Organisation im Wandel der Märkte [1. Aufl.] 978-3-409-12243-6;978-3-322-86992-0

Prof. Dr. Horst Glaser ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Industriebetriebslehre, der

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German Pages XVIII, 522 [526] Year 1998

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Organisation im Wandel der Märkte [1. Aufl.]
 978-3-409-12243-6;978-3-322-86992-0

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XVIII
Produktmanagement: Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der Deutschen Terminbörse (Wolfgang Bühler, Klaus Düllmann)....Pages 1-33
Transaktionskostenanalyse als Grundlage zur Gestaltung der Qualitätsorganisation (Adolf G. Coenenberg, Thomas M. Fischer)....Pages 35-60
Organisation globaler Versorgungsketten (Werner Delfmann)....Pages 61-89
Schöne heile Netzwerkwelt? Zur transaktionskostentheoretischen Rekonstruktion der Integration von Zuliefersystemen (Michael Gaitanides)....Pages 91-113
Die Organisation im Dilemma — Symptome und Folgerungen für die Theorie und Praxis organisationalen Wandels (Diether Gebert, Sabine Boerner)....Pages 115-134
Organisation der Unternehmensführung im internationalen Vergleich — insbesondere Deutschland,USA und Japan (Elmar Gerum)....Pages 135-153
Zur Abweichungsanalyse bei der Kostenkontrolle (Horst Glaser)....Pages 155-169
Steuerneutrale Reorganisation im Konzern (Norbert Herzig)....Pages 171-189
Unternehmensberater — Händler in Problemen, Praktiken und Sinn (Alfred Kieser)....Pages 191-225
Management permanenten Wandels (Wilfried Krüger)....Pages 227-249
Information Technology & Organizational Design: A Longitudinal Study of Information Technology Implementations in the U.S. Retailing Industry, 1980–1996 (Arie Y. Lewin, Starling D. Hunter)....Pages 251-286
Unternehmensinterne Märkte. Je mehr, desto besser? (Margit Osterloh)....Pages 287-315
Wandlungen der Aufsichtsratstätigkeit im Wandel der Weltwirtschaft (Erich Potthoff)....Pages 317-342
Vorläufer der Lehre von den Kernkompetenzen: von Xenophons Kyrupaedie über Babbage’s Prinzip zu Lists „Gesetz der Kraftvereinigung“ (Dieter Schneider)....Pages 343-358
Branchenkultur — Ein neues Forschungsgebiet (Georg Schreyögg, Christine Grieb)....Pages 359-384
Organisationsentwicklung und Unternehmenssteuerung (Ernst F. Schröder)....Pages 385-411
Ethik und Organisationsgestaltung (Horst Steinmann, Albert Löhr)....Pages 413-439
Aufsichtsratsprobleme globaler Konzernunternehmungen (Manuel René Theisen)....Pages 441-460
Hindsight-Bias im Prinzipal-Agent-Kontext: Die Aktennotiz als Antwort? (Martin Weber, Lukas Mangelsdorff)....Pages 461-478
Zur Begründung organisatorischer Gestaltungen (Axel v. Werder)....Pages 479-509
Back Matter ....Pages 511-519

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Glaser/Schröder/v. Werder Organisation im Wandel der Märkte

Organisation im Wandel derMărkte Herausgegeben von Horst Glaser, Ernst F. Schroder und Axei v. Werder

Mit Beitrăgen von Sabine Boemer · Wolfgang Btihler · Adolf G. Coenenberg · Wemer Delfmann Klaus Dtillmann · Thomas M. Fischer · Michael Gaitanides · Diether Gebert Elmar Gerum · Horst Glaser · Christine Grieb · Norbert Herzig · Starling D. Hunter Alfred Kieser · Wilfried Krtiger ·Arie Y. Lewin · Albert Lohr · Lukas Mangelsdorff Margit Osterloh · Erich Potthoff · Dieter Schneider · Georg Schreyogg Emst F. Schroder · Horst Steinmann · Manuel Rene Theisen Martin Weber · Axei v. Werder

Erich Prese zum 60. Geburtstag

SPRINGER FACHMEDIEN WIESBADEN GMBH

ISBN 978-3-322-86992-0 (eBook) ISBN 978-3-322-86993-7 DOI 10.1007/978-3-322-86992-0

Alle Rechte vorbehalten ©Springer Fachmedien Wiesbaden 1998 Ursprunglich erschienen bei Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, 1998 Lektorat: Ralf Wettlaufer 1Annegret Heckmann Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1998

Das Werk einschlieGJich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschUtzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulăssig und stralbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfăltigungen , Ubersetzungen , Mikrovertilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

http://www.gabler-on 1ine.de Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen , Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Ke nnzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeiche n- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wăren und daher von jedermann benutzt werden durften. Hăchste inhaltliche und technische Qualităt unserer Produkte ist unser Z iei. Bei dcr Produktion und Verbreitung unscrer Bucher wollcn wir die Umwclt schon en: Dicses Buch ist auf săurefreiem und chlorfrci gcbleichtem Papicr gedruckt. Dic EinschweiBfolie besteht aus Polyiithylen und dam it aus organischen Grund stoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freis etzen.

PROF. DR. ERICH FRESE

Geleitwort Am 7. September 1998 feiert ERICH FRESE seinen sechzigsten Geburtstag. Zu diesem Anlaß haben Schüler und mit ihm besonders eng verbundene Universitätskollegen diese Festschrift verfaßt Die vorliegende Schrift bildet ein Zeichen fiir die hohe Wertschätzung, die der Jubilar als Wissenschaftler, akademischer Lehrer und Persönlichkeit genießt. ERICH FRESE wurde in Bremen geboren. Nach Abschluß seines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln promovierte er dort im Jahre 1966 bei ERWIN GROCHLA, der auch weiterhin sein akademischer Lehrer blieb. Von August 1969 bis März 1970 absolvierte der Jubilar einen Forschungsaufenthalt als Research Associate an der Graduate School of Iudustrial Administration der CamegieMellon University in Pittsburgh. Der sich im Jahre 1970 anschließenden, durch die Deutsche Forschungs-Gemeinschaft geförderten Habilitation folgte 1973 der erste Ruf auf den Lehrstuhl fiir Industriebetriebslehre und Organisation der Technischen Hochschule Aachen. Dort blieb ERICH FRESE trotz verlockender Rufe nach Berlin und Saarbrücken bis zu seiner Rückkehr nach Köln, wo er seit 1986 als Nachfolger von ERWIN GROCHLA das Seminar fiir Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisationslehre leitet. Die Arbeitsgebiete des Jubilars sind breit gefächert. Einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit stellt aber zweifellos die Analyse von Entscheidungsprozessen unter Beachtung von entscheidungslogischen und verhaltensorientierten Aspekten dar. Dies deutet sich bereits in seiner Dissertation an, die unter dem Titel "Kontrolle und Untemehmungsfiihrung - Entscheidungs- und organisationstheoretische Grundfragen" veröffentlicht ist. Betriebswirtschaftliche Entscheidungen sind informationsgewinnende und -verarbeitende Prozesse, die es zu gestalten und zu strukturieren gilt. Die Komplexität entsprechender Entscheidungsprozesse macht deren hierarchische Zerlegung notwendig, die sich in einem arbeitsteilig organisierten Leitungssystem niederschlägt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet FRESE die Problematik adäquater Kontrollen. Objekte seiner Analysen sind zwei Kontrollgebiete: Zum einen die ergebnisorientierten Kontrollen, die maßgeblich auf das im Zusammenhang mit unvollkommener Information entstehende Problem der Prognoseungewißheit gerichtet sind, und zum anderen die verfahrensorientierten Kontrollen, deren Bezugspunkt die infolge menschlicher Unzulänglichkeiten möglicherweise fehlerbehaftete Informationsverarbeitung bildet. FRESE hinterfragt auch die psychologischen und soziopsychologischen Wirkungen von Kontrollen und weist auf Grund empirischer Befunde nach, daß entsprechende Verhaltenswirkungen zwar bestehen, generelle Aussagen über deren Ausprägung jedoch zu negieren sind. Der Jubilar bezieht damit als einer der ersten deutschen Wissenschaftler auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre die in den USA erzielten Erkenntnisse in die deutschsprachige Organisationstheorie ein

VIII

Geleitwort

und trägt damit maßgeblich zu einer Öffnung der deutschen Organisationsforschung gegenüber der internationalen Diskussion bei. Die mit der arbeitsteiligen Zerlegung von Entscheidungsprozessen verbundenen Probleme bestimmen auch die folgenden Arbeiten des Jubilars. Neben dem Themenbereich Führung und Kontrolle beschäftigt er sich unter anderem mit der Gestaltung von Organisationsstrukturen und den entsprechenden Koordinationsfragen. Als seine umfassendste Schrift auf diesem Forschungsgebiet entstehen die "Grundlagen der Organisation", deren Wurzeln bis zu seiner Habilitationsschrift über "Die hierarchische Struktur des Entscheidungssystems der Unternehmung" zurückreichen, und die sich als das Standardwerk der Organisationslehre etabliert. Mit ihren jeweiligen Überarbeitungen bis zur aktuellen sechsten Auflage gibt diese Schrift den kontinuierlichen Entwicklungsprozeß des entscheidungsorientierten Ansatzes des Jubilars wieder; die siebte Auflage dieses Werkes ist fiir 1998 angekündigt. Die Zwecksetzung der Koordination betrieblicher Entscheidungen als zentrales Organisationsproblem besteht darin, die unterschiedlichen Personen bzw. Bereichen zugewiesenen Teilaufgaben innerhalb einer Unternehmung auf deren Gesamtziel auszurichten. Koordination äußert sich jedoch nicht nur in der Abstimmung arbeitsteilig zu verrichtender Aufgabenkomplexe, sondern bereits in deren Differenzierung. Problematisch ist dies auf Grund der vielHiltigen Interdependenzen, die zwischen entsprechenden Teilentscheidungen bestehen können. Die zwecks Koordination vorgenommene Zuweisung jeweiliger Entscheidungskompetenzen an die einzelnen Entscheidungsträger und Errichtung von Informationsbeziehungen zwischen diesen steht immer im Spannungsfeld zwischen der höheren Entscheidungsgüte infolge einer möglichst vollständigen Abstimmung der Einzelentscheidungen und den hiermit verbundenen, hohen Abstimmungskosten. BRICH FRESE erforscht detailliert Ursachen und Erscheinungsformen möglicher Interdependenzen und analysiert organisatorische Instrumente wie Verrechnungspreissysteme, Profit-Center-Strukturen oder Management-by-Konzepte zu ihrer adäquaten Berücksichtigung. Wiederum kommt es ihm hierbei nicht nur auf die entscheidungslogischen Aspekte an, sondern auch auf die Verhaltenswirkungen bezüglich der menschlichen Entscheidungsträger. Bei aller theoretischen Ambition behält der Jubilar konsequent die praktische Umsetzbarkeit seiner Ansätze im Blick und ist unablässig bestrebt, diese im Kontakt mit der Praxis zu überprüfen. Ein Forum fiir den Dialog zwischen Theorie und Praxis fmdet BRICH FRESE mit der Schmalenbach-Gesellschaft fiir Betriebswirtschaft e.V., deren 1986 neu konstituierten Arbeitskreis "Organisation" er leitet. Den Erfolg der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Praktikern dieser Arbeitsgruppe belegen die unter der Mitherausgeberschaft des Jubilars entstandenen Sammelbände zu so aktuellen und bedeutsamen Themen wie "China als Markt und Kooperationspartner", "Kundennähe durch moderne Informationstechnologien", "Zentralbereiche" sowie "Organisationsstrategien zur Sicherung der Wettbewerbsfahigkeit".

Geleitwort

IX

Die Anerkennung, die das Wirken von ERICH FRESE findet, dokumentiert sich unter anderem in der ihm übertragenen Herausgeberschaft der dritten Auflage des Handwörterbuchs der Organisation, der Mitherausgeberschaft der Zeitschrift fiir betriebswirtschaftliche Forschung sowie - über den nationalen Bereich hinaus - der langjährigen Mitherausgeberschaft von Organization Science. Als engagierter Hochschullehrer mit einem feinen Gespür fiir aktuelle Themenstellungen wie zum Beispiel Fragen der Globalisierung und unternehmungsinterner Märkte verschließt sich der Jubilar nicht der universitätspolitischen Diskussion, sondern bezieht auch Stellung zur universitären Autonomie und zur Forderung nach Evaluation wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge. Die Wertschätzung, die sich ERICH FRESE auch insoweit erwirbt, kommt nicht zuletzt in seiner Wahl zum Prorektor der Universität zu Köln fiir die Jahre 1995 bis 1997 zum Ausdruck. Hervorzuheben sind nicht minder sein herausragendes Engagement fiir Studenten und Schüler sowie seine besonderen Leistungen in der Lehre, die im Jahre 1995 mit dem Albertus-Magnus-Preis der Studentenschaft der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln gewürdigt wurden. Die Autoren möchten mit dem vorliegenden Werk ihre besten Wünsche fiir ein weiterhin erfolgreiches Wirken des Jubilars, auch und gerade zum Wohle der Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft, zum Ausdruck bringen.

HORST GLASER

ERNST F. SeHRÖDER

AXEL V. WERDER

Inhaltsverzeichnis Geleitwort ................................................................................................................ VII Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... XI Autorenverzeichnis ................................................................................................ XIII

Wolfgang Bühlerund Klaus Düllmann Produktmanagement Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der Deutschen Terminbörse .............................................................................................. I AdolfG. Coenenberg und Thomas M Fischer Transaktionskostenanalyse als Grundlage zur Gestaltung der Qualitätsorganisation .......................................................................................... 35 Werner Delfmann Organisation globaler Versorgungsketten ................................................................. 61 Michael Gaitanides Schöne heile Netzwerkwelt? Zur transaktionskostentheoretischen Rekonstruktion der Integration von Zuliefersystemen ............................................. 91 Diether Gebert und Sabine Boerner Die Organisation im Dilemma- Symptome und Folgerungen fiir die Theorie und Praxis organisationalen Wandels ..................................................................... 115 Elmar Gerum Organisation der Unternehmensfiihrung im internationalen Vergleich insbesondere Deutschland, USA und Japan ............................................................ 135 Horst Glaser Zur Abweichungsanalyse bei der Kostenkontrolle ................................................. 15 5 Norbert Herzig Steuerneutrale Reorganisation im Konzern ............................................................ 171 Alfred Kieser Unternehmensberater- Händler in Problemen, Praktiken und Sinn ....................... 191 Wilfried Krüger Management permanenten Wandels ....................................................................... 227

XII

Inhaltsverzeichnis

Arie Y Lewin und Starfing D. Hunter Information Technology & Organizational Design: A Longitudinal Study oflnformation Technology Implementations in the U. S. Retailing Industry, 1980-1996 ................................................................................................ 251 Margit Osterloh Unternehmensinterne Märkte. Je mehr, desto besser? ............................................ 287 Erich Potthoff Wandlungen der Aufsichtsratstätigkeit im Wandel der Weltwirtschaft .................. 317 Dieter Schneider Vorläufer der Lehre von den Kernkompetenzen: von Xenophons Kyrupaedie über Babbage's Prinzip zu Lists "Gesetz der Kraftvereinigung" ............................ 343 Georg Schreyögg und Christine Grieb Branchenkultur- Ein neues Forschungsgebiet.. ...................................................... 359 Ernst F. Sehröder Organisationsentwicklung und Unternehmenssteuerung ........................................ 385 Horst Steinmann und Albert Löhr Ethik und Organisationsgestaltung ......................................................................... .413 Manuel Rene Theisen Aufsichtsratsprobleme globaler Konzernunternehmungen .................................... .441 Martin Weber und Lukas Mangelsdorff Hindsight-Bias im Prinzipal-Agent-Kontext: Die Aktennotiz als Antwort? .......... .461 Axel v. Werder Zur Begründung organisatorischer Gestaltungen ................................................... .479 Schriftenverzeichnis von Er ich Frese ..................................................................... 511

Autorenverzeichnis Dr. Sabine Boerner Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation, Personalwesen und Führungslehre Technische Universität Berlin Uhlandstr. 4-5 10623 Berlin

Professor Dr. Wolfgang Bühler Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierung Universität Mannheim L5, 2 68131 Mannheim

Professor Dr. Dr. h. c. Adolf G. Coenenberg Lehrstuhl für Wirtschaftsprüfung und Controlling Universität Augsburg Universitätsstr. 16 86135 Augsburg

Professor Dr. Werner Delfmann Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftliche Planung und Logistik Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln

Dipl.-Math. Klaus Düllmann Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierung Universität Mannheim L5, 2 68131 Mannheim

XIV

Autorenverzeichnis

Professor Dr. Thomas M. Fischer Lehrstuhl für Unternehmensrechnung und Controlling Revisions- und Treuhandwesen Handelshochschule Leipzig Jahnallee 59 04109 Leipzig

Professor Dr. Michael Gaitanides PrC?fessur für Betriebswirtschaftslehre, insbes. Organisationstheorie Universität der Bundeswehr Harnburg Halstenhofweg 85 22043 Harnburg

Professor Dr. Diether Gebert Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation, Personalwesen und Führungslehre Technische Universität Berlin Uhlandstr. 4-5 10623 Berlin

Professor Dr. Elmar Gerum Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Organisation und Personalwirtschaft Philipps-Universität Marburg Universitätsstraße 24 35032 Marburg

Professor Dr. Horst Glaser Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Industriebetriebslehre Universität des Saarlandes Im Stadtwald 66123 Saarbrücken

Autorenverzeichnis

Dipl.-Kff. Christine Grieb Lehrstuhl Organisation und Führung Institut für Management Freie Universität Berlin Garystr. 21 14195 Berlin

Professor Dr. Norbert Herzig Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz 50923 Köln

Starling D. Hunter Sloan School of Management Massachusetts Institute ofTechnology 50 Memorial Dr. Cambridge, MA 02142

Professor Dr. Alfred Kieser Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisation Universität Mannheim Schloß 68131 Mannheim

Professor Dr. Wilfried Krüger Professur für Betriebswirtschaftslehre 11 Organisation, Unternehmungsführung und Personalwirtschaft Justus-Liebig-Universität Gießen Licher Straße 62 35394 Gießen

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Autorenverzeichnis

Professor Dr. Arie Y. Lewin Fuqua School of Business Duke University Durham, NC 27708-0210

Dr. Albert Löhr Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung Universität Erlangen-Nürnberg Lange Gasse 20 90403 Nürnberg

Dr. Lukas Mangelsdorff Feldstr. 91 24105 Kiel

Professor Dr. Margit Osterloh Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisationslehre Universität Zürich Plattenstrasse 14 CH-8032 Zürich

Honorarprofessor Dr. Dr. h. c. Erich Potthoff Universität zu Köln Rosenhof26 40670 Meerbusch

Professor Dr. Dr. h. c. mult. Dieter Schneider Lehrstuhl für Unternehmensbesteuerung und Unternehmensprüfung Ruhr-Universität Bochum Universitätsstr. 150 44801 Bochum

Autorenverzeichnis

Professor Dr. Georg Schreyögg Lehrstuhl Organisation und Führung Institut für Management Freie Universität Berlin Garystr. 21 14195 Berlin

Dr. Ernst F. Sehröder Persönlich haftender Gesellschafter Dr. August Oetker Lutterstr. 14 33617 Bietefeld

Professor Dr. Dr. h.c. Horst Steinmann Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensführung Universität Erlangen-Nürnberg Lange Gasse 20 90403 Nürnberg

Professor Dr. Dr. Manuel Rene Theisen Lehrstuhlfür Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerrecht Ludwig-Maximilians-Universität München Ludwigstraße 28 RGIIV 80539 München

Professor Dr. Martin Weber Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Finanzwirtschaft, insb. Bankbetriebslehre Universität Mannheim L5, 2 68131 Mannheim

XVII

XVIII

Autorenverzeichnis

Professor Dr. Axel v. Werder Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Organisation und Unternehmensführung Technische Universität Berlin Uhlandstr. 4-5 10623 Berlin

Die Herausgeber danken Frau Dipi.-Kff. Felicitas Pudwitz, Technische Universität Berlin, herzlich fur die sehr sorgfältige redaktionelle Betreuung der Festschrift.

Produktmanagement: Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der Deutschen Terminbörse Wolfgang Bühler ·Klaus Düllmann

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung .............................................................................................................. 2

I. Die Deutsche Börse AG als Marktinstitution im Wettbewerb ............................ 2 II. Pfandbriefmarkt und Pfandbrief-Future ............................................................. 4 III. Problemstellung und Aufbau der Untersuchung ............................................... 5 B. Qualitative Analyse der Erfolgsfaktoren eines Pfandbrief-Futures ................ 7

I. Liquidität, Homogenität und Liefervolumen der Basistitel... .............................. 7 li. Volatilität des Renditespreads ............................................................................ 9 111. Marktteilnehmer .............................................................................................. 11 C. Quantitative Analyse der Absicherungsqualität des BOBL-Futures für Jumbo-Pfandbriefe ................................................................................................. 13

I. Grundsätzlicher Untersuchungsautbau .............................................................. 13 li. Absicherungssituation, Absicherungsperiode und Untersuchungszeitraum .... 14 II I. Abzusichernde Kassaposition ......................................................................... 14 IV. Absicherungsstrategie ..................................................................................... 15 V. Bewertung der Absicherungsqualität ............................................................... 17 VI. Simulationsläufe ............................................................................................. 18 VII. Untersuchungsergebnisse fur die Tages-Absicherung .................................. 19 VIII. Untersuchungsergebnisse fur die Vier-Wochenahsicherung ....................... 24 IX. Untersuchung von Anlaufeffekten .................................................................. 26 D. Zusammenfassung und offene Probleme ......................................................... 29

Wolfgang Bühler ·Klaus Düllmann

2

A. Einleitung Die Deutsche Börse AG wurde 1993 als grundsätzlich gewinnorientiertes Unternehmen gegründet. Sie ist der Träger der Frankfurter Wertpapierbörse und der Deutschen Terminbörse (DTB). Ferner hält sie sämtliche Anteile der Deutscher Kassaverein AG und der Deutsche Wertpapierdaten-Zentrale GmbH. Aufgrund des Umbruchs an den nationalen und internationalen Finanzmärkten steht sie in einem harten Wettbewerb mit anderen W ertpapierbörsen, mit dem außerbörslichen Handel an den OTC-Märkten, mit den zunehmend an Bedeutung gewinnenden außerbörslichen elektronischen Handelssystemen wie Reuters-Instinet und mit internationalen Clearing-Organisationen wie Euroclear oder Cedel. Dieser Wettbewerb wird in der Zukunft noch verschärft werden durch neue, auf niedrige Transaktionskosten angewiesene Intermediäre wie Retail-Broker, Hedge-Funds oder Swap-Subsidiaries 1 und durch weitere elektronische, möglicherweise auf dem Internet basierende außerbörsliche Handelssysteme. Die zukünftige Wettbewerbsposition der Deutsche Börse AG hängt insbesondere ab von der Breite ihrer Produktpalette und ihrer Fähigkeit, Leistungen besser oder kostengünstiger als ihre Konkurrenten anzubieten. Seit längerer Zeit diskutieren vor diesem Hintergrund verschiedene Interessengruppen kontrovers über die Notwendigkeit der Einfuhrung eines Pfandbrief-Futures an der Deutschen Terminbörse. Diese Problematik betrifft unmittelbar die Attraktivität der Produktpalette der Deutsche Börse AG, aber auch den Erfolg bereits existierender Future-Kontrakte und Kassainstrumente. Die vorliegende Studie wurde zur Vorbereitung der am Ende der ersten Phase des Produktmanagement-Prozesses zu treffenden Entscheidung über die Einfuhrung eines Pfandbrief-Futures durchgefuhrt. In ihr werden zunächst die Deutsche Börse AG als Finanzintermediär beschrieben und das Marktumfeld eines Futures auf Jumbo-Pfandbriefe dargestellt, ehe im Kern der Arbeit qualitativ und quantitativ die Erfolgsfaktoren dieses Produktes analysiert werden.

I.

Die Deutsche Börse AG als Marktinstitution im Wettbewerb

Die Deutsche Börse AG versteht sich als "Dienstleister rund um das Wertpapier" 2 fur drei große Gruppen von Nachfragern: Emittenten, Investoren und Finanzintermediäre. Für diese bietet sie innerhalb der drei strategischen Geschäftsfelder "Benchmark Products", "Domestic Products" und "Operation Based Systems" eine

1

Vgl. SEIFERT (1994), S. 219 ff.

2

Vgl. BREUER (1994), S. 24 f. und SEIFERT (1994).

Produktmanagement: Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der DTB

3

Vielzahl von Einzelleistungen an, die sich auf die folgenden funf Kernleistungen zurückfuhren lassen 3 : • Zusammenfuhrung von Angebot und Nachfrage fur verschiedene Finanzprodukte, • Bereitstellung von Handelssystemen, • Sicherstellung einer fairen Preisbildung, • Erzeugung und Offenlegung von Informationen über die betreuten Finanzprodukte und • Bereitstellung von Abwicklungssystemen. Emittenten, Investoren und Finanzintermediäre werden diese Leistungen nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie relativ zu existierenden Alternativen zu niedrigeren Transaktionskosten fuhren. Zur Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsposition müssen Transaktionskostenvorteile auch im Vergleich zu Koordinationsstrukturen vorliegen, die sich erst in der Zukunft fur die Erstellung von Finanzdienstleistungen entwickeln. Transaktionskosten werden hierbei etwas breiter als in der Transaktionskostentheorie aufgefaßt und umfassen explizite sowie implizite Kosten des gesamten Prozesses eines Leistungsaustausches 4 . Für Investoren und Finanzintermediäre zählen zu diesen Kosten insbesondere5 • die Informations- und Entscheidungskosten, • die Kosten des Abschlusses, der Erfullung und Abrechnung der Leistung, • die Kosten der Sicherung gegen Transaktionsrisiken und • gegebenenfalls die Kosten eines sofortigen Abschlusses. Aus einer von SCHIERECK durchgefuhrten Befragung6 von institutionellen Investoren wird deutlich, daß niedrigere Kosten eines sofortigen Abschlusses, d. h. eine hohe Liquidität, die größte Bedeutung besitzen. An dritter Stelle der Präferenzskala stehen eine schnelle und sichere Abwicklung, d. h. geringe Kosten der Sicherung gegen Transaktionsrisiken. Nicht unmittelbar in die obige Liste von Transaktionskosten einordnen läßt sich das mit zweiter Priorität genannte Kriterium einer breiten Produktpalette. Hierzu zählen insbesondere Derivate wie Optionen und Futures

3

4

V gl. DEUTSCHE BÖRSE AG (I 995), S. I 3 ff. Vgl. COASE (1937), S. 390 ff., WILLIAMSON (1985), S. 18 ff. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Transaktionskostenansatz vgl. FRESE ( 1990), S. 16 ff. Vgl. SCHMIDT (1988), S. 7.

6

Vgl. SCHIERECK (1995), S. 135 ff., insb. S. 138.

4

Wolfgang Bühler · Klaus Düllmann

sowie die Wertpapierleihe und Wertpapierpensionsgeschäfte (Repo-Geschäfte). Bei der Erweiterung der Produktpalette um Derivate besitzt die Deutsche Börse AG einen besonderen Wettbewerbsvorteil, da sie alsTrägerindes Handels in zwei Marktsegmenten, Kassamarkt und Terminmarkt, fungiert.

II. Pfandbriefmarkt und Pfandbrief-Future Der Pfandbriefmarkt bildet mit einem Umlaufvolumen von 1.431 Mrd. DM und 16.500 Emissionen das sechstgrößte Anleihemarktsegment der Welt und das größte in Europa7 . Diesen beeindruckenden Angaben stehen jedoch ein traditionell geringes durchschnittliches Emissionsvolumen von ca. 90 Mio. DM und ein 1996 unter 4% liegender Anteil am Umsatz von Anleihen an der Frankfurter Wertpapierbörse gegenüber8 . Beide Ziffern verdeutlichen, daß die Liquidität von Pfandbriefen, das Kriterium, dem von institutionellen Investoren die höchste Bedeutung beigemessen wird, relativ gering ist. Die mangelnde Liquidität dürfte auch die Ursache für einen im Mittel mehr als 20 Basispunkte betragenden Renditespread zwischen traditionellen Pfandbriefen und Bundesanleihen sein9 . Dieser besitzt zudem seit 1993 eine leicht zunehmende Tendenz 10 und führt somit zu relativ steigenden Refinanzierungskosten der Emittenten. Als Reaktion auf die abnehmende Attraktivität des Pfandbriefmarktes begeben größere Hypothekenbanken seit Mai 1995 Jumbo-Pfandbriefe. Diese sind durch ein Emissionsvolumen von mindestens einer Mrd. DM, standardisierte Ausstattungsmerkmale und ein freiwilliges Market-Making mit festgelegten Maximalspreads charakterisiert 11 • Bis Ende Juni 1997 wurden insgesamt 116 Jumbo-Pfandbriefe emittiert. Ihr Umlaufvolumen beträgt 181 Mrd. DM oder 30 % des seit Mai 1995 begebenen Volumens an traditionellen Pfandbriefen 12 . Der durchschnittliche Renditespread zwischen Jumbo-Pfandbriefen und ausgewählten Benchmarkanleihen des Bundes verringerte sich von etwa 24 Basispunkten zu Beginn des Januars 1996 auf 10 Basispunkte Ende Juni 199i 3 . Dennoch können teilweise erratische Renditebewegungen einzelner JumboPfandbriefe relativ zu Bundesanleihen und traditionellen Pfandbriefen beobachtet werden. Diese lassen sich als Zeichen einer noch mangelnden Reife des JumboPfandbriefmarktes auffassen, die möglicherweise auf das Fehlen von Pfandbrief-

8 9 10 11

12 13

Vgl. ARNDT (1997), S. 7. V gl. DEUTSCHE BöRSE ( 1997). Vgl. BüHLERIHIES (1997), S. 55. Vgl. BüHLERIHIES (1997), S. 57. Zu Einzelheiten vgl. MUNSBERG ( 1997), S. 28. Vgl. MUNSBERG (1997), S. 27 und S. 38. Vgl. MUNSBERG (1997), S. 37.

Produktmanagement: Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der DTB

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Derivaten und eines liquiden Pfandbriefleihe- und Repomarktes zurückzufuhren sind. Insbesondere wird in der Einführung eines Pfandbrief-Futures die Möglichkeit zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen des Pfandbriefmarktes gesehen. Dieser Future könnte als Hedge-, Arbitrage- und Spekulationsinstrument von den verschiedenen Gruppen von Marktteilnehmern eingesetzt werden, neue Interessenten aus dem Kreis institutioneller Investoren für den Pfandbrief erschließen und damit die Liquidität des Kassamarktes für Jumbo-Pfandbriefe weiter verbessern.

111. Problemstellung und Aufbau der Untersuchung Die Entscheidung über die Einführung eines Pfandbrief-Futures stellt aus Sicht der Deutsche Börse AG den Abschluß der ersten Phase eines dreiphasigen Prozesses des Produktmanagements dar 14 . Die erste Phase umfaßt die Analyse der Bedürfnisse potentieller Nutzer des Futures, die Festlegung der Kontraktmerkmale, die Analyse der "BOBL"- und "BUND"-Futures als Konkurrenzprodukte eines PfandbriefFutures und die Erstellung einer Umsatzprognose. Im Falle einer positiven Entscheidung müssen dann in der zweiten Phase die EDV-technischen Voraussetzungen für den Handel, die Abwicklung und die Überwachung geschaffen werden. Ferner ist ein Marketingprogramm zu entwerfen und umzusetzen, Quasi-Market-Maker müssen gewonnen und eine Simulationsphase vor Aufnahme des Handels durchgeführt werden. Gegenstand der dritten Phase sind die laufende Produktbegleitung, die Erfolgskontrolle und gegebenenfalls die Durchführung von Anpassungsmaßnahmen. Die Deutsche Börse AG befindet sich zur Zeit der Abfassung des Manuskriptes am Ende der ersten Phase. Grundsätzlich muß dabei die Einführung eines PfandbriefFutures positiv beurteilt werden. Er bietet Händlern, Market-Makern, Investoren und Emittenten Absicherungsmöglichkeiten und eröffnet neue Arbitragemöglichkeiten. Somit liegt er im Interesse von Emittenten, Investoren und Finanzintermediären. Ferner fuhrt er zu einer Erweiterung der Produktpalette der Deutsche Börse AG und verbessert unter der Voraussetzung seiner erfolgreichen Einführung die Liquidität des Kassamarktes. Diesen Erfolgschancen stehen eine Reihe von Risiken gegenüber. Zunächst verursacht die Einführung eines neuen Produktes der Deutsche Börse AG erhebliche Kosten. Ferner entsteht bei einem Mißerfolg ein Reputationsverlust mit möglichen Rückwirkungen auf die erfolgreichen BOBL- und BUNDFutures und auf den Kassamarkt in Jumbo-Pfandbriefen. Da die Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures durchaus kontrovers diskutiert werden15, muß vor einer endgültigen Entscheidung eine detaillierte Analyse der Er-

14 15

Vgl. FRESE (1995), S. 222 ff. Zu den Argumenten vgl. z. B. WERTSCHULTE (1996), S. 70 f. einerseits sowie MUNSBERG ( 1996), S. 522 und HIES ( 1996), S. 220 andererseits.

Wolfgang Bühler · Klaus Düllmann

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folgsfaktoren vorgenommen werden. Neben der Ausgestaltung des Kontraktes sind nach einer Studie von BLACK 16 die folgenden Faktoren für Erfolg oder Mißerfolg ausschlaggebend: • Existenz eines etablierten, liquiden Konkurrenzproduktes, • Absicherungsqualität des Futures, • Liquidität und Homogenität der Basistitel, • Umfang des lieferbaren Materials bei physischer Lieferung, • Volatilität der Preisänderungen der Basistitel und • Zahl der Marktteilnehmer, die bereit sind, Long- und Short-Positionen einzugehen. In der vorliegenden Studie wird der erste Erfolgsfaktor detailliert untersucht. Dieser besitzt im Problemfeld des Pfandbrief-Futures eine besondere Bedeutung, da für DM-Anleihen mit dem BUND- und dem BOBL-Future der Deutschen Terminbörse sowie dem BUND-Future der LIFFE bereits drei etablierte und liquide Konkurrenzprodukte existieren. Die Bedeutung dieses Wettbewerbsumfeldes wird mit Hilfe einer empirischen Untersuchung ermittelt. In ihrem Mittelpunkt steht ein Vergleich der Absicherungsqualität des BOBL-Futures im Markt der Jumbo-Pfandbriefe mit dessen Absicherungsqualität für Emissionen des Bundes. Trifft man die realistische Annahme, daß ein Pfandbrief-Future für Jumbo-Pfandbriefe keine bessere Absicherungsqualität besitzt als der BOBL-Future für Bundesanleihen, dann stellt die Differenz der empirisch ermittelten Absicherungsergebnisse eine obere Schranke dar für den bestenfalls durch Einführung eines Pfandbrief-Futures zu erwartenden Gewinn an Absicherungsqualität. Nur wenn eine deutliche Zunahme an Absicherungsqualität zu erwarten ist, sollte die Einführung eines Pfandbrief-Futures erwogen werden. Andernfalls wird er sich nicht gegen das Konkurrenzprodukt "BOBL-Future" durchsetzen. Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: In Abschnitt B werden von den sechs oben dargestellten Erfolgsfaktoren die vier zuletzt genannten qualitativ untersucht. Daran schließt sich in Abschnitt C die Darstellung des Aufbaus und der Ergebnisse der empirischen Simulationsstudie zur Analyse der Absicherungsqualität des BOBL-Futures für Jumbo-Pfandbriefe an. Die Untersuchung schließt mit einem Ausblick auf eine weitere, noch durchzufuhrende empirische Studie und einer Einschätzung der Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures.

16

Vgl. BLACK (1986).

Produktmanagement: Zu den Erfolgschancen eines Pfandbrief-Futures an der DTB

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B. Qualitative Analyse der Erfolgsfaktoren eines PfandbriefFutures I.

Liquidität, Homogenität und Liefervolumen der Basistitel

Eine hohe Liquidität des Basistitels eines Futures stellt eine zentrale Bedingung für dessen Erfolg dar. Nur dann wird ein ausreichendes Interesse von Endnutzern vorliegen, die den Future für Absicherungszwecke einsetzen. Nur dann werden auch Arbitrageure in der Lage sein, den für die Absicherung erforderlichen Gleichlauf zwischen Kassa- und Futuresmarkt herzustellen. Einen ersten Indikator für die Liquidität eines Marktsegments stellt das Emissionsvolumen dar. Der Schwerpunkt der Emissionen von Jumbo-Pfandbriefen liegt im Bereich der vier- bis fünfjährigen Laufzeiten. In diesem Segment wurde von Mai 1995 bis Juni 1997 ein Volumen von ca. 44 Mrd. DM begeben. Dies stellt 42% des Emissionsbetrages von Bundesobligationen in demselben Zeitraum dar 17 . Dieser Liquiditätsindikator vermittelt damit zunächst ein positives Bild. Ein weniger günstiges Bild ergibt sich, wenn das Umsatzvolumen und die Anzahl der Geschäftsabschlüsse als Liquiditätsmaße 18 verwendet werden. Das Umsatzvolumen der Jumbo-Pfandbriefe im dreieinhalb- bis fünfjährigen Restlaufzeitbereich betrug 1996 nur 3,1 % des Umsatzvolumens von Bundesobligationen derselben Restlaufzeitklasse. Im vierten Quartal 1996 lag dieses Verhältnis bei 2,6 %. Legt man die Anzahl der Geschäftsabschlüsse zugrunde, ergeben sich Verhältnisse von 9,6% für das gesamte Jahr 1996 bzw. 13,6% für das letzte Quartal 19 . Stellt man auf die Geld-Briefspanne als Liquiditätsmaß ab, so erhält man bei Abschlüssen bis 25 Mio. DM für Bundesobligationen eine marktübliche Spanne zwischen drei und fünf Pfennigen. Für Jumbo-Pfandbriefe mit Restlaufzeiten bis zu sechs Jahren verpflichten sich die Market-Maker, Spannen von sechs Pfennigen nicht zu überschreiten. Insgesamt läßt sich aus diesen Daten eindeutig auf eine geringere Liquidität des Jumbo-Pfandbriefmarktes im Vergleich zu den Bundesobligationen schließen. Die Homogenität der Basistitel eines Future-Kontraktes ist bei Kontrakterfüllung durch Einlieferung einer Anleihe aus einem Korb zugelassener Anleihen von Bedeutung. So konnte in der Vergangenheit beobachtet werden, daß Treuhandanleihen durch ihren emittentenbezogenen Kursabschlag für lange Zeit die Cheapest-toDeliver-Anleihe für den BUND-Future waren. In einer solchen Situation wird das

17

Ermittelt aus MUNSBERG ( 1997), S. 27 und DEUTSCHE BUNDESBANK (1997), S. 18.

18

V gl. KEMPF (1997).

19

Diese Daten wurden mit Hilfe der Anleihedatenbank, Mannheim, ermittelt.

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Spektrum der voraussichtlich zur Lieferung kommenden Anleihen erheblich eingeschränkt und es kann deshalb zu Lieferengpässen kommen. Bundesobligationen stellen ein weitgehend homogenes Marktsegment dar. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Bonitätskriteriums. Ob Jumbo-Pfandbriefe unter Bonitätsaspekten ein homogenes Segment bilden, wird unter Marktteilnehmern kontrovers diskutiert. So kann aus Sicht der Rating-Agenturen keineswegs aufgrund der Deckungsvorschriftenapriori eine einheitliche AAA-Bewertung angenommen werden. Tatsächlich wurden von Moody's fur Jumbo-Pfandbriefe Ratings zwischen Aaa bis Aa2 vergeben20 . Damit stellt sich fur den Pfandbrief-Future in besonderer Weise die Problematik, daß stets dieselbe Anleihe mit weniger gutem Rating den Cheapest-to-Deliver-Titel darstellt. Die naheliegende Lösung, zur Lieferung nur Pfandbriefe mit dem höchsten Rating zuzulassen, fuhrt zu einer Einschränkung der lieferbaren Titel und birgt damit die Gefahr in sich, daß ein als Mindestbetrag angesehenes lieferbares Volumen nicht erreicht wird. Eine interessante Alternative besteht darin, durch das bei AnleiheFutures übliche Preisfaktorsystem nicht nur Unterschiede in der Kuponhöhe und Restlaufzeit auszugleichen, sondern auch Bonitätsunterschiede abzubilden. Daß dies nur näherungsweise möglich sein wird, und damit die Lieferoption eine größere Bedeutung als beim BOBL-Future erhält, muß nicht zwingend ein Nachteil sein. Ein Beispiel fur einen sehr erfolgreichen Kontrakt, der ein breites Bündel unterschiedlicher Lieferoptionen beinhaltet, stellt der Treasury Bond Future-Kontrakt dar. Der zur Lieferung einer Anleihe verpflichtete Kontraktpartner besitzt zunächst die Option, die fur ihn günstigste Anleihe aus einem Korb lieferbarer Anleihen auszuwählen. Ferner kann er aufgrund zweier Zeitoptionen den Liefertag innerhalb des Liefermonats festlegen und zusätzlich bis zu sechs Stunden nach Festsetzung des Settlement-Preises über Lieferung oder Nichtlieferung der Anleihe entscheiden 21 . Sofern bonitätsabhängige Preisfaktoren gefunden werden können, die nicht zu einer systematischen Bevorzugung einzelner Jumbo-Pfandbriefe fuhren, kann sich eine auf Bonitätsunterschiede beziehende Lieferoption als attraktives Gestaltungsmerkmal erweisen. Bei Lieferengpässen kann es zu Kursverzerrungen bei den lieferbaren Anleihen kommen, die möglicherweise zu Verlusten bei Arbitrageuren und bei Investoren mit Absicherungszielen fuhren. Als Konsequenz werden sie sich aus dem Futuremarkt zurückziehen, und der Kontrakt wird an Umsatzvolumen einbüßen. Unterstellt man, daß ein Liefervolumen von 50 Mrd. DM eine Untergrenze fur einen Anleihe-Future darstellt 22 , dann wurde dieses Volumen noch zu keinem Zeitpunkt erreicht, sofern

20

Vgl. MUNSBERG (1996), S. 518.

21

V gl. OUFFIE (1989), S. 325 f.

22

Vgl. o. V. (1997), S. 37. MUNSBERG hält ein Liefervolumen von 60 bis 80 Mrd. DM fiir erforderlich. Vgl. MUNSBERG (1996), S. 519.

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nur Jumbo-Pfandbriefe der höchsten Ratingklasse berücksichtigt werden. Ende Dezember 1997 betrug das Volumen umlaufender Jumbo-Pfandbriefe der höchsten Ratingkategorie mit einer Restlaufzeit zwischen dreieinhalb und fiinf Jahren erst 24 Mrd. DM. Akzeptiert man auch Jumbo-Pfandbriefe mit niedrigerem oder ohne Rating, so wurde Ende Dezember 1997 das angegebene Liefervolumen mit 54 Mrd. DM knapp überschritten.

II. Volatilität des Renditespreads Die Einfiihrung eines Futures ist nur dann sinnvoll, wenn der zugrundeliegende Basistitel ein absicherungswürdiges Risiko besitzt. Im Falle des Pfandbrief-Futures kommt es dabei nicht auf die absoluten Kurs- oder Renditeschwankungen der Jumbo-Pfandbriefe an. Aufgrund der Möglichkeit, auch BOBL-Futures einzusetzen, ist nur die Volatilität der relativen Kurs- oder Renditesteigerung zu vergleichbaren Bundesobligationen von Bedeutung. Wäre nämlich der Spread zwischen der Rendite eines Jumbo-Pfandbriefes und einer in den Ausstattungsmerkmalen ähnlichen Bundesobligation konstant, dann könnten die Kursrisiken des Pfandbriefes in ausreichender Weise über den BOBL-Future abgesichert werden. Zur Gewinnung eines Eindruckes von der zeitlichen Entwicklung der Volatilität des Renditespreads zwischen vergleichbaren Jumbo-Pfandbriefen und Bundesanleihen wurde zunächst aus den Subindizes des REX und des JEX ein Renditespread fiir flintjährige Anleihen zurückgerechnee 3 . Aus Abbildung B-1 wird deutlich, daß dieser Spread im ersten Halbjahr 1997 zunächst abnahm und sich in der zweiten Jahreshälfte wieder deutlich ausweitete. Der Verlauf des Spreads in Abbildung B-1 widerspricht der von Marktteilnehmern vertretenen Auffassung, daß der Renditespread zwischen den beiden Anleihesegmenten dauerhaft kleiner geworden sei und an Stabilität gewonnen habe.

23

Der REX ist ein Kursindex, der von der Deutsche Börse AG aus Kursen umlaufender Anleihen des Bundes, der Treuhandanstalt und des Fonds "Deutsche Einheit" errechnet wird. Der JEX ist unter Verwendung von Kursen umlaufender Jumbo-Pfandbriefe analog aufgebaut.

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Basispunkte

15 12 .5 10 7 .5 5 2 .5

30 .12 .96

12 .3 .97

28 .5 .97

7.8 .97

17 . 10 .97

Abbildung B-1: Entwicklung des Renditespreads zwischen Jumbo-Pfandbriefen und Bundesemissionen im fünfjährigen Bereich vom 3.12.1996 bis 14.11.1997

Abbildung B-2 zeigt die Entwicklung der Spread-Volatilität, gemessen durch die Standardabweichung der täglichen Rendite-Spreads des vorhergehenden Monats. S preadvolatilität

0 . 03 5 0 . 03 0 . 02 5

2 6 . 1 .9 7

10 . 4 . 97

25 . 6 . 97

3 .9 .9 7

1 3 .1 1 '9 7

Abbildung B-2: Volatilität des Renditespreads zwischen Jumbo-Pfandbriefen und Bundesemissionen im fonj}ährigen Bereich vom 30.12.1996 bis 14.11.1997

Bis in das dritte Quartal 1997 hinein verringerte sich tendenziell die Volatilität des Renditespreads. Diese Beobachtung ist verträglich mit der bis Mitte 1997 vorherrschenden Auffassung unter Marktteilnehmem, daß die Volatilität des RenditeSpreads abnimmt und an Stabilität gewinnt. In den Monaten Oktober und November stieg die Spread-Volatilität jedoch steil an. Als Erklärung hierfiir kann vermutet

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werden, daß die Turbulenzen an den Weltbörsen im letzten Quartal des Jahres 1997 einen Nachfrageanstieg fiir Anleihen auslösten, durch den es, aufgrund der Bevorzugung von Bundesanleihen durch ausländische Investoren, im Markt fiir Bundesobligationen zu stärkeren Renditerückgängen als im Marktsegment der JumboPfandbriefe kam. In dieser Phase einer geringen Korrelation zwischen Kursänderungen des BOBL-Futures und der Jumbo-Pfandbriefe hätte sich vermutlich ein Pfandbrief-Future bewährt.

111. Marktteilnehmer Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor fiir einen Pfandbrief-Future stellt die Anzahl der Marktteilnehmer dar, die bereit sind, Long- and Short-Positionen im Future einzugehen. Eine quantitative Antwort auf diese zentrale Frage nach der Zahl zukünftiger Marktteilnehmer kann auch durch eine Befragung potentieller Interessenten nicht gefunden werden. Im folgenden soll daher durch eine Analyse der Interessenlagen potentieller Marktteilnehmer eine qualitative Antwort gesucht werden. Hierbei werden die einzelnen Gruppen von Marktteilnehmern in der Reihenfolge der vermuteten Stärke ihres Interesses an der Einfiihrung eines Pfandbrief-Futures untersucht. • Market-Maker

An erster Stelle der Interessenten sind diejenigen Marktteilnehmer zu nennen, die eine Market-Maker-Funktion fiir Jumbo-Pfandbriefe ausüben. Ihr vorrangiges Interesse besteht in der kurzfristigen Absicherung von Kassabeständen gegenüber adversen Kursbewegungen. Sie werden potentiell Long- und Short-Positionen eingehen. • Manager von Investmentfonds

Für inländische Kapitalanlagegesellschaften oder ausländische institutionelle Anleger, die im Pfandbriefmarkt aktiv sind, besteht ein natürlicher Bedarf fiir die Absicherung von Portefeuillebeständen und geplanten Käufen von JumboPfandbriefen. Es kann allerdings vermutet werden, daß diese Gruppe von Marktteilnehmern primär Bestandsabsieherungen vornehmen möchte und deshalb in erster Linie an Short-Positionen interessiert ist. • Versicherungsunternehmen

Pfandbriefe bieten fiir Versicherungsunternehmen u. a. aufgrund ihrer Dekkungsstockfähigkeit traditionell bevorzugte Anlagemöglichkeiten. Wie bei Investmentfonds kann auch bei Versicherungsunternehmen ein vorrangiges Bedürfnis fiir die Absicherung bestehender Pfandbriefpositionen unterstellt werden. Das Interesse an einem Pfandbrief-Future wächst dabei mit der Aufgabe traditio-

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neller Buy-and-Hold-Strategien und der Hinwendung zu einem aktiven Portefeuillemanagement • Pfandbrief-Emittenten

Die Emissionsinstitute besitzen ein natürliches Interesse an der Einführung eines Pfandbrief-Futures. Zum einen ermöglicht ihnen dieser die Absicherung von Zinsrisiken zwischen der Hinauslegung von Krediten, der rangrichtigen Eintragung der Grundpfandrechte und der Emission des zugehörigen Pfandbriefes. Diese Probleme werden zur Zeit durch den Jungscheinhandel überbrückt, der jedoch mit dem Nachteil behaftet ist, daß Jungscheine keine Wertpapiere darstellen. Dies erschwert ihre Handelbarkeit und ihre Akzeptanz bei ausländischen Investoren24 . Zusätzlich können Pfandbrief-Emittenten von der Einführung eines PfandbriefFutures dadurch begünstigt werden, daß im Falle seines Erfolges die Liquidität der Jumbo-Pfandbriefe zunimmt, der Renditespread abnimmt und damit die relativen Refinanzierungskosten sinken. Aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorbehalte ist jedoch zunächst nicht zu erwarten, daß Emittenten sofort zu den Hauptakteuren im Pfandbrief-Future-Handel zählen werden. So wurden Hypothekenbanken, die in der Vergangenheit Zinsänderungsrisiken von Pfandbrietpositionen mit Bund-Future-Kontrakten absicherten, von der Bankenaufsicht aufgefordert, diese Geschäfte zu unterlassen25 . Insgesamt kann festgehalten werden, daß die genannten Marktteilnehmer ein erhebliches Interesse an der Einfiihrung eines Pfandbrief-Futures besitzen. Allerdings überwiegt, mit Ausnahme bei der Gruppe der Market-Maker, das Ziel der Absicherung bestehender Positionen in Jumbo-Pfandbriefen. Diese einseitige Bevorzugung von Short-Positionen stellt ein wesentliches Problem fiir einen Pfandbrief-Future dar. Insbesondere in einer angespannten Zinssituation kann diese einseitige Zielrichtung dazu fuhren, daß nicht genügend Akteure am Markt bereit sind, LongPositionen im Future einzugehen.

24

Vgl. WERTSCHULTE ET AL. (1995), S. 104.

25

Vgl. BONFIG (1994), S. 598.

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C. Quantitative Analyse der Absicherungsqualität des BOBLFutures für Jumbo-Pfandbriefe I.

Grundsätzlicher Untersuchungsautbau

Eine direkte Messung der Absicherungsqualität eines Pfandbrief-Futures ist nicht möglich, da dieser Future bisher nicht existiert. Trifft man aber die realistische Annahme, daß ein zukünftiger Pfandbrief-Future im Marktsegment der JumboPfandbriefe keine bessere Absicherungsqualität besitzt als der BUND- bzw. BOBLFuture für Emissionen des ·Bundes (optimale Absicherungsqualität), dann kann der maximal mögliche Zugewinn an Absicherungsqualität durch Einführung eines Pfandbrief-Futures ermittelt werden. Hierzu werden die Absicherungsergebnisse eines existierenden Future-Kontraktes für Emissionen des Bundes mit derjenigen für Jumbo-Pfandbriefe verglichen. Dieser Vergleich liefert eine obere Schranke für die zu erwartende höhere Absicherungsqualität eines Pfandbrief-Futures. Es muß allerdings davon ausgegangen werden, daß aufgrund folgender drei Effekte der tatsächliche Gewinn an Absicherungsqualität bei Einführung des PfandbriefFutures unterhalb dieser oberen Schranke liegt: Eine geringere Liquidität der Jumbo-Pfandbriefe, die möglicherweise höheren Geld-Brief-Spannen beim PfandbriefFuture und die geringere Verbundenheit von Kassa- und Futuresmarkt Auf diese drei Effekte, deren Analyse einer weiteren empirischen Untersuchung vorbehalten ist, wird im abschließenden Abschnitt D nochmals zurückgekommen. Zur Messung der optimalen Absicherungsqualität eines Pfandbrief-Futures stehen grundsätzlich der BUND- und der BOBL-Future der Deutschen Terminbörse zur Verfügung. Da der Laufzeitschwerpunkt der bisherigen Jumbo-Emissionen im mittelfristigen Bereich liegt - Ende 1996 wies fast jeder zweite ausstehende JumboPfandbrief eine Restlaufzeit von vier bis sechs Jahren auf- wurde der BOBL-Future als Referenzgröße bestimmt. Sollte sich die Laufzeitstruktur der Neuemissionen später auf den zehnjährigen Bereich hin bewegen, könnte an einen zweiten FutureKontrakt gedacht werden. Im Rahmen einer Simulationsstudie wurden die Absicherungsergebnisse des BüHLFutures für Portefeuilles aus Emissionen des Bundes und für vergleichbare Portefeuilles aus Jumbo-Pfandbriefen ermittelt und einander gegenübergestellt. Hierzu waren Entscheidungen hinsichtlich der Absicherungssituation, der Absicherungsperiode, des Untersuchungszeitraums, der abzusichernden Kassaposition, der Absicherungsstrategie und der Messung der Absicherungsqualität zu treffen. Die genannten Punkte werden in den folgenden Abschnitten dargestellt und begründet.

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II. Absicherungssituation, Absicherungsperiode und Untersuchungszeitraum Als wesentliches Motiv fiir den Einsatz eines Pfandbrief-Futures wurde in Abschnitt B. III. die Absicherung von Lang-Positionen herausgearbeitet. Auf der Grundlage dieses Motives wird von einer Absicherungssituation ausgegangen, bei der eine Lang-Position in Jumbo-Pfandbriefen bzw. Bundesemissionen mit jeweils mittelfristiger Laufzeit vorliegt. Die Wahl der Absicherungsperiode wurde ebenfalls an den unterschiedlichen Interessen der betroffenen Marktteilnehmer ausgerichtet. Während fiir Market-Maker ein kurzfristiger Absicherungsbedarf besteht, wird fiir institutionelle Anleger eher ein längerfristiger Absicherungshorizont vermutet. Aufgrund der zwei unterschiedlich langen Absicherungszeiträume wurde die Analyse sowohl fiir eine Absicherungsperiode von einem Tag als auch fiir eine Periode von vier Wochen durchgefiihrt. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von Mitte August 1995 bis zum Jahresultimo 1996. Der Beginn dieses Zeitraumes wurde durch die Emission von JumboPfandbriefen im mittleren Laufteitbereich, das Ende durch den Zeitpunkt der Durchfiihrung dieser Studie festgelegt. Dieser relativ kurze Zeitraum hat zur Folge, daß die Ergebnisse der Untersuchung nicht auf einem vollen Zinszyklus beruhen, sondern auf einer Periode mit tendenziell abnehmenden Renditen.

111. Abzusichernde Kassaposition Ausgehend von den verschiedenen Bedürfuissen der einzelnen Interessengruppen wird unterschieden zwischen der Absicherung einer einzelnen Anleihe und der eines im mittleren Laufzeitbereich diversifizierten Portefeuilles aus zehn Anleihen. Als einzelne Anleihe wird jeweils die zweitjüngste Bundesobligation bzw. der zweitjüngste Pfandbrief mit einer Restlaufzeit von unter fiinf Jahren gewählt. Dadurch läßt sich verhindern, daß mögliche, in der Benchmark-Funktion der zuletzt emittierten Bundesobligation begründete Anomalien im Kursverhalten die Untersuchungsergebnisse beeinflussen. Eine Neuzusammenstellung der Portefeuilles erfolgte zu Beginn einer jeden Absicherungsperiode mit wertmäßig gleichem Gewicht der darin enthaltenen Anleihen. Mittels Zufallsauswahl wurden aus den jeweils gehandelten Anleihen zehn Anleihen mit einer Restlaufzeit von vier bis sechs Jahren gezogen. Die Emissionen des Bundes setzen sich zusammen aus Bundesanleihen, Anleihen des Fonds Deutsche Einheit, Bundesobligationen, Bundesschatzanweisungen und Treuhandobligationen. Da zum Untersuchungsbeginn noch keine zehn Pfandbriefe die gestellten Anforderungen erfiillten, umfaßt das PfandbriefPortefeuille bis Mitte Dezember 1995 weniger als zehn Anleihen.

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Als Anleihekurse wurden die Einheitskurse der Frankfurter Wertpapierbörse bzw. der Heimatbörse des Pfandbriefes und fiir den BOBL-Future der am nächsten bei 12.00 Uhr liegende, an der Deutschen Terminbörse notierte Transaktionskurs zugrunde gelegt. Dieser Zeitpunkt wurde gewählt, da er nahe bei der Feststellung der Einheitskurse fiir die Anleihen liegt.

IV. Absicherungsstrategie Die Kassaposition in der einzelnen Anleihe bzw. im Portefeuille wird zum Zeitpunkt t aufgebaut und am Ende einer Absicherungsperiode der Länge 't, d. h. im Zeitpunkt t+,; aufgelöst. Ihre Wertänderung L1P(t) im Absicherungsintervall wird nachfolgend als Kassaergebnis bezeichnet. Im Falle einer einzelnen Anleihe ergibt sich unter Berücksichtigung von marktüblich berechneten Stückzinsen C(t,t+,;) für eine Absicherungsperiode 't fiir L1P(t): LlP(t) = w(t)-(K(t+,;)- K(t) + C(t,t+,;))

(1)

Die Anzahl w(t) der erworbenen Stücke bestimmt sich durch Division des abzusichernden Volumens durch die Summe aus Kurs und Stückzinsen der Anleihe im Zeitpunkt t. Für ein Portefeuille bestimmt sich L1P(t) als gleichgewichtetes Mittel aus den Ergebnissen der Einzelpositionen. Die Kassaergebnisse werden mit den Wertänderungen LlZ(t) der innerhalb einer Absicherungsperiode mit einem Future-Kontrakt gesicherten Kassaposition verglichen. Das Ergebnis einer abgesicherten Position setzt sich zusammen aus dem Kassaergebnis und der mit der Hedge-Ratio HR(t) multiplizierten Änderung des Futurekurses Llfuture(t): LlZ(t) = L1P(t) - HR(t) · Llfuture(t)

(2)

Aus Liquiditätsgründen wurde jeweils der nächstfällige Future-Kontrakt gewählt. Der unerwünschte Einfluß von Fälligkeitsterminen auf Futurekurse ließ sich dadurch ausschließen, daß spätestens am Ende des Monats vor Fälligkeit des Futures auf den übernächsten Kontrakt ausgewichen oder in diesen übergerollt wurde. Bei der Berechnung der Kursänderung des Futures Llfuture(t) ist deshalb zu berücksichtigen, ob die Future-Position innerhalb der Absicherungsperiode auf den nächstfolgenden Future-Kontrakt übergerollt werden muß. Die Hedge-Ratio HR(t) bestimmt sich durch die Wahl der Absicherungsstrategie, die ihrerseits vom Absicherungsziel abhängt. Unterstelltes Absicherungsziel ist die Risikominimierung. In früheren Untersuchungen konnten unter dieser Prämisse mit

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einer Duration-Absicherung im Wettbewerb mit weiteren Absicherungsstrategien gute Absicherungsergebnisse erzielt werden26 . Bei der Berechnung der Hedge-Ratio fiir eine Duration-Absicherung sind folgende Einflußgrößen zu berücksichtigen: Der Preis der abzusichernden Kassaposition beziehungsweise der Cheapest-toDeliver-Anleihe (CTD), der sich aus dem Kurs (KKassa beziehungsweise Kem) zuzüglich Stückzinsen vom letzten Kupontermin (Zeitindex 0) bis zum Kaufzeitpunkt t errechnet, - die Anzahl w der erworbenen Stücke des Kassainstrumentes, - die Duration der Kassaposition (DKassa) bzw. der CTD-Anleihe (Dem), die Rendite der Fälligkeit des Kassainstrumentes (YKassa) und der CTD-Anleihe (Yem) sowie ihre Änderungen (~YKassa und ~Yem) in der Hedge-Periode, - der Preisfaktor PF em der CTD sowie - der Geldmarktzinssatz R(t,T) fiir den Zeitraum bis zur Fälligkeit T des FutureKontraktes. Mit diesen Bezeichnungen läßt sich die Hedge-Ratio HR(t) fiir eine einzelne Anleihe unter der Annahme gleichhoher Renditeänderungen ~YKassa und ~Yem durch Gleichung (3) darstellen. Zur besseren Übersicht wurde teilweise auf den Zeitindex t verzichtet: 1

DKassa · W · (KKassa+CKassa(O,t)) · PFem 1+ YKassa HR() R(t,T)(T-t) . 1 t = 360 1+Yem Dem (Kem + Ccm(O,t)) 1 +

(3)

Im Portefeuillefall ist Gleichung (3) leicht zu modifizieren. Der Preis des Kassainstrumentes ergibt sich dann aus den (gleich-)gewichteten Kursen der einzelnen Anleihen einschließlich Stückzinsen. Die Rendite des Portefeuilles läßt sich approximativ mit Hilfe der Duration-gewichteten Renditen darstellen, und die PortefeuilleDuration ergibt sich als (gleich-)gewichtete Summe der Duration der im Portefeuille vertretenen Anleihen.

26

Vgl. z. B. MEYER (1994), S. 339.

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V. Bewertung der Absicherungsqualität Bei einer Risikominimierung als Absicherungsziel wird in der Literatur die Absicherungsqualität verschiedentlich als die prozentuale Varianzreduktion der Zeitreihe t;Z aus Ergebnissen der Future-gesicherten Position relativ zur Ergebniszeitreihe ßP der Kassaposition gemessen27 . Diese Größe VR1 wird auch als Johnson-Maß bezeichnet und wie folgt berechnet28 : VR

1

=

1 - Var(D.Z) Var(M)

(4)

Das Johnson-Maß ist problematisch, da die Variabilität der Ergebniszeitreihen t;Z und L'1P jeweils relativ zu ihrem Zeitreihenmittelwert gemessen wird. Tatsächlich interessiert jedoch bei der Beurteilung der Absicherungsqualität, inwieweit fiir jede Absicherungsperiode das Ergebnis der Kassaposition bzw. der mit dem Future abgesicherten Position von dem idealen Absicherungsergebnii9 abweicht. Das ideale Absicherungsergebnis D.Z*(t) läßt sich mit Hilfe eines auf die Kassaposition und die Absicherungsperiode zugeschnittenen Forward-Kontraktes erzielen: D.Z*(t) = M(t)- L'1Forward(t)

(5)

D.Z*(t) stimmt mit dem fiir die Absicherungsperiode risikolos erzielbaren Zinsergebnis überein. Die Zeitreihe D.Z* hängt damit von dem zur Länge der Absicherungsperiode gehörenden Geldmarktzinssatz ab, dessen Änderung im Zeitablauf zu einer Variabilität der Ergebnisse auch bei einer idealen Absicherung fiihrt. Die erzielte Streuungsminderung der abgesicherten Position relativ zur Kassaposition ergibt sich dann mit dem idealen Absicherungsergebnis D.Z*(t) als Bezugspunkte aus Beziehung (6). Die quadrierten Abweichungen sind hierbei über alle RedgePerioden zu summieren. VR*

=

1 -

:Lsignifikant für einen einseitigen a-Fehler von 10%)

Die Nullhypothese kann (aufgrund des zu halbierenden zweiseitigen Wertes für den a-Fehler) verworfen und somit die Gegenhypothese bestätigt werden. In erfolgreichen Unternehmen finden demnach signifikant mehr operative qualitätsbezogene Aufgaben in hybriden Strukturen statt als in den weniger erfolgreichen.

111. Zusammenfassung der Ergebnisse Die auf dem Hintergrund der Transaktionskostentheorie formulierten Hypothesen scheinen sich anhand des getesteten Datenmaterials tendenziell zu bestätigen. Für die Umsetzung des Externalitätsprinzips, d. h. den Erfolgswirkungen einer unternehmensinternen oder -externen Durchführung von Qualitätsprüfungen, waren die Ergebnisse bezogen auf die analysierten unterschiedlichen Wertschöpfungstiefen von elektronischen Produkten nicht durchgängig signifikant. Dagegen ergab sich bei der in den analysierten Unternehmen vorhandenen Realisierung des Dekompositionsprinzips, d. h. der unterschiedlichen Ausprägung qualitätsbezogener Aufgaben in hybriden Strukturen und dem Unternehmenserfolg, ein signifikantes Ergebnis zugunsten der Vorteilhaftigkeit hybrider Strukturen in der Qualitätsorganisation. Bei der Fundierung von Entscheidungen zur Gestaltung der Qualitätsorganisation in Unternehmen bleibt es sicherlich notwendig, neben der an monetären Größen ausgerichteten Analyse von Transaktionskosten den Unternehmenserfolg durch weitere Maßnahmen zur "Steuerung arbeitsteiliger Handlungen" zu sichern48 .

48

Vgl. hierzu ausfuhrlieh FRESE (1990), S. 22 ff.

Transaktionskostenanalyse als Grundlage zur Gestaltung der Qualitätsorganisation

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AdolfG. Coenenberg · Thomas M Fischer

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Organisation globaler Versorgungsketten W erner Delfmann

Inhaltsverzeichnis A. Der globalisierte Wettbewerb als Herausforderung und Chance für die Gestaltung von Wertschöpfungsketten ................................................................. 62 B. Das analytische Rahmenkonzept des "Supply Chain Management" ............ 65 I. Die Unternehmungs-Wertkette als Element übergreifender Wertsysteme ........ 65 II. Der unternehmungsübergreifende Ansatz des Supply Chain Management ..... 67

III. Die Multidimensionalität des Gestaltungsproblems ....................................... 70

C. Dimensionen und Einflußfaktoren der Gestaltung von Versorgungsketten 71 I. Konfiguration und Koordination ....................................................................... 71 li. Leistungsmerkmale und Zielmarktbedingungen .............................................. 73

III. Marktbearbeitungsstrategien, Lebenszyklus und Channel Control ................ 75 IV. Wettbewerbsstrategien .................................................................................... 77 V. Postponement, logistische Segmentierung und die Gestaltung globaler Produktions- und Zuliefernetzwerke ..................................................................... 79

D. Schlußfolgerungen: Das transnationale Modell als Leitkonzept für die Integration globaler Versorgungsketten ............................................................... 85

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Wemer Delfmann

A. Der globalisierte Wettbewerb als Herausforderung und Chance für die Gestaltung von Wertschöpfungsketten Das Schlagwort von der Globalisierung der Märkte und des Wettbewerbs ist in aller Munde. Obwohl schon die gesamte Zeit nach dem zweiten Weltkrieg durch eine zunehmende Internationalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten gekennzeichnet ist, sind es gerade die Entwicklungen des letzten Jahrzehnts, die zu teilweise gravierenden Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen im internationalen Kontext geführt haben und Unternehmungen zu neuen Überlegungen zur Organisation ihrer Aktivitäten Veranlassung geben. Beispiele derartiger Veränderungen sind 1 : - das verstärkte Aufkommen neuer Wettbewerber aus den sogenannten Schwellenländern, z. B. in Südostasien, - die zunehmende Präsenz weltweit operierender Unternehmungen aus Japan und aus anderen Industrienationen auf dem deutschen Markt, - der Zusammenbruch des Kommunismus in der Sowjetunion und Zentral-/ Osteuropa sowie die ökonomische Neuorientierung der Volksrepublik China, - das Entstehen großer Wirtschaftsblöcke wie der Europäischen Union, der NAFTA, der ASEAN-Staatenund der MERCURSOL-Staaten sowie die rasante Entwicklung und Diffusion neuer Technologien. Angesichts dieser Entwicklungen lassen sich zwei auf den ersten Blick gegenläufige Trends feststellen2 • Zum einen eröffuet sich den Unternehmungen in aller Welt der Zugang zu immer mehr Märkten aufgrund des Abbaus tarifärer Handelshemmnisse, der Liberalisierung der Kapitalmärkte, der zunehmenden Durchsetzung international gültiger Spezifikationen und Standards und nicht zuletzt auch sinkender Transportkosten und -zeiten. Insbesondere die hochentwickelten Märkte der sogenannten Triade3 stehen im Prinzip allen Unternehmungen offen. Auf der anderen Seite ist jedoch festzustellen, daß gleichzeitig subtilere Methoden der Marktabschottung Anwendung finden, so z. B. durch die Errichtung nicht-tarifärer Handelshemmnisse, wie Preis- und Mengenbeschränkungen, Verbraucherschutzvorschriften, Bevorzugung inländischer Wettbewerber oder 'local content'-Vorschriften. Auch die faktische Beherrschung etablierter Vertriebswege durch lokale Wettbewerber sowie spezifische Produktanforderungen lokaler Abnehmer stehen der Internationalisierung von Aktivitäten nicht selten im Wege. Insofern findet der internationale Wett-

Vgl. PERLITZ (1995), S. 1 Vgl. MACHARZINA (1995}, S. 697 ff. Vgl. ÜHMAE (1985).

Organisation globaler Versorgungsketten

63

bewerb stets im Spannungsfeld zwischen weltweiter Öffuung und lokaler Besonderheit von Märkten statt4 • Vor diesem Hintergrund stehen immer mehr Unternehmungen vor der Notwendigkeit, sich mit den Auswirkungen der Internationalisierung des Wettbewerbs auf das eigene Geschäft auseinander zu setzen. Der Begriff der Internationalisierung wird zur Beschreibung einer Vielzahl verschiedener Phänomene benutzt5 . So werden Formen des Markteintritts in internationale Zielmärkte, die Führung ausländischer Tochtergesellschaften oder eine grenzüberschreitende Auslandstätigkeit mit dem gleichen Begriff belegt. Der Begriff ist jedoch weiter zu fassen; denn die Internationalisierung betrifft die Unternehmung als Ganzes. Weder eine Beschränkung des Begriffs auf bestimmte Funktionsbereiche noch die Eingrenzung auf die erstmalige Aufuahme von Auslandstätigkeiten vermag die Bedeutung der Internationalisierung hinreichend zu erfassen. Zum einen kommt die länderübergreifende Ausdehnung des Unternehmerischen Aktionsfeldes fur alle Aktivitäten einer Unternehmung als Handlungsoption in Betracht. Gerade die gezielte Allokation einzelner Aktivitäten entlang der gesamten Wertkette der Unternehmung, also weit über die Absatzmärkte hinaus, unter Nutzung der international erweiterten Optionen bildet eine wesentliche Chance zur Realisierung von Wettbewerbsvorteilen. Darüber hinaus steht nicht selten eine Unternehmung selbst dann im internationalen Wettbewerb, wenn sie ausschließlich im heimischen Markt operiert; weil sie sich mit den Aktivitäten aktueller oder potentieller Wettbewerber aus dem internationalen Umfeld auf ihrem Heimatmarkt auseinanderzusetzen hat. Insofern bildet die Beschäftigung mit internationalen Markt- und Wettbewerbsentwicklungen zumindest in der strategischen Analyse eine unabdingbare Aufgabe fur die meisten Unternehmungen. Auch der Begriff der Globalisierung wird in vielfacher Bedeutung verwandt6 . Kern des Begriffes ist die Tatsache, daß der Grad der Internationalisierung des Wettbewerbs in den letzten Jahren auch und gerade in einem geographischen Sinne erheblich zugenommen hat. Unternehmungen stehen auf den Absatzmärkten weltweit im Wettbewerb miteinander, gleichzeitig können sie die Möglichkeiten der weltweiten Allokation von Wertschöpfungsaktivitäten nutzen. Neben dieser rein geographischen Bedeutung des Begriffs Globalisierung, beinhaltet er aber auch eine qualitative Dimension. Mit zunehmender Ausnutzung weltweiter Handlungsoptionen und zunehmendem Marktzugang fuhrt der weltweite Wettbewerb auch zu einer Verschärfung der W ettbewerbsbedingungen, weil zusätzliche Möglichkeiten der Optimierung der Geschäftstätigkeit ausgeschöpft werden können. Die Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken des globalisierten Wettbewerbs und darauf aufbauende Internationalisierungs- bzw. Globalisierungsstrategien sind mithin Grund-

5 6

Vgl. MEFFERT (1986), S. 689 ff. Vgl. PERLITZ (1995), S. 9 ff.; DÜLFER (1991), S. 6 ff. Vgl. LEVITT (1985), S. 92 ff.

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Wemer Delfmann

Voraussetzungen fiir die Erhaltung und den Ausbau der eigenen Wettbewerbsfähigkeit Für die Diskussion adäquater Internationalisierungskonzepte ist von besonderer Bedeutung, daß im Zuge verstärkter Konzentration auf Kernkompetenzen Wertschöpfungsprozesse zunehmend auf spezialisierte Aufgabenträger verteilt werden. Dies gilt sowohl fiir die Arbeitsteilung innerhalb von Unternehmungen, etwa in Form der Fertigungssegmentierung7 bzw. der 'modularen Fabrik', wie auch fiir die Vernetzung zwischen Unternehmungen im Rahmen weitreichender Auslagerungen kompletter Wertschöpfungsstufen (Reduzierung der Fertigungstiefe, "Outsourcing") und deren enge operative Verzahnung. Auf diese Weise ergibt sich die Notwendigkeit, Konzepte fiir die Gestaltung und Steuerung komplexer Wertschöpfungsketten mit einer u. U. großen Zahl mehr oder weniger autonomer aber gleichzeitig höchst interdependenter Akteure zu entwickeln. Die Bedeutung des globalisierten Wettbewerbs besteht in diesem Zusammenhang darin, daß die Konfiguration und Koordination solcher Wertschöpfungsketten im weltweiten Maßstab zu erfolgen hat, wenn die Chancen der weltweiten Handlungsoptionen ausgeschöpft bzw. Risiken abgewehrt werden sollen. Die besondere Herausforderung ergibt sich hierbei daraus, daß in diesem Kontext im Prinzip eine Internationalisierungsstrategie fiir die gesamte Abfolge von Wertketten der einzelnen Akteure (Wertsystem) zu entwickeln ist8 • Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Wertketten, insbesondere gegenläufige Auswirkungen bestimmter Entscheidungen auf einzelne Komponenten eines derartigen W ertsystems, sind aus einer übergeordneten Perspektive zu bewerten, wenn das Wertsystem als ganzes optimiert werden soll. Hierzu muß der gesamte unternehmungsübergreifende Wertschöpfungsprozeß zur Versorgung von (weltweiten) Zielmärkten mit bestimmten Produkten oder Dienstleistungen als eine Einheit betrachtet werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Ansatzpunkte fiir die Organisation, d. h. die Konfiguration und Koordination derartiger globaler Versorgungsketten zu erarbeiten. Hierzu einen Beitrag zu liefern ist das Ziel der vorliegenden Untersuchung. Dabei konzentrieren sich die Ausfiihrungen auf die Gestaltung und Steuerung der informatorischen und physischen Auftragsabwicklung. Aspekte der Gestaltung der akquisitorischen Distribution werden allenfalls am Rande gestreift. ERICH FRESE hat zu dieser Fragestellung vor allem in jüngster Zeit wertvolle Grundlagenarbeiten vorgelegt, auf die die folgenden Ausfiihrungen Bezug nehmen9 . Dabei wird auf ein analytisches Rahmenkonzept zurückgegriffen, das seit einigen Jahren in der betriebswirtschaftlichen Logistik große Beachtung gefunden hat. Das sogenannte "Supply Chain Management" ist als unternehmungsübergreifendes Konzept zu verstehen, das die eher auf die einzelne Unternehmung bezogenen Denkansätze und Modelle

7

Vgl. WILDEMANN (1988).

8

V gl. PORTER (1985).

9

V gl. FRESE/BLIES ( 1997); FRESEILEHNENN ALCARCEL ( o. J. ).

Organisation globaler Versorgungsketten

65

der Logistik auf unternehmungsübergreifende Versorgungsketten zu übertragen bzw. auszudehnen versucht 10 . Zielsetzung dabei ist vor allem, Effizienz- und Effektivitätspotentiale, die der einzelnen Unternehmung verschlossen bleiben, durch die ganzheitliche Gestaltung und Steuerung der Versorgungskette zu erschließen. Dies setzt eine enge Kooperation der Akteure in der Versorgungskette und eine adäquate Beteiligung an dem gemeinsam geschaffenen Nutzenzuwachs voraus. Hiermit sind unmittelbar die Fragen der Koordination und Motivation der Akteure angesprochen, Fragen also, die den Kern der Organisationstheorie ERICH FRESES ausmachen 11 • Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut. Zunächst sollen im Abschnitt B der Ansatz des Supply Chain Management (kurz: SCM) als Rahmenkonzept fur die Analyse unternehmungsübergreifender Versorgungsketten erläutert und die grundlegenden Rahmenbedingungen einer solchen Analyse herausgearbeitet werden. Der Abschnitt C beschäftigt sich im einzelnen mit den Dimensionen und Einflußfaktoren, die es bei der Gestaltung unternehmungsübergreifender Versorgungsketten zu berücksichtigen gilt. Hierauf aufbauend wertet dann Abschnitt D die Erkenntnisse über die Gestaltung und Steuerung integrierter Versorgungsketten fiir einige ausgewählte (typische) Wettbewerbssituationen exemplarisch aus.

B. Das analytische Rahmenkonzept des "Supply Chain Management" I.

Die Unternehmungs-Wertkette als Element übergreifender Wertsysteme

Traditionell wurde in der betriebswirtschaftliehen Organisationslehre zwischen der Aufbau- und der Ablauforganisation unterschieden 12 . Hierbei handelt es sich selbstverständlich nicht um zwei getrennte Bereiche der Unternehmungsorganisation, sondern eher um zwei Seiten der "Organisationsmedaille". Gleichwohl hat sich die Organisationslehre lange Zeit sehr stark auf aufbauorganisatorische Betrachtungen konzentriert, wenn man einmal von fertigungswirtschaftlichen Betrachtungen absieht. Seit Mitte der achtziger Jahre treten aber ablauforganisatorische Betrachtungen wieder stärker in den Vordergrund 13 . Hierfur lassen sich vor allem zwei Gründe ange-

10

Vgl. HOULIHAN (1985).

II

Vgi.FRESE(1995),S.35ff.

12

Vgl. GROCHLA (1972).

13

Vgl. GAITANIDES (1983).

66

Werner Delfmann

ben. Zum einen erweisen sich auf Dauer angelegte, eher vertikal orientierte Aufbaustrukturen zunehmend als ungeeignet, den Anforderungen dynamischer, wettbewerbsintensiver, segment- oder gar kundenindividueller Käufermärkte vor allem hinsichtlich Flexibilität, Innovativität und Kommunikationsfahigkeit gerecht zu werden. Zum anderen ist zunehmend erkannt worden, daß Hindernisse ftir die Steigerung der Effektivität und Effizienz von - unternehmungsinternen und unternehmungsübergreifenden- Wertschöpfungsketten gerade an den Schnittstellen einzelner Funktionen bzw. Wertschöpfungsabschnitte zu suchen sind 14 . Dies hat dazu geftihrt, daß ablauforganisatorische Betrachtungen (wieder) verstärktes Interesse gefunden haben. Angesichts der Tatsache, daß damit die (horizontale) Abfolge von Wertschöpfungsaktivitäten in und zwischen Unternehmungen zum Untersuchungsgegenstand erhoben wird, hat sich ftir derartige Untersuchungen der Begriff der prozeßorientierten Organisation 15 herausgebildet. Mittlerweile läßt sich geradezu eine ganze Weile solcher Konzepte konstatieren, in deren Mittelpunkt eine "Prozeßorientierung" steht: Lean Production, Continuous Improvement, Total Quality Management, Business Process Reengineering, etc. Nicht alle dieser Konzepte halten einer wissenschaftlichen Überprüfung stand. Gleichwohl ist die Notwendigkeit und der Nutzen prozeßorientierter Unternehmungsanalysen nicht zu bezweifeln. Lange vor dieser Prozeßwelle lassen sich zwei grundlegende Ansätze ausmachen, die die Bedeutung einer 'horizontalen' Betrachtung von Unternehmungsprozessen betonen. Dies ist zum einen die betriebswirtschaftliche Logistik, die von Anbeginn an die in und zwischen Unternehmungen ablaufenden Güter- und Informationsflüsse zum Gegenstand ihrer Analysen erhoben hat und insbesondere die zwischen einzelnen Abschnitten solcher Flüsse vorliegenden - hier meist trade-off genannten - Interdependenzen untersucht hat. Die Logistik hat sich aufbauend auf diesem Grundverständnis von einer Querschnittsfunktion mittlerweile zu einem flußorientierten umfassenden Konzept des Managements von Objektflüssen in arbeitsteiligen Netzwerken entwickelt16 . Zum anderen hat MICHAEL PORTER mit seiner Wertkettenheuristik schon frühzeitig das Augenmerk auf den Prozeßcharakter der Wertschöpfung gerichtet. Sein Wertkettenmodell fokussiert auf den Prozeßcharakter der einzelnen Wertaktivitäten und insbesondere auf deren Verflechtungen und Verknüpfungen 17 • Überdies arbeitet er sowohl in seiner Branchenstrukturanalyse - mit der Einbeziehung der Abnehmerund Lieferantenmacht - als auch in der Verknüpfung der einzelnen Unternehmungswertkette mit den Wertketten der im Wertsystem vor- und nachgelagerten

14 Vgl. DELFMANN (1995a). 15 16

17

Vgl. GAITANIDES (1983). Vgl. DELFMANN (1995a). Vgl. PORTER (1985).

Organisation globaler Versorgungsketten

67

Unternehmungen die Bedeutung einer unternehmungsübergreifenden Prozeßbetrachtung deutlich heraus. Bei aller Kritik, die an der schwachen theoretischen Basis von PORTERS Konzept geübt werden kann, hat er damit doch grundlegende und nachhaltige Impulse für die unternehmungsinterne und -übergreifende Prozeßgestaltung gegeben.

II. Der unternehmungsübergreifen de Ansatz des Supply Chain Management Den Ausgangspunkt des SCM bildet die Logistik-Konzeption, so wie sie sich in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit entwickelt hat. Deren Zielsetzung ist die Integration aller Maßnahmen zur Gestaltung und Steuerung der raum- und zeitüberbrükkenden Transferprozesse einer Unternehmung einschließlich der Schnittstellen zu Lieferanten und Abnehmern in einen ganzheitlichen Ansatz. Transferprozesse sind vor allem die traditionellen Funktionsbereiche des Transport, der Lagerung, des Umschlags von Gütern 18 . Im Prinzip lassen sich aber logistische Analyseprinzipien auf Objektflüsse jeder Art (z. B. Informationen, Personen) anwenden 19 . Das Leitbild logistischer Betrachtungen bildet das sogenannte Netzwerkprinzip, das besagt, daß die Logistik Wirtschaftssysteme als arbeitsteilige Netzwerke von Aktivitätszentren (Akteuren) interpretiert, zwischen denen Objektflüsse zu gestalten bzw. zu steuern sind. Diese flußorientierte Netzwerkperspektive kann als derzeitig gültiges Paradigma der Disziplin Logistik bezeichnet werden 20 . Logistische Gestaltungsansätze zielen auf die Verbindung von Kunden- und Prozeßorientierung ab (Kundenkette) und stellen dabei insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Logikservice als Outputdimension und Logistikkosten als Inputdimension logistischer Systeme in den Mittelpunkt der Betrachtung21 . Das Supply Chain Konzept ist eine Erweiterung des logistischen Ansatzes insofern, als es den Fokus der Betrachtung auf die Austauschprozesse von Gütern und Informationen zwischen Unternehmungen ausdehnt. Unter Beibehaltung des logistischen Paradigmas treten damit interorganisatorische Fragestellungen in den Vordergrund22 . Der wichtige Unterschied zur Logistik kann darin gesehen werden, daß nunmehr die Steigerung der Effizienz und Effektivität der Prozeßabläufe über die (soweit möglich) gesamte Wertschöpfungskette hinweg im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Damit wird die traditionelle Unternehmungsperspektive verlassen, und die Frage der Ableitung geeigneter Ansatzpunkte für unternehmungsübergreifende Betrachtungen ist ebenso zu behandeln wie die Frage der Verteilung kettenübergrei18 19

20

Vgl. PFüHL (1996), S. 69 ff. Vgl. DELFMANN (1995a).

Vgl. KLAUS (1993). Vgl. PFüHL (1996), S. 30 ff. 22 V gl. HüULIHAN ( 1985). 21

68

Werner Delfmann

fender Nutzenveränderungen interorganisatorischer Lösungsansätze. Die prinzipielle Gestalt von typischen Aktivitäten innerhalb einer Versorgungskette stellt Abbildung B-1 dar. Sie bietet damit zugleich einen ersten Eindruck von den Fragestellungen, um die es im SCM geht. Es sind dies vor allem Fragen der Allokation von Aktivitäten und Prozessen entlang der Versorgungskette, der Zentralisierung bzw. Dezentralisierung von Aktivitäten in bezug auf Produkte, Wertschöpfungsstufen und Märkte, der Zuordnung von Aufgaben auf Akteure bzw. Unternehmungen sowie der Gestaltung der Transferprozesse zwischen den einzelnen Aktivitäten. All diese Fragestellungen sind aus Sicht der gesamten Kette zu betrachten, die auf die Versorgung von Zielmärkten mit bestimmten Rahmenbedingungen gerichtet ist. Zulieferer Netzwerke

Internationaler Distributions- Lokales Endabmittler/Logistik- Distributions- nehmer , Dienstleister Netzwerk

OEM

ProduktionsNetzwerke

Produktlinie I

\

Produkt-

.I

/

Iinie II

I

(

I

I ... I Erwartungsorientierung I (Push-Prinzip ~

Speculation)

{

~

)

Auftragsorientierung (Puii-Prinzip Postponement)

Abbildung B-1 : Grundstruktur und Gestaltungsfelder von Versorgungsketten

Das SCM-Konzept ist im einzelnen durch folgende Merkmale charakterisiert23 : - Das SCM betrachtet den gesamten Prozeß der Versorgung von Endkunden mit Produkten oder Dienstleistungen.

23 Vg l. SCHARY/S KJOTT-LARSEN (1995), S. 72.

Organisation globaler Versorgungsketten

69

- Das SCM betrachtet alle Akteure und logistischen Prozesse vom Beginn der Versorgungskette bis zum Endkunden ganzheitlich als Teile eines übergreifenden (Versorgungs-) Systems. - Das SCM stellt (vor allem) auf die Integration unternehmungsübergreifender Objektflüsse ab. - Einen wesentlichen Ansatzpunkt des SCM bilden unternehmungsübergreifende Informationssysteme. - Zentrale Zielkriterien des SCM sind die Steigerung der Effektivität und Effizienz der gesamten Versorgungskette, dazu gilt es, den Service gegenüber den Endkunden gegen die Gesamtkosten der Versorgungskette abzuwägen. - Die schwierigste Herausforderung des SCM besteht darin, Lösungen zu erarbeiten, bei denen die Unternehmungsziele der individuellen Akteure einer Versorgungskette mit der ganzheitlichen Zielsetzung des SCM in Einklang stehen. Vor dem Hintergrund dieser Charakterisierung wird deutlich, daß die zentrale Aufgabenstellung des SCM darin besteht, Ansatzpunkte fur die Konfiguration und die Koordination des interorganisatorischen Systems der Versorgungskette zu entwikkeln. Damit wird eine Perspektive eingenommen, die die entsprechenden Aufgaben der einzelnen Akteure umfaßt oder, anders ausgedrückt: Nach dem Grundverständnis des SCM lassen sich die Fragen der Konfiguration und Koordination der Wertketten der einzelnen Unternehmungen gar nicht überzeugend beantworten, ohne deren Einbindung in die unternehmungsübergreifende Versorgungskette zu berücksichtigen. Das bedeutet aber, daß die beteiligten Unternehmungen fur die Gestaltung der Versorgungskette im weitesten Sinne gemeinsam Lösungen zu erarbeiten haben. Die Logistikstrategie der einzelnen Unternehmung ist mithin als Teil der übergreifenden Strategie der Versorgungskette zu verstehen und in diese zu integrieren. Je komplexer die Versorgungskette wird, desto höher sind die Anforderungen an die Integration ihrer einzelnen Stufen zu einem einheitlichen Gesamtsystem. Dies gilt ganz besonders fur die zunehmende Ausdehnung von Versorgungsketten im internationalen Kontext. Die Grundprobleme internationaler Versorgungsketten sind im Prinzip dieselben wie im nationalen Kontext24 . Die weltweite Allokation einzelner Stufen der Versorgungskette zur Nutzung spezifischer Allokationsvorteile fuhrt jedoch zu zunehmenden räumlichen, zeitlichen und nicht zuletzt auch kulturellen Distanzen der Akteure sowie zu grenzüberschreitenden Transferprozessen zwischen diesen. Damit erhöht sich die Komplexität der Versorgungsketten, und die ganzheitliche Abstimmung im Sinne des SCM wird erschwert. Die Organisation weltweiter Versorgungsketten stellt insofern eine ganz besondere Herausforderung dar. Sie erfordert eine Zusammenfuhrung der konzeptionellen Ansatzpunkte des SCM

24

Vgl. PFüHL (1996), S. 362 f.

70

Werner Delfmann

mit den grundlegenden Überlegungen zur Gestaltung von Intemationalisierungsstrategien. Damit ergibt sich ein Gestaltungsproblem besonderer Komplexität, das im folgenden näher untersucht werden soll.

111. Die Multidimensionalität des Gestaltungsproblems Charakteristisch für das Problem der Organisation globaler Versorgungsketten ist dessen Multidimensionalität. Um die Grundgedanken des SCM im internationalen Kontext umzusetzen, ist im Prinzip der Bogen von der Auswahl der internationalen Zielmärkte25 und deren spezifischen Anforderungen an die Versorgungsstrategie über die Gestaltung des Distributionskanals, die Art der internationalen Wettbewerbsstrategien und die Gestaltung des internationalen Produktionsnetzwerkes bis hin zu Fragen der Fertigungstiefe und internationalen Lieferantenstruktur wie auch der Einbindung von Logistik-Dienstleistern zur Gestaltung der internationalen Transferprozesse zu schlagen. Inwieweit diese Umsetzung in praxi im Einzelfall möglich ist, hängt von der Bereitschaft der (potentiellen und aktuellen) Akteure zur unternehmungsübergreifenden Zusammenarbeit ab, die ihrerseits wiederum von der Einsicht in die Nutzenpotentiale einer integrierten Versorgungskette getragen ist. Um diese Nutzenpotentiale besser verdeutlichen zu können, sei im folgenden zunächst versucht, die wesentlichen Dimensionen und Einflußfaktoren für die Gestaltung internationaler Versorgungsketten separat zu analysieren und Handlungsalternativen zu strukturieren, um die einzelnen Aspekte anschließend exemplarisch zu integrieren. Dazu werden die folgenden Einflußfelder betrachtet: Konfiguration und Koordination Leistungsmerkmale und Zielmarktbedingungen Marktbearbeitungsstrategien, Lebenszyklus und Channel Control - Wettbewerbsstrategien - Postponement, logistische Segmentierung und die Gestaltung globaler Produktions- und Zuliefemetzwecke

25

Vgl. FRESE/BLIES (1997), S. 69 ff.

Organisation globaler Versorgungsketten

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C. Dimensionen und Einflußfaktoren der Gestaltung von Versorgungsketten I.

Konfiguration und Koordination

Zwei Aspekte bilden den Ausgangspunkt fiir Entscheidungen über die Gestaltung globaler Versorgungsketten. Es geht zum einen um die Frage der Allokation von Wertschöpfungsaktivitäten, d. h. um die strukturelle Aufteilung der Versorgungskette aufverschiedene Akteure mit Blick auf die Nutzung komparativer Wettbewerbsvorteile durch Standortwahl, Spezialisierungs- und Zentralisierungsvorteile, Nähe zu Beschaffungs- oder Absatzmärkten und dergleichen. Nicht selten werden Gestaltungsüberlegungen auf diesen Aspekt der Konfiguration von Versorgungsketten beschränkt. Dabei bleibt jedoch außer Betrachtung, daß die Effekte dieser Konfigurationsentscheidungen nicht unerheblich durch die damit untrennbar verbundenen Koordinationsentscheidungen überlagert werden können. Sie betreffen vornehmlich die zwischen den Akteuren notwendigerweise stattfindenden Transfer-, Steuerungsund Kommunikationsprozesse. Während die Konfigurationsentscheidungen die Struktur der Versorgungskette, also den Handlungsrahmen, festlegen, bestimmt die Prozeßgestaltung und -Steuerung die konkreten Handlungsabläufe. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung des SCM, integrierte Versorgungsketten zu gestalten, kommt diesen Prozessen aber besondere Bedeutung zu. So müssen etwa Konfigurationsalternativen, die wegen erheblicher Spezialisierungs- und Standortvorteile eine weltweite Arbeitsteilung und Streuung von Wertschöpfungsaktivitäten attraktiv erscheinen lassen, aus Sicht des SCM u. U. zurückgewiesen werden, da deren mangelnde oder sehr kostentreibende Integrationsmöglichkeiten über die gesamte Versorgungskette diese Vorteile überkompensiert. Basierend auf diesen Überlegungen versucht PORTER im Rahmen seiner Austubrungen über den Wettbewerb auf weltweiten Märkten ein Rahmenkonzept fiir die F ormulierung von Internationalisierungsstrategien zu entwickeln. Dieses Konzept ist zwar wenig geeignet, das Problem der Organisation globaler Versorgungsketten insgesamt zu behandeln. Was die Differenzierung zwischen den beiden genannten Dimensionen angeht, so finden sich allerdings durchaus begründete Ansatzpunkte 26 • Unter Rückgriff auf seine Unternehmenswertkette schlägt PORTER generell vor, daß die sogenannten nachgelagerten, also stärker auf den Kunden bezogenen Aktivitäten ('downstream'-Aktivitäten: Teile der Distributionslogistik, Marketing, Verkauf, Kundendienst) im allgemeinen in geographischer Nähe zu den Kunden anzusiedeln seien. Demgegenüber sieht er die Allokation der sogenannten vorgelagerten Aktivitäten ('upstream' -Aktivitäten: Beschaffungslogistik, operative Funktionen) und der unterstützenden Funktionen eher unabhängig von den Kunden- bzw. Absatzmarkt26

V gl. PORTER (1989).

72

Werner Delfmann

Standorten. Abgesehen davon, daß damit die Konfigurationsfrage ausschließlich unternehmungsintern behandelt wird, die Frage der unternehmungsübergreifenden Arbeitsteilung im Sinne des SCM also außer Betracht bleibt, greift diese Zuordnung zu kurz. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß damit bestimmte Handlungsalternativen wie etwa eine indirekte Exportstrategie (siehe auch weiter unten) a priori ausgegrenzt werden, was sicherlich unzulässig ist. PORTER nutzt die Dimensionen der Konfiguration und Koordination, um eine zweidimensionale Matrix aufzuspannen, die es erlaubt, vier elementare Typen von Internationalisierungsstrategien einzuordnen. Allerdings ist deren Zuordnung inkonsistent. Einerseits soll die Betrachtung fiir die verschiedenen Aktivitäten der Wertkette Gültigkeit besitzen. Andererseits beschränkt sich die Einordnung der Internationalisierungsstrategien im Prinzip auf Absatzmarktaktivitäten. Aus Sicht des SCM gilt es darüber hinaus zu berücksichtigen, daß Versorgungsketten gerade im internationalen Bereich durch ein mehr oder weniger hohes Maß an Arbeitsteilung zwischen autonomen Akteuren geprägt sind. Gerade hierdurch kommen ja die Vorteile der Globalisierung zum Tragen. Es gilt mithin, die PORTERsehe Matrix zu modifizieren (vgl. Abbildung C-1).

enge Kopplung

Netzwerkstruktur

Zentralisierte Struktur

Koordination der Aktivitäten lose Kopplung

Föderative Struktur

Streuung

"Nabe-Speiche" Struktur

Konzentration

Konfiguration der Aktivitäten

Abbildung C-1: Alternative Konfigurations-/Koordinationsstrukturen Die modifizierte Matrix gilt fiir jede Aktivität bzw. Abfolge von Aktivitäten in der (unternehmungsübergreifenden) Versorgungskette. Insofern kann aus einer Positionierung in dieser Matrix noch nicht auf die Gestalt der Versorgungskette als Ganzes geschlossen werden. Vielmehr wird diese in aller Regel gerade dann in verschiedenen Abschnitten unterschiedliche Gestalt aufweisen, wenn sie auf die jeweiligen spezifischen Bedingungen und Optionen angepaßt ist und dadurch unspezifischen Versorgungsketten überlegen ist. Dies ist ja gerade der Vorteil des weltweiten Handlungsspielraums. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß im Kontext des SCM die kombinierte Konfigurations-/Koordinationsentscheidung entlang der Versorgungskette differen-

Organisation globaler Versorgungsketten

73

ziert getroffen werden muß und im einzelnen von weiteren Einflußfaktoren bzw. Rahmenbedingungen abhängt, die es im folgenden näher zu differenzieren gilt.

II. Leistungsmerkmale und Zielmarktbedingungen Bereits eingangs ist erläutert worden, daß der Unterschied zwischen dem nationalen und internationalen SCM besonders in dem wesentlich ausgeprägteren Spannungsverhältnis zwischen dem ökonomisch motivierten Streben nach Realisierung von Standardisierungsvorteilen und dem Zwang zur Anpassung an lokale (Absatz-/Ziel-) Marktbedingungen besteht. Dieses Spannungsverhältnis ist zwar auch in nationalen Märkten denkbar, kennzeichnet aber internationale Wettbewerbsbedingungen in geradezu charakteristischer Weise. In der Literatur zum internationalen Management ist diese Tatsache verschiedentlich zum Ausgangspunkt konzeptioneller Überlegungen erhoben worden. Wenn die hierauf aufbauenden Ansätze auch im Detail durchaus Unterschiede aufWeisen, so läßt doch die in Abbildung C-2 wiedergegebene Matrix die sehr ähnlichen Grundüberlegungen erkennen.

Globalisierungsvorteil

hoch

(1) (2) {3) {4)

(1) {2) (3) (4)

Globale Branchen Integrationsstrategie geozentrisch global '

.....

IH ' IV I

niedrig

Blockiert globale Branchen Interaktionsstrategie regiezentrisch transnational

'

ll

'

' -'

(1) {2) (3) (4)

Internationale Branchen Selektionsstrategie ethnozentrisch international

niedrig

(1) (2) (3) {4)

Multinationale Branchen Einzelmarktstrategie polyzentrisch multinational

Lokalisieru ngsvorteil/erfordernis

hoch

vorherrschender Entwicklungspfad japanischer und einzelner amerikanischer Unternehmungen - - - .,...

vorherrschender Entwicklungspfad europäischer ( deutscher) Unternehmungen

Abbildung C-2: Konzeptionelle Einordnung der strategischen Orientierung internationaler Unternehmungen

Die Matrix spiegelt das angesprochene Spannungsfeld zwischen lokaler Anpassung und (globaler) Standardisierung entlang zweier Achsen wider. Die Matrix geht vor

74

Wemer Delfmann

allem auf LEVITI zurück, ist aber hier durch Hinweise auf vergleichbare Matrixkonzepte ergänzt worden. Die Systematisierung von LEVITI ( 1)27 stellt vornehmlich auf die Absatzmarktbedingungen ab und charaktierisiert dadurch unterschiedliche "Branchen", MEFFERT (2)28 ordnet den verschiedenen Matrixfeldern charakteristische Varianten von Internationalisierungstrategien zu und PERLMUTTER (3)29 konzentriert die Charakterisierung auftypische Führungskonzepte. Schließlich fokussieren BARTLETI und GHOSHAL (4)30 auf die vornehmliehen Zielsetzungen, die es unter den jeweiligen Rahmenbedingungen zu verfolgen gilt. Sehr vereinfacht ausgedrückt sehen alle Konzepte fur das Matrixfeld I eine starke Verankerung im Heimatland vor, und die Bearbeitung internationaler Märkte bildet eher eine Ergänzung des dominanten Heimatgeschäftes. Das Matrixfeld II ist durch ein Portfolio länderspezifischer Marktstrategien gekennzeichnet, die sich relativ unabhängig voneinander entwickeln. Hohe Globalisierungsvorteile (Feld III) lassen sich durch eine (globale) Standardisierung von Produkten und Prozessen erreichen. Die adäquaten Internationalisierungsstrategien fiir die Felder I bis III sind relativ einfach zu definieren. Die eigentliche Herausforderung bilden die Bedingungen im Matrixfeld IV. Sie sind -wie eingangs bereits erläutert- typisch fiir immer mehr Branchen im weltweiten Wettbewerb und gleichzeitig in sich widersprüchlich. Gilt es doch dem Zwang zur Standardisierung zu folgen, um mit kostengünstig operierenden Spezialanbietern konkurrieren zu können und außerdem die zunehmenden lokalen Anforderungen und Besonderheiten zu erfiillen. Derartige Wettbewerbsbedingungen sind es, die eine Gestaltung und Steuerung der Versorgungskette im Sinne des SCM erforderlich machen. Gilt es doch, lokale Anpassung und "Präsenz" mit globaler Koordination zu verbinden. Damit rückt die gezielte und unterschiedliche Gestaltung der einzelnen Abschnitte ("Segmente", siehe unten) der Versorgungskette in den Mittelpunkt der Aufgabenstellung. Nur auf diese Weise läßt sich eine Kombination von Globalisierungs- und Lokalisierungsvorteilen erreichen. BARTLETI und GHOSHAL haben sehr überzeugend herausgearbeitet, daß unter den Bedingungen blockiert-globaler Märkte globale Effizienz, lokale (nationale) Anpassung und weltweites Lernen gleichzeitig zu realisieren sind31 . Der von ihnen geprägte Begriff der transnationalen Netzwerkstrukturen als adäquates Muster von Wertschöpfungssystemen fur derartige Branchen erscheint sehr prägnant. Der besondere Ansatzpunkt des SCM zu diesem Kernproblem von Internationalisierungsstrategien besteht nun darin, daß gerade die Nutzung neuer Informations- und

27

Vgl. LEVITI (1983), S. 92 ff.

28

Vgl. MEFFERT (1986), S. 689 ff.

29

Vgl. HEENANIPERLMUTIER (1979).

30

Vgl. BARTLETI/GHOSHAL (1990).

31

Vgl. BARTLETI/GHOSHAL (1992).

75

Organisation globaler Versorgungsketten

Kommunikationstechnologien (IKT) und fortschrittlicher Logistik-Konzepte im Rahmen der Versorgung heterogener Zielmärkte Gestaltungsoptionen eröffnet, die Standardisierungsvorteile entlang der Wertschöpfungskette und lokale Anpassungsfähigkeit und Marktpräsenz zu kombinieren erlauben. Der traditionelle trade-off zwischen Anpassungsfahigkeit und Standardisierung wird - wie weiter unten noch näher erläutert wird - entschärft. Dies gilt insbesondere fiir Unternehmungen, die ein breites Spektrum unterschiedlicher Produkte, Produktlinien oder auch Dienstleistungen anbieten, fiir die aber einzelne Wertschöpfungsstufen durchaus Konsolidierungs- und Synergiepotentiale aufWeisen können. Dann kann die Konsolidierung der Versorgungsketten über gewisse Abschnitte ein Schlüsselelement fiir die Realisierung von Kostensenkungspotentialen darstellen (vgl. Abbildung C-3). Konsolidierung/ Zentralisierung Skaleneffekte Push-Prinzip Standardisierung ..",.

IKT Logistik

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--- ---. · - -

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Differenzierung kurze Lieferzeit hohe Lieferflexibilität breites Produktspektrum Puii-Prinzip Kundenorientierung

Abbildung C-3: Verschiebung des trade-offs zwischen Kundenorientierung und Standardisierung durch IKT und Logistik

111. Marktbearbeitungsstrategien, Lebenszyklus und Channel Control Traditionell wird die Internationalisierungsstrategie einer Unternehmung im Kontext der vorstehenden Matrix in einen Zusammenhang mit dem Entwicklungsstand der Internationalisierung im Sinne eines Lebenszyklusmodells gebrache 2 . In Abbildung C-2 sind zwei unterschiedliche Entwicklungspfade eingezeichnet. Sie werden bisweilen als typisch fiir den Fortschritt der Internationalisierung europäischer (a)

32

V gl. MACHARZINA (1995).

76

Werner Delfmann

bzw. japanischer/amerikanischer (b) Unternehmungen charakterisiert. Danach zielen jene direkter auf die Realisierung von Kostenvorteilen, während europäische Unternehmungen eher den "Umweg" länderspezifischer Strategien gehen und damit die Möglichkeiten einer weltweiten Gestaltung der Versorgungskette im Sinne des SCM nicht unmittelbar nutzen. Gerade im Hinblick auf die zunehmende Relevanz transnationaler Versorgungsketten stellt dies einen erheblichen Wettbewerbsnachteil dar. Vor diesem Hintergrund ist von Bedeutung, daß fur die Bearbeitung internationaler Zielmärkte ein ganzes Spektrum von Handlungsalternativen zur Verfugung steht, die nur teilweise durch die Internationalisierungsstrategien (Abbildung C-2) determiniert sind. Üblicherweise wird der Standort der Leistungserstellung als Unterscheidungsmerkmal herangezogen. In Abbildung C-4 sind die Alternativen aufgefuhrt. 1

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-Ma-rk-tb-e-artiiiiungsstrategien --·----_j

Leistungserstellung im Ausland

Leistungserstellung im Inland (Exporte)

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--~ ~~--- dl~Indirekte Exporte

Direkte Exporte

Exportgemeinschaf, ten (Export! ! syndikate, I I Export! ' konsortien) I • 1

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I

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,-----------"'~~~-~ Internationale Vertragsformen (Lizenz,vereinbarungen, I Franchising, i Auftrags! fertigung, j Managementverträge) .

1

Direkt• investitionen i (vollbeherrsch: te Auslands! gesellschaften, I internationale I JointVenture) I

Abbildung C-4: Marktbearbeitungsstrategien internationaler Unternehmungen In der Abfolge dieser Alternativen von links nach rechts ist nicht nur ein zunehmendes Engagement und damit eine zunehmende Risikoübernahme im Zielmarkt erkennbar, sondern auch eine zunehmende Kontrolle bzw. Steuerung der (zielmarktbezogenen) Aktivitäten33 . Diese Sichtweise greift jedoch in mehrfacher Hinsicht zu kurz. Zum einen ist im weltweiten Kontext eine Marktbearbeitung ohne lokale Produktion weder zwangsweise gleichzusetzen mit einer eigenen Leistungserstellung noch findet diese unbedingt im Inland (Stammland) statt. Vielmehr bietet es sich gerade an, die komparativen Vorteile bestimmter Standorte bzw. Akteure in Drittländern gezielt zu nutzen, um von dort aus größere Regionen per Export zu beliefern. Dies ist z. B. der Fall bei den sogenannten Transplants japanischer Unter-

33

Vgl. MACHARZINA (1995).

Organisation globaler Versorgungsketten

77

nehmungen etwa in Großbritannien, die den gesamten europäischen Markt versorgen. Zum anderen findet die Leistungserstellung zunehmend nicht an einem einzigen Standort statt, sondern im Rahmen mehr oder weniger komplexer Produktionsnetzwerke, die ihrerseits wiederum auf die spezifischen Bedingungen einzelner Produktionsabschnitte hin konfiguriert und u. U. international verteilt sind. Zum dritten unterstellen die Überlegungen zur Kontrollreichweite eine einfache Marktbeziehung zwischen den Akteuren der Versorgungskette. Im Rahmen kooperativer Beziehungen zwischen selbständigen Partnern in Versorgungsketten lassen sich jedoch auch hohe Koordinationsgrade durchaus insbesondere dann realisieren, wenn ein gegenseitiger Nutzen erzielt wird. Genau dies ist der zentrale Ansatzpunkt des SCM.

IV. Wettbewerbsstrategien Ein relativ enger, wenn auch nicht zwangsläufiger Zusammenhang besteht zwischen der Internationalisierungsstrategie einer Unternehmung und deren Wettbewerbsstrategie. Die auf PORTER zurückgehende Unterscheidung sogenannter generischer Wettbewerbsstrategien in Kostenfiihrerschaft und Differenzierung einerseits und in Gesamtmarkt- und Fokussierungsstrategien andererseits 34 läßt sich im internationalen Kontext in verschiedener Hinsicht erweitern. Geographische Streubreite Globalstrategie

Viele Marktsegmente

Wettbewerbsstreubreite Wenige Marktsegmente

Globale KostenfOhrerschaft oder globale Differenzierung

Länderspezifische Strategie

GeschOtzte Märkte

1

Globale Segmentierung

Länderspezifische Anpassung

Abbildung C-5: Wettbewerbsstrategien in einer globalen Branche nach PORTER

PORTER selbst unterscheidet im Kontext der Internationalisierung vier Gesamtstrategien, die in Abbildung C-5 wiedergegeben sind35 . Sie stellen eine Verbindung zu den oben diskutierten Internationalisierungsstrategien her. Die sogenannten Globalstrategien erlauben hier - auf viele oder wenige Marktsegmente bezogen - die Ko34

Vgl. PORTER (1985).

35

V gl. PORTER (1989).

78

Werner Delfmann

sten- oder Differenzierungsvorteile einer globalen Konfiguration und Koordination der Versorgungskette zu nutzen. Dabei kann eine globale Segmentierungsstrategie Voraussetzung dafiir sein, die Größenschwelle fiir eine sinnvolle Begrenzung auf einzelne Marktsegmente zu überschreiten. Länderspezifische Strategien konzentrieren sich auf die Anpassung an lokale Marktbedingungen und erfordern eine erhöhte Marktpräsenz. Über den Aufbau der Versorgungskette ist damit allerdings noch nichts gesagt. Eine gelungene Erweiterung des PORTERsehen Grundschemas findet sich bei FRESE, der besonders auf die Unterscheidung zwischen Markt- und Kundenproduktion abstellt (vgl. Abbildung C-6) und diese mit den Alternativen der Global- bzw. länderspezifischen Strategie verknüpft 36 . c

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LieferserviceOrientierung

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Qualitätsorientierung

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KostenOrientierung

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Differenzierung bei Marktproduktion

Differenzierung bei Kundenproduktion

Kostenführerschaft

(Ineffiziente Strategien)

Standardprodukte Marktproduktion

Variantenprodukte

kundenindividuell I konstruierte Produkte

Kundenproduktion

externe Strategiedimension

Abbildung C-6: Wettbewerbsstrategien in einer globalen Branche nach FRESE Das Ausmaß der Kundenorientierung wird definiert über den Einfluß des Kunden auf die Leistung an sich, z. B. das Produkt, wie auch auf den Leistungserstellungsprozeß. Kundenorientierung in diesem Sinne läßt sich vernünftigerweise nur im Rahmen einer Differenzierungsstrategie konsistent verfolgen. Dabei kann sich die Differenzierung sowohl auf die Kernleistung (Produkt- bzw. Qualitätsorientierung) als auch auf die Art und Weise beziehen, wie diese dem Kunden in der Auftragsabwicklung angeboten bzw. physisch zugestellt wird (Lieferserviceorientierung). Bei eher standardisierten Leistungen kommt zusätzlich zu den Differenzierungsstrategien auch noch die Alternative der Kostenfiihrerschaft hinzu. Was die Unterscheidung zwischen länderspezifischen und globalen Strategien angeht, so fmden die

36

Vgl. FRESEIBLIES (1997).

Organisation globaler Versorgungsketten

79

PORTERsehen Überlegungen auf die feineren Betrachtungen FRESEs analog Anwendung37. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen stellt sich die Frage, inwieweit im Rahmen des SCM derartige Marktbearbeitungsstrategien fiir die gesamte Versorgungskette einheitlich zu sein haben oder ob sie fiir jede Stufe der Versorgungskette unabhängig getroffen werden können. Die Beantwortung dieser Frage ist in verschiedener Hinsicht von weitreichender Bedeutung. Eine notwendige Einheitlichkeit würde eine Koordination der Marktbearbeitungsstrategien der (verschiedenen) Akteure in der Versorgungskette voraussetzen, was weit über eine traditionelle Arbeitsteilung hinausgeht und eine Anwendung des SCM-Konzeptes auch auf die Ebene der Wettbewerbsstrategie bedeutet. Gerade diese durchgängige Ausrichtung des gesamten Wertsystems ist ja der Kerngedanke des PORTERsehen Konzeptes. Eine Abkehr von diesem Prinzip ist nur dann zu rechtfertigen, wenn die Versorgungskette in Abschnitte unterteilt werden kann, die voneinander entkoppelt sind. Dies schafft die Voraussetzungen, Kundenorientierung, Differenzierung und marktspezifische Anpassungsfähigkeit mit den Vorteilen von Standardisierung, Kostenorientierung und Konsolidierung zu verbinden. Einen Ansatzpunkt zur Behandlung dieser Frage bietet das Prinzip der logistischen Segmentierung.

V. Postponement, logistische Segmentierung und die Gestaltung globaler Produktions- und Zuliefernetzwerke Während sich die traditionelle Marktsegmentierung auf die Abgrenzung unterschiedlicher Kundengruppen bezieht, steht bei der logistischen Segmentierung vor allem die Auflösung von Versorgungsketten in voneinander entkoppelte Abschnitte im Mittelpunkt des Interesses38 . Hier wie dort geht es um die Identifikation homogener Objektbereiche, die einheitlich behandelt werden sollen. Bei der logistischen Segmentierung werden -in Erweiterung des Ansatzes der Fertigungssegmentierung - Abschnitte von Versorgungsketten festgelegt, die durchgängig nach gleichen Prinzipien logistisch gestaltet und gesteuert werden können. Innerhalb solcher Segmente erfolgt die (informatorische und physische) Auftragsabwicklung im Prinzip als durchgängiger Prozeß, unterbrochen allenfalls durch kurzzeitige, ablaufbedingte Wartezeiten. Die Aktivitäten der logistischen Segmente folgen insoweit dem Justin-Time Prinzip39 • Zwischen den Segmenten findet hingegen eine Entkoppelung statt, die häufig mit einer Bestandsbildung einher geht. Die bekannten Beispiele von JIT Belieferungen etwa der Automobilindustrie machen deutlich, daß logistische Segmente in diesem Sinne keineswegs an Unternehmungsgrenzen gebunden sind, sondern Wertschöpfungsaktivitäten verschiedener Unternehmungen zusammenfas37

Vgl. FRESEIBLIES (1997).

38

Vgl. DELFMANN (l995b).

39

Vgl. WILDEMANN (1988).

Werner Delfmann

80

sen können. Hierin kann ein typisches Beispiel fiir die Anwendung des SeMGedankens gesehen werden. Unterschiedliche logistische Segmente können damit nach unterschiedlichen Prinzipien gesteuert werden. Ihre Koordination untereinander kann sich auf die Schnittstellen konzentrieren. Solange einzelne Segmente einer Versorgungskette in ihrer Grundausrichtung mit der auf den Zielmärkten verfolgten Marktbearbeitungsstrategie vereinbar sind, können sie intern spezifisch auf die lokalen Rahmenbedingungen ausgerichtet werden. Besondere Bedeutung hat dieses Konzept, wenn es um die Verknüpfung von Differenzierung und Kundenorientierung in den Zielmärkten mit den Vorteilen standardisierter und konsolidierter Produktionsprozesse geht. Hierbei hat die Anwendung des sogenannten Postponement-Prinzips40 im SCM weite Verbreitung gefunden. Es zielt -vereinfacht ausgedrückt- auf den zeitlichen Aufschub von Aktivitäten in der Versorgungskette auf den "spätestmöglichen" Zeitpunkt ihrer Realisierung. Bezogen auf Wertschöpfungsprozesse bedeutet dies, daß wertschöpfende Aktivitäten wenn möglich so lange aufgeschoben werden, bis sie zur Erfiillung eines (internen oder externen) Kundenauftrages zeitlich und sachlich definitiv notwendig sind. Dies gilt insbesondere fiir Aktivitäten der Individualisierung von Leistungen, die ihre Verwendung mehr oder weniger stark eingrenzen und damit einerseits ihren Wert und andererseits das Risiko mangelnder Weiterverwendbarkeit bzw. Absetzbarkeit erhöhen. Bezogen auf Transferprozesse bedeutet Postponement den zeitlichen Aufschub von räumlichen Verlagerungsprozessen von Gütern bis zum Vorliegen eines konkreten Kundenauftrages hierfiir. Die Anwendung des Postponement-Prinzips fuhrt zu einer kundenauftragsorientierten Ausrichtung logistischer Segmente. Sie ist fiir die absatzmarktnahen Aktivitäten globaler Versorgungsketten insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine hohe Kundenindividualität und-flexibilitätder Leistung gewährleistet werden soll, diese aber nicht durch kostentreibende, kundennahe Lagerung vielfaltigster Varianten und Verzicht aufkonsolidierte Transferprozesse erkauft werden soll. Mithin stellt sich die Frage, wie weit die "Auftragseindringtiefe" (order penetration point) in die Versorgungskette ausgedehnt werden soll. Damit wird gleichzeitig eine wichtige Frage hinsichtlich der Konfiguration und Koordination des Produktionsund Distributionsnetzwerkes beantwortet. In Abbildung C-7 sind einige alternative Postponement-Strategien mit ihren Anwendungsbedingungen und Effekten zusammengestellt41 .

40

Vgl. BUCKLIN (1965).

41

Vgl. COOPER (1994).

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