Obligatorische Beratung und Mediation: Ein Verfahrensmodell für die außergerichtliche Streitbeilegung im Rahmen des § 15a EGZPO [1 ed.] 9783428520770, 9783428120772

Das Interesse an der "Streitbeilegung ohne Urteil" nimmt angesichts eines sich allgemein zurückziehenden Staat

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Obligatorische Beratung und Mediation: Ein Verfahrensmodell für die außergerichtliche Streitbeilegung im Rahmen des § 15a EGZPO [1 ed.]
 9783428520770, 9783428120772

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Schriften zum Prozessrecht Band 202

Obligatorische Beratung und Mediation Ein Verfahrensmodell für die außergerichtliche Streitbeilegung im Rahmen des § 15a EGZPO

Von Alexander Schreiber

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER SCHREIBER

Obligatorische Beratung und Mediation

Schriften zum Prozessrecht Band 202

Obligatorische Beratung und Mediation Ein Verfahrensmodell für die außergerichtliche Streitbeilegung im Rahmen des § 15a EGZPO

Von

Alexander Schreiber

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-12077-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

In Erinnerung an meine Uroma Lene (Helene Rothe)

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Jahre 2004 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde 2002 abgeschlossen. Für die Drucklegung wurde es in einzelnen Abschnitten überarbeitet. Dadurch konnten die Literatur und die Gesetzesänderungen bis Ende 2005 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Olaf Werner, der mich zunächst als studentische Hilfskraft, später als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl nahezu väterlich aufnahm und meine Entwicklung über all die Jahre unterstützte. Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Prof. Dr. Monika Schlachter und Herrn Prof. Dr. Dr. Günter Jerouschek für die Anregungen; Letzterem schulde ich großen Dank für die Übernahme und zügige Anfertigung des Zweitgutachtens. Für die Geduld und die Einräumung der Zeit zur Aktualisierung des Manuskripts danke ich Herrn Prof. Dr. Reinhard Singer, an dessen Lehrstuhl ich seit 2003 mit großer Freude arbeite. Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Familie, insbesondere bei meiner Mutter, Steffanie Schneider, und meiner Oma, Johanna Würfel, die mir unter großer Opferbereitschaft ein sorgenfreies und zügiges Studium ermöglichten und mich darüber hinaus stets nach Kräften unterstützt haben. Weiterhin danke ich meinen Kollegen in Jena, insbesondere Dr. Stefan Fritsche, sowie Dr. Jörg Benedict in Berlin, die zu Freunden wurden, für die nette Zusammenarbeit und ihre Diskussionsbereitschaft. Die Zeit in Jena wird mir aber auch und nicht zuletzt wegen der „guten Seele“ des Lehrstuhls, Frau Gabriele Weidner, stets in guter Erinnerung bleiben. Für ihren Trost und ihre Hilfe in schwierigen Phasen der Erstellung dieser Arbeit bin ich besonders auch Katrin Bergner dankbar; ohne sie wäre diese so nicht entstanden. Alexander Schreiber

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

1. Teil Das Bedürfnis nach Institutionalisierung konsensueller Konfliktlösungsmechanismen in Deutschland

34

A. Begriff der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

I. Schlichtungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

II. Person des Schlichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

III. Schlichtungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

1. Terminwahl und Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

2. Raumwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

3. Sachliche Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

IV. Schlichtungsverhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

1. Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

2. Gemeinsame Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

3. Vertrauliche Einzelgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

4. Wiederholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

V. Formulierung des Schlichtungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

VI. Nachphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

I. Potenzial der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

1. Die Potenziale auf Grund der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

a) Die Erzielung eines Kooperationsgewinnes durch Ausdehnung der Verhandlungsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

10

Inhaltsverzeichnis b) Die Vereinbarung flexibler Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

c) Zukunftsgestaltende Lösungen unter Einbeziehung der Konfliktursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Schnelle Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3. Geringe Kosten der Konfliktbeilegung für die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . .

52

a) Kostensenkung durch die Verfahrensgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

b) Kosten für die Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

c) Kosten für die Parteivertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

d) Sonstige Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

4. Zugangserleichterung zum Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

a) Rechtsverwirklichung in Mediationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

aa) Rechtsverwirklichung der Parteien durch Interessenbefriedigung

57

bb) Abhängigkeit des Verhandlungsergebnisses von Verhandlungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

b) Zugangshindernisse zur Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

5. Fortsetzung der Sozialbeziehung nach Konfliktbeendigung . . . . . . . . . . . . . .

63

6. Entlastung der Gerichte und des Staatshaushaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

7. Verbesserung der Streitkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

II. Gefahren der mediativen Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

1. Das Risiko der Normerosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

2. Das Risiko einer ungerechten Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

a) Gerechtigkeitsgewähr des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

b) Gerechtigkeitsmaßstab in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

c) Verhandlungsmacht als Gefahr eines gerechten Ergebnisses . . . . . . . . . .

78

d) Der Mediator als Förderer einer ausgewogenen Lösung . . . . . . . . . . . . . . .

79

3. Mangelnde Erfolgsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

4. Sonstige Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2. Teil Grundsätze der Verfahrensgestaltung

86

A. Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

B. Zufriedenheit der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

Inhaltsverzeichnis

11

I. Zufriedenheit mit dem Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

II. Zufriedenheit mit dem Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

1. Bedeutung des Ergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

2. Bedeutung der Verfahrenskomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

C. Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

I. Neutralität des Schlichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

II. Neutralität des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

D. Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

E. Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 F. Konfliktnähe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Auswirkungen der Konfliktnähe auf Chancen und Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Nähe zum sozialen Teilsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Nähe zum Konflikttypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Nähe zur Definition des Konfliktes durch die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Verwirklichung von Konfliktnähe im Mediationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Nähe zum sozialen Teilsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Nähe zum Konflikttypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Nähe zum Definitionsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Teil Die Ausgestaltung eines Verfahrens zur Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung unter Berücksichtigung des § 15a EGZPO

107

A. Ziele der Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B. Verfahrensentwurf zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . 110 I. Ein Vorverfahren als Voraussetzung der zulässigen Klageerhebung . . . . . . . . . 110 1. Der Zeitpunkt von Schlichtungsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 a) Später Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 b) Früher Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

12

Inhaltsverzeichnis c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 d) Nachholung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Die obligatorische Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Überwindung der mangelnden Inanspruchnahme von Schlichtungsverfahren durch Zwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Die Auswirkungen von Zwang im Mediationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 117 c) Alternativen zur obligatorischen Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Verbesserung des Angebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Kostenanreize . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 dd) Materielle Neu- und Nachverhandlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 122 ee) Beratungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 d) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Der sachliche Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Eignung von Konflikten zur konsensualen Beilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Anwendungsbereich nach § 15a EGZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Der nach § 15a Abs. 1 EGZPO eröffnete Anwendungsbereich . . . . . . . . 128 aa) Streitwertgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Beschränkung auf die Zuständigkeit des Amtsgerichtes . . . . . . . . . . 130 cc) Nachbarschaftsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 dd) Ehrverletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 b) Zweckmäßigkeit des Ausschlusses der Konflikte nach § 15a Abs. 2 EGZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Ausnahmen nach § 15a Abs. 2 Nr. 1 EGZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Keine Schlichtung in Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 cc) Keine Schlichtung vor Wiederaufnahmeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 135 dd) Keine Schlichtung vor Urkunden- oder Wechselprozessen . . . . . . . 136 ee) Keine obligatorische Schlichtung bei Durchführung eines Mahnverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (1) Gefahren des Wahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (a) Persönlicher Aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (b) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (aa) Kostenregelung im Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (bb) Kostenregelung im Vorverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (cc) Verbesserungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (c) Verfahrensdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Inhaltsverzeichnis

13

(2) Alternativen zum Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 (a) Schlichtung vor dem Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 (b) Schlichtung zwischen Mahnverfahren und Klageerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 ff) Keine Schlichtung vor Klagen wegen Vollstreckungsmaßnahmen

146

gg) Keine Schlichtung bei Wohnsitz in verschiedenen Bundesländern 146 hh) Keine Schlichtung bei Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Landesregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Streitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Klagehäufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 d) Klageänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 e) Parteiänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 f) Haupt- und Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 g) Adhäsionsverfahren nach § 403 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 III. Räumlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 IV. Qualifikation der Vermittlungspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Die Eignung von Laien als Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Die Eignung von Personen mit besonderem Sachverstand als Mediatoren

163

3. Die Eignung psycho-sozialer Berufsgruppen als Mediatoren . . . . . . . . . . . . . 165 4. Die Eignung von Juristen als Mediatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Rechtspfleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 b) Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Pensionierte Richter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 d) Notare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 e) Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 aa) Berufsrechtliche Zulässigkeit der Mediation durch Rechtsanwälte

174

bb) Strafrechtliche Zulässigkeit der Mediation durch Rechtsanwälte . 176 5. Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 V. Zuständigkeit der Gütestelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Örtliche Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Gütestelle des Antragstellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

14

Inhaltsverzeichnis b) Gütestelle des Antragsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Personelle Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Auswahl durch die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Hoheitliche Bestimmung der Schlichtungsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 VI. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 VII. Vorbereitung und Ablehnung der Schlichtung durch den Schlichter . . . . . . . . . 185 1. Verhandlungsvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 VIII. Terminbestimmung und Ladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IX. Persönliches Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Durchsetzung der Pflicht zum persönlichen Erscheinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Gegenüber dem Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Gegenüber dem Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Entschuldigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 X. Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 XI. Hinzuziehung von Beiständen und Rechtsanwälten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Zweckmäßigkeit eines Anwaltsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Rechtliche Zulässigkeit eines Anwaltsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 3. Gewährung von Kostenhilfe für Parteianwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 XII. Zeitplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 XIII. Unabhängigkeit des Schlichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 1. Ausschlussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 2. Ausschlussgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 XIV. Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 XV. Der Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Die Vertraulichkeit im Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 a) Die Berücksichtigung anvertrauter Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Die Weitergabe anvertrauter Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

Inhaltsverzeichnis

15

2. Sicherung der Vertraulichkeit nach Beendigung des Verfahrens . . . . . . . . . . 214 a) Zeugnisverweigerungsrecht und -pflicht des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Verschwiegenheitspflicht der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 c) Ausschluss der Weitervertretung einer Partei durch die Schlichtungsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 XVI. Wahrheitspflicht der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 XVII. Aufgaben und Kompetenzen der Schlichtungsperson bei den Verhandlungen 222 1. Aufgaben der Schlichtungsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Beratung über die außergerichtliche Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 b) Die Anhörung der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 c) Die Konfliktaufarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 d) Interessenorientierte Lösungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 e) Einigung auf eine Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 2. Kompetenzen der Schlichtungspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Die Gestaltungsmittel des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Formale Gesprächsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Inhaltliche Gesprächsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 cc) Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 dd) Bewertungen und Beurteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 (1) Rechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (2) Bewertung nach anderen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 ee) Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (1) Inhaltliche Lösungsvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (2) Verfahrensvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 ff) Bedingt bindende Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 gg) Verhandlungsbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Verfahrensziel und Eingriffsintensität des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Die Ausnutzung der Gestaltungsmittel in den Verhandlungsphasen . . . 245 aa) Interventionen bei der Beratung über die außergerichtliche Streitbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 bb) Interventionen bei der Anhörung der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 cc) Interventionen zur tatsächlichen und rechtlichen Aufarbeitung . . . 246 (1) Sachverhaltsfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (a) Augenscheinsbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

16

Inhaltsverzeichnis (b) Urkundenbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (c) Zeugenbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (d) Sachverständigengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (2) Erörterung der Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 dd) Interventionen bei der Entwicklung von interessenorientierten Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 ee) Interventionen bei der Einigung auf eine Konfliktlösung . . . . . . . . . 254 d) Interventionen zur Verhinderung des Missbrauchs von Verhandlungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 e) Keine Ausübung von Einigungsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 XVIII. Zulässigkeit von Einzelgesprächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Die Vorteile von Einzelgesprächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 a) Einfachere Erforschung der Interessen und Pläne der Parteien . . . . . . . . 265 b) Abbau von Einigungshindernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Strukturelle Einigungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 (1) Kommunikationsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 (2) Prinzipien und Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 bb) Kognitive Einigungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 cc) Strategische Einigungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 c) Förderung der Kreativität bei der Lösungssuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Die Risiken von Einzelgesprächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 a) Neutralitätsverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 b) Mangelnde Zufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Einigungsdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 XIX. Die Durchsetzung der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. Kontrolle der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 2. Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 3. Beständigkeit der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 a) Lösung auf Grund neuer Informationen und Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) Lösung wegen Pflichtverletzungen der Schlichtungsperson . . . . . . . . . . . 284 4. Vollstreckbarkeit der Konfliktlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 XX. Vermeidung negativer materiell-rechtlicher Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 1. Möglichkeiten bei den privaten Schlichtungsstellen nach § 15a Abs. 3 EGZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Möglichkeiten der Länder bei den staatlich eingerichteten oder anerkannten Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291

Inhaltsverzeichnis

17

XXI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 1. Vergütung der Schlichtungspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 a) Höhe der Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 aa) Vergütung nach RVG und VV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 bb) Vergütung nach Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 cc) Vergütung durch Pauschalhonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 b) Subvention der außergerichtlichen Konfliktberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Kostenhilfe für die Schlichtungsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 a) Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 b) Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 3. Durchsetzung der Kostenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 4. Kostenschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 a) Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 b) Sonstige Kostenschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 c) Kostenhilfeberechtigte Übernahmeschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 5. Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 a) Erstattung der Schlichtungsverfahrenskosten im Schlichtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 b) Erstattung der Schlichtungsverfahrenskosten in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Endergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

2 Schreiber

Abkürzungsverzeichnis a. A.

andere Ansicht

Abs.

Absatz

Abt.

Abteilung

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

ADR

Alternative Dispute Resolution

a. F.

alte Fassung

AG

Amtsgericht

AGBG

Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

AGGVG BW

Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit für BadenWürttemberg

AGH NRW

Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen

AG § 15a EGZPO NRW

Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend der Einführung der Zivilprozessordnung Nordrhein-Westfalen

AKB-Ausschuss

Ausschuss „Außergerichtliche Konfliktbeilegung“

AnwBl

Anwaltsblatt

ArbGG

Arbeitsgerichtsgesetz

ARGE Baurecht

Arbeitsgemeinschaft für privates Bau- und Architektenrecht

Art.

Artikel

AVBayJG

Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes

BAFM

Bundesarbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation

BayAGGVG

Bayerisches Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes

BayGVBl

Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt

BayLt-Drucks.

Bayerische Landtagsdrucksachen

BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BaySchlG

Bayerisches Schlichtungsgesetz

BB

Betriebsberater

BBB

Better Businness Bureaus

BbgGüteStG

Brandenburgisches Gütestellengesetz

BbgGVBl

Gesetz- und Verordnungsblatt Brandenburg

BbgSchG

Brandenburgisches Schiedsstellengesetz

Abkürzungsverzeichnis BbgSchlG

Brandenburgisches Schlichtungsgesetz

Bd.

Band

BerHG

Beratungshilfegesetz

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BeurkG

Beurkundungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen

BJagdG

Bundesjagdgesetz

BNotO

Bundesnotarordnung

BORA

Berufsordnung der Rechtsanwälte

BRAGO

Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung

BRAK

Bundesrechtsanwaltskammer

BRAK-Mitt

BRAK-Mitteilungen

BRAO

Bundesrechtsanwaltsordnung

Br-Drucks.

Drucksachen des Bundesrates

Bt-Drucks.

Drucksachen des Bundestages

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BW GBl

Gesetzblatt Baden-Württemberg

BW / Lt-Drucks.

Landtagsdrucksachen Baden-Württemberg

ca.

circa

Cap.

Capitel

CBSF

Community Board Program in San Francisco

CPO

siehe ZPO

CPR

Center for Public Resources

DAR

Deutsches Autorecht

DAV

Deutscher Anwaltverein

DB

Der Betrieb

ders.

derselbe

DGVZ

Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung

dies.

dieselben

DM

Deutsche Mark

DNotZ

Deutsche Notar-Zeitschrift

DRiZ

Deutsche Richterzeitung

2*

19

20

Abkürzungsverzeichnis

DZWiR

Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGH

Entscheidungen der Ehrengerichtshöfe der Rechtsanwaltschaft

EGZPO

Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

engl.

Englisch

f.

folgende

ff.

fortfolgende

FGG

Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

FIDIC

International Federation of Consulting Engineers

Fn.

Fußnote

FPR

Zeitschrift Familie Partnerschaft Recht

Frankfurt a. M.

Frankfurt am Main

FS

Festschrift

GG

Grundgesetz

GKG

Gerichtskostengesetz

GüSchlG NRW

Gütestellen- und Schlichtungsgesetz Nordrhein-Westfalen

GVG

Gerichtsverfassungsgesetz

Hess. AG § 15a EGZPO

Hessisches Gesetz zur Ausführung des § 15a des Gesetzes betreffend der Einführung der Zivilprozessordnung

Hess. GVBl

Gesetz- und Verordnungsblatt Hessen

HGB

Handelsgesetzbuch

HSchAG

Hessisches Schiedsamtsgesetz

IHK

Industrie- und Handelskammer

IMCR

Institute for Mediation and Conflict Resolution

i. V. m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

JBeitrO

Justizbeitreibungsordnung

JherJhrb

Jherings Jahrbücher

JR

Juristische Rundschau

JURA

Juristische Ausbildung

JurBüro

Das juristische Büro

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

KFZ

Kraftfahrzeug

KG

Kammergericht

krit.

kritisch

KV

Kostenverordnung

Abkürzungsverzeichnis

21

LG

Landgericht

LM

Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, begründet von Lindenmaier und Möhring

LSA GVBl

Gesetz- und Verordnungsblatt Sachsen-Anhalt

LSA / Lt-Drucks.

Landtagsdrucksachen Sachsen-Anhalt

LSchliG Schl-H

Landesschlichtungsgesetz Schleswig-Holstein

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MünchKomm

Münchener Kommentar

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MwSt

Mehrwertsteuer

NJ

Neue Justiz

NJCs

Neigborhood Justice Centers

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungsreport

Nr.

Nummer

NRW GVBl

Gesetz- und Verordnungblatt Nordrhein-Westfalen

OLG

Oberlandesgericht

ÖRA

Öffentliche Rechtsauskunft und Vergleichsstelle

OVG

Oberverwaltungsgericht

pFV

positive Forderungsverletzung

PrBhaftG

Gesetz über die Haftung des Staates und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt

RBerG

Rechtsberatungsgesetz

RBHaftG

Gesetz über die Haftung des Reichs für seine Beamten

Rdz.

Randzahl

RG

Reichsgericht

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGRK

Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer

Rpfleger

Der Deutsche Rechtspfleger

RPflG

Rechtspflegergesetz

Rt-Drucks.

Drucksachen des Reichstages

RuP

Recht und Politik

S.

Seite

SachRBerG

Sachenrechtsbereinigungsgesetz

22

Abkürzungsverzeichnis

Sächs. Akad.

Sächsische Akademie der Wissenschaften

SAGJusG

Saarländisches Gesetz zur Ausführung bundesrechtlicher Justizgesetze

SAmtsBl

Amtsblatt Saarland

SchAG NRW

Schiedsamtsgesetz Nordrhein-Westfalen

ScheckG

Scheckgesetz

SchlG BW

Schlichtungsgesetz Baden-Württemberg

Schl-H GVOBl

Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein

SchlichtVerfVO

Schlichtungsverfahrensverordnung

SchO Schl-H

Schiedsordnung Schleswig-Holstein

SchStG LSA

Schiedsstellengesetz Sachsen-Anhalt

SGB

Sozialgesetzbuch

SJZ

Süddeutsche Juristenzeitung

SLt-Drucks.

Landtagsdrucksachen Saarland

SOBau

Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten der Arbeitsgemeinschaft für privates Bau- und Architektenrecht

SSchO

Saarländische Schiedsordnung

StBerG

Steuerberatungsgesetz

StGB

Strafgesetzbuch

StPO

Strafprozessordnung

Tab.

Tabelle

ThJG

Thüringer Jagdgesetz

u. a.

und andere

UKlaG

Unterlassungsklagegesetz

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

VAG

Versicherungsaufsichtsgesetz

VersR

Versicherungsrecht

vgl.

vergleiche

VOB / B

Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WahrnG

Urheberrechtswahrnehmungsgesetz

Warn Rsp.

Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts

WG

Wechselgesetz

WM

Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapier-Mitteilungen

WPO

Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer

ZAP

Zeitschrift für die Anwaltspraxis

ZEV

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

ZIP

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Abkürzungsverzeichnis ZKM

Zeitschrift für Konfliktmanagement

ZPO

Zivilprozessordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZvglRWiss

Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

zzgl.

zuzüglich

ZZP

Zeitschrift für Zivilprozess

23

Einleitung Das deutsche Zivilprozessrecht erinnert an einen Zweikampf. Diese Polarisation beruht auf den historischen Wurzeln unserer Zivilprozessordnung. Sie ist einerseits durch das materiell-rechtliche Anspruchsdenken in Fortsetzung des römischen Aktionendenkens vorgezeichnet. Andererseits sah auch die germanische Rechtstradition in der ritualisierten öffentlichen Auseinandersetzung – bis hin zum Zweikampf – ein Mittel der Rechtsfindung.1 Die preußische Gerichtsordnung von 1793 wandte sich von diesen Traditionen ab. Mit ihr wurde an Stelle des noch beim Reichskammergericht geltenden Verhandlungsgrundsatzes ein Instruktionsverfahren eingeführt. Danach hatte der Prozessrichter die Aufgabe, das zwischen den Parteien bestehende materielle Recht zu erforschen.2 Diese Regelung erwies sich in der Praxis jedoch als verfehlt.3 Die traditionellen Vorstellungen vom „Kampf ums Recht“4 erlangten daher wieder Bedeutung. Diese entsprachen auch der liberalistisch-individualistischen Geisteshaltung der 70er Jahre des 19. Jh. und prägten somit die Zivilprozessordnung.5 Das Prozessrecht wurde als Regel für die sich vor dem Gericht im freien Kräftespiel messenden Parteien angesehen.6 Daran veränderten auch zahlreiche Modifikationen nichts, obwohl bereits kurze Zeit nach In-Kraft-Treten der CPO im Jahre 1879 die lange Verfahrensdauer beklagt7 und die Reformdiskussion durch die österreichische ZPO von 1895 angeregt wurde. Am Anfang des 20. Jh. nahm die Kritik nach der Anpassungsnovelle der CPO an das BGB von 1898 zu.8 Daraufhin wurde 1909 das amtsgerichtliche Verfahren erneuert.9 Neben einer Streitwerterhöhung zur Entlastung der Landgerichte und Änderungen zur Vereinfachung wurde vor allem die Stellung des Richters im Amtsgerichtsprozess gestärkt durch die §§ 501, 502 ZPO, die vergleichbar sind mit den geltenden §§ 139, 273 ZPO. Die Verfahrensleitung durch den Richter änderte aber nicht, dass sich die Parteien als Gegner verstanden. Mit Köbler, S. 70. Hahn / Mugdan, Band 2 Abt. 1, S. 114. 3 Hahn / Mugdan, Band 2 Abt. 1, S. 114. 4 Titel der Abschiedsvorlesung von Wien im Jahre 1872 von Rudolph von Jhering. 5 Wieacker, S. 465 ff. 6 Gaul, AcP Bd. 168 (1968), 27 (47). 7 Bähr, JherJhrb Bd. 23 (1885), 339 (364 ff.) mit Hinweisen auf die regionalen Unterschiede. Die lange Verfahrensdauer und die Klage darüber sind aber bereits vom Reichskammergericht bekannt, Odersky, NJW 1995, 2901 (2902). 8 Zu den zahlreichen Änderungsvorschlägen siehe die Literaturübersichten in: ZZP Bd. 32 (1904), 548 ff.; Bd. 33 (1904), 168 ff.; Bd. 35 (1906), 188 ff.; Bd. 36 (1907), 280 ff. 9 RGBl. I, 1909, 475. 1 2

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Einleitung

dem Ziel, die Position des Richters weiter zu stärken, sollte dieser sich – kriegsbedingt ab 1915 – vor Beginn einer streitigen Verhandlung um eine gütliche Einigung bemühen.10 Dies bedeutete eine erhebliche Abweichung von der liberalen Vorstellung, die den Gesetzesentwurf beeinflusste und nach der es dem Kläger nach § 471 CPO oblag, freiwillig ein gerichtliches Schlichtungsverfahren durchzuführen. Die „Emminger Novelle“ brachte 1924 verschiedene Änderungen.11 Die Parteiherrschaft über die Fristen und Termine wurde beseitigt und der Konzentrationsgrundsatz eingeführt. Darüber hinaus wurde die Prozessleitung durch den Richter gestärkt, wie dies bei den Amtsgerichten schon 1909 erfolgt war. Besondere Beachtung verdient der Versuch, ein obligatorisches Schlichtungsverfahren zu etablieren. Dieses war jedoch mit dem streitigen Verfahren verbunden und stellte somit nur einen kleinen Schritt in die Richtung dar, den Konflikt nicht kontradiktorisch auszutragen. Mit der Novelle 1933 wurden weitere wichtige Einzelpunkte geändert.12 Insbesondere die Anordnung der Wahrheitspflicht für die Parteien und der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme sowie eine weitere Stärkung der Richterrolle sollten zu einer Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens führen. Der Erfolg dieser Neuerung kann auf Grund der Entwicklung im Nationalsozialismus nicht mehr festgestellt werden. 1950 wurde die ZPO – bereinigt von den Einflüssen des Nationalsozialismus – neu verkündet. Die ZPO von 1950 beruhte also in ihren wesentlichen Bestandteilen auf der Fassung von 1933. Allerdings wurde das obligatorische Streitschlichtungsverfahren von der „Emminger Novelle“, das kriegsbedingt 1944 abgeschafft worden war, nicht wieder aufgenommen.13 1974 erfolgte die Einführung des „allein entscheidenden Einzelrichters“ am Landgericht, um dem zunehmenden Geschäftsanfall zu begegnen.14 1975 wurde dem Revisionsgericht die Möglichkeit eingeräumt, die Revision abzulehnen.15 Zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren wurde mit der Novelle von 1976 versucht, das Verfahren auf die mündliche Verhandlung zu konzentrieren und das Säumnis- und Mahnverfahren zu erleichtern.16 Eine Änderung an dem Prinzip der gegnerischen Auseinandersetzung war aber auch damit nicht verbunden. Seither hat der Gesetzgeber mehrfach die ZPO in Einzelpunkten geändert. Verfahrensrechtliche Bedeutung sind insbesondere der Einführung eines Bagatellverfahrens sowie Veränderungen im Beweisrecht von 1990 beizumessen.17 Zuletzt wurde die ZPO durch das Gesetz vom 21. 7. 2001 mit Wirkung zum 1. 1. 2002 reformiert.18 Neben Regelungen zur besseren Verteilung der Res10 11 12 13 14 15 16 17 18

Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (12 f.). RGBl. I, 1924, 135. RGBl. I, 1933, 780. RGBl. I, 1944, 229. BGBl. I, 1974, 3651. BGBl. I, 1975, 1863. BGBl. I, 1976, 3281. BGBl. I, 1990, 2847. BGBl. I, 2001, 1887.

Einleitung

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sourcen hat der Gesetzgeber die materielle Prozessleitung des Richters gestärkt. Zusätzlich wurde die Möglichkeit zu einer einvernehmlichen Streitbeilegung vor dem Richter durch ein vorangehendes Güteverfahren gefördert. Diese wichtigsten Punkte innerhalb der Reformen der ZPO zeigen, dass trotz einzelner Einschnitte in die Parteiherrschaft die CPO von 1879 in ihren Grundstrukturen erhalten geblieben ist und von einer kontradiktorischen Konfliktbeendigung als Normalfall ausgeht.19 Die Gesellschaft und teilweise auch die Konflikte haben sich in über 100 Jahren aber erheblich verändert. Die Wahrscheinlichkeit, heute in einen Zivilprozess verwickelt zu werden, ist ungleich größer als zu Zeiten der Entwicklung der ZPO. Die Gründe für das gestiegene Konfliktpotenzial sind verschieden. Eine Ursache ist die Zunahme der Bevölkerung und der Bevölkerungsdichte, die zu mehr Interaktionen und Konfliktpotenzial führt.20 Hinzu kommt die Verrechtlichung der Gesellschaft, die deutlich wird in der zunehmenden Dichte von Rechtsvorschriften.21 Die Gerichte sind aber auch für die Zunahme der Verfahren verantwortlich, da die Rechtslage auf Grund der stärker differenzierenden und uneinheitlichen Rechtsprechung immer unübersichtlicher wird und der Ausgang eines Prozesses schwer vorhersehbar ist.22 Diese Umstände haben Prozesse zur Folge, die nur mit dem Ziel geführt werden, die bestehenden Rechtsunsicherheiten zum Abschluss eines vorteilhaften Vergleiches auszunutzen. Gleichzeitig lösten sich konfliktbewältigende Sozialbeziehungen auf.23 Auf Grund der Individualisierung der Gesellschaft bestehen heute zwischen den Beteiligten regelmäßig keine persönlichen Beziehungen mehr.24 In anonymen Konfliktbeziehungen ist die psychologische Hemmschwelle hinsichtlich der Einschaltung des Gerichtes niedriger.25 Vor allem wird der schwierigere Weg, die Bemühung um einen Ausgleich, als Schwäche angesehen.26 Aber auch der Wirtschaftsverkehr hat sich erheblich verändert. Mit dem technischen Fortschritt entstanden neue Wirtschaftszweige und neue juristische Probleme.27 Neue juristische Probleme ergaben sich auch aus der Verbreitung von Verbraucherkrediten so19 Im Vergleich zum Parteiprozess des common law ist der deutsche Zivilprozess aber relativ moderat. Das Rollenverständnis der Richters ist allerdings im Wandel, was die Modelle der gerichtsverbundenen Mediation verdeutlichen, vgl. auch Trossen, ZKM 2003, 41 f. 20 Bösken, S. 206. 21 Raiser, S. 320 ff. 22 Scheffold, DRiZ 1983, 405 (406); Busse, AnwBl 1994, 49 (53). Die daraus resultierende Verdrossenheit kommt in Sprichwörtern nach der Art „Vor Gericht und auf hoher See sind wir allein in Gottes Hand“ zum Ausdruck. 23 Bösken, S. 294. 24 Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190 (191). 25 Blankenburg, S. 41; Gessner, S. 170 ff.; Klages, DRiZ 1983, 395 (399). 26 Breidenbach, S. 152; Haß, AnwBl 1989, 462 (465); Kraft, VersR 2000, 935 (937). Bei Richtern, die sich um einen Vergleich bemühen, wird vielfach nur deren Zeitersparnis gesehen und ihnen dies als Faulheit unterstellt. 27 Ponschab in: Breidenbach / Henssler, S. 93 (95).

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Einleitung

wie der Entwicklung neuartiger Vertragsformen wie dem Leasing und Franchising. Zusätzlich entwickelten sich neue Absatzformen wie Versandhandel, Teleshopping und E-commerce, bei denen der Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht mehr gleichzeitig erfolgt und eine Prüfung der Leistungsgegenstände vor Vertragsschluss oft nicht möglich ist. Etwaige Fehlvorstellungen und Mängel werden so erst nach Vertragsschluss aufgedeckt und erhöhen damit das Konfliktrisiko. Gleichzeitig stieg der Lebensstandard, was mit einer Erhöhung des Konsums und damit der Gesamtmenge der sozialen Interaktionen einherging.28 Durch diese Entwicklung bedingt, werden heute also nicht nur mehr Verträge geschlossen, sondern die Vertragsgegenstände sind auch komplexer und damit störanfälliger geworden. Statt dem erhöhten Konfliktpotenzial in der Vertragsgestaltung entgegenzuwirken, übernehmen die Bürger seltener im Vorfeld Verantwortung für die Konfliktbewältigung, sondern verlassen sich auf die Durchsetzung ihrer Interessen in einem späteren Gerichtsverfahren. Soweit darin die „Prozessfreudigkeit“ gesehen wird, ist dieser Vorwurf auch gerechtfertigt, wenngleich kaum ein Bürger Freude am Prozessieren hat. Als Ursache für die häufige Austragung von Konflikten vor Gericht werden auch die Rechtsschutzversicherungen und die zunehmende Anwaltsdichte erwogen. Die Zahl der Rechtsanwälte hat sich von 18.720 im Jahre 196129 auf 110.367 im Jahre 200130 fast versechsfacht, und die Anzahl der erledigten Zivilgerichtsprozesse ist von 879.816 im Jahre 196131 auf 1.818.291 im Jahre 1998 gestiegen.32 Diese Feststellung genügt aber nicht, um die Rechtsanwälte als Grund für die Steigerung der Gerichtsbelastung anzusehen.33 Vielmehr müsste dazu eine kontinuierliche und parallele Entwicklung festgestellt werden. Von 1986 bis 1991 stieg die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwälte um über 22%, die Anzahl der Eingänge sank jedoch.34 Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Anwälte das Bedürfnis gerichtlicher Konfliktbehandlung schaffen. Diese Tatsache wird auch durch Untersuchungen bestätigt, wonach über 70% der herangetragenen Fälle von den Anwälten außergerichtlich geregelt werden.35 Die Steigerung der Anzahl an Rechtsanwälten ist daher als Reaktion auf den Markt, also auf das größere Konfliktpotenzial, anzusehen. So nahe liegend die These ist, dass Rechtsschutzversicherungen die Bereitschaft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen steigern, so verbreitet war sie auch.36 Ursprünglich wurde der Rechtsschutz als staatliKlages, DRiZ 1983, 395 (396 f.). Busse, AnwBl 1994, 49 (50). 30 Hagenkötter, AnwBl 2001, 269. 31 Statistisches Jahrbuch 1964, V A 3 (S. 127). 32 Statistisches Jahrbuch 2003, 15.4.1 (S. 355). 33 Die Aussagekraft der Zahlen wird durch die Wiedervereinigung und veränderte Berechnungen eingeschränkt. 34 Busse, AnwBl. 1994, 49 (50). 35 Wasilewski, S. 92. 36 Zur wirtschaftlichen Begründung der Erhöhung des Geschäftsanfalls durch die Rechtsschutzversicherungen, Adams / Blankenburg, DRiZ 1983, 353 (354 ff.). 28 29

Einleitung

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che Pflicht angesehen. Gebühren wurden nur erhoben, um durch das Kostenrisiko die Inanspruchnahme auf sinnvolle Fälle zu beschränken.37 Inzwischen ist dieser Gedanke verloren gegangen. Die Gerichtsgebühren dienen mittlerweile der Kostendeckung. In dieses System griff die Rechtsschutzversicherung durch eine Übernahme der Kosten ein. Allerdings überprüfen die Versicherungsgesellschaften den zu verhandelnden Fall, wodurch dem ursprünglichen Sinn der Kostenerhebung Rechnung getragen wird. Diese Überlegung wird dadurch bestätigt, dass der Geschäftsanfall bei den Gerichten von 1987 bis 1992 leicht sank,38 obwohl das Geschäftsvolumen der Rechtsschutzversicherungen um 41% stieg.39 Außerdem besteht ein langfristiger Aufwärtstrend des Geschäftsanfalles, der nicht mit dem verstärkten Aufkommen der Rechtsschutzversicherungen seit den 60er Jahren nach oben durchbrochen wurde. Diese Entwicklung spricht gegen eine prozesstreibende Wirkung von Rechtsschutzversicherungen. Weiterführende Untersuchungen bestätigten das Vorurteil ebenfalls nicht und führten zu überraschenden Ergebnissen. Einigen Untersuchungen zufolge sind Rechtsschutzversicherte nicht weniger erfolgreich, gehen also kein größeres Prozessrisiko ein. Sie vergleichen sich nicht weniger oft und gehen nicht öfter durch die Instanzen als Nichtversicherte, sind also in der Rechtsverfolgung nicht erheblich hartnäckiger.40 Daraufhin veranlasste das BMJ eine empirische Analyse, in der aber ebenfalls nur eine geringe, prozesstreibende Wirkung festgestellt wurde.41 Lediglich bei verkehrsrechtlichen Streitigkeiten ergab sich ein signifikanter prozesssteigernder Einfluss der Rechtsschutzversicherung.42 Da jedoch mehr als zwei Drittel der Autofahrer rechtsschutzversichert sind, ist der Anteil ihrer Fälle an Prozessen zwangsläufig höher.43 Anwaltliche Beratung nehmen dagegen Rechtsschutzversicherte häufiger und umfassender in Anspruch. Die bessere Aufklärung verhindert eine Eskalation des Konfliktes und so die Einschaltung der Gerichte.44 Die Rechtsschutzversicherungen erleichtern die Rechtsdurchsetzung und dienen der Chancengleichheit bei der Rechtsverwirklichung, doch sind sie keine maßgebende Ursache für die zunehmende Belastung der Gerichte. Das gestiegene Konfliktpotenzial als Ursache des wachsenden Geschäftsanfalls beruht demnach hauptsächlich auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen, die sich seit der Schaffung der ZPO vollzogen haben. Dazu von Mettenheim, AnwBl. 2000, 400 (402). Busse, AnwBl. 1994, 49 (50). 39 Diese Berechnung beruht auf den Angaben von van Bühren, AnwBl. 1993, 555 (556) und Busse, AnwBl. 1994, 49 (52). 40 Blankenburg / Fiedler, S. 113; Blankenburg / Adams, DRiZ 1983, 353 (358); Wasilewski, S. 65. 41 Jagodzinski / Raiser / Riehl, S. 141; dieselben, NJW 1993, 2769 (2775). 42 Blankenburg, DAR 1990, 1 (2); Wasilewski, S. 65; Jagodzinski / Raiser / Riehl, S. 105 ff.; dieselben, NJW 1993, 2769 (2771 f.). 43 Frommel, AnwBl. 1982, 9 (11 f.). 44 So van Bühren, AnwBl. 1993, 555 (556). 37 38

30

Einleitung

Im Interesse eines effektiven Rechtssystems sind Möglichkeiten zu suchen, um das Konfliktpotenzial zu senken, Streitigkeiten effizient und befriedigend zu bewältigen und dadurch den Geschäftsanfall der Gerichte zu verringern. Durch Betrachtung der Ursachen für den Zuwachs ergeben sich verschiedene Ansatzpunkte. Den größten Erfolg verspricht eine Verringerung des Konfliktpotenzials, jedoch ist diese Zielsetzung nur schwer erreichbar. Soziale Interaktionen können kaum verringert werden. Eine Reduzierung der Gerichtsbelastung durch eine Abkehr von dem Weg der Individualisierung würde ein Umdenken der Menschen verlangen, das vor allem in kurzer Zeit nicht zu erwarten ist. Obwohl komplexe Probleme auch entsprechende Regelungen erfordern, kann das Konfliktpotenzial durch Gesetze mit klaren, deutlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen vermindert werden. Die Gesetzesgestaltung ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Dieser verlässt sich jedoch immer mehr auf die Rechtsprechung, indem er Gesetze mit unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessensspielräumen schafft.45 Diese werden häufig von den Gerichten unterschiedlich interpretiert, wodurch divergierende Entscheidungen entstehen.46 Bis sich auf Grund des Austauschs der Argumente oder einer höchstrichterlichen Entscheidung eine einheitliche Linie herausgebildet hat, kann eine klare Rechtslage durch die Justiz kaum hergestellt werden. Klare und deutliche Gesetze als Beitrag des Gesetzgebers zur Reduzierung des Konfliktpotenzials und Senkung des Geschäftsanfalles sind aber leider nicht zu erwarten. Zur Entlastung der Gerichte hat der Gesetzgeber die dargelegten punktuellen Verfahrensänderungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde versucht, durch eine Umschichtung der Zuständigkeiten für bestimmte Verfahren von den Landgerichten an die Amtsgerichte, Ressourcen zu erschließen. Deshalb wurde die Streitwertgrenze des § 23 Nr. 1 GVG, die 1950 1.000 DM47 betrug 1964 auf 1.500 DM48, 1975 auf 3.000 DM49, 1982 auf 5.000 DM50, 1990 auf 6.000 DM51 und 1993 auf 10.000 DM52 angehoben und jetzt auf 5.000 A53 festgesetzt. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber aber die Beanspruchung der Gerichte durch die Beschränkung des Instanzenzuges gemindert. Die Berufungssumme des § 511a Abs. 1 ZPO betrug 1950 50 DM54 und wurde 1965 auf 200 DM55, 1975 auf 500 DM56, 1982 auf Scheffold, DRiZ 1983, 405; Busse, AnwBl. 1994, 49 (53). Gegen die Intransparenz der Gesetzeslage als Ursache für die Prozessflut, Benedict, ARSP 89 (2003), 216 (234 ff., 243). 47 BGBl. I, 1950, 455. 48 BGBl. I, 1964, 933. 49 BGBl. I, 1974, 3651. 50 BGBl. I, 1982, 1615. 51 BGBl. I, 1990, 2847. 52 BGBl. I, 1993, 50. 53 BGBl. I, 2001, 1887. 54 BGBl. I, 1950, 455. 55 BGBl. I, 1964, 933. 56 BGBl. I, 1974, 3651. 45 46

Einleitung

31

700 DM57, 1990 auf 1.200 DM58 und 1993 auf 1.500 DM59 erhöht. Die Entwicklung der Revisionssumme gestaltete sich ähnlich, diese stieg von 6.000 DM60 1950 über 15.000 DM61 1964, 25.000 DM62 1969, 40.000 DM63 1975 auf 60.000 DM64 1990. Zwar besteht kein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf einen Instanzenzug,65 aber im Falle seiner Einrichtung darf der Zugang nicht unzumutbar erschwert werden.66 Weitere Beschränkungen des Zuganges zu den Rechtsmittelgerichten durch Wertgrenzen sind daher verfassungsrechtlich nicht unbedenklich.67 Die bisherigen Entlastungsgesetze konnten einen Anstieg der Gesamtbelastung der Gerichte nicht verhindern.68 Der Geschäftsanfall der Landgerichte konnte zwar auf Grund dieser Änderungen relativ konstant gehalten werden, jedoch erfolgte dies ohne Ausgleichsmaßnahmen zu Lasten der Amtsgerichte. Infolge dessen nahm die Belastung der Richter bei den Amtsgerichten zu und die Verfahrensdauer stieg dort an. Die vorübergehende Abnahme der Neuzugänge entspricht nur der wellenartigen Form des langfristigen Anstiegs, sodass ein Ende der Entwicklung nicht abzusehen ist.69 Deshalb wurde mit Wirkung zum 1. 1. 2002 das Vorbringen neuer Tatsachen in der Berufung erschwert sowie die Streitwertrevision ganz abgeschafft. Die Berufung ist seit diesem Zeitpunkt wieder bei Streitwerten über 600 A möglich, aber auch – wie die Revision – bei grundsätzlicher Bedeutung zur Rechtsfortbildung oder Rechtsvereinheitlichung zuzulassen.70 Ein viel versprechender Ansatz, um den Geschäftsanfall der Gerichte zu mindern, ist auch das Angebot einer Alternative zur herkömmlichen Streiterledigung durch die Justiz. Diese Alternative ist als Filter zu gestalten, der nur für jene Fälle durchlässig sein darf, die tatsächlich einer gerichtlichen Entscheidung bedürfen. So könnte eine Konzentration der gerichtlichen Tätigkeit auf ihren Kernbereich erreicht werden. Nach einer Prognose erscheint es möglich, auf Grund der Filterwirkung außergerichtlicher Konflikterledigung den weiteren Anstieg des Geschäftsanfalles bei den Eingangsgerichten aufzufangen.71 Es muss also eine inhalt57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71

BGBl. I, 1982, 1615. BGBl. I, 1990, 2847. BGBl. I, 1993, 50. BGBl. I, 1950, 455. BGBl. I, 1964, 933. BGBl. I, 1969, 1141. BGBl. I, 1975, 1863. BGBl. I, 1990, 2847. BVerfGE 4, 74 (94 f.); 54, 277 (291); BVerfG, NJW-RR 1993, 253. BVerfGE 41, 23 (26); 74, 228 (234); 78, 88 (99). Grunsky in: Stein / Jonas, § 511a Rdz. 3. Clausen, AnwBl. 1997, 530. Stock in: Gottwald / Strempel, S. 113 (126, 131); Klages, DRiZ 1983, 395 (402). BGBl. I, 2001, 1887. Stock in: Gottwald / Strempel, S. 113 (130 f.).

32

Einleitung

lich angemessene Konfliktbewältigung organisiert werden. Als eine solche Ergänzung der gerichtlichen Streitbeilegung bietet sich Mediation an. Diese eigenverantwortliche Art der Konfliktlösung stammt aus Gesellschaften ohne Staat und Herrschaft,72 doch entspricht diese dem Zeitgeist, vorrangig einvernehmliche Lösungen zu erzielen und autoritative Methoden der Konflikterledigung zu vermeiden.73 Bei internationalen Konflikten wird heute stets versucht, durch Verhandlungen eine Lösung zu finden und den Kampf, der Krieg bedeutet, zu vermeiden. Der Vergleich des Zivilprozesses mit dem Zweikampf und dem Krieg erscheint bereits befremdlich. Die Parteien können heute auch auf umstrittene Rechte zur Streitbeilegung ganz oder teilweise verzichten, ohne als unehrenhafter Feigling oder Schädiger des Gemeinwesens zu gelten.74 Die heute nüchternere Betrachtung von Konflikten und die Aufgeschlossenheit gegenüber Konfliktmanagement und konsensualer Konfliktregelung gilt es auszunutzen, um neue Konfliktlösungsmechanismen außerhalb der Gerichte zu etablieren.75 Bereits 1924 wurde versucht, die Gerichte zu entlasten. Dem streitigen Verfahren wurde ein obligatorisches Güteverfahren vorangestellt. Nach § 5 der Zweiten Kriegsmaßnahmenverordnung76 fand dieses jedoch nicht mehr statt. In der britischen und französischen Zone wurde es zwar wieder eingeführt, doch 1950 durch das Rechtspflegevereinheitlichungsgesetz endgültig abgeschafft, weil sich die damit verbundenen Hoffnungen nicht erfüllt hatten.77 Am 18. 10. 1996 hat der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschlossen.78 Nach diesem Entwurf soll der verfahrensverhindernde Effekt einer vorgerichtlichen Streitschlichtung belebt werden. Die konsensfähige Öffnungsklausel wurde mit einigen Ergänzungen versehen und gesondert als Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung vom Bundestag am 15. 12. 1999 beschlossen. Seit dem In-Kraft-Treten des § 15a EGZPO am 1. 1. 200079 können die Länder ein obligatorisches Schlichtungsverfahren einführen. Seitdem wird der bereits von Mittermaier80 und Puchta81 am Anfang des 19. Jahrhunderts geführte Disput über den Sinn oder Unsinn von gerichtlichen und außergerichtlichen Güteversuchen mit alten und neuen Argumenten fortgesetzt. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus bestehenden Vermittlungsverfahren sowie den Kenntnissen der Sozial- und Kommunikationswissenschaften soll 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81

Wesel, NJW 2002, 415. Wassermann, RuP 1998, 74 (76 f.). Dagegen noch, von Jhering, Der Kampf ums Recht, S. 17 ff., 24 ff. Zu den Versuchen der Anwaltschaft, Hommerich, AnwBl. 2001, 258 ff. RGBl. I, 1944, 229. Bülow, SJZ 1950, 716 (723). Br-Drucks. 605 / 96. BGBl. I, 1999, 2400 ff. Mittermaier, AcP Bd. 11 (1828), S. 144 ff. Puchta, AcP Bd. 19 (1836), S. 214 ff.

Einleitung

33

die Entwicklung eines außergerichtlichen Verfahrens zur Förderung der eigenverantwortlichen Konfliktbeilegung Gegenstand der folgenden Arbeit sein. Zu diesem Zweck ist im ersten Teil das Bedürfnis nach Institutionalisierung von Mediation festzustellen. Im zweiten Teil werden die wesentlichen Prinzipien für ein erfolgreiches Mediationsverfahren festgelegt. Im dritten Teil wird dann unter Berücksichtigung des § 15a EGZPO ein konkreter Verfahrensvorschlag für die Länder entwickelt und mit den bestehenden Gesetzen in Bayern82, Nordrhein-Westfalen83, Baden-Württemberg84, Brandenburg85, Hessen86, dem Saarland87, Sachsen-Anhalt88 und Schleswig-Holstein89 verglichen.

82 83 84 85 86 87 88 89

BayGVBl, 2000, S. 268 ff. NRW GVBl, 2000, S. 476 ff. BW GBl, 2000, S. 470 ff. BbgGVBl I, 2000, S. 134 ff. Hess. GVBl, 2001, S. 98 ff. SAmtsBl, 2001, S. 532 ff. LSA GVBl, 2001, S. 174 ff. Schl-H GVOBl, 2001, S. 361 ff.

3 Schreiber

1. Teil

Das Bedürfnis nach Institutionalisierung konsensueller Konfliktlösungsmechanismen in Deutschland Die eigenverantwortliche Konfliktlösung in außergerichtlichen Verfahren ist nur zu fördern, wenn damit die Streitbeilegung verbessert werden kann. Da diesbezüglich ein Verfahren nach dem Vorbild der Mediation angestrebt werden soll, wird zum besseren Verständnis sowie zur Klärung von Begriffen im Folgenden der Verfahrensablauf kurz dargestellt. Auf dieser Grundlage werden dann die Chancen und Risiken untersucht.

A. Begriff der Mediation Mediation stammt aus dem angloamerikanischen Sprachraum und wurde als Begriff in Deutschland übernommen. Er hat sich jedoch bisher weder im allgemeinen, noch im juristischen Sprachgebrauch gefestigt.1 Von Verwechslungen mit „Meditation“2 abgesehen, wird er daher mit unterschiedlichem Sinngehalt verwendet.3 Mediation ist nur eines von mehreren Verfahren, bei denen ein neutraler Dritter die einvernehmliche Konfliktlösung der Parteien fördert. Der Mediator wirkt dabei ausgleichend in den Verhandlungen der Konfliktparteien. Obwohl der Dritte somit eine dem Richter vergleichbare Rolle einnimmt, steht ihm keine Entscheidungsbefugnis zu.4 Dieses Grundprinzip diente als Basis für die Entwicklung verschiedener Abwandlungsformen, bei denen der Dritte unterschiedliche Gestaltungsmittel hat. Der Sammelbegriff für diese Verfahren ist Alternative Dispute Resolution (ADR).5 In Deutschland werden diese Verfahren zunehmend unter der Bezeichnung „Mediationsverfahren“ zusammengefasst, da auf Grund der Vielfalt an ErWassermann, RuP 1998, 74 (77). Meins, NJW 1998, 15 (126), der von mehreren Versprechern auf einer Fachtagung berichtet. 3 Wagner, NJW 2001, 2128 (2131); von Hoyningen-Huene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 4. 4 Kilger, AnwBl. 1996, 625 (626); Mähler / Mähler, NJW 1997, 1262 (1263); von Hoyningen-Huene, JuS 1997, 352; Weigand, BB 1996, 2106 (2107); Labes, DZWiR 1998, 353 (360); Schöpflin, JA 2000, 157 (163). 5 In den USA wird Mediation als eine Form der ADR verstanden, Steinbrück, Anwbl 1999, 574 (575). 1 2

A. Begriff der Mediation

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scheinungs- und Mischformen eine klare Zuordnung immer schwieriger wird und auch die Begriffe fehlen.6 Mediation wird daher auch hier als Überbegriff für Verfahren verwendet, die eine einvernehmliche Konfliktlösung durch die Parteien unter Hinzuziehung eines Dritten anstreben, ohne dass dieser eine bindende Entscheidung treffen kann.7 Mediationsverfahren sind aber strikt von Schiedsverfahren (engl. arbitration) zu unterscheiden. Das wichtigste Differenzierungsmerkmal ist der Schiedsspruch, der nach § 1055 ZPO die Wirkung eines Urteils hat. Damit geben die Parteien die Herrschaft über den Konflikt letztlich an den Schiedsrichter ab. Diese älteste und etablierte Alternative zum staatlichen Gerichtsverfahren ist deshalb inzwischen vom Staat auch weitgehend geregelt worden. Die Möglichkeiten, ein individuelles Konzept für die informelle Konfliktlösung zu entwickeln, sind dadurch eingeschränkt. Besonders in den USA führte das zu der Suche nach anderen Alternativen zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Als solche ist Mediation entwickelt worden. Mit der Mediation und der Therapie soll eine freiwillige Verhaltensänderung zur Konfliktlösung erreicht werden. Außerdem überschneiden sich die Beilegung des konkreten Konfliktes und die Überwindung der komplexen Ursachen häufig. Eine Abgrenzung ist daher geboten. In Mediationsverfahren steht die rechtsverbindliche Lösung des Konfliktes im Vordergrund. Die ursächlichen Faktoren werden zwar auch berücksichtigt, doch nur soweit sie zur Beilegung des konkreten Konfliktes beitragen.8 Die Therapie ist hingegen auf Heilung, Wachstum, Aufarbeitung seelischer Konflikte und zwischenmenschlicher Beziehungen sowie auf die Minimierung von Störungen, Krisen und Gefährdungen der Beziehung ausgerichtet.9 Im Gegensatz zur Mediation wird eine rechtsverbindliche Vereinbarung jedoch nicht bezweckt. „Vermittlung“ ist bislang in der deutschen Rechtssprache begrifflich nicht belegt, impliziert jedoch das Fehlen einer Entscheidung durch einen Dritten. „Schlichtung“ wird im juristischen Sprachgebrauch teilweise auch verwendet, wenn dem Dritten Entscheidungsbefugnisse zustehen. Allerdings wird im allgemeinen Sprachgebrauch einem Schlichter keine Entscheidungsgewalt beigemessen. Die deutschen Begriffe „Vermittlung“ und „Schlichtung“ stehen daher der Mediation nahe und werden als Synonym verwendet.10

Weigand, BB 1996, 2106 (2107); ähnlich Haft, S. 245. So auch Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (63); m. w. N. Breidenbach, S. 137. 8 Breidenbach, S. 277. 9 Mähler / Mähler in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 35 (44). 10 Ebenso Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (63 f.); Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (46 Fn. 10); Ponschab, Anwl 1993, 430 (431); ähnlich Joussen, S. 17; dagegen jedoch Haft, S. 244 f.; Hehn / Rüssel, ZKM 2001, 62 ff. 6 7

3*

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren Obwohl Mediation auf verschiedene Art und Weise erfolgt und die Verhandlungsabschnitte unterschiedlich bezeichnet werden, ist der Ablauf weitgehend identisch.11

I. Schlichtungsvereinbarung Die Verfahrensformen der Mediation basieren grundsätzlich auf Freiwilligkeit.12 Das betrifft nicht nur die Akzeptanz der Streitlösung, sondern auch die Teilnahme am Verfahren. Am Anfang jeder Mediation steht daher die Einigung auf das Verfahren. Soweit die Parteien vor dem Konflikt keine Beziehung zueinander hatten, muss eine solche erst nach Wahrnehmung des Konfliktes getroffen werden. In Dauerbeziehungen kann eine Mediationsklausel schon zu Beginn vereinbart werden. Mediation erscheint jedoch aussichtslos, wenn der Wille fehlt, im konkreten Konflikt eine gütliche Einigung zu erzielen.13 Die Zweckmäßigkeit einer Vertragsklausel, im Streitfall zunächst ein Mediationsverfahren durchzuführen, ist daher zweifelhaft. Andererseits wird der Vorschlag einer außergerichtlichen Streitschlichtung von der anderen Partei oftmals als Schwäche angesehen.14 Aus diesem Grund werden Schlichtungsverfahren bisher nur vereinzelt vorgeschlagen und durchgeführt. Der fehlende Vorschlag zu Güteverhandlungen lässt also nicht auf die Ablehnung einer konsensualen Konfliktregelung schließen. Wenn dagegen im Vertrag bereits eine Güteklausel vereinbart wird, weckt die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens nicht den Anschein des mangelnden Vertrauens in die eigene Rechtsposition. Die Aufnahme einer Güteklausel in den Vertrag ist somit für die spätere Durchführung eines Schlichtungsverfahrens grundsätzlich zu empfehlen.

II. Person des Schlichters Nach der allgemeinen Einigung auf ein außergerichtliches Verfahren zur Konfliktbeilegung muss ein Vermittler gefunden werden. Der Dritte hat maßgeblichen Einfluss auf die Konfliktlösung. Als Mediatoren sind Laien, Spezialisten auf den jeweiligen Gebieten des Konfliktes, die psycho-sozialen Berufsgruppen und Juristen tätig. Daher müssen bei der Auswahl die Ziele der Beteiligten und die Fähigkeiten der Mediatoren berücksichtigt werden. Damit im Konflikt die VerhandlunProksch, ZKM 2000, 131 m. w. N. Breidenbach, S. 273. 13 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (65). 14 Breidenbach, S. 152; Casper / Risse, ZIP 2000, 437 (445); Wagner, JZ 1998, 837 (842); Haß, AnwBl 1989, 462 (465). 11 12

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren

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gen nicht bereits an der Einigung über die Person des Schlichters scheitern, sollte dieser bereits in der Schlichtungsvereinbarung benannt werden. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Konfliktursachen ist das schwierig. Allerdings kann ein Auswahlverfahren geregelt oder eine Person festgelegt werden, die den Schlichter bestimmt. Nachdem die Parteien eine Einrichtung ausgewählt und kontaktiert haben, wird der Mediator auch oftmals von deren Leitung bestimmt. Abhängig von den jeweiligen Verfahrensordnungen und den Parteien werden dabei die Parteien insoweit einbezogen, als jede Partei von einer Liste der Projekte weniger als die Hälfte ablehnen darf. Eine der akzeptierten Personen wird dann von der Projektleitung bestellt.15 Darüber hinaus bestehen nach den Verfahrensordnungen Ablehnungsrechte der Parteien wie bei einem Richter.16 Wenn sowohl die Parteien ihr Ablehnungsrecht ungenutzt lassen, als auch der Schlichter sein Amt annimmt, steht die Möglichkeit der Befangenheit der Schlichtung nicht entgegen.17 III. Schlichtungsvorbereitung Nachdem man sich auf die Durchführung sowie die Regeln des Verfahrens geeinigt hat und ein Schlichter ernannt wurde, obliegt es diesem, die Konfliktvermittlung vorzubereiten. Dabei kann er bereits einigen Einigungshindernissen die Grundlage entziehen. 1. Terminwahl und Beteiligung Bei der Terminabstimmung ist Wert darauf zu legen, beiden Streitparteien die persönliche Anwesenheit zu ermöglichen. Zum Zeitpunkt der Beauftragung des Mediators sind die Parteien zu einer Konfliktbewältigung motiviert und erwarten ein schnelles Verfahren. Aus diesem Grund sollte die Terminwahl möglichst zeitnah sein.18 Der Gefahr von Verschleppung durch Anträge auf Terminverlegung ist durch Flexibilität bei Terminvereinbarung zu begegnen.19 Zur Umsetzung dieses Aspektes werden bei den Neighborhood Justice Centers die Verhandlungen zu für Berufstätige günstigen Zeiten, beispielsweise in den Abendstunden oder an Samstagen, durchgeführt.20 Bei Streitigkeiten zwischen Wirtschaftsunternehmen ist auf die Teilnahme von Entscheidungsträgern zu achten.21 Ihre Mitwirkung ist für zügige Verhandlungen Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (206, 209). Dafür unter Heranziehung der §§ 3, 6 BeurkG, Stumpp, ZKM 2000, 34 (35 f.). 17 Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (206). 18 Proksch, ZKM 2000, 131 (134). 19 Auf diese Gefahr besonders bei der anwaltlichen Vertretung hinweisend, Vultejus, ZRP 2000, 222 (224). 20 Gottwald, S. 127. 21 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (62, 66). 15 16

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

unentbehrlich, da bei der Suche nach konstruktiven Lösungen immer neue Gesichtspunkte einbezogen werden. Dadurch erforderliche Rücksprachen führen zur Verschleppung des Verfahrens. Außerdem erschweren die zusätzlichen Interessen des Vertreters die Verhandlungen. Bei einer Vertretung von Organisationen durch untergeordnete Personen mit eingeschränkter Entscheidungsbefugnis ist deren Handeln durch das Streben nach einem weiteren Aufstieg geprägt. Daher versuchen sie möglicherweise, sich als besonders harte Verhandlungspartner zu profilieren, um von ihren Vorgesetzten anerkannt zu werden. Darüber hinaus zeigt die Beteiligung von Entscheidungsträgern, dass der Konflikt ernst genommen wird und der Partei an einer gütlichen Einigung gelegen ist. Die Verwicklung vieler Personen in einen Konflikt ist zwar verhältnismäßig selten, wirft aber besondere Probleme auf. Mit einer zunehmenden Personenzahl werden Verhandlungen schwieriger, weil die Vorstellungen der Einzelnen oft erheblich divergieren.22 Dann ist vom Mediator zu entscheiden, ob die Verhandlungen mit einem oder mit mehreren Vertretern geführt werden, die bei abweichenden Interessen innerhalb einer Partei gewählt werden müssen.23

2. Raumwahl Weiterhin sind in der Vorbereitungsphase Räume zu suchen, die keinen Bezug zum Konflikt haben. Diese müssen den jeweiligen Anforderungen der Konfliktbeteiligten gerecht werden, insbesondere gut erreichbar sein.24 Bei komplexen Streitigkeiten mit vielen Beteiligten ist auch eine Möglichkeit für Besprechungen zu schaffen, sodass mehrere Zimmer bereitzustellen sind.25 Der Verhandlungsort sollte keine einschüchternde Atmosphäre vermitteln, sondern bequem und zweckmäßig ausgestattet sein.26 Bei der Anordnung der Möbel ist darauf zu achten, dass sich die Tische der Parteien nicht wie bei Gericht gegenüberstehen oder der Schlichter erhöht sitzt. Vielmehr empfehlen sich runde Tische oder Dreiecksgebil22 Duve, S. 158. An dem beschriebenen Agent-Orange-Fall waren 2,5 Millionen Menschen als Kläger und sieben Unternehmen mit ihren Versicherungen beteiligt. 23 Eine solche Zusammenfassung wird voraussichtlich nur unter der Bedingung durchsetzbar sein, dass die Einzelparteien das Recht zum jederzeitigen Ausstieg aus den Verhandlungen haben. Andererseits werden die Verhandlungen nur erfolgreich sein, wenn letztlich nur wenige abbrechen. Nur unter dieser Bedingung wird der gewonnene Rechtsfrieden etwaige Nachteile eines Vergleichs aufwiegen. Diese Rechtslage war durch die zugelassene Gruppenklage als so genannte 23 (b) (3) class action im Agent-Orange-Fall gegeben, Duve, S. 158 Fn. 125, S. 193. 24 Bei Streitigkeiten in Wirtschaftsangelegenheiten unter Beteiligung von Führungspersonen ist daher die Nähe zu einem Flughafen oder eine gute Autobahnanbindung wichtig. 25 Kraft, VersR 2000, 935 (938). 26 Zu den Anforderungen, Proksch, ZKM 2000, 131 (134); Steinbrück, AnwBl. 1999, 574 (577).

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren

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de, um die Gleichwertigkeit der Beteiligten zu betonen und ein bequemes Verfolgen der Redebeiträge zu ermöglichen.27

3. Sachliche Vorbereitung Abhängig vom Wunsch der Parteien kann sich der Mediator bereits vor den Verhandlungen inhaltlich mit dem Konflikt beschäftigen. Die Vorbereitung bietet den Vorteil, dass er durch die Einarbeitung in den Konflikt und in das entsprechende Fachgebiet die Verhandlungen besser fördern kann. Allerdings birgt sie auch die Gefahr einer vorzeitigen Meinungsbildung, die sich als Anschein der Parteilichkeit auf die Verhandlungen negativ auswirkt.28

IV. Schlichtungsverhandlung Die Dauer von Schlichtungsverhandlungen ist höchst unterschiedlich. Sie schwankt zwischen einer Stunde und mehreren Tagen. Das Verfahren beginnt mit einer gemeinsamen Sitzung der Parteien und dem Schlichter (joint session). Im Anschluss an diese kann der Mediator mit den Parteien getrennt vertrauliche Einzelgespräche führen, die caucus oder shuttle-diplomacy genannt werden. Danach finden Verhandlungen zwischen den Beteiligten über konkrete Lösungsvorschläge statt. Wenn diese Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen, besteht die Möglichkeit zu weiteren Einzelgesprächen und erneuter Diskussion über neue Lösungsvorschläge.29 Soweit dann wieder keine Einigung gefunden wurde, kann entsprechend der Vereinbarung die Prozedur wiederholt oder die Schlichtungsverhandlung als gescheitert erklärt werden.30

1. Eröffnung Zu Beginn halten die Schlichter meist ein Eröffnungsstatement.31 In diesem begrüßen sie die Parteien und stellen sich namentlich vor, beschreiben ihre Ausbildung und Funktion, stellen das Vermittlungsverfahren mit seinen wesentlichen Zielen und Unterschieden zum Gerichtsprozess dar, weisen auf die Vertraulichkeit des Verfahrens und die spätere Vernichtung der Verhandlungsnotizen hin, erläutern den Proksch, ZKM 2000, 131 (135); Haft, 160 f. Siehe dazu 2. Teil C. II. 29 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (68). 30 Dies entspricht der üblichen Praxis beispielsweise bei Tarifverhandlungen. 31 So ausdrücklich bei den Neighborhood Justice Centers nach den festen Vorschriften des Vermittlungsmodells des Institute for Mediation and Conflict Resolution (IMCR), Gottwald, S. 128 f. 27 28

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

geplanten Verhandlungsablauf und kündigen die Möglichkeit von Einzelbesprechungen an.32 Die Vorstellung des Mediators und Erläuterung seiner Fähigkeit zur Lösung dieses Konfliktes auf Grund seiner Ausbildung ist wichtig für die Annerkennung seiner Vorgehensweise durch die Parteien. Allerdings darf daraus keine solche Autorität erwachsen, die einen vertrauensvollen Umgang behindert.33 Der Mediator weist insbesondere darauf hin, dass er keine Macht hat, den Streit zu entscheiden, sondern den Parteien bei der eigenverantwortlichen Lösung nur behilflich sein wird.34 Diese Eröffnungsansprache soll das Vertrauen der Beteiligten in den Vermittler und das Verfahren wecken. Das Vertrauen in den Mediator ist Voraussetzung, damit die Parteien ihre wahren Interessen offenbaren und das Risiko eingehen, einander entgegenzukommen. Der Eingangsvortrag des Schlichters ist deshalb von besonderer Bedeutung, wenn die Parteien den Schlichter nicht selbst bestimmt haben, nicht persönlich kennen oder noch keine Erfahrung mit Mediation als Methode der Streitbeilegung gesammelt haben. 2. Gemeinsame Sitzungen Nach der Eröffnung der Schlichtungsverhandlung muss der Streitgegenstand definiert und der Sachverhalt ermittelt werden. Dazu trägt zunächst der Anspruchsteller die Angelegenheit aus seiner Sicht vor. Anschließend schildert die andere Partei den Fall aus ihrem Blickwinkel. Diese beiderseitige Darstellung eröffnet zugleich die Kommunikation zwischen den Beteiligten, falls diese abgebrochen war. Eine erfolgreiche Schlichtung setzt das Vertrauen der Beteiligten in den Schlichter und dessen Anliegen voraus, sich um eine Befriedigung ihrer Interessen zu bemühen. Um dieses Vertrauen zu gewinnen, zeigen Schlichter Verständnis für die Parteien, indem sie ihnen zunächst aufmerksam zuhören. Auf Grund dieser Gelegenheit, „Dampf abzulassen“, fühlen sich die Parteien ernst genommen und ihr Vertrauen in den Vermittlungsprozess wird gestärkt.35 Daher werden Unterbrechungen und erst recht Fragen vermieden, die auf Zustimmung oder Ablehnung schließen lassen.36 Es erfolgt eine gründliche Bestandsaufnahme von den daraus erkennbaren Problemen und Informationen, die für die Konfliktlösung erheblich sein können.37 An32 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (127). Für die Erklärung der Mediation nach der Darstellung des Konfliktes durch die Beteiligten, um die Beteiligten schnell zu Wort kommen zu lassen, Proksch, ZKM 2000, 131 (135). 33 Breidenbach, S. 147. 34 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (127); Breidenbach, S. 146. 35 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (128); Gottwald, S. 130. 36 Röhl in: Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel, S. 209 (213). 37 Gottwald, S. 130.

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren

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schließend wird ein gemeinsamer Plan über die Reihenfolge der Verhandlungsschwerpunkte erstellt. Dieser Plan sollte insbesondere die Interessen und Rechtspositionen38 sowie die soziale Beziehung und Einigungshindernisse berücksichtigen. Konfliktbeladene Sachfragen sind möglichst von zwischenmenschlichen Problemen in der Erörterung strikt zu trennen, um eine Vermischung beider Ebenen zu verhindern und eine Konzentration auf die Lösung der Sachprobleme zu erleichtern.39 Abhängig von den Zielen der Parteien und den Fähigkeiten des Mediators sind die festgestellten intra- und interpsychischen Probleme auszuklammern und einer Therapie zu überlassen. Im Einzelfall kann ihre Einbeziehung aber zur Lösung der Sachprobleme vorteilhaft oder unumgänglich sein, sodass der Mediator sie nicht völlig unbeachtet lassen sollte. Die Einigungshindernisse können kognitiver, struktureller und strategischer Art sein.40 Kognitive Einigungshindernisse sind die Ungewissheit über die tatsächliche und rechtliche Lage sowie die überoptimistische Einschätzung der Prozessaussichten. Strukturelle Einigungshindernisse beruhen auf den Verhandlungsumständen und können sich aus der Anzahl der Parteien, dem Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem, Kommunikationsstörungen oder Prinzipienfragen ergeben. Schwierigkeiten einer Einigung resultieren zusätzlich aus der strategischen Verfolgung von Eigeninteressen und einer entsprechenden Informationspolitik in den Verhandlungen. Die klare Benennung und Diskussion dieser Einigungshindernisse tragen bereits erheblich zu ihrer Überwindung bei. Manchmal führt allein die Bestandsaufnahme bereits zur spontanen Konfliktbeilegung. Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen bei den außergerichtlichen Verfahren erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Verhandlungsschwerpunktes. Dabei werden interessenorientierte von rechtsorientierten Verfahren unterschieden.41 Den interessenorientierten Verfahren liegt der Gedanke zugrunde, dass Konflikte oft durch die Sichtweise der Parteien bestimmt werden und die objektive Wahrheit 38 Zur Erklärung des Unterschiedes zwischen Interessen und Rechtspositionen wird klassischerweise das Beispiel des so genannten „Orangen-Falles“ herangezogen, bei dem sich zwei Schwestern um eine Orange streiten. Eine Entscheidung nach Rechtspositionen spräche jeder der beiden eine halbe Frucht zu. Würde man aber die Interessen der Streitenden berücksichtigen, die hinter der Position des Eigentums an der Orange im Konflikt liegen, könnte ein Ergebnis erzielt werden, das beide Schwestern voll befriedigt. Eine will den Saft trinken, die andere die Orangenschale zum Kuchenbacken. Ein Vermittler mit der Kenntnis dieser Interessen könnte auf eine Lösung hinwirken, der einen die Schale, der anderen die Frucht zuzusprechen, sodass die Interessen beider Schwestern besser befriedigt werden als bei einer fairen „Halbe-Halbe-Lösung“. Hinsichtlich der Rechtsposition. Vgl. Schlachter, ZVglRWiss 99 (2000), S. 1 (24, Fn. 118). Zum Unterschied zwischen Interessen und Positionen, auch Schöpflin, JA 2000, 157 (160). 39 Fisher / Ury / Patton, S. 39 ff. 40 Diese Einteilung erfolgt nach Duve, S. 142 ff. m. w. N. 41 Den rechtsorientierten Verfahren sind beispielsweise das Mini-Trial und Summary Jury Trial und den interessenorientierten Verfahren neben Mediation auch Conciliation zuzuordnen, Duve, S. 79 ff.; Weigand, BB 1996, 2106 (2107); Labes, DZWiR 1998, 353 (360 f.).

42

1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

nicht immer eine Lösung bietet.42 Deshalb ist bei dieser Verfahrensausrichtung der Verhandlungsgegenstand nicht festgelegt auf die tatsächliche Aufklärung der Vergangenheit oder die Feststellung von Schuld.43 Vielmehr konzentrieren sich die Gespräche auf die Bedürfnisse und Empfindungen der Parteien als Ursache für die Nichtbewältigung des Konfliktes. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte wird dann nach einer Möglichkeit zur Befriedigung beider Interessen gesucht (winwin-Lösung).44 Bei rechtsorientierten Verfahren dienen die Verhandlungen auch der Einschätzung der Rechtslage. Der Mediator unterstützt die Parteien bei der Prognose einer Gerichtsentscheidung.45 Die zu klärenden Konfliktfelder liegen demnach auf rechtlichem und tatsächlichem Gebiet. Die Untersuchung von Tat und Schuld erfolgt in einer der forensischen Sachverhaltsermittlung ähnlichen Weise. Soweit die Tatsachen nicht durch Gutachter aufgeklärt werden können oder sollen, ist eine Einigung über deren Wahrscheinlichkeit herbeizuführen. Auf der somit geschaffenen tatsächlichen Basis kann der Mediator eine rechtliche Bewertung des Falles vornehmen oder ein Rechtsgutachten erstellt werden. Die ermittelten Chancen im Gerichtsverfahren bilden dann die Grundlage für Verhandlungen um die Verteilung des Streitgegenstandes oder eines Kooperationsgewinnes. 3. Vertrauliche Einzelgespräche Im Anschluss an die gemeinsame Sitzung finden meist vertrauliche Einzelgespräche statt.46 Deren Vertraulichkeit ermöglicht vielfach erst, die Interessen zu ermitteln und Kooperationshürden zu überwinden.47 Viele Mediatoren bewerten die Einzelgespräche deshalb als Schlüssel zum Erfolg.48 4. Wiederholung Vielfach können und sollten die dargestellten Aufgaben und Probleme auf dem Weg zu einer privatautonomen Vereinbarung zur Konfliktbeilegung an einem Verhandlungstermin erledigt werden, jedoch genügt nur selten eine gemeinsame Sitzung und ein Einzelgespräch mit jeder Partei. Vielmehr sind sowohl in der kreativen Lösungsfindungsphase als auch in der anschließenden Bewertungsphase Einzelgespräche und gemeinsame Verhandlungen sinnvoll. Diese Prozedur sollte desFisher / Ury / Patton, S. 47. Die Parteien müssen in der Mediation selbst eine Einigung finden. Jede Partei kennt die Tatsachen. Es geht deshalb auch nicht darum, einen Unwissenden (Richter) mit ihrer Darstellung zu überzeugen, Scherer, ZKM 2003, 227 (230). 44 Sander in: Gottwald / Strempel, S. 31 (33). 45 Sander in: Gottwald / Strempel, S. 31 (33). 46 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (128). 47 Zur Überwindung der Kooperationshürden in Einzelgesprächen, 3. Teil B. X. 1. b). 48 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (67). 42 43

B. Der Ablauf von Mediationsverfahren

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halb wiederholt werden, bis sich entweder eine Lösung ergibt oder auf Grund mangelnden Fortschrittes keine Chance auf eine gütliche Einigung mehr erkennbar ist. Die mehrstufigen Verhandlungen führen zu einer schrittweisen Annäherung der Beteiligten. Dadurch legt sich ihre Erregung langsam und ihre seelische Struktur kann sich in den Friedenszustand zurückbilden.49 Wenn die Einigung sehr schnell erzielt wird, können die gefühlsmäßigen Spannungen mit dem Risiko fortbestehen, dass die Beteiligten den Konflikt auf einen Ersatzgegenstand verlagern.50 Dies erlangt insbesondere bei Streitigkeiten in längeren Beziehungen Bedeutung, bei denen weiteres Konfliktpotenzial besteht.

V. Formulierung des Schlichtungsergebnisses Wenn die Beteiligten eine Konfliktlösung gefunden haben, wird diese am Ende meist schriftlich festgehalten. Die Lösung ist regelmäßig ein rechtsverbindlicher Vertrag, jedoch kann sie ausnahmsweise bei fehlendem Rechtsbindungswillen auch ein unverbindliches Gentlemen’s Agreement sein. Die vertraglichen Lösungen werden regelmäßig als Vergleich nach § 779 BGB aber auch gelegentlich als Erlassvertrag nach § 397 BGB oder Schuldanerkenntnis und Schuldversprechen nach §§ 780, 781 BGB einzuordnen sein. Die Vereinbarung sollte in jedem Fall klar formuliert werden und keinen Anlass zu weiteren Streitigkeiten bieten.51 Die Parteien sind an der Protokollierung durch die Möglichkeit des Einbringens von Vorschlägen zu beteiligen, jedoch sollte der Mediator die Lösung letztlich verfassen.

VI. Nachphase Der weitere Kontakt des Vermittlers zu den Parteien nach einer Konfliktvereinbarung ist für die Erfüllung eingegangener Pflichten förderlich.52 Außerdem steht damit jederzeit ein Ansprechpartner beim Auftreten weiterer Probleme zur Verfügung, der zu einer besseren Kommunikation verhelfen kann. Durch den Kontakt bleiben das Verfahren und das Erlebnis der eigenverantwortlichen Konfliktbeilegung präsent. Das positive Angebot weiterer Sitzungen nach dem Abschluss der Verhandlungen ist jedoch selten.

Simmel, Soziologie, S. 372. Simmel, Soziologie, S. 372 f. 51 Bei Streitigkeiten zwischen Nachbarn wegen herabfallenden Laubes sollte beispielsweise nicht vereinbart werden, dass „regelmäßig“ oder „nach Bedarf“ Laub gekehrt wird, sondern wöchentlich. 52 Dazu Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (141). 49 50

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Resümee Der Ablauf von Mediationsverfahren ist grundsätzlich gleich.53 Am Anfang steht die Einigung auf die Durchführung eines Mediationsverfahrens. Zu Beginn des Verfahrens findet eine erste gemeinsame Sitzung statt, in der die Parteien nochmals über das Verfahren aufgeklärt werden und Gelegenheit haben, ihre Sicht des Konfliktes vorzutragen. In den anschließenden Einzelgesprächen und gemeinsamen Sitzungen werden Lösungsoptionen ausgearbeitet und Einigungshindernisse abgebaut. Am Ende wird die Lösung in einer gemeinsamen Sitzung protokolliert. Eine wünschenswerte weitere Betreuung der Parteien findet nur selten statt.

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren Der einheitliche formale Verfahrensablauf täuscht über die vielfältigen Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung hinweg, an die sich unterschiedliche Chancen und Risiken knüpfen. Die bisherigen Untersuchungen konzentrieren sich meist auf einzelne Einrichtungen, um deren Nützlichkeit darzustellen.54 Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Einrichtungen jeweils im Bezug auf das Justizsystem des jeweiligen Staates entwickelt wurden. Deren Verfahren orientiert sich daher an den vordefinierten Zielen, weshalb die Erkenntnisse nicht verallgemeinert werden können. Die Erfahrungen können aber als Beispiele in einer Gesamtbetrachtung die Analyse der Chancen und Risiken von Mediation in Deutschland unterstützen.

I. Potenzial der Mediation Die Chancen ergeben sich aus der freien Gestaltung des Verfahrens und der Konfliktlösung. 1. Die Potenziale auf Grund der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit der Konfliktlösung Gerichtliche Entscheidungen weisen eine binäre Struktur auf, da der Richter nur zwischen Recht und Unrecht entscheiden kann.55 Wenn die Lösung des Konfliktes 53 Zur Gliederung des Verfahrens, Gottwald, S. 129 ff.; Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (431 f.); Risse, ZEV 1999, 205 (206); Eisele, Jura 2003, 656 (658,660 f.), bei der Familienmediation Mähler / Mähler in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 129 (134 ff.); Pflüger, FPR 1998, 241 (245 f.). 54 Krapp, ZRP 1994, 115 (116); Gottwald, S. 136 ff. 55 Gottwald, S. 18.

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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von den Parteien privatautonom vereinbart wird, haben diese die Möglichkeit, die Gestaltungsfreiheit zu individuellen und flexiblen Lösungen auszunutzen und so „Alles-oder-Nichts-Entscheidungen“ zu vermeiden.56 Die Parteien können dadurch insbesondere ihre Beziehungen umgestalten und Konfliktursachen aus dem Weg räumen. a) Die Erzielung eines Kooperationsgewinnes durch Ausdehnung der Verhandlungsmasse Die Gestaltungsfreiheit erlaubt den Streitparteien, die Konfliktlösung entsprechend ihrer Interessen zu formen.57 Darin liegt vor allem das Potenzial der interessenorientierten Mediation, bei der das Recht zur Verwirklichung der Interessen gestaltet und verwendet werden soll. Die Interessen können vielfach auf verschiedene Weise befriedigt werden, wodurch die Beteiligten die Chance haben, das Nullsummenspiel58 hinsichtlich der eingenommenen Rechtspositionen zu beenden. Statt einer verteilenden Entscheidung können sie durch das Denken auf der Interessenebene zu einer beidseitig befriedigenden Lösung mit einem Kooperationsgewinn gelangen.59 Das gelingt besonders häufig, wenn weitere Gegenstände und Mittel zu einer Konfliktlösung hinzugezogen werden. Dadurch können Verhandlungspakete geschnürt werden, die einen Kooperationsgewinn leichter erzielen lassen. Dieses Potenzial ist nicht nur für die Beteiligten vorteilhaft, sondern auch für die Gesellschaft, die durch die effiziente Ausnutzung von Ressourcen profitiert.

56 Strempel in: Gottwald / Strempel, S. 187 (192); Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (292). 57 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (73); Risse, ZEV 1999, 205 (206). 58 Eine Nullsummensituation liegt vor, wenn ein Vorteil für die eine Seite nur durch einen ebenso großen Nachteil der anderen Seite erreicht werden kann, Haft, AnwBl. 1989, 458 (459). 59 In einem Nachbarschaftskonflikt wegen Lärmbelästigung stellte eine junge Hausbewohnerin abends ihr Auto an einer verbotenen Stelle ab, wodurch sich die anderen Hausbewohner belästigt fühlten. Sie parkte dort, weil diese Stelle beleuchtet und von ihrem Freund von der Wohnung aus eingesehen werden konnte. Die Angst vor Übergriffen auf dem vorgesehenen dunklen Parkplatz teilten die Mitbewohner. Nachdem sich das herausstellte, wollten alle Beteiligten für einen beleuchteten Parkplatz eintreten und der Nachbarschaftskonflikt war gelöst, Beer, S. 216. Ursprünglich lag hier ein Verteilungskonflikt vor, entweder durfte die Frau parken oder der Nachbar hatte seine Ruhe. Nach der Aufdeckung der Interessen zeigte sich, dass beide Interessen, die Sicherheit beim Parken und die Ruhe, befriedigt werden konnten. Gleiches gilt für den erwähnten Orangenfall, S. 41, Fn. 38. In dem erschien nur eine Verteilung der Apfelsine möglich. Als die Interessen aufgedeckt wurden, konnten hingegen die Interessen beider Schwestern befriedigt werden.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

b) Die Vereinbarung flexibler Lösungen Wenn eine endgültige oder allumfassende Lösung nicht zu erreichen ist, können die Parteien ihre Gestaltungsfreiheit zu flexiblen Lösungen nutzen.60 In Betracht kommen teilweise oder vorübergehende Lösungen oder auch nur die Vereinbarung einer Methode zur Beilegung des Streites. Die Parteien behalten auf diese Weise die Kontrolle über das Verfahren und den Konflikt, ohne dass dieser eskaliert. Infolge der Kommunikation in den Verhandlungen und der Einhaltung der Lösungen kann erneut eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den Streitparteien entstehen, die wiederum die Grundlage für eine umfassende Lösung zum beiderseitigen Vorteil darstellt.61 Teillösungen sind besonders aussichtsreich, wenn der Konflikt sich auf verschiedene Gegenstände erstreckt und nur hinsichtlich einzelner eine Interessenbefriedigung zu erzielen ist. Auf diese Weise kann der Konflikt entschärft, Vertrauen aufgebaut und eventuell ein kleiner Kooperationsgewinn erzielt werden.62 Vorübergehende Lösungen bieten sich an, wenn der Streitgegenstand eine zeitlich beschränkte Lösung zulässt und inzwischen neue Ressourcen erschlossen werden können, die eine vollständige Befriedigung der Interessen ermöglichen.63 Eine bedeutende Möglichkeit liegt auch darin, lediglich das Verfahren der Entscheidungsfindung zu regeln. Eine Einigung könnte beispielsweise dahingehend zustande kommen, dass eine Partei teilt und die andere Partei einen Teil für sich auswählt.64 Die teilende Partei wird bemüht sein, zwei gleiche Teile anzubieten, da die andere Partei anderenfalls das bessere Stück wählt. Diese Methode ist jedoch ungeeignet, wenn der Streitgegenstand nicht teilbar ist, nicht geteilt werden soll oder eine Verteilung zu gleichen Teilen unbillig ist. Eine Konfliktbeilegung ist dann aber nach einem ähnlichen Prinzip unter Hinzuziehung eines Dritten möglich. Dieser Dritte erhält von jeder Partei einen Vorschlag zur Einigung, wobei es ihm obliegt, den besseren beziehungsweise gerechteren Vorschlag als Lösung zu bestimmen.65 Damit der eigene Vorschlag ausgewählt wird, muss dieser angemessen und möglichst auch für die Gegenseite vorteilhaft sein. Auf diese Art und Weise Ponschab, BB 2001, Beilage 2, 1 (2). Bühl in: Bühl, S. 9 (51). 62 Bei Streitigkeiten um mehrere Beschädigungen eines Fahrzeuges während eines Werkstattaufenthaltes kommt beispielsweise die teilweise Reparatur mit guten Gebrauchtteilen in Betracht. 63 Ebenso könnte bei einem Streit um die Beschädigung eines Fahrzeuges während eines Werkstattaufenthaltes oder einer mangelhaften Reparatur ein Fahrzeug zum Selbstkostenpreis von der Werkstatt verliehen werden, bis ein passendes Unfallfahrzeug gefunden ist. 64 Nach diesem, von Kindergeburtstagen bekannten Verfahren zur Verteilung der Torte wurde auch bei den Seerechtsverhandlungen die Aufteilung der Schürfrechte vorgenommen, Fisher / Ury / Patton, S. 128. 65 Dieses Verfahren wird in Schiedsverfahren im amerikanischen Baseball angewendet, um die Spielergehälter festzulegen, Fisher / Ury / Patton, S. 129 f. Ausführlich zu diesem Verfahren, Risse, BB 2001, Beilage 2, 16 (17 ff.). 60 61

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wird auch oft eine Einigungszone aufgedeckt, in der eine Einigung leicht zu erzielen ist. Diese Methode ist in Deutschland auch nach § 317 BGB umsetzbar. Vergleichbare Möglichkeiten bestehen, wenn durch die Aufarbeitung des sozialen Konfliktes dieser auf ein Bewertungsproblem oder eine Streitfrage über Tatsachen reduziert werden kann. Zur Beantwortung von Bewertungsproblemen eignen sich neutrale Kriterien oder Personen.66 Zur Feststellung von Tatsachen kann hingegen ein selbstständiges Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO vereinbart werden.67 In der nach § 492 Abs. 3 ZPO meist stattfindenden Erörterung bespricht der Richter das Ergebnis mit den Parteien. Dieses Resultat kann dann einer rechtsorientierten Konfliktlösung zugrunde gelegt werden. Eine aufwändigere Methode mit gleicher Zielsetzung ist die Vereinbarung eines mini-trials. Die Parteien stellen in diesem die Beweise einem Dritten oder einer ausgewählten Jury vor, um ihre Überzeugungskraft zu testen. Zur Beantwortung von Bewertungsfragen können die Parteien die Beurteilung nach objektiven Kriterien vereinbaren.68 Dabei wird zunächst über das Bewertungsverfahren und die Bewertungskriterien abstrakt verhandelt und erst danach die Beurteilung anhand dieser Kriterien vorgenommen. Die Feststellung des Wertes nach den Kriterien setzt jedoch häufig Fachwissen voraus. Oftmals ist dazu ein Sachverständiger einzuschalten. Zur Klärung von Bewertungsfragen kommt daher die Vereinbarung eines Schiedsgutachtervertrages nach § 317 BGB in Betracht, der mit objektiven Kriterien kombiniert werden kann.69 Zur Beantwortung von Bewertungsfragen bietet aber auch das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Lösung.70 c) Zukunftsgestaltende Lösungen unter Einbeziehung der Konfliktursachen Die Konfliktpartner haben die Wahl, auf Grund des Konfliktes die Beziehung zu beenden und abzuwickeln oder sie anlässlich des Konfliktes neu zu gestalten und im Hinblick auf Zukunftsperspektiven fortzusetzen. Bei der Entscheidung ist zu bedenken, dass die Beendigung einer Beziehung nur noch zur Verteilung von Nutzen oder Lasten führt. Wenn die Beziehung dagegen fortgesetzt wird, bestehen vielfältige Möglichkeiten diese zu gestalten und somit einen Kooperationsgewinn zur Befriedigung ihrer Interessen zu erzielen.71 Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (432). Zu den Chancen des selbstständigen Beweisverfahrens bei der alternativen Streitbeilegung, Hilber, BB 2001, Beilage 2, 22 (27 ff.). 68 Beispielsweise der Wert eines Fahrzeugs oder Hauses oder die Wertminderung von Gebrauchsgütern durch Mängel. 69 Joussen, S. 396. 70 Zum Verhältnis von Schiedsgutachten und selbständigen Beweisverfahren, Bernuth, ZIP 1998, 2081 (2083 ff.). 71 Die Ausdehnung des Zeithorizontes erhöht die Symmetrie der gegenseitigen Nutzen und die Kooperationsbereitschaft, Bühl in: Bühl, S. 9 (50). Rational strategische Überlegun66 67

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Ein Interessenkonflikt erwächst aus der Konkurrenz um ein knappes Gut.72 Interessen bestehen nur in der Gegenwart und für die Zukunft, da die Vergangenheit nicht mehr geändert werden kann. Verhandlungen um die Befriedigung von Interessen sind somit zwingend zukunftsgerichtet. Eine neue Ausgestaltung der Beziehung ist aber nicht Erfolg versprechend, wenn zukünftige Tatsachen und Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden. Es besteht dann die Gefahr, dass erneut Differenzen auftreten und die Beziehung weiter geschädigt wird. Zukunftsgestaltung bedeutet deshalb auch, dass Lösungen weitere Konflikte vermeiden.73 Aus diesem Grund erfordert eine zukunftsträchtige Lösung die Einbeziehung späterer Entwicklungen. Die Beteiligten können aber regelmäßig höchstens in ihrer Sphäre vorausschauen. Die Offenbarung der eigenen Zukunftsperspektiven ist deshalb für ihre Berücksichtigung in einer Lösung durch den Mediator notwendig. In auf Dauer angelegten Verbindungen sind Konflikte aber ständiger Bestandteil der Sozialbeziehungen. Eine intakte Beziehung zeichnet sich eher dadurch aus, dass die Parteien durch die Neuregelung und Veränderung der Beziehung die konfliktträchtigen Interessen integrieren und diesen die explosive Kraft nehmen.74 Es kann daher in dauerhaften Sozialbeziehungen nicht genügen, voraussehbare Entwicklungen in die Lösung einzubeziehen. Vielmehr sollte die Freiheit bei der konsensualen Streitbeilegung genutzt werden, anlässlich des konkreten Streites Konfliktbeilegungsmethoden zur Verbesserung der Beziehung zu implementieren. Die Vereinbarung zur Konfliktbeilegung kann und sollte daher nicht nur auf zukünftige Ereignisse gerichtet sein, sondern die Art und Weise des gegenseitigen Umgangs im Streitfall regeln. Den Parteien sind jedenfalls Wege zu zeigen, wie Konflikte besser selbstständig gelöst werden können. Häufig leiden aber auch funktionierende Beziehungen an Kommunikationsproblemen. Im Gegensatz zu einem gerichtlichen Verfahren, bei dem die Interaktion jeweils zwischen Partei und Richter stattfindet, müssen bei der Mediation die Parteien wieder miteinander reden können.75 Durch die shuttle-diplomacy können bei der konkreten Konfliktlösung Kommunikationsprobleme überwunden werden. Die Parteien üben sich jedoch nicht in direkter Kommunikation. Daher wird vielfach kritisiert, dass künftige gen zu dem Gefangenendilemma bestätigen diese intuitive Vermutung aber nicht, Rapoport in: Bühl, S. 264 (290). Dort wird aber von einer bestimmten Zahl von rationalen Entscheidungen über eine beschränkte Anzahl von Alternativen innerhalb einer Beziehung ausgegangen. Es fehlt daher das Sanktionspotenzial, falls eine Partei ihren Gewinn zu Lasten der anderen maximiert. In der Lebenswelt wird auf solche Erlebnisse nicht unbedingt rational reagiert und eine weitere eigene Einbuße hingenommen, um den anderen zu strafen. Die Ausdehnung des Zeithorizontes wird daher regelmäßig zu einer Erhöhung der Kooperationsbereitschaft führen. 72 Gottwald, S. 43. Zur Einteilung der Interessen, Riskin, 1 Harvard Negotation Law Review 7 (1996), 7 (19 ff.). 73 Manche Klagen schaffen erst die Voraussetzung für die eigentliche Auseinandersetzung, mit Beispielen zum Gesellschaftsrecht, Böhm, S. 122. 74 Rosellen in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 215 (216); Coser, S. 99. 75 Scherer, ZKM 2003, 227 (230).

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Probleme auf Grund mangelhafter Kommunikation nicht vermindert werden.76 Allerdings kann die Kommunikation in den Einzelgesprächen als Vorbild gestaltet werden. Der Mediator sollte deshalb neben der Analyse der konkreten Kommunikationsstörungen auch deren Ursachen erklären und Möglichkeiten einer besseren Kommunikation aufzeigen. Außerdem haben die Parteien die Gelegenheit, in den gemeinsamen Sitzungen miteinander zu reden. Sie können in diesen ihre Erfahrungen aus den Gesprächen mit dem Mediator anwenden und sind gezwungen, sich in direkter Kommunikation unter Aufsicht zu üben. Zukunftsorientierte Lösungen durch eine Verbesserung der Kommunikation werden daher nicht durch Einzelgespräche behindert. In die Konfliktlösung können sogar Vereinbarungen über die Kommunikation bei zukünftigen Auseinandersetzungen aufgenommen werden, um die bilateralen Verhandlungen zu erleichtern. Eine zukunftsorientierte Lösung ist vielfach nicht ohne Berücksichtigung der Vergangenheit zu erreichen,77 da die Konkurrenzsituationen oft auf Grund von Ereignissen aus der Vergangenheit entstehen.78 Die Aufklärung solcher Vorgänge als Ursache der konfliktträchtigen Interessen trägt zur Lösung bei, wenn die Bedürfnisse nicht mit dem Kooperationsgewinn erfüllt werden können. Für die gerechte, anteilsmäßige Befriedigung können dann Gesichtspunkte aus der Vergangenheit herangezogen werden. Darüber hinaus müssen die Konfliktursachen auch thematisiert werden, wenn diese kein einmaliges Ereignis darstellen und weiter bestehen.79 In Mediationsverfahren steht es den Beteiligten auch frei, die Komplexität der zu verarbeitenden Vergangenheit zu bestimmen. Es besteht kein Zwang, die Lösung mit Rechtsnormen zu begründen. Die Parteien können also eine Reduzierung des Lebenssachverhaltes steuern und damit die Grundlage für eine individuelle Lösung schaffen. Die Konfliktlösung kann daher eine etwaige Vorgeschichte berücksichtigen oder bestimmte Gesichtspunkte vernachlässigen. Zusätzlich können die Persönlichkeitsfaktoren, also die Eigenschaften und Einstellungen der Beteiligten in die Konfliktbeilegung einbezogen werden. Der Gestaltungsfreiraum erlaubt aber auch die Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse, beispielsweise der Vermögenslage und Wohnsituation. Der Beachtung von Persönlichkeitsfaktoren und sozialen Verhältnissen als Konfliktursachen bei der Lösungsfindung stehen aber auch Bedenken gegenüber.80 Das Ziel der Befriedigung der Interessen steht in einem Widerspruch zu einer therapeutischen Behandlung der Konfliktursachen, um so die bestehenden 76 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (132); Duve / Zürn, ZKM 2001, 108 (111). 77 Für die Intergration auch, Alexander, S. 156. 78 So beispielsweise bei Vertragsverletzungen und Verkehrsunfällen. 79 Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten über herabfallendes Laub oder Überwuchs ist mit einer einmaligen Beseitigung der Störung nur wenig erreicht. Weitere Störungen sind zu befürchten. 80 Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (140); Gottwald, S. 240 f.; für den Täter-Opfer-Ausgleich im Strafrecht, Gutknecht, S. 66 f.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

widerstreitenden Interessen zu beseitigen.81 Die Erfolg versprechende Einbeziehung der Persönlichkeitsfaktoren und sozialen Bedingungen ist aber nicht gleichzusetzen mit einer vollständigen Beseitigung von intra- und interpersonellen Konfliktursachen.82 Für die zukünftige Beziehung der Beteiligten ist aber das Wissen über tiefer liegende Ursachen hilfreich. In der Konfliktlösung kann dann eine Klausel mit dem Inhalt aufgenommen werden, dass sich der Betroffene an einen Therapeuten zu wenden hat.83 Andererseits kann das Mediationsverfahren auch bis zum Abschluss einer psychologischen Behandlung ausgesetzt werden. Im Hinblick auf diese Art und Weise der Berücksichtigung von tiefer liegenden Konfliktursachen sind die Bedenken zurückzustellen. 84 Die Einbeziehung der menschlichen Beziehungen und Probleme in die Verhandlungen über die Gestaltung der Zukunft erscheint grundsätzlich nur bei Konflikten in dauerhaften Beziehungen Erfolg versprechend. Aber auch bei Konflikten auf Grund einmaliger Interaktionen kann durch die Aufdeckung der Ursachen Verständnis bei den Beteiligten füreinander geweckt werden, was eine Konfliktlösung erleichtert. Schwieriger gestaltet sich die Lösung von konkreten Konflikten, wenn diese allgemeine gesellschaftliche Probleme tangieren, beispielsweise Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, fehlende Freizeiteinrichtungen, Ausländerfeindlichkeit und Jugendkriminalität. 85 Deren Integration in die Konfliktlösung durch Mediation ist wegen der mangelnden Einflussmöglichkeiten der Beteiligten ausgeschlossen. Indem die Umstände des Nahbereichs der Konfliktpartner in der Mediation thematisiert werden, wird nur ein Beitrag zur Verbesserung der Situation im Einzelfall geleistet.86 Allerdings kann Mediation auf diese Weise für die Beteiligten Hilfe zur Selbsthilfe im Umgang mit den gesellschaftlichen Problemen sein. In einem Mediationsverfahren können die Beteiligten motiviert werden, sich weiter um Arbeit zu bemühen. Gleiches gilt für Wohnungssuchende. Eine Konfliktlösung mit und zwischen Ausländern kann unter anderem die Errichtung gemeinsamer Einrichtungen beinhalten.

Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (295). Zum Beispiel kann bei einem Nachbarschaftsstreit wegen Lärmbelästigung die Ursache im Alkoholismus einer Partei liegen, wenn diese im betrunkenen Zustand den Fernseher immer laut macht und die ganze Nacht laufen lässt. Die Beseitigung der Ursache ist dann einer Therapie zu überlassen, jedoch kann das Mediationsergebnis eine Verpflichtung zu einer Entziehungskur sein. 83 Von dieser Möglichkeit wurde allerdings selten Gebrauch gemacht, Gottwald, S. 204 Fn. 5; Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (140). 84 Vgl. dazu Gottwald, S. 240 f. 85 Dies erlangt in Mietrechtsstreitigkeiten Bedeutung, wenn ein Arbeitsloser seine Miete nicht mehr aufbringen kann und er auf Grund beschränkten Wohnraums keine günstigere Wohnung findet. 86 Röhl in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 15 (20). 81 82

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Resümee Die Parteien haben durch eine konsensuale Streitbeilegung erhebliche Vorteile. Sie können auf Grund von interessenorientierten Verhandlungen und einer Erweiterung der Verhandlungsmasse zu beidseitig befriedigenden Ergebnissen gelangen oder mittels Teillösungen die Beziehung schonen, um Zeit für die Lösungssuche zu gewinnen. Vor allem bietet sich den Parteien durch die Gestaltungsfreiheit die Möglichkeit, ihre Beziehung der Situation anzupassen, Konfliktursachen zu berücksichtigen und Konfliktlösungsmechanismen zu integrieren. 2. Schnelle Konfliktlösung Ein erhebliches Potenzial der Mediation wird in der schnellen Beilegung von Konflikten gesehen,87 obwohl gerade die amtsgerichtlichen Verfahren 1997 durchschnittlich nur 4,6 Monate88 dauerten und damit im internationalen Vergleich sehr schnell sind. Bei der Mediation muss demgegenüber zunächst die Kommunikation belebt werden. Erst dann können die Interessen herausgearbeitet und Wege zu deren Befriedigung unter Einbeziehung künftiger Entwicklungen gefunden werden. Insbesondere bei Verteilungsfragen sind zusätzlich Gerechtigkeitserwägungen anzustellen und deshalb rechtliche Gesichtspunkte einzubeziehen. Für eine dauerhafte Lösung sind auch die Konfliktursachen zu berücksichtigen und Streitbeilegungsmethoden zu vermitteln. In Anbetracht dieser komplexen Ziele erscheint eine Zeitersparnis zweifelhaft. Allerdings muss die Verhandlungszeit von der gesamten Verfahrensdauer unterschieden werden. Trotz längerer Verhandlungen als bei Gericht üblich, lässt sich eine zügige Konfliktbeilegung durch eine Straffung der Zeitplanung erreichen.89 Die Beteiligten können das Verfahren zeitlich nach ihren Wünschen ausgestalten.90 Sie entscheiden über die Vorbereitungszeit des Mediators vor der ersten Sitzung, die weiteren Fristen und die Gründe für Vertagungen. Bei kurzen Fristen wird aber die Einhaltung für die Beteiligten schwieriger und Zeitdruck kann sich negativ auf die Verhandlungen auswirken. Es ist aber auch möglich, mit dem Mediator ungewöhnliche Termine zu vereinbaren. Auf diese Weise können Sitzungen am Abend und am Wochenende stattfinden. Wenn für die Auswahl des Schlichters ein Zeitraum von 25 Tagen vorgesehen ist und dieser die erste Sitzung nach 35 bis 60 Tagen anberaumen muss, werden 87 Ponschab, BB 2000, Beilage 2, 1 (2); Die Zeitintensität als Nachteil ansehend, Schöpflin, JA 2000, 157 (164). 88 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege, Fachserie 10, Reihe 2, 1997, S. 24 ff. 89 Ohne strenge Zeitplanung ist ein kurzes Verfahren nicht zu realisieren. Dies zeigt auch das Bankenombudsmannverfahren, das durchschnittlich sechs Monate dauert, Schmittman, AnwBl. 2000, 118 (120). 90 Casper / Risse, ZIP 2000, 437 (439). Darin auch den entscheidenden Punkt sehend, Alexander, S. 211.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

bereits bei Streitigkeiten bis 15.000 $ Verfahrenszeiten von fast sieben Monaten erreicht.91 In dem Modell des State Court in Hawaii werden Streitigkeiten bis 150.000 $ behandelt, wobei der Schlichter innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Falles die erste Sitzung durchführen muss und Verfahrenszeiten unter neun Monaten angestrebt werden.92 Diese Zeiten stellen zwar in den USA einen Fortschritt gegenüber dem Gerichtssystem dar, sind jedoch in Deutschland nur gegenüber mehrinstanzlichen Prozessen vorteilhaft. In den Neighborhood Justice Centers, die überwiegend bei Streitigkeiten bis 500 $ angerufen werden, wurde die Verhandlung regelmäßig innerhalb von sieben bis elf Tagen durchgeführt. Nur selten fanden mehrere Sitzungen statt, die dann durchschnittlich zwölf Tage nach dem ersten Termin angesetzt wurden.93 Damit wurde die Schlichtung in den meisten Fällen in einem Zeitraum von sieben bis 23 Tagen beendet. Untersuchte Streitschlichtungsstellen in Deutschland erzielen vergleichbar kurze Verfahrenszeiten.94 Diese Verfahrensdauer ist aber nur zu erreichen, wenn keine Tatsachen mehr aufzuklären sind oder Gutachten eingeholt werden müssen. Die Erstellung von Gutachten nimmt meist viel Zeit in Anspruch, insbesondere bei Überlastung der Gutachter. Bei den ärztlichen Schlichtungsstellen steigt die Verfahrensdauer daher bis auf 14 Monate an.95 Somit ist festzustellen, dass sich Schlichtungsverfahren zur schnellen Konfliktbewältigung eignen, jedoch auch bei ihnen die Gefahr der Verzögerung besteht. Die konsensuale Lösung führt aber in jedem Fall schneller zu einer Beendigung des Verfahrens, wenn ein Konflikt über mehrere Instanzen ausgetragen würde oder eine Gerichtsentscheidung keine Gesamtbereinigung der Konfliktlage bedeutet. 3. Geringe Kosten der Konfliktbeilegung für die Beteiligten Ein verbreitetes Argument für die konsensuale Streitbeilegung ist die Tatsache, dass ein Schlichtungsverfahren für die Beteiligten mit vergleichsweise geringen Kosten verbunden ist.96 In den USA spielt dieser Gesichtspunkt eine besonders Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (206 f., 211). Krapp, ZRP 1994, 115 (117). 93 Gottwald, S. 177 m. w. N. Das Verfahren wurde dabei regelmäßig 30 Tage ausgesetzt, Gottwald, S. 125 f. 94 Sieben bis 35 Tage in Lehrlingsstreitigkeiten; neun Monate bei Arbeitnehmererfindungsstreitigkeiten; vier bis sechs Wochen bei Mietstreitigkeiten in Frankfurt a. M.; wenige Tage bei UWG-Streitigkeiten; zwei bis sechs Wochen bei der Schlichtung durch die Industrie- und Handelskammern; acht Wochen bei Verbraucherbeschwerden; zwei bis drei Wochen bei den Schlichtungsstellen für das KFZ-Handwerk und bei der ÖRA von Hamburg, Preibisch, S. 259. 95 Matthies in: Ellermann, S. 41. Diese Zeit würde aber auch bei einem Gerichtsprozess erreicht. 96 Shetreet in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (114, 121); Weigand, BB 1996, 2106 (2108); Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (71); Labes, DZWiR 1998, 353 (354). 91 92

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große Rolle, da jede Partei die eigenen Kosten des Rechtsstreites trägt. Durch die Kostenregelung des § 91 Abs. 1 ZPO entstehen dem Obsiegenden in Deutschland grundsätzlich keine Kosten.97 Effektiv kommt durch die außergerichtliche Streitbeilegung daher nur eine Kostenersparnis für den Beteiligten in Betracht, der im Unrecht ist. Es bestehen im Vorfeld jedoch meist Zweifel über die Beweis- und Rechtslage. Daher ist zu Beginn des Verfahrens nicht klar, wer letztlich die Kosten zu tragen hat. Diese Unsicherheit führt zu dem gemeinsamen Interesse, den Streit kostengünstig beizulegen. a) Kostensenkung durch die Verfahrensgestaltung Die Aussicht auf eine kostengünstige Streitbeilegung ergibt sich bereits aus dem Verfahrensziel. Die Zukunftsorientierung erfordert nicht zwingend die notwendige Aufklärung der Vergangenheit, wodurch sich Einsparungseffekte hinsichtlich der Beweisaufnahme ergeben. Außerdem können bei der Tatsachenerforschung fernmündliche oder schriftliche Zeugenaussagen verwendet werden, die zur Kosteneinsparung beitragen. Insbesondere durch die Beauftragung eines gemeinsamen Gutachters sind die Kosten zu senken, wobei dies meist als ein erstes Ergebnis der Mediation gewertet werden kann. b) Kosten für die Mediatoren Wenn Rechtsanwälte als Mediator tätig werden, richtet sich die Vergütung nach § 34 RVG. Danach soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Falls eine solche nicht vorliegt richtet sich die Vergütung nach § 612 BGB. Bei Stundensätzen zwischen 150 A und 300 A nach dem Vorschlag der Gesellschaft für Wirtschaftsmediation und Konfliktmanagement 98 ist eine Kostenersparnis gegenüber dem Gericht durch einen geringeren zeitlichen Aufwand zu erzielen. Im Gegensatz zum Richter beschäftigt sich der Mediator nicht nur mit der Rechtslage, sondern auch mit den Interessen und den Konfliktursachen, sodass die zu verarbeitende Komplexität insgesamt höher ist. Dennoch kann sowohl die eigentliche Verhandlungsdauer als auch der gesamte zeitliche Aufwand niedriger sein. Dies ergibt sich bei der höheren Komplexität – abhängig von der Beziehung und dem Konflikt – aus der Möglichkeit zwischen verschiedenen Ebenen zu wählen. Wenn sich eine Möglichkeit findet, die Interessen zu befriedigen, verlieren rechtliche Fragen an Bedeutung und die Tatsachenaufklärung 97 Bei komplizierten Streitigkeiten mit hohem Wert werden aber auch in Deutschland häufig Honorarvereinbarungen geschlossen. Die so entstehenden Mehrkosten werden nicht nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattet, sodass dann trotz des Prozessgewinns Kosten bei den Beteiligten entstehen, Herget in: Zöller, § 91 Rdz. 13. Die Rechtslage ähnelt dann der in den USA. 98 www.gwmk.org.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

kann entfallen. Zudem kann die Beziehung thematisiert werden. Wenn der beziehungsimmanente Konfliktlösungsmechanismus wieder hergestellt wird oder eine andere Ursache für den Konflikt gefunden und beseitigt werden kann, bedarf es der zeitaufwendigen juristischen Lösung des Konfliktes ebenfalls nicht mehr. Gerade die komplexe Konfliktbehandlung kann daher bei einer geschickten Verhandlungsführung sogar zu einer Verringerung des Aufwandes führen. Die Parteien können sich außerdem gemeinsam auf bestimmte Aspekte der Lösungssuche konzentrieren und andere ausschließen. So ist es trotz der Bedenken nicht überraschend, dass bei einem kooperativen Verhandlungsstil teilweise Konfliktlösungen in 30 Minuten erzielt werden.99 Zudem ist keine schriftliche Begründung erforderlich. Trotz regelmäßig längerer Verhandlungen kann somit wegen des geringeren Aufwands auch die Vergütung des Mediators gegenüber dem Gericht niedriger sein. In der Praxis werden auch die Kosten vieler Schlichtungsstellen zumindest teilweise von den Institutionen getragen, die diese Stellen eingerichtet haben. Den Parteien entstanden bislang also für den Dritten oft keine oder nur geringe Kosten.100 Mit der gestiegenen und weiter anziehenden Nachfrage werden jedoch zunehmend Gebühren erhoben.101 Durch die unterschiedliche Kostendeckungsquote fallen die Gebühren für die Schlichtungsstellen in der Praxis in sehr unterschiedlicher Höhe an.102 Bei einer Pflicht zur außergerichtlichen Streitschlichtung werden deren Träger aber nicht bereit und auch nicht in der Lage sein, die Verfahren in diesem Umfang weiterhin zu subventionieren. c) Kosten für die Parteivertreter Eine erhebliche Kostenreduktion lässt sich nur erzielen, indem bei der Mediation weniger Personen beteiligt werden als bei einem Gerichtsverfahren.103 Das ist möglich, wenn ein Jurist als Mediator ausgewählt wird. Dieser kann mit den Parteien die Beweis- und Rechtslage beraten. Die Parteien können somit auf Parteianwälte verzichten, ohne die rechtliche Kompetenz zu entbehren.104 Statt einer McEwen / Maimann, 33 Maine Law Review 1981, 237 (260). Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, S. 40. 101 Darauf für die Schlichtung bei den Verbraucherzentralen hinweisend, Labes, DZWiR 1998, 353 (358). 102 Während beispielsweise die Bauschlichtungsstelle in Frankfurt a. M. teurer als ein Gerichtsprozess bei Streitigkeiten unter 2.500 A ist, erhebt die Bauschlichtungsstelle in Dortmund sehr niedrige Gebühren, Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (71 Fn. 36, 72). Die Schlichtungsstellen der Industrie- und Handelskammern fordern in Wettbewerbsstreitigkeiten nach § 27a UWG niedrige und sonst keine oder auch nur geringe Gebühren, Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (71 Fn. 36). Die Schlichtungsstellen der Handwerkskammern werden ebenfalls von diesen oft vollständig getragen. 103 Horst in: Haft / Schlieffen, § 32 Rdz. 92, allerdings noch unter der Geltung der BRAGO. 104 Darauf verweisend, von Hoyningen-Huene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 27. 99

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Beteiligung von zwei Anwälten und einem Richter wird lediglich ein Dritter hinzugezogen, der bezahlt werden muss. Wenn jedoch die Parteien gleichwohl mit eigenen Rechtsanwälten auftreten, sind ebenso viele Personen an der Konfliktlösung beteiligt wie bei Gericht. Ein Kostenvorteil ist dann offensichtlich schwieriger zu erzielen. Für den Parteianwalt gilt § 34 RVG in Schlichtungsverfahren nicht, da dieser nicht als Mediator tätig wird.105 Seine Vergütung richtet sich nach dem RVG und der VV. Die Kosten für die Parteianwälte sind bei außergerichtlichen Verfahren und Gerichtskosten ungefähr gleich hoch, teilweise sogar höher. Eine etwaige Beratungsgebühr nach Nr. 2100 Abs. 1 RVG VV wird nach Nr. 2100 Abs. 2 RVG VV auf sonstige Tätigkeiten angerechnet, sodass daraus keine zusätzlichen Kosten entstehen und sie daher vernachlässigt werden kann. Die beistehenden Rechtsanwälte werden regelmäßig bei Verhandlungen zur außergerichtlichen Einigung die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG VV in Höhe von 1,3106 und im Falle einer einvernehmlichen Konfliktlösung nach Nr. 1000 RVG VV die Einigungsgebühr in Höhe von 1,5 abrechnen, also insgesamt 2,8 Gebühren. Bei Verhandlungen vor Gütestellen i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und § 15a Abs. 3 EGZPO erhält der Anwalt statt der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG VV die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2403 Nr. 1 RVG VV in Höhe von 1,5 und damit insgesamt 3,0 Gebühren. Soweit im Vorfeld eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 RVG VV entstanden ist, wird nach Nr. 2403 RVG VV diese zur Hälfte nach dem Wert des Gegenstandes, der in das Verfahren übergegangen ist, jedoch maximal mit 0,75 angerechnet. In einem Prozess fallen üblicherweise die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG VV in Höhe von 1,3 und die Terminsgebühr in Höhe von 1,2 an, also insgesamt 2,5 Gebühren. Auch dann gilt nach Vorb 3 Abs. IV RVG VV, dass die letzte entstandene Geschäftsgebühr nach Nrn. 2400 bis 2403 RVG VV zur Hälfte nach dem Wert des Gegenstandes, der in das Verfahren übergegangen ist, jedoch maximal mit 0,75 angerechnet wird. Während bei Gericht 2,5 Gebühren anfallen, entstehen bei Schlichtungsstellen nach § 794 I Nr. 1 ZPO und § 15a Abs. 3 EGZPO sogar 3,0 Gebühren. Dies hat aber den Vorteil, dass Anwälte nicht aus eigenem Gebühreninteresse von der Schlichtung abraten werden. d) Sonstige Kosten Neben den monetären Rechtsverfolgungskosten ist eine Auseinandersetzung oft mit weiteren Schäden und Kosten verbunden, die der Unterlegene nicht ersetzen 105 Hartmann, § 34 RVG Rdz. 3; Bischof in: Bischof / Jungbauer / Podlech-Trappmann, § 34 Rdz. 29. Vielfach werden dennoch Honorarvereinbarungen getroffen, die eine Abrechnung wie bei Beratungsaufträgen nach Stunden beinhalten, Schlussbericht des BRAK-Ausschusses Mediation, BRAK-Mitt 1996, 186 (188). 106 Zu 1,3 als künftige Regelgebühr trotz des Gebührenrahmens von 0,5 – 2,5, Hembach in: Gebauer / Schneider, VV 2400 Rdz. 7.

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muss.107 Besonders bei Konflikten um Betriebsmittel und Betriebskapital wird die unternehmerische Handlungsfreiheit eingeschränkt, wodurch Unternehmen in Schwierigkeiten geraten können, obwohl nach § 987 BGB Nutzungen aus Sachen herauszugeben oder zu ersetzen und für Geldforderungen gemäß § 291 BGB Zinsen zu zahlen sind. Zwar umfasst der Schadensersatzanspruch des Gläubigers bei Schuldnerverzug nach §§ 286, 252 BGB auch den entgangenen Gewinn,108 jedoch bereitet oft der Nachweis von einer Sachlage Schwierigkeiten, die nach gewöhnlichem Verlauf oder unter Hinzuziehung der besonderen Umstände des Einzelfalles mit Wahrscheinlichkeit den Gewinn erwarten ließ. Selbst wenn dies gelingt, kann die Schadensersatzpflicht nach § 254 BGB auf die Höhe der Zinsen eines Kredites begrenzt werden.109 Damit wird deutlich, dass der eingeschränkte Handlungsspielraum nicht ersetzbare Verluste verursachen kann. Diese konfliktbedingten Blockaden können durch eine schnelle Lösung verkürzt oder durch konsensuale Lösungen ganz vermieden werden. Zu den nicht ersatzpflichtigen Kosten gehören auch der Einkommens- und Freizeitverlust, der sich aus dem Zeit- und Arbeitsaufwand für die Prozessführung ergibt, beispielsweise für die Besprechung mit dem Anwalt oder die sonstige Informationsbeschaffung zur Sach- und Rechtslage.110 Die mit dem Konflikt verbundenen Risiken und Unsicherheiten verursachen meist bei den Beteiligten Stress. Diese psychische Belastung ist ebenfalls als Kostenfaktor zu berücksichtigen, der mit der Kürze des Verfahrens sinkt. Resümee Im Ergebnis führt ein Schlichtungsverfahren im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren nicht immer zu einer Kostenersparnis für die Parteien.111 Die Verringerung der nicht monetären Kosten ist abhängig von dem Verhandlungsverlauf. Ein genereller Kostenanreiz kann daher nur durch die Subventionierung der Schlichtung oder eine Erhöhung der Gerichtskosten geschaffen werden. Allerdings können die Parteien aber mit Schlichtungsverfahren sparen. Auf Grund ihrer Gestaltungsfreiheit kann das Verfahren zeitlich gestrafft, auf Parteianwälte verzichtet und eine angemessene Vergütungsregelung mit dem Mediator gefunden werden.112 Breidenbach, S. 216 f. Heinrichs in: Palandt, § 291 Rdz. 6. 109 BGH, NJW 1983, 758 (759). 110 Kotzorek in: Blankenburg / Klages / Strempel, S. 41 (43). 111 Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (433). Mit Zufriedenheit ist festzustellen, dass die Rechtsschutzversicherungen die außergerichtliche Streitbeilegung durch Mediation bis zur Höhe der Gerichtsgebühren erfassen, sodass insoweit kein Hindernis besteht; Krämer, ZKM 2000, 274 (275 f.); Bauer, NJW 2001, 1536 (1538). 112 Weiß in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 37 (40). Die Erfahrungen in den USA belegen die unterschiedlichen Kosten von Schlichtungsverfahren, die dort zwischen durchschnittlich 70 $ und 589 $ je Konflikt in unterschiedlichen Schlichtungsein107 108

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4. Zugangserleichterung zum Recht Der Durchsetzung von Rechten im bestehenden Justizsystem stehen vielfältige Hindernisse entgegen.113 Dabei werden Barrieren und Defizite unterschieden. Barrieren sind Erschwernisse, deren Ursachen bei den Einrichtungen und Personen sind, mit denen der Konfliktbetroffene bei Suche nach einer Lösung in Kontakt tritt. Defizite sind dagegen Schwächen des Konfliktbetroffenen, das Angebot der Einrichtung zu nutzen.114 Die anfallenden Kosten, die Bearbeitungsdauer, die Zuständigkeitsregelungen, Prozessformalien, die Belastung des Personals und die juristische Fachsprache erschweren die Rechtsverfolgung. Diese Barrieren korrespondieren mit den Defiziten an Geld und Zeit sowie mit der fehlenden Kenntnis von der rechtlichen Relevanz eines Problems, den eigenen Rechten und den Mitteln ihrer Durchsetzung. Insbesondere die juristische Fachsprache und das Auftreten des Personals führen zu Darstellungs- und Verhaltensschwierigkeiten, aus denen letztlich Schwellenängste resultieren. Widersprüchlich erscheint es aber den Zugang zum Recht durch ein Verfahren zu erleichtern, das vor allem eine interessenorientierte Konfliktbehandlung verfolgt und eine Verrechtlichung zu vermeiden versucht. Daraus resultieren zwei Problemkreise. Einerseits ist zu beurteilen, wieweit durch Mediation Recht verwirklicht werden kann und andererseits, ob der Zugang zu Mediationsverfahren einfacher ist. a) Rechtsverwirklichung in Mediationsverfahren Im Mediationsverfahren wird der Streit unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet und eine Verrechtlichung weitgehend vermieden. Statt einer Lösung nach der Rechtslage wird eine Verhandlungslösung auf Basis der Interessen angestrebt, der beide Parteien zustimmen. Es besteht damit die Gefahr der Dominanz der Verhandlungsmacht115, die eine Rechtsverwirklichung verhindert. aa) Rechtsverwirklichung der Parteien durch Interessenbefriedigung Ein wesentlicher Zweck des Rechts ist der Ausgleich widerstreitender Interessen.116 In der Mediation wird ebenfalls um Lösungen zur Erfüllung der Interessen richtungen betrugen, wobei allerdings vielfach keine effiziente Ausnutzung vorlag, vgl. Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (138); Gottwald, S. 183 f. 113 Reifner, S. 143 m. w. N. 114 Definition und Unterscheidung nach Rottleuthner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 145 (146). 115 Verhandlungsmacht ergibt sich vor allem aus der besten Alternative zu den Verhandlungen. Der Verhandelnde hat umso mehr Verhandlungsmacht, je eher er sich das Scheitern der Verhandlungen leisten kann, also je besser seine Alternative ist, Schöpflin, JA 2000, 157 (162). 116 Enneccerus / Nipperdey, S. 124 m. w. N.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

gerungen. Ein grundsätzlicher Zielkonflikt zwischen Interessenbefriedigung und Recht besteht daher nicht. Wenn der Interessenwiderstreit aufgelöst wird oder die Interessen befriedigt werden, ist für die Parteien das Ziel des Gesetzes erreicht. Allerdings gibt es Lösungen, bei denen Interessen befriedigt werden, die jedoch die gesetzlichen Interessen nicht berücksichtigen. Zu derartigen Lösungen kommt es, wenn die an sich anerkannten Interessen des vermeintlich Rechthabenden nicht mit den rechtlich durchsetzbaren Ansprüchen übereinstimmen. Wenn das Gesetz die Interessen der Bürger verkennt und keinen geeigneten Schutz bietet, ist das System mangelhaft und der Gesetzeszweck wird aus Sicht der Parteien verfehlt.117 Allerdings muss das Gesetz abstrakt sein und kann damit nicht immer die individuellen Interessen berücksichtigen. Im Einzelfall wird so möglicherweise durch Mediation ein Ergebnis erzielt, das das Recht erzielen wollte, jedoch verfehlt hätte. Vielfach werden sich aber trotz eines Kooperationsgewinnes nicht die Interessen beider Parteien vollständig befriedigen lassen. Die Rechtsverwirklichung erfolgt dann nur so weit, wie die Interessen des Rechthabenden befriedigt werden. Der Mediator hat in diesen Fällen für eine an der Rechtslage orientiere Verteilung des Nutzens und der Lasten zu sorgen.Obwohl bei einer interessensorientierten Lösung nicht die Rechte im Vordergrund stehen, wird mit der Interessenbefriedigung auch Recht verwirklicht. Damit kann Mediation den Zugang zum Recht erleichtern. bb) Abhängigkeit des Verhandlungsergebnisses von Verhandlungsmacht Sofern das Verhandlungsergebnis durch die Verhandlungsmacht geprägt wird, besteht darin eine Gefahr für die Verwirklichung des Rechts und die entsprechende Befriedigung der Interessen. Verhandlungsmacht resultiert nicht unmittelbar aus finanziellen Mitteln und Beziehungen, sondern aus der besten Alternative zu einer Einigung.118 Eine gute eigene Alternative und die Kenntnis von der besten Alternative der anderen Seite sind maßgebend für die Verhandlungsmacht. Finanzielle Mittel und Beziehungen helfen, eine andere attraktive Problemlösung zu finden und diese zu nutzen. Wenn die Verhandlungen scheitern, können die Beteiligten aber grundsätzlich nur zwischen einer gerichtlichen Auseinandersetzung und der Aufgabe der eigenen Interessen wählen.119 Gerichtsprozesse verursachen materielle und immaterielle Kosten und sind zusätzlich mit Risiken verbunden. Nur bei der Bereitschaft, diese Kosten und Risiken zu tragen und durch die glaubhafte Darstellung dieser Tatsache, kann aus dem Recht Verhandlungsmacht abgeleitet wer117 Beispielsweise regelt das Deliktsrecht mit dem Schmerzensgeld nach § 847 BGB einen finanziellen Ausgleich für die erlittene Körper- / Gesundheitsverletzung oder Freiheitsentziehung. Eine Regelung für eine Entschuldigung gibt es aber nicht. 118 Fisher / Ury / Patton, S. 150; Hager, JZ 1998, 1158 (1161). 119 Das bedeutet, dass die Beteiligten auf den eigenen Anspruch verzichten oder eben die fremde Forderung erfüllen.

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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den. Dies ist typischerweise Personen und Organisationen möglich, die häufig Rechtskonflikte austragen (repeat-players). Für diese Gruppe stellt ein Gerichtsprozess eine brauchbare Alternative dar. Dagegen bestehen bei denjenigen, die nur selten Rechtskonflikte austragen (one-shooters)120, erhebliche Defizite und Barrieren, die die Mobilisierung von Recht erschweren und unwahrscheinlich machen. Bei geringem Streitwert ist daher ihre beste Alternative vielfach der Verzicht auf die eigenen Interessen. Bei Konflikten mit geringem Streitwert zwischen gegenseitig erkannten repeatplayers und one-shooters ist diese Situation allgemein bekannt.121 Für die oneshooters ist es daher besonders schwierig, aus dem Recht Verhandlungsmacht abzuleiten. Können sie aber aus dem Recht keine Verhandlungsmacht ableiten, ist dessen Verwirklichung durch Mediation zweifelhaft.122 Mit einem einfacheren Zugang zu den Gerichten könnte den one-shooters mehr Verhandlungsmacht gegeben werden. Wenn allerdings die Mehrzahl der Verbraucherkonflikte tatsächlich den Gerichten vorgelegt würde, wären diese damit vollkommen überfordert.123 Die Lösung liegt darin, durch den Abbau von Zugangshindernissen zum Gericht die Verhandlungsmacht der Verbraucher derart zu stärken, dass durch Schlichtungsstellen Recht verwirklicht werden kann. Bis dahin ist der einzige Weg die Thematisierung des Rechts durch den Mediator.124 Insbesondere bei den rechtsorientierten Mediationsverfahren werden die Verhandlungen durch das Recht beeinflusst.125 Wenn sich daraufhin die one-shooters in einem Vergleich auch nur teilweise durchsetzen, wird damit oft mehr Recht verwirklicht als ohne Mediationsverfahren, da ihre beste Alternative meist der faktische Verzicht auf die eigenen Rechtspositionen ist.126 Mediation kann damit trotz negativer Auswirkungen der Verhandlungsmacht zur Verwirklichung von Recht in Konflikten zwischen one-shooters und repeat-players beitragen. Wenn auf beiden Seiten one-shooters oder repeat-players stehen, sind die grundsätzliche Bereitschaft und Fähigkeit zur Mobilisierung von Recht gleich.127 Da in diesen Fällen die Beschreitung des Rechtsweges zu erwarten ist, jedenfalls für 120 Diese werden auch als „one-shotter“ bezeichnet, Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (220). 121 Diese Konstellation liegt bei Verbraucherkonflikten und bei Mietrechtsstreitigkeiten häufig vor. 122 Recht kann dann nur auf Grund von zufälligerweise bestehender Verhandlungsmacht aus anderen Gesichtspunkten verwirklicht werden. Dieser Gesichtspunkt soll auf Grund des Zufalls außer Acht gelassen werden. 123 Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (220). 124 Der Mediator wird zum Anwalt des Gesetzes, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (22 f.). 125 Schöpflin, JA 2000, 157 (158). 126 Breidenbach, S. 235. 127 Der Nachteil der Mobilisierungslast für den Änderungswilligen bleibt immer zu berücksichtigen.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

beide Seiten die gleichen Nachteile hat, wird es keine Partei darauf ankommen lassen wollen. Die Erfolgsaussichten in einem Gerichtsverfahren sind dann für die Verhandlungsmacht von maßgeblicher Bedeutung, sodass das Verhandlungsergebnis vom Recht geprägt sein wird, wenn sich nicht aus anderen Gesichtspunkten noch erhebliche Verhandlungsmacht ergibt. Wenn jedoch beide Parteien zur Mobilisierung von Recht nicht bereit sind und dies voneinander wissen, ist ein rechtsverwirklichendes Verhandlungsergebnis kaum zu erzielen. Dies ist vor allem bei Konflikten mit geringem Streitwert oder in Milieus mit eigenen Regeln der Fall. Eine rechtliche Verfolgung des Begehrens ist unter diesen Umständen für keine Seite eine Alternative. Die Verhandlungsmacht wird dann nicht von der Rechtslage, sondern ausschließlich von anderen Faktoren bestimmt. Im Mediationsverfahren erfährt der Mediator die Ursachen der Verhandlungsmacht und die Gründe für die mangelnde Bereitschaft, den Rechtsweg zu beschreiten. Der Mediator kann dann entweder diese Machtquellen anerkennen und ein auch rechtsverwirklichendes Ergebnis erzielen oder die außerrechtlichen Ursachen der Verhandlungsmacht in Zweifel ziehen und die Bereitschaft zur Mobilisierung von Recht erhöhen. In letzterem Fall erlangt Recht in den Verhandlungen doch Bedeutung, sodass eine rechtsverwirklichende Konfliktlösung wahrscheinlicher ist. Zudem ist das menschliche Bedürfnis nach Konformität von bisherigem und zukünftigem Verhalten zu bedenken.128 Die Angemessenheit der eigenen Position rechtfertigen die Beteiligten zudem oft mit rechtlichen und moralischen Gesichtspunkten. Um einen Widerspruch zu vermeiden, wird sich die darauf berufende Partei auch auf derartige Argumente einlassen. Dadurch kann es dem Schlichter vielfach gelingen, die Ausnutzung der Verhandlungsmacht unter Verstoß gegen alle Rechts- oder Billigkeitserwägungen zu vermeiden. Deshalb führt bereits die Einschaltung eines neutralen Dritten zum Schutz der schwächeren Partei.129 Resümee Die mediative Konfliktlösung wird durch die Verhandlungsmacht der Parteien beeinflusst. Der Mediator kann die Verhandlungsmacht nicht beseitigen, sondern nur deren Missbrauch durch die Thematisierung von Recht verhindern. Konflikte können dadurch oft mit einer zumindest teilweise rechtsverwirklichenden Verhandlungslösung beendet werden. b) Zugangshindernisse zur Mediation Ob die Bürger den Zugang zu einer Konfliktregelungsinstitution einfach finden, hängt sowohl von der Einrichtung und dem Verfahren als auch von ihnen selbst 128 129

Schulz von Thun, S. 220. Hegenbarth in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 257 (261).

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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ab.130 Um den Zugang zu erleichtern, müssen die Barrieren als äußere Hindernisse abgebaut und die Auswirkungen von Defiziten als persönliche Schwierigkeiten verhindert werden.131 Die entscheidenden Defizite der Konfliktbetroffenen bei der Mobilisierung von Recht sind neben einem Mangel an Zeit und Geld, die juristische Fachsprache und besonders die fehlenden Kenntnisse ihrer Rechte sowie der Mittel zu deren Durchsetzung. Daraus erwachsen psychologische Hemmschwellen, soweit die Bürger überhaupt die rechtliche Relevanz von Problemen erkennen. Die Verringerung der Wirkung dieser den Zugang beschränkenden Defizite muss das Ziel von Mediation sein, ohne neue Hindernisse aufzubauen. Bei Mediationsverfahren können die Kosten sehr niedrig gehalten und kurze Bearbeitungszeiten erreicht werden, wodurch sich finanzielle und zeitliche Defizite weniger auswirken.132 Wichtiger ist aber der Abbau der Ursachen von Schwellenängsten, die stärker als die Kostenbarriere den Zugang erschweren.133 Diese Schwellenängste beruhen auf dem juristischen Konfliktlösungsprozess. Im Gerichtsverfahren wird festgestellt, ob der Anspruchsteller vom Anspruchsgegner einen bezeichneten Gegenstand aus bestimmten Gründen auf Grund einer Norm verlangen kann. Dazu wird über Tatsachen aus der Vergangenheit und über die Anwendung von Rechtsnormen entschieden. Die Entscheidbarkeit eines Konfliktes wird dabei hergestellt, indem soziale Realität nach juristischen Relevanzkriterien mittels des juristischen Sprachfilters auf eine normative Struktur reduziert wird. Bereits bei Anrufung des Gerichtes erfordert diese Vorgehensweise aber einen Rechtsstreit, weil der Antrag des Klägers erkennen lassen muss, was er vom Beklagten aus welchem Grund verlangt. Konflikte entstehen jedoch im Rahmen von sozialen Interaktionen. Damit sich ein Rechtskonflikt entwickelt, müssen die Enttäuschungen oder Spannungen als erlittenes Unrecht wahrgenommen werden (naming). Danach muss das Unrecht auf zurechenbares Verhalten einer Person oder sozialen Einheit zurückgeführt werden (blaming) sowie ein Ausgleich benannt und gefordert werden (claiming).134 Dazu wird zunächst im Kontaktbereich der jeweiligen Parteien untersucht, ob die Enttäuschung zu Unrecht erfolgte, die verantwortliche Person gesucht und ein angemessener Ausgleich erdacht wurde. In der folgenden Auseinandersetzung zwischen den Parteien werden diese Gesichtspunkte erneut erörtert. Im Anschluss daran wird meist professionelle Rechtsberatung ersucht. Der Entwicklungsprozess von enttäuschten Erwartungen und aufgebauten Spannungen zu einem Rechtskonflikt setzt demnach voraus, dass der Blegvad in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 231 f. Rottleuthner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 145 (146). 132 Allerdings wurden bereits Kosten in Höhe von ca. 50 DM bei dem strafrechtlichen Täter-Opfer-Ausgleich durch die Schiedspersonen als bedeutendes Hindernis angesehen, Gutknecht, S. 53; Sabrotzky, S. 109 f. 133 Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (5); Hegenbarth in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 257 (264) m. w. N. 134 Ausführlich zum Definitionsprozess des Konfliktes, Felstiner / Abel / Sarat, Law and Society Review 15 (1981), 631. 130 131

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Laie Unrecht erkennt, einen Verantwortlichen findet und einen passenden Ausgleich fordert. Oftmals erkennt der juristische Laie aber das Unrecht nur diffus, das mit der Enttäuschung des Vertrauens zusammenhängt, und die Suche nach dem Verantwortlichen fällt ihm schwer. Ebenso ist es für ihn schwierig, eine Forderung aufzustellen und eine Rechtsposition einzunehmen, die den eigenen Interessen entspricht. Diese erforderliche Transformation der wahrgenommenen Probleme in einen Rechtsstreit135 hindert viele Bürger, die ihnen zustehenden Rechte zur Wahrung ihrer Interessen durchzusetzen. Jedenfalls wird diese Entwicklung erst eingeleitet, wenn aus einer geringfügigen Streitigkeit ein Konflikt mit erheblicher Bedeutung geworden ist, dessen gütliche Beilegung wiederum schwierig ist.136 Mediation dient der Beilegung von Streitigkeiten, ohne dass diese als Rechtskonflikte definiert werden. Vielmehr werden die Konflikte in ihrer ursprünglichen Struktur unter Berücksichtigung der Interessen und Gründe gelöst. Daher wird von den Beteiligten die Prüfung der juristischen Relevanz nicht gefordert, wodurch eine Eskalation der Konflikte vermieden werden kann.137 Erforderlich bleibt aber, dass die Beteiligten widerstreitende Interessen oder aufgebaute Spannung wahrnehmen und den Verursacher benennen können, der aber nicht nach juristischen Wertungen bestimmt werden muss. Nicht ein Ausgleich, sondern die Befriedigung der Erwartungen und Bedürfnisse steht bei der Mediation im Vordergrund. Mangelnde Rechtskenntnisse wirken sich daher nicht negativ auf den Zugang zu Mediationsverfahren aus. Hemmungen durch die juristische Fachsprache verlieren ebenfalls an Bedeutung, da Recht grundsätzlich weniger thematisiert wird. Die psychologische Hemmschwelle wird voraussichtlich sinken, wenn die Bürger erkennen, dass sich bestehende Defizite nicht auswirken. Schwieriger sind die institutionell bedingten Barrieren abzubauen. Insbesondere die Person des Mediators ist für das Verfahren entscheidend, da von ihr in diesem Zusammenhang abhängt, ob sich bestehende Defizite nachteilig auswirken können.138 Überlässt man die Durchführung von Mediationsverfahren vollständig den Parteien, besteht für sie bereits das Problem, einen geeigneten Mediator zu finden. Vor allem müssen sie sich in ihrem Konflikt auf eine Person einigen, bevor sie diese hinzuziehen, da ansonsten bei Rechtsanwälten ein Verstoß gegen § 45 BRAO droht. Sofern sie sich deshalb aber im Vorfeld an einen Anwalt wenden, ist auf Grund seiner Teilnahme am Verfahren das Sparpotenzial gering. Errichtet man eine Behörde, so entfällt das Problem der Einigung auf einen geeigneten Schlichter. Dafür entstehen aber das Problem der Zuständigkeit und die Gefahr der Überbelastung der Vermittler. Um dem entgegenzuwirken, kommt die verbindliche Verweisung an die zuständige Stelle in Betracht. Mit der Institutionalisierung ist aber auch 135 136 137 138

Galtung, Journal of Peace Research 2 (1965), 348 (356). Shetreet in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (121). Köper, S. 29. Darauf hinweisend, Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (72).

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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die Gefahr der Bürokratisierung verbunden.139 Die Verfahrenseinleitung vor einer Behörde stellt eine Barriere dar, die mit der mündlichen oder fernmündlichen Verfahrenseinleitung gering zu halten wäre. Ein schriftlicher Nachweis ist jedoch für den späteren Nachweis und die Verhandlungsvorbereitung vorteilhaft. Ein mündlicher Antrag zu Protokoll oder ein formloser schriftlicher Antrag genügen diesem Zweck. Resümee In der Mediation kann mit der Befriedigung der Interessen auch Recht durchgesetzt werden. Die Lösungen sollen dazu entsprechend der Rechtslage die Interessen befriedigen. Aufgabe des Mediators ist es, dem Missbrauch der Verhandlungsmacht entgegenzuwirken. In Mediationsverfahren werden die zu behandelnden Konflikte weder durch normative Eingangsvoraussetzungen eingeengt noch ist deren Transformation erforderlich. Dadurch sind die Anforderungen an die Handlungskompetenz der Beteiligten niedriger, sodass sich Defizite weniger auswirken.140 Insgesamt kann daher mit der Institutionalisierung der Mediation der Zugang zum Recht erleichtert werden. 5. Fortsetzung der Sozialbeziehung nach Konfliktbeendigung Problematisch ist die Motivation für die Aufrechterhaltung der Beziehung. Akzeptanz und Toleranz sind keine rein emotionalen Stimmungen, sondern werden durch Überlegung hervorgerufen. In diesem Sinne ist die Versöhnung der Beteiligten stets erstrebenswert. Soweit jedoch die Versöhnung der Beteiligten im Sinne eines romantischen Gefühls verfolgt wird, bestehen erhebliche Bedenken.141 Die emotionalen Empfindungen von Streitparteien lassen sich nicht gesetzlich oder von einem Dritten verordnen.142 Das Potenzial von Mediation sollte daher darin gesehen werden, dass es sich um ein Verfahren handelt, in dessen Verlauf die Beziehung geschont wird und etwaiges Streben nach emotionaler Aussöhnung gefördert werden kann.143 Miletzki, S. 50; Gottwald, S. 222. Trotzdem werden derartige Einrichtungen weniger in Anspruch genommen als es zu erwarten ist. Gründe sind die soziale Struktur der Gesellschaft und die mangelnde Bekanntheit derartiger Projekte, Gottwald, S. 220 ff. 141 Dazu neigen die religiös motivierten Streitbeilegungsverfahren, Breidenbach, S. 237. 142 Grunsky in: Dt. Landesberichte zum X. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung, S. 162. Der obligatorische Sühneversuch in Ehesachen gemäß der §§ 608 ff. ZPO war hinsichtlich der romantischen Versöhnung der Ehepartner und Aufrechterhaltung der Ehe erfolglos und wurde deshalb abgeschafft, Ruser, NJW 1969, 1146. 143 Der Wille zu emotionaler Versöhnung besteht meist nur, wenn vor dem Streit eine lange und enge soziale Beziehung zwischen den Parteien bestand, hingegen von einem all139 140

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Beziehungen werden einerseits gezielt eingegangen, um daraus einen materiellen oder immateriellen Nutzen für alle Beteiligten zu ziehen.144 Andererseits sind soziale Beziehungen aber auch unumgänglich.145 In jedem Fall werden sie von den Personen nach ihren Interessen gestaltet. Eine intakte Beziehung hat für die Menschen einen Wert. Darüber hinaus resultieren Konflikte aus einmaligen Kontakten,146 bei denen sich die Beteiligten über den Nutzen einer fortdauernden Beziehung keine Gedanken machen oder deren Vorteil nicht erkannt haben. Es besteht damit bisher kein Interesse an einer dauernden Sozialbeziehung, sodass die Parteien keine Rücksicht auf die gegenseitigen Interessen nehmen. Das Verhandlungsziel eines Kooperationsgewinnes erfordert aber die Bereitschaft zu weiteren Interaktionen sowie eine Lösung zur beiderseitigen Befriedigung.147 Die Beendigung der Beziehung verhindert die gemeinsame Erzielung eines Nutzens und verursacht häufig pekuniäre Kosten. Außerdem sind damit oft Ärger und Stress verbunden, sodass auch erhebliche soziale Kosten entstehen. Diese negativen Auswirkungen können vermieden werden, wenn das Konfliktlösungsverfahren bereits auf eine Fortsetzung der Beziehung ausgerichtet ist. Die Verrechtlichung wird in vielen Sozialbeziehungen nicht akzeptiert. Mit der Androhung von Rechtsmitteln geht daher bereits die Beendigung der Sozialbeziehung einher. Besonders in Verhältnissen, die den alltäglichen Umgang mit Recht nicht kennen, ist die Berufung auf Recht ein Indikator für das drohende Ende.148 Nur in wenigen Bereichen ist die Verrechtlichung nach dem Vorausgehen eines informellen Aushandlungsprozesses üblich. Die Thematisierung von Recht wirkt in diesen Fällen weniger eskalierend.149 Die Beschreitung des Rechtsweges nach einem Scheitern der Verhandlungen beendet den Definitionsprozess. Das Gerichtsverfahren verstärkt aber noch die gegenseitige Ablehnung, da die Parteien vor Gericht gegeneinander um die Anerkennung ihrer Rechtsposition kämpfen. Anders als bei der Gegenüberstellung als Gegner (Kläger / Beklagter) werden die Parteien in Mediationsverfahren als Konfliktbeteiligte auf der Suche nach einer gemeinsamen Lösung angesehen und behandelt. Dieser Ausgangspunkt bewirkt, dass sich letztlich nicht Gewinner und gemeinen Streben ausgehend, Simmel, Soziologie, S. 376. Diese langen und engen Beziehungen bestehen meist nur in der persönlichen Sphäre, beispielsweise der Familie, dem Freundeskreis und ausnahmsweise auch in dem Wirtschaftsleben bei langjährigen Geschäftsbeziehungen, Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (81). In diesen Fällen sollte auf die Wiederannäherung in Mediationsverfahren geachtet werden. 144 So beispielsweise bei Partnerschaften und langfristigen Wirtschaftbeziehungen. 145 Solche zwingenden Beziehungen bestehen zwischen Nachbarn und unter Arbeitskollegen. 146 Das typische Beispiel ist der Straßenverkehr. 147 Bühl in: Bühl, S. 9 (50). 148 Blankenburg, Mobilisierung des Rechts, S. 43. 149 Blankenburg, S. 42.

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Verlierer, sondern Partner gegenüberstehen und weniger negative Emotionen geschürt werden.150 Im Konflikt erscheinen die eingenommenen Positionen zunächst als unvereinbar. Dadurch entsteht gegenseitiges Misstrauen, das einer Kooperation im Wege steht und deshalb abgebaut werden muss. Das Aufdecken der Bedürfnisse, Interessen und Argumente der Parteien ist als elementarer Bestandteil von Mediation Voraussetzung für kooperative Verhandlungen. Zugleich erkennen die Beteiligten dadurch aber auch, dass die Interessen nicht aus Missgunst oder bösem Willen verfolgt werden, was den Abbau des gegenseitigen Misstrauens fördert.151 Gemeinsam mit der Verbesserung der Kommunikation bewirkt dies mehr Akzeptanz und Respekt der Parteien im Umgang miteinander. Ob nach einer mediativen Konfliktlösung die Sozialbeziehung fortgesetzt wird, ist dennoch zweifelhaft. Das Interaktionssystem zwischen den Streitenden wird durch jede Einschaltung eines Dritten gestört, weil damit das Eingeständnis der Unfähigkeit verbunden ist, die Probleme selbst zu lösen. Je enger und persönlicher die Beziehung ist, desto stärker wirkt sich diese Störung aus.152 Ein Konflikt entwickelt sich im Kontext zu den bestehenden Regeln. In anonymen Beziehungen und solchen mit geringer Interaktionsdichte bleibt es bei den allgemein anerkannten Verhaltensstandards. Das Verhältnis zu dem hinzugezogenen Dritten ist dem der Konfliktbeteiligten in Bezug auf die Interaktionsdichte ähnlich. Das Einschalten des Vermittlers wirkt weniger als Eingriff in eine Beziehung von außen, sodass die Fortsetzung leichter möglich ist.153 In engen Sozialbeziehungen bilden sich oft besondere Verhaltensnormen und personenbezogene Erwartungen. Eine Beteiligung Dritter stimmt kaum mit den personenbezogenen Erwartungen überein. Soweit darüber hinaus aber die Konfliktlösung nicht mit beziehungsimmanenten Erwartungen harmoniert, drohen weitere Auseinandersetzungen oder das Ende der Beziehung. Das beziehungsimmanente Regelsystem muss daher dem Dritten dargelegt und erklärt sowie von ihm respektiert werden. Dazu bieten sich in Mediationsverfahren vielfältige Möglichkeiten. Zunächst werden nicht die Rechte der Beteiligten, sondern ihre Interessen thematisiert. Damit bleibt eine Chance für die Parteien erhalten, die Interessen freiwillig zu befriedigen, ohne dass überhaupt ein weiterer Eingriff erfolgt. Aus Rücksicht auf sehr enge Beziehungen kann der Mediator auf die Ausschöpfung der Gestaltungsmittel verzichten. So kann er sich inhaltlicher Diskussionen enthalten und nur die Verhandlungen strukturieren. Auf diese Weise können Konfliktlösungen vermieden werden, die mit der beziehungs150 Ponschab, BB 2001, Beilage 2, 1 f.; Kraft, VersR 2000, 935 (940); Strempel in: Gottwald / Strempel, S. 187 (192). 151 Breidenbach, S. 240. 152 Gottwald, S. 172 f. Die Störung durch eine Vermittlung zwischen Mieter und Vermieter kann unbedeutend sein, wenn der Vermieter eine Wohnungsbaugesellschaft ist. Soweit der Vermieter ebenfalls im Haus wohnt, kann die Störung bereits als unerträglich empfunden werden. 153 Blankenburg, S. 46.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

immanenten Ordnung nicht harmonieren. Die Hinzuziehung eines Dritten bleibt aber auch dann ein erheblicher Eingriff. Problematisch für die Beziehung ist zudem, dass die Justiz meist erst eingeschaltet wird, wenn die Standpunkte bereits verhärtet sind.154 Neben der Missbilligung der Verrechtlichung beruht dies auch auf den Defiziten und Barrieren bei der Mobilisierung von Recht. Ist die Bedeutung des Konfliktes für die Beteiligten zu gering oder einer rechtlichen Regelung unzugänglich, bleiben Streitigkeiten ungelöst und belasten als zusätzliches Konfliktpotenzial die Beziehung. Infolge der Aufstauung von ungelösten Problemen droht die Eskalation. Die Klageerhebung erfolgt dann bei einem Anlass, der eine Klage an sich gar nicht erfordern würde. Dies geschieht nur, um dem anderen die eigene Stärke zu beweisen. In solch einer zerrütteten Beziehung entspricht eine gütliche Einigung zu deren Fortsetzung kaum mehr den Zielen der Beteiligten. Diese Konfliktschraube kann jedoch durch Mediation frühzeitig unterbrochen werden. Durch die Lösung bereits kleinerer Probleme wird die Beziehung weniger belastet und das Interesse an einer Fortsetzung bleibt bestehen. Resümee Die emotionale Versöhnung kann nicht verordnet werden.155 Bei dem Willen zur Fortsetzung der Beziehungen kann die mediative Konfliktlösung aber zur erfolgreichen Umsetzung dieses Entschlusses beitragen. Die Durchführung eines Mediationsverfahrens stellt gegenüber dem Gerichtsverfahren einen wesentlich geringen Eingriff in das Beziehungssystem dar. Außerdem kann durch die frühzeitigere Konfliktbehandlung in der Mediation die Konfliktschraube unterbrochen werden, sodass die Beziehung erst gar nicht infrage gestellt wird. 6. Entlastung der Gerichte und des Staatshaushaltes Die Gesetzgeber sind an der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Mediation interessiert, um die Gerichte zu entlasten und die Staatsausgaben für die Justiz zu senken. Die Aussicht auf bedeutende Einsparungen ist jedoch gering. Die Rechtspflege verursacht weniger als 1% der öffentlichen Ausgaben.156 Selbst erhebliche Einsparungen wären für den Gesamthaushalt daher wenig bedeutend.157 Eine Einsparung durch die Einführung von Schlichtungsverfahren setzt voraus, dass Mediationsverfahren Gerichtsprozesse vermeiden, für den Staat kostengünstiBerghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (79). Grunsky in: Deutsche Landesberichte zum X. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung, S. 158 (162). 156 Statistisches Jahrbuch 1999, S. 492; 2000, S. 494. 157 Das Ziel der Einsparung deshalb kritisierend, Strempel, ZRP 1998, 319; Vultejus, ZRP 97, 433. 154 155

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ger sind und die Anzahl der zu behandelnden Streitigkeiten durch die Einführung nicht zunimmt. Vorgeschaltete Schlichtungsverfahren führen regelmäßig zu einer Entlastung der Gerichte. Das Güteverfahren von 1924 führte zu einer Entlastung der Gerichte in erheblichem Umfang. Es wurden 1925 339.072 von 1.811.318 und vier Jahre später 530.961 von 2.412.940 Prozessen in der Güteverhandlung erledigt.158 Damit lag die Entlastung bei 18,7 bzw. 22%. Die Einigungsquote der großen Schlichtung in Frankreich vor dem Friedensrichter schwankte von 1835 bis 1949 erheblich, jedoch konnte stets in mehr als 20% der beantragten Fälle eine Einigung erzielt werden und sogar in mehr als 30%, wenn beide Parteien erschienen.159 Ebenso betrug die Einigungsquote der eingeleiteten Verfahren bei der großen Schlichtung vor dem Appellationsgerichtshof zu Köln von 1822 bis 1855 zwischen 26 und 51%.160 Von dem Center for Public Resources wird eine Einigungsquote von 65 bis 75 % berichtet.161 In einem ähnlichen Bereich liegt die Quote des Harvard Mediation Program mit Einigungen in 62,8 bis 72,4% der Fälle.162 In anderen amerikanischen Einrichtungen wurde in 80 bis 95% der Verhandlungen eine Lösung gefunden.163 Von den insgesamt beantragten Verfahren endeten mit einer Einigung jedoch nur zwischen 28 bei den Neighborhood Justice Centers und 58% bei dem Dorchester Urban Court.164 In den Neighborhood Justice Centers wurden die Streitigkeiten in 16% der Fälle aber bereits vorher erledigt und in weiteren 13% hat der Antragsteller seinen Antrag zurückgezogen. Die häufigsten Gründe für das Scheitern waren die fehlende Beteiligung der Streitparteien in 24 und das Scheitern der Kontaktaufnahme in 18% der Fälle. Diese könnten im Rahmen eines obligatorischen Verfahrens nicht zur Geltung kommen. Allerdings würde auf Grund der geringeren Verhandlungsbereitschaft die Einigungsquote etwas sinken. Außerdem wird nicht jede Einigung eingehalten, sodass später wieder ein Konflikt entsteht, der vor das Gericht getragen wird. Trotzdem wird die Hypothese bestätigt, dass vorgeschaltete Mediationsverfahren die Anzahl der Gerichtseingänge reduzieren.165 Der Arbeitsaufwand ist aber abhängig von der Erledigungsart. Versäumnis-, Anerkenntnis- und Verzichtsurteile sowie Prozessvergleiche bereiten relativ wenig Arbeitsaufwand. Soweit vor allem diese Fälle in SchlichtungsverfahSchuster in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 189 (192). Bösken, S. 45, 81. Allerdings wurde die Schlichtung vielfach umgangen, sodass die Entlastungsquote deutlich geringer war, siehe dazu Bösken, S. 37, 76, 92. 160 Bösken, S. 101 f. 161 Schmidt, BB 1998, Beilage 10, 6 (7). Das Center for Public Resources (CPR) ist eine von Firmen getragene landesweite Organisation, die ein Programm zur Verringerung der Kosten für die Konfliktbewältigung aufgestellt hat und Personen zur außergerichtlichen Konfliktlösung bereitstellt. 162 Krapp, ZRP 1994, 115 (116). 163 Gottwald, S. 144 Tab. 6. 164 Gottwald, S. 144 Tab. 6. 165 Eine Studie der Prognos Aktiengesellschaft ergab ein Filterpotenzial von 34% der Fälle für Deutschland, Leeb, BB 1998 Beilage 10, 3. Ebenfalls von einer Entlastung ausgehend, Vultejus, ZRP 2000, 222 (225). 158 159

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

ren geregelt werden, wird den Richtern dadurch nur verhältnismäßig wenig Arbeit abgenommen.166 Dieser Gesichtspunkt ist auch bei der Frage nach der Entlastung der Obergerichte relevant. Die Quote der Berufungen zu den Eingängen betrug bei den Amtsgerichten 1998 nur ca. 6,1 und bei den Landgerichten 17,2%. Dagegen wird bei 21% der streitigen Urteile der Amtsgerichte und 58,7% der Landgerichtsurteile Berufung eingelegt.167 Da die Gerichte durch die Schlichtungsverfahren überwiegend von Streitigkeiten entlastet werden, die ohnehin nicht mit Urteilen geendet hätten, wird die Entlastung der Rechtsmittelgerichte gering sein. Die durch Schlichtungsverfahren eintretende Entlastung ist außerdem möglicherweise nicht von Dauer. Eine Reduzierung des Fallaufkommens führt zur Verbesserung der Justiz und macht sie attraktiver. Daher werden potenzielle, aber bisher abgehaltene Bürger diese in Anspruch nehmen. Die günstigeren Schlichtungsverfahren ziehen zusätzlich potenzielle Kläger an, die durch das Kostenrisiko des Gerichtsverfahrens abgehalten wurden.168 Hinzu kommt aber die mangelnde Normbestätigung in Schlichtungsverfahren. Diese kann zur Provokation von Konflikten verleiten, um bei den Verhandlungen die eigene Position zu verbessern. Das Fallaufkommen kann daher schnell wieder das ursprüngliche Ausmaß erreichen und sogar übersteigen. Zu finanzieren sind dann die Gerichte und die Schlichtungsverfahren.169 Ein anderer Grund für die Zunahme von Streitigkeiten ist in einer zunehmenden Rechtsunsicherheit zu sehen. Allerdings können die Obergerichte weniger Regeln über die Rechtsprechung und Rechtsfortbildung bestätigen oder erzeugen, wenn sich die Beteiligten bei Rechtsstreitigkeiten mit grundsätzlicher Bedeutung erfolgreich an Mediatoren wenden.170 Präzedenzfälle haben nicht nur Bedeutung für die Streitparteien, sondern auch für Dritte. Grundsatzentscheidungen verringern die Ungewissheit über den Ausgang gleichartiger Konfliktfälle in der Zukunft und erzeugen somit positive externe Effekte. Einerseits dienen diese Urteile als Vorlage zur Lösungsfindung bei Konflikten und andererseits werden sie als kostenlose Vorleistung von den Gerichten genutzt, die ihre Rechtsprechung darauf stützen.171 Ohne die obergerichtlichen Entscheidungen nimmt also die Rechtsunsicherheit zu. Bei einer bekannten gefestigten Rechtsprechung wird außerdem der mutmaßliche Verlierer nicht den Rechtsweg beschreiten. Je größer hingegen die Rechtsunsicherheit ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Prozessen auf Grund differierender Beurteilung der Erfolgsaussichten.172 Gegenwärtig ist auTrotzdem eine erhebliche Entlastung annehmend, Alexander, S. 154. Zu den Zahlen von 1971 – 1981, Schuster in: Gilles / Röhl / Schuster / Strempel, S. 107 (111 f.). 168 Wagner, JZ 1998, 836 (839); Feix, S. 40; so für die Niederlande, von Hoyningen-Huene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 48. 169 Gottwald, S. 234. 170 Fiss, Yale Law Journal (93) 1984, 1073 (1087). 171 Kotzorek, S. 18 f.; Gottwald, BRAK-Mitt 1998, 60 (66). 172 Zur Inkonsistenz der Erfolgserwartungen als Grundlage von Prozessen, Adams, S. 19 ff.; Schäfer, BRAK-Mitt 1996, 2 (3 f., 6). 166 167

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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ßerdem nur ein Bruchteil der obergerichtlichen Entscheidungen von allgemeiner Bedeutung.173 Die Anzahl der Urteile wird vermutlich auch nur geringfügig sinken. Die Auswirkung auf die Rechtssicherheit wird deshalb vermutlich nicht negativ sein. Zusätzlich können Streitigkeiten mit allgemeiner oder juristischer Bedeutung von der Schlichtung ausgenommen werden, um die Rechtsentwicklung nicht zu behindern. Ob Schlichtungsverfahren für den Staat kostengünstiger sind als Gerichtsverfahren hängt auch von der Kostendeckungsquote ab. Die Kostendeckungsquote betrug 1981 bei den Amtsgerichten ungefähr 15 und bei den Landgerichten 20%.174 Auf Grund höherer Gebühren und gestiegener Pensen hat die Kostendeckung zugenommen. Die gesamte ordentliche Gerichtsbarkeit arbeitete 1995 durch die Einnahmen aus Gebühren und Geldstrafen mit einem Deckungsgrad von 64,05%.175 Für die Streitenden ist im Hinblick auf die Vergütung des Mediators ein Schlichtungsverfahren nur bei hohen Streitwerten deutlich kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren. Die erfolgreiche Einführung eines Schlichtungsverfahrens wird daher Subventionen erfordern. Offen bleibt dabei, welche Kostendeckung bei Schlichtungsverfahren erreicht werden kann. Die Untersuchungen amerikanischer Einrichtungen bestätigen die Skepsis hinsichtlich Haushaltseinsparungen, wonach die Schlichtung mehr kostet als kurzfristig an Gerichtskosten gespart werden kann.176 Resümee Dem Gerichtsverfahren vorgeschaltete Mediationsverfahren haben eine Filterwirkung.177 Dadurch werden die Gerichte zwar mit weniger Fällen belastet, jedoch sinkt der Arbeitsaufwand nicht in gleichem Maße. Die langfristige Entwicklung ist kaum vorauszusagen. Mit Einsparungen im Staatshaushalt durch Mediationsverfahren ist aber gerade im Hinblick auf die Kostendeckungsquote im Zivilrecht kurzfristig nicht zu rechnen.178 7. Verbesserung der Streitkultur Weiteres Potenzial der Streitbeilegung durch Mediation wird in der Verbesserung der Gesellschaft, insbesondere der Streitkultur, gesehen. Konflikte enden Greger, JZ 1997, 1081 (1082). Kotzorek, S. 126 ff. 175 Vultejus, ZRP 97, 433 (434). Zur Kostendeckung des Amtsrichters, Eichele, ZRP 1997, 393 (394). 176 Gottwald, S. 184. Zu Kosten von 375 – 500 $ je Fall für die Einrichtungen in Florida, Shetreet in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (119). Zu den Kosten von weiteren Schlichtungsstellen, Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (139). 177 Frommel, ZRP 1983, 31 (34 ff.). 178 Skeptisch auch Wagner, JZ 1998, 836 (840); Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (27). 173 174

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

entweder durch die Erzwingung des gewünschten Verhaltens – also mit dem Sieg einer Partei – oder im weiteren Sinne durch einen Kompromiss. Die Beilegung von Konflikten durch Zwang erfordert die Vernichtung oder Unterwerfung der anderen Streitpartei. Dies erfolgte früher durch Ausübung von Gewalt und forderte viele Opfer, vor allem bei der Einbeziehung weiterer Personen.179 Als Verbesserung galt deshalb bereits die Begrenzung von Konflikten durch den geordneten Zweikampf.180 Die Konfliktbewältigung in Gerichtsverfahren stellte dann einen weiteren erheblichen Fortschritt dar, da zwischen den Streitenden keine Gewalt mehr ausgeübt wurde.181 Die Parteien ringen dann in dem Verfahren um die Anwendung der Gesetze, die für sie günstig sind. Um den Kampfgedanken weiter zurückzudrängen, wurde in Deutschland der Richter zunehmend in den Mittelpunkt gestellt.182 Der unabhängige Richter leitet und entscheidet den Konflikt nicht nach Billigkeit, sondern auf Grund der Gesetze, sodass die Entscheidung zumindest für Juristen einigermaßen vorhersehbar ist.183 Die Ausrichtung des eigenen Handelns an dem Urteil beruht aber zumindest auch auf dem staatlichen Gewaltpotenzial und der Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung. Der Zivilprozess bleibt daher weiterhin ein Akt der gegnerischen Auseinandersetzung. Er stellt eine formalisierte Art des Kampfes dar,184 die noch mit dem geregelten Krieg vergleichbar ist.185 Allerdings verlieren die Parteien durch die Transformation des Streites in einen juristischen Metakonflikt erheblich an Einfluss. Eine erstrebenswerte Konfliktbewältigung wäre in jedem Fall die kooperative Lösung des Konfliktes gemeinsam durch die Parteien ohne Einschaltung von Parteianwälten und neutralen Dritten. Die Streitentscheidung durch einen Dritten beruht letztlich auf der Unfähigkeit der Beteiligten, ihren Konflikt friedlich und befriedigend zu lösen. Die Konfliktlösung der Parteien durch Mediation wird insoweit aber bereits als höhere Stufe gegenüber der autoritären Konfliktlösung durch einen Dritten angesehen, da nur ein neutraler Dritter ohne Entscheidungsgewalt bei der Übernahme von Eigenverantwortung hilft.186 Bei der mediativen Konfliktlösung werden die Beteiligten über verschiedene, für die Konfliktbeilegung relevante Gebiete informiert. Sie erfahren, dass Nachrichten verschiedene Informationen enthalten sowie unterschiedliche Konflikttypen und mehrere Methoden der Konfliktbeilegung existieren. Diese, im konkreten Verfahren erworbenen Kenntnisse können sich auf das zukünftige Konfliktverhalten auswirken. Die Parteien 179 Beispielsweise bei der „Fehde des Sichar“, Kaufmann, JuS 1961, S. 85 ff.; Rüping / Jerouschek, Rdz. 15. 180 Ein solcher ist beispielsweise das Duell. 181 Greger, ZRP 1998, 183. 182 Wassermann, RuP 1998, 74 (75). 183 Stürner in: Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel, S. 147. 184 Strempel, ZRP 1998, 319; Greger, JZ 1997, 1077 (1077 f.); Simmel, Soziologie, S. 305. 185 So trug auch der von Jhering 1872 in Wien gehaltene Abschiedsvortrag den Titel „Der Kampf ums Recht“. 186 Wassermann, RuP 1998, 74 (78).

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sind damit besser in der Lage, Konflikte im Ansatz beizulegen oder jedenfalls eine Eskalation zu vermeiden. Der zunehmenden Gewaltbereitschaft bei der Austragung von sozialen Konflikten würde entgegengewirkt und dadurch das Potenzial für Rechtsstreite verringert.187 Die Bedeutung dieser Kenntnisse für das Sozialverhalten wurde in den USA bereits festgestellt. Dort werden diese Kenntnisse bereits in Schulen versuchsweise vermittelt.188 Diese positiven Lerneffekte und die Bestärkung des Glaubens an die eigenen Fähigkeiten fehlen jedoch, wenn die Einigung auf einer resignativen Zustimmung zu der professionell vorbereiteten Lösung des Mediators beruht.189 Mit Mediation wird auch die Hoffnung auf eine Veränderung der Streitkultur durch die Belebung konfliktbewältigender Sozialbeziehungen verbunden.190 Dazu soll der Effekt ausgenutzt werden, dass sich die autonome Bewältigung von Streitigkeiten stabilisierend auf eine Beziehung auswirkt. Dies geschieht in Gemeinschaften besonders dann, wenn mehrere Personen betroffen sind und der Konflikt mit seinen Ursachen bisher nicht thematisiert wurde.191 Insoweit können Schlichtungsverfahren zur Thematisierung und damit Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen, also die Weiterentwicklung der Gesellschaft fördern.192 Die Institutionalisierung der Vermittlung begegnet in unserer Gesellschaft erheblichen Schwierigkeiten. Dem Erfolg in den Sozialsystemen der Stammesgesellschaften lagen andere Voraussetzungen zugrunde. Die Menschen hatten eine geringere Anzahl an Rollen, die sich jedoch häufig inhaltlich überschnitten. Sie begegneten einander stets wieder und waren auf die Gemeinschaft angewiesen. Das Sozialsystem unserer Gesellschaft ist völlig anders. Die Menschen verfügen über eine Vielzahl an sozialen Kontakten, begegnen sich aber meist nur in einer funktionsspezifischen Rolle. Ohne eine Überlagerung der Rollen kann sich die Konfliktregelung nur innerhalb der einzelnen Systeme entwickeln.193 Die Menschen sind jedoch nicht mehr auf die jeweilige Gruppe angewiesen, da sie meist mit verhältnismäßig geringem Aufwand auf diese Gruppe verzichten und in eine vergleichbare Gruppe wechseln können.194 Die Hoffnung erscheint daher unrealistisch, dass durch Mediationsverfah187 Zum Definitionsprozess von Konflikten, Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (301). 188 Davenport in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 215 ff. Diese schwebte bereits Radbruch 1918 vor, Radbruch, S. 437. 189 Breidenbach, S. 228 f. 190 Neuenhahn, NJW 2004, 663 (665). 191 Coser, S. 45 ff. Zur einerseits festigenden Wirkung und andererseits trennenden Wirkung von Konflikten und ihrer Beendigung, Simmel, Soziologie, S. 331, 378 ff. 192 Bühl in: Bühl, S. 9 (54); Zilleßen, ZKM 2001, 260 (264 f.). 193 Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (297). 194 Felstiner, 9 Law and Society Review (1974), S. 63 (84). Zum Entfallen des Sanktionspotenzials durch die Differenzierung der Gesellschaft, Hegenbart in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 48 (69). Der Wechsel des Sportvereins, der Hausgemeinschaft oder des Arbeitsplatzes verursacht meist keine erheblichen Nachteile.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

ren systemübergreifende konfliktbewältigende Sozialbeziehungen erfolgreich wiederbelebt werden können. Außerdem existieren in der individualisierten Industriegesellschaft nur selten förderungswürdige Gemeinschaftswerte außerhalb der Rechtsordnung.195 Daher besteht auch die Gefahr, dass Gemeinschaften durch die gegenseitige soziale Kontrolle einen Konformitätsdruck auf ihre Mitglieder ausüben und deren Freiheiten nicht billigenswert einschränken. Resümee Eine unmittelbare Verbesserung der Gesellschaft ist bei einer institutionalisierten Mediation nicht zu erwarten. Wenn die Menschen der konsensualen Konfliktbeilegung aber dadurch mehr Aufmerksamkeit widmen, wird das Konfliktverhalten und das Zusammenleben der Menschen positiv beeinflusst werden. II. Gefahren der mediativen Konfliktlösung Mit Lösung auftretender Konflikte durch Mediationsverfahren sind aber auch Risiken und Nachteile verbunden. 1. Das Risiko der Normerosion Das Risiko der Normerosion durch Mediationsverfahren ergibt sich daraus, dass Verhandlungslösungen den Geltungsanspruch von Normen nur teilweise bestätigen und andererseits die Rechtsentwicklung behindern.196 Das Ergebnis von Konflikten hat große Bedeutung für die Rechtsordnung. Verhaltenserwartungen hat der Einzelne an die Umwelt und die Umwelt an den Einzelnen. Diese Erwartungen beeinflussen das menschliche Verhalten. Die Rechtsordnung prägt und standardisiert dabei die Erwartungen mittels der Gesetze.197 Die Bestätigung der Normen ist daher für ihre Geltung und die Stabilisierung der Gesellschaft erforderlich.198 Mediationsverfahren verfolgen die Befriedigung der Interessen, sodass Lösungen auf Grund individueller Besonderheiten oder außerrechtlicher Wert- und Moralvorstellungen vom Gesetz abweichen können. Dadurch entstehen Gefahren für die Rechtsordnung, insbesondere für die Einhaltung von Schutzgesetzen und die Erfüllung von Verträgen.199 Normen könnten zukünftig Breidenbach, S. 244. Allgemein zu den Ursachen der Normerosion, Lucke in: Frommel / Gessner, S. 57 ff.; Goerlich in: Frommel / Gessner, S. 135 ff. 197 Morlok in: Frommel / Gessner, S. 115 (118). 198 Das als zentrales Argument gegen die Lösung von Konflikten durch Schlichtung erörternd, Fiss, 93 Yale Law Journal (1984), 1075 ff. 199 Strecker, DRiZ 1983, 97 (103). Beispielhaft ist dafür die folgende Konfliktlösung, Riskin, University Florida Law Review, Bd. 37 (1985), 19 (26). Der Vermieter verlangte von der 195 196

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bewusst verletzt werden, um in einem entstehenden Konflikt eine abweichende Regelung zu erzielen.200 Verträge würden wahrscheinlich vermehrt bereits in dem Bewusstsein abgeschlossen, sie nicht wie vereinbart zu erfüllen, sondern später einen Zusatznutzen auszuhandeln. Die nicht zu unterschätzende Wirkung des Marktes wird teilweise zur Rufschädigung dieser Personen führen und ihren Ausschluss aus dem Markt zur Folge haben. Möglicherweise übernehmen aber auch andere Firmen diese Praxis.201 Die mangelnde Rechtsdurchsetzung stellt dann die Geltung der Normen infrage.202 Andererseits ist die Normgeltung auch in den USA nicht infrage gestellt, in denen systembedingt fast 90% der Verfahren ohne Urteil enden.203 Die Normerosion wird aber auch bei der Verwirklichung der gesetzlichen Interessenwertung in der Lösung nicht gleichermaßen wie im Urteil verhindert. Der Öffentlichkeitsgrundsatz gilt bei der privatautonomen Konfliktbeilegung nicht. Dadurch ist es insbesondere Unternehmen möglich, dem Konfliktgegner aus Kulanz entgegenzukommen, ohne dass auf Grund des Drucks der Öffentlichkeit oder einer sich bestätigenden Rechtsprechung eine Veränderung ihres Geschäftsverhaltens nötig wird.204 Die normbestätigende Wirkung von veröffentlichten Gerichtsentscheidungen kann durch Vermittlungslösungen nicht erreicht werden.205 Das ist insbesondere bei Streitigkeiten zu beachten, die Schutzgesetze betreffen.206 Bei dem Erfolg der außergerichtlichen Streitbeilegung gelangen auch weniger Fälle vor Gericht, sodass die Systematisierung und Rechtsfortbildung behindert Mieterin, binnen zwei Tagen auszuziehen, weil diese ihre Miete nicht bezahlt hatte. Als Grund führte die Mieterin an, dass keine notwendigen Reparaturen an der Wohnung durchgeführt worden sind. Der Vermieter hielt dagegen, dass er sich die Reparaturen nicht leisten kann. Die Interessen des Vermieters waren die Erzielung einer hohen Rendite. Die Mieterin wollte in einer ordentlichen Wohnung leben. Beide Interessen konnten durch den Auszug der Mieterin in eine neue Wohnung befriedigt werden. Die Parteien einigten sich auf eine Frist von zwei Wochen. Die Mieterin gab dabei aber ihre Rechte aus dem Mietvertrag auf. Insbesondere wurde der in den USA geltende „housing code“, der die Instandhaltung von Mietwohnungen anordnet, vernachlässigt und so zu dessen Erosion beigetragen. Eine Lösung des Konfliktes unter Wahrung der Rechte hätte darin liegen können, dass die Mieterin die Instandhaltung übernimmt und diese Kosten mit der Miete verrechnet werden. Das Interesse des Vermieters an einer maximalen Rendite hätte dem jedoch entgegengestanden. Dieses Beispiel verdeutlicht die Schwierigkeiten, eine interessenorientierte Mediation und die Erleichterung der Rechtsdurchsetzung zu vereinbaren. 200 Stürner, JR 1979, 133 (135); für den Prozessvergleich, Wolf, ZZP Bd. 89 (1976), 260 (265). 201 In der Bauindustrie ist eine solche Entwicklung zu erkennen. Wegen eventuell bestehender Mängel wird häufig ein Teil der Vergütung einbehalten. Nach dem Abschluss wird in Anbetracht der Mängel über die Vergütung erneut verhandelt. Diese Vorgehensweise ist bereits soweit Praxis, dass zur Minderung berechtigende Mängel in die Kalkulation einbezogen werden, d. h. die Werkbesteller gar nicht bereit waren, die geforderte Vergütung zu bezahlen. 202 Münch in: Frommel / Gessner, S. 147 (156). 203 Schurtman / Walter, S. 56; Paulus, ZZP Bd. 104 (1991), 397 (401). 204 Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (13). 205 Prütting, JZ 1985, 261 (271). 206 Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (221 f.).

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werden könnten.207 Die Systematisierung dient zur Herstellung der Rechtseinheit und der Erwartungssicherheit. Dazu sind rechtliche Entscheidungen erforderlich, die gerade nicht von den Schlichtungsstellen getroffen werden sollen. Nur die Weiterentwicklung des Rechts sichert eine befriedigende Regelung des Zusammenlebens.208 Sollten Normen nicht mehr zur Lebenswelt passen, wird ein Normbruch wahrscheinlich, der zur Eskalation oder weiteren Konflikten führt.209 Grundsätzlich könnten Mediationsverfahren – ähnlich den privaten Schiedsgerichtsverfahren – zur Rechtsentwicklung beitragen, indem die beteiligten Verbände die Handelsbräuche kodifizieren und Richtlinien für AGB herausgeben.210 Dies setzt aber einerseits die schwierige Beteiligung von Verbänden bei Mediationsverfahren voraus und ist andererseits auf das Vertragsrecht beschränkt. Verhandlungslösungen können daher nur individuelle Lösungen bieten aber kaum zu einer gesamtgesellschaftlichen Anpassung der Norm führen. Außerdem muss das Ergebnis der Mediation auch nicht mit dem Recht begründet werden, sodass der Grund zur Weiterentwicklung und Rechtsfortbildung fehlt. Das Risiko der Normerosion stellt grundsätzlich nicht das Recht der Parteien infrage, ihre Auseinandersetzung privatautonom zu regeln. Nach der von Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit können die Vertragspartner selbst bestimmen, wie sie ihre gegenläufigen Interessen ausgleichen. Die Verwirklichung der Rechtsordnung wird im Zivilrecht der Privatautonomie im Rahmen der Dispositionsbefugnis untergeordnet. Die Privatautonomie besteht im Rahmen der geltenden Gesetze, die ihrerseits an die Werteordnung der Grundrechte gebunden sind. Wenn die Selbstbestimmung auf Grund der Verhandlungsmacht einer Partei nicht gewährleistet ist, droht jedoch die bewusste und missbilligenswerte Normverletzung einer Partei. Derartige Fehlentwicklungen muss der Staat vermeiden.211 Allerdings darf das Risiko der Normerosion durch Mediation nicht zu hoch bewertet werden.212 Ausreichend erscheint daher, dass bei der Konfliktauswahl213 und der staatlich kontrollierten Verfahrensgestaltung das Risiko der Normerosion bedacht wird.214

207 Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (34); Micklitz, DRiZ 1983, 119. 208 Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (296). 209 Strempel in: Gottwald / Strempel, S. 187 (193 f.). 210 Kotzorek, S. 90 f. Zur Präzedenzwirkung von Schiedssprüchen, Schütze, Festschrift für Glossner, S. 333 ff. 211 BVerfGE 81, 242 (255). 212 Köper, S. 66. 213 Zur geringen Bedeutung wegen der Möglichkeit der Fallauswahl, Schöpflin, JA 2000, 157 (158); Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (34). 214 Labes, DZWiR 1998, 353 (362).

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2. Das Risiko einer ungerechten Lösung Eng mit der Gefahr der Normerosion ist das Risiko ungerechter Lösungen verbunden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man in den Gesetzen gerechte Konfliktlösungen sieht. Dem steht jedoch entgegen, dass die Privatautonomie einen Maßstab für die privatautonome Gestaltung der Rechtsverhältnisse nicht vorsieht.215 Ein rechtliches Urteil über die materiale Richtigkeit wird daher ausgeschlossen.216 Hintergrund dieser Argumentation ist die Vorstellung der Gerechtigkeitsgewähr des Vertrages. a) Gerechtigkeitsgewähr des Vertrages Die vereinbarte Lösung in der Mediation ist ein Vertrag. Bei dem Abschluss von Verträgen lassen sich die Menschen nicht jederzeit von der Idee der Gerechtigkeit leiten. Niemand muss aber eine Verpflichtung eingehen. Jeder schließt deshalb grundsätzlich nur solche Verträge ab, die er auch als vorteilhaft ansieht. Der Vorteil kann dabei in der Abwendung von Nachteilen oder in der Verwirklichung ideeller Ziele gesehen werden. Die Bewertung der Vor- und Nachteile durch die Parteien ist beeinflusst durch den Markt.217 Ein funktionierender Wettbewerbsmarkt wird die Parteien regelmäßig zu einer Einigung in der Nähe des Marktpreises bewegen, der durch alle Angebote und die gesamte Nachfrage bestimmt wird.218 Da regelmäßig niemand mehr Nachteile in Kauf nimmt, als er Vorteile erhält, führt das Erfordernis des beiderseitigen Einverständnisses zu einem hohen Maß an materialer Gerechtigkeit219 und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem gerechten Preis,220 jedenfalls nach dem Modell der Marktwirtschaft.221 Diese Wertung wurde vom Gesetzgeber bestätigt, Flume, § 1 6a. Flume, § 1 6a. 217 Markt meint in diesem Zusammenhang einen ideellen Ort, an dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen. 218 Rosen / Windisch, S. 516 f. 219 Grundlegend, Schmidt-Rimpler, AcP Bd. 147 (1941), 130 (150 ff.); Röhl, Gerechtigkeitstheorie des Aristoteles, S. 27. 220 Werner, S. 189 ff. 221 Ein funktionierender Markt führt zwar auch zu einer effizienten Güterverteilung. Es ist aber nicht gesichert, dass die Güterverteilung den gesamtgesellschaftlichen Nutzen maximiert und von der Gesellschaft als fair empfunden wird, Rosen / Windisch, S. 110. In unserer Gesellschaft wird durch eine Umverteilung von Geldeinkommen versucht eine gerechte Güterverteilung herzustellen, so zum Inhalt des Sozialstaatsprinzips, Werner, S. 183 ff. Dies hat aber auch Auswirkungen auf die Preisgestaltung, auf die der Staat grundsätzlich keinen Einfluss nimmt. Wenn sich die Bewertung der Beiträge und der Vor- und Nachteile unterscheidet, gelangt der Einzelne zu dem Ergebnis, dass der Preis ungerecht ist. Eine Einigung erfolgt dann regelmäßig nicht. Durch Geld wird die allgemeine Vergleichbarkeit ermöglicht und ein Bewertungsstandard geschaffen, Aristoteles, 1133a. 215 216

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wonach gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Zur Ermittlung eines auffälligen Missverhältnisses für § 138 BGB wird auch der Marktpreis als Maßstab herangezogen.222 Ebenso entspricht der Geldausgleich für einen Schaden nach §§ 249 ff. BGB dem Verkehrswert.223 Dieser Mechanismus kann jedoch bei Fehlern in der Willensbildung versagen. Die Beachtlichkeit der fehlerhaften Willenserklärungen ist für alle Verträge im BGB geregelt und soll hier außer Acht gelassen werden. Die Richtigkeitsgewähr ist aber ebenfalls gefährdet, wenn kein funktionierender Markt besteht. Dafür können insbesondere mangelnde Informationen und die Marktbeherrschung durch einen Anbieter ursächlich sein.224 Die Parteien kennen ihre Präferenz am besten. Sie werden deshalb stets nur Verträge eingehen, die nach der eigenen Beurteilung ausgewogen sind. Wenn die Parteien aber nicht oder schlecht informiert sind, können sie die eigene Bewertung der Vor- und Nachteile nicht mit den Einschätzungen der anderen Marktteilnehmer vergleichen. Das Risiko objektiv unausgewogener Verträge ist daher hoch. Wenn eine Partei eine marktbeherrschende Stellung hat, kann diese auch einen unausgewogenen Vertrag erzwingen.225 Falls eine Partei nicht auf die Leistung eines Monopolisten verzichten kann, wird sie abhängig vom Bedarf jeden Preis bezahlen. Nur eine Seite bewertet dann nämlich die Leistungen und wägt die Vor- und Nachteile der Vertragsbindung ab. Der Preis wird mit hoher Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf den Beitrag des Anbieters, also seiner Kosten, übermäßig hoch ausfallen.226 In diesem Fall ist der Vertrag nicht mehr das Produkt des freien, übereinstimmenden, beiderseitigen Willens, sondern das Diktat einer Partei. Wenn in Konfliktsituationen typischerweise solche Umstände vorliegen, gilt die Richtigkeitsgewähr des Vertrages nicht für Vereinbarungen zur Beendigung von Streitigkeiten. In unserer Gesellschaft ist Monopolismus selten und die Transparenz des Marktes hoch. Durch den Einsatz moderner Technik sind Preisinformationen relativ leicht und schnell zu erhalten. Solange die Beteiligten noch ungebunden sind, kann daher von der vertraglichen Richtigkeitsgewähr ausgegangen werden. Im Streitfall verbindet der Konfliktgegenstand aber bereits die Parteien. Der Konflikt ist nur durch diese Personen zu bewältigen. Zwar kann beispielsweise der Besteller im Werkvertrag die von ihm bezeichneten Mängel durch einen anderen beheben lassen, bezahlt jedoch der ursprüngliche Vertragspartner nicht dessen Kosten, bleibt der Konflikt ungelöst. Noch deutlicher wird diese Situation bei Nachbarschaftskonflikten wegen Ruhestörung, die ausschließlich durch die RG, JW 1909, 214 (215); BGH, NJW-RR 1989, 1068; NJW 92, 899 (900). Heinrichs in: Palandt, Vorbem v § 249, Rdz. 53. 224 Zu den Gründen des Marktversagens, die in der Wirtschaft meist zu staatlichen Interventionen führen, vgl. Rosen / Windisch, S. 110 ff., 115 f.; Strahlmann, S. 168 ff.; Werner, S. 191 ff. 225 Röhl,Gerechtigkeitstheorie des Aristoteles, S. 27. 226 Die Erwartung der Proportionalität der Kosten und Belohnung von in Tauschbeziehung stehenden Personen wird als Gesetz der ausgleichenden Gerechtigkeit angesehen, m. w. N. Röhl, Gerechtigkeitstheorie des Aristoteles, S. 16. 222 223

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Verursacher und den Belästigten gelöst werden können. Es steht den Konfliktbetroffenen nur eine Person als denkbarer Vertragspartner gegenüber, vergleichbar der Situation eines Monopols.227 Wenngleich dies für beide Parteien gilt, ist die Richtigkeitsgewähr des Vertrages bei konsensualen Konfliktlösungen nicht vorauszusetzen. b) Gerechtigkeitsmaßstab in der Mediation Als Maßstab für die Gerechtigkeit der Konfliktlösungen bietet sich zunächst die Verwirklichung des positiven Rechts an. Der Gesetzgeber zielt bei Erlass von Gesetzen auf die Regelung bestimmter Fallreihen. Dabei sollen die Interessen der Beteiligten angemessen ausgeglichen werden. Soweit dies dem Gesetzgeber unter Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Verhältnisse gelingt, ist von gerechten Gesetzen auszugehen.228 Die Gesetze verarbeiten die Wirklichkeit aber stets nur in einer reduzierten Form und bieten nur eine beschränkte Anzahl von Rechtsfolgen.229 Teilweise sind zur gerechten Lösung Rechtsnormen unterschiedlich interpretierbar und bieten einen Entscheidungsspielraum. Dadurch ist eine exakte Vorhersage der Gesetzeslösung nicht möglich. Diese mangelnde Vorhersehbarkeit wird durch unklare Beweislagen noch verstärkt. Außerdem werden in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Gesetze regelmäßig nur Tatsachen der Vergangenheit verwertet. In Mediationsverfahren gefundene Konfliktlösungen sollen dagegen zukunftsbezogen sein. Diese unterschiedliche Zeitperspektive hat Auswirkungen auf die Lösung und die Gerechtigkeitsbeurteilung. Wenn der Einzelfall daher von dem typisierten Durchschnittsfall abweicht, sind die gesetzlichen Wertungen auch nur noch bedingt übertragbar.230 Die konsensuale Lösung wird somit regelmäßig von der Gesetzeslösung abweichen. Die mutmaßliche Entscheidung des Richters nach der Gesetzeslage kann daher nicht allein als Maßstab für die Gerechtigkeit der Lösung herangezogen werden.231 Die Gerechtigkeit der Verhandlungslösung ist vielmehr ergänzend zum Recht am Beitragsprinzip, dem Gleichheitsprinzip und dem Bedürfnisprinzip zu messen.232 Demnach müssen unter Einbeziehung des Konfliktgegenstandes und der Rechtslage die Beiträge proportional zu den LeisVgl. dazu von Jhering, Der Zweck im Recht I, S. 410 (526). Dazu Sauer, S. 83, 96, 105. 229 Kaufmann, S. 34; Sauer, S. 105. 230 Mähler / Mähler, FPR 1996, 16 (17 f.); dies. NJW 1997, 1262 (1265); Schöpflin, JA 2000, 157 (158). 231 Mähler / Mähler, FPR 1997, 258 (259). 232 Nach dem Beitragsprinzip ist ein Austauschverhältnis gerecht, wenn die Aufwendungen der Beteiligten ihren Belohnungen entsprechen. Das Gleichheitsprinzip fordert für eine gerechte Austauschbeziehung, dass jeder der relevanten Gruppe eine gleiche Menge erhält. Nach dem Bedürfnisprinzip ist die Beziehung gerecht, wenn jeder Beteiligte eine, seinem Bedarf entsprechende Menge erhält, Röhl, Gerechtigkeitstheorie des Aristoteles, S. 21 f. 227 228

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

tungen sein aber auch dem Bedürfnis entsprechen.233 Eine nach diesen Gesichtspunkten zu rechtfertigende Konfliktlösung ist gerecht. Da die Parteien jedoch privatautonom die Beiträge und Bedürfnisse beurteilen, kommt eine Ergebnisverantwortlichkeit des Mediators bei einer Abweichung von der Rechtslage nicht in Betracht.234 c) Verhandlungsmacht als Gefahr eines gerechten Ergebnisses Die Konfliktparteien bedürfen zur Durchsetzung ihrer Interessen auch im Mediationsverfahren Macht – nämlich Verhandlungsmacht. Aus deren Verteilung ergibt sich auch bei Mediation ein Risiko für die Ausgewogenheit der Konfliktlösung. Die Verhandlungsmacht ergibt sich aus der besten Alternative zu der erzielbaren Lösung. Je besser die Alternative ist, desto höhere Anforderungen können an eine Einigungslösung gestellt werden. Da die Parteien im Konflikt vielfach nicht ausweichen können, sind die Alternativen grundsätzlich beschränkt. Die Parteien haben deshalb meist nur die Wahl, auf die eigenen Interessen gegenüber dem anderen Beteiligten zu verzichten oder ihre Forderung auf dem Rechtsweg durchzusetzen, soweit sie nicht über weitere, meist sozial inadäquate, Druckmittel verfügen. Die Rechtslage kann demnach die Verhandlungsmacht maßgeblich beeinflussen.235 Die Behauptung von Stärke – also eines Rechtsanspruches – ist dabei die wirksamste Möglichkeit, die Interessen durchzusetzen.236 Ein Gerichtsverfahren als Ausübung der Macht wäre nicht erforderlich, wenn die aufgestellte Machtbehauptung von den Konfliktparteien nachgeprüft werden könnte und die antagonistischen Interessen deshalb von den Parteien entsprechend dem Machtverhältnis ausgeglichen würden.237 Die Bezeichnung des Konfliktes und die Thematisierung von Recht sind bereits ein Ausdruck von Stärke. Wenn den Parteien dieses Mindestmaß fehlt, werden sie erst gar nicht versuchen, ihre Interessen durchzusetzen, sondern den Konflikt meiden. Die Chancen der Rechtsdurchsetzung und die Möglichkeiten, den eigenen Interessen Nachdruck zu verleihen, sind jedoch unterschiedlich verteilt. Vielfachprozessierer haben weniger Hemmungen und mehr Erfahrung mit der Rechtsdurchsetzung. Gleichzeitig verteilt sich bei ihnen das Prozessrisiko. Sie können daher eine Strategie entwickeln, ob sie nur Streitigkeiten mit hohen Erfolgsaussichten oder aber auch bewusst risikoreiche Streitigkeiten führen wollen und die Rechtsverfolgungskosten in ihre Kalkulation einbeziehen. Eine Partei ohne diese Erfahrungen verfügt dann stets über weniger Verhandlungsmacht.238 Also führt 233 Diese Prinzipien können in verschiedenen Situationen mehr oder weniger Bedeutung haben, vgl. Bierbrauer in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 317 (319 f.). 234 Ähnlich Köper, S. 95. 235 Hager, JZ 1998, 1158 (1161); Köper, S. 84 f. 236 Coser, S. 161; Köper, S. 57 ff., 69. 237 Coser, S. 163.

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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auch das Recht nicht stets zu einer gerechten Verteilung der Verhandlungsmacht. Es kommt somit zu Konflikten zwischen Personen mit sehr unterschiedlichen Chancen, eine ausgewogene Verhandlungslösung zu erzielen. Die stärkere Partei kann im Bewusstsein ihrer Überlegenheit das Verhandlungsergebnis diktieren. Die schwächere Partei wird deshalb meist ein übermäßiges Opfer bringen, sodass eine Ausgewogenheit der Konfliktlösung nicht gewährleistet ist. Aus diesem Grund werden Verhandlungslösungen in Konflikten mit erheblichem Machtungleichgewicht abgelehnt.239 Die Gefahren für ein gerechtes Ergebnis könnten sogar die Grundlage für verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Institutionalisierung von Mediationsverfahren sein. Mediation beruht auf der Privatautonomie, welche die Selbstbestimmung der Parteien voraussetzt. Wenn eine Partei die Konfliktlösung infolge einer überlegenen Machtposition einseitig bestimmen kann, ist ein sachgerechter Interessenausgleich auf Grund der Privatautonomie nicht gewährleistet.240 Soweit in solchen Fällen grundrechtlich geschützte Positionen betroffen sind, besteht die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates durch Behörden oder Regelungen ausgleichend einzugreifen und die Privatautonomie zu sichern.241 Gegen diese Pflicht verstieße der Gesetzgeber, wenn er ein Verfahren institutionalisiert, in dem sich diese Machtunterschiede ungehemmt auswirken.242 d) Der Mediator als Förderer einer ausgewogenen Lösung Allerdings ist nicht die Machtposition, sondern der Umgang mit der Macht das Problem.243 Das Mediationsverfahren ist als Machtspiel anzusehen. Die Ausnutzung bestehender Macht wird erst in der Interaktion mit den anderen Beteiligten möglich, wobei den Bezugspersonen und dem Umfeld eine entscheidende Rolle zukommt. Die strukturellen Machtunterschiede können sich nur auswirken, wenn die Beteiligten eine entsprechende Rolle annehmen.244 Aufgabe des Mediators ist es, dieses Machtspiel zu regeln und den Machtmissbrauch zu vermeiden.245 238 Dies gilt insbesondere für Verbraucherstreitigkeiten, also Konflikten zwischen Firmen (repeat-players) und Privatpersonen (one-shooters). 239 Breidenbach, S. 233. 240 Schuhmacher, ZKM 2001, 19 (20). 241 BVerfGE 81, 242 (255). 242 Köper, S. 100 weist zurecht darauf hin, dass ein Ausschluss dieser Fälle aber nicht empfehlenswert ist, soweit das Machtungleichgewicht durch die Einbeziehung von Recht in die Mediation ausgeglichen werden kann. 243 Duss-von Werdt, ZKM 2000, 4 (6). 244 „Der Knecht braucht den Herrn, um Knecht zu sein und umgekehrt“, Duss-von Werdt, ZKM 2000, 4 (5). 245 Spangenberg / Spangenberg, ZKM 2000, 66 (67, 69); Gottwald, S. 215 f.

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Der Mediator bezieht die dazu erforderliche Macht aus seiner Neutralität, seinem Sachverstand und aus der Rolle, die ihm die Parteien zuweisen, indem sie ihm die Schlichtung des Streitfalles übertragen.246 Er kann dabei sein Prestige erhöhen und sich besser als die Streitparteien erweisen, die sich in einen Konflikt verstricken und ihn selbst nicht lösen können. Dabei ist der Dritte bestrebt, diese Sonderrolle mit Macht und Autorität zu erhalten.247 Dazu darf er sich aber nicht mit einer Partei verbünden. Der unabhängige Mediator wird daher im eigenen Interesse keine einseitige Beurteilung der Beiträge und Bedürfnisse vornehmen und sich auch nicht einseitigen Gerechtigkeitsvorstellungen anschließen. Er entzieht das Verfahren der Beliebigkeit, indem er Verhaltensregeln für einen gleichberechtigten Austausch von Informationen und Argumenten zwischen den Beteiligten aufstellt, damit sie aus anerkannten Positionen heraus miteinander verhandeln und sich Stärken und Schwächen zugestehen.248 Die Parteien müssen sich gegenüber dem Mediator nicht profilieren und möchten nicht stur, uneinsichtig oder gewinnsüchtig erscheinen. Außerrechtliche Machtquellen werden somit zurückgedrängt. Der Machtmissbrauch zum Diktat einer Einigung gegenüber der schwächeren Partei wird somit erschwert.249 Weiter fällt es dem Mediator durch seine fehlende Entscheidungsmacht leicht, eine etwaige Blockade bei den Parteien aufzuweichen, da ansonsten der Konflikt nicht beendet wird.250 Die Beteiligung eines unabhängigen Dritten steigert daher bereits oft die Verhandlungsbereitschaft.251 In dieser Situation kann der Mediator Kriterien für einen ausgewogenen Vertrag in die Verhandlungen einbringen. Die Gleichbehandlung kann der Mediator durch die Thematisierung der gesetzlichen Wertungen für den Durchschnittsfall fördern. Außerdem kann er bei Marktgütern den Marktpreis oder ähnlich anerkannte, neutrale Bewertungskriterien heranziehen. Eine Schutzgrenze der vertraglichen Vereinbarungen bilden außerdem die zwingenden Gesetze und die guten Sitten nach §§ 134, 138 BGB. Zusätzlich sind die individuellen Schwerpunkte bei den Gerechtigkeitsprinzipien zu erforschen. Der Mediator erhält besonders in Einzelgesprächen vertrauliche Informationen. Dadurch kann er die individuellen Kosten des eigenen Beitrages sowie den Nutzen des anderen Beitrages besser einschätzen und für deren Berücksichtigung sorgen. Gleiches gilt für die Einbeziehung der Bedürfnisse in die Abwägung der Verpflichtungen. Aubert, Journal of Conflict Resolution 7 (1963), 26 (29 ff.). Aubert, Journal of Conflict Resolution 7 (1963), 26 (29 ff.). 248 Duss-von Werdt, ZKM 2000, 4 (5, 6). 249 Hegenbart in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 257 (261). 250 Duss-von Werdt, ZKM 2000, 4 (6). 251 Zur Steigerung der Verhandlungsbereitschaft durch die Beteiligung Dritter ausführlich, Bierbrauer / Falke / Koch in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 141 (153 ff.); dazu auch Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (23). Möglicherweise täuschen die Parteien dieses Bemühen nur vor. Der Mediator muss dieses aufdecken und die Parteien zur Ehrlichkeit ermahnen oder das Verfahren abbrechen. 246 247

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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Ein Vermittler wird eine Einigung aber nur zustande bringen, wenn sich nach dem Glauben jeder Partei das Verhältnis der Argumente in der Einigung widerspiegelt, also die reale Sachlage die Einigungslösung rechtfertigt.252 Im Konfliktfall wird oft mehr Macht behauptet, als vorhanden ist. Die Parteien können weder die eigene, noch die Verhandlungsmacht des Gegners real einschätzen, weshalb die Parteien ihre Macht ausüben müssten. Vor einem neutralen Dritten ohne Entscheidungsmacht sind die Parteien aber gerade in Einzelgesprächen eher bereit, ihre Macht real darzustellen. So kann der Mediator die Stärke der Parteien einschätzen und dadurch auf einen Ausgleich zur Konfliktbeendigung hinwirken, ohne dass Macht ausgeübt oder missbraucht wird. Wenn aber der Missbrauch außerrechtlicher Macht nicht verhindert werden kann, ist Mediation zur Konfliktlösung grundsätzlich ungeeignet.253 Resümee Mediationsverfahren zwischen gleichstarken Parteien sind einfacher zu führen, und die Wahrscheinlichkeit eines sowohl für die Parteien, als auch für die Gesellschaft befriedigenden Ergebnisses ist höher.254 Der Mediator trägt deshalb bei erheblichen Machtdifferenzen mehr Verantwortung für eine gemeinverträgliche Lösung, die schwerer zu erzielen ist. Die Verhandlungsführung durch den Mediator und die Normorientierung vermindern Auswirkungen von strukturellen Machtunterschieden. Wenn deshalb bei einer verantwortungsvollen Verfahrensführung des Mediators die Parteien eine Lösung vereinbaren, mit der sie zufrieden sind, kann diese kaum als ungerecht erachtet werden. Da außerdem gerichtliche Fehlurteile nicht ausgeschlossen sind, sollte das Risiko ungerechter Verhandlungslösungen nicht überbewertet werden. Um dieses Risiko zu begrenzen, sollte der Gesetzgeber jedoch Verfahrensstandards normieren und damit für eine verantwortungsvolle Verfahrensleitung durch den Mediator sorgen. 3. Mangelnde Erfolgsgarantie Der Erfolg eines Mediationsverfahrens ist die endgültige Bewältigung des Konfliktes. Dazu zählt nicht nur die Einigung im Verfahren, sondern auch die Erfüllung dieser Einigung. Es ist jedoch nicht gesichert, dass die Beteiligten eine Lösung finden und diese später auch eingehalten wird. Scheitert das Mediationsverfahren oder die Vereinbarung, haben die Beteiligten Zeit verloren und unnötige Mehrkosten aufgewendet. Der Weg der Konfliktbeendigung ist damit zeitlich verlängert und auch verteuert worden.255 Simmel, Soziologie, S. 126. Schuhmacher, ZKM 2001, 19 (20); Spangenberg / Spangenberg, ZKM 2000, 66 (67); Mähler / Mähler, NJW 1997, 1162 (1264). 254 Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (55). 255 Casper / Risse, ZIP 2000, 437 (440); Weigand, BB 1996, 2106 (2108); Feix, S. 120. 252 253

6 Schreiber

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

Eine wesentliche Gefahr liegt in dem Vorurteil, Vermittlungsverfahren seien zweitklassig, das wie eine, sich selbsterfüllende Prophezeiung wirkt. Das Vorurteil entsteht, wenn nur Streitigkeiten mit geringen Streitwerten einem obligatorischen Vorverfahren unterworfen werden. Die Streitenden fühlen sich dann im Schlichtungsverfahren minderwertig und nicht anerkannt. Also wollen sie ihren Streit vor Gericht bringen und sind daher nicht zu einer Verhandlungslösung bereit. Zusätzlich werden in den Verfahren dann möglicherweise weder die Interessen noch die Rechte berücksichtigt und verwirklicht. Es wird statt dessen Einigungsdruck ausgeübt, um einen Erfolg aufweisen zu können.256 Dies führt zu einer kompletten Ablehnung, sodass die Einigungsquote weiter sinkt. Die finanziellen und psychischen Belastungen der Auseinandersetzung werden folglich durch ein Vorverfahren insgesamt erhöht. Dieses behindert dann den Zugang zum Recht.257 Einem neuen Schlichtungsverfahren droht dann das gleiche Schicksal wie dem obligatorischen Schlichtungsverfahren von 1924. Allerdings ist bei verschiedenen amerikanischen Einrichtungen zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung die Einigungsquote mit 80 bis 95% sehr hoch, wenn die Beteiligten verhandlungsbereit waren.258 Von den insgesamt beantragten Verfahren wurden aber nur zwischen 28 bei den Neighborhood Justice Centers und 58% bei dem Dorchester Urban Court mit einer Einigung beendet.259 Von dem Center for Public Resources wird eine Einigungsquote von 65 bis 75% berichtet.260 In einem ähnlichen Bereich liegt die Quote des Harvard Mediation Program mit Einigungen bei 62,8 bis 72,4 %.261 Diese Quoten sowie die Erfahrungen mit dem deutschen Schlichtungsverfahren von 1924 zeigen, dass in einem erheblichen Teil der Fälle vorgeschaltete Schlichtungsverfahren keine Lösung bringen. Obwohl keine Einigung erzielt wurde, sehen in Amerika die meisten Beteiligten ein vorgerichtliches Verfahren nicht als Zeitverschwendung an.262 Der entscheidende Grund für diese Einschätzung liegt vermutlich in der Struktur des angloamerikanischen Zivilprozesses. In den USA obliegt in der Discovery allein den Parteien ohne Mitwirkung des Gerichts die Sachverhaltsermittlung. In dieser, oft sehr langwierigen Phase vergleichen sich 90% der Beteiligten.263 In dem Vorverfahren wird durch die Beteiligten ebenfalls der Sachverhalt erörtert. Soweit keine Konfliktbeendigung erreicht wurde, war die Sachverhaltsaufarbeitung für die Discovery fördernd und bildete die Grundlage weiterer Vergleichsverhandlungen.264 In 256 Ein Beispiel dazu zeigt Breidenbach, S. 161 ff. Zu den Formen und Wirkungen richterlichen Vergleichsdrucks, Egli, S. 70 ff. 257 Nader in: Nader, S. 3 (16); Abel in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 27 (31). 258 Gottwald, S. 144 Tab. 6. 259 Gottwald, S. 144 Tab. 6. 260 Schmidt, BB 1998 Beilage 10, 6 (7). 261 Krapp, ZRP 1994, 115 (116). 262 Krapp, ZRP 1994, 115 (117); Duve, S. 106. 263 Schurtman / Walter, S. 56; Paulus, ZZP Bd. 104 (1991), 397 (401). 264 Duve, S. 106.

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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Deutschland ist der Zivilprozess auf das Urteil ausgerichtet. Das wird durch die durchschnittlich geringe Vergleichsquote in der Eingangsinstanz von 9 % am Amtsgericht und 17% am Landesgericht und in der Rechtsmittelinstanz von knapp 13% am Landesgericht und 18 % am Oberlandesgericht in den Jahren von 1995 bis 1998 belegt.265 Bezieht man die Erledigung durch die Zurücknahme der Klage ein, erhöht sich der Anteil der Verfahrensbeendigung auf Grund einer Parteientscheidung auf ca. 25% am Amtsgericht und 28 bis 30 % am Landesgericht in der Eingangsinstanz und auf 38 bis 39% am Landesgericht und 46 bis 47% am Oberlandesgericht im Rechtsmittelverfahren.266 Die höheren Quoten in der Rechtsmittelinstanz zeigen zwar, dass die Verhandlungen nach einem Urteil noch fortgeführt werden, doch können sie nicht über das Ziel eines Urteils hinwegtäuschen.267 Im deutschen Zivilprozess wird bis zur Revision der Sachverhalt vor Gericht jeweils vollständig aufgearbeitet. Eine Zeit- und Kostenersparnis ergibt sich aus dem Schlichtungsverfahren daher in Deutschland grundsätzlich nicht. Schlichtungsverfahren werden somit in Deutschland nach ihrem Scheitern voraussichtlich nicht vorteilhaft bewertet. Allerdings ergibt sich aus der Psychologie auch ein Erklärungsansatz, der auf Deutschland übertragbar ist. Die Parteien trafen freiwillig die Entscheidung, ein solches Verfahren durchzuführen. Ist das Verfahren ergebnislos verlaufen, war die getroffene Entscheidung falsch. In dieser Situation ist es nach dem Prinzip der kognitiven Dissonanz relativ wahrscheinlich, dass eine Rechtfertigungsstrategie entwickelt wird, um die Dissonanz abzubauen, also die Entscheidung und damit das Verfahren zu verteidigen. Dieser positive Effekt würde bei einem obligatorischen Schlichtungsverfahren aber nicht entstehen. Weiterhin stellt die Nichterfüllung der Konfliktlösung ein Risiko dar. Die Einigung ist für die Konfliktbeilegung allein nicht ausreichend. Zwar können diese Verpflichtungen wiederum eingeklagt werden, doch ist dann die Auseinandersetzung nur verlängert worden. Diesen Nachteil geben auch die Befragten in den Evaluationen häufig an.268 Die Bedeutung dieses Risikos wird aber durch die meist guten Befolgungsquoten vermindert. 87,5% der Parteien, denen eine Barzahlung im Rahmen des Harvard Mediation Program zugesagt worden war, erhielten diese auch.269 Die Befolgungsquoten der Neighborhood Justice Centers und dem Dorchester Urban Court sind mit fast 70% nicht so hoch, aber trotzdem zufrieden stellend.270 Dennoch ist auch die mangelnde Vollstreckungsfähigkeit als Hindernis für den Erfolg der Streitbeilegung zu berücksichtigen. Statistisches Jahrbuch 1999, S. 350; 2000, S. 346. Statistisches Jahrbuch 1999, S. 350; 2000, S. 346. 267 Als Grund für die höhere Vergleichsquote kann das befriedigte Gebühreninteresse der Anwälte nicht ausgeschlossen werden. 268 Gottwald, S. 155 f. 269 Krapp, ZRP 1994, 115 (116). 270 Die Einschätzung der eigenen Befolgung liegt mit 82 % der Beteiligten bei den Neighborhood Justice Centers und 93 % beim Dorchester Urban Court noch höher, Gottwald, 265 266

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1. Teil: Bedürfnis konsensueller Konfliktlösungsmechanismen

4. Sonstige Nachteile Diese verfahrensbedingten Nachteile sind aber nicht die einzigen mit Schlichtungsverfahren verbundenen Gefahren. Die auf der Klageerhebung beruhende Rechtshängigkeit hat auch materiell-rechtliche Auswirkungen.271 Die Einleitung eines Vermittlungsverfahrens führt jedoch nicht zur Rechtshängigkeit. Trotz der Schuldrechtsreform resultieren daraus immer noch Nachteile. Das frühere Verjährungsproblem besteht jetzt durch die Hemmung nach §§ 203, 204 I Nr. 4 BGB nicht mehr.272 Allerdings ist die Lösung für materielle Ausschlussfristen fraglich und die Haftungsverschärfung der §§ 818 IV, 987 ff. BGB tritt ebenfalls nicht ein. Die Ansprüche auf Prozesszinsen nach § 291 BGB und Unterhalt für die Vergangenheit nach § 1613 BGB sind ebenfalls von der Klageerhebung abhängig.273 Ein wesentlicher Nachteil besteht in der Unsicherheit, ob und unter welchen Voraussetzungen sowie in welchem Umfang Prozesskostenhilfe oder Beratungshilfe für außergerichtliche Verfahren gewährt wird.274 Daran hat im Hinblick auf ihren engen Wirkungskreis die RiLi 2002 / 8 / EG vom 27. 1. 2003 mit der entsprechenden Umsetzung durch das EG-Prozesskostenhilfegesetz nichts geändert.275 Ein weiteres Risiko bei einem Streit um einen versicherten Schaden ist der Nachteil, dass nicht bindend aufgeklärt wurde, ob der Schädiger ersatzpflichtig ist. Es kann daher passieren, dass die Versicherung die Deckung für den Vergleich versagt.276 Dieses Risiko ist bisher nur durch die Beteiligung der Versicherung zu vermeiden. Im Übrigen ist in diesen Fällen die Einigung unter der Bedingung der Anerkennung durch die Versicherung zu schließen, wodurch das Risiko für den Einzelnen vermieden werden kann. Diese Risiken sind nicht unmittelbar mit dem Verfahrensablauf verbunden und bei der Kodifizierung eines Schlichtungsverfahrens durch den Gesetzgeber leicht zu vermeiden. S. 163 f. Maßgebend ist aber die Einschätzung durch die andere Partei, da der Konflikt nur beendet ist, wenn die Parteien ihre Erwartungen als erfüllt ansehen. 271 Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (31 ff.). Weitergehend für das BGB und HGB, Greger in: Zöller, § 262 Rdz. 2. 272 Siehe 3. Teil B. XX. m. w. N. Auf dieses Risiko des alten Rechts hinweisend: Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (31); Stadler, NJW 1998, 2479 (2484). Auf diesen Nachteil weist auch der Saarländische Landtag hin, Lt-Drucks. 12 / 246, S. 32. Zu den Lösungsansätzen, BGH, NJW 1998, 2274 (2276); VersR 1960, 515 (518); BGHZ 9, 1 (6); OLG Düsseldorf, NJW 2001, 2265; Peters in: Staudinger, § 222, Rdz. 20 ff.; Grothe in: MünchKomm, § 225 Rdz. 3; Werner in: Erman(10), § 242 Rdz. 156; Preibisch, S. 216 ff.; Püschel, S. 43 ff.; Peters, NJW 1982, 1857 (1858); Fricke, VersR 2000, 1194 (1198 f.); Wagner, NJW 2001, 182 (186 f.). 273 Allerdings genügt in beiden Fällen auch eine, den Verzug begründende Mahnung, sodass diese Nachteile eines Schlichtungsverfahrens vermieden werden können. 274 Siehe zur Kostenhilfe für Parteianwälte 3. Teil B. XI. 3. und zur Kostenhilfe betreffend die Schlichtungsgebühren 3. Teil B. XXI. 2. 275 Diese regelt nur die Gewährung angemessener Prozess- und Beratungshilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. 276 Kraft, VersR 2000, 935 (940).

C. Potenziale und Risiken von Mediationsverfahren

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Teilergebnis Schlichtungsverfahren bieten große Chancen zur Verbesserung der Konfliktbeilegung. Dabei können die am häufigsten verfolgten Ziele zusammengefasst werden als die schnelle und effiziente Beilegung des konkreten Konfliktes (Service-Delivery-Projekt), den Abbau von Barrieren und Defiziten bei der Mobilisierung von Recht (Access-To-Justice-Projekt), die Förderung der autonomen Konfliktlösung (Individual-Autonomy-Projekt), die Versöhnung der Parteien (Reconciliation-Projekt) und die Veränderung der Gesellschaft (Social-Transformation-Projekt).277 Dem stehen jedoch auch erhebliche Risiken entgegen. Eine Abwägung der Vorund Nachteile ist dabei pauschal nicht möglich, da sie maßgeblich von der Verfahrensgestaltung, insbesondere der Schlichtungsperson, abhängen. Dem propagierten Ausspruch „Schlichten ist besser als Richten“ kann daher in seiner Allgemeinheit nicht zugestimmt werden.278

277 Diese Differenzierung der Ziele von Mediationsverfahren erfolgt nach Breidenbach, S. 119 ff. 278 Stürner, JR 1979, 133 f.; zu unkritisch Schubert, NJ 1997, 337 (338).

2. Teil

Grundsätze der Verfahrensgestaltung Das Streben nach eigenverantwortlicher Konfliktbeilegung ist in Deutschland noch nicht ausgeprägt, wie die geringe Inanspruchnahme des Angebotes zur außergerichtlichen Streitbeilegung zeigt.1 Wenn mit der Institutionalisierung der Schlichtung erfolgreich einen Anstoß zur Selbstregulierung gegeben werden soll,2 muss ein Verfahren die Vorteile hervorheben und die Nachteile mindern. Im Folgenden werden deshalb die allgemeinen Prinzipien als Basis eines Verfahrensentwurfs erörtert.

A. Privatautonomie Die konsensuale Streitbeilegung basiert auf der Privatautonomie. Eigenverantwortliche Entscheidungen setzen voraus, dass weder eine Partei noch der Mediator eine Lösung bestimmen können und jede Partei die Konsequenzen ihrer Entscheidung kennt. Demnach ist mit der privatautonomen Konfliktlösung ein verbindlicher Einigungsvorschlag nicht vereinbar. Das Prinzip der privatautonomen Lösung verbietet die Ausübung von Vergleichsdruck durch den Schlichter. Daher dürfen etwaige Kosten nicht überbetont und die Verhandlungen nicht durch eine verfremdete Fallanalyse, Urteilsdrohung, Appelle oder psychologische Tricks geprägt werden.3 Der Wille zur Einigung muss frei gebildet worden sein. Daran mangelt es, wenn eine Partei ein starkes Übergewicht hat und dieses ausnutzt.4 Dieser Machtunterschied kann auf unterschiedlichen Chancen der Rechtsdurchsetzung beruhen. Wenn grundrechtlich geschützte Positionen in dem Konflikt betroffen sind, besteht die verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, durch Behörden oder Regelungen ausgleichend einzugreifen und die Privatautonomie zu sichern.5 Dadurch wird auch dem Anspruch Rechnung getragen, dass das Verfahren eine Lösung garantiert, die den sozialstaatlichen Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht.6 Macht1 Zum Angebot der außergerichtlichen Streitbeilegung, Preibisch, S. 51; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, S. 14 ff., 38 ff.; Prütting, JZ 1985, 261 (263 ff.). 2 Zur Selbstregulierung, Teubner in: Kübler, S. 289 (334). 3 Zu den Formen des Vergleichsdrucks im Gericht, Egli, S. 70 ff. 4 Zur Ausnutzung privater Macht, Werner, S. 200 ff. 5 BVerfGE 81, 242 (255). 6 Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190 (193).

B. Zufriedenheit der Beteiligten

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unterschiede können nicht völlig beseitigt werden, jedoch dürfen sie sich nicht uneingeschränkt auswirken. Aus diesem Grund kann und muss der Mediator die Parteien über grundlegende Gesichtspunkte der Verhandlungstechnik sowie der Rechtslage informieren. Die Autonomie als Legitimationsgrundlage der Vereinbarung gegenüber der Gesellschaft setzt die Informiertheit der Beteiligten voraus.7 Die Aufklärung und Beratung durch den Mediator zur Herstellung der Autonomie kollidiert aber mit dem Prinzip der Neutralität. In diesem Bereich besteht daher Regelungsbedarf in einem Verfahren.

B. Zufriedenheit der Beteiligten Die Zufriedenheit der Beteiligten ist ein subjektives Werturteil. Dieses wird beeinflusst von den manipulierbaren Erwartungen der Beteiligten hinsichtlich des Ergebnisses und des Verfahrens. Daraus ergeben sich erhebliche Bedenken gegen die Zufriedenheit als Qualitätsstandard.8 Diese sind zwar berechtigt, jedoch werden außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren nur erfolgreich sein und auch einen Wandel in der Streitkultur hin zur konsensualen Konfliktlösung bewirken, wenn die Parteien mit den Verfahren zufrieden sind. Außerdem lässt sich nur mit zufriedenen Parteien das Vorurteil der Zweiklassenjustiz vermeiden oder abbauen. Die maßgeblichen Faktoren für die Zufriedenheit sind der Inhalt der Konfliktlösung und das Verfahren.

I. Zufriedenheit mit dem Ergebnis Die Zufriedenheit mit dem Ergebnis ergibt sich grundsätzlich aus einer positiven Kosten-Nutzen-Relation. Diese ist aber stets von den Erwartungen abhängig, auf die im Verfahren Einfluss genommen werden kann. Im Mittelpunkt des Gerichtsverfahrens steht nicht die Suche nach einer Lösung, mit der beide Parteien zufrieden sind, sondern die Durchsetzung des Rechts und somit der berechtigten Interessen. Zur Entscheidungsfindung werden im Gerichtsverfahren Rechtsnormen angewendet, ohne dass es auf deren Eignung zur Stiftung von Rechtsfrieden im konkreten Fall9 oder die Zustimmung der Rechtsunterworfenen ankommt.10 Ziel des Gerichtsprozesses als Verfahren ist die Übernahme der Entscheidung als Prämisse für weitere Handlungen, also rechtskonformes Verhalten. Der Grund für die Einstellungsänderung muss aber nicht die Einsicht in die Richtigkeit der Entscheidung sein. Vielmehr genügt es, dass auf Grund der AusSchutter in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 199 (201); Köper, S. 98. Luban, Denver University Law Review 66 (1989), 381 (403 ff.). 9 Böhm, S. 122. 10 Rehbinder in: Lautmann / Maihofer / Schelsky, S. 333 (357). 7 8

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

sichtslosigkeit weiteren Widerstandes gegen die Entscheidung das Verhalten zukünftig rechtskonform ist.11 Erkennen uneinsichtige Verlierer die Entscheidungen nicht an und versuchen, weiter Widerstand zu leisten, distanziert sich die Gesellschaft von ihnen und behandelt sie als uneinsichtige Außenseiter.12 Dieser Druck durch die gesellschaftliche Akzeptanz der richterlichen Entscheidung sowie ein möglicher Einsatz weiterer Zwangsmittel führt zur Übernahme als Prämisse eigenen Handelns. Mit zunehmendem Druck sinkt die kognitive Dissonanz, die eine Meinungsänderung erschwert.13 Durch den relativ großen Druck kann die Diskrepanz zwischen der eigenen Überzeugung und der vom Richter als richtig bestimmten Handlung bestehen bleiben.14 Außerdem ist die Anpassung der Überzeugung an die Entscheidung nicht die wahrscheinlichste Auflösung der kognitiven Dissonanz.15 Vielmehr kommt eine Spannungsreduktion durch Rechtfertigungsstrategien und zusätzliche Erklärungen in Betracht, beispielsweise durch den entscheidenden Richter, den unfähigen Anwalt, den bestochenen Zeugen.16 Soweit das Verfahren aber nicht eine Veränderung der Ansichten bewirkt, bleiben die Ausgangserwartungen bestehen. Die Entscheidung wird von dem Verlierer als Enttäuschungserlebnis hingenommen, ohne jedoch zur Befriedigung der Parteien beizutragen.17 Mediationsverfahren basieren auf einem anderen Ausgangspunkt. Der Mediator trifft keine oder zumindest keine bindende Entscheidung. Eine Regelung des Konfliktes kommt nur zustande, wenn sich die Parteien einigen. Voraussetzung für diese Einigung ist, dass sie mit der konsensualen Lösung zufrieden sind. Zufriedenheit setzt aber nicht nur eine positive Kosten-Nutzen-Relation voraus, die sich auch aus der Vermeidung von Verlusten ergeben kann. Vielmehr sind die Parteien mit dem Ergebnis zufrieden, wenn der effektive Nutzen der Einigungslösung die Erwartungen einer gerichtlichen Lösung übertrifft. Eine Lösung wird von den Parteien aber demnach nur dann akzeptiert, wenn sie der persönlichen Überzeugung18 entspricht oder diese übertrifft. In diese Abwägung fließen aber auch die nicht monetären Kosten, also der Stress und die Belastung durch die weitere Auseinandersetzung ein. Vor allem natürliche Personen beschreiten den Rechtsweg meist nur, wenn sie von ihren Erfolgschancen überzeugt sind.19 Trotz hoher ErfolgserwartunLuhmann, S. 33; 112 f. Luhmann, S. 118 f. 13 Hummell in: König, S. 1157 (1223 ff.); Eyferth / Kreppner in: Graumann, S. 1342 (1352 ff.). 14 Luhmann, S. 117 f. 15 Koch, S. 42. 16 Koch, S. 43, 122, 126. 17 Soweit ein gerichtlicher Vergleich nur die Vereinbarung eines vorhersehbaren Urteils ist, wirkt er ebenfalls nicht befriedigend. 18 Zur Bedeutung der subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen, Müller, ZKM 2003, 200 ff. 19 Koch, S. 111. Allerdings sind bedingt durch Fallauswahl Klageerhebungen von repeatplayers ausgeschlossen, die im Bewusstsein des Unrechts zur Einschüchterung erfolgen, Koch, S. 64 ff. 11 12

B. Zufriedenheit der Beteiligten

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gen sind Parteien aber mit Ergebnissen zufrieden, die nicht ihrem Antrag entsprechen.20 Diese Bereitschaft zur Einigung ist einerseits mit beidseitig befriedigenden Interessenlösungen, die von den ursprünglichen Anträgen abweichen, und andererseits mit der Schonung oder Stabilisierung der Beziehung zwischen den Beteiligten zu erklären. Diese Effekte lassen sich in Vermittlungsverfahren leichter erreichen als in Gerichtsverfahren. Bei außergerichtlichen Verhandlungen kann der Konflikt in seiner gesamten Breite erörtert und bereinigt werden, sodass die Lösungen nicht wie teilweise die Urteile zu neuen Streitigkeiten führen.21 Der Mediator beeinflusst im Mediationsverfahren auch die Erwartungen an ein Gerichtsverfahren.22 Anders als im Gerichtsverfahren werden im Mediationsverfahren Ersatzerwartungen und neue Maßstäbe aufgebaut. Die Einigungen beruhen damit auf revidierten, eigenen Erwartungen, wodurch das Enttäuschungserlebnis vermindert wird.23 Die Einigung am Ende der Verhandlungen ist dennoch nur ein Indiz für die Zufriedenheit mit dem Ergebnis zu diesem Zeitpunkt. Die Zufriedenheit muss jedoch auch in Zukunft fortbestehen, wenn die übernommenen Pflichten später zu erfüllen sind. Der Einigungsnutzen muss daher nach der subjektiven Beurteilung der Beteiligten weiterhin die Erwartungen an einen Gerichtsprozess übertreffen. Ursachen für eine spätere Erhöhung der Erwartungen sind oft neue Erkenntnisse über die Sach- und Rechtslage.24 Aus psychologischer Sicht ist dabei günstig, dass die Parteien nach der Entscheidung für eine Lösung eher Informationen aufnehmen, die diese bestätigen.25 Eine psychologisch relevante Ursache für den späteren Anstieg der Erfolgserwartungen ist aber das Vergessen und Verdrängen der Gründe für die niedrigeren Erfolgschancen. Bei einem deutlich besseren Verhandlungsergebnis ist die Gefahr der nachträglichen Unzufriedenheit zwar sehr gering, doch übertreffen konsensuale Lösungen nur selten die hohen Prozesserwartungen. Gleichwohl ist die Zufriedenheit nur wenig gefährdet. Auf Grund der freiwilligen Vereinbarung entsteht anders als beim Urteil eine starke kognitive Dissonanz zwischen den Konflikt verursachenden Handlungen und der Konfliktlösung. Die eigene Entscheidung für die Einigung behindert auch eine Rechtfertigung mit äußeren Umständen, deren Umgestaltung nicht möglich ist. Als Rechtfertigung kann der Zustimmende nur die Vorteile der Lösung überschätzen, ist dann aber zufrieden. Zumindest werden die Parteien aber eher einsichtig die inneren Erwartungen an einen Prozess zur Beseitigung der kognitiven Dissonanz senken oder jedenfalls nicht steigern. Durch den Einigungsweg des MeDazu Gottwald, S. 151, 153. Böhm, S. 122. 22 Übermäßige Erwartungen kann er als agent of reality dämpfen und dadurch einen Einigungsspielraum schaffen. Geht er jedoch darüber hinaus und manipuliert die Vorstellungen der Parteien nachteilig, stellt dies eine Pflichtverletzung dar. 23 Zu weiteren, vorteilhaften Verfahrensstrukturen für eine Veränderung der Erwartungen ohne Enttäuschungserlebnis, Luhmann, S. 111 f. 24 Köper, S. 103. 25 Festinger, S. 48 ff. 20 21

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

diationsverfahrens werden die Erwartungen nur langsam gesenkt. Dieses behutsame Vorgehen ist der beste Weg, um die Erwartungen dauerhaft auf diesem Niveau zu halten. Insbesondere die bisher oft vernachlässigte Nachbetreuungsphase würde diesbezüglich zur Zufriedenheit mit dem Ergebnis beitragen. Unzufriedenheit entsteht ebenfalls, wenn der Einigungsgewinn später geringer beurteilt wird als zum Zeitpunkt der Einigung. Der Einigungsnutzen kann objektiv durch äußere Umstände für die Beteiligten niedriger ausfallen, beispielsweise durch eine Veränderung des Marktpreises, oder wegen einer Erfüllungsverweigerung ganz entfallen. Wenn die erzielte Einigung nicht eingehalten wird und die Auseinandersetzung fortgesetzt werden muss, beendet die Lösung den Streit nicht. Sie ist damit weniger wert, als die Parteien bei Abschluss glaubten. Der Nutzen wird aber auch bei einer Veränderung der persönlichen Präferenzen niedriger eingeschätzt. Im Mediationsverfahren wird auf die Erforschung der Interessen besonderer Wert gelegt, sodass die sonst unbeachtlichen Motive Relevanz erlangen können. Solche Risiken können die Beteiligten aber auch auf Grund ihrer Gestaltungsfreiheit regeln. Sie können insbesondere die Abwicklung der Konfliktvereinbarung zur Bedingung der Wirksamkeit des Vergleichs oder des Verzichts auf die ursprünglich erhobenen Forderungen machen.26 Darüber hinaus steht es ihnen frei, in die Konfliktlösung auch Anpassungs- oder Neuverhandlungsklauseln für den Fall nachträglicher Änderungen aufzunehmen. Die Parteien können damit in der Vereinbarung ihre Prioritäten zwischen Gerechtigkeit und Stabilität frei wählen, was zu ihrer Zufriedenheit beiträgt. Erst mit Erfüllung der Konfliktlösung wird deren Kooperationsgewinn erzielt. Eine hohe Befolgungsquote27 könnte daher als Beleg für die fortdauernde Zufriedenheit aufgefasst werden. Zweifel daran ergeben sich aus der Möglichkeit, Verträge mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen, sodass die Erfüllung der Vereinbarungen nur im Bewusstsein der möglichen Zwangsdurchsetzung erfolgt. Die Befolgungsquote ist daher zwar ein Indiz, aber kein zuverlässiges Maß für die Zufriedenheit mit der Lösung.28 Auf der Suche nach Möglichkeiten die Zufriedenheit mit der Konfliktlösung zu untersuchen, ist daher die Auskunft der Beteiligten unentbehrlich und maßgebend. Nach Untersuchungen, die sechs Monate nach dem Verfahren durchgeführt wurden, sind 80 % der Beteiligten zufrie26 Bei andauernden Beziehungen kann dies zu schwierigen Rückabwicklungsverhältnissen führen, wenn nach Teilerfüllungen die Vereinbarung scheitert. 27 Zu positiven Untersuchungsergebnissen, Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (137 f.); Gottwald, S. 162. 28 Die Erfüllung ist dann ein zuverlässiger Maßstab für die Zufriedenheit, wenn die Lösungen nicht gerichtlich durchgesetzt werden können. Das ist bei unverbindlichen Lösungen der Fall und soweit die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen Bedingung für die Beendigung des Ausgangskonfliktes ist. Bei den Untersuchungen zur Erfüllung wurde leider nicht differenziert, ob die Vereinbarungen verbindlich oder unverbindlich waren oder erst mit ihrer Erfüllung der Ursprungskonflikt rechtswirksam beendet wurde. Soweit trotz Kritik die Vereinbarung erfüllt wird, weil die Überwindung bestehender Hemmungen und Barrieren vor einer erneuten Konfliktbehandlung als eine größere Belastung empfunden wird, sehen die Parteien in der Lösung einen Vorteil und sind daher als „zufrieden“ anzusehen.

B. Zufriedenheit der Beteiligten

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den.29 In vergleichenden Untersuchungen zur Zufriedenheit mit dem Ergebnis schnitten Mediationsverfahren gegenüber den Gerichten deutlich besser ab.30 Diese Daten zeigen beispielhaft die Realisierbarkeit des theoretisch abgeleiteten, verfahrensbedingten Potenzials von Meditation bei der Suche nach zufrieden stellenden Lösungen.

II. Zufriedenheit mit dem Verfahren Der Beitrag des Verfahrens zur Befriedigung der Beteiligten wird unterschiedlich beurteilt. Das Verfahren wird heute überwiegend nicht mehr nur als Instrument zur Ermittlung einer zufrieden stellenden Konfliktlösung angesehen,31 sondern es wird ihm eine eigenständige Bedeutung beigemessen.32 Die Beteiligten wollen, unabhängig vom Konfliktgegenstand, ein gerechtes Verfahren. Die Erfüllung dieser Erwartung kann helfen, die Zustimmung zu einer Konfliktlösung zu erreichen.

1. Bedeutung des Ergebnisses Die Bedeutung des Ergebnisses für die Einschätzung des Verfahrens ist unklar. Zunächst erscheint es einleuchtend, dass der Gewinner mit dem Verfahren zufrieden und der Verlierer unzufrieden ist. Diese Annahme wird durch Untersuchungen von Mietrechtsprozessen bestätigt.33 Nach diesen Untersuchungen werden der Verhandlungsverlauf und die Kommunikation von den Verlierern überwiegend negativ beschrieben. Sie kritisieren das Verhandlungsgeschick des Richters und bemängeln ihre geringe Einbeziehung in die Erörterung des Sachverhaltes. Die Gewinner sind hingegen meist mit dem Verhandlungsstil, den Kommunikationschancen und der Sachverhaltsaufklärung zufrieden.34 Danach hat das Ergebnis erheblichen Einfluss auf die Bewertung des Verfahrens.35 Andere Untersuchungen ergaben, dass die Parteien mit dem Verfahren unabhängig vom Ergebnis zufrieden sind, wenn sie von dem Dritten anerkannt werden, dieser neutral ist und sie ihn vertrauenswürdig Gottwald, S. 153. Gottwald, S. 158 ff. In den zitierten Analysen wurde aber nur die Zufriedenheit der Antragsteller untersucht. Durch den überwiegenden Erfolg der Antragsteller und die nachträgliche Auswahl der Gerichtsentscheidungen ist deren Aussagekraft jedoch beschränkt. 31 Die Untersuchungen konzentrierten sich auf Verfahrensbedingungen, insbesondere die Verfahrenskontrolle und ihren Einfluss auf die Zufriedenheit mit dem Ergebnis, Thibaut / Walker, California Law Review, 66 (1978), S. 541. 32 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (5 f.) m. w. N. 33 Koch, S. 115 ff. 34 Koch, S. 118. 35 Koch, S. 154; Raiser, S. 226 f. 29 30

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

finden.36 Ebenso konnte ein Zusammenhang zwischen der Beurteilung des Verfahrens als fair und der Annahme eines Entscheidungsvorschlags nachgewiesen werden.37 Diese Studien scheinen sich zunächst zu widersprechen, wenn man sie auf die Auswirkungen des Ergebnisses zur Einschätzung des Verfahrens reduziert. Die Auswirkung des Ergebnisses auf die Beurteilung der Verfahrenskomponenten wurde jedoch in den neueren Studien nicht untersucht. Ebenso wurde in keinem Fall ein Vergleich vor und nach Bekanntgabe der Entscheidung durchgeführt, der eine aussagekräftigere Beurteilung der Relevanz des Ergebnisses für die Verfahrenseinschätzung zuließe. 2. Bedeutung der Verfahrenskomponenten Weiterhin wird davon ausgegangen, dass die retrospektive Verfahrenseinschätzung von der Erfüllung bestimmter Verfahrensbedingungen abhängt und nicht allein das Ergebnis die Zufriedenheit beeinflusst. Ein stattgebendes Urteil nach einem Gerichtsverfahren drückt für den Obsiegenden die gesellschaftliche Anerkennung seiner Position aus. Dahinter stehen oft Bedürfnisse, wie Anerkennung, Rehabilitation und Ehre, die auch im Mediationsverfahren befriedigt werden können. Außerdem wird das Verfahren seit Beginn der Interaktionen bewertet. Zu diesem Zeitpunkt hat das Ergebnis noch keinen Einfluss. Es entsteht demnach eine kognitive Dissonanz, wenn das Verfahren, das bis zur Entscheidung als zufrieden stellend empfunden wurde, mit einem Ergebnis abschließt, das nicht den Erwartungen entspricht. Diese Dissonanz, die zwischen der bisherigen Verfahrensbewertung und dem Ergebnis besteht, kann durch die negative Bewertung des Verfahrens, die positive Bewertung des Ergebnisses oder eine Herabsetzung der Bedeutung des Ergebnisses beziehungsweise des Verfahrens aufgehoben werden. Nach dem Prinzip der selektiven Wahrnehmung werden aber für eine bereits gebildete Meinung eher bestätigende Informationen aufgenommen. Ein zufrieden stellendes Verfahren bietet daher jedenfalls die Chance, die Bewertung des Ergebnisses positiv zu beeinflussen und zur Zufriedenheit beizutragen. Nach theoretischen Überlegungen, die durch empirische Untersuchungen unterstützt werden, hängt die Bewertung des Verfahrens von dem empfundenen Vertrauen in den Dritten, einer anerkennenden Behandlung durch diesen sowie der wahrgenommenen Neutralität ab.38 Damit stehen weitere, zu erfüllende Verfahrensbedingungen fest.39 Unter diesen Voraussetzungen kann Mediation als Verfahren 36 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (11 ff.) mit Nachweisen zu weiteren Untersuchungen. 37 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (17). 38 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (7 f.) m. w. N. 39 Weiterhin erhöht die Möglichkeit der Fehlerkorrektur die wahrgenommene Verfahrensgerechtigkeit, Röhl, Rechtssoziologie, S. 160. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Nichteinigung und ein anschließendes Gerichtsverfahren ist dem aber bei außergerichtlichen Verfahren keine Bedeutung beizumessen.

C. Neutralität

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zur Konfliktbeilegung aber einen großen Eigenwert für die Befriedigung der Parteien haben.40

C. Neutralität Die Neutralität ist ein zentrales Problem von jedem Konfliktlösungsmechanismus. Dabei kommt der tendenziellen Begünstigung von leitenden Gesellschaftsschichten eine bedeutende Stellung zu.41 Um die Beachtung von Regeln zu erreichen, darf die Schicht der Gesetzgeber und Gesetzeshüter im Verhältnis zu anderen nicht moralisch minderwertig erscheinen.42 Also ist einerseits für die Ordnung und Achtung der Regeln notwendig, aber andererseits im Hinblick auf die Neutralität und Gleichheit bedenklich, dass bei der Gestaltung und Durchsetzung von Regeln das Interesse des Rangerhaltens Beachtung findet.43 Allerdings darf diese Tendenz nur gering sein, da bei Offenkundigkeit wiederum die Regeln nicht anerkannt würden. In Gerichtsverfahren haben diese Gesichtspunkte wegen der Öffentlichkeitswirkung erhebliche Bedeutung. Die Parlamentarier als Gesetzesschöpfer und Richter als Entscheidungsträger gehören den sozialen Mittel- und Oberschichten an. Bei den Normen finden daher ihre Bedürfnisse bereits Berücksichtigung. Die Angehörigen dieser Schichten können auf Grund ihrer höheren Bildung besser argumentieren und sich wegen ihrer stärkeren Finanzkraft bessere Anwälte leisten. Wenngleich die Beratungs- und Prozesskostenhilfe diese Wirkungen beschränkt, können trotz gleicher Rechte die Mittel- und Oberschichten ihre Interessen vor Gericht erfolgreicher durchsetzen.44 Mediationsverfahren können ohne das Risiko des Rangverlustes neutraler sein, da diese regelmäßig vertraulich sind und nur geringe Auswirkungen auf das gesellschaftliche Prestige haben. Außerdem wird mehr auf Interessenlösungen hingearbeitet, sodass die Tendenz der Gesetze nur mittelbaren Einfluss hat. Allerdings ist die tendenzielle Begünstigung von Personen mit höherer Bildung und größerer Finanzkraft bei Vermittlungsverfahren gegeben, da sich bessere Argumentationsfähigkeiten und Anwälte auch auswirken. Wenngleich als Vermittler Personen aus dem Sozialsystem des Konfliktes in Betracht kommen, setzt die Leitung von VerGrilli, AnwBl. 1997, 533 (534); Streinbrück, AnwBl. 1999, 574 (578). Zur tendenziellen Begünstigung der Oberschichten, Galtung, Journal of Peace Research 2 (1965), 348 (277 ff.). Zur Klassenjustiz mit ideologischer Auseinandersetzung, Goebel, S. 85 ff. 42 Galtung, Journal of Peace Research 2 (1965), 348 (377 f.). 43 Galtung, Journal of Peace Research 2 (1965), 348 (378). 44 Dieses Bild spiegelt auch eine Untersuchung wider, nach der die Mehrheit der unterlegenen Parteien in Mietprozessen empfindet, dass einfache Leute vor Gericht schlechter behandelt werden, Koch, S. 141 f. 40 41

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

handlungen neben Rechtskenntnissen auch Fachwissen auf Gebieten der Psychologie und Soziologie voraus. Die Verhandlungen werden daher grundsätzlich von gesellschaftlich anerkannten Personen der Mittel- und Oberschicht geleitet. Wenngleich der Vermittler in Mediationsverfahren keine verbindlichen Entscheidungen trifft, gestaltet er die Verhandlungen und kann dadurch Personen auf der gleichen, gesellschaftlichen Ebene begünstigen, denen er sich verbunden fühlt. Die Beteiligten können die Beeinflussung zwar durch die Beendigung des Schlichtungsverfahrens und die Anrufung des Gerichts verhindern, jedoch besteht auch bei dem Gerichtsverfahren trotz der Schutzmechanismen eine Begünstigungstendenz. Außerdem müssen die Beteiligten die Beeinflussung erkennen, um ihr zu entgehen. Häufig nehmen sie jedoch erst nach Abschluss des Verfahrens die Beeinflussung wahr, sodass ein Ausweichen nicht mehr möglich ist. Obwohl bei Mediationsverfahren eine Begünstigungstendenz im Hinblick auf den Rangerhalt nicht erforderlich erscheint, ist diese festzustellen. Im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Sinne des Art. 3 GG sollte diese Tendenz weitgehend vermindert werden. Wenn daher bereits ein Beteiligter und der Schlichter einer Schicht angehören, dürfen sie jedoch darüber hinaus nicht miteinander verbunden sein. Außerdem muss die Pflicht für die Mediatoren bestehen, die Chancengleichheit der Beteiligten in den Verhandlungen zu fördern.

I. Neutralität des Schlichters Die Neutralität des Schlichters wird allgemein gefordert.45 Gleichwohl ist die Unabhängigkeit der Vermittlungspersonen bei den in Deutschland angebotenen, außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren oft nicht gewährleistet.46 Zwar werden auch in den USA einige Institutionen zur Konfliktregelung von Firmen getragen,47 doch sind die Schlichter meistens und typischerweise bei Mediationsverfahren unabhängig von den Beteiligten. Einen Mangel an Neutralität zu vermeiden, liegt bei der Vereinbarung eines Mediationsverfahrens in der Macht der Parteien, die sich auf einen Mediator einigen. Wenn eine Partei schon die überlegene Verhandlungsmacht bei Auswahl des Mediators ausnutzt, bestehen erhebliche Zweifel, dass die nötige Verhandlungsbereitschaft vorhanden ist und sich der Konflikt zu einer konsensualen Lösung eignet. Zwar werden in Mediationsverfahren keine verbindlichen Entscheidungen vom Dritten getroffen, jedoch sind die Parteien seinem Einfluss ausgesetzt. Obwohl die Parteien diesem durch die Beendigung der Verhandlungen und die Beschreitung des Rechtsweges ausweichen können, ist das Risiko beachtlich. 45 OLG Hamm, KON:SENS 1999, 431; Behrens, DRiZ 1997, 236 (238); Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (431). 46 Prütting, JZ 1985, 261 (270). 47 Solche sind das beispielsweise das CPR und die BBB.

C. Neutralität

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Bei hoheitlicher Anordnung oder Förderung eines außergerichtlichen Schlichtungsverfahrens obliegt dem Gesetzgeber daher möglicherweise die Pflicht, Unabhängigkeit und Neutralität zu garantieren. Der Art. 101 Abs. 1 S. 1 GG i. V. m. Art 97 GG gewährt den Anspruch der Rechtsuchenden auf einen unabhängigen Richter. Von Art. 97 Abs. 1 GG wird ausdrücklich die Weisungsfreiheit und nach Art. 97 Abs. 2 GG die persönliche Unabhängigkeit nicht jedoch die Neutralität erfasst. Allerdings wird Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG weitergehende Bedeutung beigemessen. Aus dem Begriff des Richters als nicht beteiligtem Dritten wird dessen Neutralität abgeleitet.48 Der Schlichter hat aber grundsätzlich keine Entscheidungsgewalt und ist daher nicht Richter im Sinn des Grundgesetzes. Für den Schlichter führen diese Erwägungen nicht weiter, da er in der Verfassung nicht genannt wird. In Betracht kommt allerdings die Pflicht des Staates zur Bestellung neutraler Schlichter aus dem Rechtsstaatprinzip. 49 Eine Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips ist das Gebot des fairen Verfahrens.50 Dieses beinhaltet eine Distanz zwischen dem Dritten und der Sache,51 die Grund der §§ 41, 42 ZPO, §§ 20, 21 VwVfG, § 16 BNotO, §§ 3, 6, 7 BeurkG ist. Die Interessenlage des Mediationsverfahrens ähnelt auch der Interessenlage der §§ 42 ff. ZPO und §§ 3, 6, 7 BeurkG. Bei dem Mediationsverfahren steht am Ende der gefundene Konsens wie beim Prozessvergleich. Allerdings ist der Richter zur Entscheidung befugt. Er hat eine deutlich stärkere Stellung im Verfahren, weshalb trotz der Gemeinsamkeiten Zweifel an einem Rückgriff auf die §§ 41, 42 ZPO verbleiben. Im Beurkundungsverfahren verfügt der Notar wie der Schlichter nicht über ein Entscheidungsrecht. Gleichwohl soll der Notar nicht an der Beurkundung mitwirken, wenn seine Unabhängigkeit gefährdet ist, da er bereits durch die Beteiligung Einfluss nehmen kann. Gleiches gilt für den Mediator, der ebenfalls durch die Leitung der Verhandlungen auf die Konfliktlösung einwirkt, sodass eine ähnliche Regelung zur Sicherung der Neutralität geboten erscheint.52 Obwohl sich die Parteien in Schlichtungsverfahren auf eine Lösung einigen und das Ergebnis nicht auf einem Hoheitsakt beruht, ist der Staat bei deren Ausgestaltung an die Verfassung gebunden, wenn er Schlichtungsverfahren anbietet oder als Voraussetzung einer Klage einführt.53 Durch die staatliche Initiative zu außergerichtlicher Streitbeilegung, die in der obligatorischen Ausgestaltung ihren Höhepunkt findet, ergibt sich daher für den Staat die Pflicht, die Neutralität zu sichern. Dies ist auch zweckmäßig, da die Zufriedenheit wesentlich von der wahrgenommenen Neutralität abhängt. Die Parteien akzeptieren Verfahren und Ergebnis weniBVerfGE 21, 139 (145 f.); 60, 175 (214). Zur Begründung des Rechtsstaatsprinzips, Herzog in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 20, VII Rdz. 30 ff. 50 BVerfGE 46, 202 (210); 78, 123 (126). 51 Schulze-Fielitz in: Dreier, Art. 20 Rdz. 47, 195, 202; ähnlich für die persönliche Pflicht des Mediators, Duve, S. 315. 52 Stumpp, ZKM 2000, 34 (35). 53 Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190 (193). 48 49

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

ger, wenn der Schlichter parteiisch ist oder nur den Anschein der Befangenheit erweckt.54 Als Lösung bietet sich eine den §§ 41, 42 ZPO, §§ 20, 21 VwVfG, § 16 BNotO, §§ 3, 6, 7 BeurkG entsprechende Regelung an.

II. Neutralität des Verfahrens Ein neutrales Verfahren zu gewährleisten, ist eine schwierige Aufgabe des Vermittlers.55 Der Schlichter soll neutral und allparteilich bei den Verhandlungen agieren.56 Die Neutralität ist Grund für seine Hinzuziehung und Ursache seiner Machtposition. Die Zufriedenheit mit einem Schlichtungsverfahren ist abhängig von der Wahrung der Neutralität. Dabei kommt es weniger auf die objektive Ausgestaltung als auf die subjektive Wahrnehmung an. Neutralität kann aber nicht Passivität bedeuten, da sich dann die Vorteile auf Grund intellektueller und finanzieller Überlegenheit uneingeschränkt auswirken können und damit das Schlichtungsverfahren gerade nicht neutral ist. Außerdem wäre der Mediator letztlich auch überflüssig, wenn er auf die Verhandlungen und das Ergebnis nicht einwirken könnte und würde. Das Verständnis von Neutralität als Vermeidung von Einfluss geht daher fehl.57 Bei der Abwägung zwischen mediativer Beratung und Neutralität ist zu bedenken, dass Neutralität kein wertfreies Prinzip ist, sondern sich an den Grundwerten der Verfassung orientiert. Ziel ist dabei die Verwirklichung einer materiellen und wertorientierten Gerechtigkeit.58 Das Sozialstaatsprinzip gebietet die Sorge für die Schwachen und in gewissem Umfang die Aufklärung. Ein anderer Begründungsansatz ist die Waffengleichheit als verfahrensrechtliche Ausformung von Art. 3 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.59 Außerdem können Eingriffe durch die Privatautonomie geboten sein. Diese ist der Geltungsgrund einer außergerichtlichen Einigung und Argument für die Institutionalisierung der außergerichtlichen Streitbeilegung. Privatautonomie erfordert Selbstbestimmung, und diese ein Mindestmaß an Wissen. Der Mediator hat demnach bei staatlicher Ausgestaltung die verfassungsrechtliche Pflicht, für Chancengleichheit zu sorgen, und daher entsprechende Aufklärungspflichten.60 Die Mediatoren müssen in dem Umfang informieren, dass eine Lösung entsprechend den sozialstaatlichen Gerechtigkeitsvorstellungen wahrscheinlich ist.61 Andererseits kann die Aufklärungspflicht Duve, S. 314. Zu möglichen Problemen der Schlichter, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (47 f.). 56 Montada / Kals, S. 38 ff.; Proksch, KON:SENS 1999, 368 m. w. N. 57 Breidenbach, S. 171; Köper, S. 90; gegen schematische Neutralität, Hager, ZKM 2003, 52 (55). 58 Für die richterliche Neutralität, BVerfGE 42, 64 (78). 59 Jarass in: Jarass / Pieroth, Art. 20 Rdz. 65. 60 Zur Begründung für den Richter, Rosenberg / Schwab / Gottwald, § 1 VII S. 6. 54 55

D. Anerkennung

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nicht aus Sorge um materielle Gerechtigkeit unendlich ausgedehnt werden. Dem Mediator soll der Gegenbeweis für die biblische Weisheit gelingen, dass niemand zwei Herren dienen kann.62 Die Gefährdung der Neutralität ist dabei von der Eingriffsintensität des Mediators abhängig. Je größer der Einfluss auf das Verfahren und das Ergebnis ist, desto wichtiger und gefährdeter ist seine Neutralität. Aus diesem Grund sind zum Schutz der Erwartungen der Parteien auf ein neutrales und privatautonomes Verfahren, aber auch als Hilfe für den Mediator, Rahmenregelungen für dessen Interventionen zu schaffen. Hinweis- und Aufklärungspflichten setzen aber auch bei Vermittlern oftmals Detailkenntnisse auf dem Gebiet des Konfliktes und damit eine entsprechende Vorbereitung voraus. Die Vorbereitung verursacht jedoch erhebliche Bedenken in Bezug auf die Neutralität, sodass in den USA bei Richtern die Vorbereitung sogar ausgeschlossen ist. Bereitet sich der Mediator wie der Richter auf die Verhandlung mit der Durchsicht der Akten vor, bildet er sich dabei auch eine Meinung. In der mündlichen Verhandlung rufen Informationen, die der eigenen Meinung widersprechen, eine kognitive Dissonanz hervor. Um diese zu verringern, werden die neuen entgegenstehenden Informationen oft unterschätzt und bestätigende überbewertet, bevor es zu einer Meinungsänderung kommt. Außerdem werden nach dem Prinzip der selektiven Wahrnehmung in der mündlichen Verhandlung Informationen gesucht, die den eigenen Standpunkt bestätigen. Dritte sind demnach zwar grundsätzlich zu Beginn des Verfahrens unparteiisch, haben sich jedoch in der mündlichen Verhandlung bereits eine Meinung gebildet, unter der ihre Neutralität leidet.63 Die Parteien erleben aber nicht die Vorbereitung, sondern nur die Verhandlung. Wenn sie bei dieser die Voreingenommenheit wahrnehmen, empfinden sie den Richter und auch den Mediator nicht mehr als neutral und sind unzufrieden. Diesen Bedenken kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Parteien über die Vorbereitung des Mediators entscheiden und sie folglich daraus resultierende Vorurteile vermeiden können.

D. Anerkennung Die anerkennende Behandlung der Beteiligten beeinflusst ganz erheblich ihre Zufriedenheit,64 die wiederum Voraussetzung für den weiteren Erfolg des Vermitt61 Zu Interventionspflichten des Staates zur Sicherung gerechter Verträge, Werner, S. 169 ff. 62 Mattäus 6, 24. 63 Diese theoretischen Ableitungen wurden bei Strafrichtern nachgewiesen, Schünemann in: Kerner / Kury / Sessar, S. 1109 (1145 ff.); ders. in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 215 (217 ff.). 64 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (7 ff., 11 ff.). Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (212). In Untersuchungen der NJCs gaben die Beteiligten als Grund für die Zufriedenheit an, dass sie im Zentrum der Aufmerksamkeit standen,

7 Schreiber

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

lungsverfahrens und die Etablierung des Schlichtungsgedankens ist. Gerade darin liegt aber ein Problem des obligatorischen Schlichtungsverfahrens, denn die Parteien fühlen sich leicht durch die Versperrung des direkten Weges zum Gericht nicht von der Gesellschaft anerkannt. Dieser negativen Sichtweise ist bei der Verfahrensgestaltung durch eine besonders anerkennende Behandlung der Parteien durch den Mediator entgegenzuwirken. Damit sich die Parteien in einem außergerichtlichen Verfahren als anerkannte Mitglieder der Gesellschaft fühlen, muss ihren Erwartungen an den Schlichter, das Verfahren und den Verhandlungsort entsprochen werden. Ein wichtiger Ausdruck von Anerkennung als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft ist die Beteiligung am Verfahren. Für das gerichtliche Verfahren garantiert Art. 103 Abs. 1 GG den Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser findet zwar auf die außergerichtliche Streitbeilegung keine Anwendung, doch ist die Anhörung der Beteiligten für ein Mediationsverfahren zwingend erforderlich, da sonst deren Interessen unklar bleiben. Die Anhörung dient aber nicht nur der Sachverhaltsaufklärung. Vielmehr zeigt sich darin die Anerkennung der Person, und gleichzeitig wird das Bedürfnis befriedigt, das wahrgenommene Unrecht vorzutragen. Damit sich die Streitenden als ernst genommene Mitglieder der Gesellschaft begreifen, hat der Mediator ihre Bedürfnisse in das Zentrum des Verfahrens zu stellen. Er muss den Parteien auch das Gefühl geben, dass sie die Herren des Verfahrens sind. Zu diesem Zweck sollte die Schlichtungsperson die Parteien bereits in die Planung des Verhandlungsverlaufs einbeziehen. Jedenfalls bietet sich aus Gründen der Anerkennung ein mündliches Verfahren an. In schriftlichen Verfahren oder auch der „online-Mediation“ kommt aber durch die verzerrte Kommunikation eine Einigung in der Regel auch meist nur durch einen Einigungsvorschlag des Schlichters zustande. Die Beteiligten haben dabei ausschließlich die Möglichkeit, diesen Vorschlag anzunehmen oder abzulehnen, sodass ihre Beteiligung gering ist.65 In mündlichen Verfahren sind durch sofortige Rückfragen Kommunikationsfehler vermeidbar und die Beteiligten können ihre Interessenlage besser erläutern. Durch die intensive, unmittelbare Einbeziehung der Beteiligten statt ihrer Anwälte wird dem natürlichen Geltungsbedürfnis der Parteien entsprochen. So nimmt die Beteiligung der Parteien zu, wodurch das Gefühl der Anerkennung weiter gestärkt wird. Allerdings wurde in einer Untersuchung kein Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit und der Teilnahme an der Verhandlung festgestellt, bei der anwaltlich vertretene Prozessverlierer verglichen wurden.66 Diese Untersuchung kann gegen den Einfluss der Prozesskontrolle auf die Zufriedenheit interpretiert werden. Allerdings könnte die Bedeutungslosigkeit der Teilnahme auch auf das geringe Maß der Prohöflich und respektvoll behandelt wurden, die Verfahrenskontrolle behielten und ihre Sicht des Konfliktes darlegen konnten, Gottwald, S. 154. 65 Trotz dieser Nachteile ist im Verfahren nach § 76 BetrVG die Erforderlichkeit eines mündlichen Verfahrens umstritten, Fitting / Kaiser / Heither / Engels, § 76 Rdz. 33; Pünnel, Rdz. 52. 66 Koch, S. 129 ff.

D. Anerkennung

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zesskontrolle der Teilnehmenden im Gerichtsverfahren zurückzuführen sein. Gerade die Verlierer kritisieren die mangelnde Sachverhaltsaufklärung. Außerdem ist bekannt, dass sich die Richter auf Grund der Belastung selten Zeit nehmen, die Parteien zu laden und zu ihrem Streit anzuhören.67 Stattdessen kommen grundsätzlich wegen der Zeitersparnis nur die Anwälte zu Wort.68 Die Parteien werden dann nur zu einzelnen Punkten gehört, die für den Richter entsprechend seines Vorurteils relevant sind. Die Untersuchungsergebnisse kann man deshalb eher als Ausdruck der fehlenden Prozesskontrolle durch die Parteien verstehen.69 An einer aktiven Beteiligung der Parteien an dem Verfahren ist daher festzuhalten. Weiter müssen Personen das Verfahren leiten, die von den Parteien nach Möglichkeit geachtet werden. Die natürliche Autorität muss aber durch Professionalität ergänzt werden. Daher müssen Mediatoren gut ausgebildet und allgemein respektiert werden. Der Dritte bringt seine Anerkennung den Parteien gegenüber durch das Respektieren ihrer Rechte und einen höflichen Umgang zum Ausdruck.70 Die Beteiligten müssen das Gefühl haben, dass er das Verfahren unparteiisch und nicht diskriminierend leitet. Die Zurückweisung eigener Standpunkte durch Autoritäten als Repräsentanten der Gesellschaft empfinden die Betroffenen als Abwertung der eigenen Persönlichkeit.71 Dieses Gefühl lässt sich aber grundsätzlich nicht vermeiden, und kann lediglich durch einen respektvollen Umgang mit anderen Meinungen zu der Sach- und Rechtslage vermindert werden. Der Verhandlungsort darf weder einschüchternd noch stillos wirken, da die Beteiligten sich sonst nicht ausreichend geachtet fühlen. Die Behandlung der Streitigkeiten in alten würdigen Gerichtsgebäuden und die Roben der Richter und Anwälte drücken Autorität aus. Für informelle Schlichtungsverfahren werden meist nicht so eindrucksvolle Gebäude ausgewählt und die Schlichter wollen weniger als Respektsperson, sondern mehr als Förderer begriffen werden. Zwar sind die Beteiligten dadurch weniger eingeschüchtert, doch fühlen sie sich auch weniger geachtet.72 Deshalb sollten die Verhandlungen weder in den Wohnungen der Beteiligten, noch in der des Mediators stattfinden. In Betracht kommen die Büroräume des Schlichters oder öffentlicher Einrichtungen, beispielsweise Rathäuser und Schulen.

Lachmann, AnwBl. 1999, 241 (244). Gottwald in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 73 (80). Die mündliche Verhandlung als Durchlauftermin für die Anwälte darstellend, Greger, JZ 1997, 1077 (1080). 69 Zur fehlenden Kontrolle nach Übergabe an den Anwalt, Alexander, S. 208. 70 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (12 Fn. 4). 71 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (9). 72 Gottwald in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 73 (80). 67 68

7*

100

2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

E. Vertrauen Das Vertrauen der Beteiligten in das Verfahren ist ein weiterer wichtiger Faktor für ihre Zufriedenheit mit dem Konfliktlösungsmechanismus73 und damit für den Erfolg der außergerichtlichen Streitbeilegung bei den Bürgern. Außerdem ist Vertrauen bei Mediationsverfahren durch die erforderliche Offenheit der Parteien für die erfolgreiche Suche eines Kooperationsgewinnes unerlässlich. Ob dieses Vertrauen entsteht, hängt vom Verhältnis zu dem Dritten und dem Verfahren ab. Der Dritte muss den Parteien vertrauenswürdig, also wohlwollend und ehrlich, erscheinen. Sie müssen Vertrauen haben, nicht ausgenutzt zu werden. Im Gerichtsverfahren wissen die Beteiligten, dass der Richter sie nicht übervorteilt und keine eigenen Interessen verfolgt.74 Dagegen haben die Mediatoren ein eigenes Vergütungsinteresse. Das ist den Beteiligten jedoch bekannt. Bei der individuell vereinbarten Mediation handeln die Streitparteien mit dem Mediator die Vergütung aus und behalten damit die Kontrolle.75 Eine gesetzliche Vergütungsregelung sollte aber unbedingt dem Risiko vorbeugen, dass die Verhandlungen auf Grund eines eigenen Vergütungsinteresses des Mediators geführt oder in die Länge gezogen werden. Vertrauen erfordert weiter, dass die mitgeteilten Informationen nicht verbreitet werden.76 Eine Mitteilung vertraulicher Informationen über Tatsachen und Interessen erfolgt regelmäßig in der Erwartung, dass der Mediator diese Informationen nicht unbefugt weitergibt oder verwertet. Andererseits erfordert die Ehrlichkeit gegenüber der anderen Partei die Berücksichtigung relevanter Fakten. Zur Sicherung des Vertrauens sind diese Aspekte abzuwägen und die Ergebnisse als Regeln aufzustellen, damit die Parteien entsprechende Erwartungen bilden können und nicht enttäuscht werden. Vertrauen muss aber auch dahin bestehen, dass der eigene Vortrag berücksichtigt wird.77 Die Beachtung des Parteivortrages durch die Gerichte ist von der Garantie auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG umfasst,78 jedoch gilt dieser Grundsatz nicht für außergerichtliche Verfahren. Eine Einigung wird aber kaum zustande kommen, wenn die Argumente der Parteien in dem Verfahren keine Berücksichtigung finden. Das Interesse des Mediators am Parteivortrag ist daher bereits erforderlich, um die Verhandlungen voranzutreiben. Insbesondere muss der Mediator die Erwägungen der Parteien bei dem reality-testing verwerten, da dieses Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (7 ff.). Das Interesse, den Fall möglichst schnell abzuschließen, kollidiert grundsätzlich nicht mit den Parteiinteressen und ist daher zu vernachlässigen. 75 Bei der Vergütung nach Stunden besteht ein Risiko durch das finanzielle Interesse an langen Verhandlungen der Mediatoren. Jedoch haben die Parteien durch die Möglichkeit des jederzeitigen Abbruchs auch dann die Kontrolle über die Kosten. 76 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (12 Fn. 5). 77 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (12 Fn. 5). 78 BVerfGE 21, 191 (194); 70, 288 (293 f.). 73 74

F. Konfliktnähe

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sonst von den Parteien nicht ernst genommen wird und so gegebenenfalls übertriebene Erwartungen fortbestehen. Daher ist das Mediationsverfahren bereits durch seine Methode auf die Berücksichtigung der Parteivorträge ausgerichtet und diesbezüglich eine rechtliche Absicherung nicht erforderlich. Während in Gerichtsverfahren nicht alle Umstände berücksichtigt werden können,79 besteht für den Mediator als Verhandlungsmoderator die Möglichkeit, alle vorgetragenen Fakten näher zu erörtern. Gerade in den vielfach zulässigen Einzelgesprächen kann das ganze Konfliktgeschehen berücksichtigt und Vertrauen aufgebaut werden. Eine sinnvolle Diskussion der Erklärungen und Argumente der Parteien stellt an die Vermittler hohe Anforderungen. Das Vertrauen in das Verfahren hängt somit auch mit dessen Persönlichkeit zusammen. Die Fähigkeiten des Mediators müssen daher den Erwartungen der Parteien entsprechen.

F. Konfliktnähe Die Konfliktnähe ist ein Maßstab für die Anpassung des Verfahrens an den Streit. Sie wird daran gemessen, ob die Konfliktbehandlung zu dem sozialen Teilsystem der Konfliktparteien gehört, dem Konflikttypus entspricht und den Definitionsprozess der Parteien einschließt.80

I. Auswirkungen der Konfliktnähe auf Chancen und Risiken Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Konfliktnähe und den dargestellten Chancen und Risiken. 1. Nähe zum sozialen Teilsystem Die Nähe zum sozialen Teilsystem drückt sich bei der Streitbeilegung durch die Berücksichtigung des systemspezifischen Wissens und der jeweiligen Werte- und Normenordnung aus.81 Soziale Teilsysteme mit eigenen Werten und spezifischem Wissen bestehen häufig in Betrieben, Wirtschaftsbranchen, Berufsgruppen, Vereinen sowie zwischen Nachbarn und Familienmitgliedern. Einen Basiskonsens über die systemimmanenten Regeln vorausgesetzt, führt die Berücksichtigung die79 Der Vortrag der Beteiligten wird vom Richter nur nach seinen Relevanzkriterien in die Entscheidung einbezogen, Gottwald, S. 12 ff. Zur Förderung des Vertrauens besteht die Begründungspflicht der richterlichen Entscheidung, die jedoch zunehmend zurückgedrängt wird und Misstrauen entstehen lässt. Zu einer früheren Untersuchung, nach der das Vertrauen in die deutsche Justiz bereits gering war, Koch, S. 11 Fn. 22. Zum schwindenden Vertrauen in die Justiz mit Nachweisen zu einer umfangreichen Studie, Heitmann, NJW 1998, 1123. 80 Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (302 f.). 81 Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (302 f.).

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

ser besonderen Umstände zu einem höheren Grad an Selbstbestimmung. Dadurch wird die individuell empfundene Gerechtigkeit gesteigert und die Zufriedenheit der Parteien mit dem Verfahren und dem Ergebnis positiv beeinflusst. Die berechtigte Existenz dieser Systeme in unserer Gesellschaft wird als Grund für die Berücksichtigung ihrer Normen angesehen.82 Allerdings besteht dadurch auch die Gefahr einer zweiten Rechtsordnung.83 Durch die Nähe zum sozialen System können systembedingte Ursachen des Konfliktes leichter erkannt und deshalb inhaltlich vorteilhafte Lösungen getroffen werden. Je integrierter ein Konfliktbeilegungsverfahren in das System ist, desto niedriger sind die Barrieren und die Auswirkungen der Defizite bei der Mobilisierung. Gleichzeitig können die Kosten für den Einzelnen als auch für den Staat durch die Verlagerung auf das jeweilige System gering gehalten werden. Eine autonome Bewältigung festigt das System. Außerdem profitiert dieses durch die schnelle Beilegung des Konfliktes, der nicht weiter dem System Energie entzieht und es belastet.84 Systemimmanente Konfliktregelungseinrichtungen sind daher ein Beitrag zu mehr Eigenverantwortung bei der Konfliktbewältigung. Durch die Konfliktbeilegung in den Systemen werden aber diese Konflikte nicht mehr der Allgemeinheit zugänglich, sodass eine generelle Lösung durch Gesetze oder die Rechtsprechung ausscheidet.85 2. Nähe zum Konflikttypus Nähe zu dem Konflikttypus ist gegeben, wenn das Streitlösungsparadigma die Komplexität des Konfliktes und der Konfliktbeziehung verarbeiten kann.86 Die Komplexität des Streites ist wegen der Abhängigkeit vom Konflikttypus unterschiedlich. Für eine inhaltlich vorteilhafte Lösung zur Befriedigung der Beteiligten müssen die Gesichtspunkte aufgenommen und berücksichtigt werden, die von den Streitenden als wichtig angesehen werden. Die Übereinstimmung der Lösung mit den eigenen Werten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Fortsetzung der Beziehung, die aber nur durch Nähe zum Konflikttypus gewährleistet werden kann. Die Anpassung des Mechanismus an den Konflikt vermeidet Zugangshindernisse, die durch eine Transformation entstehen würden.

Gottwald, S. 212 f. Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (303). 84 Grundsätzlich zu den Auswirkungen der Konflikte auf Gruppen, Coser, S. 89 ff.; speziell zu den negativen Auswirkungen von Mobbing auf den Betrieb, Kolodej, ZKM 2000, 62 (63). 85 Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (304). 86 Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (303). 82 83

F. Konfliktnähe

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3. Nähe zur Definition des Konfliktes durch die Parteien Nähe zum Definitionsprozess der Beteiligten bedeutet, dass in dem Verfahren die Transformation des sozialen Problems noch in einen rechtsrelevanten Konflikt beeinflusst werden kann. Daraus ergeben sich Chancen, durch eine bessere Kommunikation rechtzeitig Missverständnisse aufzuklären oder den Konflikt auf eine Ebene zu verlagern, die eine Lösung erleichtert. Damit ist die Einbeziehung des Definitionsprozesses vorteilhaft für die inhaltliche Gestaltung einer Lösung, die Herstellung von Zufriedenheit und die Aufrechterhaltung der Sozialbeziehung. Allerdings besteht auch die Gefahr der Manipulation, sodass der eigentliche Konflikt ungelöst bleibt oder der Dritte sogar den Konflikt zu seinem Vorteil ausnutzt.87 Resümee Die konfliktnahe Ausgestaltung eines Mediationsverfahrens hat für die Verwirklichung des Potenzials der außergerichtlichen Streitbeilegung große Bedeutung. Allerdings steht die Konfliktnähe durch die Berücksichtigung außerrechtlicher Normen auch mit der Normerosion in engem Zusammenhang. Die Merkmale der Konfliktnähe sind möglichst zur Ausnutzung der positiven Effekte zu verwirklichen, ohne die negativen Begleiterscheinungen zu fördern. II. Verwirklichung von Konfliktnähe im Mediationsverfahren Die Konfliktnähe eines Verfahrens lässt sich hauptsächlich durch den Zeitpunkt des Verfahrens, die Schlichtungsperson und die Berücksichtigung der systemimmanenten Normen beeinflussen. 1. Nähe zum sozialen Teilsystem Die Nähe zum sozialen Teilsystem ist vor allem durch einen Vermittler aus diesem herzustellen. Dieser kennt die speziellen Erwartungen der Gemeinschaft, sodass eine Berücksichtigung der außerrechtlichen Normen möglich ist.88 Allerdings gerät der Vermittler auf Grund der Verbundenheit mit den Parteien eher in einen persönlichen Konflikt, der Ursache von Misstrauen sein kann.89 Wenn allerdings die Parteien die Lösung überwiegend selbst entwickeln, muss der Schlichter zur konfliktnahen Streitbehandlung nicht aus dem sozialen Teilsystem stammen.90 Der 87 88 89 90

Falke / Gessner in: Breidenbach / Gottwald / Strempel, S. 289 (304). Felstiner, 9 Law and Society Review 1974, 63 (79). Simmel, Soziologie, S. 130. Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (142).

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

systemfremde Schlichter sollte jedoch zum eigenen Verständnis besonders auf die Erwartungen der Beteiligten und deren Gründe achten. In den Gesprächen zeigen die Parteien durch die eigene Konfliktdarstellung ihre Probleme und mögliche Ursachen. Der Vermittler kann daraus rechtliche und außerrechtliche Verhaltensregeln erkennen und diese wiederum verdeutlichen. Die Berücksichtigung systemimmanenter sozialer Normen führt jedoch zur Gefahr, dass sich eine Parallelordnung auf Grund von Sitte und Brauch entwickelt. Im Tschotei, einem gesetzlichen Schlichtungsverfahren in Japan, ist das Ausweichen auf außerrechtliche Wertungen vorgesehen, wenn die Realisierung des Rechts unter moralischen Gesichtspunkten unrichtig erscheint.91 Dies ähnelt der Anwendung des § 242 BGB. Die Berücksichtigung außerrechtlicher Wertungen als Kontrolle der Gesetzeslösung garantiert aber keine Konfliktnähe und schränkt andererseits die Normerosion auf Grund unterschiedlicher Moralvorstellungen nicht ein. Vielmehr ist der Ansatzpunkt umzukehren. Der Mediator sollte bei Zivilrechtsstreitigkeiten außerrechtliche Normen berücksichtigen, wenn sie nicht zwingendem Recht widersprechen. Daraus ergibt sich auch das Erfordernis der Rechtskenntnis des Dritten. Eine gruppenunmittelbare Konfliktlösung kommt in unserer individualisierten Gesellschaft aber wohl nur in wenigen Bereichen in Betracht.92 2. Nähe zum Konflikttypus Die Nähe zum Konflikttypus lässt sich herstellen, indem das Verfahren bezüglich der zu verarbeitenden Komplexität dem Konflikt angepasst wird. Eine Reduktion der Komplexität des sozialen Konfliktes ist grundsätzlich unvermeidbar, jedoch kann das Verfahrensprogramm eine unterschiedliche Reduktionsintensität vorsehen. Dabei empfiehlt es sich, zwischen den hochkomplexen personenbezogenen, den mittelkomplexen rollenbezogenen und den wenig komplexen normbezogenen Konflikten zu unterscheiden.93 Die Gesetze bestimmen das Entscheidungsprogramm der Richter. Sie können nur die danach relevanten Fakten verarbeiten, sodass bei rollen- und personenbezogenen Konflikten eine erhebliche Reduktion erfolgt.94 Schiedsrichtern wird ein Entscheidungsprogramm von den Parteien übertragen. An dieses sind sie gebunden. Die zu verarbeitende Komplexität hängt damit von dem Parteiwillen ab. Sie ist in der Regel höher als bei den Gerichten. Berater und Vermittler ohne Entscheidungsmacht sind bei ihren Lösungsbemühungen sehr flexibel. Sie können daher die Vielzahl der streiterheblichen Faktoren berücksichtigen. Unter dem GesichtsRokumoto in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 390 (394). Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (297); Röhl in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 15 (22). Zu der Lösung von Konflikten in Vereinen, Werner in: Gilles / Röhl / Schuster / Strempel, S. 127. 93 Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (303). 94 Gottwald, S. 12 f. 91 92

F. Konfliktnähe

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punkt der Konfliktnähe werden daher die personenbezogenen Konflikte den Beratern und Vermittlern, die rollenbezogenen Konflikte den Schiedsrichtern und Schlichtern mit Entscheidungsgewalt und die normbezogenen Konflikte den Richtern zugeordnet.95 Allerdings kann Mediation auf verschiedene Weise durchgeführt werden.96 Insbesondere zwischen der interessen- und rechtsorientierten Mediation bestehen erhebliche Unterschiede. Während die rechtsorientierte Mediation in Bezug auf die Komplexitätsverarbeitung eher einem Gerichtsverfahren entspricht, nähert sich die interessenorientierte Mediation der Beratung an. Bei Mediation kann berücksichtigt werden, was den Parteien wichtig ist. Dadurch bestimmen sie die Komplexität. Schwierig sind die Fälle, in denen die Beteiligten eine unterschiedliche Meinung über ihre Beziehung haben. Der Mediator muss dann zunächst auf die gemeinsame Definition ihrer Beziehung hinwirken. Wegen der größeren Einigungschance durch einen Kooperationsgewinn empfiehlt sich grundsätzlich die Einigung auf eine komplexere Beziehung. Der Mediator hat dann die Verhandlungen dem Komplexitätsgrad der Beziehung anzupassen, indem er zwischen Rechts- und Interessenmediation entscheidet und Schwerpunkte in den Verhandlungen setzt. 3. Nähe zum Definitionsprozess Der Definitionsprozess vollzieht sich auf drei Ebenen, dem Kontaktbereich der jeweiligen Parteien, der Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten und der professionellen Beratung. Auf jeder dieser Ebenen wird der Konflikt erstens im Hinblick auf das wahrgenommene Unrecht definiert, zweitens dieses auf ein zurechenbares Verhalten einer Person zurückgeführt und drittens ein Ausgleich thematisiert.97 Diese interaktive Konstruktion ist jedoch nicht festgeschrieben und zwingend. Vielmehr durchläuft der Konflikt als dynamischer Prozess die Stufen und Ebenen parallel und sogar rückwärts. Eine konfliktnahe Streitbeilegung zeichnet sich dadurch aus, dass dieser Entwicklungsprozess nicht insoweit abgeschlossen sein muss, dass ein Rechtskonflikt vorliegt. Die Konfliktdefinition kann in der Mediation anderes als vor Gericht gesteuert werden, da der Konflikt nicht unter Rechtsnormen subsumiert werden muss. Der Mediator hat dabei auf den Definitionsprozess umso mehr Einfluss, desto früher er von den Parteien einbezogen wird. Trotz der Nähe des Schlichters zum sozialen Teilsystem ist es unwahrscheinlich, dass ein fremder Dritter vor der Konfliktdefinition im jeweiligen Kontaktbereich angesprochen wird. Die Hinzuziehung eines Schlichters erfolgt insoweit nur zufällig im gemeinsamen Bekanntenkreis der Streitenden. Wegen des Vorrangs der selbstständigen Konfliktlösung 95 96 97

Gessner, S. 178 f. Gottwald, S. 50. Siehe 1. Teil C. 4.b).

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2. Teil: Grundsätze der Verfahrensgestaltung

ist es auch nicht sinnvoll, Schlichtungspersonen vor der direkten Auseinandersetzung zwischen den Konfliktparteien einzusetzen. Auch eine konfliktnahe Streitbeilegung sollte deshalb erst erfolgen, wenn eine einvernehmliche bilaterale Lösung nicht gefunden wurde und deshalb eine gewaltsame oder rechtliche Lösung bevorsteht. Dadurch kann noch eine Konfliktdefinition nach rechtlichen Kriterien vermieden werden. Der Konflikt ist zu diesem Zeitpunkt regelmäßig auch noch hinreichend diffus,98 damit der Mediator die Definition beeinflussen kann. Am Anfang des Verfahrens sollte daher nur eine Beschreibung der Konfliktsituation ohne die Beanspruchung und Begründung eines Ausgleiches stehen. Die Vermeidung einer einseitigen Konfliktdefinition durch einen professionellen Rechtsberater setzt aber voraus, dass die Schlichtungsstellen vor deren Einschaltung aufgesucht werden. Dies erfordert eine große Popularität und Anerkennung der Schlichtungsstellen. Diese ist durch die Schlichterauswahl und -bestellung herzustellen. Resümee Die Schlichterauswahl, die Verfahrenseinleitung und die Verhandlungsführung sind maßgebliche Faktoren für die erfolgreiche konfliktnahe Verfahrensgestaltung. Schlichter aus den jeweiligen Sozialsystemen verfügen oft nicht über die erforderliche Distanz. Die Möglichkeiten des tatsächlichen Einflusses auf das Leben des Vermittlers sind nämlich in kleinen Sozialsystemen groß.99 Die Nähe zum sozialen System ist daher wegen der Neutralität des Schlichters besser nur durch einen Schlichter aus einem vergleichbaren System herzustellen. Im Übrigen sind die sich aus der Konfliktnähe ergebenden Risiken, insbesondere der Normerosion, durch die Berücksichtigung des Rechts zu begrenzen.

Teilergebnis Das Fundament außergerichtlicher Verfahren ist die Privatautonomie. Die Verfahrensregeln müssen daher darauf ausgerichtet sein, eigenverantwortliche Entscheidungen der Parteien zu fördern. Gerade daher entscheidet die Zufriedenheit der Beteiligten über den Erfolg oder Misserfolg von Vermittlungsverfahren. Die Zufriedenheit hängt sowohl von deren Ergebnis als auch von der Verfahrensgestaltung ab. Das Verfahren muss sich durch eine neutrale unvoreingenommene Konfliktbehandlung auszeichnen, bei der sich die Parteien anerkannt fühlen und der Schlichtungsperson vertrauen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Verfahrensgestaltung ist die Konfliktnähe, also die Nähe des Schlichters zum System der Konfliktparteien, des Verfahrensprogramms zum Konflikttyp und die Nähe zum Definitionsprozess. Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (302). Zu den negativen Erfahrungen mit den gemeindlichen Friedensrichtern in BadenWürttemberg, Theilacker, S. 53 f. 98 99

3. Teil

Die Ausgestaltung eines Verfahrens zur Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung unter Berücksichtigung des § 15a EGZPO Die Gesellschaft muss sich darüber Klarheit verschaffen, in welchem Umfang sie die Lebensverhältnisse ihrer Mitglieder regeln will.1 Eine streitvermeidende hoheitliche Regelung sämtlicher potenzieller Konfliktherde ist nicht möglich und entspricht nicht unserer freiheitlichen Werteordnung. Wegen des Schutzes der persönlichen Freiheiten durch die Grundrechte ist entsprechend des Prinzips in dubio pro liberate grundsätzlich vom Vorrang privatrechtlicher Regelungen auszugehen, soweit kein höherwertiges Allgemeininteresse an einer hoheitlichen Regelung besteht.2 Deshalb enthielt das Gesetz zur Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Öffnungsklausel, die den Ländern die Einführung einer obligatorischen Streitschlichtungsinstanz ermöglichen sollte.3 Um eine langwierige Diskussion in Bezug auf die Prozessrechtsreform zu vermeiden, hat der Bundesgesetzgeber die damals bereits konsensfähige Öffnungsklausel herausgegriffen. Sie wurde mit einigen Ergänzungen als Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung vom Bundestag am 15. 12. 1999 beschlossen und trat am 1. 1. 2000 in Kraft.4 Der Gesetzgeber entschied sich damit für eine Deregulierung der Konfliktbewältigung. Für das Vorverfahren enthält § 15a EGZPO Leitgedanken, von denen die Länder nur teilweise abweichen können. Die Länder sind zwar nicht verpflichtet, § 15a EGZPO umzusetzen, jedoch besteht bei ihnen vielfach Interesse an einer außergerichtlichen Streiterledigung. Teilweise wurde bereits im Vorfeld des § 15a EGZPO versucht, die konsensuale Konfliktlösung zu beleben.5 Selbst die Absicht des Gesetzgebers, mit der Reform des Zivilprozesses eine richterliche Güteverhandlung einzuführen, bremste das Interesse der Länder an der außergerichtlichen Streitbeilegung nicht. Dies zeigen die Umsetzungen in Bayern,6 Nordrhein-Westfalen,7 Baden-Württem1 Zu dem unterschiedlichen Regelungsbedürfnis, Werner, Sächs. Akad., Bd. 136, Heft 5, S. 5 f. 2 Larenz / Wolf, § 1 Rdz. 40. 3 Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 2. 4 BGBl. I, 1999, 2400 ff. 5 So beispielsweise in Sachsen, Gesetz über die Schiedsstellen in den Gemeinden des Freistaates Sachsen vom 22. 4. 1999, GVBl, 1999, 247 ff. 6 BayGVBl, 2000, S. 268 ff.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

berg,8 Brandenburg,9 Hessen,10 dem Saarland,11 Sachsen-Anhalt12 und SchleswigHolstein13. Entgegen der Erwartung14 hat sich dieser Trend in anderen Bundesländern nicht fortgesetzt. Auf Grund des Experimentiergedankens waren diese Gesetze mit Ausnahme von Baden-Württemberg bis Ende 2005 befristet.15 Die Gesetze wurden in allen Ländern teilweise mit Änderungen verlängert,16 um Kontinuität zu wahren bis zur endgültigen Evaluation und der Erarbeitung von Veränderungsvorschlägen in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.

A. Ziele der Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens Die Chancen von Mediation sind vielfältig. Die unterschiedlichen Vorteile korrespondieren jedoch mit unterschiedlichen Verfahrensbedingungen, sodass Prioritäten gesetzt werden müssen. Die maßgebliche Intention des Gesetzgebers für die Öffnungsklausel und das Schlichtungsverfahren ist die Justiz- und damit Haushaltsentlastung.17 Das Ziel einer Justiz- und Haushaltsentlastung ist nur erreichbar, wenn das Schlichtungsverfahren von den Beteiligten als effiziente Alternative der Konfliktbewältigung wahr- und angenommen wird. Dies erfordert eine Ausgestaltung entsprechend dem Service-Delivery-Projekt. Des Weiteren ist noch die Zielsetzung des Gesetzgebers zu erkennen, dass eigenständige zukunftsorientierte Lösungen in Dauerbeziehungen gefördert und beziehungsimmanente Konfliktlösungsmechanismen wieder hergestellt werden sollen.18 Die emotionale Versöhnung von Streitparteien lässt sich weder gesetzlich noch von einem Dritten verordnen.19 Der obligatorische Sühneversuch in Ehesachen gemäß der §§ 608 ff. ZPO NRW GVBl, 2000, S. 476 ff. BW GBl, 2000, S. 470 ff. 9 BbgGVBl I, 2000, S. 134 ff. 10 Hess. GVBl, 2001, S. 98 ff. 11 SAmtsBl, 2001, S. 532 ff. 12 LSA GVBl, 2001, S. 174 ff. 13 Schl-H GVOBl, 2001, S. 361 ff. 14 Hartmann, NJW 2001, 2577; Zietsch / Roschmann, Beilage zu NJW 2001 Heft 51, 3. 15 Zietsch / Roschmann, Beilage zu NJW 2001 Heft 51, 3 (9). 16 Die Verlängerung erfolgte bis Ende 2006 in Brandenburg (BbgGVBl I, 2005, S. 254), bis Ende 2007 in Nordrhein-Westfalen (NRW GVBl, 2005, S. 917), bis Ende 2008 in Bayern (BayGVBl, 2005, S. 655), Sachsen-Anhalt (LSA GVBl, 2005, S. 726), Schleswig-Holstein (Schl-H GVOBl, 2005, S. 538) und im Saarland (SAmtsBl, 2005, S. 2055) und bis Ende 2010 in Hessen (Hess. GVBl, 2005 S. 782 ff.). 17 Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 17 ff.; zum Vorverfahren nach dem WahrnG, Bt-Drucks. 10 / 837, S. 24. Zur Kritik an dieser Zielsetzung, Flotho, DRiZ 1996, 353 ff.; Feix, S. 41 ff. 18 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 5. 7 8

A. Ziele eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens

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zur Versöhnung der Ehepartner und Aufrechterhaltung der Ehe war deshalb erfolglos20 und wurde abgeschafft. Lediglich in Ausnahmefällen bei dem beiderseitigen Wunsch sollte eine Versöhnung der Parteien angestrebt werden. Als maßgebendes, gesetzgeberisches Ziel darf die Fortsetzung der Sozialbeziehung daher nicht angesehen werden. Es ist dem Gesetzgeber aber auch nicht zu unterstellen, dass er eine Versöhnung im Sinne einer partnerschaftlichen emotionalen Aussöhnung beabsichtigt. Vielmehr verfolgt er die Aufrechterhaltung auf Grund der Respektierung des Standpunktes der anderen Seite. Dazu muss sich ein Verfahren mehr an dem Individual-Autonomy-Projekt als an dem Reconciliation-Projekt orientieren. Der Erleichterung des Zuganges zum Recht wird in der Gesetzesbegründung keine Bedeutung beigemessen. Soweit der Gesetzgeber sich mit der Unangemessenheit des gerichtlichen Verfahrens für Konflikte mit geringen Streitwerten ausspricht,21 erfolgt dies mit der Intention sie vom Rechtsweg fernzuhalten und weniger darum, ihnen überhaupt ein Forum zu schaffen. Im Hinblick auf die begrenzten Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung in außergerichtlichen Verfahren erscheint diese Beschränkung der Zielsetzung realistisch. Vielmehr kommt es insoweit darauf an, die Risiken gering zu halten. Eine Veränderung der Streitkultur ist langfristig erstrebenswert. Eine Zuwendung der Bürger zu der konsensualen Streitbeilegung setzt aber voraus, dass sie die Einsicht in die eigene Verantwortlichkeit erlangen und sich ihre Konfliktfähigkeit verbessert. Nur dann werden sie darin die bessere Alternative zur kontradiktorischen Auseinandersetzung sehen. Die Ziele des Gesetzgebers schließen sich jedoch teilweise aus. Der Service-Delivery-Ansatz kollidiert mit dem Individual-Autonomy-Projekt und dem Reconciliation-Projekt. Bei beiden sind die Voraussetzungen an den Schlichter und die Verhandlungsebene nicht unvereinbar, doch unterscheidet sich die Verhandlungsführung erheblich. Wenn Konflikte schnell und kostengünstig bewältigt werden sollen, bleibt für die Erarbeitung einer eigenen Lösung unter Einbeziehung eigener Wertvorstellungen und der Erzielung eines erzieherischen Effektes wenig Raum.22 Ein Spannungsverhältnis besteht ebenfalls zwischen dem Versöhnungsgedanken und der eigenverantwortlichen selbstständigen Konfliktlösung. Die eigenverantwortliche Entscheidung enthält gerade auch die Möglichkeit die Beziehung abzulehnen. Letztlich ganz schwer ist der Gedanke der Wiederherstellung des beziehungsimmanenten Konfliktlösungsmechanismus mit den Zielen einer schnellen und effektiven Streiterledigung zu vereinbaren. Hierfür sind die Anforderungen und Aufgaben des Dritten zu unterschiedlich. Diesen Zielkonflikt gilt es aufzulösen, indem einem Ansatz der Vorrang eingeräumt wird. Dabei ist der auszuwählen, bei dem für die Parteien die größte Mög19 Grunsky in: Dt. Landesberichte zum X. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung, S. 162. 20 Ruser, NJW 1969, 1146. 21 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 6. 22 Breidenbach, S. 224 ff.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

lichkeit besteht, auch das weitere Potenzial der außergerichtlichen Streitbeilegung auszunutzen. Dafür ist der Schwerpunkt auf die Suche nach effektiven Konfliktlösungen unter Berücksichtigung der individuellen Präferenzen und Besonderheiten zu legen. Den Parteien sollte zunächst die Möglichkeit gegeben werden, eine individuelle Lösung zu entwickeln. Wenn ihnen das nicht gelingt, ist das Recht für Konfliktlösungen heranzuziehen und eine Lösung an dessen allgemeinen Maßstab zu entwickeln. Das Verfahren muss dazu flexibel ausgestaltet sein. Es kann dann aber auch für verschiedene Fälle das passende Forum sein. Wenn dies erreicht wird und sich bei Konfliktlösungen Erfolge einstellen, ist eine positive Ausstrahlungswirkung zu erwarten. Eventuell würden dann sogar die Gerichte entlastet.23

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung Bei der Umsetzung der Prämissen in ein konkretes Verfahrensmodell, mit dem die präferierten Ziele verfolgt werden, muss aber auch die Flexibilität gewährt werden, dass abhängig von den Konflikten und den Parteien unterschiedliche Prioritäten gesetzt werden können. Auf dieser Grundlage werden im Folgenden die Landesvorschriften und § 15a EGZPO untersucht und im Rahmen eines eigenen Gesetzentwurfes Verbesserungsvorschläge gemacht.

I. Ein Vorverfahren als Voraussetzung der zulässigen Klageerhebung Die Einführung eines Vorverfahrens als Voraussetzung für die zulässige Klageerhebung bestimmt zwei Verfahrenselemente. Erstens wird der Zeitpunkt festgelegt und zweitens die Pflicht zur Durchführung vor Klageerhebung statuiert. 1. Der Zeitpunkt von Schlichtungsverhandlungen Der richtige Zeitpunkt ist für den Erfolg von Schlichtungsverhandlungen wichtig. Die Auffassungen zum besten Zeitpunkt für Schlichtungsverhandlungen unter Heranziehung von Dritten sind unterschiedlich.24

23 In diesem Sinne auch Feix, S. 46, die der Qualität der Streitbeilegung dazu Priorität einräumen will. 24 Schuster in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 189 (194). Verhandlungen zwischen den Parteien sollten möglichst unmittelbar bei Problemen erfolgen, sodass aus Problemen erst gar kein Konflikt entsteht.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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a) Später Zeitpunkt Vielfach wird die Entscheidungsreife als Zeitpunkt für Schlichtungsverhandlungen favorisiert und deshalb der Schlichtungsversuch als Prozessvoraussetzung abgelehnt.25 Vielmehr soll dann lediglich eine außergerichtliche Streitschlichtung gemäß des § 278 Abs. 5 ZPO stattfinden. Das wird mit der fehlenden Verhandlungsbereitschaft begründet, wenn die Parteien noch überzeugt sind zu gewinnen. Nach rechtlichen Ausführungen des Richters und der Beweisaufnahme können beide Seiten die Erfolgsaussichten einschätzen.26 In dieser Phase steht dann auf Grund der Risikoaversion der Parteien mehr die Befriedigung ihrer wahren Interessen als die Maximierung des Erfolges im Vordergrund. Die Chancen einer Lösung sind damit größer.27 Außerdem hat sich nach einer Weile die Erregung der Beteiligten gelegt, die zu Beginn eines Rechtsstreites am größten ist. b) Früher Zeitpunkt Häufig werden aber Schlichtungsbemühungen unter Hinzuziehung von Dritten im Vorfeld eines möglichen Gerichtsverfahrens empfohlen, sobald die zweiseitigen Verhandlungen gescheitert sind.28 In dieser frühen Phase der Definition des Konfliktes zwischen blaming und claiming ist der Konflikt nämlich noch nicht vollständig definiert. Die Verantwortlichkeit ist noch nicht ausdefiniert und die eigene Interessenlage noch nicht durch rechtliche Positionen verdeckt.29 Für einen frühen Zeitpunkt spricht weiter die Veränderung der Erwartungshaltung. Während man am Anfang über die eigene Berechtigung Zweifel hat, nehmen diese mit der Zeit ab. Auf Grund der subjektiven Selektion nehmen die Streitenden die Tatsachen, Fakten und Bewertungen besser wahr, die für sie vorteilhaft sind.30 Dadurch erwachsen oft überoptimistische Erwartungen, die sich negativ auf die Einigungsbereitschaft auswirken. Bei Mediationsverhandlungen in einer früheren Phase der Konfliktentwicklung sind diese Erwartungen noch nicht so stark ausgeprägt. Durch eine frühzeitige Behandlung wird außerdem die Konfliktschraube unterbrochen. Die Enttäuschungen über den Streit werden abgearbeitet und bilden kein weiteres Konfliktpotenzial, das die Beziehung belastet.31 Dadurch verhärtet und eskaliert 25 Mittermaier, AcP Bd. 11 (1828), S 144; Stadler, NJW 1998, 2479 (2582); Stickelbrock, JZ 2002, 633 (638); Katzenmeier, ZZP 2002, 51 (90); Schuster in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 189 (194). 26 Duve, S. 381 m. w. N. 27 Aus diesem Grund auch gegen einen Gütetermin zu Beginn des gerichtlichen Verfahrens nach § 278 Abs. 1 S. 1 ZPO, Dickmann, JZ 2000, 760 (762). 28 Gottwald, S. 20, 52; Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (79); Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (303). 29 Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (303). 30 Siehe auch 2. Teil B. II. 2. und 2. Teil C. II. 31 Gottwald, S. 20.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

der Konflikt nicht.32 Eine Einigung ist daher leichter möglich. Ebenso sprechen der Kostenaspekt sowie die positiven Erfahrungen mit Güteverfahren nach § 54 ArbGG für eine frühzeitige Konfliktbehandlung. Die Gerichtskosten sind noch nicht angefallen und können vermieden werden.33 Der Zeitraum, über den sich der Konflikt erstreckt, ist kürzer, wodurch auch die nicht monetären Kosten sinken. c) Entscheidung Die Begründungen zur Wahl des Zeitpunktes lassen erkennen, dass beide Standpunkte von einem unterschiedlichen Ansatz ausgehen. Die Anhänger von frühen Verhandlungen sehen den Konflikt noch gar nicht als Rechtskonflikt und wollen die Transformation in einen solchen verhindern. Demgegenüber gehen die Befürworter eines späteren Zeitpunktes bereits von einem Rechtskonflikt aus. Beide Ansichten betonen aber gemeinsam, dass die Beteiligten bei den Verhandlungen nicht emotional belastet sein dürfen. Diese gefühlsmäßige Belastung ist am Anfang eines Konfliktes noch gering, nimmt dann zu und erst nach der Transformation in einen Rechtskonflikt durch die damit verbundene Reduktion von Komplexität wieder ab. Die beiden Meinungen müssen deshalb nicht als Alternativen angesehen werden. Vielmehr ergänzen sie einander. Daher ist festzustellen, dass Mediation sowohl im unmittelbaren Anschluss an die gescheiterten Verhandlungen zwischen den Parteien als auch nach Klärung der wesentlichen Rechts- und Beweisfragen Erfolg versprechend ist.34 Dabei hat eine frühzeitige Streitbeilegung hinsichtlich der Kosten erhebliche Vorteile. Dementsprechend gelang es in einem Modellversuch in Baden-Württemberg auch nur vereinzelt Parteien eines bereits anhängigen Gerichtsverfahrens zu einer Mediation zu bewegen, während im Vorfeld insoweit größere Erfolge erzielt wurden.35 Allerdings bereitet die rechtzeitige Einbeziehung eines Dritten gegenwärtig Schwierigkeiten, da bei den Parteien das Bild des Anwalts als Prozessführer noch vorherrscht und dieser nicht gemeinsam von den Streitenden frühzeitig als Vermittler aufgesucht wird.36 Zur Veränderung dieser Vorstellung und Realität ist die Ausgestaltung als Vorverfahren zweckmäßig. Die Gerichtsentlastung durch die Ausnutzung des Filterpotenzials von Mediation setzt Duve, S. 380. Dies als Problem in dem Modellversuch von Baden-Württemberg ansehend, Goll, AnwBl. 2003, 274 (275). 34 In der gerichtsverbundenen Mediation des LG Göttingen wird unmittelbar mit der Mediation begonnen, sodass dieses Modell eigentlich einem vorausgehenden Güteversuch entspricht. Gleichzeitig wird dieses Modell als Wegbereiter der außergerichtlichen Mediation angesehen, von Olenhusen, ZKM 2004, 104 (105 f.). 35 Goll, AnwBl. 2003, 274 (275); Eisele, Jura 2003, 656 (663). 36 Den Zeitpunkt vor einem Gerichtsverfahren bereits als zu spät ansehend und deshalb insgesamt die Vorschaltung des Verfahrens ablehnend, Feix, S. 154. Zudem erarbeiten die Parteianwälte meist nur eine Strategie für ein Gerichtsverfahren und nicht zunächst für Verhandlungen, Fücker, ZKM 2004, 36 (38). 32 33

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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ebenfalls frühzeitige Verhandlungen voraus. Eine Verweisung nach Aufarbeitung der Sach- und Rechtslage durch den Richter führt zu keiner bedeutsamen Gerichtsentlastung.37 Die alleinige Möglichkeit der Verweisung aus dem Gerichtsverfahren hätte zudem weniger Auswirkung auf das Konfliktlösungsverhalten der Bürger.38 Ein Vermittlungsversuch ist daher nach den gescheiterten Verhandlungen der Parteien und vor einem Gerichtsverfahren angezeigt. d) Nachholung Allerdings wird jedoch teilweise die Durchführung des Vorverfahrens während des Prozesses gebilligt39 oder sogar auf Grund gescheiterter richterlicher Vergleichsbemühungen für entbehrlich erachtet40. Dies erfolgt einerseits mit dem Argument, dass ansonsten auch erneut Klage erhoben werden könnte und dies eine Mehrbelastung der Gerichte zur Folge hätte.41 Andererseits wurde die Durchführung eines Vorverfahrens auch als Prozessvoraussetzung eingeordnet und dementsprechend nur gefordert, dass es bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung stattgefunden hat.42 Beide Argumente können jedoch nicht überzeugen. Wenngleich im konkreten Einzelfall die Nachholung prozessökonomisch ist, wird das Ziel konterkariert, die Gerichte insgesamt zu entlasten. Das ist nämlich nur zu erreichen, wenn vor Klageerhebung ein außergerichtlicher Einigungsversuch unternommen wird. Anderenfalls ist mit einem parallelen Vorgehen zu rechnen, sodass abgesehen von den geringeren Einigungschancen43 eine selbstständige Institutionalisierung der außergerichtlichen Konfliktlösung nicht möglich ist.44 Dementsprechend ist von den umsetzenden Ländern insoweit zu Recht nicht von § 15a EGZPO abgewichen und die Durchführung des Verfahrens zur Voraussetzung der Klageerhebung gemacht worden, ohne deren Nachholung zu ermög37 Allerdings wäre die Flexibilität bei der Wahl des Zeitpunktes bei dem Verweisungsmodell für die Erfolgschancen im Einzelfall vorteilhaft, Greger, ZRP 1998, 183 (184 ff.). 38 Bei einem solchen Modell wird die Mediation als Teil des gerichtlichen Verfahrens wahrgenommen. Die Parteien verhandeln dadurch kaum kooperativ, sondern versuchen ihre Prozesschancen zu erhöhen, Schramm-Grüber / Breinlinger in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 166 (171). 39 OLG Hamm, MDR 2003, 387; AG Königstein, NJW 2003, 1954 (1955); Gummer in: Zöller, § 15a EGZPO Rdz. 25; Feix, S. 137; Reiß, S. 24 f. 40 LG München II, NJW-RR 2003, 355 f.; dagegen ausdrücklich, Jansen, S. 222. 41 So jedoch OLG Hamm, MDR 2003, 387, LG Kassel, NJW 2002, 2256; AG Königstein, NJW 2003, 1954 (1955); Friedrich, NJW 2002, 798 (799). 42 OLG Hamm, MDR 2003, 387. 43 Der Konflikt ist nämlich bereits verrechtlicht, beide Seiten sind von ihrer Rechtsposition fest überzeugt und der Einigungsgewinn muss die entstandenen Gerichtskosten übersteigen. 44 Beunings, AnwBl. 2004, 82 (84).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

lichen. Dass grundsätzlich Prozessvoraussetzungen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen müssen, ist noch kein Argument für die Nachholbarkeit des Schlichtungsverfahrens.45 Vielmehr müsste in Anbetracht des Gesetzeswortlautes, der Gesetzesmaterialien und des Sinn und Zweck begründet werden, dass die Durchführung des Vorverfahrens eine allgemeine Prozessvoraussetzung ist und die Nachholbarkeit nicht ausgeschlossen ist. Prozessvoraussetzungen für das ganze Verfahren sind von den Voraussetzungen einzelner Prozesshandlungen zu unterscheiden. Der Wortlaut des § 15a EGZPO und der Wille des Gesetzgebers sprechen dafür, die Durchführung des Schlichtungsverfahrens als Voraussetzung der zulässigen und wirksamen Klageerhebung anzusehen,46 der auch entsprechend umgesetzt wurde. Allerdings ist damit die Nachholung nicht per se ausgeschlossen. Die Möglichkeit der Heilung ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck zu beurteilen. Wie der Gesetzgeber ausdrücklich erwähnte kann die Bestätigung nachgereicht werden, doch muss das Schlichtungsverfahren vor Einreichung der Klage stattgefunden haben.47 Eine Nachholung des Schlichtungsverfahrens zur Heilung der fehlerhaften Klageerhebung kommt damit nicht in Betracht.48 Im Hinblick auf Sinn und Zweck der Norm sollte die Durchführung des Vorverfahrens weder zur Disposition der Parteien stehen noch wird dessen Zweck durch richterliche Vergleichsbemühungen erreicht, sodass auch insoweit eine Heilung des Fehlers ausscheidet. 2. Die obligatorische Ausgestaltung Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EGZPO haben die Länder die Möglichkeit, Güteverfahren als Prozessvoraussetzung auszugestalten. Dabei ist zwischen dem möglichen Zwang zur Teilnahme und der verbleibenden Entscheidungsfreiheit über die Einigung zu unterscheiden. Die Länder müssen jedoch keine Gütestellen institutionalisieren und ein etwaiges Güteverfahren nicht obligatorisch ausgestalten. Vor dem Hintergrund des § 15a EGZPO sind daher die Auswirkungen von Zwang sowie andere Möglichkeiten zur Förderung außergerichtlicher Streitbeilegung zu untersuchen. a) Überwindung der mangelnden Inanspruchnahme von Schlichtungsverfahren durch Zwang In Deutschland bestehen bereits viele verschiedene Einrichtungen, die eine außergerichtliche Konfliktlösung anbieten. Deren Angebot wird bisher allerdings 45 46 47 48

So jedoch OLG Hamm, MDR 2003, 387. Bt-Drucks. 14 / 980, S. 6. Bt-Drucks. 14 / 980, S. 6. So im Ergebnis auch Stickelbrock, JZ 2002, 633 (636).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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nicht ausgeschöpft.49 Die Ursachen liegen teilweise in der Organisation begründet, sind aber bedingt durch die Besonderheiten einvernehmlicher außergerichtlicher Verfahren. Eine wesentliche Ursache ist die geringe Popularität.50 Wenn die Bürger die Verfahrensangebote nicht kennen, können sie diese nicht nutzen. Oft sind die Schlichtungsstellen auch nur in einem engen sachlichen und örtlichen Bereich zuständig,51 wobei für die Bürger die Zuständigkeitsregeln nur schwer verständlich sind und sie daher von einer Inanspruchnahme absehen. Darüber hinaus werden Schlichtungsstellen gemieden, da die Bürger vielfach Zweifel an der Neutralität und Unabhängigkeit der Schlichter haben,52 wenn die Einrichtung vom Konfliktgegner unterhalten wird. Außerdem werden die Schlichtungsstellen mit Laienbesetzung oft auf Grund von Vorbehalten gegen die fachliche Kompetenz abgelehnt.53 Als weitere Ursache wird auch eine mangelnde Anbindung der Schlichtungsstellen an den Rechtsweg angesehen,54 insbesondere wegen der fehlenden Durchsetzbarkeit der Lösung. Mit der obligatorischen Ausgestaltung können einige dieser Schwachstellen überwunden werden. Die Pflicht zur Durchführung steigert den Bekanntheitsgrad von Vermittlungsverfahren. Nach der Durchführung des Schlichtungsverfahrens werden sie vom Angebot der Schlichtungsstellen wissen.55 Wenn die Bürger einen positiven Eindruck von der außergerichtlichen Streitschlichtung gewonnen haben, werden sie Schlichtungsstellen auch freiwillig bei anderen Konflikten in Anspruch nehmen. Zusätzlich berichten die Beteiligten von ihren Erfahrungen im Freundeskreis, wodurch die Popularität exponential steigt. Das Hindernis der mangelnden Bekanntheit der Schlichtungsstellen wird somit überwunden. Die Vermittlungsverfahren werden außerdem durch die Ausgestaltung als Klageerhebungsvoraussetzung an den Rechtsweg angebunden und dadurch aufgewertet. Dabei wird das Schlichtungsverfahren nicht zu einem Teil des Gerichtsverfahrens wie der Sühneversuch der Emminger-Novelle von 1924. Das Interesse an einer Einigung wird deshalb nicht durch die Möglichkeit des fließenden Übergangs zur streitigen Verhandlung geschmälert.56 Die kritisierten Mängel betreffend die Kompetenz, 49 Clausen, AnwBl. 1997, 530; Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (13); Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (70 ff.); Feix, S. 91. 50 Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (146 f.); Demant / Dotterweich / Morasch / Reichelt, S. 148. 51 Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (146 f.); Demant / Dotterweich / Morasch / Reichelt, S. 149; Micklitz, DRiZ 1983, 119 (126 f.); Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (222 f.). 52 Demant / Dotterweich / Morasch / Reichelt, S. 148 f.; Micklitz, DRiZ 1983, 119 (126 f.); Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (222). 53 Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (146 f.); Micklitz, DRiZ 1983, 119 (126 f.). 54 Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (147); Micklitz, DRiZ 1983, 119 (127). 55 Deshalb wird die Pflicht zur Schlichtung mit der Gurtpflicht verglichen, die ebenfalls zum Wohl der Bürger eingeführt wurde. Die Vorteile wurden vom Bürger erkannt und Sicherheitsgurte werden nun freiwillig genutzt, Behrens, DRiZ 1997, 236 (237); ähnlich Ponschab, AnwBl. 1997, 520 (521). 56 Goll, ZRP 1998, 314 (318).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Neutralität und Zuständigkeit können durch die Landesschlichtungsgesetze beseitigt werden. Als weiterer Grund für die geringe Anzahl der durchgeführten Schlichtungen ist die notwendige Einigung auf ein Schlichtungsverfahren anzuführen. Zu Beginn von Beziehungen werden Konflikte nicht erwartet oder verdrängt. Oftmals unterbleibt beim Eingehen von Beziehungen die vorsorgliche Absprache über die Behandlung etwaiger Streitigkeiten. Die Aufnahme entsprechender Klauseln wird mit Misstrauen bewertet und gefährdet den Abschluss von Verträgen. Zwar lässt sich in bereits bestehenden Beziehungen vor dem Konflikt verhältnismäßig einfach noch eine Schlichtungsvereinbarung treffen, allerdings besteht dann kein Anlass. Nach dem Ausbruch von Streitigkeiten verursacht dagegen bereits die Einigung auf ein Schlichtungsverfahren Probleme, weil das Angebot zu Verhandlungen als Schwäche angesehen werden könnte und die Parteien diesen Eindruck vermeiden wollen.57 Dies wird übersehen, wenn bereits auf Grund der Verweigerung von Verhandlungen oder deren Abbruch auf die fehlende Einigungsbereitschaft geschlossen wird. Die obligatorische Ausgestaltung überwindet diese Hürde.58 Mediationsverhandlungen kommen auch deshalb nicht zustande, weil die Partei mit der größeren Verhandlungsmacht diese verweigert.59 Der Mediator klärt beide Parteien über Verhandlungstechniken auf und informiert sie über die Rechtslage, wobei der Umfang durch die Neutralität bestimmt wird.60 Infolge dessen kann sich der Vorteil der ursprünglich überlegenen Seite verringern. Diese hat daher nach dem Scheitern der bilateralen Verhandlungen kein Interesse an Schlichtungsverhandlungen. Bei der obligatorischen Ausgestaltung können Mediationsverhandlungen jedoch nicht im Vertrauen auf die außerrechtliche Macht verweigert werden. Ein weiteres Problem der fakultativen Schlichtung ist bereits die Auswahl eines Dritten. Soweit sich beide Parteien nicht gemeinsam und unmittelbar an einen Mediator wenden, sind die Chancen in Deutschland für die Vermittlung durch einen neutralen Dritten schlecht. Die Bürger suchen nach dem Scheitern der bilateralen Verhandlungen einen Anwalt auf, wenn sie sich zur weiteren Rechtsverfolgung entschlossen haben. Dieser soll ihren Prozess führen. Ein Anwalt wird aber dann kaum seinem Mandanten erklären wollen und können, dass dieser einen anderen Anwalt mit der Schlichtung beauftragen soll.61 Dieses Verhalten würde den Anschein erwecken, als ob er der Aufgabe nicht gewachsen sei oder diese nicht erledigen wolle. Mit einer solchen Empfehlung würde der Anwalt nicht die ge57 Breidenbach, S. 152; Haß, AnwBl. 1989, 462 (465); Casper / Risse, ZIP 2000, 437 (445); Kraft, VersR 2000, 935 (937); Greger, ZKM 2004, S. 196 (197). 58 Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (54). 59 Oftmals hat die Partei mit dem Status quo zu ihren Gunsten kein Interesse an Verhandlungen, wenn sie nicht mit der Mobilisierung des Rechts durch die andere Partei rechnet. 60 Breidenbach, S. 174 ff. 61 Diese Notwendigkeit ergibt sich aus der berufsrechtlichen Unzulässigkeit der Tätigkeit als Mediator nach vorangehendem Einzelmandat wegen des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen nach § 43a Abs. 4 BRAO oder analog § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO, vgl. dazu Henssler, AnwBl. 1997, 129 (131); Henssler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23, S. 525 (529 f.); Schlussbericht des BRAK-Ausschusses, BRAK-Mitt 1996, 186 ff.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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wünschte Dienstleistung erbringen, und die Mandanten wären unzufrieden. Weiterhin lernt der Mandant auf diese Weise mindestens zwei Anwälte kennen, deren Fähigkeiten er vergleichen kann.62 Diese Konkurrenzsituation möchten die Anwälte vermeiden.63 Weiterhin entstehen den Beteiligten bei Scheitern der Schlichtung höhere Kosten und ein höherer Zeitaufwand als bei sofortiger Beschreitung des Rechtsweges. Diese werden dem die Schlichtung ratenden Anwalt angelastet. Es ist daher verständlich, dass Anwälte nicht dazu neigen, die Schlichtung durch einen Dritten zu empfehlen.64 Eine obligatorische Streitschlichtung macht das Güteverfahren zum Bestandteil des Rechtsweges. Dessen Durchführung ist vorgeschrieben und kann dem Anwalt vom Mandanten nicht zur Last gelegt werden. Dessen Kosten müssen von Anfang an mit einbezogen werden. Der Hinweis auf das Schlichtungsverfahren ist unausweichlich und der Vergleich mit anderen Anwälten nicht zu verhindern. Die obligatorische Ausgestaltung vermeidet daher, dass ein Schlichtungsverfahren an Hürden der Hinzuziehung eines Mediators scheitert.65 Ursache der geringen Inanspruchnahme von Schlichtungsverfahren ist aber auch, dass die Parteien die Beziehung im Konflikt ablehnen und diese nicht fortsetzen wollen. Mediation setzt aber gerade eine Beziehung voraus, um einen Kooperationsgewinn zur Befriedigung der beiderseitigen Interessen zu erzielen. Es erscheint daher widersprüchlich, wenn die Beziehung der Beteiligten durch ein Verfahren beendet werden soll, das für seinen Erfolg zumindest die vorübergehende Fortsetzung dieser erfordert. Den Konfliktparteien erscheint deshalb Mediation zur Beilegung ihres Konfliktes ungeeignet. Allerdings resultiert die Ablehnung der Beziehung häufig nur aus dem Konflikt, sodass mit einer Lösung auch die Beziehung nicht mehr abgelehnt wird. Die Parteien verkennen somit die Chance, ihren Nutzen zu vergrößern. Bei der zwingenden Vorschaltung von Mediation können ihnen die Vorteile anhand ihres Konfliktes vorgeführt werden. Es besteht die Hoffnung, dass sie zukünftig auf Grund der positiven Erfahrungen bei anderen Streitigkeiten Mediation freiwillig als Konfliktlösungsverfahren durchführen. Mithin ist die Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens für geeignete Fälle zur Förderung der konsensualen Streitbeilegung zu rechtfertigen.66

b) Die Auswirkungen von Zwang im Mediationsverfahren Konsensuale Streitschlichtung stammt in ihrer ursprünglichen Form aus herrschaftsfreien Gesellschaftssystemen, doch wurde der Gütegedanke später stets mit Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (75). Jansen, S. 301; Matschke, AnwBl. 1993, 259 (260), der deshalb einen Rechtsanwalt aus einem anderen Ort vorschlägt. 64 Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (530). 65 Dennoch zweifelnd, Nelle / Hacke, ZKM 2001, 56 (58). 66 Wagner, JZ 1998, 836 (842). Für eine Beschränkung auf aussichtsreiche Fälle, Nelle / Hacke, ZKM 2001, 56. 62 63

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

dem Gerichtsverfahren in Zusammenhang gebracht.67 Daher wird die Freiwilligkeit als herausragendes Kennzeichen und die Einführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens unter Berufung auf den Mediationsgedanken als widersprüchlich angesehen.68 Zudem kann ein Schlichtungsverfahren nur erfolgreich sein, wenn die Parteien miteinander reden und verhandeln wollen,69 da eine Pflicht zur Einigung ausgeschlossen ist. Die verschiedenen Formen der heutigen außergerichtlichen Streitbeilegung bildeten sich aber als Alternative zum Zivilprozess heraus und diese Entwicklung war von Anfang an mit Zwang verbunden. Zwar resultierte der Zwang nicht aus einer normativen Sperre,70 aber aus den faktischen Umständen.71 Die Verfahrensdauer in Amerika ist deutlich länger und die Inanspruchnahme auch für den Obsiegenden teuer, und in Japan besteht ein kultureller Druck zur Suche nach Einigungslösungen. Es gilt dort, eine forensische Auseinandersetzung zu vermeiden. Der Druck durch die Verfahrensdauer oder die Gesellschaft ist nicht mit einer gesetzlichen Pflicht gleichzusetzen. Damit sind auch die Untersuchungsergebnisse aus den USA zu erklären, wonach sich die später eingeführte Pflicht zur Mediation nicht negativ auf das Verfahren auswirkt72 und die Parteien mit obligatorischen Schlichtungsverfahren zufrieden sind.73 Auf Grund der Unterschiede im Kultur- und Gerichtssystem darf nicht erwartet werden, dass sich die Entwicklung in Deutschland parallel nachvollziehen lässt.74 Anders als bei faktischem oder sittlichem Druck lässt nämlich das Recht keine Freiheit. Zudem muss auch die Relativität der Beurteilung des Verfahrens berücksichtigt werden, die aus dem Vergleich zum potenziellen forensischen Verfahren resultiert. Das deutsche Justizsystem ist für den Obsiegenden kostenfrei und trotz aller Probleme erheblich schneller. Damit Bürger einen obligatorischen Güteversuch nicht als lästig empfinden, müssen sie erkennen, dass das Gerichtsverfahren das größere Übel gegenüber der außergericht67 Zur Historie der Schlichtungsverfahren, Strempel, ZRP 1998, 319 (320 ff.); Röhl, DRiZ 1983, 90 (92 ff.). 68 So Wesche, ZRP 2004, 49 (52); Stadler, NJW 1998, 2479 (2482); Strempel, ZRP 1998, 319 (322); Grisebach AnwBl. 1997, 528; Schöpflin, JA 2000, 157 (164); Labes, DZWiR 1998, 353; Stadler, NJW 1998, 2479 (2482); Grisebach, AnwBl. 1997, 528. Aus diesem Grund ist die außergerichtliche Schlichtung in Frankreich nur im Einverständnis der Parteien möglich, Wagner, JZ 1998, 836 (844) m. w. N. 69 Wassermann, RuP 1998, 74 (78); Hoffman-Riem, ZRP 1997, 190 (196); Taupitz, ZRP 1997, 161 (164). 70 Allerdings gibt es inzwischen auch in den USA obligatorische Schlichtungsverfahren, Duve, S. 377. Zum obligatorischen Med-Arb-Verfahren des State Court in Hawaii, Krapp, ZRP 1994, 115 (117). 71 Ponschab, AnwBl. 1997, 520 (521). 72 Zu diesem „Mediation-Paradox“ genannten Phänomen, McEwen / Milburn, 9 Negotiation Journal 1993, 23 (25 ff.). Zu den Erfahrungen in Australien, Gottwald, ZKM 2003, 6 (10). Gegen jeglichen Zwang, Strempel, ZRP 1998, 319 (322); Breidenbach, S. 272. 73 Schuhmacher, ZKM 2001, 19; Sander in: Gottwald / Strempel, S. 31 (35). 74 Aus diesen Gründen gegen die Alternative Streitschlichtung, Schütze, ZVglRWiss Bd. 97 (1998), 117 ff.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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lichen Konfliktbeilegung ist.75 Dies kann jedoch nur der Fall sein, wenn die bestehenden Chancen realisiert werden. Ein wesentliches Problem der obligatorischen Ausgestaltung ist die Reputation von außergerichtlichen Verfahren. Soweit keine sinnvolle Fallauswahl getroffen wird, scheitert das Verfahren in vielen Fällen. Das führt zu einem negativen Image des Schlichtungsverfahrens. Außerdem vermittelt die obligatorische Ausgestaltung nach dem Streitwert das Bild einer Zweiklassenjustiz, wobei die Gerichte zugunsten der höheren Klasse und auf Kosten der sozial Schwächern entlastet werden.76 Bei der Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens als Prozessvoraussetzung wird das Verfahren auf Grund eines gesetzlichen Erfordernisses durchgeführt. Abhängig von der konkreten Ausformung wird der Mediator durch den Staat oder die Parteien beauftragt. Die erforderliche Berufung zur Durchführung eines obligatorischen Güteverfahrens zeigt die Verbindung zur Staatsgewalt. Der Mediator wird deshalb von den Beteiligten vermutlich als mit staatlicher Macht ausgestattet wahrgenommen.77 Die mangelnde Entscheidungsmacht des Mediators könnte als Machtlosigkeit des Staates angesehen und damit negativ bewertet werden. Ein weiterer Nachteil der obligatorischen Ausgestaltung ist, dass der psychologische Effekt der Entscheidung für die Durchführung des Verfahrens entfällt.78 Die Zustimmung zu dem Verfahren ist zunächst nur ein sehr kleines Entgegenkommen,79 wirkt sich aber sehr vorteilhaft für die Folgezeit aus. Die Parteien sind dann eher zu weiteren Zugeständnissen bereit, da sie eine Dissonanz zwischen der ersten Entscheidung und dem weiteren Verhalten vermeiden wollen.80 Die freiwillige Teilnahme bezeugt also nicht nur, sondern verstärkt auch die Verhandlungs- und Einigungsbereitschaft. Dieser positive Effekt tritt nicht auf, wenn die Verhandlungen zwangsweise stattfinden. Es fehlt dann die eigene Entscheidung, an der sich die Konformität des weiteren Handelns ausrichtet. Allerdings ist es leichter, eine bisher unterbliebene Handlung weiter zu unterlassen, als eine begonnene Handlung abzubrechen.81 Demnach ist die Beendigung 75 Jansen, S. 231 f. verneint, dass das Gerichtsverfahren mit der potenziellen Kostenlast dem Bürger als vermeidenswürdiges Übel erscheint, insbesondere wenn eine Rechtsschutzversicherung besteht. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass Untersuchungen eine prozesstreibende Kraft der Rechtsschutzversicherungen nicht bestätigen und die Bürger deshalb vielmehr von ihrer Rechtsposition überzeugt sind. Letztlich hat die unterliegende Partei auch nicht nur die Verfahrenskosten zu tragen, sondern scheitert auch mit der Durchsetzung ihrer Interessen. Dies dürften die Parteien bereits als ein vermeidungswürdiges Übel ansehen. 76 Gottwald, S. 217; ders. BRAK-Mitt 1998, 60 (62). 77 Duss-von Werdt, ZKM 2000, 4. 78 Die Untersuchung früherer obligatorischer und fakultativer Schlichtungsverfahren zeigt dementsprechend eine grundsätzlich höhere Einigungsquote bei fakultativen Schlichtungsverfahren, Bösken, S. 279, 287. 79 Zu weiteren kleinen Schritten zur Förderung der Verhandlungen, Fisher / Ury / Patton, S. 106 ff. 80 Zur Dissonanzreduktion als Motivation, Beckmann, S. 32 ff. Zum Einsatz dieser Techniken bei richterlichen Vergleichsverhandlungen, Egli, S. 105 ff. 81 Fisher / Ury / Patton, S. 118.

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der zwangsweise begonnenen Verhandlungen schwieriger als die Aufnahme von Verhandlungen mit Hilfe eines Dritten. Ohne den ernsthaften Willen zu einer konsensualen Lösung sind die Erfolgschancen für das Verfahren dennoch gering. In diesen Fällen steht der Mediator einer besonderen Herausforderung gegenüber. Mangelnder Kooperationswille führt dazu, dass die Parteien kompetitive Verhandlungsstrategien verfolgen. Einen ähnlich positiven Effekt wie bei der freien Entscheidung für Verhandlungen kann der Mediator erzielen, indem er nach der Darstellung des Verfahrens mit seinen Chancen die Parteien fragt, ob sie ein solches durchführen wollen. Auf Grund der geschilderten Chancen werden die Parteien kaum ablehnen, womit die erste verfahrensmäßige Übereinkunft erzielt wurde. Außerdem kann der Mediator kompetitive Verhandlungsstrategien aufdecken und durch das Aufzeigen denkbarer win-win-Lösungen die Kooperationsbereitschaft der Beteiligten wecken. Wenn ihm das gelingt, verliert der Zwang zur Teilnahme an Bedeutung. c) Alternativen zur obligatorischen Ausgestaltung Die Möglichkeiten zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung sind aber vielfältig. Es gilt daher, die Vor- und Nachteile der möglichen Alternativen zum Schlichtungszwang zu untersuchen. aa) Verbesserung des Angebotes Eine Steigerung der Inanspruchnahme wäre durch ein attraktiveres Angebot zu erreichen.82 Dazu müssten starre Zuständigkeitsregelungen der privaten Schlichtungsstellen abgeschafft und die Neutralität abgesichert werden. Soweit die Prinzipien der Fairness eingehalten würden, könnten die Einigungen als Vollstreckungstitel anerkannt werden. Auf das Angebot privater Schlichtungsstellen hat der Staat jedoch nur geringen Einfluss. Eine durchgreifende Verbesserung des Angebotes kommt daher durch die staatliche Einrichtung und Anerkennung von Schlichtungsstellen in Betracht. Mit der Erweiterung des Angebotes allein kann aber dessen Ausnutzung nicht gesichert werden. Die Vorbehalte der Parteien bezüglich der Fortsetzung der Beziehung sowie die Abneigung gegenüber weiteren Verhandlungen bleiben jedoch bestehen. Die Verbesserung des Angebotes kann und muss daher nur ein Teil eines Programms zur Förderung der konsensualen Streitbeilegung sein.

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Wesche, ZRP 2004, 49 (52).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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bb) Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit Mehr Öffentlichkeitsarbeit und bessere Aufklärung über das Angebot der Schlichtungsstellen sind weitere Möglichkeiten, die Inanspruchnahme dieser zu erhöhen.83 Parallel dazu sollten die Schlichtungsstellen im Hinblick auf ihre Zuständigkeit transparenter gestaltet werden. Solche Maßnahmen überwinden jedoch nicht die Hindernisse, die einer Mediationsvereinbarung und der Einschaltung eines Mediators nach der anwaltlichen Beratung entgegenstehen. cc) Kostenanreize Zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung kommen auch Kostenanreize in Betracht. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind jedenfalls vielfältig.84 Beispielsweise könnten die Schlichtungsverfahren subventioniert oder die Gerichtskosten so ausgestaltet werden, dass die Durchführung eines Vorverfahrens belohnt wird. Eine Steigerung der Kosten für die Justiz ist damit nicht notwendig verbunden, da allein auch die Kostenverteilung das Vorverfahren begünstigen kann. Auf Gebühren muss nicht verzichtet werden, wenn diese der Antragsgegner tragen muss, falls er nicht zur Beratung kommt.85 Damit würde auf beiden Seiten ein Anreiz geschaffen. Durch Kostenanreize wird ein geringerer Druck ausgeübt als durch die obligatorische Ausgestaltung. So entstände nach der Entscheidung zum Schlichtungsverfahren eine größere kognitive Dissonanz bei den Parteien, wenn sie im Verfahren die Verhandlungen blockieren. Die Beteiligten werden deshalb grundsätzlich verhandlungsbereiter sein. Kostenanreize sind aus psychologischer Sicht daher vorteilhafter als die obligatorische Ausgestaltung. Weiterhin können die Anwälte ihren Mandanten damit plausibel den Vorschlag begründen, ein Schlichtungsverfahren durchführen zu wollen. Hinreichende Gebührenanreize für die Anwälte, um die Beteiligten zu Schlichtungsverhandlungen zu motivieren, sind mit den RVG, VV geschaffen worden.86 Kostenanreize wirken aber nur, wenn die Parteien die Kosten tragen. Die Anreizwirkung der Kosten entfällt deshalb bei rechtsschutzversicherten Parteien. Eine Mitwirkung der Versicherungswirtschaft durch angepasste Verträge wäre deshalb erforderlich.87 Die Prozesskostenhilfe müsste ebenfalls entsprechend reformiert werden. Prozesskostenhilfeberechtigte sollen dabei nicht benachteiligt werden, etwa durch deren vollständige Versagung bei Unterlassen eines 83 Busse, Anwbl 1997, 522 (523); Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (529); von HoyningenHuene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 195; Alexander, S. 261. 84 Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190 (197); für eine Kostenregelung entsprechend § 93 ZPO, Feix, S. 215. Zur bestehenden Rechtslage, Mankowski, ZKM 2004, 8 ff. 85 So zur Förderung des Schiedsmannwesens, Seetzen, DRiZ 1980, 177 (179). 86 Siehe 1.Teil C. I. 3. c). 87 Zu konkreten Vorschlägen, Spindler / Apel / Spalckhaver, ZKM 2003, 192 (196).

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außergerichtlichen Vorverfahrens, doch sollen sie auch nicht von Zweckmäßigkeitsüberlegungen befreit werden.88 Letztlich zeigt die geringe Inanspruchnahme vieler Schlichtungsstellen trotz niedriger Schutzgebühren, dass die Kosten für die Streitenden nicht allein ausschlaggebend sind. Zudem können Geldanreize kurzfristig sinnvoll sein, doch sollten langfristig die Bürger sich nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern aus Überzeugung der außergerichtlichen Konfliktlösung zuwenden. Kostenanreize können daher nicht in dem gleichen Umfang wie eine obligatorische Ausgestaltung die Inanspruchnahme von Schlichtungsangeboten sicherstellen. dd) Materielle Neu- und Nachverhandlungspflichten Ein ganz anderer Weg der Förderung von Verhandlungen zur Konfliktlösung wäre die Statuierung oder Anerkennung materieller Neu- und Nachverhandlungspflichten.89 Allerdings wird damit grundsätzlich nur eine Pflicht zum Verhandeln begründet. Die Art und Weise der Verhandlungen bleibt jedoch offen, insbesondere die Hinzuziehung eines Dritten. Soweit auch ein Forum vorgegeben wird, besteht aber kein Unterschied mehr zur obligatorischen Vermittlung. Solche Regelungen wären auch dem materiellen Recht zuzuordnen. Die Länder können sich deshalb nicht auf die Ermächtigung des § 15a Abs. 5 EGZPO berufen. Darüber hinaus ist im Hinblick auf das verfahrensmäßige Schwergewicht eine Regelung im Verfahrensrecht sachgerechter, sodass von dieser Möglichkeit abzusehen ist. ee) Beratungspflicht Eine andere Möglichkeit zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung ist die individuelle Beratung. In Anlehnung an die Beratungspflicht vor Schwangerschaftsabbrüchen könnte die Klage nur nach der Beratung zulässig sein. Demnach müssten sich Kläger und Beklagter über die Chancen und Risiken eines Mediationsverfahrens beraten lassen. Eine Einzelberatung würde die Schwierigkeiten für den Abschluss einer Mediationsvereinbarung jedoch kaum verringern. Deshalb empfiehlt sich eine gemeinsame Beratung. Diese kann auf Wunsch der Parteien in ein Mediationsverfahren übergehen. Der maßgebliche Vorteil dieses Modells liegt in der Sicherung der freien Entscheidung über die Durchführung des Verfahrens. Auf Grund der vorgegebenen 88 Vgl. OLG Hamm, ZKM 2003, 232 f.; AG Bochum, ZKM 2003, 233; OLG Köln, MDR 1990, 638; LG Aurich, NJW 1986, 792; Mankowski, ZKM 2003, 197 (198 ff.). 89 Für Neuverhandlungspflichten, Horn, AcP Bd. 181 (1981), 255 (275 ff.); ders. in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I, S. 551 (636 ff.); Nelle, S. 206 ff.; gegen einen allgemeinen Tatbestand der Neuverhandlungspflichten, Martinek, AcP Bd. 198 (1998), S. 329 (360 ff., 398 ff.).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Situation ist die Entscheidung für ein Schlichtungsverfahren aber wahrscheinlich. Die Verhandlungen über den Konfliktgegenstand erfolgen dann nur auf Grund des Wunsches der Parteien. Folglich entstände bei der Verweigerung und Blockade des Mediationsverfahrens eine kognitive Dissonanz. Die Wahrscheinlichkeit von ernsthaften Einigungsbemühungen und weniger kompetitiven Verhandlungsstrategien ist daher größer als bei obligatorischen Verhandlungen. Der innere Widerstand ist zwar nicht auszuschließen, jedoch wird dieser weniger intensiv als bei obligatorischen Schlichtungsverfahren sein. Die Beratungspflicht vermeidet außerdem den Eindruck einer Zweiklassenjustiz. Die Pflicht zur Beratung kann und sollte nur für bestimmte Streitigkeiten eingeführt werden, sodass der sofortige Weg zu den Gerichten in anderen Angelegenheiten offen bleibt. Ein Vorwurf über die Abschiebung der sozial Schwachen an Gerichte zweiter Klasse kann jedoch nicht erhoben werden, da kein Zwang zu einem Schlichtungsverfahren besteht. Dieser Weg hat auch den Vorteil, dass beide Parteien zusammengeführt und eine Basis für Kommunikation geschaffen wird. Verhandlungen werden unter diesen Umständen nicht als Schwäche ausgelegt, sondern erscheinen effektiv und vernünftig.90 Durch anschließende Verhandlungen können die Parteien bei dieser Konstruktion nur gewinnen, sodass die Argumente für einen sofortigen Schlichtungsversuch wohl überzeugen werden. Auf Grund der ohnehin stattfindenden Beratung ist auch bei gescheiterten Verhandlungen gegen die Parteianwälte kein Vorwurf zu erheben, wenn sie diese empfohlen haben. Bei dem obligatorischen Beratungsgespräch lernen die Beteiligten gleichfalls andere Juristen kennen und werden Vergleiche ziehen. Für die Anwälte entfällt also dieser Grund, Schlichtungsverhandlungen zu meiden. Außerdem müssen die Anwälte in der Erstberatung auf die Pflicht zur Beratung und auf die Kostenregelung hinweisen, um sich nicht haftbar zu machen.91 Parteianwälte verursachen für die Beteiligten zunächst auch Kosten. Folglich werden viele Parteien beim Beratungsgespräch nicht anwaltlich vertreten sein, sodass Hindernisse durch Rechtsanwälte seltener auftreten. Der tatsächliche Unterschied zur obligatorischen Ausgestaltung ist jedoch dabei – abhängig von der konkreten Ausgestaltung – nicht so groß. Bei allen Schlichtungsverfahren werden die Beteiligten zunächst über das Verfahren aufgeklärt. Vielfach können sie das Verfahren jederzeit abbrechen. Ein sachlicher Unterschied besteht demnach nicht, sodass die Idee des Beratungsgesprächs überflüssig erscheint. Allerdings wird auf dieser Weise kein Zwang zu Verhandlungen erkennbar.92 Die Beratung stellt sich trotz Erscheinenspflicht eher als Hilfe dar, den richtigen Weg zur Konfliktlösung zu finden. Die Pflicht zur Beratung hat deshalb eine 90

Für die Überwindung dieses Hindernisses durch Zwang, Nelle / Hacke, ZKM 2001, 56

(58). 91 Eine Informationspflicht über außergerichtliche Konfliktlösungsoptionen wurde bereits teilweise in den USA für die Anwälte vorgeschrieben, Gottwald, AnwBl. 2000, 265 (267). 92 Gegen den erkennbaren Einsatz von Zwang, Bierbrauer / Gottwald in: Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel, S. 191 (197).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

andere psychologische Wirkung als der Zwang zur Schlichtung und vermindert etwaigen Widerstand. Die Erfolgschancen für eine Einigung sind somit höher, und die Zufriedenheit mit dem Verfahren ist wahrscheinlicher, weil die Parteien nach der eigenen Entscheidung für Verhandlungen eine kognitive Dissonanz vermeiden wollen. Die obligatorische Beratung weist also nicht die Nachteile der obligatorischen Schlichtung auf. Gleichwohl können auf diese Weise die maßgeblichen Hürden der geringen Inanspruchnahme des Schlichtungsangebotes überwunden werden. Die obligatorische Beratung kann demnach sogar mehr als ein obligatorisches Schlichtungsverfahren zum Erfolg der außergerichtlichen Streitbeilegung beitragen. Die Einführung einer obligatorischen Beratung ist nur möglich, wenn die Länder dafür die Kompetenz haben. Nach Art. 74 Nr. 1 GG unterfällt das gerichtliche Verfahren der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Bundesgesetzgeber hat von der Regelung des gerichtlichen Verfahrens mit der ZPO Gebrauch gemacht, sodass die Länder grundsätzlich keine Gesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1 GG mehr haben. Allerdings öffnet § 15a EGZPO diese Sperre zur Regelung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens. Zu anderen Regelungen des gerichtlichen Verfahrens sind die Länder grundsätzlich nicht ermächtigt, also insbesondere nicht zum Aufbau anderer Prozessvoraussetzungen. Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob auf Grund des § 15a EGZPO eine Kompetenz der Länder zur Einführung eines obligatorischen Beratungsgesprächs besteht.93 Nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 5 EGZPO, der sich auf Änderungen des Anwendungsbereichs erstreckt, bestehen deshalb Zweifel an der Landeskompetenz, ein obligatorisches Beratungsgespräch vor Klageerhebung einzuführen. Sinn und Zweck des § 15a EGZPO soll jedoch die Entwicklung verschiedener außergerichtlicher Streitbeilegungsmodelle sein.94 Nach der teleologischen Auslegung ist eine Landeskompetenz für die Einführung eines obligatorischen Beratungsgesprächs möglich. Die Verpflichtung zu einem Beratungsgespräch erschwert den Rechtsweg weniger als ein obligatorisches Schlichtungsverfahren. Deshalb ist – argumentum a maiore ad minus – von einer Kompetenz der Länder auszugehen, ein Beratungsgespräch über die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung als Prozessvoraussetzung einführen zu können. Die Vorgaben des § 15a EGZPO gelten dafür gleichfalls. Beim obligatorischen Beratungsgespräch über die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Einigung beruht das Schlichtungsverfahren auf der eigenen Entscheidung. Ein außergerichtliches Verfahren muss aber auch dann rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechen, weil die Streitparteien durch den Staat zu dessen Inanspruchnahme veranlasst werden. Insbesondere durch die aber auch erforderliche Annäherung der materiellen und prozessualen Wirkungen an das gerichtliche Ver93 Zur Auslegung von Kompetenznormen, Ehlers, JURA 2000, 323 (324); Rozek in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 70 Rdz. 48 ff. 94 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 32.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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fahren sowie eine zwangsweise Durchsetzbarkeit der abschließenden Lösung müssen verfahrensrechtliche Garantien eingehalten werden, obwohl dadurch die Freiheit und Flexibilität beschränkt wird. Allerdings wird durch die allein bestehende Beratungspflicht das Problem aufgelöst, ob die Gerichte im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung die Einhaltung von Verfahrensregeln kontrollieren und eventuell auf Grund von Verfahrensverstößen die Klage als unzulässig abweisen können mit der Folge für die Parteien, erneut ein Vorverfahren durchzuführen. Das Risiko von Verfahrensverstößen dürfte aber keinesfalls auf den Kläger abgewälzt werden und die gerichtliche Klärung hindern. Die Einhaltung der Regeln von Beratungs- und Schlichtungsverfahren sollte nur im Rahmen von Regressansprüchen gegen die Berater und Vermittler überprüft werden. d) Entscheidung Die Ursachen der geringen Inanspruchnahme der Schlichtungsangebote können effektiv durch ein obligatorisches Schlichtungsverfahren oder durch eine individuelle Beratung überwunden werden. Von Verfahren, die keinen verbindlichen Schlichtungsvorschlag vorsehen,95 unterscheidet sich das obligatorische Beratungsgespräch nur wenig. Der Übergang in die Verhandlungsphase erfolgt bei der obligatorischen Beratung, wenn die Parteien ein Mindestmaß an Verhandlungsbereitschaft erkennen lassen. Damit bewirkt die lediglich obligatorische Beratung, dass nur in aussichtsreichen Konflikten ein weitergehender Vermittlungsversuch unternommen wird. Da auch ein Termin stattfinden muss, wenn die Parteien nicht einigungswillig sind, vermindert die Beratungspflicht den Aufwand zwar nur geringfügig. Die Beratung ist aber auch in diesen Fällen nicht vergeblich, da die Parteien die Möglichkeiten der Streitbeilegung kennen lernen, die sie zukünftig eigenständig nutzen können und sollen. Gleichzeitig dient die Beratung auch der Verankerung des Schlichtungsgedankens. Etwaiger Unmut wegen des zusätzlichen Aufwandes nach der Ablehnung oder des Scheiterns von Verhandlungen richtet sich dann vorrangig gegen die Beratungspflicht, nicht aber gegen die Konfliktbeilegungsmöglichkeiten. Durch die Beratung über die verschiedenen Möglichkeiten und die Auswahlfreiheit wird das Imageproblem, insbesondere der Vorwurf der Zweiklassenjustiz, vermieden. Die Umsetzungsgesetze führen entsprechende der Idee des § 15a EGZPO ein Güteverfahren als Prozessvoraussetzung ein. Die Ermächtigung, einen Versuch der einvernehmlichen Streitbelegung zur Zulässigkeitsvoraussetzung zu erklären, ermöglicht auch die Einführung einer Pflicht zur Beratung über die Möglichkeiten der konsensualen Streitbeendigung. Statt eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens ist daher eine Beratungspflicht zu empfehlen.96 Die Beratungspflicht könnte so in einem entsprechende formuliert werden: Vgl. Behrens, DRiZ 1997, 236 (238); Hendel, RuP 1977, 9 (15). So auch Beteiligte der gerichtsverbundenen Schlichtung in Niedersachsen, Böttger / Hupfeld, ZKM 2004, 155 (160). 95 96

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§ 1 Obligatorische Beratung Nach Maßgabe dieses Gesetzes ist die Erhebung der Klage nur nach Vorlage eines Beratungsscheins über die außergerichtlichen Möglichkeiten der Streitbeilegung zulässig.

II. Der sachliche Anwendungsbereich Wenngleich die Beratung über außergerichtliche Methoden der Konfliktbeilegung nicht schadet, erfordert sie jedoch zusätzlichen Aufwand. Aus Gründen der Effektivität sollte die Beratung entfallen, wenn eine konsensuale Lösung grundsätzlich ausscheidet. 1. Eignung von Konflikten zur konsensualen Beilegung Über die Eignung von Konflikten zu einer konsensualen Lösung entwickelten verschiedene Fachdisziplinen ganz wesentliche Ansätze.97 Aus diesen Kenntnissen lassen sich zwar grundsätzlich Kriterien aufstellen, doch lassen sich die Konflikte oft nicht klar einordnen. Vor allem aber sind diese Kriterien nicht mit den juristischen Kategorien des Streitgegenstandes98 oder des Sachgebietes99 zu erfassen. 97 Zur Unterscheidung zwischen zur Schlichtung geeigneten echten Konflikten und weniger geeigneten unechten Konflikten, Coser, S. 58, 66, 78. Zur Differenzierung nach der Komplexität, wobei sich die Konflikte mit zunehmender Komplexität besser eignen sollen, Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (303); Freund, DRiZ 1981, 221 (223); Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (55); Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (432 f.); Gottwald, S. 213 f. Zur Differenzierung nach Konfliktleveln und dabei mittelschwere Konflikte favorisierend, Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (135); ähnlich Alexander, S. 216. Auf Differenzierung zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Konfliktverursachung hinweisend, wobei nur im zweiten Fall Verhandlungslösungen erwogen werden sollen, von Jhering, Der Kampf ums Recht, S. 17 f.; mit Anhaltspunkten für die Berechtigung dieser Unterscheidung, Koch, S. 109 f. Zur Einteilung in geeignete Interessenkonflikte und ungeeignete Fundamentalkonflikte, Alexander, S. 57, 218 f.; Feix, S. 193; Aubert, Journal of Conflict Resolution 7 (1963), 26 (27 ff.); Hager, JZ 1998, 1158 (1158, 1161); Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (88); Faller, ZKM 2001, 41 (44); Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (55). Konflikte können aber auch in Rechts- und Tatsachenkonflikte eingeteilt werden, wobei für Tatsachenkonflikte die außergerichtliche Streitbeilegung empfohlen wird, Greger, JZ 1997, 1077 (1079); Ponschab, Anwbl 1997, 145 (147 f.); Haß, AnwBl. 1989, 462 (464); Schackow, AnwBl. 1967, 258 (264); Behrens, RuP 1997, 73 (74); ders. DRiZ 1997, 236 (238). Konflikte können aber auch danach eingeordnet werden, ob sie der Beziehung oder einer konkreten Mangelsituation entspringen, wobei Mediation nur für letztere empfohlen wird, Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (302); ähnlich Coser, S. 88 ff. Zur Einteilung von Konflikten auch, Alexander, S. 55 ff. Zur Bedeutung der Voraussehbarkeit eines Urteils für die Entscheidung über die Eignung im Hinblick auf die Vergleichsbereitschaft, Duve, S. 151; Schackow, AnwBl. 1967 und bezüglich des gesamtwirtschaftlichen Nutzen, Gottwald, WM 1998, 1257 (1259); Wolf, ZZP Bd. 89 (1976), 260 (291); Kraft, VersR 2000, 935 (941), wonach die Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage nicht beeinträchtigt werden soll. 98 Grundsätzlich lassen sich Klagen auf Zahlung, Herausgabe und Vornahme oder Unterlassung einer Handlung unterscheiden. Die Untersuchung des „Dorchester Urban Court“

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Eine für die Parteien erkennbare Regelung ist damit nicht möglich. Vielmehr müsste die Zuweisung individuell nach Untersuchung des jeweiligen Konfliktes erfolgen.100 Dieses Problem stellt sich bei der lediglich obligatorischen Beratung über die Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung grundsätzlich nicht. Die Parteien entscheiden nach der Beratung eigenständig über den Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung, sodass eine Bevormundung durch den Staat entfällt. Lediglich zur Unterstützung der richtigen Entscheidung erfolgt die Aufklärung über die Varianten der außergerichtlichen Streitbeilegung sowie deren Chancen und Risiken.

ergab, dass zustande gekommene Zahlungsvereinbarungen sehr häufig scheiterten, Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (138), doch wurden beim Harvard Mediation Program 87,5% der Zahlungsvereinbarungen erfüllt, Krapp, ZRP 1994, 115 (116). Die Untersuchungen erstrecken sich leider nur auf die Erfüllung, geben jedoch keine Auskunft über die Einigungsquote. Eine Analyse des Small Claims Mediation Modells in Maine zeigt allerdings auch, dass Zahlungsvereinbarungen nicht seltener abgeschlossen werden und Zahlungen auf Grund einer Vereinbarung sogar häufiger und schneller erfolgen als bei einem Urteil, McEwen / Maimann, 33 Maine Law Review 1981, 237 (250, 252, 261 ff.). Zudem wird eine Geldsumme oft nur eingeklagt, weil das Gericht die einzige, zur Streitentscheidung berufene Institution und der Zahlungsanspruch für Streitbehandlung durch das Gericht die einzige zur Verfügung stehende Form ist, Rodingen in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 13 (42); Gottwald, S. 13. 99 Als Rechtsgebiete mit punktuellem Kontakt sind etwa das Deliktsrecht und Kaufrecht, während Dauerschuldverhältnisse auch einen längeren sozialen Kontakt indizieren. Die statistischen Erhebungen des Harvard Mediation Program ergaben jedoch, dass in keinem untersuchten Sachgebiet die Einigungsquote stets besonders niedrig ist. Danach schwankte die Vergleichsrate bei Streitigkeiten im Kaufrecht zwischen 65,1% und 72,8 %, im Mietrecht zwischen 52,0% und 75,0%, bei Verkehrsunfallstreitigkeiten zwischen 43,8% und 85,7%, bei interpersonellen Konflikten zwischen 68,7 % und 85,7% und bei sonstigen Fällen zwischen 50,0% und 55,9%, Krapp, ZRP 1994, 115 (116). Letztlich sind innerhalb eines Rechtsgebietes die Konflikte auch nicht gleichartig. Dem Kaufvertrag ist nicht zu entnehmen, dass dieser nicht in einer längeren Geschäftsbeziehung abgeschlossen wurde oder sich eine solche entwickeln könnte. Ebenso treten Deliktsansprüche oft erst auf, wenn ein solcher sozialer Kontakt besteht, dass dem anderen der Zugriff auf die Rechtsgüter möglich war oder gehen mit Vertragsverletzungen einher. Zudem sollen sich Schlichtungsverfahren zur Lösung von Problemen über den Vertragsinhalt unabhängig vom Vertragstyp eignen, Schackow, AnwBl. 1967, 258 (264), besonders zu Verträgen auf dem Gebiet der Informationstechnologie Kuner, ZKM 2000, 61. Andererseits sind auch nicht alle Konflikte im Mietrecht besonders und gleich gut geeignet, Schwarz, S. 35, 55, 89; für die Niederlande Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (86 ff.); zur Eignung zu Prozessvergleichen nach Meinung der Richter, Giese in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 117 (127 f.). Darüber hinaus werden Streitigkeiten mit und zwischen Handwerkern als aussichtsreich angesehen, Greger, JZ 1997, 1077 (1079); Schuster in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 189 (195), Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 19. 100 Die abstrakte Zuordnung als kaum lösbare Aufgabe ansehend, Wagner, JZ 1998, 836 (844). Zum so genannten Screening bei dem Modell des Muli-Door-Courthouse, Sander in: Gottwald / Strempel, S. 31 (37 ff.); ders. in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Bd. 1, S. 141 (145).

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2. Anwendungsbereich nach § 15a EGZPO Die Rahmenauswahl des § 15a EGZPO erfolgte dennoch nach abstrakten Kriterien, vor allem nach Sachgebiet, Streitgegenstand und prozessualer Situation. Es soll daher untersucht werden, inwieweit die getroffene Konfliktauswahl für die Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung geeignet ist. Dabei wurde in § 15a Abs. 1 EGZPO ein Anwendungsbereich eröffnet, der in § 15a Abs. 2 EGZPO beschränkt wurde. a) Der nach § 15a Abs. 1 EGZPO eröffnete Anwendungsbereich Zulässig ist die Einführung eines obligatorischen Vorverfahrens nach Nr. 1 in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 A nicht übersteigt, nach Nr. 2 in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923, 906 BGB und nach den landesrechtlichen Vorschriften i. S. d. Art. 124 EGBGB, sofern es keine Einwirkungen aus einem gewerblichen Betrieb sind, und nach Nr. 3 in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind. aa) Streitwertgrenze Von den begrenzten Ressourcen des Staates zur Konfliktlösung ausgehend, müssen diese effektiv und angemessen verteilt werden. In Bagatellstreitigkeiten erscheint ein einfacheres, schnelleres und billigeres Verfahren angemessener als das für die Beteiligten und den Staat aufwändige Gerichtsverfahren.101 Dennoch ist die Beschränkung auf vermögensrechtliche Streitigkeiten bis zu 750 A in § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO nur berechtigt, wenn andere Streitigkeiten mit höherem Wert keine oder nur geringe Chancen einer außergerichtlichen Streitbeilegung bieten. Die Beschränkung auf vermögensrechtliche Streitigkeiten hat dabei kaum Bedeutung, weil es außerhalb des Familienrechts und den ausdrücklich erfassten Ehrenrecht kaum nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten gibt.102 Problematisch ist hingegen die Streitwertgrenze, weil einerseits bei geringerem Streitwert nicht notwendig eine höhere Einigungsbereitschaft besteht und andererseits das Bild außergerichtlicher Verfahren in der Öffentlichkeit leidet. Zur Vermeidung von Kosten ist zwar von der Bereitschaft der Streitenden zur außergerichtlichen Streitbeilegung auszugehen, jedoch bieten private Vermittlungsverfahren 101 Prütting, JZ 1985, 261 (267); Strecker, DRiZ 1983, 97 (98 ff.); Shetreet in Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (120). 102 Zum Begriff des vermögensrechtlichen Anspruches, Schuhmann in: Stein / Jonas, § 1 Rdz. 43 ff. Zu einem vergeblichen Versuch deshalb das Schlichtungsverfahren zu vermeiden, AG Nürnberg, NJW-RR 2002, 430.

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den Konfliktparteien bei geringem Streitwert kaum Kostenanreize. Für Gerichtsverfahren sind die Parteien bisher bereit, die hohen Kosten in Kauf zu nehmen. Bei Bagatellstreitigkeiten ist deshalb auch zu vermuten, dass die Standpunkte sehr verhärtet sind und geringe Chancen für eine konsensuale Einigung bestehen.103 Diese These wird durch die Überlegung unterstützt, dass durch die niedrigen Gebühren bei Bagatellstreitigkeiten Anwälte bereits eher an einer schnellen Erledigung als an einem Prozess interessiert sein werden. Bei hohen Streitwerten ist das Potenzial, durch Mediation Kosten zu sparen, für die Parteien größer. Außerdem besteht bei großen Prozessen eher ein Öffentlichkeitsinteresse, weshalb die Beteiligten bemüht sein werden, eine negative Öffentlichkeitswirkung zu vermeiden. Dadurch wirkt ein gewisser Einigungsdruck im Schlichtungsverfahren, der zum Erfolg beitragen kann. Konflikte mit einem höheren Streitwert sind oft komplexer. Deshalb wird sogar erwogen, Streitschlichtungsverfahren nur für Streitigkeiten über einem bestimmten Wert einzuführen.104 Auch die Bedeutung des Konfliktes für die Parteien ist nicht zwingend mit dem Streitwert verknüpft. Für manche Menschen bedeuten 200 A genauso viel wie für andere Menschen oder Unternehmen 200.000 A. Allerdings ist mit der Differenzierung nach dem Streitwert die Gefahr des Vorurteils der Zweiklassenjustiz verbunden.105 Streitigkeiten in geringer Höhe treten vermehrt bei minderbemittelten Bürgern auf. Diesem Vorwurf des Rechts minderer Güte wird entgegnet werden, dass in diesen Systemen viele Streitigkeiten durch soziale Konflikte hervorgerufen werden, die durch Mediation besser geregelt werden können.106 Allerdings besteht gerade in diesem Bereich die Gefahr, dass sich private Systeme der Rechtsdurchsetzung mit unerfreulichen Nebenerscheinungen bilden, die es bisher nur in bestimmten Milieus gibt.107 Die Ursachen der sozialen Konflikte sind außerdem nicht durch Mediation zu beseitigen. Aus dem umstrittenen Geldbetrag sind keine Schlussfolgerungen möglich auf die Schwierigkeit des Falles sowie auf die zur Konfliktbeilegung erforderlichen Fähigkeiten und Erfahrungen.108 Der Streitwert ist daher kein allgemeingültiges Kriterium für die Eignung des Falles zur konsensualen Konfliktlösung.109

Stadler, NJW 1998, 2479 (2482). Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (215); Kraft, VersR 2000, 935 (941). In dem Sächsischen Vermittlungsverfahren von 1861 bis 1878 wurden Streitigkeiten mit besonders geringem Streitwert von einem vorprozessualen Güteverfahren ausgenommen, Bösken, S. 181. 105 Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (27); Peters, AnwBl. 1997, 531 (532); Grunsky, DRiZ 1983, 390 (392); Feix, S. 156. 106 Hendel, RuP 1977, 9 (10 ff.). 107 Grunsky, DRiZ 1983, 390 (392). 108 Shetreet in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (120) m. w. N. 109 Breidenbach / Gläßer, ZKM 2001, 11; Wagner, JZ 1998, 836 (842); Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (150 f.); ders. in: Breidenbach / Henssler, S. 93, (109); Sander in: Gottwald / Strempel, S. 19 (26). Aus Praktikabilitätserwägungen trotz eigener Bedenken für eine Streitwertgrenze, Grunsky, DRiZ 1983, 390 (391); Hendel, RuP 1977, 9 (15). 103 104

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bb) Beschränkung auf die Zuständigkeit des Amtsgerichtes Außerdem sind durch die Beschränkung auf Streitigkeiten vor dem Amtsgericht in § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO alle Streitigkeiten von der obligatorischen Schlichtung ausgenommen, für die unabhängig vom Streitwert das Landgericht zuständig ist. Dadurch sind zivilrechtliche Konflikte mit Hoheitsträgern, wesentliche Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes und des Gesellschaftsrechts von der obligatorischen Schlichtung ausgenommen.110 Der Gesetzgeber begründete diese Entscheidung mit der Spezialmaterie dieser Streitigkeiten, die keine sachgerechte Schlichtung zulassen soll.111 Das Argument der Spezialmaterie ist jedoch widersprüchlich und nicht überzeugend, da der Gesetzgeber die Überweisung anderer Spezialgebiete, etwa Arzthaftungsstreitigkeiten, ausdrücklich erwägt.112 Vielmehr lässt die Ausgrenzung der öffentlichen Hand eine mangelnde Bereitschaft des Staates zu kooperativen Lösungen erkennen, obwohl diese nicht durch das Haushaltsrecht ausgeschlossen sind. Darüber hinaus deutet der Ausschluss aber auch auf Befürchtungen hin, die überlegene Machtposition in Verhandlungen nicht mehr ausnutzen zu können.113 Diese Gründe rechtfertigen jedoch keine Ausnahme für die Hoheitsträger. Als Grund für die Ausnahme der Wirtschaftsstreitigkeiten kann nur das staatliche Interesse an einer Kontrolle der Wirtschaft vermutet werden, da sich im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes114 und des Gesellschaftsrechts115 Konflikte häufig zur außergerichtlichen Regelung eignen. Insoweit sind durch die Beschränkung auf Streitigkeiten vor den Amtsgerichten also Konfliktbereiche von überdurchschnittlich guter Eignung zur Mediation vom obligatorischen Schlichtungsverfahren ausgenommen. Im Hinblick auf die unzweckmäßige Streitwertgrenze wird sich dieser Mangel aber kaum auswirken, da die meisten dieser Konflikte einen Streitwert über 750 A aufweisen. Die Konfliktauswahl nach § 15a Abs. 1 Nr. 1 EGZPO ist nicht sachgerecht. 110 Detailliert zu den Zuständigkeiten des Landgerichts, Kissel, § 71 Rdz. 9 ff., 15. Einen vollständigen Ausschluss von allen Streitigkeiten mit Hoheitsträgern sogar bestimmend, § 34a Abs. 2 Nr. 9 SchStG LSA. 111 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33. 112 Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 19. Zur Mediationstauglichkeit von Arzthaftungsstreitigkeiten, Kilian, VersR 2000, 942 ff. 113 Gegen diese Einschränkung ebenfalls, Karliczek, ZKM 2000, 111. In den Niederlanden übernahm dagegen der Staat eine Vorreiterrolle, von Hoyningen-Huene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 207. 114 Umfassend zu den Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten außergerichtlicher Konfliktlösungen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, Winkler in: Bücher / Groner / Häusler / Lörcher u. a., S. 1 (4 ff.). 115 Kraft, VersR 2000, 935 (941); zur Mediation bei Beschlußstreitigkeiten, Casper / Risse, ZIP 2000, 437 ff.; umfassend zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung im Gesellschaftsrecht mit Lösungsideen, Schröder-Frerkes in: Bücher / Groner / Häusler / Lörcher u. a., S. 77 (84 ff.).

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cc) Nachbarschaftsstreitigkeiten Die Zuweisung von Nachbarschaftsstreitigkeiten nach § 15a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO ist dagegen zu begrüßen.116 Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sind häufig zur Mediation geeignete Streitigkeiten zu vermuten. Auf Grund der Nähe stehen die Beteiligten in einer komplexeren Beziehung, die über einen längeren Zeitraum andauert und nur schwer durch einen Umzug abgebrochen werden kann. Dadurch besteht vielfach ein Kooperationspotenzial. Die Ausklammerung von Streitigkeiten mit Gewerbe treibenden Nachbarn ist gerechtfertigt. Die Begründung mit der Komplexität solcher Fälle kann jedoch nicht überzeugen. Das Erfordernis eines Sachverständigengutachtens schließt eine außergerichtliche Einigung nicht aus,117 da ein solches Gutachten gerade die Lösung sein kann. Der Ausschluss empfiehlt sich vielmehr wegen den häufig strukturellen Machtunterschieden, die keine gute Grundlage für eine eigenverantwortliche, gemeinsame und rechtsverwirklichende Konfliktlösung sind. dd) Ehrverletzungen Beschimpfungen haben meist eine Vorgeschichte, weshalb eine komplexere Beziehung zu vermuten ist. Ehrverletzungen erfolgen zwar regelmäßig vorsätzlich, doch wiegt das verwirklichte Unrecht auf Grund der meist vorliegenden Vorgeschichte nicht so schwer, dass deshalb eine konsensuale Lösung auszuschließen ist. Obwohl diese Konflikte häufig verhärtet sind, bieten sie viele Möglichkeiten einer Verhandlungslösung.118 Im Rundfunk und in der Presse erfolgen Ehrverletzungen meist durch die Verlage und Rundfunkanstalten, die oftmals keine enge Beziehung zu den Verletzten – meist Personen des öffentlichen Lebens – haben. Gleichwohl bestehen durch die regelmäßig dennoch erwünschte und fortgesetzte Berichterstattung auch in diesen Fällen Kompensationsmöglichkeiten. Konsensuale Lösungen erscheinen daher ebenfalls aussichtsreich. Die Unterscheidung zwischen Ehrverletzungen im privaten Bereich und in Presse und Rundfunk ist daher im Hinblick auf die Eignung zur Schlichtung nicht geboten. Die Vermeidung des Images von obligatorischen Schlichtungsverfahren als minderwertige Verfahren für die unteren Bevölkerungsschichten hätte gerade durch diese öffentlichkeitswirksamen Fälle vermieden werden können. Auf Grund der generellen Eignung sollte daher bei allen Streitigkeiten wegen Ehrverletzungen ein Vorverfahren stattfinden. Allerdings ist der Begriff der Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre in § 15a Abs. 1 Nr. 3 EGZPO kein Fachterminus, sodass seine Auslegung 116 Zur Methode der Schlichtung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, Karliczek, ZKM 2000, 111 (113). 117 So jedoch, BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 24. 118 Karliczek, ZKM 2000, 111 (112 f.).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Schwierigkeiten bereiten wird.119 Die beabsichtigte Parallele zu § 380 StPO120 wirft dabei mehr Fragen auf, als sie sie beantwortet. Nach § 380 StPO ist bei Beleidigungen nach § 185 StGB ein Sühneverfahren durchzuführen, nicht jedoch bei übler Nachrede nach § 186 StGB und Verleumdung gemäß § 187 StGB. Bei der Anklage im Strafrecht muss das Delikt benannt werden. Im Zivilrecht sind jedoch die §§ 823, 1004, 847 BGB Anspruchsgrundlage, für die bisher bei Klageerhebung nicht zwischen §§ 185, 186, 187 StGB unterschieden werden musste. Die Übernahme dieser Differenzierung ist kompliziert und im Ergebnis nicht sinnvoll. Für den Anspruchsteller ist damit nicht klar absehbar, ob ein Schlichtungsverfahren durchzuführen ist. Im Übrigen können Personengemeinschaften ebenfalls über Ehre verfügen, sodass auch bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaften nach § 15a Abs. 1 Nr. 3 EGZPO ein obligatorisches Schlichtungsverfahren durchgeführt werden könnte, aber nicht zu den Motiven des Gesetzgebers passt. Der Anwendungsbereich des § 15a Abs. 1 Nr. 3 EGZPO ist damit unklar, weshalb den Ländern von der Übernahme dieser Formulierung abzuraten ist. Soweit die Länder kein empfohlenes Zuweisungsverfahren einführen, sollte der Begriff der Ansprüche wegen Ehrverletzungen konkretisiert werden. Vorzuschlagen ist deshalb die Formulierung „in Streitigkeiten über Ansprüche natürlicher Personen wegen Ehrverletzungen aus den §§ 1004, 823, 847 BGB i. V. m. §§ 185 – 188 StGB“. Resümee Der Bundesgesetzgeber stellte überwiegend richtige Überlegungen über die Eignung von Konflikten zur außergerichtlichen Beilegung an. Diese belegen die Gesetzesbegründung.121 Trotzdem ist der eröffnete Rahmen unzureichend. Teilweise hat der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit eines obligatorischen Vorverfahrens für Gebiete ausgeschlossen, die viele Konflikte zur außergerichtlichen Streitbeilegung enthalten. Dies erfolgte mit der Begründung, dass die Bewährung der außergerichtlichen Streitbeilegung abgewartet werden soll.122 Dagegen erscheint es jedoch widersprüchlich, dass für alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht mit einem Streitwert bis 750 A ein obligatorisches Vorverfahren vorgesehen wurde. Mangels Bedeutung des Streitwertes für die Chancen der Mediation werden durch diese Fallauswahl Verhandlungen auch in vielen ungeeigneten Konflikten stattfinden. Die Erfolgschancen können demnach nicht überdurchschnittlich sein. Es ist daher zu befürchten, dass die außergerichtlichen Verfahren genau deshalb auch nicht auf passende Bereiche ausgedehnt werden.

119 120 121 122

Ebenso Hartmann, NJW 1999, 3745 (3747). Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33. Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 19. Bt-Drucks. 13 / 6398, S. 19.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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b) Zweckmäßigkeit des Ausschlusses der Konflikte nach § 15a Abs. 2 EGZPO In § 15a Abs. 2 EGZPO sind Ausnahmen von der Pflicht geregelt, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Deren Zweckmäßigkeit wird im Weiteren auf die mangelnde Eignung zu einer mediativen Lösung untersucht. aa) Ausnahmen nach § 15a Abs. 2 Nr. 1 EGZPO Von einem Vorverfahren nach § 15a Abs. 2 Nr. 1 EGZPO befreit sind die Klagen nach den §§ 323, 324, 328 ZPO, Widerklagen und Klagen, für die eine gesetzliche oder gerichtlich angeordnete Frist gilt. Die §§ 323, 324 ZPO betreffen Streitigkeiten, deren Gegenstand ein bereits bestehendes Urteil ist. Der Gesetzgeber begründet die Ausnahme für die Abänderungs- und Nachforderungsklage mit dem sonst erheblichen Änderungsbedarf der §§ 323, 324, 606, 606a, 621 ZPO, da diese auf die Klageerhebung abstellen oder die Zuständigkeit des Familiengerichts vorsehen.123 Der weitere gesetzliche Änderungsbedarf sagt jedoch nichts über die Zweckmäßigkeit eines Vermittlungsversuchs in diesen Konflikten aus und kann daher kein Argument für die Auswahl sein. Gegen Mediation in diesen beiden Fällen spricht allerdings, dass ein Urteil nicht durch Vergleich angepasst oder im Hinblick auf die Sicherheitsbestellung verändert werden kann. Ein Titel aus einem Vergleich wäre zwar in der Wirkung gleichartig, jedoch besteht auch dann das ursprüngliche Urteil fort. Ebenso ist der Konflikt auf Grund der Veränderung der Umstände, die eine Anpassung erfordern, dem Ursprungskonflikt gleichartig. Die Parteien waren nicht in der Lage, den ursprünglichen Konflikt eigenständig zu lösen. Dieser musste deshalb durch das Gericht entschieden werden. Mit dem Urteil wurde die Beziehung noch mehr belastet, ohne dass die Parteien Hilfe zur weiteren Gestaltung der Beziehung erlangten. Der frühere Verlierer sieht möglicherweise in den veränderten Umständen eine Chance zur Revanche. Eine eigenständige Konfliktlösung durch die Parteien ist daher wenig wahrscheinlich. Die Ausnahme der Anpassungsklage erscheint daher zweckmäßig. Bei der Nachforderungsklage entsteht ein Konflikt um die Sicherheitsbestellung. Dieser überschneidet sich mit dem ursprünglichen Konflikt nur, wenn in diesem bereits eine Sicherheitsbestellung Streitgegenstand war. Eine Differenzierung nach der Thematisierung einer Sicherheitsbestellung in den durch Urteil entschiedenen Konflikt ist aufwändig. Soweit eine abstrakte Regelung vorgenommen wird, ist im Sinne einer einheitlichen Regelung die vollständige Ausklammerung der Verfahren nach § 324 ZPO sinnvoll. Der § 328 ZPO betrifft die Anerkennung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen.124 Die Wirkung der Anerkennung ist im Hinblick auf die allgemeine Gel123

Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

tung des Urteils nicht durch die Parteien herzustellen.125 Allerdings könnte der Konflikt trotzdem zwischen den Streitenden ohne gerichtliche Entscheidung gelöst werden, indem sie ihr Verhalten an der Entscheidung ausrichten. Der Streit entspricht in Bezug auf die Interessenlage dem bereits entschiedenen Konflikt, der nur mit neuen Argumenten über die Anerkennung geführt wird. Die Partei, zu deren Gunsten das Urteil ausgefallen ist, wird nun kaum zu Verhandlungen bereit sein, nachdem ihr Anspruch im Ausland gerichtlich bestätigt wurde und die Beziehung durch dieses Urteil belastet ist. Die Ausnahme für Streitigkeiten nach § 328 ZPO ist daher im Ergebnis zweckmäßig. Nach § 15a Abs. 2 Nr. 1 EGZPO sind außerdem Widerklagen ausgenommen. Die Widerklage hat den Sinn und Zweck der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung über die Ansprüche des Klägers und die geltend gemachten Gegenansprüche. Wenn eine gleichzeitige Verhandlung und Entscheidung stattfinden soll, würde ein Schlichtungsverfahren die Widerklage betreffend eine Aussetzung der Klage erfordern. Eine weitere Verzögerung wäre die Folge.126 Außerdem kann die Erörterung der Gesichtspunkte der Widerklage vorausgesetzt werden, wenn bereits der Klage nach § 15a EGZPO ein Schlichtungsverfahren vorgeschaltet ist. Ein zusätzliches Schlichtungsverfahren wäre unter diesen Gesichtspunkten überflüssig. Die Entscheidung ist daher richtig, bei Widerklagen ein obligatorisches Vorverfahren auszuschließen. Eine weitere Ausnahme gilt nach § 15a Abs. 2 Nr. 1 EGZPO für gesetzliche oder durch gerichtliche Anordnung befristete Klagen. Der Bundesgesetzgeber geht davon aus, dass die Klagefristen bei Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht mehr eingehalten werden können.127 Als Alternative hätte der Gesetzgeber die Hemmung der Klagefrist anordnen können. Diese Begründung überzeugt daher nicht. Sie lässt vielmehr zweifeln, ob der Gesetzgeber selbst an eine schnelle außergerichtliche Streiterledigung glaubt. Allerdings ist bei der gerichtlichen Anordnung einer Klagefrist der Konflikt bereits bei Gericht vorgetragen. Die Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes zeigt die Unfähigkeit der Parteien, den Konflikt auch nur vorübergehend zu regeln. In diesen Fällen ist der Streit bereits verrechtlicht und verhärtet und deshalb einer Verhandlungslösung schwer zugänglich. Damit wäre eine Ausnahme für Konflikte zu begründen, in denen einstweiliger Rechtsschutz in Anspruch genommen wurde. Eine generelle Ausnahme für befristete Klagen erscheint jedoch nicht geboten.

124 Zum Geltungsbereich, Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 328 Rdz. 8 ff. 125 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33. 126 Hartmann, NJW 1999, 3745 (3747); Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33. 127 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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bb) Keine Schlichtung in Familiensachen Nach § 15a Abs. 2 Nr. 2 EGZPO ist in Familiensachen kein obligatorisches Schlichtungsverfahren möglich, wobei als Familiensachen solche des § 23b Abs. 1 S. 2 GVG zu verstehen sind. Diese Entscheidung erscheint fragwürdig, da sich gerade Familienstreitigkeiten auf Grund ihrer Komplexität zur Mediation eignen und sich in Deutschland die Familienmediation als erstes profiliert hat.128 Dabei kann und soll die Institutionalisierung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens bei Familienkonflikten nicht der Wiedereinführung eines Sühneverfahrens nach dem Vorbild der ehemaligen §§ 608 – 610 ZPO zur Aufrechterhaltung der Ehe entsprechen. Der erfolgreichen außergerichtlichen Bewältigung von Familienkonflikten stehen jedoch erhebliche Probleme im Weg. Die Scheidung einer Ehe kann nach § 1564 BGB nur durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgen. Eine außergerichtliche Trennung scheidet damit aus. Ein Schlichtungsverfahren wäre daher nur für die Folgesachen denkbar. Bei der aber stets stattfindenden Verhandlung sollen auch die Folgesachen erledigt werden.129 Durch ein obligatorisches vorheriges Schlichtungsverfahren würde die gleichzeitige Verhandlung oft unmöglich und das Scheidungsverfahren um das Schlichtungsverfahren verlängert.130 In Betracht kommt daher nur ein Mediationsverfahren parallel zu dem gerichtlichen Scheidungsverfahren. Dies wäre zur Verkürzung der gerichtlichen Auseinandersetzung und Erzielung eines beidseitig befriedigenden Ergebnisses vorteilhaft. Erst die Möglichkeit einer Scheidung ohne Gerichtsurteil lässt die Anordnung eines obligatorischen Versuchs der einvernehmlichen Scheidung wirklich vorteilhaft erscheinen. Familiensachen unter der gegenwärtigen Rechtslage von einem obligatorischen Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung auszuschließen, ist im Hinblick auf die Verfahrensdauer daher verständlich. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht die Chance genutzt, ein Schlichtungsverfahren über die Folgesachen vor oder parallel zu dem Scheidungsverfahren anzuordnen. Dadurch hätte er die bereits etablierte Familienmediation institutionalisieren und die Verbreitung des Schlichtungsgedankens insgesamt vorantreiben können. cc) Keine Schlichtung vor Wiederaufnahmeverfahren Gemäß § 15a Abs. 2 Nr. 3 EGZPO sind Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 578 ff. ZPO von einem obligatorischen Vorverfahren ausgeschlossen. Bei einer Wiederaufnahmeklage muss das vorangegangene Verfahren durch ein rechtskräfti128 Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familienmediation organisierte sich bereits 1992 und schuf Richtlinien für die Mediation in Familienkonflikten und eine Ausbildungsordnung, FPR 1996, 40 ff. 129 So der Sinn und Zweck des § 623 ZPO, Philippi in: Zöller, § 623 Rdz. 2. 130 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

ges Endurteil abgeschlossen worden sein. Der ursprüngliche Konflikt hat daher bereits den Rechtsweg durchlaufen. Nach Einführung eines Schlichtungsverfahrens ist in diesem Konflikt also bereits ein Schlichtungsverfahren erfolglos durchgeführt worden. Nachdem bereits ein Schlichtungsverfahren gescheitert ist und auch ein Gerichtsverfahren keinen Rechtsfrieden stiften konnte, erscheint es wenig aussichtsreich, den Konflikt erneut einem Schlichtungsverfahren zuzuweisen.131 Der Konflikt ist zu diesem Zeitpunkt bereits stark verrechtlicht, sodass eine Transformation in einen Interessenkonflikt schwer ist. Die Verrechtlichung des Konfliktes wird besonders deutlich an den formal-rechtlichen Verstößen als Voraussetzungen für die Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO. Schließlich bezwecken Wiederaufnahmeverfahren die Wahrung des Ansehens der Gerichte und des Vertrauens in die Rechtsprechung.132 Die Verhinderung des Ansehensverlustes der Gerichte und die Aufrechterhaltung des Vertrauens erfordern die Beseitigung von Urteilen, die in evident ungerechten Verfahren ergangen sind oder deren Grundlagen – für jedermann erkennbar – unerträglich erschüttert sind. Die Beseitigung dieser Urteile ist daher nicht nur für die Parteien von Bedeutung. Durch ein Schlichtungsverfahren kann diese weitergehende Wirkung der Aufhebung des Urteils nicht erzielt werden. Ein obligatorisches Schlichtungsverfahren bei Wiederaufnahmeverfahren ist also weder aussichtsreich, noch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der §§ 578 ff. ZPO empfehlenswert. Der in § 15a Abs. 1 Nr. 3 EGZPO getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers ist daher zuzustimmen. dd) Keine Schlichtung vor Urkunden- oder Wechselprozessen In § 15a Abs. 2 Nr. 4 EGZPO wurde eine weitere Ausnahme für Ansprüche normiert, die im Urkunden- oder Wechselprozess geltend gemacht werden. Das gesetzgeberische Motiv für diese Regelung bestand darin, die Effizienz dieser Verfahren nicht zu beeinträchtigen. 133 Auf Grund der eingeschränkten Beweismittel bieten diese Verfahren eine Möglichkeit, schnell zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen. Allerdings schließt sich an das Vorbehaltsurteil nach § 599 Abs. 1 ZPO ein Nachverfahren gemäß § 600 ZPO an, wenn der Beklagte dem Anspruch widerspricht. Der Rechtsfrieden wird durch einen Urkunden- und Wechselprozess deshalb nur schneller wieder hergestellt, wenn kein Nachverfahren stattfindet, also der Beklagte den Anspruch nach Führung des Urkundenbeweises anerkennt. Der Urkunden- und Wechselprozess ist folglich nur als ein schnelles Vorverfahren anzusehen, um einen vorübergehenden Titel zu erlangen. Im Hinblick auf die Bewältigung des Konfliktes ist eine so weitgehend reduzierte Sachverhaltsauswertung nur dann angemessen, wenn alle relevanten Tatsachen der Klage und Verteidigung 131 132 133

Die gegenteilige Vermutung äußernd, Hartmann, NJW 1999, 3745 (3748). Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 579 Rdz. 2. Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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durch Urkunden bewiesen werden können. Der Einsatzbereich dieser Verfahren ist daher sehr beschränkt. Wenn eine Partei die als entscheidungserheblich erachteten Gesichtspunkte durch Urkunden beweisen kann, schätzt sie ihre Erfolgsaussichten sehr hoch ein. Die Einigungschancen sind dadurch gering. Eine echte Win-winLösung als bessere Alternative ist bei der geringen Verhandlungs- und Offenbarungsbereitschaft unter diesen Umständen schwer zu finden. Ohne die volle Befriedigung des potenziellen Gewinners ist eine Einigungslösung zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens lediglich vereinzelt möglich. Soweit ein Urkunden- oder Wechselprozess geführt wird, sind die Erfolgschancen für außergerichtliche Verfahren daher gering. Wenn allerdings ein Vorbehaltsurteil ergeht und ein Nachverfahren durchgeführt werden muss, entfällt das Argument der mangelnden Unsicherheit. Deshalb ist möglicherweise ein Schlichtungsverfahren zwischen dem Ausspruch des Vorbehaltsurteils und dem Nachverfahren sinnvoll. Die Erfolgsaussichten der Parteien sind dann nicht mehr klar abschätzbar, und es erscheint eine Zeitersparnis gegenüber dem Nachverfahren möglich. Allerdings ändert das Vorbehaltsurteil grundsätzlich nichts an der subjektiven Sicht des Klägers, der sich trotzdem durch das Vorbehaltsurteil bestätigt fühlt.134 Außerdem ist der Konflikt bereits verrechtlicht und die Beziehung durch die Anrufung des Gerichts belastet. Eine Rückführung auf die Interessen als Voraussetzung einer beidseitig befriedigenden Einigung ist daher schwer. Weiterhin kann zwar ein Verzicht oder ein Schuldanerkenntnis nach dem Urteil als Lösung vereinbart werden, jedoch kann das Urteil privatautonom nicht beseitigt oder verändert werden. Der Richter hat sich außerdem mit dem Konflikt bereits beschäftigt. Für einen Dritten ist die Angelegenheit dagegen vollkommen neu, sodass für einen Mediator aus dem bisherigen Verfahren kein Vorteil erwächst. Das Gerichtsverfahren würde letztlich durch einen zwischenzeitlichen Schlichtungsversuch auch besonders verzögert. Der Ausschluss des obligatorischen Schlichtungsverfahrens für Urkunden- und Wechselverfahren ist daher als gesetzgeberische Lösung zweckmäßig. Allerdings wurde der Scheckprozess nicht ausdrücklich in § 15a Abs. 2 Nr. 4 EGZPO erwähnt, was an der Konsequenz des Gesetzgebers zweifeln lässt.135 Das gesonderte Anführen des Wechselprozesses neben dem Urkundenprozess steht der Auslegung des § 15a Abs. 2 Nr. 4 EGZPO entgegen, dass der Scheckprozess als Sonderform des Urkundenprozesses sowieso ausgenommen ist. Der § 605a ZPO ordnet die Anwendung der Regelung des Wechselprozesses auf den Scheckprozess an, doch benennt er die Normen §§ 602 – 605 ZPO und verweist nicht generell. In 134 Wenn die Klage im Urkundenprozess nach § 597 ZPO abgewiesen und deshalb ein ordentliches Verfahren eingeleitet wird, ist dagegen ein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Gesichtspunkte der Gleichbehandlung sprechen deshalb in diesen Fällen für ein Schlichtungsverfahren im Anschluss an das Vorbehaltsurteil. Im Hinblick auf die vermutlich geringe Verhandlungsbereitschaft des Beklagten wäre aber auch die Befreiung dieser Streitigkeiten vom Schlichtungszwang möglich. 135 Karliczek, ZKM 2000, 111.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Betracht kommt jedoch die Befreiung von dem Schlichtungszwang auf Grund der analogen Anwendung, wenn eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage vorliegt. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber an den Scheckprozess gedacht und diesen bewusst nicht aufgenommen hat. Von einer planwidrigen Regelungslücke ist daher auszugehen. Wechsel und Scheck haben zwar eine unterschiedliche wirtschaftliche Funktion, jedoch sind beide auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtete Anweisungen. Damit erklären sich die zahlreichen und teilweise wörtlichen Übereinstimmungen im WG und ScheckG sowie die Verweisung des § 605a ZPO.136 Das gesetzgeberische Motiv für diese Regelung war, die Effizienz dieser Verfahren nicht zu beeinträchtigen. 137 Insoweit besteht zwischen Wechsel- und Scheckverfahren kein Unterschied. Aus diesem Grund ist die Interessenlage vergleichbar und das Scheckverfahren analog § 15a Abs. 2 Nr. 4 EGZPO von einem außergerichtlichen Güteverfahren auszunehmen.138 ee) Keine obligatorische Schlichtung bei Durchführung eines Mahnverfahrens Nach § 15a Abs. 2 Nr. 5 EGZPO ist ein Schlichtungsverfahren nicht erforderlich, wenn der Anspruch vorher bereits in einem Mahnverfahren geltend gemacht wurde. Nach § 15a Abs. 1 S. 1 EGZPO kann das Güteverfahren Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klageerhebung sein. Das Mahnverfahren wird nach § 688 ZPO mit einem Antrag eingeleitet.139 Demnach ist auch vor dem Mahnverfahren kein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Die Kläger haben demnach die Wahl zwischen Mahnverfahren oder Schlichtungsverfahren. (1) Gefahren des Wahlrechts Gegen die Wahlmöglichkeit bestehen Bedenken wegen der Gefahr, dass das Mahnverfahren zur Umgehung des Schlichtungsverfahrens eingesetzt wird und damit seine Effektivität verliert.140 Die Nachteile des Schlichtungsverfahrens gegenüber dem Mahnverfahren sollen im Folgenden aufgezeigt und Möglichkeiten gegen den Missbrauch vorgestellt werden.

136 137 138 139 140

Brox, Rdz. 658 ff. Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33. Albers in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 15a EGZPO Rdz. 12. Hartmann, NJW 1999, 3745 (3748). Siehe dazu bereits das Beispiel, AG Rosenheim, NJW 2001, 2030 ff.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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(a) Persönlicher Aufwand Die persönliche Anwesenheit ist entscheidend für die Erforschung der Interessen und das Finden einer Lösung. Ein Schlichtungsverfahren verursacht deshalb den Beteiligten einen größeren Aufwand als die Ausfüllung des Mahnbescheidsantrages. Vor allem ist das Mahngericht am Ort des Gläubigers gemäß § 689 Abs. 2 S. 1 ZPO zuständig, wohingegen die Schlichtungsstelle grundsätzlich weiter entfernt sein kann. Eine Begrenzung des Aufwandes ist durch die Länder möglich, indem das Schlichtungsverfahren nur bei einer engen räumlichen Beziehung der Beteiligten zueinander obligatorisch ist. Dazu kommt hauptsächlich die Beschränkung auf die Amts- oder Landgerichtsbezirke in Betracht. Ganz ist dieser Nachteil aber nur mit der Zuständigkeit der Schlichtungsstelle im Bereich des Gläubigers zu beseitigen. (b) Kosten Die Vermeidung eines Vorverfahrens durch das Mahnverfahren erscheint auch im Hinblick auf die Kosten attraktiv. Es besteht insoweit Handlungsbedarf durch den Bundesgesetzgeber. (aa) Kostenregelung im Mahnverfahren Im Mahnverfahren fallen für den Rechtsanwalt des Antragstellers eine volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 RVG VV und eine halbe nach Nr. 3308 RVG VV an. Für den Anwalt des Antragsgegners entsteht nach Nr. 3307 RVG VV eine halbe Gebühr. Der Gläubiger kann im Erfolgsfall die angefallenen Anwaltskosten nach ganz überwiegender Meinung gemäß § 692 Nr. 3 ZPO gegen den Schuldner geltend machen.141 Wird ein streitiges Verfahren durchgeführt, werden die Gerichtskosten des Mahnverfahrens auf die Kosten des streitigen Verfahrens angerechnet.142 Nach der Anmerkung zu Nr. 3305, 3307 RVG VV gilt Gleiches für die Anwaltsgebühren.143 Soweit kein Anwaltswechsel zwischen Mahnverfahren und streitigem Verfahren erfolgt, erhöht das Mahnverfahren also nicht die Kosten. Der Gläubiger muss bei Obsiegen keine Kosten tragen, wenn kein Anwaltswechsel vollzogen wurde.

141 Die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im Mahnverfahren ablehnend, nur OLG Nürnberg, MDR 1997, 1068. 142 Vollkommer in: Zöller, vor § 688 Rdz. 20. 143 Eine Anrechnung scheidet jedoch aus bei Anwaltswechsel zwischen Mahnverfahren und streitigem Verfahren, Müller-Rabe in: Gerold / Schmidt / v Eicken / Madert / Müller-Rabe, VV 3305 – 3308 Rdz. 59; Gebauer in: Gebauer / Schneider, VV 3305 – 3306 Rdz. 20.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

(bb) Kostenregelung im Vorverfahren Bei einem Vorverfahren fallen nicht nur deutlich höhere Kosten an, sondern auch die Erstattungsreglung begünstigt die Vermeidung des Vorverfahrens durch ein Mahnverfahren. Wenn keine Einigung erzielt wird, verteuert sich das Verfahren erheblich. Nach Nr. 2403 Nr. 1 RVG VV ist eine Geschäftsgebühr von 1,5 je Rechtsanwalt angefallen. Diese wird nach Vorb 3 Abs. 4 RVG VV nur mit 0,75 auf die spätere Verfahrensgebühr angerechnet. Folglich erhöhen sich die Anwaltskosten erheblich. Eine Anrechnung der Kosten der Gütestelle auf etwaige Gerichtskosten ist dagegen nicht vorgesehen, sodass diese gesondert anfallen. Wenn der Anspruchsteller also damit rechnet, auf Grund einer juristischen Niederlage die Kosten tragen zu müssen, wird er erst recht das Mahnverfahren wählen. Dies wird geschehen, obwohl die Unsicherheit zu einer hohen Verhandlungsbereitschaft führt und ein Schlichtungsversuch aussichtsreich erschiene. Nachteile bestehen auch im Hinblick auf die Erstattung angefallener Kosten, die zur Flucht in das Mahnverfahren führen. Zwar sind die Kosten der Gütestelle nach § 15a Abs. 4 EGZPO i. V. m. § 91 Abs. 3 ZPO zu erstatten, doch gilt dies nicht für die Anwaltskosten. Die Anrechnung nach Vorb 3. Abs. 4 RVG VV entschärft das Problem nur hinsichtlich der Höhe, jedoch nicht dem Grunde nach. Unter der bestehenden Gesetzeslage sprechen die besseren Argumente gegen eine solche Kostenerstattung. Gegen die Erstattung spricht der Wortlaut des § 91 Abs. 3 ZPO, der lediglich die Gebühren erfasst, die vor der Schlichtungsstelle entstanden sind, da damit lediglich die Gebühren der Schlichtungsstelle gemeint sind.144 Andererseits könnte es auf den § 91 Abs. 3 ZPO und den § 15a Abs. 4 EGZPO gar nicht ankommen, weil die Anwaltskosten jedenfalls notwendige Vorbereitungskosten gemäß § 91 Abs. 1, 2 ZPO sind145 und der Gesetzgeber § 15a Abs. 4 EGZPO nur klarstellende Wirkung beigemessen hat.146 Richtig erscheint jedoch in § 91 Abs. 3 ZPO und § 15a Abs. 4 EGZPO Spezialvorschriften zu § 91 Abs. 1, 2 ZPO zu sehen. Dies gilt gerade auch für obligatorische Schlichtungsverfahren.147 Jedenfalls wird es an der Notwendigkeit zusätzlicher juristischer Beratung durch einen Parteianwalt fehlen, wenn eine juristische Beratung zur Wahrung der Chancengleichheit gewährleistet ist. Soweit der Anspruchsteller überzeugt ist zu gewinnen, wird er demnach soweit möglich das Schlichtungsverfahren vermeiden, da er dann im Falle des Scheiterns einen Teil der Kosten selbst tragen muss. Die Kostenregelung bei der außergerichtlichen Konfliktbeilegung erscheint aber nicht nur bei Durchführung eines streitigen Verfahrens, sondern auch im Falle ei144 OLG Hamburg, MDR 2002, 115; LG München I, Rpfleger 1997, 408; Wolst in: Musielak, § 91 Rdz. 34. 145 Gummer in: Zöller, § 15a EGZPO, Rdz. 26; zweifelnd Hartmann, NJW 1999, 3745 (3748). 146 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 34. 147 So aber Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 91 Rdz. 106.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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ner Einigung für den Antragsteller nachteilig. Im Fall einer Einigung kommt zur Geschäftsgebühr nach Nr. 2403 RVG VV in Höhe von 1,5 noch die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 RVG VV in Höhe von 1,5 hinzu, sodass die Kosten höher sind als im Mahnverfahren. Hinzu kommt die Problematik der Kostenerstattung. § 15a Abs. 4 EGZPO stellt nur die Erstattung der Kosten der Gütestellen nach § 91 Abs. 1, 2 ZPO im Falle eines Rechtsstreites klar. Wenn das Schlichtungsverfahren Erfolg hat, ist § 91 ZPO weder direkt noch auf Grund der Verweisung des § 15a Abs. 4 EGZPO einschlägig. Eine Kostenregelung für diese Fälle enthält § 15a EGZPO nicht. Die Länder verfügen insoweit über Gestaltungsspielraum. Allerdings ist es vielfach bei einem Schlichtungsverfahren nicht möglich wie bei dem Gerichtsverfahren von einem vollen oder teilweisen Unterliegen oder Obsiegen zu sprechen, sodass insoweit schon mangels Maßstab keine Kostenerstattung normiert werden sollte.148 Somit bleibt ein Nachteil für den potenziell Obsiegenden bestehen, wenn die Konfliktlösung keine Kostenübernahme umfasst. (cc) Verbesserungsvorschlag Eine Anpassung der Regelungen betreffend Kosten und Kostenerstattung für die außergerichtliche Konfliktbeilegung an die des Mahnverfahrens ist weder möglich noch zweckmäßig. Das Schlichtungsverfahren erfordert einen höheren Aufwand als das Mahnverfahren und kann daher nicht so kostengünstig sein. Der Ausschluss der Anrechnung ist zudem im weiteren Verlauf der Verhandlungen einer Einigung förderlich, da in einem späteren Prozess die aufgewendeten Kosten überflüssig wären und die Gerichtskosten noch zusätzlich gezahlt werden müssten. Zudem wird damit gefördert, dass die Parteien in den Schlichtungsverfahren ohne Parteianwalt auftreten und damit die Kosten für die Konfliktbeilegung insgesamt sinken. Im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Mahnverfahrens zur Vermeidung des Schlichtungsverfahrens erscheint daher eine Gesetzesänderung betreffend der Kostenregelung des Mahnverfahrens besser geeignet. Es sind die aufgezeigten Vorteile des Mahnverfahrens zu beseitigen, wenn mit einem Widerspruch oder Einspruch zu rechnen ist. Demnach müssen bei der vorher angezeigten Verteidigungsbereitschaft des Schuldners die Kosten des Mahnverfahrens durch den Antragsteller zu zahlen sein. Dies könnte durch einen entsprechenden Ausschluss der Erstattung der eigenen Anwaltskosten ergänzt werden. Zur Umsetzung dieses Vorschlages müsste also erstens die Anrechnung der Mahnverfahrenskosten auf die später entstehenden Gerichts- und Anwaltskosten und zweitens die Erstattung ausgeschlossen werden. Dadurch verliert das Mahnverfahren auch nicht an Attraktivität in den Fällen, für die es geschaffen wurde. Im Rahmen der nach Art. 74 Nr. 1 GG konkurrierenden Gesetzgebung traf der Bund mit dem RVG und den VV eine abschließende Regelung, sodass die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG allerdings keine Gesetzgebungskompetenz haben. 148

Siehe 3. Teil B. XXI. 5. a).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

(c) Verfahrensdauer Ein weiterer drohender Nachteil des Schlichtungsverfahrens gegenüber dem Mahnverfahren ist die zu erwartende Dauer der Auseinandersetzung. Bislang führt der Gläubiger nur ein Mahnverfahren durch, wenn er nicht an einen Widerspruch glaubt, da sonst der Weg der direkten Klage schneller ist. Wenn das Schlichtungsverfahren länger dauert als das Mahnverfahren, wird der Gläubiger mit hoher Wahrscheinlichkeit das Mahnverfahren wählen. Die seltenen Fälle der gleichzeitigen Betreibung von Mahnverfahren und streitigem Verfahren außer Acht lassend,149 verzögert ein Mahnverfahren die Klageerhebung um zwei bis sechs Wochen.150 Um die Umgehung des Schlichtungsverfahrens durch zweckwidrige Mahnverfahren zu verhindern, sollten Schlichtungsverfahren jedenfalls nicht erheblich länger dauern. Dabei wäre grundsätzlich auch die Möglichkeit der parallelen Durchführung des Schlichtungsverfahrens bis zur letzten mündlichen Verhandlung zu erwägen. Bei dieser Verfahrensweise sind jedoch die Einigungschancen wegen der Kosten des begonnenen Prozesses geringer. Und die Gerichte würden kaum entlastet. Eine parallele Durchführung ist daher nicht empfehlenswert.151 (2) Alternativen zum Wahlrecht Das Wahlrecht hat erhebliche Nachteile, sodass andere Regelungsmöglichkeiten für das Verhältnis vom Schlichtungsverfahren zum Mahnverfahren zu untersuchen sind. Eine Verknüpfung dergestalt, dass im Falle des Scheiterns des Verfahrens ein Mahnbescheid erteilt wird, erscheint zwar zunächst reizvoll und für alle Vermittler möglich, da bei dem Mahnbescheid keine materielle Prüfung erfolgt. Diese Konstruktion erfordert aber die Einbindung der Güteverfahren in die staatliche Gerichtsbarkeit. Der Gesetzgeber wollte jedoch gerade die nicht hoheitliche Konfliktlösung stärken und deshalb hätte er nur die Durchführung des Schlichtungsverfahrens vor dem Mahnverfahren oder vor der Überleitung in das streitige Verfahren in § 15a EGZPO anordnen können. (a) Schlichtung vor dem Mahnverfahren Die hohe Zahl der widerspruchlosen Mahnverfahren und die geringe Einspruchsquote spiegeln das Bedürfnis und den Erfolg des Mahnverfahrens wider.152 Bei einer Kombination von Schlichtungsverfahren und Mahnverfahren sind daher besonders die Ziele und Besonderheiten des Mahnverfahrens zu berücksichtigen. 149 Trotz der seltenen Praxis auf diese Fälle abstellend, Hartmann, NJW 1999, 3745 (3748). 150 Zu den abzuwartenden Fristen von zwei Wochen des § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und des § 339 Abs. 1 ZPO kommt noch die Bearbeitungszeit und Postlaufzeit hinzu. 151 Die Zulässigkeit der Klage ablehnend, AG Nürnberg, NJW 2001, 3489. 152 Schlosser in: Stein / Jonas, vor § 688 Rdz. 1b.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Der Zweck des Mahnverfahrens ist, den säumigen Schuldner schnell zwangsweise zur Zahlung anzuhalten.153 Das Mahnverfahren ist der Antrag an die andere Partei, sich der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen mit der Besonderheit, dass das Schweigen bei Gericht die Zustimmung fingiert. Das Mahnverfahren soll vorrangig der Titelbeschaffung bei zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Schuldnern dienen, wenn die Forderung eindeutig gegeben ist154 und nicht ernsthaft bestritten wird.155 Wenn hingegen mit einem Widerspruch zu rechnen ist, stellt das Mahnverfahren einen unnötigen und vermeidbaren Umweg dar.156 Demnach ist das Verfahren für Streitigkeiten ausgelegt, bei denen der Antragssteller nicht mit einem Widerspruch rechnet. Die Anzahl von Widersprüchen und Einsprüchen ist niedrig.157 Ein überwiegend sachgerechter Gebrauch des Verfahrens ist daher zu vermuten.158 Die auffällig häufigen Versäumnisurteile gegen den Schuldner nach Erhebung von Wider- oder Einspruch bestätigen das Funktionieren der Selbstregulierung und deuten daraufhin, dass Widerspruch und Einspruch oft nur zur Verzögerung benutzt werden.159 Das Mahnverfahren ist nach § 688 Abs. 1 ZPO ausschließlich zulässig bei Ansprüchen, die auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet sind. Insoweit hat allein die Art des Streitgegenstandes jedoch kaum Einfluss auf die Eignung zur einverständlichen Streitbeilegung.160 Daraus ergibt sich daher nicht die Unzweckmäßigkeit einer Kombination von Mahnverfahren und Schlichtungsverfahren. Das Mahnverfahren wird, wie dargestellt, nur selten zum Test der Verteidigungsbereitschaft oder zur unberechtigten Erlangung eines Titels missbraucht. Es ist daher davon auszugehen, dass der typische Antragsteller an die Berechtigung und Durchsetzbarkeit seines Anspruchs glaubt. Die Verhandlungsbereitschaft sinkt mit der Überzeugung von der eigenen Position, weshalb die Erfolgsaussichten eines Mediationsverfahrens in den Fällen der Mahnverfahren unterdurchschnittlich sind. Hahn / Mugdan, Band 2, Abteilung 1, S. 411, 781. BGHZ 101, 380 (388). 155 Schlosser in: Stein / Jonas, § 691 Rdz. 6; Vollkommer in: Zöller, vor § 688 Rdz. 2. 156 Vollkommer in: Zöller, vor § 688 Rdz. 2. Zur Durchsetzung dieser Gedanken werden die entstehenden Mehrkosten bei der Beauftragung eines Mahnanwaltes und eines anderen Prozessbevollmächtigten im streitigen Verfahren nicht erstattet, wenn eine offensichtlich unbegründete Forderung geltend gemacht wird, OLG Düsseldorf, Rpfleger 1996, 526 oder mit dem Widerspruch des Schuldners zu rechnen war, KG, AnwBl. 1999, 416 f.; OLG Braunschweig, MDR 1999, 570 f.; LG München, MDR 1998, 563; OLG Brandenburg, Rpfleger 1998, 488 f. Gegen die Erstattung dieser Kosten, weil für ein Mahnverfahren anwaltlicher Beistand nicht notwenig ist, OLG Nürnberg, MDR 1997, 1068 (1069). 157 Nur in 5 bis 10 % wird Widerspruch eingelegt und in 1% Einspruch erhoben, Schlosser in: Stein / Jonas, vor § 688 Rdz. 1b. 158 Zur Missbrauchsgefahr wegen der mangelnden gerichtlichen Prüfung, Vollkommer in: Zöller, vor § 688 Rdz. 6 ff. 159 Clausen, AnwBl. 1997, 530; Dembinsky, BRAK-Mitt 1998, 66 (67). 160 Siehe 3. Teil B. II. 2. b). 153 154

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Außerdem liegen auch nur selten komplexe Beziehungen vor. In diesen gehen einem Mahnverfahren Gespräche zwischen den Parteien voraus. Diese lassen in der Regel den Grund des Zahlungsausfalls erkennen. Wenn der Schuldner nicht zahlen will und Einwände gegen die Forderung erhebt, sind die Erfolgaussichten eines Mahnverfahrens gering. Aus der hohen Erfolgsquote kann daher auch geschlossen werden, dass die Gläubiger ein Mahnverfahren dann nicht betreiben. Nur bei der Zahlungsunfähigkeit als Ursache der unterlassenen Zahlung kommt das Mahnverfahren in Dauerbeziehungen in Betracht, doch könnte der Schuldner dann bereits im Vorfeld die Forderung anerkennen und sich der Zwangsvollstreckung unterwerfen. Dies lässt vermuten, dass Mahnverfahren nur selten in komplexen Dauerbeziehungen beantragt werden. Soweit das Mahnverfahren zur einverständlichen kostengünstigen Titulierung benutzt wird, erfüllt es jedoch seinen Zweck, sodass ein vorheriger Schlichtungsversuch keinen Vorteil bringt. Weiterhin wurde bei dem Entwurf des Mahnverfahrens eine Monatsfrist zur Erhebung des Widerspruchs erwogen. Diese wurde abgelehnt, weil der Sinn und Zweck des Mahnverfahrens, schnell zu einem Titel zu gelangen, gefährdet wäre.161 Für ein zügiges Güteverfahren müsste aber zumindest mit der Dauer von einem Monat gerechnet werden. Wenn also dem Mahnverfahren ein Schlichtungsverfahren vorangehen würde, wäre mit dem Mahnverfahren nicht mehr schnell ein Titel zu erlangen. (b) Schlichtung zwischen Mahnverfahren und Klageerhebung Erst Widerspruch und Einspruch decken den Konflikt auf. Bis dahin ist ein anderer Standpunkt zu der Forderung nicht erkennbar und damit das Vorliegen eines Konfliktes fraglich. Wenn diese Konflikte sich nicht erheblich von anderen Streitigkeiten unterscheiden, könnte ein Schlichtungsversuch nach dem Widerspruch oder dem Einspruch vor der Überleitung in das streitige Verfahren stattfinden.162 Zwar wird die Rechtsverfolgung bei dieser Reihenfolge auch insgesamt verlängert, aber die Effektivität des Mahnverfahrens bliebe erhalten. Dieser Einwand gegen eine Kombination von Schlichtungsverfahren und Mahnverfahren entfiele daher. Allerdings bleibt der Einwand bestehen, dass die Konflikte des Mahnverfahrens nur selten zur einvernehmlichen Streitbeilegung geeignet sind. Das Mahnverfahren wird grundsätzlich nur bei eindeutig gegebenen und nicht umstrittenen Ansprüchen gewählt, da ansonsten das Verfahren länger dauert. In der Regel glaubt der Gläubiger fest an seinen Anspruch und erwartet keinen Widerspruch, weshalb seine Verhandlungsbereitschaft gering sein wird. Die Sichtweise des Gläubigers ändert sich grundsätzlich auch durch den Widerspruch nicht. Außerdem liegen Hahn / Mugdan, Band 2, Abteilung 1, S. 784. Der Vorschlag des DAV ist begrenzt auf ein Schlichtungsverfahren nach dem Widerspruch, AnwBl. 1997, 545 (546); ebenso Karliczek, ZKM 2000, 111. Für ein Schlichtungsverfahren bei Widerspruch und Einspruch, Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (526). 161 162

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regelmäßig keine komplexen Beziehungen vor, die eine konsensuale Streitbeilegung auf Grund eines Kooperationsgewinnes ermöglichen. Gegen ein Güteverfahren nach dem Mahnverfahren spricht zudem, dass mit dem Versuch der Rechtsdurchsetzung die Verrechtlichung bereits vollzogen wurde. Dadurch gewannen die Positionen an Bedeutung und der Konflikt wurde verschärft. Solche verhärteten Konflikte eigenen sich weniger zu konsensualen Lösungen. Weiter würde für den Schuldner diese Regelung einen Anreiz bieten, im Mahnverfahren zu widersprechen oder Einspruch zu erheben. In der anschließenden Güteverhandlung bestände die Chance, einen Zahlungsaufschub oder andere Vorteile auszuhandeln.163 In jedem Fall wird das Verzögerungspotenzial für Fälle größer, die eigentlich zu einer schnellen Rechtsdurchsetzung geeignet sind, wofür die Einleitung des Mahnverfahrens ein Indiz ist. Die mangelnde Zahlungsmoral vieler Schuldner sollte nicht durch Güteverhandlungen unterstützt, sondern durch eine schnelle Bestätigung des Rechts bekämpft werden. Einem Schlichtungsverfahren nach dem Einspruch steht zusätzlich noch entgegen, dass der Vollstreckungsbescheid nach § 700 Abs. 1 ZPO einem Versäumnisurteil entspricht. Zwar kann durch private Vereinbarungen eine wirkungsgleiche Lösung erzielt werden, jedoch ist es den Parteien selbst nicht möglich, den Vollstreckungsbescheid aufzuheben. Es droht dann eine mit der Eignung des Konfliktes nicht zu begründende Differenzierung zwischen Widerspruch und Einspruch im Hinblick auf die Pflicht zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens. Möglicherweise würde dann kein Widerspruch, sondern erst Einspruch erhoben, um ein Schlichtungsverfahren zu vermeiden. Jedenfalls insoweit würde auch auf diesem Wege das Verfahren verzögert. Resümee Die Alternativen zu dem gesetzlich vorgesehenen Wahlrecht zwischen Mahnverfahren und Schlichtungsverfahren haben ebenfalls erhebliche Nachteile. Soweit das Schlichtungsverfahren vor dem Mahnverfahren stattfindet, wird der Zweck des Mahnverfahrens vereitelt. Darüber hinaus eignen sich die Konflikte der Mahnverfahren nur unterdurchschnittlich zu konsensualen Lösungen. In Anbetracht der Alternativen ist das Wahlrecht des Gläubigers zwischen Schlichtungsverfahren und Mahnverfahren bei einer abstrakten Zuordnung der Schlichtungsfälle grundsätzlich zu befürworten.164 Allerdings sollte die zweckfremde Einleitung von Mahnverfahren zur Umgehung von Schlichtungsverfahren verhindert werden. Dazu dürfen keine Anreize zur Vermeidung des Schlichtungsverfahrens bestehen oder geschaffen werden. Dies haben vor allem die Länder bei der Gestaltung des Schlichtungs163 Ein solcher Vorteil wäre auch der so genannte Monte-Carlo-Vergleich. In dem wird regelmäßig die gesamte Schuld tituliert, aber ein Teil bei Zahlung innerhalb einer Frist erlassen, Karliczek, ZKM 2000, 111 (112). 164 Dembinsky, BRAK-Mitt 1998, 66 (68); Clausen, AnwBl. 1997, 530; Feix, S. 207. Gegen die Kombination von Mahnverfahren und Schlichtungsverfahren, Eichele, ZRP 1997, 393 (394).

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verfahrens zu beachten. Der erforderliche Aufwand und die Verfahrensdauer müssen sich daher am Mahnverfahren orientieren. Weiter ist der Ausschluss der Kostenanrechnung und Kostenerstattung des Mahnverfahrens geboten, wenn für den Gläubiger der Widerspruch oder Einspruch vorhersehbar war.165 ff) Keine Schlichtung vor Klagen wegen Vollstreckungsmaßnahmen Nach § 15a Abs. 2 Nr. 6 EGZPO ist ein Güteverfahren nicht bei Klagen gegen Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen. Bei diesen Streitigkeiten liegt bereits ein Titel vor. In dem grundsätzlich abgeschlossenen Erkenntnisverfahren wurde das Recht erkannt. Auf Grund der Abwägung zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit sind in dieser Phase nur noch bestimmte Einwendungen zu berücksichtigen. Die Umsetzung dieses Aspektes in einem Schlichtungsverfahren ist schwierig. Außerdem wurde regelmäßig im Rahmen des Erkenntnisverfahrens bereits ein Schlichtungsversuch unternommen. Ein Vergleich vor einer Gütestelle hat auch nicht die rechtsgestaltende Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung.166 Der ursprüngliche Titel blieb deshalb weiterhin im Raum stehen. Außerdem sind die Ansichten der Beteiligten auf Grund der vorangegangenen Auseinandersetzungen auch häufig verhärtet, sodass geringe Einigungschancen bestehen. Lediglich mit einer weiteren Differenzierung nach der Art des Vollstreckungstitels könnte diesen Bedenken begegnet werden. Aussichtsreich erscheinen Verhandlungen, wenn die Vollstreckung wegen einer Unterwerfungserklärung oder eines vollstreckbaren Vergleichs durchgeführt wird. Im Sinne einer einheitlichen Regelung ist der Entscheidung des Gesetzgebers aber zuzustimmen, bei den Streitigkeiten über Vollstreckungsmaßnahmen kein Güteverfahren anzuordnen. gg) Keine Schlichtung bei Wohnsitz in verschiedenen Bundesländern Nach § 15a Abs. 2 S. 2 EGZPO ist ein obligatorisches Schlichtungsverfahren ausgeschlossen, wenn die Parteien nicht in demselben Land wohnen oder ihren Sitz oder eine Niederlassung haben. Diese Regelung beruht auf der Kompetenzzuweisung an die Länder und provoziert den Vorwurf der Kleinstaaterei. Allerdings soll diese Regelung einen Wettbewerb verschiedener Systeme ermöglichen, der zur Sammlung von Erfahrungen zweckmäßig ist. Wegen der unterschiedlichen Rechtslage in den Bundesländern wären ansonsten auch Kollisionsregelungen erforderlich. Die örtliche Einschränkung des Verfahrens dient aber andererseits auch der Begrenzung des Aufwandes. Befänden sich die Schlichtungsstellen in verschieden Ländern, müssten von den Beteiligten bei der Pflicht zum persönlichen 165 Die Umgehung des Schlichtungsverfahrens durch das Mahnverfahren kann dann nicht mehr pauschal von Anwälten empfohlen werden. Dies gegenwärtig ratend, Zietsch / Roschmann, Beilage zu NJW 2001 Heft 51, 3 (8). 166 Bt-Drucks. 13 / 11042, S. 33.

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Erscheinen gegebenenfalls große Entfernungen zurückgelegt werden. Dabei entständen den Beteiligten hohe zusätzliche Reisekosten. Zwar sind auch die Wege innerhalb eines Landes nicht immer kurz, jedoch wird dadurch eine Obergrenze gesetzt. Den Ländern bleibt vorbehalten, das Schlichtungsverfahren auf noch kleinere Gebiete zu beschränken. Diese Regelung wird durch die Vermutung gerechtfertigt, dass eine engere Beziehung zwischen den Streitparteien häufig mit einer räumlichen Nähe verbunden ist. Die Ausschlussklausel in § 15a Abs. 2 S. 2 EGZPO ist daher für obligatorische Schlichtungsverfahren sinnvoll. hh) Keine Schlichtung bei Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle Weiterhin sind bundeseinheitlich Konflikte nach § 15a Abs. 3 S. 1 EGZPO von dem Erfordernis eines Einigungsversuchs vor einer von den Ländern eingerichteten oder anerkannten Schlichtungsstelle befreit, wenn ein einvernehmlicher Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle unternommen wurde.167 Ein zusätzliches Schlichtungsverfahren vor einer staatlich eingerichteten oder anerkannten Schlichtungsstelle ist in diesen Fällen wenig aussichtsreich, da bereits der Versuch einer konsensualen Konfliktbeilegung erfolglos blieb. Diese Regelung sichert somit auch die Privatautonomie bei der Auswahl der Schlichtungsstelle und schafft die Voraussetzung für eine konfliktnahe außergerichtliche Streitbeilegung. Allerdings werden die sonstigen privaten Schlichtungsstellen als Ersatz für die staatlich organisierte außergerichtliche Streitbeilegung angesehen. Der Bürger kann anhand der Verfahrensordnungen kaum die Einhaltung wesentlicher Verfahrensstandards, wie die Unabhängigkeit, Neutralität und Vertraulichkeit, kontrollieren. Nachteilige Abweichungen von den Verfahrensstandards der staatlich eingerichteten oder anerkannten Schlichtungsstellen wird er aber grundsätzlich nicht hinnehmen wollen. Die Förderung weiterer Schlichtungsstellen durch die Anerkennung des Einigungsversuchs ist daher nur berechtigt, wenn die Verfahren gleichwertig sind. § 15a Abs. 3 S. 1 EGZPO erfordert nur das „Betreiben“ im Sinne einer dauerhaften Ausübung der Streitschlichtung. Damit sind weder die Neutralität und Unabhängigkeit noch die Vertraulichkeit gesichert. Zur Qualitätssicherung sollten deshalb Verhandlungen vor sonstigen Gütestellen nur vom Schlichtungsversuch befreien, wenn auch bei ihnen die wesentlichen Voraussetzungen eines fairen Verfahrens eingehalten werden. Einer staatlichen Überprüfung sollten daher auch private Schlichtungsstellen unterliegen, die ein staatlich organisiertes Schlichtungsverfahren ersetzen können. Eine Qualitätssicherung der außergerichtlichen Streitbeilegung durch landesgesetzliche Regelungen zur Anerkennung sonstiger Gütestellen im Sinne des § 15a Abs. 3 S. 1 EGZPO ist aber nur möglich, wenn die Länder dazu die Gesetzgebungskompetenz haben. Nach Art. 74 Nr. 1 GG verfügt 167 Zu den Anforderungen an das einvernehmliche Unternehmen, vgl. dazu 3. Teil B. XX. 1.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

der Bund über die Gesetzgebungskompetenz für das gerichtliche Verfahren. Damit darf er dessen Voraussetzungen bestimmen und hat somit auf Grund der Anordnung eines Vorverfahrens auch die Kompetenz zu dessen Regelung.168 Die Länder können daher nach Art. 72 Abs. 1 GG nur Normen zur Qualitätssicherung schaffen, wenn der Bund keine abschließende Regelung in § 15a Abs. 3 S. 1 EGZPO vorgenommen hat. Voraussetzung für die Anerkennung als sonstige Gütestelle ist demnach nur das Betreiben der Streitbeilegung. Weitere Anforderungen als an die Dauer werden nicht gestellt.169 Eine Regelung liegt somit nach dem Wortlaut vor. Zudem werden in § 15a Abs. 3 S. 2 EGZPO sonstige Gütestellen beispielhaft benannt, die gerade bezüglich ihrer Neutralität zweifelhaft sind. Damit ergibt sich auch aus Regelungssystematik nicht, dass eine weitere Kontrolle durch die Länder vorgesehen ist. Die Öffnungsklausel des § 15a Abs. 5 S. 1 EGZPO über die Regelung des Verfahrens beinhaltet keine Ermächtigung zur Kontrolle oder Beschränkung sonstiger Schlichtungsstellen. Gegen die Möglichkeit einer Einschränkung der Gütestellen nach dem Landesrecht sprechen auch die Gesetzesmaterialien, wonach jede „Stelle“ Gütestelle sein kann.170 Eine teilweise Regelung ist daher nicht anzunehmen.171 Nach der Auslegung des § 15a Abs. 3, 5 EGZPO haben die Länder somit keine Regelungskompetenz für sonstige Gütestellen im Sinne des § 15a Abs. 3 EGZPO. Damit besteht keine Möglichkeit zur Qualitätssicherung der außergerichtlichen Streitbeilegung bei sonstigen Gütestellen durch die Länder.172 Die erforderliche Nachbesserung obliegt dem Bundesgesetzgeber. Insoweit empfiehlt sich eine Orientierung beispielsweise an den §§ 3, 4 GüSchlG NRW oder § 22 AGGVG BW.173 Resümee In § 15a Abs. 2 EGZPO werden Streitigkeiten von einem obligatorischen Vorverfahren ausgenommen, die einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung entweder gar nicht zugänglich sind oder jedenfalls nur geringe Einigungschancen bieten. Trotz einzelner Kritikpunkte ist die Regelung daher grundsätzlich gelungen.

168 Pieroth in: Jarass / Pieroth, Art. 74 Rdz. 8; Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 74 Rdz. 83. 169 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 7. 170 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 7. 171 Zu den Möglichkeiten und Folgen von Teilregelungen, Sannwald in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, Art. 72 Rdz. 14 ff.; von Münch, Art. 72 Rdz. 6 ff. 172 §§ 2 ff. GüSchlG NRW stellen Mindestanforderungen an Schlichtungsstellen. Einigungsversuche vor sonstigen, nicht nach §§ 2 ff. GüSchlG NRW anerkannten Schlichtungsstellen sind aber trotzdem nach § 15a Abs. 3 EGZPO ausreichend. Bei einer abweichenden Interpretation der §§ 2 ff., 10 GüSchlG NRW wäre das GüSchlG NRW wegen Verletzung der zugewiesenen Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig. 173 Für eine Rahmengesetzgebung mit der Festlegung konkreter Mindestvoraussetzungen aller Streitbeilegungsstellen i. S. d. § 15a EGZPO, Scherpe, VuR 2002, 231 (232).

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3. Landesregelung Die Fallauswahl des § 15a EGZPO ist eher zu eng als zu weit. Die Länder können aber nicht über § 15a EGZPO hinaus ein obligatorisches Beratungsverfahren anordnen. Es bleibt daher zu untersuchen, ob noch weitere Einschränkungen vorzunehmen sind.174 a) Streitwert Die Streitwertgrenze des § 15a EGZPO ist für die Länder verbindlich. Sie können lediglich darauf verzichten Streitigkeiten unter diesem Wert generell einem obligatorischen Vorverfahren zu unterstellen. Dafür spricht, dass auch auf diese Weise der Anschein eines zweitklassigen Verfahrens in der Öffentlichkeit vermieden werden kann.175 Im Hinblick auf die Experimentierfunktion und eine Ausdehnung ist es jedoch sinnvoller einen möglichst umfänglichen Anwendungsbereich zu eröffnen, um daraus weiteren Aufschluss über geeignete Konflikte zu erlangen. b) Klagehäufung Soweit mehrere Ansprüche gleichzeitig geltend gemacht werden, erfolgt dies nach § 260 ZPO in einer Klage.176 Der Streitwert berechnet sich dann nach § 5 ZPO. Folglich kann bei der gemeinsamen Verfolgung von mehreren kleinen Streitwerten nach § 15a EGZPO kein Vorverfahren obligatorisch sein.177 Obwohl sachliche Gründe für das Streitwertkriterium nicht bestehen, ist eine abweichende Landesregelung nicht möglich. Diese Regelung ist zweckmäßig, soweit nach § 15a Abs. 2 EGZPO ein Streitgegenstand mangels Eignung zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgenommen wird. Es würde in diesen Fällen immer sofort ein Gerichtsverfahren stattfinden, wodurch die Einigungschancen sinken. Zudem stände die durch ein Vorverfahren bedingte Verzögerung der gleichzeitigen Verhandlung entgegen, sodass gegebenenfalls mehr Prozesse und höhere Kosten anfielen.178 174 Der Ausschluss von Konflikten, bei denen erfolglose vorgerichtliche Verhandlungen mit anwaltlicher Vertretung durchgeführt worden, würde nicht hinreichend den Unterschied zwischen zwei- und dreiseitigen Verhandlungen unter Leitung einer neutralen Person berücksichtigen, so jedoch Feix, S. 212. Zudem ermöglicht dies die Umgehung des Vorverfahrens durch die anwaltliche Vertretung. Da eine Beschäftigung mit den Möglichkeiten der außergerichtlichen Konfliktlösung bewirkt werden soll, erscheint in dem vorgeschlagenen Verfahren ein gewisser Druck zum Erscheinen beider Parteien nicht unangemessen. 175 So nun nach Art. 1 BaySchlG und § 1 HessSchlG. 176 Dies gilt auch, wenn weitere Ansprüche geltend gemacht werden, bevor die Klage zugestellt und damit erhoben ist, LG Baden-Baden, WuM 2001, 560. 177 Hüßtege in: Thomas / Putzo, 15a EGZPO, Rdz. 2. 178 So auch Beunings, AnwBl. 2004, 82 (85); Friedrich, NJW 2002, 3223 (3224).

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Soweit bei der anfänglichen subjektiven Klagehäufung gemäß den §§ 59 ff. ZPO die Klage von oder gegen mehrere Personen erhoben wird, entsteht jeweils zwischen den Parteien ein Prozessrechtsverhältnis. Die Verfahren sind dabei nur äußerlich miteinander verbunden. Folglich muss die Zulässigkeit jeweils gesondert beurteilt werden, sodass in jedem Verhältnis soweit erforderlich ein Vorverfahren durchzuführen ist.179 c) Klagerücknahme Wenn eine Klage teilweise zurückgenommen wird, fällt sie gegebenenfalls in den Anwendungsbereich des § 15a EGZPO. Wäre die Durchführung eines Vorverfahrens Prozessvoraussetzung, müsste dieses dann noch durchgeführt werden. Nach der hier vertretenen Einordnung als besondere Voraussetzung der Klageerhebung bedarf es nunmehr eines Vorverfahrens nicht mehr. Die ursprüngliche Klageerhebung war zulässig und wirksam. Sie bleibt es auch, da die Klagerücknahme nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurückwirkt.180 Dies ist auch zweckmäßig, weil bereits der Konflikt verrechtlicht und durch das Gerichtsverfahren geprägt wurde und ein erneutes Verfahren vielmehr das Gerichtswesen nur zusätzlich belasten würde. d) Klageänderung In einem anhängigen Verfahren kann der Kläger nach § 263 ZPO durch Klageänderung das ursprüngliche Rechtsschutzbegehren zugunsten eines Neuen aufgeben, wenn der Beklagte zustimmt oder das Gericht sie für sachdienlich hält. Die Klageänderung ist damit ein neuer Angriff.181 Fraglich ist, inwieweit für diesen nach § 15a EGZPO ein obligatorisches Vorverfahren sinnvoll ist und eingeführt werden kann. Eine problematische Konstellation ist, wenn der neu einzuführende Streitgegenstand in den Anwendungsbereich des § 15a EGZPO fällt. Soweit bereits für den ursprünglichen Streitgegenstand ein Vorverfahren durchgeführt wurde und die Parteien sich nicht einigten, erscheint es unwahrscheinlich, dass nunmehr eine Eini179 Im Hinblick auf Einigungschancen sollten und können diese gemeinsam durchgeführt werden. Soweit die weiteren Personen an einem solchen teilgenommen haben, ist dies ausreichend. Wenn bei der notwendigen Streitgenossenschaft nur einer das Beratungsverfahren durchgeführt hat, sollte analog § 62 ZPO der Streitgenosse dabei als vertreten angesehen werden. 180 Dies gilt aus den gleichen Gründen auch für die Erledigterklärung. 181 Soweit weiterer Ansprüche vor Zustellung und damit vor Erhebung der Klage geltend gemacht werden, liegt keine Klageänderung vor. Der Streitwert ist dann entsprechend dem aktuellen Antrag zu bemessen, LG Baden-Baden, WuM 2001, 560; zust. Beunings, AnwBl. 2004, 83 (85).

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gung erzielt werden könnte. Das Gerichtsverfahren belastet nunmehr die Beziehung noch und verschärft den Konflikt. Soweit noch keine außergerichtliche Einigung versucht wurde, weil für den ursprünglichen Streitgegenstand kein Vorverfahren obligatorisch war, fällt die Entscheidung schwerer. Hier hat ein außergerichtlicher Einigungsversuch nicht stattgefunden. Allerdings wurde bereits das Gerichtsverfahren mit allen nachteiligen Wirkungen auf die Einigungsbereitschaft eingeleitet. Zudem sprechen prozessökonomische Überlegungen gegen die Notwendigkeit eines Vorverfahrens. Durch die zeitliche Verzögerung würde sich das Ausgangsverfahren erheblich verzögern oder es müssten mehrere Verfahren bewältigt werden.182 Durch die Trennung fallen gerichtliche Vergleichsverhandlungen schwerer und das Urteil führt noch nicht zur Rechtsbefriedung. Die besseren Argumente sprechen daher gegen die Durchführung eines Vorverfahrens im Hinblick auf den geänderten Klagegegenstand.183 Zudem dürfte der Wortlaut des § 15a EGZPO auch keine andere Landesregelung zulassen, da die Klageerhebung zulässig erfolgte und die Öffnungsklausel für die Klageänderung den Ländern keinen gesetzlichen Gestaltungsspielraum eröffnet. Anders ist die Rechtslage hingegen, wenn vor Klageerhebung fehlerhafterweise das Vorverfahren unterlassen wurde, aber nach der Klageänderung der Streitgegenstand nicht mehr in den Anwendungsbereich der umgesetzten Öffnungsklausel fällt. Nach der getroffenen Einordnung als nicht nachholbare Klageerhebungsvoraussetzung wäre die Klage an sich als unzulässig abzuweisen, wenn nicht der Mangel durch die Klageänderung geheilt würde. Eine sachdienliche Klageänderung läge niemals vor, da die unzulässig erhobene Klage entscheidungsreif ist. Im Hinblick auf die vorrangig zu klärende Zulässigkeit, kann der sachliche Streitstoff auch noch nicht erörtert worden sein. Folglich gibt es keinen prozesswirtschaftlichen Sinn den Rechtsstreit fortzuführen. Gleichwohl ist die Situation unbefriedigend für die Streitparteien und auch nicht vom Sinn und Zweck des § 15a EGZPO gedeckt. Dadurch würde in jedem Fall einer neuer Prozess herausgefordert, ohne dass diesem ein außergerichtliches Verfahren vorausgehen müsste, sodass die außergerichtliche Streitbeilegung nicht gefördert würde. Im Hinblick auf den vorgegebenen Anwendungsbereich ist auch keine Erziehung erforderlich, wie bei dem Ausschluss der Nachholbarkeit. Wegen des geänderten Streitgegenstandes bedarf es eines Vorverfahrens nicht im neuen Prozess. Das eigentliche Regelungsziel der §§ 263, 264 ZPO, weitere Klagen zu vermeiden, würde verfehlt. Es ist daher aus prozessökonomischen Zwecken eine gesetzliche Regelung zu normieren, nach der bei einer Klageerweiterung oder erweiternden Klageänderung von einem Vorverfahren abzusehen ist, wenn der neue Streitgegenstand nicht mehr dem eröffneten Anwendungsbereich entspricht.184 Insoweit besteht für die Länder die Möglichkeit AG Halle (Westfalen), NJW 2001, 2099. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn die prozessrechtlichen Möglichkeiten lediglich dazu ausgenutzt werden, das Vorverfahren zu umgehen, vgl. dazu AG Brakel, NJW-RR 2002, 935 (936), das die Sachdienlichkeit der Klageänderung verneint; dazu auch Beunings, AnwBl. 2004, 82 (84 f.). 182 183

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bei der späteren Streitgegenstandsänderung von dem Vorverfahren als Voraussetzung abzusehen. Dagegen spricht auch nicht die Einordnung als Voraussetzung der zulässigen Klageerhebung. Die Länder sind schließlich nicht verpflicht den gesamten eröffneten Bereich auszuschöpfen. e) Parteiänderung Die Parteiänderung geht mit der Begründung eines neuen Prozessverhältnisses einher und erfordert eine entsprechende Klageerhebung. Insoweit eröffnet § 15a EGZPO die Möglichkeit ein obligatorisches Vorverfahren anzuordnen. Davon sollte jedoch abgesehen werden. Die Parteiänderung erfolgt entweder durch eine Parteierweiterung, sodass im Verfahren nachträglich eine Streitgenossenschaft begründet wird, oder durch einen Parteiwechsel. Für eine Beratung spricht zwar, dass bei der anfänglichen Streitgenossenschaft beide Parteien beraten werden und im Falle des Parteiwechsels gegenüber den neuen Personen eine völlig anders gelagerte Beziehung besteht. Diesen Argumenten stehen aber erhebliche prozessökonomische Erwägungen gegenüber. Der Rechtsstreit ist bereits anhängig und das Gericht damit beschäftigt. Außergerichtliche Verhandlungen können hier nicht mehr die Gerichte entlasten. Vielmehr wären mehr Prozesse und schwierigere Prozesskonstellationen die Folge des faktischen Parteiwechselausschlusses. Für einen Parteiwechsel bestehen teilweise besondere Gründe etwa bei den Fällen des § 265 ZPO oder sogar die Pflicht nach § 266 ZPO. Ein notwendig vorher durchgeführtes außergerichtliches Verfahren steht dazu sogar im Widerspruch zu § 266 ZPO. Letztlich ist auch die Umgehungsgefahr wegen der Voraussetzungen der nachträglichen Parteiänderung als gering einzuschätzen.185 Zudem sollten ja andere Personen, die für den Konflikt relevant sind, einbezogen werden, sodass diese teilweise bereits an dem Schlichtungsverfahren beteiligt waren.186 f) Haupt- und Nebenintervention Die Beteiligung nach den §§ 64 ff. ZPO erfasst die Beteiligung nach Anhängigkeit des Rechtsstreites. Auch in diesen Fällen ist der vorherige Versuch einer konsensualen Konfliktlösung wünschenswert, etwa durch die Einbeziehung des Drit184 So im Ergebnis auch LG Kassel, NJW 2002, 2256, das die Entbehrlichkeit allerdings aus der dogmatischen Zuordnung als Prozessvoraussetzung herleitet; dagegen zu Recht, Beunings, AnwBl. 2004, 82 (85). 185 Lediglich bei der Parteierweiterung auf Beklagtenseite dürfte deshalb die Versuchung bestehen, die nachträgliche Parteierweiterung zu wählen, um damit das Schlichtungsverfahren gegen die neue Partei zu umgehen. Soweit bereits überhaupt ein Vorverfahren obligatorisch war, besteht aber kein Grund weitere Parteien nicht in dieses einzubeziehen. 186 Siehe auch 3. Teil B. X.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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ten in den Schlichtungsversuch der Parteien. Der Intervention ein obligatorisches Beratungsgespräch vorzulagern, führt zu erheblichen Verzögerungen des Hauptprozesses, da dieser erst nach Abschluss des Vorverfahrens fortgesetzt werden könnte. Zudem wird der Streitstoff bereits vom Gericht erörtert, sodass das Ziel einer effektiven Streitbeilegung einem obligatorischen Beratungsgespräch bei der Beteiligung an einem anhängigen Rechtsstreit entgegensteht. Insoweit ist der Rahmen des § 15a EGZPO daher einzuschränken. g) Adhäsionsverfahren nach § 403 StPO In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und dem Saarland wird nach der jeweiligen Landesregelung von einem Vorverfahren bei Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO abgesehen.187 Diese Regelung ist jedoch entbehrlich. Der Grund liegt aber nicht darin, dass ein Vorverfahren stattfinden soll,188 sondern in der Öffnungsklausel des § 15a EGZPO. Diese gilt nur für die Erhebung der Klage nach der ZPO. Der § 15a EGZPO eröffnet deshalb für Anträge nach § 404 StPO gar nicht die Möglichkeit eines Vorverfahrens. Das Verfahren nach den §§ 403 ff. StPO ist eines nach der Strafprozessordnung und keines nach der Zivilprozessordnung. Nach dem Wortlaut des § 404 II StPO hat die Antragstellung auch nur dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage, jedoch nicht die gleichen Voraussetzungen. Diese sind in den §§ 403, 404 StPO geregelt. Resümee Die Länder haben überwiegend ein obligatorisches Schlichtungsverfahren ohne individuelle Fallzuweisung vorgesehen. Vielmehr wird der Anwendungsbereich des § 15a EGZPO von den Ländern mit nur wenigen hier aufgezeigten Ausnahmen übernommen.189 Sie verlassen sich darauf, dass ungeeignete Konflikte innerhalb des Verfahrens rechtzeitig ausgeschlossen werden.190 Dagegen bestehen jedoch er187 § 10 Abs. 2 Nr. 7 GüSchlG NRW, § 1 Abs. 2 Nr. 7 BbgSchlG, § 1 Abs. 2 Nr. 8 HessSchlG, § 37a Abs. 2 Nr. 7 SAGJusG, § 34a Abs. 2 Nr. 7 SchStG LSA, § 1 Abs. 7 Nr. 7 LSchliG Schl-H. 188 Ein außergerichtliches Vorverfahren wäre nicht zweckmäßig. Bei einem Antrag während des laufenden Strafverfahrens bestände regelmäßig die Gefahr der Verzögerung, sodass das Gericht nach § 405 S. 2 StPO regelmäßig davon absehen müsste. Ein Antrag nach § 404 StPO kann aber bereits vor dem Strafprozess gestellt werden, Hilger in: Löwe / Rosenberg, § 404 Rdz. 2; Meyer-Goßner, § 404 Rdz. 3. Eine Verzögerung würde dann vermieden, doch wäre ein Schlichtungsverfahren in dieser Phase nur wenig aussichtsreich, da eine Einigung als Schuldeingeständnis gewertet werden könnte. 189 Vgl. Art. 1 BaySchlG, § 10 GüSchlG NRW, § 1 BbgSchlG, § 1 SchlG BW, § 1 HessSchlG, § 37a SAGJusG, § 34a SchStG LSA, § 1 LSchliG Schl-H. 190 Mit dieser Begründung übernimmt Baden-Württemberg die Auswahl des Bundesgesetzgebers, BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 17 f. Mit der eingerichteten Schlichtungsstelle bei Gericht ließe sich jedoch am besten eine individuelle Zuweisung umsetzen.

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hebliche Bedenken, weil auch in ungeeigneten Fällen Verhandlungen geführt werden und durch die somit geringeren Erfolgschancen das Image der außergerichtlichen Streitbeilegung beschädigt wird. Der Erfolg kann aber auch nicht garantiert werden, wenn sich die Parteien nach der Beratung freiwillig entschließen, einen Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung zu unternehmen. Konflikte sind keine statischen Sachverhalte, sondern dynamische Prozesse.191 Die Eignung zur außergerichtlichen Streitbeilegung kann sich daher nach der Beratung und Entscheidung der Parteien zu Verhandlungen verändern. Die Evolution des Konfliktes zu steuern und positiv zu beeinflussen, ist die Funktion des Mediators im Schlichtungsverfahren.192 Die verfahrensmäßigen Bedingungen und Grundlagen eines solchen Verfahrens müssen durch die Länder geschaffen werden. Unter Berücksichtigung des § 15a EGZPO ist für außergerichtliche Bemühungen zur konsensualen Konfliktbeilegung folgender Anwendungsbereich zu eröffnen: § 2 Sachlicher Anwendungsbereich I. Dieses Gesetz gilt für Klagen 1. in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor den Amtsgerichten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 A nicht übersteigt, 2. in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923 BGB sowie nach landesrechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 124 des EGBGB193, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt, 3. in Streitigkeiten natürlicher Personen über Ansprüche aus §§ 823, 847, 1004 BGB i. V. m. den §§ 185 – 188 StGB, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind. II. Absatz 1 findet keine Anwendung auf 1. Klagen, denen nach anderen gesetzlichen Bestimmungen ein Vorverfahren vorauszugehen hat,194 2. Klagen, denen ein einvernehmlicher Einigungsversuch vor einer sonstigen Gütestelle, die dauerhaft Streitbeilegungen betreibt, vorausgegangen ist. Das Einvernehmen wird unwiderlegbar vermutet, wenn der Verbraucher eine branchengebundene Gütestelle, eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer oder der Innung angerufen hat, 3. die Durchführung des streitigen Verfahrens, wenn der Anspruch im Mahnverfahren geltend gemacht worden ist, 191 Breidenbach, FPR 1996, 3; Breidenbach, S. 247; Sander in: Gottwald / Strempel, S. 19 (26, 40). 192 Zum Definitionsprozess, Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (301 f.). 193 An dieser Stelle sind die Normen der Länder einzusetzen. 194 Die Länder sollten zur besseren Rechtsklarheit und -sicherheit die Normen aufzählen. In Betracht kommen Vorverfahren auf Grund von Landesrecht i. V. m. § 35 BJagdG, i. V. m. § 18 Nr. 2 VOB / B nur in Bayern bedeutend und i. V. m. §§ 192, 185 II FGG i. V. m. Art. 3 EGBGB von nur theoretischer Relevanz.

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4. Ansprüche, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess geltend gemacht werden, 5. Streitigkeiten in Familiensachen, 6. Klagen wegen vollstreckungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere nach dem Achten Buch der ZPO, 7. Wiederaufnahmeverfahren, 8. Klagen nach den §§ 323, 324, 328 ZPO, Widerklagen und Klagen, die binnen einer gesetzlichen oder gerichtlich angeordneten Frist zu erheben sind, 9. die Beteiligung Dritter an bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten nach den §§ 64 ff. ZPO und im Rahmen einer Parteiänderung. III. Soweit im Anwendungsbereich dieses Gesetzes Klage ohne vorherige Beratung erhoben wurde, ist dies unbeachtlich, wenn auf Grund einer Streitgegenstandsänderung der Anwendungsbereich nicht mehr eröffnet ist.

III. Räumlicher Anwendungsbereich Die Beteiligten sollen nicht auf das Mahnverfahren wegen des geringeren Aufwandes ausweichen. Das Schlichtungsverfahren darf von den Beteiligten somit nicht als Belastung angesehen werden. Um den Aufwand zu begrenzen, ist es zweckmäßig, die Pflicht zur Beratung über ein Schlichtungsverfahren auf Konflikte zu begrenzen, bei denen die Beteiligten keine große räumliche Entfernung trennt. Außerdem ist häufig eine schlichtungsgeeignete engere Beziehung mit räumlicher Nähe verbunden. Dies wurde von den Gesetzgebern in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Schleswig-Holstein zutreffend umgesetzt, indem eine Beschränkung auf den Landgerichtsbezirk erfolgte.195 Im Saarland ist auf Grund der Fläche des Landes eine solche Regelung entbehrlich. In Baden-Württemberg wird den Beteiligten auch in benachbarten Landgerichtsbezirken ein obligatorisches Schlichtungsverfahren zugemutet.196 In § 34a Abs. 3 SchStG LSA fehlt hingegen diese sinnvolle Beschränkung. In Hessen war der räumliche Anwendungsbereich zunächst auf Parteien aus demselben Landgerichtsbezirk beschränkt, doch wurde nunmehr gemäß § 2 HessSchlG n. F. der räumliche Anwendungsbereich auch auf das gesamte Land ausgedehnt.197 Allerdings erfolgte zugleich eine Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs auf Ehren- und Nachbarschaftskonflikte. Wenngleich insoweit meist eine räumlich engere Beziehung besteht, ist die Ausdehnung auf bisher nicht erfasste Fälle unzweckmäßig. Eine Norm könnte wie folgt aussehen: § 3 Räumlicher Anwendungsbereich Dieses Gesetz gilt für Parteien, die in demselben Landgerichtsbezirk wohnen, eine Niederlassung oder ihren Sitz haben. 195 Art. 2 S. 1 BaySchlG, § 2 BbgSchlG, § 11 GüSchlG NRW, Art. 1 § 2 Hess. AG § 15a EGZPO, § 1 Abs. 2 S. 2 LSchliG Schl-H. 196 § 1 Abs. 3 SchlG BW. 197 Hess. GVBl, 2005, S. 782.

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IV. Qualifikation der Vermittlungspersonen An die Beratung sollen sich die Verhandlungen zur Konfliktlösung anschließen. Die Beratung ist daher von Personen vorzunehmen, die fähig sind, Mediationsverhandlungen zu führen. Eine der wichtigsten Bedingungen für den Erfolg der außergerichtlichen Streitbeilegung ist die personelle Besetzung bei der Einrichtung und Anerkennung der Vermittlungsstellen. Einigkeit besteht darüber, dass ein guter Mediator flexibel sein sowie über viel Geduld und soziale Kompetenz verfügen sollte, aber nicht starr oder rechthaberisch auftreten darf. Er sollte psychologisches Feingefühl und Wissen um finanzielle Tragweiten und Strategien haben, die Standpunkte der Parteien begreifen und Selbstbeherrschung an den Tag legen können.198 Er soll relevante Fakten schnell erfassen und erforschen, die Entwicklung kreativer Lösungen anstoßen und diese überzeugend darlegen können. Dabei sollten seine strategischen Fähigkeiten dem Mediator ermöglichen, einfühlend die Konfliktentwicklung in der Beziehung der Beteiligten zu lenken.199 Zweifelhaft ist jedoch, welche Berufsgruppe diese Anforderungen am besten erfüllt, wenn man nicht ein neues Berufsbild des Mediators schaffen will bzw. um die Zeit zu überbrücken, bis dieser neue Beruf sich etabliert hat. Für die Besetzung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. In Betracht kommt eine Besetzung durch Laien, psycho-soziale Berufsgruppen, Fachleute aus unterschiedlichen Berufsgruppen und Juristen. Eine Einschränkung könnte jedoch das RBerG gebieten.200 Nach § 3 Nr. 1 RBerG i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 2 RBerG findet dessen Beschränkung allerdings keine Anwendung auf die Rechtsberatung und Betreuung durch Behörden im Rahmen ihrer Aufgaben. Der Behördenbegriff des RBerG ist nicht völlig mit dem des § 1 Abs. 4 VwVfG identisch. Als Behörden im Sinne des RBerG werden auch Gerichte, aber nicht die Anstalten und Körperschaften angesehen.201 Mit Ausnahme dieser Besonderheiten gilt der allgemeine Behördenbegriff auch für das RBerG. Behörden sind demnach organisatorisch selbstständige Einheiten von Personen und Sachmitteln, die eigenverantwortlich öffentliche Aufgaben erfüllen.202 Eine organisatorische Einheit liegt aber nur vor, wenn die Behörde vom Wechsel des Amtsinhabers unabhängig ist.203 Soweit Einzelpersonen als Schlichtungsstelle berufen werden,204 könnte demnach § 3 Nr. 1 RBerG ausscheiden. Als Behörde Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (74) m. w. N. Honeyman, 6 Negotiation Journal (1990), S. 23 (28); ähnlich Breidenbach / Gläßer, ZKM 2001, 11 (15); Alexander, S. 93 ff., 269 ff. 200 Siehe dazu OLG Rostock, MDR 2001, 1197 ff.; LG Rostock, NJW-RR 2001, 1290 f.; LG Hamburg, NJW-RR 2000, 1514 f.; Eckardt, ZKM 2001, 230 ff.; Duve / Tochtermann, ZKM 2001, 284 ff. Mankowski, ZKM 2001, 293 f. Zu den Änderungsvorhaben und ihrer Bedeutung für die Mediation, Klose, ZKM 2004, 226 ff. 201 Rennen / Caliebe, Art. 1 § 1 Rdz. 2. 202 BVerfGE 10, 20 (48); BVerwG, NJW 91, 2980; Huber, S. 142. 203 Stelkens / Schmidt in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 Rdz. 217. 198 199

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werden jedoch auch einzelne Beliehene angesehen.205 Ob der Schlichter als Behörde anzusehen ist, kann jedoch insoweit offen bleiben, wenn sie als Schiedsmänner berufen werden. Der § 3 Nr. 2 RBerG begründet eine selbstständige Ausnahme für Personen, die ein öffentliches Amt ausüben. Dazu werden die Schiedsmänner gezählt.206 Für sie gelten nach § 3 Nr. 2 RBerG die Einschränkungen des RBerG nicht. Unabhängig von dem Behördenbegriff werden die von den Ländern anerkannten Schlichter insoweit ebenfalls ein öffentliches Amt ausüben und fallen daher auch unter § 3 Nr. 2 RBerG. Das RBerG ist also mit seinen Grenzen für die Länder bei der Auswahl des Personals der Beratungs- und Schlichtungsstellen unbeachtlich. Als Schlichtungspersonen kommen somit interessierte Laien, Personen aus psycho-sozialen Berufen, Personen mit spezifischem Fachwissen auf dem Konfliktgebiet oder Juristen in Betracht. Die mit der außergerichtlichen Streitbeilegung verfolgten Ziele bestimmen maßgeblich das Verfahren und somit auch die erforderlichen Fähigkeiten der Vermittlungsperson. Im Hinblick auf die notwendige Etablierung von Schlichtung ist aber auch besonderer Wert auf die Umsetzung der erarbeiteten Prinzipien zu legen. Vor diesem Hintergrund ist zu entscheiden, welche Qualifikationen die Vermittler haben sollten.

1. Die Eignung von Laien als Mediatoren In die Richtung der Laienschlichtung tendieren die Verfahren in NordrheinWestfalen, Brandenburg, Hessen und dem Saarland. Nach § 1 Abs. 1 GüSchlG NRW, § 3 Abs. 1 BbgSchG i. V. m. § 1 BbgGüteStG, Art. 1 § 3 Abs. 1 HessSchlG und § 37b Abs. 1 SAGJusG sind als Schlichter in erster Linie die Schiedspersonen vorgesehen.207 Weitere Gütestellen können jeweils anerkannt werden. Für die Anerkennung wurden keine konkreten Ausbildungserfordernisse aufgestellt. Wenn sich weitere Berufsgruppen nicht zur Schlichtung bereit erklären, ist eine weitgehende Laienbesetzung denkbar. Einschränkend wirkt sich auf weitere Interessenten das Erfordernis einer Haftpflichtversicherung nach § 5 GüSchlG NRW, § 5 BbgGüteStG, § 10 HessSchlG, § 37g SAGJusG und § 41 SchStG LSA aus. Die Versicherungspflicht ist für Parteien durch die Garantie eines solventen Schuldners 204 So möglich nach Art. 22 BayAGGVG, § 3 Abs. 1 GüSchlG NRW, § 22 AGGVG BW, § 2 BbgGüteStG, § 6 Abs. 1 HessSchlG, § 37e SAGJusG, § 40 SchStG LSA, §§ 3, 6 LSchliG Schl-H. 205 Zum Beliehenen als Behörde im Sinne des VwVfG, Stelkens / Schmidt in: Stelkens / Bonk / Sachs, § 1 Rdz. 231. 206 Rennen / Caliebe, Art. 1 § 1 Rdz. 18. 207 Dies wurde bereits 1980 in der Literatur empfohlen, Seetzen, DRiZ 1980, 177 ff. In Sachsen-Anhalt werden neben den Schiedspersonen gleichberechtigt die Notare als Schlichtungsstellen angesehen und zusätzlich die Rechtsanwälte einbezogen nach §§ 34b, 34c SchStG LSA, sodass insoweit auch die Möglichkeit der Laienschlichtung besteht. Gleiches gilt für Schleswig-Holstein, da dort neben den Schiedsmännern jeder Anwalt als Schlichtungsstelle angesehen wird nach § 3 AbS. 1 Nr. 1, 2 LSchliG Schl-H.

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vorteilhaft. Die Mindestversicherungssummen von 250.000 A in den meisten Ländern sowie 100.000 A in Brandenburg sind jedoch im Verhältnis zu den regelmäßigen Streitwerten unter 750 A unverständlich hoch. Eine diesbezügliche Haftpflichtversicherung besteht bereits bei Anwälten und Notaren. Deren Interesse an der Schlichtung ist allerdings wesentlich von den erzielbaren Gebühren abhängig und wird bei der niedrigen Vergütung der Schiedspersonen gering sein. Die Schiedsmannlösungen von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Hessen sind als Modelle der Laienvermittlung anzusehen und verdienen als mögliches Vorbild Aufmerksamkeit.208 Die Vermittlung durch Laien wirkt einer tendenziellen Benachteiligung entgegen. Durch Mediatoren aus den jeweiligen sozialen Systemen wird der Einfluss der so genannten Oberschicht reduziert. Allerdings haben mit der Wahl der Schiedspersonen durch den Gemeinderat209 auch einzelne Personen Einfluss auf die Konfliktbeilegung. Dieser könnte mittels einer direkten Wahl des Schlichters durch die Bürger vermindert werden.210 Außerdem werden die Schiedspersonen besonders in kleinen Dorfgemeinden häufig nicht die erforderliche sachliche Distanz haben. In diesen kleinen Sozialsystemen ist die Interaktionsdichte hoch, weshalb auch die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Leben des Schlichters besteht. Dieses hohe Maß an Konfliktnähe ist deshalb auch ein Risiko für die Unabhängigkeit und Neutralität des Schlichters.211 Zum Erfolg des Verfahrens und zur Befriedigung der Beteiligten muss es von anerkannten und vertrauenswürdigen Personen geleitet werden.212 Ob eine Person anerkannt wird, ist schwierig zu beurteilen. Grundsätzlich genießen zwar Akademiker große Anerkennung, jedoch kann ihre theoretische Ausbildung das Gegenteil bewirken.213 Zudem führen höhere Bildung und ein daraus resultierendes höheres Einkommen wiederum zur tendenziellen Benachteiligung sozial schwächerer Gruppen. Mit Laien ist eine konfliktnahe Gestaltung relativ einfach zu erreichen, da als Schlichter Personen verschiedener Sozialsysteme benannt werden können. Gegen eine Person aus dem Umfeld der Konfliktparteien ist der Vorwurf der Ahnungslosigkeit kaum zu erheben. Dieser kennt die speziellen Erwartungen in dem System, sodass eine Berücksichtigung der außerrechtlichen Normen gut möglich ist.214 Durch die Nähe zum sozialen Teilsystem wird auch die Wahl der richtigen Damit rechnend, Väth, ZKM 2000, 150 (152). So in Nordrhein-Westfalen nach § 3 SchAG NRW. 210 In Betracht kommt eine Bestellung als Schiedsperson aber auch, wenn sich eine bestimmte Anzahl von Gemeindemitgliedern für eine Person entschieden hat. 211 So zu den früheren Friedensgerichten in Baden-Württemberg, Fischinger, DRiZ 1960, 112 f. 212 Busse, AnwBl. 1997, 522 (523). 213 Zum aufkommenden Misstrauen gegen Spezialisten, Gottwald, S. 28 ff. Die Ausbildung zum Familienmediator (BAFM) setzt beispielsweise ein abgeschlossenes psychologisches, sozialwissenschaftliches oder juristisches Hochschulstudium voraus. 214 Felstiner, 9 Law and Society Review 1974, 63 (79). 208 209

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Komplexitätsverarbeitung erleichtert. Dadurch wird die Möglichkeit gewahrt, den Konfliktgegenstand für die Erzielung eines Kooperationsgewinnes zu vergrößern. Die Laienschlichtung dient damit auch der Förderung der eigenständigen Konfliktlösung. Einen Vorteil bietet die Laienschlichtung grundsätzlich auch, wenn die Aufrechterhaltung der Beziehung im Vordergrund steht. In Betracht kommen Laien, die den Streitenden nahe stehen oder gemeinsame Vertrauenspersonen sind, also bei Streitigkeiten in der Familie ein anderes Familienmitglied, unter Nachbarn ein anderer Nachbar, unter Freunden ein gemeinsamer Freund. Diese Personen kennen die Streitenden und deren Beziehung und können ähnlich der psycho-sozialen Berufe eine Lösung des Problems durch die Wiederherstellung beziehungsimmanenter Konfliktlösungsmechanismen, insbesondere der Kommunikation, bewirken, wenn sie über entsprechende Kenntnisse verfügen. Die nahe stehenden Laien als Vermittler reduzieren die negativen Auswirkungen, die der Eingriff eines unbekannten Dritten in die Beziehung zur Konfliktbehandlung nach sich ziehen würde. Laien empfehlen sich aber auch als Vermittler, um die Idee autonomer kooperativer Konfliktlösungen in der Gesellschaft zu verankern und die Gemeinschaft durch das Erlebnis der Konfliktlösung zu stärken. Dazu ist die Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe erforderlich, weshalb der Mediator ein Mitglied der vom Konflikt betroffenen Gemeinschaft sein muss. Nur unter dieser Voraussetzung können auch systemimmanente Konfliktursachen aufgedeckt und eventuell gelöst werden. Die richtige Definition der vom Konflikt betroffenen Gruppe ist dabei allerdings schwierig. In unserer differenzierten Gesellschaft sind die Interaktionsverhältnisse aber vielfältig. Innerhalb institutioneller Verfahren ist die Flexibilität bei der Bestimmung der Schlichtungsperson nicht mehr gegeben. Daher kann die Nähe zu der Konfliktbeziehung oder die Zugehörigkeit des Schlichters zu dem vom Konflikt betroffenen Sozialsystem kaum gesichert werden. Die Vorteile der Laienschlichtung können somit nur teilweise bei institutionellen Verfahren ausgenutzt werden. Schwierigkeiten der Laienvermittlung treten bei Zielsetzung der schnellen und effektiven Konfliktbeilegung und teilweise auch bei Gewährleistung eigenverantwortlicher Konfliktlösungen auf. Probleme ergeben sich außerdem bei der Vermeidung ungerechter Lösungen. Juristische, psychologische und soziale Kompetenzen sind bei den Schiedspersonen nur zufällig vorhanden und können auch durch Ausund Weiterbildung nur teilweise vermittelt werden.215 Die allgemeine Aufklärung über Rechte zur Förderung der Autonomie ist bei einer Zusatzausbildung höchstens in Grundzügen möglich. Sofern die Laienvermittler die Bedeutung der Nor215 Zu den Auswahlkriterien, die den allgemeinen Anforderungen entsprechen und der Ausbildung, Gottwald, S. 128; Bösken, S. 296 für die Neighborhood Justice Centers und Honoroff / Matz / O’Conner, 6 Negotiation Journal (1990), S. 37 ff. für den Suffolk Superior Court Boston.

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men im jeweiligen Konflikt nicht zutreffend beurteilen, steht bereits eine Verletzung der Neutralitätspflicht im Raum. Oftmals ist jedoch eine Bezugnahme auf den Einzelfall erforderlich, die einem Laien erst recht Schwierigkeiten bereitet. Gerade die schnelle und effektive Streitbeilegung erfordert aber häufig eine konkrete Einschätzung der Chancen vor Gericht, bei der die systemimmanenten Erwartungen nur geringe Bedeutung erlangen. Der Erfolg und die Anerkennung des Verfahrens sind dann von der Qualität und Zuverlässigkeit der Vorhersagen abhängig.216 Die oft geäußerte Behauptung, dass Rechtslaien besser zur Rechtsfindung geeignet seien, verkennt die Komplexität der Gesetze und der Rechtsfindung. Aus der potenziellen Entscheidung eines Richters nach dem Gesetz ziehen die Parteien ihre Verhandlungsmacht, weshalb sie deren Voraussage sehr interessiert.217 Laien fällt es aber oft bereits schwer, den Sachverhalt richtig zu erfassen.218 Für eine Bewertung muss der gesamte Tatbestand auf den juristisch relevanten Teil reduziert und ergänzend erforscht werden. Dazu sind bereits juristische Kenntnisse notwendig. Die Bewertung der Prozessaussichten setzt aber auch die Kenntnis der Beweislastregeln sowie Erfahrung in der Beweiswürdigung voraus. Wenn darüber hinaus nicht nur die Rechtslage, sondern auch noch die Interessenlage zu würdigen und eine Interessenbefriedigung nach der wahrscheinlichen Rechtslage vorzunehmen ist, müssen sich Laien überfordert fühlen.219 Dies bestätigen die Erfahrungen mit den früheren Laiengerichten, wonach die Bürger mehr Vertrauen zu Juristen als zu Laien bei der Konfliktlösung haben.220 Daher fühlen sich die Streitenden nicht akzeptiert und sind mit dem Verfahren unzufrieden, wenn Laien oder Personen aus ihrem Umfeld als Schlichter tätig werden. Laienschlichter können weniger außerrechtliche Macht im Verfahren durch Aufklärung und Beratung neutralisieren, weil ihnen die Rechtskenntnisse selbst fehlen.221 Besonders Unternehmen werden die Rechtsansichten von Laien wenig beachten. Um diese negativen Wirkungen zu vermeiden, sollten überwiegend juristische Laien mit einem großen öffentlichen Ansehen Schlichter werden, beispielsweise Bürgermeister und Pastoren. Abgesehen von deren zeitlichen Beanspruchung werden selbst dann nur die örtlichen Unternehmer ihre Autorität anerkennen und ihre Meinung im Verfahren respektieren. Die Gefahr der Normerosion und ungerechter Lösungen ist daher bei Laienschlichtern größer. Deshalb darf auch die Erleichterung des Zugangs zum Recht durch Laienschlichter nicht überschätzt werden. Gegenüber Laien haben die Bürger zwar weEidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (55); Jansen, S. 145. Die Untersuchungen zum Schiedsmann zeigen, dass juristische Kenntnisse von den Parteien erwartet und verlangt werden, Jansen / Schwarz in: Röhl, Güteverfahren, S. 1 (231). 218 Theilacker, S. 128 f. 219 Bierbrauer / Falke / Koch in: Bierbrauer / Falke / Giese / Rodingen, S. 141 (161). 220 Theilacker, S. 57. Zum ausbleibenden Erfolg wegen mangelnden Vertrauens bei Laienschiedspersonen, Peters, AnwBl. 1997, 531 (532); Leipold in: Kroeschel, S. 237 (244). Zu gegenteiligen Erfahrungen des Dorchester Urban Court, Gottwald, S. 154. 221 Gottwald, S. 257; Falke / Gessner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 289 (306). 216 217

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niger Hemmungen. Dadurch sind die Zugangshindernisse zur Schlichtung bei Laienvermittlern geringer. Außerdem können die Kosten niedriger gehalten werden. Der Zugang wird aber weniger durch die Fähigkeiten des Schlichters, als durch sein Verhalten und die Organisation des Verfahrens erschwert. Schließlich kann kein Schlichter die persönlichen Defizite beseitigen, beispielsweise die mangelnde Ausbildung nachholen oder finanzielle Mittel bereitstellen. Durch die Nichtverwendung von Fachsprachen ist wiederum jeder Mediator in der Lage, Kommunikationsprobleme und damit typische Barrieren zu vermeiden. Weiter sind auch Schwellenängste durch die Popularität des Schlichters und durch freundliches und aufgeschlossenes Verhalten zu verhindern. Zwischenergebnis Die Vor- und Nachteile von Laien als Mediatoren spiegelt auch deren Einsatz in vielen Schlichtungseinrichtungen der Welt wider. Laien vermitteln häufig in Einrichtungen, bei denen die Förderung der eigenverantwortlichen Konfliktlösungen im Vordergrund steht.222 Laien werden vielfach auch als Schlichter eingesetzt, wenn die Stärkung des Gemeinschaftssinns und die Verankerung der konsensualen Konfliktbeilegung die wesentlichen Ziele sind.223 Der Verwirklichung dieser Ziele 222 In den Maine’s District Courts sollen die Parteien durch Hilfestellung bei der Kommunikation ihre eigenen Probleme lösen können, besonders in zwischenmenschlichen Beziehungen. Bei einem, der Gesprächstherapie ähnlichem Verfahren treten geschulte Laien als Mediatoren auf, Gottwald, S. 109 ff. Das Verfahren der erfolgreichen Neighborhood Justice Centers (NJCs) ist auf die effiziente Konfliktlösung und die Erziehung der Parteien zur eigenständigen Erarbeitung von angemessenen und dauerhaften Konfliktlösungen gerichtet, Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (126); McGilles / Mullen, S. 196. Dabei werden als Mediatoren trainierte Laien bestellt, die nach der Persönlichkeit, ihrer sozialen Stellung, ihrer Bildung und ihrem Beruf ausgewählt werden und möglichst eine Bevölkerungsgruppe repräsentieren, Sheppard / Cook / Roehl, S. 11 f. Das Community Board Program in San Francisco (CBSF) will Konflikte vor ihrer Verrechtlichung und Eskalation behandeln und deshalb die Parteien zur frühzeitigen Austragung von Konflikten ermutigen, in ihrer eigenen Streitbehandlung unterstützen und dadurch auch die Streitkultur verbessern, Strempel, DRiZ 1983, 86 (89); Gottwald, S. 188 f. Die zukünftigen Laienschlichter werden demnach auf Bürgerversammlungen gewählt und durch Schulungen auf ihren Einsatz vorbereitet, Gottwald, S. 191. 223 Bei dem Community Board in San Francisco wird mit den gewählten Laienschlichtern durch die gruppenunmittelbare Auseinandersetzung auch der Gemeinschaftssinn gestärkt und ein Beitrag zur Verbesserung der Streitkultur geleistet, Gottwald, S. 188 f.; Breidenbach, S. 161 ff., 243; Strempel, DRiZ 1983, 86 (89). Die Schlichtungsstelle der Gemeinden entspricht dem Bild der schlichtungsbewussten ostasiatischen Gesellschaft, die um den Zusammenhalt der Gemeinschaft bemüht ist. Diese Einrichtung leitet zwar ein Jurist, jedoch werden die Schlichter vom Bürgermeister ernannt. Sie müssen keine juristische Ausbildung vorweisen, sondern nur einen guten Leumund haben. Die Schlichtungskommission besteht aus sieben bis zehn Schlichtern, von denen jedoch nur ein Drittel anwesend sein muss. Die große Anzahl von Schlichtern zeigt, dass ein Konflikt in der Gemeinde als Problem der Gemeinde begriffen wird und in dieser gelöst werden soll, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 85 (88 ff.). Die Förderung des Gemeinschaftsgeistes steht auch in den Vereinen im Vordergrund. Dieser

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steht jedoch die erforderliche Formalisierung in einem obligatorischen Verfahren entgegen.224 Eine schnelle, kostengünstige225, rechtsorientierte Mediation zur Findung einer eigenen Lösung unter Schonung der Beziehung ist mit Laien dagegen grundsätzlich nicht zu erwarten.226 Laien werden dementsprechend auch kaum zur effektiven Konfliktlösung und nur mit wenig Erfolg zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung eingesetzt.227 Insoweit gewährleisten juristische Laien nur zufällig die entsprechenden Verfahrensbedingungen.228

soll nicht durch Probleme zwischen Mitgliedern oder Mitgliedern und dem Verein beeinträchtigt werden. Konflikte sollen daher in der Gemeinschaft gelöst werden. Zu diesem Zweck ist in Vereinssatzungen häufig ein Vereinsgericht als Organ des Vereins mit Entscheidungsbefugnis vorgesehen. Es entscheidet in Konflikten, die in der Satzung näher bestimmt sein müssen. Der Rechtsweg wird jedoch nicht eingeschränkt, Reichert / van Look, Rdz. 1649 ff. Die Angehörigen des Vereinsgerichtes sind zweckentsprechend vereinszugehörige Laien. Zur Unterscheidung von Vereinsgerichten und echten Vereinsschiedsgerichten, als spezielle Form der Schiedsgerichtsbarkeit, Werner, S. 640. 224 Gottwald, S. 258. Dies zeigt sich bereits an der Ausstellung einer Schlichtungsbescheinigung. Bei einer gruppenunmittelbaren Konfliktlösung müsste diese von vielen Personen ausgestellt werden können. Eine Verwaltung des Verfahrens wäre dann jedoch nicht möglich. 225 Die niedrigeren Kosten für Laienschlichter sind nur ein Faktor. Die Chance, Kosten für Rechtsbeistände oder Gutachter zu sparen, ist dann aber geringer. Zudem gefährdet ein niedrigerer Lohn die Entstehung eines Berufzweiges erfahrener Mediatoren, vgl. dazu von Jhering, Der Zweck im Recht, S. 118 f. 226 Erstaunlich ist daher die bessere Erfolgsquote der Schiedsleute gegenüber den Gütestellen der Anwaltsvereine in Bonn, Köln und Aachen, http: //www.justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/streitschl/zusammenfassung_gutachten.pdf, S. 2. Siehe auch Feix, S. 164, wonach die 77% der Schlichtungsversuche bei den Anwaltsvereinen scheiterten und Lauer, der eine Vergleichsquote von 15% feststellte. Als Ursache kommt die meist passive Rolle in der Verhandlungsführung in Betracht, die die Bedeutung einer Zusatzausbildung zeigt, http: //www.justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/streitschl/zusammenfassung_ gutachten.pdf, S. 6. Maßgeblich kann aber auch das eigene negative Urteil über das außergerichtliche Verfahren bei 69% der Schlichter sein, Feix, S. 173. 227 Eine Ausnahme stellen die Better Businness Bureaus (BBB) dar. Allerdings werden sie von lokalen Unternehmen freiwillig eingerichtet und getragen. Sie dienen der Steigerung der Attraktivität des Unternehmens für die Kunden durch einen organisierten Verbraucherschutz, Hegenbarth in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 257 (262). Der Einsatz von Laien verwundert daher nicht, da ein effektiver Verbraucherschutz gar nicht das eigentliche Interesse ist, Reich, DRiZ 1983, 112 (118). Weiter hat auch das Schiedsmannwesen in Deutschland das Ziel der Erleichterung des Zugangs zum Recht. Diese Besetzung des Schlichteramtes mit Laien wird aber mit als entscheidender Grund genannt, weshalb das Schiedsmannwesen im Zivilrecht so wenig Akzeptanz findet und genutzt wird, Ponschab, AnwBl. 1997, 145 (147); Stock / Wolff in: Blankenburg / Simsa / Stock / Wolff, Bd. 1, S. 76, Bd. 2 Anhang E S. 17; Gutknecht, S. 97, der von einer Tendenz zur Expertenherrschaft spricht. 228 Gottwald, S. 258. Ebenso gegen Laien als Schlichter, Busse, AnwBl. 1997, 522 (523); Peters, AnwBl. 1997, 531 (532); Leipold in: Kroeschel, S. 237 (244). An die Auswahl nach entsprechenden Kriterien schließt sich deshalb oft noch eine Ausbildung an, Gottwald, S. 128; Bösken, S. 296, Honoroff / Matz / O’Conner, 6 Negotiation Journal (1990), S. 37 ff.

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2. Die Eignung von Personen mit besonderem Sachverstand als Mediatoren Schlichter mit besonderem Fachverstand sind ebenfalls juristische Laien. Allerdings verfügen sie auf dem Gebiet des Konfliktes über Fachkenntnisse, wodurch sich ihr Einsatzbereich definiert. Als Schlichtungsstellen mit besonderem Sachverstand können nach § 15a Abs. 3 EGZPO die Schlichtungsstellen der Kammern, Innungen und Berufsverbände von den Parteien einvernehmlich angerufen werden. Als ordentliche obligatorische Gütestelle nach § 15a EGZPO sind Fachleute verschiedener Gebiete gesetzlich von den Ländern nicht vorgesehen. Sie können jedoch in allen Bundesländern als Schlichtungsstelle anerkannt werden, wobei deren Interesse von der Vergütung abhängig ist. Für die Effektivität des Verfahrens sind sachverständige Mediatoren sehr vorteilhaft.229 Dadurch können die Kosten für einen zusätzlichen Gutachter eingespart werden. Dies ist besonders bei Streitigkeiten zu erwägen, deren Schwerpunkt auf der Tatsachenebene liegt. Die Richter entscheiden in diesen Fällen auf Basis eines Sachverständigengutachtens. Wenn der Sachverständige auf seinem Gebiet zusätzliche Rechtskenntnis aufweist, ist er für die Vermittlung dieser Fälle bestens qualifiziert. Die Fachkompetenz führt auch dazu, dass Regeln aus dem jeweiligen Verkehrskreis bekannt sind. Besonderheiten können bei einer individuellen Lösung somit gut berücksichtigt werden. Sachverstand erleichtert das Verständnis für die Auseinandersetzung und ermöglicht vielfach erst, die richtigen Fragen zu stellen. Wenn jedoch Rechtskenntnisse fehlen, ist die Aufklärung über die Rechtslage ausgeschlossen. Die autonome Konfliktbeilegung lässt sich daher mit Spezialisten ohne zusätzliche Rechtskenntnisse auf dem Konfliktgebiet nur bedingt fördern. Bei Konflikten über Tatsachen sind nach deren Klärung die Folgen oft klar. Es besteht demnach nur ein geringes Risiko der Normerosion oder für ungerechte Ergebnisse, sodass mit Spezialisten auch die Rechtsdurchsetzung erleichtert werden kann. Auf die Beziehung der Beteiligten können Sachverständige aber kaum eingehen. Es besteht daher mit ihnen als Schlichter auch nur wenig Potenzial, auf die Streitkultur Einfluss zu nehmen. Die Fachkunde wirkt sich positiv auf die Zufriedenheit der Beteiligten aus. Ein Mindestmaß an Fachkunde ist erforderlich, damit der Mediator den Verhandlungen selbst inhaltlich folgen kann. Bei vielen Fragen zur Sache bezweifeln die Parteien seine Kompetenz und bauen kein Vertrauen zu dem Schlichter auf. Letztlich fühlen sie sich in dem Verfahren nicht ausreichend anerkannt und sind unzufrieden. Die Sachverständigen haben dagegen großes Expertenwissen und können deshalb Anerkennung vermitteln sowie Vertrauen gewinnen. Allerdings schwebt einem Exper229 Die Einbindung der Sachverständigen charakterisiert die Early Neutral Evaluation als Mediationsform, vgl. dazu Duve, S. 91 ff.

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ten möglicherweise zu schnell eine Lösung vor. Es besteht dann das Risiko, dass er deshalb andere Lösungsansätze nicht verfolgt und seine Lösung den Parteien aufdrängt. Die eigenständige Sachverhaltsermittlung und die neutrale, unterstützende Leitung der Vergleichsverhandlungen sind schwer miteinander zu vereinbaren. In den Einzelgesprächen anvertraute Informationen und Vergleichsangebote können die Sachverhaltsfeststellung beeinflussen. Dieser Rollenkonflikt lässt sich entschärfen, indem die Vermittlung erst nach dem Abschluss der Sachverhaltsermittlung beginnt. Jedoch bleibt leicht der Schein der Parteilichkeit bestehen, da eine Seite von der Sachverhaltsfeststellung profitiert.230 Darüber hinaus verbindet das Sachwissen möglicherweise den Schlichter einseitig mit einer Partei. Gleiche Ausbildung und Berufsausübung erwecken schnell Zweifel an der Neutralität der Sachverständigen als Schlichter. Diese Vermutung wird auch durch die Möglichkeit unterstützt, dass sich Streitender und Sachverständiger in einem anderen Streitfall vielleicht mit vertauschten Rollen erneut begegnen. Dieses Vorurteil bestätigen Untersuchungen zu den ärztlichen Schlichtungsstellen.231 Die Bedenken gegen die Neutralität bestehen auch bei anderen Schlichtungsrichtungen, die mit Sachverständigen besetzt sind.232 Das Vorurteil beruht im Wesentlichen jedoch auf der Besetzung durch die Berufskammer oder den Verband einer Partei. Auf Grund der Berufung und Bezahlung der Schlichter durch diese Einrichtung entstehen Zweifel an der Unabhängigkeit. Sie könnten mit einer Tendenz zugunsten der Besteller agieren, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen und auch in anderen Fällen berufen werden wollen.233 Ebenso ist die gegenseitige Schlichtung bei Konflikten von Berufskollegen zu verhindern. Die Sicherung der Unabhängigkeit gewinnt deshalb bei Fachleuten besondere Bedeutung. Durch die staatliche Besetzung und Anerkennung der Schlichtungsstellen kann die denkbare Abhängigkeit des Schlichters von einer weiteren Bestellung durch die Einrichtung vermieden werden. Resümee Die Stärken von Fachleuten wurden vielfach erkannt, sodass diese als Vermittler in Einrichtungen eingesetzt werden, die vorrangig eine effektive Streitbeilegung anbieten wollen.234 Den Vorteilen einer effektiven, konfliktnahen Streitbeilegung Duve, S. 342. Gottwald, WM 1998, 1257 (1262) m. w. N. 232 Prütting, JZ 1985, 261 (270); Leipold in: Kroeschel, S. 237 (244). 233 Proppe / Krapp, JA 1990, 65 (71); Haß, AnwBl. 1989, 462 (466); Prütting, JZ 1985, 261 (270); Seetzen, DRiZ 1980, 177 (178); dagegen Kohnle, DRiZ 1983, 140. 234 Die Schlichtung am Suffolk Court in Boston ist ebenfalls auf eine Beschleunigung der Streitbeilegung ausgerichtet, wobei den Schlichtern entsprechend ihrer beruflichen Qualifikation die Streitfälle zugewiesen werden, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (52 f.). Die Schlichter werden in einem Auswahlverfahren ausgesucht, das aus einem schriftlichen Test 230 231

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durch Spezialisten stehen Schwächen hinsichtlich der Berücksichtigung der Beziehung gegenüber. Darüber hinaus besteht das Risiko der mangelnden Neutralität. Ein guter Vermittler sollte sich dieser Gefahr jedoch bewusst sein, wobei eine Zusatzausbildung empfehlenswert ist.235 Der Beitrag zur Verankerung des Schlichtungsgedankens und Versöhnung der Parteien kann jedoch nur gering sein. Die Vorteile der Rollenkombination können überwiegen, wenn Spezialisten Streitigkeiten auf ihrem jeweiligen Sachgebiet bearbeiten, bei denen hauptsächlich Tatsachen umstritten sind.236 Damit rückt das Problem der passenden Auswahl des Schlichters in den Vordergrund.

3. Die Eignung psycho-sozialer Berufsgruppen als Mediatoren Nach § 1 Abs. 3 PsychThG haben Psychotherapeuten zwar auch die Aufgabe, soziale Konflikte zu lösen, jedoch nur innerhalb der Heilkunde, also zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert. Damit ist der gesetzlich zugewiesene Aufgabenbereich sehr eng. Möglicherweise sind die psycho-sozialen Berufsgruppen für den Einsatz als Mediatoren darüber hinaus prädestiniert, weil sie die erforderlichen Kenntnisse über die menschliche Kommunikation, über Beziehungen und soziale Konflikte und einem Rollenspiel besteht. Dabei werden die Fähigkeiten, das Wesentliche zu erkennen und Gespräche zu lenken, aber auch Ideenreichtum, Überzeugungskraft und Einfühlungsvermögen bewertet, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (53). Weiterhin ist wegen des besonderen Bedürfnisses zur schnellen Streitbeilegung in den internationalen Standardverträgen für die Bauindustrie und den Anlagenbau der FIDIC nach Vorbild der englischen Standverträge eine Schlichtung für Streitigkeiten während des Baus durch den zuständigen Bauingenieur vorgesehen. Dabei auf die Problematik der Neutralität hinweisend, Nicklisch in: FS für Walter Habscheid, S. 217 (227 f.). Trotz des Harmoniestrebens auf Grund der Tradition und Religion ist der Schwerpunkt der Schlichtung im ostasiatischen Raum nicht die Versöhnung der Parteien, Ishibe in: Kroeschel, S. 215 (217 f., 236). Vielmehr ist es dort sozial inadäquat, die Regelung eigener Konflikte einem Dritten zu überlassen und sich dessen Entscheidung zu unterwerfen, Rokumoto in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 390 (401); Leipold in: Kroeschel, S. 237 (245). Insoweit tritt bei der Schlichtung die Justizvermeidung in den Vordergrund. Auch die Institutionalisierung der Schlichtung am Gericht zeigt die Zielrichtung auf, die Gerichte zu entlasten. Die gerichtsverbundene Schlichtung in Japan hat daher vielmehr das Ziel einer effektiven und selbstbestimmten Konfliktregelung durch die Parteien. Die Schlichter müssen bei den zivilrechtlichen Schlichtungsverfahren in Japan keine ausgebildeten Juristen sein, jedoch Rechts- oder Fachkenntnisse auf einem Spezialgebiet aufweisen oder besondere gesellschaftliche Erfahrung haben, Ishibe in: Kroeschel, S. 215 (231). Das Schlichtungsverfahren wird jedoch von Richtern überwacht. Diese können an den Schlichtungsverhandlungen teilnehmen und Weisungen erteilen, wovon sie jedoch selten Gebrauch machen. Dagegen werden sie von den Schlichtern bei Vergleichsvorschlägen oftmals um Hilfe gebeten, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 77 (80). Durch diese Verknüpfung von Rechts- und Fachwissen sind die Voraussetzungen für die effektive außergerichtliche Streitbeilegung gegeben. 235 Duve, S. 394. 236 Leipold in: Kroeschel, S. 237 (244).

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haben. Sie können damit auf die Streitenden eingehen, etwaige Konfliktursachen aufdecken und diese in die Lösung einbeziehen.237 Dennoch ist Psychologen und Soziologen eine konfliktnahe Streitbeilegung nur teilweise möglich. Diese Professionen sind nicht in die jeweiligen Sozialsysteme eingegliedert und haben daher oftmals keinen Bezug zum Konfliktgebiet. Die Nähe zum Definitionsprozess durch eine frühzeitige Einschaltung von Psychologen und Soziologen ist ebenso schwer durchzusetzen, wie die frühzeitige Einbeziehung anderer Professionen. Darüber hinaus ist die Thematisierung des Konfliktverhaltens und der intrapersonellen Ursachen nur in engen Beziehungen zweckmäßig, die die Parteien fortführen wollen. Für Konflikte, die auf enttäuschten Rollen- oder Normerwartungen beruhen und bei denen die Ursachen weniger in der Person liegen, ist hingegen ein therapeutischer Ansatz nicht geeignet. Für die Konfliktnähe bietet der Einsatz der psycho-sozialen Berufsgruppen im Allgemeinen keine Vorteile. Die Gewährleistung der Neutralität des Verfahrens bereitet den psycho-sozialen Berufsgruppen Schwierigkeiten. Mediatoren müssen den Missbrauch außerrechtlicher Machtpositionen vermeiden. Soziologen und Psychologen können dazu nicht die Thematisierung von Recht einsetzen, sondern sind allein auf die Verhandlungsführung angewiesen. Die Normerosion kann sich damit relativ ungehindert fortsetzen. Die mangelnden juristischen Kenntnisse lassen auch eine fundierte Gerechtigkeitskontrolle kaum zu. Die psycho-sozialen Professionen sind in der Bevölkerung anerkannt. Die Ausbildung befähigt diese zu einem vertrauensvollen Umgang. Sie können auch den Streitenden das Gefühl vermitteln, anerkannt zu werden. Gegen das Vertrauen der Beteiligten zu Psychologen und Soziologen ist aber einzuwenden, dass teilweise Ängste vor Manipulation durch den Psychologen bestehen. Diese sollten sich aber bei einer ordnungsgemäßen Verhandlungsführung auflösen. Allerdings werden die Parteien sich bei rechtlichen Fragen dann nicht auf deren Meinung verlassen, weshalb diesbezüglich auch Zweifel an der Zufriedenheit der Parteien zu befürchten sind. Wegen ihrer mangelnden juristischen Kenntnisse können die psycho-sozialen Berufsgruppen den Ausgang eines Gerichtsverfahrens weder prognostizieren noch die entscheidenden Schwerpunkte aufdecken. Insoweit hilft auch die Beratung durch Parteianwälte nur selten, da diese eher überoptimistische Erwartungen hervorrufen als dämpfen. Juristische Kenntnisse sind außerdem nicht nur zur Verteilung des Kooperationsgewinnes nach rechtlichen Gesichtspunkten erforderlich, sondern auch zur Formulierung einer rechtlich abgesicherten Lösung. Da eine rechtsorientierte Streitbeilegung auf einer guten Prognose des Ausganges 237 Zu den hohen Erfolgschancen dieses Vorgehens, wenngleich die mangelnden Rechtskenntnisse stets große Bedeutung haben, Bierbrauer / Falke / Koch in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 141 (176 ff.).

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eines Rechtsstreites beruht und die schnelle Durchsetzbarkeit der Lösung voraussetzt, bedürfen Angehörige von psycho-sozialen Berufsgruppen einer Zusatzausbildung. Obwohl mit dieser Professionalisierung die Kontrolle des Konfliktes durch den Dritten droht,238 wirken sich ihre erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse vorteilhaft auf die Verwirklichung eigenständiger Konfliktlösungen aus. Der Mediator ist mit der Gesprächsführung für eine konstruktive Auseinandersetzung und kooperative Kommunikation der Parteien verantwortlich. Auf Grund ihrer Fähigkeiten können die Mitglieder der psycho-sozialen Berufsgruppen am besten die Interessen und Präferenzen hinter den bezogenen Positionen erkennen und die Verhandlungen entsprechend strukturieren.239 Dadurch sind sie besonders geeignet, einen Kooperationsgewinn aufzudecken. Außerdem können sie Verhandlungsstrategien gut entgegenwirken, weil sie diese schnell erkennen. Für die eigenständige Konfliktlösung durch die Parteien genügt grundsätzlich, dass der Vermittler die Verhandlungen der Parteien nur lenkt240 und von der Unterbreitung eigener Lösungsvorschläge und der inhaltlichen Beeinflussung der Konfliktlösung absieht.241 Er sollte deshalb die aufgedeckten Interessen zu keinem Zeitpunkt als richtig oder falsch bewerten oder durch eigene Wertungen ersetzen. Neben den Kenntnissen über die Struktur der Mediation und den Verfahrensablauf wird deshalb eine weitergehende Qualifikation für nicht erforderlich gehalten, um die Verhandlungen zur eigenständigen Erzielung individueller Lösung zu steuern und auszubalancieren.242 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass eigenverantwortliche Lösungen die Kenntnis der eigenen Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Lösungsideen voraussetzen. Die Förderung der eigenverantwortlichen Konfliktbeilegung erscheint daher durch Schlichter ohne juristische Kenntnisse nur bedingt möglich, etwa wenn beide Parteien juristisch beraten sind. Im Hinblick auf ihre Ausbildung eignen sich die psycho-sozialen Berufsgruppen für einen therapieähnlichen Konfliktlösungsansatz, der nach § 1 PsychThG Teil ihrer Beraufsausübung ist. Da Konflikte normale und häufig auftretende Erscheinungen sind,243 zeichnen sich harmonische dauerhafte Beziehungen durch funktionierende Konfliktlösungsmechanismen aus.244 Erst deren Versagen führt zu einem zu behandelnden Fall. Damit in die Beziehung wieder Harmonie einkehren kann, ist anhand des konkreten Problems der beziehungsimmanente KonfliktlösungsGottwald, S. 207. Zum Unterschied zwischen Interessen und Positionen, S. 40 f. 240 So für die Familienmediation bei Betonung der eigenverantwortlichen Konfliktregelung, Proksch, FPR 1996, 8 (9). 241 Breidenbach, S. 279. 242 Das betonend, Mähler / Mähler in: Breidenbach / Henssler, S. 13 (28). 243 Gottwald, S. 32. 244 Rosellen in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 215 (216); Felstiner in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 125 (132) m. w. N. 238 239

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mechanismus wieder herzustellen. Dazu ist der Grund des Versagens zu untersuchen, wozu die Personen und ihre soziale Beziehung zu analysieren sind. Andererseits wird der emotionale Wille zur Versöhnung nicht als Folge der Konfliktbewältigung, sondern als Grund angesehen.245 Demnach müsste die Erregung und Verstärkung des Wunsches nach Versöhnung den Ausgangspunkt für die Beilegung von Streitigkeiten im Verfahren bilden. In jedem Fall kann der Mediator die Versöhnung fördern, indem er durch den Ausdruck von Verständnis der unterschiedlichen Sichtweisen zur gegenseitigen Akzeptanz der Parteien beiträgt. Dementsprechend sind die psycho-sozialen Berufsgruppen als Vermittler prädestiniert, wenn eine Versöhnung oder eine Steigerung der Konfliktfähigkeit verfolgt wird. Resümee Die psycho-sozialen Berufsgruppen sind ausgezeichnet geeignet, zur Versöhnung der Parteien und Steigerung der Konfliktfähigkeit der Bürger beizutragen. Da diese Zielsetzungen den inneren Willen der Beteiligten voraussetzen, werden diese jedoch zu Recht nicht in den Vordergrund gestellt.246 Die fehlenden Rechtskenntnisse führen insoweit zu den gleichen Vorbehalten wie bei den Laien. Die psychosozialen Berufsgruppen können weder überoptimistische Erwartungen dämpfen noch das Risiko der Normerosion und die Gefahr ungerechter Ergebnisse wirksam abwenden. Eine schnelle rechtsorientierte Konfliktbeilegung lässt sich daher mit ihnen nicht verwirklichen. 4. Die Eignung von Juristen als Mediatoren Eine Nähe zum Definitionsprozess und zum Konfliktsystem der Streitparteien lässt sich mit Juristen nur teilweise und zufällig erreichen. Vom Konflikttypus besteht eine Nähe zu den normbezogenen Streitigkeiten. Bei rollenbezogenen Streitigkeiten kommt es auf die Definition der Rolle an. Soweit diese durch das Recht und weniger durch persönliche Erwartungen geprägt ist, entspricht die juristische Vorgehensweise dem ursprünglichen Streittypus. Insgesamt sind Juristen jedoch nur bedingt zu einer konfliktnahen Streitbeilegung in der Lage. Negative Vorurteile hinsichtlich der Neutralität von Juristen sind trotz der Rechtsanwendung, ihrer meist besseren finanziellen Verhältnisse und höheren BilSo ausdrücklich, Simmel, Soziologie, S. 376. Ausnahmsweise steht die gegenseitige Akzeptanz und Stärkung der Konfliktlösungsfähigkeit im Vordergrund, wenn zugunsten des Kindes bei der Scheidung die elterliche Sorge zu regeln ist. Auf Grund der positiven Erfahrungen in verschiedenen Pilotprojekten wurde in § 17 Abs. 2 SGB VIII dem Jugendamt die Aufgabe übertragen, die Eltern im Falle der Trennung oder Scheidung bei der Entwicklung einer einvernehmlichen Regelung über das Sorgerecht zu unterstützen, Proksch, FPR 1996, S. 8 ff. Die Mitarbeiter des Jugendamtes haben psycho-soziale Kompetenzen und meist spezifische juristische Kenntnisse auf Grund der nach § 72 SGB VIII erforderlichen Ausbildung. 245 246

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dung nicht verbreitet. Neutralität im Verfahren drückt sich aber vor allem auch darin aus, dass sozial schwächere Parteien nicht benachteiligt werden. Um zwingenden Normen zu deren Schutz durch Aufklärung Beachtung zu verschaffen, sind Rechtskenntnisse vorteilhaft. Durch die entsprechende Normberücksichtigung wird zugleich die Gerechtigkeitswertung des Normalfalles in die Konfliktlösung einbezogen.247 Juristen können gut beurteilen, ob eine erhebliche Abweichung vom Normalfall vorliegt, die eine andere Lösung rechtfertigt. Dadurch wird die Gefahr der Normerosion kontrolliert und gering gehalten.248 Juristen genießen in der Bevölkerung grundsätzlich auch hohes Vertrauen, wobei allerdings zwischen den verschiedenen Berufen differenziert werden kann.249 Da Juristen bei der Prognose einer gerichtlichen Entscheidung mehr Anerkennung entgegengebracht wird als Laien, bieten sie gute Voraussetzungen für die Befriedigung durch ein außergerichtliches Verfahren. Der Begründungszwang und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Argumenten sind wesentliche Elemente der juristischen Ausbildung, weshalb Juristen gut zu einer anerkennenden Behandlung der Parteien fähig sind. Ein direkter Beitrag zur Verankerung der konsensualen Streitbeilegung ist jedoch mangels eigener Kenntnisse nicht möglich, da Juristen andere Aspekte und Methoden der Konfliktbeendigung während ihrer Ausbildung kaum kennen lernen. Ebenso fehlen ihnen psycho-soziale Kenntnisse, die eine Versöhnung der Parteien erfordern würde. Die Beilegung des konkreten Konfliktes ist effizient, wenn Kosten und Zeitaufwand gering sind. Demnach bietet sich eine Vermittlung durch einen Dritten an, dem die Parteien zutrauen, wie ein Richter ein sachgerechtes Urteil zu treffen. Deshalb erfordert die effiziente außergerichtliche Streitbeilegung eine umfassende juristische Beurteilung des Konfliktes. Zugleich können nur Juristen das Ergebnis auf seine rechtliche Zulässigkeit überprüfen und entsprechend den Vollstreckungsanforderungen formulieren.250 Den Parteien ist dann möglich, auf einen eigenen Rechtsbeistand zu verzichten und den Streit besonders kostengünstig beizulegen. Bereits deshalb empfehlen sich Juristen als Vermittler, wenn eine effektive Streitbeilegung angestrebt wird. Siehe auch Köper, S. 100. Diese Gefahr der drohenden Normerosion bei rechtsunkundigen Schiedsrichtern sieht auch der BGH. Soweit die Nichtbeachtung von Normen damit vorhersehbar ist, können deshalb Schiedsklauseln unwirksam sein, BGHZ 115, 324 (328). 249 Anwälte stehen hinter Ärzten, Pfarrern und Professoren auf Platz 4, Forschung & Lehre, 2001, 398. Notaren wird aber meist gegenüber Anwälten noch mehr Anerkennung entgegengebracht. 250 Levin, DJZ 1915, Sp. 870 (872); Wesche, ZRP 2004, 49 (51). Zweifel an dieser These entstehen dadurch, dass die Evaluierung in Nordrhein-Westfalen ergab, dass die Mehrzahl der mangels vollstreckbaren Inhalts zurückgewiesenen Vollstreckungsanträge Vergleiche betraf, die vor einer Gütestelle des Anwaltsvereins geschlossen wurden, http: //www. justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/streitschl/zusammenfassung_gutachten.pdf, S. 8. 247 248

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Die Förderung der individuellen und eigenständigen Konfliktbewältigung setzt ein Verfahren voraus, in dem die Parteien maßgeblich die Lösung entwickeln. Der Vermittler kann und sollte sich grundsätzlich auf die Strukturierung und Leitung der Verhandlungen beschränken, ohne auf das Ergebnis einzuwirken,251 sodass juristische Kenntnisse geringere Bedeutung haben. Die Privatautonomie ist Geltungsgrund der Einigung zwischen den Parteien. Eigenverantwortlich kann aber nur handeln, wer seine Rechte kennt und die Folgen des eigenen Handelns erfasst hat.252 Erst daraufhin können mögliche Vor- und Nachteile der zu treffenden Entscheidung abgewogen werden. Um der Fremdbestimmung auf Grund überlegener Verhandlungsmacht entgegenzuwirken, ist eine qualifizierte Beratung über die Rechte erforderlich. Soweit diese durch die Schlichtungsperson erfolgen soll, kommen nur Juristen in Betracht. Wenngleich die Beratung mit dem Neutralitätsgebot kollidiert, gibt der Mediator typischerweise Hinweise auf einschlägige Normen und rechtliche Risiken und verlässt damit den engen Rahmen des für den Richter geltenden § 139 ZPO.253 Allerdings ist bei Juristen wegen der Ausbildung zur Streitentscheidung zu befürchten, dass sie den Parteien ihre Lösung aufdrängen und eine individuelle Lösungsgestaltung verhindern.254 Die Ausbildung der Juristen zielt auch nur unzureichend auf die Gestaltung kreativer Lösungen ab,255 jedoch werden sie in ihrer gesamten Ausbildung trainiert, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Mithin sind sie gut in der Lage, Sachverhalte zu erfassen und zu erforschen.256 Grundsätzlich beschränken sich Juristen dabei jedoch auf rechtlich relevante Fakten. Die Realisierung der Vorteile von Mediation setzt aber besonders die Berücksichtigung der Interessen voraus. Rechtliche Normen stellen eine Standardlösung der widerstreitenden Interessen dar. Von deren Sinn und Zweck ausgehend sollten Juristen gut die Interessen erforschen und erkennen können, insbesondere ergänzt durch die anwaltliche Berufserfahrung. Sie sind somit sehr wohl in der Lage, den Parteien bei der Suche nach einer individuellen Interessenlösung zu helfen. Die juristische Ausbildung ist damit nicht als Hindernis, sondern als vorteilhafte Basis für die Suche nach individuellen Interessenlösungen anzusehen. Wenn in außergerichtlichen Konfliktlösungsmechanismen Recht verwirklicht wird, kann bei einem einfacheren Zugang zu diesen die Rechtsdurchsetzung erleichtert werden. Zur Rechtsverwirklichung muss die Verhandlungsmacht auf Grund außerrechtlicher Quellen zurückgedrängt werden. Das gelingt dem SchlichBreidenbach, S. 151, 279. Von Hoyningen-Huene, JuS 1997, 352, (353). Vgl. auch Stürner, JR 1979, 133 (136), der deshalb die Aufklärung der Parteien als Aufgabe des Richters bei richterlichen Vergleichsbemühungen ansieht. 253 Breidenbach, S. 178; von Hoyningen-Huene, JuS 1997, 352, (353). 254 Vgl. dazu das Beispiel in: Eidmann / Roethe, S. 36 ff. 255 Zu diesem Problem, Ponschab in: Breidenbach / Henssler, S. 93 (100 ff.). 256 Alexander, S. 270 f. 251 252

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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ter am besten durch die Erörterung der Rechtslage.257 Er kann dabei auch als agent of reality unrealistischen Erwartungen der Parteien entgegentreten und so die Chancen einer Einigung steigern.258 Die Parteien werden mit dem Gesetz konfrontiert und erlangen einen Einblick in den Umgang mit Recht. Auf Dauer führt das zu einem Abbau von Defiziten in der Bevölkerung und einem Machtausgleich. Die richtige und glaubwürdige Thematisierung von Recht ist jedoch nur Juristen möglich, sodass diese sich als Vermittler zur erleichterten Mobilisierung von Recht in außergerichtlichen Verfahren empfehlen. Allerdings gibt es noch verschiedene juristische Berufe, weshalb eine Konkretisierung erforderlich ist. a) Rechtspfleger Als Vermittler mit juristischen Kenntnissen sind zunächst die Rechtspfleger zu erwägen, die bereits als Richter für Bagatellstreitigkeiten vorgeschlagen wurden.259 Ihre Ausbildung ist aber wegen ihrer praktischen Tätigkeit auf die Rechtsanwendung und teilweise auf spezielle Rechtsgebiete beschränkt. Die Ausbildung von Volljuristen wird dagegen mit dem Ziel verfolgt, unbekannte Fälle mit unbekannten Gesetzen zu lösen. Da bei einer normorientierten Vermittlung der Erfolg von der Qualität der Vorhersagen abhängt, genügt die Ausbildung der Rechtspfleger nicht den Anforderungen. Schließlich sind die Fälle mit geringem Streitwert nicht zwingend juristisch einfach. Außerdem besteht weniger Vertrauen in die Rechtsauffassung von Rechtspflegern, weil die Ausbildungsunterschiede auch in der Bevölkerung bekannt sind. Die Parteien werden sich mit ihren Konflikten nicht anerkannt fühlen und folglich mit dem Verfahren eher unzufrieden sein. Die obligatorische außergerichtliche Streitbehandlung durch Rechtspfleger verstärkt den negativen Eindruck einer Zweiklassenjustiz. Die Schlichtung sollte deshalb nicht durch Rechtspfleger, sondern durch Volljuristen durchgeführt werden.260 b) Richter Als Vermittler wird der später entscheidende Richter vorgeschlagen.261 Diese Idee wurde im neuen § 278 ZPO auf Grund der positiven Erfahrungen mit § 54 Abs. 1 ArbGG umgesetzt. Die Urteils- und Vergleichstätigkeit des Richters führt zu einem Rollenkonflikt.262 Eine am sozialen Konflikt orientierte Behandlung unZur Bedeutung von Recht für die Verhandlungsmacht, Hager, JZ 1998, 1158 (1161). Breidenbach, S. 92 f.; 153; Folberg / Taylor, S. 247. 259 Theilacker, S. 165 ff. 260 Hendel, RuP 1977, 9 (15). Die gleichen Probleme und Argumente sprechen auch gegen die an den Fachhochschulen juristisch Ausgebildeten. 261 Auf Grund der historischen Erfahrungen mit Schlichtungsverfahren darin eine Bedingung für den Erfolg sehend, Bösken, S. 277. 262 Dazu bereits Thomasius, Cap. III § 2, S. 44. 257 258

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ter Berücksichtigung der Interessen schwächt die normative Basis für ein späteres Urteil. Die Rolle des taktvollen, einfühlenden, zurückhaltenden und kreativen Vermittlers ist schwer zu vereinbaren mit der autoritären und normorientierten Haltung des Richters.263 Die wesentlichen Informationen für eine erfolgreiche Vermittlung unterscheiden sich von den Informationen zur Fällung eines Urteils. Wenn der Richter zunächst die Informationen zur Schlichtung ermittelt hat, fällt ihm die völlig neue Betrachtung des Falles unter rechtlichen Gesichtspunkten schwer. Die gebildete Meinung über den Fall könnte zu Vorurteilen führen und die Neutralität bei der rechtlichen Bewertung beeinträchtigen. Wenngleich der Richter dies zu trennen vermag, wird dadurch das Misstrauen der Beteiligten geweckt.264 Um diese Situationen zu vermeiden, werden sich die Beteiligten dem Richter weniger öffnen als einem anderen Dritten gegenüber.265 Dadurch werden konsensuale Interessenlösungen vor dem Richter seltener sein. In der Vermittlung durch den später entscheidenden Richter liegt also kein außergerichtliches Verfahren mit seinem besonderen Potenzial, weshalb diese Modelle hier außer Betracht bleiben.266 Wenn ein nichtzuständiger Richter zwischen den Parteien vermittelt, liegen die aufgezeigten Nachteile nicht vor. Der Richter tritt nicht in dieser Funktion auf, womit auch die Neutralitätspflicht nicht auf die Durchsetzung der Gesetze gerichtet sein muss. Die Richter müssen in solchen Vorverfahren jedoch die Rolle des Vermittlers übernehmen, was wegen des eigenen Rollenverständnisses Schwierigkeiten bereiten kann.267 Ziel des Bundes und der Länder ist jedoch eine Entlastung der Gerichte. Soweit die Vermittlung durch Richter durchgeführt wird, verschieben sich deren Aufgaben. Eine wesentliche Entlastung ist damit jedoch nicht erreichbar.268 Aktive Richter scheiden demnach im Allgemeinen als Schlichter außergerichtlicher Verfahren aus. c) Pensionierte Richter In Betracht kommt die Schlichtung durch pensionierte Richter.269 Allerdings ergeben sich auf Grund ihrer langen Tätigkeit als Richter Zweifel an der Eignung als Mediator, da sich die richterlichen Vergleichsverhandlungen erheblich von mediaGottwald, S. 68. Dies zeigt sich bei Befangenheitsanträgen nach vorläufiger Auskunftserteilung durch einen Richter, BayObLG, NJW-RR 2000, 748 f.; vgl. auch Jansen, S. 127. 265 Alexander, S. 190. 266 Zum Rollenkonflikt, Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (273 f.). 267 Gottwald, AnwBl. 2000, 265 (271). Zu den praktischen Erfahrungen mit dem Rollenwechsel bei der gerichtsverbundenen Mediation in Niedersachsen, Böttger / Hupfeld, ZKM 2004, 155 (158 f.). 268 Eine Entlastung wird gleichwohl berichtet von der gerichtsverbundenen Schlichtung am LG Göttingen, von Olenhusen, ZKM 2004, 104 (107). 269 Diese wurden zunächst auch in Nordrhein-Westfalen in Erwägung gezogen, Behrens, DRiZ 1997, 236 (238). 263 264

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tiven Verhandlungen unterscheiden.270 Allerdings sind ihre Vorhersagen sehr zuverlässig und damit für eine effektive Streitschlichtung von großem Vorteil.271 Die Unterschiede könnten sie in einem Kurs schnell erlernen. Allerdings werden die Richter auf Grund ihres Alters und der nachlassenden Leistungsfähigkeit pensioniert. Diese dann für die außergerichtliche Streitbeilegung zu aktivieren, könnte das Vorurteil der Zweitklassigkeit der außergerichtlichen Streitbehandlung fördern. Außerdem ist zu vermuten, dass nicht genügend pensionierte Richter zur Verfügung stehen. Im Hinblick auf die auch für Juristen angespannte Arbeitsmarktsituation ist die Aktivierung der Pensionen beziehenden Richter kaum zu begründen.272 Pensionierte Richter sind daher zwar als Vermittler nicht generell auszuschließen, doch sollten sie nicht die Hauptgruppe der Vermittler stellen. d) Notare Als Schlichtungsperson kommen weiterhin Notare in Betracht. Sie sind regelmäßig hervorragende Juristen. Die Neutralität von Notaren ist nicht nur gesetzlich abgesichert, sondern auch der Bevölkerung bekannt. Sie genießen große Anerkennung, wodurch das Vorurteil der Zweitklassigkeit vermieden wird. Im Rahmen der Vertragsgestaltung sind sie mit der juristischen Umsetzung von Interessengegensätzen vertraut273. Außerdem haben Notare oft durch das Vermittlungsverfahren im Rahmen der Sachenrechtsbereinigung Erfahrungen gesammelt.274 Der Notar erfüllt mit seinem Geschäftsbetrieb die organisatorischen Voraussetzungen, die für ein ordnungsgemäßes Schlichtungsverfahren notwendig sind und ist damit zur außergerichtlichen Streitbehandlung zu empfehlen.275 Es ist aber zu befürchten, dass in einigen Ländern die Notare das Fallaufkommen nicht bewältigen können. e) Rechtsanwälte Anwälte sind grundsätzlich ebenso ausgebildet wie Richter und Notare. Darüber hinaus stehen sie in genügender Anzahl zur Verfügung. Rollenkonflikte sind bei ihnen grundsätzlich nicht zu befürchten. Anwälte verhandeln auch heute schon sehr oft, doch regelmäßig als Parteivertreter. Sie sollten sich daher zunächst mit der Rolle des Dritten vertraut machen und dazu eine Zusatzausbildung absolvieDuve, S. 451. Pensionierte Richter sind, gefolgt von aktiven Richtern und Anwälten, am häufigsten als Schlichter bei den IHK tätig, Miletzki, S. 43. 272 Ebenso Jansen, S. 302, in diesem Sinne auch, von Jhering, Der Zweck im Recht, S. 119. 273 Anhand eines Beispielfalles, Wagner, BB 1997, 53 (55). 274 Insbesondere bereits bei der Durchführung von Schlichtungsverfahren im Rahmen der Sachenrechtsbereinigung, dazu Aumüller, S. 104 ff. 275 Wagner, NJW 2001, 2128 (2131, 2134). 270 271

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ren.276 Möglicherweise ist Rechtsanwälten aber die Tätigkeit auf Grund ihres Berufsrechts und des Strafrechts untersagt. aa) Berufsrechtliche Zulässigkeit der Mediation durch Rechtsanwälte Die Befugnis von Rechtsanwälten zur Vermittlung wird grundsätzlich nicht in Frage gestellt. In § 1 Abs. 3 BORA verpflichten sich die Anwälte rechtsgestaltend, streitvermeidend und streitschlichtend tätig zu werden. Nach § 18 BORA unterliegt der Anwalt aber auch als Mediator den Regeln des Berufsrechts. Anwälten ist nach § 43a Abs. 4 BRAO die Durchführung von Mediationsverfahren verboten, wenn Mediation die Vertretung widerstreitender Interessen erfordert. Die Interessenvertretung im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO muss nicht nach außen erfolgen. Es genügt vielmehr auch eine beratende Tätigkeit.277 Das wird durch § 59b Abs. 2 Nr. 1e BRAO i. V. m. § 3 Abs. 1 BORA bestätigt, der die Beratung bei widerstreitenden Interessen ausdrücklich ausschließt. Obwohl der Mediator neutral ist, kann daher auf Grund der beiderseitigen Beratung in den Mediationsverhandlungen die Vertretung widerstreitender Interessen im Sinne des § 43a Abs. 4 BRAO vorliegen. Eine Einwilligung der Parteien in die Vertretung widerstreitender Interessen ist grundsätzlich unbeachtlich, soweit durch diese der Interessengegensatz nicht aufgehoben wird.278 Bei der Bestimmung der Interessenlage ist die Bedeutung des Parteiwillens zweifelhaft. Soweit auf die wirkliche objektive Interessenlage der Parteien abgestellt wird,279 bleibt unklar, nach welchen Kriterien diese festzustellen ist. Vor allem liegt darin auch eine Bevormundung der Parteien durch den Anwalt. Demgegenüber wird das Interesse im subjektiven Sinn nach dem Ziel der Partei bestimmt, das diese verfolgt wissen will.280 Diese subjektive Betrachtungsweise ist angemessen, wenn die Parteien die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand haben.281 Das ist im Zivilrecht zwar der Fall, doch sind klare Ergebnisse auf diese Weise kaum zu erzielen. Maßgebend für die Interessenbestimmung ist daher der Auftrag, wie er durch die Mandanten erteilt wird.282 Solange sich also die Interessen der Parteien, von ihrem aus dem Auftrag erkennbaren Standpunkt, miteinander vereinbaren lassen und sie dem Anwalt nur die Wahrnehmung ihres gemeinsamen Interesses anvertraut haben, liegt keine VerDuve, S. 451. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Neufassung des § 43a Abs. 4 BRAO zu keiner Änderung der alten Rechtslage unter §§ 45 Nr. 2, 46 BRAO a. F. führen und über § 356 StGB hinausgehen, der auch die Erteilung von Rat erfasst, Bt-Drucks. 12 / 4993, S. 27. 278 Feuerich in: Feuerich / Braun, § 43a Rdz. 64. 279 BGHSt 5, 284 (287). 280 BGHSt 5, 301 (307). 281 Cramer in: Schönke / Schröder, § 356 Rdz. 18; Meyer, AnwBl. 2000, 80 (81); Kilian, WM 2000, 1366 (1368). 282 Feuerich in: Feuerich / Braun, § 43a Rdz. 64; Kleine-Cosack, § 43a Rdz. 36. 276 277

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tretung widerstreitender Interessen vor.283 Zwischen den Beteiligten eines Mediationsverfahrens muss also ein gemeinsames Interesse bestehen, dessen Wahrnehmung sie dem Anwalt übertragen. Das Mediationsverfahren beruht auf dem Bemühen der Parteien um einen beidseitigen befriedigenden Interessenausgleich. Neben den divergierenden Interessen zeigt daher schon die Bereitschaft zu dem Verfahren auch ein gemeinsames Interesse der Parteien an einer einverständlichen außergerichtlichen Konfliktlösung.284 Dem Mediator obliegt es, entsprechend dem Auftrag zur Förderung des gemeinsamen Interesses eine außergerichtliche Konfliktlösung herbeizuführen. Insoweit liegt demnach kein Interessenkonflikt vor. Allerdings setzt die Förderung des gemeinsamen Interesses an einer konsensualen Streitbeilegung die juristische Erörterung und Beratung bezüglich der antagonistischen Standpunkte und Interessen voraus, die für den Konflikt die ursächlichen sind. Diese stehen eigentlich auch dem gemeinsamen Interesse einer konsensualen Streitbeilegung entgegen. Der Auftrag ist jedoch nicht ausgerichtet auf eine Beratung hinsichtlich der kollidierenden Interessen. Es besteht die Pflicht das gemeinsame Interesse zu fördern und auf die gegensätzlichen Ziele nur einzugehen, soweit es für die konsensuale Einigung notwendig ist.285 Ein Anwalt ist ausschließlich dem gemeinsamen Interesse an einer konsensualen Lösung verpflichtet, wenn er von zwei Parteien mit einem Mediationsverfahren beauftragt wurde.286 Er muss daher keine widerstreitenden Interessen vertreten.287 Die BORA erwähnt ausdrücklich die mediative Tätigkeit der Anwälte und enthält zugleich ein Verbot der Beratung und Vertretung bei widerstreitenden Interessen. Demnach sehen die Rechtsanwälte selbst und mangels Einwände auch das Bundesjustizministerium in Mediationsverfahren keine Vertretung widerstreitender Interessen im Sinne der BORA. Wenn der Auftrag beider Parteien klar erkennbar auf ein Mediationsverfahren gerichtet ist, wird das Vertrauen der Mandanten und der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit und Integrität der Anwaltschaft als Schutzzweck des § 43a Abs. 4 BRAO nicht gefährdet.288 Ein Mediationsverfahren ist damit nicht per se mit der Vertretung widerstreitender Interessen verbunden. Anwälte können daher nach dem Berufsrecht Mediatoren sein.289

EGH 16, 194. Henssler, AnwBl. 1997, 129 (130); Enders, JurBüro 1998, 57 (58). 285 Strempel, AnwBl. 1993, 434 (435 f.). 286 Ponschab, AnwBl. 1993, 430 (434); Henssler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23, S. 525 (529). Die Möglichkeit der beidseitigen Beauftragung von Rechtsanwälten mit Vergleichsverhandlungen auf Grund des gemeinsamen Interesses wurde bereits vom Reichsgericht anerkannt, RGSt 45, 305 (306). 287 Groß, FPR 2000, 136 (138). 288 Ebenso, Alexander, S. 171. 289 Von der Zulässigkeit ausgehend zu Problemen der Zusatzbezeichnung „Mediator (BAFM)“, AGH NRW, MDR 2000, 611. 283 284

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

bb) Strafrechtliche Zulässigkeit der Mediation durch Rechtsanwälte Nach § 356 StGB darf kein Anwalt in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dienen, wenn ihm diese in seiner Eigenschaft als Anwalt anvertraut wurde. Eine Rechtsangelegenheit ist ihm als Anwalt anvertraut, wenn er als unabhängiger Sachwalter von Parteiinteressen tätig werden soll. In Betracht kommt eine Parallele zu den täteruntauglichen Funktionen des Testamentsvollstreckers, Insolvenzverwalters und Betreuers.290 Jedoch fehlt beim Mediator nicht das besondere Vertrauensverhältnis und die daraus resultierende Treuepflicht gegenüber den Mandanten, sondern diese Pflichten bestehen gegenüber allen Beteiligten des Mediationsverfahrens. Außerdem handelt der Anwalt bei der Streitschlichtung als unabhängiger Rechtsberater nach § 1 Abs. 3 BORA. Mediation gehört nach § 18 BORA ausdrücklich zur anwaltlichen Tätigkeit. In Mediationsverfahren üben Rechtsanwälte somit ihren Beruf aus.291 Mediationsaufträge werden ihnen daher auch in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwälte übertragen.292 Pflichtwidrig ist das Dienen, wenn zwischen den beratenen Personen ein Interessengegensatz besteht.293 Ein solcher liegt nach der vorangegangenen Darstellung nicht vor, sodass § 356 StGB der Mediation durch Rechtsanwälte nicht entgegensteht. Resümee Eine konfliktnahe Verfahrensgestaltung ist mit Juristen nur zufällig zu erreichen. Sie können auch nur wenig zur Versöhnung der Parteien beitragen. Allerdings sind Juristen als Vermittler geeignet, wenn die effektive, rechtsorientierte Streitbeilegung im Vordergrund steht. Durch eine zuverlässige Thematisierung von Recht erleichtern sie auch die Rechtsdurchsetzung in außergerichtlichen Verfahren. Die Gefahr der Normerosion und die Wahrscheinlichkeit ungerechter Ergebnisse sind dadurch begrenzt. Juristen sind aber auch in der Lage, eine individuelle und eigenständige Konfliktlösung durch die Parteien zu unterstützen. Da Juristen ein befriedigendes Verfahren erwarten lassen, können sie als Schlichtungspersonen langfristig sogar zur Verankerung des Schlichtungsgedankens beitragen. In vielen Einrichtungen auf der Welt, die das Ziel einer effektiven außergerichtlichen Konfliktbeilegung verfolgen, werden daher Schlichter mit einer juristischen Ausbildung eingesetzt.294 Die Heranziehung aktiver Richter als Schlichter in außergericht290 291

Henssler, AnwBl. 1997, 129 (131). Darauf abstellend mit weiteren Beispielen nichtanwaltlicher Tätigkeit, BGHSt 24, 191

(192). So auch Schlussbericht des BRAK-Ausschusses Mediation, BRAK-Mitt 1996, 286. Cramer in: Schönke / Schröder, § 356 Rdz. 17. Ausführlich zur Herleitung des Interessengegensatzes als Tatbestandsmerkmal, Geppert, S. 85 ff., 123 ff. 294 Das Harvard Mediation Program ist eine Einrichtung der Harvard Law School, die auf eine effektive Streitbeilegung und Entlastung der Gerichte gerichtet ist und angehende Juris292 293

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lichen Verfahren vermindert ihre Belastung kaum, sodass sie unter dem Gesichtspunkt der Justizentlastung ausscheiden. Wenngleich pensionierte Richter nach einer Zusatzausbildung als Schlichter gut geeignet sind, sollte aus arbeitsmarktpolitischen Gründen dies nicht als Normalfall vorgesehen werden. Notare erfüllen die Voraussetzungen eines Mediators am besten, doch stehen sie nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung. Abhängig von den Fallzahlen wären sie mit der Streitschlichtung überfordert und könnten daher kaum ein schnelles Verfahren gewährleisten. Die Schlichtungspersonen sind daher wie in den USA295 und Australien296 hauptsächlich aus der Anwaltschaft zu rekrutieren.

5. Entscheidung Generell besteht bei der Umsetzung dieses Modells durch die Einbeziehung Privater die Gefahr, dass wegen des Verdienstes Schlichtungsverhandlungen auch in ten nach einer speziellen Schulung einsetzt, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (49). Der San Jose Neighborhood Small Claim Court verfolgt eine adäquate, weniger aufwändige Form der Konfliktregelung und setzt als Schlichter Richter oder Anwälte mit langjähriger Erfahrung ein, Beresford, Judicature, Bd. 61 (1977), S. 185 (186). Das Center for Public Resources New York (CPR) soll der Kostenminimierung bei Wirtschaftsstreitigkeiten dienen und bestellt Richter und Anwälte als Schlichter, Strempel, DRiZ 1983, 86 (88 f.). Bei der gerichtsverbundenen Schlichtung in Taiwan werden zur Entlastung der Gerichte bei niedrigen Streitwerten Richter als Schlichter tätig, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 85 (86 f.). Der staatliche dänische Verbraucherbeschwerdeausschuss will ein leichter zugängliches, aber ebenso effektives Mittel der Rechtsdurchsetzung sein, wozu als vorsitzende Vermittler Juristen tätig werden, Blegvad in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 231 (237, 239). Der französische Conciliateur soll als bürgernahe Einrichtung der außergerichtlichen Streitbeilegung dienen und den Zugang zum Recht erleichtern, was insbesondere an der Kostenfreiheit zu erkennen ist, Bellet in: Kötz / Ottenhof, S. 37 (41). Zwar sind Anwälte und Richter als Conciliateur ausgeschlossen, jedoch besteht ein Trend zum Erfordernis einer juristischen Ausbildung, Bonnart-Pontay in: Kötz / Ottenhof, S. 45 (49). Bei den Schlichtungsstellen der IHK, die wegen des hohen Aufwandes die Justizvermeidung neben der Erleichterung der Rechtsdurchsetzung in den Vordergrund stellen, ist trotz unterschiedlicher Gestaltungen meist die Beteiligung eines Juristen vorgesehen, Micklitz, DRiZ 1983, 119 ff.; Miletzki, S. 43; Reich in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 219 (227); Blankenburg / Morasch, ZRP 1985, 217 (218). Bei den Schlichtungsstellen nach § 27a Abs. 2 UWG ist ebenfalls ein Jurist als Schlichter vorgesehen. Der Bankenombudsmann in Deutschland muss als Instrumentarium zur unbürokratischen und kostengünstigen Behandlung von Kundenbeschwerden auch nach § 1 Abs. 2 der Verfahrensordnung die Befähigung zum Richteramt haben, Hellner, DB 1991, 666 f. Zum Ombudsmann der Sparkassen, Althaus / Hinrichs / Hustert, ZKM 2001, 120 (123 ff.). Der Vorteil juristisch ausgebildeter Schlichter zeigt sich auch an dem Erfolg der ÖRA in Hamburg gegenüber den sonstigen Schiedsamtseinrichtungen in Deutschland, Gottwald, S. 260. Die Verringerung des Aufwandes stand auch bei der nur bedingt vergleichbaren Bagatellgerichtsbarkeit im Vordergrund, bei der eine juristische Ausbildung gefordert und teilweise auch statuiert wurde, Theilacker, S. 120, 122 ff. Gleiches gilt für die Schiedsgerichtsbarkeit, Lörcher, DB 1999, 789 (790). 295 Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (215). 296 Alexandra, S. 139 f. 12 Schreiber

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

ungeeigneten Fällen durchgeführt werden. Bei ungeeigneten Fällen scheitern aber überdurchschnittlich viele Schlichtungen. Jeder Schlichter wird jedoch um einen guten Ruf und eine hohe Erfolgsquote als Zeichen seiner Fähigkeiten bemüht sein. Der freie Wettbewerb zwischen den Schlichtern begrenzt daher diese Gefahr. Das Funktionieren dieser Auslese durch den Markt zeigt sich an der außergerichtlichen Erledigungsquote von 70% bei Anwälten.297 Diese steht der Vermutung entgegen, dass Anwälte wegen des eigenen Verdienstes ihre Mandanten auch in aussichtslosen Fällen in einen Gerichtsprozess drängen. Ein zwingender Grund für eine staatliche Organisation der Gütestellen ergibt sich deshalb aus dem Gebühreninteresse nicht. Die Überlegungen und die Gestaltung der verschiedenen Einrichtungen zeigen, dass ein enger Zusammenhang zwischen den erreichbaren Zielen und der Ausbildung der Schlichtungsperson besteht. Dabei lassen alle Schlichtungspersonen Vorund Nachteile erkennen. Zwar ist durch eine Laienschlichtung eine größere Konfliktnähe möglich, jedoch kann dieses Potenzial kaum bei institutionalisierten Einrichtungen ausgenutzt werden. Die Mitglieder der psycho-sozialen Professionen sind gut als Schlichtungspersonen geeignet, wenn die Verbesserung des Konfliktverhaltens sowie in dauerhaften und engen Beziehungen eine Versöhnung angestrebt werden.298 Beiden Gruppen fehlen jedoch die juristischen Kenntnisse, sodass sie den Risiken schlechter entgegentreten können. Sie sollten daher nicht generell als Mediator eingesetzt werden. Der Gesetzgeber strebte außerdem vorrangig eine rationelle Streiterledigung an, bei der individuelle Interessenlagen und Lösungsmöglichkeiten berücksichtigt werden. In diesem Bereich liegt die Stärke von Sachverständigen und Juristen. Da Sachverständige aber nur für Tatsachenstreitigkeiten geeignet sind, bietet die Berufsgruppe der Juristen als Vermittler bei einer außergerichtlichen Konfliktbehandlung allgemein das beste Verhältnis an Vor- und Nachteilen.299 Der Mediator muss aber seine Rolle genau kennen, die sich von der Anwaltsbzw. Richterrolle unterscheidet.300 In der bisherigen juristischen Ausbildung wird die konsensuale Konfliktbewältigung nicht gelehrt. Den Juristen fehlen somit die Kenntnisse auf den Gebieten der Individual- und Sozialpsychologie und das Wissen über Konfliktverläufe und Kommunikationsstrukturen. Deshalb sollten die Juristen als Vermittler zusätzlich geschult werden.301 Die Ausbildung zum Familienmediator (BAFM) ist hier richtungsweisend. Der vorrangige Einsatz von Wasilewski, S. 35. Dennoch wird in einem Pilotprojekt in Stuttgart eine Zusammensetzung der Mediatoren aus 50 % rechtsberatenden und 50% psycho-sozialen Berufen angestrebt. Dies erklärt sich aber aus der Einbeziehung der Familienstreitigkeiten, Gottwald, S. 265 (272). 299 Für die Vermittlung durch Juristen, Schuhmacher, ZKM 2001, 19 (21). Zur Überlegenheit von Juristen gegenüber Laienschlichter, Bösken, S. 291. 300 Breidenbach, S. 269, 256; Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (214). 301 Duve, S. 451; Breidenbach / Gläßer, ZKM 2001, 11 (16); Nöh-Schüren, ZRP 1998, 448 (449); Hendel, RuP 1977, 9 (15). 297 298

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Notaren302 sowie von Anwälten in Baden-Württemberg303 zur außergerichtlichen Streitbehandlung ist daher also zweckmäßig, obwohl eine Zusatzausbildung nicht vorgesehen ist.304 Zu optimieren wäre die Konfliktbehandlung durch die Zusammenarbeit von Anwälten mit den psycho-sozialen Berufsgruppen und Sachverständigen bei der außergerichtlichen Streitbeilegung.305 Auf dieser Weise könnte das gesamte Potenzial der außergerichtlichen Streitbeilegung ausgeschöpft werden. Allerdings stehen die hohen Kosten einer Co-Mediation der institutionellen Verankerung im Wege. In Betracht kommt daher lediglich der differenzierte Einsatz von Schlichtern mit verschiedenen Fähigkeiten.306 Demnach könnten Streitigkeiten in engen Beziehungen mit intrapersonellen Ursachen von Psychologen und Soziologen behandelt werden. Ebenso ließe sich die Effizienz durch den Einsatz von Sachverständigen steigern. Ideal wäre deshalb eine Schlichtungsstelle mit der Besetzung aus Fachleuten, psycho-sozialen Professionen und Juristen, die jeweils die ihren Fähigkeiten entsprechenden Konflikte bearbeiten würden. Die Vermittlung durch andere Professionen ist daher zu fördern.307 Das vorgesehene Nebeneinander von Juristen und juristischen Laien in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist positiv zu bewerten und wird die Präferenzen der Bürger zeigen. Im Ergebnis ist demnach für die Errichtung und Besetzung der Schlichtungsstelle folgende Regelung vorzuschlagen: § 4 Gütestelle und Schlichtungsperson I Bei jedem Amtsgericht wird für dessen Bezirk eine Gütestelle eingerichtet. II Bei der Gütestelle wird eine Liste über die Schlichtungspersonen geführt.308 Personen und Stellen können als Schlichter eingetragen werden, wenn ihre Ausbildung eine erfolgreiche Schlichtung erwarten lässt und sie diese Verfahrensordnung anerkennen.

V. Zuständigkeit der Gütestelle Bei der Zuständigkeit ist festzulegen, an welchem Ort die Beratung und die Verhandlungen stattfinden sollen und wer sie konkret zu leiten hat. Art. 5 BaySchlG. § 3 Abs. 2, 4 SchlG BW. 304 Die in den Ländern aufgestellten Voraussetzungen für andere Schlichtungsstellen, insbesondere der Haftpflichtversicherung, liegen bei der Anwaltschaft vor, sodass von ihrem Interesse das Angebot und Wahlrecht zwischen Laienschlichtern und Juristen abhängt. 305 Bei den ärztlichen Schlichtungsstellen in Deutschland wird zur Vermeidung von kosten- und zeitintensiven Zivilprozessen eine Kommission aus Ärzten und Juristen tätig, die somit Rechts- und Sachkunde verbindet, Gottwald, WM 1998, 1257 (1262); Kohnle, DRiZ 1989, 140; Henschel, S. 77 ff. 306 Ebenso das Modell des Deutschen Richterbundes, DRiZ 1998, 226 (227). 307 Von den nicht erforderlichen hohen Pflichtversicherungen sollte daher beispielsweise abgesehen werden. 308 Ob die Gütestelle oder eine andere Behörde über die Anerkennung als Schlichtungsperson entscheidet, kann hier offen bleiben. 302 303

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1. Örtliche Zuständigkeit In jedem Fall muss eine gesetzliche Zuständigkeitsregelung wegen des Vorranges der privatautonomen Konfliktbeilegung hinter eine Einigung der Parteien auf eine anerkannte Vermittlungsperson zurücktreten.309 Örtlich zuständig kann entweder die Gütestelle im Amtsgerichtsbezirk des Antragstellers oder des Antragsgegners sein. Diese Entscheidung beeinflusst die prozessualen Lasten und Kosten für die Beteiligten. Bei einer gesetzlichen Regelung sind deshalb nicht nur Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, sondern auch Gerechtigkeitserwägungen einzubeziehen. Der zukünftige Kläger bestimmt, ob, wann und was er beansprucht. Er kann dem Anspruchsgegner den Konflikt nach seinem Willen aufdrängen. Die Verteidigung des Anspruchsgegners soll zum Ausgleich nicht erschwert werden, weshalb grundsätzlich der Konflikt an seinem Gerichtsstand, also in seiner Nähe ausgetragen werden soll.310 Die anderen Gerichtsstände gelten in besonderen Situationen und sind durch diese gerechtfertigt. Nach § 35 ZPO kann der Kläger zwischen mehreren zuständigen Gerichten wählen. Allerdings sind die Gerichtsstandsregelungen der ZPO für Rechtsunkundige besonders schwer zu verstehen, weshalb deren Übernahme nicht zu empfehlen ist. a) Gütestelle des Antragstellers In Folge des Wahlrechts besteht die bereits aufgezeigte Gefahr, dass ein Beratungs- oder Schlichtungsverfahren durch das Mahnverfahren umgangen wird. Für das Mahnverfahren ist nach § 689 Abs. 2 ZPO grundsätzlich das Amtsgericht am Gerichtsstand des Antragstellers zuständig und damit der Aufwand für ihn gering. Um diese Gefahr zu verringern, darf der erforderliche Aufwand für den potenziellen Kläger nicht höher als beim Mahnverfahren sein. Zweckmäßigkeitserwägungen sprechen daher für die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle am Gerichtsstand des potenziellen Klägers. Auf dieser Begründung beruht auch § 2 Abs. 2 SchlG BW, wonach die Gütestelle am Gerichtsstand des Antragstellers zuständig ist.311 b) Gütestelle des Antragsgegners Der Antragsteller überzieht den Antragsgegner mit dem Verfahren und bestimmt bereits den Zeitpunkt und Gegenstand des Antrags. Als Ausgleich ist beim Gerichtsverfahren grundsätzlich der Schuldner an seinem Wohnsitz zu verklagen nach §§ 12, 13 ZPO. Auf Grund dieses Vergleichs spricht eine ausgeglichene Lastenverteilung für die Schlichtungsstelle im Bereich des Antragsgegners. Dieser Gedanke 309 310 311

Ebenso das Modell des Deutschen Richterbundes, DRiZ 1998, 226 (227). BGHZ 88, 331 (335); 115, 90 (92). BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 25.

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spiegelt sich auch in § 14 Abs. 1 SchAG NRW i. V. m. § 1 Abs. 2, 12 Abs. 1 S. 2 GüSchlG NRW, Art. 6 BaySchlG und § 14 SchO Schl-H, § 7 S. 2 LSchliG Schl-H wider, wonach das Auswahlrecht des Antragstellers sich auf bestehende Schlichtungsstellen im Bezirk des Antragsgegners beschränkt. Ebenso sind nach § 15 Abs. 1 BbgSchG, § 4 HessSchlG, § 34b Abs. 1 S. 2 SchStG LSA und § 14 SSchO die Gütestellen im Bereich des Antragsgegners zuständig. c) Entscheidung Dem Argument einer ausgeglichenen Lastenverteilung könnte jedoch ein Vergleich mit dem Mahnverfahren entgegenstehen. Zuständig ist bei diesem das Gericht des Antragstellers. Die Ausnahme für das Mahnverfahren beruht jedoch auf seinen Besonderheiten. Bei dem Mahnverfahren wird erstens nicht verhandelt, sodass für den Schuldner keine Belastungen entstehen. Die Verteidigungslast ist demzufolge gering. Zweitens rechtfertigt die Privilegierung des Antragstellers die Vermutung, dass der Anspruch unstreitig ist und die Ursache für das Verfahren in der mangelnden Zahlungsmoral oder Zahlungsfähigkeit des Schuldners liegt. Davon kann bei den typischen Konflikten der Schlichtungsverfahren grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Die Zuständigkeit der Gütestelle des Antragstellers ist daher nicht durch einen Vergleich mit der Zuständigkeitsregelung für das Mahnverfahren zu begründen. Andererseits beruht der Gerichtsstand am Ort des Schuldners auf dem Zwang zur Verteidigung, die nicht zusätzlich erschwert werden soll. Zwar kann das Nichterscheinen sanktionsbewährt sein, jedoch führt es nicht zu Nachteilen bezüglich des geltend gemachten Anspruchs. Es wird daher kein dem Gerichtsverfahren vergleichbarer Zwang zur Verteidigung erzeugt. Außerdem sind durch den eingeschränkten räumlichen Anwendungsbereich des Gesetzes die Lasten für den potenziellen Beklagten gering. Das Ziel einer gerechten Lastenverteilung begründet daher nicht die Zuständigkeit der Gütestelle am Wohnsitz des Antragsgegners.312 Ausschlaggebend ist daher, dass eine Umgehung des Schlichtungsverfahrens durch das Mahnverfahren verhindert werden soll. Es empfiehlt sich daher die Zuständigkeit der Gütestelle im Amtsgerichtsbezirk des Antragsstellers, wie es auch in Baden-Württemberg geregelt wurde. 2. Personelle Zuständigkeit Soweit Sachverständige, Psychologen und Soziologen als Mediatoren tätig werden, sollten die Konflikte jedoch zu ihrer Qualifikation passen. Die Entscheidung 312 Wegen einer gerechten Lastenverteilung sogar für die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle im Bezirk des Antragstellers, Dembinsky, BRAK-Mitt 1998, 66 (67 f.).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

könnte entweder durch eine zentrale Stelle geschehen oder den Parteien überlassen werden, sodass sie ihre Schlichtungsperson nach der gewünschten Qualifikation auswählen. Problematisch ist dabei, dass für eine außergerichtliche Streitbehandlung grundsätzlich nur ein Termin vorgesehen werden soll, um den Aufwand zu begrenzen. a) Auswahl durch die Parteien Die eigenständige Auswahl des Schlichters verstärkt die Privatautonomie der Parteien. Die Parteien werden grundsätzlich zu dem selbst gewählten Dritten von Anfang an Vertrauen haben und dessen Sachkenntnis schätzen, wodurch die Befriedigung durch das Verfahren gestärkt wird. Allerdings kann durch die Auswahl des Vermittlers bereits versucht werden, die eigene Machtposition zu stärken oder die Rechtsverwirklichung zu verhindern. Dies gilt vor allem, wenn der Schlichter einseitig durch eine Partei bestimmt wird. Zu diesem wird aber auch kaum das nötige Vertrauen entstehen.313 Allerdings ist zweifelhaft, ob die Parteien in der Konfliktsituation zu einer sachgerechten Beurteilung des Konfliktes und einer Einigung auf eine Schlichtungsperson fähig sind. Ohne Grundkenntnisse über Konflikte kann eine zweckmäßige Auswahl des Schlichters zwischen Juristen, Sachverständigen und den psycho-sozialen Professionen nicht vorausgesetzt werden. Zugleich wird an der Neutralität jedes vorgeschlagenen Schlichters gezweifelt. Die Verhandlungen werden deshalb möglicherweise durch die Nichteinigung auf einen Schlichter erschwert. Grundsätzlich muss daher ein Verfahren festgelegt sein, das den Einfluss beider Parteien sichert. Ein Ablehnungsrecht jeder Partei gegenüber der vorgeschlagenen Schlichtungsperson sichert zwar die Beteiligung, jedoch ist damit die Gefahr der Nichteinigung und Zeitverzögerung verbunden. Eine Möglichkeit eines gerechten Auswahlverfahrens wäre, dass jeder Beteiligte von der Schlichtungsliste weniger als die Hälfte der Schlichter streichen darf und die restlichen mit Platznummern bewerten muss.314 Die Platznummern werden dann addiert. Die Person mit der höchsten Punktzahl ist dann als Schlichter ausgewählt.

313 Soweit keine einvernehmliche Anrufung erfolgt, kann der Antragsteller einen der örtlich zuständigen Schlichter auswählen nach Art. 6 BaySchlG, § 13 GüSchlG NRW, § 34b Abs. 2 S. 3 SchStG LSA und § 7 S. 2 LSchliG-Schl-H. Die Gesetze von Hessen, Brandenburg und dem Saarland enthalten insoweit gar keine Regelung, setzen dies aber wohl voraus. In Baden-Württemberg ist zwar auch keine Regelung getroffen worden. Dort wird das Verfahren aber zugewiesen, sodass sich daraus keine Probleme ergeben. 314 Die Streichung von weniger als der Hälfte der Schlichter sichert, dass nicht alle Schlichter gestrichen werden können.

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b) Hoheitliche Bestimmung der Schlichtungsperson Ein solch kompliziertes Auswahlverfahren kann durch die Bestimmung des Schlichters von einer anderen Person vermieden werden. Allerdings bereitet einem Dritten die zweckmäßige Zuordnung Schwierigkeiten. Um einen weiteren Termin zu vermeiden, kommt nur eine Verweisung auf Grund von Informationen aus dem Antrag in Betracht. Zweifelhaft ist, ob diese zu einer sachgerechten Einschätzung des Konfliktes ausreichen. Trotzdem könnte in eindeutigen Fällen eine Verweisung an Sachverständige oder auch an Soziologen und Psychologen erfolgen. In den Ländern ist keine Zuweisung der Konflikte vorgesehen, sondern nur teilweise die Auswahl durch den Antragsteller bei mehreren zuständigen Schlichtern. In BadenWürttemberg werden die Konflikte zentral von der bei Gericht eingerichteten Gütestelle an die Schlichtungspersonen verwiesen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 SchlG BW. Hier besteht die Möglichkeit der gezielten Zuweisung der Konflikte an bestimmte Professionen.315 Da jedoch in Baden-Württemberg grundsätzlich nur Anwälte als Vermittler vorgesehen sind,316 können lediglich die Spezialgebiete der Anwälte berücksichtigt werden. c) Entscheidung Auf Grund des Zieles, eine eigenverantwortliche Konfliktlösung zu fördern, ist die eigenständige Bestimmung der Schlichtungsperson vorrangig. Es stellt sich jedoch die Frage, wie weit die Privatautonomie zu fördern ist, wenn sich die Parteien nicht selbständig auf eine Person einigen können. Die freie Bestimmung durch die Gütestelle fördert die Effektivität. Verzögerungstaktiken beim Ausfüllen der Liste könnte durch die Nichtberücksichtigung verspätet bearbeiteter Listen begegnet werden. Trotzdem werden die Schlichtungsverhandlungen durch einen solchen Auswahlmechanismus hinausgeschoben. Für ein Verfahren dieser Art spricht jedoch die frühzeitige und umfangreiche Beteiligung. Allerdings muss die endgültige Zuweisung durch die Gütestelle zur Überwachung des Verfahrens erfolgen. Der Aufwand für die Gütestelle ist bei dem Auswahlverfahren höher als bei der freien Bestimmung. Aus Effektivitätserwägungen soll daher die Zuteilung durch die Gütestelle vorgezogen werden, wenn nicht bereits eine Einigung auf eine Schlichtungsperson vorliegt. Für die personelle Zuweisung empfiehlt sich daher eine Regelung ähnlich § 6 Abs. 2 S. 1, 2 SchlG BW. Die Parteien können sowohl die örtliche als auch die personelle Zuständigkeit vereinbaren. Soweit keine Einigung erfolgt, ist die Schlichtungsstelle im Amtsgerichtsbezirk des Antragstellers 315 An dieser Stelle wäre auch eine individuelle Entscheidungsmöglichkeit über die Eignung des Konfliktes zur konsensualen Lösung möglich. 316 Weitere Personen werden nur als Schlichtungspersonen nach § 3 Abs. 4 SchlG BW anerkannt, wenn sich nicht genügend Anwälte zur Verfügung stellen. Eine sachbezogene Zuweisung zu Schlichtungsstellen ist nicht vorgesehen nach § 1 Abs. 4 SchlG BW i. V. m. § 22 AGGVG BW.

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zuständig. Ein Verfahren zur Einflussnahme der Parteien auf die Auswahl der Schlichtungsperson erfordert erheblichen Aufwand und führt zu weiteren Verzögerungen. Aus diesem Grund wird die Vermittlungsperson von der Gütestelle bestimmt, wenn keine Einigung vorliegt. Damit ist die folgende Regelung aussichtsreich: § 5 Zuständigkeit I Örtlich zuständig ist die Schlichtungsstelle, auf die sich beide Parteien schriftlich geeinigt haben. Im Übrigen ist die Gütestelle zuständig, in deren Amtsgerichtsbezirk die antragstellende Partei ihren Wohnsitz, Sitz oder ihre Niederlassung hat. II Die zuständige Schlichtungsperson wird durch die Gütestelle unverzüglich ausgewählt. Wenn eine, von beiden Parteien unterzeichnete, schriftliche Einigung über einen Vermittler aus der Schlichtungspersonenliste mit dem Antrag vorgelegt wird, bestimmt die Gütestelle diese Person. Im Übrigen ist die Entscheidung über die Schlichtungsperson nach der Beziehung der Beteiligten und dem Konflikt zu treffen, wobei eine gleichmäßige Belastung der Schlichtungspersonen zu verfolgen ist. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

VI. Verfahrenseinleitung Die Verfahrenseinleitung stellt die erste Hürde dar, die von den Rechtsuchenden zu bewältigen ist. Im Interesse eines leichten Zuganges muss diese einfach gestaltet werden. Zur Dokumentation sowie um Fehler und Missbrauch zu vermeiden, sollte der Antrag schriftlich oder zur Niederschrift der eingerichteten Gütestelle erfolgen. Die zweckmäßige Auswahl des Schlichters durch die Gütestelle erfordert Informationen über den Konflikt. Im Hinblick auf die Ausgestaltung als Klagevoraussetzung müssen außerdem der Streitgegner und der Streitgegenstand erkennbar sein. Diese Gesichtspunkte bestimmen den inhaltlichen Umfang des Antrags. Art. 7, 9 BaySchlG, § 20 SchAG NRW, § 5 SchlG BW, § 21 BbgGüteStG, § 21 HSchAG, § 19 SSchO, §§ 34d Abs. 1 S. 2, 22 SchStG LSA und § 7 S. 1 LSchliG Schl-H, § 19 Abs. 1 SchO Schl-H entsprechen diesen Anforderungen. Zur Erleichterung der Antragstellung könnte den Bürgern ein Formular angeboten werden. Damit die Schlichtungsperson beide Parteien zu der Beratung laden kann, sind die Anträge an diese mit ihrer Bestimmung zu übersenden. Eine Regelung zur Antragstellung könnte daher folgenden Wortlaut haben. § 6 Antragstellung I Die Beratung wird auf Antrag einer Partei eingeleitet. Der Antrag ist bei der Gütestelle in dreifacher Ausfertigung schriftlich oder mündlich zu Protokoll zu stellen. Zwei Exemplare des Antrags übermittelt die Gütestelle mit der Bestimmung zum Schlichter an die ausgewählte Schlichtungsperson. II Der Antrag muss den Namen, die ladungsfähige Anschrift der Parteien, das Begehren und eine kurze Darstellung des Konfliktes enthalten und von der antragstellenden Partei oder ihren Bevollmächtigten unterschrieben sein.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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VII. Vorbereitung und Ablehnung der Schlichtung durch den Schlichter 1. Verhandlungsvorbereitung Die Verhandlungsvorbereitung ist zwar für das Verfahren nur von untergeordneter Bedeutung, jedoch trägt sie zur Steigerung der Effizienz bei. Ungeeignete Konflikte können dadurch bereits im Vorfeld zügig abgelehnt werden. Außerdem ist für die schnelle und effiziente Beilegung des konkreten Konfliktes die Vorbereitung des Mediators aus Kostengründen immer vorteilhaft. Teilweise werden in Schlichtungsverfahren sogar Vorgespräche geführt, in denen der Mediator die Parteien anregt, ihre eigenen Interessen und Befriedigungsmöglichkeiten zu erkunden.317 Eine entsprechende Vorbereitung zur Konzentration des Verfahrens ist deshalb bei großem Zeitdruck geboten, insbesondere bei Beteiligung wichtiger Entscheidungsträger. Soweit die Parteien sich von dem Mediationsverfahren neben der Streitbeilegung eine Fortsetzung ihrer Beziehung auf Grund von gegenseitigem Respekt oder sogar die Versöhnung im emotionalen Sinn erhoffen, muss der Mediator die Hintergründe und die Beziehung in die Lösung des bestehenden Konfliktes einbeziehen. Es kostet bereits viel Zeit, tiefer liegende und intrapersonelle Konfliktursachen aufzudecken.318 Eine Therapie kann Mediation aber keinesfalls ersetzen. Allerdings sollten bei diesem Wunsch der Parteien die beziehungsimmanenten Konfliktlösungsmechanismen gestärkt werden. Soweit deshalb die Beteiligten nicht bereits zu Beginn mehrere Sitzungen vereinbart haben, sind Vorgespräche oder ausführliche schriftliche Stellungnahmen zur Vorbereitung der Mediation erforderlich. Mit dem Umfang des Antrags wird jedoch der Zugang zum Mediationsverfahren erschwert. Auf die Rechtsverwirklichung wiederum hat die bessere Vorbereitung positive Wirkung, da die Prognose sicherer sein wird und das rechtliche Umfeld besser ausgenutzt werden kann. Ein klares Argument für oder gegen die Vorbereitung des Mediators ergibt sich daher nicht aus dem Gesichtspunkt der erleichterten Rechtsdurchsetzung, zumal diese kein primäres Ziel des Gesetzgebers ist. Soweit die individuelle und autonome Konfliktlösung der Parteien im Vordergrund steht, sollen die Parteien die Herren des Verfahrens sein und die Verhandlungen in Abstimmung mit ihnen strukturiert werden. Die Vorbereitung hat deshalb nur geringe Bedeutung. Die Verankerung des Schlichtungsgedankens und die Stärkung des Gemeinschaftssinns erfordern auch keine Vorbereitung des Schlichters, da für sie der Weg der Konfliktlösung maßgeblich ist. Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (66). Dabei besteht auch die Gefahr, dass die Parteien von ihren Gefühlen überwältigt werden und dadurch die Fortsetzung unmöglich wird, Breidenbach, S. 87. Die Einbeziehung der Konfliktursachen kann daher auch kontraproduktiv sein. Die Vor- und Nachteile für die Lösung des konkreten Konfliktes sind deshalb von dem Mediator im Einzelfall abzuwägen. 317 318

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Resümee Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber verfolgte Effektivitätssteigerung ist die sachliche Vorbereitung des Mediators zweckmäßig. Um den Bedenken in Bezug auf einen Neutralitäts- und Vertrauensverlust auf Grund der Vorbefassung Rechnung zu tragen,319 sollte der Willen der Parteien berücksichtigt werden. Eine Übereinkunft verursacht in der Praxis jedoch zu hohen Aufwand. Daher sollte der Antragsteller das Wahlrecht haben. Er könnte in dem Antrag die Vorbefassung ausschließen. 2. Ablehnungsgründe Bei einzelnen Streitigkeiten kann trotz der abstrakten Eignung zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung der Rechtsweg geboten sein,320 insbesondere wegen des Risikos der Normerosion oder aus Gründen der Rechtsfortbildung. Ein veröffentlichtes Urteil trägt zur Rechtssicherheit bei. Die betroffenen Verkehrskreise passen ihr Verhalten der Rechtsprechung an. Durch diese externen Effekte eines Urteils kann dieses volkswirtschaftlich effektiver sein als die Vermittlung in vielen Fällen mit gleich gelagerten Konfliktursachen. Aus diesen Gründen soll nach Nr. 2 Abs. 2d) der Bankenombudsmannverfahrensordnung321 das Verfahren nicht stattfinden, wenn der Schlichtungsspruch die Entscheidung über eine in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschiedene Grundsatzfrage erfordert. Ebenso soll bei dem Schlichtungsverfahren auf Grund § 14 UKlaG322 die Schlichtung abgelehnt werden, wenn die Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage beeinträchtigt würde. Rechtskundige Schlichtungspersonen können bereits anhand der übersandten Unterlagen erkennen, ob der zu behandelnde Fall Rechtsfragen mit grundsätzlicher Bedeutung berührt. Sie sollten diese Konflikte mit der Begründung der Berührung von Rechtsfragen mit allgemeiner Bedeutung zurückweisen, um eine schnelle gerichtliche Austragung zu ermöglichen. Das Risiko einer mangelnden Rechtsfortbildung und darauf folgenden Normerosion würde dadurch vermindert. Diese Regelung könnte zur Effizienzsteigerung nach Vorbild des § 495a Nr. 6 ZPO von 1924 erweitert werden. Der Schlichter könnte nach seinem Ermessen die Durchführung des Verfahrens ablehnen, wenn die sofortige Klageerhebung durch einen dringenden Grund gerechtfertigt ist, keine Chance auf einen Konsens besteht oder eine Vermittlung unzweckmäßig erscheint.323 319 Vgl. dazu Schünemann in: Kerner / Kury / Sessar, S. 1109 (1145 ff.); ders. in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 215 (217 ff.). 320 So auch Jansen, S. 269. 321 Abgedruckt in: Schimanski / Bunte / Lwowski, § 3, S. 36 ff. 322 § 3 S. 2 SchlichtVerfVO. 323 Dies entspricht der Regelung des Art. 4 Abs. 2 BaySchlG, § 16 Abs. 3 HSchAG und § 18 SchO Schl-H. Die Ausschlussgründe des § 18 BbgSchG sind dagegen zu eng und un-

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Durch eine solche Regelung wird auch das Problem des unbekannten Aufenthaltes der anderen Partei gelöst.324 Bei der Klage erfolgt dann eine öffentliche Zustellung nach §§ 203 ff. ZPO. Dieser Weg ist für ein Schlichtungsverfahren zu umständlich, formell und langwierig. Im Hinblick auf den beschränkten örtlichen Anwendungsbereich und durch die hohen Anforderungen an die Ermittlungen der Partei325 sollte dieses Problem nicht überbewertet werden. Es wird in der Praxis kaum Bedeutung erlangen. Wenn der Antragsteller trotzdem keine Anschrift im Antrag angeben kann, ist die Schlichtung zur Konfliktbeilegung unzweckmäßig und daher abzulehnen. Es können außerdem Verfahren vermieden werden, die nur der Verzögerung der Rechtsdurchsetzung dienen sollen. Eine Ablehnung sollte ähnlich § 27a VIII UWG auch dann zugelassen werden, wenn der Antrag auf Einleitung des Güteverfahrens offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Eine solche Norm wäre ein Signal gegen den Missbrauch der außergerichtlichen Streitbehandlung. Allerdings besteht dadurch die Gefahr, dass die Anträge gerichtet auf die Ablehnung der außergerichtlichen Konfliktbehandlung formuliert und großzügig ablehnende Schlichtungspersonen ausgewählt werden. Dem wird aber bereits mit der Bestimmung der Schlichtungsperson durch die gerichtliche Gütestelle begegnet. Lediglich bei der einverständlichen Auswahl eines Schlichters, der oftmals die außergerichtliche Konfliktbehandlung ablehnt, besteht noch diese Möglichkeit. Allerdings haben die Schlichtungspersonen wegen ihrer Reputation und Vergütung ein Interesse an einer sachgerechten Durchführung des Verfahrens und werden sich kaum instrumentalisieren lassen. Diese Gedanken führen daher zu folgendem Normenvorschlag: § 7 Ablehnung der Schlichtung durch die Schlichtungsperson Soweit der Antragsteller die Vorbefassung im Antrag nicht ausschließt, bereitet die Schlichtungsperson das Verfahren nach eigenem Ermessen vor. Sie soll die Durchführung der außergerichtlichen Streitbehandlung ablehnen und einen Beratungsschein erteilen, wenn 1. die außergerichtliche Erledigung des Konfliktes die Klärung einer Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung beeinträchtigt, 2. die zeitliche Verzögerung die Verwirklichung des Anspruchs gefährdet oder 3. eine gütliche Streitbeilegung im Hinblick auf Art und Gegenstand des Konfliktes sowie der Beziehung der Beteiligten aussichtslos erscheint.

flexibel. Der entsprechende § 18 SchAG NRW wurde unverständlicherweise aufgehoben und §§ 17 Abs. 2, 18 SSchO sind gemäß § 37 Abs. 2 SAGJusG unanwendbar. In Sachsen-Anhalt besteht kein Ablehnungsrecht, sondern nur ein Verweisungerecht nach § 34d Abs. 3, 4 SchStG LSA. Damit sind jedoch erhebliche Verzögerungsrisiken verbunden, die durch das Zustimmungserfordernis nach Verfahrensbeginn nicht ausgeschlossen werden können, so jedoch LSA / Lt-Drucks. 3 / 3655, S. 31. 324 Auf dieses Problem hinweisend, Jaekel, AnwBl. 2001, 168. 325 Zu den Anforderungen, Stöber in: Zöller, § 203 Rdz. 2.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

VIII. Terminbestimmung und Ladung Die Schlichtungsperson hat die Beratung über die außergerichtliche Streitbehandlung zu organisieren. Der Zeitpunkt kann in Absprache mit den Parteien auch außerhalb der üblichen Zeiten festgelegt werden. Zur außergerichtlichen Konflikthilfe kommt vorrangig das Büro der Schlichtungsperson in Betracht. Bei der Sitzordnung sollten die bisher bewährten Modelle möglichst umgesetzt werden.326 In Ausnahmefällen bietet sich der Ort an, der mit dem Konflikt in einem besonderen Zusammenhang steht. Eine gesetzliche Regelung ist nicht erforderlich. Bei der Ladung ist einerseits zu berücksichtigen, dass das Verfahren günstig und wenig formal ausgestaltet werden soll, jedoch andererseits als Voraussetzung für die Klageerhebung rechtliche Relevanz hat und daher einen Nachweis erfordert. Teilweise suchen Schlichter die Beteiligten persönlich auf, um in ihrem gewohnten Umfeld Vertrauen herzustellen und sie von den Vorzügen einer gemeinsamen Beratung zu überzeugen.327 Diese Form verursacht jedoch erheblichen Aufwand. Eine fernmündliche Ladung scheidet aus, weil hierbei kein Nachweis der Ladung entsteht. Bei der einfachen schriftlichen Ladung fällt der Nachweis der Ladung ebenfalls schwer. Andererseits ist eine Ladung mit Zustellungsurkunde oder als Einschreiben mit Rückschein kostenintensiv.328 Eine Einwurf-Einschreibesendung stellt eine kostengünstigere Alternative dar.329 Daher scheint es sinnvoll, die Schlichtungsperson zwischen der persönlichen Aushändigung oder einer EinwurfEinschreibesendung wählen zu lassen. Fraglich ist, ob auch ein anwaltlicher Beistand von der Schlichtungsperson geladen werden muss. Nach § 172 ZPO sind Prozessbevollmächtigte in Gerichtsverfahren zu laden. Gemäß § 141 Abs. 2 S. 2 ZPO müssen bei der Pflicht zum persönlichen Erscheinen trotz anwaltlicher Vertretung die Parteien zusätzlich selbst geladen werden. Um den Aufwand zu minimieren, empfiehlt sich nur eine Ladung. Der § 141 ZPO lässt deutlich erkennen, dass die Zustellung der Ladung an die zur persönlichen Anwesenheit verpflichteten Parteien einen besonderen Stellenwert hat. Die Streitenden müssen auf die Pflicht zum persönlichen Erscheinen sowie die Folgen des Nichterscheinens hingewiesen werden. Soweit Güteverhandlungen aufgenommen werden, stehen ebenfalls die Streitenden im Vordergrund. Parteianwälte sind nicht erforderlich. Soweit Siehe 1.Teil B III 2. Gottwald, S. 194. Diese Möglichkeit besteht auch in Bundesländern mit der persönlichen Zustellung durch die Schlichtungspersonen. Gemäß § 17 Abs. 2 S. 3 HSchAG ist in Hessen nur gegenüber dem Antragsteller die Ladung gegen Empfangsbekenntnis möglich, wenn er diesen zu Protokoll der Schiedsperson stellt. 328 So dennoch in Nordrhein-Westfalen nach § 21 Abs. 3 SchAG NRW, Hessen nach § 17 Abs. 2 S. 1, 2 HSchAG, Brandenburg nach § 22 Abs. 3 BbgSchG, dem Saarland gemäß § 20 Abs. 3 S. 1 SSchO, in Sachsen-Anhalt nach §§ 34e Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 2 SchStG LSA und in Schleswig-Holstein § 20 Abs. 3 SchO Schl-H. In Bayern wird sie den Schlichtungspersonen auch vorgeschlagen, wobei jedoch von einer Regelung abgesehen wurde, BayLtDrucks. 14 / 2265, S. 17. 329 § 7 Abs. 2 S. 1 SchlG BW allerdings nur für die Zustellung an die Parteien selbst. 326 327

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sich die Beteiligten dennoch eines Beistandes bedienen wollen, sollten sie diesen daher selbst informieren.330 Zur Vorbereitung der Parteien genügt die Übersendung des Antrages. Demnach könnte eine gesetzliche Regelung wie folgt aussehen: § 8 Terminbestimmung / Ladung I Die Schlichtungsperson soll umgehend Ort und Zeit der außergerichtlichen Konfliktbehandlung bestimmen und die Parteien laden. II Die Ladung ist den Konfliktbeteiligten durch die Schlichtungsperson persönlich gegen Empfangsbekenntnis auszuhändigen oder persönlich mittels eingeschriebenen Briefs (Einwurf-Einschreibesendung) durch die Post zuzustellen. III Die Ladung muss Ort und Termin beinhalten. Die Ladung muss einen Hinweis auf die Pflicht zum persönlichen Erscheinen und die Folgen der Abwesenheit enthalten. IV Bei ausreichender Entschuldigung der Parteien bestimmt die Schlichtungsperson einen Ersatztermin.

IX. Persönliches Erscheinen Das persönliche Erscheinen der Parteien ist wichtig für eine vollständige Erörterung des Konfliktes und für die Ermittlung der wahren Interessenlage der Parteien unabdingbar.331 Durch die persönliche Anwesenheit der Parteien sind auch einige typische Verhandlungstaktiken ausgeschlossen.332 Darüber hinaus setzt die Berücksichtigung von Beziehungsaspekten und die Vermittlung von Konfliktbewältigungsstrategien zur dauerhaften Festigung der Beziehung ebenfalls die persönliche Anwesenheit der Konfliktbeteiligten voraus. Die Anwesenheit der Parteien ist damit eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der außergerichtlichen Streitbehandlung.333 1. Vertretung Die Zulässigkeit der Vertretung beschränkt daher § 21 SSchO auf die notwendigen Fälle. Die Zielsetzung lässt jedoch auch Ausnahmen von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entsprechend § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zu, wenn ein Vertreter der Partei mit der Sachlage ebenso vertraut ist und uneingeschränkte Vertretungsmacht hat. Insoweit enthalten Gesetze der Länder auch Regelungen in Art. 11 330 Nach § 22 Abs. 3 BbgSchG, § 20 Abs. 3 SSchO, § 23 Abs. 3 SchStG-LSA, § 20 Abs. 3 SchO Schl-H wird an die Parteien zugestellt. Nach § 21 Abs. 3 SchAG NRW, § 7 Abs. 2 SchlG BW und § 17 Abs. 3 HSchAG wird hingegen dem Rechtsanwalt zugestellt, dessen Pflicht dann die Information seines Mandanten ist, vgl. BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 29. Für eine Zustellung auch an den Anwalt analog § 172 ZPO, Kempe, AnwBl. 2003, 393 (395 f.). 331 Egli, S. 99; Schwarzmann / Walz, S. 116. 332 Hager, S. 116; Egli, S. 99. 333 Nelle / Hacke, ZKM 2001, 56 (60).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

BaySchlG, § 22 SchAG NRW, § 8 SchlG BW, § 23 Abs. 1 i. V. m. § 25 BbgSchG, §§ 18 i. V. m. § 20 HSchAG und § 34e Abs. 2 SchStG LSA.334 Zur einfachen Nachprüfung muss die Ermächtigung schriftlich erteilt sein.335 Bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung können auch weitere Gegenstände einbezogen werden, sodass diese Voraussetzungen nur selten vorliegen.336 Die Ausnahmen sollen auch keine Flucht aus dem Schlichtungsverfahren ermöglichen. Daher ist die Befreiung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen durch die vorherige Zustimmung der Schlichtungsperson als seltene Ausnahme zu verstehen.337 2. Durchsetzung der Pflicht zum persönlichen Erscheinen Die Durchsetzung der Pflicht zum persönlichen Erscheinen kann mit sehr unterschiedlichen Mitteln verfolgt werden. a) Gegenüber dem Antragsteller Für den Anspruchsteller ist der Anreiz ausreichend, dass er den Beratungsschein als Voraussetzung für die Klage nur erhält, wenn er persönlich an der außergerichtlichen Konfliktbehandlung teilgenommen hat. Wenn er nicht zum Schlichtungstermin erscheint, ist zu vermuten, dass er von der Durchsetzung seiner Interessen absieht oder sich mit der anderen Partei geeinigt hat. Der Antrag gilt dann als zurückgenommen. Dies führt dazu, dass er die entstandenen Kosten des Verfahrens trägt. b) Gegenüber dem Antragsgegner Größere Probleme bereitet es, den Antragsgegner zur außergerichtlichen Konfliktbehandlung zu motivieren. Wenn dieser eine gerichtliche Auseinandersetzung bevorzugt, stellt die unverzügliche Erteilung der Bescheinigung für ihn keinen Anreiz dar, an der Konfliktberatung teilzunehmen.338 Denkbar wäre die Erteilung eines Titels ähnlich dem des Mahnbescheids, doch sieht § 15a EGZPO eine solche Regelung nicht vor. Statt dessen können die Länder In Schleswig-Holstein ist keine Ausnahmeregelung vorgesehen. So bereits nach Art. 11 Abs. 2 BaySchlG und § 22 Abs. 3 SchAG NRW. 336 Zu Recht auch die Kenntnis der Interessenlage fordernd, Schwarzmann / Walz, S. 116. 337 In Betracht kommt die Vertretung durch den Ehepartner oder Lebensgefährten, der den Konflikt und die Vorstellungen der Partei einschätzen kann. 338 Gemäß Art. 11 Abs. 4 S. 3 BaySchlG erhält der Antragsteller bei Fehlen der anderen Partei erst 14 Tage nach dem Termin eine Bescheinigung. Diese Regelung ist besonders bedenklich, da somit die Klageerhebung noch zusätzlich verzögert wird. Auf der Verletzung dieser Wartepflicht sollte jedenfalls keine Klageabweisung beruhen, so jedoch AG Nürnberg, NJW 2001, 3489. 334 335

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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nach § 15a Abs. 5 EGZPO regeln, dass gegen eine nicht erschienene Partei ein Ordnungsgeld festgesetzt wird. Davon wurde in § 18 Abs. 4 HSchAG, §§ 34a Abs. 4, 24 Abs. 2 – 7, 25 SchStG LSA und § 23 Abs. 3 SchO Schl-H Gebrauch gemacht. Die Sanktion der Anwesenheitspflichtverletzung ist die konsequente Fortführung der obligatorischen Ausgestaltung. Eine Ordnungsgeldsanktion kann nicht mit Hinweis abgelehnt werden, dass diese dem Prinzip der Freiwilligkeit von Schlichtungsverhandlungen widerspreche,339 da zwischen dem Zwang zur Teilnahme und dem zu einer Einigung zu unterscheiden ist.340 Gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes könnte die erforderliche Übernahme der Rechtsmittelmöglichkeiten entsprechend § 380 Abs. 3 ZPO sprechen. Dies würde die Einfachheit und Informalität des Verfahrens erheblich beeinträchtigen und einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeuten341 sowie einen Anreiz für die Umgehung des Schlichtungsverfahrens schaffen.342 Diese Bedenken sind jedoch bei genauer Betrachtung grundlos. Die Anfechtung des Ordnungsgeldes richtet sich nach den §§ 380 Abs. 3, 567 ff. ZPO. Nach § 567 Abs. 2 S. 2 ZPO ist die sofortige Beschwerde aber nur zulässig, wenn die Beschwerde 50 A übersteigt. Folglich besteht auch nach der Regelung der ZPO bei Ordnungsgeldern bis 50 A kein Rechtsmittel, sodass die Statuierung eines Ordnungsgeldes bis 50 A unter Ausschluss von Rechtsmitteln in Betracht kommt. Diese Grenze entspricht auch in etwa den Verfahrenskosten, die vom Antragsteller zu tragen sind, falls dieser nicht erscheint, sodass dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird. Ein Ordnungsgeld erscheint aber unbillig, wenn die Einleitung des Güteversuchs rechtsmissbräuchlich und willkürlich ist. Dem Antragsgegner die Pflicht aufzuerlegen, dennoch an diesem teilzunehmen, widerspricht dem Gedanken des § 331 Abs. 2 2. Alt ZPO. Allerdings steht auch hinter einem rechtsmissbräuchlichen Verlangen regelmäßig ein sozialer Konflikt. Mit dem Ziel soziale Konflikte zu lösen, wäre ein Ordnungsgeld in diesen Fällen deshalb dennoch zu begründen. Der Gesetzgeber verfolgt jedoch vorrangig die schnelle und effektive Konfliktlösung. Insoweit erscheint eine solche Befreiungsklausel zweckmäßig, da die Entscheidung der Schlichtungsperson bereits dem Antragsteller signalisiert, dass die Rechtsordnung seine Position nicht unterstützt. Die Schlichtungsperson muss dann allerdings eine Entscheidung treffen. Dies entspricht nicht der Rolle als Verhandlungshelfer ohne Entscheidungsmacht. In diesem Fall war und wird die Schlichtungsperson aber nicht mehr vermittelnd tätig, sodass Rollenkonflikte und Bedenken wegen der Neutralität ausscheiden. Wegen der Beschränkung auf willkürliche Fälle ist der Aufwand gering. Die Abwesenheit des Antragsgegners könnte aber auch durch eine Kostenregelung sanktioniert werden. In Betracht kommt auch eine Belastung mit den Verfah339 340 341 342

So aber Wagner, JZ 1998, 836 (845). Ebenso Jansen, S. 289. Goll, ZRP 1998, 314 (316). Prütting in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (25).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

renskosten unabhängig vom Obsiegen im späteren Verfahren.343 Diese Idee widerspricht jedoch dem Prinzip des gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.344 Zu den Kosten des Rechtsstreites gehören nach § 15a Abs. 4 EGZPO auch die Kosten der Gütestelle. Eine andere Sichtweise lässt sich auch nicht auf Grund der §§ 95, 344 ZPO rechtfertigen, da diese das Anfallen zusätzlicher Kosten voraussetzen.345 Letztlich wäre eine solche Regelung eine Angelegenheit des Bundes, da den Ländern auch durch § 15a EGZPO insoweit nicht die Gesetzgebungskompetenz überlassen wird. In § 17 Abs. 2, 3 SchlG BW, § 38 Abs. 2 Nr. 1 HSchAG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 BbgSchG, § 38 Abs. 2 Nr. 1 SSchO ist deshalb keine endgültige Kostenübernahme durch den Anspruchsgegner vorgesehen. Dieser wird lediglich zum vorrangigen Kostenschuldner erklärt. Diese Regelung wird aber einerseits ihre Wirkung verfehlen und belastet andererseits den Antragsgegner über Gebühr. In der Regel ist ein Kostenvorschuss gezahlt, sodass den Antragsgegner die Kostenschuldnerschaft nicht mehr interessiert. Im Fall eines anschließenden Gerichtsverfahrens bleibt es jedenfalls bei den Regelungen der §§ 91 ff. ZPO. Ein von seiner Rechtsauffassung überzeugter Antragsgegner wäre zur Teilnahme nicht motiviert, da er an die Kostenerstattung in einem nachfolgenden Prozess glaubt. Gleiches gilt für Kostenhilfeberechtigte, wenn und soweit Kostenhilfe für das außergerichtliche Verfahren gewährt wird. Demgegenüber erscheint es bedenklich, dass die Kostenschuldnerschaft den Antragsgegner auch trifft, wenn die Inanspruchnahme willkürlich ist und der Antragssteller deshalb auch kein Gerichtsverfahren anstrengt. Der Antragsgegner müsste dann gegebenenfalls die Kosten selbst einklagen und das Insolvenzrisiko des Antragstellers tragen.346 Um dies zu vermeiden, müsste die Schlichtungsperson bei Abwesenheit des Antragsgegners den Kostenschuldner bestimmen. Falls die Darstellung des Antragstellers eine willkürliche Inanspruchnahme erkennen lässt, bleibt es bei dessen Kostenschuldnerschaft. Die Belastung mit der Kostenschuldnerschaft hat den Vorteil, dass der Staat die Sanktion nicht unmittelbar durchsetzen muss. Sollte der kostenpflichtige Antragsgegner nicht freiwillig zahlen, bedarf der Antragsteller aber allein schon deshalb der Justiz. Festzustellen bleibt damit, dass die Möglichkeiten den Antragsgegner zur Beteiligung zu motivieren begrenzt und alle mit erheblichen Nachteilen behaftet sind. Ausschlaggebend für das Ordnungsgeld als Sanktionsmittel ist die Möglichkeit, diese auch gegen Prozesskostenhilfeberechtigte durchzusetzen.

Seetzen, DRiZ 1980, 177 (179). Nach § 344 ZPO wird dem Säumigen nicht die Kostenlast übertragen, sondern ihm werden nur die zusätzlichen Kosten der Säumnis auferlegt. 345 So Jansen, S. 287 ff. 346 In Nordrhein-Westfalen wurde diese Regelung deshalb ersatzlos gestrichen, Art. 2 Nr. 18 a AG § 15a EGZPO NRW. In Bayern wird das Nichterscheinen des Antragsgegners ebenfalls nicht sanktioniert. 343 344

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3. Entschuldigung Eine Belastung der Beteiligten ist nicht geboten, wenn das Ausbleiben entschuldigt wird. Es ist daher eine Regelung entsprechend § 381 ZPO aufzunehmen.347 Zur Beschleunigung des Verfahrens und der Vermeidung nutzlosen Aufwandes sind die Gründe der Verhinderung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) mitzuteilen und glaubhaft zu machen. Dies berücksichtigte der Gesetzgeber bei der Neufassung auch in § 381 Abs. 1 S. 2 ZPO. Die Schlichtungsperson entscheidet abschließend, ob die Entschuldigung ausreichend war.348 Um die Schlichter bei dieser Entscheidung zu unterstützen, sollten Regelbeispiele aufgeführt werden. Diese Gedanken könnten wie folgt als Gesetz formuliert werden: § 9 Persönliches Erscheinen I Die Parteien haben die Pflicht, am Termin zur Konfliktberatung persönlich zu erscheinen. Die Entsendung eines Vertreters genügt, wenn er zur Aufklärung des Konfliktes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen unbedingt schriftlich ermächtigt ist. Darüber entscheidet die Schlichtungsperson. II Die Parteien können ihr Ausbleiben mit Krankheit, dringender beruflicher Verhinderung, unvermeidbarer Ortsabwesenheit oder sonstigen wichtigen Gründen entschuldigen. Für die Entscheidung der Schlichtungsperson sind die Entschuldigungsgründe unverzüglich nach Kenntniserlangung der Schlichtungsperson mitzuteilen und glaubhaft zu machen. Über die ausreichende Entschuldigung entscheidet unanfechtbar die Schlichtungsperson. III Erscheint die anspruchstellende Partei zum Termin unentschuldigt nicht, wird ein Beratungsschein nicht erteilt. Der Antrag gilt als zurückgenommen. IV Erscheint der Anspruchsgegner zum Beratungstermin unentschuldigt nicht, wird der Beratungsschein erteilt. Die Schlichtungsperson kann ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 50 A verhängen. Die Entscheidung der Schlichtungsperson ist unanfechtbar.

X. Beteiligung Dritter Ein Anspruch richtet sich zwar meist gegen nur eine Person, jedoch können an Konflikten auch andere Personen ein Interesse haben oder beteiligt sein. Die Zweckmäßigkeit der Einbeziehung Dritter in die Streitbeilegung wurde bereits bei der Schaffung der ZPO gesehen. Mit den §§ 59 ff. und §§ 64 ff. ZPO wird diesem 347 Ähnliche Regelungen sind Art. 11 Abs. 2 BaySchlG, § 21 Abs. 4 SchAG NRW, § 8 SchlG BW, § 22 Abs. 4 BbgSchG, § 17 Abs. 5 HSchAG, § 20 Abs. 4 SSchO, §§ 34e Abs. 1 S. 2, 23 Abs. 4 SchStG LSA, § 22, 23 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H. 348 Eine Regelung zu der Entscheidung über die Entschuldigung fehlt in den Ländergesetzen, soweit keine Ordnungsgelder verhängt werden. Zu den aufwändigen Verfahren bei Ordnungsgeldern §§ 34e Abs. 4, 24 Abs. 2, 25 SchStG LSA, § 18 Abs. 5 – 10 HSchAG, § 23 Abs. 3, 5 – 7 SchO Schl-H.

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Bedürfnis Rechnung getragen. Bei der außergerichtlichen Streitbeilegung besteht dieses Bedürfnis ebenso. Im Fall der Streitgenossenschaft nach §§ 59 ff. ZPO werden mehrere Personen auf Grund ihrer Prozesspläne gemeinsam das Beratungsverfahren beantragen, wodurch grundsätzlich keine Probleme entstehen.349 Bei der Streitbeteiligung nach den §§ 64 ff. ZPO ist aber ein Versuch der konsensualen Streitbeilegung im Vorfeld praktisch kaum umzusetzen, da die anderen Betroffenen regelmäßig erst während der Verhandlungen bekannt werden. Um Verzögerungen und zusätzlichen Aufwand zu vermeiden, sollte ihre Beteiligung an einem Güteversuch deshalb nicht zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhoben werden.350 Gleichwohl wäre eine frühzeitige Beteiligung aller Betroffenen wünschenswert. In die Entwicklung des Konfliktes werden häufig Dritte hineingezogen.351 Sowohl die emotionale Beteiligung als auch rein wirtschaftliche Verwicklungen sind juristisch nicht beachtlich, obwohl sie für die Konfliktlösung von erheblicher Bedeutung sein können.352 Die Koordination der Verhandlungen ist bei der Beteiligung weiterer Personen durch möglicherweise wechselnde Koalitionen besonders anspruchsvoll.353 Durch den damit verbundenen Informationsfluss wird die Wahrung der Neutralität für den Mediator besonders schwierig. Die Einhaltung der Regeln zum Umgang mit den Informationen sichert dann das Vertrauen und die Neutralität. Allerdings ist in diesen Fällen unter Umständen der Verzicht auf eine Einigung erforderlich.354 Die positiven Aspekte der Beteiligung von Dritten bei der Konfliktlösung überwiegen jedoch. Um anderen Konfliktbetroffenen, insbesondere den Beteiligten am Definitionsprozess sowie Personen mit wirtschaftlichem Interesse, eine Teilnahme am Verfahren zu ermöglichen, ist von den Voraussetzungen der §§ 59 ff., 64 ff. ZPO für eine Beteiligung abzusehen. Eine formelle institutionelle Beteiligung Dritter entsprechend den §§ 59 ff., 64 ff. ZPO ist angesichts der ausschließlichen Bindungswirkung zwischen den Parteien und der Unzulässigkeit von Verträgen zu Lasten Dritter nicht erforderlich. Dritte werden dadurch hinreichend geschützt. Außerdem scheidet eine Ladung 349 Wenn bei der notwendigen Streitgenossenschaft nur einer das Beratungsverfahren durchgeführt hat, sollte analog § 62 ZPO der Streitgenosse dabei als vertreten angesehen werden. 350 Siehe auch 1. Teil B. III. 1., 3. Teil B. II. 2. d). 351 Bei Streitigkeiten zwischen Nachbarn werden beispielsweise oftmals weitere Nachbarn in den Konflikt einbezogen. 352 Das ist beispielsweise der Fall, wenn bei Schadensfällen für den Konflikt zwischen den Beteiligten eine konsensuale Lösung möglich erscheint, aber die Übernahme der Kosten durch die Versicherung ungewiss ist. Gleiches gilt bei einem Konflikt mit einem Handwerker, der vom Mieter oder Vermieter beauftragt worden ist oder bei Geldforderungen, wenn der Gläubiger seinerseits Zahlungsschwierigkeiten hat. Zur Bedeutung der Gefühle, Coleman, ZKM 2001, 204 ff. 353 Die Vielzahl von Beteiligten wird deshalb auch als eigenständiges Einigungshindernis angesehen, vgl. 1. Teil B. III. 1. 354 Zu einem Beispiel, bei dem der Mediator nach den aufgestellten Regeln das Verfahren hätte beenden sollen, Böhm, S. 153 Fn. 474.

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durch die Schlichtungsperson aus, da sie kaum die Verwicklung weiterer Personen in den Konflikt erkennen kann. Allerdings bereitet auch die informelle Beteiligung Dritter organisatorische Schwierigkeiten. Es sollten daher die Streitenden entscheiden, welche weiteren Personen an der Konfliktlösung beteiligt werden. Bei einer informellen Einladung der Dritten durch die Parteien wird der Zeitraum zwischen der Mitteilung über das Verfahren und dem Verhandlungstermin meist verhältnismäßig kurz sein. Die Parteien werden auch selbst vor den Verhandlungen oftmals auch noch nicht die Zeckmäßigkeit der Beteiligung weiterer Personen erkennen. Zusätzlich wollen Dritte häufig nicht offiziell in die Auseinandersetzung einbezogen werden355 oder an einer Lösung mitwirken.356 Es ist daher zweifelhaft, ob die Dritten nach Information durch die Beteiligten zu dem Verhandlungstermin erscheinen werden. Soweit sich die Dritten nicht gegenüber der Partei zur Beteiligung verpflichten, kann durch die Einladung der Parteien keine Pflicht begründet werden. Allerdings kann die Beteiligung weiterer Personen auch den Konflikt erst verschärfen. Die Zulässigkeit der Beteiligung Dritter könnte deshalb von der Übereinkunft der Parteien abhängig sein. Die Verschwiegenheitspflicht des Mediators schützt das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung etwaiger Informationen. Diesem kann auch durch eine entsprechende Beteiligung in einzelnen Verhandlungsabschnitten entsprochen werden. Weitergehende Gründe für ein erforderliches Einverständnis sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus kann eine Partei auch nicht die Bedeutung des Dritten für die andere Partei einschätzen. Eine Verhinderung effektiver Verhandlungen wäre somit möglich. Außerdem würde durch ein Zustimmungserfordernis das Verfahren erheblich formaler und aufwändiger. Die Beteiligung Dritter ist daher der Initiative der einzelnen Parteien zu überlassen. Ein Hinweis in der Ladung auf diese Möglichkeit ist jedoch zweckmäßig. Als Ergebnis könnte daher folgende Regelung in ein Gesetz aufgenommen werden: § 10 Beteiligung Dritter I An dem Verfahren sind auf den Wunsch einer Partei Personen zu beteiligen, die 1. von dem Konflikt betroffen sind oder 2. zu dessen Lösung beitragen können. II Die Schlichtungspersonen sollen in der Ladung die Parteien auf die Möglichkeit hinweisen, weitere Personen mit eigenen Interessen an der Beratung zur außergerichtlichen Konfliktbeilegung zu beteiligen. III Eine Pflicht zur Teilnahme Dritter wird durch dieses Gesetz nicht begründet.

355 Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten beispielsweise wollen die Nachbarn nicht zugunsten einer Partei Stellung nehmen. 356 Häufig nehmen die Versicherer deshalb ein Gerichtsverfahren in Kauf, um damit endgültig zur Kostenübernahme gezwungen zu sein. Verhandlungen vor einer Schlichtungsstelle verursachen für sie zusätzlichen Aufwand. Der Spielraum der damit beauftragten Mitarbeiter ist auch gering, weil sie ein hohes persönliches Risiko bezüglich ihres Arbeitsplatzes eingehen, wenn der Vergleich nicht zugunsten der Versicherungsgesellschaft ausfällt.

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XI. Hinzuziehung von Beiständen und Rechtsanwälten Vielfach wird davon ausgegangen, dass die Einigungsquote bei anwaltlicher Vertretung sinkt.357 Dennoch wird die Rolle von Beiständen und Parteianwälten bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung unterschiedlich bewertet. Die negativen Aspekte führten zur Missbilligung eines anwaltlichen Beistandes358 und sogar zum Recht des Mediators, die Anwälte auszuschließen.359 Ebenso wurde versucht, bei den Friedensgerichten in Baden-Württemberg Anwälte faktisch auszuschließen, indem diese von dem Termin nicht benachrichtigt wurden.360 Die negative Bewertung der Anwaltsbeteiligung könnte aber auch auf Vorurteilen aus Alltagserfahrungen durch Extrembeispiele beruhen.361 Daher sind die Zweckmäßigkeit und die rechtliche Zulässigkeit eines Anwaltsverbotes zu prüfen. 1. Zweckmäßigkeit eines Anwaltsverbotes Das Ziel der außergerichtlichen Konfliktbehandlung ist ein effektives, kostengünstiges Konfliktmanagement. Die Beteiligung von Rechtsanwälten erhöht die Kosten für die Beteiligten. Aufgabe der Parteianwälte ist bei der außergerichtlichen Streitbehandlung die Wahrung der Rechte und Interessen der Parteien.362 Durch die Beteiligung von Anwälten werden die Tatsachen sowie die Rechtslage von mehreren Juristen bewertet, wobei die Wahrscheinlichkeit unterschiedlicher Ergebnisse hoch ist. Das eigene Interesse der Anwälte, sich gegenüber ihren Mandanten zu profilieren und ihre Beauftragung zu rechtfertigen, begründet zudem die Gefahr, dass sie zu optimistische Erwartungen der Parteien unterstützen oder gar erst hervorrufen. Dadurch droht eine Konzentration auf das Recht, die auch eine zeitliche Verzögerung der Konfliktlösung erwarten lässt. Gleichzeitig behindert die zunehmende Verrechtlichung des Konfliktes eine Interessenlösung.363 Die unterschiedlichen Standpunkte der verschiedenen Juristen können zu einer Verschärfung des Konfliktes der Parteien führen und dadurch eine Einigung behindern.364 Au357 Bierbrauer / Falke / Koch in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 141 (171). Die Evaluation in Nordrhein-Westfalen bestätigt diese These nicht. Danach hat das Auftreten von Beiständen – insbesondere Rechtsanwälten – die Güteverhandlung nicht negativ beeinflusst, http: / / www.justiz.nrw.de / JM / justizpolitik / schwerpunkte / streitschl / zusammenfassung_gutachten.pdf, S. 4. 358 Gottwald, S. 195. 359 So nach dem California Civil Code (1981) section 4607a. Bei der Human Rights Commission in Australien ist anwaltlicher Beistand nur auf Erlaubnis der Schlichtungsperson statthaft, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (22). Bei den Verfahren der IHK ist die anwaltliche Vertretung ebenfalls teilweise ausgeschlossen, Miletzki, S. 41. 360 Theilacker, S. 51. 361 So BVerfGE 31, 297 (303). 362 Breidenbach, S. 265. 363 Breidenbach, S. 264 f.

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ßerdem besteht durch eine anwaltliche Vertretung die Gefahr, dass die Konfliktparteien selbst zu wenig in die Konfliktlösung einbezogen werden. Dadurch werden sie ein Ergebnis schwerer akzeptieren und das Verfahren als weniger befriedigend empfinden. Die anwaltliche Beratung stärkt aber die Chancengleichheit, da die Konfliktpartner über ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten bei beiderseitiger anwaltlicher Unterstützung gleich informiert sind.365 Dadurch wird zugleich die Arbeit des Schlichters erleichtert. Die Parteien werden auch eine endgültige Lösung häufig ablehnen, wenn ihre Anwälte bei der außergerichtlichen Streitbehandlung nicht zugegen sind, da sie diese noch vor ihrer Entscheidung konsultieren wollen.366 Soweit deshalb ein Widerrufsrecht aufgenommen wird, ist das Scheitern durch den Widerruf wahrscheinlicher als durch die sofortigen Einwände der Rechtsanwälte, die während der Verhandlungen noch berücksichtigt werden können. Außerdem erfolgt bei einer parteilichen anwaltlichen Beratung die Analyse der Interessen und ihrer rechtlichen Durchsetzbarkeit. Dadurch haben ängstliche und wenig gewandte Personen bessere Chancen, ihre Interessen zum Ausdruck zu bringen, was für die Rechtsverwirklichung durch die außergerichtliche Streitbeilegung förderlich ist.367 Der Beistand ist darüber hinaus nicht emotional in den Konflikt verwickelt. Er kann daher zur sachlichen Auseinandersetzung beitragen.368 Kommunikationsstörungen können vermieden werden, wenn die Kommunikation zwischen Beistand und Partei einwandfrei funktioniert.369 Die Argumente gegen eine anwaltliche Vertretung sind nachvollziehbar, jedoch bestehen auch gute Gründe für einen anwaltlichen Beistand.370 Die Zielvorgaben des Gesetzgebers erfordern eine rechtsorientierte Gestaltung der außergerichtlichen Konfliktbehandlung, sodass nicht alle Kritikpunkte gegen die anwaltliche Vertretung überzeugen können. Der faktische Ausschluss der Anwälte durch die Friedensrichter beruhte darauf, dass diese sich ihnen unterlegen fühlten.371 Bei der hier vorgeschlagenen Auswahl der Schlichtungsperson ist dies nicht zu erwarten. Wenngleich der anwaltliche Beistand bei der außergerichtlichen Streitbehandlung die Ausnahme bilden sollte, ist ein generelles Anwaltsverbot nicht geboten.372 Die bestehenden Gebührenregelungen bewirken nämlich, dass die Anwälte eine außer364 Miletzki, S. 75; Preibisch, S. 126; Grunsky, § 54 Rdz. 7 für das Güteverfahren im Arbeitsrecht. 365 Der Anwaltsausschluss bei der Human Rights Commission in Australien beruht dagegen gerade auf den Befürchtungen, dass nur eine Seite anwaltlich vertreten ist und damit die Chancengleichheit beeinträchtigt wird, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (22). 366 Preibisch, S. 127. 367 Sarat, 10 Law and Society Review 1976, 339 (347, 367). 368 Egli, S. 103. 369 BVerfGE 38, 105, (117). 370 Das spiegelt auch die Untersuchung über die Wirkung anwaltlicher Vertretung bei schweizerischen Gerichten wider, Egli, S. 100. 371 Theilacker, S. 75. 372 Ebenso Miletzki, S. 75.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

gerichtliche Einigung kaum wegen des eigenen Gebühreninteresses blockieren werden. Im Erfolgsfall verdienen sie die Geschäftsgebühr nach Nr. 2403 Nr. 1 RVG VV in Höhe von 1,5 und nach Nr. 1000 RVG VV die Einigungsgebühr in Höhe von 1,5. Im Fall des Scheiterns erhielten sie keine Einigungsgebühr, doch würden noch die Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3 und die Terminsgebühr in Höhe von 1,2 anfallen. Jedoch wird die Verfahrensgebühr hälftig auf die entstandene Geschäftsgebühr angerechnet. Für den zu betreibenden Aufwand fallen zusätzlich somit nur 0,25 Gebühren an. Diese Kostenstruktur hat aber auch noch einen anderen Vorteil. Rechtsanwälte empfehlen in der Erstberatung teilweise, auf eine Anwaltsbeteiligung im Vorverfahren zu verzichten und sich danach erneut an sie zu wenden, weil sie nach der Beteiligung am Vorverfahren im anschließenden Prozess keinen zusätzlichen Verdienst erlangen. Im Hinblick auf die Möglichkeit bei einer außergerichtlichen Einigung gar nichts zu verdienen oder dann das Mandat nicht zu erlangen, wird dies jedoch kaum zur Regel werden. Aber es ist damit zu rechnen, dass sie im Vorfeld zur Vermeidung des Schlichtungsverfahrens das Mahnverfahren empfehlen.373 2. Rechtliche Zulässigkeit eines Anwaltsverbotes In Betracht zu ziehen ist allerdings die Möglichkeit, die Anwälte auszuschließen, wenn sie im Einzelfall das Verfahren stören oder die Einigungsbemühungen behindern. Solche Regelungen enthalten § 21 Abs. 2 S. 2 SSchO, §§ 34e Abs. 2 S. 3, 29 S. 2 SchStG LSA und § 21 Abs. 3 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H. Der Ausschluss von Parteianwälten bei einer obligatorischen außergerichtlichen Konfliktberatung stößt aber auf verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt vor Gericht das Recht auf vollständige Information über den Verfahrensstoff und die Möglichkeit der Äußerung dazu. Für die außergerichtliche Konfliktbehandlung gilt Art. 103 Abs. 1 GG damit nicht. Außerdem gewährleistet Art. 103 GG nicht das rechtliche Gehör gerade durch Vermittlung eines Rechtsanwalts.374 In Betracht kommt aber eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Ein Verbot, sich eines anwaltlichen Beistandes zu bedienen, beschränkt die Handlungsfreiheit und ist daher ein Eingriff. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG wird jedoch nur ihm Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährt. Dies ist als Gesetzesvorbehalt zu verstehen,375 auf Grund dessen Eingriffe zu rechtfertigen sind. Die einschränkende Norm darf ihrerseits nicht gegen Normen des Grundgesetzes verstoßen und der normierte Eingriff Schneider, AnwBl. 2001, 327 (332), siehe auch 3. Teil B. II. 1.b) ee). (1). BVerfGE 38, 105 (118); OVG Münster, AnwBl. 1993, 190; kritisch, Pieroth in: Jarass / Pieroth, Art. 103 Rdz. 10. 375 Anders als in Art. 9 Abs. 2, Art. 18 S. 2 GG und Art. 21 Abs. 2 GG, BVerfGE 6, 32 (37 ff.); 80, 137 (153). 373 374

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muss verhältnismäßig sein. Dadurch erlangen die objektivrechtlichen Elemente der Verfassung, insbesondere das Rechtsstaatsprinzip, Bedeutung für die subjektiven Rechte der Bürger. Der Ausschluss von Rechtsanwälten verstößt gegen Art. 2 GG, wenn das Rechtsstaatsprinzip376 die anwaltliche Vertretung bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung gebietet. Zu dem Rechtsstaatsprinzip gehört das faire Verfahren. Ein faires Verfahren wird wesentlich durch die Waffengleichheit der Beteiligten charakterisiert. Durch ein Anwaltsverbot für beide Seiten ist auf den ersten Blick keine Verletzung zu erkennen. Allerdings haben die Menschen unterschiedliche Fähigkeiten zur Wahrnehmung ihrer Rechte und Vertretung ihrer Interessen. Deshalb wird nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Rechtsanwalt nicht nur beigeordnet, wenn die andere Partei einen Anwalt hat, sondern auch im Falle einer schwierigen Sach- und Rechtslage.377 Die außergerichtliche Streitbehandlung erstreckt sich nicht nur auf einfache Fälle. Allerdings erörtert der Mediator typischerweise auch die Rechtslage, sodass die anwaltliche Vertretung nicht notwendig erscheint. Ein Anwaltsverbot stellt daher bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung keinen Verstoß gegen das Gebot des fairen Verfahrens dar. Zwar ist ein Anwaltsverbot dennoch verfassungswidrig, wenn es gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip verstößt. Das ist jedoch nur bei einem generellen Anwaltsverbot der Fall,378 da dieses wegen der ambivalente Rolle von Anwälten nicht zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung geeignet ist. Im Hinblick auf die Möglichkeit eines Ausschlussrechtes durch die Schlichtungsperson besteht insoweit auch ein milderes Mittel. Anders stellt sich die Rechtslage bei einer einzelnen Zurückweisung dar, wenn die Anwälte das Schlichtungsverfahren behindern. Diese Möglichkeit des Ausschlusses übt bereits Druck auf die Anwälte aus, die außergerichtliche Konfliktbehandlung nicht zu behindern.379 Die Eignung eines Ausschlussrechtes zur Erleichterung der außergerichtlichen Konfliktbehandlung ist daher gegeben. Ein Zurückweisungsrecht ist erforderlich, wenn kein milderes aber ebenso gut geeignetes Mittel zur Verfügung steht, um eine Behinderung des Verfahrens durch Anwälte zu vermeiden. Durch die Verfahrensleitung bestehen Möglichkeiten, die Parteianwälte in den Hintergrund zu drängen, insbesondere können die Schlichtungspersonen die Streitenden direkt ansprechen. Allerdings ist dadurch die Einflussnahme der Parteianwälte auch nicht nur vorübergehend ausgeschlossen. Ein milderes Mittel besteht deshalb darin nicht, womit die Erforderlichkeit gegeben ist. Im Rahmen der Angemessenheit ist die Förderung der Konfliktbeilegung gegen die Folgen für die Beteiligten abzuwägen. Eine funktionierende Rechtspflege ist in einem Rechtsstaat von großer Bedeutung. Zu deren Sicherung 376 Zur Begründung des Rechtsstaatsprinzips, Herzog in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 20, VII Rdz. 30 ff. 377 Zu dessen Verfassungsmäßigkeit, BVerfG, NJW 1988, 2597. 378 Im Ergebnis ebenso, OVG Münster, AnwBl. 1993, 190 (191). 379 Der darin zugleich liegende Eingriff in Art. 12 GG der Rechtsanwälte ist aber durch das Ziel gerechtfertigt, ein ordnungsgemäßes außergerichtliches Konfliktlösungsverfahren zu gewährleisten.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

durch eine Entlastung kann ein funktionierendes außergerichtliches Verfahren beitragen. Die Bedeutung der anwaltlichen Vertretung für die Beteiligten hängt von den zu erwartenden Rechtsfolgen ab. Wenngleich daher bei der Einbindung in ein förmliches Verfahren die Hinzuziehung eines Rechtbeistandes grundsätzlich erlaubt sein muss, kann in einem formlosen Gespräch zwischen den Beteiligten ein Ausschluss anwaltlichen Beistandes möglich sein.380 Um den Schutz förmlicher Verfahren nicht zu vereiteln, darf anwaltlicher Beistand dann auch nicht eingeschränkt werden, wenn ein formloses Verfahren dazu dient, ein förmliches Verfahren zu vermeiden oder zu umgehen.381 Die außergerichtliche Konfliktberatung verfolgt das Ziel, einen Gerichtsprozess zu vermeiden und eine Einigung herbeizuführen. Demnach wäre eine anwaltliche Vertretung zuzulassen.382 Der eigentliche Nachteil der Beteiligten liegt aber lediglich darin, sich während der Verhandlung nicht mit einem Anwalt ihres Vertrauens beraten zu können. Ihnen verbleiben die Möglichkeiten, sich vorher beraten zu lassen, ohne anwaltlichen Beistand nicht zu verhandeln oder ein Widerrufsrecht zu vereinbaren. Auf Grund der Aufklärung und Beratung durch die Mediatoren383 sind die Beteiligten auch informiert und damit der anderen Partei nicht schutzlos ausgeliefert. Um die Möglichkeit der Blockade einer außergerichtlichen Konfliktbeendigung durch Parteianwälte aus ihren eigenen Interessen zu vermeiden, ist daher der Ausschluss von störenden Anwälten und Beiständen durch die Schlichtungsperson möglich. Aus Gründen der Chancengleichheit sind dann beide Beistände auszuschließen. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht erforderlich, da die Parteien jederzeit das Verfahren abbrechen können. Der verantwortungsvolle Umgang der Schlichtungsperson mit diesem Instrument ist dabei vorauszusetzen. 3. Gewährung von Kostenhilfe für Parteianwälte Damit unzureichende finanzielle Mittel die Bürger nicht an der Rechtsverfolgung behindern, können sie Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe erlangen. Die Prozesskostenhilfe erstreckt sich nach § 114 ZPO ausdrücklich nur auf anhängige Verfahren vor deutschen Gerichten, also nicht auf Streitschlichtungsverfahren.384 § 102 SachRBerG ordnet die Anwendbarkeit der Regeln über die Prozesskostenhilfe für das dort vorgesehene Schlichtungsverfahren an. Eine Ausdehnung dieser BVerwG, NJW 1974, 715 (717). BVerwG, NJW 1974, 715 (717 f.). 382 OVG Münster, AnwBl. 1993, 190 (191). 383 Siehe 3. Teil B. XVII. 1. 384 Philippi in: Zöller, § 114 Rdz. 1; Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 114 Rdz. 43. 380 381

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Vorschrift wäre rechtspolitisch wünschenswert.385 Auch Art. 10 RiLi 2002 / 8 / EG sieht die Ausdehnung der Prozesskostenhilfe auch auf außergerichtliche obligatorische Verfahren vor. Der Gesetzgeber ging aber einen anderen Weg und erweiterte den Anwendungsbereich des BerHG. Dies zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber an dem Ausnahmecharakter des § 102 SachRBerG festhalten wollte. Es fehlt daher an einer planwidrigen Regelungslücke. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BerHG gilt das BerHG für die Hilfe zur Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und in Verfahren nach § 15a EGZPO.386 Beratungshilfe besteht dabei nach § 2 Abs. 1 BerHG in Beratung und, soweit erforderlich, in Vertretung. Der Anwendungsbereich erfasst nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 BerHG alle zivilrechtlichen Konflikte. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG wird die Hilfe immer gewährt, wenn die Rechtsverfolgung durch den Hilfsbedürftigen nicht mutwillig ist. Die Mutwilligkeit bezieht sich auf die Rechtsverfolgung und liegt vor, wenn eine verständige vermögende Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde und ein sachlich rechtfertigender Grund für die Rechtsberatung oder Rechtsbeistand fehlt.387 Eine Prüfung der Erfolgsaussicht erfolgt nicht, weil die Beratungshilfe gerade dazu dient, diese Frage zu beantworten.388 Mangels weiterer Schranke wird die Beratung i. S. d. § 2 Abs. 1 BerHG deshalb sehr umfassend gewährt. Die Vertretung wird hingegen nach § 2 Abs. 1 BerHG nur im erforderlichen Umfang von der Beratungshilfe gedeckt. Die Vertretung muss demnach das notwendige Mittel sein, um das Ziel der effektiven Wahrnehmung von Rechten zu erreichen.389 Hierbei ist zu bedenken, dass in einem Mediationsverfahren einerseits die juristische Betrachtungsweise nicht allein maßgebend ist und die Verwirklichung von Interessen im Vordergrund steht. Die Partei verliert durch das Verfahren mangels Entscheidung durch den Dritten auch keine Rechte. Entscheidend ist jedoch, dass auch die Rechtslage mit den Parteien im Verfahren regelmäßig erörtert wird und sie somit aufgeklärt über ihre Rechte disponieren können. Dies gilt letztlich unabhängig von der anwaltlichen Beratung der anderen Seite. Ein Parteianwalt erscheint also grundsätzlich nicht erforderlich, sodass dessen Kosten nicht gedeckt sind von der Beratungshilfe. Das ist auch nicht durch eine der Richtlinie 2002 / 8 / EG entsprechende Auslegung des § 10 BerHG zu ändern. Der § 10 BerHG gewährt nur Beratungshilfe für die vorprozessuale Rechtsberatung nicht 385 Wagner, JZ 1998, 836 (840); Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527); Prütting in: Breidenbach / Henssler, S. 57 (71). Auf Grund der klaren Rechtslage in § 114 ZPO und dem Ausnahmecharakter des § 102 SachRBerG scheidet eine Analogie aus. 386 Trotz des eindeutigen Wortlautes gegen die Bewilligung von Beratungshilfe in Verfahren nach § 15a EGZPO, Schneider in: Gebauer / Schneider, Vor 2.6 Rdz. 8. 387 Schoreit in: Schoreit / Dehn, § 1 BerHG Rdz. 99; Schneider in: Gebauer / Schneider, Vor 2.6 Rdz. 5; Pukall in: Mayer / Kroiß, § 44 Rdz. 17. 388 Schneider in: Gebauer / Schneider, Vor 2.6 Rdz. 6; Madert in: Gerold / Schmidt / v Eicken / Madert / Müller-Rabe, VV 2600 – 2608 Rdz. 16. 389 Insoweit missverständlich AG Nürnberg, JurBüro 2002, 147. Dies jedoch auch übersehend bei der Kritik an dieser Entscheidung: Schoreit in: Schoreit / Dehn, § 1 BerHG Rdz. 17a.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

jedoch Vertretung. Nach Art. 3 Abs. 2 RiLi 2002 / 8 / EG muss Prozesskostenhilfe nur für den Rechtsbeistand und die Vertretung vor Gericht sichergestellt werden und dies auch nur bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. Allerdings ist entsprechend Erwägungsgrund 21 in Art. 10 RiLi 2002 / 8 / EG Prozesskostenhilfe auf außergerichtliche Verfahren auszudehnen, wenn die Parteien dazu gesetzlich verpflichtet sind, also für obligatorische Vorverfahren. Die Kostenhilfe für die anwaltliche Vertretung in Verfahren nach § 15a EGZPO könnte jedoch auf Grund Art. 3 Abs. 3 RiLi 2002 / 8 / EG versagt werden.390 Danach ist ein Rechtsbeistand oder eine rechtliche Vertretung nicht bei einem Verfahren vorzusehen, das speziell die Selbstvertretung der Parteien als Ziel verfolgt. Bei den Modellen der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ist das der Fall.391 Im Regelfall ist damit keine Kostenhilfe für die anwaltliche Vertretung in außergerichtlichen Verfahren nach § 15a EGZPO notwendig. Die Beteiligung und der Ausschluss von Parteianwälten könnten wie folgt geregelt werden: § 11 Anwaltliche Vertretung / Beistand I Jede Partei kann sich eines Beistandes oder eines Rechtsanwalts bedienen. II Die Schlichtungsperson kann nicht erforderliche Parteianwälte oder Beistände ausschließen, wenn diese das Verfahren aus eigenen Interessen behindern. In diesem Fall sind beide Parteianwälte oder Beistände auszuschließen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

XII. Zeitplan Der Beschleunigungsgrundsatz der ZPO ergänzt den verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz,392 da ein Recht entwertet oder wertlos wird, wenn eine zeitnahe Durchsetzung nicht möglich ist. Weiter wird durch eine schnelle Abwicklung die Zufriedenheit mit dem Verfahren und damit dessen Durchsetzung gesteigert. Das Ziel einer effektiveren Konfliktbeilegung gibt vor, dass die Dauer des Schlichtungsverfahrens erstens das Gerichtsverfahren zeitlich nicht übertreffen und zweitens die Rechtsdurchsetzung nicht erheblich verzögern darf. Eine zeitliche Straffung ist auch erforderlich, damit die Beweislage sich nicht verschlechtert. Aus diesem Grund ist in § 15a Abs. 1 S. 3 EGZPO eine zeitliche Obergrenze von drei Monaten vorgesehen.393 Die amtsgerichtlichen Verfahren dauerten 1997 durchschnittlich nur 4,6 Monate.394 Eine Verzögerung um drei MoDarauf nicht eingehend, Friedrich, NJW 2003, 3534 (3535). Siehe 3. Teil B. XI. 1. 392 BVerfGE 54, 39 (41). 393 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 6 f. 394 Die Schwankungsbreite liegt zwischen 3,7 Monaten in Bayern und 6,1 Monaten in Sachsen-Anhalt, Statistisches Bundesamt, Rechtspflege, Fachserie 10, Reihe 2, 1997, S. 24 ff. 390 391

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nate ist insoweit nicht hinzunehmen.395 Der § 15a Abs. 1 S. 3 EGZPO setzt drei Monate aber nur als zeitliche Obergrenze fest. Den Ländern obliegt im Übrigen die Ausgestaltung des Schlichtungsverfahrens, sodass sie ein kürzeres Verfahren festlegen können und sollten. Dies ist nur durch kurze Fristen bezüglich der Ladung und Terminbestimmung zu erreichen.396 Das Bedürfnis nach einem Zeitplan resultiert aber nicht nur aus dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung. Er ist auch notwendig, damit für die Beteiligten das Verfahren vorhersehbar ist, die Parteien über ausreichende Zeit zur Vorbereitung verfügen. Bei unverzüglicher Bestimmung der Schlichtungsperson und Weiterleitung des vollständigen Antrags dürfte die Schlichtungsperson bei drei Tagen Postlaufzeit spätestens eine Woche nach Antragstellung von ihrem Auftrag und dem Fall Kenntnis erlangt haben. Der Schlichtungsperson ist zuzumuten, innerhalb einer Woche einen Termin auszuwählen und die Parteien zu laden. Bei zügiger Bearbeitung können die Parteien somit zwei Wochen nach Antragstellung die Ladung erhalten. Für die Terminbestimmung ist der Schlichtungsperson Spielraum einzuräumen und den Parteien genug Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung zu stellen. Die Einlassungsfrist des § 274 Abs. 3 ZPO beträgt zwei Wochen.397 Innerhalb des Verfahrens reicht nach § 217 ZPO in Anwaltsprozessen eine Woche, während im Übrigen bereits drei Tage ausreichen. Die längere Frist des § 274 ZPO besteht einerseits wegen der Notwendigkeit, die Verteidigung zu organisieren, die wegen der Möglichkeit eines Versäumnisurteils erforderlich ist. Bei einem Schlichtungsverfahren müssen die Parteien sich gegebenenfalls zunächst einen Anwalt suchen, sodass dessen Terminplan zu berücksichtigen ist. Andererseits resultieren aus dem Beratungsverfahren keine vergleichbaren Nachteile. Eine kürzere Ladungsfrist von einer Woche erscheint daher ausreichend.398 Es ist dann möglich, dass die Verhandlungen in ungefähr drei Wochen nach Antragstellung stattfinden. Der Zeitrahmen ist bei zügiger Abwicklung also auch geeignet, dass ein Ersatztermin gefunden werden kann. Jedenfalls ermöglicht dieser straffe Zeitplan den Abschluss der außergerichtlichen Konfliktbehandlung innerhalb von sechs Wochen. Diese Verfahrensdauer entspricht auch anderen Verfahren, die auf eine schnelle Konfliktbehandlung abzielen,399 und wird von den Versuchsschlichtungsstellen400 und den Dagegen auch Dembinsky, BRAK-Mitt 1998, 66 (67). Zu dem Potenzial der schnellen Streitbeilegung siehe 1. Teil C. I. 2. 397 Diese wurde in § 21 Abs. 2 S. 1 SchAG NRW, § 22 Abs. 2 S. 1 BbgSchG, § 17 Abs. 4 S. 1 HSchAG, § 20 Abs. 2 S. 1 SSchO, § 23 Abs. 2 S. 1 SchStG LSA übernommen. Eine Ladungsfrist ist in Bayern und Baden-Württemberg nicht vorgesehen, wobei auf die Schlichtungspersonen vertraut wird, dass sie eine Vorbereitung ermöglichen, BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 29 f. Zu einem ersten Gegenbeispiel, AG Nürnberg, NJW 2001, 3489. 398 So in Schleswig-Holstein nach § 20 Abs. 2 S. 1 SchO Schl-H. Die Möglichkeit der Verkürzung auf eine Woche durch die Schlichtungsperson auf Antrag ist vorgesehen nach § 21 Abs. 2 S. 2 SchAG NRW, § 22 Abs. 2 S. 2 BbgSchG, § 20 Abs. 2 S. 2 SSchO, § 23 Abs. 2 S. 2 SchStG LSA. Darüber hinaus können die Parteien jeweils einverständlich die Fristen verkürzen. 399 1. Teil C. I. 2. 395 396

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Schiedspersonen in Nordrhein-Westfalen401 erreicht. Gleichzeitig wird die Anforderung erfüllt, das streitige Verfahren durch den Versuch der außergerichtlichen Konfliktbehandlung nicht wesentlich länger als durch das Mahnverfahren zu verzögern.402 Abweichend von § 15a Abs. 1 S. 3 EGZPO sollte die Schlichtungsstelle bereits sechs Wochen nach Antragstellung einen Beratungsschein ausstellen müssen, sodass der Antragsteller nach Überschreitung dieser Frist Klage erheben kann. Die Nichteinhaltung einzelner Bearbeitungsfristen kann durch die schnellere Bearbeitung an anderer Stelle ausgeglichen werden. Der Überziehung dieser internen Vorgaben ist daher noch keine Rechtsfolge beizumessen. Die Überschreitung der maximalen Dauer von sechs Wochen dient hingegen dem Schutz der Beteiligten. Die Verletzung dieser Frist muss daher zwingend sein und verpflichtet den Beratungsschein auszustellen. Der Grund für die Überschreitung der Frist ist dabei unbeachtlich.403 Als Regelung zum Zeitplan ist damit vorzuschlagen: § 12 Zeitplan I Der Schlichtungsperson soll eine Woche nach vollständiger Antragstellung der Antrag mit ihrer Ernennung durch die Gütestelle vorliegen. Die Ladung durch die Schlichtungsperson soll den Parteien zwei Wochen nach Antragstellung zugehen. II Die Ladungsfrist der Parteien beträgt eine Woche. III Auf Antrag ist dem Antragsteller sechs Wochen nach vollständiger Antragstellung von der Gütestelle ein Beratungsschein auch auszustellen, wenn keine Beratung durchgeführt wurde.

XIII. Unabhängigkeit des Schlichters Die Notwendigkeit von Regeln zur Sicherung der persönlichen Unabhängigkeit in Anlehnung an die Befangenheitsvorschriften für Richter ist grundsätzlich anerkannt.404 Dabei ist festzulegen, wie und unter welchen Voraussetzungen der Ausschluss zu erfolgen hat. Im Einzelnen sind dabei unterschiedliche Lösungen denkbar.

Bethke, NJW 1993, 2728 (2729). http: //www.justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/schwerpunkte/streitschl/zusammenfassung_ gutachten.pdf, S. 7. 402 Zu diesem Erfordernis siehe 3. Teil B. II. 1.b) ee) (1) (c). 403 Wenn beide Parteien sich mit einem späteren Termin einverstanden erklären, wäre die Antragstellung zwar widersprüchlich. Die Überprüfung verursacht jedoch erheblichen Aufwand, weshalb allein der formale Fristablauf ausreichend ist. 404 Für eine den Richtern vergleichbare Regelung zur Sicherung der persönlichen Unabhängigkeit, Breidenbach, S. 170. 400 401

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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1. Ausschlussverfahren Aus Mangel an detaillierten Informationen über die Schlichtungsperson und deren Tätigkeit kann die Gütestelle keine Zuweisung an einen unbefangenen Schlichter garantieren. Nur die Schlichtungsperson ist auf sicherer Grundlage vollständig informiert und kann damit zuverlässig erkennen, ob ein Ausschlussgrund vorliegt. Sie hat daher den Fall an die Schlichtungsstelle zurückzuweisen bei Sachlagen, die Zweifel an ihrer Neutralität rechtfertigen. Darüber hinaus ist ein Ablehnungsrecht der Parteien zu erwägen. Für diese ist das Erkennen von Gründen, die das Misstrauen gegenüber einer neutralen Konfliktbehandlung rechtfertigen, schwierig. Ein entsprechendes Ablehnungsverfahren nach dem Vorbild der ZPO verursacht aber erheblichen Aufwand. Deshalb sollte ein Ablehnungsrecht der Parteien nur statuiert werden, wenn ohne dieses die Neutralität nicht ausreichend gesichert werden kann. Dabei ist zu bedenken, dass der Dritte bei der außergerichtlichen Streitbehandlung keine dem Richter vergleichbare Machtposition besitzt. Außerdem werden sich die Konfliktparteien nicht auf Verhandlungen unter der Leitung eines Dritten einlassen und ihre Interessen offenbaren, wenn sie dessen Neutralität bezweifeln.405 In Anbetracht dessen sollte die Pflicht des Schlichters ausreichen, den Konflikt bei Befangenheit zurückzuweisen. Von einem ordnungsgemäßen Verhalten des Mediators ist besonders bei Hinweisen durch die Beteiligten auszugehen.406 Die BNotO und das BeurkG enthalten auch kein Ablehnungsverfahren. Der Notar wurde bisher aber grundsätzlich nicht zur Bewältigung von Konfliktsituationen, sondern regelmäßig von den Parteien einverständlich bestimmt. Obwohl die Situation daher nur bedingt vergleichbar ist, zeigt die Praxis, dass ein Ablehnungsverfahren zur Neutralitätssicherung nicht unbedingt erforderlich ist.407 Die Haftungsmöglichkeit sorgt bereits für die Erfüllung der Pflicht zur Selbstablehnung wegen Befangenheit. Zur Neutralitätssicherung sollten die Schlichtungspersonen auch entsprechend § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO bei wiederholten Verstößen gegen die Pflicht zur Selbstablehnung von der Schlichtungspersonenliste gestrichen werden. 2. Ausschlussgründe Gründe, die die Besorgnis der Befangenheit des Dritten rechtfertigen, sind in der ZPO, dem Beurkundungsgesetz, dem VwVfG und anderen Gesetzen geregelt. Inhaltlich weisen diese Normen viele Gemeinsamkeiten auf. Auch in amerikanischen Einrichtungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung werden die Ablehnungsgründe für Richter auf Mediatoren angewendet, um deren Neutralität zu sichern.408 405 406 407 408

BayLt-Drucks. 14 / 2265, S. 15 f. BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 28. Gegen ein Ablehnungsverfahren auch, Jansen, S. 307. Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (206, 209).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

In Bayern gelten die Ausschlussgründe des BeurkG und der BNotO, soweit Notare als Schlichter herangezogen werden, da nach Art. 8 Abs. 1 S. 2 BaySchlG das Berufsrecht auch bei der obligatorischen Streitschlichtung zu beachten ist.409 Für die anderen Schlichter gelten nach Art. 3 Abs. 2 BaySchlG die Ausschlussgründe des § 41 ZPO, jedoch bleiben die Ausschlussgründe des § 42 ZPO unberücksichtigt. Nach § 6 Abs. 3 SchlG BW wird der Schlichter entbunden, wenn die Ausschlussgründe des § 41 ZPO vorliegen oder nach § 48 ZPO über die Selbstablehnung entschieden werden müsste. Über § 48 ZPO gelten auch die Ablehnungsgründe nach § 42 ZPO. Die Befangenheitsgründe der Schiedspersonen sind ausdrücklich in § 16 SchAG NRW, § 17 BbgSchG, § 16 HSchAG und § 16 SchO Schl-H410 geregelt. Diese Regeln gewährleisten die Neutralität aber teilweise nur unzureichend, weil sie wesentliche Umstände nicht erfassen, die berechtigte Zweifel an der Neutralität rechtfertigen. Darüber hinaus erschwert die Verweisungstechnik das Verständnis. Die Befangenheitsgründe sind deshalb für die Schlichter umfassend zu formulieren. Die Ausschlussgründe des § 41 ZPO stellen ein Mindestmaß zur Sicherung eines neutralen Schlichters dar und wiederholen sich, bedingt durch die andere Stellung, abgewandelt auch in §§ 3, 6 BeurkG und § 20 VwVfG. Sie allein genügen jedoch zur Neutralitätssicherung nicht, weshalb auch die bayerische Lösung für nicht notarielle Schlichter unzureichend ist. Ergänzend sind daher die zu § 42 ZPO und § 21 VwVfG entwickelten Ablehnungsgründe411 aufzunehmen, die teilweise mit denen des § 3 BeurkG übereinstimmen. Die Schlichtungsperson hat sich demnach in Konflikten auszuschließen, in denen sie selbst Partei ist oder zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht. Weiterhin hat sie sich auszuschließen in Angelegenheiten ihres Ehegatten oder Verlobten, auch wenn die Ehe oder das Verlöbnis nicht mehr besteht. Die Schlichtungsperson soll auch nicht tätig werden in Angelegenheiten einer Person, mit der sie in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum Dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war. Als Schlichtungsperson scheidet auch aus, wer in der Angelegenheit Zeuge, Sachverständiger, Prozessbevollmächtigter, Beistand oder Vertreter einer Partei ist oder war. Diese aus § 41 ZPO entnommenen Ausschlussgründe sind zu ergänzen, vor allem durch Befangenheitsgründe auf Grund wirtschaftlicher Verflechtungen, die bei Richtern durch § 42 ZPO erfasst werden. Die Schlichtungspersonen werden die außergerichtliche Streitbeilegung nicht hauptberuflich ausüben. Um jeden Anschein von Parteilichkeit zu vermeiden, müssen sie sich daher in Streitigkeiten mit Personen ausschließen, zu denen sie in einem Dienst- oder sonstigen GeschäftsverFür eine allgemeine Übernahme auf Mediatoren, Stumpp, ZKM 2000, 34 (36). § 8 Abs. 2, 3 LSchliG Schl-H erweitert den Schutz, wenn Rechtsanwälte als Schlichtungspersonen tätig werden. Diese beschränkte Erweiterung ist jedoch auch nicht ausreichend. 411 Vollkommer in: Zöller, § 42 Rdz. 11 ff. 409 410

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hältnis stehen oder standen, ähnlich § 3 Abs. 1 Nr. 7, 8 BeurkG und § 16 Nr. 5 SchAG NRW, § 17 BbgSchG, § 16 Abs. 1 Nr. 5 HSchAG, §§ 34b Abs. 4, 17 SchStG LSA, § 16 Abs. 5 SSchO, § 16 Nr. 5 SchO Schl-H. Die Regelung des § 6 Abs. 3 SchlG BW mit dem Verweis auf §§ 41, 48 ZPO erfasst auch die Umstände des § 42 ZPO.412 Mithin dürfen Anwälte die außergerichtliche Streitbehandlung nicht übernehmen, wenn sie mit dieser oder anderen Angelegenheiten als Parteianwalt befasst waren.413 Wirtschaftliche Verflechtungen erwecken auch den Anschein der Parteilichkeit, wenn die Schlichtungsperson an einer Gesellschaft mit mehr als 5 Prozent der Stimmrechte oder mit einem anteiligen Betrag des Haftkapitals von mehr als 2.500 A beteiligt ist. Nach dem Vorbild des § 3 Nr. 9 BeurkG darf die Schlichtungsperson diese Fälle nicht übernehmen. Weitere Probleme für die Sicherung der Neutralität stellen die Verbindungen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung und die Bürogemeinschaften dar. Dieser Gesichtspunkt wurde auch in § 3 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 BeurkG aufgegriffen und für Notare geregelt. Die gemeinsame Berufsausübung führt zu einem engen Kontakt, der die Neutralität beeinträchtigt. Deshalb hat die Schlichtungsperson sich auszuschließen, wenn an dem Konflikt Personen beteiligt sind, mit denen sie sich zur Berufsausübung zusammengeschlossen hat oder die Geschäftsräume teilt. Darüber hinaus entsteht der Anschein der Parteilichkeit, wenn die Ausschlussgründe zwar nicht bei der Schlichtungsperson vorliegen, aber für eine Person aus der Bürogemeinschaft oder der Verbindung zur Berufsausübung bestehen. Der Anschein der Parteilichkeit droht auch, wenn einer der Ausschlussgründe nicht im Verhältnis zur Schlichtungsperson, sondern zu ihrem Vertreter vorliegt. Daher sollte die Schlichtungsperson diese Fälle über den Regelungsgehalt des § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG zurückweisen, wenn ein Ausschlussgrund im Verhältnis zum Vertreter besteht. Die Neutralität wird ebenso beeinträchtigt durch sonstige persönliche Verbindungen, beispielsweise Freundschaft, Feindschaft oder die gemeinsame Mitgliedschaft in Vereinigungen. Der Einfluss dieser Beziehungen ist sehr unterschiedlich und vor allem schwer nachprüfbar. Daher empfiehlt sich für diese Ausschlussgründe ein Auffangtatbestand mit Beurteilungsspielraum für die Schlichtungspersonen. Der Vorschlag einer zusammenfassenden Norm zur Absicherung der Unabhängigkeit der Schlichtungsperson lautet daher: § 13 Persönliche Unabhängigkeit der Schlichtungsperson I Die Schlichtungsperson muss die Beratung ablehnen 1. in Konflikten, in denen sie selbst Partei ist oder bei denen sie zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht; BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 28. Vgl. Ewig, BRAK-Mitt 1996, 147 (148); Hager, ZKM 2003, 52 (55). Zur Frage, ob sich dies aus berufsrechtlichen oder strafrechtlichen Gründen wegen eines Interessenwiderstreites ergibt, RG, JW 1929, 3168 (3170); Henssler, AnwBl. 1997, 129 (131); Hennssler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23, S. 525 (529 f.). 412 413

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung 2. in Konflikten eines Ehegatten, eingetragenen Lebenspartners oder Verlobten, auch wenn die Ehe, die Lebenspartnerschaft oder das Verlöbnis nicht mehr besteht; 3. in Konflikten einer Person, mit der sie in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verschwägert ist oder war; 4. in Konflikten, in den sie Zeuge, Sachverständiger, Prozessbevollmächtigter, Beistand oder Vertreter einer Partei ist oder war; 5. in Konflikten, an denen eine Person beteiligt ist, zu der sie in einem Dienst- oder sonstigen Geschäftsverhältnis steht oder stand; 6. in Konflikten einer Gesellschaft, an der sie mit mehr als 5 Prozent der Stimmrechte oder mit einem anteiligen Betrag des Haftkapitals von mehr als 2.500 A beteiligt ist; 7. wenn ein Ausschlussgrund im Verhältnis der Schlichtungsperson zu einem Vertreter der Parteien vorliegt; 8. in Konflikten, in denen sich eine Person ausschließen müsste, mit der sie sich zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat oder gemeinsame Geschäftsräume nutzt. II Die Schlichtungsperson soll Konflikte ablehnen, wenn sie nach eigener Beurteilung auf Grund der persönlichen Beziehung zu einer Partei oder deren Vertreter nicht unbefangen ist.

III Die Ablehnung ist der Gütestelle mit Begründung unverzüglich mitzuteilen. Die Gütestelle überträgt den Konflikt gemäß § 4 einer anderen Schlichtungsperson. IV Die Schlichtungsperson ist von der Schlichtungspersonenliste zu streichen und nicht wieder aufzunehmen, wenn sie wiederholt gegen die Pflichten zur Selbstablehnung verstoßen hat.

XIV. Öffentlichkeit Die Öffentlichkeit hat bei der Konfliktbehandlung unterschiedliche Wirkung. Durch den Ausschluss der Öffentlichkeit ist die Bereitschaft höher, die wahren Interessen aufzudecken, insbesondere in Einzelgesprächen mit dem Mediator. Mangels Öffentlichkeit können besonders Unternehmen dem Konfliktgegner aus Kulanz entgegenkommen, ohne ihr Geschäftsverhalten verändern zu müssen. Bei der nichtöffentlichen Konfliktaustragung müssen die Beteiligten auch gegenüber Dritten nicht zu dem Konflikt Stellung nehmen und deren Interessen berücksichtigen,414 wodurch die Beziehung weniger belastet wird.415 Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat aber nicht nur Vorteile. Zur Institutionalisierung eines Konfliktlösungsmechanismus ist die Öffentlichkeit nützlich, weil dadurch jeder die Möglichkeit hat, sich von einem korrekten Verlauf zu überzeugen.416 Wenn das Verfahren und seine Ergebnisse nicht bekannt werden, folgt 414 415 416

BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 31. Böhm, S. 75. Luhmann, S. 123.

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daraus eine Gefahr für dessen Akzeptanz und die Einhaltung der Lösung durch die Parteien.417 Dieses Problem wird bei Vermittlungsverfahren durch die freie Entscheidung über eine Einigung entschärft. Jedes Mitglied der Gemeinschaft kann und wird ihm entgegnen, dass er sich nicht hätte einigen müssen.418 Wenn jemand also mit der Einigung unzufrieden ist, wird er deshalb dafür kaum Gleichgesinnte finden und auf Dauer von der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Die Öffentlichkeit ermöglicht eine Teilnahme aller Personen, die an dem Fall interessiert sind.419 Durch die Teilnahme vieler Bürger würden die Vorteile und Methoden der konsensualen Streitbeilegung schneller bekannt werden. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist damit eine wesentliche Bedingung für eine schnelle Transformation mediativer Konfliktbehandlungsmethoden in die Gesellschaft. Der Gesetzgeber verfolgt jedoch vorrangig eine effektive Konfliktlösung unter Aufrechterhaltung der Beziehung der Beteiligten. Diese Ziele können mit nichtöffentlichen Schlichtungsverhandlungen besser erreicht werden. Die Regelungen der Landesgesetze zum Ausschluss der Öffentlichkeit sind daher zutreffend.420 Allerdings sollte dem Wunsch beider Parteien Rechnung getragen werden, wenn diese ein öffentliches Verfahren durchführen wollen. Zusammenfassend ergibt sich damit folgende Regelung: § 14 Ausschluss der Öffentlichkeit Die Schlichtungsverhandlung ist nicht öffentlich. Die Parteien können die Öffentlichkeit einvernehmlich zulassen.

XV. Der Vertrauensschutz Vertrauen ist eine der Grundbedingungen der außergerichtlichen Streitbeilegung.421 Wenn die Beteiligten in das Verfahren und die Schlichtungsperson kein Vertrauen haben, können die Kooperationshürden nicht überwunden werden. Vertrauen dient außerdem der Befriedigung der Beteiligten durch das Verfahren422 und ist damit für die Akzeptanz außergerichtlicher Streitbeilegung durch die Bürger von großer Bedeutung. Die persönliche Unabhängigkeit und der Ausschluss der Öffentlichkeit gewährleisten noch kein Vertrauen der Beteiligten in die Galtung, Journal of Peace Research 2 (1965), 348 (377). Ausnahmen werden dann gegeben sein, wenn als Grund Einigungsdruck vorlag und die Gemeinschaft diesen kennt, etwa bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber oder bei vergleichbarer Abhängigkeit. 419 Zu einem der wenigen Projekte, in dem die Öffentlichkeit zugelassen ist, Gottwald, S. 196. 420 Art. 10 Abs. 2 BaySchlG, § 24 Abs. 1 SchAG NRW, § 10 Abs. 1 SchlG BW, § 24 Abs. 1 BbgSchG, § 22 Abs. 1 HSchAG, § 22 S. 1 SSchO, § 34 f. Abs. 1 S. 1 SchStG LSA und § 25 S. 1 SchO Schl-H. 421 Von Hoyningen-Huene, JuS 1997, 352 (353). 422 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (7 ff.). 417 418

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Schlichtungsperson und das Verfahren. Vertrauen entsteht einerseits durch die Berücksichtigung des Vortrages der Streitbeteiligten. Andererseits werden mit Vertrauen und Neutralität Erwartungen an den Umgang mit den anvertrauten Informationen verbunden.423 Die Beachtung der Parteivorträge durch die Schlichtungsperson ist auf Grund der notwendigen Einigung der Parteien und damit der Überzeugungsarbeit des Vermittlers zur Konfliktbeilegung gesichert. Allerdings bestehen keine einheitlichen Erwartungen an die Informationsverarbeitung und -weiterleitung. Dies kann zu weiteren Auseinandersetzungen führen. Die Bildung klarer Erwartungen, die Sicherung des Vertrauens in deren Erfüllung und die Erleichterung der Arbeit der Schlichter erfordern somit eine Konkretisierung durch Regeln im Umgang mit vertraulichen Informationen durch die Schlichter, um Auseinandersetzungen vorzubeugen.424 Die vertrauliche Behandlung von Informationen kann mit der Neutralität und dem Ziel einer gerechten und rechtsverwirklichenden Lösung kollidieren. Problematisch ist daher für den Mediator der Umgang mit vertraulichen Informationen im Verfahren bei den Maßnahmen der Verhandlungsleitung und Mitteilungen an die andere Partei sowie nach dem Verfahren als Zeuge in einem Gerichtsverfahren.425 Bei den erforderlichen Regeln sind das Interesse der Parteien an der Geheimhaltung aller Informationen, die Neutralität des Schlichters, die Rechtsverwirklichung und die Gerechtigkeit der Lösung abzuwägen. 1. Die Vertraulichkeit im Verfahren Zusätzliche Informationen ermöglichen regelmäßig erst Kooperationsgewinne, sodass der vertrauensvolle Umgang große Bedeutung für den Erfolg des Verfahrens hat. Regelungsbedarf besteht bezüglich der Zulässigkeit der Verwertung und Weiterleitung durch den Mediator. a) Die Berücksichtigung anvertrauter Informationen Wenn der Mediator die Informationen zu Lasten der anvertrauenden Partei verwendet, werden die Parteien enttäuscht sein und an der Neutralität der Schlichtungsperson zweifeln. Die Ignoranz der Informationen ist jedoch mit den Zielen der Rechtsverwirklichung und einer gerechten Lösung nicht vereinbar. Dieser

423 Lind in: Bierbrauer / Gottwald / Birnbreier-Stahlberger, S. 3 (12 Fn. 5, 6). Als vertrauliche Informationen sind solche anzusehen, die der Mediator von den Parteien erlangt hat und nicht aus anderen öffentlichen Quellen erlangen konnte. 424 Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (47); 77 (83 f.). 425 Beispiele sind Schuldeingeständnisse oder die Offenbarung von Lügen. Risiken bergen aber auch Auskünfte über die eigenen Interessen und die Einigungsbereitschaft.

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Gegensatz kann nicht beseitigt werden. Entscheidend ist daher das Verhalten der Partei in der Verhandlung und die Art der Informationen. Wenn über die vertraulichen Informationen in den Verhandlungen getäuscht wird, ist die eigenverantwortliche Entscheidung nicht gesichert, was die Anfechtbarkeit der Einigung zur Folge hat.426 Die Aufgabe des Mediators liegt jedoch in der Sicherung einer eigenverantwortlichen Entscheidung und der Vermeidung der Abgabe einer Willenserklärung auf Grund eines Irrtums. Mit einer Verhandlungsleitung ohne die Berücksichtigung der wahren Umstände wird der Mediator bei einer Täuschung außerdem zum Verbündeten des Lügenden. Die Schlichtungspersonen würden somit ein ungerechtes und nicht rechtsverwirklichendes Verhandlungsergebnis unterstützen und sich unter Umständen sogar der Beihilfe zum Betrug gemäß §§ 263, 27 StGB strafbar machen. Die Strafbarkeit nach §§ 263, 27 StGB setzt die vorsätzliche Unterstützung oder Förderung eines Betruges voraus.427 Wenn der Mediator die Informationen aber zu Lasten der lügenden Partei verwendet, fehlt die erforderliche Unterstützung oder Förderung. Wegen der Risikominimierung für die Rechtsgutverletzung scheidet dann die Strafbarkeit nach § 263, 27 StGB aus.428 Daher ist festzustellen, dass die Schlichtungsperson bei ihren eigenen Handlungen die anvertrauten Informationen berücksichtigen muss und keine Lösung im Vertrauen auf falsche Informationen zulassen darf. Damit sich erst gar keine anderen Erwartungen bei den Parteien bilden und Enttäuschungserlebnisse vermieden werden, empfiehlt sich eine gesetzliche Regelung über die Verwendung anvertrauter Informationen. Diese wirkt sich zwar negativ auf die Chancen einer beidseitig befriedigenden Interessenlösung aus, da die Kommunikation weniger offen sein wird. Dieser Nachteil ist aber nicht ausschlaggebend, da die Beteiligten gegenüber dem Mediator ohnehin nur selten Lügen zugeben. Wenn die vertraulichen Informationen jedoch nur der eigenen Verwendung dienen und nicht Thema der Verhandlungen sind, liegt keine Täuschung vor, sodass ein Betrug ausscheidet.429 Gleichwohl können damit Verhandlungsergebnisse erzielt werden, die nicht der Rechtsverwirklichung dienen und nicht gerecht sind. Die Berücksichtigung von vertraulichen Informationen könnte deshalb nach ihrer rechtlichen Relevanz erfolgen. Eine rechtsverwirklichende Konfliktlösung wird durch die Befriedigung der Interessen und Verteilung des Kooperationsgewinnes unter Berücksichtigung der Kosten und Lasten nach der mutmaßlichen Rechtslage charakterisiert. Die Rechtslage als Verteilungsschlüssel beruht auf Informationen über das Konfliktgeschehen, also Tatsachen der Vergangenheit. Die Verwertung vertraulicher Informationen durch die Schlichtungsperson könnte demnach auf Informationen aus der Vergangenheit zu dem Konfliktgegenstand beschränkt 426 427 428 429

14*

Siehe zur Bestandkraft der Einigung 3. Teil B. XXII. 1. Cramer in: Schönke / Schröder, § 27 Rdz. 8; Tröndle / Fischer, § 27 Rdz. 2, 7. Cramer in: Schönke / Schröder, § 27 Rdz. 10. Beispielsweise bei unterschiedlichen Zukunftsprognosen.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

werden, sodass Informationen der Gegenwart und Erwartungen für die Zukunft von der Schlichtungsperson unberücksichtigt blieben. Allerdings kann die Konfliktlösung auf Grund unterschiedlicher Informationen sowie Erwartungen und entsprechender Entwicklungen als nicht gerecht angesehen werden. Demnach sind Informationen juristischer Relevanz zu verwerten, aber auch vertrauliche Informationen ohne juristische Bedeutung nicht zu ignorieren. Tatsachen, die nicht bewiesen werden können, bleiben im Gerichtsverfahren unberücksichtigt. Sie könnten deshalb auch bei der Schlichtung außer Acht gelassen werden. Allerdings kann sich die Beweissituation bis zur gerichtlichen Verhandlung noch ändern. Das Ziel der außergerichtlichen Streitbeilegung ist außerdem eine interessengerechte und rechtsverwirklichende Lösung. Die Schwächen der gerichtlichen Konfliktlösung dabei sollten nicht übernommen werden. Demnach sind nicht nur bewiesene oder beweisfähige Tatsachen zu verwerten. Im Rahmen der rechtlichen Bewertung ist aber auf die Beweislage hinzuweisen. Entsprechend § 263 StGB kommt jedoch eine Differenzierung danach in Betracht, ob die Informationen Meinungen und Werturteile oder Tatsachen betreffen.430 Interessenlösungen beruhen regelmäßig auf unterschiedlichen Präferenzen, Wertschätzungen, Meinungen und Erwartungen. Gerade insoweit ist deshalb eine offene Kommunikation anzustreben. Obwohl unterschiedliche Erwartungen und Meinungen ebenfalls die Rechtsverwirklichung beeinflussen, beruhen diese auf subjektiven Beurteilungen und nicht notwendig auf unterschiedlichen Informationen. Durch die sachgerechte Information ist eine autonome Entscheidung ausreichend gesichert. Die Berücksichtigung der Meinungen und Erwartungen würde außerdem regelmäßig eine Bewertung der Ansichten der Parteien erfordern. Dadurch würden die Wertschätzungen und Hoffnungen der Beteiligten ihre maßgebliche Bedeutung für die Konfliktlösung verlieren. Die Streitbeilegung auf der Basis der individuellen Bedürfnisse und Vorstellungen der Parteien wäre gefährdet. Meinungen und Erwartungen sind daher von der Schlichtungsperson bei der Verhandlungsleitung nicht zu Lasten der Parteien zu beachten, wenn keine Täuschung über zugrunde liegende Tatsachen erfolgt. b) Die Weitergabe anvertrauter Informationen Eine unvergleichlich stärkere Beeinträchtigung des Vertrauens und der Neutralität als die Berücksichtigung vertraulicher Informationen stellt ihre ungewünschte Weitergabe an die andere Partei dar. Auf diese Weise erlangen die Parteien Informationen, die sie ohne das Schlichtungsverfahren und den Mediator nicht erhalten 430 Die Grenze zwischen Tatsachen und Meinungen ist fließend, da in den Meinungen auch Tatsachen verarbeitet werden und zum Ausdruck kommen können. Im Einzelfall können die Schlichtungspersonen jedoch auf die Erläuterungen zu § 263 StGB zurückgreifen, wodurch die meisten Zweifel ausgeräumt sind, vgl. Cramer in: Schönke / Schröder, § 263 Rdz. 9 f.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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hätten. Diese Informationen nützen den Beteiligten nicht nur im Schlichtungsverfahren, sondern können auch in einem Gerichtsverfahren ausschlaggebend sein. Die informierte Partei erlangt damit einen fortdauernden Vorteil. Mit der Übermittlung anvertrauter Informationen wird der Mediator daher zum Verbündeten der anderen Partei. Das Schlichtungsverfahren soll jedoch keine Seite begünstigen oder benachteiligen. Unverwertbare Informationen über Meinungen und Erwartungen dürfen daher erst recht nicht übermittelt werden. Eine absichtliche Falschinformation ist jedoch nicht schützenswert, sodass in diesen Fällen eine Weiterleitung ausnahmsweise in Betracht zu ziehen ist. Allerdings ist die Weitergabe vertraulicher Informationen nur geboten, wenn ein ungerechtes und nicht rechtsverwirklichendes Verhandlungsergebnis nicht im Rahmen der Verfahrensleitung verhindert werden kann.431 Der Mediator kann das Verfahren aber jederzeit abbrechen, wenn die sich abzeichnende Konfliktvereinbarung ohne Täuschung nicht zustande kommen würde. Durch den Abbruch der Verhandlungen werden keine vertraulichen Informationen bekannt, aber eine ungerechte Einigung im Schlichtungsverfahren verhindert. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich die Parteien dennoch unter Fortwirkung der Täuschung aus dem Schlichtungsverfahren einigen. Die Schlichtungspersonen sind dann jedoch nicht mehr in die Verhandlungen einbezogen und auch nicht mehr mitverantwortlich für das Ergebnis. Eine weitergehende Pflicht zur Verhinderung der Abgabe einer Willenserklärung auf Grund einer Täuschung besteht nicht, da die Täuschung nicht auf dem Schlichtungsverfahren beruht, sondern auf dem Verhalten der anderen Partei. Der Abbruch der Verhandlungen durch den Schlichter trotz Chancen einer Einigung ist aber zugleich ein hinreichendes Warnsignal an die Parteien. Zur Verdeutlichung kann die Schlichtungsperson den Verhandlungsabbruch mit einem Täuschungsversuch begründen. Sie muss dabei aber nicht die vertraulichen Informationen offenbaren. Wegen des dadurch erweckten Misstrauens der Beteiligten ist eine Einigung aber kaum mehr zu erwarten. Statt dieser werden die Parteien eine gerichtliche Entscheidung anstreben, bei der die bisherige Täuschung keine Bedeutung hat. Die Weitergabe anvertrauter Informationen durch die Schlichtungsperson ist also nicht erforderlich. Im Ergebnis ist die Schlichtungsperson zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Auf Grund der Berufspflichten besteht bei Anwälten nach § 2 BORA und § 43a Abs. 2 BRAO und bei Notaren gemäß § 18 BNotO als Schlichtungspersonen eine Verschwiegenheitspflicht.432 Handlungsbedarf besteht deshalb nur für Schlichtungspersonen anderer Berufsgruppen. In Baden-Württemberg können nach § 3 Abs. 4 SchlG BW auch andere Berufsgruppen zugelassen werden. Deren Verschwiegenheitspflicht ergibt sich aus § 6 Abs. 1 S. 2 SchlG BW. Für die SchiedsZu den Mitteln der Verfahrensleitung siehe 3. Teil B. XVII. 2. Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein verweisen deshalb in Art. 8 Abs. 1 S. 2 BaySchlG, § 34c Abs. 3 S. 2 SchStG LSA und § 8 Abs. 1 S. 1 LSchliG Schl-H auf die Berufspflichten der Notare beziehungsweise Rechtsanwälte. 431 432

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männer resultiert die Verschwiegenheitspflicht aus den § 10 SchAG NRW, § 11 BbgSchG, § 10 Abs. 1 HSchAG, § 10 Abs. 1 SSchO, § 11 Abs. 1 SchStG LSA und § 10 SchO Schl-H. 2. Sicherung der Vertraulichkeit nach Beendigung des Verfahrens Bei gescheiterten Verhandlungen besteht die Gefahr, dass die Parteien die Inhalte der Schlichtungsverhandlungen in einem Gerichtsverfahren vortragen, um ihre Position zu verbessern.433 Damit würden in einem öffentlichen Gerichtsverfahren auch Unbeteiligte von dem Inhalt der Verhandlungen erfahren. Vertrauen im Verfahren setzt aber auch voraus, dass nach dessen Beendigung die offen gelegten Informationen vertraulich behandelt werden.434 Aus diesem Grund sind die Parteien und die Schlichtungsperson zur Verschwiegenheit auch nach Beendigung des Verfahrens zu verpflichten.435 a) Zeugnisverweigerungsrecht und -pflicht des Mediators Der Mediator könnte in einem späteren Prozess über den Gegenstand der Verhandlungen als Zeuge bestellt werden. Dies ist insbesondere wahrscheinlich, wenn die Schlichtungsperson die Verhandlungen abbricht.436 Wenn die Mediatoren verpflichtet sind, über den Inhalt der Verhandlungen auszusagen und die vertraulichen Informationen bekannt zu geben, werden wegen der Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens nicht nur die Beteiligten und der Richter von den anvertrauten Informationen Kenntnis erlangen. Das Entstehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Beteiligten und dem Mediator würde dadurch erschwert.437 Um dieses Hindernis zu überwinden, ist ein die Verschwiegenheitspflicht der Schlichtungsperson ergänzendes Zeugnisverweigerungsrecht notwendig.438 Im Zivilprozess wird die Verschwiegenheitspflicht für Anwälte und Notare durch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gewährleistet.439 Für 433 In Betracht kommt beispielsweise die Darstellung eines großzügigen Angebotes als Bestätigung für die eigene Darstellung der Sach- oder Rechtslage durch die andere Partei. 434 Groth / von Bubnoff, NJW 2001, 338 (339). 435 Bei den Regelungen der Verschwiegenheitspflicht der Länder für ihre Schlichtungspersonen wurde dies berücksichtigt. 436 Zum Abbruch der Verhandlungen als Gestaltungsmittel siehe 3. Teil B. XVII. 2.a) gg). 437 Auf dieses Problem hinweisend, Breidenbach, S. 288; Ewig, BRAK-Mitt 1996, 147 (148). Bei der nicht gesetzlich geregelten Mediation kommt nur eine Regelung im Mediationsvertrag über die Verschwiegenheitspflicht des Mediators und die ausschließlich gemeinsame Entbindung in Betracht. 438 Mit Hinweisen auf die Regelungen in der Schweiz und Frankreich, Stadler, NJW 1998, 2479 (2484); Wagner, JZ 1998, 836 (845). 439 Zum Umfang, BGH, NJW 2005, 1948 ff.

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die Schlichter anderer Berufsgruppen ergibt sich auf Grund der gesetzlich geregelten Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Unsicherheiten bestehen allerdings hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht und dem Zeugnisverweigerungsrecht von Schlichtern bei sonstigen Gütestellen.440 Soweit als Schlichter nicht Anwälte oder Notare eingesetzt werden, kann eine Verschwiegenheitspflicht in die jeweilige Schlichtungsordnung aufgenommen werden. Der § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ist offen formuliert, sodass ein Zeugnisverweigerungsrecht auch ohne gesetzliche Schweigepflicht allen Personen zusteht, die einen Beruf ausüben oder ein Gewerbe betreiben, aus dem nach der Verkehrssitte eine gleichartige oder ähnliche Vertrauensstellung und Geheimhaltungspflicht resultiert.441 Der Mediator soll Vertrauensperson sein. Aus diesem Grund wird auch in allen Schlichtungsordnungen die Vertraulichkeit und Verschwiegenheit zugesichert, sodass eine Verkehrssitte angenommen werden kann. Damit steht dem Mediator neben einer Verschwiegenheitspflicht auch ein Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilprozess zu.442 Eine weitere Gefahr für den Vertrauensschutz resultiert aus der Möglichkeit der Parteien, die Schlichtungspersonen von ihrer Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, sodass nach § 385 Abs. 2 ZPO ihr Zeugnisverweigerungsrecht entfällt. Das Erfordernis der gemeinsamen Befreiung löst dieses Problem nicht. Nach der Entbindung des Mediators von der Schweigepflicht durch eine Partei besteht die Gefahr, dass für die andere Partei wegen der fehlenden Zustimmung zu dessen Aussage im Rahmen der Beweiswürdigung Nachteile entstehen.443 Zur Vermeidung dieser Nachteile wird erwogen, den Parteien die Entbindung der Schlichtungsperson von ihrer Verschwiegenheitspflicht zu verbieten.444 Dadurch würden die Beteiligten aber die Möglichkeit einer Aussage der Schlichtungsperson in allen Fällen vollständig verlieren. Im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht der Parteien ist die Entziehung der Dispositionsbefugnis nicht erforderlich. Die Verweigerung der Entbindung kann bereits mit dem Verstoß der anderen Partei gegen die Verschwiegenheitspflicht begründet werden, wodurch die Vorwerfbarkeit als Groth / von Bubnoff, NJW 2001, 338 (340). Berger in: Stein / Jonas, § 383 Rdz. 87. 442 Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (7 f.); Eckhardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 (790); dagegen Groth / von Bubnoff, NJW 2001, 338 (340 ff.), der jedoch nicht deutlich zwischen Zeugnisverweigerungsrecht nach StPO und ZPO unterscheidet. 443 BGH, MDR 1984, 48; BayObLG, FamRZ 90, 207; Greger in: Zöller, § 385 Rdz. 13; Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (8); Eckhardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 (790). 444 Für diesen Weg Henssler in: Henssler / Koch, S. 87 (102); Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (6). Im Rahmen der Schlichtungsordnung können diesen Weg auch die sonstigen Gütestellen nach § 15a EGZPO wählen. Durch die Verhandlung vor dieser Stelle wird diese Pflicht wirksam. Die notwendige Entbindung durch das Gericht nach § 10 Abs. 2, 3 SchAG NRW, § 10 Abs. 2, 3 HSchAG, § 10 Abs. 2, 3 SSchO, § 11 Abs. 2 SchStG LSA, § 10 Abs. 2, 3 SchO Schl-H und § 18 Abs. 2, 3 BNotO hat hier Vorteile. Allerdings soll das Gericht nach diesen Regeln bei beidseitigem Einverständnis befreien, sodass das Problem nicht vollständig beseitigt ist. 440 441

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Voraussetzung der Beweisvereitelung entfällt und grundsätzlich keine Nachteile entstehen.445 Der Vertrauensschutz nach diesen Regeln ist jedoch nicht lückenlos. Es besteht die Möglichkeit ein Strafverfahren zur Beweismittelgewinnung zu veranlassen und dann die gewonnenen Erkenntnisse in einem Zivilprozess zu verwenden.446 Eine Pflicht zur Verschwiegenheit resultiert zwar auch aus § 203 StGB für Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Berufspsychologen. Allerdings führt die strafprozessuale Aussagepflicht dazu, dass diese Berufsgruppen soweit ihnen nach der StPO kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht gleichwohl aussagen müssen. Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO in Strafverfahren aber nur für Anwälte und Notare. Schlichtungspersonen werden in § 53 StPO nicht erwähnt, und eine analoge Anwendung wurde bisher stets abgelehnt.447 In Betracht kommt lediglich die Anwendung des § 54 StPO, wonach die Aussagepflicht eines Beamten und einer Personen des öffentlichen Dienstes von der Genehmigung des Dienstherrn abhängig ist. Soweit Schiedsmänner nach Landesrecht nicht Ehrenbeamte und folglich Beamte im Sinne des § 54 I StPO sind,448 gehören sie jedoch zu den anderen Personen des öffentlichen Dienstes.449 Gleiches gilt auf Grund der Bestellung durch das Gericht nach dem vorgeschlagenen Modell auch für die Schlichtungspersonen. Mithin kommt es auf die Erteilung der Aussagegenehmigung an. Hierbei wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine sehr enge Auffassung vertreten, nach der es nicht auf den Schutz des Vertrauensverhältnisses für die Erteilung der Aussagegenehmigung ankommen soll, da diese nur nach § 53 StPO geschützt werden.450 Die Zeugnisgenehmigung soll vielmehr nur verweigert werden dürfen, wenn ansonsten Nachteile für das öffentliche Wohl drohen oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gefährdet ist. Allerdings geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Schiedsleute ohne vertrauliche Mitteilungen arbeiten können und sollen. Im Rahmen der Mediation wird jedoch der Konsens auf Grund erweiterter Informationen gesucht. Wenn die Parteien sich nicht auf die Vertraulichkeit verlassen können, werden sie diese nicht preisgeben und Schlichtungsleute können wie die Schiedsmänner und Schiedsfrauen insgesamt gesehen ihre Aufgabe schlechter erfüllen. Bei dem vorgeschlagenen Modell ist mit einer ent445 Empfehlung der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer für eine Güteordnung, DNotZ 2000, 1 (6). Kritisch zur Vermeidung von Nachteilen, Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (7). 446 Gummer in: Zöller, § 14 EGZPO, Rdz. 2. 447 Darauf hinweisend, Eckardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 (788). Eine analoge Anwendung des § 53 StPO auf Schiedspersonen wurde abgelehnt, BVerwG, NJW 1964, 1088 (1089). Die Argumentation ist jedoch im Hinblick auf das erforderliche Vertrauensverhältnis für die mediativ zu behandelnden Zivilrechtskonflikte nicht überzeugend. 448 Dahn in: Löwe / Rosenberg, § 54 Rdz. 6; Meyer-Goßner, § 54 Rdz. 4. 449 Dahn in: Löwe / Rosenberg, § 54 Rdz. 9; Meyer-Goßner, § 54 Rdz. 10; OLG Hamm, NJW 1968, 1440. 450 BVerwG, NJW 1964, 1088 (1089).

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sprechenden Regelung als Sonderdienstvorschrift zusätzlicher Vertrauensschutz für die Parteien zu erreichen. Dementsprechend hat nach § 10 Abs. 2, 3 SchAG NRW und § 10 Abs. 2, 3 HSchAG das Amtsgericht die Aussage einer Schlichtungsperson zu genehmigen.451 Ungelöst bleibt damit jedoch das Problem, soweit die Bestellung der Schlichtungspersonen nicht von staatlicher Stelle erfolgt. Die Schlichtungsperson kann dann nicht als andere Person des öffentlichen Dienstes angesehen werden. Erhebliche Lücken des Vertrauensschutzes bestehen auch für die sonstigen Schlichtungsstellen nach § 15a III EGZPO. Nichtanwaltliche Schlichter unterliegen daher insoweit in einem Strafverfahren grundsätzlich der Aussagepflicht. Die Regelungskompetenz eines Zeugnisverweigerungsrechtes für Strafverfahren besitzen aber nicht die Länder.452 Die wirksame Berufung im Strafverfahren auf die Zeugnisverweigerungsrechte nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 BaySchlG und § 8 Abs. 1 S. 2 LSchliG Schl-H dürfte daher nicht gelingen. Damit bleibt die erforderliche Regelung eines allgemeinen Zeugnisverweigerungsrechtes für Mediatoren im Strafverfahren Aufgabe des Bundesgesetzgebers. b) Verschwiegenheitspflicht der Parteien Darüber hinaus besteht aber eine weitere Lücke. Es kommen als Beweismittel für den Inhalt der Schlichtungsverhandlung nämlich noch etwaige Aufzeichnungen und Entwürfe in Betracht. Es gilt daher am besten zu vermeiden, dass die Parteien überhaupt den Inhalt des Schlichtungsverfahrens vor Gericht thematisieren. 453 Dieses Risiko kann durch Einzelgespräche gemindert werden. Obwohl das Einigungspotenzial durch die Kenntnis des Mediators von allen wichtigen Informationen ausgenutzt werden kann, erlangen die Parteien dadurch weniger und nur ausgewählte Informationen voneinander. Die Möglichkeit des Missbrauchs von Informationen aus dem Schlichtungsverfahren kann damit reduziert werden. Allerdings ist dieser Weg nicht immer praktikabel und aus Mangel an direkter Kommunikation auch nicht unbedingt wünschenswert. Weiteren Schutz vor der nachteiligen Verwertung von Informationen bietet der im Verantwortungsbereich des Mediators liegende Informationsgleichstand.454 Effektiv wäre auch eine Regelung, die das Einbringen von Informationen aus dem Güteverfahren in den Gerichtsprozess ausschließt.455 Dann kann sich die angegriffene Partei auf die Pflicht zur Verschwiegenheit berufen und die Unbeacht451 In Schleswig-Holstein gilt dies nur für die Schlichtung durch Schiedspersonen, vgl. § 7 S. 1 LSchliG Schl-H und § 10 SchO Schl-H. 452 Zum Zeugnisverweigerungsrecht von Presseangehörigen nach Landesrecht, BVerfGE 36, 193 (202); 36, 314 (319). 453 Neuhaus, ZKM 2002, 8 (9). 454 Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (10); Neuhaus, ZKM 2002, 8 (10). 455 Empfehlung der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer für eine Güteordnung, DNotZ 2000, 1 (6); Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (529); Wagner, NJW 2001, 1398.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

lichkeit des Sachvortrages und der Beweise geltend machen, weil dieser gegen die Verschwiegenheitspflicht verstößt.456 Daran ändert auch die Wahrheitspflicht nach § 138 ZPO mangels Kenntnis der Wahrheit nichts. Tatsachen aus dem Schlichtungsverfahren werden damit nicht Gegenstand der Beweisaufnahme sein. Zudem können daraus etwaige Schadensersatzansprüche resultieren, sodass eine solche Pflichtverletzung keinen wirtschaftlichen Nutzen hat. Die Risiken für das Vertrauen durch Urkundenbeweise mittels Niederschriften aus den Verhandlungen, durch die Zeugenvernehmung der Schlichtungsperson und anderer Verfahrensbeteiligter oder die Parteivernehmung nach § 445 ZPO sind daher begrenzt. Ein Risiko für die Vertraulichkeit bestände aber noch, wenn die Berufung auf die Verschwiegenheitspflicht oder die mangelnde Entbindung eine Beweisvereitelung darstellt. Durch die Beweiserleichterung oder -umkehr wird die Partei belastet, die sich auf die Verschwiegenheitspflicht beruft. Nachteile durch die Offenbarung von Informationen blieben somit möglich, sodass eine vertrauensvolle Kooperation behindert wird. Die Beweisvereitelung setzt die schuldhafte Verhinderung des Beweises voraus.457 Durch eine gesetzliche Regelung der Verschwiegenheitspflicht über Informationen des Güteverfahrens wäre jedoch die Vorwerfbarkeit ausgeschlossen. Allerdings ist nicht völlig auszuschließen, dass sich die Aufforderung zur Unterlassung der Beweisführung und der Antrag auf die Unbeachtlichkeit des Sachvortrages faktisch im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO nachteilig auswirken.458 Zu der Vermeidung dieses Risikos könnte zusätzlich die Disposition der Parteien ausgeschlossen werden.459 Der Vertrauensschutz erfolgt aber im Interesse der Parteien, sodass auch gegebenenfalls ihr gemeinsames Interesse an der Aufhebung der Vertraulichkeit verwirklicht werden können muss. Vielmehr erscheint deshalb eine gesetzliche Regelung angemessen, nach der ausdrücklich die Berufung auf die Verschwiegenheitspflicht nicht zu Lasten der Partei verwertet werden darf.460 Für eine Regelung zur Beweiswürdigung fehlt den Ländern jedoch die Gesetzgebungskompetenz.461 Bei sonstigen Gütestellen im Sinne des § 15a Abs. 3 EGZPO kann die Verschwiegenheitspflicht in die Güteordnung aufgenommen werden. Eine Beschrän456 Ungeschehen kann diese Indiskretion nicht gemacht werden, Eckhardt / Dendorfer, MDR 2001, 786 (787). Zusätzlich vereinbarte Vertragsstrafen wären jedoch ein Mittel zu deren Verhinderung, Neuhaus, ZKM 2002, 8 (9, 12). 457 Prütting in: MünchKomm ZPO, § 286 Rdz. 78; Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 286 Anh Rdz. 27. 458 Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (7). 459 Alternativ dazu käme auch eine vertragliche Regelung in Betracht, BRAK-Ausschuss Mediation, BRAK-Mitt 1996, 187; Mähler / Mähler, ZKM 2001, 4 (8). 460 Gleiches gilt für den Fall, dass eine Partei dem Angebot zur Aufhebung dieser Pflicht nicht zustimmt. 461 Mit den Regelungen in der ZPO hat der Bund umfassend die Beweiswürdigung normiert. Die Länder haben deshalb trotz konkurrierender Gesetzgebung nach Art. 74 Nr. 1 GG keinen Regelungsspielraum mehr.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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kung der Beweismittel in einem Gerichtsverfahren ist durch Parteivereinbarung möglich.462 Mit dem Einverständnis in die Güteordnung würde diese Pflicht wirksam begründet werden.463 Die Weigerung der Aufhebung dieser Pflicht kann auch hier zu ihrem Nachteil im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO verwendet werden.464 Allerdings ist der Versuch, derartige Tatsachen in ein gerichtliches Verfahren einzubringen, bereits als treuwidrige Pflichtverletzung anzusehen. Dadurch entfällt jedenfalls der Schuldvorwurf bei der Verweigerung des Beweises. Darüber hinaus sind Vortrag und Beweisantritt unbeachtlich.465 Nachteile bei der Beweiswürdigung sind aber ebenso nicht ausgeschlossen. Die Verschwiegenheitspflicht erfasst nur Informationen, die im Schlichtungsverfahren erlangt wurden. Diese Einschränkung ist erforderlich, damit Fakten und Beweise, die bereits bekannt oder zugänglich waren, aber in dem Schlichtungsverfahren erörtert und eingebracht worden sind, später in einem Gerichtsverfahren vorgetragen werden können.466 Es bestände sonst die Gefahr, dass gerade durch das Schlichtungsverfahren der Sach- und Rechtsvortrag der Parteien behindert würde. Der Vertrauensschutz muss und kann auch dann zurücktreten, wenn der Inhalt der Konfliktlösung Gegenstand eines Prozesses ist. In diesem Fall sollte auch die Schlichtungsperson als Zeuge für den vereinbarten Inhalt vernommen werden dürfen.467 In Haftpflichtprozessen gegen den Mediator kann die Schweigepflicht ebenfalls nicht fortbestehen, da dadurch für ihn eine Verteidigung unmöglich wäre.468 c) Ausschluss der Weitervertretung einer Partei durch die Schlichtungsperson Für Anwälte würde die weitere Vertretung nach gescheiterten Verhandlungen einen Anreiz zur Tätigkeit als Vermittler darstellen, da sie auf diese Weise Mandanten akquirieren könnten. Allerdings erschwerte die Möglichkeit der Weiterver462 Leipold in: Stein / Jonas, § 286 Rdz. 133; Prütting in: MünchKomm ZPO, § 286 Rdz. 152; Wagner, NJW 2001, 1398 (1399). 463 Das ist international üblich, Wagner, NJW 2001, 1398 (1399). Zwar kann die Klauselkontrolle nach den §§ 305 ff. BGB wegen § 310 Abs. 3 BGB grundsätzlich Anwendung finden, Werner in: Erman, § 24a AGBG Rdz. 26, jedoch liegt kein Verstoß gegen die §§ 308, 309 BGB vor. Da diese Regelung beide Parteien betrifft, liegt auch keine Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB vor, Wagner, NJW 2001, 1398 (1400). 464 Daher gegen die Möglichkeit der Entbindung durch die Parteien, Henssler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23 S. 525 (531). 465 Wagner, NJW 2001, 1398 (1399 f.). 466 So nach der Art. 7 2 a) der ICC ADR und der Federal Rule of Evidence 408 als zentrale Regelung in den USA. Zu deren Lücken, Hager, S. 118 f. 467 Sherman, 46 Stanford Law Review (1994), 1553 (1580); Hager, S. 121 f. 468 Dazu und zu weiteren Fällen der Entbindung von der Schweigepflicht bei Anwälten, Vollkommer, Rdz. 210; Haug in: Borgmann / Haug, Kapitel IV, Rdz. 162 ff.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

tretung die Verhandlungen. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Streitparteien und der Schlichtungsperson ist jedoch gefährdet, wenn diese eine Partei nach dem Scheitern der Verhandlungen vor Gericht vertreten kann. Aus der Weitervertretung resultiert ein großes Risiko der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. In jedem Fall hat die Partei durch das Wissen der Schlichtungsperson aber erhebliche Vorteile, wenn diese es zu Lasten der anderen Partei im Prozess ausnutzt. Die Möglichkeit der Weitervertretung nach dem Abbruch des Mediationsverfahrens würde also eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Beteiligten erheblich behindern.469 Außerdem schmälert die Aussicht auf die spätere gerichtliche Vertretung einer Partei das Interesse der Schlichtungsperson an einer Lösung. Daher droht sogar die Gefahr, dass die Schlichtungsperson eine Lösung behindert. Auf Grund der Nachteile ist eine Normierung des Verbots der Weitervertretung geboten, soweit es nicht bereits besteht.470 Ein solches Verbot ergibt sich möglicherweise bereits aus der BRAO. Die weitere Vertretung einer Partei ist regelmäßig die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Auf Grund des weitgehenden Ausschlusses anderer Berufsgruppen von der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten durch das Rechtsberatungsgesetz stellt sich das Problem der weiteren Vertretung hauptsächlich für Rechtsanwälte. Der Weitervertretung durch Rechtsanwälte steht aber bereits § 43a Abs. 4 BRAO entgegen, da grundsätzlich ein Widerstreit zwischen den Schlichtungsinteressen und dem Interesse an der einseitigen Durchsetzung der Rechtsposition einer Partei vorliegt.471 Dies gilt auch, wenn die beidseitige Beratung am Anfang stand und später nur eine Partei weiter beraten wird.472 Im Fall der anschließenden Weitervertretung einer Partei wirken nämlich die begründeten Pflichten auch nach der Beendigung des gemeinsamen Mandats fort.473 Anders als bei der vorherigen Parteivertretung und anschließenden Mediation kommt eine Neudefinition der Pflichten nicht in Betracht, da nicht alle Parteien daran beteiligt sind.474 Mediation als Form der außergerichtlichen Streitschlichtung ist auch eine anwaltliche Tätigkeit nach §§ 1 Abs. 3, 18 BORA. Die Vertretung nach Durchführung eines Mediationsverfahrens verstößt somit gegen Breidenbach, S. 288 f. Dies wurde sogar in § 2 Abs. 2 des Entwurfs vom DAV zur Umsetzung des damals noch zukünftigen § 15a EGZPO wegen der vermeintlichen Unvollständigkeit des § 45 BRAO aufgenommen, AnwBl. 1997, 545 (546, 549). 471 3. Teil B. IV. 4. e) aa). 472 Anders jedoch BGH, AnwBl. 1955, 69 (70). Danach soll nur ausnahmsweise ein Interessenwiderstreit möglich sein, wenn für den Anwalt über den Vermittlungsauftrag hinaus ein weitergehendes Treueverhältnis besteht. Von einem solchen wäre aber auf Grund der intensiven Beratung und der notwendigen Aufdeckung der Interessen beider Parteien bei der Mediation auszugehen. 473 Zur Fortwirkung des Verbotes der Vertretung widerstreitender Interessen nach Auftragsbeendigung, Feuerich in: Feuerich / Braun, § 43a Rdz. 55, 77. 474 Eine Zustimmung der Parteien insoweit unbeachtlich haltend, OLG Karlsruhe, ZKM 2002, 83 (84). 469 470

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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§ 43a Abs. 4 BRAO. Der § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO regelt den Interessenwiderstreit in Sonderfällen, wenn § 43a Abs. 4 BRAO wegen mangelnder anwaltlicher Funktionen ausscheidet.475 Da § 43a Abs. 4 BRAO jedoch einschlägig ist, fehlt für die Anwendung des § 45 Abs. 1 BRAO das Bedürfnis und für dessen analoge Anwendung die planwidrige Regelungslücke.476 Auf Grund des Pflichtverstoßes gegen § 43a Abs. 4 BRAO würde mit der weiteren Vertretung einer Partei auch der Tatbestand des § 356 StGB erfüllt.477 Aus dem Berufsrecht und § 356 StGB resultiert damit das Verbot für Anwälte, nach dem Scheitern von Schlichtungsverhandlungen eine der Parteien in dieser Angelegenheit weiter zu vertreten.478 Das RBerG sieht aber Ausnahmen für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheit vor, sodass ausnahmsweise auch andere Berufsgruppen die Vertretung der Parteien übernehmen können. In diesen Fällen ist die Weitervertretung nicht nach den §§ 43a Abs. 4, 45 BRAO, § 356 StGB ausgeschlossen. Soweit man die Weitervertretung nicht bereits als Verstoß gegen eine fortdauernde Neutralitätspflicht ansieht,479 besteht insoweit Bedarf für eine gesetzliche Regelung, wenngleich die denkbaren Fälle selten sind.480 Bayern hat in Art. 8 Abs. 2 S. 2 BaySchlG eine entsprechende Regelung aufgenommen. Unter Berücksichtigung dieser Gedanken ergibt sich daher folgender Formulierungsvorschlag: § 15 Vertraulichkeit des Verfahrens I Die Schlichtungsperson hat die anvertrauten Informationen zur Sicherung eines gerechten und rechtsverwirklichenden Ergebnisses bei den Verhandlungen zu berücksichtigen. Das gilt nicht für anvertraute Meinungen und Erwartungen ohne rechtliche Relevanz, wenn keine Täuschung über diese vorliegt. II In den Verhandlungen kann jede Partei die Übermittlung anvertrauter Informationen an die anderen Beteiligten durch die Schlichtungsperson zulassen. III Die Beteiligten sind zur Verschwiegenheit über die Vorgänge des Schlichtungsverfahrens verpflichtet und dürfen diese nicht in ein Gerichtsverfahren einbringen, soweit sie nicht bereits bekannt waren oder anderweitig bekannt wurden. IV Die Schlichtungsperson ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Verschwiegenheit bezieht sich auf alles, was ihr bei Ausübung des Amtes bekannt geworden ist. Die Pflicht zur Verschwiegenheit entfällt, wenn 1. die Beteiligten hiervon Befreiung erteilen, 2. in Prozessen um den Inhalt und die Durchsetzung der Konfliktlösung und 3. in Regressprozessen gegen den Mediator. Eylmann in: Henssler / Prütting, § 45 Rdz. 23. Dennoch für die Disqualifikation nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO, Henssler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23, S. 525 (534). 477 Ewig, BRAK-Mitt 1996, 147 (148). A.A. OLG Karlsruhe, ZKM 2003, 133 (134 f.); dazu krit. Kilian, ZKM 2003, 135 (136). 478 Ewig, BRAK-Mitt 1996, 147 (148). 479 Hager, ZKM 2003, 52 (55). 480 Vgl. Art. 7 3. der ICC ADR. 475 476

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

V Der Schlichtungsperson steht im Rahmen ihrer Verschwiegenheitspflicht ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. VI Die Schlichtungsperson darf keine Partei nach dem Schlichtungsverfahren in demselben Lebenssachverhalt beraten oder vertreten.

XVI. Wahrheitspflicht der Parteien Für die Parteien gilt nach § 138 Abs. 1 ZPO im Zivilprozess die Wahrheitspflicht. Für ein Verfahren, das diesem vorausgeht und den Gerichtsprozess vermeiden soll, kann nichts anderes gelten. Außerdem ist nur auf Grund wahrer Tatsachen eine gerechte Lösung zu finden. Die Streitenden dürfen also keine Erklärungen wider besseres Wissen abgeben.481 Als Sanktion kommen § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGBt in Betracht, wenn die Einigung wegen einer Lüge zustande kam. Die Schlichtungsperson sollte auf die Wahrheitspflicht hinweisen und deren Erfüllung verfolgen. Es empfiehlt sich daher folgende Regelung: § 16 Wahrheitspflicht Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

XVII. Aufgaben und Kompetenzen der Schlichtungsperson bei den Verhandlungen Die Aufgaben und Kompetenzen der Dritten sind bei den alternativen Konfliktbehandlungsverfahren Mediation im engeren Sinn, conciliation, mini-trial, renta-judge und fast-track-arbitration grundsätzlich unterschiedlich,482 wobei reine Formen in der Praxis kaum vorkommen.483 Es besteht daher auch keine einheitliche Auffassung über die Rolle des Mediators, insbesondere über die Aufgaben und Befugnisse während des Verfahrens.484 Die Verfahrensordnungen der Länder überlassen die Verfahrensgestaltung den Schichtungspersonen, ohne dass eine entsprechende Ausbildung als Mediator vorausgesetzt wird. Die Schlichter sind deshalb über ihre Aufgaben und Befugnisse verunsichert und wünschen sich teilweise Regelungen.485 Ein sicheres Auftreten 481 Hendel, RuP 1977, 9 (14). Gegen eine Wahrheitspflicht im Verfahren nach § 27a UWG ohne Begründung, Baumbach / Hefermehl, § 27a UWG Rdz. 9. 482 Labes, DZWiR 1998, 353 (360 f.); Weigand, BB 1996, 2106 (2107); Schack, S. 82 ff. 483 Duve, S. 220. 484 Duve, S. 264. 485 Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (214, 216); Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 45 (47). Zu den Unsicherheiten der Schiedspersonen im strafrechtlichen Bereich, Sabrotzky, S. 109 ff. Die Unsicherheit spiegelte sich auch bei den Diskussionen auf dem An-

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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der Schlichtungspersonen ist notwendig für ihre Respektierung. Nur so kann sie auf die Berücksichtigung von Schutzgesetzen hinwirken und außerrechtliche Verhandlungsmacht kompensieren. Zudem bieten Verfahren grundsätzlich mit zunehmender Formalisierung mehr Schutz.486 Letztlich drohen im Hinblick auf die unterschiedlichen Erwartungen der Parteien sonst auch Regressprozesse.487 Allerdings schränkt eine strikte Regelung des Verfahrens und der Kompetenzen die Flexibilität ein, die die Grundlage der Vorteile gegenüber einem Gerichtsverfahren ist. In Abwägung dieser Gesichtspunkte sind die Aufgaben und Pflichten des Mediators bei der Verhandlungsleitung als unverbindliche Richtlinien in das Gesetz aufzunehmen, von denen der Mediator aus sachlichen Gründen abweichen darf. 1. Aufgaben der Schlichtungsperson Die Chancen einer Kooperationslösung setzen sachbezogene Verhandlungen voraus.488 Sachbezogenes Verhandeln bedeutet, dass sich die Beteiligten als Problemlöser sehen, die ein vernünftiges und effektives Ergebnis erzielen wollen. Dazu ist vor allem die Vermeidung von Verhandlungsstrategien erforderlich. Der Mediator hat damit seine Rolle als Wächter sachbezogenen Verhandelns zu begreifen. Er muss aber auch für eine positive Kommunikation zwischen den Beteiligten sorgen und auf eine Trennung der persönlichen von der sachlichen Ebene achten.489 Im Übrigen stehen seine Aufgaben in einem engen Zusammenhang zu der Verhandlungsebene, die von den verfolgten Zielen bestimmt wird. Die schnelle und kostengünstige Streitbeilegung setzt regelmäßig eine rechtliche Beurteilung voraus, da auf Basis der Erfolgschancen relativ schnell ein Verteilungsschlüssel gefunden werden kann. Bei Tatsachenkonflikten, wie Verkehrsunfällen und Bausachen, lässt sich durch eine zügige Aufklärung oft schnell eine Einigung erzielen.490 Allerdings kann die Aufarbeitung der Tatsachen auch sehr kompliziert sein und deshalb viel Zeit und Geld für Gutachter kosten. Zwar nehmen die Erforschung der Interessen und die Suche nach Möglichkeiten ihrer Befriedigung ebenso Zeit in Anspruch, doch kann auf diese Weise ein Kooperationsgewinn erzielt werden. Soweit dadurch beide Parteien befriedigt werden können, ist der Gesamtnutzen höher und eine Einigung kostengünstiger zu erzielen.491 In waltstag in Bremen 2001 wider. Die Diskussion über Ausbildungsstandards wurde überlagert durch die kontroversen Auffassungen zu den Aufgaben und Befugnissen. 486 Shetreet in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 111 (121). 487 Bei der bisher noch geringen Anwendungsbreite wurde deshalb bereits ein Prozess geführt, OLG Hamm, MDR 1999, 836. 488 Zum sachbezogenen Verhandeln, Fisher / Ury / Patton, S. 29 ff. 489 Vgl. auch Alexander, S. 88. 490 Für die Lösung von Konflikten durch Sachaufklärung, Haß, AnwBl. 1989, 462 (464 ff.). 491 Mähler / Mähler in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 129 (136).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

einem effektiven Konfliktlösungsmechanismus sollten somit die Verhandlungen auf der interessen- und rechtsorientierten Ebene verlaufen. Die Förderung der individuellen Konfliktlösung bedarf der Thematisierung der Interessen. Allerdings setzen eigenverantwortliche Entscheidungen auch die Kenntnis der eigenen Rechte voraus. Am meisten wird die Eigenverantwortung im konkreten Konflikt aber gefördert, wenn die Parteien beide Verhandlungsebenen kennen lernen und dann bereits eine eigene Entscheidung über die Ebene, auf der eine Lösung erzielt werden soll, treffen. Grundsätzlich erfordert demnach die eigenverantwortliche Konfliktbewältigung die Erörterung der Rechts- und Interessenlage. Der Zugang zum Recht kann nur mit einem Verfahren erleichtert werden, das die Rechtslage widerspiegelt. Die Verhandlung über Interessen ohne Berücksichtigung der Rechtslage kann dagegen sogar der Rechtsverwirklichung entgegenstehen und zur Normerosion beitragen. Soweit die Wahrnehmung und Durchsetzung von Rechten gefördert werden sollen, ist daher ein rechtsorientierter Mediationsstil erforderlich. Der Vorteil der außergerichtlichen Streitbeilegung für die Aufrechterhaltung der Beziehung liegt gerade in der geringeren Bedeutung des Rechtes, da sich dessen Thematisierung polarisierend und folglich negativ auf die Beziehung auswirkt. Es sind stattdessen die Interessen und Motive hinter den bezogenen Standpunkten herauszustellen, damit die Parteien füreinander mehr Verständnis aufbringen können. Wenn damit noch keine Fortschritte erzielt werden, sollten auch die tiefer liegenden Konfliktursachen einbezogen werden, womit die Grenze zwischen Mediation und Therapie relevant wird.492 Der Schwerpunkt der Verhandlungen sollte demnach also unbedingt auf der Interessenebene liegen. Soweit mit der Beilegung des konkreten Konfliktes zugleich ein Beitrag zur Verbesserung der Streitkultur in unserer Gesellschaft geleistet werden soll, müssen das kooperative Konfliktverhalten und die Interessen im Vordergrund der Verhandlungen stehen. Außerdem setzt die Stärkung der Gemeinschaften eine gruppenunmittelbare Konfliktlösung voraus, wobei als Mediatoren Gruppenmitglieder tätig werden.493 Da diesen aber meist die erforderlichen Rechtskenntnisse fehlen, scheiden rechtsorientierte Verhandlungen aus. Mithin können die Verhandlungen nur auf der Interessenebene geführt werden. Die Realisierung der verschiedenen Potenziale hängt davon ab, ob eine rechtsorientierte oder interessenorientierte Mediation durchgeführt wird. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Initiierung eines außergerichtlichen Verfahrens vorrangig das Ziel, Konflikte schnell und kostengünstig beizulegen. Die Verbesserung der Streitkultur und die Aufrechterhaltung der Beziehungen stehen dagegen nicht im 492 Zu den Grenzen der kausalen Konfliktbehandlung, vgl. Aubert, Journal of Conflict Resolution 7 (1963), 26 (36 ff.). 493 Breidenbach, S. 133.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Vordergrund.494 Der Mediator muss daher grundsätzlich in den Verhandlungen sowohl die Rechtslage als auch die Interessenebene thematisieren. Diese allgemeine Beschreibung der Aufgaben ist jedoch nicht ausreichend, weshalb sie entsprechend dem typischen Ablauf einer Mediation konkretisiert werden sollen. a) Beratung über die außergerichtliche Streitbeilegung In dem hier vorgeschlagenen Modell steht am Anfang die Beratung der Parteien über die außergerichtliche Konfliktbeilegung. Die Parteien sind über die Verschwiegenheitspflicht aufzuklären aber auch über den Umgang mit anvertrauten Informationen. Sie müssen aber auch über die Gestaltungsmittel und die sich daraus ergebenden Grenzen der Gestaltungsmacht informiert werden, insbesondere die Unmöglichkeit Täuschungen und deren Auswirkungen zu vermeiden. Die Parteien müssen erkennen, dass der Mediator ihnen hilft, aber nicht die Risiken bilateraler Verhandlungen abnimmt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Überzeugung der Parteien von den Chancen sowie die Darstellung verschiedener Methoden und der Freiheit das Verfahren zu bestimmen. Erst nach dem psychologisch wichtigen Einverständnis zur Aufnahme von Verhandlungen soll der Konflikt erörtert werden. b) Die Anhörung der Parteien Die Schlichtungspersonen haben auf Grund des Antrags bereits Informationen über den Konflikt. Trotzdem sollen sie die Beteiligten auffordern, den Konflikt nochmals zu schildern, um die Beteiligten von Anfang an aktiv in das Verfahren einzubinden. Dabei beginnt der Antragsteller, weil er das Verfahren eingeleitet hat. Dabei ist besondere Aufmerksamkeit den angesprochenen Interessen, Empfindungen und Konfliktursachen zu widmen. c) Die Konfliktaufarbeitung Nachdem die Parteien ihren Konflikt dargestellt haben, bedarf dieser der Aufarbeitung. Die Analyse der sozialen Beziehung sollte sowohl die Konfliktsymptome als auch die Ursachen, insbesondere die Kommunikation der Parteien umfassen. Vorbereitend auf eine einvernehmliche Lösung sind auch etwaige Einigungshindernisse zu thematisieren. Der Schwerpunk der Tätigkeit des Mediators liegt insoweit noch im aktiven Zuhören. Er hat dann mit den Parteien einen Arbeitsplan zu entwerfen, insbesondere verfahrensmäßige Regelungen und Lösungen zu finden. 494

Siehe Teil 3. A.

15 Schreiber

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

In diesem Verhandlungsstadium sollte auch eine rechtliche Aufarbeitung des Konfliktes erfolgen. Ziel ist die einvernehmliche außergerichtliche Konfliktlösung durch die Parteien. Jedoch sind die Parteien regelmäßig davon überzeugt „im Recht zu sein“. Sie glauben fest an die Durchsetzung ihrer Position. Eine Analyse der Rechts- und Tatsachenlage ist für die Verhandlungsbereitschaft folglich meist förderlich.495 Zwar sinkt die Vergleichsbereitschaft der Partei regelmäßig, zu deren Gunsten die Bewertung ausfällt,496 doch beseitigt die rechtliche Aufarbeitung meist nicht nur Zweifel. Vielmehr werden Schwachstellen bezüglich der Tatsachen-, Beweis- und Rechtslage gerade erst aufgedeckt und zwar regelmäßig sogar bei beiden Parteien. Die Konflikterledigung soll aber auch – am Maßstab des Rechts gemessen – gerecht sein. Praktische Lösungen sind auch oft Kompromisslösungen auf Grund von Zugeständnissen, bei denen etwaige Lasten verteilt werden müssen. Ein Verteilungsproblem stellt sich jedoch nicht nur dann, sondern auch bei der Erzielung eines überschießenden Kooperationsgewinns, sodass auch eine interessenorientierte Mediation die rechtliche Aufarbeitung des Konfliktes kaum vermeidet. In beiden Fällen sollte Recht ein entscheidendes Verteilungskriterium sein. Bei der Abwägung zwischen dem möglichen Verhandlungsergebnis und dem Risiko eines Gerichtsverfahrens wird die Entscheidung oft für die Verhandlungslösung ausfallen, auch wenn sie nicht diesen Anforderungen entspricht. Damit sinkt zwar die Anzahl der one-shooters, die klagen und ihr Recht durchsetzen und damit zur Normbestätigung beitragen.497 Um dies auszugleichen, muss auf zwei Ebenen gehandelt werden. Erstens ist in großem Umfang zuzulassen und zu fördern, dass – wie beispielsweise nach dem UKlaG – Vereine die Interessen der Verbraucher wahrnehmen. Zweitens muss auch die Rechtslage in der Mediation entsprechend berücksichtigt werden. Nur dadurch kann das Recht bestätigt und zugleich vermieden werden, dass außerrechtliche Verhandlungsmacht die Konfliktlösung prägt. Die Erörterung der Rechtslage hilft, den Missbrauch von Verhandlungsmacht zu vermeiden und gerechte Ergebnisse zu erzielen. Unter diesen Bedingungen beeinflussen vorgelagerte Schlichtungsverfahren den Zugang zum Recht und dessen Durchsetzung nicht nachteilig.498 Die Erörterung des Sach- und Streitstandes steht nach § 139 ZPO unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit. Entsprechend stellt sich die Frage, ob bei der Mediation die Rechtslage nur thematisiert werden darf, wenn die Parteien ansonsten keine rechtsverwirklichende Verhandlungslösung finden. Folglich fände eine rechtliche Bewertung des Konfliktes meist erst am Ende der Verhandlungen statt. In 495 Zu der ambivalenten Wirkung von Ungewissheit auf die Vergleichsbereitschaft, Huber in: Musielak, § 371 Rdz. 2. 496 Egli, S. 92 f. 497 Die Einführung eines Vorverfahrens scheint daher die größer gewordenen Möglichkeiten des Rechtsschutzes für alle Schichten wieder zu begrenzen, Abel in: Blankenburg / Klausa / Rottleuthner, S. 27 (31). Dadurch wird die Hypothese des Rangausgleich bestätigt, dazu Galtung, 2 Journal of Peace Research 1965, S. 348 (385). 498 Zur Zugangsverhinderung durch Schlichtungsverfahren, Nader in: Nader, S. 3 (16).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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früheren Phasen der Verhandlungen ist nämlich nicht abzusehen, ob und welche Lösung sie erzielen. Damit würden aber die rechtliche Bewertung und die Entscheidung für eine konkrete Lösung vermischt. Die Schlichtungsperson instrumentalisiert dann das Recht gegen eine sich abzeichnende Lösung der Parteien. Die rechtliche Bewertung wirkt deshalb im Rahmen der Entscheidungsfindung als besonders intensiver Eingriff in die autonomen Verhandlungen. Dies steigert die Gefahr eines Neutralitäts- und Vertrauensverlustes. Zugleich werden die Schlichtungspersonen auch tatsächlich verleitet, die rechtliche Bewertung zur Ausübung von Vergleichsdruck zu benutzen.499 Aus diesen Gründen sollte eine rechtliche Aufarbeitung nicht nur erfolgen, wenn sie für die Lösung im Einzelfall erforderlich ist. Vielmehr empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Erörterung immer und in einer frühen Verhandlungsphase, um den Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden.500 Die disziplinierende Wirkung des Rechts kann sich dann auch bereits positiv in den weiteren Verhandlungsphasen auswirken. Die Parteien werden nicht nur Lösungen suchen, die ihren Vorstellungen entsprechen, sondern auch die Interessen der andern Seite befriedigen. Die Chance auf eine rechtsverwirklichende Interessenlösung ist daher größer. Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber in § 278 Abs. 2 S. 2 ZPO die Erörterung des Sach- und Streitstandes vorbehaltlos angeordnet. Damit schließt sich die Frage nach dem gegenständlichen Umfang an. Gerichte dürfen weder völlig neues tatsächliches Vorbringen oder die Verfolgung neuer Prozessziele noch die Änderung der Rechtslage veranlassen.501 Richter sind nicht befugt durch Fragen oder Hinweise neue Anspruchsgrundlagen, Einreden oder Anträge anzuregen, wenn diese in dem Vorbringen der Parteien nicht bereits andeutungsweise eine Grundlage haben.502 Dem liegt jedoch der Gedanke zugrunde, dass die Tätigkeit des Richters auf die Rechtsanwendung ausgerichtet ist,503 weshalb auch die Frage zu richterlichen Vergleichsgesprächen i. S. d. § 278 ZPO vom BGH bereits offen gelassen wurde.504 Diese Grenzen können jedenfalls für außergerichtliche Schlichtungsverfahren nicht gelten. Die Neutralität in der Mediation besteht in der unparteiischen Würdigung des Konfliktes und Hilfe bei der Suche nach einer Konfliktlösung.505 Mediationsverfahren sind anders als Gerichtsverfahren nicht auf die Entscheidung des Konfliktes zum gegenwärtigen Zeitpunkt angelegt, sondern auf eine schnelle, kostengünstige und autonome Konfliktbewältigung 499 Dies übersieht Böhm, S. 168, wenn er für eine rechtliche Bewertung erst in einem späten Verhandlungsstadium eintritt. 500 Ebenso, Köper S. 111 ff. 501 BGHZ 24, 269 (278); BGH, NJW 2004, 164; Leipold in: Stein / Jonas, § 139 Rdz. 37, 52 ff.; Stadler in: Musielak, § 139 Rdz. 5, 8; Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 139 Rdz. 83. 502 BT-Drucks. 14 / 4722, S. 77. 503 Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (274). 504 BGH, NJW 2004, 164 (165); ablehnend zur alten Rechtslage, Stürner, S. 68 f., 73. 505 Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (273).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

unter Berücksichtigung der gesamten Beziehung und der potenziellen Entwicklung des Konfliktes. Die Schlichtungsperson sollte schon deshalb wie ein Notar den wahren Willen der Parteien erforschen, den Sachverhalt aufklären und mit den Beteiligten die gesamte rechtliche Tragweite des Konfliktes erörtern. Das Ziel eines Kooperationsgewinnes ist nämlich regelmäßig nur zu verwirklichen, wenn weitere Gegenstände einbezogen und die Rechtsbeziehungen neu gestaltet werden. Insoweit geht die rechtliche Erörterung auch über die Aufklärungspflicht des Notars hinaus. Eine rechtliche Würdigung des Konfliktes in dieser vorprozessualen Phase kann auch etwaige Gestaltungsmöglichkeiten nicht außer Acht lassen, weil die Parteien im Rechtsstreit oft Anwälte hinzuziehen und dann den Konflikt vorteilhaft gestalten. Von dieser rechtlichen Erörterung im Rahmen der Konfliktaufarbeitung ist die gestaltende Rechtsberatung bezüglich der gefundenen Lösung zu unterscheiden. Diese erfolgt am Ende der Verhandlungen. Sie stellt auf Grund des inhaltlichen Konsenses kein Risiko für die Neutralität dar und ist daher unproblematisch. d) Interessenorientierte Lösungsentwicklung Für die Bemühungen um eine Konfliktlösung ist es wichtig, die Entwicklung von Optionen und deren Beurteilung zeitlich zu trennen. Der Schwerpunkt besteht darin, Möglichkeiten zur Befriedigung der Bedürfnisse zu entwickeln. Dazu sind die Wünsche, Ziele und Erwartungen der Parteien zu erforschen und Möglichkeiten eines gegenseitigen Nutzens zu suchen. In diesem Stadium obliegt es der Schlichtungsperson, den Parteien das Prinzip eines Kooperationsgewinnes zu erklären. Zu diesem Zweck hat der Mediator den Parteien zu verdeutlichen, dass die Probleme der anderen Seite gleichzeitig auch ihre eigenen Probleme sind, die ebenfalls gelöst werden müssen, damit eine Einigung zustande kommt.506 Während der Entwicklung von Lösungsideen hat der Mediator die Aufgabe, die Kreativität bei der Lösungssuche zu fördern und vorschnelle Urteile über Lösungsideen zu verhindern.507 e) Einigung auf eine Konfliktlösung Nachdem verschiedene Modelle von den Parteien entwickelt wurden, beginnt die Sondierung der Lösungen. Dabei sind die Vor- und Nachteile der Lösungen abzuwägen und nochmals Varianten zu bilden, bis eine Einigung auf eine Lösung erzielt werden kann. Obwohl die Parteien bis zu diesem Punkt kooperativ gewesen sind und in den entwickelten Optionen bereits die Interessen der anderen Partei berücksichtigt haben, ist die Gefahr der Ausübung von Verhandlungsdruck in die506 507

Fisher / Ury / Patton, S. 91 ff. Breidenbach, S. 281.

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ser Phase am größten. Jede Partei versucht in diesem Abschnitt, ihre Vorschläge oftmals nur aus Prinzip durchzusetzen. Ohne ersichtlichen sachlichen Grund droht deshalb in dieser Phase häufig das Scheitern der Verhandlungen. 2. Kompetenzen der Schlichtungspersonen Ausgangspunkt der Mediation ist die eigenverantwortliche Konfliktbeendigung der Parteien, die lediglich durch einen neutralen Dritten unterstützt wird. Diese Verhandlungshilfe kann entsprechend der unterschiedlichen Fähigkeiten und Methoden auf unterschiedliche Weise erfolgen. Insoweit soll keine Arbeitsweise festgelegt werden, doch setzen die Neutralität und die Privatautonomie der Parteien der Gestaltungsfreiheit der Schlichtungsperson Grenzen. Daraus gilt es Handlungsgebote und -verbote für den Mediator herzuleiten. a) Die Gestaltungsmittel des Mediators Die denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten des Mediators können graduell nach ihrer Einwirkungsintensität abgestuft werden. Diese ist sowohl für die grundsätzliche Statthaftigkeit als auch für die Zulässigkeit in einzelnen Verhandlungsphasen maßgebend. Die Gestaltungsmittel beschreiben dabei die Beeinflussung der Verhandlungen durch den Mediator.508 Zu unterscheiden sind die formale Verhandlungsleitung, die inhaltliche Lenkung der Verhandlungen, Hinweise auf Regeln, Normen und Kriterien, der Beitrag eigener Meinungen und Wertungen sowie Vorschläge, die noch nach ihrer Bindungswirkung differenziert werden können. aa) Formale Gesprächsleitung Die formale Gesprächsleitung ist die schwächste Eingriffsform. Der Mediator beschränkt sich dabei auf die Wahrung der allgemeinen Regeln zwischenmenschlicher Kommunikation sowie der gleichmäßigen Beteiligung der Streitenden. Diese geringe Einflussnahme des Mediators lässt kaum Zweifel an seiner Neutralität entstehen. Eine Einigung kann aber auf diese Weise nur gelingen, wenn die Beteiligten zu kooperativen Verhandlungen bereit und gleich stark sind. Diese Konstellation wird jedoch nicht häufig vorliegen, da die Konfliktparteien in diesem Fall wahrscheinlich bereits alleine eine Lösung gefunden hätten. In der Regel muss der Mediator daher die Verhandlungen intensiver unterstützen und steuern.

508

Die Darstellung ergänzt dabei die Untergliederung von Breidenbach, S. 149 ff.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

bb) Inhaltliche Gesprächsleitung Nachhaltigere Wirkung hat die inhaltliche Konzentration auf bestimmte Aussagen und Standpunkte der Parteien. Damit vermag der Mediator erfolgreich Schwerpunkte zu setzen und Kriterien zur Sicherung eines fairen Ergebnisses zu thematisieren. Während Erfolg versprechende Punkte und Gemeinsamkeiten betont werden, kann er beispielsweise Argumente einer Verhandlungsstrategie ausblenden, falls er diese nicht bewusst aufgreifen will, um ihnen zu begegnen. Mit der Interpretation, Neuformulierung und inhaltlichen Koordinierung bringt der Mediator zwangsläufig seine eigene Denkweise ein. Er bezieht aber keinen Standpunkt, sondern überlässt den Parteien die inhaltliche Entwicklung der Lösung.509 Die aktive Beteiligung der Parteien bleibt damit unentbehrlich. Es ergeben sich daher auch keine Zweifel an der Zulässigkeit. cc) Hinweise Steuerungsmittel höherer Eingriffsintensität sind Hinweise auf Verhandlungsstrategien510, Fakten, Kriterien und Normen. Anwendung und Konsequenzen werden dabei jedoch für den konkreten Fall nicht erörtert. Die Kommunikation richtet sich insoweit auf die Mitteilung von abstraktem Wissen. Dieses müssen die Parteien aber nicht umsetzen. Zu erwarten ist nur, dass sie etwaige Hinweise aufnehmen und diesen gegebenenfalls nachgehen. Hinweise und Anregungen des Mediators helfen, wenn Verhandlungen an der mangelnden Kreativität der Beteiligten zu scheitern drohen. Sie beeinflussen jedoch oft auch das Machtverhältnis zwischen den Beteiligten. Dies gilt besonders, wenn der Gegenstand des Hinweises den Parteien nicht bekannt war. Deshalb resultiert daraus bereits ein Konflikt mit der Neutralität. 511 Neutralität darf aber nicht als wertfreies Prinzip verstanden werden.512 Vielmehr muss es zu dem System eines außergerichtlichen Konfliktlösungsmechanismus passen, d. h. eine autonome und befriedigende Lösung der Parteien zulassen. Dies setzt voraus, dass die Neutralität sowohl die Verwirklichung des Potenzials als auch die wirksame Vermeidung der Risiken ermöglicht. Insbesondere die Gefahr einer, am Maßstab des Rechts gemessen, ungerechten Lösung auf Grund außerrechtlicher Verhandlungsmacht sollte durch Hinweise auf Fakten, Kriterien und Normen verringert werden können. Schließlich bedeutet Privatautonomie in einem solchen Verfahren auch, dass die Parteien gemeinsam über die Lösung des Konfliktes entscheiden. Eine Breidenbach, S. 153. Zu den positiven Techniken im Mediationsverfahren, Proksch, ZKM 2000, 269 (270 ff.). 511 So insbesondere für rechtliche Hinweise, Alexander, S. 92; Hager, ZKM 2003, 52 (56), der lediglich den Vorschlag anwaltlicher Beratung zulassen will. 512 Siehe 2.Teil C. II. 509 510

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Entscheidung setzt jedoch voraus, dass beide Parteien die Handlungsmöglichkeiten erkennen und gegeneinander abwägen. Fehler im Entscheidungsprozess lassen sich durch Hinweise auf Fakten, Kriterien und Normen vermeiden. Insbesondere rechtlich relevante Hinweise haben wegen des Rechtsweges als sozialadäquate Alternative eine herausgehobene Bedeutung. Mit der Gesprächsleitung erreicht der Mediator die richtige Berücksichtigung des Rechts aber allenfalls, wenn die Parteien Rechtskenntnisse haben oder anwaltlich beraten sind. Je besser informiert die Parteien aber über die Lösung des Konfliktes entscheiden, umso stabiler ist die ausgehandelte Lösung. Es fällt dann nämlich schwerer, die höhere kognitive Dissonanz zu überwinden,513 wobei die selektive Wahrnehmung diesen Effekt noch verstärkt. Auch soweit die Parteien dem Hinweis nicht nachgehen, steigt ihre Verantwortlichkeit für die Entscheidung, da sie sich jedenfalls gezielt hätten informieren können. Letztlich verfolgt der Mediator mit Hinweisen auch nur eine gründliche Meinungsbildung der Parteien. Neutralität zeigt sich bei der Mediation deshalb vielmehr insoweit in der unparteiischen Sorge, dass die Parteien die wesentlichen Aspekte der Entscheidung abwägen. Die Bedenken gegen Hinweise resultieren daher aus einem zu engen Verständnis von Neutralität bei Mediationsverfahren.514 Dieses Ergebnis wird letztlich auch dadurch bestätigt, dass nach § 139 ZPO neutrale Richter und nach § 17 Abs. 1 S. 2 BeurkG Notare Hinweise erteilen sollen.515 Der Mediator sollte aber gemeinsame Kriterien und Maßstäbe der Parteien nicht negativ beurteilen und kritisieren, sondern stattdessen die Parteien ermutigen, weitere Maßstäbe und Kriterien zu finden und einzubeziehen. dd) Bewertungen und Beurteilungen Stärkeren Einfluss auf die Verhandlungen und das Ergebnis nimmt der Mediator, wenn er eigene Wertungen und Meinungen äußert. Er überlässt bei diesen intensiveren Interventionen die Auswertung und Berücksichtigung von Fakten, Kriterien und Normen nicht den Parteien, sondern übernimmt diese selbst. Wenngleich Neutralität kein wertfreies Prinzip ist, lassen sich doch wertende Interventionen erheblich schwerer als Hinweise damit vereinbaren. Der Mediator teilt mit der Bewertung nicht nur Informationen über seine Meinung mit, sondern behauptet immanent deren Richtigkeit und erhebt für diese verfahrenstypisch gerade auch einen Achtungsanspruch. Diesem wird regelmäßig auch entsprochen, weil die Anerkennung seiner Person und seiner Aussagen miteinander verbunden sind. Jedenfalls macht die begünstigte Partei sich die Bewertung gewöhnlich zu Eigen und beruft sich gegenüber der anderen auf die Stellungnahme, sodass die 513 514 515

Festinger, S. 48 ff. Köper, S. 96. Leipold in: Stein / Jonas, § 139 Rdz. 4, 20, 50 ff.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Erklärung insoweit in die Verhandlungen eingeht. Wenngleich der Mediator anders als der Richter im Urteil nicht formal gestaltend tätig wird, bewirkt er mit seiner bewertenden Kommunikation eine reale Veränderung. Er stärkt und schwächt die Verhandlungsmacht der Beteiligten. Anders als im Gerichtsverfahren bestimmt die Verhandlungsmacht auch das Ergebnis. Der Mediator ist damit zumindest kommunikativ nicht mehr Dritter, sondern ergreift partiell Partei. Kritik und Unterstützung von Positionen erwecken jedoch viel schneller als Hinweise den Anschein der Parteilichkeit. Zudem erlangen die Parteien mit der Beurteilung des Konfliktes nicht nur Anregungen, sondern ihnen werden fremde Überlegungen präsentiert, die sie bezüglich der eigenen Beurteilung und Lösungssuche beschränken. Zu untersuchen ist daher, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mediator bewerten und beurteilen darf. (1) Rechtliche Bewertung Die Zulässigkeit rechtlicher Bewertungen soll wegen der besonderen Bedeutung des Rechts vorangestellt werden.516 Die Besonderheit des Kriteriums Recht besteht darin, dass die Parteien dem Recht und dem Verfahren der Entscheidungsfindung unterworfen sind. Die Werteordnung der Gesetze ist für die Parteien verbindlich, soweit sie nicht im Rahmen ihrer Dispositionsbefugnis gemeinsam andere Regelungen treffen. Die Bindung des Gesetzgebers an die Verfassung, insbesondere an Art. 3, 19 Abs. 1 S. 1 GG sichert die Neutralität der Gesetze im Hinblick auf die Parteistellung. Zudem ist der Rechtsweg der übliche sozialadäquate Konfliktlösungsmechanismus. Dieser stellt deshalb die Alternative zur Mediation dar, wenn die Parteien den Konflikt ausgetragen wollen. Ob die Parteien einer Konfliktlösung zustimmen oder die Mediation erfolglos beenden, hängt folglich auch von den Erfolgsaussichten vor Gericht ab. Für diese Entscheidung erwarten die Parteien regelmäßig Hilfe von dem Mediator in Form einer rechtlichen Bewertung des Konfliktes.517 Mit rechtlichen Bewertungen wird der Mediator als agent of reality regelmäßig die Erwartungen der Parteien dämpfen, da diese meist zu hoch sind. Dabei muss er aber nicht unbedingt eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Prozesserfolges treffen. Eine solche kann im Hinblick auf die letztlich binäre Entscheidung des Richters auch für die Qualität der rechtlichen Bewertung nicht entscheidend sein. Vielmehr hat er mit hinreichendem Problembewusstsein Unsicherheiten betreffend der Tatsachen-, Beweis- und Rechtslage herauszuarbeiten. Dies vermeidet jedoch 516 Für ein grundsätzliches Unterlassen eigener Wertungen des Mediators, Proksch, KON:SENS 1999, 368 (373). Zur weitergehenden Diskussion, Böhm, S. 165 Fn. 508. 517 Böhm, S. 166 f. In den Diskussionen um die Bedeutung des Rechts in der Mediation auf dem Anwaltstag 2001 in Bremen wurde vielfach von dem Wunsch der Parteien um rechtliche Beratung berichtet. Diesem wurde jedoch nicht immer entsprochen. Das war sowohl Ausdruck der unterschiedlichen Formen von Mediation als auch der Unsicherheit über die eigenen Befugnisse.

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nicht den aufgezeigten Konflikt zwischen Neutralität und rechtlicher Bewertung.518 Ähnliche Probleme sind Regelungsgegenstand der §§ 139, 278 ZPO und § 17 BeurkG. Nach § 139 Abs. 1 S. 1 ZPO ist das Gericht zu Hinweisen verpflichtet, die gezielt und konkret den Mangel bezeichnen müssen.519 Dementsprechend geht ihnen eine Bewertung voraus, sodass sie nach der hier vorgenommenen Differenzierung zumindest auch Wertungen und nicht nur Hinweise sind.520 Zwar unterliegt der Richter Einschränkungen, doch soll – zumindest darf – er während des Gerichtsverfahrens vorläufige, tatsächliche und rechtliche Erwägungen und Beurteilungen äußern.521 Nach § 278 Abs. 2 S. 2 ZPO hat das Gericht in der Güteverhandlung nunmehr sogar ausdrücklich den Sach- und Streitstand in der Güteverhandlung zu erörtern, was eine vorläufige Bewertung der Erfolgsaussichten impliziert.522 Dabei kann auch auf die wirtschaftlichen und sonstigen Folgen einer Fortsetzung des Rechtsstreites eingegangen werden.523 Die Neutralität kommt insoweit in der unparteiischen Würdigung und dem Bemühen um einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen zum Ausdruck.524 Nach § 17 BeurkG obliegt dem gemäß § 14 BNotO neutralen Notar eine Aufklärungs- und Belehrungspflicht. Er soll den wahren Willen der Parteien erforschen, den Sachverhalt klären und die Beteiligten über die rechtliche Tragweite informieren. Der Notar ist für eine ausgewogene und interessengerechte Vertragsgestaltung verantwortlich.525 Die Belehrungspflicht erstreckt sich auf die Gründe und Rechtsfolgen des Rechtsgeschäftes.526 Den Schutz Unerfahrener betont § 17 Abs. 1 S. 2 BeurkG, womit die wertende Aufklärung über die Rechtslage als Ausdruck der fürsorgenden Neutralität gesetzlich anerkannt ist.527 An diesem funktionalen Neutralitätsbegriff ist auch für Mediationsverfahren anzuknüpfen. Um die Aufgabe der rechtlichen Erörterung zur Erzielung einer gerechten Lösung der Parteien effektiv zu erfüllen, kann auf Bewertungen des Mediators grundsätzlich nicht verzichtet werden. Zwar ist es möglich, die Selbsterkenntnis Breidenbach, S. 171; Köper, S. 116. So insbesondere für Hinweise nach § 139 Abs. 2 ZPO, da insoweit eine Erheblichkeitsprüfung vorangehen muss, Prütting in: MünchKomm ZPO, § 278 a.F. Rdz. 32; Stadler in: Musielak, § 139 Rdz. 21. 520 Vgl. Peters in: MünchKomm ZPO, § 139 a.F. Rdz. 5. 521 OLG München, MDR 2004, 52; Leipold in: Stein / Jonas, § 139 Rdz. 19; Prütting in: MünchKomm ZPO, § 278 a.F. Rdz. 38; Greger in: Zöller, § 139 Rdz. 3 f.; Ehinger, FPR 2000, 151 (156). 522 Prütting in: MünchKomm ZPO, § 278 Rdz. 24 ff.; Greger in: Zöller, § 278 Rdz. 14; Foerste in: Musielak, § 278 Rdz. 12. 523 Greger in: Zöller, § 278 Rdz. 14. 524 Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (273). 525 BGH, WM 1994, 1673. 526 Frenz in: Eylmann / Vaasen, § 17 BeurkG Rdz. 8 ff. 527 Frenz in: Eylmann / Vaasen, § 17 BeurkG Rdz. 17. 518 519

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der Parteien durch Fragen zu fördern und dadurch bekehrende Stellungnahmen des Mediators zu vermeiden. Dies wird jedoch nicht immer gelingen. Der Schutz Unerfahrener ist auch durch Hinweise auf Normen, Fakten, Kriterien und Verhandlungstechniken nicht effektiv zu gewähren. Durch die Aufklärung über Verhandlungsstrategien erkennen die Parteien diese vielleicht, doch können sie deren Erfolg deshalb noch nicht wirksam vereiteln.528 Die Parteien sind oft auch nicht in der Lage, die richtigen Schlussfolgerungen für ihren Konflikt aus Hinweisen auf Normen zu ziehen. Es fällt ihnen zudem schwer, die Gewichtung von Interessen in gesetzlichen Regelungen zu verstehen, um auf deren Basis eine gleichwohl abweichende Lösung zu finden. Hinweise auf das Recht führen deshalb leicht zu Missverständnissen und nützen den Beteiligten nur selten. Auf Grund der selektiven Wahrnehmung zur Meidung einer kognitiven Dissonanz werden dem eigenen Standpunkt widersprechende Argumente und Bewertungen von den Parteien oft unterbewertet. Deshalb genügen Hinweise auf Normen selbst dann nicht immer für eine realistische Einschätzung, wenn die Parteien über Rechtskenntnisse verfügen oder anwaltlich beraten sind. Nur eine fremde Beurteilung kann auch dann die typischerweise fehlende selbstkritische Haltung gegenüber dem eigenen Standpunkt ausgleichen, indem sie die Stärken und Schwächen der juristischen Argumente deutlich darstellt. Die Alternative zur rechtlichen Bewertung durch den Mediator ist die Beurteilung des Konfliktes durch einen Gutachter. Dessen Bestellung würde jedoch weitere Kosten verursachen und die Konfliktlösung verzögern. Um diese Folgen zu vermeiden, wählen die Parteien gerade eine anerkannte Person mit Konfliktnähe sowie Sach- und Rechtskompetenz als Mediator aus. Die Einbeziehung eines weiteren Beteiligten erscheint auch nicht vereinbar mit den gesetzgeberischen Zielen einer schnellen, effektiven und kostengünstigen Streitbeilegung. Die rechtliche Bewertung könnte aber von der vorherigen Zustimmung der Parteien abhängig gemacht werden.529 Die Partei mit der größeren Verhandlungsmacht oder eigener Rechtsberatung wäre aber dann in der Lage, die Beratung der schwächeren Partei zu blockieren. Der angestrebte Schutz der schwächeren Partei würde damit nicht erreicht. Darüber hinaus erlangt aber auch die blockierende Partei keine realistische Einschätzung, da es auch Parteianwälten wegen des eigenen Marketings schwer fällt, die Erwartungen des Mandanten zu dämpfen. Zulässig bleibt aber, dass die Parteien gemeinsam auf eine rechtliche Bewertung verzichten. Es wird zwar auch dann Fälle geben, in denen eine Partei den Verzicht auf die rechtliche Beurteilung durchsetzt. Jedoch ist dies ein deutliches Signal, dass die andere Partei Rechtsrat einholen oder der Mediator die Verhandlungen abbrechen sollte. Ein Vergleich mit den §§ 139, 278 ZPO und § 17 BeurkG zeigt, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Schlichtungsperson mit der Neutralität 528 Zur Vielfalt der Verhandlungstricks und zum Umgang damit siehe: Fisher / Ury / Patton, S. 186 ff., 231 ff.; Haft, S. 158 ff.; Heussen, ZKM 2002, 236 ff.; ders. ZKM 2003, 18 ff. 529 Dies empfehlend, Köper, S. 116.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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der Schlichtungsperson vereinbar ist. Im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit und mangels anderer gleich geeigneter Mittel zur Erzielung einer, am Maßstab des Rechts gemessen, gerechten Konfliktlösung sind rechtliche Bewertungen daher grundsätzlich zuzulassen. (2) Bewertung nach anderen Kriterien Mit der Beurteilung erlangen in den Verhandlungen die Wertvorstellungen des Mediators in Form der zugrunde liegenden Kriterien an Bedeutung. Diese stimmen aber nicht zwingend mit dem Wertesystem der Parteien überein. Gleichzeitig erweckt die Bewertung den Anschein der Parteilichkeit wegen der Auswahl des Kriteriums, wenn nicht beide Parteien das Kriterium und das Bewertungssystem anerkennen. Klärungsbedürftig ist deshalb, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Schlichtungspersonen auf der Basis anderer Kriterien und Maßstäbe eigene Wertungen und Beurteilungen vornehmen dürfen. Schließlich erstreckt sich die Beratung und Aufklärung des Notars auch nur auf die rechtlichen Folgen nicht aber auf die Zweckmäßigkeit im Sinne der Wirtschaftlichkeit530 oder Moral des Geschäfts. Bedeutsam für die Zulässigkeit der vorläufigen Beweiswürdigung rechtserheblicher Tatsachen und der rechtlichen Beurteilung ist die Sonderstellung des Rechts als neutrales, d. h. personenunabhängiges Kriterium, dem die Parteien unterworfen sind. Diese Voraussetzungen können zwar auch andere Kriterien und Maßstäbe erfüllen, doch muss dies im Einzelfall erst festgestellt werden. Regelmäßig fehlt jedoch die Bindung der Parteien. Andere als rechtliche Beurteilungen des Mediators setzen deshalb voraus, dass beide Parteien das Kriterium anerkennen.531 Maßstäbe und Kriterien auf deren Basis der Mediator den Konflikt bewertet, müssen daher gründlich mit den Parteien erörtert werden, insbesondere ihre Herkunft und Anwendung. Der Mediator sollte zwar gemeinsame Kriterien und Maßstäbe der Parteien nicht ablehnen, muss aber nicht danach bewerten. Bewertungen durch die Schlichtungsperson setzen weiter voraus, dass sie über die entsprechende Fachkompetenz verfügt, um auch die richtige Anwendung der Kriterien und Maßstäbe zu gewährleisten. Die selbstkritische Einschätzung der Schlichtungsperson wird insoweit durch die potenzielle Haftung gefördert.532 Bei der Umsetzung anderer Bewertungskriterien als dem Recht sind deshalb meist doch entsprechende Experten beizuziehen, wenn beispielsweise Reparaturkosten530

Frenz in: Eylmann / Vaasen, § 17 BeurkG Rdz. 18; Ganter, DNotZ 1998, 851 (856,

858). 531 Im Konflikt religiöser Menschen können die Regeln des Glaubens hilfreich sein. Ausgeschlossen ist jedoch eine Bewertung des Mediators in einem Konflikt zwischen Personen unterschiedlicher Glaubensrichtungen nach dem einen oder anderen System, wenn darüber keine Einigung erzielt wurde. 532 Mit einer falschen Einschätzung verstößt der Mediator auch gegen seine Neutralitätspflicht, da er auf diese Weise einer Partei einen – nach dem vereinbarten Maßstab – unberechtigten Vorteil verschafft.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

voranschläge für Sachschäden oder der Mietspiegel für Mietstreitigkeiten nicht anerkannt werden. ee) Vorschläge Interventionsmaßnahmen mit noch höherer Intensität sind Vorschläge der Schlichtungspersonen.533 Dabei sind Vorschläge bezüglich des weiteren Verfahrens zur Lösungssuche von inhaltlichen Vorschlägen zur Konfliktbeendigung zu unterscheiden. (1) Inhaltliche Lösungsvorschläge Inhaltliche Vorschläge zur Konfliktlösung begegnen einer Reihe von Bedenken und sind deshalb teilweise ausgeschlossen.534 Häufig suchen die Beteiligten nach einem Vorschlag nicht mehr neue, eigene Lösungsansätze. Das Verhandlungsgebiet ist damit eingeschränkt. Außerdem drücken sich in den Vorschlägen des Mediators dessen Wertvorstellungen und Beurteilungen aus. Die zu erwartende Lösung entspricht daher nicht unbedingt der Interessenlage der Parteien.535 Für die Akzeptanz des Verfahrens sowie des Vorschlages kommt es weiter entscheidend auf die subjektive Wahrnehmung der Parteien an. Diese sind sehr empfindsam gegenüber Benachteiligungen. Wenn der Vorschlag der Position einer Partei zu nahe kommt, entstehen meist bei dem Gegner Zweifel an der Unparteilichkeit. Bedenken hinsichtlich der Neutralität bestehen aber auch, wenn sich der Vorschlag an der außerrechtlichen Verhandlungsmacht orientiert. Die Beurteilung der Schlichtungsperson nach ihrer Einigungsquote erhöht diese Gefahr, da sich eine Einigung einfacher nach der Verhandlungsmacht herbeiführen lässt. Die Justiz wird von one-shooters aber meist nur angerufen, wenn sie die Rechtsauffassung der anderen Partei nicht akzeptiert und Verhandlungen wegen zu geringer Verhandlungsmacht ergebnislos gewesen sind. Der Respekt vor der Schlichtungsperson sowie das Vertrauen ihr gegenüber führt aber gerade bei Unerfahrenen häufig dazu, dass sie jeden Vorschlag annehmen. Der Zugang zum Recht würde dadurch also verhindert und die Normerosion begünstigt.536 Bei einem Vorschlag durch den Mediator erlangt außerdem das Problem der Verwertung anvertrauter Informationen große BedeuGegen Vorschläge des Mediators, Böhm, S. 162. Der französische Conciliateur darf keine Vorschläge unterbreiten, Sabrotzky, S. 202 und auch der Vermittler bei der Human Rights Commission soll der keinen Vorschlag unterbreiten, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (23). 535 Rüssel, NJW 2000, 2800 (2801). Der französische Justizminister forderte 1797 in einem Rundschreiben die Friedensrichter auf, nicht das gefährliche Gewicht ihrer Meinung an die Stelle des freien Willens der Parteien zu setzen und von ihnen Opfer bei der Lösung anzunehmen, die nicht auf einem wirklichen inneren Willen der Parteien beruhen, Bösken, S. 26. 536 Nader in: Nader, S. 3 (16). 533 534

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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tung.537 Besonders das Ignorieren bekannter Umstände ist bei der Vorschlagsentwicklung für den Mediator sehr schwierig. Diesen Nachteilen und Schwierigkeiten stehen aber auch Vorzüge gegenüber, weshalb Art. 10 Abs. 1 S. 4 BaySchlG, § 24 Abs. 2 S. 2 SchAG NRW, § 24 Abs. 2 S. 2 BbgSchG, § 22 Abs. 2 S. 2 HSchAG und der § 27a Abs. 6 S. 2 UWG, § 14a Abs. 2 WahrnG Lösungsvorschläge erlauben. Ein Parteivorschlag wird von der Gegenseite vielleicht nur auf Grund seiner Herkunft538 oder deshalb abgelehnt, weil dessen Annahme als Schwäche ausgelegt werden könnte. Außerdem vergibt sich die vorschlagende Partei Verhandlungsspielraum.539 Wenn sie sich hingegen strategisch verhält, wirkt das Angebot unrealistisch und erweckt den Anschein fehlenden Einigungswillens.540 Indem der Mediator Vorschläge der Parteien aufgreift und zu seinen eigenen macht, kann er diese Hindernisse einer Einigung überwinden. Das Ziel, Konflikte effektiv beizulegen, spricht daher für ein Vorschlagsrecht des Mediators. Auf Grund der Unverbindlichkeit widerspricht ein Vorschlagsrecht nicht dem Ziel, die autonome Konfliktbeilegung zu fördern. Wenn der Staat sich insoweit von der Konfliktlösung zurückzieht und der Selbstregulation mehr Spielraum einräumt, trägt er zwar nicht die Verantwortung für das Ergebnis im Einzelfall, wohl aber für den Mechanismus generell.541 Die Bindung gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz bleibt deshalb auch insoweit bestehen. Dementsprechend wäre bei Vergleichsvorschlägen die Berücksichtigung der Rechtslage durch die Schlichtungsperson vorzuschreiben. Dabei müsste der Schlichter nicht eine Aufteilung der Positionen nach der Wahrscheinlichkeit der Rechtslage vorschlagen,542 aber bei dem Lösungsvorschlag auf eine entsprechende Befriedigung der Interessen achten.543 Die Bedenken bezüglich des Eingriffs in die autonome Lösungssuche tragen vor allem dennoch nicht, wenn die Parteien den Inhalt eines Vorschlages bereits angedeutet haben und dadurch eine Einigungszone besteht. Die Schlichtungsperson muss dann nur entscheiden, welche Verteilung innerhalb der Einigungszone sachgerecht ist. Zudem wünschen sich die Parteien oftmals einen Lösungsentwurf durch den Dritten, da ein eigenes Angebot große Schwierigkeiten bereitet.544 In diesem Fall drücken sie ihm besonderes Vertrauen aus. Um eine Orientierungslosigkeit des Schlichters zu vermeiden, sollten die Parteien ihm auch einen Maßstab vorgeben. Anderenfalls bleibt nur die Aus3. Teil B. XV. 1.a). Böhm, S. 81. 539 Die Parteien erwarten bei gerichtlichen Vergleichsverhandlungen daher einen Vorschlag vom Richter, Egli, S. 94. 540 So beispielsweise im Agent Orange-Fall, Duve, S. 144 f. 541 Hager, S. 40; siehe auch Teubner in: Kübler, S. 289 (334). 542 So für den Richter, Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (272 ff., 277). 543 Eine Verpflichtung des Mieters zum Auszug gegen die Kostenübernahme des Umzugs und der Wohnungssuche durch den Vermieter wäre insoweit zu billigen, auch wenn dadurch der Schutz der § 573 ff. BGB nicht verwirklicht wird, siehe dazu auch 1. Teil C. II. 1., 2. 544 Zu den Problemen des ersten Angebotes, Fisher / Ury / Patton, S. 232 ff. 537 538

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

richtung des Vorschlages an der wahrscheinlichen Rechtslage. Die sichert die persönliche Neutralität und verhindert die Normerosion sowie die Durchsetzung außerrechtlicher Verhandlungsmacht.545 Gleichzeitig wird dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass das Schlichtungsverfahren auf staatlicher Initiative und hoheitlicher Regelung beruht. Insgesamt sollte die Schlichtungsperson deshalb inhaltliche Lösungen des Konfliktes nur auf Wunsch der Parteien vorschlagen dürfen. Der Vorschlag muss sich dann hinsichtlich der Interessenbefriedigung oder Kostenverteilung an der mutmaßlichen Rechtslage orientieren, wenn die Parteien keine abweichende Vereinbarung treffen.546 (2) Verfahrensvorschläge Die Streitparteien sind die Herren des Verfahrens, jedoch besitzt der Mediator mehr Erfahrung hinsichtlich der erfolgreichen Gestaltung von Verhandlungen. Um die Effektivität der Schlichtungsverhandlungen zu steigern, liegen deshalb Verfahrensvorschläge durch den Mediator nahe. Die Chancen einer Einigung auf ein Verfahren sind hoch, weil insoweit lediglich ein Kompromiss auf niedrigerer Stufe erforderlich ist. Das Ergebnis bleibt offen, denn die Vorschläge über den Verhandlungsablauf und die Verfahrensgestaltung wirken nicht unmittelbar auf den Inhalt der Konfliktlösung. Durch den fehlenden Bezug zu einer Lösung wird auch die Neutralität zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage gestellt. Die grundsätzliche Erzielung eines Ergebnisses kann durch entsprechende Verfahren aber gesichert werden. Eine gleichmäßige Verteilung kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass eine Partei teilt und die andere wählen darf. Eine gleichmäßige Verteilung liegt auch bei der Reduktion auf die gleiche Ausgangschance vor, beispielsweise bei einem Los oder Münzwurf.547 Allerdings sind diese Verfahren nur zweckmäßig, wenn eine gleichmäßige Verteilung sachgerecht ist. Eine gleichmäßige Verteilung setzt jedoch aus der Sicht des Mediators voraus, dass nach der sachlichen und rechtlichen Beurteilung die Parteien gleiche Erfolgschancen vor Gericht haben. Unter anderen Umständen sollten diese Verfahren nicht vorgeschlagen werden, die dann auch kaum konsensfähig sind. Positive Erfahrungen wurden auch mit Methoden gemacht, bei denen Dritte (hier Vierte) in die Lösungsfindung eingreifen. Es besteht die Möglichkeit, Vereinbarungen abzuschließen, die in Abhängigkeit von dem Ergebnis eines Sachverständigengutachtens stehen. Darüber hinaus können Sachverständige zu Schiedsgut545 Für die wahrscheinliche Rechtlage bei der richterlichen Vergleichstätigkeit, Wolf, ZZP 89 (1976), 260 (277). 546 Während der Richter die angestrebten Positionen nach der wahrscheinlichen Rechtslage verteilen sollte, Wolf ZZP 89 (1976), 260 (282), steht für den Schlichter die entsprechende Interessenbefriedigung im Vordergrund. 547 Strecker, DRiZ 1983, 97 (100).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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achtern nach §§ 317 ff. BGB bestimmt werden, damit sie eine endgültige Lösung treffen. Diese Lösungen sind empfehlenswert, wenn eine Einigung an einer Sachfrage scheitert, die nur durch Experten beantwortet werden kann. Um einen Rollenkonflikt zu vermeiden und die Neutralität zu wahren, sollten neben der Schlichtungsperson auch bei entsprechendem Fachwissen andere Sachverständige erwogen werden. Ein erfolgversprechendes Verfahren ist bei umfangreicheren Streitigkeiten das so genannte „Ein-Text-Verfahren“. Bei diesem entwirft ein Dritter nach den Interessen und Vorschlägen der Parteien einen unverbindlichen Entwurf mit vielen Lücken. Dieser wird den Parteien zur Kritik vorgelegt und so oft überarbeitet und ergänzt, bis die Parteien einverstanden sind oder nach Ausschöpfung der Nachbesserungsmöglichkeiten keine Chance mehr auf eine Einigung besteht.548 In diesem Verfahren liegt somit niemals ein Vorschlag einer Partei vor. Das hat den Vorteil, dass Vorbehalte gegen Lösungen auf Grund von Vorurteilen vermieden werden. Durch die Mitarbeit der Parteien sowie der Berücksichtigung ihrer Interessen wird die entwickelte Lösung am Ende der Verhandlung selten abgelehnt. Zwar übernimmt der Mediator als Dritter bei diesem Vorgehen eine sehr aktive Rolle, aber er unterbreitet keinen eigenen Lösungsvorschlag, sondern strukturiert nur die Interessen und Lösungsoptionen. Die Aufforderung zur Kritik jedes Schrittes der Lösungsentwicklung und die Lückenhaftigkeit schränken die Bedeutung des Vorschlages ein. Dadurch bleibt der Einfluss der Schlichtungsperson auf die Lösungsfindung sowie das Risiko, den Anschein der Parteilichkeit zu erwecken, gering. Allerdings kann diese Methode nur bei komplexen Streitgegenständen eingesetzt werden, wenn verschiedene Interessen bestehen und sich Vor- und Nachteile in Einzelpunkten ausgleichen können. Eine andere bewährte Methode besteht darin, dass jede Partei ihre Vorschläge abgibt und der Dritte die gerechtere Lösung als endgültige Lösung oder weitere Verhandlungsgrundlage auswählt.549 Wenn die Parteien die Lösung bestimmen wollen, müssen sie den Vorschlag abgeben, der die Interessen und das Recht am besten verwirklicht. Die Parteien sind dadurch gezwungen, nicht nur ihre Interessen und Bedürfnisse zu berücksichtigen, sondern auch die der anderen Beteiligten. Mit der Entscheidung für einen Vorschlag bestimmt der Mediator den Inhalt der Lösung. Dies verursacht jedoch bei dem Mediator einen Rollenkonflikt und möglicherweise Zweifel bei den Parteien an dessen Neutralität. Der Mediator erlangt diese Stellung aber nur durch Vereinbarung der Parteien, sodass sie die Nachteile billigen. Die Beteiligten entwickeln auch entsprechend ihrer Interessen die VorFisher / Ury / Patton, S. 164 ff. Fisher / Ury / Patton, S. 129. Bei diesem Verfahren wird der Schlichtungsperson von den Beteiligten ein Vorschlagsrecht eingeräumt. Auf Grund der Einflussnahme auf den Inhalt der Konfliktlösung könnte dieses Verfahren auch als inhaltlicher Vorschlag angesehen werden. Wegen dem beschränkten Wahlrecht zwischen den Parteivorschlägen erscheint die Zuordnung zu den Verfahren jedoch sachgerechter. Zu diesem Verfahren auch, Risse, BB 2001, Beilage 2, 16 (17 ff.). 548 549

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

schläge. Dadurch entfällt das Problem, dass der Mediator mit seiner Lösung die Interessen der Parteien verwirklichen soll. Die Privatautonomie wird damit ausreichend gewahrt. Außerdem wird auf diesem Weg regelmäßig eine Einigungszone aufgedeckt. In dieser begegnet ein Vorschlagsrecht weniger Bedenken. Letztlich beruht es auf dem Willen der Parteien. Zudem sind die Chancen hoch, mit dieser Methode zu einer beidseitig befriedigenden Lösung zu gelangen, weshalb sie von der Schlichtungsperson empfohlen und praktiziert werden kann. ff) Bedingt bindende Vorschläge Als intensivstes Steuerungsmittel kommt die Unterbreitung eines widerruflichen Lösungsvorschlages in Betracht. Auf dieses Interventionsinstrument wird oft bei den gerichtsverbundenen Schlichtungsprojekten in den USA gesetzt.550 Der Schlichter unterbreitet in diesen Fällen am Ende der Verhandlungen einen Einigungsvorschlag. Die Parteien haben die Möglichkeit, diesen innerhalb einer Frist anzufechten und ein ordentliches Gerichtsverfahren zu verlangen. Wenn sich keine Partei vor Fristablauf gegen den Vorschlag wendet, wird dieser rechtsverbindlich wie ein Urteil. Inhaltliche Anforderungen oder Einschränkungen bestehen für einen Antrag auf ein so genanntes „trial de novo“ nicht.551 Die Streitbeendigung durch das Modell des anfechtbaren oder widerruflichen Schlichtungsspruchs profitiert von der psychologischen Wirkung und Trägheit der Beteiligten. Mit der Mobilisierungslast wird Druck zur Annahme des Lösungsvorschlages ausgeübt. Dadurch ist die Dissonanz geringer als bei einer erforderlichen aktiven Annahme des Vorschlages.552 Die Annahme der Lösung fällt den Parteien damit leichter. Es ist auch für die Beteiligten bequemer, passiv zu bleiben, als die Initiative zur Anfechtung zu ergreifen. Das Verhältnis zwischen dem Aktivierungsaufwand und dem Nutzen im Fall des Obsiegens spricht noch weniger als vorher für ein Gerichtsverfahren, da der Vorschlag zumindest teilweise die Interessen befriedigt. Bei den Plänen zur Umsetzung des § 15a EGZPO wurde deshalb die Übernahme dieses Modells in Nordrhein-Westfalen erwogen.553 An der Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit dieses Entwurfs bestehen jedoch Zweifel. Die aufgeführten Bedenken gegen Vorschläge von Schlichtungspersonen bestehen aber erst recht gegen Vorschläge mit Bindungswirkung. Die Vorschläge der Schlichtungsperson gewinnen durch die Bindungswirkung zusätzlich an Be550 Zu einzelnen Projekten, Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205; Krapp, ZRP 1994, 115 (117). 551 Für einen verbindlichen Vorschlag, gegen den nur unter engen Voraussetzungen Rechtsmittel eingelegt werden kann, Hendel, RuP 1977, 9 (15). Dieses Modell verstößt aber eindeutig gegen Art. 92 GG, da die Schlichtungspersonen keine Richter sind und bei verbindlichen Schlichtungssprüchen streitentscheidende Tätigkeit ausgeübt wird. 552 Zur abnehmenden Dissonanzstärke bei zunehmenden Anreizen, Festinger, S. 90 ff. 553 Behrens, RuP 1997, 73 (75).

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deutung. Außerdem verursachen verbindlich werdende Schlichtungssprüche erhebliche Rollenkonflikte bei den Mediatoren. Die Verantwortung der Schlichtungsperson und des Staates für den Vorschlag ist wegen der Bindungswirkung größer. Die Rechtsverwirklichung muss daher bei nur widerruflichen Vorschlägen noch mehr in den Vordergrund treten. Vielfach werden die Parteien sich in Anbetracht des nur widerruflichen Vorschlages auf rechtlicher Basis zurückhaltender verhalten.554 Dadurch nehmen die Chancen ab, mittels offener Kommunikation und Vertrauen ein beidseitig befriedigendes Ergebnis zu finden. Es bedarf auch keiner für Vorschläge innerhalb einer Einigungszone, weil diese dann meist sowieso von den Parteien angenommen werden. Durch den entstehenden Einigungsdruck können die Parteien die Einigung rechtfertigen, ohne dass die Beteiligten das Ergebnis und das Verfahren positiv bewerten. Dadurch wird aber die Zufriedenheit mit dem Ergebnis und dem Verfahren nachteilig beeinflusst. Es resultiert daraus dann die Gefahr, dass sie vielfach die Konfliktlösung nicht einhalten. Diese Verfahrensgestaltung widerspricht auch dem Ziel, die eigenverantwortliche Konfliktbeilegung zu fördern, da gerade keine Entscheidung für die Lösung erforderlich ist. Neben diesen pragmatischen Einwendungen bestehen an diesem Modell auch verfassungsrechtliche Zweifel, weil die klaren Grenzen zwischen unverbindlicher Mediation und der Entscheidung im gerichtlichen Verfahren beseitigt werden. Die Rechtsprechung ist nach Art. 92 GG den Richtern anvertraut. Eine bindende Entscheidung wird demnach nur durch Richter getroffen. Der Vorschlag kann somit nur als Vertrag Verbindlichkeit erlangen, sodass die bewusste Akzeptanz der Schlichtungsentscheidung erforderlich ist.555 Dementsprechend wird auch in § 111 ArbGG eine willentliche und manifestierte Akzeptanz gefordert, indem die Streitparteien dem Vorschlag zustimmen müssen. Der bewusste Verzicht auf staatlichen Rechtsschutz und die Annahme des Schlichtervorschlages können bei diesem Verfahren jedoch nur in der mangelnden Anfechtung gesehen werden. Im Zivilrecht wird Schweigen jedoch grundsätzlich nicht als Willenserklärung verstanden. Dieser Entscheidung liegt zugrunde, dass Rechtsfolgen nur auf Grund und nicht ohne manifestierten Willen eintreten sollen. Die eigenverantwortliche Entscheidung über rechtliche Verpflichtungen wurde dabei gewichtiger eingeschätzt als die zügige Abwicklung von Rechtsgeschäften. Dabei war auch von Bedeutung, dass dem Einzelnen keine Ablehnung aller Anträge zugemutet werden kann.556 Ausnahmsweise kann dem Schweigen jedoch durch Gesetz ein Erklärungswert beigemessen werden.557 Eine solche Regelung ist aber nur sachgerecht, wenn das Schweigen Gottwald, BRAK-Mitt 1998, 60 (64); Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527). Stadler, NJW 1998, 2479 (2485). 556 Mugdan, Band I, S. 437. 557 Nach § 366 HGB gilt Schweigen unter besonderen Umständen im Handelsverkehr als Annahme. Bei dieser Ausnahmeregelung fiel die Abwägung auf Grund der Erwartungen der Kaufleute zum Schutz des Rechtsverkehrs aus, Roth in: Koller / Roth / Morck, § 362 HGB, Rdz. 1. 554 555

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regelmäßig als Zustimmung zu werten oder jedenfalls überwiegend mit einer Annahme zu rechnen wäre. Wenn der Vorschlag des Schlichters jedoch konsensfähig gewesen wäre, hätten die Parteien diesen im Schlichtungsverfahren zumindest mit Widerrufsvorbehalt vereinbart. Es ist daher zu vermuten, dass die Parteien den Vorschlägen der Schlichtungsperson nicht zustimmen wollten.558 Das Schweigen kann daher regelmäßig nicht als Annahme des Schlichtungsvorschlages ausgelegt werden. Die Fiktion einer willentlichen Annahme durch die fehlende Anfechtung verkennt die Realität. Widerrufliche Vorschläge sind daher abzulehnen, wenn die Parteien sich nicht ausdrücklich auf die Verbindlichkeit und einen lediglich möglichen Wideruf des Vorschlages einigen. gg) Verhandlungsbeendigung Der Abbruch der Verhandlungen bedeutet das Ende der Bemühungen um eine gütliche Konfliktlösung. Den Beteiligten bleibt dann nur der Status quo oder der Rechtsweg. Bilaterale Verhandlungen werden schon wegen der Enttäuschung, keine Einigung erzielt zu haben, zeitnah kaum wieder aufgenommen. Zudem zeigt der Abbruch, dass die Schlichtungsperson keine Chance einer Einigung sieht. Die Ankündigung des Verfahrensabbruchs stärkt die Kompromissbereitschaft der Beteiligten, wenn diese den Aufwand und die Risiken des Gerichtsverfahrens vermeiden wollen. Sie erkennen ihre bisherigen Positionen nicht durchsetzen zu können. Deshalb erlangt diese Maßnahme aber auch als Mittel zur Ausübung von Einigungsdruck Bedeutung. Allerdings kann der Mediator gerade durch die Beendigung des Verfahrens Verhandlungsergebnisse vermeiden, die nicht der Rechtsund Interessenlage der Beteiligten entsprechen und deshalb unerwünscht sind. Dies ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen eine Partei ihre überlegene Verhandlungsmacht missbraucht oder die andere Partei täuscht.559 Die Verhandlungen sollten aber auch abgebrochen werden, wenn der Konflikt sich aus anderen Gründen nicht zur konsensualen Lösung eignet. Die Beendigung des Verfahrens durch die Schlichtungsperson ist unanfechtbar. b) Verfahrensziel und Eingriffsintensität des Mediators Das theoretische Handlungsspektrum in den Verhandlungen reicht also von der Sorge für die Beachtung minimaler Regeln im gegenseitigen Umgang über die thematische Gestaltung des Verfahrens sowie Hinweisen auf Fakten, Regeln und Normen bis hin zum Beitrag eigener Wertungen und letztlich sogar zum Entwurf eines 558 Die beachtliche Quote der Beantragung eines trial de novo bestätigt dies, wobei die Angaben noch erheblich schwanken. Von ca. 40% ausgehend, Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (211). Von ca. 60% ausgehend, Duve, S. 105 Fn. 126 m. w. N. 559 Breidenbach, S. 128.

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Lösungsvorschlages.560 Abhängig von der Ausnutzung der Steuerungsmittel kann der Mediator also eine äußerst passive und zurückhaltende Rolle übernehmen, aber auch aktiv auf die Verhandlungen und das Ergebnis Einfluss nehmen. Es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen der Interventionsintensität und den erreichbaren Zielen der Mediation. Eine Beschränkung der zulässigen Interventionsmittel ist nicht geboten, wenn in einem Vermittlungsverfahren die effektive Streitbeilegung im Vordergrund steht. Bilaterale Verhandlungen scheitern häufig an den Kooperationshürden, insbesondere den unbekannten Interessen und der falschen Einschätzung der Prozessaussichten. Ein Mediator, der auf einer niedrigen Eingriffsstufe handelt, kann diese kaum schnell überwinden. Hinweise, eigene Bewertungen und die Unterbreitung von Lösungsvorschlägen lassen vielmehr eine schnelle und kostengünstige Konfliktbeilegung erwarten. Außerdem sind Hinweise auf geltende Normen und rechtliche Bewertungen auch für die Dauerhaftigkeit und Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen erforderlich, damit sich keine der Parteien auf Grund später erlangter Rechtskenntnisse ungerecht behandelt fühlt und die Konfliktlösung nicht mehr akzeptiert.561 Die Förderung der eigenständigen, autonomen und individuellen Konfliktlösung setzt die intensive Beteiligung der Parteien an der Lösungsentwicklung voraus. Nur dadurch können ihre Interessen berücksichtigt und die Zufriedenheit mit dem Verfahren und einer Lösung gesichert werden. Demnach ist grundsätzlich eine eher passive Rolle des Mediators zu empfehlen. Er sollte insbesondere mit der inhaltlichen Einflussnahme zurückhaltend sein und die Parteien auch in die Verfahrensgestaltung einbeziehen. Damit ein strukturelles Machtgefälle nicht zum Diktat einer sozial und rechtlich nicht billigenswerten Lösung führt, muss der Mediator den Missbrauch wirtschaftlicher und sozialer Verhandlungsmacht verhindern können.562 Hinweise und rechtliche Bewertungen sind daher unter der Prämisse der eigenverantwortlichen Konfliktlösung erforderliche und zulässige Interventionsmittel, insbesondere auch im Hinblick auf die Überwindung der Kooperationshürden. Lösungsvorschläge sind wegen der Einschränkung hinsichtlich der autonomen und individuellen Lösungssuche bedenklich. Die Förderung der autonomen Konfliktbeilegung schließt aber jedenfalls Vorschläge mit Bindungswirkung als Mittel der Verfahrensleitung grundsätzlich aus.563 560 Zu dieser Unterteilung, Riskin, 1 Harvard Negotation Law Review 7 (1996), S. 7 (24 ff.); vgl. auch Breidenbach, S. 149 ff.; Steinbrück, AnwBl. 1999, 574 (576). 561 Mähler / Mähler in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 53 (55). 562 Gottwald, S. 215 f. 563 Ausnahmsweise erscheint ein bindender Vorschlag mit der eigenverantwortlichen Streitbeilegung vereinbar, wenn in Tatsachenkonflikten die Parteien vereinbaren, dass sich die bindende Lösung an dem Ergebnis der Tatsachenaufklärung orientiert. In diesem Fall wird ein konkretes Verfahren als Lösung von den Parteien vereinbart und das Endergebnis steht nicht im Belieben des Dritten.

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Wenn durch außergerichtliche Verfahren der Zugang zum Recht erleichtert werden soll, muss der Dritte dafür sorgen, dass in den Verhandlungen das Recht die Lösung maßgeblich beeinflusst. Dies ist aber auch erforderlich, um die Normerosion und ungerechte Ergebnisse zu vermeiden. Um den Missbrauch außerrechtlicher Verhandlungsmacht zu verhindern, sollte er deshalb die Verhandlung inhaltlich auf die Interessen- und Rechtslage konzentrieren und Hinweise auf Normen geben können. Darüber hinaus ist auch erforderlich, dass er rechtliche Bewertungen abgeben und einen, an den Prozessaussichten orientierten Lösungsvorschlag unterbreiten darf. Die Erleichterung der Rechtsdurchsetzung durch Mediationsverfahren setzt damit einen aktiven Mediator voraus und erfordert keine Beschränkung der Gestaltungsmittel. Zur Aufrechterhaltung der Sozialbeziehung muss in dem Verfahren auf beiden Seiten Verständnis für das Konfliktverhalten geweckt sowie die Perspektive geschaffen werden, Probleme zukünftig selbstständig lösen zu können. Die Parteien müssen deshalb aktiv in die Konfliktbewältigung einbezogen werden, um anhand des konkreten Streites die Methoden der Streitbeilegung kennen zu lernen. In den Verhandlungen sollte der Mediator daher versuchen, sich auf die formale und inhaltliche Verfahrensleitung sowie allgemeine Hinweise zur Konfliktbewältigung zu beschränken. Weitergehende Interventionsmittel sind aber nicht generell auszuschließen. Um den Gemeinschaftssinn zu stärken und den Schlichtungsgedanken zu verankern, ist ein prägendes Erlebnis erforderlich. Damit das Gefühl der gemeinschaftlichen Problemlösung entsteht, müssen die Parteien der Gruppe aktiv an der Konfliktbewältigung mitwirken. Dementsprechend sollte der Vermittler eine passivere Rolle übernehmen. Entscheidungen mit Bindungswirkung scheiden deshalb aus. Bei Lösungsvorschlägen ist zu beachten, dass diese nur als Diskussionsgrundlage vom Mediator eingebracht werden. Hinweise auf geltende Gesetze und Regeln sind ebenfalls zulässig, jedoch müssen die systemimmanenten Erwartungen beachtet werden. Resümee Während für die effektive Streitbeilegung und die Zugangserleichterung ein aktiver Schlichter vorteilhaft ist, empfiehlt sich für die autonome Selbstverwirklichung, die Fortsetzung der Sozialbeziehung und die Verbesserung der Streitkultur nur die Moderation der Verhandlungen. Eine Aussicht, die zuletzt genannten Potenziale zu verwirklichen, besteht aber, wenn der Mediator nur das mildeste erforderliche Gestaltungsmittel einsetzt. Erforderlich ist ein intensiveres Gestaltungsmittel nur dann, wenn sich mit weniger eingreifenden Maßnahmen keine Einigung erzielen lässt.

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c) Die Ausnutzung der Gestaltungsmittel in den Verhandlungsphasen Der stufenweise Einsatz der Gestaltungsmittel bedarf jedoch einer Konkretisierung, da der Mediator in den einzelnen Verhandlungsphasen unterschiedliche Aufgaben hat. Diese bestimmen maßgeblich die erforderliche Intensität von Interventionen zur Unterstützung der Verhandlungen. Deshalb ist die Erforderlichkeit in Abhängigkeit der Verhandlungsphase danach zu bestimmen, ob das jeweilige Ziel der Verhandlungsphase mit milderen Mitteln erreicht werden kann. aa) Interventionen bei der Beratung über die außergerichtliche Streitbehandlung Die Aufgabe der Beratung über die außergerichtliche Streitbehandlung stellt an die Gestaltung durch den Mediator keine hohen Anforderungen. Der Mediator hat in dieser Phase die Parteien über die Chancen und Risiken der außergerichtlichen Konfliktbewältigung aufzuklären. Weiterhin kommt eine Bewertung der Einigungschancen auf Grund der Anträge in Betracht. Wegen der noch weitgehend unbekannten Interessen-, Sach- und Rechtslage hat diese Beurteilung keinen Einfluss auf eine etwaige Konfliktlösung. Die Meinungskundgabe über die Einigungschancen beeinträchtigt daher auch die privatautonome Konfliktlösung nicht. Sie ist daher in dieser Phase zulässig. Weitergehende Interventionsmittel sind jedoch nicht auszuschöpfen. bb) Interventionen bei der Anhörung der Beteiligten Wie die Bezeichnung „Anhörung“ bereits indiziert, soll der Mediator den Parteien in diesem Abschnitt zuhören. Daher obliegt der Schlichtungsperson eine passive Rolle. In den Ausführungen zum Konflikt stellen die Parteien ihre Ansicht dar. Sie reden dabei über die Gesichtspunkte, die für sie wichtig sind. Die formale Gesprächsleitung erscheint daher ausreichend. Allerdings können die Parteien nur die Aspekte erörtern, die sie kennen. Daher sollte der Mediator Hinweise auf Fakten, Normen und Regeln geben können, um sich einen Überblick über alle relevanten Gesichtspunkte verschaffen zu können. Zur Absicherung des Verständnisses für die Sach- und Interessenlage soll der Mediator fragend die Aussagen reformulieren und interpretieren (aktives Zuhören). Die Fragen sind dabei aber wertungsfrei und ohne Suggestivwirkung zu formulieren, um die Parteien nicht unter Rechtfertigungsdruck zu stellen.564 Der Mediator muss sich jeglicher Wertungen enthalten, 564 Geeignet sind dazu insbesondere offene Fragen, die keine Antwort mit „ja“ oder „nein“ zulassen, und Leerfragen, die mit den Fragewörtern wer, wo, was, wie, womit gebildet werden, vgl. dazu Ulrich, FPR 2000, 123 (127); zu weiteren Stilelementen, Heussen, ZKM 2001, 80 (82 f.). Zur Bedeutung von Fragen bei der Mediation, Proksch, ZKM 2001, 32 ff.

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um das Vertrauen beider Parteien zu gewinnen. Entdeckte Kooperationsmöglichkeiten sind in diesem Stadium noch nicht zu erörtern.565 cc) Interventionen zur tatsächlichen und rechtlichen Aufarbeitung Die Konfliktaufarbeitung verlangt eine aktive Rolle der Schlichtungsperson. Der Umfang der tatsächlichen und rechtlichen Aufarbeitung hängt jedoch davon ab, wie streitig Sach- und Motivlage sind und wie realistisch die Parteien die Rechtslage einschätzen. Dementsprechend kann dieser Verhandlungsabschnitt auch sehr zügig ablaufen, wenn die Parteien sich über die Tatsachen weitgehend einig sind. (1) Sachverhaltsfeststellung Oft haben die Parteien aber Tatsachen unterschiedlich wahrgenommen, sodass daraus erhebliches Konfliktpotenzial resultiert. Vermutungen, Unterstellungen und hervorgerufene Emotionen können für eine Konfliktlösung entscheidend sein und andere Gegenstände in diese einbezogen werden. Eine Beschränkung der tatsächlichen Konfliktaufarbeitung auf rechtsrelevante Tatsachen erscheint daher nicht empfehlenswert. In jedem Fall ist aber vor der rechtlichen Bewertung der juristisch relevante Sachverhalt festzustellen. Dazu sollte der Mediator nach Vorbild der Relationstechnik die unterschiedlichen Schilderungen rechtsrelevanter Tatsachen einander gegenüberstellen. Obwohl nach den Vorträgen der Beteiligten häufig erhebliche Unsicherheiten über den Sachverhalt fortbestehen, sind weitergehende Ermittlungen den Zweckmäßigkeitserwägungen des Mediators zu überlassen.566 Die gründliche Sachverhaltsermittlung verursacht nämlich einerseits oftmals erheblichen Aufwand und die vergangenheitsorientierte Sichtweise kann zukunftsund interessenorientierte Lösungen behindern. Zudem besteht die Gefahr, dass das Vorverfahren als „Test“ der Beweismittel ausgenutzt wird. Andererseits setzt eine wirklich nützliche rechtliche Beurteilung die Anschauung der Beweismittel voraus. Schließlich kann der Mediator nur einschätzen, ob die Parteien ihrer Beweislast nachkommen, wenn er den Beweiswert der Beweismittel kennt. Die hohe Vergleichsquote nach der Discovery in den USA zeigt, dass die Vergleichsbereitschaft steigt, wenn der Sachverhalt aufgearbeitet wurde und dadurch weniger Unsicherheiten bestehen.567 Für die Sachverhaltsaufarbeitung gelten deshalb in einigen Schlichtungseinrichtungen die Beweisregeln der einzelrichterlichen Zivilverhandlungen.568 Mit einer solchen Regelung würde das außergerichtliche Verfahren Breidenbach, S. 283. Für eine umfassende Sachverhaltsaufklärung, Behrens, DRiZ 1997, 236 (237). Gegen eine allgemeine Ermittlungspflicht des Mediators, OLG Hamm, MDR 1999, 836. 567 Haß, AnwBl. 1989, 462 (467). 568 Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (207). 565 566

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dem Gerichtsverfahren aber sehr stark angeglichen, sodass das Risiko des Anscheins eines Verfahrens zweiter Klasse stiege. Es gilt daher das Verhältnis von Aufwand und Nutzen für die einzelnen Beweismittel genauer zu untersuchen und eine eigenständige Regelung zu finden. (a) Augenscheinsbeweis Augenschein ist jede eigene gegenständliche Wahrnehmung über die Beschaffenheit von Personen und Gegenständen sowie Vorgänge betreffend.569 Typische Anwendungsfälle sind Orts- und Schadensbesichtigungen, Feststellung von Lärm und Geruchsbelästigungen sowie Notwegesituationen und Baumängel.570 Diese Umstände haben oft in Unfall-, Bau- und Nachbarschaftsstreitigkeiten ausschlaggebende Bedeutung. Ein Vermittler mit besonderem Sachverstand dient dabei der Effektivitätssteigerung, da dann ein Sachverständiger als Augenscheinsgehilfe nicht notwendig ist. Die Augenscheinseinnahme erfordert dabei häufig nur geringen Aufwand. Die Verhandlungen können entsprechend § 48 ThJG und § 26 AVBayJG am Ort der Augenscheinseinnahme geführt werden, wodurch eine Verzögerung vermieden wird. Auf Grund des eingeschränkten örtlichen Anwendungsbereichs entstehen regelmäßig auch keine erheblichen Mehrkosten. Das setzt jedoch voraus, dass der Antrag die Zweckmäßigkeit der Augenscheinseinnahme bereits erkennen lässt. Anderenfalls müsste das Augenscheinsobjekt während der Verhandlung aufgesucht werden, um einen weiteren Termin mit zusätzlichem Aufwand zu vermeiden. Bei einem engen Terminplan wird Letzteres in der Praxis jedoch selten möglich sein. Die Parteien sollten daher in der Ladung darauf hingewiesen werden, alle zur Sachverhaltsaufarbeitung und Konfliktlösung geeigneten Gegenstände mitzubringen. Gegen die Augenscheinseinnahme der Schlichtungsperson kann eingewendet werden, dass sie sich dann ein eigenes Tatsachenurteil bilden muss. Mit diesem ergreift sie zwangsläufig Partei, sodass ihre Rolle als neutraler Vermittler gefährdet ist. Allerdings machen bei der Augenscheinseinnahme alle Beteiligten die gleiche Wahrnehmung. Das Ergebnis ist folglich in vielen Fällen unstreitig, weshalb das Risiko für die wahrgenommene Neutralität nicht zu überschätzen ist.571 Die steigenden Chancen einer Einigung spechen daher für eine Augenscheinseinnahme.572

569 Greger in: Zöller, § 371 Rdz. 1; Hartmann in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Übers vor § 371 Rdz. 3. 570 Musielak, Rdz. 372; Schellhammer, Rdz. 577. 571 Schellhammer, Rdz. 578 f. 572 Nach Art. 10 Abs. 3 S. 2 BaySchlG ist die Augenscheinseinnahme von dem Aufwand abhängig. Die Zustimmung der Parteien wird vorausgesetzt in § 25 SchAG NRW, § 10 Abs. 2 SchlG BW, § 27 Abs. 1 S. 2 BbgSchG, § 23 Abs. 1 S. 3 HSchG, § 23 Abs. 1 S. 3 SSchO, §§ 34 f. Abs. 1 S. 4, 30 Abs. 1 S. 2 SchStG LSA, § 26 Abs. 1 S. 2 SchO Schl-H.

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(b) Urkundenbeweis Urkunden vermitteln nicht Eindrücke Dritter, sondern ermöglichen die sichere Wahrnehmung durch die Schlichtungsperson. Sie sind daher ein zuverlässiges Beweismittel. Die Einführung in den Verhandlungen erfordert nur einen geringen Aufwand. Durch die Vorlage der Urkunde können die damit beweisbaren Umstände meist aufgeklärt werden.573 Der Beweiswert von Urkunden ist nach den §§ 415 ff. ZPO hoch und der Umfang der freien Beweiswürdigung eingeschränkt. Bei der rechtlichen Aufarbeitung erlangen die §§ 415 ff. ZPO Bedeutung, ohne dass sie ausdrücklich angewendet werden müssen. Um außerdem die Flexibilität nicht einzuschränken, ist von einer Statuierung ähnlicher Vorschriften abzusehen. Urkunde ist dabei, dem Urkundenbegriff der ZPO entsprechend, jede schriftliche Verkörperung eines Gedankens.574 Die Vorlage hat im Schlichtungstermin zu erfolgen. Damit die Verhandlungen nicht durch die Ungewissheit über die Existenz einer Urkunde erschwert werden, sind die Parteien in der Ladung darauf hinzuweisen, alle für den Konflikt relevanten Urkunden mitzubringen. Ein neuer Termin zur Herbeischaffung der Urkunde sollte nur auf gemeinsamen Wunsch der Parteien erfolgen, um einseitige Verzögerungen zu vermeiden. Eine eigene Bewertung der Urkunden ist meist nicht erforderlich, wodurch Zweifel an der Neutralität nicht entstehen können. Soweit jedoch die Urkunde im Gerichtsverfahren frei zu würdigen oder die rechtliche Bedeutung des Inhaltes umstritten ist und durch Auslegung festgestellt werden muss, gerät die Schlichtungsperson in eine schwierige Situation. Eine personelle Trennung zwischen Sachverhaltsaufarbeitung und Vergleichsverhandlungsleitung würde dieses Problem lösen. Dieser Weg ist aber wegen der Kosten auszuschließen. Eine strikte zeitliche Trennung zwischen der Sachverhaltsaufarbeitung und der eigentlichen Lösungssuche kann den Anschein der Parteilichkeit zumindest verringern. Außerdem muss der Mediator die richterliche Meinung prognostizieren, weshalb er nur mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten und sich persönlich von dieser Meinung sogar distanzieren kann. Dadurch lässt sich der Anschein der Befangenheit weitgehend vermeiden, sodass die Auslegung durch den Mediator nicht abzulehnen ist. Zur Klärung streitiger Tatsachen können daher in außergerichtlichen Verfahren Urkunden verwendet werden.575 (c) Zeugenbeweis Die Zeugenaussage ist das wichtigste, aber auch schlechteste Beweismittel.576 Der Zeuge soll über seine früheren Wahrnehmungen vergangener Tatsachen und Schellhammer, Rdz. 581. Zum Begriff der Urkunde in der ZPO, Leipold in: Stein / Jonas, vor § 415 Rdz. 1. 575 Das ist ausdrücklich vorgesehen in § 10 Abs. 2 SchlG BW und in den §§ 34 f. Abs. 1 S. 4, 30 Abs. 1 S. 3 SchStG LSA. 576 Schellhammer, Rdz. 628. 573 574

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Zustände berichten.577 Als Fehlerquellen kommen Mängel bei der Wahrnehmung, in der Erinnerung und bei der Wiedergabe sowie Irrtümer und Lügen in Betracht. Trotzdem dient der Zeugenbeweis der Sachverhaltsfeststellung. Diese weitergehende Aufklärung ist wahrscheinlich die Ursache für die höheren Einigungschancen bei der Hinzuziehung.578 Er ist deshalb grundsätzlich empfehlenswert. Der Zeugenbeweis erfordert aber auch immer eine Würdigung, die sich negativ auf seine wahrgenommene Neutralität auswirken kann. Die Schlichtungsperson kann dieses Risiko durch die zeitliche Trennung der Sachverhaltsaufarbeitung von den anderen Verhandlungsabschnitten und durch die Arbeit mit Wahrscheinlichkeiten kontrollieren. Der Anhörung von Zeugen stehen daher insoweit keine durchgreifenden Bedenken entgegen.579 Die Vernehmung von Zeugen ist nicht sehr zeitaufwändig, jedoch müssen sie geladen werden und sind bei einer Pflicht zum Erscheinen auch zu entschädigen.580 Wenn keine Einigung zustande kommt und die Zeugen nochmals vor Gericht auftreten müssen, entsteht der doppelte Kostenaufwand. Die Zeugenanhörung im Schlichtungsverfahren sollte sich daher nicht an der ZPO orientieren, insbesondere sind die Ladung durch die Schlichtungsperson und der Zwang zur Aussage abzulehnen.581 Vielmehr sollen die Parteien ihre Sicht des Konfliktes auf eigene Initiative und Kosten glaubhaft machen. Zur Kostensenkung empfehlen sich trotz geringerer Überzeugungskraft vor allem kostengünstige Möglichkeiten, wie eine fernmündliche Anhörung oder eine schriftliche Stellungnahme. Bei schriftlichen Stellungnahmen muss die Übersendung einer Kopie an die andere Streitpartei erfolgen. Der Streitgegner kann den Zeugen auf seine Kosten bestellen oder ihn ebenfalls befragen,582auch wenn der Schlichter, diesem Vorschlag entsprechend, nicht über eine Ladungskompetenz verfügt.583 Die Kostenlast verhindert den MissRosenberg / Schwab / Gottwald, § 122 I, S. 704. Bierbrauer / Falke / Koch in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 141 (169 f.). 579 Die teilweise Ablehnung der Zeugenanhörung für das Güteverfahren im Arbeitsrecht erstreckt sich auf die Beweisaufnahme im Sinne der ZPO. Die Güteverhandlung findet nur mit dem Richter statt, sodass die Zeugenvernehmung vor der Kammer wiederholt werden müsste und somit eine unzulässige Kostenbelastung darstellen würde, Germelmann in: Germelmann / Prütting / Matthes, § 54 Rdz. 15; a.A. Grunsky, § 54 Rdz. 8. Eine nur informatorische Anhörung mitgebrachter Zeugen verursacht keine zusätzlichen Kosten und wird allgemein als zulässig angesehen, Germelmann in: Germelmann / Prütting / Matthes, § 54 Rdz. 24; Grunsky, § 54 Rdz. 12 f.; Hauck, § 54 ArbGG Rdz. 7. 580 Zur Zeugnispflicht vor Gericht, Berger in: Stein / Jonas, vor § 373 Rdz. 31 ff. 581 Die Einigungsstelle nach § 27a UWG darf auch keine Zeugen laden, sondern ist auf die Bestellung durch die Parteien angewiesen, Baumbach / Hefermehl, § 27a UWG, Rdz. 11. 582 Jorde in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 205 (207). 583 Der Zeuge kann aber auch dann die Anwesenheit verweigern, da als Pflicht zum Erscheinen nur ein Vertrag zwischen den Beteiligten und dem Zeugen in Betracht kommt. Die Verweigerung wird sich bei Zweifeln auf die Glaubwürdigkeit seiner schriftlichen Aussage jedoch negativ auswirken. 577 578

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brauch und lässt erwarten, dass die Parteien die Zweckmäßigkeit von Zeugenladungen kritisch überprüfen. Sie können jedoch ihre Sachverhaltsdarstellung weiterhin untermauern. Demnach sind Zeugen von der Schlichtungsperson anzuhören, wenn sie die Parteien mitgebracht haben.584 (d) Sachverständigengutachten Eine weitere Möglichkeit der Sachverhaltsaufklärung stellen Sachverständigengutachten dar. Durch Sachverständige werden dem Richter im Gerichtsverfahren fehlende Kenntnisse und Erfahrungssätze aus anderen Wissenschaften vermittelt, auf Basis von diesen aus einem feststehenden Sachverhalt gezogene Schlussfolgerungen dargestellt und auf Grund ihrer besonderen Sach- und Fachkunde ermittelte Tatsachen aufgezeigt.585 Viele Streitigkeiten beruhen auf unterschiedlichen Ansichten zu Umständen, für deren Aufklärung ein Sachverständigengutachten erforderlich ist.586 Die Fehler der Zeugenaussagen sind bei neutralen Gutachtern weniger zu befürchten, da die Wahrnehmungsfähigkeit des Gutachters beruflich trainiert ist und kein Interesse an dem Prozessausgang besteht. Der Beweiswert eines Gutachtens ist sehr hoch, sodass der Richter dem Gutachten regelmäßig folgt.587 Die Entscheidung ist somit oft voraussehbar, wodurch die Einigungsbereitschaft im Prozess häufig zunimmt. Dieser Effekt besteht auch bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung.588 Wenn die Parteien bereits einen Sachverständigen beauftragt hatten, können sie diesen Privatgutachter zur Unterstützung ihres Vortrages mitbringen. Ansonsten kommt eine gutachterliche Tätigkeit der Schlichtungsperson oder die Beauftragung eines Sachverständigen im Rahmen oder als Ergebnis der Verhandlungen in Betracht. Eine für Gerichte bindende Sachverhaltsfeststellung in Schlichtungsverfahren wurde bereits früher erwogen.589 584 Ebenso Art. 10 Abs. 3 BaySchlG, § 25 SchAG NRW, § 10 Abs. 2 SchlG BW, § 27 Abs. 1 BbgSchG, § 23 Abs. 1 HSchG, § 23 Abs. 1 S. 1 SSchO, §§ 34 f. Abs. 1 S. 4, 30 Abs. 1 S. 1 SchStG LSA und § 26 Abs. 1 S. 1 SchO Schl-H. Für die Schiedsstellen des KfzGewerbes, Miletzki, S. 57. 585 Rosenberg / Schwab / Gottwald, § 123 I, S. 716. 586 Bei dem vorgegebenen Anwendungsbereich kommen vor allem Streitigkeiten auf Grund von kleinen Unfällen und Handwerksleistungen in Betracht. 587 Der Richter ist zwar rechtlich nicht an das Gutachten gebunden, jedoch ist eine Abweichung mit einem Mangel im Gutachten zu begründen. Mangels Fachkunde kann er allerdings Fehler oder Widersprüchlichkeiten kaum aufdecken, Greger in: Zöller, § 402 Rdz. 7a. Weiter darf er auch nur ausnahmsweise ohne ein weiteres Gutachten abweichen, BGH, NJW 1989, 2948 f. 588 Behrens, DRiZ 1997, 236 (238); Haß, AnwBl. 1989, 462 (466 f.); Hilber, BB 2001, Beilage 2, 22 (28 f.). 589 Allerdings ohne Auseinandersetzung mit den Problemen, Lindemann, AnwBl. 1984, 293; Haß, AnwBl. 1989, 462 (466 f.). Unabhängig von der Zweckmäßigkeit steht der Bin-

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Die Schlichtungsperson gerät jedoch wie bei der Augenscheinseinnahme in einen Rollenkonflikt, wenn sie einerseits vermittelnd und andererseits gutachterlich und somit vorentscheidend tätig wird.590 Durch den Umfang und die Bedeutung des Gutachtens wird die Neutralität erheblich gefährdet. Die Nachteile dieser Rollenidentität werden auch nicht durch Kosteneinsparungen aufgewogen. Mit den geringen Gebühren für die Vermittlung kann der Aufwand für ein Gutachten nicht abgegolten sein, sodass in jedem Fall weitere Kosten entständen. Eine weitere Verwertung in einem Gerichtsverfahren kollidiert außerdem mit dem Zeugnisverweigerungsrecht des Schlichters, das zur Vertrauensbildung erforderlich ist. Wenn das Gutachten im Prozess nicht verwendet werden kann, besteht die Möglichkeit einer abweichenden Bewertung durch das Gericht oder einen anderen Gutachter. Dadurch fallen dann die Kosten für zwei Gutachten an. In jedem Fall wird die Einigungsbereitschaft kaum gefördert. Die Vorteile wiegen somit die Risiken nicht auf. Eine gutachterliche Tätigkeit der Schlichtungsperson ist daher unzweckmäßig und auszuschließen. Zu erwägen bleibt die Beauftragung eines neutralen Gutachters durch die Schlichtungsperson.591 Sachverständigengutachten verursachen jedoch regelmäßig hohe Kosten. Dies widerspricht der Idee eines kostengünstigen Verfahrens. Die Erstellung eines Gutachtens erfordert zusätzlich einen hohen Zeitaufwand. Ein schnelles Verfahren wäre damit praktisch ausgeschlossen.592 Die Bestellung eines Sachverständigengutachtens auf Kosten der Parteien durch die Schlichtungsperson würde außerdem mit der Privatautonomie des Verfahrens unvereinbar sein. Zudem erschiene es widersprüchlich, dass die Schlichtungsperson die Anfertigung eines Sachverständigengutachtens anordnen kann, aber Zeugen nicht bestellen darf. Damit die Parteien aus dem Gutachten einen echten Nutzen für einen späteren Produng an die Sachverhaltsermittlung außerhalb des Gerichtsverfahrens das Unmittelbarkeitsprinzip entgegen, wenn die Parteien keinen übereinstimmenden Willen dazu haben. 590 Gegen diese Vermischung, Gottwald, BRAK-Mitt 1998, 60 (64). 591 Von einigen Schlichtungsstellen können Sachverständigengutachten eingeholt werden. Die Schlichtungsordnungen der Ärztekammern sehen zwar eine Begutachtung vor, jedoch ist dieses Verfahren kostenlos, freiwillig und nicht Voraussetzung für den Rechtsweg. Die Voraussetzungen der Sachverständigenbestellung sind daher völlig anders und die Verzögerung wird von den Parteien freiwillig hingenommen. Die Einigungsstelle nach § 76 BetrVG kann aber ebenfalls eigenständig einen Sachverständigen beauftragen, Berg in: Däubler / Kittner / Klebe, § 76 BetrVG Rdz. 68. Für diese besteht ein besonderes Bedürfnis der Sachverhaltsermittlung, weil die Entscheidung der Schlichtungsstelle nur beschränkt gerichtlich nachprüfbar ist, Berg in: Däubler / Kittner / Klebe, § 76 BetrVG Rdz. 86 ff. Auf Grund dieser Sonderstellung sind die Regeln dieses Verfahrens nicht zu verallgemeinern. Eine informelle Anhörung von Sachverständigen ist wie von Zeugen im Güteverfahren vor den Arbeitsgerichten möglich, Germelmann in: Germelmann / Prütting / Matthes, § 54 Rdz. 24; Grunsky, § 54 Rdz. 12 f. Bei der Einigungsstelle nach § 27a UWG sind die Parteien verantwortlich für die Bestellung etwaiger Zeugen und Sachverständiger, Baumbach / Hefermehl, § 27a UWG, Rdz. 11. Ein Recht der Schlichter zur Gutachterbestellung besteht nicht. 592 Bei den ärztlichen Schlichtungsstellen steigt die Verfahrensdauer auf Grund der Gutachtenerstellung bis auf 14 Monate an, Matthies in: Ellermann, S. 41.

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zess ziehen können, müsste dieses im selbstständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO angefertigt werden.593 Antragsberechtigt sind gemäß § 485 Abs. 1 ZPO jedoch nur die Parteien. Darüber hinaus würden die Gerichte bereits wieder belastet.594 Die Schlichtungsperson ist daher zur Beauftragung eines Sachverständigen nicht zu ermächtigen.595 Bereits angefertigte Parteigutachten können aber gleichwohl berücksichtigt werden, doch sind diese insoweit wie Zeugen zu behandeln.596 Allerdings bietet sich die Beauftragung eines Sachverständigen als Teil einer Vereinbarung zur Konfliktbeilegung an. Dazu kommt insbesondere die Vereinbarung eines selbstständigen Beweisverfahrens in Betracht. Auf dessen Basis können weitere Verhandlungen geführt werden. Dieses ist günstiger als Privatgutachten, weil es im Falle des Scheiterns weitere Kosten für ein Sachverständigengutachten im Prozess erspart.597 Indem die Parteien die Erstellung eines verbindlichen Schiedsgutachtens vereinbaren,598 vermeiden sie zumindest die Eskalation des Konfliktes, wenn sie ihn damit nicht sogar schon beilegen. Resümee Ein festes Maß für den Umfang der Sachverhaltsfeststellung kann nicht vorgegeben werden. Die Sachverhaltsaufklärung hängt von der Bedeutung des Rechts ab. Bei der rechtsorientierten Mediation und der Berührung von Schutznormen beansprucht die Sachverhaltsaufklärung große Aufmerksamkeit. Soweit die Befriedigung der Interessen möglich ist, verlieren für die Parteien oft die Vergangenheit und das Recht an Bedeutung. Ein brauchbarer Kompromiss zwischen Aufwand und zweckmäßiger Tatsachenfeststellung wurde im früheren § 499c S. 2 ZPO gefunden, wonach die Sachverhaltsaufklärung auf sofort verfügbare Nachweise beschränkt war.599

593 So Behrens, DRiZ 1997, 236 (238), wonach die Schlichtungsperson ein Sachverständigengutachten im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens einholen dürfen soll. 594 Stadler, NJW 1998, 2479 (2485). 595 Dieser Vorschlag der Integration des selbstständigen Beweisverfahrens wurde im GüSchlG NRW und SchAG NRW ebenfalls nicht übernommen. 596 In den Landesgesetzen gelten für Zeugen und Sachverständige die gleichen Normen, Art. 10 Abs. 3 BaySchlG, § 25 SchAG NRW, § 10 Abs. 2 SchlG BW, § 27 Abs. 1 BbgSchG, § 23 Abs. 1 HSchG, § 23 Abs. 1 S. 1 SSchO, §§ 34 f. Abs. 1 S. 4, 30 Abs. 1 S. 1 SchStG LSA und § 26 Abs. 1 S. 1 SchO Schl-H. 597 Zur Integration des selbstständigen Beweisverfahrens, Hilber, BB 2001, Beilage 2, 22 (28 f.). 598 Zur Rechtsnatur Joussen, S. 182 ff.; von Bernuth, ZIP 1998, 2081 (2082). 599 RGBl. I, 1924, 135 (142).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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(2) Erörterung der Rechtslage Wie gründlich der Mediator den Konflikt unter rechtlichen Gesichtspunkten aufarbeiten sollte, hängt insbesondere von den Vorstellungen der Parteien über die Chancen und Risiken eines Gerichtsverfahrens ab. Je stärker diese von der Realität abweichen, desto wichtiger ist die intensive Erörterung der Stärken und Schwächen ihrer rechtlichen Position. Letztlich bestimmen aber auch der Konflikttyp, die von den Parteien gewünschte Mediationsrichtung, ihre Kooperationsbereitschaft, ihr Verhandlungsstil und die Verteilung der Verhandlungsmacht die Intensität der rechtlichen Aufarbeitung des Konfliktes. Feste Regeln können deshalb insoweit nicht aufgestellt werden. Allein die Thematisierung der Rechtslage genügt aber teilweise, um eine realistische Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien mit Interventionsmitteln geringerer Eingriffsintensität zu erreichen. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass die Parteien bereits nach dem sachlichen Austausch ihrer Begründungen die Sach- und Rechtslage zutreffend einschätzen. Zwar sind der Schlichtungsperson Hinweise sowie eigene Bewertungen gestattet und diese oft Kern der rechtlichen Konfliktaufarbeitung, doch muss sie dabei sensibel agieren. Die Parteien fühlen sich nämlich schnell benachteiligt und ihre subjektive Wahrnehmung ist entscheidend, ob sie einen positiven Eindruck von dem Verfahren erlangen und dieses akzeptieren. Ungewissheiten und Probleme, die beide Seiten bereits erkannt haben, kann der Mediator mit ihnen gemeinsam erörtern. Neue und übersehene Gesichtspunkte rufen dagegen schneller Zweifel an der Neutralität des Mediators hervor. Der Mediator muss in Anwesenheit der anderen Partei deshalb insoweit besonders vorsichtig handeln. Der Mediator sollte zunächst immer einzelne Aspekte zugunsten und zulasten der Parteien herausgreifen, um durch die abwechselnde Stärkung und Schwächung der Verhandlungspositionen seine neutrale Allparteilichkeit zu demonstrieren. In Einzelgesprächen kann der Mediator dann bisher unerkannte Schwachstellen mit den Parteien offen diskutieren, ohne den Anschein der Parteilichkeit zu erwecken und die Parteien zu kompromittieren.600 Der Mediator kann beispielsweise mit dem Gläubiger etwaige Verjährungsfragen besprechen, sodass sie in den Verhandlungen berücksichtigt werden, ohne gleichzeitig den Schuldner auf diese hinzuweisen. Damit lassen sich auch negative Auswirkungen auf die Vergleichsbereitschaft durch die rechtliche Aufarbeitung vermindern. dd) Interventionen bei der Entwicklung von interessenorientierten Optionen Als Grundlage für die spätere Entscheidungsfindung sollten zunächst mehrere Lösungsoptionen entwickelt werden. Dazu sind die Interessen herauszuarbeiten 600

Ausführlich zu Einzelgesprächen, 3. Teil XVIII.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

und kreative Ideen der Parteien gefordert. In dieser Phase empfehlen sich weniger intensive Interventionen. Grundsätzlich zeigen die Beteiligten in ihren Äußerungen bereits ihre Interessen. Oftmals müssen sich die Parteien aber auch über ihre eigenen Interessen erst klar werden. Durch die inhaltliche Gesprächsleitung, insbesondere die Reformulierung und Interpretation, kann der Mediator die Beteiligten dabei unterstützen. Bei der anschließenden Suche nach Lösungsansätzen sollte er sich darauf beschränken, die Gespräche zu leiten und die Ideen zu sammeln. Im Rahmen der Gesprächsleitung hat der Mediator beurteilende Anmerkungen zu unterbrechen, da Kritik der Kreativität schadet und die Bewertung in der nachfolgenden Phase erfolgt. Wenn die Verhandlungen in diesem Stadium an der mangelnden Kreativität der Parteien zu scheitern drohen, kann er allgemeine Hinweise geben, wie Lösungsoptionen entwickelt werden können.601 Inhaltliche Lösungsvorschläge sollte der Mediator aber in dieser Phase zunächst unterlassen, da diese die Parteien zu stark beeinflussen. ee) Interventionen bei der Einigung auf eine Konfliktlösung Die Entscheidung der Parteien für eine Lösung oder die Zusammenführung der Ideen ist die schwierigste Verhandlungsphase.602 An dieser Stelle scheitern die Verhandlungen oft. Der Schlichtungsperson müssen daher ausreichend Steuerungsmittel zur Verfügung stehen, um die Beteiligten in dieser Phase immer wieder neu zu motivieren. Mit der formalen Gesprächsführung vermag die Schlichtungsperson die Verhandlungen nicht hinreichend zu steuern, um die Parteien zum Ringen um eine Einigung zu motivieren. Mittels der thematischen Schwerpunktsetzung gelingt dies hingegen bereits recht gut. In schwierigen Situationen erreicht der Mediator durch die Thematisierung von Gemeinsamkeiten, dass Divergenzen in den Hintergrund treten. Zwar bleibt der Konflikt damit meist noch ungelöst, doch wirkt sich dies nicht nur positiv auf die Stimmung aus, sondern kann auch zu Einigungen in Teilbereichen führen. Um damit keinen unzulässigen Einigungsdruck aufzubauen, sollten diese Ziele aber offen formuliert werden. Hinweise auf Normen und neutrale Kriterien helfen Lösungsoptionen zu bewerten, insbesondere wenn die Lösungsansätze nicht bereits aus objektiven Kriterien entwickelt worden sind. Allerdings existieren regelmäßig mehrere geeignete Kriterien, sodass unterschiedliche Präferenzen gegebenenfalls bestehen bleiben. Außerdem können die Beteiligten die Lösungen anhand gleicher Kriterien auch unterschiedlich bewerten. Daher erweisen sich Hinweise zur Förderung der Konfliktbeilegung in dieser Phase oft als unzureichend. Diese Schwierigkeiten kann der Mediator überwinden, indem er selbst die Lösungsoptionen beurteilt. Allerdings unterscheidet sich die Bewertung der Lösungen 601 602

Fisher / Ury / Patton, S. 102 ff. Vgl. Sellnow, ZKM 2000, 100 (104 f.).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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kaum von einem Vorschlag, wenn das Ergebnis eine Rangfolge der Lösungsoptionen ist. Der Mediator nimmt damit fast genauso großen Einfluss auf den Inhalt der Konfliktlösung wie mit einem eigenen Vorschlag. Die Rolle als Vermittler führt nämlich dazu, dass dessen Rangfolge erhebliche Bedeutung für die Konfliktlösung der Parteien hat. Außer dem Einigungsdruck auf die favorisierte Lösung resultiert daraus aber auch die Gefahr, dass die Partei an der Neutralität des Mediators zweifelt, deren Lösungskonzept er zurückstellt. Diesen Einwänden könnte die Schlichtungsperson zwar Rechnung tragen, indem sie die Lösungen anhand verschiedener Kriterien untersuchen und lediglich deren Vor- und Nachteile aufzeigen würde, ohne sie miteinander zu vergleichen, sodass sich daraus keine Rangfolge ergäbe. Es bestünden dann aber die Probleme fort, die gerade durch eine Bewertung überwunden werden sollten. Die Bewertung müsste dazu nämlich stets anhand mehrerer Maßstäbe erfolgen und die Frage nach deren Rang bliebe unbeantwortet. Ob sich selbst dann aber auch wirklich Argumente für jede Lösung fänden, ist kaum abzusehen. Die Parteien bedürfen auch keines wertenden Vergleichs hinsichtlich der Rechtsverwirklichung, da sie in dieser Verhandlungsphase bereits die Chancen und Risiken eines Rechtsstreites kennen.603 Grundsätzlich hat der Mediator daher eine Bewertung der Lösungsideen zu unterlassen. Selbstverständlich kann der Mediator aber dann Lösungsoptionen bewerten wie auch vorschlagen, wenn in Kenntnis der damit verbundenen Probleme dies beide Parteien wünschen. Davon zu unterscheiden ist die Begutachtung, ob die Lösung der Parteien rechtlich wirksam umgesetzt werden kann. Dieser zukunftsorientierten Einschätzung haftet nur ein geringes Risiko eines Neutralitäts- und Vertrauensverlustes an. Allerdings hängt damit das Problem zusammen, ob der Mediator gegebenenfalls auch an einer rechtlich nicht durchsetzbaren Lösung mitwirken darf. Solche Lösungen besitzen hohes Konfliktpotenzial. Das spricht sowohl generell gegen unverbindliche und unwirksame Lösungsoptionen an sich als auch gegen die Mitwirkung der Schlichtungspersonen.604 Allerdings schließen die Parteien die Vereinbarung, weil sie diese für günstig halten. Um den Vorteil zu realisieren, müssen sie diese jedoch noch vollziehen. Eine tatsächliche Übereinkunft beispielsweise im Sinne eines Gentlemen’s Agreement eignet sich daher vielfach zur Konfliktbeilegung,605 obwohl daraus kein klagbarer Anspruch entspringt. Diese Chance könnte Vereinbarungen ohne Rechtswirkungen rechtfertigen. Die Rechtsverbindlichkeit der Eini603 Hier zeigt sich ein Vorteil der vorgeschlagenen frühzeitigen rechtlichen Erörterung. Sie vermeidet gerade in dieser Phase, dass dadurch Einigungsdruck ausgeübt und empfunden wird. 604 Zwar werden beispielsweise formunwirksame Schenkungsversprechen und Grundstücksverträge mit ihrer Erfüllung wirksam, doch besteht bis zu diesem Zeitpunkt keine Rechtssicherheit. Ansprüche aus Spiel und Wette bestehen nach § 762 Abs. 1 BGB nicht, gleichwohl kann Geleistetes nicht zurückgefordert werden. Im Übrigen fehlt aber auf Grund der Unwirksamkeit der Rechtsgrund. Zwar bedingt nicht jede unwirksame Vereinbarung die Rückabwicklung, doch ist in diesen Fällen stets auf eine mögliche Rückabwicklung nach §§ 812, 814, 817 BGB bei späterer Wiederauflebung des Streites hinzuweisen. 605 Zur Bedeutung eines Gentlemen’s Agreement, BGH, NJW-RR 2001, 636 (637).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

gung kann aber auch an der Dispositionsbefugnis der Parteien606 oder einem Verbotsgesetz scheitern.607 Wenn die Normen zumindest auch Dritte schützen und diese nicht zustimmen, hat die Schlichtungsperson diese Lösungen unbedingt zu verhindern. Schwieriger ist zu beantworten, ob die Schlichtungsperson Lösungen billigen darf, die Gesetzen zum Schutz einer Partei widersprechen. Zwar dürfen Richter an ungesetzlichen Vergleichen bereits wegen der Gesetzesbindung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nicht mitwirken,608 doch sind Schlichtungspersonen keine Richter. Allerdings sollen auch Notare nach § 4 BeurkG keine unwirksamen Erklärungen und Rechtsgeschäfte beurkunden. Während Notare für die rechtliche Wirksamkeit stehen,609 haben Schlichtungspersonen vorrangig zur Konfliktbeilegung beizutragen. Dieser funktionelle Unterschied rechtfertigt eine eigenständige Betrachtung und Abwägung der Argumente. Einerseits gilt es zu bedenken, dass selbst mit dem Vollzug gesetzwidriger Lösungen unter Umständen mehr Recht verwirklicht wird als ohne diese. Die reale Alternative zur Verhandlungslösung ist nämlich häufig der ausgleichslose faktische Verzicht auf die Rechtsposition, weil Parteien nicht bereit und in der Lage sind, um ihr Recht zu kämpfen. Zudem besteht der übereinstimmende Wille zu dieser Lösung zwar im Bewusstsein der rechtlichen Missbilligung aber auch im Vertrauen auf die moralische Bindung und den faktischen Vollzug. Andererseits erfüllt der Staat mit Verbotsgesetzen und Einschränkungen der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsbefugnisse die Pflicht, einen sachgerechten Ausgleich der Interessen in Beziehungen mit typischerweise ungleichen Machtverhältnissen zu gewährleisten.610 Diese Verantwortung müssen auch Schlichter in staatlich initiierten Schlichtungsverfahren wahrnehmen.611 Sie dürfen deshalb Lösungen nicht unterstützen, wenn diese gegen Gesetze zum Schutze einer Partei verstoßen.612 Vielmehr müssen Schlichtungspersonen die Verhandlungen dann abbrechen und ein Gerichtsverfahren anregen. Sehr empfehlenswert sind bei mehreren Lösungsoptionen in dieser Phase Vorschläge über ein Auswahlverfahren. Damit nimmt der Mediator keinen Einfluss Nicht zur Disposition steht beispielsweise nach § 2302 BGB die Testierfreiheit. Ein Verstoß gegen § 144a VAG als Verbotsgesetz liegt in der Teilung der Provision zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsnehmer. 608 Freund, DRiZ 1983, 136 (137). Beispielsweise darf der Richter keinen Vergleich zwischen Mieter und Vermieter billigen, in dem sie als Lösung unter Verstoß gegen § 573c Abs. 1, 4 BGB vereinbaren, dass der Mieter noch mindestens 3 Monate wohnen bleiben darf, danach aber auf Wunsch des Vermieters binnen 14 Tagen auszieht. Demgegenüber erweitert jedoch § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBefrG den Handlungsspielraum der Parteien im Konflikt ausdrücklich. 609 BGH, DNotZ 2001, 486 (487); Schippel in: Schippel, § 14 Rdz. 11. 610 Zur staatlichen Pflicht, BVerfGE 81, 242 (255). 611 Bei fakultativen Schlichtungsverfahren ohne staatliche Beteiligung entfällt das entscheidende Argument der staatlichen Initiierung. 612 Hager, ZKM 2003, 52 (56); dagegen uneingeschränkt für die Förderung des tatsächlichen Konsenses unter Billigung unwirksamer Lösungen, Grziwotz, ZKM 2000, 265 (268 f.). 606 607

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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auf den Lösungsinhalt, erreicht aber gleichwohl die Einigung auf eine Konfliktlösung. Inhaltliche Vorschläge stehen hingegen unter dem Vorbehalt, dass beide Parteien diese wünschen.

d) Interventionen zur Verhinderung des Missbrauchs von Verhandlungsmacht Verhandlungsstrategien haben in allen Verhandlungsphasen Bedeutung. Es stellt sich daher die Frage, wie diese mit den Interventionsmitteln abgewehrt werden können. Häufig nutzen Parteien Fakten und Informationen strategisch, verfälschen diese und verschleiern die eigenen Interessen. Zu den Verhandlungsstrategien gehört aber vor allem das Ausnutzen psychologischer Verhaltensmuster. Teilweise werden deshalb Stresssituationen durch persönliche Angriffe und Drohungen aufgebaut oder die Verhandlungen zunächst verweigert. Teilweise versuchen die Parteien auch den eigenen Verhandlungsspielraum willkürlich einzuschränken. Weiter wird gelegentlich überraschend verlangt, die Lösung jetzt so anzunehmen oder die Verhandlungen abzubrechen. Meist geschieht dies aber nur, um eigene Positionen und Interessen zu verteidigen. Manipulierend wirkt auch das Rollenspiel mehrerer Beteiligter einer Konfliktpartei, in dem eine Person sich stur und eine kooperativ verhält, wodurch die Einigungsmöglichkeit positiver erscheint.613 Gleiches gilt für extreme Forderungen, die trügerisch große Zugeständnisse ermöglichen und damit einen falschen Eindruck erwecken. Zuweilen werden aus taktischen Gründen auch Forderungen nachgeschoben, um ohne echtes Entgegenkommen nachgeben und die eigenen Interessen wahren zu können. Verzögerungstaktiken spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle, wenn Vorteile zu erwarten sind oder die andere Partei auf eine schnelle Regelung angewiesen ist. Der Mediator muss diese Strategien aufdecken, Verhandlungsmacht relativieren und einen sachorientierten, konstruktiven Verhandlungsstil zur Sicherung billiger Ergebnisse durchsetzen. Dabei wird der Vermittler aber zum Beschützer der schwächeren Partei. Vielfach wird die andere Partei dies als Parteiergreifen wahrnehmen und deshalb an der Neutralität zweifeln. Allerdings sind diese Eingriffe lediglich auf das Verfahren gerichtet und wirken sich nur mittelbar auf das Ergebnis aus. Zudem besteht für den Richter nach § 136 ZPO das Recht und die Pflicht, auf die Parteien einzuwirken, um ein ordnungsgemäßes Verfahren zu ermöglichen.614 Mediation führt nur zu ausgewogenen Ergebnissen, wenn die Parteien bestehende oder vorgetäuschte Machtquellen nicht missbrauchen und keine manipulativen Verhandlungsstrategien verfolgen. Anderenfalls gefährden sie die Neutralität und den Erfolg des Verfahrens. Um dies zu vermeiden, müssen dem Mediator jederzeit die Maßnahmen erlaubt sein, durch die er die Funktionsfähigkeit des 613 614

Haft, S. 162. Leipold in: Stein / Jonas, § 139 Rdz. 19 ff., 22.

17 Schreiber

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Verfahrens sichern kann. Diese Interventionen dienen der Chancengleichheit und sind daher mit der fürsorgenden Neutralität vereinbar, wenngleich sie eine Aktivität zugunsten einer Partei darstellen. Zudem handeln oftmals beide Parteien bewusst oder unbewusst strategisch, sodass sich die Neutralität auch in der Einwirkung auf beide Parteien zeigt. Dies entspricht folglich der Sicherung eines ordnungsgemäßen Verfahrens nach §§ 136, 139 ZPO. Die Interventionen hängen von den Machtquellen und Strategien der Beteiligten ab. Die Eingriffe sollten sich generell an der Erforderlichkeit orientieren, um die Selbstbestimmung möglichst weitgehend zu erhalten. Bereits mit milden Interventionen lassen sich nämlich bereits erhebliche Wirkungen erzielen. Die allgemeine Aufforderung zur Unterlassung von Verhandlungsstrategien und Ausübung von Verhandlungsdruck im Rahmen der Gesprächsleitung ist wenig einschneidend, allerdings doch oft auch nur wenig wirksam. Bei scheinbaren Meinungsunterschieden zwischen mehreren Personen einer Partei kann der Mediator aber im weiteren Verhandlungsverlauf nur noch einem Parteivertreter das Rederecht gewähren, um parteiinterne Rollenspiele zu vermeiden. Darüber hinaus lassen sich Verhandlungsstrategien aber auch bereits durch eine geschickte thematische Gesprächsleitung effektiv vereiteln. Vergleichsdruck auf Grund der Beschränkung des eigenen Verhandlungsspielraums wäre durch die Ignoranz der Selbstbeschränkung abwehrbar.615 Wenn extreme oder nachgeschobene Forderungen nicht aufgegriffen werden, scheitern diese Strategien ebenfalls. Gleiches gilt bei der Verweigerung von Verhandlungen oder deren Fortsetzung. Oftmals ist dies jedoch nicht möglich. Zweckmäßiger erscheint es deshalb, diesen Verhandlungsstrategien die Grundlage zu nehmen. Forderungen können beispielsweise nicht mehr nachgeschoben werden, wenn am Anfang deren Umfang ausführlich besprochen wurde. Bei überzogenen Forderungen sind deren Gründe, insbesondere eine denkbare Verhandlungsstrategie zu diskutieren. Außerdem verhindert vielfach die Konzentration auf die beste Alternative und die Abwägung mit dem potenziellen Verhandlungsergebnis den Erfolg unredlicher Verhandlungsstrategien. Das Recht wird damit zum Verteidigungsmittel im Kampf gegen den Missbrauch von Verhandlungsmacht. Mit der thematischen Schwerpunktsetzung gelingt es teilweise auch Verhandlungstaktiken aufzudecken und zu vereiteln, die auf falschen oder unvollständigen Informationen beruhen, ohne dass die Schlichtungsperson in Konflikt zu ihrer Neutralität gerät, indem sie selbst an den Aussagen der Parteien zweifelt oder diese bewertet. Die Schlichtungsperson muss die Aussagen der Parteien aber nicht unreflektiert als wahr akzeptieren, sondern kann die geschilderten Tatsachen und Interessen intensiv erörtern, ohne dass sich eine Partei verraten oder ungerecht behandelt fühlt. Durch Hinweise auf neutrale Kriterien und Normen kann der Mediator die schwächere Partei stärken, damit sie sich an sachlichen Argumenten orientiert und 615 Auf Grund des § 9 dieses Vorschlages wird sich dieses Problem aber bereits nicht mehr stellen.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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keinem ausgeübten Druck nachgibt. Insoweit helfen auch allgemeine Informationen über Verhandlungsstrategien.616 Der Mediator vermag auch Drohungen und persönliche Angriffe abzuwehren, indem er auf die faktische Realisierbarkeit der Drohung und das Recht verweist. Geben die Parteien ihre wahren Interessen nicht an, genügt oftmals der Hinweis, dass deren Befriedigung die Kenntnis voraussetzt. Die Entwicklung von guten Alternativen zur Verhandlungslösung verringert ganz erheblich die Chancen für eine erfolgreiche Druckausübung. Hinweise auf andere Alternativen als das Recht sind mit der Neutralitäts- und Verschwiegenheitspflicht jedoch unvereinbar, insbesondere wenn sie auf anvertrauten Informationen der Beteiligten beruhen. Erlangt der Mediator von einer Täuschung in Einzelgesprächen Kenntnis, wird der Abbruch der Verhandlungen empfohlen.617 Die Idee einer Pflicht, die Verhandlungen abzubrechen, resultiert zunächst daraus, dass der Mediator keine Partei schädigen darf. Indem er aber weiterhin eine einvernehmliche Konfliktlösung fördert, trägt er zu einer Konfliktlösung bei, die von der Täuschung beeinflusst ist. Er beteiligt sich damit an der Täuschung und Schädigung. Mit der Beendigung der Mediation ist zwar eine aktive Beteilung an dem Erfolg der Täuschung ausgeschlossen, doch unterlässt der Mediator damit zugleich Maßnahmen zur Erfolgsvereitelung. Der Abbruch der Verhandlungen macht die Täuschung schließlich nicht ungeschehen. Die Fehlvorstellung bleibt über die abgebrochene Mediation hinaus bestehen, sodass die Partei von der Täuschung beeinflusst noch ganz auf die Durchsetzung ihre Interessen verzichten oder eine ebenfalls nachteilige Vereinbarung abschließen kann. Dieser Umstand spricht aber nur gegen den Abbruch der Verhandlungen, wenn auch eine Handlungspflicht besteht, jegliche Auswirkungen einer Täuschung zu verhindern. Der Mediator hat aber weder selbst getäuscht noch ist er verantwortlich für die Parteien oder deren Vermögen. Die Verfahrensleitung begründet nämlich keine Aufsichtspflicht über die Parteien und auch keine Schutzpflicht ihres Vermögens. Die Aufgabe besteht vielmehr darin, die Kommunikation der Parteien zu fördern und zu lenken. Allerdings begründet auch die Organisationszuständigkeit eine Handlungspflicht, wenn sich die Parteien im Vertrauen auf den Mediator einer Gefahr aussetzen und sie darauf vertrauen, dass niemand aus dessen Risikobereich in gefährliche Weise auf sie einwirkt. Das Risiko einer Täuschung und einer davon beeinflussten Konfliktlösung wird regelmäßig durch die Mediation erst wieder begründet, zumindest gesteigert. Bilaterale Verhandlungen finden vor der Mediation meist nicht mehr statt. Soweit die Parteien die Kommunikation überhaupt fortsetzen, ist diese jedenfalls kaum mehr auf eine einvernehmliche außergerichtliche Konfliktlösung gerichtet. Folglich besteht zu diesem Zeitpunkt nur eine geringe Gefahr einer Täuschung und darauf beruhenden Verhandlungslösung. Dieser Gefahr setzen sich die Parteien erneut aus, weil sie dem Me616 In Betracht kommt insbesondere die Aufklärung über unfaire Verhandlungsmethoden und ihre Abwehr, vgl. dazu Fisher / Ury / Patton, S. 186 ff., 231 ff. 617 Breidenbach, S. 128; siehe auch 3. Teil B. XV. 1.

17*

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

diator vertrauen und sich auf dessen Verfahrensgestaltung verlassen. Die daraus entspringende Handlungspflicht wird durch den Abbruch des Verfahrens nicht beseitigt. Nach der Beendigung des Verfahrens fehlt dem Mediator zwar der Einfluss, auf den die Parteien folglich auch nicht mehr vertrauen können, aber es besteht die Gefahr aus dem Verfahren fort, dass die getäuschte Partei Nachteile erleidet. Die Verhinderung derartiger Nachteile ist jedoch Gegenstand der Handlungspflicht. Soweit diese deshalb nach dem Abbruch der Verhandlungen fortbestehen, berührt die selbst verursachte Unmöglichkeit der Gefahrbeseitigung die Handlungspflicht nicht. Damit stellt sich deshalb die Frage, ob und wie der Mediator Nachteile durch Täuschungen in der Mediation verhindern kann. Irrtümer und darauf beruhende Entscheidungen kann der Mediator vermeiden, indem er auf unwahre Behauptungen konkret hinweist oder über die Wahrheit aufklärt. Diese Vorgehensweise ist jedoch mit der Vertraulichkeit und Neutralität nicht vereinbar und daher ausgeschlossen. Allerdings darf der Mediator anvertraute Informationen im Rahmen der Verhandlungsleitung verwenden. Bereits durch die Thematisierung dürfte es ihm meist gelingen, Zweifel bei der getäuschten Partei zu wecken. Zweifelt die Partei, trifft sie keine Vereinbarung im Vertrauen auf die Richtigkeit der Aussagen, sondern wägt den Nutzen der Konfliktlösung gegen das Risiko ab, die Wahrheit aufdecken zu können. Gleichwohl hat die Täuschung erheblichen Einfluss, weil sie die Partei überhaupt erst motiviert, einer nachteiligen Lösung zuzustimmen. Damit ist festzustellen, dass der Mediator weder Täuschungen noch deren Einfluss auf die Konfliktlösung effektiv verhindern kann. Es kann jedoch nur etwas gefordert werden, was möglich ist. Um Enttäuschungen der Parteien deshalb zu vermeiden, muss von Anfang an entsprechenden Erwartungen entgegengetreten werden. Soweit die Parteien sich nicht auf den Mediator verlassen und sich nicht im Vertrauen auf dessen Verhandlungsführung in die Verhandlungen begeben, entfällt zugleich das entscheidende Argument für eine Handlungspflicht. Er muss sie daher zu Beginn des Verfahrens darüber aufklären, dass er sie zwar bei einer Konfliktlösung unterstützt, aber dennoch die gleichen Risiken wie bei bilateralen Verhandlungen bestehen. Allerdings ist die Aufklärung nur dann ausreichend, wenn die Beteiligen daraufhin der Gefahr ausweichen können. Da die Parteien jederzeit die Verhandlungen abbrechen können, genügt demzufolge die Aufklärung als Schutzmaßnahme. Der Mediator muss die Parteien also im Rahmen der Aufklärung über das Verfahren darauf hinweisen, dass er wegen der Vertraulichkeit und Neutralität keine Informationen preisgeben wird und somit auch keine Täuschungen verhindern kann. Folglich ist der Abbruch der Mediation für den Mediator die einfachste Maßnahme auf eine Täuschung zu reagieren. Nicht zurechenbar und vorwerfbar ist dem Mediator allerdings eine täuschungsbedingte Einigung auch dann, wenn er einen größeren Nachteil abwendet, indem er an der Konfliktlösung mitwirkt.618 Er 618 Strafrechtlich wird dies der fehlenden Risikoerhöhung zugeordnet, Lencker in: Schönke / Schröder, Vorbem § 13 ff. Rdz. 94. Es liegt insoweit nicht nur ein Fall des übergesetzlichen Notstands vor, da das Risiko auf kein anderes Rechtsgut umgelenkt wird. Im Zivilrecht wird im Rahmen der Adäquanz ebenfalls eine Risikoerhöhung gefordert, Heinrichs in: Palandt Vorb v § 249 Rdz. 59.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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muss dazu aber ermitteln, wann die Folgen des Abbruchs der Verhandlungen für die Partei nachteiliger sind als die konsensfähige Lösung. Dabei ist zu unterscheiden, ob die getäuschte Partei auf die falschen Informationen vertraut oder an diesen zweifelt und dennoch die Vereinbarung schließt. Vertraut die Partei auf die Erklärungen der täuschenden Partei, muss der Mediator herausfinden, welche Konsequenz die getäuschte Partei aus dem Abbruch der Verhandlungen zöge. Nach dem Abbruch der Verhandlungen könnte sie immerhin von der Durchsetzung ihrer Interessen ganz absehen, den Rechtsweg wählen oder ebenfalls eine nachteilige Vereinbarung schließen. Die Folgen der Reaktion, soweit diese überhaupt feststellbar sind, hätte er dann gegen die konsensfähige Konfliktlösung nach den Präferenzen der getäuschten Parteien abzuwägen. Er müsste dazu zunächst noch eine konsensfähige Konfliktlösung erarbeiten, um überhaupt vergleichen zu können. Bei der Abwägung wäre letztlich zu bedenken, dass nach dem Abbruch der Verhandlungen oft nicht mehr Recht verwirklicht wird.619 Der Verhandlungsabbruch fördert die Rechtsverwirklichung nämlich nur, wenn infolgedessen der Rechtsweg erfolgreich beschritten wird. Die Darstellung des Entscheidungsprozesses zeigt, dass der Mediator damit unwägbaren Haftungsrisiken ausgesetzt wäre. Letztlich bliebe eine Vereinbarung dennoch nach § 123 BGB anfechtbar, weil ein schwerer Eingriff in die Autonomie der Parteien vorliegt. Ein Abbruch mit dem Hinweis auf ein gerichtliches Verfahren ist insoweit daher geboten. Ganz anders stellt sich die Sachlage aber dar, wenn die Parteien nicht auf die Wahrheit der Erklärungen vertrauen. Zweifelt die getäuschte Partei, wägt sie den Nutzen der Konfliktlösung gegen die Chancen und Risiken der anderen Möglichkeiten ab. Sie kennt ihre Handlungsalternative und Präferenzen. Damit bedarf es keiner Abwägung der Vorund Nachteile durch den Mediator. Diese bleibt den Parteien überlassen und ist vom Mediator zu respektieren. Insoweit kann er an einer für die Parteien für vorteilhaft erachteten Konfliktlösung mitwirken. Es verbessert sich damit trotz der Täuschung ihre Position. Schließlich würden die Parteien bei bilateralen Verhandlungen auch weder die Wahrheit erfahren noch die Gewissheit erlangen, getäuscht worden zu sein. Auch in einem anschließenden Gerichtsverfahren ist dies kaum zu erwarten, wenn keine Beweise für die Lüge im Rahmen der Konfliktaufarbeitung gefunden wurden. Einzig die Hoffnungen auf einen Gesinnungswandel und auf nicht entdeckte Beweismöglichkeit werden aufgegeben. Für diese privatautonome Beseitigung von Streitigkeiten und Ungewissheiten hat der Gesetzgeber schließlich den Vergleich nach § 779 BGB vorgesehen. Dieser ist auch nicht nach §§ 119, 123 BGB wegen einer Täuschung anfechtbar,620 wenn die getäuschte Partei jenen ohne Rücksicht auf die Täuschung abgeschlossen hat oder den Umfang der Täuschung kannte.621 Gegen eine Pflicht zum Abbruch der Verhandlungen spricht zudem, dass 619 In diesem Sinne zur Human Rights Commission, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (5, 23, 25). 620 BGH, WM 1975, 1279 (1280); BGH, LM Nr. 4 zu § 123 BGB. 621 Dies schließt nicht notwendig die Strafbarkeit aus, vgl. zum Meinungsstreit um den Irrtumsbegriff im Strafrecht, Cramer in: Schönke / Schröder, § 263 Rdz. 36 ff., 40.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

durch die Verhandlungsleitung des Mediators der Wahrheit besser gedient und damit mehr Gerechtigkeit verwirklicht werden kann als durch die Beendigung der Mediation. Bei einer solchen Pflicht würde der Mediator die Verhandlungen unmittelbar nach der Kenntniserlangung abbrechen und gar nicht erst für die Wahrheit und Gerechtigkeit in der Konfliktlösung kämpfen. Da Freiheit die Möglichkeit zu wählen voraussetzt,622 würde so weniger Freiheit gewährleistet. Die Option einer Einigung bestände nämlich vielfach nicht, weil die Verhandlungen erst gar nicht die Phase erreichen würden, in der eine einvernehmliche Konfliktlösung zur Disposition der Parteien steht. Auch Zweifel würden nicht geweckt. Folglich stände ihr weiteres Verhalten stärker unter dem Eindruck der Täuschung. Deshalb bietet die fortbestehende Möglichkeit auf eine einvernehmliche Konfliktlösung nach abgebrochener Mediation nicht die gleichen Chancen wie die Konfliktlösung in der Mediation. Für eine Pflicht zum Abbruch der Verhandlungen könnte dennoch sprechen, dass eine solche einfache Regelung die Tätigkeit des Mediators erleichtert. Soweit eine Partei auf die falschen Informationen vertraut, hat er nämlich die schwierige Aufgabe, eine Verhandlungslösung überhaupt erst zu ermöglichen. Der Mediator muss dazu Zweifel hervorrufen, ohne die anvertrauten Informationen weiterzugeben und den Eindruck der Parteilichkeit zu erwecken. Dabei wird jedoch übersehen, dass es nicht Ziel ist, eine Pflicht zu weiteren Verhandlungen zu statuieren. Dem Mediator soll in diesen Fällen lediglich überlassen bleiben, durch entsprechende Bemühungen noch eine Konfliktlösung der Parteien zu unterstützen. Daraus resultiert auch kein erhebliches Haftungsrisiko. Der Mediator muss lediglich in der Präambel der Konfliktlösung festhalten, dass die Parteien sich im Bewusstsein eines etwaigen Irrtums und in Ansehung der Erkenntnisse aus der tatsächlichen Konfliktaufarbeitung für die außergerichtliche Konfliktlösung entschieden haben. Letztlich könnten die Parteien im Falle einer Pflicht zum Abbruch der Mediation diese beenden, ohne selbst die Verhandlungen zu verweigern. Zusammenfassend besteht damit kein Grund, den Mediator im Falle einer erkannten Täuschung zum Abbruch der Verhandlungen zu verpflichten. Er darf seinem Gewissen entsprechend die Verhandlungen beenden oder auch an einer Lösung mitwirken, wenn die getäuschte Partei an der Richtigkeit der Informationen zweifelt. Dies sollte am Anfang der Mediation klargestellt werden. Insgesamt verfügt der Mediator damit über hinreichend Gestaltungsmittel, um Verhandlungsstrategien und den Missbrauch von Verhandlungsmacht zu begegnen. Dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu, doch er soll auf möglichst niedriger Interventionsstufe agieren. e) Keine Ausübung von Einigungsdruck Die Interventionsmöglichkeiten dürfen die Schlichtungspersonen nicht missbrauchen, um Einigungsdruck auszuüben.623 Die Verfahrensgestaltung stellt dabei 622

Simmel, Einleitung in die Moralwissenschaft, S. 168.

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eine Gratwanderung zwischen zulässiger Förderung und unzulässigem Einigungsdruck dar. Der Mediator nimmt jedenfalls dann unzulässigen Einfluss, wenn die Einigung nicht mehr Ausdruck der freien Selbstbestimmung der Beteiligten ist. Soweit noch kein konkreter Lösungsvorschlag im Raum steht, dient die Darstellung der Folgen nur der Aufklärung der Parteien. Damit erfüllt der Mediator seine Beratungsfunktion, um eine eigenverantwortliche Entscheidung der Beteiligten zu sichern. Es entsteht dabei auch nur geringer Einigungsdruck. Drohungen scheiden als Druckmittel aus, da der Mediator keinen Einfluss auf die Nachteile einer ergebnislosen Verhandlungsbeendigung hat.624 Er beeinträchtigt jedoch die freie Willensbildung der Parteien auch, indem er die Prozesschancen schlechter darstellt, als diese wirklich sind. Der Mediator darf die Parteien deshalb weder durch grundlose Zweifel an der Beweiskraft der Beweismittel verunsichern noch in die Irre führen, indem er etwa Mindermeinungen aus der Literatur favorisiert.625 Nach dem BGB kann eine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung nach §§ 119, 123 BGB angefochten werden, wenn sie auf Grund eines Irrtums oder widerrechtlicher Drohung abgegeben wurde. Dies gilt zwar grundsätzlich nicht bei Motivirrtümern und nur bei einer Täuschung durch die Parteien, wie § 123 Abs. 2 BGB erkennen lässt, doch erfolgt diese Beschränkung lediglich wegen des Vertrauens des Vertragspartners.626 Allerdings können sowohl Appelle an die Großzügigkeit und Friedfertigkeit als auch ständige Hinweise auf die unsichere Rechtslage und Nachteile eines ergebnislos abgebrochenen Schlichtungsverfahrens erheblichen Einigungsdruck erzeugen. Dies lässt sich vermeiden, mit der vorgeschlagenen Trennung der rechtlichen Aufarbeitung von der späteren Entscheidung über die Lösungsideen. Derartiger Einigungsdruck ist jedenfalls dann unzulässig, wenn ein konkreter Vergleichsvorschlag durchgesetzt werden soll. Wegen dessen Vor- und Nachteilen für beide Parteien liegt darin ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht. Dieser Verstoß kann auch nicht gerechtfertigt sein durch die Vorteile, da die Bewertung der Chancen und Risiken den Parteien vorbehalten bleiben muss. Resümee In den Landesgesetzen werden die Aufgaben und Kompetenzen des Mediators nur unvollständig geregelt. Dies erfolgte einerseits wohl auf Grund der Unsicherheit der Gesetzgeber und andererseits wegen des Zieles, die Flexibilität des Verfahrens zu wahren. Wenn die Parteien nicht ausnahmsweise Regeln vereinbaren, leitet 623 Zu den Möglichkeiten der Druckausübung beim Prozessvergleich, die bis auf die Urteilsdrohung auch für das Schlichtungsverfahren gelten, Egli, S. 70 ff. 624 Zu diesem Erfordernis, BGHZ 2, 287 (295); 6, 348 (351). 625 Diese Praktiken geben Richter teilweise offen zu, Giese in: Bierbrauer / Falke / Giese / Koch / Rodingen, S. 117 (126). 626 Singer / v. Finckenstein in: Staudinger, § 123 Rdz. 45.

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die Schlichtungsperson die Verhandlungen frei nach eigenem Ermessen. Im Hinblick auf die vielfach mangelnde Ausbildung und ungleichen Erfahrungen ergeben sich so Unterschiede, die vielfach nicht auf sachlichen Erwägungen beruhen. Für die Bürger ist das Verfahren damit nicht vorhersehbar. Um die Erwartungen zu steuern, sollten die Aufgaben und Kompetenzen des Mediators als Rahmenvorschrift normiert werden: § 17 Aufgaben und Kompetenzen der Schlichtungsperson in der Verhandlung I Die Schlichtungsperson hat die Aufgabe, die Parteien bei der einvernehmlichen Konfliktlösung durch die Leitung der Verhandlungen zu unterstützen. II Die Schlichtungsperson ist befugt zur formalen und inhaltlichen Gesprächsleitung, zu Hinweisen auf Normen, Kriterien und Fakten, zum Beitrag eigener Wertungen und zu Vorschlägen über das weitere Verfahren und zum Abbruch der Verhandlungen. Die Schlichtungsperson hat das Verfahren unter Berücksichtigung des Konfliktgegenstandes nach billigem Ermessen so zu gestalten, dass sie die Autonomie der Partei am wenigstens beeinträchtigt. Die Entscheidung über die Verfahrensbeendigung ist unanfechtbar. III Die Schlichtungsperson soll die Verhandlungen in die Phasen der Beratung, der Anhörung, der rechtlichen Aufarbeitung, der interessenorientierten Lösungsentwicklung und der Einigung auf eine Lösung einteilen und Nr. 1 in der Beratungsphase die Vorteile und Nachteile einer außergerichtlichen Lösung gegenüber einer gerichtlichen Entscheidung sowie die Einigungsaussichten bewerten; Nr. 2 bei der Anhörung der Beteiligten die formale Verhandlungsleitung übernehmen und zur Absicherung ihres Verständnisses die Aussagen reformulieren und fragend interpretieren sowie auf Fakten, Regeln und Normen zur Erweiterung der Darstellung hinweisen; Nr. 3 bei der rechtlichen Aufarbeitung die Gespräche zur Sachverhaltsfeststellung leiten und auf Basis des ermittelten Sachverhaltes eine Beurteilung der Rechtslage abgeben; Nr. 4 bei der Entwicklung von Lösungsoptionen die Verhandlungen formal und inhaltlich leiten und allgemeine Hinweise zur Entwicklung von Optionen erteilen und Nr. 5 bei der Einigung auf eine Konfliktlösung den Parteien Verfahrensvorschläge machen. Die Schlichtungsperson darf keinen Einigungsdruck ausüben, insbesondere nicht auf eine Einigung bestimmten Inhaltes hinwirken. IV Zur Feststellung des Sachverhaltes sind die Aufklärungsmittel zu verwenden, die sofort zur Verfügung stehen, insbesondere kann Augenschein eingenommen werden. Die Parteien können Urkunden und Zeugen beibringen. Die fernmündliche oder schriftliche Aussage eines Zeugen ist zulässig. Eine schriftliche Stellungnahme ist mit dem Schlichtungsantrag einzureichen. Sie wird von der Schlichtungsperson an die andere Partei weitergeleitet. V Die Parteien können abweichende Befugnisse der Schlichtungsperson vereinbaren. Lassen die Parteien Lösungsvorschläge der Schlichtungsperson zu, müssen diese die Rechtslage berücksichtigen, soweit sie nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbaren.

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XVIII. Zulässigkeit von Einzelgesprächen Einzelgespräche werden als Schlüssel zum Erfolg der Verhandlungen angesehen.627 Sie haben allerdings nicht nur Vorteile. Der Gesetzgeber darf daher bei der Erlaubnis von Einzelgesprächen nicht nur auf die Effektivität achten, sondern muss auch die Fairness des Verfahrens berücksichtigen. Deshalb sind die Nachteile der Einzelgespräche sowie Möglichkeiten der Risikominderung zu untersuchen und gegen die Vorteile abzuwägen. 1. Die Vorteile von Einzelgesprächen Einzelgespräche bieten die Gelegenheit zur vorübergehenden Identifikation mit den Beteiligten und ermöglichen das mitfühlende Erfassen des Konfliktes.628 Einfühlungsvermögen und Verständnis des Mediators fördern das Vertrauen der Beteiligten in dessen Person und Position. Daraus resultieren die funktionellen Vorzüge der Einzelgespräche. a) Einfachere Erforschung der Interessen und Pläne der Parteien Das tatsächlich besprochene Thema entspricht oftmals nicht dem, welches die Parteien im Inneren beschäftigt. Das ist auch nachvollziehbar, da die Offenbarung die Verhandlungsmacht der anderen Partei so stärken kann, dass sie eine beidseitig vorteilhafte Lösung nicht mehr interessiert.629 Die Parteien sind also häufig nicht bereit, ihre mit dem Konflikt verbundenen Interessen, Ängste und Hoffnungen zu offenbaren, wenn die andere Konfliktpartei anwesend ist. Es gelingt dann jedoch kaum, die wahren Interessen und Bedürfnisse zu befriedigen sowie Ängste und Hoffnungen zu berücksichtigen. Folglich beschränken sich die Verhandlungen auf Positionen, die keine Chancen auf eine beidseitig befriedigenden Interessenlösung oder die Erzielung eines Kooperationsgewinnes bieten.630 Ein Kooperationsgewinn kann entstehen, wenn die Parteien gemeinsam neue Werte schaffen oder Ressourcen erschließen. Dazu ist die Bereitschaft erforderlich, weitere Umstände in die Konfliktbeilegung einzubeziehen und Pläne zu offenbaren. In Abwesenheit der anderen Partei, also in einer risikofreien Atmosphäre, sind die Parteien dazu eher bereit. Durch Einzelgespräche mit dem Mediator wird auch den Bedenken der Parteien entsprochen, dass die andere Seite die offenbarten Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (67). Grilli, AnwBl. 1997, 533 (534). 629 Die Offenbarung der eigenen Liquiditätsschwierigkeiten und das darauf beruhende Interesse an schneller Zahlung kann beispielsweise von der anderen Partei leicht ausgenutzt werden, um nur einen Bruchteil der eigentlichen Forderung zu zahlen. 630 Fisher / Ury / Patton, S. 23 ff. 627 628

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Interessen, Pläne und Ängste zum eigenen Nachteil ausnutzt. Diese werden der anderen Partei dadurch nicht bekannt. Die Einzelgespräche erleichtern damit die Erörterung der wesentlichen Hintergründe des Konfliktes sowie zukünftiger Pläne, auf deren Basis eine beidseitig befriedigende Interessenlösung entwickelt werden kann. b) Abbau von Einigungshindernissen Durch die regelmäßig vorangegangenen Verhandlungen, oft auch unter Beteiligung von Anwälten, ist die Kommunikation bereits gestört. Vielfach sind die Standpunkte auch verhärtet und die Parteien verstehen sich als Gegner.631 In dieser Situation versprechen weitere Verhandlungen keinen Erfolg. Der Mediator muss erst eine positive Atmosphäre zwischen den Beteiligten schaffen und ihre Verhandlungsbereitschaft neu wecken. Einzelgespräche mit den Parteien stellen ein geeignetes Mittel dar, um diese Einigungshindernisse zu überwinden.632 aa) Strukturelle Einigungshindernisse Strukturelle Einigungshindernisse beruhen auf den Verhandlungsumständen und können sich aus der Anzahl der Parteien, dem Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem, Kommunikationsstörungen oder Prinzipienfragen ergeben.633 Insbesondere zum Abbau von Kommunikationsstörungen und bei der Begegnung mit Prinzipienfragen bieten Einzelgespräche Vorteile für den Verhandlungsverlauf. (1) Kommunikationsstörungen Kommunikationsstörungen verursachen Konflikte634 und erschweren deren Beilegung. Eine ihrer Ursachen liegt in den verschiedenen Ebenen der Kommunika631 Auf eine solche Situation treffen meist schon die Anwälte, Berghuis-van der Wijk in: Blankenburg / Gottwald / Strempel, S. 65 (79). 632 Zu den Einigungshindernissen grundlegend, Mnookin / Ross in: Arrow / Mnookin / Ross / Tversky / Wilson, S. 2 ff. 633 Bei einer Vielzahl von Parteien können solche mit gleichgerichteten Interessen zusammengefasst werden. Bei unterschiedlichen Richtungen sind jeweils Gruppenvertreter zu bestellen. Dem Problem der eigenständigen Vergütungsinteressen der jeweiligen Anwälte kann nur systembedingt durch deren Ausschluss entgegengewirkt werden. 634 Dazu folgendes Beispiel nach Fisher / Ury / Patton, S. 39: Der Betriebsrat fragt, wer zur Arbeitsniederlegung aufgerufen hat. A tritt vor und begründet seinen Aufruf mit seiner fünften Versetzung innerhalb von zwei Wochen in eine andere Abteilung und äußert die Vermutung, dass der Vorarbeiter ihn ärgern will. Auf Grund der Befragung des Vorarbeiters stellt sich heraus, dass er den A besonders schätzt und ihn für qualifiziert hält, in allen Abteilungen auszuhelfen und diese anzuspornen. Dagegen wusste er nichts von dem Widerwillen des A, sondern betrachtete seine Versetzung als Auszeichnung.

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tion.635 Eine Nachricht enthält Botschaften auf der Sachinhaltsebene636, der Selbstoffenbarungsebene637, der Beziehungsebene638 und der Appellebene639. Sender und Empfänger der Nachricht müssen alle vier Ebenen beachten. Der Empfänger muss die Nachricht auf ihre Botschaften in den verschiedenen Ebenen analysieren, weil die Informationen oft nicht expliziter Bestandteil der sprachlichen Äußerung sind. Bei der Antwort kann er frei bestimmen, auf welche Ebene er in erster Linie eingeht. Stimmt die Gewichtung der Ebenen der Kommunikationspartner nicht überein, ist die Verständigung gestört. Die Kommunikation ist aber auch gestört, wenn bei der Sache, also der Konfliktlösung, die Beteiligten als Gruppe der Konfliktlösenden und als einzelne Personen nicht ausreichend berücksichtigt werden.640 Die erstrebenswerte kreative Sachlichkeit bei der Suche nach win-win-Lösungen sowie die Kooperation erfordern eine positive und störungsfreie Kommunikation.641 Der Mediator hat daher für die Berücksichtigung alle Ebenen der Nachrichten durch die Parteien und den Ausgleich der drei Komponenten des Kommunikationssystems zu sorgen. Das ist möglich, indem er konkrete Fragen die Nachrichtenebenen betreffend stellt und so auf die persönlichen und beziehungsbedingten Einigungshindernisse eingeht. Einzelgespräche sind dabei von großem Vorteil, da die Anwesenheit der anderen Partei die Bereitschaft beeinträchtigt, auf Fragen hinsichtlich der Selbstoffenbarungs- und Beziehungsebene wahrheitsgetreu zu antworten. Die Gewichtung der Ebenen wird durch den Mediator kontrolliert. Er kann durch die verzögerte Kommunikation auch auf die drei Komponenten der Kommunikation ausgleichend eingehen und deren Berücksichtigung in direkten Verhandlungen vorbereiten. Dadurch entsteht eine positivere Einstellung der Beteiligten zueinander, sodass die Störungsempfindlichkeit abnimmt. Weitere Kommunikationsstörungen treten durch das Nichtverstehen oder Missverstehen von Botschaften auf.642 Das Nichtverstehen kann durch die Verwendung unterschiedlicher Zeichen verursacht werden643 oder auf dem Unvermögen des Empfängers beruhen, die sprachliche Manifestation zu erkennen.644 Diese KomSchulz von Thun, S. 44 ff., 99 ff. Worüber informiere ich? 637 Was gebe ich selbst von mir kund? 638 Was halte ich von meinem Kommunikationspartner und wie stehen wir zueinander? 639 Wozu möchte ich meinen Kommunikationspartner veranlassen? 640 Zum themenzentrierten interaktionellen System, bei dem das „Es“ (die Sache, das Thema, die gemeinsame Aufgabe / Sachebene und Appellebene), das Ich (der Einzelne mit seinen Gefühlen, persönlichen Möglichkeiten und Störungen / Selbstoffenbarungsebene) und das Wir (die Personenmehrheit mit ihrem Beziehungsnetz und ihren Interaktionen / Beziehungsebene) bei der Kommunikation auszubalancieren sind, Cohn, S. 113 ff. 641 Schulz von Thun, S. 131. 642 Burkart, S. 106 ff. 643 Beispielsweise bei unterschiedlichen Sprachen. 644 Beispielsweise bei Schwerhörigkeit. 635 636

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munikationsstörungen haben für die Konfliktbeilegung nur geringe Bedeutung. Sie können außerdem durch Dolmetscher oder visuelle Zeichen einfach behoben werden. Missverständnisse sind Störungen, die sich trotz kongruenter Gewichtung der Kommunikationsebene aus einem anderen Verständnis der übermittelten Botschaft ergeben. In diesem Fall werden die Erklärungszeichen vom Sender und Empfänger anders gedeutet. Der Grund für Missverständnisse ist die unterschiedliche Bedeutungszuordnung zu einem sprachlichen Symbol. Dies beruht auf verschiedenen Erfahrungen mit der Umwelt, also dem Selbstverständnis der Kommunikationspartner, den Erwartungen gegenüber dem Sender und korrelierten Botschaften645. Die Förderung eines eigenen klaren Selbstverständnisses der Parteien hilft ihnen, diese Kommunikationsstörungen zu beseitigen. Die Parteien haben aber Angst, dass derartige persönliche Informationen zu ihrem Nachteil ausgenutzt werden könnten. Aus diesem Grund kann das Selbstverständnis nur in Einzelgesprächen effektiv gefördert werden. Das damit verbundene Rollenverständnis ist zugleich Grundlage für die gegenseitigen Erwartungen. Bei korrelierten Botschaften kann der Mediator den Sender auf die mögliche Wirkung und den Zusammenhang seiner Aussage aufmerksam machen. Der Mediator steht selbst in einer Beziehung zu den Parteien, die nicht auf korrelierte Botschaften bezüglich des Konfliktes schließen lässt. Jedenfalls kann er sie besser vermeiden. Einzelgespräche sind vorteilhaft, weil die andere Partei diese Nachricht zunächst nicht empfangen hat und somit nicht falsch verstehen konnte. Eine spätere Klarstellung oder Berichtigung hinterlässt außerdem stets Zweifel. Einzelgespräche kommen aber auch zur Überwindung von Schwierigkeiten bei der Kommunikation auf Grund so genannter Du-Botschaften in Betracht. Bei diesen werden eigene Gedanken in eine Aussage über den anderen formuliert.646 Diese Technik wird benutzt, um gefühlsmäßige Ich-Aussagen zu vermeiden und den anderen in Bedrängnis zu bringen. Damit bleiben die wahren Wünsche unentdeckt. Gleichzeitig wecken diese Aussagen den Rehabilitationswunsch und führen zu Rechtfertigungen des anderen. Infolge dessen findet keine Verhandlung über eine zukunftsträchtige Konfliktlösung statt, sondern eine unfruchtbare Schulddiskussion. Neben dem Misstrauen gegenüber der anderen Partei ist oft die eigene Unklarheit des Senders über seine Belange eine Ursache. Die Selbsterkenntnis der eigenen Interessen ist Voraussetzung diese zu offenbaren. Indem der Mediator die Du-Botschaften in Ich-Botschaften übersetzt und mit der Partei die Übereinstimmung seiner Aussage mit den hinter der Du-Botschaft versteckten Interessen prüft, kann er diesen Prozess fördern. Zur Absicherung einer verständnisvollen Kommunikation und Beseitigung der genannten Kommunikationsprobleme sollte der Mediator dabei den dargestellten Sachverhalt sowie die Interessen und Emotionen 645 Korrelierte Botschaften sind Botschaften, deren Inhalt häufig gekoppelt ist, beispielsweise eine Aufforderung und Tadel über das Versäumnis. Ein Missverständnis liegt dann vor, wenn allein eine Aufforderung gesendet wird, aber der Empfänger darin auch einen Vorwurf sieht, Schulz von Thun, S. 38. 646 Du-Botschaft: Du bist böse. Ich-Botschaft: Ich fühle mich verletzt.

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der Partei mit eigenen Worten wiedergeben. Die Partei ist dann zur Prüfung des Verständnisses des Mediators und zur Korrektur der Aussage aufgefordert.647 Dieser Vorgang ist zu wiederholen, bis die Partei mit der Aussage des Mediators einverstanden ist. Dieses aktive Zuhören und Spiegeln der Aussagen als Kommunikationstechnik nach dem Prinzip von trial-and-error dient der Wahrheitsfindung und befriedigt die Parteien durch ihre Beteiligung.648 Dieses sichert auch die Berücksichtigung aller wesentlichen Punkte. Auf Grund des erforderlichen Vertrauens und der meist unüberwindbaren Hemmungen durch das Misstrauen gegen die andere Partei gelingt dies meist nur in Einzelgesprächen. Außerdem kommen bei der anderen Partei keine Du-Botschaften mehr an, da der Mediator diese nicht weiterleitet. Das Bedürfnis der Rechtfertigung entsteht somit nicht, sodass auch unergiebige Schulddiskussionen vermieden werden können. Einzelgespräche des Mediators mit den Beteiligten sind also ein geeignetes Mittel zur Vermeidung von Kommunikationsstörungen auch in später stattfindenden Verhandlungen mit direkter Kommunikation. (2) Prinzipien und Werte Zu bedeutenden Einigungshindernissen entwickeln sich häufig Prinzipienfragen und Konflikte um Höchstwerte.649 Über Werte wie Religionen, Gerechtigkeit, Wahrheit und Ehre kann nicht verhandelt werden, da bereits ein Kompromiss die Aufgabe des eigenen Ideals darstellt.650 Diese Werte sind nicht teilbar oder substituierbar. Das Interesse an der Durchsetzung und Anerkennung der eigenen Werte bietet daher keinen Einigungsspielraum. Dennoch ist eine Einigung in vielen Fällen möglich.651 Die Berufung auf Prinzipien als gesellschaftlich anerkannte Verhaltensmaxime erfolgt häufig nur zur Durchsetzung der eigenen Interessen.652 Mit der Thematisierung des Prinzips wird versucht, ein Spannungsverhältnis bei der anderen Partei aufzubauen, wenn die erhobene Forderung die Folge einer gesellschaftlichen und von der Konfliktpartei anerkannten Maxime ist. Der Betroffene steht vor dem Problem, dem Druck nachzugeben oder seine Handlung zu rechtfertigen, indem er entweder aus dem Prinzip Hohmann, FPR 2000, 115 (121 f.). Zum Refraiming und aktiven Zuhören als dessen Voraussetzung, Hohmann, FPR 2000, 115 (121 ff.); Ulrich, FPR 2000, 123 (125 ff.); Gerwens-Henke, FPR 1996, 21 f. Zu weiteren Kommunikationsregeln, Auhagen, FPR 2000, 133 ff. 649 So wird mit der Behauptung gestritten: „Es geht nur um das Recht“. In Arbeitsrechtsstreitigkeiten behaupten Arbeitnehmer häufig: „Sie wollen den Arbeitgebern zeigen, dass sie sich nicht alles gefallen lassen“, Lewerenz / Moritz in: Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel, S. 73 (75); Falke in: Gottwald / Hutmacher / Röhl / Strempel, S. 87 (90). 650 Aubert, Journal of Conflict Resolution, 7 (1963), 26 (29). 651 Aubert, Journal of Conflict Resolution, 7 (1963), 26 (31). 652 Wertkonflikte treten daher regelmäßig begleitet von Interessenkonflikten auf, Aubert, Journal of Conflict Resolution, 7 (1963), 26 (34). 647 648

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die Handlung nicht ableitet, das Prinzip als solches nicht anerkennt oder ein anderes einführt. Durch die Ablehnung des Prinzips und die Einführung eines anderen Prinzips erwächst aus dem Interessenkonflikt ein Wertekonflikt. Die Partei kann im späteren Verhandlungsverlauf schlechter einen Kompromiss eingehen, weil dies dann als inkonsequent erscheint. Der Mediator sollte daher der Transformation von Interessenkonflikten in Wertkonflikte entgegenwirken und versuchen, in bestehenden Wertkonflikten die Interessen in den Vordergrund zu stellen.653 Dies erleichtern Einzelgespräche erheblich, weil in diesen zunächst nur der Mediator mit dem Prinzip konfrontiert wird. Die Partei kann ohne Gesichtsverlust wieder davon abweichen. Er darf Wertvorstellungen aber schon aus Gründen der Neutralität nicht offen entgegentreten. Eine Polarisation zwischen ihm und der Partei würde zudem einen späteren Kompromiss erschweren. Der Mediator kann andere vorschlagen und sich neutralen Prinzipien anschließen. Jedenfalls muss er subjektive Wertvorstellungen respektieren, um Vertrauen aufzubauen. Gemeinsam mit der Partei kann er aber auch untersuchen, ob das Prinzip durch eine einvernehmliche Lösung oder einen Kompromiss wirklich verletzt wird. Vor allem ist der Mediator in Einzelgesprächen besser in der Lage, die häufig hinter dem Prinzip stehenden Interessen zu erkunden. Denn deren Offenbarung fällt den Parteien in Abwesenheit der anderen Partei leichter. Indem der Konflikt erst gar nicht zu einem Wertkonflikt zugespitzt wird, erweckt ein Kompromiss bei der anderen Partei nicht den Eindruck widersprüchlichen Verhaltens. Einzelgespräche des Mediators bieten somit die Gelegenheit, eine Polarisation zu verhindern und Prinzipienfragen aufzulösen. bb) Kognitive Einigungshindernisse Kognitive Einigungshindernisse beruhen auf dem Erkenntnisstand der Parteien über die tatsächliche und rechtliche Lage. Regelmäßig ist die Sach- und Rechtslage nicht klar, sondern wird von jeder Partei unterschiedlich eingeschätzt. Dies beruht unter anderem darauf, dass die Beteiligten nur die Umstände wahrnehmen, die für sie günstig sind.654 Einen weiteren Grund stellt die parteiliche anwaltliche Beratung dar. Daraus erwächst eine überoptimistische Einschätzung der Parteien, einen Gerichtsprozess zu gewinnen.655 Die Einigungsbereitschaft ist somit entsprechend gering. Besonders schwierig gestaltet sich eine gütliche Konfliktbeilegung, wenn eine völlige Befriedigung der bestehenden Interessen nicht gelingt oder zusätzlichen Aufwand erfordert. Gegenüber dem erwarteten Prozessgewinn stellt dann die Einigungslösung für die Parteien einen Verlust dar. Die Risikobereitschaft ist aber äußerst hoch, wenn ein Verlust droht.656 Demzufolge werden die Parteien Aubert, Journal of Conflict Resolution, 7 (1963), 26 (32). Zur subjektiven Selektion, Schulz von Thun, S. 176; Duve, S. 143 f. 655 Böhm, S. 80 Fn. 269. 656 Die Risikobereitschaft zur Vermeidung eines Verlustes ist höher als zur Erreichung eines Gewinnes, Breidenbach, S. 89 ff. m. w. N. 653 654

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nach einer gerichtlichen Entscheidung streben oder einer gleichbefriedigenden Verteilung des erforderlichen Aufwandes und des Kooperationsgewinnes. Mangels Einigung über die Verteilung der Lasten und Nutzen scheitert dann häufig eine Konfliktbeilegung unter Realisierung eines Kooperationsgewinnes. Wenn der Mediator auf diese Hindernisse stößt, ist eine Erörterung der Sachund Rechtslage (reality-testing) unentbehrlich.657 Indem die Parteien ihre unzutreffende Würdigung der Sach- und Rechtslage erkennen, wird ihr irrtümlicher Glaube an einen erfolgreichen Prozess erschüttert. Dadurch kann eine Veränderung der Abwägungsfaktoren für die Entscheidung zwischen Einigung und Gerichtsprozess bewirkt werden. Die Einigungslösung ist dann vielleicht kein oder ein nur unwesentlich schlechteres Ergebnis als ein Urteil. Grundsätzlich sollte der Mediator in den Verhandlungen die mögliche Einigungslösung zugrunde legen und ein besseres Ergebnis eines Urteils stets als Gewinn darstellen, zu dessen Verwirklichung die Risikobereitschaft geringer ist.658 Der Mediator muss als „agent of reality“659 aber sehr vorsichtig sein, damit keine Zweifel an seiner Neutralität aufkommen. Demenstsprechend ist es schwierig für ihn die Stärken und Schwächen der Positionen offen auszusprechen. Zudem werden die Parteien eine neu gewonnene Einsicht kaum vor der anderen Partei zeigen. Sie wollen schließlich weder schwach noch widersprüchlich erscheinen. Die Stärken und Schwächen der Argumente für ein Gerichtsverfahren lassen sich in Abwesenheit der anderen Partei unbefangener erörtern. Es besteht dann nicht die Gefahr, eine Partei vor der Gegenseite zu diskreditieren, sodass diese das Vertrauen in seine Neutralität verliert. Wenn diese Gespräche allein mit dem Mediator und durch Fragen geleitet stattfinden, müssen die Parteien weder der andern Partei noch dem Mediator zustimmen. Eine Abweichung von ihrer ursprünglichen Verhandlungsposition auf Grund der realistischeren Einschätzung wird ihnen durch die Einzelgespräche ohne Gesichtsverlust erleichtert, weshalb sich kognitive Einigungshindernisse oft durch Einzelgespräche überwinden lassen. cc) Strategische Einigungshindernisse Strategische Einigungshindernisse ergeben sich meist aus Verhandlungsstrategien. Wenn eine Partei kooperativ und eine kompetitiv (distributiv) strategisch verhandelt, erreicht die strategisch kompetitiv auftretende Partei den größeren Vorteil.660 Die offen und ehrlich verhandelnde Partei risikiert ausgenutzt zu werden und an einem Kooperationsgewinn keinen Anteil zu haben. Wenngleich die Menschen nicht immer gewinnorientiert handeln, so ist doch die besondere emotionale Situation im Konflikt zu berücksichtigen. Die Parteien stehen sich meist wegen der 657 658 659 660

Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (67); Duve, S. 145. Breidenbach, S. 90 ff. Breidenbach, S. 167. Nelle, S. 128.

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gescheiterten vorangegangenen bilateralen Verhandlungen als Gegner in der Sache und persönlich ablehnend gegenüber. Es besteht daher kein Grund für Zugeständnisse. Sie neigen deshalb einerseits dazu, den eigenen Gewinn zu maximieren oder der anderen Partei zu schaden, selbst wenn ihnen eine Einigung mit einem Kooperationsgewinn möglich erscheint. Andererseits misstrauen sie der anderen Seite, handeln also auch kompetitiv, um Nachteile zu vermeiden. In dieser Situation ist also ein kompetitives Verhalten ebenso verständlich wie dessen Unterstellung. Durch dieses negative Vorurteil wird aber auch nicht mehr der sachliche Gehalt eines etwaigen Angebotes bewertet, sondern das Verhalten im Sinne der bereits bestehenden Einschätzung beurteilt.661 Häufig nehmen die Parteien deshalb zu Beginn beispielsweise Positionen ein, die erheblichen Verhandlungsspielraum bieten und das Erwartungsniveau senken sollen, was zum typischen „negotiation dance“ führt.662 Darüber hinaus wird die eigene Handlungsfähigkeit eingeschränkt, um der anderen Partei feste Grenzen zu setzen (Commitment-Strategie). Das Abweichen von diesen Positionen erscheint den Parteien später als inkonsequent und wird als Schwäche angesehen. Sie müssen deshalb oft auf Positionen beharren, die sie anfangs nur aus taktischen Gründen eingenommenen haben.663 Eine weitere Taktik besteht in einer Verschleierung der eigenen Interessen und Präferenzen, um sich durch Scheinzugeständnisse übermäßige Vorteile zu sichern oder Druck zu vermeiden. Diese Taktik kann auch Ursache und Grund dafür sein, dass Parteien einer scheinbar perfekten Lösung nicht zustimmen, weil diese zwar die angegebenen aber eben nicht die wahren Interessen befriedigt. Diese Strategien zeigen das so genannte Verhandlungsdilemma. 664 Ein individuell rationales und nutzenmaximierendes Verhalten beider Parteien verhindert einen Kooperationsgewinn.665 Soweit überhaupt eine Einigung zustande kommt, ist eine kompetitiv ausgehandelte Lösung mit hoher Wahrscheinlichkeit suboptimal.666 Diese typischen kompetitven Strategien können die Parteien kaum allein und auch mit Hilfe des Mediators in gemeinsamen Verhandlungen nur schwer überwinden.667 In vertraulichen Einzelgesprächen des Mediators mit jeweils einer Partei bestehen dagegen gute Chancen, das Verhandlungsdilemma zu vermeiden.668 Der Mediator kann einen kooperativen und konstruktiven Verhandlungsstil durchsetzen, der auf Wertschöpfung gerichtet ist.669 In vertraulichen Einzelgesprächen Breidenbach, S. 88 f. Vgl. das Beispiel von Schöpflin, JA 2000, S. 157 (158 f.). 663 Bühring-Uhle in: Gottwald / Strempel, S. 59 (67); Fisher / Ury / Patton, S. 24 f. 664 Beispielhaft ist dafür das spieltheoretische Gefangenendilemma, vgl. Rapoport in: de Reuck / Knight, S. 259 (286 f.). Zur Bedeutung der Spieltheorie für die Lösung sozialer Konflikte, Bühl in: Bühl, S. 9 (41). 665 Lax / Sebenius, S. 29 ff. 666 Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (50). 667 Zur Überwindung des Verhandlungsdilemmas durch die Parteien, Nelle, S. 127 f.; Fisher / Ury / Patton, S. 39 ff., 156 ff. 668 Duve / Zürn, ZKM 2001, 108 (109). 661 662

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der Parteien mit dem Schlichter können sie ohne Furcht vor Übervorteilung ihre eigenen Präferenzen, Interessen und Lösungsvorschläge offenbaren und Kooperationsmöglichkeiten vorschlagen. Einzelgesprächen helfen auch, reaktive Kommunikationsmuster als weitere Ursache für einen kompetitiven Verhandlungsstil zu vermeiden. Die Parteien kennen nicht den Verlauf und das Ergebnis der Gespräche mit der anderen Partei. Die Informationen und Lösungsansätze werden von dem Mediator übermittelt. Deshalb bestehen gegenüber diesen keine negativen Vorurteile. Auf Grund der Unparteilichkeit des Mediators sind die Beteiligten diesem gegenüber weniger misstrauisch und haben mangels vorheriger Auseinandersetzung auch keine negativen Vorurteile. Dadurch entfällt der Anknüpfungspunkt für die reaktiven Kommunikationsmuster, sodass sie die Informationen und Ideen sachlich beurteilen.670 Die Strategie überzogener Ausgangsforderungen kann der Mediator in Einzelgesprächen verhindern, weil zunächst nur er von diesen Kenntnis erlangt. Der Mediator sollte die Gründe für das konkrete Angebot erfragen. Wenn die Parteien dieses begründen, ist dann gemeinsam zu prüfen, ob diese die Forderung trägt. Falls die Parteien es nicht rechtfertigen können oder wollen, kann er auf objektive Kriterien hinweisen, sodass sie darauf aufbauend Angebote entwickeln. Vielfach werden dadurch erst gar keine überzogenen Positionen an die andere Seite herangetragen, sodass ein aussichtsreicher und realistischer Verhandlungsrahmen entsteht. Eine Einigung innerhalb dieser Grenzen erfordert dann keine Abweichungen in dem Maße, die das ursprüngliche Angebot als völlig überzogen darstellen und einen Gesichtsverlust bedeuten würden. Ein begründetes Verhandlungsangebot zeugt von Respekt gegenüber dem Verhandlungspartner und lässt den Willen zu einer fairen Einigung erkennen. Diese Vorgehensweise ermöglichen erst Einzelgespräche, weil dabei vertrauliche Informationen offenkundig und verarbeitet werden, die die andere Seite nicht erfahren sollen.671 Aber auch in vertraulichen Einzelgesprächen besteht die Versuchung fort, den Mediator und die andere Partei zu täuschen oder zu manipulieren, um Sondervorteile zu erzielen.672 Irreführungen des Mediators können sich aber auf die andere Partei durch dessen Verschwiegenheit nur eingeschränkt auswirken. Weiter gestaltet sich die Täuschung und Manipulation des Mediators schwierig, weil dieser auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung solche Versuche erkennt. In den Manipulationsversuchen liegt ein Vertrauensbruch, der zu einem Reputationsverlust führt und zukünftige Mediationsverhandlungen erschwert.673 Die erhöhte Entdeckungsgefahr verspricht daher bereits kooperativere Verhandlungen. Wenngleich vertrau669 Breidenbach, S. 99. Ein Verteilungsproblem besteht immer hinsichtlich des Kooperationsgewinnes fort. Das verhindert aber seine Realisierung nicht, wenn für beide Seiten ein Vorteil gegenüber der Nichteinigung erzielt wird. 670 Sander / Goldberg, Negotiation Journal 49 (1994), S. 55. 671 Solche sind beispielsweise die Produktionskosten und die Gewinnspanne. 672 Böhm, S. 154 f.; Duve / Zürn, ZKM 2001, 108 (111). 673 Eidenmüller in: Breidenbach / Henssler, S. 31 (53).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

liche Einzelgespräche keinen kooperativen Verhandlungsstil garantieren können, erleichtern sie es erheblich strategische Einigungshindernisse zu überwinden. c) Förderung der Kreativität bei der Lösungssuche Hindernisse der kreativen Lösungssuche sind der Widerwille, sich mit den Problemen der anderen Seite zu befassen aber auch das vorschnelle Urteil über Ideen, also die Suche nach „der richtigen“ Lösung.674 Beide sind einfacher zu überwinden, wenn das Brainstorming in Einzelgesprächen des Mediators mit einer Partei stattfindet. Die Suche nach einer beidseitig interessengerechten Lösung setzt voraus, dass sich die Parteien auch überlegen, ob sie die Bedürfnisse der andern Seite nicht mit anderen Mitteln befriedigen können. Eine solche Kooperation stimmt jedoch nicht mit ihrem bisherigen Verhalten überein. Während der vorangegangenen bilateralen Verhandlungen verfolgte meist jede Partei die eigenen Interessen egoistisch. Jetzt sollen sich die Parteien um die Verwirklichung der anderen Interessen bemühen. Dieser Appell des Mediators verursacht eine kognitive Dissonanz, da das appellgemäße Verhalten im Widerspruch zum bisherigen Verhalten steht. Der Empfänger hat die Wahl, diese Spannung auszuhalten, durch appellgemäßes Verhalten und entsprechende Einstellungsänderung aufzulösen oder Widerstand gegen den Appell und den Appellierenden zu leisten.675 Die Verhaltensänderung fordert ganz erhebliche Überwindung, da sich die Menschen konsequent verhalten wollen.676 Zudem fehlt den Parteien durch den Appell bereits teilweise das Gefühl, eigene freie Entscheidungen zu treffen.677 In Einzelgesprächen hat der Mediator bessere Chancen die Parteien dahin zu bewegen, ihre Einstellung zu ändern. In Einzelgespräche ist eine Veränderung der Einstellung für die anderen Beteiligten nicht offensichtlich, und gegenüber dem Mediator fand noch keine Positionierung statt. Außerdem besteht mit der Chance einer befriedigenden Lösung ein neuer Anreiz für die Beschäftigung mit den Interessen der anderen Partei, der als Begründung eine Einstellungs- und Verhaltensänderung erleichtert. Eine Reduktion der kognitiven Dissonanz durch eine Veränderung des Verhandlungsstiles und die daraufhin erfolgende Beschäftigung mit den Interessen der anderen Partein erscheint daher wahrscheinlicher. Die Aufforderung, nach Lösungen mit einem Kooperationsgewinn zu suchen, hat somit in Einzelgesprächen größere Wirkung. Durch die Neutralität des Mediators und die Abwesenheit der anderen Partei ist aber auch der 674 Mit Hinweisen zur Überwindung dieses Problems in dyadischen Verhandlungen, Fisher / Ury / Patton, S. 89 ff. 675 Schulz von Thun, S. 220. 676 Koch, S. 36. Grundlegend zur kognitiven Dissonanz, Festinger, S. 9 ff., 260 ff.; vgl. aber auch Hummell in: Handbuch der empirischen Sozialforschung, Band 2, S. 1157 (1223 ff.); Eyferth / Kreppner in: Handbuch der Psychologie, Band 7 / 2, S. 1342 (1352 ff.). 677 Schulz von Thun, S. 214 ff.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Eingriff in die Freiheit von geringer Bedeutung, denn gegenüber der anderen Partei erscheinen alle Handlungen auf der eigenen Entscheidung zu beruhen. In der Beziehung zwischen Mediator und Partei ist ein solcher Appell rollengemäß und daher weniger bedenklich. Das vorschnelle Urteil über die eigenen Ideen wird durch die Anwesenheit der Gegenseite gefördert. Die angespannte Situation schadet dem notwendigen Einfallsreichtum für Lösungsvarianten. Außerdem will sich keine Partei mit unfertigen Ideen blamieren. Die Äußerung von Ideen wird außerdem eingeschränkt durch Bedenken, an unüberlegten Vorschlägen festgehalten zu werden, selbst wenn diese nach genauerer Prüfung nicht die eigenen Interessen befriedigen. Die spätere Ablehnung des eigenen Vorschlages erscheint für die andere Partei als widersprüchliches Verhalten. Außerdem sind mit den Ideen oft vertrauliche Informationen verbunden, die von der anderen Parteien ausgenutzt werden könnten und die sie deshalb nicht erfahren soll. In Einzelgesprächen mit dem Mediator, der ausdrücklich zur Suche nach Lösungsoptionen auffordert, sind die Parteien weniger gehemmt. Die Angst sich zu blamieren ist geringer und der Eindruck von inkonsequentem Verhalten wird vermieden. Die damit offensichtliche Unverbindlichkeit erleichtert die einfallsreiche Suche nach Lösungsideen. 2. Die Risiken von Einzelgesprächen Die phasenweise Abwesenheit einer Partei hat jedoch auch negative Auswirkungen. Unter Berücksichtigung der ausgearbeiteten Verfahrensregelungen ist daher zu untersuchen, ob zur Begrenzung der Risiken zusätzliche Vorschriften für Einzelgespräche geboten sind oder diese nur unter bestimmten Voraussetzungen stattfinden dürfen. a) Neutralitätsverlust Eine Gefahr stellt der Verlust der Neutralität auf Grund anvertrauter Informationen dar.678 In Einzelgesprächen offenbaren die Parteien dem Dritten Informationen, die sie in Anwesenheit der anderen Partei nicht preisgegeben hätten. Dadurch ist der Dritte eher geneigt und in der Lage für eine Seite Partei zu ergreifen. Vor allem ermöglichen Einzelgespräche dem Mediator die anvertrauten Informationen zu verraten. Die Bestimmungen zur Verwertung und Weitergabe von Informationen679 sowie zum Umfang der Aufklärung und Beratung680 setzen dem Mediator jedoch klare Grenzen. Sie definieren zugleich einen Neutralitätsstandard. Wenn daher die auf678 679 680

18*

Duve / Zürn, ZKM 2001, 108 (111). Zu Wahrung der Vertraulichkeit siehe 3. Teil B. XV. Zu den Befugnissen der Schlichter siehe 3. Teil B. XVII. 2.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

gestellten Verfahrensregelungen beachtet werden, resultiert aus den Einzelgesprächen keine Gefahr für die verfahrensspezifische Neutralität. Eine vorsätzliche Ausnutzung der Einzelgespräche zur Begünstigung einer Partei kann allerdings nicht ausgeschlossen werden. b) Mangelnde Zufriedenheit Ein Nachteil des partiellen Ausschlusses der Parteien von den Verhandlungen durch Einzelgespräche ist, dass sie unzufriedener und misstrauischer sind.681 Diese Gefühle werden durch die Ungewissheit über das Verhalten der Schlichter verursacht, insbesondere über die Weiterleitung von Informationen und die Erteilung von Ratschlägen. Wenngleich die Parteien die Einhaltung etwaiger Bestimmungen grundsätzlich nicht kontrollieren können, werden die Erwartungen durch die aufgestellten Regelungen geprägt und die Ungewissheit beschränkt. Die erarbeiteten Bestimmungen helfen daher auch, die subjektive Wahrnehmung positiv zu beeinflussen und das Vertrauen zur Schlichtungsperson zu sichern. Dem Misstrauen und dem Eindruck der Befangenheit könnte weiter dadurch begegnet werden, dass der Mediator in Einzelsitzungen nur gesprächsleitend tätig werden darf. Allerdings weisen Fragen bereits vielfach auf Probleme hin, ohne die jedoch Einzelgespräche nicht vorstellbar sind. Gerade die Erörterung der Sachund Rechtslage sowie der Lösungsideen ist in Einzelgesprächen zweckmäßig und erfolgversprechend. Dahingehende Einschränkungen würden die Vorteile der Einzelgespräche weitgehend beseitigen. Die Gestaltungsmittel sind daher in den Einzelgesprächen nicht weiter zu begrenzen. Ein wirksames Mittel, um Unzufriedenheit, Misstrauen und Befangenheit einzuschränken, ist die Kontrolle der Parteien über die Einzelgespräche. Demnach kann der Mediator zwar Einzelgespräche empfehlen, jedoch müssen die Parteien ihnen zustimmen. Das Potenzial der Einzelgespräche besteht auch nur, wenn die Parteien eine Einigungslösung wollen und zur vertraulichen Diskussion ihrer Interessen in Einzelgesprächen bereit sind. Wenn sie den Einzelgesprächen aber zustimmen, werden sie mit ihrer Durchführung nicht unzufrieden sein und gegenüber dem Mediator weniger Misstrauen empfinden. c) Einigungsdruck Weitere Bedenken begegnen Einzelgespräche wegen der einfacheren Möglichkeit in diesen Einigungsdruck auszuüben.682 Der Wissensvorsprung der Schlich681 682

Duve, S. 320. Duve, S. 310.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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tungsperson auf Grund anvertrauter Informationen kann besonders effektiv eingesetzt werden.683 In Einzelgesprächen ist es der Schlichtungsperson auch möglich, gegenüber den Parteien unterschiedliche Stellungnahmen abzugeben. Dadurch kann sie eine Partei verunsichern, ohne die andere Partei zu bestärken. Somit steigt die Vergleichsbereitschaft der Verunsicherten, ohne dass die der anderen sinkt.684 Die Bestimmungen zur Verfahrensgestaltung, insbesondere zum Vorschlagsrecht und zur zeitlichen Trennung von rechtlicher Aufarbeitung und Entscheidung über eine Vereinbarung, verhindern jedoch ausreichend die Ausnutzung der Einzelgespräche zur Ausübung von Einigungsdruck. Resümee Die bestehenden Bedenken gegen Einzelgespräche können somit nicht überzeugen, wenn klare Regeln die Neutralität und Vertraulichkeit sichern und die Ausübung von Einigungsdruck ausschließen. Einzelgesprächen ohne oder gegen den Willen der Beteiligten bringen aber keinen Nutzen, sondern führen zu Misstrauen gegenüber der Schlichtungsperson. Die Möglichkeit der einseitigen Anordnung durch den Mediator ist daher entgegen § 24 Abs. 2 S. 2 SchAG NRW nicht empfehlenswert. Auf Grund der erheblichen Vorteile sollten Einzelgespräche vielmehr entsprechend Art. 10 Abs. 1 S. 3 BaySchlG, § 3 Abs. 2 S. 5 des DAV-Modells zur Einführung eines obligatorischen Streitschlichtungsverfahrens685 und § 4 Abs. 2 S. 1 der Empfehlung der Bundesnotarkammer zur Durchführung von Schlichtungsverfahren686 im Einverständnis mit den Beteiligten stattfinden. Demnach ergibt sich als Vorschlag: § 18 Einzelgespräche Die Schlichtungsperson kann im Einvernehmen mit den Parteien Einzelgespräche führen.

XIX. Die Durchsetzung der Konfliktlösung Die Bewältigung des Konfliktes setzt nicht nur die Vereinbarung einer Lösung voraus, sondern auch deren Umsetzung. Soweit die eingegangenen Verpflichtungen nicht sofort erfüllt werden, sind die Rechte und Pflichten in der Vereinbarung klar und eindeutig festzuhalten.687 Um neues Streitpotenzial zu vermeiden, kann Böhm, S. 156; Duve, S. 320 f. Zu dieser Praxis der Schweizer Gerichte in Einzelgesprächen, Egli, S. 110 ff. 685 AnwBl. 1997, 545 (547). 686 DNotZ 2000, 1 (4). 687 Grziwotz, ZKM 2000, 265; Schöpflin, JA 2000, 157 (162). Die Bestimmtheit ist auch Voraussetzung für die Erteilung der Vollstreckungsklausel, Rosenberg / Gaul / Schilken, § 16 IV 2. 683 684

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

die Erfüllung durch Vertragsstrafen oder ähnliches abgesichert werden.688 In der Formulierung des Verhandlungsergebnisses liegt daher ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der Schlichtungspersonen. 1. Kontrolle der Konfliktlösung Am Ende des staatlich initiierten Schlichtungsverfahrens darf keine gesetzeswidrige Einigung stehen.689 Dies kann einerseits von der Schlichtungsperson gewährleistet werden.690 Zu erwägen ist andererseits jedoch auch, die Wirksamkeit der Konfliktvereinbarung von der Zustimmung einer Behörde oder eines Richters abhängig zu machen.691 Durch die Kontrolle würde die Inkaufnahme von Schutznormverletzungen auf Grund des Eigeninteresses der Schlichtungsperson an einer Konfliktlösung ausgeschlossen. Schutz vor der Durchsetzung unwirksamer Vereinbarungen bietet entweder das gerichtliche Verfahren oder die Kontrolle im Klauselerteilungsverfahren, bei der das Vorliegen eines wirksamen Titels mit vollstreckbarem Inhalt und die Vollstreckungsreife nach § 797a Abs. 1 ZPO von einem Urkundsbeamten geprüft wird.692 Eine weitergehende Überprüfung der Angemessenheit der Lösung setzt außerdem eine ausführliche Protokollierung des Sachverhaltes und der Interessen voraus,693 was dem Geheimhaltungsinteresse der Parteien widerspricht. Weiterhin verursachen die dazu erforderliche umfangreiche Protokollierung des Verhandlungsverlaufs und die Überprüfung einen erheblichen Aufwand.694 Die rechtliche Zulässigkeit und die Einhaltung von Schutzgesetzen soll 688 Die Vollstreckung kann dadurch erheblich erleichtert oder sogar überflüssig werden, Strecker, DRiZ 1983, 97 (102). Zahlungen geringer Beiträge sollten unmittelbar erfolgen und Willenserklärungen sofort abgegeben werden. 689 Siehe auch 3. Teil B. XVII. 2.c) ee). Wenn lediglich Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit bestehen, kann der Mediator mitwirken, muss aber auf die Zweifel und die Konsequenzen der möglichen Unwirksamkeit hinweisen. 690 Bei den Neighborhood Justice Centers und dem Community Board Program in den USA wird auf die Schlichtungspersonen vertraut, Gottwald, S. 132, 196. Gleiches gilt für die Schlichtungsstellen bei den Kammern und Innungen sowie für das Bankschlichtungsverfahren nach § 14 UKlaG. 691 Eine staatliche Kontrolle fordernd, Labes, DZWiR 1998, 353 (362). Zur Kontrolle durch den Richter bei der Schlichtung in Taiwan, Krapp in: Gottwald / Strempel, S. 85 (90), in Japan, Ishibe in: Kroeschel, S. 215 (232), bei der gerichtsverbundenen Mediation in Frankreich, Wagner, JZ 1998, 836 (843) und dem San Jose Small Claims Court sowie dem Mediationsprogramm des District Court in Maine, Gottwald, S. 99, 108. Bei der Small Claims Mediation des Harvard Mediation Program wird beides praktiziert, Krapp ZRP 1994, 115 (116). 692 Rosenberg / Gaul / Schilken, § 16 IV 2, 3. Soweit in Bayern und Sachsen-Anhalt die Notare nach Art. 19 Abs. 1 BaySchlG und § 34g Abs. 2 S. 1 SchStG LSA oder bei Ermächtigung die Schlichtungsstellen nach § 797a Abs. 3 ZPO die Vollstreckungsklausel selbst erteilen, wird die Wirksamkeit dieser Kontrolle erheblich eingeschränkt. 693 Gottwald, S. 155 f. 694 Wegen des Aufwandes der notwendigen Überwachung gegen ein Schlichtungsverfahren überhaupt, Grunsky, DRiZ 1983, 390 (393).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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nach diesem Vorschlag bereits Gegenstand der Verhandlungen sein, die von Juristen geleitet werden. Daher ist es möglich, von einer weitergehenden Überwachung durch eine externe Stelle abzusehen.695 In den Ländern mit Laienschlichtern erscheint hingegen eine Kontrolle zweckmäßig, um später weitergehende Probleme zu vermeiden, wenn Streit um die Konfliktlösung entsteht und sich deren Unwirksamkeit herausstellt. 2. Protokoll Zur Dokumentation und Vorbeugung weiterer Streitigkeiten muss die Schlichtungsperson die Einigung schriftlich niederlegen und den Parteien eine Abschrift erteilen. Wenn keine Einigung zustande kommt, ist über die Beratung eine Bescheinigung auszustellen, da Klage nur mit dieser Bescheinigung zulässig erhoben werden kann. Diese Zwecke bestimmen den Inhalt des Protokolls und der Bescheinigung. Neben einer etwaigen Lösung müssen daher die Namen und Anschriften der Parteien einschließlich etwaiger Vertreter oder Beistände sowie der Streitgegenstand erkennbar sein. Die Einigung sollte auch die Kosten des Schlichtungsverfahrens erkennbar regeln. Zur Erleichterung empfiehlt sich die Ausweisung der Kosten im Schlichtungsprotokoll, wie sie in Art. 12 S. 4 BaySchlG und § 11 Abs. 1 SchlG BW angeordnet ist. Darüber hinaus hat die Bescheinigung die Person des Schlichters, der Ort und die Zeit der Beratung zu enthalten. Das endgültige und vollständige Schriftstück über die Einigung haben die Parteien zu unterzeichnen.696 Nach den Regelungen der Länder sind die Protokolle zumindest nach Abschluss eines Protokollbuches den Amtsgerichten zu übergeben.697 Im Übrigen werden die Schlichtungspersonen und Gütestellen zur Aufbewahrung aller Dokumente verpflichtet.698 Um die Schlichtungsperson nicht mit der Aufbewahrung zu belasten und einen zentralen Zugriff für wissenschaftliche Untersuchungen der Schlichtungsverfahren zu ermöglichen, sollten sämtliche Akten von der Schlichtungsperson nach Abschluss der Verhandlungen an die am Amtsgericht eingerichtete Gütestelle übermittelt und dort zentral aufbewahrt werden. Dagegen auch Köper, S. 99 f. Eine schriftliche Fixierung mit vergleichbarem Inhalt ist in allen Ländern vorgesehen, Art. 12, 4 BaySchlG, §§ 26 ff. SchAG NRW, § 13 GüSchlG NRW, § 11 SchlG BW, §§ 28, 29 BbgSchG, § 5 BbgSchlG, §§ 24, 25 HSchAG, § 5 HessSchlG, §§ 24 ff. SSchO, § 37c Abs. 2 SAGJusG, §§ 34 f. Abs. 2, 3, 34h Abs. 2 SchStG LSA, § 27 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H. 697 § 29 Abs. 2 SchAG NRW, § 10 S. 2 BbgSchG, § 26 Abs. 2 HSchAG, § 27 Abs. 2 SSchO, § 10 SchStG LSA, § 30 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H. Nach § 12 Abs. 2 SchlG BW erfolgt die Übergabe sofort. 698 § 12 Abs. 3 SchlG BW, § 6 GüSchlG NRW, § 6 BbgGüteStG, § 11 HessSchlG, § 37h Abs. 2 SAGJusG, § 42 Abs. 2, 3 SchStG LSA, § 30 Abs. 3 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H. 695 696

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

3. Beständigkeit der Konfliktlösung Die außergerichtliche Streitbeilegung ist nur effektiv, wenn die gefundene Lösung nicht jederzeit beliebig in Frage gestellt werden kann.699 Neue Informationen, Tatsachen und die Kenntniserlangung von Pflichtverletzungen des Mediators können neue Konflikte verursachen. Im Idealfall lösen die Parteien diese selbst kooperativ auf Grund der Erfahrungen im vorausgehenden Verfahren. Soweit dies den Parteien nicht gelingt, stellt sich die Frage, ob die Einigung fortbesteht. Hierbei steht das Interesse an der endgültigen Konfliktbeilegung mit dem der materiellen Gerechtigkeit im Widerstreit.700 Um eventuellen Handlungsbedarf aufzudecken, sind die Lösungsmöglichkeiten von der Einigung zu untersuchen. a) Lösung auf Grund neuer Informationen und Tatsachen Das Ergebnis der konsensualen Konfliktlösung ist ein Vertrag. Die allgemeinen Regelungen des BGB sind anzuwenden. Dementsprechend ist deren Bestandkraft geringer als bei den nach §§ 579, 580 ZPO nur eingeschränkt anfechtbaren Urteilen. Die Konfliktlösung ist regelmäßig als Vergleich einzuordnen.701 Dieser unterliegt jedoch einigen Besonderheiten. Nach § 779 Abs. 1 BGB ist der Vergleich unwirksam, wenn der als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Zukünftige Erwartungen scheiden als Vergleichsgrundlage aus. Vergleichsgrundlage können aber auch nur Umstände sein, die nicht ungewiss oder streitig zum Zeitpunkt des Vergleichschlusses waren. Wenn über Umstände kontroverse Meinungen bestanden und diese im Rahmen der Verhandlungen diskutiert wurden, sind sie Gegenstand des Vergleichs und daher gerade nicht Vergleichsgrundlage.702 Die aus dieser Ungewissheit resultierende Rechtsunsicherheit sollte der Vergleich beseitigen. Das Risiko der Beweislast stellt ein Motiv für den Vergleich dar und spiegelt sich in dem Nachgeben wider. Aus später aufgefundenen Beweismitteln oder nachträglichen Informationen über streitige Umstände resultiert daher nicht die Unwirksamkeit des Vergleichs nach § 779 BGB.703 So für den Prozessvergleich, Lehmann, S. 139. Hager, S. 123 f. 701 Siehe 3. Teil B. XIX. 3. 702 Die Parteien setzen, soweit dies nicht ausdrücklich anders festgelegt wurde, nicht die objektive Nichtexistenz anderer Beweismittel voraus, Schöpflin, JR 2000, 397 (400). 703 BGH, WM 1975, 566 (567); Habersack in: MünchKomm, § 779 Rdz. 64. Problematisch ist jedoch, dass der Vergleich somit leichter angreifbar wird, wenn sich eine Partei aber von der anderen Seite ausdrücklich überzeugen lässt. Die Gefahr des Missbrauchs besteht jedoch nicht, weil sie ihre Verhandlungsposition aufgeben muss. 699 700

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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In Betracht ist jedoch eine Anfechtung des Vergleichs nach § 119 BGB zu ziehen. Die Anfechtung eines Vergleichs wegen Irrtums nach § 119 BGB unterliegt jedoch Einschränkungen, wobei Irrtümer über die streitigen Umstände, die Vergleichsgrundlage und die Verpflichtungen und Gegenstände des Vergleichs zu unterscheiden sind. Die Ungewissheit über die streitigen Umstände soll beseitigt werden. Dementsprechend übernehmen die Parteien in der Neuregelung das Irrtumsrisiko, weshalb eine Anfechtung ausscheidet.704 Ein Irrtum über die streitigen Umstände wird allerdings oft auch nur ein unbeachtlicher Motivirrtum sein.705 Irrtümer über die Vergleichsgrundlage werden in § 779 BGB geregelt. Ein einseitiger Irrtum über die Vergleichsgrundlage kann daher nur zu Anfechtung nach § 119 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB berechtigen, wenn § 779 BGB keine abschließende Regelung darstellt. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Vorstellungen über die Vergleichsgrundlage nur Beweggründe und damit nicht zu beachten sind.706 Außerdem wurde der einseitige Irrtum über die Vergleichsgrundlage vom Gesetzgeber erörtert, aber nur dann als beachtenswert befunden, wenn die andere Partei diese Vorstellung kannte.707 Einseitig unerkannte Fehlvorstellungen über die Vergleichsgrundlage stellen daher keinen Anfechtungsgrund nach § 119 BGB dar und beeinträchtigen nicht die Beständigkeit des Vergleichs.708 Die Anfechtung nach § 119 Abs. 1, 2 BGB ist bei Irrtümern über die Vergleichsregelung selbst uneingeschränkt. Falsche Erklärungen und Vorstellungen werden bei einer korrekten Aufklärung durch den Mediator vermieden. Spätere Informationen über die Sach- und Rechtslage vor dem Vergleich können dann die Anfechtung nicht begründen. Bei einer fehlerhaften Aufklärung über die rechtlichen Folgen kommt aber ein Rechtsirrtum in Betracht, der bei Aufnahme der Rechtsfolgen in die Erklärung zur Anfechtung berechtigt.709 Eine Anfechtung nach § 123 BGB kommt in Betracht, wenn der Vergleich durch falsche Behauptungen einer Partei zustande kam. Die Willenserklärung müsste dazu auf einem Irrtum beruhen, der durch die Täuschung erregt oder unterhalten wurde.710 Eine Anfechtung nach § 123 BGB scheidet also aus, wenn in Kenntnis der Täuschung der Vergleich abgeschlossen wurde. Soweit die Parteien unterschiedlicher Meinung über bestimmte Umstände waren, mussten sie von einer unwahren Behauptung durch die Gegenseite ausgehen. Der Vergleich wird dann 704 RGZ 162, 198 (201 f.); Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 80; Thomas in: Palandt, § 779 Rdz. 26. 705 OLG Zelle, NJW 1971, 145 (146); Habersack in: MünchKomm, § 779 Rdz. 60. 706 Mugdan, Band II, S. 365 f., 1015. 707 Mugdan, Band II, S. 1015, 1018. 708 Anders und nicht stets einen Motivirrtum annehmend, Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 80; Herrmann / Terlau in: Erman, § 779 Rdz. 28. Diese Problematik nicht berücksichtigend, BGH, LM Nr. 2 zu § 779 BGB. 709 Zur Problematik des Rechtsirrtums, Kramer in: MüchKomm, § 119 Rdz. 69 ff.; Palm in: Erman, § 119 Rdz. 37; Larenz / Wolf, § 36 Rdz. 81 ff.; Medicus, Rdz. 750 f. 710 Kramer in: MünchKomm, § 123 Rdz. 5.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

auch nicht auf Grund einer neuen Überzeugung durch die Täuschung, sondern wegen der unsicheren Beweisbarkeit geschlossen. Daher kann eine Anfechtung nach § 123 BGB regelmäßig nicht auf eine Täuschung über umstrittene Umstände gestützt werden.711 Allerdings ist eine Anfechtung danach möglich, wenn die getäuschte Partei den Umfang der Täuschungshandlung nicht erkannte.712 Der Vergleich ist nach § 138 BGB unwirksam, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Dieses wird aber nicht nach den übernommenen Pflichten, sondern nach dem gegenseitigen Nachgeben beurteilt.713 Die erbrachten Opfer werden durch einen Vergleich der behaupteten Leistungspflichten nach der umstrittenen Rechtslage mit den jeweils übernommenen Pflichten ermittelt.714 Auf die wahre Sach- und Rechtslage kommt es somit grundsätzlich nicht an, sodass die spätere Kenntnis von Umständen nicht zur Sittenwidrigkeit des Vergleichs führen kann. Dem sittenwidrigen Erschleichen oder Ausnutzen eines Vergleichs könnte eine Einwendung aus §§ 826, 242 BGB entgegenstehen.715 Wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen und Folgen wird § 826 BGB nicht von § 123 BGB verdrängt. § 826 fordert eine sittenwidrige Handlung, nicht jedoch den Irrtum des Beteiligten. Die Lüge muss daher nicht erst zu einem Irrtum führen. Die Kausalität zwischen einer Lüge und dem Vergleichsschluss besteht, weil ohne die Lüge ein Vergleich mit diesem Inhalt nicht abgeschlossen worden wäre. Eine Lüge ist in Anbetracht der hier normierten Wahrheitspflicht gesetzes- und sittenwidrig.716 Der Lügner handelt betreffend der Schädigung regelmäßig auch vorsätzlich, da dessen Vorteil aus dem Schaden des Anderen erwächst. Die Voraussetzungen des § 826 BGB werden daher häufig vorliegen, wenngleich sie schwer zu beweisen sind. Der Geschädigte könnte dann die Erfüllung wegen unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB verweigern oder Schadensersatz für auf Grund des Vergleichs erbrachte Leistungen verlangen. Damit droht über § 826 BGB die neue Thematisierung des Konfliktes. Die Befriedungswirkung des Vergleichs ist gefährdet. Um den RGZ 153, 65 (67); BGHZ 51, 141 (144). Eine Anfechtung nach § 123 BGB kommt in Betracht, wenn die Streitenden einen Vergleich letztlich in Höhe des Versicherungsschutzes schließen, aber eine Partei über dessen Höhe täuscht und die andere Partei daran glaubt, Beispiel nach Hager, S. 123 f. 713 Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 76; Thomas in: Palandt, § 779 Rdz. 22. 714 RGZ 156, 265 (267); BGH, NJW 64, 1787 f.; Steffen in: RGRK, § 779 Rdz. 48. Ein Vergleich kann sittenwidrig sein, wenn nur eine hohe Ausgangsforderung erhoben wird, um unverhältnismäßige Zugeständnisse zu erlangen, BGHZ 51, 141 (143 f.). Die Vermeidung des Erfolgs dieser Verhandlungstaktiken ist Aufgabe des Mediators. 715 Die Rechtskraft von Urteilen wird mittels eines Schadensersatzanspruches aus § 826 BGB bei sittenwidrigem Erschleichen oder Ausnutzens eines unrichtigen Urteils durchbrochen. Gleiches gilt für Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut, BGH, NJW 2001, 373 (374). 716 So für das Gerichtsverfahren im Hinblick auf § 138 ZPO, Hönn / Dönneweg in: Soergel, § 826 Rdz. 118. 711 712

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vergleichsweise geschaffenen Rechtsfrieden zu wahren, wurde die Unwirksamkeit des Vergleichs in § 779 BGB eingeschränkt.717 Dieses Ziel des Gesetzgebers würde jedoch mit der uneingeschränkten Anwendung des § 826 BGB konterkariert. Bereits das Reichsgericht schränkte deshalb die Anwendung des § 826 BGB ein, wenn damit ein Vergleich aufgehoben werden sollte.718 Teilweise werden die Möglichkeiten, sich nach §§ 123, 779 BGB vom Vergleich zu lösen, für ausreichend erachtet und dementsprechend § 826 BGB ganz ausgeschlossen.719 Im Hinblick auf die Bedeutung des § 826 BGB als Generalnorm erscheint dessen völliger Anwendungsausschluss zweifelhaft. Vielfach werden deshalb auf die Lösung von einem Vergleich nur dieselben strengeren Maßstäbe angewandt, die für die Durchbrechung der Rechtskraft eines Urteils entwickelt wurden.720 Dementsprechend kann einem Vergleich auch nur in Fällen evidenten und groben Unrechts eine Einrede aus § 826 BGB entgegengehalten werden. Die Stabilität des Vergleichs ist damit weitgehend gewährt. Die unterschiedlichen Strukturen von Vergleich und Urteil sind jedoch auch hier zu beachten. Bei dem Urteil entscheidet der Richter, der von der Wahrheit des falschen Vortrages überzeugt ist und einem Irrtum erliegt. Demgegenüber schließen die Parteien selbst den Vergleich in Kenntnis der falschen Behauptungen. Der Vergleich soll gerade unabhängig von ihren unterschiedlichen Anschauungen einen Ausgleich regeln. Dieser Funktion entspricht es am besten, wenn die Schranken des § 779 BGB auch für den § 826 BGB gelten. Soweit der Vergleich nicht nach § 779 BGB unwirksam ist, sollte auch ein Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB ausscheiden. Demnach kann ein Anspruch aus § 826 BGB nicht mit neuen Beweisen oder Informationen zu umstrittenen Verhandlungspunkten begründet werden. Der § 779 BGB schließt nicht den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB als allgemeines Rechtsinstitut aus.721 Als Geschäftsgrundlage angesehen werden die bei Abschluss des Geschäfts erkennbaren und akzeptierten Vorstellungen einer Partei oder gemeinsame Vorstellungen über gegenwärtige oder zukünftige Umstände, auf denen der Geschäftswille aufbaut.722 Diese entfällt bei einer wesentlichen, nicht schuldhaft herbeigeführten und nicht vorhersehbaren Änderung der vorausgesetzten Umstände, wobei die Grenzen der Risikozuweisung überMugdan, Band II, S. 1014 f. RG Recht 1907 Nr. 3507; RG Gruchot 52, 1027. 719 Sprau in: Palandt, § 826 Rdz. 47; offengelassen durch OLG Bremen, NJW-RR 2001, 1036 (1037). 720 Oechsler in: Staudinger, § 826 Rdz. 543 m. w. N.; ähnlich für den Prozessvergleich, Schöpflin, JR 2000, 397 (404). Zur Rechtskraftdurchbrechung, BGHZ 40, 130 (134); Wagner in: MünchKomm, § 826 Rdz. 130 ff.; Hönn / Dönneweg in: Soergel, § 826 Rdz. 231. 721 Soweit gemeinsam Umstände vorausgesetzt werden, die aber nicht den Streit verhindert hätten, könnte demnach die Geschäftsgrundlage entfallen und die Berufung auf den Vergleich unzulässige Rechtsausübung darstellen, RG, Warn Rsp. 1935 Nr. 179; Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 84; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rdz. 114. 722 RGZ 103, 328 (332); BGH, NJW 1997, 320 (323); Werner in: Erman, § 242 Rdz. 168. 717 718

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

schritten werden müssen.723 Im Rahmen eines Vergleichs übernimmt jede Partei das Risiko eines Irrtums über die umstrittenen Umstände.724 Dementsprechend entfällt durch spätere Beweise für einen umstrittenen Umstand nicht die Geschäftsgrundlage.725 Das Festhalten an dem Vergleich kollidiert aber möglicherweise mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Es könnte der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben werden, wenn sich nach dem Vergleichsschluss die wahren Tatsachen herausstellen und deshalb der Vergleich unbillig erscheint.726 Damit würde der Vergleich aber stets unter dem Vorbehalt abgeschlossen, dass sich später keine neuen Erkenntnisse ergeben. Eine endgültige Konfliktbeilegung wäre damit durch einen Vergleich nicht mehr gewährleistet. Soweit die Parteien sich im Hinblick auf ihre Beweislage auf einen ungünstigen Vergleich einlassen, ist dies als Preis für ihre Risikoaversion anzusehen. Eine Bindung an den Vergleich ist zur Befriedung und den diesbezüglich klaren gesetzgeberischen Willen geboten. b) Lösung wegen Pflichtverletzungen der Schlichtungsperson Nach § 123 Abs. 2 BGB ist eine Willenserklärung anfechtbar, wenn ein Dritter, also der Mediator, in Kenntnis der anderen Partei getäuscht hat. Die Parteien müssen generell jedoch nicht für Pflichtverletzungen des Mediators einstehen. Er ist kein Verrichtungsgehilfe nach § 831 BGB, Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB, Organ im Sinne des § 31 BGB und auch kein Vertreter gemäß § 166 BGB. Das Vertrauen der Parteien auf die Lösung ist grundsätzlich auch schutzwürdig. Nach der Rechtslage haben dementsprechend Pflichtverletzungen generell auch keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Einigung. Gegen weitere Unwirksamkeitsgründe spricht auch, dass sich Pflichtverletzungen von Notaren grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit der Beurkundung auswirken. Lediglich bei offensichtlichen Verstößen gegen die Neutralität nach §§ 6, 7 BeurkG ist die Beurkundung unwirksam. Da diese Fälle selten, leicht erkennbar und durch die Fallzuweisung vermeidbar sind, kann hinsichtlich des geringen Restrisikos auch auf die Einhaltung der Regeln durch die Schlichtungsperson vertraut werden. Mit § 123 Abs. 2 BGB besteht eine Regelung zum Schutz der Beteiligten vor schwerwiegenden Nachteilen, die im Hinblick auf die Bedeutung der Pflichtverletzung und das nicht schutzwürdige Heinrichs in: Palandt, § 242 Rdz. 125 ff.; Werner, Fälle mit Lösungen, S. 34 ff. RGZ 162, 198 (201 f.); Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 80; Thomas in: Palandt, § 779 Rdz. 26. 725 Ein Beispiel für den Wegfall der Geschäftsgrundlage ist daher zu Recht der Fall des RG, Warn Rsp. 1935 Nr. 179, in dem die Beteiligten Ansprüche gegen einen Dritten voraussetzten. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall, wenn die Streitenden etwaige Ansprüche Dritter nicht bedenken, Hager, S. 123 f. 726 RG, Warn Rsp. 1937 Nr. 32. In diesem Fall meldete sich zwei Tage nach Vergleichsschluss ein Zeuge, woraufhin das Gericht eine Einrede aus § 242 BGB befürwortete. 723 724

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Vertrauen gerechtfertigt ist. Es bedarf jedoch keiner weiteren Regelungen über die Wirksamkeit der Konfliktlösung bei Pflichtverletzungen des Mediators. Vielmehr sind die Beteiligten auf Schadensersatzansprüche gegen den Mediator zu verweisen. Zwischenergebnis Am häufigsten werden neue Beweismittel für umstrittene Umstände den Rechtsfrieden auf Grund des Vergleichs gefährden. Mit dem Vergleich übernehmen die Parteien jedoch das Risiko für diese Ungewissheiten. Folglich kann der ursprüngliche Konflikt nach dem Vergleich grundsätzlich nicht fortgesetzt werden. Diese Risikoübernahme ist bei allen Einwendungen gegen den Vergleich zu berücksichtigen. Die Bestandskraft der Einigung durch einen Vergleich entspricht daher den Anforderungen an eine effektive Streitbeilegung.727 4. Vollstreckbarkeit der Konfliktlösung Die zwangsweise Durchsetzung des erarbeiteten Ergebnisses erscheint aber mit dem Prinzip der Freiwilligkeit unvereinbar. Aus Konfliktlösungen kann daher vielfach nicht vollstreckt werden.728 Zur Durchsetzung mediativ erarbeiteter Konfliktlösungen wird die Zwangsvollstreckung nicht notwendig erachtet,729 weil die Realisierung der frei vereinbarten Lösung ihre Umsetzung erfordert. Im Gegensatz zum gerichtlichen Vergleich beinhaltet sie nicht nur eine Verteilung des Streitgegenstandes nach den Prozessaussichten, sondern befriedigt die Interessen der

727 Schwierigkeiten bereiten allerdings Lösungen, die ausnahmsweise nicht als Vergleich eingeordnet werden können. Die vergleichsbedingten Einschränkungen bezüglich der Angreifbarkeit der Wirksamkeit entfallen dann. Ein Irrtum auf Grund einer geänderten Überzeugung ist dann möglich. Im Einzelfall können sich auf Grund der Auslegung der Einigung aber ähnliche Einschränkungen ergeben, soweit die Vorstellungen über Tatsachen und die Beweislage nicht nur rechtlich unbeachtliche Motive darstellen. 728 Aus der Vereinbarungen wird nicht vollstreckt bei außergerichtlichen Schlichtungsverfahren in Japan, Strempel, JZ 1983, 596 (598), der Human Rights Commission in Australien, Schlachter, ZVglRWiss Bd. 99 (2000), S. 1 (27 f.) und bei dem Neighborhood Justice Centers sowie dem Community Board Program in San Francisco, Gottwald, S. 156, 193. Gleiches gilt bei dem französischen Modell des Conciliateurs, wobei jedoch das Ergebnis durch den Richter auf Antrag der Parteien für vollstreckbar erklärt werden kann, Sabrotzky, S. 202 m. w. N. In dem Small Claims Court von San Jose und dem District Court von Maine wird das Verhandlungsergebnis nach Überprüfung durch den Richter zum Urteil umgewandelt, sodass daraus vollstreckt werden kann, Gottwald, S. 99, 108; ebenso bei der gerichtsverbundenen Mediation in Frankreich, Wagner, JZ 1998, 836 (843). In den bayerischen Experimenten mit Schlichtungsverfahren war die Vollstreckung ebenfalls vorgesehen, Bethke, NJW 1993, 2728. 729 Goll, ZRP 1998, 314 (318). Dies wird bestätigt durch die positiven Erfahrungen mit Erfüllung der Schlichtungsvereinbarungen, Gottwald, S. 163; Krapp, ZRP 1994, 115 (116).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Parteien und führt idealtypisch zu einem Kooperationsgewinn. Die Einigung müsste außerdem den Erfordernissen der Vollstreckung entsprechen, insbesondere einen vollstreckbaren Inhalt haben.730 Um mit der Vollstreckung keine Konflikte zu provozieren, wird zudem eine richterliche Aufsicht bei der Laienschlichtung für erforderlich gehalten.731 In jedem Fall steigt aber der Aufwand und die Flexibilität wird eingeschränkt. Letztlich sind die Beteiligten ohne die Möglichkeit der Vollstreckung in verschiedenen Projekten auch überwiegend zufrieden.732 Allerdings sprechen auch gute Gründe für die Vollstreckbarkeit. Soweit eine verbindliche Verpflichtung eingeklagt und anschließend vollstreckt wird, erfolgt ebenfalls eine Zwangsausübung. Die sofortige Vollstreckbarkeit steigert demgegenüber lediglich die Effizienz erheblich, indem sie einen erneuten Gerichtsprozess entfallen lässt. Aus diesem Grund wird oft die Vollstreckbarkeit außergerichtlicher Einigungen gefordert,733 jedenfalls positiv bewertet.734 Die bestehende Unzufriedenheit der Beteiligten beruht nämlich auch häufig auf der mangelnden Vollstreckungsmöglichkeit.735 Außerdem können Parteien ihren Nutzen maximieren, nachdem die andere Partei ihre Verpflichtung erfüllt hat, indem sie dann ihrerseits nicht erfüllen und damit einen neuen Konflikt schaffen. Für die Entscheidung sollten die Ziele der außergerichtlichen Streitbeilegung maßgeblich sein. Die Vollstreckung verhindert die Versöhnung der Parteien, kollidiert mit dem Ziel der einvernehmlichen Konfliktbeilegung und steht auch der Bildung eines Gemeinschaftsgedankens entgegen.736 Ein Widerspruch zu dem Ziel, eigenständige und individuelle Lösungen zu fördern, liegt nicht vor, wenn die Vollstreckbarkeit zur Disposition der Parteien gestellt wird.737 Soweit mit dem 730 Deshalb kritisch zur Vollstreckung, Hartmann, NJW 1999, 3745 (3749). Das Erfordernis von Rechtskenntnissen wird dadurch erneut bestätigt. Zur Erleichterung könnte die Nichterfüllung der Vereinbarung mit einer Geldstrafe sanktioniert werden, bei der das Bestimmtheitsgebot unproblematisch ist. Allerdings wird damit das eigentliche Problem nur auf die Vollstreckungsreife verschoben. 731 Es verwundert daher nicht, dass gerade die Projekte des Small Claims Court von San Jose und des District Court von Maine eine Vollstreckung vorsehen, da in diesen auch eine richterliche Kontrolle der Lösung stattfindet. 732 Gottwald, S. 153 f. 733 Hoffmann-Riem, ZRP 1997, 190 (197); Miletzki, S. 76. Die mangelnde Vollstreckbarkeit von Einigungen vor dem Conciliateur wurde bereits in Frankreich kritisiert, Gottwald, S. 232 m. w. N. 734 Grziwotz, ZKM 2000, 265 (266); a.A. wohl Rüssel, NJW 2000, 2800 (2801). 735 Gottwald, S. 155 f. 736 Das Commuity Board Program in San Francisco verfolgt eben gerade diese Ziele, Gottwald, S. 193. Die Ablehnung jeglichen Zwanges ist daher konsequent. 737 Nach den Landesgesetzen findet die Vollstreckung aus der Konfliktlösung statt, ohne dass den Parteien ausdrücklich Entscheidungsspielraum zugestanden wird, Art. 18 BaySchlG, § 33 Abs. 1 SchAG NRW, § 13 Abs. 1 SchlG BW, § 31 BbgSchG, § 28 Abs. 1 HSchAG, § 37b Abs. 3 SAGJusG, § 34g Abs. 1 SchStG LSA, § 34 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Verfahren die effektive Konfliktbeilegung verfolgt wird oder die Rechtsdurchsetzung erleichtert werden soll, erscheint der Einsatz von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Lösung zweckmäßig.738 Da in Deutschland vorrangig letztere Ziele verfolgt werden, empfiehlt sich sofortige zwangsweise Durchsetzung der Konfliktlösung. Nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO kann die Zwangsvollstreckung aus Vergleichen stattfinden, die vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen worden sind. Allerdings werden von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur Vergleiche und keine Konfliktvereinbarungen ohne gegenseitiges Nachgeben erfasst. Allerdings genügt für das Nachgeben bereits jedes geringfügige Opfer.739 Ein beiderseitiges Nachgeben wird bereits in dem Verzicht auf die Erwirkung eines Titels oder der Sicherheitsgewährung durch ein Anerkenntnis gesehen.740 Wenngleich durch die geringen Anforderungen an das Nachgeben Konfliktlösungen ohne Vergleichscharakter selten sind, besteht diesbezüglich Handlungsbedarf.741 Die Länder sind befugt, nach § 801 ZPO aus weiteren Schuldtiteln die Vollstreckung zuzulassen. Durch die landesgesetzliche Zulassung der Vollstreckung aus allen Vereinbarungen vor Gütestellen werden auch Rechtsverzichte und Anerkenntnisse einbezogen. Eine solche Regelung vermeidet Streitigkeiten aller Art um das Vorliegen eines Vergleichs und ist daher empfehlenswert.742 Mit der Einrichtung der Schlichtungsstellen durch die Länder kann somit die Möglichkeit der Zwangvollstreckung gewährleistet werden. Eine kostenintensive Titulierung durch einen Anwaltsvergleich, eine vollstreckbare notarielle Urkunde oder ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut muss daher nicht mehr erfolgen.743 Im Übrigen ist für die Erteilung der Vollstreckungsklausel die Regelung des § 797a ZPO angemessen, da hier eine Gütestelle vorliegt. Demnach hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle desjenigen Gerichts die Vollstreckungsklausel zu erteilen, dem die Gütestelle zugeordnet ist.

738 Dieser Zusammenhang ist auch bei den Projekten des Small Claims Court von San Jose und des District Court von Maine erkennbar, die eine Vollstreckung vorsehen. Diese Verfahren sind rechtsorientiert, wie insbesondere die Kontrolle der Lösung durch einen Richter zeigt. Dabei verfolgen sie eine schnelle und effiziente Konfliktbeilegung auch zur Entlastung der Richter, Gottwald, S. 97, 106. 739 Marburger in: Staudinger, § 779 Rdz. 27; Habersack in: MünchKomm, § 779 Rdz. 26. 740 BGHZ 39, 60 (63). 741 Dieser ergibt sich insbesondere aus der Vollstreckbarkeit eines solchen Vergleichs, sodass diesbezüglich ein Nachgeben ausgeschlossen ist. 742 § 13 Abs. 1 SchlG BW ermöglicht die Zwangsvollstreckung aus allen Vereinbarungen, obwohl er sich auf § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezieht, BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 32. Art. 18 BaySchlG, § 33 SchAG NRW, § 31 BbgSchG, § 28 Abs. 1 HSchAG und § 34 Abs. 1 SchO Schl-H fordern hingegen einen Vergleich. 743 Zu diesen Möglichkeiten, Grziwotz, ZKM 2000, 265 (267 f.).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Zusammenfassend bietet sich folgende Regelung an: § 19 Protokollierung und Vollstreckung I Die Konfliktlösung ist als rechtswirksame Vereinbarung von den Parteien unter Kontrolle und Mitwirkung der Schlichtungsperson schriftlich niederzulegen. Das darüber zu erstellende Protokoll ist von den Parteien und der Schlichtungsperson zu unterschreiben. Die Schlichtungsperson erteilt den Parteien hiervon eine Abschrift und übersendet das Original mit den Akten der Schlichtungsstelle. Das Protokoll muss enthalten: 1. die Namen und Anschriften der erschienenen Parteien, der gesetzlichen Vertreter, Bevollmächtigten und Beistände, 2. den Namen der Schlichtungsperson, 3. den Ort und die Zeit der Verhandlung, 4. den Gegenstand des Streites, 5. die Höhe der Kosten für das Schlichtungsverfahren, 6. das Ergebnis einschließlich einer Regelung der Verfahrenskosten. II Die Zwangsvollstreckung findet aus allen Vereinbarungen statt, die vor der Schlichtungsperson geschlossen wurden. Die Parteien können eine abweichende Regelung treffen. III Für die Erteilung der Vollstreckungsklausel gilt § 797a ZPO entsprechend. IV Das Protokoll ist Beratungsschein nach § 1 Abs. 1.

XX. Vermeidung negativer materiell-rechtlicher Wirkungen Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren sind mit dem Risiko behaftet, dass mangels Klageerhebung nicht die materiell-rechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit eintreten.744 Die wichtigsten materiellen Rechtsfolgen sind die Unterbrechung der Verjährung, die Wahrung von Ausschlussfristen, Prozesszinsen, die Haftungsverschärfung nach §§ 292, 818 Abs. 4, 989 BGB und die Forderung von Unterhalt für die Vergangenheit nach § 1613 BGB. Nach § 203 BGB wird die Verjährung während Verhandlungen gehemmt. Der § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gewährt daneben bereits Schutz ab dem Zeitpunkt, in dem die Bekanntgabe nach Antragstellung veranlasst wird, doch tritt die Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 4 2. HS BGB bereits ab Antragstellung ein, wenn die Bekanntgabe demnächst veranlasst wird.745 Die Verjährungsproblematik bei außergerichtlichen Verhandlungen ist somit auf Grund der Neuregelung des Verjährungsrechts mit der Schuldrechtsreform entfallen.746 Ein § 291 BGB entsprechen744 Prütting, JZ 1985, 261 (269 f.); ders. in: Verhandlungen des 62. Deutschen Juristentages, Teil O, S. 11 (31 ff.). Weitergehend für das BGB und HGB, Greger in: Zöller, § 262 Rdz. 2. 745 Diese Konstruktion entspricht § 167 ZPO.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus § 288 BGB, wenn der Schuldner in Verzug ist. Rechtsverluste auf Grund der Regelung des § 1613 BGB sind bereits wegen des Anwendungsbereichs ausgeschlossen, wären jedoch auch durch eine den Verzug begründende Mahnung zu vermeiden. Eine Gleichstellungsnorm § 209 Abs. 2 Nr. 1a BGB a. F. entsprechend gibt es nicht für Ausschlussfristen und Haftungsverschärfungen. Eine generelle Übertragung des Gedankens des § 209 Abs. 2 Nr. 1a BGB a. F. auf Ausschlussfristen und Haftungsverschärfungen im Rahmen der Analogie erfolgte bisher nicht.747 Die Parteien haben ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Antrags Kenntnis von der Anspruchsverfolgung, wie bei der Klageerhebung. Allerdings ist bei Verhandlungslösungen auch eine andere Lösung als die Herausgabe des Streitgegenstandes möglich. Im Hinblick auf die Gleichstellung nur innerhalb eines speziellen Bereiches ist eine Verallgemeinerung daher weder möglich noch zu erwarten. Bei dem Mahnverfahren wurde diesem Problem in § 696 Abs. 3 ZPO Rechnung getragen. Die fehlende Gleichstellungsnorm für außergerichtliche Verfahren ist daher auch ein Nachteil des Schlichtungsverfahrens gegenüber dem Mahnverfahren und verleitet zu dessen Umgehung. Der Antragsteller kann auch nicht Klage einreichen und hoffen, dass der außergerichtliche Einigungsversuch bis zur mündlichen Verhandlung abgeschlossen ist und somit die Prozessvoraussetzung noch rechtzeitig vorliegt.748 In dringenden Fällen haben die Beteiligten die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn sie beispielsweise den Untergang der Sache oder die Entreicherung befürchten.749 Wenngleich auch der hier vorgesehene Zeitraum von sechs Wochen die Risiken beschränkt, sind die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten unsicher und unzureichend. Es besteht daher auf Bundesebene Regelungsbedarf hinsichtlich der Ausschlussfristen und den Haftungsverschärfungen nach den §§ 292, 818 Abs. 4, 989 ff. BGB.750

746 Wagner, ZKM 2002, 103 ff. Eine restriktive Auslegung in dem Sinne, dass nur ein Antrag des Gläubigers als Maßnahme der Anspruchsverfolgung die Verjährungshemmung bewirkt, so Heinrichs in: Palandt, § 204 Rdz. 19, ist abzulehnen. Dies widerspricht dem Sinn des § 203 BGB und der Zielsetzung des Güteverfahrens, Friedrich, NJW 2003, 1781 (1783). Eine Lücke besteht nur soweit die Bekanntgabe unterbleibt, was dann aber gegebenenfalls zur Haftung der Gütestelle führt. 747 Die Anwendung der Verjährungsvorschriften auf Ausschlussfristen wird nach deren jeweiligem Zweck entschieden, BGHZ 43, 235 (237); Grothe in: MünchKomm, § 194 Rdz. 7 ff. 748 Siehe 3. Teil B. I. 1. 749 Bei der Fristsetzung nach § 926 ZPO ist dann die Dauer des obligatorischen Vorverfahrens zu berücksichtigen. 750 Das haftungsrechtliche Problem beim bösgläubigen Besitzer wird durch die Verzugshaftung nach § 990 Abs. 2 BGB entschärft. § 34a Abs. 3 SchStG LSA enthält insoweit eine Regelung für landesrechtliche Ausschlussfristen.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

1. Möglichkeiten bei den privaten Schlichtungsstellen nach § 15a Abs. 3 EGZPO Nach § 15a Abs. 3 EGZPO und dem entsprechenden § 1 Abs. 2 Nr. 9 dieses Vorschlages können die Beteiligten auch bei privaten Schlichtungsstellen den Versuch der konsensualen Streitbeilegung unternehmen. Nach § 204 Nr. 4 ZPO, der sich insoweit auf § 15a EGZPO bezieht, tritt die Hemmung der Verjährung auch bei einem einvernehmlichen Einigungsversuch vor einer sonstigen Schlichtungsstelle i. S. d. § 15a Abs. 3 EGZPO ein.751 Problematisch ist die Hemmung der Verjährung also dann, wenn der Antrag nicht einvernehmlich gestellt wird oder es nicht zum Unternehmen eines Einigungsversuches kommt. Zugunsten des Verbrauchers wird nach § 15 Abs. 3 S. 2 EGZPO das Einvernehmen vermutet, wenn ein Verbraucher eine brachengebundene Gütestelle, eine Gütestelle der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammer oder der Innung angerufen hat. Fraglich ist jedoch, ob die Antragstellung bereits das Unternehmen eines Schlichtungsversuches ist. Dagegen wird eingewendet, dass der Wortlaut des einvernehmlichen Unternehmens eine Reaktion der anderen Seite voraussetzt.752 Folglich könnte die andere Seite die Hemmung der Verjährung verhindern, indem sie sich nicht auf Verhandlungen einlässt. Damit wird insoweit mehr gefordert, als bei den von der Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Schlichtungsstellen, bei denen der Antragsgegner fern bleiben kann.753 Gleichzeitig würde damit der erkennbare Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 S. 2 EGZPO nicht erreicht, wenn Verbraucher die Anträge stellen. Umgekehrt wird der Verbraucher auch dann hinreichend geschützt, wenn der Unternehmer den Antrag stellt und der Verbraucher sich nicht auf Verhandlungen vor solchen Gütestellen einlässt, da es dann am Einvernehmen fehlt. Das Risiko der Verjährung liegt dann regelmäßig bei dem anspruchsverfolgenden Unternehmer.754 Der § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB ist so auszulegen oder dahin teleologisch zu reduzieren, dass lediglich das Einvernehmen über die Schlichtungsstelle bei Antragstellung bestehen muss und die Antragstellung als „Unternehmen“ ausreicht.755 Die privatautonomen Gestaltung und Anerkennung der Verfahrensordnung ermöglicht freien Schlichtungsstellen, den Rechtsverlust bei Ausschlussfristen und Haftungsverschärfungen zu vermeiden.756 In Betracht kommt entweder eine VerFriedrich, NJW 2003, 1781 m. w. N. I. d. S. Schlosser in: Stein / Jonas, § 15a EGZPO Rdz. 14. 753 Deshalb den fehlenden Verweis auf § 15a Abs. 1 S. 3 für ein Redaktionsversehen haltend, Albers in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, § 15a EGZPO Rdz. 17. 754 Dieser Nachteil rechtfertigt sich durch die fehlenden Verfahrensgarantien. 755 Ob als Einvernehmen die Bestimmung einer solchen Gütestelle in einer vorweggenommenen Schlichtungsvereinbarung genügt, ist zweifelhaft, aber jedenfalls bei Antragstellung des Verbrauchers zu seinen Gunsten zu bejahen. 756 Eine solche Regelung weisen die meisten anwaltsgestützten Schlichtungsmodelle auf, Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (529). 751 752

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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einbarung zwischen den Beteiligten zu Beginn des Verfahrens oder eine Regelung in der Schlichtungsordnung. Die Konsensfähigkeit von Veränderungen des rechtlichen Status quo in Bezug auf die Haftung und Ausschlussfristen ist am Anfang der Verhandlungen problematisch. Mit der Einlassung auf Verhandlungen vor der Gütestelle wird aber deren Güteordnung vereinbart.757 Wenn in der Schlichtungsordnung Regelungen zur materiellen Rechtslage enthalten sind,758 werden diese Probleme den Verhandlungen faktisch entzogen. Die Durchsetzung von Vereinbarungen ist insoweit einfacher. Demnach würden kraft Vertrages die gleichen Pflichten und Rechte entstehen wie bei Klageerhebung.759 2. Möglichkeiten der Länder bei den staatlich eingerichteten oder anerkannten Stellen Nach Art. 74 Nr. 1, 72 GG steht die Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht auf Grund seiner Ausübung dem Bund zu. Nach § 15a Abs. 5 EGZPO wurde den Ländern die Befugnis zur Verfahrensgestaltung eingeräumt. Der Wortlaut enthält jedoch keine Anhaltspunkte zur Gestaltung des materiellen Rechts, das mit dem Verfahren zusammenhängt. Die systematische Stellung des § 15a EGZPO im Verfahrensrecht steht einer ergänzenden Auslegung ebenfalls entgegen. Die Länder sind deshalb nicht zur gesetzlichen Gleichstellung der Beantragung eines Güteverfahrens mit der Klageerhebung befugt. Der Bundesgesetzgeber sollte daher 757 Fricke, VersR 2000, 1194 (1196, 1198). Das Einvernehmen wird bei branchengebundenen Schlichtungsstellen allerdings unwiderleglich nach § 15a Abs. 3 S. 2 BGB vermutet. Die Anerkennung der Schlichtungsordnung durch die Anbieter erfolgt bei den brachengebundenen Schlichtungsstellen bereits mit dem Beitritt zu der Vereinigung. Die Pflicht zu den Verhandlungen verhindert daher nicht die Konstruktion der Vereinbarung der Verfahrensordnung. 758 Die Gestaltung der Schlichtungsordnung obliegt hier dem privaten Träger und den Parteien. Grenzen wie für die staatlich eingerichteten Gütestellen auf Grund der Gesetzgebungskompetenzen bestehen daher nicht. 759 Eine solche Norm in der Güteordnung könnte lauten: Wenn keine Einigung erzielt und zwei Wochen nach dem Ende des Verfahrens Klage erhoben wird, gilt die Streitsache als mit Zugang der Ladung rechtshängig geworden. Soweit eine solche Klausel in der Schlichtungsordnung enthalten ist, wird sie nicht durch eine der Streitparteien gestellt, sodass nach § 305 Abs. 1 BGB der Anwendungsbereich der Klauselkontrolle nicht eröffnet ist. Allerdings gelten nach § 310 Abs. 3 BGB bei Vereinbarungen zwischen Verbrauchern und Unternehmern die Drittbedingungen als vom Unternehmer gestellt, Werner in: Erman, § 24a AGBG Rdz. 26. Die Klausel ist daher an den §§ 305 ff. BGB zu prüfen. Ein Verstoß gegen §§ 308, 309 BGB liegt nicht vor. Es kommt damit lediglich eine Verletzung des § 307 BGB in Betracht. Da es jedoch mehrere gesetzliche Normen gibt, die zu einer vergleichbaren Rechtslage führen, liegt kein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor. Durch die Klausel wird auch das Erreichen des Vertrageszweckes nicht gefährdet, sodass sie nicht gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB verstößt. § 307 Abs. 1 BGB steht dieser Klausel auch nicht entgegen. Die Regelung widerspricht nicht Treu und Glauben, da sie den Zweck hat, die gesetzliche Wertungen auf außergerichtliche Verfahren zu übertragen.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

eine dem § 696 Abs. 3 ZPO entsprechende Norm zur Gleichstellung von Schlichtungsantrag und Klageerhebung schaffen. Bis dahin können die staatlich eingerichteten Schlichtungsstellen lediglich wie die privaten Schlichtungsstellen am Anfang des Verfahrens eine Regelung vorschlagen. Um § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB zu entsprechen, empfiehlt sich eine klarstellende Regelung, wodurch die Verjährungshemmung bewirkt wird: § 20 Verjährungshemmung Die eingerichteten Gütestellen sind solche im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

XXI. Kosten In § 15a Abs. 4 EGZPO hat der Gesetzgeber geregelt, dass die Kosten des obligatorischen Schlichtungsverfahrens zu den Kosten nach § 91 Abs. 1, 2 ZPO gehören. Weiter änderte der Bundesgesetzgeber das Beratungshilfegesetz dahingehend, dass dieses auf das obligatorische Schlichtungsverfahren ausdrücklich Anwendung findet. Mit Ausnahme der Möglichkeit, einen Kostenvorschuss zu verlangen, traf der Bundesgesetzgeber keine Regelung über die Kosten des Verfahrens. Nach § 15a Abs. 5 EGZPO überließ er dies den Ländern. Regelungsbedarf besteht bei der Kostenhöhe, der Bestimmung des Kostenschuldners, der Durchsetzung der Kostenforderung, der Kostenhilfe und der Erstattung eigener Kosten. Dabei ist zu differenzieren, ob der Konflikt in dem Verfahren beendet oder in einem Gerichtsverfahren fortgesetzt wird. 1. Vergütung der Schlichtungspersonen Für den Rechtsuchenden erhöhen sich die Kosten durch die Einführung eines obligatorischen Vorverfahrens.760 Die Kosten für das Schlichtungsverfahren bestimmen hauptsächlich die Gebühren der Schlichtungsperson. Die Bemessung der Höhe obliegt den Ländern. a) Höhe der Vergütung Bei der Höhe der Vergütung sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits sollen die Beteiligten nicht zu sehr belastet werden und andererseits ist qualifiziertes Personal für wenig Geld nicht zu erlangen. Bei der Vergütung des Schlichters sollen die Gerichtskosten als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, um zu große Diskrepanzen zum Nachteil der Schlichtungsverfahren zu vermeiden. Nach § 34 S. 1 GKG beträgt die Mindestgebühr 25 A für Streitwerte bis 300 A. Da regel760

Eichele, ZRP 1997, 393 (394).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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mäßig drei Gebühren anfallen, belaufen sich die Gerichtskosten auf meist mehr als 75 A. Die Vergütung des Schlichters könnte nach dem RVG und der VV, der Arbeitszeit oder auf Grund eines Pauschalhonorars erfolgen. aa) Vergütung nach RVG und VV Soweit für Anwaltsmediatoren eine Regelung besteht, könnte diese auch auf andere Schlichtungspersonen übertragen werden. Das setzt aber voraus, dass die Vergütung nach den Regeln von RVG und VV angemessen ist. § 34 RVG stellt klar, dass Mediation anwaltliche Tätigkeit ist.761 Allerdings enthält weder das RVG noch die VV eine Gebührenregelung für die Mediatorentätigkeit von Anwälten. Nach § 34 S. 2 gilt das BGB und somit § 612 Abs. 2 BGB, da der Mediationsvertrag als Dienstvertrag anzusehen ist. Dies wirft lediglich die Frage auf, ob für die Bemessung der üblichen Vergütung als Mediator auf RVG und VV als die üblichen Vergütungsvorschriften für Rechtsanwältstätigkeiten zurückgegriffen werden kann.762 Dagegen ist einzuwenden, dass es nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, die umstrittenen Fragen der Gebührenberechnung763 auch in das neue Gesetz zu übernehmen.764 Vielmehr soll durch § 34 RVG eine Gebührenvereinbarung provoziert werden, damit dem Auftraggeber transparent ist, was er dem Anwalt für dessen Tätigkeit schuldet.765 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 34 RVG in der Fassung ab dem 1. 7. 2006. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG soll er dann auf eine Vergütungsvereinbarung hinwirken, wenn in Teil 2 Abschnitt 1 RVG VV keine Gebühren bestimmt sind. Dort ist lediglich eine Beratungsgebühr geregelt. Auf die Beratungsgebühr nach Nr. 2100 RVG VV kann jedoch nicht zurückgegriffen werden, obwohl auch in der Mediation beraten wird.766 Dem steht die Differenzierung zwischen Begutachtung, Mediation und Beratung in dem zukünftigen § 34 Abs. 1 S. 1 RVG entgegen. Diese bewusste Unterscheidung ergibt sich auch aus § 34 Abs. 1 S. 3 RVG, der eine Kappungsgrenze bei 250 A lediglich für die Beratung und Begutachtung vorsieht. Es bleibt somit festzustellen, dass RVG und VV kein, auch kein subsidiäres Vergütungsmodell für Rechtsanwälte enthalten, die als Mediator tätig werden. 761 Zum früheren Streit zur BRAGO: Koch, ZKM 2001, 89 (93); Hensler / Kilian, ZAP 2001, Fach 23, S. 525 (532); Krämer, ZKM 2000, 222 (223 f.); Enders, JurBüro 1998, 57 (58). 762 So scheinbar Göttlich / Mümmler / Rehberg / Xanke S. 596 nach denen eine Beratungsgebühr nach Nr. 2100 RVG VV anfällt. 763 Zweifelhaft war, ob die Gebühr sich aus §§ 20, 118 Nr. 1, 2 BRAGO und im Einigungsfall § 23 BRAGO ergibt, also den heutigen Nrn. 2100, 2400, 1000 RVG VV. Siehe dazu OLG Hamm, MDR 1999, 836; Krämer, ZKM 2000, 222 (224, 226). 764 Kögler in: Gebauer / Schneider, § 34 Rdz. 5; Madert in: Gerold / Schmid / von Eicken / Madert / Müller-Rabe, § 34 Rdz. 10. 765 Bt-Drucks. 15 / 1971, S. 196. 766 Host, ZKM 2004, 178 (179).

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

Eine Verallgemeinerung der anwaltlichen Vergütungsregelung scheidet damit aus. bb) Vergütung nach Zeit In Betracht kommt aber auch ein Zeithonorar, wie es bereits früher häufig vereinbart wurde.767 Dies ermöglicht eine den Aufwand entsprechende Vergütung, doch ist fraglich, ob so auch den Interessen der Parteien an einem preiswerten Verfahren Rechnung getragen wird. Die Stundensätze von Rechtsanwälten liegen überwiegend zwischen 75 und 300 A.768 Wenn sie als Berufsbetreuer arbeiten, erhalten sie jedoch nur eine angemessene Vergütung von ungefähr 100 A pro Stunde.769 Diese Rechtsanwälte scheinen mit dem Stundenlohn dennoch zufrieden zu sein, da sie diese Tätigkeit fortsetzen. Jedoch ist dabei auch zu beachten, dass oftmals wenig qualifizierte Anwälte oder Berufsanfänger als Betreuer aktiv sind. Für erfolgreiche Mediationsverfahren werden teilweise fünf bis zehn zweistündige Sitzungen veranschlagt.770 Tatsächlich dauern in vielen Einrichtungen die Verhandlungen aber nur zwischen 30 Minuten und zwei Stunden.771 Diese Unterschiede beruhen auf den Streitigkeiten und den Zielen. 767 Casper / Risse, ZIP 2000, 437 (439); Krämer, ZKM 2000, 222 (227); Schlussbericht des BRAK-Ausschusses Mediation, BRAK-Mitt 1996, 186 (187). Dies empfehlend, Koch, ZKM 2001, 89 (94). 768 Zu der Stundenlohnangaben von 150 DM bis 600 DM, Risse, WM 1999, 1864 (1869), vgl. auch Krämer, ZKM 2000, 274 (275); Knief, AnwBl. 1999, 76 (77). Bei einem Pilotprojekt in Stuttgart waren 200 bis 300 DM vorgesehen, Gottwald, AnwBl. 2000, 265 (272). Bei der Familienmediation betrugen die Stundenhonorare für Anwaltsmediatoren 150 bis 400 DM und für Mediatoren aus den psycho-sozialen Berufsgruppen 80 bis 200 DM, Mähler / Mähler in: Duss-von Werdt / Mähler / Mähler, S. 129 (141). In § 18 Abs. 5 SOBau (Schlichtungsordnung der ARGE Baurecht) war ein Stundenlohn von 400 DM zzgl. MwST vorgesehen. Mit den Baustreitigkeiten sind aber oft hohe Streitwerte verbunden, die dies daher als günstige Alternative erscheinen lassen. Der AKB-Ausschuss des DAV setzte bei seinem Verfahrensmodell neben einer Kostenpauschale von 200 bis 1.000 DM Stundensätze von 300 bis 400 DM an, Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (529). Gegenwärtig wird von Stundensätzen ab 150 A berichtet, Bischof in: Bischof / Jungbauer / Podlech-Trappmann, § 34 Rdz. 18 ff. m. w. N. In den USA wird die Vergütung von Mediatoren oft nach dem Stundensatz bemessen, den der Mediator in seinem eigentlichen Beruf berechnen könnte, Duve, S. 385. 769 Zu den ca. 200 DM, BayObLG, FamRZ 1999, 1224; LG Berlin, FamRZ 1999, 1225 (1228), OLG Zweibrücken, FamRZ 1999, 1229 jeweils mit Berechnung. Siehe aber auch die Stundelohnberechnung von Knief, AnwBl. 1999, 76 (80 ff.). 770 Schlussbericht des BRAK-Ausschusses Mediation, BRAK-Mitt 1996, 186 (188). 771 Gottwald, S. 177 m. w. N.; McEwen / Maimann, 33 Maine Law Review 1981, 237 (260); Wesche, ZRP 2004, 49 (51); Gleiches gilt für die deutschen Schiedsmänner, Jansen / Schwarz in: Röhl, Güteverfahren, S. 1 (178) und für die gerichtsnahe Mediation am LG Göttingen, von Olenhusen, ZKM 2004, 104 (105). Mehrere Sitzungen werden von der Streit-

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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Wenn auch die Konflikte in dieser Zeit bewältigt werden, ist bereits bei Stundenlöhnen an der unteren Grenze der Rechtsanwaltsstundenlöhne eine Kostensenkung nur ausnahmsweise möglich. Vielmehr werden die Gerichtskosten bei mittleren Stundenlöhnen häufig übertroffen, insbesondere bei geringen Streitwerten. Eine sichere Prognose der erforderlichen Zeit zur Konfliktbeilegung ist nicht möglich. Für die Parteien bleibt daher auch ungewiss, in welcher Höhe Kosten entstehen werden. Eine Zeithonorarregelung bringt daher für Streitigkeiten mit geringem Wert ein hohes Kostenrisiko gegenüber einer Gerichtsinstanz. Die Parteien verfügen allerdings bei Zeithonoraren über die Möglichkeit, die Kosten gering zu halten, indem sie sich schnell einigen. Der Druck durch die Kosten kann eine rasche Einigung fördern, aber auch zu einem schnellen Abbruch der Verhandlungen führen. Gleichzeitig weckt diese Vergütungsart Misstrauen gegenüber der Schlichtungsperson, da diese ein Interesse an langen Verhandlungen nicht glaubhaft leugnen kann. Eine Vergütung nach Stunden erscheint daher im vorgegebenen Rahmen auch nicht empfehlenswert. cc) Vergütung durch Pauschalhonorar Für ein obligatorisches Vorverfahren bei Konflikten mit niedrigem Streitwert wurde bereits mehrfach ein Pauschalhonorar vorgeschlagen, um die Nachteile der anderen Vergütungsmethoden zu vermeiden. Der Deutsche Richterbund empfahl 100 DM und der DAV 200 bis 250 DM.772 Teilweise wurden inzwischen auch bei den Rechtsanwaltskammern Schlichtungsstellen errichtet, die auf eine vollständige Kostendeckung ausgerichtet sind und mit einer Pauschalvergütung von 300 DM arbeiteten.773 Wenn man auf Grund der Erfahrungen von einer mittleren Dauer von ungefähr 60 Minuten für das gesamte Vorverfahren ausgeht,774 ergib dies etwa einen Stundenlohn von 100 A.775 Dieser liegt zwar unter dem üblicherweise veranschlagten Stundenhonorar, entspricht aber dem durchschnittlichen Gebührenverdienst nach RVG, VV bei einer rechtsanwaltlichen Tätigkeit in diesem Streitwertbereich bei einem oftmals höheren Zeiteinsatz. Der unterschiedliche Aufwand gebietet aber auch eine Differenzierung der Pauschalhonorare. Auf die Grundgebühr für die Beratung über die Möglichkeiten der beilegungsstelle am Middlesex Country Superior Court für Schlichtungsverfahren eingeplant, die für Streitwerte über 25.000 $ zuständig ist, Krapp, ZRP 1994, 115 (118). 772 Vgl. Eichele, ZRP 1997, 393 (394). 773 So die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltskammer Celle, Grisebach, AnwBl. 1997, 528 (529). 774 Siehe 3. Teil B. XXI 1.bb). 775 Ein ähnlicher Stundenlohn besteht auch nach der GOÄ. Nach GV 806 beträgt die Vergütung therapeutisches Gespräch mit einer Mindestdauer von 20 Minuten in einer akuten Konfliktsituation 14,57 bis 33,51 A, und nach GV 861, 863 für eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie mit einer Mindestdauer von 50 Minuten 40,22 bis 92,51 A und einer Verhaltenstherapie nach GV 870 von mindestens 50 Minuten 43,72 bis 100,56 A.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

außergerichtlichen Streitbeilegung soll die Schlichtungsperson einen Zuschlag erhalten, wenn Verhandlungen stattfinden. Eine weitere Erhöhung ist bei einer Einigung geboten, da der Aufwand durch die Formulierung des Ergebnisses höher ist und dann letztlich auch Gerichtskosten für den Staat gespart werden. Gleichzeitig entsteht durch die Stufung ein Anreiz für die Schlichtungspersonen, die Parteien zu Verhandlungen und der Konfliktbeilegung zu motivieren. Die Erhöhungen sollten jedoch nur gering sein, um zu vermeiden, dass die Schlichtungspersonen sich bei der Verhandlungsführung von ihrem Gebühreninteresse leiten lassen und Einigungsdruck ausüben. Resümee RVG und VV regeln nicht die Vergütung von Mediatoren. Zeithonoraren steht das Risiko sehr hoher Kosten entgegen. Zusätzlich würden neue Streitigkeiten auf Grund der Abrechnung drohen.776 Die Kostenfestsetzung durch die Schlichtungsperson bedürfte deshalb einer Kontrollmöglichkeit. Diese Probleme können durch Pauschalhonorare vermieden werden. Dementsprechend erscheinen Pauschalhonorare als die vorteilhafteste Lösung. Damit diese jedoch auch dem Aufwand gerecht werden, sind sie abzustufen. Neben der Vergütung der Schlichtungspersonen entstehen durch die Versendung der Einladungen und etwaiger vorheriger Absprachen noch Auslagen. Diese werden in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Brandenburg, Hessen und teilweise in Schleswig-Holstein gesondert erhoben. Bei der Festsetzung der Auslagen durch die Schlichtungspersonen ist eine Kontrolle wie nach den § 47 SchAG NRW, § 45 BbgSchG, § 44 HSchAG, § 43 SSchO, § 53 SchStG LSA und § 47 SchO Schl-H durch die Gerichte erforderlich, um die Ordnungsmäßigkeit zu gewähren. Die streitvermeidende Pauschale nach Art. 13 Abs. 4 BaySchlG und § 9 Abs. 2 LSchliG Schl-H ist daher zweckmäßiger. Dem Bedürfnis eines einfachen Verfahrens wird jedoch § 16 Abs. 1 SchlG BW am besten gerecht, nachdem die Auslagen mit den Gebühren abgegolten sind.777 Dies ist bei der Bemessung der Schlichtungsgebühren zu berücksichtigen. Wenn keine Verhandlung stattfindet, beschränkt sich der Aufwand auf die Portokosten und Schreibarbeit für Einladungen sowie dem Freihalten der Zeit für ein Beratungs- und Schlichtungsverfahren. Dabei ist zu bedenken, dass Anwälte und Notare diese Zeit zur Aktenbearbeitung oder Fortbildung nutzen können, sodass der Ausfall nicht schwer wiegt. Soweit keine Beratung stattfindet, ist daher eine GeZu den Problemen der Abrechnung nach Zeit, Krämer, ZKM 2000, 274 (275). Die Ausnahme nach § 16 Abs. 2 SchlG BW für Dolmetscher sollte keine weitergehende Bedeutung erlangen. In Fällen mit so erheblichen Kommunikationshindernissen ist eine konsensuale Einigung nahezu ausgeschlossen und die Kosten würden erheblich steigen. In diesen Konflikten sollte daher der Schlichter den Güteversuch ablehnen nach § 7 Nr. 3 dieses Gesetzesvorschlages. 776 777

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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bühr von 35 A angemessen. Falls die Beratung durchgeführt wird, sollte eine Gebühr von 85 A entstehen. Damit ist auch ein Zeitraum von 45 Minuten vergütet, in dem sich die Einigungschancen meist abgezeichnet haben werden. Als Anreiz über die 45 Minuten hinaus zu verhandeln und wegen des erhöhten Aufwandes für die Formulierung der Einigung sind 125 A als Vergütung im Erfolgsfall gerechtfertigt. Die Länder haben sich zwar auch alle für die Einführung von Pauschalhonoraren entschieden,778 jedoch erfolgt eine dreistufige Differenzierung nach dem Aufwand nur in Art. 13 BaySchlG und § 15 SchlG BW. Nach § 45 SchAG NRW, § 42 BbgSchG, § 41 HSchAG, § 41 SSchO, § 50 SchStG LSA, § 9 Abs. 1 LSchliG Schl-H,779 § 45 Abs. 1, 3 SchO Schl-H wird lediglich nach dem Erfolg unterschieden. In der Höhe weichen die norddeutschen Regelungen erheblich von den süddeutschen Regelungen ab. Dies ist durch unterschiedliche Qualifikationsanforderungen bedingt. Die Grundgebühren betragen im Saarland 10 A780, in NordrheinWestfalen und Brandenburg 10 A, in Hessen 11 A, in Sachsen-Anhalt 25 A und in Schleswig-Holstein bei Schiedspersonen 20 A781 und bei Anwälten 65 A. Sie erhöhen sich im Einigungsfall im Saarland auf 15 A, in Brandenburg auf 20 A, in Nordrhein-Westfalen auf 25 A, in Sachsen-Anhalt auf 50 A und in Schleswig-Holstein um 20 A bei Schiedspersonen oder auf 130 A bei Anwälten, wobei ausnahmsweise die Gebühr im Saarland auf 30 A, in Hessen auf 37 A, in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg auf 40 A sowie in Sachsen-Anhalt auf 75 A angehoben werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei noch, dass sich, außer in Sachsen-Anhalt, die Schiedspersonen die Gebühren noch mit den Gemeinden teilen müssen. Der vorgeschlagenen Differenzierung entsprechend betragen die Gebühren in Baden-Württemberg 80 A, 100 A, 130 A und in Bayern 50 A, 100 A, 150 A, wozu noch Auslagen bis zu 20 A hinzukommen. Diese Gebühren sind im Fall des Unterbleibens der Verhandlungen im Verhältnis zu dem damit verbunden Aufwand ziemlich hoch, im Übrigen jedoch sachgerecht. b) Subvention der außergerichtlichen Konfliktberatung Die vorgeschlagenen Gebühren von 85 A erhöhen jedoch die Kosten der Rechtsverfolgung für die Beteiligten erheblich, wenn bei geringwertigen Streitigkeiten 778 Besonders kritikwürdig ist, dass auch die Währungsumstellung zu Gebührenerhöhungen genutzt wurde. 779 In Schleswig-Holstein liegt in dem Verweis des § 7 LSchliG Schl-H auf § 45 Abs. 3 SchO Schl-H insoweit ein Versehen vor, dass dieser auf Grund der Änderung der SchO Schl-H jetzt auf § 45 Abs. 5 SchO Schl-H verweisen müsste. Anderenfalls erhielte der Anwalt bei einem Vergleich eine Belohnung sowohl nach § 9 Abs. 1 LSchliG Schl-H als auch nach § 45 Abs. 3 SchO Schl-H, was offensichtlich nicht beabsichtigt gewesen ist. 780 Diese kann nach § 41 Abs. 2 SSchO auf 20 A angehoben werden. 781 Diese kann nach § 45 Abs. 2 SchO Schl-H auf 75 A angehoben werden.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

noch ein Gerichtsverfahren durchgeführt werden muss. Bei der Mediation übernimmt der Mediator teilweise auch die Funktion eines Parteianwaltes, sodass dadurch auf diesen gut verzichtet werden kann. Dieses Sparpotenzial rechtfertigt jedoch nicht diese hohen Kosten,782 da grundsätzlich auch im Amtsgerichtsverfahren die Beteiligten auf den eigenen Anwalt verzichten können. Außerdem werden dadurch die Kosten zu Lasten der Chancengleichheit gesenkt. Die hohen Gebühren sind auch für eine Einigungslösung hinderlich, da die Verfahrenskosten zunächst von dem Kooperationsgewinn übertroffen werden müssen. Gleichzeitig gewinnt das Mahnverfahren an Attraktivität durch die Anrechenbarkeit der Gebühren, sodass dieses anstatt des Schlichtungsverfahrens gewählt wird. Dieses Risiko erscheint geringer bei den verhältnismäßig niedrigen Gebühren in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen und dem Saarland. Allerdings stehen bei der ehrenamtlichen Laienschlichtung nicht unbedingt qualifizierte Schlichtungspersonen zur Verfügung. Demgegenüber wird die außergerichtliche Konfliktbeilegung in Bayern, Baden-Württemberg und teilweise auch in Sachsen-Anhalt von Juristen durchgeführt. Wegen der Abhängigkeit der Erfolgschancen des Schlichtungsverfahrens von der Qualifikation der Schlichtungspersonen sollte auf Juristen und andere Experten nicht verzichtet werden, jedoch sind diese für ein noch geringeres Entgelt nicht zur außergerichtlichen Streitschlichtung zu gewinnen.783 Das obligatorische Schlichtungsverfahren wird durch diese hohen Kosten zu einer neuen Barriere auf dem Weg der Rechtsverfolgung, soweit die Kosten im Einzelfall nicht durch eine Rechtsschutzversicherung aufgefangen werden. Die Aufwendungen für die Beteiligten sind daher zu senken. Da eine noch niedrigere Vergütung für qualifizierte Schlichtungspersonen nicht in Frage kommt, ist eine Beteiligung des Staates zu erwägen. Eine staatliche Subvention der obligatorischen Schlichtung erscheint auch angemessen,784 wenn durch diese der Staat seinem Ziel entsprechend Justizkosten spart.785 Dem Staat wird damit keine zusätzliche Ausgabe, sondern lediglich die Umverteilung der Mittel abverlangt. Es soll nicht kurzfristig auf Kosten des Rechtsschutzes der Bürger unter dem Deckmantel eines Verfahrensangebotes gespart werden. Eine Variante ist die Anrechnung der Schlichtungsgebühren auf spätere Gerichtskosten.786 Diese Möglichkeit wurde vom Gesetzgeber für die Rechtsanwaltsgebühren in Vorb 3 Abs. 4 RVG VV gewählt, wonach die Gebühren für außergeBW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 33. Dies wird übersehen, wenn Stundenlöhne von 50 DM vorgeschlagen werden, so jedoch Renk, DRiZ 1998, 57 (59). 784 In den Niederlanden beteiligt sich der Staat an den Kosten der Konfliktkommissionen, von Hoyningen-Huene, Außergerichtliche Konfliktbehandlung, S. 217. Dies nach australischem Vorbild grundsätzlich auch für Deutschland fordernd, Alexander, S. 112 ff., 136 f., 262 f. 785 BayLt-Drucks. 14 / 2265, S. 3. Zu den jedoch nur geringen Chancen einer Kostensenkung, wenn von einer Kostenumverteilung ausgegangen wird, siehe 1. Teil C. I. 6. 786 In diese Richtung tendierend, Seetzen, DRiZ 1980, 177 (179). 782 783

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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richtliche Tätigkeiten teilweise auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden. Außerdem erfolgt eine Anrechnung der Kosten des Mahnverfahrens nach Nr. 1210 GKG KV. Eine Gleichstellung ist auch auf Grund der Möglichkeit des Ausweichens auf das Mahnverfahren geboten. Diese kann insoweit aber auch durch den Ausschluss der Anrechnung im Mahnverfahren erfolgen. Eine bessere Möglichkeit besteht jedoch in einer direkten Beteiligung der Länder an den Schlichtungsgebühren. Diese sollte sowohl an die Einsparungen als auch an die Kosten der Bürger angepasst werden. Die Länder könnten demnach 10 A zahlen, wenn eine Partei nicht erscheint, 35 A bei Verhandlungen und 75 A im Erfolgsfall. Für die Beteiligten würde dann die Belastung noch 25 A und 50 A betragen. Die Übernahme der Erfolgsprämie durch den Staat verhindert auch, dass sie ein Einigungshindernis im Verfahren darstellt. Die vollständige Übernahme durch den Staat ist auch gerechtfertigt, weil gerade dann die Justiz entlastet wird.787 Zur Gegenfinanzierung kann zudem die Anrechnung der Mahnverfahrenskosten teilweise ausgeschlossen werden.788 Vorteilhaft an der Anrechnung der Schlichtungsgebühren auf spätere Gerichtskosten ist die völlige Beseitigung einer zusätzlichen Kostenbarriere durch das obligatorische Schlichtungsverfahren und die einfache praktische Umsetzbarkeit. Allerdings steigert das Modell der staatlichen Kostenbeteiligung die Einigungswahrscheinlichkeit, da es die Erzielung eines Kooperationsgewinns vereinfacht. Die deutlich niedrigeren Kosten als bei einem Gerichtsverfahren und noch anfallenden Gerichtskosten stellen zugleich einen Anreiz zur außergerichtlichen Einigung dar. Einer Vermeidung des Schlichtungsverfahrens durch das Mahnverfahren wird damit entgegengewirkt, insbesondere bei der insoweit empfohlenen Aufhebung der Anrechnung. Welcher Weg für den Staat kostengünstiger ist, hängt von dem zusätzlichen Fallaufkommen und der Einigungsquote ab. Im Falle einer sehr hohen Einigungsquote erscheint eine Anrechnung für den Staat vorteilhaft. Im Übrigen wird die Kostenbeteiligung aber günstiger sein. Eine Prognose ist jedoch nicht ohne Daten zu den Erfolgsquoten, den Streitwerten und dem Fallaufkommen bei den Schlichtungsstellen möglich. Für eine Anrechnung der Schlichtungskosten auf die Gerichtskosten fehlt den Ländern jedoch die Gesetzgebungskompetenz,789 sodass sie praktisch nur eine Kostenbeteiligung regeln können und sollten.

787 Damit werden die ersparten Kosten ausgeschüttet, soweit man von 150 DM, also 75 A, als Kosten für den Staat ausgeht, Eichele, ZRP 1997, 393 (394). Soweit keine Einigung erzielt wird, droht zwar eine Kostensteigerung, jedoch werden durch Vermittlung häufig gerade aufwendige Konflikte erledigt, sodass von der Kostenneutralität auszugehen ist. 788 Siehe dazu, 3. Teil B. II. 1.b) ee) (1) (b) (cc). 789 Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 74 Rdz. 79.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

2. Kostenhilfe für die Schlichtungsgebühren Die Gleichbehandlung und das Prinzip des sozialen Rechtsstaates gebieten, allen Bürgern den Rechtsweg gleichermaßen zu öffnen. Daher muss der Staat mittellose Personen bei der Finanzierung der Rechtsdurchsetzung unterstützen, wenn diese kostenpflichtig ist.790 Zu diesem Zweck wurde die Beratungs- und Prozesskostenhilfe eingeführt. Das obligatorische Schlichtungsverfahren ist seinerseits mit Kosten verbunden. Diese Kosten dürfen jedoch mittellosen Personen nicht den Rechtsweg versperren.791 a) Rechtslage Wie bereits gezeigt, erstreckt sich die Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO ausdrücklich nur auf anhängige Verfahren vor deutschen Gerichten und auch nicht analog auf Streitschlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO.792 Mithin kommt lediglich die Unterstützung mittelloser Bürger nach dem BerHG in Betracht. Das BerHG gilt gemäß § 1 Abs. 1 BerHG ausdrücklich auch für obligatorische Güteverfahren nach § 15a EGZPO. Fraglich ist jedoch, ob damit die gemeinsame Beratung der Parteien durch einen neutralen Dritten erfasst ist. Beratung i. S. d. § 2 Abs. 1 BerHG ist der Oberbegriff für die Erteilung eines Rates im Sinne einer Verhaltensempfehlung und für die Auskunft im Sinne einer Information ohne Verhaltensempfehlung.793 Mediatoren erteilen Auskunft über die Rechtslage, geben jedoch nur in beschränktem Umfang konkrete Verhaltensempfehlungen. Wenngleich Mediatoren somit nur teilweise die Funktion eines Parteianwaltes erfüllen, steht doch der Gewährung der Beratungshilfe der Wortlaut des § 2 Abs. 1 BerHG nicht entgegen.794 Zudem erscheint eine Gewährung von Beratungshilfe nach ihrem Zweck geboten. Die Schlichtungskosten stellen für finanziell schwache Parteien ein Hindernis bei der Rechtsverfolgung dar und werden von der Prozesskostenhilfe nicht erfasst, sodass nach dem Zweck die Anwendung des BerHG geboten ist. Gegen die Gewährung von Beratungshilfe spricht aber die Gesamtkonzeption des Gesetzes. Die Beratungshilfe wird nach § 3 BerHG von Rechtsanwälten, Rechtsbeiständen, eingerichteten Beratungsstellen und eingeschränkt vom Amtsgericht gewährt. Rechtsanwälte nahmen und nehmen jedoch 790 Eingehend mit unterschiedlichen Begründungen, BVerfGE 78, 104 (117 f.); 81, 347 (356); BVerfG, NJW 1997, 2102 (2103); 2103 (2104), 2745; NJW-RR 1998, 1081 (1082). Zu verfassungsrechtlichen Bedenken eines obligatorischen Vorverfahrens auf Grund der Kostenbelastung, Alexander, S. 164. 791 Gummer in: Zöller, § 15a EGZPO Rdz. 26; Prütting, JZ 1985, 261 (270). 792 Siehe dazu 3. Teil B. XI. 3. 793 Greißinger, § 2 Rdz. 8; Trenk-Hinderberger in: Lindemann / Trenk-Hinderberger, § 2 Rdz. 2; Schoreit in: Schoreit / Dehn, § 2 Rdz. 8 f. 794 Für einen weiten Beratungsbegriff auch, Krämer, ZKM 2000, 274 (276).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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üblicherweise keine neutrale und vermittelnde Stellung ein. Nur ausnahmsweise werden sie als Mediator tätig. Hinzu kommt, dass nach § 34 RVG die Tätigkeit als allparteilicher Mediator nicht nach dem RVG, VV vergütet wird, sondern nach § 612 BGB. Folglich sind damit auch die Gebührenvorschriften nach Nr. 2600 ff. RVG VV nicht einschlägig.795 Zudem wurde die Beratungshilfe eingeführt, damit sich auch finanziell Minderbemittelte wie andere Bürger eines eigenen Beraters in allen Rechtangelegenheiten bedienen können.796 Der Gesetzgeber hatte insoweit eine parteiliche Beratung vor Augen. Diese Zielrichtung hat der Gesetzgeber auch nicht durch die ausdrückliche Erwähnung des obligatorischen Güteverfahrens in § 1 Abs. 1 BerHG verändert. Der Gesetzgeber wollte den Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht verändern.797 Letztlich würde die Gewährung von Beratungshilfe auch nur teilweise weiterhelfen, da sie jedenfalls nicht die Beratung durch andere Berufsgruppen ermöglicht. Es ist somit festzustellen, dass de lege lata mittellosen Personen für die Vergütung der Schlichtungsperson weder Prozesskostenhilfe noch Beratungshilfe gewährt wird. Die prozesskostenhilfeberechtigten Personen müssten ein Gerichtsverfahren zur Erstattung der Kosten einleiten, wenn die Kosten nicht von der anderen Partei übernommen werden. Die Einigung auf eine vertragliche Kostenübernahme wird dabei durch die Kostenerhöhung gemäß § 9 BerHG erschwert. Im Prozess würden ihr dann die Kosten des Schlichtungsverfahrens nach § 15a Abs. 4 EGZPO und § 91 Abs. 3 ZPO als solche des Rechtsstreites erstattet.798 Daraus resultieren negative Auswirkungen auf die Einigungsbereitschaft. Es droht die Benachteiligung mittelloser Bürger bei der Rechtsdurchsetzung in außergerichtlichen Verfahren, sodass dringender Handlungsbedarf besteht. Dieser wurde durch die RiLi 2002 / 8 / EG noch verstärkt. Danach besteht gemäß Art. 10 RiLi 2002 / 8 / EG die Pflicht, die Gewährleistung eines effektiven Zuganges zum Recht durch Prozesskostenhilfe auch auf außergerichtliche obligatorische Verfahren auszudehnen. Allerdings resultiert aus dieser Richtlinie keine unmittelbare Handlungspflicht, da 795 Dem Anwalt stände gegen den Ratsuchenden nach § 44 S. 2 RVG, Nr. 2600 RVG VV eine Pauschalgebühr von 10 A zu. Weiter hätte er gemäß § 44 S. 1 RVG gegen die Landeskasse einen pauschalen Anspruch nach Nr. 2601 RVG VV auf 30 A für einen Rat oder eine Auskunft, nach Nr. 2603 RVG VV auf 70 A für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information oder Mitwirkung an einem Vertrag und nach Nr. 2608 RVG VV auf 125 A für die außergerichtliche Erledigung. 796 Bt-Drucks. 8 / 3311, S. 9. 797 Bt-Drucks. 14 / 980, S. 9. 798 Wagner, JZ 1998, 836 (840). Die Bedeutung dieses Einwandes ist jedoch zweifelhaft. Prozesskostenhilfe wird nur gewährt, wenn die Erfolgsaussichten gut sind. Wenn sich dies nicht in der Konfliktlösung beispielsweise durch die Kostenübernahme oder andere Vorteile widerspiegelt, ist ein Gerichtsverfahren angezeigt. Bei schlechten Erfolgsaussichten wird jedoch keine Prozesskostenhilfe gewährt, sodass ein Prozess zur Erstattung der Schlichtungskosten erst gar nicht eingeleitet wird und die mittellose Partei auch nicht die Schlichtungsgebühren erstattet bekommt. Das Risiko insoweit überflüssiger Prozesse beschränkt sich damit auf die Fälle mit erheblich divergierenden Ansichten über die Prozessaussichten nach der Beratung im Schlichtungsverfahren.

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3. Teil: Förderung der außergerichtlichen Konfliktlösung

sie nur für grenzüberschreitende Fälle gilt und nach § 15a Abs. 2 S. 2 EGZPO ein Vorverfahren nur für Parteien obligatorisch sein kann, die in demselben Bundesland wohnen, ihren Sitz oder eine Niederlassung haben. b) Lösungsvorschlag Vielfach wird eine Erweiterung der Prozesskostenhilfe vorgeschlagen.799 Dies funktioniert bei § 102 SachRBerG gut und entspräche am besten der RiLi 2002 / 8 / EG. Zudem werden auch die Kosten des Mahnverfahrens nach den §§ 114 ff. ZPO ersetzt.800 Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der beiden Möglichkeiten zur Verfahrenseinleitung empfiehlt sich daher die Ausdehnung der Prozesskostenhilfe. Allerdings ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO von den Erfolgsaussichten abhängig. In Anbetracht der verfolgten Ziele einer effektiven Streitbeilegung und der Entlastung der Gerichte durch eine rechtsorientierte Schlichtung erscheint die Prüfung der Erfolgsaussichten konsequent.801 Allerdings geht es in außergerichtlichen mediativen Verfahren nicht um ein Obsiegen, sondern um die Lösung des Konfliktes und die Befriedigung der Interessen. Dazu ist wiederum eine zu starke Verrechtlichung des Konfliktes zu vermeiden. Zudem verursacht die Prüfung der Erfolgsaussichten erheblichen Aufwand und widerspricht daher der Forderung nach einem schnellen Verfahren.802 Gleichzeitig wird der minderbemittelten Partei mit der Bewilligung signalisiert, dass sie recht hohe Erfolgschancen hat. Dadurch werden im Vorfeld die Erwartungen weiter erhöht und die Einigungsbereitschaft sinkt. Bei der Beratungshilfe wird hingegen lediglich die mutwillige Inanspruchnahme von Rechten ausgeschlossen,803 ohne die Erfolgsaussichten zu beurteilen. Damit entfallen die negativen Auswirkungen auf die Verhandlungsbereitschaft. Die Kostenhilfe sollte daher nach dem Vorbild des BerHG erfolgen.804 Die Kostenhilfe muss entweder von der Schlichtungsperson oder der Gütestelle genehmigt werden. Für die Bewilligung der Kostenhilfe durch die Schlichtungsperson sprechen die Entlastungswirkung und die Vermeidung von Verzögerungen durch eine anderweitige Entscheidung.805 Die eigenständige Bewilligung ver799 Wagner, JZ 1998, 836 (840); Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527); Ewig, BRAKMitt 1996, 147 (148); Prütting in: Breidenbach / Henssler, S. 57 (71). 800 Bork in: Stein / Jonas, § 114 Rdz. 11; Philippi in: Zöller, § 114 Rdz. 2. 801 So jedoch die Begründung des DAV-Modells, AnwBl. 1997, 545 (551). 802 Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527). 803 Der DAV sieht in dem Entwurf des § 127b ZPO ebenfalls eine Entscheidung der Gütestelle vor und nur den Ausschluss mutwilliger Rechtsverfolgung, AnwBl. 1997, 545 (551); Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527). 804 Ebenso Jansen, S. 349. 805 So auch das Modell des DAV, AnwBl. 1997, 545 (546); Schwackenberg, AnwBl. 1997, 524 (527).

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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ursacht jedoch das Risiko der zu großzügigen Gewährung wegen des eigenen Gebühreninteresses. Nach § 4 BerHG entscheidet über den Antrag das Gericht, wobei gemäß § 24a RPflG Rechtspfleger zuständig sind. Sie überweisen nach diesem Modell die Konflikte an die Schlichtungspersonen. Dabei können die Rechtspfleger die Bedürftigkeit und die mutwillige Inanspruchnahme unproblematisch und ohne Zeitverlust überprüfen. Zur Vermeidung des Missbrauchs ist daher die zentrale Entscheidung durch die Gütestelle zu bevorzugen. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern nach § 15a Abs. 5 EGZPO die Kostenregelung überlassen, ihnen insbesondere die Befugnis eingeräumt, einen Kostenvorschuss zu verlangen. Allerdings folgt daraus nicht die Befugnis der Länder, das BerHG zu ändern. Sie können jedoch eine vergleichbare Regelung schaffen. Die Landesgesetzgeber versuchen dieses Problem durch eine Kostenbefreiung für minderbemittelte Parteien zu lösen. Nach § 45 Abs. 4 SchAG NRW, § 44 BbgSchG, § 43 Abs. 1 HSchAG, § 41 Abs. 4 SSchO, § 52 Abs. 1 SchStG LSA und § 45 Abs. 5 SchO Schl-H806 kann von der Erhebung der Gebühren abgesehen werden, wenn dies auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse oder aus Billigkeitsgründen geboten ist. Die Schlichtungspersonen verfügen demnach über einen Ermessensund Beurteilungsspielraum. 807 Nach § 17 Abs. 1 S. 2 SchlG BW richtet sich der Gebührenanspruch gegen die Landeskasse, wenn die Partei Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialhilfegesetz bezieht. Diese Entscheidung trifft ein Urkundsbeamter des Gerichtes. Vorteilhaft ist daran die einfache Kontrollmöglichkeit durch den Nachweis der Sozialhilfe gemäß § 17 Abs. 1 S. 3 SchlG BW.808 In Anbetracht der recht hohen Gebühren ist die Anknüpfung an die Sozialhilfe jedoch zweifelhaft, zumal Personen mit eigenem Verdienst in Höhe der Sozialhilfe benachteiligt werden und diese Situationen strikt vermieden werden müssen. Gemäß Art. 15 Abs. 1 BaySchlG und § 9 Abs. 4 LSchliG Schl-H809 ist eine Partei von der Schlichtungsgebühr befreit, wenn die Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen. Für die Entscheidung über die Gewährung gelten nach Art. 15 Abs. 2 BaySchlG und § 9 Abs. 4 LSchliG Schl-H die Vorschriften des BerHG. Allerdings wurden von den Landesgesetzgebern nicht die sonstigen Schlichtungsstellen nach § 15a Abs. 3 EGZPO berücksichtigt. Für diese gilt weder die Befreiung von den Schlichtungskosten noch tritt die Landeskasse ein. Vielfach erheben die Träger der Schlichtungsstellen im Sinne des § 15a Abs. 3 EGZPO aber Dieser gilt nur für die Schiedsmänner. Die Schiedspersonen erhielten dann jedoch gar kein Geld und müssten gegebenenfalls sogar die Auslagen selbst tragen nach § 44 Abs. 2 BbgSchG und § 43 Abs. 3 HSchAG. Im Hinblick auf die äußerst geringen Gebühren und die 10 A Selbstbeteiligung auch bei der Beratungshilfe erscheint der völlige Verzicht auf die Kostenerhebung zwar unwahrscheinlich, jedoch kann diese geringe Vergütung auch niemandem zugemutet werden. In Sachsen-Anhalt richtet sich auf Grund der Einbeziehung der Notare und Rechtsanwälte der Vergütungsanspruch nach § 52 Abs. 3 SchStG LSA gegen die Landeskasse. 808 BW / Lt-Drucks. 12 / 5033, S. 34. 809 Dieser gilt für die anwaltlichen Schlichter. 806 807

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keine oder nur geringe Schutzgebühren. Als Schutzgebühr zur Vermeidung von Querulanten werden auch nach § 8 BerHG von dem Ratsuchenden 10 A verlangt, sodass nur mit geringen Auswirkungen zu rechnen ist. Diese Einschränkung der Auswahl für mittellose Bürger aus dem Angebot der außergerichtlichen Konfliktbehandlung ist dennoch negativ zu bewerten, wenngleich davon auch eine schützende Steuerungswirkung ausgeht, da nicht alle Stellen ein neutrales und vertrauenschützendes Verfahren anbieten. Langfristig sollte die Kostenhilfe für die Schlichtungsstelle nach den Grundsätzen der Beratungshilfe auf alle Schlichtungsstellen ausgedehnt werden. 3. Durchsetzung der Kostenforderung Nach § 15a Abs. 5 EGZPO steht den Ländern ausdrücklich die Möglichkeit zu, das Verfahren von einem Kostenvorschuss abhängig zu machen. Indem sie von dieser Ermächtigung Gebrauch machen, sichern sie bereits vor Durchführung die Zahlung der Kosten ab. Probleme der Durchsetzung können somit grundsätzlich vermieden werden. In § 12 GKG ist auch eine Vorauszahlung vorgesehen, ohne die das Gericht nicht tätig werden soll. Dementsprechend muss der Vorschuss bei Antragstellung eingezahlt werden und der Antrag sollte von der Gütestelle erst danach versendet werden. Bei dem vorgeschlagenen Gebührensystem ist ein Vorschuss in Höhe von 50 A zweckmäßig, da somit alle Kosten abgedeckt sind, die der Bürger zu tragen hat. Eine Vorschussregelung wurde mit § 43 Abs. 2 SchAG NRW, Art. 14 BaySchlG, § 18 SchlG BW, § 40 Abs. 2 BbgSchG und § 39 Abs. 2 HSchAG, § 39 Abs. 2 SSchO, § 48 Abs. 2 SchStG LSA und § 43 Abs. 2 S. 1 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H in allen Ländern getroffen. Ein anderer Weg zur Sicherung der Bezahlung der Kosten ist ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Bescheinigung über die außergerichtliche Konfliktberatung oder die Einigung. Dadurch kann die Zahlung aber nur durchgesetzt werden, wenn der Antragsteller Klage erheben will oder eine Partei die Zwangsvollstreckung betreiben möchte. Eine solche Regelung wurde mit Art. 4 Abs. 1 BaySchlG, § 43 Abs. 3 SchAG NRW, § 19 SchlG BW, § 40 Abs. 4 BbgSchG, § 39 Abs. 3 HSchAG, § 39 Abs. 3 SSchO, § 48 Abs. 4 SchStG LSA und § 43 Abs. 3 SchO Schl-H, § 7 S. 1 LSchliG Schl-H ebenfalls überall aufgenommen. Soweit der Antragsteller keinen Vorschuss geleistet hat und das Zurückbehaltungsrecht nicht wirkt, müssen die Kosten beigetrieben werden. Indem die Gebühren von der bei Gericht eingerichteten Gütestelle erhoben werden, sind die Regeln zur Beitreibung von Gerichtskosten sachgemäß. Die JBeitrO sollte daher Anwendung finden.810

810 In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und in Schleswig-Holstein werden die Kosten der Schiedsmänner nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz beigetrieben.

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4. Kostenschuldner Unabhängig von etwaigen Erstattungsansprüchen bestimmt die Kostenschuld die Leistungsverpflichtung der Beteiligten gegenüber der Gütestelle. Als Ausgangspunkt der Überlegungen zu einer Regelung der Kostenschuldnerschaft bieten sich die §§ 22 ff. GKG an. a) Antragsteller Grundsätzlich sollte der Antragsteller Kostenschuldner entsprechend § 22 Abs. 1 GKG sein, da er das Verfahren und die Kosten veranlasst. Durch die Kostenlast wird der Missbrauch vermieden. Soweit der Antrag von mehreren Personen gestellt wird, ist eine Haftung nach § 426 BGB angemessen. b) Sonstige Kostenschuldner Die Kostenschuldnerschaft könnte durch Parteivereinbarung modifiziert werden. Hierbei muss jedoch zwischen der Beziehung der Beteiligten und dem Verhältnis der Beteiligten zur Gütestelle unterschieden werden. Nach dem GKG wird die Kostenschuld des Antragstellers nicht aufgehoben, sondern nur durch die Kostenschuld des vereinbarten Kostenschuldners ergänzt.811 Der Kostenschuldner sollte der Staatskasse grundsätzlich auch bei einem außergerichtlichen Verfahren nicht entzogen werden. Dies entspricht dem Gedanken, dass der Schuldner nicht ohne Zustimmung des Gläubigers ausgetauscht werden kann § 415 BGB. Mithin bleibt es dabei, dass eine Vereinbarung zwischen den Parteien nicht von der Kostenschuldnerschaft befreit. Allerdings trägt § 31 Abs. 2 GKG solchen Abreden insoweit Rechnung, dass der vereinbarte Kostenschuldner vorrangig in Anspruch genommen wird.812 Gleiches muss für die Fälle gelten, in denen jemand kraft Gesetzes haftet. Diese Regelungen des § 29 GKG sind empfehlenswert und wurden in § 17 SchlG BW, § 42 SchAG NRW, § 39 BbgSchG, § 38 HSchAG, § 38 SSchO und § 47 SchStG LSA weitgehend übernommen. c) Kostenhilfeberechtigte Übernahmeschuldner Zu entscheiden ist, ob der bemittelte aber nachrangig haftende Kostenschuldner belastet werden darf oder ihm sogar der Kostenvorschuss zurückerstattet werden Das ergibt sich aus dem Wortlaut „Die Kosten schuldet ferner“ des § 29 Nr. 2 GKG. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass der Antragssteller bereits einen Vorschuss geleistet hat und dieser weiterhin Kostenschuldner bleibt. Eine Rückzahlung des Vorschusses findet grundsätzlich nicht statt, OLG Köln, MDR 1993, 807; Hartmann, § 31 GKG Rdz. 10. In diesem Fall besteht ein Ausgleichsanspruch gegen den Übernahmeschuldner aus § 426 BGB. 811 812

20 Schreiber

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muss, wenn eine beratungshilfeberechtigte Partei die Kosten des Verfahrens übernimmt und die andere Partei über hinreichende Mittel verfügt. Das Interesse der bemittelten Partei liegt auf der Hand und die kostenhilfeberechtigte Partei würde mangels eigener Belastung einer solchen Vereinbarung wohl häufig zustimmen, so dass ein Missbrauch zu befürchten ist. Dieses Problem tritt auch bei der Prozesskostenhilfe für die Gerichtsgebühren auf. Nach §§ 31 Abs. 3, 29 Nr. 1 GKG ist von der Inanspruchnahme nachrangiger Kostenschuldner bei minderbemittelten Parteien abzusehen und ihnen der Vorschuss zu erstatten, wenn deren Schuldnerschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht. Bei einer Kostenschuld auf Grund privatrechtlicher Kostenübernahme nach § 29 Nr. 2 GKG können wegen eines fehlenden gesetzlichen Ausschlusses die Kosten gegenüber dem nachrangigen Schuldner geltend gemacht werden. Dieser kann sie dann gegen die minderbemittelte Partei durchsetzen.813 Eine effektive Verlagerung der Kosten auf den Staat ist damit nicht möglich. Die Argumente für diese umstrittene Lösung814 sind vor Schaffung einer vergleichbaren Regelung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Schlichtungsverfahrens erneut abzuwägen. Eine staatliche Pflicht zur Rückerstattung an den Vorausleistenden wegen der Vereinbarung mit dem Kostenhilfeberechtigten könnte auf Grund von Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geboten sein. Demnach muss der Staat Kostenhilfe gewähren, wenn er die Rechtsverfolgung von finanziellen Leistungen abhängig macht. Nachdem der bemittelte Antragsteller gezahlt hat, steht diesem ein Erstattungsanspruch aus der Kostenübernahmevereinbarung gegen den mittelosen Antragsgegner in Höhe der gezahlten Schlichtungsgebühren zu. Der mittellose Antragsgegner muss demnach die Schlichtungskosten tragen. Die Kosten entstehen in diesem Fall aber nicht zwingend durch die Rechtsverfolgung, sondern durch die freiwillige Übernahme. Eine staatliche Behinderung der Rechtsdurchsetzung durch die Erhebung von Kosten des Staates liegt nicht vor. Eine Pflicht zur Erstattung der Kosten an den Bemittelten bei freiwilliger Übernahme durch den finanziell Hilfebedürftigen ergibt sich aber möglicherweise dennoch auf Grund des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Hilfsbedürftige erhält als Antragsteller Kostenhilfe, während er als Antragsgegner sich nicht unter Inanspruchnahme von Kostenhilfe einigen kann. Ein Grund für die Differenzierung besteht höchstens in der Prüfung der Rechtsverfolgung bei der Antragstellung. Die Kostenhilfe für Antragsteller ist daher grundsätzlich berechtigt, wohingegen dies bei der freiwilligen Kostenübernahme nicht gesichert ist. Der Schutz vor Missbrauch wurde vom Bundesverfassungsgericht als Grund für eine unterschiedliche Behandlung zwischen mittellosem Antragsteller und AntragsgegPhilippi in: Zöller, § 123 Rdz. 6. Vgl. dazu Hartmann, § 31 GKG Rdz. 23; OLG Karlsruhe, NJW 2000, 1121 (1122); OLG Koblenz, NJW 2000, 1122; a.A. OLG Frankfurt a.M., NJW 2000, 1120 (1121). 813 814

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ner bereits früher anerkannt, erneut erwogen und bestätigt.815 Aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist daher ein Verzicht auf die Geltendmachung der Haftung eines nachrangigen Kostenschuldners bei der Kostenübernahme einer mittellosen Partei nicht zwingend. Eine andere Regelung ist jedoch aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen möglicherweise dennoch geboten. Bei der fortbestehenden Haftung des Antragsschuldners trotz Kostenübernahme durch die mittellose Partei sind die Einigungschancen geringer.816 Dieser Nachteil wurde auch im Rahmen der Einführung des Güteverfahrens nach § 278 ZPO nicht beseitigt. Im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren ist das Ziel der außergerichtlichen Konfliktbehandlung aber gerade die konsensuale Streitbeilegung, die eine Einigung über die Kosten einschließt. Nach dem Obsiegen im Gerichtsverfahren gegen eine prozesskostenhilfeberechtigte Partei müssen der anderen Seite die Gebühren für das Schlichtungsverfahren erstattet werden, da die Kosten der Schlichtungsstelle nach § 15a Abs. 4 EGZPO, § 91 Abs. 3 ZPO zu den Kosten des Rechtsstreites gehören. Wenn ihr im Schlichtungsverfahren die Kosten nicht erstattet werden können und der Nutzen der Konfliktlösung diese nicht übertrifft, besteht daher der Anreiz ein Gerichtsverfahren durchzuführen. Die Chancen auf eine einvernehmliche Konfliktlösung werden daher insgesamt beeinträchtigt. Gleichzeitig würde mit der Haftungsbefreiung auch zur Chancengleichheit aller Bürger bei der außergerichtlichen Konfliktbehandlung beigetragen. Um einen Missbrauch der Kostenübernahme zu vermeiden, muss die befreiende Wirkung von der Kostenschuld durch die Kostenübernahme der minderbemittelten Partei zu Lasten des Staates aber nicht generell ausgeschlossen werden. Es genügt die Kostenübernahme zu verhindern, wenn die Kostenregelung sich von der übernommenen Leistungsverpflichtung erheblich unterscheidet. Dies setzt nicht notwendig nach Beendigung des Streites eine rechtliche Überprüfung voraus.817 Die Schlichtungsperson kann den Missbrauch verhindern. Sie erkennt in Anbetracht ihrer Informationen eine ungerechtfertige Kostenverlagerung und sollte dann die Verhandlungen gegebenenfalls abbrechen. Zwar kollidiert das mit dem Gebühreninteresse der Schlichtungsperson, jedoch ist auf die ordnungsgemäße Pflichterfüllung zu vertrauen. Letztlich wird die durch den Missbrauch begünstigte Partei die Verhandlungen durch dessen Verhinderung kaum scheitern lassen, da für sie sonst regelmäßig im Gerichtsverfahren höhere Kosten entstehen und aufgrund der Widersprüchlichkeit auch die Anstößigkeit der Regelungen offenbar ist. Der Missbrauch mutwilliger Kostenübernahmen zu Lasten des Staates lässt sich somit ausreichend vermeiden. Insoweit empfiehlt es sich daher von den Regelungen des GKG aus Zweckmäßigkeitserwägungen abzuweichen und den Prozesskostenhilfeberechtigten die Möglichkeit der Kostenübernahme mit den Folgen des § 31 Abs. 3 GKG einzuräumen. 815 816 817

20*

BVerfG 51, 295 (302); BVerfG, NJW 1999, 3186 (3187). Die einigungshindernde Wirkung erkennend, BVerfGE 51, 295 (301). Vgl. BVerfGE 51, 295 (302 f.); OLG Frankfurt a.M., NJW 2000, 1120 (1121).

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5. Kostenerstattung Bei der Regelung eines Anspruchs auf Ersatz der Kosten des außergerichtlichen Verfahrens muss zwischen der Kostenerstattung in dem Schlichtungsverfahren und in einem späteren Gerichtsverfahren differenziert werden. Außerdem ist noch zu unterscheiden zwischen den Kosten der Gütestelle und anderen Aufwendungen der Parteien, insbesondere für Parteianwälte. a) Erstattung der Schlichtungsverfahrenskosten im Schlichtungsverfahren Eine Regelung der Kostenerstattung der außergerichtlichen Konfliktberatung begegnet erheblichen Schwierigkeiten. In Gerichtsverfahren ist eine Kostenverteilung nach §§ 91, 92 ZPO entsprechend des erkennbaren Erfolges möglich. Bei der konsensualen Streitbeilegung wird eine beidseitig befriedigende Lösung mit möglichst zwei Gewinnern gesucht. Antrag und Ergebnis können durch die Lösungssuche auf der Interessenebene und die Einbeziehung weiterer Gesichtspunkte auch nicht zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Zwar bestehen grundsätzlich materielle Kostenerstattungsansprüche, 818 jedoch sind diese regelmäßig wie der Anspruch umstritten. Sie sind deshalb zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten in die Konfliktlösung aufzunehmen. Eine einigermaßen sachgerechte Entscheidung über die Kostenerstattung könnte lediglich die Schlichtungsperson auf Grund ihrer Informationen treffen. Diese soll jedoch im Interesse offener Verhandlungen keine Entscheidungsbefugnis haben. Eine Entscheidung über die Kostenerstattung ist daher in Vermittlungsverfahren unzweckmäßig. Deshalb ist eine hälftige Teilung der Verfahrenskosten zu erwägen, wenn die Parteien in der Lösung keine abweichende Regelung getroffen haben. Die Teilung der Kosten entspricht dem Gedanken, dass alle Beteiligten für den Konflikt verantwortlich sind. Der § 42 Abs. 3 SchAG NRW, § 39 Abs. 3 BbgSchG, § 38 Abs. 4 SSchO und § 34i Abs. 2 SchStG LSA sehen dementsprechend eine hälftige Teilung der Gütestellenkosten vor, wenn eine Einigung ohne Kostenregelung zustande kommt. Da in diesen Ländern die Kosten für die jeweiligen Gütestellen niedrig sind, ist die pauschale Kostenteilung unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverwirklichung im Hinblick auf §§ 91, 92 ZPO auch nicht bedenklich.819 Allerdings täuschen diese Regelungen eine gleichmäßige Kostenverteilung nur vor, weil sie die Aufwendungen der Parteien für die Anreise, Anwälte und Zeugen nicht berücksichtigen. Wenn diese aber einbezogen würden, wäre eine gleichmäßige Verteilung kaum mehr mit den Gedanken der §§ 91, 92 ZPO zu vereinbaren. Um eine angeZu den möglichen Anspruchsgrundlagen, Bork in: Stein / Jonas, vor § 91 Rdz. 16 ff. Bei den hohen Gebühren nach § 50 SchStG LSA, soweit Notare und Rechtsanwälte in Sachsen-Anhalt als Schlichtungspersonen tätig sind, ist diese Regelung jedoch bedenklich. 818 819

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messene vertragliche Kostenverteilung zu provozieren, sollte gesetzlich kein Kostenerstattungsanspruch geregelt werden.820 b) Erstattung der Schlichtungsverfahrenskosten in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren Gemäß § 15a Abs. 4 EGZPO zählen zu den Kosten des Rechtsstreites im Sinne des § 91 Abs. 1, 2 ZPO die Kosten der Gütestelle. Daher sind diese dem Obsiegenden im nachfolgenden Prozess zu ersetzen. Mithin werden zwar die Schlichtungsgebühren nach § 91 ZPO erstattet, jedoch nicht die Kosten des Schlichtungsverfahrens in ihrer Gesamtheit. Soweit in den Landesgesetzen nach Art. 17 S. 1 BaySchlG, § 20 SchlG BW ausdrücklich eine Kostenerstattung ausgeschlossen wird, erstreckt sich diese nur auf die Kostenübernahme im Schlichtungsverfahren. Für eine weitergehende Regelung der Kostenerstattung im Zivilprozess fehlt den Ländern die Gesetzgebungskompetenz, da diese der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 1 GG zuzuordnen ist und der Bund von dieser gerade auch durch § 15a Abs. 4 EGZPO Gebrauch gemacht hat. Die Öffnungsklausel des § 15a Abs. 5 EGZPO beschränkt sich ausdrücklich auf das Schlichtungsverfahren. Bei Art. 17 BaySchlG ergibt sich dies auch aus der Systematik, da Art. 17 S. 2 BaySchlG sich auf eine Vereinbarung im Schlichtungsverfahren bezieht. Soweit die angefallenen Anwaltskosten nicht erstattet werden, entspricht dies Zweckmäßigkeitserwägungen.821 Es werden aber auch weitere Kosten, insbesondere für die Anreise und die Ladung von Zeugen weder erstattet noch angerechnet. Die Reisekosten sind wegen des eingeschränkten räumlichen Anwendungsbereichs meist gering. Eine Kostenbelastung der bestellenden Partei eignet sich auch, um Zeugenanhörungen auf ein notwendiges Maß in den Vermittlungsverhandlungen zu beschränken. Zeugenaussagen können zudem schriftlich oder telefonisch in die Verhandlungen eingeführt werden, sodass die Zeugen nicht persönlich an der Verhandlung teilnehmen müssen. Diese Flexibilität des Verfahrens ermöglicht somit den Parteien, die Kosten für Zeugen niedrig zu halten. Wenngleich die Belastung im Hinblick auf die Erstattung der Schlichtungsstellenkosten und die teilweise Anrechnung der Anwaltskosten moderat ausfällt,822 passt dieses System nicht zu dem Grundsatz der Kostenerstattung. Dieser gilt jedoch nur für Kosten der zwangsweisen Rechtsdurchsetzung. Zwar ist das Verfahren obligatorisch, doch entstanden die nicht ersetzbaren Kosten zu dem Zweck einer einvernehmlichen interessengerechten Konfliktlösung. Die Durchbrechung ist deshalb mit der Verbindung von einver820 Während das LSchliG Schl-H und die SchO Schl-H keine Regelung enthalten, findet nach Art. 17 BaySchlG und § 20 SchlG BW ausdrücklich keine Kostenerstattung statt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. 821 Siehe dazu, 3. Teil B. II. 1.b) ee) (1) (b) (bb). 822 Siehe 3. Teil B. XI. 3.

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nehmlicher Konfliktlösung und gerichtlichem Verfahren zu rechtfertigen.823 Soweit ein materieller Kostenerstattungsanspruch besteht, ist dieser in die Verhandlungen aber mit einzubeziehen. Im Fall der Gewährung von Kostenhilfe und dem Obsiegen der minderbemittelten Partei sollte der Landeskasse der Anspruch nach § 91 ZPO zustehen, da eine Begünstigung des vermögenden Verlierers nicht sachgerecht ist. Eine solche Überleitung wurde auch in Art. 16 BaySchlG und § 9 Abs. 5 LSchliG Schl-H aufgenommen. Die Kostenregelungen können folgendermaßen gestaltet werden: § 21 Kosten I Die Schlichtungsperson erhält eine Vergütung (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz. Die Schlichtungsperson hat einschließlich Auslagen einen Anspruch gegen die Staatskasse auf Nr. 1 35 A, wenn das Verfahren ohne Beratung der Parteien endet, Nr. 2 85 A, wenn ein Beratungsgespräch durchgeführt wird, Nr. 3 125 A, wenn eine Einigung zustande kommt. II Die bei der Gütestelle zu entrichtende Gebühr für das Schlichtungsverfahren beträgt Nr. 1 25 A, wenn das Verfahren nach Terminbestimmung und Ladung ohne Beratungsgespräch endet, Nr. 2 50 A, wenn ein Schlichtungsgespräch stattfindet. III Unter den Voraussetzungen des § 1 BerHG wird nur eine Gebühr von 10 A erhoben. Die Prüfung obliegt der Gütestelle am Gericht. Die Vorschriften des BerHG finden entsprechende Anwendung. IV Kostenschuldner ist Nr. 1 der Antragsteller, Nr. 2 derjenige, der sie übernommen hat. Die Kostenschuld entfällt auf Grund einer Kostenübernahme nach Nr. 3, wenn die übernehmende Partei nach Abs. 3 befreit ist. V Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Soweit ein Kostenschuldner auf Grund Abs. 4 Nr. 2 oder 3 haftet, können andere Kostenschuldner nur herangezogen werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen dieses Kostenschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. VI Die Gütestelle bestimmt eine Schlichtungsperson erst nach Leistung eines Kostenvorschusses in Höhe von 50 A. Der Beratungsschein und die Abschriften des Protokolls können bis zur Zahlung der angefallenen Gebühren zurückbehalten werden. Soweit 823 Hinsichtlich des Änderungsvorschlags zur Vermeidung der „Flucht ins Mahnverfahren“, 3. Teil B. II. 1.b) ee) (1) (b) (cc). Gegen die Erstattung der Kosten eines freiwilligen Mediationsverfahrens, Krämer, ZKM 2000, 274 (277). Der Idee eines konkludenten Ausschlusses durch die Übernahme der Verantwortung für den Konflikt und dessen Lösung auch durch denjenigen, der obsiegt, fehlt bei einem obligatorischen Vorverfahren die Grundlage.

B. Verfahrensentwurf zur Förderung der Streitbeilegung

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die Gebühren nach Abs. 3, 4 nicht erhoben werden, gilt dies nur für die Selbstbeteiligung in Höhe von 10 A. Soweit nach Abs. 4 S. 2 die Kostenschuld entfällt, ist ein bereits geleisteter Vorschuss zurückzuzahlen. VII Im Schlichtungsverfahren werden entstandene Kosten nicht ersetzt, soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren. VIII Wenn nur eine Gebühr nach Abs. 3 erhoben worden ist, geht der Anspruch auf Kostenerstattung bei einer nachfolgenden Verurteilung des Gegners in einem Gerichtsverfahren auf die Staatskasse über. IX Ansprüche nach Abs. 2 und 8 werden als Gerichtskosten von der Staatskasse eingezogen.

Endergebnis und Ausblick Die §§ 1 – 22 des entwickelten Verfahrens bilden das Endergebnis. Diese Regelungen zeigen eine Möglichkeit, die Chancen einer konsensualen Konfliktlösung zu verwirklichen und die Risiken zu begrenzen. Sie beruhen auf der Überzeugung, dass der Schlichtung als ältestem Mechanismus zur Konfliktlösung eine neue Chance zu eröffnen ist. Dies passt zum Zeitgeist, eines allgemeinen Abbaus von Staatlichkeit. Um das Recht jedoch nicht mit den damit verbundenen Nachteilen in die Gesellschaft zurückzugeben, erscheint mir der Vorschlag eines staatlich organisierten rechtsorientierten Schlichtungsverfahrens geeignet. Die Landesgesetze stellen diesbezüglich nur unvollkommene Lösungen dar, insbesondere im Hinblick auf die Auswahl der Schlichtungspersonen in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Hessen und dem Saarland. Die besseren Lösungen von Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein verursachen für die Beteiligten jedoch teilweise sehr hohe Kosten, weshalb eine Kostenbeteiligung des Staates angezeigt erscheint. Es wäre schade, wenn der erneute Versuch einer Institutionalisierung der gütlichen Streitbeilegung an den fiskalischen Interessen des Staates scheitern würde. Die unzureichend geregelten Verfahren stellen einen weiteren wesentlichen Kritikpunkt dar. Verfahrensregelungen können die Einigung auf ein billiges Ergebnis und damit die Arbeit der Schlichtungspersonen erleichtern sowie die Bürger vor enttäuschten Erwartungen schützen. Der Bundesgesetzgeber bezweckte mit der Öffnungsklausel schließlich auch den Wettbewerb verschiedener Verfahrensmodelle. Es wäre aber aufschlussreicher gewesen, wenn die Länder sowohl unterschiedliche Qualifikationen der Schlichtungspersonen als auch verschiedene Verfahrensmodelle vorgesehen hätten. Die gegenwärtig bestehenden Regelungen setzen voraus, dass alle Beteiligten in der konsensuellen Konfliktbeilegung erfahren sind oder dieser jedenfalls stets aufgeschlossen gegenüber stehen. Daran bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Die Modifizierung der Landesgesetze im Sinne dieser Vorschläge anlässlich der geplanten Überarbeitung nach der gegenwärtig stattfindenden Evaluation soll helfen, diese Hürde zu überwinden. In jedem Fall ist zu hoffen, dass sich Mediation als Verfahren der konsensualen Konfliktbewältigung auch in Deutschland weiter etabliert.

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Sachwortverzeichnis Ablauf der Mediation 36 ff., 225 ff., 238 Access-To-Justice-Projekt siehe Zugang zum Recht Agent of reality siehe Bewertung Akzeptanz 36, 63 ff., 88, 197, 209, 243 Alles-oder-Nichts-Lösungen 45 Allparteilichkeit siehe Neutralität Alternativ Dispute Resolution (ADR) 34 Anerkennung 92, 97 ff., 158 ff., 231 Anhörung 40, 98, 225, 245, 249, 269 Antrag 61, 63, 183, 184 ff., 204, 225, 247, 288 ff., 304 Anwendungsbereich – örtlich 155 ff. – sachlich 126 ff. Aufgaben der Schlichtungsperson 222, 223 ff., 245, 263 Aufklärungspflichten 223, 228, 233, 263, 275 Ausbildung siehe Qualifikation Ausstiegsalternative siehe Nichteinigungsalternative Bagatellfälle 26, 59 f., 82, 119, 128 ff., 149 BATNA siehe Nichteinigungsalternative Befolgungsquote 83, 90 Beratung – rechtliche 87, 96, 140, 197, 201, 234, 271 – über die außergerichtliche Streitbehandlung 122 ff., 156, 207, 225, 245 Beratungshilfe 84, 200 ff., 300 ff. Beratungsschein 126, 187, 190, 193, 204, 288, 310 Bestandskraft 280 ff. Berufsrecht 174 ff., 206, 221 Beweismittel – aus dem außergerichtlichen Verfahren 215 ff. – im außergerichtlichen Verfahren 47, 246 ff. 22 Schreiber

Bewertung 42, 47, 80, 227, 231 ff., 243, 246 ff., 271 Brainstorming 254, 274 Co-Mediation 179 Effizienz 136, 179, 186 Einigungshindernisse 41, 225 – kognitive 270 f. – strategische 271 ff. – strukturelle 266 ff. Einigungsvorschlag 46, 98, 236 ff., 255 Einigungszone 47, 237 ff. Ein-Text-Verfahren 239 Einzelgespräche 39, 42, 48, 208, 217, 259, 265 ff. Entlastung – der Gerichte 31, 66 ff., 113, 171 – des Haushalts 66, 108 Erfolgsgarantie 81 ff. Ergebniskontrolle 256, 278 f., 285 f. Eröffnungsphase 39, 225 Freiwilligkeit 35, 89, 118, 191, 285, 306 Gefangenendilemma siehe Verhandlungsdilemma Gentlemen Agreement 43, 255 Gerechtigkeitsgewähr 75 siehe auch Ergebniskontrolle gerichtsverbundene Schlichtung 112, 125, 240, 285 Gesprächsleitung 229 ff., 254, 258 Gestaltungsfreiheit – der Lösung 45 ff., 137, 263, 274 – des Verfahrens 56, 125, 182 f., 255 Gestaltungsmittel 225, 229 ff., 262, 276 Gütestelle 147, 179, 183 ff., 187, 279, 290 Haftpflichtversicherung 158, 179 Hinweise 227, 230 f., 233, 243, 253 f., 263

338

Sachwortverzeichnis

Individual-Autonomy-Projekt 85, 109 siehe auch Gestaltungsfreiheit und Selbstständigkeit Informationsdefizit 41, 76, 80, 96 f., 200, 210 ff., 233, 257 ff. Interessen 41, 45, 62, 224, 228, 253 ff., 265 ff. Interessenbefriedigung 40 f., 45 ff., 57 ff., 72, 87 f., 228 f., 265 ff. Interessenkollision 174 ff., 205 ff., 219 ff. Interessenkonflikte 48 ff., 105, 126, 136, 269 f. interpersonelle Konflikte 50, 127 intrapersonelle Konflikte 41, 50, 166, 179, 185 Klageänderung 150 Klageerhebungsvoraussetzung 110 ff., 151, 186, 288 Klagehäufung 149 kognitive Dissonanz 89, 92, 119, 123, 231, 274 Kommunikation 48 f., 123, 211, 229, 266 ff. Kompetenzen der Schlichtungsperson 229 ff., 264 kompetitives Verhandeln 120, 271 ff. Konfliktdefinition 61 f., 105 Konfliktnähe 101 ff., 158, 176 Konflikttyp 102, 104, 126, 253 Konfliktursache 47 ff., 185, 224 Kooperationsgewinn 45 ff., 90, 211, 228, 265 ff. Kostenanreize 55, 121 ff., Kostenersparnis 52 ff., 292 ff. Kostenerstattung 140 ff., 192, 308 ff. Kostenschuldner 192, 305 ff. Kostenvorschuss 192, 303, 304 ff.

– des Schlichters 94 ff., 182, 204 ff., 253 ff., 275 – des Verfahrens 96 ff., 238 Neuverhandlungspflichten 122 Nichteinigungsalternative 58 ff., 78, 256 ff. Normerosion 72 ff., 186, 244 Notar 95, 173, 179, 256 Nullsummenspiel siehe Verteilungsproblem objektive Kriterien 80, 232 , 235, 270, 273 obligatorische Ausgestaltung 32, 108, 114 ff., 191, 198, 298 ff. offene Fragen 245 Öffentlichkeit 73, 208 Parteiänderung 152 Pendeldiplomatie siehe Einzelgespräche Persönliches Erscheinen 189 ff. Privatautonomie 74, 75, 79, 86 f., 96, 147, 229 ff., 258 Protokoll 44, 278 ff., 288 Prozesskostenhilfe 121, 192, 200 ff., 300 ff. Prozessvergleich siehe Vergleich Prozessvoraussetzung siehe Klageerhebungsvoraussetzung psycho-soziale Berufsgruppen 36, 156, 165 ff., 179, 294 Qualifikation 40, 156 ff., 181, 222, 273, 297 f.

Mahnverfahren 138 ff., 181, 298 ff. Manipulation 87, 166, 257, 273 Moderation siehe Gesprächsleitung Multi-Door-Courthouse 127

Rechtsanwalt 88, 116 f., 188, 219 – smediator 53 f., 173 ff. – sverbot 196 ff. – svergütung 54 f., 140 f., 293 ff. Rechtslage 57 ff., 77 ff., 199, 225 ff., 238, 246 ff. Rechtsmittel 191, 200 Rechtsposition 41, 45, 59, 64, 256 Rechtsschutzversicherung 28 f., 56 Rechtssicherheit 69, 146, 186, 280 Rechtsverwirklichung 57 ff., 170, 210, 261 Reconciliation-Projekt siehe Versöhnung Richter 168 ff., 171, 178, 241, 256, 278 Risikobereitschaft 78, 111, 270 f., 284

Nachphase 43 Neutralität 93 ff., 115, 210 ff., 230 ff.

Sachverhaltsaufklärung 42, 82, 91, 99, 164, 246 ff.

Ladung 188 f., 203 f., 247 ff. Laienschlichter 36, 115, 157 ff., 279, 286

Sachwortverzeichnis Sachverständige 163 ff., 179, 235, 239, 250 ff. Schiedsamt 157 ff., 206, 216, 297, Schiedsgericht 35, 74, 104 f. Schlichtung siehe Vermittlung selbständiges Beweisverfahren 47, 252 Selbständigkeit 48, 102 ff., 109, 182, 227, 236, 243 f., 263, 280 selektive Wahrnehmung 92, 97, 231, 234 Service-Delivery-Projekt 85, 109 siehe auch Zeitersparnis und Kostenersparnis Shuttle Diplomacy siehe Einzelgespräche Sittenwidrigkeit 282 Social-Transformation-Projekt 85 siehe auch Streitkultur Spieltheorie 272 Streitgegenstand 40, 46, 126 f., 149 ff., 279 Streitkultur 69 f., 87, 109, 161, 244 Streitwert 82, 109, 128 ff., 149 Täuschung 211 f., 225, 259 ff., 281 Teilnahmepflicht siehe obligatorische Ausgestaltung

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Verhandlungsstrategie 123, 230 ff., 257 ff., 271 ff. Verjährung 84, 253, 288 ff. Verrechtlichung 27, 57 ff., Verschwiegenheitspflicht 213 ff., 217 ff., 259, Versöhnung 63 ff., 108, 185 Verteilungsproblem 45 ff., 211, 226, 238, 308 Vertragsbindung 43, 90, 241 f., 252, 255, 280 ff. Vertragsgerechtigkeit siehe Gerechtigkeitsgewähr Vertragsstrafe 218, 278 Vertrauen 100 Vertrauensschutz 209 ff., 259 ff. Vertretung 37 f., 41, 189 ff., 266 – anwaltliche 54, 188, 196 ff. Vollstreckung 83, 120, 285 ff., 304 Vorbereitung 37 ff., 97, 185 ff., 203 Vorschlag siehe Einigungsvorschlag

Unparteilichkeit siehe Neutralität Urteil 89 ff., 133 ff., 280

Wahrheitspflicht 222 siehe auch Täuschung Widerklage 134 Win-Win-Lösung siehe Kooperationsgewinn Wirksamkeit 255 f. 278 f., 280 ff.

Verfahrensbeteiligung 37, 98 f., 189 f., Verfahrensdauer 39, 51 f., 118, 142, 202 ff., 294 f. Verfahrensrichtlinien 135, 223 ff. Vergleich 43, 280 ff. – Anwaltsvergleich 287 – Prozessvergleich 83, 114, 227 Vergleichsbereitschaft 111, 119, 226, 246, 253, 270, 302 Vergleichsdruck 82, 227, 241 f., 254 f., 262 ff., 276 f. Vergütung 53 ff., 100, 292 ff. Verhandlungsabbruch 213, 242, 259 Verhandlungsdilemma 272 Verhandlungsmacht 58 ff., 74, 78 ff., 257 ff. Verhandlungsspielraum 237, 257, 272

Zeitersparnis 51, 83, 202 Zeugen 53, 248 ff., 309 Zeugnisverweigerungsrecht 214 ff. Zufriedenheit – mit dem Ergebnis 87 ff., 124, 286 – mit dem Verfahren 91 ff., 98, 276 Zugang zum Recht 57 ff., 85, 185, 224, 226, 236, 244 Zukunft 47 ff. Zuständigkeit 179 ff. Zwang – zur Einigung 191 siehe auch Vergleichsdruck – zur Erfüllung 90 siehe auch Vollstreckung – zur Teilnahme 114 ff., 191

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