Odysseeinterpretationen: Untersuchungen zum ersten Buch und zur Phaiakis 9783666251092, 9783525251096

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Odysseeinterpretationen: Untersuchungen zum ersten Buch und zur Phaiakis
 9783666251092, 9783525251096

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HYPOMNEMATA H E F T 19

HYPOMNEMATA U N T E R S U C H U N G E N ZUR A N T I K E U N D ZU I H R E M

NACHLEBEN

Herausgegeben von Albrecht Dihle / H a r t m u t Erbse Christian Habicht / Günther Patzig / Bruno Snell

HEFT 19

VANDENHOECK& RUPRECHT IN GÖTTINGEN

KLAUS

KÜTER

Odysseeinterpretationen Untersuchungen zum ersten Buch und zur Phaiakis

Herausgegeben von Kjeld Matthiessen

VANDENHOECK&RUPRECHT IN GÖTTINGEN

© Vandenhoeck & Ruprecht In Güttingen 1969. — Prlnted in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesamtheretellung: Hubert 4 Co.. Güttingen

DEM A N D E N K E N D E R L E H R E R RICHARD HARDER HERMANN K L E I N K N E C H T F R I E D R I C H SCHWENN

Vorwort des Herausgebers Das Kernstück der vorliegenden Arbeit, das die jetzigen Seiten 28—227 umfaßte, wurde von meinem Freund Klaus Rüter im April 1967 unter dem Titel „Untersuchungen zum ersten Buch der Odyssee" der Philosophischen Fakultät der Universität Münster als Dissertation eingereicht. Als Referent war Prof. Dr. Heinrich Dörrie, als Korreferent Prof. Dr. Martin Sicherl vorgesehen. Ehe die Arbeit von der Fakultät angenommen wurde, setzte am 16. Mai 1967 ein Herzschlag dem Leben meines Freundes ein vorzeitiges Ende; das Promotionsverfahren mußte für beendet erklärt werden. Daß die Arbeit trotz dieser widrigen Umstände gedruckt werden sollte, war allen, die über ihren Inhalt etwas erfahren hatten, von vornherein klar. Nachdem ich auf Wunsch von Herrn Prof. Dörrie und im Einverständnis mit der Witwe des Verstorbenen die Herausgabe übernommen hatte, nahm ich auch Einblick in die umfangreichen Unterlassenen Aufzeichnungen. Dabei zeigte es sich, daß auch darunter vieles war, das ebenfalls die Veröffentlichung lohnen würde. Zwar blieben gewisse Bedenken, ob es richtig sei, etwas aus diesen Aufzeichnungen ohne ausdrückliche Einwilligung des Verfassers zu veröffentlichen, aber ich habe mich trotzdem dazu entschlossen, wenigstens zwei Abschnitte aus dem Nachlaß hinzuzufügen. Es handelt sich um die Auseinandersetzung mit den Thesen Schadewaldts und Heubecks, die einem 1961/62 verfaßten kritischen Überblick über die Geschichte der Odysseeanalyse entnommen ist (S. 13—27), und um die Zusammenfassung der Ergebnisse einer 1960 entstandenen Studie mit dem Titel „Scheria und Ithaka, zwei Stationen des Odysseus" (S. 228—254) Ich meinte besonders deswegen so handeln zu dürfen, weil eine gründliche Interpretation der Odyssee in ihrer uns vorliegenden Form gerade nach den Arbeiten Schadewaldts und Reinhardts über die Hias ein Desiderat ist und weil ich glaube, daß mein Freund mit seiner Interpretation des ersten Buches hierfür einen so wichtigen Beitrag geleistet hat, daß auch seine methodischen Vorüberlegungen sowie seine Gedanken über die Beziehungen zwischen den einzelnen Teilen des Epos und über das Verhältnis des Odysseedichters zum Hiasdichter von allgemeinem Interesse sein dürften. Eine Veröffentlichung dieser 1

Beide Abschnitte wurden von mir redaktionell bearbeitet, so daß sie jetzt mit dem Kernstück ein Ganzes bilden. Auch die nötigen Querverweise wurden von mir eingefügt. Die wenigen eigenen Anmerkungen habe ich deutlich als solche gekennzeichnet.

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Vorwort des Herausgebers

Nachlaßkapitel scheint mir auch aus einem anderen Grunde wünschenswert zu sein. Klaus Rüter war ein Schüler von Richard Härder und ein aufmerksamer Hörer seiner Odysseevorlesung vom Sommersemester 1954, in der Härder zeigte, wie notwendig gerade die Teile, welche die Analytiker jüngeren Dichtern zuzuteilen pflegen, für das Ganze des Epos sind. Leider hat Härder zu Lebzeiten nichts über die Odyssee veröffentlicht, und auch aus dem Nachlaß ist nur die Münsteraner Antrittsvorlesung über „Odysseus und Kalypso" erschienen2. Die vorliegende Arbeit, und zwar gerade in ihrer erweiterten Form, ist ein gewisser Ersatz für das Odysseebuch, das Härder hätte schreiben können, zu dem er selbst sich aber angesichts der, wie er meinte, verzweifelten Lage der Forschung® nie entschließen konnte. Denn wie mir ein Vergleich mit meinen Aufzeichnungen von damals zeigt, ist mein Freund aufs stärkste von Härders Auffassungen beeinflußt, sowohl darin, daß er seine Urteile zu Einzelfragen übernahm, als auch und vor allem dadurch, daß er sich seine Sehweise zu eigen machte und unabhängig von ihm immer wieder zu den gleichen Ergebnissen gekommen ist. Härder ist es auch gewesen, der seine Aufmerksamkeit auf das Epos gelenkt hat. Unmittelbar von ihm angeregt ist ein im Jahre 1957 entstandener Aufsatz über die Hexameterinschrift auf dem „Nestorbecher" von Pithekussai4. Hier führte die Frage, ob diese Inschrift aus dem Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. auf die Hias anspielt, sogleich ins Zentrum der Homerprobleme. Zur Formulierung eines Dissertationsthemas kam es freilich nicht mehr, da Härder am 4. September 1957 starb. Mein Freund fand nach dem Tode seines Lehrers verständnisvolle Förderung durch Hermann Kleinknecht, der ihm ein Staatsexamensthema aus dem Bereich der Odyssee stellte. So entstand die erwähnte Arbeit über „Scheria und Ithaka", die in den zweiten Teil der vorliegenden Untersuchungen eingegangen ist. Wer diesen zweiten Teil liest und etwa Kleinknechts Aufsatz über „Platonisches im Homer"6 danebenhält, wird leicht bemerken, wieviel mein Freund seinem zweiten Lehrer verdankt. Sicher hätte Kleinknecht seinem Wunsch, die Arbeit zur Dissertation erweitern zu dürfen, verständnisvoll gegenübergestanden, aber er hat sich nicht mehr dazu äußern können, da er am 13. März 1960, noch bevor er die Arbeit gelesen hatte, plötzlich starb. Mein Freund war 2

Kleine Schriften, München i960, 148—163. Man vergleiche Härders bittere Worte: „Die Homerwissenschaft hatte ihren eigenen Gegenstand zerstört." Er spricht vom „Zusammenbruch einer hundertjährigen Forscherarbeit" und davon, daß sich „die verlorene Einheit . . . nicht durch Wünsche wiederherstellen" lasse (a.O. 149f.). 4 Zum Nestorbecher von Pithekussai, Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 2, 1968, 231—265. ( Gymnasium 65, 1958, 59—75. 3

Vorwort des Herausgebers

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nach diesem zweiten Schicksalsschlag sehr entmutigt. Nachdem er selbst von einer schweren Herzerkrankung genesen war, begann er erneut mit seinen Odysseestudien, doch befriedigte ihn „Scheria und Ithaka" nicht mehr, und er suchte nach einem Neuansatz. Zunächst setzte er sich gründlich mit der Homerliteratur von d'Aubignac und Wolf bis auf unsere Tage auseinander. Eine solche Auseinandersetzung bleibt ja niemandem erspart, der in die Diskussion über die Odyssee eintreten will*. Doch beginnt diese Aufgabe infolge der Fülle der Literatur die Arbeitskraft eines einzelnen Menschen zu übersteigen, und es wird dem Interpreten nicht eben leicht gemacht, das unbefangene Verhältnis zum Text zurückzugewinnen, das eine unerläßliche Voraussetzung jeder Interpretation ist. So wurde erst Ende 1963 ein Neuansatz gefunden. Allerdings mußte das Thema begrenzt werden. Weder konnte die ganze Odyssee Gegenstand der Arbeit bleiben, wie mein Freund es gewünscht hatte, noch konnten mehrere exemplarische Partien besprochen werden, sondern nur das a, dies jedoch im ständigen Hinblick auf das Ganze. Die Arbeit wurde erst von Rudolf Kassel betreut, der Kleinknechts Lehrstuhl zunächst verwaltete, später von Kleinknechts Nachfolger Heinrich Dörrie. Sie stand unmittelbar vor dem Abschluß, als mein Freund sich Ende 1964 wegen seiner wirtschaftlich ungesicherten Lage dazu bewegen ließ, eine ihm angebotene Mitarbeiterstelle am „Lexikon des frühgriechischen Epos" anzunehmen. Nun begann für ihn eine Zeit der starken beruflichen Belastung. In den Jahren 1965—1966 verfaßte er die Artikel 4v, dvaßißpuxev, ávayxá^w, ávayxaÍTj, ávayxaío?, áváyxTj und ávSávoj, von denen besonders áv viel Zeit und Arbeitskraft erforderte und stärker an seinen Kräften zehrte, als er selbst es wahrhaben wollte. Erst nach zweijähriger Unterbrechung fand er endlich die Muße zum Abschluß seines Manuskripts. Eine Gesamtinterpretation der Odyssee vorzulegen, wie er es wünschte, ist meinem Freund Klaus Rüter durch den Tod verwehrt worden. Was hier vorgelegt werden kann, ist, wenn man es an seinem ursprünglichen Vorhaben mißt, nicht mehr als ein Fragment. Aber ein Anfang ist immerhin gemacht, und da nach dem Sprichwort der Anfang die Hälfte eines jeden Werkes ist 7 , wird es anderen hoffentlich leichter fallen, auf den hier gelegten Grundlagen weiterzubauen. * Vgl. Härder (a.O. 149f.): „Die neuen Ansätze müssen sich sehr vorsichtig und bewußt in die Forschungssituation hineinstellen, wenn es gelingen soll, die Krise zu überwinden. Daß die frühere Forschung, wenn sie auch noch so sehr geirrt hat, nicht über Bord geworfen werden darf, darüber herrscht bei allen Vernünftigen Einigkeit; es ist offenkundig, wieviel wertvolle Arbeit die Analyse . . . für die Interpretation geleistet hat." 7 Fiat. Leg. 753 e 6: i p x ' h Y®P iiyeTai ¡iiv 1J|xtou 7totvr6? ¿v Tai? 7tapoi(xlat< gpyoo ~ Horaz, epist. 1,2,40.

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Vorwort des Herausgebers

Besonderer Dank gebührt den Herausgebern der ,, Hypomnemata'' für die Aufnahme der Arbeit in ihre Reihe, ferner Eva-Maria Voigt, Klaus Alpere, Alexander Kleinlogel und Bernhard Mader für das Mitlesen der Korrekturen, letzterem auch für die Anfertigung des Registers. Vor allem aber sei den ehemaligen Stipendiaten des Evangelischen Studienwerks Villigst gedankt, die durch eine großherzige Spendenaktion den Druck ermöglicht haben. Dieses Buch ist, so wie mein Freund es wünschte, dem Andenken seiner Lehrer Richard Härder, Hermann Kleinknecht und Friedrich Schwenn gewidmet. Washington, im Frühling 1969

Kjeld Matthiessen

Inhalt 13

Einleitung § § § § §

1. 2. 3. 4. 5.

Chorizontenstreit und homerische Frage Schadewaldt und Heubeck Der „Consens der Auffassungen" Neue Kriterien der Odysseeanalyse ? DM Ziel unserer Untersuchung

13 14 17 22 26

E B S T E B T E I L : UNTERSUCHUNGEN ZUM OC

1. Kapitel: Das Proömium der Odyssee (a 1—21)

28

§ 1. Die traditionellen Elemente des Epenproömiums § 2. Das Proömium der Odyssee (« 1—21) a) Der Musenanruf (a 1—10) b) Die Anfangssituation der Odyssee (a 11—21) § 3. Die Eigenart des Odysseeproömiums § 4. Fragen der Analyse (Das Problem von oc 6—9)

28 34 34 39 42 49

2. Kapitel: Der Prolog der Odyssee (oc 22—95) § § § §

1. 2. 3. 4.

Vom Proömium zum Prolog (a 22—27) Der einmütige Olymp Die Rede des Zeus (a 28—43) Der Heimkehrbeschluß (a 44—95) a) Die Rede Athenes (