa gegessen habe, mit der Entgegensetzung von φαγεΐν und παθεΐν verneint 1 5 ; ferner, daß die Predigt in abgekürzter Form eine Exegese von Ex 12 bietet, die audi bei Gaudentius von Brescia begegnet, was auf eine gemeinsame Grundlage schließen läßt. D a ß auch die Sdirift Hippolyts möglicherweise genau wie die Predigt in zwei Teile gegliedert war, deren erster das Passa, deren zweiter die heilsgesdiiditliche Bedeutung des Kreuzestodes und der Auferstehung behandelte, kann als Argument nicht angeführt werden. Denn, davon abgesehen, daß uns der Aufbau der hippolytischen Sdirift nicht überliefert ist, legte sich eine solche Gliederung, wenn man von der Passatypologie und der Zeiten und die Individualität der Prediger tritt völlig zurück hinter den ihnen (nicht einmal immer) gemeinsamen Themen. Zitate der verschiedensten Autoren werden ohne nähere Differenzierung nebeneinandergestellt. D a es sich bei den in den Kapiteln 2 bis 4 behandelten Themen zum Teil um feste Topoi handelt, tritt die Besonderheit der einzelnen Autoren o f t gerade in dem Verhältnis hervor, das die einzelnen Themenkreise bei ihnen zueinander haben. Doch werden bei Czerwik die einzelnen Themen fast nur isoliert, kaum in ihrem Bezug zueinander behandelt. 40

So die apollinaristische Lehre in ihrem Anfangsstadium; vgl H . Lietzmann, Apollinaris von Laodicea, Tübingen 1904, S. 5.

41

So Apollinaris seit 362; vgl. Lietzmann, ebenda S. 7.

42

Une homelie monardiienne sur la Päque, Studia Patristica III, 1961, S. 273—289. Richard weist im ersten Teil seines Aufsatzes durch Vergleich der verschiedenen Rezensionen des Textes nach, daß die dogmatisch besonders anstößigen Stellen der Predigt entfernt oder »verbessert« wurden. — Ich danke M. Richard für weitere briefliche Hinweise zu den Problemen dieser Predigt.

43

Hippolyt, Refut. I X , 12, 16—19 (S. 248, 25 — 249, 9 Wendland).

41

Nautin, aaO., S. 54, hält diese Abhängigkeit für sicher.

45

S. 175, 11 f. 20 f. Nautin.

§ 8. Passatypologie

117

der Etymologie πάσχα-πάσχειν ausging, von selbst nahe; so begegnet sie audi bereits in Melitos Osterpredigt. Schließlich vermögen audi die einzelnen Parallelen, die Nautin 46 zwischen der Osterpredigt und den Werken Hippolyts meint zeigen zu können, eine Abhängigkeit des Predigers von Hippolyt nicht zu beweisen. Teilweise handelt es sich bei diesen von Nautin angeführten Gedanken um Topoi, die nidit als Sondergut Hippolyts angesehen werden können; in ihrer Verwendung ergeben sich darüber hinaus erhebliche Unterschiede zwischen Hippolyt und dem monardiianischen Prediger. Zu diesen Topoi gehört das allegorische Verständnis der Feigenblätter als eines Symbols der Sünde, das aber bei Hippolyt lediglich innerhalb einer Auslegung von Gen 3 7 4 7 , in der Predigt jedoch innerhalb einer ausführlichen allegorischen Interpretation des Kreuzes als Lebensbaum begegnet: dessen Blätter werden den Feigenblättern (der Sünde) gegenübergestellt48. Ähnlich verhält es sich mit der Paraphrase von Joh 19 34; schon die kirdilidie Redaktion des Johannesevangeliums, die zu dem Text hinzufügte, daß aus der Seite Jesu Blut und Wasser kamen, verstand darunter wohl die Sakramente der Taufe und der Eucharistie 49 ; die patristische Exegese ist ihr darin gefolgt 50 . Die Belege bei Hippolyt und in der Predigt verbindet nur das eine, daß in ihnen — im Gegensatz zu Nautins Behauptung 51 — von der Eucharistie nicht ausdrücklich die Rede ist 52 . — Das Wechselgesprädi zwischen den Engeln bei der Himmelfahrt Christi ist ein fester und häufiger Topos, bei dem in aller Regel — und so auch in der Predigt — Psalm 24 Verwendung findet53. Einige der von Nautin angeführten Parallelen gehören nicht zu den Topoi im engeren Sinn: Hippolyt verbindet die ausgestreckten Hände Jesu am Kreuz mit Mt 23 37 In der Predigt aber fehlt jede Anspielung auf diesen Vers; sie verwendet lediglich das aus dem Alten Testament bekannte Motiv des göttlichen Schutzes, wofür sie das Bild der ausgebreiteten Flügel heranzieht 55 . — In c. 57 der Predigt 56 wird Joh 14 30 paraphrasiert: der Teufel hat in Christus keine Sünde gefunden. Der wesentlichste Unterschied dieser Paraphrase zum Text von Joh 14 30 besteht darin, daß der Teufel als »Tier« bezeichnet wird; genau diese Besonderheit findet sich aber bei Hippolyt 5 1 nicht. — Es bleibt schließlich noch die Verwendung des Bildes vom ö l übrig, das sowohl von 46 47 48 49 50 01 52

53

64 85 56 57

aaO., S. 54. In Gen. Frg. V (S. 53, 12—15 Adielis). c. 51, 5 (S. 177, 17). Vgl. Bultmann, Johannesevangelium, S. 525 f. Belege bei W. Bauer, Johannesevangelium, 3. Aufl. 1933, S. 226 z. St. aaO., S. 54, 99. Horn. 53, 3 (S. 181, 4 ff. Nautin); Hippolyt, Bened. Jacob 18 (S. 34, 22 Bonwetsdi); Frg. über die beiden Sdiächer (S. 211, 1—4 Adielis); c. Noet. 18 (S. 265, 19 Nautin); Trad. Apost. 79, 4 (S. 119 Hauler). Vgl. dazu E. Kaehler, Studien zum Te Deum und zur Geschichte des 24. Psalms in der Alten Kirche, 1958. Kaehler gibt nur einen Teil der Belege für die Verwendung von Ps 24; es bedarf noch einer umfassenderen Darstellung, die die Tatsache stärker berücksichtigt, daß der Psalm außer zur Beschreibung der Himmelfahrt auch zu der des Descensus Christi verwandt wird; vgl. dazu J . Kroll, Gott und Hölle, 1932, v. a. S. 46 ff. De Antichristo 61 (S. 42, 14—16 Adielis). c. 38 (S. 161, 1 f. Nautin). S. 185, 9 ff. Nautin. In Prov. Frg. 22 (S. 165, 6—9 Adielis).

118

K a p i t e l l l . Altes und neues Passa

Hippolyt 5 8 wie von dem Prediger 59 verwandt wird. Bei beiden ist nicht ganz deutlich, ob sie auf die Taufe einerseits, auf das ö l der klugen Jungfrauen andererseits Bezug nehmen; für Hippolyt läßt sich das noch mit größerer Sicherheit sagen als f ü r die Predigt, deren Verwendung des Bildes sich auch sonst von der Hippolyts unterscheidet: der Bezug auf das Passa fehlt bei Hippolyt vollständig. Eine Untersuchung der Frage nach der Abhängigkeit der monarchianischen Predigt von Hippolyt führt zu dem wenig befriedigenden Ergebnis, daß eine solche A b hängigkeit zwar nicht völlig auszuschließen ist, aber auch nicht mit einiger Sicherheit nachgewiesen werden kann.

Das Besondere an der Passa-Interpretation der monarchianischen Osterpredigt ist es, daß sie, unter Verwendung der populären Etymologie, das auf Christus vorausweisende Geschehen in Ägypten nach zwei Seiten hin entfaltet: nach dem Leiden, das über Ägypten kam (in der Tötung der Erstgeburt) und nach der Freude und dem Heil, die die Juden empfingen. Das Leiden Christi bei der Kreuzigung hat seine Entsprechung innerhalb dieses Gedankengangs nicht in der Tötung des Lammes, sondern in dem Tod der ägyptischen Erstgeborenen60. Weil das im Alten Testament berichtete Geschehen Leiden für die Ägypter, (Heils)-passa für die Juden war, deshalb wird das Fest »Passa des Herrn« genannt. Diese Spannung von Leiden und Freude, von Tod und Leben kehrt dann auch in der Interpretation des »Passa Christi« wieder 61 : »Das w a r das Passa, das Jesus f ü r uns zu erleiden begehrte; durch das Leiden befreite er vom Leiden und durch den Tod besiegte er den Tod und durch die sichtbare Speise (sc. der Eucharistie) gab er uns teil an seinem unsterblichen Leben.«

Da also am Passa Christi das entscheidend ist, daß der Tod den Tod überwindet, kann der Prediger später gerade den triumphierenden und zum Himmel emporsteigenden Christus als das »göttliche Passa« bezeichnen, das vom Himmel auf die Erde kam und von der Erde sich wieder zum Himmel erhob, durch das Gott als Mensch erschien und der Mensch als Gott emporstieg62. Damit sprengt der Prediger den Rahmen der von ihm übernommenen Etymologie, die im Passa das Sterben Jesu sieht, und nähert sich der anderen Konzeption, die Passa schon von der Etymologie her als Ubergang vom Tod zum Leben versteht — ein Zeichen dafür, wie nahe sich die beiden Passa-Interpretationen sind, wie die eine in die andere übergeht. Daß in der Predigt gerade der triumphierende Christus als das »göttliche Passa« bezeichnet werden kann, hat darin seinen Grund, daß nach ihrem Verständnis gerade der Tod Christi, also das Passa, wie sie es ety58 59

91 82

In Daniel I, 33 (S. 44, 21 Bonwetsch). c. 62, 4 (S. 191, 7 ff. Nautin). c. 11 (S. 139, 7 f. Nautin): "Επασχε μέν ουν κ α ι Α ί γ υ π τ ο ς ομολογουμένως τ ή ν τ ω ν πρωτοτόκων πληγήν. c. 4 9 (S. 1 7 5 , 1 1 ff. Nautin). c. 62 (S. 1 8 9 , 1 3 ff. Nautin).

§ 8. Passatypologie

119

mologisch versteht, den Sieg über Teufel und Tod bedeutet. Das Kreuz Christi ist das kosmische Dimensionen annehmende, die ganze Welt umspannende Siegeszeichen63. »Der Tod ist der Sieg« — das ist die paradoxe Aussage, auf die es der Predigt ankommt; die übernommene Typologie und Etymologie ermöglicht es ihr, diese sehr deutlich auszusprechen. Man kann allerdings diese »paradoxe« Zusammengehörigkeit von Tod und Sieg nicht in die Wörter πάθος und πάσχειν bzw. passio und pati selbst hineinverlegen, wie Chr. Mohrmann 6 * es tut. Denn obwohl diese Ausdrücke termini technici f ü r den Tod Christi und den Tod der Märtyrer sind, und obwohl es die Anschauung der alten Kirche ist, daß wie der Tod Christi so der Tod der Märtyrer in die himmlische Herrlichkeit führt, ist dieses Element der Verherrlichung in den termini nicht selbst enthalten. Vielmehr kommt alles auf den Kontrast an: der Tag des Todes ist für die Märtyrer der Tag ihres Sieges65, wie der Tod Christi sein Sieg über den Teufel, das Kreuz das Zeichen dieses Sieges ist.

Obwohl sich die Belege für die Etymologie πάσχα — πάσχειν (bzw. pati) leicht vermehren ließen, sind sie doch nicht so zahlreich, daß man aus ihnen allein eine weite Verbreitung dieser Auffassung erschließen könnte. Mit Eindeutigkeit ergibt sich diese weite Verbreitung, die dazu berechtigt, von einer »populären« Etymologie zu sprechen, erst aus den Bemerkungen soldier Autoren, die selbst — unter dem Zeichen größerer wissenschaftlicher Genauigkeit — die Etymologie πάσχα — διάβασις (bzw. transitus) vertreten und die Etymologie πάσχα — πάσχειν ausdrücklich ablehnen. Man hat dafür sdion einige Stellen aus Augustin angeführt. Ihnen seien zunächst einige andere Belege vorangestellt. Origenes beginnt die erste seiner beiden Homilien über das Passaee mit der Feststellung, daß die meisten, wenn nicht alle Brüder der Meinung seien, das Passa habe den Namen von dem Tod des Herrn87 — eine Erklärung, deretwegen sie 63 64 65

66

67

c. 55 (S. 181,20 ff. Nautin). Etudes sur le latin des chr£tiens, S. 210 f. So ζ. B. die von Chr. Mohrmann zitierte Stelle Passio SS. Perpetuae et Felicitatis 18, 1 (S. 42 Knopf-Krüger; S. 18/19 Robinson, Texts and Studies I, 2). zitiert bei P. Nautin, SCh 36, 1953, S. 35. Vgl. im übrigen zu den Homilien O. Gueraud, Note preliminaire sur les papyri d'Origene decouverts a Toura. R H R 66, 1946, S. 85—108; H.-Ch. Puech, Les nouveaux ecrits d'Origene et de Didyme decouverts k Toura. R H P h 31, 1951, S. 293—329. Der Text ist bisher nur in Auszügen bei Nautin zugänglich. O. Gueraud bereitet eine Ausgabe der beiden Osterhomilien vor, die aber möglicherweise wegen des schlediten Erhaltungszustandes der Papyri noch erhebliche Zeit beanspruchen wird. Die wichtigsten und am besten erhaltenen Fragmente sind bereits bei Nautin gedruckt (freundliche Mitteilung von L. Doutreleau SJ vom 21. 9. 1964). — P. Drews, RE, 3. Aufl., Bd. 14, S. 738, hält die Horn. 19 in Jer (S. 165—176 Klostermann) für eine Passahomilie. Jedoch ist diese Meinung irrig und durch die Stelle S. 169, 22 ff., nicht zu begründen. oi μεν γαρ πλείστοι των άδ[ελ]φών, τάχα δέ και, οι πάντ[ες], την όνομασίαν λαμβάν[ουσιν] τοΰ πάσχα παρά τό πάθ[ος το]ΰ σ(ωτή)ρ(ο)ς κεκλήσθαι τ φ ονόματι τοΰ πάσχα.

120

Kapitel II. Altes und neues Passa

von den Hebräern wohl verlacht würden. Dieser falschen, wenn auch üblichen griechischen Etymologie stellt Origenes die seiner Meinung nach zutreffende hebräische Etymologie des Wortes gegenüber. Ganz ähnlich bemerkt Gregor von Nazianz68, im Gegensatz zu der richtigen Herleitung des Wortes Passa aus dem Hebräischen hätten manche Leute geglaubt, πάσχα sei der Name des σωτήριον πάθος und hätten deshalb das ursprünglich Φάσκα lautende Wort in Πάσχα hellenisiert. Dieser Sprachgebrauch sei von der Gewohnheit legitimiert. Hieronymus stellt ganz knapp die richtige Erklärung pascha-transitus der falschen pascha-passio gegenüber69. Bei Augustin bekommt dieselbe Gegenüberstellung häufig einen polemischen Akzent: Viele haben sich durch den Gleichklang der Worte dazu verleiten lassen, »Pasdia« für ein griechisches Wort zu halten und mit »Leiden« in Verbindung zu bringen70. Für seine eigene Interpretation des Wortes beruft sich Augustin auf diejenigen, die es wissen (d. h. die Hebräisch können), und hält denen, die noch immer bei der falschen Etymologie beharren, vor, sie sollten doch Griechen fragen; diese würden ihnen bestätigen, daß »Pascha« kein griechisches Wort sei, und daß passio auf Griechisch nicht πάσχα, sondern πάθος heiße71. Augustin selbst stellt passio und pascha nur an einer m.W. bisher noch nicht beachteten Stelle72 so nebeneinander, daß man, hätte man nicht Kenntnis von seiner Ablehnung der Etymologie, an die etymologische Verbindung der beiden Worte denken könnte. 3. Pascha — Transitus Die Texte von Origenes, Gregor von Nazianz und Augustin zeigen, daß die Etymologie πάσχα — πάσχει/ν sehr verbreitet war. Aber auch die von diesen Autoren selbst vertretene Etymologie πάσχα — διάβασις (bzw. transitus) wurde von vielen übernommen. Sie läßt sich bis in das hellenistische Judentum zurückverfolgen. Dort erscheint sie neben der von Josephus™ vertretenen Etymologie πάσχα-ύπερβασία, die auf die christliche Interpretation des Passa nur geringen Einfluß ausgeübt hat. Aquila und Symmachus verwenden statt ύπερβασία ύπέρβασις bzw. υπερβάσεις 74 . 68

Or. 45 (PG 36, 636 B/637 A).

69

Comm. in Is. Χ , 31, 45 ( P L 24, 368 C).

70

Vgl. ζ. Β. Tract, in Εν. Joh. 55, 1 (S. 463 Willems, C C h L 3 6 ) ; En. in ps. 68, 1, 2 (S. 902, 16 ff. Dekkers-Fraipont, C C h L 3 9 ) ; En. in ps. 120, 6 (S. 1791, 24 ff. Dekkers-Fraipont, C C h L 4 0 ) ; En. in ps. 140, 25 (S. 2044, 25 ff. Dekkers-Fraipont, C C h L 4 0 ) ; Ep. II ad Ian. (Ep. 55, 2 ; S. 171, 1 ff. Goldbacher).

71

En. in ps. 140, 25 (S. 2044, 25 ff. Dekkers-Fraipont).

72

Sermo Mai 158 (Morin, Misc. Agost. I, S. 382). S. dazu unten S. 175 f.

73

Ant. lud. II, 313 (S. 149, 6 f. Niese I; S. 3 0 0 Thackerey IV). In beiden Editionen

74

Vgl. für Aquila F. Field, Origenis Hexaplorum quae supersunt, Bd. I, Oxford 1875,

ist irrtümlich ύπερβάσια akzentuiert; vgl. aber Liddell-Scott, S. 1860 s. v.

§ 8. Passatypologie

121

In dieser Form ist die Etymologie gelegentlich von christlichen Schriftstellern übernommen worden. Vor Theodoret 75 findet sie sich bei Origenes, der sie, um seine Gelehrsamkeit zu dokumentieren, neben der von Philo übernommenen zitiert 76 , und bei Hieronymus 77 . Im Gegensatz zu Origenes, der die Etymologien des Philo und des Josephus (bzw. des Aquila) nebeneinanderstellt, verwendet die erste der pseudo-chrysostomischen Osterpredigten 78 , die nach Nautins Meinung von Origenes abhängig ist79, ausschließlich die Etymologie πάσχα-ύπέρβασις 80 ; sie versteht πάσχα genauso wie Josephus: πάσχα bedeutet die Bewahrung der Israeliten vor dem die Ägypter bestrafenden Engel, der über die Häuser der Israeliten »hinweggeht«.

Anders als Josephus, Aquila und Symmachus übersetzt Philo Passa wechselweise mit διάβασις oder διαβατήρια81. Damit ist zunächst der Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer, ihr Übergang also von der Knechtschaft in die Freiheit gemeint. Daß Philos Interpretation des Wortes Passa sich auf dieses Ereignis bezog, war schon deshalb für die alte Kirche von erheblicher Bedeutung, weil für sie der Durchzug durch das Rote Meer Typos der in der Osternacht gespendeten Taufe war82. Genauso wie die Christen beschränkt sich aber schon Philo nicht auf das »historische« Verständnis von διάβασις, sondern schreitet fort zu einer allegorischen Interpretation: πάσχα = διάβασις ist der Fortschritt des Menschen von der Unwissenheit zur Weisheit und vor allem sein Übergang von den fleischlichen Begierden zur Enthaltsamkeit der Tugend83. Mit der philonischen Etymologie ist auch diese allegorische Interpretation von den Christen

75 76 77

78 79 80

81

82

83

S. 100; für Symmachus Theodoret, Quaest. in Exod. XII, Interr. 24 (PG 80, 252 A), der zu den wenigen gehört, die diese Interpretation übernommen haben. S. Anm. 74. 2. Osterhomilie, bei Nautin, SCh 36, S. 35, Anm. 3. S. unten S. 123. Bei Kyrill von Jerusalem habe ich sie dagegen nicht finden können. Chr. Mohrmann, Etudes sur le latin des chretiens I, S. 213, verweist auf die 1. Mystagogische Katechese (PG 33, 1068 A). Doch in diesem Abschnitt, in dem von der Mose-Christus-Typologie die Rede ist, begegnet die Etymologie nicht. c. 4 (S. 57, 6 ff. Nautin, SCh 36). SCh 36, S. 33 ff. Diese Ausschließlichkeit zeigt, daß der Prediger außer origenistischen auch andere Traditionen aufnimmt; vgl. Chr. Mohrmann in ihrer Rezension der Ausgabe von Nautin (VC 8, 1954, S. 182—185). Vgl. etwa De spec. leg. II, 145 (S. 120, 16 Cohn V): διαβατήρια; ebenda 147 (S. 121, 12):διάβασις. Vgl. v. a. F. J. Dölger, Der Durchzug durch das Rote Meer als Sinnbild der christlichen Taufe. Antike und Christentum 2, 1930, S. 62—69; P. Lundberg, La typologie baptismale de l'ancienne eglise, 1942; J. Danielou, Traversee de la mer Rouge et bapteme aux premiers siecles. RSR 33, 1946, S. 402—430; ders., Sacramentum futuri, 1950, S. 172 ff.; ders., Liturgie und Bibel, dt. 1963, S. 95 ff.; St. Czerwik, Homilia paschalis, S. 103 ff. Vgl. Quaestiones et Solutiones in Exodum I, 4 und 8 (S. 10 f.; 15—17 Marcus, Philo Supplement II, London/Cambridge [Massachusetts] 1953). Vgl. audi Ε. R. Goodenough, By Light, Light, 1935, S. 204 f.

122

Kapitel II. Altes und neues Passa

übernommen worden. Dort, wo das geschieht, ohne daß damit eine Verwandlung des philonischen Gedankens verbunden ist, bedeutet das, daß an die Stelle der Passa-Typologie eine Passa-Allegorie tritt: Der Durchzug durch das Rote Meer soll dann den geistigen Vorgang einer moralischen oder geistlichen Erneuerung des Menschen bedeuten. Bisweilen hat die Übernahme der philonischen allegorischen Interpretation, deren Ziel die Paränese ist, durch die christlichen Prediger zur Folge, daß die Osterpredigten nicht mehr enthalten als Ermahnungen, den Übergang zum neuen sittlichen Leben nun audi zu vollziehen; besonders eine in den Handschriften dem Ambrosius zugeschriebene84 und eine der Ps.AugustinPredigten 85 machen diese Tendenz zur Moralisierung der Osterpredigt sehr deutlich. Manchmal jedoch versucht man, diese Einseitigkeit dadurch auszugleichen, daß man neben die moralische Interpretation die Passalamm-Typologie stellt. So führt Euseb88 aus, daß die Erfüllung des alttestamentlichen Typos darin zu sehen sei, daß der heilbringende Leib Christi als Opfer, als Schutzmittel gegen alles Schlechte dem Tod übergeben worden sei und als Sühnopfer die Sünde der ganzen Welt hinweggenommen habe. Daran schließt er die Ermahnung an, daß das »Fest des Übergangs« dazu verpflichte, zu einem neuen Leben und zum Göttlichen hinüberzugehen. In ähnlicher Weise zitiert Ambrosius 87 zunächst Philos allegorische Interpretation 8 8 wörtlich und fügt sofort einen Satz über die typologische Beziehung von Passalamm und Christus an. In beiden Fällen werden zwei Gedanken recht unverbunden nebeneinandergestellt, die ursprünglich verschiedener H e r k u n f t sind: die PassalammTypologie, die die Opferung des Lammes zum Ausgangspunkt nimmt und sich der Etymologie πάσχα — πάσχειν bedient, und die allegorische Interpretation, die den Kernpunkt des Passa in dem Auszug aus Ägypten sieht und mit der Etymologie πάσχα — διάβασις verbunden ist. D a ß die christologischen und die paränetischen Aussagen bei Euseb und Ambrosius demnach zwei verschiedenen Wurzeln entstammen, hat zur Folge, daß die paränetischen Aussagen nicht christologisch, sondern ausschließlich allegorisch begründet sind. Eine Einheit von Christologie und Paränese wird erst dort erreicht, wo man versucht, die von Philo gegebene Etymologie — statt oder neben der allegorischen Interpretation auf die geistliche Erneuerung des Menschen — einer typologischen Interpretation auf Christus nutzbar zu machen. 84

Sermo 34 (PL 17, 693—695). Die Predigt ist sicher kein Werk des Ambrosius; C. Lambot, RB 54, 1942, S. 12—15, hält es für möglich, daß sie von Gregor dem Großen stammt, was mir aber doch unwahrscheinlich zu sein scheint.

85

Sermo Mai 156 (PLS II, 1254—1255).

89

De soll, pasch. (PG 24, 696 A/B).

87

De Cain et Abel 1, 31 (S. 366,17 ff. Schenkl, CSEL 32,1).

88

nach De sacr. Abel et Cain 63 (S. 227,16 f. Cohn I).

§ 8. Passatypologie

123

Ob das bereits in den Osterhomilien des Origenes geschieht, ist nicht sidier. Puech 89 hat allerdings den Gedanken in ihnen gefunden, Passa sei der Übergang Christi aus dem Tod ins Leben, dem der Übergang des Christen zu einem neuen Leben entspreche. D o d i läßt sich dieser Gedanke, sofern nicht gerade hier eine wichtige Stelle in den von Nautin gebotenen Texten fehlt, aus den Resten der Osterhomilien nicht mehr belegen. An der Stelle, w o man ihn erwartet, verwendet Origenes gerade die Etymologie πάσχα-ύπέρβασις 90 und erklärt das Passa des Herrn als ύπέρβασις κυρίου 91 . Daß damit wirklich der Übergang Christi aus dem Tod ins Leben gemeint ist, erscheint unwahrscheinlich; eher wird man annehmen, daß der Ausdruck — noch im historischen Sinn (im Anschluß an die von Josephus vertretene Interpretation) — das Vorbeigehen des Engels an den Häusern der Israeliten und ihre Verschonung von der göttlichen Strafe bezeichnet.

Von Euseb abgesehen, spielt in der griechischen Literatur des vierten und fünften Jahrhunderts die Passa-Etymologie eine erheblich geringere Rolle als in den gleichzeitigen lateinischen Quellen, wo sie vor allem von Augustin immer wieder angeführt wird. Dieser Unterschied zwischen der griechischen und der lateinischen Literatur ist im wesentlichen durch Augustin geschaffen worden, der sich so häufig auf die Etymologie pascha-transitus beruft, weil sie, wie sich noch zeigen soll, in besonderem Maße seiner Auffassung des Osterfestes entspricht. Während Laktanz am Anfang des 4. Jahrhunderts noch die Etymologie πάσχα — πάσχειν vertrat 92 , herrscht seit dem Ende des Jahrhunderts im Westen die Etymologie pascha-transitus. Die großen lateinischen Kirchenväter dieser Zeit, Ambrosius, Hieronymus und Augustin, schließen sich dieser Etymologie an; die Unterschiede zwischen ihnen in der Verwendung der Etymologie verdienen, kurz hervorgehoben zu werden. Im Lateinischen wird der Unterschied zwischen den beiden Etymologien πάσχα — ύπέρβασις und πάσχα — διάβασις verwischt. Denn auch Hieronymus, der sich, wie er ausdrücklich betont, mit seiner Erklärung des Passa als ύπέρβασις den drei Bibelübersetzern Aquila, Symmachus und Theodotion anschließt93, wählt den lateinischen Ausdruck transitus. Das zeigt, daß er seinerseits bereits lateinische Autoren kennt, die διάβασις mit transitus wiedergeben; indem auch er dieses Wort wählt, paßt er sich diesem Sprachgebrauch an. Aber auch dort, wo er nicht ausdrücklich auf den seiner Interpretation zu Grunde liegenden griechischen Begriff verweist, merkt man deutlich, daß er zunächst nicht die philonische Erklärung des Wortes Passa übernimmt. Denn er erläutert den Begriff transitus näher dahin, daß damit das Hinweggehen des Engels über die Häuser der Hebräer, also die Verschonung der hebräischen Kinder von der 89

R H P h 31, 1951, S. 315.

90

S. oben S. 121 mit Anm. 76.

91

bei Nautin, S. 35, Anm. 3.



Inst. IV, 2 6 , 4 0 (S. 384 Brandt). Laktanz verwendet in dem Text das griechische Wort πάσχειν.

93

Comm. in Is. Χ , 31, 45 (PL 24, 368 C).

124

Kapitel II. Altes und neues Passa

Tötung der Erstgeburt gemeint sei94 — während Philo und die ihm folgenden christlichen Autoren das Wort Passa auf den Durchzug durch das Rote Meer beziehen. Doch übernimmt Hieronymus dann Philos allegorische Erklärung: Wir feiern Passa, das heißt den Übergang, so, daß wir das Irdische verlassen und dem Himmlischen entgegeneilen95. Dadurch, daß sie aus zwei verschiedenen Quellen stammen, stehen also bei Hieronymus die Worterklärung und die allegorische Interpretation völlig unverbunden nebeneinander. Noch wichtiger ist die Feststellung, daß bei Hieronymus für die Erklärung des Ostergeschehens und des Osterfestes weder die von ihm übernommene Etymologie noch die Passatypologie überhaupt von Bedeutung sind. In einer Osterpredigt über Exodus 12 98 nutzt er die Gelegenheit, über die Bedeutung des Wortes Passa zu reden, nicht und äußert sich auch nicht zur typologischen Beziehung von Passa und Kreuz und Auferstehung Christi, wenn man nicht die Bezeichnung Christi als agnus Dei allein schon für eine solche Äußerung halten will97. Ganz versteckt findet sich die philonische allegorische Interpretation des Auszugs aus Ägypten als der Abwendung von dem Irdischen98; im übrigen aber beschränkt sich Hieronymus auf die allegorische Auslegung der Einzelzüge von Exodus 12. Auch in der anderen Osterpredigt, die uns von ihm überliefert ist99, ist von der Passatypologie nicht die Rede. Bevor Hieronymus dort die Besonderheit des christlichen Sonntags darstellt100, preist er den Ostertag als den Tag des Sieges Christi, den Tag seiner triumphalen Erhöhung101. Der Ostertag ist der Tag der großen Freude, an der nicht nur die Menschen, sondern auch die Elemente teilhaben. Das Gedächtnis des Todes Christi ist aus der Osterauffassung des Hieronymus völlig verdrängt. Das ist der Grund dafür, daß bei ihm die Passatypologie völlig fehlt. Denn sei es, daß man das Passa in direkten »etymologischen« Bezug zum Tode Christi bringt, sei es daß man Passa als »Ubergang« versteht — in beiden Fällen kann man nur dann zu einer Passatypologie gelangen, wenn das Gedächtnis des Todes Christi mit zum Inhalt des Osterfestes gehört. 91

Comm. in Ev. Matth. IV, 2 6 , 1 (PL 26, 198 A); vgl. auch Lib. interpret. Hebr. nomin., S. 64,21 f. u. 70, 20 f. Lagarde ( = CChL 72, S. 140 u. 148), wo die Etymologie ohne nähere Erklärung gegeben wird; hier allerdings schlägt Hieronymus neben transitus auch noch trdnsgressio und transcendens als lateinische Übersetzungen vor.

95

Comm. in. Ev. Matth., aaO.

96

CChL 78, 536—541.

97

ebenda S. 536.

98

ebenda: »Hodie populus Israhel et uere homo uidens Deum (hoc quippe tur Israhel) egredi iubetur ex Aegypto.«

99

CChL 78, 545—547.

100

Vgl. oben S. 7 f.

101

aaO., S. 545.

interpreta-

§ 8. Passatypologie

125

So läßt die Tatsache, daß Ambrosius und vor allem Augustin im Gegensatz zu Hieronymus der Passatypologie breiteren Raum gewähren, schon vermuten, daß der Tod Christi für ihre Osterauffassung ungleich größere Bedeutung hat als für die des Hieronymus. Das gilt für Ambrosius, obwohl er, wie oben angedeutet102, die moralische Passa-Interpretation Philos übernimmt und in aller Breite ausführt. Das Passa Christi ist für ihn »der Übergang der Seelen von den Lastern zur Tugend, von den Leidenschaften des Fleisches zur Gnade und zur Nüchternheit des Geistes, von dem Sauerteig der Schlechtigkeit und Leichtfertigkeit zur Wahrheit und Reinheit« 1 0 3 .

Ambrosius verknüpft hier die moralische Interpretation des »Ubergangs« mit der Typologie von Durchzug durch das Rote Meer und Taufe104. Dieselbe Typologie begegnet auch in De sacramentis, wo Ambrosius sie für den Nachweis verwendet, daß die christlichen Sakramente älter seien als die jüdischen, die nur ihre Schatten bildeten. Diese Gegenüberstellung von Durchzug durch das Rote Meer und Taufe führt über die philonische Allegorie hinaus105: »Quid praecipuum quam quod per mare transivit Iudaeorum populus, ut de baptismo interim loquamur? Attamen qui transierunt Iudaei, mortui sunt omnes in deserto. Ceterum qui per hunc fontem transit, hoc est a terrenis ad caelestia, — hic est enim transitus, ideo pascha, hoc est »transitus eiusdas Opfer< des (Oster-)lammes besiegelt, welches seit Moses bis dahin 142

143 144 145 146

147

Altaner, Patrologie, 6. Aufl. 1960, S. 311, äußert sehr zurückhaltend: »Hier finden sich Zeugnisse für den Opferdiarakter der Eucharistie.« S. 576 Bickell. S. 572 Bickell. S. 574 Bickell. Überlieferungsmäßig gehört die Predigt in eine Reihe von zehn Homilien, von denen acht Predigten zu den Tagen von Palmsonntag bis Ostern sind; die 9. Predigt handelt von der »Verkündigung der Theotokos«, die 10. von der Reue. Die 7. Predigt ist eine Ubersetzung der §§ 1—45 der Osterpredigt des Melito von Sardes (s. oben S. 12 f.). In den Uberschriften werden die Predigten alle einem Meleti zugeschrieben, die ersten beiden, darunter auch die oben zitierte Predigt, ausdrücklich dem Meletius von Antiochien. Eine Ausgabe der Texte (mit Ausnahme der Melito-Predigt) und eine Übersetzung werden von P. Anton Tanghe, Chevetogne/ München vorbereitet. Für die Bereitwilligkeit, mit der P. Tanghe mir Einblidk in seine Übersetzungen gewährt und ihre Verwendung erlaubt hat, habe ich ihm sehr zu danken. Mit Rücksicht auf die noch ausstehende Veröffentlichung von P. Tanghe kann ich auf literarkritische Fragen nicht näher eingehen. Zu unserem bisherigen Kenntnissen über Meletius, einen Mann armenischer Herkunft, vgl. außer seiner vor Constantius gehaltenen homoeischen Predigt (bei Epiphanias, Haer. 73, 29—33 [S. 303, 8—308, 31 H o l l ] ) und den von Holl ebenda S. 303 gegebenen Hinweisen E. Schwanz, Ges. Schriften IV, 1960, S. 43 ff. — S. audi unten S. 203 ff. Ms. Iviron georg. 11, f. 83 vb. Ich zitiere die Obersetzung von P. Tanghe.

§ 8. Passatypologie

133

war. An diesem Feiertag wurden die Propheten erfüllt und die Gesetze abgeschafft 1 4 8 , an diesem letzten Feiertag [ . . . ] , der folgend ist wie Johannes 1 4 9 . An diesem Feiertag wurde die Herrschaft der Juden aufgehoben. An diesem Feiertag hörte das Priestertum der Leviten auf. An diesem Feiertag wurde das vorbildliche (d. h. figürliche) Lamm getötet und das wahre Lamm getötet. An diesem Feiertag wurde das Alte beendet und das Neue aufgerichtet, das wahre Evangelium. An diesem Feiertag wurde der Typos beendet und es erschien die Wahrheit. An diesem Feiertag verschwand der Schatten und die Wahrheit strahlte auf. An diesem Feiertag wurden die Opfer beendet durch das eine (Opfer), das für alle geopfert wurde. An diesem Feiertag wurden die vielen Opfer besiegelt durch das Vergießen dieses einen heiligen Blutes. An diesem Feiertag hat der Herr sein Fleisch hingegeben und aus Liebe an seine Jünger ausgeteilt. An diesem Feiertag wurde der Tempel der Juden aufgelöst und die Kirche der Heidenvölker aufgerichtet. An diesem Feiertag wurde das jüdische Volk zerstreut und die Versammlung der Heidenvölker vollzogen.«

Innerhalb derjenigen Predigten, die vermutlich demselben Verfasser zuzuschreiben sind, ist die zitierte Stelle die einzige, die eine Typologie behandelt. Das ist verständlich; denn wenn, wie es die Auffassung des Predigers ist, alle alttestamentlichen Typoi in dem Selbstopfer Christi bei der Einsetzung der Eucharistie ihre Erfüllung gefunden haben, können Tod und Auferstehung Christi nicht audi noch als die »Wahrheit« von alttestamentlichen Vorbildern angesehen werden. Im übrigen verstärkt die Predigt noch den Eindruck, daß die starke Hervorhebung des Abendmahls, das an Bedeutung die Kreuzigung übertreffen soll, ursprünglich eine syrische Eigentümlichkeit ist. Denn wenn der Verfasser der Predigt auch Griechisch und nicht etwa Syrisch geschrieben haben sollte, so zeigt sich seine Kenntnis der syrischen Schriftsteller schon daran, daß er in einer anderen Predigt Ephraem den Syrer zitiert 150 . Man wird annehmen dürfen, daß er auch die Typologie Passa — Eucharistie von den Syrern übernommen hat. Die georgische Handschrift nennt als Verfasser der Predigt den Bischof Meletius von Antiochien. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser be148

Wörtlich heißt es: » . . . wurden die Gesetze erfüllt und die Propheten abgeschafft«. Mir scheint zu der von P. Tanghe vorgenommenen Umstellung kein Grund zu bestehen.

149

Subjekt und Prädikat des Satzes fehlen, so daß auch der Relativsatz unverständlich bleibt.

150

In der »Homilie über die Verurteilung des Herrn und seine Kreuzigung«, die in der Handschrift Iviron georg. 11 unmittelbar an die Predigt über die Auslieferung und Verurteilung anschließt. Daß in den Überschriften beider Predigten die »Verurteilung« begegnet, ist irreführend; denn die Predigten überschneiden sidi inhaltlich nicht: die erste endigt mit der Verhandlung vor dem Hohenpriester, die zweite beginnt mit der Verhandlung vor Pilatus. Die beiden Predigten schließen unmittelbar aneinander an. Aus diesem und anderen Gründen ergibt sich, daß beide Predigten demselben Verfasser zugehören.

134

Kapitel II. Altes und neues Passa

reits Ephraem in griechischer Sprache gelesen hatte151 und daß er auch Kenntnis von anderen syrischen Schriftstellern besaß. Das EphraemZitat braucht also die Richtigkeit der Zuschreibung nicht auszuschließen; diese gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß wir Anklängen an die von den Syrern und der Predigt vertretene Eucharistielehre auch bei Johannes Chrysostomus, der zur Zeit des Meletius antiochenischer Presbyter war, begegnen. In der Katechese für die Neugetauften 152 greift Chrysostomus bei der Erklärung der Eucharistie auf den Bericht von der Einsetzung des Passa zurück: Damals rettete das Blut, das auf die Türen gestrichen war, die Israeliten, weil das Blut des Lammes Typos des Blutes Christi war. Der Racheengel ging an den Häusern vorbei, deren Türen mit dem Blut bestrichen waren. Jetzt aber weicht der Teufel zurück, wenn er sieht, daß die Münder der Gläubigen mit dem Blut der Wahrheit bestrichen sind. Der Empfang der Eucharistie also schützt die Gläubigen vor den Angriffen des Teufels. Die Typologie Passa — Eucharistie wird in dieser Gegenüberstellung nur angedeutet. In der ersten Predigt über den Verrat des Judas stellt Chrysostomus dem jüdischen Passa, das jetzt aufgelöst ist, das πνευματικόν πάσχα gegenüber, das Christus in der Nacht vor seiner Gefangennahme seinen Jüngern übergab153. Der Prediger legt diese typologische Beziehung nicht näher dar, sondern geht gleich zu einem anderen Gedanken über; die Einführung der Typologie an dieser Stelle soll nur den Übergang von den Ausführungen über das jüdische Passa zu einer Darlegung über des Judas Teilnahme am letzten Mahl Christi schaffen. Damit die antiochenischen Hörer, vor denen Chrysostomus die Predigt hielt154, diesen Ubergang nachvollziehen konnten, muß ihnen die Typologie Passa — Eucharistie bekannt gewesen sein. Auch in der Predigt vom 31. Januar 387, in der Chrysostomus die Gruppe antiochenischer Christen, die Ostern am Sonntag nach dem 14. Nisan der Juden feiern wollte, von ihrem Vorsatz abzubringen sucht155, setzt er jene Typologie als bekannt voraus. Denn ohne den typologischen Bezug von Passa und Eucharistie grundsätzlich darzustellen, entfaltet er ihn sofort in einer bestimmten Hinsicht: Während die Passafeier der Juden an einen bestimmten Termin des Jahres gebunden war, sind die Chri151

152 153 154

155

Zu den frühen griechischen Ephraem-Übersetzungen vgl. D . Hemmerdinger-Iliadou, Ephrem (les versions). Diet, de Spir. IV, 1961, 800—819. c. 14 f. (S. 159 f. Wenger, SCh 50). PG 49, 380. Die Authentizität der Predigt ist nicht völlig gesichert. Doch möchte ich sie wegen der oben (und auch unten S. 205) dargestellten Ähnlichkeit mit anderen Werken des Chrysostomus einstweilen für echt halten und sie wegen der Selbstverständlichkeit, mit der auf die Typologie von Passa und Eucharistie angespielt wird, in seine antiochenische Zeit datieren. S. oben S. 76 ff.

§ 8. Passatypologie

135

sten von solchem Zwang befreit. Sie feiern Passa nicht einmal im Jahr, sondern dreimal oder viermal in der Woche158 oder auch, so oft sie wollen. Denn das Passa ist das bei jeder Zusammenkunft der Gemeinde dargebrachte eucharistische Opfer, oder, wie Chrysostomus im Anschluß an I Cor 1126 formuliert: »Passa ist das den Tod Verkündigen« 157 . Man sieht, wie auch hier der Grund des typologischen Bezugs von Passa und Eucharistie, nämlich der Opfercharakter beider Feiern, nicht eigens hervorgehoben, sondern als bekannt vorausgesetzt ist. Wir besitzen dafür, daß die antiochenische Gemeinde wirklich Kenntnis von dieser typologischen Auffassung hatte, einen Beleg, wenn wir die georgisch überlieferte Predigt, in der sie ausführlicher dargestellt ist, als ein Werk des antiochenischen Bischofs Meletius ansehen dürfen 158 . 5. Passatypologie und Judenpolemik Die Anspielungen auf die Typologie Passa- Eucharistie erscheinen in den beiden zitierten Predigten des Chrysostomus im Zusammenhang einer Polemik gegen die Juden, die von besonderer Art ist. Diejenige Polemik gegen die Juden, die ihnen vorwirft, sie hätten Christus gekreuzigt und dadurch das Heil verloren, ist in den Predigten der Alten Kirche ganz geläufig. In der Osterpredigt des Melito von Sardes, um nur Beispiele herauszugreifen, findet sich ein langer Abschnitt, den man »Prozeßrede gegen Israel« nennen kann 159 ; in ihm klagt der Prediger das undankbare Israel an, seinen Richter gerichtet, seinen Schöpfer ans Kreuz genagelt160 und es so selbst verschuldet zu haben, daß das Heil sich von ihm abwandte und zu den Heiden überging. 156

157 158

159

160

Normalerweise fand die Eucharistie am Mittwoch, Freitag und Sonntag statt (vgl. Epiphanius, Pan., de fide 22; S. 522, 26 f. Holl), ein viertes Mal, wenn ein fester Feiertag oder ein Märtyrergedenktag auf einen der anderen Wochentage fiel. P G 48, 876. Anspielungen auf die Typologie Passa-Eucharistie begegnen auch in der in Konstantinopel gehaltenen 5. armenischen Predigt Severians von Gabala (S. 187 Audier; vgl. zu der Predigt oben S. 82 ff.). J . Blank in seiner Übersetzung der Predigt S. 125. Diese »Prozeßrede« reicht von § 72 bis § 99 (S. 27—35 Lohse; S. 110—144 Testuz). Nach Blank beginnt die »Prozeßrede gegen Israel« erst § 87; den vorangehenden Abschnitt überschreibt er »Christi Tod und Israel«. Doch diese Aufteilung ist künstlich. O. Perler, L'Evangile de Pierre et Meliton de Sardes. RevBibl 71, 1964, S. 584—590, hat Teile dieses Abschnitts mit dem Petrusevangelium verglichen — mit dem Ergebnis, daß Melito vom Petrusevangelium abhängig sei. Ob seine Argumente ein ganz sicheres Urteil erlauben, mag hier dahingestellt bleiben; möglich erscheint diese Abhängigkeit jedenfalls. Der Abschnitt ist ein besonders deutliches Beispiel für die asianische Rhetorik, deren Melito sich bedient (vgl. oben S. 33 f., Anm. 17); zum großen Teil besteht er aus Isokola. Eine ganz ähnliche Stelle findet sich bei dem direkt oder indirekt von

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Kapitel II. Altes und neues Passa

Eine ähnlich juristische Form wie Melito wählt Asterius der Sophist für seine Polemik gegen die Juden161: Nach dem Tod des Bräutigams (Christus) entstand ein Rechtsstreit um sein Erbe. Einst war die Synagoge die Frau Christi und seine rechtmäßige Erbin. Doch sie gab das Eigentum des Bräutigams dem Dämon. Dann kreuzigte sie ihn und meinte nun, des Erbes sicher zu sein. Doch Christus erstand von den Toten auf und erkannte der untreuen Synagoge die Erbschaft ab; er übergab sie der Kirche aus den Heiden, die seitdem an dem Reich der Himmel teil hat. Diese Beispiele mögen genügen, um den Unterschied zu der Polemik des Chrysostomus deutlich zu machen. Gewiß gibt es auch bei ihm Judenpolemik der traditionellen Art182; doch daneben steht eine Polemik, die unmittelbar aus der Gegenüberstellung von jüdischem und christlichem Passa erwachsen ist. Chrysostomus zeigt nämlich die Unrechtmäßigkeit der jüdischen Passafeier aus deren eigenen Voraussetzungen. Nach Dt 16 5 f. darf das Passa nur in Jerusalem gefeiert werden183; die Juden aber feiern es weiter, nachdem Jerusalem schon lange zerstört ist und sie keinerlei Möglichkeit mehr haben, an dem einzigen Ort, an dem es gestattet ist, das Passa zu begehen. Daraus, daß sie das Passa gar nicht mehr dem Gesetz gemäß feiern können, müssen die Juden erkennen, daß es Gottes Wille war, das Fest zu vernichten. Aus zwei Gründen führte Gott das Ende der Passafeier herbei: zum einen wegen der Sünden der Juden, zum andern, weil der Typos des alttestamentlichen Passa durch das Erscheinen der Wahrheit an sein Ende gekommen war; denn die Zeit des Typos war abgelaufen164. Die Juden, die immer noch das Passa begehen, feiern also ein gesetzloses Fest und vergehen sich gegen Gottes Willen165. Dieser Gedankengang findet sich nicht nur bei Chrysostomus; er begegnet vor Chrysostomus etwa bei dem Syrer Afrahat16® einerseits, bei Zeno von Verona167 andererseits. Augustin schließlich hat die Unrechtmäßigkeit der jüdischen Passafeier in einer sprachlich scharfen und bestechenden Form gekennzeichnet168:

lel

162 163 194 165 166 167

168

Melito abhängigen (s. dazu oben S. 105) Pseudo-Epiphanius (Nautin, Le dossier d'Hippolyte et de Meliton, S. 155, 157). Horn. 8 (S. 63—68 Ridiard); vgl. Horn. 28, 5—7 (S. 225—227 Richard). Vgl. dazu H. Auf der Maur, Die Osterhomilien des Asterios Sophistes als Quelle für die Geschichte der Osterfeier, 1967, S. 125 ff. Vgl. aus der Frühzeit etwa Adv. lud. VI (PG 48, 907 ff.). S. dazu audi oben S. 78. S. dazu oben S. 106 f. Horn. I de Proditione Iudae (PG 49, 379); Adv. lud. III (PG 48, 866). Dem. XII, 3 (PS I, 1 508 ff.). L.II, tract. 60—62 (S. 226—230 Ederle, Bd. 4). Zeno versteigt sich dort bis zu folgendem Ausruf: »Quis non intelligat, fratres, illud Pascha non esse, sed bromosum latronis cruenti convivium?* (tract. 61; S. 228 Ederle). Sermo Wilmart 8 (Morin, Misc. Agost. I, S. 691).

137

§ 8. Passatypologie »Dum legunt dixisse, et non intellegunt nec vident cum praedicta complentur.«

praedixisse,

audiunt cum dicta

recitantur,

6. Das Zurücktreten der Passatypologie Obwohl Augustin und seine Nachfolger häufig die Etymologie — transitus verwenden, obwohl Gregor von Elvira und Gaudentius von Brescia ausführliche Interpretationen von Exodus 12 geben, obwohl bei griechischen und lateinischen Kirchenvätern des vierten und fünften Jahrhunderts sich Hinweise auf die typologische Beziehung von Passalamm und gekreuzigtem Christus finden, obwohl wir schließlich einer Tradition begegnen, die eine Typologie von Passa und Eucharistie kennt, hat die Passatypologie im vierten und fünften Jahrhundert nicht mehr jene große und unmittelbare Bedeutung, die sie in den drei ersten christlichen Jahrhunderten besaß. Daß im dritten Jahrhundert ein Tractatus mysteriorum zwar von Abraham, Isaak, Jakob und Mose als Typoi Christi spräche, aber die Passatypologie überginge, ist kaum vorstellbar; Hilarius von Poitiers aber tut genau dies: er handelt ausführlich von dem Stab des Mose, mit dem er Wasser aus dem Felsen schlug169, als Typos des Kreuzes Christi, aber mit keinem Wort von der Passatypologie170. Besser noch als ein solcher Hinweis zeigt ein Vergleich des Gesamtaufbaus der Osterpredigten das Zurücktreten der Passatypologie. Die beiden ältesten Osterpredigten, die uns überliefert sind, die des Melito von Sardes und die des unbekannten monarchianischen Autors, sind schon in ihrem Aufbau Ausdruck der Passatypologie. Sie behandeln in ihrem ersten Teil den alttestamentlichen Typos und gehen dann zur Darstellung des neutestamentlichen Passamysteriums als der Erfüllung jenes Typos über. Eine solche klare Gliederung, die völlig von dem Gedanken der Typologie beherrscht ist, begegnet in den späteren Predigten nicht mehr. In ihnen ist die Passatypologie, wenn sie überhaupt noch erwähnt wird, ein Zug unter anderen, in der Regel sogar ein verhältnismäßig belangloser. Die Passatypologie hört auf, das wichtigste Interpretament des Festinhalts der christlichen Osterfeier zu sein. Ursprung der Passatypologie war die Datierung der Kreuzigung Jesu auf den 14. Nisan, den Passatag der Juden. Sie wuchs ständig an Bedeutung, weil die Christen zunächst daran festhielten, an dem Passatag der Juden ihr Passa zu feiern; es ergab sich die Notwendigkeit zu verdeutlichen, worin sich jüdisches und christliches Passa unterschieden, warum die Christen an demselben Tag, an dem die Juden in feierlicher Begehung pascha

168 170

Vgl. N u m 20 ι ff. Tractatus mysteriorum I, 33 ff. (S. 128 fi. Brisson, SCh 19). Der Tractatus mysteriorum ist zwar nicht vollständig erhalten; dodi an den Stellen, an denen man einen Hinweis auf die Passatypologie erwartet, ist vom Herausgeber nicht auf Lücken im Text hingewiesen.

138

Kapitel II. Altes und neues Passa

sich den Auszug aus Ägypten vergegenwärtigten, nicht das Passalamm schlachteten und nicht oder doch nicht nur des Auszugs Israels aus Ägypten gedachten, zumal ihr Fest denselben Namen trug wie das der Juden. Diese unmittelbare Gegenüberstellung von jüdischem und christlichem Passa verlor ihre Bedeutung nicht sofort, nachdem die Christen ihr Passa nicht mehr am 14. Nisan, sondern am Sonntag feierten; hielten doch die Christen zunächst, und zum Teil nodh lange mit bemerkenswerter Hartnäckigkeit" 1 daran fest, daß das christliche Passa am Sonntag nach dem Passa der Juden gefeiert werden müsse und man den Ostersonntag nicht unabhängig von den Juden bestimmen könne. Dennoch begannen die Christen, zunächst in Alexandrien, dann in Rom, mit der selbständigen Osterberechnung172; das Konzil von Nicäa versuchte, der Osterfeier »mit den Juden« unwiderruflidh ein Ende zu machen173. Die Herkunft der christlichen Osterfeier aus dem jüdischen Passa geriet immer mehr in Vergessenheit; der »Sonntag nach dem Passa der Juden« wurde immer mehr der »Sonntag der Auferstehung Christi«. So verlor die Passatypologie ihre Notwendigkeit, die darin bestanden hatte, daß die Überlegenheit des christlichen Passa über das jüdische gezeigt werden mußte; diese ergab sich eben daraus, daß das christliche Passa die Erfüllung des jüdischen war. Die beiden Osterpredigten, die der Typologie am unmittelbarsten und am umfassendsten Ausdruck geben, bedienen sich der Etymologie πάσχα — πάσχειν, die selbst schon Ausdruck der christlichen Vorstellung ist, nach der jüdisches Passa und Kreuzestod Christi einander gegenüberstehen. Die von Origenes in die christliche Literatur eingeführte, mit dem Anspruch größerer wissenschaftlicher Genauigkeit auftretende Etymologie πάσχα — διάβασις gibt die Typologie nicht mehr so deutlich wieder. Denn diese Interpretation bezieht das Wort Passa nicht mehr auf die Schlachtung des Passalammes und den Opfertod Christi selbst. Sondern einerseits verweist sie auf den Durchzug durch das Rote Meer, der zeitlich nach der ersten Schlachtung des Passalammes gedacht ist und dessen sich die Juden bei dem alljährlichen Passamahl erinnern; andererseits wird diese Etymologie in der Nachfolge Philos allegorisch verstanden, indem sie auf die sittliche Reinigung des Menschen gedeutet und somit entgeschichtlicht wird, oder sie wird mit der Auferstehung Christi und mit der Taufe der Christen in Zusammenhang gebracht. In jeder näheren Entfaltung der Etymologie πάσχα — διάβασις ist der Zusammenhang von jüdischem und christlichem Passa nicht mehr so dicht wie bei der Etymologie πάσχα — πάσχειν. So trägt auch die philonische Interpretation des Wortes Passa zur Verdrängung der Passatypologie bei. Die Etymologie πάσχα — πάσχειν hat eine sehr starke Heraushebung des Opfer171 172 173

S. oben S. 69 ff., S. 75 ff. S. oben S. 61 ff. S. oben S. 64 ff.

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12

139

charakters des Todes Jesu zur Folge; die Kreuzigung wird mit termini der Opfersprache beschrieben. Ebenso führt die Typologie Passa — Eucharistie zu einer massiven Schilderung des letzten Mahles als des Selbstopfers Jesu. Die Etymologie πάσχα — διάβασις schließt solche Massivitäten eigentlich aus. Sie führt zu einer »Spiritualisierung« und schließlich zur Auflösung der Passatypologie. Die altchristliche Osterfeier umfaßte das gesamte Heilsmysterium. Man gedachte am Ostertag nicht eines einzelnen Aspekts der Heilsgeschichte, sondern vergegenwärtigte sich das ganze Heilsgeschehen, das in Christi Tod und Auferstehung seinen Höhepunkt und in seiner Parusie sein Ziel hat. Im 4. Jahrhundert aber verteilte sich das Gedenken der Heilsgeschichte im Zusammenhang mit der Ausbildung des Kirchenjahres auf die einzelnen kirchlichen Festtage. Vor allem im Osten (für den Westen gilt das in geringerem Maße)174 wurde der Ostertag zum Tag der glorreichen Auferstehung Christi. Ähnlich der urchristlichen Osterfeier war auch die Passafeier der Juden eine Gedenkfeier, die die gesamte Heilsgeschichte Israels umfaßte. In ihr vergegenwärtigte man sich einerseits das zentrale Heilsereignis Israels, den Auszug aus Ägypten, in ihr erwartete man andererseits die Parusie des Messias. So entsprachen sich jüdisches und frühchristliches Passa auch darin, daß sie beide das Jahresfest schlechthin waren. Doch die christliche Osterfeier verlor im Verlauf des 4. Jahrhunderts diesen Charakter und trat als ein Fest neben andere christliche Festtage. Die Christen begannen, auf »historische« Genauigkeit zu achten: der Kreuzigung Jesu gedachte man nun zwei Tage vor Ostern, der Himmelfahrt 40 Tage nach Ostern. So verlor die Osterfeier ihre strukturelle Ähnlichkeit mit der jüdischen Passafeier, war nicht mehr der, sondern nur noch einer unter mehreren Gedenktagen des Heilsmysteriums. Zudem mußte notwendig mit dem Aufkommen historisierender Betrachtung der Osterereignisse die Fähigkeit und Möglichkeit zu typologischer Betrachtung schwinden; diese konnte jedenfalls nur noch sekundäre Bedeutung haben. Es sind also vor allem drei Gründe, die zur Verdrängung der Passatypologie im 4. Jahrhundert beigetragen haben: zum einen die philonische Passa-Etymologie πάσχα — διάβασις, zum anderen das Vergessen der Herkunft der christlichen Osterfeier aus dem jüdischen Passa, schließlich die »Historisierung« des Osterfestkreises und des Osterverständnisses. § 9.

Allegorische

Auslegung von Exodus 12

Die allegorische Auslegung von Ex 12 tritt nicht erst zu der Zeit auf, zu der die Passatypologie ihre ursprüngliche Bedeutung verliert, sondern begegnet seit dem Neuen Testament zugleich mit dieser1. Unter den er1,1 1

S. unten S. 148 ff. Vgl. I Petr 1 υ neben 1 u ; vgl. dazu F. L. Cross, I Peter. A Paschal Liturgy. 2. Aufl.

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Kapitel II. Altes und neues Passa

haltenen Osterpredigten der Alten Kirche, die sich mit dem Bericht von der Einsetzung des Passa beschäftigen, ist diejenige des Melito von Sardes die einzige, die auf allegorische Interpretation der Einzelzüge von Ex 12 völlig verzichtet. In der unter den Namen Hippolyt und Chrysostomus überlieferten monarchianischen Osterpredigt aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts wird ihr schon breiter Raum gewährt. 1. Die Frage der exegetischen Traditionen Die altkirchlichen Interpreten von Ex 12 schließen sich gewiß an exegetische Traditionen an. Doch obwohl mannigfache Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Autoren leicht festzustellen sind, sind diese Traditionen kaum genau zu bestimmen und gegeneinander abzugrenzen. Es sind für eine solche Abgrenzung bisher zwei Vorschläge gemacht worden: P. Nautin 2 hat zwei Traditionen, die des Hippolyt und die des Origenes, zu unterscheiden versucht. Zur hippolytischen Tradition sollen der 9. ps.origenistisdie Traktat (des Gregor von Elvira) 3 , die Traktate des Gaudentius von Brescia und die Ps.Hippolyt-Osterpredigt gehören, zur origenistischen Tradition Kyrill von Alexandrien, Theodoret, die Homilien I—V der ps.chrysostomischen Sammlung von Osterpredigten, Prokop von Gaza und Viktor von Capua. Daß einerseits die Zurückführung der »hippolytischen« Tradition auf Hippolyt ganz unsicher ist, wurde oben gezeigt4. Andererseits hat Nautin die griechischen Autoren des 4. Jahrhunderts in seiner Liste völlig ausgelassen und damit den Anschein erweckt, als stünden diese außerhalb jeder exegetischen Tradition, und als fehlten uns für die origenistische Tradition zwischen Origenes selbst und Kyrill von Alexandrien alle Zeugnisse. Auch nach J. Danielou stehen zwei Traditionen nebeneinander, die er als die matthäische und die alexandrinische Tradition bezeichnet hat 5 . Die »matthäische«® Tradition ist dadurch bestimmt, daß »alttestamentliche Vorbilder . . . auf Zeitlich bestimmte Einzelheiten im Leben Jesu bezogen« werden 7 — eine Beschreibung, die auf die von Danielou angeführ-

2 3 4 5 β

7

London 1957, S. 25; M.-E. Boismard, Une liturgie baptismale dans la Prima Petri. RevBibl 63, 1956, 182—208; 64, 1957, S. 161—183 (63, S. 191 ff.). S. auch oben S. 109 f., Anm. 10. SCh 36, 1953, S. 49 f. S. oben S. 128, Anm. 122. S. oben S. 114 ff. Liturgie und Bibel, 1963, S. 296. 299. Warum Danielou diesen Namen gewählt hat, wird nicht deutlich; er selbst führt keine Stelle aus dem Matthäusevangelium an, die die von ihm dargestellte Auslegung enthält. Aber vgl. zur Bedeutung der Mose-Typologie für das MatthäusEvangelium etwa F. Hahn, Christologische Hoheitstitel, 2. Aufl. 1964, S. 400 ff. aaO., S. 269.

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12

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ten einzelnen Interpretationen nur teilweise zutrifft. Zur »matthäischen« Tradition gehören nach Danielou die (Ps.) Hippolyt-Osterpredigt, Gaudentius von Brescia, aber audi Theodoret und Gregor von Nazianz. Gregor und Gaudentius übernehmen teilweise auch Elemente der alexandrinischen Tradition, als deren Hauptvertreter Kyrill von Alexandrien und die Ps. Chrysostomus-Osterpredigten angesehen werden. 2. Einzelne Interpretationen Am deutlichsten läßt sich bei dem monarchianischen Prediger, Gregor von Elvira und Gaudentius von Brescia, also drei westlichen Autoren, erkennen, daß sie eine gemeinsame Tradition vertreten. Doch begegnen die von ihnen vorgetragenen Interpretationen teilweise auch anderwärts. Gleich die Auslegung der ersten Vorschrift über den Passatermin, die Nautin als ihr Sondergut meint ansehen zu können 8 , ist sehr weit verbreitet. Der monarchianische Prediger sagt von dem ersten Teil der von ihm gegebenen Auslegung ausdrücklich, daß er selbst sie übernommen habe, und zwar »aus einer geheimen Tradition der Hebräer« 8 . Das bezieht sich auf die Verbindung der Vorschrift, das Passa müsse im ersten Monat gefeiert werden (Ex 12 2), mit der Schöpfung. Diese findet sich nun tatsächlich bereits bei Philo 10 : Der Monat der Ungesäuerten Brote, so führt Philo aus, wird zu Recht der erste Monat genannt; denn da die Weltschöpfung beim Frühlingsäquinoctium begann, ist er der Monat der Schöpfung. Um uns an sie zu erinnern, läßt Gott alljährlich im Frühling die ganze Natur neu erblühen. Beide von Philo herausgehobenen Momente begegnen auch in der monarchianischen Predigt: Der erste Monat ist der Frühlingsmonat und der Monat der Weltschöpfung 11 . Der Prediger fügt dieser traditionellen Interpretation hinzu, daß man vor allem deswegen diesen Monat als den ersten bezeichnet habe, weil in ihm das geistliche Fest des Passa gefeiert werde: die Zeit, in der sich das große Passa-Mysterium (nämlich Kreuzigung und Auferstehung Jesu) erfüllt, ist der Anfang der Zeit. Diese beiden Interpretationen des ersten Monats stehen bei dem monardiianischen Prediger unverbunden nebeneinander. Es ist fraglich, ob man annehmen darf, daß er einen ihm vorliegenden Gedanken verkürzt, der dann bei Gregor von Elvira und Gaudentius von Brescia in seiner ursprünglichen Fassung begegnet12, den Gedanken nämlich, daß 8

SCh 36, S. 3 6 ; vgl. SCh 27, S. 72 ff.

9

c. 17 (S. 145, 13 Nautin, SCh 27).

10

De spec. leg. II, 1 5 0 — 1 5 2 (S. 122, 7 ff. Cohn V). Dafür, daß die Auffassung, die Welt sei im Frühling geschaffen worden, nidit auf das Judentum (von dem die Christen es übernehmen) besdiränkt ist, vgl. etwa Vergil, Georg. II, 366 ff.; Pervigilium Veneris 2.

11

S. 145, 12 ff. Nautin.

12

So Nautin, SCh 27, S. 74.

142

Kapitel II. Altes und neues Passa

die Erlösung der Welt von der Sünde zu genau der Zeit habe stattfinden müssen, zu der die Welt erschaffen wurde13. Gewiß erinnert dieser Gedanke an die irenäische Rekapitulationstheorie, sodaß man sich ihn vor dem 4. Jahrhundert vorstellen kann. Doch aus welchen Motiven sollte der monarchianische Prediger, wenn ihm die Interpretation des »ersten Monats« schon in dieser Form, die Schöpfung und Erlösung eng miteinander verband, vorlag, die beiden Elemente wieder auseinanderreißen? Das Verhältnis der drei Texte zueinander erklärt sich leichter, wenn wir die von Gaudentius und Gregor gegebene Interpretation als späteres Stadium einer Tradition ansehen, die in einer früheren Stufe, auf der die Einzelteile noch unverbunden nebeneinander stehen, bei dem monarchianischen Prediger begegnet. Vielleicht ist es doch weniger ein Zeichen für den Unterschied zwischen origenistischer und westlicher Tradition als ein Zufall der Uberlieferung, daß die Aussage, der Passamonat heiße der erste Monat, weil er der Monat der Weltschöpfung sei, bei Origenes nicht belegt ist. Nach Origenes treffen wir ihn jedenfalls bei Euseb von Cäsarea 14 , Kyrill von Jerusalem 15 , Gregor von Nyssa 16 und in der Ps. Chrysostomus-Predigt von 3 8 7 1 7 . Für alle diese Autoren ist die Gegenüberstellung von Schöpfung und Erlösung, von erster und zweiter Schöpfung das Entscheidende. Diese Gegenüberstellung wird bisweilen noch durch den Gedanken ergänzt, daß audi der Sündenfall zur gleichen Jahreszeit wie die Schöpfung, die er zerstörte, und wie die Neuschöpfung, durch die seine Wirkung wieder aufgehoben wurde, stattfand 18 . Origenes interpretiert in einem der veröffentlichten Bruchstücke seiner Osterpredigten die Vorschrift, das Passa müsse im ersten Monat gefeiert werden, anthropologisch19. Mit dem »ersten Monat« beginne das neue Leben der Christen, ihr Übergang aus der Finsternis zum Licht, von den Lastern zu einer vollkommenen Lebensführung. Diese Interpretation verbindet sich in der Zeit nach Origenes stärker als mit der abstrakten Bezeichnung des Ostermonats als des ersten Monats mit der Feststellung, daß Ostern im Frühling stattfinde, der Jahreszeit also, in der, nach dem grauen und trüben Winter, die ganze Natur zu neuem Leben erwache20. 13

Gregor tr. 9 (S. 1 0 0 , 1 4 — 1 7 Batiffol-Wilmart); Gaudentius tr. 1 (S. 1 9 , 1 7 ff. Glück).

14

De soll, pasch. (PG 24, 697 A).

15

Katechese 14 (PG 33, 836 A).

16

In Christi Resurrectionem

17

c. 19 f. (S. 129, 6 ff. Floeri-Nautin, SCh 48).

I I I (PG 46, 665 A / B ) .

18

Vgl. Kyrill von Jerusalem, Katechese 14 ( P G 33, 837 A ) ; Ps.Chrysostomus, c. 28

19

Nautin, SCh 36, S. 37, Anm. 1.

(S. 137, 8 ff. Floeri-Nautin, SCh 48). 20

Vgl. dazu v. a. Th. Michels, Das Frühjahrssymbol in österlicher Liturgie, Rede und Dichtung des christlichen Altertums. J L W 6, 1926, S. 1 — 1 5 ; H . Rahner, österliche Frühlingslyrik bei Kyrill von Alexandrien. Jungmann-Festschrift, 1959, S. 6 8 — 7 5 .

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12

143

Dieser Gedanke ist in der Osterliteratur der Alten Kirche sehr verbreitet21. Häufig wird das neue Leben der Natur im Frühling in dichterischer Fülle geschildert und die Schönheit dieses Lebens der Natur mit der Schönheit des neuen Lebens der Christen verglichen22. Indem der Frühling als Symbol des Obergangs des Menschen vom Irdischen zum Himmlischen, vom Tod zum Leben verstanden wird, verbindet sich diese Interpretation mit der Etymologie πάσχα —διάβασις, die anthropologisch auch auf den Übergang des Menschen zu einem neuen Leben gedeutet wird. Bei der Interpretation der näheren Terminangaben für die Passafeier — man müsse das Lamm am 10. Nisan zu sich ins Haus nehmen und am 14. schlachten23 — stehen mehrere Deutungen nebeneinander. Der monarchianische Prediger meint von dem Zeitraum vom 10. bis 14. Nisan, dadurch sei die Zeit der Gefangenschaft Jesu vor der Kreuzigung vorausverkündigt; das Datum des 10. Nisan selbst aber bezeichnet die Zeit der 10 Gebote, die in der Kreuzigung Jesu an ihr Ende gekommen sei24. Diese letzte Deutung übernimmt auch Gaudentius von Brescia25; das Datum des 14. Nisan aber weist nach seiner Meinung darauf hin, daß Jesus der 14. Generation nach dem babylonischen Exil angehörte28. Für Origenes27 und seine Nachfolger 28 bezeichnen die fünf Tage zwischen dem 10. und dem 14. Nisan die fünf Weltperioden, die durch Adam, Noah, Abraham, Mose und Christus bestimmt sind. Vollkommen unabhängig von dieser origenistischen Tradition ist Gregor von Nazianz 29 : Die Zahl 10 ist die vollkommenste Zahl; sie ist also dem Geschehen besonders angemessen. Es tritt noch die Zahl 5 hinzu, weil das Opfer Christi zur Reinigung der fünf Sinne geschieht. Nach Ex 12 6 sollte das Passalamm gegen Abend geschlachtet werden. 21

Vgl. z . B . Euseb von Cäsarea, De soll, pasch. ( P G 2 4 , 696 C / D ) ; Asterius der Sophist, Horn. 16 (S. 117 Richard); Kyrill von Jerusalem, Katechese 14 (PG 33, 836 A); Gregor von Nazianz, Oratio 44. In novam dominicam (PG 36, 617 C — 618 B); Kyrill von Alexandrien, 2. Osterfestbrief (PG 77, 479 C ff.); 9. Osterfestbrief (PG 77, 581); 16. Osterfestbrief (PG 77, 752); Zeno von Verona, Lib. II, Tract. 45 (S. 60. 62 Ederle, Bd. 2); Ps.Ambrosius, Sermo 35 (PL 17, 695).

22

Vgl. v. a. die Anm. 21 angegebenen Stellen bei Kyrill von Alexandrien. Ex 12 3.6. c. 20 f. (S. 151, 3 ff. Nautin, SCh 27; vgl. zum Text von c. 21 Chr. Mohrmann, Melanges Andrieu, S. 359). Tract. 3 (S. 35, 70 Glück). Tract. 3 (S. 35, 71 ff. Glück). Comm. in Matth. X V , 32 (S. 446, 23 ff. Klostermann, GCS Origenes X). Hier erscheint die Lehre von den Weltperioden bei der Auslegung des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg. Die Vermutung liegt nahe, daß Origenes sie audi für die Erklärung der fünf Tage zwischen 10. und 14. Nisan verwandte. Kyrill von Alexandrien, G l a p h y r . i n E x o d . i l , 7 (PG 69, 421 C ff.); Ps.Chrysostomus I, 9 (S. 61, 20 ff. Nautin, SCh 36). Or. 45 (PG 36, 641 C).

23 24

25 26 27

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29

144

Kapitel II. Altes und neues Passa

Man kann bei der Auslegung dieser Vorschrift die fortschreitende Allegorisierung sehr gut beobachten. Für den monarchianischen Prediger ist mit ihr lediglich die Tageszeit der Kreuzigung Jesu bezeichnet30. Doch wird diese Deutung ganz allgemein verdrängt durch eine andere Interpretation, die unter dem »Abend« das Ende der Welt versteht, das bei Christi Kreuzigung schon nahe bevorstand 31 . Die Eigenschaften, die das Passalamm haben muß — nach LXX τέλειον αρσεν ένιαύσιον32 — werden in aller Regel auf die Gottheit und Sündlosigkeit Jesu gedeutet. Von seiner Inkarnation ist dann nach allgemeiner Auffassunng in der anschließenden Vorschrift — man solle das Lamm aus den Schafen und Böcken nehmen33 — die Rede. Entweder man versteht unter den »Schafen« die Gottheit, unter den »Böcken« die Menschheit Christi34, oder man findet in dem Vers, daß der Gottessohn bei der Inkarnation sein Fleisch nicht nur aus den Gerechten, sondern auch aus den Sündern genommen habe35. Das Blut des Lammes soll auf die Türen gestrichen werden36. Das bezieht man in der westlichen Tradition auf das Kreuzeszeichen, das sich die Christen auf die Stirn machen37. Abweichend davon sieht der monarchianische Prediger in den beiden Türpfosten die Juden und Heiden, in dem Türsturz die Kirche aus Juden und Heiden vorgebildet38. Auf die Taufe wird die Vorschrift, die Türen zu bestreichen, von Origenes39 und den ps.chrysostomischen Osterpredigten 40 bezogen. Dabei sollen die beiden Türpfosten und der Türsturz die drei Seelenkräfte des Menschen bezeichnen: die Leidenschaften einerseits, die sich in Begierde und Zorn teilen, das Denken andererseits. Diese Kräfte führen den Menschen nach der Taufe nicht mehr — wie vorher — zur Sünde. 30 31

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38 37

38 39

40

c. 23 (S. 151, 15 ff. Nautin). Vgl. z.B. schon Irenaus, Adv. Haer. IV, 20, 1 (S. 173 Harvey, Bd. 2); Hippolyt, Frg. in Gen. (S. 71, 4 ff. AAelis); Gaudentius von Brescia, Tract. 3 (S. 35, 73 Glück); Hieronymus, Sermo de Exodo (CChL 78, 537); Ps.Chrysostomus, Horn, pasch. I, 9 (S. 63, 5 ff. Nautin, SCh 36). Ex 12 5. So las die alte Kirche im Anschluß an LXX statt »aus den Schafen oder Böcken«. So etwa Zeno von Verona, Lib. II, Tract. 55 (S. 210 Ederle 4). So etwa Gregor von Elvira, Tract. 9 (S. 98 Batiffol-Wilmart); Gaudentius von Brescia, Tract. 4 (S. 30, 18 ff. Glück); Augustin, Quaest. in Heptat., Exod. 42 (CChL 33, 86). Ex 127. Vgl. Laktanz, Div. Inst. IV, 26 (S. 384 Brandt); Gaudentius von Brescia, Tract. 6 (S. 53, 126 ff. Glück). c. 25 (S. 153, 4 ff. Nautin, SCh 27). Selecta in Exodum (PG 12, 285 A). Nautin (SCh 36, S. 40 f., Anm. 1) vermutet, daß diese Stelle zu den Osterhomilien des Origenes gehört. II, 8 (S. 83, 7 ff. Nautin, SCh 36).

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12

145

Das Lamm soll mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern gegessen werden41. Die Interpretation der ungesäuerten Brote schließt sich gewöhnlich an I Cor 5 7 an: der Sauerteig bezeichnet die Schlechtigkeit, das Ungesäuerte die Reinheit und Lauterkeit des Lebens12. In der Deutung der Bitterkräuter tritt daneben bei einigen Autoren eine andere Tradition: der Tod Christi ist ein bitteres Geschehen für die Juden, die ihn ergriffen und gekreuzigt haben43. Das Lamm soll nicht roh gegessen werden, auch nicht in Wasser gekocht, sondern am Feuer gebraten44. Der monarchianische Prediger und Gaudentius von Brescia interpretieren diese Stelle in ähnlicher Weise. Nach der monarchianischen Predigt darf das »Fleisch« nicht roh bleiben, damit das Wort leicht aufzunehmen sei; es darf nicht in Wasser gekocht werden, damit das Wort nicht wässerig werde; es muß am Feuer gebraten werden, weil das λογικόνσωμα Jesu voll Feuer ist45. Für Gaudentius bedeutet »nicht roh«: die Lehre darf nicht ohne Interpretation dargeboten werden; »nicht in Wasser gekocht«: die Lehre darf nicht aufgelöst werden, sondern muß fest bleiben; »am Feuer gebraten«: die Lehre ist gefestigt durch den heiligen Geist46. Auch das, was in Ex 129 folgt (»den Kopf mit den Füßen und Eingeweiden«), findet bei den westlichen Autoren eine reiche Interpretation. Nach dem monarchianischen Prediger sind der Kopf die Gottheit, die Füße die Menschheit Christi; die Eingeweide weisen daraufhin, daß Christus der unsichtbare Wille des Vaters ist47. Daneben stellt er48 eine Anspielung auf das Kreuz Christi, seine Höhe, Breite und Tiefe, mit denen es den ganzen Kosmos umfaßt. Schließlich deutet er die drei Teile auf die Schrift: den Kopf auf das Gesetz, die Füße auf »die Apostel«, die Eingeweide auf die Evangelien. Nach Gaudentius von Brescia bezeichnen — was der ersten Interpretation der monarchianischen Osterpredigt weitgehend entspricht — der Kopf die Gottheit, die Füße die Inkarnation, die Eingeweide die 41 42

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Ex 12 8. Vgl. etwa Gregor von Elvira, Tract. 9 (S. 103 Batiffol-Wilmart); Gaudentius von Brescia, Tract. 7 (S. 59, 149 ff. Glück); Hieronymus (unter Ausweitung auf die falschen Lehren), Sermo de Exodo (S. 537 f. Morin, CChL78); Euseb, De Soll, pasch. (PG 24, 701 B); Ps.Chrysostomus, Horn. Pasch. II, 13 (S. 85,18 ff. Nautin). Vgl. die monarchianische Osterpredigt c. 31 (S. 157, 5 ff. Nautin, SCh 27); Gregor von Elvira, Tract 9 (S. 101 Batiffol-Wilmart); Ephraem, In Gen. et Exod. Comm. XII, 3 (S. 141 Tonneau, CSCO 152). Ex 12 β f. c. 27 f. (S. 153, 18 ff. Nautin, SCh27). Tract. 2 (S. 27, 95 ff. Glück). c. 29 (S. 155, 5 ff. Nautin, SCh 27) nach der Konjektur von Nautin. Vgl. zu der unsicheren Textüberlieferung des Kapitels auch M. Richard, Une homelie monarchienne sur la Päque (TU 78), S. 277. Nach der Interpretation von Nautin, aaO., S. 83. Huber

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Kapitel II. Altes und neues Passa

occulta mysteria49. Gregor von Elvira vereinfacht die Interpretation zu einer rein trinitarischen Deutung: der Kopf bedeutet Gott, die Eingeweide Christus, die Füße den heiligen Geist (bzw. die Apostel, durch die er wirksam wird). Daneben deutet Gregor eine andere Interpretation an, nach der der Kopf der Anfang, die Eingeweide die Mitte, die Füße die Zukunft sind50. Was er damit meint, vermag vielleicht die Interpretation des Ps.Chrysostomus zu verdeutlichen. Nach ihm bezeichnen der Kopf den Anfang der Epiphanie Christi, die Eingeweide den Vater, der sich bei seiner Epiphanie in ihm verbirgt, die Füße die δευτέρα παρουσία Christi 51 . Vielleicht denkt auch Gregor bei »Anfang« und »Ende« an die erste und zweite Parusie. Die Vorschrift, man solle das Passa gegürtet, mit Schuhen an den Füßen, einen Stab in der Hand und in Eile essen62, dient in der Regel als Ausgangspunkt der Paränese, der Mahnung zu Enthaltsamkeit 53 und Sophrosyne 54 (»gegürtet«), zur Befolgung der göttlichen Gebote, die einen sicheren Weg gewährleisten 55 , oder zur Bereitschaft für das Evangelium5® (»Schuhe an den Füßen«). Der Stab deutet nach der Meinung einiger Interpreten auf das Kreuz Christi, das die Menschen vor dem Angriff des Bösen schützt57. 3. Abhängigkeit von Traditionen und Eigenständigkeit Dieser knappe Überblick über die altkirchliche Interpretation von Exodus 12, der sich hauptsächlich auf Material aus den Osterpredigten beschränkt, verdeutlicht die Feststellung, von der wir ausgingen58, daß die 46

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Tract. 2 (S. 27 Glück); vgl. Hieronymus, Sermo de Exodo (S. 539 Morin, CChL 78); Gregor von Nazianz, Or. 45 (PG 36, 645 B). Beide Interpretationen Tract. 9 (S. 102 Batiffol-Wilmart). II, 19 (S. 93, 12 ff. Nautin, SCh 36). Ex 12 Ii. z.B. die monardiianische Predigt c. 32 ff. (S. 157, 10 ff. Nautin, SCh 27); Gaudentius von Brescia, Tract. 2 (S. 28 f. Glück). z.B. Euseb, De soll, pasch. (PG 24, 697 C); Gregor von Nazianz, Or. 45 (PG 36, 645 C). Monarch. Predigt c. 34 (S. 157, 16 ff. Nautin, SCh 27); Gregor von Elvira, Tract. 9 (S. 102 Batiffol-Wilmart); Gaudentius von Brescia, Tract. 5 (S. 44, 26 ff. Glück). z.B. Euseb, De soll.pasch. (PG 24, 701 B); Afrahat, Demonstratio XII, 9 (S. 525 Parisot); Ps.Chrysostomus II, 10 (S. 109, 19 ff. Nautin, SCh 36) — im Anschluß an Eph 6 15. Vgl. die monarch. Predigt c. 35 (S. 159, 4 ff. Nautin, SCh 27), wo dieses Verständnis aber allenfalls angedeutet ist; vor allem aber Gregor von Elvira, Tract. 9 (S. 102,26 — 103,1 Batiffol-Wilmart). Auf das Kreuz, das die Jünger Jesu auf sich nehmen müssen, deutet den Stab Ephraem, In Gen. et Exod. Comm. XII, 3 (S. 141 Tonneau, CSCO 152). S. oben S. 140 f.

§ 9. Allegorische Auslegung von Exodus 12

147

Interpreten dieses Abschnitts sich Traditionen anschließen. Das gilt in besonderem Maße für die westlichen Schriftsteller Gaudentius von Brescia, Gregor von Elvira und den monarchianischen Prediger, gilt aber auch für die griechischen Autoren, die nur in stärkerem Maß als jene Eigenes mit Übernommenem verbinden. Die westliche und die »origenistische« Tradition stehen nicht isoliert nebeneinander; vielmehr zeigen sich manche Verbindungen zwischen ihnen, etwa bei der Interpretation der Angaben über den Passatermin. Die größte Selbständigkeit unter den hier berücksichtigten Interpreten von Exodus 12 zeigt wohl Gregor von Nazianz. Aber im allgemeinen gibt die Betrachtung der Auslegungen, die dieser Abschnitt gefunden hat, wenig Anlaß, von der Individualität der einzelnen Schriftsteller zu sprechen. Die Interpretationen geben weder Aufschluß über die besonderen Auslegungsmethoden der Autoren noch über ihr Verständnis des Osterfestes. Denn obwohl Exodus 12 an Ostern verlesen wurde, und obwohl ein großer Teil der hier herangezogenen Interpretationen dieses Textes an Ostern vorgetragen wurde oder doch in unmittelbarem Zusammenhang mit Ausführungen über das Osterfest steht, beziehen sich die Auslegungen auf so Verschiedenartiges, daß man von der Beziehung zu Ostern kaum noch etwas merkt. In der typologischen Betrachtung von Exodus 12, wie sie am reinsten von Melito von Sardes vorgetragen wird, ist diese Beziehung sehr deutlich. Doch in der allegorischen Interpretation geht sie nahezu verloren; allenfalls in den Ausführungen über die Angaben, die den Passatermin betreffen, tritt sie noch hervor. Doch im übrigen handeln die Ausleger von der Trinitätslehre und der Christologie im allgemeinen, von der Ekklesiologie und der Anthropologie. Obwohl die allegorische Interpretation von Exodus 12 in den Osterpredigten der Alten Kirche einen sehr breiten Raum einnimmt, trägt sie zu unserer Kenntnis des Festinhalts der altkirchlichen Osterfeier kaum etwas bei.

10*

Kapitel III. Karfreitag und Ostern § 10. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des zweiten und dritten Jahrhunderts In der ältesten christlichen Osterfeier, dem quartodezimanischen Passa, beging man das Gedächtnis von Tod und Auferstehung Jesu1. Da die Osterfeier am Sonntag sich aus dem quartodezimanischen Passa entwickelte2, ist es naheliegend, daß ihr Festinhalt mit dem der älteren Feier weitgehend übereinstimmte. Die Parusieerwartung verlor in der Osterfeier am Sonntag gegenüber dem quartodezimanischen Passa an Bedeutung3; die Vergegenwärtigung des Todes und der Auferstehung Jesu aber war wie in jenem der wesentliche Inhalt der Feier. Man gedachte in ihr des Todes und der Auferstehung und nicht nur isoliert eines der beiden Heilsereignisse4. Aus der Tatsache, daß man sich des Todes und der Auferstehung Christi nicht in dem zeitlichen Abstand erinnerte, den die beiden Ereignisse nach den evangelischen Berichten voneinander hatten, kann man freilich nicht schließen, daß neben der Tradition, die in den Evangelien ihren Niederschlag gefunden hat, in der Alten Kirche noch eine andere stand, nach der die Auferstehung zeitlich von der Kreuzigung nicht so weit entfernt war5. Die Osterfeier der frühen Kirche hat ihren Ursprung nicht in historischen Betrachtungen, sondern in dem Bewußtsein, daß Tod und Auferstehung Jesu als die den Glauben und die Kirdie 1

Vgl. oben § 2, S. 12 ff.

2

Vgl. oben § 4, S. 45 ff.

3

Vgl. unten S. 218 ff.

4

Die Hauptthese des Artikels von P. Drews über das »altkirdiliche Passah« in R E , 3. Aufl., Bd. 14, S. 7 3 4 — 7 5 0 , ist, daß in der ältesten Zeit am Passa ausschließlich des Todes Christi, in der Pentekoste ausschließlich seiner Auferstehung gedacht wurde. Das isolierte Gedächtnis dieser Heilsereignisse habe also am Anfang der Entwicklung gestanden. Erst nachträglich, vor allem im 4. Jahrhundert, sei es zur Verbindung dieser beiden Aspekte gekommen. Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, daß die Entwicklung umgekehrt verlief. Für die ältere Zeit berühren sie sich mit der Arbeit von O. Casel, Art und Sinn der ältesten christlichen Osterfeier. J L W 14, 1938, S. 1—78. Ich verzichte darauf, das ganze dort vorgelegte Material in diesem Paragraphen zu wiederholen, der vielmehr lediglich Beispiele und E r gänzungen enthalten soll.

5

So E. Preuschen, R E , 3. Aufl., Bd. 14, S. 727 f.

§ 10. T o d und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 2. u. 3. Jahrh.

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begründenden Ereignisse unlöslich zusammengehören; von ihnen ausgehend, vergegenwärtigte man sich in der Osterfeier die gesamte Heilsgeschichte. 1. Melito von Sardes Die Osterpredigt des Melito von Sardes enthält bereits diesen Inhalt in seiner ganzen Fülle. Nachdem Melitos im ersten Teil seiner Predigt von dem alttestamentlichen Typos gesprochen hat 6 , wendet er sich der »Erfüllung des Mysteriums« zu 7 . U m die Heilsbedeutung von T o d und Auferstehung Jesu deutlich zu machen, beginnt er seine Darlegungen mit der Erschaffung des Menschen und dem Sündenfall. In großer Breite schildert er die Herrschaft der Sünde und des Todes, unter der der Mensch stand 8 , bis er durch Christus von ihr befreit wurde. Diese Befreiung des Menschen war von Gott lange vor der Geburt Christi vorhergeplant: die alttestamentlichen Typoi wie die prophetischen Vorherverkündigungen weisen auf das Mysterium Christi voraus; in T o d und Auferstehung Christi kommen sie zu ihrer Erfüllung. Jesu T o d bedeutet die Befreiung des Menschen aus der Dienstbarkeit des Kosmos und der Knechtschaft des Teufels 9 . An die Aussagen über die Heilswirkung des Todes Christi, in denen sich ein erster Ansatz der in der späteren Literatur breit ausgeführten Descensusschilderung findet10, schließt Melito eine lange Prozeßrede 6 7 s

9 10

S. oben S. 95 ff., S. 112 ff. §§ 46 ff. (S. 20 ff. Lohse; S. 76 ff. Testuz). Vgl. dazu A. Grillmeier, » D a s Erbe der Söhne Adams« in der Homilia de Passione Melitos. Scholastik 20—24, 1949, S. 481—502. § 67 (S. 25 Lohse; S. 104 Testuz). Die Stelle (§ 68; S. 25 Lohse, S. 104/106 Testuz) lautet in Obersetzung: »Dieser ist es, der den Tod mit Schande bekleidete und den Teufel mit Trauer band wie Mose den Pharao.« Die Übersetzung des ersten Teils des Relativsatzes durch Blank (S. 119) ist völlig verfehlt; im zweiten Teil übernimmt Blank wohl die Lesart der Handschrift Β (στήσας) an Stelle des δήσας von Α. στήσας ist jedoch grammatisch unmöglich; es sichert lediglich die von Bonner (Anm. z. St.) angezweifelte Lesart der Handschrift A. — Etwas ausführlicher als an dieser Stelle begegnet das Descensusmotiv in § 102 (S. 35 Lohse; S. 148 Testuz): »Ich, spricht er, der Christus, ich, der löste den T o d und triumphierte über den Feind und mit Füßen trat den Hades und band den Mächtigen und hinaufführte den Menschen bis zu den Höhen des Himmels, ich, spricht er, der Christus«. Ich gebe die Obersetzung nach O. Perler, Ein Hymnus zur Ostervigil von Melito, 1960, S. 17. Die Übersetzung von Blank verschleiert den Partizipialstil. Vgl. zu ihm E. Norden, Agnostos Theos., 4. Aufl. Darmstadt 1956, S. 166 ff.; 201 ff.; 385 ff.; aus Nordens Nachweisen ergibt sich, daß wir es hier mit orientalisch-hellenistischem Sprachstil zu tun haben. Daß Melito hier mit geläufigem Vorstellungsmaterial und auch mit geläufigen Formeln arbeitet, braucht noch nicht Anlaß zu der Annahme zu sein, er übernehme hier einen Descensushymnus; auch die ähnlichen Formulierungen des Eucharistie-Gebets in Hippolyts Traditio Apostolica (S. 106 f. Hauler) zwingen nicht zu ihr (gegen

150

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

gegen Israel an11, die sachlich noch zu dem Abschnitt über Jesu Tod gehört. Von ihrer Polemik gegen die Juden abgesehen, ist an ihr wesentlich die Gegenüberstellung der Macht und der Ohnmacht Jesu: Derjenige, der die Welt erschuf, der Israels Geschichte lenkte, wurde ans Kreuz genagelt 12 . Indem er der Schmach des Gekreuzigten die Gewalt des Herrn der Welt gegenüberstellt, leitet Melito zu dem Abschnitt über die Auferstehung Jesu und die Herrschaft des Auferstandenen über13. Der Gekreuzigte ist auferstanden, ist der Retter und Richter der Welt. Melitos Aussagen sind häufig sehr plerophorisch; die breite Rhetorik droht oft den gedanklichen Zusammenhang zu sprengen. Doch hier bleibt der Gang seiner Darlegungen noch deutlich: Die Kreuzigung des Herrn der Welt und die Auferstehung des Gekreuzigten bilden das zentrale Heilsereignis, auf das die gesamte Heilsgeschichte zustrebt. Von der Kreuzigung richtet sich der Blick rückwärts einmal auf die Typoi und die Vorherverkündigungen dieses Ereignisses, zum anderen auf die Verfallenheit des Menschen an die Sünde, schließlich auf die Praeexistenz Jesu und seine Herrschaft über Welt und Geschichte. Von der Auferstehung richtet sich der Blick vorwärts auf die Herrschaft des auferstandenen und erhöhten Herrn, der die Menschheit zu sich emporführt. 2. Tertullian So ist für Melito Ostern das Fest des gesamten christlichen Heilsmysteriums. Er steht mit diesem Verständnis nicht allein. Wenden wir uns dem Westen zu, so finden wir bei Tertullian eine ganz ähnlidie Auffassung. Für ihn ist Passa der Wendepunkt vom Gedächtnis des Leidens und des Todes Jesu zur Freude über seine Auferstehung und Erhöhung während der fünfzigtägigen Pentekoste14. »Pascha« bezeichnet für Tertullian zunächst die Ostervigil. Sie wird durch gemeinsames Fasten der Gemeinde begangen; am frühen Morgen wird die Taufe gespendet und das Fasten durch die Feier der Eucharistie gebrochen. Diese Vigilfeier kann Tertullian als dies Paschae bezeichnen15. Diese dies Paschae, zu der das Bonner, The Homily on the Passion by Melito, S. 24). — Α. Grillmeier, Der Gottessohn im Totenreich. Soteriologische und diristologisdie Motivierung der Descensuslehre in der älteren christlichen Überlieferung. ZkTh 71, 1949, S. 1—53, 184—203 (5—14) hat unsere Stellen in den Zusammenhang der Descensussdiilderungen der altchristlichen Literatur gestellt. Im übrigen vgl. zum Descensustopos J . Kroll, Gott und Hölle, 1932. S. auch unten S. 197 ff. u

S. oben S. 135.

12

Vgl. v. a. §§ 81—86 (S. 30 f. Lohse; S. 122—128 Testuz); § 96 (S. 34 Lohse; S. 140/ 142 Testuz).

13

§§ 100—105 (S. 35 f. Lohse; S. 146—152 Testuz).

14

Zu diesem Ergebnis kommt auch O. Casel, aaO., S. 15—19.

15

Vgl. De orat. 18. Drews, R E , 3. Aufl., Bd. 14, S. 739, bezieht den Text irrtümlich

§ 1 0 . Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 2. u. 3. Jahrh.

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Fasten und das Brechen des Fastens gehören, trennt die Zeit der Trauer von der Zeit der Freude und verbindet zugleich beide miteinander: sie beschließt die Tage der Trauer und eröffnet die Freudenzeit der Pentekoste. Daß der Ostersonntag auch schon zu dieser Freudenzeit gehört, wird etwa daraus deutlich, daß Tertullian die gesamte Pentekoste als »Tag des Passa und der Pentekoste« bezeichnet16. Neben dieser Verwendung von »Pascha« und »dies Pascbaein der diese Ausdrücke entweder Ostervigil und Ostersonntag allein" oder im Zusammenhang der Pentekoste bezeichnen, kann Tertullian, von der Etymologie pascha-passio, die den Ausdruck pascha mit dem Leiden, nicht mit der Auferstehungsfreude verbindet18, ausgehend, den Gebrauch von »Pascha« auch auf die Tage vor der eigentlichen dies Paschae ausdehnen, nämlich auf die Tage, an denen die Christen fasten, »weil der Bräutigam von ihnen genommen ist«19, also den Freitag und Samstag vor Ostern20. Man verzeichnet aber den Charakter, den das Passa nach Tertullians Meinung hat, wenn man diesen Gebrauch als primär ansieht21. Denn für Tertullian bezeichnet »Pascha« nicht immer die Zeit des Fastens und des Trauerns, sondern auch und in erster Linie einen Festtag22. Das wäre aber ausgeschlossen, wenn »Pascha« bei Tertullian ausschließlich »Karfreitag« und »Karsamstag« bezeichnete. Einen selbständigen »Karfreitag« kennt Tertullian noch nicht. Deshalb erfahren wir bei ihm nichts davon, daß der Freitag vor Ostern durch

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auf den »Karfreitag«. Er handelt aber von der Ostervigil, in der der bei den sonstigen Eucharistiefeiern übliche Friedenskuß zwischen Sdiriftlesung und Eucharistie ausfiel, da das Fasten noch nicht aufgehört hatte. De bapt. 19, 2: »Wenn Jeremia sagt: »Ich werde sie von den Grenzen der Erde her versammeln am Festtage< (vgl. J e r 3 1 β), so bezeichnet er damit den Tag des Passa und der Pentekoste, der im eigentlichen Sinne der Festtag ist.« Daß damit die gesamte Pentekoste gemeint ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang eindeutig; s. auch unten S. 219 f. Vgl. audi Casel, aaO., S. 18; J . Boeckh, Die Entwicklung der altchristlichen Pentekoste. Jahrb. f. Liturgik u. Hymnologie 5, 1960, S. 1—45 (12 ff.). Sie findet sich auch aduxorem II, 4; Decor. 3; de bapt. 19,1 (wo Pascha nicht, wie Drews, aaO., S. 739, meint, den »Ostersabbat« bezeichnet). Wahrscheinlich sind audi de ieiun. 14 mit der Bezeichnung »Pascha« nur Ostervigil und Ostertag gemeint. Der Stelle ist nicht zu entnehmen, daß man zu Tertullians Zeit im Abendland Ostern alljährlich am Sonntag nadi dem 25. März feierte (so E. Preuschen, RE, 3. Aufl., Bd. 14, S. 733); denn mit dem ersten Monat, in dem das Passa zu feiern sei, ist nicht der römische Monat März gemeint, sondern der erste Monat der Juden, in dem nach Ex 12 das Passa gefeiert werden soll. Vgl. de bapt. 19,1; adv. lud. 10, 18; s. oben S. 112 ff. De ieiun. 13; vgl. Mc 2 20 par. S. zu dieser Fastenbegründung auch oben S. 18 f. Davon, daß während der ganzen Karwoche gefastet und diese insgesamt als »Pasdia« bezeichnet wird (so Drews, aaO., S. 739), kann bei Tertullian keine Rede sein. Das tut außer Drews auch H. Koch, Pascha in der ältesten Kirche. Zeitschr. f. wissensdiaftl. Theol. NF 20, 1914, S. 289—313, v. a. S. 291 f. Vgl. de bapt. 19; decor. 3 u.ö.

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

eine besondere gottesdienstliche Veranstaltung zum Gedächtnis der Kreuzigung begangen würde. Nachdem jeder einzelne Christ durch Fasten am Freitag und Samstag vor Ostern schon des Leidens und Sterbens Christi gedacht hat, vergegenwärtigt sich die Gemeinde als ganze vielmehr den Tod des Herrn in der Feier der Ostervigil in der Nacht vom Samstag zum Sonntag. Wenn sie an deren Ende das Fasten bricht, geht die Feier über in das Gedächtnis der Auferstehung Christi und seiner Erhöhung. Himmelfahrt und Geistausgießung sind in Tertullians Zeit noch nicht mit einzelnen Tagen der Pentekoste verbunden; man gedenkt vielmehr der verschiedenen Aspekte der Erhöhung des Herrn in einem während der ganzen fünfzigtägigen Freudenzeit, vornehmlich aber an deren erstem Tag. Passa faßt beides, Tod und Auferstehung, Erniedrigung und Erhöhung Christi zusammen. 3. Die monarchianische Osterpredigt Auch aus der unter den Namen Hippolyt und Johannes Chrysostomus überlieferten monarchianischen Osterpredigt 23 wird deutlich, daß man Tod und Auferstehung Jesu als unmittelbar zusammengehörig und darüber hinaus als den Höhepunkt der Heilsgeschichte auffaßte, von dem aus auf alle anderen Stadien dieser Geschichte Licht fällt. Der Aufbau der Predigt entspricht weitgehend demjenigen von Melitos Osterpredigt 24 . Im Unterschied zu Melito setzt der monarchianische Prediger aber im zweiten Teil seiner Predigt, der vom neutestamentlichen Passamysterium handelt 25 , nicht bei Adams Erschaffung und Sündenfall, sondern bei der Inkarnation der Gottheit ein. Das tut er, weil er die Kreuzigung Jesu umfaßt sieht vom Abstieg und Aufstieg der Gottheit. Die Passion bildet die Mitte eines Geschehens, in dem die Gottheit zum Menschen herabkommt und den Menschen wiederum mit sich hinaufführt 20 . Die Passion ist auch sachlich so sehr das Zentrum dieses Geschehens, daß sich ihre Bezeichnung als Passa ausdehnt auch auf Inkarnation und Erhöhung und 23

S. zu ihr oben S. 114 ff.

24

S. oben S. 137; S. 149 f.

25

c . 4 3 — 6 1 (S. 1 6 3 — 1 8 9 Nautin, SCh 27).

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Der Inkarnationsgedanke ist schon in der Einleitung der Predigt sehr stark betont (c. 3; S. 121, 4 ff. Nautin). Nautin (ebenda S. 63) sucht das daraus zu begründen, daß der Prediger hier die Tradition zugrunde lege, nach der Christus am selben Tag des Jahres, an dem er gekreuzigt wurde, empfangen wurde. Diese Erklärung wird unmöglich, wenn man Nautins Datierung der Predigt auf das Ende des vierten oder den Beginn des fünften Jahrhunderts nicht übernimmt. Aber audi unabhängig von dieser Datierung legt sich diese Erklärung keineswegs nahe. Denn von der Kenntnis und Übernahme einer solchen Tradition ist in der Predigt nichts zu spüren. Zudem stellt der Prediger in c. 3 nicht Kreuzigung und Inkarnation, sondern Auferstehung und Inkarnation nebeneinander.

§ 1 0 . Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 2. u. 3. Jahrh.

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sogar auf die sich inkarnierende und emporsteigende Gottheit selbst21. Daß der Prediger, obwohl er von der Etymologie πάσχα — πάσχειν ausgeht28, nicht nur den leidenden, sondern auch den sich inkarnierenden und den erhöhten Christus als Passa bezeichnet, ist für ihn deshalb sinnvoll, weil von seinem Leiden aus deutlich wird, welchen Sinn die Inkarnation und die Erhöhung haben. Die Kreuzigung Christi bedeutet die Uberwindung des Todes durch den Tod, das Brechen der Macht des Teufels durch die Ohnmacht des Gekreuzigten. Von Christi Tod aus erhellt, welches der Sinn seines Kommens in die Welt ist: er sieht, daß die Menschheit unter der Tyrannei des Todes steht und beschließt, sie aus dieser Knechtschaft zu befreien, indem er den Kampf für die Menschheit selbst auf sich nimmt. Er nimmt den menschlichen Körper an, indem er alles, was an ihm überflüssig und schmutzig ist, abstreift. Schon indem er ihn annimmt, befreit er den Menschen von der Sünde und dem Zwang des Todes; indem er sich mit dem schwachen menschlichen Körper bekleidet, befreit er diesen von allen seinen Schwächen29. Man hat mit Recht bemerkt30, daß man solche Gedanken über die Inkarnation in späterer Zeit eher in Predigten zu Weihnachten oder Epiphanias erwarten würde. Doch gerade das ist kennzeichnend, daß sich dem Prediger diese Ausführungen über die Inkarnation an Ostern und im Zusammenhang mit Gedanken über die Heilsbedeutung des Todes Jesu aufdrängen. Ebenso kennzeichnend ist es, daß und wie der Prediger seine Hörer von der Kreuzigung zur Höllenfahrt und zum Aufstieg in den Himmel weiterführt. Die Kreuzigung dessen, der das All erfüllt, sich aber zum Kampf gegen die Gewalten der Luft all seiner Macht begeben hat31, ist selbst ein kosmisches Geschehen: Der Einsame und Verlassene am Kreuz umfaßt das All32, er ist der Herr über Himmel, Erde und Unterwelt. Der Unteilbare teilt sich um des Heils der Menschen willen: sein Geist ist im Himmel, seine Seele im Paradies, sein Körper auf der Erde, seine Stimme in der Unterwelt 33 . Ich übernehme die von Nautin für diese Stelle vorgeschlagene Konjektur σώμα statt αίμα 34 , nidit aber seine Interpretation des schwierigen Abschnitts 35 . Der Prediger versucht in ihm, verschiedene Aussagen des Lukasevangeliums und die Lehre vom D e 27 28 29

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c. 62 (S. 189,13 ff. Nautin). S. oben S. 118 f. c. 44—48 (S. 165—175 Nautin). Zu den textkritisdien Problemen dieses Abschnitts vgl. M. Richard, Une homilie monarchienne sur la Päque. Studia Patristica III, T U 78, Berlin 1961, S. 273—289 (278 ff.). Casel, JLW 14, S. 25. c. 52 (S. 179,10 f. Nautin): Γεμίσας δέ δι' έαυτοϋ τό παν, προς αερίους άρχάς γυμνός άνταπεδΰσατο. Vgl. c. 5 1 , 9 f. (S. 177, 22 — 179, 9 Nautin). c. 56 (S. 185, 1 ff. Nautin). S. 185,5. Ebenda S. 104. Nautin hat seine Interpretation in Homelies Pascales II (SCh36), S. 125, selbst zurückgezogen.

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

scensus miteinander zu verbinden. Nach L c 23 4β übergibt Jesus bei seinem Tod seinen Geist dem Vater; nach v. 43 wird er nach seinem Tod mit dem Schacher im Paradies sein. Sein Körper bleibt aber auf der Erde, um nach drei Tagen wieder auferweckt zu werden. In dieser Zeitspanne geschieht zugleich die Verkündigung an die Gestorbenen in der Unterwelt. Sie hören nur Christi Stimme, sehen aber nicht seine Gestalt, wie der Prediger im Anschluß an D t 4 12 formuliert 3 8 . Nautin hat dieses alttestamentliche Zitat übersehen, außerdem aber fälschlicherweise die Unterwelt und das Paradies gleichgesetzt. Davon ist im Text nicht die Rede — im Gegenteil: auf den Gegensatz, daß der Herr des Alls zugleich im Himmel und auf der Erde, im Paradies und in der Unterwelt ist, kommt es ihm entscheidend an. Merkwürdig bleibt, daß der Prediger, der zugleich in so völlig unrationaler Weise von den kosmischen Dimensionen des Kreuzes redet, die »Ubiquität« des Gekreuzigten »rational« zu verstehen sucht, indem er sie auf verschiedene Teile des Gottmenschen, auf Geist, Seele, Leib und Stimme verteilt. Unter den altkirchlichen Predigern ist noch einer, der sich in diesem Zusammenhang nicht mit der Auskunft beruhigt, daß Gott überall sein könne 3 7 : Gregor von Nyssa. Er stellt in einer Osterpredigt 3 8 ebenfalls die Frage, wie Christus nach seinem Tod gleichzeitig im Paradies bzw. in der H a n d des Vaters 3 9 und im Herzen der Erde sein kann. Gregor läßt die Antwort, Gott sei überall, gelten, gibt daneben aber noch eine

36

37

38 39

Derselbe Gedanke findet sich etwa bei Klemens von Alexandrien, Strom. VI, 6, 45, 1 (S. 454, 6 ff. Stählin-Früchtel; vgl. die weiteren Hinweise im Apparat), dann auch in der von Melito bzw. Alexander von Alexandrien abhängigen (s. oben S. 105) Predigt des Ps. Epiphanius (S. 158 Nautin, Le dossier d'Hippolyte et de Μέliton). Daß hinter dieser Vorstellung wie auch hinter J o h 3 β gnostische Traditionen stehen (vgl. R. Bultmann, Das Johannesevangelium, S. 102, Anm. 1, mit weiteren Hinweisen), scheint mir nicht sicher zu sein. wie manche späteren Prediger, etwa der Verfasser des ps.augustinischen Sermo Guelferb. App. 5 (PLS II, 1346), der einfach feststellt, Christus könne gleichzeitig im Paradies, im Grab und in der Unterwelt sein, wie er gleichzeitig beim Vater und auf der Erde sei. In Christi Resurrectionem I (PG 46, 613 D — 6 1 7 C). Im Gegensatz zu dem monarchianischen Prediger kommt Gregor im Verlauf seiner Überlegungen zu dem Ergebnis, daß »Paradies« und » H a n d Gottes« identisch seien (617 B), so daß die drei Aufenthaltsorte Christi (613 D ) sich auf zwei reduzieren. In dieser Reduktion, der die Reduktion des trichotomischen zum dichotomischen Menschenbild entspricht, liegt der Unterschied der Ausführungen Gregors zu ähnlichen Gedanken des Origenes (vgl. etwa Dialektos 8; S. 178—180 Scherer, Kairo 1949; S. 72 Scherer, S C h 67; Johanneskommentar X X X I I , 32; S. 479, 28 ff. Preuschen). Möglicherweise ist dieser Gegensatz durch die Polemik Gregors gegen Apollinaris (vgl. Antirrheticus adv. Apol.; S. 152, 30 ff. Mueller, Gregorii Nysseni opera I I I , 1, wo derselbe Gedanke wie in der Predigt wiederkehrt) bestimmt. Vgl. J . Danielou, L'etat du Christ dans la mort d'apr^s Gregoire de Nysse. H J B 77, 1958, S. 63—72. J . Lebourlier, A propos de l'etat du Christ dans la mort. RSPhTh 46, 1962, S. 629—649; 47, 1963, S. 161—180, weist nach, daß Gregor hier nicht, wie Danielou angenommen hatte, von der ps.athanasianischen Schrift C. Apollinarium (PG 26, 1117 C) abhängig ist und ordnet die 1. Osterpredigt Gregors, die er wie Danielou ( R S R 29, 1955, S. 361 f.) auf 382 datiert, in Gregors Schriften aus den Jahren 381—382 ein.

§ 10. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 2. u. 3. Jahrh.

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andere. Er geht aus von der dichotomischen Auffassung des Mensdien, nach der der Mensch aus Leib und Seele besteht. Bei der Inkarnation eint sich die Gottheit mit beiden, mit Leib und Seele, da der menschliche Ungehorsam beide ergriffen hat. Auch im Tod bleibt die Gottheit mit der Menschheit verbunden. Der Tod aber geschieht durdi das Auseinandertreten von Leib und Seele. So kann es geschehen, daß nach Christi Tod am Kreuz die Gottheit, sofern sie sich mit dem Leib verbunden hat, in der Erde, sofern sie sich mit der Seele verbunden hat, im Himmel ist. Die Auferstehung Christi besteht dann darin, daß sich die getrennten Teile wieder vereinigen. Die Nähe dieses Gedankens zu dem des monarchianischen Predigers ist unverkennbar; zugleich aber sieht man einen wesentlichen Unterschied, der darin besteht, daß Gregor die »Zwei-NaturenLehre« stärker in seine Überlegungen einbezieht.

Obwohl der monarchianische Prediger davon ausgeht, daß der auferstandene Christus noch einige Zeit auf der Erde blieb, um den Glauben an seine Auferstehung zu festigen40, versteht er doch Auferstehung und Himmelfahrt nicht als getrennte Ereignisse, sondern sieht die Erhöhung des Herrn als einheitlichen Vorgang: die Himmelfahrt ist in ihm die Vollendung der Auferstehung. Darüber hinaus ist sie die Vollendung des gesamten Heilswerkes Christi. Dieses beginnt mit der Inkarnation, in der Gott als Mensch erscheint, und wird vollendet in der Erhöhung, in der der Mensch als Gott emporsteigt41. Damit hat Christus sein den ganzen Kosmos umfassendes und umwandelndes Heilswirken vollbracht. 4. Origenes Es ist den beiden ältesten uns erhaltenen Osterpredigten, der monarchianischen und der des Melito von Sardes, gemeinsam, daß sie Ostern als das Fest des gesamten Heilsgeschehens verstehen. Es ist ihnen auch gemeinsam, daß sie dieses Geschehen in eminentem Maße als Christusgeschehen und das Osterfest als ein Christusfest auffassen, daß ihre Predigten — auch dort, wo sie von den alttestamentlichen Typoi oder von der Schuld der Juden handeln — Christuspredigten sein wollen. Das ist bei dem dritten Autor des zweiten und dritten Jahrhunderts, von dem uns wenigstens fragmentarisch Osterpredigten überliefert sind42, bei Origenes, anders. Bei ihm stehen nicht so sehr Tod und Erhöhung Christi als der Übergang der Christen aus dem alten in ein neues Leben im Vordergrund. Gewiß lassen sich diese beiden Aspekte nicht völlig voneinander isolieren; 40 41

42

c. 60 (S. 187 Nautin). c. 62 (S. 189,18 f. Nautin). Gemeint ist, daß die Vergottung des Mensdien, mit dem die Gottheit sich in der Inkarnation verband, in der leiblichen Erhöhung vollendet wurde. Das folgende Relativpronomen δι" δν bezieht sich sehr wohl auf άνθρωπος, nicht, wie Nautin (S. 188 Anm. 1) meint, auf πάσχα, wobei der Genuswechsel daher zu erklären wäre, daß das Passa Christus ist. Gewiß ist »das Passa« der Oberbegriff des ganzen Abschnitts. Dieser wird durch andere Worte erläutert, nach denen sich die Relativpronomina jeweils richten; vgl. v. a. S. 189, 16: δι' ή ς. S. dazu oben S. 119, Anm. 66.

156

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

doch für Origenes ist es kennzeichnend, wie sehr in seinen Äußerungen über das Passa die Christologie hinter die Anthropologie zurücktritt 43 . Wie in seinen Osterhomilien44, so geht er auch an anderen Stellen, an denen er vom Passa spricht, von der Interpretation von πάσχα als διάβασις oder διαβατήρια aus45. Das Passa ist der Übergang des Menschen von den Dingen dieser Welt zu Gott; das Fasten bedeutet die Vorbereitung auf diesen Ubergang; die Pentekoste ist seine Erfüllung: die Einheit mit Christus und die Teilhabe am göttlichen Geist46. Durch diese Deutung ist der ursprüngliche Sinn der Osterfeier, nach dem das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Christi im Vordergrund steht, weitgehend verdrängt; alle Sinnenhaftigkeit, die dem kirchlichen Osterfest noch innewohnt, ist nach Origenes' Meinung lediglich um der Unvollkommenen willen da47. Das Element der Teilhabe der einzelnen Christen an dem Mysterium, das in der Osterfeier seit früher Zeit außer durch die Feier der Eucharistie vor allem durch die Tauffeier enthalten ist, tritt bei Origenes so stark in den Vordergrund, daß die Beziehung auf Christus nahezu verschwindet. Aber man erkennt noch deutlich, daß sich die Konzeption des Origenes aus der anderen heraus entwickelt hat, die im Vorangehenden an drei Beispielen dargestellt wurde. So ist auch noch seine pneumatische und anthropologische Deutung des Osterfestes ein Beleg dafür, daß die im zweiten und dritten Jahrhundert verbreitete Auffassung des Osterfestes die war, nach der Ostern der Ubergang Christi vom Tod zum Leben ist. Die Osterfeier steht auf der Grenzscheide von Todesgedächtnis und Auferstehungsfreude.

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des vierten und fünften Jahrhunderts: Der Westen 1. »Historisierung« des Osterfestkreises im vierten Jahrhundert Die Zeit nach Konstantin dem Großen gilt vielen als eine Zeit der Verweltlichung der Kirche. Die Anerkennung der Kirche durch den Staat und die Verbindung der Kirche mit dem staatlichen Leben hat mannigfaltige Veränderungen innerhalb der Kirche hervorgerufen. Auch der christliche Gottesdienst veränderte sich: es drangen neue, bisweilen dem Hofzeremoniell entlehnte Formen in den Kult ein; Christus wurde nun — in Analogie zum irdischen Kaiser — vor allem als der Herrscher der 43 44 45

46 47

S. auch unten S. 166 f. Vgl. Nautin, SCh 36, S. 34 f., zur anthropologischen Deutung, S. 36 f. Vgl. Contra Celsum VIII, 22 (S. 239, 22 Koetsdiau); vgl. audi Num. hom. 23, 6 (S. 214, 12 ff. Baehrens). Vgl. Contra Celsum VIII, 22 (S. 239, 22 ff. Koetschau). Vgl. Contra Celsum VIII, 23 (S. 240, 3 ff. Koetschau).

§ 1 1 . Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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Welt verehrt; neben den Osterfestkreis trat als neuer Festkreis die Feier von Weihnachten und Epiphanias. War bestimmend für das Datum der Weihnachtsfeier, daß der 25. Dezember bislang als Tag des Sonnengottes begangen worden war 1 , so wurde für ihre Ausbreitung entscheidend, daß man sich an dem Tag, an dem Jesus geboren worden war, dieses Ereignisses erinnern wollte 2 . Während für die Bestimmung des Ostertermins nicht der angenommene Kalendertag der Auferstehung Jesu, sondern die alttestamentlichen Bestimmungen über den Passatermin in Verbindung mit der Überlieferung über den Wochentag der Auferstehung entscheidend waren, richtete man sich in der Weihnachtsfeier ausschließlich nach dem Kalenderdatum. Eine solche Feier konnte erst entstehen, nachdem man sich die historische Distanz zwischen den Ereignissen, deren man gedachte, und der gegenwärtigen Zeit deutlich gemacht hatte. Die neue Situation der Kirche in der nachkonstantinischen Zeit führte zu einem Bewußtsein der Diskontinuität, das in solcher Stärke vor Beginn des vierten Jahrhunderts noch nicht vorhanden gewesen war. Aus ihm ergab sich das Interesse für die Stätten von Jesu Geburt, Tod und Auferstehung in Palästina, aus ihm entstanden »historisierende« Feste und der Wille zu historischer Genauigkeit. Der Brauch, am Ostersonntag die Erzählung von Christi Himmelfahrt in Act 1 vorzulesen, muß bereits in vorkonstantinischer Zeit entstanden sein. Er hat sich zwar noch lange über die Einführung des Himmelfahrtsfestes hinaus gehalten 3 ; doch hätte 1

Grundlegend H . Usener, Das Weihnachtsfest, 2. Aufl. Bonn 1911. Zur späteren Literatur vgl. L. Fendt, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. X I I . und über Epiphanias. T h L Z 78, 1953, S. 1 — 1 0 ; J . Beckmann, RGG, 3. Aufl., Bd. VI, Sp. 1564 ff. s. v. Weihnachten.

2

Vgl. Augustin, Ep. 55, 2 (S. 170, 7 ff. Goldbacher): »oportet Domini

non in sacramento

riam revocari

celebrari

quod natus sit, ac per hoc nihil opus erat, nisi revolutum

quo ipsa res acta est, festa devotione 3

noveris diem

Natalem

(sc. wie das Osterfest), sed tantum in anni

memodiem,

signari*.

Vgl. Augustin, Sermo 227 ( P L 38, 1 0 9 9 — 1 1 0 1 ) ; Sermo Mai 86 (Morin, Miscellanea Agostiniana I, S. 3 2 6 ) ; Sermo Guelferb. 9 (ebenda S. 4 6 6 — 4 7 1 ) ; In Jo. Ep. 2, 1 ( P L 35, 1989); In J o . E v . 6, 18 (S. 62 Willems, C C h L 3 6 ) ; dazu C. Lambot, Les sermons de Saint Augustin pour les fetes de Päques. Liturgie et archeologie. R S R 30, 1956, S. 2 3 0 — 2 4 0

(233 f.); ders., Une serie pascale des sermons de Saint

Augustin sur les jours de la creation. Melanges Chr. Mohrmann, Utrecht/An vers 1963, S. 213—221 (218).

Noch das Missale von Bobbio, das das gallikanisdie

Lektionssystem des 7./8. Jahrhunderts wiedergibt (vgl. P . Salmon, Le lectionnaire de Luxeuil [Collectanea biblica latina V I I ] , Rom 1944, S. C X I I , C X V I I ) , gibt als Lesung der 1. Ostermesse Act 11—8, als Lesung der 2. Ostermesse Act 1 12—11 an. In anderen Lektionaren ist, wenn sie nidit mehr die Osterlektion Act 1 haben, immer noch zu erkennen, daß die Festlegung dieser Lektion auf den Himmelfahrtstag sekundär ist, da sie am Ostermontag die lectio continua der Apostelgeschichte mit 1 15 oder mit dem 2. Kapitel beginnen lassen (vgl. die Belege bei G. Godu, D A L C V, 1 , 2 6 7 ; 2 7 5 ; 2 7 7 ; 293). Für Jerusalem bezeugt das altarmenische Lektio-

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

158

im vierten Jahrhundert ein solcher Brauch nicht mehr neu eingeführt werden können. In der älteren Zeit stieß man sich nicht daran, am Ostersonntag den Bericht von Jesu Himmelfahrt nach vierzig Tagen vorzulesen; man nahm diesen Bericht audi nicht zum Anlaß, ein Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag nach Ostern einzuführen. Man gedachte vielmehr der Erhöhung Christi in Einem, und nicht seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt getrennt4. Neben der angedeuteten Veränderung im Verhältnis zur Geschichte spielen, vor allem im Osten, theologische, nämlich christologische und soteriologische Motive eine entscheidende Rolle bei den Veränderungen, die der Osterfestkreis nun erfährt. Ebenso sind es auch im Westen theologische Motive, die die Aufgliederung des Osterfestkreises und des Festinhalts noch für einige Jahrzehnte aufhalten. Beides soll im Folgenden5 deutlich werden. Zuvor aber soll in einem E x kurs die Entstehung des Himmelfahrtsfestes behandelt werden; sie ist ebenso wie die Entstehung des Weihnachtsfestes ein deutliches Beispiel für die neuen Tendenzen, die im vierten Jahrhundert wirksam wurden. Exkurs: Zur Entstehung des Himmelfahrtsfestes Man ist weithin in der Meinung einig, daß das Himmelfahrtsfest erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts entstanden sei®. Der terminus ante quem wird bestimmt durdi die wohl 392 in Antiochia gehaltene Himmelsfahrtspredigt des Johannes Chrysostomus7, die ungefähr gleichzeitige Himmelfahrtspredigt Gregors von Nyssa 8 und ein in letzter Zeit selten berücksichtigtes Zeugnis des Amphilochius von Ikonium". Auch die Apostolischen Konstitutionen 10 sprechen bereits vom Himmelfahrtsfest. Schließlich ist es wahrscheinlich auch bei Severian von Gabala vorausgesetzt, ohne daß allerdings der vierzigste Tag nach Ostern als Termin dieses Festes ausdrücklich angegeben würde. In der dritten der armenisch überlieferten Predigten spricht Severian von den »festlichen Kronen«, mit denen uns die Himmelfahrt Christi bekrönt habe, und nar, daß Act 1 am frühen Morgen des Ostertags gelesen wurde (vgl. K. Schmaltz, Das heilige Feuer in der Grabeskirche im Zusammenhang mit der kirchlichen Liturgie und den antiken Lichtriten. Palästina-Jahrbuch 13, 1917, S. 53—99 [68, Anm. 2]). Vgl. J . Boeckh, Die Entwicklung der altchristlichen Pentekoste. Jahrb. f. Liturgik und Hymnologie 5, 1960, S. 1—45 (3 ff.). 4

Der Verfasser des Barnabasbriefs (15 ») nennt sogar als Inhalt der wöchentlichen Sonntagsfeier Auferstehung und Himmelfahrt zusammen.

5

S. unten S. 165 ff., S. 186 ff.

β

Vgl. z . B . L.Duchesne, Origines du culte chretien, 5.Aufl. Paris 1925, S. 253; W. K. Lowther Clarke (ed.), Liturgy and Worship, 1943, S. 208; G. Dix, The Shape of the Liturgy, 1949, S. 358; G. Rietschel-P. Graff, Lehrbuch der Liturgik, Bd. 1, 2. Aufl. 1951, S. 146 f.; A. A. McArthur, The Evolution of the Christian Year, 1953, S. 152 ff.

7 8 9 10

PG 50,441—452. PG 46, 689—693. Oratio in Mesopentecosten (PG 39, 124). V, 20, 2 (S. 293, 23 ff. Funk); vgl. V I I I , 33, 4 (S. 538, 17 f. Funk).

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

159

spielt damit möglicherweise auf das Himmelfahrtsfest an11. Eine andere, unter den Chrysostomus-Predigten erhaltene Predigt Severians »Über die Himmelfahrt unseres Herrn« wurde wohl zwei Tage nach dem Himmelfahrtsfest gehalten12. Alle diese Zeugnisse rufen nicht den Eindruck hervor, als sei das Himmelfahrtsfest erst seit kurzem eingeführt; Johannes Chrysostomus wenigstens hätte eine solche Tatsache wahrscheinlich nicht zu verschleiern gesucht13. Gerade aus seiner Predigt läßt sidi schließen, daß das Fest bereits einen gesicherten Platz und eine erhebliche Bedeutung innerhalb des Kirdienjahres hatte 14 . Ebenso setzt der älteste Zeuge für das Himmelfahrtsfest im Westen, Augustin, voraus, daß es schon längst eingeführt sei15. Gegen die These, das Himmelfahrtsfest sei erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts entstanden, hat sich Widerspruch erhoben16, der die Anfänge des Festes vielmehr in den Beginn des vierten Jahrhunderts datiert und sich auf folgende Quellen stützt: 1. Im Kanon 43 der Synode von Elvira heißt es: »Pravam institutionem emendari placuit iuxta auctoritatem scripturarum, ut cuncti diem Pentecostes celebremus, ne st quis non fecerit, novam haeresem induxisse notetur«1''. Einige alte Handschriften lesen: »diem Pentecostes post Pascha celebremus non quadragesimam, nisi quinquagesimam*18; und eine alte Zusammenfassung des Synodalbeschlusses sagt: »Post Pascha quinquagesima teneatur, non quadragesima*19. Man hat daraus geschlossen, daß der Kanon das Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag voraussetze20, und daß er sidi gegen eine spanische 11

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J . B. Aucher, Severiani sive Seberiani Gabalorum episcop't Emesensis Homiliae nunc primum editae, ex antiqua versione armena in latinum sermonem translatae, Venetiis 1827, S. 57. Eine »olim* gehaltene Himmelfahrtspredigt Severians (H.-D. Altendorf, Untersuchungen zu Severian von Gabala, Diss. Tübingen 1957, mschr. S. 271) finde ich allerdings an dieser Stelle nicht erwähnt. PG 52, 773—792; als severianisch nachgewiesen von B. Merx, OCP 5, 1939, S. 281 bis 367 (283—291); vgl. Altendorf, aaO., S . 4 7 f . ; 133—135; 274. Der Hinweis, daß die Predigt zwei Tage nach Himmelfahrt gehalten sei, findet sidi allerdings nur in einer der von Montfaucon verwandten Handschriften (Sp. 782, Anm.). Vgl. seine Weihnachtspredigt (PG 49, 351—362), in der er über die Einführung des Weihnachtsfestes in Antiodiia (vor noch nicht zehn Jahren; Sp. 351) eine präzise Angabe macht. S. unten S. 206. Im augustinischen Predigt-Corpus sind nicht weniger als dreißig Himmelfahrtspredigten überliefert, die allerdings nur teilweise echt sind. Vgl. die übersichtliche Zusammenstellung bei J . G. Davies, He ascended into heaven. A Study in History of Doctrine, London 1958, S. 190 f. Ob eine Stelle bei Filastrius (der dann ein früherer Zeuge wäre als Augustin) als ein Beleg für das Himmelfahrtsfest gewertet werden kann, ist zweifelhaft; s. unten S. 179. Zuletzt zusammenfassend formuliert bei Davies, aaO., S. 192—198. F. Laudiert, Die Kanones der wichtigsten altkirchlichen Konzilien (Sammlung ausgewählter kirdien- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften 1, 12), Freiburg u. Leipzig 1896, S. 20. Laudiert, S. 192; vgl. Mansi, Concilia t. II, Sp. 13. Mansi II, Sp. 26. V. Larranaga, L'Ascension de Notre-Seigneur dans ie Nouveau Testament, Rom 1938, S. 507; Davies, aaO., S. 195 f.

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Sonderrichtung wende, die nur den vierzigsten Tag nach Ostern gefeiert habe, nicht aber den fünfzigsten. Näherhin hat man vermutet, bei dieser Gruppe handle es sich um Montanisten 21 , die die Herabkunft des Geistes erst bei der Wiederkunft des Montanus erwarteten. Jedoch fehlt jeder Beleg dafür, daß die Montanisten den fünfzigsten Tag nicht gefeiert hätten. Vielmehr behauptet Hieronymus möglicherweise, die Montanisten gedächten am fünfzigsten Tag nach Ostern der Himmelfahrt Christi 22 : »Montanus, Prisca et Maximilla etiam post Pentecosten faciunt quadragesimam: quod ablato sponso, filii sponsi debeant ieiunare«. Der erste Text, der mit der ausführlicheren Fassung des Kanon 43 von Elvira in Zusammenhang gebracht werden kann, findet sich bei Cassian 23 ; dort wird die Frage gestellt, warum man die nachösterliche Freudenzeit nicht schon am vierzigsten Tag, dem Tag der Himmelfahrt Christi, sondern erst am fünfzigsten Tag beende. Eine solche Frage konnte erst auftauchen, nachdem Himmelfahrt zu einem eigenständigen Fest von großer Bedeutung geworden war. Diesen Prozeß können wir in groben Zügen noch verfolgen und dabei feststellen, daß das Himmelfahrtsfest — wie man auch seine Entstehung genau datieren mag — erst an der Wende des vierten zum fünften Jahrhundert eine Bedeutung erlangte, die der des Pfingsttages entsprach. Solche Überlegungen führen zu der Frage, ob der Zusatz »non quadragesimam« in einigen Handschriften der Canones von Elvira authentisch ist und ob die spätere Zusammenfassung des Canon 43 dessen ursprüngliche Bedeutung trifft. Aus den Voraussetzungen des beginnenden vierten Jahrhunderts läßt sich der kürzere Text — ohne den genannten Zusatz — leichter verstehen als die ausführlichere Fassung. Der Canon 43 soll dann einen Streit über die Frage schlichten, ob überhaupt Pfingsten als besonderes Fest gefeiert werden soll, nicht wann es gefeiert werden soll. Die Synode von Elvira steht am Anfang der Periode der »historisierenden« Verselbständigung einzelner Festtage, deren erster Schritt die Hervorhebung des fünfzigsten Tages der Pentekoste und deren zweiter Schritt erst die Einführung des Himmelfahrtsfestes am vierzigsten Tag ist. Der Kanon 43 von Elvira ist ein Zeugnis für den ersten Schritt. Für die Teilnehmer der Synode ist der Pfingsttag ein besonderer Festtag mit bestimmtem Festinhalt, von dem wir nicht mehr sagen können, ob er nur die Geistausgießung oder auch die Himmelfahrt umfaßte; für andere, die sich — indem sie am Althergebrachten festhalten — nach der Aussage des Kanons auf dem Wege zur Häresie befinden, kommt dem letzten Tag der fünfzigtägigen Freudenzeit eine solche besondere Bedeutung nicht zu. Es ist verständlich, daß von Späteren, zu deren Zeit die »historisierende« Trennung der Festtage bereits abgeschlossen war, dieser Streit nicht mehr begriffen wurde; ihr Mißverständnis hat sich in dem Zusatz und der Epitome zu Kanon 43 niedergeschlagen. Einen Beleg für ein selbständiges Himmelfahrtsfest zu Beginn des vierten Jahrhunderts vermag dieser Kanon nicht zu bieten. 2. Der fünfte Kanon von Nicäa handelt von den Provinzialsynoden, die jährlich zweimal stattfinden sollen; in ihm heißt es 24 : »Al δέ σύνοδοι γενέσθωσαν, μία μέν πρό της τεσσαρακοστής, ίνα πάσης μικροψυχίας αναιρουμένης τό δώρον καθαρόν προσφέρηται τω θεώ, δευτέρα περί τον τοΰ μετοπώρου καιρόν«. Nachdem man früher annahm, 21

22 23 24

Herbst, Synode von Elvira, T h Q 3, 1821, S. 3—44 (39 f.); A . W . W . Dale, The Synod of Elvira, 1882, S. 306 f. Montanistischen Einfluß nimmt auch Larranaga, aaO., als sicher an. Comm. in Evang. Matth. I, 9 (PL 26, 58 D). Coli. 21, 19—20 (S. 594 Petschenig, CSEL 13). V. Benesevic, Joannis Scholastici Synagoga L titulorum, Bd. 1 (Abh. d. Bayer. Ak. d. Wiss. N F 14), München 1937, Tit. 49, S. 149 f.

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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mit τεσσαρακοστή sei die vierzigtägige Fastenzeit gemeint 25 , hat Salaville 20 behauptet, daß hier der vierzigste Tag nadi Ostern gemeint sei. Das Quadragesimalfasten vor Ostern wurde erst in der Zeit nach dem nicänischen Konzil allmählich allgemeiner Brauch; daß der dann vorherrsdiende Name f ü r diesen Brauch hier schon so selbstverständlich verwandt worden sein soll, ist verwunderlich. Wäre wirklich die Fastenzeit gemeint, dann fiele die erste der beiden Jahressynoden in die für Reisen sehr beschwerlichen Monate Januar oder Februar und läge damit außerdem allzu nah bei der zweiten, im Oktober stattfindenden Synode. — Die Angaben des Kanon 5 von Nicäa werden präzisiert durch den nur wenige Jahre jüngeren Kanon 20 von Antiochien, der nicht, wie man früher annahm, erst aus dem Jahr 341 stammt 27 . Er gibt den Termin der Frühjahrssynode genauer an als der Kanon von Nicaea; sie soll stattfinden »μετά τήν τρίτην έβδομάδα της έορτής τοϋ άγιου πάσχα, ώστε τη τετάρτη έβδομάδι της πεντηκοστής έπιτελεΐσθαι τήν σύνοδον: nach der dritten Osterwoche, so daß sie in der vierten Woche der Pentekoste endet« 28 . Nach dem 37. der sogenannten apostolischen Kanones, der von dem antiochenischen Kanon abhängig ist, soll die erste Jahressynode »τη τετάρτη έβδομάδι τής πεντηκοστής: in der vierten Pfingstwoche« abgehalten werden 2 ·. Ebenso wie aus diesen ergibt sich aus späteren Bestimmungen, daß die erste Synode nie vor, sondern stets nach Ostern stattfand. Auch zu den vornicaenischen Frühlingssynoden, deren Zeitpunkt wir einigermaßen kennen, versammelte man sich erst nach Ostern 30 . Die Parallelen zeigen eindeutig, daß auch der Kanon 5 von Nicaea als Zeitpunkt der Frühjahrssynode die Zeit nach Ostern bestimmte. Doch wirkt dann der Ausdruck τεσσαρακοστή erst recht befremdlich. Aus der dem Nicaenischen Konzil zeitgenössischen Literatur ist er als Bezeichnung für den vierzigsten Tag nach Ostern völlig unbekannt. Die ältesten Belege, die in den neueren Untersuchungen angeführt werden, sind alle erheblich später und zudem alle aus der lateinischen Literatur. Es handelt sich dabei um den Zusatz und die Epitome zu Kanon 43 von Elvira, die oben als nicht ursprünglich erwiesen wurden, ferner um Peregrinatio Egeriae 42 3 1 , Augustin, Sermo 267,3 32 und Liberatus, Breviarium causae Nestorianorum et Eutychianorum X 5133. In der Peregrinatio Egeriae wird der Plural, nicht der Singular des Wortes verwandt: »die autem 25

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So z. B. F. X. Funk, Die Entwicklung des Osterfastens. Kirchengeschichtliche Abhandlungen und Untersuchungen, Band 1, Paderborn 1897, S. 241—278 (258 f.); L. Duchesne, Origines du culte chritien, l.Aufl. Paris 1898, S. 231; F. Cabrol, DALC II, 2, Sp. 2141. S. Salaville, La τεσσαρακοστή du Ve canon de Nicee (325). EO 13, 1910, S. 65—72; vgl. ders., E O 14, 1911, S. 355—357; ders., Τεσσαρακοστή, Ascension et Pentecöte. EO 32, 1929, S.257—271; ferner H.Koch, Die Τεσσαρακοστή in Can. V von Nicaea (325). ZKG 44, 1925, S. 481—486; Larranaga, L'Ascension, S. 575 ff.; H . Leclerq, Tessaracoste, Careme ou Ascension? DALC 15, 2, Sp. 2056—2059; Davies, H e ascended into heaven, S. 196 f. S. oben S. 76. Benesevii, aaO., S. 150, 5 ff. Beneäevic, aaO., S. 149, 7. Vgl. Koch, aaO., S. 485. S. 93 Geyer, CSEL 39. PL 38, 1250; die Stelle wird bei Leclerq, DACL 15, 2, Sp. 2056.2059 zitiert. Das Material ließe sich für Augustin vermehren; vgl. ζ. B. Sermo Bibl. Casin. II 76 (Morin, Misc. Agost. I, S. 415). Schwartz, A C O II 5, S. 113, 19. Huber

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

quadragesimarum post PaschaEr steht hier als reine Zeitangabe, nicht als Bezeichnung des Himmelfahrtsfestes, das nach dem Bericht der Egeria in Jerusalem nicht am vierzigsten, sondern erst am fünfzigsten Tag gefeiert wurde 34 . Leclerq hat deshalb auch zu Recht auf diesen Beleg verzichtet 35 . So ist Augustin der erste, von dem uns die Verwendung des Wortes quadragesima f ü r das Himmelfahrtsfest überliefert ist. Er, dem die Bezeichnung quadragesima für das vorösterliche Fasten bereits geläufig ist 38 , verwendet es, weil er den Zeitraum der vierzig Tage nach Ostern dem vierzigtägigen Fasten vor Ostern gegenüberstellen will 37 : in beiden Fällen bedeuten die vierzig Tage das Leben auf dieser Erde, dem die himmlische Vollendung erst folgt; deren Symbol ist das Hinzutreten der zehn Tage zwischen Himmelfahrt und Pfingsten zu den vierzig Tagen. Augustin wählt also die Bezeichnung quadragesima oder dies quadragesima für den Himmelfahrtstag um eines bestimmten Gedankens willen. Wie wir für diesen Gedanken keinen Vorläufer Augustins kennen, so auch nicht f ü r die Wahl dieses Namens. Beides stammt daher möglicherweise von ihm selbst. — Der letzte Beleg für τεσσαρακοστή = Himmelfahrt führt in das sechste Jahrhundert (zwischen 560 und 566). Selbst wenn die zitierte Stelle bei Liberatus bis in die Formulierung hinein auf eine griechische Vorlage zurückginge 38 , so wäre diese doch audi erst in der Zeit der nestorianischen Streitigkeiten, also in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, entstanden. Als Beleg für den Sprachgebrauch τεσσαρακοστή = Himmelfahrt zu Beginn des vierten Jahrhunderts kann auch die Stelle bei Liberatus nicht angesehen werden. Die angeführten Parallelen vermögen also den selbstverständlichen Gebrauch von τεσσαρακοστή f ü r den Himmelfahrtstag in Kanon 5 von Nicaea nicht zu erklären. Warum spricht der Kanon nicht von der ημέρα oder έορτή της άναλήψεως, wenn zur Zeit des Konzils das Fest wirklich schon eingeführt war? Die entstandene Aporie wird am besten durch eine schon von Funk erwogene 30 , von Salaville 40 und Koch41 ebenfalls für möglich gehaltene, von allen dreien dann aber doch abgelehnte Textänderung gelöst. Wenn der Text des Kanons den Zeitgenossen überhaupt verständlich gewesen sein soll, muß ursprünglich πεντηκοστής an der Stelle von 34

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Peregrinatio Egeriae 43 (S. 93, 16 ff. Geyer). Vgl. dazu v. a. A. Heisenberg, Zur Feier von Weihnachten und Himmelfahrt im alten Jerusalem. BZ 24, 1923/24, S. 329—335; E. Dekkers, De datum der »Peregrinatio Egeriae« en het Feest von Ons Herr Hemelfaart. SE 1, 1948, S. 181—205; J . G.Davies, The Peregrinatio Egeriae and the Ascension. VC 8, 1954, S. 93—100; G. Kretschmar, Himmelfahrt und Pfingsten. ZKG 66, 1954/55, S. 209—253; P.Devos, Egcrie a Bethleem le 40e jour apres Paques k Jerusalem, en 383. AB 86, 1968, S. 87—108. Devos macht wahrscheinlich, daß es sich bei dem 40. Tag um das Fest der Unschuldigen Kinder handelt, das am 18. Mai in Bethlehem gefeiert wurde. Dieser Tag fiel im Jahr 383, in dem Egeria vermutlich in Jerusalem war, mit dem 40. Tag nach Ostern zusammen. D A L C 15, 2 Sp. 2056—2059. Vgl. ζ. B. Ep. 55, 15, 28 (S. 201, 4 ff. Goldbadier). Vgl. ζ. B. Sermo Mai 98 (Morin, Misc. Agost. I, S. 350); Sermo 263 (PL 38, 1211); Sermo 264 (PL 38, 1216). Das nehmen Salaville, EO 13, 1910, S. 71 f., und Koch, aaO., S. 484, an. aaO., S. 258. EO 13, 1910, S. 72. aaO., S. 484.

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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τεσσαρακοστής gestanden haben. Die Frühjahrssynode sollte nadi dem ursprünglichen Wortlaut des Kanon 5 von Nicaea zwischen Ostern und Pfingsten stattfinden. Die späteren, oben zitierten Kanones präzisierten den Zeitpunkt auf die vierte Woche nach Ostern. Nach der Einführung des Himmelfahrtsfestes fand die Frühjahrssynode also vor diesem Tag statt. Es ist leicht denkbar, daß nach der Verbreitung des Himmelfahrtsfestes ein Schreiber auch dem Kanon 5 von Nicaea eine präzisere Fassung zu geben suchte, die dem vorgeschriebenen Zeitpunkt der Synode entsprach, und πεντηκοστής durch τεσσαρακοστής ersetzte. Als Beleg für ein selbständiges Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag zu Beginn des vierten Jahrhunderts kann audi der Kanon 5 von Nicaea nicht gelten. 3. Als dritten Beleg für die Existenz des Himmelfahrtsfestes zu Beginn des vierten Jahrhunderts führt Davies 42 Euseb, De sollemnitate paschali 5 43 an. Der Zusammenhang lautet: »Διό μετά τό πάσχα την πεντηκοστήν έν έβδομάσιν έπτά τελείοις έορτάζομεν, τον μέν πρότερον αΙώνα τής προ τοϋ πάσχα τεσσαρακονθημέρου συνασκήσεως έν εξ έβδομάσιν άνδρισάμενοι - πρακτική γαρ ή εξάς καΐ ενεργητική, διό καί έν εξ ήμέραις ό Θεός πεποιηκέναι λέγεται τά σύμπαντα. Τούς δ' έν έκείνη πόνους είκότως ή δευτέρα έορτή έν έβδομάσιν έπτά διαδέξεται, πολυπλασιαζομένης ήμϊν τής αναπαύσεως, ής τά σύμβολα ή έβδομάς έκείνη σημαίνειν θέλει. Ού μην επί ταύτας ό τής πεντηκοστής αριθμός ϊσταται· ύπερακοντίσας δέ τάς έπτά εβδομάδας, μονάδι τη μετά ταύτας ύστάτη τήν πανέορτον ήμέραν τής Χριστοΰ αναλήψεως έπισφραγίζεται. Εϊκότως δρα έν ταΐς τής άγιας πεντηκοστής ήμέραις τήν μέλλουσαν άνάπαυσιν διαγράφοντες, τάς ψυχάς καί τό σώμα διαναπαύομεν, ώς αν αύτω συνόντες ήδη τ φ νυμφίφ, καί νηστεύειν μή δυνάμενοι.« Die Interpretation dieser Stelle in der neueren Forschung ist sehr schwankend. Nachdem schon Koch sie als Beleg f ü r das selbständige Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag herangezogen hatte 44 , hat Salaville 45 erklärt, der Zusammenhang zeige, daß hier nicht der vierzigste Tag, sondern der Pfingsttag gemeint sei. Ihm sind U. Holzmeister 46 und G. Kretschmar 47 gefolgt. Demgegenüber hat V. Larranaga 48 folgendes Argument vorgetragen: έπισφραγίζω, das im Aktiv »das Siegel aufdrücken« bedeutet, heißt im Medium auch »bestätigen, sichern, anerkennen« 49 . Als nächste Parallele führt Larranaga eine Stelle aus Polybius, Hist. 32, 6, 3 an: Charops begab sich nach den Grausamkeiten, die er in Griechenland begangen hatte, nach Rom, um vom Senat die »Ratifikation« seiner illegitimen Akte zu erhalten: »βουλόμενος έπισφραγίσασθαι διά τής συγκλήτου τήν αύτοϋ παρανομίαν.« Im Anschluß an den lexikalischen Befund interpretiert Larranaga unsere Stelle folgendermaßen: Durch den letzten Tag der Pentekoste wird der überaus festliche Tag der Himmelfahrt Christi ratifi-

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aaO., S. 197 f., im Anschluß an Larranaga, L'Ascension de Notre-Seigneur, S. 518 f. PG 24, 700 B.C. »Erwähnt ist dieses Fest als πανέορτος ήμέρα τής Χριστού αναλήψεως erstmals von Euseb . . . « (ZKG 44,1925, S. 485). Τεσσαρακοστή, Ascension et Pentecote. E O 32,1929, S. 257—271 (258). Der Tag der Himmelfahrt des Herrn. ZkTh 55, 1931, S. 44—82 (62). Himmelfahrt und Pfingsten. ZKG 66, 1954/55, S. 209—253 (211). L'Ascension de Notre-Seigneur, S. 518 f. Larranaga beruft sich auf Stephanus-Hase-Dindorf, Thesaurus Graecae Linguae III, 1822; Sophocles, Greek Lexicon of the Roman and Byzantine Periods, 514; Liddell-Scott, 663; Bailly, Dictionaire Grec-Franjais, Paris 1929, 778; Bauer, Wörterbuch zum Neuen Testament, 5. Aufl., 597.

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ziert. Dieser T a g muß also, auch wenn Euseb darüber keine genauen Angaben macht, dem fünfzigsten Tag vorausgehen. Zu Grunde liegt die schon in Act 1 s ausgesprochene und von den Vätern »avec Chrysostome« 5 0 wiederholte Auffassung, die Geistausgießung am fünfzigsten Tag bestätige die Wahrheit der Himmelfahrt Christi, die vorausgegangen sei. Nun hat Euseb dieser Auffassung in dem vorliegenden Text nirgends Ausdruck verliehen. Vielmehr scheint es seinen Ausführungen zu widersprechen, daß der überaus festliche T a g der Himmelfahrt durch einen anderen T a g (der doch eigentlich noch festlicher sein müßte) bestätigt werden soll. Über diesen anderen T a g wird nadi einer solchen Interpretation nichts weiter ausgesagt, als daß er als einzelner noch zu den sieben Wochen der Pentekoste hinzutrete; von einem eigenen Festinhalt dieses Tages berichtet Euseb dann nichts. Es ist deshalb zweifelhaft, ob Larranagas Interpretation des Textes zutrifft. Zu einer anderen Erklärung führt eine von Larranaga nicht erwähnte Bedeutung des Mediums von έπισφραγίζω 5 1 : »als Siegel aufdrücken«. Geht man von dieser Bedeutung aus, so läßt sich der entscheidende Satz bei Euseb folgendermaßen übersetzen: »Sie (sc. die Zahl der Tage der Pentekoste) überschreitet die sieben Wochen und drückt der nach diesen folgenden letzten Einheit den überaus festlichen T a g der Aufnahme des Herrn als Siegel auf« 5 2 . N u n bekommt der Text einen in sich klaren und deutlichen Sinn: der letzte Tag der Pfingstzeit, der über die sieben Wochen hinausgeht, ist dadurch vor den anderen ausgezeichnet, daß man an ihm die Himmelfahrt Christi feiert. Als letzter Tag der Pentekoste ist er zugleich deren Höhepunkt; an ihm wird noch einmal in besonderer Weise deutlich, daß die Pentekoste eine Freudenzeit ist. Man kann gegen diese Interpretation nicht einwenden 53 , Euseb habe, wie eine ganze Anzahl von Texten 5 4 zeige, den Bericht der Apostelgeschichte von der Himmelfahrt am vierzigsten T a g gekannt. Denn gerade die späte Entstehung des Himmelfahrtsfestes ist ein deutliches Beispiel für die weitgehende Unabhängigkeit der liturgischen Entwicklung von den Angaben der neutestamentlichen Sdiriften. Man verwandte Act 1 als Lektion des Ostersonntags 5 5 und hielt bis in das vierte Jahrhundert trotz der in diesem Text enthaltenen Angabe, Christus sei vierzig Tage nach der Auferstehung

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Larranaga gibt keine Belege. Vgl. Liddell-Scott s. v. Ähnlich übersetzt audi Ο. Perler, Die Mosaiken der Juliergruft im Vatikan (Freiburger Universitätsreden N F 16), Freiburg/Schweiz 1953, S. 59, Anm. 68. Die hier wiedergegebene Auffassung unserer Stelle wird im übrigen auch durch den ganz ähnlichen Text Vita Constantini IV, 64 (S. 144, 10 ff. Heikel) bestätigt. An beiden Stellen kann man die Verbindung der Himmelfahrt mit dem letzten Tag der Pentekoste nicht nur daraus begründen, daß dieser T a g ein Sonntag sei (so Perler, aaO., S. 60); denn es ist deutlich, daß nach Eusebs Auffassung dieser letzte Sonntag sich von den anderen Sonntagen der Pentekoste und überhaupt von allen Sonntagen des Jahres unterscheidet. Vgl. Larranaga, aaO., S. 515 ff. Dem. Ev. I I I , 4, 29 (S. 115, 9 f. Heikel); V I , 18, 23 ( S . 2 7 8 , 28 ff.); V I I I , 2, 110 (S. 387, 28 ff.); De eccles. theol. III, 5 (S. 161, 34 ff. Klostermann); Suppl. quaest. ad Marinum X (PG 22, 1004). Den Termin des vierzigsten Tages erwähnt Euseb freilich nur Dem. Ε ν . V I I I , 2, 110 und Suppl. quaest. ad Marinum X . S. oben S. 157 f.

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gen Himmel gefahren, an der einheitlichen Erhöhungsvorstellung fest. Ebenso konnte man trotz dieser Angabe der Himmelfahrt am fünfzigsten Tag nach Ostern gedenken. So schließt die selbstverständliche Tatsache, daß Euseb Act 1 kannte, nicht aus, daß er von einem solchen Himmelfahrtsfest am fünfzigsten Tag berichtet. Er ist im übrigen nicht der einzige, durch den wir Kenntnis von diesem Fest haben 56 .

Erst im Verlauf des vierten Jahrhunderts also wurde aus der ursprünglich einheitlichen fünfzigtägigen Freudenzeit der Pentekoste ein einzelner Tag als besonders bedeutsam herausgehoben. Die Vermutung liegt nahe, daß auch die Osterfeier selbst um der größeren historischen Genauigkeit willen nun aufgeteilt wurde und man des Todes und der Auferstehung Christi nicht mehr in Einem, sondern in dem von den evangelischen Berichten geforderten zeitlichen Abstand gedachte. In der Tat hören wir nun von einem selbständigen Gottesdienst zum Gedächtnis des Todes Christi am Freitag vor Ostern, in dem die Leidensgeschichte, in der Regel nach Matthäus57, vorgelesen wurde. Für Hippo zur Zeit Augustins wissen wir zudem, daß Psalm 22 zum Vortrag kam58. Doch trotz der Betonung des »Karfreitags« als des Tages, an dem »das große und unaussprechliche Geheimnis des Leidens des Herrn feierlich begangen« wird 59 , bleibt im Westen, soweit uns die Quellen ein Urteil erlauben, audi im vierten und beginnenden fünften Jahrhundert die ganze Fülle des Festinhalts der Osterfeier bewahrt. Die lateinischen Osterpredigten dieser Zeit zeigen Ostern immer noch als das Fest, in dem man des Todes und der Auferstehung Christi in Einem gedachte. 2. Ambrosius und Origenes Der Grund dafür, daß der alte Festinhalt in seiner Fülle erhalten blieb, liegt in der besonderen Eindringlichkeit, mit der man im Westen von der Heilsbedeutung des Kreuzes Christi sprach. Im Gegensatz zu der griechischen Theologie dieser Zeit war für Ambrosius, Augustin und ihre lateinischen Zeitgenossen nicht die Inkarnation und nicht die Auferstehung allein, sondern das Geschehen von Kreuzigung und Auferstehung das zentrale Heilsereignis. Das ist gerade bei Ambrosius besonders deutlich, von dem wenig theologische Eigenständigkeit erwartet und völlige 55

Vgl. das bei Kretsdimar, Z K G 66, 1954/55, S. 209—253, zusammengestellte Material, ferner die unten S. 178 fF. gegebenen Belege.

Vgl. auch f ü r Hippo die Mitteilung Augustins in einer der Predigten der Osterwoche, daß sein Versuch, wie die Auferstehungsberichte so auch die Passionsberichte der verschiedenen Evangelien vorlesen zu lassen, gescheitert sei: Sermo 232, 1 (PL 38, 1 1 0 7 f.). 8 8 Tract, in Jo. 13, 14 (S. 138 Willems, CChL 36); Enarratio in Ps. X X I , II, 38 (S. 130, 21 f. Dekkers-Fraipont, CChL 38). Vgl. W . Roetzer, Des heiligen Augustinus Schriften als liturgie-geschiditliche Quelle, München 1930, S. 36 ff. 6 9 Augustin, Sermo Guelferb. 2 (Morin, Misc. Agost. I, S. 450).

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Abhängigkeit von der griechischen Theologie, insbesondere von Origenes, behauptet wird. So kommt Karl Baus bei einem Vergleich der Christusfrömmigkeit des Ambrosius mit derjenigen des Origenes60 zu dem Ergebnis, daß alle wesentlichen Züge der ambrosianischen Christusfrömmigkeit sich bereits bei Origenes fänden; Ambrosius verdanke die Welt seiner Christusfrömmigkeit bis in Einzelheiten hinein dem großen Lehrer aus Alexandrien, der die seine aus paulinischen und johanneischen Elementen geformt und »als eine seiner schönsten Gaben für die Christenheit« an Ambrosius weitergegeben habe. Andere Einflüsse auf Ambrosius, etwa der der Volksfrömmigkeit, seien daneben von geringer Bedeutung; vor allem könne man die Christozentrik des Ambrosius nicht aus einer antiarianischen Abwehrhaltung erklären 61 . Baus übergeht bei einem solchen Urteil allerdings, daß die »Passionsfrömmigkeit« des Ambrosius, die starke Hervorhebung der Erniedrigung Jesu am Kreuz und der Heilsbedeutung des Kreuzes, bei Origenes keinerlei Parallele hat. Beispiele aus der MatthäusErklärung des Origenes und den Lukas-Homilien des Ambrosius können das verdeutlichen. Für Origenes ist Christus auch noch am Kreuz der göttliche Wundermann: der eine der beiden Räuber, die mit Jesus zusammen gekreuzigt wurden, kommt zum Glauben wegen der Wunder Jesu, von denen er gehört hat, und wegen der sich bei der Kreuzigung ausbreitenden Finsternis, also wegen eines Wunders, das Jesus gerade tut 82 . Dieses Wunder erklärt Origenes allerdings bald darauf als ein Zusammentreffen mehrerer dunkler Wolken 63 . Dennoch ist ihm die Finsternis ein Zeichen für die K r a f t Jesu, auch noch am Kreuz Wunder zu wirken. Zwar veranlaßt Jesu Ruf: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« auch Origenes dazu, von Jesu Erniedrigung zu reden 64 ; doch hebt er diese Aussage gleich wieder dadurch auf, daß er darauf hinweist, daß Jesus das »mit lauter Stimme« gerufen habe. Er rief es also nicht auf menschliche Weise, sondern er befahl mit diesem Ruf, daß der Erde die Sonne, die sich für drei Stunden verdunkelt hatte, wieder aufgehe 65 . Neben diese Erklärung stellt Origenes eine andere, die nicht einleuchtender ist: Jesus wolle mit dem Ruf zeigen, daß der Vater ihn freiwillig verlassen habe, 60

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D a s Nachwirken des Origenes in der Christusfrömmigkeit des Ambrosius. R Q 4 9 , 1954, S. 21—55. aaO., S. 54. E. Dassmann, Die Frömmigkeit des Kirchenvaters Ambrosius von Mailand, 1965, verweist auf S. 3 zustimmend auf die Ergebnisse von Baus und erwähnt die »Passionsfrömmigkeit« des Ambrosius nur am Rande (S. 202—205), erkennt ihre zentrale Stellung also nicht. Mt.-Erkl. 133 (S. 271, 4 ff. Klostermann, G C S Origenes X I ) . ebenda 134 (S. 272 ff.). ebenda 135 (S. 279, 3 ff.). S. 281, 2 ff.

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und daß das Volk Israel wegen der Taten, die es an Jesus begangen habe, des göttlichen Lichts beraubt und der Finsternis übergeben werde66. Beide Erklärungen verfolgen offenbar lediglich den Zweck, den Eindruck der Ohnmacht Jesu aufzuheben. Seine Niedrigkeit ist nur sein uneigentliches Sein; das Wort, das diese Niedrigkeit und Verlassenheit betont, läßt im Kontrast nur umso deutlicher die »Ehre«67, die Jesus beim Vater hat, hervortreten. Wie Origenes das Zerreißen des Tempelvorhangs allegorisch erklärt 88 , so interpretiert er auch die Zerspaltung der Felsen und die Öffnung der Gräber nach der Kreuzigung allegorisch. Die Felsen sind die Propheten, deren Geheimnisse (mysteria) nun offenbar werden69, die Gräber die Körper der sündigen Seelen, die Gott abgestorben sind; sie werden zu Körpern heiliger Seelen. »Das Große, das also hier geschehen ist, geschieht jeden Tag«70. Das eigentliche Geschehen der Kreuzigung ist ein Geschehen in der Seele des Menschen; ebenso bewirkt die Auferstehung »mysteria« in der Seele des Menschen71. Nicht zufällig beschließt Origenes diesen Abschnitt mit einem Hinweis auf die Notwendigkeit, vom einfachen Glauben zu den höheren Geheimnissen emporzusteigen72; denn diese Forderung entspricht der Tendenz seiner Interpretation. Sie versucht, die Ohnmacht Jesu am Kreuz umzudeuten; sie spiritualisiert die Aussagen des Matthäusevangeliums, die die Kreuzigung als ein Geschehen von kosmischer Bedeutung darstellen wollen; sie verflüchtigt schließlich die Einmaligkeit von Tod und Auferstehung Jesu zu einem sich in der Seele des Menschen ständig wiederholenden Geschehen. Man sieht an diesem Beispiel, daß die Behauptung der antiochenischen Theologen, die origenistische allegorische Interpretation leugne die historische Realität 73 , nicht völlig unberechtigt ist. Die beiden ersten Bücher des Lukas-Kommentars des Ambrosius sind von Origenes' Lukas-Homilien abhängig74. Von den späteren Teilen gilt das nicht, vor allem nicht von der Interpretation der Passions- und Auferstehungsberichte, die Origenes in der dem Hieronymus und wahrscheinlich auch dem Ambrosius vorliegenden Rezension von neununddreißig 08 67

ββ 69 70 71 72 7Ϊ 74

S. 2 8 0 , 4 ff. *gloria« steht in Rufins lateinisdier Übersetzung (S. 279, 22); im griechischen Text stand wahrscheinlich δόξα. S. oben S. 93 f. Mt.-Erkl. 139 (S. 287, 5 ff. Klostermann). S. 288, 6 ff. S. 289, 5 f. S. 289, 18 ff. S. oben S. 91 f. Vgl. Schenkl in der Praefatio zu seiner Ausgabe der Expositio evangelii Lucae (CSEL 34, 4, S. X I I I ff.); Rauer in der Einleitung zu den Lukas-Homilien des Origenes (GCS Origenes Bd. I X , 2. Aufl. Berlin 1959, S. IX).

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Lukas-Homilien nicht mehr behandelt. In der Interpretation der Erscheinungen des Auferstandenen 75 übernimmt Ambrosius, wie schon in Buch III, Erklärungen aus Eusebs Quaestiones Evangelicae ad Marinum 76 ; im übrigen scheint der Matthäus-Kommentar des Hilarius Einfluß auf seine Auslegung ausgeübt zu haben77. Direkte oder indirekte Beziehungen bestehen audi zu der Matthäus-Erklärung des Origenes; wie dieser berichtet auch Ambrosius von einer Tradition, nach der Jesu Kreuz auf dem Platz des Grabes Adams stand78. Doch kann die Feststellung solcher Abhängigkeiten nicht bedeuten, daß man Ambrosius alle Eigenständigkeit abspricht79. Vielmehr hat sein Lukas-Kommentar, obgleich er aus verschiedenen Quellen schöpft, ein einheitliches Gepräge. Man wird kaum bestreiten können, daß die antiarianische Frontstellung des Ambrosius seine Ausführungen mitbestimmt. Wenn Ambrosius wiederholt und mit Nachdruck betont, daß man an den ganzen Christus in seinen beiden Naturen glauben müsse, und daß es unsinnig sei, eine von ihnen von der anderen zu trennen80, wenn er andererseits mit Sorgfalt zwischen den Akten der menschlichen und der göttlichen Natur Christi zu unterscheiden versucht81, so will er sich damit klar vom Arianismus abgrenzen. Wenn er andererseits gerade in der Auslegung des Passionsberichtes die Herrscherwürde Christi, der als Triumphator das Kreuz als ein Tropaion trägt 82 , betont, so nimmt er damit die in seiner Zeit verbreitete Strömung, Christus vornehmlich als den rex gloriae darzustellen88, auf. Aber indem Ambrosius den sein Kreuz tragenden Christus als Triumphator und das Kreuz Christi als den einen Triumph Gottes84 bezeichnet, will er nicht 75

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X, 147 ff. (S. 510 ff. Schenkl); vgl. Praefatio S.V. PG 22, 937 ff. Vgl. G. Tissot in seiner Ausgabe der Expos, ev. Lucae in SCh 45 und 52: SCh 45, S. 16. X, 114 (S. 498, 11 ff. Schenkl). Vgl. Origenes, Mt. Erkl. 126 (S. 265, 1 ff. Klostermann). Von derselben Tradition weiß auch Hieronymus, Comm. in Matth. IV, 27 (PL 26, 247 B); Comm. in Eph. III, 5 (PL 26, 559 A); Ep. 46, 3 (S. 332, I f f . Hilberg, CSEL 54); ebenso Ps.Athanasius, In Passionem et Crucem Domini (PG 28, 208). Vgl. das zutreffende Urteil Tissots (aaO., S. 17): »on ne tardera pas & s'apercevoir que dans la plupart des cas il y a utilisation verbale, ΐΜιέΓΪβΙΙβ, plutöt que dependance τέεΐΐε de la pensee«. VI, 101 (S. 276, 18 ff. Schenkl); vgl. VIII, 11 (S. 396, 11 ff.). Vgl. die grundsätzliche Äußerung II, 64 (S. 75, 13 ff. Schenkl): » . . . quae supra naturam, supra aetatem, supra consuetudinem fiunt non humanis adsignanda uirtutibus, sed diuinis referenda sunt potestatibus*. Vgl. X, 109 (S. 496, 7 ff. Schenkl) u. ö. Daß das die Tendenz seit der konstantinischen Zeit sei, ist die These von C. Ridistaetter, Christusfrömmigkeit in ihrer historischen Entwicklung, 1949, v. a. S. 37 ff. Sie erweist sich allerdings gerade bei Ambrosius als allzu einseitig. X 109 (S. 496, 25 f. Sdienkl).

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Christi Schwachheit und die Erniedrigung, die das Kreuz für ihn bedeutet, leugnen. Vielmehr betont er, daß Christus den ganzen Menschen mitsamt seinen Gefühlen, auch mit dem Gefühl der Ohnmacht und der Verzweiflung, annehmen mußte, damit seine Wohltat vollkommen war. Die Trauer Jesu im Garten Gethsemane zeigt gerade dies und bedarf deshalb keiner Entschuldigung 85 ; denn die Inkarnation war nicht nur ein Schein, sondern wahrhaftig 86 . Nach der Natur des Körpers, der gekreuzigt wurde, war der Tod Christi dem Tod aller Menschen gleich; doch nach seiner K r a f t (virtus) war er von ihm verschieden87. Charakteristisch dafür, wie stark Ambrosius die Menschlichkeit Jesu betont, ist, daß er Jesu Wort »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen« heranzieht, obwohl es im Text des Lukasevangeliums fehlt. Im Anschluß an Formulierungen des Hilarius von Poitiers 88 entnimmt er ihm, daß nun die Gottheit die Menschheit Jesu verlassen habe: iClamavit homo diuinitatis separatione moriturus. Nam cum diuinitas mortis libera sit, utique mors esse non poterat, nisi uita discederet, quia uita diuinitas esi« 89 .

Im Gegensatz zu Origenes macht Ambrosius in dieser Interpretation deutlich, daß durch dieses Wort Jesu die Verlassenheit des Menschen Jesus am Kreuz ausgedrückt ist. Für ihn ist der Gekreuzigte nicht wie für Origenes der göttliche Wundermann. So ist auch seine Interpretation der beiden Räuber, die mit Jesus gekreuzigt wurden, von der des Origenes charakteristisch unterschieden. Für Ambrosius stellen die beiden Räuber die beiden Völker, das der Juden und das der Heiden, dar. Beide Völker sind sündig und müssen in der Taufe mit Jesus gekreuzigt werden. Wesentlich ist, daß auch derjenige Räuber, der nachher glaubt, zunächst Jesus schmäht. Daraus wird offenbar, daß audi für die Glaubenden das Kreuz ein Skandalon sein wird 80 . Die Belege aus der Lukas-Interpretation des Ambrosius, die sich leidit auch durch Beispiele aus seinen anderen Werken vermehren ließen91, zeigen, daß wir bei Ambrosius einer „ Kreuzestheologie" begegnen, daß also das Kreuz im Mittelpunkt seines theologischen Denkens steht. Die Kreuzigung ist für ihn mehr als nur ein Durchgangsstadium zur Aufer85 88 87 88 80 90 91

X , 56 (S. 477, 2 ff.). ebenda (S. 477, 11 f.). X , 140 (S. 509, 8 f.). PL 9, 79—81. X , 127 (S. 503, 8 ff. Schenkl). X , 123 (S. 501, 9 ff.). Vgl. z. B. Explan. ps. 40, 4 (S. 231, 7 ff. Petsdienig, CSEL 64); Explan. ps. 61, 14 ff. (S. 386,17 ff.); De fide 2,11,93 (S. 91, 31 ff. Faller, CSEL 78); De fide 5, 4, 54 (S. 237, 29 ff. Faller). Zahlreiche weitere Belege finden sich trotz seiner abweichenden Beurteilung bei Baus, aaO., S. 39 f., und bei J . Egger, Salus gentium. Eine Studie zur Volkstheologie des Ambrosius von Mailand, Diss. München 1947, mschr., S. 178 mit Anm.

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stehung. Denn durch die Kreuzigung und nur durch sie wird der Mensch von der Sünde befreit; so wird die Erneuerung seiner Natur durch die Auferstehung ermöglicht92. Jesus schenkt den Menschen die Vergebung der Sünden gerade dadurch, daß er selbst Mensch wird und sich bis zum Kreuz erniedrigt93. Es sind nicht revolutionäre Gedanken des Ambrosius, die dazu Anlaß geben, ihn in unserem Zusammenhang zu berücksichtigen; es ist vielmehr die starke Betonung, die bei ihm die Menschheit Christi und die Heilsbedeutung seines Todes erfahren. Er sieht die Kreuzigung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auferstehung; doch meint er das nicht so, daß die Kreuzigung der Auferstehung untergeordnet wäre und nur eine Vorstufe zu dieser bildete. Vielmehr ist die Kreuzigung von gleich hoher Bedeutung wie die Auferstehung. Durch Kreuzigung und Auferstehung wird den Menschen das Heil geschenkt. Eine solche Auffassung, die die Kreuzigung nicht von der Auferstehung isoliert und nicht zu einer Vorstufe der Auferstehung degradiert, mußte der Tendenz zur Auflösung des Osterfestes in voneinander getrennte Gedenktage der Kreuzigung und der Auferstehung entgegenwirken. Die Auffassung des Ambrosius mußte so zur Bewahrung der alten Fülle des Festinhalts von Ostern beitragen. 3. Augustin Da uns keine Osterpredigten des Ambrosius überliefert sind94, läßt sich diese Behauptung nicht eindeutig belegen. Um sie wahrscheinlich zu machen, müssen wir uns den Osterpredigten seines Schülers Augustin zu82

93 94

95

Vgl. statt vieler Belege De sacramentis II, 6, 17 (S. 32, 4 ff. Faller, CSEL 73; S. 82/84 Botte, SCh 25, 2. Aufl. 1961). Vgl. Explan. ps. 118, 3, 8 (S. 45, 14 ff. Petschenig, CSEL 62). Die beiden unter dem Namen des Ambrosius überlieferten Osterpredigten Sermo 34 (PL 17, 693—695) und Sermo 35 (ebenda 695—697) sind nicht edit; vgl. auch oben S. 122, Anm. 84. Der theologische Gehalt von Augustins Osterpredigten ist der Gegenstand vor allem folgender Aufsätze: M. Comeau, Les predications pascales de saint Augustin. RSR 23, 1933, S. 257—282; A. Eickler, »Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn« (Eph. 5, 8). Die >mysteria paschalia< in den >sermönes de tempore< des hl. Augustinus. BM 23, 1947, S. 81—86; K. Baus, Ostern in der Verkündigung des heiligen Augustinus. Paschatis Sollemia. JungmannFestschrift, hrsg. v. B. Fischer und J. Wagner, Freiburg 1959, S. 57—67. Alle drei Aufsätze haben die Predigten Augustins während der Osterwoche nicht vollständig erfaßt. Annähernd vollständig (mit Ausnahme der Serm. 321—324 [PL 38, 1143—1147]; 363 [PL 39, 1634—1638]; De resurrectione Domini [PL 39, 1724]; der Tract, in Jo. Ep. 1—8 [SChr 75, 104—371] und der unten genannten Fragmente) ist m. W. die Zusammenstellung bei C. Lambot, Les sermons de Saint Augustin pour les fetes de Paques. Tradition manuscrite. Melanges Andrieu, 1956,

§ 1 1 . T o d und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. J a h r h .

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wenden 95 . Augustin kennt, wie schon erwähnt 98 , eine selbständige Feier zum Gedächtnis des Todes Jesu am Freitag vor Ostern. Vier seiner Predigten zu diesem T a g sind erhalten. Zwei von ihnen 97 handeln über S. 263—278, der die zuerst von A . Wilmart, Easter Sermons of St. Augustine. General Evidence. J T S 28, 1927, S. 113—144, zusammenfassend dargestellte F r a g e der handschriftlichen Uberlieferung von Augustins Osterpredigten behandelt; in einem gleichzeitig entstandenen A u f s a t z : Les sermons de Saint Augustin pour les fetes de Päques. Liturgie et archeologie. R S R 30, 1956, S. 230—240 handelt L a m b o t von den liturgiegeschiditlidien und archäologischen Feststellungen, die Augustins Osterpredigten ermöglichen. Z u den von L a m b o t zusammengestellten Predigten sind noch die von ihm selbst (Une Serie pascale de sermons de saint Augustin sur les jours de la creation: Melanges Chr. Mohrmann, Utrecht/An vers 1963, S. 213—221) zuletzt edierten Fragmente von Predigten in der Osterwoche hinzuzufügen. D a in diesen Fragmenten nirgends auf Ostern unmittelbar Bezug genommen wird, sind sie im Folgenden nicht weiter berücksichtigt. D a ß es sich um Predigten der Osterwoche handelt, ergibt sich aus der Bezugnahme auf Act 8 13—23, einen Text, der an einem der T a g e der Osterwoche Lektion war. Ebenso wie die Perikopen der Apostelgeschichte gehören audi diejenigen des Schöpfungsberichts zu den Lektionen der Osterwoche. Möglicherweise sind die von L a m b o t edierten F r a g mente Bruchstücke der Predigten über die Schöpfung, die von Possidius (ed. A . Wilmart, Miscellanea Agostiniana I I , 1931, S. 195) und Cassiodor ( P L 70, 1111) erwähnt werden. Eine mit Ausnahme von Sermo 255 ( P L 38, 1186—1190) und Sermo Denis 12 (S. 50—55 Morin, Misc. Agost. I) vollständige Zusammenstellung der Osterpredigten Augustins mit dem Versuch, sie den verschiedenen Tagen der Vorbereitungszeit auf Ostern und der Osterwoche zuzuordnen, findet sich bei S. Poque, Augustin d'Hippone, Sermons pour la Paque. Introduction, Texte critique, Traduction et N o t e s (SChr 116), 1966. E s handelt sich bei dieser Arbeit um die Edition von 15 Predigten Augustins während der Osterzeit. Sie enthält in ihrer Einleitung (S. 9—143) audi den bisher ausführlichsten Versuch, den Inhalt der augustinischen Osterpredigten zusammenfassend wiederzugeben. D a S . Poque die augustinisdien Predigten aber ebenso wenig wie M . C o m e a u , A . Eickler und K . B a u s in die Geschichte der altkirdilichen Osterpredigt einordnet, wird die Besonderheit der augustinisdien Osterauffassung nicht deutlich. D e r Festinhalt der Ostervigil bei Augustin ist in letzter Zeit audi von H . F r a n k , D i e Pasdiavigil als Ende der Q u a d r a g e s i m a und ihr Festinhalt bei Augustin, A L W 9, 1, 1965, S. 1—27, untersucht worden. — E s kann nicht die A u f g a b e der folgenden Ausführungen sein, alle Probleme, die die über 100 Predigten Augustins zu den Ostertagen stellen, und deren gesamten Inhalt darzustellen. Es kommt hier vielmehr vornehmlich auf die ihnen zugrunde liegende Auffassung des Verhältnisses von Kreuzigung und A u f erstehung bzw. Erhöhung Christi an. D i e liturgiegeschiditlidien Mitteilungen, die sie enthalten, bleiben ebenso unberücksichtigt wie die Unterweisung der N e u g e t a u f ten, die Polemik gegen die Häretiker und die Einzelheiten der augustinischen Exegese. 96

S. oben S. 165.

97

Sermo Guelferb. 2 (Morin, Mise. Agost. I, S. 450—452); (S. 121—134 Dekkers-Fraipont, C C h L 38).

Enarratio

2 in ps. 21

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Psalm 22, eine98 erklärt den johanneischen Kreuzigungsbericht; die vierte99 könnte man als eine Themapredigt über die Passion bezeichnen. Vor allem in der ausführlicheren der beiden Predigten über Psalm 22 weist Augustin nachdrücklich auf die Leiden hin, die Jesus auf sich nahm100 und bezeichnet den Tag, an dem man der Passion gedenkt, als »eine Zeit des Seufzens, eine Zeit des Weinens, eine Zeit des Bekennens, eine Zeit des Flehens«101. Der Karfreitag ist also ein Tag der Trauer. Aber wie groß die Trauer der Christen auch sein mag, so ist sie doch ihrem Gegenstand nicht angemessen102. Solche Äußerungen legen den Schluß nahe, der Karfreitag sei für Augustin nicht eigentlich ein Festtag, sondern ein Tag des trauernden Gedenkens; denn Trauer und Festfreude schließen, so meint man, einander aus103. Doch für Augustin gehören die Trauer wegen des Todes Jesu und die Freude wegen des Siegs über den Teufel durch diesen Tod zusammen. So kann er ebenso wie über die Karfreitagstrauer über die Karfreitagsfreude predigen. Der Tag, an dem man »des großen und unaussprechlichen Geheimnisses des Leidens Christi« gedenkt, ist ihm ein Festtag, eine anniversaria sollemnitaslM. Augustin fordert die Gläubigen an diesem Tage zur Freude auf: wie sie die Verbrechen der Juden verachten, so sollen sie sich darüber freuen, daß sie für ihre Verbrechen Vergebung erlangt haben105. Die Christen brauchen sich Heiden und Häretikern gegenüber des Todes Christi nicht zu schämen; sie dürfen sidi seiner vielmehr rühmen: denn dadurch, daß Christus den Tod auf sich genommen hat, hat er den Menschen das Leben, das sie aus sich nidit haben können, verheißen10®. Der Tod Christi kann den Menschen die Gewißheit der zukünftigen Auferstehung geben. Denn viel größer als das Wunder, daß die Mensdien in der Zukunft mit Gott leben werden, ist das bereits geschehene Wunder, daß Gott für die Mensdien gestorben ist107. Karfreitagstrauer und Karfreitagsfreude, das Wissen von der Ohnmacht des Gekreuzigten und der Glaube daran, daß durch seinen Tod die Macht des 98 99 100 101 102

103

lw

105

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Sermo 218 (PL 38, 1084—1087). Sermo Guelferb. 3 (Morin, Misc. Agost. I, S. 452—455). Enarratio 2 in ps. 21, v. a. § 8 (S. 125 Dekkers-Fraipont). § 1 (S. 122, 19 f.). Ebenda (S. 122, 23 f.): »Si uere fotis lacrimarum esset in oculis nostris, nec ipse sufficeret.* Vgl. K. A. H . Kellner, Heortologie, 3. Aufl. Freiburg 1911, S. 55, nach dessen Meinung der Karfreitag in der alten Kirche aussdiließlidi ein Tag der Trauer, kein Festtag war, da »nadi den liturgischen Grundsätzen« ein Fasttag niemals ein Festtag sein könne. Sermo Guelferb. 2 (Morin, Mise. Agost. I, 450); vgl. ebenda: »magnum et ineffabile sacramentum dominicae passionis sollemniter hodie celebramus«. Ebenda: . . ubi illorum commissa facinora detestamur, ibi nostra dimissa laetamur«. Sermo Guelferb. 3, 2 (Morin, Mise. Agost. I, S. 453). Ebenda (S. 452).

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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Todes gebrochen ist, gehören für Augustin zusammen. Ebenso gehören für ihn aber audi das Gedächtnis des Todes Jesu und der Glaube an seine Auferstehung zusammen. Deshalb stellt er in der Predigt über Psalm 22 neben die Aussage, daß Christus gestorben sei, die andere von Rm 6 9, daß er von den Toten auferstanden sei und nicht mehr sterbe, und daß der Tod keine Macht mehr über ihn habe108. So weisen schon die Karfreitagspredigten darauf hin, daß Augustin an der Zusammengehörigkeit von Tod und Auferstehung Jesu festhält, und machen die Meinung, er spreche an Ostern nicht mehr über Jesu Kreuz, da er dieses bereits am Karfreitag abgehandelt habe109, unwahrscheinlich. Auch aus seinen Osterpredigten ergibt sich, daß Augustin Tod und Auferstehung Christi als ein sacramentum versteht110. Christus konnte den Glaubenden durch die Auferstehung ein neues Leben schenken, weil er sie durch seinen Tod von der Schuld und deren Strafe, dem Tod, befreit hatte111. Wie die Befreiung vom Tod und das Geschenk des neuen Lebens nur zwei Aspekte desselben Vorgangs sind, so sind Christi Tod und Auferstehung die zwei Akte eines Heilsgeschehens. Gewiß kann Augustin Tod und Auferstehung Christi einander auch antithetisch gegenüberstellen — sein Tod zeige das Elend dieses Lebens, seine Auferstehung das Glück des zukünftigen Lebens — und den Glauben an die Auferstehung als das eigentliche Charakteristikum des Christentums bezeichnen: an Christi Tod glaubten auch Heiden, Häretiker (Augustin meint insbesondere die Manichäer) und Juden, an die Auferstehung nur die Christen11''. Jedoch fügt er das einander antithetisch Gegenübergestellte sogleich wieder zusammen, indem er darauf hinweist, daß der, der für die Menschen gestorben ist, die Quelle des Lebens ist, und daß in ihm der Tod gestorben ist113. Für Augustin gibt es keinen Glauben an den Gekreuzigten ohne Glauben an die Auferstehung; aber der Glaube an die Auferstehung ist eben Glaube an den gekreuzigten Auferstandenen1". Nach Augustins Auffassung hängt die Wirksamkeit des Todes Jesu an der Wahrheit seiner Auferstehung115. In seinen Predigten findet sich aber auch eine umgekehrte Formulierung: leugnet man Christi Tod, so leugnet man damit seine Auferstehung116; die Auferstehung ist ein Zeugnis für den Tod111. Es ist gleich wesentlich, daß Christus als Mensch ge108 109 110 111 112 113 114 115 116 117

Enarr. 2, 1 in ps. 21 (S. 121, 2 ff. Dekkers-Fraipont). So St. Czerwik, Homilia paschalis (s. oben S. 115 f., Anm. 39), S. 123 f. Sermo 231, 2 (PL 38, 1104). ebenda (1105). Sermo 233, 1 (PL 38, 1112). Ebenda § § 2 (1113) und 5 (1114). Vgl. Sermo 234, 3 (PL 38, 1116); Sermo Denis 12, 1 (Morin, Misc. Agost. I, S. 51). Sermo Guelferb. App. 7, 2 (Morin, Mise. Agost. I, S. 582). Sermo Denis 5, 4 (Morin, Mise. Agost. I, S. 25). Ebenda 1 (S. 23).

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

storben ist — denn auch wir Menschen sterben —, und daß er als Mensch auferstanden ist — denn dadurch verheißt er uns Menschen die Auferstehung118. Der Predigt, in der sich die letzten Ausführungen finden, ist allerdings von Lambot 119 die Echtheit bestritten worden. D a ß sie bereits die Probleme der nachaugustinischen Zeit behandle, fand audi einer ihrer Abschreiber, der am Ende vermerkte: *contra arianos et apollinaristas maxime vero contra futuros nestorianos et eutychianos«. Jedoch setzt die Predigt die Kenntnis der Nestorianer und Eutydiianer keineswegs voraus. Es scheint mir kein Anlaß zu bestehen, Augustin nicht als ihren Verfasser zu betrachten. Die Zweifel Lambots 120 an der Authentizität der in der Sammlung Denis vorangehenden Predigt 121 scheinen mir dagegen berechtigt zu sein. Der Verfasser übernimmt von Augustin die Bezeichnung Christi als Lamm und als Löwe: als Lamm wurde Christus gekreuzigt (vgl. Jes53 7; Joh 129); als siegreicher Löwe erstand er von den Toten auf (vgl. Gen 49 β)122. Diese Typologie »vervollständigt« der Verfasser unter Hinzuziehung von Apc 5 s und 14 4; bei der Kreuzigung war Christus Lamm und Löwe und bei der Auferstehung war er Lamm und Löwe. Diese Verdoppelung begründet er dann mit einer Monotonie, wie sie bei Augustin nicht begegnet. Im übrigen dient auch diese pseudo-augustinische Predigt der Aufgabe, die Zusammengehörigkeit von Tod und Auferstehung Jesu deutlich zu machen.

Nach Augustins Auffassung vergegenwärtigt man sich in der Osterfeier nicht nur Jesu Auferstehung; vielmehr bilden Tod und Auferstehung zusammen ihren Festinhalt. Das wird besonders deutlich in Augustins Ausführungen über den Sinn der Ostervigil. Augustin begründet sie auf doppelte Weise, einmal aus Jesu Aufforderung im Garten Gethsemane, die Jünger sollten wachen und beten, damit sie nicht in Versuchung fallen123, zum anderen aus dem Todesschlaf Jesu vor der Auferstehung124. Augustin zitiert nicht isoliert den einen Satz aus der Gethsemaneszene; vielmehr betrachtet er das Wachen und Beten Christi im Garten Gethsemane als Vorbild des Wachens und Betens der Christen in der Osternacht. Er sieht also in der alljährlichen Ostervigil eine Wiederholung des Wachens Christi vor seiner Verhaftung125. Zugleich betrachtet er die Ostervigil als ein Sinnbild der ständig notwendigen Wachsamkeit der Christen gegenüber den Versuchungen126. Augustin stellt die beiden Begründungen der Oster118 119 120 121 122

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Ebenda 4 (S. 25). Melanges Andrieu, S. 273. Ebenda. Sermo Denis 4 (Morin, Misc. Agost. I, S. 21—22). Vgl. Sermo Guelferb. 6 (Morin, Mise. Agost. I, S. 493); Sermo Guelferb. 16 (ebenda S. 493); Sermo Guelferb. 21, 2 (ebenda S. 508). Mt 26 4i. Vgl. Sermo Guelferb. 4 (Morin, Mise. Agost. I, S. 455 f.); Sermo Guelferb. 6 (ebenda 460—462); Sermo Wilmart 5 (ebenda 685—687). Vgl. Sermo Guelferb. 4 (ebenda S. 455). Vgl. Sermo Wilmart 5 (ebenda S. 686).

§11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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vigil, diejenige aus der Gethsemaneszene und diejenige aus Jesu Todesschlaf, unvermittelt und gleichberechtigt nebeneinander. Durch beide ist die Ostervigil auf Jesu Tod bezogen; so sagt Augustin audi ausdrücklich, daß die Vigil zum Gedächtnis an Jesu Tod begangen werde127. Zugleich aber wartet die Gemeinde in der Vigilfeier der Auferstehung Jesu entgegen128, um sich dann der geschehenen Auferstehung zu freuen. In der Feier der Ostervigil gehören also Tod und Auferstehung Jesu unmittelbar zusammen: j'Quoniam dominus noster Iesus Christus diem, quem fecerat moriendo luctuosum, resurgendo gloriosum, utrumque tempus in sollemnam memoriam revocantes, eius mortem recordando vigilemus, et eius resurrectionem suscipiendo gaudeamus*129.

Während Augustin hier antithetisch vom Wachen in der Erinnerung an Jesu Tod und der Freude über seine Auferstehung spricht, kann er an anderer Stelle audi in einheitlicher Weise die Freude als Inhalt der Osterfeier bezeichnen: »laetitia in memoria passionis et resurrectionis Christi, laetitia in spe futurae vitae«130. Die allegorische Auslegung von Exodus 12 131 fehlt in Augustins Osterpredigten vollständig. Er beschränkt sich vielmehr in den Predigten während der Ostervigil und am Ostersonntag, die in der Regel wegen der Anstrengung, die die Osterfeier für die Gemeinde und vor allem für den Bischof selbst bedeutete132, kurz sind, darauf, die Bedeutung der Vigilfeier und des Ostergeheimnisses den Gläubigen bewußt zu machen und alle Christen, insbesondere die Neugetauften, zu ermahnen. Doch Hinweise auf die Typologie von Passa und Ostern133 finden sich in den Predigten bisweilen. Aber nicht nur um der Typologie als solcher willen, sondern weil es wirklich seiner Auffassung des Osterfestes und dem Inhalt seiner Osterpredigten entspricht, hebt Augustin in solchen Hinweisen besonders deutlich hervor, daß in der Osterfeier der Christen auch das Gedächtnis des Todes Jesu begangen wird: »Hoc est anniversarium nostrum, et paschet nostrum; non sicut populo veteri per occisionem pecoris figuratum, sed sicut populo novo per victimam salvatoris impletum«13*.

In der typologischen Betrachtung steht bisweilen der Tod Jesu so im Vordergrund, daß das pascha der Christen geradezu als durch die passio 127 128

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Sermo Guelferb. 5 (ebenda S. 457). Vgl. Sermo Guelferb. 6 (ebenda S. 460): »ut eius diei anniversario reditu vigiletur, quo eius expectata est resurrection. Sermo Guelferb. 5 (ebenda S. 457). Sermo Guelferb. 8 (Morin, Misc. Agost. I, S. 465). Zur esdiatologischen Erwartung in Augustins Osterpredigten s. unten S. 226 f. S. oben S. 139 ff. Vgl. z.B. Sermo 228 (PL 38, 1101). S. oben S. 126 ff. Sermo Guelferb. 5 (Morin, Mise. Agost. I, S. 457).

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Jesu bestimmt gilt135. Daß Augustin die Etymologie pascha-passio anerkannt hätte, kann man aus einer solchen Stelle nicht schließen; er übernimmt grundsätzlich, wie schon früher dargestellt136, die Etymologie pascha-transitus. Seine Osterpredigten zeigen, daß er diese Etymologie völlig in den Rahmen der altchristlichen Osterauffassung hineinstellt. Sie führt bei ihm nicht zu einer Isolierung der Auferstehungsfreude vom Todesgedächtnis. Vielmehr ist bei Augustin Ostern der Zeitpunkt, an dem das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu miteinander verbunden sind. Die so verstandene Osterfeier leitete nach der Auffassung und der Praxis der vorkonstantinischen Kirche die einheitliche Freudenzeit der fünfzig Pfingsttage ein. Zu Augustins Zeit ist die Pentekoste jedoch schon vielfältig aufgegliedert. Die Tage der Osterwoche bis zum Sonntag nach Ostern, an dem die Neugetauften ihr weißes Täuflingsgewand ablegen, werden durch täglichen Predigtgottesdienst, in dem der Reihe nach die Auferstehungsberichte der Evangelien vorgelesen und erklärt werden137, begangen. Aus der folgenden Zeit ist der vierzigste Tag als Tag der Himmelfahrt Christi besonders herausgehoben138. Augustin trennt allerdings die Himmelfahrt nicht von der Auferstehung. Auferstehung und Himmelfahrt bilden die doppelte glorificatio Christi, der die doppelte Ausgießung des heiligen Geistes entspricht (vgl. Joh 20 22 und Act 21 ff.)13®. Christus blieb nach der Auferstehung noch einige Zeit auf der Erde, um den Glauben an seine Auferstehung gegenüber den Zweifeln der Jünger zu sichern und so die Späteren vor diesen Zweifeln zu bewahren140. Christus blieb, wie er vor seinem Tod vierzig Tage gefastet hatte, vierzig Tage bei den Jüngern, weil die Zahl vierzig diese Welt versinnbildliche; sie entsteht durch die Multiplikation der Zahl der zehn Gebote, die durch 185

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Sermo Mai 158 (Morin, Misc. Agost. I, S. 382) im Anschluß an das Zitat von Joh 1 2»: »ipsius nos passione pascha celebramus*. S. audi oben S. 120. S. oben S. 120, S. 126 ff. Vgl. für einzelnes Roetzer, Des hl. Augustinus Predigten als liturgie-geschichtliche Quelle, S. 24 ff.; F. van der Meer, Augustinus der Seelsorger, 3. Aufl. Köln 1958, S. 397 ff.; C. Lambot, RSR 30, 1956, S. 230—240; S. Poque, Les lectures liturgiques de l'Octave pascale 4 Hippone d'apres les Traites de saint Augustin sur la Premiere Epitre de saint Jean. RB 74, 1964, S. 217—241; dies., Augustin d'Hippone. Sermons pour la Paque, 1966, S. 85 ff. S. oben S. 159. Nach Sermo Lambot 25, 4 (RB 62, 1952, S. 97—100 [100, 64 ff.]; PLS II, 828—830 [830]) ist es ein besonderer Brauch der afrikanischen Kirchen, auch den zwanzigsten und den dreißigsten Tag der Pentekoste in außergewöhnlicher Weise zu begehen. In den anderen Augustin-Predigten fehlt jede Spur eines solchen Brauches. Mir scheint deshalb die Authentizität des Sermo Lambot 25 fraglich zu sein. Sermo 265, 8 (PL 38, 1222). Vgl. Sermo 264, 2 (PL 38, 1219); Sermo 265, 1 (ebenda 1219); Sermo Bibl. Casin. II, 76 (Morin, Mise. Agost. I, S. 413); Sermo Morin 17, 2 (ebenda S. 660).

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

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Christus nicht aufgelöst, sondern erfüllt und in der ganzen Welt verbreitet worden sind, mit der Zahl der vier Weltteile 141 . Die Zahl fünfzig ist demgegenüber das Sinnbild der zukünftigen Ruhe142. In ihrer Bedeutung für die Christen gehören der Tag der Auferstehung und der Tag der Himmelfahrt nahe zusammen; von beiden kann Augustin sagen, sie gäben dem Christen die Gewißheit der zukünftigen Auferstehung 143 . Und wie an Ostern so kann Augustin auch am Himmelfahrtsfest über die Bedeutung des Kreuzes Christi predigen. In zwei Himmelfahrtspredigten veranschaulicht er die Bedeutung des Kreuzes durch das merkwürdige Bild, daß das Kreuz Christi die Mausefalle des Teufels sei144: Der Teufel frohlockte über Christi Tod; doch gerade mit diesem Tod wurde er gefangen. Das Kreuz Christi ist die Mausefalle des Teufels; der Köder, womit er gefangen wurde, ist der Tod, vielmehr der sterbliche Leib des Herrn. Christus erstand von den Toten auf; dadurch wurde der Tod vernichtet. Christi Tod gehört für Augustin mit zu dem einen Heilsgeschehen, durch das die Macht von Tod und Teufel gebrochen, dem Menschen seine Schuld vergeben und ein neues Leben und die Hoffnung der zukünftigen Vollendung geschenkt wurde. Dem freudigen Gedächtnis dieses Geschehens gilt die gesamte Pfingstzeit. Das Himmelfahrtsfest fügt sich vollkommen in sie ein und hebt ihre Einheit nicht auf. Deshalb ist für Augustin, obwohl zu seiner Zeit die »Historisierung« des Osterfestkreises schon 141 142

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Sermo Mai 98 (ebenda S. 350); Sermo 263, 4 (PL 38, 1211). Vgl. Sermo Mai 94, 6 (Morin, Misc. Agost. I, S.338); Sermo 252 (PL 38, 1176); Sermo 254 (PL 38, 1183); Sermo 259 (PL 38, 1198). Augustin benutzt diese Interpretation der Zahl 50 bei einer seiner verschiedenen Weisen, die Zahl der 153 Fische von Joh 21 Ii zu erklären: 153 ist die Zahl der ewigen Ruhe, also 50, multipliziert mit der Zahl der Trinität, die, damit man erkennt, daß mit ihrer Hilfe die Zahl 153 aufzulösen sei, noch einmal hinzugefügt ist (also 50 X 3 + 3 = 153). Das ist Augustins ältere Interpretationsweise; vgl. Sermo 259 (PL 38, 1198); Sermo 252, 8 (PL 38, 1175 f.); Ep. 55, 31 (S. 205, 15 ff. Goldbadier); de diversis quaestionibus LVII (PL 40, 39 if.). In der späteren Zeit ist die andere Erklärung beherrschend, nach der 153 die Dreieckszahl von 17 ist; 17 seinerseits ist aus 10 (den zehn Geboten) und 7 (den Gaben des Geistes) zusammengesetzt. Vgl. Sermo Guelferb. 15, 3 (Morin, Mise. Agost. I, S. 490); Sermo Wilmart 13, 6 (ebenda S. 714); Sermo 248, 4 (PL 38, 1160); Sermo 249, 3 (PL 38, 1165 f.); Sermo 251, 5 (PL 38, 1170). Vgl. dazu vor allem F. H. Colson, Triangular numbers in the New Testament. JTS 16, 1915, S. 67—76; A. Wilmart, Un nouveau sermon de S. Augustin sur les deux peches. RB 41, 1929, S. 144—155; M. Comeau, S. Augustin, exeg^te du quatri^me evangile 1930, S. 138—140; A. Kunzelmann, Die Chronologie der Sermones des heiligen Augustinus. Miscellanea Agostiniana II, 1931, S. 417—520 (467, Anm. 2); M. Pontet, L'exeg£se de S. Augustin predicateur, S. 300 f., 573. Vgl. etwa Sermo Guelferb. 21,1 (Morin, Mise. Agost. I, S. 507) mit Sermo Guelferb. 20, 2 (ebenda S. 506). S. auch unten S. 226 f. Sermo Guelferb. 21 (Morin, Mise. Agost. I, S. 508 = Sermo 263; PL 38, 1210);

12 Huber

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

stark fortgeschritten ist, die Zeit der Pentekoste noch, genau wie für die vorangehenden Jahrhunderte 145 , die einheitliche, ununterbrochene Freudenzeit. Von dem Tag, an dem man des Todes und der Auferstehung Christi gedenkt, bis zu dem, an dem der heilige Geist gesandt wurde, feiert die Gemeinde eine ununterbrochene Freudenzeit und singt das Halleluja 146 . 4. Andere lateinische Autoren Augustin ist ein Zeuge dafür, daß an der Wende des vierten zum fünften Jahrhundert die altchristliche Auffassung des Osterfestes noch lebendig war, obwohl zu seiner Zeit bereits die Feier des Karfreitags und des Himmelfahrtsfestes eingeführt war; Augustin vermochte die alte Osterauffassung mit den neuen Festtagen zu vereinen. Doch es ist ein Beweis für die Kraft, die dieses Osterverständnis im Westen auch noch im fünften Jahrhundert besaß, daß das Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag nach Ostern sich nur sehr schwer durchsetzte. Paulin von Nola spricht in seinem Carmen 27 1 4 7 von den hohen kirchlichen Festtagen. Er beginnt mit Weihnachten und Epiphanias und geht dann zu Ostern über. Auf dieses Fest folgt, so fährt er fort 148 , nach sieben Wochen der Tag der Geistausgießung. Vom Himmelfahrtsfest ist nicht die Rede; vielmehr spricht Paulin von der Himmelfahrt Christi nur im Zusammenhang der Ausführungen über das Pfingstfest149. Man kann daraus nicht mit Sicherheit

145 14e 147 148 149

Sermo Morin 17 (Morin, Misc. Agost. I, S. 662). Außerdem begegnet die Metapher noch in zwei Predigten zum Johannes-Evangelium: Sermo 130 (PL 38, 726); Sermo 134 (PL 38, 745). Vgl. v. a. J . Riviere, Le dogme de la redemption chez S. Augustin, 1933, S. 117 ff. Nebenbei sei bemerkt, daß die augustinisdie Metapher wahrscheinlich auf die Darstellung der Verkündigung Mariens durch den sogenannten Meister von Flemalle (Abbildung bei M. J . Friedländer, Altniederländische Malerei Bd. 2, Berlin 1924, Tafel X L VI f.; E. Renders, La solution du probleme Van der Weyden, Flemalle, Campin Bd. 2, Brügge 1931, Tafel 5) eingewirkt hat. Auf dem rechten Seitenflügel des kleinen Altarbildes ist Joseph, in seiner Werkstatt sitzend, dargestellt; vor ihm steht eine Mausefalle. Den Zusammenhang dieser Darstellung mit Augustin hat, wie ich nachträglidi, dank einem freundlichen Hinweis von Herrn Professor Schrade, bemerke, bereits Mayer Schapiro festgestellt: »Muscipula Diaboli*. The Symbolism of the Merode Altarpiece. Art Bulletin 27, 1945, S. 182—187. — An anderer Stelle spricht Augustin auch von den Mausefallen des Teufels, mit denen dieser die Gläubigen fängt: Enarr. 2, 4 in ps. X C (S. 1256 Dekkers-Fraipont, CChL 39); vgl. Quodvultdeus, De Symbolo I, 2 (PL 40, 638). Vgl. bei Augustin auch schon die Verwendung des Wortes in Confessiones III, 1: oderam securitatem et viam sine museipulis. S. oben S. 148 ff. Sermo 228 (PL 38, 1101). S. 262 ff. Härtel, CSEL 30. S. 264, v. 60 ff. S. 266, v. 90.

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

179

entnehmen, daß ihm der Brauch bekannt war, am Pfüngsttag der Himmelfahrt zu gedenken150. Man kann es auch nicht für völlig ausgeschlossen halten, daß Paulin das Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag kannte. Doch wenn er es kannte, dann war es ihm offenbar weniger wichtig als etwa Epiphanias, das Fest, an dem man nach seiner Aussage der drei Magier aus dem Morgenland, der Taufe Jesu und der Hochzeit zu Kana gedachte151; es war ihm dann so wenig wesentlich, daß er es mit Stillschweigen überging. Daß die Einführung des Himmelfahrtsfestes gelegentlich auf Gleichgültigkeit oder sogar Widerstand stieß, zeigen spätere Predigten deutlich. So wundert sich ein anonymer Prediger darüber, wie wenig Gläubige an dem Gottesdienst des Himmelfahrtstages teilnehmen152. Ein anderer weist in einer Pfingstpredigt nachdrücklich darauf hin, daß man an Pfingsten nicht, wie die meisten annähmen, die Himmelfahrt feiere; denn Christus sei bereits am vierzigsten Tag nach seiner Auferstehung gen Himmel gefahren153. Solche Polemik zeigt, daß die Feier der Himmelfahrt an Pfingsten nicht nur im syrisch-palästinischen Raum verbreitet154, sondern auch im Westen bekannt war. Ob man Paulin von Nola dafür als Zeugen anführen darf, ist unsicher; fraglich ist auch, ob eine Stelle bei Filastrius dafür als Beleg gewertet werden kann. Filastrius156 wendet sich gegen diejenigen, die sich weigern, Epiphanias zu feiern, und besteht ihnen gegenüber auf der Feier von vier großen Festtagen: Weihnachten, Epiphanias, Pascha und dem Tag circa pentecosten, an dem Christus zum Himmel emporstieg. Die Möglichkeit ist nicht auszuschließen, daß Filastrius damit nicht den Pfingsttag selbst, sondern den vierzigsten Tag nach Ostern meint, und Pfingsten deshalb nicht erwähnt, weil er sich in seiner Aufzählung auf die großen Christusfeste beschränkt. Dann hätte man in Filastrius den ersten abendländischen Zeugen für das Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag zu sehen. Es läßt sich also nicht mit Sicherheit behaupten, daß Filastrius hier von einer Feier der Himmelfahrt an Pfingsten spricht. Ganz offensichtlich aber kennt Maximus von Turin diese Feier156. Maximus kennt natürlich die Angabe von Act 1 3, nach der die Himmelfahrt am vierzigsten 160 151 162 153 154 155 1M

12*

S. dazu auch oben S. 165. S. 264, v. 45 ff. Ps. Augustin, Sermo Caillau-Saint-Yves 1, 40 (PLS II, 991). Ps. Maximus Taurin., Horn 63 (PL 57, 377). S. oben S. 162; S. 165. Div. haer. lib. CXL (S. 304 Heylen, CChL 9). Vgl. Sermo 40 (S. 160—162 Mutzenbecher, CChL 23); Sermo 44 (S. 178—180); Sermo 56 (S. 224—226). Zum Einzelnen vgl. A. Mutzenbecher, Bestimmung der echten sermones des Maximus Taurinensis. SE 12, 1961, S. 197—293 (236 ff.). Diese Belege aus Maximus hat G. Kretschmar (s. oben S. 165) ebenso wie den oben wiedergegebenen Beleg aus Ps. Maximus nicht berücksichtigt.

180

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Tag nach Ostern stattfand157. Dennoch läßt er sich von dem liturgischen Brauch zu der Behauptung verleiten, Christus habe nach seiner Auferstehung fünfzig Tage vor seiner Himmelfahrt mit seinen Jüngern verbracht158. Durch Christi Auferstehung und Himmelfahrt sind nach seiner Auffassung der erste und der letzte Tag der Pentekoste vor den anderen ausgezeichnet; beide werden mit der gleichen Freude begangen. Am Beispiel des Maximus von Turin kann man besonders deutlich sehen, wie wenig sich ein Prediger der alten Kirche an dem Widerspruch zwischen liturgischem Brauch und neutestamentlicher Terminangabe zu stoßen braucht. Für Maximus hat eindeutig die liturgische Konzeption den Vorrang vor der »historischen« Angabe der Apostelgeschichte über den Tag der Himmelfahrt. Seine liturgische Konzeption ist, daß die Pentekoste eingerahmt wird von zwei Tagen von gleicher Würde und Feierlichkeit; sie wird eröffnet durch das Gedächtnis von Tod und Auferstehung Christi und beschlossen durch das Gedächtnis der Himmelfahrt und der Geistausgießung durch den Erhöhten. Diese beiden Tage begrenzen die einheitliche fünfzigtägige Freudenzeit. Ebensowenig wie Maximus durch die Angabe von Act 13 daran gehindert wird, die Himmelfahrt am fünfzigsten Tag zu feiern, wird Hieronymus durch sie daran gehindert, Auferstehung und Himmelfahrt als einen einzigen, am Sonntag nach Jesu Kreuzigung geschehenen Akt zu verstehen. Daß Hieronymus Act 1 3 kennt159, kann kein Anlaß sein, seine Aussagen über die Erhöhung Christi umzuinterpretieren160. Hieronymus bezeichnet deutlich den Ostersonntag als den Tag der Himmelfahrt. »Dies dominica, dominica

dicitur:

dies resurrectionis,

quia Dominus

dies Xpistianorum,

in ea victor ascendit ad

dies nostra est. Vnde

et

Patrem«161.

Daß diese Aussage nicht auf die Auferstehung allein162, sondern nur auf Auferstehung und Himmelfahrt als den einen Akt der Erhöhung gedeutet werden kann, ergibt sich aus der Art, wie Hieronymus in diesem Zusammenhang Psalm 118, der Lektion des Ostersonntags war163, und Psalm 24, der so häufig als Himmelfahrtspsalm verwandt wurde164, heranzieht: Heute, das heißt am Ostersonntag, befiehlt Christus den Engeln mit den Worten von Ps 11819: »Aperite mihi portas iustitiae, ingressus 157

Sermo 56, 1 (S. 224).

158

Sermo 4 4 , 1 (S. 178).

159

Vgl. z. B. Ep. 59, 5 ad Marcellam (S. 545 Hilberg, C S E L 5 4 ) ; Ep. 120, 7 ad H e d y -

160

Das versuchen Larrafiaga, L'Ascension de Notre-Seigneur, S. 523 ff., und Davies,

161

In die dominica

162

So Larrafiaga, aaO., S. 5 3 1 ; Davies, aaO., S. 109.

biam (S. 488 Hilberg, C S E L 55). H e ascended into heaven, S. 109. paschae II (S. 550 Morin, C C h L 78).

163

Vgl. dazu oben S. 4 ff.

164

Vgl. dazu oben S. 117.

§ 11. Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

181

in eas confitebor Domino«163. Er meint damit die Tore, von denen auch im 24. Psalm gesprochen wird166. Durch diese Tore sind Petrus, Paulus und alle Märtyrer eingezogen; täglich ziehen Heilige durch sie ein. Durch sie ist als erster der Räuber mit dem Herrn eingezogen161. Dem Widerstand gegen das Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag und dem Festhalten an der altchristlichen Erhöhungsvorstellung korrespondiert im Westen die Beibehaltung der alten Osterauffassung. Für Filastrius ist das christliche Pascha noch durch Christi Tod bestimmt: das dritte Fest, das die Christen begehen, ist der Tag, »in quo passus est in paschct«ws. Tod, Auferstehung und Erscheinungen Christi bilden zusammen den Festinhalt von Ostern169. Ganz ähnlich ist für Paulin von Nola die Osterfeier vor allem durch das Gedächtnis des Todes Jesu bestimmt, durch den allen Menschen das Leben geschenkt wurde170. Paulin spricht hier nicht von einem Tag, der ausschließlich dem Gedächtnis der Kreuzigung gewidmet und also ein Tag der Trauer gewesen wäre, und den nur er in besonderem Sprachgebrauch »pascha* nennt, sondern er spricht hier von dem von Freude erfüllten Ostertag, der fünfzig Tage vor Pfingsten begangen wird. Dieser Tag ist für ihn ganz entscheidend von dem Gedanken bestimmt, daß das Kreuz der Ursprung des neuen Lebens der Menschen ist. In der knappen Formulierung des Carmen 27 171 klingen Gedanken an, wie Augustin sie in seinen Oster- und Himmelfahrtspredigten breiter ausführt. Das Kreuz Christi bedeutet das Ende der alten Zeit, die unter der Herrschaft des Teufels und des Todes stand, und den Anfang der neuen Zeit, die durch das von Christus gesdienkte Leben 165

166 167

168

170 171

In die dominica Paschae I (S. 547 Morin); In die dominica Paschae II (S. 548 Morin). In die dominica Paschae II (S. 548 Morin). Ebenda S. 548 f. — Geradezu eine Illustration zu den Ausführungen des Hieronymus bildet die Darstellung von Auferstehung und Himmelfahrt Christi auf dem Münchener Elfenbein, das in das vierte oder fünfte Jahrhundert datiert und als dessen Ursprungsgebiet Oberitalien oder Rom angenommen wird (vgl. v. a. H . Sdirade, Zur Ikonographie der Himmelfahrt Christi. Vorträge der Bibliothek Warburg 1928—1929, 1930, S. 66—190 [S. 89 ff. mit Abb. 2]; ders., Ikonographie der diristlichen Kunst I. Die Auferstehung Christi, 1932, S. 29 ff. mit Abb. 4; abgebildet audi bei W. F. Volbadi-M. Hirmer, Frühchristliche Kunst, München 1958, Taf. 93). Auf ihr sind nebeneinander das geschlossene Grab, aus dem Christus auferstanden ist, und der zum Himmel emporsteigende Christus wiedergegeben. Audi in dieser bildlichen Darstellung sind Auferstehung und Himmelfahrt als zusammengehörige Akte, genauer als ein einziges Geschehen verstanden. Div. haer. lib. CXL, 3 (S. 304 Heylen). Man kann in der Stelle eine Anspielung auf die Etymologie pascha-passio sehen; s. dazu oben S. 112 ff. Ebenda § 4. Carmen 27 (S. 264, v. 53 ff. Härtel). An Ostern bezeugt die Kirche *domini mortem cruce, de cruce vitam cunctorum* (S. 264, v. 55 f.).

182

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

bestimmt ist. In einem Brief an Severus aus Anlaß der Ubersendung einer »pars particulae cruris«"2 bezeichnet Paulin das Passa als den Tag, »an dem das Mysterium des Kreuzes gefeiert wird« 1 ". Spräche der Gebrauch des "Wortes pascha in Carmen 27 nicht dagegen, könnte man wirklich vermuten, daß Paulin den Karfreitag als pascha bezeichnet. Denn er berichtet an dieser Stelle seines Briefes von der Verehrung des Kreuzes Christi in Jerusalem; diese aber fand nach dem Bericht der E g e r i a m am Freitag vor Ostern statt. Paulin aber schreibt, das Kreuz werde feierlich verehrt, wenn das Passa begangen werde; nur an diesem einen Tag werde das Kreuz gezeigt, es sei denn, Pilger, die wegen des Kreuzes eine lange Reise auf sich genommen hätten, verlangten es zu sehen. Das Kreuz werde am Passa gezeigt, da es das »Zeichen dieses heiligen Festes« (»quoddam sacrae sollemnitatis insigne«) sei1'5. Dieser Zusammenhang wie der Vergleich mit Carmen 27 zeigen mit Sicherheit, daß Paulin im Gegensatz zur Pilgerin Egeria davon ausgeht, daß die Verehrung des Kreuzes am Ostertag selbst stattfand. Dann ist für ihn auch der Ostertag selbst der Tag, dessen Zeichen das Kreuz ist. So zeigt auch Paulins Brief an Severus dieselbe Osterauffassung wie Carmen 27: Ostern ist das Fest des Kreuzes, das Fest der Kreuzigung und des Sieges des Gekreuzigten über den Tod. Maximus von Turin predigt an Ostern ausführlich über die figurae des Kreuzes 176 und über seine Heilsbedeutung. Eine der Predigten, die von allen Handschriften als Osterpredigt bezeichnet wird" 7 , handelt ausschließlich von Jesu Kreuz, eine andere178 erst vom Kreuz, durch das die Menschen erlöst werden, dann von Jesu Auferstehung. Maximus vergleicht Jesu Auferstehung mit seiner Geburt aus der J u n g f r a u und bezeidinet in diesem Zusammenhang das Grab als Gebärmutter 1 ™. Dieser Vergleich, der sich auch bei Petrus Chrysologus findet180, geht möglicherweise auf Ephraem den Syrer zurück 181 . Schon Ephraem verbindet die Auferstehung aus dem geschlossenen Grab — 172 173 174 175 176

177 178 179

180

181

Ep. 31 (S. 267—275 Härtel). S. 2 7 4 , 2 f. Härtel (S. 264, v. 55 f.). Peregrinatio Egeriae 37 (S. 88, 1 ff. Geyer, C S E L 39). S. 274, 4 Härtel. V. a. Sermo 37 (S. 145—147 Mutzenbecher) und Sermo 38 (S. 149—150). Vgl. dazu H . Rahner, Griechische Mythen in christlicher Deutung, 1945, S. 77—89; 476; 481—483. Sermo 37 (S. 145—147). Sermo 38 (S. 149—150). Sermo 38 (S. 150 Mutzenbacher); Sermo 39 (S. 152); Sermo 55 ( S . 2 2 2 ) ; Sermo 78 (S. 325). Sermo 74 (PL 52, 410); Sermo 75 (ebenda 412 f.); Sermo 84 (ebenda 436 f.). Eine ähnliche Verwendung des Bildes findet sich auch in dem ps. augustinischen Sermo Mai 152 (PLS II, 1250). Hymn, in N a t i v . 10, 6 (S. 67 Beck, C S C O 186; übersetzt C S C O 187, S. 59). Vgl. zu der Stelle H . Sdirade, Zur Ikonographie der Himmelfahrt Christi. Vorträge der Bibliothek Warburg 1928—1929, 1930, S. 66—190 (94 mit Anm. 1), mit weiteren

§ 1 1 . Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

183

eine verbreitete Auffassung, gegen die Meletius von Antiochien ausdrücklich polemisiert 182 — mit der jungfräulichen Geburt Jesu. Derselbe Gedanke findet sich bei Petrus Chrysologus. Maximus von Turin geht insofern über beide hinaus, als er, in einem Gedankengang, der für einen alexandrinischen Theologen unvollziehbar gewesen wäre, beim Vergleich zwischen Geburt und Auferstehung zu dem Ergebnis kommt, daß die Auferstehung größer und glorreicher sei als die Geburt. Denn aus dieser ging ein sterblicher Leib hervor, aus jener ein unsterblicher; nach dieser begab sich Christus in die Unterwelt, nach jener fuhr er zum Himmel empor 183 .

Des Maximus Auffassung von der Ostervigil entspricht der Augustins. Audi Maximus sieht die Vigilfeier einerseits bezogen auf Jesu Kreuzestod, andererseits auf die Auferstehung. In der Vigilfeier warten die Christen »ängstlich oder besorgt« auf die Ankunft Christi von der Unterwelt184. 5. Der Sieg der »historisierenden« Auffassung: Leo der Große Maximus von Turin kann noch als ein Zeuge der alten Osterauffassung angesehen werden. Auch in den späteren lateinischen Osterpredigten gibt es noch Beweise ihres Fortwirkens. Jedoch wird sie von der »historisierenden« Auffassung immer mehr verdrängt. Denn dort, wo ein Prediger in einer Osterpredigt lediglich deshalb auch über Jesu Kreuzigung spricht, weil er in ihr die historische Abfolge der Ereignisse von der Gefangennahme bis zur Auferstehung behandeln will185, kann von der alten Osterauffassung, die Kreuz und Auferstehung nicht als Abfolge historischer Ereignisse, sondern als das eine Heilsgeschehen sieht, kaum noch die Rede sein. Die nicht lange nach den Predigten des Maximus und Augustins entstandenen Predigten Leos des Großen186 zeigen den Wandel in der

182

183 184 185 18e

Hinweisen. Ein sehr ähnlicher Vergleich findet sich auch in einer ps. athanasianischen Predigt (PG 28, 1061), die dem Basilius von Seleukia zugeschrieben wird (vgl. B. Merx, OCP 3. Serie 14, 1941, S. 329—369). In der georgisch erhaltenen Osterpredigt in Ms. Iviron georg. 11, f. 107va—115r; vgl. dazu oben S. 132, Anm. 146. Sermo 38 (S. 150 Mutzenbecher); Sermo 78 (S. 325). Sermo 40 (S. 160). Vgl. etwa Ps. Agustin, Sermo Caillau-Saint-Yves 1, 39 (PLS II, 988—991). Im Corpus der Predigten Leos stehen den 19 Passionspredigten (Serm. 52—70; PL 54, 313—382) nur zwei, wahrscheinlich während der Ostervigil gehaltene Osterpredigten (Serm. 71 und 72; P L 54, 385—394) gegenüber. Dieser Zustand der Uberlieferung erschwert natürlich ein endgültiges Urteil über das Verhältnis von Karfreitag und Ostern in Leos Verkündigung. — Die Passions- und Osterpredigten sind auch SCh 74, S. 22—135, mit einer Übersetzung von R . Dolle abgedruckt. Im ersten Band der Ausgabe von Leos Predigten in den Sources diretiennes (SCh 22) hatte J . Leclerq noch angekündigt (S. 63), man werde die Passions- und die Osterpredigten in der Ausgabe als »Passapredigten« zusammenfassen. Das entspricht Leclerqs (ebenda S. 14 ff.) Analyse der Passions- und Osterpredigten, nach

184

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Osterauffassung deutlich, der sich im Westen, nach unseren Quellen zu schließen, vor der Mitte des fünften Jahrhunderts vollzieht. Leos Passionspredigten behandeln vornehmlich die alttestamentlichen Weissagungen und Typoi, aus denen die Juden die Bedeutung ihres Tuns hätten erkennen müssen, den Ausschluß der Juden vom Heil wegen der Kreuzigung, das Geschehen der Kreuzigung nach den evangelischen Berichten und Jesu Kampf mit dem Teufel. In der einen der beiden Osterpredigten187 spricht Leo von der Zwei-Naturen-Lehre und von der Notwendigkeit des Glaubens an die leibliche Auferstehung. In der anderen188 trägt er seinen Zuhörern vor, wie wunderbar schnell der Zeitraum von drei Tagen zwischen Kreuzigung und Auferstehung verstrichen sei, und behandelt die Zeichen und Erscheinungen, die die Wahrheit der Auferstehung bestätigen. Er leitet die Predigt ein mit einem Rückgriff auf seine Karfreitagspredigt und fordert dazu auf, daß nun neben die Teilnahme am Kreuz auch die Teilnahme an der Auferstehung trete189. Das Gedächtnis des Todes Jesu wird also am Karfreitag begangen; es wird abgelöst durch das freudige Gedenken der Auferstehung, die den Christen die Erfüllung ihrer Hoffnung auf die Endauferstehung im voraus anzeigt190. Ostern ist die Feier der Auferstehung Christi191; sie ist von dem Gedenktag der Kreuzigung in ähnlicher Weise getrennt, wie das Fest der Himmelfahrt am vierzigsten Tag von Ostern getrennt ist192. Gelegentlich kann Leo zwar auch vom »totum paschale sacramentum« sprechen und Verrat, Verurteilung und Kreuzigung Jesu in dieses

187 188 189 190 191 102

der diese noch Ausdruck der altchristlichen einheitlichen Osterauffassung sind. Der Herausgeber R. Dolle hat aber Passions- und Osterpredigten doch getrennt und sich damit stillschweigend auch von Leclerqs Analyse distanziert. Mir scheint diese nicht zuzutreffen; s. das Folgende im Text. — Auch G. Hudon, La perfection chretienne d'apres les sermons de Saint Leon, 1959, v. a. S. 207 ff., behauptet, bei Leo umfasse das »pasAale sacramentum* Tod und Auferstehung Christi als die zwei Seiten einer Wirklichkeit. Er verweist dabei (S. 208, Anm. 1) auf Sermo 72 (PL 54, 390—394), in dem dieses Osterverständnis deutlich werde. Doch handelt es sich bei Sermo 72 um eine dogmatische Osterpredigt über die Zwei-NaturenLehre, deren deutliches Ziel es ist, die Zuhörer zum richtigen Verständnis der leiblichen Auferstehung Christi zu bringen. In dem von Hudon vorgeschlagenen Sinn kann ich die Predigt nicht verstehen. — Einen Oberblick über den Inhalt von Leos Passions- und Osterpredigten gibt auch F. Hofmann, Die Osterbotschaft in den Predigten Papst Leos d. Gr. Paschatis Sollemnia, Jungmann-Festschrift, 1959, S. 76—86, ohne zwischen Passions- und Osterpredigten zu differenzieren und ohne Leo in die Geschichte der Osterpredigt einzuordnen. Sermo 72 (PL 54, 390—394). Sermo 71 (ebenda 385—389). PL 54, 386. Vgl. PL 54, 388. Vgl. auch Sermo 74 (PL 54, 397). Vgl. die Himmelfahrtspredigten Serm. 73 und 74 (PL 54, 394—400).

§ 1 1 . Tod und Auferstehung Christi in der Osterfeier des 4. u. 5. Jahrh.

185

Sacramentum einbeziehen 193 . Er kann sogar behaupten 194 , an der »festivitas paschalis« werde der Werke der göttlichen Gnade nicht nur teilweise gedacht, sondern sie würden alle zugleich gefeiert 195 . Diese Äußerung k n ü p f t an die altchristliche Osterauffassung an; doch in seinen Osterpredigten vermag Leo den in ihr ausgesprochenen Grundsatz nicht mehr durchzuführen. Nach ihnen wird an Ostern nicht mehr das Christusmysterium in seiner ganzen Fülle begangen, sondern ein einzelner Aspekt dieses Mysteriums gesondert gefeiert. An anderer Stelle läßt Leo auch deutlich erkennen, daß nach seiner Auffassung und nach dem kirchlichen Brauch seiner Zeit jeder Festtag ein bestimmtes einzelnes Ereignis zum Gegenstand hat; die Abfolge der Ereignisse, so erläutert Leo das, dient der Förderung der Christen 196 . Man könnte aus dieser letzten Bemerkung heraushören, daß sich Leo des W a n d d s bewußt sei, der sich in der Auffassung der Christusfeste, vor allem des Osterfestes, zu seiner Zeit vollzog. Er gäbe dann in dieser Bemerkung ein pädagogisches Motiv f ü r diesen Wandel an: Daß, entsprechend der historischen Abfolge der Geschehnisse, jedes der großen Christusfeste einem einzelnen Ereignis gewidmet ist, erleichtert den Christen das Verständnis; müßten sie der Kreuzigung, der Auferstehung und der Himmelfahrt zugleich gedenken, so könnten sie die wahre Bedeutung dieser Ereignisse nicht erfassen. Leo stellt es also, wenn wir seine Bemerkung nicht überbewerten, so dar, als sei die Anpassung an das »christliche Volk« die Ursache dafür, daß die Festpredigten sich nur noch auf ein Ereignis beschränkten und dadurch verarmten. Denn es läßt sich nicht leugnen, daß die Preisgabe der alten Osterauffassung einen Verlust bedeutete. Diese Auffassung ging von der Einheit von Tod und Auferstehung als dem Heilsgeschehen, das dem Menschen die Rettung von Tod und Sünde brachte, aus; in ihm verstand sie Auferstehung und Himmelfahrt Christi zusammen als den einen Akt der Erhöhung — audi dann, wenn sie der Angabe von Act 1 s Rechnung trug. Sie sah Ostern einmal bezogen auf die Geschichte Israel, die an Ostern zu ihrem Ende gekommen war; sie sah es zum andern bezogen auf die zukünftige Vollendung, in der das wahre Passa gefeiert werden würde 197 . Die Betrachtung der heilsgeschichtlichen Bezüge der Osterfeier und des Heilsgeschehens, das ihr zugrunde lag, war ihr wesentlicher als die historische Darstellung der einzelnen Passions- und Osterereignisse. In einer Zeit der »Verweltlichung« und 103 194 195

196 197

Vgl. den Anfang des Sermo 72 (PL 54, 390 B). In Sermo 49, einer Predigt der Fastenzeit (PL 54, 301 C). Auf diese Stelle hat M. B. de Soos, Le mystere liturgique d'apres Leon le Grand (LQF 34), Münster 1958, S. 80 ff. großen Wert gelegt und wohl gegenüber dieser grundsätzlichen Äußerung Leos seine tatsächlichen Ausführungen in den Passionsund Osterpredigten zu wenig berücksichtigt. PL 54, 397 B/C. S. oben S. 93 f., unten S. 209 ff.

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

186

»Historisierung« des Christentums aber mußte die historische Betrachtung an Bedeutung gewinnen. Das Vordringen dieser historischen Betrachtung bedeutete nicht etwa das Ende der allegorischen Interpretation; vielmehr leistete sie der allegorischen Ausdeutung der Einzelzüge der evangelischen Berichte großen Vorschub. Aber es bedeutete das Ende der Typologie, jener Betrachtung, der es um die Erfassung der gesamten Heilsgeschicäite und der Einheit des Heilsgeschehens ging198. Die »Historisierung« führte zur Auflösung des Heilsgeschehens in einzelne historische Akte mit je spezifischer allegorischer Bedeutung. Sie führte zu einer Auflösung des Osterfestes, zu dem die einheitliche Festzeit der Pentekoste hinzugehört hatte, in ein Nacheinander von Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Nicht daß sich diese »Historisierung« audi im Westen überhaupt weitgehend durchsetzte, sondern daß sie sich erst so spät durchsetzte, ist bemerkenswert. Der Widerstand, der sich ihr lange entgegenstellte, ist ein Zeichen für die Kraft, die der alten Osterauffassung innewohnte. Dieser Widerstand wurde gestützt von einer Theologie des Kreuzes, wie sie am deutlichsten durch Ambrosius und Augustin vertreten wurde. § 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im vierten und fünften Jahrhundert: Der Osten In der griechischen Kirche setzte die Tendenz der »Historisierung« schon wesentlich früher ein als in der lateinischen. Stand dort noch zu Augustins Zeit die enge Zusammengehörigkeit von Tod und Auferstehung Christi im Vordergrund, so traten hier schon in der zweiten H ä l f t e des vierten Jahrhunderts Karfreitag und Ostern selbständig nebeneinander. Neben der Tendenz zur »Historisierung« bestimmten dem Osten eigentümliche theologische Interessen die Wandlung, die die Osterauffassung im griechischen Sprachbereich während des vierten Jahrhunderts erlebte. Anders als in der lateinischen Theologie und Volksfrömmigkeit überwog im Osten immer mehr das Interesse an Inkarnation und Auferstehung Christi dasjenige an der Kreuzigung; daneben legte man in einer Weise, die im Westen nahezu unbekannt war, besonderes Gewicht auf die Lehre von der Höllenfahrt Christi, die mit seiner Auferstehung in engem Zusammenhang gesehen wurde. 1. Die alte Osterauffassung bei Euseb von Cäsarea und Athanasius In den ersten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts herrschte allerdings auch im Osten noch eine Auffassung des Osterfestes, die mit der der 198

S. oben S. 137 ff.

§ 1 2 . Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im 4. u. 5. Jahrh.

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vorangehenden Zeit übereinstimmte. Ein deutliches Beispiel dafür ist die Schrift Eusebs von Cäsarea über das Passa1. Sie ist noch völlig beherrscht von heilsgeschichtlichen und typologischen Gedanken. Das Osterfest ist für Euseb einmal bestimmt durch die typologische Entsprechung von jüdischem und christlichem Passa2, zum andern durch die heilsgeschichtliche Entsprechung von Weltschöpfung und Erlösung der Welt durch Christus, die auch im Termin des Osterfestes ihren Ausdruck findet3. Das Osterfest ist Sinnbild des Ubergangs des Menschen von dieser zur zukünftigen Welt, zur ewigen Ruhe, die in der Freudenzeit der Pentekoste dargestellt ist4. Der Vorbereitung auf diesen Übergang dient das vierzigtägige Fasten vor Ostern 5 . Von der alten Feier der Juden unterscheidet sich das Passa der Christen vornehmlich durch die Eucharistie, >das neue Mysterium seines neuen Bundes, das er seinen Jüngern übergab«8. Da dieses das Charakteristikum des christlichen Passa ist, kann Euseb auch jeden Gottesdienst der Christen, in dem die Eucharistie gefeiert wird, als Passa bezeichnen7. Ursprung dieser alltäglichen Passafeier aber ist das einmal im Jahr begangene Passa. Es ist deutlich, daß die eusebianische Auffassung des christlichen Passa von Origenes beeinflußt ist8. Sowohl das Verständnis von Passa als διάβασις als audi die geringe Bedeutung, die Christi Tod und Auferstehung hier zukommt, sind origenistisches Erbe. Mit Origenes hat Euseb aber auch gemeinsam, daß er Ostern nicht als einen Tag zur Erinnerung historischer Ereignisse, sondern als ein »Mysterienfest«9 versteht, das heißt als die Feier eines Heilsgeschehens, zu dem die Typoi, die in ihm ihre Erfüllung gefunden haben, ebenso hinzugehören wie die innere Teilnahme jener, die das Fest begehen. Euseb ist diese Teilnahme der Christen, das heißt ihr Übergang zu einem neuen Leben, nahezu schon wichtiger als das Geschehen, das der Grund solchen Überganges ist10. 1

2 3 4 5

e 7 8 9 10

PG 24, 693—705. Vgl. audi Ο. Casel, Art und Sinn der ältesten christlichen Osterfeier. JLW 14, 1938, S. 37 ff. v. a. Sp. 695/696. 696 C / 697 A. 697 D / 700 A. 697 C. Neben den Stellen aus den Osterfestbriefen des Athanasius ist das der erste Beleg für das Quadragesimalfasten. Dafür, daß der Kanon 5 von Nicaea als solcher ausscheidet, s. oben S. 160 ff. Im übrigen vgl. immer noch F. X . Funk, Die Entw i c k l u n g des Osterfastens. Kirchengeschichtliciie Abhandlungen und Untersuchungen I, 1897, S. 241—278. — Der bei Augustin begegnende Gedanke, daß die vierzig Tage des Fastens diesen Aion darstellen (vgl. oben S. 176 f.), findet sich nicht bei Euseb (wie O. Casel, aaO., S. 39, behauptet). 704 C. 770 B. Zu ihm s. oben S. 155 f. 700 D . Ganz anders als die Auffassung Eusebs ist das Osterverständnis, das die Rede Kon-

188

Kapitel I I I . Karfreitag und Ostern

Mit Eusebs Schrift sind die Osterfestbriefe des Athanasius11 darin verbunden, daß auch sie Ostern als ein Fest des »Ubergangs« verstehen, eines Ubergangs aus der Zeit des Fastens12 in die Freudenzeit der Pentekoste, die für Athanasius wie für Euseb als Sinnbild der ewigen Ruhe gilt13. Viel stärker als bei Euseb stehen aber bei Athanasius Kreuzigung und Auferstehung Christi im Vordergrund. Der Ostertag ist dadurch aus allen anderen Tagen herausgehoben, daß er der Tag der Auferstehung ist14. Zugleich ist das Passa aber auch durch die Kreuzigung bestimmt: es wird zu der Zeit begangen, zu der die Juden den Herrn töteten15, »in der Leidenszeit, in der auch unser Herr für uns starb; denn als unser Osterlamm hat sich Christus geopfert« 16 . Durch seinen Kreuzestod hat Christus den Teufel besiegt, den Menschen das Heil geschenkt und ihnen den Aufgang zum Himmel erneut geöffnet17. Die Christen gedenken dieses heilbringenden Todes mit Freude; denn sie wissen, daß ihm die Auferstehung folgt, die allen Anlaß zur Trauer hinwegnimmt18. Der Glanz des Auferstantins »an die Heilige Versammlung« zeigt. Sie soll offenbar am Karfreitag gehalten sein; denn gleich zu Beginn heißt es in ihr: . . . προοίμιον μεν αναστάσεως, . . . ή τοΰ παθήματος ήμέρα πάρεστιν (S. 154, 2 f. 4 f. Heikel, GCS Euseb Bd. 1). Die Rede setzt die Verselbständigung des Karfreitags also schon voraus. Er ist der Tag des Leidens Christi; dieses Leiden ist nur »Vorwort«, Vorstufe zur Auferstehung. Dieses Osterverständnis (s. zu ihm unten S. 189 ff.) ist Euseb und seiner Zeit noch so fremd, daß ich es weder Konstantin selbst nodi einem anderen Verfasser seiner Zeit zuzutrauen vermag. Der zuletzt ausführlich von H . Dörries, Das Selbstzeugnis Kaiser Konstantins, 1954, S. 129—161, unternommene Versuch, die Echtheit der Rede nachzuweisen, überzeugt midi deshalb nicht. 11 1S

13

14 15 16 17

18

Vgl. zu ihnen oben S. 94; S. 107. Dabei handelt es sich zunächst noch um ein einwöchiges Fasten, später um ein vierzigtägiges. Vgl. dazu und zur Bedeutung dieses Unterschieds für die Datierung der athanasianischen Festbriefe v. a. A. Jülicher in seiner Rezension von Bardenhewer, Geschichte der altchristlichen Literatur, und Jordan, Geschichte der altchristlichen Literatur, GGA 1913, S. 697—725 (S. 706 ff.); E.Schwartz, Gesammelte Schriften, Bd. IV, S. 1 ff.; L.-Th. Lefort, A propos des Festales de S. Athanase. Le Museon 67, 1954, S. 43—50. 4. Osterfestbrief (S. 79 Larsow); die Stelle fehlt, wie audi die folgenden nur nadi Larsow zitierten Stellen, in der koptischen Überlieferung. Vgl. z . B . 11. Osterfestbrief (S. 126 Larsow). 20. Osterfestbrief (S. 152 Larsow). 11. Osterfestbrief (S. 126 Larsow). 22. Osterfestbrief (PG 26, 1432 f.); die Stelle ist griechisch im Kosmas Indikopleustes erhalten. Das ist doch wohl der Sinn des Satzes im 20. Osterfestbrief (S. 152 Larsow): »Wir jedoch feiern seinen Tod, indem wir uns freuen, daß wir uns dann nadi der Trübsal erquicken und uns eifrig versammeln, da wir vordem zerstreut waren, daß, da wir verloren waren, nun wieder gefunden sind, daß, da wir fern waren, nahe gebracht wurden, daß, da wir dem fremd waren, der für uns litt und ans Kreuz geheftet wurde, nunmehr ihm angehören.«

§ 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im 4. u. 5. Jahrh.

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stehungstages und die Freude über die Auferstehung setzen sich durch die ganze Zeit der Pentekoste fort 19 . Dieser knappe Überblick mag genügen, um deutlich zu machen, daß Athanasius an der altchristlichen Osterauffassung festhält. Aus der Fastenzeit vor Ostern ist der Karfreitag noch nicht als gesonderter Gedenktag der Kreuzigung herausgehoben; von dem Himmelfahrtsfest am vierzigsten Tag ist noch nicht die Rede. Vielmehr entsprechen sich die einheitliche Zeit der Vorbereitung auf das Ostermysterium und die einheitliche Freudenzeit der Pentekoste. Am Ostertag selbst treffen sie zusammen, der als der »heilige und allbeseligende Tag« 2 0 des Christusmysteriums alle anderen Tage des Jahres überragt; an ihm gedenkt man nicht nur eines Aspekts der Geschichte Christi, sondern des Heilsgeschehens in seiner ganzen Fülle. 2. Christologische Ursachen für die neue Auffassung des Osterfestes In Athanasius' Osterfestbriefen kommt der Typologie von jüdischem Passa und christlichem Ostern noch große Bedeutung zu21. In den späteren Osterpredigten ist das nicht mehr der Fall; lediglich allegorische Interpretationen von Exodus 12 begegnen noch — etwa bei Gregor von Nazianz oder in den pseudo-chrysostomischen Osterpredigten 22 . Ebenso werden in den Osterpredigten der Folgezeit die einzelnen Akte des Heilsgeschehens isoliert betrachtet: Ostern ist nun nicht mehr der Tag der Vergegenwärtigung von Kreuz und Auferstehung Christi, sondern der Gedenktag der Auferstehung allein. Es ist die Zeit, in der die Bezeichnung αναστάσιμος ήμερα für Ostern aufkommt 23 . Nun beginnen die Osterpredigten in aller Regel mit einer Aufforderung an die versammelte Gemeinde, sich der geschehenen Auferstehung zu freuen 24 ; ihr folgt eine Darstellung der Geschehnisse, von denen in den Auferstehungsberichten gesprochen wird, und der Heilsbedeutung der Auferstehung. Die Kreuzigung erscheint nun nicht mehr als mit der Auferstehung zusammengehörig, sondern als deren Gegenbild, an dem Glanz und Größe der Auferstehung nur umso deutlicher werden. Diese Gegenüberstellung von Kreuzigung und Auferstehung wird zum festen Topos; in ersten Ansätzen findet sie sich bereits bei dem Arianer Asterius dem Sophisten: Als Christus gekreuzigt wurde, verfinsterte sich der Tag; als er auferstand, erhellte sich die Nacht wie ein Tag und 19

6. Osterfestbrief (S. 94 Larsow).

20

7. Osterfestbrief (S. 103 Larsow).

21

Vgl. auch oben S. 107.

22

Vgl. dazu oben S. 139 ff.

23

Vgl. etwa Johannes Chrysostomus, Horn, in sanctum Pascha ( P G 52, 765).

24

In dieser A r t beginnen die meisten der im Folgenden erwähnten Osterpredigten, so daß sich Einzelnadiweise erübrigen.

190

Kapitel III. Karfreitag und Ostern

wurde sogar leuchtender als ein Tag25. Noch deutlicher ist die Gegenüberstellung etwa bei Gregor von Nazianz. Er drückt sie in der Form aus, daß er die Teilnahme der Christen an Kreuzigung und Auferstehung Christi beschreibt, und verwendet zu dieser Darstellung Züge aus Exodus 12: Gestern wurde, so führt er aus, das Lamm geschlachtet, und die Türpfosten wurden bestrichen, und Ägypten weinte um seine Erstgeborenen, und der Racheengel ging an uns vorbei. Heute entfliehen wir Ägypten und dem Pharao, den Vorstehern und dem Frondienst. — Gestern wurde ich zusammen mit Christus gekreuzigt, heute werde ich mit ihm zusammen verherrlicht; gestern wurde ich mit ihm getötet; heute werde ich mit ihm zum Leben gebracht; gestern wurde ich mit ihm begraben, heute werde ich mit ihm auferweckt26. Das Bemerkenswerte an solchen Ausführungen ist die stereotype Gegenüberstellung von Gestern und Heute, von Praeteritum und Praesens. Die Kreuzigung wird als etwas Vergangenes und Vorläufiges betrachtet; sie ist nicht mehr als ein Durchgangsstadium zur Auferstehung, als deren Ermöglichung. So hat der Gedanke der Ohnmacht Jesu am Kreuz, die Erinnerung an seine Verzweiflung im Garten Gethsemane in den griechischen Predigten des vierten Jahrhunderts kaum noch Platz. Sie werden von vornherein dadurch ausgeschlossen, daß man auf Jesu Vorherwissen von seiner Auferstehung verweist. Christus zögerte, so führt etwa Gregor von Nyssa aus, das Werk der Gnade nicht hinaus, sondern nahm freiwillig Frevelhaftes und Ehrloses auf sich, um den Menschen zu retten. Er nahm menschliches Leben an, da er von seinem glorreichen Aufstieg zum Himmel wußte. Er ließ es zu, daß er nach menschlicher Weise starb, da er von der Auferstehung wußte. »Denn nicht wie einer der gewöhnlichen Menschen wagte er es tollkühn und überließ den Ausgang der Ungewißheit der Zukunft, sondern als Gott plante er das Bevorstehende im Voraus; er sagte das Ende voraus und kannte es im Voraus«27. Man sollte annehmen, daß diese Abwertung der Kreuzigung Jesu der Tendenz zur Historisierung widerspräche, von der oben behauptet wurde, sie beherrsche in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Entwicklung im Osten. Doch »Historisierung« muß mit dem Ernstnehmen des historischen Ereignisses nicht identisch sein. Gerade die Abwertung der Kreuzigung aus christologischen Motiven legt es den östlichen Theologen nahe, die Kreuzigung von der Auferstehung zu trennen und ihr Gedächtnis auf den »historisch« korrekten Tag, den Karfreitag, vorzuverlegen. Gerade die Abwertung des historischen Ereignisses also führt zur Aufwertung des historischen Datums. 25 26

27

Horn. X I (S. 77 Richard, SO Suppl. 16). Or. 1. In sanctum Pascha (PG 35, 397 A/B). Die Predigt wird von Th. Sinko, D e traditione orationum Gregorii Nazianzeni I (Meletemata Patristica II), Krakau 1917, S. 104 f. auf Ostern 364 datiert. In Christi Resurrectionem III (PG 46, 656 C/D).

§ 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im 4. u. 5. Jahrh.

191

Umgekehrt kann im Westen das Ernstnehmen des historischen Ereignisses die Uberbewertung des historischen Datums verhindern. Denn der Unterschied der Ausführungen griechischer Theologen zu den früher dargestellten Gedanken des Ambrosius 28 besteht ja eben darin, daß Ambrosius die Erniedrigung Jesu am Kreuz ganz in den Mittelpunkt seiner Theologie stellt, daß am historischen Ereignis der Kreuzigung für ihn das Heil der Menschen hängt. Gerade deshalb nimmt Ambrosius das historische Datum der Hinrichtung Jesu nicht zum Anlaß, die Kreuzigung von der Auferstehung zu trennen. Ambrosius hebt hervor, daß Christus den ganzen Menschen, mit all seinen Empfindungen und mit seinem Leiden, angenommen habe, und daß deshalb Worte wie die, die Jesus im Garten Gethsemane sprach, keiner Entschuldigung bedürften. Man könnte denken, Ambrosius polemisiere hier direkt gegen die griechische Theologie seiner Zeit; denn in ihr herrscht an solchen Entschuldigungen kein Mangel. Zwar ist die Gethsemaneszene für Gregor von Nyssa Anlaß zu dem Zugeständnis, daß Christus einen menschlichen freien Willen habe, der sich hier von dem göttlichen Willen unterscheide29; er betont auch verschiedentlich, daß es die Menschheit Christi sei, die die Leiden auf sich nehme30; doch haben solche Feststellungen, die vor allem um der Polemik gegen Apollinaris von Laodicea willen getroffen werden, auf seine allgemeine Anschauung von Christus keinen allzu tiefen Einfluß ausgeübt. Denn für ihn verschwindet die Bedeutung der menschlichen Natur Christi gegenüber derjenigen der göttlichen so weitgehend, daß das menschliche Leiden ihm nicht mehr als eine Randerscheinung sein kann. Wie ein Essigtropfen zum Meer verhält sich die menschliche Natur Christi zur göttlichen31. Die göttliche Natur ist unwandelbar, die menschliche dagegen wandelbar 32 ; so kann sich die Gottheit die Menschheit anverwandeln; in forschreitender Entwicklung geht diese in jener auf 33 . Im Grunde wird durch ein solches Übergewicht der Gottheit über die Menschheit die Realität des Leidens Christi aufgehoben; Ohnmacht und Verzweiflung kann der Christus des Gregor von Nyssa, der das Leiden in der Gewißheit seiner Auferstehung auf sich nimmt 34 , nicht kennen35. 28

S. oben S. 167 ff.

29

Antirrheticus (S. 181,18 ff. Mueller, Gregorii Nysseni Opera III, 1, Leiden 1958). Vgl. etwa ebenda (S. 177, 28 ff. Mueller).

30 31

32 33

34 35

C. Eun. III, III, 68 (S. 132, 26 ff. Jaeger, Gregorii Nysseni Opera II, Leiden 1960); Antirrheticus (S. 201, 10 ff. Mueller); A d Theophilum (S. 126, 17 ff. Mueller). Antirrheticus (S. 223,2 ff. Mueller). Ebenda (S. 170, 4 ff.; S . 2 0 1 , 16 ff. Mueller); c. Eun. III, III, 44 (S. 123, 12 ff. Jaeger); c. Eun. III, III, 62 f. (S. 130, 2 ff. Jaeger). S. die oben S. 190 zitierte Stelle aus der 3. Osterpredigt. Man muß m. E. diese Konsequenz der Auffassung Gregors stärker betonen, als es in der m. W. immer noch aufschlußreichsten Arbeit über die Christologie der K a p p a dokier, in Karl Holls Amphilodiius von Ikonium, Tübingen 1904, S. 220 ff. ge-

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

Noch deutlicher als bei Gregor von Nyssa ist bei Gregor von N a z i anz der Versuch, die Aussagen über das Leiden Christi zu eliminieren. In einer der beiden erhaltenen Osterpredigten interpretiert er den T o d Jesu als ein G o t t dargebrachtes Lösegeld, durch das der Mensch geheiligt werden soll. Geheiligt wird er durch das Menschliche an Christus; aber dieses hat solche Wirkung gerade und nur deshalb, weil es von G o t t angenommen ist 36 . In Bezug auf die Realität des Leidens Christi ist diese E r k l ä rung kein großer Fortschritt gegenüber der anderen, nach der das Leiden und die Schwachheit Christi nur Schein waren, durch den der Teufel getäuscht werden sollte 37 . Denn beide Erklärungen zeigen in gleicher Weise, daß für Gregor menschliches Leiden und menschliche Schwachheit Christi unvorstellbar sind, weil nach seiner Auffassung die Gottheit in dem G o t t menschen übermächtig ist. Gregor bewegt sich in großer N ä h e zu den I n tentionen des Apollinaris, wenn er so die Gottheit als das in jeder Weise beherrschende und lenkende Prinzip in Christus ansieht, daß er geradezu von einer Vergottung der Menschheit Christi spricht 38 . Gewiß konnte eine solche starke Hervorhebung der Gottheit Christi dazu führen, daß trotz des grundsätzlich anerkannten Apathie-Axioms v o m Leiden Gottes oder des Logos gesprochen wurde. Solche Formulierungen finden sich wie bei Gregor von Nazianz 3 9 auch bei Kyrill von Alexandrien 4 0 . Doch kann dann Christi Leiden nicht mehr als individuelles menschliches Leiden verstanden werden; also kann von Leiden über-

3,1

37 38 3f 40

schieht, der u. a. (S. 230) hervorhebt, daß sich bei Gregor von Nyssa in dem geschichtlichen Bilde Christi der δνθρωπος stärker heraushebe und die Tatsachen des irdischen Lebens Christi mehr betont seien als bei Gregor von Nazianz, und daß er deshalb als Vorläufer der antiochenischen Christologie angesehen werden könne, während jener den Anschauungen Kyrills von Alexandrien näherstehe. Vgl. noch zu der Lehre von der Vergottung der Menschheit Christi bei Gregor von Nyssa J. Lenz, Jesus Christus nach der Lehre des hl. Gregor von Nyssa, Trier 1925, S. 57 ff. Or. 45 In sanctum Pascha (PG 36, 653). Ich gehe auf das Verhältnis dieser Predigt zu Or. 38 nicht näher ein. Sie wiederholt teilweise wörtlich Abschnitte dieser Predigt. K. Holl (Amphilochius von Ikonium, S. 179 f. Anm.) legt diese Wiederholungen der handschriftlichen Überlieferung zur Last; Th. Sinko, De traditione orationum Gregorii Nazianzeni I, S. 59 f., meint (was mir wahrscheinlicher ist), daß Gregor selbst diese Teile aus seiner früheren Predigt, die zwar von Stenographen aufgeschrieben, aber nicht publiziert war, übernommen habe. Hingewiesen sei schließlich noch auf die Meinung von F. Trisoglio, Sülle interpolazioni nella XLV Orazione di S. Gregorio Nazianzeno. Aevum 39, 1965, S. 25—44, die Interpolationen in der Predigt stammten von Eulalius, dem Nachfolger Gregors in Nazianz (vgl. BZ 59, 1966, S. 189). Or. 39 (PG 36, 394 A). Vgl. Or. 29 (PG 36, 100 A); Or. 38 (ebenda 325 B/C); Or. 39 (ebenda 353 B). Or. 17 (PG 35, 980 B); Or. 30 (PG 36, 125 A); vgl. dazu Holl, aaO., S. 195. Vgl. etwa de incarn. verbi (PG 75, 1417 B/C).

§ 12. Ostern als Gedenktag der Auferstehung Christi im 4. u. 5. Jahrh.

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haupt nur in einem uneigentlichen Sinn die Rede sein. So sieht sich Kyrill auch dazu genötigt, Jesu Wort: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du midi verlassen«41 umzuinterpretieren. Hier sei, so sagt er, nicht die persönliche Not Christi gemeint; denn wer der Stelle entnehme, Christus sei von Furcht und Schwäche überwältigt worden, der anerkenne ihn nicht als Gott. Vielmehr sei das im Namen der gesamten Natur 42 gesagt. Nicht als Ausdruck der individuellen Menschennatur Christi, die von allem Verderben frei war, sondern nur im Namen der gesamten Menschennatur, die vom Verderben erlöst werden sollte, konnte dieser Satz gesagt werden43. Nach diesem Verständnis ist das Leiden des Logos kein Leiden; denn menschliche Schwäche muß ihm als Gott fremd sein. Diese Uminterpretation ist nicht zufällig, sondern liegt in der Konsequenz einer christologischen Auffassung, in der Individualität und Begrenztheit der menschlichen Natur Christi keinen Platz haben, da sie von der Gottheit Christi völlig aufgesogen werden44. Die wenigen Beispiele sollten nur den »Doketismus«, der die gesamte griechische Theologie in ihren verschiedensten Richtungen und trotz aller Unterschiede der christologischen Auffassungen beherrschte, und den sie »nie überwunden« hat45, deutlich machen. Die Tatsache, daß »im Grunde kein einziger hervorragender kirchlicher Lehrer mit der Menschheit (Christi) völlig Ernst machte«48, ist von erheblicher Bedeu41 42 43 44

45 46

13

Mt 27 «β. υπέρ άπάσης φύσεως. Quod unus sit Christus (PG 75, 1325 C/D). Diese Interpretation ist also nicht eine »Fehlstelle« der Christologie Kyrills in dem Sinn, in dem W. Eiert, Der Ausgang der altkirchlichen Christologie, 1957, S. 95, diesen Ausdruck verwendet. Nach seiner Auffassung hätte es in der Konsequenz der kyrillischen Christologie gelegen, auch bei der Interpretation dieser Worte die »unzertrennliche Einheit des Logos mit dem Konkretum der individuellen Mensdiennatur« festzuhalten. Doch führt die Art, wie diese Einheit gedacht wird, mit Notwendigkeit gerade bei der Behandlung des Leidens und Todes Christi zur Preisgabe dieser »individuellen Menschennatur«. In bezug auf Christi Leiden und Tod, nicht in bezug auf die Inkarnation ist die von Wilhelm Herrmann für Gregor von Nyssa zuerst aufgestellte, von Harnack (Dogmengeschichte II, 4. Aufl. Tübingen 1909, S. 166 ff.) verallgemeinerte These zutreffend, der Logos sei in der griechischen Theologie als mit der Gattung Mensch, nicht mit einem individuellen Menschen vereinigt gedacht. Vgl. dagegen Holl, Amphilodiius von Ikonium, S. 222 ff.; E. Weigl, Christologie vom Tode des Athanasius bis zum Ausbruch des nestorianischen Streites, 1925, S. 167 ff.; J . Lenz, Jesus Christus nach der Lehre des hl. Gregor von Nyssa, 1925, S. 84 ff.; Eiert, aaO., S. 145 ff. Die in der Inkarnationslehre behauptete »individuelle Menschennatur« wurde dort aufgegeben, wo man mit ihr hätte ernst machen müssen. Vgl. zu diesem Problem auch A. Grillmeier, Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon. Das Konzil von Chalkedon I, 1951, S. 5—202 (165 ff.). Holl, Amphilochius, S. 253 f. Harnack, Dogmengeschichte II, S. 315. Huber

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Kapitel III. Karfreitag und Ostern

tung für die Entwicklung des Osterfestes seit dem vierten Jahrhundert. Denn zusammen mit der Tendenz zur »Historisierung« erklärt sie die Tatsache, daß das Gedächtnis der Kreuzigung aus dem Inhalt der Osterfeier gelöst und auf den Freitag vor Ostern verwiesen wurde, und daß dennoch Ostern allein als das große Hauptfest der Christenheit betrachtet wurde. Neben ihm erhielt das Himmelfahrtsfest größere Bedeutung, als sie der Karfreitag je besaß 47 . Diese Entwicklung, die die Kreuzigung in die historischen Ereignisse vor der Auferstehung — Gefangennahme, Verurteilung, Grablegung — einordnet und sozusagen nur in deren Zusammenhang berücksichtigt, ergibt sich mit Notwendigkeit aus der christologischen Auffassung, nach der die Gottheit Christi das eigentlich Wesentliche ist und die Inkarnation weniger als eine Menschwerdung Gottes denn als eine Annahme der Menschheit durch Gott gedacht ist. Wenn, um noch einmal Einzelzüge aus der Christologie Gregors von Nyssa aufzunehmen, das Entscheidende an der Entwicklung Christi die vollkommene Vergottung der von ihm angenommenen menschlichen Natur ist48, dann können alle Ereignisse vor der Auferstehung, in der diese Vergottung vollkommen erreicht ist, nichts mehr als nur Vorstufen dieses Endzustands sein, die keinerlei selbständige Bedeutung haben. Wenn man, wie Gregor von Nazianz, alle Entwicklung Jesu leugnet49, dann muß das Ereignis, in dem die von Anfang an vorhandene Vollkommenheit auch des Menschen Jesus allen offenbar wird, eben die Auferstehung, alle anderen Geschehnisse weit überragen. Dann kann der Kreuzigung nur noch der Sinn zukommen, daß sie die Heiligung des Menschen vorbereitet, die in Christi Auferstehung und Erhöhung, der die Erhöhung des Menschen folgt, vollendet wird 50 . 3. Soteriologische Ursachen für die neue Auffassung des Osterfestes D a ß Gregor von Nazianz die »Heiligung« des Menschen auch schon als Sinn der Kreuzigung Christi darstellt, deutet darauf hin, daß sich mit den christologischen Tendenzen, die zur Verschiebung des Osterfestinhalts beitragen, soteriologische Interessen verbinden. Sie laufen in dem einen Punkt zusammen, daß nach der Auffassung der griechischen Theologie die Menschwerdung Gottes die Gottwerdung des Menschen bewirkt. Am häufigsten und eindeutigsten bezeichnet Gregor von Nazianz das 47

S. unten S. 206 ff.

48

Vgl. etwa c. Eun. III, III, 62 (S. 130, 2 ff, Jaeger).

4S

Or. 43 (PG 36, 548 B).

50

Deshalb kann der Abschnitt in Gregors Osterpredigt (Or. 45, PG 36, 653), der von der Heilswirkung des Kreuzes handelt (s. oben S. 192), kein Gegenargument gegen das Dargelegte bieten.

§ 12. ©ütfer» als Gedenktag der Auferstehung Christi im 4. u. 5. Jahrh.

195

•θεόν γενέσθεΛ des Menschen a l s das Z i e l d e s Heilsgeschehens, e i n m a l auch i n einer der b e i d e n u n s νθϊι i h m erhaltenen O s t e r p r e d i g t e n " : »Werden wir wie Christus, da Christus auch wie wir geworden ist; Werden wir Götter durch ihn, da auch jener durch uns Mensch geworden ist. Er nahm das Schlechtere, Um das Besses zu geben. Er wurde arm, damit wir durch seift« Armut reich würde»; er nahm die Gestalt eines Knechts an, damit wir die Freiheit empfingen; er kam herab, damit 'Wir erhöht würden; er wurde versucht, damit wir siegten; er wurde verachtet, dansVt er uns verherrlichte; er starb, um uns zu retten; er stieg empor, um die zu Sich zu »fehen, die unten lagen in dem Fall der Sünde«52. T r e g o r v o n N y s s a beschreibt die H e i l s w i r k u n g der A u f e r s t e h u n g |? 23 zurückführen darf, muß fraglich bleiben. Dieser hebräische Ausdruck freilich ist im Spätjudentum terminus techniats für die Passanacht und betont deren eschatologische Komponente 29 . Doch man müßte noch deutlicher zeigen 15

16 17 18 19 20 21

22

23 24 25 26

14*

Euseb, Η . E. 11,23,13 (S. 168, 25—170,1 Schwartz). Mit »μέλλει ερχεσθαι« ist zwar ausgedrückt, daß die Parusie nahe bevorsteht. Aber soll man es wirklich, wie Lohse (aaO., S. 107), mit »er ist im Begriff . . . zu kommen« übersetzen? Euseb, H.E. II, 23, 10 (S. 168, 12 Schwanz). So Lohse, aaO., S. 107. Euseb, H.E. II, 23,11 (S. 168, 16 f. Schwartz). Euseb, Η . Ε. II, 23, 12 (S. 168, 23 Schwartz). Euseb, H.E. II, 23, 8.12 (S. 168, 4.24 Schwanz). A. Strobel, Z N W 49, 1958, S. 168 Anm. 110; Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 260 Anm. 2; vgl. auch Le Deaut, La Nuit Pascale, S. 294. Vgl. Act 14 27; Joh 191.7.» und vor allem Ignatius ad Philad. 9 1: »αύτός (Jesus der Hohepriester) ών θύρα τοΰ πατρός«. Die von J. Jeremias, ThWb III, S. 174, Anm. 18, vorgeschlagene Konjektur θωρα scheint mir nicht notwendig zu sein. Der hier begegnenden Verwendung von θύρα erscheint die absolute Verwendung von όδός in der Apostelgeschichte (9 z; 19 ».23; 22 4; 2414.22) vergleichlich. Vgl. dazu W. Michaelis, T h W b V , S. 93—95; E. Haenchen, Apostelgeschichte. Meyers Kommentar 13. Auflage, Göttingen 1961, S. 268, Anm. 3. Vgl. Lohse, aaO., S. 106 f. Anm. 8. Hennecke-Schneemelcher I, S. 314. Vgl. Ex 12 42. Vgl. E. Schwartz, Ges. Schriften V, S. 22; Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 81; Strobel, Z N W 49, 1958, S. 164 f.

212

Kapitel IV. Ostern und Parusie

können, daß dieser spätjüdische terminus mit seinem gesamten Inhalt auf die Formulierung in der Epistula Apostolorum eingewirkt hat, wenn man diese Stelle als selbständigen Beleg für die Parusieerwartung am Passa werten wollte. Ähnliches gilt auch von der Umwandlung des Gleichnisses von den zehn Jungfrauen 27 in der Epistula Apostolorum 28 . Der entscheidende Unterschied der Fassung in der Epistula Apostolorum gegenüber derjenigen des Matthäus-Evangeliums besteht darin, daß nach dem Matthäus-Evangelium auch die klugen Jungfrauen zunächst schlafen, weil der Bräutigam noch nicht kommt, während die Epistula Apostolorum behauptet, die klugen Jungfrauen hätten nicht geschlafen; ebenso würden (bzw. nach dem äthiopischen Text: sollten) sich auch die Jünger verhalten. Man wird sich damit begnügen müssen, darin eine Aufnahme und Verstärkung des Wachsamkeitsmotivs zu sehen, das schon an die matthäische Fassung des Gleichnisses angehängt ist 29 ; daß sich an dieser Stelle der Epistula Apostolorum der liturgische Brauch, in der Passanacht zu wachen, niedergeschlagen habe, wird man dagegen wohl nicht annehmen können 30 . Ebenso wenig wird man aus einer anderen Besonderheit des Gleichnisses in der Epistula Apostolorum, die sich allerdings nur im äthiopischen Text findet, Schlüsse auf die Parusieerwartung am Passa ziehen können. Nach Mt 25 7 f. ist anzunehmen, daß die Jungfrauen beim Herannahen des Bräutigams die Lampen anzünden, nachdem sie zuvor ausgelöscht waren. Nach der Epistula Apostolorum aber zünden die klugen Jungfrauen die Lampen bereits lange vorher an, um nicht einzuschlafen. Doch das wird man nicht aus dem liturgischen Brauch, nach dem sich die Gemeinde in der Passanacht in einem durch Lampen erleuchteten Raum versammelt, zu erklären haben 31 ; sondern dieser Zug erklärt sich aus dem Zusammenhang des Gleichnisses; wenn die klugen Jungfrauen die ganze Nacht wachen, um auf den Bräutigam zu warten, dann ist es das Natürlichste, daß sie ihre Lampen entzünden.

Nur aus Epistula Apostolorum 17 (28) — und audi aus dieser Stelle nur auf Grund einer Konjektur — läßt sich mit einiger Sicherheit entnehmen, daß die Parusieerwartung am Passa zum Festinhalt des quartodezimanischen Passa gehörte. Da diese Quellenbasis sehr schmal ist, ist es unmöglich, Aussagen darüber zu machen, welches Gewicht dieser Parusieerwartung innerhalb der gesamten Passafeier zukam. Doch wird man sich davor hüten müssen, ihr ein zu großes Gewicht beizumessen. Daß die Parusieerwartung der wesentliche Inhalt der quartodezimanischen Passafeier gewesen sei, läßt sich aus den Quellen nicht belegen. 27 28

Mt 25 ι ff. c. 43 (54); Hennecke-Schneemelcher I, S. 150.

29

Vgl. J. Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, 6. Aufl. 1962, S. 48 f.; E. Gräßer, Das Problem der Parusieverzögerung in den synoptischen Evangelien, 2. Aufl. 1960, S. 86.

30

Vgl. den Versuch von A. Strobel, NovTest 2, 1958, S. 199 ff.; Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 233 ff., in beiden Fassungen des Gleichnisses die Parusieerwartung am Passa zu finden. Strobel, Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 242 ff., hat die ältesten Belege für die Verwendung von Lampen in der Passanacht und für deren symbolische Bedeutung zusammengestellt; dennoch scheint mir, daß es dieser Belege zur Erklärung der Stelle in der Epistula Apostolorum nidit bedarf.

31

§ 13. Die Parusieerwartung in der quartodezimanisdien Passafeier

213

2. Die Parusieerwartung am Passa im Judentum Das jüdische Passa wird, spätestens seit dem ersten vorchristlichen Jahrhundert, sehr stark unter eschatologischem Aspekt gesehen32. Der Erlösung aus Ägypten entspricht nach einer verbreiteten Auffassung die Erlösung am Ende der Zeit: »In dieser Nacht (sc. der Passanacht) sind sie (sc. aus Ägypten) erlöst worden, und in ihr werden sie dereinst . . . erlöst werden . . .«33. Man kann an einer solchen Gegenüberstellung noch erkennen, daß die Datierung der endzeitlichen Erlösung auf die Passanacht vor allem darin ihre Wurzel hat, daß schon die alttestamentlichen Propheten, zuerst Hosea, dann Ezechiel und insbesondere Deuterojesaja34, das zukünftige Heil mit den Bildern des Auszugs aus Ägypten beschrieben haben. Schon die Septuaginta fügt dann zu Jeremias Beschreibung der zukünftigen Rückführung der Deportierten35 hinzu, daß sie am Passafest stattfinde. Der Gedanke der Entsprechung von Exodus und Erlösung wird in der jüdischen Tradition weiter ausgebaut zu einem Schema der vier Nächte, die alle am gleichen Kalenderdatum, eben am Passa, stattfinden: die Nacht der Schöpfung, die Nacht des Bundes Gottes mit Abraham, die Nacht der Erlösung Israels aus Ägypten, die Nacht der endzeitlichen Befreiung36. Das Targum zu Ex 12 42, dem diese Vorstellung 32

Vgl. dazu J.Jeremias, Die Abendmahlsworte Jesu, S. 198; Lohse, aaO., S. 82; M. Black, An Aramaic Approach to the Gospels and Acts, 2. Aufl. O x f o r d 1954, S. 172 ff.; A. Strobel, Die Passa-Erwartung als urchristliches Problem in Lc 17 20 f., Z N W 49, 1958, S. 157—196; Zum Verständnis von M t 25 1-13. NovTest 2, 1958, S. 199—227; Passa-Symbolik und Passa-Wunder in Act 12 3 ff., N T S t 4, 1957/58, S. 210—215; Untersuchungen zum esdiatologischen Verzögerungsproblem, 1961, S. 65 ff., 203 ff.; R. Le Deaut, La Nuit Pascale, 1963, v. a. S. 279 ff.

33

Mekh Ex. 12 42 (vgl. Billerbeck I, S. 85).

84

Hos 217; vgl. dazu H . W . W o l f f , Dodekapropheton 1, Bibl. Komm. X I V , 1, N e u kirchen 1961, z. St., insbesondere auch die Bemerkungen S. 55, die die Brücke von dieser ersten Andeutung bei Hosea zur Wertung der Wüste und zur Erwartung der Erlösung in neutestamentlicher Zeit schlagen. Ez 20 33ff.; vgl. dazu W. Zimmerli, Erkenntnis Gottes nach dem Buche Ezechiel. Gottes Offenbarung. Ges. Aufs, zum AT., ThB 19, München 1963, S. 41—119 (115). Jes 40 s; 41 10-20; 51 ef.; 52 π f.; 55 vgl dazu J . Begrich, Studien zu Deuterojesaja. Nachdruck ThB 20, München 1963, S. 104 f., und Le D6aut, aaO., S. 119f. Zu Ezechiel und Deuterojesaja vgl. insbesondere W. Zimmerli, Der »neue Exodus« in der Verkündigung der beiden großen Exilspropheten. Gottes Offenbarung, S. 192—204. Der bei den Propheten ausgesprochene Gedanke hat auch in Qumran fortgewirkt; vgl. 1 Q M 1 2f. (S. 180 Lohse, Die Texte von Qumran, Darmstadt 1964).

35

Jer 31 β f. (38 β L X X ) ; vgl. Göttinger Septuaginta XV, ed. J . Ziegler, Göttingen 1957, S. 356.

36

Vgl. Targ. Jer. II, Ex. 15 ie.

214

Kapitel IV. Ostern und Parusie

von den vier Nächten zu Grunde liegt37, beschreibt die letzte Nacht folgendermaßen 38 : »La quatrieme nuit (sera) quand le monde accomplira sa fin pour etre dissous; les jougs de fer seront rompus et les generations de l'impiete seront detruites. Et Moise sortira du desert. L'un mardiera en tete de troupeau (o« sur le sommet d'une nuee), et l'autre marchera en tete de troupeau et sa Parole mardiera entre les deux et eux marcheront ensemble. C'est la nuit de la Päque pour le nom de Yahve, nuit fixee et reservee pour le salut (delivrance) de toutes les generations d'Israel.«

Die eschatologische Aussage schließt sich hier39 an E x 12 42 an. Der diesem Vers entstammende Ausdruck »Nacht des Wachens« wird zum terminus technicus für die Passanacht; in ihm liegt besonderes Gewicht auf der eschatologischen Erwartung 4 0 . Ebenfalls im Zusammenhang der Auslegung von E x 12 42 (und E x 1213) spricht auch der Memar Marqah, eine dem 2. bis 4. nachchristlichen Jahrhundert entstammende samaritanische Schrift von der eschatologischen Erwartung. Schon die Schilderung der Taten Jahwes beim Auszug aus Ägypten ist eschatologisch transparent 41 . In sie ist ein Gebet um das Kommen des Messias eingefügt42, an dessen Ende dieses Kommen eindeutig auf den 14. Nisan datiert wird. Die weite Verbreitung dieses Gedankens wird durch diese samaritanische Quelle besonders sichtbar gemacht. Zu den frühesten Zeugnissen dafür, daß man einen engen Zusammenhang zwischen den Exodus-Ereignissen und der zukünftigen Erlösung sah, die sich dann bis zur Identifikation des Datums verdichtete, gehört die Sapientia Salomonis. In Kap. 1 0 — 1 9 beschreibt sie die Ereignisse des Auszugs aus Ägypten. Kap. 18 handelt sie vom kriegerischen Eingreifen des Logos (1815), der siegreich vom Himmel auf die Erde kommt. Die Taten Gottes beim Auszug aus Ägypten scheinen für den Verfasser Bilder 37 38

39 40 41

42

Vgl. dazu Le Deaut, aaO., passim. Idi gebe die Übersetzung von Le Deaut, aaO., S. 266; vgl. den Kommentar ebenda S. 266 ff. Ebenso wie in dem oben S. 213 zitierten Text. Vgl. auch oben S. 3, S. 211 mit Anm. 26. Es findet sich in ihr ein Gebet der Israeliten um die Befreiung aus Ägypten, das auch als Gebet um die endzeitliche Erlösung verstanden werden könnte: »Let the day come safely on which is the deliverance, for it is crowned with glory and contains the Blessing. Let the day come safely on which is the deliverance, for truth is about to be manifested in the world. Let the day come safely, whose evening was God's, whose day was Israel's, as He said: It was a night (of watching) by the Lord (Ex X I I . 4 2 Targ.)« (Memar Marqah, The Teaching of Marqah. Edited and translated by J . MacDonald. I. The Text. II. Translation. BZAW 84, Berlin 1963, Buch I, § 9; Text S. 22; Übersetzung S. 33). »Let the Taheb come safely and clear away the darkness which has become great in the world! Let the Taheb come safely and scatter the enemies who have provoked God! Let the Taheb come safely and sacrifice a true offering before Bethel (wo das Kommen des Messias erwartet wurde). Let the Taheb come safely, that

§13. Die Parusieerwartung in der quartodezimanischen Passafeier

215

für sein endzeitliches Handeln zu sein43; dem damaligen Eingreifen Gottes »mitten in der Nacht« (1814) entspricht das ebenfalls in der Nacht erwartete eschatologische Geschehen. Die Rettung der Israeliten und das Gericht über die Ägypter, die einander gegenübergestellt werden, sind das Unterpfand dafür, daß Gott am Ende der Zeit ebenso handeln wird. Wie sehr man das 18. Kapitel der Sapientia Salomonis eschatologisch verstanden hat, zeigt die Apokalypse des Johannes. Kap. 1911 ff. verwendet sie Sap. Sal. 1814 ff. zur Darstellung der kriegerischen und richtenden Ankunft des Logos am Ende der Zeit44. 3. Die Parusieerwartung in der Nacht im Neuen Testament Hier wird einer der Wege sichtbar, auf denen die jüdische Passaerwartung Eingang in das Christentum gefunden hat. Für die Christen galten die Ereignisse des Auszugs aus Ägypten, die der primäre Gegenstand der jüdischen Passafeier waren, nicht nur als Typus des Sterbens Christi45, sondern auch als Bild seiner zukünftigen Parusie. Die Vorschriften für das jüdische Passa wurden deshalb umgewandelt zu eschatologischen Ermahnungen4®. Wie die Typologie von Passa und Kreuzestod mit der Datierung des Todes Jesu auf den 14.Nisan verbunden war, so ver-

45

44

45 46

the Lord may sacrifice in the evening. Let the Taheb come safely and separate the chosen from the rejected, and let this affliction be turned into relief! The day which H e made the fourteenth is the end of one affair and the beginning of another« (ebenda). Schon die formale Gleichheit dieses und des in der vorangehenden Anm. zitierten Gebets ist aufschlußreich. Aus Sap Sal 18 6 wird man das allerdings nicht unmittelbar schließen können, wie es Strobel, NTSt 4, 1957/58, S. 210; Z N W 49, 1958, S. 167; Untersuchungen zum esdiatologischen Verzögerungsproblem S. 66 tut; denn dort ist ausschließlich davon die Rede, daß den Israeliten ihre Befreiung aus Ägypten verheißen war: »έκείνη ή νύξ προεγνώσθη πατράσιν ημών, ίνα άσφαλώζ είδότες οϊς έπίστευσαν δρκοις έπευθυμήσωσι/v« (Text nach Göttinger Septuaginta XII, 1, ed. J. Ziegler, Göttingen 1962, S. 160; Rahlfs bietet in seiner LXX-Ausgabe, Band II, S. 372, denselben Text). Strobel übersetzt den Text an den zitierten Stellen (anders nur ZThK 58, 1961, S. 24) irreführender Weise so, als könne er auch auf die eschatologische Verheißung bezogen werden: »Jene Nacht (des 14. Nisan) ward unseren Vätern zuvor verkündigt, damit sie der Eidsdiwüre, worauf sie warten (sie!), sich sicher getrösten können.« Vgl. audi die Paraphrase des Textes Z N W 49, 1958, im Zusammenhang mit der Messiaserwartung in der Passanacht: »In der Passanacht löst Gott seine Eidschwüre ein, welche er den Vätern gab (Sap Sal 18 β).« Nadi dem Text hat er sie den Vätern gegenüber bereits eingelöst. Die richtige Ubersetzung schon bei K. Siegfried in Kautzsch, Apokryphen I, S. 504. Vgl. G. Kuhn, Beiträge zur Erklärung des Buches der Weisheit. Z N W 28, 1929, S. 334—341 (336); A. Strobel, Z N W 49, 1958, S. 176 ff.; Nov.Test. 2, 1958, S. 204, Anm. 4; Untersuchungen zum esdiatologischen Verzögerungsproblem, S. 66. Vgl. oben S. 108 ff. Lc 1235a (im Anschluß an Ex 12 na); vgl. I P e t r 1 is; Eph6i4.

216

Kapitel IV. Ostern und Parusic

band sich die Typologie von Exodusereignissen und Parusie ebenfalls mit dem Datum des Passa47. Gegen die in der christlichen Gemeinde verbreitete, in ihrer Passafeier zum Ausdruck kommende Passa-Erwartung richtet sich vielleicht, wie A. Strobel verschiedentlich dargelegt hat48, die von Lukas (17 20 f.) der eschatologischen Jüngerbelehrung (17 22-37) vorangestellte Einleitung, die — in der Form einer Antwort Jesu auf die Frage der Pharisäer nach dem Termin des Kommens des Messias — ausführt, daß das Reich Gottes nicht »μετά παρατηρήσεως« komme, sondern bereits »mitten unter euch»19 sei. Gegen welche Anschauung sich diese Polemik richtet, ist wohl an dem Ausdruck παρατήρησις zu erkennen; er entstammt der von Ex 12 42 ausgehenden Benennung der Passanacht als νύξ παρατηρήσεως50, durch die nach spätjüdischem Verständnis die Passanacht als Nacht der Erwartung des Messias gekennzeichnet wird. Ob sich eine Spur der Passa-Erwartung, gegen die Lukas vielleicht in seiner Einleitung zu der eschatologischen Belehrung polemisiert, in dieser selbst findet, muß fraglich bleiben. Zwar wird als Zeitpunkt der eschatologischen Scheidung »diese Nacht« angegeben51. Doch man wird daran zweifeln müssen, ob mit »dieser Nacht« nur die Passanacht gemeint sein kann. Wahrscheinlicher ist es doch, daß hinter diesem wie hinter anderen Texten52 die allgemeinere Vorstellung steht, daß die Parusie zur Nachtzeit stattfinden wird. Ähnlich wird man die von J. Jeremias im Anschluß an Dodd als »Parusiegleichnisse«53, von Strobel als »Wachsamkeits- oder Termin47 48

49

50 61

52

53

S. zur »dreistufigen Typologie« audi oben S. 92 ff. Die Passa-Erwartung als urchristliches Problem in Lc 17 20 f. Z N W 49, 1958, S. 157—196; A. Merx über Lc 17 2of. Z N W 51, 1960, S. 133 f.; In dieser Nadit (Lc 17 34). ZThK 58, 1961, S. 16—29 (25 ff.); Zu Lc 17 20f. Bibl. Zeitsdir. N F 7, 1963, S. 111—113. Strobel hat ZThK 58, 1961, S. 27 ff. dieses Verständnis von έντός ύμών gegenüber der von A. Rüstow, ENTOS H Y M O N ESTIN. Zur Deutung von Lc 17 20-21. Z N W 51, 1960, S. 197—224, vorgeschlagenen Übersetzung »im Einfluß-, Verfügungs-, Wirkungs-, Machtbereich von euch« (»denn siehe, das Reich Gottes steht in eurer Hand« übersetzt Rüstow S. 216) erneut gesichert. Vgl. Strobel, Z N W 49, 1958, S. 164 ff. S. audi oben S. 3, S. 211 mit Anm. 26. Lc 17 34 f. Auf die Parusie in der Passanacht deutet diesen Text Strobel, ZThK 58, 1961, S. 19 ff. Etwa Lc 12 38; Rm 13 11; I Thess 5 iff.; Ape 3 s; 1615 (vgl. Strobel, NTSt 4, 1957/58, S. 211; Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 112; 212; 229). In Jac 5 7—11 (vgl. Strobel, Untersuchungen, S. 254 ff.) sdieint mir jeder Anklang an die Passa-Erwartung zu fehlen. Act 12 3 ff. (s. oben S. 45 f.) nimmt zwar wahrsdieinlich Elemente aus dem Passa-Kapitel Ex 12 auf. Daß aber dieser Erzählung zu entnehmen sei, daß mit ihr »Legitimität und Recht der urchristlichen PassaErwartung betont werden« solle (Strobel, NTSt 4, 1957/58, S. 213), sdieint mir nicht überzeugend erwiesen zu sein. J. Jeremias, Die Gleichnisse Jesu, 6. Aufl. 1962, S. 45 ff.

§ 13. Die Parusieerwartung in der quartodezimanisdien Passafeier

217

gleichnisse54 bezeichneten Gleichnisse zu beurteilen haben. Sie finden sich vor allem in der Sammlung eschatologischer Gleichnisse, die in Mt 24 32 — 25 46 zusammengestellt ist. Aus der Tatsache, daß diese Gleichnissammlung der Leidensweissagung Jesu, in der das Leiden auf das Passa datiert wird55, vorangeht, wird man jedenfalls noch nicht schließen dürfen, daß damit schon die Parusie auf das Passa datiert sei. Aber auch aus Einzelzügen der Parusiegleichnisse läßt sich diese Datierung nicht beweisen. Im Gleichnis vom nächtlichen Einbrecher 5 ' finden sich bei Matthäus Abweichungen von der Form, in der es von Lukas überliefert wird. Statt von der ώρα spricht Matthäus von der φυλακή, in der der Einbrecher kommt; zudem fügt er den Gedanken des »Wachens« ein. Das zeigt nur, daß er die Parusie in der Nacht erwartet und daß es ihm hier wie an anderen Stellen 57 auf die Ermahnung zur Wachsamkeit ankommt. Von der Parusie in der Passanacht aber ist hier wohl so wenig die Rede wie in dem Gleichnis vom heimkehrenden Hausherrn 58 . Denn man kann die Formel »εκεί εσται ό κλαυθμός και ό βρυγμός των όδόντων«, mit der Matthäus — im Gegensatz zu Lukas — das Gleichnis abschließt 59 , nicht deshalb schon als »offenen Ausdruck passatheologischer Überarbeitung« 60 ansehen, weil sie an einen Vers eines der Hallel-Psalmen 61 anklingt. Gerade die Häufigkeit der Formel im Matthäus-Evangelium 62 zeigt, daß sie für Matthäus nichts mehr ist als ein stereotyper Ausdruck für das Endgericht. In dem bei Markus überlieferten Gleichnis vom Türhüter 6 3 wird die Zeit, in der der Hausherr kommen kann, deutlich sekundär auf die Nacht eingeschränkt 64 . Doch das ist wiederum nur ein Zeichen für die Erwartung der Parusie in der Nacht, nicht für deren Erwartung in der Passanacht; genausowenig bietet die Ermahnung zur Wachsamkeit, die sowohl durch άγρυπνεΐν als audi durch γρηγορεΐν ausgedrückt wird 65 , hierfür einen Anhaltspunkt. Ein besonderes Problem bietet das Gleichnis von den zehn Jungfrauen 6 ®, da schon 54

55 86 57 58 68 60 81 62

6 3

Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 204; vgl. das ganze Kapitel S. 203—264, ferner NovTest 2, 1958, S. 199—227. Mt 26 2. Mt 24 43 f.; Lc 12 38f. Vgl. etwa Mt 25 13. Mt 24 45-51; Lc 12 u—te. Mt 24 si L·. Strobel, Untersuchungen, S. 220. Ps 112io. Strobel verweist aaO., S. 221, Anm. 4, selbst auf die Häufigkeit der Formel im Matthäus-Evangelium (außer 24 si noch 8 ii; 13 42.5ο; 2213; 25 so), beweist aber dadurch wohl das Gegenteil dessen, was er beweisen will. M C 1 3 33—37.

M

V . 35 L·.

65

Strobel, Untersuchungen S. 223 f. versucht nachzuweisen, daß άγρυπνεΐν terminus technics für das Wachen der Gemeinde bei der Passavigil sei; doch eine dementsprechende Hervorhebung und ausschließliche Verwendung des Ausdrucks άγρυπνεΐν fehlt hier gerade. Mt 25 1—13; zu der Wiedergabe dieses Gleichnisses in der Epistula Apostolorum s. oben S. 212.

66

218

Kapitel IV. Ostern und Parusie

Hieronymus 6 7 gerade dieses Gleidinis zum Anlaß nimmt darauf hinzuweisen, daß die Juden in der Passanacht um Mitternacht den Messias erwarten, und hinzuzufügen, daß audi die Christen die Feier der Ostervigil bis Mitternacht ausdehnen müßten, da audi sie die Wiederkunft Christi erwarteten 6 8 . Hieronymus hat damit den Rahmen angedeutet, in dem man neuerdings dieses Gleidinis zu verstehen gesucht hat 6 9 . Doch wiederum muß man fragen, ob schon die Festlegung der Ankunft des Bräutigams auf die Mitternadit als Beweis dafür genügen kann, daß hier die Passanadit gemeint sei. Denn aus dem Motiv der Lampen 7 0 wird man das bestimmt nicht herleiten können, da von der liturgischen Verwendung der Lampen in der frühchristlichen Passafeier hier nicht das Geringste anklingt.

Von der Parusie in der Nacht ist im Neuen Testament häufig die Rede. Gerade deshalb sollte man erwarten, daß die Passanacht wenigstens einmal ausdrücklich Erwähnung fände, wenn an all diesen Stellen ausgesagt sein soll, daß die Passanadit der Termin der Parusie ist. Da eine solche Erwähnung der Passanacht fehlt, wird man doch zu dem Ergebnis kommen müssen, daß nach der im Neuen Testament vorherrschenden Auffassung die Parusie nur allgemein in der Nacht erwartet wird, ohne daß an eine bestimmte Nacht gedacht wäre. Auszuschließen ist es nicht, daß neben dieser Anschauung eine andere, nur schwächer bezeugte und wohl auch nur von wenigen vertretene einhergeht, die die Parusie auf die Passanacht datiert. Lc 1 7 20 f. scheint darauf hinzudeuten71. Auch für das zweite Jahrhundert bezeugt nur eine quartodezimanische Quelle die Existenz dieser Passa-Erwartung72. Doch diese verschwindet nicht mit dem Ende der quartodezimanischen Passafeier, sondern läßt sich auch in der späteren Zeit in einigen wenigen Spuren finden73. Doch, nach den Quellen zu schließen, hat diese Passa-Erwartung in keiner Epoche der altkirchlichen Osterfeier allgemein geherrscht.

§ 14.

Parusieerwartung und Auferstehungshoffnung in der Osterfeier der alten Kirche

1 . Die termingebundene Parusieerwartung in der altkirchlichen Osterfeier Die Behauptung, die an den Termin des jüdischen und quartodezimanischen Passa gebundene eschatologische Erwartung lasse sich nicht auf 67

in dem oben S. 3 zitierten Text.

68

S. auch unten S. 221, Anm. 12.

69

A. Strobel, NovTest 2, 1958, S. 1 9 9 — 2 2 7 ; Untersuchungen, S. 233 ff.

70

Vgl. oben S. 2 1 2 mit Anm. 31.

71

S. oben S. 216.

72

S. oben S. 209 ff.

73

S. unten S. 2 1 9 ff.

§ 14. Parusiererwartung und Auferstehungshoffnung der alten Kirche

219

einen anderen Tag übertragen 1 , ist ein Postulat, das angesichts der altkirchlichen Entwicklung sich als nicht haltbar erweist. Auf Grund anderer Überlegungen wurde früher 2 deutlich gemacht, daß die Osterfeier am Sonntag sich aus der Passafeier am 14. Nisan entwickelt hat. Sie hat den gesamten Festinhalt des quartodezimanischen Passa in sich aufgenommen. Allerdings verschoben sich die Akzente. Das Gedächtnis von Tod und Auferstehung Christi trat in den Mittelpunkt der Feier. Die Erwartung der Parusie verlor demgegenüber an Bedeutung. Jedoch fand nicht nur eine allgemeine, sondern sogar die termingebundene Parusieerwartung Eingang in die Osterfeier am Sonntag: sie wurde von der Nacht des 14. Nisan auf die Osternacht übertragen. Es läßt sich allerdings nicht behaupten, daß — wenigstens in den Anfängen der Osterfeier am Sonntag — überall die an den Ostertermin gebundene Parusieerwartung zum Festinhalt der Osterfeier hinzugehört habe. Denn die Zeugnisse für die Parusieerwartung in der Osternacht sind spärlich. Und schon der erste, aus dessen Bemerkungen wir sie erschließen können, Tertullian, hat selbst den Zeitraum, in dem man die Parusie erwartet, auf die gesamte Pentekoste ausgedehnt3. Seine Aussage beruht auf der theologischen Reflexion, daß Christus zu der Zeit wiederkommen werde, zu der er zum Himmel aufgefahren sei, da die Engel den Aposteln bei der Himmelfahrt verheißen hätten, Christus werde so wiederkommen, wie er gen Himmel gefahren sei4. Diese Reflexion ist sekundär und nicht die ursprüngliche Begründung der termingebundenen Parusieerwartung; denn vom Termin der Parusie ist Act 1 n überhaupt nicht die Rede, sondern lediglich von der Art des Kommens Christi. Interessanterweise zitiert Tertullian in diesem Zusammenhang Jer 31 s (38 8 LXX). Doch an die Stelle der von der Septuaginta der eschatologischen Aussage beigefügten Zeitangabe »am Passafest«5 tritt bei ihm die Angabe »am Festtag«6. Er versteht darunter die einheitliche Festzeit der Pentekoste. Wahrscheinlich war Tertullian der Text 1

W. Rordorf, Zum Ursprung des Osterfestes am Sonntag. ThZ 18, 1962, S. 167— 189 (172).

2

S. oben S. 49 ff.

3

De bapt. 19, 2; vgl. auch oben S. 151.

4

Vgl. Act 1 Ii.

5

S. oben S. 213.

8

»in die festo*. Hieronymus ist, nach der auf dem Apparat des Vetus-Latina-Instituts in Beuron beruhenden Auskunft von J. Boeckh, Jahrb. f. Liturgik und Hymnologie 5, 1960, S. 16, außer Tertullian der einzige der frühen lateinischen Autoren, der Jer. 31 β (38 β) zitiert. Er bemerkt ausdrücklich, daß die Septuaginta, über den hebräischen Text hinausgehend, den Zusatz hat »in solemnitate Phase« (in Hierem. VI, 15 [S. 382, 7 ff. Reiter, CSEL 59]). In der Vulgata fehlt der Zusatz sowohl in der Fassung der Septuaginta wie in der von Tertullian verwandten Form.

220

Kapitel IV. Ostern und Parusie

der Septuaginta bekannt'. Dann hat man aber audi in seiner Fassung des Jeremia-Zitats den Versuch zu sehen, die Bedeutung dieses Zitats, das nach dem Text der Septuaginta nur auf den Passatag zu beziehen war, auszudehnen. Denn anders als durch die Annahme, Tertullian erinnere sich an den Septuaginta-Text und bemühe sich, dessen Ausdrucksweise mit der eigenen Konzeption zu vereinbaren, läßt sich die m. W. völlig singulare Bezeichnung der fünfzigtägigen Festzeit als »dies Paschae et Pentecostes« nicht erklären. Hätte Tertullian nur den von ihm verwendeten lateinischen Text erklären wollen, so hätte die Aussage genügt, daß mit dem *dies festus« die gesamte Festzeit der Pentekoste gemeint sei; dazu, das Wort »Pascha« zu verwenden, hätte kein Anlaß bestanden.

Durch eine sekundäre theologische Reflexion begründet Tertullian die Ausdehnung der Parusieerwartung auf die gesamte Pentekoste 8 . Auch in seiner Deutung von J e r 31s (38 8 L X X ) zeigt sich, daß die Parusieerwartung in der ganzen Pentekoste auf eine ältere Form, nämlich die Parusieerwartung in der Osternacht, zurückgeht. Man könnte den Unterschied zwischen quartodezimanischem Passa und altkirchlicher Osterfeier am Sonntag auf die Formel bringen, daß im quartodezimanischen Passa die Parusie wichtiger gewesen sei als die Auferstehung, in der Osterfeier am Sonntag dagegen die Auferstehung wichtiger als die Parusie. Wie schnell die Auferstehung Christi in der Osterfeier am Sonntag genau die Stelle einnahm, die im quartodezimanischen Passa seiner Parusie zugekommen war, zeigt die syrische Didaskalie 9 . Ihre Anweisungen über die Begehung der Osternacht zeigen uns die Vigil als eine Feier voll gespannter Erwartung. Doch man harrt nicht der Parusie Christi, sondern seiner Auferstehung; die Spannung löst sich am Ostersonntag morgens um drei Uhr — auf diese Zeit datierte man die Auferstehung — und macht der Freude Platz. In ihrem spannungsvollen Charakter gleicht die Vigilfeier der Didaskalie der quartodezimanischen Passanacht; doch von der Parusie in der Osternacht ist schon hier nicht mehr die Rede 10 . Dagegen findet sich bei Laktanz ein deutlicher Hinweis auf die Parusieerwartung in der Osternacht 11 , ebenso bei Hieronymus, der sie ausdrücklich mit der Messiaserwartung beim jüdischen Passa in Verbindung 7

8

9 10

11

Zu seiner Kenntnis des Griediisdien vgl. nur B. Altaner, Patrologie, 6. Aufl. 1960, S. 131. Vgl. audi Β. Lohse, Das Passafest der Quartadecimaner, S. 80, Anm. 2; anders Rordorf, aaO., S. 173, Anm. 22. c. 21 (S. 111 f. Achelis-Flemming, TU 25). Rordorf, aaO., S. 175, der zunädist einräumt, daß die Parusie nicht erwähnt sei, spricht dann doch davon, daß die Feiernden damit rechneten, »daß beim darstellenden Vollzug des vergangenen Ereignisses sich dieses Ereignis selbst wiederholen könnte«, und meint mit dieser »Wiederholung« die Parusie. Dafür gibt es im Text keinen Anhaltspunkt. Div.Inst. VII, 19, 3 (S. 644, 8 ff. Brandt, CSEL 19): »tum aperietur caelum medium intempesta et tenebrosa nocte, ut in orbe toto lumen descendentis dei tamquam

§ 14. Parusiererwartung und Auferstehungshoffnung der alten Kirche

221

bringt 1 2 , schließlich auch bei Isidor v o n Sevilla 1 3 . Daneben begegnet sie audi in syrischen Quellen. So heißt es in einem zu Unrecht unter dem N a m e n E p h r a e m s überlieferten T e x t , der nur armenisch erhalten ist 1 4 : »Und wann der letzte Tag naht, an dem die Nacht die einzige ist, daß der Sonntag15 anbricht, zwischen mir und zwischen dem Bräutigam16, so wollen audi wir tätig und wachsam sein und in Sorgen und Betraditung infolge der Freude unseres Gemütes, daß der Schlaf von unseren Augen verscheucht sei, und daß wir unsere Augen zum Himmel erheben die ganze Nacht in der Erwartung, da wir warten und hoffen und herbeisehnen, (sagen zu dürfen): Siehe er hat sich offenbart. So wollen wir zueinander sagen die ganze Nacht, in der sich unser Herr offenbaren wird.« D e r T e x t ist deshalb sehr schwierig, weil er in eine Schilderung der Parusie eingefügt ist. Dadurch erhält die Beschreibung der alljährlich wiederholten liturgischen Feier, in der das K o m m e n Christi e r w a r t e t wird, in so starkem M a ß e eschatologische Züge, d a ß m a n zweifeln könnte, o b nicht auch an dieser Stelle von der N a c h t der Parusie selbst und nicht v o n der alljährlich wiederkehrenden N a c h t , in der die G e meinde ihrer h a r r t , die R e d e ist. W e n n m a n aber ( w o f ü r v o r allem auch der letzte Satz des Zitats spricht) in ihr eine Aussage über die Feier der Ostervigil sieht, dann ist sie ein deutliches Zeugnis dafür, welche K r a f t die a u f die Osternacht konzentrierte Parusieerwartung in Syrien noch im vierten und fünften J a h r h u n d e r t besitzen konnte. In charakteristisch verwandelter F o r m klingt die Parusieerwartung in der Osternacht im Testamentum Domini nostri Jesu Christi a n 1 7 :

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julgur appareat ... haec est nox quae a nobis propter aduentum regis ac dei nostri peruigilio celebratur: cuius noctis duplex ratio est, quod in ea et uitam tum recepit cum passus, et postea regnum orbis terrae recepturus est.* In Matth. IV, 25, 6 (PL 26, 192 A). Dort heißt es im Anschluß an den oben S. 3 zitierten Text: »Unde reor et traditionem apostolicam permansisse, ut in die vigiliarum Paschae ante noctis dimidium populo dimittere non liceat, exspectantes adventum Christi Etymol. VI, 17, 12 (PL 92, 248 A); s. oben S. 19. p. 341, l.Abs. (J.Schäfers, Eine altsyrische antimarkionitische Erklärung von Parabeln des Herrn und zwei andere altsyrische Abhandlungen zu Texten des Evangeliums [NTA VI, 1—2], Münster 1917, S. 110). Vgl. dazu A. Strobel, Der Begriff des vierkapiteligen Evangeliums in Pseudo-Ephraem C. ZKG 70,1959, S. 112—120. Strobel, aaO., S. 119, merkt an, mit dem Sonntag sei der »ewige Sabbat« gemeint. Ich finde dafür im Text keinen Anhaltspunkt. Im Folgenden ist aller Wahrscheinlichkeit nadi vom Wadien in der Ostervigil die Rede. Dann ist es aber doch das Nächstliegende, unter dem »Sonntag« den Ostersonntag zu verstehen. Aus dem Zusammenhang, in dem das Wachen der Braut in der Nadit vor der Hochzeit zum Vergleich herangezogen wird, ergibt sidi, daß der Ostersonntag hier als der Tag der »Hodizeit« zwischen den Christen und Christus betrachtet wird; er wiederholt sich alljährlich bis zur völligen Vereinigung am Tage der Parusie. II, 9 (S. 139 Rahmani, Mainz 1899).

222

Kapitel IV. Ostern und Parusie

*diaconos, qui transeunt inter mulieres, ne ibidem forte reperiantur pueri inordinate, adiuvent lectores. idem praestent hypodiaconi. ne sinant autem pueros dormire. est enim illa nox, maxime autem, quae subsequitur sabbatum, imago regni coelorumBösen Buben< der syrischen Ostervigil. ZKG 69, 1958, S. 113 f. Strobel, aaO., S. 113, Anm. 5. ebenda S. 113. Vgl. Altaner, Patrologie, 6. Aufl. 1960, S. 51; J . Quasten, Die Ostervigil im Testamentum Domini. Paschatis Sollemnia, S. 87—95. Strobel, Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem, S. 246, Anm. 3. c. 38 (S. 136 Achelis, T U 6).

§ 14. Parusiererwartung und Auferstehungshoffnung der alten Kirche

223

sowohl in der geschehenen Erlösung als auch in dem zukünftigen Kommen Christi begründet. Doch von der ursprünglichen Passa-Erwartung ist das bereits sehr weit entfernt; daß der Verfasser mit der Parusie Christi in der Osternacht rechnete, ist dem Text kaum zu entnehmen. 2. Auferstehung Christi und Endauferstehung Diesen wenigen Anklängen oder audi nur Nachklängen der Parusieerwartung an Ostern steht ein breiter Strom anders gearteter und begründeter eschatologischer Aussagen im Zusammenhang mit der Osterfeier gegenüber. Sie beruhen nicht mehr auf der terminmäßigen Gleichsetzung des Ostertags mit dem Tag der Parusie, sondern auf der theologischen Verknüpfung der Auferstehung Christi mit der Endauferstehung. Die Auferstehung Christi gilt als das Unterpfand der Auferstehung der Menschen; in ihr ist die Gewißheit dieser künftigen Auferstehung begründet. Darin liegt etwa nach der Auffassung des Athanasius die Bedeutung der Auferstehung Christi: in seinem Triumph über den Tod sehen die Menschen ihre eigene Unverweslichkeit; »denn, da er glorreich auferstanden, so ist offenbar, daß auch unser aller Auferstehung geschehen wird, und da sein Leib unverweslich blieb, so kann kein Zweifel an unserer Unverweslichkeit sein«24. Nicht weil die Parusie an Ostern stattfinden wird, sondern weil im Ostergeschehen die Endauferstehung verheißen ist, ist für Athanasius die alljährliche Osterfeier ein Typos des »wahren Passa«25, des »vollkommenen Fests«28; deshalb ist die Festfreude an Ostern ein Typos der himmlischen Freude und die Freudenzeit der auf den Gedenktag der Auferstehung folgenden Pentekoste ein Bild der zukünftigen Welt". Sehr ähnliche Gedanken begegnen bei Euseb von Cäsarea28. Beim Osterfest vergegenwärtigen sich die Christen nicht nur — zurückblickend — die Auferstehung Jesu, sondern — vorausblickend — auch die eigene Auferstehung. Deshalb beugen sie in der Pentekoste beim Gebet nicht die Knie; denn denjenigen, die der Auferstehung gewürdigt sind, ziemt es nicht, wieder zur Erde zu fallen. Die Pentekoste, die auf den Tag der Auferstehung folgt, ist das Bild der ewigen Ruhe, das Bild des himmlischen Reiches29; deshalb ist sie nach Eusebs Auffassung ein größeres Fest als Ostern30. So wie die Auferstehung Christi Grund und Ermöglichung 21 25 26 27 28 20 30

11. Osterfestbrief (S. 125 Larsow). 26. Osterfestbrief (S. 17, 6 Lefort, CSCO 151); vgl. oben S. 94. 24. Osterfestbrief (S. 13, 24 Lefort). 45. Osterfestbrief, zitiert bei Kosmos Indikopleustes (PG 26, 1441/1444). Vgl. v. a. De soll, pasch. (PG 24, 700 B/C). Vgl. 697 D und 700 B. αλλη τις μείζων έορτή (697 D).

224

Kapitel IV. Ostern und Parusie

der Auferstehung der Christen ist, so ist das Osterfest nur der Ausgangspunkt und der Grund der fünfzigtägigen Freudenzeit, in der sich die Freude des himmlischen Reiches abbildet. Die Überlegenheit der Pentekoste über den Ostertag, die sie zu dem »größeren Fest« macht, besteht in ihrer eschatologischen Ausrichtung, in ihrem die himmlische Ruhe proleptisch vergegenwärtigenden Charakter. Doch andererseits strahlt dieses eschatologische Verständnis der Pentekoste auch aus auf die Auffassung des Ostersonntags und sogar der Sonntagsfeier überhaupt: mit ganz ähnlichen Worten wie von der Pentekoste kann Euseb auch vom Sonntag reden und auch ihn als »Sinnbild der ewigen Ruhe« bezeichnen31. Bei Euseb scheint eine derartige Bezeichnung des allwöchentlichen Freudentages aus dem Verständnis der alljährlichen fünfzigtägigen Freudenzeit abgeleitet zu sein. Audi bei Gregor von Nyssa ist der Gedanke, daß durch die Auferstehung Christi die Auferstehung der Christen ermöglicht ist, der Ausgangspunkt für den Vergleich zwischen dem Ostertag und dem Tag der Endauferstehung: durch Christi Auferstehung sind die Christen Erben Gottes und Miterben Christi geworden 32 . Deshalb wird der Ostertag in »Nachahmung« des »zukünftigen Tages« begangen. An beiden versammeln sich die Menschen, jetzt noch an verschiedenen Orten, dann jedoch an einem einzigen Ort 33 . Die beiden Tage unterscheiden sich vor allem dadurch, wie Gregor in einer überraschenden Wendung erklärt, daß der gegenwärtige Ostertag freudiger ist als der zukünftige Tag. Denn dieser ist nicht nur der Tag der Erlösung und der Auferstehung, sondern auch der Tag des Gerichts; an ihm muß man auch die Trauernden sehen, deren Sünden offenbar gemacht werden 34 . Während üblicher Weise der Tag der Endauferstehung und des Anbruchs des himmlischen Reiches als der gegenüber dem Ostertag ungleich strahlendere und freudigere dargestellt wird, dreht Gregor von Nyssa, »um das Wahrere zu sagen« 35 , das Verhältnis um, indem er den Gerichtscharakter dieses letzten Tages stärker betont, als es zu seiner Zeit im allgemeinen der Brauch ist. Audi dieses Zurücktreten des Gerichtsgedankens in den mit dem Osterfest verbundenen eschatologischen Aussagen gehört zu den Eigentümlichkeiten, die den Wandel von der termingebundenen Parusieerwartung zur Auferstehungshoffnung charakterisieren. Im quartodezimanischen Passa wird der wiederkommende Herr audi als der Richter erwartet; damit die Christen auf sein Gericht vorbereitet sind, werden sie zur Wachsamkeit aufgefordert. In der späteren Zeit aber tritt die Erwartung des Gerichts zurück hinter 31

32 33 84 35

Psalmus cantici, in die Sabbati (PG 23, 1169 C); vgl. dazu O. Perler, Die Mosaiken der Juliergruft im Vatikan, 1953, S. 22 f. In Christi Resurrectionem III (PG 46, 660 B/C). Ebenda (657 B). Ebenda (657 C). Ebenda (657 B).

§ 14. Parusiererwartung und AuferstehungshofTnung der alten Kirdie

225

der Hoffnung auf die universale Auferstehung. Als dogmatischer Topos und als Ausgangspunkt der Paränese wird das Endgericht zwar audi in den Osterpredigten des vierten und fünften Jahrhunderts erwähnt 3 "; doch lebendiger ist die Vorstellung von der allgemeinen Auferstehung aller Menschen, in der das Werk der Auferstehung Christi endgültig zu seinem Ziel kommt. Niciit die eschatologische Scheidung, sondern die eschatologische Vereinigung aller Menschen im himmlischen Reich ist in dieser Zeit der beherrschende Gedanke. Weil man — häufig in einer gewissen Unausgeglichenheit gegenüber dem Gedanken, daß Christi Menschwerdung und Auferstehung die gegenwärtige Vergottung des Menschen bewirke — in der Endauferstehung die endgültige Erfüllung des Ostergeschehens sieht, kann man den älteren Gedanken 37 der Typologie von Osterfeier und Fest im »Reich des Vaters« aufnehmen. Am schärfsten wird dieser Gedanke im vierten Jahrhundert von Gregor von Nazianz' 8 formuliert, der innerhalb einer dreistufigen Typologie das alttestamentliche Passa als den »dunkleren Typos des Typos« bezeichnet; die vollständige Erfüllung findet dieser Typos nicht in der christlichen Osterfeier, sondern erst in der Vereinigung mit Christus bei Gott. Näherhin erläutert Gregor diesen Prozeß der fortschreitenden Erfüllung als das Erlangen immer vollkommenerer Erkenntnis. Nicht auf die Verbindung der Auferstehung Christi mit der Auferstehung aller Menschen, sondern auf die Gegenüberstellung der nur begrenzten Offenbarung Christi während seiner Wirksamkeit auf der Erde und der vollkommenen Offenbarung und Belehrung am Ende der Zeit legt er das Gewicht. Nicht in einer Osterpredigt, sondern in einer Karfreitagspredigt spricht Johannes Chrysostomus89 von der »zweiten Parusie« Christi. Er geht davon aus, daß das Kreuz Christi das Zeichen des Reiches Gottes ist, und daß Christus deshalb bei seiner Parusie mit dem Kreuz wiederkommen werde40. Da der Ausgangspunkt seiner Überlegung nicht Christi 38

37 38 39 40

!5

Kennzeichnenderweise geschieht audi dies am ausführlichsten und eindrüddichsten bei Gregor von Nyssa, In Christi Resurrectionem III (PG 46, 676 A — 680 A). Vgl. oben S. 93 ff. Or. 45 (PG 36, 656). Horn I de Cruce et Latrone (PG 49, 403—404). Zu der Frage, ob es in der altkirdilidien Literatur und Kunst eine Tradition gibt, die das Kreuz als eschatologisdies Zeichen versteht, verweise ich nur auf E. Dinkier, Das Apsismosaik von S. Apollinare in Classe. Wiss. Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Köln und Opladen 1964; Kreuzzeichen und Kreuz, JbAC 5, 1963, S. 93 ff.; Bemerkungen zum Kreuz als τρόπαιον. Mullus, Festschr. für Klauser. JbAC Erg.Bd. 1, Münster 1964, S. 71 ff.; Das Kreuz als Siegeszeichen. ZThK 62, 1965, S. 1—20 (die drei genannten Aufsätze sind wieder abgedruckt in dem Band: E. Dinkier, Signum Crucis. Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1967) und H . - D . Altendorf, Kreuz und Wiederkunft. Zur Auslegung von Mt 24 so in der alten Kirdie und zu einigen frühchristlichen Kreuzdarstellungen, Habilitationsschrift Tübingen 1967, mschr. Huber

226

Kapitel IV. Ostern und Parusie

Auferstehung, sondern das Zeichen des Kreuzes ist, spricht er — im Gegensatz zu den meisten Predigern seiner Zeit — nicht so sehr von der Auferstehung der Menschen am Ende der Zeit, als von dem machtvollen Kommen Christi, dem die Heere seiner Engel und Erzengel das leuchtende Herrschaftszeichen des Kreuzes vorantragen 41 . Dieses Zeichen ist auch ein Zeichen des Gerichts, indem es denjenigen, die Christus gekreuzigt haben, ihre Schamlosigkeit vor Augen stellt42. Diesen Ausführungen des Johannes Chrysostomus, die an altchristliche Parusievorstellungen anklingen, läßt sich aus Osterpredigten kaum Vergleichliches an die Seite stellen. In den Osterpredigten des vierten und fünften Jahrhunderts sind die Parusievorstellungen im allgemeinen von der universalen Auferstehungshoffnung verdrängt. Das gilt wie für die griechischen so auch für die lateinischen Predigten. Allerdings knüpft auch Augustin in seinen Osterpredigten bisweilen an ältere Anschauungen an. Wie zum Inhalt der ältesten christlichen Passanachtfeier die Parusieerwartung gehörte, so gehört zur Ostervigil und zur Feier des Ostersonntags nach seiner Auffassung, durch die der ursprüngliche Gedanke noch hindurchschimmert, die Hoffnung auf das zukünftige Leben43. An einer Stelle, an der er dem Todesschlaf Christi das Wachen der Christen in der Osternacht gegenüberstellt44, verknüpft er kunstvoll die Vigil der Christen mit dem stellvertretenden »Wachen« Christi und mit der ewigen Vigilfeier 45 : »Nocte igitur qua dormivit nos vigilamus, ut morte qua passus est nos vivamus; illius dormitione temporali vigilias celebramus, ut illo pro nobis vigilante in aeternam vigiliam resurrecti infatigabiles maneamus. Hac autem nocte etiam resurrexit, cui resurr ectioni nostra vigilat exspectatio

Diese Stelle zeigt zugleich den Zusammenhang der Anschauungen Augustins mit älteren Vorstellungen und den Unterschied zu ihnen. Der Zusammenhang wird darin sichtbar, daß Augustin die Ostervigil sehr stark unter eschatologischem Aspekt betrachtet46 und in ihr ein Bild der himmlischen Ruhe, der ewigen Vigil sieht. Der Unterschied zeigt sich dort, wo er die eschatologisdie Erwartung und ihre Erwähnung im Zusammenhang mit dem Osterfest in einer gewissen Ausschließlichkeit aus der Auferstehung Christi begründet. Weil er die Bedeutung der Aufer41 42 43

aaO., 404. Ebenda. Vgl. Sermo Guelferb. 8 (Morin, Misc. Agost. I, 465): *laetitia in memoria passionis et resurrectionis Christi, laetitia in spe futurae

44 45 46

vitae*.

Vgl. oben S. 174 f. Sermo Guelferb. 4 (Morin, Mise. Agost. I, 456). Vgl. auch die Predigt während der Ostervigil Sermo Wilmart 4 (Morin, Mise. Agost. I , 6 8 5 ) : » N a m totum hoc tempus, quo saeculum istud vice noctis oculis fidei scripturas

sanetas tamquam

in nocturna

luminaria

intenta

excurrit, ecclesia

§ 14. P a r u s i e r e r w a r t u n g und Auferstehungshoffnung der alten K i r d i e

227

stehung Christi vor allem auch in der Verheißung der leiblichen Auferstehung der Menschen sieht, nimmt Augustin die Osterwodie zum Anlaß, Thema-Predigten über die zukünftige Auferstehung zu halten47, in denen er die Gewißheit der leiblichen Auferstehung aus Christi leiblicher Auferstehung begründet und gegen die Einwände der Philosophen und Häretiker verteidigt. Weil in ihr die Auferstehungserwartung ihren Grund hat, bezeichnet Augustin die Auferstehung Christi in parallelen Ausdrücken als »forma«, »diffinitio« und »determination des christlichen Glaubens48: weil Christus den Menschen durch sie die zukünftige Auferstehung gezeigt hat49, ist sie das Zentrum und das Kriterium des christlichen Glaubens. So verwirklicht Augustin in seinen Predigten seinen einmal formulierten programmatischen Satz, daß die alljährliche Osterfeier nicht nur dem Vergangenen gelte, sondern auch dem Zukünftigen, das noch nicht ist50. In den Ostertagen sieht er ein Sinnbild des zukünftigen Lebens51; die Zahl der fünfzig Pfingsttage ist ihm ein Bild der endzeitlichen Vollendung52. Bei Augustin verbindet sich noch der Gedanke der durch Christi Auferstehung verheißenen universalen Endauferstehung mit der alten Vorstellung von dem zur eschatologischen Scheidung vom Himmel herabkommenden Weltenherrscher. In den späteren Osterpredigten aber wird immer ausschließlicher und formelhafter wiederholt, daß Christi Auferstehung ein Bild der Auferstehung der Menschen sei, daß diese durch jene vorausverkündigt sei53. Petrus Chrysologus erklärt einmal, daß dieser Gedanke in seinen Predigten ständig wiederkehre: »Saepe diximus quae circa resurrectionem Christi gesta sunt, gesta esse resurrectionis nostrae in formamEr hätte das sicherlich auch im Namen vieler anderer Prediger sagen können. vigilat, donec dominus veniat ...

Sicut ergo nunc, qui in nomine domini ad vos

ipse vent, vigilantes vos in nomine eius invent, sic ipse dominus, in cuius honorem celebratur ista sollemnitas, ecclesiam suam luce mentis inveniet vigilant em, quando veniet, ut etiam excitet earn in monumentis corpore

dormientem«.

47

V g l . S e r m o M a i 87 (Morin, Misc. A g o s t . I , 3 2 7 — 3 3 0 ) ; Serm. 2 4 0 — 2 4 2 ( P L 38,

48

S e r m o G u e l f e r b . 12 ( M o r i n , Mise. A g o s t . I , 479, 482).

1130—1143); Sermo243 (PL38,1143—1147);

Serm.361—362(PL39,1599—1634).

40

»demonstravit nobis resurrectionem in aeternum* (ebenda 482).

60

Sermo 2 5 2 ( P L 38, 1179).

M

S e r m o 243 ( P L 38, 1147).

52

V g l . oben S. 177.

63

V g l . z . B . L e o d. G r . , S e r m o 71 ( P L 54, 3 8 8 ) ; C a e s a r i u s v o n Arles, S e r m o 204 (S. 820 Morin, C C h L 1 0 4 ) : >Haec ergo dies resurrectionis dominicae

praenuncia

est resurrectionis aeternae. Ad hoc enim dominus hodie resurrexit ut imaginem nobis juturae resurrectionis 54

15*

ostenderet«.

S e r m o 79 ( P L 52, 422).

228

Kapitel IV. Ostern und Parusie

Die Formelhaftigkeit derartiger Ausführungen zeigt, daß dieser späteren Zeit von der Lebendigkeit und Spannung der frühchristlichen Parusieerwartung nichts geblieben ist. Die Parusieerwartung machte die frühchristliche Passafeier zu einer »dramatischen« Begehung. Man durchwachte die Nacht und harrte fastend und betend des wiederkommenden Herrn. Audi nachdem die termingebundene Parusieerwartung aus der Osterfeier verschwunden war, um nur noch in gelehrten Werken gelegentlich aufzutauchen 55 , und die Parusieerwartung überhaupt ihre unmittelbare Wirkung auf die Vorstellungen und das Leben der Christen verloren hatte, blieb Ostern noch eine Feier von großer Lebendigkeit, da das Geschehen von Kreuzigung und Auferstehung Christi als gleichzeitig erlebt wurde: In der Osternacht vollzogen nicht nur die Täuflinge Kreuzigung und Auferstehung Christi nach, sondern die ganze Gemeinde wartete der Auferstehung Christi entgegen. Im vierten Jahrhundert jedoch entstand das Bewußtsein der historischen Distanz. Ostern wurde aus einem Fest der Vergegenwärtigung des Ostermysteriums zu einem Fest der Erinnerung an Christi Auferstehung. Auch die eschatologischen Ereignisse vergegenwärtigte man sich nun nicht mehr proleptisch, sondern man deduzierte die Gewißheit endzeitlicher Erfüllung aus dem Faktum der vergangenen Auferstehung Jesu.

55

Ist es nur ein Zufall der Überlieferung, daß sie in den erhaltenen Osterpredigten nicht begegnet?

Schluß Wir haben versucht, uns an einem Festkreis die Entwicklung des Kirchenjahres deutlich zu machen. Diese Entwicklung wird aus vielfältigen Quellen gespeist. Für die alte Kirche ist die Liturgie nicht ein Gebiet, das mit der Theologie nichts oder doch nur wenig zu tun hat. Sondern allen liturgischen Veränderungen gehen theologische Veränderungen voraus. So mußte in dieser Arbeit von der Theologie der alten Kirche, von ihrer Hermeneutik und ihrer Christologie die Rede sein. Am Ende der Entwicklung steht ein durchgebildeter Festkreis mit einer ganzen Reihe von Feiertagen, von denen jeder einen ganz bestimmten Festinhalt hat. Nacheinander gedenkt man nun der Kreuzigung, (im Osten) der Höllenfahrt, der Auferstehung, der Himmelfahrt und der Geistausgießung. Man kann die Entwicklung, die zu diesem Osterfestkreis geführt hat, nicht leichthin wieder rückgängig machen. Aber man kann aus der Geschichte seiner Entstehung lernen, daß diese Ausbildung nicht nur liturgischen Reichtum und leichtere Faßlichkeit des den einzelnen Tagen zugeordneten Festinhalts, sondern auch Verluste gebracht hat, und daß das uns überlieferte Kirchenjahr ganz besondere Gefahren in sich birgt. Die Verluste bestehen in Folgendem: Das einheitliche Verständnis der Erhöhung Christi ist verloren gegangen. Auferstehung, Himmelfahrt und Geistausgießung stehen für uns heute vielfach unverbunden nebeneinander und werden gar je für sich in ihrer historischen Faktizität untersucht. Den inneren Zusammenhang des im Grunde einheitlichen Geschehens der »Erhöhung Christi«, an dem Auferstehung, Himmelfahrt und Geistausgießung nur einzelne Momente sind, müssen wir uns theologisch neu erarbeiten; den Christen der ersten Jahrhunderte war er selbstverständlicher Besitz. Ähnlich sind auch — und das wirkt sich ebenfalls heute noch aus — Kreuzigung und Auferstehung auseinandergerissen worden. Die Trennung von Karfreitag und Ostern verführt leicht zu einer doketischen Christologie, die die Kreuzigung nur als Vorstufe der Auferstehung gelten läßt und dadurch als etwas Vergangenes behandelt. Oder umgekehrt verführt diese Trennung zu einer Leidensmystik, die mit dem Wort vom Kreuz nichts zu tun hat. So geht es darum, den Zusammenhang von Kreuzigung und Auferstehung, von Erniedrigung und Erhöhung Christi theologisch neu zu durchdenken und in der Predigt — vielleicht dem Kirchenjahr zum Trotz — neu zur Sprache zu bringen.

Quellen- und Literaturverzeichnis Abkürzungen Die Abkürzungen entprechen in der Regel den von B. Altaner, Patrologie, 6. Aufl. Freiburg-Basel-Wien I960, S. X V I ff., angegebenen. Abweichend werden zitiert: PG Migne, Patrologia series graeca PL Migne, Patrologia series latina PLS Patrologiae latinae supplementum Schwartz, A C O E. Schwartz, Acta conciliorum oecumenicorum ZNW Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche Außerdem werden abgekürzt zitiert: Billerbeck H. L. Strack — P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch BFchrTh Beiträge zur Förderung christlicher Theologie Bibl.Zeitschr. Biblische Zeitschrift Bibl. Biblica BZAW Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft BZNW Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft EvTheol Evangelische Theologie FRLANT Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testamentes JBL Journal of Biblical Literature LQF Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen NovTest Novum Testamentum NTSt New Testament Studies PS Patrologia Syriaca PTS Patristische Texte und Studien RB Revue Benedictine RevBibl Revue Biblique RQH Revue des questions historiques ThWb Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament VT Vetus Testamentum ZDMG Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft ZDPV Zeitschrift des deutschen Palästinavereins ZhTh Zeitschrift für historische Theologie

Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen: Predigten zum Osterfestkreis und verwandte

231 Literatur

(Sonstige herangezogene Quellen werden nur im Text zitiert; vgl. das Quellenregister unten S. 247 ff. Auf den Nachweis von Obersetzungen wird in diesem Verzeichnis verzichtet.)

a) Griedlische Autoren Melito von Sardes, Passahomilie. Ed. C. Bonner, The Homily on the Passion by Melito Bishop of Sardis and some Fragments of the Apocryphal Ezekiel. Studies and Documents X I I , London, Philadelphia 1940; B. Lohse, Die Passa-Homilie des Bischofs Meliton von Sardes. Textus minores X X I V , Leiden 1958; M. Testuz, Meliton de Sardes, Homelie sur la Pique, Papyrus Bodmer X I I I , Cologny Geneve 1960. Vgl. oben S. 12 f., Anm. 9. Ps. Hippolyt bzw. Ps. Chrysostomus (monarchianischer Autor der 1. H . d. 3. Jh.), Osterpredigt. Ed. P. Nautin, Homelies pascales I. SCh 27, 1950. Origenes, Zwei Osterhomilien in einem in Tura gefundenen Papyrus. Bisher nur Fragmente zugänglich bei P. Nautin, Homilies pascales I I , SCh 36, 1953. Eine Ausgabe wird von O. Gueraud vorbereitet. Dionysius von Alexandrien, Epistula Canonica (C. L. Feltoe, The Letters and other Remains of Dionysius of Alexandria, Cambridge 1904). Athanasius, Osterfestbriefe (koptischer Text herausgegeben und übersetzt von L.-Th. Lefort, CSCO 150 und 151; deutsche Obersetzung des syrischen Textes bei F. Larsow, Die Fest-Briefe des Heiligen Athanasius, Bischofs von Alexandria, Leipzig-Göttingen 1852; griechische Fragmente P G 26, 1431—1444). Euseb von Caesarea, De sollemnitate paschali. PG 24, 693—705. Konstantin der Große (?), Rede an die Heilige Versammlung (S. 149—192 Heikel, GCS Euseb I, Leipzig 1902). Asterius Sophista, Horn. 9 (S. 68—70 Richard, SO Fase. Suppl. X V I , 1956), Horn. 11 (S. 75—81), Horn. 14 (S. 105—107), Horn. 15 (S. 108—116), Horn. 16 (S. 117—123), Horn. 22 (S. 172—174), Horn. 30 (S. 239—242), Horn. 31 (S. 242—245). Kyrill von Jerusalem, Katechesen (PG 33, 331—1128). Gregor von Nazianz, Or. 45 (PG 36, 623—664), Or. 1 (PG 35, 395—402). Gregor von Nyssa, In Christi Resurrectionem I — V (PG 46, 600—690). Basilius, Horn, in ebriosos (PG 31, 443—464). Horn. 13 exhortatoria ad sanctum baptisma (PG 31, 423—444). Amphilochius von Ikonium, Oratio 5 (PG 39, 89—94). Makarius/Symeon, »Karfreitagspredigt« (S. 12—15 Klostermann-Berthold, T U 72, 1961). Theodor von Mopsuestia, Katechetisdie Homilien (ed. R . Tonneau-R. Devreesse, Les homilies catechitiques de Theodore de Mopsueste [Studi e Testi 145], Citt^ del Vaticano 1949). Meletius von Antiochien, Homilien (georgisch überliefert; die Edition wird von A. Tanghe vorbereitet). Johannes Chrysostomus, Adv. lud I I I (PG 48, 861—872); Horn. I in proditionem Iudae (PG 49, 373—382); Horn. I I in prod. Iudae (ebenda 381—392); Horn, in Crucem Domini (ebenda 393—398); Horn. I in Crucem et Latronem (ebenda 399—408); Horn. II in Crucem et Latronem (ebenda 407—418); Horn, in ebriosos (PG 50,

232

Quellen- und Literaturverzeichnis

433—442); Horn, in sanctum pasdia (PG 52, 765—772); Katechesen (ed. A. Wenger, Jean Chrysostome. Huit catecheses baptismales indites, SCh 50, 1957). Zweifelhafte und unechte Predigten unter dem Namen des Chrysostomus: Horn, in prodit. Iudae (PG 50, 715—720); Horn, in Parasceve (ebenda 811—816); Horn, in Crucem (ebenda 815—820); Sermo in Resurrectionem (ebenda 821—824); Sermo catedi. in Pascham (PG 59, 721—724); Horn, in Prodit. Iudae et in Passionem (PG 61, 687—690); Horn, in triduanam Resurrectionem (PG 61, 733—738); Admonit. spiritual. (PG 62, 741—756). Die 7 »kleinen Trompeten«: 1—3 ed. Nautin, Homilies pascales II, SCh 36, 1953. 4 und 5 PG 59, 731—736; 6 s. oben Ps.Hippolyt; 7 (Predigt aus dem Jahr 387) ed. Nautin, Homelies pascales III, SCh 48, 1957. Severian von Gabala, Horn. 5 ed. Aucher, Severiani sive Seberiani Gabalorum episcopi Emesensis Homiliae nunc primum editae, ex antiqua versione armena in latinum sermonem translatae, Yenetiis 1827, S. 179—215. Ps. Epiphanius, Horn, in Resurrectionem ed. P. Nautin, Le dossier d'Hippolyte et de Meliton, 1953, S. 154—159; Horn. II in Sabbato magno (PG 43, 439—464); Horn. III in die Resurrectionis Christi (ebenda 465—478); Horn. VII in Christi Resurrectionem (nur lat.; ebenda 505—506). Theophilus von Alexandrien, Osterfestbriefe (bei Hieronymus, Ep. XL VI, XCVIII, C; S. 159—181; 185—211; 213—222 Hilberg, CSEL 55). Kyrill von Alexandrien, Osterfestbriefe (PG 77, 401—982). Proklus von Konstantinopel, Or. 10 (PG 65, 777—782); Or. 11 (ebenda 781—788); Or. 12 (ebenda 787—790); Or. 14 (ebenda 795—800); Or. 15 (ebenda 799—805). Ps. Athanasius, In Passionem et crucem Domini (PG 28, 185—250); Sermo in Parasceven (PG 28, 1053—1061); Sermo in sanctum Pascha (PG 28, 1073—1081); Sermo in sanctum Pasdia et recens illuminatos (PG 28, 1083—1091).

b) Syrische Autoren Cyrillonas, Hymnus über die Fußwaschung (ed. Bickell, ZDMG 27, 1873, 566—569); 1. Horn, über das Passa Christi (ebenda 569—576; vgl. ZDMG 35, 1881, 531 f.); 2. Horn, über das Passa Christi (ZDMG 27, 1873, 576—583). Ephraem, Sermo VI in Hebdomadam sanctam (Lamy I, 449—524); Sermo VII de Salvatoris nostri Passione et Resurrectione (ebenda 523—552); Sermo in Pascham (griech. überliefert; ed. Assemani, Opp. graeco-latina II, 245—248). Afrahat, Demonstratio X I I de Pasdiate (PS I, 505—540).

c) Lateinische Autoren Ps. Cyprian, De Pascha (S. 305—308 Härtel, CSEL 3, 3). Ps. Ambrosius, Sermo 34 (PL 17, 693—695); Sermo 35 (ebenda 695—697). Augustin, Sermo Denis 2 (Morin, Miscellanea Agostiniana I, S. 11—17); S. Denis 3 (ebenda 18—20); S. Denis 5 (ebenda 23—29); S. Denis 6 (ebenda 29—32); S.Denis 8 (ebenda 35—38); S.Denis 12 (ebenda 50—55); S.Mai 86 (ebenda 324—327); S.Mai 87 (ebenda 327—330); S.Mai 89 (ebenda 330—332); S.Mai 92 (ebenda 332—333); S. Mai 94 (ebenda 333—339); S. Mai 95 (ebenda 340—346); S. Biblioth. Casin. III, 136 (ebenda 418—419); S. Guelferb. 2 (ebenda 450—452); S. Guelferb.

Quellen- und Literaturverzeichnis

233

3 (ebenda 452—455; S. 200—209 S. Poque, Augustin d'Hippone, Sermons pour la Pique, SCh 116, Paris 1966); S. Guelferb. 4 (ebenda 455—456); S. Guelferb. 5 (ebenda 457—460; S. 210—221 Poque); S. Guelferb. 6 (ebenda 460—462); S. Guelferb. 7 (ebenda 462—464); S. Guelferb. 8 (ebenda 464—466); S. Guelferb. 9 (ebenda 466—471); S. Guelferb. 10 (ebenda 471—473); S. Guelferb. 11 (ebenda 474—478); S. Guelferb. 12 (ebenda 479—483); S. Guelferb. 13 (ebenda 483—485); S. Guelferb. 14 (ebenda 485—488); S. Guelferb. 15 (ebenda 488—491); S. Guelferb. 16 (ebenda 492—494); S. Guelferb. 17 (ebenda 495—498); S. Guelferb. 18 (ebenda 499—501); S. Guelferb. 19 (ebenda 502—503); S. Guelferb. App. 7 (ebenda 581— 585); S. Wimart 4 (ebenda 684—685); S. Wilmart 5 (ebenda 685—687); S. Wilmart 6 (ebenda 688—689); S. Wilmart 7 (ebenda 689—691); S. Wilmart 8 (ebenda 691— 692); S. Wilmart 9 (ebenda 693—694); S. Wilmart 13 (ebenda 712—715); S. Wilmart Additamenta (ebenda 716—717); idem (ebenda 717—718); idem (ebenda 718); idem (ebenda 718—719); idem (ebenda 719); S. Lambot 3 (RB 49,1937, S. 252—256; PLS II, 756—758); S. 116 (PL 38,657—661); S. 119 (ebenda673—676); S. 120 (ebenda 676—678); S. 121 (ebenda 678—680); S. 146 (ebenda 796—797); S. 147 (ebenda 797—799); S. 148 (ebenda 799—780); S. 166 (ebenda 907—909); S. 218 (ebenda 1084—1087); S. 219 (ebenda 1087—1088); S. 220 (ebenda. 1089); S. 221 (ebenda 1089—1090; vgl.S. Guelferb. 5); S.222 (ebenda 1090—1091); S.223 (ebenda 1092— 1093); S. 224 (ebenda 1093—1095); S. 225 (ebenda 1095—1098); S. 226 (ebenda 1098—1099); S. 227 (ebenda 1099—1101); S. 228 (ebenda 1101—1102); S. 229 (ebenda 1103; vgl. S. Denis 6); S. 230 (ebenda 1103—1104); S. 231 (ebenda 1104—1107); S. 232 (ebenda 1107—1112); S. 233 (ebenda 1112—1115); S. 234 (ebenda 1115— 1117); S. 235 (ebenda 1117—1120); S. 236 (ebenda 1120—1122); S. 237 (ebenda 1122—1124); S. 238 (ebenda 1125—1126); S. 239 (ebenda 1126—1130); S. 240 (ebenda 1130—1133); S. 241 (ebenda 1133—1138); S. 242 (ebenda 1138—1143); S. 243 (ebenda 1143—1147); S. 244 (ebenda 1147—1151); S. 245 (ebenda 1151— 1153); S. 246 (ebenda 1153—1156); S. 247 (ebenda 1156—1158); S. 248 (ebenda 1158—1161); S. 249 (ebenda 1161—1163); S. 250 (ebenda 1163—1167); S. 251 (ebenda 1167—1171); S. 252 (ebenda 1171—1179); S. 253 (ebenda 1179—1182); S. 254 (ebenda 1182—1186); S. 255 (ebenda 1186—1190); S. 257 (ebenda 1193— 1194); S. 258 (ebenda 1194—1196); S. 259 (ebenda 1196—1201); S. 260 (ebenda 1201—1202); S. 272 (ebenda 1246—1248); S. 278 (ebenda 1268—1275); S. 321 (ebenda 1443); S. 322 (ebenda 1443—1445); S. 323 (ebenda 1445—1446); S. 324 (ebenda 1446—1447); S. 353 (PL 39, 1560—1563); S. 363 (ebenda 1634—1638); S. 376 (ebenda 1669—1671); De resurrectione Domini (ebenda 1724); Enarratio 2 in ps. 21 (S. 121—134 Dekkers-Fraipont, CChL 38); Tract, in Jo. Ep. 1 (S. 104— 147 Agaesse, SCh 75); Tract, in Jo. Ep. 2 (SCh 75, 150—181); Tract, in Jo. Ep. 3 (ebenda 186—213); Tract, in Jo. Ep. 4 (ebenda 218—243); Tract, in Jo. Ep. 5 (ebenda 246—271); Tract, in Jo. Ep. 6 (ebenda 276—311); Tract, in Jo. Ep. 7 (ebenda 314—335); Tract, in Jo. Ep. 8 (ebenda 338—371); Predigtfragmente über die Tage der Schöpfung (C. Lambot, Une serie pascale de sermons de saint Augustin sur les jours de la creation. Melanges Chr. Mohrmann, Utrecht/An vers 1963, S. 213—221). — Nicht herangezogen habe ich die Edition augustinisdier Osterpredigten von T. Weller, Selected Easter Sermons of saint Augustine, Saint Louis 1959 (vgl. dazu S. Poque, Augustin d'Hippone, Sermons pour la Paque, S. 10, Anm. 3).

234

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Quellen- und Literaturverzeichnis

235

S. 74 (ebenda 408—411); S. 75 (ebenda 411—414); S. 76 (ebenda 414—417); S. 77 (ebenda 417—420); S. 78 (ebenda 420—422); S. 79 (ebenda 422—424); S. 80 (ebenda 424—427); S. 81 (ebenda 427—430); S. 82 (ebenda 430—432); S. 83 (ebenda 432—436); S. 84 (ebenda 436—440). Caesarius von Arles, S. 203 (S. 817—819 Morin, CChL 104); S. 204 (ebenda 819— 822); S. 205 (ebenda 822—824); Osterpredigt (ed. R . Etaix, Nouveau Sermon pascal de Saint GSsaire d'Arles. R B 75, 1965, S. 201—211).

Literatur (Handbücher, Artikel in Nachschlagewerken und Rezensionen sind in dieses Verzeichnis nur in Ausnahmefällen aufgenommen.) A. Adam, Das Sintflutgebet in der Taufliturgie. Wort und Dienst. Jahrbuch der Theologischen Schule Bethel 1952, S. 9—23. J . A. de Aldama, Repertorium Pseudodirysostomicum, Paris 1965. H.-D. Altendorf, Untersuchungen zu Severian von Gabala. Diss. Tübingen 1957, mschr. —, Kreuz und Wiederkunft. Zur Auslegung von Mt 24 30 in der alten Kirche und zu einigen frühchristlichen Kreuzdarstellungen. Habilitationsschrift Tübingen 1967, mschr. C . Andresen, Zum Formular frühchristlicher Gemeindebriefe. Z N W 56, 1965, S. 233 bis 259. F. X . Arnold, Regenerative Erneuerung der Osterpredigt aus dem Geist des christlichen Altertums. Paschatis Sollemnia. Jungmann-Festschrift, hrsg. von B. Fischer und J . Wagner, Freiburg-Wien 1959, S. 305—313. A. Allen McArthur, The Evolution of the Christian Year, London 1953. J . P. Audet, La Didachi. Instructions des Apotres. Paris 1958. E.Auerbach, Figura. In: Neue Dante-Studien. Istanbuler Schriften 5, Istanbul 1944, S. 11—17. —, Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. 3. Aufl. BernMünchen 1964. H . A u f der Maur, Die Osterhomilien des Asterios Sophistes als Quelle für die Geschichte der Osterfeier (Trierer Theol. Studien 19), Trier 1967. L. W. Barnard, The Epistle ad Diognetum, two units from one author? Z N W 56, 1965, S. 130—137. M.Barth, Das Abendmahl — Passamahl, Bundesmahl und Messiasmahl, Zürich 1945. W. Bauer, Das Leben Jesu im Zeitalter der neutestamentlichen Apokryphen, Tübingen 1909. J . Bauer, A propos d'une passage vierkapiteligen Evangeliums« in Pseudo-Ephraem C. ZKG 70, 1959, S. 112—120. —, Der Termin des Todes Jesu. Z N W 51, 1960, S. 69—101. —, A. Merx über Lc 17 20 f. Z N W 51, 1960, S. 133 f. —, Untersuchungen zum eschatologischen Verzögerungsproblem auf Grund der spätjüdisch-urchristlichen GesdiiAte von Habakuk 2 2 ff. Suppl. to NovTest II, Leiden/Köln 1961. —, In dieser Nacht (Lc 17 34). Zu einer älteren Form der Erwartung in Lc 1720—37. ZThK 58, 1961, S. 16—29. —, Zu Lc 1720 f. Bibl.Zeitsdir. N F 7, 1963, S. 111—113. —, Die Osterberechnung des Aristides. Eine Berichtigung. Z N W 55, 1964, S. 131 f. St. J. W. Teeuwen, Sprachlicher Bedeutungswandel bei Tertullian. Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums 14, 1, Paderborn 1926. M. Testuz, Un nouveau manuscrit de l'hom£lie »Peri pascha« de Meliton. Studia Patristica III, T U 78, Berlin 1961, S. 142—145. T. C. G. Thornton, I Peter — a Paschal Liturgy? JTS N S 12, 1961, S. 14—26. H . Usener, Das Weihnachtsfest, Bd. 1, 2. Aufl. Bonn 1911. H . Vorgrimler, War die altchristliche Ostervigil eine ununterbrochene Feier? ZkTh 74, 1952, S. 464—472. —, Vorfragen zur Theologie des Karsamstags. Paschatis Sollemnia, Freiburg-Wien 1959, S. 13—22. L. Vouaux, Les actes de Paul et ses lettres apocryphes, Paris 1913. N . Walter, Der Thoraausleger Aristobulos. T U 80, Berlin 1964. G. Walther, Jesus, das Passalamm des Neuen Bundes, Gütersloh 1950. E. Weigl, Christologie vom Tode des Athanasius bis zum Ausbruch des nestorianisdien Streites (Münchener theologische Studien 4), Kempten 1925. J . Weiß, Der erste Korintherbrief, Göttingen 1910. F.. Wellesz, Melito's Homily on the Passion: an investigation into the sources of byzantine hymnography. JTS 44, 1943, S. 41—52.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Quellenregister α) Altes Genesis 117 3? . 174 49« Exodus 12 4, 11, 17, 31 ff., 46, 52, 101, 109, 116, 139 ff., 151, 189 141 12 2 12 3 143 144 12 s 143 12 β 144 12τ 145 12β 145 12 9 12 Ii 46, 129 f., 146 214 1213 12 42 3, 211, 214, 215, 216 12 46 110 Leviticus 23 4 ff 2 Numeri 20 7 ff 137 28 2 Deuteronomium 4 12 .154 2 16 iff 16 s 136 16 β 16 4 26 5-11 15 27 23 28 es 99 Josua 5 io ff 2. Könige 23 22 b) Alttestamentliche Damaskusschrift Henoch 72 Josephus Ant.Iud. 2, 313 Ant.Iud. 20, 199 Mekh.Ex. 12 42

2 ff

63

ff

Jesaja 92 40 3 41 18—20 51 9 f 52 Ii f 53? 53 7 - 8 55 12 £ Jeremia 11 is 31s 31 β f Ezechiel 20 33 45 2i Hosea 2 17

120 210 3,213

202 213 213 213 213 40, 174 99 213 99 151, 219 f. 213 ff ff

110 7

Psalmen 21-2 22 24 112 io 113—118 118 11819

99 165 117, 180 217 4 180 180 f.

1 1 8 25-29

Esfa

6 ι» und jüdische

213 2 213

Sacharja 12 io 14i7

Apokryphen 92

Elephantine-Papyrus

Testament

5

ff

ff.

2, 3

Quellen

Memar Marqah Buch I § 9 Midr. Ps. 118 § 22 Pesachim 10 iff 10 ι 10 s 10 9

214 5 '4 10 32 9 f.

Quellenregister

248 Philo Quaestiones et Solutiones in Exodum I, 4, 8 De sacr. Abel et Cain 63 De spec. leg. II, 145 De spec. leg. II, 147 De spec. leg. II, 150—152

121 122 121 121 141

I QM 12 f j OpHab . „", n ^ Sapientia Salomoms 10—19 18 Targ. Jer. II Ex 15 ie

213 92 214 214 f. 3, 213 f.

c) Griechische und lateinische Autoren Pervigilium Veneris 2 Polybius Hist. 32,6,3

141

Markus 2 20 par IΓ / Λ " I I 9f ar 1 3 3 3·- 3 7P 14 23

12 35 12 38 l72°f 21722—37 2 1 22 15-18 2215 2219

2 3 43

19, 151 5 7 2 1'7

20 73

215 218 216,218 73, 216 82 24 114

28

I54

2 3 46

154

2426

112

Johannes 1 I29

13β

141

Testament 213

96 217 108 217 217 217 117 217 . . 217 217 217 212, 217 f. 9 217 217 165 217 20 20

Lukas 242

ff

163 d) Neues

Matthäus 5 17 811 13 33 par 13 42 13 s» 22i3 23 37 24 32 — 25 46 24 43f. par 24 45-51 par 24 5ib 25 1 - 1 3 25e 25is 25 30 26 f 26 s 26 27f 2639

Vergil Georg. II, 366

100, 103 f. 109, 131, 174, 176 109

III I54

38 64 1 1 55

111

1232

I95 126 f. 107 117 21 ff. 211

I31 14 « I 43 ® 19

I9

1

197 9

211

I » I 9 14

211 HO

1933

HO 117 HO. H l 50 I76

1931

I934 I93« 2 0 2022

2111

44

177

Apostelgeschichte 1 I1-8 I3 15

157 f., 164 f. 157 112, 179 f., 185 164 I i i 219 1 12-14 157 lis 157 2 157, 176 112 3 i8 37 65 8 5ff 37 92 211 12 s f f ! " . ' . " . ' 4 5 f.,' 216 124 73 13, 38

14»

211

17 3 17 26 19 a 19 23 21 β f 22 4 24i4

112 99 211 211 37 211 211

249

Quellenregister 24 22 26 23 Römer 2 2θ f 4 25 5 12 6s 10 4 121 13 Ii I Corinther 5 t-a 5t 5 7f 10 i - i i 11 24-26 1125 f 1126 1134

13 9 f 13 12 15 45-49 II Corinther 3?ff Galater 4 21—31 53 69 Epheser 1 β—io 614

211 112

ff

102 127 102 173 103 98 216

17 8,20,31,102,126,145 108 f. 102 27 f. 20 135 26

93 94 102 102 102 15 99 100 195 215

6 is I Thessalonicher 5 iff I Timotheus 2e 6 is Titus 13 Hebräer 5 12 8s 9 26 9 26-28 10 ι Iii 13 π I Petrus 1 is 1 19 3 is Offenbarung 1 io 33 5s 5e 5o 512 12 ii 14 4 16 is 19 u

e) Altkirchliche Acta Pauli 29 •Afrahat Demonstratio X I I 130, 136, 146 Alexander von Alexandrien De anima et corpore 105 Ambrosiaster Quaestiones Veteri et Novi Testamenti CXVI, 1 128 Ambrosius De bono mortis 4,15 126 De Cain et Abel 1, 31 122 Exaem. 1,4,14 125 Explan. ps. 38, 24 f 94 40,4 169 61, 14 ff 169 118,3.8 170 Expos. Ev. Lucae II, 64 168 VI, 101 168 VIII, 11 168 X , 56 169 X , 109 168 X , 114 168 X , 123 169 X , 127 169 X , 140 169

146 216 99 99 99 34 107 104 112 104 104 104 112 109 f. 139, 215 139 112

ff

48 f. 216 174 110 110 110 110 174 216 215

ff

Quellen X , 147 ff De fide 2, 11, 93 5, 4, 54 De Sacramentis I, 4,12 II, 6,17

168 169 169 125 170

Ps. Ambrosius Ep. 23 68,77 Sermo 34 100,122,170 Sermo 35 7, 128, 143, 170 Amphilochius von Ikonium Oratio in Mesopentecosten 158, 202 Oratio 5 201 f. Ananias Sharaküni 87 Synode von Antiochien (um 329) Kanon 1 Kanon 20 Synode von Arles Kanon 1 Asterius der Sophist Horn. 8 Horn. 11 Horn. 16 Horn. 28

76 161 64, 74

136 189 f., 199 143 136

Quellenregister

250 Athanasius De Decretis 36, 12 37,1 Ep. ad Afros 2 I. Osterfestbrief 4. Osterfestbrief 6. Osterfestbrief 7. Osterfestbrief 10. Osterfestbrief I I . Osterfestbrief 16. Osterfestbrief 20. Osterfestbrief 22. Osterfestbrief 24. Osterfestbrief 26. Osterfestbrief 45. Osterfestbrief De Synodis 5 5.1 5.2 5.3

69 f. 65 64, 69 f. 107 107, 188 189 189 107 188, 223 107 108,188 188 94, 107, 223 94, 223 223 69 64, 70 76 64

Ps. Athanasius c. Apollinarium 154 Homilie 183 In Pass, et Crucem Domini . . . . 168 Augustin Confessiones III, 1 178 De diversis quaestionibus 177 Enarr. in ps. 21, 2 . . 165, 171 f., 173 68,1,2 120 90,2,4 178 120,6 120 140,25 120 Ep. 55 120, 127, 157, 162, 177 Quaest. in Heptat., Ex 42 144 Osterpredigten 170 ff. Himmelsfahrtspredigten 159 Sermo 120 6,7 Sermo 130 177 f. Sermo 134 177 f. Sermo 218 172 Sermo 227 157 Sermo 228 175, 178 Sermo 230 6 Sermo 231 173 Sermo 232 165 Sermo 233 173 Sermo 234 173 Sermo 240—242 227 Sermo 243 227 Sermo 248 177 Sermo 249 177 Sermo 251 177 Sermo 252 177, 227 Sermo 254 177 Sermo 258 6, 7 Sermo 259 177 Sermo 263 162, 177 Sermo 264 162, 176

Sermo 265 176 Sermo 267 161 Sermo 361—362 227 Sermo 363 100 Sermo Bibl. Casin II 76 . . . 161, 176, 198 Sermo Denis 5 173 f. Sermo Denis 12 173 Sermo Guelferb. 2 165,171 f. Sermo Guelferb. 3 172 Sermo Guelferb. 4 174, 226 Sermo Guelferb. 5 175 Sermo Guelferb. 6 174, 175 Sermo Guelferb. 8 6,175,226 Sermo Guelferb. 9 157 Sermo Guelferb. 12 227 Sermo Guelferb. 15 177 Sermo Guelferb. 16 174 Sermo Guelferb. 20 177 Sermo Guelferb. 21 174, 177 Sermo Guelferb. App. 7 173 Sermo Lambot 25 176 Sermo Mai 86 157 Sermo Mai 87 227 Sermo Mai 89 100 Sermo Mai 94 177 Sermo Mai 98 162, 177 Sermo Mai 158 120, 128, 176 Sermo Morin 17 176, 177 f. Sermo Wilmart 4 226 f. Sermo Wilmart 5 174 Sermo Wilmart 8 136 f. Sermo Wilmart 9 127 f. Sermo Wilmart 13 177 Tract, in Joh. Ep. 2,1 157 Tract, in Ev. Joh. 6,18 157 13,14 165 55,1 120 Ps. Augustin Sermo 377 Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Caillau-Saint-Yves 198 Sermo Caillau-Saint-Yves Sermo Denis 4 Sermo Denis 7 Sermo Guelferb. App. 5 Sermo Mai 81 Sermo Mai 90 Sermo Mai 93 Sermo Mai 115 Sermo Mai 146 Sermo Mai 152

198 1, 26 198 1, 27 7 1, 30 128 f. 1,31 7,129 1, 32 198 1, 33 7 1, 36 198 1, 38 198 1,39 183, 1,40

179 174 129 154 198 7, 198 128 128 198 182 f.

Quellenregister Sermo Mai 153 Sermo Mai 154 Sermo Mai 155 Sermo Mai 156 Barnabas 2 613 7s 9 6_S 141 14 4 f 15 3 - 5 15 s 16 io Caesarius von Arles Sermo 204 Apostolische Canones Canon 37 Canones Hippolyti Canon 38 Cassian Coli. 21, 19—20 Cassiodor Hist. Eccl. I X , 38, Z. 43,49, 161 X , 20, Z . 3 7 f X I I , 4, Z. 36 Chronikon Pasdiale ed. Dindorf I S. 4 ff S. 9 S. 13 S. 13 f 23, 38 f., S. 14 f S. 17 I Clemens 20 4 20 β Codex Theodosianus X V I , 10,24 Constitutions Apostolicae 11,47,1 11,59,3 11,65 V, 17 V, 1 8 , 2 V, 1 9 , 3 V, 2 0 , 2 V I I , 23, 3 VII, 36,2, 6 V I I I , 33, 2 V I I I , 33, 4 Cyprian Ep. 57 Ep. 67 Ep. 70 Ps. Cyprian Ad versus Iudaeos De pascha computus 21

198 128 7 122, 128 98 90 18 98 98 98 98 49, 158 98 7, 227 76 161 222 f. 160 85 f.,

5 5 5

63 63, 76 40, 53 44, 113 f. 40 f., 53 66 99 99 84 48 48 48 76 9, 19 48 158 48 48 48 158 36 36 36 105 53

251

Cyrillonas 1. Horn, über das Passa Christi 131 f. Didache 8ι 1 9 ι — ΙΟ β 25 ff. 10 s f 28 lOe 5 14 27 141 48 Didaskalie 21 1, 9, 10, 11, 18, 47, 51, 61, 62, 220 Diognetbrief 11 f 34 f. Dionysius von Alexandrien Epistula Canonica 9 Dionysius Exiguus Prologus 68 Peregrinatio Egeriae 37 182 42 161 f. 43 162 Synode von Elvira Kanon 43 159 f., 161 Ephesus Konzilsakten 6, 85 Ephraem Comm. in Diat. X I X , 4 130 In Gen. et Exod. Comm. X I I , 3 145f. Hymn, in Nativ. 10, 6 182 f. Ps. Ephraem C 221 Epiphanius De fide 22 19, 135 Haer. 50 13, 72 50.1.2 73 50.1.3 16 50,1,5 71 50, 3, 3 69 50, 15 85 f. Haer. 6 9 , 1 1 , 2 65 Haer. 70 13, 72 70,9, 2 73 70, 9, 3 79 70,9,9 52, 63 70.10.2 11 70.11.3 11, 18, 24, 44 Haer. 73, 29—33 132 Ps. Epiphanius Osterpredigt 105, 136, 154 Horn. II in Sabbato Magno . . 202 f. Horn. I I I in die Resurrectionis 6, 7 Horn. I V in Assumptionem Christi 206 f. Epistula Apostolorum 15 . . . . 9 , 1 0 , 20 f., 27 f., 4 6 , 1 2 6 , 2 1 0 15—17 12,17 16 f 4 17 42, 209 f., 212 18 .: 29 43 212

252

Quellenregister

Euseb von Caesarea Dem. Ev. III, 4, 29 164 VI, 18,23 164 VIII, 2 , 1 1 0 164 De eccles. theol. III, 5 164 H. E. II, 23, 8 ff 210 f. IV, 26,1 38 IV, 26, 3 38 ff. V, 15 14,60 V, 1 9 , 1 — 4 36 V, 2 0 , 1 14, 60 V, 23—25 12 V, 23,1—3 50 V, 2 3 , 1 25, 37, 70 V, 2 3 , 2 29 V, 24,1 37 V, 2 4 , 2 36 f., 210 V, 24,2 f 15 V, 24, 5 32, 44 V, 2 4 , 6 59 V, 24, 8 35 f. V, 2 4 , 9 70 V, 2 4 , 1 1 30, 60 V,24,14 55 ff. V,24,16 15, 37, 55 V, 25 50 ff. VI, 1 3 , 9 39 VI, 4 3 , 2 36 VI, 43,21 36 VII, 3 2 , 1 6 62 VII, 3 2 , 1 9 62 Psalmus cantici 224 Praeparatio Evangelica VIII, 10 33 XIII, 12 33 De soll, pasch 65, 70 f., 122, 142 f., 145 f., 163 ff., 187, 223 f. Quaest. ev. ad Marinum 168 Suppl. quaest. ad Marinum X . . 164 Vita Constantini III, 5 , 1 . . . . 74 f. IV, 64 164 Ferrandus Breviatio Canonum 6 Filastrius von Brescia Haer. 58 72 Haer. 87 72 Haer. 140 179, 181 Gaudentius von Brescia Tract. 1 7, 100, 141 f. Tract. 2 129 f., 145 f. Tract. 3 7, 143 f. Tract. 4 129, 144 Tract. 5 100 Tract. 6 144 Tract. 7 145 Gregor von Elvira ( = Ps. Origenes) Tract. 9 100, 128, 141 f., 144 ff. Gregor von Nazianz Or. 1 190, 194 f. Or. 17 192

Or. 29 192 Or. 38 192 Or. 39 192 Or. 43 194 Or. 44 143 Or. 45 94, 100, 120, 143, 146, 192, 194, 225 Gregor von Nyssa Antirrheticus adv.Apol. . . 154, 191 c.Eun. I l l , 111,44 191 111,111,62 194 III, III, 62 f 191 III,111,68 191 Ad Theophilum 191 Horn. I in Christi Resurrect 6, 7, 71, 131, 154 f., 200,203 Horn. III in Christi Resurrect. . . . 6, 142, 190, 224 f. Horn. IV in Christi Resurrect. . . . 6, 195 f. Himmelfahrtspredigt 158 Ps. Gregor von Nyssa Horn. II in Christi Resurrect. . . 203 Hieronymus Ep.46 168 Ep. 59 180 Ep.96 196 Ep. 120 180 Comm. in Evang. Matth. 1 , 9 . . 160 IV, 2 5 , 6 3, 221 IV, 2 6 , 1 124 IV, 27 168 Comm. in Eph. Ill, 5 168 Comm. in Hierem. VI, 15 219 Comm. in Is. X, 31, 45 120, 123 In die dominica Paschae I 6, 124, 180f. II 6, 7 f., 124, 180 f. Lib. interpret. Hebr. nomin. . . . 124 Sermo de Exodo 144 ff. De vir. ill. 24 34, 45 Hilarius Comm. in Evang. Matth. . . 168, 169 2. Arezzaner Hymnus 198 Tractatus mysteriorum I, 33 ff. 137 Hippolyt Bened. Jacob 18 117 De Antichristo 61 117 In Daniel 1 , 3 3 177 In Gen. Frg 117, 144 Frg. über die beiden Schacher . . 117 c.Noet. 18 117 In Prov. Frg. 22 117 Refut. VIII, 18 14 ff. XI, 1 2 , 1 6 — 1 9 116 Traditio Apostolica 117, 149 Ps. Hippolyt ( = Ps. Chrysostomus) Osterpredigt 100, 106, 114 ff., 130, 137 f., 141 ff., 152 ff.

Quellenregister Ignatius AdMagn. 9 i 48 f. Ad Philad. 9 ι 211 Johannes Chrysostomus Horn. 1 de Proditione Iudae . . . 107, 134, 136, 205 Horn. 2 de Proditione Iudae . . . 205 Horn. 1 de Cruce et Latrone 205, 225 Horn. 2 de Cruce et Latrone . . . 205 Horn, de Coemeterio et de Cruce 200 f. Horn, in sanctum Pascha . . . 189, 200 Adv. Ebriosos et de Resurrectione 206 Himmelfahrtspredigt 158, 206 Weihnachtspredigt 159 Horn. adv. lud. III . . . 65, 73, 77 ff., 101, 107, 134 f., 136 Horn. adv. lud. VI 136 Katechese ad neophytas . . . 100,134 Ps. Chrysostomus Horn, pasch. I 106, 121, 143 f. Horn, pasch. II 144 ff. Predigt von 387 63, 74, 77, 79, 82, 85, 86, 195 f. Ps. Chrysostomus siehe auch Ps. Hippolyt Irenaus Demonstratio 25 114 Adv. Haer. IV, 20,1 . . 16, 114, 144 Schrift über das Passa 16 Isidor von Sevilla Etymol. VI, 17,12 19, 221 Justin Apol. 1,65—67 25, 27 Apol. I, 67 47 Dial. 72,1 8 Dial. 114,1 95 Ps. Justin De resurrectione 6 106 Klemens von Alexandrien Über das Passa 104 Strom. VI, 6, 45,1 154 Konstantin Brief an die Gemeinden 65 ff. Rede an die Heilige Versammlung 187 f. Konzil von Konstantinopel (unechter) Kanon 7 84 Kyrill von Alexandrien Glaphyr. in Exod. II, 7 143 1. Osterfestbrief 197 2. Osterfestbrief 143, 197 5. Osterfestbrief 197 f. 6. Osterfestbrief 197 f. 8. Osterfestbrief 197 f. 9. Osterfestbrief 143, 197 f. 10. Osterfestbrief 196 11. Osterfestbrief 197 f. 13. Osterfestbrief 197 f.

253

15. Osterfestbrief 197 16. Osterfestbrief 143 18. Osterfestbrief 197 f. 20. Osterfestbrief 197 f. 21. Osterfestbrief 197 f. De incarnat. verbi 192 Quod unus sit Christus 193 Ps. Kyrill Prologus 2 67 Kyrill von Jerusalem Katechese 14 142 f. 199 f. Laktanz Instit. IV, 18,22 8 IV, 26 123,144 VII, 19,3 220 f. Synode von Laodicea Kanon 7 6, 84 Leo der Große Ep. 88 67 Ep. 111 67 Ep. 121 66 ff. Ep. 122 67 Sermo 49 185 Sermo 52—70 183 f. Sermo 54 108 Sermo 63 108 Sermo 68 108, 128 Sermo 69 108 Sermo 70—71 183 f. Sermo 71 128, 184, 227 Sermo 72 128, 184 f. Sermo 73 184 f. Sermo 74 184 Liberatus Breviarium causae Nestorianorum et Eutychianorum X, 51 161 f. Maximinus Predigten 198 Maximus von Turin Sermo 37 182 Sermo 38 182 f. Sermo 39 182 f. Sermo 40 179, 183 Sermo 44 179 f. Sermo 53 7 Sermo 54 128 Sermo 55 182 f. Sermo 56 179 f. Sermo 78 182 f. Ps. Maximus Taurin. Horn. 63 179 Meletius Predigten 132, 203 ff. Horn, über die Verurteilung des Herrn . 133, 204 Horn, über die Auslieferung

254

Quellenregister

Christi 132 ff., 204 Horn, über die Kreuzigung . . . . 204 Horn, über die Versiegelung des Grabes 204 Osterpredigt 183, 204 f. Melito von Sardes Osterpredigt 4, 12 f., 31 f., 137 f., 149 ff. §1 32 f. §§2-4 99 §§2-7 97 §3 96 §§ 11 ff 43 §§ 35 —45 95 ff. §44 11 § 46 101, 112 f. §§ 46 ff 43, 149 ff. §§47 ff 101 §56 11, 113 §§ 59 f 99 §§ 61—64 99 §65 113 § 67 149 §§ 67 f 101 §68 149 §§ 72 ff 43, 135 § 79 43 §80 11 |§ 81—86 150 § 92 43 §96 150 §§ 100—105 150 § 102 42 f., 149 §103 41 ff. Missale von Bobbio 157 Konzil von Nicäa Kanon V 160 ff. Unedites Osterdekret 65 Origenes Contra Celsum VIII, 22 f 156 Comm. in Gen. I, 26 96 Comm. in Joh. XXXII, 32 . . . . 154 Comm. in Matth. X, 9—11 105 XV, 32 143 Matth. Comm. ser. 86 94 126 168 133 166 134 166 135 166 f. 138 93 139 167 Dialektos 8 154 Horn, in Jer. 12,12 11 Horn, in Jer. 19 119 Horn, in Jos. 8, 4 93 Horn, in Lev. 10, 1 105 f. Horn, in Num. 23, 6 156 Horn, über das Passa I 119 f., 123, 142, 155 f. II 121, 142, 155 f.

Horn. 2 , 2 in Ps. 38 94 De princ. IV, 3,13 93 Selecta in Exodum 144 Ps. Origenes siehe Gregor von Elvira Lateinische Ostertafel 73 Zeitzer Ostertafel 66 Pascasinus Brief an Leo d. Gr 67 Passio SS. Perpetuae et Felicitatis 18,1 119 Paulin von Nola Carmen 27 178 f., 181 f. Ep. 31 182 Petrus Chrysologus Sermo 74 182 f. Sermo 75 182 f. Sermo 79 227 Sermo 84 182 f. Pilatusakten 85 Pionius Vita Polycarpi II, 4 62 Polykarpmartyrium 21 44 Proklus von Konstantinopel Or. 14 100, 106 Proklus von Konstantinopel (?) Karfreitagspredigt 201 Osterpredigt 201 Proterius Brief an Leo d. Gr 67 f. Quodvultdeus De Symbolo 1,2 178 Synode von Sardika Ostertafel 62 Severian von Gabala 3. arm. Horn 158 f. 5. arm. Horn 82 f., 135 Severian von Gabala ( = Ps. Chrysostomus) Homilie 159 Sokrates Η. Ε. IV, 28 79 ff. V, 21 79 ff. V,21,17 75 V,22,18 75, 81 V, 22, 59 85 VI, 11,13 84 f. VI, 19, 7 84 f. VII, 5,2.4 82 VII, 12,5 83 Sozomenos H. E. VI, 24,6 ff 79 VII, 18,1 ff 80 VII, 18,11 82 VII, 18,12 86 Tertullian Apol. 39,6 25

Quellenregister De bapt. 17 De bapt. 19 210, 219 f. De cor. 3 De ieiun. 2 13 f Adv. lud.. 10 Deorat. 18 Ad uxorem II, 4 Ps. Tertullian Adv. Haer 8 Testamentum Domini nostri Jesus Christi II, 9 Theodor von Mopsuestia In Gal. IV

29 16, 29, 151, 16, 151 29 16, 29, 151 16, 151 150 f. 151 14 60, 73 221 f. 91

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Theodoret Haer. Fab. Comp. III, 4 5, 15, 19, 37, 71 111,6 70, 85 Hist. rel. 3 84 Quaest. in Exod. II, Interr. 24 120 f. Theophilus von Alexandrien Prologus 52, 86 Titus von Bostra Scholion zu Lc 22 ie 130 Zeno von Verona Tract. 11,45 143 Tract. 11,54 100 Tract. II, 55 144 Tract. II, 60—62 136 Tract. II, 63 100

Beihefte zur Zeitschrift füir die neutestamentliche Wissenschaft H e r a u s g e g e b e n v o n WALTHER ELTESTER.

Groß-Oktav.

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1—22 auf

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Verlag Alfred Töpelmann · Berlin 30