Organisationsstrukturen der Theologie in der Universität [1 ed.] 9783428463367, 9783428063369

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Organisationsstrukturen der Theologie in der Universität [1 ed.]
 9783428463367, 9783428063369

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Staatskirchenrechtliche Abhandlungen Band 18

Organisationsstrukturen der Theologie in der Universität Von

Martin Heckel

Duncker & Humblot · Berlin

MARTIN HECKEL

Organisationsstrukturen der Theologie in der Universität

Staatskirchenrechtliche Abhandlungen Herausgegeben von Alexander Hollerbach · Josef Isensee · Joseph Listi Hans Maier · Paul Mikat · Klaus Mörsdorf · Wolfgang Rüfner

B a n d 18

Organisations s t r u k t u r e n der Theologie i n der Universität

Von Martin Heckel

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

S c h r i f t l e i t u n g der Reihe „ S t a a t s k i r c h e n r e c h t l i c h e A b h a n d l u n g e n " Prof. D r . Joseph L i s t i , Lennéstr. 15, D - 5 3 0 0 B o n n 1

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Heckel, Martin: Organisationsstrukturen der Theologie in der Universität / von Martin Heckel. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1987 (Staatskirchenrechtliche Abhandlungen; Bd. 18) ISBN 3-428-06336-8 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06336-8

Vorwort Die nachfolgende Untersuchung stellt ein Rechtsgutachten dar, das im gemeinsamen Auftrag des Präsidenten der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main und des Präsidenten der Evangelischen K i r che in Hessen und Nassau zur Organisation und Anerkennung des Fachbereiches „Religionswissenschaften" der Universität Frankfurt erstellt wurde. Die hier befürwortete Verselbständigung der Betriebseinheit „Evangelische Theologie" des Fachbereiches Religionswissenschaften zu einem eigenen Fachbereich „Evangelische Theologie" ist inzwischen von den zuständigen Gremien der Johann Wolf gang Goethe-Universität z.T. einstimmig (im Organisationsausschuß II) und z.T. mit großer Mehrheit (im Senat mit 25 JaStimmen ohne Gegenstimmen bei 7 Enthaltungen) entschieden und dem Hessischen Kultusministerium mit der Bitte um Genehmigung nach § 21 I I Ziff. 3 des Hess. Hochschulgesetzes zugeleitet worden. Damit hat sich die Universität Frankfurt dem - in Deutschland üblichen und durch die Konkordate und Kirchenverträge rechtlich abgesicherten System der öffentlichen Pflege der Theologie an der Universität und ihrer bekenntnismäßigen Organisation in gesonderten evangelischen und katholischen Theologenfakultäten angeschlossen. Das Frankfurter Unikum eines evangelisch/katholischen Doppelfachbereiches wurde damit aufgegeben und eine organisationsrechtliche Umwandlung der Theologie in allgemeine Religionswissenschaften in Zukunft ausgeschlossen. Die Frankfurter Universität verbindet dies mit der Erwartung, daß die gute akademische Kommunikation und ökumenische Kooperation der evangelischen und katholischen Theologen künftig ohne juristische Reibungen und Ingerenzen fortgesetzt und intensiviert werden kann. Da die hier behandelten Fragen des Hochschulrechtes und Staatskirchenrechtes von allgemeiner Bedeutung sind - insbes. auch für die Organisation theologischer Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen an den sich derzeit formierenden Gesamthochschulen - , habe ich mich zur Publikation des Gutachtens entschlossen und danke den Herausgebern der Staatskirchenrechtlichen Abhandlungen für die Aufnahme in ihre Reihe. Zur Abkürzung bzw. Vertiefung habe ich hinsichtlich der speziellen Problematik und Literatur jeweils auf meine Monographie über die theologischen Fakultäten von 1986 Bezug genommen. Tübingen, Juli 1987

Professor Dr. iur. Martin Heckel

Inhaltsverzeichnis

I. Sachverhalt und Problemstellung II. Die Kompetenz zur Bildung und Änderung von Fachbereichen

13 18

1. Entscheidungskompetenz der Zentralorgane

18

2. Keine Aufteilung in Teilfachbereiche

20

3. Der rechtliche Maßstab der Fachbereichseinteilung

23

4. Das Selbstverständnis der Wissenschaftszweige i n Abwehr wissenschaftsfremder und fremd wissenschaftlicher Fremdbestimmung

24

ΠΙ. Die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie für die Einrichtung der theologischen Forschung und Lehre an der Universität

26

1. Der Rechtscharakter der Garantie der Wissenschaftsfreiheit

26

a) Als individuelles Freiheitsrecht

26

b) Als objektives Wertprinzip

26

c) Als Prinzip wissenschaftsgerechter Organisation

26

d) Als Teilhaberecht des Wissenschaftlers

27

e) Als Garantie akademischer Selbstverwaltung

27

2. Der Wissenschaftsbegriff des Grundgesetzes im Sinn der Pluralität der Wissenschaften und Neutralität des Staates

28

3. Schutz der Theologie als eigene Wissenschaftsdisziplin

30

4. Ihre Abgrenzung von der allgemeinen Religionswissenschaft

33

5. Die Verschiedenheiten zwischen der evangelischen und katholischen Theologie

35

IV. Konsequenzen für die Hochschulorganisation 1. Das Gebot wissenschaftsgerechter Hochschulorganisation

38 39

a) Schutz vor fremdkonfessioneller Bestimmung

39

b) Keine gemeinsamen Fachbereiche für katholische und evangelische Theologie infolge der teilweisen Verschiedenheit der wissenschaftlichen Maßstäbe

39

8

Inhaltsverzeichnis c) Grenzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit

40

d) Die Bedeutung der institutionellen und verfahrensmäßigen Ausgestaltung für den Wissenschaftsbegriff

40

e) Die Gegensätze in den theologischen Disziplinen

41

2. Das Problem der Ökumene

42

a) Ökumene als Zukunftsziel

42

b) Ökumene als „eigene Angelegenheit" der Kirchen, nicht des Staates

43

c) Das staatliche Prüfungswesen als unzulässiges Mittel ökumenischer Einigung

44

3. Ökumenische Kooperation, nicht rechtliche Fusion der katholischen und evangelischen Theologie

45

V. Rechtliche Alternativen?

46

1. Unzulässigkeit der Bildung von Teilfachbereichen

46

2. Unzulässigkeit der Beschränkung des Stimmrechts auf konfessionsangehörige Fachbereichsratsmitglieder

48

3. Unzulässigkeit technischer Verfahrensmodalitäten zur Sicherung evangelischer Mehrheiten

50

a) Erweiterter Fachbereichsrat mit Konfessionsüberhang?

50

b) Mehrfachstimmrecht der evangelischen Mitglieder?

52

c) Doppelte Mehrheiten?

53

4. Keine Übertragung der Gruppenuniversitätsmodelle auf das Verhältnis der Konfessionen

54

a) Die Organisationsformen der Gruppenuniversität mit abgestuften Mitwirkungsbefugnissen

54

b) Ihre Voraussetzung: Homogenität des Wissenschaftsbegriffs und Wissenschaftsmaßstabs eines Fachbereichs

56

c) Andersartigkeit des Verhältnisses zwischen den Konfessionen

56

d) Keine Integration verschiedener Wissenschaften durch Mitwirkungsrechte im Gruppenuniversitätsprozeß

57

VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten bei der Gründung der Frankfurter Universität?

58

a) Das Frankfurter Modell

59

b) Widerspruch in der Welt der Wissenschaft

61

c) Initiativen der evangelischen Kirche

61

Inhaltsverzeichnis

9

d) Die Stellungnahme der katholischen Kirche

62

e) Die Haltung der jüdischen Gemeinde

63

VE. Die Einzelfragen

66

A. Muß das Studium der evangelischen Theologie an evangelisch-theologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen erfolgen?

66

1. Die kirchlichen Rechtsnormen und akademischen Prüfungsordnungen

66

2. Notwendigkeit des evangelischen Theologiestudiums an evangelischen Theologenfakultäten

67

3. Freiheit des kirchlichen Ämterrechts

68

4. Die Garantie der theologischen Fakultäten in den Kirchen Verträgen

71

5. Die Wahrung des kirchlichen Bekenntnisses

74

6. Die Wahrung der kirchlichen Einheit und akademischen Freizügigkeit zwischen den Landeskirchen

75

7. Gründe zur Wahrung der Einheit des Ausbildungswesens durch den Staat

76

B. Ist die Bekenntnisgebundenheit theologischer Fachbereiche nur durch die Besonderheit des Berufungsverfahrens gesichert?

77

1. Die Besonderheit theologischer Fakultäten in ihrem Gegenstand und ihrer Funktion

77

2. Der rechtliche Gesamtstatus und die Einordnung der Spezialfragen in den Gesamtzusammenhang

77

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen, insbesondere die Promotions- und Habilitationsordnung des Fachbereichs „Religionswissenschaften" in Frankfurt den rechtlichen Anforderungen?

79

1. Die Habilitationsordnung

79

a) Zuständigkeit des Fachbereichsrats. Keine Aushilfskonstruktionen zur Sicherung evangelischer Mehrheiten

79

b) Keine Kompetenz zu philosophischen Habilitationen

80

c) Bei den Zulassungsvoraussetzungen kein Quereinstieg

82

d) Zulassungsvoraussetzung der Mitgliedschaft in einer Kirche des Ökumenischen Rates

83

2. Die Promotionsordnung

84

a) Keine Kompetenz zu philosophischen Promotionen

84

b) Bestellung des Promotionsausschusses

84

c) Zusammensetzung des Promotionsausschusses

85

Inhaltsverzeichnis

10

d) Zulassungsvoraussetzung der Mitgliedschaft in einer Kirche des Ökumenischen Rates

85

e) Evangelischer „Betreuer"

85

f) Zusammensetzung der Prüfungskommission

86

g) Zuständigkeit zu Ehrenpromotionen

86

3. Die Diplomprüfungsordnung

86

a) Zusammensetzung des Prüfungsausschusses

86

b) Bestellung seiner Mitglieder

86

c) Zulassungsvoraussetzung

87

d) Keine Aufteilung des Fachbereichs

87

D. Entspricht das Berufungsverfahren den rechtlichen Anforderungen? . . .

87

E. Ist ein Grundstudium in evangelischer Theologie bis einschließlich der Zwischenprüfung mit der Organisationsstruktur des Fachbereichs Religionswissenschaften vereinbar?

88

Personenregister

90

Sachwortregister

91

Abkürzungsverzeichnis AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

DiplPrO

Ordnung für die Diplomprüfung

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DVB1.

Deutsches Verwaltungsblatt

EKD

Evangelische Kirche in Deutschland

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

GVB1.

Gesetz- und Verordnungsblatt

HabilO

Habilitationsordnung

HHG

Hessisches Hochschulgesetz

HRG

Hochschulrahmengesetz

HUG

Hessisches Universitätsgesetz

JZ

Juristen-Zeitung

NdsHG

Niedersächsisches Hochschulgesetz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

PromO

Ordnung zur Erlangung des Akademischen Grades eines Doktors der (ev.) Theologie i m Fachbereich Religionswissenschaften der J. W. Goethe-Universität

RPf HochschG

Rheinland-Pfälzisches Hochschulgesetz

Sap. Chr.

Apostolische Konstitution Sapientia Christiana

VGH

Verwaltungsgerichtshof

WissHG NW

Gesetz über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen

WRV

Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Reichsverf assung)

ZevKR

Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht

I. Sachverhalt und Problemstellung A n der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main besteht kein eigener Fachbereich für evangelische Theologie. Dies erklärt sich aus der besonderen Geschichte der Frankfurter Universitätsgründung, die sich kurz vor und während des Ersten Weltkrieges wesentlich auf der Grundlage privater Stiftungsgelder vollzog. Die verschiedenen Planungen und auch die Beschlüsse akademischer Gremien zur Errichtung einer eigenen Evangelisch-theologischen Fakultät wie auch einer eigenen Katholisch-theologischen Fakultät scheiterten i n der angespannten Situation der Kriegs- und Nachkriegszeit, vor allem auch an der Unmöglichkeit, die hierfür erforderlichen Stiftungsmittel aufzubringen 1 . Andere besondere Umstände, die eine Koordinierung und Realisierung der diesbezüglichen Anstöße und Vorhaben vereitelten, kamen hinzu. I m Gefolge der Universitätswirren und Hochschulreformen der späten 60er Jahre kam es jedoch im Jahre 1971 bei der Neugliederung der großen Philosophischen Fakultät und der Einheiten für Erziehungswissenschaften in verschiedene Fachbereiche zur Bildung eines eigenen Fachbereiches 6 „Religionswissenschaften". Er umfaßt zwei Abteilungen („Wissenschaftliche Betriebseinheiten") für „Evangelische Theologie" und für „Katholische Theologie". I n diesen Fachbereich „Religionswissenschaften" wurden die vorhandenen Lehrstühle für Theologie und Religionspädagogik der Frankfurter Universität eingegliedert, die ja die Religionslehrerausbildung nicht nur für Gymnasien, sondern auch für Grund-, Haupt- und Realschulen - im Unterschied zur Religionslehrerausbildung an besonderen Pädagogischen Akademien vieler anderer Bundesländer - an der Universität durchführt. Beide Abteilungen des Fachbereichs „Religionswissenschaften" sind mit Lehrstühlen für die klassischen theologischen Fächer ausgestattet, wie sie an anderen Universitäten in den Theologischen Fakultäten vereinigt sind 2 . Der wissenschaftlichen Betriebseinheit „Evangelische Theologie" sind z.Zt. 8 Professuren aus den theologischen Kernfächern für Altes Testament, Neues Testament, Systematische Theologie (Dogmatik), Systematische Theologie (Ethik), Kirchen- und Religionsgeschichte, Kirchengeschichte und Religionswissenschaft, sowie 2 Lehrstühle für Praktische Theologie 1

Paul Kluke, Die Stiftungsuniversität Frankfurt 1914 - 1932, Frankfurt a. M. 1972, S.llOff., 333f. 2 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität vom Wintersemester 1985/86, S. 216f.

14

I. Sachverhalt und Problemstellung

zugeordnet. Auch der Betriebseinheit „Katholische Theologie" gehören die theologischen Professuren für die biblisch exegetischen Fächer, die K i r chengeschichte, Systematische Theologie, Praktische Theologie und (katholische) Religionsphilosophie und Religionswissenschaft an, wie sie sich anderwärts in Katholisch-theologischen Fakultäten finden. Weitere Professuren aus dem weiten Fachgebiet der Religionswissenschaft, insbesondere für die außerchristlichen Weltreligionen, für Religionssoziologie, Religionspsychologie, allgemeine Religionsphilosophie usw. sind im Frankfurter Fachbereich „Religionswissenschaft" nicht vorhanden. Die Sammelbezeichnung „Religionswissenschaft" für die beiden Abteilungen der Evangelischen und Katholischen Theologie entstammt offenbar einer terminologischen Verlegenheitslösung und stimmt deshalb mit dem Sachverhalt der wissenschaftlichen Fachrichtung, Ausstattung und Lehrangebote nicht überein. Das Lehrangebot der beiden theologischen Betriebseinheiten wird weiterhin, bes. in den theologischen Spezialfächern der Konfessionskunde/ Ökumenik, Diakoniewissenschaft, Liturgik, christlichen Kunst, Missionswissenschaft u.a.m., durch eine Reihe von Honorarprofessoren und ständigen Lehrbeauftragten abgerundet 3 . Das Ausbildungsangebot des Fachbereichs Religionswissenschaft 4 umfaßt auf dem Gebiete der evangelischen Theologie zur Zeit alle Lehramtsstudiengänge einschließlich des Lehramts an Gymnasien sowie einen Magisterstudiengang mit dem Haupt- und Nebenfach Evangelische Theologie. Im Rahmen des bestehenden Magisterstudienganges absolvieren in praxi zahlreiche evangelische Theologiestudenten den ersten Teil ihres evangelischen Theologiestudiums, d.h. ihr Grundstudium bis zum „Kolloquium" (der Zwischenprüfung), am Fachbereich „Religionswissenschaften" der Frankfurter Universität. Deren Grundstudium-Angebot umfaßt neben den Sprachen u.a. alle erforderlichen Vorlesungen, Proseminare, Hauptseminare und Übungen in allen theologischen Kernfächern. Die wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" erstrebt die Erweiterung der bisherigen, tatsächlich für das Grundstudium der Theologie gebotenen Studienmöglichkeiten durch Einrichtung eines theologischen Vollstudiums, das auch den Zugang zum Berufsziel des Pfarrers im kirchlichen Dienst eröffnet. Der Fachbereichsrat des Fachbereichs „Religionswissenschaft" hat dem zugestimmt und die dafür erforderlichen Studien- und Prüfungsordnungen ausgearbeitet und vorgelegt 5 . Die zentralen 3

Ebenda, S. 217 ff. Ebenda, S. 50ff. 5 Habilitationsordnung des Fachbereichs Religionswissenschaften - Wissenschaftliche Betriebseinheit Evang. Theologie - an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main vom 30.05.1984; Ordnung zur Erlangung des Akademischen Grades eines Doktors der (evangelischen) Theologie (Dr. theol.) im Fachbereich Religionswissenschaften der J. W. Goethe-Univ. i. Fr. a. M. vom 30.05.1984; Ordnung für die 4

I. Sachverhalt und Problemstellung

Gremien der Johann Wolfgang Goethe-Universität haben ihre grundsätzliche Zustimmung zu diesen Ordnungen erteilt. Ihre Genehmigung durch den Hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst steht derzeit noch aus. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau erhebt in einer Vorabstellungnahme zwar keine inhaltlichen Einwendungen gegen die vorgelegte Studienordnung mit dem Berufsziel „Pfarrer", da ja ein vollständiger Studiengang in Evangelischer Theologie mit dem Ziel Pfarramt im Rahmen der gegenwärtigen Lehrkapazität möglich sei und die klassischen Lehrfächer der evangelischen Theologie durch Professuren abgedeckt seien. Aber sie erhebt Einwendungen gegen die z. Zt. bestehende Organisationsstruktur der evangelischen Theologie an der Frankfurter Universität. Sie verlangt die Einrichtung eines eigenständigen Fachbereichs „Evangelische Theologie", da nur so deren wissenschaftliche Eigenständigkeit und das evangelische Bekenntnis im Rahmen der Forschung, Lehre und Prüfung, des Berufungs-, Promotions- und Habilitationswesens zu wahren seien. Die Anerkennung der theologischen Prüfungsleistungen und Grade durch jede Gliedkirche der EKD setze das Studium an einer Theologischen Fakultät bzw. an einem theologischen Fachbereich voraus. Auch wurde zur Diskussion gestellt, ob die Ausbildung von Pfarrern bis zur Zwischenprüfung (Kolloquium) in Zukunft noch möglich sein werde. Die Errichtung einer eigenen Evangelisch-theologischen Fakultät wird von den evangelischen Theologen der Frankfurter Universität ebenfalls nachdrücklich angestrebt. Es setzt dies eine Teilung des bisherigen Fachbereichs Religionswissenschaften, die Erhebung der wissenschaftlichen Betriebseinheit „Evangelische Theologie" zum eigenen Fachbereich und eine organisatorische Lösung für die Betriebseinheit „Katholische Theologie" voraus. Die Errichtung dieses neuen Fachbereichs erfordert eine entsprechende Entscheidung der Universität Frankfurt durch den dafür Diplomprüfung in Evangelischer Theologie an der J. W. Goethe-Univ. Fr. a. M. vom 30.5.1984; Studienordnung für den Studiengang Evangelische Theologie (Studium für den Pfarrdienst) mit dem Abschluß einer 1. (kirchl.) theologischen Prüfung, Fachbereich 6 (Religionswissenschaften) an der J. W. Goethe-Univ. Fr. a. M. (undat.); Studienordnung für den Studiengang Evangelische Theologie mit dem Abschluß DiplomTheologe (evang.) im Fachbereich 6 (Religionswissenschaften) an der J. W. GoetheUniv. Fr. a. M. (undat.); Studienordnung für den Teilstudiengang Evangelische Theologie (fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Bereich) und für den Teilstudiengang Evangelische Glaubenslehre (Didaktik des Grundstufeninhalts) mit dem Abschluß Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen an der J. W. GoetheUniv. Fr./M. vom 4. Juli 1984; Studienordnung für den Teilstudiengang Evangelische Theologie mit dem Abschluß Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Haupt- und Realschulen an der J. W. Goethe-Univ. Fr./M. vom 4. Juli 1984; Studienordnung für den Teilstudiengang Religion (evang. Theologie) mit dem Abschluß Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien an der J. W. Goethe-Univ. Fr./M. vom 4. Juli 1984; Studienordnung für den Teilstudiengang Evangelische Theologie mit dem Abschluß Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Sonderschulen an der J. W. Goethe-Univ. Fr./M. vom 4. Juli 1984.

16

I. Sachverhalt und Problemstellung

zuständigen Ständigen Ausschuß I I 6 und die Genehmigung des Kultusministers 7. Der Ständige Ausschuß I I hat dem Antrag nicht zugestimmt und den Präsidenten gebeten, die nötigen Verhandlungen mit kirchlichen und staatlichen Stellen zur Einrichtung des Pfarrer-Studienganges aufzunehmen. Der Präsident der Johann Wolfgang Goethe-Universität und die Evangelische Kirche von Hessen und Nassau haben gemeinsam zur Klärung der Rechtslage das nachfolgende Gutachten eingeholt. Von beiden Seiten wird die Frage gestellt, ob die Einrichtung eines eigenen Fachbereichs Evangelische Theologie rechtlich notwendig ist, um den angestrebten Studiengang mit dem Berufsziel „Pfarrer" einführen zu können. Dabei soll zwischen Notwendigem und Wünschenswertem unterschieden und auch eine Lösung mit Modifikationen untersucht werden. In einzelnen w i r d folgender Fragenkatalog von beiden Institutionen formuliert: a) Setzt die Pfarrerausbildung, die in den Verfassungen und Staatskirchenverträgen staatskirchenrechtlich abgesichert ist, die Existenz und den Rechtsstatus einer Theologischen Fakultät voraus, und worin besteht deren besonderer hochschulrechtlicher, kirchenrechtlicher und staatskirchenrechtlicher Charakter? Würde einem Theologiestudium am Fachbereich „Religionswissenschaften" möglicherweise die Anerkennung durch die evangelischen Landeskirchen versagt werden? b) Ist die Bekenntnisgebundenheit evangelisch-theologischer Forschung und Lehre durch weitergehende rechtliche Anforderungen zu sichern, die über die Mitwirkung der evangelischen Kirche bei der Berufung der Hochschullehrer in der wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie gemäß dem Hessischen Staatskirchenvertrag 8 hinausgehen? c) Entsprechen die Prüfungsordnungen 5 , insbesondere die Promotionsordnungen und Habilitationsordnung den Anforderungen des bekenntnismäßigen Charakters der Evangelischen Theologie? d) Entspricht das Berufungsverfahren im Fachbereich Religionswissenschaften den rechtlichen Anforderungen der evangelischen Bekenntniswahrung, wenn der aus Mitgliedern beider Konfessionen zusammenge6 § 18 Abs. 2 Ziff. 2 a des Gesetzes über die Universitäten des Landes Hessen (Universitätsgesetz - HUG - ) vom 6. Juni 1978 (GVB1. f. d. Land Hessen, T e i l l , 1978, 5. 348ff.). 7 § 21 Abs. 1 Ziff. 3 Hessisches Hochschulgesetz (Hochschulgesetz - HHG - ) vom 6. Juni 1978 (GVB1. f. d. Land Hessen, Teil I, 1978, S. 319ff.). 8 Vgl. Artt. 13 und 14 des Hessischen Kirchenvertrages vom 18. Februar 1960, Joseph Listi (Hrsg.), Die Konkordate und Kirchenverträge in der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, Berlin 1987, S. 807 f.

I. Sachverhalt und Problemstellung

setzte Fachbereichsrat den Berufungsvorschlag der wissenschaftlichen Betriebseinheit „Evangelische Theologie" jeweils bei der Berufung evangelischer Hochschullehrer in der bisher praktizierten Weise „ohne Diskussion" übernimmt, ohne daß dieses Verfahren „durch eine formale Regelung abgesichert" ist? Oder ist zur Wahrung des konfessionellen Charakters der evangelischen Theologie eine formelle Regelung des Berufungsverfahrens notwendig? Könnte die Grundordnung diesbezüglich vorsehen, daß bei Berufungen in die wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" außer der Mehrheit der Professoren des Fachbereichsrats auch die Mehrheit der Vertreter der wissenschaftlichen Betriebseinheit „Evangelische Theologie" dem Berufungsvorschlag zustimmen müssen? Ist es dabei erheblich, ob der Fachbereichsrat alle Mitglieder der wissenschaftlichen Betriebseinheit „Evangelische Theologie" umfaßt, oder ob die Fachbereichsratsmitglieder durch einen Wahlvorgang bestellt werden, in dem die Gruppenvertreter jeweils durch alle Mitglieder der betreffenden Fachbereichsgruppe (auch wenn sie der fremden Konfession angehören) gewählt worden sind? Müßte dies in der Grundordnung oder in einer Novellierung des Hessischen Universitätsgesetzes vorgesehen werden? Oder setzt die Berufung evangelischer Theologen voraus, daß ein rein evangelischer Fachbereich besteht und nur dessen Mitglieder am Verfahren beteiligt sein dürfen? e) Ist ein Teilstudiengang in Evangelischer Theologie (als wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen) für die ersten Semester einschließlich der Zwischenprüfung mit der bisherigen rechtlichen Ordnung des Fachbereichs „Religionswissenschaften", Wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" der Johann Wolf gang Goethe-Universität Frankfurt a. M. vereinbar?

2 Heckel

I I . Die Kompetenz zur Bildung und Änderung von Fachbereichen 1. Entscheidungskompetenz der Zentralorgane Die Bildung und Änderung von Fachbereichen obliegt den Zentralorganen der Universität. Zuständig zur Entscheidung darüber ist der Ständige Ausschuß I I gemäß § 18 I I Ziff. 2 a HUG. Der Senat besitzt ein Mitwirkungsrecht durch diesbezügliche Vorschläge oder Stellungnahmen gemäß § 16 I I Ziff. 3 HUG. Die Bildung, Änderung und Aufhebung von Fachbereichen und wissenschaftlichen Betriebseinheiten unterliegt der Genehmigung des Kultusministeriums nach § 211 Ziff. 3 HHG. Nach dem Hochschulrahmengesetz des Bundes 9 und dem Hessischen Universitäts- und Hochschulgesetz ist den Zentralgremien der Universität und dem Kultusminister ein weiter Entscheidungsspielraum eingeräumt, da nähere Tatbestandsvoraussetzungen für diese Organisationsakte in den Gesetzen fehlen. Doch ist diese Gestaltungsfreiheit keineswegs unbegrenzt: Der Fachbereich ist gemäß § 64 HRG und § 20 HUG „die organisatorische Grundeinheit für Forschung und Lehre"; er hat auf seinem Gebiet eigenverantwortlich die Aufgaben der Hochschule wahrzunehmen, ist dabei freilich beschränkt durch die Zuständigkeiten der zentralen Hochschulorgane und eingebunden in die Gesamtverantwortimg der Hochschule. Durch die Sollvorschrift des § 20 I 2 HUG ist bestimmt, daß der Fachbereich „verwandte oder benachbarte Fachgebiete umfassen" soll. Das Hochschulrahmengesetz und das Hessische Universitätsgesetz haben sich so für einen zweigliedrigen Aufbau der Organisationsstruktur der Hochschulen entschieden. Soweit die Aufgaben der Universität nicht von den Zentralen Organen wahrzunehmen sind, fallen sie grundsätzlich in die Zuständigkeit des Fachbereiches. Dieser hat die Fülle der universitären Aufgaben „vor Ort" zu bewältigen: Die Durchführung des Unterrichts, die Koordinierung der Lehrveranstaltungen, die Sorge für die Forschung, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die studienbegleitende Beratung und die Fülle der dazu erforderlichen Selbstverwaltungsaufgaben. Mit der Entscheidung des Gesetzgebers für den Fachbereich als „organisatorische Grundeinheit der Hochschule" neben den Zentralorganen wurde 9 Vgl. §§61 ff., 64 Hochschulrahmengesetz (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl. I S. 185 ff.).

1. Entscheidungskompetenz der Zentralorgane

19

der frühere dreigliedrige Aufbau der Universitätsstruktur in Zentralorgane, Fakultäten und Institute abgelöst. Die vielfach übergroßen Fakultäten der alten Universität wurden in die überschaubaren, kleineren und tunlichst funktionsfähigeren Einheiten der Fachbereiche aufgelöst. Die dritte Stufe der Institute, die früher stark verselbständigt und hierarchisch unter der Ordinarienleitung strukturiert waren, wurde in die Fachbereichsebene integriert; sie stehen gemäß § 66 I HRG und § 20 I I I und IV HUG unter der Gesamtverantwortung, Leitung und Aufsicht der Fachbereiche. Mit diesen Reformentscheidungen ist die Hochschulgesetzgebung den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Struktur und Verwaltungsorganisation der Universitäten von 1968 10 und den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz v. 10.4.1968 11 gefolgt, die die „Lehrstühle und Institute zu größeren funktionsfähigen Einheiten zusammenzufassen" vorschlugen. Die Entscheidung für den Fachbereich als „organisatorische Grundeinheit der Hochschule" bedeutet, daß eine weitere organisatorische Untergliederung der Universität grundsätzlich nicht gewollt ist. Statt der Aufgliederung der großen Fakultäten in Abteilungen, Departements usw. (etwa nach amerikanischem Vorbild) hat sich die deutsche Hochschulgesetzgebung für die Aufteilung der Fakultäten in die Fachbereiche entschlossen und deren weitere organisatorische Untergliederung und Verselbständigung nicht vorgesehen 12. Die Zentralorgane der Universität und das Kultusministerium haben dieser Struktur und Zielsetzung des HRG und HUG gemäß die Fachbereiche so abzugrenzen, daß sie ihre Aufgaben funktionsgerecht ohne Störungen und Reibungsverluste erfüllen können. Es würde dem Sinn und System des Gesetzes widersprechen, in den Fachbereichen wiederum heterogene wissenschaftliche Komplexe zu vereinigen, die nur durch eine komplizierte Untergliederung ihre Aufgaben funktionsgerecht erfüllen können und überdies in ihrer Struktur und Funktion vielfältigen rechtlichen Zweifeln begegnen.

10 „Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Struktur und Verwaltungsorganisation der Universitäten", vorgelegt i. Dez. 1968 (Bundesdruckerei, Bn 822707/12.68), S. 20. 11 Ziff. 2 der Kultusministerkonferenz für ein modernes Hochschulrecht vom 10.4.1968, veröff. in WRK-Dokumente zur Hochschulreform 1/1968. Vgl. Peter Dallinger, in: Peter Daliinger / Christian Bode / Fritz Dellian, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, Tübingen 1978, § 64 RNr. 1. 12 Dallinger, HRG (Anm. 11) § 64 RNr. 1, 2; Andreas Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, 3. Α., Bad Honnef 1986, § 64 RNr. 2; Hermann Avenarius, Hochschulen u. Reformgesetzgebung. Zur Anpassung der Länderhochschulgesetze an das Hochschulrahmengesetz, Berlin 1979, S. 84; Werner Thieme, Organisationsstrukturen der Hochschulen, in: Handbuch des Wissenschaftsrechts, hrsg. von Christian Flämig, u.a., Bd. 1, Berlin - Heidelberg - New York 1982, S. 179f.; Dieter Leuze, in: Dieter Leuze / Gisela Bender, Gesetz über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Bielefeld 1981 ff., § 25 RNr. 2.

2

20

II. Die Kompetenz zur Bildung von Fachbereichen

2. Keine Aufteilung in Teilfachbereiche Aus dem System und der Intention des HRG und HUG, die sich für die zweigliedrige und gegen die dreigliedrige Hochschulstruktur entschieden haben, ergeben sich nicht unerhebliche rechtliche Bedenken bereits gegen die derzeit bestehende Aufteilung des Frankfurter Fachbereichs „Religionswissenschaften" in eine Evangelische und eine Katholische Abteilung, die schon jetzt gewissermaßen als Subfakultäten konzipiert sind, körperschaftlich strukturiert sind und die entscheidenden wissenschaftlichen und wissenschaftsrelevanten Aufgaben des Fachbereichs „Religionswissenschaft" in fachbereichsartiger Autonomie wahrnehmen. Diese Bedenken verstärken sich, wenn deren fachbereichsartige Verselbständigung und Eigenverantwortung nach der derzeitigen Sachlage und der Intention der Hochschulorgane - wie sich aus der Gutachtenanfrage ergibt - noch weiter verstärkt werden soll. Es ist keine Frage, daß diese Aufteilung unter den Sachgesichtspunkten der Wissenschaftlichkeit und Wissenschaftspflege evangelischer und katholischer Theologie angemessen, ja geboten erscheint; der Fachbereich Religionswissenschaften und die Zentralorgane der Universität scheinen durchaus auf dem „richtigen Wege", wenn sie das Bedürfnis nach einer solchen Aufgliederung empfinden und sich um eine entsprechende rechtliche Lösung bemühen, die dem Selbstverständnis und der Wahrung der wissenschaftlichen Eigenständigkeit und Freiheit der beteiligten Wissenschaftsrichtungen gerecht werden soll. Doch erscheint es rechtlich problematisch, ob dieses Wissenschaftsanliegen in der Rechts form der „Wissenschaftlichen Betriebseinheit" erreicht werden kann. Die beiden Abteilungen stellen schon jetzt gewissermaßen die „organisatorische Grundeinheit" der Universität in den entscheidenden wissenschaftlichen Funktionen der Forschung, Lehre und Prüfung und in den dazugehörigen wissenschaftsrelevanten Aufgaben der akademischen Selbstverwaltung dar. Sie bilden schon jetzt gleichsam das Surrogat der ausstehenden Verselbständigung in eigene Fachbereiche. Diese dreigliedrige Grundstruktur entspricht grundsätzlich nicht dem Universitätsgesetz. Hinzu kommen zahlreiche rechtstechnische Einzelprobleme, auf die noch einzugehen ist und in denen sich das Problematische des Grundansatzes widerspiegelt und konkretisiert. Die Rechtsform der „ Wissenschaftlichen Betriebseinheit" erscheint hier in einer fragwürdigen und unkonventionellen, dem System und Zweck dieses Instituts nicht entsprechenden Weise in Anspruch genommen. Nach den Gesetzesmaterialien und der Hochschulrechtsliteratur sind die Wissenschaftlichen Betriebseinheiten die zeitgerechten Formen für die überkommenen Institute und ähnlichen Einrichtungen der Universität. Es handelt sich dabei um nicht rechtsfähige, der Lehre und insbesondere der Forschung dienende Anstalten 13 . Im Sinne der durchaus herrschenden, einheitlichen Judikatur und Literatur zum Hochschulrecht des Bundes und der Länder

2. Keine Aufteilung in Teilfachbereiche

21

bestimmt das Baden-Württembergische UG in § 28 11 - als einzige Regelung der neueren Hochschulgesetze - die Rechtsnatur der Universitätseinrichtungen im Sinn des HRG folgendermaßen: „Universitätseinrichtungen sind rechtlich unselbständige Anstalten der Universität, denen für die Durchführung der Aufgaben der Universität Personal, Sachmittel und Räume ständig oder vorübergehend zur Verfügung gestellt werden." Die Wissenschaftlichen Betriebseinheiten haben danach den Charakter einer Anstalt des Fachbereichs, auch wenn sie mit einer kollegialen Leitung unter Beteiligung der Hochschullehrer wie auch der anderen Gruppen der Universitätsmitglieder versehen werden können 14 . Sie sind des weiteren als Dienstleistungseinrichtungen des Fachbereichs konzipiert, die speziellen Dienstleistungsfunktionen gewidmet sind. Die typischen Beispiele sind die Institute, Seminare, Bibliotheken, Labors usw., die speziellen wissenschaftlichen Sonderaufgaben des Fachbereichs zu dienen haben. Sie stehen insoweit den technischen Betriebseinheiten gemäß § 20 I I I S 1 HUG gleich, die wie die verschiedenen Universitätswerkstätten, Rechenzentren usw. speziellen Aufgaben dienen. Dem Sondercharakter dieser Aufgaben und Einrichtungen entsprechend ist eine gewisse Verselbständigung innerhalb des Fachbereichs vom HRG und HUG vorgesehen: Diese Verselbständigung bezieht sich auf die eigenverantwortliche Verwendung von Sachmitteln und Personal für eine gewisse Dauer. Dabei ist aber an spezielle Aufgaben und an begrenzte Funktionen der Forschung, Personal- und Mittelverwendung gedacht; hingegen soll die Wissenschaftliche Betriebseinheit nach dem Leitbild des Gesetzes nicht die Verselbständigung von Fachbereichsteilen in Teil- und Unterfakultäten mit umfassender Zielsetzung und Kompetenz enthalten. Die Institute bzw. Wissenschaftlichen Betriebseinheiten bilden nur im uneigentlichen Sinn eine „dritte Ebene" der Universität, wie sie in der Literatur gelegentlich nicht ganz zutreffend bezeichnet werden 15 . Aus dem Anstaltscharakter hat man zurecht gefolgert, daß den wissenschaftlichen Einrichtungen keine eigenständigen Pflichten und Rechte und daher auch kein eigenes Vermögen zukommen könne, auch wenn sie im Innenverhältnis zu ihrem Träger eine gewisse Selbständigkeit auf dem beschränkten Gebiet der Personal- und Finanzverwaltung eingeräumt erhalten können. Vor allem sind die Wissenschaftlichen Betriebseinheiten und Einrichtungen den Fachbereichen (bzw. zentralen Universitätsorganen) eingegliedert. 13 BVerfGE 43, 242, Gerd Roellecke, BerufungsVereinbarungen und Organisationsgewalt, Wissenschaftsrecht 1976, S. 14f.; Hans-Julius Wolff / Otto Bachof Verwaltungsrecht, II. Bd., 4. Α., München 1976, S. 308 (§ 93 V c 5); Reich, HRG (Anm. 12), § 66 vor RNr. 1; Gisela Bender, Forschungseinrichtungen der Hochschule, Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2, hrsg. v. Christian Flämig u.a., Berlin - HeidelbergNew York 1982, S. 931; Leuze, in: Leuze / Bender, WissHG NW (Anm. 12), §29 RNr. 2; Dallinger, in: Dallinger / Bode / Dellian, HRG (Anm. 11), § 66 RNr. 1, 3ff. 14 BVerfGE 43, 281; Bender, Forschungseinrichtungen (Anm. 13), S. 935ff. 15 Leuze, in: Leuze / Bender, WissHG NW (Anm. 12), § 29 RNr. 1; Thieme, Organisationsstrukturen, Handbuch des Wissenschaftsrechts (Anm 12), S. 180.

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II. Die Kompetenz zur Bildung von Fachbereichen

Diese organisatorische Zuordnung wird vom HRG durch die ausdrückliche Vorschrift festgelegt, daß die wissenschaftlichen Einrichtungen und Betriebseinheiten „unter der Verantwortung" des Fachbereiches (bzw. mehrere Fachbereiche bei gemeinsamen Einheiten) stehen müssen 16 . Diese Abhängigkeit umschließt Weisungsbefugnisse und Aufsichtsrechte, die verschieden ausgestaltet sein können, aber nicht fehlen dürfen. Mit dieser Entscheidung haben die Universitätsgesetze zentrale Reformvorstellungen über die Eingliederung der Institute, Seminare, Laboratorien in die neue organisatorische Grundeinheit des Fachbereichs verwirklicht. Die bisherige Unabhängigkeit der Institute von der Fakultät nach dem alten Universitätsmodell sollte beseitigt werden und die bloße Personalunion zwischen Institutsdirektor und Lehrstuhlinhaber in eine institutionelle Anbindung und Eingliederung der Institute in die neugeschaffenen Fachbereiche umgewandelt werden. Diesem Anliegen der Universitätsgesetze würde es widersprechen, die Kernfunktionen der Wissenschaft aus dem Fachbereich auszugliedern und auf verselbständigte Wissenschaftliche Betriebseinheiten zu verlagern, die dadurch aus ihrem unselbständigen Anstaltscharakter und ihrer begrenzten Dienst- und Zubringerfunktion für Sonderaufgaben gelöst und in weitere „organisatorische Grundeinheiten" der Hochschule nach Art von Departments verwandelt würden. Das Hochschulrahmengesetz und das Hessische Universitätsgesetz schieben einer solchen Aufgliederung und Aushöhlung der Fachbereiche einen Riegel vor: In der zentralen Vorschrift des § 611 3 HRG ist bestimmt, daß andere Organisationseinheiten Entscheidungsbefugnisse nur besitzen dürfen, soweit dies nach dem HRG zugelassen oder bestimmt ist. Entsprechend schreibt § 7 IV HUG vor, daß andere Gremien Entscheidungsbefugnisse nur durch das Hessische Universitätsgesetz oder auf Grund einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung übertragen erhalten können, was wiederum nur in den Grenzen des Hochschulrahmengesetzes zulässig ist. Aus diesem Gesamtbild der Hochschulgesetzgebung ergibt sich, daß besondere Fachbereiche gebildet werden müssen, wenn zur Pflege einer besonderen Wissenschaft in Forschung, Lehre, Prüfung und Selbstverwaltung eine organisatorische Grundeinheit geschaffen werden soll. Es erscheint nicht zulässig, unterhalb der Fachbereichsebene eine organisatorische Grundeinheit mit Entscheidungsbefugnissen einzuführen und gegenüber dem Fachbereich rechtlich zu verselbständigen.

16 § 66 I HRG; Bender, Forschungseinrichtungen (Anm. 13), S. 935; Dallinger, HRG (Anm. 11), § 66 RNr. 5.

3. Der Maßstab der Fachbereichseinteilung

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3. Der rechtliche Maßstab der Fachbereichseinteilung Der rechtliche Maßstab für die Bildung und Änderung von Fachbereichen liegt in der fachlichen Zusammengehörigkeit der betreffenden wissenschaftlichen Disziplinen. Dies ist in § 20 I 2 HUG sachlich gleichlautend mit den Hochschulgesetzen der anderen deutschen Bundesländer vorgeschrieben, während das Hochschulrahmengesetz des Bundes zu dieser Frage im Sinn seiner Grundtendenz einer weitgehenden „organisatorischen Offenheit" schweigt 17 . Entscheidender Gesichtspunkt ist die Funktionsfähigkeit der Hochschule und ihrer Teileinheiten in ihren Funktionen der Forschung, Lehre, Prüfung, Selbstverwaltung. Die Zusammensetzung der Fachbereiche wirft Fragen der Quantität und der Qualität auf. Die mammutartigen Großfakultäten alten Typs, die in ihrer Unübersichtlichkeit und Unbeweglichkeit den Anforderungen der heutigen Massenuniversität nicht mehr entsprachen, sollen durch Fachbereiche kleinerer Art abgelöst werden, weil nur sie handlungsfähig und überschaubar sind, ihre Verwaltungsaufgaben deshalb in angemessenem Aufwand von Zeit und Kraft bewältigen können und die Verantwortung der einzelnen Fachbereichsmitglieder tatsächlich entfalten und verwirklichen lassen. Das Hessische Hochschulrecht schreibt keine Ober- und Untergrenzen vor; in Rheinland-Pfalz sind 5 Professuren 18, in Niedersachsen 15 Professuren 19 als Mindestgröße vorgeschrieben. Zu kleine Fachbereiche scheinen nicht lebensfähig bzw. funktionsgefährdet durch ihre allzu starke Separierung und Introvertiertheit, zu große Fachbereiche durch Koordinationsschwierigkeiten, Integrationsschwächen und Verantwortungsverflüchtigung. Nach der Zahl der Professuren ist der Fachbereich „Religionswissenschaften" der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität rechtlich nicht zu beanstanden, doch ist die Verselbständigung der in der WBE „Evangelische Theologie" vorhandenen 8 Professuren zu einem Fachbereich ebenso rechtlich vertretbar. Das gleiche gilt von den Studentenzahlen, die sich mit der Realisierung der geplanten Studiengänge für Voll-Theologen und Religionslehrer erheblich erhöhen dürften. Kein entscheidendes Kriterium dürfte die Notwendigkeit bzw. Wünschbarkeit gemeinsamer Ein17 Daliinger, HRG (Anm. 11), § 63 HRG RNr. 1, § 64 RNr. 3; Reich, HRG (Anm. 12), § 64 RNr. l f . ; Werner Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 2. Α., Köln - Berlin u.a. 1986, S. 251 f.; ders., Organisationsstrukturen, Handbuch des Wissenschaftsrechts (Anm. 12), S.173f., 179f.; Leuze, in: Leuze / Bender, WissHG NW (Anm. 12), §25 RNr. 2; Otto Kimminich, Der Fachbereich in der Bewährung, Wissenschaftsrecht 1970, S. 50f., 52; Hartmut Maurer, Zur Rechtsstellung der Fachbereiche, Wissenschaftsrecht 1977, S. 193 f., 195, 205, 214; Avenarius, Hochschulen und Reformgesetzgebung (Anm. 12), S. 83. - Auch Rudi K. Bresser, Fachbereichsorganisation. Eine empirische Untersuchung über die Zusammenhänge zwischen Organisationsstruktur, Kontext und Erfolg (Frankf. wirtschaftswiss. Diss.), Frankfurt a. M. 1979. is § 79 I 2 RPf HochschG. 19 § 94 I 4 Nds HG.

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II. Die Kompetenz zur Bildung von Fachbereichen

richtungen verschiedener kleiner Fachbereiche (Seminar, Bibliothek, gemeinsames Dekanat usw.) darstellen, da insoweit auch gemeinsame Kommissionen und gemeinsame wissenschaftliche Einrichtungen und Betriebseinheiten gemäß §§ 65,66 HRG und 20 III, 25 a HUG die erforderliche Koordinierung und Effektuierung der Aufgaben und Mittel leisten und die Zentralgremien von unzweckmäßigen Koordinierungsaufgaben der kleinen Fachbereiche bewahren können 20 . Wichtiger ist das Problem der qualitativen Zusammensetzung der Fachbereiche aus verschiedenen Disziplinen. Werden heterogene Wissenschaften zusammengespannt, so erschwert dies nicht nur äußerlich die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachvertreter in der Verwaltung, sondern gefährdet auch die Eigenständigkeit und Freiheit der wissenschaftlichen Disziplinen. Die rechtliche Kompetenz setzt die fachliche Kompetenz der Fachvertreter voraus. Die übergroßen Fakultäten früherer Art stellten eine institutionelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit dar, da fachfremde Professoren in der Überzahl Entscheidungsfunktionen ausüben konnten, für die sie keine oder eine unzureichende fachliche Qualifikation und Kompetenz besaßen. Auf diesen Gesichtspunkt ist im Zuge der Hochschulreform und in der hochschulrechtlichen Literatur oft aufmerksam gemacht worden 21 . Insoweit ist die Bildung und Abgrenzung von Fachbereichen entscheidend durch das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 III G G bestimmt und begrenzt. Die Gestaltungsfreiheit der Universitätsorgane und des Kultusministeriums bei diesen Organisationsakten darf nur in verfassungskonformer Weise ausgeübt werden, worauf noch zurückzukommen ist. 4. Das Selbstverständnis der Wissenschaftszweige in Abwehr wissenschaftsfremder und fremdwissenschaftlicher Fremdbestimmung Deshalb ist das Selbstverständnis der betroffenen Wissenschaftszweige von den Zentralgremien der Universität wie vom Kultusministerium bei ihren Organisationsakten mit zu berücksichtigen. In der neueren hochschulrechtlichen Literatur wurde zurecht darauf hingewiesen, daß Art. 5 I I I GG die Wissenschaftsfreiheit in einer doppelten Abwehrrichtung sowohl gegen wissenschaftsfremde als auch gegen fremdwissenschaftliche Gefährdungen gewährleistet 22 . Die Wissenschaftsfreiheit der einzelnen Wissenschaftler 20 Dallinger, HRG (Anm. 11), § 64 RNr. 3. 21 Statt anderer Thieme, Hochschulrecht (Anm. 17), S. 94; Maurer, Rechtsstellung der Fachbereiche (Anm. 17), S. 214ff.; Thomas Bauer, Wissenschaftsfreiheit in Lehre und Studium, Berlin 1980, S. 108f., 114; auch Thieme, Organisationsstrukturen, Handbuch des Wissenschaftsrechts (Anm. 12), S. 181; besonders Gunther Schwerdtfeger, Voraussetzungen und Grenzen der Habilitationskompetenz, Wissenschaftsrecht 1979, S. 2ff., 8ff., 108ff., 113ff.; BVerwGE 45, 48.

4. Abwehr wissenschaftsfremder u. fremdwissenschaftl. Fremdbestimmung

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und die daraus folgenden Rechtspositionen der einzelnen Fachbereiche auf wissenschaftliche Autonomie richten sich als Abwehrrecht nicht nur gegen den Staat, sondern auch gegen Fremdeinwirkungen aus dem Bereich der Hochschule als staatlich verfaßter und zu verantwortender Organisation. Das gleiche gilt von den aus Art. 5 I I I GG folgenden Teilhaberechten 23 auf die Ausstattung mit personellen und sachlichen Mitteln sowie auf den staatlichen Schutz gegen Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit aus der Gesellschaft. Dies ist besonders im Prüfungsrecht diskutiert worden: Wenn die Zentralorgane der Universität nach vielen Landesgesetzen die Studienund Prüfungsordnungen zu beschließen haben, so dürfen sie nicht die zuständigen Fachbereiche durch eine wissenschaftsfremde, die Eigengesetzlichkeit der betreffenden Disziplinen verfremdende oder zerstörende Gestaltung der Prüfungsvoraussetzungen, Bewertungskriterien und Verfahrensnormen in ihren Rechtspositionen aus Art. 5 I I I GG verletzen 24 . Die Sicherung der Wissenschaftlichkeit und Wissenschaftsfreiheit vor Einwirkungen fachfremder Wissenschaftler und Gremien auch der Universität selbst bildet ein Parallelproblem zur Sicherung der wissenschaftlichen Sachgerechtigkeit und Freiheit in den Strukturen der Gruppenuniversität, die in der verfassungsgerichtlichen Judikatur und in der Literatur breit erörtert worden ist. Die Problematik weist freilich erhebliche Verschiedenheiten auf, weshalb die Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts über das Verhältnis der verschiedenen Gruppen der Hochschullehrer, wissenschaftlichen Mitarbeiter, Studenten und Bediensteten der Universität nicht auf das Verhältnis verschiedener Disziplinen untereinander übertragen werden können. Für die Ausgestaltung der Wissenschaftlichen Betriebseinheiten im Fachbereich „Religionswissenschaft" ist hierauf zurückzukommen 25 .

22 Maurer, Rechtsstellung der Fachbereiche (Anm. 17), S. 215. - Art. 5 I I I GG schützt auch aus diesem Grunde die Fachbereiche als organisatorische Grundeinheiten und Selbstverwaltungsorgane der Universität und vermittelt ihnen sogar Parteifähigkeit zur Verfassungsbeschwerde, vgl. BVerfGE 15, 256 (261 f.). Hierbei ist eine wissenschaftsgerechte Einrichtung und Abgrenzung der Fachbereiche vom BVerfG vorausgesetzt; die Organisationsgewalt der Universität wird dadurch entsprechend beschränkt. 23 Vgl. S. 27 ff. 24 Vgl. Schwerdtfeger, Habilitationskompetenz (Anm. 21), S . U l f . ; Bauer, Wissenschaftsfreiheit (Anm. 21), S. 104f., 108f.; Werner Weber, Neue Aspekte der Freiheit von Forschung und Lehre, in: Festschrift für Felgentraeger, Göttingen 1969, S. 256; Rupert Scholz, Art. 5 I I I GG in: Maunz / Dürig u.a. Grundgesetz, Kommentar, München (1977), RNr. 128; Hans Heinrich Rupp, Die Stellung der Studenten in der Universität, Veröffentlichung der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 27, Berlin 1969, S. 121 f.; Christian Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, München 1985, Art. 5 III, RNr. 258f. 2 * S. 54 ff.

I I I . Die Bedeutung der Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie für die Einrichtung der theologischen Forschung und Lehre an der Universität 1. Der Rechts Charakter der Garantie der Wissenschaftsfreiheit Der Rechtscharakter der Verfassungsgarantie der Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 I I I GG ist komplexer Natur: a) Art. 5 Abs. 3 umfaßt ein individuelles Freiheitsrecht, das dem einzelnen Wissenschaftler als Abwehrrecht gegen staatliche Fremdbestimmung eine absolute Freiheit von jeder Ingerenz der öffentlichen Gewalt in die Eigengesetzlichkeit wissenschaftlicher Forschung und Lehre, Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse gewährleistet. Diese Freiheitsgarantie schützt jede wissenschaftliche Tätigkeit, „d.h. ... alles was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist" 2 6 . b) Artikel 5 I I I GG enthält ein Element der „objektiven Wertordnung" des Grundgesetzes 27 und eine „wertentscheidende Grundsatznorm" 28 . Diese „Wertentscheidung" normiert eine Absage an staatliche Eingriffe in den Eigenbereich der Wissenschaft. Die Wissenschaft wird dadurch als ein eigengesetzlicher Lebensbereich bzw. Sachbereich anerkannt. Zugleich bedeutet dies die Pflicht zum „Einstehen des Staates ... als Kulturstaat ... für die Idee einer freien Wissenschaft" und zu seiner „Mitwirkung an ihrer Verwirklichung", die ihn verpflichtet, „schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitsgarantie vorzubeugen" 27 . Aus dieser objektiven Wertentscheidung leitet das Bundesverfassungsgericht, dem die ganz herrschende Meinung der Literatur hierin folgt, tragende Organisationsgrundsätze ab: c) Die Verpflichtung des Staates zur Pflege und Förderung einer freien Wissenschaft „... bedeutet, daß er funktionsfähige Institutionen für einen freien Wissenschaftsbetrieb zur Verfügung zu stellen hat..., weil ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel ... heute ... keine unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrie26 27 28

BVerfGE 35, 112ff.; 43, 267; 47, 367. BVerfGE 35, 114f. BVerfGE 43, 267.

1. Der Rechtscharakter der Garantie der Wissenschaftsfreiheit

27

ben werden kann" 2 9 . Die Verpflichtung zum Grundrechtsschutz durch geeignete Organisationsnormen ist in verschiedenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere zur Problematik der Gruppenuniversität, näher entfaltet und abgegrenzt worden. d) Dem einzelnen Wissenschaftler wird ein Teilhaberecht an den staatlichen Wissenschaftseinrichtungen und ihrer Selbstverwaltung aus der objektiven Wertentscheidung für die Freiheit der Wissenschaft abgeleitet 30 . e) Als „Ausstrahlungswirkung" des Art. 5 I I I GG ergibt sich eine institutionenrechtliche Garantie der akademischen Selbstverwaltung wissenschaftlicher Hochschulen in den Wissenschaftsfunktionen und wissenschaftsrelevanten Verwaltungsangelegenheiten. Zwar schreibt die Garantie der Wissenschaftsfreiheit nach der feststehenden Judikatur des Bundesverfassungsgerichts weder das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität, noch überhaupt eine bestimmte Organisationsform des Wissenschaftsbetriebes an den Hochschulen vor, sondern gibt dem Gesetzgeber eine weite organisatorische Gestaltungsfreiheit. Sie ist in den „wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten", die die Forschung und Lehre unmittelbar berühren, jedoch entscheidend begrenzt durch die wertentscheidende Grundsatznorm des Artikel 5 III GG: „ I n positiver Hinsicht ist den Trägern des Individualrechts aus Art. 5 I I I GG durch geeignete freiheitliche Strukturen der Universität soviel Freiheit in ihrer wissenschaftlichen Betätigung zu gewähren, wie dies unter Berücksichtigung der Aufgaben der Universität und der Belange der verschiedenen in der Universität tätigen Grundrechtsträger möglich ist" 3 1 . „Der Gesetzgeber muß jedoch alle erforderlichen und geeigneten organisatorischen Vorkehrungen treffen, um die Gefahr solcher fehlsamen Entscheidungen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auszuschließen" 32 . Die Hochschulorganisation muß wegen dieser „Ausstrahlungswirkung" des Art. 5 I I I GG den Hochschullehrern deshalb in der Lehre den „maßgebenden", in den Angelegenheiten der Forschung und der Berufung den „ausschlaggebenden" Einfluß einräumen 33 .

29 BVerfGE 35, 115; 66, 177; 67, 207; Hans-Joachim Faller, Schutz der Wissenschaftsfreiheit in der Gruppenuniversität. Eine Bestandsaufnahme zehnjähriger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Festschrift für Erwin Stein, Bad Homburg 1983, S. 25f. 30 BVerfGE 35, 115, 128; 43, 267; 47, 367; 56, 211; Faller, Wissenschaftsfreiheit (Anm. 29), S. 31 ff.; Starck, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 241; Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 177; Erhard Denninger, Kommentar zum Grundgesetz, Reihe Alternativkommentare, Art. 5 I I I RNr. 48; Bauer, Wissenschaftsfreiheit (Anm. 21), S. 106f.; Hans Zacher, Hochschulrecht und Verfassung, Göttingen 1973, S. 22f.; Christian Flämig, Forschungsauftrag der Hochschule, Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2 (Anm. 13), S. 879f., 891f. 31 BVerfGE 35, 116ff., 123. 32 Ebenda, S. 124. 33 Ebenda, S. 127 f.

28

III. Die Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie Das Bundesverfassungsgericht h a t dabei den Rechtscharakter der W i s -

senschaftsgarantie als Individualgrundrecht tie r i c h t u n g w e i s e n d verbunden senschaftlers

wird

im

u n d als institutionelle

Garan-

u n d präzisiert. Das I n d i v i d u a l r e c h t des W i s -

umhegenden

und

schützenden

institutionellen

Z u s a m m e n h a n g der Hochschulorganisation entfaltet, die

institutionelle

G a r a n t i e aber v o r der Gefahr der Entpersonalisierung u n d des ü b e r i n d i v i duellen Z u g r i f f s auf den Wissenschaftsprozeß b e w a h r t u n d die dynamische F o r t e n t w i c k l u n g der ü b e r k o m m e n e n U n i v e r s i t ä t s s t r u k t u r e n i m Zeichen der Wissenschaftsfreiheit f ü r die Z u k u n f t offengehalten 3 4 .

2. Der Wissenschaftsbegriff im Sinn der Pluralität Neutralität D e r Wissenschaftsbegriff,

des

Grundgesetzes

der Wissenschaften

und

des Staates

der dieser k o m p l e x e n Verfassungsgarantie des

A r t . 5 I I I G G i n i h r e n verschiedenen V a r i a n t e n als Rechtsbegriff z u g r u n d e liegt, ist b e s t i m m t v o n der Pluralität der f r e i h e i t l i c h e n Offenheit

der Wissenschaften u n d geprägt v o n

u n d Neutralität

des staatlichen Wissenschafts-

34 Aus der kaum übersehbaren Literatur vgl. mit Nachw. Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 4ff., 81ff., llOff., 116ff., 123ff., 131ff.; Starck, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 229f., 239f.; Denninger, Grundgesetz (Anm. 30), RNr. 27ff., 47ff., 58ff.; Thieme, Hochschulrecht (Anm. 17), S. 65ff., 89ff., 112ff.; ders., Grundprobleme des Hochschulrechts, Darmstadt 1978, S. 27ff.; Kay Hailbronner, Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, Hamburg 1979, S. 139f.; Otto Kimminich, Hochschule im Grundrechtssystem, in: Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1 (Anm. 12), S. 57ff.; ders., Grundgesetz und Gruppenuniversität, Wissenschaftsrecht 1973, S. 193f.; Paul Kirchhof, Wissenschaft in verfaßter Freiheit, Heidelberg 1986, S. 2f.; Franz-Ludwig Knemeyer, Lehrfreiheit, Bad Homburg - Berlin - Zürich 1969, S. 10ff.; ders., Freiheit von Forschung und Lehre - Hochschulautonomie, Bayer. Verwaltungsblätter 1982, S. 513ff., 515; Arnold Köttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, Göttingen 1959, S. 18ff., 27ff., 45ff.; Dieter Lorenz, Wissenschaft zwischen Hochschulautonomie und Staatsintervention, JZ 1981, 113ff.; ders., Die Rechtsstellung der Universität gegenüber staatlicher Bestimmung, Wissenschaftsrecht 1978, S. 3ff.; Hans v. Mangoldt, Universität und Staat, Tübingen 1979, S. 9ff.; Walter Mallmann / Hans-Joachim Strauch, Die Verfassungsgarantie der freien Wissenschaft als Schranke der Gestaltungsfreiheit des Hochschulgesetzgebers, Bad Godesberg 1970, S. 1 ff.; Thomas Oppermann, Praktische Konsequenzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wissenschaftsfreiheit, JZ 1973, S. 433ff.; ders., Deutsche Universität und Wissenschaft im ausgehenden 20. Jahrhundert, DVB1. 1983, S. 857f.; Gerd Roellecke, Wissenschaftsfreiheit als institutionelle Garantie? JZ 69, 726ff.; Hans-Heinrich Rupp, Hochschulorganisation und wissenschaftliche Lehrfreiheit, NJW 1972, 16ff.; ders., Gruppenuniversität und Hochschulselbstverwaltung, Wissenschaftsrecht 1974, S. 89f.; ders., Rechtsprobleme der neuen Lehrkörperstruktur an wissenschaftlichen Hochschulen, Festschrift für Hubert Armbruster, Berlin 1976, S. 287ff.; Bernhard Schlink, Die Wissenschaftsfreiheit des Bundesverfassungsgerichts, DÖV 1973, 541 ff.; Walter Schmitt Glaeser, Die Freiheit der Forschung, Wissenschaftsrecht 1974, 107f.; Werner Weber, Neue Aspekte der Freiheit von Forschung und Lehre (Anm. 24), S. 225f., 229f.; Hans Friedrich Zacher, Hochschulrecht und Verfassung, Göttingen 1973, S. 22f., 83f., 98f.; Henning Zwirner, Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, AÖR 1973, S. 313ff.; sowie die Kommentare von Erhard Denninger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, München 1984, Vor § 3, RNr. 39ff.; Dallinger, HRG (Anm. 11), § 3 RNr. 3ff.; Reich, HRG (Anm. 12), § 3 RNr. I f f .

2. Der Wissenschaftsbegriff des Grundgesetzes

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systems. Die Rechtslehre und die verfassungsgerichtliche Judikatur sind sich einig darin, „daß Art. 5 Abs. 3 GG nicht eine bestimmte Auffassung von der Wissenschaft oder eine bestimmte Wissenschaftstheorie schützen will. Seine Freiheitsgarantie erstreckt sich vielmehr auf die wissenschaftliche Tätigkeit, d. h. auf alles was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Dies folgt unmittelbar aus der prinzipiellen Unabgeschlossenheit jeglicher wissenschaftlichen Erkenntnis." „Diese in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Wertentscheidung beruht auf der Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des Einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zukommt" 3 5 . Von diesem offenen, pluralistischen Wissenschaftsbegriff aus entwickelt das* Bundesverfassungsgericht die aufgezeigte Verpflichtung des Gesetzgebers, „ i m Bereich des mit öffentlichen Mitteln eingerichteten und unterhaltenen Wissenschaftsbetriebes durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, daß das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung soweit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist" 3 6 . „Insoweit wird das Individualrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG durch den Eintritt in die Korporation der Hochschule nicht verändert. Darüber hinaus verstärkt die Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG die Geltungskraft des Freiheitsrechts in Richtung auf Teilhabeberechtigungen ... Dem einzelnen Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG erwächst aus der Wertentscheidung ein Recht auf solche staatlichen Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraumes unerläßlich sind" 3 7 . Charakteristisch für den Begriff der Wissenschaft und Wissenschaftsfreiheit als spezifischen Rechtsbegriii ist somit, daß er verschiedene Wissenschaftsverständnisse der Wissenschaftstheorie umschließt 38 und ihnen plu35 BVerfGE 35, 113; 47, 367f.; aus der Literatur statt anderer Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 91 f., 95f.; Starck, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I GG RNr. 221 f.; Denninger, HRG (Anm. 34), Vor §3 RNr. 30; ders., Grundgesetz (Anm. 30), Art. 5 I I I RNr. 14ff.; Thieme, Hochschulrecht (Anm. 17), S. 68f.; Knemeyer, Lehrfreiheit (Anm. 34), S. 24f.; Schmitt Glaeser, Die Freiheit der Forschung, Wissenschaftsrecht 1974, S. 107f., 113f.; Bauer, Wissenschaftsfreiheit (Anm. 21), S. 21f., 38f. 36 BVerfGE 35, 115; 66, 177f. 37 BVerfGE 35, 115f. 38 Es kommt deshalb für den spezifisch normativen Wissenschaftsbegriff des Verfassungsrechts nicht auf die verschiedenen Wissenschaftsdefinitionen der verschiedenen Wissenschaftstheorien (von Popper bis Pannenberg) an. Die Verfassung hat sich keiner von diesen exklusiv verschrieben, sondern garantiert allen ihre Entfaltung im pluralistischen Nebeneinander, gerade auch insoweit sie sich nicht decken, ja widersprechen. Der spezifisch-juristische Wissenschaftsbegriff des Verfassungs- und Hochschulrechts unterliegt zwar nicht einem (juristischen) Definitionsverbot, wie ein Teil der Lehre meint. Doch unterscheidet er sich von dem wissenschaftstheoretischen Wissenschaftsbegriff der verschiedenen philosophischen, theologischen, soziologischen Positionen und Methoden: Er unterliegt also einem Definitions-Bezugnahme-

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III. Die Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie

ralistisch die Entfaltungsfreiheit im freien wissenschaftlichen Erkenntnisund Kommunikationsprozeß ermöglicht - jedoch auf eine staatliche autoritative Bestimmung der Erkenntnisziele und Methoden im Sinn eines staatlich proklamierten weltanschaulichen Wissenschafts- und Wahrheitsbegriffs verzichtet, sich deshalb auch ein Wissenschaftsrichtertum so wenig zumißt wie ein Kunstrichtertum einer staatlich proklamierten Kunstdefinition. Der Staat schützt und fördert die Vielfalt und Freiheit der Wissenschaften. Sein Wissenschaftsbegriff ist neutral und offen gegenüber den Besonderheiten und auch Wertvorstellungen der einzelnen Disziplinen und Wissenschaftler, indem er deren wissenschaftliche Überzeugungen und Bemühungen gerade nicht nach einem bestimmten Wissenschaftskonzept (etwa einer ideologisch-laizistischen „Voraussetzungslosigkeit") neutralisieren und nivellieren darf. Die Wissenschaftsfreiheit schützt so auch wertgebundene Wissenschaften wie die Jurisprudenz und Theologie nach ihren jeweiligen Wertansätzen und -maßstäben. Im Unterschied zu außerwissenschaftlichen Phänomenen (Astrologie, Okkultismus, ideologische Indoktrination u.a.m.) ist die Wissenschaft gekennzeichnet durch Planmäßigkeit, Bemühen um Rationalität, methodische Reflexion, Offenheit für K r i t i k und Selbstkritik, das Streben nach Überprüfung und Vervollkommnung des Erkenntnisstandes, die wissenschaftliche Diskussionsbereitschaft, prinzipielle Teilnahme an der wissenschaftlichen Kommunikation und Auseinandersetzung mit anderen Wissenschaftsrichtungen und -ergebnissen, Unabhängigkeit, Eigenverantwortung und Selbständigkeit sachbezogener Wahrheitssuche. Art. 5 I I I GG gewährleistet die Eigengesetzlichkeit, Freiheit von Fremdbestimmung, Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Wissenschaftsrichtungen. 3. Schutz der Theologie als eigene Wissenschaftsdisziplin Auch die Theologie ist durch Art. 5 I I I GG als eigene Wissenschaftsdisziplin von großer Tradition und breiter Anerkennung im Gesamtspektrum der Wissenschaften geschützt, zumal wenn man sie mit anderen, jungen Disziplinen der Sozial- und Geisteswissenschaften vergleicht, die noch um ihre wissenschaftlichen Konturen und Methoden ringen. Im Rahmen des spezifisch verfassungsrechtlichen, offenen und pluralistischen Wissenschaftsbegriffs der Grundrechtsgarantie ist auf die besonderen Wissenschaftsdefinitionen der Wissenschaftstheorie, wie sie vom Selbstverständnis der Theologie entwickelt werden (bzw. von anderen Wissenschaftsrichtungen einer wissenschaftstheoretischen K r i t i k unterzogen werden), hier nicht einzugeVerbot auf außerjuris tische Wissenschaftsdefinitionen, die die Weite des Verfassungsbegriffs „Wissenschaft" im speziellen und partikularen Sinne verengen und seine umfassende Schutzfunktion zerstören.

3. Schutz der Theologie als eigene Wissenschaftsdisziplin

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hen. Die Wissenschaften im weltlichen Verfassungsstaat der Gegenwart und seiner freiheitlichen Universität sind ebensowenig die Magd der Theologie wie einer antireligiösen Ideologie. So hat der weltliche Verfassungsstaat eben nicht eine autoritative, agnostizistische Wissenschaftsdefinition zur Grundlage seiner umfassenden freiheitlich-pluralistischen Wissenschaftsförderung erhoben. Als weltlicher Staat gibt er auch der Theologie weltliche Entfaltungsmöglichkeiten, ohne sie dabei zu verweltlichen und ihre theologische Eigengesetzlichkeit zu ignorieren oder zu verfremden. Der Wissenschaftscharakter auch der Theologie im Sinne des Verfassungsrechts wird von der verfassungsrechtlichen Literatur so gut wie einhellig bejaht. Art. 5 I I I GG schützt auch die engagierte Wissenschaft ebenso wie die engagierte Kunst 3 9 . Als eigene Wissenschaft wurde die Theologie von den Verfassungen als Lebenssachverhalt vorgefunden und rechtlich auch für die Zukunft anerkannt und garantiert. Dies ist aus den Garantiebestimmungen der theologischen Fakultäten in Art. 149 I I I WRV und in den Landesverfassungen zu entnehmen 40 . Das Grundgesetz hat eine ausdrückliche Garantie der theologischen Fakultäten zwar nicht ausdrücklich aufgeführt, aber in Art. 123 I I durch die Bestätigung der Kirchenverträge sich dem Ländersystem angeschlossen; der Verzicht auf eine eigene Verfassungsgarantie der theologischen Fakultäten im Grundgesetz beruht auf föderalistischer Zurückhaltung, nicht auf einer Sachaussage gegen den Schutz der Theologie. In den Konkordaten und Kirchenverträgen sind die theologischen Fakultäten durch eine vielfältige vertragliche Sondergarantie gesichert worden, die die einseitige verfassungsrechtliche Verbürgung durch eine koordinationsrechtliche Regelung zwischen Staat und Kirche verstärkt 41 . Über die staat39 Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 96ff., 181ff.; Starck, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 223; Thieme, Hochschulrecht (Anm. 17), S. 69,167 ff. - Axel v. Campenhausen, Theologische Fakultäten, Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2 (Anm. 13), S. 1022ff.; Martin Heckel, Die theologischen Fakultäten im weltlichen Verfassungsstaat, Tübingen 1986, S. 19ff.; ders., Zum Status der Ev.-theol. Fakultäten in der Bundesrepublik, ZevKR 31, 1986, S. 27ff.; Alexander Hollerbach, Die theologischen Fakultäten und ihr Lehrpersonal im Beziehungsgefüge von Staat und Kirche, in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Bd. 16, hrsg. v. Heiner Marré / Johannes Stüting, Münster 1982, S. 74; Dieter Lorenz, Wissenschaftsfreiheit zwischen Kirche und Staat, Konstanz 1976, S. 26f.; Jörg Müller-Volbehr, Staat und Kirche - Universität und Theologie, ZevKR 24, 1979, S. 2ff.; Thomas Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, Tübingen 1969, S. 9Iff., 332ff.; Klaus Schiaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, Tübingen 1972, S.198; Ernst-Lüder Solte, Theologie an der Universität, München 1971, S. 30ff., 40ff.; Werner Weber, Staat und Kirche in der Gegenwart, Rechtswissenschaftliche Beiträge aus vier Jahrzehnten, Tübingen 1978, S. 93ff., 325ff., 373ff. - Einschränkend Arnold Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, in: Grundrechte, hrsg. v. Neumann / Nipperdey / Scheuner, Bd. 2, Berlin 1954, S. 307f. - Zur theologischen Wissenschaftstheorie vgl. statt anderer insbes. Gerhard Ebeling, Die theologische Verantwortung und ihre institutionelle Wahrnehmung, ZevKR, 31. Bd., 1986, S. Iff., 6f., 9ff., 23f. 40 Art. 150 I I BayVerf; 85 Bad-Württ Verf; 60 I I Hess Verf; 39 I 3 Rhld-Pfälz Verf; 23 I Nordrh-Westf Verf und 35 I I Saarl Verf.

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III. Die Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie

liehe Anerkennung des Wissenschaftscharakters der Theologie kann kein verfassungsrechtlicher Zweifel bestehen. Die Beseitigung der wissenschaftlichen Theologie von der deutschen Universität würde einen Verstoß nicht nur gegen die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 I I I GG, sondern auch gegen den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 I I I GG bedeuten, da hierdurch eine anerkannte Wissenschaftsrichtung wegen ihres besonderen geistig-geistlichen Gehaltes diskriminiert würde 4 2 . Die Eigengesetzlichkeit der Theologie und ihre Besonderheit gegenüber anderen Wissenschaften ist in dem kerygmatischen Selbstverständnis der theologischen Wissenschaften begründet, wie sie durch ihren Gegenstand und ihre Methode bestimmt ist: Die Theologie dient der Erforschung und Vermittlung der göttlichen Offenbarung in der Welt und für die Welt, ihrem Verständnis und ihren Folgen in Geschichte und Gegenwart der Kirche und des geistigen und sozialen Lebens, - mit ihren Implikationen der Pneumatologie und Ekklesiologie, mit ihren Konkretionen in der Lehre, Lehrgewalt und Bekenntnisbildung der Kirche, sowie mit ihren Konsequenzen für das Verständnis des Bekenntnisses bzw. Dogmas, wie dies seit anderthalb Jahrtausenden das große Thema der Kirchengeschichte bildet. Die Theologie der christlichen Konfessionen versteht sich als die wissenschaftliche Versenkung in die Trinitätslehre, Christologie und Soteriologie, die sie in textkritischer Erforschung der biblischen Zeugnisse, ihrer historischen Wirkungen sowie ihrer existentiellen Weisungen für den Menschen heute zu entfalten sucht. Die Besonderheiten der Theologie als Wissenschaft wurzeln in dem untrennbaren Zusammenhang von Offenbarung und menschlichem Zeugnis, Erkenntnis und Bekenntnis, Glaube und Leben; Gottes Wort wird im wissenschaftlich zu verantwortenden Glaubenszeugnis von Gottes Schöpfung und Erlösung, Gesetz und Evangelium, Glaube und Werken entfaltet. In der inneren Nötigung zum reflektierten, kritischen Glaubenszeugnis von der göttlichen Offenbarung ist die „Theologiebedürftigkeit und Theologiefähigkeit des christlichen Glaubens" begründet 43 . Die Theologie als Wissenschaft steht auch unter dem Schutz der Glaubensfreiheit gemäß Art. 4 I und I I GG. Die Religionsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit bestehen hier gleichrangig nebeneinander bzw. sind ineinander verschränkt und qualifizieren einander. Die Theologie bedarf der rechtlichen Sicherung sowohl ihrer religiösen als auch ihrer wissenschaftlichen Integrität 4 4 . Diese doppelte Aufgabe der religiösen und der wissenschaft41

Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 3, 20. Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 23; ders., Die religionsrechtliche Parität (Art. 3 I I I GG), in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. v. Ernst Friesenhahn / Ulrich Scheuner, Bd. 1, Berlin 1974, S. 521f. 43 Ebeling, Die theologische Verantwortung (Anm. 39), S. 10. 44 Statt anderer Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 181: „Idealkonkurrenz zwischen religiöser und wissenschaftlicher Freiheitsgarantie"; Heckel, Die theo42

4. Abgrenzung von der allgemeinen Religionswissenschaft

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liehen Freiheitssicherung hat der Gesetzgeber durch eine wissenschaftsgerechte und das Bekenntnis der theologischen Wissenschaftler respektierende Organisation der theologischen Forschungs-, Lehr-, Prüfungs- und Selbstverwaltungsfunktionen zu realisieren. Auch insoweit gilt die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, daß der Hochschullehrer aus Art. 5 I I I ein Recht auf wissenschaftsgerechte Organisationsgestaltung der Hochschule, die ihn vor Fremdbestimmung zu schützen hat, geltend machen kann. 4. Ihre Abgrenzung von der allgemeinen Religionswissenschaft Die Abgrenzung der Theologie von der allgemeinen Religionswissenschaft ergibt sich aus diesem Selbstverständnis und dieser Eigengesetzlichkeit der theologischen Wissenschaften. Der Staat darf ihnen in Forschung, Lehre, Prüfung und Berufungswesen nicht einen antitheologischen Wissenschaftsbegriff auferlegen, der die Theologie nicht mehr als Wissenschaft vom Worte Gottes, sondern als „reine" säkular-immanente Humanwissenschaft gelten ließe, die nicht Gottes Offenbarung und sein Schöpfungs- und Erlösungshandeln zu erforschen und zu lehren habe, sondern dies als menschliche Selbstprojektion (bzw. Selbsttäuschung) und Selbstverwirklichung i m Geistes- und Sozialleben der Vergangenheit und Gegenwart darzustellen (bzw. zu entlarven) habe, wie dies in weiten Bereichen der Religionswissenschaften auf den Spuren von Ludwig Feuerbach, Karl Marx und Max Weber geschieht. Die Hochschulgesetzgebung und Hochschulverwaltung haben hier die Selbständigkeit und Verschiedenheit der wissenschaftlichen Disziplinen zu respektieren. Was beispielsweise in der Religionssoziologie - gerade in der Beschränkung auf die soziologischen Aspekte - als wissenschaftliche Leistung Anerkennung verdient, mag als theologische Prüfungsarbeit abzulehnen sein, wenn sie in den exegetischen und theologisch-systematischen Beziehungen entscheidende Lücken und Fehldeutungen enthält. Entsprechendes gilt ja auch bei anderen Fakultäten wie der Jurisprudenz, in der soziologische, wirtschaftswissenschaftliche oder psychologische Arbeiten nicht als Prüfungsleistung angenommen werden können, wenn sie den spezifisch juristisch-normativen Kriterien einer rechtswissenschaftlichen Arbeit im Verfassungsrecht, Wirtschaftsrecht oder in der strafrechtlichen Kriminologie nicht genügen. Besonders im Berufungs- und Prüfungswesen werden diese Fragen aktuell 4 5 . logischen Fakultäten (Anm. 39), S. 22 u. insbes. S. 93 f. - Ferner Joseph Listi, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Rechtsprechung der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1971, S. 23ff., 139ff. 45 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 237ff. u. 272ff. zum Prüfungswesen, S. 201 ff., 212 ff. zum Problem der Berufung konfessionsfremder oder konfessionsloser theologischer Lehrer i n eine theologische Fakultät. 3 Heckel

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III. Die Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie

Für die Frankfurter Universität ist diese Frage von erheblicher Bedeutung: Ihr Fachbereich „Religionswissenschaften" trägt im Grunde eine unzutreffende und mißverständliche Bezeichnung, da er im strengen und präzisen Sinne einen theologischen Doppelfachbereich für evangelische und katholische Theologie und Religionspädagogik darstellt, jedoch keineswegs die Breite der religionswissenschaftlichen Disziplinen umfaßt. Sowohl die planmäßigen Professorenstellen als auch die Honorarprofessuren und die Lehraufträge sind ausschließlich den traditionellen theologischen Kernund Ergänzungsfächern gewidmet, wie sie anderwärts die klassischen theologischen Fakultäten aufweisen. Das geht bereits aus dem Vorlesungsverzeichnis 2 eindeutig hervor. Entsprechendes gilt für das Lehrangebot und für das Prüfungswesen, das im Fachbereich Religionswissenschaften auf die Vermittlung der christlichen Theologie in den historischen, exegetischen, systematisch-theologischen und praktisch-theologischen Kerndisziplinen konzentriert ist und nur in Ergänzungsveranstaltungen allgemeine religionsphilosophische und sonstige religionswissenschaftliche Gegenstände und Aspekte in den theologischen Unterricht einbezieht - so wie dies auch in den klassischen Theologenfakultäten im Zusammenhang und unter den wissenschaftlichen Maßstäben der christlichen Theologie gehandhabt wird. Hingegen fehlen Professuren und Studiengänge für die großen außerchristlichen Weltreligionen sowie für Religionssoziologie, Religionspsychologie, Religionsphilosophie als wissenschaftlich verselbständigte Fächer. Die Bezeichnung „Religionswissenschaft" sollte verändert werden, damit dies nicht den Studierenden und den universitären und außeruniversitären Instanzen den Eindruck des Verzichtes auf das theologische Profil und auf die theologischen Wissenschaftskriterien der beiden „Betriebseinheiten" Evangelische Theologie und Katholische Theologie suggeriert. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und eventueller Verwaltungsgerichtsprozesse kann dies von entscheidender Bedeutung sein. Die genaue Durchsicht der vom Fachbereichsrat beschlossenen und von den zentralen Gremien der Universität gebilligten Studienordnungen und Prüfungsordnungen 5 läßt an dem vollen theologischen Charakter des Fachbereiches wie seiner Funktionen keinen Zweifel aufkommen, weshalb sich detaillierte Belege hierfür erübrigen. Nach der Bezeichnung der Ordnungen und der verliehenen Grade, nach dem Prüfungsziel (der theologischen Berufsausbildung), nach den Prüfungsvoraussetzungen (des vollen, unverkürzten Theologiestudiums), nach den Prüfungsfächern (des Alten und Neuen Testaments, der Kirchen- und Dogmengeschichte, der Systematischen und Praktischen Theologie, der Missions- und Religionswissenschaft), nach den Prüfungsleistungen und theologischen Bewertungsmaßstäben, nach der Zusammensetzung der Prüfungskollegien (nur evang. oder katholische Theologen), aus der Verzahnung der kirchlichen und der akademischen Prüfungen (mit gegenseitiger Anrechnung der Leistungen) ergibt sich ein Gesamtzuschnitt

5. Verschiedenheiten evangelischer und katholischer Theologie

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des Prüfungswesens, wie er bei den theologischen Fakultäten in Geltung steht 46 . Dies sollte in der Fachbereichsbezeichnung auch zum Ausdruck kommen. 5. Die Verschiedenheiten zwischen der evangelischen und katholischen Theologie Die Verschiedenheit der evangelischen Theologie und der katholischen Theologie ist durch Art. 5 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 4 I GG ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt und in der organisatorischen Ausgestaltung der Universität zu respektieren. Die Unterschiede und mancherlei Gegensätze zwischen der katholischen und evangelischen Theologie sind bekanntlich ein schweres Erbe der K i r chenspaltung des 16. Jahrhunderts, die ihrerseits aus tiefen Differenzen der theologischen Wissenschaft erwachsen ist und sich unter deren Führung bei beiden Konfessionen zu getrennten Bekenntnisdokumenten und Kirchenkörpern fortentwickelt hat. Durch die ökumenische Bewegung unseres Jahrhunderts hat sich eine begrüßenswerte Annäherung der Konfessionen und ihrer Theologie vollzogen. Aber die ersehnte ökumenische Vereinigung ist in zahlreichen Kern- und Grundfragen gegenwärtig noch ein fernes Zukunftsziel. Einstweilen ist das Verständnis des kirchlichen Amtes, besonders des Petrusamtes und seiner Sukzessoren auf dem päpstlichen Stuhl, aber auch der päpstlichen Unfehlbarkeit und Jurisdiktionsgewalt, des hierarchischen Verfassungsaufbaus der Kirche und des (allgemeinen?) Priestertums, der Sakramente und der Mariologie unvereinbar kontrovers geblieben. Das evangelische Verständnis von Lehre und Lehrautorität, Bekenntnisbindung und Bekenntnisgeltung weicht von dem der katholischen Theologie tief ab. Auch sind die Differenzen in der Rechtfertigungslehre und im Verhältnis von Schrift und Tradition noch keineswegs überbrückt 47 . Der römisch-katholische Ökumenismus-Begriff weicht noch beträchtlich vom Selbstverständnis der „außerkatholischen" Ökumene ab, wie er sich unter den Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates in Genf herausgebildet hat. Infolge der Verschiedenheit des Lehr-, Amts- und Kirchenverständnisses sind auch die entscheidenden Wissenschaftskriterien zwischen den Konfessionen nicht unerheblich divergent. Der dezidiert katholische Charakter der katholischen-theologischen Wissenschaft ist maßgeblich durch die Apostolische Konstitution Sapientia 46 Zum theologischen Prüfungswesen grundsätzlich und im einzelnen Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 241 f. 47 Vgl. m. Lit. Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 132 ff., 146f. (Anm. 296), 275ff., 290ff.; ders., Zum Status der Ev.-theol. Fakultäten i n der Bundesrepublik, ZevKR 31, 1986, S. 34ff.

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III. Die Wissenschaftsfreiheits- und Religionsfreiheitsgarantie

Christiana vom 15. April 1979 festgelegt 48 . Dies ist auch für die katholischtheologische Forschung und Lehre an der Universität in den Studien- und Prüfungsordnungen maßgeblich, da die Konkordate auch für die staatlichen Theologenfakultäten normativ auf die kanonischen Studien- und Prüfungsordnungen Bezug nehmen und diese auch innerstaatlich verbindlich machen, nachdem der vertragliche Konkordatsinhalt in innerstaatliches Gesetz transformiert worden ist 4 9 . Die Aufgabe der katholisch-theologischen Fakultäten besteht nach „Sapientia Christiana" in der Erforschung und Entfaltung der christlichen Offenbarung durch die Theologie als „Glaubenswissenschaft", in ihrer Studentenausbildung „nach Maßgabe katholischer Lehre", in ihrem Beitrag zur „Glaubensverkündigung" der Weltkirche „ i n enger Gemeinschaft mit dem Leitungsamt der Kirche" 5 0 . Deshalb bedürfen die theologischen Lehreinrichtungen auch an der Staatsuniversität der Approbation durch den Heiligen Stuhl, der ihnen das Recht zur Verleihung kirchlicher akademischer Grade verleiht 51 . Alle Dozenten der katholischen Theologie sind danach verpflichtet, den Unterricht in den Glaube und Sitte betreffenden Fächern „ i n voller Gemeinschaft mit dem authentischen Lehramt der Kirche und vor allem des Papstes durchzuführen"; die theologische Lehre setzt die Ablegung der Professio fidei und die kirchliche Sendung zur amtlichen Lehrverkündung voraus 52 . Auch die Prüfungsmaßstäbe sind streng im Sinne des katholischen Bekenntnisses und der spezifischen Methode katholisch-theologischer Arbeit in der Verbindlichkeit von Schrift, Tradition und Lehramt festgelegt 53 . - Daß die evangelisch-theologische Forschung und Lehre von ihrem Wissenschafts- und Bekenntnisverständnis her in den exegetischen, theologisch-systematischen, dogmen- und kirchenhistorischen sowie praktisch-theologischen Disziplinen weithin nach anderen wissenschaftlichen Kriterien urteilt und arbeitet, liegt auf der Hand und ist 48 Acta Apostolicae Sedis (AAS) 71, 1979, S. 469ff., auch in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Heft 9, hrsg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2. Α., Bonn 1983, S. 4ff. 49 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 222ff., 291. 50 Sap. Chr. Artt. 2, 3 §§ 2, 3; Heribert Schmitz, Kirchliche Hochschulen nach der Apostolischen Konstitution Sapientia Christiana von 1979, Archiv f. kath. KirchenR 150, 1981, S. 45ff., 50, 58ff.; Walter Kasper, Wissenschaftliche Freiheit und lehramtliche Bindung der katholischen Theologie, in: Essener Gespräche (Anm. 39), 16, Münster 1982, S. 12ff., 26ff. 51 Sap. Chr. Artt. 2, 5, 6, 9; Schmitz, Kirchliche Hochschulen (Anm. 50), S. 60ff. 52 Sap. Chr. Artt. 26 §§ 1, 2; 27 § 1; Schmitz, Kirchliche Hochschulen (Anm. 50), S. 480ff., 483, 487. 53 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 292; Schmitz, Kirchliche Hochschulen (Anm. 50), S. 58ff., 480ff., 483, 487, 500; ders., Die Entwicklung des kirchlichen Hochschulrechts von 1917 - 1980, Archiv f. kath. KirchenR 151, 1982 S. 424ff.; ders., Katholisch-theologische Fakultäten im Spannungsfeld kirchlichen und staatlichen Hochschulrechts, Archiv f. kath. KirchenR 154, 1985 S. 433ff.; ders., Kirchliches Recht für staatliche Katholisch-Theologische Fakultäten, Akkommodation kirchlichen Hochschulrechts an deutsche Verhältnisse, Theologische Quartalschrift 1987, S. 25 ff.

5. Verschiedenheiten evangelischer und katholischer Theologie

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hier nicht näher auszuführen. Bekenntnis, Bekenntnisrelevanz, Bekenntniswahrung, evangelische Lehrfreiheit und Lehrordnung unterscheiden sich wesentlich von ihrem katholischen Gegenbild 54 .

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Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 127ff., 132ff., 150ff., 170ff.

IV. Konsequenzen für die Hochschulorganisation 1. Das Gebot wissenschaftsgerechter

Hochschulorganisation

Für die Hochschulorganisation ist dieses Selbstverständnis der katholischen und evangelischen Theologie von erheblicher Bedeutung. Der theologische Forscher und Lehrer, der sich seiner Bekenntnistradition aus freier wissenschaftlicher Überzeugung und persönlicher Glaubenstreue verbunden weiß, darf durch die Hochschulorganisation nicht zur Verkürzung seiner Freiheit und Verfremdung seiner wissenschaftlichen Überzeugung genötigt werden. Es überschreitet deshalb die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, der Kultusverwaltung und der akademischen Selbstverwaltung, wenn Theologen unterschiedlichen Bekenntnisses in wissenschaftliche Einheiten zusammengespannt werden, die die Gefahr einer Schmälerung oder Verletzung ihrer Wissenschafts- und Glaubensfreiheit institutionell mit sich bringen. a) Alle wissenschaftsrelevanten Entscheidungen, die auf die theolog. Forschung und Lehre unmittelbar oder mittelbar Auswirkungen entfalten, dürfen nicht der fremdkonfessionellen Bestimmung unterworfen werden. Deshalb ist eine organisatorische Integration von Theologen unterschiedlichen Bekenntnisses nur zulässig in bekenntnisneutralen Angelegenheiten, insbesondere in technischen Verwaltungsfunktionen oder in gemeinsamen akademischen Obliegenheiten u. dgl. m. Unbedenklich erscheint z.B. die gemeinsame Verwaltung der Seminar- bzw. Institutsbibliotheken, wenn die Entscheidungen über die Buchanschaffungen der theologischen Literatur von beiden Konfessionen in Unabhängigkeit und Selbständigkeit getroffen werden können. Gemeinsam kann die Sprachenausbildung organisiert sein, gemeinsam kann das Dekanatsbüro geführt werden; gemeinsame Institute (Betriebseinheiten) gemäß § 20 I I I HUG und gemeinsame fachbereichsübergreifende Kommissionen gemäß § 25 a HUG können dem Bedürfnis nach rationellem, sparsamem Einsatz der Sach- und Personalmittel und nach wissenschaftlicher Kooperation Rechnung tragen. b) Speziell: So ist die Bildung eines gemeinsamen Fachbereiches für katholische und evangelische Theologie verfassungsrechtlich nicht vertretbar, da der Fachbereich als organisatorische Grundeinheit der Universität seine Aufgaben durch ein einheitliches Beschlußgremium mit Entscheidungskompetenzen wahrzunehmen hat, die notwendigerweise den Freiheitsbereich der theologischen Disziplinen beeinträchtigen.

1. Das Gebot wissenschaftsgerechter Hochschulorganisation

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Gemäß Art. 5 I I I GG ist der Begriff „verwandte oder benachbarte Fachgebiete" in § 20 I HUG in diesem Sinne verfassungskonform einschränkend auszulegen. Zwar sind die theologischen Disziplinen der beiden Konfessionen nicht nur eng benachbart, sondern besitzen weithin den gleichen Forschungsgegenstand und Forschungsbereich, da sie sich beide mit der wissenschaftlichen Entfaltung der göttlichen Offenbarung im Sinne des christlichen Glaubensverständnisses beschäftigen. Doch haben sie - teilweise, jedoch in entscheidenden Wesensfragen - entgegengesetzte wissenschaftliche Voraussetzungen und Maßstäbe. Wenn ein Theologe über Angelegenheiten und Personen der fremden Konfession urteilen soll, gerät er bei strittigen Fragen, in denen eine bekenntnismäßige Einigung nicht erreicht ist, in einen unlösbaren Widerstreit 55 : Soll er etwa eine Habilitationsleistung oder andere Wissenschaftsangelegenheit aus dem Gebiet der fremden Konfession nach den eigenen Wissenschaftsmaßstäben oder nach denen der fremden Konfession beurteilen? Entscheidet er sich für das Erste, so verletzt er die Wissenschafts- und Glaubensfreiheit der konfessionsfremden Kollegen, entscheidet er sich für das Zweite, so muß er seine eigene Wissenschafts- und Glaubensüberzeugung verleugnen und sich der fremden Konfession unterwerfen. Aus dem Entscheidungszwang gibt es hier kein Entrinnen, zwischen Szylla und Charybdis steht kein Ausweg offen. Es liegt auf der Hand, daß es mit Art. 5 I I I unvereinbar ist, wenn eine evangelische Habilitation, die die Frage des Petrusamtes und der Unfehlbarkeit des Papstes, die Mariologie oder das katholische Kirchen- und Sakramentsverständnis betrifft, an den Stimmen der katholischen Theologen scheitern würde. Andererseits ist es katholischen Theologen - die zur Vertretung der katholischen Theologie berufen worden sind - unzumutbar, unter Verleugnung ihrer Überzeugung und Verletzung ihrer religiösen Pflichten sich insoweit den evangelischen Lehren anzuschließen. Auch die organisierte Stimmenthaltung der konfessionsfremden Lehrer in allen einschlägigen Fällen würde der Grundrechtsgarantie des Art. 5 I I I GG und dem Hochschulgesetz nicht gerecht. Sie enthielte eine - wenn auch mildere - Form der Selbstverleugnung, wenn sich der Wissenschaftler statt der negativen Entscheidung zur Enthaltung durchringen muß. Auch würde die generelle, ständige Stimmenthaltung der konfessionsfremden Gruppe auf eine Art organisierten Boykotts durch einen Teil der Fachbereichsmitglieder hinauslaufen, der das Hochschulrecht verletzen würde, das in § 10 I I HHG von dem unverzichtbaren Recht und der Pflicht aller Gremienmitglieder zur Mitwirkung an der Selbstverwaltung ausgeht und Beschränkungen in der Ausübung des Stimmrechts in § 14 I HHG ausdrücklich verwirft. Die gleiche Problematik stellt sich bei den Berufungsentscheidungen: soll das wissenschaftliche Werk des Theologen fremder Konfession nach den 55

Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 285, auch S. 250ff., 253.

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IV. Konsequenzen für die Hochschulorganisation

eigenen oder nach den fremden Wissenschaftsmaßstäben beurteilt werden? Der Fachbereich hat andererseits auch nicht das Recht, die Planstellen für evangelische bzw. katholische Theologie durch eine fragwürdige Berufungspraxis offen oder versteckt in solche der anderen Konfession umzuwandeln oder beliebig mit Wissenschaftlern fremder Konfession zu besetzen56. Die Organisationsgewalt 57 liegt insoweit bei der Gesamtuniversität und beim Kultusministerium sowie beim Landtag, der die Planstellen im Staatshaushalt festlegt. Die gleiche Kalamität wie bei den Prüfern stellt sich bei den Prüfungskandidaten: Es widerspricht den Rechtsstaatsprinzipien der Rationalität, Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit des Verwaltungsverfahrens, wenn im Prüfungswesen die entscheidenden Bewertungsmaßstäbe unkalkulierbar bzw. verwirrt sind. Einem Habilitanden ist es nicht zuzumuten, sich auf das Lotteriespiel einzulassen, ob bei der Bewertung seiner Habilitationsleistungen die konfessionsfremden Mitglieder des Prüfungskollegiums sich nun zur Selbstverleugnung der eigenen oder zur Verletzung der fremden Konfession entschließen. Wenn die entscheidende Mitwirkung von Theologen der fremden, katholischen Konfession die Mehrheit bildet oder auch nur bei theologischen Differenzen und Kampfabstimmungen der evangelischen Theologen den Ausschlag geben kann, dann zwingt bzw. verführt dies einen Habilitanden zu einem Seiltanz zwischen Bekenntnistreue und Versuchung zur Heuchelei oder Verschleierung der eigenen wissenschaftlichen Position, wenn nicht zu Opportunismus und Kollusion - mit nachfolgenden Konnexionen und Kompensationserwartungen, die den wissenschaftlichen Forschungs-, Lehr- und Prüfungsprozeß schwer belasten und verletzen können. Eine entsprechende Organisation des Prüfungswesens ist deshalb unter Art. 5 I I I GG als unzulässig anzusehen, weil sie ein faires und objektives wissenschaftliches Prüfen und Bewerten im Sinn der einschlägigen wissenschaftlichen Disziplin des Prüflings in Frage stellt. c) Erschwerend kommt hinzu, daß solche Rechtswidrigkeiten auch durch die Kontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht oder kaum im hinreichenden Maße überprüft und berichtigt werden können. Die Verwaltungsgerichte haben im Prüfungswesen den Beurteilungsspielraum des Prüfers zu respektieren und werden auch im umstrittenen Einzelfall durch Beweisaufnahme kaum ein klares Bild über die Anwendung der komplizierten und heterogenen wissenschaftlichen Kriterien ermitteln können. d) Deshalb hängt für die grundrechtskonforme Verwirklichung des freiheitlichen Wissenschaftsprozesses bei Prüfungen und Berufungen alles von der sachgerechten Organisation der Fachbereiche und der Verfahrensgestal56 Zu dieser Problematik vgl. Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 201f. 57 Ebenda, S. 28, 254.

1. Das Gebot wissenschaftsgerechter Hochschulorganisation

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tung ab. In der institutionellen Ausgestaltung der Fachbereiche als „organisatorischer Grundeinheit" der Universität kommt der Wissenschaftsbegriff und das Selbstverständnis der evangelisch-theologischen bzw. katholischtheologischen Wissenschaftsdisziplinen normativ verbindlich zum Ausdruck. Der Wissenschaftscharakter und die Bewertungsmaßstäbe akademischer Institutionen und Funktionen lassen sich in formulierten Rechtsregeln schwer juristisch greifbar machen. Anstatt hier materiell-rechtliche Normierungen zu treffen, begnügt sich die Rechtsordnung mit der sachgerechten Abgrenzung der Institutionen und des Verfahrens und vor allem mit einer sachgerechten Personenauswahl: Sie geht davon aus, daß die richtigen, d. h. die kompetenten Personen die richtigen Entscheidungen erwarten lassen, wenn sie mit den entsprechenden Kompetenzen und Verfahrensmöglichkeiten ausgestattet sind. In diesem Sinne sind alle Prüfungsordnungen der theologischen Fakultäten an den deutschen Universitäten jeweils nach dem Wissenschaftsbegriff und den Wissenschaftskriterien der evangelischen Theologie bzw. der katholischen Theologie ausgestaltet worden: Es existiert eine strikte sachliche Trennung und organisatorische Scheidung des evangelisch-theologischen und des katholisch-theologischen Prüfungswesens, die der organisatorischen Scheidung und Selbständigkeit der evangelischen und der katholischen Theologenfakultäten an allen anderen deutschen Universitäten entspricht 58 . Alle diese Prüfungsordnungen sind streng auf die evangelische bzw. katholische Theologie als ihren besonderen Gegenstand und Maßstab ausgerichtet und beschränkt, sowohl was die Prüfungsfächer, die Prüfungsvoraussetzungen (ein evangelisch-theologisches bzw. katholisch-theologisches Studium), den Kreis der Prüfer und der Bewertungsgrundsätze angeht. Diese Prüfungsordnungen gehen davon aus, daß der Theologe im Sinn seiner theologischen Disziplin als evangelischer bzw. katholischer Theologe tätig wird, nicht aber chamäleonartig changierend in die „fremde" Rolle einer fremden Disziplin oder Fakultät überwechselt. Die staatlichen und universitären Behörden und die Verwaltungsgerichte haben nicht die Kompetenz, die fachwissenschaftlichen und bekenntnismäßig qualifizierten Belange des theologischen Forschungs-, Lehr-, Prüf ungs- und Selbstverwaltungswesens in einem unkonfessionellen oder überkonfessionellen Sinne zu deformieren bzw. zu fusionieren oder „umzufunktionieren". e) Die Unterschiedlichkeit, ja Gegensätzlichkeit zwischen den beiden großen Konfessionen und ihren theologischen Disziplinen ist größer, als der Außenstehende vielfach meint. Es handelt sich bei diesen Lehrdifferenzen ja nicht um einzelne, fest abgegrenzte, abstrakt objektivierte Lehrsätze, die in unwissenschaftlicher Weise nachvollzogen und verbreitet würden, aber vom übrigen theologischen Wissenschaftsbereich sachlich und methodisch abge58 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 232f., 241 f., besonders S. 248.

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IV. Konsequenzen für die Hochschulorganisation

kapselt werden könnten. Von diesen Lehrdifferenzen wird vielmehr die Breite der Theologie in den Einzelheiten wie im Gesamtsystem wesentlich modifiziert bzw. bestimmt: so wie sie durch die Systematische Theologie entfaltet und systematisiert werden, durch die Exegese des Neuen Testaments und Alten Testaments analysiert und kritisch reflektiert werden, in der Kirchen- und Theologiegeschichte in ihren verschiedenen Ansätzen und Entwicklungsformen herausgeschält und verglichen werden. Sogar ein scheinbar so neutrales Fach wie das der christlichen Archäologie ist von Bekenntnisdifferenzen erfaßt, wie die Auseinandersetzung um die Authentizität des Petrusgrabes in Rom und anderer Heiliger Stätten, ihre Bedeutung für die Heiligkeit des Amtes und die Vermittlung der Amtsgnade usw. bezeugt. 2. Das Problem der Ökumene Die ökumenische Annäherung der großen Konfessionen verleiht der Kultusverwaltung und den Universitätsgremien des freiheitlichen, konfessionell neutralen Staates weder den Rechtsgrund noch die Kompetenz, die genannten Lehrdifferenzen und -gegensätze zwischen der evangelischen und katholischen Theologie durch die Organisation des Wissenschaftsbetriebes zu ignorieren bzw. zu eliminieren. a) Zunächst: Die ökumenische Bewegung hat zwar - wie oben angeführt - endlich bei allen Konfessionen das Bewußtsein geweckt, daß die Kirchenspaltung und gegenseitige Verwerfung der wissenschaftlichen Theologie als historisches und theologisches Unheil zu betrachten und in der Zukunft tunlichst zu überwinden sei. Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, in denen die großen Kirchen und ihre wissenschaftliche Theologie so gesprächsunfähig waren wie Elefant und Walfisch und in denen sie die Hauptaufgabe der theologischen Forschung und Lehre in der kontroverstheologischen Bekämpfung des Gegners im fremden Element erblickten. Die Kirchen wie die theologische Wissenschaft haben die Wiedervereinigung der getrennten Konfessionen und ihrer theologischen Wissenschaftsdisziplinen in der Gemeinsamkeit ihres Bekenntnisses zu dem einen Herrn der Kirche als dringendes Ziel und als Zukunftsaufgabe der theologischen Arbeit erkannt und aufgegriffen. Auf diesem Wege sind nicht unbeträchtliche Erfolge erzielt worden; sie kommen in den gemeinsamen Erklärungen gemischter Theologenkommissionen zum Ausdruck, die von beiden Kirchen gemeinsam eingesetzt wurden und eine Überprüfung der früheren Lehrverwerfungen in den Bekenntnisschriften des 16. Jahrhunderts vorgenommen haben 59 . Aber die theologische Übereinkunft und die Wiedervereinigung der 59 Vgl. die Studie „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?", hrsg. von Karl Lehmann / Wolfhart Pannenberg, Freiburg i. Br. - Göttingen 1986; zu weiteren entspre-

2. Das Problem der Ökumene

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Konfessionen steht eben in wesentlichen Grundfragen noch in weiter Ferne. Wenn der Eindruck nicht trügt, ist gegenwärtig eine gewisse Stagnation eingetreten, nachdem man sich an den harten Kern der Differenzen um den Begriff der Lehre, der Amtsautorität und der Kirche herangearbeitet hat. „Ökumene" wird - wie angeführt - in sehr verschiedener Weise von den großen Konfessionen und ihrer Theologie verstanden und betrieben. Der römisch-katholische Ökumenismus-Begriff, der im Ökumenismus-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils maßgeblich formuliert worden ist 6 0 , deckt sich nicht entfernt mit dem Selbstverständnis der Ökumene im Genfer Ökumenischen Rat, wie er etwa in dessen „Limatexten" über Amt, Taufe und Eucharistie von 1982 61 zum Ausdruck kommt. Die römisch-katholische Kirche hat sich bekanntlich bisher von der Mitgliedschaft in der „Ökumenischen Bewegung" des Ökumenischen Rates in Genf getrennt gehalten; sie hat sich auf der Grundlage ihrer katholischen Lehre und ihres universalen und infalliblen päpstlichen Jurisdiktionsprimats (als der Klammer der katholischen Kircheneinheit) an die außerkatholische Ökumene gewendet, auch wenn sie mit dieser in partiellen Beziehungen zusammenzuarbeiten bereit ist. b) Sodann: Der Prozeß der ökumenischen Einigung ist eine „eigene Angelegenheit" der Kirchen gemäß Artikel 137 I I I WRV/140 GG, fällt jedoch nicht in die rechtliche Kompetenz und Verantwortung des weltlichen, konfessionell neutralen Staates. Das System der Trennung von Staat und K i r che und die Garantie der Eigenständigkeit und Freiheit der Religionsgesellschaften (Art. 137 I, I I I WRV/140 GG) verwehrt es der Staatsgewalt und auch der Universität als Teil des Staates, die ökumenische Bewegung eigenmächtig voranzutreiben oder zu hindern. Weder der Staat, noch die Universität haben ein „ius reformandi" in Bekenntnisfragen, wie dies früher der „christliche Staat" zu Zeiten des Staatskirchen turns in Anspruch nahm und weitgehend durch die staatliche Bekenntnisentfaltung und Theologenausbildung in seinen theologischen Staatsfakultäten ausübte. Die theologischen Fachbereiche dürfen vom Staat nicht dazu benützt werden, mittels einer Art indirekten Bekenntnisbanns und Reformationsrechts über die universitäre Geistlichenausbildung den Kirchen und der theologischen Wissenschaft eine konfessionelle quasi-Einigung aufzuoktroyieren, die durch eine freie theologische und kirchliche Verständigung noch nicht frei und geistlich errungen worden ist. Die staatliche Kultusverwaltung kann „die" Ökumene nicht gleichsam als eine dritte Konfession in staatlicher Kirchenchenden Aktivitäten vgl. Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 147 Anm. 296. 60 Rahner-Vor grimier, Kleines Konzilskompendium, Freiburg 1966, S. 217ff. 61 Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Frankfurt - Paderborn 1982.

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IV. Konsequenzen für die Hochschulorganisation

kuratel ohne bzw. gegen den Willen der betroffenen Kirchen und theologischen Fachvertreter durch staatlich fusionierte katholisch-evangelische Wissenschaftseinrichtungen aufbauen 62 . c) Insbesondere ist der Einsatz des staatlichen Prüfungswesens - und dazu gehört auch die Habilitation - ein ganz ungeeignetes und verfassungsrechtlich unzulässiges Mittel, die ökumenische Einigung der Kirchen gegen deren Willen zu vollziehen oder vorweg zu nehmen. Die Fusionierung des katholisch-theologischen und evangelisch-theologischen Prüfungswesens kann nur am Schluß der ökumenischen Einigung stehen: setzt dies doch voraus, daß die theologische und kirchenrechtliche Einigung in den Voraussetzungen und Bewertungskriterien in einem freien geistigen und geistlichen Prozeß erreicht worden ist, der Übergriffe und Verletzungen der Wissenschaftsfreiheit und Glaubensfreiheit ausschließt. Ein Theologe steht ja in der Prüfungssituation - als Prüfer wie als Prüfungskandidat - nicht in einem offenen, kritisch-selbstkritischen wissenschaftlichen Gespräch mit den Theologen anderer Konfessionen, wie dies bei Religionsgesprächen der Fall ist, die auf der Basis der Gleichwertigkeit und der Verschiedenheit zwischen katholischen und evangelischen Fachvertretern in der interdisziplinären Fachdiskussion abgehalten werden. Im Rahmen einer Prüfung aber sieht sich der Prüfer in eine wissenschaftliche „Richterrolle" gepreßt, die ihn in das schiefe Licht unökumenischer Selbstgerechtigkeit und Rechthaberei rückt, wenn er auf seinen eigenen Wissenschafts- und Bekenntnisgrundsätzen besteht, oder ihn - wenn er dies vermeiden w i l l - dem Verdacht der wissenschaftlichen Selbstpreisgabe oder Konnivenz aussetzt. Die ökumenische Annäherung der beiden großen Konfessionen hat diese Problematik nicht gemindert, sondern eher noch verschärft. Während früher die Theologen die Theologie der fremden Kirche und Konfession als etwas völlig Fremdes ansahen und sich nicht für deren Richtigkeit, sondern nur für die Wahrheit der eigenen Konfession verantwortlich fühlen mochten, ist durch das Sehnen und Streben nach der Gemeinsamkeit heute die wechselseitige (geistliche) Verantwortung und damit auch die Versuchung zur eigenmächtigen, einseitigen (juristischen) Korrektur (bzw. zum „Übergriff" in die fremde Konfession und deren theologische Wissenschaft) gewachsen. Die Theologenfakultäten aber sind Staatsbehörden und haben kein Recht zur fremdkonfessionellen Bekenntniskorrektur. Der Staat hat die Pflicht zur weltanschaulichen und religiösen Neutralität und Respektierung der theologischen Eigengesetzlichkeit 63 .

62 63

Heckel, Theologische Fakultäten (Anm. 39), S. 203f. auch S. 24f. Heckel, Theologische Fakultäten (Anm. 39), S. 24f.

3. Ökumenische Kooperation, nicht rechtliche Fusion

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3. Ökumenische Kooperation, nicht rechtliche Fusion der katholischen und evangelischen Theologie Zur Lösung der ökumenischen Problematik bietet sich für den Staat als Richtmaß an: „Ja" zur ökumenischen Kooperation, jedoch „Nein" zur rechtlichen Fusion bzw. Teilintegration der evangelischen und katholischen Theologie in den theologischen Kernfunktionen und wissenschaftsrelevanten Selbstverwaltungsangelegenheiten 64 ! Das dualistische System verselbständigter katholischer und evangelischer Theologie-Einrichtungen, wie es außerhalb von Frankfurt durchweg in der Bundesrepublik praktiziert wird, ist zu erhalten. Juristische Vorgriffe der Staatsbehörden auf die ökumenische Zukunft und Einigkeit sind verfassungsrechtlich unzulässig. Sie wirken auch im theologischen Selbstverständnis der Kirchen und ihrer wissenschaftlichen Vertreter eher geistlich belastend und verwirrend, weil hier rechtliche Gemeinsamkeiten „gesetzlich" und säkular institutionalisiert werden, die geistlich noch nicht im freien Konsens errungen werden konnten, zumal sich der säkulare, konfessionell neutrale Verfassungsstaat hierbei eine Art „Ersatzvornahme" für die nicht bewältigten geistlichen Aufgaben der Religionsgemeinschaften anmaßt. Ein gemischt-konfessionelles Berufungs- und Prüfungswesen darf deshalb nicht eingerichtet werden. Hingegen ist der Ausbau der theologischen Kommunikation und Kooperation zwischen den Konfessionen in der Forschung zu begrüßen und in der Lehre behutsam zu erweitern. Dafür bieten sich wechselseitige Lehrangebote für Studenten der anderen Fakultät, gemeinsame Lehrveranstaltungen und Praktika, gemeinsame Forschungs- und Arbeitsprojekte sowie die angeführten gemeinsamen Instituts- und Seminareinrichtungen an. Dadurch w i r d sowohl das Wissenschaftsanliegen der interdisziplinären Kommunikation und Kooperation gefördert als auch die ökumenische Einigung in einer Weise erleichtert und unterstützt, die keine Gefahr für die Freiheit und Eigenständigkeit der theologischen Forscher, Lehrer und Studierenden mit sich bringt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Verselbständigung der beiden „Wissenschaftlichen Betriebseinheiten" der evangelischen und katholischen Theologie in gesonderte Fachbereiche geboten, die dann durch gemeinsame Einrichtungen und Kommissionen gemäß § 20 I I I und 25 a HUG in einer freien, verfassungsgerechten Weise zusammenarbeiten können.

64 Heckel, Theologische Fakultäten (Anm. 39), S. 214. Zum dualistischen System der theologischen Fakultäten vgl. auch passim ebenda, S. 47ff. und S. 84ff., 205 und 206ff., bes. S. 232ff.

V. Rechtliche Alternativen? Hingegen erscheint es verfassungsrechtlich und hochschulrechtlich nicht möglich, einen gemeinsamen Fachbereich für evangelische und katholische Theologie so aufzugliedern und in Teileinheiten so gegenseitig abzuschütten, daß eine Verletzung der Wissenschafts- und Religionsfreiheit aus A r t i kel 5 I I I und 4 I, I I GG ausgeschlossen ist. Als derartige institutionelle „Aushilfslösungen" kommen folgende Möglichkeiten in Betracht: 1. Die Bildung von Teilfachbereichen und die Delegation eigener Entscheidungsbefugnisse an diese ohne Mitwirkung des fremdkonfessionellen Teilfachbereichs, 2. die Beschränkung des Stimmrechts in konfessionsspezifischen Angelegenheiten auf die Gremienmitglieder der betreffenden Konfession, 3. Verfahrensregelungen zur Sicherung einer Mehrheit der konfessions angehörig en Gremienmitglieder bei der Entscheidung ihrer konfessionsspezifischen Wissenschaftsbelange, um der Gefahr einer fremdkonfessionellen Beeinträchtigung ihrer theologischen Wissenschaftsfreiheit vorzubeugen. Technisch könnte eine solche Mehrheit der konfessionsangehörigen Gremienmitglieder gesichert werden: a) über eine einseitige Erweiterung des Fachbereichsrats nur durch Mitglieder dieser Konfession, also durch einen „erweiterten Fachbereichsrat mit Konfessionsüberhang" oder b) durch ein Mehrfachstimmrecht der konfessionsangehörigen Theologen zur Sicherung ihrer konfessionsspezifischen Wissenschaftsbelange, oder schließlich c) durch das Erfordernis eines doppelten Mehrheitsbeschlusses: derart, daß außer der (konfessionsübergreifenden) Mehrheit der evangelischen und katholischen Gremienmitglieder zusätzlich die (konfessionelle) Mehrheit der evangelischen Gremienmitglieder in den evangelischen Belangen bzw. der katholischen Mitglieder in den katholischen Belangen erfordert wird, wobei beide Mehrheiten in einem Abstimmungsvorgang ermittelt werden könnten, bei Divergenz dieser beiden Mehrheitsentscheidungen aber der Vorrang des Beschlusses der konfessionsangehörigen Gremienmitglieder gewährleistet sein müßte. 1. Unzulässigkeit der Bildung von Teilfachbereichen Die Bildung von Teilfachbereichen und die Delegation eigener Entscheidungsbefugnisse widerspricht dem Hessischen Universitätsgesetz: § 20 HUG bestimmt - wie oben ausgeführt - , daß der Fachbereich die organisatorische Grundeinheit der Universität darstellen soll und eine weitere Unter-

1. Unzulässigkeit der Bildung von Teilfachbereichen

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gliederung der Fachbereiche in Unterfachbereiche nach Art der Departments außerdeutscher Universitäten bzw. der Abteilungen der früheren Fakultäten vor der Hochschulreform unstatthaft ist; die Dreigliederung des Verwaltungsaufbaus wurde durch eine strikte Zweigliederung ersetzt 65 . Desweiteren schließt § 7 IV HUG eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf andere Gremien aus, soweit dies nicht im Hessischen Universitätsgesetz bestimmt ist bzw. eine ausdrückliche Delegationsmöglichkeit geschaffen worden ist. Für Unterfakultäten existiert diese Möglichkeit nicht. So dürfen Fachbereichsausschüsse nach § 25 I Satz 2 HUG nur mit der Erarbeitung von Empfehlungen und Beschlußvorlagen beauftragt werden. § 25a I I HUG sieht eine Übertragung von Entscheidungsbefugnissen nur an gemeinsame Kommissionen mehrerer Fachbereiche in fachbereichsübergreifenden Angelegenheiten gemäß § 25 a I Satz 1 vor. Diese Regelung soll vermeiden, daß sämtliche beteiligten Fachbereiche diese fachbereichsübergreifenden Aufgaben (nach der bloßen Vorbereitung einer gemeinsamen Kommission) jeweils selbst entscheiden müßten und dadurch ein nicht zu verantwortender Verwaltungsaufwand sowie erhebliche Koordinierungsschwierigkeiten verursacht würden. Aus dieser Sonderregelung für das Verhältnis zwischen mehreren Fachbereichen lassen sich keine Rechtfertigungsgründe für die universitätsgesetzwidrige Untergliederung und Entscheidungsdelegation innerhalb eines Fachbereiches gewinnen. Das Gesetz geht von dem Fachbereich als Einheit aus und verlangt, daß seine Aufgaben in gemeinsamer, ungeteilter Verantwortung der Fachbereichsmitglieder erfüllt werden müssen. Die institutionelle Aufgliederung des Fachbereichs „Religionswissenschaft" der Johann Wolf gang Goethe-Universität Frankfurt in zwei Unterabteilungen (zur jeweils umfassenden Aufgabenwahrnehmung in der evangelischen bzw. katholischen Theologie) wird deshalb vom Sinn und System des Hessischen Universitätsgesetzes nicht gedeckt. Die Benützung der - für andere Zwecke und Funktionen normierten - Rechtsform der „Wissenschaftlichen Betriebseinheit" zur Schaffung solcher Unterfachbereiche erscheint rechtlich bedenklich 66. Jedenfalls können ihnen selbständige Entscheidungsbefugnisse gemäß § 7 IV HUG nicht übertragen werden. Auch entspricht es nicht dem Sinn des Universitätsgesetzes wie des Hochschulrahmengesetzes, wenn die Vorbereitung und Beratung der gemeinsamen Fachbereichsangelegenheiten in der Breite auf ein solches Unterorgan verlagert wird und dem Fachbereichsrat als dem umfassend zuständigen Entscheidungsgremium (§ 24 I HUG) in der Praxis bei vielen wichtigen Angelegenheiten im wesentlichen die förmliche Absegnung der anderweitig vorbereiteten Beschlüsse zuerkannt wird. In den Kollegialorganen der uni65 66

Vgl. oben S. 19 f. Oben S. 20ff.

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V. Rechtliche Alternativen?

versitären Gremien dürfen die Entscheidungsbefugnisse von den Beratungsvorgängen nicht wesentlich getrennt werden, da die Dezision auf der gemeinsamen Diskussion und Deliberation aufzubauen hat und dadurch eine verantwortliche Integration der Gruppen und Mitglieder des Fachbereiches zu bewirken ist. Das Gesetz geht davon aus, daß die gemeinsamen Aufgaben in gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung der einheitlichen Repräsentativ-Gremien erfüllt werden, statt in einer itio in partes gesondert aufgegriffen und ausgehandelt werden. Zu der derzeitigen Organisationsform und Verwaltungspraxis sehen sich die Mitglieder des Fachbereichs „Religionswissenschaften", der in Wahrheit das Unikum eines theologischen Doppelfachbereichs darstellt 67 , offenbar veranlaßt und genötigt, um der inneren wissenschaftlichen Sachgerechtigkeit und den äußeren verwaltungsmäßigen Sachbedürfnissen ihrer beiden theologischen Teildisziplinen einigermaßen angemessen Rechnung tragen zu können. Doch erscheint dieses berechtigte wissenschaftliche Anliegen in der gegenwärtig gewählten Rechtsform des gemeinsamen Fachbereichs nicht ohne erhebliche rechtliche Fragwürdigkeiten und sachliche Abstriche erfüllbar. Die Universität sollte deshalb dem Wunsche nach einer klaren Aufgliederung der beiden theologischen Disziplinen in verschiedene Fachbereiche Geltung verschaffen. 2. Unzulässigkeit der Beschränkung des Stimmrechts auf konfessionsangehörige Fachbereichsratsmitglieder Die Beschränkung des Stimmrechts auf die konfessionsangehörigen Fachbereichsratsmitglieder in den konfessionsspezifischen Angelegenheiten ist ebenfalls rechtlich nicht möglich. Diesen Weg hat der Fachbereich „Religionswissenschaften" in seiner bisherigen Berufungspraxis aus verständlichen und durchaus zu billigenden Gründen eingeschlagen, um eine fremdkonfessionelle Fremdbestimmung sowohl der evangelischen Theologie als auch der katholischen Theologie zu vermeiden. Diese Praxis sucht der dargelegten „Ausstrahlungswirkung" 68 Rechnung zu tragen. Diesen richtigen Verfassungsrechtrichen Gründen und Zielen fehlt jedoch die richtige hochschulgesetzliche Form. Die derzeitige Praxis sieht so aus, daß die wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" einen „Berufungsvorschlag" für die Besetzung einer evangelischen Professur zunächst für sich selbständig erarbeitet. Dieser Vorschlag eines Berufungsvorschlags wird dann nach einer auf Dauer getroffenen Absprache aller Fachbereichsmitglieder von der förmlichen Berufungskommission und von dem Fachbereichsrat - als den rechtlich zuständigen Gremien für die Vorbereitung und Entscheidung der Berufungsliste - „ohne 67

Oben S. 14, 34. es BVerfGE 35, 112ff., 131; vgl. oben S. 27.

2. Beschränkung des Stimmrechts auf Konfessionsangehörige?

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Diskussion übernommen". Dieses „Gentleman's Agreement" ist seinerzeit formlos getroffen worden und wurde nicht in eine Universitäts- oder Fakultätssatzung gefaßt. Es ist rechtlich unverbindlich und könnte auch nicht rechtsverbindlich beschlossen werden, da es dem Universitätsgesetz widerspricht, so berechtigt das dahinterstehende sachliche Grundanliegen im Lichte von Art. 5 I I I GG und 4 GG ist. Diese Absprache verstößt gegen § 24 I HUG und 40 I, I I I 2 HUG, der die Zuständigkeit des Fachbereichs für die Aufstellung der Berufungsliste vorsieht. Zuständigkeiten stehen nicht zur Disposition des zuständigen Amtswalters bzw. Kollegialorgans; Zuständigkeiten begründen Rechte und Pflichten zur pflichtgemäßen Wahrnehmung des übertragenen Amtes. Die Mitglieder des Fachbereichsrats können deshalb auf die Zuständigkeit des Fachbereichsrats wie auf ihr Mitwirkungsrecht in diesem Gremium nicht verzichten und ihre Rechtsstellung nicht anderen übertragen. Das Abkommen verstößt ebenso gegen § 7 IV HUG, der eine Subdelegation von Entscheidungsbefugnissen nach dem Hessischen Hochschulgesetz verbietet, in Übereinstimmung mit der bundesrechtlichen Regelung des § 611 3 HRG. Es widerspricht einer Zuständigkeitsregelung, wenn das zuständige Organ, wie in diesem Falle, sich einer fremden Sachentscheidung „ohne Diskussion" unterwirft, d.h. ohne eigene Prüfung und Bewertung der wissenschaftlichen Qualifikation und Leistung der zu berufenden Personen einen von anderer Seite aufgestellten Berufungsvorschlag in einer bloßen Abstimmungsformalität übernimmt. Das Abkommen widerspricht ferner § 14 I HHG: Alle Gremienmitglieder besitzen ein freies Mandat und sind bei der Ausübung ihres Stimmrechts an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. So sind die Mitglieder des Fachbereichsrats nicht an die Vorschläge einer Berufungskommission gebunden, wenn sie nach § 40 I I I HUG über die Berufungsliste zu entscheiden haben. Erst recht können sie nicht der Fremdbestimmung durch eine andere Teileinheit des Fachbereichs unterworfen werden. Damit würde auch das Rang Verhältnis zwischen dem Fachbereichsrat als dem obersten, in „allen Angelegenheiten des Fachbereichs" zuständigen Entscheidungsgremium 6 9 zu anderen Organen des Fachbereichs auf den Kopf gestellt. Das Abkommen verstößt auch gegen § 14 I I Satz 1 HHG, da es die Gleichheit des Stimmrechts durch eine im Gesetz nicht vorgesehene Abstufung des Stimmgewichtes verletzt. Schließlich verstößt das Abkommen auch gegen § 10 I I HHG und § 37 I HRG, die den Mitgliedern der Hochschule die Pflicht zur Mitwirkung an der Selbstverwaltung auferlegen und deshalb einen prinzipiellen und ebenso einen konkreten Verzicht auf ein sachliches Mitwirkungs- und Entscheidungsrecht eines Gremienmitgliedes verbieten. Die Hochschulgesetze verstehen unter „Mitwirkung an der Selbstverwaltung 69 § 24 I HUG, vgl. auch §§ 25 I und 22 IV HUG hins. der beschränkten Zuständigkeit der Berufungskommission.

4 Heckel

V. Rechtliche Alternativen?

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der Hochschule" die eigenverantwortliche Mitwirkung in der Sache, die sich nicht auf die äußerlichen Formalitäten einer formellen Abstimmungsbeteiligung unter Verzicht auf die eigene Sachentscheidung und Unterwerfung unter einen fremden Willen reduzieren läßt. Entsprechendes gilt für ein Habilitationsverfahren. Auch dort könnte die Zuständigkeit des Fachbereichs nach § 42 I I HUG nicht durch interne Absprachen verändert und auf jenen Teil der Fachbereichsmitglieder reduziert werden, der der Konfession des Habilitanden angehört. Da mithin die Beschränkung des Stimmrechts in konfessionsspezifischen Angelegenheiten auf die Gremienmitglieder der gleichen Konfession nach den spezialgesetzlichen Regelungen des Hochschulrahmengesetzes und des Hessischen Universitätsgesetzes nicht möglich ist, andererseits aber die Mitwirkung konfessionsfremder Mitglieder in den genannten theologischen Kernfunktionen gegen Art. 5 I I I und 4 GG verstößt, erscheint die Bildung eines eigenen Fachbereichs verfassungsrechtlich geboten, nachdem auch andere verfahrensmäßige „Aushilfskonstruktionen" nicht genügen: 3. Unzulässigkeit technischer Verfahrensmodalitäten zur Sicherung evangelischer Mehrheiten Die wissenschaftliche Integrität und Freiheit der evangelischen und katholischen Theologie kann in einem gemischt-konfessionellen Fachbereich auch nicht durch technische Verfahrensmodalitäten in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise gesichert werden. a) So versucht § 6 Abs. 1 des Entwurfs der Habilitationsordnung des Fachbereichs Religionswissenschaften für die Wissenschaftliche Betriebseinheit Evangelische Theologie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität vom 30.5.1984 70 eine evangelische Mehrheit im Fachbereichsrat für die Entscheidungen in Habilitationsangelegenheiten zu sichern: Zu den (evangelischen und katholischen) Mitgliedern des Fachbereichsrates sollen bei den Entscheidungen in Habilitationsangelegenheiten die übrigen Professoren und habilitierten Mitglieder der Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie hinzutreten und als „erweiterter Fachbereichsrat" zuständig sein. Der Fachbereichsrat soll sich also in diesen Fällen durch den evangelischen Flügel der habilitierten Fachbereichsmitglieder - und nur durch diesen - verstärken. Dieses Modell zur Sicherung einer evangelischen Mehrheit könnte möglicherweise auch in anderen konfessionsspezifischen Kernfunktionen des Fachbereichs - etwa bei Berufungen u. a. - in Erwägung gezogen werden und gegebenenfalls auch für den katholischen Flügel in katholischen konfessionsspezifischen Belangen in Betracht kommen. 70

Oben S. 14 Anm. 5.

3. Verfahrensmodalitäten zur Sicherung evangelischer Mehrheiten?

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Doch dürfte diese Regelung einerseits die gesetzlichen Möglichkeiten überschreiten, andererseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen kaum genügen. Für eine derartige Regelung des teilweise erweiterten Fachbereichsrats mit Konfessionsüberhang fehlt es jedoch an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Eine solche Konstruktion stützt sich auf § 38 V des Hochschulrahmengesetzes, der für die Entscheidungen über Berufungsvorschläge, für die Durchführung von Habilitationsverfahren oder für den Erlaß von Habilitations- und Promotionsordnungen in der Tat eine Erweiterung des Fachbereichsrates durch die stimmberechtigte Hinzuziehung aller Professoren des Fachbereiches vorgesehen hat. Die Regelung ist durch die Novelle des HRG vom 14.11.1985 71 erst vor kurzer Zeit eingeführt worden. Es mag fraglich erscheinen, ob diese Rahmenbestimmung des Bundes unmittelbar durch eine Universitätssatzung realisiert werden darf, ohne daß vorher eine Anpassung des Hessischen Universitätsgesetzes durch den Landesgesetzgeber erfolgte: Hat sich das Land oder die Universität als der Adressat der Bundesrahmenregelung anzusehen, der gemäß § 38 V Satz 1 HRG diese „Möglichkeit einzuräumen" hat? - Sodann verlangt das Rahmengesetz, daß „allen Professoren des Fachbereichs" dieses Mitwirkungsrecht gegeben werden muß. Die Beschränkung auf einen Teil der Professoren erscheint nach dem klaren Wortlaut und nach dem Sinn des Gesetzes unzulässig: Das HRG w i l l durch diese Norm die Gesamtverantwortung des Lehrkörpers stärken, und zwar des Lehrkörpers gerade in seiner Gesamtheit. Bei diesen wichtigsten Entscheidungen eines Fachbereiches sollen alle Professoren, auf denen ja die Hauptverantwortung für die Forschung und Lehre dieser Wissenschaftseinheit liegt, gleichberechtigt mitwirken können und müssen. Dadurch soll die Verantwortungsverflüchtigung, die durch das Repräsentationsprinzip in der Universität eingerissen ist, bewußt rückgängig gemacht werden. Dadurch soll zugleich der Fachbereich zu einer lebendigen Einheit der in ihm vertretenen Disziplinen integriert werden und der Gefahr des Zerfalls in einzelne Teile entgehen. Die Fachbereiche sind auf die wechselseitige wissenschaftliche Befruchtung und Kontrolle der in ihnen vertretenen Fächer angelegt. Die Verkleinerung der alten Großfakultäten zur Erreichung dieses Ziels bildete ein Hauptanliegen der Hochschulreform seit Ausgang der 60er Jahre in allen deutschen Bundesländern. Es widerspricht deshalb dem Hochschulrahmengesetz, statt der vorgeschriebenen Gesamterweiterung des Fachbereichsrats durch alle Professoren sich mit einer Teilerweiterung zu begnügen. - Eine weitere Abweichung vom Text und Sinn des § 38 V Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes liegt darin, daß § 6 I der Habilitationsordnung des Fachbereichs Religionswissenschaften nicht nur die „Professoren des Fachbereichs" (§ 38 V 1 HRG), sondern BGB1.1 S. 2090. 4"

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V. Rechtliche Alternativen?

auch die übrigen habilitierten Mitglieder der Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie (also habilitierte Assistenten, die noch nicht die Bezeichnung „Privatdozent" und damit die venia legendi gemäß § 42 Abs. 3 HUG verliehen erhalten haben) in den erweiterten Fachbereich bei Habilitationsentscheidungen mit einbezieht. Auch dies dürfte gesetzlich nicht zulässig sein. Natürlich wäre es sinnvoll, nur evangelische Theologen über evangelische Habilitationen entscheiden zu lassen. Doch muß dieses richtige wissenschaftliche Ziel durch die sachgerechte Bildung und Abgrenzung eines eigenen Fachbereichs für evangelische Theologie realisiert werden, während eine paralegale Sonderverfahrensregelung hierfür nicht taugt. Davon abgesehen aber gilt: Selbst wenn die evangelischen Mitglieder in einem gemischt-konfessionellen Theologenfachbereich ein numerisches Übergewicht besitzen, ist dadurch allein eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit und Religionsfreiheit nach Art. 5 I I I und 4 GG nicht ausgeschlossen, da die katholischen Stimmen mit der evangelischen Minderheit zusammen die evangelische Mehrheitsmeinung überstimmen könnten 72 . Es widerspricht der personalen Wissenschaftsfreiheit der evangelischen Fachvertreter wie auch der institutionellen Wertentscheidung für die Eigengesetzlichkeit und Freiheit evangelischer Theologie von fremdkonfessioneller Fremdbestimmung 73 , wenn katholische Theologen bei internen Auseinandersetzungen innerhalb der evangelischen Theologie als Zünglein an der Waage wirken und die Mehrheitsmeinung der evangelischen Fachvertreter umstülpen können. b) Auch ein Mehrfachstimmrecht der evangelischen Theologen zur Sicherung einer breiten evangelischen Mehrheit müßte hochschulrechtlich als unzulässiges Mittel und verfassungsrechtlich als ungenügende Sicherung betrachtet werden. Ein derartiges Mehrfachstimmrecht für einen Teil der Fachbereichsratsmitglieder hat beispielsweise der Bremer Hochschulgesetzgeber eingeführt, um sein Bremer „Reformmodell" der Drittelparität bei der Zusammensetzung der akademischen Gremien zu retten und doch zugleich den Hochschullehrern bei Berufungen und Habilitationen den vom Verfassungsgericht geforderten „ausschlaggebenden Einfluß" bei der Entscheidung über Forschungs- und Berufungsangelegenheiten zu verschaffen 74 . Indessen könnte ein solches Mehrfachstimmrecht nur durch eine Entscheidung des Gesetzgebers eingeführt werden, da es eine Rechtsgestaltung 72 Zum Sonderfall einer Kombination mit einer doppelten Mehrheitslösung vgl. unten S. 53f., 80. 73 Oben S. 26ff., 38ff. 74 BVerfGE 55, 37ff., 58ff. unter Bezugnahme auf BVerfGE 35, 131ff.; 43, 242ff., 269; 47, 367, 403.

3. Verfahrensmodalitäten zur Sicherung evangelischer Mehrheiten?

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von weitreichender und tiefgreifender Bedeutung darstellt, die nach der sogenannten „Wesentlichkeitstheorie" des Bundesverfassungsgerichts nur vom Gesetzgeber selbst vorgenommen werden kann und nicht den Verwaltungsinstanzen zur Selbstregelung überlassen werden darf 7 5 . Solange ferner der Gesetzgeber ein Mehrfachstimmrecht nicht eingeführt hat, haben gemäß §1411 HHG „alle Mitglieder von Gremien ... das gleiche Stimmrecht", wovon eine Universitätssatzung nicht abweichen darf. Überdies wird auch durch ein Mehrfachstimmrecht gemäß Art. 5 I I I und 4 GG die unzulässige, möglicherweise ausschlaggebende Mitwirkung katholischer Theologen in wissenschaftlichen Entscheidungen der evangelischen Theologie, besonders bei innerevangelischen Meinungsverschiedenheiten, nicht auszuschließen sein. c) Auch das Erfordernis einer doppelten Mehrheit - die neben der konfessionsübergreifenden Mehrheit (aus den evangelischen und katholischen Mitgliedern des Fachbereichsrates) zusätzlich die Mehrheit unter den evangelischen Fachbereichsratsmitgliedern für eine konfessionsrelevante evangelische Wissenschaftsentscheidung verlangen würde 7 6 - stößt auf ähnliche rechtliche Schwierigkeiten, weshalb auch diese rechtliche Aushilfslösung die Verselbständigung der wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie zum eigenen Fachbereich nicht überflüssig machen kann. Auch diese Regelung könnte aus den angeführten Gründen nur vom Gesetzgeber eingeführt werden, übersteigt jedoch die Rechtssetzungskompetenz der Universitätsgremien. Auch sie widerspricht § 14 I I HHG, da sie die Gleichheit des Stimmrechts zwischen den Fachbereichsmitgliedern teilweise beseitigt. Diejenigen Gremienmitglieder, deren Stimme in der zweiten Mehrheit nochmals berücksichtigt wird, erhalten ein privilegiertes Stimmrecht, das das Stimmrecht der übrigen Gremienmitglieder „brechen" und um die Wirkung ihres ersten Mehrheitsbeschlusses bringen kann. Die in § 6 I I 4 der genannten Habilitationsordnung vorgesehene Regelung ist ferner unvollständig und führt in ein unauflösbares Patt, wenn sich die beiden Mehrheiten widersprechen. Es fehlt hier eine Regel über die Auflösung des Konfliktes, wie sie § 38 V I 2 HRG und gleichlautend § 14 IV 2 HHG enthalten: Dort genügte bei widersprechenden Mehrheiten die zweite Mehrheitsentscheidung (die dort von den Professoren getroffen wird - modifiziert durch die Einschränkung, daß der Berufungsvorschlag aus der ersten Mehrheitsabstimmung aller Fachbereichsmitglieder dem Kultusministerium als zweite Liste eingereicht werden kann). Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der kulturstaatlichen Funktionseffizienz ist eine Auflösung smöglich75

BVerfGE 33, 303ff., 346; auch 33, 125ff., 157ff. Vgl. § 6 I I Satz 4 der HabilO v. 30.5. 86: In der Mehrheit muß die Mehrheit der Professoren und Habilitierten der Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evang. Theologie enthalten sein. 76

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V. Rechtliche Alternativen?

keit der gegenseitigen Blockierung verschiedener Mehrheiten unumgänglich. Bei einer Habilitation muß im Interesse des Habilitanden eine Entscheidung fallen, zumal manche Fragen nicht mit einem Ja oder Nein (bei denen die Blockade als Nein zu gelten hätte) entschieden werden können, wenn mehrere Alternativen zur Entscheidung anstehen. Das zuletzt genannte Erfordernis doppelter Mehrheiten ist in § 38 V I HRG und § 14 IV HHG vom Gesetzgeber für das spezielle Ziel einer Sicherung des Hochschullehrereinflusses bei den Berufungs- und Habilitationsentscheidungen (nach § 38 V I HRG) bzw. in Forschungs- und Berufungsentscheidungen (nach § 14 IV HHG) vorgesehen worden. Diese Regelung betrifft das Verhältnis der Gruppen zueinander in den Universitätsgremien. Sie ist im Gefolge der Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zur Gruppenuniversität entwickelt worden, die eine abgestufte Mitverantwortung und Mitwirkungsbefugnis der verschiedenen Gruppen der Hochschullehrer, wissenschaftlichen Mitarbeiter, Studierenden und sonstigen Bediensteten der Universität in den Gremien vorgeschrieben haben 77 . Diese sehr detaillierten Grundsätze über das Verhältnis der Gruppen untereinander lassen sich keineswegs unmittelbar oder analog auf das Verhältnis der Konfessionen zueinander in einem gemischt konfessionellen Fachbereich übertragen! Für die unmittelbare Anwendung des Modells fehlt - wie gesagt - eine gesetzliche Spezialermächtigung. Für die rechtsschöpferische analoge Anwendung dieser Modellvorstellung aber fehlt es an der Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Voraussetzungen und Rechtswirkungen. Dies ist für eine verfassungsgerechte Organisationsgestaltung des Fachbereichs von ganz entscheidendem Gewicht: 4. Keine Übertragung der Gruppenuniversitätsmodelle auf das Verhältnis der Konfessionen Das Verhältnis der evangelischen Theologie zur katholischen Theologie (wie auch das Verhältnis der beiden theologischen Disziplinen zu den bekenntnislosen Religionswissenschaften) ist von ganz anderen Sach- und Rechtsprinzipien bestimmt und läßt sich deshalb nicht nach denselben Grundsätzen organisieren, wie sie vom Bundesverfassungsgericht für das Verhältnis zwischen den verschiedenen Mitgliedergruppen der Gruppenuniversität entwickelt worden sind. a) In der Organisationsform der Gruppenuniversität haben die verschiedenen Mitgliedergruppen der Professoren, der Hochschulassistenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter, der Studenten und der sonstigen Mitarbeiter (§4 HUG) in gruppenmäßiger Gliederung ein Mitwirkungsrecht an der 77

ObenS. 52 ff., Anm. 74.

4. Übertragung der Gruppenuniversitätsmodelle?

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akademischen Selbstverwaltung 78 . Diese Mitwirkungsrechte sind jedoch abgestuft: Da den Hochschullehrern „die Pflege von Forschung und Lehre vornehmlich anvertraut ist", muß ihnen eine „herausgehobene Stellung" zukommen 79 . Sie haben nach Status und Funktion eine „erhöhte Verantwortung für die Funktionsfähigkeit und den wissenschaftlichen Rang der Universität", besitzen eine „Schlüsselfunktion des wissenschaftlichen Lebens", sind kraft ihres Sachverstandes und ihrer langfristigen Zugehörigkeit zur Universität, kraft ihrer statusrechtlichen und beamtenrechtlichen Rechte und Pflichten für die Erfüllung der Universitätsaufgaben sachlich und rechtlich kompetent. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der die Lehre hierin im Grundansatz gefolgt ist, hat der Staat dieser besonderen Position der Hochschullehrer im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit für die Wissenschaftsorganisation gemäß der Wertentscheidung des Art. 5 I I I GG Rechnung zu tragen und „sachgerechte Unterscheidungen" zu treffen, da ihm der Gleichheitssatz verbietet, „Ungleiches gleich" zu behandeln 80 . Den Hochschullehrern muß deshalb im Bereich der Lehre ein „maßgebender Einfluß", im Bereich der Forschung und der Berufungsverfahren hingegen ein „ausschlaggebender Einfluß" eingeräumt werden 81 . Die Gruppe der Hochschullehrer muß dabei jeweils „ i n sich homogen" zusammengesetzt sein 82 . Das Bundesverfassungsgericht hat gelegentlich ausgeführt 83 , daß der maßgebliche Einfluß, ja auch der ausschlaggebende Einfluß der Hochschullehrer bei Berufungs- und Forschungsangelegenheiten nicht bedeutet, daß sich die „Mehrheitsmeinung dieser Gruppe stets durchsetzt". Fraktionsbildungen quer durch die Gruppen seien dem System der repräsentativ organisierten Gruppenuniversität immanent; so sei es durchaus denkbar, daß die Mehrheitsmeinung der Professoren durch eine Professoren-Minderheit in Verbindung mit den anderen Gruppenvertretern überstimmt werden könne. Auch diese Minderheit der Professoren könne von wissenschaftlichem Sachverstand und Verantwortungsbewußtsein geleitet zusammen mit den anderen Gruppenvertretern eine unter Art. 5 I I I GG unbedenkliche Wissenschaftsentscheidung fällen. Das Organisationsmodell der Gruppenuniversität hat nach der Absicht des Gesetzgebers und ihrer Billigung durch das Bundesverfassungsgericht keineswegs die Zielsetzung, die Gruppenbelange der Hochschullehrer im Widerstreit gegenüber den Gruppenbelangen der anderen Mitgliedergruppen der Universität durchzusetzen und zu garantieren; die Gruppenuniver78

Vgl. etwa §§ 36, 38 HRG; 10, 14, 15 HHG; 4, 17, 24 HUG. BVerfGE 35, 126ff. so Ebenda, S. 127 ff. 81 Ebenda, S. 131-135. 82 Ebenda, S. 134, 139ff., 141ff.; ebenso in BVerfGE 43, 267ff.; 47, 386ff., 404ff.; 55, 58ff.; 56, 211ff.; 66, 177. 83 BVerfGE 55, 63 ff. 79

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V. Rechtliche Alternativen?

sität verfolgt das Ziel einer - gleichwertigen, deshalb im Sacheinfluß abgestuften - Integration aller Gruppen und funktionsgerechten Befriedigung aller Gruppeninteressen. Das Gruppenuniversitätsmodell hat deshalb ein fein ausdifferenziertes System des erhöhten Einflusses, aber auch der Überstimmbarkeit der Hochschullehrer im Zusammenwirken mit den anderen Gruppen entwickelt. b) Die entscheidende Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit des Gruppenmodells liegt darin, daß alle Gruppenmitglieder im Gremium dem gleichen Wissenschaftsziel und den gleichen normativen Wissenschaftsmaßstäben unterliegen: Professoren, Assistenten, Studierende und sonstige Bedienstete sollen nach den gleichen Wissenschaftskriterien urteilen; ihre Unterschiede sind nur in der Verschiedenheit des Ausbildungsganges und Qualifikationsgrades im gleichen Wissenschaftsbereich zu sehen. Fremdeinflüsse ideologischer oder politischer Fremdbestimmung, wie sie ja bei allen Gruppen nicht ausgeschlossen werden können, sollen durch die Struktur der Gruppenuniversität tunlichst neutralisiert und ferngehalten werden; dies hat der Gesetzgeber und das Verfassungsgericht als normative Zielvorgabe vorausgesetzt und intendiert, auch wenn sich Schwierigkeiten und Irritationen in der Realisierung nicht immer vermeiden lassen. Alle Gruppenglieder wirken ungeachtet ihrer abgestuften Qualifikation und entsprechend abgestuften Mitwirkungsbefugnis doch gemeinsam in derselben Wissenschaft nach den gleichen Wissenschaftsmaßstäben. Trotz der Gruppenverschiedenheiten ist die Homogenität der Wissenschaftsrichtung und des Wissenschaftsbegriffs vorhanden und verfassungsrechtlich vorausgesetzt. c) Anders steht es im Verhältnis der evangelischen und katholischen Theologie zueinander: Während die verschiedenen Gruppenmitglieder in derselben wissenschaftlichen Disziplin mehr oder minder fortgeschritten und wissenschaftlich kompetent sind und sich darin nur dem Grade nach unterscheiden, können die Theologen verschiedenen Bekenntnisses nicht von der Staatsgewalt auch in der fremden theologischen Disziplin als mehr oder minder qualifiziert („mehr oder minder evangelisch" bzw. „mehr oder minder katholisch") angesehen werden und entsprechend mit größeren oder geringeren Mitwirkungsbefugnissen in der konfessionsfremden Theologie ausgestattet werden 84 . Vollends verbietet Art. 5 I I I GG und Art. 4 GG, daß 84 Solche Übergriffsrechte können im konfessionell neutralen, pluralistischen Universitätsrecht des Staates (oben S. 28 ff.) auch nicht durch Rückgriff auf den Absolutheits- und Wahrheitsanspruch der (fremden!) Kirche und Theologie gerechtfertigt werden: Der weltliche, aber freiheitliche Verfassungsstaat garantiert dem Bürger wie den Religionsgemeinschaften zwar das Recht, jeweils ihr - als wahr erkanntes und bekanntes - Glaubensbekenntnis und theologisches Wissenschaftsverständnis für ihre eigenen Bekenntnisformulierungen, -angelegenheiten und -mitglieder zu entfalten und zu verwirklichen, nicht aber, dieses auch den fremden Bekenntnisgemeinschaften und deren Gliedern aufzunötigen. Zwar mag sich jeder Theologe auf seine Art für (mehr oder minder) „evangelisch" und „katholisch" zugleich halten, da

4. Übertragung der Gruppenuniversitätsmodelle?

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der evangelische (bzw. katholische) Theologe in den Angelegenheiten seines Glaubens und seiner theologischen Position von den Angehörigen der fremden Konfession durch „wechselnde Mehrheiten, Fraktionsbildungen quer durch die Gruppen und Koalitionen zur Durchsetzung bestimmter hochschulpolitischer Ansichten" 8 5 überwältigt werden darf, wie dies die Hochschullehrermehrheit eines Gremiums nach der trockenen Feststellung des Bundesverfassungsgerichts hinzunehmen hat, wenn sie von einer Koalition der anderen Gruppenvertreter und einer Professorenminderheit überstimmt wird. d) Die Analogie zwischen der Gruppenverschiedenheit und der Konfessionsverschiedenheit ist fehlgegriffen und die Übertragung der Gruppenuniversitätsmodelle auf das Verhältnis der Konfessionen unzulässig. Nochmals: Die Differenzen und möglichen Konflikte zwischen den verschiedenen Mitgliedergruppen eines Fachbereichs sollen durch ein geordnetes Verfahren mit abgestuften Mitbestimmungsmöglichkeiten in einem einheitlichen Willensbildungspr οzeß integriert und zu einem gemeinsamen Beschlußergebnis verschmolzen werden. Anderes gilt für die Differenzen und möglichen Konflikte zwischen wissenschaftlichen Fachrichtungen, zumal wenn sie auf religiösen Bekenntnisverschiedenheiten beruhen. Der Staat hat hier nicht die Aufgabe, die Wissenschaften durch mehr oder minder abgestufte Übergriffsrechte der Gremienmitglieder zu „integrieren" bzw. gleichzuschalten, sondern die Vielfalt und Eigengesetzlichkeit des wissenschaftlichen Lebens zu respektieren und durch die sachgerechte Organisation und Pflege der verschiedenen Fachrichtungen in Freiheit zu fördern und vor gegenseitigen Übergriffen zu schützen 86 . Die Organisation der Universität in eigene Fachbereiche für ihre besonderen Wissenschaftsdisziplinen hat nicht nur und nicht primär den verwaltungstechnischen Zweck der praktikablen Aufgliederung großer Einheiten (wie in Kompanien eines Regisowohl die evangelische als auch die katholische Theologie nach ihrem Selbstverständnis das unverkürzte Evangelium und die wahre Katholizität wissenschaftlich zu erforschen und zu vermitteln sucht. Auch die Reformation erstrebte bekanntlich nicht die Abspaltung und Sezession einer neuen evangelischen Kirche, sondern die Reformation der einen katholischen Kirche zur wahren Katholizität i.S. des wahren Evangeliums, wie umgekehrt die katholische Kirche und Theologie in Anspruch nahm, als katholische im wahren und umfassenden Sinne evangelisch zu sein. - Entscheidend ist hier der Unterschied zwischen dem (bekenntnisneutralen) Staat und der (bekenntnisbestimmten) Kirche: Der Staat muß durch seine freiheitlich-pluralistische Hochschulorganisation im Rahmen seines weiten, offenen Wissenschaftsbegriffs gewährleisten, daß die evangelische wie die katholische Theologie jeweils kritischselbstkritisch ihr eigenes Verständnis von Wahrheit, Evangelium, Katholizität, Identität und Ökumene in Freiheit und Selbstverantwortung entwickeln können, ohne einer staatlich organisierten Verfälschung bzw. Vermischung nach fremden Konfessionsmaßstäben ausgeliefert zu sein; das schließt in den Fachbereichsstrukturen die entscheidende Mitwirkung konfessionsfremder Theologen bei den theologischen Kernfunktionen aus. 85 BVerfGE 55, 63. 86 Oben S. 24ff., 28ff.

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V. Rechtliche Alternativen?

ments), sondern gewährleistet die Besonderung und Eigenart, die Eigengesetzlichkeit und Freiheit der Wissenschaftsdisziplinen und ihrer Fachvertreter. Sie schützt sie vor Nivellierung und Vergewaltigung nach fremden Maßstäben und Kriterien, indem sie die unterschiedslose Amalgamierung der Fachwissenschaften in den großen Topf der Gesamtuniversität verwehrt. Aus Art. 5 I I I GG ist deshalb richtigerweise ein Recht der Fachbereiche zur akademischen Selbstverwaltung der spezifischen Wissenschaftsbelange ihres Faches gefolgert worden 87 .

87 Maurer, Zur Rechtsstellung der Fachbereiche (Anm. 17), S. 193ff., 205ff., bes. S. 208 und S. 211ff.; Schwerdtfeger, Habilitationskompetenz (Anm. 21), S. lOff., 13, 111 ff., 1 1 4 f f 1 2 1 ; Scholz, Grundgesetz (Anm. 24), Art. 5 I I I RNr. 162ff.; BVerwGE 45, 48.

VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten bei der Gründung der Frankfurter Universität? Weithin wird die Meinung kolportiert, daß bei der Gründung der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt a. M. die Errichtung theologischer Fakultäten durch den Willen der zahlreichen jüdischen Stifter ausgeschlossen worden sei. Diese prinzipielle geistige Prägung sei auch in der Folgezeit maßgeblich geblieben. In der Tat ist die Frankfurter Universität, die inzwischen als volle Staatsuniversität unter den Normen des staatlichen Hochschulgesetzes steht, durch die staatliche Organisationsgewalt in staatlich verliehener Autonomie verfaßt ist und aus dem Hessischen Staatshaushalt finanziert wird, in ihrem Gründungsstadium wesentlich durch die großzügigen Stiftungen der jüdischen Geschäfts- und Finanzwelt finanziert worden, die dadurch erst die Existenz der Frankfurter Universität ermöglicht hat. Aber der Verzicht auf eine Evangelisch-theologische und Katholisch-theologische Fakultät war nicht die Folge eines grundsätzlichen Widerstands der jüdischen Geldgeber, sondern das Ergebnis komplizierter Auseinandersetzungen und Entwicklungen, die sich sowohl innerhalb der Frankfurter jüdischen Gemeinde, als auch innerhalb der evangelischen und der katholischen Kirche vollzogen und untereinander verknüpften und verwirrten. Die neuere universitätsgeschichtliche Forschung 88 hat diese Vorgänge in sorgfältiger Quellenanalyse erhellt. So hat das Fehlen theologischer Fakultäten für die beiden großen christlichen Bekenntnisse und statt dessen die sporadische und fragmentarische Pflege einzelner theologischer Aspekte und Komplexe im Rahmen der Philosophischen Fakultät - die zum Charakteristikum der Frankfurter Universität werden sollte - sehr verschiedene und zum Teil zufällige Ursachen. Sie lagen in der besonderen Zeitsituation der Gründungs jähre wie in der allgemeinen geistigen Lage, in den örtlichen Gegebenheiten der Stadt Frankfurt und auch in der Biographie einflußreicher Persönlichkeiten begründet. Die Initiative zur Gründung der Frankfurter Universität ging ja nicht vom Staate aus, der sich in seiner monarchisch-konstitutionellen Form bis 1918 noch wesentlich als „christlicher Staat" verstand 89 und der den theologi88 Zum folgenden vgl. insbes. das Werk von Kluke, Die Stiftungsuniversität Frankfurt a. M. (Anm.l), S.llOff. 89 Art. 14 Preußische Verfass, v. 31.1.1850; Gerhard Anschütz, Die Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31.1.1850, Berlin 1912, S. 261 ff., 268; Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, Stuttgart 1963, S. 115f., 174ff.;

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VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

sehen Fakultäten an seinen alten Staatsuniversitäten den Ehrenplatz reserviert hielt, sondern von den Kräften der Gesellschaft und der kommunalen Selbstverwaltung 90 . Oberbürgermeister Franz Adickes, der die Universitätsgründung als Krönung seines Lebenswerks betrieb, hatte sich persönlich aus seinem frommen Elternhaus nach dem biographischen Zeugnis seines Bruders zu einem philosophischen Standpunkt des „metaphysischen Indifferentismus und Agnostizismus" 91 fortentwickelt, weshalb er ein Bedürfnis für die Gründung theologischer Fakultäten in Frankfurt nicht empfand 92 . Die Universität war ferner wegen dieser Besonderheit der Gründungsinitiative auf die Stiftungsgelder der finanzkräftigen Frankfurter Gesellschaft angewiesen93, die dem christlichen Glauben fremd oder doch weithin entfremdet gegenüberstand, wie es der fortschreitenden Säkularisierung des Lebensgefühls, dem Vordringen der Naturwissenschaften und der wirtschaftswissenschaftlichen Akzentuierung aus dem Umfeld der Frankfurter Akademie für Handels- und Sozialwissenschaften entsprach. In der Welt der Wissenschaft wurde dies als ein schwerwiegender Geburtsmangel empfunden; namhafte Gelehrte der Vorweltkriegszeit wie Adolf v. Harnack, Karl Lamprecht, Theobald Ziegler, Martin Rade sahen darin eine bedenkliche Verengung und Verkürzung der wissenschaftlichen Universalität der deutschen Universität 94 , die sich über die „kurzsichtig-ökonomischen" Nützlichkeits-Gesichtspunkte 95 erheben müsse. Die preußische Rektorenkonferenz kritisierte diesen Mangel als „bedauerlichen Irrtum", protestierte gegen die Frankfurter Universitätsgründung auch aus diesem Grunde, sprach ihr deshalb den „Anspruch auf Wissenschaftlichkeit" ab und ließ die Berufung auf „gewisse amerikanische Universitäten" nicht gelten, die durch die Zersplitterung der christlichen Denominationen und das ganz andere geschichtliche und staatsrechtliche Umfeld nicht dem Leitbild des deutschen Kulturstaates entsprächen 96 . In ähnlichem Sinne äußerten sich Bd. 4, Stuttgart 1969, S. 646ff., 832ff., 868ff.; Martin Heckel, Säkularisierung. Staatskirchenrechtliche Aspekte einer umstrittenen Kategorie, Zeitschr. d. SavignyStiftung für Rechtsgeschichte 97, Kanonistische Abteilung 66, 1980, S. Iff., 40ff. 90 Richard Wachsmuth, Die Gründung der Universität Frankfurt, Frankfurt 1920; Kluke, Die Stiftungsuniversität Frankfurt a. M. (Anm. 1), S. 46ff., 53 ff. 91 Nach dem Zeugnis seines Bruders Erich Adickes, Franz Adickes als Mensch, in: Franz Adickes, sein Leben und sein Werk, Bd. X I der Frankfurter Lebensbilder, hrsg. v. d. Historischen Kommission der Stadt Frankfurt, Frankfurt 1929, S. 225ff.; Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 110. 92 Denkschrift „Gedanken und Erwägungen zwecks Ausgestaltung der Frankfurter Wissenschaftlichen Institute zu einer Philosophischen Fakultät" v. 2.10.1900, Wachsmuth, Die Gründung der Universität Frankfurt (Anm. 90), Anlage 8, S.138-142. Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 46, 92 ff. 93 Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 47ff., 52 ff., 138ff., 230ff. 94 Vgl. Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 112f., 115, 122. 95 Karl Lamprecht, Leipziger Neueste Nachrichten v. 3.4.1913. 96 Protokolle der Rektorenkonferenz v. 10. und 11.3.1911, Punkt XII, Marburger Universitäts-Akten, im Staatsarchiv Marburg 1950/9, Bd. 518; Kluke, Die Stiftungs-

VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

auch wenig später die Universitätsrektoren Preußens und die Senate der Universitäten Heidelberg und Tübingen sowie die Juristischen, Medizinischen und Philosophischen Fakultäten der Universitäten Marburg und Berlin, als sie sich mit eigenen Voten an die Verfassungsgebende Nationalversammlung in Weimar wandten und die Beibehaltung der Theologischen Fakultäten an der Universität gegen die radikalen Trennungsabsichten des preußischen Kultusministers Adolf Hoffmann forderten, was wesentlich zur Garantie der Theologischen Fakultäten in Art. 149 I I I WRV beitrug 97 . Auch die Philosophische Fakultät der Frankfurter Universität hat nach der Gründung wiederholt in förmlichen Fakultätsbeschlüssen Ende Februar 1919 und Ende Februar 1921 „die Angliederung einer Theologischen Fakultät" gefordert und die in Straßburg damals vertriebenen theologischen Lehrer in Frankfurt unterzubringen versucht 98 . Der Senat der Universität hat sich diesem Begehren der Begründung einer Evangelisch-theologischen Fakultät wärmstens angeschlossen, freilich mit der Einschränkung, daß die Geldmittel der Universität nicht hierfür in Anspruch genommen werden sollten 99 . Am Widerstand der Wissenschaft und der Frankfurter Universität im Besonderen ist damals die Gründung von theologischen Fakultäten nicht gescheitert. Auch der Kultusminister erklärte bei den Budgetberatungen im Preußischen Abgeordnetenhaus noch vor Ausbruch des Weltkrieges, daß eine theologische Fakultät zu einer Volluniversität gehöre und dies in Frankfurt „keineswegs ausgeschlossen" sei, dafür aber die Mittel anderweitig bereitgestellt werden müßten, da sich der Staat an der Frankfurter Universitätsgründung nicht beteiligen wolle und könne 1 0 0 . Ein Antrag der Konservativen auf Finanzierung einer theologischen Fakultät durch den Staat aber wurde durch Überweisung an die Budgetkommission diplomatisch „beerdigt", nachdem auch die Nationalliberalen zwar die Gründung einer theologischen Fakultät, nicht aber deren staatliche Finanzierung befürworteten^. Ergebnislos blieben die Initiativen der evangelischen Kirche zur Gründung einer evangelisch-theologischen Fakultät bei der Staatsregierung und bei der Stadt, desgleichen auch die Vorstöße des „Evangelischen Bundes" in Görlitz und der Kirchlich-sozialen Konferenz in Barmen im Jahre 1913 102 . Vor die Notwendigkeit gestellt, selbst die dafür erforderlichen Stiftungskauniversität (Anm. l),S.72,106,113,133.Es handelt sich um die preußische Rektorenkonferenz (nicht um die „deutsche" Rektorenkonferenz; zu berichtigen Kluke, S. 113). 97 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 21. 98 Insbes. in der Sitzung der Phil. Fak. v. 18.2.1921. Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 338, 353, 383. 99 Senatssitzung v. 25.2.1919; Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 339. 100 Ebenda, S. 123, 126. 101 Ebenda, S. 126f. 102 Ebenda, S. 123 f.

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VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

pitalien aufzubringen, erließ die Frankfurter Synode im November 1913 einen Appell an „die Opferwilligkeit der besitzenden evangelischen Kreise", der sich jedoch als peinlicher Fehlschlag erwies 103 . Die Wiederholung dieses kirchlichen Aufrufs im Reformations jähr 1917 zur Sammlung eines „Reformationsjubiläums-Fonds" zur Fakultätserrichtung war in dem harten Kriegs jähr nicht erfolgreicher - die Kräfte der kleinen Frankfurter Lutherischen Landeskirche, die 1866 bei der Eingliederung Frankfurts in Preußen selbständig geblieben und nicht in der Altpreußischen Union aufgegangen war, reichten innerlich und äußerlich nicht dafür aus 103 . So mußte sich die Lutherische Landeskirche damit bescheiden, die evangelische Theologie durch den reformierten Frankfurter Pfarrer Erich Foerster mit einem festen Lehrauftrag für Kirchengeschichte in der Philosophischen Fakultät vertreten zu sehen. Der Plan einer evangelisch-theologischen Fakultät wurde schließlich aufgegeben und abgelöst durch das bescheidene Projekt eines Instituts zur Ausbildung evangelischer Relgionslehrer im Rahmen der Philosophischen Fakultät, das durch vier Lehraufträge an Pfarrer und evangelische Religionslehrer betrieben wurde 1 0 4 . Die katholische Kirche ergriff noch später als die evangelische die Initiative zur Gründung einer theologischen Fakultät, umfaßte sie doch nur eine Minderheit der Frankfurter Bevölkerung und stand sie doch dem modernen universitären Wissenschaftsbetrieb mit seinen Tendenzen zur Liberalisierung, Säkularisierung und Emanzipation in innerer Distanz gegenüber, die ihr die Eingliederung ihrer Geistlichenausbildung in den weltlichen Zuschnitt der Frankfurter Gründung zunächst wenig erstrebenswert erscheinen ließ. Dann aber regten sich auch im Bistum Limburg und in den Kreisen des politischen Katholizismus bedeutsame Initiativen zur Errichtung einer eigenen Frankfurter katholisch-theologischen Fakultät, um durch die wissenschaftliche Forschung und Lehre dem katholischen Denken eine neue Entfaltung gerade in dieser Universität zu ermöglichen. Der Limburger Bischof gab seine anfängliche Reserviertheit auf und suchte die Fuldaer Bischofskonferenz für die Fakultätsgründung und deren Finanzierung im Interesse des gesamtdeutschen Katholizismus zu gewinnen; das Projekt wurde insbesondere von dem Münsteraner Moraltheologen und führenden Zentrumspolitiker Mausbach seit 1917 rührig propagiert 105 . Aber auch hier scheiterte der Plan an Finanzierungsschwierigkeiten und an der Rivalität der Diözesen, die eine Schädigung ihrer auswärtigen Priesterausbildungsstätten durch die Frankfurter Neugründung scheuten. So wurde auch hier der Plan einer katholischen Theologenfakultät aufgegeben und reduziert auf das Verlangen nach katholischen Professuren und Lehraufträgen für 103

Ebenda, S. 124, 131, 337 - 339. 104 Ebenda, S. 335ff., 362ff. 105 Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 339ff., 345ff.

VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

Philosophie, Geschichte und katholische Religionswissenschaften im Rahmen der Philosophischen Fakultät 1 0 6 . Es bleibt festzuhalten, daß nicht der Widerstand der jungen Universität die Gründung der Theologenfakultäten verhindert hat, sondern innerkirchliche Gründe und äußere Hemmnisse in der schweren Kriegs- und Nachkriegszeit dafür ausschlaggebend wurden. Der Kurswechsel der katholischen Kirche hatte freilich seinen Hintergrund in dem Parallelprojekt der Errichtung einer eigenen theologischen Hochschule außerhalb und unabhängig von der Frankfurter Universitätsgründung: Seit 1917 schälte sich der Gedanke heraus, eine eigene philosophisch-theologische Lehranstalt der Kirche zu gründen, bei der die Ernennung des Lehrkörpers und die Organisationsgewalt ganz in den Händen des Episkopats lag, so daß sich ein katholischer Forschungs- und Lehrbetrieb ohne Gefahr der Störung oder Verfremdung einrichten ließ 1 0 7 . Man hoffte dann durch Lehraufträge der Universität an renommierte Professoren der kirchlichen Hochschule gleichsam von außen her um so effektiver in die Universität einwirken zu können. Für diese Gründung konnte man den Jesuitenorden gewinnen. So fand die Jesuitenhochschule St. Georgen in den Verhandlungen des Jahres 1926 ihre Gestalt und schließlich auch die Anerkennung des Kultusministeriums 108 . Ihre Angliederung an die Universität wurde weder von der Kirche noch von der Stadt noch von der Universität verfolgt. In der Jüdischen Gemeinde zeigten sich ähnlich widersprüchliche und wechselhafte Tendenzen. Als im Jahre 1912 der protestantische Pastor Martin v. Gerlach in der „Preußischen Kreuzzeitung" die Errichtung einer Jüdisch-Theologischen Fakultät in Frankfurt vorschlug, um der jüdischen Theologie die Gleichberechtigung und wissenschaftliche Kommunikation an der dortigen Universität zu ermöglichen, und als der Marburger Theologieprofessor Martin Rade sich seit 1913 wiederholt für die Einbeziehung der vergleichenden Religionswissenschaft in die Theologie einsetzte und für die Gründung einer überkonfessionellen Theologenfakultät mit evangelischen, katholischen und israelischen Theologen plädierte, fand dies ein zwiespältiges Echo 1 0 9 . Das Rabbinertum widersprach im Berliner „Jüdischen Literaturblatt", da es die Berufsausbildung seiner Geistlichen keineswegs der Universität überlassen wollte und zumal in einer gemeinsamen Theologenfakultät eine unannehmbare Gefährdung der jüdischen Tradition und Identität erblickte. Im Zusammenhang mit der Frankfurter Universitätsgründung strebte man deshalb hier nicht nach einer gleichberechtigten Vertre106

Ebenda, S. 348 ff. κ>7 Ebenda, S. 347 f., 369ff. !08 Ebenda, S. 372. κ>9 Jüdisches Literaturblatt, Jahrg. X X X I I I , 1911,2. Heft, Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 118 ff.

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VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

tung der Theologie an der Universität, sondern nach einer Gleichberechtigung der jüdischen Gelehrten gegenüber den traditionellen Diskriminierungen in der Lehrstuhlbesetzung aller Fakultäten - ein Ziel, das sich in Gleichberechtigungsklauseln mancher Stiftungsverträge niederschlagen sollte. Am Problem der Assimilation schieden sich die Geister: Die Orthodoxie befürchtete von der fortschreitenden Säkularisierung und Emanzipationswelle gerade an der Universität eine Verflüchtigung ihrer religiösen Substanz und das Aufgehen in der weltlich verstandenen deutschen Kulturnation und Nationalkultur. So kam es zur Gründung besonderer jüdischtheologischer Seminare in Breslau (1854) und in Berlin, wo sich die liberale „Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums" von 1872 und das orthodoxe „Rabbinerseminar" (1873) gegenüberstanden. - Das liberale Judentum aber strebte nach gleichberechtigter Aufnahme der jüdischen Theologie durch die Universitäten. Vor allem Franz Rosenzweig, der bedeutende Hegel-Forscher, hatte noch 1916 die Notwendigkeit eines akademisch-theologischen Ausbildungsganges für jüdische Religionslehrer an den Höheren Schulen propagiert 110 . Dann aber hatte er als Soldat in Osteuropa das sefardische Judentum und seine ungebrochene Gläubigkeit und Kraft kennengelernt, sich davon ergreifen lassen und sich zum Ziel gesetzt, die Judenheit durch eigene jüdische Lehranstalten zum echten, unverfälschten Judentum zurückzubringen 111 . Die jüdische Gemeinde gründete deshalb 1920 das „Freie Jüdische Lehrhaus" in Frankfurt, dessen Leitung Franz Rosenzweig am 1. August übertragen erhielt. Der Plan einer jüdischen Theologischen Fakultät wurde nun ganz fallengelassen; statt dessen wurden auch hier einzelne Lehrstühle oder Lehraufträge für jüdische Gelehrte angestrebt. So suchte man die Vertretung der jüdischen Theologie an der Universität von dem sicheren Platz einer jüdischen Lehranstalt aus zu realisieren. Im Sommersemester 1922 wurde ein entsprechender Lehrauftrag für Religionswissenschaft und jüdische Ethik an Franz Rosenzweig erteilt, und als dieser bald darauf erkrankte, auf Martin Buber übertragen 111 . Daß die Theologie an der Frankfurter Universität keine eigene, durch akademische Autonomie gesicherte institutionelle Vertretung erhielt, ist no Franz Rosenzweig, Zeit ist's - Gedanken über das jüdische Bildungsproblem des Augenblicks (1916/17), in: Franz Rosenzweig, Kleinere Schriften, Berlin 1937, S. 56ff.: „... die Theologische Fakultät im Rahmen einer deutschen Universität ein großes Ziel bleibt, vielleicht das Wichtigste, was w i r jetzt, wenn w i r selbst die notwendigen Opfer bringen, vom Staat im gegenwärtigen Augenblick erreichen könnten." - Es gibt Anzeichen dafür, daß man jedoch mit diesem Plan einer Jüdisch-theologischen Fakultät an der Frankfurter Universität erst nach Errichtung der christlichen Theologenfakultät(en) an die Öffentlichkeit treten wollte, um nicht vorzeitig die verschiedensten Widerstände gegen diese Neuheit in der akademischen Tradition zu wecken. Nahum N. Glazer, Franz Rosenzweig, His Life and Thought, New York 1961, S. 125; Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 359, 387. 111 Glazer, Franz Rosenzweig (Anm. 110), S. 84, 90, 93; ders., The Frankfort Lehrhaus, in: Leo Baeck-Institut Yearbook1,1956, S. 105ff.; Kluke, Die Stiftungsuniversität (Anm. 1), S. 360ff., 373, 377.

VI. Ausschluß der theologischen Fakultäten in Frankfurt?

mithin nicht am Widerstand der Wissenschaft und speziell der Frankfurter Universität, auch nicht des Judentums und nicht am Widerstand der Gesellschaft und der staatlichen wie kommunalen Gewalten gescheitert, auch wenn sich in der Presse vereinzelt die Polemik gegen die Theologie als Wissenschaft vernehmen ließ. Neben den Finanzierungsschwierigkeiten ist jenes Manko auch darauf zurückzuführen, daß das Hochschulrecht jener Tage nicht die geeigneten, hinreichend differenzierten Freiheitsformen zur Verfügung hatte, die in der Vielfalt und Verflochtenheit der Wissenschaften die unverfälschte Pflege der theologischen Disziplinen nach ihrem freien Selbstverständnis in Eigengesetzlichkeit fördern und entfalten ließen.

5 Heckel

V I I . Die Einzelfragen A. M u ß das Studium der evangelischen Theologie an evangelisch-theologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen erfolgen?

1. Die kirchlichen Rechtsnormen und akademischen Prüfungsordnungen In den kirchlichen Rechtsnormen über die Erste Theologische Prüfung, also das Kirchenexamen als Abschluß der Universitätsausbildung, wird durchweg ein volles Theologiestudium verlangt, das an Evangelisch-theologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen abgeleistet werden muß. Dem Studium an den staatlichen Theologenfakultäten wird das Studium an einer Evangelischen Kirchlichen Hochschule weitgehend gleichgestellt, wie sie in Berlin, Bethel, Neuendettelsau und Wuppertal in den vergangenen Jahrzehnten errichtet worden sind 1 1 2 . In der Rechtsverordnung über die Erste Theologische Prüfung der Evangelischen Kirche von Hessen-Nassau vom 14.4.86 (§ 1 III) ist dies ebenso bestimmt wie in der Verordnung der Kirche von Kurhessen-Waldeck über die Erste theologische Prüfung vom 14.9.83 (§ 1 II). Für die Anrechnung von Studiensemestern an anderen Hochschulen ist eine begrenzte Ausnahmegenehmigung vorgesehen, die sinngemäß nur dann erteilt werden kann, wenn ein evangelischer Ausbildungsgang an evangelisch-theologischen Lehreinrichtungen im Ganzen abgewickelt und das Studium im Geiste der evangelischen Theologie gewährleistet erscheint. Die Prüfungsordnungen auch der anderen deutschen Landeskirchen für das erste Kirchenexamen stimmen damit überein. Überall ist prinzipiell ein volles Theologiestudium an evangelisch-theologischen Lehrstätten als Zulassungsvoraussetzung für das erste theologische Examen erfordert, das dann den Zugang in den kirchlichen Vorbereitungsdienst und über das zweite theologische Examen in den Kirchendienst eröffnet 113 . Aus dem Prüfungsziel des „berufsqualifizierenden Abschlusses" für den Kirchendienst, aus den Prüfungsvoraussetzungen des vollen Theologiestudiums, aus dem Kanon der Prüfungsfächer, die sich aus den theologischen Kernfächern des 112 Ernst-Lüder Solte, Die evangelischen kirchlichen Hochschulen, Zeitschr. f. Wissenschaftsrecht, Beiheft 8 „Hochschulen der Religionsgemeinschaften", 1983, S. 21; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 242ff., 373 m. Nachw. 113 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 246ff.

Α. Studium nur an evangelisch-theologischen Fachbereichen?

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Alten und des Neuen Testaments, der Kirchen- und Dogmengeschichte, der Systematischen und Praktischen Theologie, der Missions- und Religionswissenschaft zusammensetzen, aus den Bewertungsmaßstäben der evangelischen Theologie und aus der Zusammensetzung des Prüfungskollegiums mit evangelischen Theologen ergibt sich die äußere und innere Einheit des kirchlichen Prüfungswesen aus dem Geist und den wissenschaftlichen K r i terien der evangelischen Theologie. Die akademischen Prüfungsordnungen über das evangelisch-theologische Fakultätsexamen, die Magisterprüfung, die Promotion und Habilitation sind nach dem gleichen Maßstab der evangelischen Theologie ausgerichtet. Diese akademischen theologischen Prüfungen sind mit den Kirchenprüfungen durch zahlreiche Verweisungs- und Anrechnungsmöglichkeiten verzahnt, die die Einheit des evangelisch-theologischen Lehr- und Prüfungswesens im ganzen demonstrieren 113 . Das evangelisch-theologische und katholisch-theologische Prüfungswesen ist in ganz Deutschland sowohl auf Seiten der Kirche sowie auf Seiten der akademischen Institutionen streng getrennt; eine gemischt-konfessionelle Prüfung ist infolge der Differenz der Wissenschaftsmaßstäbe nirgendwo auch nur im Ansatz realisiert worden 1 1 4 . 2. Notwendigkeit des evangelischen Theologiestudiums an evangelischen Theologenfakultäten Das Studium an evangelisch-theologischen Fakultäten erscheint kirchenrechtlich wie staatskirchenrechtlich erforderlich, da nur an evangelischtheologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen eine unverkürzte Pflege der evangelischen Theologie ohne Gefährdung ihrer wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeit und bekenntnismäßigen Eigenart gewährleistet ist. Unter den derzeitigen hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen des Hessischen Hochschulrechts (und Bundesrahmenrechts) ist dies freilich nur in verselbständigten evangelisch-theologischen Fachbereichen - wie ausgeführt ohne die Gefahr fremdkonfessioneller Fremdbestimmung der Fall 1 1 5 . Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn das Hochschulrahmengesetz und die Hochschulgesetze der Länder die Fachbereiche nicht als „organisatorische Grundeinheit der Universität" festgelegt hätten und stattdessen eine Aufgliederung der Fachbereiche in selbständige Sektionen sowie die Übertragung der entscheidenden Wissenschafts- und Selbstverwaltungsfunktionen, besonders des Prüfungs- und Berufimgswesens, an diese vorsehen würden 1 1 6 . 114

Ebenda, S. 232 ff. us Vgl. oben S. 38f. 116 Vgl. oben S. 18ff., 46ff. 5'

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VII. Die Einzelfragen

Entscheidend sind in diesem Zusammenhang die Funktionen, nicht die „bloßen" Organisationsformen: das Studium der evangelischen Theologie muß an evangelisch-theologischen Wissenschaftseinrichtungen mit verselbständigter Fakultätsstruktur erfolgen, weil nur dort die theologischen Funktionen ohne Einschränkungen nach den evangelisch-theologischen Wissenschaftsmaßstäben sachgerecht zu erfüllen sind, nicht aber weil diese Organisationsform einen Selbstzweck darstellte. Bei Änderungen der Hochschulstruktur muß auch in anderweitigen Organisationsformen die Ausübung der theologischen Kernfunktionen nach den Wissenschaftskriterien der evangelischen Theologie unverkürzt gewährleistet sein. Wenn die kirchlichen Vorschriften und die akademischen Prüfungsordnungen (etwa auch der anderen deutschen Bundesländer) auf das Studium an evangelisch-theologischen „Fachbereichen" bzw. „Fakultäten" verweisen, so werden damit akademische Einheiten mit Autonomie in den theologischen Kernfunktionen vorausgesetzt, nicht aber eine bestimmte Fakultäts- bzw. Fachbereichsstruktur kirchlicherseits festgelegt bzw. dem Staate vorgeschrieben. Deshalb würde die Aufgliederung von Fachbereichen in selbständige wissenschaftliche Sektionen mit der Delegation der entscheidenden Wissenschafts- und Selbstverwaltungsfunktionen - wie sie das derzeitige Hochschulrecht freilich nicht erlaubt - den kirchlichen Anforderungen genügen. Mit dieser Einschränkung ergibt sich die Notwendigkeit des evangelischen Theologiestudiums an evangelisch-theologischen Fakultäten bzw. Fachbereichen aus folgenden Gründen: 3. Freiheit des kirchlichen Ämterrechts Die Verfassungsgarantie der Freiheit des Ämterrechts in Art. 137 I I I WRV/140 GG und die entsprechende Kirchenvertragsgarantie in Art. 1 I I I des Hessischen Kirchenvertrags vom 18.2. I960 1 1 7 erlauben der Kirche, nicht nur die Verleihung der kirchlichen Ämter ohne Mitwirkung des Staates selbständig zu regeln, sondern auch die einschlägigen Voraussetzungen der Ämterverleihung in freier kirchlicher Selbstbestimmung zu normieren 1 1 8 . Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das Ausbildungswesen ebenso zum Kernbereich der „eigenen Angelegenheiten" der Kirchen i.S. der kirchlichen Selbstbestimmungsgarantie gehört wie das kirchliche Ämterrecht. Letzteres hat die Verfassung i n diesem Zusammenhang nochmals 117

Listi, Die Konkordate und Kirchenverträge (Anm. 8), Bd. 1, S. 803. Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11.8.1919, ein Kommentar, 14. A. Berlin 1933, S. 636; Konrad Hesse, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. v. Ernst Friesenhahn / Ulrich Scheuner, Bd. I, Berlin 1974, S. 422f., 424f., 427; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 35, 328f., 348, 365. 118

Α. Studium nur an evangelisch-theologischen Fachbereichen?

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hervorgehoben, um den historischen Überhang der staatlichen Einwirkungsrechte auf das kirchliche Ämterwesen aus der Zeit des Staatskirchentums und der Staatskirchenhoheit des 19. Jahrhunderts zweifelsfrei zu beseitigen. Durch die Weimarer Verfassung und vollends durch das Grundgesetz ist ein rechtlicher Zwang zur Benützung der staatlichen Theologenfakultäten durch die Kirchen ausgeschlossen, wie er im Kulturkampf durch das Preußische Gesetz über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen v. 11.5.1873 der katholischen Kirche auferlegt wurde, um sie über die Universitätsausbildung tunlichst einer säkularisierenden Zwangsliberalisierung im fremden Geist zu unterziehen 119 . Es steht der Kirche frei, ob sie ihre Theologenausbildung an den staatlichen Universitäten geschehen lassen will. Sie wird sich dazu nur entschließen, wenn die theologischen Fakultäten den theologischen Maßstäben ihres Verständnisses und Bekenntnisses der göttlichen Offenbarung im Evangelium entsprechen und wenn sie den künftigen Geistlichen die nötige Zurüstung für das geistliche Amt vermitteln. Die Garantie der theologischen Fakultäten in Art. 149 I I I WRV und in den späteren deutschen Landesverfassungen und Kirchenverträgen hat deshalb für die Kirchen nicht den Rechtscharakter eines staatlichen Gebotes, sondern eines Angebotes, von dem sie in freier Selbstbestimmung Gebrauch machen können 1 1 9 . Schon zur Weimarer Zeit hat diese verfassungsrechtliche Ausgangslage den verfassungsrechtlichen Grund und den kulturpolitischen Anstoß für den Abschluß von Kirchenverträgen gegeben, da die Errichtung und Organisation theologischer Wissenschaftseinheiten durch den Staat nur durch Koordinierung mit den Kirchen sinnvoll zu realisieren war. Der weltliche Staat beschränkte sich auf die weltliche Seite der Organisation und Wahrung der Wissenschaftlichkeit, indem er das akademische Niveau auch der theologischen Forschung und Lehre durch seine Berufungspraxis, Prüfungsordnungen, akademischen Grade normierte. Hingegen überließ er - im Sinne seiner verfassungsmäßigen Selbstbeschränkung auf die Weltlichkeit und konfessionelle Neutralität - den Kirchen, in freier geistlicher Selbstbestimmung die Anforderungen und Grenzen des Bekenntnisses im Bezug auf die theologische Lehre zu bestimmen 120 . Seit der Gründung der Straßburger 119 Solte, Theologie an der Universität (Anm. 39), S. 91, 102, 118; Hollerbach, Die theologischen Fakultäten und ihr Lehrpersonal (Anm. 39), S. 155; Christoph Link, Staatskirchenrechtliche Probleme der nicht akademisch vorgebildeten Geistlichen, ZevKR 17,1972, S. 257ff., 261; ν . Campenhausen, Theologische Fakultäten (Anm. 39), S. 1025; Müller-Volbehr, Staat und Kirche - Universität und Theologie (Anm. 39), S. 8; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 334, 370f. 120 Über die zentrale Kompetenzabgrenzung und Maßstabregelung zwischen Staat und Kirche in den gemeinsamen Angelegenheiten des Staatskirchenrechts vgl. Hekkel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 25ff., insbes. S. 31 Anm. 41; ebenso ders., Staat Kirche Kunst. Rechtsfragen kirchlicher Kulturdenkmäler, Tübingen 1968, S. 173ff., 204, 232; Solte, Theologie an der Universität (Anm. 39), S. 91f., 154 Anm. 144, 186; Hesse, Selbstbestimmungsrecht (Anm. 118), S. 441.

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VII. Die Einzelfragen

Katholisch-theologischen Fakultät im Jahre 1902 ist die Errichtung theologischer Fakultäten und die Einführung theologischer Studiengänge wie die Verleihung theologischer Grade im Einvernehmen zwischen Staat und Kirche praktiziert worden 1 2 1 . Die evangelischen Landeskirchen können deshalb von Verfassungs wegen frei darüber entscheiden, ob sie die Studienleistungen im Rahmen des geplanten Studiengangs eines evangelisch-theologischen Vollstudiums am Frankfurter Fachbereich Religionswissenschaften/Wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" anerkennen wollen bzw. können. Der Staat kann zwar nach dem deutschen Hochschulrecht und Staatskirchenrecht kraft seiner staatlichen Organisationsgewalt an den Universitäten als Staatseinrichtungen Studiengänge in allgemeiner Religionswissenschaft, Religionssoziologie, Religionsphilosophie usw. einrichten, die nicht bekenntnismäßig festgelegt sind und sich durchaus religionskritisch mit den christlichen Konfessionen, ihrer Kirchenstruktur und ihrer Theologie beschäftigen können, ohne daß dies die Kirche hindern kann. Er könnte wohl auch kraft seiner staatlichen Organisationsgewalt einseitig theologische Lehrstühle und theologische Wissenschaftseinheiten schaffen, wenn er das Bekenntnis der entsprechenden Kirche dabei respektiert 122 . Er kann jedoch von den Kirchen nicht die Anerkennung dieser Ausbildungsgänge und Studienleistungen als Eintrittsvoraussetzung in den kirchlichen Dienst und die Übernahme dieser Kandidaten in den Kirchendienst verlangen; er ist vielmehr auf ihr geistliches Einverständnis und ihre verwaltungsrechtliche Kooperation angewiesen, wenn die staatliche Organisationsmaßnahme ihre vollen gesellschaftlichen Wirkungen auch im Bereich der Religionsgesellschaften entfalten w i l l und nicht als eine „Reformruine" verkümmern soll. Die Freiheit des kirchlichen Ämterrechts und Ausbildungswesens kann freilich von den Kirchen durch freiwillige Vereinbarung mit dem Staat beschränkt werden 1 2 3 . Das ist in der Tat durch Abschluß der Kirchenver121

So bereits Johannes Heckel, Der Vertrag des Freistaates Preußen, Theolog. Blätter 11, 1932, Sp. 201: „Die Kirche kann ... über die Vorbildung der Geistlichen gemäß Art. 137 Abs. 3 RV selbständig befinden; ... Die staatlichen theologischen Fakultäten haben also nicht etwa von Staatsrechts wegen einen Anspruch auf die kirchliche Anerkennung, und die Kirche ist zu ihrer Anerkennung nicht verpflichtet. W i l l nun der Staat seinen Fakultäten jene Anerkennung auf die Dauer sichern, so bleibt ihm gar nichts übrig als sich mit der Kirche bei Zeiten praktisch zu verständigen". Vgl. auch Solte, Theologie an der Universität (Anm. 39), S. 118ff.; Werner Weber, Theologische Fakultäten, Handbuch des Staatskirchenrechts, hrsg. v. Ernst Friesenhahn und Ulrich Scheuner, 2. Bd., Berlin 1975, S. 571; Thieme, Hochschulrecht (Anm. 17), S. 171. 122 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 330; bestr. - AA. v. Campenhausen, Theologische Fakultäten (Anm. 39), S. 1025; Müller-Volbehr, Staat und K i r che - Universität und Theologie (Anm. 39), S. 8; Schrimpf, in: Denninger, Hochschulrahmengesetz (Anm. 34), § 64 RNr. 90. 123 Hesse, Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Anm. 118), S. 428 ff.

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träge u. a. auch für die theologischen Fakultäten geschehen: Das „Angebot des Staates" zur Aufrechterhaltung der Fakultät wurde von den Kirchen durch Abschluß der Konkordate und Kirchenverträge rechtsverbindlich angenommen 124 . Nach den Vorverhandlungen, dem Wortlaut, Sinn und Ziel der einschlägigen Bestimmungen ist davon auszugehen, daß die Kirchen sich auch selbst damit zur Erhaltung und Benützung der durch den Staat zur Verfügung gestellten theologischen Fakultäten verpflichtet haben und es ihnen rechtlich nicht freisteht, den vertragsgesicherten Theologenfakultäten „die" wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen (als die Normalform des theologischen Ausbildungswesens der Kirche) zu entziehen und auf kircheneigene Ausbildungsstätten überzuleiten. - Auch der Staat ist aus kulturpolitischen und allgemeinen Erwägungen an der Erhaltung eines wissenschaftlich vorgebildeten Pfarrerstandes interessiert, hat seine Staatsleistungen auf akademisch ausgebildete Kirchendiener abgestellt und die Mitwirkung der Kirchen bei der Berufung der theologischen Lehrer im Blick auf die tatsächliche Benützung durch die Kirchen eingeräumt 124 . So wurde in vielen Kirchenverträgen das Triennium vertraglich ausbedungen und die Kirchen dadurch verpflichtet, ein dreijähriges Theologiestudium an einer staatlichen Hochschule zur Anstellungsvoraussetzung für den Kirchendienst zu machen. Diese Vertragsverpflichtung der Kirchen zur Benutzung und Anerkennung theologischer Ausbildungsstätten des Staates beschränkt sich jedoch auf die klassischen Theologenfakultäten: Nur sie sind in den Kirchenverträgen genannt. Auch bei einer Fortentwicklung des Hochschulrechts könnte eine entsprechende Verpflichtung nur auf akademische Einheiten mit fakultätsartigem Autonomiestatus in den theologischen Kernfunktionen (der Forschung, Lehre, Prüfung, Graduierung, Berufung usw.) sinngemäß erstreckt werden. Die Kirchen sind keineswegs verpflichtet, Studiengänge gemischt-konfessioneller Universitätseinrichtungen als Prüfungs- und Anstellungsvoraussetzung für den Kirchendienst anzuerkennen 125 . 4. Die Garantie der theologischen Fakultäten in den Kirchenverträgen Die Garantie der theologischen Fakultäten in den Konkordaten und K i r chenverträgen verpflichtet den Staat, diese Statusgarantie nicht dadurch zu unterlaufen und aufzubrechen, daß auch anderen Fachbereichen das Recht 124 Werner Weber, Rechtsfragen der kirchlichen Hochschulen, ZevKR 1, 1952, S. 351 ff.; ders., Der gegenwärtige Status der theologischen Fakultäten und Hochschulen, in: „Tymbos f. Wilhelm Ahlmann", Berlin 1951, S. 312f.; Solte, Theologie an der Universität (Anm. 39), S. 103ff.; Link, Nichtakademisch vorgebildete Geistliche (Anm. 119), S. 257ff., 273; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 371ff. 125 Vgl. Artt. 13 u. 14 des Hessischen Kirchenvertrags v. 18.2.1960, Listi, Die Konkordate und Kirchenverträge (Anm. 8), Bd. 1, S. 807 f.

VII. Die Einzelfragen

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zur Abhaltung theologischer Studiengänge und Prüfungen und zur Verleihung theologischer Grade eingeräumt wird. Die Garantie der theologischen Fakultäten ist in den Landesverfassungen und Kirchenverträgen nicht als eine leere Organisationshülse gedacht, sondern schützt diese Fakultäten als Sinneinheit in ihrer theologischen Eigenart. Geschützt ist ihr äußerer Bestand und ihr inneres Profil, und zwar sowohl im Sinne ihrer theologischen Besonderheit gegenüber anderen (allgemein-religionswissenschaftlichen) Fakultäten, als auch in ihrer differenzierten Ausprägung entweder für die katholische oder die evangelische Theologie. Es ist dem Gesetzgeber zweifellos verwehrt, die theologischen Fakultäten mit Atheisten bzw. Anhängern fremder Konfessionen oder Weltreligionen durch eine verfälschende Berufungspraxis aufzufüllen, wie es die begriffspositivistische Argumentation noch in der Weimarer Zeit vertrat 1 2 6 . Mit der Garantie der Theologenfakultäten ist ihre Kompetenz und ihre Funktion in den Kernmaterien des theologischen Forschungs-, Lehr-, Prüfungs- und Berufungswesens mitumfaßt. Andere, philosophische oder allgemein-religionswissenschaftliche Fachbereiche dürfen nicht in die theologischen Fakultäten hinüberprüfen, -promovieren, -habilitieren, indem sie in einer Art wissenschaftsüberschreitender „Ersatzvornahme" die Prüfungen der fremden theologischen Disziplin abnehmen und deren Grade verleihen 127 . Das gleiche Ergebnis folgt auch aus Art. 5 Abs. 3 GG: Die Garantie der Wissenschaftsfreiheit w i l l den wissenschaftlichen Prozeß vor Fremdeinflüssen und Übergriffen schützen und durch die Autonomie der fachkompetenten akademischen Gremien sichern. Deren Autonomie darf deshalb nicht zum Übergriff in fremde wissenschaftliche Disziplinen benützt werden. Sowohl der Gesetzgeber als auch das Kultusministerium und die Zentralgremien der Universität dürfen deshalb das Recht zur Abhaltung von Studiengängen und Prüfungen sowie zur Graduierung nur den fachkompetenten Fachbereichen übertragen. Grenzüberschreitende Rechtsakte einer Fakultät wirken ja weit über deren eigenen Binnenbereich hinaus, da sie „Tatbestandswirkung" auch für alle anderen Fakultäten und Institutionen der Verwaltung wie der Gesellschaft beanspruchen: Die an einer solchen nichtfachkompetenten Fakultät erbrachten 126

Anschütz, Kommentar zur WRV (Anm. 118), A. 3 zu Art. 136, S. 625; Joh. Viktor Bredt, Neues evangelisches Kirchenrecht für Preußen, Bd. 2, Berlin 1922, S. 133, Anm. 3; Hermann Mirbt, Art. 135, 136, Glaubens- und Gewissensfreiheit, in: Nipperdey (Hrsg.), Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Bd. 2, Berlin 1930, S. 336. - Müller-Volbehr, Staat und Kirche - Universität und Theologie (Anm. 39), S. 23; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 27, 92, 202, 312. 127 Vgl. Werner Weber, Die Bindung theologischer Habilitationen an theologische Fakultäten, in: Festschr. f. Ulrich Scheuner, Berlin 1973, S. 592f., bes. 598f.; Axel v. Campenhausen, Rechtsprobleme der Habilitation im Fach Theologie, in: Festschr. f. Friedrich Berber, München 1973, S. 127f.; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 249ff., 262ff.

Α. Studium nur an evangelisch-theologischen Fachbereichen?

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Studienleistungen und errungenen Grade stören die Kompetenz und Eigenverantwortlichkeit der evangelischen Theologenfakultäten, wenn sie i n deren Rahmen als Zulassungsvoraussetzung für die höheren Stufen des ev.-theolog. Prüfungswesens, der Promotionen und Habilitationen benützt werden. Die Kultusverwaltung kann nicht Akte fachfremder Fakultäten den fachkompetenten Fakultäten gleichsam als Kuckucksei ins Nest legen. Die Garantie der Theologenfakultäten auf dem Hintergrund der Garantie aus Art. 5 I I I GG verbietet deshalb dem Staat, philosophische Fachbereiche oder solche für allgemeine Religionswissenschaften und ebenso gemischtkonfessionelle Doppelfachbereiche über die „TatbestandsWirkung" ihrer Rechtsakte in die klassischen Fakultäten bzw. Fachbereiche für evangelische bzw. katholische Theologie einwirken zu lassen. Das Hochschulrecht und das Staatskirchenrecht stehen hier inhaltlich in voller Übereinstimmung und führen zum gleichen Ergebnis: Die Sicherung der Freiheit und Eigengesetzlichkeit der Wissenschaften w i r d nicht durch staatskirchenrechtliche Beschränkungen oder Privilegierungen verfremdet oder beschnitten, und ebensowenig wird der Schutz des Bekenntnisses und der kirchlichen Selbstbestimmung durch hochschulrechtliche Strukturen überlagert und zurückgedrängt. Hochschulrecht und Staatskirchenrecht sind ohne Rangstufung und -konflikt zur Einheit gebracht 128 . Theologische Fremdhabilitationen durch die philosophische Fakultät, wie sie in Berlin und Gießen rechtswidrig vorgenommen worden sind, sind ebenso unzulässig wie die Habilitation für evangelische Theologie durch einen katholischen Fachbereich bzw. durch katholische Mitglieder eines gemischt-konfessionellen Fachbereiches und vice versa. Staatskirchenrechtlich ist das gesamte theologische Fakultätenrecht in Deutschland darauf abgestellt, daß nur die klassischen theologischen Fakultäten die theologischen Grade erteilen können, daß insbesondere sie allein die Kompetenz für theologische Promotionen und Habilitationen besitzen, die von zentraler Bedeutung für die Heranbildung des Nachwuchses und die Ergänzung des theologischen Lehrkörpers im Sinne des evangelischen bzw. katholischen Bekenntnisses ist. Darauf ist die komplizierte Mitwirkung der Kirchen bei der Berufung der Lehrer bzw. die Möglichkeit der Lehrbeanstandung abgestellt, die in den Konkordaten mit der katholischen Kirche und in den evangelischen Kirchenverträgen sehr detailliert ausgestaltet worden ist 1 2 9 . Dieses kirchliche Mitwirkungsrecht wird unterlaufen, wenn der Staat theologische Kernfunktionen auch anderen Fachbereichen überträgt oder Mitglieder anderer Fachbereiche, ja sogar fremder Konfession, an 128 Werner Weber, Theologische Habilitationen (Anm. 127), S. 595; v. Campenhausen, Habilitation im Fach Theologie (Anm. 127), S. 128ff., 134ff.; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 249, 255. 129 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 48f., 84f., 94f. m. Nachw.

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VII. Die Einzelfragen

ihnen beteiligt. In der staatskirchenrechtlichen Literatur ist es so gut wie unbestritten, daß die theologischen Fakultäten einen staatlich-kirchlichen Doppelcharakter besitzen, der von Staat und Kirche anerkannt ist und die Voraussetzung dafür bildet, daß die Kirchen ihre Geistlichenausbildung und die wissenschaftliche Erforschung und Vermittlung ihrer Lehrgrundlagen der staatlichen Wissenschaftspflege anvertrauen. Die Theologenfakultäten bedürfen deshalb auch der doppelten Autorisation sowohl durch den Staat als auch durch die Kirche 1 3 0 . Dieses Grundgefüge des theologischen Fakultätenrechts ist auch für Hessen durch das Preußenkonkordat von 1929, durch das Reichskonkordat von 1932, durch den Preußischen K i r chenvertrag von 1931 und Hessischen Kirchenvertrag von 1960, der den Preußischen Kirchenvertrag von 1931 ausdrücklich bestätigt 131 , rechtsverbindlich und in seinen Auswirkungen bei der Gestaltung des Universitätsrechts zu respektieren. 5. Die Wahrung des kirchlichen Bekenntnisses Die Wahrung des kirchlichen Bekenntnisses und der rechten Lehre ist den Kirchen durch Art. 137 I I I WRV/140 GG verfassungsrechtlich als „eigene Angelegenheit" in Eigenständigkeit und Freiheit garantiert 1 3 2 . Die wissenschaftliche Erforschung, Darstellung und Vermittlung der göttlichen Offenbarung und ihres Verständnisses in den Bekenntnisgrundlagen der Kirche erfolgt maßgeblich durch die wissenschaftliche Theologie an den staatlichen Theologenfakultäten. Zumal für die evangelische Kirche war dies seit der Reformation grundlegend und bestimmend. Die evangelische Theologie leistete die Entfaltung und Abgrenzung der rechten evangelischen Lehre, ihre Zusammenfassung in evangelischen Bekenntnisschriften, deren kritische Überprüfung, Auslegung, Fortentwicklung und Begrenzung durch die Zusammenarbeit der exegetischen, kirchenhistorischen und systematisch130 Werner Weber, Theologische Habilitationen (Anm. 127), S. 600: „es würde den Status der Theologie an den deutschen Universitäten im Kern angreifen und die für die Theologie im deutschen Universitätswesen geltende staatskirchenrechtliche Ordnung zerstören, wollte man auf staatlicher wie kirchlicher Seite den Grundsatz aufgeben, daß nur die theologischen Fakultäten kraft der in ihnen vereinigten staatlichen und kirchlich-theologischen Autorisation befugt sind, theologische Habilitationen zu vollziehen"; ders., Theologische Fakultäten, Handbuch des Staatskirchenrechts (Anm. 121), S. 571; Ulrich Scheuner, Rechtsfolgen der konkordatsrechtlichen Beanstandung eines katholischen Theologen, Berlin 1980, S. 28; Solte, Theologie an der Universität (Anm. 39), S. 40f., 103f., 183f.; Hollerbach, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 78, 139; v. Campenhausen, Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht in staatlichen Theologischen Fakultäten, ZevKR Bd. 30, 1985, S. 73; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 167, Anm. 336, S. 265; VGH Mannheim, JZ 85, 943ff., 945. 131 Listi, Die Konkordate und Kirchenverträge (Anm. 8), Bd. 2, S. 709ff., 719; Bd. 1, S. 34ff., 45; Bd. 2, S. 760ff., 764, 767; Bd. 1, S. 802ff., 807. 132 Statt anderer: Hesse, Selbstbestimmungsrecht (Anm. 118), S. 424ff., 428.

Α. Studium nur an evangelisch-theologischen Fachbereichen?

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theologischen Einzeldisziplinen. Die Reformatoren haben als theologische Universitätslehrer die Reformation begonnen und durch ihre Forschung und Lehre begleitet und korrigiert. Durch die Universitätstheologie wird das reformatorische Erbe einerseits weitertradiert, andererseits aber auch durch den theologischen Fortschritt der Exegese, Kirchengeschichtsschreibung und systematischen Theologie in ökumenischer Dimension und wissenschaftlicher Kooperation weiter entwickelt. Die Kirchen haben ein elementares, durch die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts in Bekenntnisfragen rechtlich verbürgtes Interesse, daß diese evangelische Lehrentwicklung theologisch verantwortlich erfolgt. Auch aus diesem Grunde, der die Garantie des freien kirchlichen Ämter- und Ausbildungswesens ergänzt und unterbaut, können die Kirchen theologische Ausbildungsgänge und theologische Prüfungen und Grade nur von evangelischen Theologenfakultäten (bzw. Fachbereichen) anerkennen. Die Theologenfakultäten sind zwar staatliche Institutionen unter der staatlichen Organisationsgewalt, deren Funktionen in Forschung, Lehre, Prüfung und Selbstverwaltung dem staatlichen Recht angehören; aber sie beschäftigen sich mit der kirchlichen Lehre und dem kirchlichen Bekenntnis als dem Gegenstand ihrer Bemühungen. Deshalb ist das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Art. 137 I I I WRV/140 GG) und die Garantie der Religionsfreiheit auch für die theologischen Fakultäten relevant 133 . Auch deshalb steht die Anerkennung staatlicher Studiengänge und Prüfungsleistungen der Theologie sowie die kirchliche Übernahme der Kandidaten in der freien Entscheidung der Kirche, die sie den evangelischen Theologenfakultäten vorbehält 133 . 6. Die Wahrung der kirchlichen Einheit und akademischen Freizügigkeit zwischen den Landeskirchen Auch für die Wahrung der kirchlichen Einheit in der EKD und der Gemeinsamkeit der Bekenntnisgrundlagen zwischen den Landeskirchen ist es von entscheidender Bedeutung, daß die theologischen Kernfunktionen ausschließlich den evangelisch-theologischen Fakultäten vorbehalten bleiben. Es muß daran erinnert werden, daß die gemeinevangelische Einheit des deutschen Protestantismus jahrhundertelang wesentlich von der Einheitlichkeit und Gemeinsamkeit seiner theologischen Fakultäten geprägt und abhängig war: Sie bildeten die geistige Klammer, die die äußerlich unverbundenen Landeskirchen innerlich vereinigt hielt, bis sie im 20. Jahrhundert zuerst in den lockeren Formen des Kirchenbundes, dann der engeren Gemeinschaft der EKD zusammenwuchsen. Auch heute ist die akademische 133 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 33ff., 128ff., 286ff.; VGH Mannheim, JZ 85, 946; v. Campenhausen, Kirchliches Selbstbestimmungsrecht und Theol. Fak. (Anm. 130), S. 75.

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VII. Die Einzelfragen

Freizügigkeit zwischen den Landeskirchen und den evangelisch-theologischen Fakultäten ein hohes Gut, das nicht nur der wissenschaftlichen Kommunikation, sondern auch der Gemeinsamkeit des Bekenntnisses und der Einheit der Kirche dient. Es kann von den Landeskirchen nicht durch Alleingänge und eigenwillige Experimente in der Anerkennung problematischer theologischer Studiengänge, Grade und Einrichtungen aufs Spiel gesetzt werden. Vor jedem Rechtsakt einer Landeskirche, der - unmittelbare oder mittelbare - Auswirkungen auf den Status der theologischen Fakultäten insgesamt besitzt, ist deshalb für die Kirche eine besondere Zurückhaltung und Abstimmung mit den anderen Landeskirchen und den Organen der EKD geboten. Die Anerkennung gemischt-konfessioneller Theologeneinrichtungen würde nicht nur die evangelische Bekenntniswahrung tangieren, sondern auch die Einheit des evangelischen Ausbildungs- und Ämterwesens gefährden, das auf der gegenseitigen Anerkennung und Anrechenbarkeit der Studiengänge, Prüfungen und Grade beruht 1 3 4 . 7. Gründe zur Wahrung der Einheit des Ausbildung sw es ens durch den Staat Abschließend sei darauf hingewiesen, daß auch für den Staat die Einheitlichkeit des theologischen Fakultätenwesens von erheblicher Bedeutung ist. Als Kulturstaat ist er an einer länderübergreifenden Möglichkeit der wissenschaftlichen Kommunikation interessiert, die die Gleichartigkeit und gegenseitige Anerkennung der Studieneinrichtungen und des Studienbetriebes voraussetzt. Als Kulturstaat und als Sozialstaat ist ihm daran gelegen, daß die Wissenschaften in den Bereich der Gesellschaft - hier also insbesondere der Religionsgesellschaften - fruchtbar einwirken können 1 3 5 und daß nicht beschäftigungslose Akademiker am öffentlichen Bedarf vorbei produziert werden. Auch die Fürsorgepflicht des Staates für die Studenten seiner Universitäten dürfte ihn veranlassen, für die theologischen Ausbildungsstätten Organisationsformen zu wählen, die den Studenten einen breiten Zugang zur beruflichen Existenz eröffnen - um von den höheren Erwartungen zu schweigen, die die Schöpfer der Verfassung auf die fruchtbare Wirksamkeit der Theologenfakultäten zur Pflege des christlichen Erbes und der tätigen Nächstenliebe im sozialen Miteinander gesetzt haben.

134 Vgl. auch Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 209ff. und 286ff. zur analogen Bedeutung der Prüfungszulassung für die Kirchen in der EKD. 135 Insoweit ist hier auch der - nicht unumstrittene - § 6 HUG einschlägig, dessen Gebot, „die gesellschaftlichen Folgen" der Wissenschaft „mitzubedenken", insoweit unproblematisch sein dürfte; dazu BVerfGE 47, 327ff., 375ff., bes. 380.

Β. Zur Bekenntnisgebundenheit theologischer Fachbereiche

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B. Ist die Bekenntnisgebundenheit theologischer Fachbereiche nur durch die Besonderheit des Berufungsverfahrens gesichert?

Da die rechtliche Bedeutung und Begründung der Bekenntnisgebundenheit der theologischen Fachbereiche an der Universität bereits im besonderen Zusammenhang dargelegt wurde, kann hier eine stichwortartige Bezugnahme und Zusammenfassung genügen. 1. Die Besonderheit theologischer Fakultäten in ihrem Gegenstand und ihrer Funktion Die Besonderheit der theologischen Fakultäten ergibt sich aus ihrem Gegenstand und ihrer Funktion 136. Sie dienen der wissenschaftlichen Erforschung und lehrmäßigen Vermittlung der göttlichen Offenbarung in der Welt. Sie existieren in der Besonderung und Verschiedenheit des evangelischen und katholischen Verständnisses der göttlichen Botschaft, die sich in den besonderen wissenschaftlichen Disziplinen der evangelischen und der katholischen Theologie entwickelt hat. Sie ist in dieser Weise vom Verfassungsgeber und Gesetzgeber vorgefunden und in ihrer Eigengesetzlichkeit und Unabhängigkeit voneinander wie von anderen wissenschaftlichen Disziplinen gewährleistet worden 1 3 7 . Die Garantie der Wissenschaftsfreiheit und der Religionsfreiheit sowie die Garantie der kirchlichen Eigenständigkeit und Selbstbestimmung in Art. 5 III, 4, 140 GG/137 I I I WRV schützen in ihrem normativen Zusammentreffen sowohl die Wissenschaftlichkeit als auch die bekenntnismäßige Eigengesetzlichkeit der theologischen Disziplinen. Diese objektive Wertentscheidung und das Individualrecht des Wissenschaftlers fordern eine sachgerechte und freiheitswahrende Organisation des Wissenschaftsbetriebes, die Übergriffe der fremden Konfession und fremder Wissenschaften in die theologische Forschung, Lehre, Prüfung und Selbstverwaltung der evangelischen wie der katholischen Theologie ausschließt 137 . 2. Der rechtliche Gesamtstatus und die Einordnung der Spezialfragen in den Gesamtzusammenhang Die theologischen Fachbereiche (bzw. Fakultäten) bilden eine äußere und innere Einheit mit einem rechtlichen Gesamtstatus. Ihre Spezialregelungen sind in diesen Rahmen als Teilelemente eingefügt und daraus auszulegen und zu vollziehen. Die personelle Zusammensetzung 136 137

ObenS. 30f., 32. ObenS. 35ff., 38ff.

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VII. Die Einzelfragen

der Fakultäten, das Berufungswesen, die Fakultätsautonomie, die Ausrichtung des Lehrangebots, die Studien- und Prüfungsordnungen, die Prüfungsleistungen und Bewertungsmaßstäbe, die Prüfungsakte und Verleihung der akademischen Grade, die Einzelheiten des Habilitations- und Promotionswesens sind verfassungskonform nur aus diesem Gesamtzusammenhang zu verstehen 138. Einzelregelungen lassen sich nicht isolieren. Jede Verletzung eines Teilstücks zieht Schäden an den anderen Teilen und im Gesamtstatus der Fakultät nach sich. So ist insbesondere die Mitwirkung der Kirchen beim staatlichen Berufungswesen kein Selbstzweck und nicht für sich gesondert zu begreifen: Sie ist ein Mittel zur Realisierung der Religionsfreiheit und des bekenntnismäßigen Selbstbestimmungsrechts der Kirchen. Sie dient der Funktion der Theologenfakultäten, die sich vor allem in der theologischen Forschung, Lehre und Prüfung vollzieht. Sie hat ihre notwendige Fortsetzung in der Autonomie homogener theologischer Einheiten des gleichen Bekenntnisses, zu der das konfessionsqualifizierte Berufungsverfahren als rechtliches Mittel hinführt - damit diese in den wissenschaftlichen Kernfunktionen nach der wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeit und bekenntnismäßigen Integrität der evangelischen bzw. katholischen Theologie wirken können. Mit der Einhaltung der kirchlichen Mitwirkungsmöglichkeiten im Berufungsverfahren ist den einschlägigen Grundrechtsgarantien und Vertragsgarantien der theologischen Fakultäten deshalb keineswegs Genüge getan, wenn die Organisation der akademischen Einheiten die Möglichkeit konfessionsfremder Übergriffe in der akademischen Selbstverwaltung institutionalisiert. Es genügt nicht, wenn dem einzelnen Lehrer in seiner individuellen Forschungs- und Lehrtätigkeit die Freiheit gewährleistet ist, er aber in seinen Teilhabe- und Mitwirkungsrechten in der akademischen Selbstverwaltung einer wissenschafts- und bekenntniswidrigen Fremdbestimmung ausgesetzt ist. Dies gilt insbesondere für den Beschluß über Habilitationen und Promotionen und über die akademischen Studien- und Prüfungsordnungen gemäß § 22 I I I u. V HUG, aber auch für die Zuweisung von Personalstellen, die Verteilung von Sachmitteln, die Buchanschaffungen des theologischen Seminars, die Anrechnung von Studienleistungen bei fremden Fakultäten und andere wissenschaftsrelevante Akte auch peripherer Natur. Insbesondere darf die Ausbildung sfunktion für den geistlichen Nachwuchs nicht isoliert und sinnverkürzt verstanden werden: als ob die theologischen Fakultäten gewissermaßen neutrale, voraussetzungsfreie religionswissenschaftliche Fakultäten darstellten, die nur als zusätzliches (wissenschaftsfremdes) Nebenprodukt die Ausbildung und Prüfung für die Kirche wahrzunehmen hätten. Gerade auch bei der Theologie gilt die Einheit von 138 Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 9, 22, 29, 47 ff., 200 ff., 220 ff.

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen den rechtlichen Anforderungen?

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Forschung und Lehre sowie die Einheit von Lehre und Prüfung; der Forschung obliegt die wissenschaftliche Analyse und Systematik der Verkündigungsgegenstände, die die Lehre für den geistlichen Dienst vermittelt und deren sich die Prüfungstätigkeit zu vergewissern hat. Die Mitwirkung der Kirchen in den Berufungsangelegenheiten, aber auch bei Erlaß der Studienund Prüfungsordnungen ist deshalb keine wissenschaftsfremde Irregularität, sondern die institutionelle Konsequenz der bekenntnisbestimmten Besonderheit der Theologie 138 , die sich gerade auch in der echten akademischen Art und Ausrichtung der Forschung, Lehre und Prüfung, nicht nur in zusätzlichen technischen Berufsausbildungsfunktionen für die kirchliche Bedürfnisbefriedigung äußert. Wie dargelegt, gehen die wissenschaftsrechtlichen und staatskirchenrechtlichen Anforderungen an die Organisation theologischer Fachbereiche in vielen Punkten weit über das Personalmitwirkungsrecht der Kirchen bei den Berufungen hinaus.

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen, insbesondere die Promotions- und Habilitationsordnung des Fachbereichs „Religionswissenschaften" in Frankfurt den rechtlichen Anforderungen?

Den Erfordernissen einer verfassungsgerechten Organisation der Wissenschaften 139 werden diese Prüfungsordnungen nur zum Teil gerecht. 1. Die Habilitationsordnung Die Habilitationsordnung erscheint in folgenden Punkten rechtlich problematisch bzw. unhaltbar: a) Die Entscheidung über Habilitationen und die Verleihung der Lehrberechtigung durch die akademische Bezeichnung „Privatdozent" ist gemäß § 22 I I I HUG dem Fachbereich übertragen und gemäß § 42 I I und I I I HUG vom Fachbereichsrat als zuständigem Organ zu treffen. Eine Delegation dieser Entscheidungsbefugnisse auf die Wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" ist gemäß § 7 IV HUG ausgeschlossen. Da sich der Fachbereichsrat zum guten Teil aus katholischen Theologen zusammensetzt, die zur Pflege der katholischen Theologie nach den spezifischen katholischen Wissenschaftsmaßstäben 140 berufen und bereit sind, ist damit die Möglichkeit des fremdwissenschaftlichen und fremdkonfessionellen 139 ObenS. 26ff., 38ff., 46ff. 140 S. 35 f.

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VII. Die Einzelfragen

Übergriffs in die wissenschaftliche Nachbardisziplin der evangelischen Theologie verfassungswidrig institutionalisiert 1 4 1 . Die Habilitationsordnung versucht - vergeblich - in ihrem § 6 11 und § 6 I I 4 diesem Manko durch zwei Aushilfskonstruktionen abzuhelfen. Dadurch soll die im Gesetz vorgesehene Zusammensetzung des Fachbereichsrates 142 durch die Habilitationssatzung korrigiert werden, um den evangelischen Fachbereichsmitgliedern bei evangelischen Habilitationen eine klare Mehrheit zu sichern: Der Fachbereichsrat soll durch Hinzutritt des Flügels der habilitierten evangelischen Theologen als „erweiterter Fachbereichsrat" entscheiden; überdies muß in der (überkonfessionellen) Mehrheit dieses erweiterten Fachbereichsrates zusätzlich die (konfessionelle) Mehrheit der habilitierten evangelischen Theologen enthalten sein. Diese Regelungen sind jedoch - wie oben dargelegt 143 - rechtlich unwirksam, da sie der gesetzlichen Ermächtigung entbehren und als Satzungsnormen gegen verschiedene Bestimmungen der höherrangigen Hochschulgesetze verstoßen, zumal sie unvollständig sind. Auch widerspricht es den Verfassungsgarantien, die Grundsätze der Gruppenuniversität über das Verhältnis der Gruppen untereinander hier auf das ganz anders geartete Verhältnis der Konfessionen zueinander zu übertragen 144 . Unhaltbar erscheint ferner die Formulierung in .§ 1 I I I der Habilitationsordnung 1 4 5 , da nach der klaren Zuständigkeitsregelung in § 22 III, 24 I und 42 I I u. I I I HUG (sowie auch des § 6 I und I I der Habilitationsordnung selbst) nicht die Wissenschaftliche Betriebseinheit, sondern der Fachbereich zur Habilitation zuständig ist, die Habilitation durch den Fachbereichsrat vorzunehmen hat und diese Entscheidungsbefugnis gemäß § 7 IV HUG nicht an die Wissenschaftliche Betriebseinheit „Evangelische Theologie" delegieren darf. b) Verfassungsrechtlich problematisch ist § 1 I V der Habilitationsordnung, der dem Fachbereich neben der Kompetenz zu den theologischen Habilitationen gemäß § 1 I I I HabilO die weitere Kompetenz zu philosophischen Habilitationen zuerkennt. Diese Doppelermächtigung bringt den Fachbereich in eine auch verfassungsrechtlich fragwürdige Zwitterstellung. Sie erklärt sich wohl historisch durch die Herkunft einzelner theologischer Lehrstühle dieses Fachbereichs aus der alten Philosophischen Fakultät; es darf vermutet werden, daß es sich hier um eine Übergangserscheinung aus einer Übergangszeit handelt, und daß diese Bestimmung des § 1 I V HabilO 141

Oben S. 26, bes. S. 39 u. 43ff. 1 42 §§ 24, 22 III, 42 I I HUG. 1« S. 50ff., 53 ff. 144 S. 54 - 58. 145 „die Habilitation erfolgt durch die Wissenschaftliche Betriebseinheit Evangelische Theologie des Fachbereichs Religionswissenschaften ..."

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen den rechtlichen Anforderungen?

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in Wegfall kommen wird, sobald die verfassungsrechtlich gebotene Verselbständigung der Betriebseinheiten „Evangelische Theologie" und „Katholische Theologie" zu eigenen Fachbereichen vollzogen sein wird. Da der Fachbereich „Religionswissenschaften" in Wahrheit ein rein theologischer Doppelfachbereich 146 ist, muß er sich im Rahmen der Kompetenz der theologischen Fakultäten halten und darf nicht in andere Fakultäten hinübergraduieren und hinüberhabilitieren 147 . In gleicher Weise ist es philosophischen Fakultäten hochschulrechtlich und staatskirchenrechtlich verwehrt, theologische Habilitationen unter Verletzung der Kompetenz der Theologenfakultäten auszusprechen, wie dies gelegentlich rechtswidrig und unwirksam geschehen ist. Auch die Philosophische Fakultät muß sich nicht autonomieund kompetenzverletzende Fremdhabilitationen anderer Fakultäten gefallen lassen, da die Verantwortung und Kompetenz für die Verleihung der philosophischen Grade dem Zusammenwirken der philosophischen Fachvertreter im Fachbereich Philosophie anvertraut ist. Für philosophische Teilgebiete anderer Disziplinen (Rechtsphilosophie, medizinische Ethik usw.) kann die betreffende Fachfakultät nur eine fachwissenschaftliche (juristische, medizinische etc.) Habilitation vornehmen, nicht aber in Ersatzvornahme für die Philosophische Fakultät in Philosophie habilitieren und damit die „Tatbestandswirkung" dieses Graduierungsaktes im System der philosophischen Fakultäten auslösen. Es ist in diesem Zusammenhang von Interesse, daß die Marburger Evangelisch-theologische Fakultät im Jahre 1950 einen besonderen Doktorgrad der Religionswissenschaften durch eine entsprechende Promotionsordnung neben dem evangelisch-theologischen Doktorgrad einführte, dieses Experiment jedoch wenige Jahre später nach dem Einspruch der Landeskirchen und nach einer dezidiert ablehnenden Stellungnahme des evangelisch-theologischen Fakultätentags wieder aufgab 148 . Sie ließ sich davon überzeugen, daß die evangelisch-theologischen Fakultäten nur die Kompetenz zu evangelisch-theologischen Funktionen besitzen und diese nur auf der Grundlage eines einheitlichen theologischen Wissenschaftsbegriffs erfüllen könnten, der ihr „das Absehen von der grundsätzlichen Voraussetzung theologischer Wissenschaft ... ausdrücklich und institutionell durch eine zweigleisige Promotion (zu) legitimieren" verwehre. Ein derart gespaltenes und sich teilweise widerstreitendes Wissenschaftsverständnis diskreditiere das wissenschaftliche Wahrheitsbemühen und das christliche Glaubenszeugnis der Theologie. Die Marburger Fakultät beteuerte daraufhin selbst, sich keineswegs „aus einer theologischen in eine religionswissenschaftliche Fakultät" verwandeln zu wollen. Nach dem Selbstverständnis ihres Wissenschaftsbe146 147 148

Unter mißverständlicher Bezeichnung, oben S. 34 f. S. 24f., 72f. Nachw. i n Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 255 Anm. 541a.

6 Heckel

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VII. Die Einzelfragen

griffs lassen sich - wie Gerhard Ebeling in einem Grundsatzreferat auf dem Berliner Fakultätentag vom 14. Okt. 1954 ausführte und dafür die Zustimmung durch den Beschluß des Fakultätentages fand - auch hier die wissenschaftliche Forschung und Lehre einerseits und die kirchliche Ausbildungsfunktion andererseits nicht trennen und auf divergente Prüfungsordnungen verrechnen. Die Fakultäten seien der Doppelaufgabe gewidmet und verpflichtet, ihre wissenschaftliche Forschung und ihre kirchlich-pädagogische Ausbildung „ i n unteilbarer Ganzheit des Aufgabenbereichs" und „auf ein und demselben Grund" ihres theologischen Wissenschaftsverständnisses zu erfüllen. Die Pflege der Religionswissenschaften sei als Teildisziplin in einer theologischen Fakultät legitim und deshalb dort durch den theologischen Doktorgrad mitumfaßt, der eine Verselbständigung auch der anderen theologischen Disziplinen zu eigenen Doktorgraden (des Neuen Testaments, der Kirchengeschichte usw.) nicht erlaube. - Die Einführung eines besonderen „philosophischen" Doktorgrades nährt das MißVerständnis, daß die Theologenfakultäten sich wahlweise auch eines untheologischen oder antitheologischen Wissenschaftsbegriffs unter Selbstverleugnung ihres Glaubens und ihrer bekenntnismäßigen wissenschaftlichen Überzeugung bedienen könnten. - Die aus der Übergangszeit der Lösung der religionswissenschaftlichen Lehrstühle aus der philosophischen Fakultät stammende Doppel-Habilitationsmöglichkeit sollte deshalb beendet werden 148 . c) Problematisch ist die Regelung der Zulassungsvoraussetzung in § 3 I HabilO: Die Habilitationsordnung knüpft die Zulassung zur theologischen Habilitation nicht daran, daß der Habilitand einen theologischen Ausbildungsgang durchlaufen und einen theologischen Doktorgrad erworben hat, sondern eröffnet - dem Wortlaut nach - auch den Quereinstieg in die oberste Stufe des theologischen Ausbildungswesens für Doktoren der Philosophie. Auch diese Bestimmung wird sich aus der Herkunft der theologischen („religionswissenschaftlichen") Lehrstühle aus der früheren Philosophischen Fakultät der Frankfurter Universität erklären. Indessen ist auch diese Regelung fragwürdig unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, da die evangelische Theologie in ihrer geistig-geistlichen Eigengesetzlichkeit durch die Wissenschaftsfreiheit gesichert i s t 1 4 9 und die theologischen Fakultäten mit ihren Studiengängen und Graden durch das Staatskirchenrecht vertraglich besonders ausgestaltet und geschützt worden sind 1 5 0 . Diese weite Öffnung der Zulassungsvoraussetzungen in Frankfurt schert aus dem üblichen Zuschnitt der Habilitationsordnungen und Habilitationspraxis an den anderen evangelisch-theologischen Fakultäten der Bundesrepublik aus, die für ihre Habilitationen als Voraussetzung ein Studium und die Promotion in der evangelischen Theologie verlangen. - Es ist die Frage, ob sich die evan149

S. 30ff.,33 ff.,35 ff. !50 S. 73ff.

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen den rechtlichen Anforderungen?

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gelischen Landeskirchen in Hessen und den anderen Bundesländern mit dieser Öffnung abfinden und die Lehr- und Prüfungstätigkeit dieser Habilitierten anerkennen werden. Wie dargelegt kann die Kirche über die Anerkennung theologischer Ausbildungsgänge und Prüfungsabschlüsse für den kirchlichen Dienst frei entscheiden, da ihr das Grundgesetz die Freiheit des Ämterrechts 151 sowie die Wahrung des kirchlichen Bekenntnisses 152 und der kirchlichen Einheit und Gemeinsamkeit des Ausbildungswesens 153 garantiert. Auch dürfte es in der verfassungsrechtlichen und vertragsrechtlichen Garantie der Theologenfakultäten lhA Inbegriffen und gesichert sein, daß die theologischen Fakultäten ihre anspruchsvollsten Qualifikationen nur nach Ableistung der theologischen Ausbildungsgänge erteilen und nicht fachfremden Quereinsteigern eröffnen. Für die evangelischen Kirchen ist diese Frage von erheblichem Gewicht, da eine theologische Habilitation nicht der Mitwirkung und Mitverantwortung der evangelischen Kirchen unterliegt. Während in den katholisch-theologischen Fakultäten auch die Verleihung der venia legendi des nihil obstat seitens des zuständigen Diözesanbischofs bedarf, ist in den evangelischen Theologenfakultäten eine Mitwirkung der Landeskirche nur bei der Berufung der Professoren vorgesehen 155 . Da das Habilitationswesen für die Kirche die offene Flanke der evangelisch-theologischen Fakultäten ist, bilden diese Zulassungsregelungen für die theologische Habilitation die entscheidende Voraussetzung dafür, daß der theologische Charakter der Theologenfakultäten gewahrt wird und sich ihre Verfassungsgarantie nicht zur Formalität verflüchtigt. d) Die Mitgliedschaft in einer Kirche des Oekumenischen Rates als Habilitationsvoraussetzung ließe sich materiell und verfahrensmäßig präziser ausgestalten, wie dies in den Habilitationsordnungen der evangelisch-theologischen Fakultäten von Tübingen, Heidelberg und Göttingen inzwischen geschehen ist 1 5 6 . Auch sollte im Zulassungsverfahren 157 ein entsprechender Nachweis verlangt werden.

151

S. 68 ff. S. 74 f. 153 S. 75f. 154 S. 7Iff. 155 Werner Weber, Theologische Habilitationen (Anm. 127), S. 598f.; Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 51, 87, 286f., 289. < 156 Dazu im einzelnen Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 270ff., 276ff.; VGH Mannheim, JZ 85, 943ff.; v. Campenhausen, Kirchliches Selbstbestimmungsrecht und Theologische Fakultäten (Anm. 130), S. 72 ff. - Entsprechende Zulassungsvoraussetzungen sind bereits an verschiedenen theologischen Fakultäten (Heidelberg, Göttingen) näher konkretisiert worden, an anderen ist eine Überarbeitung der Prüfungssatzungen im Gang. § 4 Abs. 2 HabilO. 152



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VII. Die Einzelfragen

2. Die Promotionsordnung Die Promotionsordnung weckt weniger gravierende verfassungsrechtliche Bedenken, da das Promotionsverfahren ungleich stärker in der Hand der evangelischen Theologen des gemischt-konfessionellen Fachbereichs liegt und deshalb die Gefahr des fremdwissenschaftlichen und fremdkonfessionellen Übergriffs in den evangelischen Wissenschaftsbereich erheblich verringert und der Verletzung der Wissenschafts- und Glaubensfreiheit der evangelischen Kandidaten und Kollegen dadurch begegnet wird. So wird die Dissertation gemäß § 8 I PromO nur von evangelischen Theologen begutachtet. Auch die Prüfungskommission, die gemäß § 10 I PromO über die Annahme und Bewertung der Dissertation entscheidet und gemäß § 11 I I und I I I PromO die mündliche Prüfung abnimmt und die Gesamtnote festlegt, wird im Regelfall gemäß § 9 I 2 PromO ausschließlich aus evangelischen Theologen gebildet. a) Verfassungsrechtlich bedenklich ist die Zusatzkompetenz zur Verleihung eines philosophischen Doktorgrades („Dr. phil.") neben der Kompetenz zur theologischen Promotion aus den gleichen, zur Doppelgraduierungskompetenz der Habilitationsordnung angeführten Gründen, auf die auch hier zu verweisen ist 1 5 8 . b) Die Bestellung des Promotionsausschusses gemäß § 2 I PromO ruft ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken hervor, da der gemischt-konfessionell zusammengesetzte Fachbereichsrat dieses für die äußere Abwicklung evangelisch-theologischer Promotionen zuständige Organ zu wählen hat. Die katholischen Mitglieder des Fachbereichsrats können dadurch bestimmen oder wesentlich mitbestimmen, wer von den evangelischen Theologen in den Promotionsausschuß gelangt und wer dann vom Promotionsausschuß zum Gutachter oder zum Prüfer der Prüfungskommission bestellt w i r d 1 5 9 . Auch wenn die katholischen Mitglieder nicht die Mehrheit im Fachbereichsrat haben sollten, können sie bei inneren Differenzen der Evangelischen den Ausschlag in den wichtigsten Entscheidungen der evangelischen Mitglieder geben. Es liegt auf der Hand, daß diese Verfahrensregelung nicht den Anforderungen entspricht, die die Garantie der Wissenschaftsfreiheit und der Religionsfreiheit wie der Eigenständigkeit der Religionsgemeinschaften in Artt. 4, 5 III, 140 GG/137 I I I WRV sowie die Garantie der theologischen Fakultäten in den Kirchenverträgen und Landesverfassungen an eine wissenschaftsgerechte, freiheitliche Organisation der Wissenschaft an der Universität stellen 160 . Die Gefahr des fremdwissenschaftlichen Übergriffs und 158 S. 80. 159 §§ 2 I, 8 I, 9 I PromO. Die gleichen Bedenken bestehen hins. der Entscheidungskompetenz des Promotionsausschusses über die Annahme als Doktorand (§ 5) und die Eröffnung des Prüfungsverfahrens (§ 7).

C. Entsprechen die Prüfungsordnungen den rechtlichen Anforderungen?

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der fremdkonfessionellen Zensur einer wissenschaftlichen Disziplin ist institutionell förmlich angelegt, wenn die Vertreter einer fremden Disziplin darüber zu bestimmen haben, wer aus dem Kreise der Fachvertreter einer Nachbarwissenschaft die wesentlichen Entscheidungen zu fällen hat. Um dies zu verhindern, ist die Wissenschaft an der Universität in fachkompetente Fachbereiche mit Autonomie in ihren Angelegenheiten aufgeteilt worden 1 6 1 . Die Autonomie der evangelischen Theologie aber wird in der vorliegenden Verfahrensregelung durch fremdwissenschaftliche Mitbestimmung gestört und möglicherweise umgestülpt. Der Fachbereich „Religionswissenschaften" ist eben nicht wissenschaftsgerecht zugeschnitten und muß in zwei Fachbereiche aufgelöst werden, da eine Delegation wesentlicher Entscheidungsbefugnisse an Untereinheiten hochschulrechtlich nicht möglich ist 1 6 2 . c) Auch die Zusammensetzung des Promotionsausschusses gemäß § 2 I I PromO weckt verfassungsrechtliche Bedenken: Unter den 5 bzw. 6 Professoren können 2 Vertreter der katholischen Theologie über evangelisch-theologische Promotionsangelegenheiten entscheiden (wenn der Dekan bzw. Prodekan ebenfalls katholischer Konfession ist). Die Problematik darf freilich nicht überschätzt werden, da der Promotionsausschuß für die äußere Abwicklung der Promotion zuständig ist, nicht aber für die eigentlichen Prüfungsentscheidungen, die der Prüfungskommission obliegen, welche rein evangelisch zusammengesetzt ist 1 6 3 (§9 1 PromO i.V.m. § 10 u. 11 PromO). Aus Gründen der interdisziplinären Kooperation und auch der ökumenischen Begegnung mag die Zuziehung katholischer Theologen als kritisch-selbstkritische Beobachter sinnvoll sein, sollte dann aber auf eine beratende Stimme beschränkt bleiben, um die Gefahr fremdwissenschaftlicher Mitbestimmung auszuschließen. d) Unter den Zulassungsvoraussetzungen zur Promotion (§ 3 und 5 V I PromO) fehlt eine Bestimmung über die Mitgliedschaft des Kandidaten in einer Mitgliedskirche des Oekumenischen Rates wie sie in § 3 IV der HabilO enthalten ist 1 6 4 . e) Gemäß § 5 Abs. 2 sollte der „Betreuer" (vulgo Doktorvater) einer evangelisch-theologischen Promotion aus dem Kreise der evang elisch-theologischen Professoren stammen, um auch hier fremdwissenschaftliche Einwirkungen und rechtliche Komplikationen zugunsten des Doktoranden zu vermeiden. Die Präzisierung der Bestimmung erscheint angebracht, da ein Doktorvater der fremden Konfession dem Dilemma nicht entgeht, entweder ObenS. 26f.,38f.,46f. ObenS. 24ff.,39ff.,58. 162 § 7 I V HUG; vgl. oben S. 20ff., 47 f. 163 § 9 1 PromO i.V.m. § 10 u. 11 PromO. Vgl. oben S. 83 Anm. 156. 161

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VII. Die Einzelfragen

seine eigene religiöse und wissenschaftliche Überzeugung verleugnen zu müssen, oder aber seinen Doktoranden von dessen eigenen Bekenntnispositionen und Wissenschaftsmaßstäben zu entfremden 165 . f) In der Prüfungskommission sollte die Mitwirkung katholischer Theologen, die nach § 9 I 3 PromO in begründeten Ausnahmefällen möglich ist, auf beratende Mitwirkung beschränkt werden 166 . g) Verfassungsrechtlich bedenklich ist die Zuständigkeit des Fachbereichsrates für Ehrenpromotionen in der evangelischen Theologie gemäß § 19 I I I PromO, da auch dies eine wissenschaftliche Entscheidung aus dem Bereiche der evangelischen Theologie darstellt und dieser zugerechnet wird. Die Mitwirkung der katholischen Mitglieder des Fachbereichsrats entspricht deshalb nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine wissenschaftsgerechte Organisation und Verfahrensregelung 167 . 3. Die Diplomprüfungsordnung Die Diplomprüfungsordnung entspricht im wesentlichen den Diplomprüfungsordnungen der theologischen Fakultäten anderer Bundesländer. Als akademische Abschlußprüfung ist sie speziell auf das Fach Evangelische Theologie abgestellt und w i l l eine spezifisch theologische Berufsqualifikation vermitteln 1 6 8 . Durch die Einfügung dieser evangelisch-theologischen Prüfung in den gemischt-konfessionellen Fachbereich „Religionswissenschaften" ergeben sich jedoch auch hier gewisse verfassungsrechtliche Probleme. a) Die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses sollte auf evangelisch-theologische Mitglieder des Fachbereichs Religionswissenschaften beschränkt sein; in § 4 I I 1 DiplPrO sollte klar präzisiert werden, daß auch das Mitglied aus dem Kreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der Studenten jeweils der Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie angehören muß. b) Die Bestellung dieser Mitglieder des Prüfungsausschusses durch eine Wahl seitens des gemischt-konfessionellen Fachbereichsrates in § 4 I I 3 DiplPrO ruft die gleichen Bedenken hervor wie die entsprechende Regelung der Promotionsordnung 169 ; zahlenmäßig hat dies hier freilich weniger Gewicht. 165 v g l g 39 ff bei Habilitationen und Berufungsangelegenheiten. Heckel, Die theologischen Fakultäten (Anm. 39), S. 267. 167 S. 26ff., 38ff. 168 § ι DiplPrO i.V.m. der Studienordnung für Diplomtheologen; vgl. oben S. 15 Anm. 5. 169 Oben S. 84. 166

D. Entspricht das Beruf ungs verfahren den rechtlichen Anforderungen?

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c) Als Zulassungsvoraussetzung zur Diplomvorprüfung und zur Diplomprüfung (§ 9, 16 DiplPrO) sollte die Mitgliedschaft in einer Mitgliedskirche des Oekumenischen Rats verlangt werden, wie dies auch für die Habilitations- und Promotionsordnung geboten ist 1 7 0 . d) Bedenken erweckt auch die Formulierung des § 2 1 7 d a hier eine nach §20 HUG nicht vorgesehene Aufteilung des Fachbereichs in Teileinheiten und eine nach § 7 IV HUG unzulässige Subdelegation von Entscheidungsbefugnissen angesprochen ist. Auch hinsichtlich der Diplomprüfungsordnung ist die Teilung des Fachbereiches und die Verselbständigung der bisherigen Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie zum eigenen Fachbereich angezeigt.

D . Entspricht das Berufungsverfahren den rechtlichen Anforderungen?

Dies ist aus den dargelegten Gründen 1 7 2 zu verneinen. Die formlose Absprache aller Fachbereichsmitglieder, sich dem Berufungsvorschlag der Wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie anzuschließen, ist rechtlich unverbindlich und verstößt gegen die genannten Bestimmungen des HUG. Rechtlich unzulässig sind ferner Aushilfskonstruktionen: Die Erweiterung des Fachbereichsrates um die habilitierten evangelischen Mitglieder des Fachbereichs („erweiterter Fachbereichsrat mit Konfessionsüberhang") kann nicht ohne gesetzliche Grundlage eingeführt werden und verstößt gegen § 38 V I HRG; überdies würde die unzulässige fremdwissenschaftliche, fremdkonfessionelle Mitwirkung katholischer Theologen in evangelischen Selbstverwaltungsangelegenheiten dadurch nur gemildert, nicht beseitigt 173 . Dasselbe gilt vom Erfordernis einer doppelten Mehrheit, wenn neben der konfessionsübergreifenden Mehrheit aller Fachbereichsratsmitglieder zusätzlich eine Mehrheit der evangelischen Fachbereichsratsmitglieder verlangt wird, da diese Regelung nur vom Gesetzgeber eingeführt werden könnte, unvollständig wäre und eine unzulässige Übertragung des Gruppenuniversitätsmodells auf das Verhältnis der Konfessionen zueinander vornimmt 1 7 4 .

170

Oben S. 83 Anm. 156, auch S. 85. „... verleiht der Fachbereich Religionswissenschaften durch die wissenschaftliche Betriebseinheit Evangelische Theologie den akademischen Grad ...". Dazu oben S. 20ff., 47. 172 S. 48 ff. 173 S. 50ff. 174 S. 53 f., 54f. 171

VII. Die Einzelfragen

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Nach § 38 V I HRG - wenn man ihn schon analog heranziehen wollte müßte übrigens in Berufungsangelegenheiten auch die zweite (konfessionell einheitliche) Mehrheit ausschließlich aus dem Kreise der evangelisch-theologischen Professoren berechnet werden, deren wissenschaftlicher Sachkompetenz und S achVerantwortung § 38 V I HRG eine Prärogative zuerkennt. Diese zweite Mehrheit dürfte nicht aus allen Mitgliedern der wissenschaftlichen Betriebseinheit Evangelische Theologie berechnet werden, die auch die anderen Hochschulgruppen der wissenschaftlichen Mitarbeiter, Studenten und Bediensteten umfaßt. Doch kann dies auf sich beruhen, da eine derartige Konstruktion im ganzen unzulässig ist. Im Blick auf die verfassungsmäßigen Anforderungen der Wissenschaftsorganisation an das Berufungsverfahren erscheint die Teilung des Fachbereichs Religionswissenschaften und die Verselbständigung seiner Betriebseinheiten zum Fachbereich rechtlich unumgänglich. E. Ist ein Grundstudium in evangelischer Theologie bis einschließlich der Zwischenprüfung mit der Organisationsstruktur des Fachbereichs Religionswissenschaften vereinbar?

Hierfür gelten die Ausführungen zur ersten Frage A 1 7 5 entsprechend. Die evangelische Kirche hat das verfassungsgarantierte Recht der Selbstbestimmung über ihr Ämterwesen und über die Voraussetzungen der Amtsverleihung. Sie kann zur kirchlichen Anerkennung der theologischen Ausbildungsgänge an der Staatsuniversität nicht vom Gesetzgeber oder von der Kultusverwaltung verpflichtet werden. Die Hessischen Landeskirchen können deshalb frei darüber entscheiden, ob sie trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die derzeitige Organisationsstruktur des Fachbereichs Religionswissenschaften die Lehr- und Prüfungstätigkeit des Fachbereichs Religionswissenschaften in der evangelischen Theologie wenigstens für die ersten Semester ihrer Theologiekandidaten anerkennen wollen. Bisher haben die Landeskirchen dies offenbar getan, weil in den ersten Semestern vor allem die propädeutischen und elementaren Grundvoraussetzungen für ein differenziertes, problemorientiertes Studium gelegt werden, das erst nach der Zwischenprüfung beginnt. Die Kirchen sind weder staatskirchenrechtlich noch hochschulrechtlich verpflichtet, die bisherige Praxis beizubehalten, wenn ihnen der theologische Charakter des Lehrangebotes in den derzeitigen Organisationsstrukturen des Fachbereichs Religionswissenschaften nicht hinreichend gesichert erscheint, um ihren Bedürfnissen nach Wahrung des Bekenntnisses, der kirchlichen Einheit und der akademischen Freizügigkeit zwischen den Landeskirchen 176 gerecht zu werden. 175 176

S. 66ff. S. 74 ff.

E. Theologisches Grundstudium im Fachbereich Religionswissenschaften?

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Ob die Weiterführung des bisherigen Grundstudiums der evangelischen Theologie mit der rechtlichen Organisationsstruktur des Fachbereichs Religionswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt „vereinbar" ist, steht mithin in der Entscheidungskompetenz der Landeskirchen. Es wäre zu bedauern, wenn die Forschungs-, Ausbildungs- und Prüfungsbemühungen des evangelisch-theologischen Lehrkörpers der Frankfurter Universität infolge der unangemessenen Fachbereichseinteilung durch die Zentralorgane der Universität hinfort der fruchtbaren wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wirksamkeit entbehren müßten.

Personenregister

Adickes, E. 60 Adickes, F. 60 Anschütz, G. 59, 68, 72 Avenarius, H. 19, 23 Bachof, O. 21 Bauer, T. 24,25,27,29 Bender, G. 21, 23 Bredt, J. V. 72 Bresser, R. K. 23 Buber, M. 64 v. Campenhausen, A. 31, 69, 70, 72, 73, 74, 75, 83 Dallinger, P. 19,21,23,24,28 Denninger, D. 27, 28, 29 Ebeling, G. 31,32,82 Faller, H.-J. 27 Feuerbach, L. 33 Flämig, C. 27 Foerster, E. 62 v. Gerlach, M. 63 Glazer, N.N. 64 Hailbronner, K. 28 v. Harnack, A. 60 Heckel, J. 70 Heckel, M. 31 passim, 32, 60, 69 Hesse, Κ . 68,69,70,74 Hoff mann, A. 61 Hollerbach, A. 31,69,74 Huber, E. R. 59 Kasper, W. 36 Kimminich, O. 23, 28 Kirchhof, P. 28 Kluke, P. 13, 59, 60, 61, 62, 63, 64 Knemeyer, F.-L. 28 Röttgen, A. 28,31

Lamprecht, K. 60 Lehmann, K. 42 Leuze, D. 19, 21, 23 Link, C. 69,71 Listi, J. 16, 33, 68, 71, 74 Lorenz, D. 28, 31 Mallmann, W. 28 v. Mangoldt, H. 28 Marx, Κ 33 Maurer, H. 23, 24, 25, 58 Mausbach, J. 62 Mirbt, H. 72 Müller-Volbehr, J. 31, 69, 70, 72 Oppermann, T. 28, 31 Pannenberg, W. 29,42 Popper, Κ R. 29 Rade, M. 60,63 Rahner, K. 43 Reich, A. 19,21,23,28 Roellecke, G. 21, 28 Rosenzweig, F. 64 Rupp, Η. H. 25,28 Scheuner, U. 74 Schiaich, Κ 31 Schlink, B. 28 Schmitt Glaeser, W. 28, 29 Schmitz, H. 36 Scholz, R. 25, 27, 28, 29, 31, 32, 58 Schrimpf, H. 70 Schwerdtfeger, G. 24, 25, 58 Solte, E.-L. 31, 66, 69, 71, 74 Starck, C. 25, 27, 28, 29, 31 Strauch, H.-J. 28 Thieme, W. 19, 21, 23, 24, 28, 29, 31, 70 Vorgrimler, H. 43

Personenregister Wachsmuth, R. 60 Weber, W. 25, 31, 70, 71, 72, 73, 74, 83 Wolff, H.-J. 21

Zacher, H. 27,28 Ziegler, T. 60 Zwirner, H. 28

Sachwortregister Ämterrecht — Freiheit des kirchlichen Ämterrechts 68, 70, 75, 88 Apostolische Konstitution „Sapientia Christiana" 35f. Approbation kath.-theol. Fakultäten 36

— Gebot der Verselbständigung zu eigenständigen theol. Fakultäten 45, 53, 87 f. — Verantwortung des Fachbereichs 22 — Wissenschaftliche Betriebseinheit 18, 20,211,47,80

Bekenntnisbann 43 Bekenntnis 31, 35, 74f. Berufungen — abgestufte Mitwirkung nach Gruppen 55 — Bekenntniswahrung im Berufungsverfahren 16 f. — Berufungsentscheidungen 39 — Berufungspraxis 40, 48, 69, 72 — Berufungsvorschlag 17, 53 — keine Bindung des Fachbereichsrats an die Vorschläge der Berufungskommission 49 — kirchliche Mitwirkung bei Berufungen 71, 78f., 83 — sachgerechte Organisation des Fachbereichs 40 f. — Sicherung des Hochschullehrereinflusses 54 — Verbot eines gemischt-konfessionellen Berufungswesens 45 — Zuständigkeit für die Aufstellung der Berufungsliste 49 Bestandsgarantien der theol. Fakultäten — Anforderungen an die organisatorische Ausgestaltung 84 — in Art. 149 I I I WRV 31, 61, 69 — in den Kirchenverträgen und Konkordaten 31, 83 — in den Landesverfassungen 31,69,83 — Schutz der theol. Fakultäten als Sinneinheit 72 Betriebseinheit — Betriebseinheit „Evangelische Theologie" 13ff., 17, 23, 34, 50, 52, 69, 79f., 86ff. — Betriebseinheit „Katholische Theologie" 13ff., 34

Christologie 32 EKD — Anerkennung der theol. Prüfungsleistungen und Grade durch jede Gliedkirche 15 — Wahrung der kirchlichen Einheit 75 f. Ekklesiologie 32 Fachbereich s. auch Fachbereich „Religionswissenschaften", Fachbereichsrat, Fakultäten — Änderung und Aufhebung 18,231 — Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit 24 — Einheit des Fachbereichs 47 — Fachbereichsaufteilung soll die Besonderung und Eigengesetzlichkeit der Wissenschaftsdisziplinen gewährleisten 5 7 1 , 8 4 1 — Fachbereichsautonomie 85 — Fachbereichsbezeichnung 34 — Grundeinheit 181, 22, 38, 41, 46, 67 — Mindestgröße 23 — theol. Doppelfachbereich 34, 38 — Unzulässigkeit der Bildung von Teilfachbereichen 46 ff. — Zuständigkeit für die Aufstellung der Beruf ungsliste 49 Fachbereich „ Religionswissenschaften " an der Universität Frankfurt s. auch Betriebseinheit — Berufungspraxis 48 — Betriebseinheiten als Subfakultäten 20, 34 — Gebot der Aufgliederung in eigenständige theol. Fachbereiche 48, 50, 85

Sachwortregister — kirchliche Anerkennung der theol. Studiengänge 70, 88 — Lehrangebot 14 — Stimmenthaltung bei Berufungsentscheidungen 49 — terminologische Verlegenheitslösung 14, 34 Fachbereichsrat — erweiterter Fachbereichsrat 46, 50f., 87 — Gleichheit des Stimmrechts 49, 53 — keine Bindung an die Vorschläge der Berufungskommission 49 — keine konfessionelle Stimmengewichtung 46, 50ff., 80 — kein Mehrfachstimmrecht 52f., 87f. — umfassende Zuständigkeit 47, 49, 51 — Verbot der Subdelegation von Entscheidungsbefugnissen 49f., 80 Fakultäten s. auch Fachbereich — Approbation kath.-theol. Fakultäten 36 — doppelte Autorisation theol. Fakultäten 74 — Fakultätsautonomie 78 — jüdisch-theol. 63 f. — Marburger evang.-theol. 81 — philosophische 13, 61 — rechtlicher Gesamtstatus der theol. Fakultäten 77 — staatskirchenrechtlicher Doppelcharakter theol. Fakultäten 74 — Sub-/Unterfakultät 20, 46f. — theol. Fakultäten als staatliche Institutionen unter staatlicher Organisationsgewalt 75, 44 — theol. Fakultäten in Frankfurt 13, 15, 59ff. — Verbot einer ökumenischen Zwangsfusionierung der theol. Fakultäten 42 ff., 45 — Wahrung der Einheit zwischen den Landeskirchen durch die theol. Fakultäten 75 f. Fakultätentag — evang.-theol. 81 Glaubensfreiheit — Anforderung an die organisatorische Ausgestaltung theol. Fakultäten 40 f., 75, 84

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— Schutz der bekenntnismäßigen Eigengesetzlichkeit der Theologie vor Fremdbestimmung 32, 52, 56f., 77 — Verhältnis zur Wissenschaftsfreiheit 32 Gleichheitssatz — abgestufte Mitwirkung nach Gruppen 55 — kein Ausschluß der Theologie aus der Universität 32 Grade s. auch Habilitation — akademische 69 — Marburger Doktorgrad der Religionswissenschaften 81 Gruppenuniversität — abgestufte Mitwirkung nach Gruppen 54, 57 — keine analoge Übertragung des Gruppenmodells auf das Verhältnis der Konfessionen in einem gemischtkonfessionellen Fachbereich 54ff., 57, 80, 87 — Ziel der Integration aller Gruppen und funktionsgerechten Befriedigung aller Gruppeninteressen 56f. Habilitationen s. auch Prüfungen — Habilitationspraxis 82 — Habilitationsverfahren muß dem rechtlichen Gesamtstatus der theol. Fakultäten gerecht werden 78 — Habilitationsvoraussetzung in evang. Theologie 82 f. — Sicherung des Hochschullehrereinflusses 54 — Verbot (theol.) Fremdhabilitationen 73, 81 — Zuständigkeit des Fachbereichsrats 50, 80 Hochschulorgane s. Universitätsstruktur Honorarprofessuren 34 Institute 19ff., 38, 45 Institut zur Ausbildung evangelischer Religionslehrer in Frankfurt 62 Interdisziplinäre Kommunikation und Kooperation 44 f. Itio in partes 47 lus reformandi 43

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Sahwortregister

Jesuitenhochschule St. Georgen 63 Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a. M. — Staatsuniversität 59 — Stiftungsuniversität 61 — jüdische Stifter 59 — Gründe für das Fehlen theol. Fakultäten 59 ff. — Pläne über eine Jüdisch-theol. Fakultät 63 f. Jüdische Gemeinde i n Frankfurt 63 f. Jüdisch-theol. Seminare 64 Kirchenverträge s. auch Bestandsgarantien — Hessischer Kirchenvertrag 16, 68, 74 — Preußischer Kirchenvertrag 74 — Triennium 71 Kirchliche Hochschulen 63, 66 Konkordate s. Bestandsgarantien, Kirchenverträge Koordination von Staat und Kirche 31, 69 Kulturkampf 69 Kulturstaat 76 Kunstfreiheit 31 Landeskirchen — akademische Freizügigkeit zwischen den Landeskirchen 75f., 88 — theol. Fakultäten als geistige Klammer 75 Lehramtsstudiengänge 14 Lehr auf träge 34 Lehrberechtigung 79 s. auch venia legendi Lehrentwicklung 75 Lehrfreiheit, evangelische 37 Lehrgewalt der Kirche 32, 36 Limburg, Bistum 62 Neutralität, konfessionelle 45, 69 N i h i l obstat 83 Ökumene — Gegensätzlichkeiten zwischen den Konfessionen 41 ff. — ökumenische Bewegung 35, 42 f. — ökumenische Einigung als „eigene" Angelegenheit der Kirchen 43 — ökumenische Kooperation 45 — Ökumenischer Rat 35, 43, 83, 85, 87

— Ökumenismus-Begriff 35, 43 — Ökumenismus-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils 43 — Stagnation in der ökumenischen Annäherung 43 — Verbot staatlicher „ökumenischer" Zwangsfusionierung der theol. Fakultäten 42ff., 45 Orthodoxie 64 Päpstlicher Jurisdiktionsprimat 43 Päpstliche Unfehlbarkeit 35, 39, 43 Pneumatologie 32 Privatdozent 79 Professio fidei 36 Promotion s. auch Prüfungen — Promotionsausschuß 84 f. Protestantismus — theol. Fakultäten als geistige Klammer 75 Prüfungen s. auch Habilitation, Promotion — Bedeutung des Art. 5 I I I GG 25, 40 — Beschränkung theol. Fakultäten auf theol. Graduierungen 81 f., 84 — Bewertungskriterien und -maßstäbe 25, 34, 40f., 78 — Beurteilungsspielraum 40 — kirchliche Anerkennung staatlicher Prüfungen 75, 83 — Kreis der Prüfer 34, 41, 85f. — Mitgliedschaft in einer Kirche des Ökumenischen Rates als Prüfungsvoraussetzung 85, 87 — Nachprüfbarkeit durch die Verwaltungsgerichte 40 — Prüfungsfächer 34, 41 — PrüfungsVoraussetzungen 25, 34, 41, 85 — sachgerechte Organisation 40 f. — Trennung des evang.-theol. und kath.-theol. Prüfungswesens 41, 44f., 73, 77, 85f. — Verbot theol. Fremdgraduierungen 73, 81 — Zwischenprüfung 14,17 Prüfungsordnungen — akademische 67 f. — Ausgestaltung nach dem Wissenschaftsbegriff 41 — Diplomprüfungsordnung 14f., 86f.

Sachwortregister — Habilitationsordnung 14, 16, 50f., 53, 79 ff. — kirchliche 66 ff. — kirchliche Mitwirkung 79 — Kriterien des Art. 5 Π Ι 25 — Maßgeblichkeit der Sapientia Christiana 36 — Promotionsordnung 14, 16, 84 f. — Wahrung des akademischen Niveaus 69 Religionslehrerausbildung 13 Religionspädagogik 13, 34 Religionsphilosophie 34, 70 Religionssoziologie 33 f., 70 Religionswissenschaft 33f., 63f., 70, 82 Selbstbestimmungsrecht, Art. 137 I I I WRV, 140 GG — Bedeutung für das Berufungsverfahren 78 — Bedeutung für die organisatorische Ausgestaltung theol. Fakultäten 84 — Freiheit des kirchlichen Ämterrechts und Ausbildungswesens 68, 70f., 75, 88 — ökumenische Einigung als „eigene" Angelegenheit 43 — Relevanz für die theol. Fakultäten 75 — Schutz der bekenntnismäßigen Eigengesetzlichkeit der Theologie 77 f. Selbstverwaltung, akademische 20, 22f., 38f., 45, 55 s. auch Wissenschaftsfreiheit Sozialstaat 76 Staatskirchenhoheit 69 Staatskirchentum 43, 69 Staatskirchenverträge s. Kirchenverträge Straßburger theol. Fakultät 61, 70 Studiengänge, theologische 14ff., 23, 75, 88 Studienordnungen — Genehmigung 15 — kirchliche Mitwirkung 79 — Kriterien des Art. 5 I I I GG 25 — Maßgeblichkeit der Sapientia Christiana 36 — Mitwirkung der Zentralgremien 34 Theologie — Abgrenzung von der Religionswissenschaft 33 f.

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— Aufgabe der Theologie 36 — Bedeutung der Glaubensfreiheit 32 — Besonderheit gegenüber anderen Wissenschaften 32, 36, 77 — Gefahr fremdkonfessioneller Bestimmung in gemischt-konfessionellen Fachbereichen 38, 52, 67, 85 — Gegensätzlichkeit zwischen der evang. und kath. Theologie 41 — jüdische 64 — Selbstverständnis der theol. Wissenschaft 33, 41, 45 — theol. Kernfächer 13f., 34 — Verfassungsgarantien der Verschiedenheit evang. und kath. Theologie 35, 77 — als Wissenschaft 30ff. Universitätsstruktur s. auch Betriebseinheit, Fachbereich, Fachbereichsrat, Fakultät, Gruppenuniversität — Anstalten 20 f. — Department 19, 22, 47 —- dreigliedriger Aufbau 19f., 47 — geeignete Organisationsformen für die Theologenausbildung 27, 33, 57f., 76, 84f. — Gemeinsame Kommissionen 45, 47 — gemischt-konfessionelle Universitätseinrichtungen 71 — Institute 19ff., 38, 45 — Organisationsgrundsätze aus Art. 5 I I I GG 27, 29, 84f. — Seminar 21 f., 24, 45 — Senat 18, 61 — Ständiger Ausschuß I I 18 — wissenschaftliche Einrichtungen 22, 24, 45 — Zentralgremien 72 — zweigliedrige Hochschulstruktur 20, 47 venia legendi 52, 83 s. auch Lehrberechtigung Wesentlichkeitstheorie 53 Wissenschaft — Kulturstaatsverpflichtung zu Schutz und Förderung der Wissenschaft 26 — Theologie als Wissenschaft 30 ff. — Wissenschaftskriterien und -maßstäbe 30, 36,40f., 56, 68, 79, 86

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Sahwortregister

— Wissenschaftspflege 20, 22 — Wissenschaftstheorie 29f., 53 — Wissenschaftsverständnis 29 Wissenschaftsbegriff 2 8 ff. — Bedeutung für das Berufungs- und Prüfungswesen 33, 39ff. — Theologie als Wissenschaft 30 ff. Wissenschaftsfreiheit 24 ff. — Abwehrrichtung gegen wissenschaftsfremde und gegen fremdwissenschaftliche Gefährdungen 24ff., 44, 52, 56, 72, 77 — Berücksichtigung des Selbstverständnisses der betroffenen Wissenschaftszweige 24

— Garantie der akademischen Selbstverwaltung 27, 78 — geeignete Organisationsnormen 27, 33 — Individualrecht 26ff., 78 — institutionelle Garantie 27f., 52 — Organisationsgrundsätze aus Art. 5 I I I GG 27, 29, 38ff., 57f., 84 — Recht des Hochschullehrers auf wissenschaftsgerechte Organisationsgestaltung 33 — Schutz der wissenschaftlichen Integrität 50, 57f., 77