Ontologische Aspekte der Nominalsemantik 348430104X, 9783484301047

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Ontologische Aspekte der Nominalsemantik
 348430104X, 9783484301047

Table of contents :
VERZEICHNIS VERWENDETER ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE
A EINLEITUNG
1. Philosophie und Linguistik
2. Kurze inhaltliche Übersicht
B. KATEGORIEN
1. Aristoteles
2. Kant
3. Russell
4. Frege
5. Moderne Logische Semantik
C. REDUKTION
1. Explikative Reduktion am Beispiel Carnaps
2. Ontologische Reduktion
2.1 Platonismus und Nominalismus
2.1.1 Historische Aspekte
2.1.2 Moderne Aspekte
D. ENTITÄTEN
I QUANTUM
1. Quantum und Aristoteles
1.1 Zählbarkeit und Meßbarkeit
1.2 Weitere Kriterien
2. Quantität und Kant
3. Quantität und Metrisierungstheorie
4. Quantität und Abstrakta
4.1 Abstrakta und ontologische Reduktion
II DING
1. Individuation
1.1 Substanz und Wortarten
1.1.1 Notationelle Ausgrenzung der Individuativa und Kontinuativa
1.2 Individuation und Raum
1.2.1 Die Orts-Funktoren ,3 und 0
1.3 Individuation und Zeit
1.3.1 Aristoteles
1.3.2 Kant
1.3.3 Die Konzeption von Gabbay/Moravcsik
1.3.4 Dingstadien und sprachliche Realisierung
1.3.5 SELB-
1.3.6 Entstehen und Vergehen
1.4 Individuationsstrukturen
2. Quantitative
2.1 Massenquantitative und Mengenquantitative
2.2 Kohäsion
2.2.1 Quantitative und Quantoren
2.2.2 Quantitative und Negation
2.2.3 Amalgamierung von Quantitativen und ihren Bezugsnomina
2.2.4 Quantitative und Pronominalisierung
2.2.5 Quantitative und Reflexivierung
2.2.6 Systeme und Systemkomponenten
2.3 Kategorialgrammatische Formalisierung
III ZEIT-ENTITÄTEN
1 Zustand
2. Vorgang und Ereignis
2.1 Beispielmodell Laufen versus Lauf
2.2 Ereignis
2.2.1 Ereignis und ontologische Reduktion
2.2.2 Raum, Zeit und Individuation
2.2.3 Ereignis und logische Repräsentation
2.3 Mathematisches Modell für Vorgang und Ereignis
IV TYP
1. Die Rechtfertigung der Entität Typ
1.1 Typ und ontolcgische Reduktion
1.2 Der Typ als Entität höherer Ordnung
1.3 Typ und Klasse
2. Raum, Zeit und Individuation
3. Typ, Natürliche Arten und Gesetzesartigkeit
3.1 Natürliche Arten
3.2 Gesetzesartigkeit
3.3 Korrelierung mit Typenaussagen
4. Varia
4.1 Typ und Eigenname
4.2 Typ und Prädikate 2. Stufe
4.3 Typ und Quantitative
4.4 Typ und verfranste Nomina
4.5 Typ und Superlativprädikate
5. Ausdifferenzierung der Typen-Muster
5.1 Kookkurrenz-Verhältnisse
5.2 Oppositions-Verhältnisse
5.3 Logische Repräsentationen
5.3.1 Formalisierung I : Stewart
5.3.2 Formalisierung II: Bacon
5.3.2 Der eigene Vorschlag
V LITERATUR

Citation preview

Linguistische Arbeiten

104

Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Rolf Mayer

Ontologische Aspekte der Nominalsemantik

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981

CFP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Mayer, Rolf: Ontologische Aspekte der Nominalsemantik / Rolf Mayer. - Tübingen : Niemeyer, 1981. (Linguistische Arbeiten ; 104) ISBN 3-484-30104-X NE:GT ISBN 3-484-30104-X

ISSN 0344-6727

) Max Niemeyer Verlag Tübingen 1981 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: fotokop Wilhelm weihen KG, Darmstadt.

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

VERZEICHNIS VERWENDETER ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE ...

X

A

EINLEITUNG

1

1. 2.

2 8

B

C

Philosophie und Linguistik Kurze inhaltliche Übersicht

KATEGORIEN

11

1. 2.

Aristoteles Kant

11 14

3. 4. 5.

Russell .· Frege Moderne Logische Semantik

17 19 21

REDUKTION

1. 2.

24

Explikative Reduktion am Beispiel Carnaps.. Ontologische Reduktion 2.1 Platonismus und Nominalismus 2.1.1 Historische Aspekte 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3

2.1.2.3.1 2.1.2.3.1.1 2.1.2.3.1.1.1 2.1.2.3.1.1.2 2.1.2.3.1.1.3 2.1.2.3.2 2.1.2.3.3

Moderne Aspekte Die Theorie der Familienähnlichkeiten Abstrakte Mereologie Konkrete Mereologie: Der Teil und das Ganze in der Sprache Die Semantik von TEIL Maxima und Suprema, Minima und Infima Maxima und Suprema Minima und Infima Exkurs: Superlativ Die Semantik von GANZDas Ganze und die Summe seiner Teile

26 29

32 32 34 37 42

46 47 50 5O 54 60 64 68

VI

D.

ENTITÄTEN

72

I

QUANTUM

72

1.

Quantum und Aristoteles 1.1 Zählbarkeit und Meßbarkeit 1.2 Weitere Kriterien Quantität und Kant Quantität und Metrisierungstheorie Quantität und Abstrakta 4.1 Abstrakta und ontologische Reduktion

72 74 77 80 82 85

Individuation 1 .1 Notationelle Ausgrenzung der In1.1.1 dividuativa und Kontinuativa .... 1.2 1.2.1 Individuation und Zeit 1 .3 Aristoteles 1.3.1 Kant 1 .3.2 Die Konzeption von Gabbay/ 1 .3.3 Moravcsik Dingstadien und sprachliche Rea1.3.4

90 92

2. 3. 4.

II

86

DING 1,

1.3.5 1.3.5.1 1.3.5.2 1 .3.5.3 1.3.5.4

1.3.6 1.3.6.1 1.3.6.2 1.3.6.3 1.3.6.4

SELB-

Das syntaktisch-semantische Verhalten von SELBSpezifität und Generizität

95 97 101 106 106 107 108 114 124 124 129

134

Idiosynkratisches Verhalten von -SELB- am Beispiel einiger Nomina. 136 141 142 WERDEN Zur Semantik einiger Nomina des Entstehens und des Vergehens .... 148 Löschung 152 Projektion 155

VII

1.3.6.5 1.3.6.6 1.4 2.

Vererbung Vagheit Individuationsstrukturen

163 171 179

Quantitative 2.1 Massenquantitative und Mengenquantitative 2.2 KohMsion 2.2.1 Quantitative und Quantoren ...... 2.2.2 Quantitative und Negation 2.2.3 Amalgamierung von Quantitativen

19O

und ihren Bezugsnomina

2.2.4

III

IV

19O 198 2OO 202

2O4

2.2.5

Quantitative und Pronominalisierung 2O9 Quantitative und Reflexivierung.. 212

2.2.6

Systeme und Systemkomponenten ... 220

2.3

Kategorialgrammatische Formalisierung

225

ZEIT-ENTITÄTEN

227

1. 2.

227 23O 231 233

Zustand Vorgang und Ereignis 2.1 Beispielmodell Laufen versus Lauf 2.2 Ereignis 2.2.1 Ereignis und ontologische Reduktion 2.2.2 Raum, Zeit und Individuation .... 2 . 2 . 2 . 1 Die formale Binnenstruktur von Ereignissen 2 . 2 . 2 . 2 Der intensionale Status von Ereignissen 2.2.3 Ereignis und logische Repräsentation 2 . 2 . 3 . 1 Zeit-Nomina als Ereignis-Nomina.. 2.3 Mathematisches Modell für Vorgang und Ereignis

233 235 236 243 248 253 255

TYP 261 1. Die Rechtfertigung der Entität Typ 261 1.1 Typ und ontolcgische Reduktion... 261

VIII

1.2

2. 3.

4.

5.

Der Typ als Entität höherer Ordnung 1.3 Typ und Klasse Raum, Zeit und Individuation Typ, Natürliche Arten und Gesetzesartigkeit 3.1 Natürliche Arten 3.2 Gesetzesartigkeit 3.3 Korrelierung mit Typenaussagen...

285 285 29O 296

Varia 4.1 4.2 4.3

Typ und Eigennaire Typ und Prädikate 2. Stufe Typ und Quantitative

3O3 3O3 3O6 31O

4.4

Typ und verfranste Nomina

266 277 279

312

4.5 Typ und Superlativprädikate 314 Ausdifferenzierung der Typen-Muster 315 5.1 Kookkurrenz-Verhältnisse 316 5.2 Oppositions-verhältnisse 323 5.3 Logische Repräsentationen 328 5.3.1 Formalisierung I : Stewart 329 5.3.2 Formal is ierung II: Bacon 333 5.3.2 Der eigene Vorschlag 335 5.3.3.1 Der d-Sg-Typ und der d-Pl-Typ.... 335 5.3.3.2 Der 0-Pl-Typ 337 5.3.3.3 Der e-Sg-Typ 34O 5.3.3.4 Vererbung bei Typen 345 5.3.3.5 Generische Ereignisse und Vorgänge 351 5.3.3.6 Der Typ über Quanten und Manifestationen 353

LITERATUR

357

IX

VORWORT

Die vorliegende Arbeit "Ontologische Aspekte der Nominalsemantik" ist eine ungekürzte Fassung meiner 198O von der philosophischen Fakultät der Universität Stuttgart angenommenen gleichnamigen Dissertation. Die Anfangskonzeption dieser Arbeit hatte sich zum Ziel gesetzt, das Verhalten generischer Ausdrücke sprachwissenschaftlich und ontologisch zu klären. Ihre Weiterführung und Entfaltung hat zur Abdeckung großer Bereiche der Nominalsemantik geführt. Der erste Anstoß, den Nominalbereich logisch und ontologisch zu untersuchen, stammt von P r o f . Franz Guenthner, dem an dieser Stelle auch dafür gedankt sei, daß er während seines Lehraufenthaltes in Stuttgart wichtige Bezüge zur angelsächsischen Logik und Sprachphilosophie vermittelte. Prof. Klaus Baumgärtner hat die Arbeit während ihrer Entstehung betreut. Seiner Einstellung zur Linguistik hat es der Verfasser zu danken, daß er neben der "reinen Philosophie" die Empirie gleichrangig berücksichtigt hat. Prof. Baumgärtner hat darüber hinaus die Ermunterung zum Ausbau der ursprünglichen Ansätze gegeben. Bernd Joppich danke ich für die Möglichkeit, Punkte der Arbeit zu diskutieren. Mein Schlußdank gilt all jenen, die ich mit Fragen zur Akzeptabilität und Inakzeptabilität von Sätzen gequält habe insbesondere meinen Eltern. Mein Enddank gilt Frau Baldauf für die mustergültige Niederschrift der Arbeit. - Möge ihnen allen die Linguistik nicht zum Greuel geworden sein! Stuttgart, den 21.O5. 1981

Rolf Mayer

VERZEICHNIS VERWENDETER ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE

(i)

Allgemeine Notationskonventionen (x)

Beispielsatz-Variable; steht als Sammelbezeichnung f ü r Sätze ( 1 ) , ( 2 ) , ... des jeweiligen Kontexts. Analog sind die Beispielsatz-Varia blen (x' ) , (x' ' ) ... zu lesen.

+

Asterisk der Ungrammatikalität/ Inakzeptabilität; Position im Beispiel: (1) .

(+)

Asterisk der Ungrammatikalität/ Inakzeptabilität unter dem in Rede stehenden Sinn; Position im Beispiel: ( 1 ) ( +) .

( (+) )

Asterisk der Ungrammatikalität/ Inakzeptabilität; Bezugssatz wird aber als im sprachlichen System potentiell angelegt gesehen beziehungsweise wird für die linguistische Argumentation als solcher angenommen: Position im Beispiel:

?

Fragwürdigkeitsindikator , bezogen auf Grammatikalität/Akzeptabilität ; verhält sich analog wie

W

Der Bezugssatz ist wahr beziehungsweise wird für die linguistische Argumentation als wahr angenommen; Position im Beispiel:

d)w.

XI

Der Bezugssatz ist falsch beziehungsweise wird f r die linguistische Argumentation als falsch αήρ genommen; Position im Beispiel: (1) . Es wird das folgende Notations-/Formalisierungsprinzip in Anspruch genommen: Formalisierungsprinzip: Formalisierungen anderer Autoren werden unter Bewahrung des Sinnes in die eigene Notation umgeschrieben, (ii)

Logische Symbole "7

nicht

Λ

und

v

oder

3

materiale Implikation

Ξ3

Bijunktion

A

f r alle

V

es gibt (mindestens)

=

identisch

?i

ungleich

ein

definitorisch gleich Jota-Operator Supremum-Selektor Lambda-Operator Intensions-Operator Gegenwarts-Operator Vergangenheits-Operator Zukunf ts-Operator

XII

* /

J-

logische Folge

das geordnete n-Tupel von x1| ,

. . . xn

(iv )

X.

Vorg nger-Zeichen bei Ordnungsrelationen

~

Gleichheits-Zeichen bei Ordnungsrelationen

e

Kompositionsoperator f r Relationen

j /j |

M chtigkeit von A

Mathematische Symbole i.

Kleiner-Zeichen

XIII

^

Gr

er-Zeichen



Additions-Zeichen Multip1ikations-Zeichen

(v)

( α , έ)

d a s abgeschlossene Intervall zwischen a und b

) et ( 6 (

das offene Intervall zwischen a und b

£'»"

Grenzwert-Zeichen

j

Integral-Zeichen

*»oi(x)

Wahrscheinlichkeit von χ

S u. p

Supremum

toetx

Maximum

/Ή |

Infimum

\n

Minimum

Mereologische Symbole f

mereologische Addition



mereologische Differenz

X,

mereologische Multiplikation (^ berlagerung)

χ Ϊy

χ und y sind mereologisch disjunkt

x^y

χ und y schneiden sich

* cy

χ ist

L T]

die

( Tl

die multiplikative Verschmelzung von T

C fl («.)

die A-Zusammensetzung von χ

Q

Nullindividuum

Teil von y

additive Verschmelzung von T

XIV

(vi )

(vii)

U

die Welt (als Aggregat aller Dinge)

T;

Teil i

Ontologische Symbole w

Welt-Parameter

w 01

die aktuale Welt

/

Raum-Parameter ( l ä u f t über RaumIntervalle und Raumpunkte)

+

Zeit-Parameter (läuft über ZeitIntervalle und Zeitpunkte)

( ,-f)

Raum-Zeit-Gebietzeichen; bezieht sich auch auf Raum-Zeit-Punkte

^

Raum-Zeit-Kontinuum

;3 ( 0

Orts-Funktoren

v

Individualvorgang

V

Individualvorgang-Manifestation in einer Welt w

e

Individualereignis

E

Individualereignis-Manifestation in einer Welt w

U

Ereignisunterbrechung

T(f)

T y p über d e m Prädikat P

Grammatiktheoretische Symbole #€ o/ ( R)

Bedeutung des

/

Interpretation

**f

Referenz

MP

Nominalphrase

/ N

/

Nominal Nomen

Ausdrucks A

XV

Μ«ι Μ

Massennomen

Μι* Μ

Mengennomen (=Appellativum)

M weggekürzt werden.

für i

~

3

Eine vollständige Grammatiktheorie hat die im obigen ausgeführten Folgerungsbeziehungen in einer formalen Theorie nachzuzeichnen .

64

Dies könnte etwa dadurch geschehen, daß Ordnungsstrukturen in die Extension von Superlativ-Prädikaten des Index 2 eingebaut werden, etwa dadurch, daß eine Extension aus geordneten n-Tupeln konstruiert wird, welche diese Ordnungsstrukturen widerspiegeln. - Ausgeführt werden soll dies an dieser Stelle aber nicht.

2.1.2.3.2.

Die Semantik von GANZ-

Die folgenden Ausführungen beanspruchen im gegebenen Zusammenhang nicht nur ein Eigeninteresse; bei der Besprechung von GANZ- als Vererbungsindikator in D IV 5.3.3.4. werden wir auf Ergebnisse dieses Kapitels teilweise zurückgreifen. Wir beginnen wieder mit einführenden Beispielsätzen: .(1 )

Als die Kinder in das Zimmer traten, brannte schon der Weihnachtsbaum.

(T)

Als die Kinder in das Zimmer traten, brannte schon der ganze Weihnachtsbaum.

(2 )

Die Schauspielerin Anna Loliloci hat

in

ihren Memoiren ihr Leben wahrheitsgetreu wiedererzählt. (2')

(3 )

Die Schauspielerin Anna Loliloci hat in ihren Memoiren ihr ganzes Leben wahrheitsge+

treu wiedererzählt. Mutter Lise hat Klein-Uli gebeten, den Apfel zu essen und nicht wieder die Hälfte davon wegzuschmeißen.

(3')

Mutter Lise hat Klein-Uli gebeten, den ganzen Apfel zu essen und nicht wieder die Hälfte

65

davon wegzuschmeißen. (4 ) (4')

+

01av hat nicht das Stück gesehen, sondern nur den 1. Akt. Olav hat nicht das ganze Stück gesehen, sondern nur den 1. Akt.

(1) - ( 2 ' ) weisen GANZ- als Verstärkungs- und Vollständigkeitsoperator, bezogen auf einen konventionell geregelten Normalitätsbereich, aus; ( 1 ' ) engt den Interpretationsspielraum von (1) ein, ( 2 ' ) denjenigen von ( 2 ) . Der Bezug auf einen Normalitätsbereich ist aus folgendem Grund notwendig: In ( 1 ' ) meint Vollständigkeit nicht, daß der Weihnachtsbaum in Flammen steht, in ( 2 ' ) ist Vollständigkeit schon aus logischen Gründen nicht möglich: Der Memoirenschreiber hat ja sein Leben nicht als abgeschlossen vor sich. - Die pragmatisch bedingte Abschleifung des Ganzheitsbegriffs der "Abstrakten Mereologie" kommt den normalen Bedürfnissen einer Sprachgemeinschaft entgegen. - Wird schließlich Ganzheit mit lexikalisch ausformulierter NichtGanzheit kontrastiert, so darf das Partikel GANZ- nicht ausgespart werden (vergl. (3) - ( 4 ' ) ) . Im folgenden stellen wir JED-,

ALL-, und GANZ-

einander gegenüber. Man betrachte dazu: ( 5

)

Jedes meiner Schmuckstücke kostet DM 1.OOO,—.

( 5'

)

Ich habe jedes meiner Schmuckstücke teuer bezahlt.

( ( ( (

5" ) 5''') 6 ) 6' )

Jedes Eisen wurde in einem Ofen geschmolzen. Ich habe jedes Gras zusammengeklaubt. Alle meine Schmuckstücke kosten DM 1.OOO,—. Ich habe alle meine Schmuckstücke teuer bezahlt.

66

( 6"

)

( 6''') ( 7 ) ( l' ) ( 7''' ) ( 7''')

Alles Eisen wurde in einem Ofen geschmolzen. Ich habe alles Gras zusammengeklaubt. Meine ganzen Schmuckstücke kosten DM 1OOO,· Ich habe meine ganzen Schmuckstücke teuer bezahlt. Das ganze Eisen wurde in einem Ofen geschmolzen. Ich habe das ganze Gras zusammengeklaubt.

Die folgenden Sätze sind gewählt unter dem Aspekt Gesetzesartigkeit / Nicht-Gesetzesartigkeit: ' ( ( ( (

8 8' 8'' 9

) } } )

(9'

)

( 9"

)

(1O (1O' (1O'' (11 (11' (11"

) ) ) ) ) )

Jedes meiner Haustiere ist stubenrein. Alle meine Haustiere sind stubenrein. Meine ganzen Haustiere sind stubenrein. Jeder Bewohner der Umgebung kam herbei, um Till Ulenspiegel zu sehen. Alle Bewohner der Umgebung kamen herbei, um Till Ulenspiegel zu sehen. Die ganzen Bewohner der Umgebung kamen herbei, um Till Ulenspiegel zu sehen. Jedes Atom ist spaltbar. Alle Atome sind spaltbar. Die ganzen Atome sind spaltbar. Jeder Mensch ist sterblich. Alle Menschen sind sterblich. Die ganzen Menschen sind sterblich.

Aufgrund der sprachlichen Befunde können wir das folgende Schema aufstellen:

Vergl. dazu D IV 3 . 2 .

67

distributiv

Schema:

JED-

ALL-

akzidentell

GANZ-

Erläuterung; (i ) JED-

(ii

)

(iii)

koitunt nur distributiv vor (vergl. insbesondere ( 5 ' ' ' ) ) ; es kann in nichtgesetzesartigen (akzidentellen) Kontexten (vergl. ( 8 ) , ( 9 ) ) als auch in gesetzesartigen Kontexten (vergl. ( 1 0 ) , ( 1 1 ) ) auftreten.

ALL-

kommt distributiv und kollektiv vor (vergl. ( 6 ) - ( 6 " ' ) ) ; es kann in akzidentellen (vergl. ( 8 ' ) , (9')) und in gesetzesartigen (vergl. ( 1 O ' ) f ( 1 1 ' ) ) Kontexten auftreten.

GANZ-

kommt distributiv und kollektiv vor (vergl. ( 7 ) - ( ? " ' ) ; es tritt nur in akzidentellen Kontexten auf (vergl. ( 8 ' ' ) r ( 9 " ) , (10"), ( 1 1 " ) ) .

Bevor wir im folgenden GANZ- in Hinsicht auf Singular- und Plural-Formen untersuchen, gehen wir zunächst kurz auf die Möglichkeit von GANZ- Extraposition (in Sg-Kontexten) ein. Wir betrachten dazu: (12 ) I * (12')

Das ganze Haus ist mit Teppichboden ausgelegt. Das Haus ist ganz mit Teppichboden ausgelegt.

68

(13 )

i

(13 )

Der ganze Bundestag johlte, als Franz j. Strauß Mr. Germany wurde. + Der Bundestag johlte ganz, als Franz J. Strauß Mr. Germany wurde.

Kommentar: Die -tranformationell formulierbare- Beziehung zwischen ( 1 2 ) und 1 2 ' ) ist nicht generalisierbar. Sie gilt nur dann, wenn das extraponierte GANZ- als Verb-Modifikator in Frage kommt (was in ( 1 3 ) / ( 1 3 ' ) nicht der Fall ist). Wir stellen jetzt gegenüber: (1A4 ) Das ganze Haus ist v

(14' ) (15 ) 1 (15' ) (15'')

mit Bildern ausgestattet.

Das Haus ist ganz mit Bildern ausgestattet. Die ganzen Häuser sind mit Bildern ausgestattet. Die Häuser sind ganz mit Bildern ausgestattet. Die ganzen Häuser sind ganz mit Bildern ausgestattet.

Das verschiedene Extrapositions-Verhalten von GANZ-in SGKontexten und in Pl-Kontexten veranlaßt, uns, zwei verschiedene Interpretationen von GANZ- anzusetzen: GANZ.. : Es tritt im Sg auf und nimmt Bezug auf eine mereologische Ganzheit. GANZ2: Es tritt im Pl auf und nimmt Bezug auf eine distributiv zu verstehende Allheit. Eine Kombination von GANZ., und GANZ- findet sich in (15").

2.1.2.3.2.

Das Ganze und die Summe seiner Teile

Wir zitieren einführend aus einem Abschnitt von L.WITTGENSTEINS Philosophischen Untersuchungen (S. 4 5 f . ) : Wenn ich nun sage: "Mein Besen steht in der Ecke",ist dies nun eigentlich eine Aussage über den Besen-

69

stiel und die Bürste des Besens? ... Wenn wir jemanden fragten, ob er das meint, würde er wohl sagen, daß er gar nicht an den Besenstiel besonders, oder an die Bürste besonders, gedacht habe. ..., denn er wollte weder vom Besenstiel, noch von der Bürste besonders reden. Aus den Gedanken WITTGENSTEINS läßt sich folgendes Prinzip gewinnen: Prinzip; Es sei x=x 1 +x ... .4-x . Dann gilt: Wird in einer Aussage mit lexikalischen Mitteln auf Bezug genommen, ohne daß gleichzeitig explizit auf die x, Bezug genommen wird, dann ist diese Aussage nicht bedeutungserhaltend in einer Aussage paraphrasierbar, die nur auf die x . Bezug nimmt. Bemerkung; Das hier formulierte Prinzip kann als Ökonomieprinzip für die Wahl sprachlicher Mittel gedeutet werden. Wir illustrieren jetzt das Prinzip an sprachlichem Material : Beispiel 1; (1 )

l

(1' ) (1

l

)

(1'')

Deutschland ist

in die EWG eingetreten.

Die deutschen Bundesländer sind in die EWG eingetreten. Deutschland ist in die EWG eingetreten. Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen .... und Bayern sind in die EWG eingetreten.

Man erkennt, daß weder Pluralisierung (vergl. ( T ) ) noch syntaktische Reihung (inklusive UND-Verkettung) semantisch im Sinne von additiver Verschmelzung interpretiert werden kann.

70

Beispiel 2; Wir betrachten das Nomen PARKPLATZ, das sich wie folgt desambiguieren läßt: PARKPLATZ-: PARKPLATZ«:

bezieht sich auf einen Einzel-Parkplatz für ein Auto. bezieht sich auf einen Kollektiv-Parkplatz, der Einzel-Parkplätze als Teile enthält.

Beispielsätze für diese Verwendungen sind etwa: (2 )

Da ich keinen regulären Parkplatz.. gefunden habe, habe ich meinen Wagen auf dem Bürgersteig abgestellt. (Eine PARKPLATZ 2 ~Interpretation macht wenig Sinn)

(3 )

Ich habe mein Auto diesmal auf einem Parkplatz^ abgestellt. (Eine PARKPLATZ ..-Interpretation wäre redundant)

Wir zeigen j e t z t , daß (3) nicht mittels PARKPLATZ 1 paraphrasierbar ist: (3 ) (3')

Ich habe mein Auto diesmal auf einem Parkplatz., abgestellt. Ich habe mein Auto diesmal auf Parkplätzen,. abgestellt.

( 3 ' ) ist wieder eine Bestätigung d a f ü r , daß Pluralisierung nicht als additiver Verschmelzungsoperator in Frage kommt. Beispiel 3; Wir betrachten die folgenden Beispielsätze: (1 ) (T ) (1")

Fritz hat für die Arbeit 4 Stunden gebraucht. ?Fritz hat für die Arbeit 240 Minuten gebraucht + Fritz hat für die Arbeit 144OO Sekunden gebraucht.

71

Im Falle von Maßeinheiten gilt die Regel, die größtmögliche Einheit zu wählen, welche die Maßzahl in übersichtlichem Rahmen hält. Nehmen wir noch Kenntnis von den folgenden Beispielen: (2 ) (2') (3 ) (3')

+

Egon hat in dem Buch schon 6O Seiten gelesen. Egon hat in dem Buch schon 3O Blatt/Blätter gelesen. Ich habe heute im Schreibladen 6O Seiten Papier gekauft. Ich habe heute im Schreibladen 3O Blatt/Blätter Papier gekauft.

Im Falle von (2) / ( 2 ' ) kommt die Maßeinheit Blatt nicht in Frage, weil sie ungerade Seitenzahlen nicht erfassen kann. (3) / ( 3 ' ) kann über die oben formulierte Regel für die Wahl von Maßeinheiten erklärt werden; überdies wäre die Maßeinheit "Seite" für Kontexte der Art (3) insofern redundant, als ungeraden Seitenzahlen keine Blattzahl entspricht.

D

ENTITÄTEN

In den folgenden Kapiteln besprechen wir die Entitäten Quantum, Ding, Zustand, Vorgang, Ereignis und Typ. Der angegebenen Reihenfolge entspricht die ontologische Stufung: Materielle Dinge bedürfen eines Substrats; Zustand, Vorgang und Ereignis setzen Dinge als Träger voraus; Typen schließlich lassen sich über Quanten, Dingen, Zuständen, Vorgängen und Ereignissen konstruieren.

QUANTUM

Der Begriff des Quantums("quantity") wurde als Terminus technicus über HELEN M. CARTWRIGHT (197O) durch TERENCE PARSONS (197O) in die linguistische Diskussion der Massennomina eingebracht. Wir beleuchten den philosophischen Hintergrund dieses Begriffs und folgen dabei einem systematischen Interesse. Wir knüpfen an ARISTOTELES an, den wir in direktem Kontakt mit modernen Überlegungen betrachten, über KANT werden wir zur zeitgenössischen Metrisierungstheorie geführt. Am Ende steht die Konfrontation von Massennomina und Abstrakta.

1.

Quantum und ARISTOTELES

Im 7. Buch seiner Metaphysik (3, 1O29a) gliedert ARISTOTELES aus dem Substanz- ("Wesen") -Begriff den Begriff des Substrats aus, das seinerseits in Materie, Form und das aus beiden Zusammengesetzte aufgespalten wird. Im aristotelischen Beispiel ( e b d . ) :

73

Materie (Stoff) Form Verknüpfung von Materie und Form

Erz Umriß der Gestalt Statue

Materie ist für ARISTOTELES das Gestaltlose, aus dem die Einzeldinge geformt werden. Den Materieanteil, aus dem ein Einzelding besteht, wollen wir - in Anlehnung an H. CARTWRIGHT (197O) - ein Quantum nennen (Quantität dagegen meint den (mathematischen) Größeaspekt bezogen auf eine Meßdimension D; nicht immer wird von allen Autoren diese begriffliche Trennung beachtet). Quanten sind von anderem Status als Einzeldinge. Wird die aristotelische Statue in eine Erzkugel umgeschmolzen, so ist wohl die Statue zerstört; das sie bildende Quantum Erz aber ist dasselbe geblieben '. ARISTOTELES weist in (Z 1O32b) darauf hin, daß ein stoffliches Ding nicht mit dem Namen dieses Stoffes bezeichnet werden kann. Sein Beispiel: ( 1 ) +Die Statue ist Stein. Man vergleiche (1) mit ( 2 ) , wo ein Individuativum an Prädikatsstelle steht 2 ) : (2) Diese Statue ist ein Kunstwerk. (2) ist im Gegensatz zu (1) grammatisch. Wir wollen den von ARISTOTELES betonten Unterschied von Stoff und Einzelding noch an einem weiteren Beispiel illustrieren. Dazu gehen wir von folgendem Tripel aus: (3) Dies ist Wasser. (4) Diese Lache ist Wasser. * Vergl. ARISTOTELES, S.Buch ( 2 6 , 1O23b), wo Wasser als ein Etwas beschrieben wird, "bei dem die Lage keinen Unterschied bewirkt...". ' Auch für STEIN gibt es selbstverständlich eine individuative Verwendung.

74

(5 ) Der Inhalt dieser Tonne ist

Wasser.

In die Quantum-"Leerstelle" von (3) läßt sich kein Dingname einsetzen. Dem widerspricht selbstverständlich auch (5) nicht: Die unterstrichene NP denotiert im Kontext des Massennomens ein Quantum. Der besondere Status der Stoffnomina zeigt sich auch an ihren Adjektivierungen: Substanzadjektive wie STEINERN, EISERN und GOLDEN a) kommen nicht in prädikativer Stellung vor ': (6 ) Diese Statue ist steinern. ( 6 ' ) Diese Statue ist aus Stein. (7 ) Dieses Behältnis ist eisern. ( 7 ' ) Dieses Behältnis ist aus Eisen. (8 ) + Dieser Ring ist golden. ( 8 ' ) Dieser Ring ist aus Gold. b) nehmen in attributiver Position mit Vorliebe eine übertragene Bedeutung an: ( 9) ?Herr X zog um seinen Garten eine steinerne Mauer. (10) Frau baute ebenfalls eine Steinmauer. ( 1 1 ) Trotzdem haben beide kein steinernes Herz. ( 1 2 ) Im Gegenteil, sie haben ein goldenes Herz und einen eisernen Willen.

1.1

Zählbarkeit und Meßbarkeit

Wir wenden uns jetzt wieder direkt ARISTOTELES zu, der sich im 5. Buch (13,1O20a) explizit mit Quantum/Quantität auseinandersetzt. ARISTOTELES teilt Quantum/Quantität in Menge und Größe a u f . Vergl. HENNIG BRINKMANN ( 1 9 7 1 2 : 9 5 f . )

75

Menge ist

durch Zählbarkeit, Größe durch Meßbarkeit

ausgezeichnet. Der ersteren entspricht Diskretheit, der letzteren das Kontinuum. Als Beispiele für Größen gibt ARISTOTELES Länge, Breite und Tiefe; ihnen entsprechen Linie, Fläche und Körper. Ebenso werden Raum, Zeit und Bewegung als Quanten bezeichnet. Betrachten wir zunächst die aristotelische Unterscheidung von Zählbarkeit und Meßbarkeit. Sie findet sich auch bei J.M.MORAVCSIK (1970: 474 f . ) , der damit Kollektiva von den Massennomina scheidet: Nur von einer Herde oder einer Menschenmenge läßt sich Zählbarkeit behaupten, nicht aber von Eisen oder Benzin; von den letzteren wäre überhaupt nicht k l a r , was als Zähleinheit in Frage kommt. Folgende Einschränkungen werden aber von MORAVCSIK selber angegeben: 1. Ist

in der Bedeutung eines Kollektivnomens die Anzahl

schon fixiert oder liegt sie jenseits der menschlichen Zählfähigkeit, dann läßt sich der Test nicht anwenden: Ich kann sinnvollerweise kein Paar, kein Streichquartett und keine Milchstraße zählen. 2. Auch bei intuitiv eindeutigen Massennomina kann manchmal von Zählen gesprochen werden: Ein König kann zum Beispiel sein Gold zählen. Dies ist

ihm aber nur dann

möglich, wenn dieses Gold in Einheiten strukturiert ist (etwa Goldmünzen). Die Meßbarkeit von Linie, Fläche und Körper in ihren Dimensionen weist darauf hin, daß Meßbarkeit unqualifiziert kein hinreichendes Kriterium ist,

Massennomina zu charak-

terisieren (LINIE, FLÄCHE und KÖRPER sollen ja nicht in diese Klasse f a l l e n ) . Wir werden auf den Begriff der Meßbarkeit noch genauer eingehen. An dieser Stelle wollen wir stattdessen ein Kriterium zur Kenntnis nehmen, das in vielen Fällen brauchbare Abgrenzungen liefert::

76

In (13, 1020a) bezeichnet ARISTOTELES das Viel und das Wenig als Affektionen (Zustände) von Quanten. Wir illustrieren diese Quantoren an einigen Beispielsätzen: ( 1) ( 2) ( 3) ( ( ( (

4) 5) 6) 7)

Da Bernd viel Holz verkauft hat, konnte er viel Geld einnehmen. Dadurch konnte er viel Herde erwerben. Trotzdem wurde er nur von wenig Menschenmenge begafft. Seine Herde weidet auf viel Grasfläche. Sie braucht eben viel Raum. Er hat nur wenig Zeit, ihn zu schaffen. Dafür schafft er sich viel Bewegung auf der Jagd.

Nur im Fall von HOLZ in (1) können wir von einem echten stofflichen Quantum reden; Holz ist ein Massennomen. In den anderen nicht durch einen Asterisk markierten Sätzen sollte besser von einer kontinuativen Verwendung der unterstrichenen Nomina gesprochen werden (die durch die genannten Quantoren indiziert wird). Die Bezugnahme auf die Verwendung wird notwendig durch die dem Linguisten bekannte Verhaltensmöglichkeit der meisten Nomina als Individuativa und Kontinuativa. - Wir halten uns an unsere Beispiele: ( 8) ( 9) (10)

(11)

Gustav hat sich ein Heidengeld verdient, indem er die Gelder seiner Firma veruntreut hat. Rudi hat sich einen Raum gemietet, um in Ruhe Riemannsche Räume studieren zu können. Wir leben in einer Zeit, in der sich niemand die Zeit nimmt, philosophische Zeitprobleme zur Kenntnis zu nehmen. Mit drei Bewegungen befreite er sich von seinen Fesseln. (Für GELD und ZEIT ist allerdings keine Modifikation durch Numeral-Quantoren möglich ( + fünf Gelder, + drei Z e i t e n ) ) .

77

Umgekehrt können auch "typische" Individuativa wie LINIE und KÖRPER kontinuativ vorkommen: (12) (13)

Es war gestern wenig Linie im Spiel des VfB Stuttgart. Die Diva zeigte diesmal wenig Körper, aber viel Geist (obwohl sie nicht an Geister glaubt).

Wie die Beispiele zeigen, ist das wechselseitige Umspringen von individuativer und kontinuativer Verwendung meist mit semantischen Veränderungen verbunden (vergl. RAUM, LINIE, GEIST).

1.2

Weitere Kriterien

Neben dem VIEL/WENIG-Test hat ARISTOTELES ein Kriterium vorweggenommen, das in der Diskussion der Massennomina immer wieder auftaucht. In (3, 1014a) spricht er davon, daß ein Teil von Wasser wieder Wasser sei, daß ein Teil einer Silbe aber nicht selber wieder eine Silbe ist. Von Linguisten und Philosophen ist schnell erkannt worden, daß dieses Kriterium nicht uneingeschränkt gültig ist: Man macht sich leicht klar, daß nicht jeder Wasserteil selber Wasser ist; man denke nur an die Elektronen, die ein Wassermolekül aufbauen. J.M. MORAVCSIK (1973: 283) hat deshalb vorgeschlagen, jedem Massenterm eigene Strukturbeschreibungen beizufügen, die festlegen, was ein funktionaler Teil im Fall des jeweiligen Massennomens ist (das heißt im Fall von Wasser ein Teil, der selber wieder Wasser ist). Damit wären die Schwierigkeiten nicht beseitigt. TYLER BÜRGE (1975: 4 5 9 ) hat darauf hingewiesen, daß das vorgeschlagene Kriterium auch manche Individuativa als Kontinuativa erweisen würde; zu ihnen gehören QUANTUM, AGGREGAT, TEIL und STUCK: Ein funktionaler Teil eines Zuckerteils ist

78

selber wieder ein Zuckerteil, ein funktionaler Teil eines Eisenstücks selber wieder ein Eisenstück.

-

Wir können die Beispiele aus unserem bisherigen Bestand vermehren: Strecken enthalten Teilstrecken, Flächen Flächenausschnitte - ohne daß wir deshalb die entsprechenden Nomina als Kontinuativa bezeichnen wollen. Besondere Schwierigkeiten für das aristotelische Kriterium ergeben sich angesichts von a) Mischsubstanzen Beispiel: Im Fall der Legierung Messing können wir Teile extrahieren, die - ohne Messing zu sein - der Kupfer- beziehungsweise Zinksubstanz angehören, also selber substantiell sind. b) Substanzen, die in verschiedenen Aggregatzuständen auftreten können Beispiel: Wasser, das in der Gasphase Wasserdampf, in der Festphase Eis ist. - Aggregatzustände unterscheiden sich nur durch die Abstände der Moleküle. Stellen wir uns j e t z t ein Wasserquantum als Molekülgatter vor, dann können wir im Gedankenexperiment H^O-Moleküle in der Weise "herauspicken", daß ein Wasserdampfgatter übrig bleibt. - Selbstverständlich können wir auf dieselbe Weise Wasser aus Eis "gewinnen" Das zum aristotelischen Kriterium komplementäre setzt ein F als Massennomen genau dann an, wenn mit a und b, die F sind, auch die Vereinigung von a und b F ist

'. Ein Stan-

dardbeispiel d a f ü r : Werden zwei Kanister Benzin zusammengegossen, so erhalten wir wieder Benzin. Auch diese Bestimmung ist

nicht unproblematisch: Stellen

wir uns dazu zwei Wasserdampfquanten vor, die wir

"ver-

einigen" wollen. Solange die Vereinigungsoperation nicht )

Vergl. CHENG-YING CHENG (1973: 2 8 7 ) , D.GABBAY/J.M.MORAVCSIK ( 1 9 7 3 ; 5 2 2 )

79

näher bestimmt ist, steht es uns frei, die Quanten a und b so zu überlagern, daß Wasser entsteht (in der formalen Notation der "Abstrakten Mereologie": a X b ) . Wir haben bisher, ausgehend von ARISTOTELES, einige Kriterien durchforstet, die Licht werfen sollten auf den Status der Kontinuativa, insbesondere der Massennomina. Bezogen auf die Massennomina ergibt sich folgende Einschätzung: Die Kriterien definieren nicht, was ein Massennomen ist, sondern sie entfalten nur den in der Intuition gut verankerten Begriff des Massennomens. Stimmt ein Kriterium mit der Intuition nicht überein, so wird nicht die (stabile) Intuition, sondern das Kriterium verworfen. Im Fall der Massennomina halten wir den gewählten Begriff des Quantums für begrifflich klar genug, um in die Denotatkonstruktion von Massennomina eingehen zu können. Wann immer sich ein Sprachbenutzer auf ein raum-zeitliches Substanzvorkommen bezieht, werden wir von einem Quantum dieser Substanz sprechen. Zu den Sprachbenutzern rechnen wir selbstverständlich auch den Chemiker, der sich in seinem Labor professionell mit Stoffen beschäftigt. Substanzvorkommen, die sich nur experimentell nachweisen lassen, gehören für uns ebenfalls zu den Substanzquanten. Ein rein phänomenaler Begriff des Quantums wäre angesichts von Sätzen wie (1) und (2) unangemessen : (1) (2)

Kommissar X entdeckte mit dem Elektronenmikroskop Blut auf der Krawatte. Der menschliche Körper/Kopfsalat enthält Eisen.

Bemerkung; Es ist verständlich, aber nicht selbstverständlich, daß Prädikate beim Übergang vom Makro- in den Mikro-

80

bereich beibehalten werden, daß das phänomenale Blut und das nicht-phänomenale Blut mit demselben Ausdruck bezeichnet werden können. - Auch hier gibt es Ausnahmen: (3)

Der menschliche Körper/Kopfsalat enthält Metall.

(3) ist

inakzeptabel trotz (2) und der Tatsache,

daß Eisen (ein) Metall Ebenso ist

ist.

auf das (Mikro-) Quantum 1 Pfennig

nicht in folgender Weise referierbar: (4)

^~%a liegt Geld auf dem Tisch.

Für die Behandlung der Massennomina reichen die bisherigen Ausführungen zu Quantum/Quantität aus. Kontinuativa, die nicht in diese Klasse fallen, verlangen weitere Differenzierungen. Zu diesem Zweck wenden wir uns zunächst KANT zu. Neben den Sachpunkten geht es uns auch hier um den Aufweis der historischen Kontinuität.

2.

Quantität und KANT

Quantität und Qualität wurden in B 2. als Großkategorien der Kantischen Kategorientafel erwähnt. Sie geben KANT Anlaß zur Formulierung synthetischer Sätze a priori. Wichtig für uns ist die darin eingehende Unterscheidung extensiver und intensiver Größen. Der Quantitätskategorie entsprechen die "Axiome der Anschauung" (KdrV: B 2O2 f f . } ; ihr Prinzip ist: "Alle Anschauungen sind extensive Größen". - KANT definiert extensive Größen wie folgt (B 2 O 3 ) : Eine extensive Größe nenne ich diejenige, in welcher die Vorstellung der Teile die Vorstellung

81

des Gan2en möglich macht (und also notwendig vor dieser vorhergeht). Als Beispiele gibt er die Linie als Aggregat von RaumPunkten und die Zeit als Aggregat von Zeit-Punkten. Der extensiven Größe wird in den "Antizipationen der Wahrnehmung" (B 208 f f . ) die intensive Größe gegenübergestellt. Ihr Grundsatz lautet: "In allen Erscheinungen hat das Reale, was ein Gegenstand der Empfindung ist, intensive Größe, das heißt einen Grad." Die intensive Größe definiert er als "diejenige Größe, die nur als Einheit apprehendiert wird, und in welcher die Vielfalt nur durch Annäherung zur Negation = O vorgestellt werden k a n n . . . " . - Während man ein Wasserquantum durch räumliche Verknüpfung von einzelnen Wasserquanten aufbauen kann, läßt sich ein bestimmter Wärmegrad nicht durch sukzessives Nebeneinanderstellen von Wärmegraden erzeugen: In diesem Sinne kann WASSER als extensives Kontinuativum, WÄRME als intensives Kontinuativum bezeichnet werden. KANT betont in (B 2 1 8 ) , daß die intensive Größe unabhängig von der extensiven bestimmbar sei. Als interessantes Beispiel stellt er einer größeren, schwächer erleuchteten, Fläche eine kleine, jedoch stärker erleuchtete gegenüber. Intensivität macht in diesem Fall Extensivität wett. Wir können, aufbauend auf dem Kantischen Beispiel, eine interessante sprachliche Durchdringung von Extensivität und Intensivität demonstrieren: (1)

Die Gefängniszelle des Gefangenen wurde durch viel Licht bestrahlt.

Für ( 1 ) gibt es zwei Grenzbedeutungen. Im einen Fall wird auf die Größe der ausgeleuchteten Fläche referiert, im anderen Fall auf die Lichtintensität. In der aktualen Sprachverwendung dürften sich diese zwei Grenzbedeutungen überlagern ("blending").

82

3.

Quantität und Metrisierungstheorie

Die Unterscheidung von Extensivität und Intensivität wurde - modifiziert - in die moderne Wissenschaftstheorie übernommen. Dort ist sie eingebaut in die allgemeine Metrisierungslehre. Diese untersucht, auf welche Weise Begriffe quantifiziert werden können. Quantifizierung bedeutet, daß den Elementen eines Objektbereiches bezüglich. einer Dimension (Masse, Volumen, Gewicht, Länge, Temperatur u . a . ) Zahlenwerte zugeordnet werden. Voraussetzung einer solchen Zuordnung ist die Überführung der Elemente des Gegenstandsbereichs in eine Reihenordnung. Dies verlangt die Festlegung einer Koinzidenz- und einer Vorgänger-Relation. Im Beispiel: Es müssen für die Gewichtsquantifizierung operationale Bedingungen d a f ü r angegeben werden, daß zwei Objekte in ihrem Gewicht übereinstimmen oder daß das Gewicht des einen geringer ist als das Gewicht des anderen. Nach Einführung einer solchen komparativen Ordnung können folgende zwei Minimalbedingungen für die Metrisierungsfunktion f festgelegt werden: 1. Für alle Objekte und y des Gegenstandsbereichs gilt: Wenn und y in der Koinzidenzrelation stehen, dann ist f ( x ) = f ( y ) . 2. Für alle Objekte und y des Gegenstandsbereichs gilt: Steht zu y in der Vorgängerrelation, dann ist f ( x ) < f ( y ) . Die Adäquatheitsbedingungen müssen durch weitere Regeln ergänzt werden. Im Fall extensiver Größen genügen die Festlegung eines Einheitswerts und folgendes Prinzip der Additivität: PA:

f (x o y)

=

f ( ) + f (y)

Vergl. W. STEGMÜLLER (1970: Kap. I ) und W. K. ESSLER (1971: Kap. I I I ) .

83

Der nicht-mathematische Verknüpfungsfunktor » bezeichnet eine Operation, die in jedem Metrisierungsfall empirisch aufzufüllen ist. Wir geben zwei Beispiele: Beispiel 1; Wir gehen von den Massennomina aus. Diese können, wie gesehen, durch VIEL quantifiziert werden (VIEL SILBER, VIEL GOLD). Wir zeigen zunächst, daß der Quantor VIEL in Verbindung mit Massennomina einen Masse- und einen Volumenaspekt aufweist: Dazu machen wir folgendes Gedankenexperiment: a) Wir stellen uns einen Goldbarren vor, der von Person A in Goldstaub überführt wird. Dies bedeutet, eine Abnahme der Dichte und gleichzeitig eine Zunahme an Volumen. Trotzdem würde A sagen wollen, daß gleich viel Gold vorliegt. - In diesem Fall ist der Erhalt der Masse entscheidend. b) Wird dagegen 1 Liter Wasser 1 Liter öl gegenübergestellt, dann wäre trotz der unterschiedlichen Masse auch A bereit, von gleich viel Flüssigkeit zu sprechen. · Hier gewinnt sprachlich das Volumen die Oberhand. Masse und Volumen sind nun beides extensive Größen. Im Fall der Masse etwa liegt die Koinzidenz-Relation zwischen zwei Massestücken und y genau dann vor, wenn sich und y auf einer Waage das Gleichgewicht halten. Die Vorgängerrelation zwischen und y ist genau dann gegeben, wenn die x-Schale gegenüber der y-Schale gesunken ist, und die Verknüpfungsoperation o bezeichnet das Zusammenlegen zweier Massestücke auf der Waagschale. Es gelten dann die für extensive Größen notwendigen Zusatzbedingungen. - Ebenso läßt sich auch das Volumen als extensive Größe ableiten. über die ihnen zuordenbaren (via den Quantor VIEL) extensiven Größen Masse und Volumen läßt sich die Benennung

84

der Massennomina als extensive Kontinuativa rechtfertigen. Beispiel 2; Wir betrachten das Kontinuativum GELD. In diesem Fall haben wir die Masse-/Volumenfunktion durch eine Wertfunktion zu ersetzen. Diese ordnet jedem Geldschein und jeder Münze den aufgedruckten Geldwert zu. Die empirische Verknüpfung ist jetzt das (auch "geistig" zu verstehende) "Zusammenlegen" von Geld. Trivialerweise gilt wieder das Additivitätsprinzip. Im Gegensatz zur Masse-/Volumenfunktion kann die Wertfunktion für Geld aber nur diskrete Werte annehmen. - Die Masse-/Volumenfunktion ist vom Kontinuativum GELD - pragmatisch verständlich - geschluckt worden. Illustrieren wir diesen Sachverhalt an einem Beispiel. Stellen wir uns A vor, der einen 10OO,—DM-Schein bei sich trägt, und neben ihm B, der 1OOO 1,—DM-Stücke mit sich führt. Es gibt dann keine Interpretation, die angesichts dieses Sachverhalts ( 1 ) wahr macht: (1)

B hat mehr Geld bei sich als A.

Geld bedarf zwar des materiellen Trägers, verweist aber über den Bereich des Materiellen hinaus auf den Geldwert, der vom Menschen konventionell festgelegt wird, im Gegensatz zu materiellen Substanzen, die aus sich heraus bestehen 1) . Masse, Volumen und Geldwert sind extensive Größen. Größen, für die keine Verknüpfungsmethode o angebbar ist, die also auch das Additivitätspostulat nicht erfüllen können, werden '

Geld ist in unserer Gesellschaft an bestimmte materielle Träger gebunden. Es kann jedoch in andere Werte ("Vermögenswerte") transformiert werden. - Stellen wir uns jetzt Baron Rotblut vor, der riesige Ländereien, aber kein (Bar-)Geld besitzt. Er ist dann zwar reich; gilt aber auch ( i ) ? (i) Baron Rotblut besitzt viel Geld.

85

- vide KANT - intensive Größen genannt; sie fordern zusätzliche Metrisierungsregeln. - Beispiel einer intensiven Größe ist die Temperatur. Über die Temperatur als zugeordneter intensiver Größe läßt sich die Bezeichnung intensives Kontinuativum für das Kontinuativum WÄRME rechtfertigen.

4.

Quantität und Abstrakta

Wir illustrieren zunächst den (rudimentären) quantitativen Charakter einiger heute noch nicht metrisierten Abstrakta der natürlichen Sprache. Wir zeigen, daß für diese Abstrakta die Koinzidenz- und Vorgängerrelation, Bedingung für die Entwicklung eines metrischen Begriffs, sprachlich ausgedrückt werden können: (1 ) (2 )

Olav besitzt ebensoviel Mut wie Rainer. Herkulia besitzt ebensoviel Charme wie Xantippe. (3 ) ?Anna besitzt ebensoviel Schönheit wie Hanna. (3') Anna besitzt eine ebenso große Schönheit wie Hanna. (4 ) Olav besitzt weniger Mut als Rainer. (5 ) Herkulia besitzt weniger Charme als Xantippe. (6 ) ?Anna besitzt weniger Schönheit als Hanna. ( 6 ' ) Anna besitzt eine geringere Schönheit als Hanna. Wir führen j e t z t das Nomen MAß ein als Indikator für das unterschiedliche Verhalten von Individuativum und kontinuativem Abstraktum: (7 ) (?'}

Bauer Hirse besitzt ein größeres Schwein als Bäuerin Gerste. Bauer Hirse besitzt ein größeres Maß an Schwein als Bäuerin Gerste.

86

(8 ) (8')

Hanna besitzt (eine) größere Schönheit als Anna. Hanna besitzt ein größeres Maß an Schönheit als Anna.

Die Ausdrucksmöglichkeiten der natürlichen Sprache gehen im Fall der nicht-metrisierten Abstrakta sogar über Gleichheits- und Komparativurteile hinaus. Wir betrachten dazu: ( 9) (10) (11) (12)

4.1

Ulla ist keine Schönheit, aber sie besitzt viel Anmut. Ein Quentchen Glück hat dem Hochspringer gefehlt, um die Latte zu überqueren. Eine Prise Wagemut würde ihm gut stehen. Hein besitzt eine gehörige Portion Frechheit.

Abstrakta und ontologische Reduktion

T. PARSONS (1970: 3 6 9 ) spricht zwei Möglichkeiten der Behandlung von Abstrakta an: (i ) (ii) ad (i ) :

( 1) ( 2)

Abstrakta werden "wegerklärt", Abstrakta werden als "abstrakte Substanzen" aufgefaßt. Als Beispiel einer Deplatonisierung von Abstrakta gibt PARSONS die Reduktion von ( 1 ) auf ( 2 ) : Der Bericht enthielt nicht viel Information. Der Bericht war nicht sehr informativ.

Wir selber hatten uns schon in C 2. gegen ontologische Reduktionen ausgesprochen. Insbesondere ist nicht klar, ob und wie solche Reduktionen systematisch durchgeführt werden können. Beispielhaft wollen wir an dieser Stelle in ( 3 ) - ( 5 ) demonstrieren, welche Schwierigkeiten ein ontologi-

87

sches Reduktionsprogramm erwarten ' : (3 ) (4 ) (5 )

Rennfahrer Windeil hatte Glück, daß er den Grandprix gewann. Rennfahrer Windeil glückte es, den Grandprix zu gewinnen. Rennfahrer Windeil war glücklich, daß er den Grandprix gewann.

( 3 ) - ( 5 ) sind nicht gleichbedeutend: Rennfahrer Windeil kann es glücken, ein Rennen zu gewinnen, ohne daß er dabei Glück gehabt hat. - Und ist es ihm mit Glück geglückt, zu gewinnen, dann ist sein Glücksgefühl zwar psychologisch, nicht aber logisch-semantisch ableitbar. Aus diesen Gründen könnte eine Reduktion von (3) weder auf die Verbal-, noch auf die Adjektivparaphrasierung zurückgreifen. Es wäre die Einführung eines Kunstsymbols - etwa GLUCKSAM - notwendig, was der lexikalistischen Grundeinstellung der Logischen Semantik widerstreiten würde. ad (ii) :

Die Nähe der Abstrakte zu den Substanz-(=Massen-)Nomina läßt sich durch folgenden syntaktischen Parallelismus einfangen: (6 ) (6') (7 ) (7')

Wein ist eine Gabe Gottes. (Auch) Charme ist eine Gabe Gottes. Nabukov liebt Wein. Lolita besitzt Charme.

Ebenso haben wir gesehen, daß quantitative Sprachmittel (Quantoren und Massenquantitative) sowohl für Massennomina als auch für Abstrakta in Frage ' Der Linguist wird gleichzeitig an die Schwierigkeiten denken, die sich dem "Transformationalismus" innerhalb des Nominalisierungsproblems entgegenstellen.

88

kommen. - Selbstverständlich können wir im Fall von Charme, Schönheit oder Mut nicht sprachlich von "Charme-Quanten", "Schönheits-Quanten" oder "Mut-Quanten" reden. Im Bereich der Abstrakta wollen wir stattdessen von Manifestationen sprechen, Im Beispiel: Eine Manifestation von Charme möge an ( w , s , t ) genau dann vorliegen, wenn an (w, s, t) ein Ding - in diesem Fall eine Person - Charme zeigt. Manifestationen sind, besonders hinsichtlich ihrer Individuation, die am vagesten bestimmten Entitäten unseres Systems. Wir benötigen sie aber, um Abstrakta in Analogie zu den Massennomina konstruieren zu können und dadurch einen einheitlichen Aufbau der Entität Typ zu gewährleisten.

89

II

DING

W.v.0. QUINE (196O: 95) betrachtet Kontinuativa als Elemente einer "archaischen" Kategorie. Diese wird nach QUINE vom Kind im Laufe seiner Sprachentwicklung ausdifferenziert. In der ersten Lernphase werden Einwortsätze wie MAMA und WASSER gelernt: In einem Stimulus-undResponse-Prozeß lernt das Kind, bei Konfrontation mit Objekten verbal korrekt zu reagieren. Noch besitzt das Kind nach QUINE nicht die Fähigkeit, das Auftreten der Mutter als Erscheinung eines identischen Objektes zu verstehen. Die Entität Ding ist dem Kind noch nicht begrifflich verfügbar. Alle Ausdrücke haben quasi-kontinuativen Status (ebd.: 9 2 ) . In der zweiten Lernphase baut sich ein sprachlicher Individuationsapparat auf (JENER, EIN, DERSELBE, EIN ANDERER). In diesem Stadium wird die Entität Ding dem Kind begrifflich verfügbar. Insbesondere kann es jetzt Substanzkontinuität (etwa die seiner Mutter) erkennen '. Nachdem wir in I logisch-ontologische Aspekte der Kontinuativa behandelt haben (dies entspricht QUINEs erster Phase), werden wir uns im folgenden der Entität Ding zuwenden (dies korreliert mit QUINEs zweiter Phase). Im Mittelpunkt steht dabei der Individuationsbegriff. Dieser läßt sich am fruchtbarsten anhand der Entität Ding erläutern (Dinge seien dabei im weitesten Sinne aufgefaßt; der Dingbegriff möge Elektronen, Personen und Gesellschaftssysteme einschließen). Freilich stellt sich die Individuationsfrage auch für nicht-dingliche Entitäten, etwa Ereignisse oder Typen. Auf die Individuation dieser Entitäten *

Vergl. etwa auch JEAN PIAGET (1973: 5 3 ) , der von Objektkonstanz spricht, die sich beim Kind gegen Ende des 1. Lebensjahres bildet.

90

werden wir im gegebenen Zusammenhang zu sprechen kommen. Als zweitem Komplex in II werden wir uns mit den Quantitativa befassen. Auch hier werden wir uns um begriffliche Differenzierungen dieser großen Nominalklasse bemühen.

1.

Individuation

Es ist

uns allen eine geläufige Erfahrung, daß die Welt

nicht unstrukturiert ist, sondern Gliederungen aufweist. In aristotelischer Sprechweise: Der Materie überlagern sich Formen. Es soll uns hier nicht kümmern, ob diese Formen der Welt an sich zukommen oder ob die Strukturierung das Werk menschlicher Subjektivität darstellt. Entscheidend ist, daß wir überhaupt Unterscheidungen treffen, Einheiten bestimmen können. Für alle Individuen stellt sich nun aber die Frage, was diese ihre Einheit und Unverwechselbarkeit ausmacht - metaphorisch gesprochen, was sie im innersten Wesen zusammenhält. ARISTOTELES stellt im 7. Buch seiner Metaphysik (3, 1029a) als einer der ersten diese Wesensfrage. Für ihn ist Wesen in vorgängiger Bestimmung das, "was selbst nicht von einem Substrat, sondern von dem alles übrige ausgesagt wird." Zur näheren Festlegung schlägt er in einem Gedankenexperiment vor, alle Eigenschaften von einem Ding abzuziehen. Es bleibt für ARISTOTELES als Eigenschaftsträger die "prima materia", die "erste Substanz" übrig, Stoff, der "an sich weder als ein Was, noch als Quantum, noch als etwas anderes ausgesagt wird, wodurch das Seiende bestimmt wird". Wir haben es hier mit einem Substanzbegriff zu t u n , der von dem in I besprochenen Materiebegriff

(Materie als

91

Material) abweicht Dieser zweite Substanzbegriff ist metaphysisch aufgeladener als ARISTOTELES'einfacher Materiebegriff. Im eigenen Beispiel des ARISTOTELES: Kallias und Sokrates besitzen als Materie ein bestimmtes Quantum "Fleisch" und Knochen" (Z, 1O34a); dieses Quantum ist qualitativ bestimmt (durch Dichte, Farbe, Molekülstruktur u s w . ) . Nach Abzug dieser Qualitäten bleibt die "prima materia" als Eigenschaftsträger, der selber eigenschaftslos ist. Wird dieser Träger nicht anerkannt, dann sind die Qualitäten die einzigen Dingkonstituenten; dies ist der Weg des englischen Empirismus. Es ist dann aber notwendig, anstelle der "ersten Substanz" ein anderes Individuationsprinzip zu benennen. Als solches kommen zunächst die qualitativen Eigenschaften und Relationen selbst in Frage. Damit ist der Boden für das Leibnizische Individuationspostulat bereitet: Lassen sich und y in qualitativer Hinsicht nicht unterscheiden, dann fallen sie in einem Gegenstand zusammen. In formaler Notation: LP: A y ( A F ( F ( x ) F ( y ) ) o x = Y) Die Schwäche des Leibnizischen Prinzips ist offenkundig: Es ist logisch möglich, daß zwei Gegenstände genau dieselben qualitativen Eigenschaften besitzen; man denke als in Frage kommende Fälle nur an zwei Stecknadeln2)'. Die zwei Stecknadeln wären dann aber trotzdem durch ihre raum-zeitliche Lage unterschieden, die philosophisch nicht zu den qualitativen Eigenschaften eines Dinges gerechnet wird. Damit wird aber nahegelegt, Raum und Zeit selber den ' Bei ARISTOTELES selbst liegt eine sprachliche Vermengung seiner Substanzbedeutungen vor. Er spricht von Substanz sowohl im Sinne dessen, was von uns im Anschluß an die Scholastik "Prima materia" genannt wird, als auch im Sinne von Material - von uns einfach als Materie bezeichnet. - In einem dritten Sinne werden von ihm sogar die Einzelobjekte - etwa der einzelne Mensch - als Substanzen deklariert; vergl. JOSEPH OWEN (1968). 2)1 Zur Leibnizischen These sowie für weitere Auskünfte vergl, A. QUINTON (1973: 24 f f . ) .

92

Platz der "ersten Substanz" einnehmen zu lassen, sie zum individuierenden Prinzip zu machen. Es gilt dann:

RZP:

und y sind verschiedene Dinge genau dann, wenn sie sich zum selben Zeitpunkt an verschiedenen Orten befinden. RZP als Individuationsprinzip setzt aber Paum und Zeit als aus sich existierende Entitäten voraus ("absolute" Auffassung von Raum und Zeit; Raum und Zeit als "Behälter", die Dinge aufnehmen können). Von den "Relationalisten" wird diese Auffassung bestritten; sie nehmen an, daß sowohl Raum als auch Zeit durch die Dinge erst konstituiert werden, ein Relationsgefüge von Dingen bilden '. Es kann uns an dieser Stelle selbstverständlich nicht um die Ausdiskussion der philosophischen Eigenproblematik gehen. Wichtig für uns ist der Bezug zur Sprache, den wir in den folgenden Kapiteln dokumentieren. Allerdings werden wir an den gegebenen Stellen nicht umhin können, ontologische Position zu beziehen.

1.1

Substanz und Wortarten

Die Ablehnung der "ersten Substanz" durch den englischen Empirismus spiegelt sich in den modernen Sprachphilosophien eines B. RUSSELL und W.v.O. QUINE in der angestrebten Reduktion singulärer Terme auf prädikative Terme. Durch eine solche Reduktion wird gleichsam die Eliminierung der Substanz zugunsten der Qualitäten auf logisch-sprachlicher Ebene nachvollzogen . - Wir wählen stellvertretend QUINE zur Demonstration aus:

2)

Vergl. etwa M. BUNGE (1977: Kap. 6 ) . Vergl. A. QUINTON (1973: 2O f f . ) .

93

QUINE (1960: 181 f f . ) faßt Namen in seiner kanonischen Sprache direkt als Prädikate a u f ; die QÜINEsche Konstruktion im Beispiel (ebd.: 1 8 2 ) : (1 ) ( )

Pegasus fliegt. Vx (PEGASIERT (x)

^

FLIEGT

(x)

Der Name PEGASUS wird in ein Prädikat transformiert, das nur auf ein Individuum z u t r e f f e n kann (eben PEGASUS). Die dem Prädikat zugehörige "Qualität" scheint dann dieses Objekt zu individuieren. Das Ziel des englischen Empirismus, Individuation über Qualitäten zu leisten, wäre damit erreicht. - Ein solches argumentatives Vorgehen ist aber nicht zulässig. Abgesehen von der Künstlichkeit des in Frage stehenden Prädikats, das im Gegensatz zu "natürlichen" Prädikaten keinen potentiell unendlichen Anwendungsbereich besitzt: Will es tatsächlich Individuierung zustande bringen, so muß es einen demonstrativen Bezug enthalten (etwa den Hinweis auf die raum-zeitliche Position des Objekts); damit wäre es aber schon nicht mehr rein qualitativ . Die von QUINE durchgeführte (Sprach-)Kategorienverschmelzung läßt sich selbstverständlich auch rein "Operationen" verstehen, kann sich auf logische Ökonomie berufen. Von einem Standpunkt jedoch, der den Unterschied zwischen einem Individuum und seinen Eigenschaften, zwischen Name und Prädikat anerkennt, ist eine solche Sprachregulierung ontologisch unbefriedigend. Wohin Einebnungen dieser Art führen können, läßt sich an QUINE selber gut zeigen: QUINE bezeichnet ROT als Massenausdruck und stellt ihn in eine Reihe mit WASSER (ebd.: 9 1 ) . Zunächst scheint es für eine solche Zusammenstellung einen guten Grund zu geben: ROT ist wie WASSER im QUINEschen Sinne "kumulativ": Gieße ich zwei Eimer mit roter Farbe zusammen, dann erhalte ich wieder rote Farbe. Trotzdem läßt sich Vergl.A. QUINTON (ebd.: 20 f.) in D IV 3.

sowie die Ausführungen

94

selbstverständlich nur in abgeleitetem Sinne sagen, daß im genannten Beispiel Rot mit Rot vereinigt wurde; in Wirklichkeit liegen einer solchen Vereinigung nicht die Eigenschaften, sondern die Stoffe als Substrate zugrunde. Das QUINEsche Beispiel läßt sich in einen allgemeineren Zusammenhang stellen: In der Standardprädikatenlogik ist es üblich, Wortartenunterschiede nicht zu berücksichtigen: ( 2 ) , (3) und (4) wird als gemeinsame logische Form (5) zugewiesen: (2) (3) (4) (5)

Martin ist fleißig. Martin arbeitet. Martin ist ein Mensch. F(a)

Obwohl die sprachliche Intuition Unterschiede erkennt, werden Adjektive, Verben und Nomina in der Standard-Prädikatenlogik gleich behandelt '. Faßt man den Begriff der Logischen Form nur unter dem Gesichtspunkt, logische Ableitungsverhältnisse simulieren zu können, dann läßt sich an einem solchen Vorgehen auch tatsächlich nichts aussetzen. Will man aber auch semantisch-ontologische Intuitio2) nen zu ihrem Recht kommen lassen ' , so muß man sich um größere Differenzierungen bemühen.

Der Linguist wird in diesem Zusammenhang wieder an die Kategorienverschmelzung der Generativen Semantik denken.· MICHAEL F. STEWART (1975) betont dagegen wieder die semantische Eigenständigkeit der Wortarten: Nomina haben die Funktion der Referenz und der Beschreibung; bei Adjektiven fällt die Funktion der Referenz weg; Verben besitzen gegenüber Adjektiven die zusätzliche Funktion, Relationen zu behaupten. 2) ' Zu den Logikern, die den ontologischen Aspekt in der Logischen Form berücksichtigt sehen wollen, gehören GILBERT BARMAN ( 1 9 7 2 : 42, Prinzip 4) und RICHARD M. MARTIN (1976: 210; Prinzipien 7 und 8 ) .

95

1.1.1

Notationelle Ausgrenzung der Individuativa und Kontinuativa

Wir wollen an dieser Stelle der Ontologie ansatzweise gerecht werden, indem wir eine Ausgrenzung der Individuativa in der logischen Notation vorstellen; wir erweitern dann diese Ausgrenzung auf Kontinuativ-Prädikate. Individuativa wie MENSCH oder LÖWE legen Gegenstandsbereiche fest; in diesem Sinne sind sie Klassenausdrücke. Gleichzeitig sind mit ihnen Individuationskriterien verknüpft (Adjektiv-Prädikaten wie ROT oder Verb-Prädikaten wie LAUFEN werden zwar sinnvollerweise die roten Dinge beziehungsweise die laufenden Dinge als Extensionen zugeordnet, trotzdem fassen wir sie intuitiv deswegen nicht als Klassenausdrücke a u f ) . Formalisierungen, die diesen Sachverhalt berücksichtigen, seien zunächst am Beispiel von (1) und (2) dargestellt: (1

) , . M { ' (1") (2 ) ~, . ( '

Alle Menschen sind sterblich x ( ST U MENSCH / M E N S C H (ST (MENSCH)) Hans ist ein Mensch. Vx ( = HANS) MENSCH

(2") V

MENSCH ( MENSCH = HANS) 1 *

In ( x ' ) ist die Variable nicht universal, sondern auf den Gegenstandsbereich Mensch eingeschränkt. In ( x ' ' ) werden Individuativa als Variable einer (viel-sortigen) Quantifikation aufgefaßt. - Man beachte, daß die vorgestellten zwei Formalisierungsarten selbstverständlich die Wahrheitsbedingungen der Sätze unverändert lassen. Trotzdem wäre es falsch, die Ausgrenzung der Individuativa als "bloß nota1)

Vergl. R . H . THOMASON (1972: 251 f.) und JOHN BACON (1973b:333 f.)

96

tionell" abzuwerten. Immerhin sollen sich in einer Formalisierung semantisch-ontologische Differenzierungen abspiegeln; im Sinne WITTGENSTEINS können wir davon sprechen, daß sich diese Unterschiede "zeigen" sollen. - Ein zusätzliches Ergebnis der vorliegenden Formalisierungen ist die Reduktion des Prädikations-IST auf das Identitäts-IST im Falle der Nominalprädikation (vergl. ( x " ) ) 1 ' . Die Übertragung auf Kontinuativa ergibt sich ohne weiteres/ wenn wir als Wertebereich der Variablen Quanten beziehungsweise Manifestationen nehmen (allerdings werden Kontinuativa von der sprachlichen (Oberflächen-)Intuition nicht als Klassenausdrücke bewertet). Wir demonstrieren wieder an Beispielen: (3

)

.,,

Vx ' GIN

(

(3") (4 ) , 1 ' (4")

Egon trinkt Gin. (TR ( E, X ))

V GIN (TR ( E, GIN) ) Fritz zeigt Mut. Vx (ZT ( F, )) MUT V MUT (ZT ( F, M U T ) )

Wir wollen uns an dieser Stelle noch einmal den bisherigen Argumentationsgang klar machen: Am Anfang stand die Unterscheidung von Substanz und Eigenschaft, wie sie von ARISTOTELES klassisch formuliert wurde. Die Ablehnung dieses Substanzbegriffes im englischen Empirismus und die Gewichtsverlagerung auf die Qualitäten stützte die Entwicklung einer Prädikatenlogik philosophisch ab, die Nomina, Adjektiva und Verben notationell gleich behandelte. Für Individuativa und Kontinuativa haben wir eine Notation dargestellt, die ontologiefreundlicher ist. Allerdings werden wir sie im folgenden für die eigenen Formalisierungen nicht in Anspruch nehmen, um dem an die Schreibweise der Vergl. auch M.J. CRESSWELL (1973: 182 f f . ) .

97

Standard-Prädikatenlogik gewöhnten Leser entgegenzukommen .

1.2

Individuation und Raum

ZENO VENDLER (1967: 143 f . ) betont den primär raumhaften Status von Dingen: Sie besitzen zwar einen Anfang und ein Ende in der Zeit, wir können aber von einem Ding (etwa einem Baum) nicht sagen, daß er beginnt oder aufhört. ERNST TUGENDHAT (1976: 454 f.) weist ebenfalls auf die Priorität des Raumes zur ontologischen Charakterisierung von Dingen hin: Ein Dingprädikat ("Sortal") lege zwar die räumliche Konfiguration eines Gegenstandes fest, schreibe dem Gegenstand aber keine bestimmte Dauer vor. Wir wollen an die Aussage TUGENDHATs anknüpfen und eine kybernetische Fassung von Individuation geben. Dazu führen wir zunächst ein Minimum an kybernetischer Begrifflichkeit ein1): Ein Gegenstand kann als System verstanden werden, das eine Menge von Zuständen einzunehmen vermag. Eine Einwirkung (kybernetisch: Operator) kann den Gegenstand (kybernetisch: Operand) aus einem Zustand a. in einen Zustand b. transformieren. Eine Transformation läßt sich dabei in der Form eines Transitionsdiagramms darstellen: a 1l , a-,*· , a, , ... a J

(Ausgangszustände)

D 1 , b_^ , b_J , ... bn (Transformierte ) T gibt an, daß der Ausgangszustand a. des Systems (durch den entsprechenden Operator) in den transformierten Zustand b. überführt wird. - Ist die Menge der Transformierten eine

Vergl. W. ROSS ASHBY (1974: bes. Kap. V ) .

98

Teilmenge der Menge der Ausgangszustände, so haben wir den wichtigen Sonderfall einer geschlossenen Transformation vor uns. Die Menge der Ausgangszustände ist

in die-

sem Fall stabil in Bezug auf T. - Weiter gilt: Ein Zustand ai ist

ein Gleichgewichtszustand

unter T genau dann, wenn

T ( a . ) = a . . Eine Störung kann definiert werden als etwas, das ein System von einem Zustand in einen anderen auslenkt. Ist

a. Gleichgewichtszustand in einem System mit Transforma-

tion T, so ist

a.^ stabil unter Auslenkung (Störung) D genau

dann, wenn Hlim T n ( D ( al. ) ) = a ·l : Tn bedeute dabei die n-mali-> -O ge Anwendung der Transformation T. Wir wollen in einem Anwendungsbeispiel gleich den linguistischen Bezug zum Individuationsproblem herstellen und gehen dazu von ( 1 ) und (2) aus: (1)

Karls Uhr fiel zu Boden. Karl hob sie

auf.

Leider funktionierte sie nicht mehr. (2)

Der Leuchter fiel zu Boden und zersprang in mehrere Stücke. Mit Bedauern hob Karl ihn auf und warf ihn in den Mülleimer.

Die Uhr in ( 1 ) wurde durch den Fall (qua "Störung") aus ihrem Gleichgewichtszustand

(qua "Funktionsfähigkeit") aus-

gelenkt. Aus eigener K r a f t kann sie nicht in diesen Gleichgewichtszustand zurückkehren (sie ist also unter der betreffenden Auslenkung "Fall" nicht s t a b i l ) , ist aber potentiell durch den "Operator" Uhrmacher wieder in ihre Funktionsfähigkeit überführbar. Trotz der durch den Fall verursachten Störung ist

die Uhr aber nicht aus dem Stabilitäts-

bereich ihres Uhr-Seins getreten. Sprachlich dokumentiert sich dies an der Möglichkeit des pronominalen Bezugs. Genau dieser pronominale Bezug ist in (2) nicht mehr möglich; der Leuchter ist

durch den Fall aus seinem Stabilitätsbereich

als Leuchter getreten. Wir können nach diesem Beispiel die folgende kybernetische Fassung des Individuationsproblems versuchen:

99

Kybernetische Formulierung des Individuationsproblems; ' Ist ein Gegenstand unter der Beschreibung B, so verlangen die Individuationskriterien für unter B die Festlegung der Transformationen, die unter der Beschreibung B erhalten, sowie (durch das Vorige logisch mitbestimmt) die Angabe der Transformationen, die unter der Beschreibung B nicht erhalten. Wir geben jetzt noch das folgende empirische Material: A

( 3)

( 4)

( 5)

( 6)

( 7)

( 8) ( 9)

Wenn du willst, kannst du dich hinlegen; auf dem Balkon steht eine Liege. Klappe sie nach der Benützung aber wieder zusammen! Falls die Sitzgelegenheiten nicht reichen sollten: Im Dachgeschoß sind noch einige (Klapp-)Stühle. Seid aber vorsichtig, daß ihr euch beim Aufstellen die Finger nicht einklemmt! Wir werden heute im Garten unser Zwei-MannZelt aufstellen. Hoffentlich hat es im Keller in der Plastikhülle nicht allzu großen Schaden genommen! Trotz des schönen Wetters konnte man heute viele Menschen mit Regenschirmen sehen; der Wetterbericht hatte nämlich Regen angesagt. Um unsere Chinchinatti-Soße recht würzig zu machen, nehmen sie drei große Würfel Fleichbrühe. Ich habe eine (Fertig-)Suppe von Maggi mitgebracht. Die mach 1 ich dir j e t z t schnell warm. Farmer Erdloch hat heute Saatgut gekauft; insbesondere Weizen.

Der Grundgedanke ist bei W . R . ASHBY (ebd.: 284 f f . ) im Kapitel "überleben" angelegt.

100

B

(10)

(11)

(12) (13)

Wenn du unbedingt Lust auf Kuchen hast: In der Küche steht einer. Du solltest aber bedenken, daß es mindestens 2 Stunden dauert, bis er gebacken ist. Wir haben eine ganze Schüssel Kartoffelbrei im Kühlschrank. Ich muß nur noch schnell die Kartoffeln durch den Wolf drehen. (.Fritzchen, der Zwetschgenkompott gegessen hat:) '"Die Zwetschgen haben mir sehr gut geschmeckt. Klaus hat sich im Spielzeuggeschäft ein Flugzeug gekauft. Ich zweifle aber, daß er es ohne H i l f e auch zusammenbauen kann.

Die -Beispiele beschreiben Gegenstände, die aus ihrem Zustand erst in ihren funktionsbestimmten Zustand überführt werden müssen (die, ontologisch gesprochen, aus einem Zustand der Potentialität in einen Zustand der Aktualität transformiert werden müssen)^, und die zum Teil auch aus ihrem Gebrauchszustand wieder leicht in ihren Vor-Zustand rückführbar sind (Reversibilität). Die entsprechenden Transformationen (Beispiel: In ( 1 ) das Auf- und Zusammenklappen der Liege) erhalten die Gegenstände unter ihrer jeweiligen Beschreibung. - In den B-Beispielen ist dies gerade nicht der Fall (Beispiel: In ( 1 2 ) führt die Verarbeitung zu Kompott aus der Beschreibung "Zwetschgen" heraus). Wir wollen j e t z t unsere Überlegungen zur Räumlichkeit der Entität Ding weiterführen. Dazu wenden wir uns Gedanken von EDDY ZEMACH (197O) zu. ZEMACH hat eine Entitäten-Typologie auf der Basis raum-zeitlicher Bestimmungen erstellt. Seine Grundbegriffe sind Stetigkeit und Begrenztheit. Er gibt dazu die folgenden Definitionen (A sei dabei das raum-zeitliche Gebiet, das von der Entität a durch ihre Lebensgeschichte hindurch besetzt wird) (ebd.: 2 3 2 ) : Def. 1;

a ist mit Bezug auf eine Dimension

stetig

101

("continuous") genau dann, wenn es verschiedene Querschnitte von A senkrecht zu derart gibt, daß jeder von ihnen a als Ganzes enthält. D e f . 2;

a ist mit Bezug auf eine Dimension begrenzt ("bounded") genau dann, wenn es verschiedene Querschnitte von A senkrecht zu derart gibt, daß jeder von ihnen einen Teil von a enthält.

Dinge sind dann diejenigen Entitäten, die begrenzt im Raum und stetig in der Zeit sind. Dies entspricht dem Sachverhalt, daß Dinge im Raum, nicht aber in der Zeit Teile besitzen. Im Zemachschen Beispiel: Ein Schreibtisch besitzt zwar Raumteile (etwa eine Schublade); wenn wir ihn aber zu einem Zeitpunkt t sehen, sehen wir nicht einen (zeitlichen) Teil des Schreibtisches, sondern den ganzen Schreibtisch.

1.2.1

Die Orts-Funktoren )3 und O

M. BUNGE (1977: 293) hat eine Definition für den Ort ("bulk") eines Dings gegeben, die wir an den Anfang dieses Kapitels stellen wollen: Def. 1;

Es sei M = £ eine Repräsentation des physikalischen Raumes. Dann wird die Funktion y3 : —» 2M·^ von der Menge der Dinge in Raumgebiete der Ort genannt und ihr Wert ,3 (x) für 6 der Ort von genau dann, wenn gilt: (i ) (id. )

)5 ist injektiv. für jedes xt f O gilt: 3 0 c. j J ( X ) 9 M

(iii)

für alle x, y 6

u )5(y)

gilt: ?3 (x-f y ) = j 3 . ( x ) ^

102

Kommentar; ad ( i ) :

Die Injektivitätsforderung für >3 bedeutet, daß gilt: x^ y = ( ; 3 ( x ) ^ (y) ) . Mit anderen Worten: Verschiedene Dinge nehmen verschiedene Raumgebiete ein. Gleichzeitig soll (i) nach BUNGE aber zulassen, daß verschiedene Dinge (BUNGE denkt an Photonen) doch denselben Raum einnehmen können ein offenkundiger Widerspruch. - Wir selber wollen in diesem Zusammenhang nur noch bemerken, daß für Individual-Ereignisse in möglichen Welten w die Injektivitätsklausel nicht gilt ' (Ereignisse sind in unserer Typologie freilich keine Dinge). Unabhängig von der Gültigkeit der Injektivitätsklausel gilt selbstverständlich aufgrund des Funktionsstatus von ;3 f daß jedes Ding - bezogen auf einen Zeitpunkt t - nur einen einzigen Ort einnehmen kann. Diese physikalisch sinnvolle Festlegung sei jetzt mit dem folgenden linguistischen Phänomen verglichen: (1)

A:

"Wo ist

eigentlich Viktor?"

B:

(a) "Wie immer in Frankreich". (b) "Wo anders als in Paris!" (c) "Auf dem Montmartre; er war ja schon immer etwas exzentrisch". (d) "Bei seiner Freundin Francoise in der Rue de la Joie (Montmartre)".

Wir nehmen dazu wie folgt Stellung: 1. Die räumliche Position eines Objektes ist nur rahmenabhängig in Bezug auf andere Objekte angebbar (in unserem Beispiel sind dies Frankreich, Paris, . . . ) . 2. Ortsangaben können enger oder weiter gesteckt 1)

Vergl. D III 2 . 2 . 2 . 2 .

103

sein. Die entscheidende Rolle bei ihrer Auswahl spielt der pragmatische Kontext. 3. Es wird eine Unterscheidung nahegelegt zwischen dem ("exakten") physikalischen Ort i3 (x) eines Dinges und dem (pragmatisch-kontextuell-be stimmten) "linguistischen" Ort O, (x) von x. Aus Einfachheit.sgründen werden wir ihn festlegen als das Infimum der in einem Kontext k sinnvoll referierbaren möglichen Örter ( c sei dabei die Ordnungsrelation). Im Beispiel: O^ (Viktor) = inf (Frankreich, Paris, Montmartre, Rue de la Joie) = Rue de la Joie ad (ii ) : ( i i ) soll nach BUNGE garantieren, daß jedes substantielle Ding ein nicht-leeres Raumgebiet umfaßt - auch "Punktpartikel". ad ( i i i ) : (iii) postuliert - physikalisch sinnvoll - die Additivität von )3 : Der von einem Aggregat eingenommene Ort addiert sich aus den Raumgebieten seiner Komponenten. Wir überprüfen die Übertragbarkeit auf die Ortsfunktion 0, und betrachten dazu: (2

)

(2"

)

(2'' )

(2''')

Herr Müller befindet sich auf Urlaub in Nordfrankreich, Frau Müller in Südfrankreich. Herr Müller und Frau Müller befinden sich auf Urlaub in Nordfrankreich beziehungsweise in Südfrankreich. Herr Müller und Frau Müller befinden sich auf Urlaub in Nordfrankreich und Südfrankreich. Ehepaar Müller befindet sich auf Urlaub in Nordfrankreich beziehungsweise in Südfrankreich.

104

(2'v)

(2 V )

+

Ehepaar Müller befindet sich auf Urlaub in Nordfrankreich und in Südfrankreich. Ehepaar Müller befindet sich auf Urlaub in Frankreich.

(2) kann mittels RESPECTIVELY-Transformation in ( 2 ' ) überführt werden. ( 2 " ) ist dagegen im Vergleich zu ( 2 ' } inakzeptabel (UND ist kein raereologischer Additivitätsfunktori). Wird Herr Müller + Frau Müller als EHEPAAR MÜLLER versprachlicht, so ist nicht nur ( 2 ' v ) , sondern auch ( 2 ' ' ' ) , das Analogon zu (2'), inakzeptabel. An die Stelle von ( 2 " ' ) / ( 2 ' v ) kann (2 V ) treten. Legen wir (2) und (2 ) zugrunde/ so scheint zu gelten: Ok(x+y) = Ok(x) + Ok(y) Im Beispiel: Ok

(Ehepaar Müller)=0 k

+ Frau Müller) = Ok

(Herr Müller) 4-Ok

(Herr Müller (Frau Müller)

=Nordfrankreich + Südfrankreich = Frankreich. Betrachten wir aber jetzt die folgenden Beispielsätze: (3

) Herr Müller befindet sich am Nordpol, Frau Müller am Südpol. + (3' ) Ehepaar Müller befindet sich am Nordpol und am Südpol. + (3" ) ^ ' Ehepaar Müller befindet sich an den beiden Polen. ( 3 " ' ) Ehepaar Müller befindet sich auf der Erde. (3) läßt sich nicht nur nicht als ( 3 " ) , sondern auch nicht als ( 3 ' ' ) ausdrücken. Es gilt ferner: Für das Aggregat Nordpol + Südpol gibt es keinen (nicht-distribuierenden) lexikalischen Ausdruck. Allerdings existiert sup (Nordpol Südpol) = Erde

105

sup habe dabei als Bezugsmenge die in der Sprache lexikalisierten Örter. Obwohl ( 3 " ' ) grammatisch ist, so ist es im in Rede stehenden Kontext doch nicht akzeptabel: Es vermittelt keine Information '. In einem solchen Fall ist es dann notwendig, den Ort von x+y über die Örter von und y anzugeben. - Im Beispiel: (4)

A:

"Wo ist

Ehepaar Müller gerade?"

B:

"Herr Müller ist auf dem Nordpol, seine Frau auf dem Südpol.

Wir fassen jetzt in einer Definition zusammen: Def. 2:

°] ( ) ist der linguistische Ort eines Dinges genau dann, wenn O k ( x ) das Infimum der in dem Kontext k sinnvoll referierbaren Örter ist, wobei gelten soll: O k ( x 4 y ) = s u p ? ( O k ( x ) , O k ( y ) ) ; dabei sei sup c auf die Menge der in der Sprache lexikalisierten Örter bezogen. Ist dieses Supremum - falls existierend im Kontext k uninformativ, so muß unter lexikalischer Bezugnahme auf die Komponenten und y die Ortsangabe über O k ( x ) und O k ( y ) erfolgen.

Wir wollen dieses Kapitel abschließen, indem wir an einem Beispiel die Orts-Veränderung ins Spiel bringen. Wir betrachten dazu: (5)

Du weißt doch, daß Anna ihre goldenen Ohrringe immer in ihrer Handtasche aufbewahrt. Wie's der Teufel will, hat man ihr vor einer Woche die Tasche aus ihrem Auto gestohlen. Glücklicherweise hat man Täter und Handtasche gefunden, und zwar in einer Kneipe. Gottsei-

Selbstverständlich gibt es Kontexte, in denen die Ortsangabe AUF DER ERDE Sinn macht. Man betrachte dazu: (i) Ehepaar Müller ist j e t z t wieder auf der Erde (nachdem sie ihren Mondausflug glücklich überstanden haben).

1O6

dank waren die Ohrringe noch an ihrem Platz/ am selben Platz. Es gilt: 0, / 1

K /

'

//% /. °v

(Ohrringe)

=

Handtasche

(Handtasche)

=

Auto

(Ohrringe)

=

Handtasche

(Handtasche)

=

Kneipe

(Ohrringe)

=

O,

(Ohrringe) ;

die Gleichsetzung spiegelt die Tatsache, daß trotz der "absoluten" OrtsVeränderung der Ohrringe vom "selben Ort" gesprochen werden kann,

1.3

Individuation und Zeit

Wir bringen nun das Individuationsproblem explizit in Bezug zur Zeit und zur Veränderung in der Zeit. Wir beginnen wieder mit den klassischen Autoren ARISTOTELES und KANT. Die auf sie folgende Darstellung der modernen Konzeption von D. GABBAY/J.M. MORAVCSIK läßt sich auf beide beziehen.

1.3.1

ARISTOTELES

Im 7. Buch seiner Metaphysik (2, 1O69 b) fragt ARISTOTELES, was bei der Veränderung eines Gegenstandes erhalten bleibt, und wird so zur "prima materia" geführt. Man sollte sich hier noch einmal klarmachen, weshalb dieser Begriff nicht mit dem Materiebegriff, der sich auf das Kompositionsmaterial eines Gegenstandes beziehen läßt, zusammenfallen d a r f ; am Beispiel: Ein Mensch bleibt durch die Jahre dieselbe Person, obwohl sich seine Körperzellen regelmäßig erneuern.

107

Daß er dieselbe Person bleibt, heißt selbstverständlich nicht, daß er zu jedem Zeitpunkt dieselben Eigenschaften besitzt. Es bedeutet, daß die verschiedenen zeitlichen Stadien seines Menschseins als Einheit gesehen werden. Für ARISTOTELES ist die "prima materia" der Träger dieser Einheit. In der Veränderung tauscht sie die ihr "anhängenden" Eigenschaften, die Akzidenzen, aus; sie selber ist unveränderlich. Man beachte, daß die aristotelische "erste Substanz" trotz ihrer Funktion in der Erklärung von Veränderung etwas Rätselhaftes behält. Auf der einen Seite ist sie ein Seiendes, auf der anderen Seite durch ihre innere Eigenschaftslosigkeit (Ausnahme: die Fähigkeit, Eigenschaften überhaupt annehmen zu können) vom Nichts ununterscheidbar.

1.3.2

KANT

Der Substanzbegriff fällt bei KANT unter die Oberkategorie der Relation. In der "Ersten Analogie" (KdrV: B 225 f f . ) formuliert er als synthetischen Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz: Bei allem Wechsel der Erscheinungen beharret die Substanz, und das Quantum derselben wird in der Natur weder vermehrt noch vermindert. Der Kantische Substanzbegriff läßt verschiedene Interpretationsaspekte zu ' : a) Substanz als die apriorische Anschauungsform Zeit selber. - Man vergleiche dazu in (B 2 2 5 ) : "Die Zeit also, in der aller Wechsel der Erscheinungen gedacht werden soll, bleibt und wechselt nicht; weil sie dasjenige ist, in welchem das Nacheinander - oder Zugleichsein nur als Bestimmungen derselben vorgestellt werden können". ' Vergl. für eine moderne Interpretation etwa CARL FRIEDRICH VON WEIZSÄCKER ( 1 9 7 3 ) .

108

b) Substanz als Materie. Man betrachte dazu noch einmal den oben wiedergegebenen Grundsatz der Beharrlichkeit der Substanz und den Verweis auf das Quantum dieser Substanz in der Natur, das stets gleich bleibt. c) Eine moderne Interpretation wird, über KANT hinausgehend, von b) zur Substanz als den Erhaltungssätzen der modernen Physik g e f ü h r t 1 ^ . Wir selber wollen hier den Kantischen Substanzbegriff in einer sehr allgemeinen (nicht auf die Welt des Physikers beschränkten) Weise fassen: Substanz als einheitsstiftende Syntheseregel(n). Dies bedeutet im Vergleich zum aristotelischen Substanzbegriff eine Dynamisierung. Sie wird gestützt durch die grundlegende Kantische Bestimmung des Verstandes als "Vermögen der Regeln" (B 233 f f . ) . Eine dieser einheitsstiftenden Regeln und "empirisches Kriterium dieser notwendigen Beharrlichkeit und mit ihr der Substantialität der Erscheinungen" (B 232) ist für KANT die Kausalität. Wir werden sie auch in der Konzeption von D. GABBAY/J.M. MORAVCSIK wiederfinden.

1.3.3

Die Konzeption von GABBAY/MORAVCZIK

Wir stellen im folgenden ausführlich die anregende Konzeption von D. GABBAY/J.M. MORAVCZIK (=G.M.) (1973) zum Individuationsproblem dar. An dieser Konzeption können wir in einem Nebeneffekt sehen, wie sich innerhalb der analytischen Philosophie ontologische und linguistische Aspekte durchdringen. G.M. geht es um die Logik der Gleichheit ("sameness"), die differenziert werden soll. Sie kontrastieren:

'

Vergl. für eine moderne Interpretation etwa CARL FRIEDRICH VON WEIZSÄCKER ( 1 9 7 3 ) .

109

(1 )

Die junge Frau, die ich vor 8 Jahren t r a f , wurde die Dozentin, die ich letztes Jahr t r a f .

(2 )

Der Prinz, den ich vor 8 Jahren t r a f , wurde der Drache, den ich letztes Jahr t r a f .

( 1 ) läßt sich als (1')

(T) wiedergeben:

Die junge Frau, die ich vor 8 Jahren t r a f , ist dieselbe wie die Dozentin, die ich letztes Jahr t r a f .

Eine ähnliche Umformulierung ist (2')

für (2) nicht statthaft:

Der Prinz, den ich vor 8 Jahren t r a f , ist

der-

selbe wie der Drache, den ich letztes Jahr traf. Der Unterschied von ( 1 ) und (2) läßt sich wie folgt

fassen:

In ( 1 ) werden zwei verschiedene Zustände einer einzigen Entitat beschrieben; in (2) werden zwei Entitäten in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge dargestellt. - Es bildet sich die schon von ARISTOTELES erkannte Ambiguität von WERDEN ab: Im einen Fall liegt Veränderung vor, im anderen Vergehen und Entstehen. Was läßt einen kompetenten Sprecher trotz der syntaktischen Isomorphie von ( 1 ) und (2) die unterschiedliche logischontologische Form der beiden Sätze erkennen? - Die Antwort von G.M. lautet: Die Kenntnis, daß ein Prinz und ein Drache nicht zeitliche Stadien einer einzigen Entität darstellen können; daß eine junge Frau und eine Dozentin jedoch sehr wohl Stadien einer solchen Entität (nämlich einer Person) zu sein vermögen. Dies führt in Verallgemeinerung zu dem Begriff der Persistenzkriterien. Persistenzkriterien werden definiert als "Bedingungen, die Ketten zeitlicher Zustände individuieren

in Übereinstimmung mit wesentlichen Eigen-

schaften des in Rede stehenden Einzeldings". Im Beispiel: Die Eigenschaft TIER schließt die Kenntnis der Bedingungen ein, nach denen wir urteilen, ob bestimmte zeitliche Stadien Stadien desselben Tieres sind.

110

Als Persistenzkriterien (die von Eigenschaftsfamilie zu Eigenschaftsfamilie variieren können) kommen nach G.M. etwa in Frage: a) Gleichheit der Teile (wird als Persistenzkriterium für Massennomina angenommen) b) raum-zeitliche Kontinuität (beispielhaft ist hier der Mensch zu nennen; allerdings ist dieses Kriterium nicht notwendig für die Gegenstandsformierung: Staaten können neu begründet werden, Flüsse nach ihrer Austrocknung sich wieder neu mit Wasser füllen; in beiden Fällen sprechen wir vom "selben Staat" und vom "selben Fluß". - Raum-zeitliche Kontinuität ist nicht einmal hinreichend für die Gegenstandsbildung: Eine Mutter, die im Kindbett stirbt, und ihr Neugeborenes werden gewöhnlich nicht als Stadien einer einzigen Entität aufgefaßt, obwohl zwischen Mutter und Kind raum-zeitliche Kontinuität besteht. c) kausale Verknüpfung (vide KANT!) (auch c) liefert kein hinreichendes Kriterium; man nehme dazu wieder das Mutter-Kind-Beispiel aus b ) ) . G.M. machen einen strikten Unterschied zwischen Identität und Persistenz in der Zeit. Sie argumentieren dabei wie folgt: Wegen der Äquivalenz von ( 1 ) und (T) sollte Substitution in beiden zu gleichen Resultaten führen. Dies ist jedoch nicht der Fall; man vergleiche dazu: (1'' )

Die junge Frau, die ich vor 8 Jahren t r a f , wurde die junge Frau, die ich vor 8 Jahren traf. ( 1 ' ' ' ) Die junge Frau, die ich vor 8 Jahren t r a f , ist dieselbe wie die junge Frau, die ich vor 8 Jahren traf. ( 1 ' ' ) ist falsch, ( 1 " ' ) eine Tautologie. Dieses Satzpaar zeigt nach G . M . , daß IST D-SELBE WIE nicht für Identität stehen kann. Die denotierenden Ausdrücke in ( 1 ) und (2) sollen nicht auf Entitäten selbst, sondern auf Entitäten-

111

Stadien verweisen. Da diese Zustände voneinander verschieden sind, kann nach G.M. die zwischen ihnen bestehende Relation nicht diejenige der Identität sein. Trotzdem wollen G.M. als Denotate von Ausdrücken wie DIE JUNGE FRAU, DIE ICH TRAF nicht stets Zustände/Stadien ansetzen. Grund: Der Agent einer Handlung ist kein Zustand, sondern das Indididuum selbst. Die angemessenste Interpretation ist für sie die folgende: Einzeldinge werden behandelt als Agenten von Handlungen qua in bestimmten zeitlichen Zuständen/Stadien befindlich. Für ihre Formalisierungen gehen G.M. von der folgenden ontologischen Stufung aus: I : zeitliche Stadien/Zustände II : Individuen III: Extensionen von Allgemeinausdrücken IV : Intensionen von Allgemeinausdrücken Die Stadien aus Stufe I sollen dabei zusammengesetzt sein aus "infinitesimalen Teilen", die nicht Objekte der Wissenschafts- oder Alltagserfahrung sind, sondern deren Gegenstandsbereiche erst konstituieren. G.M. ziehen dabei Vergleiche mit der aristotelischen "prima materia" und M.J. CRESSWELLs (1973) "basic particulars". - Die Individuen selbst sind als Funktionen zu denken, mit der Menge von Zeitpunkten als Indexmenge und der Menge zeitlicher Stadien als Wertmenge. Persistenzkriterien sind dann als Regeln aufzufassen, nach denen diese Funktionen berechnet werden (ein "Berechnungsalgorithmus" wird von G.M. allerdings nicht g e l i e f e r t ) . Extensionen und Intensionen werden in vertrauter Weise gebildet. - Aus der Modellsprache von G.M. geben wir die folgenden Interpretationsregeln an: 1. f ~ g (mit f und g als Individuenausdrücken, ~ als zeitlichem überlappungsrelator) ist zum Zeitpunkt t genau dann wahr, wenn f und g an t einen gemeinsamen zeitlichen Teil besitzen.

112

2. L (f «= g) ist zum Zeitpunkt t genau dann wahr, wenn f und g an jedem Zeitpunkt ihrer Existenz vollständig überlappen. Die Kenntnis von 1. und 2. erlaubt es, die folgenden

For-

malisierungsbeispiele von G.M. zu verstehen: a)

b)

(3 )

f ist dasselbe Metall wie g. (lies: f ist aus demselben Metall wie g)

(3')

/"it"»**3^*"···*/··"}! (X sei dabei eine Kollektion von Metallsorten)

(4 )

f ist

(4') c)

dieselbe Münze wie g.

i ist dieselbe Bruchzahl wie < 6 , 8 > . Der tibergang zu Äquivalenzklassen wird als Definition durch Abstraktion bezeichnet. In unserem Beispiel etwa gilt: Es wird von der Verschiedenartigkeit der Dupel < 3 , 4 > u n d < 6 , 8 > abstrahiert u n d ihre Identifikation a u f einer durch die Definition bestimmten "höheren" Ebene vollzogen. Wir können diese Ebene in einer aus dem BisVergl. dazu F.v. KUTSCHERA ( 1 9 7 2 , 4 7 7 )

132

herigen verständlichen Weise als eine Ebene höherer Generizität bezeichnen. b) Statistik-Konzeptionen der Physik

;

In statistischen Erörterungen über die Verteilung der Geschwindigkeiten auf die Atome eines Gases oder der Energie eines Systems auf die möglichen Stufen wird oft modellhaft davon ausgegangen, daß eine Anzahl m von "Teilchen" auf N "Zellen" zu verteilen sind. Im folgenden greifen wir dazu zwei Statistik-Konzeptionen heraus (die Fermi-Statistik ist für unsere Zwecke hier vernachlässigbar): Wenn Z 1 , Z 2 und Z^ drei "Zellen", · und o zwei "Teilchen" sind, dann gilt: (i ) Mögliche Boltzmann-Verteilungen;

l

A



3

o

*i

0

t*

t· •

0

o

9

5

?

6 •

9



o

o



o



o

o

f

1 1

(ii) Mögliche Pose-Vertei.lungen:

4 Z. h

2

3

*

*

*

z,

f • .

• .

6 •

i •





MESCHKOWSKI (1968: 31) schreibt dazu: Die moderne Physik sieht gute Gründe für die Annahme, daß eine Unterscheidung individueller Objekte für Elektronen oder Lichtquanten gar nicht möglich ist. Die Bose-Statistik sieht deshalb von den "Individuen" völlig ab und sieht einen "Zustand" als ausreichend beschrieben an, wenn ausgesagt wird, wie viele der m Teilchen in jeder der n Zellen liegen. Irgend zwei Zustände sollen als gleich wahrscheinlich gelten. Vergl. H. MESCHKOWSKI

( 1 9 6 8 : 3O f . ) .

133

In der Bose-Statistik fallen die Boltzmann-Verteilungen 4 und 5, die Boltzmann-Verteilungen 6 und 7 und die Boltzmann-Verteilungen 8 und 9 in den Bose-Verteilungen 4 , 5 und 6 zusammen. Wir können diesen Sachverhalt wie folgt versprachlichen: (13) In der Bose-Statistik ist Boltzmann-Zustand 4/6/8 derselbe Zustand wie Boltzmann-Zustand 5/7/9. Wieder können wir analog zu a) sagen: In der Bose-Statistik wird von Unterschieden, die noch in der Boltzmann-Statistik eine Rolle spielen, abstrahiert. Zustände werden auf einer "höheren" Ebene identifiziert. Wieder können wir diese Ebene als Ebene der Generizität bezeichnen. Unsere bisherigen Ausführungen haben den Eindruck entstehen lassen, daß Spezifizität und Generizität keine Stufung zulassen. Eine solche Stufung läßt sich aber leicht demonstrieren. Wir können dazu wieder in den bekannteren Bereich der Linguistik zurückkehren und die folgende Prädikatenreihe betrachten, die mittels Lambda-Abstraktion entwickelt wird:

Zunahme an Generizität

a / x (x Aw % ( . w (" (

liegt liegt liegt liegt liegt

zwischen zwischen zwischen zwischen zwischen

b, b, y, y, y,

c c c z z

und und und und und

d. d) d) d) w)

Wir können uns an dieser Stufung noch einmal linguistisch anschaulich klar machen, wie Generizität erzeugt wird: Es wird von spezifischer Information abstrahiert. Im Beispiel kommt diese Abstraktion dadurch zustande, daß Individuenkonstanten durch Individuenvariable ersetzt werden, die wiederum durch den Lambda-Operator gebunden werden.

134

1.3.5.3

-SELB- und Intentionsnomina

Als Intentionsnomina kommen für uns in Frage: *

ZIEL ABSICHT WUNSCH HOFFNUNG WILLE

Wir betrachten jetzt: (1 ) Fritz und Georg haben beide dasselbe Ziel; | reich zu werden. (T ) Fritz hat das Ziel, reich zu werden, und l Georg hat das Ziel, reich zu werden. (W) (1" ) Fritz hat das Ziel , daß Fritz reich wird, und Georg hat das Ziel, daß Georg reich wird. Es gilt: Individualziele: generisches Ziel:

Fritz wird reich y

Georg wird reich

( x wird reich }

Die Individualziele sind verschieden, die generischen Ziele identisch. Wir betrachten jetzt ein Komplement mit zweistelligem Prädikat: (2 ) Fritz und Hans haben beide denselben Wunsch; Anna zu heiraten. (2' ) Fritz hat den Wunsch, Anna zu heiraten, und Hans hat den Wunsch, Anna zu heiraten. (2 J^Fritz hat den Wunsch, daß Fritz Anna heiratet, und Hans hat den Wunsch, daß Hans Anna heiratet. (2' ) Fritz und Hans haben beide denselben Wunsch; zu heiraten.

135

Lambda-Abstraktion kann hier einmal (vergl. ( 2 ) ) oder zweimal (vergl. ( 2 ' ' ' ) ) angewandt werden. Betrachten wir jetzt (1"') und 2 | V ) : (T")

(2|V

Fritz und Georg haben beide dasselbe Ziel; Fritz will reich werden und Georg will reich werden. + ) Fritz und Hans haben beide denselben Wunsch; Fritz will Anna heiraten und Hans will Frieda heiraten.

Liegen die Komplemente in ausbuchstabierter Vollform vor, so kann der Sprecher zwar von den verschieden aufgefüllten Prädikats-Erststellen, nicht aber von den verschieden aufgefüllten Prädikats-Zweitstellen abstrahieren. Wir gehen jetzt zu weiterem Material über: (3

)

(3'

)

(3'' )

(3'")

Die Boxer Muhammed Ali und Joe Frazier haben beide dieselbe Absicht; den anderen/ den Gegner zu besiegen. Der Boxer Muhammed Ali hat die Absicht, den anderen/den Gegner zu besiegen, und der Boxer Joe Frazier hat (auch) die Absicht, den anderen/den Gegner zu besiegen. Der Boxer Muhammed Ali hat die Absicht, Joe Frazier zu besiegen, und Joe Frazier hat die Absicht, Muhammed Ali zu besiegen. Die Boxer Muhammed Ali und Joe Frazier haben beide dieselbe Absicht; Muhammed Ali will Joe Frazier besiegen, und Joe Frazier will Muhammed Ali besiegen.

In (3) ist zwar die Prädikats-Zweitstelle des Komplements referentiell verschieden aufgefüllt (vergl. ( 3 " } ) , die lexikalische Auffüllung ist aber dieselbe (vergl. ( 3 ' ) ) . - In ( 3 ' ' ' ) wiederum kann deswegen von der Prädikats-Zweitstelle abstrahiert werden, weil wir eine konverse Beziehung vor uns haben.

136

Wir wenden uns nun weiteren Beispielen zu: (4

)

(4'

)

(4'' ) (4'") (4|V ) (4 V

)

Gerd und Franz haben die Hoffnung, Anna zu heiraten. + Gerd und Franz haben eine Hoffnung, Anna zu heiraten. Gerd und Franz haben dieselbe Hoffnung; Anna zu heiraten. Gerd und Franz haben dieselbe Hoffnung Anna zu heiraten. + Gerd und Franz haben dieselbe Hoffnung, Anna zu heiraten. Gerd und Franz haben dieselbe Hoffnung'. Gerd will Anna innerhalb von einem Jahr, Franz will sie innerhalb von zwei Jahren heiraten.

Aus den Beispielen ergibt sich, daß Hoffnungen (wie Ziele, Absichten und Wünsche) intensionale Entitäten sind, die nicht spezifiziert werden können; werden sie spezifiziert, dann haben wir es mit anderen Hoffnungen (Zielen, Absichten, Wünschen) zu tun .

1.3.5.4

Idiosynkratisches Verhalten von -SELBam Beispiel einiger Nomina

Das folgende empirische Material zeigt in lockerer Folge die Funktionsweise einiger Nomina in Verknüpfung mit -SELBauf; weitergehende theoretische Absichten werden nicht verfolgt. (i) '

Stichwort: TAG In ihrem intensionalen Status werden sich die besprochenen Entitäten den Ereignissen ähneln. Vergl. D III 2 . 2 . 2 . 2 .

137

Das Nomen TAG soll wie folgt notationeil d i f f e renziert werden: TAG.. TAG2 TAG., TAG.

= = = =

der der der der

spezifische generische spezifische generische

24-Std.-Tag 24-Std.-Tag 12-Std.-Tag 12-Std.-Tag

Es gilt jetzt: (1

)

(2

)

(3 (4

) )

(5

)

(6

)

(7

)

(8

)

(8' )

(9

)

(9' )

(9")

Fritz und Karl sind am selben Tag., zur Welt gekommen. '"Fritz Fritz und Karl sind am selben Geburtstag geboren worden. Fritz und Karl haben denselben Geburtstag. Fritz und Karl haben am selben Tag1 Geburtstag. Meine Mutter und ich wurden am selben Tag^ geboren. Meine Mutter und ich wurden am selben Wochentag geboren. Meine Mutter und ich wurden im selben Monat. geboren, (generische Interpretation) F Meine Mutter und ich wurden im selben Jahr geboren, (spezifische Interpretation) Mein Großvater und ich sind im selben Jahr geboren (er 1853, ich 1953). (generische Interpretation) General X wurde um 13.OO Uhr verhaftet und noch am selben Tag., auf dem Marktplatz hingerichtet. General X wurde um 13.00 Uhr verhaftet, und noch bei Tag., auf dem Marktplatz hingerichtet. """General X wurde um 13.OO Uhr verhaftet und noch am selben Tag., auf dem Markplatz hingerichtet.

Kommentar: In Verbindung mit -SELB- ist

nur TAG., ver-

138

wendbar. Will man ausdrücken, daß zwei Personen am selben Wochentag geboren wurden, so ist dieses Nomen nicht auf TAG2 kürzbar (vergl. (5) / ( 6 ) ) . MONAT und JAHR lassen dagegen generisehe Verwendungen zu (vergl. (7) / ( 8 ' ) ) . (ii)

Stichwort: WEG Wir betrachten: (10) (11)

Wenn Fritz und Anna einander besuchen, benutzen sie denselben Weg. Der Einbrecher verließ das Haus auf demselben Weg, auf dem er hereingekommen war.

In (10) und ( 1 1 ) wird WEG als Skalar benutzt: Die Richtung spielt keine Rolle (in Hinsicht auf die im folgenden besprochenen vektoriellen Verwendungen können wir in (10) / ( 1 1 ) von De-Vektorisierung sprechen) . In ( 1 1 ) selber haben wir nicht nur eine lokale, sondern auch eine modale Komponente zu berücksichtigen. Betrachten wir jetzt ( 1 2 ) : (12)

Herr A und Herr B haben fast denselben Weg ins Geschäft.

- u/«; W ist kein mögliches Modell für ( 1 2 ) , da in ( 1 2 ) keine De-Vektorisierung stattfindet. Gehen wir j e t z t zu ( 1 3 ) über: (13)

(Auf einer Party beim Aufbruch): A: "Wohnen Sie in der Nähe?"

' Zum Begriff des Vektors in der Linguistik vergl. ERNST LEISI ( 1 9 7 1 : 84 f f . ) .

139

B: "Ich wohne in Y . " A: "Ich wohne auch in Y. Dann haben wir ja denselben Weg." In ( 1 3 ) ist der Weg individuiert durch Angabe von Anfangs- und Zielpunkt. Auf die verschiedenen möglichen physikalischen Wege kommt es nicht mehr an, Im graphischen Beispiel:

W

W 1 , W 2 und W, sind im Sinne von ( 1 3 ) "dieselben Wege" Betrachten wir abschließend (14)

(14):

(Auf einer Party beim Aufbruch): A: "Wohnen Sie in der Nähe?" B. "Ich wohne in Y " . A: "Und ich in Z . Dann haben wir j a denselben Weg."

Eine graphische Veranschaulichung von ( 1 4 ) wäre etwa W: Y

i

l

x

In ( 1 4 ) ist nicht die Strecke als solche wichtig, sondern die Richtung. Als weitere Vektoren seien an dieser Stelle - LAUFBAHN - KARRIERE

genannt. Wir illustrieren: (15) Fritz-Emmanuel und Emmanuel-Fritz haben dieselbe Laufbahn/Karriere hinter sich: Fritz-Emmanuel ist vom Tellerwäscher zum Millionär aufgestiegen, Emmanuel-Fritz vom

140

Millionär zum Tellerwäscher geworden. (iii)

Stichwort: KLASSE Wir differenzieren notationeil wie folgt: KLASSE 1 = die spezifische Einzelklasse KLASSE- = die Klassenstufe Wir betrachten jetzt: (16)

Fritz und Hans sind in derselben Klasse.. .

(17) (18)

?Fritz und Hans sind in derselben Klasse^. Fritz muß jetzt dieselbe Klasse,» noch einmal wiederholen.

Die Lesarten-Auswahl zwischen KLASSE.j/KLASSE,, bestimmt sich kontextuell. ( 1 7 ) zeigt jedoch, daß in Zweifelsfällen die KLASSE.^-Lesart dominiert. (iv)

Stichwort: GELD Wir betrachten: (19)

(20)

Ich habe Fritz gestern 1O,— DM geliehen. Mit diesem Geld ist er sofort in die nächste Kneipe gerannt. Als Tante Frieda auf den Lottozettel schaute, sah sie, daß sie 1000,— DM gewonnen hatte. Mit diesem Geld wird sie sich eine Waschmaschine finanzieren.

DIES- tritt hier an die Stelle von -SELB-. In ( 1 9 ) ist Individuationsbedingung der Erhalt des materiellen (Geld-) Substrats, in (20) ist nur mehr die Geldsumme relevant.

141

1.3.6

Entstehen und Vergehen

Nachdem wir schon in den letzten Kapiteln in der Erörterung von -SELB- versucht haben, den Aufsatz von D, GABBAY/J.M. MORAVCSIK (1973) empirisch weiterzuführen, soll dies im folgenden fortgesetzt werden. Die Überschrift steht dabei für ein Programm, das sich in verschiedene Äste verzweigen wird. An den Anfang setzen wir das folgende einfache ontologische Schema, das für empirische Gegenstände bestimmend ist: ENTSTEHEN

l

SEIN

VERGEHEN

v

E-V-Schema Wir werden so weit als möglich vermeiden, uns in komplizierte philosophische Spekulation über diese ontologisch zentralen Begriffe einzulassen, und versuchen stattdessen, uns am empirischen Sprachmaterial zu orientieren. Dazu benötigen wir zunächst die folgenden Definitionen: Def. 1 ;

Ein Gegenstand verändert sich akzidentell^ genau dann, wenn er sich verändert, ohne den Bereich des Seins zu verlassen.

Def.

Ein Gegenstand verändert sich essentiell genau dann, wenn er entweder aus dem Bereich des Entstehens (Nicht-Sein.) in den Bereich des Seins oder aus dem Bereich des Seins in den Bereich des Vergehens (Nicht-Sein 2 ) tritt.

2;

IlJustrationsbeispiele für diese Definitionen werden im folgenden Kapitel gegeben.

142

1.3.6.1

WERDEN

Wir untersuchen zunächst das Lexem WERDEN, soweit es mit Nomina kookkuriert. - An den Anfang stellen wir Beispiele, die akzidentelle Veränderungen beschreiben: a) akzidentelle Veränderungen; (1 ) Fritz ist Bäcker geworden. (2 ) Karl-Otto ist Vater geworden. (3 ) Ludovico ist auf St. Pauli ein Wüstling geworden. Wir versuchen n u n , mittels WERDEN essentielle Veränderungen zu beschreiben: b) essentielle Veränderungen; (4 ) Vor 20 Jahren ist aber: (4') Vor 2O Jahren ist (5 )

aber: (6')

(7 ) (7')

Hans geboren worden.

Mein elterliches Haus ist im Krieg durch einen Bombenangriff eine Ruine geworden.

aber: (5')

(6 )

Hans Hans geworden.

Mein elterliches Haus ist im Krieg durch einen Bombenangriff zur Ruine geworden. +

Die berühmte Plastik "Die heilige Nofretete" von G. Verdi ist durch einen unglücklichen Sturz ein Torso geworden. Die berühmte Plastik "Die heilige Nofretete" von G. Verdi ist durch einen unglücklichen Sturz zum Torso geworden. AI im AI im

Martino ist eine Leiche geworden, als ihn Restaurant die Mafia-Kugeln durchlöcherten. Martino ist zur Leiche geworden, als ihn Restaurant die Mafia-Kugeln durchlöcherten.

Wir ersehen aus den Beispielen, daß essentielle Veränderungen

143

nicht mittels der Struktur WERD-NP beschrieben werden können, sondern das Muster WERD-PP fordern (vergl. ( 5 ' ) / ( 6 ' ) ) . In anderen Fällen ist WERD- überhaupt nicht anwendbar (vergl. (4) / (7) / ( 7 ' ) ) . In den folgenden Sätzen werden wir zu zeigen versuchen, daß WERDEN einen positiv-vektoriellen Aspekt besitzt: ( 8 )

( 8') ( 9 ) ( 9')

(10 )

(1O')

Alle meine Freunde sind etwas geworden; Karl Ministerialdirigent und Helmut Bundeskanzler. Alle meine Freunde sind etwas geworden; Karl Tellerwäscher und Helmut Hilfsarbeiter. Heino ist wegen seiner hohen Gesinnungstreue schon in jungen Jahren Hauptmann geworden. Heino ist wegen seiner Trunksucht Hauptmann geworden. Nach seiner Degradierung hat er sich gleich wieder einen angesoffen. Das Duo "Die flotte Lotte" ist jünst durch den Beitritt von Anna Maleika ein Trio geworden. + Das Trio "Die flotte Lotte" ist jüngst durch den Austritt von Anna Maleika ein Duo geworden .

Wir wenden uns nun der Logik von WERDEN zu, soweit sie im vorliegenden Rahmen interessiert. - Wir legen zunächst dar, daß die Logik von WERDEN eine Zeit-Intervall-Semantik, nicht eine Zeit-Punkt-Semantik verlangt: Betrachten wir dazu den Begriff der Veränderung: Veränderung bedeutet stets die Veränderung (eines Objektes) von einem Zustand Z., in einen Zustand Z ~ . Wir wollen nun hypothetisch annehmen, daß sich eine bestimmte (Zustande-)Veränderung an einem Gegenstand o zum Zeitpunkt t vollzieht. In welchem Zustand wird sich dann o in t befinden? - Als Antworten kommen in Frage:

144

(i

)

o befindet sich zum Zeitpunkt t weder im Zustand Z.. noch im Zustand z _ . aber; Dies würde das Gesetz vom Ausgeschlossenen Dritten verletzten.

(ii

)

o befindet sich zum Zeitpunkt t sowohl im Zustand Z 1 als auch im Zustand Z _ . aber; Damit wäre das logische Gesetz vom Widerspruch verletzt.

(iii)

o befindet sich zum Zeitpunkt t entweder im Zustand z i 9*3er im Zustand Z 2 « aber; Die Zuweisung eines der beiden Zustände Z.. / Z 2 zu t wäre dann ein bloßer Akt der Beliebigkeit.

Das in (i) - (iii) sich manifestierende Dilemma kann dadurch in natürlicher Weise vermieden werden, daß WERDEN-Sätze nicht an Zeit-Punkten, sondern an Zeit-Intervallen ausgewertet werden '. Betrachten wir j e t z t die Satzform ( 1 1 ) : (11)

a ist b geworden ("a" und "b" mögen Gegenstände denotieren)

Zur Formulierung der Wahrheitsbedingungen für (11) bedürfen wir zusätzlicher Begrifflichkeit: Wir nehmen < als die Relation vollständigen zeitlichen Vorangehens (vollständiger zeitlicher Präzedenz) eines Zeitintervalls v vor einem Zeitintervall w und können mit C.L. HAMBLIN (1971: 13O) den Begriff des "direkten Anschlusses eines Zeitintervalls y an ein Zeitintervall x" in der folgenden Weise definieren: Def . ;

xAy =def.

t..

Als Beispiele kommen in Frage:

16O

(19)

Die Witwe Bolte ist

jetzt wieder verheira-

tet. (20)

Obwohl wir seit drei Jahren geschieden sind,

(21)

liebe ich meine Frau immer noch. Ich war ganz schockiert, als ich feststellte, daß mein bester Freund mit meiner Frau ein Verhältnis hat.

(22)

Ich bin zutiefst beschämt, daß mein schlimmster Feind großzügig auf seinen Vorteil ver-

(23)

zichtet hat. Auch nach ihrem Auszug machen uns unsere Mieter ganz gehörig den Boden heiß.

(24)

Unsere Firma hat Pleite gemacht, weshalb wir Kündigungen aussprechen mußten. Trotzdem sind alle Angestellten morgens unentgeltlich an ihrer Arbeitsstelle zu finden.

Der Vergangenheitsbezug der unterstrichenen NPs ist über den Kontext vermittelt. 2. (a)

tk
t j

Beispiel für 2 . ( e ) (29)

Obwohl sie seit drei Jahren geschieden waren, liebte Fritz seine Frau immer noch. Bauer Dung verkaufte seine Herde an die Bauern Mist und Flad. Nach 2 Jahren kaufte er sie zurück.

(30)

3.(a)

ist:

ti < t j

Wir betrachten: (31)

Fritz will seinem Schwiegersohn vor der Hochzeit sicherlich noch einige wohlgemeinte Ratschläge mit auf den Weg geben.

3.(b) Beispiel: (32) Fritz wird seinen Schwiegersohn in der Ehe nicht im Stich lassen. 3. (c)

t k < t.. < t ±

Ein sinnvoller Beispielsatz konnte nicht gefunden werden .

3.(d)

tk =

t.

162

Folgende Illustrierung bietet sich an: (33

3. (e)

)

Ich bin überzeugt, Onassis wird seine Frau in drei Wochen nicht mehr leiden können.

tk > t..

Ein sinnvoller Beispielsatz konnte nicht gefunden werden. Die Zeitbezüge der relevanten NPs lassen sich mit Hilfe des Skopus-Begriffs erklären f ü r : 1.(b), 2.(b), 2.(d), 3.(b), 3.(d). Wir illustrieren vertretungsweise für 2 . ( b ) und 2 . ( d ) : (35

)

Fritz liebte seine Frau sehr.

(35' )

P (LIEB (FRITZ, SEINE FRAU))

(35")

(

(P (LIEB (FRITZ, x) ) ) )

(SEINE FRAU)

Die anderen, von den genannten fünf abweichenden Fälle können nicht über das Satztempus erklärt werden. Dies läßt folgende Konsequenzen o f f e n : 1. Nur die genannten, mittels des Skopusbegriffs erklärbaren Fälle werden als in der Sprache systematisch grammatisch verankert angesehen. Die anderen Fälle müssen dann aus dem Kontext interpretiert werden. 2. Alle Fälle werden kontextuell interpretiert. Zwischen 1. und 2. soll an dieser Stelle keine Entscheidung getroffen werden.

163

1.3.6.5

Vererbung

Der Brückenschlag von Projektion auf Vererbung gelingt am Beispiel von ( 1 ) : (1 ) Hans wird morgen seine Frau beerdigen. Faßt man ( 1 ) so a u f / daß eine Vergangenheits-Eigenschaft in einen Zukunftskontext projiziert wird, so wird man für (1) folgende Paraphrase vorschlagen: (1* )

Hans wird morgen die Person beerdigen, die seine Frau war.

Sinnvoller scheint aber die folgende Lesart. Man wird zwar akzeptieren, daß durch den Tod der Frau die Ehe aufgelöst ist, gleichzeitig wird man aber für (1) in einem "erweiterten Sinn" immer noch behaupten wellen, daß die gestorbene Person noch seine (das heißt Hansens) Frau ist. Eine Paraphrase würde entsprechend lauten: (1")

Hans wird morgen die Person beerdigen, die seine Frau ist.

Die Erweiterung des Prädikat-Geltungsbereiches in ( 1 ) von der lebenden Person auf den toten Leichnam kann dann als Vererbung bezeichnet werden. Die vorliegende Arbeit wird vom Vererbungsbegriff innerhalb der Konstruktion der Entität Typ Gebrauch machen. In diesem Kapitel wird es uns darum gehen, Vererbung als zentralen semantischen und ontologischen Begriff überhaupt erst zu verankern. Dazu beginnen wir mit der kurzen Darstellung von Gedanken, die für die eigenen Überlegungen des Verfassers motivierend waren: a) W. ROSS ASHBY (1974: 11O f f . ) widmet einen Abschnitt seiner Kybernetikeinführung den "sich ausbreitenden Eigenschaften". Als Sonderfall diskutiert er Eigenschaften, deren Vorhandensein die Wahrscheinlichkeit ihres späteren Auftauchens an anderer Stelle erhöht; die Eigenschaf-

164

ten "wachsen". Beispiele sind: Die Ausbreitung von Epidemien und die Wirkungen von Atombomben. b) M. BUNGE (1977: 97) spricht von erblichen und Gestalteigenschaften , Gestalteigenschaften sind Eigenschaften, die einem Ganzen zukommen, ohne Eigenschaften der Teile zu sein; erbliche Eigenschaften sind Eigenschaften, die sich auf die Teile übertragen. Als Beispiele kommen in Frage: Stabilität eines Systems als Gestalteigenschaft, Energie als erbliche Eigenschaft. c) W. ESSLER ( 1 9 6 9 : 2 1 7 ) versteht Erblichkeit innerhalb der Logik als (Meta-)Beziehung zwischen Eigenschaften und zweistelligen Relationen. Im Esslerschen Beispiel: Krankheiten (qua Eigenschaften), die sich von den Eltern auf die Kinder übertragen, sind bezüglich der Eltern-Relation erblich. d) N. GOODMAN (1966: 53 f.) führt eine interessante Prädikatklassifizierung ein: Ein Prädikat wird dissektiv genannt, wenn es von jedem Teil eines jeden Individuums erfüllt wird, das es erfüllt. - Ein Prädikat wird expansiv genannt, wenn es von allem erfüllt wird, das einen Teil besitzt, der es erfüllt. - Beispiel für dissektive Prädikate: IST KLEINER ALS UTAH; Beispiel für expansive Prädikate: IST GROß. Wir selber werden weder aus a) - d) einen eigenen Begriff der Vererbung herausdestillieren noch einen solchen Begriff in theoretischer Definition neben a) - d) stellen. Wir halten es demgegenüber für sinnvoller, zunächst mit unverstelltem Blick empirisches Material zu durchforsten; das durch unsere Ausgangsüberlegungen sowie a) - d) gegebene Vorverständnis sei uns dabei Anhalt genug. (i

)

Wir gehen von der folgenden Beispielbatterie aus: ( 1 ) w A1 ist der Vorgesetzte von A-. (2) w A- ist der Vorgesetzte von A _ .

165

{3) w A

ist

der Vorgesetzte von

(n)w A

ist

der Vorgesetzte von A

.. .. .

(n+1 ) w A. ist der direkte Vorgesetzte von A. .. ( n + 2 ) w AI ist der höchste/oberste Vorgesetzte von A

(n+3)

n+1 A. ist der Vorgesetzte von A . ( f ü r i A . ist ein Vorgesetzter von A +1 ( f ü r

Betrachten wir jetzt noch die folgenden inhaltlichen Auffüllungen: (n+5) (n+6) (n+7)

Hans Apel ist der höchste/oberste Vorgesetzte seiner Soldaten. Hans Apel ist ein Vorgesetzter seiner Soldaten. (Rekrut Zack, als er bei der zufälligen Begegnung mit Hans Apel den Soldatengruß bezeigt, zu seinem zivilen Freund) : "Du weißt doch, Hans Apel ist mein Vorgesetzter. "

Aus den Beispielen lassen sich zwei zentrale Verwendungen von VORGESETZTER entnehmen: (a) intransitiv (qua "direkter Vorgesetzter"); vergl. ( 1 ) - (n+1 ) . (b) transitiv (latent enthalten in ( n + 2 ) und (n+5) ; von Latenz sprechen wir wegen (n+4) , (n+6) , (n+7) . (n+2) kann in der Terminologie des Vererbungsbegriffs wie folgt beschrieben werden: Die Eigenschaft, Vorgesetzter von A « zu sein, vererbt sich auf A1 als obersten Vorgesetzten. Auf dem transitiven Weg der Rangleiter versickert dabei die Vererbung (vergl.

166

(n+3) / ( n + 4 ) ) , bis die höchste Stelle und der Umgebungskontext OBERST/HÖCHST- erreicht ist. (ii

)

Wir betrachten: (1) Rancher Flips hat sich seine Farm so einsam gewählt, daß er keine Nachbarn hat. (2) Rancher Flips' nächster Nachbar wohnt 1OO km von ihm entfernt. Im Kontext NÄCHSl· wird das semantische Merkmal RÄUMLICHE NÄHE bei NACHBAR aufgehoben. Das Prädikat NACHBAR vererbt sich von den "Nachbarn im engeren Sinn" (vergl. ( 1 ) ) auf die "Nachbarn im weiteren Sinn" (vergl. ( 2 ) ) .

(iii)

W. R. ASHBY (1974: 8O) spricht in seiner Kybernetikeinführung von einer "Form der Koppelung (zweier Maschinen) , die dem inneren Ablauf einer Maschine keinen Schaden z u f ü g t , so daß sie nach dem Koppeln dieselbe bleibt wie vorher." Wir werden im folgenden Koppelung von einem linguistischen Standpunkt betrachten. Wir beginnen dazu wieder mit. Beispielen: (1)

(2)

(3)

(4)

Auf der einsamen Sanddüne sah ich in der Ferne plötzlich ein Pferd auf mich zu galoppieren. Auf der einsamen Sanddüne sah ich in der Ferne plötzlich einen Reiter auf mich zu galoppieren. "*"Auf der einsamen Sanddüne sah ich in der Ferne plötzlich ein Pferd und einen Reiter auf zu galoppieren. Auf der einsamen Sanddüne sah ich plötzlich Old Shatterhand auf mich zu galoppieren.

Aus (4) läßt sich folgern, daß es ein Pferd gibt, auf dem Old Shatterhand reitet; Galoppieren ist eine Fort-

167

bewegungsart, die primär Pferden zu eigen ist. Koppelt sich eine Person mit einem Pferd, so vererbt sich die Fortbewegungsart Galoppieren vom Pferd auf das System Pferd + Reiter. Versprachlicht wird dies aber nicht durch (3) (UND ist kein additiver Verknüpfungsfunktor ! ) , sondern durch ( 2 ) ; innerhalb der Einheit Pferd 4- Reiter dominiert der Reiter als intentionales Subjekt; dem wird die Sprache in (2) gerecht. (1) ist anstelle von (2) nur dann zulässig, wenn eine phänomenale Beschreibung gegeben werden soll: In (1) wird dann impliziert, daß der Reiter noch nicht auszumachen ist. Wir erweitern jetzt unsere Beispiele: ( 5 ) ( 6 ) { 7 )

( 8 )

( 9 )

Vor einem Jahr stieß ich auf der Kreuzung mit einem VW zusammen. ?Vor einem Jahr stieß mein Fiat auf der Kreuzung mit einem VW zusammen. ?Vor einem Jahr stieß ich auf der Kreuzung mit einem rücksichtslos ausscherenden Autofahrer zusammen. ?Vor einem Jahr stieß mein Fiat auf der Kreuzung mit einem rücksichtslos ausscherenden Autofahrer zusammen. ?Auf der B 27 kam mir eine 4-köpfige-Familie entgegen.

Wie die Beispiele zeigen, dominiert diesmal keine Komponente des Systems Fortb«=!wegungsmittel + Fahrer in der sprachlichen Formulierung eindeutig. Betrachten wir jetzt aber: (10 ) (1O')

Mein Freund stieß gestern auf der Kreuzung mit der Straßenbahn zusammen. Mein Freund stieß gestern auf der Kreuzung mit dem/einem Straßenbahnfahrer zusammen.

168

(11 )

Ich stieß gestern auf dem Bahnübergang mit dem Zug zusammen; alle Zuginsassen überlebten. ( 1 1 ' ) Ich stieß gestern auf dem Bahnübergang mit dem/einem Zugfahrer zusammen. (12 ) Ich rief dann ein Taxi. ( 1 2 ' ) "ich rief dann einen Taxifahrer. (1O) - ( 1 2 ) zeigen, daß bei nicht-privaten Transportmitteln der Fahrer sprachlich von seinem Gefährt dominiert wird; er steht - metaphorisch gesprochen anonym hinter seinem Fahrzeug. (iv)

Wir betrachten im folgenden das System Brief + Umschlag: ( 1 ) ( 2 ) ( 3 ) ( 3') ( 4 )

( 4')

Tristan hat von 9.00 - 12.OO Uhr einen 20seitigen Liebesbrief geschrieben. Um 12.0O Uhr steckte er seinen Brief liebevoll in einen Umschlag. Leider aber kam er erst am Abend dazu, den Brief in den Schalter zu werfen. Leider aber kam er erst am Abend dazu, den Umschlag in den Schalter zu werfen. Man kann sich die Freude von Isolde nicht vorstellen, als sie am Morgen Tristans Brief öffnete. Man kann sich die Freude von Isolde nicht vorstellen, als sie am Morgen Tristans Umschlag öffnete.

Wir ersehen, daß die lexikalische Einheit BRIEF sich vom Brief 1 qua Schreiben auf das System Brief 1 + Umschlag vererbt. (v)

Die folgenden Ausführungen stehen unter dem Gesichtspunkt "Vererbung und Ikon"; als Ikone kommen dabei unter anderem Diagramme, Bilder und Photografien in Frage.

169

Wir gehen von einer Landkarte aus.

Wir betrachten j e t z t : (1 ) ( A . , auf die Karte zeigend): Hier ist Deutschland. (2 )

( A . , auf die Karte deutend): Deutschland hat eine Fläche von 1,5 cm2 , ( 2 ' ) ^Deutschland hat auf dieser Karte eine Fläche von 1,5 cm . (+)

Angesichts von ( 1 ) können wir zunächst sagen, daß sich der Ausdruck DEUTSCHLAND von der geographischen Entität auf ihr Kartenbild vererbt. (2) / ( 2 ' ) zwingt uns aber, dieses Vererbungsverhältnis präziser zu fassen. Dies geschieht mit Hilfe von Referenzgleichungen: (a)

1. Ref. ( ) = R e f · ("Deutschland") 2. Ref. ( "Deutschland" ) = Deutschland Ref.

(

.-1.

) = Deutschland

"Deutschland" referiert also nur in dem Sinne auf das Kartenbild von Deutschland, als in (a) Gleichung 1 . gilt. Man hüte sich davor, (a) mit (b) zu verwechseln: (b)

1. R e f . ( "Deutschland" ) = 2. R e f . ( Ref.

CHI^

^

=

Deutschland

( "Deutschland" ) = Deutschland

Wir gehen j e t z t von der folgenden Situation aus: Herr X zeigt Besuchern Photograf ien. Wir betrachten j e t z t mögliche Äußerungen von X, während er auf ein Kinderphoto deutet:

170

(3 ) (3') (4 )

"Das ist mein Vater im Alter von 8 Jahren." " D a s ist mein Vater." "Das ist (der Schriftsteller) Günter Grass im Alter von 8 Jahren." (+) (4') D a s ist (der Schriftsteller) Günter Grass. (5 ) Das ist ein Kinderphoto meines Vaters. Er ist auf dem Bild übrigens 8 Jahre alt. (5') Das ist ein Kinderphoto meines Vaters. Er ist übrigens 8 Jahre alt. (+)

Wir stellen zunächst wieder die Referenzgleichungen zusammen : (c)

1. Ref. ( f ) = Ref. ("Günter Grass als 8-Jähriger") 2. Ref. ("Günter Grass als 8-Jähriger") = Günter Grass als 8-Jähriger .'. Ref. ( ^ ) = Günter Grass als

(d)

8-Jähriger

1. Ref. ("Günter Grass als 8-Jähriger") = } 2. Ref. ( ;( ) = Günter Grass als 8-Jähriger ./. Ref. ("Günter Grass als 8-Jähriger") = Günter Grass als 8-Jähriger

(3) - ( 5 ' ) laden zu weiterem Kommentar ein: Sie legen es nahe, die Ikone selber als Referenzpunkte (Parameter) aufzufassen, an denen die betreffenden NPs ausgewertet werden. - ( 3 ' ) etwa ist deshalb inakzeptabel, weil die in Rede stehende NP zwar eine korrekte Beschreibung der referierten Person bezogen auf den Sprechzeitpunkt liefert, nicht aber bezogen auf den Bildparameter. Wir können in diesem Fall sagen, daß der Bildparameter den Sprechzeitparameter dominiert< (5) / ( 5 ' ) zeigt, daß bei nachfolgendem pronominalem Bezug die explizite Einführung des Bildparameters notwendig wird. Wie aber steht es im Fall ikonischer Darstellungen, für die es Referenzobjekte aktual weder gibt noch je gegeben

171

hat: Sollen wir hier den sprachlichen Ausdruck direkt auf das Ikon verweisen lassen? - Dies hätte aber den Nachteil, daß wir bei Vorliegen verschiedener ikonischer Darstellungen einer einzigen fiktiven Gestalt - etwa Rotkäppchen - sagen müßten, daß - im Beispiel - ROTKÄPPCHEN ambig ist. Wenn wir dies vermeiden wollen, werden wir auch fiktive Gestalten in unser "universe of discourse" aufnehmen. - Für fiktive Entitäten ist dann der oben beschriebene Ansatz ebenfalls anwendbar.

1.3.6.6

Vagheit

Nachdem wir im letzten Kapitel die Individuationsfrage motiviert durch spätere Bedürfnisse dieser Arbeit - kurzzeitig verlassen haben, kehren wir jetzt in der Untersuchung des Vagheitsphänomens wieder zu ihr zurück. In der Repräsentation des E-V-Schemas sind wir von der ontologischen Tatsache ausgegangen, daß empirische Gegenstände entstehen, existieren und wieder vergehen. Die Grenze zwischen Existenz und Nicht-Sein ist aber nicht scharf, sondern unbestimmt. Im Beispiel: Ein Bleistift oder eine Zigarette gehen durch Gebrauch in einen Bleistiftstummel beziehungsweise eine Zigarettenkippe über. Die Prädikatenpaare BLEISTIFT/BLEISTIFTSTUMMEL und ZIGARETTE/ZIGARETTENKIPPE weisen keine definiten Abgrenzungen, sondern Vagheitszonen auf. Wir beschreiben zunächst eine Erklärung von Vagheit mittels des Begriffs der Super-Bewertung. Dieser Begriff wird von BAS VAN FRAASSEN (1971: 95) wie folgt definiert: Def. 1; Eine Bewertung s ist eine Super-Bewertung für eine Sprache L genau dann, wenn es eine nicht-leere Menge K zulässiger Bewertungen für L derart gibt, daß für alle Sätze A von L gilt:

172

1. s ( A ) = W genau dann, wenn V ( A ) = W für 2. s ( A ( = F genau dann, wenn V ( A ) = F für 3. Andernfalls ist s ( A ) nicht definiert

alle V alle V K

Soll Vagheit beschrieben werden, so wird man K sinnvollerweise als Menge der möglichen Präzisierungen von L auffassen Der Begriff der Super-Bewertung kann folgendes leisten: 1. Das Bivalenzprinzip "WAHR(A) oder FALSCH(A)" - für natürliche Sprachen ungültig angesichts von Wahrheitslücken bei Referenzversagen, falschen Präsuppositionen und eben Vagheit - kann aufgegeben werden. 2. Gleichzeitig ist es aber möglich, die Theoreme der klassischen Logik als gültig zu erweisen und damit zu bewahren. Wir illustrieren und motivieren anhand des uns hier interessierenden Problems der Vagheit: Wir gehen dazu von der Rot-Zone der Farbskala aus, a sei ein Gegenstand der Vagheitszone von Rot. Es gelte also: Nicht-Rot /

Rot ^> -"_^>'

ua ^

Nicht-Rot

| -^

»>

Vagheitszone von Rot Eine (Super-)Bewertung s sollte nach intuitivem Maßstab liefern: 1. s ( " a ist rot")

ist bezüglich des Wahrheitswertes nicht

definiert 2. s ( " a ist nicht rot")

ist bezüglich des Wahrheitswertes

nicht definiert. 3. s ("a ist rot oder a ist

nicht rot")

Vergl. etwa auch KIT FINE ( 1 9 7 5 )

= W

173

Liegt a im Vagheitsbereich von Rot, so gibt es Präzisierungen V1 derart, daß V., ("a ist r o t " ) = W; unter einer Präzisierung ist hier die aufteilende Zuweisung des Vagheitsbereichs zu den Zonen Rot und Nicht-Rot zu verstehen. Aus den bivalenten Wahrheitsbedingungen für Negation ergibt sich: V1 ("a ist nicht rot") = F. Also gilt V1 ("a ist rot oder a ist nicht r o t " ) = W. Ebenso gibt es Präzisierungen V_ derart, daß V» ("a ist rot") = F; die bivalenten Wahrheitsbedingungen für Negation liefern: V 2 ("a ist nicht r o t " ) = W. Also gilt wieder: V 2 ("a ist rot oder a ist nicht rot") = W. Nehiren wir K als die durch V1 und V_ gebildete Menge, so erhalten wir gemäß der Definition der Super-Bewertung: s ("a ist rot oder a ist nicht rot") = W; s ("a ist rot") und s ("a ist nicht r o t " ) bleiben Undefiniert. Probleme des Super-Bewertungstheorie-Ansatzes: (i

)

Die Super-Bewertungstheorie in der geschilderten Form geht in ihrer Anwendung auf das Vagheitsproblem davon aus, daß Vagheitszonen feste Grenzen aufweisen. Eben dies ist aber nicht der Fall.

(ii

)

Es seien F und G Prädikate, a ein Gegenstand in der gemeinsamen Vagheitszone von F und G. Eine Bewertung s sollte also liefern: 1. s ( F ( a ) ) ist nicht definiert 2. s ( G ( a ) ) ist nicht definiert 3. s ( F ( a ) v G ( a ) ) = W Für die Super-Bewertungstheorie ist s ( F ( a ) v G ( a ) ) = W genau dann, wenn " F ( a ) v G ( a ) " von allen Präzisierungen erfüllt wird. Es ist nun aber leicht formal eine Präzisierung V angebbar, für die gilt:

174

1.

V(F(a)) = F

2.

V(G(a)) = F

.'.

V(F(a) v

G(a)) = F

Notwendig sind hier selbstverständlich Restriktionen über der Menge der Präzisierungen. Diese Restriktionen haben in unserem Beispielfall

folgen-

des zu leisten: Wird V ( F ( a ) ) zu W präzisiert, so wird V ( G ( a ) ) zu F präzisiert; wird V ( F ( a ) ) zu F präzisiert, so wird V ( G ( a ) ) zu W präzisiert. Wir zeigen j e t z t , daß an dieser Stelle F. v. KUTSCHERAs ( 1 9 7 1 ) Theorie der

Familienähnlichkei-

ten sinnvoll eingreifen kann: Wir gehen dazu wieder von einem instruktiven Beispiel aus; die Ähnlichkeits-Abstandsfunktion sei wieder die räumliche Entfernung:

1

, 5"

5"

Es möge gelten: B.

B

,b}

- \°.*\

Wegen des gleichen Abstandes von e zu F.. und F» ist

eine Einordnung von e in F.. oder F_ nicht mög-

lich; e gehört deshalb in den gemeinsamen Vagheitsraum von F1 und F«. Was passiert, wenn wir die Beispielklassen B. und B_ vereinigen? Wie man leicht sieht, erzeugt

[e|. Dieser Menge entspricht aber als zugeordnetes Prädikat B 2 nicht F I

F», sondern

175

F1 v F« (v ist der zum Satz-Junktor analoge Operator zwischen Prädikaten), in dessen Extension jetzt wie gewünscht e f ä l l t . (iii)

So sinnvoll es ist, formale Erörterungen der obigen Art überhaupt einmal durchzuführen: Sie müssen unvollständig, ja sogar fehlerhaft bleiben, wenn nicht die pragmatischen Umstände mitberücksichtigt werden. - Wir zeigen dies wieder am Beispiel: Wir gehen dazu von der folgenden Gesprächssituation aus: (1) A: "Hast du mir einen Bleistift? Ich muß nur schnell diesen Schein hier ausfüllen." B: "Hier hast du einen." Angenommen, der angebotene Bleistift habe eine abgebrochene Spitze, sei also nicht unmittelbar funktionsfähig. Es ergeben sich die folgenden Möglichkeiten:

1. A besitzt einen Bleistiftspitzer, der es ihm ermöglicht, den Bleistift wieder unmittelbar funktionsfähig zu machen. Er wird dann den angebotenen Gegenstand qua "Bleistift" akzeptieren. 2. A besitzt keinen Bleistiftspitzer, der es ihm ermöglicht, den Bleistift wieder unmittelbar funktionsfähig zu machen. Er wird dann den angebotenen Gegenstand nicht qua "Bleistift" anerkennen. Seine verbale Reaktion auf B's Antwort wird davon abhängen, was seine Annahmen sind: a) A glaubt, daß B glaubt, daß A einen Bleistiftspitzer besitzt: A's Antwort könnte dann lauten: (2)

A: "Danke für deine Bemühungen. Leider habe ich keinen Bleistiftspitzer bei m i r . "

b) A glaubt, daß B nicht glaubt, daß A einen Bleistiftspitzer bei sich f ü h r t . In diesem Fall könnte A antworten: (3) A: "Willst du mich ärgern? Ich wollte was zum Schreiben!"

176

3. B glaubt, daß A einen Bleistiftspitzer besitzt. Er ist

dann der Auffassung, auf A's Frage/Aufforderung

korrekt reagiert zu haben und wird den angebotenen Gegenstand auch in diesem Sinn als "Bleistift"

ver-

stehen. 4. B glaubt nicht, daß A einen Bleistiftspitzer besitzt. Er wird in einem solchen Fall den angebotenen Gegenstand auch selber nicht im Sinne der Situation als "Bleistift" einschätzen. (B's Verhalten könnte etwa als Boshaftigkeit intendiert sein). Aus dem Beispiel wird ersichtlich, daß die Tatsache, ob ein Gegenstand ist

unter eine Beschreibung B f ä l l t , abhängig

von den Annahmen, die Sprecher und Hörer machen.

Sprecher und Hörer können dabei zu verschiedenen

Auffassun-

gen kommen. Um Situationen analog der geschilderten zu konstruieren, bedarf es im übrigen nicht unbedingt "defekter" Objekte. Man betrachte zum Beispiel ( 4 ) : (4

)

A: "Hast du mir zufällig etwas zu trinken?" B: "Hier hast du eine Flasche Wein."

Der Leser möge in Analogie zu ( 1 ) die verschiedenen Konstellationen betrachten, die sich in Abhängigkeit von Existenz und Nicht-Existenz

eines Korkenziehers ergeben i

In Abschluß zu diesem Kapitel wollen wir die Begriffe von "Vagheitsraum" und "Korrekturraum"

einführen und gegen-

einander abgrenzen. Zur Motivierung des letzteren betrachten wir zunächst: (5

)

Alle meine Freunde, außer Hans, sind am Geburtstag erschienen.

(5'

)

Alle meine Freunde sind am Geburtstag schienen,

1)

er-

außer Hans.

Vergl. auch D II 2 . 2 . , D III 2 . 2 . 2 . 2 und D IV 1.2 für eine Anwendung von Korrektursätzen.

177

(5'' )

Alle meine Freunde sind am Geburtstag erschienen, außer Hans ist

(5''')

+

Alle meine Freunde sind am Geburtstag erschienen. Außer Hans ist

(6

)

erschienen. erschienen.

Alle meine Freunde, nur Hans nicht, sind am Geburtstag erschienen.

(6"

)

Alle meine Freunde sind am Geburtstag

er-

schienen, nur Hans nicht. (6'' )

Alle meine Freunde sind am Geburtstag schienen, nur Hans ist

(6''')

er-

nicht erschienen.

Alle meine Freunde sind am Geburtstag erschienen. Nur Hans ist

nicht erschienen.

In den obigen Sätzen kommt es zu "Korrekturen": Beispiel: Ausgangssatz

(i ) : Alle meine Freunde sind am Geburtstag erschienen.

Korrektursatz ( i i ) :

Alle meine Freunde außer Hans sind am Geburtstag erschienen.

In (5) /

( 5 ' ) ließe sich der B e g r i f f der Korrektur theo-

retisch vermeiden:

( 5 ' ) kann - argumentatorisch abge-

stützt durch ( 5 ' ' ) - aus (5) mittels der Transformation AUßER-Transportation abgeleitet werden: Außer-Transportation; SB:

U - E V

j

1

SV;

1

-

2

2

Ü W - AUßEK/ABGESEHEN VON - X] -J Y ] - Z

HP

3

'

3

Die unterstrichene NP in

4

N P 5

r

6

5+46

(5) bekäme dann Strukturzuwei-

sung ( i ) , nicht Strukturzuweisung ( i i ) : (i )

( Alle (meine (Freunde

(außer H a n s ) ) ) )

(ii)

( ( A l l e (meine F r e u n d e ) ) ( a u ß e r H a n s ) )

Eine entsprechende Deutung versagt aber für ( 6 ' ) -

(6'''),

wo die Korrektur nicht sinnvoll in die NP integriert werden k a n n .

178

In den folgenden Beispielen zeigen wir, daß Korrekturen nicht willkürlich angesetzt werden dürfen: (7)

(8)

(9)

A: "Wie geht's eigentlich deinen Freunden Karl, Fritz, Heinz und Oskar?" + B: "Es geht allen gut. Nur Karl, Fritz und Heinz geht es schlecht." A: "Haben alle EWG-Staaten dem Vertrag zugestimmt?" B: "Ja, alle, nur acht Staaten haben den Vertrag abgelehnt." A: "Sind eigentlich alle deine vier Geschwister etwas geworden?" + B: "Ja, alle, nur Charly, Ede und Willi sind auf die schiefe Bahn geraten."

Wir definieren jetzt: Def .2; Wenn y eine Äußerung ist, dann ist der Vagheitsraum von y genau dann, wenn die Klasse der Präzisierungen von y ist. Def.3; Wenn y eine Äußerung ist, dann ist der Korrekturraum von y genau dann, wenn die Klasse der Korrektursätze von y ist. Das Verhältnis von Vagheitsraum und Korrekturraum kann durch den folgenden Satz charakterisiert werden: Satz : Es sei der Vagheitsraum, y der Korrekturraum von z. Es gilt dann: y =0 Begründung; Präzisierungen "addieren" Information, Korrektursätze substituieren Information.

' Dem Begriff des Vagheitsraumes entspricht die "communication class" in M.J.CRESSWELL (1973: 5 9 ) .

179

1.4

Individuationsstrukturen

Wir gehen von der folgenden Definition aus: Def.;

= < D , R > ist eine IndividuationsStruktur genau dann, wenn D eine Menge von Objekten ist und R eine Menge von Relationen zwischen Elementen in D, wobei durch R raum-zeitliche Abhängigkeiten, insbesondere Persistenzverhältnisse zwischen Elementen in D, beschrieben werden.

Bemerkung; Graphentheoretisch sind Individuationsstrukturen als Bäume zu charakterisieren. Wir unterscheiden: Elementare a

Individuationsstrukturen

)

Wir haben es mit nur einem einzigen Objekt in seinem raum-zeitlichen Bestehen zu tun.

Wir kennen Verschmelzung aus der Physik; man denke an Mischungsprozesse oder Kernfusionen. c

>

t

180

Wir kennen Aufspaltung ebenfalls aus der Physik; man denke an Teilchenzerfall. d) Abspaltung

Man denke beispielhaft an einen Splitter, der sich von einer Vase löst, ohne daß die Vase aufhört, als Vase zu existieren.

et

-'^^

'

f

^T*S" > NOM+MenN innerhalb einer Amalgamstrukturanalyse ohne Schwierigkeiten vermeiden läßt, ist die Rekursion von DET fest in der Quantorenstrukturanalyse verankert.

2.2.4

Quantitative und Pronominaleierung

Wir betrachten:

(1)

(2)

Anna kaufte eine Tüte Nescafe. (a) Sie hielt allerdings nicht lange vor. (b) ?Er hielt allerdings nicht lange vor. Wüstenkarl trank in der Oase einen Schluck Wasser.

210

(a) Er schmeckte allerdings sehr salzig, ( b ) ? E s schmeckte allerdings sehr salzig. MenQ; (3)

Fritz kaufte eine Schachtel Zigaretten. (a) Sie war für eine Woche sein einziger Genuß, (b)?Sie waren für eine Woche sein einziger Genuß,

(4)

Das Rudel Wölfe griff uns an. (a) Es war sehr hungrig. (b)?Sie hatten sich schon lange nicht mehr satt essen können.

Die Beispiele weisen aus, daß der Pronominalbezug sich an MasQ/MenQ orientiert. Insbesondere (3) / (4) zeigt, daß durch Applizierung der MenQ an die MenN (Operator-OperandVerhältnis) eine Gegenstandsformierung erreicht wird, die den (pronominalen) Bezug auf die konstituierenden Elemente kaum mehr zuläßt (vergl. die Überlegungen zum Kohäsionsbeg r i f f i ) . Dieser Befund verstärkt sich in (5) und (6) zur Inakzeptabilität: (5)

Anna wollte Zigaretten. Fritz k a u f t e eine Schachtel. (a)

Sie reichte allerdings nur für eine Woche.

(b) Sie reichten allerdings nur für eine Woche. (6)

Ein Rudel Wölfe näherte sich uns. Plötzlich griff das Rudel an. (a) Es hatte sich schon lange nicht mehr satt essen können. (b)

Sie hatten sich schon lange nicht mehr satt essen können.

Wir gehen j e t z t zu den folgenden Beispielsätzen: (7)

Auf dem Feld graste eine Schafherde. (a) Sie tat sich an dem Gras gütlich. (b) Sie taten sich an dem Gras gütlich.

(8)

Eine Hundemeute paßte a u f . (a)

Sie wich nicht von der Stelle.

211

(b)

Sie wichen nicht von der Stelle.

Die amalgamierten Phrasen lassen einen pronominalen Bezug auf die konstituierenden Objektelemente überhaupt nicht zu (vergl. mit (3) / ( 4 ) ) . Versuchen wir es j e t z t noch mit der Möglichkeit der Selektion: ( 7'

)

( 8'

)

Auf dem Feld graste eine Herde Schafe/eine Schafherde. Zwei von ihnen machten sich an einem Weidenbaum zu schaffen. Eine Meute Hunde/Hundemeute stürzte sich auf den Schäfer. Drei von ihnen sprangen ihm an die Kehle.

( x ' ) zeigt die Unmöglichkeit, Selektion in der so gewählten Formulierung durchzuführen. Wenden wir uns j e t z t abgeschlossenen Mengenquantitativen zu. Wir betrachten - EHEPAAR - ELTERN

( 9

)

( 9'

)

( 9'' )

( 9''')

Ehepaar Schnuckel ist sehr exzentrisch. E_s k a u f t sich jeden Monat ein neues Auto. e Ehepaar Schnuckel ist sehr exzentrisch. Er k a u f t sich jeden Monat ein neues Auto, sie verschenkt es im gleichen Monat an ihren Liebhaber, Herrn Schrott. Herr und Frau Schnuckel sind sehr exzentrisch, Herr Schnuckel k a u f t sich jeden Monat ein neues Auto, und Frau Schnuckel verschenkt es im gleichen Monat an Herrn Schrott, ihren Liebhaber. Herr ~^™ und Frau Schnuckel sind sehr exzentrisch. T^^^ -^^^^™·^^^^™ * Er k a u f t sich jeden Monat ein neues Auto, und sie verschenkt es im gleichen Monat an Herrn Schrott, ihren Liebhaber. J

212

(1O

)

Meine Eltern sind sehr streng. Sie sind Strenge von ihren Eltern gewohnt. + (10' ) Meine Eltern sind sehr streng. Er prügel^ und sie keift. (10" ) Mein Vater und meine Mutter sind sehr streng. Mein Vater prügelt, und meine Mutter k e i f t . (1O"') Mein Vater und meine Mutter sind sehr streng. Er prügelt, und sie keift.

Kommentar: Wir haben in ( 9 ' ) gezeigt, daß es Wörter gibt, die nicht "anaphorische Inseln" sind (das heißt^, im Falle von EHEPAAR sind die semantischen Komponenten EHEMANN und EHEFRAU pronominal referierbar ; die Pronomina sind:· dabei zu akzentuieren) . Das Lexem EHEPAAR scheint hier aber vereinzelt zu stehen, wie sich schon bei ELTERN in (10') bestätigt. Allerdings ist die hier besprochene Referierungsmöglichkeit bei EHEPAAR auf andere Versprachlichungen dieses Lexems erweiterbar (vergl. ( 9 ' ' ' ) , insbesondere wieder dessen Kontrast z u ( 1 0 ) ) .

2.2.5

Quantitative und Reflexivierung

Die Tatsache, daß sich Mengenquantitative gegen einen pronominalen Bezug auf ihre Denotatkonstituenten sperren, ist für uns Zeichen hoher Kohäsion für diese Ausdrücke. Wir verfolgen den Kohäsionsgedanken jetzt weiter, wenn wir uns der Reflexivierung zuwenden. Die Fragestellung lautet hier: Inwieweit kann Reflexivierung auf Denotatkonstituenten von Mengenquantitativen Bezug nehmen? Wir beginnen unsere Überlegungen mit ( 1

)

Fritz und Anna waschen sich im Bad.

213

(1)

läßt sich als ( ) und als (1") interpretieren: (1' y®'Fritz wäscht Fritz im Bad, und Anna wäscht Anna im Bad. (1" ) Fritz wäscht Anna im Bad, und Anna wäscht Fritz im Bad.

(1") läßt sich noch als (1'") und als ( 1 ' v ) ausdrücken: (1"') (1' v )

Fritz und Anna waschen einander im Bad. Fritz und Anna waschen sich gegenseitig im Bad.

Wir gehen davon aus, daß die logische Grundstruktur von ( 1 ) durch (1 ) repräsentiert, wird:

Über das Muster (1 ) lassen sich dann zwei Interpretationen legen: (a) die S-Interpretation ("S" für "selber") (b) die G-Interpretation ( " G " für "gegenseitig") Mit anderen Worten: Auch die G-Interpretation leitet sich für uns aus einer reflexiven Struktur ab. Bevor wir die bisher vorgetragenen Gedanken in ein allgemeineres Modell zur Reflexivität einmünden lassen, wollen wir zunächst noch die folgenden Sätze betrachten und daran den Kohäsionsgedanken illustrieren: (2 (2' (3

) ) )

(3'

)

Herr und Frau Spätzchen lieben einander sehr, Ehepaar Spätzchen liebt einander sehr. Herr Holzapfel, Frau Holzapfel und ihre Kinder Karl und Apfelsine helfen einander gern im Haushalt. Familie Holzapfel h i l f t einander gern im Haushalt.

( x ' ) ist Indikator dafür, daß die jeweiligen (abgeschlossenen) Mengenquantitative ein hohes Maß an Kohäsion besitzen; wie (x) wieder zeigt, ist die Kohäsion konjugierter Phrasen geringer.

214

Wir versuchen jetzt wie versprochen ein allgemeines Modell zur Reflexivität aufzustellen. Der Einfachheit halber gehen wir von Zweiermengen aus, die wir mittels R zueinander in Relation setzen: + + x) M (1

R R

,(a,l (a,K )bJ ' Ib P

(

Wird S-Interpretation und G-Interpretation auf (1 ) ange wandt, so erhalten wir die folgenden, aus sich verständlichen graphischen Ausfaltungen: (i

)

S-Interpretation:

R > b

(ii

)

G-Interpretation R a -* b R

Wir geben j e t z t auch noch die anderen kombinatorisch möglichen Interpretationen an und fragen nach ihrer Realisie rung innerhalb der deutschen Sprache; aus ökonomiegründen werden isomorphe Interpretationen ausgelassen:

>a

Aus einleuchtenden Gründen kann eine Reflexivaussage über ein Objekt nicht als Reflexivaussage über eine Menge ausgedrückt werden, die dieses Objekt enthält. (i

)

/ia

R

> b fl

Ebenso wird sinnvollerweise eine Relation zwischen a und b nicht als Relation zwischen Mengen ausgedrückt, die a und b enthalten.

215

(v

)

a

-»b

a

> b

Auch (v) ist

(vi

)

keine Interpretation von (1

R a, b-

(vi) kommt ebenfalls nicht als Interpretation von (1 ) in Frage. R

(vii )

a

-> a R

b. a

Auch (vii) scheidet als Interpretation von (1 ) aus. (viii) aa

-> a

b.

Wieder gilt: (viii) ist keine Interpretation von (1 ) .

(ix ) R

b a

} b

(S+G - Interpretation)

R

i b R

h

(4)

—;> Λ

Wir betrachten Jesus Christus gebot den Menschen, sich zu lieben.

)

216

Moderne Bibelexegese deutet ( 4 ) im Sinne der S+G-Interpretation; der normalsprachliche Sprecher des Deutschen wird aber (4) nur eine G-Interpretation überstreifen. Wir definieren jetzt: D e f . 1 ; Eine Interpretation I einer Reflexivstruktur REFLEX = R (

/a^

,

(a±]

> i

6 A;

) A | 2 2

ist parasitär genau dann, wenn

? a.

R

) a. |

für genau ein a. beziehungs-

weise a . mit a. £ a . . D e f . 2 ; Eine Interpretation I einer Reflexivstruktur REFLEX = R (

fa.j

,

( a±}

)

± 6 A.

, A/ , 2

ist hybrid genau dann, wenn es a l. , a Jj- , a, derart ™ i——· — gibt, daß a ]. ^ a,K und I' = (a. l l

^a.

^

I.

Wir können jetzt die folgende These aufstellen: These; Interpretationen deutscher SICH-Konstruktionen sind weder parasitär noch hybrid. Diese These gilt es auch in den folgenden Überlegungen zu bestätigen. In (1 ) wurde die Binnenstruktur von a und b unberücksichtigt gelassen. Jetzt wollen wir annehmen, daß a und b Klassen sind. (1 ) wird dann zu (1 ) ausgefaltet (wir setzen die Mächtigkeit unserer Klassen aus Einfachheitsgründen bewußt niedrig an; unsere Beispielsätze werden sich daran allerdings nicht halten):

217

R(

ib'

( ( 1+++ ) wird zunächst mittels S (=S-Interpretation) u n d G (=G-Interpretation) gedeutet: S und G können dabei als Operatoren aufgefaßt werden. Es gibt dann die folgenden Interpretationsmöglichkeiten: (i ) Auf (1 ) wird S angewandt. Es gilt dann:

Auf S ( (1 )) können jetzt wieder S und G angewandt werden. Es gibt die folgenden Möglichkeiten: Auf beide Elemente von S ( ( 1 es ergibt sich

) ) wird S angewandt;

K

a

> a R

h

—v b R

c

·> c R

d

i d

Wenn wir die Innenklammern weglassen, erhalten wir

f

a —

» a R

b

> b R

c

» c R

d

s d

Die vorliegende Struktur ist keine Hybridstruktur. Ihr entsprechen die folgenden Sätze: (5)

Als unsere beiden Gruppen in der Jugendherberge übernachteten, mußten sie sich morgens im Freien waschen.

218

(6)

Wenn Pilgergruppen in Rom sind, kaufen sie sich meistens Heiligenbildchen.

U2)

Wird auf ein Element von S ( ( 1 +

) ) S, auf das

andere G angewandt, so erhalten wir

schließlich

R

R

Die vorliegende Struktur ist eine Hybridstruktur, die im Deutschen in einer SICH-Konstruktion offensichtlich nicht realisiert ist. Werden beide Elemente von S ( ( 1 terpretiert, so erhalten wir:

)} mittels G in-

R R R

-> d

Es liegt keine Hybridstruktur vor. Natürlichsprachliche Entsprechungen sind:

(ii)

(7)

Die meisten Familien, die ich kenne, streiten sich.

(8)

Viele Ehepaare lassen sich scheiden, weil sie sich nicht mehr gut verstehen.

Auf (1

) wird G angewandt. Es gilt dann

a, l b J c, d

R

R

a, b

219

Auf G ( ( 1 + + + ) ) läßt sich S oder G formal nicht mehr anwenden. Wieder liegt keine Hybridstruktur vor. Sprachliche Entsprechungen dieses Strukturtyps sind: ( 9)

Familie Zufrieden und Familie Heit verstehen sich deshalb so gut, weil die beiden Familien selten zusammenkommen.

(1O)

Ehepaar Schmidt und Ehepaar Schmied streiten sich deshalb so selten, weil beide Paare viel miteinander gemeinsam haben.

(iii)

Wir wenden j e t z t auf die beiden Relate von ( 1 ' ' ' ) die mengen-theoretische Operation der großen Vereinigung an und erhalten: i a, b, c, d

R(

Auf

(1

) können wir

(iii..) Anwendung von S auf

a, b, c, d

j e t z t S oder G anwenden:

(1

) liefert

w a

a R

b c

-» b R P

R d

\ d

Es gilt der Kommentar zu (i..) Anwendung von G auf (1 graphischer Erweiterung: f

R

) liefert in sinngemäßer

220

Die vorliegende Struktur kommt als Interpretation von (1 ) nicht in Frage. Man beachte illustrativ zum letzten Punkt: Falls wir (11 ) als

Ehepaar A und Ehepaar B verstehen sich gut.

(11')

Ehepaar A versteht sich gut mit Ehepaar B.

auffassen, so dürfen wir nicht zusätzlich aus ( 1 1 ) entnehmen, daß sich jedes Paar untereinander gut versteht, was für die (iii 2 )-Interpretation aber gefordert wäre. Wir geben abschließend das folgende Fazit: Unsere These, daß deutsche SICH-Konstruktionen weder parasitär noch hybrid sind, hat sich weiter bestätigt. Ferner haben wir an Beispielen gezeigt, daß für Mengenquantitative eine binnenstrukturelle Bezugsmöglichkeit besteht (vergl. (5) / (6) / (?) / ( 8 ) ) . Die Kohäsion der besprochenen Quantitative erweist sich dagegen an ( 9 ) , ( 1 O ) und ( 1 1 ) .

2.2.6

Systeme und Systemkomponenten

Die Denotate von Mengenquantitativen werden von uns als Systeme im Sinne von Def. 11 aus C 2 . 1 . 2 . 2 . aufgefaßt (die Klassensprechweise in Bezug auf Quantitative geschieht aus Gründen der Einfachheit). Im folgenden soll das Verhältnis von System und Systemkomponenten anhand von empirischem Material näher beleuchtet werden. Wir gehen dazu wieder von Beispielen aus: (1 ) (T)

Die CDU wählt heute ihren Vorsitzenden. Die Mitglieder der CDU wählen heute ihren Vorsitzenden.

221

(2 } (2') (3 ) (3'} (4 ) (4') (5 ) (5') (6 ) (6') (7 )

(?')

(8 )

(8'}

(9 )

(9'}

Die CDU ist in Deutschland Oppositionspartei. + Die Mitglieder der CDU sind in Deutschland Oppositionspartei. + Die CDU hat nur wenig Mitspracherecht in den obersten Parteigremien. Die Mitglieder der CDU haben nur wenig Mitspracherecht in den obersten Parteigremien. Der VfB Stuttgart hat einen neuen Präsidenten gewählt. Die Mitglieder des VfB Stuttgart haben einen neuen Präsidenten gewählt. Der VfB Stuttgart betreibt die beste Spielerpolitik in Deutschland. + * ^ D i e Mitglieder des VfB Stuttgart betreiben die beste Spielerpolitik in Deutschland. + Der VfB Stuttgart muß jetzt höhere Vereinsbeiträge zahlen. Die Mitglieder des VfB Stuttgart müssen jetzt höhere Vereinsbeiträge zahlen. Die französische Widerstandsbewegung hat sich im 2. Weltkrieg mit Charles de Gaulle identifiziert. Die Angehörigen der französischen Widerstandsbewegung haben sich im 2. Weltkrieg mit Charles de Gaulle identifiziert. Die französische Widerstandsbewegung war eines der Zentren ausländischer Opposition gegen Hitler. Die Angehörigen der französischen Widerstandsbewegung waren eines der Zentren ausländischer Opposition gegen Hitler. ' 'Die französische Widerstandsbewegung hat auch in Zeiten extremer Belastung nicht daran gedacht, auszusteigen. Die Angehörigen der französischen Wider-

222

Standsbewegung haben auch in Zeiten extremer Belastung nicht daran gedacht, auszusteigen. Kommentar; Die Sätze sind in folgender Weise geordnet:

(i

)

(ii )

(iii)

(D / (T) / (4) / ( 4 ' ) / (7) / ( 7 ' ) : System-Lesart und Systemkomponenten-Lesart fallen zusammen, (2) / ( 2 ' ) / (5) / ( 5 ' ) / (8) / ( 8 ' ) : Nur System-Lesart ist möglich, (3) / ( 3 ' ) / (6) / ( 6 ' ) / (9) / ( 9 ' ) : Nur Systemkomponenten-Lesart ist möglich. - MITGLIED - ANGEHÖRIGER - TEILNEHMER

können als Ausbuchstabierungen der mereologischen Teilvon-Relation beziehungsweise der mengentheoretischen Element-Beziehung verstanden werden. Inwieweit sind Systeme auf Systemkomponenten angewiesen? Diese provokative Frage stellen wir an den Anfang der folgenden Beispiele: (1O ) Die Müllers sind eine glückliche Familie.,. (10' ) Herr Müller liebt seine Familie. -3' (10") ?Familie- Müller lebte 5 Jahre in .n l Zufriedenheit. Dann verließ Herr Müller sie. (11 ) Die Berliner Philharmoniker reisen morgen nach Tokio. (11' ) Herbert von KaraJan dirigiert übermorgen in Tokio die Berliner Philharmoniker. (11") ?Die Berliner Philharmoniker unter Herbert von KaraJan reisen morgen nach Tokio. Der Dirigent freut sich, sie dort vor ausverkauftem Haus zu dirigieren.

223

Wir kommentieren anhand von (1O) - ( 1 O ' ' ) r In ( 1 O ) gehört Herr Müller selber noch seiner Familie an: in (1O'} steht er ihr gegenüber. Wir können dies so terminologisieren: In ( 1 O ) ist von einer Voll-Familie, in ( 1 O ' ) von einer Rest-Familie die Rede (in verallgemeinerter klassentheoretischer Sprechweise: Voll-Klasse versus Rest-Klasse). In ( 1 0 ' ' ) steht in Frage, ob die Voll-Klasse pronominales Antezedenz für die Rest-Klasse sein kann. Das Verhältnis von Voll-Klasse und Rest-Klasse kann am Beispiel der folgenden Sätze näher bestimmt werden: (12 )

Die Geschwister Karl und Peter haben gestern ihre Familie., (ihr Elternhaus) verlassen: Karl ist nach Amerika, Peter nach Rußland ausgewandert. + ( 1 2 ' ) ^ 'Die Geschwister Karl und Peter haben gestern ihre Familien., verlassen: Karl ist nach Amerika, Peter nach Rußland ausgewandert. SPD (13 ) SPD und und FD: FDP haben die gemeinsame Koalition verlassen. (14 ) Alle Mitgliedsländer sind aus der EWG ausgetreten, weil sie sich über grundsätzliche Punkte nicht einig werden konnten. ( 1 2 ) zeigt, daß Restklassen nicht nur durch Wegnahme eines einzigen Elements entstehen können; ( 1 3 ) / ( 1 4 ) sind aber extreme Beispiele d a f ü r , daß Minimalisierung von Restklassen nicht beliebig weit getrieben werden kann; in diesem Sinne sind - Antwort auf die eingangs gestellte Frage Klassen/Systeme eben doch von Elementen/Systemkomponenten abhängig. - In ( 1 2 ) muß eine Restklasse bezogen a u f ^ K a r l , Peter| zugrundegelegt werden. Dem in ( 1 2 ) geschilderten Sachverhalt gemäßer wäre eigentlich die Anoetzung zweier Restklassen: die eine bezogen auf [ K a r l , die andere bezogen auf [ Peter] . Diese Restklassen wären selbstverständlich verschieden. Unter diesem Gesichtspunkt müßte ( 1 2 ' ) akzeptabel sein. Die Tatsache, daß ( 1 2 ' ) in der

224

deutschen Sprache nicht realisiert ist, können wir als die Labilität von Restklassen bezeichnen. Restklassen sind gegenüber ihren Voll-Klassen sekundär, sind kontextuell abhängige Interpretationsprodukte; entsprechend dürfen wir auch keine durch Restklassen induzierte Ambiguität von FAMILIE- ansetzen. Wir schließen dieses Kapitel mit einer Beispielbatterie zu den abgeschlossenen Quantitativen - EHEPAAR - ELTERN ab: (15 ) Herr Müller hat seine Frau verlassen. (15' ) + Weißt du schon, daß Herr Müller das Ehepaar Müller verlassen hat? ( 1 5 ' ' ) A: "Das Ehepaar Müller soll ja immer noch in den Flitterwochen sein!" + B: "Daß ich nicht lache! Herr Müller hat es schon längst wieder verlassen!" (16 ) Mein Vater hat meine Mutter verlassen, (16' )

(16")

als ich noch ein Fötus war. Ich kann es immer noch nicht glauben, daß mein Vater meine Eltern wegen einer anderen Frau verlassen hat] A: "Deine Eltern sollen sich ja ständig streiten!" B: "Trotzdem bin ich enttäuscht, daß mein Vater sie gestern verlassen hat!"

Kommentar; ( x ' ) zeigt, daß wegen der Möglichkeit, die Restklasse qua Einerklasse über das Element zu beschreiben, ( x ' ) pragmatisch überflüssig und inakzeptabel wird. - ( x ' ' ) weist aus, daß ein Bezug auf die Rest-Klasse auch dann nicht (pronominal) möglich ist, wenn die zugehörige Vollklasse

225

durch einen unabhängigen Kontext schon eingeführt ist.

2.3

Kategorialgrammatische Formalisierung

Wir beenden unsere Ausführungen zu den Quantitativen mit kategorialgrammatischen Bestimmungen von Massenquantitativen und Mengenquantitativen in Phrasen der Form (i ) ein Scheit Holz (ii) eine Gruppe Menschen Wir weisen sowohl den MasQ als auch den MenQ die kategor ialgramma tische Kategorie # e , t , e , t » zu. Genauer legen wir fest: V(MasQ); Es sei a ein MasQ der Kategorie , ^ e , t » , b ein MasN der Kategorie ' e , t > . Es gilt .dann: V ( a ( b ) ) denotiert in einer Welt w diejenigen x, die folgende Bedingungen erfüllen: 1. ^ V ( b ) in w 2 wird in w seiner E'orm nach durch a charakterisiert. MenQ fassen wir nicht als Klassenausdrücke, sondern als Systemnomina a u f . Damit berücksichtigen wir, daß (Menschen-) Gruppen, (Tier-) Rudel oder (Insekten-) Schwärme substantielle Dinge unserer Welt sind und nicht konzeptuelle Entitäten, wie es für Klassen der Fall ist ' . Ebenso berücksichtigen wir damit, daß MenQ (meist) nicht bloße Individuenansammlungen denotieren, sondern diese Individuen durch Relationen zueinander in Beziehung setzen. Beachten wir in diesem Zusammenhang, daß die SystemZusammensetzung (vergl. auch D e f . 7 aus C 2 . 1 . 2 . 2 . ) 1)

Vergl. dazu M. BUNGE (1977: 52)

226

durch das MenN geliefert wird; im Beispiel: (ii ) eine Gruppe Menschen (iii) eine Gruppe Körperzellen können in einem bestimmten Zusammenhang auf dieselbe Entität verweisen; die durch die MenN induzierte Strukturierung ist jedoch verschieden. Eine Formalisierung muß offensichtlich machen, daß eine solche Strukturierung vorhanden ist und wie sie vorhanden ist. Wir legen jetzt fest: V(MenQ); Es sei a ein MenQ der Kategorie «e,t , < e / t v > , b ein MenN der Kategorie ^ e , t > . Es gilt dann: V ( a ( b ) ) denotiert in einer Welt w diejenigen additiven Verschmelzungen (Fusionen) ,l - ^- - ,5 . . .4-xn*·* von Elementen x . f die folgende Bedingungen erfüllen 1 . x^ V ( b ) in w. 2. x^x-^-x.,. . .*xn ist in w ein a. Betrachten wir (1 ) (T) (2 ) (2')

jetzt Ich warf ein Scheit Holz ins Feuer. Ich warf ein Scheit ins Feuer. Ich sah am Bahnhof eine Gruppe Menschen stehen. Ich sah am Bahnhof eine Gruppe stehen.

( x ' ) wird als Ellipse von (x) verstanden, ( x " ) kann dabei durch Tilgung des MenN gewonnen werden. Es ist so möglich, auch den MenQ in ( x ' ) die Kategorie « e , t , ) .

227

III

ZEIT - ENTITÄTEN

Dinge sind primär raumhafte Entitäten. In den Kapiteln von III werden wir es (in einem noch zu bestimmenden Sinn) mit primär zeithaften Entitäten( kurz: Zeit-Entitäten) zu tun haben: Zustand, Vorgang und Ereignis. Auf die Entität Zustand werden wir nur beispielhaft anhand dreier Nomina eingehen. Im Vordergrund werden Vorgang und Ereignis stehen.

1.

Zustand

Die Sprachintuition hat es nicht immer leicht, Zustand, Vorgang und Ereignis voneinander zu trennen. Im Fall von ÄRGER, FREUDE oder ANGST entscheidet sich allerdings die Sprache eindeutig: Die genannten Nomina bezeichnen (psychische) Zustände. - Wir heben ihren zeitlichen Status hervor: Im Gegensatz zu Karls Auto (einem Ding) können wir von seinem Ärger, seiner Freude und seiner Angst sagen, daß sie zu einem Zeitpunkt begonnen, zu einem Zeitpunkt geendet und eine Zeitspanne gedauert haben. Diese Sprechweisen unterscheiden sie auch von SCHÖNHEIT oder MUT (obwohl Karl selbstverständlich plötzlich mutig werden und Susanna ihre Schönheit verlieren kann, können wir nicht sagen, daß Karls Mut begonnen und Susannas Schönheit geendet h a t ) . - Falls wir Wert auf Terminologie legen: Die Sprache faßt ÄRGER, FREUDE und ANGST als okkasional, SCHÖNHEIT und MUT als permanent a u f . - In der logischen Konstruktion werden wir sie allerdings mit Hilfe derselben Begrifflichkeit behandeln. Wir wenden uns nun den drei Nomina ÄRGER, FREUDE, ANGST im einzelnen zu:

228

a)

ÄRGER;

Wir dokumentieren das kontinuative Vorkommen von ÄRGER. Gleichzeitig stellen wir die Individuationsfrage: (1 ) Karl-Otto erlebt viel Ärger in seinem Beruf. + (2 ) Seine Ärger ersäuft er im Wirtshaus. Wir können Karl-Ottos Ärger insofern individuieren, als er Karl-Otto zukommt; die Individuation geschieht also vermittelt über den Träger des Ärgers. Über diesen Träger ist Ärger auch in Raum und Zeit '. Sprachlich nicht möglich ist allerdings die Aufspaltung von Karl-Ottos Ärger über die Pluralisierung in zählbare Ärgerteile (vergl. ( 2 ) } . - Man beachte, daß das pluralisierbare Nomen ÄRGERNIS keine morphologische Variante zu ÄRGER darstellt: es bezeichnet das, was Anlaß zu Ärger gibt. b) FREUDE;

Wir gehen aus von: (3 ) Hänschen bereitet seinen (3') ?Hänschen bereitet seinen den. (4 ) ?Adam und Eva genossen im der Liebe. (4') Adam und Eva genossen im den der Liebe.

Eltern viel Freude. Eltern viele FreuParadies die Freude Paradies die Freu-

Im Gegensatz zu ÄRGER existiert für FREUDE eine Pluralisierungsmöglichkeit; diese ist mit einer Bedeutungsverschiebung für FREUDE verknüpft: Freude verzerrt sich ins Ironische und kann - wie in unserem fast idiomatisierten Beispiel ( 4 ' ) - ins Schlüpfrig-Sinnliche reichen, c) ANGST;

ANGST läßt wie FREUDE Pluralisierung zu. Im Gegensatz Wir dürften mit dieser Auffassung die Zxistimmung P.F. STRAWSONs (1971) finden, stehen damit aber in Gegensatz zu J. MORAVCSIK (1976: 333).

229

zu FREUDE sind Sg-Form und Pl-Form aber semantisch deckungsgleich: (5

)

(5' )

Anna hat gestern beim Zahnarzt große/ viel Angst ausgestanden. Anna hat gestern beim Zahnarzt große/ ( viele)Ängste ausgestanden.

In (5) / ( 5 ' ) wird die Intensität der Angst beschrieben. Betrachten wir nun aber ( 6 ) - ( 6 " ) : (6

)

(6' ) (6")

Anna hat in ihrem Leben viel Angst ausgestanden. Anna hat in ihrem Leben viele Ängste ausgestanden. Anna hat in ihrem Leben häufig Angst ausgestanden.

(6) - (6") sind gleichbedeutend. An die Stelle von Intensität (vergl. (5) / ( 5 ' ) ) setzt sich aber Häufigkeit. Häufigkeit fußt auf dem Zahlbegriff. Zählen wiederum setzt Einheiten voraus/ die gezählt werden. Einheit ihrerseits bedeutet Abgegrenztheit gegen anderes. Diese Abgrenzung wird in (6) - ( 6 ' ' ) von der Zeit geleistet: sie lokalisiert die einzelnen Angstmanifestationen auf der Zeitachse. Es mag erstaunen, daß auch (6) eine Häufigkeits-interpretation erhält. Eine Quantisierung von Angst ließe sich ja auch über die schon besprochene Intensität sowie die Dauer der Angst leisten. Eine Aufrechnung von Intensität oder Dauer ist dem Sprecher aber nur dann möglich, wenn das in Rede stehende Zeitintervall nicht zu lange ist. Gerade dies ist in (6) aber nicht der Fall. Dem Sprecher bleibt als einfaches, aber bequemes Maß die Häufigkeit ( f ü r die selbstverständlich auch eine Schätzzone zugestanden werden m u ß ) . Unseren Ausführungen widerspricht nicht, daß sich die Sprache gegen eine Ersetzung von VIELE in ( 6 ' ) durch ein Numeral sträubt:

23O

(7 )

Anna hat in ihrem Leben nur drei Ängste ausgestanden. Hier treten dann andere sprachliche Mittel an die Stelle: (7')

Anna hat in ihrem Leben nur dreimal Angst (Ängste) ausgestanden.

Wir geben jetzt abschließend ein Beispiel/ in dem der Sprecher keine Häufigkeits-interpretation wählt, da ihm ein ebenso präzises, dem Anwendungsfall aber gemäßeres Maß zur Verfügung steht: (8 ) (8')

Otto hat bisher im Lotto mehr Glück gehabt als Lotte. Otto hat bisher im Lotto häufiger Glück gehabt als Lotte.

(8) und ( 8 ' ) sind nicht gleichbedeutend. Um dies deutlich zu machen, stelle man sich vor, daß Otto bisher 1OO Mal 3 Richtige getippt hat, während Lotte das Glück, nur einmal auf sich zog, allerdings in Gestalt von 6 Richtigen. Die geschilderte Sachlage würde (8) falsch und (8') wahr machen. - Die Adverbialphrase induziert hier als Maß für Glück den Wert der Geldgewinne.

2.

Vorgang und Ereignis

Wir wenden uns jetzt Vorgang und Ereignis zu, wobei der Schwerpunkt auf dem Ereignisbegriff liegt. Ein integriertes mathematisches Modell wird am Ende aber beide wieder in einem gemeinsamen Kapitel vereinen.

231

2.1

Beispielmodell Laufen versus Lauf

Wir werden zunächst an einem kleinen Beispielmodell Vorgang und Ereignis kontrastieren. Die Kontrastierung wird anhand der Prädikate LAUFEN und LAUF gegeben, die wir als offene Formeln darstellen können: (i ) (ii)

ist ist

ein Laufen ein Lauf

(Laufen(x) ) (Lauf (x) )

LAUFEN ist ein Prädikat über Vorgängen, das wir aus generischen Verwendungen wie in ( 1 ) ableiten können; einen Reflex dieses Prädikats finden wir in ( 2 ) : (1 (2

) )

Laufen ist gesund. Dies mag zwar ein schnelles Gehen sein, ein schnelles Laufen ist es bestimmt nicht.

(2) läßt sich nicht auf ( 2 ' ) kürzen; ebenso ist die Verwendung von Numeralen bezüglich LAUFEN nicht möglich: (2' ) (3 )

Dies ist ein schnelles Laufen. Ich sehe mir gerade im Stadion 2 Laufen/ Läufen an.

Dagegen sind die LAUF-Gegenstücke zu ( 2 ' ) und (3) wieder voll grammatisch: (2'') (3' )

Dies ist ein schneller Lauf. Ich sehe mir gerade im Stadion 2 Läufe an.

Wir stellen uns jetzt zur modellhaften Illustrierung den 1OOm-Lauf eines Einzelläufers vor. Die Laufstrecke versehen wir in Gedanken auf natürliche Weise mit Koordinaten: Die Startlinie bekommt den Koordinatenwert O, das Ziel den Wert 1OO. Nach Ende des Laufes fragen wir uns, welche Laufabschnitte in die Extension von LAUFEN beziehungsweise LAUF fallen: a) Extension von LAUFEN

Als mögliche theoretische Antworten notieren wir: 1. Unter das Prädikat LAUFEN fallen alle Laufabschnitte

232

auch die nicht-kontinuierlichen. 2. Unter das Prädikat LAUFEN fallen nur die kontinuierlichen Laufabschnitte. 3. Unter das Prädikat LAUFEN fällt nur der Voll-Abschnitt ( O , 1 O O ) . Von den möglichen Antworten 1.-3. ist nur 1. die richtige Antwort. 1. muß allerdings in folgender Hinsicht modifiziert werden: - der Abschnitt (0,100) wird aus der Extension von LAUFEN genommen. Dadurch wird später erreicht, daß sich die Extensionen von LAUFEN und LAUF nicht überlappen. - Es gibt Abschnitte ( x , y ) , die so klein sind, daß sie nicht mehr in die Extension von LAUFEN fallen. Analoges haben wir schon bei den Massennomina angetroffen: Nicht jeder Teil eines Wasserquantums ist wieder ein Wasserquantum. b) Extension von LAUF Hier müssen wir uns - dem empirischen Sprachgebrauch folgend - für Antwort 3. entscheiden. Unter das Prädikat LAUFEN fallen Lauf-Vorgänge, unter das Prädikat LAUF Lauf-Ereignisse. Der Unterschied läßt sich auch so ausdrücken: LAUFEN ist ein duratives Prädikat, LAUF ein perfektives Prädikat. Durativität und Perfektivität werden in unserem späteren allgemeinen Modell zu Vorgang und Ereignis eine besondere Ausformulierung erfahren. Bemerkung; Wir haben in unserer bisherigen Darstellung unberücksichtigt gelassen, daß auch durative Verwendungen von LAUF existieren. Eine solche scheint mir in (4) vorzuliegen: (4) (A zu B bewundernd, während sie einem Lauf zusehen). "Schau dir diesen tollen Lauf an!"

233

2.2

Ereignis

Wir verlassen nun die gemeinsame Erörterung von Vorgang und Ereignis und wenden uns explizit dem letzteren Begriff zu:

2.2.1

Ereignis und ontologische Reduktion

Ereignisse gelten vielen Philosophen als dubiose Entitäten, die dringend ontologischer Klärung bedürfen; hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf das Individuationsproblem für Ereignisse, auf das im nächsten Kapitel eingegangen wird. Einige Philosophen ziehen gar die Eliminierung der Entität Ereignis mittels ontologischer Reduktion vor '. Reduktionisten machen sich dabei die Tatsache zunutze, daß singuläre Terme, die auf Ereignisse verweisen, meist über den grammatikalischen Prozeß der Nominalisierung entstehen. Der Reduktionist versucht dann, diesen Prozeß wieder rückgängig zu machen. Wir greifen uns HANS REICHENBACH (1947: 2 6 8 ) heraus, der nicht nur als einer der ersten zum Ereignisbegriff Stellung bezogen hat, sondern der auch deshalb für uns interessant ist, weil in seine Ausführungen die Zeit-Konzeption hereinspielt. REICHENBACH betrachtet ( 1 ) und ( 2 ) : ( 1 ) Die Krönung Georgs VI fand in der Westminster Abtei statt. (2) Georg VI wurde in der Westminster Abtei gekrönt. (2) denominalisiert den in (1) unterstrichenen Term. Der Reduktionist glaubt, durch die Überführung von ( 1 ) in (2) ' Für ein zeitgenössisches - allerdings nicht überzeugendes - Plädoyer vergl. TERENCE HORGAN ( 1 9 7 8 ) .

234

die Krönung Georgs VI qua Entität aus seiner Ontologie entfernt zu haben. REICHENBACH wollte mit seinem Beispielpaar (1) / (2) demonstrieren, wie eine ontologische Reduktion auszusehen hat. Für den Ereignisbegriff sieht er selber aber das reduktionistische Programm aufgrund des folgenden "Gegenpaares" als gescheitert an: (3) (4)

Auf das Erdbeben folgte die Explosion der Fabrik. Die Erde bebte zum Zeitpunkt t.. , die Fabrik explodierte zum Zeitpunkt t 2 / wobei t_ > t.. .

(4) ist die denominalisierte Entsprechung zu ( 3 ) . Es nimmt Bezug auf Zeitpunkte t., und t 2 . Zeitpunkte sind aber für REICHENBACH selber wieder Ereignisse (beziehungsweise Klassen gleichzeitiger Ereignisse). REICHENBACH zieht daraus den Schluß, daß im Fall von (3) / (4) nicht von EreignisEliminierung gesprochen werden kann. Das letzte Argument baut auf der Prämisse a u f , daß Zeit nicht aus sich heraus besteht, sondern durch Ereignisse erst konstituiert wird; es liegt also eine relationale Zeitauffassung zugrunde. Diese Prämisse wird von den Zeit"Absolutisten" nicht geteilt. Ist deshalb Ereignis-Reduktion als theoretische Möglichkeit gerettet? - Selbst wenn dem so wäre: Unabhängig davon bleibt die Tatsache bestehen, daß der Ereignisbegriff in der natürlichen Sprache selbst gut verankert ist. Dieses empirische Faktum hat für den linguistisch orientierten Philosophen stärkeres Gewicht als die potentielle Uberführbarkeit von "Ereignis-Sprache" in "Ding-Sprache". Wir geben deshalb dem ontologischen Reduktionismus nicht nach, sondern betrachten Ereignisse weiterhin als zulässige Entitäten. R. MONTAGUE ( 1 9 7 4 : 148 f f . ) , in dessen Aufsatz On the Nature of Certain Philosophical Entities sich logisches und ontologisches Interesse beispielhaft vereinigen, argumentiert ähnlich wie wir pragmatisch: MONTAGUE führt

235

als Argument gegen die ontologische Reduktion von Ereignissen die Möglichkeit von Quantifikation über Ereignisse an (sein Beispiel: (i) Nicht alle psychologischen Ereignisse haben physiologische Korrelate). Auf Sätze dieser Art will er nicht verzichten, da sie in Philosophie, Wahrnehmungspsychologie und Alltagserfahrung eine wichtige Rolle spielen (ebd.: 148)

2.2.2

.

Raum, Zeit und Individuation

Z, VENDLER ( 1 9 6 7 : 103 f . ) weist auf den primär zeithaften Status von Ereignissen hin: Auf Ereignisse sind die sprachlichen Indikatoren BEGINNEN, ENDEN, DAUERN und STATTFINDEN beziehbar (Ausnahme: punktuelle Ereignisse). Innerhalb der Entitäten-Typologie von E. ZEMACH (197O: 232) sind Ereignisse diejenigen Entitäten, die begrenzt in Raum und Zeit sind. Am Beispiel der Dimension Zeit: Existiert ein (zeitlich ausgedehntes) Ereignis zum Zeitpunkt t,

so existiert in t nicht das ganze Ereignis,

sondern nur ein Teil des Ereignisses · man rufe sich hier das gegensätzliche Verhalten bei der Entität Ding ins Gedächtnis zurück; in graphischer Umsetzung kann dieser Gegensatz

wie folgt dargestellt werden (a sei im einen

Fall eine Ding-Entität, im anderen Fall eine EreignisEntität: t sei der Anfangszeitpunkt, t der Endzeitpunkt der Existenz von a ) :

Implizit benutzt MONTAGUE hier das QUINEsche Ontologiekriterium.

236

(i) Ding-Entität

(ii) Ereignis-Entität;

s 1 TV «

v«*

c(-TM'(an+1)/;/1 M ' ( a ± ) )

1.-2. ergeben aber einen Widerspruch] Dieser Widerspruch entsteht dann, wenn mit F ( x ) auch F ' ( x ) ein Prädikat der Sprache sein soll, für die c definiert ist. F' läßt sich etwa so definieren: F ' ( x ) = def. F ( x ) (x=a 1 v ...

vx=am)v l F(x)

Als mögliche beispielhafte Auffüllung kommt in Frage: - F (x) = def. Wenn x ein Smaragd ist, so ist x grün. - F ' ( x ) = def. Wenn x ein Smaragd ist, so ist x gricht. - Gricht(x) = d e f . x wird in einem Zeitpunkt t L· t untersucht und ist grün, oder x wird nicht zu einem Zeitpunkt t £ t untersucht und ist nicht grün. Man nehme nun t als den gegenwärtigen Zeitpunkt. Wenn alle vorher untersuchten Smaragde grün waren, so wird man es für wahrscheinlich halten, daß auch die zukünftig untersuchten Smaragde grün sein werden. Nach Definition waren die bisher untersuchten Smaragde aber auch gricht. Dies wiederum legt die Wahrscheinlichkeitsannahme nahe, daß auch die zukünftigen Smaragde gricht sein werden, was nach Definition aber bedeutet, daß sie nicht grün sein werden

295

ein offenkundiger Widerspruch! GRICHT ist ein nicht-induzierbares Prädikat. Es verletzt das folgende schwache Induktionsprinzip IND: IND:

Wenn ein Prädikat F auf alle bisher untersuchten Objekte a.. ... a n z u t r i f f t , so ist es für hinreichend großes n wahrscheinlicher, daß F auch auf das nächste Objekt a .. zut r e f f e n wird, als daß F auf dieses Objekt nicht zutreffen wird.

Wir werden KUTSCHERAs Diskussion der Frage, wie sich Prädikate F, für die IND gilt, von solchen unterscheiden lassen, für die es nicht gilt, nicht wiedergeben; stattdessen werden wir charakteristische Auszüge aus seinem Schlußkommentar zitieren ( f ü r dessen Verständnis ist der Begriff der Vertauschbarkeitsannahme beziehungsweise des vertauschbaren Ereignisses wichtig; der letztere kann wie folgt definiert werden: Ereignisse E . (eines Wahrscheinlichkeitsraumes) sind vertauschbar genau dann, wenn sie mit derselben Wahrscheinlichkeit bewertet werden): Die Diskussionen haben gezeigt, daß man keinen empirischen Unterschied zwischen induzierbaren und nicht-induzierbaren Prädikaten machen kann. Denn ihnen entspricht nichts, was man einen beobachtbaren Unterschied der entsprechenden Eigenschaften nennen könnte. ... Es gibt also weder eine analytische noch eine empirische Rechtfertigung von Vertauschbarkeitsannahmen .... Viel plausibler ist die Ansicht, daß diese Annahmen sich mit der Wahl der Sprache verbinden, mit der wir die Welt beschreiben .... (Daraus ergibt sich), daß für das System der Grundprädikate unserer Sprache Vertauschbarkeitsannahmen gelten müssen, damit die Prädikate dieser Sprache überhaupt erlernbar sind. Diese Vertauschbarkeitsannahmen sind apriorisch in dem Sinn, daß sie Bedingungen unseres Sprachverständnisses darstellen, Voraussetzungen für die Erlernbarkeit der Grundterme aus Beispielen ihrer Verwendung. ... Diese (Vertauschbarkeits-)Annahmen sind nicht invariant gegen einen Wechsel der Bezugssprache.

296

Während in unserer Sprache "grün" als grundlegendes Beobachtungsprädikat projizierbar ist, könnte in einer anderen Sprache stattdessen "grient" projizierbar sein. Die Apriorität der Vertauschbarkeitsannahmen ist also pragmatisch begründet. Die Sprache als wichtiger Parameter innerhalb wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen - ein faszinierender, vielleicht auch zur Kritik herausfordernder Gedanke. Uns geht es freilich an dieser Stelle zunächst einmal darum, auf einen Bereich aufmerksam zu machen, der es verdient, außerhalb seiner wissenschaftstheoretischen Grenzen bekannt zu werden und die Diskussionen in Linguistik, Sprachphilosophie und Ontologie zu beleben.

3.3

Korrelierung mit Typen-Aussagen

Nachdem wir in den vorangehenden zwei Kapiteln grundlegende ontologische und wissenschaftstheoretische Information vorgestellt haben, wird es uns jetzt darum zu tun sein, diese Information mit der Entität Typ in Verbindung zu bringen. Die ALL-Aussagen ( 1 ) und (2) des letzten Kapitels waren nicht-gesetzesartige (akzidentelle) Aussagen. Wir versuchen j e t z t , diese Aussagen mittels der Entität Typ zu formulieren: (1

)

Alle Studenten, die sich jetzt in diesem Raum befinden, sind im Juni geboren. (1' ) * ^Der Student, der sich jetzt in diesem Raum befindet, ist im Juni geboren. 'Die Studenten, die sich jetzt in die: Raum befinden, sind im Juni geboren. (1"') Studenten/ die sich jetzt in diesem Raum befinden, sind im Juni geboren. (T } 'Ein Student, der sich jetzt in diesem

297

(2 ) (2' ) (2" ) (2'") (2' v )

Raum befindet, ist im Juni geboren. Alle Kugeln in dieser Urne sind rot. ^Die Kugel in dieser Urne ist rot. (+ ^ D i e Kugeln in dieser Urne sind rot. (+) Kugeln in dieser Urne ist rot. * 'Eine Kugel in dieser Urne ist rot.

Aus den Beispielsätzen geht hervor, daß die akzidentellen All-Aussagen (1) und (2) nicht in der Form von Typen-Prädikationen formuliert werden können; die entsprechenden Formulierungen sind nur in ihrer spezifischen Lesart grammatisch. Dem innerhalb der Wissenschaftstheorie erkannten Tatbestand, daß Gesetze mit einem spezifischen raum-zeitlichen Bezug existieren, entspricht die Möglichkeit, solche Gesetze mit H i l f e entsprechender Typenaussagen zu versprachlichen. Wir geben dazu das folgende Beispiel: (3

)

(3'

)

(3'' } (3''')

Der Mensch des Mittelalters lebte in tiefer Gottergebenheit. Die Menschen des Mittelalters lebten in tiefer Gottergebenheit. Menschen des Mittelalters lebten in tiefer Gottergebenheit. Ein Men-sch des Mittelalters lebte in tiefer Gottergebenheit.

Wir stellen die folgende These a u f : These: Zwischen gesetzesartigen Aussagen und ihrer Formulierbarkeit mittels Typenaussagen besteht eine Korrelation. Interessante Beispiele, die diese These weiter abstützen, sind die folgenden: (4

)

(4"

)

Wie ein Wie ein

jeder Mensch weiß, ist ein Anarchist gewalttätiger Verbrecher. der Mensch weiß, ist ein Anarchist gewalttätiger Verbrecher.

298

(4'' ) (4'") (4'v ) (5

)

(5'

)

(5'' ) (5"') (5' V )

Wie die Menschen wissen, ist ein Anarchist ein gewalttätiger Verbrecher. Wie Wie Menschen wissen, ist ist ein ein ,Anarchist ein gewalttätiger Verbrecher. Wie ein. Mensch weiß, ist ein Anarchist ein gewalttätiger Verbrecher. (A zu seiner Gattin): Jedes Kind weiß doch, daß man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Das Kind weiß doch, daß man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Die Kinder wissen doch, daß man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Kinder wissen doch, daß daß man man n nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Ein Kind weiß doch, daß man n: nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt.

Die Tatsache, daß in (4) und (5) keine gesetzesartigen (nomischen) Aussagen über die Natürlichen Arten Mensch und Kind gemacht werden, spiegelt sich in der Unmöglichkeit von entsprechenden Typenaussagen. Wir gehen j e t z t von den folgenden Definitionen aus: Def. 1 :' Ein Nomen N ist nomisch., genau dann, wenn es in der NP "alle N" zur Bildung gesetzesartiger Aussagen benützt werden kann. D e f . 2 ; Ein Nomen N ist nomisch^ genau dann, wenn es in gesetzesartigen Aussagen über den von "d - N" denotierten Typ auftreten kann. Wir setzen diese Definitionen nun mit empirischem Material in Berührung: (i)

(6

)

Hans äst ein Mensch.

299

(6' ) (6'' ) (6'") (6'v ) (6 V ) (7 ) (7' ) (7" ) ( 7 ) (7'v ) (7 V } (7 V ' ) (7V'') (7 '")

(7'

(7 X

v

)

)

(7 X ' }

Alle Menschen sind sterblich. Der Mensch ist sterblich. Die Menschen sind sterblich. Menschen sind sterblich. Ein Mensch ist sterblich. Hans ist ein Leut. + Alle Leute sind sterblich. + Der Leut ist sterblich. + Die Leute sind sterblich. + Leute sind sterblich. + Ein Leut ist sterblich. Alle Leute freuten sich auf das gute Mittagessen. Die Leute freuten sich auf das gute Mittagessen. Alte Leute sind besonders auf die Hilfsbereitschaft ihrer Umwelt angewiesen. Die alten Leute sind besonders auf die Hilfsbereitschaft ihrer Umwelt angewiesen. Leute, die mit Köpfchen arbeiten, kommen im Leben eher voran. Die Leute, die mit Köpfchen Köpfeher arbeiten/ kommen im Leben eher voran.

Kommentar; (7) - (7 ) ist durch einen einfachen Ersetzungsprozeß, unter Nichtbewahrung der Grammatikalität, aus (6) - (6 ) hervorgegangen. (7) dokumentiert dabei den Sachverhalt, daß LEUTE keine singulari sehe Form aufweist (zumindest nicht als Oberflächenform). Dies kann die Inakzeptabilität von (7") und (7 V ) erklären, nicht jedoch von (T), (!'"') und ( 7 ' v ) . Hier können wir mit unserer oben definierten Begrifflichkeit einspringen und konstatieren,daß LEUTE ein nicht-nomisches 1+2 Nomen ist. Man beachte, daß es in nicht-nomischen Kontexten erscheint ( 7 V ' ) / ( 7 V " ' ) ,

30O

ja daß es sogar in nomischen Kontexten auftritt, wenn ihm Modifikationen (Adjektivphrase, Relativsatzphrase) beigegeben sind ( ( 7 V ' " ) - ( 7 X ' ) ) . Analog wie LEUTE verhält sich das Nomen PERSON, (ii

)

Wir betrachten j e t z t : ( 8

)

( 9

)

Alles vergeht. Alle Dinge vergehen.

)

+

Das Ding vergeht.

( 9" ) ( 9'")

+

Die Dinge vergehen. Dinge vergehen.

( 9'

( 9'V ) (10 ) (10' )

(10"

)

Ein Ding vergeht. Alle Dinge haben Eigenschaften. Das Ding hat Eigenschaften. +

Dinge haben Eigenschaften.

(10'")

(10'

V

Die Dinge haben Eigenschaften. Ein Ding hat Eigenschaften.

)

Kommentar: Aus den Beispielsätzen ergibt sich, daß DING ein nomisches.. Substantiv ist, das gleichzeitig aber nicht-nomisch« ist.

Die Nicht-Nomizität^ von DING

kann aus seiner empirischen Leerheit erklärt werden (vergl.

( 8 ) ) ; seine Extension stellt keine na-

türliche Klasse dar. (iii)

-

Wir gehen zu den folgenden Beispielsätzen: (11

)

Hans ist

(11'

)

Jeder zweite Deutsche ist

(11" ) (11'") (11' (11

V V

v

ein zweiter Deutscher. magenkrank.

Alle zweiten Deutschen sind magenkrank. +

Der zweite Deutsche ist magenkrank.

)

Die zweiten Deutschen sind magenkrank.

)

Zweite Deutsche sind magenkrank.

(11 ' )

Ein zweiter Deutscher ist

magenkrank.

301

Kommentar; Die Oberflächenform ( 1 1 ' ) bietet an, ZWEITER DEUTSCHER als Prädikat zu begreifen. Falls wir dem zustimmen, müssen wir dieses Prädikat als nicht-nomisch.. _ einstufen. Sinnvoller erscheint es aber, ZWEITER DEUTSCHER überhaupt nicht als Prädikat a u f z u f a s s e n ; dies wird durch ( 1 1 ) nahegelegt. Man wird dann sagen, daß in ( 1 1 ' ) von einer statistischen Klasse die Rede ist, die insofern keine Natürliche Art darstellt, als sie von keinem (natürlichen) Prädikat induziert wird (Die Tiefenstruktur von ( 1 1 ' ) muß dann in komplizierterer Weise über den Begriff der Wahrscheinlichkeit aufgebaut werden). Bemerkung; Man beachte daß in (12 )

Das zweite Kind hat es leichter als das erste.

ZWEITES KIND ein Prädikat ist, in dessen Extension die an zweiter Stelle der Geburtsfolge stehenden Kinder fallen. In (iii) war vom Begriff der statistischen Klasse die Rede, die nicht mit der Entität Typ korreliert. Jetzt wenden wir uns dem Begriff der Gleichheitsklasse zu, die eine Verstärkung der Ähnlichkeitsklasse darstellt und für deren formale Explikation wir auf Def. 3 in C 2 . 1 . 2 . 1 rückverweisen. Unsere Behauptung ist es, daß Gleichheitsklassen in ausgezeichneter Weise in Korrelation mit der Entität Typ stehen. Wir dokumentieren dies an den folgenden Beispielsätzen: (13 )

(13')

Herr Johann Sebastian Beethoven ist ein großer Musikliebhaber. Auch gestern wieder hat er sich die "Neunte" angehört. Herr Johann Sebastian Beethoven ist ein großer Musikliebhaber. Auch gestern wieder

302

(14 )

(14 )

(15 ) (15') (16 ) (16') (17 ) (17') (18 ) (18') (19 ) (19')

hat er sich eine "Neunte" angehört. Frau Rubens sammelt leidenschaftlich gern Kopien alter Meister. Vor einer Woche hat sie sich die "Mona Lisa" gekauft. ?Frau Rubens sammelt leidenschaftlich gern Kopien alter Meister. Vor einer Woche hat sie sich eine "Mona Lisa" gekauft. Hast du schon die heutige "Frankfurter Rundschau" gelesen? Hast du schon eine heutige "Frankfurter Rundschau" gelesen? Georg hat immer die Bibel auf dem Nachttisch liegen. Georg hat immer eine Bibel auf dem Nachttisch liegen. Der Buchstabe X taucht in Goethes "Werther" 58 Mal a u f . + In Goethes "Werther" taucht 58 Mal ein Buchstabe X a u f . Das Wort "Freiheit" taucht auf diesem Plakat mehrfach a u f . Auf diesem Plakat tauchen mehrere Wörter "Freiheit" a u f . Der Soldat dort drüben salutiert vor dem Sternenbanner. ?Der Soldat dort drüben salutiert vor einem Sternenbanner.

Der Sprecher von (x) begreift die in Rede stehenden Entitäten als "Kopien" eines "Musters" die über die Gleichheitsrelation verbunden sind (vergl. auch PLATOs Verhältnis von Idee und Einzelding!).

303

4.

Varia

Bevor wir die Typen-Muster ausdifferenzieren und eine logische Formalisierung entwerfen, wollen wir den Typ zunächst noch in weiteren grammatischen Zusammenhängen kennenlernen.

4.1

Typ und Eigenname

Namen können dazu benutzt werden, um Familiendynastien zu benennen. Betrachten wir entsprechende Beispielsätze: (1 ) 'Der Kennedy gibt nicht a u f . (T r Die Kennedies geben nicht a u f . (1" ) ?Kennedies geben nicht a u f . ( 1 ' " ) Ein Kennedy gibt nicht a u f . (2 y 'Der Rockefeller nimmt stets mehr Geld ein, als er ausgibt. (2' ) ^Die Rockefellers nehmen stets mehr Geld ein, als sie ausgeben. ( 2 ' ' ) ?Rockefellers nehmen stets mehr Geld ein, als sie ausgeben. ( 2 ' " ) Ein Rockefeller nimmt stets mehr Geld ein, als er ausgibt. In ( x ' ' ' ) haben wir es mit einer generischen Aussage zu tun, die auf ein beliebiges Mitglied der jeweiligen Familiensippe Bezug nimmt ( ( x ) und ( x ' > sind nur unter spezifischen Interpretationen akzeptabel). Verstärken wir jetzt den Individualbezug: (3 ) (3' ) (3'' ) (3''') (4 )

Der John F. Kennedy gibt nicht a u f . Die John F. Kennedies geben nicht a u f . John F. Kennedies geben nicht a u f . Ein John F. Kennedy gibt nicht a u f . Der Nelson D. Rockefeller nimmt mehr

304

(4'

)

(4'' ) (4'")

Geld ein, als er ausgibt. Die Rockefeller nehmen Die Nelson D. Rockefellers mehr Geld ein, als sie ausgeben. Nelson D. Rockefellers nehmen mehr Geld ein, als sie ausgeben. Ein Nelson D. Rockefeller nimmt mehr Geld ein, als er ausgibt.

(3) ist eine nicht-generische Aussage, die in nachdrücklicher Weise auf das Individuum John F. Kennedy referiert. ( 3 ' ) / (3") sind aus einsichtigen Gründen inakzeptabel. In ( 3 ' ' ' ) wiederum wird nicht über einen e-Sg-Typ prädiziert, sondern es ist wieder von dem Individuum John F. Kennedy die Rede. Das darauffolgende Beispielbündel ist analog zu interpretieren. - Betrachten wir jetzt kurz die logische Form von Sätzen wie ( 3 ' ' ' ) , nachdem für sie keine Typenprädikation vorliegt. Zunächst geben wir für ( 3 ' ' ' } folgende Paraphrasierung: (3' v )

Alle Individuen, die genau die Eigenschaften besitzen wie John F. Kennedy, geben nicht a u f . In formaler (abgekürzter) Notation: (3V (3 V )

ist

)

/U

( / * ( ? U ) = F < f F· K . } 3 6, V / T U »

logisch gleichwertig mit

(3V'):

(3 V ' )

G N R ( /. ^ k . )

Bemerkung; (3 V ) kann insoweit liberalisiert werden, als nicht auf alle Eigenschaften, sondern nur auf alle wesentlichen Eigenschaften Bezug genommen wird. Als interessanten Satz, der sowohl als e-Sg-Typ-Prädikation wie auch äla (3 V ) interpretiert werden kann, soll

305

abschließend (5) erwähnt werden: (5

)

Ein Casanova gibt sich nicht nur mit einer einzigen Frau z u f r i e d e n .

Betrachten wir jetzt folgende Sätze: (6

)

Der lächelnde Adolf Brixlhuber ist gefährlicher

viel

als der polternde Adolf

Brixlhuber. (6'

)

+

Die lächelnden Adolf Brixlhubers sind viel gefährlicher als die polternden Adolf Brixlhubers.

(6"

) ^Lächelnde Adolf Brixlhubers sind viel gefährlicher als polternde Adolf Brixlhubers,

(6'")

Ein lächelnder Adolf Brixlhuber ist viel gefährlicher

als ein polternder Adolf

Brixlhuber. (7 (7'

)

Die pfeiferauchende Ilse erreigt mehr An-

)

stoß als die haschende Ilse. Die pfeiferauchenden Ilses erregen mehr Anstoß als die haschenden Ilses.

(T ' )

Pfeiferauchende Ilses erregen mehr Anstoß

(7''')

als haschende Ilses. Eine pfeiferauchende Ilse erregt mehr Anstoß als eine haschende Ilse.

Kommentar; Akzeptabilität

liegt nur f ü r die Sg-Typen vor. Eine For-

malisierung gelingt wieder ohne Schwierigkeiten. Im Beispiel: (6) wird als Prädikation über T ( \ x (x= Adolf Brixlhuber A lächelt (x) ) ) k o n s t r u i e r t .

3O6

4.2

Typ und Prädikate 2. Stufe

Wir beginnen mit den folgenden Sätzen: (1) (2) (3)

Fritz trinkt gerade Bier!] . Bier«1 ist nahrhaft. 2 Dinkelacker ist ein Bier-·

In (1) ist davon die Rede, daß Fritz ein Quantum Bier trinkt. In (2) wird von T(Bier]) Nahrhaftigkeit prädiziert. In (3) ist schließlich von einer Biersorte die Rede. Wenn wir die in B 3. angesprochene RUSSELLsche Terminologie übernehmen, können wir in extensionaler Sprechweise folgendes feststellen: Die (Bier-)Quanten gehören Stufe O an. Die Extension von BIER] besitzt als Menge aller (Bier-) Quanten den Stufenindex 1. Aus dieser Extension werden die einzelnen Biersorten als Teilmengen ausgesondert. Die Menge 2 dieser Teilmengen bildet die Extension von BIER- und gehört der Stufe 2 an (Stufenindex und oberer Index in unserer Notation der entsprechenden Nomina sind identisch). Wir geben dazu die folgende graphische Veranschaulichung:

LÖWENBRÄU " / i

\

\

DINKELACKER 1

Wir erweitern jetzt unsere Beispiele: (4)

Alkohol., schadet der Leber.

(5)

Alkohol\ ist wasserhell und leicht entzündlich. Alle Alkohole., sind wasserhelle und leicht entzündliche Flüssigkeiten.

(6)

307

Wir liefern wieder eine graphische (extensionale) Umsetzung: ALKOHOLi ALKOHOL

ALKOHOL^ bezieht sich auf alkoholische Getränke, ALKOHOLj auf reinen Alkohol. ALKOHOL? denotiert die Menge der reinen Alkohole. - Die Tatsache, daß alkoholische Getränke auch reinen Alkohol enthalten, haben wir durch den Pfeil von ALKOHOLl zu ALKOHOL- zum Ausdruck gebracht: wir können von einem Vererbungs-verhältnis sprechen. Stellen wir noch die folgende Batterie zusammen: W 1 Bier ist Alkohol •V (7 ) 1 Bier ist ein Alkohol T (7' ) (7" ) +/F Bier ist Alkohol^. 1 ( 7 ' " ) +/P Bier ist ein Alkohol 2* < 7 ' V ) +//F Bier ist Alkohol"* -3' F 2 Bier ist ein Alkohol,. (7 V ) ' P Methanol -Kannl i o +· Alkohol ÄlV^Krtll ist (8 1* +/F Methanol ist ein Alkohol (8' 1 (8" Methanol ist Alkohol (8'" Methanol ist ein Alkohol v (8' Methanol ist Alkohol^. W V Methanol ist ein Alkohol (8 Beachtenswert ist, daß ( 7 " ) , ( 7 ' " ) , ( 7 ' v ) , ( 8 ) , ( 8 ' ) sowohl ungrammatisch als auch falsch sind. Wir wenden uns jetzt neuen Beispielsätzen zu:

308

( 9) (10)

(11) (12) (13) (14) (15)

Dies ist Metall., . ... ,. Metall., ist undurchsichtig. 2 Alle Metalle,, sind undurchsichtig. + 2 "* Das Metall 0 ist undurchsichtig. "2 ?Die Metalle,, sind undurchsichtig. " Metalle,,2 sind undurchsichtig. '"· o ?Ein Metall- ist undurchsichtig.

Die Inakzeptabilität von ( 1 2 ) läßt zwei Erklärungsmöglichkeiten zu: 1. Wir haben in dieser Arbeit die Entität Typ und den Begriff der Natürlichen Klasse in Korrelation gesehen. Natürliche Klassen sind Klassen, die potentiell unendlich sind. Es läßt sich nun spekulativ behaupten, daß die Klasse der Metalle als Klasse chemischer Elemente inhärente Endlichkeit besitzt. Nach Voraussetzung wäre damit die Unmöglichkeit der Typenbildung erklärbar. 2. Dieser Erklärungsversuch bleibt in unserem System deshalb unbefriedigend, weil das akzeptable ( 1 4 ) als Prädikation über den 0-Pl-Typ konstruiert wird, ein entsprechender Typ also doch konstruierbar ist (es tut dabei wenig zur Sache, daß der ß-Pl-Typ ein geringeres Maß an Typizität aufweist als der d-Sg-Typ). Sinnvoller erklärbar ist die Inakzeptabilität von ( 1 2 ) dadurch, daß wir von einer Verdrängung des Typs T(Metall-) 1 ^ durch den Typ T (Metall..) sprechen. Man mache sich in diesem Zusammenhang klar, daß (1O)und ( 1 2 ) potentiell gleichwertig sind und die Ausbuchstabierungen von T (Metall..) 2 ' und T(Metall-) eine große morphologische Nähe erkennen lassen 1)'! Nomina, die sich analog wie METALL verhalten, sind ALKALIMETALL, ERDALKALIMETALL, KUNSTSTOFF und EDELGAS.

' Vergl. auch die weiteren Ausführungen zur StufenAmbiguität in D IV 5.3.3.3.4.

309

Schließen wir dieses Kapitel mit der folgenden Beispielsatzbatterie ab: (16) (17) (18) (19) (20) (21) (22) (23) (24) (25) (26) (27)

(Kind zur M u t t e r ) : "Das ist aber ein putziges Tier.. . Der A f f e ist ein schlaues Tierj;. Das Tier ist dem Menschen vollkommen ausgeliefert. Die Tiere sind dem Menschen vollkommen ausgeliefert. Tiere sind dem Menschen vollkommen ausgeliefert. Ein Tier ist dem Menschen vollkommen ausgeliefert. (Kind zum Vater): "Das da ist aber ein farbenprächtiger Vogel]", 2 Der Emu ist ein Vogel^f der nur noch in Südaustralien lebt. Der Vogel ist ein Wirbeltier mit Federn und Hornschnabel. Die Vögel sind Wirbeltiere mit Federn und Hornschnabel. Vögel sind Wirbeltiere mit Federn und Hornschnabel. Ein Vogel ist ein Wirbeltier mit Federn und Hornschnabel.

In ( 1 8 ) - ( 2 1 ) herrscht Stufen-Ambiguität zwischen einer Interpretation über T ( T i e r ] ) und T ( T i e r ^ ) , in ( 2 4 ) - ( 2 7 ) 1 zwischen T(Vogel..) und T ( V o g e l i2j ) . Wegen der (pragmatischen) Gleichwertigkeit der Formen ist diese Ambiguität dem Sprecher/Hörer kaum bewußt ' "

Vergl. auch die weiteren Ausführungen zur StufenAmbiguität in D IV 5 . 3 . 3 . 4 .

310

4.3

Typ und Quantitative

Wir betrachten: MasQ;

(1 ) ( ) (1" ) (T")

Der Kasten Bier kostet hier '''Die Kästen Bier kosten hier *Kästen Bier kosten hier Ein Kasten Bier kostet hier

MenQ;

(2

)

(2'

)

(2"

)

Die Schachtel Zigaretten ist in der Herstellung viel billiger als beim Verkauf. + Die Schachteln Zigaretten sind in der Hersteilung viel billiger als beim Verkauf. Schachteln Zigaretten sind in der Herstellung viel billiger als beim Verkauf. Eine Schachtel Zigaretten ist in der Herstellung viel billiger als beim Verkauf,

(2'")

1O,— DM. 1O,— DM. 1O,— DM. 1O,— DM.

Kommentar; Zulässigkeit besteht nur für die Sg -Typen. Paar-Nomina; (3 ) (3' ) (3" ) (3"') (4 ) (4'

}

(4"

)

(4"')

+

Der Schuh ist teurer als der Strumpf. ?Die Schuhe sind teurer als die Strümpfe. Schuhe sind teurer als Strümpfe. ?Ein Schuh ist teurer als ein Strumpf. Die Socke sollte farblich zur übrigen Kleidung passen. ?Die Socken sollten farblich zur übrigen Kleidung passen. Socken sollten farblich zur übrigen Kleidung passen. ? Eine Socke sollte farblich zur übrigen Kleidung passen.

Kommentar; Der 0-Pl-Typ besitzt bei Paar-Nomina (SCHUH, STRUMPF, SOCKE

311

etc.) eine bevorrechtete Stellung. Die Tatsache der geringen Akzeptabilität von Sg-Typen korreliert mit dem paarweisen (das heißt mehrzahligen) Auftreten der Paar-Nomina-Denotate. Ausnahme sind Kontexte wie: (5 (5'

) )

Ein Schuh muß einfach sitzen! Eine Socke sollte nie zu häufig gestopft werden!

Pl-Nomina; Den Beispielsätzen liegen die Nomina zugrunde: -

(KOPF-)HAARE

- ZÄHNE

(6

)

(6'

)

(6'' ) (6'") (7

)

(7'

)

(7"

)

Das Haar sollte mindestens einmal in der Woche gewaschen werden. Die Haare sollten mindestens einmal in der Woche gewaschen werden. Haare sollten mindestens einmal in der Woche gewaschen werden. Ein Haar sollte mindestens einmal in der Woche gewaschen werden. Der Zahn sollte täglich mindestens zweimal geputzt werden. Die Zähne sollten täglich mindestens zweimal geputzt werden. + Zähne sollten täglich mindestens zweimal

geputzt werden. (7'")

+

Ein Zahn sollte täglich mindestens zweimal geputzt werden.

Kommentar; Für die Formulierung des intendierten Sachverhalts kommt bevorzugt der d-Pl-Typ in Frage: 0-Pl-Typ und e-Sg-Typ scheiden aus; der d-Sg-Typ verhält sich bei den beiden Nomina verschieden.

312

4.4

Typ und verfranste Nomina

Unter verfransten Nomina wollen wir im folgenden Nomina verstehen, die ambig sind, deren verschiedene Interpretationen aber in einem näheren (im jeweiligen Einzelfall genauer zu bestimmenden) inhaltlichen Zusammenhang stehen. Wir stellen Beispiele zusammen: (i )

Stichwort: Volk Wir d i f f e r e n z i e r e n notationeil aus: VOLK.. :

referiert auf Nationen.

VOLK-:

bezieht sich auf die unteren Schichten eines Volkes 1

Es gilt: Volk 2 C Volk 1 Wir betrachten nun: (1 ) (T ) (1" ) (1"') (1' v ) (2 )

Alle Völker., brauchen Lebensraum. Das Volk., braucht Lebensraum. ?Die Völker., brauchen Lebensraum. Völker., brauchen Lebensraum. Ein Volk., braucht Lebensraum. Das Volko ist oft auf der Seite der Schwachen.

Kommentar; In (T) liegt eine Verdrängung von VOLK., durch VOLK 2 vor. (ii)

Stichwort: Tag Wir übernehmen die notationelle Regelung aus D II 1 . 3 . 5 . 4 und gehen gleich zu Beispielsätzen über: (3 ) Der Tag., ist eine traditionelle Zeiteinheit. (4 ) Der Tag, dauert im Sommer länger als die Nacht.

313

Kommentar; Obwohl der 12-Stunden-Tag ein Teil des 24-StundenTages ist, ist diesmal über beide Verwendungen von TAG der d-Sg-Typ sprachlich realisierbar. (iii)

Stichwort: Wurst Wir differenzieren wieder notationeil aus: WURST.. :

referiert auf Wurstwaren

WURST_:

bezieht sich auf Einzelwürste

Wenden wir uns jetzt Beispielsätzen zu: (5 ) (5' ) (6 ) (6' ) (6" ) (6'")

Wurst 1 enthält viel Fett. Die Wurst 1 enthält viel Fett. Die Wurst,, enthält viel Fett. ?Die Würste 2 enthalten viel Fett, Würste,, en thalten viel Fett. Eine Wurst j enthält viel Fett.

Wieder können wir die Inakzeptabilität von (6) so erklären, daß Verdrängung vorliegt, und zwar von WURST 2 durch WURST1 (vergl. ( 5 ' ) / ( 6 ) ) . (iv )

Stichwort: Gott Eine notationelle Differenzierung liefert: GOTT.. : GOTT 2 :

bezieht sich prädikativ auf göttliche Wesenheiten referiert (Einschränkung zu GOTT 1 !) als Name auf den Gott von Juden- und Christentum.

Bemerkung: Der judaisch-christozentrische Aspekt von GOTT2 kann an folgenden Beispielsätzen eingesehen werden; (7

)

Der Mohammedaner glaubt, daß Allah in Mohammed seinen Propheten gesandt hat.

314

(7'

)

Der Mohammedaner glaubt, daß Gott- i-n Mohammed seinen Propheten gesandt, hat.

Wir betrachten jetzt: (8

)

(8'

)

(8'' ) (8''') (8' v ) (9

)

In der griechischen Mythologie sind alle Götter.. mit menschlichen Zügen ausgestattet. In der griechischen Mythologie ist der Gott., mit menschlichen Zügen ausgestattet. In der griechischen Mythologie sind die Götter mit menschlichen Zügen ausgestattet. In der griechischen Mythologie sind Götter.. mit menschlichen Zügen ausgestattet. ?In der griechischen Mythologie ist ein Gott., mit menschlichen Zügen ausgestattet. Gott,, hat die Welt in 6 Tagen erschaffen.

Kommentar: Die Inakzeptabilität von ( 8 ' ) scheint dem Grund zu entspringen, eine GOTT.-Interpretation zu vermeiden. Indem wir nun dieses Kapitel abschließen, wollen wir feststellen, daß die Klasse der verfransten Nomina sich in weiterer lingui.stischer Forschung als natürliche linguistische Klasse bewähren muß. Das hier vorgetragene Material kann nur ein erster Schritt in dieser Richtung sein.

4.5

Typ und Superlativprädikate

Wir stellen die folgenden Beispielsätze an den Anfang: (1

)

(T

)

Der dümmste Bauer findet die meisten Kartoffeln. Die dümmsten Bauern finden die meisten Kartoffeln.

315

(1" ) (T") (2

)

(2'

)

(2'' ) (2'") (3

)

(3'

)

(3'' ) (3''')

Dümmste Bauern finden die meisten Kartoffeln. Ein dümmster Bauer findet die meisten Kartoffeln. Auch die schönste Frau muß um ihr Glück kämpfen. Auch die schönsten Frauen müssen um ihr Glück kämpfen. Auch schönste Frauen müssen um ihr Glück kämpfen. Auch eine schönste Frau muß um ihr Glück kämpfen. Nur der Beste hat in unserer Gesellschaft eine Erfolgschance. Nur die Besten haben in unserer Gesellschaft eine Erfolgschance. Nur Beste haben in unserer Gesellschaft eine Erfolgschance. +r Nur Nur ein Bester hat hat in unserer GesellSchaft eine Erfolgschance.

Es gilt: Nur der d-Sg-Typ und der d-Pl-Typ sind sprachlich über Superlativprädikaten konstruierbar. Für die Konstruktion dieser Typen machen wir den folgenden Vorschlag: Der d-Sg-Typ wird über Superlativprädikaten des Index 1, der d-Pl-Typ über Superlativprädikaten des Index 2 aufgebaut (vergl. zur Indizierung C 2 . 1 . 2 . 3 . 1 . 1 . 3 ) .

5.

Ausdifferenzierung der Typen-Muster

Wir wenden uns jetzt wie versprochen der Ausdifferenzierung der Typen-Muster zu. Wir beginnen mit der Darstellung von Kookurrenz-Verhältnissen, arbeiten dann Oppositionen dieser Muster heraus und schließen mit logischen Formalisierungen ab.

316

5.1

Kookkurrenz-Verhältnisse

(i )

Koordination; Wir betrachten: (1

)

Die Zitrone und die Apfelsine sind Südfrüchte. + (T } Die Zitrone und die Apfelsinen sind Südfrüchte. (1" ) Die Zitrone und Apfelsinen sind Südfrüchte. (!"') Die Zitrone und eine Apfelsine sind Südfrüchte. (2 ) Die Zitronen und die Apfelsine sind Südfrüchte. (2' ) Die Zitronen und die Apfelsinen sind Südfrüchte. + (2'' ) Die Zitronen und Apfelsinen sind Südfrüchte, + ( 2 ) Die Zitronen u n d eine Apfelsine sind Südfrüchte. (3 ) "^Zitronen und die Apfelsine sind Südfrüchte. (3' ) ^Zitronen und die Apfelsinen sind Südfrüchte, (3'' ) Zitronen und Apfelsinen sind Südfrüchte. + (3"') Zitronen und eine Apfelsine sind Südfrüchte, (4 ) Eine Zitrone und die Apfelsine sind Südfrüchte. (4' ) Eine Zitrone und die Apfelsinen sind Südfrüchte. (4" ) Eine Zitrone und Apfelsinen sind Südfrüchte, (4"') Eine Zitrone und eine Apfelsine sind Südfrüchte, Kommentar: Nur gleiche Typen-Muster lassen sich in der Koordination verbinden. (ii)

Vergleichssätze; (5

)

Die Frau ist

intelligenter als der Mann.

317

(5' ) (5" ) (5"') (6 ) (6' ) (6'' ) (6'") (7 ) (T ) (7'' ) (7''') (8 ) (8' ) (8" ) (8''')

+

Die Frau ist intelligenter als die Männer. Die Frau ist intelligenter als Männer. + Die Frau ist intelligenter als ein Mann. Die Frauen sind intelligenter als der Mann. Die Frauen sind intelligenter als die Männer. Die Frauen sind intelligenter als Männer^ + Die Frauen sind intelligenter als ein Mann. Frauen sind intelligenter als der Mann. Frauen sind intelligenter als die Männer^ Frauen sind intelligenter als Männer. Frauen sind intelligenter als ein Mann. + Eine Frau ist intelligenter als der Mann. Eine Frau ist intelligenter als die Männer. + Eine Frau ist intelligenter als Männer. Eine Frau ist intelligenter als ein Mann. +

Wieder gilt: Nur gleiche Typen-Muster sind in Vergleichssätzen verknüpfbar. (iii)

Binnenstrukturelle Relationierung; Nachdem wir im vorigen gesehen haben, daß nur gleiche Typenmuster relationiert werden können, interessiert uns jetzt die binnenstrukturelle Relationierung. Dazu wenden wir uns wieder Beispielsätzen zu (es wird dann auch deutlich werden, was unter binnenstruktureller Relationierung verstanden sein soll): (9

)

(9'

)

(9"

)

(9''')

Der Schimpanse ist dem Gorilla ähnlicher als das Nashorn der Giraffe. Die Schimpansen sind den Gorillas ähnlicher als die Nashörner den Giraffen. Schimpansen sind Gorillas ähnlicher als Nashörner G i r a f f e n . Ein Schimpanse ist einem Gorilla ähnlicher als ein Nashorn einer Giraffe.

In (9) - ( 9 ' ' ' ) werden Typen zueinander in Relation gesetzt. Sinnenstrukturell läßt sich (9) - ( 9 ' " ) in unserer Welt w = " —

318

wie folgt deuten: Für einen beliebigen Schimpansen x, einen beliebigen Gorilla y, ein beliebiges Nashorn v und eine beliebige Giraffe w gilt: ist y ähnlicher als v w. Wir wenden uns nun Beispielen zu, in denen die Wahl von Typ-Instanzen nicht mehr beliebig ist: (1O

)

Jede (natürlich empfindende) Mutter liebt ihr(e) K i n d ( e r ) . (+) (11 ) Die Mutter liebt ihr(e) K i n d ( e r ) . (11' ) ( + ) D i e Mutter liebt das Kind. (11" ) v 'Die Mutter liebt die Kinder. (11'") ( + ) Die Mutter liebt Kinder. (11' v ) ( + ) D i e Mutter liebt ein Kind. (11 V ) In den europäischen Gesellschaften liebt die Mutter ihr(e) K i n d ( e r ) . V (11 ' ) ?In den europäischen Gesellschaften liebt die Mutter das Kind. V (11 ") In den europäischen Gesellschaften liebt die Mutter die Kinder. V (1 1 "') In den europäischen Gesellschaften liebt die Mutter Kinder. x (11' ) In den europäischen Gesellschaften liebt die Mutter ein Kind. (+) (12 ) 6 Mütter lieben ihr(e) Kind ( e r ) . (+ (12' ) * D i e Mütter lieben das Kind. (12" ) ( + ) Die Mütter lieben die Kinder. ( 1 2 " ' ) ( + *Die Mütter lieben Kinder. (12' v ) ( + ) D i e Mütter lieben ein Kind. (12 V ) In den europäischen Gesellschaften lieben die Mütter ihr(e) K i n d ( e r ) . V + (12 ' ) In den europäischen Gesellschaften lieben die Mütter das Kind. V (12 ") ?In den europäischen Gesellschaften lieben die Mütter die Kinder. V (12 '") In den europäischen Gesellschaften lieben die Mütter Kinder.

319

(12' x )

+

in den europäischen Gesellschaften lieben die Mütter ein Kind. (13 ) Mütter lieben ihr(e) Kind (er). (+) (13' ) Mütter lieben das Kind. (13" ) Mütter lieben die Kinder. (+) (13"') Mütter lieben Kinder. v ; (13' ) Mütter lieben ein Kind. V (13 ) In den europäischen Gesellschaften lieben Mütter ihr (e) Kind (er) . V +r ln den den europäischen europäischen Gesellschaften Ges< (13 ' ) In lieben Mütter das Kind. V (13 ") In den europäischen Gesellschaften lieben Mütter die Kinder. V (13 '") In den europäischen Gesellschaften lieben Mütter Kinder. X "^ (13' ) In den europäischen Gesellschaften lieben Mütter ein Kind. (14 ) Eine Mutter liebt ihr(e) Kind ( e r ) . + (14' ) Eine Mutter liebt das Kind. + (14" ) Eine Mutter liebt die Kinder. + (14'") Eine Mutter liebt Kinder. v (14' ) "^Eine Mutter liebt ein Kind. (14 V ) In den europäischen Gesellschaften liebt eine Mutter ihr(e) Kinder. den (14 ' ) IInn d e n europäischen Gesells« Gesellschaften liebt eine Mutter das Kind. V (14 ") In den europäischen Gesellst Gesellschaften liebt eine Mutter die Kinder. V (14 '") In den europäischen Gesel! Gesellschaften liebt eine Mutter Kinder. X "f· (14' ) In den europäischen Gesel! Gesellschaften liebt eine Mutter ein Kind. Kommentar: Ausgangspunkt unserer Beispielbatterie ist ( 1 0 ) , das in Typensprache umgesetzt werden soll. Wird nur die SubjektNP in einen Typ überführt, so kommt dafür nur der

320

0-Pl-Typ und der e-Sg-Typ in Frage (vergl. ( x ) ) . In einem Generizität signalisierenden Kontext können jedoch alle Typenmuster in Frage kommen (vergl. ( x v ) ) . Was passiert, wenn auch die zweite NP in einen Typ transformiert wird? Ist kein Generizität signalisierender Kontext vorhanden, so resultiert bei jedem Typen-Muster Inakzeptabilität (vergl. ( x ' ) - ( x ' v ) ) . Existiert ein solcher Kontext, so ist höchstens die Kombination d-Sg-Typ - d-Sg-Typ sowie die Kombination d-Pl-Typ - d-Pl-Typ zulässig. Diese Kombinationen finden wir auch in den folgenden Beispielsätzen: (15

)

(15'

)

Wenn der herrscht Wenn die herrscht

Vater mit dem Sohne spielt, in der Familie eitel Wonne. Väter mit den Söhnen spielen, in der Familie eitel Wonne.

Unser Befund bestätigt sich an weiterem Material: (16 (17

) )

(17' (17'' ( 1 7 (17' v (17 V

) ) ) ) )

(17 V ' ) (17V'') V

(17 '") (17' x ) (18 (18'

) )

+

Jede Wirkung hat eine Ursache. Die Wirkung hat eine Ursache.

+

Die Wirkung hat die Ursache. Die Wirkung hat die Ursachen. + Oie Wirkung h a t Ursachen. + Die Wirkung hat eine Ursache. Im physikalischen Geschehen hat die Wirkung eine Ursache. Im Im physikalischen Ge: Geschehen hat die Wirkung die Ursache. + Im physikalischen Ge: Im Geschehen hat die +

+

Wirkung die Ursachen. Im Im physikalischen physikalischen Geschehen hat die Wirkung Ursachen. Im Im physikalischen Geschehen hat die Wirkung eine Ursache. Die Die Wirkungen haben e_ eine Ursache. Die Wirkungen haben die Ursache.

321

(18'' (18"' (18' v (18 V

) ) } )

(18 V '

}

(18V" ) (18 V '") (18'

Χ

)

(19 (19' (19'' (19"' (19' v (19 V

) ) ) ) ) )

(19 V '

)

(19V" ) (19 V '") (19' x

)

(2O (20' (20" (20'" (2O' V (2O V

) ) ) ) ) )

(2O '

)

+

Die Wirkungen haben die Ursachen. Die Wirkungen haben Ursachen. + Die Wirkungen haben eine Ursache. + Im physikalischen Geschehen haben die Wirkungen eine Ursache. + Im physikalischen Geschehen haben die Wirkungen die Ursache. Im physikalischen Geschehen haben die Wirkungen die Ursachen. Im physikalischen Geschehen haben die Wirkungen Ursachen. Ί~ Im physikalischen Geschehen haben die Wirkungen eine Ursache. PWirkungen haben eine Ursache. Wirkungen haben die Ursache. Wirkungen haben die Ursachen. Wirkungen haben Ursachen. ?Wirkungen haben eine Ursache. ?Im physikalischen Geschehen haben Wirkungen eine Ursache. Im physikalischen Geschehen haben Wirkungen die Ursache. +K Im Im physikalischen physikalischen Geschehen Gescl haben Wirkungen die Ursachen. Im physikalischen Geschehen haben Wirkungen Ursachen. ?Im physikalischen Geschehen haben Wirkungen eine Ursache. ?Eine Wirkung hat eine Ursache. + Eine Wirkung hat die Ursache. "''Eine Wirkung hat die Ursachen. + Eine Wirkung hat Ursachen. ?Eine Wirkung hat eine Ursache. ?Im physikalischen Geschehen hat eine Wirkung eine Ursache. Im physikalischen Geschehen hat

+

322

V

(20 " ) (2O V '") (2O' X

)

eine Wirkung die Ursache. Im Im physikalischen Geschehen Geschehi hat eine Wirkung die Ursachen. Im Im physikalischen Gescl Geschehen hat eine Wirkung Ursachen. ?Im 'Im physikalischen Geschehen Gescl hat eine Wirkung eine Ursache.

Kommentar; Einschränkungslos zulässig sind diesmal sogar nur ( 1 6 ) und ( 1 9 " ' ) / ( 1 9 V ' " ) . Diese starken Restriktionen sind für den Beispielfall so erklärbar, daß zwischen Ursache und Wirkung eine strenge 1-1-Entsprechung angenommen wird, die vorzugsweise in einer binnenstrukturellen Sprechweise (vergl. ( 1 6 ) ) ausgedrückt werden kann. Eine solche Erklärung bricht sich allerdings angesichts von physikalischen Gesetzesaussagen, für die es TypenFormulierungen gibt: (21 (21' (21" (21'"

) ) ) )

(22

)

(22'

)

(22"

)

(22'" ) (23

)

(23'

)

+

Das Drehmoment verändert den Drehimpuls. Die Drehmomente verändern die Drehimpulse. Drehmomente verändern Drehimpulse. Ein Drehmoment verändert einen Drehimpuls. ( ( ( + ) ) p i e ) K r a f t ist

das Produkt aus

( ( ( + ) ) d e r ) Masse und ( ( ( + ) ) d e r ) Beschleunigung. + Die K r ä f t e sind die Produkte aus den Massen und den Beschleunigungen. h """Kräfte Kräfte sind die P] Produkte aus Massen und Beschleunigungen. + Eine K r a f t ist das Produkt aus einer Masse und einer Beschleunigung. Die Stromstärke ist der Quotient aus (der) Spannung und (dem) Widerstand. + Die Stromstärken sind die Quotienten aus den Spannungen und den Widerständen.

323

(23'' ) (23"'}

Stromstärken sind Quotienten aus Spannungen und Widerständen. + Eine Stromstärke ist ein Quotient aus einer Spannung und einem Widerstand.

Aus den Beispielen wird ersichtlich, daß die Realisierung nur über den d-Sg-Typ erfolgen kann.

5.2

Oppositions-verhältnisse

In den vorangehenden Kapiteln konnten wir feststellen, daß die Wahl von Typenmustern Kontextabhängigkeit zeigt. In diesem Kapitel wollen wir einige allgemeine Regeln zusammentragen, die dann zur Geltung kommen, wenn keine spezielleren Regeln wirken. Wir d i f f e r e n z i e r e n im folgenden in Subjekt-, Objekt- und Genetivposition auf. (i)

Subjekt-Position; 1. Typenaussagen, die keine Vererbungssätze ' zulassen, können nur mittels des d-Sg-Typs realisiert werden. Beispiel: (1 ) (T ) (1" ) (1'")

Das Telefon wurde von Bell erfunden. Die Telefone wurden von Bell erfunden, ' Telefone wurden von Bell e r f u n d e n . ^Ein Telefon wurde von Bell erfunden.

2. Typenaussagen, die Vererbungssätze zulassen, gestatten die wechselseitige Substituierbarkeit von d-Sg-Typ und d-Pl-Typ. Beispiel: (2 ) Der Mensch ist

sterblich.

Zum Begriff des Vererbungssatzes vergl. D IV 5 . 3 . 3 . 4 .

324

(2'

)

Die Menschen sind sterblich.

(3) / ( 3 ' ) scheint dieser wechselseitigen Substituierbarkeit zu widersprechen: (3

)

(3'

)

Der Arzt ist eine wichtige gesellschaftliche Gruppe. Die Ärzte sind eine wichtige gesellschaftliche Gruppe.

In (3') realisiert sich aber nicht ein d-Pl-Typ, sondern eine Klasse (zuzüglich ist für ( 3 ' ) auch kein Vererbungssatz formulierbar!) Der d-Sg-Typ und/oder der d-Pl-Typ werden nicht gewählt, wenn durch eine solche Wahl eine Überlagerung durch die spezifische Lesart zustande käme, Beispiel: (4 ) (4' ) (4" ) (4'") (5 ) (5' ) (5" ) (5'")

v

'Die Mutter liebt ihre Kinder. ' 'Die Mütter lieben ihre Kinder. Mütter lieben ihre Kinder. Eine Mutter liebt ihr Kind. * 'Das Kleid von Chardin ist sehr teuer. Die Kleider von Chardin sind sehr teuer Kleider von Chardin sind sehr teuer. Ein Kleid von Chardin ist sehr teuer.

(5) / ( 5 ' ) zeigt, daß Regel 2. durch Regel 3. eingeschränkt wird. 4. Der d-Pl-Typ und der ß-Pl-Typ sind wechselseitig für einander substituierbar (Ausnahme: vergl. 3 . ) , Beispiel: (6 (6'

) )

Die Menschen sind sterblich. Menschen sind sterblich.

Man beachte, daß wechselseitige Substituierbarkeit nicht für die morphologischen Formen gilt:

325

(7

)

(7'

)

Die Griechen sind in der BRD eine Minderheit. "^Griechen sind in der BRD eine Minderheit.

In (7) liegt eine Klassen-, keine Typenprädikation vor. 5. Typenprädikationen über den e-Sg-Typ sind als All-Aussagen paraphrasierbar: Beispiel: (7 (7' (ii)

) )

Ein Mensch ist sterblich. Alle Menschen sind sterblich.

Objekt-Position; 1. Typenaussagen, die keine Vererbungssätze zulassen, können nur mittels des d-Sg-Typs realisiert werden. Beispiel: (8 ) Bell (+) (8' } Bell (+) (8" ) Bell (8'") ^Bell

hat das Telefon erfunden. hat die Telefone erfunden. hat Telefone erfunden. hat ein Telefon erfunden.

2. Typenaussagen, die Vererbungssätze zulassen, gestatten die wechselseitige Substituierbarkeit von d-Sg-Typ und d-Pl-Typ. Beispiel: (9 (9'

) )

Ich halte den Menschen für sterblich. Ich halte die Menschen für sterblich.

(1O) / ( 1 O ' ) scheint dieser wechselseitigen Substituierbarkeit zu widersprechen: (10

)

Ich halte den Arzt für eine wichtige

326

(10'

gesellschaftliche Gruppe. Ich halte die Ärzte für eine wichtige gesellschaftliche Gruppe.

)

In ( 1 0 ' ) realisiert sich freilich nicht ein d-Pl-Typ, sondern eine Klasse (zuzüglich ist für ( 1 0 ' ) auch kein Vererbungssatz formulierbar). 3 . Der d-Sg-Typ und/ oder der d-Pl-Typ werden nicht gewählt, wenn durch eine solche Wahl eine Überlagerung durch die spezifische Lesart zustande käme: Beispiel: (11 (11' (11" (12 (12' (12''

) ( + ) Anna ) ( + ) Anna ) Anna + ) ^ 'Anna ) Anna ) Anna

liebt liebt liebt liebt liebt liebt

das Kind. die Kinder. Kinder. das Kleid von Chardin. die Kleider von Chardin. Kleider von Chardin.

( 1 2 ) / ( 1 2 ' ) zeigt, daß Regel 2. durch Regel 3. eingeschränkt wird. 4. Der d-Pl-Typ und der ß-Pl-Typ sind wechselseitig füreinander substituierbar (Ausnahme: vergl. 3 . ) . Beispiel: (13 (13'

) )

Frieda liebt die Menschen. Frieda liebt Menschen.

5. Der e-Sg-Typ realisiert sich in Objekt-Position nicht. Beispiel: (14 (15

) )

(+

'Frieda liebt einen Menschen. Frieda liebt ein Kind.

327

(iii)

Genetiv-Position: Wir betrachten zunächst die folgenden Beispielsätze: (16

)

Der Ursprung des Menschen liegt im Verborgenen.

(16'

)

(16" )

Der Ursprung der Menschen liegt im Verborgenen. +

Der Ursprung von Menschen liegt im Verborgenen.

(16"')

Der Ursprung eines Menschen liegt im Der Verboraenen.

(16'

v

)

Der Ursprung der Menschheit liegt im Verborgenen.

(17

)

Die Zukunft des Beamten sieht rosig aus.

(17'

)

Die Z u k u n f t der Beamten sieht rosig aus.

(17" )

Die Zukunft von Beamten sieht rosig aus.

(17''')

Die Zukunft eines Beamten sieht rosig aus.

(17'

v

)

Die Zukunft der Beamtenschaft sieht rosig

aus. In den Beispielsätzen ist

von Gattungen

(Menschheit,

Beamtenschaft) die Rede; nur der ß-Pl-Typ und der e-Sg-Typ kommen als Realisator nicht in Frage, Wenden wir uns j e t z t neuen Beispielsätzen zu: (18

)

'Der Sohn des Bauern muß morgens früh aufstehen.

(18'

)

Der Sohn der Bauern muß morgens früh aufstehen.

(18" )

Der Sohn von Bauern muß morgens früh aufstehen.

( 1 8 )

D e r Sohn eines Bauern m u ß morgens früh aufstehen.

(18'

v

)

Der Sohn der Bauernschaft früh aufstehen.

muß morgens

328

) * + 'oie Quadratwurzel der Zahl ist größer als ihre Kubikwurzel. (19' ) Die Quadratwurzel der Zahlen ist größer als ihre Kubikwurzel. (19'' ) Die Quadratwurzel von Zahlen ist größer als ihre Kubikwurzel. (19'") Die Quadratwurzel einer Zahl ist größer als ihre Kubikwurzel. v + (19' ) Die Quadratwurzel des Zahlenreichs ist größer als ihre Kubikwurzel. 19

Kommentar; In (18) - (19' v ) ist nicht von Gattungen (Bauernschaft, Zahlenreich) die Rede. In ( 1 8 ' ' ' ) zum Beispiel wird über T ' = T ( A x ( V y (Sohn(x,y) Bauer (y ) ) ) ) prädiziert. Wäre ( 1 8 ) in der deutschen Sprache realisiert, so wäre von ( ( S o h n f x , T ( B a u e r ) ) die Rede - dem Sohn des generischen Bauern. Dieser müßte sinnvollerweise identisch sein mit T " . Dies bedeutet aber eine potentielle Gleichwertigkeit von ( 1 8 ) und ( 1 8 ' " ) . Indem die deutsche Sprache nur (18"') aktualisiert, vermeidet sie es, als Relate der Sohn-Relation Typen akzeptieren zu müssen. Damit ist der Platonismus nicht in dem Maße in Anspruch genommen, als dies möglich gewesen wäre. Bemerkung; Ein Typ als Relat der Sohn-Relation findet sich aber in (2O ) Abdullah ist ein echter Sohn der Wüste. Der entsprechende Typ ist hier T ( W ü s t e ) .

5.3

Logische Repräsentationen

Es ist nun an der Zeit, unsere linguistisch-ontologischen Überlegungen in einer logischen Formalisierung zu synthetisieren. Dieser Aufgabe wenden wir uns nun zu. Unser

329

Werkzeug wird dabei die intensionale Logik sein. An den Anfang stellen wir zwei Ansätze zur Formalisierung generischer Ausdrücke, die unserer eigenen Arbeit besondere Anregung gegeben haben.

5.3.1

Formalisierung I: STEWART

M, STEWART (1975: Kap. IV) unterscheidet zwischen kollektiven und distributiven generischen NPs. Die letzteren werden noch einmal nach Kategorizität und Nicht-Kategorizität gegliedert. Wir illustrieren an Beispielen M.STEWARTs: (i

)

Kollektive generische NPs (1

)

Der Löwenzahn ist

mein Lieblingsunkraut.

(2

)

Dinosauriere sind ausgestorben.

"Reduktion" ist hier schwierig. Insbesondere sind Paraphrasierungen der folgenden Art nicht möglich: (1' )

Alle typischen Löwenzähne sind meine Lieblingsunkräuter.

(2' )

(ii )

Alle typischen Dinosauriere sind ausgestorben.

Distributiv-nichtkategorische (3 (4

) )

(generische) NPs

Graduierte Studenten sind arm. Orangen schmecken gut.

Paraphrasierungen der obigen Art sind jetzt möglich: (3' )

Alle typischen graduierten Studenten sind arm.

(4' ) (iii)

Alle typischen Orangen schmecken gut.

Distributiv-kategorische (5

)

(generische) NPs

Dreiecke haben drei Seiten.

330

(6

)

Atome sind spaltbar.

Hier ist wohl eine ALL-, nicht aber eine TYPISCHParaphrasierung möglich: (5' ) (5'') (6' ) (6'')

+

Alle Alle Alle Alle

Dreiecke haben drei Seiten. typischen Dreiecke haben drei Seiten. Atome sind spaltbar. typischen Atome sind spaltbar.

Kategorisch-generische Aussagen werden von STEWART als ALL-Sätze konstruiert (ebd.: 111 f f . ) . Für uns interessanter ist seine Behandlung der Gruppen (i) und ( i i ) : Kollektiv-generische NPs denotieren nach STEWART Typen. Typen werden in seinem System S mit Hilfe des folgenden Axioms aufgebaut (ebd.: 32 f f . ) : Axiom 1: '

V

*

(/> ) -

^

( P

^

3

7

O>

331

Axiom 2 besagt, daß jeder Typ T ( P ) einen Teil besitzt, der mit keinem z, das ein P ist, überlappt. STEWART bekennt sich offen zum Platonismus ( e b d . ) . Sein Typenelement ist eine Widerspiegelung der platonischen Idee innerhalb seines Systems, sein Verhältnis von Typ und Typ-Instanz eine Modellierung der platonischen Teilhabe-Beziehung. Kommen wir nun zu einer Einschätzung der STEWARTschen Konstruktion: 1. Betrachten wir zunächst seine Akzeptierung möglicher, nicht-aktualisierter Entitäten: Hier werden starke ontologische Annahmen gemacht. Einige Fragen sind in diesem Zusammenhang zu stellen: a) Wie viele solcher Entitäten gibt es? b) Wie werden sie individuiert ? Andererseits muß zugestanden werden, daß sich die ontologische Kategorie der Möglichkeit zur Beschreibung der Weilt nicht vermeiden läßt . Dies gilt gleichermaßen für die Beschreibung linguistischer Fakten ' . Die Mögliche-Welten-Metaphysik der Logischen Semantik, die wir selber als Modell zugrunde legen, macht von dieser Kategorie sogar expliziten Gebrauch. 2. Ontologisch bedenklicher ist das ideale Typenelement , das axiomatisch postuliert wird, ohne gleichzeitig ausreichend charakterisiert zu werden. - Ist dieses Typenelement für alle Typen als gleich zu denken, oder besitzt - was anzunehmen sinnvoller ist - jeder Typ sein eigenes Typenelement? - Eine Antwort darauf wird 1) 2)

Vergl. W. v. O. QUINE ( 1 9 6 1 : Kap. I, 4 f . ) . Vergl. M. BUNGE ( 1 9 7 7 : Kap. I V ) . Gesetzesaussagen, Kontrafaktualsätze und Dispositionsaussagen enthalten zum Beispiel starke modale Anteile.

332

in S nicht gegeben. Eine solche Antwort wäre aber vom philosophischen Standpunkt aus wichtig. 3. Kritisch muß ebenfalls die Hybrid-Bauweise des STEWARTschen Typs vermerkt werden. In ihm sind ja das Typenelement und die Typ-Instanzen mereologisch in einem Aggregat verbunden. Auch hier stellt sich die ontologische Frage nach ihrer Verknüpfungsweise. Wenden wir uns j e t z t STEWARTs Behandlung der nicht-kategorischen (generischen) NPs zu: STEWART schlägt für (7) die Formalisierung ( 7 ' ) vor: (7 ) Graduierte Studenten sind arm. ( 7 ' ) A* (ÄHNLICH (x, T (GraSt) ^ /?t- & ( * ) } ( 7 ' ) soll ausdrücken, daß alle "typischen" Instanzen von T ( G r a S t ) arm sind. Es f ä l l t hier die Analogie des Typs zu F.v. KUTSCHERAs ( 1 9 7 1 ) "reinen Fällen" a u f , die wir in D e f . 6 von C 2 . 1 . 2 . 1 kennengelernt haben. Folgender Unterschied besteht jedoch: KUTSCHERAs "reine" und "unreine" Fälle besitzen denselben kategorialen Status und können deshalb sinnvollerweise auf ihre Ähnlichkeit verglichen werden. Typ und Typ-Instanzen bei STEWART sind aber bei genauer Betrachtung kategorial verschieden (man denke an das die konkreten Instanzen übersteigende Typenelement ! ) ; die Ansetzung einer Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Typ und Typ-Instanzen wird dann philosophisch problematisch. Für den Linguisten gravierender dürfte der folgende Einwand sein: (8) ist ein von STEWART akzeptiertes Bedeutungspostulat. ( 8 ' ) ist eine Spezifizierung dieses Postulats. Aus ( 7 ' ) und ( 8 ' ) läßt sich (9) ableiten: (8 ) (8') (9 )

ÄHNLICH ( T ( P ) , T ( p ) ) ÄHNLICH ( T(GraSt) , T(GraSt) ) ARM ( T(GraSt) )

333

(9) wiederum dient der logischen Repräsentation von ( 9 ' ) : (9')

Der graduierte Student ist arm.

Aus ( 7 ' ) ist zwar (9) ableitbar (via das Bedeutungspostul a t ) , nicht aber ( 7 ' ) aus ( 9 ) . (7) und ( 9 ' ) erhalten damit verschiedene, logisch nicht gleichwertige Repräsentationen. Dies aber widerspricht der Tatsache, daß (7) und ( 9 ' ) gleich verstanden werden'

5.3.2

Formalisierung II:

BACON

Wenden wir uns nun dem Ansatz J. BACONs (1973a) zu. Wir besprechen aus seiner Arbeit für uns wichtige Punkte: BACON geht von einer Logik mit den Wahrheitswerten WAHR, FALSCH und UNBESTIMMT aus. Wie STEWART läßt er nicht nur aktuale, sondern auch mögliche Individuen zu. Ausgangspunkt für BACON ist (1 ) (1) wird als (V )

Der Löwe ist

(1) (ebd.: 331 f f . ) : lohfarben.

(T) repräsentiert:

Q LF (

* ' ( *)1

'-' ist als pseudo-temporal es IMMER zu lesen. (T) soll wahr genau dann sein, wenn L ? < ' t ' ii(" an irgendeiner RaumZeit-Koordinate ( s , t ) wahr und an keiner falsch ist. i » £ ( * ) wiederum bezeichnet an einer Raum-Zeit-Stelle ( s , t ) den (einzigen) Löwen, der ( s , t ) besetzt hält (es kommen dafür auch nicht-aktuale Löwen in Frage); existiert an (s,t) kein solcher Löwe, dann referiert < * L {*) auch nicht; BACON weist in einem solchen Fall i / u) 3 7 sr (O)

Annahmeeinführung Annahmeeinführung u-Regel-Anwendung auf

((1))

344

((4)) ((5))

r i y ) v 6 (γ) Λ* τ F(x)

All-Beseitigung i n ( ( 3 ) ) u-Regel-Anwendung a u f ( ( 2 ) )

((6)) ((7))

τ My) 0(y)

All-Beseitigung in ( ( 5 ) ) Anwendung d e s adjunktiven

Λ * 6 U) G (u)

Syllogismus a u f ( ( 4 ) ) u n d ( ( 6 ) ) All-Einf hrung i n ( ( 7 ) ) u-Regel-Anwendung a u f ( ( 8 ) )

((8)) ((9))

In empirischer Illustration: (13 ) (14 ) .'.

Ein Ochse ist beinig. Ein Ochse ist

zweibeinig oder er ist

vier-

nicht zweibeinig.

Ein Ochse ist vierbeinig.

Abschlie end f hren wir die folgende Formalis ierungsregel ein: Formal is ierungsregel ; Gleiche Vorkommen eines einzigen e-Sg-Typs in einem Satz werden mit Hilfe einer einzigen u-Variablen, verschiedene e-Sg-Typen mit verschiedenen u-Variablen formalisiert. Beispiel; (15 )

Ein Mensch ist

m nnlich oder er

ist

weiblich. (15')

l A l e * ( u „ ) ^ /M Λ / f x / i (O)

v

l At £ V ( u , ) 3 l« E / « i ( «

(16 )

Ein Schimpanse ist einem Gorilla als eine G i r a f f e einem Krokodil.

(16')

(l/CHIyM/1