Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen III 3110714639, 9783110714630

Die Forschung zu den antiken und mittelalterlichen Glaubensbekenntnissen entwickelt sich derzeit in atemberaubendem Temp

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Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen III
 3110714639, 9783110714630

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
I Texte
Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios: Adversus haereticos de divina trinitate (CPG 5691) und In symbolum fidei. Edition, Übersetzung und Kommentar
Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo aus den Jahren 637 und 654
Glauben lernen im Mittelalter
II Studien
What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts
Monarchianismus und Monarchie
Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses
The Origins of the Creed of Jerusalem
Herrschaft und Bekenntnis
Formation des Glaubens
Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt
Das Apostolische Glaubensbekenntnis – Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes
Literaturverzeichnis
Liste der Erstveröffentlichungen
Indices

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Wolfram Kinzig Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen III

Arbeiten zur Kirchengeschichte

Begründet von Karl Holl † und Hans Lietzmann † Herausgegeben von Christian Albrecht, Christoph Markschies und Christopher Ocker

Band 151

Wolfram Kinzig

Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen III

ISBN 978-3-11-071463-0 e-ISBN (PDF) 978-3-11-072094-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-072099-0 ISSN 1861-5996 Library of Congress Control Number: 2022945802 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Für Gerlinde Huber-Rebenich und Stefan Rebenich amicis semper fidelibus

Inhalt Vorwort

XI

I Texte Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios: Adversus haereticos de divina trinitate (CPG 5691) und In symbolum fidei. Edition, Übersetzung 3 und Kommentar 3 1 Einleitung 5 2 Homilie I 5 2.1 Text 10 2.2 Übersetzung 14 2.3 Quellen, Parallelen, Kommentar 18 2.4 Inhalt 18 2.5 Autorschaft und Datierung 20 2.6 Textgeschichte 21 3 Homilie II 21 3.1 Text 26 3.2 Übersetzung 31 3.3 Quellen, Parallelen, Kommentar 38 3.4 Inhalt 40 3.5 Autorschaft und Datierung 43 3.6 Das Glaubensbekenntnis Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo 53 aus den Jahren 637 und 654 53 1 Das Placitum von 637 54 1.1 Text, Übersetzung, Kommentar 67 1.2 Gattung 68 1.3 Datierung und Lokalisierung 68 1.4 Unterzeichner und Adressaten 69 1.5 Verfasserschaft 70 1.6 Inhalt 72 1.7 Historischer Kontext und Sitz im Leben 79 2 Das Placitum von 654 (L.V. 12,2,17) 79 2.1 Text, Übersetzung, Kommentar 83 2.2 Gattung

VIII 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 3

Inhalt

Datierung und Lokalisierung 83 84 Unterzeichner und Adressaten 84 Verfasserschaft 84 Inhalt Historischer Kontext und Sitz im Leben 88 Zusammenfassung

85

Glauben lernen im Mittelalter Eine Predigt über das Apostolicum in cod. Paris, Bibliothèque Nationale, 91 lat. 18104 91 1 Einleitung 93 2 Edition 103 3 Übersetzung 106 4 Quellen 108 5 Symbol 108 6 Ort und Zeit 109 7 Gattung der Handschrift 111 8 Sprache 112 9 Inhalt 115 10 Fragen

II Studien What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts Prologue: Creeds, Councils, and Dead Bodies 121 I Kelly’s Early Christian Creeds 129 II Moving beyond Kelly 132 III Puzzling over the Creeds 134 IV Creeds in Crisis Epilogue: A New Perspective on the Creeds

119 119

136

Monarchianismus und Monarchie Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Theologie und Politik 137 im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses 161 Neue Überlegungen zu einem alten Problem The Origins of the Creed of Jerusalem

189

Inhalt

IX

Herrschaft und Bekenntnis Überlegungen zur imperialen Normierung des christlichen Glaubens 208 in der Spätantike 208 I Einleitende Bemerkungen II Erste Phase: Die formale Berufung auf das Bekenntnis dient 210 als disziplinarisches Mittel III Zweite Phase: Der Inhalt des Bekenntnisses wandert 212 in den Gesetzestext ein 215 IV Dritte Phase: Der Kaiser persönlich legt ein Bekenntnis ab 223 V Schluss: Konfessionelle Fokussierung des Kaiseramts Formation des Glaubens Didaktische und liturgische Aspekte der Rezeption altkirchlicher Symbole in der lateinischen Kirche der Spätantike und des Frühmittelalters 227 1 Vorbemerkungen 227 2 Die Ausbildung von traditio und redditio symboli 229 3 Traditio und redditio symboli im frühmittelalterlichen Rom 235 4 Die Glaubenskatechese 240 5 Priesterausbildung und Predigt im Frühmittelalter 246 6 Glaubensbildung der Bevölkerung im Frühmittelalter 259 7 Fazit 261 Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt Überlegungen aus kirchenhistorischer Perspektive 263 1 Einleitung 263 2 Das Verhältnis von regula fidei / Symbol und Erfüllung der Gebote 266 3 Die Praxis ethischer Unterweisung in Spätantike und Frühmittelalter 278 4 Fazit 285 Das Apostolische Glaubensbekenntnis – Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes 286 Einleitende Bemerkungen 286 I Das Glaubensbekenntnis am Ausgang der Spätantike: ein Fallbeispiel 289 II Die Entstehung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses 296 III Das Glaubensbekenntnis im Frühmittelalter 302 IV Das Apostolicum – damals und heute: Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes 305

X

Inhalt

Literaturverzeichnis

309

Liste der Erstveröffentlichungen Indices (a) (b) (c) (d)

343

347 347 Bibelstellen Zitate aus antiken und mittelalterlichen Autoren 368 Register der Nummern in FaFo 372 Moderne Autorinnen und Autoren

350

Vorwort Dieser Band versammelt eine Reihe von Editionen und Studien zum altkirchlichen Glaubensbekenntnis, die in den letzten Jahren an unterschiedlichen und teilweise entlegeneren Orten publiziert wurden. Sie werden ergänzt durch bisher unpublizierte Aufsätze, die Spezialprobleme behandeln und deshalb in dem von mir vorbereiteten Lehrbuch zur Geschichte des Bekenntnisses keinen Platz hatten. Die wiederveröffentlichten Arbeiten sind im Wesentlichen unverändert geblieben. Fehler wurden verbessert. In einigen Fällen wurden englische Zusammenfassungen am Anfang der Beiträge ergänzt. Einzelne Änderungen und Nachträge habe ich mit eckigen Klammern kenntlich gemacht. Die Literaturangaben wurden vereinheitlicht und am Ende des Bandes in einer Gesamtbibliographie zusammengefasst. Mein Dank gilt zuallererst einmal mehr Frau Nathalie Kröger, die die Redaktion umsichtig wie immer besorgt hat. Frau Johanna Schwarz war ebenfalls bei der Durchsicht des Manuskripts behilflich. Für Verbesserungsvorschläge und Korrekturdurchsichten bei einzelnen Artikeln danke ich den dort jeweils in der ersten Fußnote genannten Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Den Kollegen Christian Albrecht, Christoph Markschies und Christopher Ocker danke ich für die unkomplizierte Zusage der Aufnahme in die von ihnen herausgegebene Reihe der „Arbeiten zur Kirchengeschichte“, dem Verlag De Gruyter, namentlich Dr. Albrecht Döhnert, Katharina Zühlke und Anett Rehner, dafür, dass aus der Textdatei einmal mehr ein schönes Buch entstanden ist. Die Abkürzungen folgen Siegfried M. Schwertner, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, 3. Aufl., Berlin/Boston 2014. Zusätzlich: FaFo = Wolfram Kinzig, Faith in Formulae: A Collection of Early Christian Creeds and Creed-related Texts, 4 Bde., OECS, Oxford 2017. Oberdollendorf, im März 2022 (in tempore belli)

https://doi.org/10.1515/9783110720945-201

Wolfram Kinzig

I Texte

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios: Adversus haereticos de divina trinitate (CPG 5691) und In symbolum fidei. Edition, Übersetzung und Kommentar Abstract: A Greek codex in the Royal Library of Copenhagen contains two hitherto unknown homilies under the name of Basil of Seleucia (Against the Heretics on the Trinity and On the creed). In this article the editio princeps of both these texts is presented, accompanied by a German translation and a commentary. It is demonstrated that the sermons stem, in fact, from the pen of Nestorius and were probably delivered in 428/429. In addition, a careful examination of the creed included in the second sermon shows that it is closely related to the Creed of the Council of Constantinople (381) and was probably composed on the same occasion.

[437]

1 Einleitung In der Königlichen Bibliothek Kopenhagen befindet sich unter den griechischen Manuskripten unterschiedlicher Herkunft (E donatione variorum) eine Papierhandschrift 1 mit der Signatur E don. var. 12 folio, welche von Bjarne Schartau, [438] dem Verfasser des einschlägigen Handschriftenkatalogs, in die erste Hälfte des 14. Jahrhundert datiert wird. Über den Abfassungsort und die Geschichte der sehr gut erhaltenen Handschrift ist bisher fast nichts bekannt. Sie befand sich nach Schartau vor etwa 1770 im Besitz der Universitätsbibliothek Kopenhagen, von wo sie 1938 in die Königliche Bibliothek gelangte.2 Mittlerweile ist sie vor-

1 Auf der unten im Text angegebenen Internetseite steht fälschlich „Pergament“. 2 Schartau 1994, S. 448; vgl. 14. Vgl. Carter 1970, S. 43 f.; Tevel 1990, S. 101 f. Anmerkung: Für philologische Beratung danke ich Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Adolf Martin Ritter (Heidelberg), Dr. Thomas Brüggemann (Bonn), Prof. Dr. Gerlinde Huber-Rebenich (Bern) und stud. phil. Susanna Kinzig (Tübingen), für einen wichtigen historischen Hinweis Prof. Dr. Stefan Rebenich (Bern) und für kritische Durchsicht des Textes Dr. Maria Munkholt Christensen (Bonn) und cand. theol. Nathalie Thies [nunmehr: Kröger] (Eckernförde). https://doi.org/10.1515/9783110720945-001

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

züglich digitalisiert und kann hier eingesehen werden: http://www5.kb.dk/ manus/vmanus/2011/dec/ha/object70061/da/ (01. 06. 2020). Die Handschrift enthält insgesamt 15 Homilien und Abhandlungen überwiegend zu Fragen der Trinitätslehre aus der Feder des Athanasios und des Johannes Chrysostomos,3 die beiden hier zu edierenden Texte sowie am Schluss ein am Ende verstümmeltes Synaxarion (bzw. einen Teil eines solchen) auf den Freitag der Osterwoche. Schartau unterscheidet mindestens vier Hände, wobei die beiden uns interessierenden Homilien von demselben Kopisten geschrieben worden sind. Diese beiden Texte befinden sich auf den Folia 37v (p. 74)–40r (p. 79) bzw. 40r (p. 79)–44v (p. 87) und tragen die Titel: Πρὸς αἱρετικοὺς περὶ τῆς θείας τριάδος bzw. Εἰς τὸ σύμβολον τῆς πίστεως. Beide Predigten scheinen vollständig vorzuliegen, wobei die bisweilen sehr kurzen Sätze, gewisse textliche Flüchtigkeiten und die insgesamt relativ schmucklose Diktion4 darauf hindeuten könnten, dass die erhaltenen Fassungen auf Mitschriften durch Schreiber beruhen.5 Die erste Predigt behandelt die Trinitätslehre in ausdrücklicher Auseinandersetzung mit Areios und Eunomios (wobei über deren Theologie allerdings wenig Konkretes mitgeteilt wird), die zweite Homilie hingegen ist eine Auslegung des Glaubensbekenntnisses, die eindeutig in die Fastenzeit gehört.6 Als Verfasser ist in beiden Fällen Basileios von Seleukeia (ab [439] 441/448 Metropolit der Stadt, † um 468)7 angegeben und unter diesem Namen tauchen die Predigten auch in diversen Verzeichnissen auf.8 Möglicherweise gibt es eine kirchenslawische Übersetzung beider Homilien, ebenfalls unter dem Namen des Basileios,9 in drei Handschriften des Athosklosters Hilandar (Chilandar) mit den Signaturen slav. 389 (1380/1390, ein Homiliar zum Kirchenjahr, das mit slav. 388 eine Einheit bildet; fol. 423v–426v bzw. 395v–400v),10 404

3 Bei der von Schartau nicht identifizierten Edition von Homilie Nr. 15 der Sammlung handelt es sich um Johannes Chrysostomos, Non esse ad gratiam concionandum 3–5 (CPG 4358; PG 50:657, Z. 55–662, Z. 42). 4 Vgl. dazu auch unten S. 40–41. 5 Zu dieser Praxis vgl. Olivar 1991, S. 902–922; Hammerstaedt/Terbuyken 1996, S. 1263–1268; Cook 2019, S. 39 f. 6 Vgl. unten den Kommentar zu [4] τοῦ1 – πάθους. 7 Vgl. dazu Pilhofer 2018, S. 163 mit weiterer Literatur. 8 Vgl. Fedwick 1996, S. 398 (Anm. 5); Tevel 1990, S. 101 f. sowie in CPG (nur Homilie I als Nr. 5691). 9 Vgl. Tevel 1990, S. 112, 115. 10 Kopist ist der Mönch Iov von Hilandar. Vgl. auch https://library.ohio-state.edu/record= b2204170~S7 und https://library.osu.edu/site/medieval-slavic/files/2016/08/HM_SMS_389–1. pdf (18. 06. 2020).

2 Homilie I

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(1370/1380; fol. 266ar–? bzw. 252bv–?)11 und 411 (1652; fol. 481–? bzw. 454–?),12 aber die Überprüfung dieser Überlieferung überlasse ich Berufeneren. Es wird im Folgenden zu zeigen sein, dass der Verfasser der ersten Homilie sicher und der der zweiten Homilie höchstwahrscheinlich Nestorios ist. Abgesehen davon, dass sich damit die nicht eben große Zahl der Nestoriana um zwei umfangreiche Texte erweitert und man ein viel besseres Bild des theologischen Profils des „frühen“ Nestorios erhält, ist die zweite Predigt auch für die Geschichte des Glaubensbekenntnisses in den ersten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts von erheblicher Bedeutung. Ich gebe im Folgenden zuerst eine Edition des griechischen Textes mit Apparat und Kommentar sowie einer deutschen Übersetzung, bevor ich Inhalt, Verfasserschaft und Datierung diskutiere. [440]

2 Homilie I 2.1 Text [fol. 37v/p. 74] Τοῦ μακαρίτου Βασιλείου ἀρχιεπισκόπου Σελευκίας Πρὸς αἱρετικοὺς περὶ τῆς θείας τριάδος

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[1] Πολλή τις τῶν σιτίων ἡ ποικιλία. Τὰ μὲν γὰρ ἡδονὴν χαρίζεται σώμασι, τὰ δὲ νόσον ἐξ αὐτῶν ἀπελαύνει, τὰ δὲ δίδωσιν ἀνδρείαν ὡς τρόφιμα. Πάντα δὲ ὅμως πρὸς τὴν τοῦ σώματος τελεῖ θεραπείαν, κἂν μὴ τῆς αὐτῆς ὑπάρχῃ δυνάμεως. [2] Ἔτι καὶ λόγων βρῶσις τὸ τῶν σιτίων μιμουμένη ποικίλον. Ἡ μὲν γὰρ ἐγκωμίοις τὴν τῶν ὤτων φιληκοΐαν ἡδύνει, ἡ δὲ σωφροσύνης λόγοις τοῦ τῆς φιληδονίας ἀποσμήχει φρονήματος, ἡ δὲ πρὸς εὐεξίαν δογματικὴν διατρέφει. Κἂν διαλλάττῃ δὲ ταῦτα, πρὸς τὴν τῆς ψυχῆς συνεργὰ σωτηρίαν. [3] Διὰ τοῦτο τὰ τῶν λόγων καὶ ἡμᾶς ποικίλλωμεν βρώματα τοῖς τῶν ψυχῶν στομάχοις συμμεριζόμενοι. Τῷ μὲν γὰρ ἡ τῶν δογμάτων ἀκρόασις δύσπεπτος,

11 Vgl. auch https://library.ohio-state.edu/record=b2205036~S7 und https://library.osu.edu/ documents/hilandar/HM_SMS_404.pdf (18. 06. 2020). 12 Kopist ist der Mönch Antonii aus der Skete St. Anna. Vgl. auch https://library.ohio-state. edu/record=b2204978~S7 (18. 06. 2020). [1] πολλή –ἀπελαύνει ] Id. Nestorius, Sermo 2 (Loofs 1905, 226,11–13 e cod. Mus. Brit. syr. 729, add. 12156): „Eine große Mannigfaltigkeit besteht unter den Speisen. Einige von ihnen sind dem Körper nützlich, andere treiben Krankheit von ihnen aus.“

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

καὶ διὰ τοῦτο δεῖ τῆς ἠθικῆς ὡς εὐπέπτου διδασκαλίας· τῷ δὲ στόμαχος πρὸς βρῶσιν στερρότερος, καὶ δεῖ τούτῳ τῆς τροφιμωτέρας τῶν δογμάτων τραπέζης, ἐφ᾽ ἣν τὸ τῶν ὀρθοδόξων σήμερον καλοῦμεν συμπόσιον. [4] Μᾶλλον δὲ καὶ αἱρετικὸς συμπαρέστω, ἵνα φάγῃ κἂν νῦν σῖτον ὀρθοδοξίας ἀεὶ τοῖς τῆς βλασφημίας ζιζανίοις τρεφόμενος, ἵνα νῦν γοῦν τῶν τοῦ δόγματος ἄρτων καθαρῶν [fol. 38r/p. 75] ἀπολαύσῃ ῥυπῶντα καθ᾽ ἑκάστην ἐσθίων. [5] Ἄρειος γὰρ παρ᾽ αὐτοῖς καὶ Ἐυνόμιος τῆς Ἑλληνικῆς κτισματολατρίας τὸν ῥύπον τῷ Χριστιανισμοῦ παρεζύμωσαν σίτῳ, ὡς τοὺς ἐσθίοντας κτισματολατρίαν ἐρεύγεσθαι καὶ Χριστιανισμὸν πυρέττειν Ἑλληνικὸν καὶ τὴν εἰς τὸν προσκυνούμενον ἀρρωστεῖν βασκανίαν. Φθονούντων γάρ ἐστι τῷ υἱῷ τὸ μὴ συνήδεσθαι παρ᾽ ἡμῶν τιμωμένῳ, τὸ μὴ κοινωνεῖν τῆς εἰς αὐτὸν εὐφημίας, τὸ μὴ μεγαλύνειν μεθ᾽ ἡμῶν ὡς φιλούμενον, μὴ δὲ μιμεῖσθαι τὸν φιλόθεον δοῦλον, ὃς καὶ ἄλλους εἰς τὴν τοῦ δεσπότου δοξολογίαν μισθούμενος »Μεγαλύνατε«, φησί, »τὸν κυριὸν σὺν [441] ἐμοί, καὶ ὑψώσωμεν τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐπὶ τὸ αὐτό.« Ἀγαπῶντος γὰρ ἴδιον δοξάζειν τὸν ἀγαπώμενον. [6] Οὕτως οἱ παῖδες οἱ τρεῖς τῷ περὶ τὸ θεῖον πυρακτούμενοι πόθῳ τὴν εἰς τὸν κτίστην τῇ κτίσει δοξολογίαν ὑπέβαλλον· »Εὐλογεῖτε, πάντα τὰ ἔργα κυρίου, τὸν κύριον· ὑμνεῖτε καὶ ὑπερυψοῦτε αὐτὸν εἰς τοὺς αἰῶνας.« Τοῦτο δὲ ἦν μὲν αὐτοῖς καὶ λογισμοῖς ψαλμῳδεῖν, ἀλλ᾽ ἵνα τὴν κάμινον περιεστῶτες οἱ Πέρσαι μάθωσιν ὃν ἀθετοῦσι θεόν. Ἐν σχήματι ψαλμωδίας τὸ τῆς θεολογίας παρεδίδοσαν μάθημα. [7] Τότε μὲν οὖν οὕτως ἐν μέσοις ἐχθροῖς ὃν ἠγάπων ἐδοξολόγουν θεόν· νῦν δὲ ἂν δοξάζοντες τὸν υἱὸν καλέσωμεν ἄκτιστον, εὐθὺς Ἀρείου καὶ Εὐνομίου πρὸς ἡμᾶς παραγγέλματα ὑπερβαίνετε· Τῷ τιμωμένῳ, ἄνδρες, ὑπεραξίαν τιμὴν ἀπονέμετε· μεγάλην τῷ μικρῷ περιά[fol. 38v/p. 76]πτετε δόξαν· ὑψηλοτέραν αὐτοῦ δοξολογίαν προσφέρετε· σμικρύνατε τῆς τιμῆς· καθέλετε τῆς ἀξίας· χθα-

[4] σῖτον – τρεφόμενος ] Cf. Mt 13,25 [5] ὡς φιλούμενον ] Cf. Mc 1,11 parr. | μεγαλύνατε – αὐτό ] Ps 33 (34),4 [6] εὐλογεῖτε – αἰῶνας ] Dan 3,57 = Od 8,57 [3] εὐπέπτου ] εὐπέτου cod. [4] βλασφημίας ] βλασφημίοις cod., sed adiectivum βλασφήμιος alibi non invenitur. [5] Χριστιανισμοῦ ] Χριστιανισμῷ cod. | τό1 ] τῷ cod. | τό2 ] τῷ cod. | τό3 ] τῷ cod. [6] ὑπερυψοῦτε ] ὑπερυψοῦται cod., sed hanc lectionem alibi non inveni. | τοῦτο δὲ ἦν μὲν αὐτοῖς ] Lege fortasse οὐδὲ ἦν ἑαυτοῖς. [7] ὑπερβαίνετε – τῶν κεκτισμένων καθέστηκε ] Obeli in mg. additi textum vitiatum esse indicant. Fortasse verbis transpositis legendum est: Σμικρύνατε τῆς τιμῆς· καθέλετε τῆς ἀξίας· χθαμαλώτερον στήσατε· τὸ μὴ τοσοῦτον ὑψούσθω· μὴ παρὰ μέτρον τιμάσθω· τῶν δεσποζομένων ἐστί· τῶν κεκτισμένων καθέστηκε δημιουργός. Τῷ τιμωμένῳ, ἄνδρες, ὑπεραξίαν τιμὴν ἀπονέμετε· μεγάλην τῷ μικρῷ περιάπτετε δόξαν· ὑψηλοτέραν ἀυτοῦ δοξολογίαν προσφέρετε. Cf. etiam infra n. 15. | τῷ τιμωμένῳ ] τὸν τιμώμενον cod.

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2 Homilie I

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μαλώτερον στήσατε· τὸ μὴ τοσοῦτον ὑψούσθω· μὴ παρὰ μέτρον τιμάσθω· τῶν δεσποζομένων ἐστί· τῶν κεκτισμένων καθέστηκε δημιουργός. [8] Ἐστράφη τὸ »ἐχθροὶ τοῦ ἀνθρώπου« εἰς τὸ ἐχθροὶ τοῦ θεοῦ »οἱ οἰκιακοὶ αὐτοῦ«. Κρείττων εἷς Ἑλληνίζων ἢ μετὰ τὸ Χριστιανίζειν χριστομαχῶν. Τὸ μὲν εἶχεν ἐκ τῆς ἀγνοίας ἐλάττω τὴν κόλασιν, τοῦ δὲ ἡ τιμωρία πικρὰ τὴν ἐκ τῆς ἀγνοίας ἀφῃρημένου συγγνώμην. Κρεῖττον ὅλως μὴ προσκυνεῖν ἢ προσκυνεῖν ὀνειδίζοντα, τὸ μὲν γὰρ πεπλανημένου προβάτου, τὸ δὲ στασιαζούσης ψυχῆς. Ἂν μὴ βλέπων τις τῷ παριόντι προσπταίσῃ, ἀπολογίαν ἐγκαλούμενος ἔχει· Μὴ βλέπων ἀντέκρουσα· μὴ συνορῶν προσερράγην· οὐκ ἰδὼν ἀνταπήντησα· μὴ βλέποντι σύγγνωθι. Ὅταν δὲ βλέπων τις ὠθῇ τὸ βλεπόμενον, θυμοῦ τὸ γινόμενον ἄξιον. [9] Γνοὺς Ἄρειος τὸν υἱὸν τῇ τούτου προσαράττεται δόξῃ· γνοῦς Εὐνόμιος αὐτὸν δημιουργὸν τοῦ παντὸς ὡς εἰς δοῦλον προσκόπτει. Τί οὖν τούτοις τὸ λεῖπον ἢ τὸ εἶναι αὐτοὺς ἀναπολογήτους; Διότι γνόντες τὸν θεὸν οὐχ ὡς θεὸν ἐδόξασαν ἢ εὐχαρίστησαν. Δόξα γὰρ θεοῦ τὸ κτίζειν, οὐ κτίζεσθαι. Ἐυχαριστία θεοῦ τὸ καλεῖν εὐεργέτην, οὐ τὸ πομπεύειν ὡς δοῦλον. Ἀμφότερα δὲ παρ᾽ αὐτοῖς ὁ υἱὸς ὑπομένει, κτίσμα καλούμενος, φημιζόμενος δοῦλος. [442] [10] Κτίσμα θεός; Οὐκοῦν Ἕλλην ἀνέγκλητος τὸ κτίσμα θεοποιῶν. Δοῦλος θεός; [fol. 39r/p. 77] Τίς οὖν ἐλεύθερος ἔσται; Δοῦλος ὁ τοῖς κόλποις τοῦ πατρὸς βασταζόμενος; Τίς οὖν τοῖς ἐρριμμένοις εἰς γῆν ἐλευθερίας ἐλπίς; Βλάπτεις διὰ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ πατρὸς τὴν ὑπόληψιν. Οὐκ ἐᾷς ὑπισχνούμενον ἡμῖν ἐλευθερίαν πιστεύεσθαι. Ὁ γὰρ ἐν δούλοις τοσούτοις παρ᾽ υἱοῦ δουλευόμενος, πῶς πιστευθήσεται δούλους ἐλευθεροῦν ὑπισχνούμενος; Ὃν ἐγέννησε πρῶτον ἐλευθερώσει καὶ τότε τοῦ γεννηθέντος τοὺς δούλους; Αἰσχύνομαι γὰρ παρὰ τοῦ πατρὸς ἐλευθερίαν λαβεῖν τὸν ἐμὸν παρ᾽ αὐτῷ βλέπων δεσπότην ἀνελευθέρωτον. [11] Δεσπότην δὲ ὅταν εἴπω, καὶ τὸ πνεῦμα συνάπτω. Πῶς γὰρ ἂν εἴη δοῦλον τὸ μεθ᾽ υἱοῦ καὶ πατρὸς ἐργαζόμενον; Κἂν ζητῇ τις τὰ τοῦ πνεύματος ἔργα,

[8] ἐστράφη – ἀυτοῦ ] Mt 10,36; cf. Mi 7,6. | πεπλανημένου προβάτου ] Cf. I Pet 2,25 (Is 53,6). [9] διότι – ἐδόξασαν ] Cf. Gal 4,8–9. [10] τίς1 – ἔσται; ] Cf. Ioh 8,31–32.36; Rom 6,22; 8,2; II Cor 3,17; Gal 5,1.13; I Pet 2,16. | δοῦλος2 – βασταζόμενος ] Cf. Ioh 1,18. | τοῖς ἐρριμμένοις εἰς γῆν ] Cf. Mt 9,36. | πῶς – ὑπισχνούμενος ] Cf. Ex 3,8 etc. [11] πῶς – [13] κατεσκεύασε ῥήτορας ] Id. Nestorius, Sermo 2 (226,14–227,8 Loofs) | πῶς – [12] δοξάσει Id. frg. Nestorii in gestis Ephesinis (ACO ser. I 1,1,2, p. 49,18–26 [n. XVI] Schwartz) sub inscriptione: ὁμοίως τοῦ αὐτοῦ τετράδος γʹ κατὰ αἱρετικῶν. Περὶ τοῦ πνεύματος λέγων … Id. in gestis Ephesinis (ACO ser. I 1,1,7, p. 109,28–110,4 Schwartz). Versiones Latinae: Collectio Veronensis 17,26, n. XVI (ACO ser. I 1,2, p. 62,6–15 Schwartz) sub inscriptione: Similiter eiusdem de quaternione III contra haereticos. Collectio Casinensis 1,24,109 (ACO ser. I 1,3, p. 78,23–32 Schwartz) et Gesta Actionis Primae Concilii Chalcedonensis 944 [941] (ACO ser. I 2,3,1, p. 226,3–

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

εὑρήσει τῶν τοῦ πατρὸς καὶ υἱοῦ μὴ λειπόμενα, οὐχ ὡς μεριζομένης τῆς φύσεως, ἀλλὰ τῆς θείας γραφῆς τὰ τῆς μιᾶς ἰσχύος καὶ καθ᾽ ἑκάστην μεριζούσης ὑπόστασιν εἰς ἀπόδειξιν τοῦ τῆς τριάδος ὁμοουσίου. [443] [12] Καί μοι σκόπει τὸ ὅμοιον ἐκ τῶν ἐν ἔργοις καιρίων· Ἀρξάμενος ὁ θεὸς »λόγος ἐγένετο σὰρξ καὶ ἐσκήνωσεν ἐν ἡμῖν«. Συνεκάθισεν ἑαυτῷ τὴν ἀναληφθεῖσαν ὁ πατὴρ ἀνθρωπότητα. »Εἶπε«, γάρ φησιν, »ὁ κύριος τῷ κυρίῳ μου· Κάθου ἐκ δεξιῶν μου.« Τὴν τοῦ ἀναληφθέντος τὸ πνεῦμα συνεκρότησε

[12] λόγος – ἡμῖν ] Ioh 1,14 v. l. (Cf. comm. infra.) | εἶπε – μου ] Mc 12,36 parr. | ὅταν – δοξάσει ] Ioh 16,13–14 v. l. (Modum hunc locum afferendi ἐκεῖνό με δοξάσει alibi non inveni.) | ἐνῴκησεν – σώματι ] Cf. Col 2,9. | συνέστησεν – βαπτιζόμενον ] Cf. Mc 1,11 parr. | εὑρέθη – ἁγίου ] Mt 1,18 13 Schwartz) sub eadem inscriptione (sed ex quaternione). Collectio Palatina 38,73 (ACO ser. I 1,5, p. 108,12–20 Schwartz) sub inscriptione: Eiusdem ex Q III in haereticis | ζητῇ ] ζητοίῃ Loofs, sed cf. app. ibid. : quaerit ACO ser. I 1,3 | τά1 ] τάς Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 | ἔργα ] πράξεις Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 : actiones ACO ser. I 1,2 ACO ser. I 2,3,1 actus ACO ser. I 1,3 opera ACO ser. I 1,5 | τῶν – λειπόμενα ] τῶν τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ πατρὸς κατ᾽ οὐδὲν λειπομένας Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 : a filii et patris in nullo deficientes ACO ser. I 1,2 : a filii et patris in nullo omnino defectos ACO ser. I 1,3 (defectos ed. emendavit, cf. app.) : ea non distantia operibus patris et filii ACO ser. I 1,5 : filii et patris in nullo minores ACO ser. I 2,3,1 | μεριζομένης τῆς φύσεως ] τῆς μιᾶς μεριζομένης θεότητος Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 : una dividatur deitas ACO ser. I 1,2 ACO ser. I 1,3 : una deitas dividatur ACO ser. I 1,5 : una partitur deitas ACO ser. I 2,3,1. | μεριζούσης – ὁμοουσίου ] ut ** trinitatis similitudo ex temporibus operum coeperit ACO ser. I 1,5 | μεριζούσης ] μεριζομένης Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 | ὁμοουσίου ] ὁμοίου Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 : similis ACO ser. I 1,2 : similitudinis ACO ser. I 1,3(sed cf. app.) ACO ser. I 2,3,1(sed cf. app.). [12] τό1 – ἀρξάμενος ] similem ex necessariis quae sunt in operibus, inchoantem ACO ser. I 1,2 simile ex necessariis in operibus inchoans ACO ser. I 1,3(sed cf. app.) : hanc similitudinem ex maioribus operibus incipientem ACO ser. I 2,3,1 | καιρίων ] καιρῶν Loofs | ἀρξάμενος ] ἀρξάμενον Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,7 : inchoantem ACO ser. I 1,2 : inchoans ACO ser. I 1,3 | ὁ θεός – ἐν παρθένῳ τὸ πνεῦμα ] Id. Capitula ex Nestorio excerpta a Cyrillo 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 10,4–9 Schwartz) et Cyrillus, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 76,33–38 S.) | συνεκάθισεν – ἀνθρωπότητα ] Severus Antiochenus, Liber contra impium grammaticum 3/2 (CSCO 102, 167,25–26 Lebon; excerptum e Cyrilli Contra Nestorium 4) | συνεκάθισεν ] facit ACO ser. I 1,2 | ἀναληφθεῖσαν ] elevatam Severus | φησιν1 om. ACO ser. I 1,5 | πνεῦμα1 ] κατελθόν add. Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,6, p. 10 ACO ser. I 1,1,6, p. 76 ACO ser. I 1,1,7 : descendens ACO ser. I 1,2 ACO ser. I 2,3,1 : om. ACO ser. I 1,3 | συνεκρότησε ] continuit ACO ser. I 1,2 ACO ser. I 1,3 : clarificavit ACO ser. I 1,5 : sustentavit ACO ser. I 2,3,1 | φησιν2 om. ACO ser. I 1,5 | ἐκεῖνό με ] ἐκεῖνος ἐμέ Loofs ACO ser. I 1,1,2 ACO ser. I 1,1,6, p. 10 ACO ser. I 1,1,6, p. 76 ACO ser. I 1,1,7: ille me ACO ser. I 1,2 : ipse me ACO ser. I 1,5 ACO ser. I 2,3,1 | βούλει – πνεῦμα3 ] Id. Cyrillus, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 78,34–35 S.) | βούλει – ἐνέργειαν ] Id. ibid., p. 77,10–11 | ἰδεῖν ἐπὶ τοῖς αὐτοῖς ] ἐπὶ τούτοις αὐτοῖς Loofs ACO ser. I 1,1,6, p. 10 ACO ser. I 1,1,6, p. 76 ACO ser. I 1,1,6, p. 77 ACO ser. I 1,1,6, p. 78 | ἐνῴκησεν – σώματι ] Id. Cyrillus, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 77,13 S.) | εὑρέθη – [13] τὴν τριάδα om. Loofs.

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δόξαν. »Ὅταν«, γάρ φησιν, »ἔλθῃ τὸ πνεῦμα τῆς ἀληθείας«, »ἐκεῖνό με δοξάσει«. Βούλει καὶ ἄλλην ἰδεῖν ἐπὶ τοῖς αὐτοῖς τῆς τριάδος ἐνέργειαν; Ἐνῴκησεν ὁ υἱὸς ἐν τῷ σώματι, συνέστησεν ὁ πατὴρ βαπτιζόμενον, διέπλασεν ἐν παρθένῳ τὸ πνεῦμα. »Εὑρέθη«, γάρ φησιν, ἡ Μαρία [fol. 39v/p. 78] »ἐν γαστρὶ ἔχουσα ἐκ πνεύματος ἁγίου.« [13] Βλέπε καὶ τῶν εἰς τοὺς ἀποστόλους δώρων κοινωνὸν τὴν τριάδα· Ὁ υἱὸς ἐξελέξατο. »Ἐγώ«, γάρ φησιν, »ὑμᾶς ἐξελεξάμην.« Ὁ πατὴρ καθηγίασε. Πάτερ, γάρ φησιν, »ἁγίασον αὐτοὺς ἐν τῇ ἀληθείᾳ σου.« Τὸ πνεῦμα κατεσκεύασε ῥήτορας. »Ἤρξαντο«, γάρ φησι, »λαλεῖν γλῶσσαις, καθὼς τὸ πνεῦμα ἐδίδου αὐτοῖς ἀποφθέγγεσθαι.« Εἴπω· Τί φοβερώτερον ἕτερον; Ἀκατάπληκτος πρὸ τοῦ πνεύματος [444] Πέτρος καὶ πρὸς κόρης ἀπειλὴν ἐπομνύμενος ὅτι· »Οὐκ οἶδα« τὸν Ἰησοῦν. Τῇ δὲ τοῦ πνεύματος ἀλλαχθεὶς ἐπιφοιτήσει θυμουμένοις ἀντεκραύγασε δήμοις· »Οὐ δυνάμεθα ἡμεῖς, ἃ εἴδαμεν καὶ ἠκούσαμεν μὴ λαλεῖν.« [14] Καὶ τί λέγω σοι Πέτρον; Ὅλους ὁμοῦ κρυπτομένους τὸ πνεῦμα κατέλαβε καὶ τὴν οἰκίαν ὥσπερ τι δεσμωτήριον ἔχοντας. Ἦσαν, γάρ φησι, κεκλεισμέναι αἱ θύραι, »ὅπου ἦσαν οἱ μαθηταὶ διὰ τὸν φόβον τῶν Ἰουδαίων.« Ἀλλ᾽ οἱ δειλοὶ τῇ τοῦ πνεύματος ἐνθεασθέντες ἰσχύι τῆς οἰκουμένης νικηταὶ περιῆσαν. [15] Μετὰ τὸ πνεῦμα τοῖς ἀπίστοις οἱ μαθηταὶ φοβερώτεροι. Πρὸ μὲν γὰρ τοῦ πνεύματος καὶ αὐτὸν τὸν δεσπότην διερράπιζε δοῦλος, μετὰ δὲ τὴν τοῦ πνεύματος χάριν Πέτρον χλευάσαι τολμήσας Ἀνανίας ἐξέψυξε. Μετὰ τὸ πνεῦμα τῶν ἀποστόλων αἱ χεῖρες ἐνθεασμὸν διεδίδοσαν· μετὰ τὸ πνεῦμα τῶν Ἰουδαίων ὁ δῆμος ἐν μεταγνώσει. Πρότερον μὲν γὰρ ἔλεγον· »Τὸ αἷμα« τοῦ Χριστοῦ »ἐφ᾽ ἡμᾶς καὶ ἐπὶ τὰ τέκνα ἡμῶν«· τῆς δὲ τοῦ πνεύματος δυναστείας ὀφθείσης ὡς εἰς κρίσιν ἑλκόντων τῶν μαθητῶν κατεβόων· »Βούλεσθε ἐπαγαγεῖν [fol. 40r/p. 79] ἐφ᾽ ἡμᾶς τὸ αἷμα τοῦ ἀνθρώπου τούτου.« Μετὰ τὸ πνεῦμα τῶν μαθητῶν ὁ χορὸς

[13] ἐγώ – ἐξελεξάμην ] Ioh 15,16 v. l. (Ordo verborum ὑμᾶς ἐξελεξάμην persaepe invenitur apud scriptores ecclesiasticos.) | ὁ πατὴρ καθηγίασε ] Cf. Ioh 10,36. | ἁγίασον – σου ] Ioh 17,17 v. l. (Cf. app. in editione Nestle-Aland.) | ἤρξαντο – ἀποφθέγγεσθαι ] Act 2,4 v. l. (Ordo verborum αὐτοῖς ἀποφθέγγεσθαι persaepe invenitur apud scriptores ecclesiasticos.) | λαλεῖν γλῶσσαις ] Cf. etiam I Cor 14,5. | οὐκ οἶδα ] Mt 26,72 par. Lc 22,57 | οὐ δυνάμεθα – λαλεῖν ] Act 4,20 [14] ὅλους – κατέλαβε ] Cf. Ioh 20,22. | ὅπου – Ἰουδαίων ] Ioh 20,19 [15] Ἀνανίας ἐξέψυξε ] Cf. Act 5,5. | τὸ αἷμα – ἡμῶν ] Mt 27,25 | βούλεσθε – τούτου ] Act 5,28 | ὅταν – ἀλήθειαν ] Ioh 16,13 v. l. (Cf. comm. infra.)

[13] ὁ υἱός – ῥήτορας ] Id. Cyrillus, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 76,39–41 S.) et ibid. 4,2 (p. 80,8–9) et Capitula ex Nestorio excerpta a Cyrillo 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 10,10– 12 S.) | καθηγίασε ] ἡγίασε Loofs ACO ser. I 1,1,6, p. 10 ACO ser. I 1,1,6, p. 76 ACO ser. I 1,1,6, p. 80 | πάτερ – σου om. ACO ser. I 1,1,6, p. 80. [15] γάρ2 suppl. supra lineam. | κατεβόων scripsi : καταβοᾶν τί cod.

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τελεώτερος. »Ὅταν«, γάρ φησιν, »ἔλθῃ τὸ πνεῦμα τῆς ἀληθείας, ὁδηγήσει ὑμᾶς εἰς πᾶσαν τὴν ἀλήθειαν.« [16] Ἰσοδύναμον τοίνυν τριάδα κηρύττομεν· θεότητα μοναδικὴν προσκυνοῦμεν· οὐσίαν θείαν λογιζόμεθα μίαν· πάσῃ τιμῶμεν τὸ θεῖον ὑψηλῇ διανοίᾳ· 5 πάντα λόγον ἐπ᾽ αὐτῷ δεδοξασμένον κινῶμεν. [17] Εἴ τις τιμία κλῆσις, αὐτῷ περιάπτομεν. Εἴ τις ῥῆσις εὔφημος, δι᾽ αὐτῆς δοξαζέσθω. Εἴ τις νοῦς ὑπερκόσμιος, θεολογοῦντι παρέστω. Εἴ τι σεμνὸν ὄνομα, προσφερέσθω τῷ θείῳ. Εἴ τι δόξης ἐχόμενον, εἰς αὐτὸν συντιθέσθω. [18] Τοῖς ταπεινοῦσιν ἀντιμισθία ταπείνωσις, τοῖς δοξάζουσιν εὐτρεπίζεται δόξα. Αὐτὸς ἡμᾶς ὁ θεὸς προμαρτύρεται· »Οἱ ἐξουθενοῦντές με ἐξουδενωθήσον- 10 ται. Τοὺς δὲ δοξάζοντάς με δοξάσω.« Αὐτῷ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν. [445]

2.2 Übersetzung Von dem seligen Basileios, dem Erzbischof von Seleukeia Gegen die Häretiker über die göttliche Trinität [1] Groß ist die Vielfalt der Nahrung. Die eine schenkt den Leibern Vergnügen, andere vertreibt Krankheit aus ihnen, wieder andere verleiht als Stärkungsmittel Manneskraft. Alles aber trägt doch zum Wohlergehen des Leibes bei, auch wenn es nicht dieselbe Wirkung entfaltet. [2] Hinzu [kommt] noch die Speise der Worte, die die Vielfalt der Nahrung nachahmt. Die eine versüßt das aufmerksame Gehör der Ohren mit Preisliedern, eine andere aber wischt mit Worten der Zucht das Trachten nach Vergnügungslust ab, wieder eine andere bietet Unterstützung im Hinblick auf Gesundheit in der Lehre. Auch wenn sich diese [Speisen der Worte] unterscheiden, wirken sie [doch] zur Rettung der Seele zusammen. [3] Deswegen wollen auch wir die Speisen der Worte vielfältig gestalten, wenn wir den Mägen der Seelen davon austeilen. Denn dem einen ist das Hören auf die Lehren unverdaulich, weshalb es einer gewissermaßen leicht verträglichen ethischen Unterweisung bedarf; der andere verfügt über einen für Nahrung stabileren Magen, weshalb dieser der nahrhafteren Mahlzeit der Lehren bedarf, zu der wir heute das Symposium der Rechtgläubigen zusammenrufen. [4] Mehr noch sollte aber auch der Häretiker ebenfalls zur Stelle sein, damit wer ständig mit dem Unkraut der Blasphemie genährt wurde, mindestens jetzt

[18] οἱ – δοξάσω] Cf. I Reg 2,30. (Cf. comm. infra.)

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das Getreide der Orthodoxie isst, damit wer [sonst] isst, was in jeder Hinsicht verschmutzt ist, wenigstens jetzt die reinen Brote der [rechten] Lehre genießen möge. [5] Denn bei ihnen [sc. den Häretikern] haben Areios und Eunomios den Schmutz der hellenischen Verehrung von Geschöpfen dem Getreide des Christentums untergemengt, so dass wer immer es isst, die Verehrung von Geschöpfen ausspeit, am Fieber des hellenischen Christentums leidet 13 und an Missgunst gegenüber dem, der verehrt wird, erkrankt. Denn es ist typisch für Neider, dass sie nicht mitfrohlocken über den bei uns verehrten Sohn, dass sie sich an der Lobrede auf ihn nicht beteiligen, dass sie ihn nicht mit uns verherrlichen, weil er geliebt ist, den von Gott geliebten Knecht [sc. David] ferner nicht nachahmen, der auch sagt, als er andere zum Lobpreis des Herrn verdingt: „Verherrlicht mit mir den Herrn, lasst uns gemeinsam seinen Namen rühmen.“ Denn es ist typisch für den, der liebt, dass er den Geliebten preist. [446] [6] Ebenso haben auch die drei Knaben, brennend vor Verlangen nach dem Göttlichen, der Schöpfung den Lobpreis auf den Schöpfer aufgetragen: „Lobet den Herrn, alle Werke des Herrn; preiset und rühmet ihn in Ewigkeit.“ Das war aber ihnen eigen, auch mit Argumenten zu psalmodieren, damit nämlich die Perser, die um den Ofen herumstanden, lernten, was für einen Gott sie verwarfen. In Form eines Psalmengesangs übergaben sie die Lehre der Rede von Gott. [7] Damals also priesen sie in dieser Weise inmitten der Feinde den Gott, den sie liebten; jetzt aber, wenn wir den Sohn preisen und ihn ungeschaffen nennen, dann überschreitet sogleich die an uns gerichteten Anweisungen des Areios und Eunomios!14 Erweist dem Geehrten, ihr Männer, überschießende Ehre! Legt dem Kleinen große Herrlichkeit um! Tragt seinen erhabenen Lobpreis vor! Macht seine Ehre klein! Nehmt fort von seiner Würde! Stellt ihn auf eine

13 Die ungewöhnliche Ausdrucksweise ist ohne echte Parallelen. Der Text ist möglicherweise gestört. 14 Der Text, der offensichtlich bereits in der handschriftlichen Überlieferung Probleme bereitete (s. o. den kritischen Apparat), ist möglicherweise im Folgenden verderbt, denn die „Anweisungen“ des Areios und Eunomios werden offenbar unmittelbar an die Imperative, die zu ihrer Nichtbeachtung aufrufen, angehängt. Eventuell sind sie umzudrehen. Dann könnte der Text ursprünglich gelautet haben: „Macht seine Ehre klein! Nehmt fort von seiner Würde! Stellt ihn auf eine niedrigere Stufe! Erhöht, was nicht so groß ist! Ehrt nicht ohne Maß! Er ist einer von den Beherrschten. Der Bildner ist eines der Geschöpfe geworden. [Aber stattdessen:] Erweist dem Geehrten, ihr Männer, überschießende Ehre! Legt dem Kleinen große Herrlichkeit um! Tragt seinen erhabenen Lobpreis vor!“ – Demgegenüber schlägt Thomas Brüggemann vor, dass der ganze Abschnitt τῷ τιμωμένῳ – δημιουργός als (fingierte) Aussage der Häretiker zu verstehen sei. Diese bedienen sich dabei des Stilmittels des Aprosdoketon: Sie wiegen ihre Zuhörer erst in Sicherheit und konfrontieren sie dann mit ihren tatsächlichen Forderungen. Die „Doxologie“, die „vorgetragen“ werden soll, wäre demnach alles, was auf diesen Teilsatz folgt.

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niedrigere Stufe! Erhöht, was nicht so groß ist! Ehrt nicht ohne Maß! Er ist einer von den Beherrschten. Der Bildner ist eines der Geschöpfe geworden. [8] Statt „die Feinde des Menschen“ sind umgekehrt die Feinde Gottes „seine Hausgenossen“. Ein einziger Heide ist besser als ein Christusbekämpfer nach der Bekehrung zum Christentum. Das eine [sc. der hellenische Polytheismus] hat aus Unkenntnis eine geringere Strafe [verdient]; die Bestrafung dessen aber, der Nachsicht aus Unkenntnis verwirkt hat, ist scharf. Denn es ist ganz und gar besser, nicht zu verehren, als wenn man die Verehrung kritisiert; denn auf der einen Seite geht ein Schaf in die Irre; auf der anderen Seite rebelliert eine Seele. Wenn einer, ohne hinzuschauen, jemanden, der ihm begegnet, anrempelt, hat er, wenn er zur Rechenschaft gezogen wird, eine Entschuldigung: Ohne hinzuschauen, habe ich ihn angerempelt. Ohne achtzugeben, bin ich dagegengestoßen. Ohne hinzusehen, bin ich dagegengerannt – wenn du es nicht gesehen hast, sei dir verziehen. Wenn aber einer, der sehen [kann], das Gesehene ablehnt, dann zieht er sich Zorn zu. [447] [9] Areios, der den Sohn kennt, stößt sich an dessen Herrlichkeit; Eunomios, der ihn als Bildner des Alls kennt, nimmt Anstoß wie gegenüber einem Sklaven. Was also bleibt diesen dann noch übrig, als ohne Verteidigung zu sein? Obwohl sie demnach Gott kannten, verherrlichten sie ihn nicht oder dankten ihm nicht als Gott. Denn Herrlichkeit Gottes ist das Schaffen, nicht das Geschaffenwerden. Die Dankbarkeit gegenüber Gott besteht darin, ihn einen Wohltäter zu nennen, nicht darin, ihn wie einen Sklaven zu verspotten. Bei ihnen aber hat der Sohn beides zu erdulden: die Bezeichnung als Geschöpf und die Benennung als Sklave. [10] Ein Geschöpf wäre Gott? Der Hellene, der das Geschöpf zu Gott macht, [wäre dann] wirklich ohne Tadel. Ein Sklave wäre Gott? Wer könnte denn dann noch frei sein? Ein Sklave wäre er, der im Schoß des Vaters getragen wurde? Wer wäre dann für die, welche auf die Erde geworfen wurden, Hoffnung auf Befreiung? Du beschädigst durch den Sohn auch die [richtige] Auffassung über den Vater! Du lässt nicht zu, dass wir seinem Versprechen auf Freiheit glauben. Denn wenn der [Vater] unter so vielen Sklaven von seinem Sohn her [selbst] zum Sklaven geworden ist,15 wie sollte man [dann] ihm [noch] glauben, der versprochen hat, die Sklaven zu befreien? Wird er zuerst den frei machen, den er gezeugt hat, und dann die Sklaven des Gezeugten? Denn ich scheue mich, vom Vater die Freiheit zu erlangen, wenn ich sehe, dass mein Herr bei ihm unfrei ist. [11] Wenn ich aber „Herr“ sage, schließe ich auch den Geist mit ein. Denn wieso sollte Sklave sein, wer mit dem Sohn und dem Vater tätig ist? Wer aber die Werke des Geistes untersucht, wird finden, dass sie denen des Vaters und

15 Der Gedankengang ist offenbar: Weil der Sohn, der Sklave ist, „im Schoß des Vaters getragen wurde“, wird dadurch im Rückschluss auch der Vater zum Sklaven.

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des Sohnes nicht nachstehen, [freilich] nicht so, dass die Natur geteilt wird, sondern weil die göttliche Schrift das, was zur einen Kraft gehört, auch gemäß jeder Hypostase untergliedert zum Beweis der Wesenseinheit der Trinität. [12] Betrachte mir doch die Gleichheit von den wichtigsten Werken aus: Der im Anfang Gott war, „wurde als Wort Fleisch und wohnte unter uns.“ Es setzte der Vater die angenommene Menschheit neben sich. Denn es heißt: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setz dich zu meiner Rechten.“ Der Geist unterstützte die Herrlichkeit des Angenommenen. Denn es heißt: „Wenn der Geist der Wahrheit kommt, wird jener mich verherrlichen.“ Willst du noch eine andere Wirkkraft der Trinität in Bezug auf dieselben Dinge sehen? Der Sohn nahm Wohnung im Leib, der Vater empfahl den Getauften, der Geist formte ihn in der Jungfrau. Denn es heißt: „Es zeigte sich, dass Maria in ihrem Leib vom Heiligen Geist ein Kind trug.“ [13] Blicke auch auf die Beteiligung der Trinität an den Gaben für die Apostel: Der Sohn wählte aus. Denn es heißt: „Ich habe euch ausgewählt.“ „Der Vater [448] heiligte.“ Denn es heißt: „Vater, heilige sie in deiner Wahrheit.“ Der Geist hat sie zu Rednern gemacht. Denn es heißt: „Sie begannen in Zungen zu reden, so wie ihnen der Geist die Äußerungen eingab.“ Ich möchte sagen: Was sonst erregt größere Ehrfurcht? Vor dem [Kommen des] Geistes war Petrus noch nicht erschüttert und schwor auf die Drohung des Mädchens hin: „Ich kenne“ Jesus nicht. Nachdem ihn aber der Geist überkommen und verändert hatte, schrie er die erzürnten Volksmassen an: „Nicht ist es uns möglich zu verschweigen, was wir wissen und gehört haben.“ [14] Und was soll ich dir den Petrus nennen? Der Geist ergriff alle, die sich zusammen verborgen hatten und im Haus saßen, als wäre es ein Gefängnis. Denn es heißt: Es waren die Türen verschlossen, „wo sich die Jünger aus Furcht vor den Juden befanden.“ Aber die Feiglinge traten, sobald sie mit der Kraft des Geistes erfüllt waren, als Sieger über die ganze Welt hervor. [15] Nach dem [Kommen des] Geistes erregten die Jünger bei den Ungläubigen große Furcht. Denn vor dem [Kommen des] Geistes verprügelte der Sklave sogar seinen Herrn, aber nach der Gnadengabe des Geistes hauchte Ananias, der es gewagt hatte, Petrus nicht ernst zu nehmen, seine Seele aus. Nach dem [Kommen des] Geistes verteilten die Hände der Apostel göttliche Inspiration. Nach dem [Kommen des] Geistes tat das Volk der Juden Buße. Denn zuerst sagten sie: „Das Blut“ Christi „[komme] über uns und über unsere Kinder.“ Als aber die Herrschaft des Geistes offenbar geworden war, schrien sie die Jünger an, als wollten diese sie vor Gericht zerren: „Ihr wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen.“ Nach dem [Kommen des] Geistes ist der Chor der Jünger vollkommener. Denn es heißt: „Wenn der Geist der Wahrheit kommt, wird er euch in die ganze Wahrheit führen.“

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[16] Wir verkünden also eine Trinität von gleicher Macht; wir werfen uns vor einer einzigartigen Gottheit nieder; wir denken uns Gott als ein einziges Wesen; wir verehren das Göttliche mit jeglicher höherer Verstandesregung. Wir bewegen jeden Gedanken hin zu seiner Herrlichkeit. [17] Wenn es irgendeinen ehrenvollen Namen gibt, legen wir ihn ihm bei. Wenn es irgendeine Lobrede gibt, sei er durch sie gerühmt. Wenn es eine überkosmische Vernunft gibt, möge sie dem, der von Gott redet, zur Hand sein. Wenn es einen erhabenen Namen gibt, möge er dem Göttlichen dargebracht werden. Was auch immer Herrlichkeit besitzt, soll ihm beigelegt werden. [18] Denen, die erniedrigen, wird mit Niedrigkeit vergolten; denen die verherrlichen, wird Herrlichkeit bereitet. Denn Gott selbst hat uns das im Vorhinein bezeugt: „Die mich vernichten, werden vernichtet werden. Die mich aber verherrlichen, werde ich verherrlichen.“ Ihm sei Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen. [449]

2.3 Quellen, Parallelen, Kommentar [1] ἀνδρείαν] Zur Bedeutung vgl. Rodríguez-Adrados 1989–2019, s. v. 2. [2] εὐεξίαν δογματικήν ] Die Junktur offenbar nur hier. [3] τῷ1 – διδασκαλίας ] Die Unterscheidung zwischen „ethischer“ und „dogmatischer“ Lehre findet sich häufig bei den Kirchenvätern; vgl. Lampe 1961, s. v. δογματικός 3. [3] τὸ τῶν ὀρθοδόξων συμπόσιον ] Die Junktur sonst nicht nachweisbar. [5] κτισματολατρία ] Sehr seltenes Substantiv; vgl. noch Pseudo-Johannes Chrysostomos, Contra haereticos (PG 60:745, Z. 42–45): Τί ποιεῖς, τυφλώττων αἱρετικέ [sc. Εὐνόμιος]; Ἃ κατέλυσεν εἰσάγεις οἰκοδομοῦντα τὸν Χριστόν, καὶ ἃ νοεῖς ἀνέσπασε, τῶν κτισμάτων θεοποιίας, κτισματολατρείαν, φυτεύων τὰ μείζονα. Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Exiit qui seminat (PG 61:774, Z. 60–63): Τοῖς γὰρ Ἑλληνικοῖς δόγμασι τῆς κτισματολατρείας νύττοντες [sc. Εὐνομιανοί] καὶ συμπνίγοντες τὸν τῆς ἀληθείας λόγον, ἄκαρπον αὐτὸν καὶ ἄγονον παντελῶς πίστεως ὀρθῆς ἀποτελοῦσιν. (Pseudo-)Didymos, De trinitate 2,18 (PG 39:728A): Ἀλλὰ καὶ πάσῃ τῇ διαβολικῇ πλάνῃ παρετάξαντο, καὶ τὴν κτισματολατρείαν ἀπήλασαν, […]. Ebenda, 3,2,14 (792C–793A): Εἰ ἐκφεύγειν τὸ ἔγκλημα τῆς κτισματολατρείας τοὺς πιστεύοντας τῷ Υἱῷ παρεγγυᾷ Παῦλος, ἔτι δὲ καὶ ἀθέους ἀποκαλεῖ τοὺς πρὸ τούτου ἐκτὸς τοῦ Υἱοῦ τὸν Θεὸν καὶ Πατέρα μόνον ἐγνωκότας· οὐ κτίσμα ὁ Θεὸς Λόγος. [5] παρεζύμωσαν ] παραζυμόω ist hapax legomenon. [6] οὕτως – παρεδίδοσαν μάθημα ] Der Text hat eine enge Parallele in (Pseudo-)Didymos, De trinitate 1,32,38–39 (Hönscheid 1975, 218,25–31): Οὕτω

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καὶ οἱ τρεῖς παῖδες οὐ τῇ Βαβυλωνίᾳ φλογί, ἀλλὰ τῷ περὶ τὸν κτίστην καὶ εὐεργέτην πυρακτούμενοι πόθῳ καὶ οὐ μᾶλλον τὴν περιβάλλουσαν αὐτοὺς κάμινον τῆς ἡτοιμασμένης τοῖς κτιστολάτραις γεέννης προσέχοντες ὑπέβαλλον τῇ κτίσει δοξολογεῖν τὸν φανέντα σὺν αὐτοῖς ἐν τῇ καμίνῳ (περὶ οὗ γέγραπται »ἡ δὲ ὅρασις τοῦ τετάρτου ὁμοία υἱῷ θεοῦ«): »εὐλογεῖτε, πάντα τὰ ἔργα κυρίου, τὸν κύριον· ὑμνεῖτε καὶ ὑπερυψοῦτε αὐτὸν εἰς τοὺς αἰῶνας«. Die wörtliche Übereinstimmung in der Junktur πυρακτούμενοι πόθῳ, die sonst nicht nachweisbar ist, in Zusammenhang mit dem seltenen Bibelzitat Dan 3,57 (Od 8,57) legt nahe, dass hier ein literarischer Zusammenhang besteht, wobei eigentlich nur der Verfasser der vorliegenden Homilie aus De trinitate geschöpft haben kann und nicht umgekehrt, sofern Hicks in seiner Kritik der Zuschreibung des Werkes durch Tzamalikos an den Mönch Cassian den Sabaiten (erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts) und der Rückgabe der Autorschaft an Didymos recht hat. Vgl. Tzamalikos 2012, [450] 441–619 und Hicks 2015. Ferner Crawford 2020, 251 f.; ebenda Anm. 35 weitere Literatur zum Thema. Denkbar ist allerdings auch, dass beide Texte auf einer gemeinsamen, nicht mehr erhaltenen Quelle beruhen. Vgl. auch unten zu [13]. [6] ἐν – μάθημα ] Möglicherweise Anspielung auf den liturgischen Brauch der Traditio symboli. Vgl. dazu jetzt Kinzig, Symbolum, 2021, Abschnitt IIa. [6] τῆς θεολογίας μάθημα ] Die Junktur ist sonst nicht belegt. [7] Τῷ τιμωμένῳ – δημιουργός ] Vgl. oben app. crit. zur Stelle und Anm. 14. [7] περιάπτετε δόξαν ] Zur Junktur vgl. z. B. Plutarch, Pompeius 29,4 (BSGRT, 280,11 Ziegler): […] καὶ περιάπτοντα τὴν αὐτοῦ δόξαν […]. Eusebios, Commentaria in Psalmos, zu Ps 28,1–2 (PG 23:253C): Τῷ δὲ ὀνόματι αὐτοῦ δόξαν περιάπτομεν, […]. Johannes Chrysostomos, In Iohannem homilia 47 (46),3 (PG 59:268, Z. 14): […] ὁ δὲ ἐκλεγεὶς παρὰ τοῦ διδασκάλου, περιάπτει δόξαν ἀνοίας, […]. [8] Ἑλληνίζων ] Zur Bedeutung vgl. Lampe 1961, s. v. [9] γνοῦς – προσκόπτει ] Vgl. Eunomios, Liber apologeticus 20,1–5 (ed. Vaggione 1987, 58): Ἀρχὴν δὲ δοκοῦσιν ἡμῖν οἱ τὴν ἀδέσποτον καὶ πάσης μὲν αἰτίας κρείττονα, πάντων δὲ νόμων ἐλευθέραν οὐσίαν τῇ γεννητῇ καὶ νόμοις πατρικοῖς δουλευούσῃ συγκρῖναι τολμήσαντες μηδ’ ὅλως τὴν τῶν ὅλων ἐπεσκέφθαι φύσιν, ἢ μὴ καθαρᾷ τῇ διανοίᾳ τὰς περὶ τούτων ποιεῖσθαι κρίσεις. Vgl. auch denselben bei Gregor von Nyssa, Contra Eunomium 3,3,15–25; 3,8,43–58 (ed. Jaeger 1921, 106,4–110,21; 242,4–247,25). [11] πῶς – ἐργαζόμενον ] Vgl. Nestoriοs, Sermo 16 (Loofs 1905, 294,4–6): […] τοῦτο δή [sc. τὸ πνεῦμα], τὸ τηλικαύτην τῷ Χριστῷ χαρισάμενον δόξαν, Χριστοῦ κατασκευάζουσι δοῦλον. Ferner Nr. 5 der 12 syrischen Anathematismen (ed. Loofs 1905, 221,6–8): Quicumque dixerit de spiritu sancto, eum esse ministrum aut subditum aut secundum, uno verbo, illum esse patri filioque inaequalem: veritatem negat.

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[11] μεριζομένης τῆς φύσεως ] Vgl. auch Nestorios, Sermo 16 (293,12–14 L.): Πλείονα τὴν εἰς αὐτὸν κατασκευάζοντες ὕβριν καὶ τὸ πνεῦμα τῆς θείας ἀποτέμνουσι φύσεως, τὸ τὴν ἀνθρωπότητα αὐτοῦ διαπλάσαν […]. Die neuarianischen Gegner vertreten also eine pneumatomachische Position. [451] [11] καθ᾽ – ὑπόστασιν ] Zur Hypostasenlehre beim frühen Nestorios vgl. Abramowski 1963, S. 214 (Anm. 15). Ansonsten ebenda, S. 214–217; Grillmeier 1990 (2004), S. 654 f.; Hammerstaedt 1994, S. 1028–1031. [12] λόγος ἐγένετο σάρξ ] Dieselbe Wortfolge auch in Eusebios, In Cantica Canticorum (Pitra 1883, 532,11 f.) = Pseudo-Athanasios, Synopsis scripturae sacrae 16 (PG 28:352D); Johannes Chrysostomos, In Matthaeum homilia 4,3 (PG 57:43, Z. 31); Theodoret, Eranistes, Appendix (Ettlinger 1975, 254,8 f.). [12] ἐνῴκησεν – σώματι ] Zur Einwohnung im Leib bzw. Menschen bei Nestorios vgl. Tragoedia (ed. Loofs 1905, 206,10–11): […] vel si habitationem dicimus de Christo […]. (Dasselbe auch Sermo 15 [289,16 L.]). Sermo 5 (242,15–17 L.): […] μήτε τὸν θεὸν λόγον ναὸν ἀντ’ ἐνοικοῦντος κηρύττωμεν, μήτε τὸν ναὸν ἀντ’ ἐνοικουμένου τὸν ἐνοικοῦντα νομίζωμεν· […]. Sermo 11 (278,3–4 L.): Θεὸς γὰρ ἦν ὁ λόγος, ἀνθρώπῳ τε συνημμένος καὶ ἐνοικῶν αὐτῷ. Sermo 14 (287,19–20 L.): […] τουτέστιν τὴν ἡμετέραν ἐνεδύσατο φύσιν καὶ ἐνῴκισεν ἐν ἡμῖν, […]. Sermo 17 (296,7–9 L.) […] οὐ τροπὴν τῆς θείας φύσεως ὑπομεινάσης εἰς τὴν σάρκα, ἀλλὰ τὴν ἐνοίκησιν τὴν εἰς ἄνθρωπον. Sermo 18 (306,18–19 L.): […] ut ostendat susceptae humanitatis inhabitationem. [12] διέπλασεν – πνεῦμα3 ] Vgl. oben das Zitat zu [11] μεριζομένης τῆς φύσεως, [13] τό1 – [14] νικηταὶ περιῆσαν ] Die Passage ähnelt bis in den Wortlaut hinein (Pseudo-)Didymos, De trinitate 2,18 (PG 39:725d–728A): Ἥντινα ἀλκὴν ἐνδυσάμενοι οὐκ ἔτι εὐκατάπληκτοι καθεστήκεσαν, ὡς γέγραπται, ὅτι ἦσαν κεκλεισμέναι αἱ θύραι, τῶν μαθητῶν κρυπτομένων διὰ τὸν φόβον τῶν Ἰουδαίων, καὶ ὅτι Πέτρος ὁ πρόκριτος τῶν ἀποστόλων, διὰ κόρης ἀπειλὴν διωμνύετο μὴ εἰδέναι τὸν Κύριον, τὸν ποιήσαντα αὐτὸν κλειδοῦχον τῶν οὐρανῶν· ἀλλ’ οἱ δυοκαίδεκα μόνοι, καὶ αὐτοὶ οὐχ ὑφ’ ἓν ὄντες, ἀντέστησαν μονονουχὶ πάσῃ τῇ οἰκουμένῃ, δήμοις ὅλοις ἀντικράζοντες· »Οὐ δυνάμεθα ἡμεῖς ἃ ἴδομεν καὶ ἠκούσαμεν, μὴ λαλεῖν.« Vgl. auch oben zu [6]. [13] ἀντεκραύγασε ] ἀντικραυγάζω ist hapax legomenon. [15] καί1 – δοῦλος ] Der Bezug ist unklar. Das Verb διαρραπίζω ist sonst selten belegt. Vgl. Heliodor, Aethiopica 7,7,6 (CUFr Série grecque 91, 124 Maillon); 8,9,1 (CUFr Série grecque 145, 16 Maillon) und Rodríguez-Adrados 1989– 2019 sowie Trapp 2001/2017, ss. vv. [452] [15] ἐνθεασμόν ] Das Substantiv ἐνθεασμός ist vor dem Philosophen Proklos (der es in seinen Kommentaren achtmal verwendet) sonst nicht belegt; vgl. auch Rodríguez-Adrados, 1989–2019 und Trapp 2001/2017, ss. vv.

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[15] ἐν μεταγνώσει ] Vgl. Athanasios, Expositiones in Psalmos 39,18 (PG 27:196A): Ὁ πάνυ θρασὺς Ἰσραήλ, ἐν μεταγνώσει γενόμενος, πένητα καὶ πτωχὸν ἑαυτὸν ἀποκαλεῖ. Didymos, In Genesim 3,6–8 [88,12–13] (SC 233, 206 Nautin): […] ἵν’ ἐκ [τ]ούτου ἐν μεταγνώσει γένωνται, […]; 4,15, [134,12–13] (310 N.): Μέγα μὲν γὰρ ἀγαθὸν τὸ μὴ πταῖσαι· τὸ δὲ μ[ε]τὰ τὰ πταίσματα ἐν μεταγνώσει γενέσθαι δεύτερος ἂ[ν] εἴη λιμήν, […]. Kyrill von Alexandrien, Commentarius in Oseam 3 (ed. Pusey 1868 (1965), 92,13–16): Σημεῖον δ’ ἂν γένοιτο καὶ τοῦτο σαφές, τοῦ μήτε ἀνοκωχὴν παρεισκρίνεσθαι τοῖς κακοῖς, μήτε μὴν ἐν μεταγνώσει τῶν τετολμημένων γενέσθαι τοὺς δεδρακότας· […]. [15] ὁδηγήσει – ἀλήθειαν ] Dieselbe Version des Zitats Joh 16,13 auch bei Johannes Chrysostomos, In Iohannem homilia 78 (77),2 (PG 59:422, Z. 53–54); ebenda (PG 59:423, Z. 17–18.30). Vgl. auch Aland 2012, Apparat zur Stelle. [16] ἰσοδύναμον – κινῶμεν ] Vgl. Nestorios, Sermo 9 (262,3–5 L.): Διὰ τὸν φοροῦντα τὸν φορούμενον σέβω, διὰ τὸν κεκρυμμένον προσκυνῶ τὸν φαινόμενον. ἀχώριστος τοῦ φαινομένου θεός, διὰ τοῦτο τοῦ μὴ χωριζομένου τὴν τιμὴν οὐ χωρίζω. [16] ἰσοδύναμον – κηρύττομεν ] Vgl. Pseudo-Athanasios, Epistula ad episcopum Persarum (PG 28:1568A): Τριὰς τελεία, ὁμοούσιος, ἰσοδύναμος, ἰσοκλεής· […]. (Pseudo-)Didymos, De trinitate 3,2,55 (PG 39:805B): […] διὰ τί μὴ ἀχώριστον τῇ φύσει, καὶ ἰσότιμον, καὶ ἰσοδύναμον ὁμολογοῦσι τὴν Τριάδα, καὶ ἰσοτίμως δοξάζουσιν; Sozomenos, Historia ecclesiastica 6,23,3 (GCS NF 4, 265,13–14 Bidez/ Hansen 1995): […] καὶ τριάδα ἰσότιμόν τε καὶ ἰσοδύναμον ἐδόξαζον, […]. Kosmas Indikopleustes, Topographia Christiana 6,28 (ed. FaFo § 232b): […] γνωρίζουσι τὸν τῶν ἁπάντων δημιουργὸν ἕνα θεὸν εἶναι ἐν τρισὶν ὑποστάσεσι, πατρὸς λέγω καὶ υἱοῦ καὶ ἁγίου πνεύματος, ἁγίαν τριάδα ὁμοούσιον ἰσοδύναμόν τε καὶ ἰσοσθενῆ καὶ ἰσοκλεᾶ καὶ ἰσότιμον καὶ συνάναρχον […]. [17] νοῦς ὑπερκόσμιος ] Möglicherweise eine ironische Anspielung auf die neuplatonische Philosophie, wie sie im Konstantinopel der Zeit au courant war. Vgl. z. B. Proklos, In Platonis Timaeum commentaria 2, Tim. 28A (BSGRT, 256,14 Diehl); 2, Tim. 30C (419,21 D.); 3, Tim. 35A (143,28 D.); 4, Tim. 39D (95,22 f. D.); 5, Tim. 41D (252,11 f. D.). Ders., In Platonis Parmenidem 4 [Cousin 914,14 f.] (SCBO, 102 Steel). [453] [18] οἱ – δοξάσω ] Eine ähnliche Version des Zitats I Reg (I Sam) 2,30 findet sich auch in (Pseudo-)Didymos, De trinitate 2,23 (PG 39:744C): Τοὺς δοξάζοντάς με δοξάσω, καὶ οἱ ἐξουθενοῦντές με ἐξουθενηθήσονται (aber hier dem Psalmisten zugeschrieben). Vgl. auch Johannes Chrysostomos, In Epistulam ad Ephesios homilia 2,2 (PG 62:19, Z. 42–43): […] οἱ ἐξουθενοῦντές με ἐξουθενηθήσονται. Ders., In Matthaeum homilia 29 (30),3 (PG 57:362, Z. 32–33): […] οἱ ἐξουθενοῦντές με ἐξουθενωθήσονται. Ebenso Theodoret, Historia ecclesiastica 1,34,3 (GCS NF 5, 90,13 Parmentier/Hansen 1998); ders., Quaestiones in libros Regnorum et Paralipomenon, In librum primum Regnorum, Interrogatio 7 (PG 80:536C).

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

2.4 Inhalt Der Verfasser unterscheidet zunächst nach einer Einleitung [1]–[2] zwischen διδασκαλία ἠθική und δόγματα, die zwei unterschiedliche Stufen in der katechetischen Unterweisung bilden, wobei die „ethische Lehre“ die „Dogmen“ vorbereite [3]. Über die „ethische Lehre“, die offensichtlich in erster Linie verhaltensbezogen ist, macht der Verfasser keine näheren Aussagen; die „Dogmen“ werden im Weiteren expliziert: Es handelt sich um die Trinitätslehre. In der Darlegung seiner trinitarischen Auffassungen grenzt sich der Verfasser einerseits vom paganen Polytheismus und andererseits von Areios und Eunomios ab. Letzteren wird wegen ihrer besonderen Christologie κτισματολατρία, also die Verehrung von Geschöpfen, unterstellt [5]. Areios nehme Anstoß an der dem Sohn zugeschriebenen δόξα; Eunomios sehe im Sohn sogar einen Sklaven [9]. Dies sei schlimmer als der polytheistische Irrtum [8], weil Christen es eigentlich besser wissen müssten. Denn dadurch werde, wie der Verfasser in immer neuen Anläufen betont, dem Sohn bzw. Gott nicht die ihm gebührende δόξα zuteil [5]–[7]. Dies sei absurd, denn der göttliche Sohn sei der Schöpfer und kein Geschöpf oder Sklave [9]–[10]. Des Weiteren wendet sich der Verfasser dem Geist zu. Er weist die Subordination des Geistes unter Vater und Sohn zurück und betont stattdessen die Wesenseinheit der Trinität [11]. Dieser schreibt er eine einzige „Kraft“ (ἰσχύς) zu, welche die Schrift allerdings entsprechend den einzelnen Hypostasen untergliedere [11]. Die den einzelnen trinitarischen Personen eigenen ἔργα [11] bzw. ἐνέργειαι [12] werden anhand biblischer Testimonien spezifiziert: Das Wirken des Sohnes wird mit Joh 1,14 (Fleischwerdung), das des Vaters mit Mk 12,36 parr (Setzen des Sohnes zur Rechten) und das des Geistes mit Joh 16,14 (Lobpreisung) identifiziert [12]. Neben diesen innertrinitarischen Beziehungen werden auch die Beziehungen ad extra unter dem Stichwort δῶρα aufgeführt. Gegenüber den Aposteln zählen zu diesen Gaben Wahl (Sohn; Joh 15,16), Heiligung (Vater; Joh 17,17) und [454] Zungenreden (Geist; Act 2,4). Ausführlich werden sodann anhand biblischer Beispiele die Folgen dieser Gabenübermittlung an die Apostel geschildert [13]–[15]. Zusammenfassend betont der Prediger noch einmal abschließend die Gleichrangigkeit der trinitarischen Personen und die ihnen darum gleichermaßen zukommende Verehrung [16]–[18].

2.5 Autorschaft und Datierung Dass die Verfasserschaft des Basileios pseudonym ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass ein längeres Fragment aus dieser Homilie in unterschiedlichen Florile-

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gien und Gegenschriften in diversen Fassungen unter dem Namen des Nestorios erhalten und dementsprechend bei Loofs in seiner Ausgabe der Nestoriana auch als Sermo 2 ediert ist.16 Aus den Angaben bei Loofs lässt sich ferner entnehmen, dass in der syrischen Überlieferung des Fragments, die in der Handschrift British Library, cod. syr. 729 (Add MS 12156) aus dem Jahr 562 auf fol. 89v erhalten ist, auch das Incipit der Homilie vorliegt, so dass die Zuschreibung des Textes an Nestorios keinem Zweifel unterliegt. Eindeutige Hinweise für die Datierung und Lokalisierung bietet der Text selbst nicht. Die Homilie wird aber erstmals in Kyrills Capitula ex Nestorio Excerpta und seiner Schrift Contra Nestorium zitiert, Werken, welche ins Jahr 430 zu datieren sind, womit ein terminus ante quem gewonnen ist.17 Es fällt allerdings auf, dass insgesamt gesehen kaum „typisch“ nestorianische Gedanken (etwa im Hinblick auf den Christotokos-Titel oder die Zwei-Naturen-Lehre) entfaltet werden. Überhaupt ist der Verfasser an christologischen Fragen im engeren Sinne wenig interessiert. Stattdessen steht – dem Titel entsprechend – die Trinität im Vordergrund. Für deren Einheit ist – wie oben dargestellt – die ungestufte δόξα der Schlüsselbegriff. Gegner sind auch nicht die Vertreter einer alexandrinischen Christologie, sondern die (Neu-)Arianer, über die der Verfasser aber offensichtlich nur wenig weiß. Areios und Eunomios werden auch sonst bei Nestorios des Öfteren genannt, und der Kontext ist ähnlich unspezifisch.18 [455] Wir wissen nun auch von Aktionen des Patriarchen gegen arianische und andere häretische Gruppen in der Hauptstadt unmittelbar nach seinem Amtsantritt, bei denen unter anderem eine arianische Kapelle in Flammen aufging.19 Alles dies deutet zusammengenommen auf eine Entstehung der Homilie in der Zeit vor den christologischen Auseinandersetzungen hin. Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass Nestorios – trotz seiner gerühmten Fähigkeiten als Redner und

16 Vgl. 1,11–13 mit Loofs 1905, 226,14–227,8 sowie oben den apparatus criticus zur Stelle. 17 Siehe oben den Kommentar zu [12] und [13]. Zur Datierung vgl. Wessel 2004, S. 106 bzw. 126. 18 Vgl. gemeinsam in Epistula 9 (ed. Loofs 1905, 194,9–10); Sermo 10 (273,6–7 L.); Sermo 18 (300,20–21; 301,4–6 und 16 L.), jeweils mit Apolinarios, aber immer im Zusammenhang einer Einnaturen-Lehre. Ιm selben Kontext Areios und Apolinarios: Epistula 1 (166,19 L.); Epistula 3 (170,30 L.); Epistula 5 (179,4 L.); Epistula 6 (181,18–19; 182,8 L.); Epistula 7 (184,15; 185,12 L.); Tragoedia/Historia (208,16 L.); Sermo 10 (267,16 L.); Sermo 18 (303,16–17; 312,7 L.). Ferner Areios allein: Sermo 5 (233,8; 240,19 L.); Sermo 9 (259,10–11 L.); Sermo 10 (268,14; 270,24 L.); Sermo 20 (328,4 L.). 19 Vgl. Sokrates, Historia ecclesiastica 7,29,8–9 (GCS NF 1, 378,1–7). Vgl. Scipioni 1974, S. 30 f.; Bevan 2016, S. 83. Zum Arianismus in Konstantinopel zu Beginn des fünften Jahrhunderts vgl. Scipioni 1974, S. 48 f., 58 f.

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Prediger20 – bereits als Diakon und Presbyter in Antiochien in dieser Form gepredigt hat,21 so dass man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen darf, dass die vorliegende Homilie nach seinem Amtsantritt als Patriarch von Konstantinopel (10. April 428) in den Jahren 428/429 gehalten worden ist, vielleicht im Kontext der antihäretischen Gesetzgebung durch Theodosios II., also im Frühjahr 428.22

2.6 Textgeschichte Der Text 23 zirkulierte als Teil einer Predigtsammlung, die auch Kyrill von Alexandrien in die Hände bekam.24 Dieser kritisiert in Contra Nestorium anhand eines Zitats aus [12]–[13] die ἐνέργεια-Lehre des Konstantinopler Patriarchen im Zusammenhang mit seinem Zitat von Joh 1,14.25 Kyrill stößt sich an der hier ange- [456] deuteten Unterscheidung der Wirkkräfte in Bezug auf die Personen der Trinität (wobei er unterschlägt, dass Nestorios zuvor die eine Kraft der Trinität hervorgehoben hatte) und unterstellt Nestorios darüber hinaus die Lehre, Christus sei ein θεοφόρος ἄνθρωπος,26 was darauf hinauslaufe, dass der Inkarnierte sich von den übrigen Christen nicht unterscheide. Man dürfe nicht, wie Nestorios dies tue, die Menschheit im Inkarnierten vom Logos und auch nicht die Wirkweise des Geistes von der des Sohnes im Bezug auf die Inkarnation abtrennen, sei doch Christi Geist οἴκοθεν καὶ παρ᾽ αὐτοῦ.27 Dieses Zitat wurde dann auch von Kyrill in eine Zusammenstellung von Nestorios-Auszügen aufgenommen (Capitula ex Nestorio excerpta)28 und lag in etwas veränderter Form dem Konzil von Ephesos in seinen Sitzungen vom 22. Juni bzw. 22. Juli 431 vor. Das Incipit der Homilie sowie ein Teil von [12]

20 Vgl. Scipioni 1974, S. 28 f.; Bevan 2016, S. 41. 21 Loofs meint freilich, in der gleich zu besprechenden Predigtsammlung, die 62 Homilien enthalten habe, seien auch Stücke aus Antiochien aufgenommen worden (Loofs 1905, S. 95 f.). Beweisen lässt sich das nicht. 22 Vgl. Codex Theodosianus 16,5,65 vom 30. Mai 428 (ed. Mommsen 1962, 878,1–879,31). 23 Zu den Einzelnachweisen im Folgenden vgl. den kritischen Apparat zu den jeweiligen Stellen. 24 Vgl. Kyrill von Alexandrien, Contra Nestorium 1, prooemium (ACO ser. I 1,1,6, p. 14,28–30 S.): Καὶ ταῦτα φημὶ τινὶ τῶν βιβλίων περιτυχὼν ὑπό του συντεθειμένῳ καὶ πολλὴν μὲν ἔχοντι τῶν ὁμιλιῶν τὴν ἄθροισιν, στοιχηδὸν δὲ καὶ ὡς ἐν τάξει κειμένων, ἠμοιρηκότι δὲ κατ’ οὐδένα τρόπον τοῦ κατελέγχεσθαι δεῖν. Zur Sammlung vgl. Loofs 1905, 21,90–96. 25 Vgl. Kyrill von Alexandrien, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 76,33–78,35 S.). 26 Kyrill von Alexandrien, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 77,13–14.32 S.). 27 Kyrill von Alexandrien, Contra Nestorium 4,1 (ACO ser. I 1,1,6, p. 77,37–38 S.). 28 Vgl. Loofs 1905, S. 21–29.

3 Homilie II

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findet sich dann, wie bereits oben erwähnt, in der Handschrift British Library, cod. syr. 729 (Add MS 12156) aus dem Jahr 562 im Rahmen einer miaphysitischen Zusammenstellung von „Lästerungen aus den Schriften des Nestorios“.29 [457]

3 Homilie II 3.1 Text [fol. 40r/p. 79] Τοῦ αὐτοῦ Βασιλείου ἀρχιεπισκόπου Σελευκ Εἰς τὸ σύμβολον τῆς πίστεως

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[1] Μικρὰ μὲν ὑμῖν τῆς ἐκκλησιαστικῆς ὀρθοδοξίας ἡ κιβωτός, ἀλλὰ τὴν μεγάλην ἐκείνην τοῦ Νῶε μιμουμένη τῇ τῶν ἔργων οὐχ εὑρίσκεται λειπομένη συγκρίσει. Ἐκείνη τῇ τῶν ὑδάτων πανταχόθεν ἐκυκλοῦτο θαλάττῃ, αὕτη τῷ κλυδωνίῳ τῶν αἱρετικῶν πυκτεύει θηρίων. Ἐκείνην ἀγέλαι κατεσκήνουν σκιρτῶσαι, τοῖς τῆς ἀσεβείας αὕτη περιβομβεῖται [fol. 40v/p. 80] θηρίοις. Τῷ τῶν πτηνῶν ἐκείνη κατεσήπετο βρώμῳ, τῇ κτηνώδει τῶν αἱρετικῶν αὕτη δυσοσμίᾳ παλαίει. [2] Διὰ τοῦτο καὶ σήμερόν μοι πάλιν δογματικῶν ἐπιθυμία τρυφῆς. Τρυφὴ γὰρ ὄντως ψυχῆς θεολόγων εὐωχία δογμάτων. Ὁσάκις γοῦν ὁ τῶν ὅλων δεσπότης ταῖς Ἰουδαίων γενεαῖς ἠγανάκτει, θεολογίας αὐτὰς ἐτιμωρεῖτο λιμῷ καὶ διὰ τῶν προφητῶν πρὸς Ἰουδαίους ἐβόα· Ἐπάξω ὑμῖν λιμόν, »οὐ λιμὸν ἄρτου οὐδὲ δίψαν ὕδατος, ἀλλὰ λιμὸν τοῦ ἀκοῦσαι λόγον κυρίου.« Τήκεται γὰρ ἡ ψυχὴ θεολογίας αὔραις μὴ τρεφομένη, νεκροῦται τῆς διανοίας τὴν ἕξιν, μαραίνεται λογισμῶν ἀρρωστίᾳ, ἀτονεῖ πρὸς τὴν τῆς θείας κατανόησιν φύσεως. [3] Ψυχὴ δὲ θεολογίαις τρυφῶσα θάλπει μὲν ἑαυτὴν τῇ τῶν λαλουμένων ζωοποιίᾳ, ἀνθεῖ δὲ τῇ τῶν ἐνθυμημάτων ποιότητι. Ἅλλεται πρὸς οὐρανὸν τῷ φρονήματι καὶ τὸν ἀθέατον θεόν, ὥστε θεαμένη βοᾷ· Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον θεὸν ἀληθινόν. Καλὸν γὰρ τὸ τῆς τῶν πιστῶν θεολογίας εἰς μέσον νῦν προφέρεσθαι μάθημα, ὅτε τῶν τῆς πίστεως ἐγγὺς ἡ νυμφαγωγία χορῶν. ῎Εσται δὲ καὶ τὸ αὐτὸ τοῖς ἤδη νενυμφευμένοις τῆς περὶ τὸν νυμφίον ἀγάπης ὑπόμνησις. [4] Ἡ μὲν οὖν τῶν μυστικωτέρων διήγησις ἐν τοῖς τῆς μυσταγωγίας ἀδύτοις παρὰ τῶν πιστῶν φυλαττέσθω, τὴν δὲ κοινὴν τῆς πίστεως δᾳδουχίαν προθῶμεν.

29 Vgl. Wright 1871, S. 646 f. (Nr. 14c) und Loofs 1905, S. 76–80, hier: S. 79 (Nr. 274). [1] ἡ κιβωτός ] Cf. Gen 6,1–8,19. [2] οὐ – κυρίου ] Am 8,11 [3] μόνον – ἀληθινόν ] Cf. Ioh 17,3.

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

Οὐδὲν γὰρ παρ᾽ ὑμῖν τῆς δογματικῆς θεολογίας κρυπτὸν καὶ μάλιστα νῦν, ὅτε τοῦ τῆς δεσποτικῆς σαρκὸς πλησιάζοντος πάθους αἱ τῶν Ἑλληνικωτέρων ψυχαὶ [fol. 41r/p. 81] ταραττόμεναι καὶ νομίζουσαι τῆς θεότητος τὸ πάθος τυγχάνειν ἀναγκαῖαν ποιοῦσι τὴν τοῦ δόγματος πόμπευσιν. [458] [5] Τίς οὖν ἡ τοῦ δόγματος παίδευσις; Πιστεύω, φησίν, εἰς ἕνα καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν. Πρὸ τῆς νυμφαγωγίας ἄφεσις τέως τοῖς πιστοῖς πολυθέου δουλείας, πρὸ τῆς υἱοθεσίας τέως ὀξυδορκία ψυχῆς καὶ νύμφης χειρόγραφον σώφρονος πρὸς πολλοὺς μὴ ῥεμβομένη νυμφίους. Διόπερ καὶ κέκραγεν· εἰς ἕνα καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν, ἕνα μὲν ὡς ἀριθμῷ μὴ τεμνόμενον, μόνον δὲ ὡς οὐκ ἐκ πολλῶν κατ᾽ ἐξοχὴν ἐκλεγέντα, οὐκ ἐξ ἄλλων μικροτέρων θεῶν εἰς μείζονα προτιμηθέντα θεόν, ἀλλ᾽ ὄντα τῇ φύσει μοναδικόν, ἀληθινὸν δὲ ὡς οὐκ ὄντα γε ἄλλον κατὰ τὴν τῶν παρ᾽ Ἕλλησι ψευδονύμων θεῶν. [6] Εἶτα καὶ τῆς ἀληθινῆς θεότητος ἔνδειξις· πατέρα, φησί, παντοκράτορα, κτίστην πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων ποιημάτων. {Τῆς} τῶν ὑποστάσεων ἐντεῦθεν τῶν τῆς ἁγίας τριάδος ἡ παίδευσις. Κίνδυνος γὰρ οὐ μικρός, μὴ τὴν Ἑλληνικὴν πολυθεΐαν φυγὼν εἰς Ἰουδαϊσμὸν ἐξολισθήσῃ τὰς τῆς μιᾶς θεότητος ἀγνοῶν ὑποστάσεις καὶ περὶ τὴν τοῦ κρείττονος τυφλώττων ἐπίγνωσιν. [7] Ὁ γὰρ μαθὼν δημιουργὸν θεόν, τοῦτον δὲ αὐτὸν μὴ μαθὼν πατέρα τῆς κρείττονος ἐστέρηται γνώσεως καὶ μένει προσκρούων θεῷ, διδοὺς αὐτῷ τὸ μὲν ἔλαττον ἔχειν, τὸ δὲ κρεῖττον οὐκ ἔχειν. Τοῦ γὰρ κτίζειν τὸ γεννᾶν τιμιώτερον, ὅσῳ κτίσεως δούλων υἱὸς τιμιώτερος. Ὅταν δὲ καὶ τοῦτο χωρὶς πάθους [fol. 41v/ p. 82] προσῇ, τὸ τῆς γενέσεως φρικωδέστερον σέβας. [8] Καλὴ δὲ καὶ τῆς τῶν πιστευομένων ἁρμονίας ἡ τάξις προομολογοῦσα πατέρα καὶ τότε δημιουργόν. Πρότερον γὰρ πατὴρ ὁ θεὸς καὶ τότε δημιουργός. [9] Μέχρι τούτων τὴν τοῦ πατρὸς ἐντρυφήσας θεολογίαν πρὸς τὴν τοῦ μονογενοῦς μεταβαίνει. Πιστεύω, φησίν, εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα πρὸ πάντων τῶν αἰώνων, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα. [10] Καίτοι γε κατὰ τὴν σάρκα πεποίητο· ἀλλ᾽ ἐπειδὴ διπλοῦς ὁ υἱὸς καὶ κτιστὸς καὶ ἄκτιστος, εἶπον τὴν κοινὴν ἀμφωτέρων προσηγορίαν, τουτέστιν ὁ υἱός. Πρότερον γὰρ γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί. Σκόπει μοι τὴν τῶν ῥημάτων ἀκρίβειαν· οὐκ εἰπέ· Πιστεύω καὶ εἰς ἄλλον θεόν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ. Τῆς γὰρ αὐτῆς ὑποστάσεως σημαντικὸν τοῦ υἱοῦ. Θεὸς ὢν τὴν τῆς θεολογίας εἶναι κοινωνίαν δεικνύει. Υἱὸς γάρ ἐστιν, Ἄρειε, καὶ οὗτος μονογενής. Υἱὸς φιλοπάτωρ φιλοτέκνου γεννήτορος. [459]

[5] χειρόγραφον ] χειρογράφου cod. | supplevi. comm.). [7] τοῦτο ] τὸ cod.

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τῆς2 delendum est (cf.

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[11] Υἱὸς πρὸς τὸν πατέρα βοῶν· Πάτερ, »τὰ ἐμὰ πάντα σά ἐστι« καὶ παρὰ τοῦ πατρὸς ἀντακούων· »Καὶ τὰ σὰ ἐμά«. Πανταχοῦ ἰσότης, πανταχοῦ ὁμοιότης, πανταχοῦ μία θεότης. »Ἐγὼ« γὰρ »καὶ ὁ πατὴρ ἕν ἐσμεν« τῇ θεότητι καὶ τῇ ἐνεργείᾳ. Διὸ οὐδὲ ἀδοξότερος τοῦ πατρὸς ὁ υἱὸς συμβασιλεύων, ἀλλ᾽ ὁμότιμος καθελὼν τῆς ἰδίας βασιλείας τὸν ἀντίπαλον καὶ διὰ τῆς αἰχμαλώτου ἡμῶν φύσεως {σκυλεύσαντος} τὸν τὴν κτίσιν σκυλεύσαντα. [12] Διὰ τοῦτο τῆς τοῦ υἱοῦ θεότητος πρότερον ἡ [fol. 42r/p. 83] νύμφη πολυπλασιάζει τὸν ὕμνον καὶ τότε τῆς καθ᾽ ἡμᾶς οἰκονομίας, τὰ πάθη δεῖξαι βουλομένη τὴν ἀνυπέρβλητον αὐτῆς δόξαν, ὅτι οὐκ ὤκνησε τῆς ἡμετέρας φύσεως ἀναλαβεῖν ὁμοιότητα οὐδὲ τὴν στρατιωτικὴν ἀναλαβεῖν πανοπλίαν ἀρχιστράτηγος πάσης τυγχάνων δυνάμεως. Τρέχει που καὶ βασιλεὺς εἰς παράταξιν στρατιωτικῇ πανοπλίᾳ ἀντ’ ἀλουργίδος ὠχυρωμένος, περιβόητον τῆς βασιλείας ποιούμενος τὸν πρὸς αὐτὸν ὕμνον. Ὡς ἐν θρόνῳ τοιούτῳ στρατιωτικοὺς ὑπὲρ τῶν ὑπηκόων ἀνελόμενος πόνους καὶ τῆς ἰδίας βασιλείας μὴ ἀπολέσας τὴν ἀξίαν, ὅθεν καὶ μαρτυρεῖ τὸ ἐπαγόμενον· τὸν δι᾽ ἡμᾶς κατελθόντα καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ ἐνανθρωπήσαντα καὶ σταυρωθέντα ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ. [13] Παρέρχεται γὰρ ἡ ταφὴ καὶ δευτέραν καὶ τρίτην ἡμέραν, ἵνα μὴ φάντασμα τὸ λουτρὸν νομίζηται. Ἀλλ᾽ ὅρα, πιστέ, μή σε τὸ τῆς σαρκώσεως καὶ τοῦ σταυροῦ καὶ τῆς ταφῆς ταραττέτω ὡς τὴν τῆς θεότητος ἀλλοιοῦν ἀτρεπτότητα ἢ κατάγον εἰς πάθος τὴν ἀπάθειαν. Ἔχεις γὰρ προφυλακτικὸν δεῖγμα ἐν τοῖς ἔμπροσθεν τὸ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν. Tὸ γὰρ Ἰησοῦς καὶ Χριστὸς οἰκονομίας τῆς πρὸς ἡμᾶς σημαντικόν, ὡς τῆς θεότητος ἀπαθοῦς οὔσης, τῆς δὲ σαρκὸς παθητής. [14] Διὰ τοῦτο οὐ λέγει ἁπλῶς τὸ τῆς πίστεως μάθημα· Πιστεύω καὶ εἰς τὸν θεὸν λὸγον, ἀλλὰ καί· Πιστεύω εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ. Ἐπειδὴ γὰρ ἤμελλεν ἐπάγειν σταυρὸν καὶ ταφήν, [fol. 42v/p. 84] τὸ κεχωρισμένον τῆς οὐσίας τῆς θείας ἀφίησιν ὄνομα καὶ λέγει τὸ τῆς ἀνθρωπότητος κοινὸν καὶ θεότητος τὸν υἱόν, ἵνα σοι τῶν λεγομένων ὁ νοῦς ἐπὶ τῆς κοινῆς ἐπαμφοτερίζων ὀνομασίας ἀσφαλῆ σοι παρέχοι τῶν λεγομένων διάκρισιν. [15] Ἀλλ᾽ ἵνα μὴ τῷ τῆς φιλανθρωπίας ὀνόματι πεποιθὼς πρὸς ῥαθυμίαν κατάγῃ, τῇ τῆς κρίσεως εὐθὺς ἀφυπνίζει σε μνήμῃ· τὸν δι᾽ ἡμᾶς, φησί, σταυρωθέντα καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ. Εἶτα τὴν ῥαθυμίαν

[11] τὰ ἐμά – ἐστι et καὶ τὰ σὰ ἐμά ] Ioh 17,10 | ἐγώ – ἐσμεν ] Ioh 10,30 [12] ὅτι – ὁμοιότητα ] Cf. Phil 2,8. [11] σκυλεύσαντος delendum est (cf. comm.). [12] στρατιωτικήν ] –ωτι– suppl. supra lineam. | πανοπλίαν ] ση[μείωσαι] add. in mg. [13] ἐν τοῖς ἔμπροσθεν suppl. in mg.

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Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

εὐθὺς ἀφυπνίζων· καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ πάλιν ἐρχόμενον κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς. [460] [16] Καὶ ἐπειδὴ τῆς παραδόξου ταύτης ἐγέρσεως τὸ πνεῦμα δημιουργόν, ἐπάγει· Πιστεύω καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον. Κἂν τρίτον τῇ τάξει τῶν ῥημάτων, ἀλλὰ γοῦν συμπρωτεῦον τῇ τοῦ πατρὸς καὶ υἱοῦ θεότητι, ὡς συνεργὸν πάσης τῆς κτίσεως καὶ οὐχ ὑπουργὸν ἐν τῇ τοῦ πατρὸς καὶ υἱοῦ θεότητι. »Τῷ λόγῳ« γὰρ »κυρίου οἱ οὐρανοὶ ἐστερεώθησαν καὶ τῷ πνεύματι τοῦ στόματος αὐτοῦ πᾶσαι αἱ δυνάμεις« τῶν οὐρανῶν. Διὰ τοῦτο συνήνωται τῇ τάξει· τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμβασιλεῦον καὶ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον. [17] Εἶτα καὶ τῆς ἀρχαίας τοῦ πνεύματος κυριότητος ἔνδειξις· τὸ λαλῆσαν, φησί, διὰ τῶν προφητῶν, καθὼς βοᾷ Ἡσαΐας· »Κύριος ἀπέσταλκέ με καὶ τὸ πνεῦμα αὐτοῦ« καὶ ὁ Παῦλος φησί· »Τὸ δὲ πνεῦμα πάντα ἐρευνᾷ, καὶ τὰ βάθη τοῦ θεοῦ« ὡς τῆς αὐτῆς οὐσίας ἴσον τυγχάνον· »Ἐνεργεῖ γὰρ ταῦτα πάντα τὸ ἓν [fol. 43r/p. 85] καὶ τὸ αὐτὸ πνεῦμα, διαιροῦν ἰδίᾳ ἑκάστῳ, καθὼς βούλεται«, οὐ καθὼς κελεύεται. [18] Ἀλλ᾽ ὅρα, μὴ τὸν τῶν ὑποστάσεων ἀριθμὸν ἀκροώμενος ἐξολισθήσῃς περὶ τὴν μίαν θεότητα καταμερίζων εἰς μικρὰν καὶ μέγαν καὶ ἀποστελλόμενον καὶ ὑποτακτικὸν καὶ γένῃ παραβάτης τῶν προωμολογημένων. Ὡμολόγησας γὰρ ἐν τοῖς ἔμπροσθεν· Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν. Εἷς γὰρ θεός, εἰ καὶ τρεῖς ὑποστάσεις. [19] Οὐδὲ γὰρ τὸ φῶς ἐν ποταμῷ καὶ πηγῇ δεικνύμενον τὸ τοῦ ἡλίου διπλασιάζει μοναδικόν, οὐδὲ τὸ τῆς πηγῆς ὕδωρ ἐν ποταμοῖς προϊὸν τῇ φύσει τοῦ αὐτοῦ ὕδατος μεμέρισται. Ὁ γὰρ ὁρῶν τὴν τῶν ποταμῶν καθαρότητα ἐπιγνώσεται καὶ τὴν τῆς πηγῆς ὁμοιότητα· καὶ κἂν ταῖς τῶν ποταμῶν ὀνομασίαις αἱ ὑποστάσεις ἐκ τῆς πηγῆς διῇρηνται, ἀλλ᾽ ὅμως τῇ ταυτότητι τοῦ ὕδατος ἴσαι τῆς πηγῆς τυγχάνουσι μίαν ἔχουσαι τὴν τοῦ ὕδατος φύσιν. Καὶ τῆς ψυχῆς δὲ ἡ φύσις, κἂν λογικὴ καὶ ζωτικὴ τυγχάνῃ, ἀλλ᾽ ὅμως τῇ ἑνότητι τοῦ σώματος ἡ προσηγορία τοῦ ἀνθρώπου μοναδική. [20] Πιστεύω, φησίν, εἰς μίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν. Τοῦτο γὰρ τοῖς ἔννοιαν οὐκ εἰδόσι νομίζεται περιττόν. Τοῖς γὰρ διδασκομένοις τὴν θεολογίαν ποιεῖσθαι μίαν τὸ τῆς ἐκκλησίας μοναδικὸν ἀναγκαῖον. Εἰ γὰρ τῇ τῆς

[16] τῷ λόγῳ – οὐρανῶν ] Ps 32 (33),6 v. l. Cf. etiam Rahlfs 1931, app. ad loc. [17] κύριος – αὐτοῦ ] Ies 48,16 | τὸ δέ – θεοῦ ] I Cor 2,10 v. l. (ἐρευνᾷ pro ἐραυνᾷ alibi saepe invenitur. Cf. etiam infra comm.) | ἐνεργεῖ – βούλεται ] I Cor 12,11 v. l.(Ordo verborum ἐνεργεῖ γὰρ ταῦτα πάντα τὸ ἕν alibi non inveni.) [20] εἷς – βάπτισμα ] Cf. Eph 4,5. [17] βούλεται, οὐ καθὼς κελεύεται ] -λεται οὐ καθὼς κε- suppl. in mg. [18] μικράν ] μικρόν cod.

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τριάδος ὀνομασίᾳ διῄρητο ἡ θεότης, χρεία ἑκάστῳ ἰδίας ἐκκλησίας. Ἀλλ᾽ ἐπειδὴ εἷς θεὸς καὶ μία πίστις καὶ ἓν βάπτισμα, διὰ τοῦτο καὶ μία καθολικὴ [fol. 43v/ p. 86] ἐκκλησία. [461] [21] Τῶν γὰρ Ἑλλήνων ἡ πολύθεος πλάνη οὐ τὸν τοῦ Κρόνου τὸν αὐτὸν ναὸν καὶ τοῦ Διὸς ἔχει, οὐδὲ τὸν τῆς Ἥρας ὡσαύτως καὶ τῆς Ἀθηνᾶς, ἀλλ᾽ ἐνταῦθα τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος μία θεότης, μία πίστις, μία ἐκκλησία. [22] Διὰ τοῦτο καὶ τῆς εὐχῆς κοινὸν ἡμῖν σωτηρίας ἐνεστήσατο ὕμνον τὸ λέγειν ἡμᾶς· »Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς, ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου. Ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου.« Ἀλλὰ τοῦτο ἐπὶ τῆς τοῦ υἱοῦ κεῖται παρουσίας τὸ »Ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου«. Πλὴν ὅμως οὐ διῄρηται ἡ δόξα, ἐπειδὴ κοινὴ πᾶσιν ἡ σωτηρία δέδοται. Ἥνωται γὰρ ἡ θεότης ἐν τῇ ἰδίᾳ δυνάμει χωρισμὸν μὴ δεχομένη. [23] Ἀλλὰ καὶ τῷ πνεύματι τῷ ἁγίῳ ἐλθόντι ἐν εἴδει περιστερᾶς ἐπὶ τὴν σωτήριον τοῦ Ἰορδάνου βάπτισιν τὸ αὐτὸ ῥητὸν ἁρμόζει. Πρὸς ἡμᾶς δὲ αὐτοὺς μία καὶ κοινὴ ἡ τῆς τριάδος πατρικὴ συμπάθεια διαφορὰν δόξης μὴ ἔχουσα, ὡς εἶναι τὸ ἓν καὶ τὸ αὐτὸ πνεῦμα ἐν τῇ τοῦ πατρὸς καὶ υἱοῦ θεότητι. »Πνεῦμα« γὰρ »ὁ θεός, καὶ τοὺς προσκυνοῦντας αὐτὸν ἐν πίστει καὶ ἀληθείᾳ δεῖ προσκυνεῖν«, καθὼς καὶ τὸ τῆς πίστεως μάθημα μαρτυρεῖ· Τὸ πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον. [24] Καὶ ἵνα μάθῃς, ὅτι τὸ αὐτὸ καὶ ἐν τῷ υἱῷ τυγχάνει, ἄκουε Παύλου λέγοντος· »Ἐξαπέστειλεν ὁ θεὸς τὸ πνεῦμα τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ εἰς τὰς καρδίας ἡμῶν, κράζον· Ἀββᾶ ὁ πατήρ.« Διὰ τοῦτο καὶ ὁ τῶν ἀποστόλων χορὸς μίαν τῇ τριάδι δοξολογίαν ἀναφέρων ἐν τῇ τοῦ προδότου Ἰούδα ἀπωλείᾳ καὶ τῇ ἀναδείξει τοῦ ὑστεροῦντος τόπου ἐβόα ὠς [fol. 44r/p. 87] δι᾽ ἑνὸς στόματος »Κύριε«, φησί »καρδιογνῶστα πάντων«, οὐκ ἐκβάλλοντες τὸν υἱὸν τῆς θεότητος οὐδὲ τὸν πατέρα χωρίζοντες ἀπὸ τοῦ ἁγίου πνεύματος. Ἀλλὰ τὸ εἰπεῖν· »Κύριε καρδιογνῶστα πάντων« τὴν θεότητα μοναδικὴν ἀποδείκνυται, ὡς καὶ τοῖς πιστοῖς ἐντέλλεται φάσκων ὅτι· »Πιστεῦσαι δεῖ τὸν προσερχόμενον τῷ θεῷ ὅτι ἔστι.« [25] Σοφοὶ τοίνυν προΐωμεν τῇ τῶν δογμάτων ὑψηλότητι ἀτρέπτως τὴν δεσποτικὴν θεότητα ὑμνοῦντες βοῶμεν μοναδικῶς· »Ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου. Ἁγιασθήτω τὸ ὄνομά σου.« Μήποτε ὡς ἑτερόδοξοι φανῶμεν ἐν τῇ πολυπραγμονήσει τῆς πίστεως σμικρύνοντες τὸν ἀμερῆ καὶ ἀμείωτον, καὶ ἀκούσωμεν· »Δι᾽ ὑμᾶς βλασφημεῖται ἐν τοῖς ἔθνεσι τὸ ὄνομά μου.« Πρέποντες ὦμεν τῇ τοῦ

[22] πάτερ – σου1 ] Mt 6,9 [23] ἐλθόντι – βάπτισιν ] Cf. Mc 1,10 parr. | πνεῦμα2 – προσκυνεῖν ] Ioh 4,24 v. l. (ἐν πίστει καὶ ἀληθείᾳ alibi non invenitur; cf. I Tim 2,7). [24] ἐξαπέστειλεν – πατήρ ] Gal 4,6 | ἐν2 – τόπου ] Cf. Act 1,18. | κύριε – πάντων ] Act 1,24 | πιστεῦσαι – ἔστι ] Heb 11,6 v. l. (Cf. infra comm.) [25] δι᾽ ὑμᾶς – μου ] Rom 2,24 v. l. (Ordo verborum alibi non invenitur); cf. Is 52,5. | κύριε – ὀνομάζομεν ] Is 26,13 = Od 5,13 [23] Ἰορδάνου ] Ἰουδάνου cod.

[24] ἀποδείκνυται ] ἀποδεικνῦντας cod.

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γένους ἀξίᾳ. Ἑνὶ συντεταγμένοι θεῷ φάσκομεν πρὸς αὐτόν· »Κύριε, ἐκτός σου ἄλλον οὐκ οἴδαμεν, τὸ ὄνομά σου ὀνομάζομεν.« Αὐτῷ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν. [462] 3.2 Übersetzung Von demselben Basileios, dem Erzbischof von Seleuk Über das Glaubensbekenntnis [1] Klein ist zwar für euch die Arche der kirchlichen Rechtgläubigkeit, aber indem sie jene große [Arche] Noahs nachahmt, erweist sie sich im Vergleich der Konstruktionen nicht als minderwertig. Jene fuhr auf dem Wassermeer allenthalben im Kreis, diese durchpflügt die Gischt der wilden Häretiker. Jene bevölkerten springende Herden, diese wird umschwärmt von den wilden Tieren der Gottlosigkeit. Jene verrottete unter dem Gestank der Vögel, diese kämpft mit dem schlechten tierischen Geruch der Häretiker. [2] Deswegen habe ich heute auch wieder Lust auf die Labsal der Dogmatiker.30 Denn wahrlich eine Labsal für die Seele ist das Bankett der Lehren derer, die von Gott sprechen. Jedesmal nämlich, wenn der Herr aller Dinge der jüdischen Geschlechter wegen unwillig wurde, strafte er sie mit dem Hunger nach der Gottesrede und rief den Juden durch die Propheten zu: „Ich will Hunger über euch kommen lassen, nicht Hunger nach Brot und nicht Durst nach Wasser, sondern Hunger nach dem Hören des Wortes des Herrn.“ Denn die Seele vergeht, wenn sie nicht durch die Brisen der Gottesrede genährt wird, sie stirbt im Hinblick auf Verstandeskraft, sie kränkelt an der Schwäche der Gedanken, sie hat keine Kraft zur geistigen Betrachtung der göttlichen Natur. [3] Die Seele aber, die sich an den Gottesreden labt, stärkt sich zum einen selbst durch die lebensschaffende Kraft der Aussprüche und blüht zum anderen durch die Qualität der Schlussfolgerungen. Sie springt in Gedanken zum Himmel und zu dem unschaubaren Gott, so dass sie in [seinem] Anblick ruft: Ich glaube an einen einzigen und alleinigen wahren Gott. Denn es ist schön, dass jetzt die Lehre der Gottesrede der Gläubigen in [unsere] Mitte gebracht wird, wo der Brautzug der Chöre des Glaubens nahe ist. Genau dasselbe wird die Erwähnung der Liebe zum Bräutigam denen sein, die bereits verheiratet sind. [4] Die Darlegung der geheimnisvolleren Dinge also soll zwar von den Gläubigen an den unzugänglichen Orten der Mystagogie bewacht werden, den allgemeinen Fackelzug des Glaubens wollen wir aber offen darlegen. Denn nichts

30 Dass δογματικῶν hier eher substantivisch-personal zu übersetzen ist, ergibt sich aus dem folgenden Satz.

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von der dogmatischen Gottesrede ist bei euch verborgen und am allerwenigsten jetzt, wenn beim Nahen des Leidens des Fleisches des Herrn die Seelen derer, die noch recht hellenisch gesinnt sind, verwirrt werden und sie glauben, dass das Leiden die [463] Gottheit betrifft, und so die Lehre notwendig in aller Öffentlichkeit der Lächerlichkeit preisgeben. [5] Worin besteht also der Unterricht in der Lehre? Ich glaube, heißt es, an einen einzigen und alleinigen wahren Gott. Vor dem Brautzug wird den Gläubigen erst eine Entlassung aus der polytheistischen Sklaverei [gewährt], vor der Adoption erst Scharfsichtigkeit der Seele und eine Urkunde der züchtigen Braut, dass sie nicht zwischen vielen Bräutigamen geschwankt hat. Deswegen auch rief sie laut: an einen einzigen und alleinigen wahren Gott: zum einen einzig, weil er nicht der Zahl nach unterteilt ist, zum anderen alleinig, weil er nicht als Hervorragendster aus einer Vielzahl ausgewählt wurde; nicht einen Gott, der aus anderen, kleineren Göttern zu einem besseren befördert worden wäre, sondern den, der von Natur aus einzigartig ist; wahr aber, weil kein anderer existiert neben der der bei den Hellenen fälschlich so genannten Götter. [6] Sodann [findet sich] auch eine Darlegung der wahren Gottheit: den Vater, heißt es, den Allmächtigen, den Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren gemachten Dinge. Hier ist also der Unterricht in den Hypostasen der heiligen Trinität. Denn es besteht die nicht geringe Gefahr, dass einer, der vor der hellenischen Vielgötterei flieht, in den Judaismus abgleitet, weil er die Hypostasen der einen Gottheit nicht kennt und blind ist im Hinblick auf die Erkenntnis dessen, was besser ist. [7] Denn wer Gott, den Bildner, kennt, eben diesen aber nicht als Vater kennt, ist der besseren Erkenntnis verlustig gegangen und bleibt Gott gegenüber ein Anstoß, indem er ihm zwar die geringere Eigenschaft, nicht aber die bessere Eigenschaft zugesteht. Denn wenn das Zeugen wertvoller ist als das Schaffen, um wieviel ist dann ein Sohn wertvoller als die Schöpfung von Sklaven! Wenn er dies außerdem ohne Beteiligung von Gemütsregungen zu vollbringen imstande ist, ist die Majestät der Zeugung noch ehrfurchtgebietender.31 [8] Schön ist aber auch die Anordnung in der Harmonie der Glaubensgegenstände, indem der Vater zuerst bekannt wird und dann der Bildner. Denn Gott ist zuerst Vater und dann [erst] Bildner. [9] Wer sich bis hierhin an der Gottesrede über den Vater erfreut hat, geht [nun] zur [Gottesrede] über den Einziggeborenen über. Ich glaube, heißt es, an einen einzigen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, den Einziggeborenen, der aus dem Vater vor allen Zeiten gezeugt wurde, wahrer Gott von wahrem Gott, gezeugt, nicht gemacht.

31 Der Text könnte hier gestört sein.

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[10] Und doch wurde er dem Fleische nach gemacht; aber da der Sohn in doppelter Weise geschaffen und ungeschaffen ist, nannte ich die beidem gemeinsame Bezeichnung, das heißt: „Sohn“. Denn [es heißt] zunächst: gezeugt, nicht [464] gemacht, eines Wesens mit dem Vater. Achte mir auf die genaue Wortwahl! Sprich nicht: Ich glaube auch an einen anderen Gott, seinen Sohn. Denn die Bezeichnung „Sohn“ bezieht sich auf dieselbe Hypostase [wie „Vater“]. Indem [auch] er Gott ist, zeigt er, dass die Gottesrede [für Vater und Sohn] gemeinsam gilt. Denn Sohn ist er, oh Areios, und dieser ist einziggeboren. Der Sohn, der den Vater liebt, ist [Sohn] des Erzeugers, der sein Kind liebt. [11] Der Sohn ruft zum Vater: Vater, „alles, was mein ist, ist dein“, und hört wiederum vom Vater: „Und was dein ist, ist mein.“ Allenthalben Gleichheit, allenthalben Ähnlichkeit, allenthalben eine Gottheit. Denn „ich und der Vater sind eins“ der Gottheit und der Wirkkraft nach. Deswegen ist der mitregierende Sohn auch keineswegs geringer an Herrlichkeit als der Vater, sondern der ist gleich an Ehre, der den Widersacher seiner eigenen Königsherrschaft und den, der die Schöpfung geplündert hat, indem er unsere Natur gefangen setzte, vernichtet hat. [12] Deswegen vervielfacht auch die Braut 32 zunächst den Hymnus auf die Gottheit des Sohnes und [erst] dann auf unsere Heilsgeschichte und will uns so die Leiden als ihre unübertreffliche Herrlichkeit zeigen, weil er33 weder davor zurückschrak, die Ähnlichkeit mit unserer Natur auf sich zu nehmen, noch als Heerführer, der über alle Macht verfügt, die Kriegsrüstung anzulegen. Auch ein König läuft ja gesichert mit der Kriegsrüstung statt der Purpurrobe zur Schlachtreihe, er macht den ihm gewidmeten Hymnus zu einem, der seine Königsherrschaft feiert. Als [säße er] auf einem solchen Thron, hat er die militärischen Mühen um seiner Untertanen willen auf sich genommen und [doch] die Würde der eigenen Königsherrschaft nicht verloren, weshalb auch das Folgende bezeugt: der um unsertwillen herabgekommen ist und Fleisch geworden ist vom Heiligen Geist und Maria der Jungfrau und Mensch geworden ist und um unsertwillen gekreuzigt wurde unter Pontius Pilatus und begraben wurde und am dritten Tage auferstand. [13] Denn das Grab dauert am zweiten und dritten Tag an, damit das Taufbad nicht für eine Einbildung gehalten werde. Doch schau, Gläubiger, die [Erwähnung] der Fleischwerdung, des Kreuzes und des Grabes soll dich nicht verwirren, als ob [dies] die Unveränderlichkeit der Gottheit beeinträchtige oder die Leidenslosigkeit in Leiden überführe. Denn du besitzt ein prophylaktisches Beispiel in den vorangestellten [Worten]: an einen einzigen Herrn Jesus Christus. Denn der

32 Gemeint ist die Kirche; vgl. auch den Kommentar. 33 Subjekt muss hier der Sohn sein.

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[Ausdruck] „Jesus“ und „Christus“ bezeichnet die Heilsgeschichte im Hinblick auf uns, wobei die Gottheit leidenslos ist, das Fleisch aber Leiden empfindet. [14] Deswegen sagt auch die Glaubenslehre nicht einfach: „Ich glaube auch an Gott das Wort“, sondern auch: Ich glaube an einen einzigen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes. Denn da sie dabei war, das Kreuz und das Grab anzuführen, [465] übergeht sie den separaten Namen für das göttliche Wesen und nennt [stattdessen] das, was Menschheit und Gottheit gemeinsam ist, den Sohn, damit das Gesagte, indem es dem Sinn nach wegen der gemeinsamen Bezeichnung eine doppelte Bedeutung enthält, dir eine sichere Differenzierung in dem, was gesagt ist, ermöglicht. [15] Aber damit du nicht, überredet durch den Begriff der Menschenliebe, in die Trägheit hinabgleiten mögest, weckt [die Glaubenslehre] dich sogleich durch die Erwähnung des Gerichts wieder auf: um unsertwillen, heißt es [zunächst], gekreuzigt und begraben und auferstanden am dritten Tag. Sodann weckt sie sogleich die Trägheit auf: aufgefahren in den Himmel; er kommt wieder um Lebende und Tote zu richten. [16] Aber da der Geist der Urheber dieser wunderbaren Auferweckung ist, fügt [die Glaubenslehre] hinzu: Ich glaube auch an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender, der aus dem Vater hervorgegangen ist. Auch wenn er in der Reihenfolge des Textes an dritter Stelle steht, hat er doch mit der Gottheit von Vater und Sohn gemeinsam den ersten Rang inne, weil er ein Mitarbeiter an der gesamten Schöpfung und der Gottheit von Vater und Sohn nicht zu Diensten ist. Denn „durch das Wort des Herren wurden die Himmel befestigt und durch den Geist seines Mundes alle Mächte der Himmel“. Deswegen wurde in der Ordnung mit angefügt: der mit dem Vater und dem Sohn gemeinsam regiert und angebetet und verherrlicht wird. [17] Dann [folgt] auch ein Beweis des Alters der Herrschaft des Geistes: der, heißt es, durch die Propheten gesprochen hat, wie Jesaja ruft: „Der Herr hat mich gesandt und sein Geist“ und Paulus sagt: „Der Geist ergründet alles, auch die Tiefen Gottes“, weil er dasselbe Wesen besitzt. „Denn alles bewirkt ein und derselbe Geist, einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will,“ nicht: wie er geheißen wird. [18] Doch sieh zu, dass du nicht, wenn du auf die Zahl der Hypostasen achtest, im Bezug auf die eine Gottheit fehlgehst, indem du sie in eine kleine und eine große unterteilst, in etwas Ausgesandtes und Untergeordnetes und so gegen die zuvor bekannten [Worte] verstößt. Denn du hattest in den vorherigen [Worten] bekannt: Ich glaube an einen einzigen und alleinigen wahren Gott. Denn einer ist Gott, wenn auch drei Hypostasen. [19] Denn nicht verdoppelt das Licht, welches sich in Fluss und Quelle spiegelt, die Einfachheit der Sonne, und nicht teilt sich das Wasser, das aus einer

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Quelle in Flüssen herauskommt, hinsichtlich der natürlichen Identität des Wassers. Denn wer die Reinheit der Flüsse sieht, wird auch die ähnliche [Beschaffenheit] der Quelle erkennen; und auch wenn die Hypostasen der Flüsse in ihrer Benennung von der Quelle unterschieden werden, sind sie doch zugleich durch die Identität des Wassers gleich und besitzen die eine Natur des Wassers. Und die Natur der [466] Seele, auch wenn sie vernunftbegabt und lebendig ist, ist doch zugleich aufgrund der Einheit mit dem Körper der einzige [angemessene] Name für das Menschsein. [20] Ich glaube, heißt es, an eine einzige katholische und apostolische Kirche. Denn dies wird von denen, die den Sinn nicht verstehen, für überflüssig gehalten. Denn für die, denen beigebracht wurde, von Gott als einem einzigen zu sprechen, ergibt sich die Einzigkeit der Kirche zwingend. Wenn allerdings die Gottheit durch die Nennung der Dreizahl auseinandergerissen wird,34 könnte daraus für jede [Person] notwendig eine eigene Kirche folgen. Aber da es einen einzigen Gott, einen einzigen Glauben und eine einzige Taufe [gibt], deswegen wird auch die Kirche eine „einzige katholische“ [genannt]. [21] Denn der polytheistische Irrtum der Hellenen hat nicht denselben Tempel für Kronos und Zeus und ebensowenig für Hera und Athene; hier jedoch [gibt es] eine einzige Gottheit für Vater, Sohn und Geist, einen einzigen Glauben, eine einzige Taufe. [22] Deswegen beginnen wir auch den uns gemeinsamen Gebetshymnus für die Rettung mit den Worten: „Unser Vater in den Himmeln, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.“ Diese [Worte] „Dein Reich komme“ beziehen sich allerdings auf die Wiederkunft des Sohnes. Doch wird dabei die Herrlichkeit nicht auseinandergerissen, da die Rettung allen gemeinsam eigen ist. Denn geeint ist die Gottheit, wenn sie in der eigenen Macht keine Trennung zulässt. [23] Aber dieselbe Bemerkung passt auch auf den Heiligen Geist, der in Gestalt einer Taube auf die heilsbringende Taufe im Jordan gekommen ist. Im Hinblick auf uns selbst aber besitzt das eine gemeinsame väterliche Wohlwollen der Dreiheit keine unterschiedliche Herrlichkeit, so dass der Geist in der Gottheit von Vater und Sohn ein und derselbe ist. Denn „Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Glauben und in der Wahrheit anbeten“, wie auch die Glaubenslehre bezeugt: der Geist, der aus dem Vater hervorgegangen ist. [24] Und damit du lernst, das derselbe Geist auch im Sohn vorhanden ist, höre, wie Paulus sagt: „Gott hat den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, [den Geist], der ruft: Abba, Vater.“ Deswegen brachte auch der Chor der Apostel der Trinität beim Untergang des Verräters Judas und der Zurschaustel-

34 Gemeint ist wohl: von den arianischen Häretikern im Sinne ihrer heterousianischen Lehre.

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lung seines Unterleibs einen einzigen Lobpreis dar und rief wie aus einem Mund: „Herr“, heißt es, „der du die Herzen aller kennst“, wobei sie weder den Sohn aus der Gottheit verstießen, noch den Vater von dem Heiligen Geist abtrennten. Sondern die Worte: „Herr, der du die Herzen aller kennst“ erweisen die Gottheit als einzig, wie auch er den Gläubigen befiehlt, welcher sagt: „Denn wer zu Gott kommen [will], muss glauben, dass er ist.“ [467] [25] Weise also wollen wir zu den erhabenen Lehren hinzutreten und dabei unverändert die Gottheit des Herrn besingen und einmütig rufen: „Dein Reich komme. Dein Name werde geheiligt.“ Niemals wollen wir wie die Anderslehrenden reden, die in der naseweisen Beschäftigung mit dem Glauben den Unteilbaren und Unverminderbaren klein machen, noch wollen wir hören: „Euretwegen wird mein Name unter den Völkern gelästert.“ Wir wollen der Würde unseres Geschlechts angemessen sein. Indem wir uns dem einen Gott unterordnen, sprechen wir zu ihm: „Herr, außer dir kennen wir keinen anderen, wir nennen deinen Namen.“ Ihm sei Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.

3.3 Quellen, Parallelen, Kommentar Zur Kommentierung des Symbols vgl. unten Abschnitt 3.6. [1] Zur durchaus traditionellen Typologie Arche-Kirche vgl. Schmidtke 1950, S. 600; Dassmann 2004, S. 1004 f. An der vorliegenden Stelle könnte das Bild durch die Lektüre von (Pseudo-)Didymos, De trinitate 2,14 angeregt sein. Vgl. z. B. PG 39:696A: […] καὶ ἡ κιβωτὸς αὐτή, σώσασα τοὺς ἐν αὐτῇ εἰσφρήσαντας, εἰκὼν τῆς σεπτῆς ἐτύγχανεν Ἐκκλησίας καὶ τῆς ἐντεῦθεν ὑπαρχούσης ἡμῖν ἀγαθῆς ἐλπίδος […] (freundlicher Hinweis Maria Munkholt Christensen). [2] δογματικῶν ] Hier einerseits die Künder der rechten Lehre im Allgemeinen (im Unterschied zu den Häretikern), andererseits aber auch die Vertreter der (rechten) Trinitätslehre. Vgl. dazu auch unten zu [4]. [2] θεολογίας ] Vgl. unten Kommentar zu [4]. [2] πρός2 – φύσεως ] Vgl. Gregor von Nyssa, Contra Eunomium 3,10,48 (292,27–28 J.): […] ἐπεὶ καὶ πρὸς ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους ἔστι τι κοινὸν τῆς θείας φύσεως κατανοῆσαι, […]. Ders., De mortuis non esse dolendum (ed. Heil 1967, 35,23–24). [3] θεολογίαις ] Vgl. unten Kommentar zu [4]. [3] ζωοποιίᾳ ] Das Substantiv ζωοποιία ist selten und bis zum 4./5. Jahrhundert sonst fast nur in neuplatonischem Kontext (Jamblich, Proklos) belegt; vgl. aber Theophrast, De causis plantarum 5,18,2 (Wimmer 1866, 289,40). [3] τῇ τῶν ἐνθυμημάτων ποιότητι ] Junktur sonst nur nachweisbar bei Sopater, Scholia ad Hermogenis status seu artem rhetoricam (Walz 1833, 163,11–

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13): […] τὸ γὰρ εἶδός ἐστι μόνον τὸ διαλλάττον, καὶ διάφορον ποιότητα ἐνθυμημάτων παρέχον, κεφάλαιον δὲ οὐκ ἔστι. [468] [3] τὸν ἀθέατον θεόν ] Zur Junktur vgl. Pseudo-Johannes Chrysostomos (= Nestorios?), In assumptionem domini Z. 30 f. (Baur 1953, 117): Παρακάλυμμα πεποίηται τὴν ἡμετέραν φύσιν τῆς ἀθεάτου θεότητος· […]. Ferner (Pseudo-) Didymos, De trinitate 3,18 (PG 39:884D): Ἡ ὑμῖν καὶ πάσῃ διανοίᾳ ἀθέατος θεότης, μείζων τῆς ὁρωμένης συγκαταβάσεώς μου ὑπάρχει. Johannes Chrysostomos, Contra Anomoeos 3,267 f. (SC 28bis, 208 Malingrey): […] καὶ δείξωμεν ὅτι καὶ ταῖς ἄνω δυνάμεσιν ἀθέατός ἐστιν ὁ Θεός, […]. Theodoretus, De sancta trinitate 1,11 (PG 75:1164A): πιστεύομεν γὰρ ἀθέατον καὶ ἀπερινόητον εἶναι τὸν τῶν ὅλων Θεόν· […]. [3] πιστεύω – ἀληθινόν ] Zur im Folgenden zitierten Symbolform vgl. unten Abschnitt 3.6. [3] ὅτε – χορῶν ] Gemeint sind die Taufbewerber, deren Taufe unmittelbar bevorsteht. [4] Offenbar spielt der Verfasser zunächst darauf an, dass das Glaubenssymbol und die damit einhergehenden mystagogischen Erläuterungen nicht niedergeschrieben, sondern im Herzen zu bewahren seien (dazu zahlreiche Belege bei Kinzig 2011, S. 17 [Anm. 54] [ = Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 340 (Anm. 54); englische Fassung].) Dementsprechend bietet er im Folgenden auch keine ausgefaltete Mystagogie (die liturgisch eher in der Osterwoche zu suchen wäre),35 sondern konzentriert sich auf die Trinitätslehre, die δογματικὴ θεολογία. Θεολογία ist dabei oben (in [2]–[3]) noch allgemein gebraucht, wird hier nun aber im Sinne von trinitarischem Denken verwendet (so auch unten in [9], [10], [20]; vgl. zu dieser Begriffsentwicklung z. B. Schwöbel 2005, Abschnitt I 1–3). Die Junktur δογματικὴ θεολογία findet sich sonst nur bei Euseb; vgl. Praeparatio evangelica 9,1,1 (GCS 43,1, 485,9 Mras); 14,3,2 (GCS 43,2, 261,19–20 Mras); 15,1,4 (344,7 M.). Ferner oben Kommentar zu Homilie I,3. [4] μυστικωτέρων – ἐν τοῖς τῆς μυσταγωγίας ἀδύτοις – δᾳδουχίαν – κρυπτόν ] Die Begrifflichkeit entstammt der Mysteriensprache. Vgl. in christlicher Verwendung auch Athanasios, Vita Antonii 14,1,6–7 (SC 400, 172 Bartelink): […] προῆλθεν ὁ [469] Ἀντώνιος ὥσπερ ἔκ τινος ἀδύτου μεμυσταγωγημένος καὶ θεοφορούμενος. Gregor von Nyssa, In Canticum Canticorum 1 (ed. Langerbeck 1960, 22,15–17): […] καὶ οὕτως ἐκκαθάρας τὴν καρδίαν τῆς περὶ τὰ φαινόμενα σχέσεως τότε διὰ τοῦ Ἄισματος τῶν Ἀισμάτων ἐντὸς τῶν θείων ἀδύτων μυσταγωγεῖ τὴν διάνοιαν· […]; 15 (432,11–12 L.): […] καὶ περιλάμπει τὸν Ναθαναὴλ δᾳδουχήσας αὐτῷ τὸ τῆς εὐσεβείας μυστήριον […]. Ders., De vita Mosis 1,46, Z. 4–5 (SC 1ter, 21 Daniélou): Πρὸς

35 Zur Problematik der Gattung Mystagogie vgl. Day 2005, S. 46–48.

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γὰρ τὸ ἄδυτον τῆς θείας μυσταγωγίας παραδυείς, […]. Pseudo-Gregor von Nyssa, De occursu domini (PG 46:1157A): […] τῇ δᾳδουχίᾳ τοῦ Πνεύματος τὸ τῆς παρούσης πανηγύρεως θεωρητέον μυστήριον, […]. Ebenda (PG 46:1169A): […] καθάπερ ἐξ ἁγίων ἀδύτων βοῶντος τῆς μυσταγωγίας τοῦ Πνεύματος· […]. Kyrill von Alexandrien, Commentarii in Iohannem 14,23 (ed. Pusey 1872 (1965), Bd. II 497,2–4): […] ἔχοντές τε ἤδη πρὸς τὸ μανθάνειν ἐπιτηδείως τὰ θεῖά τε καὶ κεκρυμμένα μυστήρια, τὴν διὰ τοῦ Πνεύματος λήψονται δᾳδουχίαν, […]; 20,22–23 (Pusey 1872 (1965), Bd. III, 132,12–14): […] οὐδ’ ἂν ἀκριβεῖς ἐγένοντο μυσταγωγοί, εἰ μὴ διὰ τῆς τοῦ Πνεύματος δᾳδουχίας ἰόντες εἰς ἀποκάλυψιν τῶν ὑπὲρ νοῦν καὶ λόγον, […]. Ders., De sancta trinitate dialogi 6 [Aubert 627,17–18] (SC 246, 128 Durand): […] διὰ τῆς τοῦ Πνεύματος δᾳδουχίας μυσταγωγεῖται λοιπὸν τὸ ἐπ’ αὐτῷ μυστήριον ὁ οὐρανός, […]. [4] τοῦ1 – πάθους ] Die Predigt gehört demnach in die Fastenzeit und wurde vielleicht an Karfreitag gehalten; vgl. dazu unten S. 42. [4] πόμπευσιν ] Das Substantiv πόμπευσις ist in der Antike sonst nur bei Platon, Leges 949c belegt. Vgl. ferner Trapp 2001/2017, s. v. [5] νύμφης – νυμφίους ] Gemeint sind Apotaxis und Syntaxis. Dazu grundlegend Kirsten 1960. [6] {Τῆς} ] Der Artikel ist ohne Bezugswort und daher zu streichen, sofern nicht Text ausgefallen ist. [6] τῶν ὑποστάσεων ] Vgl. oben den Kommentar zu Homilie I,11 καθ᾽ – ὑπόστασιν. Hier und unten in [18] wird von den (drei) Hypostasen der Gottheit gesprochen – in [10] ist es nur eine. Vgl. auch unten S. 38–39. [9] θεολογίαν ] ἐντρυφάω regiert eigentlich den Dativ. Vgl. außerdem oben den Kommentar zu [4]. [10] τῆς1 – υἱοῦ ] Hier wird ὑπόστασις synonym mit οὐσία verwendet. Das steht in eigentümlichem Widerspruch zu dem oben in [6] und unten in [18] Gesagten. [470] Vgl. dazu auch oben den Kommentar zu Homilie I,11 [καθ᾽ – ὑπόστασιν]. Ferner unten S. 38–39. [10] θεολογίας ] Vgl. oben den Kommentar zu [4]. [11] τῇ ἐνεργείᾳ ] Vgl. Nestorios in: Severos von Antiochien, Philalethes, Florilegium Cyrillianum 99 (Hespel 1952, 263,24–27: „Une puissance qui est commune aux deux, une dignité qui est la même pour les deux. Comme les natures restent, confesse, confesse une union de dignité!“ Ders., Sermo 1 (225,13–14 L.): Κοιναὶ γὰρ αἱ τῆς τριάδος ἐνέργειαι καὶ μόναις ὑποστάσεσι τὴν διαίρεσιν ἔχουσαι. (Pseudo-)Nestorios, Kephalaia, Frg. d (ed. Loofs 1905, 219,20–23): Ἡ δὲ κατὰ τὴν θέλησιν ἕνωσις καὶ τὴν ἐνέργειαν ἀτρέπτους αὐτὰς τηρεῖ καὶ ἀδιαιρέτους, μίαν αὐτῶν δεικνῦσα πεποιημένην τὴν θέλησιν καὶ τὴν ἐνέργειαν, αἷς ὁ κατὰ τὴν ἀντένδειξιν αὐτῆς μυστικῶς διαδείκνυται λόγος. Ebenda, Frg. e (220,3–6 L.): […] ἡ δὲ κατ’ εὐδοκίαν ἕνωσις μίαν τῶν ἡνωμένων ἀποσώζουσα θέλησιν καὶ ἐνέργει-

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αν ἀντενδεικνύν τι τοῦ μὴ φαινομένου ποιεῖ τὸ φαινόμενον. (Pseudo-)Nestorios, Sermones de mysterio epiphaniae, Frg. b (ed. Loofs 1905, 224,5–8): Ἀσυγχύτους φυλάττομεν τὰς φύσεις, οὐ κατ’ οὐσίαν, γνώμην δὲ συνημμένας. διὸ καὶ μίαν αὐτῶν τὴν θέλησιν, ἐνέργειάν τε καὶ δεσποτείαν ὁρῶμεν, ἀξίας ἰσότητι δεικνυμένας. Vgl. auch oben Homilie I,12. [12] νύμφη ] Zur Brautschaftsmetaphorik vgl. Asterios, Homilia in Psalmos 7,1 (ed. Richard 1956, 54,10) mit dem Kommentar in Kinzig, Asterius, 2002, S. 196 (Anm. 5); dort auch weitere Literatur. [13] παρέρχεται – νομίζηται ] Möglicherweise steht hier im Hintergrund Röm 6,3–4: Der Tod des Herrn wird durch die dreitägige Grabesruhe bezeugt, damit wir, die wir in der Taufe daran Anteil hatten, auch tatsächlich wiederauferstehen werden und sich diese Hoffnung nicht als eine Chimäre entpuppt. [13] τό4 – παθητής ] Eine fast wörtliche Parallele findet sich bei Nestorios, Ad Cyrillum Alexandrinum 2,1 (ed. Loofs 1905, 176,4–9): Ἐπειδὴ γὰρ ἔμελλε τοῦ θανάτου μεμνῆσθαι, ἵνα μὴ τὸν θεὸν λόγον ἐντεῦθέν τις παθητὸν ὑπολάβῃ, τίθησι τὸ »Χριστός« ὡς τῆς ἀπαθοῦς καὶ παθητῆς οὐσίας ἐν μοναδικῷ προσώπῳ προσηγορίαν σημαντικήν, ὅπως καὶ ἀπαθὴς ὁ Χριστὸς καὶ παθητὸς ἀκινδύνως καλοῖτο, ἀπαθὴς μὲν θεότητι, παθητὸς δὲ τῇ τοῦ σώματος φύσει. Ferner ders., Sermo 9 (254,9–12 L.): Ἀλλὰ λαβὼν τὸ »Χριστός«, ὡς τῶν δύο φύσεων προσηγορίαν σημαντικήν, ἀκινδύνως αὐτὸν καὶ δούλου μορφήν, ἣν ἔλαβεν, καὶ θεὸν ὀνομάζει, τῶν λεγομένων εἰς τὸ τῶν φύσεων ἀλήπτως μεριζομένων διπλοῦν. Ders., Sermo 10 (269,16–20 L.): Τὸ γὰρ »Χριστὸς« καὶ τὸ »υἱὸς« καὶ τὸ »κύριος«, ἐπὶ τοῦ μονογενοῦς παρὰ τῆς γραφῆς λαμβανόμενον, τῶν φύσεων ἐστὶ τῶν δύο [471] σημαντικὸν καὶ ποτὲ μὲν δηλοῦν τὴν θεότητα, ποτὲ δὲ τὴν ἀνθρωπότητα, ποτὲ δὲ ἀμφότερα. Ebenda (273,18–274,4 L.): Ὅταν οὖν ἡ θεία γραφὴ μέλλῃ λέγειν ἢ γέννησιν τοῦ Χριστοῦ τὴν ἐκ τῆς μακαρίας παρθένου ἢ θάνατον, οὐδαμοῦ φαίνεται τιθεῖσα τὸ »θεός«, ἀλλ’ ἢ »Χριστὸς« ἢ »υἱὸς« ἢ »κύριος«, ἐπειδὴ ταῦτα τὰ τρία τῶν δύο φύσεων ἐστὶ σημαντικά, ποτὲ μὲν ταύτης, ποτὲ δὲ ἐκείνης, ποτὲ δὲ ταύτης κἀκείνης. Epistula 5 (175,5–15 L.): Πιστεύομεν, ἔφησαν, καὶ εἰς τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ. σκόπησον ὅπως τὸ »κύριος« καὶ »Ἰησοῦς« καὶ »Χριστός« καὶ »μονογενής« καὶ »υἱός« πρότερον θέντες, τὰ κοινὰ τῆς θεότητος καὶ τῆς ἀνθρωπότητος, ὡς θεμελίους, ὀνόματα, τότε τὴν τῆς ἐνανθρωπήσεως καὶ τοῦ πάθους καὶ τῆς ἀναστάσεως ἐποικοδομοῦσι παράδοσιν, ἵνα, ὀνομάτων τινῶν φύσεως ἑκατέρας κοινῶν τε καὶ σημαντικῶν προκειμένων, μήτε τὰ τῆς υἱότητος καὶ κυριότητος τέμνηται, μήτε τὰ τῶν φύσεων ἐν τῷ τῆς υἱότητος μοναδικῷ συγχύσεως ἀφανισμῷ κινδυνεύῃ. Epistula 9 (192,9–11 L.): »Christus« et »Jesus« et »filius« et »unigenitus« et »dominus«, ambo haec appellatio ista significat, et hanc non approbantibus vocem significat. Theopaschites (ed. Loofs 1905, 211,3–9): „Mit dem Ausdruck ‚Christus‘ oder ‚Einziger‘ [d. i. μονογενής] oder ‚Jesus‘ oder ‚Sohn‘ oder mit anderen, welche diesen ähneln-

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de [sind], zeigen wir den Namen der Einheit an; mit dem Ausdruck ‚Mensch‘ aber die οὐσία, welche angenommen wurde; mit dem Ausdruck ‚Gott das Wort‘ aber die Eigentümlichkeit der Substanz, welche Mensch wurde.“ Kephalaia, Frg. a (218,17–19 L.): „So [vielmehr ist es], daß ‚der Christus‘ der Name nicht der Wesenheit, sondern der οἰκονομία ist. Und der Christus ist Gott, Gott aber nicht der Christus.“ Vgl. auch Theodoret, De incarnatione domini (PG 75:1472A): Καὶ μὴν τὰ Ἰησοῦς καὶ Χριστὸς ὀνόματα, τῆς οἰκονομίας εἰσὶ σημαντικά. [14] Die Behauptung, der Logos sei keine Bezeichnung für den Inkarnierten, hat wiederum nahezu wörtliche Parallelen in den Fragmenten des Nestorios. Vgl. Sermo 17 (295,1–12 L.): Δεῖ δὲ ἡμᾶς, νῦν γὰρ ἦλθον εἰς ἔννοιαν, καὶ τὴν κατὰ Νίκαιαν σύνοδον μαθεῖν οὐδαμοῦ τολμῶσαν εἰπεῖν, ὅτι ὁ θεὸς λόγος ἐγεννήθη ἐκ Μαρίας· ἔφη γὰρ ὅτι πιστεύομεν εἰς ἕνα θεὸν πατέρα παντοκράτορα καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν. […] προσέχετε, ὅτι πρότερον, τεθεικότης τὸ »Χριστός«, ὅ ἐστι μήνυμα τῶν δύο φύσεων, οὐκ εἶπαν »πιστεύομεν εἰς ἕνα θεὸν λόγον«, ἀλλ’ ἔλαβον τὸ ὄνομα τὸ σημαῖνον ἀμφότερα, ἵνα ὅταν ὑποκαταβαίνων ἀκούσῃς θάνατον, μὴ ξενίζῃ , ἵνα τὸ »σταυρωθέντα καὶ ταφέντα« μὴ πλήττῃ τὴν ἀκοὴν ὡς θεότητος ταῦτα παθούσης. Ferner Sermo 14 (287,12–15 L.): Ὅπου μὲν λέγουσι [sc. ἢ ὁ ἀπόστολος ἢ οἱ εὐαγγελισταὶ] τὸ ὄνομα τοῦ υἱοῦ καὶ ὅτι ἐτέχθη ἐκ γυναικός, τιθέασι τὸ »ἐγεννήθη«, ὅπου δὲ μνημονεύουσι τοῦ λόγου, οὐδεὶς αὐτῶν ἐτόλμησεν εἰπεῖν γέννησιν διὰ τῆς ἀνθρωπότητος. – Zu „Sohn“ als Bezeichnung von Menschheit und Gottheit im Inkarnierten vgl. auch Sermo 14 (283,15–19.23–26 L.): „Unser Herr, der Christus, welcher in seiner Gottheit und in seiner Menschheit doppelt ist, ist ein Sohn in der Verbindung. Einer [472] also ist der, welcher von der Christusgebärerin Maria geboren ist, der Sohn Gottes. […] Der also, welcher von der Christusgebärerin Maria geboren ist, ist ein Sohn Gottes. Aber der Sohn ist doppelt in den Naturen, Gott und Mensch.“ (Hervorhebungen W. K.) Sermo 18 (307,20–21 L.): deus filium suum misit [Röm 8,3], nomen commune naturarum, hominis scilicet et dei. Ferner (neben „Christus“ und „Herr“) auch Sermones 10 (271,20–23; 273,13–17; 274,1–4; 275,1–14 L.); 11 (278,5–7 L.); 26 (336,20–24 L.); 18 (299,19–21 L.). Vgl. auch oben den Kommentar zu [13] sowie Grillmeier 1990 (2004), S. 649–652; Lange 2012, S. 53–57. [16] συμπρωτεῦον ] συμπρωτεύω ist hapax legomenon. [16] ὑπουργόν – θεότητι ] Vgl. oben Homilie I zu [11] πῶς – ἐργαζόμενον. Die nicht genannten Gegner (offenbar Neuarianer wie in Homilie I) ordnen hier wie in Homilie I den Geist als δοῦλος bzw. ὑπουργός Vater und Sohn unter. [16] τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμβασιλεῦον ] Die ungewöhnliche Formulierung ist in anderen Symbolen nicht zu finden. Vgl. aber Ephraem, In vitam beati Abrahamii et neptis eius Mariae (Phrantzolas 1998, 366,6 f.): […] καὶ εἰς τὸ ἅγιον αὐτοῦ Πνεῦμα, τὸ ὁμοούσιον καὶ συμβασιλεῦον εἰς ἀπεράντους καὶ ἀτε-

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λευτήτους αἰῶνας, τὸ ζωοποιοῦν τὰ πάντα· […]. Pseudo-Basileios von Seleukeia, De vita et miraculis sanctae Theclae 1,26,2–8 (ed. Dagron 1978, 270): Θεόν τε γὰρ τὸν πάντων βασιλέα, καὶ τὸν Υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ τὸν συμβασιλεύοντα τῷ Πατρὶ καὶ πάντων δημιουργόν, καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον τὸ συμβασιλεῦον Πατρὶ καὶ Υἱῷ καὶ πάντων ἁγιαστικόν τε καὶ τελειωτικόν, τὴν ὁμοούσιον καὶ ἰσότιμον καὶ ἰσοστάσιον Τριάδα ἔγνων διὰ σοῦ. Kyrill von Alexandrien, Homilia paschalis 9,6,8–13 (SC 392, 166–168 Burns): Βασιλεύει γὰρ καὶ κατάρχει τῶν ὅλων, καὶ διοικεῖ, διαπαντὸς τὰ πάντα ζωογονῶν καὶ πρὸς τὸ εἶναι συνέχων ὁ Θεὸς καὶ Πατήρ, δι’ Υἱοῦ ἐν Πνεύματι, οὐχ ὡς δι’ ὀργάνου τυχὸν παραληφθέντος εἰς ὑπουργίαν· σύνεδρον γὰρ ἔχει καὶ σύνθρονον αὐτῷ τὸν ἐξ αὐτοῦ γεννηθέντα Θεὸν Λόγον, καὶ συμβασιλεῦον αὐτῷ τὸ ἴδιον Πνεῦμα. Ders. in der Catena in Lucam, zu 3,43 (Typ B; ed. Cramer 1841, 32,19–21): […] Πνεῦμα δὲ οὐχ ἓν τῶν λειτουργικῶν πνευμάτων, ἀλλὰ τὸ αὐτοῦ τοῦ Θεοῦ, τὸ ὁμοούσιον καὶ συμβασιλεῦον αὐτῷ καὶ τῷ Πατρί. Neilos von Ankyra, Epistula 210 (ed. FaFo § 195): […] καὶ οὕτως ὁμολογοῦμεν ὁμοούσιον εἶναι τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ τὸ πανάγιον πνεῦμα τὸ [473] παράκλητον, συναΐδιον, σύνθρονον, συμβασιλεῦον, συνδοξαζόμενον τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ εἰς ἀπεράντους αἰῶνας τῶν αἰώνων. PseudoSeverianus Gabalensis, De serpente homilia (PG 56:507, Z. 58–508, Z. 1): Ἡ θεϊκὴ ἀξία, ἡ θεϊκὴ προσηγορία, τὸ βασιλικὸν ἀξίωμα, ἡ ἄχραντος δόξα, καὶ ἡ ἀκατάληπτος δύναμις τὸ τῷ Πατρὶ συνδοξαζόμενον, καὶ Υἱῷ συμβασιλεῦον, καὶ ἐνεργοῦν τὰ πάντα, καὶ διαιροῦν τὰ θεῖα χαρίσματα ἑκάστῳ, καθὼς βούλεται. [17] τὸ δὲ πνεῦμα πάντα ἐρευνᾷ ] Dieselbe Version des Zitats 1 Kor 2,10 auch bei Isidor von Pelusion, Epistulae de interpretatione divinae scripturae 3,92 (PG 78:796D); Theodoret, Haereticarum fabularum compendium 5,3 (PG 83:456A). [18] τρεῖς ὑποστάσεις ] Vgl. oben zu [6] τῶν ὑποστάσεων. [19] Das Bild der Sonne, das sich in Fluss und Quelle spiegelt, ist ungewöhnlich (normalerweise wird es zur Unterscheidung von Sonne und Strahl gebraucht; so schon Tertullian, Apologeticum 21,12; 14 [CSEL 69, 55,57–62; 56,65–72 Hoppe]), das von Quelle und Fluss zur Illustration der Hypostasen hingegen weit verbreitet; vgl. bereits Dionysios von Alexandrien in Athanasios, De sententia Dionysii 18,3 (ed. Opitz 1941, 60,2–4): Καὶ ποταμὸν ἀπὸ πηγῆς ῥέοντα ἕτερον σχῆμα καὶ ὄνομα μετειληφέναι· μήτε γὰρ τὴν πηγὴν ποταμὸν μήτε τὸν ποταμὸν πηγὴν λέγεσθαι καὶ ἀμφότερα ὑπάρχειν καὶ τὴν μὲν πηγὴν οἱονεὶ πατέρα εἶναι, τὸν δὲ ποταμὸν εἶναι τὸ ἐκ τῆς πηγῆς ὕδωρ. Pseudo-Athanasios, Expositio fidei 3 (ed. FaFo § 149): Ὡς γὰρ οὐκ ἔστιν ἡ πηγὴ ποταμὸς οὐδὲ ὁ ποταμὸς πηγή· ἀμφότερα δὲ ἓν καὶ ταυτόν ἐστιν ὕδωρ τὸ ἐκ τῆς πηγῆς εἰς τὸν ποταμὸν μετοχετευόμενον, οὕτως ἡ ἐκ τοῦ πατρὸς εἰς τὸν υἱὸν θεότης ἀρρεύστως καὶ ἀδιαιρέτως τυγχάνει. Athanasios, Contra Arianos 3,3,2 (Metzler/Savvidis 2000, 309,10–12): Ἔστι δὲ καὶ ὁ πατὴρ ἐν τῷ υἱῷ, ἐπειδὴ τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἴδιον τοῦτο ὁ υἱὸς τυγχάνει ὢν ὡς ἐν τῷ ἀπαυγάσματι ὁ ἥλιος καὶ ἐν τῷ λόγῳ ὁ νοῦς καὶ ἐν τῷ ποταμῷ ἡ πηγή. Pseudo-Gregor von

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Nyssa, Epistula 26 ad Evagrium monachum (PG 46:1105d–1108A): Ὃν δὲ τρόπον κἀπό τινος ὑδάτων πηγῆς νεκταριῶδες ἀφθόνως προϊεμένης ὕδωρ, συμβαίνει ῥεῦμά τι παμπληθές, καὶ ῥεῖθρον ἀκατάσχετον, εἰς ποταμοὺς δύο τῷ ῥεύματι τέμνεσθαι, μίαν ἐξ ἑνὸς ὀφθαλμοῦ τῆς πηγῆς τὴν ῥοὴν ἐξ ἀρχῆς ἐσχηκός· δίῤῥυτος δὲ τῶν ποταμῶν σχηματισθέντων τοῖς εἴδεσι, βλαβὲν δὲ ὅμως οὐδὲν εἰς τὴν οὐσίαν ἐκ τῆς διαιρέσεως […]. Kyrill von Alexandrien, Thesaurus de sancta consubstantiali trinitate 12 (PG 75:181B): Φαίνεται δὲ καὶ ἔστιν ἐν Υἱῷ [sc. ὁ Πατήρ], ὥσπερ οὖν καὶ ἐν τῷ παρ’ αὐτοῦ προελθόντι ἀπαυγάσματι ὁ ἥλιος, καὶ ἐν τῷ λόγῳ ὁ νοῦς, καὶ ἐν τῷ ποταμῷ ἡ τοῦτον ἀναβλύζουσα πηγή. [19] μίαν ἔχουσαι τὴν τοῦ ὕδατος φύσιν ] φύσις und οὐσία werden also vom Verfasser identifiziert. [474] [20] τοῦτο1 – περιττόν ] Offenbar gab es Diskussionen um diesen Zusatz zum Symbol. [20] τὴν θεολογίαν ] Vgl. oben den Kommentar zu [4]. [22] πλὴν – δεχομένη ] Ähnlich Nestorios, Sermo 9 (262,3–6 L.): Διὰ τὸν φοροῦντα τὸν φορούμενον σέβω, διὰ τὸν κεκρυμμένον προσκυνῶ τὸν φαινόμενον. ἀχώριστος τοῦ φαινομένου θεός, διὰ τοῦτο τοῦ μὴ χωριζομένου τὴν τιμὴν οὐ χωρίζω. χωρίζω τὰς φύσεις, ἀλλ’ ἑνῶ τὴν προσκύνησιν. [23] πρός – ἔχουσα ] Vgl. Pseudo-Athanasios, Homilia in occursum domini 21 (PG 28:1000D): […] καὶ ἣν πρὸς ἡμᾶς συμπάθειαν εἴργασται [sc. Χριστός] μεγαλοφώνοις κηρύττοντες στόμασιν· […]. Amphilochios, Oratio 9,19–22 (CChr.SG 3, 175 Datema): […] εἰ γὰρ ὁλῶς οὐδὲν ἀφ’ ἑαυτοῦ ποιεῖ [sc. ὁ υἱός], οὔτε γνώμῃ τὴν οἰκονομίαν ὅλην ἐπλήρωσεν οὔτε συμπαθείᾳ τῇ πρὸς ἡμᾶς τὴν ἡμῶν ἀνέλαβε σάρκα […]. Didymos, Fragmenta in Psalmos 382a zu Ps 37 (38),18b (PTS 15, 309,15–16 Mühlenberg): Ἡ πρὸς ἡμᾶς δηλονότι συμπάθεια ἧς ἕνεκα τοῦ οἰκείου πάθους ἔχει διὰ παντὸς τὴν ἀνάμνησιν·[…]. (Pseudo-)Didymos, De trinitate 3,21 (PG 39:908C–909A): Οὔτε οὖν δακρύει ἡ ἀνωτάτω ἀπάθεια, καὶ ζωή, καὶ χαρά, καὶ εἰρήνη, καὶ πάντων ὑπομονή, ὁ φαιδρὰς ἡμέρας διδοὺς τοῖς ἅπασι, δι’ ἄλλο τι, ἀλλὰ διὰ τὸ ὑποφῆναι διὰ τοῦ ὁρωμένου τῆς ἀοράτου θεότητος αὐτοῦ τὴν συμπάθειαν. Proklos von Konstantinopel, Homilia I De laudibus sanctae Mariae 6 (ACO ser. I 1,1,1, p. 105,20–21 Schwartz): […] ἐν δὲ τῷ φιλοικτίρμων τὸ εἰς συμπάθειαν ἀνυπέρβλητον δημοσιεύων [sc. ὁ υἱός], […]. Zur Betonung der einen δόξα der Trinität vgl. schon Markell von Ankyra, De incarnatione et contra Arianos 19 (PG 26:1017A): Μία γὰρ δόξα Πατρὸς καὶ Υἱοῦ καὶ ἁγίου Πνεύματος· […] οὐ γάρ ἐστι δεύτερος Θεὸς ὁ Υἱός, ἀλλὰ Λόγος τοῦ ἑνὸς καὶ μόνου Θεοῦ, θεολογούμενος ἐν Πατρί, ὡς καὶ ὁ Πατὴρ ἐν Υἱῷ θεολογεῖται. [24] πιστεῦσαι δεῖ ] Dieselbe Version des Zitats Heb 11,6 (ohne γάρ) auch bei Gregor von Nyssa, Contra Eunomium 3,8,32 (ed. Jaeger 1921, 238,13–14); Johannes Chrysostomos, In Epistulam ad Ephesios homilia 24,2 (PG 62:171, Z. 2–3).

38

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

[25] πολυπραγμονήσει ] Das Substantiv πολυπραγμόνησις (= πολυπραγμοσύνη) ist selten. Vgl. aus älterer oder derselben Zeit nur Plotin, Enneades 6,3,23 (SCBO, 107,4 Henry/Schwyzer).

3.4 Inhalt Die Homilie ist relativ übersichtlich in vier Teile gegliedert: 1. Die Einleitung [1]–[4], in der die Arche Noah mit der „Arche der kirchlichen Rechtgläubigkeit“ (τῆς ἐκκλησιαστικῆς ὀρθοδοξίας ἡ κιβωτός) verglichen wird, macht terminologisch sofort die antihäretische Stoßrichtung deutlich [1]. Ähnlich wie in Homilie I,2–4 wird die Bedeutung des δόγμα bzw. der δογματικοί betont, [475] wobei hierunter inhaltlich die Theologie im eigentlichen Sinne zu verstehen ist, die Thema der Homilie ist. Der Verfasser weist in [4] auf diese thematische Beschränkung ausdrücklich hin. Tatsächlich fehlen in der folgenden Auslegung Ausführungen etwa zur Soteriologie oder Eschatologie. Theologie in diesem Sinne ist Seelennahrung, denn sie gewährt „Einblick in die göttliche Natur“ (τῆς θείας κατανόησις φύσεως). An dieser Stelle deutet der Verfasser an, dass es in der Gemeinde angesichts des nahenden Passionsgedenkens Debatten darüber gegeben haben muss, ob eine Gottheit am Kreuz leiden könne, erörtert aber dieses Problem nicht weiter. 2. Stattdessen wendet er sich dem Symbol selbst zu und erläutert den ersten Artikel [5]–[8]. Er geht zunächst auf die Frage ein, warum das Glaubensbekenntnis von dem „einen einzigen und alleinigen wahren Gott“ (ἕνα καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν) spricht, und erläutert gegenüber dem griechischen Polytheismus eben diese Einzigkeit Gottes [5]. Mit den Ausführungen zum Vatertitel wird sodann die Darlegung über die Trinität eröffnet, wobei nun als zweiter Gegner das Judentum in den Blick tritt, dem die christliche Hypostasenlehre gegenüberzustellen ist [6]. Die Bezeichnung Gottes als des „Vaters“ wird im Symbol der Schöpfung vorgeordnet, weil die Zeugung des Sohnes einen ontologischen Vorrang einnimmt [7]–[8]. 3. Es folgt nun [9]–[15] der christologische Artikel. Der Verfasser insistiert auf der Personeinheit im Inkarnierten: Der Ungeschaffene und der Geschaffene bilden bei der Menschwerdung eine Hypostase, die mit „Sohn“ bezeichnet wird, sich aber von der des Vaters nicht unterscheidet. Das Insistieren auf dem Sohnestitel ist dabei auch antiarianisch gemünzt, insofern die Zeugung die Homousie mit dem Vater beweist [10]. (Hier ist der Verfasser eigentümlich inkonsistent, spricht er doch in [6] und [18] von drei göttlichen Hypostasen.)36 36 Vgl. dazu auch den Kommentar zu [6], [10] und [18]. Eine ähnliche Inkonsistenz in der Begriffsverwendung findet sich auch in (Pseudo-)Didymos, De trinitate; vgl. Hammerstaedt 1994, S. 1029 f.

3 Homilie II

39

Dies bezieht er dann ausdrücklich auch auf die eine ἐνέργεια von Vater und Sohn, woraus sich die Homotimie beider ergibt [11]. Unter Inkarnation versteht der Verfasser demgegenüber in Anspielung auf Phil 2,8 die Annahme der „Ähnlichkeit mit unserer Natur“ (τῆς ἡμετέρας φύσεως ὁμοιότητα), die er mit dem Anlegen einer Rüstung vergleicht [12]. Mit dieser zurückhaltenden Ausdrucksweise möchte er den Eindruck vermeiden, die Gottheit des Sohnes werde in irgendeiner Weise durch die Inkarnation beeinträchtigt. „Jesus“ und „Christus“ werden dabei als die Bezeichnungen des Inkarnierten verstanden, welcher aus „Gottheit“ (θεότης) und „Fleisch“ (σάρξ) besteht [13].37 „Logos“ eignet sich hingegen hierfür nicht, weil dieser Titel auf das göttliche Wesen begrenzt ist. Im Symbol bezeichnet „Sohn“ Menschheit [476] und Gottheit im Inkarnierten [14]. Nur kurz streift der Verfasser die Gerichtsaussage (sie dient dem moralischen Appell, [15]). 4. Stattdessen erörtert er nun ausführlich die Symbolaussagen über den Heiligen Geist und die Kirche [16]–[25], wobei er vor allem die Gleichrangigkeit des Geistes mit Vater und Sohn und die Gleichheit der göttlichen Hypostasen (nun wieder in der Mehrzahl) beweisen und Missverständnisse im Hinblick auf den Hervorgang des Geistes abwehren möchte (Vergleich mit Sonne und Spiegelung im Wasser sowie Quelle und Fluss, [16]–[19]). Der Glaube an die eine Kirche wird vom Verfasser als Beleg für die Einzigkeit Gottes gelesen, im Gegenüber zu den vielen Tempeln der Heiden, und somit in die hier entfaltete Trinitätslehre integriert [20]–[21]. Abschließend verknüpft der Prediger Pneumatologie und die ersten beiden Vaterunser-Bitten in nicht sehr übersichtlicher Weise. Diese Bitten darf man nicht so verstehen, als ob die δόξα (die in dieser Homilie wiederum eine zentrale Rolle spielt; vgl. bereits Homilie I,5–7) von Vater und Sohn hier auseinandergerissen würde, weil sich die erste Bitte an den Vater richtet, die zweite aber auf die Wiederkunft des Sohnes bezieht [22]. Den Menschen gegenüber ist die Trinität durch dieselbe πατρικὴ συμπάθεια charakterisiert. Darum besitzen alle drei Personen auch dieselbe δόξα. Innertrinitarisch gesehen wird der Geist dabei offenbar nicht als etwas zu Vater und Sohn Hinzukommendes verstanden, sondern als Vater und Sohn inhärent gesehen, ist doch der Geist „in der Gottheit von Vater und Sohn“ derselbe (τὸ αὐτὸ πνεῦμα ἐν τῇ τοῦ πατρὸς καὶ υἱοῦ θεότητι) [23]. Mit einer Reihe von biblischen Testimonia wird abschließend erneut die Einzigkeit Gottes hervorgehoben, dem darum auch die ihm angemessene Herrlichkeit zuteilwerden müsse [24]–[25].

37 Siehe oben Kommentar zu [11], [13] und [14] sowie unten S. 41.

40

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

3.5 Autorschaft und Datierung Es stellt sich die Frage, ob auch diese sonst unbekannte Symbolauslegung (die sich in CPG weder unter dem Namen des Nestorios noch dem des Basileios findet) dem Nestorios zuzuschreiben ist. Sie ist nicht ganz einfach zu beantworten, weil es hierzu keine mir bisher bekannte Sekundärüberlieferung gibt, die – wie im Falle der ersten Homilie – eine solche Zuschreibung zweifelsfrei ermöglichte. Es finden sich aber deutliche Hinweise, die eine Autorschaft des Nestorios wahrscheinlich machen. Leider kann man m. E. keine weiteren Schlüsse aus dem Stil des Verfassers ziehen, da wir nicht einmal genau wissen, ob es sich um seine ipsissima vox oder ob, worauf vieles hindeutet, nicht eher um eine Mitschrift seiner Predigt handelt. Der Homilet benutzt ein nicht besonders auffälliges Umgangsgriechisch (sogenannte Koine), wie es uns etwa aus den Predigten des Chrysostomos bekannt [477] ist.38 Er liebt zwar Bilder und Metaphern; davon abgesehen werden rhetorische Stilmittel aber eher sparsam eingesetzt. In der Einleitung [1] arbeitet er mit sprachlich recht präzise gestalteten Gegenüberstellungen. Parallelismen finden sich in [2].39 Ein Beispiel für die Kombination aus Anapher und Homoioteleuton begegnet in [11]: Πανταχοῦ ἰσότης, πανταχοῦ ὁμοιότης, πανταχοῦ μία θεότης. Hin und wieder begegnen seltene Lexeme oder Junkturen.40 Insgesamt ist der Stil der Homilie aber eher noch schlichter als der der Homilie I.41 Damit unterscheidet sich Homilie II stilistisch grundlegend von den Predigten des Basileios, der rhetorischen Prunk (etwa häufige rhetorische Fragen oder Ausrufe,42 Anaphern, Alliteration und Homoioteleuton) liebt und den man darum dem Asianismus zugeordnet hat.43 Die Doxologien beider Homilien sind identisch: Αὐτῷ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. Ἀμήν. Dieser Predigtabschluss findet sich auch mehrfach

38 Zu weiteren Einzelheiten vgl. Kinzig, Greek Christian Writers, 1997, S. 639, 647. 39 τήκεται – νεκροῦται – ἀτονεῖ. 40 Seltene Lexeme: [3] ζωοποιία; [25] πολυπραγμόνησις. Seltene Junkturen: [3] τῇ τῶν ἐνθυμημάτων ποιότητι; δογματικὴ θεολογία. 41 Bilder: [1]–[5]: Gegenüberstellung von leiblicher und geistlicher Speise. [7] Reihungen von Imperativen mit (möglichem) Aprosdoketon (vgl. aber oben Anm. 14). Seltene Lexeme: [5] κτισματολατρία, παραζυμόω; [13] ἀντικραυγάζω; [15] διαρραπίζω. Seltene Junkturen: [2] εὐεξίαν δογματικήν; [3] τὸ τῶν ὀρθοδόξων συμπόσιον; [6] πυρακτούμενοι πόθῳ; τῆς θεολογίας μάθημα. Nestorios liebt auch Antithesen und Reihungen sowie rhetorische Fragen. 42 Der Thesaurus Linguae Graecae verzeichnet in den Homilien 326 durch ὤ bzw. ὦ eingeleitete Ausrufe. 43 Zum Stil des Basileios vgl. Fenner 1912, S. 35–97; Aubineau 1972, S. 191–197; Marx 1941, S. 336 f., 339, 347 f., 351–355, 358 f., 361 f.; Cunningham 1986, S. 168. Vgl. bereits Photios, Bibliotheca 168 (ed. Bekker 1824–1825), 116a.

3 Homilie II

41

bei Basileios von Seleukeia,44 was aber kein Indiz im Hinblick auf die Verfasserschaft ist, da er ausweislich des Thesaurus Linguae Graecae auch sonst sehr weit verbreitet ist und im Übrigen sekundär sein könnte.45 [478] Eine Rekonstruktion der Christologie des Basileios ist notorisch schwierig, aber ist, wenn ich recht sehe, für die vorliegende Frage gar nicht notwendig.46 Entscheidend für die Verfasserfrage sind nämlich die Ausführungen in [13]–[14], die – wie im Kommentar gezeigt wird – nahezu wörtliche Parallelen in Nestorios-Schriften haben. Das gilt vor allem für die Interpretation des zweiten Artikels des Bekenntnisses: Dem Verfasser zufolge wird hier nicht der Logos genannt, weil Kreuz und Grab diesem nicht zugeschrieben werden können, sondern „Logos“ das göttliche Wesen bezeichnet, während „Jesus“, „Christus“ und „Sohn“ die (nicht näher beschriebene) Verbindung von leidensfreier Gottheit und dem Leiden unterworfenen Fleisch bezeichnet. Das findet sich nun bei Basileios, wenn ich recht sehe, nirgends, und spiegelt auch eine deutlich frühere Phase der Diskussion wider. Es ist aber exakt die Auffassung des Nestorios, wie sich an den oben im Kommentar angeführten Zitaten erkennen lässt. Zur Annahme der Verfasserschaft des Nestorios führt nun noch eine zweite Überlegung. Wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird, weist das zitierte Symbol eindeutig Charakteristika auf, die nach Konstantinopel weisen und das zweite Ökumenische Konzil 381 selbst als Ursprungsort nahelegen. Deutlich ist außerdem (wie in Homilie I) die Gegnerschaft der Neuarianer mit ihrer streng subordinatianischen Trinitätslehre.47 Von den christologischen Streitigkeiten des fünften Jahrhunderts ist in der Predigt hingegen nichts erkennbar, weshalb man – wie bei Homilie I – auch hier das Jahr 429/430 als terminus ante quem der Entstehung vermuten kann. In der Zeit zwischen 381 und 431 amtierten in Konstantinopel als Patriarchen Nektarios (381–397), Johannes Chrysostomos (398–404), Arsakios von Tarsos (404–405), Attikos (406–426), Sisinnios (426–427) und Nestorios (428–431). Nektarios ist als Verfasser denkbar, aber er besaß keine theologische Vorbildung,48 und ich halte es kaum für möglich, dass ihm die in diesem Text begegnenden theologischen Differenzierungen zuzutrauen wären. Chrysostomos fällt

44 Vgl. Basileios von Seleukeia, Sermo 22,2 (PG 85:269B); 36,2 (PG 85:388C); Homilia in sanctum Andream 6 (PG 28:1108D). 45 Freundlicher Hinweis von Maria Munkholt Christensen. 46 Vgl. Van Parys 1971; Grillmeier 1990 (2004), S. 733 f., 755–759; Grillmeier 1991 (2004), S. 241–244, 260–262. 47 Vgl. für den Sohn [10] mit Anrede des Areios und [16] für den Geist. Ferner [18], [20], [22]– [24]. 48 Vgl. Ritter 1965, S. 113.

42

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

aus formalen Gründen aus – seine Homilien sind länger und anders aufgebaut. Arsakios und Sisinnios kommen wegen ihrer kurzen Amtszeit eher nicht in Frage. Attikos soll ein nur mittelmäßiger Redner gewesen sein, dessen Predigten darum auch [479] nicht aufgezeichnet wurden.49 Man wird darum auch aus diesen Gründen diese Predigt mit Fug und Recht Nestorios zuschreiben dürfen. Weil nun allerdings auch hier noch kaum ein Reflex der christologischen Auseinandersetzungen erkennbar ist,50 ist auch diese Homilie in die Anfangszeit des Patriarchats des Nestorios zu datieren. Hier kommt dann eigentlich nur die Fastenzeit 429 oder eventuell noch 428 in Frage.51 Als Tag wäre der Karfreitag denkbar, sofern eine spätere Nachricht des Theodoros Anagnostes auf den Kasus für diese Predigt bezogen werden kann.52 Leider wissen wir zu wenig über den Katechumenat in Konstantinopel in dieser Zeit, um die Homilie präziser liturgisch zu situieren.53 Es bleibt zu fragen, wie sich das hier zitierte Symbol zu dem verhält, welches wir aus dem übrigen Schrifttum des Nestorios (fragmentarisch) kennen.

49 Vgl. Sokrates, Historia ecclesiastica 7,2,7 (349,6–7 H.): Οὐ μὴν τοιοῦτοι ἦσαν οἱ λόγοι, ὡς καὶ παρὰ τῶν ἀκροατῶν σπουδάζεσθαι {ἢ} γραφῇ παραδίδοσθαι. Ähnlich Sozomenos, Historia ecclesiastica 8,27,6 (388,9–10 B./H.). Das stimmt allerdings nicht ganz, denn die Homilia in nativitatem (CPG 5650) ist (teilweise) erhalten. 50 Thomas Brüggemann weist mich darauf hin, dass die Diskussion um die ὀνόματα κοινά in [10] und [14] darauf hindeuten könnte, dass es in Konstantinopel zumindest schon in der Frage der Bezeichnung des Inkarnierten zu Diskussionen gekommen war, aus deren Beantwortung durch Nestorios ja dann die späteren Auseinandersetzungen erwachsen sollten. 51 In diesem Jahr fiel Ostern auf den 22. April. Vgl. Lietzmann 1984, S. 24. 52 Vgl. Theodoros Anagnostes, Historia ecclesiastica, epit. 501 (ed. FaFo § 685b). Hier behauptet der Verfasser, in Konstantinopel sei es vor Timotheos I. üblich gewesen, das Nizänum einmal im Jahr, nämlich an Karfreitag, im Zusammenhang mit der Katechese des Bischofs zu rezitieren. Ob es sich bei der vorliegenden Homilie allerdings um diese Katechese handelt, bleibt angesichts der Ausführungen in [4] unsicher. 53 Vgl. dazu z. B. Saxer 1988, S. 333–340; Day 2005, S. 31–45.

3 Homilie II

43

3.6 Das Glaubensbekenntnis Das dem Text zugrundeliegende Glaubensbekenntnis lässt sich in folgender Weise rekonstruieren:

5

10

Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον θεὸν ἀληθινόν, πατέρα, παντοκράτορα, κτίστην πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων ποιημάτων. [480] Πιστεύω εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα πρὸ πάντων τῶν αἰώνων, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί, τὸν δι᾽ ἡμᾶς κατελθόντα καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ ἐνανθρωπήσαντα καὶ σταυρωθέντα ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ πάλιν ἐρχόμενον κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς. Πιστεύω καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμβασιλεῦον καὶ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν. Πιστεύω εἰς μίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν. Ich stelle im Folgenden dieses Bekenntnis, das ich der Einfachheit halber NHom nenne, neben das Nizänum (N), das aus Theodor von Mopsuestia bekannte antiochenische Bekenntnis (NAnt1), die Fassung dieses Bekenntnisses, die Euseb von Dorylaion und Johannes Cassian bezeugen (NAnt2), das Bekenntnis des Nestorios, soweit es uns aus anderen Schriften bekannt ist (NNest), die Fassung des nestorianischen Symbols im Liber Heraclidis (NHer)54 und das Bekenntnis von Konstantinopel (C). [481]

54 Inwiefern der Liber tatsächlich von Nestorios stammt, ist in der Forschung umstritten. Überblick über den status quaestionis, der sich seither nicht wesentlich verändert hat, bei Grillmeier 1990 (2004), S. 708–710. Ferner Bevan 2013; Bevan 2016, S. 11–21.

πατέρα, παντοκράτορα,

ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

ποιητήν·

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

πατέρα, παντοκράτορα,

πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

ποιητήν·

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Nestorios (NNest)58

καὶ εἰς τὸν κύριον [ἡμῶν] Ἰησοῦν Χριστόν,

ποιητήν [vel κτιστήν vel δημιουργόν]·

πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων κτισμάτων

πατέρα, παντοκράτορα,

καὶ εἰς ἕνα κύριον [ἡμῶν] Ἰησοῦν Χριστόν,

πάντων ὁρατῶν καὶ ἀοράτων

πατέρα, παντοκράτορα, ποιητὴν

Πιστεύω εἰς ἕνα Πιστεύομεν καὶ μόνον ἀληθινὸν εἰς ἕνα θεόν, θεόν,

Antiochien (NAnt2; um 430)57

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

ποιητήν·

πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

πατέρα, παντοκράτορα,

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

Liber Heraclidis (NHer)59

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Πιστεύω εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν

πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων ποιημάτων.

κτίστην

ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων·

πατέρα, παντοκράτορα,

Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον θεὸν ἀληθινόν,

Bekenntnis in Homilie II (NHom)

πατέρα, παντοκράτορα,

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

Bekenntnis von Konstantinopel (C; 381)60

Vgl. FaFo § 135c. Vgl. FaFo § 180a. Vgl. Euseb von Dorylaion, Contestatio (ed. FaFo § 198) und Johannes Cassian, De incarnatione domini 6,3,2; 6,4,2; 6,9,1–2 (ed. FaFo § 203). Vgl. FaFo § 197a–g. Vgl. FaFo § 197h. Nach Konzil von Chalkedon, Actio II(III) 14 (FaFo § 184e1).

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

55 56 57 58 59 60

Theodor v. Mopsuestia (NAnt1; um 392)56

Nizänum (N; 325)55

44 Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

τὸν μονογενῆ, καὶ τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως,

τὸν μονογενῆ, τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον ὁμοούσιον τῷ πατρί, τῷ πατρί, ὁμοούσιον τῷ πατρί,

θεὸν ἐκ θεοῦ, φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ θεὸν ἀληθινὸν ἐκ ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, θεοῦ ἀληθινοῦ, ἀληθινοῦ,

μονογενῆ, τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

ἐξ αὐτοῦ γεννηθέντα

τὸν υἱὸν αὐτοῦ

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

γεννηθέντα ἐκ τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς τοῦ πατρός, γεννηθέντα

[482] τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων,

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν μονογενῆ,

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

ὁμοούσιον τῷ πατρί,

γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα,

θεὸν ἐκ θεοῦ καὶ φῶς ἐκ φῶς ἐκ φωτός, φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ θεοῦ ἀληθινοῦ, ἀληθινοῦ,

τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός,

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν μονογενῆ,

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, τὸν ὁμοούσιον ὁμοούσιον τῷ τῷ πατρί, πατρί,

[θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,]

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα [πρὸ πάντων τῶν αἰώνων],

τὸν υἱὸν [αὐτοῦ/ τοῦ θεοῦ] τὸν μονογενῆ,

γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί,

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων,

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν μονογενῆ,

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

3 Homilie II

45

ἐνανθρωπήσα- καὶ ἐνανθρωπήσαντα, ντα,

καὶ σαρκωθέντα

καὶ σαρκωθέντα,

ἐλθόντα

κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν

[καὶ ἐνανθρωπήσαντα,]

καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

ἐκ πνεύματος ἁγίου

ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

καὶ καὶ ἐνανθρωπήσαντα ἐνανθρωπήσαντα,

καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

καὶ σαρκωθέντα

κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν

καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους

καὶ σαρκωθέντα

κατελθόντα

καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν

κατελθόντα

[καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν]

καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν

καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν

τὸν κατελθόντα δι᾿ ἡμᾶς

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους

τὸν δι᾿ ἡμᾶς

δι᾿ οὗ

Bekenntnis von Konstantinopel (C; 381)60

τὰ πάντα ἐγένετο τὰ πάντα ἐγένετο,

δι᾿ οὗ

Liber Heraclidis (NHer)59

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους

τὰ πάντα ἐγένετο,]

[δι᾿ οὗ

Nestorios (NNest)58

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους

καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

δι᾿ οὗ καὶ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν

Antiochien (NAnt2; um 430)57

τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ,

καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν

Theodor v. Mopsuestia (NAnt1; um 392)56

τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ,

τὰ πάντα ἐγένετο

[483] δι᾿ οὗ

Nizänum (N; 325)55

καὶ ἐνανθρωπήσαντα

ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

καὶ σαρκωθέντα

κατελθόντα

τὸν δι᾽ ἡμᾶς

Bekenntnis in Homilie II (NHom)

46 Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς.

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς

κατὰ τὰς γραφὰς

κατὰ τὰς γραφὰς

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ ταφέντα

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

[484] ταφέντα

ἐρχόμενον

ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς,

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ,

παθόντα

ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου

ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου,

καὶ σταυρωθέντα

καὶ γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ σταυρωθέντα

γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου

καὶ ταφέντα

σταυρωθέντα

μετὰ δόξης

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρὸς

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

κατὰ τὰς γραφὰς

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ ταφέντα

καὶ παθόντα

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ ταφέντα

καὶ σταυρωθέντα ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου

κρῖναι ζῶντας καὶ κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς· νεκρούς. οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος·

καὶ ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ παθόντα

σταυρωθέντα τε ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου

3 Homilie II

47

καὶ εἰς ἕν πνεῦμα ἅγιον, πνεῦμα τῆς ἀληθείας,

καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα. [Anathematismen]

ἀνάστασιν σαρκὸς καὶ ζωὴν αἰώνιον.

ἄφεσιν ἁμαρτιῶν,

μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν,

τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, πνεῦμα ζωοποιόν,

Theodor v. Mopsuestia (NAnt1; um 392)56

Nizänum (N; 325)55

Antiochien (NAnt2; um 430)57

Nestorios (NNest)58

Liber Heraclidis (NHer)59

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον,

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν,

Προσδοκῶμεν ἀνάστασιν νεκρῶν καὶ ζωὴν τοῦ μέλλοντος αἰῶνος. Ἀμήν.

τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμβασιλεῦον συμπροσκυνούμενον καὶ καὶ συμπροσκυσυνδοξαζόμενον, νούμενον καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν· προφητῶν. εἰς μίαν, ἁγίαν, Πιστεύω εἰς μίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν καθολικὴν καὶ ἐκκλησίαν. ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν. Ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν.

[485] τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ

τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον,

Πιστεύω καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον,

Bekenntnis in Homilie II (NHom)

καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον,

Bekenntnis von Konstantinopel (C; 381)60

48 Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

3 Homilie II

49

[486] Es ist hier nicht notwendig, alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Einzelnen zu diskutieren; stattdessen will ich mich auf einige, für die Frage der Herkunft und des Charakters dieses Bekenntnisses zentralen Elemente beschränken. 1. Es fällt zunächst die ungewöhnliche Fassung des Beginns des ersten Artikels mit seiner Betonung der Einzigkeit und Einmaligkeit Gottes auf: Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν.61 Diese Fassung ist noch an folgenden Stellen belegt: – in NAnt2 (s. o.); – im Bekenntnis von Niké von 359 (das aber im weiteren Fortgang ganz anders strukturiert ist);62 – in einem Teil der Textüberlieferung der Homilie In illud: Simile est regnum caelorum patri familias, die dem Johannes Chrysostomos zugeschrieben wird;63 – in der Mystagogia in baptisma 4,16.19.20.21.23 und 9,55 des Proklos von Konstantinopel (sedit 434–446);64 – und bei Eunomios, Confessio fidei 2.65 Damit weist das Bekenntnis zunächst in konstantinopolitanisch-antiochenischen Raum. Ungewöhnlich ist die Voranstellung von κτίστην vor πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων ποιημάτων. Sie findet sich sonst nur im Bekenntnis des Charisios.66 Bei Nestorios (NNest) ist an dieser Stelle im griechischen Text möglicherweise etwas ausgelassen.67 In der syrischen Parallelüberlieferung ist der Sachverhalt nicht ganz klar. In Sermo 5 bezeichnet Nestorios allerdings den Schöpfer auch als τοῦ παντὸς κτίστης.68 Denkbar wäre außerdem erneut eine Über- [487] ein-

61 In [3] wird der erste Artikel in anderer Wortstellung angeführt: Πιστεύω εἰς ἕνα καὶ μόνον θεὸν ἀληθινόν. Hierzu gibt es keine Parallelen. 62 Vgl. FaFo § 159. 63 Zu Einzelheiten vgl. FaFo § 196 [3]. In [2] lautet allerdings der erste Artikel lediglich πιστεύω εἰς ἕνα θεόν. 64 Ed. Leroy 1967, S. 190, 193. 65 Vgl. FaFo § 63c2. Es ist gut möglich, dass dieses persönliche Bekenntnis, welches beim Konstantinopler (!) Religionsgespräch von 383 vorgelegt wurde, hier das in der Hauptstadt des Ostreiches übliche Symbol zitiert. Vgl. dazu außerdem Gregor von Nyssa, Refutatio confessionis Eunomii 20–21 (ed. Jaeger 1921, 304,3–4.17–18.23). 66 Vgl. FaFo § 204a. 67 Vgl. FaFo § 197b. 68 Nestorios, Sermo 5 (241,1–2 L.).

50

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

stimmung mit NAnt2, denn Johannes Cassian gibt das Kolon mit creatorem omnium visibilium et invisibilium creaturarum wieder.69 2. Im zweiten Artikel folgt das Bekenntnis bis γεννηθέντα zunächst dem Strang NNest, NHer und C. 3. Der Zusatz πρὸ πάντων τῶν αἰώνων hingegen ist sonst nur in den beiden antiochenischen Bekenntnissen, in C und möglicherweise bei Nestorios (NNest) belegt.70 4. Zwischen πρὸ πάντων τῶν αἰώνων und θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ weist NHom eine charakteristische Lücke auf, die sich so nur bei Nestorios (NNest) und in der „bereinigten“ Form von N und C, die Schwartz in ACO der 5. Sitzung von Chalkedon zuweist,71 findet. 5. Von θεὸν ἀληθινόν bis ὁμοούσιον τῷ πατρί folgt das Bekenntnis dem Strang N – NHer – C. 6. Das Fehlen von δι᾿ οὗ τὰ πάντα ἐγένετο entspricht wiederum (möglicherweise) NNest.72 Diese Lücke ist deshalb besonders signifikant, weil sie sonst nirgends belegbar ist. 7. Des Weiteren fehlt καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν nur in NAnt2 und erneut (eventuell) in NNest.73 8. Καὶ σαρκωθέντα – ἐνανθρωπήσαντα folgt der Tradition NNest, NHer, C. 9. Σταυρωθέντα ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου findet sich so nur in C. 10. Καὶ παθόντα fehlt auch in NAnt1, NAnt2 und NNest. 11. Καὶ ταφέντα – ἡμέρᾳ entspricht der antiochenischen Tradition sowie C. Καὶ ταφέντα ist auch noch für NNest belegt, danach bricht aber dieses Bekenntnis, welches ja nur fragmentarisch erhalten ist, leider ab. 12. Der Zusatz κατὰ τὰς γραφάς fehlt auch in N und NHer. 13. Das Sitzen zur Rechten fehlt auch in N, NAnt2 und NHer. 14. Nach καὶ πάλιν ἐρχόμενον fehlt in NHom μετὰ δόξης, das sich sonst nur in C findet. 15. Der unter den hier aufgeführten74 Bekenntnissen nur in C zu findende Zusatz οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος fehlt in NHom. [488]

69 Vgl. FaFo § 203. 70 Er ist nur in FaFo § 197f1 belegt, nicht hingegen in der griechisch erhaltenen Parallele in § 197b. 71 Vgl. ACO ser. I 2,1,2 p. 127[323],12–13 und p. 128[324],4–5 Schwartz (FaFo § 184e2). 72 Es ist nur im lateinischen Text in FaFo § 197f3 bezeugt, nicht hingegen in der griechisch erhaltenen Parallele in § 197b. 73 Hier steht die Bezeugung allerdings durch FaFo § 197f2 auf etwas besseren Füßen (vgl. allerdings FaFo § 197b!). 74 Vgl. ansonsten FaFo §§ 147 (Kyrill von Jerusalem); 175 (Epiphanios); 182c (Apostolische Konstitutionen); 185 (Pseudo-Athanasios).

51

3 Homilie II

16. Am interessantesten ist der pneumatologische Artikel. Hier ist N bekanntlich sehr kurz; NHer fällt nun ebenfalls aus, so dass uns kein Vergleichsmaterial zur Verfügung steht, welches sich unmittelbar mit Nestorios in Verbindung bringen ließe. Hier folgt NHom zunächst C. Zusätzlich findet sich συμβασιλεῦον.75 Ἁγίαν bei der Kirche fehlt. Das Bekenntnis bricht mit dem (vom Homileten stark hervorgehobenen) ekklesiologischen Bekenntnis ab. Schlussfolgerungen: Betrachtet man in der folgenden Liste nur die Stellen bis zum Abbruch von NNest (markiert durch //), so steht NHom NNest am nächsten, wobei einige Übereinstimmungen mit einer gewissen Unsicherheit belastet sind (kursiv). N: NAnt1: NAnt2: NNest: NHer: C:

(6) // (4), (11), (12) // (1), (2), (4), (8), (11), (12) // (2), (3), (4), (5), (7), (8), (9), (11), (12) // (3), (6), (9) // (3), (4), (6), (9), (10), (12) //

(13), (14), (15), (16) / (15), (16) / (14), (15), (16) / (13), (14), (15), (16) / /

(17).

Dass freilich NHom mit NNest nicht einfach identisch ist, ergibt sich aus (1), (6) und (10). (1) hat eine Parallele bei Proklos – im Verbund mit den übrigen Übereinstimmungen mit C deutet das auf Konstantinopel als Ursprung des Symbols hin. Die Differenzen in (6) und (10) könnten sich durch Auslassungen in den Symbolzitaten bei Nestorios erklären. Keine rechte Erklärung habe ich für den meines Wissens völlig singulären Zusatz συμβασιλεῦον im dritten Artikel. Die in C folgenden Kola nennt der Verfasser nicht. Das könnte entweder bedeuten, er kannte sie nicht oder aber er ließ sie aus. Er könnte sie deshalb ausgelassen haben, weil er sie nicht zu den eigentlichen Bekenntnisklauseln rechnete (sie werden ja in C nicht durch πιστεύομεν sondern durch ὁμολογοῦμεν bzw. προσδοκῶμεν eingeleitet) und er auch keine detaillierte Auslegung der πίστις geben wollte. Gleichwohl ist es auffällig, dass sich hier im Text wie auch sonst bei Nestorios, wenn ich recht sehe, keinerlei Anspielungen auf diese Kola finden; daher würde ich eher vermuten, dass er sie nicht kannte. [489] Vor allem der erste Artikel, aber auch die sonstigen Übereinstimmungen mit C machen es wahrscheinlich, dass dieses Bekenntnis nach Konstantinopel gehört.

75 Vgl. dazu oben den Kommentar zu [16].

52

Zwei neuentdeckte Predigten des Nestorios

Die Konsequenzen hieraus für die Symbolgeschichte sind erheblich, können aber an dieser Stelle nur angedeutet werden: Die vorliegende Homilie ist ein weiterer Hinweis darauf, dass C nach 381 nicht das Taufsymbol von Konstantinopel gewesen ist, sondern ein mit diesem verwandtes Bekenntnis, das sich im Wesentlichen auch in den sonstigen nestorianischen Fragmenten nachweisen lässt. Das vorliegende Symbol könnte nun entweder älter als C sein (dann könnte man C als dessen Erweiterung verstehen) oder aber jünger (dann wäre C möglicherweise für katechetische Zwecke gekürzt worden) oder aber als Parallelrezension, die mit dem Konzil in Verbindung steht. Leider lässt der Befund keine eindeutige Entscheidung zu. Wäre allerdings NHom älter als C und C dessen Bearbeitung, müsste man erklären, warum der erste Artikel so massiv verändert und im pneumatologischen Teil συμβασιλεῦον gestrichen wurde. Wäre NHom hingegen jünger als C und eventuell eine Kürzung, müsste man umgekehrt wiederum erklären, warum der erste Artikel anders formuliert ist. Auch wäre kaum plausibel zu machen, warum ausgerechnet das „Sitzen zur Rechten“ gestrichen wurde. Daher ist am ehesten anzunehmen, dass wir es hier mit zwei unterschiedlichen Rezensionen einer gemeinsamen, andernorts noch näher zu bestimmenden Vorlage zu tun haben, wofür es auch andere Hinweise gibt,76 weshalb es vernünftig sein dürfte, die Entstehung auch dieses Bekenntnisses im Zusammenhang des Konzils von 381 anzusetzen.

76 Vgl. dazu im Einzelnen Kinzig, Neue Texte, 2021.

Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo aus den Jahren 637 und 654 Abstract: This article provides a new edition, German translation, and commentary of the Placitum of the baptized Jews of Toledo of 637. Thereafter, readers will find a discussion of the genre, date, place of origin, and authorship of the document, to be followed by an analysis of its content and historical context. The second section includes the text of the Placitum of 654, accompanied by a German translation and commentary. As with the previous document, the second Placitum is examined with regard to genre, date, place of origin, authorship, content, and historical context. When viewed together, the texts show that relations between Jews and Christians in the Visigothic Kingdom were more complex than has hitherto been assumed.

[1] Rainer Kampling zum 65. Geburtstag in herzlicher Verbundenheit gewidmet Im Folgenden möchte ich zwei Dokumente vorstellen, die für die Beziehungen zwischen Juden und Christen im Reich der Westgoten im 7. Jahrhundert aufschlussreich sind.1 Die bisherige Forschung hat auf sie zwar häufig Bezug genommen hat, ihren Inhalt aber, wenn ich recht sehe, bisher nur unzureichend untersucht und darum häufig auch falsch gedeutet. Bei beiden Texten handelt es sich um erzwungene Verpflichtungserklärungen von Gruppen getaufter Juden in Toledo, jüdischen Bräuchen fortan zu entsagen und sich an das christliche Bekenntnis und die christlichen Sitten zu halten.

1 Das Placitum von 637 Der erste Text trägt im codex unicus Léon, Catedral de León, Archivo, ms. 22 (Córdoba; um 830), ff. 48v–51r,2 die Überschrift Confessio vel professio Iudaeo1 Terminologische Vorbemerkung: Unter „Judenchristen“ verstehe ich im Folgenden getaufte Juden, unabhängig davon, ob diese Taufe erzwungen wurde oder freiwillig erfolgte. Im Folgenden verwendete Abkürzung: L.V. = Leges Visigothorum. Dr. Julia Winnebeck (Bonn) hat den Text dankenswerterweise durchgesehen; Henriette von Harnier (Bonn) hat bei den Korrekturen geholfen. 2 Beschreibungen: Fita y Colomé, 5, 1871, hier S. 272–279, 358–365, 447–457; García Villada 1919, S. 53–56; Díaz y Díaz 1969; Díaz y Díaz 1983, S. 55–88; Carbajo Serrano 1988, S. 88–91; Díaz y Díaz 1995, S. 69–77 (mit weiterer Literatur ebd., S. 70 Anm. 191); Martín 2006, S. 104 f.; https://doi.org/10.1515/9783110720945-002

54

Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

[2] rum civitatis Toletanae.3 Dieser Titel, der in der Sekundärliteratur zu zahlreichen Verwirrungen geführt hat, dürfte sekundär sein,4 weil er – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – den Inhalt des Dokuments nur unzureichend wiedergibt. Die Confessio ist in León 22 Teil einer Sammlung, die um 700 (oder wenig später) kompiliert wurde.5

1.1 Text, Übersetzung, Kommentar Der Text wird im Folgenden nach Scans, welche mir das Kathedralsarchiv von León freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat,6 neu ediert. Er wurde von Fidel Fita y Colomé 1870 erstmals und 1881 verbessert herausgegeben7 und mehrfach ins Spanische übersetzt.8 Seither wurde er mehrmals nachgedruckt;9 eine englische Fassung [3] stammt von Amnon Linder.10 Orthographisch folge ich (abgesehen von der Auflösung von Abbreviaturen und kleinen, jeweils markierten Ergänzungen um der besseren Verständlichkeit willen) der Handschrift.11 Die Zeichensetzung wurde allerdings an moderne Konventionen angepasst. Die von Fita y Colomé aufgeführten biblischen Belege habe ich reduziert, wo sie inhaltlich nicht weiterführten.12 „Ed.“ = Fita y Colomé in beiden Editionen. [f. 48v] Incipit confessio uel professio Judeorum civitatis Toletane In nomine domini nostri Ihesu Christi

Hier beginnt das Bekenntnis oder die Versicherung der Juden der Stadt Toledo. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

Gonzálvez Ruiz 2007, hier S. 143–145; Miguel Franco 2010; Miguel Franco 2011; Keefe, Catalogue, 2012, S. 257 f. 3 Díaz y Díaz 1958, Nr. 188; CPL 1233; Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 313; Weckwerth 2013, Nr. 223. 4 Fita y Colomé, 5, 1871, S. 365 macht dafür den Mönch Alfonsus oder den zweiten Redaktor des Codex verantwortlich (vgl. ebd., S. 273). 5 Vgl. dazu Díaz y Díaz 1969, S. 153. 6 Ich danke dem Archivar Sr. Manuel Pérez Recio für sein freundliches Entgegenkommen. 7 Fita y Colomé, 4, 1870, hier S. 189–201; Fita y Colomé 1881, S. 43–49. 8 Ebd. sowie García Iglesias, Textos, 1978, hier S. 89–91 (non vidi) = González Salinero 2000, S. 59–61. Teilübersetzung auch bei García Villada 1932, hier S. 152–154 (nur [11]–[18]). 9 PLS 4, Sp. 1664–1667; Dahn 1885, S. 650–653; Ureña y Smenjaud 1906, S. 571–575; Canellas López 1979, hier S. 328 (Nr. 109; gekürzt); Linder 1997, S. 494–497 (Nr. 851). 10 Linder 1997, S. 497–500 (Nr. 851). 11 Die in modernen Editionen unübliche Unterscheidung zwischen „i“ und „j“, die schon Fita y Colomé vorgenommen hatte, entspricht dem paläographischen Befund. 12 Vgl. auch die Kritik bei Dahn 1885, S. 654.

1 Das Placitum von 637

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[1] Sacratissimo concilio uniuersali, quod anno presenti in eclesia sancte Locadie martiris in pretorio Toletano conuenit adque glorioso et piissimo domno nostro Chintilani regi omnes exebrei13 Toletane ciuitatis. [4] [2] Quoniam manifesta preuaricatio et omnibus nota nostra perfidia patuit adque ipsi nunc uestra adortatione premoniti ad uiam salutis spontanee elegimus reverti idoque necesse est primum fidem nostram purissime confiteri et dehinc hujus sancte professionis transgressoribus dignam meriti18 penam a nobis constitui,

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[1] An das heiligste, allgemeine Konzil, welches sich in diesem Jahr in der Kirche der heiligen Märtyrerin Leocadia im Prätorium14 von Toledo versammelt hat, und an unseren ruhmreichen und überaus frommen Herrn, den König Chintila, von allen ehemaligen Hebräern der Stadt Toledo. [2] Da ja [unsere] Übertretung offensichtlich und unser Irrglaube15 allen bekannt ist und offen zu Tage liegt und wir uns selbst jetzt – wiewohl durch eure Aufforderung ermahnt 16 – aus eigenem Antrieb entschlossen haben, zum Weg des Heils zurückzukehren, und es darum notwendig ist, dass wir zunächst unseren Glauben ganz rein bekennen17 und sodann von uns gegen die, welche die-

13 Das Wort ist sehr selten. Einziger sonstiger Beleg Gregor der Große, Registrum IV,31, Z. 5 (CC 140, S. 251; sofern nicht ex Hebraeis zu lesen). Vgl. auch unten Anm. 164. Zur Diskussion auch Ureña y Smenjaud 1906, S. 570 f.; Orlandis/Ramos-Lissón 1981, S. 179; Bronisch 2005, S. 69 Anm. 193. 14 Zur nicht völlig geklärten Bedeutung von praetorium (siehe auch unten [21]) in diesem Zusammenhang vgl. Velázquez/Ripoll 2000, bes. S. 552–554, 562, 569. Es handelt sich vermutlich um den königlichen Palast. Anders Fita y Colomé, 4, 1870, S. 189 Anm. 2; Fita y Colomé 1881, S. 43 Anm. 1, der praetorium mit villa gleichsetzt und übersetzt: „en la vega Toledana“. Ähnlich Dahn 1885, S. 653. Arce 2011, (Abb. 10), lokalisiert das Prätorium im heutigen Alcázar innerhalb, die Kirche San Leocadio (sic; offenbar ein Versehen, vgl. ebd., S. 244, 246 u.ö.) hingegen außerhalb der Stadtmauern. Das kann kaum richtig sein. 15 Zur Bedeutung von perfidia allgemein vgl. Peterson 1936, und NGML, s. v.; unter Bezug auf vorliegende Stelle Blumenkranz 1952 (= ders. 1977), hier S. 163 („‚rupture de foi‘ [dans un sens religieux!]“); González Salinero 1999, hier S. 136 f.; Drews 2001, S. 258–260 („Treubruch“); Drews 2006, S. 86–88 („rebellion“, „treason“); Kampers 2008, S. 302 f. Ferner Dumézil 2008, S. 293: „‚rupture de fidelité‘, sans distinction entre les dimensions civile ou religieuse“. Da freilich in zeitgenössischen Rechtstexten auch von der perfidia der (ungetauften) Juden gesprochen wird (vgl. nur Toledo IV, Kanon 58 [Z. 960]; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 236 oder L.V. 12,3,14 [Zeumer 1902, S. 442, Z. 26 f.]), wird eine durchgängige Übersetzung mit „Glaubensbruch“ dem Befund kaum gerecht, während „Treubruch“ den Begriff angesichts seiner sonstigen spätantiken Verwendung zu sehr politisch verengt. 16 Zum Kontext dieser „Ermahnung“ vgl. unten S. 72–78. 17 Confiteri hier offenbar mit passivischer Bedeutung. Vgl. parallel unten constitui. 18 meriti hier offenbar anstatt Ablativ merito, abhängig von dignam. Vgl. Kühner/Stegmann 1997, § 81 Anm. 17.

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

eapropter19 nos omnes exebrei, qui in sancta sinodo Toletana20 in eglesia sancte martiris Leocadie a Christianissimo21 domno nostro22 ob23 amorem religionis aduocati sumus quique etiam infra subscripturi uel signa sancte crucis facturi sumus, credimus in unum deum, trinitatem omnipotentem, patrem et filium et spiritum sanctum, tres personas et unam substantiam, creatorem omnium creaturarum; sed 24 patrem fatemur ingenitum, filium a patre genitum, ex utroque uero procedentem spiritum sanctum et ob hoc [5] unam naturam deitatis adque hunitatem majestatis subsistentem in tribus personis.

ses heilige Bekenntnis überschreiten, eine Strafe festgesetzt wird, die der Tat angemessen ist, darum glauben wir ehemaligen Hebräer gemeinsam, die wir zur heiligen Synode von Toledo in der Kirche der heiligen Märtyrerin Leocadia von unserem allerchristlichen Herrn wegen der Liebe zur Religion herbeigerufen wurden und die wir auch [5] unten unterschreiben oder die Zeichen des heiligen Kreuzes machen werden25, an einen einzigen Gott, allmächtige Trinität, Vater, Sohn und Heiligen Geist, drei Personen und eine Substanz, den Schöpfer aller Geschöpfe; aber wir bekennen, dass der Vater ungezeugt und der Sohn vom Vater gezeugt ist, während der Heilige Geist aus beiden hervorgeht 26, und dass [diese Trinität] wegen der einen Natur der Gottheit und der Einheit der Majestät in drei Personen subsistiert 27.

19 quapropter Cod. 20 Ablativ statt Akkusativ. 21 Christi unissimo Cod., Ed. Christianissimo Dahn 1885, S. 653 f. 22 Chintila hatte die exhebraei also vorgeladen. 23 et Fita y Colomé 1881. 24 set Cod. 25 Die Unterschriften sind nicht erhalten. Das Kreuzzeichen wurde von den illiteraten Judenchristen anstelle einer Unterschrift gemacht. Anders Fita y Colomé, 4, 1870, S. 180 Anm. 2, der darin eine besonders feierliche Bekräftigung des Eides sieht. 26 Vgl. dazu etwa das Bekenntnis Gregors des Großen (FaFo § 446): „Credo in unum deum omnipotentem, patrem et filium et spiritum sanctum, tres personas, unam substantiam; patrem ingenitum, filium genitum, spiritum vero sanctum nec genitum nec ingenitum, sed coaeternum, de patre et filio procedentem.“ Ähnlich auch Isidor von Sevilla, De origine officiorum (De ecclesiasticis officiis) 2,24 (23),1 (FaFo § 491): „… patrem quoque confiteri ingenitum, filium genitum, spiritum autem sanctum nec genitum nec ingenitum, sed ex patre et filio procedentem; filium a patre nascendo procedere, spiritum vero sanctum procedendo non nasci …“ 27 Vgl. Hieronymus, Epistula 15, 4,3 (CSEL 54/1, S. 66, Z. 2 f.): „Sed quia illa sola est infecta natura et in tribus personis deitas una subsistit, quae est uere, una natura est …“

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1 Das Placitum von 637

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[3] Filium autem credimus dei patris [f. 49r] carnem temporibus suscepisse nouissimis ex Maria perpetim uirgine sancto spiritu cooperante, ut nos a preuaricatione protoplasti28, in qua29 omnis ejus propago adstricta originali tenebatur delicto, et a cuncto actuali piaculo per lauacrum regenerationis redimeret in se credendo, ut per eum pater repropitiaretur mundo, per quem creauerat mundum.

[4] Idcirco data est lex, ut omnes instrueret per sacrificia et hostias, que ad similitudinem ueritatis ejus precepta erant offerri, quatenus ille ueniens et ueram se hostiam per corpus suum deo offerens patri a profetis prenuntiatus a nobis crederetur redem

tor et dominus, quia necesse erat, ut munda esset ostia et de rationali animale, que animas rationales [6] hominum mundaret, sed passionis ipsius conformes in hac vita, humilitate et mansuetudine ejus edocti, aduersa mundi patienter

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[3] Wir glauben aber, dass der Sohn Gottes des Vaters in den letzten Tagen das Fleisch aus Maria der ewigen Jungfrau unter Mitwirkung des Heiligen Geistes auf sich genommen hat, um uns von der Übertretung des Erstgebildeten, in welcher seine ganze Nachkommenschaft wegen des Urvergehens gefesselt festgehalten wird 30, und von jeder Tatsünde durch das Bad der Wiedergeburt 31 loszukaufen, wenn man an ihn glaubt, auf dass der Vater durch ihn, durch den er die Welt geschaffen hatte, der Welt versöhnt würde. [4] Darum wurde das Gesetz gegeben, dass es alle in den heiligen Gaben und Opfern unterrichte, deren Darbringung zur Abbildung seiner Wahrheit vorgeschrieben war32, bis er, von dem die Propheten vorhersagten, dass er kommen und sich als wahres Opfer durch seinen Leib Gott dem Herrn darbringen [6] werde,33 von uns als Erlöser und Herr geglaubt würde. Denn es war notwendig, dass das Opfer rein sei und von einem vernunftbegabten Lebenwesen stamme, [jenes Opfer,] welches die vernunftbegabten Seelen der Menschen reinigen solle34. Wir aber sollten seinem Leiden in

28 protoplausti Cod. 29 qua Cod.; quo Ed., offenbar aufgrund eines Lesefehlers. 30 Vgl. Röm 5,12. 31 Tit 3,5. 32 Vgl. Heb 10,1. 33 Vgl. Heb 10,5–10. 34 Grundlage hier offensichtlich Gregor d. Gr., Moralia in Iob 17,46, Z. 50–54 (CC 143A, S. 878): „Ergo ut rationalis esset hostia, homo fuerat offerendus, ut uero a peccatis mundaret hominem, homo et sine peccato. Sed quis esset homo sine peccato, si ex peccati commixtione descenderet? Proinde uenit propter nos in utero uirginis Filius Dei, ibi pro nobis factus est homo.“

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

toleraremus, ut per presentia mala perueniremus ad eterna, de quibus in Adam expulsi sumus, bona.

[5] Inde Abrahae38 facte sunt promissiones, inde omnibus patriarcis; sed duritia cordis et pravitate mentis non cognouit reparationem vite sue Israhel carnalis, que prophetali ore semper fuerat repromissa nobis; quamobrem dominum glorie crucifixerunt.

[6] Super hec omnia nos quoque addentes cumulum preuaricatio42 tandem ex tanto baratro nostre iniquitatis, superna pietate respecta43, resipiscimus a

diesem Leben gleichförmig sein35 und durch seine Demut und Milde36 erzogen werden und so die Unbill der Welt geduldig ertragen, damit wir durch die gegenwärtigen Übel zu den ewigen Gütern gelangen, von denen wir in Adam vertrieben wurden37. [5] Deshalb sind die Verheißungen Abraham zuteil geworden, deshalb [auch] allen Patriarchen; aber der Härte des Herzens39 und der Verderbtheit des Verstands wegen hat das fleischliche Israel nicht die Wiederherstellung seines Lebens erkannt, welche uns durch Prophetenmund immer verheißen war40; deswegen haben sie den Herrn der Herrlichkeit gekreuzigt 41. [6] Auf all dies haben wir auch aus dem so tiefen Abgrund unserer Ungerechtigkeit den Gipfel der Übertretung gehäuft 44 und erholen [7] uns [jetzt] endlich, nachdem wir auf die Frömmigkeit droben

35 Vgl. Phil 3,10. Zur Formulierung vgl. auch Ildefons von Toledo, De itinere deserti 64, Z. 544–547 (CC 114A, S. 460): „Haec certe cuncta per uictoriam passionis eius superata sunt et extincta cunctis nobis, qui, passionis eius conformes effecti, nos mundo nobisque mundum agnoscimus crucifixum.“ 36 Eph 4,2. 37 Vgl. Cyprian, Ad Demetrianum 20 (Z. 394–397; CC 3A, S. 47): „Exultant semper in Domino et laetantur et gaudent in Deo suo et mala adque aduersa mundi fortiter tolerant, dum bona et prospera futura prospectant.“ 38 habrae Cod. 39 Vgl. Lev 26,19; Dt 9,27; Mk 10,5 par. Mt 19,8; Mk 16,14; Röm 2,5. 40 Vgl. Jer 31 (38),22. 31; Ez 36,25–27; Jes 42,9–13; 43,18–19; 62,2. 4; 65,17; 66,22 usw. 41 I Kor 2,8. 42 preuaricatio mit Verweiszeichen am Rand nachgetragen. 43 respecti Cod. 44 Vgl. Jes 1,5 sowie Augustin, Enchiridion 118, Z. 29 f. (CC 46, S. 112): „… ut peccatum operetur in homine omnem concupiscentiam, cumulo praeuaricationis adiecto …“ Fulgentius von Ruspe, Epistula 17, 33, Z. 904–906 (CC 91A, S. 588): „Legalis quoque auditus non solum neminem de potestate tenebrarum eripuit, quin etiam peccatoribus cumulum praeuaricationis adiecit.“

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[7] laqueis diaboli, in quibus [f. 49v] infelicitate incredulitatis dilapsi post sanctum babtisma detinebamur cabtiui; unde etiam legibus et decretis canonum obnoxii nil nobis residuum erat nisi ut traderemur morti.

[7] Sed quoniam admoniti sponte sumus reuersi hanc fidem ueram et sanctam et recognoscimus et recipimus49 adque ore fatemur credentes in dominum Ihesum Christum, qui justificat impium, qui crucifixus est sola carne, descendit ad inferna sola anima,

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geblickt haben45, von den Schlingen des Teufels46, in die wir durch den unseligen Unglauben nach der heiligen Taufe gefallen waren und [in denen] wir gefangen festgehalten wurden47. Deshalb hätte uns auch, da wir die kanonischen Gesetze und Beschlüsse verletzt haben, kein anderes Schicksal ereilen dürfen, als dem Tod ausgeliefert zu werden48. [7] Aber da wir ja nach der Ermahnung50 aus eigenem Antrieb zurückgekehrt sind, anerkennen und empfangen wir diesen wahren und heiligen Glauben und bekennen mit dem Mund den Glauben an den Herrn Jesus Christus, der den Frevler rechtfertigt 51, der allein im Fleisch gekreuzigt wurde, allein in

45 Vgl. Cassiodor, Complexiones in Actus apostolorum 20 (Migne PL 70, Sp. 1388A): „Tunc superna pietate respectus, in Christiano dogmate convalescens, verbum Domini in synagogis praedicabat, feliciter immutatus.“ Gregor d. Gr., Moralia in Iob 27,38 Z. 64–67 (CC 143B, S. 1359): „Hinc enim per prophetiae spiritum Anna dicit: Dominus iudicabit fines terrae [1 Rg (1 Sm) 2,10], quia nimirum anteactam uitam Deus non iudicat, quando posteriora peccatorum respectu supernae pietatis illustrat.“ Möglicherweise spielt Kanon 3 von Toledo VI in seinem Eingangssatz auf das Placitum an (Z. 117 f.; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 304): „Inflexibilis Iudaeorum perfidia deflexa tandem uidetur pietate et potentia superna.“ So behauptet von ebd., Anm. 21. Benveniste 2006, hier S. 80, gibt an, das Placitum sei „ein Teil des dritten Kanons des Konzils“ geworden. Das ist nicht richtig. 46 Die Formulierung wird wiederaufgenommen in L.V. 12,3,27 (Erwig; Zeumer 1902, S. 454, Z. 13): „… a laqueis diabolicis eripi [resipisci v.l.] …“ Resipiscere im mittelalterlichen Latein auch: „bereuen“. In den Lexika so, wenn ich recht sehe, nicht nachgewiesen. Vgl. z. B. L.V. 2,1,6 (ebd., S. 50, Z. 7); 4,5,1 (S. 197a, Z. 17//198b, Z. 9). 47 II Tim 2,26. 48 Zur Quelle im Folgenden vgl. Fita y Colomé, 4, 1870, S. 494 Anm. 1 und Fita y Colomé 1881, S. 45 Anm. 8. Er verweist auf Kanones 57–66 des Konzils von Toledo IV, wo aber nicht die Todesstrafe vorgesehen ist. Nicht einschlägig ist Codex Theodosianus 16,8,1 (so zutreffend schon Dahn 1885, S. 654 f.) L.V. 12,2,4 verweist für die Bestrafung „abtrünniger“ Judenchristen auf ein einschlägiges Gesetz, vermutlich 12,2,11, in dem die Todesstrafe durch Steinigung oder Verbrennung vorgesehen ist. Beide Gesetze werden allerdings erst Rekkeswinth (649/53–672) zugeschrieben. Vgl. auch unten Anm. 89. 49 recepimus Cod. vor Korrektur. 50 Vgl. oben [2] mit Anm. 16. 51 Röm 4,5.

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destruxit mortis imperium52 deitate sua53. [8] [8] Sed caro, anima et deus unus Christus dominus glorie, qui resur-

der Seele in [8] die Unterwelt hinabstieg54 und die Herrschaft des Todes mit seiner Gottheit zerstörte. [8] Aber Christus ist Fleisch und Seele und ein einziger Gott 55, Herr der Herrlich-

52 Heb 2,14. 53 Hier rechts des Textes zwischen den Spalten und ohne Beziehung zum Text Monogramm, von Díaz y Díaz 1969, S. 156 als MONACVS gelesen. Zur Bedeutung ebd., S. 156–158. 54 Vgl. Vigilius von Thapsus, Contra Eutychetem 2,9 (Migne PL 62, Sp. 109C): „Ergo dicimus Deum jacuisse in sepulcro, sed in sola carne: et Deum descendisse in infernum, sed in sola anima.“ Fulgentius von Ruspe, Ad Trasamundum 3,34,2, Z. 1363–1365 (CC 91, S. 180): „Totus Christus secundum solam animam ad infernum descendit; idem atque inseparabilis Christus secundum solam carnem de sepulcro surrexit.“ Ders., De fide ad Petrum seu de regula fidei 11, Z. 223–225 (CC 91A, S. 718): „Sed in sepulcro secundum solam carnem idem Deus iacuit, et in infernum secundum solam animam descendit.“ Ders., Liber ad Victorem 20,2, Z. 840–843 (CC 91, S. 306): „Quae omnia secundum personae unitatem totus Christus pertulit, secundum naturalem proprietatem, ad solam carnis pertinent ueritatem. Ita secundum solam animam ad infernum descendit.“ Ebd. 20,4, Z. 860–862 (CC 91, S. 306): „Idem quoque Dei Filius qui secundum solam carnem in sepulcro iacuit, et secundum solam animam in infernum descendit …“ Ferner Beatus/Eterius, Adversus Elipandum 1,60 (Z. 1688 f.; CC Cont. Med. 59, S. 44): „Quamobrem et sola caro mortua, quae in sepulcro iacuit, Christus Filius Dei est. Et sola anima, quae ad inferna descendit, Christus Filius Dei est.“ 1,83 (Z. 2377–2379; CC Cont. Med. 59, S. 62): „Et Patri semper aequalis permanis, qum in sepulcro carne mortuus iacuit et in anima ad inferna descendit.“ Vgl. auch unten die Belege in Anm. 55. 55 Vgl. hierzu Augustin, Sermo 214, 7 (FaFo § 316f) „Cum enim sit totus filius dei unicus, dominus noster Iesus Christus, verbum et homo atque, ut expressius dicam, verbum, anima et caro, ad totum refertur, quod in sola anima tristis fuit usque ad mortem, quia filius dei unicus Iesus Christus tristis fuit; ad totum refertur, quod in solo homine crucifixus est, quoniam filius dei unicus Iesus Christus crucifixus est; ad totum refertur, quod in sola carne sepultus est, quoniam unicus filius dei, dominus noster Iesus Christus sepultus est.“ Augustin, In Iohannis evangelium tractatus 78,3, Z. 8–16 (CC 36, S. 524 f.): „Sicut enim unus est homo anima rationalis et caro, sic unus est Christus Deus et homo; ac per hoc Christus, est Deus anima rationalis et caro. Christum in his omnibus, Christum in singulis confitemur. Quis est ergo per quem factus est mundus? Christus Iesus, sed in forma Dei. Quis est sub Pontio Pilato crucifixus? Christus Iesus, sed in forma serui. Item de singulis quibus homo constat. Quis non est derelictus in inferno? Christus Iesus, sed in anima sola. Quis resurrecturus triduo iacuit in sepulcro? Christus Iesus, sed in carne sola.“ Die Passage wird später häufig ganz oder teilweise zitiert: Paulinus von Aquileia, Contra Felicem 3,23; Johannes Cassian, Expositio Psalmorum 2,1, Z. 39 f. (CC 97, S. 40); Leo der Große, Epistula 104 (an Kaiser Leon), Test. 24–25 (ACO II/4, S. 128, Z. 5–14); Anon., Contra Iudaeos (CPL 360) 2, Z. 2935–2954 (CC 58B, S. 242 f.) und spätere Autoren. Im unmittelbaren Umfeld unseres Textes vgl. vor allem Concilium Hispalense (13. November 619), Kanon 13 (Vives 1963, S. 183; dazu auch Madoz 1936, hier S. 213). Vgl. auch oben die Belege in Anm. 54. Zum descensus ad inferos vgl. Grillmeier 1975, S. 76–174; [Gemeinhardt 2019;] zu Augustin: ebd., S. 137 f.; Wlosok 1996–2002, hier Sp. 304 f. Ferner Fita y Colomé, 4, 1870, S. 194 Anm. 3; Fita y Colomé 1881, S. 45 Anm. 8; Dahn 1885, S. 655.

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rexit tertia die ab inferis, ut fideles ejus non trahantur ad penam post mortem corporis, sed cum eo regnent in dexteram56 patris, ubi jam ipse ascendit uidentibus apostolis, quibus predicantibus et miracula facientibus et mundus credidit et nos credimus, quia, si duorum aut trium testimonium recipi oportet 57 secundum quod diuine precipiunt 58 pagine, quanto magis duodecim debet credi apostolis et plus quam quingentis aliis quorum se post resurrectionem presentauit oculis? [9]

[9] Quapropter expectamus eum inde uenturum in gloria, quem primum respuimus humilem per superbiam61, uenientem etiam in potentia majestatis sue, ut bonis cum sanctis suum regnum et impiis tribuat cum diabolo eternum supplicium. [10] Credimus enim hoc, adoramus eum, ueneramur, colimus et glorificamus, quoniam in ipso habitat omnis plenitudo diuinitatis corporaliter.

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keit, der am dritten Tag aus der Unterwelt auferstand, damit die, welche an ihn glaubten, sich nicht der körperlichen Strafe nach dem Tod des Leibes unterziehen müssen, sondern mit ihm zur Rechten des Vaters herrschen, wohin er auch selbst in Gegenwart der Apostel aufgestiegen ist, die [davon] predigen und Wunder tun; und die Welt hat [ihnen] geglaubt und wir [9] glauben [ihnen]. Denn wenn man gemäß dem Gebot der Heiligen Schrift das Zeugnis von zweien oder dreien zulassen muss59, um wieviel mehr muss man zwölf Aposteln glauben und mehr als fünfhundert weiteren, deren Augen er sich nach der Auferstehung darbot 60? [9] Darum erwarten wir, dass der von dort in Herrlichkeit kommen wird, den wir zunächst aus Stolz in seiner Niedrigkeit verachtet hatten62. Er wird auch in der Fülle seiner Majestät kommen, um den Guten gemeinsam mit den Heiligen sein Reich zuzuteilen, den Frevlern aber gemeinsam mit dem Teufel ewige Strafe. [10] Dies also glauben wir, ihn beten wir an, ehren, verehren und verherrlichen wir, denn die ganze Fülle der Gottheit wohnt körperlich in ihm63.

56 Akkusativ statt Ablativ. 57 opertet Cod. 58 preciunt Cod. 59 Vgl. Dt 19,15. 60 I Kor 15,5–6. 61 superuiam Cod. 62 Vgl. Augustin, Sermo 124, 3 (Migne PL 38, Sp. 688): „Qui respuit istam Dei humilitatem, non vult sibi a mortifero tumore superbiae sanitatem.“ 63 Kol 2,9.

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[11] Que omnia testi[f. 50r]moniis64 diuinae legis et prophetarum testificata et adprobata scimus; hanc confessionem nostram65 usque in finem uite66 nostre firmissime nos tenere profitemur et eam posteris nostris et omni humano generi67 promittimus nos praedicare68 nec umquam ab heclesie catholice unitate discedere.69 [10] [12] Ritum etiam Judaicum et dies festos eorum sabbatumque et circumcisionem carnalem cum omnibus superstitionibus uel obseruationibus ceteris et cerimoniis eorum reicimus, abominamus70 et exsecramus71, promittentes nos lege catholica et 72 communibus cibis73 cum Christianis uiuere, exceptis illis quos nobis natura et non superstitio reicit, quia omnis creatura dei bona. [13] Cum ebreis autem, qui necdum babtizati sunt, uel nos uel hii omnes, pro quibus sponsio-

[11] Wir wissen, dass dies alles durch Zeugnisse des göttlichen Gesetzes und der Propheten bezeugt und gebilligt ist; dieses unser Bekenntnis geloben wir bis ans Ende unseres Lebens ganz fest zu halten und versprechen, es unseren Nachkommen und dem ganzen Menschengeschlecht zu predigen und niemals von der Einheit mit der katholischen Kirche abzuweichen. [10] [12] Den jüdischen Ritus aber und der [Juden] Festtage, den Sabbat und die fleischliche Beschneidung verwerfen, verabscheuen und verfluchen wir mit deren ganzem Aberglauben und deren sonstigen Bräuchen und Zeremonien und versprechen, dass wir nach dem katholischen Gesetz und von den Speisen leben, die uns mit den [anderen] Christen gemein sind, mit Ausnahme jener, die bei uns die natürliche Veranlagung und nicht der Aberglaube zurückweist 74; denn jedes Geschöpf Gottes ist gut 75. [13] Wir und all die, für die wir Bürgschaft leisten76, legen aber ein Gelübde ab, mit den Hebräern, die noch nicht

64 Drittes i über der Zeile ergänzt. 65 sanctam Ed., Lesefehler. 66 usque in finem vite lässt Ed. aus. 67 generi mit Verweiszeichen am Rand ergänzt. 68 discedere Cod. im Text. Danach mit Verweiszeichen am Seitenende ergänzt: predicere – unitate. SR. praedicare: predicere Cod. 69 discere Cod., sofern kein Druckfehler. 70 abominamur Ed., aber der Gebrauch des Aktivs statt des Deponens ist auch sonst belegt. 71 exsecramur Fita y Colomé, 4, 1870. Vgl. vorherige Anm. 72 et om. Ed. 73 ciuis Cod. 74 Dies bezieht sich möglicherweise auf den Genuss von Schweinefleisch; vgl. dazu das Placitum von 654 (unten [11] mit Anm. 179). 75 I Tim 4,4. 76 Das heißt die übrigen Mitglieder des Hausstands. Vgl. unten [17] und Dahn 1885, S. 655.

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nem facimus, nullam nos omnino societatem habere promittimus nulloque commercio uel conloquio seu qualibet communione cum ipsis participare siue conmiscere spondimus77, quousque et ipsi per dei misericordiam babtismi graciam consequantur. [11] [14] Quod si aliquam nos actionem cum eis habere contigerit, a principe uel sacerdotibus siue judicibus eadem actio nobis interpellantibus terminabitur. [15] Sed et scribturas omnes, quascumque usus gentis nostre in sinagogis causa doctrine habuit, tam auctoritatem habentes, quam etiam eas, quas δευτέρας81 appellant siue quas apocriphas nominant,

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getauft sind, keinerlei Gesellschaft zu pflegen78, und geloben, mit ihnen nicht in irgendeinem Geschäft oder Umgang oder sonstiger Gemeinschaft Teilhaber zu sein oder uns [mit ihnen] zu verbinden, bis sie auch selbst durch Gottes Erbarmen die Gnade der Taufe empfangen. [11] [14] Wenn wir aber mit ihnen irgendeinen Rechtsstreit haben sollten, soll eben dieser Rechtsstreit vom Fürst, den Priestern79 oder den Richtern auf unseren Antrag hin beendet werden80. [15] Wir alle versprechen aber auch, sämtliche Schriften, welche sich nach dem Brauch unseres Volkes um der Lehre willen in den Synagogen befinden, und zwar die, welche autoritativ sind, wie auch die, welche sie die „zweiten“ 82

77 spondemus Ed., aber die Form ist auch sonst belegt. 78 Vgl. dazu Toledo IV, Kanones 60–63 und unten im Placitum von 654, [3] und [5], wo ebenfalls der Umgang mit ungetauften Juden und Mischehen verboten werden. Ferner Dahn 1885, S. 415 und 655. Hieraus ergibt sich, dass es in Toledo immer noch ungetaufte Juden gegeben haben muss. (Anders und m. E. unzutreffend García Moreno 2005, S. 135 Anm. 292: „En mi opinión los hebraeis qui necdum baptizati sunt […] se refiere a judios de otras regiones o incluso países …“) Zwangstaufen wurden demnach nicht flächendeckend durchgeführt. Ob es nur noch „einige“ sind, wie Bronisch 2005, S. 70, behauptet, ist offen. Vgl. dazu auch die kontroverse Diskussion bei Fita y Colomé 1881, S. 58; Dahn 1885, S. 658 f. Ferner García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 116. Zum Ursprung und der Verbreitung des spanischen Judentums in der Antike ist wenig bekannt; vgl. Baron 1964, S. 33–36; García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 31–101; León Tello 1979, Bd. 1, S. 3–6; Orlandis 1980, hier S. 152–155; Blázquez Miguel 1989, S. 19–24; Drews 2001, S. 56; García Moreno 2005, bes. S. 35–72; Bradbury 2006, hier S. 508–511; Albert 2014. Blázquez Miguel konstatiert, dass das Judentum sozial diversifiziert gewesen sei und es neben Angehörigen der Eliten auch Bauern, Spinner, Weber und Sklaven gegeben habe (1989, S. 29); vgl. dazu bereits García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 164–171. 79 Gemeint ist ein Bischofsgericht. Vgl. Fita y Colomé, 4, 1870, S. 200 Anm. 2 = ders. 1881, S. 48 Anm. 4. 80 Diese Fälle unterliegen also nicht mehr der innerjüdischen Gerichtsbarkeit. Vgl. zu letzterer Dahn 1885, S. 411, 656; Katz 1937, S. 106 f.; Bronisch 2005, S. 73. Sie wurde offenbar erst durch L.V. 12,2,9 (Rekkeswinth) abgeschafft. 81 deotheres Cod. 82 Schon Fita y Colomé, 4, 1870, S. 198 Anm. 2 und ders. 1881, S. 47 Anm. 3 sieht darin wohl zu Recht einen Hinweis auf die rabbinische Lehre, die sog. δευτερώσεις. Vgl. hierzu v. a. Isidor

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omnes conspectui uestro presentare pollicemur, ut nullum
 aput nos suspicionis sinistre uestigium relinquatur. [12] [16] Loca uero orationum, [f. 50v] que hucusque in ritu Judaico uenerabamur, despicienda et abominanda a nobis fatemur. [17] Quisquis autem nostrum ex his omnibus pollicitationibus uel in uno quidem exorbitauerit aut etiamsi86 uxor cujuspiam seu fili-

nennen oder welche sie als Apokryphen [12] bezeichnen83, euch zur Überprüfung zu bringen, damit bei uns keine Spur eines unseligen Verdachts mehr verbleiben möge84. [16] Wir bekennen aber, dass die Gebetsorte, die wir bisher nach jüdischem Ritus zu verehren pflegten85, verachtensund verabscheuungswürdig sind. [17] Wenn einer von uns aber von all diesen Versprechen auch nur in einem einzigen Punkt abweicht oder wenn irgendeines Frau oder [13] Sohn oder

von Sevilla, In libros Veteris ac Novi Testamenti prooemia 39 (Migne PL 83, Sp. 165A): „Omnes enim Scripturas a doctoribus eorum tradi pueris solitum est, etiam eas quas deuteroseis vocant.“ Die Lektüre der δευτερώσεις (deren genauer Inhalt im Einzelfall unklar ist und möglicherweise nicht auf die Mischna beschränkt bzw. mit ihr identifiziert werden darf) wurde bereits in der Novella 146 Justinians von 553 verboten. Ob es hier Querverbindungen gibt, ist unklar. Zum Problem vgl. u. a. allgemein Juster 1914, S. 372–374; Bietenhard 1957, und unter Bezug auf die vorliegende Stelle Dahn 1885, S. 656; Juster 1914, S. 372 f. Anm. 6; Katz 1937, S. 71 f.; Orlandis/Ramos-Lissón 1981, S. 179; Roth 1994, S. 23–25; Rabello 1999, hier S. 777 f.; Drews 2001, S. 371–376; Bronisch 2005, S. 70 Anm. 197; Del Valle Rodríguez 2005, hier S. 307 f.; García Moreno 2005, S. 86 f.; Drews 2006, S. 119–124; Albert 2014, S. 190; González Salinero 2014, S. 195–209. 83 Es ist nicht deutlich, ob die apocrifae von den deuteres zu unterscheiden sind oder eine eigenständige Gruppe bilden und an welche Schriften im letzteren Fall hier gedacht ist. Zur Problematik vgl. allgemein Grintz/Dan 2007, und unter Bezug auf die vorliegende Stelle Albert 2014, S. 90 f.; González Salinero 2014. 84 Dieses Verbot wurde in L.V. 12,3,11 (Erwig) erneuert (sofern sich das spätere Gesetz nicht allein auf antichristliche Literatur bezieht). Dazu Krauss 1995, hier S. 59 Anm. 23; Saitta 1995 (1998), hier S. 77 mit Anm. 216; González Salinero 2014, S. 204–206. 85 Offenbar sind damit Synagogen gemeint, auch wenn sie eigenartigerweise nicht ausdrücklich so bezeichnet werden. (Allerdings sind die Bezeichnungen synagoga bzw. sinagoga in den kirchlichen bzw. königlichen Rechtstexten des 7. Jahrhunderts auch sonst nirgends belegt.) Fita y Colomé 1881, S. 47 Anm. 5 weist darauf hin, dass es demnach in Toledo mehrere Synagogen gegeben haben dürfte. Ebenso Dahn 1885, S. 657 Anm. 113. Zu literarischen und archäologischen Zeugnissen für Synagogen in Spanien (v. a. Elche, wo die Identifikation eines Mosaiks als Fußboden einer Synagoge aber zweifelhaft ist) vgl. u. a. López Álvarez/Izquierdo Benito 2003; Lorenzo de San Román 2004; Lorenzo de San Román 2004/05; Levine 2005, S. 281–283. Die Formulierung, derzufolge die loca orationum als solche Gegenstand der Verehrung sind, ist auffällig und könnte auf die Unwissenheit des christlichen Verfassers des Placitum zurückgehen. 86 etiamsi sit Vorschlag Fita y Colomé, 4, 1870, S. 199 Anm. 1 = ders. 1881, S. 48 Anm. 1; Dahn 1885, S. 657 Anm. 114.

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us uel quisquam de [13] his, quos in potestate nostra habemus, pro quibus fidejussores exsistimus, aliter quam fides habet catholica uixerit, profitemur nostra fide nostroque periculo in eos manus inferre et eum, qui sceleris hujus perpetrator fuerit reppertus, lapidibus spondimus87 obruere, ita ut sacrilegium ejus morte multetur88. [18] Sed et in periculo nostro promittimus omne genus penarum nobis debere inferri siue etiam sententias legum suscipere et 91 rerum amissione multari, si quenquam preuaricatorum scienter qualibet calliditate celauerimus et non statim regie potestati uel sacerdotibus aut judicibus publicis publicauerimus.

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irgendeiner von denen, die uns untergeben sind und für die wir als Paten agieren, anders gelebt hat, als es der katholische Glaube vorsieht, dann bekennen wir auf unsere Treue und auf unsere Gefahr hin, Hand an sie zu legen, und geloben, den, der erwiesenermaßen dieses Verbrechen begangen hat, zu steinigen89, so dass er den Frevel mit seinem Tod bezahlt 90. [18] Aber wir versprechen auch auf unsere Gefahr hin, dass uns jegliche Art von Strafe treffen soll und wir auch die gesetzlichen Sanktionen auf uns nehmen und durch Vermögensverlust 92 bestraft werden, wenn wir wissentlich irgendeinen Übertreter durch irgendeine Hinterlist verheimlichen und nicht sogleich der königlichen Macht, den Priestern93 oder den öffentlichen Richtern anzeigen94.

87 spondemus Fita y Colomé 1881; vgl. aber oben Anm. 77. 88 mulctetur Ed. 89 Vorbild ist hier offenbar die alttestamentliche Strafe für Apostasie; vgl. Dt 13,2–6; 7–12; 17,2–7. Vgl. auch Fita y Colomé, 4, 1870, S. 199 Anm. 2 = ders. 1881, S. 48 Anm. 2; Dahn 1885, S. 657; Bronisch 2005, S. 70 f. mit Anm. 201 und 202. Die Steinigung als Todesstrafe ist im westgotischen Recht (anders als von Dahn und Bronisch behauptet) durchaus belegt, wenn auch aus etwas späterer Zeit und beschränkt auf rückfällige Judenchristen; vgl. oben Anm. 48. 90 Aus [18] ergibt sich, dass der Nachweis des Verbrechens offenbar den staatlichen Richtern bzw. den Bischofsgerichten obliegt. Die von diesen verhängte Strafe muss aber offensichtlich von den Judenchristen vollzogen werden. Aus den Formulierungen (die sich in ähnlicher Weise im zweiten Placitum von 654 [12] wiederholen) kann man vielleicht schließen, dass die getauften Juden eigene Gemeinden bildeten. Vgl. dazu auch Orlandis 1980, S. 172–174. 91 ex Ed. 92 Zur Strafe der Konfiskation vgl. aus der nachfolgenden Gesetzgebung L.V. 12,2,11 (Rekkeswinth). 16 (Chindaswinth) sowie unten das Placitum von 654, [12]. Ferner Dahn 1885, S. 657 mit Anm. 117. 93 Vgl. oben Anm. 79. 94 Ein entsprechendes Gesetz ist nicht erhalten. Vgl. L.V. 12,2,4. 11. 16 (die aus etwas späterer Zeit stammen). Dazu auch Fita y Colomé, 4, 1870, S. 200 Anm. 1; Fita y Colomé 1881, S. 48 Anm. 3.

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[19] Unde jurantes dicimus per patrem et 95 filium et spiritum sanctum, unum deum, trinitatem inseparabilem et sanctam celestem Hierusalem ciuitatem [14] justorum96 salutemque et uictorias serenissimi principis domni nostri Chintilanis regis nos omnia, quae in hac professione nostra uidentur inserta, omnimodis97 conseruare et in omnibus uite nostre temporibus custodire. [20] Quod si quidquam aduersus hanc promissionem calliditatis aut argumentationis inferre uel affectare molirique fuerimus deprehensi, ut jam diximus, tunc omne periculum subeat qui sue promissionis oblitus [f. 51r] per conludium perfidie fidem, quam suscepit inmaculate religionis Christi, anc uisus fuerit inpugnare.

[21] Factum placitum promissionis uel professionis nostre in pretorio

[19] Dementsprechend schwören wir und sagen beim Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, einem einzigen Gott, der unteilbaren [14] Trinität, bei dem heiligen, himmlischen Jerusalem98, der Stadt der Gerechten, und bei dem Heil und den Siegen des durchlauchtigsten Fürsten, unseres Herrn König Chintila, dass wir alles was offensichtlich in diesem unserem Bekenntnis enthalten ist, in jeder Hinsicht bewahren und unser ganzes Leben hindurch beachten werden. [20] Wenn wir aber dabei ertappt werden sollten, dass wir irgend etwas Arglistiges oder Streitsüchtiges gegen dieses Versprechen beginnen, unternehmen oder ins Werk setzen, dann soll, wie wir bereits gesagt haben, der alle Konsequenzen tragen, der ohne Erinnerung an sein Versprechen aufgrund von Komplizenschaft mit dem Irrglauben diesen Glauben an die unbefleckte christliche Religion, den er angenommen hat, erkennbar bekämpft. [21] Dieses verpflichtende Versprechen99 oder Bekenntnis haben wir im

95 et fehlt Ed. 96 istorum Cod. justorum Ed. 97 omnis modis Cod. 98 Vgl. Mt 5,35, wo der Schwur „bei Jerusalem“ aber gerade verboten wird. Zum Befund in rabbinischen Quellen (Mischna Nedarim 1,3), wo sich „Jerusalem“ nicht in Schwurformeln, aber in Gelübden findet, vgl. Vahrenhorst 2002, S. 182 f., 185–187, 372 f. Zu beachten ist hier freilich, dass es sich um das himmlische Jerusalem handelt; vgl. Gal 4,26; Hbr 11,16; 12,22; Apc 21. 99 Dahn versteht placitum als „Urkunde“ (1885, S. 658). Das ist grundsätzlich möglich, aber die Junktur mit promissionis vel professionis nostrae scheint mir eher auf eine (unfreiwillige) feierliche „Verpflichtung“ hinzudeuten. Vgl. dazu auch Isidor von Sevilla, Etymologiae 5,24,19 (Lindsay 1911: „Placitum quoque similiter ab eo, quod placeat. Alii dicunt pactum esse quod volens quisque facit; placitum vero etiam nolens conpellitur, veluti quando quisque paratus sit in iudicio ad respondendum; quod nemo potest dicere pactum, sed placitum.“ Dass dazu

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Toletano in baselicam100 sancte [15] Leucadie martiris sub die Kalendas Decembres anno feliciter secundo regni101 gloriosi domni nostri Chintilanis regis era DCLXXV102.

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Prätorium von [15] Toledo103 in der Basilika der heiligen Märtyrerin Leocadia an den Kalenden des Dezember im zweiten glückseligen Jahr der Herrschaft unseres ruhmreichen Herrn, des Königs Chintila104, im Jahr 675105 abgegeben.

1.2 Gattung Die Gattungsbestimmung ist nicht ganz einfach. Blumenkranz sprach von einem Text, der „l’allure d’un petit traité de mission“ habe,106 was mir kaum zuzutreffen scheint. Vielmehr zeigt er einen eigenartig hybriden Charakter: Zunächst handelt es sich um ein Glaubensbekenntnis (professio; vgl. [19] und [21]), welches schon deshalb einen hochgradig bindenden Charakter hat, als es von den „abtrünnigen“ Judenchristen eigenhändig unterschrieben wurde. Um diese

eine „vorangehende beratende Versammlung der Juden“ (wohl eher: Judenchristen) stattgefunden hat, wie Bronisch 2005, S. 70 unter Berufung auf Dolezalek 1984, behauptet, ist möglich, aber nicht zwingend. Pacta und Placita werden (wie bei Isidor) nebeneinander erwähnt in L.V. 2,5,2. Zu Placita auf westgotischen Schiefertäfelchen aus dem 6. bis 8. Jahrhundert vgl. auch Velázquez Soriano 2004, S. 75–77. Leider ist die genaue Bedeutung wegen des fragmentarischen Erhaltungszustands der Täfelchen auch hier ungewiss. Eine zusammenfassende Untersuchung des Begriffs, der in der westgotischen Gesetzgebung sehr häufig vorkommt (siehe den Index bei Zeumer 1902, s. v. placere), scheint zu fehlen. Ferner Katz 1937, S. 14 Anm. 6; Baron 1964, S. 248 f. (Anm. 52); Roth 1994, S. 23; Saitta, 1995 (1998), S. 58; González Salinero 2000, S. 58; Dumézil 2008, S. 293 mit Anm. 164. 100 Akkusativ statt Ablativ. 101 regno Cod. 102 aera DCLXXV (am Ende der Zeile in rötlicher Tinte wie das in neuer Zeile folgende Incipit von Epistula 9 bzw. 1 des Braulio) nach Fita y Colomé 1881, S. 49 Anm. 3 möglicherweise späterer Zusatz. Anders Dahn 1885, S. 658. 103 Zur Bedeutung von praetorium siehe oben Anm. 14. 104 Das heißt, am 1. Dezember 637. Zur Datierung Fita y Colomé, 4, 1870, S. 204 Anm. 2 = ders. 1881, S. 49 Anm. 2; Dahn 1885, S. 658; Martín 2006, S. 47. Wegen des Zusammenhangs mit dem Konzil hält Orlandis auch eine Abfassung im Januar 638 für möglich (ders. 1980, S. 167 mit Anm. 50; ders., Cristianos, 1998, hier S. 170 Anm. 2); dafür gibt es keinen Hinweis. Falsches Jahr (638) bei Monzó 1953, hier S. 129; Thompson 1969, S. 186; Riesco Terrero 1975, S. 9; Rabello 1999, S. 776 (der das Placitum denn auch nach Toledo VI verlegt); Stocking 2008, hier S. 646. 105 Die aera in Spanien lag um 38 Jahre über der christlichen Zeitrechnung. Vgl. Grotefend 2007, S. 10. 106 Blumenkranz 1963, S. 104 (Nr. 101).

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Verpflichtung noch weiter zu erhöhen, wurde in [19]–[20] eine Eidesformel angefügt und das (wohl allgemein als „Verpflichtung“ oder „bindende Erklärung“ zu verstehende107) placitum zu einer promissio erweitert (vgl. [20], [21]). Wir haben es also nicht nur mit einer professio zu tun.108 Der Text unterscheidet sich von traditionellen Glaubensbekenntnissen auch insofern, als Über- [16] tretern des Bekenntnisses nicht die (geistliche) Strafe der Exkommunikation, sondern die (traditionellerweise allein von der weltlichen Gewalt zu vollziehende) Hinrichtung angedroht wird, deren Durchführung (offensichtlich aus Gründen der Abschreckung) der judenchristlichen Gemeinde selbst auferlegt wird [17], [20].

1.3 Datierung und Lokalisierung Das Dokument datiert vom 1. Dezember 637109 und gehört ausweislich des Protokolls der Urkunde in den Kontext des 6. Konzils von Toledo. Dies setzt voraus, dass diese Versammlung, welche am 9. Januar 638 ihr Abschlussdokument verabschiedete,110 bereits im Dezember des Vorjahres ihre Arbeit aufgenommen hatte.111 Nach [2] legten die exhebraei ihr Bekenntnis vor der Synode in der Kirche der Heiligen Leocadia ab, wohin sie offenbar der König selbst vorgeladen hatte. Ob Kanon 3 des Konzils in seinem einigermaßen kryptischen Eingangssatz auf das Placitum anspielt, ist ungewiss.112

1.4 Unterzeichner und Adressaten Die Urkunde ist im Namen der exhebraei der Stadt Toledo verfasst und wurde von ihnen auch unterzeichnet. Aus dem Text geht hervor, dass es sich hierbei um die Hausväter im Sinne der patresfamilias handelte, denen auch die Verantwortung für die ihrer potestas unterstellten engeren Verwandten und Patenkinder oblag [17]. Aus der ungewöhnlichen Bezeichnung als exhebraei113 wie auch

107 Vgl. oben Anm. 102. 108 So etwa behauptet von González Salinero 2000, S. 58. 109 Linder 1997, S. 500 Anm. 68 versehentlich: „357“. 110 Vgl. FaFo § 495 mit Literatur. 111 Vgl. Fita y Colomé, 4, 1870, S. 202 = ders. 1881, S. 56; Dahn 1885, S. 658; Orlandis/RamosLissón 1981, S. 179. Anders Linder 1997, S. 500 Anm. 68, der die Erwähnung des Konzils auf ein „later diplomatic reworking of the document, made after the event and presented before the council“ zurückführt. 112 Vgl. oben Anm. 39. 113 Vgl. oben Anm. 13.

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aus dem Inhalt der Urkunde geht eindeutig hervor, dass es sich bei diesem Dokument um eine Verpflichtungserklärung bereits früher getaufter Juden114 und nicht um eine Erklärung handelt, welche erst anlässlich von Zwangstaufen verfasst wurde, wie sie uns etwa in L.V. 12,3,14 und 12,3,15 erhalten ist.115 Ob sich die Verpflichtung ausschließlich auf die Judenchristen [17] von Toledo bezieht oder ob Toledo hier pars pro toto für das ganze Westgotenreich steht, ist unklar. Es gibt aber zunächst keinen Grund, die Urkunde nicht beim Wort zu nehmen. Gleichwohl sollte dieser Akt offenbar eine Signalwirkung auf Judenchristen in anderen Teilen des Reiches ausüben. Umso erstaunlicher könnte es erscheinen, dass das Placitum nicht in die eigentlichen Konzilsakten oder in die königliche Gesetzgebung Eingang gefunden hat. Dies lässt sich freilich so erklären, dass das Placitum von 654, welches sich dann im Liber Iudiciorum findet und weiter unten besprochen wird, das frühere Placitum ersetzte. Adressiert ist der Text an die auf dem Konzil versammelten Bischöfe und König Chintila, der daran teilnahm [1].116 Zu klären ist noch, woher diese spezifische Adressierung rührt, warum also die Judenchristen der Stadt, unabhängig von einem Konzil, ihre Verpflichtung nicht einfach an den lokalen Bischof gerichtet haben. Dies führt zur Frage nach der Veranlassung der Schrift, von der ebenfalls noch zu sprechen sein wird.

1.5 Verfasserschaft Für die Abfassung dieses Textes mit seinem stark bekenntnishaften Anteil ist ohne Zweifel ein gebildeter Kleriker verantwortlich. Die weit verbreitete Zuschreibung an Braulio von Saragossa (631–651)117 ist offenbar einzig und allein

114 So richtig schon Dahn 1885, S. 614, 653 und – neben anderen – García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 116; Dumézil 2008, S. 293. 115 So irrtümlich behauptet bei Juster 1912, S. 6 f. [280 f.]; ders. 1914, Bd. 1, S. 115 mit Anm. 2 („formule d’abjuration“); Lynch 1938, S. 133; Parkes 1934 (1977), S. 358; Katz 1937, S. 14; Bachrach 1977, S. 13; Riesco Terrero 1993, hier S. 600; Roth 1994, S. 23; Saitta 1995 (1998), S. 57 f.; González Salinero 1999, S. 31; González Salinero 2000, S. 63; García Moreno 2005, S. 60; Drews 2006, S. 31; Weckwerth 2013, S. 212 (Nr. 223). Unklar Ziegler 1930, S. 192 mit Anm. 134; León Tello 1979, Bd. 1, S. 13; Martín 2006, S. 47 f. 116 Insofern kann es kaum richtig sein, wenn Bronisch behauptet, dass es sich bei dem Placitum „rechtlich um einen Vertrag zwischen dem König und der Gemeinschaft der Juden handelte“ und es darum „der Zuständigkeit des Konzils entzogen“ gewesen sei (ders. 2005, S. 73). 117 So Fita y Colomé, 4, 1870, S. 187; Dahn 1885, S. 656; Pérez de Urbel 1938, hier Sp. 449 (der – wie schon Fidel Fita y Colomé, 6, 1871, hier S. 413 – auch behauptet, Braulio habe das Placitum an Papst Honorius gesandt); Blumenkranz 1952, S. 163; Blumenkranz 1963, S. 104 f. (Nr. 101); García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 115 Anm. 70 („posiblemente“; vgl. auch S. 174);

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der Tatsache ge- [18] schuldet, dass der Text im Kodex von León im Zusammenhang der Korrespondenz dieses Bischofs überliefert ist 118 und Braulio im Kontext des 6. Konzils als Wortführer der versammelten Bischöfe auftrat.119 Dieser Zuschreibung steht aber bereits die Tatsache im Weg, dass es sich um exhebraei aus Toledo handelt und daher nicht einzusehen ist, warum Braulio und nicht vielmehr der zuständige Bischof der Hauptstadt des Toledanischen Reiches, Eugenius I. (636–647), oder ein Mitglied seiner Kanzlei der Verfasser sein sollte.120 Wir wissen über Eugenius leider nur, was uns Ildefons von Toledo in De viris illustribus mitteilt. Ildefons erwähnt keine konkreten Schriften dieses Mönchsbischofs, wohl aber die Tatsache, dass er ingenio callens gewesen sei, wie man an seinen astronomischen Kenntnissen habe erkennen können.121

1.6 Inhalt Bei diesem Text handelt es sich um ein Bekenntnis in Form eines placitum, also offenbar einer Verpflichtung,122 die von den exhebraei am Ende unterschrieben wurde. Die Unterschriften sind nicht erhalten. Vorausgegangen waren Verfehlungen, die vom Verfasser nur allgemein beschrieben, nicht aber konkret benannt werden. Von diesen möchte [19] man nun Abstand nehmen und darum zum einen den Glauben erneut bekennen und zum anderen Sanktionen gegen

Roth 1994, S. 23; CPL 1233; González Salinero 1999, S. 131, 145 („probably“); González Salinero 2000, S. 59; Drews 2001, S. 371 Anm. 51 („möglicherweise“); Bradbury 2006, S. 514; Drews 2006, S. 121 Anm. 519 („possible authorship“); Martín 2006, S. 40 mit Anm. 51, 47 f., 105 Anm. 27; Martín 2010, hier S. 97; Miguel Franco 2011, S. 162; Miguel Franco 2015, S. 7, 32. Unentschieden Lynch 1938, S. 130 f.; Díaz y Díaz 1969, S. 150; Díaz y Díaz 1983, S. 68 f.; Bronisch 2005, S. 71 Anm. 204. Ferner Madoz 1941, S. 18 f.; González Salinero 2007, hier S. 72. 118 Der Text ist auf den ff. 48v–51v nach der Korrespondenz Isidors von Sevilla mit Braulio und vor weiteren Briefen Braulios gemeinsam mit dem vorausgehenden Exemplar iudicii Marcianum et Habentium episcopos (ff. 44r–48v) und einem Decretum iudicii (ff. 48r–v), die ebenfalls in den Zusammenhang des Toletanum VI gehören, eingestellt (zur Briefanordnung vgl. Miguel Franco 2010 und ders. 2011). Die Gründe zur Aufnahme gerade dieser Texte sind unklar (vgl. Díaz y Díaz 1983, S. 68 f.), eine ausdrückliche Zuschreibung an Braulio (etwa im Incipit) gibt es nicht (anders Miguel Franco 2010, S. 290, die irrtümlicherweise behauptet, die Texte seien Braulio „zugeschrieben“). Es ist freilich nicht richtig, wenn García Moreno behauptet, das Placitum sei im Zusammenhang mit den Akten des Toletanum VI überliefert (2005, S. 134). 119 Vgl. Epistula 21 bzw. 16. Dazu auch unten Anm. 146. 120 Zu Eugenius vgl. García Moreno 1974, S. 116 (Nr. 247). Zur Organisation der westgotischen Kirche im 7. Jahrhundert vgl. González 1979, hier S. 491–535. 121 De viris illustribus 12. 122 Vgl. oben Anm. 102.

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jene verhängen, die diese professio verletzen [2]. Mit dieser knappen dispositio ist die Struktur des weiteren Textes umrissen. Es folgt daher ein relativ ausführliches Glaubensbekenntnis, welches folgende Gliederung aufweist: – Trinität [2]; – Inkarnation/Soteriologie [3]; darin eingeschoben: – Opfer des Alten Testaments, Opfer Christi [4]; – Verhärtung Israels trotz der prophetischen Verheißungen [5]; – Ungerechtigkeit der Juden(christen) und Befreiung aus den Schlingen des Teufels [6]; – Passion und Auferstehung [7]–[8]; – Parusie und Jüngstes Gericht [9]; – Abschluss [10]–[11]. Es fehlen Ausführungen zum Heiligen Geist. In [2]–[3] fällt auf, dass Trinitäts- und Inkarnationslehre relativ frei formuliert werden, ohne dass ein Rückgriff auf eines der großen Bekenntnisse (also das Apostolikum oder das Bekenntnis von Konstantinopel) erkennbar ist. Am nächsten kommt dem Text strukturell wie theologisch noch das Athanasianum (FaFo § 434), welches der Verfasser bereits gekannt haben mag, ohne dass wörtliche Übereinstimmungen festzustellen wären. Gewisse Anklänge gibt es auch an das Credo Gregors des Großen.123 Mit dem Bekenntnis des Konzils von 638, an welches sich das Placitum ja richtete (FaFo § 495), sind hingegen keine näheren Übereinstimmungen festzustellen, was darauf hindeuten könnte, dass die Verfasser beider Texte nicht identisch sind.124 Die Opfertheologie in [4] wiederum weist erneut Ähnlichkeiten mit Ausführungen Gregors des Großen auf.125 Die christologischen Passagen in [7]–[8] mit ihrer Unterscheidung der Bedeutung von anima und caro Christi bei der Passion sind deutlich von Augustin beeinflusst.126 Ansonsten ist das Symbol theologisch unauffällig. Die eingeschobenen Abschnitte [4]–[6] verknüpfen das allgemeine Bekenntnis mit der spezifischen Situation der Judenchristen in Toledo, die offensichtlich erneut „judaisiert“ hatten und dafür von den Bischöfen zur Rechenschaft gezogen worden waren (so [7] zu Beginn). Aus dem unten näher zu beschreibenden theologischen Kontext wird deutlich, dass das „Judaisieren“ sich nicht nur auf die (erneute) Durchführung der Beschneidung bezogen haben dürfte, son-

123 124 125 126

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben Anm. 26. aber oben Anm. 45. dazu oben Anm. 34. oben Anm. 55.

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dern auch auf explizite Verwerfungen des Glaubens an Christus, woraus sich die ausführliche Christologie in diesem Dokument erklären dürfte. [20] In [12] werden nunmehr konkrete jüdische Praktiken genannt, die fortan zu meiden seien: die Feier der jüdischen Feste, insbesondere des Sabbats, und die Beschneidung. Darüber hinaus geloben die Unterzeichner im eigenen Namen wie im Namen ihrer Familien und ihrer Patenkinder (spezifiziert in [17]), mit Juden keinen Umgang zu haben und keine Geschäfte zu machen. Dies bedeutet nun allerdings zwingend, dass es mindestens in Toledo noch eine nicht unbeträchtliche jüdische Gemeinde gegeben haben muss. Wie einflussreich diese gewesen ist, kann man freilich nicht erkennen. Auch Rechtshändel mit Juden vor jüdischen Gerichten sind offenbar nicht mehr erlaubt, sondern sollen gegebenenfalls durch Intervention der staatlichen oder kirchlichen Gerichtsbarkeit beendet werden [14].127 Sämtliche jüdischen (d. h. offenbar: rabbinischen) Schriften und Apokryphen sind den Bischöfen auszuliefern [15];128 Synagogen, die es in Toledo offensichtlich immer noch gibt, dürfen nicht mehr betreten werden [16].129 Bei Zuwiderhandlungen wird die Todesstrafe durch Steinigung angedroht [17]. Dies setzt voraus, dass es unter den exhebraei eine institutionelle Struktur gibt, welche autorisiert ist, derartige Strafen durchzuführen. Abgesehen davon bleibt das Verhältnis zur folgenden Klausel unklar, in der sich die exhebraei unter Androhung von Strafen, speziell Konfiskation, verpflichten, rückfällige Glaubensgenossen an die staatlichen oder kirchlichen Behörden auszuliefern [18]. Das Gerichtsverfahren wird also durch kirchliche oder staatliche Behörden durchgeführt, und nur der Vollzug der Todesstrafe obliegt den Judenchristen. Dieses Bekenntnis bzw. diese pollicitationes [17] werden – wie erwähnt – in [19] und [20] durch eine feierliche Schwurformel bekräftigt, ohne dass inhaltlich etwas Neues hinzukäme. Das Eschatokoll wiederholt den Ort der Ausstellung der Urkunde und bietet eine Datierung [21].

1.7 Historischer Kontext und Sitz im Leben Ausgehend von der Analyse des Inhalts ist nun danach zu fragen, wodurch diese Urkunde verursacht wurde und welche Konsequenzen sie hatte. Dabei reicht es

127 Vgl. auch oben Anm. 90. 128 Zur Problematik vgl. oben Anm. 82 und 83. 129 Es ist freilich nicht sicher, ob es sich bei den loca orationum, die offenbar selbst Gegenstand kultischer Verehrung sind, tatsächlich um Synagogen handelt. Alternativ könnte man an Märtyrergräber denken, doch fehlen solche Berichte aus dem Westgotenreich. Vgl. Shepkaru 2006, S. 133.

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für unsere Zwecke aus, mit der Judenpolitik unter König Sisebut (612–621) einzusetzen.130 [21] Bereits in den beiden Gesetzen L.V. 12,2,13–14 wurden den Juden schon kurz nach Sisebuts Herrschaftsübernahme Mischehen und die Beschäftigung christlicher Sklaven und Bediensteter verboten. Eher beiläufig wird aus diesen Gesetzen auch deutlich, dass es offenbar in gewissem Umfang freiwillige Taufen von Juden131 und umgekehrt möglicherweise auch jüdische Proselyten gegeben haben muss.132 Darüber hinaus ordnete Sisebut eine Zwangstaufe der Juden in seinem Reich an.133 Die Beweggründe für diese Maßnahme sind hier nicht zu diskutieren.134 Späteren Chroniken zufolge kam es dabei auch zu Auswanderungen von Juden aus dem Westgotenreich.135 In welchem Umfang das Gesetz in die Praxis umgesetzt wurde, ist in der Forschung strittig. Dass man großflächig Zwangstaufen durchführte, ist jedoch schon deshalb unwahrscheinlich, weil man dem Placitum, wie gesehen, entnehmen kann, dass noch jüdische Gemeinden und sogar Synagogen existierten,136 und noch zu zeigen sein wird, dass es weiterhin ein jüdisches Leben gegeben hat. Daneben entwickelte sich aber nunmehr auch eine Form von Kryptojudentum, welches Herrscher wie Kirche im weiteren Verlauf des 7. Jahrhunderts permanent beschäftigen sollte.137

130 Die Literatur ist uferlos und in älteren Darstellungen auch teilweise antisemitisch geprägt (etwa bei Vega 1941). Überblick und Diskussion bei García Iglesias 1977; Bronisch 2005. Danach noch zu nennen etwa García Moreno 2005, S. 125–146; Bradbury 2006, S. 511–516; Drews 2006, S. 16–32; González Salinero 2007; Albert 2008, hier S. 163–165; Stocking 2008. 131 Vgl. 12,2,13 (Zeumer 1902, S. 419, Z. 13–15): „Iudei igitur, qui ad fidem sanctam confugium visi sunt fecisse, portionem sibi debitam ex successione parentum in mancipiis accipiant.“ Ebenso 12,2,14 (ebd., S. 420, Z. 10–13): „Inter cetera hoc adicientes precipimus, ut, dum quispiam Hebreorum certa devotione in catholicam confugium fecerit fidem et purificationis unda labacrum sanctum susceperit, quidquid eodem tempore in omnibus rebus conprobatur habere, remota cunctorum molestia, ut vere fidelis sibi perpetim vindicet.“ 132 Vgl. L.V. 12,2,14 (Zeumer 1902, S. 421, Z. 20–422, Z. 2): „Quod si Hebreus circumciderit christianum, aut christianam in suam sectam ritumve transduxerit, cum augmento denuntiantis capitali subiaceat supplicio, eiusque sine dubio bona incunctanter sibi vindicet fiscus.“ 133 Isidor von Sevilla, Chronica 416; ders., Etymologiae 5,39,42; ders., Historia Gothorum 60; ders., Continuatio Hispana (MGH. AA 11, S. 339, Z. 29 f.). 134 Ausführliche Diskussion z. B. bei Drews 2001, S. 69–86; Drews 2006, S. 16–28. 135 Diskussion der Belege bei Drews 2001, S. 71 Anm. 200; Drews 2006, S. 17 Anm. 50. 136 Vgl. oben Anm. 78 und 85. 137 Vgl. hierzu neben den im Folgenden genannten Quellen auch den sog. Kanon 10 eines Konzils von Sevilla (um 619–621) im sog. Excerptum Canonicum (dazu ausführlich Drews 2002; Dumézil 2008, S. 663–667; Weckwerth 2013, S. 209 [Nr. 216]). Ihm zufolge wurden bei Taufen von Kindern aus judenchristlichen Familien christliche Kinder anstelle der eigenen untergeschoben (so dass die christlichen Kinder de facto doppelt getauft wurden). Der Kanon spricht dabei von occulta impietas.

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Sisebuts Maßnahme war nicht unumstritten. Das 4. Konzil von Toledo (633) unter Sisebuts Nachnachfolger Sisenand (631–636) kritisierte die Zwangstaufen ausdrücklich und berief sich stattdessen auf Röm 9,18. Allerdings sollten zwangsgetaufte Juden weiterhin Christen bleiben (Kanon 57).138 Juden erhielten offenbar von hoch- [22] gestellten Klerikern und Laien Schutz, denn letztere wurden vom Konzil mit Exkommunikation bedroht (Kanon 58). In Kanon 60 wird verfügt, dass die Kinder von „Juden“ (gemeint sind wohl: judaisierende Judenchristen) Klöstern oder christlichen Eltern zu übergeben seien. Wenn die Eltern für ihren Abfall bestraft würden, so solle diese Strafe nicht auch für die Kinder gelten (Kanon 61). Judenchristen dürften mit Juden keinen weiteren Umgang pflegen (Kanon 62). Mischehen seien fürderhin verboten, Kinder aus diesen Ehen in der christlichen Religion zu erziehen (Kanon 63). „Abtrünnige“ Judenchristen könnten nicht mehr als Zeugen fungieren (Kanon 64). Juden und Judenchristen (also offenbar nicht nur die, die zum Judentum zurückgekehrt sind) werden von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen (Kanon 65). Juden dürften keine christlichen Sklaven besitzen (Kanon 66). In unserem Zusammenhang ist aber vor allem Kanon 59 von Bedeutung: Die Mehrzahl derer, die schon früher aus dem Judentum zum christlichen Glauben erhoben wurden, lästern jetzt gegen Christus und haben bekanntermaßen nicht nur jüdische Riten vollzogen, sondern sich auch herausgenommen, die abscheulichen Beschneidungen vorzunehmen. Im Hinblick auf sie hat dieses heilige Konzil auf den Ratschluss des frömmsten und christlichsten Fürsten, unseres Herrn Sisenand, hin entschieden, dass derartige Abweichler mit bischöflicher Autorität korrigiert und zum Gottesdienst der christlichen Lehre zurückgerufen werden, damit die priesterliche Rüge die zwingt, die ihr eigener Wille nicht bessert. Wenn es sich aber bei denen, die sie beschnitten haben, um ihre eigenen Söhne handelt, so sollen diese vom Umgang mit ihren Eltern getrennt werden. Wenn es Sklaven sind, so sollen diese wegen des Unrechts, [welches] ihrem Körper [geschehen ist], freigelassen werden.139

Genau ein solcher „Rückruf“ zum christlichen Glauben liegt dem Placitum zugrunde.140 Nimmt man Kanon 57 mit 59 zusammen, heißt das aber vermutlich, 138 Vgl. zu diesem Kanon v. a. die Analyse bei Monzó 1953. 139 Z. 968–977; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 237 f.: „Plerique qui ex Iudaeis dudum ad Christianam fidem promoti sunt, nunc blasphemantes in Christo non solum Iudaicos ritus perpetrasse noscuntur, sed etiam et abominandas circumcisiones exercere praesumpserunt. De quibus consultu piissimi ac religiosissimi domni nostri Sisenandi regis hoc sanctum decreuit concilium, ut huiusmodi transgressores pontificali auctoritate correcti ad cultum Christiani dogmatis revocentur, ut quos uoluntas propria non emendat, animaduersio sacerdotalis coerceat. Eos autem quos circumciderunt, si filii eorum sunt, a parentum consortio separentur; si serui, pro iniuria corporis sui libertati tradantur.“ 140 Vgl. Placitum [2] (praemoniti), [7] (admoniti). Das heißt, vermutlich stehen die Bischöfe hinter dem Placitum und nicht der König. Anders González Salinero 2000, S. 43, 59.

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dass die Praxis der Zwangstaufen seit der Zeit Sisebuts aufgegeben worden war und sich das Placitum nur auf die unter Sisebut getauften (sowie gegebenenfalls andere freiwillig getaufte, aber wieder „abtrünnig“ gewordene) Juden bezog.141 Der Ortsbischof oder die zum Konzil versammelten Bischöfe hatten die Judenchristen von Toledo „ermahnt“, und diese hatten als Zeichen ihrer „Reue“ „aus eigenem Antrieb“ mit dem Placitum reagiert, wie sie selbst in [2] und [7] zum Ausdruck bringen, das heißt wahrscheinlich, eine Vorlage des Bischofs von Toledo unterzeichnet. Die doppelte Betonung der Ei- [23] geninitiative (spontanee bzw. sponte) dürfte taktisch gemeint sein und nicht der Realität entsprechen. Die Urkunde ist somit in unmittelbarer Fortsetzung von Kanon 59 von Toledo IV (und nicht etwa von Kanon 3 von Toledo VI142) zu sehen. Sie stellt eine erzwungene feierliche Selbstverpflichtung der „abgefallenen“ Judenchristen zur Rückkehr zum christlichen Glauben dar. Es fällt auf, dass weder in den kirchlichen noch den staatlichen Gesetzessammlungen dieser Zeit ein Formular zur Judentaufe selbst mit einschlägigen Bekenntnisformeln enthalten ist.143 Ein solches ist uns erst fast 50 Jahre später aus der Zeit König Erwigs erhalten, der die Praxis der Zwangstaufen erneuerte (siehe unten). Dies könnte darauf hindeuten, dass man die Jüdinnen und Juden unter Sisebut entweder dem „normalen“ Katechumenat bei der Erwachsenentaufe unterzog oder ohne einen geregelten Katechumenat in Massentaufen zum christlichen Glauben zwang, ohne in letzterem Fall auf die Kenntnis des christlichen Bekenntnisses allzu großen Wert zu legen.144 Toledo IV nennt in Kanon 57 als Merkmale des Christseins auch nicht die Kenntnis des Symbols oder des Vaterunsers (so erst später L.V. 12,2,18 aus der Zeit Egicas), sondern den Empfang der Taufgnade, die Salbung mit dem Chrisam und die Teilnahme an der Eucharistie.145

141 Es besteht daher auch kein Widerspruch zu Kanon 57 von 633, wie Thompson annimmt (ders. 1969, S. 186). Auch hat das Placitum nicht erst eine Gemeinschaft von Konvertiten konstituiert, wie Albert 2014, S. 186 vermutet. 142 So vermutet von Dahn 1885, S. 653. Das wäre schon aus chronologischen Gründen schwierig. 143 Eine Oratio super convertente Iudeo findet sich im hochmittelalterlichen Liber Ordinum von Silos (Nr. 40; Férotin 1904, Sp. 105–107); dazu auch Katz 1937, S. 31 mit Anm. 1. 144 Zur schwindenden Bedeutung der Traditio symboli in der Taufvorbereitung im Frühmittelalter vgl. Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262]; zur Situation im Spanien des 6. und 7. Jahrhunderts vgl. auch Drews 2001, S. 271–283; Drews 2006, S. 100 f. 145 Vgl. Toledo IV, Kanon 57 (Z. 949–953; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 235 f.): „Qui autem iam pridem ad Christianitatem uenire coacti sunt, sicut factum est temporibus religiosissimi principis Sisebuti, quia iam constat eos sacramentis diuinis associatos et baptismi gratiam suscepisse et chrismate unctos esse et corporis Domini et sanguinis exstitisse participes …“ Manche Forscher sprechen daher von dem „sakramentalen Realismus“ der Konzils-

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

Kanon 3 des 6. Konzils von Toledo, also eben jenes Konzils, dem das (erste) Placitum vorlag, lobte die antijüdische Politik Chintilas und empfahl sie mit großem Nachdruck auch allen potentiellen Nachfolgern. Was das in der Praxis bedeutete, wissen wir nicht.146 Darüber hinaus beschränkte es sich darauf, die Maßnahmen von Toledo IV zu bestätigen. [24] Trotz des Placitum und der darin zum Ausdruck kommenden Marginalisierung und Schikanierung durch Kirche und weltliche Machthaber gab es weiterhin Juden, die an ihrer Religion festhielten, und Judenchristen, die zu ihrer ursprünglichen Religion zurückkehrten. Mehr noch: Das Judentum erwies sich

väter (so Orlandis 1980, S. 162 f.; zustimmend González Salinero 2000, S. 131–136 mit weiteren Ausführungen). 146 Ob man aus der (vielleicht eher rhetorisch gemeinten) Bemerkung in dem Kanon, niemand, der nicht katholisch sei, dürfe im Reich Chintilas leben („… nec sinit degere in regno suo eum qui non sit catholicus …“), eine Verschärfung der antijüdischen Politik der westgotischen Herrscher oder gar eine (erneute) Exilierung von Juden sehen darf, ist mir nicht unbedingt ersichtlich (so auch Dubnow 1926, S. 70 Anm. 1; anders z. B. Hernández 1970, hier S. 109 f.; León Tello 1979, Bd. 1, S. 13; Orlandis/Ramos-Lissón 1981, S. 187; García Moreno 1989, S. 160; Thanner 1989, S. 164; Menaca 1993, S. 127; Saitta 1995 [1998], S. 58 f.; Bronisch 2005, S. 69, milder aber S. 72 f.; Martín 2006, S. 47; Dumézil 2008, S. 292–294). Eine Erneuerung der Zwangstaufe kann man nach meinem Dafürhalten aus dem Wortlaut dieses Kanons nicht ableiten (anders García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 157 u.ö.; Benveniste 2000, S. 73 f.). – Papst Honorius mahnte die spanischen Bischöfe in einem nicht mehr erhaltenen decretum dazu, „standhafter für den Glauben einzutreten und schneller bei der Auslöschung des durch die Irrgläubigen verursachten Verderbens zu sein“ („… vestrum nobis est allatum decretum, quo et robustiores pro fide et alacriores in perfidorum essemus rescindenda pernicie“). Braulio von Saragossa verwahrte sich im Anschluss an Toledo VI in einem Synodalschreiben gegen diesen Vorwurf (Epistula 21 bzw. 16). Ob mit den perfidi hier Juden gemeint sind, ist unsicher, wie überhaupt der Inhalt des decretum aus der Antwort Braulios nicht schlüssig rekonstruiert werden kann. Später im Brief erwähnt Braulio, ihm sei das (sicher unzutreffende) Gerücht zu Ohren gekommen, dass Honorius es getauften Juden erlaubt habe, wieder zu ihrer alten Religion zurückzukehren. Dass sich die Schlusspassage, in der die spanischen Bischöfe um eine mildere Behandlung derjenigen bitten, die in ein facinus verstrickt seien, auf rückfällig gewordene Judenchristen bezieht, ist mir ganz unwahrscheinlich. Zur kontroversen Diskussion vgl. Dahn 1885, S. 405, 641–650, 659; Ziegler 1930, S. 51; Katz 1937, S. 14; Lynch 1938, S. 131–135; Pérez de Urbel 1938, Sp. 447–449; Madoz 1941, S. 125–127; Vega 1942, S. 95–109; Blumenkranz 1960, S. 115; Blumenkranz 1963, S. 103 f. (Nr. 100); Baron 1964, S. 40, 248 (Anm. 50); Synan 1965, S. 57 f.; Thompson 1969, S. 184 f.; Hernández 1970, S. 110; Gil 1977, hier S. 4–6; García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 114 f.; González 1979, S. 691–694; Orlandis/Ramos-Lissón 1981, S. 186–189; Thanner 1989, S. 154–171; Menaca 1993, S. 125–127; Riesco Terrero 1993; Saitta 1995 (1998), S. 59–61; Schreckenberg 1995, S. 442; Linder 1997, S. 491 f.; Orlandis 1986 (1998), hier S. 228 f.; González Salinero 1999, S. 137 f.; González Salinero 2000, S. 47–51; Rabello 1999, S. 775 f.; Bronisch 2005, S. 74–76; García Moreno 2005, S. 106, 133 f.; Häuptli 2005; Dumézil 2008, S. 293; Ferreiro 2009; Laham Cohen 2010, hier S. 14 f.; González Salinero 2015, hier S. 39 f.; Miguel Franco 2015, S. 42–44.

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als so attraktiv, dass auch Nachkommen christlicher Eltern übergetreten zu sein scheinen. Denn nur so lässt es sich erklären, dass Chindaswinth (642–653) ein Gesetz erließ, welches Proselytismus (der [25] also offensichtlich vorkam) mit dem Tod bedrohte.147 Ganz offensichtlich waren die Durchsetzungsmöglichkeiten der Zwangsmaßnahmen begrenzt. Aus der Vorrede des Toletanum VIII (653) spricht eine gewisse Frustration des Königs Rekkeswinth (649/53–672) darüber, dass es immer noch Juden sowie Judenchristen gebe, die zu ihren alten Sitten zurückkehrten, während doch alle Häresien im Reich ausgerottet seien.148 Es scheint, dass Kleriker (darunter offenbar auch Bischöfe) und höhere Beamte Juden wie Kryptojuden Schutz gewährten, wie aus einem Gesetz hervorgeht, welches Rekkeswinth erließ, in dem diese Kleriker und Beamte mit strengen Strafen bedroht werden.149 Darüber hinaus wurde unter Rekkeswinth die ältere Gesetzgebung bekräftigt,150 aber auch in Teilen erneuert. Dabei ist bisweilen unklar, ob sich die Gesetze nur gegen getaufte oder auch gegen ungetaufte Juden richten, da [26] beide unterschiedslos als Iudaei bezeichnet werden.151 „Abtrünnige“ Judenchristen wurden mit der Todesstrafe von der Hand ihrer Glaubensgenossen bedroht.152

147 Vgl. L.V. 12,2,16. Dazu etwa Hernández 1970, S. 106. Skeptisch Bronisch 2005, S. 155 f., der meint, das Gesetz richte sich „in erster Linie gegen getaufte Juden“. Dagegen spricht freilich die Terminologie: Judenchristen werden in der Gesetzgebung nie einfach – wie hier – als „Christen“ angesprochen. 148 Vgl. Toledo VIII, Tomus Regius, Z. 186–194 (Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 381 f.): „Nam cum Deus omnipotens omnes ex hac regione radicitus exstirpauerit haereses, hoc solum sacrilegii dedecus remansisse dinoscitur. Quod aut nostrae deuotionis instantia corrigat aut ultionis suae uindicta disperdat. Ex his enim quosdam traditionis errore uetustae uideo retinere iura perfidiae, quosdam uero sacri baptismatis expiatos ablutione ita in apostasiae doleo relapsos errore, ut detestabilior inueniatur in eis profanatio blasphemiae, quam in illis quos nondum constat purificatos esse regenerationis sacrae liquore.“ 149 Vgl. L.V. 12,2,15. 150 Vgl. L.V. 12,2,3; Toletanum VIII, Kanon 12. Aus Kanon 12 lässt sich m. E. nicht schließen, dass wiederum Zwangstaufen durchgeführt wurden (so González Salinero 1999, S. 145 mit Anm. 148), da er die Entscheidungen von Toledo IV bekräftigte, wo Zwangstaufen gerade gerügt wurden. Auch Kanon 10 bietet hierfür keine Grundlage (so Stocking 2014, hier S. 264). Eine solche Maßnahme ließe sich allenfalls aus L.V. 12,2,3 herleiten, wo die antijüdischen Gesetze aller (?) vorherigen Könige bekräftigt wurden. Ob man daraus aber einen Gegensatz zwischen dem härteren König und den milderen Bischöfen konstruieren sollte (so ebd., S. 263; vgl. bereits González Salinero 2000, S. 52 f.), ist mir zweifelhaft, denn ein Verbot der Beschneidung (so 12,2,7), so drakonisch es auch ist, ist nicht dasselbe wie eine Zwangstaufe. 151 Vgl. Orlandis 1980, S. 161 f.; Rabello 1999, S. 784 f.; González Salinero 2000, S. 82 f.; Benveniste 2000, S. 74; Dumézil 2008, S. 292 mit Anm. 157; Laham Cohen 2010, S. 15; Laham Cohen/Pecznik 2016. 152 Vgl. L.V. 12,2,4 im Vergleich mit 12,2,11.

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

Die folgenden Gesetze Rekkeswinths scheinen in erster Linie Juden im Blick zu haben. Trifft dies zu, so stellen sie eine Verschärfung der Judenunterdrückung dar: Die Pesach-Feier, die Beobachtung des Sabbats und andere religiöse Feste wurden verboten.153 Umgekehrt verpflichtete Toledo IX in Kanon 17 die Bischöfe zur Kontrolle, ob die Judenchristen die christlichen Feste tatsächlich begingen. Eheschließungen von Juden wurden erschwert,154 die Beschneidung wurde untersagt.155 Die jüdischen Speisegesetze sollten fortan nicht mehr beobachtet werden.156 Die Möglichkeit, Ansprüche gegenüber Christen vor Gericht geltend zu machen, wurde eingeschränkt, Rechtshändel unter Juden mussten nunmehr vor christlichen Richtern ausgetragen werden.157 Weder Juden noch Judenchristen durften als Zeugen bei Rechtsgeschäften fungieren.158 Die religiöse Loyalität der Judenchristen versuchte Rekkeswinth zudem durch ein erneutes Placitum zu erzwingen. Im Unterschied zum ersten Placitum wurde es in die 654 publizierte königliche Rechtssammlung (Liber Iudiciorum) übernommen. [27]

153 Vgl. L.V. 12,2,5. 154 Vgl. L.V. 12,2,6. 155 Vgl. L.V. 12,2,7. 156 Vgl. L.V. 12,2,8. 157 Vgl. L.V. 12,2,9. Vgl. oben Anm. 80. 158 Vgl. L.V. 12,2,10. Vgl. dazu bereits Toledo IV, Kanon 64 (Martínez Díez/Rodríguez 1966– 2002, Bd. 5, S. 240).

2 Das Placitum von 654 (L.V. 12,2,17)

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2 Das Placitum von 654 (L.V. 12,2,17) 2.1 Text, Übersetzung, Kommentar Über die Handschriftenlage und Editionsgeschichte informiert Zeumer.159 Übersetzungen finden sich bei Fita y Colomé (spanisch),160 Parkes und Linder (englisch)161 sowie Schoeps/Wallenborn (vgl. wie in Anm. 162) Wallenborn (deutsch).162 Der Text folgt der Edition Zeumers.163 Orthographie und Zeichensetzung entsprechen im Folgenden der Edition. Die Paragraphenziffern wurden hinzugefügt.

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Placitum Iudaeorum in nomine principis factum. [1] Clementissimo hac serenissimo domino nostro Reccessvindo regi omnes nos exhebrei164 Toletane civitatis165, qui infra suscripturi vel signa facturi sumus. [2] Bene quidem hac iuste dudum nos meminimus conpulsos fuisse, ut placitum in nomine dive memorie Chintilani regis pro conservanda fide catholica conscribere debe-

Eine Verpflichtung der Juden, die im Namen des Fürsten abgegeben wurde166. [1] An unseren gnädigsten und durchlauchtigsten Herrn und König Rekkeswinth von uns allen ehemaligen Hebräern der Stadt Toledo, die unten unterschreiben oder die (Kreuz)Zeichen machen werden167. [2] Zwar erinnern wir uns hier, dass wir zu Recht schon früher gezwungen wurden, unbedingt eine Verpflichtung im Namen des Königs Chintila göttlichen Angedenkens für die Bewahrung des katholi-

159 Vgl. Zeumer 1902, S. XVIII–XXVI. Zusätzlich: Fita y Colomé, 4, 1870, S. 202–204 (= Fita y Colomé 1881, S. 56 f. = PLS 4, Sp. 1667–1669); Canellas López 1979, S. 352 (Nr. 138; gekürzt). 160 Vgl. Fita y Colomé 1881, S. 202–204. Teilübersetzung: García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 92 f. (= González Salinero 2000, S. 64 f.) 161 Parkes 1934 (1977) S. 394; Linder 1997, S. 279–281. 162 Schoeps/Wallenborn 2001, Bd. 1, S. 201 f. (Nr. 101). 163 Zeumer 1902, S. 425 f. 164 Zeumer liest hier ex Hebreis. Ich folge der Lesart in R 2 ex Ebrei, die dem vorherigen Dokument entspricht. Vgl. auch Dahn 1885, S. 658 Anm. 122 und Ureña y Smenjaud 1906, S. 571. Siehe oben Anm. 13. 165 Einige Zeugen fügen sekundär hinzu: adque Spanie glorie vestre. 166 Die Überschrift ist möglicherweise sekundär, denn es handelt sich um getaufte Juden. Zur Formulierung in nomine im Zusammenhang mit einem Placitum vgl. auch L.V. 2,2,4 (Zeumer 1902, S. 82, Z. 8 f.): „Damnum sane, quod per placitum in nomine iudicis vel saionis institutum esse dinoscitur …“ Der Fürst ist hier also die das Placitum in seiner Verbindlichkeit autorisierende Instanz. 167 Vgl. oben das Placitum von 637, [2] mit Anm. 25.

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

remus; sicut et fecimus. Sed quia et perfidia nostre obstinationis et vetustas parentalis erroris nos ita detinuit, ut nec veraciter Iesum Christum dominum [28] crederemus nec catholicam fidem sinceriter teneremus, idcirco nunc libenter hac placite ispondimus glorie vestre, tam pro nobis quam pro uxoribus et filiis nostris, per hoc placitum nostrum, ut deinceps in nullis observationibus, in nullis usibus Iudaicis misceamur. [3] Iudeis etiam non baptizatis nullo penitus execrando consorcio sociemur. [4] Non more nostro propinquitate sanguinis usque ad sextum gradum incestiva coniunctione vel fornicatione iungamur. [5] Non coniugia ex genere nostro aut nos aut filii nostri vel nostra posteritas nullatenus sortiamur, sed in utroque sexu deinceps christianis iugali copula conectamur.

schen Glaubens zu verfassen (was wir auch getan haben)168. Aber weil [28] unser hartnäckiger Irrglaube169 wie auch der alte väterliche Irrtum uns davon abgehalten haben, sowohl wahrhaft zu glauben, dass Jesus Christus Herr ist, als auch den katholischen Glauben aufrichtig zu bewahren, darum geloben wir mit dieser unserer Verpflichtung jetzt eurer Herrlichkeit freiwillig und verpflichtend, und zwar für uns wie auch für unsere Frauen und Kinder, dass wir von nun an keinerlei Anteil mehr an jüdischen Bräuchen und Gewohnheiten haben werden. [3] Mit noch nicht getauften Juden170 wollen wir keinesfalls einen zutiefst fluchwürdigen Umgang pflegen171. [4] Wir wollen uns nicht nach unserer Sitte172 mit Verwandten bis zum sechsten Grad in inzestuöser Ehe oder Unzucht verbinden173. [5] Weder wir noch unsere Kinder noch unsere Nachkommen wollen in irgendeiner Weise Ehen innerhalb unserer Abstammung eingehen, sondern uns in beiderlei Geschlecht von nun an [nur] mit Christen in ehelicher Gemeinschaft verbinden174.

168 Damit muss das Placitum von 637 gemeint sein, das also archiviert worden war. So schon Ziegler 1930, S. 192 Anm. 134. 169 Vgl. oben Anm. 15. 170 Das heißt, auch die getauften Juden gelten noch als Iudaei; vgl. Blumenkranz 1960, S. 118. 171 Vgl. im Gelöbnis von 637, [13] mit Anm. 78. Consortium ist hier offenbar nicht unbedingt sexuell gemeint; vgl. hierzu auch L.V. 12,3,14 (Zeumer 1902, S. 443, Z. 1). 172 Vgl. Lev 18,6–18 sowie Greenberg/Cohn 2007. 173 Zu diesem Verbot vgl. auch L.V. 3,5,1 (Chindaswinth); 3,5,2 (Rekkared). Die Verwandtschaftsgrade sind aufgezählt in 4,1,1–7. Zum Verbot für Juden vgl. auch 12,2,6 (Rekkeswinth; vgl. oben Anm. 154); 12,3,8 (Erwig). 174 Damit sollte wohl primär verhindert werden, dass das Judentum im häuslichen Umfeld weiter praktiziert wurde (vgl. Blumenkranz 1960, S. 117). Die Sprecher gelten übrigens offensichtlich nicht als Christiani – darin drückt sich ebenfalls ihre Separierung von den übrigen Christen aus (ebd., S. 118). Zum Verbot von Mischehen vgl. auch García Moreno 2005, S. 98–100.

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[6] Non circumcisiones carnis operemur. [7] Non Pasca et sabbata ceterosque dies festos iuxta ritum Iudaice observantie celebremus. [29] [8] Non escarum discretionem vel consuetudinem teneamus. [9] Non ex omnibus, que Iudeorum usus et abominanda consuetudo vel conversatio agit, aliquatenus faciamus; sed sincera fide, grato animo, plena devotione in Christum filium Dei vivi, secundum quod evangelica et apostolica tradicio habet, credamus adque hunc confiteamur et veneremur.

[10] Omnes etiam usus sancte Christiane religionis tam in festis diebus vel in coniugiis et escis quam in observationibus universis veraciter teneamus et sinceriter amplectamur, nullo reservato aput nos aut oppositionis obiectu aut fallacie argumento, per quod aut illa, que facere denegamus, iterum faciamus aut hec, que facere promittimus, minime vel non sinceriter conpleamus. [11] De suillis vero carnibus id observare promittimus, ut si eas pro consuetudine minime percipere potuerimus, ea tamen, que cum

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[6] Wir wollen keine Beschneidungen des Fleisches vornehmen175. [7] Wir wollen weder Pascha noch Sabbate oder die übrigen Festtage nach jüdischem Ritus und Brauch feiern176. [29] [8] Wir wollen keinen Unterschied in der Speise machen und die [diesbezügliche] Regelung nicht beachten177. [9] Wir wollen überhaupt nichts mehr von all dem tun, was sich aus dem Brauch, der verabscheuungswürdigen Gewohnheit oder der Lebensweise der Juden ergibt; sondern wir wollen mit aufrichtigem Glauben, dankbarem Gemüt und tiefer Frömmigkeit an Christus, Sohn des lebendigen Gottes, so wie es die Tradition des Evangeliums und der Apostel vorsieht, glauben und diesen bekennen und verehren. [10] Wir wollen auch alle Gebräuche der heiligen christlichen Religion sowohl in Bezug auf Festtage, Eheschließungen und Speisen als auch in Bezug auf alle [sonstigen] Übungen wahrhaftig halten und ehrlich annehmen, ohne irgendein Anzeichen von Widerstand oder einen trügerischen Dreh unsererseits, welcher uns [dazu verleiten] könnte, erneut das zu tun, was zu tun wir ablehnen, oder das überhaupt nicht oder nicht aufrichtig zu erfüllen, was zu tun wir versprechen. [11] In Bezug auf Schweinefleisch178 versprechen wir aber, darauf zu achten, dass, falls wir es aus Gewohnheit in keiner Weise verzehren können sollten,

Vgl. dazu auch oben Anm. 155. Vgl. dazu auch oben Anm. 153. Vgl. dazu auch oben Anm. 156. Zum Verbot des Genusses von Schweinefleisch in der Torah vgl. Lev 11,7–8; Dt 14,8.

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

ipsis decocta sunt, absque fastidio et orrore sumamus. [12] Quod si in omnibus, que supra taxata sunt, in quocumque vel minimo transgressores inventi fuerimus, aut contraria Christiane fidei agere presumserimus, [30] aut que congrua catholice religioni promisimus verbis aut factis inplere distulerimus, iuramus per eundem Patrem et Filium et Spiritum sanctum, qui est unus in trinitate Deus: quia qui ex nobis horum omnium vel unius transgressor inventus fuerit, aut a nobis ignibus vel lapidibus perimatur, aut, si hunc ad vitam glorie vestre reservaverit pietas, mox amissa libertate tam eum quam omnem rei ipsius facultatem cui elegeritis perenniter deservienda donetis, vel quidquid ex eo aut rebus eius facere iusseritis, non solum ex regni vestri potentiam, sed etiam ex huius placiti nostri sponsione potestatem liberam habeatis.

dennoch das, was damit zusammen gekocht wurde, ohne Ekel und Abscheu zu uns zu nehmen179. [12] Falls sich herausstellen sollte, dass wir all das, was oben angeführt wurde180, in irgendeiner erdenklichen Weise verletzt haben, oder [30] wir uns erkühnen sollten, Dinge zu tun, die dem christlichen Glauben widersprechen, oder es aufgeschoben haben sollten, in Worten oder Taten zu erfüllen, was wir versprochen haben, weil es der katholischen Religion entspricht, schwören wir bei eben dem Vater, Sohn und Heiligen Geist, welche in der Trinität ein Gott sind: Wer von uns sich also als Übertreter aller dieser [Bestimmungen] oder auch nur einer einzigen erweisen sollte, soll entweder von uns mit Feuer oder Steinen hingerichtet werden181, oder, wenn die Frömmigkeit eurer Herrlichkeit diesen am Leben lassen möchte, sollt ihr ihn unter sofortigem Verlust seiner Freiheit ebenso wie seinen gesamten Erbbesitz dem, den ihr auswählt, auf ewig als Sklavenbesitz geben. Ihr sollt nicht nur aufgrund Eurer königlichen Gewalt, sondern auch aufgrund des Gelöbnisses dieser unserer Verpflichtung die freie Verfügung haben,

179 Hier wird den Judenchristen eingeräumt, kein Schweinefleisch essen zu müssen. Zu diesem Zugeständnis vgl. Blumenkranz 1960, S. 117, der annimmt, ein Insistieren auf dem Verzehr von Schweinefleisch wäre politisch kontraproduktiv gewesen. Eine ähnliche Regelung noch in L.V. 12,3,7 (Erwig). Vgl. auch González Salinero 2000, S. 96 f.; García Moreno 2005, S. 96. 180 Schoeps/Wallenborn 2001, S. 202 Anm. 1 vermuten, dass es sich hierbei um „die die Juden betreffenden Bestimmungen der Lex Visigothorum, die diesem Eid vorausgehen und seinem Inhalt im wesentlichen entsprechen“, handelt. Das verkennt allerdings, dass das Placitum von der Gesetzgebung zunächst unabhängig gewesen sein dürfte. Vielmehr sind die unmittelbar vorausgehenden Klauseln gemeint. 181 Vgl. oben Anm. 89. Zur Stelle auch Juster 1912, S. 39 [313]; Rabello 1999, S. 783.

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[13] Facto placito183 sub die duodecimo kalendas Martias, anno feliciter sexto regni glorie vestre, in Dei nomine Toleto. EXPLICIT. [31]

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mit ihm oder seinem Besitz zu verfahren, wie ihr es befehlt 182. Diese Verpflichtung haben wir am zwölften Tag vor den Kalenden des März184 im sechsten glückseligen Jahr der Herrschaft Eurer Herrlichkeit, im Namen Gottes in Toledo abgegeben. Ende.

2.2 Gattung Es handelt sich erneut um ein Placitum. Im Unterschied zu dem früheren Text enthält es kein ausführliches Glaubensbekenntnis (vgl. aber [9]), sondern eine Selbstverpflichtung, einerseits bestimmte jüdische Gebräuche zu unterlassen und andererseits christliche Gebräuche zu beobachten. Sie ist mit einem Schwur und einer Strafandrohung verbunden.

2.3 Datierung und Lokalisierung Das Dokument datiert vom 18. Februar 654185 und wurde in Toledo an unbekanntem Ort von den exhebraei unterzeichnet [1], [13]. Ein Zusammenhang mit einer Synode ist nicht erkennbar.

182 Die Formulierung nimmt offenbar L.V. 12,2,11 (Zeumer 1902, S. 417, Z. 5–11) auf: „Hec de sinu fortissimarum legum sententia emanat ad puniendam perfidiam Iudeorum, ut, quicumque aut superioribus vetita legibus aut suis inexa placitis temerare voluerit vel frustrare presumserit, mox iusta sponsionem ipsorum gentis sue manibus aut lapide perimatur aut igne cremetur. Quod si denotatum crimine reum principalis pietas reservaberit viviturum, ille cui placuerit serviturus a rege donetur, et omnia bona eius aliis possidenda tradantur; sicque fiat, ut nec rem amissam recipiat dominus, nec libertatem reparet servus.“ Dies deutet darauf hin, dass eine Hinrichtung durch die judenchristliche Gemeinde in der Praxis kaum vorgekommen sein dürfte, sondern man die Bestrafung der Abweichler dem König überließ. 183 Hier ist eventuell mit einem Teil der Zeugen factum placitum zu lesen. 184 Zeumer zufolge handelt es sich um den 1. März 654 (so auch García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 120; Orlandis 1980, S. 168; ders., Cristianos, 1998, S. 170 Anm. 2 und 177; Schoeps/ Wallenborn 2001, S. 202; Bronisch 2005, S. 78; García Moreno 2005, S. 136; Dumézil 2008, S. 294). Das ist inkorrekt: Es ist vielmehr der 18. Februar 654 (so richtig Fita y Colomé 1881, S. 57; Dahn 1885, S. 658; González Salinero 2000, S. 63). 185 Vgl. oben Anm. 184.

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Die Verpflichtungserklärungen der getauften Juden von Toledo

2.4 Unterzeichner und Adressaten Unterzeichner sind erneut die exhebraei Toledos, und zwar wiederum nur die Hausväter [2].186 Adressat ist König Rekkeswinth.

2.5 Verfasserschaft Ob es sich beim Verfasser der Vorlage wie im Placitum von 637 um einen Kleriker handelt, ist offen. Möglicherweise mussten die exhebraei auch dieses Mal ein vom Ortsbischof (in diesem Fall Eugenius II./III. [647–657]) bzw. von der königlichen Kanzlei vorgegebenes Formular unterschreiben.187 Andererseits fällt in [2] auf, dass die Freiwilligkeit im gegenwärtigen Fall mit dem Zwang, der hinter dem Placitum von 637 stand, kontrastiert wird, womit offensichtlich die ernsthaften Absichten der exhebraei hervorgehoben werden sollen. Das könnte darauf hindeuten, dass „die Initiative für diese ‚eidesstattliche Erklärung‘ dieses Mal von den getauften Juden“ ausging.188 Doch gibt es keinerlei Angaben zum Anlass für diese Initiative, abgesehen von dem bereits erwähnten Umstand, dass das Judentum unter Rekkeswinth erneut unter erheblichen Druck geraten war. [32]

2.6 Inhalt Nach dem Protokoll [1] folgt zunächst die Begründung für das neue Placitum. Die ältere Verpflichtung (gemeint ist damit eindeutig der oben wiedergegebene Text) habe nicht ausgereicht, die Judenchristen vom Rückfall in den Irrglauben abzuhalten und müsse darum erneuert werden, wobei zunächst pauschal im eigenen Namen wie dem der Mitglieder der einzelnen familiae eine Absage an das Judentum zum Ausdruck gebracht wird [2]. Sodann folgen einzelne Versprechungen. Die exhebraei geloben, – keinen Umgang mit Juden mehr zu pflegen [3], – bei Heiraten die vorgeschriebenen Verwandtschaftsgrade zu beachten [4], – keine Ehen mit Juden mehr einzugehen [5],

186 Patenkinder werden hier (im Unterschied zum früheren Text) nicht eigens erwähnt. 187 Zwang vermuten z. B. Dubnow 1926, S. 73; Thompson 1969, S. 207; García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 120 f. 188 Bronisch 2005, S. 78. Ähnlich bereits García Villada 1932, S. 156 (der den Judenchristen freilich Heuchelei unterstellt) und Vega 1941, S. 67.

2 Das Placitum von 654 (L.V. 12,2,17)

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keine Beschneidungen mehr vorzunehmen [6], die jüdischen Feste nicht mehr zu beobachten [7] und die jüdischen Speisegebote nicht mehr zu beachten [8].

In [9] folgt auf eine erneute summarische Absage an das Judentum ein recht knappes Christusbekenntnis. Die Bräuche des Christentums sollen eingehalten werden [10]. Gesondert wird sodann der Verzehr von Schweinefleisch genannt. Dabei wird zugestanden, dass es Unverträglichkeiten gibt. Speisen, die mit Schweinefleisch zusammen gekocht wurden, sind hierin nicht eingeschlossen [11]. In [12] folgt nun ein feierlicher Schwur, der bei Zuwiderhandlung scharfe Sanktionen androht, nämlich entweder Verbrennung oder Steinigung durch die judenchristliche Gemeinde (die offenbar weiterhin separat existiert) oder aber Versklavung oder eine äquivalente Strafe durch den König. Ein Eschatokoll schließt die Urkunde ab [13].

2.7 Historischer Kontext und Sitz im Leben Offensichtlich war es in der Zeit zwischen erstem und zweitem Placitum nicht gelungen, die zwangsgetauften Judenchristen in die christliche Gemeinschaft zu integrieren. Da in den erhaltenen Quellen nirgendwo von erneuten Zwangstaufen zwischen dem ersten und dem zweiten Placitum die Rede ist, ist weiterhin davon auszugehen, dass es sich bei den exhebraei in erster Linie, wenn nicht gar ausschließlich um die bereits unter Sisebut bekehrten Juden handelt. Für diese (wie auch für manche nichtjüdischen Christen) blieb das Judentum weiterhin attraktiv. Bisweilen kam es offenbar auch zu (mehr oder weniger) erzwungenen Übertritten: Auf dem 10. Konzil von Toledo (656) wurden Kleriker dafür gerügt, an Sklavenhandel beteiligt gewesen zu sein, der dazu führte, dass Christen zum Judentum konvertierten, weil sie in das Eigentum von Juden gelangten (Kanon 7189). [33] Die Annahme, dass die Unterzeichner dieses Placitums personell mit denen der früheren Verpflichtung identisch waren, könnte auch erklären, warum dieser zweite Text kein ausführliches Glaubensbekenntnis mehr enthält. Das fortdauernde Problem bestand nicht in einer unzureichenden Kenntnis des christlichen Glaubens, sondern in einer devianten Religionspraxis. Die Tatsache, dass dies kein lokales Problem gewesen ist, dürfte auch dazu geführt haben, dass das Placitum von 654 in die Gesetzessammlung Rekkeswinths, den Liber Iudicio-

189 Die Authentizität des Kanons ist allerdings unsicher; vgl. Martínez Díez/Rodríguez 1966– 2002, Bd. 5, S. 537 Anm. 8.

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rum, aufgenommen wurde und somit für ähnlich gelagerte Fälle in anderen Städten Modellcharakter erhielt.190 Die antijüdische Politik wurde mit neuer Virulenz unter König Erwig (680– 687) fortgesetzt. Er ermahnte kurz nach seiner Herrschaftsübernahme die Bischöfe des Toletanum XII (681), die „jüdische Seuche, die ständig zu neuem Wahnsinn hervorbreche“, mit Stumpf und Stiel auszurotten,191 und erneuerte und variierte dazu die bestehende Gesetzgebung einmal mehr, ohne dass uns die Einzelheiten hier näher beschäftigen müssen.192 Vor allem nahm er die seit der Zeit Sisebuts offenbar nicht mehr praktizierten Zwangstaufen wieder auf. Juden samt ihrer ganzen familia hatten sich nun binnen eines Jahres der Taufe zu unterziehen.193 Dabei deutet die Formulierung Erwigs darauf hin, dass das Judentum in der Zeit zuvor nicht nur nicht verschwunden, sondern im Gegenteil gewachsen war. Dies ergibt sich auch aus einem Gesetz, welches den Vollzug der Beschneidung an Christen, der offenbar weiterhin vorkam, mit scharfen Strafen belegt.194 Das Konzil unterstützte dies, indem es in Kanon 9 dieses Konzils die Gesetze Erwigs einzeln sanktionierte. Erwig promulgierte in diesem Zusammenhang ein zweiteiliges Formular, welches aus einer Abrenuntiation mit Glaubensbekenntnis (dessen Herzstück das Symbol von Konstantinopel war)195 und einem feierlichen Abschwörungseid 196 bestand. Es galt [34] nur für Juden, nicht für bereits getaufte Judenchristen. Diese foedera professionis, die eigenhändig zu unterzeichnen oder mit dem

190 Vgl. Dumézil 2008, S. 577 (Anm. 180). Es ist insofern unzutreffend, wenn Parkes 1934 (1977), S. 361 schreibt: „Every Jew was required to sign a placitum of enormous length, swearing to forsake all Jewish observances.“ Das Placitum galt zunächst nur für die getauften Juden Toledos und erhielt erst nachträglich Modellcharakter, allerdings auch dies nur für bereits früher getaufte Juden. Irreführend die Überschrift bei Schoeps/Wallenborn 2001, S. 201 (Nr. 101): „Rekkeswind verbietet die Ausübung des jüdischen Glaubens, 654.“ 191 Toledo XII, Prologus, Z. 98–100 (Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 6, S. 142 f.): „… et quod plus his omnibus est, Iudaeorum pestem, quae in nouam semper recrudescit insaniam, radicitus exstirpate.“ 192 Vgl. L.V. 12,3,1–28. 193 Vgl. L.V. 12,3,3. 194 Vgl. L.V. 12,3,4 (das Gesetz fehlt in der Sammlung von Linder 1997); dazu auch Toledo XII, Kanon 9 (Z. 499–501; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 6, S. 176). 195 Vgl. L.V. 12,3,14. Erwähnt in Toledo XII, Kanon 9 (Z. 514 f.; Martínez Díez/Rodríguez 1966– 2002, Bd. 6, S. 177): „Item professio Iudaeorum, quomodo unusquisque ad fidem ueniens indiculum professionis suae conscribere debeat.“ Es ist wohl dieses Bekenntnis das Placitum, welches in 12,3,11 erwähnt wird. 196 Vgl. L.V. 12,3,15. Erwähnt in Toledo XII, Kanon 9 (Z. 515–517; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 6, S. 177): „Item condiciones Iudaeorum ad quas iurare debeant ii qui ex eis ad fidem uenientes professiones suas dederint.“

2 Das Placitum von 654 (L.V. 12,2,17)

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Kreuzzeichen zu versehen waren, sowie die Eidesformel dienten u. a. dann als Beleg christlicher Rechtgläubigkeit, wenn man in Gefahr stand, seine christlichen Sklaven entzogen zu bekommen197 oder aber als Sklave in jüdischen Haushalten sein Christsein dokumentieren (und so die Freiheit erlangen)198 oder schließlich im Fall einer Verurteilung und Bestrafung wegen Verletzung der antijüdischen Gesetze eine Amnestie erlangen wollte.199 Die Dokumente waren anschließend zu archivieren, wie aus L.V. 12,3,28 vom Januar 681 hervorgeht: Wir fügen aber diesem Gesetz noch unbedingt Folgendes hinzu: Jeder Priester200 soll alle Urkunden mit Bekenntnissen und Eiden, welche ein jeder Jude seinem Priester von jetzt an übergibt – jeder Priester201 soll diese Urkunden mit Bekenntnissen und Eiden mit der gebotenen Sorgfalt im Archiv seiner Kirche hinterlegen, damit sie in sorgfältiger Aufbewahrung diesen irrgläubigen [Personen] als Beleg202 dienen können.203

Mit anderen Worten bestand damit gegen Ende des 7. Jahrhunderts ein „geregeltes“ Verfahren, welches Juden bei ihrer Taufe und „rückfällig“ gewordene Judenchristen zu durchlaufen hatten: Die einen schworen der alten Religion ab und bekannten den neuen Glauben, den sie noch mit einem feierlichen Eid bekräftigten. Die anderen verpflichteten sich gegebenenfalls erneut dazu, die Grundüberzeugungen und -regeln des neuen Glaubens einzuhalten. Im Unterschied zum „normalen“ Katechumenat bei Konvertiten vom Heidentum wurden Judenkonversionen schriftlich festgehalten und zu Beweiszwecken für die Nachwelt archiviert. Freilich gelang es mit all diesen Maßnahmen, zu denen bei Egica (687–702) auch noch erhebliche ökonomische Schikanen bis hin zur Versklavung und die Zerstörung von Synagogen hinzukamen, bis zum Ende des Westgotenreichs weder eine allgemeine Judentaufe durchzusetzen noch getaufte Juden vom Rück-

197 Vgl. L.V. 12,2,13. 198 Vgl. L.V. 12,3,18. 199 Vgl. L.V. 12,3,27. 200 Gemeint: „Bischof“. 201 Die Syntax ist gestört. 202 Gemeint ist entweder: als Nachweis für den Übertritt zum Christentum oder: bei „Abfall“ als Beweis für die erfolgte Konversion zum Christentum. 203 Zeumer 1902, S. 455, Z. 20–456, Z. 2: „Nam et illud necessario huic legi adicimus, ut omnium professionum atque conditionum scripturas, quas quisquis ille Iudeus sacerdoti suo amodo obtulerit, sollicita diligentia unusquisque sacerdos eas ipsas professionum vel condicionum scripturas in archivis sue ecclesie recondat, qualiter pro eorundem perfidorum testimonio studiosius conservate persistant.“ Vgl. auch Toledo XII, Kanon 9 (Z. 540–542; Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 6, S. 179): „Item ut episcopi omnes Iudaeis ad se pertinentibus libellum hunc de suis editum erroribus tradant, et ut professiones eorum uel condiciones in scriniis ecclesiae condant.“

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fall in die alte Religion abzuhalten, nicht zuletzt auch deshalb, weil es – wenigstens unter Egica – offenbar auch gewaltsame Übergriffe von Juden auf Christen gegeben ha- [35] ben mag, wobei die spanischen möglicherweise von afrikanischen Juden unterstützt wurden.204

3 Zusammenfassung Die Placita der Judenchristen von Toledo sind Puzzlestücke in einem sehr komplexen Bild des Verhältnisses zwischen Juden und Christen im Westgotenreich in der hier intensiver betrachteten Zeit von Sisebut bis Rekkeswinth. Den Königen scheint an der „Herstellung“ eines homogenen Corpus Christianum (und das hieß seit Rekkared I.: Catholicum) gelegen gewesen zu sein, weshalb zwei von ihnen Zwangstaufen von Juden befürworteten und durchzusetzen versuchten und unter Erwig für diese Maßnahmen auch „geregelte“ Verfahren entwickelt wurden.205 Die Bischöfe reagierten unterschiedlich: Sie unterstützten einerseits die königliche Politik, übten andererseits an der Vorstellung, man könne den Glauben erzwingen, auch deutliche Kritik. Sie waren freilich einhellig der Meinung, dass bereits getaufte Judenchristen unter allen Umständen und notfalls auch mit Zwang von einer Rückkehr zum Judentum abzuhalten seien. Trotz diesen Zwangsmaßnahmen gab es weiterhin jüdische Gemeinden mit eigenen Synagogen – sie übten zudem eine erhebliche Anziehungskraft nicht nur auf Juden-, sondern auch auf Heidenchristen aus und wurden von Angehörigen der lokalen geistlichen wie weltlichen Eliten geschützt. Dies deutet darauf hin, dass die königliche wie episkopale Gewalt mindestens in dieser Hinsicht recht schnell an Grenzen stieß.206 Methodisch bedeutsam ist in unserem Zusammenhang aber die Feststellung, dass sich das Placitum von 637 auf einen begrenzten Einzelfall (die Judenchristen Toledos, die unter Sisebut zwangsbekehrt worden waren) bezieht, der

204 Vgl. L.V. 12,2,18 sowie Toledo XVI, Tomus Egicas und Kanon 1; XVII, Kanon 8. Orlandis, Cristianos, 1998, S. 170 Anm. 2, glaubt, dass Egica in seinem Tomus zu Toledo XVII auf ein weiteres, verlorenes Placitum anspielen könne. Mit den hier (Vives 1963, S. 524) erwähnten confessiones bzw. professiones dürften aber eher „Geständnisse“ im prozessrechtlichen Sinn gemeint sein, geht es doch um den Vorwurf des Hochverrats. 205 Vgl. dazu González Salinero 1999. 206 Zu den Grenzen der Durchsetzung königlichen Rechts vgl. Bradbury 2006, S. 516 mit Verweis auf Diaz/Valverde 2000, bes. S. 81–90; Kampers 2008, S. 252–256. Zu den faktischen Machtverhältnissen zwischen Zentralgewalt und den Eliten im Reich vgl. z. B. García Moreno 1989, S. 317–324; Heather, 1996 (1998), S. 283–298; Collins 2004, S. 64–91; Kampers 2008, S. 239–251 u.ö. Ferner Arce 2011.

3 Zusammenfassung

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offenbar auch keinen Präzedenzcharakter hatte. Anders ist dies mit dem Placitum von 654, welches zwar ebenfalls ursprünglich lediglich für die unter Sisebut zwangsbekehrten Judenchristen der Hauptstadt galt, welchem aber durch die Aufnahme in den Liber Iudiciorum nunmehr Modellcharakter zukam, wie in ähnlichen Fällen zu verfahren sei. [36] Betrachtet man das gesamte Bild des Verhältnisses von Juden und Christen im Westgotenreich, so herrscht zwar ohne Zweifel der Eindruck einer sozialen und rechtlichen Marginalisierung, ja einer massiven Schikanierung des westgotischen Judentums durch die christliche Mehrheitsgesellschaft vor, bei der Zwangstaufen mindestens zeitweise eine erhebliche Rolle spielten. Aber die Virulenz der königlichen wie kirchlichen Maßnahmen erklärt sich vermutlich auch aus der fortdauernden Attraktivität des Judentums für manche Christen. So finden wir judaisierende oder mit dem Judentum sympathisierende und dieses schützende Christen207 und Proselyten.208 Schließlich scheint es neben zwangsgetauften Juden wenigstens in Einzelfällen – wie im Fall des Bischofs Julian von Toledo, der von jüdischen Vorfahren abstammte209 – offenbar [37] 207 Vgl. hierzu den Brief des Bischofs Aurasius von Toledo (603–615; García Moreno 1974, S. 113 [Nr. 244]) an den comes Froga (García Moreno 1974, S. 49 [Nr. 61]), der diesen u. a. deswegen exkommuniziert, weil er die Kirche erniedrigt und die Synagoge aufgerichtet habe. Der inhaltlich im Einzelnen strittige Brief bei MGH.Ep 3, IX,20 (S. 689 f.); Gil 1972, S. 48 f. (Nr. XVIII) mit dem (vermutlich gefälschten) Scholion des Julián Pérez, Erzpriester von Santa Justa in Toledo (zu den Gründen der Fälschung vgl. Hitchcock 2008, S. 119–127) sowie Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 6, S. 214 f. Vgl. dazu Blumenkranz 1960, S. 106; Blumenkranz 1963, S. 87 (Nr. 93); Thompson 1969, S. 167 f.; García Iglesias, Los judíos, 1978, S. 109 f.; Colomina Torner 1998, hier S. 176; González Salinero 2000, S. 86; Stocking 2000, S. 138 Anm. 76; Drews 2001, S. 87 f. mit Anm. 264; Bronisch 2005, S. 29–33; García Moreno 2005, S. 60, 83, 119, 130; Drews 2006, S. 32 mit Anm. 122; Dumézil 2008, S. 285. – Schutz von Juden durch Kleriker und Laien (gegen Schutzgeld?): Toledo IV, Kanon 58 und oben S. 74, 77 mit Anm. 149. Auch Erwig suchte in L.V. 12,3,10, 24 und 25 gegen (angebliche oder tatsächliche) Korruption in diesem Zusammenhang vorzugehen. Vgl. weiterhin 12,3,19 (Verbot der Anstellung von Juden in der kirchlichen Verwaltung); 12,3,22 und 23 (Verbot des Verbleibs von Juden innerhalb eines christlichen patrocinium); 12,3,24 (Verbot des Schutzes von Juden durch christlichen Klerus). Vgl. auch Hernández 1970, S. 106; González Salinero 2000, S. 85–92. 208 Vgl. oben S. 73 mit Anm. 132; S. 77 mit Anm. 147; S. 85 mit Anm. 189; S. 86 mit Anm. 194. Der Archidiakon Evantius von Toledo verfasste ein Traktätchen gegen Christen, die im 8. Jahrhundert in Saragossa unter Berufung auf das Aposteldekret Act 15,28–29 gewisse alttestamentliche Speisegebote beobachteten. Edition und spanische Übersetzung bei Vega 1941, S. 89 f. bzw. 84–87. Weitere Quellen bei Hernández 1970, S. 106 f.; Orlandis, Cristianos, 1998, S. 176– 179; González Salinero 1999, S. 137–142; Drews 2001, S. 50, 316 Anm. 309, 358 f., 397, 405, 439, 534; Bronisch 2005, S. 154 f.; Drews 2006, S. 125 f.; González Salinero 2014, S. 208 Anm. 58 (mit weiterer Literatur). 209 Vgl. García Moreno 1974, S. 119–121 (Nr. 251); Roth 1994, S. 25 mit Anm. 80; Del Valle Rodríguez, San Julián, 1998, hier S. 122; González Salinero 2000, S. 101–103, 115–123; García Moreno 2005, S. 110–115; Dumézil 2008, S. 296 mit Anm. 198.

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auch authentische Konversionen zum Christentum gegeben zu haben.210 Es wäre also eine Verkürzung des historischen Befundes, beschriebe man die Geschichte der Beziehungen zwischen Juden und Christen zu dieser Zeit allein als eine des christlichen Antijudaismus oder Antisemitismus.211

210 Vgl. dazu auch Orlandis 1980, S. 172 f.; García Moreno 2005, S. 81–120. 211 Vgl. zu den methodischen Problemen einer solchen Sicht auch Kinzig, Nähe, 2002.

Glauben lernen im Mittelalter Eine Predigt über das Apostolicum in cod. Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 18104 Abstract: The article provides a first edition and German translation of a sermon about the Apostles’ Creed contained in a ninth-century manuscript. The text was probably composed in Tours sometime between 650 and 825 CE. Additionally, the essay discusses the sources of the sermon, the exact wording of its underlying creed, origin and date, the genre and the Sitz im Leben of the manuscript, certain linguistic peculiarities of the text, and its theological content. Finally, several questions regarding its catechetical Sitz im Leben are raised.

[237]

1 Einleitung Es ist wohl angemessen, dem Gelehrten und Freund Michael Meyer-Blanck, dessen immense wissenschaftlichen Verdienste nicht nur, aber vor allem auf dem Gebiet der Religionspädagogik wie dem der Liturgiewissenschaft liegen, einen Beitrag zu widmen, der für beide Disziplinen von Interesse sein mag und in dem es in prononcierter Weise um „Wahrheitskommunikation“ und deren spezifische historische Bedingungen geht. Der in der Pariser Nationalbibliothek aufbewahrte Codex lat. 18104 ist schon des Öfteren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen.1 Bei näherem Hinsehen hat sich dabei herausgestellt, dass wir es hier nicht mit einer, sondern mit mehreren Handschriften aus verschiedenen Jahrhunderten zu tun haben, die erst nachträglich zusammengebunden worden sind. Dabei stammen die ersten drei Teile aus dem 9. Jahrhundert, wobei Bernhard Bischoff zufolge ff. 1–93 im zweiten Viertel des Jahrhunderts in Tours, die ff. 94–125 in der Gegend von Reims in den Jahren 800 bis 850 und die ff. 126–135 zu etwa derselben Zeit in der Gegend

1 Eine Bibliografie findet sich unter URL (08. 02. 2019). Vgl. auch die im Folgenden zitierte Literatur. Anmerkung: Für eine sorgfältige Durchsicht des Manuskripts danke ich Frau Dr. Sabine Lütkemeyer (Bonn). https://doi.org/10.1515/9783110720945-003

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von Paris geschrieben worden sein dürften.2 [238] Der vierte Teil (ff. 136–227) hingegen wurde am Ende des 12. Jahrhunderts in Nordfrankreich kopiert.3 Uns interessiert hier im Folgenden nur der erste, aus Tours stammende Teil (ff. 1–93), dessen Inhalt, wenn ich recht sehe, v. a. im Hinblick auf die ff. 63r– 71v bisher erst unvollständig beschrieben wurde.4 Nach langen Auszügen hauptsächlich aus Isidor von Sevilla enthält der Codex auf diesen Folia einen Traktat De baptismo mit folgenden Stücken:5 63r: eine kurze anonyme Erklärung der Taufe De baptismo;6 63r–64r: die vermutlich auf Alkuin zurückgehende, sehr weit verbreitete Erklärung der Taufliturgie Primo paganus.7 Die vorliegende Fassung dieses Textes setzt Alkuins Brief an Oduin zwingend voraus, da noch einige Worte aus der Einleitung zitiert werden.8 [239] 64r–66r: eine weitere Auslegung der Taufriten mit dem Titel De baptismo.9 Text 51 bricht in der Edition Keefes, die dem Codex Paris, Bibliothèque Nationa-

2 Vgl. Bischoff 2014, S. 228, Nr. 5034–5036. 3 Etwas anders Keefe, Catalogue, 2012, S. 328 f. Vgl. ferner URL (20. 03. 2019). Für ff. 136–227 auch Rouse/Rouse 1991, S. 75–78, 81, 97 f., 114 (Anm. 30), 156 (Anm. 6); Springer 1995, S. 176 f. 4 Schon Caspari hat allerdings kleine Auszüge daraus (als „Cod. Notre Dame L“) zitiert (Caspari 1879, S. 294, Anm. 28; 299). 5 Die Texte wurden von Keefe merkwürdigerweise nicht identifiziert (vgl. Keefe, Catalogue, 2012, S. 328: „f. 63r–66v = exposition on baptism [incompl.]“) und dementsprechend auch für ihre Edition (Keefe, Explanationes, 2012) nicht verwendet. 6 Keefe 2002, Bd. II, Text 60. 7 Keefe 2002, Bd. II, Text 9. Dieselbe Kombination von Text 60 und Text 9 z. B. auch in: Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, cod. 446 (s. IX 3/3); ebenda, cod. 777 (s. XII); Mailand, Biblioteca Ambrosiana, cod. H 48 sup. (s. XIII); Einsiedeln, Stiftsbibliothek 110 (463; s. XI in.); Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, cod. lat. 1147 (s. XI 2/2). Weitere Abschriften dieses Codex bei Keefe 2002, Bd. II, S. 640. 8 F. 63r: „De [2–3 Buchstaben unleserlich] misteriis sacris baptismatis a sanctibus patribus traditum est. Pauca incipiunt in illo officio. Primo paganus […].“ Vgl. Alkuin, Epistula 134 (MGH.Ep 4, 202, Z. 11–14: „[…] de mysteriis totius officii tibi breviter scribere volui, ut cognoscas, quam necessarium sit nihil pretermittere, quod a sanctis patribus institutum est in illo officio. Primo paganus […].“ Ebenso Keefe 2002, Bd. II, S. 239, Z. 5 – 240, Z. 3 (Text 9). Der Brief wurde um 798 verfasst (Keefe 2002, S. 238). Zur Diskussion um das Alter von Primo paganus vgl. Bouhot 1978, S. 280–282; Byer 1999, 6 f.; Keefe 2002, Bd. I, S. 80–84; Bullough 2004, S. 47 mit Anm. 106, 213 mit Anm. 250; Phelan 2008, S. 262–288; Dales 2013, S. 115–118; McCune, Sermon, 2013, S. 40, Anm. 21; Phelan 2014, S. 121–128; FaFo § 338. 9 Keefe 2002, Bd. II, Text 51 = Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 361; bei Keefe ediert nach Paris, Bibliothèque Nationale, cod. lat. 1012 (Südfrankreich?, um 800–825), ff. 2v–8v; Beschreibung in: Catalogue général des manuscrits latins de la Bibliothèque Nationale 1939, S. 362; Keefe 2002, Bd. II, S. 68 f.; Keefe, Catalogue, 2012, S. 300; Bischoff 2014, S. 30, Nr. 4001. Ferner URL

2 Edition

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le, lat. 1012 folgt,10 an derselben Stelle mitten im Wort Incre-[pationis] ab, an der der Text im BN lat. 18104 auf f. 66v wechselt.11 Der Text beruht auf Isidor von Sevilla, Etymologiarum siue originum libri XX 6,19,55–56. 66v: eine weitere Erklärung des Exorzismus sowie der Datio salis nach ders., De origine officiorum (De ecclesiasticis officiis) 2,21 (20),3, Z. 25–27 (CChr.SL 113, 96). Vgl. auch Leidrad von Lyon, De sacramento baptismi.12 66v: Erklärung der Apertio aurium: Vgl. Hrabanus Maurus, De institutione clericorum 1,27, Z. 28–3213 und Ps.-Hieronymus, Expositio quattuor euangeliorum (PL 30, 562C–563A). Ob diese Schriften hier aber unmittelbare Vorlage sind, ist nicht sicher. ff. 67r–68v: eine bisher unedierte Symbolerklärung.14 Sie endet mit Explicit. Möglicherweise ist dies das Ende des Traktats De baptismo. Es folgt auf ff. 68v–71v die Venantius Fortunatus zugeschriebene Auslegung des Athanasianums.15 [27]

2 Edition Im Folgenden soll es um die auf den ff. 67r–68v enthaltene Auslegung des Apostolicums gehen, die bisher – wenn ich recht sehe – hier zum ersten Mal herausgegeben wird. Grundlage sind hierfür die in der digitalen Datenbank der Bibliothèque Nationale verfügbaren Scans, die für unsere Zwecke ausreichen.16 Die Orthographie wurde standardisiert, der unklassische Kasusgebrauch sowie andere grammatikalische Besonderheiten wurden hingegen beibehalten. [f. 67r] [I,1] Credo in devm, patrem omnipotentem, creatorem caeli et terrae: Deus17 enim res est inuisibilis. Inuisibilis, quia numquam per subs-

(12. 02. 2019). 10 Vgl. Anm. 9. 11 Auch im lat. 1012 folgt Text 51 auf die Tauferklärung Alkuins. 12 Keefe 2002, Bd. II, S. 357, Z. 19 – 358, Z. 10. 13 Zimpel 1996, S. 321 = FC 61/1, S. 194, Z. 24 – 196, Z. 4. 14 Vgl. Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 73; s. u. 15 CPL 1747; Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 269. 16 URL (12. 02. 2019). 17 Deus – quaerendus est: Augustin, In Iohannis epistulam ad Parthos tractatus 7,10 (PL 35, 2033): „Deum nemo vidit unquam [Joh 1,18; I Joh 4,12]: res est invisibilis.“ Isidor von Sevilla, Etymologiarum siue originum libri XX 7,1,23 (Lindsay 1911): „Invisibilis, quia numquam per substantiam suam apparuit oculis mortalium Trinitas, nisi per speciem subiectae creaturae eademque corporeae. Nam nemo potest ipsam manifestationem essentiae Dei videre et vivere,

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tantiam suam apparuit oculis mortalium. Nemo potest ipsam manifestationem essentiae uidere18 et uiuere. Scriptum est enim: Deum nemo uidit umquam,19 quia20 incor- [241] poreus est. Incorporeus21 autem uel incorporalis ideo deus22, ut spiritus credatur uel intellegatur23. Est ei non corpus ideoque non24 oculo sed corde quaerendus est. [I,2] Pater25, ex quo paternitas in caelo et in terra nominatur.26 [I,3] Omnipotens27 dicitur eo, quod omnia sicut et dictum est Moysi; unde et Dominus in Evangelio dicit: ‚Deum nemo vidit umquam‘ [Joh 1,18; I Joh 4,12]. Res est enim invisibilis, ideoque non oculo, sed corde quaerendus est.“ Hrabanus Maurus, De uniuerso 1,1 (PL 111, 16A–B): „Nam una eademque res dicitur sive dicatur aeternus Deus, sive immortalis, sive incorruptibilis, sive immutabilis. Nam invisibilis Deus dicitur, quia nunquam per substantiam suam apparuit oculis mortalium Trinitas, nisi per speciem subjectae creaturae, ejusdemque corporeae. Nam nemo potest ipsam manifestationem essentiae Dei videre et vivere; sicut et dictum est Moysi. Unde et Dominus in Evangelio ait: Deum nemo vidit unquam [Joh 1,18; I Joh 4,12]. Invisibilis enim res est, ideoque non oculo, sed corde quaerendus est.“ (Ps.-)Alkuin, Disputatio puerorum 2,97, Z. 574–581 (Rabin/Felsen 2017, 39 = PL 101, 1110C–D): „IN. Quare dicitur inuisibilis? RESP. Quia numquam per substantiam suam apparuit oculis mortalium Trinitas, nisi per speciem subiectae creaturae eiusdemque corporeae; nam nemo potest ipsam manifestationem essentiae Dei uidere et uiuere, sicut et dictum est Moysi. Vnde et Dominus in Euangelio dicit: Deum nemo uidit umquam [Joh 1,18; I Joh 4,12]. Res est enim inuisibilis, ideoque non oculo sed corde quaerendus est.“ 18 diuidere Cod., vgl. aber Isid. (Anm. 17). 19 Joh 1,18; I Joh 4,12. 20 quia incorporeus est: Gennadius, Liber siue definitio ecclesiasticorum dogmatum 11 (Turner 1905, 78–99, S. 91 f.): „Nihil incorporeum et inuisibile natura credendum nisi solum Deum, id est patrem et filium et spiritum sanctum; qui ideo incorporeus creditur quia ubique est et omnia inplet adque constringit, ideo inuisibilis omnibus creaturis quia incorporeus est.“ Auch später häufig zitiert, teilweise unter dem Namen Augustins. 21 Incorporeus – intellegatur: Augustin, De trinitate 15,5,7 (Z. 43 f.; CChr.SL 50A, 470): „Incorporalis autem uel incorporeus ideo dicitur deus ut spiritus credatur uel intellegatur esse, non corpus.“ Isidor von Sevilla, Etymologiarum siue originum libri XX 7,1,29 (Lindsay 1911): „Incorporeus autem vel incorporalis ideo dicitur Deus, ut spiritus credatur vel intellegatur esse, non corpus.“ 22 deus deus Cod. 23 intelligatur Cod. 24 Non – quaerendus est: Vgl. die Belege oben Anm. 17. 25 Pater – nominatur: Ebenso Text 16, Z. 9 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 89); 19, Z. 2 f. (S. 100); Text 2 III,8 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 32; aber: id est pater). Vgl. Text 1, III,9: „Pater eo, quod patris maiestas in caelo et terra nominatur [Eph 3,15]“. 26 Eph 3,15. 27 Omnipotens – ubique sunt: Augustin, De ciuitate dei 5,10, Z. 20 f. (CChr.SL 47, 140): „Recte quippe omnipotens dicitur, qui tamen mori et falli non potest.“ CPL 1759, 8 (Westra 2002, S. 489): „Id est, omnipotens dicitur quia omnia potens est.“ Isidor von Sevilla, Etymologiarum siue originum libri XX 7,1,17 (Lindsay 1911): „Vocatus autem omnipotens eo quod omnia potest, sed a faciendo quod vult, non a patiendo quod non vult. Quod si ei accideret, nequaquam esset omnipotens; facit enim quidquid vult, et inde omnipotens. Item omnipotens, quia ipsius

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potest 28, sed a faciendo29 quod uult non a faciendo30 quod non uult. Quodsi ei acciderit 31, nequaquam esset omnipotens. Quia ipsius [242] sunt omnia, quae ubique sunt. Quia32 omnia sancta uerbi potestate perfecit, siue quae in caelo siue quae in terra sunt. Quia33 non potest falli nec mori nec potest peccare. [I,4] Creatorem caeli et terrae: Creator34 dictus pro totius mundi rebus ab ipso creatis; nihil enim est 35, quod non originem a deo traxerit. [II,1] Et in Iesvm Christvm, filivm eivs: Iesus36 saluator interpretatur37, Christus a chrismate38 unctus. Quia sicut in antiquo reges et sacerdosunt omnia quae ubique sunt […].“ Hrabanus Maurus, De uniuerso 1,1 (PL 111, 15C): „Vocatur autem omnipotens eo quod omnia potest; sed et a faciendo quod vult, non a patiendo quod non vult. Quod si ei accederet, nequaquam omnipotens esset. Facit enim quod vult, et inde omnipotens. Item omnipotens, quod ipsius sunt omnia quae ubique sunt.“ Text 8.1 (Keefe 2002, Bd. II, S. 236, Z. 1): „Omnipotens dicitur, quia omnia potest.“ Ebenso Text 5 II,3 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 92). Vgl. auch ebenda, Komm. z.St. (S. 103). Ferner (Ps.-)Alkuin, Disputatio puerorum 2,89, Z. 534–539 (Rabin/Felsen 2017, 38 = PL 101, 1109–1110A): „Vocatur [R/F: uocatus] autem omnipotens, eo quod omnia potest; sed a faciendo quod uult, non a patiendo, quod non uult. Quod si acciderit, nequaquam esset omnipotens; facit enim quicquid uult et inde omnipotens. Item ‘omnipotens,’ quia ipsius sunt omnia, quae ubique sunt […].“ Ps.-Alkuin, De divinis officiis 41 (PL 101, 1271D): „Omnipotens dicitur eo quod omnia potest.“ 28 Weish 7,27. 29 adfaciendo Cod. 30 adfaciendo Cod. 31 accederet Cod. 32 quia – perfecit: Ps.-Augustin, Sermo 242, 2 (PL 39, 2192): „Creatorem coeli et terrae. Hoc ait quod superius dixi, quia omnia sola verbi potestate perfecit.“ Ebenso Text 8, Z. 20 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 44). Vgl. Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225C): „Hoc agitur quod superius dixi, quia omnia sola verbi potestate perfecit.“ Text 36 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 172, Z. 28): „Creatorem caeli et terrae, quod omnia sola uerbi potestate fecit.“ 33 Quia – peccare: Ebenso Text 1, III,10 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 10); Text 2, III,9 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 32, aber qui statt quia). 34 Creator – traxerit: Ebenso Isidor von Sevilla, Etymologiarum siue originum libri XX 7,33; Hrabanus Maurus, De uniuerso 1,1 (PL 111, 16D); (Ps.-)Alkuin, Disputatio puerorum 4 (PL 101, 1111B–C; vgl. aber 2,104, Z. 616 f. [Rabin/Felsen 2017, S. 40]: „Dictus est enim ‘creator’ pro totius mundi …“). 35 creatis statt est Cod. 36 Iesus – repletus est: Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Jesus Salvator interpretatur, Christus vero a chrismate dicitur: quia sicut antiqui reges a sacerdotibus oleo sacro perfundebantur, sic Dominus noster Jesus Christus sancti infusione repletus est.“ Text 8, Z. 26–30 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 44 f.): „Iesus Saluator interpretatur, Christus uero a chrismate dicitur, quia sicut antiqui reges a sacerdotibus sacro oleo perfundebantur, sic Dominus noster Iesus Christus Spiritus Sancti infusione repletus est.“ Ebenso Hrabanus Maurus, Homilia 13 (PL 110, 28B); ders., De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225C–D; doch perungebantur statt perfundebantur). 37 interpraetatur Cod. 38 crismate Cod.

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tes sacro oleo perfundebantur, sic dominus noster Iesus Christus spiritus sancti infusione39 est repletus. [II,2] Filium eius dicit, quia pater40 dici non poterit, nisi haberet filium, neque filius a patre esset, si patrem utique non haberet. [II,3] Vnicvm dominvm nostrvm: Id 41 est unicus dei patris et unicus sanctae Mariae, quia nec antea alium habuit nec postea. Virgo fuit ante partum et [243] uirgo post partum. [II,4] Dominus42 eo, quod dominatur suam creaturam. [II,5] Nostrum43 dicit, quia de nostra accepit humanitatem. [II,6] Qvi conceptvs est de spiritv sancto: Non44 poterat aliunde quam de deo concipere, quia deum meruit procreare. Mira45 ergo dei in lege legimus:

39 infusionem Cod. 40 Pater – haberet: Vgl. Gregor von Tours, Historia Francorum, Praef. (FaFo § 469 [2]): „Nec enim pater dici potuerat, nisi haberit filium; neque filius esset, si patrem utique non haberet.“ Ps.-Alkuin, De divinis officiis 41 (PL 101, 1271D): „Non enim potest dici Pater, nisi habeat filium, neque filius, nisi habeat patrem.“ 41 Id – humanitatem: Vgl. CPL 1759, 10–11 (Westra 2002, S. 490): „ […] id est unicum dei patris dum et unicum sanctae Mariae quia nec antea alium habuit nec postea, quia uirgo ante partum et uirgo post partum. Dominus dicitur eo quod dominatur suam creaturam, noster quia de nostra natura accepit humanitatem.“ CPL 1759 wie unser Autor legen hier die Einzigkeit des Sohnes, nicht des Herrn aus. Vgl. dazu auch Westra 2002, S. 480 f. 42 Dominus – humanitatem: Vgl. Text 7, Z. 234 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 38): „Dominvm dicitur propter diuinitatem. et nostrvm dicitur propter humanitatem quam accepit […].“ Text 1, III,16–17 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 12): „Dominvs dicitur propter diuinatem. Nostrvm propter humanitatem, quam adsumpsit.“ Text 2, III,18–19 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 32): „Dominus dicitur propter diuinitatem. Noster dicitur propter humanitatem, quam accepit […].“ Vgl. CPL 1759, 11 (Westra 2002, S. 490; vgl. Anm. 41). 43 nostra Cod. 44 Non – procreare: Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Non poterat aliunde quam de Deo concipere, quae Deum meruit procreare.“ Ebenso Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225D, mit qui statt quae); Text 7, Z. 293 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 40, mit ex dono Dei statt de Deo); Text 8, Z. 48–50 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 45). 45 Mira – germinare: Ebenso Liber de natiuitate sanctae Mariae genitricis Dei et de infantia saluatoris Domini nostri Iesu Christi secundum carnem (Euangelium infantiae, „compilatio J“ iuxta recensionem „Hereford“) 44, Z. 15–25 (CChr.SA 14, 774): „Ipsa certe lex quam cotidie legis sine graphio scripta est in tabulis lapideis. Lege et intellige quod panem in heremo terra produxerit cuius semen arator in terram nullus induxit. Virga etiam Aaron annis sicca quamplurimis sine aqua reuixit, in templo floruit, nucesque clausa sub tecto produxit. Qui ergo perscripsit lapideas tabulas sine stilo ferreo, ipse iam grauidauit Mariam Spiritu Sancto. Et qui panem in heremo de celo habentem omnem suauitatem misit, ipse fecit parere uirginem sine corruptione. Et qui fecit uirgam Aaron sine pluuia germinare, ipse nunc fecit Mariam filiam Dauid sine humano semine gignere.“ Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 195, 6 (PL 39, 2110), aber mit etwas anderem Schluss: „… Ergo qui scripsit lapideas tabulas sine stilo ferreo, ipse gravidavit Mariam Spiritu sancto: et qui produxit panem in eremo sine seminatore, ipse fecundavit Virginem sine corruptione: et qui fecit virgam sine pluvia germinare, ipse fecit filiam David sine semine generare.“

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Sine graphio46 scripta est [f. 67v] in tabulis lapideis,47 et quod panem in eremo terra produxit, cuius semen arator in terra nullus induxit.48 Virga etiam Aaron annis sicca quam plurimis sine aqua reuixit: In templo49 floruit nucesque50 clausa sub tecto produxit.51 Et asinam contra naturam suam loquere fecit. Qui ergo perscripsit 52 tabulas lapideas sine stilo ferreo, ipse grauidauit Mariam de spiritu sancto, et qui prodiit panes in eremo53 sine aratione, ipse inpregnauit uirginem sine cor- [244] ruptione, et qui fecit uirgam sine pluuia54 germinare et asinam contra naturam loquere,55 ipse fecit filiam Dauid sine semine germinari, sicut angelus cecinit: Spiritus sanctus descendet in te et uirtus altissimi obumbrabit 56 tibi et quod nascitur ex te sanctum uocabitur filius dei.57 [II,7] Natvs ex Maria virgine: Non58 potuit natalem habere conceptum, quae uirgo erat permansura post partum. [II,8] Passvs svb Pontio Pilato: Iste59 Pilatus iudex erat in illo tempore ab imperatore positus in Iudaea, sub quo dominus noster passus est. Cuius mentio

46 grafio Cod. 47 Vgl. Dt 5,22. 48 Vgl. Ex 16. 49 Im biblischen Original ist es das „Offenbarungszelt“ oder „Zelt des Bundeszeugnisses“ (Vulgata: tabernaculum foederi /testimonii). 50 amigdalas Vulgata, aber vgl. den Liber de natiuitate sanctae Mariae (zit. Anm. 45). 51 Vgl. Num 17. 52 proscripsit Cod., aber vgl. den Liber de natiuitate sanctae Mariae (zit. Anm. 45). 53 heremo Cod. 54 pluuiam Cod. 55 Vgl. Num 22,28–30. 56 obumbrauit Cod. 57 Lk 1,35. 58 Non – partum: Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Non potuit non talem habere conceptum, quae virgo erat permansura post partum.“ Ebenso Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225D). Vgl. Text 8, Z. 48–50 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 45): „Non poterat aliunde quam de Deo uirgo concipere, quae Deum meruit procreare.“ Vgl. auch CSEL 101 (Clemens Weidmann), 190 mit Anm. 262. 59 Iste – dignitatem: Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Iste Pilatus judex erat in illo tempore, ab imperatore positus in Judaea, sub quo Dominus passus est: cujus mentio ad temporis significationem, non ad personae illius pertinet dignitatem.“ Ebenso Ps.-Augustin, Sermo de symbolo 3 (PL 40, 1192; zu diesem hochmittelalterlichen Cento aus unterschiedlichen Quellen vgl. auch FaFo § 32, Anm.); Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225D); Text 8, Z. 54–57 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 46). Vgl. Hrabanus Maurus, Homilia 13 (PL 110, 28B): „Iste Pilatus judex erat in illo tempore, ab imperatore positus in Judaea, sub quo Dominus passus est, cujus mentio tantum hic ad temporis significationem pertinet.“

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ad temporis60 significationem, non ad personae illius pertinet dignitatem; sed propter61 hoc illum commemorat, quia futurum est pseudochristi et pseudoprophete siue apostoli surgere debent 62 contra fidem ecclesiae63. Tunc ecclesia dicit, quia non credit alium Christum nisi illum, qui sub tempore Herodis64 est natus et sub tempore Pilati65 est passus. [245] [II,9] Crvcifixvs est et sepvltus; descendit ad inferna: Crucem66 illam, in qua ille est crucifixus in corpore67, nos gestamus in fronte; et ipse68 infirmitates nostras accepit et aegritudines portauit.69 Sed dum70 dicit crucifixus, quia legimus, quod diuinitas adtraxit humanitatem71 et non humanitas diuinitatem, diuinitas non sustinuit passionem, sed humanitas. Per similitudinem intellegitur72, id est arbor stans in platea et inciditur et radii73 solis in scissura intrant et sol inlaesus permanet. Ita et diui[f. 68r]nitas inpassibilis et inlaesa permansit, quia humanitatem cedebat et diuinitati non nocebat 74. Aliam similitudi-

60 a tempore Cod. 61 propter – est passus: Vgl. CPL 1759, 14 (Westra 2002, S. 490): „Propter hoc illum commemorat, quia futurum est ut ‚pseudochristi et pseudoprophetae‘ siue apostoli ‚surgere debeant‘ contra fidem ecclesiae. Tunc ecclesia dicit quia non credit alium Christum nisi illum qui sub tempore Herodis est natus et sub tempore Pilati est passus.“ 62 Vgl. Mt 24,24; Mk 13,22. 63 ecclesiam Cod. 64 Herode Cod. 65 Pilato Cod. 66 Crucem – fronte: Dasselbe Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192); Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1225D–1226A). Vgl. ferner Hrabanus Maurus, Homilia 13 (PL 110, 28B–C): „Crucem illam in qua ille crucifixus est corpore, nos per similitudinem gestamus in fronte.“ (Ps.-)Alkuin, Disputatio puerorum 8,29, Z. 2160 f. (Rabin/Felsen 2017, S. 89 = PL 101, 1140C): „Nam crucem illam, in qua confixus est corpore, nos gestamus in fronte.“ Text 8, Z. 58 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 46): „Crucem illam in qua est ipse crucifixus in corpora, nos gestamus in fronte.“ 67 corpore est Cod., Abbreviatur für est aber uneindeutig. 68 Ipse – nostra credebat: CPL 1759, 15 (Westra 2002, S. 490 f.): „‚Ipse infirmitates nostras accepit et aegrotationes nostras portauit‘ [Mt 8,17; vgl. Jes 53,4]. Sed dum dicit: Crucifixus, quia legimus quod diuinitas attraxit humanitatem, non humanitas diuinitatem, sic sustinuit diuinitas passionem? Non, sed humanitas. Per similitudinem intellegitur, id est: arbor stans in platea et inciditur et radius solis in scissura intrat et sol illaesus permanet. Ita et diuinitas illaesa et impassibilis permansit quia humanitatem caedebant et diuinitati non nocebant.“ 69 Mt 8,17; vgl. Jes 53,4. 70 nunc Cod. 71 Vgl. Phil 2,7. 72 intelligitur Cod. 73 radus Cod. 74 diuinitate nostra credebat Cod., aber vgl. CPL 1759, 15 (zit. Anm. 68).

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nem dicimus: Ecce75 contra oculis nostris sol uisibilis mittit radium suum in sordibus in cloacis: cloaca siccatur. Radius autem solis non coinquinatur76 et 77 deus inquinari non potuit ab opere suo. [II,10] Sepultus est: Sicut 78 in ueritate natus est, ita et in ueritate [246] mortuus79 et sepultus. [II,11] Descendit 80 ad inferos: Corpus remansit in sepulchro et diuinitas in caelo et tamen anima simul cum diuinitate triumphauit. Ad inferos, quia illas animas, quae81 sub debito Adae in inferno erant detentae82, illas dominus secum traxit et portauit in humeris suis83 in sua resurrectione in caelo; et 84 fortis captus est a domino fortiore85, id est diabolus, non secundum suam potentiam, sed secundum suam potentiam atque iustitiam.86

75 Ecce – coinquinatur: Vgl. Augustin, Sermo 363a, 1, Z. 5 f. (CSEL 101, 199): „Ecce sol mittit radium suum in cloacam; cloaca siccatur, radius solis non coinquinatur.“ Ferner Ps.-Augustin, Sermo 76, 3 (Mai 1852, 151): „Ecce coram oculis nostris sol iste visibilis mittit radium suum in cloacis; cloaca siccatur, radius autem solis non coinquinatur.“ 76 quo inquinatur Cod. 77 Et – opere suo: Vgl. Augustin, Sermo 363a, 1, Z. 10 f. (CSEL 101, 200): „[…] et deus inquinari potuit ab opere suo?“ (= Ps.-Augustin, Sermo 76, 3 [Mai 1852, 151]). 78 Sicut – sepultus: Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Sicut in veritate natus, ita in veritate mortuus et sepultus.“ Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226A): „Sepultus est sicut in veritate natus: ita et in veritate mortuus et sepultus.“ Ders., Homilia 13 (PL 110, 28C): „Et sicut in veritate natus est Christus, ita et in veritate mortuus et sepultus est.“ 79 Hier übernimmt der Kompilator mortuus aus einer Vorlage, während sein Symbol dies nicht enthält. 80 Corpus – traxit: Vgl. CPL 1759, 16 (Westra 2002, S. 491): „Descendit ad inferos. Hoc inquirendum est ubi fuit diuinitas, ubi humanitas, ubi anima et corpus? Corpus in sepulchro, diuinitas in caelo, anima simul cum diuinitate triumphauit. Ad inferos, quia illas animas quae sub debito Adae erant detentae, illas dominus secum traxit […].“ Die vom vorher zitierten Symboltext abweichende Lesart ad inferos entnimmt der Autor offensichtlich seiner Quelle CPL 1759. Ferner Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192): „Triduana sepulturae mors evidenter ostendit quod dum corpus in sepulcro jacuit, anima illa de infernis triumphavit.“ Ebenso Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226A). 81 qui Cod. 82 detentas Cod. 83 Dt 32,11. 84 et – fortiore: Vgl. Gregor von Elvira, In Canticum canticorum 2,41 (Z. 304–306; CChr.SL 69, 191): „[…] uasa enim diaboli adhuc omnes homines ante aduentum domini erant, quia necdum religatus fuerat ipse uir fortis a domino fortiore […].“ Glosa Psalmorum ex traditione seniorum, zu Ps 71(72),4, Z. 13 f. (Boese 1992/94, Bd. I, S. 313): „[…] sed diuinitas quae latebat ligauit illum, et captus est fortis a domino fortiore.“ 85 ad dominum fortiorem Cod. 86 Der Text scheint gestört zu sein.

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[II,12] Tertia die resvrrexit a mortvis: Quia87 uera88 morte et uera resurrectione 89, id est uerus deus et uerus homo, sicut in euangelio dixit: Destruite hoc templum et in tres dies suscitabo illud.90 Ipse autem dicebat de templo corporis sui.91 [247] [II,13] Adscendit 92 ad caelos: Id 93 est, conditionem94 naturae, quam de homine matre natus adsumpsit 95, super caelos in dexteram partem collocauit. Ergo96 fides patriarcharum 97 Christus cum corpore humano ad caelos adscendit 98, omnes animae99 sanctorum illuc uadunt. [II,14] Sedet ad dexteram patris: Sedere100 deus propter humanitatem. Quid est sedere iudicantis et stare iudicium sustinentis. Dexte-

87 quia – corporis sui: Vgl. CPL 1759, 17 (Westra 2002, S. 491): „Tertia die resurrexit a mortuis, quia uera morte et uera resurrectione resurrexit, id est uerus deus et uerus homo, sicut in Euangelio ait: ‚Destruite hoc templum et in tres dies suscitabo illud‘ [Joh 2,19]. ‚Ipse dicebat de templo corporis sui‘ [Joh 2,21].“ 88 ueram mortem et ueram resurrectionem Cod. 89 : Vgl. CPL 1759, 17 (Westra 2002, S. 491; zit. Anm. 87). 90 Joh 2,19. 91 Joh 2,21. 92 Ascendit Cod. 93 Id – collocauit: Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2192 f.): „Id est, conditionem naturae, quam de homine matre natus assumpsit, super coelos in dexteram Dei Patris collocavit.“ Ps.Augustin, Sermo de symbolo 7 (PL 40, 1194): „Id est, conditionem naturae nostrae quam ex homine matre natus assumpsit, super coelos in dextera Dei Patris collocavit.“ Text 8, Z. 66– 68 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 46): „Ideo conditionem naturae nostrae, quam de homine matre natus adsumpsit, super caelos in dexteram partem Dei Patris collocauit.“ Ebenso Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226A). 94 conditione Cod. 95 assumpsit Cod. 96 Ergo – uadunt: Vgl. Text 2, III,28 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 36): „Ergo fides patriarcharum et prophetarum impetrauit, ut una ex ipsis tribus personis ueniret et humanitatem carnis adsumeret, qualiter homo illuc sursum adscenderet. Ergo ex quo Christus cum corpore humano ad caelos adscendit, omnes animae sanctorum illuc uadunt.“ Text 1, III,27 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14): […] de quo Christus cum corpore ad caelum adscendit et omnes animae sanctorum ad illum uadunt.“ Vgl. auch Komm. z.St. (S. 47). 97 Der Blick auf Text 2 (Kinzig, Neue Texte, 2017, s. vorhergehende Anm.) zeigt, dass hier – möglicherweise durch Zeilensprung – Text ausgefallen ist. 98 Ascendit Cod. 99 animas Cod. 100 Sedere – sustinentis: Vgl. Text 1, III,28–29 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14): „Sedere propter humilitatem carnis dicitur uel iudicantis. Stare: Iudicium sustinentis.“ Text 2, III,29 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 36): „Sedere dicitur propter humanitatem carnis. […] Quid est sedere nisi iudicantis et stare nisi iudicium sustinentis?“ (vgl. auch Komm. z.St. [S. 47]). Ps.-Augustin, Sermo de symbolo 7 (PL 40, 1194): „Sedere, judicantis est.“ Glosa Psalmorum ex traditione seniorum, zu Ps 109(110),1, Z. 18–20 (Boese 1992/94, Bd. II, S. 62): „Aut quomodo dicit ‚sede‘, quia

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ra101 patris prosperitas uitae aeternae, id est congruitas laetitiae, felicitas, gloria atque maiestas. [248] [II,15] Inde ventvrvs ivdicare vivos et mortvos: In102 ipso corpore uenturus est ad iudicium, in quo adscendit 103 in caelum. [II,16] Viuos et mortuos: Christianos104 iudicat et paganos, iustos et peccatores, fideles et impios. [III,1] Credo in spiritvm sanctvm: Sicut in patrem ita et in filium et in spiritu sancto sic credendum. Ab105 spiritu sancto uiuificantur [f. 68v] omnia.106 Habemus107 inde exemplum in Veteri Testamento, ubi ait: In principio fecit deus caelum et terram; terra autem erat inanis et uacua; et spiritus dei ferebatur super

sedere iudicantis est, stare uero iudicium sustinentis?“ (der Quellenvermerk bei Boese im App. ist ungenau). Anon., In Matthaeum, zu 5,1 (CChr.CM 159, 38, Z. 47): „Sedere iudicantis est, stare iudicium sustinentis“. 101 Dextera – aeternae: Ebenso Text 1, III,30 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14); Text 2, III,30 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 36; vgl. auch Komm. z.St. [S. 47]). Vgl. CPL 1759, 18 (Westra 2002, S. 491): „Sedet ad dexteram patris. Id est, in prosperitate uitae aeternae.“ Glosa Psalmorum ex traditione seniorum, zu Ps 109(110),1, Z. 20 f. (Boese 1992/94, Bd. II, S. 62): „Sedere tamen hic propter carnem adsumptam dicit, ac si dicat: sede in prosperitate uitae aeternae […]. 102 In – caelum: Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2193, aber ad coelum); Ps.-Augustin, Sermo de symbolo 8 (PL 40, 1194, aber ad coelum); Text 32, Z. 156 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 156 f.) = Text 2, III,30 app. (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 36); Text 1, III, 31 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14, aber ohne est und mit ad caelum); Hrabanus Maurus, Homilia 13 (PL 110, 28C). Vgl. Text 8, Z. 69–73 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 46): „In ipso corpore uenturus est ad iudicium in quo ascendit ad caelos, Christianos discernere a contrariis nomini Christiano, iustos ab iniustis, fideles ab infidelibus, pios ab impiis, humiles a superbis, mites ab immitibus.“ Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226B): „In ipso corpore venturus est ad judicium, in quo ascendit ad coelum, ut Christianos iudicet et paganos, justos et peccatores, fideles et impios.“ 103 ascendit Cd. 104 Christianos – impios: Ebenso Ps.-Augustin, Sermo 242, 3 (PL 39, 2193); Ps.-Augustin, Sermo de symbolo 8 (PL 40, 1194; aber judicaturus); Text 32, Z. 158 f. (Keefe, Explanationes, 2012, S. 157; vgl. Text 2, III,30 app. [Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 36]); Hrabanus Maurus, Homilia 13 (PL 110, 28C, aber judicabit). Vgl. Text 8, Z. 71–73 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 46, vgl. Anm. 102); Text 1, III,32 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14): „Vivos: Christianos et iustos. Mortvos: paganos, peccatores et impios.“ Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226B, vgl. Anm. 102). 105 Ab – omnia: Vgl. Text 1, III,34 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14): „Quia ab ipso uiuificantur omnia.“ Text 2, III,35 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 38): „[…] quia a spiritu sancto uiuificantur omnia.“ 106 Vgl. Joh 6,64; II Kor 2,6; ferner Röm 11,36. 107 Habemus – aquas: Vgl. Text 2, III,36 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 38): „Habemus inde exemplum in Veteri Testamento, ubi ait: In principio fecit deus caelum et terram; terra autem erat inanis et uacua; et spiritus dei ferebatur super aquas [Gen 1,1–2]. Ad hoc superferebatur, ut ab eo uiuificarentur omnia.“

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Glauben lernen im Mittelalter

aquas.108 Ita et ab eo uiuificantur omnia. 109 hoc ergo spiritus sanctus iuxta ecclesia ponitur, quia ab eo inluminatur110. [249] [III,2] Sanctam ecclesiam catholicam: Id 111 est, non in eam credo, sed credo eam esse sanctam. Est 112 ecclesia catholica, ubi remittuntur peccata, et est ecclesia, ubi non remittuntur, id est ecclesia hereticorum. [III,3] Sanctorvm commvnionem: Vnam113 esse uitam sanctorum, sed premia pro labore diuersa, e contrario pro modo delictorum peccatorum esse supplicia. [III,4] Carnis resvrrectionem: Carnem114, quam in hac uita sub mortali conditione portamus, resurrecturam esse ac rationem pro animae consortium

108 Gen 1,1 f. v.l. 109 – inluminantur: Vgl. Text 1, III,35 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 14): „Iuxta ecclesiam hic ponitur spiritus. Spiritus, quia ab ipso inluminat ecclesia.“ Text 2, III,37 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 38): „Ob hoc ergo hic spiritus sanctus iuxta ecclesiam ponitur, quia ab eo inluminantur.“ 110 illuminatur Cod. 111 Statt id est non liest der Cod. deus. Id est – sanctam: Ebenso Text 2, III,38 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 38). Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 4 (PL 39, 2193): „Sciendum est quod Ecclesiam credere, non tamen in Ecclesiam credere debeamus.“ CPL 1759, 22 (Westra 2002, S. 492): „Non dixit: In sanctam ecclesiam catholicam, sed: Credo sanctam ecclesiam catholicam.“ Vgl. auch unten Anm. 143 und S. 114. 112 Est – haereticorum: Vgl. Text 2, III,39 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 40): „Est ecclesia, ubi remittuntur peccata, id est ecclesia catholica, et est ecclesia, ubi non remittuntur peccata, id est ecclesia haereticorum.“ Text 1, III,38 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 16): „Quia in ecclesia catholica remittuntur peccata, non in haereticorum.“ Ferner Ps.-Augustin, Sermo 240, 1 (PL 39, 2189): „Catholicam, id est universalem, in qua tantum peccata remittuntur, quae omnium haereticorum pravitate repulsa, ab ortu solis usque ad occasum diffunditur.“ 113 Vnam – supplicia: Ebenso Pelagius, Libellus fidei 16 (FaFo § 517, aber quoque esse supplicia). Wie Pelagius auch Karl d.Gr., Opus Caroli regis contra synodum 3,1 (MGH.Conc 2, Suppl. 1; 339, Z. 3–5). Vgl. Julian von Eclanum, Libellus Fidei I, 6 (13) (FaFo § 519): „[…] unam vitam sanctorum omnium fore, sed praemia pro labore diversa et e contrario pro modo {et} delictorum peccantium quoque esse supplicia.“ 114 Carnem – reddituram: Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 4 (PL 39, 2193): „Carnem quam in hac vita sub mortali conditione portamus, resurrecturam esse immortalem, ac rationem reddituram pro animae consortio credamus.“ Ebenso Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina 2 (PL 112, 1226D); Homilia 13 (PL 110, 29A; aber carnem videlicet quam); Text 8, Z. 97–100 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 47; aber per animae consortium). Vgl. (Ps.-)Alkuin, Disputatio puerorum 8,19, Z. 2038–2040 (Rabin/Felsen 2017, S. 86 = PL 101, 1138A): „Non credo in illam, sed carnem, quam in hac uita sub mortali conditione portamus, resurrecturam esse inmortalem credo, et pro consortio animae rationem reddituram.“ Text 32, Z. 214–216 (Keefe, Explanationes, 2012, S. 159): „Et carnem, quam in hac uita sub mortali conditione portamus resurrecturam esse ac rationem de actibus pro animae consortio reddituram .“

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3 Übersetzung

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reddituram 115, ut 116, sicaput 117 nostrum, qui est Christus, resurrexit a mortuis, sic et illius membra, id est corpora nostra, resurgant a mortuis.118 [250] [III,5] Vita aeterna: Vita sine tempora. Explicit.

3 Übersetzung [f. 67r] [I,1] Ich glaube an Gott, den allmächtigen Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde: Gott ist nämlich eine unsichtbare Sache. Unsichtbar, weil er seiner Substanz nach niemals den Augen der Sterblichen erschienen ist. Keiner kann die Offenbarung [seines] Wesens selbst sehen und am Leben bleiben. Denn es steht geschrieben: Gott kann niemand jemals sehen [Joh 1,18; I Joh 4,12], weil er unkörperlich ist. Er ist aber deshalb ein unkörperlicher oder körperloser Gott, damit er als Geist geglaubt und verstanden wird. Er besitzt keinen Körper, weshalb man ihn nicht mit dem Auge, sondern mit dem Herzen suchen muss. [I,2] Vater, von dem her im Himmel und auf der Erde Vaterschaft benannt ist [Eph 3,15]. [I,3] Er wird deswegen „allmächtig“ genannt, weil er alles vermag [Weish 7,27], aber [allein] von dem Tun her, das er [vollbringen] will, und nicht von dem Tun her, das er nicht [vollbringen] will. Denn wäre das bei ihm so, wäre er in keiner Weise allmächtig. [„Allmächtig“,] weil alles sein ist, was allenthalben existiert. [„Allmächtig“,] weil er alles mit der heiligen Macht des Wortes vollendet hat, sei es im Himmel oder auf der Erde. [„Allmächtig“,] weil er sich nicht irren, nicht sterben und nicht sündigen kann. [I,4] „Schöpfer des Himmels und der Erde“: Er wird „Schöpfer“ genannt wegen der von ihm auf der ganzen Welt geschaffenen Dinge; es gibt nämlich nichts, das seinen Ursprung nicht von Gott her hätte. [II,1] Und an Jesus Christus, seinen Sohn: „Jesus“ bedeutet in Übersetzung „Heiland“, „Christus“ „gesalbt“ [und leitet sich] von dem Chrisma ab. Denn wie in alter Könige und Priester mit heiligem Öl übergossen wurden, so wurde unser Herr Jesus Christus mit der Eingießung des Heiligen Geistes angefüllt.

115 : Vgl. Ps.-Augustin, Sermo 242, 4 (zit. Anm. 114). 116 Ut – mortuis: Ebenso Text 2, III,40 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 40). Vgl. Text 1, III,39 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 16): „Sicut apud deum, qui est Christus, sic et illius membra, corpora nostra resurgent [vgl. I Kor 12,12–30; 15,23].“ (Vgl. auch Komm. z.St. [S. 48]). 117 Sic apud Cod., aber vgl. Text 2, III,40 (Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 40). 118 Vgl. I Kor 12,12–30; 15,23.

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Glauben lernen im Mittelalter

[II,2] Es heißt 119 „seinen Sohn“, weil der Vater nicht so heißen könnte, wenn er keinen Sohn besäße, und auch der Sohn nicht vom Vater her existierte, wenn er überhaupt keinen Vater hätte. [II,3] Unseren einzigen Herrn: Das heißt, „einziger“ [Sohn] Gottes des Vaters und „einziger“ [Sohn] der heiligen Maria, weil sie weder vorher noch nachher einen anderen [Sohn] hatte. Sie war Jungfrau vor der Geburt und Jungfrau nach der Geburt. [II,4] „Herr“ darum, weil er seine Schöpfung beherrscht. [251] [II,5] „Unser“ heißt es, weil er die Menschheit von unserer her angenommen hat. [II,6] Der vom Heiligen Geist empfangen wurde: Nicht konnte [Maria] anders als von Gott empfangen, weil sie es verdiente, Gott zu gebären. Demnach lesen wir im wunderbaren Gesetz Gottes: Es ist ohne Griffel [f. 67v] auf steinerne Tafeln geschrieben worden [vgl. Dt 5,22]; und dass die Erde in der Wüste Brot hervorgebracht hat [vgl. Ex 16], dessen Samen kein Landmann in die Erde eingebracht hat. Auch ist der Stab Aarons, der über sehr viele Jahre hin vertrocknet war, ohne Wasser wieder zum Leben erwacht. Im Tempel hat er geblüht und unter einem geschlossenen Dach Nüsse hervorgebracht [vgl. Num 17]. Und man hat eine Eselin gegen ihre Natur sprechen lassen [vgl. Num 22,28– 30]. Er, welcher die steinernen Tafeln ohne eisernen Griffel beschrieben hat, hat selbst Maria „vom Heiligen Geist“ geschwängert, und er, welcher Brote ohne Pflügen in der Wüste hervorbrachte, hat die Jungfrau ohne Verletzung [ihrer Jungfräulichkeit] schwanger werden lassen; und er, der einen Stab ohne Regen grünen und eine Eselin gegen ihre Natur sprechen ließ, hat dafür gesorgt, dass die Tochter Davids ohne Samen schwanger wurde, wie der Engel gesungen hat: Der Heilige Geist wird auf dich herabsteigen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; und das Heilige, welches aus dir geboren wird, wird Sohn Gottes genannt werden [Lk 1,35]. [II,7] Geboren aus der Jungfrau Maria: Sie, die nach der Geburt eine Jungfrau bleiben würde, konnte nicht eine Geburt mit Empfängnis haben. [II,8] Gelitten unter Pontius Pilatus: Dieser Pilatus war zu jener Zeit ein Richter, von dem Kaiser in Judaea eingesetzt, unter dem unser Herr gelitten hat. Dessen Erwähnung bezieht sich auf die Benennung der Zeitumstände, nicht auf die Würde jener Person; aber man erwähnt ihn deswegen, weil es geschehen wird, sich Pseudochristusse und Pseudopropheten oder -apostel gegen den Glauben der Kirche erheben werden120 [vgl. Mt 24,24; Mk 13,22]. Es heißt da

119 Zur unpersönlichen Bedeutung von dicit vgl. HLSMA, Bd. IV, S. 374, § IX,93,2. 120 Debere mit dem Infinitiv hier zum Ausdruck des Futurs; vgl. HLSMA, Bd. IV, S. 325, § IX,61,7 (freundlicher Hinweis Dr. Sabine Lütkemeyer).

3 Übersetzung

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„ Kirche“, weil man nicht glaubt, es gebe einen anderen Christus als den, der zur Zeit des Herodes geboren wurde und zur Zeit des Pilatus gelitten hat. [II,9] Er wurde gekreuzigt und begraben. Er stieg in die Unterwelt hinab: Jenes Kreuz, auf dem er leiblich gekreuzigt wurde, tragen wir auf der Stirn;121 und er hat selbst unsere Schwachheit angenommen und unsere Krankheiten getragen [Mt 8,17; vgl. Jes 53,4.]. Aber wenn es heißt „gekreuzigt“, weil wir lesen, dass die Gottheit die Menschheit an sich gezogen hat [vgl. Phil 2,7] und nicht die Menschheit die Gottheit, [so] hat nicht die Gottheit das Leiden ertragen, sondern [252] die Menschheit. Es ist gleichnishaft zu verstehen, das heißt, ein Baum, der an einer Straße steht, wird gefällt, und Sonnenstrahlen fallen auf den Spalt, und die Sonne bleibt [doch] unversehrt. Ebenso ist auch die Gott[f. 68r]heit leidenslos und unversehrt geblieben, weil man die Menschheit fällte und der Gottheit nicht zu schaden [vermochte]. Wir nennen ein anderes Gleichnis: Siehe, vor unseren Augen schickt die sichtbare Sonne ihren Strahl in den Dreck, in die Kloaken: Die Kloake trocknet aus. Der Sonnenstrahl aber wird nicht befleckt; und Gott kann von seinem Werk nicht besudelt werden. [II,10] Er ist „begraben“ worden: Wie er in Wahrheit „geboren“ wurde, so ist er auch in Wahrheit „gestorben und begraben“ worden. [II,11] „Er ist zu den Unterirdischen hinabgestiegen“: Der Leib blieb im Grab und die Gottheit im Himmel und dennoch triumphierte die Seele zugleich mit der Gottheit. „Zu den Unterirdischen“, weil der Herr jene Seelen, die wegen der Schuld Adams in der Hölle gefangen waren, mit sich zog und sie auf seinen Schultern bei seiner Auferstehung in den Himmel trug [Dt 32,11]. Und der Starke wurde von einem stärkeren Herrn gefangen, das heißt der Teufel, nicht aufgrund seiner [d. h. Christi] Macht, sondern aufgrund seiner Macht und Gerechtigkeit. [II,12] Er ist am dritten Tag von den Toten auferstanden, denn er ist einen wahrhaftigen Tod [gestorben] und in einer wahrhaftigen Auferstehung , das heißt wahrer Gott und wahrer Mensch, wie er im Evangelium gesagt hat: Zerstört diesen Tempel und ich werde ihn in drei Tagen errichten [Joh 2,19]. Er sprach aber vom Tempel seines Leibes [Joh 2,21]. [II,13] Er ist zu den Himmeln aufgestiegen: Das heißt, er hat die natürliche Verfasstheit, die er mit der Geburt von seiner menschlichen Mutter angenommen hat, über die Himmel zu [seiner] rechten Seite gesetzt. Also der Glaube der Patriarchen Christus ist mit seinem menschlichen Leib zu den Himmeln aufgestiegen, und alle Seelen der Heiligen schreiten dorthin. [II,14] Er sitzt zur Rechten des Vaters: „Sitzen“ [bezieht sich] auf Gott im Hinblick auf [seine] Menschheit. Was meint „Sitzen“ das des

121 Vermutlich ist das Kreuzzeichen bei der Taufe gemeint.

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Glauben lernen im Mittelalter

Richters und „Stehen“ [das Stehen] dessen, der das Urteil auf sich nimmt. Die „Rechte des Vaters“ ist der glückliche Zustand des ewigen Lebens, das heißt einträchtige Freude, Glück, Ehre und Hoheit. [II,15] Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten: Er wird in ebendem Leib zum Gericht kommen, in dem er zum Himmel aufgestiegen ist. [II,16] „Die Lebenden und die Toten“: Er richtet die Christen und die Heiden, die Gerechten und die Sünder, die Gläubigen und die Frevler. [III,1] Ich glaube an den Heiligen Geist: Wie an den Vater, so muss man auch an den Sohn und an den Heiligen Geist glauben. Vom Heiligen Geist wird [f. 68v] alles lebendig gemacht [vgl. Joh 6,64; II Kor 2,6; ferner Röm 11,36]. Wir haben ja ein Beispiel im Alten Testament, wo es heißt: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und leer; und der Geist Gottes schwebte über den [253] Wassern [Gen 1,1 f.]. So wurde auch von ihm alles lebendig gemacht. rum wird der Heilige Geist neben die Kirche gesetzt, weil sie von ihm erleuchtet wird. [III,2] Die heilige katholische Kirche: Das heißt, ich glaube nicht ‚an‘ sie, sondern ich glaube, dass sie heilig existiert. Es gibt die katholische Kirche, wo die Sünden vergeben werden, und es gibt eine Kirche, wo sie nicht vergeben werden, das ist die Kirche der Häretiker. [III,3] Gemeinschaft der Heiligen: [Wir glauben,] dass es ein [ewiges] Leben für die Heiligen, aber dass es unterschiedliche Belohnungen je nach Bemühung [und] umgekehrt [unterschiedliche] Strafen für die Sünder nach dem Maß [ihrer] Übertretungen gibt. [III,4] Auferstehung des Fleisches: [Wir glauben], dass das Fleisch, das wir in diesem Leben in [unserer] sterblichen Verfasstheit tragen, auferstehen und Rechenschaft für den Umgang der Seele ablegen wird, so dass, wie unser Haupt, welches122 Christus ist, von den Toten auferstanden ist, so auch jenes Glieder, das heißt unsere Leiber, von den Toten auferstehen [vgl. I Kor 12,12– 30; 15,23]. [III,5] Ewiges Leben: Zeitloses Leben. Ende.

4 Quellen Es ist unmittelbar deutlich, dass die Auslegung eine réécriture einer Reihe älterer Texte darstellt. Dazu gehören v. a. Schriften, die auch sonst zur lingua catechetica des (frühen) Mittelalters zählen:

122 Der hier offenbar vorliegende Bezug von qui auf caput ist grammatikalisch schwierig.

4 Quellen





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Buch 7 der Etymologien des Isidor von Sevilla (vgl. FaFo §§ 39b, 369, 661b; ihrerseits kopiert von Hrabanus Maurus123 und dem Alkuin zugeschriebenen124 Traktat Disputatio puerorum): I,1 (bis). 3 (bis); [254] der vermutlich ebenfalls in Spanien verfasste, möglicherweise schon in das 5. Jahrhundert zu datierende Sermo de symbolo (CPL 1759; vgl. FaFo § 309):125 I,2; II,3 (bis); II,8. 9. 11. 12. 14; III,2; der Augustin zugeschriebene Sermo 242 (vgl. FaFo §§ 32, 276c; Südgallien?, 6./7. Jh.): I,3; II,1. 6. 8. 9. 10. 11. 13. 15. 16; III,2. 4; eine unbekannte Explanatio symboli, auf die auch die in Kinzig, Neue Texte (Anm. 25) edierten Texte 1 und 2 (vgl. FaFo §§ 43 und 379 bzw. 44 und 385) zurückgreifen:126 I,2; I,3; II,4. 13. 14 (bis). 15 (bis); III,1 (ter). 2 (bis). 4; Pelagius, Libellus fidei 16 (FaFo § 517; meist unter dem Namen Augustins zitiert): III,3.

Ohne weitere Parallelen sind die Zitate aus – Gregor von Tours, Historia Francorum: II,2; – Augustin, Sermo 363a bzw. dem davon abhängigen pseudoaugustinischen Sermo 76: II,9. Die singulären Übereinstimmungen mit dem Liber de natiuitate sanctae Mariae bzw. Ps.-Augustin, Sermo 195 in II,6 und mit der Glosa Psalmorum ex traditione seniorum (frühes 7. Jh.) in II,11 dürften wohl ebenfalls auf gemeinsame Vorlagen zurückzuführen sein (vgl. auch II,14).

123 Hrabanus scheint nicht die Vorlage für unsere Predigt gewesen zu sein, da die Schriften De ecclesiastica disciplina (mit der es die meisten Übereinstimmungen gibt) und De uniuerso (De rerum naturis) mutmaßlich nach der Herstellung der vorliegenden Handschrift verfasst wurden. Zur Datierung nach 841/42 vgl. etwa Padberg/Klein 2000, S. 143. Ferner URL und (26. 02. 2019). 124 Zur (offenen) Frage der Autorschaft vgl. jetzt Rabin/Felsen 2017, S. 10–14. 125 Vgl. Westra 2002, S. 371–378. 126 Die Varianten in der Zitierung zeigen, dass Text 1 oder 2 keine Vorlagen gewesen sein können.

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Glauben lernen im Mittelalter

5 Symbol Das vom Verfasser ausgelegte Symbol lautete folgendermaßen: Credo in deum, patrem omnipotentem, creatorem caeli et terrae, et in Iesum Christum, filium eius, unicum dominum nostrum, qui conceptus est de spiritu sancto, natus ex Maria uirgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus est et sepultus; descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis; adscendit ad caelos; sedet ad dexteram patris; inde uenturus iudicare uiuos et mortuos. Credo in spiritum sanctum, sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum communionem, carnis resurrectionem, uitam aeternam.

Der Text des Bekenntnisses weist im Vergleich zum textus receptus des Apostolicums (vgl. FaFo § 344) einige Besonderheiten auf: Es fehlen im 2. Artikel mortuus, dei (nach ad dexteram), omnipotentis und est (nach uenturus) und im [255] 3. Artikel der Hinweis auf die Sündenvergebung und (vielleicht nicht ganz so signifikant) et vor uitam aeternam sowie das abschließende Amen. Im 2. Artikel ist est nach crucifixus hinzugesetzt. Außerdem zitiert der Kompilator in der Auslegung aus seiner Quelle mortuus, während sein Symbol dies nicht aufweist 127 und wechseln Symbolzitat und Auslegung zwischen ad inferna und ad inferos, was offensichtlich durch die bei der Auslegung verwendete Quelle bedingt ist.128 In dieser Form ist das Bekenntnis sonst nicht belegt. Die Sündenvergebung fehlt auch in dem Symbol, welches der Auslegung des Sermo 9 des Caesarius von Arles zugrunde liegt (FaFo § 271a2), dann aber an anderer Stelle abweicht. Auffällig ist der eindeutige Bezug von unicum auf dominum nostrum statt auf filium eius, der auch sonst vor allem, aber nicht ausschließlich in fränkischen Symbolen aus karolingischer Zeit belegt ist.129 Dabei ist allerdings auch zu beobachten, dass die Auslegung die Einzigkeit des Sohnes, nicht des Herrn voraussetzt, ein Fehler, der bereits in der Vorlage CPL 1759 vorliegt.130

6 Ort und Zeit Das Symbol dürfte nicht aus derselben Zeit stammen wie die Auslegung (weil sie teilweise nicht „passt“, s. o.). Aber ist es älter oder jünger, d. h. wurde die Auslegung für ein bereits vorliegendes Symbol zusammengestellt oder wurde

127 128 129 130

S.o. Anm. 79. S.o. Anm. 80. Vgl. FaFo §§ 259b und f, 278, 280, 282, 283, 294, 309, 332, 337, 379, 676b und c. Vgl. oben den Komm. z.St.

7 Gattung der Handschrift

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eine vorhandene Auslegung durch Aktualisierung des dieser ursprünglich zugrunde liegenden Symbols an die bestehende Praxis angepasst? Dazu gibt der Text keine Hinweise. Für die Datierung der Auslegung ist der terminus post quem die Abfassungszeit der Etymologiae Isidors, terminus ante quem das Datum der Handschrift. Damit kommt man auf einen Zeitraum von etwa 650–825. Die Einfügung in den längeren Traktat De baptismo setzt möglicherweise einen gewissen Redaktionsprozess voraus, sofern nicht die Auslegung für den Traktat selbst angefertigt wurde. Als Herkunftsort wenigstens des Endprodukts De baptismo ist das Kloster Tours wahrscheinlich. Damit ist mindestens der gesamte Traktat in seiner jetzigen Form Teil der Bemühungen um eine Reform der Taufe, die von Alkuins [256] Kloster Tours ausgingen und sich u. a. in seinen Briefen 134 und 137 niedergeschlagen haben.131

7 Gattung der Handschrift Der Zweck der Handschrift ist aufgrund ihres unvollständigen Zustands nicht mehr klar erkennbar. Die ff. 1–71v dienten aber eindeutig dazu, Informationen über wichtige dogmatische Stücke (v. a. die Trinitätslehre) zu geben und in die Taufliturgie einzuführen. Dazu gehörte auch das Apostolicum, welches Teil der Traditio symboli gewesen zu sein scheint. Wenn man die Symbolerklärung auf ff. 64v–65r beim Wort nimmt, dann war (auch) das nizänische Symbol Teil der Messliturgie. Das Symbol von Konstantinopel, welches üblicherweise den Täuflingen bzw. ihren Paten in der Traditio „übergeben“ wurde,132 wird hier hingegen überhaupt nicht erwähnt. Möglicherweise beziehen sich allerdings die Ausführungen über das Nizänum auf f. 65r de facto auf das Bekenntnis von Konstantinopel oder aber das Apostolicum wird mit dem „nizänischen“ Bekenntnis identifiziert. Unklar ist auch, warum es in der Handschrift zwei Expositiones symboli gibt, nämlich einmal auf ff. 64r–66r als Teil von Text 51 und eben auf ff. 67r–68v. Das Symbol von Text 51 weicht in der vorliegenden Handschrift von der von Keefe edierten Fassung (= FaFo § 338), aber auch vom Bekenntnis der zweiten Auslegung im selben Codex ab. Ich stelle die beiden Bekenntnisse des cod. lat. 18104 im Folgenden nebeneinander und verzeichne die Abweichungen des ersten Symbols von Text 51 in der Fassung bei Keefe in den Fußnoten.

131 Vgl. Keefe 2002, Bd. I, S. 83 f. und 114 (zu Text 9); Dales 2013, S. 112–118. 132 Vgl. Kelly 1972, S. 341 f.

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Glauben lernen im Mittelalter

ff. 64r–66r Credo in deum, patrem omnipotentem, et in Iesum Christum, filium eius133, qui natus est ex Maria uirgine, [257] conceptus de spiritu sancto, passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et 134 sepultus; tertia die resurrexit; adscendit ad caelos135; sedet 136 ad dexteram dei, patris omnipotentis; inde uenturus iudicare uiuos et mortuos.

ff. 67r–68v Credo in deum, patrem omnipotentem, creatorem caeli et terrae, et in Iesum Christum, filium eius, unicum dominum nostrum, qui conceptus est de spiritu sancto, [257] natus ex Maria uirgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus est et sepultus; descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis; adscendit ad caelos; sedet ad dexteram patris;

inde uenturus iudicare uiuos et mortuos. Credo et in spiritum sanctum. Credo in spiritum sanctum, Credo in137 sanctam ecclesiam catholicam, sanctam ecclesiam catholicam, sanctorum communionem, sanctorum communionem, remissionem peccatorum, carnis [nostrae] resurrectionem, carnis resurrectionem, uitam aeternam. Amen. uitam aeternam.

Die Unterschiede zwischen beiden Symbolen sind erheblich und machen deutlich, dass hier tatsächlich Stücke unterschiedlicher Provenienz sekundär miteinander verknüpft wurden. Warum diese Verknüpfung stattfand, ist unklar. Vielleicht diente die zweite Expositio als Ergänzung und Korrektur der ersten. Auch die sich an die zweite Expositio anschließende, Venantius Fortunatus zuge-

133 134 135 136 137

filium eius fehlt in Text 51, der stattdessen dominum nostrum bietet. Text 51 liest est statt et. Text 51 liest caelis statt ad caelos. Sedit Text 51. In fehlt in Text 51.

8 Sprache

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schriebene Auslegung des Athanasianums ist vermutlich als eine solche Ergänzung zu verstehen. Die Kombination aus Symbolerklärung mit anschließender Auslegung des Athanasianums findet sich in karolingischen Handschriften des Öfteren.138 Zusammengenommen heißt dies, dass wir hier wahrscheinlich die Reste eines Exemplars der Gattung „Handbuch zur Unterrichtung der Priester“ (von Susan Keefe als „instruction-reader“ bezeichnet 139) vor uns haben, eine Art praktisches Vademecum, das der Orientierung für die tägliche Arbeit diente. Diese [258] Gattung hat Carine van Rhijn in den letzten Jahren in einer Reihe wichtiger Aufsätze erforscht.140 In unserem Fall umfasste die Instruktion vor allem Texte, die im Zusammenhang mit Katechumenat und Taufe wichtig waren. Die Texte richteten sich also sicher nicht an Laien, sondern an Kleriker. Es ging dem Verfasser dabei nicht darum, eigene theologische Überlegungen mitzuteilen, sondern er wollte traditionelles katechetisches Gut übermitteln. Aus diesem Grund haben Texte wie dieser in der Vergangenheit wenig Interesse in der Forschung gefunden. Erst in neuerer Zeit hat man erkannt, dass die Art und Weise der Kompilation selbst einen kreativen Akt darstellt. Sie vermittelt eine Vorstellung davon, was in karolingischer Zeit zum Grundwissen über das Glaubensbekenntnis gehörte.

8 Sprache Auffällig (wenn auch nicht ungewöhnlich) ist das schlechte Latein des Kompilators bzw. des Kopisten. Es finden sich Eigenheiten beim Kasus- oder Tempusgebrauch (u. a. Verwechslung von Ablativ und Akkusativ, Vernachlässigung der consecutio temporum) sowie die Besonderheiten, dass debere mit Infinitiv als Ersatz für das Futur dienen kann (II,8) und dass Aktivkonstruktionen wie dicit (II,2. 5. 8 [aus der Vorlage]. 9 [ebenso]) und commemorat (II, 8 [aus der Vorlage]) bisweilen passivische bzw. unpersönliche Bedeutung haben. Auch wenn man dies in [259] Rechnung stellt, so bleibt darüber hinaus die Feststellung, dass manche Sätze geradezu unverständlich sind. Dieses Phänomen findet sich nicht nur in dieser Handschrift, sondern auch sonst in karolingischer Zeit.141 Das be-

138 Vgl. z. B. Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 265, 267–271, 273, 275, 276, 277, 279, 378 und die entsprechenden Handschriften. 139 Vgl. Keefe 2002, Bd. I, S. 23–26. 140 Vgl. Van Rhijn 2014; van Rhijn, Priests, 2016; van Rhijn, correctio, 2016, bes. S. 168–170; van Rhijn, Manuscripts, 2016, bes. S. 137–141; van Rhijn 2018, bes. S. 52–58. Ferner Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262]. 141 Vgl. nur Texte 1 (bes. III,18. 20. 39) und 3 (Kinzig, Neue Texte, 2017).

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deutet, dass es beim Kopier- bzw. Kompilationsvorgang keine ausreichende Qualitätskontrolle gegeben hat, es sich bei der vorliegenden Handschrift also möglicherweise um ein „Massenprodukt“ handelt (wofür auch die nachträglichen Korrekturen sprechen). Das wiederum könnte zur Folge gehabt haben, dass die Benutzer (also vermutlich die Priester) nur ansatzweise verstanden, wovon die Rede war.

9 Inhalt Wovon war aber nun die Rede? Was hat den Verfasser dieses Textes interessiert, was nicht? Er hatte offensichtlich kein Faible für trinitarische Fragen. Der Vatertitel wird von ihm zunächst (aber vgl. II,2) nicht auf den Sohn, sondern auf die Schöpfung bezogen. Falls dieser Text von vornherein dazu gedacht war, mit dem in der Handschrift nachfolgenden Athanasianum bzw. dessen Auslegung überliefert und gepredigt zu werden, bedurfte es möglicherweise an dieser Stelle keiner trinitarischen Belehrung. Allerdings wurde das Athanasianum nach allem, was wir wissen, im Rahmen der Traditio der Gemeinde nicht mit übermittelt, sondern war in erster Linie zur Unterrichtung des Predigers bestimmt.142 Stattdessen erläutert der Verfasser in unpolemischer Weise vergleichsweise ausführlich die Körperlosigkeit, Allmacht und Schöpfertätigkeit Gottes, ohne dass ein klares theologisches Profil erkennbar würde. Im Hinblick auf Gottes Allmacht wird dabei die Vorlage Isidor verfälscht, in der zwischen facere und pati im Hinblick auf Gottes Willen unterschieden wird, während der vorliegende Text durch die zweimalige Nennung von a faciendo eher auf die strenge Koinzidenz des göttlichen Willens [260] und Tuns abzuheben scheint (Gott tut nur das, was er will, und nicht das, was er nicht will) (I,1–3). Im christologischen Artikel werden zunächst Sachinformationen im Hinblick auf Jesu Namen und den Christustitel gegeben (II,1). Dann wird knapp festgestellt, dass Christus als Sohn des Vaters anzusprechen sei. Wiederum fehlen genauere trinitarische Erläuterungen (II,2–3).

142 So ist es in etlichen Kapitularien in der Liste der Aufzählung der notwendigen liturgischen bzw. dogmatischen Kenntnisse der Priester (häufig neben Apostolicum und Vaterunser) genannt. Vgl. Waltcaud von Lüttich, c. 1–2 (MGH.CE 1, 45, Z. 15– 46, Z. 3; hier unmittelbar nach dem Taufritus!) mit zahlreichen Parallelen im Komm. z.St. Haito von Basel schrieb den Priestern vor, das Athanasianum sonntags während der Prim zu rezitieren (ebenda, 210, Z. 17 f.). In den Canones eines süditalienischen Konzils des späten 9. Jahrhunderts (c. 3) und den Capitula Casinensia c. 5 wird die Kenntnis des Symbols „mit seiner Auslegung“ (cum [sua] interpretatione) gefordert (Morin 1900, S. 143–151, S. 144 = Hefele/Leclercq 1910, S. 1223 bzw. MGH.CE 3, 324, Z. 21 f.).

9 Inhalt

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Recht detailliert erklärt der Verfasser die Jungfrauengeburt. Unter Verweis auf das Alte Testament führt er aus, dass Gott Wunder tun könne, um auf diese Weise auch die irdische Schwangerschaft einer Jungfrau plausibel zu machen (II,3–7). Die Erwähnung des Pilatus dient der historischen Verortung und klaren Identifizierung des wahren Christus (im Unterschied zu anderen Christusprätendenten). Die Nennung des Glaubens der Kirche in diesem Zusammenhang bleibt dunkel: Da sich die „Kirche“ nicht auf eine Erwähnung von ecclesia im Symbol beziehen kann (es sei denn im dritten Artikel, wozu aber tunc schlecht passt), hat der Verfasser vermutlich das vorangehende contra fidem ecclesiae als Teil eines Bibelzitats gelesen, welches in seinen Augen erläuterungsbedürftig ist. Das könnte daher rühren, dass ὥστε πλανῆσαι, εἰ δυνατόν, καὶ τοὺς ἐκλεκτούς in Mt 24,24 entsprechend verballhornt wurde, wobei ecclesia τοὺς ἐκλεκτούς wiedergibt (II,8). Wichtig ist dem Verfasser weiterhin, das irdische Leiden Jesu nicht seiner Gottheit zuzuschreiben, was er mit zwei Bildern (gefällter Baum, Kloake) etwas unbeholfen zu illustrieren sucht. Der Autor geht also (wie bereits seine Vorlage CPL 1759) von einer relativ undifferenzierten Zwei-Naturen-Christologie aus. Es liegt ihm dabei offenbar daran, die wahre Gottheit und die wahre Menschheit Christi zu unterscheiden, da die Gottheit die Menschheit rettet, aber das Leiden allein von der Menschheit des Inkarnierten ertragen wird (II,9). Dieses Leiden ist aber – von der Geburt bis zum Tod – „tatsächliches“ Leiden (II,10). Tatsächliches Leiden heißt allerdings nicht, dass der „ganze“ Inkarnierte im Grab lag, sondern nur sein Leib, während sich seine Gottheit hingegen im Himmel befand. Die Höllenfahrt diente dem „Triumph“ der Seele Christi und der Rettung der in der Unterwelt festgehaltenen, wegen der Sünde Adams verurteilten Seelen sowie der Überwindung des Teufels. Auffälligerweise schränkt der Verfasser dies nicht auf die Seelen der Gerechten ein. Vielmehr sind offenbar alle Seelen von Christus gerettet worden. Neben der Unterscheidung von Gottheit und Menschheit im Inkarnierten wird hier eine weitere Unterscheidung, nämlich die zwischen Seele und Leib, sichtbar, welche der Inkarnierte dann mit den übrigen Menschen teilt. Dabei wird der Leib hier wie auch später lediglich als passiv gesehen: Ihm widerfahren Leid und Bestrafungen; er hat ebenso teil an der Auferstehung (II,10. 13. 15; III,4). Der Verfasser scheint auch davon auszugehen, dass Macht allein zur [261] Überwindung des Teufels nicht ausreicht, sondern die Gerechtigkeit Christi hinzukommen muss, ohne dies genauer auszuführen (II,11). Die Äußerung über die Auferstehung ist so verstümmelt, dass sie kaum noch verständlich ist (ähnlich bereits in der Vorlage). Tod und Auferstehung scheinen demnach die wahre Menschheit und die wahre Gottheit des Inkarnier-

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ten zu demonstrieren, was mit einem Verweis auf Joh 2,19–21 belegt wird (II,12). Ebenso geht es bei der Aussage über die Himmelfahrt darum, dass Jesu Menschheit in den Himmel aufgestiegen ist, während es sich bei den „Heiligen“, die mit Christus in den Himmel schreiten, offenbar nur um deren Seelen handelt (während die Auferstehung ihrer Leiber vermutlich der allgemeinen Totenauferstehung am Ende vorbehalten bleibt). Wir erfahren allerdings hier noch nicht, wer die „Heiligen“ sind (vgl. aber unten III,3). Abgesehen davon ist auch dieser Passus offensichtlich lakunös (II,13). Bei der Erläuterung der „Rechten des Herrn“ ist es dem Verfasser wichtig, ein anthropomorphes Verständnis abzuwehren. Hier wird eine allegorische Deutung des Symbols erkennbar: Das „Sitzen“ bezieht sich auf den zu Gericht sitzenden Richter, vor dem die Angeklagten „stehen“ (II,14). Im Zusammenhang des Endgerichts geht es einerseits darum, die genaue Identität des Heilands durch Erwähnung von dessen Leib sicherzustellen, andererseits die Universalität des Urteils hervorzuheben (II,15). Die zweimalige Erwähnung der „lebensschaffenden“ Kraft des Geistes in III,1 kann auch als Reminiszenz des Bekenntnisses von Konstantinopel gelesen werden, die allerdings wohl nicht unmittelbar erfolgt, sondern – wie die Parallelen zeigen – über eine unbekannte Explanatio symboli vermittelt ist. Sie wird inhaltlich durch Verweis auf Gen 1,1 f. gefüllt: Daraus ergibt sich, dass der Geist bereits vor der Schöpfung existierte und insofern an ihr beteiligt war. Die Frage nach dem Zusammenhang von Geist und der ihm im Symbol nachfolgenden Kirche wird dahingehend beantwortet, dass er sie erleuchtet, ohne dass dies näher ausgeführt wird (III,1). Ausdrücklich ist die Kirche kein Glaubensgegenstand.143 Ihre „Heiligkeit“ wird nicht näher expliziert, ihre Katholizität hingegen konfessionell gedeutet: Die katholische Kirche ist die Institution, in der allein die Sünden vergeben werden können, im Unterschied zu den Kirchen der Häretiker (III,2).144 Die „Heiligen“, so wird nun deutlich (vgl. bereits oben II,13), [262] sind die Gläubigen, aber der Verfasser hat nicht einfach die Geretteten in toto im Blick, sondern macht bei ihnen Unterschiede nach Verdienst (III,3). Schließlich hebt er die allgemeine Auferstehung des Fleisches hervor. Zweck dieses Vorgangs ist es, „Rechenschaft für das Verhalten der Seele“ abzulegen. Offenbar ist dieses Verhalten Maßstab für die Bestrafung im Gericht. Erneut tritt hier die dichotomische Anthropologie des Verfassers ans Licht. Unscharf ist die abschließende Anspielung auf I Kor 12 und 15 (III,4). Damit bricht die Auslegung ab. Für das abschließende Kolon uitam aeternam stand dem Ver-

143 Zu älteren Vertretern dieser Vorstellung vgl. Westra 2017. 144 Diese Vorstellung findet sich bereits bei Irenäus von Lyon; vgl. Kelly 1972, S. 159 f.

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fasser ganz offensichtlich keine Auslegung mehr zur Verfügung, so dass er sich mit einer knappen Glosse begnügt (III,5).

10 Fragen Insgesamt wirft der Text zahlreiche Fragen auf. – Die erste betrifft seine Kürze. Im Unterschied zu den meisten altkirchlichen Predigten (auch über das Symbol) haben wir es hier mit einem Stichwortzettel zu tun, der in der Katechese als Gedächtnisstütze diente. Das ist allerdings keineswegs ungewöhnlich, sondern war in karolingischer Zeit (und möglicherweise bereits zuvor) eine durchaus übliche Art, über das Glaubensbekenntnis zu predigen.145 Das heißt dann methodologisch, dass wir über die tatsächliche Glaubenspredigt nur wenig wissen. – Sodann verwundert die Nachlässigkeit der Abfassung. Der Verfasser schert sich nicht darum, dass unicum im Bekenntnistext auf den „Herrn“, in der Auslegung aber auf den Sohn bezogen wird (II,3) und dass seine Vorlage ad inferos liest, während der Bekenntnistext ad inferna lautet (II,9/11). Ähnliches gilt für mortuus et sepultus in II,10: Auch hier lautet die Vorlage durch Hinzufügung von mortuus et anders als das kommentierte Symbol. Immer wieder wird auch die Vorlage verfälscht wiedergegeben und dadurch der Sinn entstellt (z. B. in I,3). Rätselhaft ist bei dem Kompilator (wie auch schon in seiner mutmaßlichen Vorlage) die Bemerkung über den Glauben der Kirche in II,8 und ganz unverständlich der verstümmelte Text über den Glauben der Patriarchen (II,13). [263] – Weiterhin ist auffällig, dass der Text auch sonst keine erkennbare Rücksicht auf seine Leserinnen und Leser nimmt. Sie werden nirgendwo in den Blick genommen, auf Paränese verzichtet der Verfasser völlig – es gibt keinerlei ethische Ermahnung; stattdessen werden „Glaubensfakten“ auf insgesamt niedrigem intellektuellem Niveau rekapituliert. – Diese der Heiligen Schrift entnommenenen „Fakten“ werden nirgends hermeneutisch problematisiert. Nur an einer einzigen Stelle (beim „Sitzen zur Rechten“) bedient sich der Verfasser der Allegorese. Ansonsten gilt offensichtlich der sensus litteralis der Schrift. – Der Text ist insgesamt auch nicht erkennbar polemisch oder apologetisch orientiert. Sieht man einmal von dem allgemeinen Verweis auf Häretiker in

145 Ähnlich kurz sind die folgenden, teilweise miteinander verwandten Auslegungen: CPL 1759, Texte 1 und 2 (Kinzig, Neue Texte, 2017), Text 8.1 (Keefe 2002, Bd. II); Texte 8, 36 (Keefe, Explanationes, 2012 und zahlreiche weitere Texte in Keefes Sammlungen).

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Glauben lernen im Mittelalter

III,2 ab, so werden konkrete Gruppen, gegen die sich der Verfasser abgrenzen würde, nicht genannt und können auch nicht erschlossen werden. Was haben die Leser (d. h. zunächst die Prediger), dann aber auch deren Hörerinnen und Hörer davon verstanden, wie sind sie mit diesen basic facts umgegangen? Wir erfahren dazu nichts. Insgesamt herrscht allerdings das Bild eines „Leistungschristentums“ vor, das stark eschatologisch ausgerichtet ist und mit seiner Gerichtserwartung unter den Rezipienten nur einen gebremsten Erlösungsoptimismus ausgelöst haben dürfte. Auch lässt der Zustand des Textes erahnen, dass die Auslegung in actu theologisch kaum differenzierter gewesen sein dürfte. Aber auch hierin unterscheidet sich der Text wenig von anderen Predigten der Zeit. Man wird sich darum im Hinblick auf die theologische Bildung der Prediger keinen Illusionen hingeben dürfen.146

Die Glaubensauslegungen des Frühmittelalters sind eine uns völlig fremde Welt, zu der es keinen leichten Zugang gibt und die auch nicht als Modelle für heutiges Predigen dienen können. Sie arbeiten mit einem Wahrheits- und Evidenzverständnis, das uns in dieser Form fraglich geworden ist – und bei näherem Hinsehen auch in der eigenen Zeit bereits zu Rückfragen (etwa im Hinblick auf die Plausibilität der Jungfrauengeburt) geführt hat. Die Beschäftigung mit diesen Texten verleiht aber unserem Nachdenken über den Glauben und seine Verkündigung eine historische Tiefendimension und vermag so dazu anzuregen, über die Formulierung der zentralen Inhalte des christlichen Bekenntnisses und ihre Weitergabe an künftige Generationen neu nachzudenken.

146 Vgl. dazu bereits Kinzig, Formation, 2019, S. 405–417 [in diesem Band S. 246–259]; ferner Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 217 f.

II Studien

What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts Abstract: In recent years, scholarship on credal texts and formulae has made much progress. In this process, the traditional view about the origin of the Roman creed in particular has come under intense scrutiny. Furthermore, recent studies have, for example, focussed on the influence of the Roman emperors on the development of the creeds and on their use in liturgy and in everyday life. Finally, many new relevant texts have been published. This paper explores to what extent these new insights have changed our overall view of the origin and history of the creeds since J. N. D. Kelly’s famous monograph Early Christian Creeds (third ed. 1972). It reaches the conclusion that it is time for a ‘New Perspective’ on the creeds.

[75]

Prologue: Creeds, Councils, and Dead Bodies It happened at the Sixth Ecumenical Council in Constantinople on the 26th of April, 681 AD.1 The heavy doors of the imperial palace opened and a solemn procession of imperial and ecclesial dignitaries, members of the council, slowly walked to the inner-court of the Bath of Zeuxippos where a large crowd had already assembled in eager anticipation. In the middle of the court a corpse had been laid out on a silver funeral bier.2 [76]

1 For what follows see Concilium Universale Constantinopolitanum Tertium, Actio XV (FaFo § 582a). 2 As regards the Baths of Zeuxippos see Guilland 1966, esp. p. 262; Stephenson/Hedlund 2016, pp. 40–42, 48–51. Note: Dr. Julia Winnebeck (Bonn) has once more made helpful suggestions and criticisms for which I am very grateful. Prof. Dr. Peter Gemeinhardt (Göttingen) saved me from making a silly mistake and kindly suggested some improvements which I very much appreciated. Dr. Matthew Robinson, Dr. Maria Louise Munkholt Christensen, Susanna Kinzig, and Anna-Maria Schumacher have carefully proofread my manuscript. https://doi.org/10.1515/9783110720945-004

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

When the procession had arrived at the bier, it came to a standstill. A herald announced in a loud voice what was now going to happen. Polychronius, a monk-priest well advanced in years, had claimed that monotheletism and monenergism were true and were, therefore, so powerful that he, Polychronius, was able to raise the corpse on the bier from the dead by means of a creed summarizing this contentious doctrine. The council fathers had decided that it was time to prove this claim in public. Polychronius placed his creed upon the corpse and whispered incomprehensibly to it for several hours. Ultimately, the officials and council fathers grew tired. Nothing remarkable had happened during their long wait; the corpse still lay stock-still where it had been placed. At long last, Polychronius straightened up and admitted, ‘I am unable to raise the corpse.’ The crowd reacted by shouting, ‘Let the new Simon [Magus] be anathema; let Polychronius, the deceiver of the people, be anathema.’3 The priest was led back into the council-chamber and was asked whether he wished to hold on to his heretical doctrines. But Polychronius did not yield an inch and persisted, ‘I believe one will and operation of the God-man and say no different.’4 So at the end of the session he was solemnly declared a fraud and a heretic and was stripped of his ministry. Like other leading monotheletes, Polychronius was ultimately exiled to Rome where he was confined to a monastery.5 What shall we make of this story? There is no evidence that the event described here is fictitious.6 Obviously, it had been prepared well in advance.7 The major purpose of the exercise was to convince the adherents of monotheletism among the populace of Constantinople and, in particular, among its monks, of the ineffectiveness of their doctrine.8 The event also suggests that there must have

3 Concilium Universale Constantinopolitanum Tertium, Actio XV (FaFo § 582a): […] ὁ αὐτὸς Πολυχρόνιος εἶπεν· Ἀδυνάτως ἔχω ἐγεῖραι τὸν νεκρόν. Ὁ οὖν παρὼν ἐκεῖσε λαὸς ἀνεβόησε λέγων· Τῷ νέῳ Σίμωνι ἀνάθεμα, Πολυχρονίῳ λαοπλάνῳ ἀνάθεμα. 4 Ibid.: Καθὼς ἔχει τὸ χαρτίον, ὅπερ ἐπιδέδωκα καὶ τέθεικα ἐπάνω τοῦ νεκροῦ, οὕτως πιστεύω ἓν θέλημα καὶ θεανδρικὴν ἐνέργειαν καὶ ἕτερόν τι οὐ λέγω. 5 See Liber pontificalis 81,14 and 82,2–3 (Duchesne 1886, 354, ll. 6–9; 359, l. 6 – 360, l. 3). 6 The authors of the relevant entry in the Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit (see below n. 9) suggest that the acts of the council may have been manipulated but do not appear to doubt the veracity of the account. 7 This becomes clear from the provision of a corpse and the presence of a large crowd which must have been gathered for this purpose. 8 The council had specifically determined that a congregation was to be gathered ‘so that the Christ-loving crowd might be assured that this is how God demonstrates the truth’. See Conci-

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been quite a considerable number of believers who considered it just possible that a creed might revive a dead corpse. As for the council [77] fathers, even if they took Polychronius’ claim for a heap of nonsense, they did not dismiss it outright, but took it seriously enough actually to prove that it was unfounded. Despite its many curious features, not much has been written about this strange event.9 J. N. D. Kelly’s magisterial monograph Early Christian Creeds,10 for example, contains no reference to Polychronius, nor indeed to the council as a whole. I suggest that this is typical of the way the creeds have been studied in the past. In what follows, I want first to uncover some deficiencies of previous scholarship on the creeds by looking somewhat more closely at Kelly’s classic account. Secondly, I will outline some areas where scholars in the last decades have moved beyond Kelly. Thirdly, I will briefly describe some problems that, in my view, require further study if we want to arrive at a new perspective on the creeds. Nevertheless, in recent years research on the creeds has gone out of fashion; in the final section of my paper I will, therefore, discuss some of the reasons for this lack of interest.

I Kelly’s Early Christian Creeds Since its first publication in 1950 and, even more so, since the publication of its third edition in 1972, Kelly’s monograph on Early Christian Creeds has been enormously influential. It was translated into Italian, Spanish, Japanese, and German, and generations of students of theology have learned from it the essentials concerning the history of these fundamental texts of the Christian Church. Not too long ago, Mark Edwards and Markus Vinzent remarked with regard to this book, that ‘it still represents the benchmark of what is being taught and examined around the globe’.11 Kelly’s talent lay in synthesizing the results of decades of research into a summary account that was succinct and easily understandable. In his obituary of the late Principal of St Edmund Hall in Oxford, his friend John Cowdrey characterized Kelly’s scholarship as follows:

lium Universale Constantinopolitanum Tertium, Actio XV (FaFo § 582a): […] εἰς τὸ πληροφορηθῆναι τὸν φιλόχριστον λαὸν τὸ ὅπως ὁ θεὸς τὴν ἀλήθειαν ἀποδείκνυσι. 9 See esp. Hefele/Leclercq 1909, p. 506; Murphy/Sherwood, 1990, pp. 240, 256 f., 295; PMBZ I/4 (2001), pp. 17–19 (# 6318; with further literature); Rudolf Riedinger in: ACO2 II, XVII–XVIII; Hovorun 2008, pp. 90 f.; FaFo § 582a (literature). For text and translation see FaFo § 582a. 10 Kelly 1972. 11 Edwards/Vinzent 2013, p. 44.

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

Kelly did not possess creative originality as a thinker after anything like the model of his friend and contemporary Austin Farrer, nor had he a capacity for making new departures in systematic or speculative theology. His forte was the exploration and [78] exposition of the thought and activities of the towering personalities of the past. This is not to say that his work was unoriginal. He had a sure touch in searching out evidence and in placing a considered and fresh interpretation upon it. In all that he wrote, in whatever genre, his work was in the best sense authoritative: it carried conviction by its intrinsic qualities of perception and judgement.12

Kelly’s book is indeed authoritative, as far as it goes: its author describes very lucidly the creed’s origin as a genre and its composition and use at synods and in worship until the early Middle Ages. Given the complexities of doctrinal developments in that period, this is a great achievement. But Kelly also had a view of the history of the creeds which was far too traditionalist and monolithic. In a way, he conceptualized this history from its end. He was primarily interested in those creeds which, as it were, carried the day: the Creed of Constantinople (in what follows: C) and the Apostles’ Creed (T) and their precursors. He described credal history in such a way that it led by necessity to the formation of these specific formulae. Kelly’s history was thus clearly teleological. This approach entailed some, as it were, collateral damage: Kelly, for example, never studied the reasons as to when and why the Nicene Creed (N) ultimately vanished, once C had appeared on the scene at the Council of Chalcedon in 451 AD. Instead, he categorically stated that, after Chalcedon, the creed of the 150 fathers (C) was the baptismal creed of Constantinople, although the sources which he quotes (the Encyclical by the Monophysite Emperor Basiliscus13 and Zeno’s Henoticon14) by no means bear out this claim. On the contrary, the so-called Canon 7 of the Council of Ephesus (431 AD)15 had even expressly forbidden to compose another creed. In addition, Theodore the Reader in a famous, albeit slightly puzzling remark claimed that in 511 AD Patriarch Timothy of Constantinople had introduced ‘the symbol of faith of the 318 fathers’ into mass which, before, had only been recited once a year during the bishop’s catechesis on Good Friday. This would have been N and not C.16 In fact, one has to consider N and C in close correlation. In synodal and imperial pronouncements in and after Chalcedon C was always considered a

12 Cowdrey 1999, p. 426. 13 FaFo § 548. 14 FaFo § 550. 15 FaFo § 568e. 16 Theodore the Reader, Historia ecclesiastica, Epit. 501 (FaFo § 685b). For discussion of this passage see the literature quoted in § 685.

I Kelly’s Early Christian Creeds

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‘confirmation’ or ‘ratification’ of N and was, therefore, not even called a ‘creed’ (or a ‘symbol of faith’).17 Only much later things gradually began to [79] change: at the aforementioned Sixth Ecumenical Council in 680/1 AD, C was declared another ‘exposition of faith’, on a par with N,18 until at the Seventh Ecumenical Council (the Second Council of Nicaea, 787 AD) N was only vaguely referred to and ultimately only C was quoted as the creed of the synod.19 Yet in the same declaration the council fathers referred implicitly to Canon 7 of Ephesus by claiming that they had ‘nothing taken away, nothing added, but always preserved inviolate the doctrines of the catholic Church’,20 although clearly by now N had been taken away. Likewise, the creed which was used in the eastern liturgies such as those of St James, St Basil, and St John Chrysostom, was that of Constantinople, not that of Nicaea.21 Kelly saw ‘nothing surprising or out of the ordinary’ in this development. ‘We should’, he wrote, ‘in any case have expected C eventually to oust all other creeds in the East’,22 because ‘its smooth-

17 Synods: Council of Chalcedon (451), Definition of Faith (Actio V, 30–34; FaFo § 215): Here only N is called an ἔκθεσις τῆς πίστεως and a σύμβολον (31). The latter term later appears again but now appears to designate both N and C (34). There is similar evidence from later councils: Synod endemousa of Constantinople in 518 (FaFo § 574); Third Council of Constantinople (680/1), Definition of faith (Actio XVIII; § 242c). Emperors: Basiliscus, Encyclical (§ 548); Zeno, Henoticon 5 (§ 550); Justinian, Epistula ad Epiphanium Archiepiscopum Constantinopolitanum 11 (§ 554); id., Edictum rectae fidei 16 (§ 556); id., Instruction to the Council of Constantinople (553) 1 (§ 557); Justin II, Edictum primum de fide (§ 558). In addition, see Martyrius of Jerusalem in Pseudo-Zachariah Rhetor, Historia ecclesiastica 5,6c (§ 217), Chapters of the Egyptian clergy (§ 219); Letter of Monophysite bishops to Emperor Justinian (§ 222); Sophronius of Jerusalem, Epistula Synodica ad Sergium Constantinopolitanum 2,5,2 (§ 235b). 18 See ACO2 II, 770, ll. 5–35 (Actio XVIII). Here each creed is called an ἔκθεσις πίστεως. See, however, also the (more traditional) titles of the Latin versions of C in Actio XVII and XVIII; see ibid., 716, l. 12 (Actio XVII, Collectio Hispana): Item et CL sanctorum Patrum Constantinopoli congregatorum and 717, l. 15 (Actio XVII) = 771, l. 20 (Actio XVIII): Et centum quinquaginta sanctorum patrum Constantinopolim congregatorum. Cod. L reads in the second instance: Symbolum CL patrum in Constantinopolim congregatorum and Symbolum Constantinopolim CL sanctorum patrum respectively. See also FaFo §§ 135d42 f. 19 See ACO2 III/3, 822, ll. 16–19 (Actio VII): Καὶ ἑπόμενοι ταῖς ἁγίαις οἰκουμενικαῖς ἓξ συνόδοις, πρῶτα μὲν τῇ ἐν τῇ λαμπρᾷ Νικαέων μητροπόλει συναθροισθείσῃ, ἔτι γε μὴν καὶ τῇ μετ’ αὐτὴν ἐν τῇ θεοφυλάκτῳ καὶ βασιλίδι πόλει, „πιστεύομεν […]“ etc. 20 ACO2 III/3, 822, ll. 14–16: Μετὰ πάσης τοίνυν ἀκριβείας ἐρευνήσαντές τε καὶ διασκεψάμενοι καὶ τῷ σκοπῷ τῆς ἀληθείας ἀκολουθήσαντες οὐδὲν ἀφαιροῦμεν, οὐδὲν προστίθεμεν, ἀλλὰ πάντα τὰ τῆς καθολικῆς ἐκκλησίας ἀμείωτα διαφυλάττομεν […]. 21 See FaFo §§ 693 (Liturgy of St James); 694b (Liturgy of St Basil and of St Chrysostom – here, unfortunately, the text of the creed is missing, but see, Brightman 1896 (1965), 383, ll. 7– 25) and FaFo, vol. I, p. 518. As to the thorny question when this happened see Kinzig, Neue Texte, 2017, pp. 311–327 (= Kinzig 2007, pp. 229–246 (English version)). 22 Kelly 1972, p. 346.

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

flowing style and balanced theological content marked it out for liturgical use’.23 Similarly, when, ultimately, the creed was to be included in the eucharistic liturgy, it was C ‘with its majestic phrases and stately rhythm’ [80] which ‘seemed almost pre-ordained for the role’.24 Here Kelly’s teleological view of this development is palpable. But things were more complicated: N was not so easily ousted everywhere. Kelly himself had to concede that his comprehensive claim was by no means borne out by the available evidence: ‘A few communities detached from the central stream of Orthodoxy, such as the Jacobite church of Syria, and the Nestorian, Armenian and Abyssinian churches, continue to employ creeds marked with traits drawn from N.’ Yet this did not prevent him from stating that ‘broadly speaking, C, to all intents and purposes in its original form, has enjoyed a monopoly of baptism since the sixth century’.25 Kelly failed to mention that we also have a number of Greek and Coptic inscriptions, papyri, wooden tablets, and ostraca down to at least the seventh century which attest to a continuous use of N and not of C.26 It even seems that in one instance N forms part of a eucharistic liturgy.27 Even in the west there are traces of a continuous interest [81] in N until well beyond the Carolingian age.28 Thus an unknown author

23 Ibid. p. 344. 24 Ibid. p. 348. 25 Ibid. p. 345. 26 See FaFo § 135c note (vol. I, 292 f.). Additional evidence: Inscription on the wall of an anchorite’s grotto in Faras, Nubia; see Griffith 1927, pp. 82, 84–86; Sanzo 2014, pp. 77 f. (no. 1); Van der Vliet 2017, pp. 160 f. Papyrus: P.Mon.Epiph. 43 (Memnoneia-Djerne (Thebes west), Sheikh Abd el-Gurna, Monastery of Epiphanios, s. VII), Crum/Evelyn-White 1926, pp. 8 (Coptic), 160 (translation); see Mihálykó 2019, p. 118 and n. 108 and database: http://www.trismegis tos.org/ldab/text.php?quick=112546 (08. 11. 2019; however, due to the fragmentary state of the papyrus it is unclear whether the text is actually N). Wooden tablet: O. Deir el-Bahari 16 (Thebes, Deir el-Bahari, s. VI–VII), ed. Delattre 2001, pp. 7 f.; see Mihálykó, 2019, p. 143 n. 235 and database: http://www.trismegistos.org/ldab/text.php?tm=68649 (08. 11. 2019). Ostraca: Berlin, Staatliche Museen, P. 20892 (Thebes?, s. VI–VII), ed. Delattre 2011; see Mihálykó 2019, p. 143 n. 235 and database: http://www.trismegistos.org/ldab/text.php?tm= 140550 (08. 11. 2019). O. Crum ST 15 (Thebes?, s. VI–VIII), ed. Crum 1921, p. 5 (no. 15); see Quecke 1970, 321; Mihálykó 2019, p. 143 n. 235. Databases: http://www.trismegistos.org/ldab/text.php?tm= 111154; http:// litpap.info/dclp/111154 (08. 11. 2019). 27 Brigham Young University Collection of Coptic Fragments, no. 90 (Upper Egypt; s. V–VI), published in: Macomber 1993, pp. 98–103. See also A. T. Mihálykó 2019, pp. 59, 143 n. 235, 221 and database: http://www.trismegistos.org/ldab/text.php?tm=108862 (08. 11. 2019). 28 See Keefe, Catalogue, 2012, nos. 51 (=CPL 1746; s. V in.), 142 (=CPL 1745; 350–400 AD), 201 (=CPL 551), 215 (=CPL 171; s. V–VI), 345 (s. VIII–IX). In addition, see the later Latin versions of N that do not stem from translations of synodal collections or from writings of the Greek fathers: FaFo § 135d32, 38, 44, 45.

I Kelly’s Early Christian Creeds

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(Pseudo-Amalarius of Metz), writing to Charlemagne, claimed that the ‘faith of the Nicene Council of the 318 fathers’ was binding for him and went on to quote N, ignoring C.29 Likewise, in a handbook for missionaries or catechists which was composed in Passau at around 850 AD (cod. Munich, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 19410, pp. 3–4), it is N and not C which the addressees are supposed to learn.30 Finally, in a brief history of the creeds Meinhard of Bamberg, who in 1085 was to become bishop of Würzburg, mentions (after the Apostles’ Creed) both N and C as distinct creeds and calls N a mitissima et saluberrima fidei expositio which had been ‘accepted and preserved with due reverence throughout the entire world’.31 So although C replaced N at synods and in the Roman baptismal liturgy, N continued to be used and commented upon for some centuries. There are other deficiencies in Kelly’s book. Thorough Anglican that he was, Kelly was particularly interested in the use of the creeds at synods and in liturgy and had much to say on both accounts. Yet he failed to see that the history of these formulae was determined by additional factors as well and that, conversely, it influenced other areas of Christian thought and life. Here I will mention only two of these areas: First, Kelly largely ignored the far-reaching legal implications which the formation of credal formulae at synods involved.32 He did recognize that the [82] Sitz im Leben of the creeds changed in the fourth century as a result of their increasingly synodal character. Thus he claimed that, as opposed to earlier confessions and rules of faith, the new synodal creeds of the fourth century served as a ‘test for orthodoxy’. At the same time, the Nicene Creed was ‘the first formula to be published by an ecumenical synod: consequently, it was the first which could claim universal authority in a legal sense.’33 In other words, Kelly described the legal character of creeds only in relation to their ecumenici-

29 See Pseudo-Amalarius, Epistula ad Carolum imperatorem 6 (Keefe 2002, vol. II, p. 544, ll. 15 f.; see Hanssens 1950, p. 270, ll. 10–2): Sicut inferius scriptum tenetur exemplum fidei niceni concilii trecentorum decem et octo patrum. Here follows N: see FaFo § 135d38. 30 See FaFo § 135d45. 31 See Caspari 1883, p. 260: Post hanc mitissimam et saluberrimam fidei expositionem […]. Ibid: Cum ergo haec diffinitio fidei a patribus Nicaeni concilii diuinitus inspiratis edita fuisset, debita reuerentia et accepta et seruata est per totum orbem Christianum […]. See also FaFo § 135d46. The attribution to Meginhard of Fulda has been disproved; see URL and (08. 11. 2019). 32 In general, not much has been published about the legal character of creeds. See, however, Riedl, Rechtsverbindlichkeit, 2004, pp. 341–367. 33 Kelly 1972, pp. 206 f.

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ty. It was only by virtue of being ecumenical that they served as a ‘test of orthodoxy’. This seems, however, clearly to underplay what was really happening. For at Nicaea alternative formularies like those of the Arians were literally torn to pieces, because they were considered heretical.34 What’s more, the bishops were, for the first time,35 required to subscribe by their own hand to a fixed formula, setting out the orthodox faith and cursing those holding deviant opinions. In describing the events at Nicaea in his famous book Kaisergericht und Bischofsgericht, Klaus Girardet for once did not follow Eusebius’ flowery summary, but Philostorgius’ much harsher account: ‘The union [between the quarreling bishops] was easily achieved by means of a brusque procedure: the revised or rewritten creed of Eusebius was presented by a high official (Philumenos), probably the magister officiorum, to the bishops for signature with the proviso that whoever refused his consent would have to go into exile.’36 This is a long cry from Kelly’s description of what happened at Nicaea according to which Constantine gently persuaded the Fathers to accept the homoousios37 [83] and N subsequently received its ‘universal authority in a legal sense’, because it was ‘published by an ecumenical synod’.38 So how did the Nicene Creed come about? By the Church’s triumphant proclamation of orthodoxy or by the emperor’s bullying and intimidation? And what was the significance of N as a legal text within the context of the development of both ecclesiastical and secular law? In this respect, Kelly took no notice of earlier scholarship by historians and legal historians such as Artur Stein-

34 See Eusebius, Epistula ad ecclesiam Caesariensem (FaFo § 135b1); id., Vita Constantini 3,14 (FaFo § 135b2); Theodoret, Historia ecclesiastica 1,7,14–15 (FaFo § 135a1); ibid. 1,8,1–3 (FaFo § 135a2). 35 It is unclear whether already at the Council of Antioch in 324/5 bishops had been asked to sign a creed, provided that this council actually took place and is no later invention. For discussion see the literature in FaFo § 133. 36 Girardet 1975, pp. 49 f.: ‘Die Einigung war durch ein rüdes Verfahren leicht erzielt: das umgearbeitete bzw. neugefaßte Bekenntnis des Eusebius wurde den Bischöfen reihum von einem hohen Beamten (Philumenos), wohl dem magister officiorum, zur Unterzeichnung vorgelegt – mit der Maßgabe, daß, wer die Zustimmung verweigere, in die Verbannung gehen müsse.’ Girardet refers to Philostorgius, Historia ecclesiastica 1,9a,4–6 (Bidez/Winkelmann 1981), 10, ll. 16–29 = Bleckmann/Stein 2015, vol. I, 164, ll. 14–28). The account forms part of an anonymous Vita Constantini (BHG 365); the provenance of its information from Philostorgius is not beyond doubt; see Bleckmann/Stein 2015, vol. II, pp. 29–33. 37 See Kelly 1972, pp. 250, 253 f. 38 See above n. 33.

I Kelly’s Early Christian Creeds

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wenter,39 Biondo Biondi,40 Hans Ulrich Instinsky,41 and Jean Gaudemet,42 detailing the influence of Roman law and Roman institutions such as the senate or the emperor’s consilium on the development of synods. In recent studies, including those of Girardet, this problem has been discussed at some length especially by historians.43 Furthermore, what was the purpose of prescribing a particular type of trinitarian faith or even a particular creed in an imperial law, as was done from Theodosius I onwards?44 Why did emperors (or their advisers) such as Justinian later even compose their own creeds and insert them in laws? [84] No mention is made by Kelly of any of these texts which fit none of the traditional categories.45 The second area for which Kelly showed little interest was that of religious education and of social history. The evidence available to us suggests that creeds were also carriers of religious knowledge and served to structure Christian daily life, thus helping to cope with difficulties which Christians were facing on a day-to-day basis. For example, in his famous letter to Gerbald of Liège Charlemagne mentions that at Epiphany he attended a baptismal service during which the parents of the infants who were to be baptized were unable to recite the Lord’s Prayer or the creed. The emperor was outraged by this lack of even a minimum knowledge of the Christian religion and decreed that these two texts were to be memorized by all his Christian subjects.46 Kelly does mention this letter,47 but he quotes it in the course of discussing the ultimate version of the Apostles’ Creed. Yet he has little to say about the creed as one of only very few tools for imparting religious knowledge to the Christian populace. This particular perspective had far-reaching consequences. In his praise of the theological content of the

39 See Steinwenter 1934, pp. 1–116. 40 See Biondi 1952–1954, esp. vol. I, pp. 253–357; vol. II, pp. 359–374. 41 See Instinsky 1955. 42 See Gaudemet 1957, esp. pp. 135–148; Gaudemet 1958, esp. pp. 593–623. 43 See e.g. Millar 1977, pp. 594–599; Barnes 1981, pp. 208–223; Drake 2000 (2002), pp. 250– 257; Girardet 2010, pp. 140–147; Barnes 2011, pp. 120–126; Potter 2013, pp. 233–238; Girardet 2015, esp. pp. 435–447, and others. Furthermore Ritter 1995, pp. 36–57; Ulrich 2004, pp. 152– 159; Pietras 2016; Smith 2018, pp. 7–13. As regards the problem of the Nicene canons see Ohme 1998, pp. 352–378. 44 See Kinzig 2016, pp. 621–642 [in this volume pp. 208–226]. 45 See Markschies 2013, pp. 259–271; FaFo, vol. I, pp. 20 f. For discussion regarding the appropriateness of the credal categories see recently also Radde-Gallwitz 2016, pp. 465–490. 46 See Charlemagne, Epistola de oratione dominica et symbolo discendis (FaFo § 731). 47 See Kelly 1972, p. 423.

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

creeds Kelly failed to see that in comparison to the biblical evidence, this content was skewed: it largely comprised trinitarian doctrine. By contrast, in the Apostles’ Creed Christ’s saving work was nowhere explicitly mentioned, and in the Creed of Constantinople only in a rather enigmatic shorthand (‘who because of us humans and because of our salvation descended from the heavens’; ‘was crucified for us’). This observation applies all the more to Christian ethics which in the creeds was (and is) missing in its entirety. Therefore, the view which is often found in late-antique western sources according to which the Apostles’ Creed should be considered a comprehensive summary of the Christian faith48 is highly problematic. The particular theological focus of T and C and their widespread reception as part of the baptismal liturgy and of the eucharist in Late Antiquity and the Early Middle Ages entailed a considerable loss of religious knowledge, in particular within the realm of soteriology and of Christian ethics. When knowledge of these two texts was considered sufficient for every Christian, then even central biblical texts became largely dispensable and were, in fact, also dispensed with. The most striking examples are the Ten Commandments and the Double Commandment of Love which to our [85] best knowledge played no major role in Christian catechesis in the Latin west until the High Middle Ages.49 Conversely, the creed took on an unexpected and unprecedented role in the daily life of worshippers. It was to be recited several times a day.50 Its sanctity, which was enhanced by the solemn revelation of its content at the traditio symboli, was considered so great that, as we have seen in the case of Polychronius, it also served apotropaic and magical purposes: it repelled the devil from the believer’s soul, it protected travellers during long journeys, it increased the effect of medicinal herbs when recited during their collection,51 and, who knows, it might even revive the dead. A number of papyrus fragments have come down to us from fifth- or sixth-century Egypt which combine confessions with prayers for the cure from disease.52 They were probably carried in small containers around the neck or fastened at doorposts and served as apotropaic amulets, just like Jewish mezuzot.53 None of this information can be found in Kelly’s book although much of it had already been known by the time he wrote it.

48 See the references cited in FaFo, vol. I, 6 n. 25 and Kinzig, Symbolum, 2021, Sp. 390. 49 See Kinzig, Ethik, 2019, p. 48 and n. 65 [in this volume pp. 279–280 and n. 64]. 50 See Kinzig, Formation, 2019, p. 394 [in this volume pp. 233]; Kinzig, Symbolum, 2021, Sp. 389. 51 Details in Kinzig 2018, pp. 9–13 [in this volume pp. 293–296]. 52 Examples in FaFo § 653. 53 See, in general, Bendlin 2006. For the west see also Filotas 2005, pp. 252–256. For mezuzot see Rabinowitz 2007.

II Moving beyond Kelly

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II Moving beyond Kelly Having shown some of the deficiencies of Kelly’s work, it might be useful to give some indication as to what progress the study of the creed has made over the last fifty years or so.54 Credal research is particularly satisfying, because here actual discoveries of new texts can still be made. Since 1972 a large number of important monographs and articles by eminent scholars have been published which deal with the history of doctrine in the Early Church. Most recently, the history of the councils as institutions for negotiating doctrinal [86] controversy has received fresh attention. Here it may suffice to mention some of those who have made major contributions to the study of credal production in this period. One discussion, led by the late Luise Abramowski, Reinhart Staats, Adolf Martin Ritter, and Volker Drecoll, centred on the origin of the Creed of Constantinople,55 a problem to which I will return below. Subsequently, Christoph Markschies, Markus Vinzent, and I myself have tried to show that the prehistory of the creeds in the first three centuries needs to be largely rewritten.56 In fact, these authors argued that we can only now even speak of a prehistory, as there may have been no declaratory creeds before the fourth century. Markschies showed that the reconstructions of the Traditio Apostolica which Gregory Dix and Bernard Botte had proposed were based on unsound methodological assumptions and could, therefore, no longer be used for credal research, as Kelly and others had assumed. I myself suggested that it is possible at least partly to reconstruct the interrogatory creeds of the late second and early third centuries both for northern Africa and for Rome, without falling back on the Traditio. Finally, Markus Vinzent explained how specific doctrinal developments at the beginning of the fourth century fairly suddenly led to the formulation and evolution of synodal creeds. Vinzent also claimed that the Roman Creed (R), the ancestor of T, did not predate the fourth century and probably originated in the letter which Marcellus of Ancyra sent to Julius of Rome in 340 or 341 AD.57 According to Vinzent, the creed which Marcellus had formulated in this letter (possibly using earlier baptismal questions) was partly adopted by a synod in Rome and quickly spread from there to other parts of the Latin Roman empire. At the invitation of the late

54 The then status quaestionis with regard to the Apostles’ Creed was summarized by Vokes 1978. It was largely based on Kelly. 55 Abramowski, Formula, 1992; Abramowski, Nicaeno-Constantinopolitanum, 1992, pp. 481– 513; Ritter 1993; Drecoll 1996; Staats 1999). See already Ritter’s seminal monograph on the Council of Constantinople: Ritter 1965. 56 Kinzig/Markschies/Vinzent 1999. 57 See FaFo § 253.

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

Maurice F. Wiles, in 1999 Vinzent and I synthesized our findings in a brief article in the centenary edition of the Journal of Theological Studies.58 These theses [87] by Markschies, Vinzent, and myself triggered an extensive scholarly discussion and were ultimately largely accepted.59 Some years later, Vinzent also summarized the history of research with regard to the Apostles’ Creed in an extensive monograph.60 Among the few who disagreed were Martien Parmentier and Gerard Rouwhorst. They questioned Vinzent’s view that the Roman Creed was, in reality, a product of Marcellus of Ancyra, partly because of the wide distribution of variants of R throughout the west.61 More recently, Uta Heil suggested that Marcellus quotes a creed composed by the Roman synod and not vice versa.62 By contrast, following in the footsteps of his teachers Parmentier and Rouwhorst, Liuwe H. Westra has remained an advocate of the traditional view with regard to an early date of R and to its subsequent development. In his doctoral dissertation of 2002 Westra presented a large-scale reconstruction of the origin of this text.63 He defended Kelly’s old explanation that the Roman Creed had, by and large, come into existence in the early third century.64 At the same time, Westra offered a fresh line of research by exploring the question concerning to what extent the descendants of the Roman Creed since the fourth century may be explained as regional variants. In addition, he edited a number of important explanations of the creed either for the first time or in improved versions. Thus the later history of the Roman creed and its variants throughout the Latin west and the way in which they were expounded and used came into focus. Their study received a further important stimulus by the work of the late Susan Keefe. In a seminal monograph she provided a new basis for research into the baptismal liturgy of the Carolingian age in editing a large number of

58 Kinzig/Vinzent 1999. 59 Reviews: Journal of Theological Studies 50 (1999), pp. 768 f. (Paul F. Bradshaw); Recherches de Science Religieuse 73 (1999), pp. 471–473 (Pierre Vallin); Theologische Literaturzeitung 125 (2000), pp. 772–778 (Volker Henning Drecoll); Journal of Ecclesiastical History 51 (2000), pp. 119 f. (Winrich Löhr); Revue de Droit Canonique 50 (2000), pp. 209 f. (Marcel Metzger); Zeitschrift für Kirchengeschichte 112 (2001), pp. 104–107 (Peter Gemeinhardt); Theologische Revue 97 (2001), p. 390 (Christian Uhrig); Revue d’Histoire Ecclesiastique 96 (2001), pp. 585 f. (Jean-Marie Auwers). See also the extensive review article by Parmentier/Rouwhorst 2001. 60 Vinzent 2006. 61 Parmentier/Rouwhorst 2001. 62 Heil 2010. 63 Westra 2002. 64 See my short review in: Journal of Ecclesiastical History 56 (2005), pp. 548 f. and Vinzent’s extensive discussion in Vinzent 2006, pp. 360–394.

II Moving beyond Kelly

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relevant sources and synthesizing the data culled from these new texts.65 In addition, shortly before her premature death in 2012, she completed two fundamental works dealing with the history of the Apostles’ Creed in the Early Middle [88] Ages: a catalogue of Carolingian manuscripts containing credal collections66 and an edition of explanations of the creed culled from these manuscripts which previous scholars had partly or totally neglected.67 Furthermore, two books should be mentioned which placed a particular emphasis on theological questions relating to the confessions of faith. Frances Young’s The Making of the Creeds, first published in 1991, has meanwhile become a classic in its own right. Young was interested in the theological motives which led to the formulation of the individual clauses of the creed rather than in the overall texts as a literary genre.68 Furthermore, Gerda Riedl, in her doctoral dissertation of 2004, suggested a new methodological approach which she called ‘systematic-generative’ (as opposed to ‘historical-genetic’). In its scholarly thrust, her work was, ultimately, not very different from Young’s monograph, but opened up additional perspectives on the driving theological principles behind the composition of creeds.69 Simultaneously, studies were published which dealt with one particular problem of credal history and, indeed, of ecumenism in general, i.e. the controversy over the filioque. The ground-breaking monographs by Bernd Oberdorfer and Peter Gemeinhardt have in many respects modified our traditional view of this controversy and have provided all future ecumenical debate with a sound historical basis.70 Most recently, Gemeinhardt has produced two additional substantial contributions. In the first he concentrates on two major clauses of the creed, i.e. Christ’s descent to hell and his ascension.71 In the second he shows that the history of the Apostles’ Creed is neither unilinear nor characterized by a steady decline, as earlier scholars had suggested, but by significant transformations, a [89] confusing plurality of texts, and also sheer happenstance.72 In a remarkable study published in 2018 Mark S. Smith has followed a similar path, but

65 Keefe 2002. 66 Keefe, Catalogue, 2012. 67 Keefe, Explanationes, 2012. 68 Young 1991. A similar approach was taken more recently in Ashwin-Siejkowski 2009. 69 Riedl, Grundstrukturen, 2004. 70 Oberdorfer 2001; Gemeinhardt 2002. – By contrast, the book by Siecienski 2010 offers few new insights. Cf. the review by Peter Gemeinhardt in the Theologische Literaturzeitung 137 (2012), pp. 69–71. 71 Gemeinhardt 2019. 72 Gemeinhardt 2020.

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What’s in a Creed? A New Perspective on Old Texts

with regard to the Nicene Creed whose reception (and transformation) he has traced until the Council of Chalcedon.73 In my own research I have in recent years also concentrated on the history of the creed in the west, in particular with regard to religious instruction and preaching and on legal and liturgical aspects. In addition, I have also published a series of new relevant source texts.74 Finally, I have tried to present the great variety of the sources in the original languages and in English translation in my collection Faith in Formulae which was compiled with the assistance of Christopher Hays and which appeared in 2017.75

III Puzzling over the Creeds In the near future I hope to be able, in a monograph summarizing the history of the creeds, to offer a fresh look at some puzzles that have remained unresolved. Here I briefly name but four: First, where does the so-called Roman Creed come from? Is it indeed largely a product of Marcellus of Ancyra, as Markus Vinzent and I have claimed some time ago? Or does it have a much longer history, perhaps leading back to the late second or early third centuries as earlier scholars had suggested? Their assumption had largely been based on the evidence of the Apostolic Tradition, but, as I have tried to show above, these grounds had become shaky by the time Markus Vinzent and I published the results of our research. I still think that, by and large, our conclusions with regard to the baptismal questions in the pre-Constantinian Church and the development of the creed in the fourth century remain valid. In one respect, however, I have become more sceptical. Although previously I tended to agree with Vinzent regarding the origin of R, I now think that even without the Traditio Apostolica there is sufficient evidence to show that already in the early third century a declaratory creed largely resembling R existed. Yet it did not originate in Rome, but, more probably, in northern Africa [90] whence it was adopted in the capital. In addition, Alessandro Bausi has discovered a new Ethiopic witness of the Apostolic Tradition which contains a version of the creed known to us already from the Latin version of this work.76

73 Smith 2018. 74 See esp. Kinzig 2016 [in this volume pp. 208–226]; Kinzig, Neue Texte, 2017; Kinzig 2018 [in this volume pp. 286–307]; Kinzig, Formation, 2019 [in this volume pp. 227–262]; Kinzig, Ethik, 2019 [in this volume pp. 263–285]; Kinzig, Verpflichtungserklärung, 2019, 1–37 [in this volume pp. 53–90]; Kinzig 2020 [in this volume pp. 91–116]; Kinzig, Symbolum, 2021. 75 See Kinzig, Faith, 2017. 76 See FaFo § 89c where Bausi’s publications are quoted.

III Puzzling over the Creeds

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This raises new questions and suggests that credal developments in the capital were more complicated than has hitherto been assumed.77 Secondly, why is it often assumed that by the fourth century declaratory baptismal creeds were being used all over the empire? To quote Kelly again: ‘Later, in the third century, with the elaboration of the catechumenate and of the baptismal rite itself, declaratory creeds were introduced and speedily became regular.’78 However, as regards the west at least until the 350s AD declaratory creeds (as opposed to baptismal interrogations) were by no means common – indeed, a remark by Hilary of Poitiers suggests the exact opposite to be true at least in Gaul, Germany, and Britain.79 It is precisely at this point that we have, for Rome, first evidence for the liturgical custom of traditio and redditio symboli, i.e. the formal ‘handing over’ and ‘handing back’ (recital) of the creed which required a fixed formula. This custom may have been introduced there in the 340s AD by bishop Julius, but details have so far remained unclear and have received little scholarly attention.80 Both R and its liturgical setting subsequently spread to other western dioceses such as Milan, Aquileia, and northern Africa where both were adapted to local circumstances.81 As regards the east, the situation is even more blurred. Contrary to what Kelly claimed,82 it is by no means certain that the creed which Eusebius included in the letter to his diocese is indeed the baptismal creed of Caesarea. Clear evidence of a παράδοσις πίστεως is not found until the 370s AD except for Jerusalem where the Catecheses of Cyril attest this custom already in the late 340s AD.83 The lack of other homilies on the creed in the eastern part of the empire until at least the late 370s AD84 is quite surprising and not easily explained, if declaratory creeds were indeed widely used at baptism. Even John Chrysostom, verbose as he is in other respects, does not tell us precisely which credal formula was recited in his congregations in Antioch or Constantinople.85 [91] In addition, no liturgical order for the use of the creed during the catechumenate or at baptism (except for the rather enigmatic Apostolic Constitutions)86 has come down to us. 77 See Kinzig, Neue Texte, 2017, pp. 269–291; Kinzig 2022 (sub prelo) = below pp. 161–188 (German version). 78 Kelly 1972, p. 193. 79 See FaFo, vol. I, 11–2 and § 151d1. 80 See, however, Vinzent 1999, pp. 383–406. 81 See Kinzig, Formation, 2019, pp. 392–394 [in this volume pp. 230–234]. 82 See Kelly 1972, pp. 181–183. 83 See Kinzig, Symbolum, 2021, Sp. 387. 84 See FaFo § 180 and the list in Kinzig, Neue Texte, 2017, p. 363. 85 See FaFo § 189. In Catechesis baptismalis 3/1, 20–21 he seems only to summarize the credal content after the manner of the rule of faith. 86 See FaFo § 182c.

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Thirdly, although over the last decades considerable progress has been made, the origin of C still requires further discussion. I think that by now it can be safely ruled out that C goes back to a baptismal creed which is independent from N, but has to be seen as some form of revision of N. In addition, the synods at Rome in 377/8 AD and at Antioch in 379 AD seem to have played a major role in this revision. But the precise course of events before and at the Council of Constantinople is still controversial. A fourth problem, closely related to the third one, concerns the famous gap of attestation of C between the Second and Fourth Ecumenical Council. As is well known, the presidents of the gathering at Chalcedon conjured up the creed almost like a rabbit from a hat at the third session whence it was subsequently inserted in the Definition of Faith of that council. Why is C, if at all, only rarely attested between Constantinople and Chalcedon? Previous scholarship, including Kelly, tried to solve this conundrum by claiming that when the fathers spoke of the ‘faith of Nicaea’ they could, in fact, refer to C, since what was meant was not a specific formula but a specific theological content. It is a circumstance of immense significance, [Kelly wrote,] that, from the time of Constantinople and probably before it, and also after Chalcedon, the description “the faith of Nicaea”, or “the faith, symbol or ekthesis of the 318 fathers”, was not necessarily applied solely to N in its pure, authentic form. It could equally well be used of a creed, local or otherwise, which was patently Nicene in its general character, while differing from N in much of its language.87

Here, I think, Kelly is partly mistaken. He is right in saying that when they spoke of the ‘faith of Nicaea’ the Fathers did not necessarily refer to the exact formula that was adopted in Nicaea. However, the number of possible variations and additions to the original version was limited, if a creed was still to be called ‘Nicene’, and even minor additions led to considerable controversy, as the adoption of Canon 7 at Ephesus demonstrates. In any case, C as it has come down to us no longer qualified as ‘Creed of Nicaea’ and, as we have seen before, when quoted was not even called a ‘creed’ or a ‘symbol of faith’.

IV Creeds in Crisis I have tried to indicate how credal research has branched out since Kelly’s book and now also includes aspects of legal, institutional, and social history, and of popular piety. In addition, I have outlined some problems that in my [92] view

87 Kelly 1972, p. 323.

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remain unresolved. Given this situation, it may come as a surprise that over the last twenty years or so, research into the history of the early Christian creeds has become isolated to an increasingly small sub-field maintained by only a few highly specialized scholars, without anyone outside that area of speciality seeming to take much notice. Not to put too fine a point upon it, a new perspective on the creeds is called for, because at present in patristics there is no perspective anymore.88 Take this conference: unless I am very much mistaken, there are hardly any papers that deal with credal questions. This is surprising, given the fact that the creeds are arguably the most influential Christian texts next to the Bible. Why this lack of interest within our discipline? A variety of factors may be responsible. It was probably inevitable that after one and a half centuries of intensive research many scholars would feel that other subjects also deserved their attention. Yet I wonder to what extent patristics has also been seized by the same scepticism against dogmatic formulae and, indeed, against dogmatics in general which can be observed throughout most western churches and even much of western theology. Furthermore, I suspect that the crisis in the humanities and, in particular, in classics may, among younger scholars, have led to a decrease in the linguistic skills that are necessary to do this type of research. (But this was a problem Augustine was already grappling with in his study of Homer: Nulla uerba illa noueram (Confessiones 1,14,23).) At the same time, the complexity of the subject has increased. A confusing array of data banks is now at our disposal which have to be consulted to do research that is state of the art. Not only have many new texts been edited, but, as a result of the digitization of manuscripts, the required level of philological accuracy has risen. It is no longer possible, for example, for want of something better to fall back on older or insufficient editions of patristic texts, if one wants to discuss credal developments. Since creeds have always been, as it were, ‘living texts’ that have constantly been adapted to ever-changing needs, editorial decisions by modern scholars with regard to certain readings of credal texts may no longer be taken for granted. Instead, in order fully to understand the history of the creeds, variant readings in each individual manuscript containing a particular credal text must be taken into account. This opens up a considerable number of new routes for research, but may, at the same time, discourage many scholars from undertaking such a daunting task. [93]

88 This is different for other theological disciplines; see e.g. Kuhn 2014; Herzer/Käfer/Frey 2018; [Horn 2018; Käfer/Frey/Herzer 2020].

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Epilogue: A New Perspective on the Creeds From what has been said it may have become clear why after Kelly a new perspective on the creed is urgently called for and what some focal points of this new perspective might be. Let me conclude on a theological note. I asked in the title of my paper: ‘What’s in a creed?’ The Church Fathers would have answered: everything. In their view, the creed was a summary of the Christian faith and contained all information pertaining to salvation. Even Kelly concluded his book by saying that the Church had compiled the ‘venerable rule of faith’ in the second century ‘as an epitome of the everlasting gospel’.89 I think modern research has shown that the development of the creed also led to a curtailing and limitation of the Gospel and to a loss of theological flexibility: the spirit coagulated into the letter.90 Creeds are helpful as summaries of some important tenets of the Christian faith – yet they are by no means comprehensive. They contain nothing of Jesus’ teaching. They say little about our salvation and nothing about how to lead a Christian life. In addition, they were used in a manner which we rightly consider problematic: they were sacralized and used to draw borders between orthodoxy and heresy by claiming that they contain the revealed truth. But creeds are no sacred texts. Even the most widely accepted early Christian creeds are not divinely inspired, but they are the product of Christian teaching and of synodal decisions. Yet demystifying the creeds does not mean debasing them: ideally, creeds point to the Gospel, they may serve as signposts to what faith truly is. As such they still deserve our appreciation. But Christians should keep in mind that it is not faith that is the greatest Christian virtue, it is love (1Cor. 13:13).91

89 Kelly 1972, p. 434. See ibid., p. 131 where he calls R ‘a compendium of popular theology’. 90 See Kinzig 2013. 91 See Augustine, Enchiridion 31, 117, ll. 3–7 (CChr.SL 46): Cum enim quaeritur, utrum quisque sit homo bonus, non quaeritur, quid credat aut quid speret, sed quid amet. Nam qui recte amat procul dubio recte credit et sperat; qui uero non amat inaniter credit, etiam si sint uera quae credit. ‘For when we ask whether someone is a good person, we are not asking what he believes or hopes, but what he loves. Now, beyond all doubt, he who truly loves has true faith and hope. Likewise, he who does not love believes in vain, even if what he believes is true’ (tr. NPNF, altered).

Monarchianismus und Monarchie Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Theologie und Politik im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. Abstract: In this chapter, the author reappraises the thesis, championed particularly by Erik Peterson and Allen Brent, that Christian theologians used the term ‘monarchy’ to describe an analogy or correlation between God’s reign and that of earthly rulers. By contrast, the author argues that the adoption of ‘monarchy’ in Christian anti-pagan literature aimed above all at presenting God as the sole cause and ruler of the universe. In the process of the development of Christian theology, ‘monarchy’ then served in inner-Christian debate to ward off both a Christian-Gnostic dualism and a Christology which was based on the idea of a divine Logos and which was sometimes perceived as heretical. As a result the discourse on God and the cosmos was transformed into a discourse on God as God. Thus the history of this term clearly demonstrates that in the first three centuries Christians did not use ‘monarchy’ in a political context.

[451] Ephesos im Jahre 132 n. Chr.: Ein Mann schlendert gedankenversunken durch die Kolonnaden in der Nähe des Hafens. Möglicherweise ist er im benachbarten Bad gewesen und ergeht sich nun in der frischen Morgenluft.1 Er gehört nicht zu den Menschen, die aussehen, als müssten sie für ihren Lebensunterhalt körperlich arbeiten. Sein Mantel kennzeichnet ihn vielmehr als Philosophen. Eine Gruppe von Männern kommt dem Philosophen entgegen. Einer von ihnen ruft ihm zu: „Sei gegrüßt, Philosoph!“ (Φιλόσοφε, χαῖρε). Der Mann reagiert zunächst nicht. Die Gruppe ist schon vorbei, da dreht sich der, der gegrüßt hat, plötzlich um, die anderen folgen, und gemeinsam laufen sie dem Philosophen hinterher. Nun schreckt der Weise auf: „Was gibt es?“ (Τί μάλιστα;) fragt er vor-

1 Zur Lokalisierung vgl. Hyldahl 1966, S. 91 f.; van Winden 1971, S. 25 f.; Bobichon 2003, S. 569 f. Ich folge hier Tellbe 2009, S. 118, Anm. 258. Anmerkung: Ich danke Dr. Thomas Brüggemann (Bonn) für philologische Beratung. Für das Folgende grundlegend: Hyldahl 1966, bes. S. 88–112; van Winden 1971, bes. S. 22–41; Kommentar: Bobichon 2003. Zur philosophischen Lehrtätigkeit Justins vgl. Neymeyr 1989, S. 16–35; Lampe 1989, S. 219–245; Markschies 2007, S. 88–91. https://doi.org/10.1515/9783110720945-005

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sichtig. Vielleicht misstraut er den jungen Männern, die sich nun zu seiner Rechten und Linken befinden. Ihr Anführer erhebt das Wort an und erzählt, ein Sokratiker habe ihn belehrt, man solle Philosophen, denen man auf der Straße begegne, nicht ignorieren, sondern sie in ein Gespräch verwickeln, denn oft könnten beide Seiten daraus Nutzen ziehen. Er fährt fort: „Sooft ich daher jemanden in solchem Gewand sehe, trete ich freudig zu ihm hin. So war es mir auch jetzt ein Vergnügen, dich anzu- [452] reden; diese aber folgen mir in der gleichen Erwartung, von deinen Worten zu profitieren.“ 2 Der Philosoph fühlt sich geschmeichelt, und weil er offenbar viel Zeit hat, lässt er sich auf das Gespräch ein. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem jungen Mann um einen wohlhabenden Juden handelt, der vor dem Bar-KochbaAufstand aus seiner Heimatprovinz Judäa geflohen ist und sich auf eine Bildungsreise nach Griechenland begeben hat. So war er schon in Argos und in Korinth gewesen, hatte bei den dortigen Philosophen studiert, und nun ist er offenbar nach Kleinasien übergesetzt und sucht auch in Ephesos den Kontakt zu den großen Denkern. In gut sokratischer Manier provoziert unser Philosoph den jungen Mann, dessen Name Tryphon ist, mit der Frage, wieso er denn erwarte, aus der Philosophie größeren Nutzen zu ziehen als aus seinem eigenen Gesetzgeber und aus den Propheten. Doch Tryphon lässt sich dadurch nicht aus der Fassung bringen und antwortet geistesgegenwärtig: „Was denn – verfassen die Philosophen nicht immer Abhandlungen von Gott, und stellen sie nicht ständig Untersuchungen an über die monarchia und die Fürsorge? Oder ist dies nicht Aufgabe der Philosophie, über das Göttliche nachzuforschen?“ 3 Der Philosoph bestätigt Tryphon, dass auch er einst dieser Auffassung gewesen sei. Doch habe er dann lernen müssen, dass die Philosophie schmählich versagt habe: „Allein, die meisten [Philosophen] haben sich nicht einmal darum gekümmert, ob es nur einen Gott gibt oder noch mehrere, ob sie für jeden einzelnen von uns sorgen oder nicht, gerade als ob diese Untersuchung nichts zur Glückseligkeit beitrüge.“ 4

2 Justin, Dialogus 1,2: „Τούτου οὖν χάριν, ὅταν ἴδω τινὰ ἐν τοιούτῳ σχήματι, ἀσμένως αὐτῷ προσέρχομαι, σέ τε κατὰ τὰ αὐτὰ ἡδέως νῦν προσεῖπον, οὗτοί τε συνεφέπονταί μοι, προσδοκῶντες καὶ αὐτοὶ ἀκούσεσθαί τι χρηστὸν ἐκ σοῦ“; Bobichon 2003, S. 184; Übersetzung hier und im Folgenden nach BKV2 (verändert). 3 Justin, Dialogus 1,3: „Τί γάρ; Οὐχ οἱ φιλόσοφοι περὶ θεοῦ τὸν ἅπαντα ποιοῦνται λόγον, ἐκεῖνος ἔλεγε, καὶ περὶ μοναρχίας αὐτοῖς καὶ προνοίας αἱ ζητήσεις γίνονται ἑκάστοτε; Ἢ οὐ τοῦτο ἔργον ἐστὶ φιλοσοφίας, ἐξετάζειν περὶ τοῦ θείου;“; Bobichon 2003, S. 184. 4 Justin, Dialogus 1,4: „Ἀλλ’ οἱ πλεῖστοι οὐδὲ τούτου πεφροντίκασιν, εἴτε εἷς εἴτε καὶ πλείους εἰσὶ θεοί, καὶ εἴτε προνοοῦσιν ἡμῶν ἑκάστου εἴτε καὶ οὔ, ὡς μηδὲν πρὸς εὐδαιμονίαν τῆς γνώσεως ταύτης συντελούσης“; Bobichon 2003, S. 186.

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Bei dem Weisen handelt es sich um den christlichen Philosophen Justin, und die Szene stammt aus der Einleitung zu seinem „Dialog mit Tryphon“, den man meist in die Zeit um 160 n. Chr. datiert.5 Sie ist für die Außenwahrnehmung des Judentums wie des Christentums des 2. Jahrhunderts n. Chr. von erheblichem Interesse, sieht doch Justin in Tryphon zunächst nicht den Juden, sondern einen reichen Bildungsreisenden, und Tryphon in Justin nicht den Christen, sondern den Philoso- [453] phen. Selbst wenn die Geschichte nicht historisch sein sollte,6 so konnte sich Justin doch noch im Jahre 160 n. Chr. sicher sein, dass seine Leser diese literarische Einkleidung für plausibel hielten. Was hier stattfindet, ist also ein philosophisches Gespräch, welches sich so in den Kolonnaden von Ephesos ereignet haben könnte. Freilich handelt es dann von religiösen Themen. Aber das von Justin verkörperte Ethos ist zunächst nicht primär religiös konnotiert. Vielmehr präsentiert er sich als Philosophen, und der Inhalt des Gesprächs hätte so von Philosophen ventiliert werden können. Dabei geht es Justin vor allem um zwei Fragen, nämlich zum einen um die göttliche Fürsorge für den Kosmos, die pronoia, zum anderen um die monarchia. Die Deutung des letzteren Begriffes an dieser Stelle ist in der Forschung durchaus nicht einheitlich. Man versteht darunter häufig entweder die Einzigkeit Gottes im Sinne eines „rigorosen“ Monotheismus7 in Abgrenzung vom paganen Polytheismus oder aber die göttliche Alleinherrschaft, wobei bei letzterer Deutung dann schnell eine politische Komponente im Sinne einer ontologischen Wechselbeziehung zwischen irdischer und himmlischer Monarchie mitspielt. Die letztere Interpretation hat vor allem Erik Peterson in seiner klassischen Studie „Der Monotheismus als politisches Problem“ aus dem Jahre 1935 vertreten. Peterson sah bei Justin einen Wortgebrauch, der dem des alexandrinischen Judentums entspreche, wie wir ihn bei Philon fänden. Dort sei „Monarchie“ letzthin ein politisch-theologischer Begriff, dazu bestimmt, die religiöse Überlegenheit des jüdischen Volkes und seine Sendung an das Heidentum zu begründen. Wenn Justin diesen

5 Vgl. dazu auch Peterson 1935 (1994), S. 23–92, hier: S. 33; Uríbarri Bilbao 1996, S. 83–94. 6 Zur Frage der Historizität vgl. Bobichon 2003, S. 32–36; vgl. auch die Stimmen bei Tellbe 2009, S. 118, Anm. 257. 7 Vgl. etwa Hübner 1999, S. 208: „Die Christen der ersten beiden Jahrhunderte und darüber hinaus sind rigorose Monotheisten, sie verteidigen die ‚Monarchie‘ Gottes gegen jede Art von Polytheismus, sei es der Heiden, sei es der Gnostiker.“ So übersetzt denn Philipp Haeuser in BKV2 auch an vorliegender Stelle „Einheit“. Vgl. ferner die Diskussion bei Markschies 2002, hier: S. 228–234. Hyldahl und van Winden gehen auf den Begriff nicht näher ein; vgl. Hyldahl 1966, S. 98; van Winden 1971, S. 29.

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Begriff aufnimmt und die jüdische Tradition fortsetzt, so zeigt sich auch hier wieder nicht nur die enge Verbundenheit des christlichen mit dem jüdischen Schulbetriebe […], sondern zugleich wird auch deutlich, daß die christliche Propagandaliteratur, ähnlich wie die jüdische, den politisch-theologischen Begriff der göttlichen Monarchie dazu benutzt, um die Überlegenheit des in der Ekklesia Christi zusammentretenden ‚Volkes Gottes‘ gegenüber dem polytheistischen Glauben ‚der Völker‘ [ἔθνη, Heiden] zu begründen.8 [454]

Allen Brent hat diesen Gedanken in etwas anderer Form in seiner „Politischen Geschichte des frühen Christentums“ vor wenigen Jahren neu formuliert. Ihm zufolge hätten die Apologeten mit ihrer Logos-Christologie die rationale Verfasstheit des Kosmos besser begründen können als die heidnische Philosophie und seien darum für die Kaiser attraktiv gewesen, die diese Ordnung sowohl in der Natur als auch in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten versuchten: The very language in which the Apologists expressed the nascent doctrine of the Trinity reflected a developing pagan ideology of political unity. In one respect political concepts derived from metaphysical concepts made this inevitable, since metaphysical order and political order were generally in human cultures before the European Enlightenment believed to be one. The word for ,origin‘ or ,beginning‘ in Greek is ἀρχή [arche, WK], that is to say identical with the word for ,rule‘ or ,empire‘. The unity of an empire was therefore its derivation from a single first principle or beginning, a μοναρχία [monarchia, WK] as was also the unity of the cosmos.9

In diesem Zusammenhang zitiert Brent dann auch die einleitend angeführte Stelle sowie einige der weiteren Autoren, die im Folgenden näher betrachtet werden. Auch Alfons Fürst ist der Auffassung, die christliche Rezeption des Monarchiebegriffs gehöre in den Bereich der „politischen Theologie“.10 Allein, von politischer Herrschaft ist im Kontext der eben zitierten Stelle bei Justin ebenso wenig die Rede wie von Trinität oder Logos-Christologie. Die Kaiser werden nicht genannt und nicht einmal als Bild herangezogen. Stünde hingegen die Einzigkeit Gottes im Vordergrund, so wäre der Begriff „Monarchie“ unpräzise. Tatsächlich ist darauf zu achten, dass die Frage nach der Monarchie Gottes hier in einem bestimmten Zusammenhang diskutiert wird, nämlich verknüpft

8 Peterson 1935 (1994), S. 34. In gewisser Weise vermittelnd zwischen der ersten und der zweiten Deutung steht Uríbarri Bilbao, der in der bislang gründlichsten Studie zum Thema eine politische, kosmologische und metaphysische Dimension des Monarchiebegriffs unterscheiden will, wobei er die metaphysische Dimension, die sich auf das Verständnis von Gott als Erstursache bezieht, für „nuclear“ hält: „Desde esta raíz metafísica se garantiza no sólo el monoteísmo cristiano, sino también su virtualidad trinitaria propia“; siehe Uríbarri Bilbao 1996, S. 495. In seltsamem Widerspruch zu seiner Zusammenfassung verzichtet Uríbarri Bilbao allerdings ausdrücklich auf eine Untersuchung der politischen Bedeutung (vgl. z. B. ebd., S. 12). 9 Brent 2009, S. 218; vgl. bereits Brent 1999, S. 285–309. 10 Vgl. Fürst 2005, hier: S. 511; Fürst 2006, hier: S. 67 f.

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mit der Frage nach der göttlichen pronoia. Dies lässt vermuten, dass die Diskussion der göttlichen Monarchie zumindest auch in einen kosmologischen oder besser: kosmokratischen Kontext gehört 11 – all dies in einem Werk, das oft fälschlich der [455] Gattung „Adversus Iudaeos“ zugerechnet wird 12 (die es zu dieser Zeit noch nicht gab, wenn es sie denn überhaupt je gegeben hat),13 das sich aber – nimmt man die Einleitung ernst – als philosophischer Dialog versteht.14 Die Diskussion um die göttliche Monarchie entstammt also der Auseinandersetzung zwischen den Schulen in dem größeren Prozess der Herausbildung eines philosophischen Monotheismus. Dieser Prozess ist in der Forschung schon häufiger beschrieben worden und muss daher hier nicht mehr eigens dargestellt werden.15 Ich möchte im Folgenden vielmehr fragen, in welcher Form diese Diskussion im Christentum aufgenommen wird, inwiefern sie als politisch zu bezeichnen ist und welche Folgen sie für die Theologie des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr. hat. Justin hatte den Monarchiebegriff nicht in die theologische Debatte eingeführt. Wie schon Erik Peterson gesehen hat,16 ist er zuerst bei dem jüdischen Philosophen Philon belegt. Bei ihm geht es dabei ebenfalls um Ursprung und Lenkung des Kosmos, repräsentiert durch die beiden Gottestitel „Schöpfer“ und „Vater“.17 [456] Aber bei Philon ist der Monarchiebegriff so stark politisch konnotiert, dass das Königtum Gottes als Archetyp des irdischen Königtums gelten kann und umgekehrt der ideale irdische Staat theokratische Züge trägt.18 Das

11 Dies deutet sich bereits im 1. Klemensbrief an (61,1–2). Freilich wird hier der Monarchiebegriff nicht verwendet. Demgegenüber treten Elemente aus der paganen Herrscherpanegyrik in den Vordergrund. Vgl. hierzu besonders Kinzig 1994, S. 444 f.; Löhr 2003, S. 282–301. 12 So vor allem Taylor 1995. 13 Vgl. dazu bes. Kinzig, Rez. 1997. 14 Die Zuordnung zu einer bestimmten Dialogtradition (z. B. platonisch oder aristotelischciceronianisch) ist dabei schwieriger. Auch werden die Regeln der literarischen Gattung im weiteren Verlauf de facto nicht eingehalten. Herwig Görgemanns spricht im vorliegenden Fall von „apologetischem Dialog“. Vgl. dazu die Diskussion bei Hyldahl 1966, S. 88–91; Hoffmann 1966, S. 10–28; Voss 1970, S. 26–39; Bobichon 2003, S. 17–48; Görgemanns 2006; allgemein auch Hess-Lüttich 1994, hier: Sp. 608 f. 15 Vgl. dazu u. a. Peterson 1935 (1994), S. 25–28, 38–41; Uríbarri Bilbao 1996, S. 29–71; Brent 2009, hier besonders: S. 251–285; Markschies 2002; Fürst 2005; Fürst 2006; Staudt 2011, S. 22– 70; Peterson 1926 (2012) (mit den darin enthaltenen weiteren Texten von Peterson, Markschies und Nichtweiß); Rebenich 2012, hier: Sp. 1140 f., 1156–1158. 16 Vgl. Peterson 1935 (1994), S. 28–33. 17 Vgl. Philon, De specialibus legibus 2,256; De virtutibus 179. 18 Die klassische Darstellung bei Goodenough 1938, bes. S. 86–120. Vgl. zum Ganzen auch Umemoto 1991, hier: S. 219–221, 241–245; Uríbarri Bilbao 1996, S. 48–66; Rebenich 2012, Sp. 1164–1166; jetzt auch Oertelt 2015 – für den Hinweis danke ich Stefan Rebenich.

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wird bei ihm am deutlichsten in seiner Diskussion des ersten der Zehn Gebote in „De decalogo“. Hier heißt es: So begreift das erste Gebot alle die Bestimmungen über die monarchia in sich; diese erklären, dass einer der Urgrund der Welt ist, einer der Herr und König, der das All zu seinem Heil lenkt und regiert, der die Herrschaft einiger weniger oder die Herrschaft des Volkshaufens, schädliche Regierungsformen, wie sie bei den schlechtesten Menschen aus der Unordnung oder Anmaßung entstehen, aus dem reinsten Teil des Seins, dem Himmel, verbannt hat.19

Dementsprechend wird dann in „De specialibus legibus“ in einem ganzen Traktat Περὶ μοναρχίας („Über die Monarchie“, 1,13–65) entfaltet, wie man sich die Alleinherrschaft Gottes konkret vorzustellen habe.20 Darin wird gegenüber dem Polytheismus wie den Gottesleugnern die Existenz und Beschaffenheit des einen Gottes behandelt, darüber hinaus aber seine Herrschaft über die Welt mit der über eine μεγαλόπολις (megalopolis, 1,34) verglichen.21 Von all dem findet sich bei Justin nichts. Ja, es ist nicht einmal sicher, ob Justin Philon überhaupt gekannt hat.22 In jedem Fall sind mir eine politische Abzweckung oder auch nur ein politischer Aspekt seiner Argumentation nicht erkennbar, während der Kontext von Kosmogonie und Kosmokratie in den Vordergrund tritt. [457] Abgesehen von den Ausführungen im Dialog wird Justin von Euseb eine eigene Schrift mit dem Titel „Περὶ μοναρχίας“ zugeschrieben, den wir bereits aus Philon kennen.23 Ein derartiges Traktätchen ist unter dem Namen Justins auch erhalten. Es ist nichts anderes als eine große Sammlung von Testimonien aus paganen Autoren zum Beweis des Monotheismus. Darin geht es allerdings ebenfalls nicht um die Einzigkeit Gottes als solche, sondern um den Zusammen-

19 De decalogo 155: „Ὁ μὲν πρῶτος τῶν περὶ μοναρχίας· οὗτοι δὲ δηλοῦσιν, ὅτι ἓν αἴτιον τοῦ κόσμου καὶ ἡγεμὼν καὶ βασιλεὺς εἷς ὁ ἡνιοχῶν καὶ κυβερνῶν τὰ ὅλα σωτηρίως, ὀλιγαρχίαν ἢ ὀχλοκρατίαν, ἐπιβούλους πολιτείας φυομένας παρ’ ἀνθρώποις τοῖς κακίστοις ἐξ ἀταξίας καὶ πλεονεξίας, ἐξεληλακὼς ἐκ τοῦ καθαρωτάτου τῆς οὐσίας, οὐρανοῦ“; Cohn 1902, S. 303, Z. 10– 15; Übersetzung: Leopold Treitel in: Cohn 1962, S. 404 (verändert). Die Charakterisierung des ersten Gebotes als περὶ μοναρχίας, ᾗ μοναρχεῖται ὁ κόσμος bereits in De decalogo 51. 20 Vgl. dazu etwa Blin/Guastalla 1939. 21 Vgl. zu diesem aus der Stoa übernommenen Vergleich auch Philon, De opificio mundi 16– 25, bes. 19. Zur Bezeichnung des Kosmos als megalopolis vgl. auch De Iosepho 29; De vita Moysis 2,51; De decalogo 53; De providentia frg. 2,39; dazu auch Oertelt 2015, S. 125 f. 22 Vgl. dazu die Übersicht über die Diskussion bei Rokeah 2002, S. 22–28. 23 Euseb, Historia ecclesiastica 5,20,1. Vgl. dazu Peterson 1935 (1994), S. 33 f. Zu dem Katalog insgesamt vgl. auch Riedweg 1994, S. 54–61.

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hang zwischen Ein-Gott-Glaube und Weltordnung.24 Freilich ist die Authentizität der Schrift äußerst strittig.25 Auch bei Tatian, dem nächsten christlichen Philosophen, der von der göttlichen Monarchie spricht, ist hinsichtlich der Thesen Petersons und Brents eine Fehlanzeige zu vermelden. Wiederum befinden wir uns in einem Schulzusammenhang, denn auch Tatians „Oratio ad Graecos“, möglicherweise nur kurz nach dem Dialog mit Tryphon entstanden, ist der Gattung der philosophischen Kontroversliteratur zuzurechnen, nun freilich nicht in Dialog-, sondern in Traktatform.26 Tatian, möglicherweise ein Schüler Justins, berichtet davon, wie ihn die „barbarischen Schriften“ der Christen faszinierten. Sie hätten ihn „durch die Schlichtheit ihres Stils, durch die Anspruchslosigkeit ihrer Verfasser, durch die wohlverständliche Darstellung der Weltschöpfung, durch die Voraussicht der Zukunft, die Ungewöhnlichkeit der Vorschriften und die Zurückführung aller Dinge auf einen [458] Herrn“ (τὸ μοναρχικόν/to monarchikon) überzeugt (29,2).27 Diese etwas freiere Übersetzung Richard Kukulas in der „Bibliothek der Kirchenväter“ drückt die Ursprungshaftigkeit, die im Gebrauch des Monarchie-

24 Vgl. De monarchia 1,1 (Z. 7–9): „Ἦν μὲν γὰρ καθ’ αὑτὴν ἀρκετὴ ἡ ἀλήθεια δεικνύναι ἐκ τῶν συνεχομένων ὑπὸ τὸν πόλον τὴν τοῦ δημιουργήσαντος ταῦτα τάξιν […]“; Marcovich 1990, S. 83. „Denn die Wahrheit reichte an sich aus, um anhand der Dinge, die unter dem Himmelspol zusammengehalten werden, die Ordnung zu zeigen, die auf den Schöpfer dieser Dinge zurückgeht.“ De monarchia 1,2 (Z. 17–20): „Ἐγὼ δέ, ὡς μικρῷ πρόσθεν ὑπέστην, φιλοθέῳ τῇ γνώμῃ κεχρημένος φιλανθρώπῳ χρήσομαι τῇ φωνῇ, καὶ παρίστημι τοῖς γε νοῦν ἔχουσι δέον ὑπάρχειν πᾶσι τοῖς κεχρημένοις τῇ τῶν ὅλων διοικήσει κατὰ τὸ πάλαιον ἄτρεπτον ἔχειν τὴν εἰς τὸν πάντων γνώστην θρησκείαν“; Marcovich 1990, S. 84. „Ich aber verfüge, wie ich gerade dargelegt habe, nicht nur über eine gottliebende Gesinnung, sondern will auch eine Redeweise gebrauchen, die menschenfreundlich ist, und will denen, die verständig sind, erklären, dass alle, die der Verwaltung des Alls gewärtig sind, die Pflicht haben, nach alter Väter Sitte ohne Änderung den zu verehren, der alles weiß.“ Der griechische Text im zweiten Teil des Zitats ist möglicherweise gestört. 25 Es ist nicht einmal sicher, ob Euseb diese Schrift voraussetzt oder umgekehrt eine eventuell ältere, eventuell jüdische anonyme Testimoniensammlung aufgrund der Notiz bei Euseb pseudonymisiert wurde. Vgl. zum Problem Marcovich 1990, S. 81–83. 26 Vgl. dazu allgemein Kinzig 2000. Ferner jetzt zum Diskussionsstand auch Trelenberg 2012, der meinen Beitrag allerdings übersehen hat. Zur schulphilosophischen Tätigkeit Tatians vgl. etwa Lampe 1989, S. 245–250; Neymeyr 1989, S. 182–195. 27 Oratio ad Graecos 29,2: „[…] τὸ ἄτυφον καὶ τῶν εἰπόντων τὸ ἀνεπιτήδευτον καὶ τῆς τοῦ παντὸς ποιήσεως τὸ εὐκατάληπτον καὶ τῶν μελλόντων τὸ προγνωστικὸν καὶ τῶν παραγγελμάτων τὸ ἐξαίσιον καὶ τῶν ὅλων τὸ μοναρχικόν“; Trelenberg 2012, S. 160, Z. 16–162, Z. 1. Vgl. ferner Oratio ad Graecos 14,1; hier steht der Gegensatz zur πολυκοιρανία der Dämonen im Vordergrund. Vgl. dazu Hom. Il. 2,204. Ferner Peterson 1935 (1994), S. 34; Uríbarri Bilbao 1996, S. 95–104; Norelli 1998, hier: S. 92 f.; Hanig 1999, hier: S. 36–38; Trelenberg 2012, z. St.

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begriffs in den frühchristlichen Schriften immer mit zu denken ist,28 sehr präzise aus: Im Christentum gibt es eine einzige Erstursache des Alls, und aus dieser resultiert dann auch die Fürsorge für die Welt. An die politische Sphäre ist in diesem Zusammenhang erneut nicht gedacht, und Bilder aus dieser Sphäre werden daher auch zur Illustration nicht herangezogen. Stattdessen gehört die Diskussion um die göttliche Monarchie allein in den Zusammenhang der Entstehung und Ordnung des Kosmos. Mit dem vielleicht kurz nach 180 n. Chr. schreibenden Theophilos von Antiochien bewegen wir uns weiterhin ganz in den Bahnen dieses Monarchiebegriffs.29 Im 2. Buch seines Werkes „An Autolykos“ setzt er sich mit der platonischen Lehre von der Ungewordenheit der Materie auseinander. Hätten die Platoniker recht, so wäre damit Gott, der doch Vater und Schöpfer des Alls ist, eben nicht mehr der Schöpfer und die von Platon selbst behauptete „Monarchie“ würde hinfällig.30 [459] An anderer Stelle führt Theophilos prophetische Sprüche an, um diesen Zusammenhang zwischen Monarchie und göttlicher

28 Evans weist zu Recht darauf hin, dass dieser Aspekt im entsprechenden Eintrag in Liddell/ Scott/Jones 1940 (1985) fehlt; vgl. Evans 1948, S. 6 f., Anm. 2. Trelenberg hebt an dieser Stelle nur auf den Monotheismus ab – das verkürzt den Sinn; vgl. Trelenberg 2012, z. St. 29 Vgl. auch Peterson 1935 (1994), S. 35 f., allerdings mit etwas anderer Akzentsetzung; ferner Uríbarri Bilbao 1996, S. 105–129. Zu Theophilos vgl. auch Rogers 2000. 30 Ad Autolycum 2,4,4–6: „Πλάτων δὲ καὶ οἱ τῆς αἱρέσεως αὐτοῦ θεὸν μὲν ὁμολογοῦσιν ἀγένητον καὶ πατέρα καὶ ποιητὴν τῶν ὅλων εἶναι· εἶτα ὑποτίθενται θεὸν καὶ ὕλην ἀγένητον καὶ ταύτην φασὶν συνηκμακέναι τῷ θεῷ. εἰ δὲ θεὸς ἀγένητος καὶ ὕλη ἀγένητος, οὐκ ἔτι ὁ θεὸς ποιητὴς τῶν ὅλων ἐστὶν κατὰ τοὺς Πλατωνικούς, οὐδὲ μὴν μοναρχία θεοῦ δείκνυται, ὅσον τὸ κατ’ αὐτούς. Ἔτι δὲ καὶ ὥσπερ ὁ θεός, ἀγένητος ὤν, καὶ ἀναλλοίωτός ἐστιν, οὕτως, εἰ καὶ ἡ ὕλη ἀγένητος ἦν, καὶ ἀναλλοίωτος καὶ ἰσόθεος ἦν· τὸ γὰρ γενητὸν τρεπτὸν καὶ ἀλλοιωτόν, τὸ δὲ ἀγένητον ἄτρεπτον καὶ ἀναλλοίωτον“; Marcovich 1995, S. 42, Z. 8–16. „Plato und seine Schule geben zwar einen Gott zu, der ungeworden, Vater und Schöpfer des Alls sei; aber dann nehmen sie dem Gott auch noch eine ungewordene Materie an, und sagen, dass sie mit Gott gleich alt sei. Wenn aber Gott ungeworden und die Materie ungeworden ist, so ist Gott nicht mehr der Schöpfer des Alls nach den Platonikern; auch kann die Absolutheit Gottes nicht mehr aufrecht erhalten werden, nach ihnen wenigstens. Wenn ferner die Materie ungeworden ist, wie Gott, der, weil ungeworden, auch unveränderlich ist, so ist sie auch unveränderlich und Gott gleich“; Übersetzung hier und im Folgenden nach BKV2 (verändert). Zur Behauptung der göttlichen Monarchie bei Platon vgl. auch Ad Autolycum 3,7,7: „Πλάτων δέ, ὁ τοσαῦτα εἰπὼν περὶ μοναρχίας θεοῦ καὶ ψυχῆς ἀνθρώπου, φάσκων ἀθάνατον εἶναι τὴν ψυχήν, οὐκ αὐτὸς ὕστερον εὑρίσκεται ἐναντία ἑαυτῷ λέγων, τὰς μὲν ψυχὰς μετέρχεσθαι εἰς ἑτέρους ἀνθρώπους, ἐνίων δὲ καὶ εἰς ἄλογα ζῷα χωρεῖν ;“; Marcovich 1995, S. 105, Z. 15–18. „Platon, der so viel über die göttliche Monarchie und die menschliche Seele geschrieben hat, der er die Unsterblichkeit zuerkennt, sagt er nicht später selbst wieder offen das Gegenteil, indem er , dass die Seelen immer wieder in andere Menschen, die einiger sogar in Lebewesen ohne Vernunft übergehen?“

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Schöpfungstätigkeit zu illustrieren.31 Hier steht wiederum das Verständnis von „Monarchie“ als einem einzigen Ursprung im Vordergrund. In einem uns heute kurios anmutenden Schlenker kann Theophilos sogar die Erschaffung des Mannes vor der Frau als Beweis für die göttliche Monarchie werten.32 Auch der Diskurszusammenhang mit der Providenz ist bei Theophilos deutlich erkennbar, wenn er gegen die Dichter und Schriftsteller polemisiert, sie hätten eine Vielzahl von Göttern eingeführt, dabei freilich gleichzeitig die „Monarchie“ behauptet und Providenz wie auch Jüngstes Gericht sowohl geleugnet als auch bekräftigt.33 [460]

31 Ad Autolycum 2,35,4: „Καὶ Ὠσηὲ δὲ καὶ αὐτὸς προφήτης περὶ μοναρχίας θεοῦ λέγει· ‚Οὗτος ὁ θεὸς ὑμῶν ὁ στερεῶν τὸν οὐρανὸν καὶ κτίζων τὴν γῆν, οὗ αἱ χεῖρες κατέδειξαν πᾶσαν τὴν στρατιὰν τοῦ οὐρανοῦ, καὶ οὐ παρέδειξεν ὑμῖν αὐτὰ τοῦ ὀπίσω αὐτῶν πορεύεσθαι‘“ (Hosea 13,4); Marcovich 1995, S. 87, Z. 10–13. „Und Hosea, ebenfalls ein Prophet, sagt über die Monarchie Gottes: ‚Dies ist euer Gott, der den Himmel festigt und die Erde gründet, dessen Hände die ganze Heerschar des Himmels haben erscheinen lassen, aber sie euch nicht haben erscheinen lassen, damit ihr ihnen als Göttern anhanget.‘“ Vgl. etwas später in Ad Autolycum 2,35,9: „Ὁρᾶν ἔστιν πῶς φίλα καὶ σύμφωνα ἐλάλησαν πάντες οἱ προφῆται, ἑνὶ καὶ τῷ αὐτῷ πνεύματι ἐκφωνήσαντες περί τε μοναρχίας θεοῦ καὶ τῆς τοῦ κόσμου γενέσεως καὶ τῆς ἀνθρώπου ποιήσεως“; Marcovich 1995, S. 88, Z. 25–27. „Hier wird ersichtlich, wie so ganz übereinstimmend alle Propheten sich aussprachen, da sie ja in einem und demselben Geiste redeten von der Monarchie Gottes, von der Entstehung der Welt und der Erschaffung des Menschen.“ 32 Ad Autolycum 2,28,3: „Οὐ μὴν ἀλλὰ καὶ διὰ τούτου δειχθῇ τὸ μυστήριον τῆς μοναρχίας τῆς κατὰ τὸν θεόν, ἅμα δ’ ἐποίησεν ὁ θεὸς τὴν γυναῖκα αὐτοῦ , ἵνα πλείων ᾖ ἡ εὔνοια εἰς αὐτήν“; Marcovich 1995, S. 78, Z. 10– 12, mit den Konjekturen Grants. „Aber Gott formte nicht nur den Mann aus der Erde, damit dadurch das Geheimnis der Monarchie Gottes erwiesen würde, sondern er schuf zugleich sein Weib aus seiner Rippe, damit ihre gegenseitige Liebe größer sei.“ 33 Ad Autolycum 2,8,6: „Πλὴν καὶ πληθὺν εἰσήγαγον ἢ καὶ μοναρχίαν εἶπον, καὶ πρόνοιαν εἶναι τοῖς λέγουσιν ἀπρονοησίαν τἀναντία εἰρήκασιν“; Marcovich 1995, S. 51, Z. 47– 49]. „Ja sie haben sogar eine Mehrzahl erfunden und dabei wieder die Monarchie Gottes behauptet, und im Gegensatz zu denen, die eine Vorsehung annahmen, das Nichtvorhandensein derselben behauptet.“ Vgl. auch etwas später Ad Autolycum 2,8,8–9: „ ἐκ τούτου δὴ σαφῶς δείκνυται, ὡς καὶ οἱ δαιμονῶντες ἐνίοτε καὶ μέχρι τοῦ δεῦρο ἐξορκίζονται κατὰ τοῦ ὀνόματος τοῦ ὄντως θεοῦ, καὶ ὁμολογεῖ αὐτὰ τὰ πλάνα πνεύματα εἶναι δαίμονες, οἱ καὶ τότε εἰς ἐκείνους ἐνεργήσαντες. Πλὴν ἐνίοτέ τινες ἐξ αὐτῶν, τῇ ψυχῇ ἐκνήψαντες, εἶπον ἀκόλουθα τοῖς προφήταις, ὡς εἰς μαρτύριον αυτοῖς τε καὶ πᾶσιν ἀνθρώποις, περί τε θεοῦ μοναρχίας καὶ κρίσεως καὶ τῶν λοιπῶν ὧν ἔφασαν“; Marcovich 1995, S. 51, Z. 56–62. „Dies wird aber dadurch deutlich bewiesen, dass auch Besessene manchmal, und zwar bis zur Jetztzeit, im Namen des wahren Gottes beschworen werden, und dass da die trügerischen Geister selbst bekennen, sie seien Dämonen, welche einst in jenen [Dichtern] tätig gewesen seien. Freilich machten einige von diesen, wenn sie nüchternen Geistes waren, Aussprüche über die Monarchie Gottes, über das Gericht und die übrigen Dinge, von denen sie sprechen, welche mit denen der Propheten übereinstimmen, damit sie sich selbst und allen Menschen zum Zeugnis-

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Ziehen wir eine erste Zwischenbilanz: Die Christen werden in die Frage um die göttliche Monarchie verwickelt, als sie in die intellektuelle Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Philosophenschulen eintreten. Die Frage wird im Zusammenhang der vor allem in der platonischen und stoischen Philosophie breit geführten Diskussion um die Ewigkeit beziehungsweise Entstehung der Welt und die göttliche Fürsorge für dieselbe akut. Von der Bibel her halten die Christen an der göttlichen Einheit und Ewigkeit fest, behaupten demgegenüber die Gewordenheit und Kontingenz der Welt und beschreiben Weltstruktur und Weltlauf als ein geordnetes Geschehen, das ein einheitliches Ursprungs- und Organisationsprinzip voraussetzt. Eng verbunden mit diesem ersten ist ein zweiter Diskursstrang, der allerdings nur noch schemenhaft erkennbar ist. Euseb von Kaisareia berichtet in seiner Kirchengeschichte über Irenäus von Lyon Folgendes: Gegen die, welche in Rom die gesunde Ordnung der Kirche störten, verfasste Irenäus verschiedene Briefe. Einen betitelte er ‚An Blastos über das Schisma‘, einen anderen ‚An Florinus über die monarchia oder dass Gott nicht der Urheber von Bösem sei‘. Diese Meinung schien nämlich Florinus zu verfechten. Wegen dieses Mannes, der sich zum Irrtum des Valentinus hinüberziehen ließ, verfasste Irenäus auch noch die Studie ‚Über die Achtzahl.‘34 [461]

An dieser Passage sind folgende Punkte erwähnenswert: 1) Die genannten Schriften des Irenäus, die in den 90er Jahren des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Gallien entstanden sein dürften,35 sind sowohl vom Titel als

se wären.“ Ad Autolycum 2,38,7: „Καὶ περὶ πλήθους οὖν θεῶν οἱ συγγραφεῖς εἰπόντες καθῆλθον εἰς μοναρχίαν, καὶ περὶ ἀπρονοησίας λέγοντες εἶπον περὶ προνοίας καὶ περὶ ἀκρισίας φάσκοντες ὡμολόγησαν ἔσεσθαι κρίσιν, καὶ οἱ μετὰ θάνατον ἀρνούμενοι εἶναι αἴσθησιν ὡμολόγησαν“; Marcovich 1995, S. 97, Z. 16–19. „Es kamen also die Schriftsteller, wenn sie auch von einer Vielheit von Göttern redeten, doch auf die Monarchie, und wenn sie auch das Nichtvorhandensein einer Vorsehung behaupteten, so taten sie doch Aussprüche über die Vorsehung, und wenn sie auch das Gericht leugneten, so anerkannten sie [hinwiederum] das künftige Eintreten desselben; und diejenigen, die da leugneten, dass nach dem Tode eine Empfindung verbleibe, gaben dies doch wieder zu.“ 34 Historia ecclesiastica 5,20,1: „Ἐξ ἐναντίας δὲ τῶν ἐπὶ Ῥώμης τὸν ὑγιῆ τῆς ἐκκλησίας θεσμὸν παραχαραττόντων, Εἰρηναῖος διαφόρους ἐπιστολὰς συντάττει, τὴν μὲν ἐπιγράψας Πρὸς Βλάστον περὶ σχίσματος, τὴν δὲ Πρὸς Φλωρῖνον περὶ μοναρχίας ἢ περὶ τοῦ μὴ εἶναι τὸν θεὸν ποιητὴν κακῶν. ταύτης γάρ τοι τῆς γνώμης οὗτος ἐδόκει προασπίζειν· δι’ ὃν αὖθις ὑποσυρόμενον τῇ κατὰ Οὐαλεντῖνον πλάνῃ καὶ τὸ Περὶ ὀγδοάδος συντάττεται τῷ Εἰρηναίῳ σπούδασμα […]“; Schwartz/ Mommsen 1903, S. 480, Z. 16–22. Übersetzung nach Haeuser/Gärtner 1984, S. 264 (leicht verändert); vgl. hierzu auch Peterson 1935 (1994), S. 36; Uríbarri Bilbao 1996, S. 133, S. 176; Behr 2013, S. 50–53, S. 62–64. 35 Zumindest ist Florinus in dieser Zeit tätig gewesen; vgl. Hanig 2002.

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auch vom Inhalt her ebenfalls der philosophischen Kontroversliteratur zuzurechnen.36 Bei der ersten Schrift handelt es sich möglicherweise um ein Problem der Kirchenordnung.37 In der uns interessierenden zweiten Schrift geht es hingegen um die Einheit Gottes in ihrer Auswirkung auf Ursprung und Struktur der Welt. 2) Die Gegner sind aber nun nicht mehr pagane Philosophen, und der Kontext ist nicht mehr allein die philosophische Kontroverse. Durch die Erwähnung der Kirche kommt eine neue Dimension hinzu: Die Gegner sind innerhalb der römischen Christengemeinschaft zu finden. Das heißt, es kommt zu einem akuten Konflikt zwischen gemeinsamer religiöser Gruppenidentität (Kirche) und kontroverser philosophischer Auffassung.38 Dies wird besonders deutlich aus dem einzigen erhaltenen Zitat der Schrift, in dem Irenäus in einem kunstvollen Stück Prosa Florinus folgendermaßen anredet: Diese Lehren, Florinus, sind – um mich schonend auszudrücken – nicht gesunder Anschauung entsprungen. Diese Lehren stehen nicht in Übereinstimmung mit der Kirche; sie stürzen ihre Anhänger in die größte Gottlosigkeit. Diese Lehren haben selbst die außerhalb der Kirche stehenden Häretiker niemals aufzustellen gewagt. Diese Lehren haben auch die vor uns lebenden Presbyter, die noch mit den Aposteln verkehrten, dir nicht überliefert.39

Die Begrifflichkeit mit der vierfachen Betonung der δόγματα, die aufgestellt werden (ἀποφαίνεσθαι),40 lässt deutlich den Schulzusammenhang erkennen. [462]

36 Vgl. dazu Kinzig 2000. 37 Σχίσμα im Titel des ersten Briefes könnte freilich auch im Sinne von „Spaltung in der Gottheit“ zu verstehen sein; vgl. zu dieser Bedeutung auch Lampe 1989. Dann gehören beide Schriften in denselben Kontext. 38 Euseb spricht in Historia ecclesiastica 5,15 davon, Florinus habe nach „Abfall vom Presbyterium der Kirche“ („πρεσβυτερίου τῆς ἐκκλησίας ἀποπεσών“) gemeinsam mit Blastus Menschen von der Kirche abspenstig und seinen eigenen Zwecken dienstbar gemacht, indem beide in je eigener Weise versuchten, neue Lehren über die Wahrheit aufzustellen – das ist reichlich vage formuliert. In einem Irenäus zugeschriebenen syrischen Fragment (Frg. 28 bei Harvey 1857, Bd. 2, S. 457) aus einem Brief des Irenäus an Viktor von Rom klingt das freilich anders: Hier ist Florinus noch Presbyter, und Irenäus drängt Viktor, ihn seines Amtes zu entheben. Vgl. auch Lampe 1989, S. 327; Hill 2010, S. 60 f. 39 Bei Euseb, Historia ecclesiastica 5,20,4: „Ταῦτα τὰ δόγματα, Φλωρῖνε, ἵνα πεφεισμένως εἴπω, οὐκ ἔστιν ὑγιοῦς γνώμης· ταῦτα τὰ δόγματα ἀσύμφωνά ἐστιν τῇ ἐκκλησίᾳ, εἰς τὴν μεγίστην ἀσέβειαν περιβάλλοντα τοὺς πειθομένους αὐτοῖς· ταῦτα τὰ δόγματα οὐδὲ οἱ ἔξω τῆς ἐκκλησίας αἱρετικοὶ ἐτόλμησαν ἀποφήνασθαί ποτε· ταῦτα τὰ δόγματα οἱ πρὸ ἡμῶν πρεσβύτεροι, οἱ καὶ τοῖς ἀποστόλοις συμφοιτήσαντες, οὐ παρέδωκάν σοι“; Schwartz/Mommsen 1903, S. 482, Z. 15–20; Übersetzung nach Haeuser/Gärtner 1984, S. 264 f. (verändert). 40 Im Sinne von ἀποφαίνεσθαι δόξαν (eine Lehre aufstellen); vgl. Platon, Politeia 576E; Theaitet 170D und Liddell/Scott/Jones 1940 (1985), s. v. Möglicherweise ist auch αἱρετικοί hier nicht

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3) Die Gegner, mit denen sich Irenäus in der zweiten Schrift auseinandersetzt, sind Gnostiker in einer kirchlichen Varietät, nämlich Valentinianer; das sachliche Problem ist die in der Gnosis viel diskutierte Frage nach dem Ursprung des Bösen.41 Auf sie scheint Irenäus offenbar in der Weise geantwortet zu haben, dass die göttliche Schöpfungstätigkeit die Annahme eines zweiten Prinzips beziehungsweise eines kosmischen Dualismus ausschließe.42 Diese beiden Diskursstränge – mit den paganen Philosophen einerseits und den kirchlichen Gnostikern andererseits – müssen wir uns gewärtig halten, wenn wir uns nun der theologischen Richtung zuwenden, die in der Forschung gewöhnlich „Monarchianismus“ genannt wird. Reinhard M. Hübner kommt dabei das Verdienst zu, vor einigen Jahren die Bedeutung dieser Denktradition für die theologische Entwicklung des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr. in einer Reihe von Aufsätzen erneut ins Bewusstsein gerückt zu haben.43 Hübner war allerdings nicht an der Frage einer politischen Bedeutung von monarchia interessiert. Vielmehr ging es ihm um das historische Verhältnis zwischen einer monarchianisch und einer trinitarisch strukturierten Theologie. Im Unterschied zur vorherrschenden Meinung in der theologiegeschichtlichen Forschung vor allem katholischer Provenienz vertrat er die These, „daß der Glaube an eine göttliche Dreiheit ein Produkt späterer Entwicklung ist und jedenfalls die Hauptmasse der Christen und die überwiegende Mehrzahl der Theologen von Hermas an bis zu Kallist in irgendeiner Form am monarchianischen Gottesbekenntnis festhielt.“ Zu den Ausnahmen zählte er „allein die Gnostiker, Justin und Tertullian, keineswegs sämtliche Logostheologen“.44 Ich glaube, dass Hübner mit dieser thetischen Zuspitzung etwas überzieht, und würde stattdessen weicher formulieren: Es gibt im 2. Jahrhundert n. Chr. eine soteriologisch ausgerichtete Argumentationsfigur, in der die Frage der Vereinbarkeit von göttlicher Ewigkeit und irdischer Kontingenz und insbesondere die Frage nach der irdischen Vermittlung göttlichen Heils im Vordergrund steht. In diesen Kontexten werden von den frühchristlichen Theologen, angefangen von dem Ver- [463] fasser des Johannesevangeliums, eine Logos-Christologie und unter Umständen eine Pneumatologie entwickelt.

mit „Häretiker“, sondern mit „Anhänger einer Philosophenschule“ (αἵρεσις) zu übersetzen, sicherlich mit pejorativem Unterton. Vgl. dazu auch Elze 1974; Simon 1979; Le Boulluec 1985, bes. S. 41–48; Iricinschi/Zellentin 2009, bes. S. 3–11 (mit Literaturübersicht). 41 Zu den Valentinianern Roms vgl. Lampe 1989, S. 251–268; Markschies 1992, S. 293–336, 388–402. Zu Florinus Lampe 1989, S. 264. 42 Die Einzigkeit Gottes des Schöpfers wird in „Adversus haereses“ unablässig betont; vgl. nur zusammenfassend 3,12,11. 43 Sie liegen mittlerweile auch in einem Band gesammelt vor; vgl. Hübner 1999. 44 Ebd., S. XIV.

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Demgegenüber zielen monarchianisch orientierte Argumentationen ursprünglich, wie gesehen, darauf ab, im Zusammenhang von Fragen der Weltentstehung und Weltordnung an der Einheit Gottes festzuhalten. Sie richten sich gegen philosophische beziehungsweise philosophisch-gnostische Strömungen, die diese Einheit aus unterschiedlichen Gründen und in unterschiedlichen Formen anzweifeln und stattdessen die Existenz des Bösen zu erklären suchen, indem sie die Providenz Gottes grundsätzlich in Frage stellen und/oder von einem göttlichen Dualismus (guter Gott/böser Gott) ausgehen. Blickt man auf die beiden wichtigsten Pflanzstätten der christlichen Theologie in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr., so wird die erste, soteriologisch ausgerichtete Argumentationskette tendenziell stärker in Alexandrien vertreten, während die zweite, kosmokratisch orientierte Darlegung in Rom ihre beredtesten Advokaten findet. Die Vertreter beider Denkformen übten heftige gegenseitige Kritik: Während die Logos-Christologie verdächtigt wurde, einen Ditheismus oder gar Tritheismus zu lehren, stand die monarchianische Theologie vor dem Problem, wie sie die Erlöserfigur Christus mit ihrer prononciert monotheistisch strukturierten Gottesvorstellung in Beziehung setzen sollte. Man darf diesen Gegensatz aber nicht zu sehr pointieren: Die beiden Argumentationsfiguren konnten auch bei demselben Verfasser in unterschiedlichen Kontexten erscheinen (Justin wäre hierfür ein frühes Beispiel). Aus der Sicht der trinitarischen Theologie des späten 4. Jahrhunderts n. Chr., wie sie in das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel von 381 n. Chr. eingegangen ist – einer Theologie, in der die Einheit und Differenzierung Gottes terminologisch sorgfältig ausbalanciert wurde –, musste die etwas grobschlächtig argumentierende monarchianische Theologie des späten 2. und frühen 3. Jahrhunderts n. Chr. fast zwangsläufig häretisch wirken. Diese Perspektive hat über Jahrhunderte ein bestimmtes Bild der Theologiegeschichte des frühen Christentums geprägt. Hübners eigentliches Verdienst besteht demgegenüber in dem Nachweis, dass der Monarchianismus in Rom in unterschiedlichen Spielarten seit alters geradezu die Normaltheologie darstellte.45 Es ist allerdings nicht ganz einfach, sich von diesem römischen Monarchianismus ein klares Bild zu machen, denn wir verfügen über keinerlei Original-

45 Das hatte freilich auch Harnack schon gesagt. Vgl. etwa Harnack 1909 (1990), hier: Bd. 1, S. 735: „In Rom war […] fast ein Menschenalter hindurch der Modalismus die officielle Lehre. Dass er keine absolute Neuerung war, ist nachzuweisen.“ Im Unterschied zu Hübner war Harnack allerdings der Meinung, es sei „sehr wahrscheinlich, dass es eine modalistische Lehre, die jede andere auszuschliessen suchte, erst seit dem Ende des 2. Jahrhunderts gegeben“ habe (ebd., S. 735 f.; Hervorhebung im Original). Zum Forschungsüberblick vgl. Uríbarri Bilbao 1996, S. 8–18.

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schriften, sondern lediglich über mehr oder weniger polemisch gehaltene Referate und Zitate bei Gegnern und Nachgeborenen, von denen einige zusätzlich in ihrer Au- [464] thentizität nicht über jeden Zweifel erhaben sind. Ich kann auf diese Quellenproblematik und die sich daraus ergebenden Fragen hier auch nicht annähernd eingehen, sondern möchte mich im Folgenden weiterhin auf die Verwendung des Begriffes monarchia konzentrieren und dabei zeigen, wie sich der ursprüngliche Argumentationszusammenhang ändert. Der Befund ist freilich erstaunlich mager: Im Griechischen taucht monarchia bei der Behandlung der sogenannten „Monarchianer“ nur an drei Stellen auf. Die älteste Verwendung findet sich in der „Refutatio omnium haeresium“ des Hippolyt von Rom, die möglicherweise nach 222 n. Chr. verfasst wurde.46 Hippolyt befasst sich dabei mit den Anschauungen des möglicherweise schon mehr als zwei Jahrzehnte früher tätigen christlichen Philosophen Noet von Smyrna und seiner Schule in Rom, die von einem gewissen Kleomenes geleitet wurde.47 […] Dass [Noetos] sagt, ein und derselbe sei Sohn und Vater, weiß jeder. Er sagt so: ‚Als nämlich der Vater noch nicht erzeugt war, wurde er mit Recht Vater genannt; als er sich aber entschloss, eine Zeugung über sich ergehen zu lassen, wurde er bei der Zeugung sein eigener Sohn, nicht der eines anderen.‘ Folgendermaßen will er scheinbar die monarchia beweisen: Er behauptet, der Vater und der sogenannte Sohn existierten als ein und dasselbe, nicht einer aus einem anderen, sondern er selbst aus sich; er, der dem Namen nach Vater und Sohn gemäß dem Zeitenwechsel genannt werde, sei in Wahrheit ein einziger. Er sei der, der erschienen sei, der die Geburt aus der Jungfrau auf sich genommen und als Mensch unter Menschen geweilt habe, sich den Augenzeugen gegenüber als Sohn wegen der erfolgten Zeugung bekannte, denen aber, die es fassten, es nicht verbarg, dass er der Vater sei. Er sei der, der im Leiden an das Kreuz geheftet wurde und sich selbst den Geist übergab, der starb und nicht starb und sich selbst am dritten Tage auferweckte, der im Grabmal beigesetzt und mit der Lanze verwundet und mit den Nägeln angeheftet wurde. Er sei der, von dem Kleomenes und sein Chor sagen, er sei der Gott des Alls und der Vater; so bringen sie das Dunkel Heraklits über viele.48

46 Ausführlichste Darstellung bei Uríbarri Bilbao 1996, S. 281–297. 47 Vgl. Hippolyt, Refutatio omnium haeresium, 8,19,3; 9,7; 9,10,9–12; 10,26–27,2. 48 Hippolyt, Refutatio omnium haeresium, 9,10,10–12: „[…] Ὅτι δὲ καὶ τὸν αὐτὸν υἱὸν εἶναι λέγει καὶ πατέρα, οὐδεὶς ἀγνοεῖ. λέγει δὲ οὕτως· ὅτε μὲν οὖν μὴ γένητο ὁ πατήρ, δικαίως πατὴρ προσηγόρευτο· ὅτε δὲ ηὐδόκησε γένεσιν ὑπομεῖναι, γενηθεὶς ὁ υἱὸς ἐγένετο αὐτὸς ἑαυτοῦ, οὐχ ἑτέρου. οὕτως γὰρ δοκεῖ μοναρχίαν συνιστᾶν, ἓν καὶ τὸ αὐτὸ φάσκων ὑπάρχειν πατέρα καὶ υἱόν καλούμενον, οὐχ ἕτερον ἐξ ἑτέρου, ἀλλ’ αὐτὸν ἐξ ἑαυτοῦ· ὀνόματι μὲν πατέρα καὶ υἱὸν καλούμενον κατὰ χρόνων τροπήν, ἕνα δὲ εἶναι. τοῦτον τὸν φανέντα καὶ γένεσιν ἐκ παρθένου ὑπομείναντα καὶ ἐν ἀνθρώποις ἄνθρωπον ἀναστραφέντα, υἱὸν μὲν ἑαυτὸν τοῖς ὁρῶσιν ὁμολογοῦντα διὰ τὴν γενομένην γένεσιν, πατέρα δὲ εἶναι καὶ τοῖς χωροῦσιν μὴ ἀποκρύψαντα. τοῦτον πάθει ξύλου προσπαγέντα καὶ ἑαυτῷ τὸ πνεῦμα παραδόντα, ἀποθανόντα καὶ μὴ ἀποθανόντα καὶ ἑαυτὸν τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστήσαντα, τὸν ἐν μνημείῳ ταφέντα καὶ λόγχῃ τρωθέντα καὶ ἥλοις καταπαγέντα· τοῦτον τὸν τῶν ὅλων θεὸν καὶ πατέρα εἶναι λέγει Κλεομένης καὶ ὁ τούτου

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Uns müssen hier weder die theologiegeschichtlichen Einzelheiten noch der vermutlich polemisch hergestellte Zusammenhang mit Heraklit beschäftigen. Wichtig [465] ist vielmehr die Beobachtung, dass hier im Rahmen einer Diskussion der göttlichen Monarchie Spekulationen über Identität beziehungsweise Differenz von Vater und Sohn auftauchen, die wir vorher so noch nicht gesehen hatten. Was ist da passiert? Der Bericht Hippolyts zeigt ganz eindeutig, dass es um 200 n. Chr. in Rom mehrere nichtgnostische christliche Philosophenschulen gab, die miteinander in Konkurrenz standen und nun auch untereinander Kontroversliteratur verfassten.49 Dadurch entstanden aber in der urbs intellektuelle Reibungen zwischen der kosmokratisch interessierten und orientierten Mehrheitstheologie und der soteriologisch ausgerichteten Logos-Christologie, die von einzelnen Theologen wie Hippolyt von Rom propagiert wurde. Eine der monarchianisch orientierten Schulen50 wurde von Kleomenes betrieben, zu dessen Schülern Bischof Zephyrinus (sedit 198/199–217 n. Chr.) und dessen Nachfolger Calixt (sedit 217/218–222 n. Chr.) zählten (Hippol. haer. 9,7). Hippolyts eigentlicher Gegner war dieser Calixt, mit dem es zu einem heftigen Konflikt über die Frage der Unterscheidung zwischen Vater und Sohn kam.51 Dabei nannte Calixt Hippolyt wegen seiner Logos-Christologie mit einem Neologismus einen „Ditheisten“ (δίθεος; 9,11,3; 9,12,16).52 Calixt ging es offensichtlich darum, die Gefahr einer unbiblischen Differenzierung in der Gottheit zu vermeiden, wobei das einheitsstiftende Prinzip der „Geist“ gewesen zu sein scheint. Über diesen Geist äußerte er sich folgendermaßen: „[…] Er behauptete, der Logos selbst sei Sohn, er selbst sei auch Vater, wobei er so dem Namen nach bezeichnet werde; ein Einziges aber sei der ungeteilte Geist; nicht sei das eine Vater, etwas anderes Sohn, sondern dasselbe existiere als Eines; das All sei erfüllt mit dem göttlichen Geist, das, was oben, und das, was unten ist.“ 53 [466] χορός, Ἡρακλείτειον σκότος ἐπεισάγοντες πολλοῖς“; Wendland 1916, S. 244, Z. 19–245, Z. 11 (Interpunktion geändert); Übersetzung nach BKV2 (verändert). Vgl. zum Abschnitt auch Peterson 1935 (1994), S. 36 f.; Uríbarri Bilbao 1996, S. 284–293. 49 Der Begriff „Schule“ ist dabei relativ weit zu fassen; vgl. Gemeinhardt 2007, S. 99 f. Zum theologischen Pluralismus Roms vgl. Lampe 1989, S. 320–323. 50 Weiterhin zählt dazu sicher auch die Schule Theodots des Gerbers, zu der auch Theodot der Wechsler, Asklepiodotos und Artemon gehörten. Diese Schule, von der wir nur sehr wenig wissen und die in sich hochdifferenziert gewesen zu sein scheint, wird in den theologiegeschichtlichen Handbüchern oft als „dynami(sti)scher Monarchianismus“ oder als „Adoptianismus“ bezeichnet; vgl. nur Ritter 2011, hier: S. 130–132. Ferner Löhr 1996. 51 Zu Calixt vgl. vor allem Gerber 2001. 52 Das Lexem erscheint hier zum ersten Mal und wird dann erst von Gregor von Nazianz wieder aufgegriffen (als Substantiv διθεΐτης in Oratio 31,13 und διθεΐα in Oratio 25,17; 26,18; 31,13 (bis); letzteres auch bei Gregor von Nyssa, Contra Eunomium Cap. 11,2). 53 Refutatio omnium haeresium 9,12,16–17: „[…] λέγων τὸν λόγον αὐτὸν εἶναι υἱόν, αὐτὸν καὶ πατέρα, ὀνόματι μὲν καλούμενον, ἓν δὲ ὃν τὸ πνεῦμα ἀδιαίρετον· οὐκ ἄλλο εἶναι πατέρα, ἄλλο

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Calixt begründete sodann eine eigene Schule, die noch zur Zeit der Abfassung der „Refutatio“ bestand, sich „katholische Kirche“ nannte und unter anderem eine vergleichsweise laxe Bußpraxis und eine Art von Wiedertaufe entwickelt zu haben scheint.54 An der Darstellung Hippolyts kann man erkennen, dass offenbar christliche Philosophenschule und Kirchengemeinde in Rom wenigstens teilweise zusammenfielen.55 Für den intellektuellen Diskurs bedeutet dies: Schulischer und kirchlicher Kontext waren ebenfalls weithin identisch. Hier verstärkt sich eine Linie, die bereits bei Irenäus zu erkennen war. Nur noch knapp angedeutet ist in diesen Passagen der ursprüngliche Diskurszusammenhang: die Ordnung der Welt. Darauf kommt es Noet und Calixt aber offenbar weiterhin an: Das eine Prinzip, das die Welt hervorbringt und zusammenhält, darf nicht gefährdet werden. Es wird bei Calixt – gut stoisch – mit dem göttlichen „Geist“ (pneuma) identifiziert. Aber was in der Auseinandersetzung mit platonischer und stoischer Philosophie noch genügte, reicht nun in der innerchristlichen Kontroverse nicht mehr hin. Mittlerweile haben sich die Christen weithin auf einen Kanon neutestamentlicher Bücher geeinigt.56 In der Diskussion um die Normativität dieser Schriften wird deutlich: Der biblische Befund ist kompliziert. Die Gottheit des irdischen Christus und des Vaters müssen zueinander in Beziehung gesetzt werden. Damit verschiebt sich aber der Diskurszusammenhang: Aus Kosmokratie wird Theologie. Die weitere Diskussion in der griechischsprachigen Theologie bezeugt diese Verschiebung. Damit bewegen wir uns aus Rom zunächst nach Alexandrien, wo die Logos-Christologie in Origenes ihren bedeutendsten Protagonisten in vor-

δὲ υἱόν, ἓν δὲ καὶ τὸ αὐτὸ ὑπάρχειν· καὶ τὰ πάντα γέμειν τοῦ θείου πνεύματος, τά τε ἄνω καὶ κάτω“; Wendland 1916, S. 248, Z. 25–29. 54 Vgl. bes. Refutatio omnium haeresium 9,12,16–26. 55 Diesem Zusammenhang müsste man auch im Hinblick auf die Leitungsfunktionen dieser Gruppen einmal genauer nachgehen. Er wird auch aus dem Bericht eines Anonymus über die „Häresie“ des Artemon deutlich, aus dem Euseb zitiert. Der Gerber Theodot war von Bischof Viktor offenbar mitsamt seinen Schülern Asklepiodotos und Theodotos dem Geldwechsler „aus der Gemeinschaft“ ausgeschlossen worden. Sie engagierten daraufhin für 150 Denare den Bekenner Natalius als Bischof (Euseb, Historia ecclesiastica 5,28,8–10). Religiöse und philosophische Gruppenidentität fallen also offenbar zusammen, geistliche Leitung und philosophische Leitung sind aber nicht unbedingt identisch. Theodot kann die neue Gruppe offenbar religiös nicht führen, sondern bedarf dafür eines charismatisch legitimierten „Bekenners“, der auch bezahlt wird. Man sollte auch vorsichtig sein, den Unterricht in den christlich-philosophischen Schulen sofort mit Katechumenenunterricht gleichzusetzen; vgl. dazu (für Rom) Gemeinhardt 2007, S. 100; (für Alexandrien) Scholten 1995; zum Ganzen auch Lampe 1989, S. 290–294, 334– 345. 56 Vgl. dazu jetzt zusammenfassend Markschies 2012, hier: S. 59–66.

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konstantinischer Zeit gefunden hat. Aus seinen späteren Lebensjahren, als Origenes bereits nach Kaisareia übergesiedelt war, besitzen wir ein offenbar authentisches stenographisches Protokoll einer Disputation mit einem Bischof aus Arabia [467] namens Herakleides (etwa 244/249 n. Chr.).57 In dieser Disputation versuchte Origenes unter anderem die Einheit Gottes und die Differenzierung in Vater und Sohn miteinander in Beziehung zu setzen. Dabei bediente er sich biblischer Beispiele: Adam und Eva seien verschieden, aber ein Fleisch (vgl. Gen 2,24; Mt 19,5). Der Gerechte ist unterschieden von Christus und ihm untergeordnet, aber eines Geistes mit ihm (vgl. I Kor 6,17). Dementsprechend sei unser Herr und Heiland ein anderer als der Vater und Gott des Alls, aber beide seien verbunden durch ihre Gottheit. In diesem Sinne heiße es in Joh 10,30: „Ich und der Vater sind eins.“ Nur so könne man einerseits die Wahnvorstellung einer „Monarchie“ vermeiden, bei der der Sohnestitel bestritten und damit implizit auch der Titel des Vaters geleugnet werde, und falle man andererseits auch nicht in das gegenseitige Extrem, die Gottheit des Sohnes in Abrede zu stellen.58

57 Vgl. Daley 1992, S. 4. 58 Dialogus 3–4: „[…] Ἀλλὰ γὰρ ὁ ἀνὴρ καὶ γυνὴ ,οὐκέτι εἰσὶν δύο ἀλλὰ σὰρξ μία‘ [Mt 19,6], καὶ ὁ ἄνθρωπος ὁ δίκαιος καὶ ὁ Χριστὸς πνεῦμα ἕν· οὕτως ὁ σωτὴρ ἡμῶν καὶ κύριος πρὸς τὸν πατέρα καὶ θεὸν τῶν ὅλων ἐστὶν οὐ μία σάρξ, οὐχὶ ἓν πνεῦμα, ἀλλὰ τὸ ἀνωτέρω καὶ σαρκὸς καὶ πνεύματος, εἷς θεός. Ἔδει γὰρ ἐπὶ μὲν ἀνθρώπων κολλωμένων ἀλλήλοις τὸ ‚σαρκὸς‘ ὄνομα κεῖσθαι, ἐπὶ δὲ δικαίου ἀνθρώπου κολλωμένου Χριστῷ τὸ ‚πνεῦμα‘ ὄνομα κεῖσθαι, ἐπὶ δὲ Χριστοῦ ἑνουμένου τῷ πατρὶ οὐ τὸ ‚σάρξ‘, οὐ τὸ ‚πνεῦμα‘ ὄνομα κεῖσθαι, ἀλλὰ τούτων τιμιώτερον τὸ ‚θεός‘. Ὅθεν τὸ ,Ἐγὼ καὶ ὁ πατὴρ ἕν ἐσμεν‘ [Joh 10,30] οὕτω νοῶμεν. Εὐχώμεθα διὰ μὲν τοὺς τηροῦντες τὴν δυάδα, διὰ δὲ τοὺς ἐμποιοῦντες τὴν ἑνάδα, καὶ οὕτως οὐδὲ εἰς τὴν γνώμην τῶν ἀποσχισθέντων ἀπὸ τῆς ἐκκλησίας εἰς φαντασίαν μοναρχίας ἐμπίπτομεν, ἀναιρούντων υἱὸν ἀπὸ πατρὸς καὶ δυνάμει ἀναιρούντων καὶ τὸν πατέρα, οὔτε εἰς ἄλλην ἀσεβῆ διδασκαλίαν ἐμπίπτομεν τὴν ἀρνουμένην τὴν θεότητα τοῦ Χριστοῦ“; Scherer 1960, S. 60–62, Z. 18–27, 1–9. „Denn Mann und Frau sind ‚nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch‘ und der gerechte Mensch und Christus sind ein Geist. Ebenso sind auch unser Heiland und Herr im Bezug auf den Vater und Gott des Alls nicht ein Fleisch und auch nicht ein Geist, sondern etwas, das höher steht als Fleisch und Geist: ein Gott. Denn es ist notwendig, bei miteinander verbundenen Menschen den Begriff ‚Fleisch‘, bei dem gerechten Menschen, der mit Christus verbunden ist, den Begriff ‚Geist‘, bei Christus aber, der mit dem Vater vereint ist, nicht ‚Fleisch‘ oder ‚Geist‘ zu verwenden, sondern etwas, das wertvoller ist als sie: ‚Gott‘. Deshalb wollen wir den Spruch ‚Ich und der Vater sind eins‘ in dieser Weise verstehen. Wir wollen aber so beten, dass wir bisweilen die Zweiheit [Gottes] bewahren und bisweilen die Einheit betonen; so verfallen wir weder auf die Meinung derer, die sich von der Kirche abgespalten haben, auf die Fantasievorstellung einer Monarchie, wobei sie den Sohn vom Vater abreißen und damit implizit auch den Vater selbst zerstören, noch auf die andere gottlose Lehre, die die Gottheit Christi leugnet.“ Vgl. dazu auch Uríbarri Bilbao 1996, S. 350–359. Der einzige weitere Beleg für monarchia findet sich bei Origenes in der Predigt „De pascha“ 2,9; Witte 1993, S. 136, Z. 24: „[…] ἐν δεκάτῃ, ἐν πληρώματι μοναρχίας.“ Hier geht es allerdings in erster Linie um

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Hier wird erkennbar, dass der Begriff „Monarchie“, der in der Diskussion mit Gnostikern gute Dienste geleistet hatte, nun nicht nur in Rom selbst, sondern [468] auch andernorts in der innerchristlichen Diskussion strittig geworden war, weil sich mit seiner Hilfe über das Verhältnis von dem Schöpfergott und der Erlöserfigur Christus nichts Befriedigendes aussagen ließ. In Rom selbst hielt man demgegenüber in führenden Kreisen wenigstens dem Namen nach an einer monarchianisch orientierten Theologie fest, die dann freilich durch Elemente der Logos-Christologie angereichert wurde. Das tritt besonders deutlich bei Bischof Dionysios von Rom hervor, der um 260 n. Chr. in einer kontroverstheologischen Schrift „Κατὰ τῶν τὰ Σαβελλίου φρονούντων“ („Gegen die Anhänger der Lehren des Sabellius“) die monarchia geradezu als „die erhabenste Verkündigung der Kirche Gottes“ bezeichnet, dann diese aber nicht nur gegen die verteidigt, die „die Monarchie in drei unbestimmte Kräfte, Hypostasen und Gottheiten teilen“, sondern der dann auch umgekehrt gegen die Sabellianer auf der Unterschiedenheit von Vater, Sohn und Geist insistiert.59 Dionysios versteht sich dabei selbst als Monarchianer, weil er, wie er sagt, „die göttliche Dreiheit auf einen Punkt, gleichsam auf einen Scheitelpunkt (ich verstehe unter diesem den Gott, der über das All herrscht) zurückführen und in demselben zusammenfassen“ möchte. Hier scheint noch deutlich das alte Anliegen der Monarchianer durch, die an einer monistischen Weltdeutung festhalten wollen.60 [469]

den typologischen Gegensatz zwischen dem zehnten Monatstag, an dem Pesach gefeiert werden soll (vgl. Ex 12,3), und der „Fülle der (göttlichen) Einherrschaft“. Dazu Buchinger 2005, hier: Bd. 1, S. 272: „Die genaue Assoziation des ‚Zehnten‘ mit der ‚Fülle der Monarchie‘ bleibt dunkel.“ 59 Die Echtheit dieser Schrift, die man des Öfteren bestritten hat, setze ich hier voraus. Vgl. zum Ganzen auch Peterson 1935 (1994), S. 41–43; Bienert 1978, S. 207 f., 211–217; Uríbarri Bilbao 1996, S. 459–483. 60 Athanasius, De decretis 26,2–3: „Ἑξῆς δ’ ἂν εἰκότως λέγοιμι καὶ πρὸς τοὺς διαιροῦντας καὶ κατατέμνοντας καὶ ἀναιροῦντας τὸ σεμνότατον κήρυγμα τῆς ἐκκλησίας τοῦ θεοῦ, τὴν μοναρχίαν, εἰς τρεῖς δυνάμεις τινὰς καὶ μεμερισμένας ὑποστάσεις καὶ θεότητας τρεῖς. πέπυσμαι γὰρ εἶναί τινας τῶν παρ’ ὑμῖν κατηχούντων καὶ διδασκόντων τὸν θεῖον λόγον ταύτης ὑφηγητὰς τῆς φρονήσεως, οἳ κατὰ διάμετρον, ὡς ἔπος εἰπεῖν, ἀντίκεινται τῇ Σαβελλίου γνώμῃ. Ὁ μὲν γὰρ βλασφημεῖ αὐτὸν τὸν υἱὸν εἶναι λέγων τὸν πατέρα καὶ ἔμπαλιν, οἱ δὲ τρεῖς θεοὺς τρόπον τινὰ κηρύττουσιν, εἰς τρεῖς ὑποστάσεις ξένας ἀλλήλων παντάπασι κεχωρισμένας διαιροῦντες τὴν ἁγίαν μονάδα. ἡνῶσθαι γὰρ ἀνάγκη τῷ θεῷ τῶν ὅλων τὸν θεῖον λόγον, ἐμφιλοχωρεῖν δὲ τῷ θεῷ καὶ ἐνδιαιτᾶσθαι δεῖ τὸ ἅγιον πνεῦμα. ἤδη καὶ τὴν θείαν τριάδα εἰς ἕνα, ὥσπερ εἰς κορυφήν τινα, τὸν θεὸν τῶν ὅλων τὸν παντοκράτορα λέγω, συγκεφαλαιοῦσθαί τε καὶ συνάγεσθαι πᾶσα ἀνάγκη. Μαρκίωνος γὰρ τοῦ ματαιόφρονος δίδαγμα εἰς τρεῖς ἀρχὰς τῆς μοναρχίας τομὴ καὶ διαίρεσις, παίδευμα ὂν διαβολικόν, οὐχὶ δὲ τῶν ὄντως μαθητῶν τοῦ Χριστοῦ καὶ τῶν ἀρεσκομένων τοῖς τοῦ σωτῆρος μαθήμασιν. Οὗτοι γὰρ τριάδα μὲν κηρυττομένην ὑπὸ τῆς θείας γραφῆς σαφῶς ἐπίστανται, τρεῖς δὲ θεοὺς οὔτε παλαιὰν οὔτε καινὴν διαθήκην κηρύττουσαν“; Opitz 1941, S. 22,

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Blicken wir schließlich noch auf die Verwendung des „Monarchie“-Begriffs in der lateinischen Literatur, so stellen wir zu unserer Überraschung fest, dass es hier die Christen sind, die den Terminus erstmals in diese Sprache als Fremdwort einführen.61 Dies geschieht auch nicht beiläufig, sondern sogleich in einem prägnanten Zusammenhang, nämlich vermutlich im Rahmen der Diskussion um dieselbe theologische Gruppe, gegen die Hippolyt bereits Stellung genommen hatte.62 In seinem Traktat „Gegen Praxeas“ (etwa 210/211 n. Chr.) argumentiert der nordafrikanische Rhetor Tertullian gegen einen Philosophen dieses Namens

Z. 6–16. „Nun werde ich mit Recht gegen diejenigen sprechen, welche die erhabenste Lehre der Kirche Gottes, die Monarchie, in gewisse drei Kräfte und getrennte Hypostasen und drei Gottheiten teilen und zerschneiden und so zerstören. Denn ich habe gehört, dass einige von denen, die bei euch das Wort Gottes verkündigen und lehren, diese Ansicht aufstellen, welche, um mich so auszudrücken, die Meinung des Sabellius geradezu durchkreuzen. Denn dieser lästert dadurch, dass er sagt, der Sohn selbst sei der Vater, und umgekehrt; jene aber lehren gewissermaßen drei Götter, indem sie die heilige Einheit in drei einander fremde, von einander völlig getrennte Hypostasen teilen. Denn das göttliche Wort muss mit dem Gotte aller Dinge vereint sein; und der Heilige Geist muss in Gott verbleiben und wohnen; und endlich ist es durchaus nothwendig, dass die göttliche Dreiheit auf einen Punkt, gleichsam auf einen Scheitelpunkt (ich verstehe unter diesem den Gott, der über das All herrscht) zurückgeführt und in demselben zusammengefasst werde. Denn die Lehre des sinnlosen Markion, welche die Monarchie in drei Herrschaften zerschneidet und teilt, ist teuflisch, nicht aber [die Lehre] der wahren Jünger Christi und derjenigen, welche an den Lehren des Erlösers Wohlgefallen finden. Denn diese wissen gar wohl, dass von der göttlichen Schrift zwar eine Dreiheit verkündet werde, drei Götter aber weder das Alte noch das Neue Testament lehre.“ Vgl. auch De decretis 26,7: „Οὔτ’ οὖν καταμερίζειν χρὴ εἰς τρεῖς θεότητας τὴν θαυμαστὴν καὶ θείαν μονάδα οὔτε ποιήσει κωλύειν τὸ ἀξίωμα καὶ τὸ ὑπερβάλλον μέγεθος τοῦ κυρίου, ἀλλὰ πεπιστευκέναι εἰς θεὸν πατέρα παντοκράτορα καὶ εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν τὸν υἱὸν αὐτοῦ καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα, ἡνῶσθαι δὲ τῷ θεῷ τῶν ὅλων τὸν λόγον·,ἐγὼ‘ γάρ, φησί, ,καὶ ὁ πατὴρ ἕν ἐσμεν‘ [Joh 10,30]· καὶ ,ἐγὼ ἐν τῷ πατρί, καὶ ὁ πατὴρ ἐν ἐμοί‘ [Joh 14,10]. Οὕτω γὰρ ἂν καὶ ἡ θεία τριὰς καὶ τὸ ἅγιον κήρυγμα τῆς μοναρχίας διασώζοιτο“; Opitz 1941, S. 23, Z. 10–16 (Interpunktion leicht verändert). „Die bewunderungswürdige und göttliche Einheit darf also nicht in drei Gottheiten getheilt, und die Würde und unermessliche Größe des Herrn nicht durch das Wort ‚Machung‘ verringert werden; sondern man muss glauben an Gott den allmächtigen Vater, an Christus Jesus seinen Sohn, und an den Heiligen Geist, und dass das Wort mit dem Gotte des Alls vereint sei. Denn ‚ich‘, sagt er, ‚und der Vater sind eins‘. und: ‚Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir.‘ Denn so wird sowohl die göttliche Dreiheit als auch die heilige Verkündigung der Monarchie erhalten.“ Übersetzungen nach BKV2 (verändert). 61 Vgl. bereits Rebenich 2012, Sp. 1121; ferner Lumpe 1960, S. 1400 f. 62 Vgl. zum Ganzen Peterson 1935 (1994), S. 37–39; Uríbarri Bilbao 1996, S. 141–227. Der einzige Beleg für den Gebrauch von monarchia bei Tertullian außerhalb von Adversus Praxean findet sich in De cultu feminarum (2,6,4) in einem Zweig der Textüberlieferung, wo aber eine Textverderbnis vorliegen dürfte. Vgl. dazu Braun 1955, hier: S. 39–46. Turcan und Isetta nehmen die Lesart darum auch nicht in den Text auf; vgl. Turcan 1971, z. St.; Isetta 1986, z. St.; ferner Uríbarri Bilbao 1996, S. 143, Anm. 3.

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(möglicherweise ein Pseudonym), der aus Rom stamme, aber neuerdings in Karthago sein Unwesen treibe.63 Er habe die Identität von Vater und Sohn gelehrt. Dabei benutzten Praxeas und seine Anhänger (die Tertullian unter die simplices zählt)64 den Begriff [470] monarchia, um die enge Einheit von Vater, Sohn und Geist zum Ausdruck zu bringen. In Karthago gehörten zu dieser Gruppe offenbar sowohl Lateiner als auch Griechen. Tertullian mokiert sich über die Lateiner, die sich eines griechischen Wortes befleißigten, das sie nicht verstünden (3,2), und bietet eine Definition: Monarchia meine eine „einzelne und einzige Herrschaft“ (singulare et unicum imperium). Das klingt zunächst so, als fehle der andere von mir angeführte Aspekt der Einursprünglichkeit. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass Tertullian die göttliche Monarchie, die er trinitarisch versteht, durch Rückgriff auf den politischen Bereich von einem rein numerischen Verständnis von göttlicher Einzigkeit abzugrenzen sucht, um sich damit des Vorwurfs eines Ditheismus beziehungsweise Tritheismus zu erwehren. Dabei greift er Argumentationsmuster auf, wie sie in der Antike ganz gängig gewesen sind (hier allerdings zur Vermittlung zwischen Polytheismus und Monotheismus)65 und wie wir sie andeutungsweise auch bei Philon gesehen hatten. Denn, so führt Tertullian aus, zur Ausübung der göttlichen monarchischen Herrschaft gehörten ja auch „Legionen und Heere von Engeln“ (legiones et exercitus angelorum) sowie ein komplexer himmlischer Verwaltungsapparat.66 Dennoch ist auch bei Tertullian die Erkenntnis, dass „Monarchie“ nicht nur Allein-Herrschaft, sondern auch Allein-Ursprünglichkeit beinhaltet, durchaus noch lebendig, wenn er sagt: Denn von Zerstörung der Monarchie solltest du nur dann sprechen, wenn eine andere Herrschaft von spezieller Art und eigener Beschaffenheit und damit eine Rivalin auf den Plan tritt, wenn ein anderer Gott gegen den Schöpfer eingeführt wird, dann ist das schlecht. Wenn nach Leuten wie Valentin und Prodicus mehrere Götter eingeführt werden, dann geschieht das zur Zerstörung der Monarchie, denn es geschieht zur Vernichtung des Schöpfers.67

63 Dabei wird vorausgesetzt, dass der in Adversus Praxean 1,6 genannte doctor tatsächlich Praxeas ist. Zu Praxeas vgl. Lampe 1989, S. 294 f.; Sieben 2001, S. 27–52. 64 Ob sich aus derartiger Polemik tatsächlich sozialgeschichtliche Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Träger der Lehre ziehen lassen ist fraglich; vgl. Lampe 1989, S. 294 mit Anm. 671, S. 322 f., v. a. S. 322: „Das ungebildete Volk neigte zu modalistischen Vorstellungen“; ähnlich schon Harnack 1909 (1990), hier: Bd. 1, S. 735. 65 Vgl. dazu die Literatur in Anm. 15. 66 Vgl. Adversus Praxean 3,4–5; vgl. dazu Rebenich 2012, Sp. 1168 f. 67 Vgl. Adversus Praxean 3,6: „Eversio enim monarchiae illa est tibi intellegenda cum alia dominatio suae condicionis et proprii status ac per hoc aemula superducitur, cum alius Deus infertur adversus creatorem, tunc male; cum plures, secundum Valentinos et Prodicos: tunc

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Die Erwähnung der Gnostiker Valentin und Prodikos kommt hier sehr unvermittelt. Sie zeigt, dass sich Tertullian der oben dargestellten Verwendung des Begriffs in der antignostischen Kontroversliteratur durchaus noch bewusst war. Es geht im theologischen Diskurs um die Monarchie immer auch um den Ursprung des Kosmos beziehungsweise um die Schöpfung. Tertullian setzt sich gegen den Vorwurf, eine trinitarische Struktur von Gottheit sei a priori antimonarchisch, zur Wehr, indem er Gott in Vater, Sohn und Geist differenziert, dabei aber streng subordinatianisch versteht: Nur der Vater ist die „ganze Substanz“ (tota substantia); der Sohn ist davon nur eine „Ableitung“ (derivatio) oder ein „Anteil“ (portio; 9,2).68 Tertullian lehnt den Monarchiebegriff selbst keineswegs ab, sondern identifiziert ihn mit dem lateinischen Begriff reg[471] num. Von der Herrschaft werde aber in I Kor 15,24–25 gesagt, dass sie bis zum Ende beim Sohn liege. Der Monarchiebegriff umfasst demnach in heilsgeschichtlicher Perspektive bei Tertullian nicht die Trinität insgesamt; vielmehr lag die Alleinherrschaft zunächst beim Vater, wurde sodann bei der vorzeitlichen Zeugung dem Sohn übergeben und wird am Ende wieder zum Vater zurückkehren.69 Der Heilige Geist hat demgegenüber primär eine kerygmatische Funktion: er ist praedicator monarchiae. Sodann ist er aber für den Montanisten Tertullian auch „Deuter der Heilsgeschichte“ (oikonomiae interpretator).70 Hier wie anderswo71 möchte der Rhetor aus Karthago dann allerdings den Begriff der Monarchie durch den der Ökonomie (oikonomia) ausbalancieren und benutzt die Begriffe auch durchgängig komplementär. Die Einheit Gottes darf nicht gegen die heilsgeschichtlich erkennbare Dreiheit ausgespielt werden.72 Unterscheidung (distinctio) ist nicht dasselbe wie Trennung (divisio). In diesem Teil der Argumentation fällt dann auch zum ersten Mal in der altkirchlichen Literatur der Begriff monarchiani, hier als Bezeichnung für die Anhänger des Praxeas: „Auf diese Weise ist da entweder der Vater oder der Sohn, und der Tag ist nicht dasselbe wie die Nacht, und der Vater nicht dasselbe wie der Sohn, sodass sie beide einer sind, und jedes von ihnen auch der andere, wie diese überaus törichten Monarchianer es wollen. ‚Er selbst‘, sagen sie, ‚hat sich zum Sohn gemacht.‘“ 73

in monarchiae eversionem, cum in creatoris destructionem“; Sieben 2001, S. 112, Z. 7–12; ebd., S. 113 auch die Übersetzung. 68 Vgl. Adversus Praxean 9,2. 69 Vgl. Adversus Praxean 4,2–3. 70 Vgl. Adversus Praxean 30,5. 71 Vgl. Adversus Praxean 3,1–2; 8,7; 9,1. 72 Vgl. Adversus Praxean 9,1; 10,6 und öfter. 73 Adversus Praxean 10,1: „Ita aut Pater aut Filius est, et neque dies eadem et nox, neque Pater idem et Filius, ut sint ambo unus et utrumque alter, quod vanissimi isti monarchiani

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Tertullian insistiert deshalb auf der Komplementarität von monarchia und oikonomia, weil – wie er in ausführlichen exegetischen Kapiteln deutlich macht – man nur so dem biblischen Befund gerecht wird, während die Monarchianer sich einseitig auf wenige biblische Verse, die die Einheit von Vater und Sohn zum Ausdruck bringen, beschränken.74 Im Übrigen zwinge das Faktum der Inkarnation allein, in den Gottesbegriff Differenzierungen einzubringen, während es bei den Monarchianern in gnostischer Manier lediglich zu einer Aufspaltung des Heilands in einen geistigen Christus (der letztlich mit dem Vater identisch ist) und einen irdischen Jesus führe. Damit werde das Problem jedoch nur aus der Theologie in die Christologie verlegt, aber keineswegs gelöst.75 Zusammenfassend halte ich Folgendes fest: 1) Der in der paganen Schuldiskussion ventilierte Monarchiebegriff wird von christlichen Intellektuellen ab der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. aufgegriffen, [472] wobei die Vermittlung durch jüdisches Schrifttum (Philon) möglich, aber nicht sicher nachgewiesen ist. 2) Im christlichen Verständnis ist „Monarchie“ nicht einfach mit „Monotheismus“ gleichzusetzen. Die Quellen zeigen, dass der Gegensatz Monotheismus – Polytheismus in dem größeren Diskurskontext des Verhältnisses von Gott und Welt steht. 3) Die Verteidigung der göttlichen Monarchie steht zu der Propagierung einer Logos-Christologie zunächst nicht in Konkurrenz, wie man am Beispiel Justins sehen kann, da sich die argumentativen Kontexte voneinander unterscheiden. Die Übernahme des Monarchiebegriffs zielt primär auf die Begründung der Einursächlichkeit und Alleinherrschaft Gottes in Bezug auf den Kosmos. Die LogosChristologie dient demgegenüber dazu, die göttliche Qualität der historischen Person Jesus von Nazareth zu plausibilisieren. 4) Im Zuge der Ausdifferenzierung der christlichen Theologie wird der Monarchiebegriff sodann ad intra verwendet, um einen christlich-gnostischen Dualismus abzuwehren. 5) Gleichzeitig setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Erlöserfigur Christi tatsächlich göttliche Züge trage – eine Erkenntnis, die sich angesichts von auch

volunt. ‚Ipse se, inquiunt, Filium sibi fecit‘“; Sieben 2001, S. 138, Z. 1–4; ebd., S. 139 auch die Übersetzung. Vgl. dazu auch Braun 1977, S. 71–74, der der Auffassung ist, Tertullian habe sich den Begriff monarchia nie zu eigen gemacht, weil er zu diskreditiert gewesen sei. 74 Vgl. Adversus Praxean 20,1. 75 Vgl. Adversus Praxean 27. Dazu auch Verhoeven 1951.

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in Rom persistierenden Engelchristologien76 und von adoptianischen Vorstellungen keineswegs von selbst verstand und eng mit der Ausbildung des neutestamentlichen Kanons zusammenhängen dürfte. Dies zwingt zur systematischen Reflexion über Gott in seiner Funktion als Schöpfer im Verhältnis zu seiner Funktion als Erlöser. Im Zuge dieser Entwicklung sehen sich die Protagonisten der göttlichen Monarchie zunehmend in der Defensive gegenüber anderen christlichen Denkschulen, die logos-christologisch argumentieren. Sie wehren sich unter anderem mit dem Argument, bei den Logos-Christologen bestehe die Gefahr einer Zersplitterung des Gottesverständnisses. 6) Der Sitz im Leben im Diskurs der Philosophenschulen bleibt dabei grundsätzlich bestehen; er wird aber überlagert von einer neuen institutionellen Struktur, der Kirchengemeinde. 7) Gleichzeitig wandelt sich der Diskurs über Gott und den Kosmos in einen Diskurs über Gott als Gott. In diesem Stadium kann man von einer in mehrere Schulen differenzierten theologischen Richtung der Monarchianer sprechen. 8) Bis zum Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. findet sich in der christlichen Theologie, soweit ich sehen kann, nirgends eine politische Verwendung des Monarchiebegriffs. Nur Tertullian vergleicht gelegentlich die göttliche monarchia mit dem irdischen Reich, aber sein Verweis auf die Teilung der Herrschaft unter dem späten Septimius Severus in „Adversus Praxean“ dient nur illustrativen Zwecken. Dieser Befund erlaubt nun allerdings nicht den Schluss, dass es keine politische Theologie gegeben habe, die sich dem Prinzipat beziehungsweise dem spätantiken [473] Kaisertum gegenüber affirmativ verhielt.77 Angefangen vom Römerbrief des Apostels Paulus ist das Gegenteil der Fall. In dieser Spielart der christlichen Apologetik spielte dann auch die Parallelisierung von himmlischer und irdischer Monarchie eine Rolle. Bekannt sind die Äußerungen Melitos von Sardes und des Origenes, in denen eine Parallelität zwischen der Ausdehnung des Imperium Romanum und der Entstehung und Verbreitung des Christentums hergestellt wird, um die Christen vom Vorwurf der Illoyalität und der Schädlichkeit des christlichen Kultes zu entlasten.78 Melito und Origenes bedienen sich dabei jedoch nicht des hier skizzierten Monarchiebegriffs. Parallelisiert werden auch nicht die göttliche und die irdische Alleinherrschaft per se; vielmehr wird

76 Vgl. dazu Grillmeier 1990 (2004), S. 150–157. 77 Vgl. dazu im Einzelnen Peterson 1935 (1994), S. 44–47; Kinzig 1994, S. 441–483; Rebenich 2012, Sp. 1169 f. 78 Klassische Stellen: Melito, Apologia frg. 1 (= Euseb, Historia ecclesiastica 4,26,7–8) und Origenes, Contra Celsum 2,30. Gegenentwurf: Hippolyt, Commentarii in Danielem 4,9,2–3.

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ein providenzieller Zusammenhang hergestellt zwischen der Herrschaft des Augustus und der Herrschaft Christi – und eben nicht der des Schöpfers. Melito spricht in diesem Zusammenhang überhaupt nicht von Monarchie. Origenes hebt nur die Alleinherrschaft des Augustus hervor, nicht aber die Christi oder des Vaters. Erst in der Reichstheologie Eusebs wird das anders.79 Der Bischof von Kaisareia sieht nun tatsächlich einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Durchsetzung des Monotheismus und der vom irdischen Monarchen gewährleisteten pax Romana: Bei ihm verdankt sich die gegenwärtige Reichseinheit unter Konstantin der Alleinherrschaft des christlichen Gottes. Mit dieser Gegenwartsdeutung, die streckenweise eschatologische Züge trägt, geht dann ein Wahrnehmungsdefizit der realen Verhältnisse einher, wie sie im Römischen Reich der Spätantike bestanden. Doch ist das ein anderes Thema.

79 Vgl. zum Folgenden Peterson 1935 (1994), S. 47–51; Kinzig 1994, S. 520 f., 529–531, 544 f., 546–549.

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses Neue Überlegungen zu einem alten Problem Abstract: Recently, a new Ethiopic version of the creed contained in the Traditio Apostolica has been discovered. It is virtually identical to the Latin version which has been preserved in the cod. Verona, Biblioteca Capitolare, LV (53) (Fragmentum Veronense) which raises fresh questions about the age of this text. This article offers a reconstruction of its original Greek version, which clearly originates from Rome and which is similar to, but not identical with, the Roman Creed as first attested by Marcellus of Ancyra. The discussion of the age and textual lineage of the reconstructed version has led to a new hypothesis regarding the pre-history of the Roman Creed.

I Eine Geschichte des Glaubensbekenntnisses zu schreiben, ähnelt streckenweise dem Versuch, Pudding in der hohlen Hand zu transportieren: Die Quellen entgleiten einem immer wieder bei dem Versuch, eine kohärente Darstellung zu entwickeln. Dies gilt vor allem für zwei der wichtigsten Phasen der Bekenntnisentwicklung: die Entstehung und Anerkennung des Bekenntnisses von Konstantinopel 381 und die Entstehung des altrömischen Glaubensbekenntnisses (im folgenden: R). Ersteres Problem habe ich unlängst in einer eigenen Monographie behandelt,1 letzteres Thema soll im Folgenden auf einer gegenüber der früheren Forschung erfreulich erweiterten Quellengrundlage wieder aufgegriffen und – soweit derzeit möglich – einer Lösung zugeführt werden.

1 Vgl. Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021.

Anmerkung: Ich danke den Mitgliedern meines Habilitand*innen- und Doktorand*innenseminars in Bonn sowie meiner Tochter Susanna Kinzig für viele hilfreiche Beobachtungen. Außerdem hatte ich die Gelegenheit, meine Überlegungen am 1. März 2019 dem New Testament Seminar an der Universität Oxford vorzustellen, wofür ich herzlich Herrn Prof. Dr. Markus Bockmuehl danke. Herr Dr. Alistair Stewart hat mir freundlicherweise die in Deutschland bislang nur selten vorhandene zweite Auflage seiner Rekonstruktion der Traditio Apostolica zur Verfügung gestellt. https://doi.org/10.1515/9783110720945-006

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Blicken wir zunächst auf die Quellenlage: (1) Das altrömische Bekenntnis, von dem unser Apostolisches Glaubensbekenntnis abstammt, ist bekanntlich zuerst 340/341 von Markell von Ankyra in seinem Brief an Papst Julius (FaFo § 253) und erneut, etwa ein Jahrhundert später, in den Schriften Leos des Großen (FaFo § 255) bezeugt. Zusätzlich ist es in fragmentarischer Form in der Expositio symboli Rufins überliefert (FaFo § 254b; Datum: 404 oder kurz danach), worin der Verfasser Abweichungen des Symbols von Aquileia von dem Roms diskutiert. Es bildete gegen Ende des Katechumenats den Kern in den feierlichen liturgischen Akten der „Übergabe“ des Symbols an die Taufbewerber und dessen anschließender „Rückgabe“ (Traditio bzw. Redditio symboli).2 (2) Aus der Zeit vor dem 4. Jahrhundert konnte ich darüber hinaus vor einigen Jahren ein kurzes interrogatorisches Bekenntnis identifizieren, welches während des Taufaktes rezitiert wurde und älter als R ist. Es ist uns im Altgelasianischen Sakramentar überliefert, das in der heutigen Form wohl aus dem 7. Jahrhundert stammt. Die Tauffragen könnten bereits in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts ebenfalls in Rom entstanden sein.3 (3) Offenbar zirkulierte um 200 noch eine leicht erweiterte Fassung dieser Tauffragen, die ich unlängst aus Äußerungen Tertullians und Hippolyts rekonstruiert habe.4 (4) Bevor diese Tauffragen bekannt waren, hatte man lange Zeit angenommen, dass noch ein anderes Glaubensbekenntnis in Frageform in der Hauptstadt des Reiches in Gebrauch gewesen sei, welches in der sogenannten Traditio Apostolica (TA) enthalten ist. Diese Kirchenordnung, die man Hippolyt von Rom († 235) zuschrieb, hat der Forschung allerdings immer großes Kopfzerbrechen bereitet. Die Überlieferung der TA, die nur in Übersetzungen und erheblichen Überarbeitungen erhalten geblieben ist, bietet schwerwiegende Probleme, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können.5 Sowohl die Autorschaft Hippolyts als auch die römische Provenienz der Kirchenordnung sind in der Forschung äu-

2 Zu Einzelheiten vgl. Kinzig, Formation, 2019, S. 390–400 [in diesem Band S. 229–240]. 3 Zur Rekonstruktion und den Einzelheiten der Datierung vgl. Kinzig 1999 (2017). Eine (m. E. nicht überzeugende) Kritik dieser Rekonstruktion findet sich in Stewart-Sykes 2009. 4 Zu den Einzelheiten vgl. Kinzig, Christus, 2017. Vgl. Tertullian, Adversus Praxean 1,1; 2,1 (FaFo § 110; für Praxeas); De virginibus velandis 1,4 (FaFo § 111c); Hippolyt, Refutatio omnium haeresium 9,11,3 (FaFo § 112 für Zephyrinus). Ferner Epiphanios, Panarion 57,1,8 (FaFo § 108b). 5 Zum Forschungsstand vgl. u. a. Steimer 1992, S. 28–48; Markschies 1999; Bradshaw/Johnson/Phillips 2002, S. 1–6, 11–15; Stewart(-Sykes) 2015, S. 15–63; Bradshaw 2018.

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ßerst strittig, wobei neuerdings die Forscher, welche beide Punkte in Zweifel ziehen, in der Mehrzahl zu sein scheinen.6 Ich habe selbst die Auffassung geäußert, dass die zahlreichen Übersetzungen und Versionen der TA von dem Vorgang ihrer Verwendung und das heißt: Anpassung an spezifische neue historische Situationen nicht getrennt werden können und es daher methodisch schwierig ist, bei Abweichungen im Wortlaut die älteste Fassung zu rekonstruieren.7 Dies trifft in besonderer Weise auf das interrogatorische Taufbekenntnis zu, welches Teil der TA war. Es galt, wie gesagt, früher in der Forschung weithin als das älteste erhaltene Symbol und wurde meist in die Zeit um 200 oder sogar noch früher datiert.8 Dabei war jedoch sein genauer Wortlaut ungewiss. Die sahidische Übersetzung und die verwandten arabischen, äthiopischen und bohairischen Übertragungen sowie die diversen Bearbeitungen weichen erheblich voneinander ab.9 Dementsprechend vorsichtig wird man an diesem Punkt mit den Rekonstruktionsversuchen umgehen müssen, die Gregory Dix, Bernard Botte und (im Wesentlichen auf Bottes Arbeit fußend) Wilhelm Geerlings vorgeschlagen haben.10 Schon ein flüchtiger Blick in eine synoptische Darstellung der unterschiedlichen Zeugen für die TA11 zeigt, dass v. a. im zweiten und dritten Artikel kein gemeinsamer Wortbestand mit einiger Sicherheit auszumachen ist. Die Willkürlichkeit der Rekonstruktionen von Dix und Botte wird daran deutlich, dass sich Dix im zweiten Artikel i.w. an die Fassung des koptischen Textes hält, während Botte mehr dem Fragmentum Veronense (dazu gleich unten) folgt, ohne dass beide dafür jeweils zwingende Gründe angeben könnten. Im dritten Artikel folgt Dix wiederum dem Koptischen, während Botte hier eine Fassung bietet, die in unseren Zeugen so nirgends belegt ist. Infolgedessen ha-

6 Vgl. etwa die in Kinzig 1999 (2017), S. 251, Anm. 43 zusammengestellten Stimmen; ferner Markschies 1999; Bradshaw/Johnson/Phillips 2002, S. 1–6; Westra 2002, S. 55; Stewart(-Sykes) 2015, S. 28–38. Vgl. dazu auch die Kontroverse zwischen Bradshaw und Johnson auf der einen und Stewart-Sykes auf der anderen Seite: Bradshaw 2004; Stewart-Sykes 2004; Johnson 2005; Stewart-Sykes 2009. 7 Vgl. Kinzig 1999 (2017), S. 251 f. 8 Siehe auch unten S. 169. 9 Vgl. FaFo §§ 89d–f. Die arabische Fassung des Testamentum Domini enthält, soweit bisher publiziert, keine Tauffragen, sondern ein deklaratorisches Glaubensbekenntnis. Vgl. Baumstark 1901, S. 37: „Confiteor te, Deus, Pater omnipotens, et Filium tuum unicum Iesum Christum et Spiritum tuum sanctum. Amen. Amen. Amen.“ Zum Problem der Textüberlieferung der arabischen Version vgl. Steimer 1992, S. 97; Bradshaw/Johnson/Phillips 2002, S. 11. 10 Dix/Chadwick 1992 (ursprünglich 1937), S. 35–37 (= FaFo § 89a1); Botte 1989, S. 49–51 (= FaFo § 89a2); Geerlings in: Schöllgen/Geerlings 2000, S. 261–263. Vgl. ferner Kelly 1972, S. 95 (= Botte); ebenso Smulders 1970/71, S. 242. 11 Vgl. Synopse 1 im Anhang.

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ben auch die jüngsten Editoren der TA auf eine Rekonstruktion verzichtet und geben die Quellen stattdessen in synoptischer Form wieder.12 Aus diesem Befund ergab sich also bis vor kurzem der Eindruck eines non liquet. Ältester Zeuge für die TA war bisher das sog. Fragmentum Veronense (abgek. TAL) im cod. Verona, Biblioteca Capitolare, LV (53).13 Der ursprüngliche lateinische Text dieses Palimpsests dürfte aus dem späten 5. Jahrhundert stammen. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Übersetzung aus dem Griechischen, deren Datierung allerdings schwierig ist. In der Forschung wird hierfür aus stilistischen Gründen wie aufgrund der Tatsache, dass die Bibelzitate der Übersetzung noch nicht die Vulgata-Fassung widerspiegeln, fast durchweg die 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts angegeben, während man den Übersetzer in einer möglicherweise arianischen Gemeinde in Norditalien lokalisiert.14 Letzteres ist aber nichts weiter „than an interesting guess“,15 und auch die Datierung steht auf tönernen Füßen. Denn wie Tidner gezeigt hat, gehen die Bibelzitate in der TA auch nicht auf die Vetus Latina zurück, sondern wurden vom Übersetzer selbst übertragen.16 Und ob man tatsächlich aus grammatikalischen Besonderheiten eine Datierung im 4. Jahrhundert begründen kann, scheint mir doch eher zweifelhaft zu sein. Gewichtige Stimmen haben auch für eine spätere Ansetzung plädiert.17

II Diese Situation hat sich nun freilich dadurch grundlegend verändert, dass Alessandro Bausi unlängst eine neue Fassung der TA aus einem späten äthiopischen Codex (13. Jh.) veröffentlicht hat. Diese in einem komplexen Prozess restaurierte Handschrift (MS Təgrāy, ‘Urā Masqal, Ethio-SPaRe UM-039 [olim C3-IV-73]18) ent-

12 Vgl. Bradshaw/Johnson/Phillips 2002, S. 114–117. Aber siehe immer noch Stewart(-Sykes) in der zweiten Auflage seiner Rekonstruktion der TA von 2015. 13 Vgl. CLA 507 (https://elmss.nuigalway.ie/catalogue/857); www.trismegistos.org/text/66615 (03. 10. 2018). 14 Vgl. Hauler 1896, S. 4, 33–40; Hauler 1900, S. VII–VIII; Steimer 1992, S. 106–113; Bradshaw/ Johnson/Phillips 2002, S. 7 f. 15 Chadwick in: Dix/Chadwick 1992, S. f. 16 Tidner 1963, S. XIV–XX. 17 Cuthbert H. Turner nahm offenbar eine Entstehung in den Jahren 420–430 an; vgl. Dix/ Chadwick 1992, S. LIV. Für eine Datierung gar erst um 500 plädierte Jean Michel Hanssens (Hanssens 1965, S. 19–30). Zum Ganzen auch Markschies 1999, S. 58–60. 18 Beschreibung mit Inhaltsangabe bei Bausi/Camplani 2016, S. 250 f. Überblick über den Restaurierungsprozess: Bausi 2015.

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hält eine Zusammenstellung verschiedener patristischer, liturgischer, kanonischer und historischer Dokumente. Bausi nennt sie die „Aksumitische Sammlung“, da sie aus der aksumitischen Periode (4.–7. Jh.) stammt. Sie enthält auch die neue Version der TA. Die darin aufbewahrten Bekenntnisfragen (TAÄ) stimmen mit der lateinischen Fassung fast völlig überein.19 Ich stelle im Folgenden diese Fassung in der italienischen Übersetzung Bausis neben das Fragmentum Veronense:

Fragmentum Veronense (TAL; FaFo § 89b)

Äthiopischer Text (TAÄ; FaFo § 89c)20

[Lücke]

Credi in un unico Dio onnipotente?

Credis in Christum Iesum, Credi in Cristo Gesù, filium dei, figlio di Dio, qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine nato dallo Spirito Santo e da Maria vergine, et crucifixus sub Pontio Pilato crocifisso sotto Ponzio Pilato, et mortuus est morto et sepultus e sepolto, et resurrexit die tertia vivus a mortuis risorse nel terzo giorno vivo dai morti, et ascendit in caelis e ascese ai cieli et sedit ad dexteram patris e siede alla destra del Padre, venturus iudicare vivos et mortuos? che verrà a giudicare i vivi e i morti? Credis in spiritu sancto et sanctam ecclesiam et carnis resurrectionem?

Credi nello Spirito Santo e nella santa chiesa e nella resurrezione della carne?

Im zweiten Artikel gibt es eine minimale Abweichung: TAL liest hier de spiritu sancto ex Maria virgine, während TAÄ diese Differenzierung nicht vorzunehmen scheint (und darum vielleicht die ältere Fassung aufbewahrt hat).21 Im dritten Artikel ist im äthiopischen Text vom Glauben „an“ die Kirche und die Auferstehung die Rede, während im lateinischen Text ein korrespondierendes zweifaches in fehlt. Die Übereinstimmung der lateinischen und der äthiopischen Fassung der TA, die auch für den restlichen Text (sofern erhalten) zu beobachten

19 Überblick über den status quaestionis bei Bausi/Camplani 2013; Bausi 2014, S. 60–64; Macé u. a. 2015, S. 367–370; Bausi 2016, S. 134–138; Bausi 2020. Parallelen zu anderen Texten aus dieser Handschrift finden sich in weiteren Manuskripten aus Verona; vgl. Bausi/Camplani 2013, S. 222 f. 20 Bausi 2011, S. 44 f. 21 Mein Kollege Alessandro Bausi macht mich allerdings darauf aufmerksam, dass man im Äthiopischen kaum zwischen ex und de unterscheiden kann (Email vom 19. 02. 2019).

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ist, hat Bausi zu der m. E. zwingenden Annahme geführt, dass beide Fassungen auf dieselbe griechische Vorlage zurückgehen, es sich somit in beiden Fällen um Übersetzungen handelt. Dies ist deshalb besonders zu betonen, weil man früher auch angenommen hat, dass das Bekenntnis in der im Fragmentum Veronense erhaltenen Fassung der TA ein ursprünglich lateinisches Bekenntnis ist, welches in die aus dem Griechischen übertragene Traditio Apostolica eingesetzt wurde, um das Symbol an die veränderten Zeitumstände anzupassen.22 Die griechische Vorlage TAG könnte folgendermaßen gelautet haben: 23 Πιστεύεις εἰς ἕνα θεὸν παντοκράτορα;24 Πιστεύεις εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ, τὸν γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου, τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα [oder τὸν σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου] καὶ ἀποθανόντα καὶ ταφέντα καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ [add. τῶν ?] νεκρῶν [oder ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἐκ [τῶν] νεκρῶν] ζῶντα καὶ ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός, ἐρχόμενον [oder ἐλευσόμενον] κρίνειν [oder κρῖναι] ζῶντας καὶ νεκρούς; Πιστεύεις εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα καὶ [εἰς] ἁγίαν ἐκκλησίαν καὶ [εἰς] σαρκὸς ἀνάστασιν;25 Glaubst du an einen einzigen Gott, den Allherscher? Glaubst du an Christus Jesus, den Sohn Gottes, geboren aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria, unter Pontius Pilatus gekreuzigt [oder: gekreuzigt unter Pontius Pilatus], gestorben, begraben, am dritten Tag lebendig auferstanden von den Toten [oder: auferstanden von den Toten am dritten Tag als Lebendiger], aufgestiegen in die Himmel, sitzend zur Rechten des Vaters, kommend zu richten die Lebenden und die Toten? Glaubst du an den Heiligen Geist und [an] die heilige Kirche und [an] die Auferstehung des Fleisches? Die Rekonstruktion ist mit (kleineren) Unklarheiten belastet:

22 So Bradshaw/Johnson/Phillips 2002, S. 126 unter Berufung auf Kinzig 1999 (2017), S. 251 f. (93 f.); Vinzent 1999, S. 189, bei freilich ungenauer Lektüre der dort zu findenden, sehr vorsichtigen Ausführungen. Ferner Markschies 1999, S. 73; Westra 2002, S. 66; Stewart(-Sykes) 2015, S. 24 f. 23 Vgl. auch die englische Rekonstruktion in Stewart(-Sykes) 2015, S. 134, der ebenfalls den aksumitischen Text verwendet, aber etwas andere Schlüsse im Hinblick auf die Vorlage zieht, da er auch Lesarten des Testamentum Domini berücksichtigt (vgl. ebenda., S. 138). Das scheint mir die Dinge unnötig zu komplizieren. 24 Stewart(-Sykes) 2015, S. 134: „Do you believe in God the Father Almighty?“ 25 Stewart(-Sykes) 2015, S. 134: „Do you believe in the Holy Spirit and the holy church and the resurrection of the flesh?“

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Unsicherheit besteht in Bezug auf den ersten Artikel, weil hier die lateinische Parallele fehlt. Dies betrifft insbesondere den Zusatz ἕνα, der aber – aus Gründen, von denen unten noch zu sprechen sein wird – Teil des ursprünglichen Textes bildete.26 Unsicher ist ferner, ob in TAG τὸν σταυρωθέντα dem Pontius Pilatus wie in R nachgestellt war oder aber voranging. Für die Voranstellung von τὸν σταυρωθέντα gibt es sowohl im Osten (Antiochien) als auch im Westen Parallelen.27 Offen ist weiterhin, ob es wie in R τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα oder umgekehrt ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ hieß. Eine mögliche Voranstellung von ἀναστάντα vor τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ hätte in den Abkömmlingen von R keine Parallele,28 ist aber im Osten von Euseb an breit bezeugt und könnte (wenn überhaupt) von daher auf den griechischen Text eingewirkt haben. Schließlich ist unsicher, ob man ἐρχόμενον oder ἐλευσόμενον lesen sollte (die lateinische Übersetzung mit venturus könnte auf letzteres hindeuten, doch ist die andere Partizipform ansonsten bei weitem häufiger).29

Für die Übersetzung des Textes ins Äthiopische (TAÄ) wird das 6. Jahrhundert als spätester Zeitpunkt angegeben.30 Für den terminus ante quem der Abfassung des griechischen Textes kann man noch etwas weiter hinaufgehen, wenn man die lateinische Handschrift dem späten 5. Jahrhundert zuschreibt. Aber wann und wo ist er entstanden? Ich werde zur Beantwortung dieser Frage das Problem der Herkunft der gesamten TA hier hintanstellen und mich im Folgenden auf die darin enthaltenen Glaubensfragen konzentrieren. Es ist kaum zweifelhaft, dass es sich bei TAG um ein westliches Bekenntnis handelt, welches letztlich aus Rom stammen dürfte. Für westliche Herkunft spricht die Kürze des Textes: Im ersten Artikel fehlen die Vaterschaft und die Schöpfungstätigkeit Gottes. Das im Osten so umstrittene Verhältnis zwischen

26 Vgl. hierzu auch den koptischen und arabischen Text der TA sowie den äthiopischen Text im Synodus Alexandrinus in Synopse 1 im Anhang. 27 Vgl. im Osten v. a. die antiochenischen Symbole in Constitutiones Apostolorum 7,41,6 (um 380; FaFo § 182c) sowie bei Euseb von Dorylaeum (429–430; FaFo § 198) und Johannes Cassian (430/431; FaFo § 203). Für Aquileia (und damit möglicherweise auch für Rom) finden wir es ebenfalls bezeugt von Rufin (FaFo § 254b) und später dann von Quodvultdeus (437–453; FaFo § 317a) und Venantius Fortunatus (575–600; FaFo § 329). 28 Vgl. aber den deutlich späteren Text CPL 1762 (5. Jh. oder später; FaFo § 364). 29 Ἐρχόμενον: vgl. nur FaFo §§ 135c; 172b1 und b2; 184e usw. Ἐλευσόμενον: §§ 157[4] (Übersetzung aus dem Lateinischen); 160[3]; 427 (Übersetzung aus dem Lateinischen). 30 Vgl. Bausi 2009, S. 291; Bausi 2015; Bausi/Camplani 2016, S. 250; Bausi 2020, S. 41 f. Vgl. auch Bausi 2010.

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Sohn und Vater wird über die Feststellung der Sohnschaft hinaus im zweiten Artikel nicht näher bestimmt. Umgekehrt sind die Beschreibung der Inkarnation mit der Erwähnung von Heiligem Geist und Jungfrau Maria, die Kreuzigung unter Pontius Pilatus oder die Auferstehung des Fleisches (im Unterschied zu den „Toten“) in den älteren östlichen Symbolen nicht zu finden. Der Zusatz ζῶντα nach ἐκ (τῶν) νεκρῶν ist auffällig und hat ebenfalls nur westliche Parallelen.31 Im dritten Artikel wird neben dem Geist und der Auferstehung des Fleisches die Kirche genannt. Auch hierzu gibt es, wie noch zu zeigen sein wird, signifikante westliche Vergleichstexte.32 Wenn es sich also um ein westliches Bekenntnis handelt, so ist in erster Linie an Norditalien (Mailand oder Aquileia), Nordafrika (Karthago) oder Rom zu denken. Ich glaube, dass man sowohl Norditalien als auch Nordafrika relativ sicher ausschließen kann. Abgesehen davon, dass sich das Symbol sowohl in Mailand als auch in Aquileia, wie es Ambrosius bzw. Rufin bezeugen, von TAG unterscheidet,33 gibt es keine Hinweise darauf, dass die christlichen Gemeinden in diesen Städten überwiegend Griechisch sprachen.34 Was Karthago anbetrifft, so kann man an Tertullian erkennen, dass die dortigen Christengemeinden ebenfalls schon vor dem Ende des 2. Jahrhunderts vorrangig Lateinisch sprachen,35 was für TAG wohl zu früh wäre. Bleibt noch Rom als Ursprungsort. Hier dürfte sich erst um die Mitte des 4. Jahrhunderts das Lateinische wenigstens als Liturgiesprache durchgesetzt haben,36 weshalb für die hier zu behandelnden Tauffragen in jedem Fall ein terminus ante quem von 350 anzusetzen ist. Damit ist eine römische Herkunft zwar nicht zwingend erwiesen. Die Ähnlichkeit mit

31 Siehe unten S. 175 mit Anm. 59. 32 Siehe unten S. 177. 33 Vgl. die Rekonstruktion des Symbols des Ambrosius in FaFo § 256: ‘Credo [invisibilem et impassibilem]; et in [vel credo in] filium eius unicum dominum nostrum, qui natus spiritu sancto ex Maria virgine sub sepultus; tertia die a mortuis; ascendit ; sedet ad dexteram patris, unde et mortuos; et in spiritum sanctum [et] in ecclesiam sanctam [vel sanctam ecclesiam] [et] in remissionem peccatorum [et] in carnis resurrectionem.’ Für Rufinus vgl. § 254b: ‘Credo in deo, patre omnipotente, invisibile et impassibile; et in Iesu Christo, unico filio eius, domino nostro, qui natus est de spiritu sancto ex Maria Virgine, crucifixus sub Pontio Pilato et sepultus; descendit in inferna; tertia die resurrexit; ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris; inde venturus iudicare vivos et mortuos; et in spiritu sancto, sanctam ecclesiam, remissionem peccatorum, huius carnis resurrectionem.’ 34 Vgl. Bardy 1948, S. 171: ‘Dans l’Italie septentrionale au contraire, le grec est à peu près inconnu.’ S. 172: ‘Ce qui est au contraire assuré, c’est le caractère latin des communautés chrétiennes établies en ces régions.’ 35 Vgl. Bardy 1948, S. 52–72. 36 Vgl. zu dieser komplexen Frage Kelly 1972, S. 113–116; Vogel 1986, S. 293–297 mit der älteren Lit. in Anm. 7; Kinzig 1999 (2017), S. 250, Anm. 36.

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dem Romanum, auf die gleich noch einzugehen sein wird, macht diese Annahme jedoch wahrscheinlich. Die westliche bzw. römische Herkunft der Tauffragen (freilich in der von Dix, Botte oder sonstwie rekonstruierten Fassung) ist keine neue Erkenntnis – im Gegenteil: Zahlreiche Forscher hatten – wie schon oben angedeutet 37 – genau dies angenommen und die Formel (als Teil einer von Hippolyt verfassten Kirchenordnung, eben der Traditio Apostolica) bereits an das Ende des 2. Jahrhunderts datiert.38 Ich möchte im Folgenden zeigen, dass die westliche Herkunft richtig, die Datierung aber vermutlich zu früh ist. Nicht eingehen kann ich auf die Frage, wie ein westliches Bekenntnis in die äthiopische Tradition gelangt ist.39

III Um den Ursprung von TAG genauer zu eruieren, vergleiche ich diese Tauffragen in einem zweiten Schritt mit den am nächsten verwandten westlichen Bekenntnissen, nämlich – dem Römischen Glaubensbekenntnis, wie es uns bei Markell von Ankyra (FaFo § 253) und Leo dem Großen (FaFo § 255) in zwei leicht voneinander abweichenden Versionen vollständig (im Folgenden abgekürzt RM bzw. RL) und in fragmentarischer Form bei Rufin (FaFo § 254; abgek. RR) überliefert ist, – den Tauffragen im Altgelasianischen Sakramentar (FaFo § 675 c und f; abgek. AS) – und den leicht erweiterten Tauffragen aus Tertullian und Hippolytus (AS*).

37 Vgl. oben S. 162. 38 Vgl. Capelle 1927; Capelle 1930; Botte 1951; Holland 1965; Kelly 1972, S. 128–132; Bradshaw/ Johnson/Phillips 2002, S. 125. Überblick auch bei Westra 2002, S. 49, 54 f.; Vinzent 2006, S. 219–266. 39 Zu verweisen ist aber auf den Umstand, dass auch Hippolyts De Antichristo in einer äthiopischen Übersetzung vorliegt, die unmittelbar auf dem Griechischen (und nicht etwa – wie bei der bisher bekannten äthiopischen Fassung der TA und des Testamentum Domini – auf dem Arabischen bzw. Koptischen) basiert; vgl. Caquot 1965; Beylot 1991. Allgemein Bausi 2012. Bausi/Camplani nehmen an, dass die Aksumitische Sammlung aus Alexandrien stammt (Bausi/Camplani 2016, S. 250). Ist das richtig, wäre weiter zu fragen, wie der Text in die ägyptische Hauptstadt gelangt ist. Hier könnte man an Origenes denken, der während dem Episkopat des Zephyrinus (198/99–217) in Rom gewesen sein soll (Euseb, Historia ecclesiastica 6,14,10). Vgl. dazu auch Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 233. Zum Kontakt zwischen römischer und ägyptischer Kirche bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts vgl. auch Lietzmann 1922–1927 (1962), S. 184 f.

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Sodann bediene ich mich der aus der Editionspraxis antiker Texte bekannten stemmatischen Methode. Das heißt, ich frage aufgrund von Übereinstimmungen bzw. Varianten nach Vorformen und versuche daraus ein Stufenmodell der Entstehung des römischen Bekenntnisses zu entwickeln. Ein solches Stemma, dies sei hier vorausgeschickt, wird nur approximativ sein können, da mit einem relativ hohen Grad an Fluidität der Bekenntnisse vor dem 4. Jahrhundert zu rechnen ist, was eine grundsätzliches methodisches Problem darstellt. Hierauf komme ich noch zurück. In Synopse 2 im Anhang sind die uns interessierenden Bekenntnisse synoptisch nebeneinandergestellt. Dabei wird auf die Spalten ASG1 und ASG2 noch weiter unten einzugehen sein. Die Ähnlichkeit von TAG mit R (RM und RL) ist auffällig und deutet auf eine enge Verwandtschaft hin. Allerdings gibt es zwischen TAG und R (und AS) auch einige Unterschiede, die im Folgenden näher betrachtet werden müssen, weil sie es uns erlauben, die Hypothese einer Genealogie zu entwerfen und damit sowohl etwas mehr Licht in das Dunkel der Entstehung von R zu bringen als auch TAG zeitlich und lokal präziser einzuordnen. Ich verzichte dabei auf die Auflistung von fehlenden oder zusätzlichen Konjunktionen, die Wiederholung von πιστεύεις oder credo und dergleichen. Auch der Wechsel zwischen τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ und τὸν υἱὸν αὐτοῦ sowie die Stellung in Iesum Christum (AS) statt in Christum Iesum ist m. E. trivial, auch wenn man letzterem in der älteren Literatur teilweise große Bedeutung zugemessen hat.40 Ich stelle die Unterschiede im Folgenden in Listenform zusammen: Abweichungen in TAG gegenüber R (RM und RL): – durchgängig Frageform in TAG – Zusatz von ἕνα vor θεόν (auch in RR ausgelassen) – Fehlen von τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν/unicum, dominum nostrum – Zusatz von καὶ ἀποθανόντα (unsicher; vgl. RL) – Zusatz von ζῶντα καί – Partizip statt Nebensatz für Wiederkunft und Gericht – Zusatz von εἰς vor ἁγίαν ἐκκλησίαν (unsicher) – Fehlen der Sündenvergebung – Zusatz von εἰς vor σαρκὸς ἀνάστασιν (unsicher). Gemeinsamkeiten von TAG mit RM gegenüber RL: – Fehlen von patrem (auch in RR hinzugefügt) – Fehlen von catholicam.

40 Vgl. z. B. Holland 1965, S. 272, 281 (Anm. 56); Kelly 1972, S. 141 f.

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Gemeinsamkeiten von TAG mit RL gegenüber RM: – Zusatz von καὶ ἀποθανόντα/et mortuus (unsicher) – Fehlen von ζωὴν αἰώνιον. Abweichungen in TAG gegenüber AS: – Fehlen von patrem – Fehlen von unicum dominum nostrum – Christussummarium τὸν γεννηθέντα – ζῶντας statt natum et passum – Fehlen der Sündenvergebung. Um diesen Befund zu erklären, ist mir folgendes Szenario am plausibelsten. – Stufe 1: ASG1. Die älteste Fassung des römischen Bekenntnisses sind die Tauffragen des Altgelasianums (AS), freilich in einer kürzeren (Original)version (ASG), die mindestens drei Bearbeitungsstufen durchlaufen hat (ASG1, AS* und ASG2). ASG1 enthielt im Unterschied zu AS im ersten Artikel noch nicht den Vatertitel (vgl. TAG, RM). Im zweiten Artikel fehlten ebenso noch τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν/unicum dominum nostrum (vgl. TAG) sowie das Christussummarium τὸν γεννηθέντα – ζῶντας (vgl. AS), ferner im dritten Artikel die Sündenvergebung (vgl. TAG). Auf dieser Grundfassung basierten mindestens zwei Varianten: – Stufe 2a: AS*. Diese Fassung, die das Christussummarium weiterhin noch nicht enthielt, stimmt mit TAG dahingehend überein, dass nunmehr die Einzigkeit Gottes aufgenommen ist.41 Mit R hingegen gibt es Übereinstimmungen im Zusatz des zweiten Artikels unicum dominum nostrum. Grund für den Zusatz dürfte die Auseinandersetzung mit der Gnosis gewesen sein.42 Unklar ist, ob sie bereits auf Lateinisch formuliert war (weshalb ich sie mit einem Sternchen bezeichne). – Stufe 2b: ASG2. Fassung ASG1 lag auch der Revision ASG2 zugrunde, in der der Text um das Christussummarium τὸν γεννηθέντα – ζῶντας καὶ νεκρούς erweitert wurde. Grund hierfür dürfte einerseits gegenüber patripassianischen Vorstellungen die Differenzierung zwischen Vater und Sohn und andererseits die antignostische bzw. antidoketische Sicherstellung der Inkarnation gewesen sein.43

41 Vinzent hat demgegenüber angenommen, dass die Einzigkeit Gottes von Markell ausgelassen wurde; vgl. Vinzent 1999, S. 268; Vinzent 2006, S. 319 f. Doch ist diese Annahme nur dann plausibel, wenn man von der Urheberschaft Markells für R ausgeht. 42 Vgl. Kelly 1972, S. 142 f.; Kinzig 1999 (2017), S. 263. 43 S. unten S. 176.

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Stufe 3a: TAG. Diese Version ist i.w. mit ASG2 identisch, weist allerdings (wie AS*) im ersten Artikel den Zusatz ἕνα und darüber hinaus im Christussummarium des zweiten Artikels erstmals den Zusatz καὶ ἀποθανόντα sowie bei der Auferstehung Jesu das Attribut ζῶντα auf, wobei die Zusätze natürlich zu unterschiedlichen Zeiten zugefügt worden sein können. Diese Fassung der Tauffragen diente als Vorlage für die lateinische und die äthiopische Übersetzung (TAL bzw. TAÄ). Stufe 3b: RM. Unabhängig von Bearbeitungsstufe 3a (TAG) lag ASG2 in interrogatorischer oder bereits deklaratorischer Form Markell vor. Diese Fassung enthielt allerdings zusätzlich im zweiten Artikel τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν (vgl. AS*) und im dritten Artikel zusätzlich die Sündenvergebung (s. u.) und (möglicherweise, s. u.) den Glauben an das ewige Leben. Im zweiten Artikel hatte man das Participium coniunctum ἐρχόμενον (or, perhaps, ἐλευσόμενον) aus ASG2 in den präziseren Relativsatz ὅθεν ἔρχεται umgewandelt. Ob die Umwandlung in ein deklaratorisches Bekenntnis samt den genannten Änderungen Markells eigene Leistung sind oder aber ihm ein solches Bekenntnis schon vorlag (in welchem Fall noch eine Zwischenstufe zwischen ASG2 und RM angenommen werden müsste, die dann inhaltlich mit RM zusammenfiele), bleibt undeutlich. Schon vor längerer Zeit haben Markus Vinzent und ich die (von Vinzent entwickelte) These vorgetragen, dass die römische Synode von 340/341 unter Julius I. einen zentralen Platz in der Verbreitung von R im Westen einnimmt.44 Darüber hinaus vermutete Vinzent, dass Markell in dem Prozess der Formulierung von R in seinem Brief an Julius eine Schlüsselrolle gespielt hat. Ich habe mich damals dieser Hypothese angeschlossen.45 Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen hingegen nahe, dass die ältere These, dass Markell lediglich ein bereits vorliegendes Symbol zitiert, doch seine Richtigkeit hat.46 Markell hätte demnach über seinen Ein-

44 Vgl. Kinzig/Vinzent 1999, S. 557–559. Ferner Vinzent 1999, S. 391–406. 45 Vgl. dazu Kinzig/Vinzent 1999, S. 558 f. Ferner Vinzent 1999 und Vinzent 2006, S. 312–395. Die Hypothese wurde anschließend kontrovers diskutiert. Zu den Alternativen gehörte u. a. der Vorschlag Uta Heils, dass das Symbol erst auf der römischen Synode von 341 verfasst wurde. Einen Überblick über die Forschung bieten z. B. Vinzent 2006, S. 267–406; Westra 2009; Heil 2010. 46 Meine Zweifel hatten sich bei der Untersuchung der Herkunft des Christussummariums verstärkt; vgl. Kinzig, Christus, 2017. Darauf deutet übrigens auch Julius in seinem Brief an die Antiochener hin (bei Athanasius, Apologia contra Arianos sive Apologia secunda 32,1–2 (Opitz 1941, S. 110, Z. 19–24) hin: Περὶ δὲ Μαρκέλλου, ἐπειδὴ καὶ περὶ αὐτοῦ ὡς ἀσεβοῦντος εἰς τὸν Χριστὸν ἐγράψατε, δηλῶσαι ὑμῖν ἐσπούδασα ὅτι ἐνταῦθα γενόμενος διεβεβαιώσατο μὲν μὴ εἶναι ἀληθῆ τὰ περὶ αὐτοῦ γραφέντα παρ’ ὑμῶν, ὅμως δὲ ἀπαιτούμενος παρ’ ἡμῶν εἰπεῖν περὶ τῆς πίστεως οὕτως μετὰ παρρησίας ἀπεκρίνατο δι’ ἑαυτοῦ ὡς ἐπιγνῶναι μὲν ἡμᾶς ὅτι μηδὲν ἔξωθεν τῆς ἀληθείας ὁμολογεῖ. οὕτως γὰρ εὐσεβῶς περὶ τοῦ κυρίου καὶ σωτῆρος ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses





173

fluss auf der römischen Synode wie auf der westlichen Synode von Serdika (342)47 eher als Katalysator für die Verbreitung des deklaratorischen Bekenntnisses gewirkt denn als theologischer Innovator.48 Stufe 4: RR/RL. Bei Rufin und Leo kommt im ersten Artikel noch der Vatertitel hinzu, was auf ein späteres Stadium der trinitarischen Debatte des 4. Jahrhunderts hindeuten könnte. Ob Leos Text (wie der von TAG) et mortuus aufwies, ist ungewiss. Im dritten Artikel findet sich bei Leo außerdem als Attribut der Kirche catholicam, das seit den letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts auch in R-Abkömmlingen nachweisbar ist.49 Schwieriger ist die Frage, warum sich in RL am Schluss kein Hinweis auf das „ewige Leben“ findet (das ja in RM bereits angehängt worden war und später auch Teil des Apostolicums bildet). Denkbar wäre, dass dieser Text in den erhaltenen Werken Leos einfach nicht bezeugt ist, aber in seinem Symbol sehr wohl enthalten war. Aber Leo diskutiert nirgendwo das „ewige Leben“ in einem Kontext, der auch nur im entferntesten an das Symbol erinnert. Er dürfte es also nicht vorgefunden haben. Man könnte stattdessen erwägen, ob ζωὴν αἰώνιον, das in Markells Brief an Julius überliefert ist, später angefügt wurde. Dies muss hier offen bleiben.50 Auf das Romanum geht schließlich – wie längst bekannt – auch das Apostolische Glaubensbekenntnis (abgek. T) zurück. Stufe 5: AS. Die in R erhaltene Fassung hat schließlich auf AS (in griechischer oder lateinischer Version) zurückgewirkt: AS* wurde im ersten Artikel um den Vatertitel (vgl. RL, RR) und im dritten Artikel möglicherweise um

ὡμολόγησε φρονεῖν, ὥσπερ καὶ ἡ καθολικὴ ἐκκλησία φρονεῖ […]. „In Betreff des Marcellus aber, da ihr auch von ihm schreibt, als ob er gegen Christus gottlos sei, will ich euch mitteilen, dass er, als er hier war, beteuerte, es sei das, was ihr über ihn geschrieben habt, nicht wahr. Als wir gleichwohl ihn aufforderten, über den Glauben sich auszusprechen, da antwortete er selbst mit solchem Freimut, dass wir erkannten, dass er nur die Wahrheit bekenne. Denn er bekannte, in Bezug auf unsern Herrn und Heiland Jesus Christus so gottesfürchtig zu denken, wie die katholische Kirche denkt“ (Übers. BKV, verändert). Danach hatte die römische Synode Markell zu einem Glaubensbekenntnis aufgefordert und er dieses im Einklang mit der katholischen (und das heißt: römischen) Kirche abgelegt. Dieses Bekenntnis dürfte in dem Brief an Julius vorliegen (zur Begründung vgl. Vinzent 1997, S. LXXXIII-XCII = Vinzent 1999, S. 209– 219). Diese Übereinstimmung im Bekenntnis erklärt sich am einfachsten, wenn Markell das Bekenntnis der „katholischen“ Kirche, also R, in das fragliche Schreiben inkorporiert hätte. 47 Vgl. Vinzent 1999, S. 391 f. 48 Vgl. dazu auch unten S. 178. 49 Vgl. Kelly 1972, S. 378–380. 50 Dem steht entgegen, dass vitam aeternam bereits in den Tauffragen Cyprians in Epistula 69, 7,2 (253/255) und Epistula 70, 2,1 (FaFo § 92) für den Westen belegt ist; s. u. S. 177. Ep. 70 war in der Antike sehr weit verbreitet und wurde sogar ins Äthiopische übersetzt; vgl. Bausi 1998.

174

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

die Sündenvergebung (vgl. RM, RL) ergänzt und so an R angeglichen, während das Christussummarium nicht übernommen wurde. Grund dafür, warum das Christussummarium letztlich nicht aufgenommen wurde, könnte die Doppelung von Symbol (bei der Traditio bzw. Redditio symboli) und Tauffragen (beim eigentlichen Taufakt) in der römischen Taufliturgie gewesen sein.51 Die Wiederholung des ganzen zweiten Artikels während der Taufe war somit unnötig, weil das gesamte Symbol ja bereits bei der Traditio übergeben worden war. Diese Änderung dürfte noch vor RL geschehen sein, da die Katholizität der Kirche in AS noch nicht genannt wird.52 Aus diesen Überlegungen ergibt sich folgendes Stemma der Entstehung des Römischen Glaubensbekenntnisses ASG1

Stufe 1

Christussummarium

Stufe 2

AS*

Stufe 3

ASG2

TAG

RM

TAL Stufe 4

Stufe 5

TAÄ

RR/RL

AS T = strukturelle und inhaltliche Abhängigkeit = Übernahme einzelner Wörter/Begriffe

51 Vgl. dazu Kinzig, Formation, 2019, S. 396–400 [in diesem Band S. 235–240]. Dort, wo sich im Altgelasianum heute das Bekenntnis von Konstantinopel findet (FaFo § 675a), muss früher R gestanden haben, da sich die anschließende Auslegung auf R bzw. einen Abkömmling davon bezieht. Das ergibt sich zwingend aus dem Brief Johannes des Diakons an Senarius aus dem Anfang des 6. Jahrhunderts, wo für Rom bezeugt ist, dass den Katechumenen das „von den Aposteln überlieferte“ Symbol übergeben wurde; vgl. Epistula ad Senarium 4 (FaFo § 655). Vgl. im Einzelnen Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, S. 178–182. 52 In Kinzig 1999 (2017), S. 245, 264 hatte ich angenommen, „dass R auf der Basis der Tauffragen [d. h. AS] formuliert oder überarbeitet wurde und nicht umgekehrt“. Das ist weiterhin richtig, bezieht sich aber, wie jetzt deutlich wird, auf ein älteres Stadium der Tauffragen.

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

175

Man wird sich Stufen 1–3 nicht als strikt chronologisch aufeinander folgende Bearbeitungsstadien, sondern vielmehr als unterschiedliche Versionen vorstellen müssen, die in Rom (und darüber hinaus) nebeneinander kursierten.53 Gleichzeitig wird man noch nicht mit endgültig fixierten Formeln (wie sie die späteren Synodal- und Taufbekenntnisse darstellen) rechnen dürfen. So wie die Liturgie insgesamt noch nicht verschriftlicht gewesen ist,54 wird man auch die Tauffragen in den unterschiedlichen Hausgemeinden55 in leicht voneinander abweichenden Fassungen in mündlicher Überlieferung verwendet haben. Dabei können auch in derselben Gemeinde die Fragen von Taufe zu Taufe variiert haben (etwa im Hinblick auf die göttliche Schöpfungstätigkeit), auch wenn sie in ihrer Grundstruktur festlagen. Erst seit dem 4. Jahrhundert muss man mit einer zunehmenden Fixierung des Symbols und somit mit der Entstehung des eigentlichen Romanums rechnen. Grund hierfür waren die spätestens im Gefolge der Konstantinischen Wende stark ansteigenden Zahlen von Taufbewerbern, die eine Formalisierung des Katechumenats und der Taufvorbereitung erforderten (und auch zur Einrichtung von Traditio und Redditio symboli führten). Diese Hypothese löst nicht alle Probleme: 1. Unklar bleibt in AS* die für Noet, Praxeas und für (und von) Tertullian belegte56 Herkunft des Zusatzes mundi conditorem (griechisch möglicherweise τῶν πάντων κτίστην oder δημιουργόν). Vielleicht liegt hier eine (spätere) Sondertradition vor.57 2. Unklar bleibt ferner der Zusatz ζῶντα in TAG im Zusammenhang der Auferstehung Christi.58 Er ist – wenn ich recht sehe – in erhaltenen griechischen Bekenntnissen sonst nirgends überliefert, sondern ausschließlich in lateinischen Texten, die überwiegend in Spanien zu lokalisieren sind.59 Allerdings

53 So schon Lietzmann 1922–1927 (1962), S. 270 f.; ähnlich Holland 1965, S. 263 u. a. 54 Vgl. dazu etwa Vogel 1986, S. 31 f. und Anm. 29; Kinzig 2011, S. 14, Anm. 44 (= Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 338, Anm. 44; englische Fassung). In unserem Zusammenhang auch Kelly 1972, S. 95 f. 55 Zur Struktur der römischen Kirche im 2. Jahrhundert vgl. weiterhin Brent 1995; Lampe 2003. 56 Vgl. oben Anm. 4. Ferner Hippolyt, Refutatio omnium haeresium 9,10,9 (FaFo § 108a2 für Noet): Λέγουσι γὰρ οὕτως· ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν θεὸν εἶναι πάντων δημιουργὸν καὶ πατέρα […]. 57 Zu den theologischen Hintergründen vgl. Kattenbusch 1900 (1962), S. 788 f., 875–878; Kelly 1972, S. 366–368. 58 Vgl. dazu bereits Lietzmann 1922–1927 (1962), S. 269; Markschies 1999, S. 73. 59 Vgl. FaFo §§ 324 (Niketas, Balkan, um 400), 262 (CPL 229a; Ps.-Petrus Chrysologus, Norditalien, 5.–8. Jh.), 608 (Martin von Braga, Spanien, 574), 312 (Ildefonsus, Spanien, 657–667), 506b (Beatus von Liébana, Spanien, 776); 314a (Etherius/Beatus, Spanien, 785), 334 (Spanien? vor 800), 684d (Liber Misticus, Toledo, 9./10. Jh.); 684c4 (Mozarabische Liturgie, vor 1052); vgl.

176

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

macht ein Blick in Synopse 1 im Anhang auch deutlich, dass eine der Überarbeitungen von TAG, das Testamentum Domini, ebenfalls ‘rose alive from the dead’ bietet. Das bedeutet, dass bereits die griechische Vorlage für das Testamentum Domini den Zusatz enthielt. Er kann also nicht erst im lateinischen Text eingefügt worden sein, wenn denn die Vorlage der syrischen und äthiopischen Fassung des Testamentum auf Griechisch abgefasst war. In diese Vorlage wurde sie aber entweder nur in einem Zweig der Textüberlieferung oder aber erst relativ spät eingefügt, da die übrigen Versionen der TA (mit Ausnahme von TAL und TAÄ) sie (noch) nicht enthalten. Sie wurde dann in den lateinischen Abkömmlingen von R auch in Spanien übernommen.60 Alternativ könnte man auch an einen ganz unabhängigen Einfluss von Lk 24,5 (Τί ζητεῖτε τὸν ζῶντα μετὰ τῶν νεκρῶν;) denken.

IV Wie alt sind nun diese ältesten Symbolfassungen bis hin zu R? In leichter Modifikation früherer Ausführungen61 plädiere ich dafür, dass es gegen Ende des 2. Jahrhunderts Tauffragen gegeben hat, die noch nicht völlig fixiert waren, sondern in der noch recht fragmentierten römischen Kirche in Varianten umliefen, die sich leicht voneinander unterschieden (etwa im Zusatz von mundi conditorem oder von unicum dominum nostrum). Vermutlich in Auseinandersetzung mit modalistischen Monarchianern einerseits62 und Gnostikern andererseits hat man dann in einem Teil der römischen Gemeinde zu Beginn des 3. Jahrhunderts das Christussummarium hinzugefügt, um einerseits die göttliche Herkunft Christi, aber auch die Unterscheidung zwischen Vater und Sohn zu verdeutlichen und andererseits die Historizität der Inkarnation des Sohnes zu unterstreichen. Hierbei dürfte – wie ich andernorts dargelegt habe – nordafrikanischer Einfluss eine gewisse Rolle gespielt haben.63

ferner 510 (Spanien, Ende 8. Jh.), 787b (Theodulf von Orleans, Liber de ordine baptismi, Frankenreich, um 812). Ferner Hanssens 1965, S. 468 f.; Westra 2002, S. 66, 234, 238. 60 Vgl. auch Westra 2002, S. 240. 61 Vgl. Kinzig, Christus, 2017, S. 287. Hier hatte ich noch ausgeschlossen, dass es in Rom mehrere Fassungen von Tauffragen gegeben habe. 62 Zum quasi-amtlichen Monarchianismus in Rom um 200 vgl. Hübner 1999; Vinzent 2013; Kinzig, Christus, 2017, S. 281–287; Kinzig, Monarchianismus, 2017, S. 462–468 [in diesem Band S. 148–154]. 63 Vgl. Kinzig, Christus, 2017, bes. S. 287–289.

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

177

Dieser Einfluss macht sich nun möglicherweise auch im dritten Artikel bemerkbar.64 Aus zwei Briefen Cyprians wissen wir, dass dort der Glaube an die Sündenvergebung und das ewige Leben bei der Taufe abgefragt wurde. Diese Fragen überliefert Cyprian in zwei leicht voneinander abweichenden Fassungen: „Credis in remissionem peccatorum et vitam aeternam per sanctam ecclesiam?“ 65 „Credis in vitam aeternam et remissionem peccatorum per sanctam ecclesiam?“ 66 Der Kontext der Schreiben, in denen die Fragen begegnen, ist für deren Formulierung durchaus signifikant. Cyprian geht es nämlich in beiden Briefen im Zusammenhang des Ketzertaufstreits mit den römischen Novatianern darum, dass der Glaube an die Sündenvergebung allein durch die (katholische) Kirche möglich ist und nicht durch die Ketzer.67 Entscheidend ist für ihn hingegen offensichtlich nicht die Reihenfolge der ersten beiden Glaubensgegenstände (Sündenvergebung und ewiges Leben). Auch hieraus wird also deutlich, dass nicht der genaue Wortlaut der offensichtlich mündlich tradierten Fragen entscheidend ist, sondern allein die tatsächliche Nennung (oder Auslassung) ganz spezifischer Elemente (in diesem Fall: per sanctam ecclesiam). Abgesehen von der Präposition per haben wir hier dieselben Elemente wie bei Markell (RM) und (für die Sündenvergebung) auch in AS und Leo dem Großen (RL). Die Vermutung liegt nahe, dass die Nennung der Sündenvergebung unmittelbar nach der Kirche in der römischen Tradition ebenfalls mit den genannten Streitigkeiten der Mitte des 3. Jahrhunderts in Zusammenhang steht. Die Reihenfolge „Kirche“ – „Sündenvergebung“ impliziert in Auseinandersetzung mit Dissidenten, dass die Sündenvergebung allein in der Kirche erlangt werden kann. Da die Nennung der Kirche im dritten Artikel in Rom älter war als die Sündenvergebung, begnügte man sich hier damit, letztere einfach anzuhängen – anders als in der afrikanischen Kirche, wo die Nennung der Kirche offenbar gemeinsam mit der Sündenvergebung oder sogar noch später hinzugekommen war und man daher den genannten Zusammenhang zwischen Kirche und Bußgewalt noch deutlicher formulieren konnte.

64 65 66 67

Vgl. hierzu bereits Smulders 1970/71, S. 245. Epistula 69, 7,2 (FaFo § 92a). Epistula 70, 2,1 (FaFo § 92b). Vgl. Kinzig 1999 (2017), S. 247.

178

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

Was das Alter der ältesten Tauffragen (ASG1) anbetrifft, so bleibe ich bei meinem Vorschlag, dass sie in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts in Rom entstanden sein dürften.68 Im Hinblick auf RM (in interrogatorischer Form) wird man aus dem soeben genannten Grund (Hinzufügung der Sündenvergebung) kaum vor die 2. Häfte des 3. Jahrhunderts hinaufgehen dürfen.69 Parallel dazu kursierte ASG2, wo zwar der zweite Artikel um das Christussummarium erweitert war, aber die Sündenvergebung (noch) nicht genannt wurde. Im Hinblick auf die Tauffragen war mit AS in Rom ein Abschluss erreicht. Was die deklaratorische Fassung des Symbols anbetrifft, so lief die weitere Entwicklung über R, welches (möglicherweise in Zusammenhang mit der römischen Synode von 340/41) für die westliche Entwicklung bis hin zum Apostolicum weithin Modellcharakter hatte. TAG hingegen stellt eine (wohl recht alte) Nebenlinie dieser Entwicklung dar und ist jedenfalls kein unmittelbarer Abkömmling von R. Da dieses Symbol einerseits von den römischen Tauffragen abhängt, aber andererseits die Sündenvergebung noch nicht enthält, wird man annehmen dürfen, dass es ebenfalls etwa in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts zu datieren ist. Es dürfte spätestens um die Mitte des 4. Jahrhunderts ins Lateinische übersetzt worden sein. Unabhängig davon ist die Frage zu betrachten, ob TAG ursprünglich zur Traditio Apostolica gehörte (und demnach vielleicht als die erste „offizielle“ Niederschrift eines möglicherweise älteren, aber nur mündlich tradierten römischen Taufbekenntnisses anzusehen ist) oder ein jüngeres Symbol in eine ältere Ordnung eingefügt wurde. Auch über die Verfasserschaft der TA ist damit noch nichts entschieden. Doch muss dies einer anderen Gelegenheit vorbehalten bleiben.

68 Vgl. Kinzig 1999 (2017), S. 260. 69 Ähnlich bereits Smulders 1970/71, S. 244 f.; Westra 2002, S. 67.

Rekonstruktion Botte (FaFo § 89a2)70

le Père toutpuissant?

the Father Almighty,

[lacuna]

Fragmentum Veronense (FaFo § 89b)

in the only true God, the Father Almighty,

I believe

Koptischer (sahidischer/ bohairischer) Text (FaFo § 89d; vor 1006 [sahidisch]; 1804 [bohairisch])

and his only Son, Jesus Christ our Lord and Saviour; and his Holy Spirit, who gives life to all creation;

the Father Almighty;

[Do] you believe in one God,

Arabischer Text (FaFo § 89e; vor 13. Jh.) Canones Hippolyti, can. 19 (FaFo § 606; 336–340 oder später)

Testamentum Domini (syr.) 2,8 (FaFo § 615a; griech. Vorlage Ende 4./5. Jh.)

Testamentum Domini (äth.), can. 50 (FaFo § 615b; griech. Vorlage Ende 4./5. Jh.)

the Lord of all, and in his only Son Jesus Christ, our Lord and our Saviour, and the Holy Spirit, the one who gives life to all creation,

in the one God, the Father,

the Father Almighty?

in God,

the Father Almighty?

in God,

the Father Almighty?

in God,

Do you believe Do you believe Do you believe Do you believe

Äthiopischer Text im Synodus Alexandrinus (FaFo § 89f; vor 15. Jh.)

70 Danach auch Geerlings (vgl. Anm. 10). Zu Abweichungen vgl. die folgenden Anmerkungen.

en Dieu

in one God,

Do you believe Crois-tu

Rekonstruktion Dix (FaFo § 89a1)

Synopse 1: Vergleich der bisher erhaltenen Versionen der Tauffragen in der TA und neuere Rekonstruktionen

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

179

and his onlybegotten Son Jesus Christ,

Rekonstruktion Dix (FaFo § 89a1)

in Christum Iesum, filium dei,

Credis

Crois-tu

au Christ Jésus, Fils de Dieu,

Fragmentum Veronense (FaFo § 89b)

Rekonstruktion Botte (FaFo § 89a2)70

Synopse 1 (fortgesetzt)

and his onlybegotten Son Jesus Christ,

Koptischer (sahidischer/ bohairischer) Text (FaFo § 89d; vor 1006 [sahidisch]; 1804 [bohairisch])

[Do] you believe in Jesus Christ,

Canones Hippolyti, can. 19 (FaFo § 606; 336–340 oder später)

Testamentum Domini (syr.) 2,8 (FaFo § 615a; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

Do you believe Do you believe Do you also believe in the name of in Jesus in Christ Jesus Christ, Christ, Son of Jesus, the Son God, of God,

the Trinity whose divinity is equal; and one Lord, one kingdom, one faith, one baptism in the holy catholic Church, and eternal life. Amen?

the Trinity, coequal, one divinity, one Lordship, one kingdom, one faith, one baptism; in the catholic Church [and] life everlasting. Amen?

Äthiopischer Text im Synodus Alexandrinus (FaFo § 89f; vor 15. Jh.)

Arabischer Text (FaFo § 89e; vor 13. Jh.)

in Jesus Christ, the Son of God,

Do you believe

Testamentum Domini (äth.), can. 50 (FaFo § 615b; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

180 Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

our Lord and our Saviour,

qui est né par le Saint-Esprit de la vierge Marie,

qui natus est de spiritu sancto ex Maria virgine

our Lord and Saviour,

he became human from the Holy Spirit and from the virgin Mary without human seed;

the only Son of God the Father; that through an incomprehensible miracle

the only Son of God the Father, that through an incomprehensible miracle

he became man from the Holy Spirit and the virgin Mary without human seed;

our Lord,

our Lord,

for the salvation of the human race,

whom the virgin Mary bore by the Holy Spirit, who came

who was born of the virgin Mary by the Holy Spirit,

who came from the Father, who is of old with the Father,

who came from the Father, who is with the Father since the beginning, who was born of the virgin Mary by the Holy Spirit,

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

181

et mortuus est

est mort,

et sepultus et resurrexit die tertia vivus a mortuis

et crucifixus sub Pontio Pilato

a été crucifié sous Ponce Pilate,71

est ressucité le troisième jour vivant d’entre les morts,

Fragmentum Veronense (FaFo § 89b)

Rekonstruktion Botte (FaFo § 89a2)70

Koptischer (sahidischer/ bohairischer) Text (FaFo § 89d; vor 1006 [sahidisch]; 1804 [bohairisch])

Äthiopischer Text im Synodus Alexandrinus (FaFo § 89f; vor 15. Jh.)

on the third day rose from the dead;

on the third day rose from the dead;

died died by his own voluntarily at will for the the same time salvation of us for our all; salvation;

was crucified was crucified in the time of under Pontius Pontius Pilate; Pilate;

Arabischer Text (FaFo § 89e; vor 13. Jh.)

and on the third day was raised from the dead,

who was crucified in the time of Pontius Pilate, who died

Canones Hippolyti, can. 19 (FaFo § 606; 336–340 oder später)

71 Geerlings: „der unter Pontius Pilatus gekreuzigt wurde“. Zum Problem der Wortstellung vgl. S. 167.

Rekonstruktion Dix (FaFo § 89a1)

Synopse 1 (fortgesetzt)

who was crucified under Pontius Pilate, died,

Testamentum Domini (äth.), can. 50 (FaFo § 615b; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

on the third on the third day rose alive day rose from the dead, again, became alive from among the dead,

who was crucified in the days of Pontius Pilate, died,

Testamentum Domini (syr.) 2,8 (FaFo § 615a; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

182 Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

en l’EspritSaint

his Holy Spirit,

Giver of life to all creatures, the Trinity of one substance, one godhead,

Crois-tu

and

est monté aux cieux et est assis à la droite du Père; qui viendra juger les vivants et les morts?

in spiritu sancto

Credis

et ascendit in caelis et sedit ad dexteram patris venturus iudicare vivos et mortuos?

the one who gives life to everything: three in one substance, one divinity,

with his Holy Spirit,

[Do] you believe in the Holy Spirit, the good one, the purifier;

loosed those who were bound; ascended into heaven; sat at the right hand of the Father; and will come to judge the living and the dead in his appearing and kingdom? ascended into heaven, is seated at the right hand of the Father, and will come to judge the living and the dead?

ascended into heaven, sat down on the right hand of the Father, and comes to judge the living and the dead?

the Paraclete flowing from the Father and the Son?

Do you believe Do you believe Do you also believe in the good in the Holy in the Holy and purifying Spirit, Spirit, Holy Spirit

ascended into heaven; sat at the right hand of the Father; and will come to judge the living and the dead at his appearing and in his kingdom?

released the prisoners;

in the Holy Spirit,

Do you believe

ascended into the heavens, sits on the right hand of the Father, and will come to judge the living and the dead?

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

183

dans la sainte Église?72

Rekonstruktion Botte (FaFo § 89a2)70

et carnis resurrectionem?

et sanctam ecclesiam

Fragmentum Veronense (FaFo § 89b)

one Lordship, one kingdom, one faith, one baptism; in the holy catholic, apostolic Church, which lives forever.

Koptischer (sahidischer/ bohairischer) Text (FaFo § 89d; vor 1006 [sahidisch]; 1804 [bohairisch])

and in the holy Church?

And do you believe the resurrection of the body that will be for all people,

[Do] you believe in the resurrection of the body that will be for everyone,

Äthiopischer Text im Synodus Alexandrinus (FaFo § 89f; vor 15. Jh.)

[and] in the holy Church?

Arabischer Text (FaFo § 89e; vor 13. Jh.)

72 Geerlings fügt hinzu: „und an die Auferstehung des Fleisches“.

one lordship, one kingdom, one faith, one baptism in the holy, catholic, apostolic Church

Rekonstruktion Dix (FaFo § 89a1)

Synopse 1 (fortgesetzt) Canones Hippolyti, can. 19 (FaFo § 606; 336–340 oder später)

in the holy Church?

Testamentum Domini (syr.) 2,8 (FaFo § 615a; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

in the holy Church?

Testamentum Domini (äth.), can. 50 (FaFo § 615b; griech. Vorlage Ende 4./ 5. Jh.)

184 Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

for eternal life. (Amen)? Amen.

and in the kingdom of heaven and the eternal judgement?

and the kingdom of heaven, and the everlasting judgement?

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

185

ἐκ πνεύματος

Μαρίας τῆς παρθένου,

Μαρίας τῆς

παρθένου,

καὶ παθητόν);

ἁγίου καὶ

ἁγίου καὶ

ἐκ πνεύματος

(oder: γεν[ν]ητὸν

passum?

καὶ παθόντα

ἡμῶν,

nostrum,

παρθένου,

Μαρίας τῆς

ἁγίου καὶ

ἐκ πνεύματος

τὸν γεννηθέντα

τὸν κύριον

τὸν γεννηθέντα

τὸν μονογενῆ,

τὸν υἱὸν αὐτοῦ

Ἰησοῦν,

εἰς Χριστὸν

καὶ

παντοκράτορα

εἰς θεὸν

Πιστεύω […]

RM

dominum τὸν γεννηθέντα

θεοῦ,

τὸν υἱὸν τοῦ

Ἰησοῦν,

εἰς Χριστὸν

Πιστεύεις

παντοκράτορα;

εἰς ἕνα θεὸν

Πιστεύεις

TA G

unicum,

θεοῦ,

τὸν υἱὸν τοῦ

Ἰησοῦν,

εἰς Χριστὸν

Πιστεύεις

παντοκράτορα;

(τὸν) γεννηθέντα natum et

αὐτοῦ)

θεοῦ (oder:

τὸν υἱὸν τοῦ

filium eius

Christum,

Ἰησοῦν (oder:

Ἰησοῦν Χριστόν),

Credis (et)

in Iesum

εἰς Χριστὸν

conditorem?

mundi

omnipotentem,

Πιστεύεις

παντοκράτορα;

deum

in unum/unicum εἰς θεὸν

εἰς θεὸν

Πιστεύεις

Credis

Πιστεύεις

AS G2

AS*

AS G1

omnipotente,

patre

in deo,

Credo

RR

Synopse 2: Vergleich der frühen Symbolfassungen in Rom (für die Abkürzungen vgl. den Haupttext)

Maria virgine,

spiritu sancto et

qui natus est de

nostrum,

dominum

unicum,

filium eius

Iesum,

in Christum

et

omnipotentem,

patrem

in deum,

credimus]

Credo [oder

RL

et passum?

natum

nostrum,

dominum

unicum

filium eius

Christum

in Iesum

Credis et

omnipotentem?

patrem

in deum,

Credis

AS

186 Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα [oder τὸν σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου] καὶ ἀποθανόντα καὶ ταφέντα καὶ ταφέντα καὶ τῇ τρίτῃ καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ ἀναστάντα ἐκ (τῶν) νεκρῶν (τῶν) νεκρῶν [oder: ἀναστάντα [oder: ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἐκ (τῶν) νεκρῶν] ἐκ (τῶν) νεκρῶν] ζῶντα καὶ ἀναβάντα εἰς καὶ ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός, πατρός, ἐρχόμενον [oder ἐρχόμενον [oder ἐλευσόμενον] ἐλευσόμενον] κρίνειν [oder κρίνειν [oder κρῖναι] ζῶντας κρῖναι] ζῶντας καὶ νεκρούς; καὶ νεκρούς;

τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα [oder τὸν σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου] et sepultus

καὶ ταφέντα καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ τῶν νεκρῶν,

ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός, ὅθεν ἔρχεται κρίνειν ζῶντας καὶ νεκρούς·

crucifixus sub Pontio Pilato

τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα

unde venturus est iudicare vivos ac mortuos [oder: ad iudicandos vivos et mortuos];

ascendit in caelos; sedet ad dexteram patris,

[et mortuus] et sepultus; tertia die resurrexit a mortuis;

qui sub Pontio Pilato crucifixus est

Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

187

Credis in spiritum sanctum ?

Πιστεύεις εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα, ἁγίαν ἐκκλησίαν,

σαρκὸς ἀνάστασιν;

AS*

AS G1

Synopse 2 (fortgesetzt)

σαρκὸς ἀνάστασιν;

Πιστεύεις εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα καὶ ἁγίαν ἐκκλησίαν

AS G2

καὶ [εἰς] σαρκὸς ἀνάστασιν;

Πιστεύεις εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα καὶ [εἰς] ἁγίαν ἐκκλησίαν

TA G

RR

ἄφεσιν ἁμαρτιῶν, σαρκὸς ἀνάστασιν, ζωὴν αἰώνιον.

καὶ

εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα, ἁγίαν ἐκκλησίαν,

RM [credimus] [et] in spiritum sanctum, sanctam ecclesiam catholicam, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem.

RL

remissionem peccatorum, carnis resurrectionem?

Credis et in spiritum sanctum, sancta ecclesia,

AS

188 Der Ursprung des römischen Glaubensbekenntnisses

The Origins of the Creed of Jerusalem Abstract: The article discusses the origin of the Creed of Jerusalem (J) as attested by Cyril (bishop 348–386/387). It seeks to demonstrate that J displays so many similarities with the Old Roman Creed (R) that R (or a creed closely resembling R) must be considered the ancestor of J. It is suggested that R may have been ‘imported’ to Jerusalem in the context of the synod held on the occasion of the dedication of the Church of the Holy Sepulchre in 335.

In his classical monograph on early Christian creeds, J. N. D. Kelly suggested half a century ago that every major centre of Christianity in the east in the first decades of the fourth century possessed its own declaratory creed, ‘and that some of them must go well back into the third century’.1 This view reflected a widely accepted consensus in earlier scholarship, but at a closer look, there is no evidence for such a far-reaching claim. I will show elsewhere that the creed of Caesarea to which Eusebius supposedly attests in his famous letter to his congregation after the Council of Nicaea (abbrev. Eus)2 probably did not exist as a fixed formula.3 Of the remaining examples which Kelly alleges some are no baptismal creeds, but ad-hoc formulated theological declarations (Alexander of Alexandria,4 Arius and Euzoius5); all the others are revisions of N that originated in the 370s (Antioch,6 Mopsuestia,7 and, perhaps also the creed in the Apostolic Constitutions8) or even later (the creed attributed to Macarius of Alexandria9). There remain two creeds that fall into this category: the Roman creed

1 Cf. Kelly 1972, pp. 181–193; quotation on p. 192. 2 Cf. FaFo § 134a. 3 For the time being cf. Campenhausen 1976 (1979). 4 Cf. Kelly 1972, pp. 188 f.; FaFo § 132. 5 Cf. Kelly 1972, pp. 189 f.; FaFo § 131c. 6 Cf. Kelly 1972, pp. 184–186; FaFo §§ 189c, 198, 203; and Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, pp. 19–37, 89–92 and elsewhere. 7 Cf. Kelly 1972, pp. 187 f.; FaFo § 180a; and Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, pp. 19–33 and elsewhere. 8 Cf. Kelly 1972, pp. 186 f.; FaFo § 182c. 9 Cf. Kelly 1972, pp. 190 f.; FaFo § 188a.

Note: I am grateful to the members of the graduate seminar at my chair in Bonn for discussing this paper with me and to David B. Smith (Bonn) for pointing out my mistakes in English and making some very helpful suggestions. https://doi.org/10.1515/9783110720945-007

190

The Origins of the Creed of Jerusalem

as attested by Marcellus of Ancyra in his letter to Julius of Rome (abbrev. RM)10 and the Creed of Jerusalem (J). J is contained in homilies to those about to be ‘illuminated’, i.e., candidates for baptism (Catecheses ad illuminandos), which Cyril, bishop of Jerusalem (348–386/387), delivered during Lent 351.11 J is, in many respects, unique. In theological terms, it is non-distinct. Above all, it displays no features which would allow us to classify it as Nicene or Arian (or whatever). N seems to have had no discernible theological influence on J, but this does not necessarily mean that Cyril was reticent over against Nicene theology.12 (Cyril’s explanations are clearly Nicene.)13 Instead, he may have considered N in general and the homoúsios in particular unsuitable for catechesis. Earlier scholarship (which I will not discuss here in detail) concentrated on the relationship of J with Eus, with N, and with the Creed of Constantinople of 381.14 The relationship of J to the creed of 381 is not the subject of this paper.15 As regards Eus and N, J clearly differs from both these texts in that it contains an extended pneumatological section, including after the Spirit baptism and forgiveness of sins, the Church, the resurrection of the flesh, and eternal life.16 However, these elements (with some variations) are also found in another creed which has not yet been sufficiently considered: the Roman creed RM.17 Here is a synopsis of both formulae. Identical wording is underlined; similar wording is underlined; identical wording in a divergent position is underlined.

10 Cf. FaFo § 253 and above p. 162. For early variants of this creed cf. above pp. 161–188. 11 For Cyril cf. Jacobsen 2018. The role of the creed within the catechumenate in Jerusalem is described by Doval 2001, pp. 37–46 and Day 2007, pp. 57–65. As regards the date of the catecheses cf. the discussion in Doval 1997. 12 This is suggested by Kelly 1972, p. 183. 13 Cf. e.g. Catechesis 7, 4–5. The most recent discussion of his theology is found in Jacobsen 2018. 14 Full bibliography is found in FaFo § 147. For the Creed of Constantinople cf. also Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021. 15 Cf. Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, pp. 37–62. 16 The same elements are also found in Hilary’s version of the Ecthesis of Serdica (east) of 342 in the Collectanea Antiariana Parisina (Fragmenta historica) A IV 2,1–5; cf. FaFo § 143a1[3]: ‘Credimus et in sanctam ecclesiam, in remissam peccatorum, in carnis resurrectionem, in vitam aeternam.’ ‘We also believe in the holy Church, in the remission of sins, in eternal life.’ This must be a later addition to the text, taken from RM, as it is not contained in the parallel tradition in Hilary’s De synodis 34 (FaFo § 143b). 17 Ferdinand Kattenbusch considered RM the basis of all creeds. In his view J was dependent on a hypothetical Antiochene creed which in turn was based on RM. Cf. Kattenbusch 1894 (1962), pp. 233–244, 409 f.; Kattenbusch 1900 (1962), pp. 192–205; and Vinzent 2006, pp. 152– 164. His hypothesis was modified by Harnack in: Harnack 1896, esp. p. 749: ‘Eben dieses Symbol [i.e. J] hat aber auch von allen die stärkste Verwandtschaft mit dem altrömischen. Diese Verwandtschaft ist so groß, daß Cyrills Symbol nur die Tochter oder die Schwester des römi-

The Origins of the Creed of Jerusalem

J18

191

RM

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν, πατέρα, παντοκράτορα, ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων·

We believe in one God, the Father Almighty, Maker of heaven and earth, of all things both visible and invisible;

Πιστεύω […] εἰς θεόν,

[…] I believe in God

παντοκράτορα,

Almighty,

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

and in one Lord Jesus Christ, the only-begotten Son of God,

καὶ εἰς

and in

Χριστὸν Ἰησοῦν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν,

Christ Jesus, his only-begotten Son, our Lord,

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα θεὸν ἀληθινὸν πρὸ πάντων τῶν αἰώνων, δι᾿ οὗ τὰ πάντα ἐγένετο,

who was born [begotten] from the Father as true God before all ages, through whom all things came into being,

schen sein kann – von “Mutter” kann überhaupt nicht geredet werden, da das römische unzweifelhaft ältere und einfachere Form zeigt. Aber auch an “Schwester” zu denken, haben wir bisher keine Veranlassung; denn dieser palästinensisch-syrische Symbolkomplex [which also includes some other creeds] taucht erst im Anfang des 4. Jahrh. auf, während wir das römische Symbol sicher um 100 Jahre weiter hinaufdatieren können. […] Hiernach ist die einfachste Lösung des Problems, welches das Verhältnis der orientalischen Glaubenssymbole des 4. Jahrhunderts zum altrömischen Problem stellt, diese: im 3. Jahrhundert hat es keine festen orientalischen Taufbekenntnisse gegeben, wohl aber gab es eine alte flüssige “christologische Regel” und alte feierliche oder polemische Bekenntnisformeln zu dem einen Schöpfergott und seinem einen Sohn Christus. Gegen Ende des 3. Jahrh. hat […] vielleicht in der Schule Lucians, jedenfalls an einem Punkt in Syrien-Palästina die Symbolbildung im Orient begonnen, nachdem man das römische Symbol kennen und schätzen gelernt hatte […]. Von der einfachen Rezeption des römischen Symbols hielt ab 1. der Umstand, daß der christologische Abschnitt des römischen Symbols auf einen bereits eingebürgerten christologischen Typus stieß, 2. das Interesse, die “höhere” Christologie im Symbol zum Ausdruck zu bringen. Erst der arianische Streit hat die Bildung fester Symbole im Orient bewirkt.’ Cf. also Kelly 1972, pp. 192 f., 201 f.; Vinzent 2006, pp. 170 f. and below n. 56. Reinhart Staats also noted the similarities between RM and J and commented that it was an open question which of the two texts was the source of the other; cf. Staats 1990, p. 217. 18 For the text of J cf. FaFo § 147, but I omit the passage indicated by . See below in the text.

192

The Origins of the Creed of Jerusalem

J18



ἀναστάντα [ἐκ νεκρῶν] τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθίσαντα ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρὸς καὶ ἐρχόμενον ἐν δόξῃ κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος·

and] rose again [from the dead] on the third day, and ascended into the heavens, and sat down to the right hand of the Father, and will come in glory to judge the living and the dead; of whose kingdom there will be no end;

καὶ εἰς ἓν ἅγιον πνεῦμα, τὸν παράκλητον, τὸ λαλῆσαν ἐν τοῖς προφήταις·

and in one Holy Spirit, the Paraclete, who spoke through the prophets;

καὶ εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν·

and in one baptism of repentance for the remission of sins;

καὶ εἰς μίαν, ἁγίαν and in one holy καθολικήν ἐκκλησίαν· catholic Church;

RM τὸν γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου, τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα καὶ ταφέντα καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ τῶν νεκρῶν, ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός, ὅθεν ἔρχεται κρίνειν ζῶντας καὶ νεκρούς·

who was born from the Holy Spirit and the virgin Mary; who was crucified under Pontius Pilate, and buried, and on the third day rose again from the dead; ascended into the heavens; and is sitting at the right hand of the Father, whence he is coming to judge the living and the dead;

καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα,

and in the Holy Spirit,

ἁγίαν ἐκκλησίαν,

the holy Church,

ἄφεσιν ἁμαρτιῶν,

remission of sins,

καὶ εἰς σαρκὸς ἀνάστασιν·

and in the resurrection of the flesh;

σαρκὸς ἀνάστασιν,

the resurrection of the flesh,

καὶ εἰς ζωὴν αἰώνιον.

and in eternal life.

ζωὴν αἰώνιον.

eternal life.

Given the high number of agreements between both creeds and considering that there is no other creed which displays such close similarities with either J or RM, we may assume a close genealogical relationship between both texts. Furthermore, if we consider that RM was composed before 340/341 (the date of Marcellus’ letter) whereas J is first attested in 351 and that in the first decades of the fourth century,

The Origins of the Creed of Jerusalem

193

Rome’s influence was far greater than that of Jerusalem, we are forced to conclude that either RM must have had a direct impact on J (and not vice versa) or that both creeds are based on a common Vorlage. Several important differences notwithstanding, both RM and J display the same basic pattern, which may have looked like this: Πιστεύομεν/πιστεύω εἰς θεόν, παντοκράτορα· καὶ εἰς Ἰησοῦν Χριστόν [or: Χριστὸν Ἰησοῦν], τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ [or: αὐτοῦ] τὸν μονογενῆ

We believe/I believe in God Almighty; and in Jesus Christ [or: Christ Jesus], the only-begotten Son of God [or: his onlybegotten Son],

rose again from [the] dead on [the] third day [or: on the third day rose again from [the] dead], ascended [or: went up] into the heavens,

ἀναστάντα ἐκ [τῶν] νεκρῶν τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ [or: τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα ἐκ [τῶν] νεκρῶν] [καὶ] ἀνελθόντα [or: ἀναβάντα] εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθίσαντα [or: καθήμενον] ἐκ δεξιῶν [or: ἐν δεξιᾷ] τοῦ πατρὸς καὶ ἐρχόμενον [or: ὅθεν ἔρχεται] κρῖναι [or: κρίνειν] ζῶντας καὶ νεκρούς·

sat down [or: is sitting] to the right hand [or: at the right hand] of the Father, and will come [or: whence he is coming] to judge the living and the dead;

καὶ εἰς ἅγιον πνεῦμα, ἁγίαν ἐκκλησίαν, ἄφεσιν ἁμαρτιῶν, σαρκὸς ἀνάστασιν, ζωὴν αἰώνιον.

and in the Holy Spirit, the holy Church, the remission of sins, the resurrection of the flesh; eternal life.

Alternatively, the order of the remission of sins and the holy Church may have been reversed (which I do not consider very likely; see below). This creed closely resembles RM, but is not entirely identical with it. All remaining variants are best explained if we are dealing here with two different translations from a Latin version which may have run like this: Credimus/credo in deum omnipotentem et in Iesum Christum/Christum Iesum, filium dei [or: eius] unigenitum, resurgentem19 a [or: ex] mortuis tertia die [or: tertia die resurgentem a [or: ex] mortuis] [et] ascendentem in caelos et sedentem ad dexteram [or: in dextera] patris et venturum [or: unde venturus [est]] iudicare vivos et mortuos;

19 It is, perhaps, more likely to assume that a Latin present participle resurgentem was rendered by the Greek aorist participle ἀναστάντα than that a Latin relative clause qui […] resurrexit (as is usually found in Latin versions of RM) was rendered in Greek by a participle. See also below n. 21.

194

The Origins of the Creed of Jerusalem

et in sanctum spiritum, sanctam ecclesiam, remissionem peccatorum, [or: remissionem peccatorum, sanctam ecclesiam], carnis resurrectionem, vitam aeternam.

If we accept this hypothesis, then with regard to content, this creed is identical with RM (except perhaps for τὸν κύριον ἡμῶν20).21 One problem remains: the incarnation and passion may have been expressed in a very different manner in J and RM. Kelly, from whom the abovequoted reconstruction of J is taken,22 supplies for the passage indicated by the clauses [τὸν σαρκωθέντα καὶ] ἐνανθρωπήσαντα, [τὸν σταυρωθέντα καὶ ταφέντα καὶ]/‘who [was incarnate and] became man, [who was crucified and buried and]’, claiming that he was following Stephenson’s classical reconstruction.23 However, precisely regarding this passage, Stephenson is very cautious in reconstructing any kind of definitive wording and in the end opts for: τὸν δι᾽ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν καὶ ἐνανθρωπήσαντα ἐκ παρθένου καὶ πνεύματος ἁγίου, τὸν σταυρωθέντα καὶ ταφέντα/‘who for us humans and for our salvation descended from the heavens and became man from the virgin and the Holy Spirit, was crucified and buried’.24 In turn, I am slightly sceptical about τὸν δι᾽ ἡμᾶς – πνεύματος ἁγίου, because here Stephenson argues on the basis of a close relationship between J and the Creed of Constantinople (381) which may have led him to a circular argument. The textual basis here appears to be rather flimsy.25 The clauses τὸν σαρκωθέντα καὶ ἐνανθρωπήσαντα given by Kelly may perhaps be

20 Cf. below p. 202. 21 It is striking, however, that in the christological section apparently no relative clauses were used as we know it from the usual Latin versions of R (earliest examples: Rufinus (FaFo § 254b) and Leo the Great (FaFo § 255g) and as it is later found in the Apostles’ Creed). It is difficult to say whether these differences go back to different Latin translations of an even earlier Greek original of R (in which case I would have to subdivide the stemma printed above on p. 174 even further). In any case, there were at least two competing Latin versions of R circulating in Rome at the time whose content was identical, but whose wording differed. The version using relative clauses won the day, because it was both more accurate and elegant. For discussion cf. Kelly 1972, pp. 111–113. 22 Cf. Kelly 1972, p. 183 f., reprinted in FaFo § 147. 23 Cf. Kelly 1972, p. 183 n. 1. 24 Cf. Stephenson 1961, pp. 309, 313. 25 Cf. Stephenson 1961, pp. 311–313.

The Origins of the Creed of Jerusalem

195

deduced from the title of Catechesis 12.26 Still, the case for ἐνανθρωπήσαντα is stronger than that for σαρκωθέντα (which is probably why Kelly placed σαρκωθέντα in square brackets).27 By contrast, the reading τὸν γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου/‘who was born from the Holy Spirit and the virgin Mary’ in RM, although by no means certain, is supported by Catechesis 4, 9: καὶ γεννηθεὶς ἐξ ἁγίας παρθένου καὶ ἁγίου πνεύματος.28 In Catechesis 12 Cyril explains the virgin birth at some length, using the phrases τὸν ἐκ παρθένου γεννηθέντα (12, 1), ἐκ παρθένου γεννηθήσεται and ἐκ παρθένου γεννᾶται (12, 2. 23), ἐκ παρθένου γεγεννῆσθαι (12, 3), ἐκ παρθένου […] ἐγεννήθη (12, 4. 31), ἐκ παρθένου γεννηθῆναι (12, 27), ἐκ παρθένου γεννηθείς (12, 33. 34). The virgin’s name is likewise repeatedly mentioned.29 In the same sermon, we also find the combination of virgin and Holy Spirit again: ἐκ παρθένου καὶ πνεύματος ἁγίου […] ἐνανθρωπήσαντα (12, 3). The co-operation of the Spirit in the virgin birth is explained in 17, 6.30 It seems, therefore, difficult to assume that at least the virgin birth, which evidently mattered a great deal to Cyril, was not contained in J. Similarly, the title of Catechesis 13 may suggest τὸν σταυρωθέντα καὶ ταφέντα.31 The crucifιxion is the subject of Catechesis 13, the burial (and the tomb) being mentioned only briefly in 13, 35 and 39. However, one small observation may tip the argument in favour of including ταφέντα in Cyril’s creed. In Catechesis 14, 2 the bishop says that previously he had quoted Scripture in support of the crucifixion and now wishes to move on to the resurrection with a view of rebutting those who say that the gospels contain ‘nothing but fairytales and rigmarole’ (μὴ μῦθοι μηδὲ ῥαψῳδίαι). Instead, in the next chapter, he adduces scriptural proof from the prophets for Christ’s burial. It is only in ch. 4 that he begins to deal with the resurrection. Obviously, it had occurred to him only

26 As regards the doubtful reliability of the titles cf. Stephenson 1961, pp. 308 f. Earlier attestations of τὸν σαρκωθέντα: Irenaeus, Adversus haereses 1,10,1 (§ 109b3); Epistula ad Paulum Samosatenum (FaFo § 126[8]); Eus (§ 134a); N (§ 135c). Earlier attestations of ἐνανθρωπήσαντα: Epistula ad Paulum Samosatenum (§ 126[8]); N (§ 135c); Antioch 341, Third Creed (§ 141a[3]); Antioch 341, Fourth Creed (§ 141d[2]); Serdica (east) 342 (§ 143a2[2]); Macrostich Creed (§ 145[2]). 27 The verb ἐνανθρωπέω is often used by Cyril: Catecheses ad illuminandos 11, 15 (twice); 12, 3 (twice). 13. 16 (thrice); 13, 3. 6. 12. 33; 15, 11. Σαρκόω is less frequently used: 4, 9; 13, 20; 18, 9. 28 Reischl/Rupp 1848/60, vol. I, p. 98. 29 Cf. Catecheses ad illuminandos 7, 9 (thrice); 10, 12 (biblical quotation). 19; 12, 23. 29. 31 (thrice, once in a biblical quotation). 34; 14, 12 (thrice); 17, 6. 30 The virgin birth is also mentioned in 10, 10. 15; 15, 1. 11. 31 The crucifixion is, of course, often mentioned. For the burial cf. Catecheses ad illuminandos 4, 12. 14 (here crucifixion and burial are both mentioned); 13, 8. 18; 14, 17. 18.

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The Origins of the Creed of Jerusalem

at this moment that he had, in fact, forgotten to quote prophecies foretelling Christ’s burial. It is difficult to see why he went back to this article of faith, unless he was ‘forced’ to do so by the wording of the creed. Finally, Cyril also repeatedly mentions Pontius Pilate.32 The fact that he was the local prefect may corroborate the assumption that he also formed part of the local creed.33 As a result, one might cautiously assume that the missing part of J may have run like this: [τὸν σαρκωθέντα] καὶ ἐνανθρωπήσαντα τὸν ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου [καὶ ἁγίου πνεύματος] γεννηθέντα τὸν [ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου] σταυρωθέντα καὶ ταφέντα

[who was incarnate] and became man, who was born from the virgin Mary [and the Holy Spirit], who was crucified [under Pontius Pilate] and was buried

Whereas the crucifixion (under Pontius Pilate?) and the burial are also mentioned in RM, the clauses τὸν σαρκωθέντα καὶ ἐνανθρωπήσαντα have no equivalent. In fact, at least ἐνανθρωπήσαντα cannot have been a translation from Latin, since there was no Latin equivalent. All of this is, of course, highly speculative and only serves to indicate that the clauses on Christ’s incarnation and passion may have resembled each other more closely than Kelly’s reconstruction suggests. There are other elements that were added to the Vorlage of J. Again, these additions appear to have been made after this creed had ‘travelled’ to Palestine. In what follows, I provide a list of witnesses for all additions to the Vorlage: 1. ἕνα θεόν: God’s uniqueness is inconspicuous – it is found in a vast array of witnesses. 2. πατέρα: Irenaeus, Adversus haereses 1,3,6 (frg. 1; FaFo § 109b1); 1,10,1 (§ 109b3); Antioch 324/5 (§ 133[8]); Novatian, De trinitate 1,1 (§ 119a); Arius and Euzoius, Epistula ad Constantinum imperatorem 2 (§ 131c); Eus (§ 134a); Eusebius, De ecclesiastica theologia 2,6 (§ 134b3); N (§ 135c); Asterius of Cappadocia, Fragment 9 (§ 137a); Antioch 341, Third Creed (§ 141a[2]; Antioch 341, Second Creed (§ 141b[1]); Antioch 341, Fourth Creed (§ 141d[1]); Pseudo-Dionysius of Rome, Epistula ad Dionysium Alexandrinum (§ 142); Serdica (east) 342 (§ 143a1[1], a2[1], b[1], c[1]); Macrostich Creed (§ 145[1]);

32 Cf. Catecheses ad illuminandos 13, 3. 13. 14 (four times, of which twice in quotations). 15. 16. 21. 27. 38 (twice). 39. In addition, 14, 14. 33 This aspect was suggested to me by Dr Thomas Brüggemann (Bonn).

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12. 13.

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Dêr Balyzeh Papyrus (§ 146); cf. also RL (Roman creed as given by Leo the Great; § 255a, g). ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς: Irenaeus, Adversus haereses 3,1,2 (FaFo § 109b6): factorem caeli et terrae; ibid. 3,4,2 (§ 109b7): fabricatorem caeli et terrae; Antioch 324/5 (§ 133[8]). ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων: Eus (FaFo § 134a): τῶν ἁπάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων; N (§ 135c): πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων. ἕνα κύριον: Alexander of Alexandria, Epistula ad Alexandrum Thessalonicensem (Byzantinum) 46 (FaFo § 132); Antioch 324/5 (§ 133[9]); Eus (§ 134a); N (§ 135c); Antioch 341, Second Creed (§ 141b[2]). τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα θεὸν ἀληθινὸν πρὸ πάντων τῶν αἰώνων: Creed against Paul of Samosata (FaFo § 127[1]): τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς πρὸ αἰώνων κατὰ πνεῦμα γεννηθέντα; Eus (§ 134a): πρὸ πάντων τῶν αἰώνων ἐκ τοῦ πατρὸς γεγεννημένον; Eusebius, De ecclesiastica theologia 1,8 (§ 134b2): τὸν πρὸ πάντων αἰώνων ἐκ τοῦ πατρὸς γεγεννημένον; Antioch 341, Third Creed (§ 141a[3]): τὸν γεννηθέντα ἐκ τοῦ πατρὸς πρὸ τῶν αἰώνων; Antioch 341, Second Creed (§ 141b[2]): τὸν γεννηθέντα πρὸ τῶν αἰώνων ἐκ τοῦ πατρός; Antioch 341, Fourth Creed (§ 141d[2]): τὸν πρὸ πάντων τῶν αἰώνων ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα = Serdica (east) 342 (§ 143a2[2]) = Macrostich Creed (§ 145[2]). Θεὸν ἀληθινόν: N (§ 135c): θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ. Ιt appears that θεὸν ἀληθινόν was added (from N?) to τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα πρὸ πάντων τῶν αἰώνων in order to emphasize the Son’s divinity. δι᾿ οὗ τὰ πάντα ἐγένετο: Irenaeus, Epideixis 6 (FaFo § 109a2); Tertullian, Adversus Praxean 2,1 (§ 111e1); Eus (§ 134a); Arius and Euzoius, Epistula ad Constantinum imperatorem 2 (§ 131c); N (§ 135c); Antioch 341, Second Creed (§ 141b[3]); Antioch 341, First Creed (§ 141c[4]); Antioch 341, Fourth Creed (§ 141d[2]); Serdica (east) 342 (§ 143a1[2], a2[2], b[2], c[2]); Macrostich Creed (§ 145[2]). ἐν δόξῃ: Irenaeus, Adversus haereses 3,4,2 (FaFo § 109b7); 3,16,6 (§ 109b9); Eus (§ 134a). οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος: no earlier references, but cf. Luke 1:33 and Serdica (east) 342 (FaFo § 143a2): οὗ ἡ βασιλεία ἀκατάλυτος οὖσα διαμένει εἰς τοὺς ἀπείρους αἰῶνας. ἓν ἅγιον πνεῦμα: Serdica (east) 342 (FaFo § 143b[3]). τὸν παράκλητον: Epistula Apostolorum 5 (16; FaFo § 103b); Antioch 341, Third Creed (§ 141a[4]); Antioch 341, Fourth Creed (§ 141d[4]); Serdica (east) 342 (§ 143a1[3], a2[3], b[3], c[3]); Serdica (west) 342 (§ 144a2[9]); Macrostich Creed (§ 145[3]). τὸ λαλῆσαν ἐν τοῖς προφήταις: no earlier references. εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν: no earlier references.

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14. εἰς μίαν, ἁγίαν καθολικήν ἐκκλησίαν: no earlier references, but cf. Arius and Euzoius, Epistula ad Constantinum imperatorem 3 (FaFo § 131c): καὶ εἰς μίαν καθολικὴν ἐκκλησίαν τοῦ θεοῦ. We can see from this list that almost none of the additions is found in western sources (not counting Irenaeus a western author). The only exceptions are no. 2: πατέρα which is also found in Novatian (but which is hardly significant) and no. 7: δι᾿ οὗ τὰ πάντα ἐγένετο which is also found in Tertullian where, however, it forms part of a longer quotation of John 1:3. Furthermore, we find a certain number of additions that are found nowhere else before J: – It is clear from Cyril’s own words that no. 9 οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος is directed against Marcellus, who – as Cyril puts it – had recently taught that after the end of the world Christ was no longer ruling and that the Logos had resolved into the Father and no longer existed.34 It seems plausible to assume that Cyril himself made this addition to J (which was later taken over by the Second Ecumenical Council 35) in order to combat Marcellus’ doctrines. – The reference to the prophets (no. 12: τὸ λαλῆσαν ἐν τοῖς προφήταις) was probably inserted in order to define the Spirit more precisely by tying it to the Old Testament: it is the Spirit of the prophets that is worshipped among Christians which was already present and active at the time of the Old Testament.36 The insistence on the Spirit’s coninuous activity in the history of salvation made it possible to ward off enthusiastic pneumatologies such as

34 Cf. Catechesis ad illuminandos 15, 27 (Reischl/Rupp 1848/60, vol. I, pp. 194–196): Κἄν ποτέ τινος ἀκούσῃς λέγοντος, ὅτι τέλος ἔχει ἡ Χριστοῦ βασιλεία, μίσησον τὴν αἵρεσιν. τοῦ δράκοντός ἐστιν ἄλλη κεφαλὴ προσφάτως περὶ τὴν Γαλατίαν ἀναφυεῖσα. ἐτόλμησέ τις λέγειν ὅτι μετὰ τὸ τέλος τοῦ κόσμου ὁ Χριστὸς οὐ βασιλεύει, καὶ ἐτόλμησεν εἰπεῖν ὅτι ὁ λόγος ἐκ πατρὸς ἐξελθὼν οὗτος εἰς πατέρα πάλιν ἀναλυθεὶς οὐκέτι ἔστιν, βλασφημῶν τὰ τοιαῦτα καθ’ ἑαυτοῦ. ‘If you hear anyone say that the kingdom of Christ has an end, abhor this heresy. It is another head of the dragon, which sprang up recently in Galatia. A certain reckless fellow maintained that after the end of the world Christ reigns no longer. He added that the Word, which issued from the Father, was resolved again into the Father and no longer exists – uttering such blasphemies to his own destruction’ (McCauley/Stephenson 1970 [2000], p. 72; altered). Through his use of the present tense Cyril may even imply that Marcellus taught the end of the world had already come and Christ’s reign had already ended. Cf. also ibid. 31–33. The eternity of the divine kingdom is also underlined in Catecheses 4, 15; 15, 17; 18, 20. As regards Marcellus’ teaching on this point cf. Seibt 1992, p. 87; Vinzent 1997, pp. LXIV–LXVIII. 35 Cf. Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, p. 45. 36 This may, perhaps, be based on 2 Pet 1:21; cf. Kelly 1972, p. 341; Staats 1999, p. 258 and pp. 261–264. Cf. also Rom 1:2 and Heb 1:1 and Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, p. 48.

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those held by the Montanists, who venerated Montanus as the Paraclete37 and certainly still existed in various forms in the fourth century, or among the Messalians and similar ascetic groups. Likewise, the suggestion of a dualism between the God of the Old and New Testament and, as a result, a duality of Spirits was rebutted. Such a doctrine was ascribed by Cyril himself to the Marcionites and the Manichaeans.38 By contrast, Cyril seeks to demonstrate in his sermons time and again that the coming of Christ and the events in the New Testament were foretold by the prophets and that the Holy Spirit had spoken in both the Old and the New Testaments.39 He may, therefore, have added this clause himself. It is difficult to say why and by whom the belief ‘in one baptism of repentance’ (no. 13: εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας) was added, why it was combined with the remission of sins (εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν) and what it actually means.40 Cyril himself discusses penitence at some length in Catecheses 2

37 Cf. Catechesis ad illuminandos 18, 8. 38 Cf. Catechesis ad illuminandos 16, 6–7. The phrase was later taken over in the creeds of Constantinople; cf. Kinzig, Glaubensbekenntnis, 2021, pp. 48, 58. 39 Cf., e.g., Catechesis ad illuminandos 4, 16 (Reischl/Rupp 1848/60, vol. I, p. 108): Εἷς γάρ ἐστι Θεὸς, ὁ τοῦ Χριστοῦ πατήρ· καὶ εἷς Κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς ὁ τοῦ μόνου Θεοῦ μονογενὴς Υἱὸς, καὶ ἓν τὸ Πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ πάντων ἁγιαστικὸν καὶ θεοποιὸν, τὸ ἐν νόμῳ καὶ προφήταις, παλαιᾷ τε καὶ καινῇ διαθήκῃ λαλῆσαν. ‘For there is one God, the Father of Christ, and One Lord Jesus Christ, the Only-begotten Son of the One God, and One Holy Spirit who sanctifies and defies all, who spoke in the Law and the Prophets, both in the Old and the New Testaments’ (tr. McCauley/Stephenson 1969 [2005], p. 127). Ibid. 16, 3–4 (Reischl/Rupp 1848/60, vol. II, pp. 206–208): Τοῦτο φωτίζει τὰς ψυχὰς τῶν δικαίων, τοῦτο καὶ ἐν προφήταις, τοῦτο καὶ ἐν ἀποστόλοις ἐν τῇ καινῇ διαθήκῃ. μισείσθωσαν οἱ χωρίζειν τολμῶντες τοῦ ἁγίου πνεύματος τὴν ἐνέργειαν. εἷς θεός, ὁ πατήρ, παλαιᾶς καὶ καινῆς διαθήκης δεσπότης, καὶ εἷς κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς ὁ ἐν παλαιᾷ προφητευθεὶς καὶ ἐν καινῇ παραγενόμενος, καὶ ἓν πνεῦμα ἅγιον, διὰ προφητῶν μὲν περὶ τοῦ Χριστοῦ κηρῦξαν, ἐλθόντος δὲ τοῦ Χριστοῦ καταβὰν καὶ ἐπιδεῖξαν αὐτόν. Μηδεὶς οὖν χωριζέτω τὴν παλαιὰν ἀπὸ τῆς καινῆς διαθήκης. μηδεὶς λεγέτω ὅτι ἄλλο τὸ πνεῦμα ἐκεῖ καὶ ἄλλο ὧδε· […]. The Spirit ‘enlightens the souls of the just; he [inspired] the prophets; he [inspired] the Apostles in the New Testament. Let them be abhorred who dare to divide the operation of the Holy Spirit. There is One God, the Father, Lord of the Old and the New Testament, and One Lord Jesus Christ, who was prophesied in the Old, and came in the New Testament, and One Holy Spirit, who heralded Christ through the Prophets, and when Christ came, descended and showed him forth. Let no one, therefore, separate the Old from the New Testament. Let no one say that the Spirit [in the Old] is one and [in the New] another […]’ (McCauley/Stephenson 1970 [2000], p. 77; altered). In addition, cf. 16, 24–32; 17, 5. 18. 40 Cyril himself later quotes the phrase again in Mystagogia 1, 9 (§ 631a; if authentic), but without the remission of sins. It is also named in Epiphanius, Ancoratus 119,11 (FaFo § 175) and in a closely related creed which is ascribed to Athanasius (§ 185). In the first instance the remission of sins is not mentioned, in the Pseudo-Athanasian creed there is a characteristic

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and 8, but he does not discuss the juncture βάπτισμα μετανοίας which in his sermons occurs only in 18, 22 in a quotation from J. It is even more puzzling when one remembers that in the New Testament, the phrase ‘baptism of repentance’ is associated with the baptism of John, which is superseded by the coming of Christ.41 Most likely, the juncture βάπτισμα μετανοίας here is not technical. The relation between penitence and baptism is discussed in 3, 15, where Cyril quotes Acts 2:38 to show that penitence and baptism are intimately interconnected. The emphasis on the singularity of baptism may be directed against its repetition. Cyril himself argues against a repetition of baptism, but it is difficult to see which groups he envisages.42 They cannot have been those advocating rebaptism of heretics wishing to join the catholic Church, because Cyril himself supports the rebaptism of heretics.43 He may have in mind JewishChristian groups such as the Hemerobaptists, which frequently performed cleansing rituals. The Elchasaites were credited with preaching the forgiveness of sins by means of a second baptism.44 The Marcionites (who figure prominently in Cyril’s catecheses45) were said to have repeated baptism to wash off post-baptismal sins.46 There were also those who repeated baptism out of fear.47 Additionally, one may ponder whether J did not run like this: καὶ εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας καὶ εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (‘and in one baptism of repentance and in the remission of sins’). In this case, it would have contained two separate clauses, explicating the work of the Spirit. Otherwise, the remission of sins may have been joined with the baptism of repentance in order to explain at what point it actually occurred.48 Moreover, in J, baptism

variation: εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας καὶ ἀφέσεως ἁμαρτιῶν. Cf., furthermore, Proclus of Constantinople, Homilia in theophania 11,71 in a similar context. 41 Cf. Mark 1:4; Luke 3:3; Acts 13:24; 19:4. 42 Cf. Procatechesis 7 (Reischl/Rupp 1848/60, vol. I, p. 10): Οὐκ ἔνι δὶς καὶ τρὶς λαβεῖν τὸ λουτρόν· ἐπεὶ ἦν εἰπεῖν· Ἅπαξ ἀποτυχὼν, δεύτερον κατορθῶ· ἐὰν δὲ τὸ ἅπαξ ἀποτύχῃς, ἀδιόρθωτον τὸ πρᾶγμα. Εἷς γὰρ Κύριος, καὶ μία πίστις, καὶ ἓν βάπτισμα· […]. ‘A person cannot be baptized a second and a third time. Otherwise, it could be said: “I failed once; the second time I shall succeed.” Fail once, and there is no putting it right. For, “one Lord, one faith, one Baptism” [Eph 4:5].’ (tr. McCauley/Stephenson 1969 [2005], p. 76, altered). 43 Cf. Procatechesis 7. 44 Cf. Ferguson 2009, pp. 72–74. For the repetition of baptism for the forgiveness of sins in the group of the Elchasaites cf. Hippolytus, Refutatio omnium haeresium 9,13,4 45 Cf. Catecheses ad illuminandos 6, 16; 16, 4. 7; 18, 26, but in a different context. 46 Cf. Epiphanius, Panarion 42,3,6–10 and Ferguson 2009, p. 278 and n. 9. 47 Cf. Leo the Great, Epistula 159, 7 and Ferguson 2009, p. 765. 48 The version in the Pseudo-Athanasian creed (see above note 41) makes it even clearer.

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may precede the Church because the latter is thought to be constituted through baptism. (However, Cyril does not comment on this.) By contrast, in RM, baptism follows the Church, because it is administered by the Church.49 Finally, the oneness and the catholicity were added to the holiness of the Church (no. 14: εἰς μίαν, ἁγίαν, καθολικήν ἐκκλησίαν). The oneness corresponds to that of the three persons of the Trinity and of baptism. Cyril emphasizes that there is only one true ἐκκλησία as opposed to the false churches of the heretics (18, 26). The Church is called ‘holy’ to distinguish the second Church in the history of salvation (i.e., of the gentiles) from the first Church (of the Jews; 18, 25). Cyril also gives five reasons for its catholicity (i.e., universality): it has spread over the entire world; it teaches universally and continuously all that is necessary to know about the faith; it teaches the entire human race; it heals all sins that have been committed; lastly, it possesses every kind of Christian virtue (18, 23). The combination of the three attributes only occurs in J and may well stem from Cyril himself.

The list given above also reveals that there is a close proximity between J and Eus, which is hardly surprising, since J and the regula fidei on which Eus is based 50 stem from the same region (nos. 2, 4, 5, 6, 7, 8). Here the most significant variant which is displayed only by Eus and J (excepting Irenaeus) is the addition of ἐν δόξῃ to the parousia. The almost identical overlaps that are found in N (nos. 2, 4, 5, 6, 7) are not particularly surprising either, given N’s close relationship with Eus.51 Thus, there is no evidence that N influenced J at all. However, earlier scholarship often assumed that J was the Vorlage for N.52 The earlier hypothesis likewise appears to be difficult to uphold in view of those differences which are not easily explained as revisions.53

49 Cf. e.g. Rufinus, Expositio symboli 37, ll. 3–6 (CChr.SL 20, p. 171): ‘Hi igitur qui supra in uno deo credere edocti sunt sub mysterio trinitatis, credere etiam hoc debent: unam esse ecclesiam sanctam, in qua est una fides et unum baptisma, […].’ ‘Those therefore who have already been taught to believe in one God, under the mystery of the Trinity, must believe this also, that there is one holy Church, in which there is one faith and one baptism, […]’ (tr. Morison 1916, pp. 49 f.). 50 Cf. also above p. 189. 51 Cf. above p. 190. 52 Cf. e.g. Lietzmann, Kleine Schriften, 1962, pp. 254–259; Staats 1999, pp. 162–165. Cf., however, Kelly 1972, pp. 227 f. 53 Cf. e.g. N’s omission of οὐρανοῦ καὶ γῆς; πρὸ πάντων τῶν αἰώνων; καὶ καθίσαντα ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρός, the position of μονογενῆ, and the brief third article.

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The remaining sources partly draw on N and are, therefore, bound to show the same similarities. This is true especially for the Second Creed of Antioch 341 (nos. 2, 5, 6, 7), the Fourth Creed of Antioch 341 (nos. 2, 6, 7, 11), for Serdica (east; nos. 2, 6, 7, 10, 12), and for the Macrostich Creed (nos. 2, 6, 7, 11). The similarities with other sources are less significant: – Irenaeus, Adversus haereses: nos. 2, 3, 7, 8. – Antioch 341, Third Creed: nos. 2, 6, 11. – Antioch 324/5: nos. 2, 3, 5. – Arius and Euzoius, Epistula ad Constantinum: nos. 2, 7, 14. All other sources display only one parallel. The complex case of Pontius Pilate notwithstanding, there may be a difference in wording, but with possibly one exception, there are no discernible additions regarding content in RM. The exception concerns the position and precise formulation of belief in the ‘Lord’. Whereas J places the ‘one Lord’ at the beginning of the christological section, RM places ‘our Lord’ after τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ. The reading in J seems to be certain and was probably moved to harmonize it with ‘one God’, ‘one Holy Spirit’, ‘one baptism’, and ‘one Church’.54 It appears, therefore, more likely that ‘our Lord’ in RM is the original reading. In summary, J was probably based on a western creed which was closely related to, or even identical with, RM and which, therefore, likely originated in Rome.55 Additions to this creed were made that might, in part or as a whole, stem from Cyril himself. That said, it is difficult to see how this creed would have made its way into the east, as relations between Rome and Jerusalem in the first half of the fourth century were scarce if they existed at all.56 Cyril’s predecessor

54 Cf. Catecheses ad illuminandos 7, 4; 10, title. Nevertheless, in Catechesis 17, 34 (Reischl/ Rupp 1848/60, vol. II, p. 292) Cyril sums up the content of the creed like this: […] εἰς ἕνα θεὸν πατέρα παντοκράτορα, καὶ εἰς τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ, καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον τὸν παράκλητον. ‘[…] and in one God, the Father Almighty, and in our Lord Jesus Christ, his only-begotten Son, and in the Holy Spirit, the Paraclete.’ It is somewhat surprising that Cyril here does not say εἰς ἕνα κύριον, especially as the context does not warrant the mention of ‘our’ Lord. Could it be that here he remembers the old version of his creed? 55 Kelly’s argument against such a hypothesis (cf. Kelly 1972, pp. 201 f.) rests on the unfounded assumption that the ‘eastern creeds’ which he enumerates (see above p. 189) were already in existence at the beginning of the fourth century (ibid., p. 181). 56 Cf. Drijvers 2004, pp. 1–31 mentions no such relations. Likewise no mention in Pietri 1976, pp. 187–237. There is no convincing evidence that RM was adopted in Jerusalem (via Antioch or in whatever other way) before the fourth century, as Kattenbusch and (at least partly) Harnack

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Maximus (sedit c. 334–348/50), who had first condemned Athanasius at Tyre, later switched sides. At Serdica, he supported the western synod and recommended Athanasius’ rehabilitation to the Egyptian clergy.57 Yet we know no details to what extent these developments led to intensified communication with the western capital. However, some liturgical influence from Rome may have occurred in the context of the building of the Church of the Holy Sepulchre.58 The erection of this church marked the beginning of the transformation of the largely pagan city Aelia Capitolina59 into a Christian place of pilgrimage. The large number of visitors and the rapid growth of the city60 must also have led to a rapid increase in the number of converts which, in turn, may have exposed a need to formalize the catechumenate in the Holy City. It is possible that in this situation, the local catechesis was based on a regula fidei which was not yet fixed and only orally transmitted. Likewise, the entire order of the catechumenate and of the preparation to baptism may have been handled with a certain flexibility. Yet, it may no longer have sufficed to deal with larger numbers of converts whose catechesis and baptism required the involvement of numerous clergy and, therefore, a much higher degree of standardization. By the time of Cyril, the rituals of conversion had been formalized, and the creed was fixed. Concomitantly, Cyril propagated the view that the latter was neither to be written down nor to be altered in any way.61 It had turned into a sacred formula which was to be handled with care and not to be revealed to the uninitiated. We have positive proof from the bishop that by the middle of the fourth century, the traditio symboli was well established in Jerusalem.62 It is paralleled by the introduction of the same practice in Rome,63 whereas there are no other

assumed (cf. above n. 17). In Rome at the beginning of the fourth century several similar creeds appear to have co-existed with RM ultimately winning the day. Cf. above pp. 161–188. 57 Cf. Socrates, Historia ecclesiastica 2,24,1–3 and Athanasius, Apologia contra Arianos 57. In addition, Dünzl 1998. 58 The literature dealing with the complex history of this building is endless. Cf., e.g., WagnerLuz/Brakmann 1996, cols. 682, 695 f.; Heyden 2014, pp. 127–134; Krüger 2000; Krüger 2021. 59 Cf. Wilken 1992, pp. 82–85; Drijvers 2004, pp. 6–8; Perrone 2021, pp. 393 f. The local bishops must have presided over a small congregation. No church building is attested in Jerusalem prior to Constantine, except, perhaps, the church on Mount Zion. Cf., however, discussion in Taylor 1993, pp. 211 f.; Markschies 2021, pp. 74 f. with further literature. 60 Cf. Baldovin 1987, p. 46; Wilken 1992, pp. 122–125; Weksler-Bdolah 2019, pp. 131–137, 202, 208; Drijvers 2021, pp. 373 f.; Markschies 2021. 61 Cf. Catecheses ad illuminandos 5, 12; 18, 21 (FaFo § 624). 62 Cf. Catecheses ad illuminandos 5, 12; 18, 21 (FaFo § 624). Cf. also Egeria, Peregrinatio 46,1– 6 (FaFo § 630) and above p. 133. 63 Cf. above pp. 133.

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attestations to it elsewhere in the Church from so early a period. Likewise, we find in the pre-baptismal liturgy another feature that has puzzled scholars64 because it points to a western origin. As we know from the Mystagogical Catecheses which were delivered (probably by Cyril) in Jerusalem at around 382–386, the renunciation (apótaxis) was not followed (as everywhere else in the east) by the formula of engagement (sýntaxis), but by the recitation of the creed (redditio).65 The inclusion of the redditio led to an odd doubling of the confession of faith, because the candidates were then led into the baptistery.66 There they were asked whether they believed in the name of the Father, Son, and Holy Spirit and made the ‘saving confession’ (τὴν σωτήριον ὁμολογίαν) before being immersed in the water.67 Consequently, the declaratory creed during the rite of redditio symboli was followed by an interrogatory creed at the point of baptism, which precisely reflects Roman practice as it is found in the Old Gelasian Sacramentary.68 Possibly the assembly which Emperor Constantine had convoked on the occasion of the dedication of the Church of the Holy Sepulchre in mid-September 335 played a role with respect to the sharing of liturgical resources between the

64 Cf. Day 2007, pp. 48–65, esp. 59 f. 65 Cf. (Pseudo-)Cyril of Jerusalem, Mystagogia 1, 9 (FaFo § 631a): Πιστεύω εἰς τὸν πατέρα καὶ εἰς τὸν υἱὸν καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα καὶ εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας. ‘I believe in the Father, in the Son, and in the Holy Spirit, and in one baptism of repentance.’ (Pseudo-)Cyril probably abbreviates here the full version of the creed (Day 2007, p. 59 pace e.g. Kelly 1972, p. 33). However, we do find a combination of a formula of sýntaxis and the redditio of the creed; cf. e.g. canon 19 of the Canons of Hippolytus (Northern Egypt?, 336–340 or later; FaFo § 606; sequence: apótaxis – anointing with the oil of exorcism – sýntaxis – credal questions and immersions); Testamentum Domini 2,18 (Syria, late fourth–fifth century; cf. FaFo § 615; sequence: apótaxis – anointing with the oil of exorcism and final exorcism – sýntaxis – credal questions and immersions); Apostolic Constitutions 7,41,3–7 (Antioch, c. 380; FaFo § 182c); the Ordo of Constantinople in the Barberini Euchologion (seventh c. or earlier; FaFo § 677a, b). 66 This must have been the baptistery of the Church of the Holy Sepulchre; cf. Wharton 1992; Ristow 1998, p. 168 (no. 309); Krüger 2000, p. 66; Krüger 2021, p. 203 who discuss the scant archaeological and literary evidence. 67 Cf. (Pseudo-)Cyril of Jerusalem, Mystagogia 2, 4 (FaFo § 631b). 68 Cf. FaFo § 675b and c and below pp. 235–239.

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east and the west.69 It was a grand occasion, involving bishops of most eastern provinces.70 The imperial notary Marianus was in charge of the proceedings. He ‘honoured the synod with a friendly reception, with brilliant banquets and merry parties. To the unclad poor and to the untold multitudes of indigent men and women, and to those who were in want of food and other necessities, he made lavish distributions of money and clothing, and furthermore beautified the whole shrine with rich imperial dedications. While he performed this service, God’s ministers enriched the feast with both prayers and sermons. Some praised the Godbeloved Emperor’s devotion to the Saviour of all, and recounted in detail the magnificent work connected with the martyrion; some with festive sermons based on divine doctrines provided a variety of intellectual delights for all to hear. Others gave expositions of the divine readings, disclosing hidden meanings, while others incapable of this propitiated God with bloodless sacrifices and mystic ceremonies; for the general peace and for the Church of God, for the Emperor himself, who was responsible for such great things, and for his Godbeloved sons, they offered up prayers of supplication to God.’71

69 As regards this synod cf. Eusebius, Vita Constantini 4,43–45; Rufinus, Historia ecclesiastica 10,12; Socrates, Historia ecclesiastica 1,33,1–2; Sozomen, Historia ecclesiastica 2,26–27; Theodoret, Historia ecclesiastica 1,31,1–3. In addition, Brennecke u. a. 2007, p. 129; Heyden 2014, pp. 132–134. The close relationship which Constantine established between Jerusalem and Rome is also demonstrated by the fact that recent scholarship has detected architectural links between St Peter’s in Rome and the Jerusalem church (cf. Krüger 2000, pp. 57–59; Krüger 2021, pp. 206–214, 220) and that in the urbs a copy of the Church of the Holy Sepulchre was erected, the church Hierusalem (modern Santa Croce in Gerusalemme); cf. Heyden 2014, pp. 134–140, esp. 138: ‘In Verbindung mit der ungewöhnlichen Benennung der Kirche als Hierusalem spricht die architektonische Gestaltung […] für die Deutung des Baus als Imitation der Grabeskirche – freilich im Rahmen der baulichen Möglichkeiten, die die bereits bestehenden Strukturen des Sessorianischen Palastes zuließen.’ 70 En route to the council, sixty bishops had already assembled at Tyre to discuss the case of Athanasius (Socrates, Historia ecclesiastica 1,28,2; for further sources and discussion regarding this synod cf. Martin 1996, pp. 357–379). Subsequently, they all proceeded to Jerusalem. These bishops came from ‘all of Egypt, Libya, Asia, and Europe’, hence also included western prelates (Eusebius, Vita Constantini 4,41,2; the bishops which can be identified by name are mentioned by Martin 1996, p. 363). When they arrived in Jerusalem they found that further bishops had already assembled in the Holy City. Eusebius even claims that bishops from every province had come. He explicitly mentions Macedonia, Pannonia, Mysia, Persia, Bithynia, Thrace, Cilicia, Cappadocia, Syria, Mesopotamia, Phoenicia, Arabia and Palestine, Egypt, Libya, and the Thebaid (ibid. 4,43,3–4). Whatever the accuracy of this information, it was a large gathering and may also have been attended by western bishops or their delegates. 71 Eusebius, Vita Constantini 4,44,1–45,2 (Winkelmann 1991 [2008], p. 139, ll. 2–19): Καὶ δὴ τῷ βασιλέως οὗτος νεύματι σὺν εἰλικρινείᾳ πάσῃ διακονούμενος, τὴν μὲν σύνοδον ἐτίμα φιλοφρόνῳ δεξιώσει ἑστιάσεσί τε λαμπραῖς καὶ συμποτικαῖς εὐωχίαις, πτωχοῖς δ’ ἀνείμοσι πενήτων τ’ ἀνδρῶν καὶ γυναικῶν μυρίοις πλήθεσι, τροφῆς καὶ τῶν λοιπῶν χρειῶν ἐν ἐνδείᾳ καθεστῶσι, πολυτελεῖς διαδόσεις χρημάτων καὶ περιβλημάτων ἐποιεῖτο, ἤδη δὲ καὶ τὸν πάντα

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The Origins of the Creed of Jerusalem

Even if we make allowances for Eusebius’ panegyrical style, ‘this was indisputably an occasion of state.’72 Yet it was not only a festive gathering – it was also a proper synod that adopted and promulgated canonical decrees. We possess its encyclical in which the bishops in Alexandria and Egypt were asked to receive the Arians back into the Church. The synod had been prompted to this decision by Constantine who had examined their faith and had found no fault.73 The emperor had a creed attached to his letter of invitation which documented this orthodoxy and to which the bishops assembled in Jerusalem had agreed.74 Unfortunately, this letter is no longer extant.75 It is possible that for this purpose, the unnamed Arians had used the creed of the capital which because of its theological indistinctness was entirely compatible with their doctrines (in which case their tactics would have been similar to that of Marcellus of Ancyra, who later also quoted RM in his letter to Julius of Rome for apologetic purposes). Alternatively, Constantine himself may have chosen RM for this purpose of building theologi-

νεὼν πλουσίοις καὶ βασιλικοῖς ἀναθήμασι κατεποίκιλλεν. Ἀλλ’ ὁ μὲν ταύτην ἐπλήρου τὴν ὑπηρεσίαν, οἱ δὲ τοῦ θεοῦ λειτουργοὶ εὐχαῖς ἅμα καὶ διαλέξεσι τὴν ἑορτὴν κατεκόσμουν· οἱ μὲν τοῦ θεοφιλοῦς βασιλέως τὴν εἰς τὸν τῶν ὅλων σωτῆρα καθοσίωσιν ἀνυμνοῦντες, τάς τε περὶ τὸ μαρτύριον μεγαλουργίας διεξιόντες τῷ λόγῳ, οἱ δὲ ταῖς ἀπὸ τῶν θείων δογμάτων πανηγυρικαῖς θεολογίαις πανδαισίαν λογικῶν τροφῶν ταῖς πάντων παραδιδόντες ἀκοαῖς· ἄλλοι δ’ ἑρμηνείας τῶν θείων ἀναγνωσμάτων ἐποιοῦντο, τὰς ἀπορρήτους ἀποκαλύπτοντες θεωρίας, οἱ δὲ μὴ διὰ τούτων χωρεῖν οἷοί τε θυσίαις ἀναίμοις καὶ μυστικαῖς ἱερουργίαις τὸ θεῖον ἱλάσκοντο, ὑπὲρ τῆς κοινῆς εἰρήνης, ὑπὲρ τῆς ἐκκλησίας τοῦ θεοῦ, αὐτοῦ τε βασιλέως ὕπερ, τοῦ τῶν τοσούτων αἰτίου, παίδων τ’ αὐτοῦ θεοφιλῶν ἱκετηρίους εὐχὰς τῷ θεῷ προσαναφέροντες (tr. Cameron/ Hall 1999, pp. 170 f.). 72 Hunt 1997, p. 420; quoted in Cameron/Hall 1999, p. 331. 73 The letter (Athanasius, De synodis 21,2–7) is edited and translated into German as Dokument 39 in Brennecke u. a. 2007, pp. 129–131. 74 Cf. Athanasius, De synodis 21,4 (= Dokument 39, 3; Brennecke u. a. 2007, p. 130): Ἐμαρτύρει δὲ τοῖς ἀνδράσιν ὁ θεοφιλέστατος βασιλεὺς διὰ τῆς ἐπιστολῆς πίστεως ὀρθοτομίαν, ἣν παρ’ αὐτῶν πυθόμενος αὐτός τε δι’ ἑαυτοῦ παρὰ ζώσης φωνῆς αὐτῶν ἀκούσας ἀπεδέξατο ἡμῖν τε φανερὰν κατεστήσατο, ὑποτάξας τοῖς ἑαυτοῦ γράμμασιν ἔγγραφον τὴν τῶν ἀνδρῶν ὀρθοδοξίαν, ἣν ἐπέγνωμεν οἱ πάντες ὑγιῆ τε οὖσαν καὶ ἐκκλησιαστικήν. ‘Our most-devout emperor has also in his letter testified to the correctness of the men’s faith. He has ascertained it from them, himself receiving the profession of it from them by word of mouth, and has made it manifest to us by subjoining to his own letters the men’s orthodox opinion in writing, which we all confessed to be sound and ecclesiastical’ (tr. NPNF; altered). 75 It is probably not the creed of Arius and Euzoius (cf. FaFo § 131c), as our sources claim (Rufinus, Historia ecclesiastica 10,12; Socrates, Historia ecclesiastica 1,33,1; cf. 1,25; Sozomen, Historia ecclesiastica 2,27), because by that time Arius himself appears no longer to have been alive (Constantine in his letter to the council only mentions the adherents of Arius and the presbyters around Arius and not the heresiarch himself; cf. Dokument 39, 2. 5). Cf. Brennecke u. a. 2007, pp. XXXVI–XXXVIII, 129.

The Origins of the Creed of Jerusalem

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cal bridges (suggested perhaps to him by one of his advisers76), because it did not contain precisely those clauses that in the Nicene Creed had offended the Arians. This creed may well have been solemnly adopted by the bishops in the course of the celebrations that Eusebius mentions in order to seal the reception of the Arians back into the fold.77 In addition, according to Sozomen the anniversary of the dedication was celebrated each year and new converts (or infants?) were baptized on the occasion.78 A creed would have been necessary if baptisms were administered on a grander scale during the dedication festivities themselves. Subsequently, Cyril or one of his predecessors may have extended this confession. This hypothesis regarding the transmission of the creed into the east is admittedly sheer speculation. The precise circumstances of this process remain shrouded in the darkness of history. Nevertheless, I hope to have shown that the Creed of Jerusalem is in its basic structure of western and that is, Roman, origin.

76 As regards the influence of western bishops on Constantine’s church policy cf. Heyden 2014, pp. 122–126. Unfortunately, we know nothing about personal encounters between pope Silvester (314–335) and the emperor nor about the relations between Hosius of Corduba and Constantine after Nicaea. For Hosius cf. Kreis 2017, esp. p. 425. 77 It would be tempting to interpret Constantine’s entire building programme in Jerusalem as an architectural embodiment of the creed. However, there are certain difficulties with such an interpretation as has clearly been demonstrated by Uta Heil; cf. the discussion in Heil 2017, pp. 230–235. 78 Cf. Historia ecclesiastica 2,26,4 : Ἐξ ἐκείνου δὲ ἐτήσιον ταύτην τὴν ἑορτὴν λαμπρῶς μάλα ἄγει ἡ Ἱεροσολύμων ἐκκλησία, ὡς καὶ μυήσεις ἐν αὐτῇ τελεῖσθαι, καὶ ὀκτὼ ἡμέρας ἐφεξῆς ἐκκλησιάζειν, συνιέναι τε πολλοὺς σχεδὸν ἐκ πάσης τῆς ὑφ’ ἥλιον, οἳ καθ’ ἱστορίαν τῶν ἱερῶν τόπων πάντοθεν συντρέχουσι κατὰ τὸν καιρὸν ταύτης τῆς πανηγύρεως. ‘Since that time the church of Jerusalem has celebrated this anniversary of the consecration with great splendour in such a way that initiations [i.e., baptisms] are performed in it, Church assemblies are held in a row over eight days, and many people from more or less every region under the sun assemble [in Jerusalem] who gather from everywhere at the time of this festival, following the story of the sacred places.’ Cf. also Egeria, Peregrinatio 48–49.

Herrschaft und Bekenntnis Überlegungen zur imperialen Normierung des christlichen Glaubens in der Spätantike Abstract: Beginning with Constantine the Great, Roman emperors increasingly addressed questions of the Christian faith in their legislation and later enacted laws themselves in the form of creeds. Three phases can be observed in the relationship between emperors and the development of creeds: (1) Up to Theodosius, the emperors largely refrained from discussing the credal content and tried to achieve ecclesiastical pacification based on existing synodal formulas. (2) From 380 onwards, the faith was more closely described and prescribed in the legal texts, albeit in a still relatively unspecific form. (3) The Henotikon (482) is the first law that took the form of a personal confession of the emperor, who then competed with the synods in their mutual attempts to define credal formulae This development reaches its climax in the numerous confessions of Justinian and continues until the Ekthesis of Heraclius (638). The article describes this process and discusses the details of the relevant laws and their significance for the imperial self-understanding in questions of church politics.

[621]

I Einleitende Bemerkungen Wer als Kirchenhistoriker danach fragt, inwiefern die unterschiedlichen literarischen Gattungen, in denen die Christen ihren Glauben in der Antike zum Ausdruck gebracht haben, also vor allem die Bekenntnisse (in altkirchlicher Terminologie: Symbole) und ihre zahlreichen Auslegungen, bestimmten kirchenpolitischen Situationen entsprungen sind oder auf diese zurückgewirkt haben, der stellt zu seinem Erstaunen fest, dass in der bisherigen Forschung sowohl von theologischer wie von historischer Seite eine Reihe von Texten weit-

Anmerkung: Der Text ist die leicht erweiterte Fassung eines Vortrags, der am 10. Oktober 2014 auf dem 4. Bonner Humboldt-Preisträger-Forum „Herrschaft in der Antike – Praktiken und Diskurse“ der Alexander von Humboldt-Stiftung gehalten wurde. Er entstand im Rahmen meiner Arbeiten an einer Monographie über die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse, die durch die VolkswagenStiftung gefördert werden. Für die Mithilfe bei der Literaturbeschaffung und den Korrekturen danke ich Claudia Kampmann und Gregor Wiebe. https://doi.org/10.1515/9783110720945-008

I Einleitende Bemerkungen

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gehend unberücksichtigt geblieben ist. Dabei handelt es sich um spätantike kaiserliche Gesetze und gesetzesähnliche Dokumente,1 deren Veröffentlichung – nach einer mit Konstantin beginnenden Vorgeschichte – unter Theodosius dem Großen einsetzt und die, gattungsgeschichtlich gesehen, spätestens mit Justinian die Form von ausgewachsenen, ja man könnte fast [622] sagen: überbordenden Bekenntnissen gewonnen haben. Genauer: Wir haben es hier mit einer merkwürdigen Hybridform aus Gesetzes- und Bekenntnistext zu tun, einer eigentümlichen Mischung aus Rechts-, Macht- und Glaubensdiskurs. Es stellt sich die Frage, was die Kaiser zu dieser Form der imperialen Kundgebung bewogen hat und welche Formen sie im Einzelnen annimmt. Eine Antwort hierauf möchte ich im Folgenden skizzieren. Dabei sind wir in der glücklichen Lage, anhand der uns zur Verfügung stehenden Quellen die Entstehung dieser Hybridform in ihren einzelnen Etappen gewissermaßen lückenlos verfolgen zu können. Zum besseren Verständnis benenne ich bereits vorweg knapp die drei Phasen der imperialen Kundgebung in Glaubensfragen, wie sie sich mir aus den zur Verfügung stehenden Quellen darstellen: In einer ersten Phase, die von 325 bis 380 reicht und gewissermaßen die Vorgeschichte darstellt, finden sich imperiale Äußerungen zum Bekenntnis, die insgesamt eher formaler Natur sind und sich an den hohen Klerus richten. Sie beziehen sich in theologischer Hinsicht nur auf synodal vorgegebene Inhalte und auch dies nur so weit, als damit eine kirchliche Befriedung erreicht werden soll. In einer zweiten Phase (380–482) treten die Kaiser in einer Normierungsrolle auf, die nun durch zunehmend eigenständige und anwachsende inhaltliche Vorgaben der Konfliktlösung dienen soll. Ihre eigene Person wird mit den Glaubensinhalten jedoch noch nicht konfessorisch verkoppelt. Dabei bleiben die Frage, ob diese Glaubensinhalte nur für kirchliche Funktionsträger oder für alle Reichsbewohner zu gelten hätten, und, damit verknüpft, das Problem, ob es hier um Fragen der öffentlichen Ordnung oder der privaten religiösen Loyalität geht, noch ungeklärt. Dies ändert sich erst mit dem Henotikon (482), das sich als Bekenntnis des Kaisers selbst gibt, welches nun für die gesamte Reichsbevölkerung verbindlich ist. Diese dritte Phase findet ihren Höhepunkt in den großen Konfessionen Justinians und klingt mit der Ekthesis des Herakleios (638) aus. Den Phasen entsprechend möchte ich diese Entwicklung zunächst in drei Abschnitten genauer entfalten und abschließend nach den Ursachen für die imperiale Bekenntnistätigkeit fragen. [623]

1 Zur unscharfen Nomenklatur der Rechtsetzungsformen vgl. Honoré 1998, S. 37 f., 127–132, 136, 161, 209 f., 249 f., 264 f.; Harries 1999, S. 20 f., 24 f., 36 f.; Wieacker 2006, S. 192 f.

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Herrschaft und Bekenntnis

II Erste Phase: Die formale Berufung auf das Bekenntnis dient als disziplinarisches Mittel Die Kaiser haben sich seit der sogenannte konstantinischen Wende immer wieder mit der Möglichkeit einer schriftlichen Fixierung der Grundlehren des christlichen Glaubens beschäftigt – zunächst mit Unwillen, später dann mit zunehmendem inhaltlichem Interesse und einer deutlich wachsenden Lust, in dogmatischen Fragen nicht nur aus religionspolitischen Erwägungen heraus, sondern auch aus theologischen Gründen zu intervenieren. Wenn Konstantin im Jahre 325 auf dem Konzil von Nizäa bekanntlich selbst das Adjektiv homousios in die Diskussion eingebracht haben soll,2 so verdankte sich diese Intervention (sofern sie denn überhaupt stattgefunden hat) sicher weniger einem Interesse an trinitarischen Fragen als dem leider vergeblichen Bemühen des Herrschers, durch einen allseits akzeptablen Begriff zur Bezeichnung des Verhältnisses von Gott Vater und Sohn die in der Kirche durch das Aufkommen des Arianismus aufgebrochenen dogmatischen Streitigkeiten im Interesse des Fortbestandes der salus publica so schnell wie möglich beizulegen. Das Nizänum sollte primär als Konsensdokument zur Beendigung der arianischen Kontroverse dienen, auf das sich der in Nizäa versammelte Episkopat (immerhin über dreihundert Bischöfe, wie Konstantin selbst bemerkte3) amtlich festlegte. Darum wurde es auch von den Bischöfen einzeln unterzeichnet.4 Der Kaiser griff dann nur insofern legislatorisch ein, als er in mehreren Briefen den in Nizäa erreichten Konsens beschrieb und bestätigte, Strafen gegen Areios und seine Gesinnungsfreunde verhängte, zur Einheit unter dem Schirm der gefundenen Glaubenswahrheit aufrief 5 und darüber hinaus in nicht erhaltenen Dokumenten den Provinzstatthaltern die Anweisung gab, die Durchfüh- [624] rung der Konzilsbeschlüsse sicherzustellen.6 Inwiefern sich Letzteres auf das Bekenntnis bezog, ist unklar. Nach allem, was wir wissen, hat Konstantin aber das Symbol von Nizäa nicht reichsweit vorgeschrieben – im Unterschied etwa

2 Vgl. Euseb von Kaisareia, Brief an die Kirche von Kaisareia (Urkunde 22 in: Opitz 1934/1935; CPG 3502, FaFo § 135b) 7. 3 Vgl. Brief an die alexandrinische Gemeinde (Urkunde 25 in: Opitz 1934/1935; CPG 8517) 5. In der kirchlichen Tradition gilt Nizäa schon seit dem 4. Jahrhundert als Konzil der 318 Väter. 4 Vgl. Euseb von Kaisareia, Vita Constantini 3,14. 5 Vgl. v. a. Konstantin, Brief an die alexandrinische Gemeinde (Urkunde 25 in: Opitz 1934/ 1935; CPG 8517); Rundbrief zum Osterdatum (Urkunde 26 in: Opitz 1934/1935; CPG 8518); Brief an die Gemeinde von Nikomedien (Urkunde 27 in: Opitz 1934/1935; CPG 2055); Edikt gegen Areios (Urkunde 33 in: Opitz 1934/1935; CPG 2041). 6 Vgl. Euseb, Vita Constantini 4,27,2, wo aber nicht speziell auf Nizäa Bezug genommen wird.

II Erste Phase

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zum einheitlichen Ostertermin, den er in einem Rundschreiben feierlich verkündete.7 Zu den strittigen theologischen Fragen im engeren Sinne hat sich Konstantin in seinen Verlautbarungen nach dem Konzil inhaltlich nicht geäußert, sieht man einmal von einem schwierig zu deutenden Brief an die Kirche Nikomediens ab, der eine eigenwillige Beschreibung des Verhältnisses von Vater und Sohn in der Gottheit enthält, die offenbar das Symbol von Nizäa zu explizieren sucht.8 Die im Hinblick auf das Bekenntnis gewählten Formulierungen laufen weniger auf dessen Akzeptanz als vielmehr auf die Wahrung der gefundenen Einheit hinaus.9 Umgekehrt werden die über die Abweichler verhängten Strafen auch nicht mit Häresie, sondern mit „Irrtum“ oder „Torheit“ begründet.10 Die eigene Person des Kaisers kommt nur als Gesetzgeber, aber noch nicht als Bekenntnissubjekt in den Blick. Von den nachfolgenden Kaisern bis zu Theodosius gilt im Grunde das Gleiche. Auch zwischen Nizäa und Konstantinopel haben sich die Kaiser bisweilen kräftig in die innerkirchlichen theologischen Auseinandersetzungen eingemischt, bis dahin, dass Constantius II. in einem notorischen Gewaltakt versuchte, das homöische Bekenntnis durchzusetzen. Doch auch hier kam es immer noch auf die Unterschrift der Bischöfe an, nicht auf den Glauben der Reichsbevölkerung insgesamt. Wenn Constantius im Jahre 358 in seinem Brief gegen den antiochenischen Bischof Eudoxios, einen Vertreter der Anhomöer, betonte, der Heiland sei Sohn Gottes und dem Vater im Bezug auf die Substanz ähnlich (homoios),11 so formulierte damit auch er kein neues Bekenntnis, sondern er erinnerte an die Formeln der vorangegangenen Synoden von Ankyra12 bzw. Sirmium,13 in dem eben dies festgestellt worden war.14 [625]

7 Vgl. Rundbrief zum Osterdatum (Urkunde 26 in: Opitz 1934/1935; CPG 8518). 8 Vgl. Brief an die Gemeinde von Nikomedien (Urkunde 27 in: Opitz 1934/1935; CPG 2055). 9 Besonders deutlich in Urkunde 25,6–9. 10 Urkunde 27, bes. §§ 8–17; Brief an Theodotos von Laodikeia (Urkunde 28 in: Opitz 1934/ 1935; CPG 2056), bes. § 1. 11 Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 4,14,4 (vgl. FaFo § 531). Dazu Diefenbach 2012, S. 86, Anm. 78. 12 Vgl. Epiphanios, Panarion 73,2 (FaFo § 155). 13 Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 4,15,3 (FaFo § 156). 14 Auch die kirchlichen Gegner der homöischen Politik des Constantius insistierten nach einem von Theodoret überlieferten Ausspruch darauf, dass nur die Entscheidung über die Strafe in des Kaisers Gewalt liege, die Entscheidung über den wahren und falschen Glauben hingegen in der der Bischöfe. Vgl. Theodoret, Historia ecclesiastica 2,27,20; dazu Leppin 1996, S. 196.

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Herrschaft und Bekenntnis

III Zweite Phase: Der Inhalt des Bekenntnisses wandert in den Gesetzestext ein Diese Situation wandelte sich mit dem berühmten Edikt Cunctos populos (CTh 16,1,2 [ = CI 1,1,1; FaFo § 532a], 28. 02. 380) Theodosius’ I.15 Konstantin mag sich selbst als Bischof gesehen haben16 – er war und blieb gleichzeitig aber pontifex maximus der alten römischen Kulte. Gratian und Theodosius hingegen verzichteten auf die Oberaufsicht über die traditionelle Religionsausübung17 – damit einher ging einerseits seit Theodosius eine verstärkte Heidenverfolgung,18 andererseits aber auch ein deutlich steigender Anspruch, in die inneren Verhältnisse der Kirche einzugreifen. Darin wird ein völlig verändertes Kultverständnis erkennbar. Während Konstantin eine Religi- [626] onspolitik der Inklusion verfolgte und in diesem Bemühen den Sonnenkult propagierte, der einen breiten Identifikationshorizont ermöglichte,19 dachten die Kaiser ab Gratian und Theodosius I. in wachsendem Maße exklusiv. Neben dem Christentum waren nunmehr alle anderen Kulte (mit Ausnahme des mehr oder weniger tolerierten Judentums) illegitim. Mit dem Exklusivitätsanspruch stieg nun allerdings auch die Normierungsdichte. Bis hin zu Gratian und Theodosius hatten die Kaiser in ihrer Kirchenpolitik im Wesentlichen versucht, die unterschiedlichen christlichen Gruppen auf einem kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen. Das gilt wahrscheinlich für Konstantin, ganz sicher aber für Constantius II. und seine gescheiterte homöische Unionspolitik. In den Kategorien römischer Religion gedacht, spielten detaillierte Konzepte und Definitionen des Göttlichen gegenüber der Sicherstellung einer rituell präzisen Kultausübung nur eine untergeordnete Rolle.20 Jörg Rüpke spricht für antike Religionen allgemein von einem „Primat des Handelns“. Die „Konzentration auf das Handeln“ schließe „Reflexion, Nachdenken über das, was man tut, Nachdenken über die Götter, für die oder mit denen man etwas

15 Vgl. aus der Fülle der Literatur: Errington, Church, 1997, bes. S. 31, 36 f., 39; Errington, Christian Accounts, 1997, bes. S. 411–416; Leppin 2003, S. 71–73. Offen bleiben kann hier die Frage, ob CTh 16,2,25 ursprünglich ebenfalls zu diesem Gesetz gehörte. 16 Vgl. Girardet 2010, S. 147–163. 17 Gemäß der viel diskutierten Stelle Zosimus 4,36,3–5 hat Gratian den Titel ausdrücklich abgelehnt. Zur Problematik vgl. Rösch 1978, S. 85–88; Ridley 1982, S. 195 f., Anm. 106; Stepper 2002, S. 39–55. Dies wird freilich neuerdings bestritten von Cameron 2011, S. 51–56. 18 Vgl. Noethlichs 1971, S. 166–182; Noethlichs 1986, bes. Sp. 1160–1163; Leppin 2004, S. 59– 82; Noethlichs 2006, S. 122 f.; Leppin 2012, S. 271 f. 19 Vgl. Wallraff 2013, S. 165–179. 20 Zum römischen Denken an diesem Punkt vgl. z. B. Girardet 2010, S. 150 f.

III Zweite Phase

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tut“, zwar nicht aus, aber die „Deutungen für religiöses Handeln in der Antike“ seien „amorph und eher nebensächlich“ geblieben.21 Im Rahmen dieser Tradition bedurfte es – religionspolitisch gesehen – gar keiner Einigung in den Einzelheiten der trinitarischen Fragen. Diese Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners verkannte aber die hinter den trinitarischen Streitigkeiten stehenden genuin theologischen Probleme einer adäquaten Beschreibung der Gottheit, welche dem biblischen Befund gerecht werden und im Diskurs mit der paganen Bildungselite gesprächsfähig bleiben sollte. Diese Bedeutung theologischer Reflexion innerhalb der christlichen Religion stellte daher über kurz oder lang eine besondere Herausforderung auch für die Kaiser dar. Sie begriffen im Laufe des 4. Jahrhunderts, dass die Orthodoxie im Christentum für die Kultausübung mindestens ebenso bedeutsam war wie die Orthopraxie. Anders ausgedrückt: Es waren nun nicht nur rituelle bzw. kultische Nachlässigkeiten, welche die Kultausübung und damit die salus publica gefährdeten, sondern ebenso theologi- [627] sche Differenzen, welche die Einheit der Kirche unterminierten und damit die kultpolitische Effizienz des Christentums schwächten.22 In Ermangelung einer konsensfähigen Formel zur Beschreibung des Göttlichen versuchte Theodosius daher zunächst, dieses Problem in Cunctos populos dadurch zu lösen, dass er die Definitionshoheit zwei Bischöfen übertrug, nämlich Damasus von Rom und Petrus von Alexandrien. Die Wahl des Bischofs der urbs lag nahe. Die Wahl des Petrus statt des Patriarchen Neuroms war hingegen sicher in erster Linie dadurch bedingt, dass in Konstantinopel in dieser Zeit die kirchenpolitische Situation durch Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppen (Homöusianern, Homöern, Neuarianern, Novatianern und Apollinaristen) gekennzeichnet war und sich selbst die nizänische Minderheit zerstritten hatte.23 Allerdings adressierte er das Gesetz an die Einwohner seiner Hauptstadt. Sozomenos berichtet uns, welche Überlegung dahinter gestanden haben mochte: Um den Anschein von Zwang in Glaubensfragen zu vermeiden (mit dessen Ausübung bekanntlich seine Vorgänger gescheitert waren), beschrieb Theodosius lediglich die Lehre, „die er bezüglich der Gottheit vertrat“, und richtete die Vorschrift zunächst nur an die religiös besonders uneinige Bevölkerung Konstantinopels, damit von deren Befriedung eine Vorbildwirkung

21 Rüpke 2006, S. 87. 22 Zum Konzept der salus publica vgl. v. a. Kinzig 1994, S. 441–467, 541–566 (mit Hinweisen auf die ältere Literatur); Winkler 1995. Zum kaiserlichen Interesse an der kirchlichen Einheit vgl. jetzt Kötter 2014, S. 18. 23 Einzelheiten z. B. in McGuckin 2001, S. 229–369; Daley 2006, S. 14–19.

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Herrschaft und Bekenntnis

für das Reich ausgehe.24 Unklar ist, ob diese Auskunft der persönlichen Einschätzung des Kirchenhistorikers entspringt oder ob sie auf weiteren, nicht mitgeteilten Quellen beruht. Es ist allerdings festzuhalten, dass – im Unterschied zu späteren Gesetzen – eine persönliche Bindung des Kaisers an ein neunizänisches Bekenntnis noch nicht eigens zum Ausdruck gebracht wird. Ein knappes Jahr später erging ein weiteres Gesetz (CTh 16,5,6 [ = CI 1,1,2; FaFo § 533], 10. 01. 381), in dem Theodosius seine Erwartungen an einen homogenen reichsweiten [628] Glauben inhaltlich präzisierte und die Missachtung nunmehr auch mit konkreten Strafen sanktionierte. Theodosius schreibt (1) zunächst die Nicaena fides als Reichsbekenntnis vor. Er verwirft (2) sodann feierlich abweichende Bekenntnisse als häretisch (genannt werden in falscher chronologischer Reihenfolge Photinos, Areios und Eunomios) und umschreibt (3) unter Aufnahme von Begrifflichkeiten aus dem Nizänum die Trinitätslehre. Dabei fällt der zunehmend persönlicher werdende Ton auf: Der Kaiser selbst billigt den so definierten Glauben und erhofft für sich den Heiligen Geist. Eine Bekenntnisformel der Art „Ich glaube“ bzw. „Wir glauben“ findet jedoch noch keine Verwendung. Schließlich sind (4) Abweichungen von diesem Glauben nunmehr strafbewehrt: Über die Häretiker wird ein Versammlungsverbot verhängt; bei Störung der öffentlichen Ordnung wird mit Ausweisung gedroht. Freilich beschränkt sich die Strafandrohung auch auf diese Maßnahmen. Sie zielt demnach ausschließlich auf die Ausübung devianter Glaubensüberzeugungen im öffentlichen Raum. Zudem richtet sich auch dieses Gesetz nicht an alle „Völker“, sondern lediglich an den für das Illyricum zuständigen Praefectus praetorio Eutropios und bezieht sich inhaltlich offenbar nur auf (orthodoxe bzw. heterodoxe) kirchliche Funktionsträger. CTh 16,5,6 fällt damit hinter Cunctos populos zurück, ist doch von einer Verpflichtung aller Reichsbewohner auf ein einheitliches Bekenntnis nicht explizit die Rede. Die in Cunctos populos erkennbar gewordene religionspolitische Strategie wurde somit in ihrer Reichweite deutlich reduziert. Der Kaiser wollte nunmehr die neunizänische Orthodoxie über die Bischöfe reichsweit durchsetzen, nicht über einen Oktroi an alle Bürger. Umgekehrt versuchte er, allein die Verbreitung devianter Meinungen zu unterbinden statt diese selbst zu verbieten. Diese gegenüber Cunctos populos reduzierte Linie verfolgte Theodosius auch mit dem an die Asia gerichteten Gesetz CTh 16,1,3 vom 30. Juli 381. Im Anschluss an das II. Ökumenische Konzil (Mai bis Juli 381) in Konstantinopel glaubte er sich angesichts der entstandenen religionspolitischen Lage nun dazu legitimiert, die reichskirchliche Normierung weiter auszudehnen. In CTh 16,1,3

24 Sozomenos, Historia ecclesiastica 7,4,4–6 (FaFo § 532b). Vgl. dazu bes. Errington, Christian Accounts, 1997, S. 415.

IV Dritte Phase

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(FaFo § 534) wird der Glauben erneut inhaltlich beschrieben, sachlich unter Aufnahme der neunizänischen Trinitätslehre, formal freilich ohne ausdrücklichen Verweis auf das Bekenntnis oder die Synode von Konstantinopel und ohne Verwendung des Begriffes homousios.25 Es schließt [629] sich die Nennung einer Reihe von „Normbischöfen“ an, beginnend mit den Patriarchen Nektarios von Konstantinopel und Timotheos von Alexandrien und gefolgt von Bischöfen der (säkularen) Diözesen Oriens, Asia und Pontus.26 Die Wahl der Bischöfe, so wiederum der Kirchenhistoriker Sozomenos, sei aufgrund Theodosius’ persönlicher Kenntnis der betreffenden Personen erfolgt, nachdem er sich von deren Orthodoxie überzeugt habe.27 Die Sanktionen werden insofern weiter verschärft, als die Häretiker nicht nur bei Störung der öffentlichen Ordnung, sondern in jedem Fall ihre Kirchen aufzugeben haben, offenkundige Häresie somit nun auch vermögensrechtliche Konsequenzen hat. Gleichwohl sind hier wiederum nur oder jedenfalls in erster Linie Funktionsträger im Blick. Die Reichsbevölkerung als ganze bleibt unerwähnt.

IV Dritte Phase: Der Kaiser persönlich legt ein Bekenntnis ab Die Dinge änderten sich erneut mit Kaiser Zenon (474–491) und dessen berühmtem Henotikon von 482 (FaFo § 550). Schon Markian hatte im Jahre 454 in einem Brief an nicht weiter spezifizierte alexandrinische Mönche das Bekenntnis von Nizäa als das eigene Taufbekenntnis benannt und paraphrasiert.28 Basiliskos hatte 475 mit seinem Enkyklion (FaFo § 548) in die traditionellen Rechte der Synode in Glaubensfragen massiv eingegriffen, als er das Chalkedonense ohne einen vorherigen Konzilsbeschluss aus eigener Machtvollkommenheit heraus verdammte.29 Doch Zenon war der erste Kaiser, [630] der nicht nur seinen Mit-

25 Die in der Forschung viel diskutierte Frage, ob daraus geschlossen werden darf, das sogenannte Bekenntnis von Konstantinopel sei nicht mit der Synode von 381 zu verbinden, mag hier auf sich beruhen bleiben. 26 Die Adressierung an (lediglich) den Prokonsul der Asia im erhaltenen Gesetz dürfte darauf hindeuten, dass an die Statthalter der anderen im Gesetz genannten Diözesen gleichlautende Bestimmungen ergingen. Zu einer alternativen Deutung vgl. Errington, Christian Accounts, 1997, S. 440–442; Errington, Church, 1997. 27 Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 7,9,7. Vgl. dazu bes. Errington, Christian Accounts, 1997, S. 421. 28 Vgl. ACO II 1, S. 489, Z. 16–25 (FaFo § 546). 29 Zu den Einzelheiten vgl. Dovere 1985 (2011); Kolditz 2013, S. 27–38. Mir ist allerdings unverständlich, wie Kolditz sagen kann, Basiliskos habe „die Zurückweisung des Chalkedonense nicht auf seine Herrscherposition, sondern auf den in früheren Konzilsaussagen manifestierten Konsens der Reichskirche“ gegründet (32).

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Herrschaft und Bekenntnis

christen eine neue Fassung des Bekenntnisses vorschrieb, sondern sich nunmehr auch im Gesetzestext persönlich inhaltlich dazu bekannte.30 Man hat gegen eine Überschätzung dieses Vorgangs in der Forschung geltend gemacht, das Henotikon trage keine Gesetzes-, sondern Briefform.31 Dennoch wird man die normative Kraft des Schreibens nicht unterschätzen dürfen, machte es doch de facto allen Reichsbewohnern das Bekenntnis von Konstantinopel zur Glaubenspflicht, wobei sich Zenon aus irenischen Gründen nicht der Form einer Verfügung bediente, sondern auf die allgemeine liturgische Verwendung des Bekenntnisses bei der Taufe zurückverwies. Somit galt fürderhin das, was bereits im Leben der Gläubigen der Fall war. Dieser Verpflichtung war eine ausgewachsene christologische Glaubensformel angefügt, die als persönliche Konfession des Kaisers formuliert war und die dogmatische Einigung zwischen den Anhängern der Glaubensdefinition von Chalkedon und deren Gegnern herbeiführen sollte, aber ihren angestrebten Zweck letztlich nicht erreichte und schließlich 519 von Kaiser Justin (518–527) wieder aufgehoben wurde. Für unseren Zusammenhang ist die Frage, inwiefern sich der Text von der Definition von Chalkedon entfernt, nicht von Bedeutung. Mir geht es vielmehr darum, dass Zenon hier insofern die Funktion der Konzilien übernahm, als er die Glaubensformel von Chalkedon durch eine neue zu ersetzen suchte. Dieser Vorgang, der auf eine theologische Entmachtung der Konzilien hinauslief, war neu und unerhört und mag mit dazu beigetragen haben, dass die Formel letztlich nicht konsensfähig gewesen ist. Freilich hielt sich der Kaiser in anderer Weise auch zurück: Er versuchte das tri- [631] nitarische Bekenntnis von Konstantinopel nicht etwa abzulösen, sondern schärfte dessen Verbindlichkeit ausdrücklich ein. Er äußerte sich daher auch auch gar nicht inhaltlich zur Trinitätslehre, sondern beschränkte sich – wie Chalkedon – auf die strittigen christologischen Fragen (die er allerdings um der Einheit mit den sogenannten Monophysiten32 willen anders als Chalkedon

30 Vgl. zu den Hintergründen auch Ullmann 1977 (1978), S. 36 f.; Ullmann 1978, S. 46 f. Ullmanns strenge Unterscheidung zwischen dem (altrömischen) pontifex maximus, der nur für die Externa zuständig gewesen sei, und dem (christlichen) imperialen pontifex des 5. Jahrhunderts, der sich seit Zenon auch in die Interna eingemischt habe (Ullmann 1977 [1978], S. 31– 37), halte ich freilich für künstlich. 31 So zu Recht Dovere 1988 (2011). Zur Problematik der Gattung und der Normativität der Epistulae vgl. auch Wieacker 2006, S. 73–75, 192 f. 32 Der Begriff als Bezeichnung für die Vertreter einer Ein-Naturen-Christologie ist neuerdings umstritten. Alternativ werden von Dietmar W. Winkler, Christian Lange, Volker Menze und anderen Begriffe wie „Miaphysitismus“ oder einfach „Antichalkedonismus“ vorgeschlagen, die zwar im ökumenischen Dialog konsensfähiger sind, dafür aber andere Probleme aufwerfen.

IV Dritte Phase

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und auch ohne Nennung dieses Konzils behandelte33). Das Verbot früherer Kirchenversammlungen, vor allem des im Text genannten Konzils von Ephesus von 431 (Kanon 7), das Bekenntnis in irgendeiner Form zu verändern, wurde dadurch also formal nicht verletzt. Dazu gehört auch, dass Zenon nicht etwa das feierliche πιστεύομεν („wir glauben“) als Einleitung der christologischen Definition wählte, sondern – wie bereits Chalkedon – das dogmatisch weniger feierliche ὁμολογοῦμεν („wir bekennen“). Diese Vorsicht ließ Justinian endgültig fahren.34 Unter seinem Namen sind fünf Texte erhalten, die gleichzeitig als Gesetze und als Bekenntnisse anzusehen sind: CI 1,1,5 (etwa 527; ohne CPG-Nummer; FaFo § 552); CI 1,1,6 (= Chronicon paschale, 630–633 Dindorf: Epistula ad Constantinopolitanos [Contra Nestorianos]; 15. 03. 533; CPG 9313; FaFo § 553); CI 1,1,7 (Epistula ad Epiphanium Archiepiscopum Constantinopolitanum; 26. 03. 533; CPG 9314; FaFo § 554); CI 1,1,8 (= Collectio Avellana, Epistula 84: Epistula ad Iohannem II papam; 06. 06. 533; CPG 6874; 9315; FaFo § 555); das Edictum rectae fidei (551; CPG 6885; FaFo § 556).35 [632] Die ersten vier Gesetze wurden auch in den in seiner zweiten Fassung (Codex repetitae praelectionis) 534 in Kraft gesetzten Codex Iustinianus aufgenommen und in den den Religionsdingen gewidmeten Anfang des ersten Buchs eingereiht. Dadurch erhielten sie eine Dignität, die über die religionspolitische Situation, in der sie jeweils entstanden sind, hinauswies. Das heißt, die Pragmatik dieser Texte war einerseits religionspolitischer Natur: Es ging unverändert um dogmatische Einung der mächtigen Patriarchen, in diesem Fall der Chalkedonenser mit den anti-chalkedonensischen sogenannten Severianern, den Anhängern des Severos von Antiochien († 538), einem der wortmächtigsten Verfechter des „Monophysitismus“.36 Andererseits wurde durch die Aufnahme in

33 Alois Grillmeier spricht von einer „Kopflastigkeit zugunsten der alexandrinisch-monophysitischen Christologie“ (Grillmeier 1991 [2004], S. 288). 34 Nachdem Zenos Einigungspolitik Schiffbruch erlitten hatte und der Silentiarius Anastasios den Thron besteigen wollte, äußerte der Konstantinopler Patriarch Euphemios Zweifel an der Orthodoxie des Prätendenten, die nur ausgeräumt werden konnten, indem dieser ein Bekenntnis (ὁμολογία/homología) ablegte (vgl. Evagrius Scholasticus, Historia ecclesiastica 3,32; Theodorus Lector, Historia ecclesiastica, Epit. 446 [Hansen 1995 (2009), S. 125, Z. 25 – 126, Z. 15] und Frg. 39 [ebd., S. 126, Z. 2–8; aus Victor Tunnunensis]; vgl. FaFo § 551). Leider ist es uns nicht erhalten geblieben und ohnehin wohl nicht als Gesetzestext im strengen Sinne anzusehen. 35 Vgl. hierzu zusammenfassend Noethlichs 2001, Sp. 733 f., 752–755. Ferner auch Uthemann 1999 (2005). 36 Vgl. Grillmeier/Hainthaler 1989 (2004), S. 361–363; Lange 2012, S. 311–322.

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den Codex der Bekenntnisstand aller Reichsbewohner ein für allemal festgestellt, flankiert durch klare Strafbestimmungen bei Abweichung hiervon.37 Aber Justinian ging auch inhaltlich nochmals deutlich über seine Vorgänger hinaus. Er bewegte sich zunächst darin auf der Linie Zenons, dass er die persönliche Bindung des Kaisers an das Bekenntnis zum Ausdruck brachte. Aber er schreckte nun nicht mehr davor zurück, das eigentlich sakrosankte Symbol von Konstantinopel sowie die mittlerweile wieder zu neuem Ansehen gelangte Glaubensformel von Chalkedon selbst ergänzend auszulegen, dabei de facto gegen den von Ephesos im bereits erwähnten Kanon 7 aufgestellten und von Chalkedon bekräftigten Grundsatz verstoßend, demzufolge das Bekenntnis weder erweitert noch gekürzt werden dürfe. Die Einzelheiten der darin enthaltenen Christologie, die auf die imperiale Inaugurierung des sogenannten „Neuchalkedonismus“ hinausläuft, muss uns hier wiederum nicht interessieren. Ich frage vielmehr danach, wie Justinian strukturell vorging, und betrachte dazu aus Gründen der Vereinfachung lediglich das Gesetz CI 1,1,5.38 Dieses Gesetz, welches in 1,1,6 unter ausdrücklichem Rückverweis nahezu wörtlich wiederaufgenommen wird, gehört in den Beginn der Regierungszeit Justi- [633] nians, also vermutlich in das Jahr 527. Es stellt so etwas wie ein theologisches Programm des Kaisers dar39 und ist darum auch das erste der Religionsgesetze aus seiner Regierungszeit, welche in den Codex Iustinianus inkorporiert wurden. Aὐτοκράτωρ Ἰουστινιανὸς Αὔγουστος

Der Kaiser Justinianus Augustus

[I] Τῆς ὀρθῆς καὶ ἀμωμήτου πίστεως, ἥνπερ κηρύττει ἡ ἁγία τοῦ θεοῦ καθολικὴ καὶ ἀποστολικὴ ἐκκλησία, κατ᾽ οὐδένα τρόπον καινισμὸν δεξαμένης ἀκολουθοῦντες ἡμεῖς τοῖς τῶν ἁγίων ἀποστόλων καὶ τῶν μετ᾽ ἐκείνους διαπρεψάντων ἐν ταῖς ἁγίαις τοῦ θεοῦ ἐκκλησίαις διδάγμασι δίκαιον ᾠήθημεν ἅπασι ποιῆσαι φανερόν,

Da der rechte und unbefleckte Glauben, den die heilige, katholische und apostolische Kirche Gottes verkündet, auf keine Weise Neuerung zulässt, folgten wir den Lehren der heiligen Apostel und derer, die sich nach ihnen in den heiligen Kirchen Gottes hervortaten, und hielten wir es für richtig, allen kund zu tun, welcher Auffassung wir bezüglich der Hoffnung in uns

37 So besonders Noethlichs 2001, Sp. 733 f. 38 Eine eingehende Analyse des Textes unter dogmengeschichtlichem Gesichtspunkt auch bei Lange 2012, S. 314–322. 39 Vgl. Speigl 1995, S. 111 f.

IV Dritte Phase

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ὅπως ἔχομεν περὶ τῆς ἐν ἡμῖν ἐλπίδος, ἀκολουθοῦντες τῇ παραδόσει καὶ ὁμολογίᾳ τῆς ἁγίας τοῦ θεοῦ καθολικῆς καὶ ἀποστολικῆς ἐκκλησίας.

sind, wobei wir der Überlieferung und dem Bekenntnis der heiligen, katholischen und apostolischen Kirche Gottes folgen.

[II] Πιστεύοντες γὰρ εἰς πατέρα καὶ υἱὸν καὶ ἅγιον πνεῦμα, μίαν οὐσίαν ἐν τρισὶν ὑποστάσεσι προσκυνοῦμεν, μίαν θεότητα, μίαν δύναμιν, τριάδα ὁμοούσιον.

Denn im Glauben an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist verehren wir eine Wesenheit in drei Hypostasen, eine Gottheit, eine Kraft, wesenseine Dreifaltigkeit.

[IIIa] Ἐπ᾽ ἐσχάτων δὲ τῶν ἡμερῶν ὁμολογοῦμεν τὸν μονογενῆ υἱὸν τοῦ θεοῦ, τὸν ἐκ τοῦ θεοῦ θεόν, τὸν πρὸ αἰώνων καὶ ἀχρόνως ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα, τὸν συναΐδιον τῷ πατρί, τὸν ἐξ οὗ τὰ πάντα καὶ δι᾽ οὗ τὰ πάντα, κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν, σαρκωθῆναι ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ τῆς ἁγίας, ἐνδόξου, ἀειπαρθένου καὶ θεοτόκου Μαρίας καὶ ἐνανθρωπῆσαι σταυρόν τε ὑπομεῖναι, ταφῆναί τε καὶ ἀναστῆναι τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ, ἑνὸς καὶ τοῦ αὐτοῦ τά τε θαύματα καὶ τὰ πάθη, ἅπερ ἑκουσίως ὑπέμεινε σαρκί, γινώσκοντες. [634]

Wir bekennen: Am Ende der Tage kam der eingeborene Sohn Gottes, Gott aus Gott, gezeugt vor und außerhalb der Zeit aus dem Vater, gleichewig mit dem Vater, aus dem alles und durch den alles [entstanden ist], aus den Himmeln hernieder, wurde Fleisch aus dem Heiligen Geist und der heiligen, glorreichen und ewig jungfräulichen Maria, der Gottesgebärerin, wurde Mensch und nahm das Kreuz auf sich, wurde begraben und stand am dritten Tag wieder auf. Wir anerkennen, dass ein und demselben sowohl die Wunder zugehören als auch die Leiden, die er freiwillig im Fleisch ertrug. [634]

[IIIb] Οὐ γὰρ ἄλλον τὸν θεὸν λόγον καὶ ἄλλον τὸν Χριστὸν ἐπιστάμεθα, ἀλλ᾽ ἕνα καὶ τὸν αὐτὸν ὁμοούσιον τῷ πατρὶ κατὰ τὴν θεότητα καὶ ὁμοούσιον ἡμῖν τὸν αὐτὸν κατὰ τὴν ἀνθρωπότητα. Ἔμεινε γὰρ τριὰς ἡ τριὰς καὶ σαρκωθέντος τοῦ ἑνὸς τῆς τριάδος θεοῦ λόγου· οὔτε γὰρ τέταρτου προσώπου προσθήκην ἐπιδέχεται ἡ ἁγία τριάς.

Denn wir kennen keinen Unterschied zwischen dem göttlichen Wort einerseits und Christus andererseits, sondern [wir kennen nur] ein und denselben, wesenseins mit dem Vater der Gottheit nach und derselbe wesenseins mit uns der Menschheit nach. Denn die Dreifaltigkeit ist Dreifaltigkeit geblieben, auch nachdem der Eine aus der Dreifaltigkeit, Gott das Wort, Fleisch ge-

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worden ist. Denn die [Vorstellung einer] heilige[n] Dreifaltigkeit erlaubt keine Hinzufügung einer vierten Person. [IVa] Τούτων τοίνυν οὕτως ἐχόντων ἀναθεματίζομεν πᾶσαν αἵρεσιν, ἐξαιρέτως δὲ Νεστόριον τὸν ἀνθρωπολάτρην τὸν διαιροῦντα τὸν ἕνα κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καὶ θεὸν ἡμῶν, καὶ μὴ ὁμολογοῦντα κυρίως καὶ κατὰ ἀλήθειαν τὴν ἁγίαν, ἔνδοξον, ἀειπάρθενον Μαρίαν θεοτόκον, ἀλλὰ ἄλλον μὲν τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς θεὸν λόγον λέγοντα, ἄλλον δὲ τὸν ἐκ τῆς ἁγίας ἀειπαρθένου Μαρίας, χάριτι δὲ καὶ οἰκειώσει τῇ πρὸς τὸν θεὸν λόγον θεὸν αὐτὸν γεγενῆσθαι· [IVb] οὐ μὴν ἀλλὰ καὶ Εὐτυχέα τὸν φρενοβλαβῆ, τὸν φαντασίαν εἰσάγοντα ἀρνούμενόν τε τὴν ἐκ τῆς ἁγίας ἀειπαρθένου καὶ θεοτόκου Μαρίας ἀληθινὴν σάρκωσιν, τουτέστι τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν, καὶ μὴ ὁμολογοῦντα κατὰ πάντα ὁμοούσιον τῷ πατρὶ κατὰ τὴν θεότητα καὶ ὁμοούσοον ἡμῖν τὸν αὐτὸν κατὰ τὴν ἀνθρωπότητα· [635] [IVc] τὸν αὐτὸν δὲ τρόπον καὶ Ἀπολλινάριον τὸν ψυχοφθόρον τὸν ἄνουν λέγοντα τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ καὶ θεὸν ἡμῶν, καὶ σύγχυσιν ἤτοι φυρμὸν εἰσάγοντα τῇ ἐνανθρωπήσει τοῦ μονογενοῦς υἱοῦ τοῦ θεοῦ καὶ πάντας τοὺς

Aus diesen Gründen also verdammen wir jede Häresie, zuvörderst aber den Menschenverehrer Nestorius, der unseren einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes und unseren Gott, zerreißt und nicht in gültiger Weise und wahrheitsgemäß die heilige, glorreiche und ewig jungfräuliche Maria, die Gottesgebärerin, bekennt, sondern sagt, es gebe einen Unterschied zwischen dem göttliche Logos aus dem Vater einerseits, und dem, der zwar aus der heiligen und ewig jungfräulichen Maria [stammt], aber aus Gnade und seiner engen Affinität zum göttlichen Wort selbst Gott wurde, andererseits. Ebenso [verdammen wir] auch den geistesgestörten Eutyches, der eine Erscheinung einführt und die wahre Fleischwerdung aus der heiligen und ewig jungfräulichen Maria, der Gottesgebärerin, leugnet, das heißt unsere Rettung, und nicht den bekennt, der der Gottheit nach selbigen Wesens mit dem Vater und der Menschheit nach selbigen Wesens mit uns ist. [635]

In derselben Weise [verdammen wir] auch Apollinarios, den Seelentöter, der behauptet, unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes und unser Gott, sei ohne [menschliche] Vernunft, und der in die Menschwerdung des eingeborenen Sohnes Gottes eine Vermischung oder Verwirrung einträgt, sowie alle

IV Dritte Phase

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τὰ αὐτῶν φρονήσαντας ἢ φρονοῦντας.

diejenigen, die genau so gedacht haben wie er oder noch denken.

[V] Εἰ γάρ τινες μετὰ ταύτην ἡμῶν τὴν προαγόρευσιν καὶ τὴν τῶν κατὰ τόπον θεοφιλεστάτων ἡμῶν ἐπισκόπων πληροφορίαν εὑρεθῶσι τοῦ λοιποῦ γνώμης ἐναντίας ὄντες, μὴ προσδοκήσωσι συγγνώμης ἀξιωθῆναι· κελεύομεν γὰρ τοὺς τοιούτους ὡς ὁμολογουμένους αἱρετικοὺς τῷ προσήκοντι ὑποβάλλεσθαι σωφρονισμῷ.

Denn falls sich noch einige finden sollten, die nach dieser unserer Proklamation und der Bestätigung unserer höchst gottgefälligen Bischöfe allenthalben fortan eine gegenteilige Meinung vertreten, sollen sie nicht erwarten, eine milde Behandlung zu verdienen; denn wir befehlen, dass diese als erwiesene Häretiker mit einer geeigneten Strafe belegt werden.

Justinian proklamiert zunächst feierlich seine Absicht, an dem Glauben der Kirche, der apostolisch und darum wahr, unveränderlich und universal akzeptiert sei, festhalten zu wollen (Absatz I). Es fällt auf, dass die Konzilien nicht genannt werden, die diesen Glauben definiert hatten. Man darf vermuten, dass der Kaiser dies zu diesem Zeitpunkt 40 unterließ, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, eine Stellungnahme zu dem umstrittenen Konzil von Chalkedon abgeben zu müssen.41 Justinian stellt (Absatz II) sodann den Glauben an die Trinität fest, wobei dieser mit einem feierlichen πιστεύοντες (CI 1,1,5,1) bzw. πιστεύομεν („wir glauben“; CI 1,1,6,4) eingeleitet wird, jener Formel, die die Konzilien nach Konstantinopel in ihren Definitionen nicht mehr verwendeten, um den mittlerweile anerkannten sakrosankten Charakter des Symbols von Konstantinopel nicht zu gefährden. Inhaltlich geht freilich Justinian über Konstantinopel insofern hinaus, als in jenem Symbol von der Wesenseinheit des Geistes keine Rede war und daher auch die Formel „eine Usie – drei Hypostasen“ keine Verwendung gefunden hatte. Stattdessen scheint er hier auf den Tomos der sogenannten Konstantinopler „Nachsynode“ von 382 zurück- [636] zugreifen, wo die Unterscheidung zwischen ousía als Bezeichnung für das göttliche Wesen und hypóstasis als Terminus für die göttlichen Personen erstmals synodal formuliert worden war.42 Mit anderen Worten wird – durchaus im Sinne Konstantinopels – das Bekenntnis von 381 von Justinian interpretierend ergänzt.

40 In CI 1,1,7 (533) werden dann die vier ökumenischen Konzilien genannt. 41 Anders Speigl 1995, S. 113. 42 Theodoret, Historia ecclesiastica 5,9,11 (FaFo § 566).

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Herrschaft und Bekenntnis

Es folgt weiterhin ein christologischer Abschnitt: zunächst das aus Konstantinopel bekannte Christussummarium (Absatz IIIa), freilich in stark erweiterter Form und unter Aufnahme des Theotokos-Titels für die Gottesmutter. In einem aus dem Henotikon übernommenen Zusatz betont Justinian die Handlungseinheit im inkarnierten Christus, die sowohl seine Wunder als auch seine Leiden umfasse. Mit der Aufnahme des doppelten Homousion für die beiden Naturen Christi greift Justinian in kürzester Form auf das Chalkedonense zurück (Absatz IIIb). (In CI 1,1,6,6 fällt dieser Rückgriff mit der Betonung der Vollkommenheit der beiden Naturen noch etwas ausführlicher aus.) Doch werden diese traditionellen Formeln nicht einfach unverändert repetiert; Justinian bezieht sich vielmehr mit der ebenfalls dem Henotikon entnommenen Formulierung, dass einer aus der Trinität Fleisch wurde (σαρκωθέντος τοῦ ἑνὸς τῆς τριάδος θεοῦ λόγου), auf ein zentrales Anliegen aus dem theopaschitischen Streit.43 Hinzu kommt in 1,1,6,6 noch die Formel von der „hypostatischen Einung“ (καθ᾿ ὑπόστασιν ἕνωσις) im Inkarnierten, die in der Folgezeit zum Schibboleth des sogenannten Neuchalkedonismus werden sollte.44 Mit anderen Worten wird also in diesen Gesetzen das Bekenntnis materialiter erweitert. Umgekehrt fehlen auch zentrale Elemente der älteren Bekenntnistradition, darunter vor allem der Artikel über den Heiligen Geist sowie die Gerichtsaussagen. Schließlich ähnelt der Text einer Synodalentscheidung auch insofern, als zum Abschluss theologische Auffassungen, die nach Meinung des Verfassers von dem Konsens nach beiden Seiten abwichen (Nestorios, Eutyches, Apolinarios), verurteilt werden (Absatz IV). Der säkular-juridische Charakter des Textes tritt eigentlich nur im letzten Abschnitt hervor, indem Abweichler mit den für Häretiker üblichen Strafen bedroht werden (die freilich nicht weiter spezifiziert sind; Absatz V). [637] Mit Justinian ist der Höhepunkt der kaiserlichen Bekenntnisbildung überschritten. Kein weiterer Kaiser hat sich in diesem Umfang der aus den großen Symbolen bekannten Formeln bedient, um seinen persönlichen Glauben normativ kundzutun. Freilich ist die Hybridform auch unter den Nachfolgern Justinians noch in Gebrauch. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang etwa die beiden Edikte De fide Justins II. (565–578),45 sodann die auf Sergios von Konstantinopel (610– 638) zurückgehende Ekthesis des Kaisers Herakleios vom Herbst 638, welche den Monotheletismus, die Lehre von dem einen Willen im inkarnierten Christus, als

43 Vgl. dazu Grillmeier/Hainthaler 1989 (2004), S. 333–359. 44 Vgl. Grillmeier/Hainthaler 1989 (2004), S. 480–483; Gray 1994, S. 294. 45 Vgl. Michael der Syrer, Chronik 10,2; Evagrius Scholasticus, Historia ecclesiastica 5,4 (FaFo § 558).

V Schluss: Konfessionelle Fokussierung des Kaiseramts

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autoritativ erklärte,46 und schließlich das Edikt, mit dem Kaiser Konstantin IV. Pogonatos (668–685) am 16. September 681 umgekehrt den Dyotheletismus, die Zwei-Willen-Lehre des Dritten Konzils von Konstantinopel (des VI. Ökumenischen Konzils) bestätigte.47

V Schluss: Konfessionelle Fokussierung des Kaiseramts Abschließend möchte ich zusammenfassend nach den Ursachen für die skizzierte Entwicklung fragen. Es erscheint schwierig, die kaiserliche Vorgehensweise aus vorchristlicher Praxis abzuleiten. Denn die Verschriftlichung eines „Glaubens“, wie sie uns im Nizänum vorliegt, und dessen Normierung durch die feierliche Unterschrift der anwesenden Bischöfe war ein Vorgang, den es zuvor in den paganen Kulten nirgendwo gegeben hatte und der somit auch nicht in den Aufgabenbereich des Kaisers als pontifex maximus hatte fallen können.48 Stattdessen ging es in diesen Kontexten ausschließlich um Fragen des Kultvollzugs bzw. des Kultpersonals.49 [638] Wir haben es demnach hier mit einem grundsätzlich neuen Selbstverständnis der religiösen Funktion des Kaisers zu tun, dessen Umrisse sich – wie gesehen – erstmals bei Theodosius I. abzeichneten50 und das dann bis zu Justinian hin kontinuierlich entfaltet, universalisiert und personalisiert wurde. Es konnte insofern an älteres Recht anknüpfen, als schon Ulpian formuliert hatte, dass der Bereich des öffentlichen Rechts (ius publicum) auch die sacra und die sacerdotes umfasste. Dass dieses Rechtsverständnis auch unter den christlichen Kaisern fortbestand, lässt sich daran erkennen, dass Ulpians Verständnis an prominenter Stelle in die Digesten Justinians aufgenommen wurde.51 Insofern blieb der Kaiser immer auch für den Kult verantwortlich. Dennoch ergab sich das neue Selbstverständnis nicht aus der traditionellen altpontifikalen, sondern aus der unter Konstantin bereits ansatzweise vollzogenen episkopalen Neudefinition des Kaisers in religiösen Angelegenheiten.52 Denn schon Konstantin hatte 46 Vgl. ACO2 I, S. 156, Z. 27 – 162, Z. 9 (FaFo § 560). 47 Vgl. ACO2 II 2, S. 832, Z. 1 – 856, Z. 49 (vgl. FaFo § 561). 48 Vgl. zu Recht Noethlichs 2006, S. 116 f. 49 Einzelheiten in allerdings kontroverser Deutung bei Draper 1988; Stepper 2003, bes. S. 228–238; Rüpke 2005, S. 1601–1616; Hamlyn 2011. 50 Vgl. Noethlichs 2006, S. 122. 51 Vgl. Dig. 1,1,1,2: „Publicum ius in sacris, in sacerdotibus, in magistratibus constitit.“ Dazu auch Ullmann 1976 (1978), S. 5; Ullmann 1977 (1978), S. 28; Ullmann 1978, S. 43 f., 64–66. 52 Zu diesem veränderten Verständnis der religiösen Rolle des Kaisertums vgl. bereits Dvornik 1966, S. 635–638, 724–850 sowie jetzt v. a. Leppin 2013. Zu kritisch m. E. Bréhier 1948 (1975). Anregende Überlegungen zum Verhältnis von „Reich“ und „Kirche“ jetzt auch bei Kötter 2014,

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Herrschaft und Bekenntnis

sich ja bekanntlich bereits als „Bischof derer außerhalb“ bezeichnet.53 Dies meinte konkret: Die Kaiser sahen es zunehmend als ihre episkopale Aufgabe an, für die Durchsetzung eines Bekenntnisses für alle Reichsbewohner, angeführt durch den Kaiser selbst, zu sorgen. Dies war insofern ein paradoxer Vorgang, als damit ein Bekenntnisakt oktroyiert wurde, obwohl sich das Bekenntnis als Glaubensäußerung seinem Wesen nach jedem äußeren Zwang entzog. Die Kaiser, vor allem Justinian, versuchten, dieses Paradox dadurch abzumildern, dass sie den eige- [639] nen Bekenntnisakt in die entsprechenden Gesetze integrierten und diese somit sakral aufluden. Anders ausgedrückt: In der dritten hier skizzierten Phase zielten die Gesetze nicht nur auf die Erzwingung von Bekenntnisakten ab, sondern sie präsentierten sich selbst als solche. Der Inhalt des Gesetzes und der Akt von dessen Promulgation fielen somit de facto in eins: Das eingeforderte Bekenntnis wurde von dem Kaiser im Vorgang der Publikation selbst vollzogen. Man könnte diesen Vorgang als konfessionelle Fokussierung des Kaiseramtes bezeichnen. Konfessionell ist sie insofern, als das Bekenntnis zur Grundlage des imperialen Selbstverständnisses wird, kulminierend in der Sammlung der einschlägigen Gesetze im Codex Iustinianus, welchen Cunctos populos programmatisch vorangestellt ist. Es kommt dabei insofern zu einer Fokussierung, als deviante Glaubensüberzeugungen immer weniger tolerabel sind. Sie geraten nicht erst dann ins Visier der Strafverfolgungsbehörden, wenn sie die öffentliche Ordnung stören, sondern sind bereits im privaten Bereich, als persönliche Glaubensüberzeugungen illegal. Insofern bilden sie einen unverzichtbaren Bestandteil dessen, was Hartmut Leppin als die Phase der Totalisierung im Zuge der Christianisierung des Römischen Reiches bezeichnet hat.54 Bei diesem Verständnis ist die Frage, inwiefern die promulgierten Bekenntnisakte tatsächlich den persönlichen Glauben des Kaisers widerspiegelten, letztlich nebensächlich. Im Falle des als kaiserliche Konfession formulierten Henotikons wissen wir sogar, dass nicht der Kaiser, sondern der Patriarch der Verfasser des Gesetzes gewesen ist. Die genannten Rechtstexte sind demnach zwar Ausdruck einer Personalisierung, aber sie dürfen nicht individualisierend oder psychologisierend missverstanden werden. Vielmehr entspringen sie – wie gesehen – dem seit dem 5. Jahrhundert massiv anwachsenden episkopalen Selbstverständnis des Kaisers, welches von der Kirche auch weithin akzeptiert wurde.

der aber die „grundsätzliche kirchliche Segmentarität“ (S. 26) der Reichskirche in ihrer Bedeutung m. E. überschätzt. 53 Euseb, Vita Constantini 4,24; dazu Kinzig 1994, S. 565 mit Anm. 305 und 572 Anm. 8 (mit Überblick über die ältere Literatur); Noethlichs 2006, S. 117. 54 Leppin 2012, S. 265–276.

V Schluss: Konfessionelle Fokussierung des Kaiseramts

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Valentinian soll sich zwar noch als Laie bezeichnet und es darum abgelehnt haben, sich in kirchliche Dinge einzumischen.55 Doch Theodosius II. wurde von den Synodalen des Konzils von Konstanti- [640] nopel 448 als Archiereus akklamiert.56 Markian galt den in Chalkedon versammelten Konzilsvätern ebenfalls als Priesterkaiser57 und führte selbst – wie auch Anastasios – in seiner Titulatur die Bezeichnung pontifex inclitus.58 Leo der Große billigte im Jahre 449 Theodosius II. einen sacerdotalis animus zu,59 und Papst Simplicius pries im Jahre 479 gleichfalls den animus fidelissimus sacerdotis et principis Kaiser Zenos.60 Insbesondere die Aufgabe, den Glauben zu schützen und als defensor fidei zu agieren, wurde dem Kaiser nun weithin zuerkannt.61 Der Protest des Papstes Gelasius gegen dieses imperiale Verständnis in kirchlichen Dingen, welcher bekanntlich zur Ausbildung der sogenannten „Zweigewaltentheorie“ führte, ist bekannt.62 Unter Justinian gipfelte dieser Vorgang in dem Verständnis, dass der Kaiser, nun- [641] mehr mit quasi-papaler Amtsvollmacht ausgestattet, die Bischöfe mit

55 Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 6,7,2; Philostorgius, Historia ecclesiastica 8,8a. Zur Diskussion der Zuverlässigkeit dieser Äußerung vgl. z. B. Leppin 1996, S. 195 f., 203; Dovere 1999, S. 195 f.; Hunt 2007, S. 80 f. Valentinian soll sich auch im Hinblick auf seine Unzuständigkeit geweigert haben, einen Bischof für Mailand zu benennen; dazu Theodoret, Historia ecclesiastica 4,7,1 und Leppin 1996, S. 197. Vgl. ferner Sozomenos, Historia ecclesiastica 6,21,7. 56 Vgl. ACO II 1 1, S. 138, Z. 28. Zur quasi-priesterlichen Darstellung dieses Kaisers durch Sokrates vgl. Leppin 1996, S. 194 f. 57 Vgl. ACO II 1 2, S. 157, Z. 29. 58 Vgl. ACO II 3, S. 346, Z. 38 (Rösch 1978, S. 165, Nr. 34); Collectio Avellana, Epistula 113 (CSEL 35/2, S. 506, Z. 20; Rösch 1978, S. 167, Nr. 42). Dazu Lippold 1972, S. 163; Rösch 1978, S. 30 f., 86; Ullmann 1977 (1978), S. 25 f.; Ullmann 1981, S. 84 f.; Nicol 1988 (2003), S. 70; Stepper 2003, S. 224; Meier 2009, S. 113–115, 317 f. mit Anm. 428; Cameron 2011, S. 53–55. Zu pontifex inclitus als Bischofsbezeichnung vgl. Hieronymus, Apologia adversus libros Rufini 2,2; Fulgentius von Ruspe, De veritate praedestinationis et gratiae dei 2,31; Gregor von Tours, Historia Francorum 2,34. 59 Vgl. ACO II 4, S. 3, Z. 15. Dazu auch Ullmann 1977 (1978), S. 24 f. 60 Vgl. Collectio Avellana, Epistula 66, 1 (CSEL 35/1, S. 147, Z. 7 f.). 61 Vgl. Leo der Große an Theodosius II. (449): ACO II 4, S. 3, Z. 16; Valentinian III. an Theodosius II. (450): ACO II 3, S. 14, Z. 5 f.; Leo der Große an Kaiser Leon I. (460): Collectio Avellana, Epistula 51,1 (CSEL 35/1, S. 117, Z. 5 f.); Simplicius an Zeno: ebd., Epistula 66, 1 (S. 147, Z. 5). Dazu Ullmann 1977 (1978), S. 30 f. 62 Vgl. Dvornik 1966, S. 804–809; Ullmann 1977 (1978); Ullmann 1978; Ullmann 1981, S. 189– 212; Bringmann 1998, S. 68 f. Auch Papst Agapet äußerte gegenüber Justinian, einem Laien stehe keine auctoritas praedicationis zu (vgl. Collectio Avellana, Epistula 91, 3 [CSEL 35/1, S. 343, Z. 13 f.]; dazu auch Bringmann, 1998, S. 71) – was ihn freilich nicht daran hinderte, Justinian für das im Brief an Papst Johannes II. formulierte Glaubensbekenntnis (Collectio Avellana, Epistula 84 = Codex Iustinianus 1,1,8; s. o. im Text) in höchsten Tönen zu loben.

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Herrschaft und Bekenntnis

der Durchsetzung des neuchalkedonensischen Bekenntnisses auf dem Weg der Katechese und Predigt beauftragte.63 Im Westen scheint sich der westgotische König Rekkared bei seinem Übertritt zum Katholizismus auf dem Dritten Konzil von Toledo (589) an dem Vorbild Justinians orientiert zu haben: Er legte ein trinitarisches Bekenntnis ab, welches an Konstantinopel orientiert war und schrieb dieses sodann seinen Untertanen vor.64 Im Zuge der konfessionellen Homogenisierung des Abendlandes bzw. der weitgehenden territorialen Ausgrenzung religiösen Dissenses im Byzantinischen Reich sowie der persönlichen Aneignung des Bekenntnisses in Taufe und Gottesdienst durch die Gesamtbevölkerung bedurfte es legislativer Maßnahmen seitens der säkularen Herrscher nicht mehr. Der Bekenntnisstand war nunmehr unstrittig. Nun ging es nur noch darum, Abweichung zu ahnden. Aber das ist eine andere Geschichte.

63 Zur Sakralisierung Justinians vgl. auch Dvornik 1966, S. 815–839; Uthemann 1999 (2005); Meier 2004, S. 608–641; Leppin 2011, S. 286–288. Zur späteren Zeit auch Treitinger 1938 (1956), bes. S. 124–157 mit der Kritik in Bréhier 1948 (1975). 64 Vgl. Martínez Díez/Rodríguez 1966–2002, Bd. 5, S. 54–73 (FaFo § 490).

Formation des Glaubens Didaktische und liturgische Aspekte der Rezeption altkirchlicher Symbole in der lateinischen Kirche der Spätantike und des Frühmittelalters Abstract: This article traces the history of the liturgical and catechetical Sitz im Leben of the major ancient creeds and asks what consequences these Sitze im Leben have had for the spread of the Christian faith. For practical purposes, the text focuses on Rome, the western Roman Empire and its successor territories in Western Europe, especially the Frankish Empire, up to Charlemagne. It was during this period that infant baptism gradually became established as a regular practice in the newly Christianized territories. With this general development in mind, the particular question is asked: to what extent did the establishment of infant baptism and its ritual performance change catechesis about the Christian faith? The preserved explanations of the creed demonstrate that dogmatic precision or in-depth theological knowledge were not essential for the survival of Christianity in the Latin Church. Instead, two key elements provided the necessary resources needed. First, it seems to have sufficed if the faithful were given a basic credal pattern to describe the relationship between God and humans. Second, Christians had to be equipped with a guide in the form of the Lord’s Prayer, which illustrated the appropriate way to contact the God described in the creed.

[389]

1 Vorbemerkungen Christlicher Glaube ist nicht nur ein existentieller Akt, sondern bezieht sich auf spezifische Inhalte. Theologisch gesprochen: Er ist nicht nur fides qua creditur, sondern auch fides quae creditur. Insofern kann und muss er auch gelehrt werden. Dies geschieht, wie gleich gezeigt werden soll, in einem didaktischen wie liturgischen Kontext anhand mehr oder weniger fest gefügter Formeln: den

Anmerkung: Für wertvolle bibliographische Hinweise danke ich meinem Bonner Kollegen Prof. Dr. Matthias Becher. Dr. Julia Winnebeck und Nathalie Thies [nunmehr: Kröger] haben dankenswerterweise kritisch Korrektur gelesen. https://doi.org/10.1515/9783110720945-009

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Formation des Glaubens

Tauffragen, der regula fidei und später dem Glaubensbekenntnis. Die Tauffragen1 werden vor oder während der Taufe an den Täufling gerichtet und dienen dazu, dessen Kenntnisse über den christlichen Glauben zu erheben. Inwiefern die regula fidei in einen katechetischen Kontext gehört, ist ungewiss, denn sie findet sich vor allem in apologetischen Schriften.2 Dabei handelt es sich um eine verdichtete Form von Glaubenssätzen, die ab der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts vor allem bei Irenäus und Tertullian begegnet. Die Form ist hier noch nicht zur Formel geronnen – die Sätze sind noch beweglich, wenn auch ihr Inhalt schon weitgehend standardisiert ist. Aus Tauffragen und regula fidei entstehen spätestens im 4. Jahrhundert die nunmehr fest gefügten Bekenntnisse, deren Sitz im Leben sowohl die Taufvorbereitung als auch die synodale Feststellung von Rechtgläubigkeit ist. Die weitaus größte Bedeutung haben dabei drei Texte: 1. Das Romanum (abgek. R) ist im 4. Jahrhundert erstmals sicher belegt und hat von Rom aus die Bekenntnisentwicklung im lateinischen Abendland entscheidend beeinflusst.3 Aus ihm entwickelt sich bis zum 8. Jahrhundert eine Standardform, welche wir heute Apostolisches Glaubensbekenntnis nennen (abgek. T), weil sich damit seit dem späten 4. Jahrhundert die Legende verband, es sei von den Aposteln gemeinsam verfasst worden.4 [390] 2. Das sog. nizänische Bekenntnis, welches in der heutigen Form vermutlich dem II. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel (381; abgek. C) zuzuschreiben ist,5 aber immer als authentische Interpretation bzw. Fortschreibung des Bekenntnisses von Nizäa (325; abgek. N)6 galt. 3. Schließlich das dem Athanasius zugeschriebene Symbol Quicumque, welches in Wahrheit ein kurzer trinitätstheologischer Traktat ist, der vermutlich in der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts im südlichen Gallien verfasst wurde.7 Im Folgenden möchte ich – in der gebotenen Kürze – der Geschichte des liturgischen wie katechetischen Sitzes im Leben dieser Formeln nachgehen und dabei fragen, welche Konsequenzen diese Sitze im Leben sowie die sich über die Jahrhunderte ergebenden Veränderungen für die Verbreitung des christlichen Glau-

1 2 3 4 5 6 7

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

FaFo, Kap. 5, 10.1.1 und 11.3.1.1. FaFo, Kap. 6. FaFo, Kap. 8.1. FaFo, Kap. 8.1.10. FaFo § 184e. FaFo § 135c. FaFo § 434. Vgl. hierzu auch Brennecke 2019.

2 Die Ausbildung von traditio und redditio symboli

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bens gehabt haben. Dabei werde ich mich aus Gründen der Praktikabilität auf Rom, das westliche Römische Reich und seine Nachfolgeterritorien in Westeuropa, vor allem das Frankenreich, bis zu Karl dem Großen konzentrieren. Mein besonderes Interesse gilt der Zeit, in der sich die Kindertaufe in den christianisierten Gebieten allmählich als Regeltaufe etabliert, also in dem hier gesteckten Rahmen der Zeit vom 5. bis zum 9. Jahrhundert. Insbesondere möchte ich fragen, inwiefern die Durchsetzung der Kindertaufe und ihr ritueller Vollzug die Katechese über den christlichen Glauben verändert haben.

2 Die Ausbildung von traditio und redditio symboli Der Zugang zu den Lehrinhalten des Christentums erfolgte für Erwachsene, die sich für diese Religion interessierten, von Anfang an in erster Linie über die Katechese, die ihrerseits auf die Taufe vorbereitete. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass es zu gewissen Zeiten üblich war, diesen Akt aufzuschieben, und man natürlich auch außerhalb des Katechumenats, vor allem über das Elternhaus, entsprechende Kenntnisse der christlichen Religion erwerben konnte. Sobald jemand den Entschluss gefasst hatte, Christ zu werden, und dies gegenüber den innerhalb der christlichen Gemeinde dafür zuständigen Funktionsträgern bekundet hatte,8 wurde er in den Grundlagen des christlichen Glaubens unterrichtet. Dieser Unterricht wird am Anfang in Bezug auf Inhalte wie Lehrpraxis noch wenig formalisiert und standardisiert gewesen sein. [391] Von jedem Konvertiten und jeder Konvertitin wurde in den ersten drei Jahrhunderten nach der Zulassung zum Katechumenat verlangt, den katechetischen Unterweisungen zu Beginn des Gottesdienstes beizuwohnen.9 Diese Periode konnte mehrere Jahre dauern. Sie konnte verkürzt werden, wenn der Katechumene gute Lernfortschritte machte und sich ordentlich aufführte. Die Ausgestaltung des Katechumenats scheint regional unterschiedlich gewesen zu sein – deutlich ist aber, dass sie eng zusammenhängt mit der Entwicklung des Wortgottesdienstes vor der Eucharistiefeier, der in erster Linie didaktischen Charakter hatte. Unabhängig davon dürfte es freilich auch Katechumenatsformen gegeben haben, die eher in einem schulischen Kontext anzusiedeln sind, doch sind die Einzelheiten hier undeutlich.10

8 Ich drücke mich absichtlich sehr vorsichtig aus, da wir über die Anfänge der Taufe kaum etwas wissen. Vgl. für die Frühzeit im Einzelnen z. B. Kinzig/Wallraff 2002, S. 336, 345 f. 9 Vgl. zum Folgenden ausführlich Kinzig/Wallraff 2002, S. 339–348 mit weiterer Literatur. 10 Die Schulen Justins in Rom und Tatians könnten Beispiele hierfür zu sein. Vgl. dazu – mit unterschiedlichen Gewichtungen – Lampe 1989, S. 219–251; Gemeinhardt 2007, S. 97–101; Markschies 2007, S. 88–91. Die alexandrinische Schule und die Schule in Cäsarea dienten

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Formation des Glaubens

Ein Beispiel für eine frühchristliche Katechese liegt uns möglicherweise in Kap. 1–6 der Didache vor, einer Kirchenordnung wohl aus dem frühen 2. Jahrhundert. In dieser sog. Zwei-Wege-Lehre werden in Reihenform ethische Ermahnungen für ein christliches Leben vermittelt. Daneben muss es – wie uns die wenigen erhaltenen Beispiele für Tauffragen und die mehr oder weniger „verfestigten“ regulae fidei des 2. Jahrhunderts zeigen – auch eine Belehrung über den in der Heiligen Schrift (das heißt zunächst: im Alten Testament) bezeugten Gott und das Heilswerk Christi gegeben haben. Umstritten ist, ob eine derartige Katechese in der Epideixis des Irenäus von Lyon vorliegt. Ohne Zweifel handelt es sich hierbei um einen predigtartigen Traktat, der der Unterweisung dienen soll und – unter ausdrücklicher Berufung auf die Glaubensregel – auch Lehrsätze zur Trinität enthält.11 Nur wissen wir leider nichts über den Sitz im Leben dieses Textes. Handelt es sich tatsächlich um eine Anleitung für den Taufunterricht? Oder ist es nicht eher ein Text, wie er in christlichen Philosophenschulen wie der in Alexandrien Verwendung fand? Durch die offizielle Duldung und die sukzessive Förderung des Christentums im Zuge der Konstantinischen Wende stieg die Zahl der Taufbewerber stark an. Dies machte eine großflächige Formalisierung des Zugangs zum Christentum notwendig, die – neben dem Bedürfnis, den „rechten“ Glauben synodal festzustellen – ebenfalls die Fixierung von Bekenntnisformeln beschleunigt haben dürfte.12 Um die Mitte des 4. Jahrhunderts gab es bereits einen festen liturgischen Ritus, in dem der Text des Bekenntnisses bekannt gemacht und memoriert wurde: die traditio und redditio symboli. Wann und wo er zuerst entstand, ist ungewiss. Der Zugang zum Christentum war nunmehr ein feierlicher, in allen Einzelheiten geregelter Initiationsritus in die Geheimnisse der christlichen Religion, vergleichbar der Einweihung in eine Mysterienreligion. Der Bischof „übergab“ das Symbol an die Taufbewerber an einem der [392] Samstage oder Sonntage vor der Taufe und erläuterte dabei die einzelnen Teile des Bekenntnisses, das die sogenannten Kompetenten nun auswendig zu lernen und am folgenden Samstag/Sonntag (noch vor der Taufe) bzw. während des Taufgottesdienstes selbst im Akt der redditio aufzusagen hatten. Das älteste direkte Zeugnis für eine redditio symboli ist uns in Augustins Confessiones (etwa 397) überliefert. Augustin beschreibt darin, wie Marius Victorinus im Jahr 356 oder 357 in Rom das Symbol rezitierte.13 Allerdings hat er

höchstwahrscheinlich nicht der Unterweisung der Katechumenen; vgl. dazu Scholten 1995; Markschies 2007, S. 97–107. 11 bes. Kap. 3 und 6; vgl. FaFo § 109a. 12 Vgl. zum Folgenden auch Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 315. 13 Die genaue Datierung ist umstritten. Vgl. dazu etwa Cooper 2005, S. 20–22. Zum Folgenden auch Saxer 1988, S. 568 f.

2 Die Ausbildung von traditio und redditio symboli

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den geschilderten Vorgang nicht selbst erlebt; vielmehr wurde er ihm von seinem väterlichen Freund Simplicianus berichtet, der an der Bekehrung des berühmten Rhetors und Philosophen einen erheblichen Anteil hatte. Dieser hatte durch die Lektüre der Heiligen Schrift und anderer christlicher Bücher den Wunsch verspürt, Christ zu werden. Er war daraufhin unterrichtet worden (über die Inhalte erfahren wir leider nichts) und hatte sich dann zu einem Tauftermin namentlich angemeldet. Hier setzt nun Augustins Bericht ein: Schließlich nahte die Stunde, da er seinen Glauben bekennen sollte, welchen in Rom üblicherweise jene, die zu deiner Gnade herzutreten wollen, mit festgesetzten und auswendig gelernten Worten an einem erhöhten Ort öffentlich vor den Gläubigen rezitieren. Da boten, wie er [Simplicianus] berichtete, die Priester dem Victorinus an, er könne ihn im Geheimen rezitieren, so wie es üblicherweise so manchem angeboten wurde, den man aus Schüchternheit davor zurückscheuen sah. Jener aber zog es vor, seine Rettung im Angesicht der heiligen Menge zu bekennen. Es war nämlich nicht die Rettung, die er im Rhetorikunterricht zu lehren pflegte, und dennoch hatte er sie öffentlich bekannt. Um wieviel weniger musste er sich also vor deiner sanftmütigen Herde fürchten, wenn er dein Wort verkündete, wo er sich doch mit seinen eigenen Worten nicht einmal vor Scharen von Verrückten fürchtete. Als er also hinaufstieg, um die Rezitation zu beginnen, flüsterten sie sich alle, sobald sie ihn erkannt hatten, in einem begeisterten Murmeln untereinander seinen Namen zu. Wer aber hätte ihn dort nicht erkannt? Und mit unterdrückter Stimme erklang aus dem Munde all derer, die sich gemeinsam freuten: „Victorinus, Victorinus.“ Kaum hatten sie begeistert Laut gegeben, weil sie ihn sahen, da schwiegen sie bereits wieder, gespannt, ihn zu hören. Jener aber verkündete den wahrhaften Glauben mit glänzender Zuversicht, so dass sich alle um ihn rissen und in ihre Herzen (schließen wollten). Und sie rissen sich um ihn in Liebe und in Freude: so verhielten sich die Scharen derer, die sich um ihn rissen.14 [393]

Wir erfahren aus diesem Text mehrere interessante Details. Die Formulierung verbis certis conceptis retentisque unterstreicht, dass hier eine feste Symbolformel auswendig gelernt wurde. Diese Formel wurde dann vor der Gemeinde von

14 Augustin, Confessiones 8,2,5 (FaFo § 636a): „Denique ut ventum est ad horam profitendae fidei, quae verbis certis conceptis retentisque memoriter de loco eminentiore in conspectu populi fidelis Romae reddi solet ab eis, qui accessuri sunt ad gratiam tuam, oblatum esse dicebat Victorino a presbyteris, ut secretius redderet, sicut nonnullis, qui verecundia trepidaturi videbantur, offerri mos erat; illum autem maluisse salutem suam in conspectu sanctae multitudinis profiteri. Non enim erat salus, quam docebat in rhetorica, et tamen eam publice professus erat. Quanto minus ergo vereri debuit mansuetum gregem tuum pronuntians verbum tuum, qui non verebatur in verbis suis turbas insanorum? Itaque ubi ascendit, ut redderet, omnes sibimet invicem, quisque ut eum noverat, strepuerunt nomen eius strepitu gratulationis. Quis autem ibi eum non noverat? Et sonuit presso sonitu per ora cunctorum collaetantium: Victorinus, Victorinus. Cito sonuerunt exsultatione, quia videbant eum, et cito siluerunt intentione, ut audirent eum. Pronuntiavit ille fidem veracem praeclara fiducia, et volebant eum omnes rapere intro in cor suum et rapiebant amando et gaudendo; hae rapientium manus erant.“

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einem erhöhten Ort aus (d. h. vielleicht einem Podest) rezitiert, sofern der Täufling psychisch dazu imstande war. Besonders schüchterne Taufbewerber hingegen konnten die redditio vor dem Priester offensichtlich auch unter vier Augen ablegen. Rufin liefert uns in seiner um 404 verfassten Expositio symboli weitere Einzelheiten zur römischen Praxis: Er hebt die Kürze der Symbolformel hervor und begründet dies damit, dass dort keinerlei Häresien entstanden seien, die Erweiterungen des Symbols notwendig gemacht hätten. Auch Rufin erwähnt eigens die in der Hauptstadt übliche Sitte, das Bekenntnis öffentlich, nämlich vor der versammelten Gemeinde, abzulegen, damit diese die unverfälschte Wiedergabe des Symbols überwachen könne.15 Seine Bemerkung ist wahrscheinlich so zu verstehen, dass die redditio symboli in Aquileia, der Heimat Rufins, an der Wende zum 5. Jahrhundert allenfalls vor dem Bischof oder Priester praktiziert wurde. Überdies war zur Zeit des Marius Victorinus die redditio ein Akt, den jeder Gläubige einzeln vollziehen musste. Aus Rufins Angaben ist nicht ganz ersichtlich, ob dies um die Jahrhundertwende auch noch galt oder ob die Taufbewerber hier das Bekenntnis im Chor aufsagten. Jedenfalls wird aus den beiden Zeugnissen deutlich, dass es um die Jahrhundertmitte in Rom ein feststehendes Bekenntnis gab, dessen Inhalte die katechetische Grundlage bei der Taufvorbereitung bildeten. Dieses Bekenntnis scheint überdies deklaratorisch gewesen zu sein. Die bisherigen Belege dokumentieren – streng genommen – nur die Praxis der redditio symboli. Das erste Beispiel für die traditio als einen liturgischen Akt ist im Westen offenbar erst in einem Brief des Ambrosius aus dem Jahr 385 für Mailand belegt. Hier berichtet der Bischof über die Auseinandersetzungen mit dem homöischen Kaiserhaus um den Besitz der Kirchen in Mailand. Eher beiläufig erwähnt er, er habe das Symbol den Taufbewerbern (competentes) an einem nicht näher spezifizierten Sonntag nach den Lesungen, der Predigt und der Entlassung der Katechumenen im Baptisterium übergeben. Die Praxis dürfte also schon länger eingeführt sein. Später sagt er im selben Brief, er habe anschließend die Messe gehalten.16 Das [394] heißt, dass in Mailand die traditio 15 Expositio symboli 3 (FaFo § 638): „In ecclesia tamen urbis Romae hoc non deprehenditur factum. Pro eo arbitror, quod neque haeresis ulla illic sumpsit exordium et mos inibi servatur antiquus eos, qui gratiam baptismi suscepturi sunt, publice, id est fidelium populo audiente, symbolum reddere; et utique adiectionem unius saltim sermonis eorum, qui praecesserunt in fide, non admittit auditus. In ceteris autem locis, quantum intellegi datur, propter nonnullos haereticos addita quaedam videntur, per quae novellae doctrinae sensus crederetur excludi.“ Ähnlich auch Leo d. Gr., Tractatus 24, 6 (FaFo § 643a): „… permanete stabiles in ea fide, quam confessi estis coram multis testibus [1 Tim 6,12] …“ 16 Epistula 76 (20), 4 (Z. 17–19, 22 f.; CSEL 82, S. 109 f.; vgl. FaFo § 632a): „Sequenti die, erat autem dominica, post lectiones atque tractatum dimissis catechumenis symbolum aliquibus

2 Die Ausbildung von traditio und redditio symboli

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symboli zwischen Wortgottesdienst und Eucharistiefeier eingeschoben wurde, wobei man hierzu von der Kirche in das Baptisterium (und zur Messe vermutlich wieder zurück in die Kirche) wechselte.17 Der Akt der traditio war von einer Predigt des Bischofs begleitet, von der uns noch eine Fassung erhalten ist.18 Im ausgehenden 4. und im 5. Jahrhundert verbreitete sich die Praxis der traditio und redditio symboli in weiten Teilen der lateinischen Kirche. Zwischen traditio und redditio eingeschoben bzw. damit verknüpft waren die sogenannten Skrutinien, ursprünglich Prüfungen, mit denen u. a. festgestellt werden sollte, inwieweit die Taufbewerber die Inhalte der Glaubenskatechese verinnerlicht hatten. Diese Funktion scheint allerdings zu einem nicht klar erkennbaren Zeitpunkt verloren gegangen zu sein.19 Darüber hinaus kam es zu lokalen Variationen im Vollzug dieser Riten, die hier nicht näher beleuchtet werden müssen. Weitgehende Einigkeit bestand indessen darin, dass das einmal erlernte Symbol außerhalb des liturgischen Kontextes nicht laut aufgesagt oder aufgeschrieben werden durfte, damit es nicht von Uneingeweihten mitgehört werde oder ihnen gar in die Hände falle. Vielmehr sollten es die Gläubigen auswendig bei sich tragen. Die Zahl dieser Mahnungen in der Kirchenväterliteratur ist Legion.20 Niketas von Remesiana und Augustin forderten ihre Zuhörer auf, das Bekenntnis täglich zweimal, nämlich morgens nach dem Aufstehen und abends vor dem Zubettgehen, aufzusagen,21 bei Ambrosius genügte die morgendliche Rezitation.22 Darüber hinaus hatten die Kirchen die wichtigsten christologischen Inhalte des Glaubensbekenntnisses auch in dem Zyklus der Herrenfeste Weihnachten,

competentibus in baptisterii tradebam basilica. […]. Ego tamen mansi in munere, missam facere coepi.“ Vgl. dazu auch Schmitz 1975, S. 69–75. 17 Zum komplexen archäologischen Grabungsbefund bezüglich der Mailänder Baptisterien vgl. Schmitz 1975, S. 6–14; Ristow 1998, S. 183 f. (Nr. 376) und Tafel 13 f. sowie 317 f. (Nr. 993– 995). 18 Vgl. Ambrosius, Explanatio symboli. Dazu Schmitz 1975, S. 70–75. 19 Vgl. dazu knapp Kretschmar/Hauschildt 1989, S. 4; Yarnold 2001, S. 681. Zur Problematik der Skrutinien im Einzelnen, deren Funktion und Ort in der römischen Liturgie nicht mehr klar erkennbar ist, vgl. Kretschmar 1970, S. 253 f.; Rubellin 1982, S. 40–42; Saxer 1988, S. 592 f., 603 f.; Cramer 1993 (1994), S. 142 f.; Keefe 2002, Bd. I, S. 44 f. Allgemein auch Stenzel 1958, S. 199–240. In karolingischer Zeit wird die Funktion des Skrutiniums (oft im Singular!) als Glaubensprüfung allerdings durchaus (wieder) in den Tauferklärungen hervorgehoben; vgl. für Beispiele Phelan 2014, S. 177, 183 f., 187. 20 Zahlreiche Belege bei Kinzig 2011, S. 17, Anm. 54 (= Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 340, Anm. 54; englische Fassung). 21 Nicetas, Competentibus ad baptismum instructionis libelli, 2, frg. 4 (FaFo § 625); Augustin, Sermo 58, 11,13 (FaFo § 636b2). 22 Vgl. De virginibus 3,4,20 (FaFo § 15b).

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Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten abgebildet, wie sie im Wesentlichen in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts ausgestaltet worden waren, so dass durch die Feier dieser Feste das Heilsgeschehen, wie es die Symbole zusammenfassten, im Laufe des liturgischen Jahres anschaulich und erlebbar wurde.23 Sie wurden häufig von Katechesen oder Predigten begleitet, die den Inhalt der einzelnen Feste auslegten. [395] Freilich wird man sich vor allzu großem Optimismus im Hinblick auf die theologische Bildung der Laien in der Spätantike hüten müssen. Inwieweit diese Predigtpraxis von den urbanen Zentren in die ländlichen Gegenden ausgestrahlt hat, kann man nicht ohne weiteres sagen, da wir von der pastoralen Versorgung in den nichturbanen Regionen wenig wissen.24 Den Untersuchungen Ramsay MacMullens zufolge umfasste der Gottesdienstbesuch im 4. Jahrhundert im Schnitt nicht mehr als fünf Prozent der christlichen Gesamtbevölkerung einer mediterranen Stadt und speiste sich hauptsächlich aus den lokalen Eliten.25 Auch wenn das sicher zu niedrig gegriffen ist,26 kann man nicht a priori davon ausgehen, dass religiöse Bildung in der Spätantike im Hinblick auf das Christentum selbstverständlich war. Mehr noch: Auch dort wo Christen den Gottesdienst besuchten, konnten sie nicht überall eine Predigt hören. So scheint man etwa im frühen 6. Jahrhundert im südöstlichen Gallien auf dem Land allenfalls an den hohen Festen Musterhomilien verlesen zu haben.27 Auch dürfte es zu starken regionalen Unterschieden gekommen sein, was auch mit der Entstehung des Mönchtums und dessen (lokal sehr unterschiedlichem) Engagement in der Seelsorge zusammenhing. Jedenfalls begegnet in westlichen Quellen verdächtig oft die Mahnung, die Gläubigen sollten zumindest das Symbol und das

23 Vgl. Kinzig 2011, S. 16–29 (= Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 339–350; englische Fassung). 24 Vgl. hierzu z. B. Angenendt 1982, S. 199–226; Beck 1950 (südöstliches Gallien); Pauly 1976 (Bistum Trier); Stancliffe 1979 (Touraine); Semmler 1982 (Rhein, Mosel, Maas); Klingshirn 1994 (1995), S. 201–243 (Südgallien, 5./6. Jh.); Weiss 1997 (Provence, 5. Jh.); Predel 2005, S. 47–68 (Gallien allgemein); Van Rhijn 2007, S. 124–138; González 1979; García Moreno 2014 (Spanien); Ewig 2012, S. 108–110 (Merowingerzeit). Ferner Riché, Gregor, 1994 (2010), S. 675–680; Monfrin 2001 (2010), S. 1048–1058; Brown 2013, S. 146 f.; Diesenberger 2016, S. 67 f.; Domagalski/Mühlenkamp 2016. Originelle Spekulationen über die Modellierung von urbanem vs. ländlichem Christentum finden sich jetzt bei Robinson 2017. 25 MacMullen 2009, S. 111 u.ö. 26 Kritisch zur Zahl z. B. Boin 2010; Bradshaw 2011; Robinson 2017. 27 Vgl. Beck 1950, S. 269, Anm. 48 unter Berufung auf Caesarius von Arles, Praefatio libri sermonum (CChr.SL 103, S. 18, Z. 15–18): „Pro intuitu paternae pietatis et qualiscumque pastoris sollicitudine admonitiones simplices parochiis necessarias in hoc libello conscripsimus, quas in festivitatibus maioribus sancti presbyteri vel diacones debeant commissis sibi populis recitare.“ Vgl. ferner Klingshirn 1994 (1995), S. 64, 227. Zur Änderung dieser Praxis durch Caesarius und die Synode von Vaison (529) vgl. ebenda, S. 228–232.

3 Traditio und redditio symboli im frühmittelalterlichen Rom

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Vaterunser auswendig können und ihre Kinder darin unterrichten.28 Von einem Verstehen dieser Texte ist keine Rede, geschweige denn von einer Kenntnis weitergehender biblischer Inhalte. Ich komme auf dieses Problem noch zurück. [396]

3 Traditio und redditio symboli im frühmittelalterlichen Rom Die flächendeckende Durchsetzung der Kindertaufe musste für den Ritus der traditio und redditio symboli zwangsläufig gravierende Konsequenzen haben. Wie sahen diese aus? Ich konzentriere mich weiterhin auf Rom. Leider fließen unsere Quellen über Jahrhunderte recht spärlich. Es gibt aber gute Gründe anzunehmen, dass das sog. Altgelasianische Sakramentar mindestens in Teilen eine wesentlich ältere liturgische Praxis widerspiegelt, wie sie in der Hauptstadt gepflegt wurde.29 Die Zuschreibung an Papst Gelasius (492–496), die sich auf uneindeutige Quellen stützt, wird heute nicht mehr aufrecht erhalten. Vielmehr stammt die Endredaktion des Buches aus der Mitte des 7. Jahrhunderts. Jedoch ist die Annahme sinnvoll, dass die im Altgelasianum niedergelegte Praxis der traditio und redditio symboli in der überlieferten Form tatsächlich vielleicht aus dem 5. Jahrhundert stammt, wobei Teile vermutlich noch älter sind. Die Herkunft des Großteils des Sakramentars aus Rom, für die schon der Titel der Kompilation (Liber sacramentorum Romanae ecclesiae ordinis anni circuli) spricht, kann hier nicht weiter begründet werden, gilt aber heute unter Liturgiehistorikern – mit wenigen Ausnahmen – als wahrscheinlich. Schauen wir etwas genauer auf den Ablauf der traditio.30 Er gilt für die Vorbereitung der Säuglings- bzw. Kindertaufe.31 Man muss sich hierbei vorab 28 Vgl. Augustin, Sermo 213, 10–11 (FaFo § 636d); Predigtfragment in Decretum Gratiani 3,4,105 (FaFo § 636h); Caesarius von Arles, Sermo 13, 2 (FaFo § 656d); ders., Sermo 130, 5 (FaFo § 656f); ders., Sermo 229, 6 (FaFo § 656h); Isidor von Sevilla, Sententiae 1,22 (21),1 (FaFo § 39c); Eligius von Noyon, De supremo iudicio 5–6 (FaFo § 663) usw. 29 Eine Begründung für diese Annahme, die den Forschungsstand zusammenfasst, findet sich bei Vogel 1986, S. 64–70; Palazzo 1998, S. 42–46. Das Sakramentar ist in den heutigen Handschriften Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 316, ff. 3–245 und Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 7193, ff. 41–56 enthalten, die ursprünglich zum selben Codex gehörten, welcher erst um die Mitte des 8. Jahrhunderts im Frauenkloster Notre-Dame-des-Chelles bei Paris entstanden sein dürfte. Endredaktion des Sakramentars und älteste Bezeugung dürfen also nicht miteinander verwechselt werden. 30 Vgl. zum Folgenden Sacramentarium Gelasianum vetus Nr. 310–315 (FaFo §§ 675a und 255g). Ferner auch Stenzel 1958, S. 207–219; Kretschmar 1970, S. 253–257; Angenendt 1987, S. 289–294; Saxer 1988, S. 597–624; Keefe 2002, Bd. I, S. 43–46; Johnson 2007, S. 222–229. 31 Inwieweit hier unterschieden werden muss, ist nicht ganz deutlich. Der bevorzugte Tauftermin an Ostern legt aber nahe, anzunehmen, dass die Täuflinge durchaus bereits ein Jahr

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eine Besonderheit der römischen Liturgie vor Augen halten: Johannes der Diakon berichtet in den ersten Jahrzehnten des 6. Jahrhunderts in seinem berühmten Brief an Senarius, dass man in Rom bei der Taufe mit Säuglingen ebenso verfahre wie mit Erwachsenen, auch wenn sie von den Vorgängen nichts verstünden. Bei ihnen trete das Bekenntnis der Eltern oder anderer an die Stelle.32 Mit anderen Worten erklären sich gewisse, im [397] Folgenden noch näher zu betrachtende liturgische Spannungen daher, dass man die alte Liturgie der traditio und redditio bei der Erwachsenentaufe nicht an die neuen Gegebenheiten anpasste; vielmehr verfuhr man mit Säuglingen, als wären es Erwachsene: Man sprach sie in der zweiten Person an, und die Eltern bzw. Paten antworteten offensichtlich an ihrer Stelle in der ersten Person. Die traditio fand am Samstag vor Palmsonntag statt und begann mit einer Präfation, die vermutlich von Leo I. stammt.33 Diese wurde von dem Bischof verlesen. Er ermahnte die Täuflinge zunächst, den Glauben mit ganzem Herzen zu ergreifen, weil so die Rechtfertigung empfangen werde. Sodann forderte er sie auf, herzuzutreten, um das vom Herrn inspirierte und von den Aposteln unter der Leitung des Heiligen Geistes verfasste Bekenntnis zu empfangen. Schließlich erging die Mahnung, das Bekenntnis auswendig zu lernen, aber nicht aufzuschreiben. Die Ansprache war insofern überflüssig, als die Paten ja bereits getauft waren und damit das Bekenntnis auch bereits „besaßen“. Ganz offensichtlich stammt also die Präfation aus der Erwachsenentaufe, die allerdings nicht mehr die Regel gewesen ist. Eine eigene Vermahnung der Eltern oder Paten war hier hingegen nicht vorgesehen. Anschließend übergab der Bischof die weitere Leitung der Zeremonie an den ihm assistierenden Klerus. Einer der Akolythen (Ministranten) nahm aus der Schar der zu taufenden Kinder einen Knaben auf den linken Arm und legte ihm die Hand auf den Kopf. Der Priester fragte den Akolythen: „In welcher Sprache bekennen [die Täuflinge] unseren Herrn Jesus Christus?“, worauf dieser ant-

alt sein konnten. Karolingische Rechtsquellen sprechen von einem Alter zwischen einem Tag und höchstens drei Jahren. Abgesehen davon wurde auch zu Epiphanias und Pfingsten getauft und bei Gefahr für den Säugling eine Nottaufe vollzogen. Zum Problem insgesamt vgl. Rubellin 1982, S. 34–42; Cramer 1993 (1994), S. 137–139; Yarnold 2001, 688 f. 32 Epistula ad Senarium 7 (Z. 1–5; Wilmart 1933, S. 175): „Illud autem ne pretermissum uideatur, ante praedicimus, quod ista omnia etiam paruulis fiant, qui adhuc pro ipsius aetatis primordio nihil intellegunt. Unde scire debetis quia, dum a parentibus aut a quibus libet aliis offeruntur, aliena eos professione saluari necesse est qui fuerant alieno errore dampnati.“ Dazu Didier 1965, S. 86 f.; Saxer 1988, S. 589–595; Johnson 2007, S. 164–169; Ferguson 2009, S. 767 f. 33 Vgl. Teil I in FaFo § 255g. Die Vermahnung wird heute als erster Teil von Tractatus 98 unter Leos Namen geführt.

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wortete: „Auf Griechisch.“ 34 Daraufhin forderte der Priester den Akolythen dazu auf, das Glaubensbekenntnis aufzusagen. Der Akolyth rezitierte das Symbol auf Griechisch, wobei diese Rezitation decantando erfolgte, also vermutlich nicht im normalen Sprechton, sondern in einer dem Gesang angenäherten Weise. Dieses Bekenntnis war nun aber verwirrenderweise nicht R, sondern C,35 wobei dieses in der Handschrift auch nicht im griechischen Originaltext, sondern in einer lateinischen Umschrift wiedergegeben ist, was belegt, dass man kein Griechisch mehr verstand.36 Aus diesem Grund schloss sich auch unmittelbar eine lateinische Übersetzung von C an.37 [398] Es folgte eine sehr knappe Auslegung des Glaubensbekenntnisses, die wieder auf Leo I. zurückgehen dürfte. Deren Verlesung ist ausdrücklich dem Priester übertragen. Darin wird zunächst noch einmal betont, dass das Bekenntnis von Gott inspiriert sei und dass es von jedermann verstanden und gelernt werden könne. Sodann wird der Inhalt des Bekenntnisses knapp rekapituliert. Am Ende erfolgt die Mahnung, das Bekenntnis ohne Veränderung des Wortlauts (nullo mutato sermone) zu lernen. Die Kürze der Auslegung könnte dem Umstand geschuldet sein, dass eine ausführliche Darlegung angesichts der Tatsache, dass die Paten ja bereits getauft waren, als nicht mehr notwendig erachtet wurde. Wie alle Gottesdienste in der Antike, wird man sich auch den Ritus der traditio am Palmsonntag als eine lebhafte und vielleicht auch lautstarke Zeremonie vorstellen müssen. So wissen wir von Johannes Cassian, dass zu Beginn des 5. Jahrhunderts die Menschen in Marseille bei der traditio applaudiert oder jedenfalls ihre Zustimmung deutlich zum Ausdruck gebracht haben.38 Nachrichten wie diese relativieren etwas den Eindruck der ehernen Feierlichkeit, den man allein aus der Lektüre der Sakramentare gewinnen könnte. Die redditio erfolgte sodann eine Woche später, also am Karsamstag, in der Frühe in einer relativ kurzen Zeremonie.39 Typisch hierfür ist die Verschränkung von Abrenuntiation, also der Abschwörung Satans, und Rezitation des Glau-

34 Sacramentarium Gelasianum vetus Nr. 311 (FaFo 4 § 675a, 85 K.): „Et interrogat ei presbyter: Qua lingua confitentur dominum nostrum Iesum Christum? Respondet: Graece.“ 35 Es handelt sich um die Fassung der 3. Sitzung von Chalcedon; vgl. FaFo § 184e1 im Vergleich mit der Fassung im Altgelasianischen Sakramentarium § 184f2.1. 36 Die Rezitation griechischer Texte war nicht auf das Symbol beschränkt, sondern umfasste auch Bibellesungen und liturgische Gesänge. Vgl. dazu Caspari 3 1875/1964, Bd. III, S. 466– 510 sowie zur neueren Diskussion auch Kinzig 1999 (2017), S. 249, Anm. 36. 37 Vgl. FaFo § 184f2.2. 38 Vgl. Johannes Cassian, De incarnatione domini 6,11,1 (FaFo § 641b). 39 Vgl. Sacramentarium Gelasianum vetus 418–424 (FaFo § 675b).

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bensbekenntnisses, wie sie sich auch in byzantinischen Riten findet.40 Die Rubrik beginnt mit einem einigermaßen rätselhaften Satz: „Am Morgen rezitieren die Kinder das Symbol.“ 41 Dieser Satz, der wohl eine Art Überschrift darstellt, setzt voraus, dass die Taufbewerber dazu in der Lage waren. Nun handelte es sich aber – wie gesagt – um Säuglinge (oder Kleinkinder). Hier wird also einmal mehr die bereits angedeutete Spannung deutlich, dass die redditio symboli eigentlich mit einer aktiven Beteiligung der competentes selbst rechnete, wozu diese aber noch gar nicht in der Lage waren. Tatsächlich nahm die Zeremonie dann auch einen anderen Verlauf: Zunächst wandte sich der Bischof nämlich in einer Art Invokation an Satan und kündigte ihm die bevorstehende Austreibung an. Es folgten der Effata-Ritus und die Abrenuntiation. Hierbei wurden die competentes bzw. genauer: deren Eltern oder Paten gefragt, ob sie Satan, seinen Werken und seinem Pomp entsagen würden. Sodann wurde das Bekenntnis rezitiert, und zwar ausdrücklich vom Bischof unter Handauflegung auf die Taufbewerber. Da es sich um Säuglinge handelte, wurde von ihnen natürlich auch keine Rezitation des Bekenntnisses erwartet. Es fällt allerdings auf, dass die Eltern oder Paten dies auch nicht stellvertretend taten.42 Welches Bekenntnis hier gemeint ist, [399] wird nicht genannt, es muss aber nach Lage der Dinge C gewesen sein. Das heißt dann aber, dass auch die redditio bereits im späten 5. Jahrhundert mindestens in Rom zu einem rein zeremoniellen Akt geronnen war, der keinerlei aktive Beteiligung der Eltern oder Paten bei der Rezitation des Bekenntnisses mehr voraussetzte. Die Zeremonie wurde durch ein Gebet abgeschlossen. Doch taucht das Symbol noch ein drittes Mal im Altgelasianum auf, nämlich in den Tauffragen während der Taufe selbst, die sich zwar an den Täufling richten, aber offensichtlich von dessen Eltern beantwortet wurden. Diese Tauf-

40 So zum Beispiel in (Ps.-)Kyrill von Jerusalem, Mystagogia 1, 9 (FaFo § 631a) oder im Ordo von Konstantinopel innerhalb des Barberini Euchologion; vgl. FaFo § 677. 41 „Mane reddunt infantes symbolum.“ 42 Vgl. dazu auch Lynch 1986, S. 293 f., der zu dem eng verwandten Ordo Romanus XI feststellt: „Ordo romanus xi was an imperfect compromise between the realities of infant baptism and a reluctance to tamper with the venerable liturgical forms handed down from antiquity. These forms had once served a function, that of preparing adults for baptism, but they were decidedly nonfunctional in Ordo xi. The child could not, on an observable level, absorb or respond to the traditional modes of preparation, and the liturgical service made no effort to equip either parents or sponsors for the future formation of the child, nor did it impress on them the seriousness of their role in the moral and religious shaping of that child. Thus, from the perspective of what it accomplished on a human level, Ordo romanus xi was solemn ritual for its own sake, ill-adapted to the task of instructing young Christians, their parents, or their sponsors.“

3 Traditio und redditio symboli im frühmittelalterlichen Rom

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fragen, die in ihrem Wortlaut weder auf C noch auf R bzw. T zurückgehen, stellen im Altgelasianum eine merkwürdige Doppelung zur traditio/redditio dar, was vermutlich daher zu erklären ist, dass sie de facto älter sind als der Ritus der traditio/redditio, einen Aspekt, den ich hier nicht vertiefen kann.43 Die bis hierher skizzierten Riten der traditio und redditio symboli finden sich mit Modifikationen auch im Ordo Romanus XI, einer römischen Taufagende aus der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts sowie in den vom Altgelasianum bzw. dessen Vorlage abhängigen Sakramentaren. Es gibt im Einzelnen allerdings charakteristische Abweichungen, die uns hier jetzt nicht näher beschäftigen müssen.44 Bei den sog. nicht-römischen westlichen Agenden45 stellt sich die Situation hingegen komplizierter dar, da etwa das Missale von Stowe keine traditio und redditio symboli zu kennen scheint (es sie zumindest nicht erwähnt),46 während in der mozarabischen Liturgie die redditio großenteils nur darin besteht, dass der Täufling bzw. die Paten oder Eltern auf Glaubensfragen mit „Ja“ antworten, also die Memorierung des Symbols auch hier nicht mehr eigens nachgewiesen werden muss.47 In England hingegen schärften die [400] Zweite Synode von Clofesho (747)48 und die sog. Legatinischen Synoden von 78649 den Priestern ein, sie müssten die Täuflinge bzw. deren Paten durch geeignete Maßnahmen in die Lage versetzen, die Abrenuntiation und das Symbol aufzusagen. Im fränkischen Einflussgebiet scheint man lediglich in Missionsgebieten strenger verfahren zu sein: Alkuin fordert Heidenmissionare dazu auf, vor der Taufe die Konvertiten mit „friedfertigen und klugen Worten den Glauben zu

43 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 237–267. 44 Vgl. dazu z. B. Lynch 1986, S. 294–297. Der für die römische Praxis unmittelbar einschlägige Ritus im Ordo Romanus XI ist weitgehend mit dem im Altgelasianum identisch. Unter den Abweichungen ist bemerkenswert, dass der Ölritus mit Abrenuntiation und die Tauffragen fehlen; möglicherweise kürzen die Anweisungen des Ordo diese Riten aber ab. Amalarius von Metz erfragt nach der Abrenuntiation noch von den Paten und Patinnen, ob sie das Vaterunser und das Symbol „singen“ (cantare) können; vgl. Epistula ad Carolum imperatorem de scrutinio et baptismo 40 (FaFo § 782a2). In seinem Liber officialis 1,23,11 (FaFo § 770a) beschränkt sich freilich die redditio auf eine einfache Zustimmung. 45 Vgl. dazu Vogel 1986, S. 273–289. 46 Vgl. FaFo § 680. 47 Vgl. FaFo § 684; dazu auch Saxer 1988, S. 553. Siehe allerdings auch die Ausführungen des Ildefonsus von Toledo, der eindeutig von einer aktiven redditio symboli an Gründonnerstag spricht (De cognitione baptismi 35; FaFo § 664), sowie die traditio symboli im Liber ordinum (FaFo, § 684c4), die offenbar ebenfalls auf eine redditio des Bekenntnisses abzielt (sofern die Worte nicht einer mittlerweile verschwundenen Praxis entstammen). 48 Vgl. Kanon 11 (FaFo § 587b). 49 Vgl. Kanon 2 (FaFo § 588).

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lehren“.50 In Anweisungen in den Handschriften München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 1441051 und Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 4052 aus dem Anfang bzw. der Mitte des 9. Jahrhunderts wird der Priester ermahnt, bei der Taufe von bekehrten Heiden mit den Täuflingen ausführliche Glaubensverhöre durchzuführen.53 Verschiedentlich hören wir auch sonst in Kommentaren zur Taufliturgie und Glaubensverhören davon, es würden mit Konvertiten Skrutinien durchgeführt, um festzustellen, inwieweit die Worte des Symbols im Herzen der Katechumenen verankert seien.54 Es gab also unter den Karolingern Bemühungen, den Skrutinien in der Heidenmission wieder zu ihrer ursprünglichen Bedeutung zu verhelfen.55 Inwieweit diese Anweisungen allerdings umgesetzt wurden und bei den teilweise hohen Zahlen von Konvertiten überhaupt umgesetzt werden konnten, entzieht sich unserer Kenntnis. Die erhaltenen Sakramentare bieten dafür jedenfalls keinen liturgischen Ort mehr. [401]

4 Die Glaubenskatechese Soweit zunächst zum liturgischen Rahmen der Glaubensunterweisung. Diese Riten wurden – wie bereits angedeutet – im Beisein der gesamten Gemeinde vollzogen.56 Dementsprechend hätten sich auch die damit einhergehenden Katechesen an die gesamte Gemeinde gerichtet, und man könnte somit annehmen,

50 Epistula 111 (MGH Ep 4, S. 160, Z. 25 f.): „Unde et praedicatores paganorum populum pacificis verbis et prudentibus fidem docere debent.“ 51 Vgl. Keefe, Catalogue, 2012, S. 282 f. (mit Heer 1911 ein „missionary catechism“ genannt). 52 Vgl. Keefe, Catalogue, 2012, S. 336 f. („clerical instruction reader“). 53 Vgl. Keefe 2002, Bd. II, S. 534–537 (Text 38; FaFo § 779) und ebenda, S. 234–238 (Text 8.1; FaFo § 759). 54 Vgl. etwa Alkuins Text De sacramento baptismatis (Primo paganus; Keefe 2002, Bd. II, Nr. 9) zur Heidenmission, demzufolge auf die Traditio symboli die Skrutinien folgen sollen, „ut exploretur saepius, an post renuntiationem Satanae sacra verba datae fidei radicitus corde defixerit“ (FaFo § 775). Ähnlich Keefe 2002, Bd. II, S. 543, Z. 5–7 (Text 41 = FaFo § 760[2]); ebenda, S. 594, Z. 26–595, Z. 2 (Text 52 = FaFo § 75[4]); ebenda S. 614, Z. 11–14 (Text 55 = FaFo § 794[3]). Ferner Amalarius von Metz, Epistula ad Carolum imperatorem de scrutinio et baptismo 40 (FaFo § 782a2): „Deinde perscrutamur patrinos vel matrinas, si possunt cantare orationem dominicam et symbolum, sicut praemonuimus, ac postea per ordinem, sicut in Romano ordine scriptum est, sacrum officium peragimus usque ad sacratissimum opus baptismatis.“ 55 So möchte Wiegand 1899, S. 315 aus den Worten des Amalarius schließen, dass der karolingische Taufordo „die Belehrung und Prüfung der Kompetenten wieder in ihre alten Rechte“ einsetzte (ebenso Wiegand 1899, S. 327). Ferner Phelan 2006. 56 Zum Folgenden vgl. auch Kinzig 2011 (= Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 329–364; englische Fassung) mit reichen Belegen, die hier nicht wiederholt werden.

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dass der Inhalt des Glaubens in regelmäßigen Abständen rekapituliert und repetiert wurde. Doch ist der Befund komplizierter und uneindeutig. Wie die inhaltliche Belehrung über die einzelnen Stücke des Symbols konkret aussah, hatte ich bereits im Zusammenhang der vermutlich von Leo I. stammenden Unterweisung angedeutet, die im Altgelasianum erhalten geblieben ist. Diese explanatio ist freilich sehr kurz, und es ist nicht recht deutlich, ob sie eher als unveränderliches liturgisches Stück anzusehen ist oder aber nur eine Art Platzhalter oder vielleicht auch Stichwortzettel für eine längere Erklärung bildet. Im ersteren Fall müsste eine ausführlichere Glaubensunterweisung an dieser oder an anderer Stelle stattgefunden haben, wofür aber das Altgelasianum keinen Raum lässt. Dass es diese Glaubensunterweisungen aber die gesamte Spätantike hindurch bis in karolingische Zeit immer gegeben hat, ist in den letzten Jahren durch die Editionen zahlreicher neuer einschlägiger Texte durch Liuwe Westra57 und Susan Keefe58 deutlich geworden, eine Quellenbasis, die ich unlängst selbst noch etwas verbreitern konnte.59 Die Auslegung des Bekenntnisses in Form von expositiones oder explanationes symboli bildete eine eigene Gattung, wobei vor allem die bereits genannten Predigten Rufins und Ambrosius’, aber auch die Augustins sowie die Schrift Isidors von Sevilla De origine officiorum (De ecclesiasticis officiis) stilbildend wirkten. Freilich sind die erhaltenen Vertreter der Gattung gerade aus der Zeit des Frühmittelalters oft erstaunlich kurz, ja sie bestehen streckenweise nur aus kaum noch verständlichen Stichworten. Dies deutet darauf hin, dass der Prediger während seiner Erklärung extemporierte. Man kann also aus der Länge der erhaltenen Predigten keinesfalls auf die tatsächliche Dauer dieser Auslegungen schließen. Es wäre ein lohnendes Unternehmen, die Inhalte dieser Symbolauslegungen einmal näher zu untersuchen und nach Erklärungstypen zu differenzieren.60 Dies kann hier nicht geschehen. Stattdessen möchte ich ein relativ willkürlich ausgewähltes Exemplar dieser Gattung aus dem 9. Jahrhundert kurz vorstellen und kom- [402] mentieren.61 Diese expositio ist in sechs Handschriften in zwei leicht voneinander abweichenden Rezensionen mehr oder weniger

57 Westra 2002. 58 Vgl. Keefe 2002; Keefe, Explanationes, 2012. 59 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017. 60 Vgl. hierzu die allgemeine Charakterisierung bei Keefe, Catalogue, 2012, S. 10: „Their authors may begin with a general definition of the word ‘symbolum’ and give a summary of Christian belief, defining the triune God, Christ’s incarnation, passion, death, resurrection, ascension and second coming, the church, the communion of the saints, forgiveness of sins, resurrection of the flesh, and eternal life.“ Ausführlicher auf veralteter Quellengrundlage Wiegand 1899, S. 331–351. 61 Zu Text, Übersetzung und Kommentierung vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 18–65.

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vollständig erhalten. Die erhaltenen Titel machen deutlich, dass die Predigt im Zusammenhang der traditio symboli gehalten wurde. Der Verfasser ist völlig unoriginell und gerade deshalb typisch. Die Erklärung ist dreiteilig: Sie setzt ein mit einer in den beiden Rezensionen voneinander abweichenden Erläuterung des Begriffs symbolum. Der ausführlicheren Fassung des Cod. I (Montpellier, Bibliothèque Interuniversitaire, Section Médecine, H 14 1, ff. 4r–v) zufolge bedeutet symbolum „Anzeige“ (indicium) oder „Einzahlung“ (conlatio pecuniae): „Anzeige“ (indicium), da dadurch die „Wahrheit, durch welche wir zum ewigen Leben gelangen können“, angezeigt werde; „Einzahlung“ hingegen wie bei der Bezahlung der Fahrkarte für eine Schiffspassage.62 Die erforderliche Summe werde auf dem Schiff zusammengelegt und dann von den Passagieren bis zur Ankunft eifersüchtig bewacht. Es folgt eine knappe allegorische Auslegung, die darauf hinausläuft, dass die Apostel das Bekenntnis gewissermaßen „zusammengelegt“ hätten, um so die Kirche zu erhalten. Den zweiten Teil des Textes bildet das Bekenntnis selbst, dessen Klauseln in einer Handschrift auch den einzelnen Aposteln zugeteilt werden. Ein abschließender Satz in vier Handschriften deutet allerdings auch eine gewisse Verwirrung im Hinblick auf die genaue Reihenfolge der Apostel an, denn der Verfasser bekennt, die Verse des Bekenntnisses den einzelnen Aposteln nicht sicher zuordnen zu können.63 Im dritten Teil beginnt die Auslegung der einzelnen Artikel, welche jeweils nur wenige Zeilen umfasst. Zunächst wird das Problem von Einheit und Dreiheit in der Gottheit erläutert, freilich nicht durch Rückgriff auf die einschlägigen dogmatischen Termini, sondern durch zwei Analogien: In der Sonne gebe es eine Dreiteilung: die Sonne selbst, ihr Licht und ihre Wärme – und doch bilde alles ein einziges Ganzes. Gleiches gelte für die drei Teile der Seele, nämlich Gedächtnis, Begabung und Verstand. Exegetisch bedeutet für den Verfasser die trinitarische Einheit: In der Bibel ist bei Nennung einer Person immer die ganze Gottheit mitgemeint. Darüber hinaus sei Gott allmächtig, weil er nicht irren, sterben oder sündigen könne. Sodann wird der Name Jesu Christi knapp erklärt. „Jesus“ sei ein Eigenname, Christus bedeute hingegen der „Gesalbte“. Dieser sei als Mensch und Gott anzusehen. Etwas mehr Energie verwendet der Verfasser auf die Erläuterung des Wortes unicus. Zwar würden nach Lk 3,38 Adam und nach Joh 19,26–27

62 Expositio symboli 2,1 (cod. I) (24 Kinzig): Indicium, per quod indicatur omnis scientia veritatis, per quam possumus pervenire ad vitam aeternam. Conlatio, quasi datio pecuniae. 63 Vgl. 2,13 (codd. M Z Q V): „Ordo dicentium, quis primus de apostolis hoc dixit, difficile inuenitur.“

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Johannes als Sohn Gottes bzw. Mariens bezeichnet, aber nur Christus sei der „natürliche“ Sohn, die anderen seien hingegen Adoptivsöhne. Die Bezeichnung „Herr“ verweise auf die Gottheit des Sohnes, der Zusatz nostrum hingegen auf seine Menschheit. [403] Bei der Geburt durch den Heiligen Geist und die Jungfrau Maria (der Verfasser kennt offenbar die Empfängnis durch den Geist noch nicht) wird zunächst die Vorstellung abgewiesen, dass Christus zwei Väter gehabt haben könne, nämlich Gottvater und den Geist. Dem Geist wird stattdessen eine dienende Funktion bei der Geburt zugewiesen. Die Jungfräulichkeit Mariens sei der Grund gewesen, warum gerade sie ausgewählt wurde, um den Heiland zu gebären. Ihr Glaube wird besonders hervorgehoben. Das Fleisch Christi sei sündlos gewesen. Pontius Pilatus werde genannt, um Christus historisch eindeutig zu identifizieren und Verwechslungen mit dem Antichrist auszuschließen. Kreuzigung, Tod und Grab erwähnt der Verfasser nur knapp, der Abstieg in die Unterwelt ist offenbar nicht Bestandteil des ausgelegten Bekenntnisses und wird nicht genannt. Die Auferstehung Jesu dient gemäß Hos 6,3 als Vorbild für die eschatologische Auferstehung der Gläubigen. Auf Bitten der Patriarchen und Propheten habe Christus die Menschheit angenommen und sei damit zum Himmel aufgestiegen. Dort sitze er in seinem menschlichen Fleisch zur Rechten des Vaters, das heißt im Zustand des ewigen Lebens. Relativ ausführlich werden Wiederkunft und Jüngstes Gericht erläutert. Christus werde dem Gerichtshof der Apostel präsidieren und die sündige Menschheit richten. (Die Einzelheiten dieses Vorgangs sind nur kryptisch angedeutet.) Nun folgen Ausführungen zum Heiligen Geist. Auch diese fallen wieder sehr kurz aus. Die Funktion des Heiligen Geistes innerhalb der Trinität sei die Lebensspendung, sagt der Verfasser und beruft sich dafür auf Röm 11,36 und den Beginn des Buches Genesis (1,1–2). Er gehe der Kirche voraus, weil diese von ihm erleuchtet werde. Ganz wichtig ist dem Prediger, dass man nicht „an“ die Kirche glauben solle, sondern stattdessen bekenne, dass sie als heilige Kirche existiere. Die katholische Kirche sei der Ort, an dem die Sünden vergeben würden, während dies in der Kirche der Häretiker unmöglich sei. Der Verfasser erwartet die Auferstehung des Fleisches, welche er als leibliche Auferstehung aller Menschen versteht. Der Abschluss ist wiederum unklar. Offenbar geht der Prediger davon aus, dass die Verstorbenen bereits jetzt Lohn und Strafe erhalten, sich diese aber nur auf deren Seele beziehen. Nach der Auferstehung hingegen werde Seele und Leib der gebührende Lohn zuteil. Wie sich diese Vorstellung zu der des Jüngsten Gerichts verhält, wie sie im zweiten Artikel bekannt wurde, wird nicht weiter erläutert. So weit in groben Zügen der Inhalt dieser Erklärung des Symbols. Es kann kein Zweifel sein: Es handelt sich hier um eine Stichwortsammlung (noch dazu

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in einem nach klassischen Maßstäben teilweise fehlerhaften Latein), was auch mancherlei Unebenheiten erklärt, die auf die Zusammenstückelung unterschiedlicher Quellen zurückgehen. Möglicherweise erklärt sich die Kürze vieler Symbolerklärungen auch daher, dass es sich ursprünglich um Glossen am Rand des in der Mitte geschriebenen Symboltextes handelte.64 Insgesamt ist sehr auffällig, dass die theologischen Debatten [404] des 4. und 5. Jahrhunderts in diesem Text kaum Spuren hinterlassen haben. Die Trinitätslehre wird nur angedeutet, und die christologischen Aussagen nehmen keinen erkennbaren Bezug etwa auf die Glaubensdefinition von Chalkedon, geschweige denn auf die Entscheidungen späterer Konzilien. Das ist nicht überall so. In anderen expositiones finden sich längere Ausführungen zur Trinitätslehre oder umfangreichere theologische Reflexionen zu einzelnen Artikeln des Symbols. Sie sind aber selten eigenständig, sondern den einschlägigen patristischen Autoren entnommen.65 Gelegentlich hat man auch das für die Trinitätslehre maßgebliche Symbolum Quicumque (Athanasianum) kommentiert,66 während es zu N oder C, wenn ich recht sehe, überhaupt keine Kommentare aus der Zeit zwischen dem 6. und dem frühen 9. Jahrhundert gibt und stattdessen – wenn überhaupt – spätantike Auslegungen repetiert wurden.67 Das Niveau der Unterweisung variierte also durchaus. Dabei fällt auf, dass die Glaubensinhalte durchweg als feststehend und unhinterfragbar verstanden wurden.

64 Ein instruktives Beispiel hierfür bietet cod. St. Gallen, Stiftsbibliothek, 27, pp. 690–692; vgl. dazu Westra 2002, S. 474–479; Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 75 und FaFo § 280. Westra vermutet, dass die Darbietung des Textes im Sankt Galler Codex die ursprüngliche ist. Ferner bereits Wiegand 1904, S. 12, Anm. 2. 65 Ein von der Tradition vergleichsweise unabhängiges Beispiel ist die Symboli apostolici explanatio „Quando (oder: Cum) beatum legimus Paulum apostolum“, die möglicherweise Leidrad von Lyon zuzuschreiben ist. Vgl. FaFo § 285. Ferner Wiegand 1904, S. 13 f. sowie URL (15. 12. 2017). [Eine Neuedition dieses Textes bereite ich derzeit vor.] 66 Von den 393 Stücken in Keefes Katalog kommentieren allerdings nur 11 das Athanasianum (Keefe, Catalogue, 2012, Nr. ?265, 267–271, 273, 275, ?276, ?277, ?279). Sie sind teilweise vielleicht bereits nachkarolingisch. 67 Die von Keefe als Kommentare zu N (oder Variante: CNIC bzw. CNIC-type) bzw. C oder Variante (CNC [existiert nicht] bzw. CNC-type) bezeichneten Texte sind entweder falsch klassifiziert oder stammen aus deutlich früherer Zeit. CNIC bzw. CNIC type: Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 51 (kurz nach 400 entstanden), Nr. *142 (möglicherweise bereits 2. Hälfte des 4. Jh.s); Nr. 201 (vielleicht 360/370; stammt vermutlich von Gregor von Elvira); Nr. ?215 (5./6. Jh); Nr. *?345 (falsche Zuordnung bei Keefe, Catalogue, 2012; vgl. FaFo § 526). CNC-type: Nr. 87 (vermutlich aus Spanien stammend; vgl. auch FaFo § 184f9); Nr. 90 (eigentlich ein Traktat über das Apostolikum, der freilich auch die Kenntnis von C verrät). Inwiefern diese Auslegungen in der Taufkatechese verwendet wurden, ist unklar.

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Mit anderen Worten erfolgte die Verständigung über den Glauben nicht dialogisch oder diskursiv, sondern durchweg apodiktisch. Dies entsprach dem Predigtverständnis überhaupt, war es doch die Pflicht der Gemeinde, „in Demut und Schweigen die Ermahnungen des Priesters zu hören“.68 Das gilt auch für die expositiones, welche katechismusartig in Frage- und [405] Antwortform aufgebaut sind und offenbar eine Art Glaubensverhör voraussetzen.69 Wo dieses seinen liturgischen Platz fand, ist unklar, da die erhaltenen liturgischen Formulare auch hierfür keinen Ort vorsehen. Man darf annehmen, dass in manchen Fällen gar nicht die Gläubigen (bzw. deren Paten) befragt wurden, sondern die Priester selbst oder aber – wie im Fall der beiden oben zitierten Handschriften70 – bekehrte Heiden. In jedem Fall ist deutlich, dass auch hier eine klare, zuvor eingeübte Antwort erwartet wurde. Durch den Rückbezug auf einen engen Kanon von Referenztexten, die in immer neuen Variationen angeführt wurden, entwickelte sich gewissermaßen eine lingua catechetica, welche sich – wie im zitierten Beispiel – überwiegend aus einem überschaubaren Fundus theologischer Formeln speiste und nur in Ausnahmefällen Züge kerygmatischer Originalität aufwies. Dies ist auch der Grund dafür, warum die Forschung diese Gattung bisher sträflich vernachlässigt hat. Durch den vor einigen Jahren publizierten, von Susan Keefe erstellten Katalog der Texte in karolingischen Handschriften, die sich auf die Glaubensbekenntnisse beziehen,71 und die bereits genannten neueren Editionen ist hier ein Grundstein für weitere Arbeit gelegt. Die Allgegenwart dieser formelhaften lingua catechetica macht auch die Datierung und Lokalisierung der meist anonym oder pseudonym überlieferten Predigten schwierig, denn wie ich an anderer Stelle an Beispielen zu zeigen versucht habe, lassen sich literarische Abhängigkeiten oder Provenienzen nicht eindeutig nachweisen.72 Auch darf man sich den Umgang mit den kommentierten Bekenntnissen nicht so vorstellen, dass man sklavisch am Wortlaut dieser Symbole festgehalten hätte. Vielmehr kann in derselben Predigt zu Beginn die eine Variante von T an die Gläubigen übergegeben werden, in der anschließenden Auslegung

68 Vgl. hierzu die in Homiliaren überlieferte Mahnung: „Primum in praedicatione Christianus debet populus silentium tenere; deinde, qui habet aures audiendi audiat id est qui intellectum mentis continet, humiliter audiat sermones quos annuntiat sacerdos. Sacerdotis est enim in pace populum ammonere quod debeat agere; populi est cum humilitate et silentio audire quae monet sacerdos.“ Zitiert nach Barré 1962, S. 19 f. Vgl. McKitterick 1977, S. 109; Cross 1987, S. 25. 69 Zahlreiche Beispiele in Keefe, Explanationes, 2012. Vgl. jetzt auch Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 126–144. 70 Siehe oben S. 240. 71 Vgl. Keefe, Catalogue, 2012. 72 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 3–145.

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dann aber eine andere Variante kommentiert werden. Daher sind auch Versuche, wie sie etwa vor einigen Jahren Liuwe Westra unternommen hat, die Bekenntnisse aufgrund von Varianten bestimmten Regionen zuzuschreiben, m. E. ganz überwiegend zum Scheitern verurteilt.73

5 Priesterausbildung und Predigt im Frühmittelalter Um diesen Befund recht deuten zu können, muss man sich die Situation in den Pfarrkirchen des Frankenreichs und der Vorgängerreiche in Westeuropa vor Augen halten. Dazu ist gerade in jüngster Zeit eine große Zahl anregender Publikationen erschienen,74 so dass ich mich auf einige wenige Punkte konzentrieren und für wei- [406] terführende Literatur auf die Anmerkungen verweisen kann. Vor allem in den durch die Franken eroberten Gebieten galt es, in kürzester Zeit große Zahlen von mehr oder minder vom Christentum überzeugten Neubekehrten in die Kirche zu integrieren.75 Wie die Predigt lag auch die Auslegung des Glaubensbekenntnisses nicht mehr allein beim Bischof – das wurde schon im Altgelasianum deutlich, in dem die Verlesung der Erklärung Leos I. eindeutig dem Priester übertragen war. Angesichts der großen Zahl an Taufkapellen in nahezu jedem Dorf um 900,76 muss man ohnehin annehmen, dass nicht nur der Bischof getauft hat. Darauf deuten auch die Manuale zur Unterrichtung der Priester („instruction-readers“) aus der Karolingerzeit hin, die Susan Keefe identifiziert hat und die durchweg auch Erklärungen der Taufliturgie enthalten.77 Unter den politischen und geistesgeschichtlichen Voraussetzungen, wie sie in der lateinischen Kirche der ausgehenden Spätantike und des Frühmittelalters bestanden, waren jedoch die personellen und institutionellen Möglichkeiten zur theologischen Ausbildung des einfachen Pfarrklerus, dem diese Aufgabe der

73 Zu Ausnahmen vgl. FaFo, Bd. I, S. 14. 74 Vgl. dazu den Überblick von Bünz 2008 sowie die im Folgenden zitierte Literatur. 75 Grundlegend hierfür Padberg 1995. 76 Vgl. Smith 1995 (2006), S. 657 f.; Van Rhijn 2007, S. 124 f. Zur Situation in Bayern vgl. zusammenfassend Kohl 2010, S. 268 und die Karten S. 208, 213, 218. Eine Fallstudie zur Christianisierung in der Touraine mit einer Kartierung der Landkirchen bereits in der Merowingerzeit findet sich bei Stancliffe 1979. Die Kirchen in der Diözese Trier zur Mitte des 8. Jahrhunderts sind bei Gauthier 1980, S. 434, die in der Diözese Thérouanne in der Morinie bei Mériaux 2000, S. 378 dargestellt. Zur Gesamtproblematik vgl. auch Semmler 1982: Rhein, Mosel, Maas; Delaplace 2005: für Südgallien und Kruppa 2008 mit zahlreichen weiteren Fallbeispielen. 77 Keefe 2002, Bd. I, S. 23–26. Ferner jetzt Van Rhijn 2014; Van Rhijn, Manuscripts, 2016; Van Rhijn, Priests, 2016 mit weiteren Ergänzungen.

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Integration übertragen war, sehr begrenzt.78 Wir wissen darüber erstaunlich wenig. Zwar gab es in der Karolingerzeit Kathedral-, Kloster- und in gewissem Umfang auch Pfarrschulen, aber sie dürften angesichts des rapide anwachsenden fränkischen Territoriums im Zeichen der Expansionspolitik der Merowinger und Karolinger kaum ausgereicht haben, um den Bedarf zu befriedigen.79 Anzunehmen ist, dass man sich zwar in diesen Schulen eine mehr oder weniger gründliche Schriftkenntnis angeeignet hat. Aber in welchem Umfang man etwa eine ernst zu nehmende Exegese betrieb oder die Kirchenväter studierte, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.80 Diverse Quellen geben über die theologische Bildung der Priester in der Karolingerzeit Auskunft. Dabei handelt es sich – abgesehen von beiläufigen Bemerkungen in Urkunden oder Heiligenviten – ganz überwiegend um Kapitularien oder Kanones [407] von Konzilien und Bischöfen81 und zu einem geringen Teil um Formulare, nach denen Priester bei ihrer Weihe vom Bischof examiniert wurden.82 Es wäre müßig, diese Bestimmungen hier im Einzelnen zu repetieren.83

78 Vgl. hierzu De la Tour 1900, S. 127–142; Stachnik 1926; Amos 1983, S. 268–276; Hildebrandt 1992, S. 16, 57, 119–129, 134–139; Riché, Christentum, 1994 (2010), S. 750–753; Picker 2001, S. 197–199; Keefe 2002, Bd. I, S. 5–7, 13–15, 23–26, 28–38, 147–155 u.ö. und jetzt vor allem Barrow 2015, S. 170–235. [Eine deutlich optimistischere Sicht der Dinge bezüglich der Ausbildung des karolingischen Klerus vertritt neuerdings Patzold 2020, S. 305–388.] 79 Dazu die Überblicke bei Amos 1983, S. 254–263; Riché 1989, S. 47–118; McKitterick 1989, S. 212–227; McLaughlin 1991, S. 83 f.; Hildebrandt 1992; Riché, Christentum, 1994 (2010), S. 755–758; Haubrichs 1995, S. 176–182; Riché 1995; Keefe 2002, Bd. I, S. 28–35; Van Rhijn 2006, S. 227 f.; Barrow 2015, S. 185 f. Ferner Angenendt, Kirche, 2009, S. 114 f. 80 Die einschlägigen Studien wie etwa Chazelle/Edwards 2003 haben zwangsläufig in erster Linie die „Hochexegese“ im Blick. 81 Das Handbuch De institutione clericorum des Hrabanus Maurus (bes. Buch 3) sowie andere Werke desselben Verfassers für die Klosterschule in Fulda zielen auf eine umfassendere theologische Bildung ab. Freilich ist auch hier die Predigtaufgabe unterbestimmt. Vgl. dazu im Einzelnen Picker 2001, S. 196–205. Er resümiert (S. 205): „In De institutione clericorum ist ein bemerkenswerter Mangel an homiletischem Problembewußtsein zu konstatieren. Hrabanus bleibt weit hinter der ehrgeizigen Predigtgesetzgebung Karls zurück. Dies zwingt zu dem Schluß, daß Hrabanus eine flächendeckende Predigtversorgung der Bevölkerung nicht im Blick hat. Eine allgemeinverständliche Volkspredigt über biblische Texte, Glaubensinhalte oder Fragen der Moral gehört für ihn nicht zu den primären Aufgaben der Kleriker. […] In De institutione clericorum ist die praedicatio kein vorrangig pastorales Genus, sondern ein akademisches.“ 82 Hierzu vgl. etwa Van Rhijn 2006, S. 227 f.; Van Rhijn 2007, S. 84–88; Van Rhijn 2012. 83 Vgl. dazu im Einzelnen z. B. Sachsse 1897, S. 134–136; Wiegand 1899, S. 321, Anm. 1; Verd 1977, S. 300–304; Amos 1983, S. 139–192; Menzel 1991, S. 338–350; Godding 2001, S. 51–73; Keefe 2002, Bd. I, S. 13–15; McCune 2006, S. 81–85; Van Rhijn 2006; Van Rhijn 2007, S. 107–112; Kohl 2010, S. 253–258. Ferner Patzold 2009; Diesenberger 2016, S. 66–72; Kohl 2016, S. 59–61.

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Grob gesprochen wurde in der Karolingerzeit von den Priestern erwartet, über Literatur zu verfügen, die sie instand setzten, die Messe zu halten, Musterpredigten zu verlesen, das Symbol und das Herrengebet auszulegen und die Beichte nach vorgegebenen Formularen abzunehmen.84 Der Besitz einer vollständigen Bibel (außer dem Psalter) wurde nirgends verlangt; man kompensierte dies teilweise durch das Lektionar.85 Das setzte voraus, dass Priester lesen und schreiben konnten und Latein verstanden.86 Auch wurde von ihnen gefordert, für Schulunterricht zu sorgen.87 Darüber hinaus gab es eindeutige Vorschriften für die Predigt.88 Doch findet sich keine explizite Regelung der Priesterausbildung. Zu vermuten ist, dass sich die angehenden Priester das notwendige Wissen hinsichtlich der Messliturgie, der Kasualien und (so vorhanden) der Katechese und Predigt häufig durch learning by doing angeeignet haben.89 Dabei waren sie auf die vorhandenen Bücher angewiesen, die häufig nicht mehr umfassten als Sakramentar, Lektionar, Antiphonar und eine Sammlung der Stundengebete.90 [408] Das hat in der Praxis mehr schlecht als recht funktioniert. Bei näherem Hinsehen ergibt sich eine Kluft zwischen dem, was die kirchlichen Autoritäten forderten, und dem, was man tatsächlich bei den einzelnen Priestern voraussetzen durfte. Karl der Große beklagte sich höchstpersönlich bei einem Bischof über die Ignoranz von dessen Klerus.91 Von Priestern wurde, wie gesagt, grundsätzlich erwartet, dass sie predigen sollten.92 Alkuin erwähnt jedoch Geistliche, die 84 Vgl. auch unten S. 250 zu Hinkmar von Reims. 85 Zu den Bibellektionaren vgl. Vogel 1986, S. 314–355; Palazzo 1998, S. 83–106. Vgl. demgegenüber noch Caesarius von Arles, der seiner Vita zufolge niemanden zum Diakonat zuließ, der die Bibel nicht mindestens viermal vollständig gelesen hatte (Vita S. Caesarii 1,56; vgl. dazu Godding 2001, S. 67 f.). 86 Es scheint Ausnahmen gegeben zu haben: Vgl. das Beispiel eines illiteraten Priesters bei Kohl 2016, S. 62. Ferner Richter 1995, S. 166 f. 87 Vgl. Göbl 1880, S. 98–100; Sachsse 1897, S. 156 f.; Paul 1993, S. 145 f. Ferner MGH.CE 3 (Rudolf Pokorny), S. 98, Anm. 14. 88 Eine Liste der einschlägigen Belege in MGH.CE 1, S. 125 Anm. 100 (Peter Brommer) und bei Menzel 1991, S. 345, Anm. 31; Buck 1997, bes. S. 116–139; McCune, Audience, 2013, S. 285–294; ferner Linsenmayer 1886, S. 7–12; Albert 1892, S. 114–135; Albert 1893, S. 49–60; Longère 1983, S. 46–48. Weitere Literatur bei Brommer an der angegebenen Stelle. 89 Vgl. McLaughlin 1991, S. 108. 90 Vgl. Haubrichs 1995, S. 231 f. (mit Ausnahmen); Kohl 2010, S. 231 f.; Hen 2016; Kohl 2016, S. 62–64. 91 Epistula 22 (MGH.Ep 4, S. 532, Z. 6–10); „Cum in adquirendis fidelium animabus studiose Deo favente invigiles, mirandum nobis valde videtur, cur in erudiendo clero proprio litterarum studiis nullam sollicitudinem geris. Cernis namque undique in subditorum cordibus ignorantiae tenebras circumfundi; et cum possis eruditionis radium eorum sensibus infundere, in suae illos caecitatis caligine latere permittis.“ Dazu Julius 2003, S. 163, Anm. 710. 92 Vgl. dazu McKitterick 1977, S. 81–83 (mit einer Übersicht über die einschlägigen Bestimmungen) sowie jetzt wieder Diesenberger 2016, S. 67 f.

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dies ablehnten.93 Wenn sie jedoch predigten, waren sie selten imstande, die Heilige Schrift mit den Methoden der Bibelexegese, wie sie die Kirchenväter ausgebildet hatten, eigenständig auszulegen. Sie waren weithin lediglich Ritenverwalter, die mit der religiösen Unterweisung der ihnen anvertrauten Gemeinde überfordert waren. Jesse von Amiens schreibt um 802 einen Brief an seinen Klerus mit der Bitte, die Gebildeten sollten die Ungebildeteren über die Riten von Katechumenat und Taufe belehren.94 Theodulf von Orléans geht etwa zur selben Zeit wie selbstverständlich davon aus, dass nicht alle Priester in der Lage sind, über die Heilige Schrift zu predigen. Sie sollten stattdessen die Gläubigen mit Psalm 33 auffordern, Gutes zu tun und den Frieden zu halten, denn solche werde Gott belohnen, während er die Übeltäter bestrafe.95 Ein römisches Konzil gibt im Jahr 826 ausführ- [409] liche Anweisungen dazu, wie mit unzureichend ausgebildeten Klerikern umzugehen sei.96

93 Epistula 136 (aus dem Jahre 798; MGH.Ep 4, S. 209, Z. 13–17): „Audio etiam per ecclesias Christi quandam consuetudinem non satis laudabilem, quam vestra prudentissima auctoritas facile emendare potest. Si tamen vera est opinio, et non magis falsa excusatio: ut quod facere non volunt presbyteri suis iniciant episcopis. Nam dicunt ab episcopis interdictum esse presbyteris et diaconibus praedicare in ecclesiis […].“ Dazu Linsenmayer 1886, S. 21; McCune, Audience, 2013, S. 300.f.; Diesenberger 2016, S. 66. 94 Vgl. Epistula de baptismo bei Keefe 2002, Bd. II, S. 405, Z. 3 – 406, Z. 5: „Quoniam quidem dubitor me loqui vobis, cum saepius fore cognosco de divinis libris ac sacerdotalis officii mysteriis, quanquam mihi causa impossibilitatis impediat ac absentiae, ideo breviter vobis, in quantum temporum adfuit spatium, qualiter a sacri baptismatis unda per gradus perveniri debeatur, scribendo perstrinximus. scio vero quia multi ex vobis eius bene noverunt mysteria, sed propter exercitationem et ignorantiae causa [so cod. V3; ignorantiam, causam Keefe] convenientius mihi omnibus scribere videtur, quam aliquibus insciis. unde et rogo ut vos qui capaciores sensu estis, instruatis et adhortetis eos qui minoris sunt ingenii in spiritu mansuetudinis ac lenitatis, ut intente quae in eo latent perquirant, et ad fructum sanctae dei ecclesiae, domino favente, inquisita perducant.“ Dazu Keefe 2002, Bd. I, S. 117. 95 Theodulf, Kapitular 1,28 (MGH.CE 1, S. 125, Z. 1–5): „Hortamur vos paratos esse ad docendas plebes. Qui scriptura scit, praedicet scripturas; qui vero nescit, saltim hoc, quod notissimum est, plebibus dicat: Ut declinant a malo et faciant bonum, inquirant pacem et sequantur eam, quia oculi domini super iustos et aures eius ad preces eorum; vultus autem domini super facientes mala, ut perdat de terra memoriam eorum [Ps 33(34),15–17]. Nullus ergo se excusare poterit, quod non habeat linguam, unde possit aliquem aedificare.“ Dazu auch Diesenberger 2016, S. 69. Etwas positiver in Kapitular 2,1,8–9 (ebenda, S. 152,14–17; Fassung Ademars): „Deinde, si dominus dat intellectum [II Tim 2,7], hoc, quod sacerdos veraciter intelligit de evangelio, de epistola, quantum potest, dicat illis.“ Dazu auch Banniard 1992, S. 397: „C’est peu de dire que le niveau culturel de ces serviteurs de l’Église était très bas.“ Optimistischer z. B. Patzold 2009, S. 383. Zu Theodulfs Anweisungen zur Predigt vgl. auch Brommer 1974, S. 86 f. 96 Vgl. Kap. 4 (MGH.Conc 2/2, S. 568, Z. 13–22). Wiederholt vom römischen Konzil im Dezember 4 (853), Kap. 4 (MGH.Conc 3, S. 320, Z. 10–20).

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Ein etwas anspruchsvolleres Priesterbild zeichnet das Erste Kapitular, welches Hinkmar von Reims im Anschluss an eine Diözesansynode im Jahre 852 publizierte.97 Hier wird vom Priester erwartet, dass er das (nicht näher bezeichnete) Glaubensbekenntnis, das Vaterunser und das Athanasianum auswendig kennt und die Gemeinde darüber zu belehren vermag. Außerdem soll er die Präfation und den Kanon der Messe auswendig rezitieren und die Messgebete, die Paulusbriefe und die Evangelien deutlich vorlesen können. Die Psalmen und die übrigen liturgischen Gesänge sollen ebenfalls auswendig vorgetragen werden. Auch bezüglich der Katechumenats- bzw. Taufliturgie, der Beichte, der Bestattungsliturgie und den Benediktionen und Exorzismen von Wasser und Salz bei der Weihwasserweihe wird erwartet, dass sie auswendig gelernt werden. Darüber hinaus gibt es Gebete zu weiteren Kasualien, die der Priester auswendig oder doch lesen können soll. Weiterhin wird der Priester dazu angehalten, die Evangelienhomilien Gregors des Großen fleißig zu lesen und darunter besonders Homilie 17 (über Lk 10,1–9) in Ehren zu halten und auswendig zu lernen, „damit er erkenne, dass er nach dem Vorbild der 72 Jünger in den kirchlichen Dienst berufen worden ist“.98 Schließlich soll er Kenntnisse des liturgischen Kalenders besitzen und den Kirchengesang beherrschen. Auch Hinkmar rechnet offensichtlich nicht damit, dass der Priester über eine Bibel verfügt. Die weit reichende Rezeption dieses Textes machte das Kapitular im frühen Hochmittelalter zu einem Musterschreiben dafür, was ein Priester können musste.99 Dabei sieht es so aus, als ob Hinkmar die Anforderungen an die Priesterausbildung im Vergleich zur Epoche davor deutlich erhöhte. Die Hauptaufgabe des Priesters bestand freilich auch bei Hinkmar im Vollzug der (möglichst auswendig gelernten) Riten, nicht hingegen in der Verkündigung, die nicht einmal eigens erwähnt wird (auch wenn das Homiliar Gregors sicher nicht nur zur Unterrichtung des Priesters gedacht war). Auch blieben die Verhältnisse prekär: So bemerkt Riculf von Soissons († nach 900), Priester, welche kein Altes Testament besäßen, sollten sich wenigstens das Buch Genesis abschreiben, um so durch dessen [410] Lektüre die Weltschöpfung kennen zu lernen.100 Ratherius von Verona mahnt in einem Synodalschreiben aus dem 97 Vgl. Erstes Kapitular 1–8 (MGH.CE 2, S. 34–38). Dort in den Anmerkungen auch Hinweise zur Rezeptionsgeschichte. Ferner McKitterick 1977, S. 63; Van Rhijn 2007, S. 151 f.; Mériaux 2016. 98 1,8 (MGH.CE 2, S. 38, Z. 1–4): „Omelias XL Gregorii quisque presbyter studiose legat et intellegat et, ut cognoscat se ad formam LXXduorum discipulorum in ministerio ecclesiastico esse promotum, sermonem predicti doctoris de LXX discipulis a domino ad praedicandum missis plenissime discat ac memorie tradat.“ 99 Vgl. dazu die Hinweise durch Rudolf Pokorny in: MGH.CE 2, S. 19–26. 100 Vgl. MGH.CE 2, S. 104, Z. 1–4 (cap. 8). „Si quis autem omnes veteris testamenti libros habere nequiverit, saltem hoc studiosius elaboret, ut primum totius divinę historie librum,

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Jahre 966, da die Priester nicht zu predigen verstünden, sollten sie das Volk Gottes mindestens durch ihren frommen Lebenswandel erziehen.101 Nicht die eigenständige Verkündigung, sondern allenfalls die Verlesung bzw. sogar das Auswendiglernen von Musterpredigten wie die des Caesarius von Arles, Gregors des Großen oder der Sermone im Homiliar des Paulus Diaconus102 dürfte also der Regelfall gewesen sein,103 wobei man nicht einmal genau weiß, wie häufig irgendeine Form von Wortverkündigung stattfand.104 Chrodegang von Metz forderte von seinen Kanonikern wenigstens zweimal pro Monat eine Predigt.105 Doch noch die Synode an der Donau von 796 überließ es den Priestern, wie oft sie predigen wollten.106 Karl der Große legte in den Capitula a sacerdotibus proposita (802) fest, jeder Geistliche solle an allen Festtagen und Sonntagen dem Volk das Evangelium predigen.107 Ihm folgten Ghärbald und Theodulf in ihren Kapitularien.108 Das Konzil von [411] Paris (829) klagte aller-

Genesim videlicet, sibi correcte transcribat, cuius lectione totius mundi creationem dinoscere valeat.“ 101 Vgl. Epistula 25 (MGH.B 1, S. 129, Z. 22–25): „Ista et illis similia quia vos penitus nescire doleo, immo de talibus nil curare gemisco, pastoraliter, ut addiscere festinetis, praecipio, et quia sermone ignoratis, bono exemplo Dei populum erudire, quaeso, studeatis.“ 102 Zum Homiliar des Paulus Diaconus vgl. zusammenfassend Grégoire 1966, S. 71–114; McKitterick 1977, S. 102–105; Grégoire 1980, S. 423–478; Vogel 1986, S. 363 f.; Old 1999, S. 198– 200; Hall 2000, S. 222. Zu weiteren Homiliaren, die für ein breiteres Publikum gedacht waren, vgl. Barré 1962; Grégoire 1966; Verd 1977, S. 308–315; McKitterick 1977, S. 97–114; Grégoire 1980; Vogel 1986, S. 363–365; Cross 1987; Palazzo 1998, S. 152–156; McCune, Audience, 2013, S. 294– 300; Hen 2016, S. 169–172. Zu bayerischen Predigtsammlungen vgl. jetzt auch Diesenberger 2016, S. 26–48. 103 Vgl. Menzel 1991, S. 347–349. Bei ausgesprochenen Missionspredigten war dies vielleicht anders. Vgl. die optimistische Einschätzung der Quellen bei Padberg 1995, S. 125–140. 104 Zur Häufigkeit von Predigten vgl. die Übersicht bei Linsenmayer 1886, S. 13, 24–28; McLaughlin 1991, S. 78–83. 105 Vgl. Regula 44 (PL 89, Sp. 1076C–D): „Unde constituimus ut bis in mense per totum annum, de quinto decimo, in quinto decimo, verbum salutis ei praedicetur, qualiter ad vitam aeternam, Deo auxiliante, perveniat. Et si omnibus festis et Dominicis diebus assidua fuerit praedicatio, utilior est; et juxta quod intelligere vulgus possit, ita praedicandum est.“ Dazu McLaughlin 1991, S. 78 f.; Riché, Gregor, 1994 (2010), S. 677; Riché 1995, S. 389. 106 Conventus episcoporum ad ripas Danubii (MGH.Conc 2/1, S. 175, Z. 7–10). 107 Cap. 4 (MGH.CE. 1, S. 106, Z. 20 f.); dazu McKitterick 1977, S. 82 und Diesenberger 2016, S. 69. 108 Ghärbald I,3 (MGH.CE 1, S. 17, Z. 4 f.; möglicherweise bereits älter als die Capitula a sacerdotibus proposita); Theodulf II,1,8 (ebenda S. 152, Z. 1–4, 28–30 [Fassung Ademars]: Sonntags). Ferner Capitula Frisingensia I,12 (MGH.CE 3, S. 205, Z. 5 f.); Admonitio synodalis 40 (Amiet 1964, S. 51); Synodalordo – Inquisitio cap. 8 (Z. 64 f.; De Clercq 1958, S. 410). Vgl. auch MGH.CE 1, S. 125, Anm. 100 (Peter Brommer).

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dings über die Vernachlässigung der Predigt 109 und auch sonst fehlt es nicht an Hinweisen, dass nicht regelmäßig gepredigt wurde.110 Mancherorts scheint man dann auch das Symbol und das Vaterunser erklärt zu haben.111 Doch auch dafür fehlte es an Hilfsmitteln. Susan Keefe hat unlängst an das Vorwort eines Anonymus zu seinem Kommentar des Athanasianums wohl aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts erinnert, welches ein Schlaglicht auf die Situation werfen mag: Du hast mir aufgetragen, jenes Werkchen über den Glauben, welches bei uns überall in den Kirchen verlesen wird und über welches unsere Priester häufiger nachdenken als über die übrigen Werke, durch Sätze der heiligen Väter wie durch einen Kommentar zu erläutern. Denn du sorgst dich um die Priester unserer Diözese, die in keinerlei Weise über ausreichend Bücher verfügen, sondern selten und nur mit Mühe Psalter, Lektionar und Missale anschaffen, mit deren Hilfe sie die heilige Messe und die übrigen Gottesdienste feiern können. Weil aber wegen des Mangels an Büchern bei den meisten weder der Eifer zum Lesen noch zum Lernen gefördert wird, ist es euer Wunsch, dass sie veran-

109 Cap. 21 (MGH.Conc 2/1, S. 627, Z. 8–12): „Conperimus etiam quosdam socios ordinis nostri non causa necessitatis aut utilitati, sed potius avaritiae et propriae delectationis saepissime, propria civitatis suae sede relicta cleroque neglecto, remociora loca frequentare, de qua re et distitutio divini cultus et praedicatio in plebibus et cura subiectorum postponitur et hospitalitas neglegitur.“ Vgl. bereits ebenda 50 (MGH.Conc 2/1, S. 613, Z. 40 – 614, Z. 1): „Ecce quale periculum praedicatoribus, nisi strenue utiliterque praedicaverint, et auditoribus, nisi id, quod sibi praedicatum fuerit, oboedienter impleverint, instat. Quod autem per neglegentiam et desidiam praedicatorum et per contemptum quorundam auditorum transgressio sit divinorum praeceptorum periculumque animarum, manifestum est.“ Vgl. ebenso Konzil von Pavia (um 845/50), Kap. 3 (MGH.Conc 3, S. 211, Z. 15–17): „Doctrina vero et praedicatio in populum partim episcoporum et reliquorum sacerdotum, partim vero populi neglegentia non, sicut necessarium est, procuratur.“ McLaughlin 1992, 82 resümiert vielleicht etwas zu pessimistisch: „Due to clerical negligence and lay resistance, preaching was rare in the cities and was not actually expected in the countryside“. Vgl. ebenda, S. 106: „The sermon or homily was simply not viewed as a necessary (or particularly well-adapted) part of worship nor was it indispensable as a means of instruction or evangelization. As a result, though preaching to the laity was not totally lacking, it was sporadic and occasional.“ 110 Vgl. z. B. Blancidius, Epistula (MGH.Ep 4, S. 487, Z. 37–39): „Nunc quia sacerdotes estis, dicamus breviter; sacerdos ergo si predicationis est ignarus, quam clamoris vocem daturus est preco mutus? preconis quippe officium suscipit quisquis ad sacerdotium accedit.“ Konzil von Aachen (836), cap. 29 (MGH.Conc 2/2, S. 711, Z. 39 – 712, Z.1: „Presbiterorum vero, qui praesunt ecclesiae Christi et in confectione divini corporis et sanguinis consortes cum episcopis sunt, ministerium esse videtur, ut in doctrina praesint populis et in officio predicandi nec in aliquo desides inventi appareant.“ Dazu Diesenberger 2016, S. 71 f., 132 f. 111 Zu den Vaterunserauslegungen vgl. Wiegand 1899, S. 343 f.; Adam 1976, S. 6–13; Haubrichs 1995, S. 235–241; Hammerling 2008; Patzold 2016. Patzold 2016, S. 211–214 listet mehr als 25 unterschiedliche Auslegungen des Gebets in den karolingischen Handschriften auf. Vgl. auch Keefe 2002, Bd. II, S. 141 f.

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lasst werden, zumindest über diese Auslegung des Glaubens nachzudenken, um so ein bisschen mehr von Gott zu wissen und zu verstehen. Denn das größte Verderben für alle ist es, dass die Priester, die doch das Volk Gottes hätten unterweisen sollen, selbst erwiesenermaßen Gott nicht kennen.112 [412]

Michael Menzel hat schon vor längerer Zeit die Situation – wie sie sich mir darstellt – treffend zusammengefasst: Mit den Predigten hatten dem Volk möglichst in vorformulierter Form lediglich die zur Mitfeier der Messe nötigen Grundelemente und Formen der christlichen Religion nahegebracht zu werden […]. Eine freiere theologische Erörterung behielt sich die vor allem auf den Klerus ausgerichtete Bischofspredigt vor […]. Die parochiale Predigt vor Laien durfte über vorgegebene Grundaussagen nicht hinausgehen. Hinter der regelmäßigeren und inhaltlich anspruchsvolleren Bischofspredigt hat die parochiale Predigt durch Priester demnach zurückgestanden. Als rechtliches wie auch inhaltlich schwächeres Derivat hat man sie sich theologisch unbedeutend vorzustellen.113

Gegenüber der Bischofspredigt – so Menzel weiter – sei die parochiale Predigt eine „delegierte Aufgabe“ gewesen und habe „eine autorisierte sowie schließlich kontrollierte Lehre“ dargestellt.114 Hinzuzufügen wäre, dass diese parochiale Predigt, so sie denn überhaupt stattfand, für viele, wenn nicht gar die meisten Menschen den Normalfall gebildet haben dürfte. Je größer die Distanz der Parochien115 von den Bischofskirchen, d. h. also den wenigen urbanen Zentren, und den Klöstern ausfiel, und je größer der soziale Abstand zwischen Bischof und Priester gewesen ist, desto geringer wird man die theologische Bildung der Priester (und damit indirekt auch der Gemeinde) einschätzen müssen.116 Man wird also weder von einer re112 Codex Vaticanus Reg. Lat. 231, f. 152v, um 820–830; vgl. Keefe, Explanationes, 2012, S. VI, Anm. 2. „Iniunxistis mihi illud fidei opusculum, quod passim in ecclesiis recitatur, quodque a presbyteris nostris usitatius quam caetera opuscula meditatur, sanctorum Patrum sententiis quasi exponendo dilatarem, consulentes parochiae nostrae presbyteris, qui sufficienter habere libros nullo modo possunt, sed uix et cum labore sibi psalterium, lectionarium uel missalem acquirunt, per quos diuina sacramenta uel officia agere queant; et quia cum inopia librorum plerisque neque studium legendi aut discendi suffragatur, idcirco uultis ut saltem hanc fidei expositionem meditari cogantur, ut aliquanto amplius de Deo possint sapere et intelligere. Quia maxima omnium ista pernicies est, quod sacerdotes, qui plebes Dei docere debuerant, ipsi Deum ignorare inueniuntur.“ Ferner Keefe, Catalogue, 2012, Nr. 275, wo Theodulf von Orléans als Verfasser erwogen wird. Der Text der Praefatio wurde bereits bei Mai 1837, S. 396 gedruckt. 113 Menzel 1991, S. 348 f. 114 Ebenda, S. 349. 115 Zum Begriff der Parochie bzw. Pfarrei vgl. zusammenfassend Labriolle 1928; Müller 1933, S. 149–160; Petke 2013; Domagalski/Mühlenkamp 2016. 116 McLaughlin 1991, S. 84 fasst zusammen: „Few priests would have gone beyond the essentially passive role that training in grammar made possible. Rhetoric, the science of composi-

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gelmäßigen Predigt noch darin von einer theologisch vertieften Reflexion biblischer Inhalte ausgehen dürfen. Die kirchliche Bildung sowohl der Priester wie der Laien bestand im Wesentlichen im Memorieren von Riten, [413] Glaubenslehren und moralischen Regeln auf einer sehr elementaren Ebene117 und in einer architektonisch bescheidenen Umgebung.118 Davon war dann auch die Taufkatechese – so sie denn überhaupt noch stattfand – betroffen. Die Briefe des Bonifaz bieten hierfür eindrucksvolle Beispiele: So fragte er bei Papst Gregor II. an, ob eine Taufe ohne redditio symboli, die adulteri et indigni presbyteri vollzogen hatten, gültig sei, und erhielt zur Antwort, entscheidend sei die trinitarische Taufformel.119 Derselbe Bonifaz berichtete Gregors Nachnachfolger Zacharias im Jahre 746 von einem Fall, wo der Priester der lateinischen Sprache so unkundig war, dass er nicht einmal die Taufformel korrekt sprechen konnte.120 Zwei Jahre später beschwerte er sich beim Papst über irre geleitete Priester, die eine einverständige Gemeinde um sich sammeln und jenen irrigen Dienst nicht in einer katholischen Kirche, sondern in Dörfern auf dem Lande und in Bauernstuben vollziehen, wo ihre unverständige Dummheit sich vor den Bischöfen verbergen kann. Sie predigen

tion, was not a normal part of the education for clerics. And one may also doubt whether many Carolingian clerics ever achieved the mastery of Latin required simply to transfer the contents of the homiliaries and other liturgical texts, either through translation or paraphrase, into the vernacular.“ Zur Situation der Landgemeinden und den unterschiedlichen Kirchentypen vgl. immer noch De la Tour 1900; ferner etwa für Neustrien im 7. Jahrhundert Fouracre 1979; für die Bretagne Davies 1988, S. 99–104, für den Raum Konstanz Julius 2003, für Bayern Kohl 2010. Weitere Fallstudien finden sich jetzt in Patzold/Van Rhijn 2016. Zur allgemeinen Situation vgl. auch Innes 2000. Ferner oben Anm. 76. Ein besonderes Problem, welches ich hier nicht behandeln kann, stellt die Klosterpredigt dar. Vgl. hierzu Menzel 1991, S. 342 f., der ihre Bedeutung für die Karolingerzeit als gering einschätzt. 117 Vgl. Van Rhijn 2014, S. 690 zum Dorfpriester: „Such priests read Mass to the faithful, baptised, taught the basics of the Christian faith, received the tithes due to them and submitted sinners to the penance they deserved.“ 118 Zur archäologischen Situation vgl. die Aufsätze in Delaplace 2005 sowie Van Rhijn 2014, S. 690. 119 Gregor II. an Bonifaz, 22. November 726, Epistula 26 (MGH.Ep 3, S. 276, Z. 27–32 = MGH.ES 1, S. 46, Z. 18–26; FaFo § 666). 120 Vgl. Zacharias an Bonifaz, 1. Juli 746, Epistula 68 (MGH.Ep 3, S. 336, Z. 19–30 = MGH.ES 1, S. 141, Z. 8–23 = MGH.SRG 57, S. 169, Z. 3–18). Ähnlich der Conventus episcoporum ad ripas Danubii a. 796, S. 176, Z. 7–11: „Illi vero, qui ab inlitteratis clericis baptizati existunt et, cum intinguerentur in aqua, nec illi fidem, quia nesciebant, professi sunt, nec ille, qui baptizabat, dixit: ‚Baptizo te in nomine patris et filii et Spiritus sancti‘ nec „in nomine Iesu Christi‘, sicut cuiusdam horum idiotarum professione conperimus, sed sola aqua solum corpus abluit, hi profecto pro non baptizatis habendi sunt.“ Dazu Lotter 2003, S. 185 f.; Van Rhijn, Priests, 2016, S. 136.

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weder den Heiden den katholischen Glauben noch haben sie selbst den rechten Glauben, auch lehren sie weder jene feierlichen Worte, welche jeder Katechumene, der alt genug ist, dass er bereits verständig ist, mit der Wahrnehmung seines Herzens erfassen und verstehen soll, noch erfragen sie auch [diese Worte] von denen, die sie taufen sollen, nämlich die Absage an den Satan und das Übrige, und schützen nicht einmal [die Taufkandidaten] mit den Zeichen des Kreuzes Christi, [Riten,] die doch der Taufe vorausgehen müssen. Ja, sie lehren weder irgendeine Form des Glaubens an den einen Gott und die heilige Trinität noch erfragen sie sie auch von ihnen, auf dass diese mit dem Herzen glauben zur Gerechtigkeit und das mündliche Bekenntnis ihnen zum Heil gereiche [vgl. Röm 10,10].121 [414]

Noch ins 8. Jahrhundert gehört auch die Rechtssammlung eines unbekannten Kompilators, die nach ihrem Erstherausgeber Collectio Herovalliana genannt wird. Dort wird empfohlen, Priester, welche ohne Kenntnis des Symbols, der Herrengebets und der Psalmen getauft hätten, auf Lebenszeit in ein Kloster zu schicken.122 Die ältere Literatur spricht in diesem Zusammenhang gerne von einem „Niedergang“ oder einer „Krise“ der Katechese im Frühmittelalter.123 Häufig verbindet sich dieser Vorwurf mit dem weiteren, im Zuge der Kindertaufe sei der Katechumenat zunehmend ritualisiert worden.124 Allerdings darf man den Katechumenat – sieht man einmal von dem Sonderfall der Massentaufe in Missiongebieten ab125 – nicht von der allgemeinen Predigtpraxis, wie ich sie oben

121 Epistula 80 (MGH.ES 1, S. 175, Z. 23 – 176, Z. 5): „… seorsum populum consentaneum congregant et illum erroneum minysterium non in aecclesia catholica, sed per agrestia loca, per cellas rusticorum, ubi eorum imperita stultitia celari episcopis possit, perpetrant nec fidem catholicam paganis predicant nec ipsi fidem rectam habent, sed nec ipsa sollempnia verba, quae unusquisque caticuminus, si talis aetatis est, ut iam intellectum habeat, sensu cordis sui percipere et intellegere, nec docent nec quaerent ab eis, quos baptizare debent, id est abrenuntiatione satane et cetera, sed neque signacula crucis Christi eos muniunt, quae precedere debent baptismum, sed nec aliquam credulitatem unius deitatis et sanctae trinitatis docent, neque ab eis quaerent, ut corde credant ad iustitiam et oris confessio fiat illis in salutem …“ Papst Zacharias zitiert hier offensichtlich aus einem verlorenen Schreiben des Bonifaz. Vgl. dazu Kretschmar 1970, S. 309; Angenendt 1987, S. 290; Padberg 1995, S. 178. 122 Kap. 13 (Ubl 2007, S. 444): „De illo presbytero, qui baptizavit, tamen nec symbolum nec orationem dominicam nec psalmos tenet nec scit, si episcopus eum benedixit, hic primum omnium dignitatem, qua illicita uti praesumpsit, amittens sub districta poenitentia et in monasterium mittatur et omnibus diebus vitae suae plangens, quod incongrue egit, degat vita monastica.“ 123 So schon Göbl 1880 im Untertitel seines Werks. Ähnlich noch Läpple 1987, S. 20. 124 So z. B. Angenendt 1982 (der S. 173 allgemein vom „frühmittelalterlichen Ritualismus“ spricht); Angenendt 1987, S. 287–301; Saxer 1988, S. 626–636; McLaughlin 1991; Angenendt, Geschichte, 2009, S. 465 f.; Angenendt, Kirche, 2009, S. 113–117. 125 Vgl. dazu Angenendt 1984, bes. S. 66–72; Padberg 1995, S. 187 f.

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skizziert habe, trennen und muss man sich auch vor Pauschalurteilen hüten. So wurden in den letzten Jahren – wie bereits erwähnt – Dutzende von Predigten zum Glaubensbekenntnis veröffentlicht, die mutmaßlich aus karolingischer Zeit stammen und die in ihrer Bedeutung für die Katechese noch nicht ausgewertet worden sind.126 Weitere harren noch der Publikation. Das heißt aber, dass es punktuell, aber wohl nicht flächendeckend durchaus eine Predigt über den Glauben gegeben hat, wobei man fast durchweg getreu den Spuren der Väter, eben vor allem Rufins, Ambrosius’, Augustins und Isidors, folgte und somit völlig unoriginell war. Statt um theologische Originalität ging es um Vermittlung dogmatischer Grundlehren auf niedrigstem Niveau und in einfacher Sprache, teils weil die Adressaten sonst überfordert gewesen wären, teils weil die Bildung der Prediger ganz offensichtlich für anspruchsvollere theologische Überlegungen oder rhetorische Kabinettstückchen nicht ausreichte. Durchaus verwunderlich ist in diesem Zusammenhang, dass wir nahezu keine Auslegungen in der Volkssprache finden. Eine Ausnahme ist die wohl in die Zeit um 812 zu datierende, anonyme Exhortatio ad plebem Christianam, eine knappe Vermahnung, Bekenntnis und Vaterunser sorgfältig auswendig zu lernen, die sich offensichtlich an die traditio symboli anschloss und auch in einer althochdeutschen [415] (altbayerischen) Version aus dieser Zeit erhalten ist.127 Alle übrigen erhaltenen Symbolauslegungen auch der Karolingerzeit sind auf Lateinisch geschrieben. Die Predigt in der Volkssprache insgesamt beginnt in den unterschiedlichen Sprachgebieten über einen größeren Zeitraum. Abgesehen von der bereits genannten Exhortatio konnten althochdeutsche Predigtglossen und Predigtübersetzungen ebenfalls für das frühe 9. Jahrhundert nachgewiesen werden.128 Im Altenglischen beginnt die Predigtüberlieferung hingegen erst im 10. Jahrhundert,129 und auch in den romanischen Sprachen setzt sie relativ spät ein.130 Wie kann man diese Verzögerung in der Abfassung volkssprachlicher Predigt erklären? Ist dies einfach ein Zufall der Überlieferung?

126 Hinzu kommen auch einzelne Texte wie die sechs Stücke der Ratio de catechizandis rudibus, die im Cod. München, Bayerische Staatsbibliothek, 14410 aus dem ersten Drittel des 9. Jahrhunderts enthalten sind und die erwachsene Konvertiten im Blick haben. Sie werden sehr eingehend nach den Motiven ihres Übertritts befragt und sodann knapp über die Zehn Gebote, die Abkehr von den Götzenbildern und die Verehrung des christlichen Gottes belehrt. Vgl. Heer 1911; Sullivan 1956, S. 284 f.; Suntrup/Wachinger/Zotz 1999, Sp. 1486; Bouhot 2008, S. 298 f.; Phelan 2010, S. 470–472. 127 Vgl. FaFo § 790 mit Literaturhinweisen. Ferner McKitterick 1977, S. 86; Schiewer 2000, S. 863 f.; McCune, Audience, 2013, S. 291 f. und jetzt Diesenberger 2016, S. 177. 128 McCune, Audience, 2013, S. 292; Diesenberger 2016, S. 182–190. 129 Cross 2000, S. 561 f. 130 Vgl. Verd Conradi 1977, S. 307 f.; McKitterick 1989, S. 8.

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Wurden die Predigten bis ins 9./10. Jahrhundert hinein tatsächlich auf Lateinisch gehalten? Hat man spontan in die jeweilige Landessprache übersetzt?131 Hat man in der Volkssprache über den Glauben gepredigt, diese Predigten aber nicht verschriftlicht, weil man in erster Linie das Lateinische als Schriftsprache ansah?132 Oder darf man die Grenzen zwischen Latein und Volkssprache mindestens in den romanischen Gebieten nicht so scharf ziehen, wie man lange Zeit angenommen hat?133 Ich kann auf dieses dornige Problem hier nicht im Einzelnen eingehen, denn man müsste nicht nur zeitlich, sondern auch regional differenzieren. Überdies ist unsere Quellenlage auch in dieser Hinsicht unbefriedigend.134 Keinen Zweifel kann es aber [416] daran geben, dass man die Predigten in einer Weise halten sollte, die vom Volk verstanden wurde. Von Bonifaz wissen wir, dass er den Friesen patria voce gepredigt hat.135 Es zeichnete auch einen Bischof wie Bernold von Strassburg (820/23–831/40) aus, dass er in der Volkssprache predigen konnte.136 Die Zweite Synode von Clofesho (747) schreibt in Kanon 10

131 So etwa Amos 1983, S. 279–283; Riché, Gregor, 1994 (2010), S. 676; Riché 1995, S. 389 f. 132 Vgl. z. B. McKitterick 1977, S. 96 f.; Haubrichs 2005, S. 95–98 (mit weiterer Literatur). Darauf könnten die Homilien des Pseudo-Eligius aus dem Ende des 9. Jahrhunderts hindeuten. Der Verfasser betont mehrfach, er werde aus Rücksicht auf die Laien in der Volkssprache sprechen – diese Predigten sind aber nicht erhalten. Vgl. Homilia 6: „Quia, fratres mei, de his estis, sicut ait Apostolus, quibus lac opus sit, non solidus cibus [Hebr 5,12]. Ideo rustico sermone vos alloquimur, ut si mysteria secretorum capere non potestis, saltem vel minima cibi coelestis in ventris memoria reponatis.“ Vgl. Homilia 11 (PL 87, Sp. 630A): „Boni homines, quia vestram fraternitatem aliter necesse est alloqui quam consacerdotes et cooperatores nostros, quibus datum est nosse mysteria regni coelorum: ideo ad vos simplici et rusticano utentes eloquio convertamur, ut tantae solemnitatis sacramentum juxta parvitatem nostri sensus exponamus vobis rusticitate verborum.“ Vgl. dazu auch McKitterick 1977, S. 85; Verd Conradi 1977, S. 305 f.; Diesenberger 2016, S. 182. 133 Vgl. z. B. Wright 1982; McKitterick 1989, S. 7–22. Prägnant etwa S. 22: „In the Frankish kingdoms in the eighth and ninth centuries a man or woman would have spoken a ‘Romance’ dialect or an Old High German one, or both, but would have read Latin and used Latin in court and in church.“ Dazu auch die Arbeiten Banniards (siehe nächste Anm.). 134 Vgl. zur Sprachenfrage aus der Fülle der Literatur McKitterick 1977, S. 184–205; Verd Conradi 1977, S. 304–308; Wright 1982; Geuenich 1983; McKitterick 1989, S. 7–22 (dort S. 9, Anm. 17 Hinweise auf die ältere Literatur); Menzel 1991, S. 348 mit Anm. 46; Banniard 1992; Paul 1993, S. 173–175; Banniard 1995; Hen 1995, S. 21–42; Padberg 1995, S. 140–146; Riché 1995, S. 389 f.; Richter 1995; Banniard 2009 (dort S. 42, Anm. 11 weitere Arbeiten desselben Autors zum Thema); Banniard 2013; Pohl/Zeller 2012; Garrison/Orbán/Mostert 2013 (mit Übersicht über den status quaestionis); Diesenberger 2016, S. 175–192. 135 Vgl. Vita Bonifatii auctore Willibaldo (MGH.SRG 57, S. 50, Z. 5); dazu auch Linsenmayer 1886, S. 37 f. 136 Vgl. Ermoldus Nigellus exul, Carmen in laudem gloriosissimi Pippini regis (MGH.PL 2, S. 84, Z. 155–159): „Barbara lingua sibi, scripturae nescia sacrae, // Ni foret antestis ingeniosus

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vor, dass die Priester in der Lage sein müssten, Symbol, Vaterunser sowie die Mess- und Taufriten „in ihrer eigenen Sprache“ (also wohl in Englisch) zu erklären.137 Das Konzil von Tours legte im Jahre 813 in Kanon 17 fest, dass jeder Bischof über Musterhomilien verfügen solle, um die Gläubigen, „soweit sie es vermöchten“, über den katholischen Glauben, die Vergeltung der guten wie der bösen Taten, die künftige Auferstehung und das Jüngste Gericht und die Art und Weise, wie man sich das ewige Leben verdienen könne, zu unterrichten. Diese Predigten sollten „offen“ in „ungebildetes“ Latein138 oder in die deutsche Volkssprache „übertragen“ werden, damit alle leichter verstehen könnten, was gesagt werde.139 Eine Mainzer Synode wiederholte diese Bestimmung im Jahre 847.140 Die genaue Bedeutung des zweiten Teils dieser Anweisung hat in der Forschung zu vielen Diskussionen Anlass gegeben.141 Das muss uns hier nicht beschäftigen – es reicht zu wissen, dass es Predigt in der Volkssprache gegeben zu haben scheint. Darauf deutet auch Kanon 15 des Konzils von Reims aus demselben Jahr142 sowie eine Klausel aus den Capitula Vesu- [417] lensia hin, die

ei: // Hic populis noto scripturas frangere verbo // Certat, et assiduo vomere corda terit, // Interpres quoniam simul atque antestis habetur.“ Dazu Haubrichs 1995, S. 255; Diesenberger 2016, S. 181. 137 Vgl. FaFo § 587b: „Decimo docuerunt decreto, ut presbyteri omne sui gradus officium legitimo ritu per omnia discant exhibere nosse, deinde ut symbolum fidei ac dominicam orationem, sed et sacrosancta quoque verba, quae in missae celebratione et officio baptismi sollemniter dicuntur, interpretari atque exponere posse propria lingua, qui nesciant, discant […]“ Vgl. dazu auch die tituli, wo es zu Kanon 10 heißt: „Ut dominicam oratinem et symbolum Anglice discant et doceant“ (FaFo § 587a). 138 Ich folge der Übersetzung Banniards 1992, S. 413, der Romana lingua als synonym mit Latina lingua versteht. 139 MGH.Conc 2/1, S. 288, Z. 24–30: „Visum est unanimitati nostrae, ut quilibet episcopus habeat omelias continentes necessarias ammonitiones, quibus subiecti erudiantur, id est de fide catholica, prout capere possint, de perpetua retributione bonorum et aeterna damnatione malorum, de resurrectione quoque futura et ultimo iudicio et quibus operibus possit promereri beata vita quibusve excludi. Et ut easdem omelias quisque aperte transferre studeat in rusticam Romanam linguam aut Thiotiscam, quo facilius cuncti possint intellegere quae dicuntur.“ 140 Kap. 2 (MGH.Conc 3, S. 164, Z. 10–16). Dazu Diesenberger 2016, S. 180. 141 Vgl. McKitterick 1977, S. 84; Geuenich 1983, S. 128; McKitterick 1989, S. 8 f.; Banniard 1992, S. 410–419; Banniard 2013, S. 81–83. Vgl. auch Auernheimer 2003, S. 22; McCune, Audience, 2013, S. 290: Diesenberger 2016, S. 180. 142 Vgl. MGH.Conc 2/1, S. 255, Z. 17 f.: „Ut episcopi sermones et omelias sanctorum patrum, prout omnes intellegere possent, secundum proprietatem linguae praedicare studeant.“ Ähnlich auch Capitula e canonibus excerpta 14 (ebenda, S. 296, Z. 9 f.): „De officio praedicationis, ut iuxta quod intellegere vulgus possit assiduae fiat.“ Vgl. hierzu auch Chrodegang von Metz, Regula 44 (zit. oben Anm. 105). Ferner dazu McKitterick 1977, S. 84; Geuenich 1983, S. 120; Diesenberger 2016, S. 180.

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sich auch in anderen Kapitularien findet. In letzterer werden offenbar die Priester, die nicht in der Volkssprache über den Glauben zu predigen vermögen, aufgefordert, sich die Worte „von jemandem, der gebildeter“ ist, übertragen zu lassen.143

6 Glaubensbildung der Bevölkerung im Frühmittelalter Noch bescheidener war dann die Kenntnis des Christentums, die man bei den einfachen Gläubigen voraussetzen darf.144 Glaubensbekenntnis und Vaterunser waren das theologische Minimalgepäck, das jeder Christ im Gedächtnis bei sich tragen sollte – das galt schon in der Spätantike, und das setzt sich nun fort.145 Seit der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts gibt es erste Hinweise darauf, dass das Apostolicum in der Volkssprache gelernt wurde. Beda schreibt, er habe Symbol und Vaterunser für Priester, welche kein Latein sprächen, in die lingua Anglorum übertragen.146 Aus etwas späterer Zeit sind die ersten althochdeutschen Beispiele hierfür erhalten.147 Auch das Athanasianum ist nun althochdeutsch überliefert.148 Dies stimmt überein mit dem [418] Kapitular Haitos von

143 Vgl. Capitula Vesulensia 13 (MGH.CE 3, S. 348, Z. 5–19): „Nullus sit presbiter, qui in ęcclesia publice non doceat lingua, quam audito res intellegant, fidem omnipotentis in unitate simpliciter credere et ea, quę omnibus generaliter dicenda sunt, de malis evitandis sive de bonis faciendis et iudicio in resurrectione futuro. Si vero ipse verbis manifeste explicare non poterit, petat sibi ea a doctiore alio transcribi, qualiter aperte legat, quod, qui audiunt, intellegant …“ Die Bedeutung der Worte „si vero ipse verbis manifeste explicare non poterit“ ist freilich nicht ganz klar. Vgl. ferner Hrabanus Maurus, De ecclesiastica disciplina III (PL 112, Sp. 1234B): „Qui vero sensum locutionis sacrae ex lectione non possunt percipere, attentius audiant interpretantem, ut recipiant saltem in aedificationem.“ (Auch in: Pseudo-Augustin, Sermo 302 [PL 39, Sp. 2324]). Dazu Verd Conradi 1977, S. 305. Zu Dolmetschern vgl. auch Paul 1993, S. 173–175; Riché, Gregor, 1994 (2010), S. 676 f.; Riché 1995, S. 390; Diesenberger 2016, S. 182. 144 Sehr pessimistisch etwa die Sicht Banniards (1992, S. 397 f.). 145 Vgl. z. B. Ps.-Augustin, Homilia de sacrilegiis 4 (14); 8 (27) (FaFo § 669); Pirminius, Scarapsus 32 (FaFo § 665); Legatinische Synoden (786), can. 2 (FaFo § 671=588[2]); sog. ElmenhorstHomilie (FaFo §§ 672, 795); Amalarius, Epistula ad Carolum imperatorem de scrutinio et baptismo 10 (vgl. FaFo § 52); Exhortatio ad plebem Christianam (FaFo § 790[5]). Weitere Belege bei Wiegand 1899, S. 319, Anm. 1; McLaughlin 1991, S. 110. 146 Epistula ad Egbertum 5 (FaFo § 584): „Propter quod et ipse multis saepe sacerdotibus idiotis haec utraque, et symbolum videlicet et dominicam orationem, in linguam Anglorum translatam obtuli.“ Dazu Angenendt 1987, S. 292 f. 147 FaFo §§ 300, 303 sowie die althochdeutschen und altsächsischen Taufgelöbnisse in FaFo § 766–768, 771. Zu späteren Symbolen vgl. Barbian 1964. Ferner Geuenich 1983, S. 121. 148 Vgl. FaFo § 434c. Ferner Haubrichs 1995, S. 238.

260

Formation des Glaubens

Basel (etwa 806–813), in dem in Kapitel 2 gefordert wird, dass jeder das Herrengebet und das Apostolicum auf Latein und in der Landessprache (barbarice) auswendig können müsse.149 Auch die Bischöfe der Synode von Mainz 813 gingen realistischerweise davon aus, dass Herrengebet und Symbol in der Landessprache gelernt würden, auch wenn das Lateinische vorzuziehen sei.150 Die Inhalte des Bekenntnisses wurden dann in manchen Gegenden bei der Beichte in Form eines knappen Glaubensverhörs, welches vor allem auf die Vorstellung vom dreieinigen Gott und der leiblichen Auferstehung sowie der eschatologischen Belohnung bzw. Bestrafung abhob, repetiert.151 In vielen Gegenden dürften freilich die religiösen Kenntnisse über das Glaubensbekenntnis und Vaterunser auch nicht hinausgegangen sein. Die Zehn Gebote gehörten schon nicht mehr dazu. Zugang zur Bibel hatten Laien, auch wenn sie lesen und schreiben konnten, nur über die gottesdienstliche Lesung – sie waren somit in diesem Punkt völlig abhängig vom örtlichen Klerus bzw. von dessen Lektionaren.152 Allerdings sollten die Laien, wenn sie denn mit gewisser Regelmäßigkeit zur Messe gingen153 und dort Predigten hören konnten, eine ungefähre Vorstellung von einem christlichen Leben haben, das heißt, welche Tugenden zu erstreben und welche Laster zu vermeiden waren.154 Diese Art der rudimentären ethischen Bildung, die unter Karl dem Großen vom Regenten selbst kodifiziert wurde,155 begründete sich eschatologisch: Sie stand immer unter der Drohung des Jüngsten Gerichts mit seiner Verheißung der ewigen Seligkeit und der Androhung nimmerendender Höllenstrafen. Bei Vergehen wider die biblischen Vorschriften bot allenfalls die Beichte einen Ausweg.156 [419]

149 Vgl. FaFo § 747a: „Secundo iubendum, ut oratio dominica, in qua omnia necessaria humanae vitae comprehenduntur, et symbolum apostolorum, in quo fides catholica ex integro comprehenditur, ab omnibus discatur tam Latine quam barbarice, ut quod ore profitentur corde credatur et intellegatur.“ Dazu jetzt auch Diesenberger 2016, S. 176. 150 Vgl. Kanon 45 (FaFo § 754): „Qui vero aliter non potuerit vel in sua lingua hoc discat.“ Dazu Geuenich 1983, S. 120 f.; Diesenberger 2016, S. 176. 151 Vgl. Pseudo-Alkuin, De divinis officiis 13 (FaFo § 761b). Dasselbe Verhör findet sich mit kleineren Varianten auch im Paenitentiale Cantabrigiense, ed. Delen u. a. 2002, S. 356 (Z. 37–42) und in zahlreichen anderen Quellen; vgl. dazu Meens 1994, S. 206 f. und Delen u. a. 2002, S. 346, Anm. 24. 152 Die selbständige Bibellektüre durch Laien wurde später sogar ausdrücklich verboten; vgl. Grégoire 1980, S. 36. 153 Zur Häufigkeit des Messbesuchs vgl. etwa Amos 1983, S. 302 f.; Hen 1995, S. 71–74. 154 Ein Sonderfall stellen die Laienparänesen dar (etwa von Paulinus von Aquileia, Jonas von Orléans, Dhuoda oder Hinkmar von Reims), da sie sich ausschließlich an hohe Adlige richteten. Vgl. Sedlmeier 2000 und Savigni 2002. Allgemein Bougard/Le Jan/McKitterick 2009. 155 Vgl. Admonitio generalis 80. 156 Zur Praxis der frühmittelalterlichen Beichte vgl. Price 2004, die Aufsätze von Rob Meens, Dominique Iogna-Prat und Abigail Firey in Firey 2008, ferner Firey 2009 und jetzt Meens 2014.

7 Fazit

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Die Hausväter oder die Eltern wurden ermahnt, ihre Kenntnisse über den christlichen Glauben ihren Familien und ihrem Gesinde weiterzugeben.157 Dieser Vorgang konnte allerdings auch umgekehrt verlaufen: Verständige Kinder, die Symbol und Vaterunser soeben in der Katechese gelernt hatten, sollten ihre Eltern an das erinnern, was diese selbst einst gelernt hatten.158 Daneben erwartete man auch von den Paten, sich entsprechend erzieherisch zu betätigen.159 Inwiefern diese häusliche bzw. familiäre Katechese im Einzelnen umgesetzt wurde und nicht Wunschdenken geblieben ist, sei hier dahingestellt. Die Bedeutung des Patenamts für die Vermittlung christlicher Inhalte wird man jedenfalls nicht sehr hoch einschätzen dürfen.160 Karl der Große beklagte sich in seiner Epistola de oratione dominica et symbolo discendis bitterlich, wie er bei einem Tauftermin anlässlich des Epiphaniasfestes miterleben musste, dass die Paten weder Herrengebet noch Symbol aufzusagen wussten, woraufhin er eigens ein (heute leider verlorenes) Kapitular veröffentlichte, welches einschärfte, dass Kinder nur dann zu taufen seien, wenn ein Pate oder ein Elternteil zur Verfügung stehe, der bzw. das die Texte auswendig wisse.161

7 Fazit Unser Durchgang durch die mit dem Katechumenat verbundenen Riten und unsere Überlegungen zur Glaubenskatechese in der lateinischen Kirche der Spätantike und des Frühmittelalters fallen insgesamt relativ ernüchternd und auch in sich widersprüchlich aus. Wir können nicht wirklich abschätzen, wie der christliche Glaube gelehrt und vermittelt wurde und welche Bedeutung das

157 Vgl. bereits oben Anm. 28 sowie Pirminius, Scarapsus 32 (FaFo § 665); Legatinische Synoden (786), can. 2 (FaFo § 671=588[2]); sog. Elmenhorst-Homilie (FaFo § 672); Exhortatio ad plebem Christianam (FaFo § 790). Vgl. ferner Göbl 1880, S. 19–24 und Wiegand 1899, S. 322, Anm. 1 mit weiteren Belegen. 158 Konzil von Mainz (813), can. 45 (FaFo § 754). Dazu Riché, Christentum, 1994 (2010), S. 765 f. 159 Vgl. bereits oben Anm. 28. Ferner Legatinische Synoden (786), can. 2 (FaFo § 671=588[2]); Exhortatio ad plebem Christianam (FaFo § 790). Weitere Belege bei Wiegand 1899, S. 324, Anm. 1. 160 Vgl. zum Patenamt im Frühmittelalter Göbl 1880, S. 35–39; Rubellin 1982, S. 47–50; Lynch 1986, bes. S. 305–332; Jussen 1991; Guerreau-Jalabert 1995; Angenendt, Geschichte, 2009, S. 473–476. 161 Karl d. Gr., Epistola de oratione dominica et symbolo discendis (FaFo § 731). Vgl. dazu Wiegand 1899, S. 325; Phelan 2014, S. 158–161. Karl teilt uns leider nicht mit, welches Symbol er dabei im Blick hatte, denn in der Mehrzahl der fränkischen Sakramentare ist ja das Taufsymbol nicht R (oder eine Variante hiervon), sondern C. Siehe oben S. 236–237.

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Formation des Glaubens

Glaubensbekenntnis im Leben der Gläubigen gehabt hat. Wer hat wo und in welchen Kontexten über das Bekenntnis gepredigt? Wurde das Symbol sodann im Alltag tatsächlich regelmäßig memoriert? Wir haben dazu keinerlei Zeugnisse. Die Art der Übergabe des Bekenntnisses in den Taufliturgien deutet darauf hin, dass es dort schon früh weniger auf das Verstehen dogmatischer Inhalte als auf korrektes Repetieren eines heiligen Textes [420] ankam. Mit der zunehmenden Durchsetzung der Kindertaufe scheint man auch darauf immer weniger Wert gelegt zu haben. Dem steht jedoch die Tatsache gegenüber, dass es in der lateinischen Kirche in vielen Regionen durchgängig von der Spätantike bis zur Karolingerzeit eine (wenigstens) rudimentäre Unterweisung in Glaubensfragen gegeben hat, die uns in den expositiones symboli gut dokumentiert ist. Galt diese Unterweisung nur für die Heidenmission? Wie dem auch sei: Die Texte belegen eindrücklich, dass für das Überleben des Christentums in der lateinischen Kirche dogmatische Präzision oder vertiefte theologische Kenntnisse nicht wesentlich gewesen sind. Stattdessen scheint es ausgereicht zu haben, wenn den Gläubigen im Symbol ein Grundraster zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen an die Hand gegeben wurde und wenn ihnen im Vaterunser eine Anleitung zur Verfügung stand, wie man mit dem Gott, wie er im Symbol skizziert wurde, in angemessener Form in Kontakt treten konnte.162 Das kann in einer Zeit wachsender theologischer Unbildung durchaus tröstlich stimmen.

162 Vgl. hierzu auch die durchaus unterschiedlichen Einschätzungen dieses Vorgangs bei McKitterick 1977, S. 80 f.; Gauthier 1980, S. 435–437 (für die Diözese Trier); Hen 1995, S. 157.

Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt Überlegungen aus kirchenhistorischer Perspektive Abstract: The article discusses possible reasons for the lack of references to Christ’s ethical teaching in the creeds. It suggests that the earliest rules of faith were composed in order to propagate a particular view of the divine status of Jesus Christ which served to safeguard salvation. By contrast, debates about the ethical consequences of a life dedicated to Christ did not touch upon doctrine proper. Nevertheless, initially, credal and ethical statements were often combined in theological discourse. However, when the fluid rules of faith coagulated into fixed formulae, things gradually changed. For creeds express both a personal loyalty to God and a consent to a series of propositional statements. As such they became increasingly incompatible with ethical commandments which are, by nature, adhortative or imperative. In addition, the earlier equilibrium between creed and paraenesis began to shift when, in baptismal catechesis, knowledge about matters of faith was given more attention than the teaching of Christian love for one's neighbour. Finally, it is discussed in what context, if at all, Christians were taught about biblical ethics.

[40]

1 Einleitung „Das sogenannte ‚apostolische Glaubensbekenntnis‘ kann ich nicht für einen vollständigen Ausdruck des Christentums halten, da die ‚Nachfolge‘ Christi, das praktische Lernen von Christus in ihm gar nicht erwähnt ist.“ 1 Dies schrieb der württembergische Pfarrer Christoph Schrempf im Jahre 1891 an die Oberkirchenbehörde der württembergischen Landeskirche. Mit seiner Selbstanzeige löste der aufmüpfige Geistliche die zweite Phase der Apostolikumsstreitigkeiten

1 Zit. bei Winnebeck 2016, S. 207. Anmerkung: Ich danke den Mitgliedern meines Doktorand*innen- und Habilitand*innenkolloquiums für anregende Diskussionen und Dr. Julia Winnebeck sowie Nathalie Thies [nunmehr: Kröger] für kritische Lektüre. https://doi.org/10.1515/9783110720945-010

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Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt

des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der evangelischen Kirche in Deutschland aus, in die sich später auch Adolf Harnack einmischte.2 Letzterer äußerte sich dann bekanntlich mehrfach zum Fall Schrempf. So publizierte Harnack in diesem Zusammenhang auch eine kleine Abhandlung zur Geschichte des Glaubensbekenntnisses, in der er dem römischen Symbol, aus dem das Apostolikum erwuchs, attestierte, es sei in seiner Zeit in der Abwehr von „fremde[n] und seltsame[n] Gedanken“ in Bezug auf das Evangelium „doppelt groß und ehrwürdig“ gewesen. Er fuhr fort: Was ihm den höchsten und bleibenden Wert verleiht, das ist, neben dem Bekenntnis zu Gott als dem allmächtigen Vater, das Bekenntnis zu Jesus Christus, dem eingeborenen Sohn Gottes unserm Herrn, und das Zeugnis, daß durch ihn die heilige Christenheit, Vergebung der Sünden und ewiges Leben geworden sind. Allein man vermißt den Hinweis auf seine Predigt, auf die Züge des Heilandes der Armen und Kranken, der Zöllner und Sünder, auf die Persönlichkeit, wie sie in den Evangelien leuchtet. Das Symbol enthält eigentlich nur Überschriften. In diesem Sinne ist es unvollkommen; denn kein Bekenntnis ist vollkommen, das nicht den Heiland vor die Augen malt und dem Herzen einprägt.3

Der Vorwurf, das Apostolikum entbehre jeglichen Hinweises auf die Predigt Jesu und die darin enthaltenen ethischen Weisungen, welche dem Christen die Nachfolge ermöglichten, war nicht neu, und er wird bis in die Gegenwart hinein wiederholt.4 Er trifft natürlich nicht nur das in den [41] lateinischen Kirchen omnipräsente Apostolische Glaubensbekenntnis, sondern ebenso das ökumenisch weiter verbreitete Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel: In beiden Bekenntnissen (und auch sonst in den allermeisten altkirchlichen Symbolen) findet sich kein Hinweis darauf, wie Christen ihr Leben gestalten und mit ihren Mitchristen umgehen sollen, obwohl sich etwa in den Zehn Geboten (Ex 20,1–

2 Winnebeck 2016, S. 191–286. 3 Harnack 1892 (1904), S. 254. 4 Vgl. etwa Schwarz 1985, S. 440, der fordert, „andere Summarien des christlichen Glaubens“ müssten „in der katechetischen Unterweisung den Gebrauch der Bekenntnisse ergänzen, da wichtige Grundbestandteile der christlichen Lehre, wie etwa Verkündigung Jesu, Taufe, Eucharistie und Ethik[,] in den herkömmlichen Glaubensbekenntnissen nicht erwähnt werden.“ Ähnlich konstatiert von katholischer Seite Gerda Riedl ein Defizit und meint, „die Integration jesuanischer Wirksamkeit und christlicher Ethik“ sei „offenkundig an einer konsequent theozentrisch-heilsgeschichtlichen Ausrichtung deklaratorischer Glaubensbekenntnisse“ gescheitert. Sie fährt fort: „Das Bekenntnis gesamtbiblisch bezeugter und (groß-) kirchlich verbürgter Ereignisse der Offenbarungsgeschichte Gottes für seine Schöpfung lässt tatsächlich wenig Raum für ethische Handlungsanweisung (Mk 12,28–34 u. a.) oder missionarischen Verkündigungsauftrag (Mt 28,19)“ (Riedl, Grundstrukturen, 2004, S. 248).

1 Einleitung

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17; Dt 5,6–21), dem Doppelgebot der Liebe (Mk 12,29–31 parr.) oder der Goldenen Regel (Lev 19,18; Mt 7,12; Lk 6,31) durchaus auch ethische Summarien in der Bibel zur Einfügung in ein Symbol oder (im Falle des Dekalogs) wenigstens zum Verweis angeboten hätten, wie sie ja in der patristischen Literatur auch breit diskutiert wurden.5 Stattdessen hat man das Symbol von Anfang an als Zusammenfassung dogmatischer, aber nicht ethischer Lehren verstanden. Warum ist das so? Leider verbieten sich schnelle und einfache Antworten, etwa die, dass nur dogmatische Fragen strittig gewesen wären und damit einer Festlegung in Form eines Symbols bedurft hätten. Denn es war ja nicht so, dass ethische Probleme nicht kontrovers verhandelt worden wären: Man denke nur an die Auseinandersetzungen um das Kaiseropfer in der Mitte des 3. Jahrhunderts in Nordafrika oder an Fragen der Sexualethik, etwa was die Wiederverheiratung Verwitweter betraf.6 Die beißenden Polemiken gegen die sittlichen Zustände unter den Christen Roms brachten Hieronymus so viel Ärger ein, dass er die Hauptstadt verlassen musste.7 Wenn man sich die Bußpraxis der Alten Kirche insgesamt anschaut, wird schnell deutlich, dass die Einschätzung der Schwere von Vergehen und der dementsprechend zu verlangenden Genugtuung von Patriarchat zu Patriarchat, ja von Diözese zu Diözese differiert hat. Diese Differenzen und daraus entstehende Kontroversen führten zwar zu einer reichen Synodalgesetzgebung, aber Normen christlichen Verhaltens wurden nicht in Formeln festgelegt, die von jedermann auswendig zu lernen waren, und nur sehr selten dazu, dass Personen oder Gruppen anathematisiert wurden.8 Doch warum wurde der Glaube dogmatisch fixiert und warum wurden diese Fixierungen, die Symbole, im Zusammenhang der Taufe dann liturgisch tradiert, während man in ethischen Fragen darauf verzichtete, obwohl auch hierfür verbindliche Normen entwickelt wurden? Warum haben sich in Katechese und Liturgie keine Summarien durchgesetzt, die theologische und heilsgeschichtliche Informationen mit Hinweisen für das christliche Leben verbanden? Diesen Fragen möchte ich im Folgenden weiter nachgehen. Dabei werde ich mich auf die Entwicklung in der lateinischen Kirche bis in die Karolingerzeit beschränken.

5 Zu den Zehn Geboten vgl. z. B. Röthlisberger 1965, S. 43–62; zum Doppelgebot der Liebe Kany 2013, Sp. 703–708; zur Goldenen Regel Dihle 1981. Allgemein auch Dihle 1966. 6 Vgl. dazu v. a. Crouzel 1971. 7 Vgl. Rebenich 1992, S. 152, 176–179. 8 Vgl. z. B. FaFo § 517 (Pelagius), u. a. gegen Manichäer und Jovinian.

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Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt

2 Das Verhältnis von regula fidei / Symbol und Erfüllung der Gebote Zunächst wende ich den Blick zurück auf die Entstehung der genannten Bekenntnisse. Das Credo des II. Ökumenischen Konzils von Konstantinopel (381) gehört bekanntlich in die Auseinandersetzung um das rechte Verständnis der göttlichen Trinität im 4. Jahrhundert und hat ein Vorläuferbekenntnis in dem Symbol, welches das später so genannte I. Ökumenische Konzil von Nizäa im Jahre 325 verabschiedete. Streitpunkt war hier der „Status“ Jesu Christi. Handelte es sich bei ihm um ein Geschöpf oder aber um eine göttliche Gestalt, und falls letzteres, wie war diese Gottheit im Verhältnis zu dem Schöpfergott zu bestimmen, wie er sich im Alten Testament offenbart und wie ihn Jesus selbst bezeugt hatte? – das waren die Fragen, die die Konzilsväter beschäftigten und die eine breite, teilweise erbittert geführte Debatte in Gang setzten. Sie dauerte den größten Teil des 4. Jahrhunderts an und führte zu einer Fülle von Symbolformulierungen, bis am Ende das Bekenntnis von Konstantinopel in der Auseinandersetzung eine breite ökumenische Mehrheit fand.9 Der Anlass der Kontroverse ist nicht ganz deutlich. Offenbar sahen gewisse Kreise in Alexandrien und anderswo (die sog. Arianer) den jüdisch-christlichen Monotheismus in Gefahr, wenn man die Gottheit Jesu zu emphatisch hervorhob. Dies löste auf der Gegenseite die Befürchtung aus, die Annahme einer Geschöpflichkeit Jesu könnte die Erlösung des Menschen (welche im strengen Sinne eine göttliche Tat sei) akut gefährden. Somit ging es bei den Gegnern der Arianer – etwas vereinfacht ausgedrückt – vornehmlich um die „Mechanik“ der Erlösung, bei der die Gottheit Jesu eine zentrale Rolle spielte. Damit waren Fragen berührt, welche den Bereich der regula fidei, der Glaubensnorm, akut tangierten, ein Problem, auf das ich gleich noch zurückkomme. Wesentlich schwieriger ist es anzugeben, welchem Sitz im Leben das Vorgängersymbol des Apostolikums, das sog. (alt)römische Symbol (Romanum, R), entstammt. Es ist erstmals erstmals in der Mitte des 4. Jahrhunderts in einem Brief Markells [42] von Ankyra an Julius von Rom bezeugt 10 und hat dann in die gesamte lateinische Kirche hinein in der Weise ausgestrahlt, dass es mit Modifikationen zum Missions- und Taufsymbol avancierte. Wegen seiner Kürze und wegen der unklaren Überlieferungslage ist nicht zu erkennen, welche Ursprungssituation zur Formulierung von R geführt hat. Daher ist in der Forschung strittig, ob R bereits in das 3. Jahrhundert gehört (so die ältere Symbol-

9 Vgl. die Belege in FaFo, Kap. 7.1. 10 Vgl. FaFo § 253. Dort auch die einschlägige Literatur zum Thema.

2 Das Verhältnis von regula fidei / Symbol und Erfüllung der Gebote

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forschung) oder ob es möglicherweise von Markell (eventuell unter Rückgriff auf römische Vorlagen) selbst formuliert wurde (so die These von Markus Vinzent, der ich mich ursprünglich angeschlossen hatte11). Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnis ist allerdings, wie mir mittlerweile deutlich geworden ist, auch damit zu rechnen, dass R gar nicht in Rom, sondern an der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert in Nordafrika entstanden ist.12 Eine Antwort auf die Frage nach der Herkunft von R ist allerdings im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend. Denn unstrittig ist, dass alle Symbole inhaltlich auf den dogmatischen Fundus zurückgreifen, wie er der regula fidei des 2. und 3. Jahrhunderts zugrunde liegt.13 Die durch die Inkarnation gegebene Notwendigkeit binitarischen bzw. trinitarischen Denkens machte den christlichen Glauben komplex und darum auch angreifbar. Zwar fehlten binitarische Spekulationen auch im Judentum nicht, aber sie entschieden sich insofern von den diesbezüglichen christlichen Überlegungen, als „im Judentum des Zweiten Tempels die göttliche oder halbgöttliche Gestalt neben Gott niemals Mensch“ wurde.14 Der Binitarismus des Judentums blieb darum spekulativ und – wenn man so will – auch „experimentell“. Demgegenüber musste das Christentum die Inkarnation in sein Nachdenken über Gott wesentlich integrieren. Die sich daran entzündenden Kontroversen drehten sich nicht um diese oder jene Form von Christentum, sondern es ging um das Christsein überhaupt. Zugespitzt ausgedrückt: Wenn nicht klar war, wie die Person Christi zu deuten war, dann gab es überhaupt kein Christentum, unabhängig davon, wie es im Einzelnen aussah und praktiziert wurde. Dies war in ethischen Fragen anders: Hier stritt man in erster Linie um die Intensität oder die Qualität christlicher Lebensvollzüge. Das kann man sehr deutlich an den Auseinandersetzungen um das Kaiseropfer sehen: Menschen, die in den Christenverfolgungen abgefallen waren, galten grundsätzlich weiterhin als Christen – nur so ist ja die Vehemenz zu erklären, mit der um die Bedingungen für die Wiederaufnahme in den Schoß der Kirche gestritten wurde. Im zeitgenössischen Judentum hingegen waren Identitätsfragen so eng an die Einhaltung ethischer Normen gekoppelt, dass das Problem der Formulierung des zugrunde liegenden Glaubens an Gott demgegenüber in den Hintergrund treten konnte. Die fehlende Notwendigkeit, die historische Figur Jesu Christi theologisch zu integrieren,

11 Vgl. Vinzent 1999, S. 406–409. Dazu auch Kinzig/Vinzent 1999, S. 557–559. 12 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 287–289. 13 Vgl. dazu im Einzelnen FaFo, Kap. 6. 14 Schäfer 2017, S. 153. Vgl. dazu auch die älteren Studien von Segal 1977 (2002), Hurtado 1998 und Boyarin 2004 (2007).

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Warum es im Glaubensbekenntnis keine Ethik gibt

erlaubte es, Fragen der Vermittlung zwischen Gott und Welt gewissermaßen „akademisch“ zu behandeln, ohne sie unmittelbar als identitätsstiftend anzusehen. Die regula fidei der Christen beruhte nun auf der Vorstellung, es gebe im Hinblick auf Gott Vater, die Person Christi und die Bedeutung seines Sterbens und seiner Auferstehung einen letztlich auf die Apostel zurückgehenden dogmatischen Kernbestand, der unveränderlich sei und der die Grenzen zwischen innen und außen, zwischen Christen und Nichtchristen definierte. Diese Vorstellung ist keine Erfindung der Kirchenväter, sondern in nuce bei Paulus und in der johanneischen Literatur bereits vorgegeben.15 Es ist nun aus dem Kontext der Zitationen der regula bei den einzelnen Autoren des 2. und 3. Jahrhunderts (vor allem Irenäus und Tertullian) völlig eindeutig und längst bekannt, welcher Sitz im Leben zu gerade diesen Verdichtungen dogmatischer Lehre geführt hat: Sie entstammen der Auseinandersetzung mit gnostischen Gruppen und mit Markion in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Diese Auseinandersetzungen drehten sich nicht in erster Linie um die disciplina, also den christlichen Verhaltenskodex, sondern um dessen dogmatische Voraussetzungen, wie nämlich das „Christusereignis“ zu deuten sei. Hierbei ging es im Großen und Ganzen um zwei Fragenkomplexe, nämlich (a) ob Schöpfer- und Erlösergott identisch seien (was viele christliche Gruppen und Theologen bejahten, die Gnostiker und Markioniten hingegen bestritten), und (b) ob es denkbar sei, dass Gott im Vollsinn Mensch werden könne, wobei hier insbesondere die drei Stationen der Inkarnation Christi, nämlich Geburt, Tod und (in freilich geringerem Umfang16) Auferstehung, kritisch diskutiert wurden. Diese Fragenkomplexe bildeten deshalb die dogmatischen Voraussetzungen, weil alles christliche Leben im Zeichen dieser Heilstat stand: Nur wenn klar war, inwiefern Christus imstande war, Menschen zu retten, hatte es Sinn, sein Leben auf diesen Christus hin auszurichten. Um der identitätsstiftenden Bedeutung dieser Voraussetzungen willen insistierten Theologen wie Irenäus und Tertullian auch auf der Behauptung, die Lehre, Gott sei in Christus im Vollsinn Mensch geworden, verdanke sich den Aposteln. Auch wenn durchaus strittig sein konnte, welche ethischen Konsequenzen sich aus dieser Neuausrichtung ergäben,17 so tangierten derlei Differenzen nicht die eigentliche doctrina, welche unverrückbar feststand und der disciplina oder conversatio vorgeordnet war. So hebt etwa Irenäus in seiner Epideixis hervor: [43]

15 Vgl. dazu Bultmann/Weiser 1959, S. 210 f. 16 Vgl. hierzu etwa Kinzig 2013, S. 42 f. 17 Vgl. dazu auch Kinzig/Wallraff 2002, S. 340–342.

2 Das Verhältnis von regula fidei / Symbol und Erfüllung der Gebote

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Wir Christen sollen den Kanon des Glaubens unverrückt halten und die Gebote Gottes erfüllen, indem wir Gott glauben und ihn fürchten, da er Herr ist, und ihn lieben, da er Vater ist. Das Tun rührt nun vom Glauben her, denn ‚Glaubet ihr nicht‘, sagt Jesaia, ‚so werdet ihr nicht einsehen‘ [Jes 7,9]; und den Glauben verschafft die Wahrheit; denn der Glaube baut sich auf die Dinge, die wahrhaftig da sind.18

Gemäß der hier zugrunde liegenden Konstruktion sind die Heilstatsachen wahr und erzeugen darum den Glauben, der seinerseits das „Vollbringen“, also das christliche Leben aus sich heraussetzt, mit dem er allerdings nicht verwechselt werden darf. Diese Vorstellung findet sich grundsätzlich auch im Neuen Testament, etwa in den paulinischen Briefen, auf die sich Irenäus auch in großer Intensität bezieht,19 doch ist dies ein Aspekt, der hier nicht weiter verfolgt werden kann.20 Ebenso muss undiskutiert bleiben, inwiefern die peripatetische Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Philosophie in dieser frühen christlichen Theologie nachwirkt.21 Der Glaube wird nun nach Irenäus in der Taufe im Heiligen Geist angeeignet und ermöglicht christliches Leben.22 So betont Irenäus, nachdem er das Doppelgebot der Liebe zitiert hat: „Nun hat [der Herr] durch den Glauben an ihn unsere Liebe zu Gott und zum Nächsten entwickelt, wodurch wir fromm und gerecht und gut wurden.“ 23 Und wenig später heißt es: „Und durch den Glauben an ihn lernen wir Gott von ganzem Herzen lieben und den Nächsten wie uns selbst.“ 24 Gegenstand des Glaubens sind dabei die Heilstatsachen, nicht die ethischen Weisungen, die nur unter der Voraussetzung des Glaubens überhaupt erfüllt werden können. Die regula resümiert diese Heilstatsachen, wobei sie vor allem auf der Einheit Gottes und der Tatsächlichkeit der Inkarnation insistiert, und enthält darum keine ethischen Weisungen.25 Bei Irenäus hat

18 Epideixis 3 (Ter-Měkěrttschian/Ter-Minassiantz/Harnack 1908, S. 3; vgl. FC 8/1, S. 34; FaFo § 109a1). 19 Vgl. dazu Noormann 1994. 20 Vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen zum Glauben bei Paulus und zur theologischen Einbettung der paulinischen Ethik in Wolter 2011, S. 72–96 und 317–335. 21 Vgl. dazu etwa Dihle 1966, Sp. 651; Pieper 1972, Sp. 760. 22 Vgl. Epideixis 7; 89. 23 Epideixis 87 (Ter-Měkěrttschian/Ter-Minassiantz/Harnack 1908, S. 46; vgl. FC 8/1, S. 89). 24 Epideixis 95 (Ter-Měkěrttschian/Ter-Minassiantz/Harnack 1908, S. 49; vgl. FC 8/1, S. 93). 25 Für Irenäus vgl. die Belege in FaFo § 109.

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dies bisweilen sogar eine antinomistische Pointe,26 die von späteren christlichen Autoren in dieser Zuspitzung nicht geteilt wird. Doch stimmen auch jüngere Theologen wie Tertullian,27 Origenes28 und Novatian29 in der Bestimmung der Funktion der regula mit Irenäus grundsätzlich überein. Im 2. und 3. Jahrhundert findet sich so – in Fortsetzung neutestamentlicher Formulierungen30 – eine große Zahl von Glaubensbestimmungen im Sinne einer fides quae creditur. Sie sind formal daran erkennbar, dass der Glaube „an“ die Tatsächlichkeit einer Reihe von Propositionen nicht über die Präposition εἰς/in, sondern über einen AcI oder einen Nebensatz ausgedrückt wird.31 Abgesehen davon setzte man auch die andere neutestamentliche Ausdrucksweise fort, bei der πιστεύειν/credere mit der Präposition εἰς/in oder mit Dativ ganz überwiegend das Vertrauen in eine Person und die Loyalität gegenüber einer Person zum Ausdruck brachte und so ein persönliches Verhältnis bezeichnete.32 Allerdings gibt es schon aus dem 3. Jahrhundert Hinweise darauf, dass man begann, die Zustimmung zu Glaubensinhalten einerseits und den persönlichen Ausdruck der Zugehörigkeit zu Gott andererseits miteinander zu verbinden. Zwar hatte man bereits zuvor bei der Taufe festgestellt, ob der Bewerber mit bestimmten Glaubensinhalten persönlich übereinstimme. Aber dies geschah in

26 Vgl. Epideixis 61, 89 f., 95 f. Anders in Adversus haereses 4,12–13, wo er in antimarkionitischer Perspektive ausdrücklich von einer Erneuerung der naturalia legis durch Christus spricht. Vgl. auch die Diskussion in 4,16, v. a. 4,16,5. Zu weiteren Einzelheiten vgl. Noormann 1994, S. 406–416. 27 Vgl. FaFo § 111. 28 Vgl. FaFo § 116. 29 Vgl. FaFo § 119. 30 S.o. Anm. 15. 31 Vgl. z. B. Ignatius von Antiochien, Epistula ad Magnesianos (Langversion) 11,4 (FaFo § 98b2b); Pseudo-Ignatius, Epistula ad Philippenses 3,3 (FaFo § 98g); Epistula Apostolorum 3 (14; FaFo § 103a); Irenäus, Adversus haereses 1,10,2 (FaFo § 109b3); Praxeas bei Tertullian, Adversus Praxean 2,3 (FaFo § 110c); Tertullian, De praescriptione haereticorum 13,1–6 (FaFo § 111b); Adversus Praxean 2,1 (FaFo § 111e1); Origenes, Commentarii in Iohannem 32,16,187–189 (FaFo § 116b); In Matthaeum commentariorum series 33 (FaFo § 116c); Heraklides in: Origenes, Dialogus cum Heraclide 1 (FaFo § 120); Brief der sechs Bischöfe an Paulus von Samosata (möglicherweise unecht) 3. 4. 8 (FaFo § 126); Adamantius, De recta in deum fide S. 4, Z. 11–14 (FaFo § 128). Dass es dazu der Verwendung von πιστεύω gar nicht bedurfte, sondern man die Zustimmung auch anders ausdrücken konnte (z. B. durch ἡγέομαι mit AcI), ergibt sich aus Acta Iustini 2,5 (FaFo § 105a). 32 Vgl. Bultmann/Weiser 1959, S. 211–213. Dazu z. B. 3. Korinther 31 (FaFo § 96); Ignatius von Antiochien, Epistula ad Trallianos (mittlere Version) 9,2 (FaFo § 98c1); Irenaeus, Epideixis 3 (FaFo § 109a1); Acta Philippi 1,3 (FaFo § 113a); 3,18 (FaFo § 113b); Cyprian, De mortalitate 21 (FaFo § 122c). Bei Cyprian ist die Differenzierung zwischen Glaube an Gott und dem sich anschließenden Vertrauen auf Christi Passion und Auferstehung noch überdeutlich.

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Frageform („Glaubst du …?“), und die Formeln, denen man zustimmte, waren, soweit wir das erkennen können, äußerst knapp gehalten. Die– in den Quellen nirgends überlieferte – Antwort dürfte in vielen Fällen in einem kurzen „Ja“ bestanden haben.33 Hier [44] kam es nun zu einer signifikanten Verschiebung: Das Element des persönlichen Vertrauens ging zwar nie völlig verloren. Doch wurden nunmehr der Glaube als persönliches Vertrauen und der Glaube als Zustimmung zu einem Sachverhalt miteinander verknüpft.34 Glaube wurde zur persönlich formulierten, nun nicht mehr interrogatorischen, sondern deklaratorischen Zustimmung zu einer Reihe von (impliziten) Propositionen über die Personen der Trinität („Ich glaube an Gott den Vater“ = „Ich vertraue Gott dem Vater“, aber auch: „Ich glaube, dass Gott Vater ist [im Unterschied zur zweiten Person der Trinität]“). Deutliche Anzeichen hierfür finden wir bei Tertullian in seiner Schrift De virginibus velandis in einer Formulierung,35 die dem römischen Bekenntnis des 4. Jahrhunderts bereits auf so verblüffende Weise ähnelt, dass man fragen muss, ob sie nicht in dessen unmittelbare Vorgeschichte hineingehört.36 Auch Novatian erweitert den einfachen Glauben an die Personen der Trinität nun durch knappe dogmatische Formeln.37 Diese Verschiebung bestimmt dann maßgeblich die Symbolentwicklung des 4. Jahrhunderts, die endgültig eine Kodifizierung der regula fidei darstellt. Sie hat für die literarische Formung dieser Texte massive Konsequenzen. Denn

33 Vgl. hierzu Kinzig 1999 (2017). 34 So andeutungsweise schon im Pastor Hermae 26 (= Mandatum I),1–2 (FaFo § 100), wo auf die Aufforderung, an Gott als den Schöpfer und Erhalter zu glauben, die Mahnung, ihm zu vertrauen und ihn zu fürchten folgt. Vgl. auch Polykarp, Epistula ad Philippenses 2,1 (FaFo § 102). 35 1,4–5 (3–4; FaFo § 111c): „Regula quidem fidei una omnino est, sola immobilis et irreformabilis, credendi scilicet in unicum deum omnipotentem, mundi conditorem, et filium eius Iesum Christum, natum ex virgine Maria, crucifixum sub Pontio Pilato, tertia die resuscitatum a mortuis, receptum in caelis, sedentem nunc ad dexteram patris, venturum iudicare vivos et mortuos per carnis etiam resurrectionem. Hac lege fidei manente cetera iam disciplinae et conversationis admittunt novitatem correctionis, operante scilicet et proficiente usque in finem gratia dei.“ „Die Glaubensregel ist freilich durchaus nur eine einzige; sie allein ist unbeweglich und unverbesserlich, nämlich dass man glaube an einen einzigen, allmächtigen Gott, den Schöpfer der Welt, und seinen Sohn Jesus Christus, geboren aus der Jungfrau Maria, gekreuzigt unter Pontius Pilatus, am dritten Tag wieder auferweckt von den Toten, aufgenommen in den Himmel, jetzt sitzend zur Rechten des Vaters, um wieder zu kommen zu richten die Lebenden und die Toten infolge der Auferstehung auch des Fleisches. Während dieses Glaubensgesetz bestehen bleibt, lassen doch die übrigen Fragen, (nämlich) in der (kirchlichen) Ethik und des Lebenswandels, neuartige Verbesserungen zu, da nämlich die Gnade Gottes bis zum Ende wirkt und zunimmt.“ Übersetzung BKV2, verändert. 36 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 279–281 und oben Anm. 11. 37 Vgl. De trinitate 1,1 (FaFo § 119a); 9,1 (FaFo § 119b); 29,1 (FaFo § 119c).

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Glaubensbekenntnisse als nunmehr fixierte Formeln sind der Gattung nach sowohl individueller oder kollektiver Ausdruck eines spezifischen Loyalitätsverhältnisses als auch Zustimmungen zu propositionalen Sätzen. Im Glaubensbekenntnis wird eine Anzahl theologischer Aussagen rekapituliert, zu denen sich der Gläubige im Modus des Bekennens in Beziehung setzt. Diese Struktur erlaubt nicht ohne weiteres die Integration von Sätzen, die in den Bereich der Paränese gehören und daher nicht propositional, sondern adhortativ oder imperativisch strukturiert sind. Was zuvor aber in der noch bestehenden Fluidität theologischer Sprache rhetorisch aufgefangen wurde, tritt mit zunehmender Fixierung auseinander. Es bilden sich für Glaube und ethische Unterweisung bzw. Urteilsbildung unterschiedliche Sitze im Leben aus. Etwas schematisch ausgedrückt: Das Glaubensbekenntnis bleibt Teil der Taufkatechese bzw. -liturgie und grundiert und strukturiert damit auch die theologischen Diskussionen über das christliche Identitätsverständnis, die ihrerseits auf die Formulierung des Symbols rückwirken. Die ethische Unterweisung bzw. Urteilsbildung findet hingegen ganz überwiegend an anderen liturgischen wie außerliturgischen Orten statt, wobei der Predigt über die Heilige Schrift eine besondere Bedeutung zukommt. Dementsprechend hat man Glaube, wie er in der Taufe bekannt wird, und christliches Leben de facto immer unterschieden, sosehr man auch ihre Zusammengehörigkeit betont haben mag. Mehr noch: Der Glaube wurde dem christlichen Handeln nicht mehr nur vor- sondern nun auch übergeordnet. Bei Irenäus ist das noch nicht der Fall. Er gewichtet bei seiner Diskussion der Herkunft und Funktion des Gesetzes unter den drei theologischen Tugenden aus I Kor 13,13 die Liebe (mit Paulus) am höchsten – wobei er allerdings nicht in erster Linie an die Nächstenliebe, sondern an die Gottesliebe denkt (von wo aus erst die Nächstenliebe im Sinne von Mk 12,29–31 in den Blick kommt): Auch Paulus sagt: ‚Die Erfüllung des Gesetzes ist die Liebe‘; und wenn alles andere aufgehört habe, bleibe Glaube, Hoffnung und Liebe; das größte aber von allem sei die Liebe; nichts gelte die Erkenntnis ohne Gottesliebe, noch das Verstehen der Geheimnisse, noch der Glaube, noch die Prophetie, sondern alles sei eitel und vergeblich ohne die Liebe; die Liebe aber mache den vollkommenen Menschen aus, und der, welcher Gott liebt, sei vollkommen in diesem und im zukünftigen Leben. Niemals nämlich werden wir aufhören, Gott zu lieben, und je mehr wir ihn anschauen werden, umso mehr werden wir ihn lieben.38 [45]

38 Irenäus, Adversus haereses 4,12,2 (SC 100, S. 512–514 [Z. 35–45]): „Et Paulus autem: Adimpletio, inquit, legis dilectio [vgl. Röm 13,10]; et omnibus caeteris evacuatis, manere fidem, spem, dilectionem, majorem autem esse omnium dilectionem; et neque agnitionem sine dilectione quae est erga Deum praestare aliquid neque mysteriorum comprehensionem neque fidem neque prophetiam, sed omnia vacua et frustra esse sine dilectione; dilectionem vero perficere

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Blickt man von hier aus auf die Literatur der lateinischen Kirche späterer Jahrhunderte, so zeigt sich jedoch eine subtile Verschiebung zugunsten des Glaubens.39 So betont Cyprian zwar ebenfalls, dass die Liebe größer als Hoffnung und Glaube sei.40 Aber sie wird dann doch nur dort in der Fülle realisiert, wo auch der Glaube ist. Umgekehrt bedrohe jegliche Abweichung vom wahren Glauben, wie er in der Taufe bekannt wurde, die brüderliche Liebe.41 Hieronymus entnimmt dem Taufbefehl Mt 28,19–20 es gebe bereits in Christi Weisung eine Reihenfolge, derzufolge die Unterrichtung im Glauben zuerst, die in den Geboten hingegen nach der Taufe als zweites erfolgen müsse.42 Augustin stellt zwar die Liebe immer über Glaube und Hoffnung. Aber dann wird auch bei ihm durch die Einführung einer „zuerst“-„sodann“-Relation in die Argumentation diese besondere Würdestellung der caritas de facto unterlaufen. So sagt er in De agone Christiano:

perfectum hominem; et eum qui diligit Deum esse perfectum, et in hoc aevo et in futuro: nunquam enim desinemus diligentes Deum, sed quanto plus eum intuiti fuerimus, tanto plus eum diligemus.“ Übersetzung BKV2, verändert. 39 Vgl. zum Folgenden auch die Belege in Kany 2013, Sp. 698 f. Eine charakteristische Ausnahme ist Zeno von Verona, der in seinem Tractatus 1, 36 ausdrücklich hervorhebt, dass das Wesen des Christentums in der Liebe besteht, ohne die Glaube und Hoffnung hinfällig wären. 40 Vgl. De bono patientiae 15 (Z. 282–285; ed. CChr.SL 3A, S. 126): „Caritas fraternitatis uinculum est, fundamentum pacis, tenacitas ac firmitas unitatis, quae et spe et fide maior est, quae et opera et martyria praecedit, quae nobiscum semper aeterna in regnis caelestibus permanebit.“ „Das Band der Brüderlichkeit, die Grundlage des Friedens, der feste Anker der Einheit ist die Liebe, die größer ist als beide, Hoffnung und Glaube, die den guten Werken wie dem Märtyrertum vorangeht, die mit uns immer und ewig im Himmelreich fortdauern wird.“ Übersetzung BKV2, verändert. 41 Vgl. De ecclesiae catholicae unitate 14 (Z. 353–356; CChr.SL 3, S. 260): „Ad regnum caelorum non potest peruenire discordia; ad praemium Christi, qui dixit: Hoc est mandatum meum ut diligatis inuicem quemadmodum dilexi uos [Joh 15,12], pertinere non poterit qui dilectionem Christi perfida dissensione uiolauit. Qui caritatem non habet, deum non habet.“ „Zum Himmelreich kann die Zwietracht nicht gelangen; am Lohn Christi, der gesagt hat: ‚Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe‘, wird der keinen Anteil erlangen können, der die Liebe Christi durch treulosen Abfall verletzt hat. Wer die Liebe nicht hat, der hat Gott nicht.“ Übersetzung BKV2, verändert. 42 Vgl. Commentarii in Mathaeum 4 zu 28,20, Z. 2008–2010 (CChr.SL 77, S. 282): „Iussit apostolis ut primum docerent uniuersas gentes deinde fidei tinguerent sacramento et post fidem ac baptisma quae essent obseruanda praeciperent.“ „Er befahl den Aposteln, sie sollten zuerst alle Völker unterrichten, dann sie mit dem Sakrament des Glaubens benetzen und sie (schließlich) nach Glaubens(unterweisung) und Taufe lehren, wie sie sich verhalten sollten.“ Hieronymus wird in karolingischer Zeit u. a. von Alkuin (s. u. Anm. 50) und von einer anonymen Matthäusauslegung zu Mt 28,20 (Z. 71–74; ed. CChr.CM 159, S. 221) zitiert. Auch Beda ist in einer Predigt davon stark beeinflusst (Homelia 2,8, Z. 80–86; ed. CChr.SL 122, S. 235).

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„Erst stellt der Glaube die Seele unter Gottes Joch; dann [folgen] die Vorschriften für das Leben, durch deren Einhaltung unsere Hoffnung gefestigt und unsere Liebe genährt wird und das zu leuchten beginnt, was zuvor lediglich geglaubt wurde.“ 43 Damit sieht Augustin den Glauben de facto als vorrangig gegenüber der Ethik an, auch wenn er nicht müde wird, den engen Zusammenhang beider zu betonen.44 Im Enchiridion hat das zur Folge, dass die Ausführungen zum Glauben ein Vielfaches gegenüber denen zur Liebe und zur Hoffnung einnehmen.45 Bei Gregor dem Großen wird der Vorrang des Glaubens vor der Liebe ausdrücklich festgestellt: Nur durch den Glauben können man zur Liebe gelangen, weshalb der Glaube der Liebe vorausgehe. Gregor formuliert dementsprechend: „Keiner kann nämlich lieben, was er nicht zuvor geglaubt hat.“ 46 Diese systematische Reihenfolge von „erst“ Glaube und „dann“ Lebensgebote bzw. gute Werke wird in der Karolingerzeit von Agobard von Lyon und dem Verfasser einer Reihe von Predigten, die die Überlieferung Bonifaz zugeschrieben hat, übernommen,47 stellt aber auch unabhängig von der unmittelbaren Rezeption von Augustins De agone Christiano ein gängiges Muster dar. Der Verfasser der pseudo-augustinischen Predigt über I Kor 13,13 (Sermo 108), [46] dessen Ausführungen Hrabanus Maurus später zitiert, betont zwar mit Paulus, die christliche Liebe sei die höchste Tugend, weil sie alleine bestehen bleibe,

43 De agone Christiano 13,14 (CSEL 41, S. 117, Z. 22–25): „Fides est prima quae subiugat animam deo; deinde praecepta uiuendi, quibus custoditis spes nostra firmatur et nutritur caritas et lucere incipit, quod antea tantummodo credebatur.“ 44 Vgl. auch Enchiridion 3–8, 117 u.ö. 45 Das gilt unabhängig von seiner sonstigen Hochschätzung der Liebe; vgl. dazu zusammenfassend z. B. Kany 2013, Sp. 706 f.; Müller 2014, S. 35–37. 46 Homiliae in Hiezechihelem prophetam 2,4,13 (Z. 376–382; zu Ez 40,12; CChr.SL 142, S. 268): „Quia nisi prius ipsa teneatur [sc. fides], nullo modo ad spiritalem amorem pertingitur. Non enim caritas fidem, sed fides caritatem praecedit. Nemo enim potest amare quod non crediderit. Margo itaque est ante thalamos [vgl. Ez 40,12], fides ante ardorem charitatis, quia, sicut dictum est, nisi ea quae audis credideris, ad amorem eorum quae audieris nullatenus inflammaberis.“ „Denn wer nicht zuerst (den Glauben) festhält, kann keinesfalls zur geistlichen Liebe gelangen. Denn nicht geht die Liebe dem Glauben, sondern der Glaube geht der Liebe voraus. Keiner kann nämlich lieben, was er nicht zuvor geglaubt hat. Daher ist eine ‚Grenze‘ vor den ‚Gemächern‘, der Glaube vor der Glut der Liebe, denn, wie bereits gesagt, wirst du keinesfalls zur Liebe dessen, was du gehört hast, entflammt werden, wenn du nicht (zuvor) das, was du hörst, geglaubt hast.“ (Zitiert bei Hrabanus Maurus, Commentaria in Ezechielem, zu 40,12 [PL 110, Sp. 906B–C].). Ähnlich 2,10,17. Zum Liebesbegriff Gregors vgl. jetzt auch Müller 2014, S. 37–39. 47 Vgl. Agobard, Adversum dogma Felicis 2; Ps.-Bonifatius, Sermo 7, 2 (PL 89, Sp. 857A–B). Ps.Bonifaz verknüpft sein Augustinzitat sodann mit Ausführungen, die er aus Pseudo-Augustin, Sermo 108, 4 übernimmt. Zu diesen Predigten vgl. FaFo § 483 mit weiterer Literatur.

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während Glaube und Hoffnung in der Ewigkeit hinfällig würden,48 aber gleichzeitig ist es für ihn doch ganz selbstverständlich, dass hier auf Erden der Glaube an erster Stelle stehen müsse, weil nur er die Tür zum Himmelreich öffne. Auch bei Alkuin werden (wie schon bei Hieronymus) Glaube und ethische Unterweisung ausdrücklich durch die Taufspendung voneinander getrennt. Im Zusammenhang der Sachsenmission schreibt er in einem Brief an den Kämmerer Karls des Großen, Megenfried, es gebe bei der Heidenpredigt drei Dinge zu beachten. Man müsse zunächst den Glauben lehren, sodann sei das Sakrament der Taufe zu spenden, und schließlich müsse man die Gebote der Evangelien mitteilen. Wenn eines dieser drei Dinge fehle, sei das Seelenheil in Gefahr. Hier wird der Glaube der Taufe wie der Paränese eindeutig vorgeordnet. Umgekehrt bedarf es offensichtlich zur Taufe zunächst keiner vertieften ethischen Belehrung, womit die Paränese gegenüber dem Glauben nicht nur numerisch, sondern auch rangmäßig den zweiten Platz einnimmt. Darüber hinaus macht Alkuin bei der Paränese je nach Adressaten Unterschiede: Die schlichteren Gemüter müsse man die leichteren Gebote lehren, während die im Glauben starken Menschen festere moralische Kost vertragen könnten.49 48 Sermo 108, 3 (PL 39, Sp. 1960; Hrabanus Maurus, Sermo 45; PL 110, Sp. 84B–C; = De agone Christiano 3, PL 112, Sp. 1235D): „Haec [sc. caritas] autem ideo major fide et spe ab Apostolo esse narratur, quia caeteris recedentibus, ipsa sola permanebit. Fidei enim succedit spes, et spei beatitudo; charitati autem non transmutatio, sed sola restat perfectio. Haec omnium arx est virtutum, haec promissio regni, haec praemium summum est sanctorum in coelo: quia in perenni gaudio nihil gratius, nihil dulcius habent sancti perfecto amore Dei.“ „Der Apostel nennt aber diese (Liebe) deshalb größer als Glaube und Hoffnung, weil sie allein bleiben wird, wenn alles andere vergeht. Denn die Hoffnung folgt auf den Glauben und die Seligkeit auf die Hoffnung. Die Liebe aber wandelt sich nicht, sondern bleibt allein in Vollkommenheit bestehen. Sie ist der Gipfel aller Tugenden, sie ist die Verheißung des Reiches, sie ist der höchste Lohn für die Heiligen im Himmel. Denn die Heiligen besitzen in der ewigen Freude nichts Lieblicheres, nichts Süßeres als die vollkommene Liebe Gottes.“ Der Gedanke erscheint in ähnlicher Form z. B. auch bei Johannes Chrysostomos, In epistulam I ad Corinthios homilia 34,3 und bei Theodoret, Kommentar zu I Kor 13,13 (PG 82, Sp. 338B). 49 Epistula 111 (MGH.Ep 4, S. 160, Z. 17–19, 27 f., 29–32): „Primo fides docenda est; et sic baptismi percipienda sunt sacramenta; deinde evangelica praecepta tradenda sunt. At si aliquid horum trium deerit, salutem animae suae auditor habere non poterit. […] Sed et post fidei et baptismi perceptionem molliora praecepta infirmioribus animis sunt praebenda. […] Solidus vero cibus virorum est fortium; id est praecepta maiora illorum sunt, qui multo tempore exercitatos habent sensus in lege Domini. Et veluti lac fragili congruit aetati, ita suaviora praecepta rudi populo in principio fidei tradenda sunt.“ „Zuerst muss man den Glauben lehren und dann das Sakrament der Taufe empfangen. Schließlich sind die Vorschriften des Evangeliums zu übergeben. Aber wenn etwas von diesen drei Dingen fehlt, wird der Hörer sein Seelenheil nicht erlangen können. […] Aber nach dem Empfang sowohl des Glaubens wie der Taufe muss man den schwächeren Gemütern die leichteren Gebote eröffnen. […] Die feste Nahrung aber ist für die starken Menschen da. Das heißt, die größeren Gebote sind für jene da, die ihre Sinne schon

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Auch an anderer Stelle betont er, der Glaube sei strikt conditio sine qua non des Christseins, auch wenn er dann durch ethischen Unterricht ergänzt werden müsse.50 [47]

lange Zeit im Gesetz des Herrn geübt haben. Wie nämlich Milch zum schwächlichen Lebensalter passt, so sind am Anfang des Glaubens dem ungebildeten Volk die angenehmeren Gebote zu übergeben.“ Ganz ähnlich Epistula 113 (ebenda, S. 165, Z. 13–16) und Paulinus von Aquileia in seinem Bericht über die Synode an der Donau (796) in: MGH.Conc 2,1, S. 175, Z. 1–7. Vgl. hierzu und zum Folgenden auch Wiegand 1899, S. 280, 344–346; Buck 1997, S. 132–139; Angenendt 2013, S. 61 f.; Phelan 2014, S. 139–146. 50 Vgl. Epistula 111 (MGH.Ep 4, S. 158, Z. 12–17): „Roborata vero fide et confirmata consuetudine christianitatis, tunc quasi viris perfectis fortiora danda sunt praecepta, quae solidata mens relegione christiana non abhorreat. Illud quoque maxima considerandum est diligentia, ut ordinate fiat praedicationis officium et baptismi sacramentum, ne nihil prosit sacri ablutio baptismi in corpore, si in anima ratione utenti catholicae fidei agnitio non praecesserit.“ „Wenn aber der Glaube gekräftigt und die Gewöhnung im Christentum bestärkt wurde, sind dann den sozusagen vollkommenen Menschen die stärkeren Gebote zu geben, vor denen der in der christlichen Religion befestigte Geist nicht zurückschreckt. Man muss aber auch jenes mit größter Sorgfalt bedenken: Das Predigtamt und das Sakrament der Taufe sind ordnungsgemäß zu vollziehen, auf dass nicht (der Fall eintrete, dass) die Waschung der heiligen Taufe im Leib nichts nützt, wenn die Kenntnis des katholischen Glaubens in der Seele des Vernunftbegabten nicht vorausgegangen ist.“ Ebenda S. 159, Z. 9–13: „Et hac fide roboratus homo et praeparatus baptizandus est. Et sic tempore oportuno saepius evangelica praecepta danda sunt per sedulae praedicationis officium, donec adcrescat in virum perfectum et digna efficiatur Spiritui sancto habitatio et sit perfectus filius Dei in operibus misericordiae, sicut pater noster caelestis perfectus est …“ „Und durch diesen Glauben gestärkt und vorbereitet ist der Mensch zu taufen. Und sodann sind zu geeigneter Zeit die Gebote des Evangeliums öfter durch das Amt der fleißigen Predigt so lange zu vermitteln, bis (der Mensch) zu einem vollkommenen Mann heranwächst, eine dem Heiligen Geist würdige Wohnstatt entsteht und er in den Werken der Barmherzigkeit ein vollkommener Sohn Gottes ist, wie unser himmlischer Vater vollkommen ist.“ Epistula 113 (ebenda, S. 164, Z. 8–14): „Ideo dominus noster Iesus Christus discipulis suis mandavit dicens: ‚Ite, docete omnes gentes, baptizantes eas in nomine Patris et Filii et Spiritus sancti; docentes eas servare omnia, quaecumque mandavi vobis‘ [Mt 28,19–20]. In istis paucissimis verbis totius sanctae praedicationis ordinem exposuit. Bis docere dixit et semel baptizare. Primo omnium fidem catholicam docere praecepit; et post fidem acceptam in nomine sanctae Trinitatis baptizare iussit; deinde fide inbutum et sacro baptismate ablutum evangelicis instruere praeceptis mandavit.“ „Daher hat unser Herr Jesus Christus seinen Jüngern Folgendes geboten: ‚Geht, lehrt alle Völker und tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu halten, was ich euch geboten habe.‘ In diesen ganz knappen Worten hat er die Ordnung der gesamten heiligen Predigt dargelegt. Er hat zweimal von ‚lehren‘ gesprochen und einmal von ‚taufen‘. Zuallererst hat er geboten, den katholischen Glauben zu lehren; sodann befahl er, nach Annahme des Glaubens im Namen der heiligen Trinität zu taufen; schließlich erteilte er den Auftrag, die, welche mit dem Glauben benetzt und der heiligen Taufe gewaschen waren, in den Geboten des Evangeliums zu unterrichten.“ De virtutibus et vitiis 2 (PL 101, Sp. 615A–B): „Sed haec cognitio divinitatis et scientia veritatis per fidem catholicam discenda est; quia sine fide impossibile est placere Deo

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Dieses zweiteilige Modell von Glauben zuerst und dann der Ethik wurde schließlich von Karl dem Großen in seiner Admonitio generalis aufgegriffen. Auch er betont, dass man zunächst allen den Glauben predigen müsse und nennt dann in aller Ausführlichkeit die einschlägigen dogmatischen Stücke. Auf den Schluss des dogmatischen Teils mit der allgemeinen Totenauferstehung folgt sodann eine Liste der crimina, deretwegen man vom Teufel in die Hölle geschickt werde, und erst zum Schluss eine Aufzählung der christlichen Tugenden, angefangen mit der „Liebe zu Gott und zum Nächsten“, deren Übung zum Besitz des Reiches Gottes führen werde.51 Die Liste der Autoren ließe sich noch weiter fortsetzen.52 Diese Hierarchisierung von Glaube und Liebe hat dann auch

[Heb 11,6]. Vere beatus est, qui et recte credendo bene vivit, et bene vivendo fidem rectam custodit. Igitur sicut otiosa est fides sine operibus [bonis], ita nihil proficiunt opera bona sine fide recta.“ „Aber diese Kenntnis der Gottheit und das Wissen der Wahrheit muss man durch den katholischen Glauben lernen; ‚denn ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen‘. Wahrhaft selig ist, wer sowohl im rechten Glauben gut lebt als auch im guten Leben den rechten Glauben bewahrt. Daher nützen gute Werke nichts ohne den rechten Glauben, wie auch der Glaube ohne [gute] Werke müßig ist.“ Hier deutet sich bereits an, dass Alkuin die Reihenfolge auch umdrehen kann. So in Epistula 110, wo die Ethik der Lehre des Glaubensbekenntnisses vorausgeht (MGH.Ep 4, S. 157 f.). Dazu Sullivan 1956, S. 281 f.; Bouhot 1980, S. 192– 194. Allerdings hatte er auch hier zuvor die bereits zitierte Stelle aus Hieronymus angeführt (s. o. Anm. 42). Diesen Brief wiederum zitiert der Ordo vel brevis explanatio de caticizandis rudibus (ed. Keefe 2002, Bd. II, S. 467, Z. 1–468, Z. 10 [Text 34]), der Ordo de catecizandis rudibus vel quid sint singula quae geruntur in sacramento baptismatis (ed. Keefe 2002, Bd. II, Text 35, S. 480, Z. 3–481, Z. 17) und ein Text gleichen Namens (ed. Keefe 2002, Bd. II, Text 36, S. 489, Z. 4–490, Z. 15 = Bouhot 1980, S. 205 [§§ 1–2]). 51 Admonitio generalis 80. 52 Vgl. z. B. Paschasius Radbertus, De fide, spe et caritate 1, Z. 1615–1617 (CChr.CM 97, S. 52 f.): „[Fides] est enim initiatrix omnium uirtutum. Et ideo prior illa per Spiritum sanctum datur ut relique uirtutes ad eius mensuram singulis dispertiantur. Vnde ubique prius fides aut requiritur aut datur.“ „[Der Glaube] ist nämlich der Anfang aller Tugenden. Darum wird jener durch den Heiligen Geist zu Beginn gegeben, damit die übrigen Tugenden nach seinem Maß auf die einzelnen (Gläubigen) verteilt werden (können). Daher wird allenthalben zuerst der Glauben gefordert wie auch gegeben.“ Ebenda 2, Z. 844–849 (CChr.CM 97, S. 92): „Porro initiatrix omnium uirtutum et uia ad summum bonum fides est, medium uero earum spes certa est, omnium autem preceptorum finis caritas [I Tim 1,5]. Sed nec principium sine fine licet futura sit caritas sine fide. Quia cum uenerit quod perfectum est euacuabitur quod ex parte est [I Kor 13,10]. Neque media earum spes uidelicet sine principio fidei neque sine fine perfecte dilectionis.“ „Sodann ist der Anfang aller Tugenden und der Weg zum höchsten Gut der Glaube, die mittlere dieser (Tugenden) ist die gewisse Hoffnung, das ‚Ende‘ aller ‚Gebote‘ aber ‚die Liebe‘. Aber einen Anfang gibt es nicht ohne ein Ende, wenngleich die Liebe ohne den Glauben existieren wird. Denn ‚sobald gekommen ist, was vollkommen ist, wird sich erledigen, was (nur) Stückwerk ist‘. Und die mittlere dieser (Tugenden), nämlich die Hoffnung, kann weder ohne den Anfang des Glaubens noch ohne das Ende der vollkommenen Liebe bestehen.“ Petrus Lombardus, Sententiae 3,23,9,3–4 (unter Rückgriff auf die oben Anm. 47 zitierte Stelle aus Gregor dem

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umgekehrt zur Folge, dass theologische Überlegungen über die Bedeutung von amor und caritas im Frühmittelalter weitgehend fehlen.53

3 Die Praxis ethischer Unterweisung in Spätantike und Frühmittelalter Ein solches Modell des Zusammenwirkens von Bekenntnis und Paränese bei gleichzeitiger Vor- und dann auch Überordnung des ersteren über letztere kann freilich nur dort funktionieren, wo die Paränese auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet und christliches Leben eingeübt werden kann. Blickt man auf das Frühmittelalter, so zeigt sich, dass die Kenntnis des Symbols unhinterfragter Grundbestandteil der religiösen Bildung der Gläubigen gewesen ist und liturgisch institutionalisiert war, dass aber die Vermittlung christlicher Ethik demgegenüber viel stärker vagabundierte und dementsprechend prekär gewesen ist. So ergibt sich insgesamt ein uneindeutiges Bild. Die deutlichsten Hinweise, dass man der Paränese durchaus großen Wert beigemessen hat, haben wir aus der Heidenmission. Grob gesprochen verfuhr man dabei nach dem Muster: Abkehr von den paganen Überzeugungen und Gebräuchen – Glauben und Taufe – Einübung christlicher Tugenden. So betont Martin von Braga in seiner Predigt an getaufte Heiden De correctione rusticorum um 574 zunächst sehr ausführlich, dem Taufpakt gehe die Absage an die heid[48] nischen Gebräuchen, die dem Götzenkult dienten, voraus. Ferner zählt er kursorisch eine Reihe von Vergehen auf, die künftig zu vermeiden seien (Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, Meineid) und mahnt schließlich dazu, sich der Hungrigen und Armen zu erbarmen und gastfreundlich zu sein. Die sehr knappe Paränese mündet in ein Zitat der Goldenen Regel.54 Die anschließende Mahnung zum Kirchenbesuch und zum Glauben an Christus und an seine und unsere Auferstehung nimmt dann allerdings einen deutlich größeren Umfang ein!55

Großen); Glossa ordinaria zu Apk 2,19 (PL 114, Sp. 714C): „Vel intellige charitatem et fidem, ut sit ordo retrogradus; non enim prius est charitas quam fides. Prius fides, ex fide charitas, ex charitate bona opera.“ „Aber verstehe Liebe und Glaube (recht): sie sind in umgekehrter Reihenfolge (gegeben). Denn die Liebe steht nicht vor dem Glauben. Zuerst (kommt) der Glaube, aus dem Glauben (kommt) die Liebe, aus der Liebe (kommen) die guten Werke.“ Vgl. dazu jetzt auch: URL: https://gloss-e.irht.cnrs.fr/php/editions_chapitre.php?livre=../sources/editions/ GLOSS-liber83.xml&chapitre=83_2 (04. 02. 2019). 53 Vgl. dazu Dinzelbacher 1981, S. 192; Dort 2014, S. 49. 54 De correctione rusticorum 16–17. 55 De correctione rusticorum 18. Zur Literatur vgl. FaFo § 608.

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Auch Pirminius hebt in seinem Missionshandbuch hervor, es gehe nach der Taufe darum, das Böse zu vermeiden und Gutes zu tun.56 Er führt auch sofort die acht Kardinalsünden auf und behandelt sie sodann in einem ausführlichen Lasterkatalog, in dem auch noch andere Vergehen erscheinen und der später noch einmal wiederholt wird.57 Daran schließen sich eine Aufforderung zur Beichte und ein Tugendkatalog an.58 Pirminius resümiert, dass nur, wer den Glauben bewahrt und gute Werke getan habe, gerettet werde, und droht widrigenfalls mit Höllenstrafen.59 In diesen Zusammenhang gehört auch die Bonifaz zugeschriebene Taufpredigt, die in cod. Melk, Stiftsbibliothek, 597 (Österreich/Bayern, um 825–850) und cod. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 6264 (11. Jh.) erhalten ist.60 Zunächst werden die Konvertiten aufgefordert, ihren früheren Sünden zu entsagen, die in einem Lasterkatalog aufgezählt werden. Sodann sollen sie sich ihres christlichen Glaubens erinnern, der knapp umrissen wird. Schließlich werden die christlichen Gebote genannt, die einzuhalten sind, wobei das Doppelgebot der Liebe an erster Stelle steht. Dieses wird weiterhin durch einen ausführlichen Tugendkatalog konkretisiert, der in eine Gerichtsankündigung mündet. In einer Art Nachtrag werden schließlich nochmals Laster und Tugenden einander gegenübergestellt. Hierauf folgt in beiden Handschriften die Doctrina XII apostolorum,61 die ihrerseits mit dem Doppelgebot der Liebe einsetzt und dann einen ausführlichen Lasterkatalog bietet. Überlieferungsgeschichtlich eng verwandt ist damit offenbar die Ratio de catechizandis rudibus, ein Missionskatechismus, der im cod. München, Bayerische Staatsbibliothek, 14410 aus dem ersten Drittel des 9. Jahrhunderts, überliefert ist.62 Dieser Text hat augenscheinlich ebenfalls erwachsene Konvertiten, und zwar im Zusammenhang der Avarenmission im Blick. Diese werden zunächst im Hinblick auf die Motive ihres Übertritts geprüft. Anschließend folgt eine kurze Belehrung über die Zehn Gebote, die Abkehr von den Götzenbildern und über die Verehrung des christlichen Gottes.63 56 Scarapsus 13. 57 Scarapsus 14–25; vgl 28b. 58 Scarapsus 26–27. 59 Scarapsus 28a. Ähnlich in 28b. 60 Ed. Schlecht 1901, S. 124–126. 61 Vgl. hierzu allgemein Niederwimmer 1993, S. 49 f.; Zelzer in: Sallmann 1997, S. 413 f. (§ 471.4). Editionen bei Schlecht 1901, S. 101–104 (cod. München), Niederwimmer 1979, S. 270 f. (cod. Melk) und in SC 248, S. 207–210. 62 Vgl. Heer 1911; Sullivan 1956, S. 284 f.; Smith 1995 (2006), S. 660 f.; Suntrup/Wachinger/ Zotz 1999, Sp. 1486; Bouhot 2008, S. 298 f.; Phelan 2010, S. 470–472. 63 In der Ratio wirkt teilweise das von Alkuin in Epistula 110 entwickelte katechetische Programm nach; vgl. Heer 1911, S. 33–40 und oben Anm. 50.

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In welchem Umfang diese Form der Missionskatechese tatsächlich umgesetzt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Ganz offensichtlich jedoch legte man bei der Heidenmission auf die ethische Unterweisung einen gesteigerten Wert, und zwar der Überlieferungslage nach zu urteilen deutlich stärker als bei der bereits christianisierten Bevölkerung. Im Hinblick auf letztere Gruppe ist die wichtige Beobachtung festzuhalten, dass im Rahmen der frühmittelalterlichen Taufliturgie, die sich ja nun überwiegend auf die Säuglingstaufe bezog, zwar das Bekenntnis und das Vaterunser eine zentrale Rolle spielten, nicht aber die bereits genannten ethischen Summarien. So finden sich in den westlichen Sakramentarien feierliche traditiones und redditiones von Credo und Herrengebet; die Zehn Gebote oder das Doppelgebot der Liebe erscheinen hingegen in den das Katechumenat bzw. die Taufe begleitenden Riten nicht.64 Die im Zusammenhang der traditio gehaltenen Expositiones symboli, die uns in großer Zahl [49] überliefert sind,65 hätten zu paränetischen Ergänzungen ebenfalls eine Gelegenheit bieten können, etwa bei der Auslegung der Gerichtsankündigung. Doch leider beschränken sich die Erläuterungen meist auf die Mahnung, gute Werke zu tun und sich jeglicher Schlechtigkeit zu enthalten, um im Gericht zu bestehen. Nicht einmal die Maßstab setzenden Expositiones Rufins, des Ambrosius oder Augustins akzentuieren hier wesentlich anders. Wo sich in den vielen überlieferten Symbolauslegungen ausführlichere Erörterungen ethischer Fragen finden, beschränken sich diese – wie bei Martin von Braga und Pirminius – i. w. auf kommentierte Tugend- und Lasterkataloge.66

64 Vgl. für eine etwaige Dekalog-Katechese in der patristische Zeit die Feststellung bei Röthlisberger 1965, S. 49: „Nach allem, was wir über den katechetischen Unterricht vor Augustin wissen, ist es aber ausgeschlossen, dass die Zehn Gebote inhaltlich oder formal den Taufunterricht prägten.“ Das gilt mutatis mutandis auch für Augustin (ebenda, S. 60). Ähnlich nüchtern der Befund für das Früh- und Hochmittelalter: „Bis zum 12. Jahrhundert wird der Dekalog im Zusammenhang mit dem katechetischen Unterricht überhaupt nicht erwähnt.“ Ebenso Suntrup/Wachinger/Zotz 1999, Sp. 1486: „Bis ins frühe 13. Jh. wird von den Z[ehn] G[eboten] in der katechetischen Literatur wenig Gebrauch gemacht.“ Ferner Paul 1993, S. 193–195. Dies ist auch gegen Arnold Angenendt festzuhalten, der in seiner monumentalen „Geschichte der Religiosität im Mittelalter“ behauptet, das „biblische Gottesbild mit seinem Doppelgebot der Liebe“ habe sich „als erstrangige Quelle menschlicher Freiheit wie auch der Sozialtätigkeit ausgewirkt“ (Angenendt, Geschichte, 2009, S. 531). Für das Frühmittelalter kann ich das nicht erkennen, und Angenendt bleibt auch Quellenbelege schuldig. Das Doppelgebot der Liebe wird zwar immer wieder im Rahmen der genannten Tugendkataloge zitiert, aber die konkreten Auswirkungen in der von Angenendt genannten Weise sind nicht ohne weiteres sichtbar. 65 Vgl. dazu vor allem die neueren Editionen von Keefe 2002; Westra 2002; Keefe, Explanationes, 2012 und Kinzig, Neue Texte, 2017. 66 Vgl. z. B. die Expositio fidei (CPL 1763) 14–21 (Westra 2002, S. 533 f.), die freilich bereits um die Mitte des 6. Jahrhunderts in Gallien entstanden sein könnte (vgl. FaFo § 273); ferner Keefe, Explanationes, 2012, Text 2 und 43. Ferner die aus der Zeit vor 800 stammende lateinische

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Die Übergabe des Glaubensbekenntnisses war also nicht der primäre Ort für die ethische Gewissensbildung. Im Zusammenhang der Durchsetzung der Säuglingstaufe sah man eine solche Gewissensbildung in diesem liturgischen Kontext nicht mehr als vorrangig an. Doch wo fand sie dann statt? Steffen Patzold hat unlängst darauf hingewiesen, dass in den zahlreichen, teilweise noch ungedruckten Vaterunser-Auslegungen zu Frieden und Eintracht unter den Gläubigen aufgerufen wird, und dies als Teil des karolingischen Herrschaftsdiskurses im Sinne der correctio der Bevölkerung gedeutet.67 Hier müsste noch genauer nachgeforscht werden, wie weit verbreitet diese Auslegungen gewesen sind, welchen Sitz im Leben sie konkret gehabt haben68 und ob sie inhaltlich in ethischen Fragen über den Aufruf zu Frieden und Eintracht hinausgehen.69 Blickt man abgesehen davon auf die Breite der Bevölkerung des Frankenreichs und nicht allein auf die Situation in den wenigen urbanen Zentren oder den Klöstern, so boten sich – grob gesprochen – sechs Gelegenheiten, die ethischen Grundsätze für ein christliches Leben zu erlernen: (1) Eine Lebensführung, die in Einklang mit den christlichen Wertmaßstäben stand, konnte in christlichen Familien möglicherweise durch die Erziehung ausdrücklich oder unausgesprochen vermittelt werden. In den Sermones des Pseudo-Bonifatius, die aus Bayern aus der Zeit um 800 stammen, wird wiederholt betont, die Eltern sollten ihre Kinder, ihr Gesinde, ja sogar ihre Nachbarn dazu anhalten, gottesfürchtig und züchtig zu sein, nicht zu stehlen, keine Unzucht zu betreiben, sich nicht zu betrinken oder Unrecht zu tun.70 Dies setzte

Musterpredigt in cod. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 6330, ff. 66r–70r und Wien, Österreichische Nationalbibliothek, lat. 515, fol. 6r–8v, abgedruckt bei Scherer 1865, bes. S. 439, Z. 23–441, Z. 20. Dazu auch Amos 1983, S. 308–319; Meens 2001, S. 54 f. 67 Vgl. Patzold 2016. 68 In erster Linie ist an die traditio des Vaterunser bei der Taufe im Anschluss an das Symbol zu denken. 69 Zur älteren Literatur vgl. neben Patzold 2016 auch Wiegand 1899, S. 343 f.; Adam 1976, S. 6–13; Haubrichs 1995, S. 235–241; Hammerling 2008. 70 Sermo 3 (PL 89, Sp. 849A): „Sed et parentes filios suos erudiant in omni castitate et timore Dei, non consentientes illis nec furari, nec fornicari, nec inebriari, nec aliquid injuste agere.“ „Aber die Eltern sollen auch ihre Kinder in aller Zucht und Gottesfurcht erziehen und ihnen nicht erlauben zu stehlen, Unzucht zu begehen, sich zu betrinken oder irgendetwas Unrechtes zu tun.“ Sermo 5 (Sp. 852D–853A): „Filios vestros docete, ut Deum timeant: familiam vestram similiter, ne aliquid per vestram negligentiam Deo pereat; nec non et omnes vicinos exhortemini, ut benefaciant …“ „Lehrt eure Kinder, Gott zu fürchten; ebenso eure Hausangehörigen, damit nicht durch eure Nachlässigkeit etwas für Gott zugrunde geht. Ermahnt ebenso auch alle Nachbarn, damit sie Gutes tun …“ Sermo 15 (Sp. 870C): „Filios docete ut Deum timeant, familiam similiter.“ „Lehrt (eure) Kinder, Gott zu fürchen; ebenso eure Hausangehörigen.“ Dazu Diesenberger 2016, S. 90.

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freilich voraus, dass die Eltern oder Paten ihrerseits über entsprechende Kenntnisse in christlicher Ethik verfügten. (2) Diese Kenntnisse könnten ihnen vermittels einer Paränese zugeflossen sein, wie sie sich in der Predigt vollzog. Damit ist freilich eine Reihe schwieriger Fragen berührt, die ich hier nur andeuten kann. Die Bischöfe der Karolingerzeit haben zwar immer wieder Predigten über die Tugenden und Laster angemahnt.71 Doch ist keineswegs sicher, dass es allenthalben die Möglichkeit gab, mit einer gewissen Regelmäßigkeit Predigten zu hören. Vieles deutet daraufhin, dass Gläubige, die außerhalb von Städten wohnten, nur relativ selten, wenn überhaupt Homilien gehört haben. Dabei handelte es sich ganz überwiegend um Lesepredigten, die der Priester einem entsprechenden Homiliar entnahm.72 Wo dieses nicht existierte, dürften mindestens die Priester auf dem Land kaum in der Lage gewesen sein, der Heiligen Schrift selbstständig Hinweise für die christliche Lebensführung zu entnehmen, denn sie besaßen nur in Ausnahmefällen einen vom Lektionar unabhängigen Bibelcodex. Über die theologische Bildung eines durchschnittlichen Landgeistlichen sind wir durch eine Reihe von Handschriften informiert, die Susan Keefe in ihren bahnbrechenden Arbeiten als „instruction readers“ für Priester identifiziert hat.73 Dabei handelte es sich um Codices, die offenbar die liturgischen [50] Bücher ergänzten und die Priester instand setzen sollten, ihre Aufgabe zur Zufriedenheit des Bischofs zu erfüllen. Sieht man die Beispiele für diese Gattung in Keefes Katalog durch, so enthalten sie fast immer Erklärungen von Messe, Taufe, Symbol und Vaterunser, oft Bußbücher oder -instruktionen sowie manchmal kirchenrechtliche Texte. Traktate oder Anleitungen zur christlichen Ethik finden sich hingegen – wenn ich recht sehe – in keinem einzigen Fall. Bisweilen enthalten die Handschriften Predigtreihen, die ethische Themen behandeln – doch bei den Beispielen, die Keefe aufführt, ist unklar, inwiefern sie für die Gemeindepredigt gedacht waren.74 Die Priester waren offensichtlich nicht dazu angehalten, zu einem christlichen Leben zu ermuntern und die Gemeinde hierzu katechetisch zuzurüsten, sondern allenfalls eine an mehr oder weniger fixierten moralischen Vorschriften orientierte Lebensführung einzufordern und ein unchristli-

71 Die Belege finden sich in MGH.CE 1, S. 125 Anm. 100 (Brommer; dort auch weitere Literatur) und bei Menzel 1991, S. 345, Anm. 31; McCune, Audience, 2013, S. 285–294; ferner Linsenmayer 1886, S. 7–12; Albert 1892, S. 114–135; Albert 1893, S. 49–60; Wiegand 1899, S. 344–346; Longère 1983, S. 46–48. 72 Vgl. dazu auch Kinzig, Formation, 2019, S. 405–417 [in diesem Band S. 246–259]. 73 Vgl. dazu vor allem Keefe 2002, Bd. I, S. 23–26 und jetzt Van Rhijn 2014; Patzold 2016; Van Rhijn, Manuscripts, 2016; Van Rhijn, Carolingian Priests, 2016. 74 Vgl. Keefe 2002, Bd. I, S. 18 f.

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ches Verhalten auf dem Wege der Buße unmittelbar zu bestrafen oder dem göttlichen Gericht anheim zu geben. Die christliche Paränese übte weder eine am Nächsten orientierte und durch dessen Bedürfnisse strukturierte christliche caritas ein noch propagierte sie eine Ethik der Nachfolge Christi. Vielmehr handelte es sich in erster Linie um eine Befolgungs- und Vermeidungsethik, die dazu diente, das eigene Schicksal im Endgericht positiv zu beeinflussen.75 Sie hatte sich im Frühmittelalter weit entfernt von den subtilen ethischen Überlegungen eines Augustin76 oder sogar noch eines Caesarius von Arles77 und schöpfte die Fülle der neutestamentlichen Anregungen und Weisungen auch nicht annähernd aus. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Abhandlungen zu Tugenden und Lastern für Laien gegeben hätte – im Gegenteil: Wir besitzen zahlreiche tractatus de vitiis et virtutibus und andere laienparänetische Schriften aus jener Zeit. Aber diese dienten, zunächst aus einem monastischen Kontext stammend, der privaten Erbauung und Unterrichtung einer Elite und nicht der Verlesung in liturgischem oder sonstigem (kirchen)öffentlichem Kontext.78 Was Donald A. Bullough vor einigen Jahren für Alkuin festgestellt hat, gilt mutatismutandis für die Karolingerzeit insgesamt: „To the mass of the population, to the laity at large, after 789 Alcuin has nothing to offer.“ 79 (3) Sicher nicht unbedeutend wird der Einfluss von Heiligenviten gewesen sein, die man an den entsprechenden Festen verlas. Aber auch hier ist unklar, wie flächendeckend Heiligenfeste gefeiert wurden bzw. welche einschlägigen Informationen in den Landgemeinden zur Verfügung standen.80 In den bereits erwähnten, von Susan Keefe eruierten Handbüchern für den Pastoraldienst („instruction readers“) ist davon erstaunlich wenig die Rede – es werden allenfalls in den Kalendarien (so vorhanden) die Daten der Heiligenfeste aufgeführt.81 75 Vgl. dazu auch Amos 1983, S. 319–322. 76 Vgl. nur stellvertretend Enchiridion 117–121 sowie Chadwick 2009, S. 57–61. 77 Zu Caesarius vgl. etwa Beck 1950, S. 276 f. 78 Vgl. dazu auch die Einschätzung von Newhauser 1993, S. 115: „Though the laity was often the center of the Carolingian clergy’s attention, and real attempts were made to reach all segments of lay society, the evidence suggests that, in effect, only the highest level of society – its rulers and aristocrats – were in any way directly involved in this ethical renewal.“ Newhauser bezieht sich dabei auf Nelson 1977; vgl. hier bes. S. 66–69. Zu der genannten Traktatliteratur vgl. Mähl 1969; Jehl 1982, S. 327–334; Newhauser 1993; Casagrande/Vecchio 2000; Sedlmeier 2000; Bullough 2002; Stone 2012; Phelan 2014, S. 207–261; Stone 2016. 79 Bullough 2002, S. 81. 80 Vgl. dazu Angenendt 2007, S. 130. 81 Relativ selten finden sich Martyrologien wie das Bedas: El Escorial, L. III. 8, ff. 127v–164r (vgl. Keefe, Catalogue, 2012, S. 160); Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Voss. lat. Q. 75, ff. 130v–132v (S. 177); München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 15818, ff. 97r–145v (S. 199);

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(4) Fast gar nichts wissen wir über christliche Gewissensbildung durch Kunst und Dichtung, wie man das in der Forschung bisweilen erwogen hat.82 Dass gerade Wandfresken etwa des Jüngsten Gerichts eine große Bedeutung schon in karolingischen Kirchen hatten, ist unbestritten,83 doch ist davon sehr wenig erhalten und ihre Verbreitung darum unklar. Inwiefern die überlieferte Dichtung wie im Althochdeutschen der Heliand oder das Muspilli bzw. seine Vorlagen in die Breite gewirkt haben und die darin propagierten Tugenden für die Bevölkerung des Ostfrankenreichs vorbildhaften Charakter hatten, kann man mangels einschlägiger Zeugnisse ebenfalls nicht sagen.84 (5) Rob Meens hat vor einiger Zeit vermutet, dass es eine Form ethischer Erziehung im Zusammenhang mit der Beichte gegeben habe, da sonst nicht klar wäre, wie die Christen von den sehr spezifischen Sünden wussten, die in den Bußbüchern zensuriert wurden.85 Das ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber leider gibt es auch dazu in den Quellen bisher keine Anhaltspunkte, ganz abgesehen von dem Prob- [51] lem, dass wir von der Beichtpraxis außerhalb der Klöster wenig wissen.86 (6) Die zahlreichen Mahnungen an die Priester, ein ehrbares Leben entsprechend den kanonischen Regeln zu führen, scheinen darauf hinzudeuten, dass man angesichts einer insgesamt unbefriedigenden Priesterausbildung vor allem auf diese Möglichkeit gesetzt hat: das Vorbild des Priesters für die ihm anvertraute Gemeinde.87 Erziehung in moralischen Fragen war damit nicht institutionalisiert, sondern in hohem Grad abhängig von der Kommunikation des Priesters mit seiner Gemeinde. Nur wo diese entlang den evangelischen Weisungen verlief, kann man von einer gewissen ethischen Bildung der Gemeinde ausgehen. Damit war sie aber (anders als die stärker liturgisch verankerte, freilich auch nicht überall vorauszusetzende Glaubensunterweisung) mehr oder weniger dem Zufall unterworfen.

Zürich, Zentralbibliothek, Rh. 102, ff. 45v–56v (S. 271). Keine dieser Handschriften wird von Keefe als „clerical instruction reader“ eingestuft. 82 So z. B. Amos 1983, S. 342–346; McLaughlin 1991, S. 117–119; Riché 1995, S. 393–396; Fulton 2002, bes. S. 27–41; Van Rhijn 2007, S. 109 f., 156, 200–209; Brown 2013, S. 451 f.; Phelan 2014, S. 255 f. 83 Vgl. Amos 1983, S. 342–346. 84 Hierzu grundsätzlich Haubrichs 1995, S. 257–323. 85 Meens 2001, bes. S. 55: „One therefore must conclude that the process of confession and penance did not only entail questions of correction and reconciliation, but also of education.“ 86 Zur Verbreitung der Bußpraxis und den Bußbüchern vgl. Jehl 1982, S. 344–356; Meens 1998; de Jong 2000; Firey 2008; Firey 2009; Meens 2014. 87 Vgl. dazu z. B. Amos 1983, S. 339–342; Salisbury 1985, S. 83–92; McLaughlin 1991, S. 117; Meens 2001, S. 58 (mit weiterer Literatur); Kohl 2010, S. 254 f.; Meens 2016, S. 225.

4 Fazit

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4 Fazit Das Bild des Verhältnisses von Glaube und christlicher Lebensführung im Frühmittelalter bleibt also unscharf, doch spricht vieles dafür, dass die Vermittlung ethischer Maximen, wie man sie der Bibel oder der christlichen Tradition entnehmen konnte, vorwiegend in der Heidenmission die kirchliche Praxis prägte.88 Was die bereits christianisierte Bevölkerung anbetraf, so waren Tugendund Lasterkataloge jedenfalls in ihrem Schematismus und ihrer Ausrichtung auf die Verdienstlichkeit der guten Werke, soweit sie überhaupt bekannt waren, kein Ersatz für die primär an den Bedürfnissen des Nächsten orientierte Ethik des Neuen Testaments. Mehr noch: Die Diastase von Glaubenswissen und ethischem Wissen scheint sich im Frühmittelalter im Vergleich zur Spätantike sogar noch vergrößert zu haben. Ein Grund für die Vernachlässigung von letzterem – so meine These – war einerseits die Tatsache, dass im Apostolikum bzw. seinen Vorgängersymbolen ethische Summarien keine Berücksichtigung fanden und diese Lücke liturgisch auch nicht kompensiert wurde, während andererseits die Predigt, die diese Lücke allenfalls hätte füllen können,89 in der lateinischen Kirche jener Zeit offenbar nicht flächendeckend vorausgesetzt werden darf. Selbst dort, wo gepredigt wurde, zeigen statistische Analysen von Martine de Reu für das 10. und 11. Jahrhundert, dass die Behandlung der theologischen Tugend der fides die der caritas um das Dreifache überstieg.90 Das ethische Defizit, welches die Fixierung der Bekenntnisse hinterließ und welches schon in den eingangs erwähnten Kontroversen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts beklagt wurde, wird somit auch durch unsere kirchenhistorischen Überlegungen bestätigt. Es wäre an anderer Stelle zu fragen, welche Konsequenzen sich aus dieser Erkenntnis für die künftige Verwendung des Apostolikums ziehen lassen.91

88 Ein gesondertes Problem sind Diskussionen ethischer Probleme in Schulbüchern. Zur Problematik vgl. z. B. Haubrichs 1995, S. 211–215; Ganz 2008. 89 Vgl. Riché 1995, S. 392: „Le moralisme antique revit dans les sermons chrétiens.“ 90 De Reu 2002, bes. S. 110 f. Ob dieser Tatbestand auch für den oft behaupteten Niedergang praktischer Nächstenliebe im Frühmittelalter in Anschlag zu bringen ist, wäre gesondert zu überlegen. Zu der schwierigen Frage, ob es einen solchen Niedergang überhaupt gegeben hat, vgl. z. B. die konträren Einschätzungen bei Hammann 2003, S. 91–112 und Angenendt 2007, S. 585–598. 91 Vgl. dazu weitere Überlegungen bei Kinzig 2018, S. 25 f. [in diesem Band S. 305–307].

Das Apostolische Glaubensbekenntnis – Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes Abstract: Based on a case study from the early sixth century, the article first shows where the faithful in the late-antique western Roman Empire encountered the creed and what significance it then had in their everyday lives. In a second step, it briefly summarizes the historical origins of the Apostles’ Creed as it is known to us today, and then describes how the Sitz im Leben behind the use of the confession evolved in the early Middle Ages. Finally, it asks: what can we learn from the evolution of this text for our Christian practice today?

[1]

Einleitende Bemerkungen Im Sommer 416 kam die kleine Stadt Uzalis1 in der römischen Provinz Africa Proconsularis, das heutige El Alia in Nordtunesien, in den Besitz eines kostbaren Geschenks: Sie erhielt Gebeine von niemand Geringerem als dem ersten christlichen Märtyrer Stephanus.2 Dessen Überreste waren im Dezember des Vorjahres in Jerusalem von dem dortigen Bischof Johannes entdeckt worden. Die Reliquien des Protomärtyrers waren sofort hochbegehrt. Während der größte Teil der Gebeine am 26. Dezember 415 in einer feierlichen Zeremonie in die Kirche Hagia Sion, den neu erbauten Jerusalemer Bischofssitz, überführt wurde, gelangte ein kleinerer Teil auf nicht mehr ganz durchsichtige Weise nach Nordafrika und dort auch nach Uzalis. Schon bald häuften sich die Geschichten von Wundern, die auf die Anwesenheit der Reliquien des Hl. Stephanus zurückge-

1 Zur Stadt in der Antike vgl. Quoniam 1968, S. 1323. 2 Zum Folgenden vgl. Saxer 1980, S. 245 f.; Bradbury 1996, S. 16–25. Anmerkung: Frau Prof. Dr. Katharina Bracht und Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Christoph Markschies danke ich für die ehrenvolle Einladung und die großzügige Gastfreundschaft während meiner Aufenthalte in Jena bzw. Berlin. Frau Dr. Julia Winnebeck bin ich für die sorgfältige Durchsicht des Textes dankbar. Hilfreiche Hinweise und kritische Anmerkungen der Hörerinnen und Hörer in Jena und Berlin haben mich dazu bewogen, den Text an einigen Stellen noch zu ergänzen und präzisieren. https://doi.org/10.1515/9783110720945-011

Einleitende Bemerkungen

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führt wurden. So erzählte man sich auch folgende Begebenheit, die ein uns unbekannter Verfasser einige Jahre später3 aufgezeichnet hat:4 In der Stadt war ein Unglück geschehen: Ein baufälliges Haus war zusammengestürzt und hatte einen Mann mit Namen Dativus erschlagen. Man grub seine Leiche aus und bahrte sie im Nachbarhaus auf. Die untröstliche Witwe lief sogleich zum Schrein des Hl. Stephanus, in den man dessen Gebeine gebettet hatte, und betete unter Tränen zum Heiligen, er möge ihr ihren Gatten zurückgeben. Und, oh Wunder, der Totgeglaubte öffnete plötzlich seine Augen und rührte sich. Als er wieder ganz zu sich gekommen war, erzählte er eine unglaubliche Geschichte: Er berichtete, ihm sei ein junger Mann begegnet, der in das leuchtend weiße Gewand eines Diakons gekleidet war. Der Mann befahl ihm: „Gib mir zurück, was du erhalten hast.“ Doch verstand Dativus nicht, wovon der Mann sprach. Dieser wiederholte: „Gib mir zurück, was du erhalten hast.“ [2] Als Dativus noch immer nicht begriff, forderte der Mann ihn ein drittes Mal zur Rückgabe dessen auf, was er bekommen habe. Da dämmerte es Dativus, dass der Unbekannte möglicherweise das Glaubensbekenntnis meinte, das Täuflingen in einem feierlichen Akt vor der Taufe übergeben wurde und das diese dann „zurückzugeben“, das heißt: aufzusagen hatten. Dativus murmelte also: „Soll ich das Bekenntnis zurückgeben?“ „Gib es zurück!“ lautete die barsche Antwort. So rezitierte Dativus das Credo und fuhr, als er geendet hatte, fort: „Wenn du willst, kann ich auch noch das Vaterunser aufsagen.“ Als der andere zustimmte, sprach er auch noch das Herrengebet. Daraufhin machte der Unbekannte auf dem Kopf des vor ihm hingestreckten Dativus ein Kreuzzeichen und sprach zu ihm: „Steh auf, du bist nun geheilt.“ Und so geschah es.5 In dieser durchaus unterhaltsamen Legende über die Erscheinung des Diakons Stephanus wird dem Glaubensbekenntnis eine besondere Kraft zugeschrieben: Dativus, der das Bekenntnis rezitiert, wird von tödlichen Verletzungen dadurch geheilt, dass er das Bekenntnis „zurückgeben“ (lateinisch: reddere), und das ist im Lateinischen gleichbedeutend mit: aufsagen kann. Seine Geschichte ist nicht die einzige, die von den wundersamen, aber auch furchterregenden Kräften des Bekenntnisses erzählt. Von keinem anderen als Augustin hören wir, wie ein Mann der Reihe nach mit Blindheit und Lähmung geschlagen wurde, weil er das Credo nicht richtig auswendig gelernt hatte.6 Diese Wundergeschichten um das Glaubensbekenntnis beginnen an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert. Sie werden dann in frühere Zeit rückproji-

3 4 5 6

Offenbar nach dem Sommer 424. Vgl. zur Begründung Saxer 1980, S. 270. Zur Sammlung der Wundergeschichten vgl. Saxer 1980, S. 246–254. Frei nach De miraculis sancti Stephani 1,6 (vgl. FaFo § 637). Epistula 227 (FaFo § 636i).

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ziert. So berichtet Rufin in seiner Fortsetzung der Kirchengeschichte des Eusebius (um 401) davon, wie pagane Philosophen und Dialektiker von dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 angezogen wurden. Einer von ihnen verwickelte die Bischöfe täglich in Diskussionen über Glaubensfragen. Obwohl die Geistlichen rhetorisch durchaus trainiert waren, erwies sich der Philosoph als ihnen überlegen. Schließlich trat ein alter Confessor auf, also ein Mann, der in einer Christenverfolgung für seinen Glauben gelitten hatte und der, wie Rufin sagt, „von sehr einfachem Gemüt“ (simplicissimae naturae) gewesen sei und „nichts anderes kannte als Christus Jesus und seine Kreuzigung“ (nihil aliud sciens nisi Christum Iesum et hunc crucifixum). Diesem dezidierten Nichttheologen gelang es schließlich allein durch die Rezitation eines Glaubensbekenntnisses, den Philosophen zum christlichen Glauben zu bekehren und zur Taufe zu bewegen.7 Darin, so sagt Rufin schon in der Einleitung zu dieser Anekdote, habe sich die [3] Kraft des einfachen christlichen Glaubens erwiesen, und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass er damit eine spezifische Wunderkraft meint, die vom christlichen Glaubensbekenntnis ausgehe. Die Geschichte erwies sich als so populär, dass spätere Kirchenhistoriker wie Sozomenos (um 443/450) und PseudoGelasios von Kyzikos (475/476) sie in ihren Geschichtswerken wiederholten und weiter ausschmückten.8 Ungeachtet ihrer jeweiligen Historizität zeigen die Geschichte des Dativus in Uzalis und die des unbekannten Confessors in Nizäa, dass von Christen in der Spätantike erwartet wurde, das Apostolische Glaubensbekenntnis auswendig aufsagen zu können. Freilich verdankt sich diese Kenntnis nicht dem Sonntagsgottesdienst, denn dort begegnete man dem Bekenntnis nicht: Die heutige Stellung in vielen Liturgien nach der Schriftlesung bzw. nach der Homilie ist ein liturgischer Brauch, der sich erst im Hochmittelalter eingebürgert hat.9 Gleichwohl kannten die Gläubigen offensichtlich das Credo, ja man traute dessen Kenntnis auch einfachsten Gemütern zu. Wo aber lernten die Christen das Glaubensbekenntnis kennen, und wie sind sie damit umgegangen? Wie hat sich die Verwendung des Bekenntnisses im Laufe seiner Geschichte verändert? Welche Bedeutung besaß es für die Formierung des christlichen Glaubens im Mittelalter? Und schließlich: Was hat man im Bekenntnis über den christlichen Glauben gelernt und auch – was hat man nicht gelernt? Welches sind die Leistung und die Grenzen dieses Textes in der Vermittlung religiösen Wissens und in der Einübung religiöser Praxis?

7 Rufin, Historia ecclesiastica 10,3 (vgl. FaFo § 136). 8 Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 1,18 (vgl. FaFo § 136b); Pseudo-Gelasios von Kyzikos, Historia ecclesiastica 2,13 (vgl. FaFo § 136c). 9 Vgl. ausführlicher Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 324–326.

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Um diese Fragen soll es im Folgenden gehen. Um sie zu beantworten, möchte ich zunächst (I) an einem Fallbeispiel aus dem frühen 6. Jahrhundert zeigen, wo die Gläubigen im spätantiken römischen Westreich dem Bekenntnis begegneten und welche Bedeutung es dann in ihrem Alltag hatte. In einem zweiten Schritt möchte ich knapp die Entstehungsgeschichte des Apostolischen Glaubensbekenntnisses resümieren, wie sie sich uns heute darstellt (II), und sodann fragen, wie sich der ursprüngliche Sitz im Leben zu der Verwendung des Bekenntnisses im Frühmittelalter verhält (III). In einem letzten Teil werde ich schließlich umreißen, was wir aus der Entstehungsgeschichte dieses Textes für unsere heutige christliche Praxis lernen können und auch einen konkreten Vorschlag zur Verwendung des Apostolicums machen (IV). [5]

I Das Glaubensbekenntnis am Ausgang der Spätantike: ein Fallbeispiel Fragen wir also zunächst: Wo begegnete einer Christin das Glaubensbekenntnis, und was hat sie damit „gemacht“? Gehen wir dazu nach Arles im südlichen Gallien in die Zeit nach dem Jahr 500 und nehmen wir an, es handele sich bei unserer Christin um die edle Gregoria, die Frau des gallischen Aristokraten Firminus, deren Frömmigkeit und Bescheidenheit in der Vita des Bischofs Caesarius gerühmt wird.10 Caesarius hatte im Jahre 502 den Bischofsthron in Arles bestiegen und dominierte das kirchliche Leben in Gallien in politisch unsicherer Zeit über vier Jahrzehnte bis zu seinem Tod im Jahre 542. Als Gregoria Caesarius kennen lernte, war sie bereits Christin. Diese Auskunft darf jedoch nicht dazu verleiten, eine gewissermaßen volkskirchliche Situation mit allgemeiner Säuglingstaufe wie im Hochmittelalter vorauszusetzen. Denn die Vita Caesarii sagt nichts darüber, ob Gregoria bereits in eine christliche Familie geboren worden war. Im Gallien des frühen 6. Jahrhunderts gab es durchaus noch Heiden.11 Entstammte sie bereits einer christlichen Familie, dann wäre sie vielleicht als Säugling getauft worden. Doch selbst das ist nicht sicher, denn um diese Zeit war der Taufaufschub wegen der Bedeutsamkeit dieses Ereignisses im Leben eines jeden Christen noch durchaus üblich.12 Diese Überlegungen sind deswegen wichtig, weil es für die Weitergabe des Glaubensbekenntnisses vor allem zwei Sitze im Leben gab: die Familie und die Taufvorbereitung.

10 Vgl. Vita Caesarii 1,8 (Morin, SC 536, 158 f.). 11 Vgl. dazu Klingshirn 1994 (1995), S. 209–226; Predel 2005, S. 47–53. 12 Vgl. Klingshirn 1994 (1995), S. 211.

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Vom häuslichen Umgang mit dem Bekenntnis wird gleich noch zu sprechen sein. Der primäre Ort des Bekenntnisses oder – wie man in der Antike meist sagte: des Symbols (symbolum) – war hingegen die Taufvorbereitung.13 Das Glaubensbekenntnis wurde am Ende des Katechumenats in einer feierlichen Zeremonie den Taufbewerberinnen und -bewerbern „übergeben“. Mit dieser [6] traditio symboli ging eine Auslegung des Textes durch den lokalen Bischof einher. Die Kandidatinnen und Kandidaten mussten es sodann auswendig lernen und an einem der nächsten Wochenenden im Rahmen der Zeremonie der redditio symboli feierlich „zurückgeben“, das heißt aufsagen. Auf diesen Vorgang spielt auch die Forderung des Hl. Stephanus an, von der in der Wundergeschichte zu Beginn die Rede war. In Arles fand die traditio symboli am Palmsonntag statt.14 Sie dürfte sich hier in der dem Hl. Stephanus geweihten Kirche abgespielt haben, dort, wo heute die Kathedrale St-Trophime steht.15 Wir besitzen noch eine Predigt des Bischofs Caesarius, die so einflussreich war, dass sie schließlich als Modellkatechese in die Taufliturgie des gallikanischen Ritus übernommen und mindestens bis ins 9. Jahrhundert noch verwendet wurde.16 Gregoria hätte dann vom Bischof Folgendes gehört:17 Caesarius begann seine Katechese damit, dass er seinen Zuhörern die Bedeutung des Glaubens einschärfte. Nur wer in diesem Leben am Glauben festhalte, werde das ewige Leben erlangen. Der Glaube ähnele einem wunderschönen Gebäude, dessen Fundament Gott sei, dessen Giebel aber das ewige Leben bilde. Das Bekenntnis wiederum sei die Tür zum Leben, der Beginn des Wegs und das Fundament des Heils. Caesarius warnte sodann davor, die göttlichen Mysterien mit dem Verstand erfassen zu wollen. Dies gleiche einem Umweg oder einem Haus ohne Fundament, ja man versuche dann mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, da unser beschränkter Verstand außerstande sei, das himmlische Geheimnis zu erfassen. Caesarius rezitierte anschließend feierlich das gesamte Credo, welches sich in Gallien um 500 von unserem Apostolicum nur in wenigen Details unter-

13 Zur Taufpraxis in Arles vgl. Saxer 1988, S. 512–525. 14 Zur Datierung auf Palmsonntag vgl. can. 13 der Synode von Agde (506; FaFo § 573). 15 Vgl. Klingshirn 1994 (1995), S. 61 f. 16 So war sie Bestandteil des Missale Gallicanum Vetus im cod. Vaticanus Pal. lat. 493; vgl. Mohlberg/Eizenhöfer/Siffrin 1958 (RED.F 3), 17,l.31–21,l.4 (Nr. 62–65). Zur Datierung und Lokalisierung dieses Codex vgl. URL http://www.ub.uni-heidelberg.de/digi-pdf-katalogisate/samml ung51/werk/pdf/bav_pal_lat_493.pdf (Michael Kautz) und https://elmss.nuigalway.ie/catalog ue/105 (22. 06. 2018). Zur Parallelüberlieferung im cod. Arras, Bibliothèque municipale, 731 (683; Nordostfrankreich, 800–825), vgl. FaFo § 271b. Zur Taufvorbereitung und Taufliturgie im gallikanischen Ritus vgl. etwa Johnson 2007, S. 241–244. 17 Vgl. zum Folgenden Sermo 9 (dazu FaFo § 271a).

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schied. Dieses Bekenntnis, so mahnte der Bischof, nachdem er die Rezitation beendet hatte, dürfe man nicht aufschreiben, sondern müsse es auswendig [7] lernen. Darum wurde es auch sogleich zweimal wiederholt. Damit hatte er es insgesamt dreimal, der Anzahl der Personen der Trinität entsprechend, rezitiert. Nun machte sich Caesarius an die Auslegung. Zuerst ließ er sich in knappen Worten über das Verhältnis von Gott Vater und Sohn aus. Dieses scheint den Menschen in seiner Gemeinde durchaus Kopfzerbrechen bereitet zu haben, denn Caesarius betont, man solle nicht über die Art und Weise spekulieren, wie der Vater den Sohn gezeugt habe. Die Zeugung sei vielmehr biblisch eindeutig belegt und darum zu glauben, nicht zu erörtern. Sogleich wandte sich der Bischof denn auch dem zweiten Artikel über den Sohn zu, erklärte den Namen Jesu Christi und erläuterte, warum er „eingeboren“ genannt werde. Die Worte „empfangen durch den Heiligen Geist“ gaben sodann Anlass zu einem kleinen Exkurs über eben jenen Geist, welcher der Schöpfer des Fleisches und Tempels des Herrn sei. Knapp begründete Caesarius, warum man den Geist als Person der Trinität ansehen müsse. Die weitere Auslegung verschob der Prediger auf den Folgetag. Auch hielt er die Predigt nun offenbar nicht mehr selbst, sondern übertrug sie einem seiner Priester, wobei dieser anscheinend die Ausführungen seines Bischofs verlas. Die berühmte Frage, warum Pontius Pilatus im Apostolicum genannt wird, beantwortete Caesarius dahingehend, dass damit die Historizität des einen Christus im Unterschied zu falschen Heilanden eindeutig festgestellt werde. Weiterhin betonte er die Tatsächlichkeit von Tod und Auferstehung des Gottessohns. Die Auferstehung sei erst am dritten Tag erfolgt, damit so bewiesen werde, dass Christus tatsächlich gestorben sei. Bei der Diskussion des Sitzens zur Rechten wehrte er die Vorstellung ab, es könne sich um einen körperlichen Vorgang handeln. Stattdessen meine das Sitzen zur Rechten, dass es in Christus keine „Linkheit“ (d. h. „Falsches“ – sinisteritas) gebe. Im Anschluss ging der Bischof unverzüglich zum dritten Artikel über und hob die volle Göttlichkeit des Geistes hervor. Doch auch hier verzichtete er auf ausführlichere trinitarische Überlegungen und stellte lediglich mit großem Nachdruck fest, dass alle göttlichen Personen von gleicher Macht und Würde seien. Sodann wurden die übrigen Kola des dritten Artikels genannt, aber Caesarius kommentierte nur noch das ewige Leben. Dieses stehe am Ende des Symbols, weil der Glaube durch die Ewigkeit dieses Lebens belohnt werde. Damit führe die Ordnung des Symbols den Gläubigen hinauf auf den Gipfel, wo das ewige Heil warte. Ob unsere Gregoria mit diesen Erläuterungen zufrieden gewesen wäre? Wir wissen es nicht. Es fallen allerdings deren Kürze und Unvollständigkeit auf. Zahlreiche Kola werden nicht kommentiert: Zur Allmacht und Schöpfungstätig-

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keit des Vaters sagt Caesarius nichts. Jungfrauengeburt, Kreuzigung und Be- [8] gräbnis scheinen ihm nicht erklärungsbedürftig zu sein. Die Ankunft Christi zum Gericht wird zwar genannt, aber nicht kommentiert. Und auch zur heiligen katholischen Kirche, der Gemeinschaft der Heiligen und der Auferstehung des Fleisches weiß er nichts zu sagen. Das sieht in anderen Symbolerklärungen aus Spätantike und Frühmittelalter anders aus. Gerade die fleischliche Auferstehung Christi und der Gläubigen wurde viel kommentiert, aber auch die Frage, ob man auch „an“ die Kirche glauben müsse oder ob die Nennung der Kirche lediglich als Erläuterung des Wirkens des Heiligen Geistes zu verstehen sei, eine Deutung, welche die Mehrheit, aber keineswegs die Gesamtheit der Bischöfe vertrat.18 Übrigens scheint Caesarius bei der traditio symboli nicht immer das Credo selbst ausgelegt zu haben. So war Sermo 130 ausweislich seiner Überschrift ebenfalls dazu gedacht, bei diesem Anlass verlesen zu werden. Die Predigt handelt aber von dem Propheten Elisa, der als Typos Christi dargestellt wird, und ermahnt sodann die Gläubigen dazu, die „Süße der Liebe, die Reinheit des Herzens und die Keuschheit des Leibes“ zu bewahren und auch die eigenen Kinder dazu anzuleiten.19 Auch Sermo 201 ist eine Musterpredigt für die traditio symboli: Sie weist die Gläubigen auf eine keusche Lebensführung in Vorbereitung auf das anstehende Osterfest hin und warnt vor dem Genuss von zu viel Alkohol bei den Festivitäten. Mit dem Symbol hat das alles nichts zu tun. Die Katechese über die Inhalte des Bekenntnisses stand also am Palmsonntag nicht unbedingt im Vordergrund; wichtiger war der Ritus der Übergabe des Textes. Der Grund dafür liegt möglicherweise darin, dass es der Bischof nicht für notwendig befand, bei der Kindertaufe die bereits getauften Eltern und Paten noch einmal eigens zu belehren, zumal sie ja auch als Mitglieder der Gemeinde ohnehin bei jedem Tauftermin Zeuge dieser Paränese wurden. Das war in vorherigen Zeiten anders gewesen. Gleichzeitig wird aus den Predigten des Caesarius deutlich, dass sich die Funktion des Bekenntnisses gegenüber früheren Generationen im Westen allmählich verändert hatte: Das Symbol war fortan nicht mehr nur eine pragmatische Zusammenfassung der wichtigsten Glaubensinhalte – es wurde nun auch zum heiligen, ja zum magischen Text. Auf beide Punkte komme ich gleich noch zurück. Das Symbol war also an Gregoria übergeben und ihr vielleicht auch erklärt worden. Nun sollte sie es im Geiste nach Hause tragen und täglich mehrfach

18 Vgl. Westra 2017. 19 Sermo 130, 3, Z. 12 f. (Morin, CChr.SL 103, S. 537): […] et ita dulcedinem caritatis, puritatem cordis et castitatem corporis teneamus […]. Vgl. auch FaFo § 656f.

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[9] aufsagen, um es sich so fest einzuprägen.20 Später hätte Gregoria dann vielleicht selbst Kinder gehabt und diese zur Taufe gebracht. Oder sie hätte als Patin für das Kind einer Verwandten Verantwortung übernommen. Im letzteren Fall wäre ihr die Aufgabe zugefallen, den Säugling über das Taufbecken zu halten, und sie wäre vermahnt worden, ihren Schützling im Symbol und im Herrengebet zu unterrichten.21 Auch wenn es ihr eigenes Kind gewesen wäre, so hätte der Bischof ihr bei der traditio symboli aufgetragen, ihren Sohn oder ihre Tochter, ja die ganze familia, also einschließlich des Gesindes, das Credo und das Vaterunser zu lehren.22 Über die redditio symboli, die althergebrachte Rezitation des Bekenntnisses am Ostersamstag, erfahren wir merkwürdigerweise nichts. Auch die von Caesarius selbst einberufene Synode von Agde (506), die uns das Datum der traditio im Kirchenjahr verbindlich überliefert, nennt die redditio nicht.23 Caesarius erwähnt eher nebenher, dass die Täuflinge, die alt genug seien, das Symbol dann selbstständig aufsagen könnten, während bei den jüngeren Kindern gegebenenfalls jemand anderes einspringen müsse.24 Welche Funktion hatte nun das Bekenntnis im täglichen Leben der Gregoria? Folgt man den Predigten des Bischofs von Arles, dann war es ein täglicher Begleiter in allen Lebenslagen. So sollte es die vulgären Liebeslieder ersetzen, die unter der bäuerlichen Bevölkerung beliebt waren. Statt jener Gesänge sollten Christen lieber das Symbol, das Herrengebet, einige Antiphone und den 50. oder den 90. Psalm (bzw. in der hebräischen Bibel Ps 51 und 91) auswendig lernen und rezitieren, um so den Teufel von der Seele fernzuhalten.25 Dem Bekenntnis wurde somit auch eine magische Funktion26 zugeschrieben: Es schütz- [10] te vor dem Bösen. Das galt auch für andere Lebenssituationen: So war es ein weit verbreitetes böses Omen, wenn man nach dem Aufstehen nie-

20 Vgl. die Belege in FaFo § 656. 21 Vgl. Sermo 229, 6 (FaFo § 656h). 22 Vgl. Sermo 13, 2 (FaFo § 656d); Sermo 130, 5 (FaFo § 656f). 23 Vgl. oben Anm. 14. 24 Vgl. Sermo 130, 5 (FaFo § 656f). 25 Sermo 6, 3 (FaFo § 656b). Psalm 50 (51) wurde in Arles offenbar an Pfingsten gelesen; vgl. Sermo 211, 1. Zur Bedeutung als Bußpsalm vgl. auch Sermo 5, 2; 101, 6; 123, 3; 134, 5–6. Vgl. dazu auch Vita Caesarii 1,19 und Klingshirn 1994 (1995), S. 184–186. Zur Popularität von Ps 50 (51) in der lateinischen Kirche allgemein vgl. Buchinger 2017, 469 f. Die Funktion als Amulett ist für Psalm 90 (91) breit belegt. Vgl. Page 2010, S. 146–154; Sanzo 2014, S. 106–120 (griechische Belege und weitere Literatur); Buchinger 2017, S. 493 f. 26 Bei der Verwendung des Begriffs „Magie“ bevorzuge ich im Folgenden eine weite metasprachliche Definition. Zu den konzeptionellen Schwierigkeiten, die sich mit dem Begriff verbinden vgl. Frenschkowski 2010, S. 873–876 und Frenschkowski 2016, Kap. 1.

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sen musste.27 Viele gingen daraufhin wieder ins Bett, eine Praxis, über die sich schon Augustin lustig gemacht hatte.28 Caesarius fand das weniger amüsant als vielmehr frevelhaft und schärfte seinen Zuhörern ein, man solle, wenn man sich auf den Weg mache, besser bekreuzigen und das Credo sowie das Vaterunser rezitieren – damit sei man unterwegs hinreichend geschützt.29 Ein Blick auf die übrigen spätantiken und frühmittelalterlichen Quellen zeigt, dass die Entwicklung in Arles kein Einzelfall ist, sondern man auch andernorts davon ausging, das Symbol besitze magische Eigenschaften.30 Die Warnung, dem Niesen ominöse Bedeutung beizulegen, und die Aufforderung, stattdessen vor Reisen besser Bekenntnis und Vaterunser aufzusagen, wiederholten in der Mitte des 7. Jahrhunderts Eligius, Bischof von Noyon in Nordfrankreich, ein knappes Jahrhundert später ein unbekannter Prediger in derselben Gegend und schließlich in der Mitte des 9. Jahrhunderts kein geringerer als der Mainzer Erzbischof und Gefolgsmann Kaiser Lothars I., Hrabanus Maurus.31 [11] Dass das Bekenntnis und Vaterunser nicht einfach nur als Texte zur Tröstung und Stärkung vor beschwerlichen Reisen, sondern tatsächlich als magische Formeln angesehen wurden, belegen auch die Schriften jenes Martin, der in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts den Bischofssitz in der spanischen Stadt Braga (heute in Nordportugal gelegen) innehatte. Martin schilt in einer Missionspredigt seine Zuhörer, sie hätten die „heilige Zauberformel“, nämlich Symbol und Vaterunser, aufgegeben und stattdessen „diabolische Zauberformeln und Sprüche“ verwendet.32 Ein Beispiel für die von Martin gerügte Praxis ist uns auf einem Schiefertäfelchen aus Asturien aus dem 8. oder 9. Jahrhundert erhalten, welches einen ausführlichen Zauberspruch gegen Hagelschlag mit ei-

27 Vgl. dazu Harmening 1979, S. 81 f. und Filotas 2005, S. 240 mit weiteren Belegen. Ferner allgemein Sartori 1934/35. 28 Vgl. De doctrina Christiana 2,20,31 (Martin, CChr.SL 32, S. 54 f.). 29 Sermo 54, 1 (FaFo § 656e). 30 Zu spätantiken und frühmittelalterlichen magischen Praktiken im Westen vgl. McKenna 1938, bes. S. 227–254; Flint 1991; Klingshirn 1994 (1995), S. 209–226; Lavarra 1994, bes. S. 15– 36; Neri 1998, S. 258–286, bes. 277 f., S. 284–286; Frenschkowski 2010, S. 935–941; Marrone 2015, bes. S. 32–81; Frenschkowski 2016, S. 243–259. 31 Vgl. Vita Eligii 2,16 (FaFo § 668); Pseudo-Augustin, Homilia de sacrilegiis 8 (27; FaFo § 669b) und Hrabanus Maurus, Homilia 43 (Migne, PL 110, 81B). Ähnlich dann auch Aelfric, Sermo in laetania maiore (De auguriis), Z. 96–99 (Skeat 1881–1900, Bd. I, 370 f.); dazu Foxhall Forbes 2013, S. 82. 32 De correctione rusticorum 16,6, Z. 29–36 (FaFo § 660 = Naldini, BPat 19, 68; vgl. Sabbah u. a., SC 594, S. 266–268 [Z. 26–30]): Similiter dimisistis incantationem sanctam, id est symbolum, quod in baptismo accepistis, quod est: Credo in deum, patrem omnipotentem, et orationem dominicam, id est: Pater noster, qui es in caelis, et tenetis diabolicas incantationes et carmina. Vgl. dazu auch Filotas 2005, S. 257.

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ner eigenartigen Mischung aus paganen und christlichen Elementen enthält.33 Die Verwendung derartiger Sprüche ist für Martin inakzeptabel. Wer nämlich die von Zauberern erfundenen Formeln verwende, habe die „heilige Zauberformel des Symbols und des Herrengebets“, die er im Glauben an Christus empfangen hatte, fahren gelassen und den Glauben zertreten, denn man könne nicht Gott und dem Teufel zugleich dienen.34 Dies bezog sich, wie eine spanische Sammlung von Kanones aus derselben Zeit belegt, die bis ins Hochmittelalter hinein immer wieder zitiert wurde, konkret etwa auf das Sammeln von Heilkräutern, die mit speziellen Formeln „besprochen“ wurden, um ihre Wirk- [12] kraft zu erhöhen.35 In hochmittelalterlicher Zeit wurde diese Praxis mit einer Kirchenbuße von zehn Tagen Fasten bei Wasser und Brot belegt.36 Auch in einer Predigt, die wohl aus Nordfrankreich aus dem frühen 8. Jahrhundert stammt, heißt es, wer statt Symbol und Herrengebet pagane Zaubersprüche verwende, sei kein Christ, sondern ein Heide.37 Wohl gemerkt besteht hier 33 Vgl. Abascal/Gimeno 2000, S. 337–339 (Nr. 547); Velázquez Soriano 2004, S. 368–384 (Nr. 104). Zum Kontext vgl. auch Fernández Nieto 2010; Velázquez Soriano 2010, S. 601–627. 34 De correctione rusticorum 16,7, Z. 36–40 (Naldini, BPat 19, 68–70; vgl. Sabbah u. a., SC 594, S. 268 [Z. 32–36]): Similiter et qui alias incantationes tenet a magis et maleficis adinventas, incantationem sanctam symboli et orationis dominicae, quae in fide Christi accepit, amisit et fidem Christi inculcavit, quia non potest et deus simul et diabolus coli. 35 Vgl. Capitula Martini episcopi Bracarensis, cap. 74 (FaFo § 576). Die Vorschrift wurde von mittelalterlichen Theologen häufig wiederholt. Vgl. etwa Halitgar von Cambrai, De vitiis et virtutibus et de ordine poenitentium 4,26 (Migne, PL 105, 686A); Hrabanus Maurus, Poenitentium liber ad Otgarium 24 (Migne, PL 112, 1418A); Radulf von Bourges, Kapitular 38 (Brommer, MGH.CE 1, 262, Z. 22–263, Z. 2); Hinkmar von Reims, De divortio Lotharii regis et Theutbergae reginae 17 (Böhringer, MGH.Conc 4, Suppl. 1, 216, Z. 6–8); Regino von Prüm, De synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis 2,5,52; 2,374 (Reginonis Abbatis Primiensis Libri duo De synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis, ed. Wasserschleben 1840, 213, S. 357 f.); Burchard von Worms, Decreta 1,94 (Migne, PL 140, 836B), Interrogatio 51 (Migne, PL 140, 577A); Ivo von Chartres, Decretum 11,47 (Migne, PL 161, 756D–757A). Ferner McKenna 1938, S. 102 f.; Harmening 1979, S. 227; Salisbury 1985, S. 242; Flint 1991, S. 240–253, 301–328; Klingshirn 1994 (1995), S. 221 f.; Filotas 2005, S. 96; Marrone 2015, S. 51. 36 Burchard von Worms, Decreta 10,20 (= 19,5,6, Friedberg 1868, 85 = Wasserschleben 1851, 644 [Corrector, cap. 56; mit kleinen Varianten] = Hansen 1901, 42 (§ 65[56]): Collegisti herbas medicinales cum aliis incantationibus [quam] symbolo et Dominica oratione, id est cum Credo in Deum et Pater noster cantando. Si aliter fecisti, decem dies in pane et aqua poeniteas. Dazu Harmening 1979, S. 224 f. mit weiteren Quellen. – Wer eine Versammlung mit einer incantatio statt mit Vaterunser und Credo begann, musste sogar vierzig Tage fasten: Vgl. Poenitentiale Ps.-Egberti 2,23 (Migne, PL 89, 419D): Non fiat congregatio cum aliqua incantatione, nisi cum Pater noster et cum Credo, vel cum aliquibus precibus quae ad Deum pertinent. Si quis hanc rem vanam committat, resipiscat et confiteatur, et jejunet quadraginta dies […]. Dazu Filotas 2005, S. 284. 37 Ps.-Augustin, Homilia de sacrilegiis 4 (14; FaFo § 669a): Quicumque super sanctum symbolum et orationem dominicam carmina aut incantationes paganorum dicit, […] iste non Christianus, sed paganus est.

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Das Apostolische Glaubensbekenntnis

der Gegensatz nicht zwischen magischer Formel und heiligem Credo, sondern zwischen heidnischem und christlichem Zauberspruch!38 Dabei standen [13] auch in diesem Text die medizinischen Wirkungen der Formeln im Vordergrund.39 Wie bereits im Fall des Caesarius erwähnt, haben die Bischöfe nachhaltig davor gewarnt, das Bekenntnis niederzuschreiben, auf dass es nicht Uneingeweihten und Christenfeinden in die Hände falle, die damit ein böses Spiel treiben könnten. Die Zahl der einschlägigen Mahnungen ist Legion.40 Die erhaltenen Niederschriften in den frühmittelalterlichen Codices stammen – abgesehen von liturgischen Büchern – mutmaßlich alle aus Schulbüchern für die Ausbildung des Klerus oder aus Handreichungen für Priester, nicht aber für bzw. von Laien.41 Wenn uns die Überlieferung keinen Streich spielt, scheint man sich also im Westen ganz überwiegend an das Verbot der Aufzeichnung des Credo gehalten zu haben. Es ist darum vielleicht kein Zufall, dass sich – anders als im Osten42 – aus dem Westen keine Amulette mit Credoversen auf Papyrus- und Pergamentstreifen, Ostraka und Holztäfelchen erhalten haben. Vielmehr wurde [14] hier das Symbol offenbar weithin wie ein Zauberspruch behandelt, der nur Eingeweihten in mündlicher Überlieferung zugänglich war. [15]

II Die Entstehung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses Als Zwischenergebnis ist festzuhalten: In Spätantike und Frühmittelalter wurde der Glaube in der lateinischen Kirche in erster Linie durch das Apostolische Glaubensbekenntnis beschrieben und normiert. Diesem heiligen Text schrieb man eine besondere Kraft zu, denn er schützte auf Reisen und diente zur Heilung bei Krankheiten. Ganz offensichtlich liegt dieser Verwendung eine massive Sakralisierung des Bekenntnisses zugrunde, die ihrerseits zu einer „Magifizierung“ führte: Das Bekenntnis, welches den Zugang zum Heil eröffnete und da-

38 So auch Harmening 1979, S. 224 f. Weitere Quellen auch bei Foxhall Forbes 2013, S. 84 f. 39 Ähnliches galt auch für die Heilkraft der Eucharistie. Vgl. für Arles Klingshirn 1994 (1995), S. 162 f., 222. 40 Vgl. die Belege bei Kinzig 2011, S. 17, Anm. 54 (= Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 340, Anm. 54; englische Fassung). 41 Vgl. zu diesen Gattungen Keefe 2002, Band I, S. 23–26, 28–35; van Rhijn 2014, Band II, 689– 710; Patzold 2016; van Rhijn, Manuscripts, 2016; dies., Priests, 2016; Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262]; ders., Ethik, 2019 [in diesem Band S. 263–285]. 42 Vgl. dazu die Beispiele in FaFo § 135c (Anmerkung; Symbol von Nizäa); 184e5 (Anmerkung; Symbol von Konstantinopel). Freilich wären die Beispiele jeweils auf ihre konkrete Verwendung genauer zu untersuchen.

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rum als heilig galt, entfaltete eben dadurch eine besondere Zauberkraft, die man sich in unterschiedlichen Kontexten zunutze machen konnte. Diese ohnehin für uns einigermaßen befremdlichen Vorstellungen sind zusätzlich erklärungsbedürftig, wenn wir uns daran erinnern, dass das Christentum zu Beginn ganz ohne Symbol ausgekommen ist. Ich frage also in diesem Abschnitt, wie sich der Sitz im Leben des Bekenntnisses, welchen wir für Arles am Beginn des 6. Jahrhunderts rekonstruieren können, zum älteren Gebrauch des Symbols verhält. In den ersten drei Jahrhunderten war das Bekenntnis offenbar noch nicht formelhaft fixiert, jedenfalls nicht in der Form, in der wir es heute kennen, also als ein deklaratorisches Bekenntnis zum dreieinigen Gott. Ältere Theologengenerationen, zu denen auch der berühmte Namensgeber dieser Vorlesung zählt, waren hier noch anderer Meinung. Aber in den letzten Jahrzehnten hat man die Suche nach einem „Ursymbol“, welches in früheste christliche Zeit zurückreiche, weithin aufgegeben.43 Tauffragen, die sich auf den persönlichen Glauben des Täuflings bezogen, hat es freilich schon früher gegeben.44 Sie waren aber nach allem, was wir wissen, deutlich kürzer als die späteren deklaratorischen Bekenntnisse. Daneben liefen unter Theologen seit dem Ende des 2. Jahrhunderts Summarien um, welche die wichtigsten dogmatischen Grundaussagen des christlichen Glaubens zusammenfassten. Diese Summarien dienten als eine Art Maßstab in der Auseinandersetzung mit religiösen Dissidenten, vor allem mit Markion und den Gnostikern, aber auch in den frühen Debatten um das richtige Verständnis des Verhältnisses von Gott Vater und Sohn; man bezeichnete sie darum auch als [16] „Richtschnur des Glaubens“ (κανὼν τῆς πίστεως/regula fidei) oder „Richtschnur der Wahrheit“ (κανὼν τῆς ἀληθείας/regula veritatis). Sie lagen im Einzelnen noch nicht völlig fest, wiesen aber im Allgemeinen bereits eine trinitarische Grundstruktur auf. Über fixierte Symbole in Aussageform haben wir eigentlich erst seit dem 4. Jahrhundert eindeutige Nachrichten. Dieses Jahrhundert, beginnend mit den arianischen Streitigkeiten, die zum I. Ökumenischen Konzil von Nizäa 325 und dem dortigen sog. Nizänischen Bekenntnis führten, war das Jahrhundert der Bekenntnisproduktion. Zu keiner Zeit früher oder später wurden mehr Glaubensformeln aufgestellt und verworfen als in den Jahren zwischen 325 und dem II. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel 381, auf dem das Bekenntnis von Nizäa seine heute gültige Fassung erhielt. Dieses Bekenntnis von Konstantinopel setzte sich im Osten als das maßgebliche Bekenntnis durch.

43 Vgl. hierzu zusammenfassend Kinzig/Vinzent 1999. 44 Belege in FaFo, Band I, Kap. 5.

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Im Westen hatte sich freilich um die Mitte des 4. Jahrhunderts bereits ein eigenes Symbol etabliert, welches offenbar aus Rom stammt und darum „römisches Bekenntnis“ genannt wird. Wann es entstanden ist und wie Vorformen ausgesehen haben könnten, ist strittig und lässt sich vielleicht nicht eindeutig klären.45 Infolge des Einflusses Roms im lateinischen Teil des Römischen Reiches verbreitete sich dieses Bekenntnis in ganz Westeuropa, wurde dabei immer wieder leicht modifiziert und erhielt in der Zeit der Karolinger im Wesentlichen die Gestalt, unter der wir es heute als „Apostolisches Glaubensbekenntnis“ kennen. Warum hat man das Bekenntnis in Westen wie Osten fixiert? Drei Gründe sind hier vor allem namhaft zu machen: Erstens machten die trinitarischen Auseinandersetzungen im Osten des Römischen Reiches deutlich, dass die regula fidei mit ihren noch fluiden Formulierungen nicht mehr ausreichte, um Missverständnisse in der Gotteslehre zu vermeiden. Die gestiegene philosophische Bildung unter den Theologen ermöglichte immer differenziertere Darstellungen. Daher kam es nun auf sehr präzise Begrifflichkeiten an. In der Zeit zwischen dem I. und dem II. Ökumenischen Konzil haben die Bischöfe unter teilweise hohem persönlichem Einsatz um diese Präzision gerungen. Sie wurde deshalb als notwendig empfunden, weil es in der Frage, wie die Gottheit Jesu Christi und dann auch die des Heiligen Geistes beschaffen war, letztlich um die Frage ging, [17] auf welche Weise denn Gott die Menschen gerettet habe. Wenn man hier theologisch falsche Wege ging, so die weit verbreitete Ansicht, war das persönliche Seelenheil in unmittelbarer Gefahr. Das Bekenntnis von Konstantinopel 381 war der vorläufige Endpunkt dieser Entwicklung. Hinzu kam, zweitens, erheblicher politischer Druck von Seiten der Kaiser, die in einem zerstrittenen Episkopat eine Gefahr für die Stabilität des Reiches sahen. Schon Konstantin der Große glaubte in Nizäa bekanntlich, er könne Einheit unter den Bischöfen dadurch erreichen, dass er sie zur Unterschrift unter einer Glaubensformel, die als Kompromissdokument gedacht war, bewog, und seine Nachfolger bedienten sich derselben Strategie.46 Schließlich nahm, drittens, die Zahl der Konvertiten zum Christentum im Gefolge der Konstantinischen Wende erheblich zu. Wollte man ein einigermaßen einheitliches Glaubenswissen unter den Neubekehrten sicherstellen, bedurfte es dazu ebenfalls griffiger Formeln, die sie vor der Taufe auswendig lernen konnten. Im Westen hat sich das Bekenntnis von Konstantinopel in der Spätantike in der Breite nie wirklich durchgesetzt. Man führte es zwar in vielen Gegenden

45 Knapper Überblick über den derzeitigen Diskussionsstand bei Ritter 2014, S. 7. Hinzuzunehmen wäre jetzt noch Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 269–291. 46 Vgl. dazu Kinzig 2016 [in diesem Band S. 208–226].

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in die Taufliturgie ein, aber die dahinterstehende Ontologie mit ihren philosophischen Termini war den Römern unvertraut und in gewisser Weise auch suspekt. Dies kann man daran erkennen, dass die zahlreichen erhaltenen Symbolauslegungen nie das Bekenntnis von Konstantinopel, sondern immer das Apostolicum (oder eine Variante davon) auslegen. Der Grund ist eindeutig: Das Apostolicum ist wesentlich schlanker als die griechischen Bekenntnisse des 4. Jahrhunderts, verzichtet auf komplizierte terminologische Festlegungen und ist darum auch Menschen ohne beträchtliche theologische Vorbildung oder Neugierde zugänglich. Dieses Bekenntnis fand demnach weniger in dogmatischen Auseinandersetzungen als vor allem in der Mission und – damit eng verbunden – der Taufkatechese seinen Ort. Seine besondere sakrale Dignität verdankte dieser Text der Auffassung, dass er letztlich auf die Apostel zurückgehe. Es dürfte kein Zufall sein, dass just zur selben Zeit, als uns die ersten Belege für eine magische Verwendung des Symbols begegnen, die Vorstellung aufkam, der Ursprung des Glaubensbekenntnisses reiche bis in die Anfangszeit des Christentums zurück, ja das Symbol sei von den Aposteln selbst aufgesetzt worden. Bevor diese auseinander gegangen seien, um zu missionieren, hätten sie sich getroffen, und jeder habe einen Vers dazu beigetragen, um die Einheitlichkeit der christlichen Lehre sicher zu stellen. Die Vorstellung, dass die einheitliche Lehre des christlichen [18] Glaubens letztlich apostolischen Ursprungs sei, reicht zwar ins späte 1. Jahrhundert zurück.47 Aber sie wird erst an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert mit der Idee eines Apostelkonzils zur Weitergabe eines festen Bekenntnisses verknüpft. Bei Ambrosius deutet sich das bereits an;48 bei Rufin ist es dann um 404 erstmals voll entfaltet und klingt folgendermaßen: Einer alten Überlieferung zufolge gab der Herr den Aposteln den Auftrag, sie sollten nach seiner Himmelfahrt, sobald sich durch die Ankunft des Heiligen Geistes auf jeden von ihnen feurige Zungen niedergelassen hätten, so dass sie in ganz unterschiedlichen Sprachen redeten, durch welche Gabe ihnen kein Volk mehr fremd und keine Sprache der Barbaren mehr unerreichbar und unzugänglich wäre [vgl. Act 2,1–11], einzeln zu den verschiedenen Nationen hinausziehen, um ihnen das Wort Gottes zu predigen [vgl. Act 1,8]. Als sie nun im Begriff waren, voneinander zu scheiden, stellten sie sich vorher gemeinsam eine Norm ihrer zukünftigen Predigt auf, damit sie nicht etwa, wenn der eine vom anderen getrennt wäre, denen, welche zum christlichen Glauben eingeladen werden sollten, unterschiedliche (Lehren) vortrügen. Indem so alle vereint und vom Heiligen Geist erfüllt ihre gemeinsamen Überzeugungen zusammenstellten, trugen sie, wie wir sagten, jenes kurze Erkennungszeichen ihrer zukünftigen Predigt zusammen, stellten so in einem

47 Vgl. 1 Clem 42,2–3 (FaFo § 348). 48 Vgl. Ambrosius, Explanatio symboli 2–3, 7–8 (FaFo §§ 351; 15a2).

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Text zusammen, was jeder für richtig hielt, und beschlossen, diese Richtschnur den Gläubigen zu geben.49

Später werden die einzelnen Verse des Bekenntnisses jeweils einem Apostel zugeschrieben. Die ältesten Zeugen für diese Zuschreibung gehören möglicherweise in das 7. Jahrhundert,50 in eine Zeit, in der das Symbol schon nahezu unsere heutige Form angenommen hatte. Wenn allerdings das Glaubensbekenntnis von den Aposteln selbst stammte, die ausweislich der Apostelgeschichte auch Wundertäter gewesen waren (vgl. [19] Act 2,43), lag natürlich der Gedanke nicht fern, dass dem von ihnen verfassten Text ebenso wundertätige Kraft innewohnen könne. Dieser Gedanke wurde noch durch den feierlichen Ritus der traditio bzw. redditio symboli, den ich bereits oben skizziert habe, verstärkt. Schon der Begriff symbolum dürfte aus den Mysterienreligionen stammen und dort eine Art „Passwort“ bzw. „Initiationswort“ gewesen sein, mit dem der Myste nachweisen konnte, dass er in den jeweiligen Kult eingeweiht war.51 Ganz ähnlich verhielt es sich mit dem christlichen Symbol. Es war eine Zusammenfassung des christlichen Glaubens, aber es war ebenso ein Passwort, dessen Kenntnis die Zulassung zum eucharistischen Gottesdienst und die darin zelebrierten Mysterien eröffnete.52 Rufin liefert uns auch hierfür die erste Erklärung: Schließlich macht man, wie es heißt, in Bürgerkriegen folgende Beobachtung: Da die Waffenrüstung gleich, der Klang der Stimme derselbe, das Verhalten identisch und die Art der Kampfführung übereinstimmend ist, geben die einzelnen Führer ihren Soldaten unterschiedliche Symbole (Erkennungszeichen), die auf Lateinisch als signa oder indicia bezeichnet werden, damit nicht eine hinterlistige Täuschung stattfinden könne; der Zweck ist der, dass, wenn man zufällig auf jemanden stößt, an dessen Identität man zwei-

49 Expositio symboli 2 (FaFo § 18): Tradunt maiores nostri, quod post ascensionem domini, cum per adventum sancti spiritus supra singulos quosque apostolos igneae linguae sedissent, ut loquelis diversis variisque loquerentur, per quod eis nulla gens extera, nulla linguae barbaries inaccessa videretur et invia, praeceptum eis a domino datum ob praedicandum dei verbum ad singulas quasque proficisci nationes. Discessuri itaque ab invicem normam prius futurae sibi praedicationis in commune constituunt, ne forte alius alio abducti diversum aliquid his, qui ad fidem Christi invitabantur, exponerent. Omnes igitur in uno positi et spiritu sancto repleti breve istud futurae sibi, ut diximus, praedicationis indicium conferendo in unum quod sentiebat unusquisque componunt atque hanc credentibus dandam esse regulam statuunt. (Übers. Heinrich Brüll, BKV 1/13 21 f.; geändert). 50 So in der Collectio Vetus Gallica (FaFo § 373) und im Missale von Bobbio (FaFo § 375). Älter ist möglicherweise der anonyme Traktat De fide trinitatis quomodo exponitur (CPL 1762; FaFo § 1762). 51 Vgl. die Belege in FaFo, Kap. 4.1. 52 Vgl. Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 317.

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felt, dieser, nach dem Symbol gefragt, sofort sich ausweist als Feind oder Freund. Letztlich aber haben die Apostel diesen (Text) darum nicht zur Aufzeichnung auf Papier oder Pergament, sondern zur Aufbewahrung in den Herzen (der Gläubigen) [vgl. II Kor 3,3] übergeben, damit sichergestellt sei, dass niemand diesen aus einer Lektüre, wozu ja zuweilen auch Heiden Gelegenheit zu finden pflegen, sondern aus der Überlieferung der Apostel erlernt habe.53

Dieser Legende zufolge wurde also dieses Passwort zu den heiligen Mysterien von den Aposteln verfasst und „übergeben“, womit nicht nur der Text des Symbols selbst, sondern auch der Ritus der traditio auf die Apostel zurückgeführt wurde. Seiner Bedeutung entsprechend war die Übergabe wie die Rezitation des Symbols einer Zeit erhöhter religiöser „Betriebstemperatur“ im Jahreskreislauf zugeordnet: dem Ende der vorösterlichen Fastenzeit. Durch eine entsprechende [20] rhetorische Umrahmung, wie wir sie bei Caesarius gesehen hatten, wurde die Bedeutung der traditio noch unterstrichen. Diese Sakralisierung konnte durch solenne Riten zusätzlich hervorgehoben werden. So scheint man in bestimmten Gegenden Galliens zu Beginn des 7. Jahrhunderts die traditio symboli so gestaltet zu haben, dass der Priester eine schriftliche Fassung des Symbols feierlich auf ein Bett aus Federn oder auf ein weißes Tuch neben das zu segnende Chrisam und einen mit einem roten Tuch bedeckten Evangeliencodex auf die Chorschranke (cancellum) der Kirche legte.54 Wie man an diesem Zeugnis erkennen kann, war die Sakralisierung nicht allein auf das Symbol beschränkt. Die Evangelien gehörten ebenso dazu – auch sie wurden den Gläubigen in einem eigenen liturgischen Akt „eröffnet“. Aber im Unterschied zum Symbol blieben die Evangelien den normalen Gläubigen unerreichbar: Nach allem, was wir wissen, war der private Besitz von Bibeln ganz ungewöhnlich, und nicht einmal Priester verfügten im Frühmittelalter im Allgemeinen über eine Vollbibel.55 Die Kenntnis über den christlichen Gott wur-

53 Expositio symboli 2 (FaFo § 18): […] Denique et in bellis civilibus hoc observari ferunt: Quoniam et armorum habitus par et sonus vocis idem et mos unus est atque eadem instituta bellandi, ne qua doli subreptio fiat, symbola discreta unusquisque dux suis militibus tradit, quae Latine vel signa vel indicia nominantur, ut si forte occurrerit quis, de quo dubitetur, interrogatus symbolum, prodat, si sit hostis an socius. Idcirco denique haec non scribi cartulis aut membranis, sed retineri cordibus tradiderunt, ut certum esset neminem haec ex lectione, quae interdum pervenire etiam ad infideles solet, sed ex apostolorum traditione didicisse. (Übers. Brüll, BKV 1.13 22 f.; geändert). 54 Vgl. Pseudo-Germanus von Paris, Epistula secunda de communi officio 7 (FaFo § 662). 55 Vgl. Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262]. Zur Produktion und Verbreitung von Vetus Latina- bzw. Vulgata-Bibeln im Frühmittelalter vgl. Bogaert 2012, und Houghton 2016, S. 43–95. Aus diesen Überblicken wird deutlich, dass Voll- oder Teilbibeln im hier betrachteten Zeitraum in erster Linie entweder Repräsentationsobjekte oder Studienbücher im Rahmen monastischer Gelehrtenkultur gewesen sind.

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de stattdessen maßgeblich über das Symbol vermittelt. Die Übergabe des Vaterunsers im Anschluss an das Symbol ermöglichte es schließlich den Gläubigen, mit diesem Gott der Christen auch in Kontakt zu treten. Das Symbol war somit durch Wundertäter autorisiert und wurde den Gläubigen in einem feierlichen Ritus unter dem Siegel der Verschwiegenheit übergeben. Kaum verwunderlich also, dass man diesem Text eine besondere Bedeutung beimaß. Das Apostolicum definierte, was christlicher Glaube zu sein habe, wobei es – anders als das Bekenntnis von Konstantinopel – vergleichsweise viel Spielraum ließ. Aber als solches war es sakrosankt und spielte in der Spätantike – neben dem Vaterunser – im Leben und Denken der Gläubigen eine wesentlich größere Rolle als die Bibel. [21]

III Das Glaubensbekenntnis im Frühmittelalter Wir hatten gesehen: Gregoria begegnete dem Symbol in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen: bei der Taufe, in der Familie, im eigenen, privaten Leben. Wie haben sich diese Sitze im Leben in der Folgezeit verändert? Weiterhin wird das Symbol als heiliger, ja magischer Text angesehen. Weiterhin findet das Symbol bei der Taufvorbereitung Verwendung: Es wird den Täuflingen „übergeben“, und es wird „zurückgegeben“. Aber infolge der Durchsetzung der Kindertaufe verändern sich die Dinge. Säuglinge können das Bekenntnis noch nicht lernen, die Eltern und Paten treten an ihre Stelle, die aber das Symbol bereits kennen; jedenfalls wird das vorausgesetzt. Teilweise übernehmen daher sie die Rezitation des Bekenntnisses, teilweise übernimmt diese Rolle nun auch der Bischof, der Priester oder ein Akolyth.56 Auffällig ist auch, dass sich die Predigt über das Glaubensbekenntnis zusehends verengt. Das heißt nicht, dass nicht mehr gepredigt wird – im Gegenteil: In den letzten Jahren haben Forscherinnen und Forscher zahlreiche neue Expositiones symboli aus frühmittelalterlicher Zeit in den Handschriften ausfindig gemacht und publiziert. Aber „neu“ ist hier ein relativer Begriff. Die alten Auslegungen, die des Ambrosius und Rufins, aber auch die Augustins sowie die Schrift Isidors von Sevilla De origine officiorum (De ecclesiasticis officiis) dienen als theologischer Fundus, aus dem man sich bedient – da ist kaum ein Funken von Originalität. Es geht nicht um Entdeckung von Neuem, sondern um Repetition von Altbekanntem anhand von wenigen Stichworten. Darüber hinaus betrifft die Sakralisierung und letztlich auch Magifizierung nur einen Ausschnitt der biblischen Botschaft. Die Gebote Jesu werden nicht in

56 Vgl. Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262].

III Das Glaubensbekenntnis im Frühmittelalter

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gleicher Weise kodifiziert und liturgisch eingebettet. Es wäre ja denkbar gewesen, dass man neben Symbol und Vaterunser auch die Zehn Gebote oder das Doppelgebot der Liebe (Mk 12,29–31 parr.) als Anleitung für eine christliche Lebensführung feierlich übergeben hätte. Aber das ist nicht der Fall. Wie christliches Leben auszusehen hatte, das erfuhr man – außerhalb der eigenen Familie – in erster Linie, wenn man auf die (hoffentlich vorbildliche) Lebensführung des Priesters blickte und seiner Paränese in der Predigt lauschte.57 (Wenn man sich allerdings die frühmittelalterliche Predigt insgesamt anschaut, so regen sich doch erhebliche Zweifel, wie intensiv diese Paränese gewesen ist, ja ob in den Nachfolgereichen des weströmischen Reichs überhaupt flächendeckend [22] gepredigt wurde.58) So konzentrierte sich die Belehrung bei der traditio auf die Trinitätslehre und das Gebet. Damit wurde freilich das biblische Zeugnis in bedenklicher Weise verkürzt. Die Formierung des christlichen Glaubens, wie sie sich in der Ausbildung des Apostolicums vollzieht, ging also mit einem geistlichen Verlust einher. Gleichzeitig finden sich im Mittelalter neue Entwicklungen: Am offenkundigsten ist, dass das Credo ästhetisiert wird: Es wird in Musik und im Bild dargestellt. Das Bekenntnis, welches in erster Linie gesungen wird, ist das Bekenntnis von Konstantinopel, das sich zum eigentlichen Messsymbol entwickelt.59 Aber es gibt auch Hinweise, dass man wenigstens zeitweise und an einigen Orten das Apostolicum gesungen hat. Faustus von Riez sieht in ihm um 475 ein „heilsbringendes Gedicht“ (symboli salutare carmen).60 Der unbekannte Verfasser eines Sermo de symbolo aus etwa der gleichen Zeit spricht davon, die Apostel hätten die Verse des Bekenntnisses „gesungen“ (cantare).61 Beda Venerabilis mahnt im Jahre 734 in einem Brief an Bischof Egberht von York, die einfachen Gläubigen müssten dazu angehalten werden, das Bekenntnis in ihrer eigenen Sprache jeden Morgen als geistliches Gegenmittel gegen das Gift des Teufels zu singen (decantare).62 Hier verstärkt der Gesang offenbar die magische Wirkung, welche nun auch den volkssprachlichen Versionen des Credo zugeschrieben wird!63 Im Frankenreich werden Apostolicum und das Vaterunser ebenfalls gesungen, wie sich den Schriften Alkuins64 und des Bischofs von Metz, Amala-

57 Vgl. Kinzig, Ethik, 2019 [in diesem Band S. 263–285]. 58 Vgl. Kinzig, Formation, 2019 [in diesem Band S. 227–262]. 59 Vgl. Jungmann 1962, Band I, S. 591–606; Kinzig, Neue Texte, 2017, S. 323 f. 60 De spiritu sancto 1,1 (FaFo § 363). 61 Sermo de symbolo 4 (CPL 1759; FaFo § 357). 62 Epistula ad Egbertum 5 (FaFo § 584). 63 Die letztere Beobachtung verdanke ich Frau Prof. Dr. Susanne Daub (Jena). 64 Vgl. etwa Epistula 23 (an Felix von Urgel; FaFo § 702c). Weitere Belege bei Levison 1946, S. 320, Anm. 2.

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rius,65 entnehmen lässt. Wie das im Einzelnen ausgesehen hat, ob es sich tatsächlich um eine kräftige Melodie, einen rezitativartigen Sprechgesang oder eher ein halblautes Murmeln oder Summen gehandelt hat, entzieht sich unserer Kenntnis. In Sankt Galler Codices aus dem 11. Jahrhundert haben wir Beispiele [23] für das Apostolicum in Griechisch, die in lateinischer Schrift geschrieben und mit Neumen versehen sind.66 Wenn alle das Symbol kennen müssen, weil das Frankenreich und die Nachfolgereiche mindestens nominell christlich sind, wenn es also nicht mehr in die Hände von Heiden fallen kann, dann kann man es auch aufzeichnen und im Bild wiedergeben. Dementsprechend setzt in karolingischer Zeit die Ikonographie des Symbols ein.67 Die früheste Darstellung von Inhalten des Apostolicums findet sich vermutlich im Utrecht Psalter aus der Zeit Karls des Großen.68 Sodann gibt es in den Handschriften der Somme le Roi, einem Moralhandbuch aus der Feder des Laurent d’Orléans aus dem späten 13. Jahrhundert, farbenfrohe Miniaturen des fiktiven Apostelkonzils zur Abfassung des Credo.69 Im Hochmittelalter werden die Apostel auch mit Spruchbändern dargestellt, auf denen jeweils einzelne Klauseln des Apostolicums stehen. Ein prachtvolles Beispiel hierfür ist der Tragalter des Eilbertus aus dem Welfenschatz aus der Zeit um [24]

65 Epistula ad Carolum imperatorem de scrutinio et baptismo 40 (FaFo § 782a2). Vgl. auch Amalarius, Ordinis missae expositio I, 9 (FaFo § 850), wo allerdings das Bekenntnis von Konstantinopel gemeint sein dürfte. 66 Frühe Beispiele: Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 338 (Sankt Gallen, um 1050–1060; Graduale), 308 f. (FaFo § 431); Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, 381 (ebenda, s. XI; Graduale), 14 f. (vgl. Atkinson 1982, S. 124); Zürich, Zentralbibliothek, Rh. 97 (Sankt Gallen?; s. XI; Graduale/Tropar), 36 (non vidi, vgl. Mohlberg 1951, S. 206; Atkinson 1982, S. 125). Vgl. ferner auch Wagner 1911, S. 102, Anm. 5 (dort auch der Text aus dem Rheinauer Codex. Der Verweis auf das Tropar von Winchester scheint falsch zu sein.); Hiley 1993, S. 168–171, 235 f. (mit Hinweis auf Laon, Bibliothèque municipale, 263 [Laon; s. XII/XIII; Tropar], f. 139r–v; dort erweitertes lateinisches Apostolicum mit Neumen), 528. Nicht verifizieren konnte ich Atkinson 1982, S. 122 (Hinweis auf Oxford, Bodleian Library, Selden Supra 27 [frühes 11. Jh.]). 67 Vgl. zum Folgenden die in FaFo § 427 angegebene Literatur. 68 Vgl. FaFo § 288. Die Darstellung hat eine Parallele im Eadwin oder Canterbury Psalter aus der Mitte des 12. Jahrhunderts; vgl. FaFo § 432. Möglicherweise gehen beide Darstellungen auf eine gemeinsame Vorlage zurück. 69 Beispiele: codd. Paris, Bibliothèque nationale de France, Département des manuscrits, Français 938 (a. 1294), f. 6r; London, British Library, Add. Ms. 54180 (a. 1295), f. 10v; Paris, Bibliothèque Mazarine, Ms. 870–1 (a. 1295), f. 5r; London, British Library, Add. Ms. 28162 (um 1290–1300), f. 2xv; Hannover, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek (Niedersächsische Landesbibliothek), Ms. I. 82 (um 1300), f. 9v; Paris, Bibliothèque de l’Arsenal, MS-6329 réserve (a. 1311), f. 12v; Mailand, Biblioteca Ambrosiana, H 106 supra (S. P. 2; 1310–1340), f. 3r. Zu diesen Handschriften und ihren Illuminationen vgl. Rouse/Rouse 2000, Band I, S. 33–45; Brayer/ Leurquin-Labie 2008, S. 33–45.

IV Das Apostolicum – damals und heute

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1150, der im Berliner Kunstgewerbemuseum aufbewahrt wird.70 Den Aposteln werden dann auch Propheten mit ihren Weissagungen zugeordnet und diese paarweise nicht nur in Prachthandschriften,71 sondern auch an den Wänden von einfachen Pfarrkirchen dargestellt.72 Diese Darstellungen hatten nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine katechetische Funktion. [25]

IV Das Apostolicum – damals und heute: Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes Zusammengefasst lautet meine These also: Das Apostolicum entwickelte sich in der lateinischen Kirche zu einem christlichen Basistext, der – kirchenhistorisch gesehen – die Bibel in der Alltagsfrömmigkeit im Frühmittelalter an Bedeutung übertroffen und daher für die Formierung des abendländischen Christentums eine kaum zu überschätzende Rolle gespielt hat. Diese Entwicklung war einerseits ein Gewinn, denn die Formierung und Verwendung des Bekenntnisses stellte ein wichtiges Hilfsmittel für den Elementarunterricht im christlichen Glauben dar und trug zu einer vergleichsweise raschen Ausbreitung des Christentums bei. Sie war andererseits aber auch ein Verlust, weil sich das Bekenntnis von einer – notwendig reduktionistischen – Gedächtnisstütze und Orientierungsmarke zu einer Fundamentalformel entwickelte, die theologische Suffizienz suggerierte, gar als wundertätig angesehen wurde. Eine derartig einseitige Hochschätzung führte zu einem Verlust an dem Reichtum christlicher Glaubenserfahrung, wie er im Kanon der Bibel aufbewahrt ist. In der Neuzeit ist das Apostolicum insgesamt strittig geworden. Die großen Debatten, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert darum noch ausgefochten wurden,73 werden zwar heute nicht mehr geführt, aber nicht, weil man es akzeptiert

70 Vgl. van Os 1968, S. 462 und URL http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=External Interface&module=collection&objectId=1830347&viewType=detailView (22. 06. 2018). Die Darstellung und Verteilung des Symbols entspricht im Wesentlichen FaFo § 400. 71 Instruktives Beispiel etwa in cod. Pommersfelden, Schloss Weissenstein, 215 (2837) (Kloster Kastl, ca. 1322–1356), f. 160r–v. Vgl. dazu URL http://www.handschriftencensus.de/9431 (Nigel F. Palmer; 22. 06. 2018). 72 Beispiele sind die Fresken in der oberbayerischen Pfarrkirche St. Peter und Paul in Dollnstein aus der Zeit zwischen 1320 und 1330 (Abbildungen hier: URL https://de.wikipedia. org/wiki/Dollnstein#/media/File:Kirche_von_Dollnstein_im_Landkreis_Eichst%C3 %A4tt,_ Fresko_im_Chorraum.jpg; 22. 09. 2018), in der Martinskirche in Billigheim aus der Zeit um 1400 (Abbildungen hier: URL http://www.ingenheim.evpfalz.de/index.php?id=4976#c11355; 22. 06. 2018) und in der Friedhofskapelle in Birmenstorf (Aargau; Abbildungen hier: URL http://www.aargauerkapellen.ch/kapellen/Freskenkapelle_Birmenstorf; 22. 06. 2018). 73 Vgl. dazu jetzt Winnebeck 2016.

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Das Apostolische Glaubensbekenntnis

hätte. Vielmehr ist es dort, wo es noch Verwendung findet, Teil eines unhinterfragten rituellen Traditionsbestands, welcher in irgendwie unklarer Weise zu jedem Gottesdienst „dazugehört“. Wo man Gottesdienstbesucher darauf anspricht, herrscht meist Ratlosigkeit. Das Verständnis für diese hochverdichteten Sätze ist geschwunden, weil vielen die neutestamentlichen Geschichten, auf die das Symbol anspielt, nicht mehr vertraut sind, weil uns ein Glaubensbegriff, der sich einseitig auf Glaubenswissen stützt, zu Recht suspekt geworden ist und weil sich im Gefolge der Aufklärung ein Wirklichkeitsverständnis durchgesetzt hat, in dessen Rahmen es vielen Menschen außerordentlich schwer fällt, naturwissenschaftlich nicht einholbare Sätze über Gott oder über wunderhafte Begebenheiten im Leben Jesu (Jungfrauengeburt, Auferstehung) in ihre Alltagserfahrung einzuordnen. [26] Auch galt und gilt das Apostolicum als defizient. In dieser Hinsicht hat man bereits im 19. Jahrhundert den völligen Ausfall der biblischen Ethik moniert.74 Das muss freilich nicht so bleiben, denn schon die neutestamentlichen Autoren haben ja versucht, das Leben in der Nachfolge Christi in knappen Merksätzen und Summarien zusammenzufassen. Es wäre allerdings aus verschiedenen Gründen misslich, diese Lücke im Apostolicum durch Textänderungen auffüllen zu wollen. Aber ich hielte es für angemessen, wenn sich die evangelischen Kirchen in Deutschland dazu durchringen könnten, das Bekenntnis durch das Doppelgebot der Liebe in Verkündigung wie Liturgie zu ergänzen. Damit könnte das berechtigte Anliegen vieler Christen, die die christliche Religion nicht ausschließlich als Erlösungsreligion, sondern ebenso als eine Religion der tatkräftigen Liebe sehen, aufgenommen werden. Darüber hinaus wäre es auch Menschen, die mit der Rezitation des Apostolicums allein Schwierigkeiten haben, möglich, im Gottesdienst auf das Doppelgebot der Liebe gewissermaßen gedanklich „auszuweichen“. Ich plädiere daher dafür, das Apostolicum und das Bekenntnis von Konstantinopel zwar nicht zu verändern, aber um folgende Worte zu ergänzen: „Ich möchte in der Gnade Gottes ein christliches Leben gemäß dem Wort des Evangeliums führen: ‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft und deinen Nächsten wie dich selbst.‘“ Eine Reform des liturgischen Umgangs mit dem Apostolicum ist überfällig. Christlicher Glaube realisiert sich nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift nur dann, wenn ich den dreieinigen Gott liebe und verehre und mich gleichzeitig dem notleidenden Mitmenschen zuwende. Das erstere wird bei der Rezitation

74 Vgl. Winnebeck 2016, S. 260–273, bes. 269 f. Moderne Stimmen bei Kinzig, Ethik, 2019, Anm. 5 [in diesem Band S. 264 Anm. 4].

IV Das Apostolicum – damals und heute

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des Apostolicums seit altersher bekannt, das letztere wäre – so mein Vorschlag – in Zukunft in gleicher liturgischer Dignität im Anschluss zu bekräftigen.

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